Das Ilmenauische Bergwerk, wie solches den 23. und 30. Jenner des 1737. Jahres befahren, und bey Gelegenheit des gewöhnlichen Berg-Festes mit poetischer Feder uf Bergmännisch entworfen wurde

Den 5ten Merz 1737.

Zuschrifft bey der ersten Auflage

Dem Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn ERNST AUGUST, Herzogen zu Sachsen, Jülich, Cleve und Berg, auch Engern und Westphalen, Landgrafen in Thürinringen, Marggrafen zu Meissen, Gefürsteten Grafen zu Henneberg, Grafen zu der Mark und Ravensberg, Herrn zu Ravenstein, Ihro Römis. Kayserl. Majest. würklichen commendirenden General über die sämtliche Cavallerie, auch Obristen über ein Regiment Cuiraßiers, und über ein Regiment Infanterie etc.


Meinem Gnädigsten Fürsten und Herrn.


Durchlauchtigster August!
so hoch dein Purpur prangt;
So viel du Ehr und Macht durch die Geburt erlangt!
So scharf dein Angesicht und Auge Fürstlich strahlet;
So viel man dir an Furcht, an Ehr und Liebe zahlet;
So groß ist auch die Huld und Großmuth die dich schmückt.
Wer Dich Durchlauchtigster! das erstemahl erblickt
Fällt meinen Worten bey, und muß mit mir bekennen,
Du seyst Trajan, August, ja Titus selbst zu nennen.
Was aber sag ich viel von deinem hohen Geist,
Den du durch Werk und Wort vor jederman beweißt?
Du bist ein kluger Fürst/ und ein gelehrtes Wissen,
Hat deine Fürsten-Brust ganz zu sich hingerissen.
[562]
Du kennst der Weisheit Schmuck; du schliessest mit Vernunft;
Siehst alles gründlich ein, und folgest nie der Zunft,
Die sich an Thorheit labt, und falsche Gründe lehret:
Indem dein Ohr nur das, was rein und gründlich, höret.
Du fragst, du forscht und prüfst was der und die versteht;
Wie richtig jener denkt, wie weit der andre geht.
Du bist gelehrt und klug, und von besondern Gaben:
O! möchte doch die Welt viel solche Fürsten haben!
Es sieht dein hoher Geist in tiefe Sachen ein;
Du lößest Wörter auf, die andern Rätzel seyn.
Du sinnest selbst was aus; giebst Kennern aufzurathen;
Kurz: Deinen hohen Geist sieht man aus deinen Thaten.
Da du dich nun o Held! in edlen Künsten übst,
Was Wunder, wenn du auch gelehrte Männer liebst?
Du rühmest ihren Fleiß, und weist sie hoch zu schätzen
Wenn sie sich nur bemühn, was kluges aufzusetzen.
Dieß weis die ganze Welt; ich muß es auch gestehn;
Ich habe dieses Glück auch oft von dir gesehn.
Du hast ein Blat von mir sehr gnädig durchgelesen,
Ob ichs gleich nicht verdient, und auch nicht werth gewesen.
Durchlauchster! diese Gnad reizt jetzt auch meinen Kiel,
Daß ich mein Bergwerks Stück, und neues Saitenspiel,
Auch wiederum vor dir in tiefster Demuth bringe.
Und abermahls so frey vor deinen Ohren singe.
Ich widme dir hiermit dieß gegenwärtge Blat,
Obs gleich sehr wenig Kunst und Zierde in sich hat.
Jedoch den größten Schmuck durch dich mein Held! erlanget.
Weil es Durchlauchtigster! mit deinem Namen pranget.
Vergib der kühnen Hand, wenn sie mit recht gethan.
Die Pflicht befahl es mir; die Ehrfurcht trieb mich an.
Du ließt mir ja zur Fahrt viel Glück und Gutes sagen,
Drum such ich, dir den Dank vorjetzo abzutragen.
In Unterthänigkeit reich ich dir dieses Stück,
Mein Herzog! schenke ihm nur einen holden Blick,
Nimm es so liebreich an; wie allezeit geschehen,
Und laß mich fernerhin dein Antliz gnädig sehen.
[563]

Zuschrift bey der andern Auflage

Dem Allerdurchlauchtigst-Großmächtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Friedrich Augusten; Könige in Pohlen, Groß-Herzogen in Lithauen, Reußen, Preußen, Mazovien, Samogicien, Kyovien, Vollhinien, Podolien, Podlachien, Liefland, Smolencien, Severien und Czernicovien, Herzogen zu Sachsen, Jülich, Cleve und Berg, auch Engern und Westphalen; des Heiligen Römischen Reichs Erz-Marschallen und Chur-Fürsten, Landgrafen in Thüringen, Marggrafen zu Meißen, auch Ober- und Nieder-Lausnitz, Burggrafen zu Magdeburg, Gefürsteten Grafen zu Henneberg, Grafen zu der Marck, Ravensberg und Barby, Herrn zu Ravenstein etc:

Ihrem allergnädigsten Könige, Churfürsten und Herrn, als Hohen Regals Mit-Theilhaber derer Hennebergischen ergiebigen Bergwercke uf Ilmenau, leget diese poetische Gedanken in tiefster Demuth zu DERO Füssen nieder, die Verfasserin.


Großmächtigster Monarch!
Ich widme Dir – – doch nein;
Die Kühnheit ist zu groß; Es möchte strafbar seyn,
Wofern ich mich so frey zum Purpur wagen solte,
Und meiner Niedrigkeit darbey vergessen wolte.
Jedoch! was red ich jetzt? Darf sich die Poesie,
Vor kein gesalbtes Haupt, und grossen Königs Knie
In Unterthänigkeit und Demuth niederwerfen?
Kein Dichter seinen Kiel zum Dienst des Königs schärfen?
O ja! so sehr man auch die reine Dichtkunst flieht,
So wenig man auch sonst auf ihre Schönheit sieht,
Sie aus Verachtung schilt, und schimpflich gnug benennet;
So lebt doch mancher Fürst, der ihren Adel kennet.
[564]
Großmächtigster August! der Held, so Dich gezeugt,
Und dessen Helden-Ruhm bis an den Himmel steigt,
Und noch im Tode lebt, hat bey vergnügten Stunden
Auch an der Dichter Kunst nicht wenig Lust gefunden.
Er wußte selbsten schon, was rein und lieblich war,
Drum kunt ein muntrer Kiel sein Lied ganz ohn Gefahr
Dem welt berühmten Held vor Aug und Anlitz bringen,
Und einen reinen Thon nach Art der Dichter singen.
So sehr nun diesem Held ein Helden-Lied gefiel,
So süsse kams Ihm vor, wenn man ein Säyten-Spiel
Nach muntrer Bergmanns-Art vor seine Ohren brachte,
Und seinem hohen Geist dadurch Vergnügen machte.
Hat nicht dieß grosse Haupt bey mancher Lustbarkeit
Ein Aufzug nach der Art der Bergmannschafft erfreut?
Wie hoch hat nicht sein Ohr die Berg-Music geschätzet,
Die seinen tapfern Geist durch ihren Thon ergötzet?
Mein König! alle Welt legt Dir dis Zeugnis bey,
Daß deine Königs-Brust dem Vater ähnlich sey.
Du hast des Vaters Thron wie seinen Geist bekommen.
Was Du, Großmächtigster! gethan und vorgenommen,
Und was Du jetzt noch thust, das zeiget klärlich an,
Daß man Dich auch mit Recht Augusten nennen kan.
Du bist mit Großmuth selbst wie jener ausgeschmücket/
Dein Auge nicht allein auf hohe Edern blicket;
O nein! Dein hoher Geist schaut nach des Vaters Brauch,
Auch auf ein niedrig Laub, und kleinen Rosen-Strauch;
Ein jeder darf getrost Dein hohes Anlitz sehen,
Und kan von Dir, o Held! vergnügt zurücke gehen.
Herr! dieses giebt mir Kraft; dieß reitzet meinen Kiel;
Dis machet mich beherzt, daß ich mein Dichter-Spiel
In Unterthänigkeit vor deine Füsse lege,
Und keinen Zweifel nicht in meiner Seelen hege;
Als würdest du mein Blat verachten und verschmähn.
Du wirst, Großmächtigster! nur auf das Herze sehn,
Das Dir jetzt Ehrfurchts-voll dies Blat in Demuth sendet.
Herr! die Verwegenheit hat nicht den Sinn geblendet,
Du bist, Gesalbtes Haupt! der größten Opfer werth,
Kein Mensch ist in der Welt, der Dich nicht hoch verehrt.
Ich kan Dir sonst, o Herr! in meinem ganzen Leben
Nichts als ein Ehrfurchts-Blat mit Reimen übergeben.
[565]
Verschmäh, Großmächtigster! die Opfer-Gabe nicht:
Ich bitte Demuths-voll: Herr! kehr Dein Angesicht
Mit Gnaden auf dis Blat, so werd ich glücklich heisen,
Und andre werden mich auch gleichfals glücklich preisen.

Ihro Königl. Majestät
und Chur Fürstl. Durchl.

allerunterhänigst-gehorsamste Dienerin.

Mein Leser!

Wenn du dieses siehst, so wirst du freylich sehr erschrecken, daß, wie ich selbst gestehen muß, nicht wenig Fehler drinne stecken. Allein du wirst mir leicht verzeihen, weil dis die erste Arbeit ist, die man von Berg- und Bergwercks-Sachen von meiner Hand und Feder ließt. Denn was am meisten Schuld daran, daß oft die Reinlichkeit verblieben, ja daß ich öfters rauh und hart und nicht nach Dichter-Art geschrieben; das sind die Berg-und Bergmanns-Reden; die machten mir die größte Müh. Drum schliesse ein vernünftig Urtheil von dieser meiner Poesie.

[Das Ilmenauische Bergwerk]

Glück auf! Glück auf! wer sucht mich schon
So früh in meiner Ruh zu stöhren?
Glück auf! o Reitzungs-voller Thon!
Was könt ich wohl vergnügters hören?
So recht! mein Wunsch trift ein; der klare Ilmen-Fluß
Gibt mir Gelegenheit zu sehen,
Wie weit die Wunder Gottes gehn;
Mein Vorsatz wird erfüllt. Es ist der Bergmanns-Gruß.
Wie zärtlich hör ich Ihn zu vielenmahlen klingen!
Wie reitzend sucht er mir durchs Ohr ins Herzen zu dringen!
[566]
Wie angenehm und süß kommt mir
Der ungewohnte Zuruf für!
Nur fort! wohin? vor Ilmenau!
Da wird dein Geist Vergnügen finden.
Vergnügen? Ist die Luft nicht rauh?
Liegt nicht ein festes Eis in Gründen?
Bedecket nicht anjetzt ein tief gefallner Schnee
Die grün-und finstern Tannen-Wälder,
Die sonst mit Klee geschmückten Felder,
Der Thäler buntes Kleid und auch der Berge Höh?
Man hört ja, wie mich dünkt, nicht eine Wald-Sirene;
Man hört im Gegentheil ein kläglichs Wild-Gethöne.
Es sieht ja alles dürr und grauß,
Todt, furchtsam und erstorben aus.
Doch nein! du hegest falschen Wahn,
Versuchs! du wirst dein Herz ergötzen.
Komm! sieh das Berggebäude an,
Dieß wird dich schon in Freude setzen.
Schau dort den Hütten-Rauch, geh eiligst! komm herhey,
Und sieh, was Menschen-Hände bauen,
Wodurch wir Gottes Seegen schauen.
Trit her! Du findest hier die alte Güt und Treu.
Wohlan! so will ich nun nicht länger wiederstreben,
Hingegen sehr genau auf alles Achtung geben.
Ich fühl auch schon in meiner Brust
Ganz ungemeine Freud und Lust.
Was blickt dort vor ein Schein hervor?
Wen hör ich uf dem Zechhaus singen?
Hier will dem Herrn ein Bergmanns-Chor
[567]
Noch vor der Anfahrt Opfer bringen.
O tröstlicher Gesang! o schönes Sterbe-Lied!
Das Herz wird kräftiglich gerühret,
Und von dem Eitlen abgeführet,
Indem die Andachts-Gluth mich recht zum Himmel zieht.
Hier lerne ich die Welt und ihre Lust verachten,
Und meines Iesus Tod und meinen Tod betrachten.
Hie lern' ich, wie man Gott verehrt,
Bevor man sich zur Arbeit kehrt.
Das Auge kan sich überall
An Schächten 1 und an Tag-Gebäuden,
Bey manchem schönen Wasser-Fall,
Mit Lust und viel Vergnügen weiden.
Drum hält mich nichts zurück, ich steige frisch hinauf.
Der steile Berg gleicht einem Walle;
Hier laufen Stürzer uf der Halle,
Ein jeder grüsset mich, und ruft mir zu: Glück auf!
Wohin ich meinen Fuß auf dem Gebürge richte,
Daselbst vergnügt sich auch mein Geist und das Gesichte.
O was vor eine Freudigkeit
Erfüllt mein Herz zu dieser Zeit!
Was hat nicht dort die Kunst vollbracht!
Ich seh das Wasser von den Teichen,
Uf Wilhelm Ernst den tiefen Schacht,
Zum Künsten sanft und stille schleichen;
Bald lauft es schnell und stark. Dieß wallende Crystall,
[568]
Kan mir im Winter, wie im Grünen,
Zur lieblichsten Ergötzung dienen;
Bald labt mich sein Gespräng und bald sein steiler Fall.
Die Räder bey der Kunst, das Kehr-Rad läßt mich sehen,
Wie alles ordentlich und richtig müsse gehen.
So wächst durch Anfahrt, Rad und Seil,
Des Bergwercks Wohlfahrt, Glück und Heil.
Durch eine Rösche spühr ich dort
Das Wasser im Gefluder laufen.
Es eilt zur Gottes-Gabe fort,
Das Bergwerck möchte sonst ersaufen.
Hier wird durch Seil und Rad, Erz, Siefer und Gestein,
Nach Wunsch zu Tage ausgetrieben.
Dort müssen sich die Knappen üben,
Damit in steter Gluth die Schiefer-Häuser seyn.
Man läufet ab und zu, ja gleichsam um die Wette,
Und machet mit Begier und größtem Fleiß die Bette,
Worauf man denn die Erze rößt,
Und dadurch die Gewerken tröst.
Am Feld-Gestänge nehm ich wahr,
Wie richtig Künst und Kreutzer gehen.
Ich kan allhier noch ohn Gefahr
Des Berg-Inspectors Aufsicht sehen.
Was klingt mir vor dem Ohr? Wer spielt auf diesem Berg?
Wer pfeift, und führt den Tact so schöne?
O! wie vergnügt mich dieß Gethöne!

Nun weiß ich, was hier spielt. Es feilt das Eisenwerck [569] Ich höre noch darzu so manchen Gruß erschallen,

Dieß dringt durch Geist und Mark, mein Herz fängt anzuwallen.
Des Bergwerks Schönheit nimmt mich ein;
Ich will, ich muß ein Bergmann seyn.
Ich kan die Regung meiner Brust
Ohnmöglich länger unterdrücken:
Ich muß zu meiner Herzens-Lust
Mich mit dem Bergmanns-Kleide schmücken.
Der Schacht-Hut ziert mich schon, nun bin ich ganz verkleidt!
Mein Gruben-Licht hat auch sein Feuer.
Kein unterirrdisch Ungeheuer,
Noch Fahrt, Gefahr noch Müh setzt mich in Bangigkeit.
Schweigt stille! denn mein Geist wagt alles durchzugehen.
Schweigt! lasset mich im Berg die Weisheit Gottes sehen.
Glaubt, daß ich jetzt so lustig bin,
Das macht, mir liegt die Fahrt im Sinn.
Man wendet zwar darwider ein:
Kein Weib soll Mannes-Kleider tragen.
(Wenn es gelegne Zeit wird seyn,
Will ich hierauf die Antwort sagen.)
Man wirft mir weiter vor: Dieß sey nicht mein Beruf
Es sey von Gott der Weiber-Orden
Zum Haushalt nur erschaffen worden;
Man nimmt des Salomons sein Spruch-Buch zum Behuf.
Der König hat zwar recht; allein wer wills uns wehren,
Wenn wir darneben auch uns von dem Pöbel kehren.
[570]
Wer straft uns, wenn auch unser Geist
Ein Herz voll Muth und Feuer weist?
Worzu hat uns die höchste Kraft
Verstand und Muth ins Herz gegeben,
Als daß wir auch nach Wissenschaft,
Und edlen Werken sollen streben?
Wie manches Frauenbild macht Kiel und Blat bekant;
Wie manches ist durch Helden-Thaten
Ins Buch der Ewigkeit gerathen.
Spieß, Degen, Blat und Kiel schmückt auch die Weider-Hand.
Weswegen soll denn nicht ein Frauen-Bild auf Erden
Durch Leder, Licht und Fahrt ein kühner Bergmann werden?
Auch diese That muß rühmlich seyn!
Glück auf! ich fahre freudig ein.
Zurück; Warum? O nein! mir macht
Die Seiger-Fahrt gar keinen Grauen.
Ich, und mein Führer haben acht,
Ich kan ganz wohl den Wechsel schauen.
Mir komt die Seiger-Fahrt wie Jacobs Leiter für.
Hier seh ich, wie die Seraphinen
Den Fahrenden zum Schutze dienen.
O! wären sie nicht da, wie trostlos wären wir,
Es müßte unser Leid zerschmettern und zerbrechen;
So aber können wir die Worte frölich sprechen;
Weil dieß der Himmels-Leiter gleicht,
So wird mit Gott der Flötz erreicht.
Was zeigt sich hier vor ein Gebäu?
Wie künstlich baut man in der Erde?
[571]
Ihr Werk-Verständgen! Sagt nur frey,
Ob oben so gebauet werde?
Das allergröste Haus, der herrlichste Pallast
Wird warlich nicht so fest gegründet,
Als man den Berg gezimmert findet.
Hier trägt ein festes Holz die allerschwerste Last.
Venedig ist gestützt und schwebet auf dem Naßen.
Hat dort Semiramis auf Pfeiler bauen lassen;
O! so beschämt doch dieser Berg
Dieß beydes, Stadt und Gartenwerk.
Jetzt spühr ich wie die Wetter ziehn,
Ich fühle nun die untern Lüste.
Mein Auge wende dich dorthin,
Hier siehst du übersetzte Klüfte.
Wie schön und rein und frisch, wie sanft, wie schnell und klar,
Lauft dort das Wasser in Gerinne.
Belustget euch entzückte Sinne!
Gebt den Gedanken Raum! doch seht! was nehm ich wahr?
Man stürzet Karren aus: Man drecket Erz und Schiefer,
Hier sitzt es sich gut auf. Doch fort! nur immer tiefer!
Fahrt an des Flötzes gantzen Stoß,
Und uf die Zäuer munter los!
Herzu! da geht das Schmeißwerk gut.
Wie edel sind alhier die Gänge!
Dort schrämt man mit vergnügtem Muth,
Denn man erblicket Erz in Menge.
Des großen Phisici sein Thränen-volles Buch,
Weiß uns auch Gänge, Gold und Eisen,
[572]
Gestein und Schiefer aufzuweisen.
So gab schon dazumahl die Grube Erz genug.

Man wußte nach der Kunst die Wasser abzuschützen; Man fuhr dem tiefsten nach, man blieb nicht oben sitzen.

So bringt des Bergwerks Alterthum
Dem Bergwerk nicht geringen Ruhm.
Es zeiget mir der alte Mann,
Die lang geweßne Vater-Treue,
Und alte Güte Gottes an.
Ja, jetzt erblick ich sie aufs neue.
Geschicke, Anbruch, Flötz lehrt Gottes milde Hand
Und seiner hohen Weisheit Stärke,
Und seiner Allmacht Wunderwerke.
Hier macht sich seine Huld und Liebe recht bekant.
O! solt ein Stoicus in diese Grube kommen,
Ich weiß, ihm würde bald sein falscher Wahn benommen;
Er würde mit Ergötzen sehn,
Was hier die Allmacht läßt geschehn.
Als Gott schon bey sich fest gestellt,
Die Felder herrlich auszuzieren;
So ließ er auch der untern Welt
Die Fülle seiner Güte spüren.
Gibt uns das Erd-Gebäu Feld, Wiesen, Gärten, Wald,
Korn, Obst und Kraut und andre Gaben,
Die wir zum Leben nöthig haben;
So dient das Bergwerck auch zu unsern Unterhalt.
[573]
Gold, Silber, Erz und Bley, Salz, Schwefel, Kupfer, Eisen,
Muß uns auf dieser Welt den größten Dienst beweisen.
Woraus man ja den Seegens-Fluß
Des Bergwerks genug erkennen muß.
Wie sehr wird nicht zur Frühlings-Zeit,
In Gärten und auf bunten Auen,
Das Auge und der Geist erfreut!
O schöne Blumen, die wir schauen!
Allein wagt euch in Berg! kommt! fahret mit mir ein!
So findt ihr gleiche Anmuths-Spuren,
Ihr schaut die lieblichsten Figuren.
In Schwülen abgebildt. Bald werdens Blumen seyn;
Bald Bäume, Fische, Kraut; bald andre Lieblichkeiten,
Und Bilder, welche fast der Künstler Werk bestreiten.
So siehet nun dieß untre Haus
Gleich wie der schönste Garten aus.
Da unsre Eltern das Gebot
Im Paradiese übergangen;
So kam der Fluch: Ihr solt das Brod
Durch saure Müh und Schweiß erlangen.
Ja wohl trift dieses zu. Der Bergman trägt den Lohn
Nach naßen Kitteln, Müh und Schrecken,
Und Karren übern Arsch zu drecken,
Nach öftern Mord-Geschrey, an wenig Geld davon.
[574]
Von Noth und Kümmerniß, von Jammer-vollen Tagen;
Von Elend, Angst und Schmerz kan uns ein Bergmann sagen.
Er wünscht die Berghenn' nach der Schicht,
Und schmeckt sie doch wohl öfters nicht.
Ihr Helden! die ihr euch so sehr
Auf Degen, Stahl und Lager stützet,
Schaut, ob man hier wofern nicht mehr,
Doch gleiche Tapferkeit besitzet?
Ihr könt ja euren Feind im Feld vor Augen sehn;
Ihr könt zur Linken und zur Rechten
Mit Vortheil, klug und muthig fechten;
Ihr werdet doch gewahr, woher die Kugeln gehn.
Ihr könt auch in Gefahr den Unglücks-vollen Streichen
Des Feindes oft geschickt entfliehen und entweichen:
Wodurch sich euer Leib und Geist
Dem Unfall und dem Todt entreist.
Allein seht unsre Knapschaft an;
Erwegt, mit wem dieselben kämpfen!
Hier drohet uns der alte Mann;
Dort will die Fluth das Leben dämpfen.
Seil, Tonne, Rad und Kunst zerquetschen Arm und Bein;
Bald zeigt der Bergmönch unser Ende;
Und bald zerschmettern uns die Wände;
Bald schläfert unsern Geist ein Stempel kläglich ein.
Wir können unsern Feind nicht sehen und entfliehen,
Noch uns, wie ihr Feld, so leicht zurücke ziehen.
Drum auch die Grube, gleich dem Feld,
Viel tapfre Streiter in sich hält,
[575]
Wenn Krieger nach dem Lager ziehn,
So ist ihr Marsch ein Weg der Freuden:
Da wir vielmehr das Eitle fliehn,
Und unsern Geist in Andacht weiden.
So wohl die Fahrt als Gang zeigt größre Sittsamkeit,
Als jene Reise muntrer Helden.
Was wollt ihr viel von Schiesen melden?
Wir sind so gut als ihr zu dieser That bereit.
Ihr zündt das Pulver an, und schießt nach Maur und Wällen;
Wir wissen das Gestein im Berg zu zerschellen.
Ihr brechet durch, nach Kriegs-Gebrauch,
Und sprengt den Stein; wir gleichfalls auch.
Wenn Helden nach der blutgen Schlacht
Die angenehmste Ruh genießen;
So läßt der Bergmann in dem Schacht
Den heisen Schweiß von Wangen fliessen.
Die Knapschaft hat stets Krieg, sie ruhet niemahls aus,
Allhier ist ein beständig Streiten,
Man hat die Feinde stets zur Seiten.
Drum grünt und blüht uns auch ein schöner Ehren-Strauß.
Die Helden rühmt man hoch, die vor dem Feind gestritten.
Wie vielmahl haben wir gekämpft, gekriegt, gelitten?
Die Grube läßt uns keine Rast,
Drum sind wir stets zum Streit gefaßt,
Wenn unser werthes Vaterland
Ein feindlich Krieges-Heer beziehet.
[576]
Und sich der tare Helden-Stand
Um Schwerd und Gegenwehr bemühet;
So sieht die Knapschaft auch hierbey nicht müßig zu,
Sie greift auch nach Gewehr und Degen,
Und sucht die Feinde zu erlegen.
Geht also fordert auch der Bergmann Fried und Ruh.
Wer dieß zu leugnen denkt, mag nur zurücke sehen,
Was zu Augustens Zeit in Sachsen-Land geschehen.
Man gab der Knapschaft, die man fand,
Schwerd, Bley und Pulver in die Hand.
Als Herzog Heinrich der das Land
Elysien als Herr regierte,
Des Tarter Fürsts Tyrannen Hand,
Und tollen Christen Blut-Durst spührte;
So zog zwölfhundert Mann von Knappen mit ins Feld.
Sie kämpfen tapfer, kühn und muthig,
Und färbten ihre Degen bluthig;
Ein jeder zeigte sich als ein beherzter Held.
Die Knappen haben hier den größten Ruhm erworben;
Als tapfre Helden sind sie in der Schlacht gestorben.
So legte denn ihr Todes-Schweiß
Den Grund zu ihren ewgen Preiß.
Zurück! zurück! hier giebts Gefahr!
Seht! hier muß Ausgewechselt werden,
Ein jeder nehme seiner wahr!
Getrost! Gott wohnt auch in der Erden;
Die Engel stehn uns bey; sie lagern sich allhier.
[577]
Ihr Flügel-Schutz bedeckt uns immer
Vor Ort, bey Künsten, im Gezimmer,
Sie reisen aus der Noth; ihr Antlitz leucht uns für.
Sie unterstützen uns, und fordern die Geschäfte;
Erhalten uns gesund, und geben Stärk und Kräfte.
Daher die Husche von uns flieht,
Die sonst die Gruben nach uns zieht.
So sehr der Arzt, Hygäens Kind,
Das Auge an den Kräutern weidet,
Die er im Feld und Wäldern findt,
Und aus den bunten Gärten scheidet;
So lieblich stellt er sich auch hier das Bergwerk vor,
Warum? es bringt ihm viel Ergötzen;
Es weiß ihm Sachen vorzusetzen,
Die voller Anmuth sind. Verwirft sie gleich ein Thor.
Aus Mineralien die aus der Grube kommen,
Wird mancher edler Stein zur Arzeney genommen.
Die Welt denkt mit Verwundrung dran,
Was einstens Theophrast gethan.
Herr Berg-Inspector! immer fort!
Ich muß das Vorgesümpfe sehen,
Ich muß in diesem tiefen Ort
Auch mit Betrachtung stille stehen.
Wie so? auch dahinnein? Das Wasser rauscht hier sehr.
Es hat seit zwölf und noch mehr Jahren
Kein Mensch dieß Vorgesümpf befahren.
Die Kittel werden hier von vielen Wasser schwer.
Das Wasser! laßt es seyn! laßts toben, brausen, stürmen;
Ein Zärtling sucht sich nur vor dieses zu beschirmen.
[578]
Bleibt nur mein Feuer und sein Schein;
So fahr ich in das Tiefste ein.
Dem David wurde ehedem
Von Helden, die im Tode leben,
Dort aus dem Brunnen Bethlehem
Ein Trank von Wasser übergeben.
O! hätt ich doch anjetzt ein schönes Glaß bey mir!
Ich wolte meine Sehnsucht stillen,
Und dieses Glaß mit Wasser füllen:
Ich trüg es nach der Fahrt gleich Meinem Herzog für.
O! daß ich doch die Hand zu Licht und Fahrt muß haben!
Ich brächte mein Geschenk und tiefste Ehrfurchts-Gaben
Dem Held August in voller Hand,
Gleich wie Sinät in Perser Land.
Ich habe nun die Seegens-Spuhr
Der Allmacht in der Erd erwogen,
Und aus den Wundern der Natur,
Die schönste Wissenschaft gezogen.
O wie vergnügt bin ich! wie frölich fahr ich aus!
Weg Spielen, Tanzen, Scherz und Schmücken;
Das Bergwerk kan mich nur erquicken;
Kein Garten labt mich so, als dieses untre Haus.
Auf! ich muß noch mehr sehn! ich will in nächsten Tagen
Mit gleicher Munterkeit mich auch in Stollen wagen.
Geht, bringt mir Kleid und Gruben-Licht,
Damit es mir an nichts gebricht.
[579]
Glück auf! hier fährt man Seiger zu,
Wir sind nun an das Kreutz-Ort kommen.
Was Wunder, wenn ich frölich thu?
Weil ich viel schönes wahrgenommen.
Wie lieblich, rein und klar bricht sich das Frauen-Glaß,
Wie reichlich bricht man Nester-weise
Das Erz zu unsers Schöpfers Preise?
Der Seegen zeiget sich allhier in reicher Mas.
Wie haltig ist das Erz! ich kans nicht gnug betrachten.
Wie hoch ist doch die Huld der Majestät zu achten.
Wie süsse wird das Herz vergnügt,
Wenn solcher Schatz vor Augen liegt.
Ihr Künstler! bildet euch nicht ein,
Ihr wüstet alles auszuzieren.
Des Stollens Gang und sein Gestein,
Weiß schönre Farben aufzuführen.
Kommt! schaut den Sinter an; hier ist er lieblich grün;
Bald will er reinem Purpur gleichen;
Bald muß ihm Schnee an Farbe weichen;
Bald scheint sich das Gestein roth, gelb zu überziehen.
Da fügt die untre Luft und Wasser was zusammen.
Daß Bäume mancher Art in kurzen draus entstammen.
Dort setzt sich ein Gewächse an,
Das man nicht gnug bewundern kan.
O eine Weitung! Tage aus.
Wie mächtig kan das Wasser zehren!
Was lässet sich vor ein Gebrauß,
[580]
Vor ein Geräusch und Donnern hören?
Ist es das Stoll-Gespräng? es ists, ich hör es schon.
Bald lauft das Wasser still und fachte;
Bald scheints, als ob es Perlen machte;
Bald giebt sein sanft Geräusch den angenehmsten Thon.
Das Echo ruft sonst nur in dick-belaubten Wäldern
Und spricht in Thälern ein, und schwatzt in grünen Feldern;
Hier aber hat es auch sein Haus,
Und füllts durch seine Stimme aus.
Glück auf! Glück auf! wir sind nun jetzt
Durch dieses Stollens-Mundloch kommen!
Der Himmel hat uns unterstützt,
Kein Schwaden hat uns eingenommen.
Nun aber will ich auch die edlen Hütten sehn.
Ich spühr sie schon von ferne rauchen,
Das Holz kan hier nicht dampfend schmauchen,
Sonst könt kein heller Schein von Heerd Oefen gehn.
Die Koh-Hütt läßet mir aus allen ihrem Wesen,
Fluth, Bälgen, Oefen, Rad, Kunst, Fleiß und Nutzen lesen,
Dort brennt ein Feuer, welches bleicht,
Daß man dem blassen Tode gleicht,
Die Seiger-Hütte sucht in mir
Ein Freuden-Feuer anzuzünden.
Sie legt mir ihre Schätze für.
Was ist wohl nützlichers zu finden?
Man macht auf Heerd und Rost das rohe Kupfer gar. [581] Der Treib-Heerd kan zur Gnüge zeigen,
Wie der Gewerken Güther steigen.
Mein Auge nimmt mit Lust die Silber-Röthe wahr,
Wer nur betracht, wie hier das Silber fließt und glühet,
Der meinet, daß er auch ein Bild vom Monde siehet.
Das Silber giebt auch Blumen sat,
Woran man tausend Freunde hat.
Das Feuer lummert mit Gewalt,
Sein Thon kan Ohr und Geist betäuben.
Kein Donner so durchdringend schallt;
Mich aber kans zum Jauchzen treiben.
Kein Regenbogen wird so schön an Farben seyn,
Als hier das Feuer zierlich brennet.
Wer ist, der einen Künstler nennet,
Der also schildern kan? O! seht doch diesen Schein!
Dort ist ein ander Feur von lichten rothen Flammen,
Aus welchen wiederum viel neue Farben stammen.
Wie? sind die Hütten und der Berg
Nun nicht mit Recht mein Augenmerk?
Beglücktes Bergwerk! das die Hand
Der Allmacht stets mit Seegen krönet,
Nein! sage, ist dir nicht bekannt,
Wer sich nach deinem Wachsthum sehnet?
Dein Berg-Inspector sorgt dein Tromler ist bedacht,
Bergmännisch und mit Ruhm zu bauen,
Man kan aus allen Werken schauen,
Wie hoch es Sein Bemühn, Kunst, Witz und Fleiß gebracht,
Er pfleget keine Zeit und Mühe zu erspahren,
Den Stollen, das Gebäu und Schächte zu befahren.
[582]
Dein Flor steigt auch durch Ihn hinauf,
Drum spricht mein Mund zu dir: Glück auf.
Durchlauchtigste! die Ihr noch Theil
An diesem Bergwerk habt, vergönnet,
Daß ich Euch wünsche tausend Heil:
Euch, die man billig Götter nennet.
Glück auf! Großmächtigster! Sarmatens-Haupt, August!
Glück! auf! Durchlauchtigste von Sachsen!
Ihr müßt biß an den Himmel wachsen!
Lebt, blühet, grünet und prangt zu Eurer Völker Lust;
Glück auf! insonderheit Durchlauchtster dieser Länder!
Die Gottheit schenke Dir gewünschte Liebes-Pfänder!
August! Mein Herzog, Fürst und Held!
Dein Saame sey ein Schmuck der Welt.
Was fehlt mir noch was wünsch ich mehr?
Glück auf! vortrefliche Gewerken!
Zu eurem Wohl, und Gottes Ehr
Läß sich ein steter Seegen merken.
Herr Berg-Inspector auf! Glück auf! zu deinem Amt!
Glück auf! Ihr Berg-Officianten!
Nebst andern Freunden und Bekannten!
Glück auf die Knapschaft leb; die Schmelzer insgesamt.
Auf! feyret diesen Tag mit Andacht und mit Freuden.
Das Berg-Fest will ietzt nicht die Grillenfänger leiden.
Ich schweige denn die Feder bricht,
Ja heut ist Fest; ich mache Schicht!
[583]

Fußnoten

1 Ernst August, Gott hilft gewiß, Wilhelm Ernst, Gottes Gabe, Güte Gottes, Treppenschacht, und Neuhaus-Sachsen.

[Bericht]

Den 23. Jenner wurde zu Ilmenau eine Gruben-Befahrung vorgenommen, und geschahe die Einfahrt ufn Treppen-Schacht (1) fuhre der Ausrichter-Heyn, (2) der Herr Geschworne Krahl, (3) der Herr Berg-Inspector Tromler, (4) G.H. Zäunnemannin. Solcher Schacht stunde in völligem Gezimmer, und ward zweymal verwandruthet. In 21 und ein halb Lachter gienge das von uralten getriebene Kreutz-Ort ab, und von Tage nieder 28 Lachter der tiefe Stollen, allwo 8 Kunst-Sätze stunden, und 4 Kunst-Gestänge in solchem Schacht sich befanden. Hier war das Kunst-Kämmerlein, und stunden 2 Kunst-Knechte da. Die Wasser liefen hier von der andern Kunst, die Güte Gottes genannt, in Gerinne herüber. Es stehen hier 32 Kunst-Sätze unter einander. Von Stollen fuhren wir noch vier Lachter tief, der Keller Strecke gleich, hernach den Querschlag durch, woselbst sich eine Wetter-Thür befande, und etliche übersetzende Klüfte zu sehen waren, welche vom Gange herrühreten. So dann fuhren wir 40 Lachter uf der Keller-Strecke fort, bis an das Treppen-Gesenke, und in solchen 18 Lachter tief bis ufs Rothe Ort, ordentlich wie eine Treppe vorgericht ist. Hier waren 2 Wasser Gerinne, in solchen die Wasser von der Gottes Gabe nach den Treppen Schacht und Güte Gottes zulaufen. Von hier sind wir 60 Lachter flach eingefahren in den Stein-Schacht, bis an das Gottes Gaber-Füll-Ort, allwo 2 Haupt-Strecken abgiengen: die erste gegen die Sturmheyde, die andere, die Wasser Strecke gegen die Stadt zu. Uf den Füll Ort waren 2 Anschläger, und wurden Schiefer und Erze zu Tage ausgetrieben. Die Zuförderer stürzten da ihre Karren aus. Von dar fuhren wir weiter die Hohesteige ein, wo die Zuförderer Schiefer und Erze über Arsch herdreckten. In etlichen Lachtern gabelten sich 2 Zuförder-Strecken, die eine, linker Hand/ gieng ins tiefste, die Gottes Gabe: Zur Rechten fuhren wir das sogenannte Neue Flache nach der Stadt zu. Und endlich kamen wir dahin, wo der Steiger Heß seinen Vorraths-Kasten stehen hat, und eine Patrone mit Pulver füllte. Wir gelangten endlich vor die Gottes-Gaberstreben an des Flötzes ganzen Stoß, wo die Häuer liegend und kniend schrämten, bohrten, auch vom Steiger Hessen ein Loch besetzt und weggethan wurde, und dann sind wir bis in tiefsten der Gottes-Gabe 80 Lachter, durch etliche Zuförder-Strecken links und rechts, bis [584] unter das Schlepp Gesenke gefahren, und solches in die Höhe Geiger 7 Lachter, bis uf das Schlepp-Ort, allwo wiederum Wasser im Gerinne von Wilhelm Ernst und Gott hilft gewiß herunter uf die Gottes-Gabe gespielet wurden. Von solchem Geschenke dann 40 Lachter ufn Schlepp-Ort, allwo ein Stück etliche 20 Lachter gemauert und gewölbt ist; bis an Wilhelm Ernst durch eine Wetter-Thür, und 60 Lachter bis zum Gott hilft gewiß auch wiederum durch eine Wetter-Thür gefahren wurde, alwo ein Kunst-Kämmerlein vorhanden, und die Kunst-Knechte sich darbey befanden, und ihre nasse Kittel darinnen über Kohlfeuer trockneten. 6 Kunst-Sätze stunden da, daß also unter einander 36 Kunst-Sätze ausgiessen. Den Gott hilft gewiß, sind wir von Schlepp-Ort nieder 28 Lachter tief, bis ufs Füll-Ort gefahren, dann das Abteuffen nein, wo flache Röhren liegen 10 Lachter tief, und hernach die übrigen Streben durch, woselbsten von Jungen die Wasser müssen gepfützet, und von Knechten da gepumpet werden. Von hier sind wir an die 68 Lachter die Strebe durch gefahren, wo gebohret und geschrämt wurde. Hier lag der Häner auf der Seite; etliche trieben Erz auf, etliche wechselten Holz ein, und dergleichen Schmeiswerk wurde mehr verrichtet. Ferner 24 Lachter bis Wilhelm Ernster Füll Ort, wo ebener massen durch 2 Anschläger Schiefer und Erze zu Tage ausgetrieben wurden. Hier giengen 3 Haupt-Förderstrecken ab: die (I) gegen dem Bohr-Loch. Die (2) gegen die Sturmheyde. Die (3) gegen Roda zu. Endlich wurde auch das Wilhelm Ernster Vorgesumpfe 10 Lachter tief, allwo seiter 12 Jahren niemand komen können, mit befahren. Hier gabs nasse Kittel. Von dar wieder in die Höhe Seiger 30 Lachter in Wilhelm Ernster Schacht bis Schlepp Ort, und etliche 80 Lachter uf diesen Ort bis uf die Gottes Gabe, wo wiederum die Wasser-Gerinne befindlich, und endlich da zu Tage ausgefahren wurden, 62 Lachter tief, und wurde diese Befahrung nach 5 Stunden vollbracht.

Den 30 Jenner wurde der tiefe Stollen befahren, als fuhre (1) der Stollen Steiger Körner. (2) Der Herr Geschworne Krahl. (3) Ihro Hochwohlgebohrnen Herr Major von Busch. (4) G.H. Zännemannin. (5) Ihro Hochedlen Herr Berg Inspector Tromler. Uf dem Haus-Sachsen-Schachte wurde 24 Lachter tief gefahren. Dieser Schacht stunde durchgehends in Gezimmer. Hier war das 8 [585] Lachter-Ort zu sehen. Ingleichen das Kreutz-Ort von uralten getrieben. Ein Querschlag 4 Lachter gienge da in hangenden, allwo Kupfer-Silber und Bley-haltige Erze in Frauen-Glaß und Kalkstein, Nieren oder Nester-weiß in Anbruch stunden. Wir sind hierauf ufn Stollen zum Treppen Schacht, und die Güte Gottes gefahren, allwo ein Kunst-Knecht und Junge das Warten beym Künsten verrichteten. Die Wasser waren hier in Gerinne gefaßt, und befand sich eine Wetter- Thür und Kunst-Kämmerlein da. Endlich an dieGottes-Gabe, wo wiederum die Wasser ufn Querschlag in Gerinne ufn Stollen liefen, und sind wir folgends bis da zum Füll Ort gefahren, wo einTreib-Schacht, ingleichen Kunst- und Fahr- Schacht vorhanden, und 9 Kunst-Gestänge schieben. Ferner fort an einen Querschlag rechter Hand nach der Stadt zu, und dann wieder linker Hand der Querschlag nach den Wilhelm Ernst, und folgends bis zum Gott-hilft-gewiß gefahren. Bis da herum der Stollen in völligem Gezimmer sich befindet, von Gott-hilft-gewiß bis untern König David, befindet sich dieser Stollen, theils in Gezimmer, theils in festen Gestein, und ohne Lichtloch. Und ist an theils Orten uf dem Gange fortgetrieben worden. Der König David ist vom Tage herein 56 Lachter tief. Der Unter-Steiger mit den Holz-Arbeitern wechselten da Thürstöcke ein. Von hier weiter bis zum Getreuen Friedricher Schacht durch einen Querschlag, wo der Stollen ein Gespräng hat, und weiter bis untern Vertrau auf Gott gefahren. Dieses Stollen-Mittel befindet sich zur Helfte in ganzen Gezimmer. Der Gang hat da sein richtiges Streichen; sein Fallen aber ist widersinnisch. Man siehet da uf dem Gange bis zum Seegen Gottes, weisen, grünen, braunen und noch mehr farbigten Sinter, so fest wird. Weiter fort, bis zum Gott seegne beständig; welches Mittel halb in Gezimmer, das übrige in ganzem Gestein sich befindet. Die Schächte aber, Vertrau auf Gott, Seegen Gottes, und Gott seegne beständig verbrochen sind. Von Gott seegne beständig ist der Stollen bis zum Neuen Jahr, (welches aber verbrochen ist, und der Stollen hier ein Gespräng hat) und Gottlob und Schwarzenfels in ganzen Gestein am liegenden, neben dem Gange getrieben. Von hier bis zum 13. Lichtloch, ist der Stollen in Kalkgestein aufgefahren, welches Kalkgebürge an theils Orten über sich grosse Weitungen und Höhlungen hat, und von Wasser sehr ausgezehrt und untergraben [586] worden. Ferner so befindet sich der Stollen in Sand-Gestein bis zum 7. Lichtloch, und weiter in lauter Gezimmer bis an ein Stück Mauerwerk 74 Lachter lang, und endlich an das Stollen-Mundloch, woran die Jahrzahl 1592. gehauen. Ist also diese Stollen-Befahrung in Zeit von 5 und eine halbe Stunde, an die 3600 Lachter lang vollendet worden.


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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Zäunemann, Sidonia Hedwig. Das Ilmenauische Bergwerk. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-AC8D-9