Der verlohrne Amor
Amor hat sich jüngst verlohren;
Und nun will, die ihn gebohren,
Ihren Flüchtling wieder küssen;
Und man hat ihn suchen müssen.
In dem Schatten dunkler Linden,
Wo wir Dichter Amorn finden;
Unter froher Dichter Myrthen,
In den Städten, bey den Hirten,
Kann man nichts von ihm erfragen.
Mädchen! wollt ihr mirs nicht sagen?
Denn ihr hegt den Gott der Sorgen:
Hat er sich bey euch verborgen?
In den Rosen eurer Wangen,
Die mit frischer Jugend prangen?
[72]Oder auf den Liljenhügeln,
Wo der Gott mit leisen Flügeln
Sich schon öfters hingestohlen?
Darf ich suchen und ihn hohlen?