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Im Kirchspiel Neuende wohnte ehedem eine alte Witwe, die für eine Hexe galt. Kinder wagten sich ihr am Tage kaum vorbei; auch Erwachsene gingen ihr aus dem Wege, wenn sie konnten. Kränkelte ein Kind oder auch ein Erwachsener in der Umgegend, so meinten die Leute gleich, sie seien behext von dem alten Weibe, und wenn sich die Leute dann nur besannen, so war die Alte gewiß dagewesen, hatte etwas geliehen oder einige Äpfel oder sonst was geschenkt. Sie wohnte ganz allein in ihrem eigenen Hause; ihre einzige Gesellschaft war bloß eine große gelbe Katze, mager wie ein Stück Holz und auf dem Rücken ganz kahl, darauf soll sie des Nachts geritten haben. Eines Abends sollte ein Knecht hin zu ihr und holen von ihr ein Stück Garn, das sie gesponnen. Wie er vor ihr Fenster kommt, ist die Stube ganz hell erleuchtet, und drinnen wird geschwatzt und gelacht und getanzt. Da denkt er: »Was mag die Alte für Besuch haben?« und klopft ans Fenster. Sogleich ist das Licht aus, die Haustür wird aufgerissen und vorbei sausts ihm, wie wenn der Wind durch die Bäume saust, und er sieht fünf oder sechs Katzen, von alten Weibern geritten, in vollem Galopp fortrennen. Er hat entsetzliche Angst, muß aber doch seine Botschaft bestellen. Wie er nun ins Haus kommt, sitzt die Alte in der Stube und gibt ihm zuerst auf seine Fragen keine Antwort; ihre Augen funkeln wie Katzenaugen. Zuletzt hat sie ihm ganz matt geantwortet, und [388] damit hat er fortgehen können, aber er hat eine entsetzliche Angst ausgestanden und ist nie wieder dahin gegangen.