216.

Häufig bilden die Hexen durch Zauber irgend ein verderbliches Ding, das sonst nicht existiert, und schaffen es in die Nähe der zum Untergang bestimmten Wesen. Zu diesen Dingen gehören namentlich dieHexenkränze, Kränze oder ähnliche Verschlingungen der Federn in den Betten. Die [380] Federn werden von den Hexen gewöhnlich in einen Ring zusammengeflochten, zuweilen hängt ein Schwanz daran. Die Hexen können dies aus der Ferne, tun es aber nicht immer auf einmal, denn man findet mitunter auch angefangene Kränze; ja, in Jeverland hat man einmal einen gefunden, in welchem noch Nadel und Draht staken, und bewahrt denselben noch auf. Ist der Kranz geschlossen, so kann kein Mensch, der auf dem Bette schläft gedeihen, Kranke können nicht genesen, Gesunde werden krank, bis man die Ursache entdeckt und die Kränze auf einem Kreuzwege verbrennt. In Jeverland erzählt man auch, daß die Hexen, besonders bei kleinen Kindern in der Wiege, buntseidene Püppchen zwischen das Bettzeug legen, infolgedessen die Kinder erkranken und sterben. Die Püppchen sind unzertrennbar, und es gibt kein anderes Mittel, das Hexenwerk unschädlich zu machen, als es zu verbrennen. Wenn es aber nach der Behauptung Einiger unverbrennbar ist, so würde es freilich gar kein Mittel geben. Ist ein so verzaubertes Kind am Sterben, so pflegt die Hexe sich einzustellen, meist unter dem Vorwande, etwas leihen zu wollen.

a.

Einem Bauern starb all sein Vieh ab, und so viel er auch anschaffte, es starb doch immer wieder. Da gab ihm der Pastor den Rat, er solle den ganzen Stall umbrechen und jedes Plätzchen genau untersuchen, denn jedenfalls liege hier oder dort ein behexter Gegenstand, welcher dem Viehe den Tod bringe. Der Bauer tat, wie der Pastor ihm geheißen, und richtig, in einer Ecke des Stalles fand sich ein wunderlicher Gegenstand, der sich nicht beschreiben läßt. Diesen verbrannte der Bauer, baute den Stall wieder zurecht, und fortan blieb das Vieh gesund. (Saterld.)

b.

Es war einmal eine alte Frau krank und konnte nicht leben noch sterben. Alle Aerzte waren schon um Rat gefragt, aber nichts hatte geholfen. Da ging ihr Mann endlich zu einem Teufelsbanner, der sagte, seine Frau sei behext, er solle nur die Betten aufschneiden, es seien gewiß Hexenkränze darin, deshalb könne die Frau nicht leben noch sterben. Als der Mann nach Hause kam, tat er, wie der Teufelsbanner geheißen, und es fand sich alles so. Da verbrannte er die Kränze in einem großen Feuer, und während sie noch brannten, kam eine alte Frau, die sonst keinen Fuß über die Schwelle setzte, und fragte nach der Kranken. Aber dies war nur zur Löse, denn die alte Hexe wußte recht gut, daß jetzt ihre [381] Macht aus sei. Die Kranke aber besserte sich von Stunde an. (Saterld.)

c.

Ich hatte meine Kinder bald nach der Geburt verloren, erzählte ein alter Mann, und meine Mutter war blind. Eines Abends, als meine Mutter zu Bette ging, fühlte sie im Bette etwas sonderbares und rief mich zu sich. Ich schnitt das Bett auf und dann auch die Kissen, da kamen allerhand Gestalten heraus, die eine wie ein Vogel, die andere wie eine Katze, und noch andere, wohl einen Korb voll. Da gingen mir denn die Augen auf, und ich wußte, warum meine Kinder gestorben und meine Mutter blind geworden. Aber das war nicht mehr zu ändern. Ich machte aber doch ein großes Feuer an und warf all die Sachen hinein, und da kam ein altes Weib vors Fenster, und das war die Hexe. (Saterld.)

d.

In einem Bauernhause wurde ein Kind ohne ersichtliche Ursache krank, und keine Mittel konnten ihm seine Gesundheit wieder geben. Es hatte guten Appetit, es hatte keine Schmerzen, aber es siechte so weg und wurde zusehends hinfälliger. Endlich sagte eine kluge alte Frau, welche man um Rat fragte: »Hier hilft kein Doktor, sondern das Kind ist behext.« Dann ließ sie das Bett durchsuchen, »ihr werdet in demselben sicherlich etwas Merkwürdiges finden, das müßt ihr langsam vernichten.« Die Eltern durchsuchten sofort das Bett und fanden einen niedlichen Kranz, aus des Kindes Haaren geflochten, der aber noch nicht ganz fertig war. Nun, so gab die kluge Frau weiter an, müßten sie alle Tage etwas von dem Kranze auflösen, und wenn sie damit fertig seien, würde das Kind genesen sein. Die Eltern befolgten den Rat, das Kind wurde von Tage zu Tage besser, und als der Kranz aufgelöst war, war auch das Kind gesund (Ostfriesld.)

e.

Zu meiner Mutter kam eine Frau vom Lande, deren Mann krank war, und erzählte, sie habe im Bete einen Federnkranz gefunden, ob das wohl was zu bedeuten habe. Ich war noch schulpflichtig und stand weitab, als die Frau im Flüstertone meiner Mutter ihre Not klagte, hörte aber doch, um was es sich handelte. Welchen Rat die Mutter gab, weiß ich nicht. (Löningen.)


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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 216. [Häufig bilden die Hexen durch Zauber irgend ein verderbliches Ding]. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-2E9C-0