230.

Im Münsterland galt früher das Weihwasser als bewährtes Mittel, um das Vieh gegen »bösen Blick« zu schützen, oder Krankheiten, die durch böse Leute verursacht waren, zu vertreiben. Beim Austreiben des Viehs wurde denselben Weihwasser auf den Rücken gesprengt (Saterld.) Den Kälbern mußte man bei den ersten drei Fütterungen Weihwasser in die Milch geben, und wenn eine Krankheit im Stalle war, besprengte man die Wände, die Tür und die Tiere selbst mit Weihwasser (Visbek). Man erzählt sich, daß gewisse Pastoren zu Markhausen und an anderen Orten des Kreises Cloppenburg von Ostfriesen, die ehemaligen Franziskanermönche zu Vechta von Diepholzern, die um Weihwasser baten, großen Ueberlauf hatten und sich dessen kaum erwehren konnten; aber auch von der oldenburgischen protestantischen Geest wurden die katholischen Geistlichen zu gleichem Zwecke aufgesucht. – Im Saterlande wurde den Kühen, wenn sie auf die Weide gingen, ein von den Patres geweihtes Hilgedom um den Hals gehängt. – Die Buchstaben C.M.B., mit welchem die Namen der heiligen drei Könige Kaspar, Melchior und Balthasar beginnen, werden am Weihnachtsmorgen (Saterld.), oder am Morgen des 6. Januar an alle Türen geschrieben, denn sie lassen nicht ein, was »quad« ist. – Wenn ehedem der Besitzer eines neuerbauten Hauses dieses einweihen ließ, dann dachte er dabei nicht zuletzt an das Fernbleiben von Hexen, oder solchen Menschen, die Unglück hineinwünschen konnten. Den Lichtmeßkerzen, [430] den Kohlen vom Charsamstagfeuer, den geweihten Palmstöcken wurde ebenfalls von manchen die Kraft beigelegt, daß sie »böse« Leute mit ihren bösen Anschlägen fernhalten könnten. – Vielleicht mag auch hierher gehören, daß man sich gegen Hexen schützt, wenn man morgens nüchtern drei Messerspitzen pulverisierter Kohle von einem durch Blitz (also von Gott) entzündeten Hause einnimmt (Visbek). – Bei dieser Scheu der Hexen vor allem Christlichen ist es auffallend, daß dieselben mitunter die Kirchen zu ihrem Tummelplatze wählen und z.B. auf dem Boden der Warflether Kirche hausen; doch haben wir Ähnliches auch bei dem Teufel selbst gesehen. Nach einer Erzählung bedienen sich sogar die Hexen zu ihrem Bosheitszauber desselben Kreuzhalbegrotens, der sonst gegen alle schlimmen Mächte schützt.

a.

Als vor einigen Jahren die neue Mühle bei Neuenkirchen fertig gebaut war, wollte sie nicht gehen, und man glaubte, daß sie behext sei. Da wurde ein katholischer Priester zu Hülfe gerufen; er kam mit Weihwasser, sprengte und segnete, und die Mühle ging.

b.

Wenn die Butter sich nicht zusammengeben will, so geht einer abends in die Kirche, holt etwas Wachs von den Kerzen auf dem Altar und wirft es in die Butterkarne, und sofort kommt die Butter. Dabei darf aber nichts gesprochen werden. Nicht einmal um den Kirchenschlüssel darf gebeten werden; der Küster muß es dem stumm vor ihn Hintretenden ansehen, was er will, und ihm von selbst die Schlüssel hinreichen (Butjadingen).

c.

In Bohnenburg, Ksp. Sengwarden, wohnte ein alter Bauer, der, wenn jemand seinen Zweifel an den Hexengeschichten äußerte, zu sagen pflegte: »Dann sind Sie kein Mensch, denn was man täglich sieht und hört, muß man doch glauben. Kann denn in der Sengwarder Kirche die eine Fensterscheibe an der Nordseite wohl heil gehalten werden? Hundertmal ist eine neue Scheibe eingesetzt, aber in der nächsten Nacht war sie jedesmal zertrümmert. Das kommt, weil dort der Eingang der Hexen ist.«

d.

Dat sünd nu woll ungefähr veertig Jahr här, ick harr min Fro noch nich lang hatt, use Kinner weren noch lütjet, do nehmen wi vant Speschal (Armenkommission: Spezial) 'n old Minsk an, de heet Talke Meyers, de Lü heetden är [431] ümmer Hütten-Talk, dar kregen wi 25 Daler bi, dat was van vörren god Geld. Ick sä to min Fro: »wenn wi de twee Jahr hebbt, dann sünd dat all foftig Daler, dar koent wi all Schulden van betalen, dat wi Lasten weniger krigt up use Stä.« Ja, ja, so dachd ick, dat keem awer anners. Acht Dag gunk dat god, dat Minsk weer just so as anner Minsken, dar kunn 'n füdder nicks van marken. Do gunk ick is 's Abends nan Kroge, dar seten de Nawers ok, awer se sproken nich lut, as se anners dehn; nä se seten all to flüstern und keken mi an und swegen still. Ick fragd är: »na, heiji van mi snackt, denn snackt man to, dat mag ick ok woll mit anhören.« Se keken mi erst so'n bäten wunnerlik an, denn stottden se sick an, und do funk de ene an to spräken. »Nä, Jan«, sä he, »van die heiwi nicks Slimmes seggt, awer van de Hütten-Talk hebbt wi snackt; weestu denn ok, Jan, wat dat for ene is? dat is 'n ole Hexe, de kann mitn Stück Geld wat se hett, use ganze Saat vernichten. Jan, büst ok nett, lat dat ole Minsk gahn, so lang wi darmit in Fräen sünd; anners deit se uns alles ton Tort an.« Kinners, Kinners, wat verjagd ick mi do! Min Läw bün ick nich bang wäsen; man da keem mi dat Gräsen bi an. Ick stund up un gunk na Hus un nehm de ole Talk ganz in Goden vor; ick wull mi woll waren, dat ick der nien Spektakel mit slog. Ick fragd är, of se hexen kunn. »Ja,« sä se un wurd ok gar nich böse. Ick fragd är, wo se dat makde. Do halde se so 'n Halwengrotenstück här, de se van vörren väl harren, mitn Krüz up. Dar brukd se man blot mit int Feld nintogahn, bindt sick 'n witt Bettlaken um, lä den Halwengroten mit 't Krüz in jede Ecke, und in 'n Ogenblick weer de beste Saat hen. Do brukd ick nicks mehr to weten, do wußd ick genog; ick harr'n ole Hexe in Huse. O Gutt, wat gräsde mi davorr. Ick makd, dat ick se in Fräden los wurr; ick sä, ick wull min Hus verboen. Mi ducht, mehr hebb ick mi min Läben noch nich freut, as do ick dat Minsk wedder los weer. (Landg. Oldenburg).


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TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 230. [Im Münsterland galt früher das Weihwasser als bewährtes Mittel]. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-2A3A-0