[154] An ein Maienblümchen
Vor allen Blumen, die so schön
Auf Florens bunten Beeten stehn,
Wähl' ich, o Maienblümchen! dich
Zum kleinen Busenstrauss für mich!
Dein kleines Glöckchen, zart und weiss,
Gepflegt von keines Künstlers Fleiss,
Erzog die gütige Natur
Auf grüner buntgeblümter Flur;
Du blühst in hohem Gras versteckt,
Von seidnen Blättern überdeckt,
Und würzest mild mit süssem Duft
Die junge reine Frühlingsluft.
Du trägst der Unschuld Feierkleid,
Bist ihr, der Göttlichen, geweiht,
Die den, dem sie im Busen lebt,
Hoch über diese Welt erhebt.
Verblühe, liebes Blümchen, hier,
Und hauche sanfte Düfte mir,
Und male meinem nassen Blick
Der Unschuld ungetrübtes Glück! –