[286] Ida's Abendgesang
Die Nachtviole hauchet
Den süssen Duft,
Der dunkle Eichwald rauchet
Und kühlt die Luft;
Der Berge Gipfel schimmern
Im Mondenschein,
Und Silberfunken flimmern
Im Tannenhain.
Und Philomele flötet
Auf schwankem Reis,
Vom Abendgold geröthet,
So sanft und leis'!
Der Ton der kleinen Grille,
Wie Geister-Laut,
Vermählt sich mit der Stille
Der Nacht so traut!
Die bunten Sylphen nippen
Der Blumen Staub,
Wie zarter Bienen Lippen
Den süssen Raub;
Die goldnen Käfer funkeln
In dem Gesträuch,
Und spiegeln sich im dunkeln
Umgrünten Teich;
[287]
Die Wehmuth wandelt leise
Durch Schatten hin,
Wie auf der Lebensreise
Ein trüber Sinn!
Dem Schlummer singt der Friede
Den Wiegensang,
Im stillen Abendliede,
Bei Sternenklang;
Die Ruhe windet Kronen
Von sanftem Mohn,
Nach Tages Müh'n zu lohnen
Den Erdensohn.
Der Hoffnung süsses Lächeln
Versüsst die Ruh,
Und Engel Gottes fächeln
Ihm Kühlung zu!
So webt die Nacht den Schleier
Mit Sternenschein,
Und ladet uns zur Feier
So sinnig ein.
Der Tag ist bang' und schwüle,
Die Nacht giebt Ruh;
So deckt einst Grabeskühle
Uns freundlich zu!