William Shakespeare
König Heinrich V.
[387] Personen
König Heinrich V.
Herzog von Gloster,
Herzog von Bedford, Brüder des Königs
Herzog von Exeter, Oheim des Königs
Herzog von York, Vetter des Königs
Graf von Salisbury
Graf von Westmoreland
Graf von Warwick
Erzbischof von Canterbury
Bischof von Ely
Graf von Cambridge,
Lord Scroop,
Sir Thomas Grey, Verschworne gegen den König
Sir Thomas Erpingham,
Gower,
Fluellen,
Macmorris,
Jamy, Offiziere in Heinrichs Armee
Bates, Court, Williams, Soldaten in derselben
Nym, Bardolph, Pistol, ehemals Bediente Falstaffs, jetzt ebenfalls Soldaten in derselben
Ein Bursch, der sie bedient
Karl VI., König von Frankreich
Louis, der Dauphin
Herzog von Burgund
Herzog von Orleans
Herzog von Bourbon
Der Connetable von Frankreich
Rambures und Grandprê, französische Edelleute
[387] Befehlshaber von Harfleur
Montjoye, ein französischer Herold
Gesandte an den König von England
Isabelle, Königin von Frankreich
Katharina, Tochter Karls und Isabellens
Alice, ein Fräulein im Gefolge der Prinzessin Katharina
Wirtin Hurtig, Pistols Frau
Herren und Frauen vom Adel, Offiziere, französische und englische Soldaten, Boten und Gefolge
Die Szene ist anfangs in England, nachher ununterbrochen in Frankreich
[388]Erster Aufzug
Zweite Szene
Zweiter Aufzug
Erste Szene
Ich für mein Teil frage nicht darnach, ich sage wenig, aber wenn die Zeit kommt, kann es freundlich zugehen; doch das mag sein, wie es will. Fechten mag ich nicht, aber ich kann die Augen zutun und meinen Spieß vorhalten. Er ist nur ganz einfältig, aber was tut's? Man kann Käse daran rösten, und er hält die Kälte aus, so gut wie andrer Menschen Degen auch, und das ist der Humor davon.
Ich will ein Frühstück daran wenden, euch zu guten Freunden zu machen, und dann wollen wir alle als geschworne Brüder nach Frankreich ziehn. Bietet dazu die Hand, guter Korporal Nym.
Mein' Treu, ich will so lange leben, als es geht, das ist ausgemacht, und wenn ich nicht länger leben kann, so will [404] ich sehen, wie ich's mache. Das ist mein Schluß, das ist das laus deo dabei.
Es ist gewiß, Korporal, daß er mit Lene Hurtig verheiratet ist, und gewißlich, er tat Euch Unrecht, denn Ihr wart mit ihr versprochen.
Ich weiß es nicht: die Sachen müssen gehn, wie sie können; es kann kommen, daß Leute schlafen, und daß sie zu der Zeit ihre Gurgel bei sich haben, und etliche behaupten, Messer haben Schneiden. Es muß gehen, wie es kann. Ist Geduld schon eine abgetriebne Mähre, so schleppt sie sich doch fort. Es muß eine Endschaft werden. Nun, ich weiß es nicht.
Da kommt Fähndrich Pistol und seine Frau. – Guter Korporal, nun haltet Euch ruhig. – Nun, wie steht's, Herr Wirt?
Wenigstens nicht lange, meiner Treu, denn wir können nicht ein Dutzend Frauenzimmer oder was drüber in Wohnung und Kost haben, die sich ehrbar vom Stich ihrer Nadeln ernähren, ohne daß man gleich denkt, wir hielten ein liederliches Haus.
O Herr! Da ist Korporal Nym seiner – nun haben wir hier vorsätzlichen Ehebruch und Mord. Guter Korporal Nym, zeige dich als einen tüchtigen Mann und steck' den Degen ein. – Guter Lieutenant – guter Korporal, nehmt nichts vor!
Ich bin nicht Barbason, Ihr könnt mich nicht beschwören. Ich bin im Humor, Euch leidlich derb auszupochen; wenn Ihr mir Schimpf antut, so will ich Euch mit meinen Rapier fegen, wie ich in allen Ehren tun darf; wollt Ihr davon gehn, so möchte ich Euch ein bißchen in die Gedärme prickeln, wie ich nach guter Sitte tun darf, und das ist der Humor davon.
Hört mich an, hört an, was ich sage: wer den ersten Streich tut, dem renn' ich den Degen bis ans Gefäß in den Leib, so wahr ich ein Soldat bin.
Herr Wirt Pistol, Ihr müßt zu meinem Herrn kommen, – Ihr auch, Wirtin; – er ist sehr krank und will zu Bett. – Guter Bardolph, steck' die Nase zwischen seine Bettlaken [406] und verrichte den Dienst eines Bettwärmers; wahrhaftig, ihm ist sehr schlimm.
Meiner Treu, er wird nächster Tage den Krähen eine fette Mahlzeit geben; der König hat ihm das Herz gebrochen. – Lieber Mann, komm gleich nach Hause.
Kommt, soll ich euch beide zu Freunden machen? Wir müssen zusammen nach Frankreich: was Teufel sollen wir Messer führen, einander die Gurgeln abzuschneiden?
Korporal Nym, willst du gut Freund sein, so sei gut Freund; willst du nicht, nun, so mußt du auch mit mir Feind sein. Bitte, steck' ein!
So wahr ihr von Weibern hergekommen seid, kommt hurtig zu Sir John herein. Ach, die arme Seele! Ein brennendes Quotidian- Tertian-Fieber rüttelt ihn so zusammen, daß es höchst kläglich anzusehen ist. Herzensmänner, kommt zu ihm!
Der König ist ein guter König, aber man muß es nehmen, wie es kommt. Er nimmt allerlei Humore und Sprünge vor.
Zweite Szene
Dritte Szene
Nein, gewiß, er ist nicht in der Hölle; er ist in Arthurs Schoß, wenn jemals einer in Arthurs Schoß gekommen ist. Er nahm ein so schönes Ende und schied von hinnen, als wenn er ein Kind im Westerhemdchen gewesen wäre. Just zwischen zwölf und eins fuhr er ab, grade wie es zwischen Flut und Ebbestand; denn wie ich ihn die Bettlake zerknüllen sah und mit Blumen spielen und seine Fingerspitzen anlächeln, da wußte ich, daß ihm der Weg gewiesen wäre; denn seine Nase war so spitz wie eine Schreibfeder, und er faselte von grünen Feldern. »Nun, Sir John?« sagte ich; »ei Mann, seid gutes Muts!« Damit rief er aus: »Gott! Gott! Gott!« ein Stücker drei- oder viermal. Ich sagte, um ihn zu trösten, er möchte nicht an Gott denken, ich hoffte, es täte ihm noch nicht not, sich mit solchen Gedanken zu plagen. Damit bat er mich, ihm mehr Decken auf die Füße zu legen. Ich steckte meine Hand in das Bett und befühlte sie und sie waren so kalt wie ein Stein; darauf befühlte ich seine Knie, und so immer weiter und weiter hinauf, und alles war so kalt wie ein Stein.
Auf gewisse Weise hantierte er freilich mit Weibsbildern: aber da war er rheumatisch und sprach von der Hure von Babylon.
Erinnert Ihr Euch nicht, wie er einen Floh auf Bardolphs Nase sitzen sah, daß er sagte: es wäre ein schwarze Seele, die im höllischen Feuer brennte?
Nun, das Brennholz ist zu Ende, das dies Feuer unterhielt: das ist der ganze Reichtum, den ich in seinem Dienst erworben habe.
Vierte Szene
Dritter Aufzug
Erste Szene
Zweite Szene
Ich bitte dich, Korporal, halt! Die Püffe sind zu hitzig, und ich für mein Teil habe nicht ein paar Leben; der Humor davon ist zu hitzig, das ist die wahre Litanei davon.
Ich wollte, ich wäre in einer Bierschenke in London! Ich wollte meinen ganzen Ruhm für einen Krug Bier und Sicherheit geben.
So jung ich bin, habe ich diese Schwadronierer doch schon beobachtet. Ich bin Bursch bei allen dreien, aber alle drei, wenn sie mir aufwarten wollten, könnten doch nicht mein Kerl sein: denn wahrhaftig, drei solche Fratzen machen zusammen keinen Kerl aus. Was Bardolph betrifft, der ist weiß von Leber und rot von Gesicht, vermöge dessen er verwegen drein sieht, aber nicht ficht. Pistol, der hat eine wilde Zunge und einen stillen Degen, vermöge deren er Worten den Hals bricht und seine Waffen heil erhält. Nym, der hat gehört, daß Männer von wenig Worten die besten sind, und deswegen schämt er sich, sein Gebet herzusagen, damit man ihn nicht für eine feige Memme halte. Aber seine wenigen schlechten Worte sind mit eben so wenigen guten Taten gepaart, denn er schlug nie eines Menschen Kopf entzwei als seinen eignen, und das geschah gegen einen Pfosten, als er betrunken war. Sie stehlen, was ihnen vorkommt, und das nennen sie Handel und Wandel. Bardolph stahl einen Lautenkasten, trug ihn zwölf Stunden weit und verkaufte ihn für drei Kreuzer. Nym und Bardolph sind geschworne Brüder im Mausen, und in Calais stahlen sie eine Feuerschaufel: ich sah wohl an diesem Probestücke, daß die Kerle Herumstörer wären. Sie wollen mich so vertraut mit andrer Leute Taschen haben als ihre Handschuhe oder Schnupftücher, was meiner Mannheit sehr entgegen ist; wenn ich aus der Tasche einesandern nehmen sollte, um es in meine zu stecken: das hieße geradezu Unrecht einstecken. Ich muß sie verlassen und mir einen bessern Dienst suchen: ihre Schelmerei ist meinem schwachen Magen zuwider, ich muß sie von mir geben. Bursch ab.
Kapitän Fluellen, Ihr müßt unverzüglich zu den Minen kommen; der Herzog von Gloster will mit Euch sprechen.
Zu den Minen? Sagt Ihr dem Herzog, daß es nicht gar zu gut ist, zu den Minen zu kommen; denn, seht Ihr, die Minen sein nicht der Kriegsdisziplin gemäß, die Konkavität derselben sein nicht hinreichend; denn, seht Ihr, der Feind, wie Ihr dem Herzoge erläutern könnt, seht Ihr, ist vier Ellen tief unter die Konterminen eingegraben. Bei Jessus, ich denke, er werden alles in die Luft sprengen, wenn da keine bessere Direktionen sein.
Der Herzog von Gloster, der den Befehl bei der Belagerung führt, wird ganz von einem Irländer geleitet, einem sehr braven Manne, wahrhaftig.
Bei Jessus, er sein ein Esel, wie einer in der Welt, das will ich ihm in seinen Bart hinein bezeugen. Er hat nicht mehr Ordonnanz in der wahren Kriegsdisziplin, seht Ihr, was römische Disziplin sein, als ein Gelbschnabel haben tut.
Kapitän Jamy ist ein erstauendlich prafer Mann, das ist gewiß, und von großer Fertigkeit und Wissenschaft in den alten Kriegen, nach meiner absonderlichen Wissenschaft seiner Ordonnanzen; bei Jessus, er behauptet sein Argument so gut als irgendein Kriegesmann, was Disziplinen aus den vormaligen Kriegen der Römer sein.
Bei Chrischtus, 's ischt übel getan: die Arbeit ischt aufgegeben, die Trompeten blasen zum Rückzuge. Bei meiner Hand schwöre ich, und bei meines Vaters Seele, die Arbeit ischt übel getan, sie ischt aufgegeben: ich hätte die Stadt in die Luft gesprengt, so mir Chrischtus helfe, binnen[425] einer Stunde. Oh, 's ischt übel getan, 's ischt übel getan, bei meiner Hand, 's ischt übel getan.
Kapitän Macmorris, ich ersuche Euch nun, wollt Ihr mir, seht Ihr, einige wenige Disputationen mit Euch erlauben, als zum Teil betreffend oder angehend die Disziplin des Krieges, was römische Kriege sein; auf dem Wege des Argumentierens, seht Ihr, und freundlichen Kommunizie rens: teils um meine Meinung zu rechtfertigen, und teils seht Ihr, zur Rechtfertigung meiner Gesinnung, was die Ordonnanz der Kriegesdisziplin anlangt; das ist der wahre Punkt.
Das wird sehr guot sein, ihr guoten Kapitäns beide, und ich will auch mainen Verlaub nehmen, wenn's die Gelegen heit gibt, das will ich, mainer Treu.
Es ischt keine Zeit zum Reden, so mir Chrischtus helfe, der Tag ist heiß, und das Wetter, und der Krieg, und der König, und die Herzoge; es ischt keine Zeit zum Reden. Die Stadt wird berannt, und die Trompete ruft uns zur Bresche, und wir sprechen, und tun, bei Chrischtus, gar nichts; 's ischt Schande für uns alle, so mir Gott helfe, 's ischt Schande, still zu stehen, 's ischt Schande, bei meiner Hand: und da hat sich's Kehlen abzuschneiden, und Arbeiten zu tun, und es wird nischt getan, so mir Chrischtus helfe.
Beim Sakrament, eher diese maine Augen in Schlaf fallen, will ich guoten Dienst verrichten, oder ich will davor im Ärdboden liegen, ja, oder zum Tode gehen; und ich will es so tapfer bezahlen, wie ich kann, (das werde ich sicherlich tun,) das ist das Kurze und das Lange davon. Main Treu, ich hätte gern ein Gespräch zwischen euch baiden angehört.
Kapitän Macmorris, ich denke, seht Ihr, unter Eurer Genehmhaltung, es sein nicht viele von Eurer Nation –
Meiner Nation? Was ischt meine Nation? Ischt's ein Hundsfott, und ein Bastard, und ein Schelm, und ein Schurke? Was ischt meine Nation? Wer spricht von meiner Nation?
Seht Ihr, wenn Ihr die Sache anders nehmt, als sie gemeint war, Kapitän Macmorris, so werde ich unmaßgeblich [426] denken, daß Ihr mir nicht mit der Leutseligkeit begegnet, als Ihr mir vernünftigerweise begegnen solltet, seht Ihr, da ich ein ebenso guter Mann als Ihr bin, sowohl was die Kriegesdisziplin, als die Abkunft meiner Geburt und andre Absonderlichkeiten betrifft.
Ich weiß nicht, daß Ihr ein so guter Mann seid als ich; so mir Chrischtus helfe, ich will Euch den Kopf abhauen.
Kapitän Macmorris, wenn einmal besser gelegnere Zeit verlangt wird, seht Ihr, so werde ich so dreist sein, Euch zu sagen, daß ich die Kriegesdisziplin verstehe, und damit gut.
Dritte Szene
Vierte Szene
Je te prie, enseigne-la-moi; il faut que j'apprenne à parler. Comment appelez-vous la main en Anglais?
Les doigts? Ma foi, j'ai oublié les doigts, mais je m'en souviendrai. Les doigts? Je pense qu'ils sont appelés de fingres; oui, de fing res.
La main, de hand, les doigts, de fingres. Je pense que je suis bonne écolière: j'ai gagné deux mots d'Anglais assez vite. Comment appelez-vous les ongles?
De foot et de con? O seigneur Dieu! Ce sont des mots d'un son mauvais, corrompu, grossier et impudique, et dont les dames d'honneur ne sauraient se servir; je ne voudrais prononcer ces mots devant les seigneurs de France pour tout le monde. Il faut de foot et de con néanmoins. Je réciterai encore une fois ma leçon ensemble: de hand, de fingres, de nails, de arm, de elbow, de neck, de sin, de foot, de con.
Fünfte Szene
Sechste Szene
Der Herzog von Exeter ist so heldenmütig wie Agamemnon, und ein Mann, den ich liebe und verehre mit meiner Seele, und meinem Herzen, und meinem Eifer, und meinem Leben, und meinen Lebtagen, und meinem äußersten Vermögen; er ist, Gott sei Lob und Dank, nicht im geringsten in der Welt verwundet, sondern behauptet die Prücke gar tapfer mit fürtrefflicher Disziplin. Es ist da ein Fähndrich bei der Prücke, ich denke in meinem besten Gewissen, er ist ein so tapfrer Mann wie Mark Anton: und er ist ein Mann von keiner Achtbarkeit in der Welt, aber ich sah ihn wackern Dienst verrichten.
Mit Eurem Verlaub, Fähndrich Pistol. Fortuna wird plind gemalt, mit einer Binde vor ihren Augen, um Euch anzudeuten, daß das Glück plind ist. Ferner wird sie auch mit einem Rade gemalt, um Euch anzudeuten, was die Moral daraus ist, daß sie wechselnd und unbeständig ist, und Veränderung, und Wankelmütigkeiten; und ihr Fuß, seht Ihr, ist auf einen kugelförmigen Stein gestellt, der rollt und rollt und rollt. In wahrem Ernste, von den Poeten sein gar fürtreffliche Beschreibung der Fortuna gemacht, Fortuna seht Ihr, ist eine fürtreffliche Moral.
Gewißlich, Fähndrich, es ist keine Sache, um sich darüber zu freun; denn, seht Ihr, wenn er mein Pruder wäre, so wollte ich den Herzog bitten, nach bestem Belieben mit ihm zu verfahren und die Exekution an ihm auszuüben, denn Disziplin muß gehandhabt werden.
Ei, das ist ein erzbetrügerischer Schelm, jetzt erinnre ich mich seiner; ein Kuppler, ein Beutelschneider.
Ich versichre Euch, er gab bei der Prücke so prafe Worte zu vernehmen, wie man sie nur an einem Festtage sehen kann. Aber es ist sehr gut, ich stehe Euch dafür, wenn die Zeit dienlich kommt.
Ei, er ist ein Gimpel, ein Narr, ein Schelm, der dann und wann in den Krieg geht, um bei seiner Zurückkunft in London in der Gestalt eines Soldaten zu prangen. Und dergleichen Gesellen sind fertig mit den Namen großer Feldherrn, und sie lernen auswendig, wo Dienste geleistet worden sind: bei der oder der Feldschanze, bei dieser Bresche, bei jener Bedeckung; wer rühmlich davon kam, wer erschossen ward, wer sich beschimpfte, welche Lage der Feind behauptete. Und dies lernen sie vollkommen in der Soldatensprache, die sie mit Flüchen aufstutzen; und was ein Bart nach dem Schnitte des Generals und ein rauher Feldanzug, unter schäumenden Flaschen und witzigen Köpfen in Bier getaucht, vermögen, das ist erstaunlich zu denken. Aber Ihr müßt solche Mißzierden des Zeitalters kennen lernen, sonst könnt Ihr Euch außerordentlich betrügen.
Ich will Euch was sagen, Kapitän Gower: ich merke schon, er ist nicht der Mann, als den er sich gern bei der Welt möchte gelten lassen. Wenn ich ein Loch in seinem Rocke finde, so will ich ihm meine Meinung sagen.
Ja, zu Euer Majestät Befehl. Der Herzog von Exeter hat die Prücke sehr tapfer behauptet, die Franzoser sein davon gegangen, und es gibt daselbst prafe und gar tapfre Vorfälle. Meiner Treu, der Feind tat die Prücke in Besitz nehmen, aber er ist genötigt, sich zurück zu ziehn, und der Herzog von Exeter ist Meister von der Prücke; ich kann Euer Majestät sagen, der Herzog ist ein prafer Mann.
Die Schadhaftigkeit des Feindes ist gar groß gewesen, gar ansehnlich groß; aber ich denke für mein Teil, der Herzog hat keinen einzigen Mann verloren, außer einen, der vermutlich hingerichtet wird, weil er eine Kirche beraubt hat, ein gewisser Bardolph, wenn Eure Majestät den Mann kennt: sein Gesicht ist nichts wie Pusteln, Finnen, Knöpfe und Feuerflammen, und seine Lippen plasen ihm an die Nase, und sie sein wie feurige Kohlen, manchmal plau und manchmal rot; aber seine Nase ist hingerichtet, und sein Feuer ist aus.
Wir wollen alle solche Verbrecher ausgerottet wissen, und wir erteilen ausdrücklichen Befehl, daß auf unsern Märschen durch das Land nichts von den Dörfern erzwungen werde, nichts genommen, ohne zu bezahlen, daß kein Franzose geschmäht odermit verächtlichen Reden mißhandelt werde: denn wenn Milde und Grausamkeit um ein Königreich spielen, so wird der gelindeste Spieler am ersten gewinnen.
So sagt mein König: »Sage du an Heinrich von England, ob wir schon tot schienen, schliefen wir doch nur; Vorteil ist ein besserer Soldat als Übereilung. Sagt ihm, wir hätten ihn bei Harfleur zurückweisen können, aber wir fanden nicht für gut, eine Beleidigung aufzustoßen, bis sie[436] völlig reif wäre; jetzt reden wir auf unser Stichwort, und unsre Stimme ist gebietend: England soll seine Torheit bereun, seine Schwäche sehn und unsre Geduld bewundern. Heiß' ihn also sein Lösegeld bedenken, welches nach dem Verlust, den wir ertragen haben, nach den Untertanen, die wir eingebüßt, nach der Erniedrigung, die wir uns gefallen lassen, abgemessen werden muß: was nach vollem Gewicht zu vergüten, seine Kleinheit erdrücken würde. Für unsern Verlust ist seine Schatzkammer zu arm, für die Vergießung unsers Bluts das Aufgebot seines Königreichs eine zu schwache Zahl, und für unsre Erniedrigung würde seine eigne Person, zu unsern Füßen knieend, nur eine schwache und unwürdige Genugtuung sein. Hierauf laß Herausfoderung folgen, und sag ihm zum Schlusse, er habe seine Leute verraten, deren Verdammnis ausgesprochen ist.« So weit mein Herr und Meister, so viel umfaßt mein Auftrag.
Siebente Szene
Was das für eine lange Nacht ist! – Ich tausche mein Pferd gegen keines, das nur auf vier Pfoten geht. Ah ça! Er [438] springt von der Erde, als ob er mit Haaren ausgestopft wäre, le cheval volant, der Pegasus, qui a les narines de feu. Wenn ich ihn reite, so schwebe ich in Lüften, ich bin ein Falke, er trabt auf der Luft, die Erde singt, wenn er sie berührt; das schlechteste Horn seines Hufes ist musikalischer als die Pfeife des Hermes.
Und von der Hitze des Ingwers. Er ist ein Tier für den Perseus: nichts wie Feuer und Luft, und die trägen Elemente der Erde und des Wassers zeigen sich niemals in ihm, außer in seiner geduldigen Stille, während sein Reiter ihn besteigt. Er ist in der Tat ein Pferd, und alle andern Mähren kann man Vieh nennen.
Es ist der Fürst der Gäule; sein Wiehern ist wie das Gebot eines Monarchen, und sein Anstand nötigt Huldigung ab.
Ei, der Mensch hat keinen Witz, der nicht vom Aufsteigen der Lerche bis zum Einpferchen des Lammes mit verdientem Lobe auf meinen Gaul abwechseln kann. Es ist ein Thema, überfließend wie die See, verwandelt den Sand in beredte Zungen, und mein Pferd gibt ihnen allen zu tun. Er ist würdig, daß ein Souverän darüber rede, und daß der Souverän eines Souveräns darauf reite; und daß die Welt, sowohl die uns bekannte als unbekannte, ihre besondern Geschäfte bei Seite lege und ihn bewundre. Ich schrieb einmal ein Sonett zu seinem Ruhm und fing so an: »O Wunder der Natur,« –
Mich wohl, was das ausgemachte Lob und die Vollkommenheit einer guten und ausschließlich eignen Geliebten ist.
Oh, so war sie vielleicht alt und sanftmütig, und Ihr rittet wie ein irländischer Kerne, ohne Eure französischer Pluderhosen, bloß in Euren knappen Beinkleidern.
So laßt Euch von mir warnen. Die so reiten und nicht vorsichtig reiten, fallen in garstige Sümpfe: ich will lieber mein Pferd zur Geliebten haben.
Le chien est retourné à son propre vomissement, et la truie lavée au bourbier; du brauchst alles, was es auch sei.
Herr Connetable, die Rüstung, die ich heute nacht in Eurem Zelte sah: sind das Sonnen oder Sterne, was Ihr darauf habt?
Das mag sein, denn Ihr tragt ihrer viel überflüssige, und es würde Euch mehr Ehre bringen, wenn einige weg wären.
Gerade so, wie Euer Pferd Eure Lobpreisungen trägt; es würde eben so gut traben, wenn einige Eurer Prahlereien aus dem Sattel geworfen wären.
Ich wollte, ich wär' fähig, ihm sein Verdienst aufzuladen. – Will es denn niemals Tag werden? Ich will morgen eine Meile traben, und mein Weg soll mit englischen Gesichtern gepflastert sein.
Das will ich nicht sagen, aus Furcht, der Weg [440] möchte mir Gesichter schneiden. Aber ich wollte, es wäre Morgen, denn ich möchte die Engländer gern bei den Ohren haben.
Ja, meiner Treu, das ist sie: niemand hat sie je gesehn, außer sein Lakai. Es ist eine verkappte Tapferkeit, und wenn sie ans Tageslicht kömmt, wird sie die Augen zudrücken.
Gut angebracht: Euer Freund steht da für den Teufel, und um Eurem Sprichworte recht zu Leibe zu gehn, sage ich: Ich frage den Teufel darnach.
Ein wackrer und erfahrner Herr. – Ich wollte, es wäre Tag! – Ach, der arme Heinrich von England! Er verlangt nicht nach der Morgendämmerung wie wir.
Was für ein armseliger und einfältiger Geselle ist dieser König von England, daß er mit seinen grützköpfigen Leuten so ganz durchhinkömmt!
Daran fehlt's ihnen: denn hätten ihre Köpfe irgendeine geistige Rüstung, so könnten sie nicht so schwere Sturmhauben tragen.
Einfältige Hunde, die blindlings einem russischen Bären in den Rachen laufen und sich die Köpfe wie faule Äpfel zerquetschen lassen! Ihr könntet ebenso gut sagen, es sei ein tapfrer Floh, der sein Frühstück auf der Lippe eines Löwen verzehrt.
Ganz recht, und die Menschen sympathisieren mit den Bullenbeißern im kräftigen und rauhen Angreifen, sie lassen ihren Witz bei ihren Frauen zurück, und dann [442] gebt ihnen große Mahlzeiten von Rindfleisch, und Eisen und Stahl, so werden sie fressen wie Wölfe und fechten wie Teufel.
Dann werden wir morgen finden, daß sie bloß Appetit zum Essen, aber nicht zum Fechten haben. Jetzt ist es Zeit, die Waffen anzulegen: kommt, sollen wir daran gehn?
Vierter Aufzug
Erste Szene
Nun, im Namen Jessu Christi, sprecht doch leiser! Es ist das Allerverwunderlichste in der sämtlichen Welt, wenn die wahren und uralten Prifilegien und Gesetze des Krieges nicht beobachtet sein. Wenn Ihr Euch nur die Mühe nehmen wolltet, die Kriege von Pompejus dem Großen zu untersuchen, so werdet Ihr finden, dafür stehe ich Euch,[447] daß im Lager des Pompejus kein Schnickschnack und Wischewasche ist; ich stehe Euch dafür, Ihr werdet finden daß die Cärimonien des Krieges, und die Sorgfalt in selbigem, und die Sitten in selbigem, und die Nüchternheit in selbigem, und die Bescheidenheit in selbigem ganz anders sein.
Wenn der Feind ein Esel ist, und ein Narr, und ein plappernder Hasenfuß, denkt Ihr, es sei schicklich, daß wir auch, seht Ihr, ein Esel und ein Narr und ein plappernder Hasenfuß sein? Ich frage Euch auf Euer Gewissen.
Wir sehen dort den Anbruch des Tages, aber ich denke, wir werden niemals sein Ende sehn. – Wer geht da?
Ein guter alter Anführer, und ein sehr lieber Herr. Ich bitte Euch, wie denkt er von unserm Zustande?
Grade wie Menschen, die auf einer Sandbank gescheitert sind und erwarten, von der nächsten Flut weggewaschen zu werden.
Nein, und er muß es auch nicht tun. Denn, ob ich es Euch schon sage, ich denke, der König ist nur ein Mensch, wie ich bin. Die Viole riecht ihm, wie sie mir tut, [448] das Firmament erscheint ihm wie mir, alle seine Sinne stehen unter menschlichen Bedingungen; seine Zeremonien bei Seite gesetzt, erscheint er in seiner Nacktheit nur als ein Mensch, und wiewohl seine Neigungen einen höheren Schwung nehmen als unsre, so senken sie sich doch mit demselben Fittig, wenn sie sich senken. Daher wenn er Ursache zur Furcht sieht, wie wir tun, so ist seine Furcht ohne Zweifel von derselben Beschaffenheit wie unsre; doch sollte vernünftigerweise kein Mensch ihn mit einem Schein von Furcht einnehmen, damit er nicht, indem er sie verrät, seine Armee mutlos macht.
Er mag äußerlich so viel Mut zeigen, als er will, aber ich glaube, so eine kalte Nacht, wie es ist, könnte er sich doch bis an den Hals in die Themse wünschen, und ich wollte auch, daß er drin säße und ich bei ihm, auf alle Gefahr, wenn wir nur hier los wären.
Bei meiner Treu', ich will nach meinem Gewissen von dem Könige reden: ich denke, er wünscht sich nirgend anderswo hin, als wo er ist.
Dann wollte ich, er wäre allein hier, so wäre er gewiß, ausgelöst zu werden, und manches armen Menschen Leben würde gerettet.
Ich darf sagen, Ihr wollt ihm nicht so übel, daß Ihr ihn hier allein wünschen solltet, wiewohl Ihr so sprechen mögt, um andrer Menschen Gesinnungen zu prüfen. Mich dünkt, ich könnte nirgends so zufrieden sterben, als in des Königs Gesellschaft, da seine Sache gerecht und sein Zwist ehrenvoll ist.
Ja, oder mehr, als wonach wir fragen dürfen, denn wir wissen genug, wenn wir wissen, daß wir des Königs Untertanen sind: wenn seine Sache schlecht ist, so reinigt unser Gehorsam gegen den König uns von aller Schuld dabei.
Aber wenn seine Sache nicht gut ist, so hat der König selbst eine schwere Rechenschaft abzulegen; wenn alle die Beine und Arme und Köpfe, die in einer Schlacht abgehauen sind, sich am Jüngsten Tage zusammenfügen, und schreien alle: »Wir starben da und da«; einige fluchend, [449] einige um einen Feldscher schreiend, einige über ihre Frauen, die sie arm zurückgelassen, einige über ihre unbezahlten Schulden, einige über ihre unerzognen Kin der. Ich fürchte, es sterben nur wenige gut, die in einer Schlacht umkommen: denn wie können sie irgend was christlich anordnen, wenn sie bloß auf Blut gerichtet sind? Wenn nun diese Menschen nicht gut sterben, so wird es ein böser Handel für den König sein, der sie dahin geführt, da, ihm nicht zu gehorchen, gegen alle Ordnung der Unterwürfigkeit laufen würde.
Also, wenn ein Sohn, der von seinem Vater zum Handel ausgesandt wird, sündlich auf der See verunglückt, so müßte man die Schuld seiner Ruchlosigkeit nach Eurer Regel auf den Vater wälzen, der ihn aussandte. Oder wenn ein Bedienter, der unter den Befehlen seines Herrn eine Summe Geldes wohin bringt, von Räubern angefallen wird und in vielen unversöhnten Ungerechtigkeiten stirbt, so könnt Ihr das Geschäft des Herrn den Urheber von der Verdammnis des Bedienten nennen. – Aber dem ist nicht so: der König ist nicht gehalten, für das besondre Ende seiner Soldaten einzustehn, der Vater für das seines Sohnes, und der Herr für das seines Bedienten, denn sie wollen ja nicht ihren Tod, wenn sie ihre Dienste wollen. Außerdem gibt es keinen König, sei seine Sache auch noch so fleckenlos, der, wenn es zur Entscheidung des Schwertes kommt, sie mit ganz unbefleckten Soldaten ausmachen kann. Einige haben vielleicht die Schuld überlegten und vorsätzlichen Mordes auf sich geladen; einige, daß sie Jungfrauen durch die gebrochnen Siegel des Meineides hintergangen; einige machen den Krieg zu ihrem Bollwerk, die zuvor den sanfte Busen des Friedens mit Plündern und Räuberei wund gerissen. Wenn nun diese Menschen das Gesetz vereitelt haben und der natürlichen Strafe entronnen sind: können sie schon den Menschen entlaufen, so haben sie doch keine Flügel, um Gott zu entfliehen. Krieg ist seine Geißel, Krieg ist sein Werkzeug der Rache, so daß hier die Menschen für den vorherigen Bruch der Gesetze des Königs im gegenwärtigen Streit des Königs gestraft werden; wo sie den Tod fürchten, haben sie das Leben davon gebracht, und wo sie sich zu sichern [450] dachten, kommen sie um. Wenn sie daher unvorbereitet sterben, so ist der König nicht mehr an ihrer Verdammnis schuldig, als er es vorher an den Ruchlosigkeiten war, derentwegen sie nun heimgesucht werden. Jedes Untertanen Pflicht gehört dem König, jedes Untertanen Seele ist sein eigen. Darum sollte jeder Soldat im Kriege es wie jeder kranke Mann in seinem Bette machen, jedes Stäubchen aus seinem Gewissen waschen, und wenn er so stirbt, ist der Tod für ihn ein Gewinn; oder wenn er nicht stirbt, so war die Zeit segensvoll verloren, worin eine solche Vorbereitung gewonnen ward; und bei dem, welcher davon kömmt, wäre es keine Sünde zu denken, daß, da er Gott ein so freies Anerbieten macht, dieser ihn den Tag überleben läßt, um seine Größe einzusehen und andern zu lehren, wie sie sich vorbereiten sollen.
Es ist gewiß, wenn jemand übel stirbt, so fällt das Übel auf sein eignes Haupt; der König hat nicht dafür einzustehen.
Ich verlange nicht, daß er für mich einstehen soll, und doch bin ich entschlossen, wacker für ihn zu fechten.
Ja, das sagte er, damit wir gutes Muts fechten möchten; aber wenn uns die Kehlen abgeschnitten sind, so kann er ausgelöst werden, und wir sind dann um nichts klüger.
Teufel, da spielt Ihr ihm einen rechten Streich! Das ist ein gefährlicher Schuß aus einer alten Büchse, den die Unzufriedenheit eines armen Einzelnen gegen einen Monarchen tun kann. Ihr könntet eben so gut damit umgehn, die Sonne dadurch in Eis zu verwandeln, daß Ihr mit einer Pfauenfeder ihr ins Gesicht fächelt. Ihr wollt ihm nie mals wieder trauen! Geht, es ist eine alberne Rede.
Ihr verweist es mir ein wenig zu rund heraus: ich würde böse auf Euch sein, wenn sich die Zeit dazu schickte.
Gib mir irgendein Pfand, und ich will es an meiner Mütze tragen: wenn du es je anzuerkennen wagst, so will ich den Streit ausfechten.
Den will ich auch an meiner Mütze tragen. Wenn du jemals nach dem morgenden Tage zu mir kommst und sagst: »Dies ist mein Handschuh«, – bei dieser Hand, ich gebe dir eine Ohrfeige.
Seid Freunde, ihr englischen Narren, seid Freunde: wir haben französische Händel genug, wenn ihr nur zu rechnen wüßtet.
In der Tat, die Franzosen können zwanzig französische Kronen gegen eine setzen, daß sie uns schlagen werden, denn sie tragen sie auf ihren eignen Schultern. Aber es ist für einen Engländer keine Verräterei, französische Kronen zu beschneiden, und morgen wird der König selbst ein Kipper und Wipper sein.
Zweite Szene
Dritte Szene
Vierte Szene
Est-il impossible d'échapper à la force de votre bras? Ah, dégagez-le de ma gorge! N'allez pas me la couper!
Il m'ordonne de vous dire que vous teniez prêt, car ce soldat ici est disposé tout à l'heure à vous couper la gorge.
O, je vous supplie pour l'amour de dieu, pardonnez-moi! Je suis gentilhomme d'une bonne maison: épargnez ma vie, et je vous donnerai deux cents écus.
Er bittet Euch, ihm das Leben zu schenken; er sei ein Edelmann von gutem Hause und wolle Euch als sein Lösegeld zweihundert Kronen geben.
Quoique ce soit contre son serment de donner quartier à aucun prisonnier, néanmoins, pour les écus que vous lui avez promis, il est content de vous mettre en liberté.
Sur mes genoux je vous rends mille remercîments, et je m'estime heureux d'être tombé entre les mains d'un chevalier, qui est, je pense, le seigneur de l'Angleterre le plus distingué pour sa valeur.
Er dankt Euch tausendmal auf seinen Knieen und schätzt sich glücklich, in die Hände eines Kavaliers gefallen zu sein, der, wie er denkt, der ausgezeichnetste Herr in England von Seiten der Tapferkeit ist.
Noch nie habe ich gesehen, daß eine so volle Stimme aus einem so leeren Herzen gekommen wäre; aber der Spruch ist wahr: hohle Töpfe haben den lautesten Klang. Bardolph und Nym hatten zehnmal mehr Herz als dieser brüllende Teufel aus der alten Komödie, dem jedermann die Nägel mit einer hölzernen Pritsche verschneiden könnte, und doch sind sie beide aufgehängt: und das widerführe ihm auch, wenn er irgend was dreist zu stehlen wagte. Ich muß bei den Troßbuben, beim Gepäck unsers Lagers bleiben: der Franzose könnte eine gute Beute haben, wenn er es wüßte; es sind nichts wie Jungen da, um es zu bewachen. Ab.
Fünfte Szene
Sechste Szene
Siebente Szene
Die Puben und den Troß umbringen! 's ist ausdrücklich gegen das Kriegsrecht, 's ist ein so ausgemachtes Stück Schelmerei, versteht Ihr mich, als in der Welt nur vorkommen kann. Ist es nicht so, auf Euer Gewissen?
Es ist gewiß, sie haben keinen Buben am Leben gelassen, und eben die feigen Hunde, die aus der Schlacht wegliefen, haben diese Metzelei angerichtet; außerdem haben sie alles verbrannt und weggeschleppt, was in des Königs Zelt war, weswegen der König verdienter Maßen jeder Soldaten seinem Gefangnen die Kehle hat abschneiden lassen. Oh, er ist ein wackrer König!
Ja, er ist zu Monmouth gepohren. Wie benennt Ihr den Namen der Stadt, wo Alexander der Preite gepohren ist?
Ei, ich bitte Euch, ist preit nicht groß? Der preite, oder der große, oder der starke, oder der gewaltige, oder der heldenmütige, tun alle auf eins hinauslaufen, außer daß die Redensart ein wenig verändert sein.
Ich denke, Alexander der Große ist in Mazedonien geboren; sein Vater ward Philipp von Mazedonien genannt, wo mir recht ist.
Ja, ich denke, es ist in Mazedonien, wo Alexander gepohren ist. Ich sage Euch, Kapitän, wenn Ihr in die Karten der Welt hineinseht, so stehe ich dafür, Ihr werdet bei den Vergleichungen zwischen Mazedonien und Monmouth finden, daß die Lagen, versteht Ihr, von beiden gleich sein. Es befindet sich ein Fluß in Mazedonien, und es befindet sich gleichfalls außerdem ein Fluß zu Monmouth. Zu Monmouth heißt er Wye; aber es will mir nicht in den Kopf fallen, wie der Name des andern Flusses ist; aber es kommt auf eins heraus, es ist sich so gleich wie diese meine Finger meinen Fingern, und es geben Lachse in beiden. Wenn Ihr Alexanders Leben wohl beachtet, so tat das Leben Heinrichs [466] von Monmouth ziemlich gut hinter drein kommen: denn in allen Dingen sein Figuren. Alexander hat (wie Gott weiß und Ihr wißt) in seinem Zorn, und seiner Wut, und seinem Grimm, und seiner Galle, und seinen Launen, und seinen Unwilligkeiten und Entrüstungen, und auch weil er ein wenig im Kopfe benebelt war, in seinen Biergelagen und seinem Ärger, seht Ihr, seinen pesten Freund Clytus umgebracht.
Es ist nicht wohl getan, versteht Ihr mich, einem die Geschichten aus dem Munde zu nehmen, ehe sie zu Ende gebracht und vollkommen sein. Ich rede nur in den Figuren und Vergleichungen desselbigen; wie Alexander seinen Freund Clytus umbrachte, während er bei seinen Biergelagen und seinen Krügen war: so ebenfalls Heinrich Monmouth, während er bei gutem Verstande und gesunden Sinnen war, tat er den fetten Ritter mit dem großen Bauchwamse abschaffen; er war voller Späße und Pfiffe und Kniffe und Possen; sein Name ist mir vergessen.
Euer Großvater berühmten Andenkens, mit Euer Majestät Erlaubnis, und Euer Groß- Oheim Eduard, der Schwarze Prinz von Wales, wie ich in den Chroniken gelesen habe, fochten hier in Frankreich eine sehr prafe Schlacht.
Eure Majestät sagt sehr wahr: wenn Eure Majestäten dessen erinnerlich sein, die Wäl'schen taten guten Dienst in einem Garten, wo Lauch wuchs, und trugen Lauch auf ihren Monmouther Mützen, welches, wie Eure Majestät weiß, bis auf diese Stunde ein ehrenvolles Feldzeichen ist, und ich glaube, Eure Majestät verschmähn es nicht, das Lauch auf Sankt Davids-Tag zu tragen.
Alles Wasser im Flusse Wye kann Euer Majestät wäl'sches Blut nicht aus Eurem Leibe waschen, das kann ich Euch sagen, Gott segne es und erhalte es, solange als es Seiner Gnaden beliebt und Seiner Majestät obendrein.
Bei Jessus, ich bin Euer Majestät Landsmann, ich frage nicht darnach, ob es jemand weiß: ich will es der sämtlichen Welt bekennen, ich brauche mich Euer Majestät nicht zu schämen, Gott sei gepriesen, solange Eure Majestät ein ehrlicher Mann sein.
Mit Euer Majestät Erlaubnis, 's ist das Pfand von einem, mit dem ich mich schlagen sollte, wenn er noch am Leben ist.
Mit Euer Majestät Erlaubnis, ein Schelm, der mir letzte Nacht was vorschwadronierte; dem ich, wenn er noch lebt und jemals das Herz hat, seinen Handschuh zu fodern, [469] geschworen habe, ich wollte ihm eine Ohrfeige geben; oder wenn ich meinen Handschuh an seiner Mütze zu sehen kriege (und er schwur, so wahr er ein Soldat wäre, er wollte ihn tragen, wenn er am Leben bliebe), so will ich ihn ihm tüchtig herunter schlagen.
Es könnte aber sein, daß sein Feind ein vornehmer Edelmann wäre, ganz darüber hinaus, sich mit einem seines Standes einzulassen.
Wenn er auch so ein guter Edelmann, wie der Teifel ist, wie Luzifer und Beelzebub selbst, so ist es doch notwendig, schauen Euer Gnaden, daß er seinen Schwur und seinen Eid hält. Wenn er wortbrüchig ist, seht nur an, so ist seine Reputation ein so ausgemachter Hundsfott und Hanswurst, als jemals mit seinen schwarzen Schuhen auf Gottes Grund und Boden getreten hat, nach meinem Gewissen, seht Ihr.
Hier, Fluellen, trage du dies Ehrenzeichen von mir und steck' es an deine Mütze. Als Alençon und ich zusammen am Boden lagen, riß ich diesen Handschuh von seinem Helm: wenn irgend jemand ihn zurückfodert, so ist er ein Freund Alençons und ein Feind unserer Person; wenn du so einem begegnest, so greife ihn, wo du mich liebst.
Eure Gnaden tun mir so große Ehre an, als in dem Herzen seiner Untertanen begehrt werden kann. Ich möchte [470] gern den Menschen sehn, der nur zwei Beine hat, der sich durch diesen Handschuh beleidigt finden wird, das ist alles; aber ich möchte es gern einmal sehen, und es gefalle Gott in seiner Gnade, daß ich es doch sehen möchte.
Achte Szene
Gottes Willen und Wohlgefallen, Kapitän! Ich ersuche Euch nun, kommt schleunig zum Könige: es steht Euch vielleicht mehr Gutes bevor, als in Eurer Wissenschaft ist, Euch träumen zu lassen.
Plitz! ein Erzverräter, wie irgend einer in der sämtlichen Welt, oder in Frankreich, oder in England!
Tretet zurück, Kapitän Gower, ich will der Verräterei seinen Lohn in Schlägen erteilen, das versichre ich Euch.
Das lügst du in deinen Hals hinein. – Ich mahne Euch im Namen Seiner Majestät, greift ihn, er ist ein Freund des Herzogs von Alençon.
Mylord von Warwick, hier ist, Gott sei Lob und Dank, eine höchst giftige Verräterei ans Licht gekommen, seht Ihr, wie man sie nur an hohen Festtagen verlangen kann. Da kommt Seine Majestät.
Gnädigster Herr, hier ist ein Schelm und ein Verräter, der, sehen Euer Gnaden, nach dem Handschuh geschlagen hat, den Eure Majestät vom Helme des Alençon nehmen tat.)
Gnädigster Herr, es war mein Handschuh, hier ist der andre dazu, und der, mit dem ich ihn eingetauscht hatte versprach, ihn an seiner Mütze zu tragen; ich versprach, ihn zu schlagen, wenn er es täte: ich traf diesen Mann mit meinem Handschuh an seiner Mütze, und ich habe mein Wort gehalten.
Euer Majestät hören nun, mit allem Respekt vor Dero Mannhaftigkeit, was für ein erzschuftiger, lumpiger, lausiger Spitzbube es ist. Ich hoffe, Eure Majestät werden [472] mir bezeugen, als auch verbürgen und beurkunden, daß dies der Handschuh vom Alençon ist, den Eure Majestät mir geben tat, nach Eurem besten Gewissen.
Gib mir deinen Handschuh, Soldat: sieh, hier ist der andre dazu. Ich war es eigentlich, den du zu schlagen versprachest, und du hast mir sehr schnöde Reden gegeben.
Eure Majestät beliebe, ihn mit seinem Halse dafür einstehen zu lassen, wo es irgendein militärisches Gesetz in der Welt gibt.
Alle Beleidigungen, gnädigster Herr, kommen vom Herzen; aus dem meinigen kam nie etwas, das Eure Majestät hätte beleidigen können.
Eure Majestät kam nicht in eigner Gestalt, Ihr erschient mir nur wie ein gemeiner Mensch; die Nacht, Eure Kleidung, Euer schlichtes Betragen kann es bezeugen; und was Eure Hoheit unter der Gestalt erlitten, das ersuche ich Euch, Eurer eignen Schuld, nicht der meinigen zuzuschreiben; denn wäret Ihr das gewesen, wofür ich Euch nahm, so hätte ich keinen Fehler begangen; darum bitt' ich Eure Hoheit, verzeiht mir!
Bei diesem Tageslicht, der Kerl hat Herz genug in seinem Bauche. – Hier, da habt Ihr einen Schilling, und ich bitte Euch, seid gottesfürchtig, und hütet Euch vor Lärm und Gezänk und Palgereien und Zwistigkeiten, und ich versichre Euch, es wird um desto besser für Euch sein.
Es geschieht mit gutem Willen; ich sage Euch, Ihr könnt Eure Schuh' damit flicken lassen. Geht, weshalb wollt Ihr so plöde sein? Eure Schuh' sein nicht gar zu gut; [473] es ist ein guter Schilling, ich versichre Euch, sonst will ich ihn Euch wechseln.
Fünfter Aufzug
Erste Szene
Bei allen Dingen sein Veranlassungen und Gründe, warum und weshalb. Ich will Euch als meinem Freunde sagen, Kapitän Gower: der schuftige, grindige, lumpige, lausige, prahlerische Hundsfott Pistol, den Ihr samt Euch selbst und der ganzen Welt für nichts Besseres kennt als einen Menschen, versteht Ihr mich, von gar keinen Verdiensten, der ist zu mir gekommen, und pringt mir gestern Prot und Salz, seht Ihr, und heißt mich mein Lauch essen; es war an einem Orte, wo ich keine Zwistigkeiten mit ihm nicht anfangen konnte; aber ich werde so dreist sein, es an meiner Mütze zu tragen, bis ich ihn einmal wieder sehe, und dann will ich ihm ein kleines Stück von meinen Wünschen sagen.
Es tut nichts mit seinem Aufblasen und seinen kalekutischen Hähnen. – Gott grüß' Euch, Fähndrich Pistol! Ihr schäbiger, lausiger Schelm, Gott grüß' Euch.
Ich ersuche Euch von Herzen, schäbiger, lausiger Schelm, auf meine Bitten, meine Begehren und meine Ansuchungen, dies Lauch, seht Ihr, zu essen; weil Ihr es nicht mögt, seht Ihr, und Eure Neigungen und Eure Appetite und Eure Verdauungen damit nicht übereinstimmen tun, so wollte ich Euch bitten, davon zu essen.
Ihr sagt die Wahrheit, grindiger Schuft, wann es Gottes Wille ist. Ich will Euch bitten, unterdessen zu leben und Eure Kost zu verzehren. Kommt, da habt Ihr Prühe dazu! Schlägt ihn wieder. Ihr nanntet mich gestern Bergjunker, aber ich will Euch heute zum »Junker niedern Rangs« ma chen. Ich bitte Euch, frisch dran; könnt Ihr Lauch verspoten, so könnt Ihr auch Lauch essen.
Ich sage, er soll mir ein Stück von meinem Lauch essen, oder ich will ihm den Kopf vier Tage lang priegeln. – Peißt an, ich bitte Euch: es ist gut für Eure frische Wunde und für Eure plutige Krone.
Eßt, ich bitte Euch. Wollt Ihr noch mehr Prühe [478] zu Eurem Lauch haben? Es ist nicht Lauch genug, um dabei zu schwören.
Gut bekomme es Euch, grindiger Schuft, von ganzem Herzen! Nein, ich bitte Euch, werft nichts weg: die Schale ist gut für Eure zerschlagene Krone. Wenn Ihr Gelegenheit nehmt, in der Folge Lauch zu sehen, so bitte ich Euch, spottet darüber; weiter sage ich nichts.
Ja, gewißlich und in Wahrheit, Ihr sollt ihn nehmen, oder ich habe noch ein Lauch in der Tasche, das Ihr aufessen sollt.
Wenn ich Euch irgend was schuldig bin, so will ich es in Priegeln bezahlen: Ihr sollt ein Holzhändler werden und nichts als Priegel von mir kaufen. Gott geleit' Euch, und erhalte Euch, und heile Euren Kopf! Ab.
Geht, geht! Ihr seid ein verstellter feiger Schelm. Wollt Ihr einen alten Gebrauch verspotten, der sich auf einen ehrenvollen Anlaß gründet und als eine denkwürdige Trophäe ehemaliger Tapferkeit getragen wird, und habt nicht das Herz, Eure Worte im geringsten durch Eure Taten zu bekräftigen? Ich habe Euch schon zwei- oder dreimal diesen wackern Mann necken und besticheln sehn. Ihr dachtet, weil er das Englische nicht nach seinem eigentümlichen Schnitte sprechen kann, so könne er auch keinen englischen Prügel handhaben. Ihr findet es anders: lernt daher für die Zukunft von einer wäl'schen Züchtigung eine gute englische Gesinnung. Gehabt Euch wohl! Ab.
Zweite Szene
O schöne Katharina, wenn Ihr mich kräftig mit Eurem französischen Herzen lieben wollt, so werde ich froh sein, es Euch mit Eurer englischen Zunge gebrochen bekennen zu hören. Bist du mir gut, Käthchen?
Die Prinzessin ist die vollkommenste Engländerin von beiden. Meiner Treu, Käthchen, meine Bewerbung ist für dein Verstehen schon gemacht. Ich bin froh, daß du nicht besser Englisch sprechen kannst; denn wenn du es könntest, so würdest du mich einen so schlichten König finden, daß du gewiß dächtest, ich hätte meinen Meierhof verkauft, um meine Krone zu kaufen. Ich verstehe mich [483] nicht auf verblümte Winke bei der Liebe, sondern sage gerade heraus: »Ich liebe Euch«; wenn Ihr mich dann weiter drängt, als daß Ihr fragt: »Tut Ihr das im Ernste?«, so ist mein Werben am Ende. Gebt mir Eure Antwort; im Ernste, tut's: und somit eingeschlagen und ein gemachter Handel. Was sagt Ihr, Fräulein?
Wahrhaftig, wenn Ihr mich Euretwegen zum Versemachen oder Tanzen bringen wolltet, Käthchen, so wäre ich verloren. Könnte ich eine Dame durch Luftsprünge gewinnen, oder durch einen Schwung in den Sattel mit voller Rüstung, so wollte ich, mit Entschuldigung für mein Prahlen sei es gesagt, mich geschwind in eine Heirat hineinspringen. Oder könnte ich für meine Liebste einen Faustkampf halten oder mein Pferd für ihre Gunst tummeln, so wollte ich dran gehn wie ein Metzger und fest sitzen wie ein Affe, niemals herunter. Aber, bei Gott, ich kann nicht bleich aussehen, noch meine Beredsamkeit auskeichen, und habe kein Geschick in Beteu'rungen: bloße Schwüre ohne Umschweif, die ich nur gedrungen tue und um kein Dringen in der Welt breche. Kannst du einen Mann von dieser Gemütsart lieben, Käthchen, dessen Gesicht nicht wert ist, von der Sonne verbrannt zu werden, der niemals in seinen Spiegel sieht aus Liebe zu irgend was, das er da entdeckt, so laß dein Auge ihn dir zubereiten. Ich spreche mit dir auf gut soldatisch: kannst du mich darum lieben, so nimm mich; wo nicht, und ich sage dir, daß ich sterben werde, so ist es wahr; aber aus Liebe zu dir – beim Himmel, nein! Und doch liebe ich dich wirklich. All dein Leben lang, Käthchen, zieh einen Mann von schlichter und ungeschnitzter Beständigkeit vor, denn der muß dir notwendig dein Recht widerfahren lassen, weil er nicht die Gabe hat, andrer Orten zu freien; denn diese Gesellen von endloser Zunge, die sich in die Gunst der Frauen hineinreimen können, wissen sich auch immer herauszuvernünfteln. Ei was! Ein Redner ist nur ein Schwätzer, ein Reim ist nur eine Singweise. Ein gutes Bein fällt ein, ein gerader Rücken wird krumm, ein schwarzer Bart wird weiß, ein krauser Kopf wird kahl, ein schönes Gesicht [484] runzelt sich, ein volles Auge wird hohl: aber ein gutes Herz, Käthchen, ist die Sonne und der Mond, oder vielmehr die Sonne und nicht der Mond, denn es scheint hell und wechselt nie, sondern bleibt treulich in seiner Bahn. Willst du so eins, so nimm mich; nimm mich, nimm einen Soldaten; nimm einen Soldaten, nimm einen König. Und was sagst du denn zu meiner Liebe? Sprich, meine Holde, und hold, ich bitte dich.
Nein, es ist nicht möglich, Käthchen, daß Ihr den Feind Frankreichs lieben solltet: aber indem Ihr mich liebt, würdet Ihr den Freund Frankreichs lieben, denn ich habe Frankreich so lieb, daß ich kein Dorf davon will fahren lassen, es soll ganz mein sein. Und Käthchen, wenn Frankreich mein ist und ich Euer bin, so ist Frankreich Euer, und Ihr seid mein.
Nicht, Käthchen? Ich will es dir auf französisch sagen, was gewiß an meiner Zunge hängen wird, wie eine neuverheiratete Frau am Halse ihres Mannes, kaum abzuschütteln. Quand j'ai la possession de France, et quand vous avez la possession de moi (laß sehen, wie nun weiter? Sankt Dionys stehe mir bei!), donc votre est France, et vous êtes mienne. Es wird mir eben so leicht, Käthchen, das Königreich zu erobern, als noch einmal so viel Französisch zu sprechen: auf französisch werde ich dich nie zu etwas bewegen, außer über mich zu lachen.
Nein, wahrlich nicht, Käthchen; sondern man muß eingestehen, daß unser beiden höchst wahrhaft falsches Reden der Sprache des andern ziemlich auf eins hinausläuft. Aber, Käthchen, verstehst du so viel von meiner Sprache: Kannst du mich lieben?
Weiß es wer von Euren Nachbarn zu sagen, Käthchen? Ich will sie fragen. Geh nur, ich weiß, du liebst [485] mich; und zu Nacht, wenn Ihr in Euer Schlafzimmer kommt, werdet Ihr dies Fräulein über mich befragen, und ich weiß, Käthchen, Ihr werdet gegen sie die Gaben an mir herabsetzen, die Ihr von Herzen liebt. Aber, gutes Käthchen, spotte barmherzig über mich, um so mehr, holde Prinzessin, da ich dich grausam liebe. Wenn du jemals mein wirst, Käthchen, – und ich habe einen seligmachenden Glauben in mir, der mir sagt, daß du es werden wirst, – so gewinne ich dich durch Zugreifen in der Rappuse, und du mußt daher notwendig gute Soldaten zur Welt bringen. Werden nicht du und ich, so zwischen Sankt Dionys und Sankt Georg, einen Jungen, halb französisch und halb englisch, zu stande bringen, der nach Konstantinopel gehen und den Türken am Barte zupfen wird? Nicht wahr? Was sagst du, meine schöne goldne Lilie?
Ja, wissen kann man es erst in Zukunft, aber versprochen werden muß es jetzt, Käthchen, daß Ihr Euch um Euren französischen Teil eines solchen Jungen bemühen wollt; und für meine englische Hälfte nehmt das Wort eines Königs und eines Junggesellen. Was antwortet Ihr, la plus belle Catharine du monde, montrès chère et divine déesse?
Eure Majesté 'aben fausse Französisch genug, um zu betrügen la plus sage demoiselle, die sein en France.
Nein, pfui über mein falsches Französisch! Bei meiner Ehre, auf echt Englisch, ich liebe dich, Käthchen! Ich wage es nicht, bei dieser Ehre zu schwören, daß du mich liebst, jedoch fängt mein Blut an, mir zu schmeicheln, daß du es tust, wiewohl mein Gesicht einen so herber und uneinnehmenden Eindruck macht. Verwünscht sei der Ehrgeiz meines Vaters! Er dachte auf bürgerliche Kriege, als er mich erzeugte: deswegen kam ich mit einer starren Außenseite auf die Welt, mit einer eisernen Gestalt, so daß ich die Frauen erschrecke, wenn ich komme, um sie zu werben. Aber auf Glauben, Käthchen, je älter ich werde, je besser werde ich mich ausnehmen; mein Trost ist, daß das Alter dieser schlechte Verwahrer der Schönheit, meinem Gesichte keinen Schaden mehr tun kann: wenn du mich nimmst, so [486] nimmst du mich in meinem schlechtesten Zustande, und wenn du mich trägst, werde ich durchs Tragen immer besser und besser werden. Und also sagt mir, schönste Katharina, wollt Ihr mich? Legt Euer jungfräuliches Erröten ab und offenbart die Gesinnungen Eures Herzens mit den Blicken einer Kaiserin, nehmt mich bei der Hand und sagt: »Heinrich von England, ich bin dein«; und sobald du mein Ohr mit diesem Worte gesegnet hast, werde ich laut zu dir sagen: »England ist dein, Irland ist dein, Frankreich ist dein, und Heinrich Plantagenet ist dein, der (ob ich es schon in seiner Gegenwart sage) wo nicht der erste der Könige, doch ein König wackrer Leute ist.« Wohlan, gebt mir Eure Antwort in gebrochner Musik: denn Eure Stimme ist Musik, und Euer Englisch gebrochen. Also, Königin der Welt, Katharina, brich dein Stillschweigen in gebrochnem Englisch: willst du mich haben?
Laissez, monseigneur, laissez, laissez! Ma foi, je ne veux point que vous abaissiez votre grandeur en baisant la main de votre indigne servante; excusez-moi, je vous supplie, mon très puissant seigneur.
Daß es nicht sein die Sitte pour les Damen in Frankreich – ich weiß nicht zu sagen, was is baiser auf Englisch.
O Käthchen, strenge Gewohnheiten schmiegen sich vor großen Königen. Liebes Käthchen, wir beiden können uns nicht von den schwachen Schranken der Sitten eines Landes einengen lassen. Wir sind die Urheber von Gebräuchen, Käthchen, und die Freiheit, die unsern Rang begleitet, stopft allen Splitterrichtern den Mund, wie ich es jetzt Eurem tun will, weil er die strenge Sitte Eures Landes aufrecht erhalten wollte, indem er mir einen Kuß weigerte Also geduldig und nachgiebig! Küßt sie. Ihr habt Zauberkraft in Euren Lippen, Käthchen; es ist mehr Beredsamkeit in einer süßen Berührung von ihnen, als in den Zungen des ganzen französischen Rates, und sie würden Heinrich von England eher bereden als eine allgemeine Bittschrift der Monarchen. Da kommt Euer Vater.
Ich wünschte, mein werter Vetter, sie möchte lernen, wie vollkommen ich sie liebe, und das ist gut Englisch.
Unsre Sprache ist rauh, Vetter, und meine Gemütsart nicht sanft, so daß ich, weder mit der Stimme noch dem Herzen der Schmeichelei umgeben, den Geist der Liebe nicht so in ihr herauf beschwören kann, daß er in seiner wahren Gestalt erschiene.
Verzeiht die Freiheit meines Scherzes, wenn ich darauf diene. Wenn Ihr in ihr beschwören wollt, müßt Ihr einen Zirkel machen; wollt Ihr den Liebesgott in ihr in seiner wahren Gestalt herauf beschwören, so muß er nackt und blind erscheinen. Könnt Ihr sie also tadeln, da sie noch ein Mädchen mit den jungfräulichen Rosen der Bescheidenheit überpurpurt ist, wenn sie die Erscheinung eines nackten blinden Knaben in ihrem nackten sehenden Selbst nicht leiden will? Es ist für ein Mädchen in der Tat eine harte Bedingung einzugehn.
Ich will ein Auge zudrücken, um es ihr zu verstehen zu geben, wenn Ihr sie nur lehren wollt, meine Meinung zu verstehen. Denn Mädchen, wohl durchgesommert und warm gehalten, sind wie Fliegen um Bartholomäi: blind, ob sie schon ihre Augen haben, und dann lassen sie sich handhaben, da sie zuvor kaum das Ansehen ertrugen.
Dies Gleichnis vertröstet mich auf die Zeit und einen heißen Sommer; und so werde ich die Fliege, Eure Muhme, am Ende fangen, und sie muß obendrein blind sein.
Ja das ist sie, und einige unter Euch können der Liebe für meine Blindheit danken, daß ich so manche französische Stadt über ein schönes französisches Mädchen, das mir im Wege steht, nicht sehen kann.
Ja, mein Fürst, Ihr seht sie perspektivisch, die Städte in ein Mädchen verwandelt; denn sie sind alle mit jungfräulichen Mauern umgeben, in welche der Krieg nie hineindrang.
Ich bin es zufrieden; wenn nur die jungfräulichen Städte, wovon Ihr sprecht, ihr Gefolge ausmachen dürfen, so wird das Mädchen, das meinem Wunsch im Wege stand, mir den Weg zu meinem Willen weisen.
Nur dieses hat er noch nicht unterzeichnet:
Wo Eure Majestät begehrt, daß der König von Frankreich, [489] wenn er Veranlassung hat, schriftlich um etwas anzusuchen, Eure Hoheit folgendermaßen und mit diesem Zusatz auf Französisch benennen soll: Notre très cher fils Henry, roi d'Angleterre, héritier de France; und so auf Lateinisch: Praeclarissimus filius noster Henricus, rex Angliae et heres Franciae.
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- TextGrid Repository (2012). Shakespeare, William. Historien. König Heinrich V.. König Heinrich V.. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-0CE2-2