58. Die stoaner' Agnes bei Reichenhall.

Erzählt von F.v. Kobell.


Wann d' vo' Reichehall auf Hallthurn hi' gehst, da sichst 'es Lattngebirg mit 'n Dreisesselberg. Da drobn ist vor alti Zeitn a' wunderbari G'schicht' gschegn und die will 'Enk verzähln, wier i' s' g'hört ho'.

Es is selm a jungi Sennderinn auf der Alm gwest, a' gar a' sauberni und frumm und brav aa' dabei, wie's es nit allewei' geit. In aller Frua wann d' Sunn aufganga is und hat der Luft frisch abagwaht vo' die Boifn, na' hat ma s' wandln segn durch dees thauigi Gras und hi' auf an' Eck, wo ma' weit hat 'rumschaugn kinnt, und selm is a' Kreuzl gstandn und da hat s' na' 'bet't. Und wie dees gschegn gwest is, hat s' a'fanga singa und juchezn und is fröhli' der Arbeit nachganga, bis 's Nacht worn is, da hat s' wieder bei'n Kreuz betn mögn. Es is halt scho' a' recht a' guats Diendl g'wen, dees d' Leut all' gern ghabt hamm. Schau, just auf selleni macht der Teufi am liebstn sei' Jagd und grad bei die probirt er zum erschtn seini Künstn, denn die andern, die koan' frumma Wandl führn, die arbetn ihm scho' selm in d' Händ', da braucht er ihm nit viel plagn. Und drum is er auf die Sennderinn scho' b'sunders verpicht' gwest und hat g'moant, wann er die fanget, so hätt' er aar amal ebbas Fei's dawischt für sei' Hofhaltung, wo ihm die grausinga Schlangen und Gaankerln und sei' andri loadigi Gsellschaft leicht an diem zwider worn is. Na hat er allerhand probirt und is bald als a' junga Hüatabua in ihra Hüttn kemma und hat gsagt, er hätt' ihm bei'n Schafsuacha verirrt, oder als a' Wurzngraber, der geign kinnt hat und Winterszeit bei die Hochzetn aufgspielt und hat d' Fidl aa' bein ihm ghabt, daß er sei' Kunst nit vergißt und hat ihr halt a so fürgschwatzt, und geigt und Gschpaßln gmacht und recht o'draaht tho', daß se si' verliebn sollt in ihm und a so furt. Aber 's Diendl hat aus sein' Redn bald g'mirkt, daß er nix Guats nit in Sinn hat, und hat ihm nit viel Aacht gebn und z'letzt hat 's [55] allzeit, wann a so oana kemma is, vo' die andern Sennderinna oani herg'ruafa und is nit alloa dabei 'bliebn. Jetz is der Teufi no' fuchtiger wor'n und hat ihm a' Stückl ausdenkt, daß er s' weglocket auf an' oa'sama Platz. Na hat er ihr a' weißi Kua wegtriebn und allewei furt bis auf an Alm, die mar Almgartn hoaßt, sie g'hört auf St. Zeno. Jetz' hat halt 's Diendl um sei' Kua g'suacht und sicht s' endli' weit weg auf derselln Alm, wo niem'd drobn gwest is. Ganz verwundert, wie die Kua dort hi' kemma ko', schleunt se si' auf den Platz und wie s' na' dazua kimmt, steht der Teufi in an grean' Jaagagwand vor ihra und hat feurigi Augn g'macht und g'sagt, wann s' nit mit ihm geht, so z'reißt er s' auf'n Fleck. Da hat 's Diendl an' Schroa tho' und is in größtn Schricka davo g'loffa und aber der Teufi nach und hat s' auf a' Gwänd von' Rothofa hi'triebn, wo s' g'segn hat, daß s' ninderscht mehr aus ko. Da hat s' laut aufg'schrien. »O heiligi Muatta Gottes hilf! hilf!« und da hat si' die ganz' Wand ausenanda tho' und sie is durchg'rennt in die oa' Seit'. Aber der Teufi hat oanaweg nit auslassn und sie hat 'n nachkeucha hörn durch die Schlucht. Da hat s' no' zu unsern Herrgott bitt' und is auf d' Knie hi'g'falln und da san zwoa weißi Engl daherg'flogn und hamm s' in 'Himmi aufitragn. Und wie der Teufi auf den Platz hi'kemma is, hat er statt ihra a' stoanerni Sennderinn g'fundn und die is heunt no' da und hoaßt die stoanern Agnes, weil sie aar a so ghoaßn hat.

Dees is g'schegn um Johanni am Sunnwend und daß 's dem Diendl dabei guat ganga is und no' guat geht, da hat mar a' bsunderin Zoagschaft dafür wann mar oani bräucht', denn alli Jahr' hört ma' s' juchezn, wann's gschicht, daß d' Sunna grad durch denselln Felsnspalt, der 's Teufisloch hoaßt, durchscheint und dees is am Sunnwend um die Zeit, wo s' der Teufi verfolgt hat und wo ihr unser Herrgott und unser liebi Frau g'holfa hamm.

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TextGrid Repository (2012). Schöppner, Alexander. Sagen. Sagenbuch der Bayerischen Lande. Erster Band. 58. Die stoaner' Agnes bei Reichenhall. 58. Die stoaner' Agnes bei Reichenhall. TextGrid Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-FD96-0