396. Albertus Magnus von Lauingen.
Albert der Große, geb. 1193 zuLauingen, Dominikaner zu Köln, Paris, Rom, Bischof von Regensburg, gest. zu Köln 1280. –Lehmann Speir. Chronik p. 532. H. Plati de bono statu rel. c. 33. J.W. Wolf deutsche Märchen und Sagen S. 277. Van Velthem Spiegel historiaal I., 26 bei J.W. Wolf S. 160.Crusius Schwäb. Chronik I., 847. L. Hochwart catal. episc. Ratisp. l. III. c. 9. Fr. Christoph hist. ap. Ratisp. ap. Oefele I., 559.Grimm d.S. II. – Die Lit. bei Buhle in Ersch u. Gruber's Encyclop.: Albertus M.
1.
Volkslieder. – Wunderhorn II., 237.
Die Königin blickt zum Laden aus,
Ein Jüngling stand wohl vor dem Haus,
Sie winkt ihm da,
Daß er sollt zu ihr kommen.
Der Jüngling kam heimlichen dar
Er sprach: Zart edle Fraue klar,
Kein Mann soll sich
In eurem Dienst versäumen.
Da sprach die Königin hochgeboh'rn:
In meinem Dienst hast du geschwor'n
Leibeigen dich,
Das sollst du nun erkennen.
Dein Willen mach dem Meinen gleich,
So wird mein Herz ganz Freudenreich,
Lieblich Begier,
Die will ich dir bekennen.
Er wußt nicht, was sie damit meint,
Sie hätt' sich nah mit ihm vereint,
Sein Freiheit er
Vor ihr nicht konnt erhalten.
Sie blickt ihm in das Herz hinein,
Mein's Leibs must du gewaltig sein,
Der Ehren sein,
Hätt' er da kein Gewalte.
Und als der Tag sich anebrach,
Die Königin wohl zu ihm sprach,
Deins Leibs hab ich
Begehrt, der ist mir worden.
Geb dich davon, saum dich nicht lang', –
Gar bald er in die Kleider sprang,
Er wußt auch nicht,
Daß ihm folgt nach ein Morde.
[410]Sie nahm ihn fälschlich bei der Hand,
Hin auf ein Brett sie ihn da sandt,
Zuckt an der Schnur,
Das Brett thät mit ihm fallen.
Wohl in ein Wasser ungeheuer,
Darin verdarb der fromm und theuer,
Das falsche Weib
Ließ freudig Lachen schallen.
Aus ihrer Lieb führt nur ein Weg,
Der führte auf den Todessteeg,
Die ihr vertraut,
Acht Jüngling noch gar freie.
So warens mit dem ersten neun,
Die Zahl war ihr noch viel zu klein,
Den zehnten auch
Sucht sie in falscher Treue.
Er war ein hochgelehrt Student,
Ihr Complexion er gar wohl kennt',
Er wußt gar wohl
Sie konnt ihn nicht betrügen.
Er blickt sie an durch Kunstes Glas,
Er sah wie sie naturet war,
Er warb um sie,
Ihr List mußt ihm erliegen.
Er zwang ihr Herz mit seiner Kunst,
Er zwang ihr Herz in Liebesbrunst,
Die Königin
Wollt sehnlich ihn umfangen.
Da sagt er ihr ein hartes Wort,
Neun Jüngling seh ich schweben dort,
Die warnen mich,
O Weib, das bringt mir Bangen.
Ein Wasser brauset unter mir,
Dein Bett ein böses Schifflein schier,
Will schlagen um,
Will jenen mich gesellen.
Du führest falsche Segellein,
Du glaubst, ich soll der Zehnte sein,
Du Mörderin
Willst tödten mich in Wellen.
Groß Zorn das Weib der Red empfand,
Sie ließ ihm binden Fuß und Hand,
Ihr Diener mein,
Thut mir den Mann ertränken.
Er blickt sie an, ganz still gemüth,
Er wußt wohl, daß er war behüt,
Man hob ihn auf,
Und wollt ihn schon versenken.
Da brachen seine Strick zur Stund,
Er sprang hinab frei und gesund,
Im tiefen See
Konnt er gar lustig schweben.
Ganz aufrecht als ein Federbolz,
Trat er darin das Wasser stolz,
Wer ihn ermordt,
Dem will sie sich ergeben.
Des faßt manch böser Knabe Lust,
Manch Armbrust zielt nach seiner Brust;
In Vögelein
Die Pfeil sich da verkehren,
Und schwebten um ihn auf und ab.
Die Königin rief da herab:
O hätt ich dich,
Ich wollt dein Kunst zerstören.
Frau Königin, er zu ihr sprach,
Ich trage um neun Knaben Rach,
Neun Vögelein
Die Pfeil sich um mich schwingen.
Nach einem Wald steht mir mein Sinn,
Darin ich euer Vogler bin,
So viel ich fang,
Von euch lehr ich sie singen.
[411]Da schwang er sich zum Wald hindan,
Ihm sahen nach viel Weib und Mann,
Die Königin
Ward bleich an ihren Wangen.
Er setzt sich in den grünen Plan,
Viel Vögelein sich zu ihm nahn,
Mit Listen braucht
Er keinen nicht zu fangen.
Er schwang sich in die Lüfte klar,
Um ihn die laute Vogelschaar,
Ließ nieder sich
Auf eines Thurmes Zinne.
Den Vöglein in die Schnäbel band
Er Brieflein ab, darinnen stand:
Neun mordete
Die Königin um Minne.
Die fliegen wohl durch Stadt und Land,
Man fing sie alle mit der Hand
Da ward die Schand
Wohl allen offenbare.
Ein Vogel bunt in Sonderheit,
Des hätt die Königin ein Freud,
Sie griff nach ihm,
Er setzt sich auf ihr Haare.
Er ließ ihr fallen auch mit List,
Den Zettel zwischen ihre Brüst,
Und flog von dann,
Da las sie ihre Schande.
Das Zettelein sie da zur Stund
Zerriß mit ihrem rothen Mund,
Wohl hin und her
Sie ihre Händlein wandte.
Ihr Schuld kam da wohl klar an Tag,
Der Künstler führt die erste Klag!
Frau Königin,
Albertus ist mein Namen.
Albertus Magnus heiße ich,
Sanktus nennt auch die Kirche mich,
Du hast um mich
Dein Buhlerkunst verloren.
Ein weiser Meister heiße ich,
Du wollst im Zorn ertränken mich,
Da schrie sie laut:
»O Weh daß ich geboren!
O Weh daß ich geboren bin,«
Schrie da die edle Königin,
Verzweifelung
Kam da in ihre Sinnen.
Albertus macht sie da wohl zahm,
Sie stand vor ihm in großer Scham,
Er redt zu ihr
Und ließ sie Muth gewinnen.
Zur Hand gewann sie Reu und Leid,
Zerriß ihr königliches Kleid,
Und legt sich an
Wohl einen grauen Orden.
Albertus lehrt sie in der Beicht,
Wie sie Versühnung wohl erreicht,
Mit strenger Buß,
Um ihre Schuld und Morden.
Vor ihrer Zell wohl achtzehn Jahr,
Neun Vögel sangen traurig gar,
Den gab sie Speis,
Und weinet bitterlichen.
Und da die Zeit verstrichen war,
Da waren es neun Engel klar,
Die führen sie
Wohl in das Himmelreiche.
[412] 2.
Die Königin blickt durchs Fenster, ein Jüngling stand da draus:
Sie winkt ihm von dem Söller, er sollte kommen ins Haus.
Er kam und blieb zu Nachte, und als der Tag anbrach:
»Deiner Lieb hab ich genossen, nun geh und säume nicht lang.«
Sie nahm ihn bei den Händen und führt ihn auf ein Bret
An einer Schnur sie zuckte, daß er hinfallen thät.
Hinein in ein tiefes Wasser warf ihn das falsche Weib,
Acht Jünglinge daneben, die kamen um ihren Leib.
So warens ihrer neune, die Zahl war viel zu klein:
Den zehnten thät sie suchen, Albertus sollt es sein.
Der schaut in ihre Herze durch seine schwarze Kunst,
Der ließ sich nicht betrügen von der Königin Liebesbrunst.
»Neun Knaben seh ich schweben hier in der Kammer herum,
Dein Bett hier ist ein Schifflein, will mit mir schlagen um.«
Die Königin wurde zornig, ließ ihm binden Fuß und Hand:
»Ihr Diener, ihn zu versenken, werft ihn vom Meeresstrand.«
Und wie sie ihn geworfen tief in den Meeresgrund,
Da brachen seine Stricke, frei schwamm der Knab zur Stund.
»Wer ihn ermordet, ich gebe mich ihm mit Leib und Blut!«
Da zischten viele Pfeile recht auf des Jünglings Brust.
Und wie der Jüngling winket, da werden zu Vögel die Pfeil:
Der Jüngling steht im Walde, im Walde frei und heil.
Den Vögeln in die Schnäbel er seine Brieflein band;
Die Königin mordet neune, darauf geschrieben stand.
Sie flogen über die Haide, wohl über Stadt und Land,
Der falschen Königinne zu offenbaren die Schand.