95. Der Notthaffte Herkunft.

Runding alte Veste unweit Cham imBayerwalde, lange Zeit Besitz der Notthaffte, deren Abkunft von einem friesischen RitterRadibold die Sage erzählt. – Das Gedicht aus einer Reimchronik etwas geändert im Oberpfälzer Anzeiger, 1845, S. 109 und Bayer. Wald von A.Müller u. B. Grueber. S. 289.


Es lebt' ein Ritter in Friesenland,
Herr Radibold von Eggemont,
Auf Erden war kaum seines Gleichen,
An Stamm und Tugend königlich,
Keinem Ritter durft' er weichen.
Bevor der Vater kam in's Grab,
Dem Sohn ein reiches Weib er gab,
Dem Ritter war's nicht eben;
Sie kränkt' ihn bis an ihren Tod,
Und war untreu daneben.
Er zog vor Unmuth aus seinem Land,
Bekriegte Böhmen mit starker Hand;
Manch' Abenteuer er triebe,
Bis eines edlen Ritters Kind
Mit ihm verfiel in große Liebe.
Die Mutter zu der Tochter spricht:
Trau du dem fremden Ritter nicht,
Dem Vater will's nicht gefallen,
Du bist im ganzen Nordgauland
Die schönste Maid von allen.
Mit ihr durch manchen Wald er reit'
In Lieb' vertreiben sie die Zeit;
Er jagt nach wilden Thieren,
Seine liebste Frau in gleicher Lust
Thut er im Wald verlieren.
Drei Monat er's nicht finden mag,
Deß führten Beide große Klag',
Sein Herz litt Todesquale.
Er dacht' an ihren schwangern Leib,
Mit ihm weint Berg und Thale.
Seine Hündlein jagten auf einer G'spar
Da erst ein Hirsch hingangen war,
Der Hirsch lauft schnell zum Felse,
Wo er so lang ernähret hat
Die wunderschöne Else.
Der Ritter eilt den Hündlein nach,
Im Fels seine liebste Frau er sach,
Züchtiglich er sie umfinge;
Desselben Tags drei Knäblein schön
Er froh von ihr empfinge.
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Kein Mensch auf Erden aussprechen mag,
Was große Freud' war auf Ungemach;
Im Wald nach längs und zwerche
Seine Ritter kamen und schrieen all:
Das heißt der Elsenberge.
Der Hirsch von den Knaben nimmer wich,
Kein Hund den Hirschen mehr anficht,
Sie dankten Gott gar feine,
Und fingen drauf zu bauen an
Das feste Schloß Hirschsteine 1.
Er baut's für seine Söhnlein klein,
Daß sie gute Ritter möchten sein.
Von ihm drei Geschlechter kamen:
Die Warter, Hürnheim und Notthafft
Sind Eksenberger eines Stammen.
Ein jeder kriegt selbst Leut' und Schloß,
Ein G'schlecht des andern schier vergaß;
Nach etlich hundert Jahren
Waren Herrn Radibold viel zerstört
Und meisten Theils verloren.

Fußnoten

1 Gemäuer von Hirschstein rechts der Straße von Waldmünchen über das Mauthhaus nach Münchsdorf in Böhmen.

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TextGrid Repository (2012). Schöppner, Alexander. Sagen. Sagenbuch der Bayerischen Lande. Erster Band. 95. Der Notthaffte Herkunft. 95. Der Notthaffte Herkunft. TextGrid Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-FBA5-7