[165] 159. Das Brautpaar.

B. Görwitz Sagenschatz S. 49.


Ein armer Aschenbrenner zu Bischofsgrün, der eines Morgens ausgegangen war, um die zu seinem Geschäft geeigneten Bäume auszuwählen, wurde jählings von einem Unwetter überrascht, und stellte sich, Schutz suchend, von Ohngefähr in eine Felsengrotte. Kaum war er ein Weilchen dort gestanden, als er ein seltsames Klingen und Singen hinter sich vernahm. Er wendete sich stracks um, und gewahrte zu seinem höchsten Erstaunen ein weites, strahlendes Gewölb, dem Innern einer Kirche vergleichbar. An den Wänden und Emporen hing Gold und Silber wie Eiszapfen herab, und Perlen und Edelgesteine waren da aufgethürmt wie Zwiebelstränge. Der gute Aschenmann gedachte bei diesem köstlichen Anblick an nichts anderes, denn an sein Weib, das er herzurufen müsse; er lief fort nach dem Dorfe, und brachte dieses, trotz alles Sträubens, daher. Schon glaubte er die Grotte wieder zu erkennen – ja, die Grotte war's – aber von all' den Schätzen und Herrlichkeiten war nicht die Spur geblieben. Dem getreuen Ehemann ward Schimpf und Spott von seinem Weibe, er mochte ihr betheuern so viel er wollte.

Mittlerweile war auch der Sohn dieser Eltern mit seinem Bräutlein herangekommen und ließ sich von dem Vater den seltsamen Vorgang erzählen. »Ei,« sagte der, »warum ist das mir nicht geschehen und meiner Gretl. Wenn wir mitsammen die Grotte offen gefunden hätten, wir wären flugs hineingegangen; denn wenn eine Kirche darinnen ist, so würden wir auch einen Priester gefunden haben, der uns getraut hätte. Dann wären wir glücklich geworden mit einem Male.«

Indem der Bursche dieß noch sprach, war, wie durch einen Zauberschlag, die Grotte abermals geöffnet, und drinnen zeigte sich eine gar herrliche Aussicht. Zur Linken stand eine goldene Kirche mit stattlichen Thürmen und strahlenden Fenstern, und helles Geläut tönte von droben hernieder; zur rechten Seite stand ein zierliches Haus, von Gärten und Wiesen umgeben, und es schaute, mit Blumen und Kränzen geschmückt, recht hochzeitlich aus. – »Da haben wirs ja, was wir wünschen,« rief des Aschenmann's Sohn, indem er sein Bräutlein in den Arm nahm – »dort ist die Kirche zur Trauung, daneben unsere Wirtschaft – ade, Vater [166] und Mutter – da drinnen sind wir glücklicher als droben!« – Mit diesen Worten war das Brautpaar verschwunden, und nimmermehr kehrte es wieder.

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TextGrid Repository (2012). Schöppner, Alexander. Sagen. Sagenbuch der Bayerischen Lande. Erster Band. 159. Das Brautpaar. 159. Das Brautpaar. TextGrid Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-FAA0-A