[424] 10.

Geht es nun auswärts auf das Frühjahr zu, so nach Lichtmeß während der Kälberweile bis gegen den Aschermittwoch hin, so thut sich die Spinnrockengesellschaft zusammen im Hause eines reichen Bauern, Alt und Jung, Mann und Weib, Bursche und Dirnen zum fröhlichen Tanze bey Bier und »Schoadlbladla,« wie um Falkenstein, obgleich auch dieses polizeylich verboten ist.

Diese Zusammenkunft heißt Schoadlrocka,Scheitelrocken, oder Scheiderocken, je nachdem man den Namen von der bekannten Mehlspeise, oder davon ableiten will, daß die bisherige Gesellschaft scheidet, sich auflöst und der Feldarbeit nachgeht, bis sie der nächste Spätherbst wieder zusammenführt.

Um Bärnau feyern nur die Mädchen den Schoidlrocka durch ein Festmahl mit Semmel und Milch, worauf getanzt wird. Beym Tanze singen die Dirnen einen Spruch, der einen bedeutsamen mythischen Anklang in der ersten Zeile in sich trägt; er lautet:


Dreymal uman Kachluafn,

Dreymal um und um,

Brechts ma koiñ Fenza niad,

Und – macht's ma niad i d'Stubm.


In früheren Zeiten stand nämlich der Ofen in Mitte der Stube, gerade unter dem »Lainhoud«, und noch findet man in alten Bauernhöfen den Ofen frey in Mitte der Stube stehen.

Der Tanz um den Ofen, oder das Feuer, und die Zeit hiefür, welche in die Frühlings-Tag- und Nachtgleiche fällt, weisen auf eine heidnische Feyer zu [425] Ehren des Licht- und Sonnengottes, der jetzt die Herrschaft über die finstere Nacht des Winters gewonnen hat, oder vielmehr der weiblichen Hälfte der Gottheit, weil Mädchen die Feyer begehen und die Buben dabey frey halten, wie zum Treffelstein. In letzterer Gegend lautet die Benennung des FestesDaydlrocken, Mahlrocken, zu gothischem Dauhts-Mahl, Gelag, stehend. Die Mädchen legen zum Mahl und Tanz im Wirthshause zusammen. – Das Wort Daydln oder Daychtln, zweifelsohne auch verwandt mit tauchen und taufen, bedeutet: einfeuchten, etwas Trockenes, welches wegen Mangel an Feuchte zu zerlechsen, »zlayxn«, droht.

Weiter oben haben wir vernommen, daß beym Leichtrunke auch der Tode »eindaydld« werde, dadurch, daß man ihm zu Ehren trinkt. Es scheint also mit der Lichtfeyer zugleich eine Todenfeyer für den scheidenden Winter und seine Finsterniß verbunden gewesen zu seyn.

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TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. Sagen. Aus der Oberpfalz. Erster Theil. Sechstes Buch. Die Frucht des Feldes. 7. Die Rockenstube. 10. [Geht es nun auswärts auf das Frühjahr zu, so nach Lichtmeß während]. 10. [Geht es nun auswärts auf das Frühjahr zu, so nach Lichtmeß während]. TextGrid Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-DB78-F