[192] An Herrn D. Wegnern in Frankfurt an der Oder/als demselben zwey wohlgerathene söhne starben
B.N.
Mein Herr/ wann durch die last der auffgelegten bürde
Sein hertze thränen-saltz/ das saltz zu blute würde/
So könte dieses wohl ein zeugniß seiner pein/
Doch keine schilderey so grosser schmertzen seyn.
Denn wem ist nicht bekandt/ wie man um freunde trauret?
Wie lange der verlust von einem kinde dauret?
Zwey aber auff einmahl/ scheint warlich allzuviel/
Wenn sie des himmels schluß und sein verborgnes ziel
Aus unsern augen reist: Noch mehr/ wann ihre gaben
Als wunderwercke sich der welt gewiesen haben/
Und sie ein vater schon auff erden so erhöht/
Daß ihrer jugend baum in vollen früchten steht.
Doch sein gesetztes hertz/ das die gedult regieret/
Wird durch den donnerschlag des todtes zwar gerühret/
Nicht aber unterdrückt; denn seine seele denckt/
Daß Gott und himmel offt im giffte zucker schenckt.
Er hat mit saurer müh den einen lehren müssen/
Wie auch ein tauber kan der reden deutung wissen.
Den andern hat er gar durch fleiß dahin gebracht/
Daß er sich vor der zeit durch sprachen groß gemacht.
Allein der höchste will die lehre selbst vollenden/
Drum müssen beyde sich in seine schule wenden:
Er aber giebet sich mit grossem ruhme drein;
Weil hier auff erden doch nur lauter pfuscher seyn.