[Mein Damon / laß die reinen flammen]
[390]Mein Damon / laß die reinen flammen
Nicht laulicht und getheilet seyn.
Nichts bessers schicket sich zusammen /
Als guter grunf und gleicher schein.
[390]Was ist das lieben?
Ein Spiel der zeit /
Wo man soll üben /
Bey noth und leyd /
Beständigkeit.
Nicht zürne / daß ich so gesungen /
Ein hertze / das von liebe qvill't /
Wird leichtlich mit verdacht beschwungen /
Und mit der bleichen furcht erfüll't.
Bey lichten steinen
Liegt kein verdacht;
Bey ungemeinen
Wird tag und nacht
Mit fleiß gewacht.
Hielt Aetna nicht so lange feuer /
Es kenn't ihn nicht die gantze welt;
Der säulen schönes ungeheuer /
So Rom in ihrem schoßß erhält /
Wird itzt geehret /
Weil keine macht
Es hat zerstöret /
Und dessen pracht
Nicht umgebracht.
Mein Damon / wilt du mich nicht hören /
So schau auff säulen / berg und stein /
Laß dich durch ihre wercke lehren /
Laß sie die stummen meister seyn.
Blick / wort und schertzen
Erbauet nicht /
[391]Wenn unsern hertzen
Das gleiche licht /
Bestand / gebricht.
Die blumen werden zwar gepriesen /
Doch würd' ihr name höher gehn /
Wenn sie in gärten und auff wiesen
Dem winter könten widerstehn.
Glaß und crystallen
Ehrt iedes land /
Doch ziert vor allen
Der grossen hand
Ein Diamant.
Der zierrath / den die liebe träget /
Ist reuer geist / und gleicher sinn /
Den purpur / den sie um sich leget /
Sticht keine heisse sonne hin.
Wer gleiche liebet
In freud und noth /
Und zeichen giebet
Bis in den tod /
Ist fast ein gott.