[162] Nächtliche Bahnfahrt im Winter
Wenn du so auf müder Nachtfahrt
durch die dunklen Lande eilest,
wird dir Manches Graun und Rätsel,
das du sonst zum Klaren teilest.
Kannst das Dunkel nicht zerspähen,
wirst ohn Ende fortgerissen –:
Hier ein Licht und dort ein Schatten
aus durchdröhnten Finsternissen.
Und du denkst, wie durch die weißen
Wälder frierend Rehe ziehen,
bis sie vor den Dörfern stehen
mit von Frost zerschundnen Knien.
Und du siehst die vielen Menschen
langgestreckt im Schlafe liegen,
und du siehst die große Erde
alles durch den Weltraum wiegen.
Du erschrickst –: Von lauter Stimme
hörst du einen Namen rufen – –
Ja, das ist das alte Städtchen
deiner ersten Werdestufen.
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Und du denkst der lieben Gassen,
und du siehst dich selbst als Knaben ...
Und schon liegt das Städtchen wieder
fern in Schlaf und Nacht begraben.
Und ein Schaudern und ein Wundern
läßt dein festes Herz erbeben,
und dich graut vor deiner Menschheit
unenträtselbarem Leben.