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Die Sonne fährt durchs Morgentor
Goldfunkelnd über den Bergen,
Und, wie zwei Veilchen im frühen Mai,
Zwei blaue Augen, klar und frei,
Die lachen auf ihren Wegen
Geöffnet ihr entgegen!
Glück auf! mein Liebchen ist erwacht
Mit purpurroten Wangen!
Ihr Fenster glitzert im Morgenstrahl,
Und alle Blumen in Garten und Tal
Erwarten sie mit Sehnen,
Die Äuglein voller Tränen.
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Es ist nichts Schöneres in der Welt
Als diese grüne Erde:
Wenn man darauf ein Schätzlein hat,
Das still und innig, früh und spat
Für einen lebt und blühet,
Ein heimlich Feuerlein, glühet!
Hallo, du schläfriger Jägersmann,
Wie reibst du deine Augen!
Ich hab die ganze Nacht durchschwärmt
Und mich am Mondenschein gewärmt
Und steige frisch und munter
Von meinem Berg herunter!
Mein Mädchen durch den Garten geht
Und singt halblaute Weisen;
Mich dünkt, ich kenne der Lieder Ton:
Was gilt's, ich habe sie alle schon
Heut nacht dort oben gesungen?
Sie sind herübergeklungen!