Sechste Satire.
Daß auf Erden geweilt die Keuschheit unter Saturnus,
Glaub' ich, und daß man sie lange gesehn, als die frostige Höhle
[121] Enge Behausung bot, und Heerd und häuslichen Schutzgott,
Vieh und Gebieter zugleich umschloß in dem nämlichen Schatten,
Als ihr waldiges Bett die gebirgbewohnende Gattin
Aus Baumblättern und Schilf und dem Fell nachbarlichen Wildes
Breitete, Cynthia, dir nicht ähnlich sehend, auch dir nicht,
Welcher des Sperlings Tod getrübt die strahlenden Aeuglein,
Sondern die Brüste zum Trunk für kräftige Säuglinge tragend,
Und viel rauher noch oft, als ihr Eicheln rülpsender Gatte.
Freilich haben, als neu noch die Erd' und der Himmel noch jung war,
Anders die Menschen gelebt, die, geborstenen Eichen entsprossen,
Oder gebildet aus Thon, noch gar nicht Eltern besaßen.
Viele Spuren vielleicht noch gab's vormaliger Keuschheit,
Einige wenigstens, auch zu des Jovis Zeit, doch als Jovis
Noch nicht bärtig, noch nicht bei Anderer Haupte zu schwören
Griechen waren bereit, als Niemand fürchtete Diebe
Für das Gemüs' und Obst, und im offenen Garten man lebte.
Drauf allmälig entwich zu den Himmlischen wieder Asträa,
[122] Jene begleitete sie, und zugleich floh'n beide Geschwister.
Alt ist's, lang auch geübt, ein fremdes Bett zu verletzen,
Postumus, und zu verachten den Schutzgeist heiligen Lagers.
Jegliches andre Vergehn gab's bald im eisernen Alter,
Ehbruch haben zuerst die silbernen Zeiten gesehen.
Auf Abrede jedoch und Vertrag und Eheverlöbniß
Denkst du in unserer Zeit, und schon vom Meister der Scherkunst
Wirst du gekämmt, und du gabst vielleicht an den Finger das Pfand hin.
Warst du wirklich bei Sinn? ein Ehweib, Postumus, nimmst du?
Welche Tisiphone, sprich, welch Heer von Nattern verfolgt dich?
Eine Herrin erträgst du, da so viel Stricke noch halten,
Da noch Fenster genug in schwindelnder Höhe dir aufstehn,
Da in der Nachbarschaft sich Aemilius' Brücke dir darbeut?
Oder behagete dir kein Ausweg unter den vielen,
Hältst du es nicht für besser, daß bei dir Pungio schlafe,
Pungio, welcher des Nachts nicht keift, dich um keine Geschenklein
Anspricht, wenn er da liegt, und nicht klagt, daß du der Kräfte
Schonest, und daß du dich nicht so abkeuchst, wie er geheißen?
[123] Aber Ursidius hängt am Julischen Ehegesetze,
Denket den Erben sich süß, und entsagt der gemästeten Turtel
Gern und der Rothbartmähn' und dem erbschaftslüsternen Speis'markt.
Was wird möglich hinfort nicht sein, wenn eine verbunden
Mit Ursidius wird, wenn er, der bekannteste Buhler
Früher, den thörichten Mund jetzt hinstreckt ehlicher Halfter,
Er, der so oft sich verbarg im Schrein des bedrohten Latinus?
Wie, und er suchet ein Weib von altehrwürdigen Sitten?
Lasset, o Aerzt', ihm Blut aus der allzu strotzenden Ader!
Was für ein lüsterner Mensch! Bet' an die Tarpejische Schwelle,
Niedergebeugt, und schlacht' ein vergoldetes Kalb für die Juno,
Wenn dir wäre beschert ein Ehweib züchtigen Hauptes.
Wenige sind so werth, an der Ceres Binden zu rühren,
Daß ihr Vater den Kuß nicht fürchtete. Flicht für die Pforten
Kränz' und mit dichtem Gewind' aus Laub umspanne die Schwellen!
[124] Ein Mann soll Hiberinen genug sein? eher gelingt's dir,
Das zu erzwingen, daß die sich mit Einem Auge begnüge.
Hoch steht eine jedoch in der Meinung, die auf dem Erbgut
Lebet. Sie möge, wie dort sie gelebt, in Gabii leben,
Leb' in Fidenä so, und ich weich' aus dem Gütchen des Vaters.
Doch wer stehet dafür, daß nichts in Bergen und Höhlen
Weiter geschehn? sind Mars und Jupiter schon so gealtert?
Zeigt in den Portiken dir sich ein Weib, das deines Begehrens
Werth ist? oder enthält in sämmtlichen Reihen ein Schauplatz,
Was du lieben getrost, was dorther nehmen du könntest?
Während der zarte Bathyll pantomimisch tanzet die Leda,
Netzet sich Tuccia's Schooß ohn' Halt, die Appulerin ächzet
Plötzlich und kläglich, wie wenn in Umarmung ruhend, es schauet
Thymele lange darauf, und die bäurische Thymele lernt dann.
Andere halten zur Zeit, wo der Vorhang ruht und verwahrt ist,
Und das Theater leer und gesperrt, und die Märkte nur lärmen,
Und von den Spielen des Volks Megalesische weit noch entfernt sind,
[125] Thyrsus und Maske betrübt in der Hand und des Accius Leibschurz.
Urbicus machet das Volk im Atellischen Nachspiel lachen,
[126] Wenn er Autonoë gibt: die nur arm ist, Aelia liebt ihn.
Jenen löset für Gold sich des Komikers Heftel; zu fingen
Hindern Chrysogonus die; mit dem Tragiker letzt sich Hispulla:
Oder erwartest du denn, daß Quintilianus man liebe?
Nimm dir ein Weib, daß Vater durch sie Echion, der Lautner,
Oder Glaphyrus werd' und Ambrosius, Flötner des Chores.
[127] Laß in der Gassen Gedräng' uns aufbau'n lange Gerüste,
Schmücken die Pfosten und Thür' mit mächtigen Zweigen des Lorbeers,
Daß, o Lentulus, dir in dem Mückenzelte von Schildpatt
Zeige dein adliges Kind des Euryalus Bild, des Mirmillo.
Einem Senator vermählt, floh Eppia fort mit dem Fechter
Bis zu dem Pharus und Nil und verrufenen Mauern des Lagus,
Daß Canopus empört von der Hauptstadt Sitten und Gräul war.
Sie, der Familie nicht, noch des Manns, noch der Schwester gedenkend,
Nicht auch des Vaterlands, hat ruchlos weinende Kinder
Und, daß du mehr noch erstaun'st, auch die Spiel' und Paris verlassen.
Aber obgleich sie als Kind in des Reichthums Fülle geschlummert
Und in des Vaters Flaum und in goldverziereten Wiegen,
Achtete nicht sie des Meers; längst achtete nicht sie des Rufes,
[128] Dessen Verlust am geringsten man schätzt auf weichlichen Sesseln.
Drum ertrug sie beherzt und fest Tyrrhenische Wogen
Und des Jonischen Meers weittönende Fluthen, so oft auch
Wechseln sie mußte das Meer. Wenn triftiger Grund der Gefahr ist
Und ehrbarer, erstarrt vor Furcht und Zagen ihr Busen,
Und sie vermögen es nicht, auf den bebenden Sohlen zu stehen:
Muthvoll zeigt sich ihr Geist, wenn schimpfliche Dinge sie wagen.
Wenn es der Gatte verlangt, ist's hart, ein Schiff zu besteigen;
Dann riecht's übel im Raum, dann dreht sich oben der Himmel:
Der, die dem Buhlen gefolgt, ist wohl im Stande der Magen;
Jene bespeiet den Mann: die frühstückt zwischen den Schiffern,
Wandert umher in dem Schiff und befaßt gern starrende Taue.
Welche Gestalt entflammte jedoch, was reizte für Jugend
Eppia? was stach so ihr ins Aug', um Fechterin deßhalb
Heißen zu mögen? begann ihr Sergius doch sich die Kehle
Schon zu beschaben, und Ruh' ob des Arms voll Wunden zu hoffen;
Viel Mißförmiges war auch sonst an seinem Gesichte,
So, zerrieben vom Helm und hoch auf der Mitte der Nase
Ragend, ein Höcker, dazu die ihm scharf stets triefenden Aeuglein.
[129] Aber ein Fechter war's: dieß läßt Hyacinthe sie werden;
Dieß zog Kindern sie vor und der Heimath, dieses der Schwester
Und dem Gemahl. Was sie lieben, das Schwert ist's: hätt' er den Freistab,
Würd' ein Vejento bald ihr derselbe Sergius scheinen.
Was ein Privathaus that, was Eppia, sollte dich kümmern?
Blick' auf der Götter Rival' und vernimm, was Claudius ausstand.
Hatte die Gattin gemerkt, daß der Mann in Schlummer gesunken,
Wagte der Matte den Preis vor dem Palastlager zu geben
Und sich mit Kappen der Nacht zu versehn die durchlauchtige Metze,
Und sie verließ ihn, allein von Einer Sklavin begleitet.
Und durch blonde Perrück' ihr Haar, ihr schwarzes verdeckend,
Trat sie ins Buhlhaus ein, deß lumpige Decke noch warm war,
Und in die ledige Zell', in die ihrige, stellte sich aus dann
Nackt mit vergoldeter Brust, der Lycisca Namen erlügend,
[130] Und ließ schauen den Leib, der, erlauchter Britannicus, dich trug;
Mit Liebkosen empfing sie die Gäst' und forderte Zahlung,
Und auf dem Rücken liegend verschlang sie Vieler Umarmung.
Kam dann endlich die Zeit, wo der Wirth fortschickte die Dirnen,
Ging sie betrübt, und verschloß, soviel ihr möglich, die Zelle
Doch als Letzte, vor Brunst im geschwollenen Schooße noch glühend,
Und von den Männern erschöpft, doch satt nicht, zog sie von dannen,
Und die Wangen befleckt durch Schmutz und vom Dampfe der Lampe
Garstig, trug sie zurück zum Pfühl den Geruch des Bordelles.
Soll ich von Zaubergesang und Roßwuth sprechen und Gifttrank,
Den man dem Stiefsohn gab? sie begehn noch Schwereres, folgend
Ihres Geschlechtes Gebot, und das Wenigste sündigt die Wollust.
Weßhalb heißt der Gemahl die Censennia aber die Beste?
Tausend brachte sie zu: für den Preis nennt er sie züchtig,
Nicht macht Venus' Geschoß ihn dürr, noch entflammt ihn ihr Feuer;
Dorther lodern die Fackeln, die Mitgift sandte die Pfeile.
Freiheit kauft man für Geld: ob sie öffentlich winkt und zurückschreibt,
Die ist ledig, die, reich, sich dem geizigen Manne vermählte.
[131] Was macht's, daß sich so warm Sertorius Bibula hingibt?
Prüfst du es gründlich, er liebt das Gesicht und nicht die Gemahlin.
Laß drei Runzeln entstehn und die Haut erschlaffen und welken,
Lasse die Zähne schwarz und kleiner werden die Augen:
»Schnüre dein Bündel,« ertönt's von dem Freigelass'nen, »und gehe!
Du bist schon uns zur Last, und du schnäuzest dich häufig, so gehe
Hurtig und eil': es ersetzt mit trockener Nase dich eine.«
Derweil ist sie noch frisch, und herrscht, und fordert vom Gatten
Hirten, Canusische Schaf' und Falernische Reben an Ulmen –
Dieß wie gering! – Die Knaben gesammt, Werkhäuser mit Sklaven,
Und was das Haus nicht hat, doch der Nachbar, möge man kaufen.
So im December, wo jetzt versperrt Jason, der Kaufmann,
[132] Und wo die Bude, weiß den bewaffneten Schiffern im Weg' ist,
Schaffet man großes Krystall, dann auch die größten Murrinen,
Drauf auch den Demant an, so berühmt, und auf Beronice's
Finger gewachsen an Werth; der Blutschand' Uebenden gab ihn
Früher einmal der Barbar, ihn gab Agrippa der Schwester
Dort, wo das Sabbatfest nacktfüßig Könige feiern,
Und man dem greisigen Schwein seit Alters Gnade gewähret.
Scheint nicht Eine der Wahl aus so großen Schaaren dir würdig?
Schön und sittig und reich und fruchtbar sei sie, die Ahnen,
[133] Uralt, stelle sie auf in den Portiken, keuscher, als sie, mag
Keine Sabinerin sein, die mit fliegenden Haaren den Kampf trennt,
Seltener Vogel hier und gleich schwarzfiedrigem Schwane:
Wer ertrüge die Frau, der gar nichts mangelte? lieber,
Lieber will ich, als dich, Cornelia, Mutter der Gracchen,
Eine Venusierin, wenn du mit den herrlichen Gaben
Hochmuth bringst auf der Stirn und zur Mitgift zählst die Triumphe.
Nimm dir den Hannibal hin mitsammt dem im Lager besiegten
Syphax, bitt' ich, und gehe mir ab mit dem ganzen Carthago!
»Schonung, Päan, ich fleh', und lege du nieder die Pfeile;
Nichts verschulden die Kinder, sie selbst durchbohret, die Mutter!«
Tönt Amphion's Geschrei; doch Päan spannet den Bogen.
[134] Also bestattet die Schaar der Geborenen und den Erzeuger
Niobe, da ihr Geschlecht sie für edeler hält, als Latona's,
Und fruchtbarer sich dünkt, als die weißbehaarete Bache.
Steht je Würde so hoch, je Schönheit, daß sie sich stets dir
Dürft' anrechnen? man hat von so seltenem Gut und so hohem
Doch nicht Freude, so oft, vom Hochmuthsgeiste beflecket,
Aloë mehr, als Honig, sie hat. Wen aber verstrickte
Also die Liebe, daß nicht, die er lobpreist, schaudern ihn machte,
Und nicht während des Tags er sieben Stunden sie haßte?
Zwar ist manches gering, doch unerträglich dem Gatten.
Was ist widriger wohl, als daß nicht Eine sich schön glaubt,
Ist von der Tuscerin nicht sie zur kleinen Griechin geworden,
Von der Sulmonerin schier zur Cecroperin? Jegliches Griechisch,
Da es doch schimpflicher uns, wenn wir nicht Lateinisch verstehen.
Dieß ist Sprache der Furcht, ihr Zorn, ihr Vergnügen, ihr Kummer,
Jedes Geheimniß der Seel' ergießt sich darin: was mehr soll's?
Griechisch begatten sie sich. Doch, magst du Jüngern es nachsehn,
Du noch sogar, bei welcher das sechs und achtzigste Jahr schon
Anklopft, Griechisch? es ist die Sprache nicht bei der Greisin
Züchtig. Du brauchest, so oft sich darein mischt jenes verbuhlte
»Ζωὴ καὶ ψυχή« das im Bett nur eben verlaßne
Oeffentlich; denn wen reizt ein schmeichelndes, lüsternes Wort nicht?
Finger hat es; jedoch, daß sämmtliche Federn sich senken,
Und wenn zärtlicher auch du dieß aussprächest, als Hämus
Und Carpophorus, läßt dein Antlitz zählen die Jahre.
[135] Wenn du ein Weib, dir verlobt und vereint durch gesetzlichen Ehpakt,
Nicht willst lieben, so scheint kein Grund da, daß du es heimführst,
Auch nicht, daß du das Mahl und die Lorbeerkuchen verschwendest,
Um beim Schluß des Gelags sie den Ueberfüllten zu spenden,
Noch für die Erstlingsnacht das Geschenk, wo in strotzender Schale
Dacicus und Germanicus strahlt in beschriebenem Golde.
Wenn du ein ehrlich Gemüth für die Frau hast, Einer von Herzen
Anhängst, beuge das Haupt und, das Joch ihn tragen zu lassen,
Rüste den Nacken; du triffst, die des Liebenden schonete, keine;
Sei sie auch selber entbrannt, an des Liebenden Qualen und Plünd'rung
Findet sie Lust. Drum frommt weit weniger jenem die Gattin,
Welcher ein guter Gemahl, ein begehrungswürdiger wäre.
Nichts mehr darfst du, verwehrt's die Gemahlin, schenken, verkaufen
Nichts, wenn dawider sie ist, nichts kaufen, billiget sie's nicht;
Sie schreibt Neigungen vor, du sollst von der Schwelle verbannen
Den schon älteren Freund, deß Bart dein Haus noch gesehn hat.
Während man Kupplern erlaubt, letztwillig frei zu verfügen,
Und Fechtmeistern, und auch dieß Recht der Arena gewährt ist,
Wird nicht Einen Rival man dir vorschreiben zum Erben.
[136] »Hefte den Sklaven ans Kreuz.« Was verbrach der Sklave des Todes
Würdiges? wer ist Zeuge dabei? wer klagete? hör' ihn,
Gilt's beim Menschen den Tod, dann währt kein Zaudern zu lange.
»Alberner, also der Sklav ist Mensch? nichts hab' er gethan, sei's:
Ich will's, forder' es so, statt Grundes gelte mein Wille.«
Also beherrscht sie den Mann; doch bald verlässet sie dies Reich
Wieder und wechselt das Haus, und verbraucht Brautschleier; und weiter
Fliegt sie, und suchet die Spur des verschmäheten Bettes von neuem.
Thüren, die kurz vorher man geschmückt, verläßt sie, des Hauses
Hangende Teppich' und frisch noch grünende Zweig' an der Schwelle.
So wird größer die Zahl, so gibt's acht Ehegemahle
In fünf Herbsten; den Platz in des Grabmals Titel verdient es.
Eintracht hoffe du nicht, wenn der Gattin Mutter noch lebet.
Die lehrt über den Raub am geplünderten Gatten sich freuen;
Die lehrt sie auf die Briefe, die ihr der Verführer gesendet,
Nichts Unfeines und nichts Einfältiges wieder zu schreiben;
Die täuscht Wächter und kirrt sie durch Geld: bei voller Gesundheit
Ruft sie Archigenes dann, und spricht von beschwerlichen Hüllen.
Während der Weile verbirgt im Versteck sich heimlich der Buhle,
Und er verliert die Geduld und schweigt und ziehet die Vorhaut.
Rechnest du etwa darauf, anständige Sitten und andre
[137] Bringe die Mutter ihr bei, als sie hat? nützlich dazu noch
Ist es der schlechten Alten, wenn schlecht sie ihr Töchterchen aufzieht.
Keinen Prozeß fast gibt's, wo ein Weib nicht wäre des Streites
Stifterin. Wenn nicht verklagt Manilia ist, so verklagt sie.
Selber verfassen für sich und formen sie rechtlich die Schriften,
Grund und Stellen bereit dem Celsus selbst zu dictiren.
Tyrischer Endromis Brauch und des Ringkampfs Salbe bei Weibern,
Wem nicht sind sie bekannt? Wer sah nicht Wunden des Pfahles,
Welchen mit emsigem Schaft sie höhlt und bedroht mit dem Schilde,
Und wie die Schule daran ganz durchmacht diese der Tuba
Flora's würdigste Frau, wenn in ihrem Busen sich nicht gar
Größeres regt und bereit sie sich macht zur wahren Arena?
Wie kann Sittsamkeit sich ein Weib im Helme bewahren,
Das vom Geschlecht sich entfernt, das Kraft liebt? aber sie würde
Ungern selber ein Mann! denn wie klein ist unsere Wollust!
[138] Was für ein Schmuck von Geräth, wenn Versteig'rung hielte die Gattin,
Schwertgurt, Fechthandschuh' und Helmbusch und für des linken
Schenkels Hälfte die Schien'! und treibt sie andere Kämpfe,
O du glücklicher Mann, wenn die Frau Beinharnische feil beut!
Die sind's, welchen der Schweiß in der luftigen Tunica ausbricht,
Deren verzärteltem Leib' ein seidenes Fähnchen zu heiß ist?
Siehe, mit welchem Getös' ihr gezeigete Stöße sie durchführt,
Und wie sie unter des Helms Gewicht sich krümmet, wie groß auch
Und wie vom Baste so dicht um das Knie ihr sitzet die Binde,
Und lach' auf, wenn die Waffen sie ablegt und nach dem Topf greift.
Lepidus' Enk'linnen ihr, sagt an, und des Fabius Gurges,
Oder des blinden Metell, wann kleidete Weiber von Fechtern
Aehnliche Tracht? wann ächzt des Asylus Gattin am Pfahle?
Wechselseitigen Streit und Zank gibt's ewig im Bette,
Drin die Vermählete liegt, am wenigsten schläft man in diesem.
Grollt sie dem Mann, dann haßt, wie die Tigerin, der man die Brut nahm,
[Während, verborgener Schuld sich bewußt, sie Seufzer erheuchelt,]
Sie die Knaben, und weint um ein Kebsweib, das sie erdichtet;
Denn es ergießen sich ihr stets reichliche Thränen, und stehen
Stets auf dem Posten bereit, auf sie nur harrend, zu fließen,
Wie sie gebeut. Du siehst es für Lieb' an, du, ein Uruca,
Fühlest dich dann beglückt, und saugst mit den Lippen die Zähren;
[139] Und was würdest für Brief' und wie viel Schreiben du lesen,
Thäten die Schränke sich auf der noch eifersüchtigen Hure!
Aber sie lieget umarmt vom Sklaven oder vom Ritter;
Sprich hier, Quintilian, sprich etwas, bitt' ich, zu Gunsten!
Stecken bleiben wir; Weib, sprich selbst! »Längst einten wir uns,« heißt's,
»Daß du, was dir beliebt, dürf'st thun, und ich mir dasselbe
Nachsehn könnte: wenn auch du schreist und das Meer und den Himmel
Mischest, ich bin ein Mensch.« Nichts Keckeres, als die Ertappten,
Gibt es: sie nehmen den Zorn und den Muth her aus den Verbrechen.
Aber woher die Gräul und aus was für Quellen, so fragst du?
Früher bewahrete keusch die Latinerinnen die Armuth,
Und zum niedrigen Dach verwehreten Lastern den Zutritt
Arbeit, kürzerer Schlaf und Händ', an Tuscischer Wolle
Abarbeitet und hart, und Hannibal, nahe der Hauptstadt,
Und die auf Wacht im Collinischen Thurm ausstehenden Männer.
Jetzt trifft schwer uns das Leid des langen Friedens; Geschwelg brach
Schrecklicher ein, als Krieg, und rächt den besiegeten Erdkreis.
Keine Verruchtheit fehlt, kein Unzuchtsfrevel von da an,
Daß Roms Armuth schwand: seitdem ergoß sich zu jenen
Hügeln Sybaris hin, seitdem Miletos und Rhodos
Und das bekränzte, die Lust austobende, trunkne Tarentum.
[140] Erst das abscheuliche Geld trug zu uns Sitten der Fremde,
Und Jahrhunderte hat zerknickt der entnervende Reichthum
Durch unflätig Geschwelg. Denn was kümmert trunkene Wollust?
Die weiß nicht, wie der Schooß und das Haupt von einander verschieden,
Die in der Mitte der Nacht großmächtige Austern verschlinget,
Wenn mit lautrem Falern durchgossene Balsame schäumen,
Wenn aus Muscheln man trinkt, wenn schon sich im Wirbel die Decke
Umdreht und sich der Tisch mit doppelten Lampen emporhebt.
Geh und zweifele nun, wie Tullia fletschend die Luft schlürft,
Was, Milchschwester von ihr, der vertrauten Maura sie saget,
Während Maura vorbei an der Keuschheit altem Altar geht.
Hier muß halten die Sänft' in der Nacht, hier müssen sie harnen,
Und weit lassen den Strahl auf das Bild der Göttin sie spritzen,
Reiten einander sodann, und es sieht die Bewegungen Luna;
Hierauf kehren sie heim: du trittst am anderen Morgen
Auf der Gemahlin Harn, wenn du hohe Freunde besuchest.
Bona's Geheimnisse sind uns bekannt, wo die Flöte die Lenden
Antreibt, und wo, vom Horne zugleich und vom Weine begeistert,
[141] Rasen und schwingen das Haar mit Geheul des Priapus Mänaden;
O wie entflammt dann Gier nach Begattung jene Gemüther,
Was bei tanzender Brunst für Geschrei, wie gewaltige Ströme
Alten lauteren Weins auf die triefenden Schenkel sich stürzen!
Von sich legt Saufeja den Kranz, und fordert der Kuppler
Dirnen heraus, und gewinnet den Preis obschwebender Hüfte,
Selber erflehet sie sich Medullina's Lendengewoge:
Siegende Mannskraft gilt bei den Herrinnen gleich dem Geburtsrang.
Nichts dort wird man zum Scherz nachahmen; wirklich geschehen
Wird dort Alles, daß dran sich Laomedon's schon von dem Alter
Frostiger Sohn und der Bruch des Nestor könnten entflammen.
Dann hält's länger die Brunst nicht aus, dann zeigt sich das Weib nur,
Und von der ganzen Höhle zugleich hallt wieder der Ausruf:
»Jetzt ist's Zeit, laß Männer herein!« Schon schlummert der Buhle,
Mit der Kaputze verhüllt soll schnell hineilen ein Jüngling;
Kommet er nicht, greift Sklaven man auf; wofern sie vergeblich
Hoffet auf Sklaven, so kommt, und für Lohn, ein Wasserverkäufer;
Fehlt auch dieser und ist kein Mensch da, zaudert sie nimmer,
Ihr Gefäß für den Sprung dem Es'lein unterzubreiten.
[142] Und daß alte Gebräuch' und heilige Feste des Staates
Wenigstens doch die Gräul nicht schändeten! aber ein jeder,
Maur und Indier, weiß, wer die Harfnerin war, die ein Mannsglied,
Größer gewiß, als die zwei Cäsarischen Anticatonen,
Dort einführte, von wo, wenn sie Hoden fühlet, die Maus flieht,
Wo dem Gesetze gemäß verhüllt wird jedes Gemälde,
Welches vom andren Geschlecht im Abbild eine Gestalt zeigt.
Und wer damals war ein Verächter Himmlischer? wer nahm
Ueber das Opfergeschirr und den schwarzen Tiegel des Numa
Und den zerbrechlichen Napf vom Vaticanischen Berge
Spott sich heraus? doch welchem Altar nah'n Clodier jetzt nicht?
Aber ich höre, was längst ihr alten Freunde mir rathet:
»Wehr' es ihr, riegle sie ein!« Doch wer wacht über die Wächter?
Vorsicht brauchet die Frau, und mit diesen macht sie den Anfang.
Und bei Hoch und Gering sind jetzt die Gelüste dieselben,
Und nicht besser ist sie, die auf schwarze Kiesel den Fuß setzt,
Als die tragen sich läßt vom Genick langwüchsiger Syrer.
Wünschet die Spiele zu schaun Ogulnia, miethet sie Kleidung,
[143] Miethet Begleiter und Stuhl und Kopfpfühl, Freundinnen, Amme
Und noch ein Mädchen, blond, um Bestellungen ihr zu besorgen.
Was ihr irgend jedoch noch blieb vom Silber des Vaters,
Und ihr letztes Geschirr, sie schenkt es glatten Athleten.
Knapp geht's Vielen zu Haus'; allein das Bescheidne der Armuth
Ist bei Keiner zu sehn, noch mißt sich eine nach dem Maß,
Welches ihr die einräumet und setzt. Was nützlich, bedenken
Manchmal Männer doch noch, und einige haben es endlich
Von Ameisen gelernt, sich vor Frost und Hunger zu fürchten:
Eine verschwendende Frau merkt nicht des Vermögens Verschwinden;
Und als sprossete neu auflebendes Geld in dem leeren
Kasten, und würde von voll stets bleibendem Haufen genommen,
Rechnet sie niemals nach, was ihr die Vergnügungen kosten.
Einige gibt's, die der Lust sich freun an schlaffen Eunuchen
Und stets weibischem Kuß und des Barts zerstöreter Hoffnung,
Und daß es nicht Abtreibens bedarf. Doch ist es der Wollust
Höhpunkt, daß man die schon von entflammeter Jugend gereifte
Scham ausliefert dem Arzt, wenn schwarz schon sproßte der Haarwuchs.
Deßhalb schauet man nach, und heißt erst wachsen die Hoden,
Und wenn sie dann zweipfündig bereits anfingen zu werden,
Raubt sie, zum Schaden allein Bartscheerern, Heliodorus.
Weithin kenntlich betritt das Bad und Allen bemerkbar,
Dreist auch fordert des Weins und der Gärten Wächter heraus er,
Welchen die Herrin gemacht zum Verschnittenen. Mag mit der Herrin
Schlafen er gehn, doch du, o Postumus, laß den Eunuchen
Ueber den Bromius nicht, der hart schon ist und zu scheeren.
[144] Liebt sie Gesang, bleibt Keinem der Heftel, welcher die Stimme
An die Prätoren verkauft; sie hat Werkzeuge der Tonkunst
Stets in der Hand; dicht strahlt's von Sardonychen über die ganze
Lyra; sie greift im Takt mit dem zitternden Kiel in die Saiten,
Den ihr Hedymeles, zart, einst schwang: den hält sie, in diesem
Findet sie Trost und bedeckt den theueren Griffel mit Küssen.
Eine, der Lamier Stamm entsproßt und Aelischen Namens,
Hielt Anfrage mit Mehl und Wein bei Janus und Vesta,
Ob ihr Pollio dürft' auf den Capitolinischen Eichkranz
Hoffen und rechnen darauf für sein Spiel. Was könnte sie mehr thun,
Läge der Mann ihr krank? was mehr, wenn dem Arzt um ihr Söhnlein
Bangte? sie stand am Altar, und nicht unziemlich erschien ihr's,
[145] Sich zu verhüllen das Haupt für die Laut', und sie sprach, wie es Sitte,
Die ihr geheißenen Wort' und erblaßt' am geöffneten Lamme.
Sprich nun, ich bitte dich, sprich, du der Himmlischen Aeltester, gibst du,
Vater Janus, darauf Bescheid? viel Zeit ist im Himmel;
Nichts gibt's, nichts, wie ich sehe, was ihr dort droben zu thun habt!
Die hier gehet dich an um den Komiker, Tragiker möchte
Jen' empfehlen: es wird krampfaderig noch der Haruspex.
Singe sie lieber jedoch, als daß ganz Rom sie durchfliege,
Sie, die vermöcht', auch der Männer Versammlungen keck zu ertragen
Und mit Führern des Heers im Kriegskleid, während ihr Mann da,
Selbst aufrechten Gesichts und trockenen Busens zu sprechen.
Ihr auch ist es bekannt, was rings auf Erden sich zuträgt,
Was bei den Serern geschieht, bei den Thraciern, Mutter und Stiefsohn
Heimliches thun, wer liebt und um wen man sich reißt von den Buhlen;
Sie sagt aus, wer geschwängert die Ledige hat und in welchem
Monde; mit was für Geschwätz sich begattet jede, die Art, wie.
Ihn, der den Parther bedroht und Armenischen König, den Haarstern,
[146] Sieht sie zuerst; was die Stadt sich erzählt, und neue Gerüchte
Fängt an den Thoren sie auf, macht einige, daß der Niphates
Ueber die Völker gestürzt, und hoch dort alle Gefilde
Decke die Fluth, daß Städte gebebt, daß Länder versunken,
Wo nur ein Kreuzweg ist, wo ein Mensch ihr begegnet, erzählt sie's.
Und doch erscheint dies Laster von Weib noch erträglicher, als die
Aermliche Nachbarn greift mit Gewalt und, flehend gebeten,
Sie mit Riemen zerfleischt. Denn weckt das Gebelle des Hundes
Sie aus dem tiefen Schlaf, heißt's gleich: »auf, bringet in Eile
Knüttel herbei,« und damit läßt erst auf den Herren sie schlagen,
Dann auf den Hund. Ein Gräul den Begegnenden, scheußlichen Aussehns,
Gehet sie Nachts in das Bad; sie heißt mit Muscheln das Lager
Nachts aufbrechen, sie freut's, mit gewaltigem Lärmen zu schwitzen,
[147] Wenn vom gewichtigen Blei die ermüdeten Arme gesunken,
Unten ins Haar auch die Finger gedrückt der verschmitzete Salber
Und hoch oben Geschrei der Gebieterin Lenden entlockt hat.
Elend müssen indeß vom Schlaf und Hunger die Gäste
Ausstehn; endlich erscheint sie, im Antlitz roth, nach dem ganzen
Weinkrug dürstend, der voll ein Urnmaß haltend, geschleppt ward
Ihr zu Füßen, aus dem noch ein anderes Nössel sie leeret
Vor dem Mahle, damit es wüthenden Hunger ihr mache,
Kommt es zurück und stürzt nach gespületem Magen zur Erde.
Bachweis' eilt's auf dem Marmor dahin, vom goldenen Becken
Duftet Falern; denn einer ins Faß tief stürzenden langen
Schlange vergleichbar, trinkt sie und speit. Da fühlet der Gatte
Ekel und zwingt die Galle zurück mit geschlossenen Augen.
Die ist ärger jedoch, die, sobald zu Tisch sie sich legte,
Schon den Vergilius lobt, es verzeiht, daß Elissa den Tod sucht,
[148] Dichter zusammenstellt und vergleicht, auf der einen den Maro
Und auf der anderen Seit' in der Wag' abwäget Homerus.
Jeder Grammatiker weicht, sie besiegt Rhetoren, die ganze
Menge verstummet; es wird kein Anwalt sprechen, noch Präco,
Auch kein anderes Weib: so gewaltig stürzet der Wortfall;
So viel Becken zugleich und klingende Glöckchen zu hören
Glaubtest du. Keiner ermüd' auch Erz jetzt, keiner Trompeten,
Denn die Eine vermöcht's, dem leidenden Monde zu helfen.
Eine Beschränkung setzt auch würdigen Dingen der Weise;
Denn die allzu gelehrt und beredt zu erscheinen begehret,
Muß bis hinauf zu der Mitte des Beins sich die Tuniken schürzen,
Schlachten ein männliches Schwein dem Silvan, für Quadranten sich baden.
Nicht hab' inne die Frau, die gesellt dir lieget, die Rede
Kunstrecht, schleuder' auch nicht in gerundeten Worten ein krummes
[149] Enthymema dahin, noch wisse sie alle Geschichten,
Sondern versteh' auch Manches aus Büchern nicht. Mir verhaßt ist,
Die des Palämon Kunst stets anbringt und sie durchwühlet,
Immer der Sprache Gesetz' und Regeln strenge beachtend,
Und die Verse, mir fremd, als Alterthümlerin kennet,
Und die ein Wort, gleichgültig dem Mann, an der Opischen Freundin
Rüget: dem Ehmann sei es vergönnt, Sprachfehler zu machen.
Alles erlaubt sich die Frau, nichts wird unziemlich ihr scheinen,
Wenn sie grünes Gestein um den Hals sich legt und die Ohren
Ausdehnt durch das Gewicht birnförmiger prunkender Perlen.
Unerträglicher nichts, als ein Weib mit großem Vermögen.
Garstig indessen zu schaun und lächerlich schwillet von vielem
Brote das Antlitz auf, auch riecht's nach Poppäischen Salben,
Und es bekleben damit sich dem armen Gatten die Lippen:
Buhlen besucht man, die Haut voll Glanz. Wann will sie zu Hause
Schön sich zeigen einmal? für die Buhlen schaffet man Narden,
Jegliches kauft man für die, was ihr schmächtigen Indier herschickt.
Endlich enthüllt sie die Züg' und entfernt ihr früheres Tünchwerk:
Kenntlich wird sie bereits und läßt sich bähen mit der Milch,
Welcher zu Lieb' ein Geleit von Eselinnen sie mitführt,
[150] Wenn ins Exsil sie würde geschickt zu den Hyperboreern.
Doch was man wechselnd belegt und bäht mit der Mittel so vielen,
Und was Klumpen empfängt von gebackenem weizenen Mehle,
Welches man eingeweicht, heißt Antlitz, oder Geschwür das?
Werth der Bemühung ist's, von Grund aus kennen zu lernen,
Was sie den Tag durch treiben und thun. Wies ihnen den Rücken
Nachts der Gemahl, dann war es geschehn um die Wägerin, abziehn
Müssen das Kleid die Cosmeten, zu spät kam, heißt's, der Liburner,
Und für des Anderen Schlaf muß der abbüßen die Strafe.
Ruthen zerbrechen auf dem, der wird von der Geißel geröthet,
Der von der Peitsche; man trifft, die ein Jahrgeld zahlen den Henkern.
Sie läßt geißeln, und schminkt sich dabei, hört Freundinnen sprechen,
Oder betrachtet das Gold, das breit ein gesticktes Gewand trägt,
Und läßt schlagen; sie liest weitläufige Spalten des Tagblatts
Und läßt schlagen, bis matt sich die Schlagenden fühlen, und »gehe«
Furchtbar drunter sie donnert, nachdem vollzogen das Richtamt.
Nicht sanftmüthiger führt, als der Siculer Hof, sie die Hauszucht.
Denn bestellte sie sich und wünscht sich schöner geschmücket,
[151] Als gewöhnlich, und eilt, und erwartet man schon sie in Gärten,
Oder noch lieber vielleicht in der Isischen Kupplerin Tempeln,
Ordnet die Flechten ihr sie, der selbst die Haare zerrauft sind,
Nackt an Schultern und nackt an den Brüsten, Psecas, die arme.
»Weßhalb ist da die Locke zu hoch?« und der Riemen von Rindshaut
Straft das Verbrechen sofort und die That des gekräuselten Haares.
Was hat Psecas gethan? was hat das Mädchen für Schuld hier,
Wenn dir die Nas' im Gesicht mißfiel? Ein anderes Mädchen
Breitet zur Linken das Haar, durchkämmt's und dreht es in Kreise.
Ein alt Mütterchen ist in dem Rath, das zur Wolle gesetzt ward,
Und von der Nadel nun ruht, der entlassenen; stimmen zuerst wird
Diese, nach ihr dann werden an Kunst und Alter geringre
Sich aussprechen, als gält's die Entscheidung über die Ehre,
Oder das Leben: so sehr bemüht sie sich, Reiz zu gewinnen!
So mit Geflechten beschwert, mit so viel Stockwerken bebaut sie
Hoch ihr Haupt noch: du wirst von vorn Andromache sehen;
Hinten ist sie zu klein: nicht hieltest du sie für dieselbe.
Wie gar, wäre der Wuchs von Natur kurz, schiene sie kürzer,
Als ein Pygmäenweib, und helfen keine Cothurne,
Und hebt leicht sie empor sich zum Kuß auf der Spitze der Sohle!
[152] Gar nicht kümmert indeß sie der Mann, noch denket sie daran,
Was sie verbringt: sie lebt wie als Nachbarin des Gemahles,
Dadurch näher ihm nur, daß sie Freund' und Sklaven des Gatten
Hasset, sich fühlbar macht in den Rechnungen. Siehe, Bellona's
Rasender Chor tritt ein und der Göttermutter, ein mächt'ger
Halbmann auch, ehrwürdig zu schaun bei verstümmeltem Gliede,
Welcher den weibischen Theil mit schnell geführeter Scherbe
Längst sich verschnitt, dem die heisere Schaar, dem plebejische Pauken
Weichen und dem die Tiara der Phrygier decket die Wange.
Der mit erhobenem Ton macht angst vor des Süd's und Septembers
Ankunft, wenn sie sich nicht durch hundert Eier entsündigt
Und ihn beschenkt nicht habe mit bräunlichen alten Gewändern,
[153] Daß, was irgend ihr droht von plötzlichen großen Gefahren,
Sich in die Tuniken werf' und sühn' auf einmal das Gesammtjahr.
Durch einbrechendes Eis in den Fluß gehn wird sie im Winter,
Dreimal wird sie hinab in die Tiber tauchen des Morgens,
Waschen das zagende Haupt in den Strömungen selber; sie wird dann
Zitternd das ganze Feld des Stolzen Königs durchkriechen
Nackt auf blutigen Knie'n; wenn die schneeige Jo geböte,
Bis nach Aegyptens Grenz' und dem glühenden Meroë gehen
Und das Wasser von dort hertragen, um zu besprengen
Isis' Tempel, der nah sich erhebt am alten Ovile.
[154] Denn sie glaubt sich gemahnt vom Wort der Gebieterin selber:
Wahrlich ein Geist und Gemüth, um Nachts mit Göttern zu sprechen!
Also verdient doch der die vorzüglichste, höchste Verehrung,
Der von der Heerd' in Linnen umringt und der glatzigen Heerde,
Spottet des klagenden Volks und dahin läuft als der Anubis.
Dieser erflehet Verzeihn, wenn des Beischlafs sich die Gemahlin
Nicht an den Tagen enthält, die hoch und heilig zu achten,
Wenn ansehnliche Strafe gebührt dem entweiheten Leintuch,
Und man die silberne Schlang' ihr Haupt hat schütteln gesehen;
[155] Dieser vermag durch Thränen und wohl bedachtes Gemurmel,
Daß sich, die Schuld zu verzeihn, nicht weigere – freilich bestochen
Durch die gemästete Gans und lockeren Kuchen – Osiris.
Räumete dieser den Platz, dann naht, ihr Heu und den Tragkorb
Lassend, dem lauschenden Ohre die zitternde Jüdin und bettelt;
Die legt aus das Gesetz von Solyma, ist auch des Waldes
Große Prophetin und treu im Verkehr mit dem obersten Himmel.
Sie auch füllet die Hand, doch kärglicher; Juden verkaufen
Träume für weniges Geld, wie du irgend solche verlangest.
Zärtliche Buhlen verheißt, auch wohl den gewaltigen Nachlaß
Lediger Reicher, nachdem er die warme Lunge der Taube
Hatte durchforscht, ein Prophet Armeniens und Commagene's;
Küchleinbrüste durchwühlt er, die Eingeweide des Hündchens,
Wohl auch des Knaben; er thut, was er selbst dann könne verrathen.
Doch zu Chaldäern ist das Vertraun noch ein größeres: Alles,
Was Astrologen gesagt, das gilt, als stamm' es von Hammon
Her in Person, weil stumm jetzt sind die Orakel zu Delphi,
Und das Menschengeschlecht von der Zukunft Dunkel gequält wird.
[156] Jeglichem dieser jedoch geht vor, wer öfter verbannt ward,
[Durch deß Freundschaftsdienst und mit Geld zu kaufendes Täflein
Starb der erhabene Bürger, der Furcht einflößte dem Otho.]
Das macht Glauben zur Kunst, wenn Recht' und Linke von Eisen
Klirrten und lange die Haft ihn hielt im Kerker des Lagers.
Kein Astrolog hat Geist, der niemals wurde verurtheilt,
Sondern der, nahe dem Tod, kaum auf die Cycladen zu kommen
Und von dem kleinen Seriph die Befreiung endlich erlangte.
Ueber den zögernden Tod der ergilbeten Mutter befraget,
Doch deintwegen zuvor, sich die Tanaquil, wann sie die Schwestern
Und Oheime bestatt', ob nach ihr leben der Buhle
Werde; was Größeres denn kann göttliche Macht ihr verleihen?
Diese jedoch weiß nicht, was der Stern des Saturnus Betrübtes
Drohet, bei welchem Gestirn glückstrahlend Venus sich zeiget,
Welchen der Monde Verlust, welch andere Zeiten Gewinn trifft;
Deren Begegnung auch sei eingedenk zu vermeiden,
Der in den Händen du siehst die zerriebenen Ephemeriden,
Fettigem Bernstein gleich, die um Rath fragt Keinen, und selbst schon
Rath gibt, die, wenn der Mann in die Heimath will und ins Lager,
[157] Nicht ihn begleitet, wofern des Thrasyllus Zahlen sie warnen.
Wenn bis zum ersten Stein ihr beliebt zu fahren, entnimmt sie
Zeit und Stunde dem Buch; wenn des Aeugleins Winkel vom Reiben
Jucket, so fragt sie den Stern der Geburt, dann fordert sie Salbe.
Läge sie krank auch da, so erscheint, um zu speisen, der Stunden
Keine geeigneter ihr, als die Petosiris bestimmte.
Lebt sie beschränkt, so wird sie den Raum durchschweifen an beiden
Rennzielseiten, und Loose sich ziehn, und die Hand und die Stirne
Bieten dem Deuter, der oft um ein schallendes Schmätzchen sie bittet.
Reichen ertheilet Bescheid ein Phrygischer Augur und Inder,
Einer ertheilt ihn für Lohn, dem Stern' und Himmel bekannt sind,
Irgend ein Aelterer auch, der vergräbt, was im Staate der Blitz traf:
Niedriger Schicksal ist auf dem Wall und im Circus zu hören.
Die lang hangendes Gold am nackenden Halse zur Schau trägt,
[158] Fragt vor den Falen um Rath und dem Säulenplatz der Delphine,
Ob sie den Schankwirth lass' und den Kleiderhändler sich nehme.
Die stehn doch die Gefahr der Geburt aus, und sie erdulden,
Während sie Armuth drückt, jedwede Mühe des Säugens;
Aber im goldigen Bett liegt kaum der Gebärenden Eine.
So viel richten die Kunst, so viel die Gemische von der aus,
Welche der Frucht sie beraubt und um Geldlohn Menschen im Bauche
Umbringt. Sei, Elender, erfreut und reich' ihr zu trinken
Selber, was immer es sei; denn falls den Leib sie sich dehnen
Und durch ein hüpfendes Kind ihn belästigen ließe, so wärst du
Vater vom Mohren vielleicht; bald würd' als Erbe die Täflein
Füllen ein farbiger Sohn, den nie frühmorgens du sehn möcht'st.
Untergeschobner und oft an den schmutzigen Lachen betrogner
Freuden und Wünsch' und der Priester, geholt von dort, ich geschweige
Ihrer, der Salier, der, die der Scaurer Namen bei falschem
Körper empfahn. Nachts steht bei den nackenden Kindern Fortuna
Schelmisch, und lächelt sie an; die alle pfleget und hält sie
Eingehüllt in den Schooß, reicht dann sie edelen Häusern,
[159] Und macht heimlich daraus sich ein Spiel; die liebet sie, diesen
Drängt sie sich auf und erhebt sie stets als ihre Geschöpfe.
Der bringt Zaubergesang, der beut Thessalischen Liebstrank,
Daß sie dadurch den Verstand des Gemahls zu verwirren vermöge
Und das Gesäß mit der Sohl' ihm zu bläun; das macht dir den Schwachsinn,
Das den umnebelten Geist, und daß sogleich du vergissest,
Was du nur eben gethan. Doch das ist Leidliches, wenn nicht
Auch du zu rasen beginnst, wie dem Oheim Nero's geschehn ist,
Dem Cäsonia ganz die Stirn des zitternden Füllens
Eingab: welche nun wird nicht thun, wie des Fürsten Gemahlin?
Alles entbrannte davon und stürzt' aus den berstenden Fugen
Gar nicht anders, als wenn den Gemahl wahnsinnig die Juno
Hätte gemacht. Drum wird unschädlicher Agrippina's
Pilz sein, weil er das Herz nur Einem Greise zerdrückt hat,
Und ein zitterndes Haupt und von lang sich ziehendem Speichel
Triefende Lippen hinab in den Himmel steigen geheißen;
Jenes Getränk will Feuer und Schwert, das führet zur Folter,
Jenes zerfleischet, gemischt mit der Ritter Blute die Väter.
Siehe, was Stutengeburt, was Eine kostet, die Gift mischt.
Hassen sie Kinder, gezeugt mit dem Kebsweib, Keiner verwehr' es,
Keiner verbiet's; schon gilt es für recht, Stiefsöhne zu tödten;
Euch, ihr Mündel, verwarnt mein Wort, die ihr reicheres Gut habt,
Nehmet das Leben in Hut und mißtraut jeglichem Tische;
Gifte der Mutter glühn in tückischen fetten Gerichten.
[Jemand esse zuvor, was auch euch reichete jene,
Die euch gebar, den Pokal kost' erst der besorgliche Pfleger.]
[160] Doch wir erfinden das wohl, hoch geht im Cothurn die Satire,
Und weit über das Ziel und Gesetz der Früheren schreitend,
Rasen ein tragisch Gedicht wir hervor Sophoclëischen Athems,
Wie nicht Rutuler Berg' und Latium's Himmel es kennen.
Möchten wir eitel doch sein! Doch Pontia schreiet: »ich that es,
Ich bekenn' es, und mischt' Aconit für die eigenen Kinder,
Welches entdeckt ihr seht: ein Verbrechen: dennoch beging ich's.«
Du gleich zwei mit dem Einen Gericht, blutgierigste Natter?
Du gleich zwei? »Auch sieben, wofern just sieben es waren.«
Glauben wir Tragikern, was von der grimmigen Colcherin Alles
Und von der Procne man sagt: ich will's nicht läugnen; auch diese
[161] Uebten entsetzliche Gräul zu ihrer Zeit; doch geschah es
Nicht um Geldes Gewinn. Viel weniger darf man sich wundern
Ueber die äußersten Gräul, läßt Zorn Unthaten begehen
Dieses Geschlecht; sie stürzen, wenn Wuth entflammet die Leber
Jählings fort, gleich Blöcken, gelöst vom Felsen, entzieht sich
Ihnen der Berg, und weicht vom hangenden Gipfel die Seite.
Nimmer ertrüg' ich sie, die kalt und berechnend der Frevel
Größten begeht. Sie schaun Alcestis, welche dem Tode
Für den Gemahl sich weiht, und böte sich ähnlicher Tausch dar,
Kauften sie gern mit dem Tode des Mannes das Leben dem Hündchen.
Viel Beliden und viel Eriphylen wirst du begegnen
Morgens; in keiner Gasse der Stadt Clytämnestren vermissen.
Darin weicht man nur ab, daß Tyndarus' Tochter das plumpe
Und einfältige Beil einst hielt mit der Rechten und Linken,
[162] Jetzt das aber geschieht mit der winzigen Lunge der Kröte,
Aber doch auch mit dem Stahl, nimmt Pontische Mittel des Königs,
Den dreimal man besiegt, aus Vorsicht erst der Atride.
[163]