Der Kuß

Ward Unsterblichkeit mir? Stieg ein Olympier
Mit der Schale herab? Bebte sein goldner Kelch,
Voll der Trauben des Himmels,
Um die Lippe des Taumelnden?
Wehe Kühlung mir zu, wann du mir wiederum
Reichst den glühenden Kelch, daß mir die Seele nicht
Ganz im Feuer zerfließe;
Wehe, wehe mir Kühlung zu!
Unter Blüthen des Mays spielt' ich mit ihrer Hand;
Kos'te liebelnd mit ihr, schaute mein schwebendes
Bild im Auge des Mädchens;
Raubt' ihr bebend den ersten Kuß!
Ewig strahlt die Gestalt mir in der Seel' herauf;
Ewig flieget der Kuß, wie ein versengend Feur,
Mir durch Mark und Gebeine;
Ewig zittert mein Herz nach ihr!
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TextGrid Repository (2012). Hölty, Ludwig Christoph Heinrich. Gedichte. Sämtliche Gedichte. Der Kuß. Der Kuß. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-7ECB-3