Elegie auf eine Nachtigall

Sie ist dahin, die Maienlieder tönte,
Die Sängerin,
Die durch ihr Lied den ganzen Hain verschönte,
Sie ist dahin.
Sie, deren Lied mir in die Seele hallte,
Wenn ich am Bach,
Der durchs Gebüsch, im Abendgolde, wallte,
Auf Blumen lag.
Sie schmelzete die Wipfel in Entzücken.
Der Wiederklang
Entfuhr dem Schlaf, auf blauer Berge Rücken,
Wenn ihr Gesang
Im Wipfel floß. Die ländlichen Schallmeien
Erklangen drein,
Es tanzeten die Elfen ihre Reihen
Darnach im Hain.
Dann lauschten oft die jugendlichen Bräute,
Auf einer Bank
Von Rasen, an des trauten Lieblings Seite,
Dem Zauberklang.
Sie drückten sich, bey jeder deiner Fugen,
Die Hand einmahl,
Und hörten nicht, wenn deine Schwestern schlugen,
O Nachtigall.
[32]
Sie lauschten, bis der Hall der Abendglocke
Im Dorfe schwieg,
Und Hesperus, mit silberfarbner Locke,
Dem Meer entstieg.
Und giengen dann, im Wehn der Abendkühle,
Dem Dörfchen zu,
Mit einer Brust voll zärtlicher Gefühle,
Voll süßer Ruh.
[33]

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TextGrid Repository (2012). Hölty, Ludwig Christoph Heinrich. Gedichte. Sämtliche Gedichte. Elegie auf eine Nachtigall. Elegie auf eine Nachtigall. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-7E60-4