11.
Kommst du nun auch zu mir herangeschlichen,
Mein alter Hund, mit einer Beileidsmiene
Und ruhst nicht, bis ich dir das Fell gestrichen?
Du senkst den Kopf so traurig, daß es schiene,
Als fühltest du, wie dieses Gramgeschick
Mitleid der stummen Kreatur verdiene.
Jawohl! Nun trifft dich nimmermehr der Blick,
Der Lockruf deines kleinen Spielgenossen;
Kein ros'ges Händchen zaust dir das Genick.
[198]Nicht gibst du dich, halb freundlich, halb verdrossen,
Zum Reiten her und wirst's nie überdrüssig,
Zu dulden willig tausend Kinderpossen.
Wozu noch lebst du jetzt, als daß du müßig
Dich sonnst und schnarchst und Fliegen fängst im Traum,
Der Welt und dir und mir höchst überflüssig –
Und atmest fort, und füllst noch deinen Raum
Mit träger Masse, saugst noch Lebensluft – –
Und unser Kind – o ich ertrag' es kaum!
Mir aus den Augen, heuchlerischer Schuft!
Dein Winseln trügt mich nicht. Ich weiß, Geselle,
Dich rührt kein Schauer an aus ihrer Gruft.
Als kaum erblichen ihres Auges Helle,
Da lagst du, Wicht, als wäre nichts geschehn,
Und schliefst auf ihres Sterbezimmers Schwelle.
Und als man sie hinaustrug und in Wehn
Das Mutterherz und meines schier gebrochen,
Sah ich dich lungernd vor der Türe stehn.
Du nagtest gierig einen leckern Knochen
Und knurrtest scheel die fremden Männer an,
Die im geschäft'gen Fraß dich unterbrochen.
Und jetzt scheinheilig schleichst du dich heran?
Hinaus mit dir! Du bist ein Tier. Wir beide
Sind andern Seelenmächten untertan.
Herzlos, wie die Natur, bei Menschenleide,
Stimmst du in unsern Jubel munter ein;
Du weißt, am Festtag gibt es fette Weide.
Des Menschen Weh versteht der Mensch allein,
Kein Gott, kein Tier. Der Kummer ist erlaucht,
Und du, so treu du winselst, bist gemein.
Gram kennt kein Gestern. Du bist eingetaucht
In dumpfes Heute. Hast du dich verkrochen
Aus Furcht vor meinem Zorn? Der ist verraucht.
Troll dich hinaus und nage deinen Knochen!