8.
Mich dieser Tränen schämen? Ew'ge Mächte,
Was gabt ihr Tränen uns, wenn solches Leid
Ein Menschenauge nicht zum Tauen brächte!
Wenn einer hingeht aus der Zeitlichkeit,
Der sich am Glück gesonnt, des reifes Leben
In reichen Garben prangte weit und breit,
Um solchen dürft ihr Klage nicht erheben.
An ihm ward milde das Gesetz vollstreckt,
Dem alles Erdendasein untergeben.
Und wenn ein müdes Haupt der Hügel deckt,
Das keinen Lohn der Lebensmüh' gesehen
Und fragte: ward ich nur zur Qual geweckt?
An dessen Grabe mögt ihr klaglos stehen.
Daß er gelebt, war eurer Tränen wert;
Nun darf er ausruhn. Ihm ist wohl geschehen.
Doch hier! – ein Kind, mit keiner Schuld beschwert,
Die Blumenseele jedem Lufthauch offen,
Vom Schimmer reinen Morgentaus verklärt;
Sein ganzes Sein ein schönverkündet Hoffen,
Ein Feiertagsgedanke der Natur,
Die es gebildet aus den zartsten Stoffen,
Und doch von ihr vernichtet, spielend nur,
Als ob sie nur am Schaffen sich erfreute,
Nicht am Erhalten ihrer Kreatur; –
Und nun den süßen Leib dem Schmerz zur Beute,
Die Seele sehn in Todesängsten ringen,
Die einer Mücke wehzutun sich scheute,
Und während blasse Ärmchen uns umschlingen,
Veratmen sehn ein liebstes Lebensglück
In jammervoll hilflosem Händeringen – –
Wer da den Strom der Zähren hält zurück,
Ward nicht gesäugt von einem Erdenweibe,
Wenn nicht zuvor schon der Medusenblick
Des Irrsinns ihm versteint das Herz im Leibe.