Johann Peter Hebel
Alemannische Gedichte

[43] Vorreden des Dichters zu den Alemannischen Gedichten
Vorrede zur ersten Auflage

Der Dialekt, in welchem diese Gedichte verfaßt sind, mag ihre Benennung rechtfertigen. Er herrscht in dem Winkel des Rheins zwischen dem Fricktal und ehemaligen Sundgau, und weiterhin in mancherlei Abwandlungen bis an die Vogesen und Alpen und über den Schwarzwald hin in einem großen Teil von Schwaben. Für Freunde ländlicher Natur und Sitten eignet diese Gedichte ihr Inhalt und ihre Manier. Wenn Leser von höherer Bildung sie nicht ganz unbefriedigt aus den Händen legen, und dem Volk das Wahre, Gute und Schöne mit den heimischen und vertrauten Bildern lebendiger und wirksamer in die Seele geht, so ist der Wunsch des Verfassers erreicht. Leser, die mit dieser Sprachweise nicht ganz bekannt sind, werden folgende wenige grammatikalische Bemerkungen nicht überflüssig finden. Das u und ü vor einem h, dem wieder ein Vokal folgt oder folgen sollte, geht in die Triphthongen ueih und üeih über, und diese Form ist also im Metrum immer einsilbig, z.B. früeih, frühe. – Beide Artikel werden meist abgekürzt, tonlos und in der Aussprache wahre Präfixa des Substantivs oder Suffixa der Präposition. Hie und [43] da schien es unvermeidlich, sie als solche auch in dem Texte auszudrücken, z.B. Uffeme, auf einem; Anere, an einer. – Der Akkusativ des Singulars ist auch bei den Maskulinis dem Nominativ gleich, z.B. der Tag, der und den Tag. Der Dativ des Singulars wird bei den Maskulinis und Neutris, bisweilen auch Femininis durch die Präposition in bezeichnet, z.B. im Liecht, imme Liecht, dem, einem Licht; innere (in einer) Frau, einer Frau. – Das absolute Pronomen Ich lautet im Nominativ des Pluralis wie der Dativ des Singulars Mir; auch Du, häufiger Dir als Ihr. Sich im Neutrum heißt bisweilen Ihns. Aber überall werden die Personalpronomina und das unbestimmte man, wenn sie keinen Nachdruck oder Gegensatz haben, wie der Artikel, abgekürzt und wahre Präfixa oder Suffixa der nächsten Wörter, letztere, wenn alsdann zwei Vokale zusammenkämen, mit einem eingeschobenen n. Sagi, sage ich; Woni, wo ich; Wennd' und Wennde, wenn du; Wemme, wenn man; Sagmer, sage mir; Denkder, denke dir; Bringem, Bringere, bring ihm, ihr; Ságemer, sagen wir; Sagetder, saget ihr; Sie zéigenis, zeigen uns; Zeigenich, zeigen euch; Zuenis, zu uns; Zuenich, zu euch; Ságene, sage ihnen, Ságider, sage ich dir; Sági'm, sage ich ihm usw. Indessen sind diese Anhängwörter, um dem Texte nicht ein zu fremdes Ansehen zu geben, auch in ihrer veränderten und abgekürzten Form fast überall getrennt geschrieben, wenn nicht Aussprache oder Deutlichkeit die Verbindung zu erfordern schien. Das Glossarium am Ende enthält die in den Gedichten vorkommenden Idiotismen und ungewöhnlichen Formen des Dialekts, verglichen mit (Sch.) Scherzii Glossarium Germanicum medii aevi. (Id.) Versuch eines schwäbischen Idiotikon von Schmidt. (Ad.) Adelungs Wörterbuch der hochdeutschen Mundart und andern. Hie und da sind passende Belege aus (Par.) Paraphrasis N.T. Zürich (ohne Jahrzahl) usw. unterlegt [44] worden. Die Absicht des Verfassers war, teils solchen Lesern, die manche Ausdrücke nicht kennen möchten, mit der Erklärung entgegenzukommen, teils einheimische, die in der Sprache ihrer Landsleute nur eine Entstellung und Mißhandlung des gutdeutschen Ausdrucks finden, an einzelnen Beispielen auf das Alter und die Ableitung ihrer eigentümlichen Wörter aufmerksam zu machen. Beide Teile werden es daher gerne verzeihen, wenn jeder von ihnen manches finden wird, was er schon lange wußte, manches, was er nicht zu wissen verlangt. Vielleicht findet hie und da auch der Sprachforscher etwas der Aufmerksamkeit wert.

Ankündigung der dritten Auflage

(Allgemeines Intelligenz- oder Wochenblatt für das Land Breisgau und die Ortenau. Nr. 78.)


(28. September 1805.)


Das Publikum hat meine Allemannischen Gedichte so unerwartet gütig aufgenommen, daß sich seit zwei Jahren schon zwei Auflagen derselben vergriffen haben und eine dritte notwendig zu werden scheint.

Um diese anspruchslosen Spiele meiner Muse der Liebe und Teilnehmung, die sie schon so glücklich fanden, immer würdiger zu machen, habe ich die öffentlichen und stillen Belehrungen und Erinnerungen mehrerer ebenso einsichtsvoller als nachsichtiger Richter und Freunde zu mannichfaltiger Verbesserung und zum Teil beträchtlicher Umarbeitung derselbigen, so viel als die Zeit noch erlaubte, dankbar benutzt, und zugleich das angefügte Idiotikon, wo es [45] nötig schien, vermehrt. Auch will der Verleger der dritten Ausgabe einige Kupferstiche zur gefälligen Ausstattung mitgeben.

Hebel.

Zur dritten Auflage

Das Publikum hat die allemannischen Gedichte so gütig aufgenommen, daß der Verlagshandlung eine neue Auflage derselben notwendig zu werden schien. Um diese anspruchslosen Spiele meiner Muse der Liebe und Teilnehmung, die sie bisher so glücklich gefunden haben, immer würdiger zu machen, habe ich für diese Ausgabe die öffentlichen und stillen Belehrungen und Winke mehrerer ebenso einsichtsvollen als nachsichtigen Richter und Freunde zu mannigfaltigen Verbesserungen derselben dankbar zu benutzen gesucht und das beigehende Idiotikon, wo es nötig schien, da und dort vermehrt.

Möge das Publikum für diese Bemühung, seinen Beifall zu gewinnen, wozu auch die Verlagshandlung durch einige Kupferstiche das Ihrige beitragen wollte, dem Büchlein ferner ein freundliches Gesicht gönnen, und sie statt des Kompliments annehmen, womit sich ihm der Verfasser empfiehlt.

Carlsruhe d. 2. April 1806.


J.P.H.

Zur vierten Auflage

Mehrere Freunde der allemannischen Gedichte haben den Wunsch geäußert, in einer neuen Auflage die Lesarten der ersten wiederhergestellt zu sehen. Ich fühle, wie viel in diesem Wunsche Schmeichelhaftes liegt. Er verbürgt mir in einem, neuen Beweis das Wohlwollen, mit welchem, diese Gedichte bei [46] ihrer ersten Erscheinung aufgenommen wurden, und die Aufmerksamkeit, mit welcher das Publikum dieselben fortdauernd beehrt. Was wir lieb haben, gefällt uns am längsten in der Gestalt, in welcher es uns lieb geworden ist. Mit einiger Schüchternheit, und nicht ohne den Versuch einer kurzen Rechtfertigung, gebe ich daher in dieser neuen Auflage den veränderten Text der dritten wieder.

Die neuen Lesarten und größern Umarbeitungen, die in denselben eingeführt sind, entstanden aus dreierlei Rücksichten.

Kaum konnte eine mißbilligende Miene auf die Veränderungen fallen, die ich hie und da versucht habe, um einzelne Härten des Dialekts zu mildern, oder dem Vers, in welchen sich derselbe nicht überall gerne schmiegt, in etwas nachzuhelfen. Sie sind wenig auffallend und, wie ich wünsche, verbessernd. – Ebenso wenig können wohl einzelne ältere Lesearten vermißt und zurückgewünscht werden, die, wie Seite 18 Vers 1, oder ebendaselbst Vers 8–11 der ersten Ausgabe, auf ganz lokale Umstände und bereits vorübergegangene Erscheinungen anspielen, und eben deswegen nur für die wenigen Leser an Ort und Stelle Sinn und Interesse haben konnten. – Eine andere Bewandtnis dürfte es mit Verwischungen einzelner Züge und größeren Umarbeitungen der alten Ausgabe haben, die eine dritte Rücksicht veranlaßte. Sie scheinen vielleicht ganz willkürlich und zwecklos zu sein, sind es aber am wenigsten. Fast nur durch ein Wunder könnte bei aller Vorsicht ein Schriftsteller, der den engen Kreis, aus welchem er seine Gegenstände heraushebt, selber angibt oder verratet, und das Leben, das sich in ihm bewegt, mit Treue darzustellen sucht, vor dem Unglück verwahrt bleiben, zu treffen, was er nicht treffen wollte. In mehreren Stellen ist mir dieses widerfahren. Personen, die ich nicht kenne, glaubten da und dort, sich, ihre [47] Schicksale und persönlichen Eigenheiten angedeutet zu sehen, und fanden sich dadurch, betrübt oder beleidigt. Ich benutze diese Gelegenheit zur öffentlichen Versicherung, daß ich durch das ganze Werklein auf niemand deuten, niemand kränken und höhnen wollte. Zugleich aber darf ich von allen übrigen Lesern hoffen, daß sie die Umarbeitung solcher Stellen, wenn auch die Gedichte selbst dadurch verloren hätten, moralisch billigen werden.

Zu dem allen berechnet der Verleger, der auch seine Meinung mit einzutragen um Erlaubnis bittet, daß um ein Gutes mehr Exemplare der veränderten dritten als der beiden ersten Auflagen in das größere Publikum gekommen seien, und es scheint etwas an der Besorgnis desselben zu sein, daß den Lesern, die diese Gedichte erst aus besagter dritter Auflage kennen, eine zweite und zurückgehende Änderung auffallender und wieder ebenso unangenehm werden könnte, als manchen älteren Freunden derselben die erste war.

Carlsruhe, den 20. Oktober 1808.


J.P.H.

Zur fünften Auflage

Die Verspätung dieser schon längst angekündigten Ausgabe ist größtenteils durch den Übergang an eine andere Verlagshandlung veranlaßt. Noch andere Hindernisse verlängerten den Aufschub zum Bedauern des Verfassers. Mehrere der neu hinzugekommenen Gedichte sind aus der »Iris« von Jacobi und dem »Alsatischen Taschenbuch« wieder gesammelt. Ich übergebe sie dem Publikum mit dem Wunsche, daß ihnen eine gleich wohlwollende Aufnahme wie den früheren möge zu Teil Werden.


J.P. Hebel

[48] Einem Freund und der ehrsamen Gemeinde Hausen im Wiesental geweiht

Hoch von der langen schwarzen Möhr herab,
vom Platzberg her, auf wohlbekanntem Pfad
erschein ich dir, o Freund, den Blumenkranz
dir bringend, den ich jüngst in Wald und Flur
und an der Wiese duftigem Gestad
und um die stillen Dörfer her gepflückt.
Zwar nur Gamänderlein und Ehrenpreis,
nur Erdbeerblüten, Dolden, Wohlgemut
und zwischendurch ein dunkles Rosmarin,
geringe Gabe! doch so gut sie kann,
hat lächelnd und mit ungezwungener Hand
des Feldes Muse sie in diesen Kranz
gewunden, und der reine Freundessinn,
der dir ihn bietet, sei allein sein Wert.
Und hing er nun hier unterm Spiegel schön,
so schwankt er schöner doch am Lindenast
in freier Weitung, leichter Weste Spiel.
Dort schwank' er denn!, und sammelt um sich her
die Linde unterm Sonntagshimmelblau
das frohe Völklein aus dem nahen Dorf,
[49]
das gute Völklein, das dich liebt und ehrt,
und unter ihnen manchen mir von Blut
verwandt, und manchen aus der goldnen Zeit
der frohen Kindheit mir noch wert und lieb,
so teilst du gern des kleinen Spaßes Freud
mit ihnen. Seht, zu diesem leichten Strauß,
so sagst du, sind die besten Blümlein doch
von unsrer Flur, und unser Eigentum
mit Recht. – Jo weger uffem Alzebüehl,
jo weger uffem Maiberg hen sie blüeiht,
und bin i nit im frische Morgetau
dur d'Matte gstreift, und über d'Gräbe gumpt,
und hani nit ab mengem hoche Berg
mit nassen Augen abe gluegt ins Dorf
und hanich Fried und guti Stunde gwünscht.
's isch weger wohr, und glaubsch mer's nit, se frog
de Bammert, mengmal het er mi verscheucht
im Habermark und im verhängte Wald.
Se bschauet denn mi Blumechränzli au
am Lindenast, und 's freut mi, wenn's ich gfallt,
und nehmet so verlieb! Es isch nit viel.

[50] Die Wiese

Wo der Denglegeist in mitternächtige Stunde
uffeme silberne Gschir si goldeni Sägese denglet,
(Todtnau's Chnabe wüsse 's wohl) am waldige Feldberg,
wo mit liebligem Gsicht us tief verborgene Chlüfte
d'Wiese luegt, und check go Todtnau aben ins Tal springt,
schwebt mi muntere Blick, und schwebe mini Gidanke.
Feldbergs liebligi Tochter, o Wiese, bis mer Gottwilche!
Los, i will di jez mit mine Liederen ehre,
und mit Gsang bigleiten uf dine freudige Wege!
Im verschwiegene Schoß der Felse heimli gibore,
an de Wulke gsäugt, mit Duft und himmlischem Rege,
schlofsch e Bütschelichind in dim verborgene Stübli
heimli, wohlverwahrt. No nie hen menschligi Auge
güggele dörfen und seh, wie schön mi Meiddeli do lit
im christalene Ghalt und in der silberne Wagle,
und 's het no kei menschlig Ohr si Otmen erlustert,
oder si Stimmli ghört, si heimli Lächlen und Briegge.
Numme stilli Geister, sie göhn uf verborgene Pfade
us und i, sie ziehn di uf, und lehre di laufe,
gen der e freudige Sinn, und zeige der nützligi Sache,
und 's isch au kei Wort verlore, was sie der sage.
Denn so bald de chasch uf eigene Füeßlene furtcho,
schliefsch mit stillem Tritt us dim christalene Stübli
barfis usen, und luegsch mit stillem Lächlen an Himmel.
O, wie bisch so nett, wie hesch so heiteri Äugli!
Gell, do ussen isch's hübsch und gell, so hesch der's nit vorgstellt?
Hörsch, wie's Läubli ruuscht, und hörsch, d'Vögeli pfife?
[51]
Jo, de seisch: »I hör's, doch gangi witers und blib nit.
Freudig isch mi Weg, und alliwil schöner wie witer!«
Nei, so lueg me doch, wie cha mi Meiddeli springe!
»Chunnsch mi über«, seit's und lacht, »und witt mi, se hol mi!«
Allwil en andere Weg, und alliwil anderi Sprüngli!
Fall mer nit sel Rainli ab! – Do hemmer's, i sag's jo, –
hani's denn nit gseit? Doch gaukelet's witers und witers,
groblet uf alle Vieren, und stellt si wieder uf d'Beinli,
schlieft in d'Hürst, – jez such mer's eis! – dört güggelet's use.
Wart, i chumm! Druf rüeft's mer wieder hinter de Bäume:
»Rot!, wo bin i jez?« – und het si urige Phatest.
Aber wie de gohsch, wirsch sichtli größer und schöner.
Wo di liebligen Otem weiht, se färbt si der Rase
grüner rechts und links, es stöhn in saftige Triebe
Gras und Chrüter uf, es stöhn in frischere Gstalte
farbigi Blümli do, und d'Immli chömmen und suge.
's Wasserstelzli chunnt, und lueg doch, 's Wuli vo Todtnau!
Alles will di bschauen, und alles will di bigrüße,
und di fründlig Herz git alle fründligi Rede:
»Chömmet, ihr ordlige Tierli, do hender, esset und trinket!
Witers goht mi Weg, Gsegott, ihr ordlige Tierli!«
Rotet jez ihr Lüt, wo üser Töchterli hi goht!
Hender gmeint an Tanz, und zu de lustige Bube?
Z'Utzefeld verbei goht's mit biwegliche Schritte
zu de Schöne Buchen, und hört e heiligi Meß a.
Gut erzogen isch's, und anderst cha me nit sage.
No der heilige Meß se seit's: »Jez willi mi schicke,
aß i witers chumm.« – Jez simmer schon vornen an Schönau,
[52]
jez am Chastel verbei, und alliwil witers und witers
zwische Berg und Berg im chüele duftige Schatte,
und an mengem Chrütz verbei, an menger Kapelle.
Aber wie de gohsch, wirsch alliwil größer und schöner.
Wo di liebligen Otem weiht, wie färbt si der Rase
grüner rechts und links, wie stöhn in chräftige Triebe
neui Chrüter do, wie schießen in prächtige Gstalte
Blumen an Blumen uf, und geli saftigi Wide!
Vo dim Otem gwürzt, stöhn roti Erdbeerichöpfli
Millione do, und warten am schattige Talweg.
Vo dim Otem gnährt, stigt rechts an sunnige Halde
goldene Lewat uf in Feldere Riemen an Rieme.
Vo dim Otem gchüelt, singt hinter de Hürste verborge,
freudig der Hirtebueb, und d'Holzax tönet im Buchwald.
's Mambecher Hätteli chunnt, und wulligi Häli vo Zell her.
Alles lebt und webt, und tönt in freudige Wiise;
alles grünt und blüeiht in tusigfältige Farbe;
alles isch im Staat, und will mi Meiddeli grüße.
Doch de bisch ke Meiddeli meh, jez sag i der Meidli.
Aber an der Bruckwoog, nit wit vom steinene Chrützli,
chresme d'Büebli vo Zell hoch an de felsige Halde,
suchen Engelsüß, und luegen aben und stune.
»Toneli«, seit der Sepli, »was het echt d'Wiesen im Chöpfli?
Lueg do, wie sie stoht, und wie sie nieder an d'Stroß sizt
mit vertieftem Blick, und wie sie wieder in d'Höchi
schießt, und in d'Matte lauft, und mittere selber im Champf isch!«
Feldbergs Tochter, los, de gfallsch mer numme no halber!
's goht mer, wie dem Sepli. Was hesch für Jesten im Chöpfli?
[53]
Fehlt der näumis, se schwetz, und hättsch gern näumis, se sag mer's!
Aber wer nüt seit bisch du! Mit schwankige Schritte
laufsch mer d'Matten ab in dine tiefe Gidanke
furt ins Wiesetal, furt gegenem Husemer Bergwerch,
und schangschiersch der Glauben und wirsch e luthrische Chetzer!
Hani's denn nit gseit, und hani mer's echter nit vorgstellt?
Aber jez isch's so, was hilft jez balgen und schmäle!
Ändere chani's nit, se willi der lieber gar helfe;
öbbe bringsch mer doch no Freud und heiteri Stunde!
Halt mer e wenig still, i will di jez lutherisch chleide.
Do sin wiissi Bauwelestrümpf mit chünstlige Zwickle,
(leg sie a, wenn d' chasch!) und Schuh und silberni Rinkli;
do ne grüne Rock! Vom breit verbendlete Liibli
fallt bis zu de Chnödlenen abe Fältli an Fältli.
Sizt er recht? Tu d'Häftli i, und nimm do das Brusttuch
sammet und roserot. Jez flichti der chünstligi Zupfe
us de schöne, sufer gstrehlte, flächsene Hoore.
Obe vom wiißen Äcken und biegsem in d'Zupfe verschlunge,
fallt mit beiden Ende ne schwarze sidene Bendel
bis zum tiefe Rocksaum abe. – Gfallt der die Chappe,
wasserblaue Damast und gstickt mit goldene Blume?
Zieh der Bendel a, wo in de Ricklene durgoht,
unter de Zupfe dure, du Dotsch, und über den Ohre
fürsi mittem Letsch, und abe gegenem Gsicht zu!
Jez e side Fürtuch her, und endli der Hauptstaat,
zwenzig Ehle lang und breit e Mailänder Halstuch!
Wie ne luftig Gwülch am Morgehimmel im Früeihlig
schwebt's der uf der Brust, stigt mittem Otem, und senkt si,
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wahlet der über d'Achslen, und fallt in prächtige Zipfle
übere Rucken abe, sie rusche, wenn de 'n im Wind gohsch!
Het me's lang, se loßt me's henke, hör i mi Lebtig.
D'Ermel, denkwol, henksch an Arm, wil's Wetter so schön isch,
aß me's Hemd au sieht, und dini gattigen Ärmli,
und der Schiehut nimmsch in d'Hand am sidene Bendel.
D'Sunne git eim wärmer, und schint eim besser in d'Auge,
wer en in de Hände treit, und 's stoht der au hübscher!
Jez wärsch usstaffiert, as wenn de hoffertig stoh wottsch,
und de gfallsch mer selber wieder, chani der sage.
Wienes si jez freut, und wie's in zimpfere Schritte
tänzlet, und meint, es seig d'Frau Vögtene selber,
wie 's si Chöpfli hebt, und jeden Augeblick zruck schielt,
öb me's echt au bschaut, und öb men em ordeli noluegt!
Jo, de bisch jo hübsch, und jo, du Närli, mer luege,
du Marggröfer Meidli mit dine goldige Chappe,
mit de lange Zupfen und mit der längere Hoorschnur,
mittem vierfach zsemmegsezte flattrige Halstuch!
Aber rotet jez, wo's hoffertig Jümpferli hi goht!
Denkwol uffe Platz, denkwol zur schattige Linde,
oder in d'Weserei, und zu de Husemer Chnabe?
Hender gmeint, jo wol! Am Bergwerch fisperlet's abe,
lengt e wenig duren, und trüllt e wengeli d'Räder,
was der Blosbalg schnufe mag, aß d'Füürer nit usgöhn.
Aber 's isch sis Blibes nit. In d'Husemer Matte
schießt's, und über d'Legi mit große Schritte go Fahrnau,
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laufsch mer nit, se gilt's mer nit, durs Schopfemer Chilspel.
Aber z'Gündehuse, wer stoht echt an der Stroße,
wartet, bis de chunnsch, und goht mit freudige Schritte
uf di dar, und git der d'Hand, und fallt der an Buse?
Chennsch die Schwesterli nit? 's chunnt hinte füre vo Wislet.
Uf und nieder het's di Gang und dini Giberde.
Jo, de chennsch's! Worum denn nit? Mit freudigem Brusche
nimmsch's in d'Arm, und losch's nit goh, gib achtig, verdruck's nit!
Jez goht's wieder witers, und alliwil aben und abe!
Siehsch dört vorne 's Röttler Schloß – verfalleni Mure?
In vertäfelte Stube, mit goldene Liiste verbendlet,
hen sust Fürste gwohnt, und schöni fürstligi Fraue,
Heren und Heregsind, und d'Freud isch z'Röttle deheim gsi.
Aber jez isch alles still. Undenkligi Zite
flackeret kei Füür uf siner versunkene Füürstet,
goht kei Chrug in Cheller, ke Züber aben an Brunne.
Wildi Tube niste dört uf moosige Bäume.
Lueg dört ehnen isch Mulberg, und do im Schatte verborge
's Föhris Hüsli, und am Berg dört d'Höllstemer Chilche.
Steine lömmer liegen, und fahre duren in d'Matte,
gute Weg isch au nit um, und weidli chasch laufe.
Wenn's nit nidsi gieng, i weiß nit, öbbi der no chäm.
Unter Steine chunnsch mit dine biwegliche Schritte
wieder über d'Stroß. Jez wandle mer füren ins Rebland
nebe Hauigen aben und neben an Hagen und Röttle.
Lueg mer e wenig ufe, wer stoht dört oben am Fenster
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in sim neue Chäppli, mit sine fründligen Auge?
Neig di fin, zeig wie, und sag: »Gott grüß ich, Her Pfarer!«
Jez goht's Tumrige zu, jez witer in d'Lörecher Matte.
Siehsch das ordelig Städtli mit sine Fenstren und Gieble,
und die Basler Here dört uf der staubige Stroße,
wie sie riten und fahren? Und siehsch dört 's Stettener Wirtshus!
Worum wirsch so still und magsch nit dure go luege?
Gell, de siehsch sel heilig Chrütz vo witem und trausch nit,
möchtisch lieber zruck, as fürsi! Loß der nit gruse!
's währt nit lang, se stöhn mehr frei uf schwitzrischem Bode.
Aber wie de gohsch vom Bergwerch abe go Schopfe,
bis an Stetten aben uf diner steinige Landstroß,
bald am linke Bord, bald wieder ehnen am rechte
zwischenem Faschinat, wirsch alliwil größer und schöner,
freudiger alliwil, und schaffig, was me cha sage.
Wo di liebligen Otem weiht, wie färbt si der Rase
grüner rechts und links, wie stöhn mit chräftige Triebe
neui Chrüter uf, wie prangen in höhere Farbe
Blumen ohni Zahl. De Summervögle tut d'Wahl weh.
Wechslet nit der Chlee mit goldene Chetteneblueme,
Frauemänteli, Hasebrödli, würzige Chümmi,
Sunneblume, Habermark und Dolden und Ruchgras?
Glitzeret nit der Tau uf alle Spitzen und Halme?
Wattet nit der Storch uf hoche Stelze derzwische?
Ziehn si nit vo Berg zu Berg in lange Reviere
feisti Matte Stunde wiit und Tauen an Taue?
Und derzwischen stöhn scharmanti Dörfer und Chilchtürn.
's Brombecher Mummeli chunnt, es chömme Lörecher Rößli,
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fresse der us der Hand, und springen und tanze vor Freude,
und vo Baum zu Baum, vo Zell bis füre go Rieche
halte d'Vögeli Judeschul, und orglen und pfife.
D'Brombecher Linde lit, der Sturmwind het sie ins Grab gleit.
Aber rechts und links wie schwanken an flachere Raine
Roggen und Weizehalm! Wie stöhn an sunnige Halde
Reben an Reben uf! Wie woget uf höchere Berge
rechts und links der Buchewald und dunkleri Eiche!
O 's isch alles so schön, und überal anderst und schöner!
Feldbergs Tochter, wo de bisch, isch Nahrig und Lebe!
Neben an der ufen und neben an der abe
gigst der Wage, d'Geisle chlöpft, und d'Sägese ruschet
und de grüeßisch alli Lüt, und schwetzisch mit alle.
Stoht e Mühli näumen, en Öli oder e Ribi,
Drohtzug oder Gerstestampfi, Sägen und Schmidte,
lengsch mit biegsemen Armen, mit glenkseme Fingere dure,
hilfsch de Müllere mahlen und hilfsch de Meidlene ribe,
spinnsch mer's Husemer Ise wie Hanf in gschmeidigi Fäde.
Eicheni Plütschi versägsch, und wandlet 's Ise vom Füürherd
uffen Ambos, lüpfsch de Schmiede freudig der Hammer,
singsch derzu, und gehrsch ke Dank, »Gott grüßich, Gott bhütich!«
Und isch näume ne Bleichi, se losch di das au nit verdrieße,
chuuchisch e bizzeli duren, und hilfsch der Sunne no bleiche,
aß sie fertig wird, sie isch gar grüseli landsem!
[58]
Aber solli eis, o Wiese, sage, wie's ander,
nu se seig's bikennt! De hesch au bsunderi Jeste,
's chlage's alli Lüt, und sagen, es sei der nit z'traue,
und wie schön de seigsch, wie lieblig dini Giberde,
stand der d'Bosget in den Auge, sage sie alli.
Eb men umluegt, chresmisch näumen über d'Faschine,
oder rupfsch sie us, und bahnsch der bsunderi Fußweg,
bohlsch de Lüte Stei uf d'Matte, Jaspis und Feldspat.
Hen sie näume gmeiht, und hen sie gwarbet und gschöchlet,
holsch's und treisch's de Nochbere duren Arfel um Arfel.
's sagen au e Teil, de seigisch glücklich im Finde
uf de Bänke, wo nit gwüscht sin, aber i glaub's nit.
Mengmol haseliersch, und 's muß der alles us Weg goh;
öbbe rennsch e Hüsli nieder, wenn's der im Weg stoht.
Wo de gohsch, und wo de stohsch, isch Balgen und Balge.
Feldbergs Tochter los, de bisch an Tuged und Fehler
zitig, chunnt's mehr halber vor, zum Manne, wie wär's echt?
Zeig, was machsch für Äugli? Was zupfsch am sidene Bendel?
Stell di nit so närsch, du Dingli! 's meint no, me wüß nit,
aß es versprochen isch, und aß sie enander scho bstellt hen!
Meinsch, ich chenn di Holderstock, di chräftige Burst nit?
Über hochi Felsen, und über Stuuden und Hecke
eis Gangs us de Schwitzerberge gumpet er z'Rhineck
aben in Bodesee, und schwimmt bis füre go Chostanz,
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seit: »I muß mi Meidli ha, do hilft nüt und batt nüt!«
Aber oben an Stei, se stigt er in landseme Schritte
wieder usem See mit sufer gwäschene Füße,
Diesehofe gfallt em nit und 's Chloster dernebe,
furt Schaffhuse zu, furt an die zackige Felse.
An de Felse seit er: »Und 's Meidli muß mer werde!
Lib und Lebe wogi dra und Chrezen und Brusttuch.«
Seit's, und nimmt e Sprung. Jez bruttlet er abe go Rhinau;
trümmlig isch's em worde, doch chunnt er witer und witers.
Eglisau und Chaiserstuhl und Zurzi und Waldshut
het er scho im Äcke, vo Waldstadt lauft er zu Waldstadt,
jez an Chrenzech aben in schöne breite Reviere,
Basel zu. Dört wird der Hochzitzedel gschriebe.
Gell, i weiß es! Bisch im Stand und läugnisch, was wohr isch?
Hätti z'rote gha, 's wär z'Wil e schickliche Platz gsi;
's het scho menge Briggem si gattig Brütli go Wil gführt,
usem Züribiet, vo Liestel aben und Basel,
und isch jez si Ma, und 's chocht em d'Suppen und pflegt em
ohni Widerred vo mine gnädige Here.
Aber di Vertraue stoht zum Chleihüniger Pfarer.
Wie de meinsch, se göhnmer denn dur d'Riechemer Matte!
Lueg, isch sel nit d'Chlübi, und chunnt er nit ebe dört abe?
Jo er isch's, er isch's, i hör's am freudige Brusche!
Jo er isch's, er isch's mit sine blauen Auge,
mit de Schwitzerhosen und mit der sammete Chretze,
mit de christalene Chnöpfen am perlefarbige Brusttuch,
mit der breite Brust, und mit de chräftige Stotze,
[60]
's Gotthards große Bueb, doch wie ne Rotsher vo Basel
stolz in sine Schritten und schön in sine Giberde.
O wie chlopft der di Herz, wie lüpft si di flatterig Halstuch,
und wie stigt der d'Röti jez in die lieblige Backe,
wie am Himmel 's Morgerot am duftige Maitag!
Gell, de bischem hold, und gell, de hesch der's nit vorgstellt,
und es wird der wohr, was im verborgene Stübli
d'Geister gsunge hen, und an der silberne Wagle!
Halt di numme wohl! – I möcht der no allerlei sage,
aber 's wird der windeweh! Di Kerli, di Kerli!
Förchsch, er lauf der furt, se gang! Mit Tränen im Äugli
rüeft's mer: »Bhütdi Gott«, und fallt em freudig an Buse.
Bhütdi Gott der Her, und folgmer, was i der gseit ha!

Freude in Ehren

Ne Gsang in Ehre,
wer will's verwehre?
Singt 's Tierli nit in Hurst und Nast,
der Engel nit im Sterneglast?
E freie frohe Mut,
e gsund und fröhlich Blut
goht über Geld und Gut.
Ne Trunk in Ehre,
wer will's verwehre?
Trinkt 's Blüemli nit si Morgetau?
Trinkt nit der Vogt si Schöppli au?
Und wer am Werchtig schafft,
dem bringt der Rebesaft
am Sunntig neui Chraft.
[61]
Ne Chuß in Ehre,
wer will's verwehre?
Chüßt 's Blüemli nit sie Schwesterli,
und 's Sternli chüßt si Nöchberli?
In Ehre, hani gseit,
und in der Unschuld Gleit,
mit Zucht und Sittsemkeit.
Ne freudig Stündli,
isch's nit e Fündli?
Jez hemmer's und jez simmer do;
es chunnt e Zit, würd's anderst goh.
's währt alles churzi Zit,
der Chilchhof isch nit wit.
Wer weiß, wer bal dört lit?
Wenn d'Glocke schalle,
wer hilftis alle?
O gebis Gott e sanfte Tod!
E rüeihig Gwisse gebis Gott,
wenn d'Sunn am Himmel lacht,
wenn alles blizt und chracht,
und in der letzte Nacht!

Die Irrlichter

Es wandlen in der stille dunkle Nacht
wohl Engel um, mit Sterneblume bchrönt,
uf grüne Matte, bis der Tag verwacht,
und do und dört e Betzitglocke tönt.
Sie spröche mitenander deis und das,
sie machen öbbis mitenander us;
's sin gheimi Sache, niemes rotet, was?
Druf göhn sie wieder furt, und richte's us.
Und stoht ke Stern am Himmel und ke Mon,
und wemme nümme sieht, wo d'Nußbäum stöhn,
müen selli Marcher usem Füür an d'Fron,
sie müen den Engle zünde, wo sie göhn.
[62]
Und jedem hangt e Bederthalben a,
und wenn's em öd wird, lengt er ebe dri,
und biißt e Stückli Schwefelschnitten a,
und trinkt e Schlückli Treber-Brenntewi.
Druf puzt er d'Schnören amme Tschäubli ab.
Hui, flackeret's in liechte Flammen uf,
und, hui, goht's wieder d'Matten uf und ab,
mit neue Chräfte, d'Matte ab und uf.
's isch chummliger so, wenn eim vorem Fuß
und vor den Auge d'Togge selber rennt,
as wemme sie mit Hände trage muß,
und öbbe gar no d'Finger dra verbrennt.
Und schritet spot e Mensch dur d'Nacht derher,
und sieht vo witem scho die Kerli goh,
und betet lisli: »Das walt Gott der Herr« –
»Ach bleib bei uns« – im Wetter sind sie do.
Worum? So bald der Engel bete hört,
se heimelet's en a, er möcht derzu.
Der füürig Marcher blieb jo lieber dört,
und wenn er chunnt, se hebt er d'Ohre zu.
Und schritet öbsch e trunkne Ma dur d'Nacht,
er fluecht und sappermentet: »Chrütz und Stern«
und alli Zeichen, aß der Bode chracht,
sel hörti wohl der füürig Marcher gern.
Doch wird's em nit so gut. Der Engel seit:
»Furt, weidli furt! Do magi nüt dervo!«
Im Wetterleich, sen isch der wiit und breit
kei Marcher me, und au kei Engel do.
Doch goht me still si Gang in Gottis Gleit,
und denkt: »Der chönnet bliben oder cho,
ne jede weiß si Weg, und 's Tal isch breit«,
sel isch's vernünftigst, und sie lön ein go.
Doch wenn der Wunderfitz ein öbbe brennt,
me lauft im Uverstand den Engle no,
sel isch ene wie Gift und Poperment;
im Augenblick se lön sie alles stoh.
[63]
Z'erst sage sie: »Denkwol es isch si Weg,
er goht verbei, mer wen e wenig zruck!«
So sage sie, und wandle still us Weg,
und sieder nimmt der füürig Ma ne Schluck.
Doch folgt me witers über Steg und Bort,
wo nummen au der Engel goht und stoht,
se seit er z'lezt: »Was gilt's, i find en Ort;
du Lappi, wo di Weg nit dure goht!«
Der Marcher muß vora, mit stillem Tritt
der Engel hinterher, und lauft me no,
se sinkt men in e Gülle, 's fehlt sie nit.
Jez weisch di Bricht, und jez chasch wieder goh!
Nei, wart e wenig, 's chunnt e guti Lehr!
Vergiß mer's nit, schrib's lieber in e Buch!
Zum erste sagi: ›Das walt Gott der Her‹
isch alliwil no besser, as e Fluch.
Der Fluch jagt d'Engel mittem Heil dervo;
ne christli Gmüet und 's Bette zieht si a;
und wemme meint, me seh ne Marcher cho,
's isch numme so d'Laterne vorne dra.
Zum anderen, und wenn en Ehrema
ne Gschäft für ihn ellei z'verrichte het,
so loß en mache! Was goht's di denn a?
Und los nit, wemme mittem Nochber redt!
Und goht me der us Weg, se lauf nit no!
Gang diner Wege fort in Gottis Gleit!
's isch Uverstand, me merkt's enanderno,
und 's git en Unehr. Sag, i heig der's gseit.

Der Schmelzofen

Jez brennt er in der schönsten Art,
und 's Wasser ruuscht, der Blosbalg gahrt,
und bis aß d'Nacht vom Himmel fallt,
se würd die ersti Maßle chalt.
[64]
Und 's Wasser ruuscht, der Blosbalg gahrt;
i ha druf hi ne Gulde gspart.
Gang Chüngi, lengis alte Wi,
mer wen e wengli lustig si!
Ne Freudestund isch nit verwehrt;
me gnießt mit Dank, was Gott bischert,
me trinkt e frische frohe Mut,
und druf schmeckt wieder 's Schaffe gut.
E Freudestund, e guti Stund!
's erhaltet Lib und Chräfte gsund;
doch muß es in der Ordnig goh,
sust het me Schand und Leid dervo.
E frohe Ma, ne brave Ma!
Jez schenket i, und stoßet a:
Es leb der Marggrof und si Huus!
Ziehnt d'Chappen ab, und trinket us!
Ne bessere Her treit d'Erde nit,
's isch Sege, was er tut und git,
i cha's nit sage, wieni sott:
Vergelt's em Gott! Vergelt's em Gott!
Und 's Bergwerch soll im Sege stoh!
's het menge Burger 's Brot dervo.
Der Her Inspekter lengt in Trog,
und zahlt mit Freud, es isch kei Frog.
Drum schenket i, und stoßet a!
Der Her Inspekter isch e Ma,
mit üsers Gattigs Lüte gmei,
und fründli gege groß und chlei.
Er schafft e gute Wi ufs Werk,
er holt en über Tal und Berg,
er stellt en luter uffe Tisch,
und mißt, wie's recht und billig isch.
Sel isch verbei, der Ma am Füür
muß z'trinke ha, wär's no so tür.
Es rieslet menge Tropfe Schweiß,
und will's nit go, men ächzet eis.
[65]
Me streift der Schweiß am Ermel ab,
me schnufet, d'Bälg verstuune drab,
und mengi liebi Mitternacht
wird so am heiße Herd verwacht.
Der Schmelzer isch e plogte Ma,
drum bringem's ein, und stoßet a:
Gsegott! Vergiß di Schweiß und Ach!
's het jeden anderen au si Sach.
Am Zahltag teiltisch doch mit keim,
und bringsch der Lohn im Nastuch heim,
se luegt di d'Marei fründli a,
und seit: »J ha ne brave Ma!«
Druf schlacht sie Eieren-Anken i,
und sträut e wenig Imber dri;
sie bringt Salat und Grüebe dra,
und seit: »Jez iß, du liebe Ma!«
Und wenn e Ma si Arbet tut,
se schmeckt em au si Esse gut.
Er tuuschti nit in Leid und Lieb
mit mengem riche Galgedieb.
Mer sitze do, und 's schmecktis wohl.
Gang Chüngeli, leng no nemol,
wil doch der Ofe wieder goht,
und 's Erz im volle Chübel stoht!
So brenn er denn zu guter Stund,
und Gott erhaltich alli gsund,
und Gott biwahrich uf der Schicht,
aß niemes Leid und Unglück gschicht!
Und chunnt in strenger Winterszit,
wenn Schnee uf Berg und Firste lit,
en arme Bub, en arme Ma,
und stoht ans Füür, und wärmt sie dra,
er bringt e paar Grumbireli,
und leit's ans Füür, und brotet sie,
und schloft bim Setzer uffem Erz –
schlof wohl, und tröst der Gott di Herz!
[66]
Dört stoht so ein. Chumm, arme Ma,
und tunis Bscheid, mer stoßen a!
Gsegott, und tröst der Gott di Herz!
me schloft nit lieblig uffem Erz.
Und chunnt zur Zit e Biederma
ans Füür, und zündet 's Pfifli a,
und setzt sie näumen ane mit,
se schmeck's em wohl, und – brenn di nit!
Doch fangt e Büebli z'rauchen a,
und meint, es chönn's as wie ne Ma,
se macht der Schmelzer churze Bricht,
und zieht em's Pfifli usem Gsicht.
Er keit's ins Füür, und balgt derzu:
»Hesch's au scho glehrt, du Lappi du!
Sug amme Störzli Habermark.
Weisch? Habermark macht d'Bube stark!«
's isch wohr, s' git mengi Churzwil mehr
am Sunntig no der Chinderlehr,
und strömt der füürig Isebach
im Sand, es isch e schöni Sach.
Frog menge Ma: »Sag, Nochber, he!
Hesch au scho 's Ise werde seh
im füürige Strom de Forme no?«
Was gilt's, er cha nit sage: Jo!
Mir wüsse, wie me's Ise macht,
und wie's im Sand zu Maßle bacht,
und wiemes druf in d'Schmidte bringt,
und d'Luppen unterm Hammer zwingt.
Jez schenket i, und stoßet a:
Der Hammermeister isch e Ma!
Wär Hammerschmied und Zeiner nit,
do läg e Sach, was tät me mit?
Wie gieng's im brave Hamberchsma?
's muß jede Stahl und Ise ha;
und muß der Schnider d'Nodle ge,
sen isch's au um si Nahrig gscheh.
[67]
Und wenn im früeihe Morgerot
der Buur in Feld und Flure stoht,
se muß er Charst und Haue ha,
sust isch er e verlorene Ma.
Zum Broche bruucht er d'Wägese,
zum Meihe bruucht er d'Sägese,
und d'Sichle, wenn der Weize bleicht,
und 's Messer, wenn der Trübel weicht.
So schmelzet denn, und schmiedet ihr,
und dankich Gott der Her derfür!
Und mach en andere Sichle drus,
und was me bruucht in Feld und Hus!
Und numme keini Sebel meh!
's het Wunde gnug und Schmerze ge,
's hinkt mengen ohni Fuß und Hand,
und menge schloft im tiefe Sand.
Kei Hurlibaus, ke Füsi meh!
Mer hen 's Lamento öbbe gseh,
und ghört, wie's in de Berge chracht,
und Ängste gha die ganzi Nacht.
Und glitte hemmer, was me cha;
drum schenket i, und stoßet a:
Uf Völkerfried' und Einigkeit
von nun a bis in Ewigkeit!
Jez zahlemer! Jez göihmer hei,
und schaffe hüt no allerlei,
und dengle no bis tief in d'Nacht,
und meihe, wenn der Tag verwacht.

[68] Der Morgenstern

Woher so früeih, wo ane scho,
Her Morgestern, enanderno
in diner glitzrige Himmelstracht,
in diner guldige Lockepracht,
mit dinen Auge chlor und blau
und sufer gwäschen im Morgetau?
Hesch gmeint, de seisch elleinig do?
Nei weger nei, mer meihe scho!
Mer meihe scho ne halbi Stund;
früeih ufsto isch de Gliedere gsund,
es macht e frische, frohe Mut,
und d'Suppe schmeckt eim no so gut.
's git Lüt, sie dose frili no,
sie chönne schier nit use cho.
Der Mähder und der Morgestern
stöhn zitli uf, und wache gern,
und was me früeih um Vieri tut,
das chunnt eim znacht um Nüni gut.
Und d'Vögeli sin au scho do,
sie stimmen ihri Pfifli scho,
und uffem Baum und hinterm Hag
seit eis im andere Gute Tag!
und 's Turteltübli ruukt und lacht,
und 's Betzitglöckli isch au verwacht.
Se helfis Gott, und gebis Gott
e gute Tag, und bhütis Gott!
Mer beten um e christlig Herz,
es chunnt eim wohl in Freud und Schmerz;
wer christli lebt, het frohe Mut:
der lieb Gott stoht für alles gut.
Weisch Jobbeli, was der Morgestern
am Himmel sucht? Me seit's nit gern!
Er wandle imme Sternli no,
er cha schier gar nit vonnem lo.
[69]
Doch meint si Mutter, 's müeß nit si,
und tut en wie ne Hüenli i.
Drum stoht er uf vor Tag, und goht
sim Sternli no dur's Morgerot.
Er sucht, und 's wird em windeweh,
er möcht em gern e Schmützli ge,
er möcht em sagen: »I bi der hold!«
es wär em über Geld und Gold.
Do wenn er schier gar binem wär,
verwacht si Mutter handumcher,
und wenn sie rüeft enanderno,
sen isch mi Bürstli niene do.
Druf flicht sie ihre Chranz ins Hoor,
und lueget hinter de Berge vor.
Und wenn der Stern si Mutter sieht,
se wird er todesbleich und flieht,
er rüeft sim Sternli: »Bhütdi Gott!«
Es isch, as wenn er sterbe wott.
Jez Morgestern, hesch hohi Zit,
di Mütterli isch nümme wit.
Dört chunnt sie cho, was hani gseit,
in ihrer stille Herlichkeit.
Sie zündet ihre Strahlen a,
der Chilchturn wärmt si au scho dra,
und wo si fallen in Berg und Tal,
se rüehrt si 's Leben überal.
Der Storch probiert si Schnabel scho:
»De chasch's perfekt, wie gester no!«
Und d'Chemi rauchen au alsgmach;
hörsch's Mühlirad am Erlebach,
und wie im dunkle Buchewald
mit schwere Streiche d'Holzax fallt?
Was wandlet dört im Morgestrahl
mit Tuch und Chorb dur's Mattetal?
's sin d'Meidli jung, und flink und froh,
sie bringe weger d'Suppe scho,
[70]
und 's Anne-Meili vornen a,
es lacht mi scho vo witem a.
Wenn ich der Sunn ihr Büebli wär,
und 's Anne-Meili chäm ungfähr
im Morgerot, ihm giengi no,
i müeßt vom Himmel abe cho,
und wenn au d'Muetter balge wott,
i chönnt's nit lo, verzeihmer's Gott!

Der Karfunkel

Wo der Ätti si Tubak schnätzlet, se lueget en d'Marei
fründlig und bittwis a: »Verzehlis näumis, o Ätti,
weisch, so wieder wie necht, wo 's Chüngi het welle verschlofe!«
Drüber rucke 's Chüngi und's Anne-Bäbi und d'Marei
mit de Chunklen ans Liecht, und spanne d'Saiten, und striche
mittem Schwärtli 's Rad, und zupfen enander am Ermel.
Und der Jobbi nimmt e Hampfle Liechtspön, und setzt si
nebene Liechtstock hi, und seit: »Das willi verrichte.«
Aber der Hans-Jerg lit e lange Weg überen Ofe,
lueget aben und denkt: »Do obe höri's am beste,
und bi niemes im Weg.« Druf, wo der Ätti si Tubak
gschnitte het, und 's Pfifli gfüllt, se chunnt er an Liechtspon,
und hebt 's Pfifli drunter, und trinkt in gierige Züge,
bis es brennt. Druf druckt er 's Füür mit de Fingeren abe,
und macht 's Deckeli zu. »Se willi denn näumis verzehle«,
[71]
seit er, und sizt nieder, »doch müender ordeli still si,
aß i nit verstuun, eb's us isch, und du dört obe,
pack di vom Ofen abe! Hesch wieder niene ke Platz gwüßt?
Isch's der z'wohl, und glust's di wieder no nem Karfunkel?
Numme ken, wie sel ein gsi isch, woni im Sinn ha.
's isch e Plätzli näumen, es goht nit Egge no Pflug druf,
Hurst an Hurst scho hundert Johr und giftigi Chrüter,
's singt kei Trostle drinn, kei Summervögeli bsuecht sie,
breiti Dosche hüete dört e zeichnete Chörper.
's wär ke ungschickt Bürschli gsi, sel seit me, doch seig er
zitlich ins Wirtshus gwandlet, und über Bibel und Gsangbuch
sin em d'Charte gsi am Samstig z'oben und Sunntig.
Flueche het er chönne, ne Hex im rueßige Chemi
hätt sie bsegnet und bettet, und d'Sternen am Himmel hen zittert.
's het emol im grüene Rock e borstige Jäger
zugluegt, wie sie spiele. Mit unerhörte Flüeche
het der Michel Stich um Stich und Büeßli verlore.
›Du vertlaufsch mer nit!‹ seit für si selber der Grünrock;
d'Wirtene het's no ghört, und denkt: ›Isch's öbbe ne Werber?‹
's isch ke Werber gsi, der werdet's besser erfahre,
wenn der Michel gwibet het, und 's Güetli verlumpet.
Was het 's Stroßwirts Tochter denkt? Sie het em us Liebi
Hand und Jowort ge, doch nit us Liebi zum Michel,
nei zu Vater und Mutter, es isch ihr Willen und Wunsch gsi.
Sellen Oben isch's in schwere Gidanke vertschlofe,
[72]
selli Mittnacht het's e schwere bidütseme Traum gha.
's isch em gsi, es chömm vo Staufe füren an d'Landstroß;
an der Landstroß goht e Chapeziner und betet.
›Schenket mer au ne Helgli, Her Pater, went der so gut si!
Bini nit e Bruut? 's cha si, 's het guti Bidütig.‹
Landsem schüttlet si Chopf der Pater, und unter der Chutte
lengt er e Hampfle voll Helge. ›Do zieh der selber ein use!‹
Seit's, und wo nes zieht, so lengt's in schmutzigi Charte.
›Hesch echt 's Eckstei-Aß? 's bidütet e rote Charfunkel;
's isch ke gute Schick.‹ – ›Jo weger‹ seit es, ›das hani.‹
Wieder seit der Pater: ›Se zieh denn anderst, o Brütli!
Hesch echt siebe Chrütz?‹ – ›Jo weger‹, seit es und süfzget. –
›Tröst di Gott, zieh anderst! Es chönne no besseri drinn si.
Hesch e blutig Herz?‹ – ›Jo weger!‹ seit's und erschrickt drob. –
›Jez zieh nonemol, 's cha si, di Heilige chunnt no! –
Isch's der Schuflebueb?‹ – ›Es wird wohl, bschauet en selber!‹ –
›Jo de hesch en! Tröst di Gott! Er schuflet di abe.‹
So het's im Kätterli traumt, und so het's sellemol gschlofe.
Stroßwirts Tochter, was hesch denkt, und hesch mer en doch gno?
Jo, es het jo müeßen und gseit: ›Ins Here Gotts Name!
No de siebe Chrützen und hinterem blutige Herze
chunnt mi Heilige, will's der Her, und schuflet mi abe.‹
[73]
Z'erst hätt's möge go. Zwor mengmol het no der Michel
gspielt und trunke, bis gnug, und gflucht, und 's Kätterli ploget.
Mengmol isch er in si gange, wenn 's en mit Träne
bittet het, und bette. Nemol se seit er: ›Jez willi
mit der akkordieren, und d'Charte willi verflueche.
Soll mi der Teufel hole, so bald i eini me arühr!
Aber ins Wirtshus gangi, sel willi, sel chani nit mide.
Grums und hül, so lang 's der gfallt, ich cha der nit helfe!‹
Het er 's erst nit ghalte, sen isch er im andere treu gsi.
Woner ins Wirtshus chunnt, se sizt mi borstige Grünrock
hinterm Tisch, selbdritt, und müschlet d'Charten, und rüeft em:
›Bisch mer e Kamerad, se chumm, se wemmer eis mache!‹
›Ich nit‹, seit der Michel, ›Bas Margret, leng mer e Schöpli!‹
›Du nit?‹ seit der Grün. ›Chumm numme, bis de di Schoppe
trunke hesch, und 's goht um nüt, mer mache für Churzwil!‹
›He‹, denkt binem selber de Michel, ›wenn es um nüt goht,
sel isch jo nit gspielt‹, und sezt si nebene Grünrock.
's chunnt e Chnab ans Fenster mit lockiger Stirnen, und rüeft em:
›Meister Michel, uf e Wort! Der Stroßewirt schickt mi.‹
›Schick en wieder‹, seit er, ›i weiß scho, was er im Chopf het!
Wer spielt us? Und was isch Trumpf? Und gstoche das Eckstei!‹
[74]
Druf und druf! Zletzt seit der Grün: ›Was bisch du ne Glückschind!
Möchtsch nit umme Chrützer mache?‹ – Sel isch jez eitue,
denkt der Michel, gspielt isch gspielt, und seit: ›Es isch eitue!‹
›Chömmet‹, rüeft der Chnab, und pöpperlet wieder am Fenster,
›Nummen uf en einzig Wörtli!‹ – ›Loß mi ungheit jez!
Chrütz im Baum, und Schufle no, und nonemol Schufle!‹
Und so goht's vom Chrützer bis endli zu der Dublone.
Wo sie ufstöhn, seit der Grünrock: ›Michel, i cha di
jez nit zahle. Magsch derfür mi Fingerring bhalte,
bis i en wieder lös. Es sin verborgeni Chräfte
in dem rote Karfunkel. O lueg doch, wie ner ein a'blizt!‹
's drittmol chlopft's am Fenster: ›O Michel, chömmet, wil's Zit isch!‹
›Loß en schwetze‹, seit der Grünrock, ›wenn er nit goh will!
Nimm du do mi Fingerring, und wenn de ke Chrützer
Geld deheim, und niene hesch, es cha der nit fehle.
Wenn der Ring am Finger steckt, und wenn de in Sack lengsch
alli Tag emol, se hesch e bairische Taler.
Nummen an kem Firtig, i wott der das selber nit rote.
Chasch mi witers bruche, se rüef mer nummen! I hör di.
Heißi nit Vizli Buzli, und hani d'Ohre nit bimer?‹
Sieder briegget d'Frau deheim im einseme Stübli,
und liest in der Bibel und im verrissene Betbuch,
und der Michel chunnt und schändet: ›Findi di wieder
an dim ewige Betten und dunderschießige Hüle?
Lueg do, was i gunne ha, ne rote Charfunkel!‹
[75]
's Kätterli verschrickt: ›O Jesis‹, seit es, ›was siehni!
's isch ke guete Schick!‹ – und sinkt dernieder in Ohnmacht.
Wärsch doch nümme verwacht, wie menge bittere Chummer
hättsch verschlofen, armi Frau, wo diner no wartet!
Jez wird's tägli schlimmer. Uf alle Merte flankiert er,
alli Chülbene bsucht er, und wo me ne Wirtshus bitrittet,
z' nacht um Zwölfi, vormittag und z' oben um Vieri,
sizt der Michel dört, und müschlet trüglichi Charte.
's Chind verwildert, 's Güetli schwindet, Acker um Acker
chunnt an Stab, und d'Frau vergoht in bittere Träne.
Goht er öbbe heim, git's schnödi Reden und Antwort:
›Chunnsch du Lump?‹ Und so und so. – Mit trunkene Lippe
fluecht der Michel, schlacht si Frau. Jez muß er zum Pfarer,
jez vor Oberamt, und mittem Haschierer im Turn zu.
Goht er schlimm, se chunnt er ärger, wennem der Vizli
Buzli wieder d'Ohre striicht, und Gallen ins Blut mischt.
So währt's siebe Johr. Emol se bringt en der Buzli
wieder usem Turn, und ›Allo, göhn mer ins Wirtshus,
eb de heim chunnsch mit de Streiche, wo sie der ge hen!
Was der d'Frau zum Willkumm gchocht het, wird di nit brenne.
Los, de duursch mi, wenni dra denk, es möcht mi versprenge,
wie's der goht, und wie der d'Frau di Lebe verbittert.
So ne Ma, wie du, wo 's Tags si Taler vertue cha.
[76]
Glückli bisch im Spiele, doch no nem leidige Sprüchwort,
mittem Wibe hesch's nit troffe, chani der sage.
Wärsch ellei, wie hättsch's so gut, und lebtisch so rüeihig!
's pinget di, me sieht der's a, und d'Odere schwelle.
Trink e Schlückli Brenz, er chüelt der öbbe di Jast ab!‹
Aber d'Frau deheim, mit zsemmegschlagene Hände
sizt sie uffem Bank, und luegt dur Tränen an Himmel.
›Siebe Johr und siebe Chrütz!' so schluchzget sie endli,
's wird mer redli wohr, und Gott im Himmel well's ende!‹
Seit's und nimmt e Buch und betet in Todesgidanke.
Drüber schnellt der Michel d'Tür uf, und fürchterli schnauzt er:
›Hülsch au wieder? Du hesch's nötig, falschi Kanali!
Surchrut choch mer!‹ 's Kätterli seit: ›'s isch niene ke Füür meh.‹
›Surchrut willi! Lueg, i dreih der 's Messer im Lib um.‹ –
›Lieber hüt, as morn. De bringsch mi untere Bode
ei Weg wie der ander, und 's Büebli hesch mer scho gmordet.‹ –
›Di soll der Dunder und's Wetter in Erdsboden abe verschlage!‹
Seit's und zuckt, und sinnlos schwanket 's Kätterli nieder.
›O mi bluetig Herz‹, so stöhnt's no lisli, wo's umfallt.
›Chumm, o Schuflebueb, do hesch mi, schufle mi abe!‹
Jez der Michel furt, vom schnelle Schrecken ergriffe,
lauft ins Feld, der Bode schwankt, und 's raßlet im Nußbaum.
›Vizli Buzli, rot mer du!‹ So rüeft er. Der Buzli,
hinterem Nußbaum stoht er, und chunnt, und frogt en: ›Was fehlt der?‹
[77]
›D'Kätheri hani verstoche, jez rot mer, was i soll mache!‹ –
›Isch das alles?‹ seit der Buzli. ›Weger de chasch ein
doch verschrecken, aß me meint, was Wunder passiert seig!
Närsch, jez chasch im Land nit blibe, 's möcht e Verdruß ge.
Isch nit dört der Rhi? Und chumm, i will di bigleite,
's stoht e Schiff am Gstad!‹ – Jez stige sie ehnen im Sunggäu
frisch ans Land, und quer dur's Feld. Im einseme Wirtshus
brennt e Licht. ›Mer wen doch luege, wer no do in isch‹,
seit der Grün, ›wer weiß, do chasch der d'Grille vertribe!‹
Aber im Wirtshus sitze no spoti nächtligi Gselle,
und 's goht vornen a mit Banketieren und Spiele.
›Chrütz isch Trumpf! Und no nemol! Und chönnet der di do?
Gstoche die! Und no ne Trumpf! Und – gstoche das Herzli!‹
's isch scho halber Zwölfi. Will echt mit lockiger Stirne
jez ke Chnab erschine? Nei weger! Michel, es endet!
O, wie spielsch so söllich ungschickt! ›Gstoche das Herzli!‹
lengt em tief in d'Seel, und allimol, wenn er e Stich macht,
wiederholt's der Grün, und wirft im Michel e Blick zu.
Drüber warnt's uf Zwölfi. Mit alliwil schlechtere Charte
spielt er allwil schlechter, und zahlt afange mit Chride.
Druf het's Zwölfi gschlage. Jez lengt er mit gringletem Finger
[78]
frisch in Sack: ›Wer wechslet no ne bairische Taler?‹
Schlechti Münz, Her Michel! Er lengt in glasigi Scherbe,
tut e Schrei, und luegt mit Gruus und Schrecke der Grün a.
Aber der Buzli leert si Brenntewigläsli und schmatzget:
›Michel, chumm jez furt, der Wirt würd wellen ins Bett goh!
's chömme hüt viel Gäst, sie hen e lustige Firtig.
Isch nit Ludwigstag, der fünfezwenzigst Augusti?
Dreih am Ring, so lang de witt, de bringsch en nit abe!‹
O, wie het der Michel glost – e lustige Firtig!
O wie het der d'Füeß am Tischbei unte verchlammert!
's hilft nit lang, und tut nit gut. Mit ängstlichem Bebe
stoht er uf, und seit ke Wort, und göhn mit enander,
vornen a der Grün, und an de Ferse der Michel,
wie ne Chalb im Metzger folgt zur bluetige Schlachtbank.
Öbbe ne Büchseschuß vom Wirtshus stellt en der Buzli.
›Michel‹, seit er, ›lueg, es stoht kei Sternli am Himmel!
Lueg, der Himmel hangt voll Wetter über und über!
's goht kei Luft, es schwankt kei Nast, es rührt si ke Läubli,
und du bisch mer au so still. I glaub, de witt bette
oder machsch der d'Ürten und isch der 's Lebe verleidet?
Wie de meinsch! Di Wahl isch schlecht, i muß der's bikenne.
Se, do hesch e Messer! I ha's am Blotzemer Mert gchauft!
Hau der d'Gurgele selber ab, se chost's di ke Trinkgeld!‹«
[79]
So het der Ätti verzehlt, und mit engbrüstigem Otem
seit druf d'Mutter: »Bisch bal fertig? Mach mer die Meidli
nit so z'förche, 's sin doch nummen erdichteti Märli!« –
»Jo, i bi jo ferig!« erwidert der Ätti, »dört lit er
mit sim Ring im Dorneghürst, wo d'Trostle nit singe.«
Aber d'Marei seit: »O Mutter, wer wird em denn förche!
Denksch, i merk nit, was er meint, und was er will sage?
Jo, der Vizli Buzli, das isch die bösi Versuchung.
Lockt sie nit, und führt sie nit in Sünden und Elend,
wenn e Mensch nit bete mag, und folgt nit, und schafft nüt!
Und der lockig Chnab isch gueti Warnig im Gwisse.
O, i chenn mi Ätti wohl, und sini Gidanke!«

Das Hexlein

Und woni uffem Schnidstuehl sitz
für Basseltang, und Liechtspön schnitz,
se chunnt e Hexli wohlgimut,
und frogt no frei: »Haut's Messer gut?«
Und seit mer frei no »Gute Tag!«
und woni lueg, und woni sag:
»'s chönnt besser go, und Große Dank!«
se wird mer's Herz uf eimol chrank.
Und uf, und furt enanderno,
und woni lueg, isch's nümme do,
und woni rüef: »Du Hexli he!«
se git's mer scho kei Antwort meh.
[80]
Und sieder schmeckt mer's Esse nit;
stell umme, was de hesch und witt,
und wenn en anders schlofe cha,
se höri alli Stunde schlah.
Und was i schaff, das grotet nit,
und alli Schritt und alli Tritt,
se chunnt mim Sinn das Hexli für,
und was i schwetz, isch hinterfür.
's isch wohr, es het e Gsichtli gha,
's verlueget si en Engel dra,
und 's seit mit so me freie Mut,
so lieb und süß: »Haut's Messer gut?«
Und leider hani's ghört und gseh,
und sellemols und nümme meh.
Dört isch's an Hag und Hurst verbei,
und witers über Stock und Stei.
Wer spöchtet mer mi Hexli us,
wer zeigt mer siner Mutter Hus?
I lauf no, was i laufe cha,
wer weiß, se triffi's doch no a!
I lauf no alli Dörfer us,
i such und frog vo Hus zu Hus,
und würd mer nit mi Hexli chund,
se würdi ebe nümme gsund.

Der Mann im Mond

»Lueg Müetterli, was isch im Mo?«
He, siehsch's denn nit, e Ma!
»Jo wegerli, i sieh en scho.
Er het e Tschöpli a.
Was tribt er denn die ganzi Nacht,
er rüehret jo kei Glied?«
He, siehsch nit, aß er Welle macht?
»Jo, ebe dreiht er d'Wied.
[81]
Wär ich, wie er, i blieb dehei,
und machti d'Welle do.«
He, isch er denn us üser Gmei?
Mer hen scho selber so.
Und meinsch, er chönn so, wiener well?
Es wird em, was em ghört.
Er gieng wol gern – der sufer Gsell
muß schellewerche dört.
»Was het er bosget, Müetterli?
Wer het en bannt dörthi?«
Me het em gseit der Dieterli,
e Nütznutz isch er gsi.
Ufs Bete het er nit viel gha,
ufs Schaffen o nit viel,
und öbbis muß me triebe ha,
sust het me langi Wil.
Drum, het en öbbe nit der Vogt
zur Strof ins Hüsli gspert,
sen isch er ebe z'Chander ghockt,
und het d'Butelli gleert.
»Je, Müetterli, wer het em's Geld
zu so'me Lebe ge?«
Du Närsch, er het in Hus und Feld
scho selber wüsse z'neh.
Nemol, es isch e Sunntig gsi,
so stoht er uf vor Tag,
und nimmt e Beil, und tummlet si,
und lauft in Lieler Schlag.
Er haut die schönste Büechli um,
macht Bohnestecke drus,
und treit sie furt, und luegt nit um,
und isch scho fast am Hus.
Und ebe goht er uffem Steg,
se ruuscht em öbbis für:
›Jez, Dieter, goht's en andere Weg!
Jez, Dieter, chumm mit mir!‹
[82]
Und uf und furt, und sieder isch
kei Dieter wit und breit.
Dört obe stoht er im Gibüsch
und in der Einsemkeit.
Jez haut er jungi Büechli um;
jez chuuchet er in d'Händ;
jez dreiht er d'Wied, und leit sie drum,
und 's Sufe het en End.
So goht's dem arme Dieterli;
er isch e gstrofte Ma!
»O bhüetis Gott, lieb Müetterli,
i möcht's nit mittem ha!«
Se hüt di vorem böse Ding,
's bringt numme Weh und Ach!
Wenn's Sunntig isch, se bet und sing.
Am Werchtig schaff di Sach.

Die Marktweiber in der Stadt

I chumm do us 's Rotshere Hus,
's isch wohr, 's sieht proper us;
doch isch's mer, sie heigen o Müeih und Not
und allerlei schweri Gidanke,
»Chromet süßen Anke!«
wie's eben überal goht.
Jo weger, me meint, in der Stadt
seig alles sufer und glatt;
die Here sehn eim so lustig us,
und 's Chrütz isch ebe durane,
»Chromet jungi Hahne!«
mengmol im pröperste Hus.
Und wemme gschämpft muß ha,
goht's, meini, ehnder no a
im Freie dusse, wo d'Sunn o lacht,
und Blumen und Ähri schwanke,
»Chromet süßen Anke!«
und d'Sterne flimmere z'nacht.
[83]
Und, wenn der Tag verwacht,
was isch's nit für e Pracht!
Der lieb Gott, meintme, well selber cho,
er seig scho an der Chrischone,
»Chromet grüni Bohne!«
und chömm jez enanderno.
Und d'Vögeli meine's o,
sie werde so busper und froh,
und singe: ›Herr Gott, dich loben wir‹,
und 's glitzeret ebe zendane;
»Chromet jungi Hahne!«
's isch wohr, me verlueget si schier.
Und faßt e frische Mut,
und denkt: Gott meint is gut,
sust hätt der Himmel kei Morgerot;
er willis nummen o üebe.
»Chromet geli Rüebe!«
Mer bruche ke Zuckerbrot.
Und innewendig am Tor
het menge d'Umhäng no vor,
er schloft no tief, und 's traumt em no.
Und ziehn sie der Umhang fürsi,
»Chromet schwarzi Chirsi!«
se simmer scho alli do.
Drum merke sie's selber schier,
und chömme zum Pläsier
ufs Land, und hole ne frische Mut
im Adler und bim Schwane,
»Chromet jungi Hahne!«
und 's schmecktene zimli gut.
Und doch meint so ne Her,
er seig weiß Wunder mehr,
und lueget ein numme halber a.
Es dunkt mi aber, er irr si;
»Chromet süßi Chirsi!«
Mi Hans isch au no e Ma.
[84]
Rich sin sie, 's isch kei Frog,
's Geld het nit Platz im Trog.
Mir tuet bim Blust e Büeßli weh,
bi ihne heißt es: Dublone,
»Chromet grüni Bohne!«
und hen no alliwil meh.
Was chost en Immis nit?
's heißt numme: Mul, was witt?
Pastetli, Strübli, Fleisch und Fisch,
und Törtli und Makrone.
»Chromet grüni Bohne!«
Der Platz fehlt uffem Tisch.
Und erst der Staat am Lib!
Me cha's nit seh vor Chib.
Lueg numme die chospere Junten a!
I wott, sie schenkte mir sie.
»Chromet schwarzi Chirsi!«
Sie chönnte mini drum ha.
Doch isch eim 's Herz bitrübt,
se gib em, was em b'liebt,
es schmeckt em nit, und freut en nit;
es goht eim wie der Chranke.
»Chromet süßen Anke!«
Was tut me denn dermit?
Und het me Chrütz und Harm,
sen isch me ringer arm;
me het nit viel, und brucht nit viel,
und isch doch sicher vor Diebe,
»Chromet geli Rüebe!«
Zletzt chunnt men o zum Ziel.
Jo gell, wenn's Stündli schlacht?
He jo, 's bringt jedi Nacht
e Morgen, und me freut si druf.
Gott het im Himmel Chrone,
»Chromet grüni Bohne!«
Mer wen do das Gäßli uf.

[85] Der Sommerabend

O, lueg doch, wie isch d'Sunn so müed,
lueg, wie sie d'Heimet abezieht!
O lueg, wie Strahl um Strahl verglimmt,
und wie sie 's Fazenetli nimmt,
e Wülkli, blau mit rot vermüscht,
und wie sie an der Stirne wüscht.
's isch wohr, sie het au übel Zit,
im Summer gar, der Weg isch wit,
und Arbet findt sie überal
in Hus und Feld, in Berg und Tal.
's will alles Liecht und Wärmi ha,
und spricht sie um e Segen a.
Meng Blümli het sie usstaffiert,
und mit scharmante Farbe ziert,
und mengem Immli z'trinke ge,
und gseit: »Hesch gnug und witt no meh?«
Und 's Chäferli het hinteno
doch au si Tröpfli übercho.
Meng Somechöpfli het sie gsprengt,
und 's zitig Sömli use glengt.
Hen d'Vögel nit bis z'allerlezt
e Bettles gha, und d'Schnäbel gwezt?
Und kein goht hungerig ins Bett,
wo nit si Teil im Chröpfli het.
Und wo am Baum e Chriesi lacht,
se het sie'm roti Bäckli gmacht;
und wo im Feld en Ähri schwankt,
und wo am Pfohl e Rebe rankt,
se het sie eben abe glengt,
und het's mit Laub und Bluest umhengt.
Und uf der Bleichi het sie gschafft,
hütie und ie us aller Chraft.
Der Bleicher het si selber gfreut,
doch hätt' er nit Vergelt's Gott! gseit.
Und het e Frau ne Wöschli gha,
se het sie trochnet druf und dra.
[86]
's isch weger wohr, und überal,
wo d'Sägesen im ganze Tal
dur Gras und Halme gangen isch,
se het sie gheuet froh und frisch.
Es isch e Sach, bi miner Treu,
am Morge Gras und z'obe Heu!
Drum isch sie jez so sölli müed,
und brucht zum Schlof kei Obelied;
ke Wunder, wenn sie schnuuft und schwitzt.
Lueg, wie sie dört uf's Bergli sizt!
Jez lächlet sie zum letztemol.
Jez seit sie: »Schlofet alli wohl!«
Und dunten isch sie! Bhüt di Gott!
Der Guhl, wo uffem Chilchturn stoht,
het no nit gnug, er bschaut sie no.
Du Wunderfitz, was gaffsch denn so?
Was gilt's, sie tut der bald derfür,
und zieht e roten Umhang für!
Sie duuret ein, die guti Frau,
sie het ihr redli Huschrütz au.
Sie lebt gwiß mittem Ma nit gut,
und chunnt sie heim, nimmt er si Hut;
und was i sag, jez chunnt er bald,
dört sizt er schon im Fohrewald.
Er macht so lang, was tribt er echt?
Me meint schier gar, er traut nit recht.
Chumm numme, sie isch nümme do,
's wird alles si, se schloft sie scho.
Jez stoht er uf, er luegt ins Tal,
und 's Möhnli grüeßt en überal.
Denkwol, mer göhn jez au ins Bett,
und wer kei Dorn im Gwisse het,
der brucht zum Schlofen au kei Lied;
me wird vom Schaffe selber müed;
und öbbe hemmer Schöchli gmacht,
drum gebis Gott e gute Nacht!

[87] Die Mutter am Christabend

Er schloft, er schloft! Do lit er, wie ne Grof!
Du lieben Engel, was i bitt,
bi Lib und Lebe verwachmer nit,
Gott gunnt's mim Chind im Schlof!
Verwachmer nit, verwachmer nit!
Di Mutter goht mit stillem Tritt,
sie goht mit zartem Muttersinn,
und holt e Baum im Chämmerli dinn.
Was henki der denn dra?
Ne schöne Lebchuechema,
ne Gitzeli, ne Mummeli
und Blüemli wiiß und rot und gel
vom allerfinste Zuckermehl.
's isch gnueg, du Mutterherz!
Viel Süeß macht numme Schmerz.
Gib's sparsem, wie der liebi Gott,
nit all Tag helset er Zuckerbrot.
Jez Rümmechrüsliger her,
die allerschönste, woni ha,
's isch nummen au kei Möseli dra.
Wer het sie schöner, wer?
's isch wohr, es isch e Pracht,
was so en Öpfel lacht;
und isch der Zuckerbeck e Ma,
se mach er so ein, wenn er cha.
Der lieb Gott het en gmacht.
Was hani echt no meh?
Ne Fazenetli wiiß und rot,
und das eis vo de schöne.
O Chind, vor bittre Träne
biwahr di Gott, biwahr di Gott!
Und was isch meh do inn?
ne Büechli, Chind, 's isch au no di.
I leg der schöne Helgeli dri,
und schöni Gibetli sin selber drinn.
[88]
Jez chönnti, traui, goh;
es fehlt nüt meh zum Gute –
Potz tausig, no ne Rute!
Do isch sie scho, do isch sie scho!
's cha si, sie freut di nit,
's cha si, sie haut der 's Füdeli wund;
doch witt nit anderst, sen isch's der gsund;
's mueß nit si, wenn d' nit witt.
Und willsch's nit anderst ha,
in Gottis Name seig es drum!
Doch Muetterlieb isch zart und frumm,
sie windet roti Bendeli dri,
und macht e Letschli dra.
Jez wär er usstaffiert,
und wie ne Maibaum ziert,
und wenn bis früeih der Tag verwacht,
het 's Wiehnechtchindli alles gmacht.
De nimmsch's und danksch mer's nit;
drum weisch nit, wer der's git.
Doch macht's der numme ne frohe Mut,
und schmeckt's der numme, sen isch's scho gut.
Bim Bluest, der Wächter rüeft
scho Ölfi! Wie doch d'Zit verrinnt,
und wie me si vertieft,
wenn's Herz an näumis Nahrig findt!
Jez, bhütdi Gott der Her!
En anderi Cheri mehr!
Der heilig Christ isch hinecht cho,
het Chindes Fleisch und Blut agno.
Wärsch au so brav wie er!

[89] Eine Frage

Sag, weisch denn selber au, du liebi Seel,
was 's Wiehnechtchindli isch, und hesch's bidenkt?
Denkwol i sag der's, und i freu mi druf.
O, 's isch en Engel usem Paradies
mit sanften Augen und mit zartem Herz.
Vom reine Himmel abe het en Gott
de Chindlene zum Trost und Sege gschickt.
Er hüetet sie am Bettli Tag und Nacht.
Er deckt sie mittem weiche Fegge zu,
und weiht er sie mit reinem Otem a,
wird's Äugli hell und 's Bäckli rund und rot.
Er treit sie uf de Hände in der Gfohr,
günnt Blüemli für sie uf der grüene Flur,
und stoht im Schnee und Rege d'Wiehnecht do,
se henkt er still im Wiehnechtchindlibaum
e schöne Früehlig in der Stuben uf,
und lächlet still, und het si süeßi Freud,
und Mutterliebi heißt si schöne Name.
Jo, liebi Seel, und gang vo Hus zu Hus,
sag »Gute Tag«, und »Bhütich Gott«, und lueg!
Der Wiehnechtchindlibaum verrotet bald,
wie alli Müetter sin im ganze Dorf.
Do hangt e Baum, nei lueg me doch und lueg!
In alle Näste nüt as Zuckerbrot.
's isch nit viel nutz. Die het e närschi Freud
an ihrem Büebli, will em alles süeß
und liebli mache, tut em, was es will.
Gib acht, gib acht, es chunnt emol e Zit,
se schlacht sie d'Händ no z'semmen überm Chopf,
und seit: »Du gottlos Chind, isch das mi Dank?«
Jo weger, Müetterli, das isch di Dank!
Jez do sieht's anderst dri ins Nochbers Hus.
Scharmanti bruni Bire, welschi Nuß
und menge roten Öpfel ab der Hurt,
e Gufebüchsli, doch will's Gott der Her
[90]
ke Gufe drinn. Vom zarte Beseris
e goldig Rüetli, schlank und nagelneu!
Lueg, so ne Muetter het ihr Chindli lieb!
Lueg, so ne Muetter zieht's verständig uf,
und wird mi Bürstli meisterlos, und meint,
er seig der Her im Hus, se hebt si bherzt
der Finger uf, und förcht ihr Büebli nit,
und seit: »Weisch nit, was hinterm Spiegel steckt?«
Und's Büebli folgt, und wird e brave Chnab.
Jez göhn mer wieder witers um e Hus.
Zwor Chinder gnug, doch wo me luegt und luegt,
schwankt wit und breit ke Wiehnechtchindlibaum.
Chumm, weidli chumm, do blibe mer nit lang!
O Frau, wer het die Muetterherz so gchüelt?
Verbarmt's di nit, und goht's der nit dur d'Seel,
wie dini Chindli, wie di Fleisch und Blut
verwildern ohni Pfleg und ohni Zucht,
und hungrig bi den andre Chinde stöhn
mit ihre breite Rufe, schüch und fremd?
Und Wi und Kaffi schmeckt dir doch so gut!
Doch lueg im vierte Hus, daß Gott erbarm,
was hangt am grüene Wiehnechtchindlibaum?
Viel stachlig Laub, und näume zwische drinn
ne schrumpfig Öpfeli, ne dürri Nuß!
Sie möcht, und het's nit, nimmt ihr Chind uf d'Schoß,
und wärmt's am Buse, lueget's a und briegt;
der Engel stüürt im Chindli Tränen i.
Sel isch nit gfehlt, 's isch mehr as Marzipan
und Zuckererbsli. Gott im Himmel sieht's,
und het us mengem arme Büebli doch
e brave Ma und Vogt und Richter gmacht,
und usem Töchterli ne bravi Frau,
wenn's numme nit an Zucht und Warnig fehlt.

[91] Noch eine Frage

Und weisch denn selber au, du liebi Seel,
worum de dine zarte Chinde d'Freud
in so ne stachlig Bäumli ine henksch?
Wil's grüeni Blättli het im Winter, meinsch,
und spitzi Dorn, aß 's Büebli nit, wie 's will,
die schöne Sachen use hökle cha.
's wär nit gar übel gfehlt, doch weisch's nit recht.
Denkwol, i sag der's, und i freu mi druf.
Lueg, liebi Seel, vom Menschelebe soll
der dornig Freudebaum en Abbild si.
Nooch binenander wohne Leid und Freud,
und was der 's Lebe süeß und liebli macht,
und was no schöner in der Ferni schwebt,
de freusch di druf, doch in der Dörne hangt's.
Was denksch derzu? Zum erste sagi so:
Wenn Wermet in di Freudebecher fließt
und wenn e scharfe Schmerz dur's Lebe zuckt,
verschrick nit drab, und stell di nit so fremd!
Di eigni Muetter selig, tröst sie Gott,
sie het der 's Zeichen in der Chindheit ge.
Drum denk: »Es isch e Wiehniechtchindlibaum,
nooch binenander wohne Freud und Leid.«
Zum zweite sagi das: Es wäre nit gut,
wenn's anderst wär. Was us de Dorne luegt,
sieht gar viel gattiger und schöner us,
und 's Fürnehmst isch, me het au länger dra.
's wär just, as wemme Zuckerbrot und Nuß,
und was am Bäumli schön und glitzrig hangt,
uf eimol in e Suppeschüßli tät,
und stellti's umme: »Iß, so lang de magsch,
und näumis do isch!« Wär's nit Uverstand?
Zum dritte sagi: Wemmen in der Welt
will Freude hasche, Vorsicht ghört derzu;
sust lengt me bald in d'Aglen und in Dörn,
[92]
und zieht e Hand voll Stich und Schrunde zruck.
Denn d'Freud hangt in de Dorne. Denk mer dra,
und tue ne wenig gmach! Doch wenn des hesch,
se loß der's schmecke! Gunn der's Gott der Her!

Gespenst an der Kanderer Straße

's git Gspenster, sel isch us und isch verbei!
Gang nummen in der Nacht vo Chander hei,
und bring e Ruusch! De triffsch e Plätzli a,
und dört verirrsch. I setz e Büeßli dra.
Vor Ziten isch nit wit vo sellem Platz
e Hüsli gsi; e Frau, e Chind, e Chatz
hen g'otmet drinn. Der Ma het vorem Zelt
si Lebe glo im Heltelinger Feld.
Und wo sie hört: »Di Ma lit unterm Sand«,
se het me gmeint, sie stoß der Chopf an d'Wand.
Doch holt sie d'Pappe no vom Füür und blost,
und git's im Chind, und seit: »Du bisch mi Trost!«
Und 's wär's au gsi. Doch schlicht emol mi Chind
zur Türen us, und d'Muetter sizt und spinnt,
und meint, 's seig in der Chuchi, rüeft und goht,
und sieht no just, wie's uffem Fußweg stoht.
Und drüber lauft e Ma, voll Wi und Brenz,
vo Chander her ans Chind und überrennt's,
und bis sie 'n helfe will, sen isch's scho hi,
und rüehrt sie nit – e flösche Bueb isch's gsi.
Jez rüstet sie ne Grab im tiefe Wald,
und deckt ihr Chind, und seit: »I folg der bald!«
Sie sezt si nieder, hütet's Grab und wacht,
und endli stirbt sie in der nünte Nacht.
Und so verwest der Lib in Luft und Wind.
Doch sizt der Geist no dört, und hüetet's Chind,
und hütigs Tags, de Trunkene zum Tort,
goht d'Chandrer Stroß verbei an sellem Ort.
[93]
Und schwankt vo Chander her e trunkene Ma,
se sieht's der Geist sim Gang vo witem a,
und führt en abwärts, seig er, wer er sei,
er loßt en um kei Pris am Grab verbei.
Er chunnt vom Weg, er trümmlet hüst und hott,
und bsinnt si: »Bini echterst, woni sott?«
Und luegt und lost, und mauet öbbe d'Chatz,
se meint er, 's chreih e Guhl an sellem Platz.
Er goht druf dar, und über Steg und Bruck
se maut sie eben allwil witer zruck;
und wenn er meint, er seig jez bald dehei,
so stoht er wieder vor der Weserei.
Doch, wandle selli Stroß her nüchteri Lüt,
se seit der Geist: »Ihr tüent mim Büebli nüt!«
Er rührt sie nit, er loßt sie ordeli
passieren ihres Weg. – Verstöhndter mi?

Der Käfer

Der Chäfer fliegt der Jilge zu,
es sizt e schönen Engel dört,
er wirtet gwis mit Blumesaft,
und 's chostet nit vil, hani ghört.
Der Engel seit: »Was wär der lieb?« –
»Ne Schöpli Alte hätti gern!«
Der Engel seit: »Sel cha nit si,
sie hen en alle trunke fern.« –
»Se schenk e Schöpli Neuen i!« –
»Do hesch eis!« het der Engel gseit.
Der Chäfer trinkt, und 's schmeckt em wohl,
er fragt: »Was isch mi Schuldigkeit?«
Der Engel seit: »He, 's chostet nüt!
Doch richtsch mer gern e Gfallen us,
weisch was, se nimm das Blumemehl,
und tragmer's dört ins Nochbers Hus!«
[94]
Er het zwor selber, was er brucht,
doch freut's en, und er schickt mer au
mengmol e Hämpfeli Blumemehl,
mengmol e Tröpfli Morgetau.«
Der Chäfer seit: »Jo frili, jo!
Vergelt's Gott, wenn de z'friede bisch.«
Druf treit er's Mehl ins Nochbers Hus,
wo wieder so en Engel isch.
Er seit: »I chumm vom Nochber her,
Gott grüeß di, und er schickt der do,
au Blumemehl!« Der Engel seit:
»De hättsch nit chönne juster cho.«
Er ladet ab; der Engel schenkt
e Schöpli gute Neuen i.
Er seit: »Do trink eis, wenn de magsch!«
Der Chäfer seit: »Sel cha scho si!«
Druf fliegt er zu sim Schätzli heim,
's wohnt in der nöchste Haselhurst.
Es balgt und seit: »Wo blibsch so lang?«
Er seit: »Was chani für mi Durst?«
Jez luegt er's a, und nimmt's in Arm,
er chüßt's, und isch bim Schätzli froh.
Druf leit er si ins Totebett,
und seit zum Schätzli: »Chumm bald no!«
Gell, Sepli, 's dunkt di ordeli!
De hesch au so ne lustig Bluet.
Je, so ne Lebe, liebe Fründ,
es isch wohl für e Tierli guet.

[95] Der Statthalter von Schopfheim

Vetter Hans-Jerg, 's dunnert, es dunneret ehnen am Rhistrom,
und es git e Wetter! I wott, es zög si vorüber.
's chunnt so schwarz – nei lueget, wie's blizt, und loset, wie's windet,
wie's im Chemi tost, und der Guhl uffem Chilcheturn gahret!
Helfis Gott! – 's chunnt alliwil nöcher und alliwil stärcher.
Ziehnt doch d'Läden a, der Glast möcht' d'Auge verblende,
und jez holet 's Chrüsli und sitzet do ummen, i willich
us den alte Zite vom Statthalter näumis verzehle.
Friedli het me nem gseit, und het's e seltseme Bueb ge,
isch's der Friederli gsi in siner Juged, das weißi!
Aber schöner as er isch ken durs Wiesetal gwandlet,
woner no Burechnecht bim alte Statthalter gsi isch.
Chrusi Löckli het er gha und Auge wie Chole,
Backe wie Milch und Blut und rundi chräftige Glieder.
's Meisters Vreneli het an ihm si eigeni Freud gha,
er am Vreneli au, doch isch er numme der Chnecht gsi.
– Nei, wie macht's, und nei, wie schüttet's! Bringet der 's Chrüsli
und e Ränftli Brot derzu? Jez sitzet und loset! –
Vor fünfhundert Johren, i ha's vom Ätti erfahre,
isch e schwere Chrieg und sin Panduren im Land gsi.
Drunter isch's und drüber gange, was me cha sage.
Rich isch richer worden an Geld, an Matten und Hochmut,
Arm isch ärmer worden, und numme d'Schulde hen zugno.
[96]
Menge brave Ma het's nümme chönne prästiere,
het si Sach verloren und Hunger glitten und bettlet.
Mengi hen si zsemme grottet zwische de Berge.
Zletzt het no der Friede ne Pack Maroden im Land glo,
gföhrli Volch mit Schwert und Büchse, listig und unheim.
's sin bitrübti Zite gsi, Gott well is biwahre!
Selmol het e Bur uf der Egerte nieden an Fahrnau
Hus und Schüre gha und Stiere, 's wärich ke Tropfe
Wasser uffene g'standen, und uf de Matte vo Fahrnau
bis go Huse Tensch und Tensch und Schmehlen an Schmehle
het der Ueli gmeiht, und 's Heu uf d'Egerte heimgführt,
aber e wüste Ma zu dem, wie's ken meh in siebe
Here Ländere git, im Welschland isch er so worde.
Hätt em der Statthalter z'Schopfe nit 's Vreneli endli zur Frau ge,
's Vreneli voll Verstand, und wie der Morge so lieblig,
's hätt 's ke Magd im Hus bis Betzit chönnen erlide,
und kei Chnecht hätt zuenem dingt. Es chunnt eim e Bettler,
und me git em ke Brot, se seit me doch öbben im Friede:
»Helfich Gott!« – Er nit! »I will der 's Bettle verleide«,
het er gseit, »und gang, wil's Zit isch! Flieh mi der Teufel!«
Und die arme Lüt hen 's Gott befohlen, und brieget.
Jedem chunnt si Zit! So öbbe ne Wuche vor Wiehnecht
het der Ueli gmetzget, und het er gwurstet bis z'Obe,
[97]
het er z'nacht si Chrügli glüpft bim brotene Rippli.
»Vreni gang in Cheller!« und »Vreni leng mer z'trinke!«
het er mehr als zwenzigmol mit brochener Stimm gseit.
Gsinnet hen sie 'n emol uf siebe Mos und e Schöpli.
Aber wo meinetder mög sel Zit der Friederli gsi si?
Öbben im Futergang? Bi's Meisters Stieren und Rosse?
Hender gmeint, jo wohl! Scho z'Fasnecht isch er im Meister
us de Hände gwütscht, sust hätt en der Statthalter ghüblet.
Het er näumis bosget, se willi 's nit verrote;
was goht's mi denn a? Furt isch er! Über e Monet
het me ke Spur meh gha, bis öbben afangs Aprille
stoht er bi den arme Manne zwische de Berge.
Schön an Wuchs und Gsicht, und fründli gegen de Lüte,
mutig wie ne Leu, doch voll verborgener Bsinnig,
hen sie 'n alli gern, und sage: »Seig du der Hauptma!
Was de seisch, das tüemer, und schickis numme, se göihmer,
hundertfüfzig Ma und siebenesiebizig Buebe!«
Und der Friedli seit: »D'Marodi wemmer verfolge.
Wenn e riche Bur die Arme ploget und schindet,
wemmer em der Meister zeigen, aß es en Art het,
bis au wieder Recht und Gsetz und Ordnig im Land isch.«
Helfis Gott der Herr! – Jez rüeft der Hauptma sim Völchli:
»Manne, was fange mer a? I hör der Ueli het gmetzget,
's wär e Site Speck wol us der Büttene z'hole
und e Dotzet Würst. Wie wär's? Doch 's Vreneli duurt mi.
[98]
Besser isch's, es göhn e paar, und singen ums Würstli!
Saget, i löß en grüeßen, er soll's im Friede verzehre,
und mer vo der Sau doch au ne Müsterli schicke.
Hemmer nit menge Hirz us sine Gärte verscheuchet?
Hemmer uf sine Matte ne Habermarkstörzli vertrette
oder e Bäumli gschüttlet? Isch sine Chnechten und Buebe
nummen au so viel gscheh? Sie hen doch ghütet und gwassert
z'nacht um Eis, und früeih vor Tag; sie könne nit chlage.
Leget em's ordlig ans Herz, i wünsch ich guti Verrichtig!«
Seit's und 's göhn drei Buben, und chömme mit Säcke zum Ueli.
»Guten Obe!« – »Dunderschieß! Was hender, was wender?« –
»He, mer chömme do abe vom Sattelhof. Zeiget, wie sinder!
So het üse Meister gseit, so sagemer wieder.«
Schlimmer Wis isch, wo sie cho sin, 's Vreneli näume
dusse gsi, doch d'Chnecht sin uffem Ofebank glege,
und der Ueli voll Wi git grobi Reden und Antwort.
»Saget euem Meister – (es isch mit Ehre nit z'melde)
Meister hi und Meister her, und wer isch der Meister?
's lauft so War jez gnug im Land, wo bettlen und stehle,
Schereschlifer, Hafebinder, alti Saldate,
Sägefeiler, Zeinemacher, anderi Strolche.
Wemmen alle wott ge, me müeßt no mittene laufe.
Packetich, jez isch's hochi Zit!« – »He jo, der Gottswille!
Nummene Hämpfeli Mehl, und nummen au so ne Würstli!« –
»Wart du Siebechetzer, e Rippestückli wird guet si!
Jobbi, gang an d'Stud, und leng mer de Fareschwanz abe!
[99]
Wenderich packe jez gli, i frog, ihr luftige Strolche!«
Jo, sie hen si packt, doch hinterne schliche vom Ofe
d'Chnecht zur Türen us, und suche 's Vreneli dusse.
»Meisterne, jez isch's gfehlt, jez Meisterne, helfet und rotet!
Das und das isch gscheh, si hen's nit an is verdienet.
Hemmer's Wasser gchert, und hemmer de Hirze ghütet
z'nacht um Eis, und früeih vor Tag, mer chönne nit chlage,
kuntereri si hennis ghulfe, gell aber, Jobbi?
Aber chömmemer wieder, so werde sie anderster rede.«
's Vreneli lost und lost, es macht bidenklichi Miene;
's Vreneli bindet d'Chappen, und schüttlet 's Mailänder Halstuch,
's Vreneli chnüpft am Fürtuchbendel – »Seppli, spann's Roß a,
und e Welle Strau, hesch ghört, und loß mer der Meister
nüt eninne werden, und gang ein d'Fahrnauer Stroß uf,
lueg, öb alles sicher isch, und niene ke Volch stoht!«
Sieder chömme d'Bube mit leere Säcke zum Friedli.
Tausig Sapermost, wie sin em d'Flammen ins Gsicht cho!
Wo ner sie frogt: »Was hender?« und wo sie'm dütliche Bricht gen:
»Nüt, und wüssetder was? Göhnt ihr enandermol selber!
's isch im Ueli z'heiß, der sollet cho, go nem blose!« –
»'s isch e Wort, i gang«, seit jez der Hauptma und funklet,
»'s soll en nit lang brenne, 's isch chüel im Fahrnauer Chilchhof!
Ueli, du hesch 's lezt im Räf, sel chani der sage!«
[100]
Seit's, und pfift im Wald, und gschwinder as me ne Hand chert,
pfift's vo Wald zu Wald an allen Enden und Orte,
und es lauft derher von allen Orten und Ende.
»Allo, frisch, bergab! Der Egerten-Ueli het gmetzget,
's goht in eim jez hi, mir metzge hinecht der Ueli!
's duuret mi frili si Frau, 's wird uding ab is verschrecke.«
Jez chunnt's schwarz bergab, wohl über Studen und Hecke,
nebe Reibbech aben ins Tanners Wald, und vo dörtweg
rechts und links ins Fahrnauer Holz, was gischmer, was heschmer!
D'Wälder fahre mit Schlitte voll Spö der Wiese no abe,
sehn's und huure nieder am Steinebrückli und bete:
»Alli gute Geister!« und »Heiligi Mutter Gottis!«
Aber wo der Hauptma bi Fahrnau usen an Wald chunnt,
düsslet er: »Bube z'ruck! I hör e Wägeli fahre;
's chönnt d'Faktorene si, sie isch die Nemtig go Basel,
und der müent sie nit verschrecke, lönt mi ellei goh!«
Seit's, und wiener chunnt, wütsch's übers Wägeli abe,
und goht uffen dar, und luegt em fründlig in d'Auge.
»Friedli, bisch's!« – »I mein's emol!« – »Se bis mer Gottwilche
unterm freie Himmel und unter de liebe Sterne!
Gell, i darf di duze? Was wirsch do nummen au denkt ha
ob mim trutzige Ma und sine trutzige Rede.
Lueg, i cha nit derfür, wo's z'spot isch, seit mer's der Sepli
dussen am Wasserstei. Es wär sust anderster gange.
O, de glaubsch nit, wieni gestroft bi. Besseri Zite
hani glebt ins Vatters Hus. Jez sin sie vorüber.
[101]
Chumm, do bringi der näumis, e Säckli voll dürri Chriesi,
schöni Gumpistöpfel, und au e bizzeli Geißchäs,
do ne Säckli Habermehl und do ne paar Würstli,
und e Logel voll Wi, gib achtig, aß es nit gäutschet,
's isch kei Bunte druf, und au ne Rölleli Tubak.
Chumm e wenig absits, bis do die Wälder verbei sin,
und bis ordli, hesch ghört, und nimm di Gwissen in Obacht.«
Aber der Friedli schwört: »Bi Gott, der Ueli muß sterbe!
's isch nit Gnad!« Doch 's Vreneli seit: »Jez los mer e Wörtli:
Gschwore hesch, und jo, wenn's Zit isch, sterbe mer alli,
und der Ueli au, doch loß du lebe, was Gott will,
und denk an di selber und an die chünftige Zite.
So blibsch nit, wie de bisch, und so ne Lebe verleidet.
Bisch nit im Land deheim, und hesch nit Vater und Mutter?
Öbbe möchtsch au heim, den erbsch en ordeli Gütli
in der Langenau, und gfallt der e Meidli, de hättsch's gern,
isch's bim Ätti nit Nei, de chasch no Stabhalter werde.
Nimm, wie müeßt's der werden, an so ne Missetat z'denke,
und mi's Here Stab mit blutige Hände z'regiere!
Halt's im Ueli z'gut! Si Grobheit nimmt für en Ehr uf,
's isch zwor keini gsi, doch denk au, aß er mi Ma isch!
Schlacht's nit z'Schopfen Ölfi! 's isch Zit, se sag mer, witt folge?«
Aber der Friederli stoht, er stoht in schwere Gidanke,
und het d'Auge voll Wasser, und möcht gern schwetzen und cha nit.
Endli bricht em's Herz: »Nu jo denn, wenn d'mer e Schmutz gisch!
[102]
Bhütdi Gott der Her, und jo i will mi bikehre.
Bube, jez packet uf, mer wen im Friede verlieb neh!
Göhnt e paar uf d'Möhr und schießet näumen e Hirzli!«
Seit's und goht in Wald, und lueget an Himmel und brieget.
bis si d'Sternen ins Morgelicht tunken, und drinn verlösche.
Endli goht er au, doch luege mengmol enander
d'Mannen a, und sage: »Was fehlt doch echterst im Hauptma?«
Aber 's Statthalters Tochter lit jez bim Ueli und stoßt en:
»Schnarchle mer doch nit so! Me cha jo nit nebe der schlofe!«
Und der Ueli zuckt und streckt si: »Vreni wie isch mer?« –
»He, wie wird's der si?« – »I ha ne blutige Traum gha.
Vreni, 's goht nit gut, i ha mi selber seh metzge.
Hen sie mi nit verstochen, und in der Büttene brüeihet,
mittem Misser gschabt? De glaubsch nit, wie's mer so weh tut!«
Aber 's Vreneli seit: »He, 's macht nüt. Chunnt der nit mengmol
öbbis für? Jez isch es d'Sau, drum hesch die seh metzge.«
Aber 's Ueli's Schlof isch us, und schweri Gidanke
chämpfe bis an Tag mit sine zerrüttete Sinne,
bis er 's Kaffi trinkt, bis 's Vreneli Suppen ischnidet,
bis en alte Ma verzagt zur Stubetür itritt:
»Chümmi, Reckholderberi! Will nieme nüt chrome do inne?«
»Nei, der löset nüt!« – »Drum isch's mer au nit ums Löse!
Chönnti, Meister Ueli, mit euch e wengeli rede?
[103]
Isch das eui Frau, se mag sie's hören, es schadt nüt.
Nechte fahri selbfeuft mit War der Wiese no abe,
ich, mi Rößli, mi Bueb, und 's Nichertlis Rößli und Matthis.
Womer an Fahrnau chömme, so stoht's voll Mannen und Buebe
links im Wald, und an der Stroß e luftige Kerli.
's stoht e Wibsbild binem, es mag e suferi gsi si,
wenni's unter hundert sieh, se willi 's erchenne;
het der Mond nit gschienen, und hani d'Auge nit bimer?
So viel hani ghört: ›'s isch gflucht, der Ueli muß sterbe!‹
Woni neben abe gang, se seit er's zum Wibsbild.
Witers weiß i nüt, und witers chani nüt sage.
Warten isch nit gut, me lost, und wandlet sis Wegs furt.
Bhütich Gott, i gang, und tünt jez selber, was gut isch.« –
Wie het's Vreneli glost! Doch bhaltet's verständigi Bsinnig.
»Hesch en denn nit gmerkt, es isch em nummen um Brenz gsi?«
Aber s' Uelis Ghör isch weg, er lit in der Ohnmacht,
d'Auge stöhn verchehrt, me sieht fast nüt meh vom Schwarze,
d'Zungen isch em glähmt, sie luegt vorusen, und chölschblau
isch er bis an Hals. Me holt der Meister vo Hage,
holt vo Zell der Dokter-Friedli, 's isch em nit z'helfe.
Friederli du hesch d'Wohret gseit, der Ueli muß sterbe.
Vormittag isch's so, und Nomittag isch's anderst.
Schwetze lehrt er nümmen, und siechet ebe so ane,
bis am dritte Tag; uf eimol schnappt er und endet,
[104]
und am Zistig druf, se singt's haupthöchlige: ›Mitten
wir im Leben sind‹ – d'Stroß uf zum Fahrnauer Chilchhof.
Furt treit hen sie en, sel isch gwis, doch heißt es, en andre
heig en gholt, und 's gang zu Ziten e blutigen Eber.
Göhntder znacht vom Bergwerch heim, und hentder uf d'Site
gladen, und der sehnt en Eber mit blutige Wunde,
göhnt em still usweg. Es isch der Egerten-Ueli.
Sehntder nüt, sen isch er's nit. Ich ha nen no nie gseh.
Aber wer wird jez mit Zuspruch 's Vreneli tröste?
Groß isch 's Leid just nit, und siebe Wuche no Pfingste
rüeft me 's wieder us. Mit wem? Der werdet nit froge.
Grüseli het der Vater gmacht, und gschworen: »I lid's nit!
So ne vertlaufene Burst mit miner liibliche Tochter,
mit mim Fleisch und Blut? I führ di selber ins Zuchthus.«
Aber was isch's gsi? – Es isch die einzigi Tochter,
und isch Frau für ihns, und mag er roten und warne,
muß er's ebe lo gscheh, – doch het's em nümmen ins Hus dörft,
het's au nümme bitrette, bis no Micheli si Vater
z'Wil dur d'Wiese ritet, er het e Wage voll Wi gchauft.
Groß isch's Wasser gsi, und finster, wo sie derdur sin,
und chunnt usem Weg, und 's tribt en aben und abe
bis er abem Choli fallt und nümmen ans Gstad chunnt.
An der Schorebruck, dört hen sie 'n mornderigs gfunde.
Aber jez zieht üser Paar im Friede go Schopfe,
und nimmt Bsitz vo Hus und Gut, der Friedli wird Burger,
[105]
führt si ordelig uf, er cha gut lesen und schribe, –
Helfis Gott! – und stigt nootno zu Würden und Ehre.
Wer wird Chilchelueger, und wer wird Weibel und wer stoht
bald am Rothusfenster und lächlet güetig, wenn öbbe
mittem Hut in der Hand e Langenauer verbei goht?
Isch's nit mi Herr Frieder mit siner lockige Stirne? –
Nei, wie macht's, und nei, wie schüttet's, loset doch numme,
fangt's nit vornen a? – Zletzt sage d'Burger: »Der Hügli
cha jo nit Gschriebes lese, wie chaner denn Statthalter blibe?
's wär für Ihn, Her Frieder, und Er muß d'Burger regiere.
Er isch e brave Ma, in alle Stücke biwandert,
und si Frau, Statthalters Blut, mit Tuged bihaftet,
isch die guti Stund, und gscheit, no gscheiter, as Er schier.
Sager nit lang Nei, 's nuzt nüt, mer lön is nit brichte.« –
»Nu, se sagi Jo, 's Regiere chunnt mi nit suur a.« –
Dreimol chlöpft der Hurlibaus – nei loset, wie's schüttet,
lueget, wie's dur d'Chlimse blizt! – Im Pflug und im Engel
hen sie tanzt bis tief in d'Nacht, und gessen und trunke.
Wohr isch's, e brävere Ma hätt d'Stadt nit chönnen erchise,
und im Vreneli gunni 's au. In d'Schopfemer Chilche
het er en Orgle gschafft, vor sine Ziten isch nüt gsi,
(z'Huse stoht sie no), d'Marodi het er vertriebe,
und uf d'Burger Obsicht treit, und groten und gwarnet.
[106]
Aber si Frau und er, sie hen in Frieden und Liebi
mit enander glebt, und Guts an Armen erwiese,
jo, und 's isch em e Muetter zu siebe Chindere worde, –
Helfis Gott! – und 's stammt von ihnen im Schopfemer Chilchspiel
mengi Famili her, und blüeiht in Richtum und Ehre. –
Helfis Gott, und bhütis Gott! Ins Here Gotts Name,
das het gchlöpft, und das het gmacht, 's isch weger e Schlag gsi! –
Menge Famili, se sagi – die wenigste wüsse's meh selber.
Wer sie sin, und wie sie heiße, das willi jez sage.
Zwor isch 's Chrügli leer – nei loset, was git's uf der Gaß duß?
Vetter Hans-Jerg, 's stürmt! Fürio! 's lauft alles der Drau zu.

Der Schreinergesell

Mi Hamberch hätti glert, so so, la la;
doch stoht mer 's Trinke gar viel besser a,
as 's Schaffe, sel bikenni frei und frank;
der Rucke bricht mer schier am Hobelbank.
Drum het mer d'Mutter mengmol profezeit:
»Du chunnsch ke Meister über wit und breit!«
Zletzt hani 's selber glaubt, und denkt: ›Isch's so,
wie wird's mer echterst in der Fremdi go?‹
Wie isch's mer gange? Numme z'gut! I ha
in wenig Wuche siebe Meister gha.
O Müetterli, wie falsch hesch profezeit!
I chömm kei Meister über, hesch mer gseit.

[107] Hans und Verene

Es gfallt mer nummen eini,
und selli gfallt mer gwis!
O wenni doch das Meidli hätt
es isch so flink und dundersnett,
so dundersnett,
i wär im Paradies!
's isch wohr, das Meidli gfallt mer,
und 's Meidli hätti gern!
's het alliwil e frohe Muet,
e Gsichtli het's, wie Milch und Bluet,
wie Milch und Bluet,
und Auge wie ne Stern.
Und wenni 's sieh vo witem,
se stigt mer's Bluet ins Gsicht;
es wird mer übers Herz so chnapp,
und 's Wasser lauft mer d'Backen ab,
wohl d'Backen ab;
i weiß nit, wie mer gschicht.
Am Zistig früeih bim Brunne,
se redt 's mi frei no a:
»Chumm, lüpf mer, Hans! Was fehlt der echt?
Es isch der näume gar nicht recht,
nei gar nit recht!«
I denk mi Lebtig dra.
I ha 's em solle sage,
und hätti 's numme gseit!
Und wenn i numme richer wär,
und wär mer nit mi Herz so schwer,
mi Herz so schwer,
's gäb wieder Glegeheit.
Und uf und furt, jez gangi,
's würd jäten im Salat,
und sag em's, wenni näume cha,
[108]
und luegt es mi nit fründli a,
nit fründli a,
so bini morn Saldat.
En arme Kerli bini,
arm bini, sel isch wohr.
Doch hani no nüt Unrechts to,
und sufer gwachse wäri jo,
das wäri scho,
mit sellem hätt's ke Gfohr.
Was wisplet in de Hürste,
was rüehrt si echterst dört?
Es fisperlet, es ruuscht im Laub.
O bhüetis Gott der Her, i glaub,
i glaub, i glaub,
es het mi näumer ghört.
»Do bini jo, do hesch mi,
und wenn de mi denn witt!
I ha's scho sieder'm Spötlig gmerkt;
am Zistig hesch mi völlig bstärkt,
jo, völlig bstärkt.
Und worum seisch's denn nit?
Und bisch nit rich an Gülte,
und bisch nit rich an Gold,
en ehrli Gmüet isch über Geld,
und schaffe chasch in Hus und Feld,
in Hus und Feld,
und lueg, i bi der hold!«
»O Vreneli, was seisch mer,
o Vreneli, isch's so?
De hesch mi usem Fegfüür gholt,
und länger hätti 's nümme tolt,
nei, nümme tolt.
Jo, friili willi, jo!«

[109] Der Winter

Isch echt do obe Bauwele feil?
Sie schütten eim e redli Teil
in d'Gärten aben und ufs Hus;
es schneit doch au, es isch e Gruus;
und 's hangt no menge Wage voll
am Himmel obe, merki wol.
Und wo ne Ma vo witem lauft,
so het er vo der Bauwele gchauft;
er treit sie uf der Achsle no,
und uffem Hut, und lauft dervo.
Was laufsch denn so, du närsche Ma?
De wirsch sie doch nit gstohle ha?
Und Gärten ab, und Gärten uf
hen alli Scheie Chäpli uf.
Sie stöhn wie großi Here do;
sie meine, 's heig's sust niemes so.
Der Nußbaum het doch au si Sach,
und 's Herehus und 's Chilchedach.
Und wo me luegt, isch Schnee und Schnee,
me sieht ke Stroß und Fueßweg meh.
Meng Somechörnli, chlei und zart,
lit unterm Bode wohl verwahrt,
und schnei's, so lang es schneie mag,
es wartet uf si Ostertag.
Meng Summervögeli schöner Art
lit unterm Bode wohl verwahrt;
es het kei Chummer und kei Chlag,
und wartet uf si Ostertag;
und gang's au lang, er chunnt emol,
und sieder schloft's, und 's isch em wohl.
Doch wenn im Frühlig 's Schwälmli singt,
und d'Sunnewärmi abe dringt,
Potz tausig, wacht's in jedem Grab,
und streift si Totehemdli ab.
[110]
Wo nummen au ne Löchli isch,
schlieft 's Leben use jung und frisch.
Do fliegt er hungerig Spätzli her!
e Brösli Brot wär si Begehr.
Es luegt ein so verbärmli a;
's het sieder nechte nüt meh gha.
Gell, Bürstli, sel isch anderi Zit,
wenn 's Chorn in alle Fure lit?
Do hesch! Loß andern au dervo!
Bisch hungerig, chasch wieder cho! –
's muß wohr si, wie 's e Sprüchli git:
›Sie seihe nit, und ernde nit;
sie hen kei Pflug, und hen kei Joch,
und Gott im Himmel nährt sie doch.‹

Das Habermus

's Habermues wär ferig, se chömmet, ihr Chinder, und esset!
Betet: ›Aller Augen‹ – und gent mer ordeli Achtig,
aß nit eim am rueßige Tüpfi 's Ermeli schwarz wird.
Esset denn, und segnich's Gott, und wachset und trüeihet!
D'Haberchörnli het der Ätti zwische de Fure
gseiht mit flißiger Hand und abegeget im Früeihjohr.
Aß es gwachsen isch und zitig worde, für sel cha
euen Ätti nüt, sel tut der Vater im Himmel.
Denket numme, Chinder, es schloft im mehlige Chörnli
chlei und zart e Chiimli, das Chiimli tutich ke Schnüüfli,
nei, es schloft, und seit kei Wort, und ißt nit, und trinkt nit,
bis es in de Fure lit, im luckere Bode.
[111]
Aber in de Furen und in der füechtige Wärmi
wacht es heimli uf us sim verschwiegene Schlöfli,
streckt die zarte Gliedli, und suget am saftige Chörnli,
wie ne Mutterchind, 's isch alles, aß es nit brieget.
Siederie wird's größer, und heimli schöner und stärcher,
und schlieft us de Windlen, es streckt e Würzeli abe,
tiefer aben in Grund, und sucht si Nahrig und findt sie.
Jo, und 's sticht's der Wunderfitz, 's möcht nummen au wisse,
wie's denn witer oben isch. Gar heimlig und furchtsem
güggelet's zum Boden us – Potz tausig, wie gfallt's em!
Üse lieber Hergot, er schickt en Engeli abe.
»Bringem e Tröpfli Tau, und sag em fründli Gottwilche!«
Und es trinkt, und 's schmecktem wohl, und 's streckt si gar sölli.
Sieder strehlt si d'Sunnen, und wenn sie gwäschen und gstrehlt isch,
chunnt sie mit der Strickete füre hinter de Berge,
wandlet ihre Weg hoch an der himmlische Landstroß,
strickt und lueget aben, as wie ne fründligi Muetter
no de Chindlene luegt. Sie lächlet gegenem Chiimli,
und es tutem wohl, bis tief ins Würzeli abe.
»So ne tolli Frau, und doch so güetig und fründli!«
Aber was sie strickt? He, Gwülch us himmlische Düfte!
's tröpflet scho, ne Sprützerli chunnt, druf regnet's gar sölli.
's Chiimli trinkt bis gnug; druf weiht e Lüftli und trochnet's,
und es seit: »Jez gangi nümmen untere Bode,
um ke Pris! Do blibi, geb, was no us mer will werde!«
[112]
Esset Chindli, gsegn' es Gott, und wachset und trüeihet!
's wartet herbi Zit ufs Chiimli. Wulken an Wulke
stöhn am Himmel Tag und Nacht, und d'Sunne verbirgt si.
Uf de Berge schneit's, und witer niede hurniglet's.
Schocheli schoch, wie schnatteret jez, und brieget mi Chiimli!
und der Boden isch zu, und 's het gar chündigi Nahrig.
»Isch denn d'Sunne gstorbe«, seit es, »aß sie nit cho will!
Oder förcht sie au, es frier sie? Wäri doch bliebe,
woni gsi bi, still und chlei im mehlige Chörnli,
und deheim im Boden und in der füechtige Wärmi!«
Lueget Chinder, so goht's! Der werdet au no so sage,
wenn der use chömmet, und unter fremde Lüte
schaffe müent und reblen, und Brot und Plunder verdiene:
»Wäri doch deheim bim Müetterli, hinterem Ofe!«
Tröstich Gott! 's nimmt au en End, und öbbe wird's besser,
wie's im Chiimli gangen isch. Am heitere Maitag
weiht's so lau, und d'Sunne stigt so chräftig vom Berg uf,
und sie luegt, was 's Chiimli macht, und git em e Schmützli,
und jez isch em wohl, und 's weiß nit z'blibe vor Freude.
Nootno prange d'Matte mit Gras und farbige Blume;
nootno duftet 's Chriesibluest, und grünet der Pflumbaum;
nootno wird der Rogge buschig, Weizen und Gerste,
und mi Häberli seit: »Do blibi jo nit dehinte!«
Nei, es spreitet d'Blättli us – wer het em sie gwobe?
[113]
und jez schießt der Halm – wer tribt in Röhren an Röhre
's Wasser us de Wurzle bis in die saftige Spitze?
Endli schlieft en Ähri us, und schwankt in de Lüfte –
sagmer au ne Mensch, wer het an sideni Fäde
do ne Chnöspli ghenkt und dört mit chünstlige Hände?
D'Engeli, wer denn sust? Sie wandle zwische de Furen
uf und ab, vo Halm zu Halm, und schaffe gar sölli.
Jez hangt Bluest an Bluest am zarte schwankigen Ähri,
und mi Haber stoht, as wie ne Brüütli im Chilchstuhl.
Jez sin zarti Chörnli drin, und wachsen im Stille,
und mi Haber merkt afange, was es will werde.
D'Chäferli chömme und d'Fliege, sie chömme z'Stubete zunem,
luege, was er macht, und singen: ›Eie Popeie!‹
Und 's Schiiwürmli chunnt, Potz tausig mittem Laternli,
z'nacht um Nüni z'Licht, wenn d'Fliegen und d'Chäferli schlofe.
Esset Chinder, segn es Gott, und wachset und trüeihet!
Sieder het me gheuet, und Chriesi gunne no Pfingste;
sieder het me Pflümli gunne hinterem Garte;
sieder hen sie Rogge gschnitte, Weizen und Gerste,
und die arme Chinder hen barfis zwische de Stupfle
gfalleni Ähri glesen, und 's Müüsli het ene ghulfe.
Druf het au der Haber bleicht. Voll mehligi Chörner
het er gschwankt und gseit: »Jez isch's mer afange verleidet,
und i merk, mi Zit isch us, was tueni ellei do,
zwische de Stupfelrüben, und zwische de Grumbirestude?«
[114]
Druf isch d'Muetter usen und 's Efersinli und 's Plunni,
's het ein scho an d'Finger gfrore z'morgen und z'obe.
Endli hemmer en brocht und in der staubige Schüre
hei sie'n dröscht vo früeih um Zwei bis z'oben um Vieri.
Druf isch's Müllers Esel cho, und hetten in d'Mühli
gholt, und wieder brocht, in chleini Chörnli vermahle;
und mit feister Milch vom junge fleckige Chüeihli
hetten 's Müetterli gchocht im Tüpfi. – Geltet, 's isch gut gsi?
Wüschet d'Löffel ab, und bet eis: ›Danket dem Heren – ‹
und jez göhnt in d'Schul, dört hangt der Oser am Simse!
Fall mer keis, gent Achtig, und lehret, was menich ufgit!
Wenn der wieder chömmet, so chömmet der Zibbertli über.

Wächterruf

Loset, was i euch will sage!
D'Glocke het Zehni gschlage.
Jez betet, und jez göhnt ins Bett,
und wer e rüeihig Gwisse het,
schlof sanft und wohl! Im Himmel wacht
e heiter Aug die ganzi Nacht.
Loset, was i euch will sage!
D'Glocke het Ölfi gschlage.
Und wer no an der Arbet schwitzt,
und wer no bi de Charte sitzt,
dem bieti jez zum leztemol, –
's isch hochi Zit – und schlofet wohl!
[115]
Loset, was i euch will sage!
D'Glocke het Zwölfi gschlage.
Und wo no in der Mitternacht
e Gmüet in Schmerz und Chummer wacht,
se geb der Gott e rüeihigi Stund,
und mach di wieder froh und gsund!
Loset, was i euch will sage!
D'Glocke het Eis gschlage.
Und wo mit Satans Gheiß und Not,
e Dieb uf dunkle Pfade goht,
– i will's nit hoffen, aber gschieht's –
gang heim! Der himmlisch Richter sieht's.
Loset, was i euch will sage!
D'Glocke het Zwei gschlage.
Und wem scho wieder, eb's no tagt,
die schweri Sorg am Herze nagt,
du arme Tropf, di Schlof isch hi!
Gott sorgt! Es wär nit nötig gsi.
Loset, was i euch will sage!
D'Glocke het Drü gschlage.
Die Morgestund am Himmel schwebt,
und wer im Friede der Tag erlebt,
dank Gott, und faß e frohe Muet,
und gang ans Gschäft, und – halt di guet!

Der Bettler

»En alte Ma, en arme Ma,
er sprichtich um e Wohltat a.
E Stückli Brot ab euem Tisch,
wenn's eue guete Willen isch!
He jo, dur Gotts Wille!
In Sturm und Wetter, arm und bloß,
gibore bini uf der Stroß,
und uf der Stroß in Sturm und Wind
erzogen, arm, e Bettelchind.
[116]
Druf woni chräftig worde bi,
und d'Eltere sin gstorbe gsi,
se hani denkt: Saldatetod
isch besser weder Bettelbrot.
I ha in schwarzer Wetternacht
vor Laudons Zelt und Fahne gwacht,
i bi bim Paschal Paoli
in Korsika Draguner gsi,
und gfochte hani, wie ne Ma,
und Bluet an Gurt und Sebel gha.
I bi vor menger Batterie,
i bi in zwenzig Schlachte gsi,
und ha mit Treu und Tapferkeit
dur Schwert und Chugle 's Lebe treit.
Zletzt hen sie mi mit lahmem Arm
ins Elend gschickt. Dass Gott erbarm!
He jo, dur Gotts Wille!«
»Chumm arme Ma!
I gunn der's wienis selber ha.
Und helf der Gott us diner Not,
und tröst di, bis es besser goht.«
»Vergelt's der Her, und dank der Gott
du zarten Engel wiiß und rot,
und geb der Gott e brave Ma! –
Was luegsch mi so biwegli a?
Hesch öbben au e Schatz im Zelt,
mit Schwert und Roß im wite Feld?
Biwahr di Gott vor Weh und Leid,
und geb dim Schatz e sicher Gleit,
und bring der bald e gsunde Ma!
's goht ziemli scharf vor Mantua.
's cha si, i chönnt der Meldig ge. –
Was luegsch mi a, und wirsch wie Schnee?
Denkwol, i henk mi Bettelgwand
mi falsche graue Bart an d'Wand!
Jez bschau mi recht, und chennsch mi no?
Geb Gott, i seig Gottwilche do!«
[117]
»Her Jesis, der Friedli, mi Friedli isch do!
Gottwilche, Gottwilche, wohl chenni di no!
Wohl het mi bigleitet di liebligi Gstalt
uf duftige Matten, im schattige Wald.
Wohl het di bigleitet mi bchümmeret Herz
dur Schwerter und Chugle mit Hoffnig und Schmerz,
und brieget und betet. Gott het mer willfahrt,
und het mer mi Friedli und het mer en gspart.
Wie chlopft's mer im Buse, wie bini so froh!
O Muetter, chumm weidli, mi Friedli isch do!«

Der Storch

(Nach dem Frieden)


Willkumm, Her Storch! Bisch au scho do,
und schmecksch im Weiher d'Frösche scho?
Und meinsch, der Winter heig si Sach,
und 's besser Wetter chömm alsgmach?
He jo, der Schnee gieng überal;
me meint, es werd scho grün im Tal.
Der Himmel isch so rein und blau,
und 's weiht ein a so mild und lau.
Nei loset, wiener welsche cha!
Verstoht men au ne Wörtli dra?
Drum chunnt er über Strom und Meer
us wite fremde Ländere her.
Was bringsch denn Neu's us Afrika?
Sie hen gwis au so Umständ gha,
und d'Büchse gspannt, und d'Sebel gwezt,
und Freiheitsbäum vor d'Chilche gsetzt?
De hesch so roti Strümpfli a.
Isch öbbe Blut vom Schlachtfeld dra?
Wo hesch die schwarze Fegge gno?
Bisch öbbe z'noch an d'Flamme cho?
[118]
Um das hättsch über Land und Meer
nit reise dörfe hi und her
vom Rhistrom bis in Afrika.
De hättsch's jo in der Nööchi gha.
Mer wüsse leider au dervo,
und mengi Wunde blutet no,
und 's druckt no menge Chummer schwer,
und menge schöne Trog isch leer.
Und witer, an den Alpe hi,
isch's, Gott erbarm's, no ärger gsi,
und Weh und Ach het usem Wald
und us de Berge widerhallt.
Ans Wilhelm Telle Freiheitshut
hangt menge Tropfe Schwitzerblut.
Wie het's nit ummen blizt und gchracht,
und dunderet in der Wetternacht!
Doch öbben in der Wetternacht
het Gottis Engel au no gwacht.
»Jo frili«, seit er, »Chlip und Chlap!«
und schwenkt der Schnabel uf und ab.
Gang Muetter, und heiß 's Büebli cho!
Lueg Chind, di Storch isch wieder do!
Sag: ›Grüß di Gott! Was bringsch mer mit?‹
I glaub, bim Bluest, er chennt di nit.
's macht's, wil d'so groß und sufer bisch,
und 's Löckli chrüser worden isch.
Fern hesch no so ne Jüppli gha,
jez hesch scho gstreifti Hösli a.
Er pepperet no alliwil,
und 's schint, er wiß no sölli viel.
Es goht em au, wie mengem Ma,
er het si Gfalle selber dra!
's isch gnug, Her Storch! Mer wüsse's scho,
und was de seisch, mer glaube's jo!
Es freut di au, aß 's Dorf no stoht,
und alles gsund isch – dank der Gott!
[119]
He jo, 's mag wieder ziemli go,
und 's Feldpikett isch nümme do;
wo Lager gsi sin Zelt an Zelt,
goht jez der Pflug im Ackerfeld.
Und der, wo d'Storche heißet cho,
und d'Rabe nährt, isch au no do.
Er schafft den Arme Brot ins Hus,
und heilt die alte Presten us.
Und wo me luegt, und luege cha,
se lächlet ein der Frieden a,
wie Morgelicht, wenn d'Nacht vergoht,
und d'Sunne hinter de Tanne stoht.
Gang lueg e wenig d'Gegnig a!
I glaub, de wirsch e Gfalle ha.
Mi Matten isch der wol bikannt,
am Brunnen abe linker Hand.
Und triffsch am Bach e Fröschli a,
sen isch's der gunnt. Verstick nit dra!
Und, was i bitt, loß d'Imme goh!
Mi Große seit, sie fliege scho.

Sonntagsfrühe

Der Samstig het zum Sunntig gseit:
»Jez hani alli schlofe gleit;
sie sin vom Schaffe her und hi
gar sölli müed und schlöfrig gsi,
und 's gohtmer schier gar selber so,
i cha fast uf ke Bei me stoh.«
So seit er, und wo's Zwölfi schlacht,
se sinkt er aben in d'Mitternacht.
Der Sunntig seit: »Jez isch's an mir!«
Gar still und heimli bschließt er d'Tür.
Er düselet hinter de Sterne no,
und cha schier gar nit obsi cho.
[120]
Doch endli ribt er d'Augen us,
er chunnt der Sunn an Tür und Hus;
sie schloft im stille Chämmerli;
er pöpperlet am Lädemli;
er rüft der Sunne: »D'Zit isch do!«
Sie seit: »I chumm enanderno.«
Und lisli uf de Zeche goht,
und heiter uf de Berge stoht
der Sunntig, und 's schloft alles no;
es sieht und hört en niemes goh;
er chunnt ins Dorf mit stillem Tritt,
und winkt im Guhl: »Verrot mi nit!«
Und wemmen endli au verwacht,
und gschlofe het die ganzi Nacht,
se stoht er do im Sunneschi,
und luegt eim zu de Fenstern i
mit sinen Auge mild und gut,
und mittem Meien uffem Hut.
Drum meint er's treu, und was i sag,
es freut en, wemme schlofe mag,
und meint, es seig no dunkel Nacht,
wenn d'Sunn am heitere Himmel lacht.
Drum isch er au so lisli cho,
drum stoht er au so liebli do.
Wie glitzeret uf Gras und Laub
vom Morgetau der Silberstaub!
Wie weiht e frische Maieluft,
voll Chriesibluest und Schlecheduft!
Und d'Immli sammle flink und frisch,
sie wüsse nit, aß 's Sunntig isch.
Wie pranget nit im Garteland
der Chriesibaum im Maiegwand,
Gelveieli und Tulipa,
und Sterneblume nebe dra,
und gfüllti Zinkli blau und wiiß,
me meint, me lueg ins Paradies!
[121]
Und 's isch so still und heimli do,
men isch so rüeihig und so froh!
Me hört im Dorf kei »Hüst« und »Hott«;
e »Gute Tag«, und »Dank der Gott«,
und »'s git gottlob e schöne Tag«,
isch alles, was me höre mag.
Und 's Vögeli seit: »Frili jo!
Potz tausig, jo, do isch er scho!
Er dringt jo in sim Himmelsglast
dur Bluest und Laub in Hurst und Nast!«
Und 's Distelzwigli vorne dra
het 's Sunntigröckli au scho a.
Sie lüte weger 's Zeiche scho,
der Pfarer, schint's, well zitli cho.
Gang, brechmer eis Aurikli ab,
verwüschet mer der Staub nit drab,
und Chüngeli, leg di weidli a,
de muesch derno ne Meie ha!

Auf einem Grabe

Schlof wohl, schlof wohl im chüle Bett!
De ligsch zwor hert uf Sand und Chies;
doch spürt's di müede Rucke nit.
Schlof sanft und wohl!
Und 's Deckbett lit der, dick und schwer
in d'Höchi gschüttlet, uffem Herz.
Doch schlofsch im Friede, 's druckt di nit.
Schlof sanft und wohl!
De schlofsch und hörsch mi »Bhütdi Gott«,
de hörsch mi sehnli Chlage nit.
Wär's besser, wenn de 's höre chönntsch?
Nei, weger nei!
[122]
O, 's isch der wohl, es isch der wohl!
Und wenni numme bi der wär,
se wär schon alles recht und gut.
Mer tolten is.
De schlofsch und achtisch 's Unrueih nit
im Chilcheturn die langi Nacht,
und wenn der Wächter Zwölfi rüeft
im stille Dorf.
Und wenn's am schwarze Himmel blizt,
und Gwülch an Gwülch im Donner chracht,
se fahrtder 's Wetter übers Grab,
und weckt di nit.
Und was di früeih im Morgerot
bis spot in d'Mittnacht bchümmert het,
gottlob, es ficht di nümmen a
im stille Grab.
Es isch der wohl, o, 's isch der wohl!
und alles, was de glitte hesch,
Gott Lob und Dank, im chüele Grund
tut's nümme weh.
Drum, wenni numme bi der wär,
so wär jo alles recht und gut.
Jez sitzi do, und weiß kei Trost
mim tiefe Schmerz.
Doch öbbe bald, wenn's Gottswill isch,
se chunnt mi Samstig-z' oben au,
und druf, se grabt der Nochber Chlaus
mir au ne Bett.
Und wenni lig, und nümme schnuuf,
und wenn sie 's Schloflied gsunge hen,
se schüttle sie mer 's Deckbett uf,
und – »Bhütdi Gott!«
I schlof derno so sanft wie du,
und hör' im Chilchturn 's Unrueih nit.
Mer schlofe, bis am Sunntig früeih
der Morge taut.
[123]
Und wenn emol der Sunntig tagt,
und d'Engel singe 's Morgelied,
se stöhn mer mitenander uf,
erquickt und gsund.
Und 's stoht e neui Chilche do,
sie funklet hell im Morgerot.
Mer göhn, und singen am Altar
Hallelujah!

Der Wächter in der Mitternacht

»Loset, was i euch will sage!
D'Glocke het Zwölfi gschlage.«
Wie still isch alles! Wie verborgen isch,
was Lebe heißt, im Schoß der Mitternacht
uf Stroß und Feld! Es tönt kei Menschetritt;
es fahrt kei Wagen us der Ferni her;
kei Hustür gahret, und kei Otem schnuuft,
und nit emol e Möhnli rüeft im Bach.
's lit alles hinterm Umhang jez und schloft,
und öb mit lichtem Fuß und stillem Tritt
e Geist vorüber wandlet, weißi nit.
Doch was i sag, ruuscht nit der Tiich? Er schießt
im Leerlauf ab am müede Mühlirad,
und näume schliicht der Iltis unterm Dach
de Tremle no, und lueg, do obe zieht
vom Chilchturn her en Ül im stille Flug
dur d'Mitternacht, und hangt denn nit im Gwülch
die großi Nachtlaterne dört, der Mond?
Still hangt si dört, und d'Sterne flimmere,
wie wemmen in der dunkle Regenacht,
vom wite Gang ermattet, uf der Stroß
an d'Heimet chunnt, no keini Dächer sieht
und numme do und dört e fründli Licht.
[124]
Wie wird's mer doch uf eimol so kurios?
Wie wird's mer doch so weich um Brust und Herz,
as wenni briege möcht, weiß nit worum;
as wenni 's Heimweh hätt, weiß nit no was?
»Loset, was i euch will sage!
D'Glocke het Zwölfi gschlage.
Und isch's so schwarz und finster do,
se schine d'Sternli no so froh,
und us der Heimet chunnt der Schi
's muß lieblig in der Heimet si!«
Was willi? Willi dure Chilchhof goh
ins Unterdorf? Es isch mer d'Tür seig off,
as wenn die Toten in der Mitternacht
us ihre Gräbere giengen, und im Dorf
e wenig luegten, öb no alles isch
wie almig. 's isch mer doch bis dato ken
bigegnet, aß i weiß. Denkwol i tue's,
und rüef de Tote – nei sel tueni nit!
Still willi uf de stille Gräbere goh!
Sie hen jo d'Uhr im Turn, und weiß i denn,
isch au scho ihre Mitternacht verbei?
's cha si, es fallt no dunkler alliwil
und schwärzer uf sie abe – d'Nacht isch lang.
's cha si, es zuckt e Streifli Morgerot
scho an de Berge uf – i weiß es nit.
Wie isch's so heimli do? Sie schlofe wohl
Gott gunnene's! – e bizli schuderig,
sel läugni nit; doch isch nit alles tot.
I hör jo 's Unrueih in der Chilche; 's isch
der Pulz der Zit in ihrem tiefe Schlof,
und d'Mitternacht schnuuft vo de Berge her.
Ihr Otem wandlet über d'Matte, spielt
dört mittem Tschäubbeli am grüne Nast,
und pfift dur d'Scheie her am Gartehag.
Sie chuuchet füecht an d'Chilchemur und chalt;
die lange Fenster schnattere dervo
und 's lopperig Chrütz. Und lueg, do lüftet si
[125]
en offe Grab! – Du guten alte Franz,
se hen sie au di Bett scho gmacht im Grund,
und 's Deckbett wartet uf di nebe dra,
und d'Liechtli us der Heimet schine dri!
He nu, es gohtis alle so. Der Schlof
zwingt jeden uffem Weg, und eb er gar
in d'Heimet dure chunnt. Doch wer emol
si Bett im Chilchhof het, gottlob, er isch
zum leztemol do niden übernacht,
und wenn es taget, und mer wachen uf,
und chömmen use, hemmer nümme wit,
e Stündli öbben, oder nitemol. –
Se stolperi denn au no d'Stäpfli ab,
und bi so nüechter bliebe hinechtie.
»Loset, was i euch will sage!
D'Glocke het Zwölfi gschlage.
Und d'Sternli schine no so froh,
und us der Heimet schimmert's so,
und 's isch no umme chleini Zit.
Vom Chilchhof het me nümme wit.«
Wo bini gsi? Wo bini echterst jez?
E Stäpfli uf, e Stäpfli wieder ab,
und witers nüt? Nei weger, witers nüt?
Isch nit 's ganz Dörfli in der Mitternacht
e stille Chilchhof? Schloft nit alles do,
wie dört vom lange müede Wachen us,
vo Freud und Leid, und isch in Gottis Hand,
do unterm Straudach, dört im chüele Grund,
und warte, bis es taget um sie her?
He, 's würd jo öbbe! Und wie lang und schwarz
au d'Nacht vom hoche Himmel abe hangt,
verschlofen isch der Tag deswegen nie;
und bis i wieder chumm, und nonemol,
so gen mer d'Gühl scho Antwort, wenni rüef,
se weiht mer scho der Morgeluft ins Gsicht.
[126]
Der Tag verwacht im Tannewald, er lüpft
alsgmach der Umhang obsi; 's Morgeliecht,
es rieslet still in d'Nacht, und endli wahlt's
in goldne Strömen über Berg und Tal.
Es zuckt und wacht an allen Orte; 's goht
e Lade do und dört e Hustür uf,
und 's Lebe wandlet use frei und froh.
Du liebi Seel, was wird's e Firtig si,
wenn mit der Zit die lezti Nacht versinkt,
wenn alli goldne Sterne groß und chlei,
und wenn der Mond und 's Morgerot und d'Sunn
in Himmelsliecht verrinnen, und der Glast
bis in die tiefe Gräber abe dringt,
und d'Muetter rüeft de Chindlene: »'s isch Tag!«
und alles usem Schlof verwacht, und do
ne Laden ufgoht, dört e schweri Tür!
Die Tote luegen use jung und schön.
's het menge Schade gutet übernacht,
und menge tiefe Schnatte bis ins Herz
isch heil. Sie luegen use gsund und schön,
und tunke 's Gsicht in Himmelsluft. Sie stärkt
bis tief ins Herz – o wenn 's doch bald so chäm!
»Loset, was i euch will sage!
D'Glocke het Zwölfi gschlage.
Und d'Liechtli brennen alli no;
der Tag will iemerst no nit cho.
Doch Gott im Himmel lebt und wacht,
er hört wohl, wenn es Vieri schlacht!«

Der zufriedene Landmann

Denkwol, jez lengi au in Sack,
und trink e Pfifli Rauchtubak,
und fahr jez heim mit Eg und Pflug,
der Laubi meint scho lang, 's seig gnug.
[127]
Und wenn der Kaiser usem Rot
in Feld und Forst ufs Jage goht,
se lengt er denkwol au in Sack,
und trinkt e Pfifli Rauchtubak.
Doch trinkt er wenig Freud und Lust,
es isch em näume gar nit just.
Die goldne Chrone drucke schwer;
's isch nit, as wenn's e Schiehut wär.
Wohl goht em menge Batzen i,
doch will au menge gfuttert si;
und woner lost, isch Bitt und Bitt,
und alli tröste chaner nit.
Und wenn er hilft, und sorgt und wacht
vom früeihe Morge bis in d'Nacht,
und meint, jez heiger alles to,
se het er erst ke Dank dervo.
Und wenn, vom Treffe blutig rot,
der Jeneral im Lager stoht,
se lengt er endli au in Sack,
und trinkt e Pfifli Rauchtubak.
Doch schmeckt's em nit im wilde Gwühl
bim Ach und Weh und Saitespiel;
er het turnieret um und um,
und niemes will en lobe drum.
Und Fürio und Mordio
und schweri Wetter ziehnem no;
do lit der Granedier im Blut,
und dört e Dorf in Rauch und Glut.
Und wenn in d'Meß mit Gut und Geld
der Chaufher reist im wite Feld,
se lengt er eben au in Sack,
und holt si Pfifli Rauchtubak.
Doch schmeckt's der nit, du arme Ma!
Me sieht der dini Sorgen a,
und 's Eimoleis, es isch e Gruus,
es luegt der zu den Augen us.
[128]
De treisch so schwer, es tut der weh;
doch hesch nit gnug, und möchtsch no me,
und weisch jo nit, wo ane mit;
drum schmeckt der au di Pfifli nit.
Mir schmeckt's Gottlob, und 's isch mer gsund.
Der Weize lit im füechte Grund,
und mittem Tau im Morgerot,
und mit sim Otem segnet's Gott.
Und 's Anne-Meili flink und froh,
es wartet mit der Suppe scho,
und d'Chinderli am chleine Tisch,
me weiß nit, welles 's fürnehmst isch.
Drum schmeckt mer au mi Pfifli wohl.
Denkwol, i füllmer's nonemol!
Zum frohe Sinn, zum freie Mut,
und heimetzu schmeckt alles gut.

Die Vergänglichkeit

(Gespräch auf der Straße nach Basel zwischen Steinen und Brombach, in der Nacht)

Der Bub seit zum Ätti:

Fast allmol, Ätti, wenn mer's Röttler Schloß
so vor den Auge stoht, se denki dra,
öb's üsem Hus echt au emol so goht.
Stoht's denn nit dört, so schuderig, wie der Tod
im Basler Totetanz? Es gruset eim,
wie länger as me's bschaut. Und üser Hus,
es sitzt jo wie ne Chilchli uffem Berg,
und d'Fenster glitzeren, es isch e Staat.
Schwetz, Ätti, goht's em echterst au no so?
I mein emol, es chönn schier gar nit si.
Der Ätti seit:

Du gute Burst, 's cha frili si, was meinsch?
's chunnt alles jung und neu, und alles schliicht
sim Alter zu, und alles nimmt en End,
[129]
und nüt stoht still. Hörsch nit, wie 's Wasser ruuscht,
und siehsch am Himmel obe Stern an Stern?
Me meint, von alle rühr sie kein, und doch
ruckt alles witers, alles chunnt und goht.
Je, 's isch nit anderst, lueg mi a, wie d'witt.
De bisch no jung; Närsch, ich bin au so gsi,
jez würd's mer anderst, 's Alter, 's Alter chunnt,
und woni gang, go Gresgen oder Wies,
in Feld und Wald, go Basel oder heim,
's isch einerlei, i gang im Chilchhof zu, –
brieg, alder nit! – und bis de bisch wien ich,
e gstandene Ma, se bini nümme do,
und d'Schof und Geiße weide uf mim Grab.
Jo wegerli, und 's Hus wird alt und wüst;
der Rege wäscht der's wüster alli Nacht,
und d'Sunne bleicht der's schwärzer alli Tag,
und im Vertäfer popperet der Wurm.
Es regnet no dur d'Bühne ab, es pfift
der Wind dur d'Chlimse. Drüber tuesch du au
no d'Auge zu; es chömme Chindeschind,
und pletze dra. Zlezt fuults im Fundement,
und 's hilft nüt me. Und wemme nootno gar
zweitusig zehlt, isch alles zsemmegkeit.
Und 's Dörfli sinkt no selber in si Grab.
Wo d'Chilche stoht, wo 's Vogts und 's Here Hus,
goht mit der Zit der Pflug –
Der Bub seit:

Nei, was de seisch!
Der Ätti seit:

Je, 's isch nit anderst, lueg mi a, wie d' witt!
Isch Basel nit e schöni tolli Stadt?
's sin Hüser drinn, 's isch mengi Chilche nit
so groß, und Chilche, 's sin in mengem Dorf
nit so viel Hüser. 's isch e Volchspiel, 's wohnt
e Richtum drinn, und menge brave Her,
und menge, woni gchennt ha, lit scho lang
im Chrützgang hinterm Münsterplatz und schloft.
[130]
's isch eitue, Chind, es schlacht emol e Stund,
goht Basel au ins Grab, und streckt no do
und dört e Glied zum Boden us, e Joch,
en alte Turn, e Giebelwand; es wachst
do Holder druf, do Büechli, Tanne dört,
und Moos und Farn, und Reiger niste drinn –
's isch schad derfür! – und sin bis dörthi d'Lüt
so närsch wie jez, so göhn au Gspenster um,
d'Frau Faste, 's isch mer jez, sie lang scho a,
me seit's emol, – der Lippi Läppeli,
und was weiß ich, wer meh? Was stoßisch mi?
Der Bub seit:

Schwetz lisli, Ätti, bis mer über d'Bruck
do sin, und do an Berg und Wald verbei!
Dört obe jagt e wilde Jäger, weisch?
Und lueg, do niden in de Hürste seig
gwiß 's Eiermeidli glege, halber ful,
's isch Johr und Tag. Hörsch, wie der Laubi schnuuft?
Der Ätti seit:

Er het der Pfnüsel! Seig doch nit so närsch!
– »Hüst, Laubi, Merz!« – und loß die Tote go,
sie tüen der nüt meh! – Je, was hani gseit?
Vo Basel, aß es au emol verfallt.
Und goht in langer Zit e Wandersma
ne halbi Stund, e Stund wit dra verbei,
se luegt er dure, lit ke Nebel druf,
und seit sim Kamerad, wo mittem goht:
»Lueg, dört isch Basel gstande! Selle Turn
seig d'Peterschilche gsi, 's isch schad derfür!«
Der Bub seit:

Nei, Ätti, isch's der Ernst? Es cha nit si!
Der Ätti seit:

Je, 's isch nit anderst, lueg mi a, wie d' witt,
und mit der Zit verbrennt die ganzi Welt.
Es goht e Wächter us um Mitternacht,
e fremde Ma, me weiß nit, wer er isch,
[131]
er funklet, wie ne Stern, und rüeft: »Wacht auf!
Wacht auf, es kommt der Tag!« – Drob rötet si
der Himmel, und es dundert überal,
zerst heimlig, alsgmach lut, wie sellemol,
wo Anno sechsenünzig der Franzos
so uding gschosse het. Der Bode schwankt,
aß d'Chilchtürn guge; d'Glocke schlagen a,
und lüte selber Bettzit wit und breit,
und alles bettet. Drüber chunnt der Tag;
o, bhütis Gott, me brucht ke Sunn derzu,
der Himmel stoht im Blitz, und d'Welt im Glast.
Druf gschieht no viel, i ha jez nit der Zit;
und endli zündet's a, und brennt und brennt,
wo Boden isch, und niemes löscht. Es glumst
wohl selber ab. Wie meinsch, sieht's us derno?
Der Bub seit:

O Ätti, sag mer nüt me! Zwor, wie goht's
de Lüte denn, wenn alles brennt und brennt?
Der Ätti seit:

He, d'Lüt sin nümme do, wenn's brennt, sie sin –
wo sin sie? Seig du frumm, und halt di wohl,
geb, wo de bisch, und bhalt di Gwisse rein!
Siehsch nit, wie d'Luft mit schöne Sterne prangt!
's isch jede Stern verglichlige ne Dorf,
und witer obe seig e schöni Stadt,
me sieht si nit vo do, und haltsch di gut,
se chunnsch in so ne Stern, und 's isch der wohl,
und findsch der Ätti dort, wenn's Gottswill isch,
und 's Chüngi selig, d'Mutter. Öbbe fahrsch
au d'Milchstroß uf in die verborgeni Stadt,
und wenn de sitwärts abe luegsch, was siehsch?
e Röttler Schloß! Der Belche stoht verchohlt,
der Blauen au, as wie zwee alti Türn,
und zwische drinn isch alles use brennt,
bis tief in Boden abe. D'Wiese het
ke Wasser meh, 's isch alles öd und schwarz,
und totestill, so wit me luegt – das siehsch,
[132]
und seisch dim Kamerad, wo mitder goht:
»Lueg, dört isch d'Erde gsi, und selle Berg
het Belche gheiße! Nit gar wit dervo
isch Wislet gsi; dört hani au scho glebt,
und Stiere gwettet, Holz go Basel gführt,
und brochet, Matte graust, und Liechtspöh gmacht,
und gvätterlet, bis an mi selig End,
und möcht jez nümme hi.« – »Hüst Laubi, Merz!«

Der Jänner

Im Ätti sezt der Öldampf zu.
Mer chönnte 's Ämpeli use tue,
und d'Läden uf. Der Morgeschi
blickt scho zum runde Nastloch i. –
O lueget doch, wie chalt und rot
der Jänner uf de Berge stoht!
Er seit: »I bi ne bliebte Ma,
der Stern am Himmel lacht mi a!
Er glitzeret vor Lust und Freud,
und mueß er furt, sen isch's em leid;
er luegt mi a, und cha's nit lo,
und würd bizite wieder cho.
Und untermer in Berg und Tal,
wie flimmeret's nit überal!
An allen Ende Schnee und Schnee;
's isch alles mir zu Ehre gscheh,
und woni gang im wite Feld,
sin Stroße bahnt, und Brücke gstellt.«
Er seit: »I bi ne frische Ma,
i ha ne luftig Tschöpli a,
und roti Backe bis ans Ohr,
e heiter Aug und Duft im Hoor,
ke Wintergfrist, ke Gliederweh,
und woni gang, se chracht der Schnee.«
[133]
Er seit: »I bi ne gschickte Ma,
lueg, wieni überzuckere cha!
I chuuch, und an de Hürste hangt's,
und an de zarte Birche schwankt's.
Der Zuckerbeck mit gschickter Hand,
mit Geld und Gut wär's nit im Stand.
Jez lueg au dini Schiben a,
und wieni Helgli chritzle cha!
Do hesch e Blüemli, wenn's der gfallt,
do hesch e ganze Tannewald!
Der Früehlig chönnt's nit halber so,
's isch mit der Farb nit alles to.«
Er seit: »I bi ne starche Ma,
und zwing mi näumer, wenn er cha!
Der Forster gstablet uf der Jacht,
der Brunntrog springt, der Eichbaum chracht.
D'Frau Sunne mittem Gsichtli rund
het's Herz nit, aß sie füre chunnt.«
's isch wohr, me weiß nit, was sie tribt.
und wo sie alli Morge blibt.
Wie länger Nacht, wie spöter Tag,
wie besser aß sie schlofe mag,
und blieb es bis um Zehni Nacht,
se chäm sie erst, wenn's Ölfi schlacht.
Nei, het sie's ghört? Dört chunnt sie jo!
Me meint, 's brenn alles liechterloh!
Sie stoht im chalte Morgeluft,
sie schwimmt im rote Nebelduft.
Zeig, chuuch e wenig d'Schiben a,
's isch, aß me besser luege cha!
Der Nebel woget uf und ab,
und d'Sunne chämpft, sie loßt nit ab.
Jez het sie's gunne. Wit und breit
strahlt ihri Pracht und Herrlichkeit.
O lueg, wie 's über d'Dächer wahlt,
am Chilchefenster, lueg, wie's strahlt!
[134]
Der Jänner sezt si Arm in d'Huft,
er ruckt am Hut, und schnellt in d'Luft.
Der Jänner seit: »I förch di nit.
Chumm, wenn de mit mer baschge witt!
Was gilt's, de würsch bizite goh,
und rüehmsch dim Büebli nüt dervo!«
Je, 's wär wohl hübsch und liebli so,
im warme Stübli gfallt's eim scho.
Doch mengi Frau, daß Gott erbarm,
sie nimmt ihr nackig Chind in d'Arm,
sie het em nüt um d'Gliedli z'tue,
und wicklet's mittem Fürtuech zue.
Sie het kei Holz, und het kei Brot,
sie sizt und chlagt's im liebe Gott.
Gfriert Stei und Bei, wohl taut der Schmerz
no Tränen uf im Muetterherz.
Der Jänner isch e ruuche Ma,
er nimmt si nüt um d'Armet a.
Gang, bring der arme Fischer-Lis
e Säckli Mehl, e Hemdli wiß,
nimm au ne Wellen oder zwo,
und sag, sie soll au zuenis cho,
und Weihe hole, wenni bach,
und decket jez der Tisch alsgmach.

Der Knabe im Erdbeerschlag

E Büebli lauft, es goht in Wald
am Sunntignomittag;
es chunnt in d'Hürst und findet bald
Erdbeeri Schlag an Schlag;
es günnt und ißt si halber z'tod,
und denkt: ›Das isch mi Obedbrot.‹
Und wie nes ißt, se ruuscht's im Laub;
es chunnt e schöne Chnab.
Er het e Rock, wie Silberstaub,
[135]
und treit e goldne Stab.
Er glänzt wie d'Sunn am Schwizerschnee.
Si lebelang het's nüt so gseh.
Druf redt der Chnab mi Büebli a:
»Was issisch? I halt's mit!«
»He, nüt«, seit's Büebli, luegt en a,
und lüpft si Chäppli nit.
Druf seit der Chnab: »He, issisch nüt,
du grobe Burst, se battet's nüt!«
Verschwunden isch mi Chnab, und's stöhn
die nöchste Hürst im Duft;
drus fliegt en Engeli wunderschön
uf in die blaui Luft,
und 's Büebli stoht, und luegt em no,
und chrazt im Hoor, und lauft dervo.
Und sieder isch kei Sege meh
im Beeri-Esse gsi.
I ha mi Lebtig nüt so gseh,
sie bschießen ebe nie.
Iß hampflevoll, so viel de witt,
sie stillen eim der Hunger nit!
Was gibi der für Lehre dri?
Was seisch derzu? Me mueß
vor fremde Lüte fründli si
mit Wort und Red und Grueß
und 's Chäppli lüpfe z'rechter Zit,
sust het me Schimpf, und chunnt nit wit.

Das Spinnlein

Nei, lueget doch das Spinnli a,
wie's zarti Fäde zwirne cha!
Bas Gvatter, meinsch, chasch's au ne so?
De wirsch mer's, traui, blibe lo.
Es macht's so subtil und so nett,
i wott nit, aß i 's z'hasple hätt.
[136]
Wo het's die fini Riste gno,
bi wellem Meister hechle lo?
Meinsch, wemme 's wüßt, wol mengi Frau,
sie wär so gscheit, und holti au!
Jez lueg mer, wie 's si Füeßli sezt,
und d'Ermel streift, und d'Finger nezt.
Es zieht e lange Faden us,
es spinnt e Bruck ans Nochbers Hus,
es baut e Landstroß in der Luft,
morn hangt sie scho voll Morgeduft,
es baut e Fußweg nebe dra,
's isch, aß es ehne dure cha.
Es spinnt und wandlet uf und ab,
potz tausig, im Galopp und Trab!
Jez goht's ringum, was hesch, was gisch!
Siehsch, wie ne Ringli worden isch?
Jez schießt es zarti Fäden i.
Wird's öbbe solle gwobe si?
Es isch verstuunt, es haltet still,
es weiß nit recht, wo 's ane will,
's goht weger zruck, i sieh's em a;
's muß näumis Rechts vergesse ha.
›Zwor‹, denkt es, ›sel pressiert jo nit,
i halt mi nummen uf dermit.‹
Es spinnt und webt, und het kei Rast,
so gliichlig, me verluegt si fast.
Und 's Pfarers Christoph het no gseit,
's seig jede Fade zsemmegleit.
Es mueß ein guti Auge ha,
wer's zehlen und erchenne cha.
Jez puzt es sini Händli ab,
es stoht, und haut der Faden ab.
Jez sizt es in si Summerhus,
und luegt die lange Stroßen us.
Es seit: ›Me baut si halber z'tod,
doch freut's ein au, wenn's Hüsli stoht.‹
[137]
In freie Lüfte wogt und schwankt's,
und an der liebe Sunne hangt's;
sie schint em frei dur d'Beinli dur,
und 's isch em wohl. In Feld und Flur
sieht 's Mückli tanze, jung und feiß;
's denkt bi nem selber: ›Hätti eis!‹
O Tierli, wie hesch mi verzückt!
Wie bisch so chlei, und doch so gschickt!
Wer het di au die Sache glehrt?
Denkwol der, wonis alli nährt,
mit milde Händen alle git.
Bis z'frieden! Er vergißt di nit.
Do chunnt e Fliege, nei wie dumm!
Sie rennt em schier gar 's Hüsli um.
Sie schreit und winslet Weh und Ach!
Du arme Chetzer hesch di Sach!
Hesch keine Auge bi der gha?
Was göhn di üsi Sachen a?
Lueg, 's Spinnli merkt's enanderno,
es zuckt und springt und het si scho.
Es denkt: ›I ha viel Arbet gha,
jez mußi au ne Brotis ha!‹
I sag's jo, der, wo alle git,
wenn's Zit isch, er vergißt ein nit.

Dem aufrichtigen und wohlerfahrnen Schweizerboten an seinem Hochzeittage

I ha 's jo gseit, und 's isch so cho!
Was hani gseit? 's werd nit lang goh,
se bringt der Bott vom Schwitzerland
es Brütli an der weiche Hand,
es lieblig Brütli mit'm Chranz
zum Chilgang und zum Hochzittanz.
[138]
's isch frili wohr, und so ne Ma
es Fraueli, das mueß er ha.
Früeih, wenn er mit'm Morgerot
uf d'Stroß go Brugg und Basel goht,
wer nimmt en z' erst no lieb und warm,
zum Bhüetdigott und Chuß, in Arm?
Und wenn er mittem Abedstern
in d'Heimet chunnt, was hätt er gern?
's sött näumis an der Huustür stoh,
es sött em lieb eggege cho,
und fründli säge: »Grüeß di Gott,
du liebe Ma und Schwizerbott!«
Und säge sött's em: »Liebe Ma,
chumm weidli, leg d'Pantofflen a,
und 's Tschöpli! Uffem Tischtuch stoht
di 's Süppli scho vo wißem Brot.
Chumm liebi Seel, und iß jez z' Nacht!
Und 's Bettli isch der au scho gmacht.«
Das weiß er wohl, mi Schwizerbott,
's isch nit, as wennim 's säge wott.
Drum het er au am lange Rhi
und Kanton us und Kanton i
meng Meidschi scharf in d'Auge gno,
öb nit bald wöll die rechti cho.
Und Kanton us und Kanton i,
bald an der Limmet, bald am Rhi,
wol het er bravi Meidsch'ne gseh,
wie 's Rösli rot, wiß wie der Schnee,
so tusigschön und gut und froh.
Die rechti het nit welle cho.
's macht nüt. Mi liebe Schwizerbott
het gseit: »I find sie doch, will's Gott!«
I glaub es schier, Herr Bottema!
Längst heit er 's in der Nöchi gha.
Tüent d'Augen uf! Bim Saferlot,
sie chunnt nit selbst. Verzeih mir's Gott!
[139]
Jez het er sie, und isch er froh,
der Landamma isch's gwüs nit so.
Gib, was de hesch, biet, was de witt,
er tuuschte mit dem Kaiser nit.
Er lueget nu sis Brütli a:
»Jez bisch mi Wib und i di Ma!«
I säg es frei, und säg es lut:
Herr Schwitzerbott mit euer Brut,
Gott gunntich wol e bravi Frau,
und wie 's euch freut, so freut's üs au,
und gebich Gott de alliwil
der liebe neue Freude viel.
Denk, wenn's no einist gwintert het,
was streckt si da im chline Bett,
und lächlet lieb? Mi Bottema,
er luegt si goldig Buebli a.
Er lengt e süße Zuckerring:
»Lueg, was i der von Aarau bring!«
Nu flink dur's Land, Herr Bottema,
mit euer Täschen uf und a,
und bringet, wie mer's gwohnet sin,
viel schöne Bricht und Lehre drinn.
An Zuckerbrot und Marzipa
für d'Chindli soll's nit Mangel ha.

Die Feldhüter

Hinte Wald und Berg bis an die duftige Wulke,
vorne Matte voll Chlee, und Saat und goldene Lewat,
stoht e Hütten im Feld und in der einsame Mittnacht.
Numme d'Sterne wachen, und numme no d'Feldberger Wiese,
und der Schuhu im Wald und öbbe Geister und Hirze.
Aber im Hüttli sitzen und hüte die buschige Felder
's Meiers muntere Fritz und 's Müllers lockige Heiner
»Heinerli«, seit der Fritz, »der Schlof goht lisli um d'Hütte.
[140]
Lueg, jez chuunt er is inen, und lueg doch weger, er het di!
Weidli, chumm ins Grün! Mer wenn im lieblige Wechsel
mitenander singen. Es weiht e lustige Nachtluft,
gvätterlet mittem Laub und exerzirt mit de Halme:
»Rechts um kehrt euch! Links her stellt euch! Nonemol rechts um!«
Aber 's Müllers Heiner mit siner lockige Stirne
streckt si und stoht uf, und sucht si gläserni Röhre.
»Fritzli, stoß mi nit!« Jez stehn sie gegen enander,
der am Chriesibaum, der an der duftige Linde,
und probire d'Tön in ihrer Höchi und Tiefi,
setzen ab, und setzen a. »Sing, Heinerli, du z'erst!«
seit der Fritz, »de hesch doch, traui, näume ne Schätzli.«

Heiner.

Tränki früeih am Brunne, so holt au's Meieli Wasser.
Wäscht es am Obe Salat, se chummi wieder und tränki.
»Guten Obe!« – »Dank der Gott! Mer treffe's doch ordli.« –
»Jo, mer treffe's ordli; 's isch hüt e lieblige Tag gsi.«
Fritz.

In der Chilchen im Chor, und wenn der Her Pfarer e Spruch seit,
luegi mi Vreneli a, öb es au ordeli acht git,
und es luegt mi a, öb ich au ordeli acht gib.
Lauft au drüber 's Sprüchli furt, mer chönne's nit hebe.
Heiner.

Schön tönt d'Schopfemer Glocke, wenn früeih der Morgen in d'Nacht luegt;
[141]
süeß tönt d'Menschestimm wohl in der Schopfemer Orgle:
Schöner tönt es mi a, und süßer goht's mer zu Herze,
wenn mi's Meieli grüßt, und seit: »Mer treffe's doch ordli.«
Fritz.

Weiht der Früehlig ins Tal, und riesle die lustige Bächli,
und der Vogel zieht, furt möchti riten, und d'Welt us.
Wenn i bi mim Vreneli siz im heitere Stübli,
isch das Stübli mi Welt und, Gott verzeih mer's, mi Himmel.
Heiner.

Ziehni der Nüntelstei, gschickt baui Mühlen an Mühle:
»Uf und zu, und mir die Chue!« – Wer zeigt mer mi Meister?
Aber isch's Meieli do, und höri si Stimm und si Rädli,
oder es lueget mer zu, ne Schulerbüebli chönnt's besser.
Fritz.

Cheigle mer uf em Plaz, sitzt's Vreneli unter der Linde,
fallemer Siebe gwis. Doch seits: »Zeig, triffsch mer der Chünig«,
triffi der Chünig ellei. Doch seit's: »Jez gangi«, und 's goht au,
und isch's nümme do, blind lauft mer d'Chugle dur d'Gasse.
Heiner.

Lieblige Ton und Schall, wo hesch di Gang in de Lüfte?
Ziehsch mer öbben ins Dorf, und chunnsch ans Meielis Fenster,
weck mer's lisli uf: »Es loßt di der Heinerli grüße.«
Frogt's mi früeih, so läugni's. Doch werde mi d'Auge verrote.
[142] Fritz.

Vreneli, schlof frei wohl in dim vertäfelte Stübli,
in dim stille Herz, und chummi der öbben im Traum vor,
lueg mi fründli a, und gib mer herzhaft e Schmützli!
Chummi heim, und triff di a, i gib der en anders.
Heiner.

Her Schulmeister, o Mond, mit diner wulkige Stirne,
mit dim glehrte Gsicht, und mit dim Pflaster am Backe,
folge der dini Chinder, und chönne sie d'Sprüchli und d'Psalme?
Blib mer nit z'lang stoh bi sellem gattige Sternli!
Fritz.

Wülkli der chüele Nacht, in diner luftige Höchi,
seif mer der Schulmeister i mit diner venedische Seife,
mach em e rechte Schuum! So brav, und alliwil besser,
aß er sie nit chüsse cha, die gattige Sternli.
Heiner.

Ruuscht scho der Morgen im Laub? Göhnd' Geister heim uffe Chilchhof?
Arme Steffi, du bisch tief in der Wiesen ertrunke,
und di Chüngeli isch im heimlige Chindbett verschieden.
Aber jez chömmeter z'semmen all Nacht am luftige Chrützweg.
Fritz.

Füürige Manne im Ried und am verschobene Marchstei,
machetich numme lustig! Me weiß scho, werich zum Tanz spielt.
[143]
Chömmer kein in d'Nöchi mit siner brennige Stange!
Daß di dieser und jener, du sappermentische Rotchopf! –
»Friederli«, seit der Heiner, gern ißi Eieren-Anke,
Ziebeleweihe so gern, doch chönnti alles vergesse,
höri di lieblige Stimm und dini chünstlige Wise.
Chömme mer heim ins Dorf, o wüßti, was der e Freud wär!
Gell, de nimmsch mer's ab, vier neui weltlichi Lieder
von des Sultans Töchterlein, der Schreiber im Korbe,
's dritt vom Dokter Faust, und 's viert vom Lämmlein im Grünen
's isch nit lang, i ha sie neu am Chanderer Märt gchauft.«
»Heinerli«, seit der Fritz, »i schenk dir e sufere Helge.
d'Mutter Gottis luegt im goldene Helgen in Himmel.
»Jesis Mareie«, seit sie, »wie isch's do oben so heiter«,
und ihr Gsicht wird sunnehell und lächlet so liebli,
aß me möcht katholisch werde, wemme sie aluegt.
Bring's dim Meili, weisch was, 's het au so fründligi Augen,
und bis nit so schüüch, und sag em, wie's der ums Herz isch.

Des neuen Jahres Morgengruß

Der Morge will und will nit cho,
und woni los, schloft alles no;
i weck si nit, so lang i cha,
i lueg e wengeli d'Gegnig a.
Zeig Wülkli, mach jez keini Streich!
Der Mond schint ohni das so bleich.
[144]
Kei Blümli rot, kei Blümli wiiß!
An alle Bäume nüt as Ris!
Um alli Brunntrög Strau und Strau,
vor Chellertür und Stalltür au.
Mi Vetter het's drum sölli gmacht,
und lauft jez furt in dunkler Nacht.
Das Ding, das muß mer anderst cho!
Ich bi der Ma, und's blibt nit so.
Die Gärte müen mer gsüfert si,
Aurikeli und Zinkli dri,
und neui Blüten alli Tag,
was Hurst und Nast vertrage mag.
Es rüehrt si nüt. Sie schlofe no. –
Nei lueg, es sizt e Späzli do!
Du arme Tropf bisch übel dra.
Was gilt's, er het e Wibli gha,
und druf isch Not und Mangel cho,
sie hen si müße scheide lo.
Jez het er e bitrübti Sach,
kei Frau, kei Brot, kei Dach und Fach,
und stoht er uf, so spot er mag,
se seit em niemes ›Gute Tag‹;
und niemes schnidt em d'Suppen i.
Wart Bürstli, dir muß ghulfe si.
Es rührt si nüt. Sie schlofe no. –
Ne gattig Chilchli hen si do,
so sufer wie in menger Stadt,
's isch Sechsi uffem Zifferblatt.
Der Morge chunnt. Bi miner Treu,
es friert ein bis in Mark und Bei.
Die Tote gspüre nüt dervo;
ne rüeihig Lebe hen si do.
Si schlofe wohl, und's friert si nit;
der Chilchhof macht vo allem quitt.
Sin echt no leeri Plätzli do?
's cha si, me bruucht e paar dervo.
[145]
Ne Chindli, wo ke Mutter het,
denk wohl, i mach em do si Bett.
En alte Ma, en armi Frau,
denk wohl, i bring di Stündli au.
Hesch mengi Stund im Schmerz verwacht,
do schlof, und hesch e stilli Nacht.
Jez brennt emol e Liechtli a,
und dört en anders nebe dra,
und d'Läde schettere druf und druf,
do goht, bim Blust, e Hustür uf!
»Grüß Gott, ihr Lüt, und ich bi do,
i bi scho z'nacht um Zwölfi cho.
Mi Vetter het si Bündel gmacht,
und furt, bi Nebel und bi Nacht.
Wär ich nit uf d'Minute cho,
's hätt weger chönne gföhrli go.
Wie gfall ich in mim Sunntiggwand?
's chunnt fadeneu us Schniders Hand.
E Rübelirock, er stoht mer wohl
zum rote Scharlachkamisol,
und plüschi Hose han i a,
e Zitli drin, e Bendeli dra,
ne gchrüslet Hoor, e neue Huet,
e heiter Aug, e frohe Muet.
Es luegt do ein mi Schnappsack a,
und 's nimmt en Wunder, was i ha.
Ihr liebe Lüt, das sagi nit,
wenn's chunnt, so nimm verlieb dermit!
's sin Rösli drinn und Dorne dra,
me cha nit jedes bsunder ha.
Und Wagleschnür, und Wickelband.
e Fingerring ans Brütlis Hand,
en Ehrechranz ins lockig Hoor,
e Schlüssel au zum Chilchhoftor.
Gent Achtig, was i bitt und sag,
's cha jede treffen alle Tag.
[146]
E stille Sinn in Freud und Not,
e rueihig Gwisse gebich Gott!
Und wer's nit redli meint und gut
und wer si Sach nit ordli tut,
dem bring i au kei Sege mit,
und wenni wott, se chönnti nit.
Jez göhnt und leget d'Chinder a,
und was i gseit ha, denket dra,
und wenn der au in d'Chilche went,
se schaffet, was der z'schaffe hent.
Der Tag isch do, der Mond vergoht,
und d'Sunne luegt ins Morgerot.«

Geisterbesuch auf dem Feldberg

Hani gmeint, der Denglegeist, ihr Chnabe vo Todtnau
seig e böse Geist, jez wüßti andere Bricht z'ge.
Us der Stadt, das bini, und will's au redli bekenne,
mengem Chaufher verwandt, vo siebe Suppe ne Tünkli,
aber e Sunntigchind. Wo näume luftigi Geister
uffem Chrützweg stöhn, in alte Gwölbene huse,
und verborge Geld mit füürigen Augen hüete,
oder vergosse Blut mit bittere Träne wäsche,
und mit Grund verscharre, mit rote Nägle verchratze,
sieht's mi Aug, wenn's wetterleicht. Sie wimsle gar sölli.
Und wo heilige Engel mit schöne blauen Auge
in der tiefe Nacht in stille Dörfere wandle,
an de Fenstere lose, und, höre sie lieblig Rede,
gegen enander lächlen, und an de Hustüre sitze,
und die frumme Lüt im Schlof vor Schade bewahre,
oder wenn sie, selbander und -dritt, uf Gräbere wandle,
[147]
und enander sage: »Do schloft e treui Mutter,
do en arme Ma, doch het er niemes betroge.
Schlofet sanft und wohl, mer wennich wecke, wenn's Zit isch«,
sieht's mi Aug im Sterneliecht, und höri sie rede.
Menge chenni mit Namen, und wemmer enander bigegne,
biete mer is d'Zit, und wechsle Reden und Antwort:
»Grüß di Gott! Hesch guti Wacht?« – »Gott dank der! so zimli.«
Glaubet's oder nit! – Nemol, se schickt mi der Vetter
Todtnau zu, mit allerhand verdrießlige Gschäfte.
Wo mer's Kaffi trinken und Ankeweckli drin tunke:
»Halt er si nienen uf, und schwetz er nit, was em ins Mul chunnt«,
rüft mer der Vetter no, »und loß er si Tabatiere
nit im Wirtshus lige, wie's sust bim Here der Bruuch isch.«
Uf und furt, i gang, und was mi der Vetter ermahnt het,
hani richtig versorgt. Jez sitzi z'Todtnau im Adler –
und jez gang i spaziere und mein, i chönn nit verirre,
mein, i seig am Dorf; zlezt chresmi hinten am Feldberg,
d'Vögel hen mi g'lockt, und an de Bächlene d'Blümli.
Selle Fehler hani, i cha mi an allem vertörle.
Drüber wird es chüel, und d'Vögel sitzen und schwige.
S' streckt scho dört und do e Stern am düstere Himmel
's Chöpfli use, und luegt, öb d'Sunn echt aben ins Bett seig,
öb es echt dörf cho, und ruft den andere: »Chömmet!«
Und i ha kei Hoffnig meh. Druf leg i mi nieder.
's isch e Hütte dört, und isch en Ärfeli Strau drinn.
[148]
›O du liebe Zit‹, so denki, ›wenn i deheim wär!
Oder es wär scho Mitternacht. Es wird doch e Gspenstli
näume dohinte si, und z'nacht um Zwölfi verwache,
und mer d'Zit vertribe, bis früeih die himmlische Lichter
d'Morgeluft verlöscht, und wird mer zeige, wo's Dorf isch.‹
Und jez, woni's sag, und mittem vordere Finger
's Zitli frog, wo's Zeigerli stand, 's isch z'finster für's Aug gsi,
und wo's Zitli seit, 's gang ab den Ölfen, und woni
's Pfifli use leng, und denk: »Jez trinki no Tubak,
aßi nit verschlof‹ – bim Bluest, se fangen uf eimol
ihrer zwee ne Gspröchli a. I mein, i ha gloset.
»Gell, i chumm hüt spoot? Drum isch e Meideli gstorbe
z'Mambech, 's het e Fieberli gha und leidigi Gichter.
's isch em wohl. Der Todesbecher hani em gheldet,
aß es ringer gang, und d'Augen hani em zudruckt,
und ha gseit: Schlof wohl! Mer wen di wecke, wenn's Zit isch. – –
Gang, und bis so gut und hol mer e wengeli Wasser
in der silberne Schale, i will jez mi Sägese dengle.«
›Dengle‹, han i denkt, ›e Geist?‹ und düsele use.
Woni lueg, so sitzt e Chnab mit goldene Fegge
und mit wiißem Gwand und rosefarbigem Gürtel
schön und liebli do, und nebenem brenne zwei Lichtli.
»Alle gute Geister«, sagi »Herr Engel, Gott grüeß di!« –
»Loben ihre Meister«, seit druf der Engel, »Gott dankder!« –
»Nüt für übel, Her Geist! Und wenn e Frögli erlaubt isch,
sag mer, was hesch du denn z'dengle?« – »D'Sägese«, seit er.
[149]
»Jo, sel siehni«, sagi, »und ebe das möchti gern wisse,
wozu du ne Sägese bruuchsch.« – »Zum Meihe. Was hesch gmeint?«
seit er zu mer. Druf sagi: »Und ebe das möchti gern wisse«,
sagi zunem: »Isch's verlaubt? Was hesch du denn z'meihe?« –
»Gras, und was hesch du so spoot do hinte z'verrichte?« –
»Nit gar viel«, hani gseit, »i trink e wengeli Tubak.
Wäri nit verirrt, wohl wär's mer z'Todtnau im Adler.
Aber mi Red nit z'vergesse, se sag mer, wenn d' witt so gut si,
was du mittem Gras witt mache.« – »Futtere«, seit er.
»Eben und das nimmt mi Wunder, de wirsch doch, Gott will, ke Chue ha?« –
»Nei, ne Chue just nit, doch Chalbele«, seit er, »und Esel.
Siehsch dört selle Stern?« Druf het er mer obe ne Stern zeigt.
»'s Wiehnechtchindlis Esel, und 's heilige Fridelis Chalble
otme d'Sterneluft dört oben, und warten ufs Futter.
Und dört wachst kei Gras, dört wachse numme Rosinli«,
het er gseit, »und Milch und Honig rieslen in Bäche,
aber 's Vieh isch semper, 's will alli Morge si Gras ha,
und e Löckli Heu, und Wasser us irdische Quelle.
Dordurwille dengli jez, und willi go meihe.
Wärsch nit der Ehre wert, und seisch, de wellsch mer au helfe?«
So het der Engel gseit. Druf sagi wieder zum Engel:
»Lueg, 's isch so ne Sach. Es sott mer e herzligi Freud si,
d'Stadtlüt wisse nüt vo dem; mer rechnen und schribe,
zähle Geld, sel chönne mer, und messen und wäge;
[150]
laden uf, und laden ab, und essen und trinke.
Was me bruucht ins Muul, in Chuchi, Cheller und Chammer,
strömt zu alle Toren i, in Zeinen und Chreze;
's lauft in alle Gassen, es rueft an allen Ecke:
Chromet Chirsi, chromet Anke, chromet Andivi!
Chromet Ziebele, geli Rüebe, Peterliwurze!
Schwebelhölzli, Schwebelhölzli, Bodekolrabe!
Paraplü, wer koof? Reckholderberi und Chümmi!
Alles für bar Geld, und alles für Zucker und Kaffee ...
Hesch du au scho Kaffi trunke, Her Engel, wie schmeckt's der?« –
»Schwetz mer nit so närsch«, seit druf der Engel und lächlet.
»Nei, mir trinke Himmelsluft und esse Rosinli,
vieri alli Tag, und an de Sunntige fünfi.
Chumm jez, wenn de mit mer wit, jez gangi go meihe,
hinter Todtnau abe, am Weg, an grasige Halde.« –
»Jo, Her Engel, frili willi, wenn de mi mitnimmsch,
's wird efange chüel. I will der d'Sägese trage.
Magsch e Pfifli Tubak rauche, stoht's der zu Dienste.«
Sieder rüeft der Engel: »Puhuh!« Ne füürige Ma stoht,
wie im Wetter, do. »Chumm, zündis abe go Todtnau!«
Seit's, und voris her marschiert der Puhuh in Flamme,
über Stock und Stei und Dorn, e lebigi Fackle.
»Gell, 's isch chummli so«, seit jez der Engel: »was machsch echt?
Worum schlagsch denn Füür? Und worum zündisch di Pfifli
nit am Puhuh a? De wirsch en doch öbbe nit förchte,
so ne Fraufastechind, wie du bisch – het er di gfresse?« –
[151]
»Nei, Her Engel, gfresse nit. Doch mußi bikenne,
halber hani'm numme traut. Gut brennt mer der Tubak.
Selle Fehler hani, die füürige Manne förchi;
lieber sieben Engel as so ne brennige Satan.« –
»'s isch doch au ne Gruus«, seit jez der Engel, »aß d'Mensche
so ne Furcht vor Gspenstere hen, und hätte's nit nötig.
's sind zwee einzigi Geister de Mensche gfährli und furchtbar;
Irrgeist heißt der eint, und Ploggeist heißt der ander;
und der Irrgeist wohnt im Wi. Us Channe und Chruse
stigt er eim in Chopf, und macht zerrüttete Sinne.
Selle Geist führt irr im Wald uf Wegen und Stege,
's goht mit eim z'unterst und z'öberst; der Bode will unter eim breche!
d'Brucke schwanke, d'Berge biwege si, alles isch doppelt.
Nimm di vorem in Acht!« Druf sagi wieder zum Engel:
»'s isch e Stich, er blutet nit! Her Gleitsma, i merk di.
Nüechter bini gwis. I ha en einzig Schöpli
trunke gha im Adler, und frog der Adlerwirt selber.
Aber bis so gut und sag mer, wer isch der ander?« –
»Wer der ander isch«, seit jez der Engel, »das frogsch mi?
's isch e böse Geist, Gott well di vorem biwahre.
Wemme früeih verwacht, um Vieri oder um Fünfi,
stoht er vorem Bett mit große füürigen Auge,
seit eim gute Tag mit glühige Ruten und Zange.
's hilft kei ›Das walt Gott‹, und hilft kei »Ave Maria!«
Wemme bete will, enanderno hebt er eim's Muul zu;
wemmen an Himmel luegt, se streut er Äschen in d'Auge;
[152]
het me Hunger, und ißt – er wirft eim Wermut in d'Suppe;
möcht me z'Obed trinke, er schüttet Gallen in Becher.
Lauft me, wie ne Hirz, er au, und blibt nit dehinte;
schlicht me wie ne Schatte, so seit er: Jo, mer wen gmach tu.
Stoht er nit in der Chilchen, und sitzt er nit zu der in Wirtshuus?
Wo de gosch und wo de stohsch, sin Gspenster und Gspenster.
Gosch ins Bett, tuesch d'Auge zu, se seit er: 's pressiert nit
mittem Schlof. Los, i will der näumis verzehle:
Weisch no, wie de gstohle hesch, und d'Waisli bitroge?
So und so, und das und deis, und wenn er am End isch,
fangt er vorne a, und viel will's schlofe nit sage.«
So het der Engel gseit, und wie ne füürige Luppe
het der Puhu gsprüzt. Druf sagi wieder: »I bi doch
au ne Sunntigchind, mit mengem Geistli befründet,
aber bhüt mi Gott der Her!« Druf lächlet der Engel:
»Bhalt di Gwisse rein, 's goht über Bsiebnen und Bsegne,
und gang jez das Wegli ab, dört nieden isch Todtnau.
Nimm der Puhuh mit, und lösch en ab in der Wiese,
aß er nit in d'Dörfer rennt, und d'Schüüre nit azündt.
Bhüt di Gott, und halt di wohl!« Druf sagi: »Her Engel!
Bhüt di Gott der Her, und zürn nüt! Wenn de in d'Stadt chunnsch,
in der heilige Zit, se bsuch mi, 's soll mer en Ehr si.
's stöhn der Rosinli z'Dienst und Hypokras, wenn er di animmt.
D'Sterneluft isch rau, absunderlig nebe der Birsig.«
Drüber graut der Tag, und richtig chummi go Todtnau,
[153]
und gang wieder Basel zu im lieblige Schatte.
Woni an Mambech chumm, so trage sie 's Meideli use,
mittem heilige Chrütz und mit der verblichene Fahne,
mittem Chranz am Totebaum, und briegen und schluchze.
Hent der's denn nit ghört? Er will's jo wecke, wenn's Zit isch,
und am Zistig druf, se chummi wieder zum Vetter.
D'Tubakdose hani richtig näume lo liege.

Der Abendstern

De bisch au wieder zitli do
und laufsch der Sunne weidli no,
du liebe, schönen Obestern!
Was gilt's, de hättsch di Schmützli gern!
Er trippelt ihre Spure no,
und cha si doch nit übercho.
Von alle Sterne groß und chlei
isch er der liebst, und er ellei;
si Brüderli der Morgestern,
si het en nit ums halb so gern;
und wo sie wandlet us und i,
se meint sie, müeß er um sie si.
Früeih, wenn sie hinterm Morgerot
wohl ob em Schwarzwald ufe goht,
sie führt ihr Bübli an der Hand,
sie zeigt em Berg und Strom und Land,
sie seit: »Tue gmach, 's pressiert nit so!
Di Gumpe wird der bald vergoh.«
Er schwezt und frogt sie das und deis,
sie git em Bricht, so guet sie 's weiß.
[154]
Er seit: »O Mutter, lueg doch au,
do unte glänzt's im Morgetau
so schön wie in dim Himmelssaal!«
»He«, seit sie, »drum isch's 's Wiesetal.«
Sie frogt en: »Hesch bald alles gseh?
Jez gangi, und wart nümme meh.«
Druf springt er ihrer Hand dervo,
und mengem wiiße Wülkli no;
do, wenn er meint, jez han i di,
verschwunden isch's, weiß Gott, wohi.
Druf, wie si Mutter höcher stoht,
und alsgmach gegenem Rhistrom goht,
se rüeft sie 'm: »Chumm und fall nit do!«
Sie führt en fest am Händli no:
»De chönntsch verlösche, handumcher.
Nimm, was mer's für e Chummer wär!«
Doch, wo sie überm Elsis stoht,
und alsgmach ehnen abe goht,
wird nootno 's Büebli müed und still,
's weiß nümme, was es mache will;
's will nümme goh, und will nit goh,
's frogt hundertmol: »Wie wit isch's no?«
Druf, wie sie ob de Berge stoht,
und tiefer sinkt ins Oberot,
und er afange matt und müed
im rote Schimmer d'Heimet sieht,
se loßt er sie am Fürtuch goh,
und zottlet alsgmach hinte no.
In d'Heimet wandle Herd und Hirt,
der Vogel sizt, der Chäfer schwirt;
und 's Heimli betet dört und do
si luten Obesege scho.
Jez, denkt er, hani hochi Zit;
Gott Lob und Dank, 's isch nümme wit.
Und sichtber, wiener nöcher chunnt,
umstrahlt si au si Gsichtli rund.
[155]
Drum stoht si Mutter vorem Hus:
»Chumm, weidli chumm, du chleini Muus!«
Jez sinkt er freudig niederwärts –
jez isch's em wohl am Muetterherz.
Schlof wohl, du schönen Obestern!
's isch wohr, mer hen di alli gern.
Er luegt in d'Welt so lieb und gut,
und bschaut en eis mit schwerem Mut,
und isch me müed, und het e Schmerz,
mit stillem Friede füllt er's Herz.
Die anderen im Strahlegwand,
he frili jo, sin au scharmant.
O lueg, wie 's flimmert wit und breit
in Lieb und Freud und Einigkeit!
's macht kein em andere 's Lebe schwer,
wenn's doch do nieden au so wär!
Es chunnt e chüeli Obeluft,
und an de Halme hangt der Duft.
Denkwohl, mer göhn jez au alsgmach
im stille Frieden unters Dach!
Gang, Liseli, zünd 's Ämpli a!
Mach kei so große Dochte dra!

Der Schwarzwälder im Breisgau

Z'Müllen an der Post,
Tausigsappermost!
Trinkt me nit e gute Wi!
Goht er nit wie Baumöl i,
z'Müllen an der Post!
Z'Bürglen uf der Höh,
nei, was cha me seh!
O, wie wechsle Berg und Tal,
Land und Wasser überal,
z'Bürglen uf der Höh!
[156]
Z'Staufen uffem Märt
hen si, was me gert,
Tanz und Wi und Lustberkeit,
was eim numme 's Herz erfreut,
z'Staufen uffem Märt!
Z'Friburg in der Stadt
sufer isch's und glatt,
richi Here, Geld und Gut,
Jumpfere wie Milch und Blut,
z'Friburg in der Stadt.
Woni gang und stand,
wär's e lustig Land.
Aber zeig mer, was de witt,
numme näumis findi nit
in dem schöne Land.
Minen Auge gfallt
Herischried im Wald.
Woni gang, se denki dra,
's chunnt mer nit uf d'Gegnig a
z'Herischried im Wald.
Imme chleine Huus
wandelt i und us –
gelt, de meinsch, i sagder, wer?
's isch e Sie, es isch kei Er
imme chleine Huus.

Riedligers Tochter

»Spinnet, Töchterli, spinnet, und Jergli, leng mer der Haspel!
D'Zit vergoht, der Obed chunnt, und 's streckt si ins Frühjohr.
Bald goht's wieder use mit Hauen und Rechen in Garte.
Werdet mer flißig und brav und hübsch, wie 's Riedligers Tochter!
[157]
In de Borge stoht e Hus, es wachse jez Wesmen
uffem verfallene Dach, und 's regnet aben in d'Stube.
Frili 's isch scho alt, und 's sin jez anderi Zite,
weder wo der Simme Fritz und 's Eveli ghuust hen.
Sie hen 's Huus erbaut, die schönsti unter de Firste,
und ihr Name stoht no näumen am rußige Tremel.
Het me gfrogt: ›Wer sin im Wald die glücklichsten Ehlüt?‹
het me gseit: ›Der Simme Fritz und 's Riedligers Tochter‹,
und 's isch dem Eveli grote mit gar verborgene Dinge.
Spinnet, Chinder, spinnet, und Jergli, hol mer au Trieme!
Mengmol, wo der Fritz no bi den Eltere glebt het,
het en d'Mutter gno, und gfrogt mit bewegliche Worte:
›Hesch di no nit anderst bsunne? Gfalle der 's Meiers
Matte no nit besser zu siner einzige Tochter?‹
Und der Fritz het druf mit ernstliche Worten erwidert:
›Nei, sie gfallt mer nit, und anderst bsinni mi nümme.
's Riedligers suferi Tochter zu ihre Tugede gfallt mer.‹ –
›D'Tugede loß den Engle! Mer sin jez no nit im Himmel.‹ –
›Lönt de Chüeihe 's Heu ab's Meiers grasige Matte!‹ –
›D'Mutter isch e Hex!‹ – ›Und soll au d'Mutter e Hex si,
Mutter hi und Mutter her, und 's Töchterli willi!‹ –
›'s Meidli soll's gwis au scho tribe, d'Nochbere sage 's.‹ –
›Sel isch en alte Bricht, und dorum chani 's nit wende.
Winkt's mer, so muß i cho, und heißt es mi näumis, se tuenis.
[158]
Luegt's mer no gar in d'Augen, und chummi em nöcher an Buse,
wird's mer, ich weiß nit wie, und möchti sterbe vor Liebi.
's isch ke liebliger Gschöpf as so ne Hexli, wo jung isch.‹ –
Näumis het d'Mutter gwüßt. Me seit, das Meideli sei gwiß
in sim zwölfte Johr emol elleinig im Wald gsi,
und heb Erbeeri gsucht. Uf eimal hört es e Ruusche
und wo's um si luegt, se stoht in goldige Hore
nummen en Ehle lang e zierlig Frauweli vorem
inneme schwarze Gwand und gstickt mit goldene Blume
und mit Edelgstei. ›Gott grüeß di, Meiddeli!‹ seit's em,
›spring nit furt, und förch mi nit! I tu der kei Leidli.‹
's Eveli seit: ›Gott dank der, und wenn du 's Erdmännlis Frau bisch,
willi di nit förche!‹ – ›Jo frili‹, seit es, ›das bini.‹ –
›Meiddeli los und sag: chansch alli Sprüchli im Spruchbuch?‹ –
›Jo, i cha si alli, und schöni Gibetli und Psalme.‹ –
›Meiddeli, los und sag: gosch denn au flißig in d'Chilche?‹ –
›Alli Sunntig se tueni. I stand im vorderste Stühli.‹ –
›Meiddeli los und sag: folgsch au, was 's Mütterli ha will?‹ –
›He, will's Gott der Her, und froget 's Mütterli selber!
's chennt ich wohl, i weiß es scho, und het mer scho viel gseit.‹ –
›Meiddeli, was hesch gseit? Bisch öbbe 's Riedligers Tochter?
Wenn de mi Gotte bisch, se chumm au zu mer in d'Stube!‹
[159]
Hinter der Brumberihurst goht's uf verschwiegene Pfade
tief dur d'Felsen i. Hätt 's Frauweli nit e Laternli
in der Linke treit, und 's Eveli sorglich am Arm gführt,
's hätt der Weg nit gfunde. Jez goht e silberni Tür uf.
›O Herr Jesis, wo bini? Frau Gotte, bini im Himmel?‹ –
›Nei doch, du närisch Chind. In mim verborgene Stübli
bisch bi diner Gotte. Sitz nieder und bis mer Gottwilche!
Gell, das sin chosperi Stei an mine glitzrige Wände?
Gell, i ha glatti Tisch? Sie sin vom suferste Marfel.
Und do die silberne Blatten und do di goldene Teller!
Chumm, iß Hunigschnitten und schöni gwundeni Strübli!
Magsch us dem Chächeli Milch? Magsch Wi im christalene Becher?‹ –
›Nei, Frau Gotte, lieber Milch im Chächeli möchti.‹
Wones gesse het und trunke, seit em si Gotte:
›Chind, wenn d'flißig lehrsch, und folgsch, was 's Mütterli ha will,
und chumsch us der Schul und gosch zum heilige Nachtmohl,
willi der näumis schicke. Zeig wie, was wär der am liebste?
Wär's das Trögli voll Plunder? Wär's do das Rädli zum Spinne?‹ –
›Bald isch's Plunder zerrisse. Frau Gotte, schenket mer's Rädli!‹
›'s Rädli will gspunne ha. Nimm lieber 's Trögli voll Plunder!
Siesch die sideni Chappe mit goldene Düpflene gsprenklet?
Siehsch das Halstuch nit mit siebefarbige Streife,
[160]
und e neue Rock, und do die gwässerti Hoorschnur?‹ –
›Jo, 's isch mer numme z'schön. Frau Gotte, schenket mer's Rädli‹ –
›Willsch's, se sollsch's au ha, und chunnt's, se halt mer's in Ehre!
Wenn de 's in Ehre hesch, soll's au an Plunder nit fehle,
und an Segen und Glück. I weiß em verborgeni Chräfte.
Sieder nimm das Rösli und trag mer's sorglich im Buse,
aß denn au öbbis hesch vo diner heimliche Gotte!
Los und verlier mer's nit! Es bringt der Freuden und Gsundheit.
Wärsch mer nit so lieb, i chönnt der jo Silber und Gold ge.‹
Und jez het sie's gchüßt, und wieder usen in Wald gführt:
›Bhüet di Gott, und haltdi wohl, und grüß mer di Mutter!‹
So viel isch an der Sach, und deshalb het me ne nogseit,
d'Mutter seig e Hex, und nit viel besser ihr Meidli.
Nu das Meiddeli isch mit sim verborgene Blümli
hübscher vo Tag zu Tag und alliwil liebliger worde,
und wo's us der Schul mit andere Chindere cho isch,
und am Ostertag zum Nachtmohl gangen und heim chunnt,
nei se bhütis Gott, was stoht im heitere Stübli? –
's Rädli vo birbaume Holz und an der Chunkle ne Riste,
mitteme zierlige Band us rosiger Siden umwunde,
unte ne Letschli dra, und 's Gschirli zum Netze vo Silber,
und im Chrebs e Spüli, und scho ne wengeli gspunne.
D'Gotte het der Afang gmacht mit eigene Hände.
[161]
Wie het mi Eveli gluegt! Was isch das Eveli gsprunge!
Gsangbuch weg und Meie weg und 's Rädli in d'Arm gno,
und het's gchüßt und druckt. ›O liebi Frau Gotte, vergelt's Gott!‹
's het nit z'Mittag gesse. Sie hen doch e Hammen im Chöhl gha.
's isch nit usen ins Grün mit andere Chindere gwandelt.
Gspunne hätt's mit Händ und Füße; het em nit d'Mutter
's Rädli in Chaste gstellt, und gseit: ›Gedenke des Sabbats!
Isch nit Christus der Her hüt vo de Toten erstande?‹
Nu di Rädli hesch. Doch Eveli, Eveli weisch au,
wie me's in Ehre haltet, und was d'Frau Gotte wird gmeint ha?
Frili weißt's, worum denn nit, und het sie 'm verheiße:
›Wenn des in Ehre hesch, soll's au an Plunder nit fehle
und andere Sege‹, se het sie 's ghalte, wie 's recht isch.
Het nit in churzer Zit der Weber e Tragete Garn gholt?
Het's nit alli Johr vom finste glichlige Fade
Tuch und Tuch uf d'Bleichi treit und Strängli zum Färber?
He, me het jo gseit, und wenn's au dussen im Feld seig,
's Rädli spinn elleinig furt, und wie sie der Fade
unten in d'Spuhle zieh, wachs unterm rosige Bendel
d'Riste wieder no – sel müeßt mer e chummligi Sach si.
Und wer het im ganze Dorf die suferste Chleider
Sunntig und Werchtig treit, die reinlichsten Ermel am Hemd gha,
[162]
und die suferste Strümpf und alliwil freudigi Sinne?
's Frauwelis im Felseghalt si liebligi Gotte.
Drum het's Simmes Fritz, wo 's achtzeh Summer erlebt het,
zu der Mutter gseit mit ernstliche Miene und Worte:
›Numme 's Riedligers Tochter zu ihre Tugede gfallt mer.‹
Ihn hätten alli gno, er nummen eini von alle.
Mutterherz isch bald verschreckt, zwor sotti's nit sage.
Wo sie wieder emol vo 's Meiers Tochter und Matte
ernstlig mittem redt, und will's mit Dräue probiere:
›'s git e chräftig Mittel‹, seit sie, ›wenn de verhext bisch.
Hemmer für's Riedligers ghuust? Di Vater sezt di ufs Pflichtteil,
und de hesch mi Sege nit, und schuldig bisch du dra.‹
›Mutter‹, erwidert der Simme, ›soll euer Sege verscherzt si,
stand i vom Eveli ab, und gehri vom Vater ke Pflichtteil.
Z'Stette sizt e Werber, und wo me uffeme Berg stoht,
lüte d'Türkeglocken an allen Ende und Orte.
Blut um Blut, und Chopf um Chopf, und Leben um Lebe.
Färbt mi Blut e Türkesebel, schuldig sin ihr dra!‹
Wo das d'Mutter hört, se sizt sie nieder vor Schrecke:
›Du vermesse Chind, se nimm si, wenn de sie ha witt;
aber chumm mer nit go chlage, wenn's der nit gut goht.‹
's isch nit nötig gsi. Sie hen wie d'Engel im Himmel,
mitenander glebt, und am verborgene Sege
vo der Gotte het's nit gfehlt im hüsliche Wese.
He, sie hen jo zletzt vo's Meiers grasige Matte
selber die schönste gmeiht, 's isch alles endlich an Stab cho,
und hen Freud erlebt an frumme Chinden und Enkle.
[163]
Tuent jez d'Räder weg, und Jergli der Haspel ufs Chästli!
's isch afange dunkel und Zit an anderi Gschäfte.«
Und so hen sie 's gmacht, und wo sie d'Räder uf d'Site
stellen, und wenn go und schüttle d'Agle vom Fürtuch,
seit no's Vreneli: »So ne Gotte möchti wohl au ha,
wo eim so ne Rad chönnt helsen und so ne Rösli.«
Aber d'Mutter erwidert: »'s chunnt uf kei Gotten, o Vreni,
's chunnt uf 's Rädli nit a. Der Fliß bringt heimlige Sege,
wenn de schaffe magsch. Und hesch nit 's Blümli im Buse,
wenn de züchtig lebsch und rein an Sinnen und Werke?
Gang jez und hol Wasser und glitsch mer nit usen am Brunne!«

Die Überraschung im Garten

»Wer sprüzt mer alli Früeih mi Rosmeri?
Es cha doch nit der Tau vom Himmel si;
sust hätt der Mangeld au si Sach,
er stoht doch au nit unterm Dach.
Wer sprüzt mer alle Früeih mi Rosmeri?
Und wenn i no so früeih ins Gärtli spring,
und unterwegs mi Morgeliedli sing,
isch näumis gschafft. Wie stöhn jez reihewis
die Erbse wieder do am schlanke Ris
in ihrem Bluest! I chumm nit us dem Ding.
Was gilt's, es sin die Jumpferen usem See!
Me meint zwar, 's chöm, wie lang scho, keini meh.
Sust sin sie in der Mitternacht,
wenn niemes meh as d'Sterne wacht,
in d'Felder use gwandelt usem See.
[164]
Sie hen im Feld, sie hen mit frummer Hand
de brave Lüte gschafft im Garteland,
und isch me früeih im Morgeschimmer cho,
und het jez wellen an si Arbet go,
isch alles fertig gsi – und wie scharmant!
Du Schalk dört hinte, meinsch i seh di nit?
Jo, duck di numme nieder, wie de witt!
I ha mer's vorgstellt, du würsch's si.
Was falleder für Jesten i? –
O lueg, vertritt mer mini Sezlig nit!« –
»O Kätterli, de hesch's nit solle seh!
Jo, dine Blume hani z'trinke ge,
und wenn de wotsch, i gieng für di dur's Füür
und um mi Lebe wär mer dis nit z'tüür
und 's isch mer, o gar sölli wohl und weh.«
So het zum Kätterli der Friedli gseit;
er het e schweri Lieb im Herze treit,
und het's nit chönne sage just,
und es het au in siner Brust
e schüüchi zarti Lieb zum Friedli treit.
»Lueg, Friedli, mini schöne Blüemli a!
's sin nummen alli schöne Farbe dra.
Lueg, wie eis gegen em andere lacht
in siner holde Früehligstracht,
und do sitzt scho ne flißig Immli dra.« –
»Was helfe mer die Blüemli blau und wiß?
O Kätterli, was hilft mer's Immlis Fliß?
Wärsch du mer hold, i wär im tiefste Schacht,
i wär mit dir, wo au kei Blüemli lacht
und wo kei Immli summst, im Paradies.«
Und drüber hebt si d'Sunne still in d'Höh,
und luegt in d'Welt, und seit: »Was muß i seh
in aller Früeih?« – Der Friedli schlingt si Arm
um's Kätterli, und 's wird em wohl und warm.
Druf het em 's Kätterli e Schmützli ge.

[165] Das Gewitter

Der Vogel schwankt so tief und still,
er weiß nit, woner ane will.
Es chunnt so schwarz, und chunnt so schwer,
und in de Lüfte hangt e Meer
voll Dunst und Wetter. Los, wie's schallt
am Blauen, und wie's widerhallt.
In große Wirble fliegt der Staub
zum Himmel uf, mit Halm und Laub,
und lueg mer dört sel Wülkli a!
I ha ke große Gfalle dra;
lueg, wie mers usenander rupft,
wie üser eis, wenn's Wulle zupft.
Se helfis Gott, und bhüetis Gott!
Wie zuckt's dur's Gwülch so füürig rot,
und 's chracht und stoßt, es isch e Gruus,
aß d'Fenster zitteren und 's Hus.
Lueg 's Bübli in der Waglen a!
Es schloft, und nimmt si nüt drum a.
Sie lüte z'Schlienge druf und druf,
je, und 's hört ebe doch nit uf.
Sel bruucht me gar, wenn's dundere soll,
und 's lütet eim no d'Ohre voll. –
O, helfis Gott! – Es isch e Schlag!
Dört siehsch im Baum am Gartehag?
Lueg, 's Bübli schloft no alliwil
und us dem Dundere macht's nit vil.
Es denkt: ›Das ficht mi wenig a,
er wird jo d'Auge binem ha.‹
Es schnüfelet, es dreiht si hott
ufs ander Öhrli. Gunn der's Gott!
O, siehsch die helle Streife dört?
O los! Hesch nit das Raßle ghört?
Es chunnt. Gott wellis gnädig si!
Göhnt weidli, hänket d'Läden i!
[166]
's isch wieder akurat wie fern.
Gut Nacht, du schöni Weizenern.
Es schettert uffem Chilchedach;
und vorem Hus, wie gäutscht's im Bach,
und 's loßt nit no – daß Gott erbarm!
Jez simmer wieder alli arm. –
Zwor hemmer au scho gmeint, 's seig so,
und doch isch 's wieder besser cho.
Lueg, 's Bübli schloft no allewil,
und us dem Hagle macht's nit viel!
Es denkt: ›Vom Briege loßt's nit no,
er wird mi Teil schon übrig lo.‹
He jo, 's het au, so lang i's ha,
zu rechter Zit si Sächli gha.
O gebis Gott e Chindersinn!
's isch große Trost und Sege drinn.
Sie schlofe wohl und traue Gott,
wenn's Spieß und Nägel regne wott,
und er macht au si Sprüchli wohr
mit sinen Englen in der Gfohr. –
Wo isch das Wetter ane cho?
D'Sunn stoht am heitre Himmel do.
's isch schier gar z'spot, doch grüß di Gott!
»He«, seit sie, »nei, 's isch no nit z'spot;
es stoht no menge Halm im Bah
und menge Baum, und Öpfel dra.« –
Potz tausig, 's Chind isch au verwacht.
Lueg, was es für e Schnüüfeli macht!
Es lächlet, es weiß nüt dervo.
Siehsch, Friederli, wie's ussieht do? –
Der Schelm het no si Gfalle dra.
Gang, richt em eis si Päppli a!

[167] Agatha an der Bahre des Paten

Chumm, Agethli, und förcht der nit,
i merk scho, was de sage witt.
Chumm, bschau di Götti nonemol,
und brieg nit so, es isch em wohl.
Er lit so still und fründli do,
me meint, er los und hör mi no,
er lächlet frei, o Jesis Gott,
as wenn er näumis sage wott.
Er het e schweri Chranket gha.
Er seit: »Es griift mi nümmen a,
der Tod het jez mi Wunsch erfüllt
und het mi hitzig Fieber gstillt.«
Er het au menge Chummer gha.
Er seit: »Es ficht mi nümmen a,
und wienes goht, und was es git,
im Chilchhof niede höri's nit.«
Er het e böse Nochber gha.
Er seit: »I denk em nümme dra,
und was em fehlt, das tröst en Gott
und gebem au ne sanfte Tod.«
Er het au sini Fehler gha.
's macht nüt! Mer denke nümme dra.
Er seit: »I bi jez frei dervo,
's isch nie us bösem Herze cho.«
Er schloft, und luegt di nümmen a,
und het so gern si Gotte gha.
Er seit: »Wills Gott, mer werde scho
im Himmel wieder zsemme cho!«
Gang, Agethli, und denk mer dra!
De hesch e brave Götti gha.
Gang, Agethli, und halt di wohl!
Di Stündli schlacht der au ne mol.

[168] Die Häfnet-Jungfrau

Vetter, wo simmer doch echterst? Bald glaubi, mer seige verirret,
's schlacht kei Uhr, me hört ke Guhl, es lütet ke Glocke;
wo me lost, und wo me luegt, se findt me ke Fußtritt.
Chömmet do das Wegli ab! Es isch mer, mer seige
nümme wit vom Häfnetbugg. Sust gruset's mer, wenni
drüber muß; jez wäri froh. Der Sunne no möcht es
schier gar Zehni si. Sel wär kei Fehler, mer chäme
alliwil no zitli gnug go Steine bis Mittag. –
Geltet, was hani gseit! Gottlob, do simmer am Häfnet,
und jez weißi Weg und Steg. Der hent doch au betet
hütte früeih, will's Gott, und hentich gwäschen und d'Hoor gstrehlt
mittem Richter? Mengmol müen au d'Finger der Dienst tue,
und der sehnt mer schier so us. Je, Vetter, i warnich!
Wemmer bim Brunne sin, me würdich wäschen und strehle.
's stoht im Wiesetal und in den einseme Matte
no ne Huus, me seit em numme 's Steinemer Schlößli.
's tuet de Hamberchslüten und 's tuet de Bure wo gfront hen,
bis es gstanden isch mit sine Stapflen am Giebel,
au kei Zahn meh weh. Doch liege sie rüeihig im Bode,
d'Häfnet-Jumpfere nit, wo vor undenkliche Zite
in dem Schlößli ghuset het mit Vater und Mutter.
's isch e Zwingherr gsi, und 's het des Frones kein End gha,
bald ufs Tribe, bald zum Bauen oder an Acker,
z'nacht zum Hüeten ins Feld, und het der Zwingherr und d'Zwingfrau
[169]
nüt me gwüßt, isch d'Tochter cho, ne zimpferig Dingli,
mitteme Zuckergsicht und marzipanene Hälsli.
Bald het ein go Basel müeßen oder no witers,
Salbe hole, das und deis zum Wäschen und Strehle,
Schuh mit gstickte Blumen und chosperi goldeni Chappe
mit Chramanzlete drum und sideni Hentschen und Bendel.
Meinet der denn, sie wär emol go Steine in d'Chilche
uffem Bode gange mit ihre papierene Schuhne?
Örliger, bim Bluest, vom türste, wo me cha finde,
hen sie müeße spreite vom Schlößli bis füren an Steine
und durs Dorf an d'Chilchhoftür und übere Chilchhof,
und am Mentig wäschen. Am nöchste Samstig het alles
müeße sufer si, wie neu vom Weber und Walker.
's isch emol en alte Ma, 's heig niemes si Heimet
wüsse welle, neben an dem Örliger Fußweg
gstanden an der Chilchhoftüre. »Loset, i warnich,
Jümpferli«, heig er gseit, »'s isch mit dem Pläzli nit z'spasse.
Goht me so in d'Chilchen und über die grasige Gräber?
Wie heißt's in der Bibel? Der werdet's iemer nit wüsse:
›Erde sollst du werden, aus Erde bist du genommen.‹
Jumpferen, i förch, i förch!« – Druf seig er verschwunde.
Selmol uf Örligertuch in d'Chilche gangen und nümme!
Nei 's mueß Flanell her am nöchste Sunntig mit rote
Bendle rechts und links und unten und obe verbendlet.
[170]
O, wie mengmol hen doch d'Lüt im Stille der Wunsch gha:
»Nähm di numme ne Ma im Elsis oder im Brisgau
oder wo der Pfeffer wachst! Es sott der jo gunnt si.«
Aber 's het sie niemes möge. D'Mutter isch gstorben
und der Vater au, sie liege nebenenander,
und 's chunnt zlezt e Gang, wo 's Töchterli füren in Chilchhof
au ke Flanell bruucht und eineweg d'Schühli nit wüst macht.
Hen sie nit im Totebaum vier Richter ins Grab treit?
's seig nit brieget worde. Ne Vaterunser hen frilig
alli betet, und gseit: »Gott geb der ewige Friede!«
Drum der Tod söhnt alles us, wenn's numme nit z'spot wär.
Aber der alt Ma seig eismols wieder am Chilchhof
gstanden und heig gseit mit schwere bidütseme Worte:
»Hesch nie das Pläzli birührt, se soll di das Pläzli nit tole.
Wo du ane ghörsch, weiß numme 's Geitligers Laubi.«
's isch so cho. Der ander Morge, women ins Feld goht,
stoht der Totebaum vorusse nebe der Chilchmuur.
Wer verbei isch, het en gseh, und 's heißt no, dernebe
's seige Grappe gnueg druf gsessen und heigen am Tuech pickt,
wie mes macht: wenn näumis isch, se lüegt me no mehr dra.
Je, me het's wieder probiert, me het sie no tiefer vergrabe,
an en andere Platz. 's het alles nit ghulfen und battet.
[171]
Endli seit der Vogt: »Mer müen go 's Geitligers Laubi
froge, wo sie ane ghört.« Me rüstet e Wage,
wettet d'Stieren i und leit der Totebaum ufe.
»Laufet, wo der went!« Sie hen si nit zweimol lo heiße.
Uf und furt zum Häfnet-Bugg. Dört blibe si bhange,
z'allernöchst am Brunne (der wüßet's), womer vorbei sin.
In dem Brunne sizt sie. Doch stigt sie an sunnige Tage
mengmol usen ans Land, strehlt in de goldige Hoore,
und wenn näumer chunnt, wo selle Morge nit betet
oder d'Hoor nit gstrehlt, und wo si nit gwäschen und puzt het,
oder jungi Bäum verderbt und andere 's Holz stiehlt,
seit me, sie nehm en in d'Arm, und zieh nen aben in Brunne.
Vetter, i glaub sel nit. Me seit so wege de Chinde,
aß sie süferli werden und nieme näumis verderbe.
Vetter, wär es so gföhrli, bim Bluest, euch hätt sie in d'Arm gno,
wo mer nebenabe sin, und gwäschen im Brunne,
und au wieder gstrehlt emol. – Nei loset, was höri?
's lütet z'Steine Mittag. Bal simmer dussen im Freie.
D'Zit wird eim doch churz im Laufe, wemmen au näumis
mitenander z'rede weiß und näumis z'erzehle.
Seig's denn au nit wohr, es isch nit besser, wenn's wohr isch.
Sehnt der jez dört 's Schlößli mit sinen eckige Gieble?
Und das Dorf isch Steine. Do füre zieht si der Chilchweg.

[172] Auf den Tod eines Zechers

Do hen si mer e Ma vergrabe.
's isch schad für sini bsundere Gabe.
Gang, wo de witt, such no so ein!
Sel isch verbei, de findsch mer kein.
Er isch e Himmelsglehrte gsi.
In allen Dörfere her und hi
se het er gluegt vo Hus zu Hus,
hangt nienen echt e Sternen us?
Er isch e freche Ritter gsi.
In alle Dörfere her und hi
se heter gfrogt enanderno:
»Sin Leuen oder Bäre do?«
E gute Christ, sel isch er gsi.
In alle Dörfere her und hi
se het er untertags und z'nacht
zum Chrütz si stille Bußgang gmacht.
Si Namen isch in Stadt und Land
bi große Here wohl bikannt.
Si allerliebsti Kumpanie
sin alliwil d'Drei Künig gsi.
Jez schloft er und weiß nüt dervo.
Es chunnt e Zit, goht's alle so.

Der Wegweiser

Guter Rat zum Abschied


Weisch, wo der Weg zuem Mehlfaß isch,
zum volle Faß? Im Morgerot
mit Pflueg und Charst dur's Weizefeld,
bis Stern und Stern am Himmel stoht.
Me hackt, so lang der Tag eim hilft,
me luegt nit um, und blibt nit stoh;
druf goht der Weg dur's Schüretenn
de Chuchi zu, do hemmer's jo!
[173]
Weisch, wo der Weg zum Gulden isch?
Er goht de rote Chrützere no,
und wer nit uffe Chrützer luegt,
der wird zum Gulde schwerli cho.
Wo isch der Weg zur Sunntigfreud?
Gang ohni Gfohr im Werchtig no
dur d'Werkstatt und dur 's Ackerfeld!
Der Sunntig wird scho selber cho.
Am Samstig isch er nümme wit.
Was deckt er echt im Chörbli zu?
Denkwol e Pfündli Fleisch ins Gmües,
's cha si, ne Schöpli Wi derzu.
Weisch, wo der Weg in d'Armet goht?
Lueg numme, wo Tafere sin?
Gang nit verbei, 's isch gute Wi,
's sin nagelneui Charte dinn!
Im letzte Wirtshus hangt e Sack,
und wenn de furt gohsch, henk en a!
»Du alte Lump, wie stoht der nit
der Bettelsack so zierlig a!«
Es isch e hölze Gschirli drinn,
gib Achtig druf, verlier mer's nit,
und wenn de zume Wasser chunnsch
und trinke magsch, se schöpf dermit!
Wo isch der Weg zu Fried und Ehr,
der Weg zum guten Alter echt?
Grad fürsi goht's in Mäßigkeit
mit stillem Sinn in Pflicht und Recht.
Und wenn de amme Chrützweg stohsch,
und nümme weisch, wo 's ane goht,
halt still, und frog di Gwisse z'erst,
's cha Dütsch, gottlob, und folg sim Rot.
Wo mag der Weg zum Chilchhof si?
Was frogsch no lang? Gang, wo de witt!
Zum stille Grab im chüele Grund
führt jede Weg, und 's fehlt si nit.
[174]
Doch wandle du in Gottisfurcht!
I rot der, was i rote cha.
Sel Plätzli het e gheimi Tür,
und 's sin no Sachen ehne dra.

Notes
Erstdruck 1803, unter den Initialen J.P.H. (32 Gedichte). Der vorliegende Text folgt der Ausgabe letzter Hand (fünfte Auflage), 1820.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Hebel, Johann Peter. Alemannische Gedichte. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-43C3-C