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Und dennoch schmeckt die Frucht der Weißheit nach dem Brodte,
Das dort der Himmel träufeln heist,
Obgleich der Unverstand des Pöbels Eicheln speist
Und den verdorbnen Mund viel lieber in dem Kothe
Der blinden Einfalt wäscht,
Als mit der Musenschaar aus güldnen Schalen trincket!
Ein Mensch, der seiner Freyheit wincket
Und den gelehrten Durst mit trockner Dinte löscht,
Erfährt die Wollust auf der Erden,
Die Plato schon des Himmels Vorschmack hies.
Sein Zimmer ist ein Paradies,
Wo ihm Papier und Buch zu Feigenblättern werden,
Mit welchen er, wenn ihn der Pfeil der Misgunst schröckt,
Die Blöße seiner Unschuld deckt.
Hier steigt er himmelan und kommt nicht von der Stelle,
Hier sizt er und durchgeht die Welt,
Die er vor einen Schauplaz hält,
Auf welchem tausend Trauerfälle
Den Vorhang auf- und niederziehn.
Er sieht der Römer Staat in einem Kupfer blühn
Und Troja auf der Charte brennen;
[94]Er lernt die schwere Kunst, sich selber zu erkennen,
Durchforscht den Abgrund der Natur,
Geräth den Griechen auf die Spur,
In der Gelehrsamkeit den Gipfel zu erreichen.
Das Glücke schläfert ihn nicht ein,
Nachdem er weis, daß die Philister der Delila beschwägert seyn,
Und sein gesezter Geist, das Sinnbild starcker Eichen,
Fällt nimmermehr, wenn Bliz und Donner kracht,
Dieweil ihn Stoa feste macht.
Ja kurz, sein angenehmer Fleiß nebst der Begierde, viel zu wißen,
Begienge warlich keinen Tausch mit des Pactolus reichen Flüßen.