[342] 37. Wiesen Liedlein
1.
Ach du preißbar-hoher Gott!
wer kan deine Güt' erreichen?
welche Adler-Sinn durchstreichen
deinen Ruhm / Herr Zebaoth /
ich kan mich so hoch nicht schwingen /
will nur von dem nidern singen.
2.
Nicht die seltne Engel-Zier /
noch der Sonne Wunder-Wesen /
hab ich mir jetzt auserlesen:
es wird nur von mir allhier /
in der Blumen vollen Wiesen /
Gottes Allmacht Pracht gepriesen.
3.
Schaut das holde Schmelzwerk nur!
jeder Blumen Farb' und Blüte /
ist ein Spiegel seiner Güte.
Roht / ist seiner Liebe Spur:
daß er uns sein Herz abmahlet /
wie es lauter Flammen strahlet.
[343] 4.
Blau / ist seiner Hoheit Bild
und des unerzielten Sitze /
seiner Wunder Herrschungs-Witze /
mein Saphirner Himmels-Schild:
Göldne Sternen-Blick drein fanken /
Freuden hoher Glück-Gedanken.
5.
Seht nur / wie bespiegelt sich
sein rein-weisse Herzenstreue /
in der weissen Blätlein Reihe
so Geist-weiß-verwunderlich!
sein rein-weisses Herz und Wesen /
wir in jedem Blümlein lesen.
6.
Dieser Blumen Purpur-Tracht /
zeiget an das blutig schwitzen:
ob sie aus den Ritzen spritzen /
und daraus hieher gebracht /
seines Blutes Ebenbilder /
gleichsam unsre Schutzes-Schilder!
7.
Was soll denn das Grüne seyn?
ach es zeiget / daß das hoffen /
steh' in Gottes Güt' uns offen!
jedes Graß / wär's noch so klein /
[344]dunkt mich / mit Begier / mir sagen:
ich soll wünschen / hoffen / wagen