[286] 13. Unterthänige Dienst-Aufopfferung dem Höchsten / in Leidens-Zeit
1.
Ich opffre Gott auf bey de Weiß /
mein Seele / Sinnen / Thun und Fleiß /
mein Würkung / Willen / Gut und Blut /
mein Krafft / Verstand / mein Herz und Muht.
2.
Ist es / O Gott / der Wille dein /
daß ich allhier soll elend seyn /
ohn' alle Zeitlich' Ehr' und Freud /
mit Angst und Noht in Einsamkeit:
3.
Ey so gescheh dein wehrter Will /
der war / ist noch / und bleibt / mein Ziel.
Mit tieffster Unterthänigkeit
mein Will / zu leiden / ist bereit.
4.
Ich bitt' allein / O Jesu Christ!
weil in mir kein vermögen ist /
zu leisten / was mein Mund verheist:
gib mir zur Gnad dein wehrten Geist;
[287] 5.
Der mich in Trübsal also stärk /
daß vor Gedult kein Angst ich merk;
der das / was mir unmüglich fällt /
mir helffe würken in der Welt.
6.
Vor allen ich dir meine Seel
aufopffer' / und sie dir befehl:
O starker Felß / laß keine Noht
sie scheid-und trennen nicht von Gott.
7.
Verstand / der Seelen erste Krafft /
der saug' aus deiner Weißheit Safft /
wie über-wol um uns es steh /
wann es nach deinem Willen geh.
8.
Gedächtnus / schlag die Bücher auf /
von anbegin der Schickung-Lauff /
und finde / daß es Gott so schickt:
daß hiesigs Creutz / uns dort beglückt.
9.
Die Lieb / der Seelen bestes Theil /
die halt des Liebsten Schläg für Heil /
an seiner Lieb sich so ergetz /
daß sie in Creutz sich seelig schätz.
[288] 10.
Sie lieb' ihn stark / in höchster Pein.
und wann es auch solt müglich seyn /
daß er ihr Feind zu seyn auch schien;
der Liebe Feur doch in ihr brinn.
11.
Wann Kunst und Weißheit wär bey mir /
woltich sie auch aufopffern dir;
vor alles Lob und Ehren-Pracht /
mit Freuden seyn vor nichts geacht.
12.
Mit Himmels-Muht mein Aug' verbind /
daß es zur eitlen Lust sey blind /
mein Sünd' und Elend stäts bewein /
so lang es ist der Wille dein.
13.
Zu Lob' und Lust mein Ohr sey taub:
dann beedes ist ein Herzen-Raub.
Verachtung sey mein gröste Ehr:
durch diese gleich' ich dir nur mehr.
14.
Gibstu mir nur ein Stäublein Mehl
des Himmel-Trosts in meine Seel /
[289]so ist kein Tod in Töpffen mehr /
wann auch das Creutz noch bittrer wär.
15.
Mein Herz acht keine Schmerzen-Stich /
wann es nur nicht verlieret dich.
Kein süsser Ruch mich nicht erquickt /
wird er mir nicht von dir geschickt.
16.
Herr / nimm mein Leib und Leben hin!
ich acht' es alles vor Gewinn /
was ich in deinem Dienst verlier /
dein Creutz / ist meine schönste Zier.