Erste Szene
Saal der Reichsversammlung in Hagenau. Ringsum Sitze, und mitten im Hintergrunde der Thron, prachtvoll mit den Symbolen des römisch-deutschen Kaisertums verziert. Nicht weit vom Thron ein Tisch mit Schreibmaterial für den Reichskanzler.
Agnes von der Pfalz und Prinz Heinrich von Braunschweig kommen.
PRINZ HEINRICH.
Ich zittre, Agnes.
AGNES.
Zittern? Pah! Ich zittre
Ja nicht einmal.
PRINZ HEINRICH.
Ich fürchte deinthalb!
AGNES.
PRINZ HEINRICH.
Schrecklich wird sein Zorn sein.
AGNES.
Mag
Er schrecklich sein, – was tut das, wenn nur wir
Uns nicht davor erschrecken?
PRINZ HEINRICH.
Unsre Liebe
Wird er zernichten wollen!
AGNES.
Heinrich,
Wär das nicht ein Versuch, worüber
Du lächeln würdest?
PRINZ HEINRICH.
Eher reißt
Des Himmels ewiges Gewölbe auseinander,
Als unsre Liebe. Aber alles, alles
Wird er aufbieten, unsre Ehe zu
Zerreißen.
AGNES.
Kommt zu spät. Die Ehe ist
Geschlossen, Priesterhand hat sie geheiligt.
PRINZ HEINRICH.
Dich zu verlieren, Heißgeliebte – O
[169] Entsetzlich! – Agnes, wüst wird mir das Haupt,
Wenn ich dran denke! Erst war ich so mutig,
Wollte so kühn dem Kaiser trotzen – Jetzt,
Da ich ihm nahe, da die Stunde der
Entscheidung schlägt, werd ich verzagt, und sehe,
Statt aller Hoffnungen, nur die Gefahr,
Daß man dich wegreißt, Blume meines Lebens!
AGNES.
Reißt man mich von dir weg, so welk ich hin,
Und du mir nach – Das sei dein Trost – Jedoch
Der Vetter tut es nicht.
PRINZ HEINRICH.
Wird er uns schonen?
Hat er nicht Tusculum geopfert, um
Die Kaiserkron nur schneller zu erhalten?
AGNES.
Freund, Tusculum
Ist doch noch längst so viel nicht als zwei Herzen,
Die wie die unsrigen sich lieben.
PRINZ HEINRICH.
Meinst du,
Er könnte treue Liebe schätzen?
AGNES.
Sicher!
PRINZ HEINRICH.
Es heißt, er hätte Liebe nie gekannt!
AGNES.
So stärker hat er sich darnach gesehnt.
PRINZ HEINRICH.
Wie weißt du das?
AGNES.
Sollt ich die Hohenstaufen
Nicht kennen? Bin ich selbst doch ihres Stammes!
PRINZ HEINRICH.
Ach, Mädchen, deine stolzen Anverwandten
Sind nicht so hold und mild wie du.
AGNES.
Ich merke,
Wir werden nimmer eins – Wir müssen kämpfen:
Hie Waiblingen!
PRINZ HEINRICH.
Hie Welf!
Er küßt sie.
AGNES.
Laß, Heinrich, laß,
Es lodern schon die Flammen.
PRINZ HEINRICH.
Auf
Den Lippen, auf den Wangen – Leuchten sie
Nicht schöner als der Brand der Städte,
Die frühren Zeichen unsres Feldgeschreis?
AGNES.
Und glaubst du, Kaiser Heinrich wäre so
[170] Kurzsichtig, daß er das nicht merkte? Ist
Er klug, bin ich es auch – Er wird sich freuen,
Daß Welf und Hohenstaufe sich durch uns
Versöhnen – Nach Neapel treibts ihn – Dort
Die tückischen Empörer zu bezwingen, muß er
In Deutschland Ruhe haben vor den Welfen –
Wer schafft sie sichrer ihm als unser Bündnis?
PRINZ HEINRICH.
Mein Vater aber?
AGNES.
Der ist alt und gut,
Und wird auch wohl am Grabe Ruhe wünschen.
PRINZ HEINRICH.
Du Kluge, Liebliche!
AGNES.
Da nahn Gelahrte,
Prälaten, Fürsten, oder wie sie heißen,
Versenkt in wichtige Gedanken. Tritt
Zurück mit mir, bis daß der Kaiser kommt.
Die armen Leute möchten uns langweilen.
Sie sprechen vielerlei, und tun sehr wenig.
Die Mitglieder des deutschen Reichstages, unter ihnen der Reichskanzler, der Erzbischof Konrad von Mainz, der Erzherzog von Österreich, der Landgraf Hermann von Thüringen, der Burggraf Hohenzollern, der päpstliche Nuntius, zwei Gesandte Frankreichs und viele andere Geistliche und Weltliche kommen.
DER REICHSKANZLER.
Prälaten, Fürsten, Ritter, nehmet eure Sitze,
Der Kaiser naht, den Reichstag zu eröffnen.
Sie lassen sich auf ihren Sitzen nieder, der Reichskanzler am Tische bei dem kaiserlichen Thron.
ERZBISCHOF KONRAD VON MAINZ
zu dem neben ihm sitzenden Landgrafen Hermann von Thüringen.
Was sagst du zu dem jungen Kaiser?
HERMANN VON THÜRINGEN.
ERZBISCHOF KONRAD VON MAINZ.
Bezeichnest ihn sehr schonend.
Sag lieber eigennützig, hart, unbändig,
Wer sieht die Zacken seiner goldnen Krone,
Und denkt nicht an die Trümmer Tusculums?
HERMANN VON THÜRINGEN.
Er hat die Stadt mit Grausamkeit behandelt,
Doch möglich, daß die Not ihn dazu zwang.
[171]ERZBISCHOF KONRAD VON MAINZ.
Frascati sage man jetzt statt Tusculum,
Denn nicht ein einzges Haus blieb dorten stehn,
Und unter Zweigen wohnen seine Bürger.
Nichts auf der Welt kann das entschuldigen.
HERMANN VON THÜRINGEN.
Er kommt. Der Nuntius geht ihm entgegen.
ERZBISCHOF KONRAD VON MAINZ.
Und eines Blickes würdigt er ihn kaum.
KAISER HEINRICH
kommt mit Gefolge, setzt sich auf den Thron, und wirft einen prüfenden Blick rund durch die Reichsversammlung, den er jedoch unter einem grüßenden Lächeln zu verstecken sucht.
Dann für sich.
Dieses die Reichsversammlung, die ich muß
Beherrschen? – Schmeichelei und Trotz und Schrecken,
Schwebt mir nunmehr abwechselnd um die Schläfen
Wie lichte bald, bald dunkle Wolken um die Alpen.
Laut.
Schwer ist das deutsche Szepter, – nur ein Gott
Vermocht es frei zu schwingen, wie's sich ziemt.
Neapels Herrscherstab, den ich zu tragen
Gewohnt bin, ist dagegen nur ein Spielzeug.
Zu schwach ist diese Hand – Darum verzeiht,
Ihr Mächtgen und Getreuen, wenn sie unter
Der Last bisweilen schwankt und zittert.
ERZBISCHOF KONRAD VON MAINZ.
Wir werden unsrer Pflicht gemäß dir helfen.
KAISER HEINRICH.
Mein Thron kennt nur zwei Stützen – eure Liebe
Und eure Kraft. Wo das Gebäude, das
Sich stärkrer Säulen rühmen dürfte?
– Kanzler,
Was haben wir zuerst hier zu verhandeln?
DER REICHSKANZLER.
Die streitge Bischofswahl von Lüttich.
KAISER HEINRICH.
DER REICHSKANZLER.
Um Lüttichs bischöflichen Stuhl
Bekämpfen zwei Parteien sich: die eine
Will mit dem Grafen von Retest, die andre
Mit Brabants Albert ihn besetzen.
[172]KAISER HEINRICH.
Und
Wem von den beiden gibt man im Kapitel
Die meisten Stimmen?
DER REICHSKANZLER.
Keinem. Denn die Stimmen
Sind gleich geteilt, und beide Teile dräuen
Mit Waffen schon einander gegenüber.
ERZBISCHOF KONRAD VON MAINZ.
Es muß das Äußerste geschehen, bei
So heilger Sache, bei der Wahl des Priesters,
Das Blutvergießen abzuwenden.
DER NUNTIUS.
Nimmer
Erlaubt der Papst, daß man auf solchem Wege
Ein Kirchenamt erwerbe.
KAISER HEINRICH.
Fürsten, Ritter,
Was meint ihr?
HOHENZOLLERN.
Herr, bedenklich ist die Sache.
Ich weiß nicht, welchen von den Nebenbuhlern
Ich vorziehen sollte. Beide sind so brav
Als tüchtig. Und wenn wir auch einen vorziehn,
Der andre wird sich nicht dabei beruhgen.
Langwierge Fehde drohet jedenfalls.
Am besten ists, wir stellen die Entscheidung
Dem Papst anheim. In einer Kirchensache
Wird er am richtigsten erkennen, und
Es werden die Parteien seinem Urteil
Am ehrsten folgen.
DER NUNTIUS.
Burggraf Hohenzollern,
Der heilge Vater fodert, daß man ihm die Sache
Anheimgibt. Ist ein Bischof denkbar ohne
Einwilligung des Papstes?
ERZBISCHOF KONRAD VON MAINZ.
Herr, sehr wohl,
Besonders auch der Erzbischof von Mainz,
Des Deutschen Reiches erster Fürst und Wähler!
– Wir alle sind der Kirche Glieder, vom
Geringsten Priester bis zum Kardinal,
Zum Papst – Denn der ist nur des Baues Spitze! –
Wie jeder Schnörkel dort am Dom für sich
Besteht, und doch das Ganze zieren hilft
Und tragen, walten wir in unsren Würden –
Dem Papste Ehre, doch die Kirch ist mehr
Als Er, und rühmest du, wir könnten
[173] Nicht ohne ihn bestehn, so hüte dich auch vor
Der Frage: wie er ohne uns bestehen will?
KAISER HEINRICH
für sich.
Dem Mainzer flammt das Antlitz auf wie Feuer –
Ich ahne auch, warum – Mein Vater wählte
Ihn sonder die Einwilligung des Papstes.
ERZBISCHOF KONRAD VON MAINZ.
Doch darin hast du Recht: die Sache Lüttichs
Ist eine geistliche, und in geistlichen Dingen
Gebührt dem Papst das Wort zuerst.
KAISER HEINRICH
für sich.
Wie schlau
Er einlenkt – Pech bleibt Pech, und Pfaff bleibt Pfaff,
Und klebt mit seiner Sippschaft unauflöslich
Zusammen – Nicht verdenk ichs – Machts
Der Schuster wie der Kaiser nicht grad so? Der Kaiser
Bleibt Kaiser, und Waiblingen bleibt Waiblingen –
Ihr sollts jetzt hören!
Laut.
Die Streitigkeit in Lüttich ist ganz klar:
Nach dem Vertrag zu Worms, geschlossen
Mit Papst Calixtus, hat bei zwistger Wahl
Des Bischofs, nur der Kaiser zu bestimmen:
Brabant verwerf ich samt Retest: Der Graf
Lothar von Herstall sei statt ihrer Bischof,
Und die Gebühren zahlt er meiner Kammer.
– So schreib es hin, Reichskanzler!
DER NUNTIUS.
Ich widerspreche! Schreibe nicht!
KAISER HEINRICH.
Wer hat
Hier zu befehlen außer mir? Wem dienen
Die Krieger da mit ihren Partisanen?
Zum Reichskanzler.
Du schreibst, wie ich gesagt.
DER NUNTIUS.
Herr, Herr, –
KAISER HEINRICH
tut als hörte er den Nuntius nicht.
Wir schreiten
Zu einem traurigen Geschäft. Der Held,
Vor dessen Wunderkraft Arabien
Erbebte, hat sich selbst erniedrigt, als
Er Östreich suchte zu erniedrigen.
Ein böser Geist hat ihn seitdem besessen,
Gewichen ist er von der heilgen Siegesbahn,
[174] In Heimlichkeit floh er davon, und wagte
Dem Ozean sich zu vertraun, doch da
Ergriff ihn Gottes Hand und warf im Zorn
Ihn an die deutsche Küste. – Samt Blondel
Ist er in meiner Macht, und zu Gericht
Soll er hier stehn. Selbst Frankreichs König tritt
Als Kläger vor die Schranke, unterwirft
Sich unsrer oberherrlichen Entscheidung.
Zu einigen seines Gefolges.
Führt König Richard vor!
ERZBISCHOF KONRAD VON MAINZ
für sich.
Was ein freches Spiel
Mit einem Könige! wie wird das enden?
KÖNIG RICHARD
wird hereingeführt.
Welch eine herrliche, gewaltige
Versammlung – Fürsten, Ritter und Prälaten
Gedrängt wie Stern an Stern, und unter ihnen
Auch nicht ein Einiger, der dem ungeheuren,
Gottlosen Frevel wehrt, mit dem man mich,
Den König Englands und den Streiter Christi,
Wagt festzuhalten?
KAISER HEINRICH.
König Richard, sprich
Von Frevel nicht, wenn dich der Herr der Welt,
Der römsche Kaiser, in der Mitte
Der Großen seines Reiches, die die Kraft
Und die Befugnis haben, frei zu stimmen,
Zu deiner eigenen Rechtfertigung
Vor seinen Thronsitz fodert.
KÖNIG RICHARD.
Herr der Welt,
Und römscher Kaiser? Hohle Namen!
KAISER HEINRICH.
Sind
Sie hohl, so ists mir um so größre Pflicht,
Daß ich, wie ich es nur vermag, sie fülle.
– Frankreich und Österreich verklagen dich.
KÖNIG RICHARD.
Ei, Frankreich!
Er erblickt die beiden französischen Gesandten.
Seid ihr da, Messieurs?
Ich ahnt es – Immer seid ihr vor mir,
Sei's daß ich in die Flucht euch jage, oder
Daß ihr mich zu betrügen denkt – Nehmt eure
Drei Lilien in Acht – Es könnte kommen,
[175] Daß ich sie einst mit meiner Rosse Hufen
Zerstampfte, und dafür drei Nesseln, falsch
Wie ihr, wie Städte brennend, Amiens,
Paris und Orleans hinpflanzte!
KAISER HEINRICH.
Auch
Beschwert sich über dich die Christenheit.
KÖNIG RICHARD.
Durch wen?
DER NUNTIUS.
Durch niemand, Herr. Der heilge Vater
Weiß nichts davon, und ihm allein gebührts,
Dich in der Kirche Namen zu verklagen.
Er aber achtet deine frommen Taten,
Und will, daß dich der Kaiser freiläßt.
DER REICHSKANZLER.
Herr,
Ihr sprecht unaufgefodert, ordnungswidrig –
KAISER HEINRICH.
Himmel,
Mein bester Kanzlei, laß durch deinen Eifer
Dich nicht verführen Alles, alles tu, nur nicht
Antworten! – Grade dadurch ist der Papst
So groß geworden – Hätten meine Ahnen
Nicht allzuoft der Ehre ihn gewürdigt,
Mit Worten seine Worte zu erwidern,
Statt dessen stolz geschwiegen, rasch gehandelt,
Nie fand er Anlaß vielen Lärm zu machen,
Und unbeachtet wäre sein Geschrei
Verklungen. Unser Widerspruch nur schaffte
Ihm Wert. –
Wieder zu König Richard.
Empört ist alle Christenheit,
Daß du den Kreuzzug, welchen du so heilig
Gelobt, so flau geführt hast, und so schnöde
Verlassen.
KÖNIG RICHARD.
Heiliger Georg und Margaretha!
– Ihn flau geführt? – Frag nach bei Saladin,
Frag nach bis Yemen bei arabschen Müttern,
Sie werden fluchend dich der Lüge zeihen! –
– Und ihn verlassen? – Weil der Schuft, der König
Der beiden Schufte da, im Stich mich ließ,
Mit seinem Heer nach Hause lief, um, während
Die Sarazenen mich bedrängten, mir
In Frankreich mein Besitztum zu entreißen –
[176]ERSTER FRANZÖSISCHER GESANDTE.
Mein Fürst, verletz die Achtung nicht, die du
Dem König Frankreichs, deinem Lehnsherrn schuldest.
KÖNIG RICHARD.
's ist wahr – Klug muß man sein wie ihr – Die Form
Geschont, sonst alles nur verdorben – Gift
Gereicht, doch in kristallnen Gläsern –
Er ist mein Lehnsherr, ich sein Knecht – ich will
Ihm huldgen und ihn züchtigen – – – Das Kreuzheer
Verlassen? – Tränen, vor Jerusalem
Geweint, als ich nach seinen teuren Zinnen
Vergebens meine Arme streckte, weil
Der listige Franzose von mir wich,
Durchbrennt die Brust von diesem Kaiser, daß
Er fühlt, es schmerze mehr als glühndes Eisen,
Das Land des Heilands zu verlassen.
ERZBISCHOF KONRAD VON MAINZ
zu Kaiser Heinrich.
Herr,
So kann ein edler Held nur reden – Sicher
Ist er unschuldig. Gib ihn frei.
DIE ANWESENDEN.
KAISER HEINRICH.
Wie? läßt auch dieser Reichstag,
So voll von weisen, mächtgen Häuptern, gleich
'Nem Kind sich täuschen? Nimmermehr!
Nur Großmut ist es, welche ihn
Zum übertriebnen Mitleid jetzt verleitet –
– Hört doch auch Frankreich!
ERSTER FRANZÖSISCHER GESANDTE.
Seiner Braut,
Der schönsten Blüt am hehren Stamm
Von Valois, der lieblichen Alise,
Bricht er die Treu und das Verlöbnis,
Und Sie, die Schwester König Philipps, muß
Um ihn im Kloster Saint Denis zum Tod
Sich härmen. – Kann er je genug das büßen?
KÖNIG RICHARD.
Man sollte weinen, hört man diese Herren
So schöne Worte machen, – und doch ists nur Wind! –
Die liebliche Alise ist so gelb
Und hager, wie nur ein französisch Weib –
[177] Wenn sie sich härmt, wirds ihr gewiß nicht schaden,
Ich weiß, sie hat der Tröster nur zu viel! –
– Mit eures Königes Bewilligung
Brach ich den Bund mit ihr, und fand ihn ab
Mit einer Summe, welche noch mir weh tut!
ERSTER FRANZÖSISCHER GESANDTE.
Er willigte nur ein auf die Bedingung,
Daß auch Alis es täte. Aber Sie
Tats nicht – sie liebt dich – Kann man Herzen
Mit Geld aufwägen?
KÖNIG RICHARD.
Ja, man kanns bei euch –
Der Bund mit ihr war nichts als Politik,
Und Politik hat ihn gelöst. Nie hat
Sie mich geliebt, und ich gottlob! sie auch nicht!
– Reichsfürsten hörts! der König Frankreichs frischt
Im Namen seiner Schwester eine alte Sache
Hier auf, daß ich nur länger bleib gefangen,
Und er so ruhiger ins Land mir bricht.
KAISER HEINRICH.
Du kannst die Schuld nicht leugnen, also schmälst du. –
– Wagst du bei Österreich auch so zu tun?
War er der Erste nicht auf Accons Zinnen?
KÖNIG RICHARD.
Er wars.
KAISER HEINRICH.
War er daher nicht wohl befugt,
Auch sein Panier zuerst dort aufzupflanzen?
KÖNIG RICHARD.
Auch das!
KAISER HEINRICH.
Und weißt du, was du tatest?
Du tratest mit dem Fuß des Reiches Herz
Und Schild – Das eigne Herz, den eignen Schild
Beschimpftest und verletztest du mir dadurch!
Aufspringend.
Empörung faßt mich! Alle, die hier sitzen,
Die Fürsten, Ritter und Prälaten, muß
Sie fassen – Wahrlich, wenig sollts mich wundern,
Wenn wir jetzt unsre Schwerter zückten, dich
Zusammenhieben auf der Stelle! –
Mag
Alise weinen, mag die Christenheit dir fluchen,
Die Tränen trocknen endlich, und den Fluch
Wird Gott erfüllen – Doch geschmähte Ehre
Wäscht sich in Blut nur rein!
[178]ERZBISCHOF KONRAD VON MAINZ.
Entsetzlich!
HOHENZOLLERN.
Richard
Ist ein gesalbtes Haupt!
KAISER HEINRICH.
Doch nicht so fest
Gesalbt, daß ihm vor diesem Schwert das Haupt
Gesichert stände.
PRINZ HEINRICH
der mit Agnes zurückgezogen auf der Seite steht – zu Agnes.
Hörst du? Welch ein Mann!
AGNES.
Nun, nun, so schlimm noch nicht. Er sagts nur, und
Hat er nicht eben selbst vom Papst geäußert,
Man müßte, wo man kann, statt sprechen, handeln?
Das Haupt des Königs wäre längst wohl ab,
Wenn ernstlich es der Vetter so gewollt.
ERZHERZOG VON ÖSTERREICH.
Ich bitte, Kaiser, für sein Leben.
KÖNIG RICHARD.
Danke,
Mein Österreich. Ich weiß nicht, was mir einfiel,
Als ich dein Banner niedertrat bei Accon.
Ich handle oft, und denk erst hinterdrein.
Geärgert wirds mich haben, daß ich nicht
Die Fahne Englands, sondern eine andre
Am ehrenvollsten Platz sah. – Nicht gewohnt
Bin ichs – Verzeihe – Aber ein
Geschenk nehm ich nicht an, am wenigsten
Vom Feinde, und am allerwenigsten
Das Leben. Das wär eine ewge Schmach,
Und holt ich Atem, würds mich nur erinnern,
Daß es erbettelt sei, würde mehr als Gift
In meinem Munde.
KAISER HEINRICH
zu Österreich.
Ganz unnütze Furcht,
Daß seine Bitten dir das Leben retten.
Bei meiner Krone schwör ich –
HOHENZOLLERN.
Kaiser, halt –
Um Gotteswillen – Schone doch des Helden –
Nimm Lösegeld –
ERZBISCHOF KONRAD VON MAINZ.
Nimm es – Besprütze mit
So edlem Blut den Reichstag nicht.
KAISER HEINRICH.
Was? Geld
[179] Für Strafe?
ERZBISCHOF KONRAD VON MAINZ.
Ist denn das nicht Ritterbrauch?
Wird nicht der Tod mit Geld gelöst? Und wird
Ein Leben vorzugsweis mit Geld erkauft,
So muß es das von einem König sein.
Hat
Auf König Richard deutend.
er auch übereilt gehandelt, – Denk
An sein schuldloses Volk, es litte mit ihm.
KAISER HEINRICH.
So meint ihr alle?
DIE ANWESENDEN.
Ja.
KAISER HEINRICH
für sich.
Das wollt ich grade.
Laut.
Vor eurer Meinung beugt sich meine Jugend –
Zu König Richard.
So zahle denn das Lösegeld, und frei
Bist du, sobald du es gezahlt hast.
KÖNIG RICHARD.
Wohl.
– Wie hoch bestimmest du die Lösung?
KAISER HEINRICH.
Niedrig.
Mir zahlst du hunderttausend Mark in Golde,
Dem König Frankreichs zahlst du fünfzigtausend,
Und zwanzigtausend Österreichs Erzherzog.
KÖNIG RICHARD.
Das nennst du niedrig? Heiliger Georg,
Mit so viel Gelde kauf ich Königreiche!
KAISER HEINRICH.
Wie kannst du mäkeln um elendes Geld?
KÖNIG RICHARD.
So elend doch nicht, daß du es nicht nähmest!
KAISER HEINRICH.
Ich nehm es erstlich, weil das Recht es will,
Dann um zum hohen Zweck, den du grad aufgabst,
Zum Kreuzzug, es zu brauchen, – endlich,
Um meine Treuen mit ihm zu belohnen.
ERSTER FRANZÖSISCHER GESANDTE.
Die Lösungssumme scheint uns zu gering,
Der König Frankreichs fodert mehr.
KÖNIG RICHARD
zu den beiden französischen Gesandten.
Ei, ei,
Werd ich auf einmal euch so wert und teuer?
Ich dachte sonst, ich wäre nur so'n Lehnsmann
[180] Von Frankreich, und beizu auch Fürstlein Englands,
Das ihr mit euren Lanzenspitzen aus dem Meer
Könnt heben – Nun, ich fange an, mich selbst
Sehr hoch zu schätzen – Kaiser, ich bezahle,
Was du verlangtest!
Für sich.
Frankreich wär im Stande,
Daß es ihm mehr verspräche, mich zu halten,
Als ich ihm gebe, um mich freizulassen.
Verspräche, sag ich – Denn viel weiter als
La Manche England trennt von Frankreich, trennt
In Frankreich sich das Halten und Versprechen!
Auf den Kaiser blickend.
Ich hoffe, er siehts ein, und zieht die Barschaft
Den Worten vor – Es zuckt ihm etwas im
Gesicht, das darauf deutet.
KAISER HEINRICH
zu den französischen Gesandten.
Seid gewiß,
Daß ich mit Frankreichs König, meinem Freunde,
Mich über diese Sache leicht vereine.
Ich werde selbst ihm schreiben.
ERSTER FRANZÖSISCHER GESANDTE.
Wir verwahren
Jedoch bis dahin unser Recht.
KAISER HEINRICH
zu König Richard.
Wann
Wirst du die Lösung zahlen?
KÖNIG RICHARD.
Möglichst schnell –
Erlaub, daß man Blondel, den Sängerfürsten,
Hereinruft, und er Bote sei für mich
Nach England.
KAISER HEINRICH.
Bringt Blondel.
BLONDEL
wird hereingeführt, – zu König Richard.
O mein Monarch!
KÖNIG RICHARD.
Liebst du das Löwenherz?
BLONDEL.
Mehr als
Das eigene – Ich muß ja – Es ist größer!
KÖNIG RICHARD.
So
Beweis es, – laß die Reime und Gedichte,
Biet alle Tatkraft auf und allen Geist,
Flieg hin nach England, schaff die Summe her,
Die man von mir zur Lösung fodert.
[181]BLONDEL.
Himmel,
Du wirst gelöst? Und wärs die ganze Welt,
Hin würf ich sie für dich!
KÖNIG RICHARD.
Nicht die Welt – Doch wenig
Ists auch nicht – Hundertsiebzigtausend Mark
In Golde!
BLONDEL.
Pah, die treib ich schon zusammen!
KÖNIG RICHARD.
Wirst du dabei das Vorurteil der Welt
Beachten, und durch alberne Rücksichten,
Bedenklichkeiten, lang mich harren lassen?
BLONDEL.
Ein schlechter Dichter, den sein Flug so hoch
Nicht trägt, daß, wo es Großes gilt zu leisten,
Bedenklichkeiten und Rücksichten ihn
Erschreckten – Gleich dem Adler steigt er in
Die Luft, die Erde weithin überschauend,
Und was ihm gut dünkt, packt er mit den Fängen.
KÖNIG RICHARD.
So höre denn! – Wenn du die Gelder eintreibst,
So schone der geringen Leute (Bauern,
Handwerker, mein ich) – arm sind sie, und treu
Dabei – Mit ihrer Hülfe such vielmehr
Die Schätze, wo sie sind – vor allen such
In Klöstern und bei den Hebräern – Einen
Kreuzfahrer zu befrein, ist heiliger,
Christlicher Zweck – Deswegen ziemts dem, Kloster,
Daß es mit Freuden zahle, und dem Juden,
Daß er mit Tränen gebe.
BLONDEL.
Herr, die Armut
Sanct Benedicti, welche zu bescheiden
In tiefsten Kellern liegt, will ich aufdecken,
In ihrer Blöße sie der Sonne zeigen, –
Der Juden Säckel aber will ich kehren, wie
Der Pflug die Erde, – es wächst doch
In ihnen hundertfältig wieder.
KÖNIG RICHARD.
Bring
Mir auch 'nen Renner mit, gestreckt und rasch,
Daß er die Meilen zu verschlingen scheint –
Bin ich erst frei, will ich schnell fort –
Nun eile!
BLONDEL.
Doch auch so sehr, daß ich im Hennegau
Bei einem Schloß nicht hielte, dessen Dächer,
[182] Mit dunklen und bemoosten Schiefern,
Dem Wandrer nicht verraten, welche Rose
Darunter blüht?
KÖNIG RICHARD.
Ha, Zaubrer! Welch ein Bild
Rufst du hervor?
BLONDEL.
Du sahst es oft in Syriens Sande.
KÖNIG RICHARD.
Ja, und in England, und in jedem Teil
Der Welt. – Ein holdes Haupt beugt sich zu mir
Auf seinem Schwanenhals hernieder, und
Die Nacht verfließt vor dessen Schnee und Glanz:
»Ich ruf es laut und ohn Erröten,
Das süße, werte Weib,
Es hilft in allen Nöten,
Und tröstet Seel und Leib.«
Blondel ab.
KAISER HEINRICH.
Beendigt, Richard, ist die Sache – Setze
Dich zu mir – Zauderst du?
KÖNIG RICHARD.
Ich glaube, Heinrich,
Du hast ein böses Spiel mit mir gespielt.
KAISER HEINRICH.
Sprich offen: hättest du, wenn du's vermochtest,
Nicht ebenso mit mir gehandelt?
KÖNIG RICHARD
nach einigem Bedenken, dann freien Blicks und mit freier Stimme.
Ja!
Und Gott bewahre dich vor Englands Küsten!
KAISER HEINRICH.
Mit einem Heer nur würd ich sie betreten.
KÖNIG RICHARD.
Sehr schwierig möcht es sein.
KAISER HEINRICH.
Je schwieriger,
So ehrenvoller – Dän und Normann tatens,
Was die vermochten, kann ich auch.
König Richard setzt sich neben den Kaiser. Ein Bote von Neapel tritt auf. Kaiser Heinrich zu ihm.
DER BOTE.
Diesen Brief.
KAISER HEINRICH
liest den Brief für sich.
Wie? Tancred
Herr von Apulien schon, und abgefallen
[183] Das ganze Reich beinah – die Hauptstadt selbst
Rebellisch – und Constanze von dem Feind
Gefangen – Rocca d'Arce nur mir sicher –
– Ists nicht als rissen aus des Ätna Schlünden
Sich alle tausendjährgen Feuermeere los,
Und brandeten bis hieher, bis an meinen Fuß?
– Mein Dolch!
Er greift nach seinem Dolche und blickt furchtbar drohend auf den Boten.
Auch diese Fratze ist 'ne welsche –
Zu Boden sie –
Sich wieder mäßigend.
Doch still und klug, bedachtsam –
KÖNIG RICHARD.
Was ist dir?
ERZBISCHOF KONRAD VON MAINZ.
Was bewegt dich?
KAISER HEINRICH
sehr laut und heiteren Gesichts.
Freude! – Trotz
Des neulich ausgebrochnen Aufruhrs, ward
Neapels Reich ganz wieder mein. – Ich danks
Der Tapferkeit des Feldherrn Diephold – Und
Wir können nun das Kreuzheer, welches ich
Aufbieten will nach Palästina, statt
Durch Ungarns Wälder, sichren Weges
Durch meine Erblande, bis Bari leiten,
Und leicht und schnell von da mit meinen Flotten
Nach Griechenland es überschiffen!
Für sich.
Steht
Das Kreuzheer erst bei Bari, tuts was Beßres
Als Syrien durchschreiten – Die Normannen
Solls kreuzigen.
ERZBISCHOF KONRAD VON MAINZ.
Der Reichstag wünscht dir Glück.
KAISER HEINRICH.
Sehr traurig, daß wir von so heitrer Aussicht
Nach Süden, trüb nach Norden blicken müssen.
– Ist der Reichsherold an den Welfen schon zurück?
EIN GEWAFFNETER.
Er harret deines Winks, hereinzutreten.
KAISER HEINRICH.
Er komme.
PRINZ HEINRICH.
Agnes, schilt er meinen Vater,
[184] So spürt er, daß der Sohn des Leuen es
Vernahm.
AGNES.
Geduld! Ein bißchen zürnen wird er.
Doch ists ihm zu verdenken? Sieht er nicht
Bis jetzt in ihm den Feind?
Reichsherold tritt ein.
DER GEWAFFNETE.
Da ist der Herold.
KAISER HEINRICH.
Was macht der Welfe?
REICHSHEROLD.
Zieht in Braunschweig ein,
Und tilgt mit Schwert und Feuer seine Feinde.
KAISER HEINRICH.
Und wehrt ihm nicht die mächtge Bardewick?
REICHSHEROLD.
Sie ist nicht mehr.
KAISER HEINRICH.
Ha?
REICHSHEROLD.
Unter ihren Trümmern,
Umwogt von Rauch, fand ich den Leu'n, und als
Ich fragte, wo die Stadt sei, lacht' er wild,
Und wies, mit einer Stimme, die wie Meerflut
Mir donnernd schwoll entgegen, am Portale
Des Doms, der letzten Spur der Stadt, die Inschrift:
Vestigia leonis.
KAISER HEINRICH.
Narr, der selbst beschreibt,
Was er getan – Der Klügre überläßt
Es andern, und der Leu soll mir, indes
Ich lächelnd schweige, unterm Fuße heulen:
Vestigia Augusti!
– Hörts, Reichsstände!
So ist der Welfe, bricht wie ein reißend Tier
Den Bann, die Acht, verheert die Städte, rühmt
Der Tat sich! Just so wenig wie ein Löwe,
Mit dessen Namen er sich prahlend schmückt,
Je lernt des Reichs, des Kaisers Ehre schätzen,
Wird er es lernen. Will er denn so gern
'Ne solche Bestie sein, so laßt uns auch
Als solcher ihm begegnen – Keine Rast,
Bis daß von Deutschlands heimatlichem Boden
Der letzte Braunschweig weggetilgt ist!
AGNES
tritt vor.
Vetter,
Das geht nicht, oder du mußt deine Muhme mit –
Vertilgen.
KAISER HEINRICH.
Welch ein Mädchen,
[185] Schön wie der Tag, und feurig wie der Blitz,
Bricht durch des Reichstags Reihn und widerspricht mir?
AGNES.
Ich bin die Agnes, Vetter – Tochter des
Pfalzgrafen, Bruders Kaiser Friedrichs –
KAISER HEINRICH.
Agnes!
Gespielin meiner Kindheit –
AGNES.
Laßt die Kindheit –
Ich habe Wichtigres dir vorzustellen.
KAISER HEINRICH.
Der König Frankreichs wirbt um deine Hand.
AGNES.
Daß er mit ihr die Pfalz an Frankreich bringe?
Ich mag ihn nicht – Mein Erbteil gönn ich deutschen Männern.
ERSTER FRANZÖSISCHER GESANDTE.
Wie? schlägst du aus den Bund mit Valois?
KÖNIG RICHARD.
Wahrlich, sie konnte Besseres nicht tun.
AGNES
zu dem französischen Gesandten.
Ja, – wenn ich liebe, lieb ich nicht bloß Macht
Und Namen.
– Kaiser, ich war unvorsichtig,
Ich tändelte, und sah nicht um mich. Plötzlich
Stürzt' aus der Luft ein Edelfalk
Mit braunem Haupt und weißer Kehle, und
Ergriff mich – Zürnen sollt ich ihm – Allein
Ich konnte nicht – Das Mädchenherz ist ein
Unselges Ding – Wer es recht scharf anpackt,
Der hat es.
KAISER HEINRICH.
Wie versteh ich das?
AGNES
führt den Prinzen Heinrich vor.
Hier ist der Falk – der Welfensohn!
KAISER HEINRICH.
AGNES.
Vetter,
Ich liebt ihn, konnte wahrlich nichts davor.
Nimm es nicht übel.
KAISER HEINRICH.
Mädchen, dank dem Himmel,
Daß du 'ne Blume, zart und hold, wie ich
Nicht eine kenne, bist, – wärst du 'ne Zeder,
Bei Gott, sie fiele vor meines Zornes Sturm!
[186] – Doch von dem Welfen da mußt du dich trennen.
AGNES.
Es geht nicht, denn ich bin mit ihm vermählt,
Und, Kaiser, hör ins Ohr!
KAISER HEINRICH.
Vor diesem Reichstag?
AGNES.
Warum nicht? Bin ich denn nicht deine Muhme,
Und darf ich dir nicht etwas heimlich sagen?
KAISER HEINRICH.
Wie keck und kühn! – Sie ist aus meinem Hause,
Und Wang und Augen tragen seine Farben!
AGNES
heimlich zu Kaiser Heinrich.
Hör, Kaiser, – kämpf und kriege nicht um Namen.
Welf und Waiblingen wären eins, wenn sie
Gleich hießen – Du mußt nach Neapel, dort
Den Aufruhr wieder zu beschwichtigen –
Was kann dir lieber sein, als unterdes
Vor deinem großen Feind, dem Leuen, Friede
Zu haben, und ich schaff ihn dir durch Liebe.
Denn ob du gleich dich eben bei der Meldung
Des Boten gut verstelltest, sah ich doch,
Daß in Sizilien nicht alles so steht, wie
Du heucheltest.
KAISER HEINRICH.
Wie schade, Mädchen,
Daß du nicht Mann bist. Du blickst tief.
AGNES.
Das Weib
Sieht tief, der Mann sieht weit. Euch ist die Welt
Das Herz, uns ist das Herz die Welt.
KAISER HEINRICH
laut.
Agnes
Von Hohenstaufen – Nicht kann ich es loben,
Daß du dich mit dem Welfen hast vermählt –
Jedoch, wer kann der Liebe wehren? Eher
Dem Hasse und dem Tode –
Sei mir denn
Willkommen, Stern, bei dessen Liebesglanze
Die beiden mächtigen, so lang getrennten
Geschlechter wieder freudig sich vereinen –
Mög ihnen stets ein solches Himmelslicht
Als deine Schönheit leuchten!
Zum Prinzen Heinrich.
Welfe, reich
Die Hand mir, – wir sind Freunde – Und in
[187] Braunschweig
Nenn ich bald deinen Vater auch so.
HOHENZOLLERN.
Edler
Und größer, Kaiser, konntest du nicht handeln.
ERZBISCHOF KONRAD VON MAINZ.
Wir alle sind verwundert und gerührt.
Des Höchsten Segen ruh auf diesem Frieden.
KAISER HEINRICH.
Sehr wichtig und erfreulich ist es mir, daß ihr
Dies so betrachtet. Und drum seid ihr würdig,
Aus Kaisermunde einen kaiserlichen Vorschlag,
Den ich – Gott sei mir Zeuge! – nicht
Um meines Hauses willen, einer Hütte,
Die allem Irdschen gleich, auf Deutschlands Boden
Kaum nach Jahrhunderten noch stehen wird,
Den ich vielmehr um Deutschland selbst euch tue:
Auf die Kaiserkrone seines Hauptes deutend.
Macht diese Krone erblich! denn, sagt an,
Woher seit Karl dem Großen, ewger Streit
Bei jeder Kaiserwahl, stets Widerspenstigkeit
Der Sachsen? Weshalb gilt dies mächtige,
Erhabne deutsche Volk, lang das nicht, was
Es wert ist? Warum wagen Nachbarn, die
Weit schwächer sind, weit elender als wir,
Uns Tag für Tag zu höhnen? Warum rauschen
Des Reiches Banner nicht in Rußlands Schnee
Und Libyens Sande? Warum schwillt die Brust
Dem Einzelnen wie Meereswoge, und
Verliert so jämmerlich sich in der Masse?
Warum zertrümmerten wir Romas Welt,
Und können diese Trümmer nicht beherrschen?
– Weil jeder einzelne in seinem Hochsinn glaubt,
Daß er bestehen könne, ohn das Ganze –!
– Ein Faszesbündel ohne Reifen ist dies Reich –
Laßt es uns binden mit dem Kaiserdiademe,
Und dieses bindet fest nur, wenn es ewig
Und erblich ist – –.
Bischof, Vasall, behalten
Die Länder, welche sie besitzen. Der
Vasall vererbe sie auf seine Söhne,
Den neuen Bischof wähle das Kapitel,
[188] Sobald der frühre ist gestorben. Aber
Der Kaiser erblich herrschendes Geschlecht,
Bewache ewig schützend, alle ewig
In ihrer Kraft und ihren Rechten.
HERMANN VON THÜRINGEN.
Dazu
Geb ich die Stimme nie. Der deutsche Fürst
Ist stolzer, edler als die Kön'ge alle,
Weil er wahlfähig ist zur Krone Roms!
Den hohen Vorzug sollte er verscherzen?
Wohl möglich, daß du selbst die Erblichkeit
Der Krone nicht mißbrauchest – Kannst du bürgen,
Daß es dein künftiges Geschlecht nicht tut,
Und, wie in Frankreich, diese Erblichkeit
Benutzt, die Lehn allmählich einzuziehen,
Und statt Vasallen, Sklaven um den Thron
Zu sammeln? Erblichkeit verschafft vielleicht
In unsren Kaisern uns Eroberer,
Schafft einen Hof voll Pracht, wie jener in
Konstantinopel – Doch wird der Erobrer
Nicht stets auch der Despot des eignen Volks?
Ersetzt scheinbare Pracht, (die Schlangenhaut,
Worunter Schmeichler und Verräter lauern,)
Der deutschen Fürsten, deutschen Städte Macht
Und Treue? – Herr, das Vaterland ist es,
Was wir auf Kindes Kind vererben – Drum
Braucht seine Krone erblich nicht zu sein!
KAISER HEINRICH.
Wer sprach das?
REICHSKANZLER.
Hermann, Landgraf Thüringens.
KAISER HEINRICH
für sich.
Ich hätte als Vasall auch so geredet.
ERZBISCHOF KONRAD VON MAINZ.
Groß, Kaiser, riesenhaft ist dein Entwurf,
Doch ist die Zeit für ihn zu klein, zu unreif.
Wie mancher Anspruch wäre zu bewältgen,
Wie vieles Unbestimmte zu bestimmen,
Eh man sich über ihn verständigte!
KAISER HEINRICH.
Thüringen du, und du Erzbischof – Mit
Derartgen Phrasen, wie ihr braucht, wird Deutschland
So lang noch eingeschläfert werden, bis
Es einst sich selbst zerreißt, und seine Stücke
[189] Hungriger Nachbarn leichte Beute werden.
Gut, ich verzichte. –
Dafür bitt ich eins:
Es steht der Kreuzzug mir bevor; – leicht könnt
Ich fallen – Wenns geschähe, wenn kein Herrscher
Mich dann sogleich ersetzte, würden in
Dem noch so sehr bewegten Reich, Aufruhr
Und Unordnung an jeder Stelle aus
Der Erde brechen – Wählet meinen Sohn,
Den Prinzen Friedrich von Sizilien,
Zum römschen Könige.
HERMANN VON THÜRINGEN.
Prinz Friedrich ist
Noch Kind.
KAISER HEINRICH.
Was schadet das? Bei Fürsten reicht
Es hin, wenn sie nur da sind, – ihre Stellung,
Nicht die Person tut ihren Völkern not.
Und dann, wo wären tüchtgre Vormünder
Als ihr?
HERMANN VON THÜRINGEN.
Laß uns den Antrag überlegen.
KAISER HEINRICH.
Ich bitte, tuts –
Für sich.
Wenn sie erst überlegen, will
Ich auch die Überlegung wohl zu lenken wissen.
Laut.
Ich mag bei dem Beraten über meine
Nachfolge selbst nicht gegenwärtig bleiben.
– Nach Braunschweig eil ich
Auf Agnes und Prinz Heinrich deutend.
mit den beiden, –
Dorthin schickt Nachricht, was ihr habt beschlossen.
KÖNIG RICHARD.
Heut hab ich viel von dir gelernt, mein Kaiser.
KAISER HEINRICH.
Leb wohl, o Richard – Wie der Klang der Kriegstrompete
Hat deine bloße Stimme mir das Ohr
Erschüttert – Du bist doch der erste Held.
KÖNIG RICHARD.
Und doch hältst du gefangen mich zurück?
KAISER HEINRICH.
Nicht tadle mich, erkenne mein Geschick –
[190] Ich seh nicht Einen nur, ich seh die Welt! –
Richard wird fortgeführt, Kaiser Heinrich entfernt sich mit Agnes und dem Prinzen Heinrich vom Reichstage.