19.

Die Nacht war träumerisch, wir zogen
Hinab des Parnes dunkle Schlucht,
Da grüßt' uns plötzlich weit im Bogen
Eleusis' mondbeglänzte Bucht.
Wir sahn Kithärons Gipfel winken,
Und unsrer Rosse Huf betrat,
Die Bergwand rechts, das Meer zur Linken,
Des heil'gen Wegs uralten Pfad.
Hier floß, die Feier zu bereiten,
Das Haupt bekränzt mit Asphodil,
Dereinst der Festzug der Geweihten
Bei Fackelglanz und Flötenspiel.
Fromm zu Demeters Heiligtume
Den Strand hin wallten sie die Bahn,
Des Rebenbluts, der Weizenkrume
Tiefdeutig Sinnbild zu empfahn.
»In Flammen wird das Korn zum Brote,
Die Traube gärt zermalmt zum Wein,
Des Lebens Blüte reift im Tode.«
So klang das Chorlied durch die Reihn.
So klang's, und tausend Herzen schwollen,
Vom Graus der Schattenwelt befreit,
Getröstet von dem rätselvollen
Gedanken der Unsterblichkeit. – –
Da plötzlich hielten unsre Pferde,
Eleusis war erreicht; es bot
Der Gastfreund uns den Platz am Herde
Und bracht' uns dienend – Wein und Brot.

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TextGrid Repository (2012). Geibel, Emanuel. Gedichte. Gedichte und Gedenkblätter. Erinnerungen aus Griechenland. 19. [Die Nacht war träumerisch, wir zogen]. 19. [Die Nacht war träumerisch, wir zogen]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-BD40-1