[2] Erste Sehnsucht
Frühling im Lande! – Gärend quoll sein Blut,
des Körpers enge Last den Wesen rings
in schwellenden Wonnewogen schier zersprengend,
durch alle Thäler, über alle Höh'n;
die strotzenden Knospen schienen nur zu harren
auf den Erlösungshauch, der endlich sie
aus ihrer starren Hülle sollte reißen,
sich satt zu trinken an der jungen Luft
und lebensselig all ihr keusches Grün
dem flammenden Kuß des Lichtes zu vermählen.
Hinein ich lauschte in dies trunkne Werden,
ein einzig lauschend Aug' und Ohr und Herz,
erlauschte Alles – Nichts – o Alles all:
des Baums, der Gräser Durst, den schmetternden Vogel,
den Gießbach, der zur Ebne zischend sprang,
und in der tiefen Ferne, unentwirrbar
dem zitternden Duft, der Menschenstadt Gewimmel.
Und Menschen, Bach und Halm und Baum und Vogel,
von Einer Brunst umschlungen fühlt' ich Alles,
in Eine Inbrunst Alles untertauchen,
in Eines branden mit dem strömenden Glanz –
und eine Sehnsucht mir die Brust bestürmen,
mich hinzugeben in das All der Welt
und von mir all mein Eigen Sein zu werfen.
Doch klammernd hielt mich die Erinnrung fest;
und taumelnd, in zerknirschten Wonnen ahnt' ich,
daß Menschenkindern nur ein Menschenherz,
selbstloser Liebe voll, die Fluten birgt,
[3]erlöst zu werden von des Leibes Schranken
und selbstvergessen in das All zu sinken:
ein Andres Herz, selbstloser Liebe voll.
Nach Liebe, Liebe schrie es laut in mir,
nach einem Herzen, das für Mich nur schlüge,
für mich, für mich, der – selber lieblos immer!
Da brach's empor, da sah ich nackt mein Weh
und sah's und schlug die Hände vors Gesicht
und warf zur Erde mich und weinte.