Die drei dummen Teufel

In der Hölle war einmal ein großes Wunder, daß nur lauter Männer und keine Weiber in die Hölle kämen und von Herzen hätten sie doch auch gerne Weiber darinne gehabt. Da warf sich ein ganz junger Teufel auf und sprach: »Was gilt's, ich schaffe eine her!« Die andern Teufel freuen sich zwar, aber sie glauben dem, was jener spricht, doch nicht recht. Der Teufel fährt sofort ab und die andern wünschen ihm großes Glück. Er kömmt also auf die Erde, und trifft eine junge Dirne; zu dieser spricht er: »He, Jungfer! hat sie nicht Lust zu heiraten?« – »Warum nicht«, sagte sie. »Meinetwegen kann morgen die Hochzeit sein.« – »Mir schon recht«, sagt der Teufel. Wie's also morgen war, geht er zum Pfarrer und läßt sich die Dirne zur Frau geben. Eh aber der Küßmond vorüber, verlangt die junge Frau Geld, Kleider und das aber schöne, und der Teufel kann kaum das Brot verdienen, muß oft über seinem Maul sparen und es seiner Frau lassen und dadurch wird er dürr und mager und ist lange nicht mehr so gutes Mutes als zuvor. Die Frau hatte sich mehr von diesem Galan versprochen – viel Geld und schöne Kleider. Sie fängt daher an und wird kalt gegen ihren Teufel. Er gibt gute Worte; – er brummt. – Sie zankt aber arg und drohet ihm mit Schlägen. Das lächert dem Teufel und er denkt: ich werde dich doch zwingen [326] können. Zankt er aber ein Wort so zankt sie zehne, und das geht ein und alle Tage so fort. Was geschieht? Der Teufel bekommt zuletzt derbe Schläge. Da denkt der Teufel: ei, was sollst du dich mit der Frau plagen? gehe doch hübsch heim, und – da ging er heim. Wie er in die Hölle kömmt und bringt kein Weib mit, da lachen ihn die Teufel tüchtig aus, und überall rufen sie: »Dummer Teufel! dummer Teufel!« Er aber antwortet: »Ich will keine wieder und wenn ich die ganze Hölle geschenkt kriegte. Seid froh, daß ich sie nicht mitgebracht habe, die hätte uns allen die Hölle erst recht heiß gemacht!« Da spricht ein andrer etwas älterer Teufel: »Nun willich fort, ich will schon eine herschaffen!« Er reiset ebenfalls ab, kömmt auf einen Erbsenacker, dort trifft er eine alte Jungfer. Da denkt er: warte, diese ist nicht so ein junger Lecker, die willst du nehmen. Er spricht also zu ihr: »He da, Jungfer! hat sie nicht Lust zu heiraten?« – »O ja! wenn er Geld und Brot für mich hat?« – »O ja!« spricht der Teufel. Als nun die beiden Hochzeit gemacht hatten, da merkte es die Frau, daß der Teufel gelogen hatte, denn er war ein armer blutarmer Teufel und hatte nichts und konnte nichts. Das kam ihm heim, denn er war an einen Geizdrachen geraten, der sparte das Salz an den Kartoffeln, und tat sonntags einen Knopf in den Klingelbeutel statt des Hellers. Die gibt dem Teufel zu tun genug und zu beißen wenig, aber Schelte konnte er haben so [327] viel er wollte, und Streiche waren auch nicht rar. Und wenn ihm vor Hunger gleich der Bauch grimmt, und ihm die Zunge ellenlang zum Halse heraus hängt, so erbarmt sie sich seiner doch nicht. Will der Teufel etwas essen, so muß er fort und muß Kartoffeln stopfeln. Kömmt er abends und hat kein großes Säckchen voll, so kriegt er auch noch Schläge, und das geht so einen und alle Tage. Endlich wird das der arme Teufel doch müde und spricht zu sich: »Ei was, sollst du dich mit der Frau plagen? Ich gehe fort, das ist ja ein bitterböses Tier!« Er geht und kömmt in die Hölle zurück. Hier wird er gleich gefragt, wo er seine Frau habe? – »Ja, Frau! Hat sich was! Ich will keine! Ich will in meinem Leben an die, die ich droben hatte, gedenken! Die nimmt man auch noch mit in die Hölle! Bin froh, daß ich sie wieder los bin.« – Da hieß es nun überall: »Dummer Teufel! dummer Teufel!« –

Nun spricht aber ein ganz alter Teufel: »Jetzt willich fort; ich will's den Weibern wohl anstreichen!« – Der alte Teufel reiset ab und kömmt auf die Erde; da geht er durch einen jungen Birkenwald, und sieht von weitem ein Frauenzimmer. Das war eine Witwe, die noch ganz stattlich sah. Er sieht sie sich an, und sie sieht ihn an, und mit höflichen Reden und artigen Widerreden werden sie handelseinig und der Pfarrer nagelt und nietet sie zusammen, so fest wie das Herz nur begehrt. Aber nach der Hochzeit, da sah der Teufel wohl, daß man die Katz nicht im Sack kaufen muß, und die Witwen nicht freien auf der Landstraße. Die kannte schon den Rummel, da der heilige Ehestand ihr nicht neu war, schmale Kost und Brunnenwasser war das wenigste, da war offner Laden für jedermann, und der Mann mußte nur so zusehen, und ward's ihm zu arg, wie denn solches Zusehen kein Teufel vertragen kann, so hängte sie ihn an die Wand und ging mit ihren Liebsten zu Biere. Als sie dann zurückkam, nimmt sie ihn herunter und da soll er Mausen lernen, daß man die Katz sparen kann. Aber da wird's dem Teufel zu arg, er läuft fort in den Wald – denn in die Hölle zu gehen schämt er sich – und will sich Beeren suchen, die sind immer noch besser als Mäuse.

Wie er nun so in den Beeren ist, begegnet er einem Köhler, diesem klagte er seine Not und bat um etwas zu essen. Da sprach der Köhler: »Ja, lieber Alter, ich habe selbsten sieben Kinder und oft keinen Bissen Brot.« – »Du Köhler, [328] schwarzer Kerl, gib mir einen Rat, wie ich das böse Weib bändige. Ich bitte dich um alles in der Welt, hilf mir!« –

Der Köhler antwortete darauf:


»Ein böses Weib, eine herbe Buß'
Und weh dem, der ein' haben muß.«

Der Teufel denkt: ach wenn das Ding so klingt, so gehst du lieber wieder heim. Wäre ich doch vom Anfang an zu Hause geblieben! – Er sinnt auf Rache gegen die Weiber und spricht: »He! Bruder! du bist auch arm, ich will dich reich machen, du mußt mir aber folgen.« Der Köhler spricht: »O ja, reich wäre ich gerne und ich will tun, was du nur haben willst.« Da spricht der Teufel: »Höre, Bruder Köhler, ich weiß einen König, der hat drei Prinzessinnen, da will ich in die eine fahren und du sollst der Doktor sein. Wenn ich in die Prinzessin gefahren bin, so wird der König einen Aufruf ergehen lassen nach einem Doktor, der Knall und Fall austreiben kann. Da gehst du nun hin zu diesem König und sprichst: ›Herr König, ich will der Prinzessin helfen, aber ich muß mit ihr in einer Stube ganz allein sein, versteht sich in allen Ehren.‹ Wenn du dann bei der Prinzessin eingelassen wirst, so sprichst du zu mir: ›Donner und Teufel, fahr aus!‹ – öffnest ein Fenster und ich hebe mich von dannen. Das [329] darfst du aber nur zweimal tun, wenn du es dreimal tust, muß ich dir den Hals brechen!« – Der Köhler fragte: »Auch wenn ich dir eine schöne gute Frau zeige?« – Darauf erwiderte der Teufel: »Wir wollen sehen.« Er dachte aber, das kann ich ihm gern versprechen, damit hat es keine Not. Wir Teufel kennen die Frauen. – An einem Abende kam der Köhler aus dem Walde, da sagte ihm seine Frau: »Du Mann, der reiche König hat ausgeschrieben, daß seine Prinzessin totsterbenskrank ist, ja sehr krank; wer ihr hilft, der soll das halbe Königreich von ihm bekommen oder so viel Gold, als wie der Doktor und der König beide schwer sind. Wenn du nur, Alter! ein gutes Hausmittel wüßtest und könntest der Prinzessin helfen, daß wir auch einmal aus unsrer Armut kämen!« – Hierauf sagte der Köhler zu seiner Frau: »Ich will einmal eine Probe machen, vielleicht bin ich glücklich« – und reisete ab. Als er zum König kam, so fragte dieser: »Alter, getrauest du dir meine Prinzessin gesund zu machen?« – »O ja, Herr König!« antwortete der Köhler. »Ich muß erst etliche Species aus der Apotheke haben und die muß ich selber holen und dann muß ich ganz allein bei der Prinzessin sein.« Darauf sprach der König: »Alter! Wie du es verlangst, so soll es geschehen. Machst du meine Prinzessin gesund, so bekommst du mein halbes Königreich oder so viel Gold, als ich und du schwer sind.« – Der Köhler tat nun, wie ihm der Teufel anbefohlen hatte, und die schöne Prinzessin war auf der Stelle gesund. Der König stellte dem Köhler die Wahl frei: Gold oder Land, und der Köhler nahm das Gold.

Binnen kurzem wurde nun die andere Prinzessin von dem Teufel besessen. Der König läßt den Köhler wieder kommen und spricht zu ihm: »Alter, du hast meine erste kranke Tochter gesund gemacht, hilf auch dieser!« – Der Köhler sagte: »Ich will's versuchen, Herr König!« Und siehe, er half der zweiten Prinzessin auch wieder und der König gab dem Köhler wieder ebensoviel Gold.

Der Köhler war nun sehr reich, grämte sich aber dennoch, weil er den Teufel nun nicht wieder austreiben durfte, der sich vorgenommen hatte, die Frauenzimmer recht zu plagen, und gewiß davon noch nicht abließ. Die zwei ersten Male war es ausgemacht, das dritte Mal mußte er den Teufel in der Prinzessin lassen, sonst wollte ihm der Teufel den Hals brechen; und konnte er den Teufel nicht das dritte Mal [330] austreiben, so mußte er es wagen, daß ihn der König ums Leben bringen ließ; er sann nach, ob nicht beim dritten Mal es ihm gelingen werde, den Teufel anzuführen?

Nun wurde auch die dritte Prinzessin krank, weil der Teufel in sie gefahren war. Wiederum ließ der König den alten Köhler kommen und sprach zu ihm: »Du, Alter, hilfst du meiner Prinzessin nicht, so laß ich dich aufhenken!« Darauf antwortete der Köhler: »Mein allergnädigster Herr König! ich will eine Probe machen, aber dazu ist nötig, daß alle guten schönen Mädchen in der ganzen Stadt morgen früh in weißen Kleidern, mit roten Schärpen und in Haarlocken, auch alle eure Geistlichen sich versammeln, vor dem Schlosse stehen und unter Gesang der Jungfrauen und Geistlichen ich neben der Prinzessin den Berg hinauf geleitet werde. Da darf aber beileibe keine darunter sein von den landläufischen Dirnen, oder von den alten Jungfern, die noch zu freien lüstert, oder den Witwen, die ihren Ehrenstuhl verrücken möchten; und das müßt ihr euren Priestern streng befehlen. Wenn wir dann auf der höchsten Höhe sind, dann will ich eine Probe machen.« Der König ließ schleunigst alle Anstalten treffen, daß diese Bedingung erfüllt werde. Den kommenden Morgen war die große Versammlung vor dem Schloß. Der Zug bewegte sich bergan, und auf der höchsten Höhe sprach der Köhler:


»Donner und Teufel, fahr aus!«


Da fuhr der Teufel zwar aus, rief aber dem Köhler zu: »Spitzbube, hältst du so dein Wort! Warte, nun breche ich dir den Hals!« Der Köhler aber verantwortete sich und sagte; »Halt! Unser Pakt hat einen Vorbehalt; du darfst mir nichts tun, wenn ich dir eine schöne gute Frau zeige. Da sieh dich nur um, sieh dir diese an.« Da sah sich der Teufel um und sah eine nach der andern an und erkannte wohl, daß er über diese keine Macht habe. Und da schämte er sich auf der Erde zu bleiben und fürchtete sich auch vor seinem Drachen, und [331] so machte er ein Geprassel und einen Gestank und zog ab wie er gekommen war.

Und da ist der Teufel wieder heim in die Hölle gegangen und wie er kam, fragten ihn alle seine Kameraden, ob er kein Weib mitbrächte? Und wie er sagte: er bringe keine mit, da hieß es wieder: »Dummer Teufel, dummer Teufel!« und da war ein Höllenspaß und Spektakel und Teufelsgelächter, daß es krachte und prasselte, und die ganze Hölle wie eine alte Wand wackelte und platzte. Und sind noch immer keine Weiber in der Hölle drin, ausgenommen den Teufel seine alte Großmutter – darum, weil die Weiber so gar gut sind.

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TextGrid Repository (2011). Bechstein, Ludwig. Märchen. Deutsches Märchenbuch. Die drei dummen Teufel. Die drei dummen Teufel. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-242A-B