150. Das verlorne Kind.
Vor etwa zwanzig Jahren trug sich in Baden Folgendes zu:
Ein kleiner Bube sah, als er in die Schule wollte,[134] bei dem badischen Hof ein schönes Kätzlein, das sehr freundlich war. Er spielte damit und schlüpfte ihm zuletzt unter die dort liegenden Balken nach. Da er nicht nach Hause kam, ließen ihn seine Eltern allenthalben aufsuchen, konnten ihn aber acht Tage lang nicht ausfündig machen. Endlich, am neunten Tag, fiel einem Mann, der das Büblein mit der Katze hatte spielen sehen, ein, es möge unter die Balken gekommen sein. Auf seinen Rath räumte man einen Theil derselben hinweg und fand unter den übrigen das Kind, welches wie verklärt dasaß. Es wollte aber nicht mehr nach Hause, sondern bat, man möge es doch hier lassen, wo es bessere Sachen als je zu essen bekommen, die ihm von einem kleinen weißen Mägdlein in goldenen und silbernen Schüsselchen gebracht worden seien. Die Eltern nahmen es dessen ungeachtet mit sich, zogen Geistliche und Weltliche zu Rathe und ließen dem Kind die besten Speisen geben; allein es äußerte stets, daß die des Mägdleins viel, viel besser gewesen seien. Nicht lange darauf starb das Büblein.