249. Das Eisinger Loch.
Eine Viertelstunde vom Heidenkeller ist in den Teufelsäckern das große Loch, worein ein ganzes Haus gestellt werden kann. Mächtige Felsen bilden seine Wände, und an seinen beiden Enden führen Gänge unter die Erde. Der eine (worin ein heidnisches Steinbild steht) geht in den Keller des Lammwirthshauses zu Göbrichen, und der andere reicht bis in die Hölle. Durch letztern pflegt der Teufel aus und einzugehen, besonders, wenn er in heiligen Nächten bei dem Loche Hexenversammlungen hält.
Ein Küferknecht von Eisingen, welcher mit dem Bösen einen Bund hatte, stieg öfters bei Tag allein in das Loch und klopfte mit einem Schlüssel – stets mit dem nämlichen – auf einen Platz des Bodens. Da that sich dort eine Thüre auf, durch die er in eine eingerichtete Stube kam. In deren Mitte stand eine Kiste mit Geld, auf der ein schwarzer Pudel lag. Derselbe sprang, sobald der Küfer den Deckel aufhob, hinab und ließ ihn ruhig von dem Gelde nehmen. Einmal sah der Knecht in der Stube eine Sackuhr auf dem Tische liegen; er steckte sie ein und behielt sie, obgleich er später erfuhr, daß ein Schäfer sie dort habe liegen lassen. Nachdem er ziemlich viel Geld geholt hatte, wollte er einige Genossen mit hinunternehmen; aber da war die Thüre für ihn auf immer verschwunden.
[239] Auch von Jesuiten ist schon Geld aus dem Loche geholt worden. Diese Ordensleute wissen nämlich, wo Schätze verborgen liegen und können davon nehmen so viel ihnen beliebt. 1
Ein Eisinger Bauer, der morgens beim Loche zackerte, hörte darin eine Mulde ausscharren und rief: »Ich will auch Kuchen!« Als er, nach dem Mittagessen, wieder hinkam, sah er auf seinem Pflug einen frischgebackenen Kuchen und ein Messer liegen. Denselben zerstückte er mit den Händen und verzehrte ihn. Da kam aus dem Loche ein Erdmännlein und sprach: »Hättest du den Kuchen zerschnitten, wollte ich dich auch zerschnitten haben!« Alsdann begab es sich wieder hinunter.
Fußnoten
1 Eine unter dem protestantischen Volke ziemlich verbreitete Meinung.