Jakob Ayrer
Comedia von zweyen Brüdern auss Syracusa
die lang einander nicht gesehen hetten vnd aber von Gestalt vnd Person einander so ehnlich wahren, das man allenthalben einen vor den andern ansahe
Mit 14 Personen, vnd hat 5 Actus

Personen

[2174] Die Personen in diß Spiel.

    • [2174] Peniculus, ein Fuchsschwentzer.

    • Enucles, der Verheürat.

    • Thasa, das Bulweib.

    • Phileman oder Enucles von Siracusa.

    • Jahn Panser, sein Knecht.

    • Patronus, der SchiffPatron.

    • Servus, ein ander Knecht.

    • Hospes, der Wirth.

    • Cellarius, der Kelner.

    • Cochleus, der Koch.

    • Leonora, deß Enucles Weib.

    • Ancilla, der Thasa jhr Magd.

    • Socerus, der Leonora Vatter.

    • Medicus, der Doctor.

    • Dieterich, ein Knecht.
    • [2175]

[Vorspiel]

[2176][2133]

PENICULUS, DER FUCHSSCHWENTZER geht an einem stecken ein vnd sagt.

Ich kans bey mir je nicht erachten,

Warumb die Leut nach viel Guts trachten

Vnd sind darnach nit also gscheid,

Zu schaffen jhn ergötzlichkeit,

Vnd lasen das Gut jhrn Herrn sein.

Trinckt mancher ein Wochn kein Seidla Wein!

Kein solchen Sinn hab ich nie ghabt.

Wenn ich ein guten Gselln erdapt,

Der mir bat zessen vnd trincken geben

Vnd etwan ein wenig kleid darneben,

So hat es mich genüget schon.

Ietzt so mir geht das Alter an

Vnd ich kan nimmer possen reissen,

Die Junckern mich von sich abweisen,

Das mir dardurch jetzt vil geht ab.

Lang ich nichts guts gefressen hab.

Mich hungert, das der Bauch mir kracht.

[2133] Halt, halt! ich wil hie haben acht,

Dann Enucles geht dort herein.


Er steht auff ein seyten.

ENUCLES
gehet ein, tregt ein schönen Mandel, thut, als sehe er Peniculum nicht, vnd sagt.
Alhie hab ich der Frauen mein
Gestoln jhr allerschönstes kleid.
Das sicht sie nicht mehr, auff mein Eydt!
Ich will es meiner Thasa bringen,
Sie damit zu meiner Lieb zwingen,
Vnd will mich als balt zu jhr laden.

Peniculus, der fuchßschwentzer, streichet herfür, geht jhm nach. Enucles wirdt sein gewahr, deckt das Kleid zu vnd sagt.

Potz Velta, nun bin ich verrahten.
Wo führt der Teuffl den schelmen her?
PENICULUS
sagt.
Juncker, kendt jhr mich dann nicht mehr?
Vor Jarn da warn wir gut Geselln.
Hab mich gleich zu euch laden wölln.
Der gstalt wird es nit können gschehen.
ENUCLES
sagt.
Fürwar, ich hab euch nicht gesehen,
Vnd wenn ich kendt daheimen sein,
Wolt ich euch gar gern laden ein.
So bin ich aber gladen auß.
PENICULUS
sagt.
Wo Esst jhr denn? in welchem Hauß?
Vor Jarn hat mans wenig geacht,
Wenn schon ein Gast ein mit sich bracht.
Nicht weiß ich, wie mans jetzundt helt.
ENUCLES
sagt.
Nun wann jhr dann je mit mir wölt,
So will ich euch die sach vertrauen.
Ich geh zu Thasa, der schön Frauen,
Das ich jhr dises Kleidt verehr.
[2134]
PENICULUS
sagt.
Bin ich doch daselbst gwesen mehr.
Ir wist wol, das ich bin verschwiegen.
Secht! da thut sie sich gleich herfügen.
THASA
gehet ein mit Ancilla, jhrer Magdt, geht als balt hin vnd empfecht den Enuclem vnd sagt.
Ach Juncker, seit mir Gott willkummen!
PENICULUS
sagt.
Zart edle Jungfrau, sagt, warumben
Ir mich nicht auch also empfacht?
THASA
sagt.
Eurs gleichen ich bey mir weng acht.
Ir seit mir in mehn Hauß kein nutz.
PENICULUS
sagt.
Der alten Leut ist man vrtrutz.
Iedoch laß ich mich nicht auß treiben.
ENUCLES
sagt.
Ey last jhn bey dem Essen bleiben!
Was er verthut, das wil ich zaln,
Wie ich auch vor thet zu mehr maln.

Er greifft in Beutel, gibt jhr gelt vnd sagt.

Da, nembt die zwen Thaler von mir!
Darumb last vns einkauffen jhr
Für drey Person ein gutes mal!
Was der Wein kost, ich bsunder zal.
Auch nembt von mir auff weitern bscheid
Auff diß mal meines Weibs Ehrkleidt
Vnd traget das von meinet wegen!
Der liebe Gott der woll eur pflegen,
Biß ich droben auff dem Rathhauß
Hab mein sachen gerichtet auß!

Er gibt jhr das Kleidt, beut jhr die hand vnd geht mit dem Peniculo ab.
THASA
sagt zu jhrer Magd.
Ancilla, geh zu Cocleum!
[2135] Sag jhm, das er balt zu mir kum
Vnd trag das Kleidt mit dir hinein!
ANCILLA
sagt.
Das Kleidt wird euch nit vil nutz sein;
Dann seh es sein Weib, das jhrs thet tragen,
Was meint jhr sie darzu würd sagen?
Sie dörfft euchs wol von dem halß reissen.
Den Cocleum will ich rein heissen.

Sie nimbt das Kleidt vnd geht ab.
THASA
sagt.
Ja zwar, ich nah nicht dran gedacht.
Das Kleidt muß werden anderst gmacht,
Alles zerfellet vnd zertrennt,
Das es des Junckern Weib nit kenndt.

Die Magd kompt wider mit Cocleo, dem Koch. Der sagt.

Frau, weil jhr mich liest fodern rein,
So bin ich hie: was wolt jhr mein?
THASA
sagt.
Zwen Thaler ich empfangen hab.
Die nimb! geh auff den Marck hinab
Vnd kauff vns ein für drey Person!
COCLEUS
sagt.
Was werd jhr dann für Gäste han?
Das ich mich darnach richten kan.
THASA
sagt.
Enucles, der jung Edelman,
Der hat sich zu mir gladen her.
COCLEUS
sagt.
Ich west auch gern, wer der dritt wer.
THASA
sagt.
Wer sols sein? es ist Peniclus.
COCLEUS
sagt.
Auff zehen ich einkauffen muß.
Drumb hat er des gelts zu weng bracht.
Peniclus frist so vil, als jhr acht.
[2136] Den Junckern rechen ich für neun.
Wenn ich nun gnug soll kauffen ein,
So muß ich für zehen Person kauffen.
THASA
sagt.
Ey thu du deins wegs nur fort lauffen!
Kauff so vil, als man haben soll!
Der Juncker muß es zalen wol.

Cocleus geht ab.
THASA
sagt.
Ancilla, ich wils nit wagen,
Das kleid vnverendert zu tragen,
Dann wenn da solt des Junckherrn Weib
Ir kleid sehen an meinem leib,
So ging sie mit mir an ein Messer.
ANCILLA
sagt.
Ey ja, Frau! darumb ists vil besser,
Das mans anderst ferb vnd zertrenn,
Das nur des Junckern Weib nit kenn,
Dann sie gar ein böses maul hat.
Es müsts erfahrn die gantze Statt.
Vnd weil sie thut der eyffer treiben,
Dörfft sie sich der maß an euch reiben
Mit bösen worten, schenden vnd schmehen.
Drumb ist sich vor jhr für zu sehen.

Sie gehn ab. Phileman oder Enucles von Syracusa, der frembt, geht ein mit dem SchiffPatron vnd Jahn Panser, seim leib Knecht, Servio, eim andern Knecht, vnd etlichen stummen Personen, tragen alle
bündel, als stiegen sie erst aus einem Schiff.
PHILEMAN
sagt.
Gott sey lob, das wir allesandt
Sind wider ankommen zu Land!
Nun ist es schon das sechste Jar,
Das ich meinem Bruder nach fahr
Vnd jhn doch nirgents finden kan.
Noch will ich nicht lasen davon,
Auch nicht wider kommen zu hauß,
Biß ich jhn hab gespüret auß,
[2137] Gott geb, was mir gescheh darummen!
JAHN PANSER
sagt.
So werd jhr nimmermehr heim kummen.
Eur Bruder ist vor lengst schon hin.
Wolt jhr bein lebndigen suchen jhn,
So ist all eur arbeit verlorn.
PHILEMAN
sagt.
Halts maul! dann was ich hab geschworn,
Werd ich deinthalb nicht vnterlassen.

Zum Patrono, dem Schiffman, sagt er.

Nun weil wir all gesund auß sassen
Vnd jhr vns all wol habt geführt,
Euch ein danckbarer lohn gebürt,
So weist mich in ein guts Wirtshauß,
Das ich euch mit danck zal bar auß!
Da wil ich mich auch mit euch letzen,
Mit essn vnd trincken meins leids ergötzen.

Kompt Cocleus, der Koch, sicht sich vmb vnd sagt.

Potz, dort seh ich Enuclum stehn.
Ich will alsbalt hin zu jhm gehn.
Was ich hab kaufft, laß ich jhn sehen
Vnd hörn, was er darzu wird jehen.

Er geht zum Junckern Phileman vnd sagt.

Juncker, secht! ich hab kauffet ein.
Auff euch wird warten die Fraue mein.
Darumb so kombt zum essen bey zeit!
PHILEMAN
sagt.
Mein freund, ich weiß nit, wer jhr seit,
Vnd weiß auch nicht, wer eur Frau ist.
DER KOCH
sagt.
Ey, Juncker, wenn jhr das nicht wist,
So müst jhr je vergessen sein.
Thasa heist die Fraue mein,
[2138] Zu der jhr euch selbst laden thet,
Den Peniculum mit euch hett,
Da jhr jhr die zwen Thaler gabt.
PHILEMAN
sagt.
Eur tag jhr mich nie gsehen habt.
Kennt jhr mich denn, so thut mich nennen!
COCLEUS
sagt.
Enucles, soll ich euch nicht kennen?
Wie vil trinckgelts habt jhr mir geben?
PHILEMAN
sagt.
Ey, ich bin bey all meinem leben
Nie als jetzt kommen in die Statt.
COCLEUS
sagt.
Ey schweigt! die sach kein mengel hat.
Ihr meint villeicht, das mir mein Frau
Nicht jhre heimlichkeit vertrau.
Drumb kombt desto eh zu dem Mal!
Dort secht jhr den gemalten Saal.
JAHN PANSER
sagt.
Mein gsell, gehe du deins wegs nur hin!
PHILEMAN
geht auff die Seiten vnd sagt zu seim gesind.
Ob der sach ich vernarret bin,
Das mich soll dieser Kerl kennen,
Kan mich bey meinem namen nennen,
Led mich zu seiner Frauen nab.
Darumb ich zu dem gloch lust hab
Vnd will je sehen, was das sey.
JAHN PANSER
sagt.
Juncker, ich sags euch auff mein treu,
Das es in dieser grosen Statt
Gar vil falsch vnd lose Leüt hat.
Geht jhr hin, so seid jhr verlorn.
PATRONUS, DER SCHIFFMAN sagt.
Das Gut ist hie gar halt anworn.
[2139] Drumb geht mit vns nein ins Wirtshauß
PHILEMAN
sagt.
Nein, ich will kein gelt geben auß.
Drumb, Jahn, nimb du den Beutl zu dir!

Er gibt Jahnnen den Beutl.

Zehl drinn dem Patron sein lohn für
Vnd richt ein gute Malzeit zu!
Die verzehrt, biß ich kommen thu!

Zum Koch sagt er.

Nun komb! so will ich gehn mit dir.
COCLEUS
sagt.
Ja ich rahts auch, jhr gingt mit mir.

Sie bede gehn ab.
PATRONUS
sagt.
Wenn es dann nicht kan anderst sein,
So kombt mit mir ins Wirtshauß rein!
Da wölln wir mit freuden leben,
Auff keinen schlechten Herrn nichts geben,
Weil wir gesund hie theten schweben.

Abgang jhr aller.

1. Akt

Actus primus.

Kommen balt wider Jahn Panser, der SchiffPatron, Servus vnd noch ein stumme Person, klopffen beim Wirtshauß an; der SchiffPatron sagt.

Hoscha, hoscha, Herr Wirt! kombt rein!

HOSPES, DER WIRT laufft ein vnd sagt.

Ach, wie lieb Gäst mir diese sein!

Seit Gott wilkom, mein SchiffPatron!


Er weist auff Jahnnen vnd sagt.

Was bringt jhr da für einen Mann?

Ich weiß nicht, ob ich es dörff jehen.

Doch dunckt mich, ich hab jhn mehr gsehen.

Nicht weiß ich, ob ich jhm thu recht.

PATRONUS
sagt.
[2140] Er ist eins frembten Junckern Knecht
Vnd gar ein Visirlicher gsell.
HOSPES, DER WIRT gibt jhm die hand vnd sagt.
Ey, sey der gut Mann, wer er wöll,
Soll er ein lieber Grast mir sein.

Zu Servo sagt er.

Der ist offt bey mir zagen ein.
Was jhr begert, will ich euch bringen.
JAHN PANSER
sagt.
Bringt vns Wein her vor allen dingen!
Darnach bringt vns zu essen auch!
Dann weils in dem Land ist der brauch,
Wenn man thut auß den Schiffen stahn,
Das das Schiffgsind vnd der Patron
Mit guter Malzeit werd versehen,
Sanct Martin lob mit zu verjehen,
So lassen wirs auch nit gehn ab.
HOSPES
sagt.
Ein guten Reinischen Wein ich hab.
Kellner, geh du, balt bring vns rein
Ein viertll vnsers guten Wein!

Sie setzen sich zusammen.

CELLARIUS, DER KELLNER tregt zu essen vnd zu trincken auff, sie fressen weidlich; vber ein weil fengt Jahn an vnd sagt.

Welcher am besten singen kan,

Der selb thu solches fangen an,

Vnd welcher dann am besten singt,

Das schönste lied zu marck her bringt,

Der selb sol von vns sein zechfrey

Vnd zaln für jhn die andern drey,

Vnd ich selbst will auch singen mit.

PATRONUS
sagt.
Ja, des bedings bin ich zu frid.

Jahn fengt an zu singen nachfolgents Liedt, Im RosenThon.
[2141]
HANS SACHS.

1.

Ein armer Schuster Peter hase
Vor Jarn zu Bamberg sase.
Derselbig vergaß sich ein mal
Vnd ein Kühhaut eim Gerber stahl,
Der jhn offt vbernummen hette.
Das der Gerber erfahrn thete
Vnd thet jhn vor dem Raht verklagen.
Den legt man ein vnd thet jhn fragen,
Das er den diebstal da bekendt.
Groß bitt ward für jhn angewend,
Aber doch so must der gefangen
Von wegen dieses diebstals hangen.
Des andern tags feyrt man Sanct Veit.
Da ward die Kirchwey zu Hirschheit.
Darauff theten vil Schuster lauffen,
Vor tags jhr Schu zu verkauffen.
Das Wasser war geloffen an,
Da mustens für den Galgen gahn.
Da saget man, wie es dabey
Biß weilen so vnheimlich sey.

2.

Des abents zuvor ein Weinhecker,
Ein vnbsunnener voller lecker,
Zu nechst beim Galgen ligen blieb,
Der dein Schuster groß forcht eintrieb.
Dann als sie nah zum Galgen kamen,
Da ruffet ein Schuster mit namen
Dem Peter Hasen vnd thet schreien,
Mit jhn zu gehn auff die Kirchweyen.
Das erhört der voll Hecker balt,
Richtet sich auff vnd schrie: halt, halt!
Ich will mit dir; glaub mir fürwahr!
Gen berg stund den Schustern jhr har
Vnd meinten nit anderst, dann der
Der Peter Haß am Galgen wer.
Derhalben sie mit echtzen vnd schnauffen
Fingen gar hefftig an zu lauffen.
[2142] Der Hecker schrie: wenn ich soll mit,
So dörfft jhr also lauffen nit.
Des erschracken sie noch vil mehr,
Eylten auff den Hautz mohr gar sehr.

3.

Neben dem Sendl brückla am wege
Hats einen langen schmaln stege,
Darauff die Schuster hinderten sich.
Der Hecker tapffer nach hin strich,
Sprach: ich will gar balt bey euch bein.
Ihr forcht vnd schreck bracht jhn groß sein.
Zu lauffen sie erst recht anfingen.
Der steg vnder jhn thet sich schwingen,
Schwengt jhr etlich hinein in Bach.
Sie forchten, der Haß kenn hernach.
Vil Schu fielln jhn von den stangen,
Darnach mochten sie nit mehr langen,
Dann zu fliehen ward jhn sehr jach.
Der voll Hecker der kam hernach,
Klaubt die Schu in dem Bach zusammen.
Also die Schuster von jhm kamen.
Der Hecker kehrt zu rück in die Statt,
Die geschieht darin anzeiget hat
Zu dem groß kopff in dem Wirtshauß.
Da lacht man dise Schuster auß.
PATRONUS
lacht vnd sagt.
Fürwahr, Jahn, du hasts gut gemacht.
Hab mich schir kranck der Schuster glacht
Vnd was jhn hat der Hecker than.
JAHN
sagt.
Ey ja, jetzt solt jhr fangen an.

Der Patron singt ein Lied im nachfolgenden Thon, Wie man den dilla dey singt.

1.

Ich weiß ein Statt, die ist nicht ferr,
Da hats der Weiber vil,
Die sein in jhrn Heusern herr.
Wenn der Mann etwas will, ja wol will,
[2143] Zeigts jhm ein Pesenstil.

2.

Darumb ich einen segen kan,
Der hilfft für die Schwachheit.
Wenn ein Weib kem die Kranckheit an,
So sprech man jhn bey zeit, ja bey zeit,
Der treibt sie auß der heut

3.

Vnd heist: Mulier, Röslein rot,
Laß mich Herr sein, dein Mann!
Weils also hat verordnet Gott,
Thust jhm ein gfallen dran, ja wol dran.
Sein Ordnung muß bestahn.

4.

Vnd wolt sie sich des wehren,
So nimb ein stecken du!
Thu jhr die Haut zerberen
Vnd schlag nur dapffer zu, ja wol zu!
Biß sie sich gibt zu ruh.

5.

Vnd wenn jhr wer der steck zu ring,
Nimb ein pengel bey zeit!
Hilffts nit, als dann ein scheid her bring!
Wer sie damit abbleut, ja wol bleut,
Ist seelig wie Sanct Veit.

6.

Vnd wiltu der Sund kommen ab,
So nimb sie bey dem haar
Vnd wirff sie all die Stiegen nab!
Die kunst die hilfft fürwar, ja fürwar,
Thut mans zwölff mal im Jar.
PATRONUS
sagt.
Mein Gsang thut nicht so gar lang wern.
Das macht, die Weiber hörns nicht gern,
Wenn man jhn die Männer verführt.
JAHN
sagt zu Servo.
Nun dir auch zu singen gebürt.

[2144] Servus singt nachfolgendes Liedt Im Thon: Leucht vns der Morgenstern.

Man thut von Weibern singen,
Als wenn sie gar nichts guts.
Dasselb thut mich bezwingen,
Ihnen zu halten schutz,
Dieweil doch manche hat ein Mann,
Der bleibt nicht in dem Hauß,
Laufft all Wirtshäuser auß,

2.

Thut drinn Essen vnd Trincken,
Denckt nicht einmal zu Hauß,
Lest sein beruff versinken,
Gibt das Gelt vnnütz auß,
Lest Weib vnd Kind im hunger gahn;
Vnd wehr das Weib wie er,
Die Katz sein beste Vieh wer.

3.

Mancher legt sich auffs spilen
Vnd will mit werden reich.
Ich habs gehört von vilen,
Kan man das Handwerck gleich,
So füllt es doch kein Taschen,
Kehrt weder Weib noch Kindt,
Verschmutzt wie schnee am Windt.

4.

Soll das denn nicht der Frauen
Bringen zorn vnd auch grauß,
Die dem Mann muß zuschauen,
Das er das Gelt tregt auß.
Bringt heim ein lehre Taschen
Vnd nicht behalten kan,
Was er hat gwunnen schon.

5.

Mancher geht auß zu Bulen,
Verthut vil Gelts damit,
Vnd laufft jhm lehr ein spulen,
Gibt er kein ruh noch fridt,
Biß er sein willen hat verbracht.
[2145] Kompt er denn heim zu Hauß,
Das Gelt ist geben auß.

6.

Nun solt er wol ermessen
Sein Ehlich treu vnd pflicht,
Weib, Kind vnd Gsind muß essen
Vnd sich gebüre nicht,
Das er mit andern Weibern Bul,
Weil jhm das Gott verbeut
Vnd es wird geben streit.

7.

Gott hat Adam geschafft das Weib
Zu einer Ghülffin gut,
Hat sie gnummen auß seinem Leib.
Darumb der vnrecht thut,
Der sein Weib thut verachten,
Sie schlegt vnd übel helt;
Denn das als Gott nicht gfellt.
SERVUS
sagt.
Das wird den Weibern am besten gfalln.
Vor dem ist gsungen von euch alln,
Ist es aber nicht war, Herr Wirth?
Ietzund zu singen euch gebürt.
Was werd jhr denn noch gutes machen?
HOSPES
sagt.
Meins Lieds werd jhr am meisten lachen.

Er fengt an zu singen Im Thon: O weh der jämmerlichen pein.

1.

O wie lieblich geht ein der Wein
Vnd macht vil gut Gesellen, ja Gesellen!
Er tröst das hertz in angst vnd pein,
Das man sich thut frölich stellen, ja stellen,
Er macht den Menschen frisch vnd keck,
Vermessen zu allen dingen, ja dingen,
Er treibt die lange zeit hin wegk,
Erregt Tantzen vnd springen vnd singen.

2.

[2146] Die Gäst die Ehrn jhren Wirth,
Dieweil er thut aufftragen, ja tragen,
Geben jhm mehr ehr, als jhm gebart,
Vnd thun jhn vil zusagen, ja sagen,
Wie das sie reuh kein pfenning nit,
Er soll nur Weins gnug bringen, ja bringen.
Der Gast den Wirth offt selber bitt,
Er sol sein guter dingen, ja dingen.

3.

Wenn aber die Zech schir ist auß
Vnd das man sich sol scheiden, ja scheiden
Vnd die Gäst wollen heim zu hauß,
Der Wirth greifft nach der kreiden, ja kreiden,
Da find sich beider seids das feit,
Der Wirth der hat zu sorgen, ja sorgen,
Es hab etwann der Gast kein gelt
Vnd er müß jhn dann borgen, ja borgen.

4.

Die ander sorg die hat der Gast,
Thut dem Wirth erst zusprechen, ja sprechen
Vnd bitten jhn mit worten fast,
Er soll zu vil nit rechen, ja rechen
Vnd soll bedencken seiner Seel,
Das ers nicht thu beschwern, ja beschwern.
Da hebt sich dann mangl vnd fehl
Bey den, die zehrn gar gern, ja gern.

5.

Der Wirth sich aber kehrt nicht dran,
Will der Gast zehrn vnd zechen, ja zechen.
So muß er gelt im Seckel han,
Zahlen, was man thut rechen, ja rechen.
Drumb, lieben Gäst, seid wol gemuth!
Last euch mein weiß gefallen, ja gefallen!
Vnd was man euch jetzt rechnen thut,
Das thut fein danckbar zalen, ja zalen.
HOSPES, DER WIRTH sagt.
Ir Herrn, wie gfelt euch mein gesang?
[2147] Wiewol das tut hat gweret lang,
Ist doch die lauter warheit drinn.
PATRONUS
sagt.
Zu zalen ich vrbittig bin,
Dann Jahn hat gsungen das best Lied.
Der darff geben kein pfenning nit.
Doch wenn wir Instrumenta betten,
So wolt wir zu der druckenen Metten
Auch haben ein gut Musica.
HOSPES
sagt.
Die Instrumenta sind als balt da.

Cellarius geht ab, Er kompt balt wider, bringet Instrumenta, ein Rost, ein Hafen mit kochlöffeln, Riebeisen, Geigen, vnd was man haben kan, machen eins zusammen, Juchtzen, Sauffen. Über ein weil geht der Wirth ab.
PATRONUS
sagt.
Die Sonn geht schir zu gnaden nider
Vnd kompt doch der Juncker nicht wider.
Ich werd nauß müssen zum Schiff gehn.
Wir werden tieff in der schuld stehn.
Der Wirth der wird vns gar vil rechen.
JAHN
sagt.
Herr, ich will als für euch gut sprechen,
Biß mein Juncker her kompt zu nacht.
PATRONUS
sagt zum Kelner.
Schaff, das die rechnung werd gemacht!
Wer schuldig ist, der zal den Wirth.
CELLARIUS
sagt.
Drey gulden für die zech gebürt,
Die legt an, wie jhr selber wölt!

Sie verwundern sich.
JAHN
sagt.
Ir Herrn, wann es euch alln gefellt,
So darffs des rechnen nit so vil,
Das man jetzt der blinden Kuh spil.
Der Kellner sey die blinde Kuh!
[2148] Dem wöll wir binden die augen zu.
Der soll vnter vns ein fangen:
Wen er am ehstn thut erlangen,
Der sol vnser aller Wirth sein.
PATRONUS
sagt.
Ja, wir willigen all darein.

Sie gehn hin, binden dem Cellarius die augen zu, drehen jhn drey mal herumb.
JAHN
sagt.
Nun fang ein, wer die zech zahln soll!

Sie drehen sich alle ab.
CELLARIUS
sagt.
Ihr saget mir von fangen wol:
Wo seyd jhr? wie seyd jhr so still?

Er dapt lang vmb, in dessen geht der Wirth ein vnd sagt.

In das Feit ich spatziren will.
DER KELLNER
laufft auff jhn vnd sagt.
Nun jhr seyd, der die zech bezal.
HOSPES, DER WIRTH sagt.
Was machstu allein auff dem Saal
Mit verbunden augen? was sol ich dir?
CELLARIUS
reist das Tuch von augen vnd sagt.
Die zech solt jhr bezalen mir,
Dieweil ich euch jetzt fangen thet,
Dann es ist also abgeredt,
Wen ich finsterling fangen künd,
Vmb die zech für die andern stünd.
So seid jhr mir recht kommen rein.
HOSPES, DER WIRTH sagt.
Seind dann hinwegk die Gäste dein
Vnd du spilst mit jhn vmb mein zech?
Das dir sanct Velta den halß abbrech!
Ich will dich besser rechnen lehrn
Vnd dir dein grobe haut erbern
Vnd als abziehen an deim lohn.

Der Wirth schlegt jhn wol ab.
DER KELLNER
sagt.
[2149] O Herr, ich will es nimmer thon.
Ich bitt durch Gott: hört auff des schlagen!
HOSPES
sagt.
Da hörstu; jetzt will ich dir sagen:
Wirstu nicht besser sehen zu,
Vmb mein zech spilen der blinden kuh,
Ich dich zum hauß nauß schlagen thu.

Abgang jhr beder.

2. Akt

Actus secundus.

PENICULUS
geht ein vnd sagt zornig.
Enuclem hab ich im gedreng
Auf dem Rathhauß in des Volcks meng
Vor meim angsicht alsbalt verlohrn,
Als wenn er wer vnsichtbar worn.
Nun hab ich meine zäen gewetzt,
Auff ein gut mal mein sinn gesetzt,
Dann mich thut nach essen verlangen.
Bin vor der Thasa Hauß hingangen,
Aber kein Menschen sehen kan.
So darff ich auch nicht klopffen an,
Dann die Thasa ist mir nicht gut,
Weiß wol, das sie mir nicht auffthut,
Wenn mich der Juncker nicht führt hinein.
Die Schlöt schon all verrochen sein.
Das Essen ist versaumet schon.
Vor hunger ich nicht bleiben kan.
Sol man mich nit noch heut begraben,
Muß ich warlich zu fressen haben.
Wil derhalb des Junckern Weib sagen,
Er hab jhr das schönst Kleidt entragen
Vnd hab das der Thasa geschenckt.
Was Gelts? es sol jhm werden eindrenckt,
Das er mich vmb die Malzeit bracht,
Vnd ich sol wol worden bedacht
Von seim Weib, das ich jhr solchs sag,
[2150] Das ich zu fressen kauffen mag.

Er geht ab.
PHILEMAN
geht allein ein, tregt das gestolen Kleidt vnd sagt.
Hie bin ich vnbekandt jedoch
Kommen in ein gar gutes gloch,
Dergleich mir nicht gschach in meim leben.
Mann hat mir Essen vnd Trincken geben
Vnd hat mich die Frau in dem Hauß
Für jhrn Bulen ghalten durchauß,
Mir auch das kleidt zugstellet wol,
Das ich jhrs ferben lasen sol.
Dasselbe hab ich angenommen,
Weil sie nit recht mit her ist kommen,
Vnd wils zu eygen bhalten mir,
Dann ich komb doch nit mehr zu jhr,
Wil jetzt zu meim Gsind ins Wirthshauß.
COCLEUS, DER KOCH geht ein, tregt ein Ketten vnd sagt.
Juncker, mein Frau schickt mich herauß
Vnd schickt euch diese Ketten mit.
Sagt, das sies also trage nit!
Es wird verrahten dadurch eur Sachen.
Darumb solt jhr drauß lassen machen
Zwey Armbender, wie jhr wol wist.
PHILEMAN
schüttelt den kopff vnd sagt.
Wenns eur Frauen also lieb ist,
Laß ich drauß machen zwey Armband.
COCLEUS
sagt.
Juncker, wir sein nun lang bekand.
Ich bitt, der Juncker wol mein dencken
Vnd mir ein schönes Ohrgheng schencken,
Weil er sunst jetzt geht zum Goltschmidt.
PHILEMAN
sagt.
Mein Koch, daran sols fehlen nicht.

Der Koch geht ab.
PHILEMAN
sagt.
Ich bin schir meiner sinn beraubt.
[2151] Hett man mirs gsagt, ich hetts nit glaubt,
Was sich nur den tag in der Stadt
Mit mir schon zugetragen hat.
Ich soll mich des wol halb kranck lachen.
PENICULUS
geht ein vnd ist zornig vnd sagt.
Eur mal will ich euch saur gnug machen,
Deß jhr mich habt dißmal beraubt.
PHILEMAN
sagt.
Ich mein, du seist der sinn beraubt,
Du alter lecker! balt sag mir!
Was hett ich meine tag mit dir,
Der ich dich nie gesehen han?
Wer bistu? thu mir zeigen an,
Vnd auch wie heist der namen dein!
PENICULUS
sagt.
Soll ich euch jetzt nicht bekand sein?
Bin ich nicht eur Peniculus?
PHILEMAN
sagt.
Deins fürgebens hab ich verdruß;
Du heist derhalben, wie du wilt,
Es bey mir nit ein schieben gilt.
Drumb magstu deines wegs fort gahn.
PENICULUS
sagt.
So will ich auch gehn von stund an,
Eurer Frauen als zusambt sagen,
Das jhr jhr thut das Kleid auß tragen
Vnd thut es eurer Hurn auhencken.
Was gelts? sie wird euch das eintrencken.
Der Teuffl soll euch mit jhr bescheissen.
PHILEMAN
zuckt die faust vnd sagt.
Ich dörff dich an den halß balt schmeissen,
Du alter verlogner bößwicht!
Kein Weib hett ich mein lebtag nicht.
Was wolstu denn meim Weib vil sagen?

Er schlecht nach jhm.
PENICULUS
droht jhm vnd sagt.
[2152] Was gelts? ich wil euch lernen schlagen.

Er geht ab. Phileman lacht vnd geht auch ab. Kompt Enucles vnd sagt.

Ietzt gehe ich erst von dem Rahthauß,
Bin gar zu lang gewesen auß.
Darauf bin ich auffghalten worn,
Hab den Peniculum verlern,
Der wird das essen versaumbt han.
Ach, wie wird der alt fresser than,
Wenn er geht hindr der Malzeit hin!
Daran ich zwar vnschuldig bin,
Dieweil der hendl ein gantzen hauffen
Droben fast alle stund für laufen.
Nun will ich zu der Liebsten nein.
Ich hoff, sie hab gewarttet mein.
JAHN PANSER
geht ein, redt den Enuclem an, lacht vnd sagt.
Juncker, wie hat man euch empfangen?
Ists euch wol auff der Bulschafft gangen,
Das jhr nicht kambt in das Wirthshauß?
Wir haben weidlich zehret drauß,
Auch zimlich weidlich gessen darzu,
Darnach gespilt der blinden khu,
Den Wirth betrogen vmb die zech.
ENUCLES
sagt.
Was habt jhr da für ein gesprech?
Wer seid jhr? was ist eur beger?
JAHN PANSER
sagt.
Ey, Juncker, kent jhr mich nicht mehr?
Ich bin eur Diener, der vor sechs Jarn
Mit euch auß Syracusa gfahrn.
ENUCLES
sagt.
Ey, ich weiß nichts von diesen dingen.
JAHN PANSER
sagt.
Ich will gehn eurn Beutel bringen,
Den jhr mir aufzuheben gabt,
[2153] Dabey jhr euch zu erinnern habt.

Er geht ab.
ENUCLES
sagt.
Ach was ist disem Kerl geschehen?
Vnd für wen thut er mich ansehen?
Nun, ich wils halt geschehen lahn,
Den Beutel von jhm nemen an,
Iedoch nur biß auff weitem bscheid.
JAHN PANSER
kompt, bringt jhm den Beutel, reicht jhm den dar vnd sagt.
Secht da, Juncker! bey meinem Eydt,
Es ist kein pfenning darauß kommen.
ENUCLES
sagt.
Ich will dich frey sprechen darumben
Vnd solst fort nicht Leibeygen sein.
Verzeich hie! dann ich muß hinein,
Dann ich hab dort in einem Hauß
Etwas nötigs zu richten auß.
Ich will balt wider bey dir sein.

Er geht ab.
JAHN PANSER
sagt.
Ich merck, es will der Juncker mein
Wider gehn zu seiner Jungfrauen.
Er wird jhr schir zu vil vertrauen.
Fürwahr, ich hab nicht recht gethan,
Das ich jhm den Beutl geben han.
Ich hab sorg, er werd drumb betrogen.
Schau! dort kompt er gleich her gezogen.

Kompt Phileman, tregt das Kleidt vnd Ketten vnd sagt zu Jahnnen.

Was Teuffls machstu auff der Gassen,
Das du mich so gar thust verlassen?
Es thet schir noth, ich wartet auff dich.
JAHN
sagt.
Bey euch bin erst gewesen ich,
Als jhr eurn Beutel empfangen habt
Vnd mich meines Diensts ledig gabt
[2154] Vnd niest mich hier warten auff euch.
PHILEMAN
sagt.
Halt nur das maul vnd stille schweig!
Wo solt ich habn mein Beutl empfangen?
Seit ich bin auß dem Wirthshauß gangen,
Hab ich dich mit keim aug gesehen.
JAHN
sagt.
Juncker, auff dem platz ists geschehen.
Da spracht jhr mich meiner Dienst frey.
PHILEMAN
sagt.
Ich glaub für wahr bey meiner treu,
Du seyst erst von dem Schlaf auffgstanden.
JAHN PANSER
sagt.
Still, still! es sind frembt Leut vorhanden.

In dem kompt Leonora mit dem Peniculo, sicht gar zornig auß vnd sagt zu Phileman.

Du loser, Ehbrecherischer Mann,
Was gehn dich meine Kleider an
Vnd mein Ketten, die du in ecken
Verbulst mit andern losen Secken?
Hastu denn nicht Weibs gnug an mir?
PHILEMAN
sagt.
Du lose Vettel, was ist dir?
Ich hab kein kleinot, die dein send.
Ich hab dich all mein tag nicht kend,
Vnd du wolst mich also auß schenden?
LEONORA
sagt.
Du Ehbrecher, wirst mich nit blenden.
Du must ein loser lecker sein,
Das du verlaugnest das Ehweib dein,
Bey der du stets ligst an der seiten.
PHILEMAN
sagt.
Deiner schmachwort werd ich nit leiden.
Ich kenne dein nicht, mag ich wol jehen,
[2155] Vnd hab dich mein tag nicht gesehen,
Auch gar kein Weib in dieser Stadt,
Dann was sich heind zutragen hat;
Was solt ich dir dann haben gestoln?
PENICULUS
sagt.
Tragt jhr doch bey euch vnverholn
Den Mandl vnd darzu die Ketten
Vnd wolt mit worten vns blind reden.
Meint jhr, vnd das wir Narren sein?
PHILEMAN
sagt.
Halts maul! der stück ist keines dein;
Darumb so last mich nur zu fridt!
LEONORA
sagt.
O mein Penicule, ich bitt,
Lauff eillend, bring mein Vatter her!

Peniculus laufft ab.
PHILEMAN
sagt.
Daran ich mich fürwar nicht kehr.
Wolt jhr euch selbst schaffen vnruh,
So bringt halt eur Mutter darzu,
Auch eurn Anherrn vnd Anfrauen!
Ich förcht sie nicht, solt jhr mir trauen.

Die Frau weint; in dem kompt Socerus, der alt, gibt dem Phileman die hand vnd sagt.

Ach mein Eyden, mir ists ein Leid,
Das jhr zwey Ehleut alle beyd
Seit mit einander vneins worn.
PHILEMAN
sagt.
Mein alter Herr, es thut mir zorn,
Das ich sol euer Eyden sein.
SOCERUS
geht zu Leonora vnd sagt.
Ey Tochter, Tochter, es ist nicht fein,
Das du deim Mann thust die vnehr.
Mich bedunckt, du eyfferst zu sehr.
Kompt vnd last vns die sach vertragen!
[2156]
PHILEMAN
schüttelt den kopff vnd sagt.
Mein alter Herr, was thut jhr sagen?
Die sach darff keins vertragens nit.
Ir vnd eur Tochter last mich zu frid!
Ich bin nicht eur Tochter Mann.
SOCERUS
verwundert sich vnd sagt.
Ach, Tochter, was hast jhm gethan,
Das er vns doch nicht kennen will?
LEONORA
sagt.
Ey, solt ich darzu schweigen still?
Er kompt den Tag nicht in das Hauß,
Tregt mir darzu mein Kleider auß,
Deßgleich mein Ketten vnd Armbender.
Er ist ein schand all andern Männer
Vnd verbult mir darzu die Kleider.
SOCERUS
sagt.
Das wer wol zu beklagen leider.
Ach, mein Herr Eyden, thut das nit!
PHILEMAN
sagt.
Mein alter Herr, last mich zu frid!
Dann ich kan euch sagen auff trauen,
Das ich weder euch noch die Frauen
Mein lebentag nie hab gesehen.
SOCERUS
sagt.
Ach Gott, wie ist dem Menschen gschehen!
Fürwar, er ist der Sinn beraubt.
Hett ichs nicht gsehen, ich hetts nit glaubt.
Wie fang wirs ewig mit jhm an?
PHILEMAN
geht auff die seiten vnd sagt zu den zusehern.
Die Leut werden mir noth an than.
Auff das ich nur vor jhn mög bleiben
Vnd ich sie von mir mög abtreiben,
Will ich mich gar vnsinnig stelln
Vnd sehen, was sie als dann wölln.

[2157] Er wirfft als von sich, was er bey jhm hat, stellt sich nerrisch, ziecht vom leder, schlegt vmb sich.
SOCERUS
sagt.
O Tochter, flieh vnd eylend lauff
Vnd schick du mir den Doctor rauff,
Das man jhm eylend zu hülff kumb!

Leonora vnd Peniculus lauffen ab.
SOCERUS
sagt.
Mein lieber Eyden, ich bitt euch drumb,
Ir wolt dein Teuffl nicht raumb geben.
Es kan in dem Ehlichen leben
Nicht alles zu gehn, wie es sol.
PHILEMAN
stellt sich gar nerrisch vnd sagt.
Du alter Narr, du weist es wol,
Das ich gar nicht dein Eyden bin.
Drumb, wirstu dich nicht backen hin,
Solstu bekommen schlechten lohn.

Er schlegt auff den alten; der läufft ab, er klaubt seine wahr auff vnd sagt.

Also komb ich mit lieb davon.
Weil sie mir all thun entweichen,
Will ich in mein Wirthshauß heim streichen,
Das mir nicht noch mehr gscheh der gleichen.

Abgang.

3. Akt

Actus tertius.

PHILEMAN
geht ein vnd sagt.
Ich kan mich der seltzamen gschicht
Fürwar gnugsam verwundern nicht,
Glaub, das die Frau vnd der alt Mann
Mich sehen für ein andern an.
Des hab ich heut vil mehr erfahrn,
Als auff der Reiß in den sechs Jarn.
Nun west ich gar gern, was doch der
Für ein Kerl oder Person wehr,
Für den man mich doch thut ansehen.
Botz, dort thut sich der alt her neben
Vnd bringt ein Doctor mit jhm her.
[2158] Ich wolt, das ich jhr ledig wehr.

Kommen Socerus mit Medico, dem Doctor.

SOCERUS, DER ALT sagt.
Secht, Herr Doctor! dort steht mein Eyden,
Der sich vor hielt so vnbescheiden.
Ach secht, wie saur er auff vns sicht!
Der Teuffel sicht jhm auß dem gsicht.
Drumb bitt ich euch: thut doch das best!
PHILEMAN
sagt.
Was Teuffels kommen da für Gäst?
Was wolt jhr? was ist eur beger?
MEDICUS, DER DOCTOR sagt.
Mein Herr, wir kommen in guten her.
Mich dunckt, der Herr beschweret sey
Mit einer grosen Melancholey.
Mein Herr, sagt mir! was ligt euch an?
PHILEMAN
sagt.
Kein nehers anligen ich han,
Dann mein Hemb liegt am blosen leib.
MEDICUS
sagt.
Tragt jhr ein zorn zu eurem Weib,
So sagt, warumb es zu thun sey!
PHILEMAN
sagt.
Ey, ich bin aller Weiber frey,
Das ich mit keiner zürnen kan.
MEDICUS
sagt.
So sagt, wer euch denn hat gethan?
Schmeckt euch auch Essen vnd Trincken wol?
PHILEMAN
sagt.
Wenn ich mich Gessen vnd Truncken vol,
Acht ich keins Trinckens oder Essen.
MEDICUS
schüttelt den kopff vnd sagt.
Eur Kranckheit kan ich nicht ermessen.
[2159] Wie schlaffet jhr dann bey der Nacht?
PHILEMAN
sagt.
Kein aug ich nie zum andern bracht
Vnd auch nicht gern zu frü auffsteh.
MEDICUS
sagt.
Sagt mir! thut euch das Haupt nit weh?
Vnd ist euch nit das hertz gar schwer?
PHILEMAN
sagt.
Der beder ich gar keins beger.
Drumb hört nur auff des nerrischen fragen!
MEDICUS
sagt.
Sagt! kan auch wol deuen der Magen?
Vnd wie steht es vmb eure glieder?
PHILEMAN
sagt.
Wie ein Narr fragt jhr hin vnd wider
Vnd wolt dennoch ein Doctor sein.
Mir fehlt nichts an der gsundheit mein:
Drumb ziecht nur hin! ich darff eur nicht.
MEDICUS
schüttelt den kopff, geht zu Socero vnd sagt.
Herr, ich kan auß des Menschen bericht
Durchauß finden keine thorheit;
Doch dunckt er mich nicht sein gar gscheit
Wenn jhr jhn liest in mein Hauß führn,
So wolt ich jhn noch baß probirn,
Sehen, ob jhm zu helffen wehr.
Balt schick drey starcke Knecht hieher,
Die mir jhn bringen in mein Hauß!
Alhie ist nichts zu richten auß.

Medicus geht mit Socero ab.
PHILEMAN
redt mit sich selbst vnd sagt.
Solt ich noch lenger alhie bleiben,
Hett ich nicht zeit nur zu beschreiben,
Wie es mir doch ergangen wehr.
Den tag bin ich erst kommen her,
[2160] Hab schon guts vnd auch böß empfangen:
Wie solts mir denn ergehn nach langen.
Wenn mein Verzug lang wehren sol?
Nun muß ich mich vmb sehen wol,
Wo doch mein Diener so lang sein.
Was kompt dort für leß Gsind herein?

Er dritt zu rück vnd zeucht vom leder, lauffen Dieterich vnd sunsten noch zwen stummer Knecht ein.
DIETERICH
sagt.
Schaut doch! schaut! dort steht die Person,
Vnd hat vom leder zogen schon.
Fürwar, es gilt vns Leib vnd Leben.
Darumb thut nur gut achtung gehen,
Das man jhm die Wehr vnterlauff!

Sie gehn gegen jhm. Er spricht zornig.

Ir schelmen, wo kompt jhr darauff?
Wer mich angreifft, sag ich vorhin,
Das ich stoß mein Rappir durch jhn.

Sie jagen jhn lang rumb. Er schreit.

Ir schelmen, backt euch wegk von mir,
Eh dann mein Diener kommen schier!
Der Teuffel soll euch mit jhn bscheissen.
Sie solln euch all zu krüppeln schmeissen.

In dem laufft Jahn Panser mit Servo, vnd wen er haben mag, ein vnd schmiren die drey Kerl von dem platz ab.
JAHN
sagt.
Was macht jhr mit dem schelmengsind?
Weren wir nicht kommen so gschwind,
Sie hetten euch all plag an than.
PHILEMAN
sagt.
Sie sehen mich für thöricht an
Vnd wolten mich zum Doctor führn,
Der solt mir mein thorheit curirn.
Das wolt ich von jhn leiden nicht.
JAHN
sagt.
Wenn euch einer für thöricht ansicht,
So wird er selbst nicht wol gscheid sein.
[2161]
PHILEMAN
sagt.
Jahn, lang mir her den Seckel mein,
Das ich geh vnd den Wirth bezal!
JAHN
sagt.
Ich kan euch den nicht geben zwey mal.
Ich hab euch den zugstelt vor langen.
PHILEMAN
sagt.
Nein, nein, ich hab jhn nicht empfangen.

In dem geht Enucles ein vnd Jahn sagt.

So werd jhr nicht mein Juncker sein.
Ja fürwar, dort geht mein Juncker rein.

Er geht zu jhm vnd sagt.

Gelt? ich hab euch eurn Beutel geben:
So habt jhr mich frey gsagt darneben,
Das ich nicht mehr eur Knecht sein sol.
ENUCLES
sagt.
Ja, mein Kerl, das weiß ich gar wol.
Du solst nun hinfort ledig sein.
JAHN
gibt jhm die hand vnd sagt.
Ja, so seit jhr der Juncker mein.
Secht nur, der Kerl, der dort thut stahn,
Den sah ich für mein Junckern an,
Aber ich hab mich daran geirrt.
PHILEMAN
winckt dem Jahnnen vnd sagt.
Jahn, balt sag mir, wie dirs gebürt,
Das du darffst zu dem Kerl stehn!
JAHN
sagt.
Soll ich nicht zu meim Junckern gehn,
Durch den ich auß Dienstbarkeit kam
Vnd der sein Beutel von mir nam?
Das wer von mir ein grose schand.
PHILEMAN
sagt.
Bin ich dann nicht vom Schiff auffs Land
[2162] Heut erst mit dir gestiegen auß
Vnd dich gelassen im Wirthshauß,
Da ich allein zu Gaste gieng?
JAHN
besint sich, verwundert sieh vnd sagt.
Fürwahr, ein wunderliches ding.
Ja, ja, jhr seit der Juncker mein.

Er geht zu Enuclo vnd sagt.

Hört! jhr werd nicht mein Juncker sein,
Dann der sagt, wie ich jhm steh zu.
Derhalben ich euch fragen thu:
Wie heist jhr denn mit eurm Namen?
ENUCLES
sagt.
O ja, des thu ich mich nicht schemen.
Enucles heist der Namen mein.
JAHN
geht zu Phileman vnd sagt.
Der dort wird gwiß mein Juncker sein,
Weil ers mit seim namen beweist.
Darumb sagt mir halt, wie jhr heist
Vnd von wannen jhr seid geborn!
PHILEMAN
sagt.
Enucles bin ich genennet worn
Vnd erzeugt in Syracusa.
JAHN
geht wider zu Enucle vnd sagt.
Von wann seit jhr? sagt mirs alda!
Vnd welcher wird mein Juncker sein?
ENUCLES
sagt.
Syracusa ist das Heymet mein
Vnd bin her kommen vor sechs Jarn.
JAHN
macht das Creutz für sich vnd sagt.
Mein lieber Gott wöll mich bewahrn!
Die sach macht mich zu einem tohrn.
Seind denn jhr zwen auß einem worn?
Ich weiß mich nicht zu richten drein.

Er geht zu Phileman vnd sagt.

[2163] Hört! der soll wol eur Bruder sein,
Dieweil er eben heist, wie jhr,
Vnd hat lauter anzeiget mir,
Das er von Syracusa sey.
PHILEMAN
sagt.
Ach Gott, so merck ich schon dabey,
Er ist mein Bruder bey meim Eyd.

Er geht zu jhm vnd sagt.

Mein guter freund, mich doch bescheyd!
Wie heist eur nam? sagt mir ohn bschwer!
Vnd wo seid jhr von wannen her?
ENUCLES
sagt.
Enucles so bin ich genand,
Von Syracusa wol bekand.
Von dann ich her kam vor sechs Jarn.
PHILEMAN
sagt.
Vil Meers hab ich bißher vmbfahrn,
Zu finden einen solchen Mann.
Wie heist eur Vatter? zeigt mir an!
Vnd ob jhr auch geschwistrig hett.
ENUCLES
sagt.
Meinen Vatter man nennen thet
Den Enuclem Phileman.
Nur ein eintzigen Bruder ich han,
Der wird als wie mein Vatter gnendt.
PHILEMAN
feit jhm vmb den halß vnd sagt.
Nun hat all mein trauren ein endt.
Dieweil du bist der Bruder mein,
Stell ich als weiters Reisen ein
Vnd führ dich gen Syracusa,
Dastu dein Erb besitzt alda,
Weil vnser Vatter groß Gut verließ.
ENUCLES
ziecht den Beutel rauß, gibt jhm die hand vnd sagt.
Ach mein Bruder, hab kein verdrieß,
[2164] Daß ich den Beutel hab genommen!
Den hast ohn schaden widerumben.
Ietzund ich gar wol spüren kan,
Dein Diener sah mich für dich an;
Ich hab jhn nicht zu bhalten begert.
PHILEMAN
sagt.
Vns beden ist groß glück beschert,
Wiewol ich dir in warheit sag,
Das mir die zeit meins lebens tag
Seltzamer gieng niemals als heut,
Dieweil mich haben so vil Leut
In gut vnd bösen geredt an.
ENUCLES
sagt.
Wir wollen weiter reden davon,
Wenn wir deß haben besser zeit.
Ietzt haben wir kein glegenheit,
Weil vns so vil Leut hören zu.
Darumb stell jetzt die sach zu ruh!

Sie gehn ab. Kompt Thasa vnd Ancilla.
THASA
sagt.
Ach, Ancilla, hör wunder mäer!
Enucles hat geschworen sehr,
Das er nicht mit vns gessen hab,
Hab nicht gekündt von Hauß herab.
Auch so hat er ferners verjehen,
Er hab kein Ketten vnd Mandl gsehen,
Den ich jhm wider hett zugestellt.
Die sach mir eben nit gefellt.
Nun hett ich je geschworn, das der
Gast mein Enucles gwesen wer.
Sonst hett ich mich zu jhm nicht Beth,
Auch die dieng jhm nicht geben hett.
Ach weh! wo sol ich nun hinauß?
Ietzt kompt mein Bulerey recht rauß,
Die ich so gar lang thet verlangen,
Menniglichen schwur auß den augen,
Ich jetzund nicht mehr laugen mag.
[2165]
ANCILLA
sagt.
Nun hab ich je auch mein lebtag
Kein Menschen gsehen, der von art,
Von leng, von groß, von haar vnd Bart,
Von sitten, wercken, wort vnd red
Eim andern so gleich gsehen hett,
Als eben eur heüntiger Gast,
Der vns all bringt in grosen last;
Dann solts Leonora erfahrn,
Sie würd kein fleiß vnd müh nicht sparn,
Vns zu bringen in groß vnglück.
THASA
sagt.
Ja, wie bringt mans dann widr zu rück?
Wir haben nicht lang zu rahtschlagen.
ANCILLA
sagt.
Da wöll wir vnsern Koch drumb fragen.
Derselb, als er einkauffen thet,
Hat den Gast zu erst angeredt,
Das er ist kommen in eur Hauß.
Kompt, laßt vns mit jhm reden drauß!
Dem schimpff ist schir der boden auß.

Sie gehn ab.

4. Akt

Actus quartus.

Kompt Enucles mit Phileman allein vnd sagt.

Ach, mein Bruder, Gott bezahl dir,

Das du so lang hast gsucht nach mir!

Weil ich dann von dir hab vernommen,

Wie da bist zu der Thasa kommen,

Die dich für mich hat gsehen an,

Hastu nun was guts bracht davon,

Das ich dir denn wol gönnen will,

So bitt ich dich: schweig darzu still!

Bring mich vnd sie nit vndert Leut!

Ich hett mit meinem Weib offt streit

Von wegen jhres losen Guts.

Die macht mir vil Creutz vnd vnmuths,

[2166] Weil ich jhr nichts hett zugebracht

Damit hats mich so zornig gmacht,

Das ich nicht thet, was mir gebürt.

Hab jhr das best Kleidt außgeführt,

Deßgleichen Ketten vnd armband,

Die du jetzt hast in deiner band.

Diß alles ist daher geschehen,

Das man dich hat für mich angsehen;

Dann so kriegt ich den Beutel dein.

Darumb bitt ich: gib mir das mein!

So schleig ichs wider heim zu Hauß,

Das folg kein weiters vnglück drauß

Vnd mein Weib mit mir zieh von hinnen.

PHILEMAN
sagt.
Das du jhr Lieb thust wider gwinnen
Vnd neben mir bestehst in ehrn,
So wil ich dirs als wider kehrn.
Allein was soll ich darzu jehen?
Dein Weib vnd Schwehr haben gesehen,
Das ich jhr wahr hab bey mir tragen.
ENUCLES
sagt.
Da wöll wir zu jhn beden sagen,
Wie ich es Gester gar frü gwist,
Das du alhie gewesen bist
Vnd hett dir mein anligen klagt,
Das ich von meim Weib würd geplagt
Mit der argwönigen eyffersucht,
Das sie mich bschuldigt der vnzucht.
Das hastu mir nicht glauben wöllen,
Begert, ich soll sie für dich stellen,
Darzu dir geben jhr schönstes Kleidt
Vnd jhre Ketten alle beyd,
Da wolstu es selbst von jhr hörn
Vnd sie etwas gwiß darfür lehrn,
Das sies forthin soll nimmer than.
Als dann zeig jhr diß gleichnuß an,
Das der argwohn sey ein bößwicht!
[2167] Manchs Mensch eim andern gar gleich sicht
Vnd sey doch ein andre Person;
Also sey es mit dem argwohn.
Man vermuth offt, das sey geschehen,
Vnd wenn mans bey dem Liecht thut sehen,
Fehl es wol vmb ettlich Baurnschrit.
So machstu mir bey meim Weib friedt,
Das sie dest lieber mit mir zeucht.
Ir Thorheit halb sich vor dir scheucht,
Das sie dich hat für mich angsehen,
Thet vnschuldig schenden vnd schmehen.
Zu mal mein Schweher, der fromb Alt,
Der glaubt, was man jhm sagt, gar balt.
Der wirds vns beden bitten ab.
PHILEMAN
sagt.
Mein Bruder, gnug bescheids ich hab.
Ich hab der Sachen eben gnug.

Er schreit.

Jahn, komb balt herein ohn verzug

Jahn geht ein.

Vnd bring drinn in der Kammer mein
Die Ketten vnd das Weibskleidt rein!

Jahn geht ab vnd bringts.
ENUCLES
nimbts vnd sagt.
Danckbar verdien ich das vmb dich,
Also behelst bey ehren mich.

Sie gehn ab. Kompt Socerus mit Leonora, seiner Tochter, vnd sagt.

Tochter, was hat heut dise nacht
Dein Haußwirth für ein leben verbracht?
Hat er niemandt kein schaden than?
LEONORA
sagt.
Ey nein, man merckt jhm gar nichts an.
Ich hab jhn heut frü gsetzt zu red,
Er mir aber kein wort nicht gsteht
Vnd sagt, wir haben jhn nicht erdapt,
[2168] Das er hab mein schönst kleinot ghabt.
So verlaugnet er auch die Ketten
Vnd alles, das wir mit jhm redten,
Sagt auch, er hab kein Doctor gsehen,
Es thu jhm von vns vnrecht gschehen,
Vnd hat mir geben die besten wort.
SOCERUS
sagt.
Du solst anrichten main vnd mordt.
Villeicht wird ers nicht gwesen sein.
Schau! dort geht er gleich herein.
Den will ich der sach halb selbst fragen.

Enucles geht ein.
SOCERUS
sagt.
Mein Heber Eyden, thut mir sagen!
Was war euch gester in dem Hirn,
Das jhr also thet Fantasirn
Mit meiner Tochter Ketten vnd schauben?
ENUCLES
sagt.
Ey, Herr Vatter, jhr solts nicht glauben.
Der ding ist keins von mir geschehen.
SOCERUS
sagt.
Ey wie? hab ichs doch selber gsehen!
Als jhr euch nicht wolt lassen weisen,
Hab ich den Doctor holen heisen,
Der sol euch wider zu recht bringen.
ENUCLES
sagt.
Herr Vatter, von all disen dingen
Weiß ich kein wort in der warheit.
Doch ist war, das ein lange zeit
Mein Weib mich gar wol tribuliert,
Von eyffers wegen mich vexiert,
Das ichs hab nimmer können tragen
Vnd habs auch niemand dörffen klagen.
Weil aber gester vngefehr
Mein lieber Bruder ist kommen her,
Den ich in sechs Jarn nicht gsehen,
[2169] Thet ich jhm mein anligen verjehen,
Der die ding selbst versuchen wolt.
Der befahl mir, das ich jhm solt
Bringen meins Weibs Ketten vnd Kleid;
Der wolt suchen gelegenheit,
Das meins Weibs eyfer würd gelegt.
SOCERUS
sagt.
Ach, Eyden, jhr habt mich erschreckt,
Das ich dem frommen ehrlichn Mann
So grose schmach hab auffgethan,
Gehalten jhn für einen Thorn.
Nun hett ich je ein Eyd geschworn,
Ir werds gwest; ach weh der schand!
LEONORA
sagt.
Wo ist mein Ketten vnd mein gewand,
Das ich bey jhm hab gsehen wol?
ENUCLES
sagt.
Geh! es in deinem Kasten hol!
Vnd wenn das nicht darinn wirst finnen,
Als dann solstu das spiel gewinnen.
Finstus aber, so merck dabey,
Das mir gar vnrecht geschehen sey
Von wegen deiner eyffersucht,
Die mich beschuldigt der vnzucht,
Daran ich doch unschuldig bin.
LEONORA
sagt.
So geh ich jetzt von stund an hin.
Find ich mein Ketten vnd mein Kleid,
So ist es mir im hertzen leid,
Was ich dir vnd deim Bruder than.

Sie laufft ab, Kompt wider, fellt jhrem Mann zu fuß vnd sagt.

Ach du mein hertzenliebster Mann,
Wie bin ich so schendlich bethört!
Die falschen zungen hab ich ghört
Vnd glaubet jhrem blosen lallen,
[2170] Des bin ich in groß Torheit gfallen,
Vnd bitt, du wolst mir das vergeben,
Dann ich wil bey all meinem leben
Dir der gleichen nimmermehr thon.
Solt ich auch etwas sehen schon,
Glaub ichs nicht mehr, biß ichs auch greiff.
SOCERUS
sagt.
Tochter, dein zorn ist gar zu steiff.
Du thust wie all fürwitzig Frauen,
Die jhrn Männern so übel trauen,
Die sich doch offt wol selbst verbrennen.
Solstu dein eygnen Mann nicht können?
Ein andern für jhn schenden auß?
ENUCLES
sagt.
Schau! dort kompt gleich mein Bruder rauß
Mit allem seinem Hofgesind.
LEONORA
sagt.
Ach, ich erschreck, das ich erblind.
Nun hett ich gschworn, wo auff der Ern
Zwen Brüder künden gfunden wern,
Die so gleich sehen an einander,
Als dise Brüder beede sander.
Ach, wie sol ich vor jhm bestehn?

Ietzt kompt Phileman mit Jahnen vnd andern Knechten.
SOCERUS
sagt.
Wir wollen jhm entgegen gehn
Vnd wöllen jhn ehrlich empfangen.
Was wir an jhm haben begangen,
Woll wir jhm wider bitten ab.
LEONORA
gibt jhm die Händ, fellt jhm zu fuß vnd sagt.
Ach, günstiger Schwager, ich hab
Euch warhafftig vnrecht gethan,
Euch angsehen für meinen Mann,
Weil ich meinen schmuck hab gekend.
PHILEMAN
hebt sie auff vnd sagt.
[2171] Der argwohn gar vil Leut verblend
Vnd bat gar oft angsehen schlecht
Ein weisen Hund für ein Müllknecht,
Als wie dann jhr auch habt gethan,
Mich gsehen für eurn Haußwirth an
Vnd mich vnschuldig außgeschmecht.
SOCERUS, DER ALT geht hin zu, gibt jhm die Handt vnd sagt.
Wir haben bede than nicht recht.
Ich hab gemeint, jhr seit mein Eydman,
Wolt andern Weibern hencken an
Meiner Tochter Ketten vnd Ring
Vnd sich an ander schlepseck hieng,
Vnd ward im argwohn so verstört,
Da jhr euch habt mit worten gwehrt,
Hab ich euch ghalten für ein thorn.
Drumb bitt ich: leget ab eurn zorn
Von vns! seit vnser guter freund!
Mit mir so solt jhr Essen heunt:
Da woll wir vns als leidts ergötzen.
PHILEMAN
sagt.
Des will ich mich nicht widersetzen,
Vngeacht das es mir thut zorn,
Das ich also bin außgmacht worn,
Der ich nur sucht meim Bruder rath.
Bin vor nie gwest in diser Statt,
Must jhr Ehbrecher vnd bößwicht sein,
Auch irr sein in den sinnen mein,
Da sie doch an jhr selber war.
Doch ists vergessen gantz vnd gar,
Dann was ich red, das ist nicht mehr,
Als jhr gemeint zu einer lehr,
Dann es ist gar ein schweres leiden,
Wer sich die eyffersucht lest reiten.
Besser wers, ein Weib hett ein Mann,
Der schönen Weibern hencket an
Vnd sie hielt jhn für ehrn frumb,
Wenn sie nur kein wort west darumb,
[2172] Als das sie eyffer vnverschult,
Macht jhr vnd dem Mann vngedult,
Des sie doch keine vrsach hat.
Argwohn nie nichts guts gschaffet hat,
Denn welchem gar nicht ist zu trauen,
Dem hilft in warheit kein auffschauen,
Wie etwann auch die alten reden.
Enthweder es ist nicht von nöhten
Oder aber es ist vergebens.
LEONORA
sagt.
Herr Schwager, ich will die zeit meins lebens
Meim Haußwirtt nicht böß mehr zutrauen,
Mich haltn, wie einer frummen Frauen
Wol ansteht, will jhn liefen vnd ehrn
Vnd mit euch in eur heimet kehrn
Vnd alles thun, was euch gefelt.
JAHN
sagt.
Weil sich dann als so wol verhelt
Vnd vns glück wohnt mit hauffen bey,
So bitt ich euch: machet mich frey
Von meiner langen dienstbarkeit!
Dann durch mich jhr zsam kommen seid
Vnd geht das vnglück gar wol auß.
PHILEMAN
sagt.
So halt wir nur kommen zu hauß,
Solstu deines diensts ledig sein.
SOCERUS
sagt.
Ich bitt: kombt all mit mir herein
Vnd esset heint mit mir zu nacht!
Vnd jhr, Eyden, euch ferttig macht!
Deßgleichen auch, mein Tochter du,
Richt dich nach deiner noturfft zu!
Thu mit gen Syracusa fahrn!
Der liebe Gott wöll euch bewahrn
Vnd alle sambt lang gesund sparn!

Sie gehn alle ab.

5. Akt

[2173] Actus quintus.

JAHN
bleibt stehn vnd sagt.
Ietzt gehn sie in deß Schwehers Hauß,
Essen, trincken, leben im sauß
Vnd nimbt die Comedi ein endt
Vnd ist als böß in guts verwendt.
Der Fuchsschwentzer Peniculus
Ietzund mit spot abzihen maß
Vnd hat mit seiner falschen goschen
Nichts, denn nur ein leres Stro, gedroschen.
Thasa, das vnverschembte Weib,
Hat hergeliehen jhren leib
Eim frembden, den sie nicht hat kendt.
Der hat jhr die Ketten entwendt
Vnd auch der Leonora kleidt.
Enucles vnd sein Weib albeid
Seind auff das best vereinigt worn.
Gefallen ist all eyfer vnd zorn,
Ein lieb die ander hat gemacht.
Keins frembten Weib er nicht mehr acht.
Phileman hat den eyfer gschüfft,
Außgereut das böß eyfergifft.
Weil er sein Bruder alhie fandt,
Bringt er jhn in sein Vatterlandt
Vnd raumet jhm sein Erbgut ein.
Da kan er wol ein gut Gsell sein
Daselbst in seines Vatters Hauß.
Was gut ist, das behalt darauß!
Was aber nicht ist gut vnd recht,
Dasselb veracht vnd verschmecht!
Man sagt, der sey weis vnd gelehrt,
Wenn der was vnrechts sicht vnd hört,
So er dasselbig meiden thut
Vnd folgt dem, der würcket das gut.
Wer ohrn hat, zu hörn, der hör
Vnd habt euch das zu einer lehr!

[2174] Ende.

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TextGrid Repository (2011). Ayrer, Jakob. Dramen. Von zweyn Brüdern aus Syracusa. Von zweyn Brüdern aus Syracusa. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-1645-D