[226] Worterklärungen.

A'mm' f. (Allgäu), die Mutter (Amme, Mämme).

Aen m. Allgäu, der Ahnherr, der Großvater.

Aett m. Allgäu, der Vater, altd. atta.

Augsburger Deutsch ... Am Ende der Tauler'schen Predigten (Augsburg 1508) steht: Die Ausgabe sei gestellt »auf gut verständlich Augsburger Sprach, die da unter andern deutschen Sprachen gemeiniglich für die verständlichste genommen und gehalten wird.«

Bärenbatzen ein ehedem in Oberschwaben sehr gangbares Vierkreuzerstück mit dem St. Gallen'schen Wappen. – Bärendreck, Lakreziensaft.

Baule m. schwäb., der Kater.

Bettelmann, in der Küchensprache, ein aus Semmeln und Milch bereiteter Brei.

Blache, Schutzdach.

Blenten m. Brei aus Buchweizenmehl, Ital. polenta. Der Buchweizen selbst.

Böhmische Krankheit – »matt, müd und faul sein.«

Bock m. bayer., eine Art besonders starken Biers. Verderbt aus Einbeck, Einbecker Bier. »Einbeckisch Hopfenbier.« Fischart Geschichtklitterung 1590. S. 107.

Bocken v. störrisch thun. Bockstärr adj. undadv. starr, wie ein Bock; bockbeinig, halsstarrig.

Bollen, Klümpchen. Hasenbollen, Klößchen, in Honig getaucht, eine Festspeise.

Bratzen und Haxen (s. Hächse), und ähnliche Wörter von Thieren auf Menschen angewandt, nur im Scherz und zum Spott. – Im Uebrigen muß das Grobe und Bäuerische im bayerischen Dielect zumal den feinen, glatten Ohren anderer Deutschen schon von jeder aufgefallen sein. So sagt z.B. Petrus Zittaviensis:


– – – Bavarusque loquens boat ut bos,
Exaltans vocem crassam nimis atque ferocem.

Brenz m. der Branntwein.

Bürstenbinder m. – In der Redensart: er sauft wie ein B., spielt der Volkswitz auf bürsten, bürschen, eine Burs halten, an.

Dachel, Dahel, Da'l m. die Dohle. Nach einer andern Leseart, die den Bayer in jenem Wettkampf als Sieger bezeichnet, soll dieser die drei Vögel genannt haben: Star – Raw – Ant (d.i. Staar, Rab', Aente).

Dinzelfest, Dinzeltag, der Handwerksjahrtag. Vergl. Schmeller.

Dorschen m. der Kohlstrunk.

Enk pron., bayerisch, st. euch. Der Dualis der alten Sprache. S. Schmellers Grammatik S. 189.

Enz-, Großes, Ungeheures bezeichnend; nur in Zusammensetzungen (wie Erz-).

[227] Eppe, etwa. Eppes, etwas. Epper, irgend einer. Epperemal, etwa einmal.

Erchtag, bayer. Dienstag. Vergl. Schmeller v. Er-tag.

Eyerklauben n. das Eierauflesen; ein Volksspiel.

Eyle n. ein Küßchen; in der Kindersprache; von der Interj. ey!

Fackel, Dim. (Schwäb. Fäckle), träge Aussprache von Fark, Ferkel.

Fätsche s. das Wickelband. Daher fätschen, einfätschen, einwickeln mit dem Wickelband.

Fätzen einen, ihn aufziehen, foppen.

Fippern v. zittern; das Intensiv von fiebern.

Flackisch, fläckisch, schmutzig, unsauber.

Fotzmaul, n. das Eßbare am Rindsmaul.

Freythof der Begräbnißplatz. Freythofblüm lein, fig. graue Haare.

Frümmen, anfrümmen, bestellen.

Gäbisch, g. äbisch adj. und adv. Schwäbisch ist gäbisch; etwa noch mit dem Beisatz, um'kehrt ist gar nichts.

Gammel m. der Reiz, der Kitzel.

Gan, stan, lan (gaũ, staũ, laū), gehen, stehen, lassen, mit dem Beisatz: wer die drei Sprachen nit kann, soll nicht nach Schwa benland gan.

Geigen, heimgeigen Jemanden, ihn derb abfertigen. Ironisch von dem Ehrengeleit durch Musikanten, z.B. auf Hochzeiten, hergenommen.

Gneißen v. ein Ding, es merken, wittern, ahnen. Altniusan.

Grätig, mürrisch, zänkisch.

Gucker m. der Guckguck. Der Memminger Gucker: Anspielung auf den bekannten Schwank mit dem Guckuck, den die Schildbürger aus dem Getreidfeld durch zwei Männer auf der Bahre holen lassen wollten, damit er ihnen nicht die Saat zertreten möchte. – Die Memminger schieben das Stücklein auf die von Ulm.

Häckse s. der Kniebug mit seinen Sehnen; das ganze Bein selbst an vierfüßigen Thieren.

Häntig, bitter, im phys. und mor. Sinne.

Hender, gem. schwäb., statt händ (habt) ihr? Vergl. wender.

Heimgarten m. der Besuch, die Zusammenkunft,coetus. Auch als Verb.

Heß, blinder; Schprüchw., eine ungewisse Anspielung.

Holedau (richtiger: Hallertau), Gegend zwischen der Ammer, Ilm und Abens, über deren Bewohner, als derbe, ungeschlachte Menschen, der Volkswitz sich gern lustig macht.

Hollerötzel m. bayer., ein Brei aus Hollunder-Beeren.

Hotto (zweite Silbe betont), in der Kindersprache das Pferd. Vom Ruf: Hott! o!

Humpeln v. schleppend einhergehen.

Hutzel s. gedörrtes Kernobst.

Ihrzen v. Jemanden, mit »Ihr« anreden (wie duzen, erzen).

Justement adv. (mit deutscher Aussprache), genau, eben.

Käl adj. und adv. ekel, garstig; obj. und subj.

[228] Käsperle n. ein Silberstück mit dem Gepräg und Viertelswerth eines Brabanter-Thalers.

Kesperwasser (richtiger: Kersch-ber-was ser), Kirschenwasser.

Kirchweihgurgel fig. ein Säufer.

Klachel, Klächel m. ein Schwengel; fig. plumpe, vierschrötige Mannsperson.

Kostnitz alt und noch gem., Konstanz. Der Teu fel zu Kostnitz, ein kolossales Bildwerk, welches, wie der große Gott zu Schaffhausen, weit und breit zur Mähre geworden. Schon J. Pauli erwähnt seiner (Schimpf und Ernst, 1569. p. 146b).

Krächse s. Gestell zum Tragen auf dem Rücken.

Krippele n. die Weihnachtskrippe, praesepium.

Kuefinster adj. und adv. sehr finster. Das erste Wort für: Gefängniß, zunächst für delinquirende Geistliche (wie das hochd. stockfinster). Vergl. Adelung v. Koben.

Lahmtag Zustand der Lähmung; wie Wehtag, Siechtag, Schmerz, Krankheit. Ueber-tag s. Schmeller.

Laubi, Name, den Zugochsen gegeben, von Laub monat, April; so wie Lusti von Lustmonat, Mai; oder Horni, von Hornung. S. Schmid v. Horni.

Letz adj. und adv. verkehrt, unrecht.

Luck n. der Deckel eines Geschirres. (Verschieden von Lucke, s. die Lücke.)

Unmär, unwerth, widrig.

Markten v. feilschen, um den Preis handeln.

Matz Latz, ein Tropf, ein unbehülflicher, alberner Mensch.

Melak m. Name großer Fanghunde, womit der rächende Volkswitz das Andenken an jenen französischen Wütherich dieses Namens verewigt hat.

Mocken (mau ken), mürrisch, verdrießlich thun.

Mühen v. beschweren, beschwerlich fallen, Verdruß machen.

Nachtlichtlein (Nachtliəchtlə), im Scherz, ein Nachtschwärmer.

Nocken Dim. Nockerl, Knödel kleinerer und feinerer Art. Ital. gnocco. – Sonst bezeichnet der alte Reim folgende Lieblingsspeisen der verschiedenen Deutschen:


Einen Mahlen 1 zum Salat,
Einen Schwaben, da man Sträuble hat,
Einen Schweizer zu einem Käs,
Einen Tyroler zu Nudeln und Nocken,
Einen Allgäuer zu süßer Milch und Brocken,
Einen Sachsen zum Speck und zum Schinken.
Darst nit viel bitten oder winken.
Zuletzt wollen all saufen und nit trinken.

Passauer Tölpel, Spottname, der den von Passau Gebürtigen oft zu Theil wird. Vielleicht von einem unförmlichen Standbild aus früherer Zeit. Die Passauer Kunst, eine Art Schwarzkunst, hieb- und schußfest zu machen.

[229] Pfalz, die obere. Eine Volksmähre erzählt: 2 Wie unser Herrgott die Länder des ganzen Erdbodens vertheilt habe, sei auf die letzt noch ein einziger kleiner Winkel übrig geblieben. Weil den nun Niemand gemöcht habe, so habe er denselben dem Teufel angetragen. Aber auch dem sei er zu schlecht gewesen, und habe frei zu unserm Herrgott gesagt: Pfalzt's. 3 Deswegen heiße man dies Ländchen bis auf den heutigen Tag die Pfalz.

Pfeffersack, Nürnberger; ehedem ein Spottname, den man den Nürnberger Kaufleuten, vermuthlich wegen ihres Handels mit levantinischen Spezereien, zu geben pflegte.

Pfinztag, bayerisch, der Donnerstag, d.i. der fünfte Tag vom Sabbath (Samstag) an gezählt.

Pfütigott, verderbte Formel, st. behüte dich Gott!

Principi s. Schulclasse, worin die Anfangsgründe (principia) der lateinischen Sprache gelehrt wurden.

Pulver, bayerisches, weiße Rüben zu einer breiartigen Masse klein gehackt.

Raum m. der Rahm, die Sahne.

Rübe, bayerische, brassica napus; im Gegensatz zur schwäbischen, br. rapa.

Runkunkel s. Schimpfname für alte Weiber.

Sack m. auch für Tasche, z.B. eine Sackuhr.

Schaffen, befehlen.

Schampedasche, Hanswurst; verderbt aus Jean Potage.

Schlarfen s. Lotterschuh, abgetretener Schuh.

Schlampet adj. und adv. lotterig, schlampig.

Schlaufe s. Masche, Schlinge.

Schlesinger, aus Schlesien gebürtig. Die am Orte an geführten Anspielungen beziehen sich meistens auf bekannte Anekdoten, welche die gegenseitige Necksucht der Deutschen aufgebracht hat. Schon Sutor (latinum chaos, 1716) erwähnt jene Mähren des neckenden Volkswitzes. – Von denen, die gen Norden zu wohnen, war vordem unter uns der Spruch verbreitet:


Ein Sachs, ein Schwätzer,
Ein Böhm, ein Ketzer,
Ein Pol, ein Dieb,
Ein Preuß, der seinen Herrn verrieth.
So wie auch:
Der Pol und Böhm haben einander lieb,
Kommt dazu ein Ungar, so sind's drei rechte Dieb.

Schlotter m. geronnene Milch, die Schlotter milch.

Schmecken v. wie hochd., aber auch für: riechen.

Schraune s. Getreid-Markt.

Schuckeler, Schimpfw.; aus dem Ital. ginoco-latore verderbt?

Schwäbischer Heiland. Spottname. Wie denn solche stereotypische Bezeichnungen meistens historischen Ursprungs sind, so scheint sich auch [230] die er wähnte aus den Kriegen zwischen den Schwaben und Schweizern, und von dem Umstande herzuschreiben, daß die Kriegführenden Crucifixe von verschiedener Form und Farben als Abzeichen trugen. (S. Rocholz Eidgenössische Lieder- Chronik. Bern, 1835. S. 267). – Aus derselben Zeit datirt sich wohl auch jener, bei fröhlichen Ereignissen noch jetzt gebräuchliche Ruf: »Victoria in Schwabenland« (B.I.S. 259); so wie dagegen aus den Kriegen zwischen den Schwaben und Sachsen, vielmehr von der Schlacht bei Luckau (1308) der jenseitige Spruch: Es wird dir glücken, wie den Schwaben bei Lükken.

Seidel n. ein Maaß für flüssige Dinge.

Si quis – Ohne Zweifel wird die Formel verstanden:Si quis percusserit Clericum suadente diabolo, anathema sit.

Ge-sippte, Blutsverwandte. Die Abstammung der Franken von den Schwaben, so wie der Bayern von den Franken wird in jenem alten Reimspruch, welchen Schmeller in seinem Wörterbuch III, 524 mittheilt, in nicht gar ehrender Weise bezeichnet. Uebrigens lebt dieser Spruch noch in der mündlichen Tradition fort, obgleich in verstümmelter Fassung:


Es sch – drei Schwaben
In einen Graben,
Und aus der Schwaben Stank
Entstund der windige Frank,
Und aus der Franken Air
Entstund der flackische Bai'r.

Soler m. Vorplatz im obern Stockwerk, besonders der ländlichen Wirthshäuser, wo er gewöhnlich zum Tanzplatze dient.

Spansau s. das Spanferkel. Die Geflügelhändler in Altbayern haben das Recht, auch mit Spanferkeln Handel zu treiben, und sie führen deshalb in ihren Schilden einen Schweinskopf. Daher der Volksscherz.

Spienzeln v. sich einander verliebte Blicke zuwerfen; sponsiren.

Sta'l, träge Aussprache für Staar'l, Stärchen.

Stampaney s. Ersonnenes, Erdichtetes, Mährchen.

Steig (Staig), s. eine steile Anhöhe; m. der hinanführende Weg.

Steffel, Stephan. Der steinerne Steffel von Ulm, ursprünglich wohl ein dortiges Standbild. (Schmeller in seinem Wörterbuch erwähnt auch einen steinernen Steffel in Nürnberg.) Sprüchw., ein einfältiger, unbehülflicher Mensch.

Steinbrüderle, im Scherz, Trinkgenosse. Anspielung auf die steinernen Krüge.

Sterzen m. der Strunk vom Krautkohl. In der Küchensprache eine Art Brei.

Stimmen, aufziehen, foppen.

Stockböhm m. ein Böhm, der nicht deutsch versteht;fig. ein Pinsel.

Suzeln, saugen.

Tätscheln, sanft klopfen; schlagen; bes. in der R.A. hätscheln und tätscheln.

Thurner m. der Thürmer, Thurmwächter.

Thurn-Michele von Augsburg, eine bewegliche Figur auf dem Perlachthurm, [231] St. Michael vorstellend, – wie er den Drachen tödtet, – die sich alle Jahre am 29. Sept. producirt.

Trätzen, reizen, aufziehen, zum Besten haben, bes. indem man, was man verspricht, nicht hält.

Unfurm s. die Unart. Aber Unfurm, m. ein unartiger Mensch.

Uf ihn! er ist von Ulm. Ein beliebter Zuruf, um zum Widerstand, zur Fehde zu ermuthigen.

Verhoffen v. besorgen, erschrecken.

Verschmachen v. verdrießen. Der Ver schmach, Verdruß.

Voressen n. die Speise, welche nach der Suppe und vor dem Rindfleisch aufgesetzt wird, meistens aus Kuttelflecken (Kaldaunen) bestehend.

Vorrupfen v. vorwerfen. Wohlthaten, Gefälligkeiten gleichsam unter die Nase reiben.

Weilheim, ein Städtchen in Oberbayern, dessen Bewohnern der neckende Volkswitz eine Menge Stücklein, im genre derer von den Lalenbürgern, andichtet. Bekanntlich aber gibt es in allen Gegenden Deutschlands solche Oerter, denen, als Sündenböcken, dergleichen Verirrungen des menschlichen Verstandes aufgebunden werden. Wir erinnern nur (viele andere zu geschweigen) an: Anweiler und Ahlen, Bopfingen und Borsheim, Dülken und Düren, Ehingen, Fackenhofen, Ganslosen, Hirschau, Kasendorf, Mecheln und Mühlheim, Pollwitz, Reutlingen, Schöppenstädt, Teterow, Ungerstadt, Wafungen und Wesenberg. Selbst die Araber haben ihr Hims (Emessa), »das berühmt ist durch die Zucht von Thorheitsgewächs und Narrheitsfrucht.« S. Makamen des Hariri, von Fr. Rückert II. 183.

Wender? gem. schwäb. statt wöllent (wollet) ihr?

Wer seyds? bayerisch. Das Suffix 's, st. ihr; vom alten Dualis iz. S. Schmeller.

Wickelein n. Dim., Schwäb., der Rocken, Wocken.

Zappeln v.n. wie hochd.; bes. am Galgen hängen.

Zoller m. der Zöllner, Zolleinnehmer.

Zwerchsack, Quersack.

Zwespe, Zwetschge.


Ende des zweiten Theiles.

Fußnoten

1 Wallonen.

2 Siehe Schmellers Mundarten Bayerns. S. 488.

3 Behalt es!

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2011). Aurbacher, Ludwig. Märchen und Sagen. Ein Volksbüchlein. Zweiter Theil. Worterklärungen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-15BF-3