[261] Aus: Göttliche Liebesfunken,
Erster Teil

1698.

Vorrede

1.

Wofern es auff einigerley Weise möglich gewesen wäre/ so hätte man diese Blätter gerne nur einigen solchen Liebhabern durch den druck gemein gemachet/ welche sie mit so unpartheyischen Augen angesehen/ daß es keiner Entschuldigung bedürfft hätte. Nachdem es aber dergestalt auch unter andere gerathen wird/ hat man zuförderst eins und das andere ungegründete Vorurtheil nach Vermögen hinweg räumen wollen. Es ist der Autor hiermit keines Weges gemeinet die Anzahl derer Teutschen Gedichte zu vermehren/ oder den Namen einer jetzo gebräuchlichen Poetischen Schreib-Art zu verdienen. Beydes erfordert mehr Übung und Fertigkeit/ ist auch nach der Weise/in welcher es zur Zeit gegebrauchet wird/ mit nicht geringer Eitelkeit verknüpffet.

2.

Sondern die Gelegenheit zur gantzen Sache ist folgende: Es hat zum öfftern durch Veranlassung guter Freunde sich gefüget/ daß er auff ihr Erinnern über diese und jene Sinn- oder andere Bilder einige kurtze Verse entwerffen müssen. Nicht selten hat ihn selber diese und jene Begebenheit oder eigne Angelegenheit zu dem Außdruck seiner Betrachtungen gebracht. Bißweilen ist ihm unvermuthet etwa eine kurtze Aria oder ein ander Lied in die Feder oder nur in die Schreib-Tafel geflossen/ wenn er auff dem Lande spatzieren gangen/ und in Gott ruhig und frölich gewesen/ oder wenn sich auch sonst ein Antrieb zum Lobe Gottes ereignet hat.

[261] Das meiste/ ja fast alles ist unter andern häuffigen, und zwar ernsthafften Verrichtungen gleichsam gebohren/ und kan dahero dem Leser keine grosse Künste versprechen. So wird er auch viel weniger hochtrabende Worte/ weit gesuchte verblümte Redens-Arten/oder sonsten viel affectirte Manieren drinnen finden. Ja man hat manchmal gemeint das Recht zu haben/daß man nicht allezeit denen gemeinen Kunst-Regeln unterworffen wäre/ wo die Sache selbst und der Nachdruck etwas besonders erforderte. Man war gemeiniglich vergnügt/ wann ein Verß von sich selber ungezwungen dahin floß/ daß es keines Flickens und Kopffbrechens bedurffte; angesehen die Verständigen allezeit die gezwungene Reimerey unn das affectirte großsprecherische Phantasieren einiger Gern-Poeten in gleichem oder keinem Werth gehalten haben.

Und ob man wol an denen vortrefflichen dichtern/dergleichen Opitz/ Buchner/ Francke/ Hoffmannswaldau/ Lohenstein/ Johannes Angeluss, Rosenroth und andere gewesen/ viel grosse und recht göttliche Gaben auffrichtig bewundert und verehret; so ist doch die Zeit und Kräffte am besten und verantwortlichsten angewendet/ die sie auff Betrachtung beständiger göttlicher und ewiger dinge gerichtet. Zum wenigsten ist einem Christen seine übrige Lebens-Zeit so kostbar/daß er sie mit nichtigen Grillen oder solchen Übungen/ die sich nur auff diese wenige Jahre erstrecken/nicht verderben darff. Die Heydnischen Poeten/ und nach ihnen viel ihrer Nachfolger unter den sogenannten Christen/ machen viel Wesens von der Ewigkeit ihrer Gedichte und Wercke. Wie viel hundert haben dem thörichten Horatio sein Exegi monumentum aere perennius nachgelernet/ und müssen doch in der That erfahren/ daß allein das lebendige Wort des Schöpffers in Ewigkeit bleibe? O daß doch ein jeder unsterblicher Geist einmal recht klug würde/ die Nichtigkeit aller dinge/ und die immerwährende Liebe seines Schöpffers zu erkennen!

Hoffentlich soll der Leser hier keinen Anlaß zu eitelen Einfällen finden/ weniger unnütze und faule Worte/ die sonst fast das Wesen der gemeinen Poesie außmachen. Ich halte alles Dichten und Singen vor unnütze/ das nicht auß dem Geist Gottes fleusset. Und wer sich hiebey auff eigne Kunst und Hurtigkeit seines Kopffs verlässet/ der verfällt gemeiniglich im Meditiren auff ungereimte/ ärgerliche und unverantwortliche Sachen. Und hierinn bedörffte auch unsere Teutsche Poesie wol einmal eine [262] merckliche Verbesserung/ wollen wir uns anders auch vor denen Ausländern nicht ferner prostituiren. Dann welches redliche Gemüth kan doch wol die schändlichen und unflätigen Gedichte billigen/ die doch mitten unter denen/die sich rechtgläubig nennen/ ungescheuet geheget werden? Zu geschweigen/ daß man im Gegentheil leichtlich nichts leiden kan/ was sich von Gott nennet/oder von seinem höhern Ursprung zeuget. Ungeacht auch so gar die Heydnischen dichter von sich gesagt haben/ daß Gott in ihnen wäre/ und daß er sie triebe/wann sie feurig und geschickt wären/ Verse zu machen? Was solte dann nun ein wahrer Christ nicht von diesem ewigen Licht erwarten und geniessen/ welches er kennet/ und mit dem er genau vereiniget ist?

Vielmehr ist gewiß/ und dem offenbaren Willen Gottes gemäß/ daß ein Gemüthe desto besser von Gott und dessen Lieblichkeit zu singen und zu sagen wisse/ je genauer es mit ihm in Gebett und Gehorsam des Glaubens umbgehet. Es redet/ was es weiß/ und zeuget/ was es gesehen hat/ gesetzt/ daß die wenigsten das Zeugnis annehmen? Müssen wir/ wie jedermann zugibt/ Gott vor dem Ursprung aller Wissenschafften und Gaben erkennen und verehren: so wird ja vielmehr das von ihm kommen/ was ihn besinget und beschreibet. Und warum solte auch der Schöpffer nicht so mächtig und frey seyn/ eine Creatur nach seinem Wolgefallen zustimmen/ die ja ohne ihm keinen Finger regen darff! Wird ihm nun diese über diß getreu/und lässet die alte Unart außschaffen/ so füllet er sie mit sich selbsten/ d.i. mit allem ersinnlichen Gute/und sonderlich mit seiner empfindlichen Süssigkeit. Warum solte so dann der Mund nicht übergehen/ da das Hertz biß oben an voll ist? Oder wie kan ein Gefäß vor sich behalten/ wann ein Freund Gottes hier und da daran rüttelt und die Gabe durch sein Verlangen und Gebett erwecket?

[263] 2.
I. Aus Matth. V.v.z.
Bildet ab einen Menschen/ der allen Reichthum und Vorrath von sich geworffen/ bloß vor Gott daliegt/ aber durch einen Engel überkleidet wird.

Ich bin ein armes Kind/ aus dieser Welt gerissen/
Und von mir selbst entblöst/ von allen abgethan/
Ich hab und liebe nichts/ ich kan und will nichts wissen/
Bekenne/ daß ich mir im Grund nichts helffen kan.
So arm und bloß bin ich. Wo aber soll ich finden/
Was mich in Armuth reich/ im Elend herrlich macht.
Ich wehle was ich will/ so muß mirs bald verschwinden/
Die gantze Creatur hat mir nichts zugebracht.
Die Welt die gibt mir nichts/ sie hat mich abgetrennet/
Die Frommen sind selbst arm/ sie haben nichts vor sich/
Ein jeder bettelt selbst/ was er sein eigen nennet.
So gar stehts ausser Gott umb uns sehr jämmerlich/
Hier steh ich/ Herr/ vor dir; Entblöß und füll zugleich/
Mein außgeleertes Hertz mit deinem Himmel-Reich.

12.
Das Seufftzen des Gefangenen.
Die Seele liegt mit Ketten gebunden an die Welt/und sich selbst/ wird auch von hinten zu durch den Satan noch gehalten.

Wie lieg ich/ Arme/ noch gebunden/
Wie druckt mich meiner Fessel Last.
Ich meint'/ ich hätte Freyheit funden/
Als mich die Lieb der Welt gefast.
Da wollt ich ungebunden gehn/
Und meinen freyen Willen haben:
Drauff must ich zu gebotte stehn
Den Feinden/ die mich nicht loß gaben.
Nun sah ich/ daß ich noch nicht bin
Auß ihrer Macht und Stricken gangen:
[264]
Ach Herr/ nimm diese Fessel hin:
Mach loß/ was noch von mir gefangen.
Die Welt-Lieb ist noch sehr subtil
In mir nach der Natur verborgen/
Und was ich noch vom Fleische fühl/
Das macht dem Geist viel tausend Sorgen.
O schaue mein Gefängniß an/
Ich lasse nimmer ab zu schreyen.
Doch deine Langmuth ists/ die kan
Mich nach Verzug geschwind erfreuen.
Mach nur eins nach dem andern los/
So komm ich frey in deinen Schoos.

13.
Ein Christ/ ein Wunder. Viel Christen/ viel Wunder.

Ich lebe noch in dieser Welt/
Ich bin doch schon zum Himmel auffgehoben.
Ich trag ein Joch/ das mir gefällt:
Ich bin ein Engel/ und kan GOTT doch loben.
Ich heiß ein mangelhafftes Kind/
Und bin doch werth/ denselben zu umfangen/
An dem man nichts als heiligs find:
Ich hab ihn schon/ und muß ihn doch verlangen.
Sein Creutz wird leicht/ und doch auch schwer/
Nachdem ich so genau mit ihm vereinet:
Mein Hertz ist voll/ und dennoch leer:
Voll Liebe/ leer von dem/ was ich beweinet:
Ich bin ein Wunder-Mensch vor anderer Menschen Augen/
Und weiß nicht/ ob ich noch werd unter Menschen taugen.
Des Creutzes Krafft hat mich zum Thoren längst gemacht;
Mich wundert/ daß man mich nicht ins Gesicht verlacht.

17.
Uber ein brennend Hertz.
Luc. 24.
Brennet nicht dein Hertz in dir/ er mit dir redet.

Wenn nur mein Hertze brennend ist/
Da ich das Wort des Lebens fasse/
[265]
So weiß ich/ daß dus selber bist/
Des Vatters Wort/ das ich nicht lasse.
Die Flamme deiner Liebe macht/
Daß ich mich immer höher schwinge:
Und wenn ich deine Treu betracht/
Ein Liebes-Feur zum Opffer bringe.
Die Flamm ist ja von dir entzündt/
Drum eilt sie zu dem Ursprung wieder/
Und wenn sie unterwegs dich findt/
So kehrt sie nie zur Erden nieder.
O laß mich stille stehn und hören/
Wenn du willt in mein Hertz einkehren.
Du ziehst allein bey denen ein/
Die dir im Grund gelassen seyn.
Wie gerne wär ich doch in dieser Flamme rein!

31.
Vorstellung und Verlangen des Göttlichen Willens.

Du unumschränckter Geist/ du freyes Wesen/
Darnach sich alle Welt bequemen muß.
Ich hab von deinem Rath genug gelesen/
Und bin in Demuth an der Weißheit Schluß.
Ach daß ich ihm möcht gantz gleichförmig werden/
Wie solt ich nicht dir selbst so ähnlich seyn!
Der Himmel wär in mir schon auff der Erden/
Mein Wille wäre mehr als Englisch rein.
O Wille/ der du nur mein Wohl verlangest/
Laß diesen Schluß alsbald gehn in die That.
Ich weiß/ wie du mit einer Seelen prangest/
Die sich nur überläst dem treuen Rath.
Laß meinen Vorsatz nicht so flüchtig bleiben/
Bereite/ stärck/ erhalt/ was du gethan:
Du wollst mich lieber in die Enge treiben/
Wenn ich außtreten wollt von deiner Bahn.
Dein Wille sey mein Weg/ die Regel/ und das Ziel/
Kurtz: Alles sey er mir! Ich will ja nicht zu viel.
[266]

33.
Auff den gecreutzigten Jesum/ in dessen Seiten die Seele als geflügelt auffsteiget.

Wie grauet doch dem Fleisch vor seinem Tod/
Es fleucht das Creutz/ erschüttert vor dem Leiden/
Drum sind dem Geist des Glaubens Flügel noth/
Der mich auffhebt und bringt in deine Seiten/
Da steig ich frisch die Jacobs-Leiter an/
Ach geh mir doch von deinem Creutz entgegen/
Ach laß mich fein in deine Wunden legen/
Und bind mich fest/ daß ich nicht weichen kan!
Laß die Natur entkräfftet sincken hin/
Und Lust und Nutz und Ehre seyn erstorben/
Biß ich der Welt ein rechtes Scheusal bin/
Und an dem Creutz in Adam gantz verdorben.
Erheb dafür den neuen Sinn empor/
Und mach ihn leicht zu dir hinauff zu fliegen/
Leg immer ihm die leichten Lasten vor/
Darunter er sich schmiegen soll und biegen.
O laß mich stets zu dir gestrecket seyn/
Und doch noch mehr ins Tieffe gehen ein:
Hoch an dem Creutz/ tieff in mein Nichts gesencket/
Biß du mir gantz und ich dir werd geschencket.

39.
Gedancken über etliche Sinn-Bilder/Aus dem Hohen Lied Salomonis:
1. Uber die Honigsammlenden Bienen und ein weidendes Lamm auß Cap. 1. v. 1. Er küsse mich mit den Küssen seines Mundes!

Der Hunger kan das Lamm so sehr ans Gras verbinden/
Der Bienen Honig-Mund weicht von den Blumen nicht/
Und iede Creatur kan das Geliebte finden/
Da wo dem Hunger und Verlangen gnug geschicht.
So saugt auch meine Lieb/ O Saransblum/ das Leben
Auß dir/ dein Kuß soll mir die volle Nahrung geben.
[267]

44.
Die Seele erquicket sich an Jesu v. 16. und Cap. 6/2. Siehe du bist schöne/ mein Lieber/ und holdselig.

So spielen die lieblichen Buhlen zusammen/
Und mehren im Spielen die himmlischen Flammen/
Das eine vermehret des anderen Lust/
Und beyden ist nichts als die Liebe bewust.
Sie kämpffen im Lieben/ sie geben sich eigen/
Die Vielheit muß endlich dem Einen hin weichen.
Er singet; sie spielet; er küsset/ sie hertzet/
Er lehret/ sie höret; er lachet/ sie schertzet.
Er saget: wie bist du mir ewig erkohren!
Er ruffet: du bist mir zur Freude gebohren!
Die beyde verdoppeln das Echo in Ein/
Und schreyen: mein Freund ist vollkommentlich mein! Echo: Ich mein!
So recht/ so vermehrt sich der göttliche Schein!

60.
Auff das Bild Mariä Magdalenä/ welche im Uberdruß ihr selbst allen Schmuck abreist und wegwirfft.

Wie hertzlich müde bin ich doch
Von meinem eignen Thun und Willen!
Bey Jesu sanfftem Friedens-Joch
Kan mir das Liebste nicht mein Hertze stillen.
Mein matter Sinn
Steht nur nach dir/ und deiner Ruhe hin.
Was soll mir doch noch eine Creatur/
Wann Christus mir selbst wird Krafft/ Wesen und Natur?
Ein ander mag sich mit was anders noch behängen/
Mein Sehnen wird sich stets zu Jesus Hertze drängen.
Da liegt man ja so sanfft/ man ist von allem Frey:
Ich seh es schon zuvor/ daß ich vollendet sey.

74.
Auff eine gekrönte Braut.

Sophia meine Braut/ Gespielin keuscher Sinnen/
Du wunder-Bild von Gott/ du Abdruck seiner Treu/
[268]
Was reitzt mich dich so sehr im Geist lieb zu gewinnen/
Als deine Reinigkeit/ die mir noch immer neu/
Und so empfindlich ist in dir und deinen Gliedern.
O Lamm/ du zartes Lamm/ das mir im Schose liegt
Wie werd ich deine Huld mit gleicher Treu erwiedern?
Ich geb dir wieder hin/ was ich von dir hab krigt:
Du schenckst mir nichts als Lieb/ ich will sie wieder geben;
Du krönest mich mit Lust/ die rein und himmlisch ist/
Und nennst mich deine Braut/ ich will ohn dich nicht leben/
Weil du mir mehr als Braut/ ja selbst mein Leben bist.
Dein Glantz und Himmel-Schein/ Sophia/ blick mich an/
Ach setz mich auf dein Hertz/ als wie ein Siegel hin:
Und weil ich ohne dich nicht selig werden kan/
So schaffe/ daß ich nur nicht mehr mein eigen bin.

87.
Spatziergang mit Jesu.

Es ist ja wahr/ im Feld siehts lieblich aus/
Wo alles sich mit Blumen kan bezieren:
Ich aber geh auch hier in meinem Hauß
In aller Still mit meinem Lamm spatziren.
Da scheint die Sonn/ da singt die Nachtigal/
Da grünts und blühts/ da rauschen frische Quellen.
Ich seh da nichts als Jesum überall/
Sein Engel-Chor erfüllet alle Stellen.
Er ist die Sonn/ die Liebe/ der Gesang/
Dabey die Hoffnung grünt/ und reine Wasser springen.
Ist das nicht gnung bey meinem schönen Gang?
Er soll mich ja zum Paradiese bringen.

91.
Der Liebes-Trieb.

Ach ziehe mich/ ach ziehe mich hinein/
O Abgrund sonder Maß/ o Brunnquell aller Huld!
Geliebter Schmertz/ versüßte Pein!
Du Zucker-Guß/ du Necktar-Fluß!
Womit hab ich den Himmels-Kuß
Und tiefsten Eindruck deiner Lieb verschuld?
Ich weiß nicht wer ich bin.
[269]
Ich bin in meinem Sinn
Ein faules Aas/ ein todter Hund/
Den Sünden-Fäulniß machet wund/
Und dennoch liebt dein Liebes-Bund
Mit Hertz und Mund den todten Hund!
Du soltest nicht einmahl berühren mich/ ja ewiglich/
Sollt mich dein Fuß von dir weg stossen.
Und siehe du kanst liebekosen
Mich armen Wurm so süßiglich!
Wolan so fahre fort/ erfüll dein treues Wort.
Der Abgrund der Barmhertzigkeit
Hegt manches Hertz/ das du erfreut.
Darein will ich versuncken seyn/
Ach! ziehe! ziehe! mich hinein!

92.
Liebes-Geschichte.

Als meine Kindheit noch konnt wenig Jahre zehlen/
Und noch aus Sicherheit nicht dacht ans düstre Grab/
Da wolt Sophia mich zu ihren Liebsten wehlen/
Ich solte nur der Welt auff ewig sagen ab.
Die Fordrung schien zu groß. Zwar must die Braut gefallen
Dem sonst fast ecklen Sinn. Sie war von schöner Art/
Von holder Liebligkeit/ von Reichthum und von allen/
Was durch den Eigensinn an ihr verlanget ward.
Sie both mir sehnlich an ein unvergänglich Wesen/
Ich solt auff ihrem Schooß unendlich seyn vergnügt.
Die Klugheit kont ich ihr schon aus den Augen lesen/
Bevor ich selber wust/ worinn die Klugheit liegt.
Kein Zancken/ kein Geschrey/ kein ungeschickte Reden/
Kein Hochmuth/ noch was sonst der Lieb verdrießlich ist/
Und einen freyen Muth kan unter Füße treten/
War zu besorgen hier. So offt sie mich geküst/
Könt ich die Himmels-Krafft in höchster Lust empfinden.
Nur wolt mein Unverstand mir noch entgegen stehn/
Der meint/ ich solt mich nicht an diese Braut so binden/
Und nur bißweilen noch zu ihrer Wohnung gehn.
[270]
Man könte doch nicht stets nach ihrem Willen leben/
Ihr Leben sey zu eng in Schrancken eingespannt.
Halb könt ich mich der Welt/ halb ihrer Lieb ergeben/
Damit ich dennoch blieb mit ihrem Thun bekannt.
So könt ich bleiben frey. Was war mir da zu machen?
Ein gantz verborgner Trieb zog mein Verlangen hin
Zu ihrer Trefflichkeit. Die Welt mit ihren Sachen
Stund mir zwar nie recht an. Doch brachte mich der Sinn/
Die Mittelbahn zu gehn/ und Wollust zwar zu meiden/
Der schnöden Geld-Begier nicht zu ergeben sich:
Doch nicht die Sklaverey des eitlen Ruhms zu meiden/
Durch falsch berühmte Kunst empor zu schwingen mich.
Sophiam schmertzte diß: Ihr treu gesinnt Gemüthe.
Ließ doch nicht ändern sich durch meinen falschen Sinn;
Biß daß ich meine Zeit sammt ihrer besten Blüthe
In eitler Wissenschaft vergebens brachte hin.
Da zog sie mich zurück mit starcken Liebes-Seilen
Halt! sprach sie/ kennstu nicht die unverrückte Treu?
Denck nicht/ du könnst noch wol in Eitelkeit verweilen/
Und meiner vollen Gunst geniessen doch darbey.
Ach eil geschwind zurück/ laß diese Hure fahren/
Die Larven/ Schminck/ Betrug zum besten Mahlschatz hat:
Ihr Kram ist Puppen-Werck/ wurmstichig sind die Waaren/
Kein Segen keine Ruh sind bey der Thorheit statt.
Komm/ laß dein armes Hertz in meinem Schose hegen/
Nachdem es lang genug bestürmet und geplagt/
Und hin und her geweht die Winde/ die sich legen/
Wenn du der Buhlerin den Kauff hast auffgesagt.
Furcht/ Hoffnung/ Ehrsucht/ Angst/
Reu/ Schmertzen und Verlangen/
Verdruß/ Müh/ Sorgen/ Quaal war vor dein täglich Brod;
Mich sollstu ohne Noth in süsser Ruh umbfangen/
Zu leben fangen an nach so elenden Todt.
Kaum hört ich das/ so fieng die Seele an zu wallen/
Es griff mir Reu und Freud zugleich das Hertze an/
Ich mußt ihr um den Halß mit heissen Thränen fallen.
Und sagte: was hab ich Unseliger gethan?
Ich bin der Treu nicht werth/ die du auff dich genommen/
O allzu frommes Hertz! Doch laß vergessen seyn
Der Narrheit falschen Sinn. Und darff ich wieder kommen/
[271]
So zieh mich gantz und gar in deine Lieb hinein.
Du sollst mein Leit-Stern seyn/ mein Leben/ mein Ergetzen/
Mein Lieb/ mein Hertz/ mein Schatz/ mein Engel/ Spiel und Ruh:
Ich will zum Siegel dich auff Arm und Hertze setzen/
Du sollst mein Alles seyn/ du liebste Schwester du!
Drauff ward ich außgesöhnt/ sie druckt ihr Liebes-Zeichen
Auff Augen/ Brust und Mund/ und ich umbfaßte sie/
Bath/ daß sie nimmer möcht von meiner Seiten weichen/
Und sie verband sich mein zu bleiben je und je.
Nun leb ich recht mit ihr in ungestörter Stille/
Ihr sanfftes Wesen macht mich ewiglich vergnügt;
Ihr Vorrath ist sehr reich/ sie gibt mir Hüll und Fülle/
Und macht/ daß unsre Eh viel 1000. Kinder kriegt/
Die vor dem Herrn stehn/ und seine Weißheit preisen.
Sophigen weiß es wohl/ wie Gottes Rath sich hält/
Wie sie sich gegen Mann und Vater soll erweisen/
Was jenem nützlich ist/ und diesem wohlgefällt.
In Summa/ nun hab ich ein reiches Weib bekommen/
Ein hold und zartes Bild. Ihr Ehrenstand ist gros/
Der Ruhm von Klugheit kan ihr niemals seyn benommen.
Es ist auffs lieblichste gefallen mir das Los.
Sie ißt und trinckt mit mir/ sie geht mit mir zu Bette/
Steht mit mir wieder auff/ schreibt/ lißt und redt mit mir/
Sie lacht und schertzet offt anmuthig in die Wette;
O selig! Wer also geneußt den Himmel hier!

93.
Die seligste Vermählung.

Ihr Nymphen/ die ihr noch die Liebe nicht empfunden/
Die JESUS reiner Geist in freye Hertzen schickt.
Hört an/ wie seine Treu mit meiner sich verbunden/
Und mich als liebste Braut an seine Brust gedrückt:
Ich hiesse noch ein Kind/ und war kein Kind zu nennen
An Boßheit und Betrug/ die Blindheit hielte mich/
Ich wust nicht/ wer ich war/ und konnt mich selbst nicht kennen/
Es stunde umb mein Heyl und Hoffnung jämmerlich.
Man schaute mich damals im eigen Willen gehen/
Es lag der arme Geist im Irrthum trüber Nacht/
[272]
Must ohne Schmuck/ geschändt/ dürr/ arm und heßlich stehen/
Vom Feinde krumm und lahm/ stumm/ blind und taub gemacht
Und grausam zugericht; doch ließ sich das nicht schrecken
Die Hoheit/ so der Chor der Engel tieff verehrt.
Vor der die Seraphim ihr Angesicht bedecken/
Der ward die Neigung nicht durch meinen Koth verwehrt/
Besondern noch gestärckt; mit 1000. Liebekosen.
Und 1000. noch dazu war seine Gunst vermengt.
Der Mund war Anmuth-reich/ die Wangen voller Rosen/
Die Augen voller Blitz/ und gar als wie versengt
Von der Begierde Brunst. So trat er zu mir Armen/
Und wollte gleich von mir das Ja-Wort nehmen hin.
Wie aber wehrt ich mich! Ich solt darinn erwarmen/
Und seht/ noch kälter ward mein sonst schon kalter Sinn.
Wie schüchtern war das Hertz! wie zitterten die Glieder/
Als er nun allgemach zu säubern mich begunt!
So offt ich ihn vertrieb/ so offte kam er wieder/
Und machte mir die Treu beständig/ klar und kund.
Da zeigten sich mit Macht des Geistes obre Kräffte;
Ich war nicht/ die ich war; die gantz verborgne Gluth
Gieng in dem innern auff; die fleischlichen Geschäffte
Erstorben mählich hin: Ich ward dem Liebsten gut/
Den ich zuvor verwarff. Zwar wolte sich noch regen/
Ich weiß nicht was vor Scham und allzu grosse Scheu/
Biß ich auch diese must zu seinen Füssen legen/
Und im Vertrauen sprach: Wie ich die deine sey,
Und du mein eigen bleibst! So ward ich auserkohren
Zu eines Königs Braut: Es zog mich sein Magnet
Nach seinen Lippen hin. Die Wollust ward gebohren/
Als er mich selbst umbfieng. Wer solche Lieb versteht/
Der kennt auch ihre Pracht/ ihr wunderbahres Wesen/
Ihr Lachen und ihr thun; Wenn zarte Unschuld schertzt/
Und wenn man ihren Trieb kan auß den Augen lesen/
Wenn seine lincke Hand mich deckt/ die Rechte hertzt.
Nunmehr bestrahlt Er mich mit 1000. holden Blicken/
Verknüpfft mich ewig Ihm durch seines Geistes Band.
Jetzt kan ich kennen erst das himmlische Geschicke/
Wenn er drückt Hertz auff Hertz/ und Mund auf Mund und Hand.
Nun ist das meine Pflicht/ Ihm treu und hold zu bleiben/
Und nur getrost in Fried auff seinem Schos zu ruhn/
[273]
Mißtrauen Scham und Furcht auß Geist und Seel zu treiben/
Und in Vertraulichkeit/ was ihm beliebt/ zu thun.
So fängt mein Leben dann recht frölich an zu grünen/
Wenn ich Ihm niemals Hand und Hertz und Mund entzieh.
Mir soll sein sanfftes Joch zu einem Polster dienen/
Das mir die Liebe weist. So kan ich lustig hie/
Und dorten selig seyn. So darff ich nichts verlangen/
Mein Liebster flöst mir ein den Zucker süsser Ruh.
Kömmt er zu meinem Schlaff mit sanfftem Schritt gegangen/
So schließ ich auch mit Ihm die frohen Augen zu.
Ich weiß, ich will mit Ihm und in Ihm endlich sterben/
Nicht sterben/ sondern erst recht leben ewiglich.
Es kan ja keine Braut beym Bräutigam verderben.
Ihr Nymphen werdet doch so selig/ als wie ich!

97.
Spatzier-Gedanken.

1.
Ihr Hügel/ die ihr mich noch kennet/
Erinnert euch der grossen Lust/
die jenesmahl mir war bewust/
Als ich das Paradiß euch nennet.
Ihr Auen die ihr kont ergetzen/
Vergönnet mir/ daß ich die Freud/
Die mir der Herr bey euch bereit/
Dem Edens-Platz mag ähnlich schätzen/
Da spielte der Einfalt vollkommene Treue/
Und knüpffte die Bande der Hertzen auffs neue.
2.
Es musten frohe Lieder schallen/
Die Vögel musten Zeugen seyn/
Der schnelle Bach der stimmte ein/
Gott könt der Umbgang wol gefallen.
Die Creatur must uns bedienen/
Es lacht uns alles lieblich an/
Wir traten auff der Liebe Bahn/
Und lobten unsern Gott im grünen/
Man hatte der Städte Getümmel vergessen/
Und ware den Sorgen und Kummer entsessen.
[274] 3.
Ihr Zweige/ laßt die Blätter fallen/
Die ihr damahls so schön geblüht/
Und nun die Kräffte einwärts zieht.
Doch soll bey euch noch wieder schallen/
Nach dem ihr lang betrübt gesehen/
Was der und jener liebes weiß/
Und was er weiß von Gottes Preiß.
Ihr sollt bald wieder grünend stehen/
Wenn euch die erhöhete Sonne anblicket/
Und unsere Sonne die Hertzen erquicket.
4.
Die Hoffnung soll mir nimmer fehlen/
Daß mir ein Frühling wieder grünt/
Und mir mit frischen Rosen dient.
Ich will nicht mehr die Stadt erwehlen/
Und überall gebunden stehen;
Ich weiß noch endlich frey zu seyn/
Und in das freye Feld hinein
Mit dem/ was ich erwehlt zu gehen.
Ich gehe zur Freyheit auff guldenen Stuffen/
Das Echo soll itzo entgegen mir ruffen.

101.
Ein Engel wirfft alle Blumen hinter sich/ und behält die Rose.

Die Creatur ist schön/ noch schöner ist mein Freund/
Er ist die Ros im Thal/ die meine Seele meynt.
So geht mirs manches mal/ bleib ich nicht bey dem Einen/
Das Jesus selber ist/ so hab ich nichts als Pein/
Kan aber seine Lieb in mir alleine scheinen/
So pflegt er/ wie er ist/ auff einmal all's zu seyn.
Kurtz/ Vielheit ist mein Schad/ das Eine meine Ruh/
Die Welt hat eine Sonn/ mein Leib ein Hertz und Seele:
Was hält mich/ daß ich nicht gleich lauff dem Einen zu?
O Jammer! wenn ich mich noch in so vielen quäle.
Ihr welcken Blumen fallt/ ihr Creaturen weicht!
Nur einer ist mein Schatz/ was soll ich lange wehlen?
Ich weiß/ daß meinem Freund doch keine Rose gleicht:
Nun soll mir auch nichts mehr mein Hertz zur Liebe stehlen!
[275]

117.
Das wilde Natur-Feuer.

Der Salamander soll im Feuer können leben:
Ich bin kein solches Thier/ und leb doch in der Gluht;
Zorn und Begierde kan den Geist als Feuer heben.
Ach Wasser/ Wasser her! lescht ab mein heisses Blut!

Auff einen bösen Kirchen-Diener.

Hier liegt ein schwarzes Thier/ das kont Postillen lesen/
Und wieder sagen her/ von Gelde nimmer satt/
Von Stoltz und Wollust voll. Bistu nicht fromm gewesen/
So tröst dich/ daß er dich schon absolviret hat.

126.
Babels Grab-Lied. Herem. 51. v. 9.

Melod. Nur frisch hinein/ es kan so tieff etc.


1.

Der Wächter Rath/ den Gott bestellet hat/ Spricht die Sententz schon über Babels-wunden/ Es sey kein Artzt noch Kraut vor sie gefunden/ So gar verzweiffelt sey der Schad/ den Babel hat.


2.

Ein jeder will/ den Schmertz zwar machen still/ Wie viel Quacksalber wollen Ritter werden An diesem Krebs? Und sehn nicht die Beschwerden/ daß Babel selbst Gott niemals halten still Und folgen will.


3.

Sie inficirt den Artzt/ der sie berührt/ Und läßt an ihm zum Trinckgeld Plagen kleben/ der sie doch will erhalten bey dem Leben/ Und flickt an ihr. So/ daß man deutlich spürt/ Wer sie berührt.


4.

Es zieh ihr an die Larve/ wer noch kan/ Such seine Kunst mit Schwätzen zu beweisen/ die Zorn-Fluth wird den Heuchel-Schmuck abreissen. Das Feuer kommt und zündt die Stoppeln an. So bleibt nichts dran.


5.

Seht ihr noch nicht/ daß ihr gar nichts außricht/ Ihr/die ihr sie so gerne woltet heilen? Wollt ihr in dem Pest-Hause noch [276] verweilen? Seht/ daß euch ja der Patiente nicht den Halß noch bricht.


6.

Man siht den Greul/ der Boßheit starcke Seul. O pfuy wie stinckt die Hure hier auff Erden! Wie soll sie nicht ein Abscheu Engeln werden? Wenn sie entdeckt von so gar langer Weil der Boßheit Greul.


7.

So lasst sie gehn/ und ihrem Richter stehn! O reisset Band und Pflaster ihr vom Leibe/ damit sie bloß und nackend stehen bleibe! Die Schande muß der gantze Himmel sehn. Drum laßt sie gehn!


8.

Des Bechers Grimm schweigt ihre Zauber-Stimm: Der Könge Muth fängt sie schon an zu hassen. Man wird ihr nichts als Schand und Blösse lassen. Es zeigt ihr schon von fern die Engels-Stimm des Bechers Grimm.


9.

Der Tod sitzt ihr schon auff der Zungen schier/ Ihr Aas soll bald in Abgrund seyn begraben/ da mögen sich die Buhler an ihr laben. Die fürchten schon/ es falle ihre Zier/ Und merckens schier.


10.

Drüm stürmt ihr Nest/ Darinn sie stoltz gewest/ Zerschmettert ihre Kinder an den Steinen! Die Schlangenbrut soll ja niemand beweinen. Gebt ihrem Bau/dem Frevel-Sitz/ den Rest/ Und stürmt ihr Nest.


11.

Seht/ welcher Christ erst auff der Mauren ist/ Soll zur Belohnung Schwerdt und Feuer haben/ Bey diesem Sieg ertheilt man solche Gaben. Doch bey Gott kriegt ein solcher Helden-Christ/ Was ewig ist.


12.

Auff/ auff! Es rufft auß jener Sternen-Lufft/ Und bläßt schon Lerm der Wächter auff der Mauren der Sion-Stadt. Es müsse keinen dauren Ehr/ Gut und Blut! Hört wie euch in der Lufft der Wächter rufft.


13.

Laufft an/ und streit in Helden-Tapfferkeit! Soldaten müssen nicht so feige kämpffen; Wer will dann sonst der Hure Herrschafft [277] dämpffen/ Wann auch nicht Hirten-Knaben sind bereit Zur Tapfferkeit?


14.

Zwar mit dem Maul Ist annoch keiner faul; Es weiß ein jeder was davon zu sagen. Wer kan nicht über das Verderben klagen? Doch wenn es weiter geht/ als an das Maul/ So ist man faul.


15.

Drum dämpffet nicht den Geist/ wenn er außbricht In euch und andern/ Babels Grund zu stöhren; Ihr sonderlich/ die ihr wollt viel bekehren/ Seht/ daß nur erst in euch gantz Babel bricht/ Und heuchelt nicht.


16.

Nennt fein das Kind Mit Namen/ wie ihrs findt/ Und schmieret nicht ein Pflaster auf den Schaden/ das euch selbst zum Gerichte möcht gerathen. Geht auß! schreyt an das höllische Gesind/ Wo ihr es findt!


17.

Bey Heuchel-Tand Wird Zion nicht bekandt/ Wenn niemand will den Fuchs ins Fell recht beissen. Wollt ihr der Hur noch Reverentz beweisen/ Die balde soll mit Feur seyn verbrannt? O Heuchel-Stand!


18.

Indeß Geduld! Gott find schon Babels Schuld/ Thriumph! Es ist der Sturm Sion gelungen! Drum sey Gott schon im Vorrath Lob gesungen! Ein richtig Hertz bleibt doch in Gottes Huld/ Darum Geduld!

127.
Buchstabe-Geist.

So soll den Dinten und Papier
Euch Gottes Wort ins Hertze schreiben?
Wie weit geht gleichwol die Begier?
Soll nun der Schall euch nur eintreiben
Die volle Lebens-Krafft/
So Gottes Geist selbst schafft/
Wie lange wollt ihr Kinder seyn/
Und nicht zum Wesen gehen ein?
[278]
Ihr spielt als wie mit Puppen-Zeug/
Schwächt selber eure Stärcke/
Bleibt immer kindisch/ zart und weich;
Meynt ihr/ daß man nicht mercke/
Euch graue vor dem Licht/
Das auß Gott hell anbricht?
Ich rath/ schließt nicht die Augen zu/
Sonst kommt ihr nicht zu voller Ruh.
Wie könnt ihr andre Seelen noch
Mit diesen Dingen plagen?
Den legt ihr auff das harte Joch/
Im Schreiben/ Lesen/ Sagen/
Daß ja an dem Geschrey
Und Schall kein Ende sey.
Ach! wenn doch in der stillen Still
Geschähe willig Gottes Will!

129.
Das anmuthige Endlich.

1.
Endlich soll das frohe Jahr
Der erwünschten Freyheit kommen!
Seht! Der Geist wirds schon gewahr/
Hats im Vorrath angenommen.
Seht! Er triumphiret schon/
Geht einher in Sieges Kräntzen/
Wartend bey der Feinde Hohn.
Auff den neu bekrönten Lentzen.
Freunde/ nicht Feinde/ die sollens erblicken/
Langes Verlangen soll Kinder erquicken.
2.
Endlich wird das Seufftzen still/
Und das Hertze ruhig werden/
Wenn Papa es haben will
Daß die Lieben/ die bewährten/
Auß dem finstern Kercker gehn/
Band und Eysen von sich schmeissen/
Und nicht mehr von ferne stehn/
Sondern Ihn in einem preissen.
[279]
Harte Chaldeer/ ihr müsset uns weichen/
Laodiceer/ ihr sollt wol erbleichen.
3.
Endlich wird man Pflanzen sehen
Gott zu Preiß in seinem Garten/
Wenn man wird bey Paaren gehn/
Und nicht mehr in Hoffnung warten/
Sondern eins dem andern wird
Können seine Führung zeigen/
Jeder wird als nur ein Knecht/
Allen in der Demuth weichen:
Weichen/ sich beugen zur Einigkeit Bande/
Singen und springen in lieblichem Lande.
4.
Weg Vernunfft und Zweiffel-Wind
Eigen Lieb und eigen Ehre!
Wer hier nichts in Einfalt findt/
Wiß/ daß er die Hoffnung stöhre/
Und der Liebe Schmack verdarb/
Die doch unvermischt soll bleiben.
Was in ihr noch scheinet hart/
Kan uns nicht in eins eintreiben.
Stille! Der Wille des Vaters wird zeigen/
Allen Gefallen bey kindlichem Schweigen.
5.
Wenn der Schnee verschmoltzen ist/
Pflegt der Blumen Zier zu blicken:
Wenn du auß dem Winter bist/
Wird der Lentz die Kräntze schicken/
Die noch jetzt verderbet stehn/
Doch nach kalten Schnee und Winden
Soll dein Fuß spatziren gehn/
Tausend Blumen einzuwinden/
Rosen/ Liebkosen der himmlischen Blüthe/
Engelsüß dort genieß seligster Güte.
6.
Endlich wirstu dennoch Braut/
Und dein Bruder Bräutgam heissen.
Wer dich jetzt in Neid anschaut/
Wird dich endlich selig preisen.
[280]
Endlich muß der Himmel auch/
Ein beliebtes Ja-Wort sagen/
Und wer sonst nach Welt Gebrauch
Niemals hier was wollen wagen.
Endlich unendliche Herrlichkeit bringt.
Endlich die endliche Trübsal verschlingt.

134.
Psalm 55. v. 7.

Im Thon: Ich hab funden/ den ich liebe etc.

1.
Wo flieh ich hin/ wo soll ich bleiben?
Wo wird die süsse Stille seyn/
Da ich mich könte schliessen ein/
Und mich nicht lassen mehr umtreiben
Die Unruh dieser äussern Dinge?
Ist keine Einsamkeit bereit/
Darinn ich Gott ein Lob-Lied singe/
Der von Zerstreuung mich befreyt?
2.
Mein Geist will in die Wüsten ziehn/
Und wünscht ihm Dauben-Flügel an/
Weil er vor Angst nicht bleiben kan/
Da wo die Menschen sich bemühen
Von Gott noch weiter weg zu gehen/
Und niemals bey sich selbst zu seyn.
Ich kan den Jammer nicht mehr sehen/
Und bleibe selbst dabey nicht rein.
3.
Drum fort/ O Seel/ entzeuch geschwinde
Dich der Gesellschafft dieser Welt.
Zerreiß/ was dich gefangen hält/
Damit dein Fuß die Ruhe finde/
Wo kein Geräusche dich verstöhret/
Kein Zuspruch/ Sorgen und Verdruß
Den Umgang dir mit Gott verwehret/
Der hier offt unterbleiben muß.
[281] 4.
Ich freu mich schon auff eine Kammer/
Die mich in sich verschliessen wird/
Und durch den engen Raum abführt
Von aller Unruh/ Streit und Jammer/
Die grosse Städt und Schlösser haben/
Hier soll nur meine Ruhstatt seyn/
Da Sicherheit und Fried mich laben/
Und kein Unfriede bricht herein.
5.
Nun will ich erst recht singen/ beten/
Und in die Andacht kommen weit/
Weil ich nicht durch so viel zerstreut
Vor Gott mit stillem Geist darff treten.
Da soll kein Feind mich hindern können/
Ich geh in Canaan schon ein/
Mein Paradis soll man es nennen/
Hier will ich auch begraben seyn.

135.
Gegen-Satz.

1.
Ach! triumphier nicht vor dem Siege/
O Seel/ wo wiltu fliehen hin/
Da dein geblendter Eigen-Sinn
Vor Feinden frey und sicher liege.
Suchstu noch Ruh in äussern Dingen?
Ach! glaube mir/ du findst sie nicht.
Wirstu nicht nach dem innern ringen/
So ists mit dem nicht außgericht.
2.
Laß dein Verlangen weißlich hangen
An jener wahren Einsamkeit/
Die dich erst von dir selbst befreyt/
Wenn du bist auß dir selbst gegangen.
Die Selbst-Lieb muß dich gantz verlassen/
Die Dauben-Flügel müssen dich
In Krafft des Geistes starck erfassen/
Mit Gott verbinden festiglich.
[282] 3.
Drum bleib nur im Gehorsam stehen;
Kein Kriegs-Mann weicht von seiner Post/
Obs auch schon Blut und Leben kost!
Wenn ihn sein Herr dahin heißt gehen.
Der Glaube weiß nicht von eignem Willen/
Er sieht ihm selbst den Weg nicht auß/
Dadurch er Gottes Will erfüllen/
Und auß dem Streit will kommen rauß.
4.
Du bist dir selbst die gröste Plage/
Du trägst noch Babel stäts in dir.
Wiltu noch Ruh geniessen hier/
So laß dir keine süsse Tage
Durch süsse Träume hier vorlegen/
Du machst dich nur mehr mißvergnügt;
Die Liebe Jesu wird dich hegen/
Die alles Wissen überwiegt.
5.
Nun freue dich auff jene Kammer
des Friedens/ da du wohnen wirst/
Wenn dich nicht mehr nach Ruhe dürst/
Und bist befreyt von allem Jammer/
Den hier noch Städt und Wüsten haben/
Und wo du nur wilt fliehen hin.
Die Einsamkeit kan dich nicht laben/
Wenn mit dir zieht dein eigen Sinn.
6.
Du kanst auch mitten im Getümmel
Der Welt den Vatter beten an/
Der dich doch bald erlösen kan/
Wenn dir schon nützte jener Himmel/
Und dich Egypten nicht soll üben/
Daß deiner Treiber schweres Joch
Dich lernte recht den Himmel lieben/
Und dein Verlangen stillte noch.
7.
Da ist ein Canaan zu hoffen/
Kein Paradieß ist mehr allhier.
Es hat noch niemand/ der mit dir
Entfliehen will/ den Zweck getroffen.
[283]
Die Hoffnung mehrt sich mit den Dingen/
Die süß und doch unsichtbar sind/
Es muß uns doch zuletzt gelingen:
Bleib nur in Einfalt Gottes Kind.

139.
Der beste Führer.

Im Thon: Jehova ist mein Licht und Gnaden-Sonne.


1.

So führst du doch recht selig/ Herr/ die Deinen/ ja selig und doch meistens wunderlich! Wie könntest du es böse mit uns meynen/ da deine Treu nicht kan verleugnen sich? Die Wege sind offt krumm und doch gerad/ darauff du läst die Kinder zu dir gehn/ da pflegt es wunderseltzam außzusehn: doch triumphirt zuletzt dein hoher Rath.


2.

Dein Geist hängt nie an menschlichen Gesetzen/ So die Vernunfft und gute Meynung stellt: Den Zweiffels-Knoten kan dein Schwerdt verletzen/ Und lösen auff/ nachdem es dir gefällt. Du reissest wohl die stärcksten Band entzwey/ Was sich entgegen setzt/muß sincken hin. Ein Wort bricht offt den allerhärtsten Sinn/ dann geht dein Fuß auch durch Umwege frey.


3.

Was unsre Klugheit will zusammen fügen/ das theilt dein Witz in Ost und Westen auß: Was mancher unter Joch und Last will biegen/ Setzt deine Hand frey an der Sternen Hauß. Die Welt zerreist und du verknüpffst in Krafft/ Sie bricht/ du baust; sie baut/du reissest ein. Ihr Glantz muß dir ein dunckler Schatten seyn. Dein Geist bey Todten Krafft und Leben schafft.


4.

Will die Vernunfft was fromm und selig preisen/ So hast dus schon auß deinem Buch gethan: Wenn aber niemand will diß Zeugnuß weisen/ das führst du in der Still selbst Himmel an. Den Tisch der Pharisäer lästu stehn/ Und speisest mit den Sündern/ sprichst sie frey: Wer weiß/ was öffters deine Absicht sey? Wer kan der tieffsten Weißheit Abgrund sehn?


[284] 5.

Was alles ist/ hat nichts in deinen Augen/ Was nichts ist/ hast du/ grosser HERR/ recht lieb/ der werthe Pracht und Ruhm mag dir nicht taugen/ du gibst die Krafft und Nachdruck durch den Trieb. Die besten Wercke bringen dir kein Lot/ Sie sind versteckt/ der blinde geht vorbey/ Wer Augen hat/ sieht sie doch nicht so frey; die Sachen sind zu klar/ der Sinn zu grob.


6.

O Herrscher sey von uns gebenedeyet/ der du uns tödtest und lebendig machst. Wann uns dein Geist der Weißheit Schatz verleyhet/ So sehn wir erst/ wie wohl du vor uns wachst. Die Weißheit spielt bey uns/ wir spielen mit. Bey uns zu wohnen ist dir lauter Lust/ die reget sich in deiner Vatter-Brust/ Und gängelt uns mit zarten Kinder-Schritt.


7.

Bald scheinst du uns was harte anzugreiffen/ Bald fährest du mit uns gantz säuberlich. Geschichts/ daß unser Sinn sucht außzuschweiffen/ So weist die Zucht uns wieder hin auff dich. Da gehn wir denn mit blöden Augen hin/ du küssest uns/ wir sagen Bessrung zu/ drauff schenckt dein Geist dem Hertzen wieder Ruh/ und hält im Zaum den außgeschweifften Sinn?


8.

Du kennst/ o Vatter/ wohl das schwache Wesen/ die Ohnmacht und der Sinnen Unverstand. Man kan uns fast an unser Stirn ablesen/ Wie es um schwache Kinder sey bewand/ drum greiffst du zu und hältst und trägest sie/ Brauchst Vatter-Recht und zeigest Mutter-Treu/ Wo niemand meynt/ daß etwas deine sey/ da hegst du selbst dein Schäfgen je und je.


9.

Also gehst du nicht die gemeine Wege/ dein Fuß wird selten öffentlich gesehn/ damit du sehst/ was sich im Hertzen rege/ Wenn du in dunckelheit mit uns wilt gehn. Das Widerspiel legst du vor Augen dar Von dem/ was du in deinem Sinne hast. Wer meynt/ er hab den Vorsatz recht gefast/ der wird am End ein anders offt gewahr.


10.

O Auge/ das nicht Trug noch Heucheln leidet/ Gib mir der Klugheit scharffen Unterscheid/ dadurch Natur von Gnade wird entscheidet/ das eigne Licht von deiner Heiterkeit. Laß doch mein Hertz dich niemahls meistern nicht: Brich gantz entzwey den Willen/ der sich liebt/ Erweck die Lust/ die sich nur dir ergibt/ Und tadelt nie dein heimliches Gericht.


[285] 11.

Will etwa die Vernunfft dir wiedersprechen/ Und schüttelt ihren Kopff zu deinem Weg; So wolst du die Bevestung niederbrechen/ daß ihre Höh sich nur bey Zeiten leg. Kein frembdes Feuer sich in mir anzündt/das ich vor dich in Thorheit bringen möcht/ Und dir wol gar so zu gefallen dächt. Ach selig der dein Licht ergreifft und findt.


12.

So zieh mich dann hinein in deinen Willen/ Und trag und heg und führ dein armes Kind. Dein innres Zeugnuß soll den Zweiffel stillen/ dein Geist die Furcht und Lüste überwind. Du bist mein Alles/ denn dein Sohn ist mein/ dein Geist regt sich gantz kräfftiglich in mir. Ich brenne nun nach dir in Liebs-Begier/ Wie offt erquickt mich deiner Klarheit Schein?


13.

Drum muß die Creatur mir immer dienen/ Kein Engel schämt nun der Gemeinschafft sich: die Geister/ die vor dir vollendet grünen/ Sind meine Brüder und erwarten mich. Wie offt erquicket meinen Geist ein Hertz/ das dich und mich und alle Christen liebt/ Ists möglich/ daß mich etwas noch betrübt? Komm Freuden-Quell/ weich ewig aller Schmertz!

142.
Völliger Abschied.

Melodey: Entreisse dich du liebe Seele etc.


1.

Entfernet euch ihr matten Kräffte/ von allem was noch irrdisch heist. Wirff hin die zeitlichen Geschäffte/Mein gnuggeplagter müder Geist. Nun gute Nacht/ Es ist vollbracht./ Ich fang ein ander Wesen an/ das sich mit nichts vermengen kan.


2.

Ihr Berg und Thäler helfft mir singen/ Besingen meines Jesus Preiß/ der unter so geringen dingen Mich doch so lang zu schützen weiß. Habt gute Nacht/ Ich habs bedacht/ Es ist mit mir recht hohe Zeit/ Zu fliehen die Vergänglichkeit.


3.

Ihr seyd ja wol ihr grünen Auen Im Sommer lieblich anzusehn; doch wird man auch an euch bald schauen/Wie alle [286] Schönheit muß vergehn. Drum gute Nacht/Nim diß in acht/ Mein Hertz/ du liebest von Natur Nur allzugern die Creatur.

4.

Hast du bißher noch was geliebet/ das dir hat Zeit und Krafft verzehrt; So sey dann auch nicht mehr betrübet/Wann dir wird der Genuß gewehrt. Gib gute Nacht/der Bräutgam wacht/ Und will/ daß seine Braut ihm bleib Ein wohlgeschmückt Jungfräulich Weib.


5.

Nur weg du schnöde Eigen-Liebe/ du must mein Hertze lassen leer/ Zu folgen dessen Liebes-Triebe/ dem nur gebührt allein die Ehr. Nun gute Nacht/ Was sich selbst acht; Ich geh nun von mir selber auß/ Zu ziehn in meines Liebsten Hauß.


6.

Ach reiß mich loß von allen Banden/ Von dem subtilsten Netze frey/ Mach aller Feinde Rath zu schanden/daß ich dein freyes Schäfgen sey! Hab gute Nacht/ Du List und Macht/ die mich so offt betrogen hat/ Euch fehlt an mir nun Rath und That.


7.

Wie süß ist doch ein freyer Wandel/ In voller Abgezogenheit/ Wann dieser Welt ihr toller Handel Uns keine Sorg noch Furcht bereit. Ja gute Nacht/ Du Lust und Pracht; Ich bin bereits in meinem Sinn Verlobte Braut und Königin.


8.

Verbirg mich nur in deinem Frieden/ Und drück mich tieff in deinen Schoß; Mach mich von allem abgeschieden/ Und von den Creaturen bloß; Nun gute Nacht! Die Liebe macht/ daß ich mich selbst vergessen kan/ Und sehne mich nur Himmel an!

144.
Der unbekante Gott.

Melodey: Nur frisch hinein/ es kan so tieff etc.


1.

Verborgenheit/ Wie ist dein Meer so breit Und wundertieff! Ich kan es nicht ergründen. Man weiß kein Maaß noch Ziel noch End zu finden/ So lang man ist in der Vergänglichkeit/ Verborgenheit.


[287] 2.

Die Herrlichkeit/ die du hast allbereit/ den Kindern deiner Lieb hie beygeleget/ Ist sonderlich. Wer diß Geheimnuß heget/ der träget auch zu der elendsten Zeit die Herrlichkeit.


3.

Du selber bist der Brunn/ der ihnen ist In ihrem Geist zum stäten Heyl entsprungen; durch dich ist uns so manches Werck gelungen. Und was nicht leidt ein Maul- und Heuchel-Christ/ du selber bist.


4.

Des Glaubens Krafft Viel Wunder in uns schafft/davon der Heuchler nichts weiß zu errathen/ der blöde Sinn stöst sich an Helden-Thaten/ In dem er nur nach Wort und Schatten gafft/ Und nicht nach Krafft.


5.

Der Liebe Band Ist vielen unbekand/ Wie segnet sich der Geitzige im Hertzen/ Wann er mit Geld die Christen nur sieht schertzen/ das macht/ er kennt nicht Gottes Wunder-Hand in diesem Band.


6.

Wie schnaubt und schilt Laodiceens-Bild/ Wo sich das Feur von Philadelphie findet/ Wo Laulichkeit und Eigenheit verschwindet/ da man das Maas des falschen Urtheils füllt und schmäht und schilt.


7.

Ein Sinnen-Thier Muß wol verstummen hier/ Und Hörn und Sehn und allen Witz verlieren. Vernunfft kan nicht das Schiff allhier regieren. Den Außspruch thut davon zur Ungebühr das Sinnen-Thier.


8.

Darum versteckt der HERR was er erweckt/ Die Kinder gehn nur immer im Verborgen/ Die doch vor kein Gerichte dörffen sorgen/ Biß endlich GOTT die Herrlichkeit entdeckt/ die war verdeckt.

9.

So wandelt Er Im Heiligthum einher Mit leisem Schritt/ Der kan ihn nicht vernehmen/ Wer sich zur Einfalt nicht gern will bequemen. Wie Er sonst nichts zu thun pflegt ungefehr/ So wandelt er.


10.

Was Seligkeit Ist denen nicht bereit/ Durch welche Gott sucht Ehr in ihrer Schande! Gehorsam reist auch durch die stärcksten [288] Bande/ Drum ist ein Grad der höchsten Seligkeit Verborgenheit.

149.
Das Seufftzen der Gefangenen.

Nach der Melodey: Jesu meines Hertzens Freude/meine Sonne/ etc.


1.

O Durchbrecher aller Bande/ Der du immer bey uns bist/ Bey dem Schaden/ Spott und Schande Lauter Lust und Himmel ist: Übe ferner dein Gerichte Wider unsers Adams Sinn/ Biß uns dein so treu Gesichte führet aus dem Kercker hin.


2.

Ists doch deines Vatters Wille/ Daß du endest dieses Werck; Hierzu wohnt in dir die Fülle Aller Weißheit/Lieb und Stärck/ Daß du nichts von dem verliehrest/Was Er dir geschencket hat/ Und es von dem Treiben führest Zu der süssen Ruhe-Stadt.


3.

Ach! so must du uns vollenden/ Willst und kanst ja anderst nicht: Dann wir sind in deinen Händen/ Dein Hertz ist auff uns gericht: Ob wir wohl von allen Leuten/ Als gefangen sind geacht/ Weil des Creutzes Niedrigkeiten Uns veracht und schnöd gemacht.


4.

Schau doch aber unsre Ketten/ Da wir mit der Creatur Seufftzen/ ringen/ schreyen/ betten Umb Erlösung von Natur/ Von dem Dienst der Eitelkeiten/ Der uns noch so harte drückt/ Ungeacht der Geist in Zeiten Sich auff etwas bessers schickt.


5.

Ach! erheb die matte Kräfften/ Sich einmahl zu reissen loß/ Und durch alle Welt-Geschäfften durchgebrochen stehen bloß. Weg mit Menschen-Furcht und Zagen/ Weich Vernunffts-Bedencklichkeit! Fort mit Scheu vor Schmach und Plagen/ Weg des Fleisches Zärtlichkeit!


6.

Herr/ zermalme/ brich und reisse die verboßte Macht entzwey/ dencke/ daß ein armer Waise dir im Tod nichts nütze sey. Heb ihn aus dem Staub der Sünden/Wirff die Schlangen-Brut hinauß/ Laß uns wahre Freyheit finden In des Vatters Hochzeit-Hauß.


[289] 7.

Wir verlangen keine Ruhe Vor das Fleisch in Ewigkeit. Wie du's nöthig findst/ so thue noch vor unser Abschieds-Zeit: Aber unser Geist der bindet dich im Glauben/ Läst dich nicht/ Biß er die Erlösung findet/da ihm Zeit und Krafft gebricht.


8.

Herrscher herrsche/ Sieger siege/ König brauch dein Regiment/ Führe deines Reiches Kriege/ Mach der Sclaverey ein End! Laß doch auß der Grub die Seelen durch des neuen Bundes Blut: Laß uns länger nicht so quälen/ denn du meynsts mit uns ja gut.


9.

Haben wir uns selbst gefangen In Lust und Gefälligkeit/ Ach! so laß uns nicht stäts hangen In dem Tod der Eitelkeit! Dann die Last treibt uns zu ruffen/ Alle schreyen wir dich an/ Zeig doch nur die ersten Stuffen/ der gebrochnen Freyheits-Bahn.


10.

Ach! wie theur sind wir erworben/ Nicht der Menschen Knecht zu seyn: Drum/ so wahr du bist gestorben/ Must du uns auch machen rein/ Rein und frey und gantz vollkommen/ Nach dem besten Bild gebildt. Der hat Gnad umb Gnad genommen/ Wer auß deiner Hüll sich füllt.


11.

Liebe zeuch uns in dein Sterben/ Laß uns mit gecreutzigt seyn/ Was dein Reich nicht kan ererben/ Führ ins Paradiß uns ein! Doch wohlan! Du wirst nicht säumen/ Wo wir nur nicht lässig seyn/ Werden wir doch als wie träumen/ Wann die Freyheit bricht herein.

[290] Aus: Göttliche Liebesfunken,
Anderer Teil

1701.

Liebes-Lockung an den Herrn Jesum

Nach dem Weltlichen Lied: Hör meine Schöne.

1.
Komm/ komm/ mein Schöner/
Du Nazarener/
Mit deinen Blicken/
Die mich erquicken!
Wo hat sich deine Liebe hingesteckt/
Daß deine Blitze
Mit ihrer Hitze
Nicht mehr bestrahlen
Mich und bemahlen?
Hat irgend deine Lieb sich gantz verdeckt?
2.
Laß dich doch finden/
Und überwinden/
Du Lebens-Fürste/
Die weil ich dürste
Nach deinem süssen Krafft- und Liebes-Blut
Hör wie ich ächze
Und nach dir lechze/
Mir ist so bange/
Wenn du bleibst lange/
Denn dein' Abwesenheit ist mir nicht gut.
[291] 3.
Ach laß dich sehen/
Und bald geschehen/
Daß mein Gewissen
Dich stets mag küssen/
Und truncken ward von deiner Liebe-Wain/
Daß ich nicht mercke
Mehr todte Wercke/
Und nichts mehr bleibe
Vom Sünden-Leibe/
Dem Blut mach mich von allen Flecken rein.
4.
So komm mein Hertze/
Du Liebes-Kertze/
Laß noch auff Erden
Mich dir gleich werden:
Erwärme mich mit deinem theuren Blut.
Nimm meine Schwärtze
Und todes Hertze
Und bleib der Meine/
Ich bin der Deine/
So machstu/ meine Lieb in mir das Böse gut.
5.
Ich will mich setzen
Und stets ergetzen
Zu deinen Füssen/
Laß doch geniessen
Dein süsses Manna deiner armen Magd.
Laß mich nichts hören/
Als deine Lehren/
Und nichts Verlangen/
Als zu umfangen
Dich meinen Bräut'gam/ wie du mir hast zugesagt.
6.
O Allerschönster/
Laß deine Fenster
Doch immer offen/
Daß ich kan hoffen/
In Lieb und Leyde stets bey dir zu seyn.
Laß meinen Glauben
Durch Liebes-Trauben
[292]
Vollkommen werden
Noch hier auff Erden/
So bleib ich ewig dein/ und du bleibst mein.
7.
Mein Liebster/ sage
Auff meine Klage
Mir Antwort wieder/
Und setz dich nieder
In meine gantz in dich verliebte Seel.
Wie kanstus sparen
Zu offenbahren
Mir gantz dein Hertze?
Daß meine Kertze
Nicht dunckel brenn/ gib meiner Lampe Oel.
8.
Wie eine Klette
Und eine Kette
Laß mich anhangen
Stets deinen Wangen.
Immanuel/ ich laß dich nimmermehr!
Du must mich segnen/
Und auff mich regnen
Viel Liebes-Tropffen/
Und tieff einpfroffen
Mich in dein Hertz zu deinen Preiß und Ehr.

Die ewige Ehe.

Wie angenehm ist doch
Ein freudiges Andencken/
Wenn sich die unverrückte Lieb
Mit ihrem zärtlich sanfften reinen Trieb
Auff lauter Ewigkeit kan lencken/
Daß sie nicht unterworffen bleibt der Zeiten Joch.
Gemeiner Ehe Band
Kan nicht viel Jahre stehen.
Sie ist auff sterblich Fleisch gegründt/
Das wol ein Paar auff kurtze Zeit verbindt/
[293]
Doch mit dem Tode muß zergehen.
Geschweige/ was sich sonst vor Trennung offen fandt.
Alein des Geistes Ehe
Ist glücklich zu benennen.
Sie geht weit über allen Tod/
Wird immer fester in so mancher Noth/
Kan ewig keine Scheidung kennen.
Sie weiß/ daß auch im Tod ihr erst recht wol geschehe.
Wie solt ich nun mein Glück
Nicht schätzen und erheben/
Da meinem sonst entzognen Sinn
Ein süsses Band zieht immer nach sich hin/
In Göttlich reiner Eh zu leben.
Diß macht mich gantz von andrer Lieb und Ehe ruhn.

Das Geheimniß Christi und der Gemeine.
Eph. V.

Nach dem Lied: Ich bin verwundt.

1.
Brennt immer hin
Ihr angezündte Flammen/
Behalt't die Krafft beysammen/
Und hebt den schweren Sinn
Mit euren Liebes-Flügeln
Nach jenen Weyrauchs Hügeln/
Da mein verliebter Sinn
Brennt immer hin.
2.
Ich weiß es schon
Wo ich den Schönsten funden/
Der meinen Geist verbunden;
Er ist der Liebe Lohn/
Der sich mir selbst muß geben/
Soll anders ich noch leben/
Wo seine Schönheit wohn
Das weiß ich schon.
[294]
3.
Ich hab Ihn nun!
Und such ihn doch noch immer
In meines Hertzens Zimmer
Wo Er so gern wil ruhn.
Das hitzige Verlangen
Der Lieb hat mich gefangen
Mir stetig wol zuthun/
Ich hab Ihn nun.
4.
Was gibt Er mir?
Er hat sein gantzes Leben
In mich zu eigen geben/
Ich lebe nun nicht hier/
Ich soll mich selbst nicht regen/
Er will seyn meyn bewegen/
So gibt Er für und für
Sich selber mir.
5.
Ein brennend Hertz
Hat Er in mich verstecket
Das mich zur Lieb erwecket
Und hitzt wie eine Kertz.
Ich fühl die Feuer Kohlen/
Wie Er mir hat befohlen/
So lodert stets auffwerts
Mein brennend Hertz.
6.
Sein Liebes-Schos
Ist meine Ruhe-Stätte/
Mein keusches Ehebette/
Mein zugetheiltes Loß;
Ich darff mich zu ihm legen
Wie Keusch-Verliebte pflegen/
Da wird das Feuer groß
Im Liebes-Schos.
7.
Kein Auge sieht
Kein Hertz hat über kommen
Kein Ohr hat je vernommen
Wenn unser Bette blüht:
[295]
Was Gott hat dem bereitet/
Der sich von ihm nicht scheidet/
Und Liebe in sich zieht
Die man nicht sieht.
8.
Man kan auch nicht
Von dem Geheimniß schreiben/
Es muß verschwiegen bleiben/
Was Lieb in uns verricht/
Es ist recht groß zu nennen/
Wenn Jesus will erkennen
Die Braut in seinem Licht/
Man kennt es nicht.
9.
Verstummen muß
Vernunfft und alle Sinnen/
Deß Bräutigams Beginnen
Ist gleich den schnellen Fluß/
Sein gar zu treuer Wille
Macht eignes Wollen stille/
Weil alles bey dem Kuß
Verstummen muß.
10.
Ein süsses Wohl
Durchdringt mit Gottes Kräfften/
Und bey den Liebs-Geschäfften
Darauß ich Labsahl hol/
Man weiß sich nicht zu lassen/
Und macht frembd Feuer hassen
Die reine Liebes-Kohl
Vom süssen Wohl.
11.
Die reiche Frucht
Der Liebe wird schon kommen!
Wenn man nur angenommen
Die Erstlinge der Zucht/
Die sie an uns gewendet/
Wenn erst die Lieb vollendet/
So wird mit Lust gesucht
Die Liebe-Frucht.
[296] 12.
Du Schönster du
Laß deine milden Küsse/
Als so viel Zucker-Flüsse/
Mir allzeit rinnen zu.
Ich kan ohn dich nicht bleiben/
Mich soll von dir nichts treiben/
Du bist mein Trost und Ruh
Du Schönster Du.

Ein Geheimniß-volles Triumph-Lied.

In seiner eigenen Melodey.


(Die Verfasserschaft Arnolds ist sehr zweifelhaft, er hat das Lied aber in seine Sammlung aufgenommen)


1.

Jauchzet/ ihr Brüder! im Himmel wirds klar/ Im Himmel wirds klar! Der Anblick des Herrn ist Sonne und Schild/ Ist gülden im Schild; jauchzet/ es kommet das liebliche Jahr/ das liebliche Jahr! Die ewige Hütte will zeigen ihr Bild. Die Häupter empor! Zum oberen Thor/ Auff! Auge und Ohr; die Häupter empor. Hallelujah! A und O herrschet/ Jesus uns hertzet/ Ob es gleich Satan sehr schmertzet.


2.

Jauchzet ihr Himmel! Die Brüder-Liebe sieget/ Philadelphi sieget. Die bittre Myrr-Schmirrens Wird Honig im Mund/ Wird Honig im Mund/ Unter dem Geist sich Pergamus biegt/ Sich Hoheburg biegt/ Vernunfft und Buchstaben tritt Liebe zu Grund/ Tritt Liebe zu Grund. Verborgenes Brodt/ vertreibet den Todt/ Nur eines ist noth/ verborgenes Brodt! Hallelujah! A und O herrschet/ Jesus uns hertzet/ Ob es gleich Satan sehr schmertzet ...


6.

Gegone/ Jesse Blüth/ Amen-Geschlecht/ ja! Wahrheits-Geschlecht/ Gebohrnes Je! gone Kind! je und je Held! Kind/ je und je Held! Je Jo nä Ewigs jo/ ja O/ja Recht/ jo/ jo/ ja ho/ Recht. Geist Hao/ Vermehrer und hauchen der Welt/ Anhauchen der Welt/ Geh künfftiger Welt/ blitzt donnernder Held/ bring Vatter der Welt/ Erkommender Welt/ Hallelujah/ etc.


[297] 8.

Gürt mit dem Liebes-Gold uns um die Brust/ kein Gold um die Brust/ Vollend uns zu dir in das seeligste Eins/ O seeliges Eins/ Flammendes Auge/ tilg alle Welt-Lust/ Tilg alle Welt-Lust/ Durchforsche uns gründlich und laß nichts gemeines/ Und laß nichts gemeines. Schneeweisse Haarwoll/ Entsündigungs-Woll/ Tilge/ lindre den Groll/ Schneeweisse Lamm-Woll/ Hallelujah/ etc.


16.

Was sich da setzet/ Fürst/ Priester/ Zung/ Gut Fürst/Priesterthum Gut/ Bau/ Ruh und Erb bleibet im Feur Rad und Roß-Lauff. Hagar/ alt Adam/ Dam/ Edom. Roth Blut Dan/ Dame Koth/ Blut. Egypten/ Rom/Babel mit Sodom Vollauff/ Mit Sodom Vollauff/ der Erst-Geburth Rausch/ Ehbrecher Geräusch/ deß Hurenweins Rausch/ der Erstgeburth Rausch. Hallelujah/ etc.


17.

Tunckel-Furcht Flammen/ Posaunen-Gericht/ Posaunen-Gericht. Plag/ Knechtschafft/ Angst/ Brodt mit Tod/ schädliche Thier. Hat ihr Mond-Schatten zum Kelch und Gericht/ Zum Kelter-Gericht. Den Sünden-Sold nennt man da Märterer Zier/ Weh Märterer Zier. Wohl Märterer Rach/ nicht Jesu Heyls-Sach/ Ja folgt man der nach/ So wär es nicht Rach. Hallelujah/etc ....

[298] Aus: Ein Neuer Kern recht-geistlicher
lieblicher Lieder.

1704.

118.

Mel: Was mein Gott will das etc.


Als ich das nichts nahm wohl in acht/ Und mich darein ergeben: Ward ich zum rechten ziel gebracht/Wornach ein Christ muß streben: Und wurde lebend in dem tod/ o wunder über d' massen! Ich kriegt das höchste Gut in Gott/ So bald ich mich verlassen.


2.

So bald der creaturen dunst Ich floh und gantz ließ fahren, da wust' mein geist voll liebes-brunst Sich mit dem Eins zu paaren. Ich hab erlangt nach langen streit/ den meine seel begehret/ Und leb in nichts als lauter freud Weil ich so hoch gewehret.


[299] 3.

Auch weil ich blöd und alber bin/ Und alles lasse sincken/ So find ich Gott in meinem sinn/ Der mir sein licht läßt blincken. Selbst finsterniß ist ietzt mein licht/ Weil ich in nichts mich übe; denn nichts eröffnet mein gesicht/ Nichts führt ins land der liebe.


4.

Nichts quählt/ und wär es noch so scharff/ Den/ der im nichts stets wohnet; Weil nichts ist/ das ein mensch bedarff/ dem Gott mit sich selbst lohnet. Laß Gott zu schauen mit reiner brunst/ Die welt nichts in dir werden; Es lescht sonst nichts der seelen-lust/ Als bloß das nichts auff erden.


5.

Es sucht das nichts/ in dieser welt Was etwas/ nicht zu schauen; Nichts hat sich gantz in Gott gestellt/Und will sonst auff nichts bauen; Wohl mir/ daß ich in dieser zunfft Werd glaubig stehend funden/ Weil ich die blinde unvernunfft Hierdurch hab überwunden.


6.

Es kan die lieb mit ihrem gut/ das Gott ist/ also handeln/ das nichts/ durch ihre feuer-glut/ Sich muß in all's verwandeln/ Nichts/ ist so arm/ bloß/ g'ring und klein/ Kan sich mit nichts verbinden/ drumb suchts sein reichthum bloß allein Im lautern nichts zu finden.


7.

Als ich diß dunckle nichts erwehlt/ Zu gehn auf sei nen wegen/ Werd ich von den nicht mehr gequält/ das mir z'vor stund entgegen/ Ich kunt in diesem reichen nicht Nichts creatürlichs lieben/ Weil ich in Gottes glantz und licht All' meine zeit vertrieben.


8.

Gelehrte/ kommt zum nichts heran/ Sonst ist eur thun gewirre; Wer sich nicht find auff diese bahn/ Bleibt ewig in der irre. Ohn nichts ist nichts was je geschicht. Im nichts muß ichts verschwinden/ Im nichts auch wenn ichs recht bericht/ Ist ichts allein zu finden.


9.

Die enge schmale lebens-pfort Von Christo hoch gepriesen/ Vor etwas mich geführet hat/ Und bloß zum nichts gewiesen/ Denn wer sein seel einmahl verliert/Im grund des nichts verdrungen/ Der wird zur allzeit eingeführt Und davon gantz verschlungen.


[300] 10.

Fürwahr aus nichts kommt alles her Was jemahls war verborgen/ Nichts macht das leben ohn beschwer/Nichts hat für nichts zu sorgen/ Es ist der reichst' auff dieser welt/ der ärmste an begehren/ Dann was er mehr als nichts behält Kan ihn von all abkehren.


11.

Das nichts ist arm/ das nichts ist reich Vor allen andern dingen; Es acht als unflat alles gleich/ Das nichts kan nichts bezwingen: Das nichts das redt/ Das nichts ist stumm/ Sein ruffen ist ein schweigen/ Sein gantzes leben um und um Ist/ sich in Gott zu neigen.


12.

Nichts ruhet stets/ nichts läufft und hüpfft/ Sein lauff ist stilles bleiben/ das nichts ist gantz mit nichts verknüpfft/ Nichts kan sein' ruh vertreiben/ Das nichts ists schwerste vom gewicht/ Und ist doch leicht zu tragen. Das blinde nichts hats schärfste g'sicht/ Nichts weiß von nichts zu klagen.


13.

Nichts ist gantz loß und höchst befreyt/ Ist Herr/ und wirds wohl bleiben; Sein herrschafft streckt sich weit und breit/ Kan alle feind vertreiben. Das nichts ist von so edler art/ Es kan kein mund aussprechen/ Wer sich mit nichts nur einmahl paart/ Dem kan nichts mehr gebrechen.


14.

Denn nichts macht ihn durchaus vergnügt/ Wer hat diß ja vernommen? Ein sturm/ wann er das nichts bekriegt/ Muß bald zur ruhe kommen/ Das nichts allein triffts rechte ziel/ Wann etwas nichts kan richten/Nichts mit dem reichsten all/ im spiel/ Kan alle zwietracht schlichten.


15.

Wie wenig sind/ den nichts beliebt? Weil man so viel muß lassen: Denn wer dem nichts nur etwas gibt/ Der muß sich selber hassen. Es find sich nichts das nichts will seyn/ das nichts heist ichts auff erden/ Es ist dem ichts die schwerste pein/ Wenn es zu nicht soll werden.


16.

Allein das nichts/ wie g'ring es ist/ Kan spreu vom weitzen scheiden/ Der böse kan zu keiner frist Solchs in dem Hertzen leiden: Dem ichts ist bey dem nichts nicht wohl/ Weil solchs ihm gantz entgegen/ daß man an ichts nicht kleben soll/ Lernt man auff dessen wegen.


[301] 17.

Nichts führt dahin/ da der verstand Sich selber muß entwehnen/ dafern er suche das reiche pfand Sich nach dem nichts zu sehnen. Nichts kennen macht das all bekandt/ Nichts sehn ist Nichts ab'r gebieret sicherheit/ da ist kein wahl zu spüren/ Leid Gott mit grund vertrauen.


18.

Vertrauen wo kein g'wißheit ist/ Streit't gegen unsre sinnen/ Natur/ vernunfft und kluge list Hält diß für närrsch beginnen/ Nichts ab'r gebieret sicherheit/ da ist kein wahl zu spüren/ Leid ist ihm freud/ und freud wie leid/ Dann nichts kan nichts verlieren.


19.

O selges nichts höchst lobens werth/ du fels/ drauff all's gegründet! Der steig gen Himmel von der erd/Wer dich wahrhafftig findet. Nun komm ich auch mit nichts zum ziel/ Draus jeder leicht kan ziehen daß/ der Gott selber schmecken will/ Sich nichts zu seyn muß mühen.

Nr. 122.

Mel: Zion klagt mit angst und schmertzen.


O du allertiefste liebe/ die in Christo Jesu ist/ In der ich mich stetig übe/ Der mein Hertze nicht vergisst: Schencke mir doch deine kron/ und dein perlein/ o mein lohn/ Drück es doch in meine seele/ die ich dir nun gantz befehle.


2.

O du allersüßste liebe/ Ich bin zwar unrein für dir/daß ich mich drumb stets betrübe/ Und fast schäme selbst für mir: Aber du/ mein Herr und Gott/ Ach! zerbrich durch deinen tod/ Was die arme seel beflecket/ Und sie ins verderben stecket.


3.

Führe meiner seelen dürsten Doch durch deinen tod und grauß/ O du Fürst der sieges-fürsten/ Zu den thriumphiren aus! O mein Gott!/ Herr Zebaoth/ Schlage doch in deinen tod Mich den alten gantz darnieder/daß der neue lebe wieder!


4.

Bist du doch in mir erschienen/ Ey so bleib doch auch in mir/ Ich will dir ja willig dienen/ Und dein bleiben für und für: Fasse mich doch gantz in dich/ Halt mich in dir festiglich/ daß ich nicht von dir kan weichen/Laß mich dieses heyl erreichen.


[302] 5.

Du bist mir gantz auserlesen/ O du meiner seelen gut/Jesu/ ach dein himmlisch Wesen Sey mein brod/ mein tranck dein blut/ Tränck aus deinem brünnelein Meine seel und führe ein deine lieb in mein verlangen/ Laß mich seyn in dir gefangen.


6.

Adam ist von dir gewichen/ Und ich auch in ihm zugleich/ drumb ist auch mein bild verblichen/ Und ist tod am himmelreich: Nun so weck es durch dein wort Wieder in mir auf/ mein hort/ Gib du wieder geist und leben/ Ich will mich dir wieder geben.


7.

Es hat ja all deinen frommen Zugesagt dein treuer mund/ daß du wilt zu ihnen kommen/ Wohnen in des hertzens grund/ Ja dein süsser mund verheisst denen deinen guten Geist/ die in deiner heilgen hütten Suchen dich/ und darumb bitten.


8.

Nun ich führ in die zusage Meiner seelen hunger ein/diß wort soll mein lebetage Mein brod in dem hunger seyn: Ach vermehre du in mir Meinen hunger stets nach dir/ Stärcke mich/ o süsse liebe/ In des geistes krafft und triebe.


9.

Weck in dir mich auf zum leben/ Daß ich deine süßigkeit Möge schmecken/ und erheben Meinen geist aus dieser zeit: Bleibe doch durch deine krafft Selbst in mir: ach gib doch safft/ Edler weinstock/ deinen reben/ Ohne dich kan ich nicht leben.


10.

O du allersüßte liebe/ Durch die liebe bitt ich dich/Die des Vaters zorn vertriebe/ Und verschlang zur lieb in sich: Ach! verschling doch auch den zorn/ Der in meiner seel erbohrn/ Durch dieselbe grosse liebe/Daß sie sich in lieben übe.


11.

Führe dich in meinen willen/ Und mich auch in deinen ein./ Laß dein hertz mein hertze stillen/ Laß mein hertz in deinem seyn: Dein gehorsam sey in mir/ Mein gehorsam sey in dir/ daß ich dir noch auf der erden Möge gantz gehorsam werden.

12.

Was soll ich mich hier noch quälen/ Und der welt anhängig seyn? Nimm du den durst meiner seelen doch in deine wunden ein! In die wunden/ da dein blut Ausqvall und des zornes glut In der süssen liebe dämte/ Und den grimm der höllen hemmte.


[303] 13.

Führ in deine hole seiten/ Daraus blut und wasser rann/ Meinen hunger jederzeiten/ Nimm/ o felß/ dein täublein an: Wirff mich gantz und gar darein/ Ich bin dein/ sey du doch mein/ Habe mich in deinem leben/Laß mich fest an dir bekleben.


14.

Edler weinstock/ dem ich diene/ Gib doch deiner reben safft/ daß ich in dir wachs und grüne/ Aus dir ziehe meine krafft: Bring durch deine krafft in mir Eine rechte krafft herfür/ Ach/ laß mich mit früchte bringen Nach des Vaters seegen ringen.


15.

Dich will ich mir auserwählen/ Denn du bist mein süsses licht/ Leuchte meiner armen seelen/ Du weist/daß es ihr gebricht: Weil diß fleisch und blut/ der mist/ Ihr ein finster kercker ist/ Führe sie auff rechter strasse/ daß sie von dem irrthum lasse.


16.

Triff mein hertz mit deinem Hammer/ Führe mich/ o Jesu/ du/ Durch des grimmes todes-kammer Ein in deinen tod und ruh: daß mein leib am jüngsten tag In dir aufferstehen mag Auff dein wort/ aus deinem sterben/ Und dein ewigs leben erben.


17.

Lehre du mich alles halten/ Was du von mir forderst nun; Laß mich dich nur lassen walten/ Sey mein wissen/ will und thun; Ach mein leiter/ laß doch mich Nirgends gehen ohne dich/ denn ich hab mich deinem Nahmen Gantz und gar ergeben/ amen.

[304] Aus: Neue Göttliche Liebes-Funcken und Ausbrechende Liebes-Flammen

[o.O.u.J.]

104.
Durchbruch zum sieg.

Im thon: Preiß, lob, ehr, ruhm in ewigkeit.

1.
Dein erbe Herr, liegt vor dir hier,
Und will im blut des lammes werden
Ein opffer, das geheiligt dir
Erkaufft sey von der last der erden.
Hastu uns nicht von feindes-hand erlöst?
Wie kommts, daß uns nicht diese hülffe tröst?
2.
Wir waren wie verirrte schaaf,
Die tod und höll in sich verschlungen:
Des feindes pfeil die hertzen traff,
Der schlangen gifft hatt uns durchdrungen.
Der drache tobt und herrschte in dem sinn,
Durch Lucifer in stoltz zu reissen hin.
3.
Mit diesen feinden hatte sich
Das thier in uns zum sieg vereinet,
[305]
Die hölle hatt uns dürstiglich
Zu halten immerdar vermeinet;
Da lagen wir, erkanten uns selbst nicht,
Noch die gefahr, verdüstert, ohne licht.
4.
Nun offenbahr dich, Jesu bald
In uns, des Vaters werck zu enden,
Daß du in armer knechts-gestalt
Des feindes kercker mögest wenden.
Bestraff, zertritt, zerknirsch und treib ihn aus,
Befreye gantz von ihm dein tempelhauß.
5.
Ach, Herr des lebens, äussre dich
Mit voller stärcke in den deinen,
Die tag und nacht schreyn ängstiglich
Biß du als retter wirst erscheinen.
Wir halten an, biß daß dein jawort kömmt,
Den gantzen sieg und durchbruch uns bestimmt.
6.
Schau, wie soviel die schlang anläufft
Mit ihren trüglich-glatten worten:
Wie offt sich die bestürmung häufft,
Und manches schon ist mächtig worden.
Laß dein gericht nun über sie fortgehn,
Daß sie sich gantz muß außgestossen sehn.
7.
O! daß wir unser leben nicht
Lieb hätten auch biß in das sterben!
O daß der kampff schon wär verricht
Im blut des lamms von seinen erben!
Du Hertzog führ doch aus den schweren krieg,
Wir glauben, daß in dir nichts ist, als sieg.
8.
Nun müsse heyl, und macht und krafft
Dir, Gott und deinem Christus werden,
[306]
Der den aus deinen himmeln schafft,
So uns und deiner weyde heerden
Verklagt vor dir! Herr! räche deine freund,
Die dir den ruhm zu geben sind gemeint.
9.
Halt uns in enge; biß uns mag
Die Tauff im Geist und feur durchziehen:
Der blut'ge kampff das leben wag,
Gantz aus der eigenheit zu fliehen;
Zu stehn vor dir entblößt, rein, arm und frey,
Daß nichts dem feind da zu betasten sey.
10.
So gehn wir durch die enge thür,
Die du vor uns wollst offen geben,
Zu dringen mit gewalt zu dir,
Genießend das erlösungs-leben,
So uns bey Gott ins heiligthumes statt
Melchisedech im blut erfunden hat.
11.
Ja! Amen! Jesu, treuer zeug,
Wer dürst, der glaubt; wer glaubt, der nimmet;
Wer nimmt, der hat das freuden-reich,
Weil die geschmückte lampe glimmet:
So geht man in eins bräutgams hochzeit-haus
Da ist die lieb, die theilt nur liebe aus.
12.
Noch eins, Herr, bitten wir von dir,
Daß wenn der sieg ist außgebohren,
Der arg uns doch nicht mehr berühr,
Und ewig hab sein recht verlohren.
Nach solchem sieg soll dein volck williglich
Im heil'gen schmuck dir opffern ewiglich!
Amen!

[307] 106.
Aufsteigende Liebes-flammen.

Von oben her entzündt.

Den ursprung wieder findt.


Läutre meine liebes-flammen,
Die noch sehr vermischet sind:
Trag ihr mehr ins hertz zusammen,
Weil ich sie so schwach befind:
Schönster, sey mein starcker mann,
Der mich recht versorgen kan.
Ziehe mich gewaltig wieder
Zu dem reinen ursprung hin;
Laß mich auch nicht sincken nieder
Wenn du auffziehst meinen sinn.
Leichter was an mir ist schwer,
Stärck die liebe täglich mehr,
Biß ich bey der höchsten gab
Stärckung nicht mehr nöthig hab.

120.
Bitt-Lied um die vollendung.

Nach dem lied: Eins ist noth, ach Herr, etc.


Hertzog unsrer seligkeiten, zeuch uns in dein heiligthum, Da du uns die städt bereiten Und hier im triumph herum Als deine erkauffte sieg-prächtig wilst führen: Laß unsere bitte dein hertze itzt rühren! Wir wollen dem Vater zum opffer da stehn Und in der gemeinschafft der leiden hingehn.


2.

Er hat uns zu dir gezogen, Und du wieder zu ihm hin: Liebe hat uns überwogen, Daß an dir hangt muth und sinn. Nun wollen wir gerne mit dir auch absterben dem gäntzen natürlichen seelenverderben. Ach pflantze und setz uns zum tode hinzu, Sonst finden wird ewig kein leben und ruh.


[308] 3.

Aber hier erdenckt die schlange Soviel ausflucht überall; Bald macht sie dem willen bange, Bald bringt sie die lust zu fall. Es bleibet das leben am kleinsten offt kleben, Und will sich nicht völlig zum sterben hingeben. Es schützet die besten Absichten noch vor, Und bauet so höhen und vestung empor.


4.

Drum, o schlangen-tretter, eile, Führ des todes urtheil aus, Brich entzwey des mörders pfeile, Wirff den drachen gantz hinaus, Ach! laß sich dein neues erstandenes leben, In unser verblichenes bildnis eingeben. Er zeig dich verkläret und herrlich noch hier, Und bringe dein neues geschöpffe herfür.


5.

Stärcke deinen zarten saamen Der dein männlich alter schafft Daß wir hier in Jesus namen, Stehn vor Gott im jünglings-krafft, Den bösewicht völlig in dir zu besiegen Daß endlich die feinde zun füssen da liegen: So soll aus dem tode das leben entstehn, Und hier noch in völliger mannheit auffgehn.


7.

Lebe dann und lieb und labe In der neuen creatur, Lebens-fürst, durch deine gabe Die erstattete natur. Erwecke dein Paradies wieder im grunde Der seelen, und bringe noch näher die stunde, Da du dich in allen den gliedern verklärst, Sie hier noch des ewigen lebens gewährst.

8.

Gönne uns noch frist auff erden, Zeugen deiner krafft zu seyn, Deinem bilde gleich zu werden, In dem tod zu nehmen ein Des lebens vollkommene freyheit und rechte, Als eines vollendeten Heylands geschlechte. Der unglaub mag dencken, wir bitten zu viel, So thust du noch über der bitten ihr ziel.

[309] 122.
Bericht von einer nacht-begebenheit.

Woher kommt mir das, daß die mutter meines Herrn zu mir kommt?

Die trübe nacht hatt' all's mit dunckelheit bezogen,
Und mein gemüthe hatt' betrübnis, hoffnung, lieb,
Verlangen, sorg und furcht, zu diesem wunsch bewogen:
Daß Jesus doch in mir gewurtzelt ewig blieb.
Da trat im augenblick vor meines Geistes augen,
Die Weißheit, Gottes braut, nicht zwar in hohem glantz,
(Den sie sonst offtermal bey menschen pflegt zu brauchen)
Doch größer als ein mensch, von schönheit funcklend gantz,
Ehrwürdig anzusehn, liebreitzend, hold und munter,
So daß die lieb und freud mit ehrerbietung sich
Bey mir vermengt befand. Doch war bey diesem wunder
Die liebe nicht so groß, daß ich sie brünstiglich
Umfaßt hätt und geküßt. Mein elend, das mich beugte,
Und ihre Majestät die machten mich so scheu,
Daß ich mich tieff zur erd vor ihren füssen neigte,
Im zweiffel, ob ein mensch zu reden würdig sey
Mit unbeschnittnem mund. Nur dieses kont ich sagen:
O fürstin, wer du bist, sey gnädig diesem staub,
Der dir vor augen liegt. Was hat dich her getragen?
Wer ist, der meine klag vor dir zu thun erlaub?
Zur antwort ward mir nichts, als dieses: sey zu frieden?
Und damit neigte sie sich süßiglich zu mir,
Legt ihren lincken arm an meiner rechten nieder,
Und druckte mich an sich (so freundlich war sie hier)
Und gab mir einen kuß. Ich schau die rosen-wangen,
Noch immerzu vor mir, den lichten purpur-mund,
Dran tausend lieblichkeit als perlen-tropffen hangen,
Der stirnen heiterkeit, der augen helles rund.
Mir bleibt noch allezeit die ehrfurcht eingedrücket,
Die ich vor ihr vermengt mit süsser lieb empfand:
Wie, wenn ein könig sein gemahl zum bettler schicket,
So war mir, als mein Gott die weißheit zu mir sandt.
Und woher kommt mir das, war mein verwundrend fragen,
[310]
Daß meines Herrn braut und mutter zu mir kommt:
Drauff hört ich selbst in mir diß nacheinander sagen:
Diß ist das zeichen, so der glaube nur vernimmt,
Und die vernunfft nicht kennt. Der held wird neugebohren,
Gewinnt in dir nunmehr die nimt die niedre knechts-gestalt,
Eh als er ferner kan zum könig seyn erkohren,
Drum bleibe vor dem Herrn, und was du hast, das halt,
Biß daß er völlig kommt. Die mutter ist gebrochen.
Nun gilt es kampff, gebet und wachen tag und nacht.
Der feind, der sich an ihm mit fersenstich gerochen,
Wird deiner schonen nicht, Er geht herum und wacht!
Doch dazu ist der Herr in dir, o seel, erschienen,
Sein werck zustören gantz. Sophia stellt sich hier
Deßwegen freundlich dar, sie will das kind bedienen,
Die perl des lebens-worts (das du nun sollst in dir
Betasten, hören, sehn) zu wärmen, schützen, hegen,
Und in dem mutter-schoos durch täglich-neue krafft
Des himmlisch reinen Geists zum leben zubewegen,
Biß daß der Vater ihm den gantzen licht-leib schafft.
Die himmel treuffeln schon, die wolcken regnen oben,
Gerechtigkeit und fried, das neue Paradis
Thut seinen schoos nun auff, will diß gewächs erhoben,
Die ruthe grünend, die wurtzel Isais.
Nur leiden sey dein thun! nur still seyn dein bewegen.
Warum? du trägst in dir des größten königs schatz.
Drum gilts behutsamkeit: wil selbst des Geistes regen
Dir regeln geben wird. Verschließ den hertzens platz
Vor deinen feinden wol, halt sinnen und gedancken
Im zaum und ordnung recht, wie dich die weißheit lehrt,
Und laß der flattrenden begierden stetes wancken
Im still-seyn sterben hin im Nichts seyn ausgezehrt.
Diß leben ist zu zart, das leicht ein gifftig hauchen
Des neidisch-argen feinds dem wachsthum schaden thut:
Ein wehen frembder lufft, ein blick von argen augen
Hemmt bald des fortgangs lauff. Drum ist die stille gut!
O wesendliche lieb! heg selbst was du gegeben,
Und was so in gefahr bey tausend nöthen ist.
[311]
Ach gib mir erst nur krafft mein eigen falsches leben
Zu hassen auff den todt, was sich noch immer frist't,
Und nicht gantz sterben will. So kan ich dich erst haben
Und deiner würdig seyn. Schau wie die schlange sich
(Luc. XIV. 26.)
In alles mischet noch, und selbst die besten gaben
Durch ihren gifft befleckt: Ja wie der drache mich
Mit strömen überschwemmt, mit fluthen der gedancken
Das kind zu tödten sucht. Ach rette deinen wurm.
Der nichts als schreyen kan, wol aber aus den schrancken
Des kampffes schreiten möcht, wo du nicht in dem sturm
Compaß und ancker bist. Ach! zeuch mich in die wüsten
Der Abgeschiedenheit von aller Creatur
Und von mir selber meist: Verbirg vors feindes listen
Dem samen, der nun sproßt zur Göttlichen natur.
O druck mich tieff hinab von allen falschen höhen
Im staub, im koth, ins Nichts bey Jesu krippen hin,
Durch armuth, schmach, verlust, entsagung schmertz und wehen:
Nur daß ich doch einmal erfahre Christi sinn,
Und nicht mehr Lucifers. O schneide, stich und brenne
Und rein'ge wie du wilt. Laß feuertauff und Geist
Beständig schmeltzen fort: feg deine liebe tenne,
Und lasse spreu und stroh, seyn in die glust verweist;
Dann wird das lautre gold nach siebenfachen proben
Im feuer wol bestehn. Der held aus Davids stamm,
Wird selbst mit seinem Geist in mir den Vater loben,
Als Sohn, als jüngling und als mann und bräutigam
Wirst dus nicht alles thun, o Quellbrunn aller liebe?
Ach ja, du bist bereit, mehr als man bitten kan.
Woher auch käm mir sonst, daß sich die lieb erhübe
Die mutter meines Herrn, und macht dem selber bahn,
Der sanffte fährt einher? Aus liebe kömmts geflossen,
Was sein wahrhaffter Geist mit starckem ja ausspricht.
So will ich auch nicht ruhn, biß ich die frucht genossen;
Was gilts, ich singe noch von der geburts-geschicht!

Folgen einige bißher unbekannte auch meist von andern auffgesetzte Lieder.

[312] 15.

1.

Ich laß ihn nicht, der sich gelassen Um mein verschertztes heil herab. Er der einmahl mich wolt umfassen, Muß meine seyn biß in das grab, Ob mir die welt gleich viel verspricht, Zu brechen meiner liebe pflicht, Ich laß ihn nicht.


2.

Ich laß ihn nicht, der mich erworben, Den werb ich mir, ich sein, er mein, Der für mich ist am creutz gestorben, Deß will ich auch im sterben seyn, Was schreckest du du höll-gesicht, Was lockest du du welt-gedicht, Ich laß ihn nicht.


3.

Ich laß ihn nicht, der mich nicht lässet, Deß nam mir süsser ist als öl, Der seelen brünstig mich umfasset, Den fasset wieder meine seel, Was allen zucker übersticht, Das ist mein süßes Gottheitlicht, Ich laß ihn nicht.


4.

Ich laß ihn nicht, mich mag verlassen, Der breiten erden pracht und macht, Der meine seele nicht kan hassen, den nehm ich mit zur todes-schlacht, Er nimmt mich wieder zu dem licht, Das in dem himmel neu anbricht, Ich laß ihn nicht.


5.

Ich laß ihn nicht, will Jacob werden, Er habe denn gesegnet mich, Und müßt ich drüber von der erden, Mein glaube zieht ihn doch an sich, Ob mir gelenck und hüfft zerbricht, Und gar vergehet mein gesicht, Ich laß ihn nicht.


6.

Ich laß ihn nicht, wenn ich diß leben Und dieses gantze lassen soll, Wo er, da will ich gleich auch schweben, Es mag mir gehen wie es woll, Wie eine klette klebt und sticht, So ist mein sinn auff ihn gericht, Ich laß ihn nicht.


[313] 7.

Ich laß ihn nicht, kommt nur ihr plagen, und setzt mein wesen auff die prob, Mein creutz ist sein, er hilfft mir tragen, so sing ich ihm dafür ein lob, Er bleibet meines heiles licht, Ob gleich die unglücks-nacht anbricht, Ich laß ihn nicht.


8.

Ich laß ihn nicht, was wilt du sünde, Du liegst im tieffen meer versenckt; Was wilt du schwartzes höllen-kinde, Dein schedel ist dir abgekränckt, Dein stachel, tod, mich nimmer sticht, Mein Jesus alles mir verspricht, Ich laß ihn nicht.

[314] Aus: Poetische Lob- und Liebes-Sprüche/ von der Ewigen Weißheit/ nach Anleitung Des Hohenlieds Salomonis

[o.O.u.J.]

6.

Nach dem Lied: Ich habe funden, den ich liebe.

1.
Zeuch meinen geist, o Herr von hinnen
Gantz über sich zu dir hinauff:
Ich sehn mich sehr, den gantzen lauff
Nach dir zu thun mit hertz und sinnen.
Regier mich nur nach deinem Willen,
Den führer nachzufolgen schlecht:
Was kan sonst meinen hunger stillen?
Wer ist, der mich vergnüge recht?
2.
Weil aber so viel wiederstrebet,
Dem abgewandten pilgrams-geist,
Der zum verheißnen erbe reyhßt,
Und gern als ein gefreyter lebet:
So nim mir ab die schweren lasten
Der sinnlich-groben irdigkeit;
Den geist laß in der stille rasten
In dir und deiner ledigkeit.
3.
Ist das geschöpff gleich noch so schöne,
Von mir muß alls verlassen seyn,
[315]
Mein auge dring in den hinein,
Nach dem ich mich im grunde sehne,
Von andern kan ich nichts behalten,
Dich zieh ich selbst in mich, und du
Zeuchst mich in dich: ich laß dich walten
Du schleußt mir sinn und hertze zu.
4.
Zwar findt mein geist noch manche speisen,
Die geistlich und vergnüglich sind,
Darinn man auch wol nahrung findt;
Doch kan ich nichts vors beste preisen.
Als dich selb-selbst, du brod der seelen.
O selig und vollkommen seyn,
Die dich zum besten theil erwehlen,
Biß sie in dich gesunken ein.

8.
Aus Cap. 1. v. 4.
Wir werden hüpffen und frölich seyn über dir, wir werden deine liebes-neigung rühmen vor dem wein.

1.
Nichts, gar nichts auff dieser erden
Ist, das mich erfreuen kan:
Eins ist, das mir lieb will werden,
Und zu lüsten fänget an.
Gott ist mir doch gar zu gut,
Der mir hülff am creutze thut.
2.
Zwar thut ers nur im verborgen,
Daß der alte mensch sich nicht
Achte frey von sterbens sorgen:
Doch, wenn ich den glauben richt
Lieb- und hoffnungsvoll auff ihn,
Fället aller kummer hin.
[316] 3.
Schlag und plag, Herr nach gefallen,
Tödte mich am fleisch nur fort;
Liebe bleibt doch treu in allen,
Haltend des geliebten wort.
Liebe schätzt auch das nicht schwer,
Was sonst unerträglich wär.
4.
Tretet her, ihr Gottes-lieben,
Die ihr auch, wie ich, aus holtz
Durch die liebe seyd getrieben:
Werdt am creutz in liebe stoltz!
Denn es ist kein schlechtes gut,
Lieben das, was wehe thut.
5.
Laßt uns diese gnade loben,
So wie die erkaufften thun.
Vor des lammes thron dort oben
Soll das dancken nimmer ruhn
Preyß sey dem erwürgten lamm!
So sing ich am creutzes-stamm!

10.
Auß dem Hohen-Lied Cap. 1. v. 5.
Ich bin schwartz und zierlich, o ihr töchter Jerusalem, wie die (einwohner der) hütten Kedar.

Ihr Salems-töchter, hört, die ihr an stein und mauren
Bindt Gottes dienst und lieb und nur auffs äußre gafft,
Aus irdisch-grobem sinn: Ihr dürfft mich wol bedauren,
Als hätt mir diese schwärtz die einsamkeit verschafft.
Ihr seht hier keine pracht, nicht kirchen-pomp noch schreyen,
Kein opffer noch altar, kein bild, kein schatten werck.
Wir sind einfältig schlecht, und heissen arme layen,
Die nicht zum Priesterthum von andern gunst und stärck
Zu holen sind gewohnt. Je schwärtzer dir von ferne
Scheint Christi braut zu seyn, o blinde unvernunfft
[317]
Je mehr erblickt der Geist an diesem himmel sterne,
Wie wol noch gantz verdeckt. Wer diese Jesus zunfft,
Und ihre Glori weiß, der sucht sie nicht im schwätzen
Und in gelehrsamkeit, so die verführerin
Die schlang hat bey den baum des wissens wollen setzen,
Das der gehorsam nicht den lebens-baum gewinn.
Nein, hier gilt keine schminck der falsch-berühmten künste
Und keine deuteley, ob mans auch predigt nennt,
Auch nicht der hohe ruhm der falschen weißheits-dünste:
Was reich und weiß will seyn, wird nicht allhier erkennt.
Drum wißt, daß ich so schwartz und dürr und traurig sey
Ob eurer frechheit stoltz und groben heucheley,
Sonst könt ich wol so weiß von auß- als innen scheinen,
Wo nicht die trauer-zeit mich zwüng, euch zu beweinen.
Doch ärgert euch nicht mehr an meiner kleinigkeit,
Ihr sollt mich schön genug sehn bey der hochzeit-freud.

15. Über das Hohe-Lied Cap. 1. v. 8.
Wann du es nicht weist, du schönste unter den weibern, so gehe aus auff die fußstapffen dieser heerde.

Nach der Arie: Spiegel aller tugend.

1.
Auge deiner glieder,
Stärcke deiner brüder,
Licht der dunckeln kertzen,
Spiegel reiner tugend,
Muster unsrer jugend,
Leben unsrer hertzen:
2.
Du ruffst unsre sinnen,
Augen zu gewinnen,
Besser uns zu kennen,
Was in uns geleget
Tieff ist eingepräget
Und doch nicht zu nennen.
[318] 3.
Ist nicht selbst dein wesen,
Jesus, uns erlesen,
Durch des Vaters güte,
Gantz in uns zu bleiben,
Und, zu Gott zu treiben,
Unser träg gemüthe?
4.
Wilstu in den deinen,
Die dich eintzig meinen
Nicht seyn außgebohren,
Fleisch von dir zu werden?
Weil doch sonst auff erden
Alles wär verlohren.
5.
Soll dein hoher name,
Als des senffkorns same,
Nicht in uns sich sencken,
Wurtzeln und außbreiten,
Hertz und sinn bereiten,
Sonst an nichts zu dencken?
6.
Sind die kostbarkeiten
Nicht so grosse beuten,
Daß man gut und habe
Und sein eigen leben
Vor die perle geben
Möcht umb diese gabe?
7.
Macht der schatz wol sorgen,
Der so tieff verborgen,
Daß ihn niemand kennet,
Als die, so bekamen,
Diesen neuen namen,
Welchen Gott nur nennet?
[319] 8.
Drum gib mir zu sehen,
Herr, was mir geschehen:
Was in mich geleget,
Was dein liebes-siegel
In des hertzens-spiegel
Wesendlich gepräget.
9.
Dieses bild bleib stehen
Vor mir, stets zu sehen,
Was ich in dir habe,
Und wie mir nichts fehle,
Wenn ich dich erwehle,
O brunn aller gabe!
10.
Wachse fort, und stärcke
In mir deine wercke
Durch der liebe kräffte,
Nichts ohn dich zu lieben,
Nur in dir zu üben
Geistliche geschäffte.
11.
Laß mich nicht umbgaffen
Nach entfernten waffen:
Witz und stärck zum siege
Außer dir zu finden.
Alles laß verschwinden,
Daß ich dich nur kriege.
12.
So lerne ich mich kennen,
Dich mein Alles nennen,
Weil du in mir bleibest
Und dein lust-spiel weiter,
Wenn der himmel heiter,
Immer in mir treibest.
[320] 13.
Nun kommt aus dem bronnen
Alles guts geronnen:
Der wird in mir geben
Weißheit, krafft, vermögen,
Herrlichkeit und segen,
Ja das ew'ge leben!

16.
Uber Hohel. 1. v. 14.
Mein freund ist mir ein püschel Myrrhen, der zwischen meinen brüsten übernachtet.

Wie: Jesu deine tieffe wunden.

1.
Wenn vernunfft von Christi leiden
Und von dessen nutzen spricht:
Will sie sich von aussen weiden
Mit dem trost, den sie erdicht.
Oder kommt es hoch, so kan
Sie viel klagens fangen an
Uber Christi pein und schmertzen,
Gleichwol gehts ihr nie von hertzen.
2.
Aber meines Geistes sehnen
Zielt auff die gemeinschafft hin,
Stäts zum sterben zu gewehnen
Den so tieff verderbten sinn.
Hier heng ich den Myrrhen-strauch
Nicht nur auff die brust zum brauch:
In den tieffsten grund der seelen
Soll der Geist die krafft verhölen.
3.
Diß geheimnis wird verborgen
Und als thorheit angesehn:
[321]
Aber meine größte sorgen
Sollen auff diß wunder gehn,
Daß nur Christi tod in mir
Durch ersterben für und für
Zu dem leben außgebiehret,
Im gericht den sieg außführet.
4.
Drum such ich den freund im grunde
Meines hertzens, wo er sich
Aus dem sonst verschloßnen munde
Mir einflößt so süßiglich
Seine gantze sterbens-krafft,
Die ein neues wesen schafft:
Als die rosen in dem Lentzen
Nach dem todt des Winters gläntzen.
5.
Wenn ich denn vom Oster-lamme
Mit recht bittern salsen speiß;
Das die heisse liebes-flamme
Selbst in mir zu braten weiß:
Frag ich nicht erst, wer er sey,
Weil ich ihn selbst esse frey,
Und wenns noch an kräfften fehlet,
Ist er mir zu Alls erwehlet.
6.
Diß druckt mich in hoffart nieder,
In betrübnis hälts empor
Gibt in schwachheit stärcke wieder
Aus verzweifflung ziehts hervor,
Hält mich zwischen lieb und leid
In der rechten mässigkeit:
Ja ich find die tieffste stille,
Wenn am creutze hangt mein wille.
7.
O geheimnis-reiche liebe,
Die sich im verborgnen schenckt!
[322]
Öffne die geheimen triebe,
Wenn mein sinn ans creutz hin denckt:
Keine leidens-krafft von dir
Müsse jemals manglen mir.
Außer mir mag alls vergehen,
Bleibe du in mir nur stehen!

26.
Auff Hohelied/ II. v. 11.
Siehe, der winter ist vergangen, der platz-regen ist hinweg.

Nach dem lied, Frölich soll mein Hertze singen.

1.
Strenger Winter, fleuch von hinnen,
Harte kält,
Die mich hält,
Bindend meine sinnen,
Hindernd mich in heißer liebe,
Lasset mich
Inniglich
Folgen Jesus triebe.
2.
Trübe wolcken, fluth und regen
Thränen-saat
Die mir hat
Lange obgelegen
Weicht, die ernden-zeit ist kommen,
Weil mein schatz
Nunmehr platz
Hat in mir genommen.
3.
Seine lieb und weißheit kannte,
Daß ich noch
Sanffte joch
Und der liebe bande
[323]
Ungeübet war zutragen:
Drum must ich
Erstlich mich
Fremder dienst entschlagen.
4.
Da must ich mühselig werden,
Und die last
Ohne Rast
Gab mir viel beschwerden:
Desto mehr nach ihm zustöhnen,
Biß daß er
Sich wandt her
An ihn zu gewehnen.
5.
Nun er sich in mir läßt blicken,
Wird zugleich
Mir sein reich
Lauter frühling schicken:
Denn die turteltaub im grunde
Meldet sich,
Und lockt mich
Mit verliebtem munde.
6.
Schau, die feigen-bäume grünen,
Brechen vor,
Sehn empor
Ihrem printz zu dienen:
Und die blumen in dem lentzen
Geben dir,
Meine zier,
Ihre Pracht zu kräntzen.
7.
So ist alles leid vergessen
Als war nie
Winter hie
Oder frost gewesen.
[324]
Weil mir meine sonn jetzt scheinet,
Hats ihr sinn
Immer hin
Mit mir gut gemeinet.
8.
Sonne, die zu meiner erden.
Sich gericht,
Laß mirs nicht
Wieder winter werden:
Werde stets in mir erhöhet
Biß die zeit
Deiner freud
Niemals untergehet!

41.
Aus Cap. III. v. 11.
Gehet heraus und schauet an, ihr töchter Sion, den König Salomo in der crone, welche ihm seine mutter verschaffet hat am tage seiner hochzeit, am tage der freuden seines hertzens.

1.
Ihr Sions-töchter, die ihr nicht
In Babylon mehr steht,
Und ohne falsches secten-licht
Dem einem lamm nachgeht:
2.
Geht aus des alten Adams hauß,
Folgt jener mutter nicht,
Die ihre lieb vom bräutgam aus
Zur hurerey gericht!
3.
Kehrt eures glaubens munterkeit
Zum Salems-König hin
Ihr wißt, wie sich sein hertz erfreut
An einem treuem sinn.
[325] 4.
Was welt und feind dem fleisch vorlegt,
Das haltet nur vor koth:
Der kirch, die sich mit götzen trägt,
Seyd feind und gäntzlich todt.
5.
Laßt euren leib gantz lichte seyn
Die lampen brennend stehn:
Das öl muß seyn bereit und rein,
Wollt ihr den bräutgam sehn.
6.
Denn ist nicht hoch und wunderbahr
Die crone seiner pracht,
Die der erhöhten menschheit war
Zur herrlichkeit gemacht?
7.
Wie schmückt ihn seine mutter nicht
Auff seinem hochzeit-tag?
Daran ihm keine freud gebricht,
Noch leiden, todt und schmach.
8.
Wie trefflich war der grosse bund
Als ihm des Geistes krafft,
Nach dem er aus dem grab erstund,
Viel tausend segen schafft?
9.
Der über seine glieder floß:
Wie frölich war sein sinn,
Als dieses öl den leib durchgoß
Und zog zum Vater hin?
10.
Jerusalem, du mutter-stadt,
Daraus der Geist uns zeugt,
[326]
Und die uns aufferzogen hat,
Gepfleget und gesäugt!
11.
Mehr immer deiner kinder zahl,
Und cröne Gottes sohn
Mit tausend cronen überal
Zu der erlösung lohn.
12.
Wir freuen uns mit ihm zugleich,
So offt ein edelstein
Durch wahre buß ins liebe-reich
Zur cron gesetzt wird seyn.
13.
Wir gehn heraus, und wollen nun,
Biß auff den hochzeit-tag,
In lieb, geduld und glauben ruhn,
Der uns vollenden mag.

48.
Cap. IV. v. 11.
Deine lippen, meine braut, fließen von honigseim: Honig und milch ist unter deinem lippen.

Nach dem lied: Mein hertzens Jesu.

1.
O rosen-mund, komm, küsse mich,
Flöß deine lebens-säffte
Unmittelbar und süßiglich
In die verschmachten kräffte.
Ihr nectar-lippen thut euch auff,
Und laßt dem balsam seinen lauff,
Der wunden heil und häffte.
2.
Du mein jugend meisterin,
Gespielin meiner ehe,
[327]
Beherrscherin von meinem sinn,
Mit der ich geh und stehe:
Mein engel und mein reyßgeferth,
Von dem ich nie verlassen werd,
Wenn ich sonst niemand sehe.
3.
Ich hörte so viel schöns von dir
Mich dürst't nach deinen quellen,
Die du ein wenig zwar in mir
Zur labung wollen stellen,
Die aber noch so sparsam floß,
Und nicht die gantzen ströme goß,
Des feuers macht zu fällen.
4.
Nun aber hast du meine braut
So reichlich mich gelabet:
Dein mund hat mir sein hertz vertraut,
Dein einfluß mich begabet.
Wie trieffen deiner lippen paar
Von honig, das sonst theurer war,
Als was ihr bienen habet.
5.
O zucker-mund, ich halte mich
Noch immer an die flüsse:
Ich werd nicht satt, ich frage dich
Durch widerholte küsse
Des glaubens um dein edles thun.
Ich will in deiner lehr beruhn,
Damit ich alles wisse.
6.
Thu dein geheimnuß ferner auff,
Vertraue mir dein hertze
Und was der arge spötter-hauff
Vor thorheit hält im schertze,
Das muß mir krafft und weißheit seyn,
Ja selbst der Gottheit starcker schein,
Der mich befrey vom schmertze.
[328] 7.
Die salbung, die ich hab gefaßt,
Die muß mich alles lehren.
Dem schlüssel Davids, den du hast,
Soll nichts den Aufschluß wehren.
Ich hang so lang an deinem mund,
Biß mir die gantze füll wird kund,
Den wachsthum zu vermehren.
8.
So laß die kräffte der natur
Durch diesen kuß versüßen.
Es spür die gantze creatur
Die krafft von liebes-küssen.
Die neugeburt mach alles neu,
Daß ich dein rechter erbe sey
Dein ewig zugeniessen!

49.
Uber Cap. IV. v. 12.
Meine schwester, du bist ein verschlossner garten, ein verschlossner quell, ein versigelter Brunn. Dein gewächs ist wie des Paradises granat-äpffel mit der frucht köstlicher dinge.

Im Thon: Ich habe funden, den ich liebe.

1.
Verborgnes licht, geheimes leben
Der Göttlichen vollkommenheit,
Wer kennet deine reinigkeit?
Wem hast du dich zu eigen geben?
Ja niemand weiß von deinem Namen
Noch mercket deiner weißheit spur,
Wiewol dein unbefleckter samen
Liegt in der menschlichen natur.
2.
Wer geht in den verschlossnen garten?
Nur der wie du verschlossen ist:
[329]
Denn wem du wie ein brunnen bist
Entdeckt, muß deiner treulich warten.
Bey deinen freunden bleibst du stehen
Als jungfrau voller heiligkeit:
Wo aber sie zu andern gehen,
Entziehst du deine herrlichkeit.
3.
Du gehst zwar jeder seel entgegen,
Erscheinst in ihrem tieffsten grund,
Und bist so nah in ihrem mund,
Daß sich ihr fluß nicht darff bewegen,
Noch weit aus ihrer heimat reysen.
Sie finden dich in ihrer Thür
Des hertzens ruhen und beweisen,
Wie sehnlich du sie ziehst zu dir.
4.
Doch kennen sie die treue stimme
Das locken und bestraffen nicht,
Das im gewissen stets geschicht,
Sie von natur und bitterm grimme
Von blind- und thorheit zu erlösen.
Du bleibst den meisten unerkannt,
Das thier, das niemals klug gewesen,
Nimt lieber erd und koth zur hand.
5.
Ach edler schatz, du kannst kaum finden
Ein eintzig Hertz, das dir gehorcht
Das vor die rechte ruhe sorgt,
Und sucht mit dir sich zu verbinden.
Geh aber nun mit starcken schritten
Aus dem verborgnen licht heraus,
Und laß dich unsre noth erbitten
Zu wohnen in dem wüsten haus.
6.
Und wie du in dir selbst verschlossen,
Verriegelt und versigelt bist,
[330]
Daß, was gemein und unrein ist,
Die wahrheit niemals hat genossen:
So leg in uns auch solche kräffte
Der stille und verborgenheit,
Jungfräulich-züchtiger geschäffte
Bey tieffester verschwiegenheit.
7.
Laß augen, ohren händ und füsse
An deiner zucht gebunden seyn,
Daß auch nicht unter gutem schein
Das hertz von etwas fremdes wisse,
Als von gemeinschafft mit den quellen,
Die rein und crystallinisch sind:
Damit dein hertz mich von den wellen
Der falschheit nicht getrübet find.
8.
Ach nimm mich mit in deinen garten,
Der als ein Paradis ausgrünt,
Und mir mit neuen früchten dient:
Nur Thau von oben zu erwarten,
Und krafft der sonne samt den regen,
Sonst sey er um und um verzäunt:
Kein freund soll seine frucht drein legen,
Und hätt ers noch so gut gemeint.
9.
So halt ich mich zu dir, mein leben,
Und du bleibst meine jungfrau braut.
Wer sich einmahl mit dir vertraut,
Bleibt an der creatur nicht kleben.
O siegle, schließ und wach und hege
Dein eigenthum, dein liebstes Guth,
Daß sich mein Geist in dir nur rege
Und stehe stets auff seiner huth.
10.
Ach sperr des innern menschens garten
Vor den subtilsten feinden zu,
[331]
Die seine blüthe, frucht und ruh
Zu rauben tag und nacht auffwarten.
Wenn ich geheim mit dir umgehe,
So weiß ich, daß ich sicher bin,
Und weiter nirgends hin mehr gehe:
Nach der gewißheit steht mein sinn.

59.
Aus dem V. Cap. v. 8.
Ich beschwöre euch, ihr töchter Jerusalem, findet ihr meinen Geliebten, was wollt ihr ihm anzeigen? Daß ich vor liebe kranck liege.

Nach dem lied: Ich lebe nun nicht mehr.

1.
Ich weiß nicht, wie mir ist,
Ich fühl den großen schmertzen,
Der mir mein leben frißt,
Und geht so tieff zu hertzen.
Wer bringet mir den besten rath?
Wer ists, der vor mich rettung hat?
Weil meine lieb im sterben ist.
2.
Zwey mahl bin ich so schwach
Und kranck gelegen nieder.
Das erste ungemach
Kam offt und häuffig wieder.
Das war vor meiner ersten buß
Da man in sünden sterben muß,
Wenn seel und leib verdammet ist.
3.
Da hofft ich hier und dar
Artzney und ruh zu finden:
Mein unstät hertze war
bereit sich zu verbinden
Mit welt und geld, mit pracht und lust,
Was nur der eigne wille wust,
Und doch die wahre ruh nicht ist.
[332] 4.
Als aber ich das heyl
Nach ernster busse funden
In Jesu, der mein theil
Ward in so vielen wunden,
Zur Medicin vor meinen tod,
Da sprach ich: nun hats nicht mehr noth,
Weil Jesus meine heilung ist.
5.
Und freylich hat der trieb
Des Vaters mich gezogen
Zum Sohn, von dessen lieb
Ich mich find überwogen.
Sein Göttlich licht entzünd't in mir
Unendlich starcke liebs-begier
Im hertzen, das verwundet ist.
6.
Ich kan ohn ihm nicht ruhn,
Viel wen'ger selig leben:
Drum hab ich eignem thun
Und fromm seyn mich er geben:
Da lieff ich aus mir hin und her
Und forscht nach ihm bey menschen sehr
Ob er bey creaturen ist?
7.
Das lauffen macht mich matt,
Ich sanck in ohnmacht nieder,
So daß mein mund sich hat
Eröffnet an die brüder:
Ach findt ihr meinen liebsten wo,
So sagt ihm, daß ich sterb also,
Weil er von mir entfernet ist.
8.
Bald war die antwort da,
Im tieffsten seelen-grunde:
[333]
Das wort ist dir so nah
Im hertzen und im munde.
Was ists, das dich verliebt gemacht,
Und in die liebes-schmertzen bracht?
Ists nicht das wort, das in dir ist?
9.
Von armer creatur
Wirstu den schatz nicht kauffen,
Ob du schon alle spur
Der Secten wolltst durchlauffen,
Ach glaube mir, sie taugen nicht:
Ihr thun ist schein und falsches licht,
Weil ihre leucht verloschen ist:
10.
O seel, Gott ist ein licht,
Darzu man nicht kan kommen,
Wo alle nicht
Vollkommen sind benommen.
Drum such Gott selber nur durch Gott,
Das licht im licht bey creutz und spott,
Wie Jesus dir ein fürbild ist.
11.
Darauff erschwung ich mich
Aus meinem eignen leben,
Und wollte dürstiglich
In Gott mich ein ergeben:
Ach aber ich fand mich zu schwach,
Und schrie ihm nach mit weh und ach:
Wo ist er, der mein leben ist?
12.
Hier fand ich zwischen mir
Und Gott viel bilder stehen,
Die mich verhindert hier
Ins heiligthum zu gehen:
Und gleichwol hatt' ich keine krafft,
Biß er sie selber aus mir schafft,
Mir statt der vielheit eines ist.
[334] 13.
Nunmehr ist er mir auch
Die Medicin gewesen:
Und was ich sonsten brauch,
Darff ich aus ihm erlesen.
Nun frag ich nichts nach creatur
Es sterb vernunfft, will, fleisch, natur,
Gnug, daß er Eins und Alles ist!

69.
Aus Cap. IIX. v. 5.
Wer ist die, so herauff fährt aus der wüsten voll wollusts, und gesellet sich zu ihrem freund?

Je mehr der seelen Geist sich regt und Gott tritt nach,
Je mehr wird er mit Ihm durch Jesum eines heissen:
Je einiger er ist, je größ're brunst ist da
Durch feurige begierd, als ein erkaltes eisen
Im feur erhitzt und schmeltzt, zerflossen gantz zu seyn
In dieses liebes meer. Denn wächst er zusehns weiter
An der vollkommenheit, an seines adels schein:
Sein himmel wird nunmehr von Gottes umgang heiter.
Wie von der sonn die welt. Doch kommt diß alles nicht
Aus eignen kräfften her. O nein, er hat's gefunden
In dem, darauff der Geist sich mit begierde richt,
Nach dem, der sünd und tod und alles überwunden.
Nun laßt uns den proceß nach dem geheimnis sehen,
Das in der Dreyheit liegt, die unzertrennlich heist,
Doch in dreyfalt'ger krafft pflegt würcklich auszugehen
Von welcher jede selbst sich nach und nach im Geist
Empfindlich offenbahrt. Der Vater, als das leben
Ist starck, allmächtig, groß, verzehrend feures-krafft:
Muß auch dem seelen-Geist, stärck, muth und mannheit geben,
Die sieg und Majestät, und Geist und durchbruch schafft.
[335]
Der Sohn ist als ein licht, sanfft, lieblich, mild und stille,
Des Vaters hertz und lust, weil seiner weißheit glantz
Des feures schärffe löscht, so bald der neue wille
Ausgrünt und durch begierd' ins liebe-leben gantz
Versenckt ist und versteckt. Dann geht der Geist von beyden
Als Vater und Sohn aus, gebährend wonn und freud
Durchs Paradis in uns nach langen sterbens-leiden
Wie reiner einfalt nur diß wunder ist bereit.
Hier will Sophia nun die Gottheit offenbahren,
Die jene faßt in sich, und wie ihr spiegel ist,
In reiner jungfrauschafft. Die weißheit kömmt gefahren
Aus ew'gem ungrund her, der gleichsam heisset wüst,
Weil da nichts ist, als GOTT, und keine creaturen
Im ungegründten Nichts. Da sucht Sophiens lieb
Sich näher zuzuthun, daß nun viel liebes-spuren
Dem seelen-Geist sind kund. Wenn dieser nun verblieb
Gehorsam, heilig, rein, so würde sie ihn küssen,
Als ihren nächsten freund, und ihm zwar erstlich noch
Mit ihrer scharffen zucht sehr bange machen müssen,
Doch nur zur prob, ob er ihr sanfftes liebes-joch
Auffnehmen willig wollt. Geschichts, so ist die freude
Nicht zubeschreiben, wenn sie sich zu ihm gesellt.
Ein jedes werd ihr treu, so wird man sie zur beute
Hinnehmen samt dem schatz, der mehr ist als die Welt.
Nach dieser zarten lieb, auff dieses lieb-vermählen
Thut das Geheimnis sich der Dreyheit weiter auff.
Der Vater, der die seel hat wollen ihm erwählen,
Sendt seinen Sohn, im Geist zu enden seinen lauff
Wie sonst im fleisch geschah. Der H. Geist erkläret
Den Sohn, als weißheit-licht, in menschlicher natur,
Die nun ihr himmlisch fleisch und blut zur speiß gewähret,
Damit der neue mensch des Paradises spur
Selbst in sich wieder find, die menschheit werd vereinet
Mit Gottes wesen selbst. Und wenn der Sohn also
In uns gestalt gewinnt, als GOTT und mensch erscheinet:
So wird die seel im blick des ursprungs wieder froh.
[336]
Sie darff nicht, wie vorhin, des Vaters zorn mehr scheuen,
Versichert, daß er ihr nur lieb-erbarmung sey:
Und daß sein schaffend wort die kleine welt erneuen,
Erfreuen und vom fluch und straff will machen frey.
Also erklärt der Sohn in uns den Vater wieder,
Und bet't ihn in uns an, und führt das gantze werck
Der wiederbringung aus. Der Vater läßt sich nieder
Zur neuen creatur, vereinigt seine stärck
Mit seines Sohnes lieb. Wenn also lieb und stärcke
Im menschen einig sind, durchs band vom liebe-Geist.
Ist noth, daß eine seel im tieffsten grund bemercke,
Wie sie des Vaters, Sohns und Geistes wohnung heist.
Hier wird der ewge Grund zur allmacht selbst geleget,
Zu aller lieb und lust, zur weißheit höchsten schein:
Unüberwindlich ist, was sich im innern reget,
Es muß auch ungekränckt und unverlohren seyn.
Wol dem, der alles läßt, was Gott nicht selbst ist, fahren,
Und seine selbheit selbst ins ew'ge nichts versenckt:
Der wird sein himmlisch-thun nicht nach den tod versparen,
Ihm ist gewiß mit GOTT der himmel hier geschenckt!

74.
Aus verhs. 13.
O die du wohnest in den gärten, wenn die gesellen auff deine stimme mercken, so laß mich sie hören.

Nach dem lied: Zerfließ, mein geist, in Jesu blut und wunden.

1.
O Königin, du crone der jungfrauen,
Die du im garten reiner seelen wohnst,
Laß deine zier bei der gesellschaft schauen,
Worinne du als deinem tempel thronst:
Du hast vor deinem angesicht
Dir einen lust-platz zugericht,
Darinn dein Philadelphie blühet,
Und aus dir seine wurtzeln ziehet.
[337] 2.
Schau, alle, die du hast zum dienst erlesen,
Und zu genossen deines reichs gemacht,
Die lehrstu selbst im innern Geistes-wesen
Auff deinen treuen ruff zu geben acht.
O laß sie uns vernehmlich seyn,
Und tieff ins hertze dringen ein,
Damit kein wort fürüber gehe,
Woraus in uns nicht frucht entstehe.
3.
O weißheit, pflantz die kaum entsproßnen zweige
Tieff in dich selbst, den rechten lebens-baum:
Daß jeder selbst den liebes-grund erreiche,
Und wachsthum find im stillen garten-raum.
Mit thau und regen nach begier,
Dein Paradis grün für und für
Im innern grund hervor mit freuden,
Daß wir verbotne bäume meiden.
4.
Reiß auß vom grund betrüglich falsche früchte
Vernunfft und eigner Wille müssen fort,
Daß dein Geist sein bestraffungsamt verrichte,
Und nichts unreines leid am tempel-ort.
Weil da die Deyheit in dir ist,
Mit der du licht und leben bist:
Dann kommen aus dem sanfften lichte
In jedem Monat neue früchte.
5.
Wie fruchtbar wird dein Philadelphie werden,
Wenn alles unkraut gantz ist ausgeschafft?
Wird nicht die frucht ein reines saltz der erden
Und sein exempel lauter Gotteskrafft?
Drum bau den weinberg, der vor dir
Nun steht, das ihm kein wildes thier
Zerwühle, noch die thier fuchslist schände,
Dein wachend aug gefahr abwende.
[338] 6.
Nun mercken wir, o fürstin, in dem garten.
Auff deine stimm im geist von tag zu tag,
Was sich aus dir eröffnet zu erwarten,
Weil uns sonst nichts erfreu'n noch ruhren mag.
Gehorsam wird die losung seyn,
Was sey entfremdet oder dein.
O laß uns zum vollkommnen gehen,
So können wir dich hörn und sehen!
[339]

Notes
• Dichtungen und spekulativ-mystische Schrift
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2011). Arnold, Gottfried. Dichtungen und spekulativ-mystische Schrift. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0001-FD4B-2