Sie ruft ihm, daß er soll zu ihr kommen, weil sie sonst nichts ergötzen kann

1
Liebster Schäfer, mein Verlangen,
Unsrer Wälder höchste Zier,
Schönster Jesu, komm gegangen,
Komm, mein einzige Begier.
Komm herab vom Libanon,
Meine Perle, meine Kron.
2
Komm herab, du goldne Sonne,
Komm herab; denn von den Höhn
Soll mein Heil und meine Wonne
Und Erlösung mir entstehn.
[244]
Komm, du edler Schäfer du,
Komm, sprich deiner Psyche zu.
3
Meine Seufzer, meine Zähren,
Mein Betrübnis, meine Qual,
Die um dich so lange währen,
Füllen an das ganze Tal.
Schau, o Jesus, du allein
Bist die Ursach meiner Pein.
4
Andre können sich ergötzen
Auf dem bunten Wiesenplan.
Andere mit Gold und Schätzen,
Andren liegt was andres an.
Mir behaget nichts als du,
Du, mein einge Lust und Ruh.
5
Drum werd ich so lange schreien,
Meine Perle, meine Kron,
Komm herab, mich zu erfreuen,
Komm herab vom Libanon,
Bis du mich hast angeblickt
Und mit deinem Kuß erquickt.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2011). Angelus Silesius. 134. Sie ruft ihm, daß er soll zu ihr kommen. TextGrid Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0001-F7ED-2