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Halla in verlegung Chriſtoph Milij Anno 1662

[figure]

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FLORILEGIUM
FORTIFICATORIUM
TRIPARTITUM
Oder
Kurtze/ leichte/ iedoch gruͤndliche und richtige Anwei-
ſung zu der ietzigen Zeit uͤblichen
Krieges-Bau-Kunſt/
und was derſelben anhaͤngig/ in dreyen Theilen/
Als
I. Etlichen Geometriſchen Handgriffen/ zu nuͤtzlicher/ und unverhinderlicher
Ubung dieſer Kunſt noͤthig.
II. Der Fortificirung oder Kriegs Baukunſt/ uñ was der zugehoͤꝛig an ihm ſelbeꝛ.
III. Compendioſiſcher Solution und Ausrechnung der rechtliniſchen Triangul
beydes nach der gemeinen Art durch multipliciren und dividiren, und dann auch nur durch ad-
diren
und ſubtrahiren, nach des Schottiſchen Freyherrns Neperi gar kuͤnſtlichen Canone lo-
garithmorum,
und derer an dieſem Orte nuͤtzlichen gebrauche/ mit angehengten unterſchiedlichen/
hieher gehoͤrigen/ Tabellen/ und 212. Krieges-Reguln/ abgehandelt.
Alles aus den beſten und bewehrteſten Autoren und derſelben weitlaͤufftigen und koſtbahren Wercken
Methodicè und in richtiger Ordnung zuſammen geleſen/ und mit vielen nothwendigen Kupffern
ausgebildet.

Halla, / Jn Verlegung Chriſtoff Myly/Anno M. DC. LXII.
Gedruckt zu Leipzig: / bey Chriſtian Michaeln.
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Denen Hoch-Edlgebornen/ Hoch- und Wol-Edlen/ Ge-
ſtrengen und Veſten/ auch Hochgelahrten
Herꝛn Curt Chriſtophen von Pfuel;
auff Seeben. ꝛc.
Herꝛn Melchiorn von Schlomach;
auff Melß- und Geberßdorff. ꝛc.
Herꝛn Ehrenfried Klemmen;
auff Wiedebach ꝛc.
Fuͤrſtl. Saͤchſ. Magdeburg. reſpectivè Hochbeſtalten/ Ober-
Caͤmmerern/ Ober-Hauptman der Thuͤringiſchen und andren Erb-
Landen/ ſo wol Stallmeiſtern und Ampts-Hauptman zu Weißenfels/
wie auch Cammer-Direction, wuͤrcklichen Rath/ Ober-Steuer-
Einnehmern und Land-Rent-Meiſtern;
Meinen inſonders Hochgeehrten Herꝛen/ geneigten Patronis unnd
maͤchtigen Befoͤrderern.



[]

Hoch-Edlgeborner/ Hoch- und Wol-Edle/ Geſtrenge und
Veſte/ auch Hochgelaͤhrter: Groß- und Wolgeneigte Hoch geehrte
Herꝛen und Patronen.

VNter den Philoſophis und abſonderlichen den Moraliſten wird quæſtio-
ni
ret/ an Fortitudo Prudentiæ, an verò hæc Prudentia ſcilicet ipſi Forti-
tudini, ſit anteferenda,
und wird aus dieſem auch folgendes abgebrochen/ an
Leges Armis an vero Arma Legibus anteponenda ſint.
Wie nun die meiſten da-
hinaus fallen/ daß/ weiln ein Corpus, ob es gleich an Mannſchafft noch ſo ſtarck/
ob gleich eine Stadt und Caſtel noch ſo feſt mit Mauren/ Waͤllen und Graͤben
verwahret/ dennoch einigen Abbruch den Feinde nicht allein/ nicht thun/ beſon-
dern wider deren Angriff/ ſich nicht einſten manuteniren koͤnne/ wenn es an klu-
gen und verſtaͤndigen Leuten ihnen fehlet/ und durch deren Verſtand nichts/ wie
es ſeyn ſolle/ diſponirt und angeordnet iſt Jene die Leges, dieſen den Armis und
alſo die Prudentia und Scientia Legum der Scientiæ Armorum vorzuziehen ſey/
Vis Conſilii expers mole ruit ſuá, Horatii ſunt verba, \& ex Ennio, Cicero alle-
gat. Parvi ſunt foris arma niſi ſit Conſilium domi;
und jener Regent hat jhme
mehr Cives benèmoratos, quàm muros vallatos gewuͤnſchet; Alſo goͤnne ih-
nen ich dieſen Anſchlag gerne/ halte aber gleichwol meines wenigen Ermeſſens
dafuͤr/ daß auch die Scientia Armorum und wie ein und der andere Ort contra
hoſtium impetum
zu verwahren/ oder auch demſelben fuͤglich beyzukommen ſey
ſeines Ruhms wuͤrdig und keines ohne den andern wohl ſeyn oder deſſen entra-
then
[]DEDICATIO.
then koͤnne/ als eben der Vrſache halber ipſo in Inſtitutionum Principio der Im-
peraror Juſtinianus
die Prædicata Legum ct Armorum gleichſam hinc inde
communici
ret und das Legum proprium, quod eſt armis, Armorum verò Legi-
bus attribuiret
hat/ [quod] arma \& Leges, fraternizare quaſi videantur \& arma
Legibus, Leges vero armis indigeant, L. 1. in pr. C. d. Nov. Cod. fac.
Vnd nach-
dem daß dieſer meiner Meinung auch meine hochgeehrte Herꝛen und hochge-
neigte Patroni allerſeits beypflichten werden/ dero ruͤhmliche Conatus und gute
Proben/ ſo dieſelbe utraque in arte erſtanden und abgeſtattet/ mich perſuadiret;
So habe meine ſchuldige Obſervanz und Devotion zu conteſtiren ich Gele-
genheit geſucht/ und gegenwertigen Tractarum Forilegium Fortificatorium
Tripartitum intituliret
ſo auff meine Koſten und Verlag dem Drucke uͤbergeben/
Ewr. Hoch- und Wohl-Edl. Geſtr. und Groß-Achtb. Herꝛl. zuſchreiben wol-
len/ nicht daß denenſelben fuͤr dero meiner Wenigkeit erwieſenen großen Affe-
ction,
ich dadurch gnuͤglichen Danck erſtattet zu haben mir Einbildung mache/
beſondern daß ich nur den begierigen Willen in etwas conteſtiren moͤge/ unter-
dienſt. bittende/ dieſe Kuͤhnheit in beſten anzumercken/ und dero Affection fer-
ner hin hochgeneigt zu continuiren, ich werde dieſelbe zu verdienen/ lebenslang
ver bleiben


Halla/ am 20. Martij.
Anno
1662.
Ewr. Hoch- und Wohl-Adel. Geſtr. und
Groß-Achtb. Herꝛl.
unter Dienſt ſchuldigſter
Christoph. Mylius/ S.



[]

Vorrede an dem guͤnſtigen Leſer/


Guͤnſtiger Leſer
NAchdem ich mich Zeithero bey einem vornehmen Freunde allhier in
der Fortification etzlicher Maßen geuͤbet/ und mir ſolche Præcepta
von andern/ dieſer Wiſſenſchafft erfahrnen/ geruͤhmet worden: So habe
ich mich erkuͤhnet/ dieſelbige heraus gehen zu laſſen/ Weil aber der Autor
in Parte offenſiva
gar kurtz/ Als habe ich die nothwendigſten Stuͤcke/
was darzu noͤtig/ aus andern bewehrten Autoren zuſammen leſen/ und
die Prætepta wo ſie dunckel/ ſo viel immer muͤglich/ deutlicher expliciren
wollen/ welches ich dem guͤnſtigen Leſer/ damit derſelbe nicht in Gedan-
cken gerathen moͤchte/ als wolte ich dieſes vor meine Arbeit außgeben/ und
dadurch eintzigen Ruhm ſuchen wiſſend machen wollen. Jm uͤbrigen befehl
ich mich des guͤnſtigen Leſer beharꝛlichen Gewogenheit/ und verbleibe/


Hall/ den 20 Martij.
Anno
1662.
deſſelben
Dienſtwilligſter
Johann: Georg: Pascha.

[1]

I. N. J. A.


DJe Fortificir-Kunſt/ ſonſten Architectura militaris, Kriegs-Bau-
Kunſt/ iſt ein Stuͤck oder Theil der Geometria, welches lehret wie
man nach derſelben/ durch kuͤnſtlichen Bau und Gegen-Bau ſich wider
deß Feindes Anfall verwahren/ oder auch demſelben fuͤglich beykom-
men und Abbruch thun koͤnne/


Oder:


Die Architectura Militaris iſt eine Kunſt/ welche lehret/ wie man einen ieg-
lichen fuͤrgegebenen Ort ſol fortificiren und feſte machen/ es ſey umb denſelben
wider allerhand feindliche Gewalt und Angrieff zuverthaͤtigen/ oder ausdem-
ſelben andere feindlich anzugreiffen. Cellarius.


Architectura Militaris oder Krieges-Bau-Kunſt wird ſie genant/ zum
Unterſcheid anderer/ als Haͤuſer-Bau-Kunſt/ Schiff-Bau-Kunſt/ und der-
gleichen.


Die ſolche Kunſt verſtehen und uͤben/ werden Ingeniarii, Ingenieurs genañt
[...] ὶξοχήν weil ſonderlich zu dieſer Kunſt eines ſcharffſinnigen Nachdenckens von
noͤthen/ indem nicht alles in gewiſſe Regulen und Præcepta kan verfaſſet/ ſondern
viel des Kuͤnſtlers Verſtande/ Ingenio und Nachſinnen muß heimgeſtellet wer-
A iijden/
[2]FORTIFICATION
den. Daß ſelbige ein Stuͤcke der Geometria, wird niemand in Abrede ſeyn.
Denn gleich wie die Geodæſia, Geographia, \&c. Feldmeſſer-Kunſt; Erdbeſchrei-
bung/ Schiff-Kunſt/ und andere/ die allgemeinen Principia Geometrica, ihrem
particular ſcopo und Zweck appliciren, alſo auch dieſe/ und ſind ſolche Kuͤnſte ein-
ander ſehr nahe verwandt/ entlehnen auch offtmahls eine (ſonderlich die Fortifi-
catoria
) dieſes oder jenes von den andeꝛn. Durch die Woͤrter Bau und Gegen-
Bau/ wird ſie von andern Krieges-Kuͤnſten/ ſonderlich der Pyrotechnia, und Feu-
erwercks-Kunſt/ als durch welche man ſich auch entweder gegen dem Feinde
verthaͤdiget/ oder denſelben beſchaͤdiget/ aber doch nicht durch bauen/ ꝛc. ſepari-
ret
und abgeſondert/ denn ſolche eigentlich nicht hieher gehoͤret/ wiewohl bißwei-
len/ ſonderlich in parte offenſiva die generaliora derſelben mit eingemiſchet wer-
den; Jns gemein wird ſie getheilet in partem defenſivam \& offenſivam; Jener
begreifft den Auffbau einer Stadt und Veſtung mit denen darzu gehoͤrigen Wer-
cken/ dieſer handelt von Belagerungen/ Feld-Schantzen/ Feld-Lagern uñ derglei-
chen/ Deñ ob zwar die Belagerten in einer Stadt allerhand Gegen-Schantzen/
Gegen-Battereyẽ/ Gegen-Minen/ ꝛc. Wider den Feind bauen/ und alſo auch mit
offenſion Wercken umbgehen; Hergegẽ auch die Belaͤgerer vielerley defenſion-
Wercke/ als Redniten/ Feldſchantzen/ und dergleichen/ wider der Stadt/ als ihres
Feindes Ausfaͤlle/ oder gegen den ankommenden Entſatz/ auffwerffen muͤſſen/
heiſſet es doch allhier à potiori fit denominatio. Den weil der Belaͤgerten ei-
gendlicher und principal Zweck/ ſich gegen den Feind/ der drauſſen iſt/ zu defen-
diren,
der Belaͤgerer Scopus und Intent aber/ die Stadt und Veſtung zu offen-
diren,
[3]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
diren, oder feindlich anzugreiffen; Als gehoͤren dieſe eigendlich mit ihren Wer-
cken ad partem offenſivam, jene aber und derſelben Wercke ad partem defen-
ſivam.


Es iſt ſich aber in dieſen Præliminaribus nicht laͤnger auffzuhalten/ ſondern
vielmehr zum Wercke ſelbſt zuſchreiten/ und wird alſo dieſes Tractaͤtlein in drey-
en Theilen nachfolgender Ordnung abgehandelt; Jm erſten Theile werden
erſtlich etliche wenige/ iedoch nothwendige Geometriſche handgriffe/ ohne wel-
che man ungehindert in dieſem Wercke nicht fortkommen kan. 2. Die fuͤgliche ab-
theilung einer Scalæ oder Meßſtabes/ und was man ſonſten zu uͤbung dieſer
Kunſt fuͤr Inſtrumenta bedarff/ 3. Die Grundlegung/ wie ein Abrieß ins Feld
mit dem Inſtrument und ohne Inſtrument/ und hergegen wie ein Ort oder Plan
vom Felde auffs Pappier zu transferiren und zubringen/ beſchrieben und geleh-
ret.


Jm andern Theil wird die Architectura militaris oder Fortificir-Kunſt an
ihr ſelbſt abgehandelt. 1. Die Termini artis oder Kunſt-Woͤrter/ wie auch etliche
Termini oder Woͤrter ſo gantze Wercke/ oder ſonſt andere Kriegesſachẽ benehmẽ.
2. Die General- und Fundamental-Canones und Regulen/ mit welchen dieſe gan-
tze Kunſt gleichſam umbſchrencket und beſchrieben/ nebſt dem Unterſcheid der
Oerter/ die da ſollen befeſtiget werden/ und unterſchiedlicher ungleicher Meynun-
gen/ welche Oerter beſſer und den andern vorzuziehen ſeyn/ auch von Befeſtigung
des Grundes/ darauff eine Veſtung gebauet werden ſoll. Desgleichen wie ſtarck
eine Veſtung mit Mannſchafft zubeſetzen. Und mit was zubehoͤrungen dieſelbe
vor-
[4]FORTIFICATION
vornehmlich zuvorſehen ſey. 3. Unterſchiedliche vierzehen Maniren zu forti-
fici
rung der Regular-Royal-Wercke von unterſchiedlichen Autoren inventiret
nebſt der rechten proportion des kleinen Royals. 4. Die Regular Feldſchan-
tzen und Auſſen Wercke. 5. Die irregular-Wercke alles den einfachen grundriſſen
und Jhrer Ichnographiæ nach. 6. Aller dieſer vorigen Wercke orthographia uñ
profil. 7. Wie die Orthographia der Ignographiæ, das iſt/ die Profile, den einfa-
chen Grundriſſen zu appliciren und alſo ein vollkommen Werck zuverfertigen/
und was ſonſten bey Auffbauung der Wercke und Waͤlle zu obſerviren, und in
acht zu nehmen. 8. Wie Caſtelle oder Schloͤſſer an Veſtungen zu legen/ und wie
man ſich in Oertern ſo an Waſſer gelegen verhalten ſol/ desgleichen wie hohe
Oerter/ oder dieſelbigen Oerter/ ſo von hohen nicht weit gelegen/ zu fortificiren
ſeyn. 9. Was vor Belaͤgerung einer Veſtung vornehmlich in acht zu nehmen
ſeyn/ und wie auch von March/ und Feld-Laͤgern/ und wie dieſelben mit Trenche-
menten
unnd Schantzen/ nachdem es die Gelegenheit erfodert zubefeſtigen.
10. Von den Battereyen oder Geſchuͤtzſtellungen/ und ihrem Zugehoͤr/ ſo wohl in
als auſſerhalb der Stadt/ und den zu der Batterey/ ſo auſſerhalb der Stadt/ ge-
hoͤrigen profill, desgleichen von Cavallieren oder Katzen. 11. Von Approchen,
das iſt/ Lauffgraben/ und wie eine Gallerie oder Schirm-Dach zubereitet werden
ſoll desgleichen von Contr' Approchen und Gegen-Graben. 12. Von Miniren
oder Sprengwerck und gegen Minen. 13. Wie man ſich in einer Veſtung ehe ſie
belaͤgert wird/ verhalten muͤſſe/ deßgleichen wie ſich die Belaͤgertẽ in einer Stadt
zur Gegenwehr ſollen verfaſſet machen/ und von abſchneiden/ auch was ſonſt in
der
[5]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
der Belaͤgerung einer Stadt fuͤr Behelff an die Hand zunehmen. 14. Von Bruͤ-
cken/ Palliſaden/ Sturmpfaͤhlen/ Schlagbaͤumen/ wie auch von Beſchaffen-
heit und Zubereitung der Schantzkoͤrbe/ und dergleichen/ was in dieſem andern
und principaliſten Theil kan erinnert und beygebracht werden/ eroͤrtert und
beſehen.


Jm dritten Theil wird demonſtriret und angewieſen/ 1. Wie alle rechtlini-
ſche Triangul auszurechnen/ beydes nach der gemeinen Art durch multiplici-
ren
und dividiren, und denn auch via compendioſiori, nur durch addiren unnd
ſubtrahiren, ohne einige Multiplication und Diviſion, nemlich nach des Schot-
tiſchen Freyherrens Neperi gar kuͤnſtlichen Canone Logarithmorum. 2. Mit
einem oder dem andern Exempel angezeigt/ wie voriges nuͤtzlich in Ausrechnung
der Lineen einer Veſtung zugebrauchen. 3. Etliche Tabellen von unterſchied-
lichen Autoren, ausgerechnet ſampt derer nuͤtzlichen Gebrauch und wie aus den-
ſelben eine Veſtung zuverzeichnen und aufzureiſſen/ Alles ſo viel muͤglich auffs
kuͤrtzeſte und deutlichſte hinangehenckt/ und denn endlich 4. Und zum Beſchluß
212. Aphorismi Militares oder Krieges-Regeln welche von Herrn P. Nothna-
geln aus bewehrten Autoren zuſammen geleſen.


Erſtes Theil


CAPUT I:
Von denGeometriſchen Hand-griffen.


Sect. 1. VOn den lineen.

Die lineen ſind zweyerley/ gerade und krumme/ die
BKrum-
[6]FORTIFICATION
Krummen ſind mancherley/ gehoͤren aber keine eigentlich hieher/ als Circkel und
Circkelſtuͤcke.


Eine gerade Linee iſt die kuͤrtzeſte diſtantz zwiſchen zweyen puncten; Bey
den Lineen ſind zweyerley Accidentia und Zufaͤlle inſondeꝛheit zubetrachten/ Pa-
rallelismus
und interſectio, Parallel oder gleichlauffende Lineen ſeyn/ welche an
allen Enden und Ecken gleich weit von einander ſtehen/ und nirgend/ wenn ſie
auch in infinitum erſtreckt wuͤrden/ zuſammen kommen.


Problem. 1. Einer gegebenen geraden Lineen eine Parallel-Linie zu ziehen.
Es ſey gegeben die Liniee a b/ dieſer eine andere parallel zu ziehen/ beſchreibe
ich aus den punct c und d Bogen oder Zirckelriſſe e und f, ſo weit die parallel-
Lineen von einander ſtehen ſollen/ als nemlich in der Laͤnge A B, und ziehe genaw
uͤber ſolche Bogen eine gerade Linee g h. Wann die Linee lang/ kan man wohl 3.
oder mehr Bogen machen. Man hat zwar mehr und andere Modos dieſer abeꝛ
iſt in praxi der leichteſte und kan auff dem Felde auch leicht zu Wercke geſtellet
werden/ wenn ich nemlich die Kette oder Strick in den Puncten c und d mit
Pfaͤhlen feſt mache/ und denn ſo weit die parallel-Lineen ſollen von einander ſte-
hen/ die Bogen e und f beſchreibe/ und mit Staͤben abſtecke Fig. 1.


Problem. 2. [Einer] gegebenen Linee eine Parallel-Linee durch einen gewiſſen
gegebenen Punct auſſerhalb der Lineen zuziehen: Es ſey gegeben die Linee i k uñ
uͤber derſelben der Punct l, Als ſetze ich den einen Fuß des Circkels in den gege-
benen Punct/ und ziehe einen Bogen der die Linee gerade in m beruͤhre; Behalte
deñſelbe apertur deß Circkels/ und ſetze einen Fuß nach Beliebung auff die Linee
in
[7]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
in n, und mit dem andern ziehe ich den Bogen o, So ich nun durch den punct l,
uͤber den Bogen o eine gerade Linee als p q, ziehe/ iſt ſolche der vorigen parallel;
Da aber der punct weit auſſerhalb der Lineen als in r were/ muß ich die Linie i k
biß in s nur blind verlaͤngern/ und wie vorgemeldt procediren. Fig. 2.


Oder Fig. 3. beſchreibe ich aus dem gegebenen Punct p, den Circkel-Bogen
vv u, nach Beliebung behalte denn des Circkels-apertur, und beſchreibe aus vv
den Bogen p x, mache vv u mit p x gleicher Laͤnge/ und ziehe durch p und u die
Linee y z ꝛc. Wer mehr caſus zu wißen begehrt/ der beſehe Metium, Urſinum
Trewen/ Svventerum und andere.


Sect. 2. Von den Concurſu der Linien und Winckel:


Weñ zwey Linien (man redet dieſes Orts nur von den geraden Linien/ mit den
Krummen hat man vor dieſesmahl nichts zuſchaffen) nicht parallel/ ſondern
mit den Enden zuſamme lauffen/ machen ſie einen/ wo aber eine die andere vor-
bey laufft/ zwey: Wo ſie aber einander durchſchneiden/ vier Winckel. Solche
Winckel ſind entweder recht/ wenn nemlich die Lineen perpendiculariter, Win-
ckelrecht/ oder nach den Winckelhacken an einander fallen/ oder nicht recht/ ſon-
dern obliq. und dieſer ſind zweyerley/ ſpitziger ſo kleiner/ Stumpffe/ ſo groͤſſer
als recht.


Problem: 1. Eine perpendicular-Linie zu machen ſo gerade mitten auff
die gegebene Linee auffaͤllet/ oder ſelbige rechtwinckelich durchſchneidet. Es ſey
gegeben die Linee a b, auff dieſe ſetze ich den einen Fuß des Circkels in a, und thue
Jhn nach Beliebung/ doch etwas uͤber die Helffte auff/ und reiſſe unten und uͤbeꝛ
B ijder
[8]FORTIFICATION.
der Linee zwey Circkulriſſe/ ſolche ſchneide ich unverꝛuͤcktes Circkuls aus b, in c,
und d durch/ ziehe deñ die Linee c d, ſolche faͤllet in e auf die Linee a b perpendi-
culariter,
ſo ich ſie aber biß d verlaͤngere/ ſchneidet ſie dieſelbe rechtwincklich
durch/ und machet nicht allein mit derſelben 4. rechte Winckel/ ſondern theilet
auch ſelbige zugleich in zwey Theil; So ich aber zu den Durchſchnitt d, unter deꝛ
Linee keinen Raum habe/ thue ich den Circkul etwas weiter auff/ und mache
uͤber den Durchſchnitt c einen Durchſchnitt oder thue den Circkul etwas naͤher
zuſammen/ doch daß er uͤber die Helffte der vorgegebenẽ Linee iſt/ und mache un-
ter den Durchſchnitt c einen andern in f und ziehe durch c f eine Linee/ biß ſie die
gegebene Linee in e beruͤhret. Fig: 4. Wie ich nu oben zwey Durchſchnitte machen
kan/ wenn unten kein raum iſt/ alſo kan ich auch unten zwey Duꝛchſchnitte machẽ/
wenn oben kein raum iſt.


Conſect. 1. Wenn ich iedes Theil der Linee a b Fig. 4./ nemlich a e/ und
b e, wider obgedachter maſſen in zwey Theil theile/ ſo iſt dieſelbe in vier/ und dẽ
iedes wieder in zwey/ iſt ſie in 8. Theil/ und ſo fort an/ abgetheilet/ als g a, iſt ein
Viertheil der Liniea a b.


Conſect. 2. Eben auff dieſe Weiſe kan ich auch eine krumme Linee oder Cir-
ckul-Stuͤcke/ wie auch einen Winckel in 24. 8. oder dergleichen Theile abtheilen.
Es ſey gegeben das Circkul-Stuͤcke/ g h, als ſetze ich einen Fuß deß Circkuls in g,
thue den Circkul etwas uͤber die Helffte auff und beſchreibe uͤber demſelben ei-
nen Bogen/ ſolchen ſchneide ich aus dem andern Ende h, in i, durch/ ruͤcke den
Circkul etwas naͤher zuſammen/ (denn ſonſt faͤllet der unterſte Schnitt zu weit
hin-
[9]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
hinaus/ doch wo man wil/ und raum hat/ kan man vorige apertur des Circkuls
wohl behalten) und mache aus g und h den Durchſchnitt k unterwarts/ und
ziehe denn die Linee i k, ſolche theilet den Circkul-Bogen g h, in l, in zwey Theile/
wenn ich nun ein Stuͤck deſſelben als h l, wiederumb beſagter maſſen in zwey
Theil theile/ ſo iſt m h, ein Viertel des Circkuls-Stuͤcks/ und da die Linee i k, und
n o, einander/ als nemlich in p durchſchneiden/ iſt ſolcher punct das Centrum
deſſelben Circkul-Stuͤcks. Fig. 5. Und auff ſolche Maſſe kan man auch in ei-
nem gantzen Circkul das Centrum ſuchen/ dafern man ſolches nicht hat/ wann
man nur zwey Gemercke/ ohngefehr in die mittẽ a b in Circkul macht/ ſolch Stuͤ-
cke/ welches die zwey Gemercke begreifft/ vor ein Circkul-Stuͤcke ſich nur einbil-
det/ und angewieſener maſſen procediret, wie Fig. 6. zeiget. Gleich wie ich nun
in gerader Lineen-Zertheilung/ oben oder unten/ wenn an einem Orte kein Raum
iſt/ zwey Durchſchnitte machen kan/ alſo kan ich auch in Zertheilung eines Cir-
ckuls-Stuͤcks procediren.


Die Theilung eines Winckels betreffende/ ſetzet man einen Fuß des Cir-
ckuls in des Winckels Spitze oder punct q, und machet auff beyden Seiten Lineen/
q vv, und q x Gemerck in r und ſ, nach Beliebung/ iedoch daß ſie gleiche lang
ſeyn/ und aus dieſen Puncten den Durchſchnitt t, ſo ich nun die Linee t q ziehe/
theilet ſelbige dem Winckel in zwey Theile/ wenn ich nun den Winckel x q t oder
vv q t, wiederumb in zwey Theil theile/ ſo procedire ich wie vorhin/ und iſt vv
q u
ein Viertheil des Winckels vv q x, und die Helffte des Winckels vv q t Fig. 7.


Auff dem Felde ſchlaͤget man nur bey r und s, nachdem man die Lineen q r
B iijund
[10]FORTIFICATION
und q s, gemeſſen/ und gleich lang gemacht pfaͤhle ein/ und haͤnget ein Ende der
Ketten auff r, daß andere auff s, und nimmt zwey gleiche lange Stuͤck zu beyden
Seiten/ und haͤlt ſie mit den Haͤnden in Punct t, zuſammen und ſtecket den von
q durch t mit Staͤben eine Linee ab/ oder da die Lineen lang/ richtet man aus r
und s [perpendicular]-Lineen auff/ ſo einander in y durchſchneiden/ wie allbereit
angewieſen/ in dem man auff den Lineen q x und q vv, auff ieder noch ein Ge-
mercke machet/ in a und b, ſo lang als q s und q r iſt/ und ſtecket deñ von q durch
y eine Linee mit etlichen Staͤben ab/ ſo lang als man wil/ wie Fig. 8. weiſet/ die-
ſes iſt zuerinnern/ daß nur ein Durchſchnitt uͤber den Punct s und r, zu den per-
pendicular-
Lineen gemacht werden darff/ weiln allbereit die Puncta r, und s,
worauff die perpendicular-Lineen fallen ſollen/ verhanden ſeyn; Wenn man
nun zwey puncta hat/ kan man alſobald perpendicular oder parallel-Lineen zie-
hen/ und darff alſo des dritten Puncts nicht;


Problem. 2. Eine perpendicular-Linee/ auff eine andere zumachen/ ſo nicht
mitten/ ſondern in einem andern Punct auffaͤllet/ oder dieſelbe durchſchneidet:
Es ſey gegeben die Linee a b, und auff derſelben der punct c, auff dieſen ſoll eine
Linee perpendiculariter auffallen/ als ſetze ich den einen Fuß des Circkuls in c
und mache zu beyden Seiten auff der Linea a b in d, und e gemercke/ nach Be-
liebung/ iedoch gleiche weit. Aus dieſen Gemercken mache ich denn einen Durch-
ſchnitt in f oder nun in g, weiln ich allbereit den einen Punct in c habe/ und nicht
mehr als einen Durchſchnitt unten oder oben machen darff/ und ziehe die Linea
f c oder g c, nachdem ich oben oder unten den Durchſchnitt gemachet habe Fig. 9.


Pro-
[11]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

Problem. 3. Eine perpendicular-Linee zu machen die Gerade auffs Ende
auffalle.


Jn vorgegebener Figur ſoll ich eine perpendicular-Linien ziehen/ die auffs
Ende b auffalle/ ſetze derowegen den einen Fuß des Circkuls in b mit den andern
uͤber der Lineen hineinwerts/ wo ich hin wil/ mache ich einen Punct i, behalte
deſſelben apertur, laſſe den einen Fuß des Circkuls in i ſtehen/ und ziehe ein Cir-
ckul-Stuͤcke/ ſo die Linee a b in k, durchſchneidet/ vom k ſetze ich dich diſtantz i b,
oder i k dreymahl auff den Circkul-Stuͤcke biß in l herum/ und ziehe von l die Li-
nee l, b, Fig. 10. Oder ich ziehe von k durch i, eine gerade Linee/ in dem ich zuvor
uͤber der Lineen hineinwarts ein Punct in i gemacht/ und aus i ein Circkul-
Stuͤcke/ ſo die Linee a b, in k, durchſchneidet/ gezogen habe/ die beruͤhret daß Cir-
ckul-Stuͤcke in l, und ziehe dann die Linee l b, Fig. 11, Oder ich ſetze den einen Fuß
des Circkuls in b, mache mit dem andern uͤber der Lineen hineinwerts wo ich
wil einen Punct i, wie zuvor behalte deſſelben apertur, und mache auff der Li-
neen a b, in k ein Gemercke/ ziehe von k durch i, eine Linea/ nehme die diſtantz
von k biß i, oder von b biß i, und ſetze ſie von i biß l, und ziehe von I die Linee l b
Fig.
12. Auff den Felde laſſen ſich beyde folgende Modi am beſten practiciren, es
ſey gegeben die Linee m n, als nehme ich von m eine diſtantz in o nach beliebung/
und beſchreibe einen gleichſeittigen Triangul m o p, (welches ich gar leicht mit
der Ketten oder zwey Stricken gleicher Laͤnge zu Wege bringen kan) und ver-
laͤngere deſſen Seiten o p biß in q alſo/ daß p q ſo lang ſey als o p und ziehe den
von q auff m ein Linea Fig. 13. Oder auff dem andern Ende bey n, meſſe ich von
n in r,
[12]FORTIFICATION
n, in r, 5 Schue/ henge denn das eine Ende der Ketten auf einen Pfahl in n einge-
ſchlagen und faſſe 4. Schue/ das ander Ende henge ich auff einen Pfahl in den
Punct 3 geſchlagen/ und faſſe mit der andern Hand 5. Schue/ halte beyde Haͤn-
de zuſammen/ ſo habe ich den Punct 5/ von dannen kan ich zu n die begehrte per-
pendicular-
Linee ziehen; Jſt aber die diſtantz und die Linee lang/ nehme ich nach
voriger proportion/ 6/ 8/ 10/ oder 9/ 12/ 15/ oder 12/ 16/ 20/ oder 15/ 20/ 25/ ꝛc.
Schue/ denn 3/ 4/ 5/ iſt das Fundament/ das kan ich doppelt/ dreyfach/ vierfach/
fuͤnf-fach und ſo fort annehmen/ wann ich es doppelt nehme ſo henge ich in n ein
Ende der Ketten/ und das ander Ende in den Punct 6/ faſſe aus n, 8. Schue/ uñ
auß den Punct 6. 10. Schue/ und halte die Enden zuſammẽ/ und alſo fort Fig: 14.


Conſect. 1. Ausdieſen Fundament kan man auch am allerbeſten auf dem Fel-
de parallel-Lineen beſchreiben/ denn ſo ich erſtlich auff die Enden der Lineen m n
perpendicular-
Lineen/ wie gelehrt/ aufſetze/ und meſſe denn von m und n gleiche
lange Stuͤcke biß in u und t, und ziehe die Linee u t, iſt ſolche der Lineen m n, paral-
lel,
und iſt alſo beſchrieben das parallelogram m, n, u, t, Fig: 15.


Problem: 4. Auß einem gegebenẽ Punct uͤber der Linee eine perpendicular auf
dieſelbe zufaͤllen Solcher Punct iſt entweder faſt umbs Mittel der Linee oder na-
he am Ende: Jſt er faſt umbs Mittel/ als uͤber der Linee a b in c, ſetze ich den einen
Fuß des Circkuls in c, mache auf der Linea a b in d, und c gemercke nach belie-
bung und auß demſelben entweder unter der Lineen in f, oder iſt unten kein raum/
unter den Punct c. in g/ oder uͤber denſelben in h einen Durchſchnitt/ dañ ich darff
nur einen Durchſchnitt/ weil ich ſchon den Punct c habe/ und ziehe ſo dann die Li-
nea
[13]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
nea von einẽ Durchſchnitt durch dẽ gegebenẽ Punct/ Fig: 16. Jſt aber der Punct
gantz nahe beym Ende/ als uͤber dem Ende b der Punct i, mache ich zwey Ge-
mercke nach Beliebung/ auß i nach einander auf der Linee in k und l, auß denſel-
ben aber nach der diſtantz k i, und l i, einen Durchſchnitt in m, und ziehe die Linee
i, m, Fig: 17. Dann wann ich in dieſen nach der 16. Fig. procediren wolte/ wuͤrden
ſich die Durchſchnitte gar zu ſehr ſchleiffen und alſo die interſection nicht geſehen
werden koͤnnen/ wo der Punct were. Jſt aber unten kein raum/ ſo ziehe ich von
dem Punct i, auf die Linee a b eine ſchrege Linee nach Beliebung ſo auff derſelben
in n auffaͤllet/ und theile dieſe in o in zwey gleiche Theile/ und auß o mache ich nach
der Laͤnge n o, oder i o, ein Gemercke/ ſo die Linee a b in p durchſchneidet/ ſo ich
nu von i zu p, eine Linee ziehe/ iſt dieſe operation verrichtet Fig: 18.


Problem: 5. Einen gegebenen Winckel einem andern an eine fuͤrgeſtellte Linee
gleich zu machen.


Es ſey gegeben der Winckel a c b, Nu ſoll ich an die Linee d e in Punct f, einen
anſetzen den vorigen gleich/ als ſetze ich den einen Fuß des Circkuls in des Win-
ckels Punct c, und ziehe zwiſchen deſſelben Schenckeln den Bogen h l nach Belie-
bung/ ziehe auch mit ſelbiger Eroͤffnung des Circkuls aus dem Punct f auf die
Linee d e den Bogen g k, mache dem g i gleich h l, und ziehe die Linte i f, ſo wird
der Winckel i f g, auch gleich ſeyn dem Winckel a c b, Fig: 19.


Problem: 6. Eine gegebene Linee in gewiſſe Theile zu theilen/


Oben iſt gemeldet/ wie eine Linee in 2/ 4/ 8/ 16/ und zwar gleiche Theile abzu-
theilen/ Wenn aber andere fuͤrfallen ſo nicht gleich/ ſondern ungleich/ hat man
Cunter-
[14]FORTIFICATION
unterſchiedliche Wege/ ich wil einen nicht alleine in Theilung/ ſondern auch in
proportionirung der Lineen beqvem zugebrauchen anhero ſetzen.


Es ſey gegeben/ die Linea a b, dieſe ſoll ich in drey Theile theilen/ nehme dem-
nach eine andere fuͤr mich/ nemlich d e, lang nach Beliebung/ und ſetze Vngefehr
den Circkel von d in e f und g dreymahl fort/ doch daß d e f g, welches dreymahl
fortgeſetzet/ etwas laͤnger ſey als die Linee a b, faße denn die gantze Laͤnge d g, uñ
beſchreibe einen gleichſeitigen Triangel g h d, nehme die gegebene Linee a b, und
ſetze ſie von h biß k und i, und ziehe i k zuſammen/ ſo wird i k auch ſo lang ſeyn als
a b, ſo ich nu von f uñ e Lineẽ zu h ziehe/ durchſchneidẽ ſolche die Linee i k, (welche
mit a b, gleicher Laͤnge) in l und m, und theilen alſo ſolche in drey Theile. Fig: 20.


Wil ich ſolche Lineen in mehr Theile theilen/ ſo ſetze ich den Circkel ſo vielmahl
fort/ in wie viel Theil ich ſelbige theilen wil/ und procedire wie gelehrt.


Problem: 7. Zu dreyen bekandtẽ Lineẽ die vierdte proportional-Linee zu findẽ/
alſo daß wie die erſte zu der andern ſich verhalte/ die dritte zu der vierdten/ oder
wie die erſte zu der dritten/ die andere zu der vierdten. Als es ſeyn gegebẽ die drey
Linien a b, a c und d e, zu dieſen ſol ich die qvartam proportionalem ſuchen; Die-
ſes wird eben durch vorhergehende Triangel verrichtet; Jch nehme die Laͤngſte
a b zur Baſi , und beſchreibe den gleichſeitigen Triangel a b d, die andere a c ſetze
ich auch auf die Baſin von b in c, die dritte d e aber trage ich von d herunter biß in
e und g, und ziehe die Linee g e, ſolche iſt d e gleich/ ſo ich nun von c zu d eine Linee
ziehe/ durchſchneidet dieſelbige g e in f, und iſt alſo f e die vierde geſuchte pro-
portional-
Linee/ denn/ wie ſich verhaͤlt a b zu a c, alſo e g oder g d zu e f, wie Fig: 21.
zuerſe-
[15]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
zuerſehen. Oder ich trageauff die erſte a b nachdem ich zuvorhero einen Trian-
gul gemacht habe/ von a biß in h, die dritte d e und die andere a c ſetze ich von d in
k und l, und ziehe l k, ſolche iſt a c gleich/ ſo ich nun von h zu d eine Linee ziehe/
duꝛchſchneidet ſelbige l k, in l uñ iſt alſo auch i k die vieꝛdte geſuchte Proportional-
Linee/ denn wie ſich verhaͤlt a b zu a h, alſo i k, oder k d, oder l d zu k i, Fig. 22.


Dieſe proportion wird in Arithmeticis Regula Detri oder de Tribus genand/
und hat beyderſeits/ ſo wohl in Geometria als Arithmeticis großen Nutzen.


Sectio 3. Von Circkuͤln und Circkul-Stuͤcken.


Problem. 1. Zu einem gegebenen Circkul oder Circkulſtuͤck das Centrum zufin-
den. Es ſey gegeben daß Circkul-Stuͤck a c, zu dieſem das Centrum zu finden/
mache ungefehr umbs Mittel den Punct b, und theile denn ieglich Stuͤcke
a b und b c durch die Lineen f h und d e in zwey theile/ da ſolche ein ander als in g
durchſchneiden iſt daß Centrum, aus dieſen kan ich nun den gantzen Circkul com-
pliren Fig.
23. Alſo kan ich auch umb drey Puncta einen Circkul beſchreibẽ: Als
es ſeyn gegeben die Puncta [a] b c, dieſe ziehe ich mit zweyen Lineen/ alß a b uñ
b c zuſammen/ theile jegliche in zwey Theil/ wie oben gelehret/ da ſolche einander
als in g durchſchneiden/ iſt das Centrum, aus welchem ich umb ſelbige drey Pun-
cta einen Circkul beſchreiben kan. Fig. 24.


Problem. 2. Wenn eines Circkuls Diameter bekant/ deſſen Peripheriam und
Vmbkreiß zufinden.


Die Proportion des Diameters zum Umbkreyß zu ſuchen/ ſind zwar viele hoch
bemuͤhet geweſen/ iſt aber biß anhero noch nicht erhalten/ wird auch wohl uner-
fundẽ bleiben. 1. Reg. cap. 7. v. 23. ſtehet/ daß Salomons großer Keßel oder Meer
C ijſey
[16]FORTIFICATION
ſey 10. Ellen oben breit geweſen/ uñ eine Schnur von 30. Ellen der Umbkreiß das
iſt wie 1. zu 3. Dieſe proportion aber iſt nicht richtig; Archimedes hat folgende er-
fundẽ: Wie 7. zu 22. alſo der Diameter zum Umbkreiß/ und were alſo nach dieſer
das Meer in Umbkreyß 31 [...]. Ellen geweſen/ iſt zwar beſſer denn vorige/ und ge-
het in kleinen Circkuln an/ in großen wil ſie noch nicht Stich halten.


Ludolph von Colln koͤmmt wohl am neheſten deſſen iſt folgende:


Wie 100000000000000000000000000000000
Zu/ 314159265358979323846264338327951.

Alſo verhaͤlt ſich der Diameter des Circkuls zu ſeiner Circumferentz. Welche pro-
portio
ein wenig groͤſſer/ und ſo ich an ſtatt der letzten 1 ein 0 nehme/ iſt ſie ein we-
nig kleiner. Metius meinet/ ſein Vater ſey auch ziemlich nahe kommẽ/ uñ ſetzet wie
113. zu 355. alſo der Diameter zur Circumferentz, differirt weniger von obiger des
Ludolph von Coͤlln als \frac{1}{1000000}.


Von den Lineen und Winckeln/ ſind folgende nuͤtzliche Theoremata
zu mercken.

Theorem. 1. Die Winckel zwiſchen zwey parallel-Lineen/ eins umbs ander ge-
ſetzet (alternatim poſiti) ſind einander gleich als Fig. 25. dem Winckel a b c, iſt
gleich der Winckel d c b, und dem Winckel f c b, iſt gleich der Winckel e b c.


Theorem. 2. Die Winckel ſo Creutzweiſe gegeneinander ſtehen/ (per crucem
oppoſiti)
ſind einander gleich als Fig. 26. dem Winckel h i k, iſt gleich der Win-
ckel l i m, und dem Winckel l i h, iſt gleich k i m.


Theo-
[17]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

Thorem. 3. Ein ieglicher gantzer Circkul wird in 360. Theil oder Grad gethei-
let/ und derer ieglicher in 60. minuta prima \&c.


Theorem. 4. Ein ieglicher Winckel wird ſo groß geſchaͤtzet/ ſo viel Grad das
Stuͤcke des Circkuls hatt/ welches zwiſchen deſſen beyden Seiten oder Schen-
ckeln begrieffen iſt/ als Fig. 27. wie viel Grad der Bogen b c iſt/ ſo viel Grad wird
auch der Winckel b a c, geſchaͤtzet.


Theorem. 5. Wenn zwey Winckel von einem gleichen Circkulſtuͤcke unterzogẽ
werden/ und des einen Spitze iſt beym Centro, des andern an der Circumfe-
rentz,
iſt dieſer halb ſo groß wie jener/ als Fig. 28. iſt das Circkul-Stuͤcke a b
den beyden Winckeln a c b und a d b, unterzogen/ jenes Spitze c aber iſt beym
Centro, dieſes d bey der Circumferentz, iſt derowegen der Winckel a c b noch
eins ſo groß als der Winckel a d b.


Theorem. 6. Welche Winckel von kleinern Bogen unterzogen werden/ ſind
kleiner/ welche von groͤſſern/ groͤſſer/ welche von gleichen/ gleiche.


Theorem. 7. Die Linee/ ſo mitten durchs Centrum eines Circkels gehet/ iſt die
groͤſſeſte/ ſo in demſelben Circkel mag beſchrieben werden/ und wird der Diame-
ter,
deſſen helffte Semidiameter, und in der Trigonometria Radius oder Sinus
totus
genand.


Theorem. 8. Ein rechter Winckel haͤlt allewege 90. Grad/ wo aber eine Li-
nee auf die ander nicht Winckel-recht auf-faͤllet/ machet ſie einẽ ſpitzigen und einẽ
ſtumpffen Winckel/ welche doch beyde zuſam̃en zwey rechte oder zweymal 90/ dz
iſt 180 Grad halten/ und iſt einer des andern zu zwey rechten Winckeln Comple-
C iijment
[18]FORTIFICATION
ment, als Fig. 29. halten die Winckel a b c, und a b d, zuſammen 180. Grad.


Sect. 4. Von den Recht-Liniſchen Figuren.


Wenn mehr als zwey Lineen an den Enden zuſammen kommen/ begreiffen
ſie ein planum oder Figur, unter welchen der Triangul die erſte unvollkommẽ-
ſte/ der Circkul aber (tanqvam ex infinitis lateribus compoſitus) die letzte und
vollkommenſte; Dieſe ſind eneweder Regular/ welche alle winckel und Seitten
gleich/ oder irregular; und dieſe zwar etliche ordinatæ, in denen die gegen einan-
der uͤberſtehende Winckel und Seitten einander gleich (zu dieſen gehoͤren auch
die Oval-Figuren, aus zweyẽ Circkuln componirt) oder inordinatæ, in welchen
nichts (Es geſchehe denn etwa fortuito oder caſu, daß ein oder der ander Win-
ckel oder Linee der ander gleich fiehle) den andern gleich.


Problem. 1. Aus einer gegebenen Lineen einen gleichſeitigen Triangul zube-
ſchreiben. Es ſey gegeben die Linee a b, auß dieſer einen gleichſeittigen Triangul
zumachen/ faſſe ich derſelben Laͤnge a b, und mache auß beyden Enden a und b
oben einen Durchſchnitt in d und ziehe von d zu a und b Lineen/ Fig. 30. Jn ei-
nen Circkul wird ſolcher beſchrieben/ ſo ich den halben Diametrum ſechsmahl in
Circkel herumb ſetze/ und denn immer einen Punct vorbey ſchlagend/ eines umbs
ander gerade Lineen ziehe. Fig. 31.


Problem. 2. Aus zweyen gegebenen ungleichen Lineen einen gleichſchencklich-
ten (æqvicrurum) Triangul zu machen Jch faſſe mit dem Circkul die eine Li-
nee/ ſo die crura oder Schenckel geben ſoll/ nemblich d f, ſetze ſie auff die ander/ als
die Baſin, d e, und beſchreibe von beyden Enden derſelben Durchſchnitt in f, und
ziehe f d und e f Fig. 32.


Pro-
[19]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

Problem. 3. Aus dreyen ungleichen Lineen einen Triangtil zumachen; dieſes
wird eben gemacht/ wie das vorige/ nur daß ich zu den cruribus zwey ungleiche
Lineen/ iede abſonderlich nehme/ wie beym Triangul h i k Fig. 33. zuerſehen.


Problem. 4. Einen rechtwinckelichten Triangul zu beſchreiben: Jch beſchrei-
be umb die Baſin einen halben Circkul und mache daß ein Winckel gerade an die
Cirumferentz deß Circkels/ und die andern beyde an die Enden der Baſin fallen/
ſo iſt ſelbiger allezeit recht/ faͤlt er auch zugleich mitten in denſelben Circkul/ ſo iſt
er auch gleichſchencklicht als Fig. 34. ſind die bey den Triangul l q m, und l o m,
rechtwinckelicht/ und jener/ weil der Punct q mitten in den halben Circkul faͤlt/
gleichſchencklicht. So ich aber aus zweyen gewiſſen gegebenen Lineen umb den
rechten Winckel ſtehent/ einen machen ſoll/ ſetze ich die eine auff die ander perpen-
diculariter
auff/ wie vorhin gelehret worden/ und ziehe die andern bey den Enden
zuſammen. Fig. 35.


Conſect. Aus dieſem fundament kan ich einen ieglichen Winckel eines Trian-
guls probiren/ ob er rechtſpitzig oder ſtumpf/ denn faͤllt er oben uͤbern halben Cir-
ckel hinaus/ ſo iſt er ſpitzig/ faͤllt er gerade an die Circumferentz des halbẽ Circkuls
umb ſeine Baſin beſchrieben/ ſo iſt er recht/ faͤlt er einwaͤrts/ ſo iſt er ſtumpf/ wie
Fig. 36. an den Winckeln r q s zuſehen.


Problem. 5. Uff eine Linee einẽ rechtẽ Winckel nach eineꝛ gewiſſen gegebenẽ Laͤn-
ge anzuſetzen. Es ſey gegeben die Linee t u, auf dieſelbe ſoll ich in den Punct vv
einen rechten Winckel anſetzen/ deſſen ieglich Crus ſo lang ſey/ wie die Linee x y,
Nehme demnach die Linee x y, und beſchreibe auß vv einen halben Circkul ſolchen
theile
[20]FORTIFICATION
theile ich erſtlich durch die Linee i vv, in zwey und iedes durch die Linee b vv und
c vv wiederumb in zwey Theil/ ſo wird c vv b der begehrte Winckel ſeyn Fig. 37.


Alle dieſer Aꝛten Triãgul koͤnnen auff dem Felde mit einer Ketten/ oder mit ei-
nem oder mehr Stricken/ nach Gelegenheit beſchrieben werden. Von den Tri-
anguln ſind folgende Theoremata in obacht zunehmen.


Theorem. 1. Jn allen Trianguln machen alle drey Winckel zuſammen zwey
rechte/ das iſt 180 Grad.


Conſectio 1. So derowegẽ in einem rechtwincklichtẽ Triangul uͤber dem rech-
ten Winckel als welcher allezeit 90 Grad haͤlt/ noch einer bekant/ kan der dritte
auch nicht verborgen ſeyn/ denn er mit dẽ andern auch 90. Grad machen muß.


Conſect. 2. Jn einem gleichſchencklichten Triangul/ wenn ein Winckel bekant/
der gegen der Baſi uͤberſtehet/ koͤnnen die andern beyde auch nicht unbekand ſeyn/
denn ſo ich denſelben von 180 Grad ſubtrahire, den Reſt halbiere habe ich einen
derſelben Winckel.


Conſect. 3. Jn einem ieglichen ungleichſeitigen Triangul geben zwey bekandte
Winckel den dritten unbekandten/ denn ſo ich die beyde bekande addire/ und von
180. Grad abziehe/ gibt der Reſt den dritten.


Theorem. 2. Die Triangul ſo gleiche Seitten haben/ habẽ auch gleiche Winckel.


Theorem. 3. Die Triangul ſo gleiche Winckel haben/ haben die Seiten gegen
einander proportional.


Theorem. 4. Wenn eine Linee in einem Ttiangul eine Seite deſſelben parallel
laͤuft/ theilet ſie die andern Seiten proportionaliter/ als Fig. 38. iſt die Linee d e
der
[21]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
der Seiten a b parallel, derowegen theilet ſelbige die Seiten a c, und b c,
proportionaliter/
denn wie a c/ zu c d/ alſo c b zu c e/ etc.


Problem. 6. Ein gleichwincklicht und gleichſeittig Vier-Eck zubeſchreiben/ Es
ſey gegeben die Linea a b/ auff dieſe ſolich ein gleichſeitig Quadrat/ deſſen jegliche
Seite ſo lang ſey/ wie a b/ auffſetzen. Dieſes zu erlangen/ ſetze ich auf das Ende
a eine perpendicular-Linea/ a c/ faſſe mit dem Circkul die Laͤnge a b/ und trage
ſie von a in d/ behalte deſſelben apertur und beſchreibe auß d und b/ uͤber dem
Ende b einen Durchſchnitt in e/ ſo ich nun d e und e b zuſammen ziehe/ iſt das
Quadrat fertig. Auff dem Felde ſetze ich auff beyden Enden der Linea a b/ wie
ſchon gelehret/ perpenticularen auff/ mache ſelbige mit a b/ gleicher Laͤnge/ und
ziehe ſie oben zuſammen. Fig. 39. Eben alſo wird auch ein Parallelogram be-
ſchrieben/ nur daß zu ſolchen 2. Lineen/ derer die eine kuͤrtzer als die ander/ erfo-
dert werden. Jn dem ich auff das Ende a die kuͤrtzeſte Linea a c perpendicula-
riter
auffſetze/ faſſe dann die Laͤnge der laͤngſten Lineen und beſchreibe auß c uͤber
dem Ende b einen Durchſchnitt in c/ faſſe widerum die Laͤnge der kuͤrtzeſten und
beſchreibe auß b in e/ und ziehe c e und b e zuſammen. Fig. 40. So ich aber in ei-
nem Circkul ein Viereck ſol beſchreiben/ theile ich denſelben durch die zwey Dia-
metros f g/
und h i/ in vier Theil/ ſolches aber zuverrichtẽ/ ziehe ich erſt dẽ Diame-
trum f g/
und theile den Diametrum in zwey Theil/ in dem ich nur oben in h oder
unten in i einen Durchſchnitt mache/ weiln ich allbereit das Centrum habe/ ziehe
dann die puncta g i/ i f/ f h und h g zuſammen/ ſo iſt das Vier-Eck im Circkul be-
ſchrieben/ Wenn ich nun ein Viertheil als h f wieder in k in zwey Theil theile ſo iſt
Dh k ei-
[22]FORTIFICATION
h k eine Seite eines Achtecks/ und gehet ſolches in einen dergleichen Circkul acht-
mal herumb/ Fig. 41.


Problem. 7. Ein gleichſeittig Fuͤnff-Sieben- und Zehen-Eck in einen Circkul zu
beſchreiben/ Fig. 42. Ziehe ich durch des gegebenen Circkuls Centrum a den Dia-
metrum c b,
den halben Diametrum a b, theile ich in d in zwey Theile/ und richte
zugleich auß a und d perpendicularen auf/ ſo den Vmbkreiß des Circkuls in e
und l, beruͤhren/ ſetze denn den einen Fuß deß Circkuls in d, und thue ihn auf biß
in e, und ziehe den Bogen e f, deſſen Subtenſa e f, iſt eine Seite eines Fuͤnffecks/ f a,
eines Zehenecks/ d l, aber eine Seite eines Siebenecks in ſelbigen oder dergleichen
Circkul zu verzeichnen.


Problem. 8. Ein Regulier Neun-Eck zu beſchreiben.


Jch beſchreibe nur erſtlich einen gleichſeittigen Triangul in den Circkul/ und
theile denn ein jedes Bogenſtuͤck wieder in drey Theile/ ſo wird ſolches ein Neuͤn-
Eck geben/ Fig. 43.


Oder ich theile den Semidiametrum A B in C halb/ und ziehe durch ſolchen
Mittelpunct des Sediametri C, eine Winckelmaͤſſige oder perpenticular-Sub-
tenſa D E,
die den Circkul auff beyden Seiten in D und E beruͤhre/ darnach ma-
che ich uͤber den Semidiametrum A B mit unverruͤcktem Reiß Circkul/ darauß der
Vmbkreiß beſchrieben worden/ auß D und E zween Bogen A G B und A F B,
und theile denn ferner den Semidiametrum A B in 3. gleiche Theile/ und ziehe
durch den beym Centro A nechſten Theil eine perpendicular-Linee F G, welche
die beyde Bogen in F und G beruͤhret/ wenn ich nun das Linial an das Centrum
A, und
[23]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
A, und dieſe Puncta F und G anlege/ ſo begreiffen die nach dem Linial gezogen
zwo Lineen A F H und A G I, im Vmbkreiße den neunden Theil des Circkuls/
deſſen Subtenſa H I, iſt die Seite der Neun-Ecken/ und ſo ich damit auff dem Cir-
ckul herumb fahre/ und die Bogen mit Lineen unterziehe/ ſo ſchlieſſet ſich das
Neun-Ecke/ wie Fig. 44. zeiget.


Problem. 9. Ein Regulier Fuͤnffzehen-Eck in einem Circkul zu beſchreiben/
Dieſes zu verrichtẽ/ beſchreibe ich erſtlich in demſelben ein Drey-Eck/ und denn ein
Fuͤnff-Eck/ alſo daß dieſe beyde in einem Winckel zuſammen lauffen/ ſo gibt die
Diſtantz der unterſten Puncten deß Trianguls und Fuͤnff-Ecks eine Seite deß
Fuͤnffzehen Ecks/ als Fig. 45, a b und c d.


Problem. 10. Noch etliche andere Polygonal-Figuren/ ſo mit den andern kei-
ne Verwandtſchafft/ oder auß denſelben deduciret werden koͤnnen/ Mechani-
ce
zu beſchreiben/ zu einem Eilff-Eck/ theilet man den halben Diametrum in 16.
Theile/ derſelben 9 ſind eine Seite deſſelben.


Eine Seite deß Dreyzehenecks gibt der halbe Diameter in zwey Theile gethei-
let/ Weiln aber gemeiniglich der halbe Semidiameter hierzu in etwas zu groß faͤl-
let/ und den Circkul nicht gantz genau eintheilet/ ſo kan man ein wenig darunter
biß auff 13. von 27. Theil deß Semidiametri nehmen/ und da es nicht gantz ein-
treffen wolte/ etwas mit dem Reiß-Circkul nach oder zu geben/ ſintemal dieſes
ohne daß nur ein Modus Mechanicus iſt/ ſelbiger in 30. Theile getheilet/ derer 11.
machen eine Seite deß Siebenzehen-Ecks.


So ich einen gleichſeittigen Triangul in einem Circkul beſchreibe/ und eine
Seitte deſſelben Trianguls in fuͤnff Theil theile/ iſt ſolcher ein Theil eine Seite
deß Achzehen-Ecks.


D ijZum
[24]FORTIFICATION

Zum Neunzehen-Eck nimbt man ⅓ deßhalben Diametri. Weil aber dieſe Cir-
ckul-Theilung nur mechaniſch/ und ziemlich muͤheſam/ pflegt man ſich derſel-
ben nicht gern zu gebrauchen/ ſondern man kan Adiæ trewen Rath hierinne fol-
gen und mit auff- und zuthuung des Circkels ſo lange ſuchẽ/ biß man die begehrte
Theilung findet/ oder wie Metius wil/ welches beſſer iſt/ ich theile den Circkul
durch zwey Diametros in vier gleiche Theil/ und ein Viertheil deſſelben wieder
in ſo viel Theil/ als der Circkul ſol getheilet werden/ dieſe viere geben denn eine
Seite der begehrten Vielſeittigen Figur. Sonſten kan man ſich auch folgen-
der Tabellen gebrauchen. Jn der erſten Columna ſeynd die Seitten der Regu-
lar-Figuren/ von Dreyeck biß zum Dreißig Eck aufgezeichnet/ wenn der Radius
oder der halbe Diameter 100. Ruthen/ o Schue/ 9 Theile oder Zolle haͤlt. So ich
nun auß einen bekanten Maaßſtabe 100. Ruthen/ o Schue/ o Zoll/ nehme/ und
einem Circkul beſchreibe/ kan ich auß beygefuͤgter Tabelle leicht die Seite/ nach
jhrer Zahl finden/ und/ ſo offt noͤtig/ in den Circkul herumb ſetzen.


So
[25]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

So ich aber auß einer gegebenen Linea und unbekandten Radio oder halben
Diametro eine vielſeittige Figur beſchreiben ſol/ muß ich mich der proportio-
ni
rung gebrauchen. E. gr. Es ſey gegeben die Linea a b, 60. Ruthen/ oder 600.
Fuß/ auß dieſer ſol ich ein Siebeneck beſchreiben/ deſſen jegliche Seite 600. Fuß
halte/ Spreche derowegen per Regulam de tribus die Seite eines Siebenecks in
beſagter Tabell 86. R. 7. S. 8. Zoll gibt den halben Diametrum, 100. R. o. S.
o. Zoll/ Was gibt die Linea a b, von 60. Ruthen/ o/ Schue/ o Zoll/ vor einen
halben Diametrum.


Multiplicire derowegen 60. Ruthen/ o/ Schue/ und o. Zoll/ mit 100. Ruthen/
o/ Schue/ und o/ Zoll/ und was herauß kombt/ dividire ich mit 86. Ruthen/
7 Schue 8. Zoll/ ſo kommen 69. Ruthen/ 1 Schue/ und 4 Zoll zum halben Dia-
metro
herauß: So ich nun dieſe auß einem Maaßſtabe faſſe/ und einen Cir-
ckul beſchreibe/ nehme darnach aus ſelbigen Maaßſtabe 60/ Ruthen/ o/
Schue/ o Zoll/ reichen ſelbige gerade ſiebenmal herumb/ und theilen den Circkul
in ſieben Theile/ und alſo procedire ich auch mit denen andern Exempeln,


So ich aber Geometricè ohne Calculation den begehrten halben Diametrum
ſuchen wolte/ nehme ich auß einen Maaßſtabe den Radium oder halben Diame-
trum c d,
100. Ruthen/ o Schue/ o Zoll/ und beſchreibe mit demſelben den gleich-
ſeittigen Triangul c ſ d, faſſe denn auß ſelbigem Maaßſtabe die Seitte deß Viel-
Ecks/ ſo ich beſchreiben wil auß obiger Tabelle/ E. g. eines Siebenecks/ welche iſt
86. Ruthen 7. Schue/ 8. Zoll/ trage ſelbige in dem Triangul von f biß in g und h
herunter/ und ziehe die Linee g h, auff dieſe trage ich die Linca ab, 60. Ruthen/
o. Schue/ o. Zoll/ von h, biß in i, alſo daß h i mit a b gleicher Laͤnge ſey/ und ziehe
D iijvon
[26]FORTIFICATION
von f, durch i, eine Linee/ ſo die Baſin deß Trianguls in e beruͤhret/ alſo wird e d
der begehrte halbe Diameter oder Radius ſeyn/ mit welchem/ ſo ich einen Circkul
beſchreibe/ reichet die Linea a b oder h i, gerade ſiebenmal in denſelben herumb/
und alſo mit allen andern/ Fig. 46. Jſt aber die gegebene Seite laͤnger/ als die
in der Tabellen/ E. gr. Es ſey gegeben vorige Linea a b, auß dieſer ſol ich ein
Sechzeheneck beſchreiben/ als nehme ich wiederum auß dem Maaßſtabe den Ra-
dium
oder halben Diametrum c d, 100. Ruthen o. Schue/ o. Zoll/ und beſchreibe
mit demſelben den gleichſeittigen Triangul c f d, und nehme dann auß der Ta-
belle die Seite eines Sechzehen-Ecks/ nemlich 39. Ruthen/ o Schue/ 2. Zoll/ und
ſetze ſie von f biß k und l, und ziehe die Linea k l, ſolche verlaͤngere ich biß in m, und
trage die Linea a b biß auff k m, alſo daß k m, gleich ſey ab, 60. Ruthen/ o Schue
o Zoll/ verlaͤngere die Baſin von c biß in n ein Stuͤcke nauß/ und ziehe von f
durch m eine Linea/ ſo die verlaͤngerte Baſin, d c in n, erreichet/ und iſt alſo d n,
der geſuchte halbe Diameter, mit welchem/ ſo ich einen Circkul beſchreibe/ gibt
k m oder a b ein Latus oder Seite eines 16. Ecks in demſelben. Fig. 47. 3. So
letzlich die Seite in der Tabellen laͤnger iſt/ als der Radius, welches ſich nur
begibt in Drey-Vier- und Fuͤnff-Eck alleine/ als E. G. in Vier-Ecken/ ſo
nehme ich abermals auß dem Maaßſtabe den Radium oder halben Diame-
trum c d,
100. Ruthen/ o. S. o. Zoll/ und beſchreibe mit demſelben den gleich-
ſeittigen Triangul c f d, und verlaͤngere die Seiten f c, und f d, biß in o und
p, alſo daß f o und f p eine Seite deß Vier-Ecks auß der Tabellen/ nemblich
141. Ruthen/ 4. Schue/ 2. Zoll halte/ ziehe die Linee o p zuſammen/
und
[27]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
und trage von p in q die gegebene Linea a b, und ziehe denn von q, zu f eine Linee/
ſolche durchſchneidet die Baſin deß Trianguls in r, und iſt alſo d r, der geſuchte
Radius oder halbe Diameter, mit welchem/ wenn ich einen Circkul beſchreibe/ ge-
het p q viermal in denſelben herum/ Fig. 48.


Die ander Columna haͤlt in ſich die perpendicula der Trianguln in den vielſei-
tigen Figuren; Dieſer Nutzen iſt/ wenn ich die Latera oder Seiten mit jhren per-
pendiculis multiplicire,
das product halbiere/ und den Reſt mit der Zahl der
Seitten wieder multiplicire allhier mit 7/ weiln es ein Sieben-Eck iſt/ was her-
aus komt/ gib mir den Superficial-Jnhalt der gantzen vielſeittigen Figur. Da
aber die Seitten der Figuren anders ſeynd/ als in beygefuͤgter Tabelle/ muß ich
auch/ wie vor/ nach denſelbẽ proportionaliter die perpendicula ſuchẽ/ Als/ wenn
eine Seite in 7. Eck/ 60 Ruthen/ o Schue/ o Zoll were/ ſpreche ich/ die Seite der
Tabellen in Sieben-Eck 86. Ruthen/ 7. Schue/ 8. Zoll/ gibt das perpendiculum
90. Ruthen/ 1. Schue/ o Zoll/ was gibt die Seite 60. Ruthen/ o Schue/ o Zoll
vor ein perpendiculum; Wann ich nun 60. Ruthen/ o Schue/ o Zoll/ mit 90.
Ruthen/ 1. Schue/ o Zoll/ multiplicire, und was heraus kombt/ mit 86. Ruthen
7. Schue 8, Zoll dividire, ſo kommen herauß 62. Ruthen 2. Schue/ 9. Zoll/ dieſe
miteinander multipliciret, geben 3737.40.00. derer Helffte/ 1868.70.00. mit 7.
multipliciret, kommen 13080.90.00. das iſt 13080 quadrat-Ruthen/ 90 quadrat-
Fuß. oo quadrat-Zoll fuͤr den Superficial-Jnhalt eines Sieben Ecks/ deſſen jeg-
liche Seite 60. Ruthen/ o Fuß/ o Zoll halte \&c.


Problem. 11. Auff eine jede gegebene Linea eines jeden begehrten Viel-Ecks/
Poly-
[28]FORTIFICATION
Polygon oder Figur, wie auch Centri Winckel auffzuſetzen. Es ſey gegeben die
Linea a b, auff dieſe ſol an den Punct c eine Linea fallen/ die auff der eine Seiten
den Polygon, auff der andern den Centri Winckel eines Fuͤnff-Ecks gebe; Als be-
ſchreibe ich aus dem Punct c einen halben Circkel nach Beliebung/ theile denſel-
ben in 5 Theile/ und ſchneide ſolcher 2 durch die Linea c d ab/ ſo iſt b c d des Cen-
tri,
und a c d der Figur Winckel eines Fuͤnffecks. Fig. 49. und alſo auch in an-
dern/ es ſeyn 6/ 7/ 8 Eck/ \&c: ſo muͤſſen allezeit 2. Theil fuͤr den Winckel deß Cen-
tri
abgeſchnitten werden/ und in ſo viel Theil muß der halbe Circknl getheilet wer-
den/ ſo viel Eck die begehrte Figur haben ſol/ als in 9 Eck in 9. Theil/ in 12. Eck in 12.
Theil und ſo fort an/ allezeit aber werden 2. Theil vor dem Centri Winckel abge-
ſchnitten.


Problem. 12. Ein Oval, oder Figur/ wie ein Ey geſtalt/ auffzureiſſen/ Dieſe
und die beyden nachfolgenden Figuren/ ſo man Irregulares ordinatas nennet/
ſchicken ſich gar wol/ alte gebauete Staͤdte/ die meiſtentheils in die Laͤnge/ oder
auff den Principal-Gaſſen nach den Pforten zu außgebauet/ an den Seitten
aber eingezogen/ und alſo nicht ohne groſſe Erweitterung oder Abſchneidung in
Rcgular-Figuren koͤnnen gebracht werden/ damit zu belegen: Jetzo wird nur
angewieſen/ wie ſolche Figuren zu vorzeichnen; Wie ſie aber ſollen gefortificirt
werden/ wird unten gemeldet. Eine Oval-Figur zu machen beſchreibet man
E. G. auf die Linea a b einen gleichſeittigen Triangul a b c, und auff der andern
Seiten auch einen a b d, und verlaͤngert deſſelben Crura oder Schenckel zu bey-
den Seiten in e f g, und h, nimbt denn mit dẽ Circkul eine Laͤnge nach Beliebung/
und
[29]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
und reiſſet aus dem Punct a zwiſchen die Lineen e f ein Circkul-Stuͤck i k, behaͤlt
deſſelben Circkuls apertur und reiſſet aus b auch ein ſolches/ nemlich l m, ſetzet
dann einen Fuß des Circkuls in d, und thut ihn auff biß k, und reiſſet den Bogen
l k, behaͤlt deſſelben apertur, und reiſſet aus c den Bogen i m, ſo iſt die Oval-Fi-
gur fertig. Fig 50.


Problem. 13. Die andern Irregulares ordinatas, zubeſchreiben. \&c. Vnter
dieſen hat die erſte die Seitten eines umbs ander laͤnger und kuͤrtzer/ und wird
aus einem Regular, Sechs-Acht- oder Zehen-Eck genommen; Dieſe zu verzeich-
nen/ mache ich eine Regular-Figur, ſo halb ſo viel Seiten hat/ als dieſelbe/ daraus
ſie genommen/ als iſt ſie aus den Sechs-Eck/ einen Triangul/ aus dem Acht-Eck/
ein quadrat, \&c. Allhier wird das Sechs-Eck behalten/ nehme derowegen aus
vorgehender Tabelle aus einem Maaßſtabe die Seitte eines Sechs-Ecks/ 100.
Ruthen o. Schue/ o Zoll/ und beſchreibe den Triangul a b c, und uff deſſen jegli-
che Seite mache ich ein Parallelogram, deſſen kuͤrtzeſte Seiten die Laͤnge des Per-
pendiculi
im Sechs-Eck 86. Ruthen/ 6. Schue/ o Zoll haben/ nemlich a b f g,
b c d e, a c i h,
verlaͤngere dann die auswendigen Seitten der Parallelogrammen
zu beyden Seiten hinaus/ und verlaͤngere auch die Seiten des Trianguls/ biß ſie
mit den auswendigen verlaͤngerten Seitten der Parallelogrammen in den Pun-
cten k l m n und o p zuſammen ſtoſſen/ und ziehe dann k l, m n, und o p auch zu-
ſammen Fig. 51. Die ander dieſer Art zeucht ſich in die Laͤnge/ und hat nur die
zwey gegen einander uͤber ſtehende Seitten laͤnger als die andern/ Jch ziehe eine
Linea a b von 100. Ruthen. o Schue/ o Zoll/ und ſetze an dieſelbe zu beyden Sei-
Eten 2.
[30]FORTIFICATION
ten 2 Parallelogrammen nach obiger proportion, als a b, c d, und a b e f, verlaͤn-
gere die außwendigen Seiten der Parallelogrammen wie auch die Linee a b zu
beyden Seiten hinaus/ aus den Puncten a, und b ziehe ich mit dem Radio 100.
Ruthen/ o. Schue/ o Zoll einen halben Circkul/ ſolcher beruͤhret die verlaͤngerte
außwendige Seiten der Parallelogrammen in g, h, i, k, und die verlaͤngerte Li-
nee a b, in l und m, von g und i, Jtem/ von h und k ziehe ich zwey Latera oder
Seitten eines Sechs-Ecks biß in l und m. Jſt die Figur aber auß dem Acht-Eck
genommen/ theile ich die Circkul-Stuͤcke g l i, und h m k in drey auß dem Zehen-
Eck in vier Theil. Wil man die Figur lang haben/ kan man die Seitten der
Parallelogrammen c d und e f, 2/ 3 oder 4 mal ſo lang nehmen/ doch denn muß
man auch 2/ 3/ 4 oder mehr platte Bollwerck daran legen/ davon hernacher/
Fig. 52.


Theorem. 1. Eine iegliche Regulier-Figur haͤlt ſo viel gleichſchencklichte Tri-
angul in ſich/ als ſie Seitten hat/ derer Puncta in Centro zuſammen lauffen.


Theorem. 2. Eine iegliche Irregulier-Figur/ kan in ſo viel ungleichſeittige
Triangul/ als ſie Seitten hat/ abgetheilet werden/ weniger zwey. Als/ eine fuͤnff-
ſeittige gibt 3. eine ſechsſeittige 4. Triangul/ wie Fig. 53. a b c d e zu ſehen/ Denn
ſo ich von dem Winckel a zu d und c, Lineen ziehe/ werden drey Triangul daraus/
als a b c, a c d, und à d e.


Theorem 3. Einer ieglichen vielſeittigen Figur Winckel machen in einer
Summa ſo viel rechte Winckel/ oder halten ſo vielmal 90 Grad/ als die Figur
doppelte Seitten hat/ weniger viere. Als/ ſo ich habe eine fuͤnffſeittige Figur/ iſt
derer
[31]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
derer duplum zehen/ davon viere/ bleiben ſechſe/ machen alſo alle Winckel dieſer
Figur ſechs rechte/ oder halten ſechsmahl 90. Grad/ das iſt 540. in einer
Summa.


Conſect. Hierinne beſtehet nun die rechte Proba, wenn ich einen Orth nach
den Winckeln ineſſe/ ob die Winckel auch recht genommen ſeyn; denn komt derer
Summa zuſammen genommen/ mit obgedachter Regul uͤber ein/ hab ich recht
obſerviret, wo nicht/ iſt in einem oder andern Winckel ein Fehler begangen. Die
außwendige eingebogene Winckel aber haben hier nichts mit zuthun/ ſondern
ich rechne die eingebogene Seitten nur fuͤr eine gerade Lineen/ die eingebogenen
Winckel aber ziehe ich von 180 Grad ab/ den Reſt aber von der zuſammen gecol-
ligirten
Summa der Winckel/ Vid. Pitiſc. Trigon.


Theor. 4. Einer ieden vielſeittigen Figur Jnhalt zu finden/ iſt am beſten/
daß man ſelbige zu Triangulen mache/ eines ieglichen Trianguls Jnhalt abſon-
derlich ſuche/ und denn zuſammen in eine Summam colligire.


Eines ieglichen Trianguls Jnhalt wird gefunden/ ſo ich ein Perpendiculum,
(welches eine Linea iſt/ von einem deſſelben Winckel auff die gegen uͤberſtehende
Seitte perpendiculariter, oder recht wincklicht auffallend) mit der halben Baſi/
oder die halbe Baſin mit dem gantzen Perpendiculo multiplicire, oder auch das
gantze Perpendiculum mit der gantzen Baſi, und das Product halbiere/ Solches
gibt den Superficial-Jnhalt deſſelben Trianguls/ Do his \& aliis vid. Sebaſtia-
num Curtium
von Landmeß.


Theor. 5. So ich die gantze Circumferentz eines Circkuls mit der Zahl der
E ijSeiten
[32]FORTIFICATION
Seiten der Figur dividire, was heraus kombt/ gibt mir den Winckel beym Cen-
tro,
dieſen von 180. abgezogen/ bleibt der Figur- oder Polygon-Winckel/ Als ſo
ich 360. mit 5. dividire, kommen 72. iſt ſolcher der Winckel des Centri in Fuͤnff-
Eck/ dieſen von 180 abgezogen/ bleiben 108. Gr. fuͤr den außwendigen Figur-
oder Polygon-Winckel/ und alſo auch in andern.


Das ander Capittel
Von der Maße und
Inſtrumenten,zu Vbung
der
Fortificir-Kunſt noͤtig.


Sectio I.
Von der Maße.


Von dieſem iſt zu mercken/ daß ſelbige an unterſchiedlichen Oertern unter-
ſchiedlich/ nicht allein was die Schue/ ſondern auch die Ruthen betrifft: Denn
erſtlich die Schue anlangend/ gebrauchen ſich etliche der Nuͤrnberger/ Straß-
burger und anderer Stadt-Schue: Etliche einer halben Brabandiſchẽ/ ander ei-
ner halben Schwediſchen Ellen: Etliche rechnen nach Geometriſchen Schritten
fuͤnff Schuauff einen Schritt/ und zwey Schritt auff eine Ruthe. Am ge-
braͤuchlichſten aber iſt/ ſonderlich in den Niederlanden/ der Colniſche oder Rein-
laͤndiſche Schu/ welcher mit der alten Roͤmer Schu/ wie Snellius wil/ uͤberein
kommen ſol. Zum andern die Ruthen: So nehmen etliche 16. etliche 12. Fuͤß oder
Schu
[33]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
Schu auff eine Ruthe. Die Recentiores aber behalten zwar die Reinlaͤndi-
ſche zwoͤlfffuͤſſige Ruthe in ihrer rechten Laͤnge/ theilen aber ſolche nicht in 12. ſon-
dern umb beſſerer Bequemligkeit halber im rechnen in 10. Theile/ welche ein jeder
ſeiner Beliebung nach Schue oder Zehender einer Ruthen nennen mag/ derer
auch in hernachfolgender Calculation ſollen gebrauchet werden/ daß zwar Ru-
then/ Ruthen ihrer rechten Laͤnge nach bleiben/ ſolche aber werden in Zehentheil/
und ieder Zehender wieder in zehen Zoll/ und Theile getheilet/ welche die 12. oder
16. ſchuige Ruthe behalten/ theilen auch wieder einen Fuß in 12. oder 16. Theil.
Allhie iſt zu mercken/ wenn in dieſem Tractat eine Zahl gefunden wird/ ſo mit
Puncten unterſchieden/ daß die erſte Ruthen/ die ander Schu/ und die dritte
Zoll bedeute/ als wenn ich ſetze 17. 8. 4. ſeynd 17. Ruthen/ 8 Schue/ 4 Zoll/ oder
17\frac{84}{106} Wie die zwoͤlfffuͤſſige Ruthẽ in zehenfuͤſſige/ und hergegen ſollen verendert
werden/ haben Freitagius und Svventerus in ſonderliche Tabellen verfaſſet.
Die beygefuͤgte Linea A B iſt ein Viertheil deß Nuͤrnbergiſches/ C D des Rein-
laͤndiſchen Schuhes/ nach der zwoͤlfffuͤſſigen Ruthen/ wie er von Metio, Freita-
gio,
und Lochmanno verzeichnet/ E F aber ein Viertheil eines Zehen Wercke einer
Reinlaͤndiſchẽ Ruthẽ/ und koͤnnen ohne Jrrung dafuͤr gebraucht werdẽ Fig. 54.


Problem. Einen kleinen Maßſtab oder Meß-Linee/ darnach die Figuren auff
dem Papier ins klein auffzureiſſen/ zumachen. Dieſen belangend/ kan ich denſel-
ben groß oder klein machen/ nach dem ich die Figuren haben wil/ Als ich ziehe ei-
ne Linea a b, faſſe den Circkul zuſammen/ und ſetze ihn von b in c, 10. mal fort/
nehme denn alle 10. Theile b c/ und trage ſie noch etliche mal fort/ nehme denn
E iijall
[34]FORTIFICATION
5. mal/ die kleinen gelten Fuͤß/ die groſſen Ruthen/ Fig. 55. Da ich aber die Thei-
lung noch genauer haben wil/ kan ich folgende Schalam oder Meßleiter verfer-
tigen: Jch ziehe eine lange Linee c d nach Beliebung/ und dieſer auf 1. oder 1½ Zoll
breit eine ander f h, parallel, und connectire beyde mit der Linea c f, nach rechten
winckeln/ thue darnach den Circkul ſo enge zuſammen/ als ich wil/ nach dem ich
die Scal groß oder klein haben wil/ und ſetze ihn in ſolcher Diſtantz von c in e/ und
von f in g zehenmal fort/ faſſe denn alle zehen Theile c e, und trage ſie auff der
oberſten und unterſten Parallel-Linien etliche mal fort/ als hier viermal/ und
ſchlieſſe alſo das Parallelogram, c d f h, ziehe auch die gegeneinander uͤberſtehen-
de Puncta mit Quer-Linien zuſammen/ die Quer-Linien c f und d h, theile ich in
10. Theile/ und ziehe noch zwiſchen den Lineen c d und f h, neun andere mit dieſer
Parallel; Mit den kleinen Theilungen aber procedire ich alſo: Jch fange bey g
an/ und ziehe biß e, eine Quer-Lineenauffwerts/ von e ziehe ich wieder biß i eine
Quer-Linien niederwerts/ und von dannen wieder biß 2. auffwarts/ von 2 zu 3/
wieder niederwarts/ und ſo fort an/ biß in den Punct c, zeichne die oberſten
Puncta von e biß c mit 2/ 4/ 6/ 8/ 10/ und die unterſten von g biß f, mit 1/ 3/ 5/ 7/ 9/
10/ die Parallel-Lineen aber zeichne ich ſo wol niederwarts von c, biß f, als auff-
warts von g, biß e, mit 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. Die andern Zwerg-Linien aber
oben und unten mit 1. 1. 2. 2. 3. 3. \&c. als gleiche gegen einander uͤberſtehende Zah-
len/ und iſt alſo die Schala fertig. Fig. 56.


Jhr Gebrauch nun iſt dieſer; Jch habe eine Linee i k, ſolcher rechte Laͤnge auff
der Schal zu erfahren/ faſſe ich dieſelbe mit dem Circkul/ und trage ſie auff den
paral
[35]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
parallel-Lineen auff und nieder/ biß ſie mit beyden Enden/ mit einem in den groſ-
ſen/ und mit dem andern in den kleinen Theilungen eine Zwerg-Linea (doch auff
einer Parallel) beruͤhre/ als die gemeldte faͤlt in den groſſen Theilungen mit einem
Ende auff die Quer-Linee 1. 1. und in den kleinen/ uff der fuͤnfften Parallel-Linien
erreicht ſie mit dem andern die Quer-Linea zwiſchen 6. und 7, Als ſage ich/ ſolche
Linea ſey lang 1. Ruthe/ 6. Schue. 5. Zoll. Dieſes iſt zu mercken/ wann der Circkul
auf eine Linee/ ſo von oben herunter laufft/ zu ſtehen kombt/ ſo zehle ich die Schue
oben/ und die Zoll von c herunter biß f, wenn aber der Circkul auf eine Linee/ ſo
von unten herauf laufft/ zu ſtehen kombt/ ſo zehle ich die Schuh unten/ und die
Zoll von g biß e herauff.


Conſect. Dieſe Schala iſt auch nuͤtzlich allerley Art Linien nach Beliebung zu
theilen. Es ſey gegeben die Linea l m, die ſol ich in 3. Theil theilen/ als faſſe ich die-
ſelbe mit dem Circkul/ ſetze denn einen Fuß in g/ und den andern auf die dritte
Quer-Linie in o/ und ziehe die Linea g o, welche gleich iſt l m, und von den Quer-
Lineen 1. 1. 2. 2. 3. 3. nicht allein in 3. Theile/ ſondern auch von den Parallel-Lineen in
9. gleiche Theile getheilet wird. Jſt die Linea lang/ und ſol in viel Theile gethei-
let werden/ kan ich ein Theil zwey oder drey gelten laſſen; Jſt ſie kurtz/ kan ich die
Parallel-Linien zur Theilung/ an ſtatt der Quer-Lineen/ gebrauchen. Wer es noch
genauer ſucheu wil/ kan eine ſolche Meßleiter oder Inſtrument zurichten/ wie
Svventerus beſchreibet/ Tract. 1. lib. 1. propoſ. 15. auf welchen man ein 100. Theil
eines Zolles finden kan/ Solche Scrupuloſitaͤt aber wird dieſes Orts unnoͤtig ge-
achtet.


Sectio
[36]FORTIFICATION

Sectio II.
Von den Inſtrumenten.


Die Inſtrumenta ſind zweyerley/ etliche gebrauchet man auff dem Felde/ ettli-
che auff dem Papier. Jm Felde gebrauchet man insgemein/ Erſtlich/ einen hal-
ben oder gantzen Meſſings-Circkul (wer einen gantzen gebrauchen wolte/ koͤnte
des Metii Anleitung nach/ das Linial nicht beym Centro, ſondern bey der Cir-
cumferentz
anmachen/ und den gantzen Circkul nur in 180. Grad theilen/ ſo
wuͤrden die Theilungen noch eins ſo groß/ als ſonſten; Man kan auch nur einen
Quadranten/ ja Sextanten und Octanten/ das iſt vier/ ſechs/ und acht Theil ei-
nes Circkuls gebrauchen/ und da die Winckel groͤſſer fallen/ mals man ſie auff dẽ
Inſtrument haben kan/ an ſtatt derſelben ihre Complementa nehmen/ aber dieſes
iſt nicht fuͤr einen Incipienten, ſondern fuͤr einen in dieſer Kunſt geuͤbeten/ der ei-
nen Winckel auß dem andern zu colligiren weiß/ denn ſonſt gibt es leichtlich Jr-
rung: Dieſer gantze oder halbe Meſſings Circkul (welcher am gemeinſten) wird
mit oder ohne ein Compaß zugerichtet/ wer einen ſolchen nicht hat kan fuͤr den-
ſelben ein fein viereckicht oder rund und glatt gehobelt Brett/ und ein Lineal mit
zweyen Abſehen/ von Meſſing oder Zinn/ (welches faſt beſſer/ weil es fein ſchwer
und gewiſſe lieget) fein ſtarck gemachet/ auff einen dreybeinichten hoͤltzern
Stul geleget/ gebrauchen. Vnd kombt man hiermit faſt beſſer/ gewiſſer und ge-
ſchwinder fort/ denn mit den kuͤnſtlichen Inſtrumenten: denn erſtlich kan man
als fort ex tempore auff dem Felde einen jeglichen Plan damit in den Grund
legen/
[37]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
legen/ und darff man nicht allererſt die Winckel in eine Schreibe-Taffel/ (wel-
ches ſonderlich bey kalten Wetter ſehr beſchwerlich und leicht Jrrungen verur-
ſachen kan) verzeichnen/ und denn zu Hauße auffs Papier mit einem Transpor-
teur
uͤbertragen; Zum andern/ kan man ſtracks/ wenn die Figur auffs Brett ge-
riſſen (auff welches doch ein Papier zuvor fein glatt aufgeklebet oder gehefftet
ſeyn muß) dieſelbe in Augenſchein nehmen/ und bald ſehen/ ob etwa hie oder da
ein Fehler begangen/ und denſelben leicht endern. Zum dritten/ gibt es mit dem
einſtecken des Stabes groſſe Beſchwerung/ dann bald weicher/ bald ſteinicher/
oder auch wol gefrorner Grund; und da ſchon der Grund gut/ wackeltdoch gleich-
wol das Jnſtrument hin und wieder/ wenn es ein wenig wehet/ oder ſonſt ange-
ruͤhret wird/ das Lineal zurichten; und betreuget alſo das Geſichte/ und gibt un-
gewiß meſſen; Wenn ich aber einen dreybeinigen Stul habe/ deſſen Fuͤſſe unten
mit eyſſern Spitzen oder Stacheln beſchlagen/ bin ich dieſer in commoditaͤt
uͤberhoben. Noch betruͤglicher iſt es/ ohne Zuruͤckſehen nach dem vorigen Stan-
de/ ſich auff den Compaß alleine/ der auff dem Jnſtrument iſt/ verlaſſen/ denn
es ſol niemals faſt zutreffen/ ob man ſchon einen Winckel mit dem Compaß un-
terſchiedliche mal nimbt/ daß er die eine Zeit falle wie die andere/ ſondern es varii-
ret
allewege/ die Nadel mag auch ſo gaͤnge ſeyn/ wie ſie immer wolle. Jſt derowe-
gen/ wie gedacht/ dieſem keines weges umb geſchwinder operation halben/ allei-
ne/ ſo man etwas recht und juſt/ wie allhier in Fortificatoriis noth/ meſſen wil/
zu trauen; Fuͤrnemlich aber iſt in dieſem/ wie auch allen andern Meſſungen ſehr
gut uud gewiſſe die Menſura oder das Tiſchlein M. Prætorii, wie es von Svven-
Ftero
[38]FORTIFICATION
tero beſchrieben/ und anzufertigen an die Hand gegeben wird/ denn es alſo zu-
gerichtet/ ein ſonderlichen Fuͤrzug fuͤr allen andern Jnſtrumenten/ wie die auch
Namen haben moͤgen dieſes Ortes hat.


Ferner gehoͤren auch zu dem meſſen etliche kurtze und lange Staͤbe/ an ſtatt
der langen in den Graben und tieffen Gruͤnden zugebrauchen/ kan man Piquen
nehmen/ der kurtzen in einer Mannes-Laͤnge/ muß man ein Stuͤck zwey oder drey
ſelbſt bey der Hand haben/ ſo unten mit eiſſern Spitzen beſchlagen/ und dennoch
etliche andere gemeine Staͤbe/ ſonderlich/ ſo man eine Feſtung auff dem Felde
von newem abſtecken wil. Zum andern/ muß man auch eine Kette haben/ von eiſ-
ſern Gelencken/ eines Schues lang/ mit meſſingen Ringen zuſammen gehenget/
etwa 5. Ruthen lang (denn iſt ſie laͤnger/ wird ſie zu ſchwer und unbequem) Die
Ringe zwiſchen den Ruthen muͤſſen groͤſſer ſeyn/ als die zwiſchen den Schuen/
da denn ſonderlich dieſes zu mercken/ daß die Glieder/ oder eiſſerne Staͤbe/ umb-
ſo viel/ als die Ringe aufftragen/ kuͤrtzer als ein Fuß oder Zehender ſeyn muͤſſen/
daß allewege ein Glied und ein Ring einen Fuß machen. Der groſſen Ringe Dia-
metrum
kan man noch eins ſo lang nehmen/ als der kleinen/ und mitten unter-
ſcheiden/ doch muͤſſen die letzten Glieder an einer jeglichen gantzen und halben
Ruthen allweg umb ſo viel kuͤrtzer ſeyn/ als die angehengten Ringe biß zu Endi-
gung deß halben Schues außtragen. An bey den letzten Enden machet man auch
einen groſſen Ring/ da man einen Stab einſtecken kan/ Aber dieſes alles kan man
ex ἀυτοψίᾳ oder den Augenſchein viel beſſer/ als aus weitleufftiger Beſchreibung
faſſen und einnehmen. Kan man keine ſolche Kette zur Hand haben/ thut ein
Strick
[39]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
Strick oder Schnur/ unrecht gedrehet/ in Oehl gekochet und wol uͤberwaͤchſet/
hernach in gewiſſe Theil als Schu und Ruthen/ mit Gemercken oder Laͤplein
getheilet/ im Fall der Noth auch das ſeinige. Da man gar accurat meſſen wil/ muß
man auch einen Faden/ mit einem Bley-Gewichte bey der Hand haben/ das Cen-
trum
deß Jnſtruments auff der Erden zu erforſchen/ doch iſt ſolche Curioſitaͤt
und Subtilitaͤt ſelten noͤtig/ das Augen-Maß thut in dieſen und dergleichen Faͤl-
len viel.


Zum dritten gehoͤren auch hieher die Docier oder Droßier Bretter (wie ſie
Faulhaber nennet;) Dieſer ſind zweyerley/ Einerley/ ſo den Ingenieurn oder
Werck-Meiſtern zuſtaͤndig/ die gantzen Wercke damit zu probiren, die andern
den Arbeitern und Setzern/ den Dorff oder Erden darnach anzuſetzen. Jene
werden folgender maſſen zugerichtet. Man machet aus einem feinen ſtarcken
und glatten Brette einen recht wincklichten Triangul/ deſſen jede Seitten/ ſo den
rechten Winckel umbſchlieſſen/ ettwa 4. Schu lang ſey/ wenn man nemlich das
Jnſtrument innwendig im Wall und Graben gebrauchen wil/ ſol es aber zu der
außwendigen Docirung des Walles gebrauchet werden/ muß die eine Seitte
viere/ die andere zwey/ wann man auff zwey Fuͤß einen in guter Erden dociret,
oder ſonſt nach dem die Docirung des Walles erfodert/ lang ſeyn/ dieſes Orts
wird eins/ ſo zur inwendigen Docirung und Graben gebraucht/ beſchrieben/
wenn man Fuß auff Fuß dociret, Solches Brett ſey a b c, deſſen Seiten a c, und
c b jede 4. Fuͤß lang/ dieſem laſſe ich auff der Seitten a b eine gerade und ziemliche
ſtarcke Leiſte anfuͤgen 1½ oder zwey Zoll breit/ ſo lang/ wie ohngefehr der Wall
F ijhoch
[40]FORTIFICATION
hoch ſol gebauet werden; theile denn erſtlich b c, in 4 Theile/ und jedes wieder in
zwey/ jene ſind gantze/ dieſe halbe Fuͤſſe/ doch daß die Zwiſchen-Theilungen zum
Vnterſcheid ein wenig kuͤrtzer ſeyn/ denn die andern; Hernach theile ich die Seitte
a b auch in 4 Theile/ und jedes in zwey/ und ſetze ſolche Theilung auff der Leiſten
etliche mal nach der Hoͤhe des Walles fort biß in e/ ſchneide denn die Leiſte bey e
gerade ab/ hinden bey b c, machet man ein Brett an 5 Fuͤß lang/ und 1 oder 1½ Fuͤß
breit/ oben mit einem runden/ unten mit einem dreyeckichten Loch- und Bley-Ge-
wichte/ wie Fig. 57. zeiget.


Jn den andern/ ſo zur außwendigen Docirung gebrauchet werden/ iſt gantz
keine Veraͤnderung/ nur daß die Seite a c, etwa die Helffte/ oder ⅔ (oder ſonſt
nach dem die außwendige Docirung des Walles angeleget) von c b ſeyn muß;
Die Leiſte b e wird etwas laͤnger genommen/ daß ſie die Bruſtwehre/ welche
mit dem Walle außwendig eine Docirung hat/ mit erreiche. Zu der Bruſtwehre
inwendig/ muß auch ein anders/ das nur 6. Fuͤß hoch/ und auff ſolche 6. Fuͤß ei-
nen Fuß docier gemacht werden. Dieſe/ ſo die Werckleute oder Setzer gebrau-
chen/ werden nur auß einẽ gantzen Brette 5 oder 6 Fuͤß lang/ nach der Docirung
abgeſchnitten/ beduͤrffen ſonſt keiner Abtheilung/ an die ſchraͤge Seitte wird ein
Brett in die quer ſo lang dieſelbe und etwa ½ Fuß breit angefuͤget. Oben an der
geraden Seitten machet man ein lange Licht-Loch/ und unten einen Handgriff/
umbſelbe mit beyden Haͤnden feſt zu halten und anzuſchlagen/ in die Mitten hen-
get man eine Bley-Wage/ unten iſt fuͤr dieſelbe ein dreyeckicht Loch. Fig 58.


Die andern Inſtrumenta, ſo zu Auffuͤhrung eines Walles noͤtig/ als Schauf-
feln/
[41]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
feln/ Spaten/ Hacken/ Schaubekarren/ Stellung/ Bruͤcken/ und dergleichen/
weil ſolche ſonderlich den Werck-Meiſtern zugehoͤren/ und nach Gelegenheit ei-
nes jeden Orts koͤnnen und muͤſſen angeordnet werden/ auch ohne das bekandt/
werden dieſes mal/ weitleufftigkeit zuvormeyden/ vorbey gangen Koͤnnen beym
Freitagio, Cellario, und andern nachgeſchlagen werden. Zum Waſſerſchopffen
hat man auch allerley kunſtreiche in ventiones hin und wieder beſchrieben; Die
Hand-Leyren (wie man ſie nennet/ und in den Niederlanden gebraͤuchlich) ſind
wol am leichteſten und bequemeſten unter andern zugebrauchen. Beſſonus Koͤ-
niglicher Frantzoͤſiſcher Sinnreicher Mathematicus (wie ihn Beroldus nennet)
beſchreibet unterſchiedliche Machinas und Waſſer-Pumpen/ und unter andern
eine propoſ. 50. da man mit einem Rade/ mit auffgeſpanneten Tuͤchern oder
Leinewant behenget/ ſo der Wind treibet/ er komme her wo er wolle/ das Waſſer
haͤuffig ohne einiges Menſchen Arbeit/ auß gar tieffen Oertern/ außſchoͤpffen
koͤnne. Jſt eine ſtattliche invention, und gar wol/ nicht allein in Waſſerſchoͤpfung/
ſondern auch zu allerley Muͤhlwerck/ als Stampf-Schneide-Schmiede-Muͤh-
len/ und dergleichen/ zugebrauchẽ; Doch wuͤrde es Kunſt geben/ das Radt/ wenn
es von dem Winde in voller Bewegung were/ nach Beliebung/ wenn mans noͤ-
tig/ ſtille zu halten. Propoſ. 15. Hat ſelbiger Autor einen Schaubekarn/ mit
welchem ein Mann ſo viel Laſt/ als ſonſt zwey oder drey mit einer
andern Ruͤſtung wie auch dieſelbe beſchaffen/ fuͤhren und fortbringen
kan. Propoſ. 22. unnd 23. Hat er zwey Modos unnd Inventio-
nes,
durch zwey oder wenig Menſchen Pfaͤhle perpendiculariter
F iijoder
[42]FORTIFICATION
oder auff recht/ und auch der Schraͤge nach/ einzuſchlagen. Vnd propoſ. 39. be-
ſchreibet er eine Machinam, damit 6. Menſchẽ ſo viel Erde aus einẽ Graben auf-
winden koͤnnen/ als ſonſt 30/ und was dergleichen ſinnreiche Erfindung mehr/ ſo
dieſes Orts zu beſchreiben zu weitleufftig ſeyn wolte/ wer wil/ kan ſie bey er-
wehntem Autore nachſchlagen und ſeines Gefallens damit verſuchen.


Die Inſtrumenta, ſo man auf dem Papier gebrauchet/ betreffent: Muß man
fuͤr allen Dingen ein gur Lineal/ und ein paar gute Meſſings-Circkul/ mit
Staͤhlern Fuͤſſen/ oben mit doppelten Koͤpffen und Gelencken zur Hand haben/
nur ſchlecht und recht/ mittelmaͤßiger Groͤſſe/ denn von den andern Kunſtreichen
Proportional- und Schraube-Circkuln (von ſolchem Proportional-Circkul/
wie ihn Goldman und andere beſchrieben haben/ redet man nicht) man wenig
haͤlt/ haben keinen ſonderlichen Nutzen/ ſind muͤheſam zugebrauchen/ und doch
ſelten juſt. Wer was groſſes auffreiſſen wil/ kan einen ſolchen Lineal-Circkul/ wie
Fig. 59. aus dem Metio verzeichnet/ oder dergleichen zurichten laſſen; die Spitze
bey a iſt feſte/ das Muͤtterchen q aber und Spitze b, loß/ und kan/ wann es noͤtig/
mit der oberſten kleinen Schrauben feſt gemachet werden; Zu dieſem gehoͤret
auch ein kleiner Transporteur oder Aufftrage-Circkul; Dieſes iſt ein halber Cir-
ckul von Meſſing/ Horn/ oder Karten-Papier gemachet/ deſſen Diameter etwa
¼ Schue/ in 180 Grad abgetheilet/ die Winckel damit anzulegen und zu probiren,
Fig.
60. Die Lineen auff den Vmbkreiß als a b, c d, \&c. muͤſſen/ wann man ihn
von Meſſing machet/ gar ſubtil/ daß man mit einer Nadel durchſtechen kan/
durchgeſchnitten ſeyn/ denn auff dieſe Art kan man die Winckel netter haben.
An
[43]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
An dieſem iſt zur Nothdurfft gar gnug/ doch die Muͤhe der Perpendicular- und
Parallel-Lineen mit dem Circkul zu ſuchen/ zuerſparen/ ſchicket ſich wol darbey
ein kleiner Meſſings-Winckel-Hacken und ein Parallel-Lineal/ duͤrffen aber bey-
derſeits nicht gar groß ſeyn; Der Winckel-Hacke iſt fuͤr ſich bekant/ das Parallel-
Lineal iſt Fig. 61 zuſehen/ muß an allen vier Ecken beweglich ſeyn.


Ein Proportional-Circkul/ wer die Vnkoſten daran wenden wil/ hat auch
nicht geringen Vortheil in Proportionirung der Lineen/ dieſelben geſchwinder zu-
finden/ iſt auch ſonſten zu vielen Dingen ſehr nuͤtzlich. Dieſes wil ein jeder faſt In-
ventor
ſeyn; Die Itali ſchreiben deſſen Invention ihrem Galilæo de Galilæis zu/
ſolches kan wol muͤglich ſeyn: Denn derſelbe Mann iſt gar eines ſcharffſinnigen
Ingenii, wie ſeine Scripta außweiſen/ geweſen/ und hat hohe und wichtige Din-
ge erfunden. Lochmannus hat gar einen kuͤnſtlichen Proportional-Circkul/ und
Metius eine kuͤnſtliche Proportional-Regul oder Lineal zu vielen andern Sachen
nuͤtzlich zugebrauchen/ wie bey erwehnten Autoribus kan nachgeſuchet werden/
abſonderlich aber iſt Goldmanni Proportional-Circkul/ wie er ſelbigen beſchrie-
ben/ ſehr wol zu vielen Sachen zu gebrauchen/ wohin ich den Liebhaber/ weit-
leufftigkeit zu vermeiden/ gewieſen haben wil; Hier wird Fig. 62. nur einer gezei-
get/ welcher nur lineam Arythmeticam hat/ welche zu Theilung der Lineẽ nuͤtzlich
iſt. Des perfecten Proportional-Circkuls ſeinen Gebrauch kan man bey ge-
dachtem Goldmann finden; So ſind auch ſonſten gar viel und mancherley Geo-
m
etriſche Inſtrumenta bey den Autoribus hin und wieder zu finden/ und hat ein
jeder faſt ein beſonders/ und meinet ſeine Invention ſey die beſte/ und hat auch
zwar
[44]FORTIFICATION
zwar ein ieder an ſeinem Ort Lob und Ruhm damit verdienet. Gar zu viel Inſtru-
menta
ſind nicht von noͤten/ denn wer die fundamenta der Geometriæ und Tri-
gonometriæ
verſtehet/ kan leicht ein Jnſtrument finden/ daß zu ſeinem Scopo und
Propoſito dienlich; Und da er auch ſchon keines hette/ Rath ſchaffen und ſehen/
wie er zurechte kombt/ und vielmal beſſer/ als durch viel muͤheſame wunderliche
Inſtrumenta. Wer Luſt zu ſolchen hat/ kan beym Appiano, Gemma, Friſio,
T. Brach. Metio, Longomontano, Alſtedio, Svventero, Zublero,
Loͤrern/ Satt-
lern/ Hulſio, Lochmanno, Stegmanno, Ryff: Curtio, \& infinitis aliis, davon
nachſchlagen.


Das dritte Capittel.
Von dem Grundlegen und auff-
reiſſen.


Man bleibet in dieſem von dem Grundlegen und auffreiſſen intra limites, und
wird nicht etwa angezeiget/ wie ein gantz Feld/ Acker/ Holtz oder Buſch ſol abge-
meſſen und getheilet; viel weniger/ wie eine gantze Landſchafft/ mit denen darein
liegenden Staͤdten und Doͤrffern/ ſol beſchrieben werden/ denn dieſes zur Geo-
graphia,
jenes zur Geodæſia gehoͤrig/ ũd mag man hieriñe unter andern ſonder-
lich Curtium und Svventerum conſuliren; Sondern es wird nur angewieſen/
wie etwa eine alte Stadt oder ander Plan/ ſo ſol gefortificiret/ oder eine Fe-
ſtung darauff gebauet werden/ abzumeſſen/ und auffs Papier zu tragen; Und
wie
[45]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
wie hergegen eine abgeriſſene Feſtung von Papier ins Feld zu verlegen und ab-
zuſtecken.


Sectio I.
Wie man einen Plan oder Becirck einer Stadt
auffs Papier bringen ſol.


Dieſer Plan iſt entweder ein ſchlechter lediger Platz/ darauff eine gantze newe
Stadt und Feſtung zu bawen/ oder eine alte Stadt/ umb welche ein gantz new
Werck zu legen/ oder mit angelegten Wercken außzubeſſern. 1. Jſt der Plan le-
dig/ und man deſſen Situm ohngefehr haben wil/ zu ſehen/ wie ſich die abgeriſſene
Feſtung/ ſo darauf ſol geleget werden/ am beſten darauff ſchicke/ ſtecket man nur
umher alle Ecken deſſelben mit Staͤben/ daran ein Faͤhnlein oder Zeichen gebun-
den/ ab/ und erwehlet mitten auf dem Platz zwey Staͤnde/ in gewiſſer und bekan-
ter Weitte von einander 100. 200. 300. weniger oder mehr Fuͤß/ nach dem der
Plan klein oder groß/ ſetzet das Inſtrument oder Brett in den erſten Stand A.
ſtecket in den andern B einen Stab/ und ſiehet durch des Lineals Abſehen nach
denſelben. Wenn man nun dieſen im Geſichte hat/ zeucht man an dem Lineal eine
gerade Linea/ und traͤget auff dieſelbe die Diſtantz der beyden Staͤnde/ aus ei-
nem kleinen Maaßſtabe genommen/ ſolche ſey a b; Jn A ſtecket man einen Stifft/
oder machet ſonſt das Lineal feſte/ und zielet von demſelben auff alle herumb ge-
ſteckte Staͤbe 1. 2. 3. 4. 5. und zeucht blinde Lineen. Denn gehet man in den andern
Stand B, laͤſſet in dem erſten Stande A einen Stab ſtecken/ leget das Lineal auff
Gdie
[46]FORTIFICATION
die Linee a b auffs Jnſtrument und ziehlet den von andern Stand B/ zu den Er-
ſten A aus der gedachten Lineen an den Punct b, Auff dem Jnſtrument oder
Brett ziehlet man zum andern mahl auff die herumb geſteckte Staͤbe/ und zeucht
blinde Lineen/ und da dieſelbigen die vorigen durchſchneiden/ ſind die Ecken oder
Puncta des Platzes/ welche man mit geraden Lineen kan zuſammen ziehen/ und
derſelben Laͤnge auß der Linea a b, als welche bekant/ erfinden/ ſolches alles gibt
der Augenſchein auff dem Felde am beſten/ Fig. 63.


Jſt der Platz groß/ und man ein gantzes Feld oder Landſchafft wil in den
Grund legen/ kan man wol drey/ vier oder mehr Staͤnde nehmen/ doch allewege
in Erwehlung eines [n]ewen Standes ſeinen reſpect und Abſehen auf den vor-
hergehenden habe[n d]amit man eines ans ander hengen koͤnne. Man kan auch
wol die Staͤnde au[ßer]halb der Figur/ oder Platzes nehmen/ ſo man durch oder
zu denſelben nicht geh[e]n kan oder darff/ So kan auch auff dieſe Art eine Stadt
von zweyen Thuͤrmen/ davon man ſolche uͤberſehen kan/ mit den Gaſſen und
nothwendigſten Gebaͤuden in den Grund geleget werden. Camilli Ravertæ von
Meyland invention aus einen Stande zumeſſen/ gehet zwar auf dem Papier
und kleinen Plaͤtzen an/ und iſt Geometricè und in demonſtratione richtig/ weñ
aber die Plaͤtze uneben oder etwas groß/ wil es in der praxi ſich nicht thun laſ-
ſen/ denn die Interfectiones der Lineen ſich gar lang miteinander ſchleppen/ daß
man nicht eigentlich wiſſen kan/ wo die Puncta Interfectionis ſeyn/ thut man
derowegen beſſer/ man enthalte ſich ſolcher muͤheſamen und unrichtigen ſubtili-
taͤten/ und brauche dafuͤr die Kette und Staͤbe/ ſo gehet man gewiſſer/ und kan
man auch ehe damit fertig werden.


2. Wil
[47]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

2. Wil man ein gantz new Werck umb eine Stadt legen/ tritt man etwas/ ſo
viel/ als noͤtig zu ſeyn ſcheinet/ davon a b/ als in A, richtet die Haupt-Regul gera-
de forthin aufwerts in B, hernach die bewegliche Regul herumbwerts gegen C,
und laͤſſet Zeichen auff ſolche Puncta ſtecken/ die einem gerade im Geſichte blei-
ben/ jedesmahl/ ſo ferne man kan/ doch daß ſolche Staͤbe B C \&c. Kein merckliches
weiter von der Stadt/ als der Stab A, hernach thue man dergleichen bey den
uͤbrigen Staͤnden/ C D E, biß man zum erſten Stande A (da man angefangen
hat) wiederumb herum komme/ und mercket allezeit auff der Scheiben (Brett)
oder andere Jnſtrument die Groͤſſe der Winckel bey A, B A C, bey C, A C D, \&c.
und mißet die Diſtantz/ B A, A C, C D \&c, ſo hat man die Polygonen, nach
welcher Anleitung eine Befeſtigung umb die Stadt kan gefuͤhret werden.
Fig. 64.


3. Da aber eine Stadt mit Wercken außzubeſſern/ muß man præcisè der
Mauren Bezirck haben/ ſo kan man entweder gerade an die Mauren/ ſich mit
dem Jnſtrument anſtellen/ und ſo weit man jedesmal an der Mauren hin ſiehet/
einen Stab ſtecken/ oder man kan ſich gar auff die Mauren hinauff machen/
und Staͤbe auf die fuͤrnehmſten Ecken/ von welcher einer zu denen andern man
gerade auff der Mauren hinmeſſen kan/ einſtecken/ oder einen Gehuͤlffen halten
laſſen/ mit Abmeſſung hernach/ wie vorgemeldet/ procediren. Eben dieſes kan
man practiciren, wenn man eine Feſtung abmeſſen wil/ nemblich daß man die
Staͤbe A, B, C, D \&c. anff die Kehl-Puncta ſtecke/ und alſo wie gemeldet/ mit dem
abmeſſen herumb gehe. Da man auff dieſe Art inwendig eine Stadt mit jhren
G ijGaſſen
[48]FORTIFICATION
Gaſſen wil in den Grund legen/ mißet man die principal-Gaſſen und Winckel/
die kleinen Zwerg-Gaſſen geben ſich ſelbſt/ wenn man derer Anfang und Auß-
lauff in den principal-Gaſſen nur fleiſſig obſerviret.


Wie ein Becirck einer Stadt oder Feſtung/ ſo man nicht betretten darff/ in
der Ferne abzumeſſẽ/ gehoͤret hieher nicht; Denn es verſtehet ſich/ daß ein Archi-
tectus
oder Ingenieur, welcher eine Stadt zu befeſtigen befehliget/ ja noch wohl
an Hoffe ſey/ welcher zu der Mauer gehen doͤrffe/ Vid. Abdiam Trew. Da
aber ſolches noͤtig were/ kan es auß etlichen Staͤnden von ferne umb die Fe-
ſtung genommen nach obiger Anleitung geſchehen/ per lineas interſectionis, und
mag man ſo viel Puncta/ als auß zweyen Staͤnden koͤnnen erſehen werden/ auf-
zeichnẽ/ und denn zum dritten/ vierden/ \&c. Stande gehẽ/ biß man herum komt/
und alle nothwendige Puncta verzeichnet hat. Wie die Hoͤhen/ Laͤngen/ und Tief-
fen zu meſſen/ gehoͤret eigentlich hieher nicht/ ſondern man kan/ wenn ein Baum
oder Thurm zu meſſen/ einen Stab nehmen/ der ſo lang were als der jenige/ ſo
den meſſen wil/ denſelben in die Erde einſtecken/ leget ſich dann hinter denſelbigen
nieder mit den Fußſohlen an den Stab/ und verſuchet/ ob man gerade uͤber den
Stab das Ende des Baums erſehen moͤge/ erreichet man ſolches/ ſo iſt es gut/
wo nicht/ ruͤcket man ab und zuwerts/ biß man ſolches haben koͤnne/ doch daß die
Fuͤße allewege bey dem Stabe bleiben/ hernach mißet man von dem Orte/ da
der Kopff gelegen/ biß an dẽ Stam des Baums; So weit nun dieſes iſt/ ſo hoch iſt
auch derſelbe. Sed hæc obiter.


Wie die Hoͤhe eines Walles zu erkundigen/ ob er nach gegebenen profil recht
ange-
[49]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
angeleget ſey/ hat Metius Geom: Pract. lib. 2. Cap. 2. Axiom. 9. einen gebraͤuchli-
chen Modum angezeiget/ wie aus der 65. Figur kan geſehen werden; a b iſt die
Hoͤhe des Walles/ ſo ſol erkundiget werden/ c d, iſt eine lange Stange uͤber den
Graben geſtecket/ in gewiſſe Schu abgetheilet/ e f, ein kurtzer Stab auff dem
Walle/ g h, noch einer ſelbiger Laͤnge; So ich nun uͤber die Enden dieſer beyder
Staͤbe welche oben gleich ſeyn muͤſſen/ nach dem langen zu ziehle/ und das Zeichẽ
d, (welches etwa ein Schnupftuch oder ander Gemerck ſeyn kan/ und von einem
muß ab und nieder geſchoben werden/ biß ich es gerade uͤber die beyden Enden
der Staͤbe im Geſichte habe) erſehe/ mercke ich/ wie viel Schu an der langen
Stangen ſolches abſchneidet/ von dieſem ziehe ich den kurtzen Stab e f, ab/ der
Reſt gibt die begehrte Hoͤhe des Walles a b oder c i. Etliche ſtecken zwar nur einẽ
Stab/ und gebrauchen ein Jnſtrument/ mit zwey Staͤben aber kan man es eben
ſo wohl ohne Jnſtrument verrichten/ nur daß ſie juſt gleiche lang ſeyn.


Vom Meſſen iſt insgemein dieſes zu obſerviren und in acht zu nehmẽ/ daß/ wo
Hoͤhen/ Tieffen oder Gruͤnde ſeyn/ man allewege von den hoͤheſten Oertern (ſo
man kan) anfange/ und die Kette oder Schnur ſo ziehe oder halte/ daß man nicht
nach den Schragen oder Abgaͤngen der Hoͤhe oder Berge hinunter meſſe/ ſon-
dern in den Gruͤnden laͤngere Staͤbe auffſtecke/ die Staͤnde deſto kuͤrtzer nehme/
und die Kette in die Hoͤhe halte/ daß ſie ſo viel muͤglich Horizontaliter und gera-
de aus moͤge erſtrecket werden; Auch hergegen/ da man etwas ins Feld/
da Hoͤhen und Tieffen ſeyn/ verlegen wil/ daß man ſolches Horizonta-
liter,
ohne einigen reſpect der Tieffen oder Hoͤhen abſtecke und abtrage/
G iijDenn
[50]FORTIFICATION
Deñ man muß ſich einbilden/ als wenn keine Gruͤnde oder Hoͤhen weren/ ſondern
nur ein planum Horizontale, Was aber die Gruͤnde abtragen/ ſolche muß man
nicht hineinwarts/ wie ſonſt/ weñ es ein ebener Plan iſt/ gebraͤuchlich bauen/
ſondern ſo viel außwarts zu bauen anfangen/ biß die Gruͤnde den Hoͤhen
gleich/ und den erſt von Beſteck/ als wenn man ſonſt auf der ebene bauete/ den
Wallanfangen hinein zu legen. Als zum Exempel/ Wenn eine Geſicht-Linee
were/ ſo oben bey der Schulter hoch/ und am Bollwercks-Punct niedrig oder
in Grunde lege/ und man alsbald im Grunde von den Bollwercks-Punct nach
dem Abſtecken wolte hineinwarts anfangen zu bauen/ muͤſte nothwendig die
Schulter eine Ruthe oder mehr/ ſo viel die Hoͤhe aufftragen kan/ abgehen/ wel-
ches wol zu obſerviren.


Sectio II.
Vom Abtragen.


Wienemlich eine auff dem Papier abgeriſſene Figur ins Feld zu transferiren,
und abzuſtecken. Dieſes wird abermahl mit Abdiæ trewen Worten/ weil ſon-
derlich derſelbe hierinne fein kurtz/ anhero geſetzt.


Wenn man es haben kan/ muß man ſich mit dem Jnſtrument: oder auch einen
Brett und Tiſchlein/ darauff doch die Figur/ ſo man abſtecken wil/ muß geriſſen
ſeyn/ mitten auff den Platz ſtellen/ darauff der Bau kommen ſol als Fig. 66. in A,
und ruͤcket hernach die aus dem Centro gehende Regul mit den Abſehẽ herumb/
von einer Ecken zu der andern/ in der Diſtantz/ welche der Angulus Centri erfo-
dert/
[51]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
dert und laͤſſet ihm einen Gehuͤlffen/ in gebuͤhrender und zuvorgerechneter Di-
ſt
antz von Centro in das Geſicht ſtecken/ Erſtlich die Bollwercks-Puncta B, b, b,
hernach ferner hereinwerts D, c, d, die Keel-Puncta, ſo ſind die euſſerſten und in-
nerſten Polygoren außgeſteckt/ hernach meſſe man von C gegen D und d, die
Laͤnge der Keel-Lineen/ und ſtecke nach ſolchen Puncten Staͤbe in E und e, ferner
meſſe man entweder nach der Laͤnge der Cortin aus e in f, oder abermals nach
der Laͤnge der Keel-Lineen von d in f, ſo hat man die Cortin ef, von e und f meſſe
man auffwerts nach geraden Winckeln die Laͤnge der Streichen oder Schultern/
und ſtecke ſolcher nach Staͤbe in G g, H h, ſo ſind die gemeldete Schultern und
zugleich auch die Geſicht-Lineen b h, b g, und G außgeſteckt: Ferner damit auch
die Dicke des Walles recht außgeſtrecket werde/ kan erſtlich von den Streich-
Puncten e oder f gegen den Keel-Puncten c, D, d, \&c. Vnd von dannen gerade
hinneinwarts gegen i die Dicke oder Anlage des Walles abgeſteckt/ und durch
ſolche puncta parallela i o, dem Walle oder der Cortin. i k der Schulter k l, der
Geſicht-Linea/ (wofern die Bollwercke hohl werden ſollen) m o n p, aber allein
den Walle parallel, wenn die Bollwercke außzufuͤllen) gezogen und außgeſtecket
werden. Eben dieſe Meinung hats auch von auſſen her mit Abzeichnung des
Vnter-Walles/ Randes/ Grabens und bedeckten Weges/ daß man nemlich
nach geraden Winckeln/ recht von den Walle/ Puncta in ſolcher Diſtantz nimbt/
wie der Durchſchnitt oder profill zeiget/ und durch ſolche parallelen den Walle
gerings umher zeucht Hactenus Trewe.


Wie man aber ſolche parallelen machen ſol/ iſt droben angezeiget worden;
Hier
[52]FORTIFICATION
Hier iſt zu mercken: Erſtlich/ daß von dem Beſteck an/ der Wall in wendig abgeſte-
cket und gebauet werden muß/ die Faußebraͤy aber/ Borm/ Graben/ verdeckter
Weg alle außwerts ins Feldt hin. Zum andern/ wenn man auß dem Centro die
Haupt- und Keelpuncten abgeſteckt/ daß man hernach fleißig die Latera oder
Seiten der Figur uͤberſchlage/ und nachmeſſe/ ehe man weiter im Abſtecken fort-
faͤhret; Denn man ſich leicht umb ein Haar breit in Anſchlagung eines Winckels
verſehen kan/ man nehme es auch ſo genau man immer wolle/ welches hernach
an den Lineen nicht allein etliche Schue/ ſondern auch/ wenn ſie lang hinnaus fal-
len/ etliche Ruthen verfehlen kan: Derowegen muß manwie geſagt/ Erſtlich alle
Polygon-Lineen wol uͤberſchlagẽ/ und nachmeſſen/ und aus ihrer bekanten Laͤn-
ge eine gegen der andern vergleichen/ welches wol in acht zu nehmen. Wenn man
aber auff das Centrum nicht kommen kan/ gehet es mit den Principal-Lineen
zwar etwas anders/ die Abſteckung aber/ Dicke des Walles/ Breitte des Gra-
bens/ und andern bleibet/ wie vorgemeldet/ und zwar in dieſem Falle beſchreibet
Abdias Trewe 3. unterſchiedliche Modos und Wege/ zwey fangen von dẽ Haupt-
Punct an; Jn den erſten ſtecket er nach den außgerechneten Bollwercks und
Streich-Winckel/ \&c. ab/ die euſſerſte Polygon, den Streich-Punct/ die Geſicht-
Linea/ und den Keel-Punct/ und nach dieſem die Keel-Linee und Cortin \&c. Jn
den andern faͤnget er gleichfals von dem Haupt-Punct an/ und ſtecket erſt ab den
Keel-Punct/ und die Haupt-Linea/ denn den Schulter-Punct und Geſicht-Li-
nee; Zum dritten den Streich-Punct/ und die Keel/ \&c. Weil aber/ wie oben ge-
dacht/ in Faſſung der Winckel gar leicht ein Fehler begangen werden/ auch der
Boll-
[53]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
Bollwercks-Punct/ wenn man nicht zum Centro kommen kan/ nicht ſo leicht zu
finden/ als der Keel-Punct/ ſonderlich in irregular-Wercken/ iſt der dritte/ wel-
cher võ Keel-Punct anfaͤnget/ faſt der beſte. Jſt demnach die dritte Manier/ daß
man ſich mit dergleichen oder andern Jnſtrument ſtelle/ Fig. 67. auff den
Keel-Punct a, laͤſſet ihn denn durch anzeige der Regul ſtecken die Polygon a b,
die Keel-Linea a d die Cortin c d, und die Keel-Linea b c, alles ins Geſicht nach der
Regul: Von a ferner die Haupt-Linea a e (aus dem Complement deshalben
Polygon-Winckels) von dannen herumb die Keel-Linea a f, hernach fort die
Cortin f g, und denn die Keel-Linea g h: Endlich die Schultern/ g i, f k, d l, e m,
\&c.
beduͤrffen mehr nicht/ als daß man bey den Punctis c, d, f, g, gerade Winckel
mache/ ũd nach Laͤnge der Schultern auf die Puncta i, k, l, m, zumeſſe/ hernach bey
den Keel-Puncten b, h, \&c. herumb in den uͤbrigen Lineen/ ſo noch außzuſtecken/
procedire, wie allbereit aus a procediret worden/ ſo iſt der Sachen auch nach
dieſer Manier gnug geſchehen: Hæc Trewe. Allhie/ wie auch in vorigen/ iſt rath-
ſam/ ja faſt notwendig/ daß man auch die Puncta o p, auff die Cortinen/ da die
Streich-Lineen von den Geſichtern einfallen/ das iſt die Secund. Flanq. oder
Streich-Platz mit abſtecke/ denn man ſich gar leicht/ wie vor erinnert/
in den Winckeln/ oder auch in determinirung der Schultern/ umb
ein geringes verſehen kan/ dadurch der Secund. Flanq. ein groſſes ab-
gehet: Damit man aber hirinne keinen Fehler begehe/ kan man mit Abſteckung
dieſes Puncts fuͤrkommen. Denen Winckeln alleine iſt gantz nicht zu trauen/ kan
man eine Feſtung auffreiſſen und Abſtecken aus bloſſen Lineen (wie in folgenden
H13. und
[54]FORTIFICATION
13. und 14. Modo gelehret wird) braucht man keinen Winckel/ muß man ſich aber
derſelben gebrauchen/ ſol man ſie doch allewege mit den Lineen conferiren/
Solches aber wird von vielen nicht in acht genommen/ daß man nemlich in der
Anlage eines Bollwercks ſolte uͤberſchlagen/ wo die Streich-Lineen in die Cortin
einfallen werden/ und was man zum Streich-Platz und Keel-Lineen des neben-
ſtehenden Bollwercks uͤbrig behalten koͤnne/ ſondern man leget/ ſo nur aus frey-
er Fauſt nach dem Bollwercks-Winckel ein Wercklein ohne Reſpect der neben-
ſtehenden Stuͤcken/ ſie behalten ihre proportion oder nicht.


Eine Feld-Schantze ohne Rechnung und Jnſtrument abzuſtecken/ iſt gar
leicht/ Denn es kan ja zuweilen geſchehen/ daß man im Felde und bey Belage-
rungen in der Eyl eine Schantze angeben und abſtecken ſol/ da man kein Jnſtru-
ment bey der Hand hat/ Nun pfleget man ſolche Feld-Schantzen nicht gar groß
und etwa mit vier/ fuͤnff oder ſechs Bollwercken/ jedoch dieſe letzte gar ſelten
gantz/ ſondern mehrentheils nur halb vor die Paͤße an das Waſſer zu bauen/
dieſes ohne Jnſtrumente zuverrichtẽ/ verfaͤhret man alſo: Man nimmet erſtlich
einen Strick in etliche Ruthen getheilet/ und einen andern Kuͤrtzen einer Ruthẽ
lang/ welchen man in 12. gleiche Theile abtheilet/ derer jeglicher einen Reinlaͤn-
diſchen Schu bedeutet/ damit man auch die Schu in Vorraht habe. (allhier
wollen wir die zwoͤlffuͤſſigen Ruthen gebrauchen) Wenn man nun eine vier-
eckichte Schantze abſtechen wil/ ſo macht man mit Huͤlffe des Stricks von Ru-
then oder Schuhen einen rechten Winckel/ welches geſchicht/ wenn man die eine
Linie 3 Ruthen oder Schuh/ die andere 4/ und die dritte fuͤnffe lang nimbt/ denn
muß
[55]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
muß ſich nohtwendig nach des Pythagoræ invention ein rechter Triangul ſchlieſ-
ſen/ je laͤnger man aber ſolche Lineen nimt/ je gewiſſer und richtiger find et ſich der
rechte Winckel/ darum man in Schuhẽ an ſtatt 3. 4. 5. Schuh/ 12. 16. 20. nehmẽ kan/
welches die Proportion, wie oben gedacht/ nit endert/ in Ruthen kan man bey 3.
4. 5. bleiben/ darnach ſtecket man in den Punct des rechten Winckels/ als in der
68. Figur in den Punct A einen Stab/ und verlaͤngert beyde Lineen/ ſo den rech-
ten Winckel einſchlieſſen von A in B und C ſo lang als eine Seiten der Schantze
ſeyn ſol/ nach dem dieſelbe groß oder klein zu bauen begehret wird/ als hier/ zum
Exempel 10 Ruthen lang/ ſtecket darauff ferner in B und C, wieder zwey Staͤbe/
endlich nimbt man den Strick von 10. Ruthen lang/ machet deſſen Ende eines in
B feſt/ und mit den andern reiſſet man bey D auff dem Horizont ein Gemerck/
darnach macht man eben dieſen Strick mit einem Ende in C feſt/ und reißet mit
dem andern bey D wiederum ein Gemerck/ welches deñ nohtwendig das vorige
beruͤhren oder durchſchneidẽ muß/ allwo der vierdte Stab geſtecket wird/ womit
das Quadrat fertig/ und wird darauff nach dẽ gezogenẽ Strick/ oder Seiten der
Figur gerings herum ein Graͤblein gemacht/ damit man die Lineẽ allenthalbẽ ſe-
hen und erkennen kan. Weñ dieſes geſchehẽ/ ſo ziehet man mit dem Stricke/ durch
die gegen einander ſtehende Winckel die zwo Diagonal-Lineen A D und B C, und
verlaͤngert dieſelbe uͤber die Winckel hinaus võ A in E, von B in F, von C in G, und
von D in H, ſo lang als die Haupt-Lineẽ ſeyn ſollen/ nemlich ½ von der Linia A B
Seiten des Quadratas als hier 3. Ruthen 4 Schuh. Ferner mißet man mit dem
Strick ⅕ von allen Seiten des Quadrats zu den Keel-Lineen ab/ nemlich A I,
und A K/ item B L, und B M, \&c. jede zwey Ruthen lang und richtet
H ijaus
[56]FORTIFICATION
aus ſolchen abgeſchnittenen Puncten/ i k l m, \&c. mit dem Stricke durch 3. 4. 5.
Perpendicular-Lineen auf zu den Flancquen, M N L O i, p k e, \&c. derer jede
⅐ von der Seite des Quadrats ſeyn ſol; Wenn man nun non M in N, von N in F
von F in O/ von O in L; So denn ferner von I in P, von P in E, von E in Q, von
Q in K, und alſo fort in den andern Bollwercken gerings herumb ein Graͤblein
machet/ ſo wird die gantze Schantze nach der Directiv-Fortification abgeſtecket
ſeyn/ wo ferne aber die Diagonal Lineen/ wegen Hinderniß durch das Centrum
nicht gezogen werden koͤnten/ ſo muß man die Kehl-Lineen und Flancquen zu
erſt abſtecken/ und die Flancquen als I P, und K Q, biß in R, einwarts gegen das
Centrum verlaͤngern/ und ſo dann von R eine Linee uͤber den Kehl-Winckel hin-
aus biß in E, und alſo fort in den andern Bollwercken allen erſtrecken/ So finden
ſich die Haupt-Linien/ gleich wie zuvor.


Eine fuͤnffeckigte Regular-Feldt-Schantze ohne Rechnung und Jnſtrument/
auff dem Felde in Eyl anzulegen/ kan man alſo verfahren: Man reißet eine Re-
gular-
Fuͤnff-Ecke/ ſo groß/ als man wil/ aufs Papier oder auff eine Schreibe-
Taffel/ theilet deſſelben eine Seiten in ſo viel Ruthen/ als man eine
Seitten der Schantzen begehret/ nach dem ſie groß oder klein ſeyn
ſol/ nimbt darauff wiederumb/ wenn man nach der directiv-Forti-
fication
bauen wil/ die Kehl-Lineen ⅕ die Flancquen ⅐ und die Haupt-Linien ½ von
der Seitten des Fuͤnff-Eck/ darnach mißet man nach dieſer Seiten des Fuͤnff-
Eck/ gleich als nach einem Maaßſtabe/ den halben Diameter, und die Laͤnge der
Linie/ ſo die zwo Flanquen eines Bollwercks einwarts gegen das Centrum zu-
ſammen
[57]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
ſammen hengen/ Wenn dieſes geſchehen/ ſo kan die Abſteckung auff dem Felde
hernacher gar leichtlich verrichtet werden/ nemlich/ wenn man zum Centro des
Platzes/ da eine Feld-Schantze hingeleget werden ſol/ kommen kan/ ſo ſtecket
man ein Strick aus dem Centro, als in der 69. Figur aus A nach der Laͤnge des
halben Diametri, an den Ort/ da ein Bollwerck zu liegen kommen ſol/ als hier in B
allwo ein Stab geſtecket wird/ mißet darauff mit einem andern Strick von die-
ſem Stab B an 10. Ruthen/ als die beliebte Laͤnge einer Seiten des Fuͤnff-Eck/
B C, und ziehet des halben Diametri Strick/ A B, dieſer Seiten entgegen/ biß ſie
in C, zuſammen lauffen/ woſelbſt in C widerumb ein Stab geſtecket und der
Seiten lang ein Graͤblein gemacht wird/ daß man die Linee erkennen kan/ dar-
nach ruͤcket man mit dẽ Strick B C fort/ befeſtiget denſelben wiederum in C, und
erſtrecket ihn/ biß er mit des halben Diametri Strick A B, oder A C, in D, zuſam-
men komme/ und alſo verfaͤhret man mit der dritten/ vierdten und fuͤnfften Sei-
ten/ oder Polygon von D in E, von E in F, biß man endlich wieder in A kombt/
da der Anfang genommen worden/ ſo iſt die fuͤnffeckichte Figur/ ſo fortificiret
werden ſol/ verfertiget. Wofern man aber das Centrum nicht haben kan/ muß
man in etwas anders verfahren/ nemlich/ man nimmet an einen Orth/ da ein
Bollwerck angeleget werden ſol/ den Kehl-Punct/ und mißet darauß auff bey-
den Seiten die Laͤnge der zwo Kehl-Linien/ als zum Exempel in der vorigen 69.
Figur/ aus dem Punct B, die beyden Lineen B G und B H, henget dieſelbe am
Ende wo dieſe Falcquen auffallen/ durch eine andere Linee G H, mit Huͤlffe eines
Strickes/ zuſammen/ welche ſo lang ſeyn muß/ als ſie in dem Riß nach dem
H iijMaaß-
[58]FORTIFICATION
Maaßſtabe befunden wird/ nach welcher Laͤnge ſich die Keel-Lineen/ auch lencken
muͤſſen/ biß ſich der Triangul B G H richtigſchließet/ wenn dieſes geſchehen/ ſo
werden die zwo Linien B G und B H, ſo weit verlaͤngert als die Seite des Fuͤnff-
Ecks ſeyn ſol/ nemlich allhier gleich wie zuvor/ 10. Ruthen lang/ auff welcher bey-
der Ende C, und F, ein Stab geſtecket wird; Eben alſo verfaͤhret man auch in den
andern Keel-Puncten allen/ wo ein Bollwerck gemacht werden ſol/ biß man
gantz herum kommet/ So wird ſich das Fuͤnff-Eck richtig ſtellen; Hierauff wird
nun ferner mit Anfuͤgung der Haupt-Linien Flanquen und Facen, wie in der
Vier-Ecke verfahren/ darumb es dißfals keines neuen Vnterrichts bedarff. Wil
man nun auch ein Sechs-Eck anlegen/ welches doch/ wie obgedacht/ ſelten gantz/
ſondern mehrentheils halb mit zwey gantzen und zwey halben Bollwercken/ an
Bruͤcken gebauet wird/ ſo wird mit den Aufriß eben wie zuvor bey den Fuͤnff-
Eck verfahren/ und hernacher mit Huͤlffe eines Strickes/ welcher ſo lang ſeyn
muß als der Semidiameter, nach dem Maaßſtabe befunden wird/ gerings umb
die Bruͤcke ein halber Circkul gemacht/ welcher ſich durch den Semidiametrum
nothwendig in 3 gleiche Theile theilen laͤſſet/ worauff ſich die 3 innerliche Polygo-
nen
ſelbſten geben/ wen nun mit demſelben/ entweder wiederumb nach der di-
rectiv-Fortification,
oder einer andern Art/ wie zuvor/ verfahren wird/ ſo wer-
den außwarts gegen das Feld die zwey gantze/ und einwarts gegen das Waſſer
die zwey halbe Bollwercke leichtlich zu formiren und abzuſtecken ſeyn; Wie ſol-
ches in der 70. Figur aus A B C D E zu erſehen. Ob man nun wol auf dergleichen
Art alle Regular-Figuren fortificiren koͤnte/ ſo ſcheinet doch ſolches bey den an-
dern
[59]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
dern nicht noͤhtigzu ſeyn/ weil es nur auff den Nohtfall angeſehen/ dergleichen
ſich bey geringen Schantzen zutragen kan/ darumb man auch hier bey bewenden
laͤſſet.


Was endlichen die profil, ſo zu ſolchen und andern Feld-Schantzen gehoͤrig/
anlanget/ ſo ſind dieſelbe unterſchiedlich/ nach dem das Werck ſeiner Eigen-
ſchafft und Nutzen nach eines erfodert/ denn bißweilen wird eine ſolche Schan-
tze in geſchwinder Eyl/ nur auff ein Interim, gute Wache darinne zu halten/
und nicht zu ſonderbahrer Defenſion, und ſtarcker Gegenwehr angeleget/ da
es denn gantz unnoͤthig were/ wenn man ſich groſſer Weitleufftigkeit gebrau-
chen/ und mit Auffuͤhrung eines groſſen Walles Zeit und Vnkoſten verlieren
wolte/ Wo aber ein beſtaͤndiges Werck erfodert wird/ welches wider ſeinen
Feind beſtehen ſol/ da muß man freylich einen ſtaͤrckern Wall anlegen/ dahero
die Profil nicht einerley ſeyn koͤnnen/ ſondern werden bald groͤſſer bald kleiner
genommen/ alſo daß zu weilen gantz kein Wall/ ſondern nur eine
bloſſe Bruſt-Wehre/ etwa mit einer doppelten Banck/ dergleichen ſonſten
in den Reduten und Trencheen gebraͤuchlich/ herumb gefuͤhret wird.
Allhier iſt in acht zunehmen/ wo truckene Graben ſind/ da kan man
in der Contraſcerpe des Grabens gegen das Feld eine einfache oder ge-
doppelte Banck machen/ nach dem der Graben tieff oder feicht iſt/ damit
man ſich aus demſelben gleich als aus einem bedeckten Weg/ gegen den ankom-
menden Feind wehren kan/ und damit ſolches deſto fuͤglicher geſchehen moͤge/
ſo
[60]FORTIFICATION
ſo kan man den Horizont am euſſerſten Rand des Grabens umb einen Schuh
erhoͤhen/ und den Horizont gleich wie am bedeckten Wege außwarts eine wenige
Abdachung geben. 2. An etlichen ſtarcken Feld-Schantzen machet man auch
eine Faußebraye/ und einen bedeckten Weg/ Was aber darzu võ noͤthen/ und wie
ſolche beſchaffen ſeyn ſollen/ iſt leichtlich aus hernachfolgenden abzunehmen.


Der Ander Theil.
Von der
Architectura Militari oder Krieges-
Baw-Kunſt an Jhr ſelber.


CAPUT I.
Von denTerminis Artis oder Kunſt-Woͤrtern/ wie auch von etlichen
Terminis oder Woͤrtern/ ſo gantze Wercke oder ſonſt andere
Kriegs-Sachen benennen.


NAch dem im vorhergehenden Theil die meiſten obſtacula und Verhinde-
rungẽ/ ſo in dieſer Kunſt/ ſelbe expedit und frey zu uͤben/ etwa hin und wie-
der fuͤrfallen moͤchten (als zum Exempel/ wenn geſaget wird/ der Graben
ſol den Geſicht-Lineen Parallel gezogen werden/ und man denn nicht weiß/ was
eine Parallel-Linea iſt/ viel weniger/ wie ſolche ſol gemacht werdẽ/ da bleibet man
beſtecken/ und kan weder fuͤr ſich/ noch hinder ſich/ und alſo in andern mehr)
â part
[61]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
â part zuſammen geleſen und abgehandelt/ damit man hinfuͤro deſto kuͤrtzern
und richtigern Progreß in derſelben habe/ und deſto ehe den fuͤrgenommenen
Scopum und Zweck erreichen koͤnne/ als ſchreittet man nunmehr zum Werck ſel-
ber/ und werden in dieſem erſten Capittel die Termini artis oder Kunſtwoͤrter/
wie auch die Termini oder Woͤrter ſo gantze Wercke oder andere Krieges-Sa-
chen benennen/ billich abgehandelt. Denn wie eine jegliche andere Kunſt denen
Dingen und Sachen/ da ſie von handelt/ ihre eigentliche und ſonderliche Namen
zueignet/ ohne welcher vorhergehender notitia und Wiſſenſchafft man in derſel-
ben nicht fortkommen kan/ alſo hat auch dieſe Kriegs-Baw-Kunſt ihre ſonder-
liche Woͤrter und Namen/ welche hie viel einanders/ als ſonſt in gemeinen Reden/
bedeuten: Solche Woͤrter aber ſind aus unterſchiedlichen Sprachen/ als La-
teiniſcher/ Teutſcher/ Jtalieniſcher/ Spaniſcher/ Frantzoͤſiſcher/ und Hollaͤndi-
ſcher Sprachen entlehnet/ und zwar erſtlich die Terminos Ichnographicos oder
Woͤrter/ die zum einfachen Grundriſſe gehoͤren anlangend/ ſind derſelben zwey-
erley/ etliche benennen die Lineen/ etliche die Winckel/ beyderley werden aus der
71. Fig. angezeiget. Die Lineen betreffent/ ſind derſelben fuͤnfferley:


1. Etliche gehoͤren zu der bloſſen Figur: a b, Latus interius, die innwendige Seite
oder Polygon der Figur/ Gallicè Polygone interiur, iſt die Linee welche eine Fe-
ſtung von einem Winckel zum andern innwendig beſchleuſt.


b c, Semidiameterminor, die Ort-Streiche oder der kleine halbe Diameter, iſt
die Linee/ welche aus dem Centro, biß zum Keel-Punct gezogen wird.


Jcd Se-
[62]FORTIFICATION

c d, Semidiameter major die verlaͤngerte Ort-Streiche/ oder der groſſe halbe
Diameter, Diſtantia Cẽtri ab extremitate propugnaculi, iſt die Linee/ welche auß
dem Centro biß zum Bollwercks-Punct gezogen wird/ das iſt der halbe Diame-
ter
und die Capital zuſammen genommen.


c o, Perpendiculum minus, die kleine perpendicular.


c p, Perpendiculum majus, die groſſe perpendicular.


2. Etliche werden Werck-Lineen genant/ als welche zu Auffreißung und Abſte-
ckung eines Wercks noͤthig.


b d, Linea capitalis die Haupt-Linea/ in Irregular-Wercken die Fug-Linea/ Jſt
die Linea/ welche von dem Angule Polygone oder Kehl-Punck biß an den Angu-
le Flanq.
gezogen wird/ welche das Bollwerck in allen Regular-Figuren in zwey
gleiche Theil theilet.


b e, Collum, Linea colli ſeu gutturalis; Gallicè, La Gorge; Italicè, Recinto die
Keel-Linee/ Jſt die Linea welche von der Cortin verlaͤngert wird/ und den An-
gule Polygone
ſchleuſt.


e f, Ala ddie Schulter/ Fluͤgel oder Streiche/ l’es paule, le Flanq. Jſt die Linee
welche aus der Cortin-Perpendicular gehet/ ũd die Face erreichet/ dicitur etiam
die Streich-Wehre oder Seiten-Defenſion.


3. Etliche Bau-Lineen/ als welche effectivè auffgebauet werden.


d f, Facies; Gallicè, la face, Die Geſicht-Linee/ iſt die Linee welche den Winckel
des Bollwercks macht und dem Feinde im Geſicht lieget.


e g, Chorda, vallum intermedium Courtine, die Wall-Linee/ der lange Wall/
Mittel
[63]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
Mittel-Wall/ Cortyn/ Gardin/ iſt der Theil welcher zwiſchen zweyen Boll-
wercks Flancquen lieget.


4. Etliche defenſ- und Wehr-Lineen/ als


u h, Linea defenſionis ſeu defendens minor, die kuͤrtzeſte Streich-Linea/ die De-
fens-
Linea/ die bewegliche Streich-Linea/ Jſt die Linea/ welche aus dem Streich-
Platze mit der Face in einem Strich gezogen wird.


e h, Linea defendens major, die alte/ laͤngeſte/ oder beſtaͤndige Streich-Linea/ Jſt
die Linee/ welche aus dem Punct oder Winckel der Cortin und Flanq. nach dem
Punct des Bollwercks gezogen wird.


h d, Latus exterius, die euſſerſte Seitte oder Polygon der Figur/ die Original,
Diſtantia Propugnaculorum, Gallicè, Polygone exterieur,
die diſtantz der
Bollwercks-Puncten/ iſt die Linea/ welche von einem Bollwercks-Punct zum
andern gezogen wird.


g q, Ala chordæ, der Streich-Platz/ Gallicè, Secund. Flanq. Jſt das Stuͤck der
Cortin, welches zwiſchen den Punct der Streich-Linea und der Flanq. iſt/ aliàs
die Courtin-Streiche.


e q, Das Cortinen-Stuͤck/ darinn die kuͤrtzeſte Streich-Linea faͤllet oder der
Streich-Lineen Cortinen Stuͤck/ oder das Stuͤck der Cortin zwiſchen der Schul-
ter und Streich-Platz.


5. Sind noch etliche Lineen/ ſo zur calculation und Außrechnung gehoͤren.


s r, Alæ continuatio, die erlaͤngerte Streiche/ Gallicè Flanq́. pro longe/ Jſt die
Linee welche von der Flanq. in Verlaͤngerung biß an die Polygone exterieur
gezogen wird.


J ijh r, Di-
[64]FORTIFICATION

h r, Diſtantiaanguli propugnaculi ab ala continuata, die Diſtantz des Boll-
wercks-Puncts von der erlaͤngerten Streiche/ Jſt die Linee/ welche/ wenn ſie
zweymahl genommen wird/ und man addiret die Courtin zu/ die Polygon ex-
terieur
machet.


r g, Diſtantia laterum, die Diſtantz der Polygonen oder der Seitẽ/ iſt die Linea/
welche die Weite der Polygon, wie ſie nemlich von einander ſtehen/ anzeiget.


h t, Semidifferentia laterum, die halbe Differentz der Polygonen, iſt die Linea
wenn ſie zweymahl genommen den Vnterſcheid der Polygonen weiſt.


Zum andern/ was die Winckel angehet/ gehoͤren etliche zu der Figur und ſind
allewege unwandelbar/ Als a c b Angulus Centri, der Mittel-Puncts-Winckel
Angle de Centre, Jſt der Winckel welchen zwey nechſte halbe Diametri machen/
wenn ſie zuſammen kommen.


a g k, Angulus Circum ferentiæ vel Polygoni, der Vmbkreiß-Figur-Poligon-
oder Kehl-Winckel oder Kehl-Punct/ Angle Polygone, iſt der Winckel ſo von
zweyen Seiten der Figur geſchloſſen wird.


h a b, Angulus lineæ capitalis \& lateris, ſeu colli Polygoni, der Winckel der Ca-
pital und Keel-Linie/ iſt der Winckel/ ſo von der Capital und Kehl-Linee oder
Seite beſchloſſen wird.


Nota. Dieſer und der halbe Polygon-Winckel machen allezeit 180. Grad/
und iſt einer des andern zu zwey rechten Winckeln Complement.


s g e, Angulus alæ \& cortinæ, der Winckel zwiſchen der Streich und Cortin, ſo
allezeit recht/ oder 90 Grad halten muß.


Ettliche Winckel variiren nach Vnterſcheid der Arten und Maniren zu forti-
ficiren,
und ſind:


n h s,
[65]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

n h s, Augulus propugnaculi, Angulus defenſus ſeu potius defendendus der
Bollwercks-Punct oď Winckel Angle Flanq;, iſt der Winckel welchẽ zwey Facen,
weñ ſie zuſammẽ kommen/ machẽn/ ach dieſem muͤſſen ſich alle andere und folgẽde
richtẽ/ und weñ dieſer verẽdert wird/ auch folgẽde verendert werdẽ/ als nemlich:
g s h, Angulus faciei \& alæ, der Winckel der Geſicht-Linie ũd Streiche iſt ďWin-
ckel/ welchẽ die Flanq. und Face formiret. Not. dieſer wird gefunden weñ man den
halben Bollwercks-Winckel von dem halben Polygon-Winckel abzeucht/ dẽ Reſt
90. Grad addiret.


h u g, Angulus defenſionis ſeu defendens minor vel interior/ der kleine oď inn-
wendige Streich-Winckel/ iſt der Winckel/ welchẽ die Cortin- und Streich-Linie
ſchlieſſen/ in den Punct da die Streich-Linee auf die Cortin faͤlt/ dieſer entſtehet/
weñ ich den halben Bollwercks-Winckel vom halben Polygon-Winckel abziehe.
h o d. Angulus defendens major vel exterior, l’Angle du Tenaille, der groſſe oď
außwendige Streich-Winckel/ l’Angle flanquant exterieur, iſt der Winckel/
welcher von zweyen Streich-Lineen/ in dẽ ſie ſich durchſch neiden/ gemacht wird/
s h r, der Winckel der Face und der euſſerſten Polygon iſt gleich dẽ kleinẽ Streich-
Winckel. h a i, der Winckel der Capital/ und die Diſtantz der Polygonen, iſt
gleich den halben Winckel Centri, a c o, h s r, der Winckel der Geſicht-Linie und
verlaͤngertẽ Streiche iſt gleich dem Winckel der Streiche und der Streich-Linee.


Die andern Winckel/ ſo etwa ſonſt in der calculation moͤchten fuͤrlauffen/ ſollẽ
an ihrẽ Ort mitgenommen werden. Nota. Weñ nach gewoͤhnlicher Mathema-
tiſcher Manier drey Buchſtaben zu einem Winckel gebrauchet werden/ bedeu-
tet allewege der mittelſte den rechten Punct oder Winckel.


J iijZum
[66]FORTIFICATION

Zum dritten folgẽ die Termini Orthographici, die Namen des Durchſchnitts/
der Dicke des Walles/ oder des Profils, ſolche ſeynd Fig 72. zu ſehen.


a i. Baſis ſeu Planta valli, die Anlage oder Fuß des Walles.


k h, l n, Altitudo valli perpendicullris, die Hoͤhe des Walles.


i n, Acclivitas valli exterior, Die euſſerliche Boͤſchung (quaſi Beſchuͤtzung) Do-
ci
rung oder Droßirung des Walles/ derer Baſis oder Grund i l, iſt.


a h, Acclivitas valli interior, die innerliche Boͤſchung oder Docirung des Walles/
der inwendige Anlauff des Walles/ derer Baſis oder Grund A K iſt.


h n, Latitudo valli ſuperior, die ober Breitte des Walles/ de Kruyn. Belg.


b c e d m, Thorax, Lorica, Parapet, die Bruſt-Wehre.


b n. Bes ſeu Baſis Thoracis, Anlage oder Fuß der Bruſt-Wehre.


m g, Altitudo loricæ exterior, die euſſerliche Hoͤhe der Bruſt-Wehre.


d f Altitudo loricæ interior, die inwendige Hoͤhe der Bruſt-Wehre.


d e, Acclivitas loricæ interior, die innerliche Boͤſchung/


m n Acclivitas exterior, die euſſerliche Boͤſchung der Bruſt-Wehre.


d m, Latitudo ſuperior loricæ, die Ober-Breitte/ de Kruyn der Bruſt-Wehre.


b c e, Scabeilum, Gallicè, Banquet, die Banck/ b c, derſelben Docirung.


b h, Ambulacrum valli, Gallicè, Terre Plein, der Wall-Gang/ Hinter-Wall.


i o, Ambulacrum valli inferius, Gallicè, Fauſsebraye, der Vnter-Wall.


o p r s t, Scabellum \& lorica Horizontalis, Gallicè, Banquet \& Parapet dela Fauſ-
ſebraye,
die Banck und Bruſt-Wehre des Vnter-Walles.


t u, Margo Valli, Liſiere, die Zehe am Walle/ Barm/ Rand.


v vv x y, Foſſa der Graben.


z vv
[67]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

z vv Profunditas foſſæ, die Tieffe des Grabens.


u vv Acclivitas foſſæ exterior, Scarpe, die niederhangende Abdachung des Gra-
bens nach dem Felde zu.


x y Acclivitas foſſæ interior, Callicè Contreſcarpe die gegen der Feſtung han-
gende Abdachung.


y A, Via cooperta, gallicè, Corridor, Chemin, Couvert, Esplanade, der bedeck-
te Weg/ aliàs die Contra Scarpe, ſed impropriè.


A B C D, Scabellum \& lorica viæ coopertæ, des bedeckten Weges Banck und
Bruſt-Wehre.


A D, Baſis loricæ viæ coopertæ, Anlage der Bruſt-Wehre des bedeckten Weges.


E C, Altitudo loricæ viæ coopertæ, Hoͤhe des bedeckten Weges.


D F G H, Foſſa viæ coopertæ der Graben des bedeckten Weges.


Noch ſind zũ vierdten etliche Termini oder Woͤrter ſo gantze Wercke oder ſonſt
andere Krieges-Sachen benennen.


  • 1. Eine Feſtung iſt ein wohlverwahrter Ort/ entweder von Natur oder durch
    Kunſt mit Graben/ Waͤllen/ Bollwercken/ und dergleichen Defenſions-Wehren
    umbgeben/ aus welchen man ſich wieder groſſe euſſerliche Gewalt/ und feindli-
    chen Anfall/ mit geringen Hauffen vortheilig wehrẽ und defendiren kan. Gallicè
    Fort. Lat. Munitio ſ. Fortalitium.
  • 2. Eine Burg oder feſtes Schloß iſt eine ſonderliche Feſtung/ von Vier-Fuͤnff-
    oder Sechs-Ecken/ welche auff die Hoͤhe neben einer Stadt angeleget wird/ die-
    ſelbe ſo wohl zu defendiren als im Zaum zu halten/ daß ſie mit dem Feind nicht
    con-
    [68]FORTIFICATION
    conſpiriren, und von ihrem Land- oder Schutz-Herrn ſo leichtlich nicht abtretten
    kan. Gallicè Citadella. Lat. Arx ſeu Caſtellum.
  • 3. Eine Feld-Schantze beſtehet gemeiniglich aus Vier-Fuͤnff- oder Sechs-Ecken
    oder Bolwercken/ welche aber zum Theil gantz zum Theil nur halb angeleget
    werden/ und wird im Felde bey Verſchantzung eines Laͤgers/ wo ſichs am ge-
    faͤhrlichſten anſehen laͤßet/ item auſſerhalb der Staͤdte an den Fluͤſſen/ Bruͤckẽ/
    oder andern vornehmen Paͤſſen dieſelbe zu defendiren gebauet. Gall. Fortereſſe,
    Lat. Munitio Campeſtris.
  • 4. Eine Stern-Schantze iſt nichts anders/ als eine Feld-Schantze oder Rednte
    mit 4. 5. oder 6. Ecken/ und eingebogenen Seiten/ in Form eines Sternes gebauet/
    wird eben an den Orten angeleget/ wo man ſonſt Feld-Schantzen gebrauchet/
    nur daß jene geſchwinder auffzufuͤhren/ und dahero nicht ſo koſtbar ſind/ Gall,
    Eſtoile. Lat. Munitio ſtellata.
  • 5. Eine Redout oder Redoit iſt ein kleines Drey/ oder Vierecktes Werck/ ſo wol
    ohne als mit halben Bollwercken im Felde/ ſonderlich zwiſchen die Trencheen,
    und die Approchen geleget/ in welchen die Soldaten fiarcke Wacht halten
    muͤſſen/ daß der Feind ſich nicht zu weit an das Lager nahen und daſſelbe unver-
    ſehens uͤberfallen kan. Gall. Redoute. Lat. Reductus.
  • 6. Ein Ravelin iſt ein Außen-Werck/ dem Anſehen nach/ wie ein Boll-Werck/ oh-
    ne daß es nicht ſo hoch und dicke iſt/ wird zur Defenſion der Cortin, die zu lang
    und ſchwach befunden wird/ auſſerhalb des Walles mitten in den Graben auf-
    gefuͤhret/ daß das Waſſer/ wo es verhan den/ gantz als umb eine Jnſul herumb
    flieſſen kan. Gall. Ravelin. Lat. Moles.

7. Ein
[69]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
  • 7. Ein halber Mond/ wird von ſeiner Form alſo genant/ und iſt wie ein kleines
    Bollwerck/ welches auſſerhalb des Grabens fuͤr die Bollwercke/ ſo zu ſchwach
    und geringe befunden werden/ geleget wird/ dieſelbe deſto beſſer hierdurch zu
    verwahren und zu defendiren. Gall. Demi Lune. Lat. Luna dimidiata,
  • 8. Ein Horn-Werck wird auch als ein halber Mond/ von ſeiner Form alſo ge-
    nant/ welches auſſerhalb des Grabens/ wo die ſchwaͤchſten Oerter der Feſtung
    ſind/ mit zwo langen Seiten/ ins Feld getragen/ und vorwarts mit einer Cortin
    und zwey halbẽ Bollwercken gleich als zwey Hoͤrnern angeleget wird/ zu dem
    Ende/ daß ſich der Feindnicht ſo leichtlich zur Veſtung nahen kan/ und hat zu al-
    len Seiten/ wie die Ravelin und halben Mond/ ſein Wall/ Bruſt-Wehr und
    Graben/ Gall. Ouvrage à Corne. Lat. Opus cornutum.
  • 9. Ein Cron-Werck hat auch dẽ Namẽ von ſeiner Form/ weil es wie eine Crone
    anzuſehen iſt/ wird gleich als ein Horn mit zwey langen Seiten/ die aber nicht
    parallel, wie in den Hornwercken/ ſondern gemeiniglich hinten gegen die Feſtung
    eng/ und vorwarts weit ſind/ auff beyden mit zwey halben/ und mitten mit ei-
    nem/ zwey oder mehr gantzen Bollwercken ins Feld geſetzet/ hat auch ſeinen Wall
    und Bruſtwehre/ wie ein ander Auſſen-Werck/ und wird mehrentheils auff die
    Hoͤhen gebauet/ den Feind deſto ehe abzuhalten/ Gall. Ouvrage Couronne. Lat.
    Opus coronatum.
  • 10. Eine Zange oder Scheere iſt ein Werck dem Hornwercke nicht ungleich/ oh-
    ne daß die Lineen innwendig eingebogen ſind/ und dahero keine Cortin noch Boll-
    werck hat/ ſiehet gleich einer auffgemachten Zangen oder Scheren/ und wird ge-
    Kbauet
    [70]FORTIFICATION
    gebauet an ſtatt der Hornwercke/ wenn dieſelben offt in geſchwinder Eyl nicht
    koͤnnen auffgefuͤhret werden/ oder man ſonſten die Vnkoſten in etwas erſparen
    wil. Gall. Tenaille. Lat. Forpicula.
  • 11. Eine Trenſcher iſt ein Vmbzaun oder Verſchantzung eines Laͤgers/ und wird
    mit deroſelben etlichen von auſſen im Felde das gantze Laͤger und alle Quartier
    umgeben und eingeſchloſſen/ ſo man eine Circumvallation und allgemeine Ver-
    ſchantzung zu nennen pfleget/ damit den Belaͤgerten alle Zufuhr zu verwahren/
    mit etlichen aber werden die Quartier innwendig gegen der Stadt umbfangen/
    und aneinander gehenget/ ſo man Lineam Communicationis nennet/ dadurch
    den Außfall der Belaͤgerten zu benehmen. Gall, Trenchee. Lat. Agger continuus,
    it. Seps caſtrorum.
  • 12. Der Wall iſt eine Hoͤhe umb eine Feſtung oder Schantz von Erden auffgefuͤh-
    ret/ und beſtehet von Cortinen und Bollwercken/ damit die Feſtung gerings
    herumb fuͤglich kan beſchoſſen und vor des Feindes Anlauff defendiret werden.
    Es werden aber die Cortinen zu weilen inſonderheit der Wall genennet/ und
    die Bollwercke nicht zugleich mit verſtanden. Gall. Remparte Lat. Vallum,
  • 13. Ein Bollwerck/ vorzeiten Rondeel oder Paſteye genant/ iſt ein fuͤnffecktes
    Stuͤck vom Walle/ außgeſetzet mit fuͤnff Spitzen/ derer drey außwerts gegen den
    Graben zeigen/ die andern zwo aber einwarts gegen den Wall ſich wenden/ aus
    welchen man dem Feind vornemlich Widerſtand thut/ und den Graben ſo wohl
    auch andere nechſt anliegende Bollwercke zu defendiren pfleget. Gall, Baſtion,
    Bulevart. Lat. Propugnaculum.

14. die
[71]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
  • 14. die Bruſtwehre iſt die außwerts ſehende Erhoͤhung des Walles gerings her-
    umb/ ſo wohl an Ravelinen, halben Monden/ Cron/ Horn/ und andern Wer-
    cken/ als Principal-Feſtungen/ und Schantzen/ und gehet dem Mann biß an die
    Bruſt/ daher ſie ihren Namen hat/ innwendig mit einer Fuß-Banck/ darauff
    die Soldaten ſtehen/ und ſich mit ſchieſſen gegen dem Feind wehren muͤſſen. Gall.
    Parapet. Lat. Thorax, Lorica.
  • 15. Der Vnter-Wall iſt eine Wehre dem Haupt-Wall parallel, welche zwiſchen
    demſelben und der Berme an ſtatt der Caſematten gemacht wird/ aus welchen
    man dem Feind/ weñ er zu nahe an die Feſtung kombt/ und vom Wall nicht mehr
    beſchoſſen werden kan/ den beſten Widerſtand thut/ und den Graben defendi-
    ret. Gall. Faußebraye. Lat. Valli in ferioris Ambulacrum, Succinctus.
  • 16. Eine Mord-Grube iſt ein Kammer in die Flancque oder Streiche gebauet
    und mit Steinen wol außgemauret/ aus welcher man dem Feind mit groſſem
    Geſchuͤtz begegnet/ und des Bollwercks Geſicht oder Face, ſo wohl auch
    Graben zu defendiren pfleget/ Gall. Caſematte. Lat. Caſa armata.
  • 17. Eine Katze oder Ritter iſt ein erhoͤheter Wall/ welcher zuweilen auch mitten
    auff die Cortinen in die Laͤnge viereckigt angeleget/ und dahero platte Form ge-
    nennet wird/ vornemblich aber wird er oben auff die Bollwercke geſetzet/ und
    ſo hoch gebauet/ daß man den Feind/ der ſich auff den Bergen/ ſo um eine Feſtung
    herumb liegen/ verſchantzet/ beſchieſſen kan. Gall. Cavallieur. Lat. Collis ſeu Ag-
    ger Propugnaculi.
  • 18. Eine Battereye iſt ein von Erden auffgeworffener Schutt/ darauff man
    K ijStuͤcke
    [72]FORTIFICATION
    Stuͤcke pflantzet/ und eine Belaͤgerte Feſtung daraus zu beſchieſſen pfleget/ und
    wann die Belaͤgerten/ hingegen auch auff den Bollwercken deß gleichen auff-
    fuͤhren/ und ihr Geſchuͤtz darauff plantiren, den Feind damit hinwiederumb zu
    beſchieſſen/ nennet man ſolches Gegen-Battereyen. Gall. Batterie, und Contre
    Batterie. Lat. Collis ſeu Agger tormentarius; Jtem, Suggeſtus.
  • 19. Ein Lauff-Graben iſt ein bedeckter Gang auff beyden Seiten von Erden
    auffgeworffen/ in welchem man ſicher und ohne Furcht groſſer Gefahr an eine
    belaͤgerte Feſtung ſich nahen und zu derſelben kommen kan/ ſo man approchiren
    nennet/ und wann ſolches die belaͤgerten inne werden/ muͤſſen ſie Gegen-Gra-
    ben machen/ dem Feind das Nahen mit allerley Auſſenwercken verbieten/ und
    jhn damit auffhalten. Gall. Approche, Contr’ Approche, Lat. Adductus, Acceſſus.
  • 20. Ein Zwerg-Wall oder Zwerg-Gang/ iſt eine Erhoͤhung von Erden an
    ſtatt einer Bruſtwehr/ nur ohn gefehr aufgebauet/ hinter welcher man ſich wie-
    der des Feindes Geſchuͤtz auffhalten kan/ und wird an die Staͤdte vor die Thore
    und andere Ort im Felde ſo nicht befeſtiget oder verſchantzet ſind/ und doch vom
    Feind ploͤtzlich uͤberfallen werden/ nur ſchlecht in gleicher Linie auffgeworffen/
    damit man vor dem Feind nicht bloß und unbedeckt iſt/ Deßgleichen/ wenn man
    in belaͤgerten Feſtungen hin und wieder in die Gaſſen und andere Plaͤtze Erde
    auffſchuͤttet/ damit/ wenn der Feind Granaten wirffet/ man ſich dahinter ver-
    bergen kan/ ſolche werden auch Zwerg-Waͤlle genennet. Gall. Transverſo Lat.
    Lorica tranſverſa.

21. Ein
[73]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
  • 21. Ein Schirm-Dach oder bedeckter Gang iſt ein Weg auff beyden Seiten mit
    Brettern und Seulen oder Pfaͤhlen zuſammen gefuͤget/ ſo man Gebundt nen-
    net/ und mit Erden bedecket und umbſchuͤttet/ welchen man uͤber einen Graben/
    der zuvor mit Reiß-Holtz außgefuͤllet ſeyn muß/ an ein Bollwerck/ ſo geſpren-
    get werden ſol/ zu fuͤhren pfleget/ damit die Soldaten daruͤber verdeckt/ und de-
    ſto ſicherer an das Bollwerck kommen koͤnnen. Gall. Galerie. Lat. Via inteſtina,
    Vinea.
  • 22. Ein Bruch des Walles iſt ein außgeſprengtes Loch oder Luͤcke an einem
    Bollwercke/ welches mit Huͤlff einer Gallerie durch eine Mine gemacht wird/
    damit die Soldaten dadurch/ als durch einen geoͤffneten Gang/ deſto leichter in
    die Feſtung kommen koͤnnen/ Gall. Breche, Lat. Ruina Valli.
  • 23. Ein Vntergrabung iſt ein heimlicher und verborgener Gang unter der Er-
    den/ welcher von dem Feind in den Wall und andere Wercke der Belagerten Fe-
    ſtung mit einer Kammer wohl verſtopffet/ und mit Pulver gefuͤllet/ gegraben
    wird/ die Wercke dadurch zuſprengen/ welchem Gang die Belagerten/ wenn ſie
    deſſen innen werden/ entgegen graben/ das Pulver wegnehmen/ und des Feindes
    Anſchlag verhindern und zu nichte machen. Gall. Mine, Contre Mine. Lat. Cuni-
    culus, Cuniculus reciprocus.
  • 24. Eine Blendung iſt eine von Holtz-Werck zuſammen gefuͤgte/ und mit Er-
    den eines Schuchs dick außgefuͤllete Bruſtwehre/ welche bey dem approchiren,
    miniren,
    und Gallerien-ſchlagen gebrauchet/ und den Graͤbern vor/ an und auff
    K iijdie
    [74]FORTIFICATION
    die Seiten geſetzet wird/ damit ſie von den Belaͤgerten nicht moͤgen geſehen/ am
    Graben verhindert und abgetrieben werden Gall. Chandelier. Lat. Velamen.
  • 25. Eine innerliche Verſchantzung iſt eine von dem alten Wall abgeſchnittene
    neue Verſchantzung/ welche gemacht wird/ wenn man wegen des Feindes groſ-
    ſer Gewalt und hefftigen zuſetzen den alten Wall nicht laͤnger zu erhalten ge-
    trauet/ daraus dann dem Feinde wieder von neuem kan Widerſtand gethan wer-
    den. Gall. Retrenchement. Lat. Receſſus ſ. Regreſsio.
  • 26. Palliſaden/ ſind Pfaͤhle unten zugeſpitzt/ damit ſie koͤnnen in die Erdenge-
    ſchlagen werden oben mit zwey oder mehr ſpitzigen Eiſen/ ſo durch die Pfaͤhl ge-
    ſchlagen ſind/ und werden an den Feſtungen außerhalb des Grabens/ oder auch
    wohl an andere Orthe/ zwey oder dreyfach hinter einander auffgeſchlagen/ doch
    alſo/ daß die hintern allezeit hoͤher ſeyn. Gall. Palliſades. Lat. Sudes feratæ.
  • 27. Friſiſche Reutter ſind ſechseckichte groſſe Baͤume auff den Sechs-Seitten
    mit Pfaͤlen oder Staͤben/ ſo mit Eyſen beſchlagen/ durchſtochen/ und werden
    auff die Wege und Paͤſſe geſetzet/ die Reutterey/ ſo wohl auch das Fuß-Volck
    damit auffzuhalten. Gall. Barricader, Cavalliers de Friſes. Lat. Echini.
  • 28. Ein Fuß-Angel iſt ein vier-ſpitziges Eyſen/ welches alſo zugerichtet iſt/ daß
    allezeit/ wenn mans auf die Erden wirfft/ ein Spitze ſich in die Hoͤhe kehret/ und
    werden dieſelbe in die Graͤben und Breſchen geworffen/ die Soldaten damit zu
    verlehmen und auffzuhalten. Gall. Chauße Trappe. Lat. Murex.
  • 29. Ein Schantz-Korb/ iſt ein von Reißholtz geflochtener runder Korb/ mit Erdẽ
    gefuͤllet/ und werden derſelben viel zuſammen auff die Batteryen/ item bloſſe/
    und
    [75]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
    und zerſchoſſene Bruſt-Wehren/ und andere ſchwache und ſandichte Orts/ in
    der Hoͤhe auffgerichtet/ damit man vor des Feindes Geſchoß geſichert iſt/ un-
    ter welchen aber ettliche gedoppelt/ eines Mannes hoch und groͤſſer als die an-
    dern ſind/ und werden gebrauchet/ wo man ſich vor des Feindes Geſchuͤtz ver-
    wahren muß/ daher ſie gedoppelte Schantz-Koͤrbe genennet werden. Gall. Ga-
    bious. Lat. Corbes loricales.
    Etliche aber ſind kleiner/ ſo man halbe Schantz-Koͤr-
    be/ itẽ: Koͤrblein und Maͤnchen zu nennẽ pfleget/ und werden gebrauchet/ daß die
    Soldaten hinter und zwiſchen denſelben den Feind mit Mußqueten wohl ins Ge-
    ſichte nehmẽ/ und dieſelben auff ihn loͤſen koͤnnen. Gall. Corbeillés Lat. Corbulæ.
  • 30. Ein bedeckter Weg/ ins gemein/ ſonſten/ ſed impropriè Contraſcarpa ge-
    nand/ iſt ein Gang auſſerhalb des Grabens/ gegen dem Felde/ mit einer Fuß-
    Banck und Bruſt-Wehr/ welcher Abdachung ſich allgemachſam ins Feld ver-
    lieret/ alſo daß dieſelbe von dem Ober-Wall kan beſtrichen/ und ein Mann dar-
    auff ſtehend biß zum Fuß geſehen werden. Gall. Chemin, Convert, Lat. Via
    operta.
  • 31. Der Graben iſt die außgegrabene Tieffe in der Erden auſſerhalb des Wal-
    les/ umb eine Feſtung und deroſelben Außen-Wercke rings herumb/ ſo entwe-
    der trucken oder voll Waſſer iſt/ wird gemacht fuͤr des Feindes ſchnellen Anfall/
    daß er nicht ſo leichtlich oder heimlich an eine Feſtung kommen kan. Gall. Foſſe.
    Lat Foſſa.

CAPUT
[76]FORTIFICATION

CAPUT III.


Von dem Fundament der Fortification, und Haupt-Canonibus oder Regu-
lẽ/ darauff alles/ was in derſelben vorlaͤufft/ beruͤhret und gegruͤndet ſeyn muß-
Nebſt dem Vnterſcheid der Oerter/ die da ſollen befeſtiget werden/ und unter-
ſchiedlicher ungleicher Meinungen/ welche Oerter beſſer und den andern vorzu-
ziehen ſeyn/ auch von Befeſtigung des Grundes/ darauff eine Feſtung gebauet
werden ſol/ deßgleichen/ wie ſtarck eine Feſtung mit Mannſchafft zu beſe-
tzen/ und mit was Zubehoͤrungen dieſelbe vornemlich
zu verſehen ſey:


Das eigentliche Fundament und Grund der Fortification iſt/ mit einem
Worte zu reden/ die Defenſion, und vollkoͤmliche Beſchirmung eines Orts oder
Feſtung/ daß nemlich nicht der geringſte Punct an derſelben/ nicht allein
Defenſion- oder Wehr-loß ſey oder verbleibe/ ſondern auch die Defenſion, ſo viel
muͤglich/ ſtaͤrcker/ oder zum wenigſten gleich der Offenſion ſey: Dieſes haben
zwar die alten auff mancherley Wege und Weiſe geſuchet und verſuchet/ aber
doch hat man ſolches nicht ehe erlangen koͤnnen/ biß die ietzt neue und nunmehr
allenthalben gebraͤuchliche Manier zu fortificiren erfunden worden. Bey der
Defenſion aber ſind fuͤrnemlich viererley in acht zu nehmen:


  • 1. Locus defendendus, welcher Ort an einer Feſtung fuͤr andern pfleget feind-
    lich angegriffen zu werden/ und alſo Defenſion von noͤthen.
  • 2. Locus defendens, der Ort und Platz/ ſo die andern defendiren und be-
    ſchuͤtzen muß.

4. Lo-
[77]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
  • 3. Defenſionis Inſtrumenta, wodurch die Defenſion geſchehen ſol.
  • 4. Loci defendendi \& defendentis diſtantia, Wie weit der Ort/ ſo den andern
    vertheidigen ſol/ von demſelben muß abgelegen ſeyn.

I. Vom erſten iſt zu mercken/ daß ein jeglicher Ort/ je naͤher er dem Feinde
ins Geſichte lieget/ je ehe er von demſelben angegriffen wird/ weil nun die Boll-
wercke/ und ſonderlich derſelben Geſicht-Lineen/ dem Feinde am nechſten/ iſt es
nicht allein rationabel, ſondern es gibt es auch die taͤgliche praxis ũd Erfahrung/
daß dieſelbe alleweg des Feindes Angriff/ fuͤr einigen andern Ort/ muͤſſen ge-
wertig ſeyn.


II. Dieſer Defenſion, oder den Locum defendentem, fuͤrs ander betreffent/
haben zwar die alten ſelbige nur bloß auß den Streichen oder Schultern genom-
men/ weil aber ſolche zu ſchwach befunden/ und inter locum defendendum \&
defendentem
keine rechte proportion, zeucht und zwinget man jetzo den Boll-
wercks-Punct/ ſo viel er immer leiden kan/ zuſammen/ und hilfft den Wercken
ſonſt wie man kan/ daß man ein gut Stuͤcke der Cortin, und in etlichen mehr als
die Helffte gewinne/ welches Secund. Flanq. oder Alæ Cortinæ, des Cortinen
Stuͤck oder der Streich-Platz genandt wird/ damit die Defenſion die Offenſi-
on,
wie erwehnet/ uͤbertreffe/ oder doch ja zum wenigſten derſelben gleich werde/
deñ es ſonſt gar uͤbel abzugehen pfleget/ weñ ein kleiner Pygmæus oder Zwerg/
ſich mit einem groſſen Rieſſen ſchlagen wil/ und ein Platz oder Linie/ da 30. oď 40.
Offendenten anfallen koͤnnen/ nur von 8. oder 10. defenſoribus (wie bißhero
mehrentheils geſchehen) kan defendiret werden.


LIII. Wo
[78]FORTIFICATION

III. Womit die Defenſion ſolle geſchehen/ ſo ſind in dieſem Stuͤcke auch nicht
alle Autoresſonderlich die alten mit den neuen/ einig/ Jene geben den groben
Stuͤcken und Geſchutz den Vorzug/ dieſe aber wollen/ ſie koͤnne und muͤſſe allein
mit Mußqueten geſchehen. Es wird aber allhier nicht die Defenſion, dadurch
dem Feinde von weitten in Anzuge begegnet/ oder deſſelben Wercke und Baw
verhindert und ruiniret wird/ verſtanden/ welches ſich ohne das verſtehet/ daß
es nicht anders/ als aus und mit groben Stuͤcken geſchehen muſſe/ ſondern
eigentlich/ wenn der Feind die eine oder die andere Geſicht-Linee eines Boll-
wercks anfaͤllet und Sturm laͤufft/ womit man als denn ſelbe defendiren und
beſtreichen ſol/ obs mit Stuͤcken oder Mußqueten geſchehen muͤſſe/ und werden
in dieſem Falle billich mit denen Retentioribus die Mußqueten den Stuͤcken fuͤr-
gezogen:


Denn 1. Weñ die Stuͤcke abgeſchoſſen/ nehmen ſie Zeit wieder zu laden/
und geben als dann dem andringenden Feinde Inducias oder Anſtandt; Mit
Mußqueten aber kan man continuirlich eines umbs ander abwechſelend/ auff
denſelben loß ſchieſſen.


2. Wenn das Geſchuͤtz beſchaͤdiget/ und etwa ein Rad oder ſonſt was zubro-
chen/ iſt es untuͤchtig/ wird ein Mußquetirer erſchoſſen/ tritt ein ander an die
Stelle.


3. Wenn ein Bollwerck ruiniret wird/ ſtehen die Stuͤcke bloß/ und koͤnnen nicht
mehr wohl gebrauchet werden; Ein Mußquetirer aber kan ſich auch zur Noth
in einem ruinirten Wercke behelffen/ wenn er nur ein wenig Vortheil und Be-
deck hat.


4. Weñ
[79]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

4. Wenn der Feind anfaͤnget ſich zu naͤhern/ kan man ihme mit dem Geſchuͤtz
nicht wohl mehr beykommen/ auch kan man daſſelbe nicht fuͤglich gebrauchen
auf den Secund-Flanquen oder Streich-Plaͤtzen/ und was ſonſten fuͤr incom-
modit
aͤten mehr ſeyn/ derer die Stuͤcke unterworffen; Hergegen aber die Muß-
queten derſelben entlediget und befreyet/ und koͤnnen an allen Oertern und Occa-
ſionen
zu ſtatte kommen.


Hiraus fleuſſet deñ endlich die ſolution der vierdten Frage/ daß man nemlich
die Diſtantz oder Weitte/ Loci defendendi \& defendentis, des Orts ſo ſol ver-
theitiget werden/ und ſo den andern verthaͤdigen ſol/ nicht nach den Canonen
oder Stuͤcken/ ſondern der Mußqueten Schuͤſſe/ muͤſſe determiniren und an-
ordnen. Wie weit aber eigentlich eine Mußquete reiche/ ſtimmen auch nicht alle
uͤberein: Die meiſten meinen/ daß 60. Ruthen oder 600. Fuͤß die rechte Laͤnge des
Mußqueten Schoſſes/ und alſo der Defenſion ſey/ denn ob ſchon derſelbe etwas
weitter moͤchte reichen/ ſencke ſich doch nach dieſer oberwehnten Weitte die Ku-
gel/ und habe keine ſonderliche Staͤrcke noch Krafft mehr. Goldtman haͤlt dafuͤr/
man koͤnne die Defenſion und den Mußqueten-Schuß gar wohl auff 70. oder
75. Ruthen nehmen/ denn als deñ die Kugel noch ſtarck genug anſchlage/ und
wohl einen Kerl unter dem Hauffen treffen koͤnne/ ob es ſchon nicht eben ein Ziel-
Schuß ſey: Der Mittel-Weg iſt der beſte/ denn nimbt man die Defenſion, ſon-
derlich in denen Figuren/ ſo wenig Ecken haben/ juſt auff 60. oder 61. Ruthen/
begehet man auff der andern Seiten einen ſchaͤdlichen Fehler/ in dem
man nicht wohl die proportion inter partem defendendam \& defendentem,
L ijdavon
[80]FORTIFICATION
davon droben gedacht/ kan halten/ und kaum mit groſſer Muͤhe das Theil/ ſo
das andere verthaͤdigen ſol/ dem ſo verthaͤdiget werden muß/ gleich/ geſchweige
denn ein merckliches groͤſſer haben/ nimt man ſie aber uͤber 68. und 70. Ruthen/
faͤllet ſie auch zu ſchwach/ denn daß die Mußquete ein gut Theil noch uber 60.
Ruthen tragen koͤnne/ iſt gewiß/ aber aus der Erfahrung kan man mit genauer
Noth 70. erreichen/ es were deñ Sache/ daß man die ſtaͤrckeſten Mußqueten an
die weit gelegene Oerter ſtellete/ und denen abſonderlich Befehl gebe/ ettwas
ſtaͤrcker zu laden/ oder auch an denen Oertern Doppelhacken gebrauchen koͤnte/
welches/ ob es fuͤglich geſchehen moͤge/ ſtellet man andern verſtaͤndigen und
Krieges-Erfahrnen zu judiciren anheimb/ und bleibet man unterdeſſen/ wie ge-
ſaget/ bey dem ſicherſten und Mittel-Wege und determiniret die laͤngeſte Defen-
ſion
oder den Mußqueten-Schuß von 65. biß 68. Ruthen/ denn alſo erreichet
man utrumq; Scopum, die Defenſion faͤllet nicht zu uͤbrig lang/ und der verthe-
tigende Theil iſt gleich/ oder in den meiſten ein merckliches groͤſſer/ als der verthe-
diget werden ſol. Aus dieſem folget nun 1. Daß man beyderley/ ſo wohl der
Stuͤcke als der Mußqueten in einer Feſtung benoͤtiget/ Jene/ von ferne dem
Feind damit zu begruͤſſen/ oder ſeine Wercke damit zu ruiniren, und zu verhin-
dern/ Dieſe gegen den herannahendẽ Feind zugebrauchen/ und den Sturm da-
mit abzutreiben. 2. Daß man ſich in Auffbawung einer Feſtung und Anlage
der Wercke/ wenn ſolche ihre rechte Defenſion haben ſollen/ nicht nach den Ca-
nonen,
ſondern nach dem Mußqueten-Schuſſe reguliren und richten muͤſſe. Es
wird aber umb mehrer Richtigkeit halber das Defenſion. Werck/ und was
ſonſt
[81]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
ſonſt bey Fortificirung eines Ortes in acht zu nehmen/ in folgenden General-
Canonibus
oder Regulen verfaſſet/ auff welchen gleichſam die gantze Fortificir-
Kunſt beruhet/ und hiermit umſchrieben iſt/ nach welchen man auch alles/ was
in derſelben fuͤrleufft/ examiniren und probiren kan und muß/ und was mit
demſelben uͤberein komt und zuſtimmet/ ob es ſchon ſonſten in einem und andern
variiret, fuͤr recht und gut/ was denen aber zu wider/ fuͤr wehrloß und untuͤchtig
ſchaͤtzen.


  • 1. Maxim. Wenn man einen Ort fortificiren wil/ muß man fuͤr allen Dingen
    erſtlich zuſehen/ daß man nicht Gott ſelbſt/ durch ein Gottloſes und heuchleri-
    ſches Leben zum Feinde habe; Denn/ wider den hilfft keine Feſtung Mich. 5. v. 11.
    Jch wil die Staͤdte deines Landes außrotten/ und alle deine Feſte zerbrechen.
    Eſa. 25. v. 2. Du (HERR) macheſt die Stadt zum Steinhauffen die feſte Stadt/
    daß ſie auff einem Hauffen lieget: Wo der HErr nicht die Stadt behuͤtet/ ſo wa-
    chet der Waͤchter umſonſt. Pſal. 127. v. 2.
  • 2. Ein Ort/ der nicht gnugſam mit Proviant/ Munition/ oder anderer Noth-
    durfft verſehen/ oder verſehen kan werden/ wird auch vergeblich gefortificiret,
    und kan man an demſelben die Vnkoſten wohl ſparen.
  • 3. Wo eine Stadt unter ſich ſelbſt uneinig oder auffruͤhriſch iſt/ da wird die
    Muͤhe zu fortificiren auch vergeblich angewendet.
  • 4. Es hat Sicherheit/ Geitz/ und eigen Nutz manche Stadt in der Feinde Haͤn-
    de gebracht/ unnd pfleget ſelten/ wo ſolche Laſter eingeriſſen/ ein guth
    L iijEnde
    [82]FORTIFICATION
    Ende zu nehmen/ daraus folget/ daß man ſich fuͤr dem geringſten Feinde eben ſo
    wol verwahren und vorſehen/ als fuͤr dem ſtaͤrckeſten/ und ja fuͤr allen Dingen
    nicht ſicher ſeyn/ oder den Feind gering achten ſol.
  • 5. An guter richtiger Ordnung/ Standthafftigkeit und Einigkeit der Buͤrger-
    ſchafft und Soldaten/ iſt vielmehr gelegen/ als an der Menge des Krieges-
    Volcks.
  • 6. Eine jegliche Feſtung ſol alſo angeſtellet und angeordnet werden/ daß man
    mit wenigem Volcke (das Proviant zuerſparen) reſiſtiren und Widerſtandt
    thun moͤge/ welches geſchiehet/ ſo man die Feſtung ſo anleget und aufbauet/ daß
    die Defendenten, ſo drinnen ſeyn/ einen groſſen Vortheil fuͤr den Offendenten,
    und dem Feinde drauſſen haben/ und denn die Feſtung ſo enge/ als ſichs immer
    leyden wil (cæteris paribus) zuſammen zeucht.
  • 7. Je weniger Auſſen-Wercke/ als Horn-Wercke/ Ravelinen/ halbe Monden/
    und dergleichen/ eine Feſtung hat/ je beſſer iſt es (es wolle denn die euſſerſte Noth
    ſolche Dinge erfodern) denn dieſelben offtermals nur dem Feind zu ſeinem Nu-
    tzen und Vortheil gereichen/ die Defendenten aber muͤſſen ſolche Auſſen-Wercke
    mit ſchweren Vnkoſten auffbauen/ und mit groſſer Beſatzung und anderer Vn-
    gelegenheit unterhalten.
  • 8. Es iſt keine Regul ohne exception, daraus zu verſtehen/ daß nicht alle Oer-
    ter gleich/ oder auf eine Weiſe koͤnnen gefortificiret werden/ denn je nach Gele-
    genheit der Oerter/ auch eine gelegene und neue Speculation erfodert wird/ wel-
    ches einem erfahrenen und verſtaͤndigen Ingenieur anheim geſtellet wird.

9. Es
[83]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
  • 9. Es kan kein Ort ſo wohl fortificiret werden/ daß nicht noch ſolten Maͤngel
    und Vnvollkommenheiten/ bald hie und da fuͤrlauffen/ doch in einem mehr als
    im andern/ dannenhero je weniger Maͤngel ein Ort hat/ und je naͤher er der Per-
    fection
    und Vollkommenheit/ je beſſer iſt er/ Vitiis ſine nullus datur, optimus il-
    le eſt locus, qui minimis urgetur.
  • 10. Es wird nichts neues erfunden/ deme nicht etwas neues entgegen erdacht
    und opponiret werden koͤnte. Muß alſo ein verſtaͤndiger Ingenieur ſtets/ nicht
    allein bedacht ſeyn/ den alten und erfundenen Stratagematibus und Krieges-
    Rencken/ ſondern auch den neuen Inventionibus mit neuen Gegen-Erfindun-
    gen zu begegnen/ denn nicht allein ein groͤſſere Kunſt/ des Feindes Stratagema-
    tibus
    und neuen Inventionibus zu remediren und zu begegnen/ als einen groſſen
    Ort zu fortificiren, ſondern es wird auch der Feind viel eher und mehr durch
    kluge Anſchlaͤge und Erfindung allerhand Stratagematen, als durch der Krieges-
    Leute Wehr und Waffen uͤber wunden/ und bißweilen mit wenig Krieges-Volck/
    durch Huͤlffe verſtaͤndiger Ingenieuren, eine groſſe Schlacht verrichtet.
  • 11. Die kuͤnſtlichen Inſtrumenta Geometrica in dem fortificiren, ſind manch-
    mahl mehr hinder- als foͤrderlich/ woraus zu erſehen/ daß ein guter Ingenieur
    bißweilen dem Augenmaße nach/ viel leichter einen Ort fortificiren und abmeſ-
    ſen moͤge (im Fall der Noth und da man keine Zeit und Gelegenheit hat/ Inſtru-
    menta
    zu gebrauchen/ denn auſſer dieſem man dem Augenmaß nicht zu viel
    trauen muß/ ſonderlich ſo man Royal und beſtaͤndige Wercke bauen wil) als
    vieler Kuͤnſtlichen Inſtrumenta ſich zu gebrauchen. Nam in Mechanicis qui be-
    nè con-
    [84]FORTIFICATION
    nè conjicit, vates eſt optimus. Joh. Pharamunà. Rummel. in Compend. fortificator.
    Es iſt ſich aber in dieſen Maximis generalioribus unnd allgemeinen Regu-
    len nicht laͤnger auffzuhalten/ ſondern ad ſpecialiores, und die ſo eigentlich hieher
    gehoͤren/ zu ſchreitten:
  • 12. Aus einen weitem Platz kan mehr Widerſtand gethan werden/ als aus einẽ
    engen/ worauß deñ folget/ daß je mehr Seitten eine Figur hat/ und je kleiner die
    Winckel beym Centro ſeyn/ je bequemer ſie zu fortificiren iſt/ und je ſtaͤrcker faͤlt
    die Defenſion, weiln alle Stuͤck daran geraumer und zur Defenſion geſchickter
    und beſſer fallen/ dannenhero/ weil der Triangul die erſte unter allen Figuren iſt/
    und die wenigſten Seitten hat/ wird er fuͤr untuͤchtig gehalten/ und in der Re-
    gular-Fortification
    mehrentheils verworffen: Das Quadrat iſt etwas beſſer/
    laufft doch auch noch groſſe Vngeſchicklichkeit und Vnvollkommenhet mit fuͤr;
    das Fuͤnff- Eck iſt noch beſſer als das Quadrat/ kan zu Schloͤſſern und Caſtelen
    fuͤglich gebrauchet werden.
  • 13. Vnter der Figur und Beſatzung muß eine gewiſſe Proportion in acht ge-
    nommen werden/ deñ es gar ungereumbt/ eine Feſtung groͤßer anlegen/ als man
    Beſatzung zur Zeit der Noth darinnen haben oder unterhalten kan; Deñ/ beſſer
    nicht gebauet als nicht beſetzet.
  • 14. Die Linee oder Platz/ ſo einen andern verthedigen muß/ ſol allewege (ſo
    mans haben kan/ groͤſſer ſeyn/ als der/ ſo ſol verthediget werden/ oder doch zum
    wenigſten gleich per ſuprà dicta.
  • 15. Ein jeder Theil einer Feſtung ſol alſo und dermaſſen angeordnet werden/
    daß
    [85]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
    daß kein jetziger Platz oder Punct ohne Defenſion ſey/ ſondern daß das eine
    Theil das andere flanquiren und beſtreicheu moͤge/ damit/ weñ der Feind ſchon
    einen Ort einbekaͤme/ er doch wieder von dem andern Orte beſchoſſen und abge-
    trieben werden mõchte.
  • 16. Die Defenſion ſol nicht nach den Stuͤcken/ ſondern nach den Mußqueten-
    Schuß genommen werden/ ut ſupra dictum.
  • 17. Die laͤngſte Defenſion ſol nicht viel uͤber 60. wie die gemeineſte Proportion
    iſt/ oder/ wie Goldtman wil/ uͤber 70. oder zum hoͤchſten 75/ oder endlich/ wel-
    ches das beſte/ uͤber 65/ zum hoͤchſten 68. Ruthen/ ſich erſtrecken.
  • 18. Die bewegliche Streich-Linea (welche gerade aus und nach den Geſicht-
    Lineen gezogen wird) je kuͤrtzer ſie iſt je beſſer; oder je kuͤrtzer die Defenſion je [ſtaͤrker]
    iſt ſie.
  • 19. Je groͤſſer die Bollwercks-Winckel fallẽ/ je beſſer ſindt ſie/ jedoch ſollen ſie nit
    uͤber 90. und nicht unter 60. Gradt ſeyn.
  • 20. Der kleine Streich-Winckel/ je groͤſſer er iſt/ hergegen aber der groſſe
    Streich-Winckel/ je enger er iſt/ je beſſer.
  • 21. Je groͤſſer die Secund. Flanq. oder Streich-Platz/ je ſtaͤrcker die Defenſion;
    doch muß der Bollwercks-Winckel/ Schulter/ Streich-Winckel/ Streich-
    Platz/ ſo eines gegen das ander conferiret und geproportioniret werden/ damit
    nicht einem zu viel genommen/ und dem andern zu viel zugeleget werde.
  • 22. Die Keel-Linea ſey niemals kleiner/ auch niemals noch eins ſo groß als die
    Schulter.

M23. Ein
[86]FORTIFICATION
  • 23. Ein Winckel ſo unter 90. Grad/ iſt zu fortificiren untuͤchtig/ doch kan ein
    paar Grad in Irregular-Wercken nicht groß machen/ und gehen zur Nothdurft
    die uͤber 85. Grad ſeyn/ noch wol mit/ doch kleiner nicht; Je groͤſſer aber ein Win-
    ckel iſt/ je beſſer kan er gefortificiret werden.
  • 24. Eine Seite einer Figur ſo zwiſchen 60. und 70. Ruthen/ oder doch ja nicht
    viel drunter oder druͤber/ iſt zum fortificiren am geſchickſten.
  • 25. Die Schulter ſol niemals kleiner/ als das vierdte Theil der Geſicht-Lineen
    ſeyn/ auch niemals groͤſſer/ als die Helffte derſelben.
  • 26. Die Geſicht-Linee ſol nicht kleiner ſeyn/ als die halbe Cortin, doch in Irre-
    gular-
    Wercken faͤlt es bißweilen anders.
  • 27. Die Cortin ſol in Royal-Wercken niemals unter 30. und uͤber 50. Ruthen
    lang ſeyn.
  • 28. Der Winckel/ ſo die Schulter und Cortin machet/ ſey allezeit recht/ oder
    von 90. Graden/ das iſt/ die Schulter ſol auff die Cortin perpendiculariter auf-
    fallen.
  • 29. Des Walles Hoͤhe muß alſo genommen werden/ daß er das innere bedecke/
    und das euſſere entdecke/ und laͤſſet ſich an keine gewiſſe Quantitaͤt binden; Dar-
    umb/ wenn umb eine Feſtung nicht nahe Hoͤhen verhanden/ iſt ein hoher Wall
    ſchaͤdlich/ in dem er das jenige/ was nahe darbey und niedrig iſt/ nicht entdecken
    kan.
  • 30. Die breite oder Dicke des Walles endert ſich in einerley Wercken/ nach dem
    Vnterſcheid der Erden. Deñ weil eine Erde feſter iſt und den Canonen-Schuß
    beſſern
    [87]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
    beſſern Widerſtand thut/ als die andere/ ſo muß der Wall/ wo ſchlechte Erde vor-
    handen/ nothwendig dicker gemacht werdẽ/ da man ſonſten/ wo die Erde gut iſt/
    etwas daran nachlaſſen und erſparen kan.
  • 31. Die Boͤſchungen und Anlauffe des Walles richten ſich nach der Natur der
    Erden; Denn wo die Erde wider jhre Natur zum Anlauffe gezwungen wird/ iſt
    bey dem Bau kein Beſtand zu hoffen.
  • 32. Die Breiten und Tieffen des Grabens ſollen ſich nach dem Jnnhalt des
    Walles richten/ und mit demſelben uͤberein kommen.
  • 33. Je naͤher ein Werck dem Centro der Feſtung/ je hoͤher es ſeyn muß. Denn
    weil die innern Wercke die euſſern defendiren ſollen/ ſo muͤſſen nothwendig die
    innern hoͤher ſeyn/ als die euſſern/ ſonſten were es unmuͤglich/ daß ihnen einige
    Defenſion von den innern zukommen koͤnte/ zugeſchweigen des groſſen Vor-
    theils/ den der Feind davon hette/ wenn ſie einander gleich weren.
  • 34. Die Regular-Fortification iſt eine Regul und norma der Irregular-Forti-
    fication,
    darumb/ je naͤher an einem Irregular-Platz ein und das ander Stuͤck
    zur Regular gebracht werden kan/ je beſſer und hoͤher die Fortification zu halten
    iſt.

Was aber den Vnterſcheid der Oerter inſonderheit anlanget/ die da ſollen
befeſtiget werden/ welche beſſer und den andern vorzuziehen ſeyn/ befinden ſich
unterſchiedliche Meinungen/ die aber doch alle ihre fundamenta und wichtige
rationes haben/ drumb dieſelben pro und contra, umb mehrer Vbung willen
allhier beyzufuͤgen/ fuͤr gut und rathſam geachtet.


M ijEtliche
[88]FORTIFICATION

Etliche halten gewiß dafuͤr/ es ſey am beſten gethan/ weñ man die Feſtungen
auff Berge/ Felſen/ und andere hohe Oerter baue/ aus dieſen Vrſachen: weil


  • 1. Eine ſolche Feſtung nit leichtlich koͤnne untergraben und geſprenget werdẽ.
  • 2. Der Feind ſo bald zur Feſtung ſich zu machen nicht vermochte/ in Betrach-
    tung er auff der Hoͤhe von ferne leichtlich koͤnte geſehen werden.
  • 3. Dem Feind ſeine Battereyen und Cavallier ſo wenig helffen/ als den bela-
    gerten ſchaden koͤnten/ in dem ſie ihm an der Hoͤhe uͤberlegen weren.
  • 4. Auff den Hoͤhen friſche und geſunde Lufft zufinden were/ und dahero die
    belaͤgerten fuͤr zufaͤlligen Kranckheiten ſich nicht ſo ſehr zu befahren hetten.
  • 5. Eine Breche, od’ fruchtbarlicher Sturm nit ſo leichtlich ins Werck zurichtẽ.
  • 6. Solche Oerter von Natur feſt zu ſeyn pflegten/ und dahero denſelben mit
    geringen Vnkoſten durch die Kunſt zu helffen were.

Dagegen aber werden hinwieder um gewiſſe und gruͤndliche Beſchwerungen
eingewendet:


  • (1.) Daß Feſtungen auff den Bergen und Felſen gemeiniglich Mangel am
    Waſſer haben/ weil Brunnen zu graben oder Waſſer dahin zu leiten/ ſchwer vor-
    faͤllet/ ohn welches doch niemand ſeyn kan.
  • (2.) Muͤſſe man mit groſſer Muͤhe und Vnkoſten Geſchuͤtz/ Munition/ Provi-
    ant/ und dergleichen beyfuͤhren/ und hinauf ſchaffen.
  • (3.) Koͤnte auff ſolche Feſtungẽ leichtlich ein Anſchlag gemacht/ und durch ein ſon-
    derlich Stratagema heimlicher und unvermerckter Weiſe dieſelben bey Nacht be-
    ſtiegen und mit geringen Verluſt eingenommen werden.

(4.) We-
[89]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
  • (4.) Were die Erden zum Bau an ſolchen Orten nicht allerdings gut/ ſondern
    gemeiniglich ſandicht/ und hette dahero der Bau ſchlechten Beſtandt/ oder wol-
    te man die Erde von weitem holen laſſen/ wuͤrden groſſe Vnkoſten darauf gehen.
  • (5.) Ließe ſich an ſolche Oerter nicht ein jede Form und Figur einer Feſtung
    legen/ weil es die Felſichten Berge nicht wol leiden koͤnnen/ und muͤſten daher die
    Bollwercke offt gar irregular werden.

Die Feſtungen/ ſo in Thaͤlern und Gruͤnden gelegen/ wollen von niemand ge-
lobet/ ſondern vielmehr verworffen werden/ weil ſie der Feind mit beſten Vor-
theil/ und der Feſtung groͤſten Schaden von den Hoͤhen beſchieſſen kan/ welches
hingegen von denen in der Feſtung gegen dem Feind in wenigſten nicht geſchehen
koͤnte.


Die es aber mit denen Feſtungen halten/ ſo auff ebenen Landen gelegen ſind/
haben folgende Motiven und Vrſachen:


  • 1. Weil man allda das beſte und tuͤchtigſte Erdreich zum Baw haben kan/ alſo/
    daß nachmals bey demſelben guter Beſtandt zu hoffen iſt.
  • 2. Kan in ſolche Feſtungen Waſſer und Quell-Brunnen mit leichter Muͤhe ge-
    bracht/ und auch umb dieſelbe beſtem Gefallen nach geleitet werden.
  • 3. Kan man an ſolche Oerter Regular-Figuren anlegen/ wie man wil/ und ſie
    dadurch hernacher deſto beſſer defendiren.
  • 4. Wann es ja Noth haben/ und der Feind einer ſolchen Feſtung zu ſehr zuſetzen
    wolte/ kan man ſich mit einẽ Retrenchement oder innerlicher Verſchantzung
    leichtlich ſalviren, und ſich von dar laͤnger auffhalten.

M ij5. Jſt
[90]FORTIFICATION
  • 5. Jſt gemeiniglich der Orten das Land Fruchtbar und koͤnnen die in der Fe-
    ſtung ſolcher Feld-Fruͤchte zu jhrem beſten genieſſen.
  • 6. Kan man zu jederzeit ohn ſonderliche Muͤhe und Vnkoſten Munition/ Ge-
    ſchuͤtz und dergleichen in ſolche Feſtungen ſchaffen.

Es wird aber wieder im Gegentheil gezeiget:


  • (1.) Daß der Feind an ſolchen Orten eben wider dieſen Vortheil haben kan/ in
    dem er das gute Erdreich zu ſchleuniger Erbawung ſeiner Verſchantzung/ Batte-
    rien, Approchen, Redouten,
    und dergleichen Wercken/ ſo wohl als in der Fe-
    ſtung gebrauchen kan.
  • (2.) Kan der Feind das Waſſer eben ſo wohl/ als die in der Feſtung/ umb ſein
    Laͤger fuͤhren/ und daſſelbe damit deſto beſſer verwahren.
  • (3.) Hat der Feind auch abermahl/ ſo wohl als die Belaͤgerten dieſen Vortheil/
    daß er ihm die beſte und fuͤglichſte Figur zu ſeinem Lager erwehlen/ und daſſelbe
    nach ſeinem Wunſch und Begehren damit einſchlieſſen kan.
  • (4.) Jſt dem Feind gar wohl muͤglich/ die Stadt auff allen Seiten zu um-
    ſchantzen/ daß derſelben nichts zukommen kan/ und ihr ſo deñ mit miniren und
    untergraben dermaſſen zuſetzen/ daß ſie zu thun hat/ gnugſam Widerſtand zu
    leiſten.
  • (5.) Hat der Feind die Fruchtbarkeit des Landes ſo wohl/ ja viel beſſer/ als die
    in der Feſtung/ zu genieſſen.

Die Feſtungen ſo in Marraſt und Sumpff gelegen/ haben
dieſen Vortheil:


1. Daß
[91]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
  • 1. Daß die Waͤll und Bollwercke nicht ſonderlich ſtarck ſeyn duͤrffen.
  • 2. Daß der Feind nicht ſo leichtlich approchiren, und nahe an ſolche Feſtung
    ſchantzen kan.
  • 3. Kan man dieſelbe nicht miniren, dahero eine Breche auff ſie zu machen ſchwer
    faͤllet.
  • 4. Jſt nicht ſtarcke Beſatzung von noͤthen/ weñ nur eine Gegenwehr geſchicht/
    ſintemal der Feind der Feſtung nicht beykommen kan.
  • 5. Kan der Feind keine Batterien ſchlagen/ es were deñ daß er die Erde und an-
    dere zubehoͤrige Stuͤcke mit groſſer Muͤhe und Vnkoſten von weitem holen lieſſe/
    viel weniger wird er ohne Muͤhe und groſſen Vnſtatten einen Weg zur Feſtung
    machen koͤnnen.

Doch befinden ſich an ſolcher Feſtung folgende Maͤngel:


  • 1. Daß in ſolchen Morraſtigen Orten gemeiniglich faul Waſſer/ und ungeſun-
    de Lufft zu ſeyn pfleget/ daher deñ allerley Kranckheiten gar leichtlich enſtehen
    koͤnnen/ und wañ wenig Beſatzung darin verhanden iſt/ kan eine ſolche Feſtung
    bey zu faͤlligen Kranckheiten und Peſten/ leichtlich gantz außſterben/ und von
    dem Feind ohn Widerſtand eingenommen werden.
  • 2. Ob wohl die Waͤlle und Paſteyen nicht ſehr ſtarck ſeyn duͤrffen/ ſo iſt doch
    gewiß/ daß/ weil man die Erde von fern und weiten holen muß/ ein ſolcher Baw
    mehr koſten kan/ als ein ander wol außgemachter und vollkommener Baw/ be-
    ſonders/ weil auch deſſelben rechts und beharrliches Fundament zu legen/ uͤber-
    aus viel koſtet/ und groſſe Muͤhe erfodert.

3. Darff
[92]FORTIFICATION
  • 3. Darff der Feind auch ſolche Feſtungen in ſtaͤter Belaͤgerung zuhalten nicht
    viel Volck/ inmaßen deñ nur derſelben Taͤmme/ Paͤſſe und Einfahrte wohl muͤſ
    ſen beſetzet und verwahret werden.
  • 4. Koͤnnen die in der Feſtung nicht auff alle Seiten außfallen/ ſondern muͤſſen
    gleichſam eingeſchloſſen und verſtrickt darinnen außhalten.
  • 5. Koͤnnen ſie Winters Zeit bey ſtarckem Froſt/ wenn der Marraſt gefroren/
    leichtlich erobert werden.

Die Feſtungen/ ſo im Meer gelegen/ werden wegen folgenden Vrſachen
fuͤr gut geachtet:


  • 1. Weil ſie nicht koͤnnen uͤberhoͤhet/ miniret oder geſtuͤrmet werden.
  • 2. Weil ſonderliche Wercke daſelbſt nicht duͤrffen angelegt werden/ und dahe-
    ro zu ſolchem Baw nicht ſo groſſe Vnkoſten erfodert werden.
  • 3. Ob gleich der Feind ſich mit ſeinen Schiffen zu der Feſtung nahet/ und aus
    denſelben ſeine Stuͤcke loͤſet/ kan er doch die wenigſten Schuͤſſe gewiß anbringen/
    weil das Meer nicht gantz ſtill und unbeweglich iſt.
  • 4. Wañ die Belaͤgerten/ mit kleinen Nachen oder Kaͤhnen naͤchtlicher weile
    heimlich außfallen/ koͤnnen ſie allerley Stratagemata dem Feind anthun/ ja wol
    gar ſich zu des Feindes Schiffen machen/ und dieſelben in Brand ſtecken.
  • 5. Wañ eine ſolche Feſtung mit Munition und Proviant gnugſam verſehen
    iſt/ alſo daß ſie ſich den gantzen Winter durch damit zu halten getrauet/ kan ſie
    dem
    [93]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
    dem Feind trotz bieten/ weil er mit ſeiner Schiffs-Armade ſchwerlich den Winter
    durch auff dem Meer austauren wird.

Dagegen aber haben ſie dieſe Vngelegenheit/ daß ſie


  • 1. mit ihrer Defenſion
    niemand als ſich ſelbſt retten koͤnnen/ weil ſie auff dem Waſſer allein und abge-
    ſondert liegen/ dahingegen andere Feſtungen zu Lande offt gantzen Laͤndern
    Huͤlff und Defenſion leiſten koͤnnen.
  • 2. Kan der Feind einer ſolchen Feſtung allen Paß ab[ſch]neiden/ da er hingegen
    von allen Seiten Succurs, Munition, Proviant/ [und] dergleichen haben kan.
  • 3. Hat der Feind dieſen Vortheil/ daß er [ſich] nicht umſchantzen darff/ ſondern
    kan die Feſtung gnugſa[m mit] Schiffen verſperren/ und darff daher auch nicht
    ſo viel Volck als zu [...]ande/ weil er aller Reutterey entbehren kan.
  • 4. Ob ſchon des Feindes Geſchuͤtz nicht gewiß antreffen kan/ ſo thuts doch de-
    ſto groͤſſern S[ch]aden/ wo es antrifft.

Die Feſt[un]gen/ ſo am Meer/ See/ oder groſſen Schiffreichen Waſſern ge-
bauet wer[d]en/ haben dieſen Vortheil.


  • 1. Koͤnnen ſie mit leichtern Vnkoſten auffgebauet werden/ weil ſie auff der Sei-
    ten ge[g]en dem Waſſer/ ſonders nichts fortificiret werden doͤrffen/ Oder do man
    ja die Vnkoſten nicht anſehen wolte/ kan man die Seite gegen dem Lande deſto
    beſſer und ſtaͤrcker verwahren.
  • 2. Muͤſſen ſolche Feſtungen zu Waſſer und Land angegriffeu werden/ in Be-
    trachtung/ daß/ ſo die eine Seite offen bleibenſolte/ den Belaͤgerten an
    NSuccurs,
    [94]FORTIFICATION
    ſuccurs, Munition und Proviant nichts ermangeln koͤnte/ wolte aber der Feind
    eine ſolche Feſtung zu Waſſer und Land angreiffen/ wuͤrde es ihm ſchwer fallen/
    und weil er ſeine Krieges-Macht zertheilen muͤſte/ duͤrffte er ſehr geſchwaͤchet
    werden/ und wenig außrichten.
  • 3. Da aber der Feind eine ſolche Feſtung nur zu Lande belaͤgern wolte/ hat die-
    ſelbe einen ſtattlich[en o]ffenen Paß uͤber das Waſſer.
  • 4. Ligt die Feſtung zwiſchen den Teichen/ kan dem Feinde auffn Lande groͤſſer
    Schaden gethan werden/ weñ die Taͤmme durchſtochen werden/ daß das Waſ-
    ſer uͤber das Land laͤufft.
  • 5. Giebt eine ſolche Feſtung dem Lande groſſen Nutzen/ und kan das gantze Land
    dadurch verwahret und geſchuͤtzet werden.

Hingegen aber iſt wieder zubedencken.


  • 1. Dañ wo dem Feinde viel an ſolcher Feſtung gelegen/ kan er mit ſeiner gantzen
    Macht an dieſelbe ſetzen/ und ſie zu Land und Waſſer angreiffen/ de[rm]aſſen/ daß
    ſie zu thun hat/ und ihre Macht eben ſo wohl zu theilen muß/ wil ſie ſich anders
    auff keiner Seiten bloß geben/ welches dann hinwiederum den Belaͤgenten ſehr
    ſchwer fuͤrfallen wolte/ beſonders/ wañ die Beſatzung darin nicht ſtarck genug
    were.
  • 2. Kan der Feind im Nothfall ſeine benachbarte Freunde um Huͤlffe anruffen/
    und von denſelben uͤber das Waſſer leichtlich Succurs bekommen.
  • 3. Kan der Feind alles was er beduͤrfftig iſt/ ohne groſſe Vnkoſten zu Waſſer
    ihm zubringen laſſen.

4. So
[95]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
  • 4. So der Feind ſolche Feſtung zu Waſſer angreifft/ kan er derſelben alle Zu-
    fuhr benehmen.
  • 5. Kan auff eine ſolche Feſtung mit kleinen Schifflein leicht bey naͤchtlicher Weil
    ein heimlicher Anſchlag gemacht werden/ und da der Feind ja nichts außrichten
    ſolte/ ſo jaget er doch die belaͤgerten in groſſe Furcht/ und muͤſſen ſich zu Waſſer
    ſo wohl als zu Lande zu befahren haben/ und dahero auff allen Seiten die Po-
    ſten wohl beſetzen/ welches denn viel Volck erfodert.

Vnd dieſes ſind alſo hiervon kuͤrtzlich beyder Theile Meinungen/ und kan ein
jeder auß angeregten Motiven und Gruͤnden das judicium bey ſich ſelbſt neh-
men/ welche Feſtung der andern vorzuziehen/ Deñ ob zwar bey jeglicher gewiſſe
rationes pro und contra zu befinden/ ſo ſindt doch dieſelben einander nicht gleich/
ſondern wenn ſie gegen einander gehalten merden/ eine die ander uͤberwieget/
dahero die meiſten nicht unbillich dafuͤr halten/ daß unter allen dieſen Feſtungen
die jenigen die beſten und bequemeſten ſeyn/ welche an einẽ Schiffreichen Waſſer
liegen/ und allezeit einen offenen Paß haben/ dadurch ſie Succurs, Proviant, Mu-
nition,
und dergleichen noͤtige Sachen bald bekommen koͤnnen/ item: da man
nicht leichtlich approchiren und miniren kan.


All hie iſt inſonderheit zu mercken/ daß die Feſtungen oder Haupt-Wercke ins
gemein abgetheilet werden in groß/ mittel und klein Royal. Von dem groſſen
ſind ſonderlich obgeſchriebene Canones zu verſtehen/ vornemlich was Canone
17. von der laͤngſten Defenſion gemeldet/ daß ſelbige nemlich nicht viel uͤber 60.
Ruthen ſeyn ſol; Jm kleinen Royal wird die Diſtantz der enſſerſtẽ Bollwercks-
N ijPuncten
[96]FORTIFICATION
Puncten oder die außwendige Polygon (latus exterius) auff 60. Ruthen oder
600. Fuͤß ins gemein genommẽ: Goldman neñet ſolche opera Dodrantalia, und
proportioniret ſelbige nach allen Lineẽ des groſſen Royals/ nehmende derſelben¾
Als ſo in groſſen Royal die Geſich-Linee 24. Ruthen/ ſind ¾ derſelben 18. Ruthen/
ſolche geben die Geſicht-Linee in kleinen Royal/ und alſo in allen andern Stuͤckẽ.
Das Mittel Royal iſt/ was zwiſchen dieſen beyden/ wenn nemlich die laͤngſte
Defens- oder Streich-Linee kuͤrtzer als 60 die euſſerſte Polygon aber/ oder die
Diſtantz der Bollwercks-Puncten laͤnger als 60. Ruthen/ oder der Mußque-
ten-Schuͤß; und dahin gehoͤren die mittelmaͤſſige Plaͤtze/ ſo befeſtiget werden
ſollen. Was unter dem kleinen Royal/ gehoͤret zu Feld-Schantzen und derglei-
chẽ/ Dieſes hat Goldtman wieder zweyerley Sorten/ Dimidiata, in welchen alle
Lineen des groſſen Royals halb genommen werden/ und Quadrantalia, in wel-
chen ſie ein Viertheil des groſſen Royals halten/ jene Wercke gebrauchet man
zu groſſen/ dieſe zu kleinen Feld-Schantzen/ Doch iſt man an dieſe Proportion ſo
genau nicht gebunden/ ſondern kan auch wol zwiſchen beyderley einfallende mit-
nehmen. Andere theilen die Wercke unter klein Royal in kleine/ derer Seitten
von 40 Fuß oder 4. Ruthen/ biß auff 7. Ruthen/ oder 70. Fuͤß: Mittelmaͤſſige/
derer Seiten von 70. biß 125 Fuͤß: Groſſe/ derer Seiten von 125. Fuͤß biß ins kleine
Rayal/ daß iſt etwa 400. oder 450. Fuͤß/ ſich erſtrecken; Was druͤber iſt faͤllt ins
kleine Royal: die allerkleineſten Wercke aber/ als derer Seitten von 4 biß 7 Ru-
then genommen werden/ ſeyn die Reductus odrr Reduiten. Von den kleinen
Royal
[97]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
Royal unnd andern kleinen Wercken iſt ſonderlich folgendes zu obſer-
viren:


  • 1. Daß jhre Bollwercks- Winckel allewege etwas groͤſſer koͤnnen und muͤſſen
    genommen werden/ als ſonſt die Proportion nach dem groſſen Royal mit ſich
    bringet; Dann weil in dieſem kleinen Wercken die Bollwercke einandrr naͤher
    kommen/ und man von einer Spitze zur andern (welches in den groſſen nicht ge-
    ſchehen kan) mit Mußqueten ſtreichen kan/ und alſo die Bollwercke ſich unter-
    einander ſelbſt auß den Geſicht-Lineen defendiren koͤnnen/ hat man ſich nicht ſo
    groß umb die Streich-Plaͤtze oder Secund. Flanq. zu bekuͤmmern/ ſondern man
    kan dieſem wohl etwas nehmen/ und den Bollwercks-Winckel und Schultern
    zulegen/ ja das gantze Bollwerck etwas groͤſſer machen/ wie es ſonſten nach Pro-
    portionir
    ung auß dem groſſen fallen wuͤrde/ Als E g. Goldtman
    hat in ſeinem groſſen Royal die Schulter 6. Ruthen/ unud proportio-
    niret
    nach dieſen in dem Quadrantal-Wercken dieſelbe auff ¼/ komt alſo ſolche
    nur 1½ Ruthe/ welches zu kurtz faͤlt/ und in den kleinen Wercken keine gute pro-
    portion
    gibt/ aber hiervon hernach weiter. Hieraus iſt zu colligiren und zu-
    ſchlieſſen/ daß man in kleinen Royal die groͤſſeſten/ Jn groſſen die kleineſten/
    unnd in mittelmaͤßigen die mittelmaͤſſigen Bollwercks-Winckel/ ſo in ei-
    ner Figur fuͤrfallen/ unnd admittiret werden koͤnnen/ nehmen kan und ſoll.
    Als/ in Vier-Eck werden admittiret und zugelaſſen die Bollwercks-Win-
    ckel von ſechtzig biß ſiebentzig Grad/ kan man derowegen in groſſen
    Royal zu demſelben ſechtzig/ in kleinen ſiebentzig/ in den mittel Royal
    N iijaber
    [98]FORTIFICATION
    aber zwiſchen beyden/ nach dem ſolches den groſſen oder kleinen naͤher verwandt/
    die Menſur des Bollwercks-Winckels ſetzen; Solches aber iſt bißhero von we-
    nigen obſerviret und in acht genommen/ alldieweil ſie in alten kleinen Wercken
    auch des groſſen Royals-Winckel behalten/ und nur die Lineen proportioniret
    und abgekuͤrtzet/ wie aus Freitagii, Goldmanni, Cellarii, und anderer Tabellen
    zuſehen/ Deñ wie oben erwehnet/ hat man in den kleinen Wercken ſo groß nicht
    auff die Streich-Plaͤtz zu ſehen/ hergegen aber/ weil jhre profil und Dicke der
    Waͤlle ſchwaͤcher faͤlt/ als in den groſſen/ muß man den Bollwercks Winckel zu
    legen/ und denſelben etwas ſtaͤrcker machen.
  • 2. Daß zu den Regular Wercken/ nach dem kleinen Royal/ oder auch drunter
    keine andere/ als nur das Vier-Eck/ Fuͤnff-Eck und Sechs-Eck halb (ſolches aus
    Waſſer zu legen) gebrauchet werden. Jn den Irregular-Wercken komt aber
    ſonderlich das kleine und Mittel-Royal wohl zu Paſſe/ und hat daſelbſt nicht
    geringen Nutzen.
  • 3. Daß zwar drey Bollwercke auff einer gleichen Laͤnge nach dem kleinen
    Royal ſtaͤrckere Defenſion haben/ als zwey nach dem groſſen/ dieſe aber ſind mit
    geringern Vokoſten auffzubauen/ derowegen wo man vollkommene Royal-
    Wercke haben kan/ nimbt man nicht ohne Noth die kleinen.

Hier iſt in der 73. Figur vorgeſtellet/ wie ein Orth den andern defendiren
koͤnne/ und wie die Streich-Lineen durch einander gehen/ und alle Puncta be-
ſchieſſen. Die in a a \&c. auf die Secund. Flanq. oder Streich-Platz und Schultern
vertheidigen die gegẽ uͤberſtehende Geſicht-Linee; Die auff der Geſicht-Linee und
Schul-
[99]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
Schulter in b b \&c. vertheidigen die Cortin; Die auf der halben Cortin aus c c.
\&c.
beſtreichen die Schulter/ Hierbey iſt aber ſonderlich dieſes anzumercken/ daß
die erſte Streich-Linea nicht aus a, num. 1. Form auff dem Fuß des Walles/
ſondern aus a, nu. 2. hinter der Bruſt-Wehre muß angerechnet unnd
genommen werden/ Hergegen aber ſo viel von a num. 1. biß a num.
2. die Dicke der Bruſt- Wehre und Docirung des Walles abtraͤget/ ſo
viel kan die Schrege und Docirung der Geſicht-Linee/ und faſt ein mehrers
wieder einbringen und aufftragen/ deñ die Defenſion gehet nicht/ wie gedacht/
aus a, num. 1. unten neben dẽ Fuß oder Anlage des Walles Horizontaliter weg/
an der Geſicht-Linee d e, ſondern komt von a, n. 2. und gehet das Ober-Eck der
Bruſt-Wehre f an der Geſicht-Linee vorbey biß zur unterſten Spitzen des
Bollwercks e, dieſe aber gegen einander auffgehende Abtragung der Dicke der
Bruſt-Wehre und Schrege des Walles iſt fuͤr keine Second. Flanq. zurechnen/
wie zwar ettliche wollen/ ſondern die Secund. Flanq. muß ohne Reſpect einiger
Hoͤhe oder Schrege/ als bald im erſten und einfachen Grundriſſe gedetermini-
ret
werden. Es ſeynd auch in vorgeſtellter Figur der Streich- und Defenſion-
Lineen nur von einer Seiten als einer Schulter/ einer Geſicht-Lineen/ und der
halben Corrin confuſion zuvermeiden/ vorgeſtellct; Von der andern Seiten
gehet es eben ſo/ und alſo gedoppelt und Creutzweiſe durcheinander.


Vnd weiln an dem Grund eines jeden Gebewdes ſehr viel/ ja das meiſte gele-
gen/ alſo iſts auch hoch von Noͤthen/ daß man ſich des Grundes/ ehe man den
Feſtungs-Bau angehet/ vor allen Dingen gnugſam verſichere/ deñ wo derſelbe
nicht
[100]FORTIFICATION
nicht richtig und feſt genug iſt/ hat man ſich am Bau keines Beſtandes zuge-
troͤſten/ und wenn derſelbe gleich eine Zeit lang beſtehet/ ſinckt er doch ſo lang
wegen des beweglichen Grundes/ biß er endlich gar zum Fall kommet. Dahero
iſts hoch noͤtig/ daß mit Fleiß Vnterrichtung geſchehe/ wie ſich bey der Grund-
Befeſtigung zu verhalten/ daß man ſicherlich darauf bauen koͤnne. Es iſt aber
ein jeder Boden/ darauff man bauen wil/ entweder von Felſen und feſten Stei-
nen oder von Kieß und truckenem Sande/ oder Marraſt und Sumpff oder von
Waſſer. So viel nun einen Fekſichten und harten ſteinern Grund anlanget/
darff derſelbe nur geebent/ jedoch einwarts gegen die Feſtung in etwas hangen-
de/ oder ein Abſatz oder zween daran gemacht werden/ damit die Erde deſto fe-
ſter und ſteiffer darwider ſtehen koͤnne/ und nicht außwarts den Hang gewinne;
Alſo wo der Grund von Kieß und truckenen harten Sande iſt/ bedarff es auch
keines ſonderbahren Fundaments, wenn man nur verſichert iſt/ daß unter ſol-
chem Sand nicht etwa noch ein Marraſt verborgen liege/ welches deñ aus des
Bodens bebenden Bewegung leichtlich zu vermercken/ oder durch eingraben biß
auff den Grund/ und ſo dañ mit einer Pique ohne ſonderbahren Muͤhe zu erkun-
digen ſtehet. Wie man ſich aber in kolchem Fall/ damit der Grund recht befe-
ſtiget werde/ verhalten ſol/ werden folgende Anmeackungen zu vernehmen ge-
geben:


Die Morraſtigen Oerter ſind nicht einerley. Entweder ſie ſindt von tieffen
Moraſt/ oder ohne ſonderbahre Tieffe/ und unter dem Moraſt von einem feſten
Boden/ oder ſie ſind oben trucken und unten von Moraſt. Bey dem erſten und
dritten
[101]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
dritten iſt die Befeſtigung des Grundes vornemlich in gute Obacht zu nehmen.
Daſſelbe nun geſchicht gemeiniglich durch viel zuſammen geſchloſſene/ und mit
einander feſt verbundenen eichenen Schwellen alſo/ daß eine die ander nicht gehen
laſſen kan/ einem Gitter gleich/ und dieſes nennet man einen Roſt. Wenn
man nun ſolchen Roſt auff dem Moraſt ſetzet/ und mit Pfaͤhlen wol befeſtiget/
die hohlen Spacia aber mit Feld-Steinen und allerley Mauer- und Dachſtein-
Stuͤcken/ benebenſt groben Sand/ und truckener Erden außfuͤllet/ ſo laͤſſet ſichs
auff ein ſolch Fundament ſicherlich bauen. Oder man kan in der Circumferentz
als man bauen wil/ viel eichene/ ellerne/ oder ſtein-buͤchene Pfaͤhle/ ſo nahe/ als
ſichs thun laͤſſet/ neben einander einſchlagen/ dieſelbe mit einem Richt-Scheid
und Bley-Wage oben auffs beſte abgleichen/ und darauf ſtarcke Schwellen
durch Ein zapff- oder Auffbohrung befeſtigen/ darnach in die Zwerche gleicher
Geſtalt in einerley Hoͤhe Pfaͤhle ſchlagen/ und nach voriger Art darauff andere
Schwellen geſtrecket anhefften/ und damit ſie nicht weichen oder nachgeben/ auff
die vorige und euſſere mit Verſpunden/ Schwalbſchwangen auffbohren/ beſon-
ders wenn ſie hinterwarts an dem truckenen Lande auch angepfaͤhlet werden/
die hohlen Spacia aber/ werden wiederum wie zuvor außgefuͤllet. Dabey dieſes
in acht zu nehmen: 1. Daß die Pfaͤhle etwas einwarts gegen die Feſtung hangẽde/
eingeſchlagen werden muͤſſen/ damit ſie dem Ban deſto beſſer widerſtehen/ und ſo
leichtlich nit außwarts weichẽ koͤnnẽ. 2. Weñ man ellerne Pfaͤhle gebrauchẽ wil/
ſollẽ dieſelbe nit zu alt ſeyn/ von 4. Jahrẽ helt man ſie hierzu am tauglichſtẽ. 3. Die
Pfaͤhle ſo weit man ſie uͤber oder unter dem Moraſt in die Erde ſchlagẽ wil/ ſollẽ
Qaußen
[102]FORTIFICATION
auſſen herumb gebrennet/ und weil ſie noch warm/ mit Hartz oder Oele beſtri-
chen werden/ damit keine faule Haffte/ die gantz im naſſen zuſtehen kommen/
beduͤrffen dergleichen nicht.


Wo aber der Moraſt flach und nicht tieff iſt/ unter ſich aber einen harten Bo-
den hat/ welches mit einer Pique leichtlich zu erforſchen/ da kan derſelbe nur mit
groſſen Feld-Steinen außgefuͤllet/ und darzwiſchen allerley zerbrochene Dach-
und Mawer-Steine mit Erden vermiſchet/ zur ein Eb- und Vergleichung ge-
braucht werden. Do fern aber nicht ſo viel Feld-Steine verhanden/ muͤſſen in
dieſem Fall die Faſinen, oder Reiß-Bund das beſte thun/ und hin und wieder
mit Pfaͤhlen auff den Boden feſt angehefftet/ aber allezeit Erde mit unter ge-
menget werden. Wenn aber endlichen der Boden/ da man hin bauen wil/ gantz
von Waſſer iſt/ ſo hat es zwar mehr Muͤhe/ und verurſachet offt groſſe Vnko-
ſten/ zumahl wo das Waſſer ſehr tieff iſt. Wo man mit gnugſamen groſſen
Feld-Steinen verſehen iſt/ ſo ſencket man derſelben eine gute Anzahl ins Waſſer/
in der Faͤrm und Weite als man zu bauen gedencket/ mit Huͤlffe groſſer Kaͤhne
und Fahren/ nachdem man nun vermeinet/ man habe ein Geſicht eingeſencket/
ſo muß man ungeleſchten Kalck oder Lett/ allerley klein Steinwerck/ von zer-
brochenen Dach- und Mauer-Steinen/ item, Grieß/ groben Sand/ und der-
gleichen/ zwiſchen ſolche groſſe Steine/ die hohlen ſpatia und Luͤcken damit auß-
zufuͤllen/ ſchuͤtten/ und dieſes thut man ſo lang/ biß man uͤber das Waſſer her-
aus kuͤmmet/ und mit der Erde darauff verfahren kan.


Wo man aber dergleichen groſſe Feld-Steine in der Menge nicht haben kan/
ſo
[103]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
ſo werden alle Schiffe/ oder hierzugemachte ſtarcke und eiſern Baͤnden und Klam-
mern wolverwahrte Kaſten oder doppel-geflochtene Koͤrbe/ ſo groß als die groͤ-
ſten Schantz- Koͤrbe mit allerhand kleinen Steinen und ungeleſchten Kalck auß-
gefuͤllet/ und mit einer darauff gemachten Decke/ damit die Steine nicht heraus
fallen/ mit Huͤlffe langer Straͤngen oder Boßhacken/ nebeneinander biß auff
den Grund eingeſencket/ die Fugen aber zwiſchen den Schiffen/ Kaſten/ oder
Koͤrben/ allezeit mit Lett oder ungeleſchten Kalck/ groben Sand und allerley
ſchweren Schutt außgefuͤllet und eingeebnet/ welches deñ mit langen Stangen/
und daran gemachten breitten Hacken/ leichtlich zu erkundigen/ und dieſes wird
alſo continuiret, biß man damit in die Hoͤhe kommet. Andere gebrauchen ſich
der doppelten/ halben und einfachen Saulſiſſen/ welches Groͤſſe von ſtarcken mit
Aeſten und Reißig durchflochtenen und verkehrter Weiſe gelegten Eichenen und
Ellernen Baͤumen/ mit gepichten Stricken feſt zuſammen getriebene Bund ſind/
darzwiſchen man aber Stein/ Lett/ und andere ſchwere Sachen/ ſo viel man kan/
zugleich mit einleget/ und daſſelbe alles/ zum wenigſten mit 3. ſtarcken eyſernen
Reiffen oder Baͤnden zuſammen faſſet und auffs beſte verbindet/ damit ſie die
groſſe Laſt zuſammen halten/ verſtehe ſolches von den doppelten Saulſiſſen/ wel-
che in Diametro von 8. biß 12. Schuh/ und in der Laͤnge von 20. Schuh ſind/ die
halben und einfachen ſind geringer/ und koͤnnen aus dieſen leichtlich æſtimiret
werden/ dieſelbe werden mehrentheils nur in den Moraſtigen Oertern gebrau-
chet. Dieweil aber ſolche Saulſiſſen nicht alleine koſtbar/ ſondern auch wegen der
groſſen Laſt ſchwer/ und uͤbel zu tractiren, auch ſo ordentlich als man ſolte im
O ijWaſſer
[104]FORTIFICATION
Waſſer nicht wohl zu legen ſeyn/ in Betrachtung wenn ſie ein mahl liegen/ die-
ſelben ſo leichtlich nicht wieder fort zu bringen; So ſcheinet dieſes ein naͤherer
Weg zu ſeyn/ wenn man viel lange Faſinen oder Wuͤrſte machet/ und dieſelbe
in der Mitte mit Steinen/ Lett und anderer ſchweren Materi außfuͤllet/ und mit
vielen Baͤndern dicht zuſammen bindet/ damit nichts heraus fallen kan/ dieſe
Wuͤrſte kan man ſo lang und dicke machen/ als man wil/ nur daß ſie von etlichen
wenigen Leuten behandelt werden koͤnnen/ und damit man ſie deſto gewiſſer bin-
den/ und die Steine fein eigentlich in die Mitten bringen moͤge/ kan man ſie an-
fangs mit Stricken zuſammen roͤtteln/ und hernacher mit gedreheten Weiden
binden/ und die Stricke wieder loß laſſen. Dieſe Faſinen nun werden neben etli-
chen eingeſetzten ſtarcken Stangen mit Seulen oder gedreheten langen Wieden/
die man endlich fahren laſſen/ die Stricke aber wieder zu ſich ziehen kan/ biß auff
den Grund ordentlich nach und neben einander ins Waſſer gelaſſen/ und wenn
ein Bund eingeſencket/ ſo ruͤcket man mit den Stangen fort/ biß ein gantz Ge-
ſchicht vollendet iſt/ Denn faͤnget man auff gleiche Art und Weiſe ein neues dem
vorigen entgegen geſchrencktes Geſchicht an/ alſo daß die Bund Creutzweiſe zu
liegen kommen/ und einander nit gehen laſſen/ zwiſchen dieſen gelegten Geſchich-
ten/ kan man etwas von kleinen Steinen/ groben Sand/ ungeleſchten Kalck/
oder Lett mit zwiſchen einſchuͤtten/ damit ſich die Faſinen deſto beſſer ſetzen/ und
alles fein verglichen und eingeebnet werde. Weñ man biß oben an das Waſſer
koͤmmet/ koͤnnen dieſe Faſinen mit groſſen ſchweren Steinen beſchweret/ oder
mit einen ſchweren Rammel auff einander gedraͤnget und dichte gemacht werdẽ/
oder
[105]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
oder man kan ihnẽ Zeit laſſen/ biß ſie ſich ſelbſten gnugſam ſetzen. Wil und kan
man nun umb und zwiſchen die Faſinen hin und wieder ſtarcke Pfaͤhle mir ein-
ſchlagen/ und dieſelben endlichen mit den Faſinen oben eingleichen/ ſo iſt d’ Grund
umb ſo viel deſto gewiſſer und beſſer/ wiewol ſie ohne das/ weil ſie Creutzweiſe ge-
leget werden/ einander gnugſam binden. Ob man nun wol noch vielmehr Arten
hat/ ein Fundament im Moraſt oder Waſſer zu machen/ zu mahl weñ man aus
dem Grunde Mauren ſol/ da deñ das Waſſer nothwendig durch Plumpen und
andere Ziehe- und Hebe-Werck daraus zuvor gebracht od’ doch gnugſame Pfaͤhle
in doppelter oder dreyfacher Reihe hinterein ander eingeſchlagen/ und ſtarcke
Schwellen drauff geſpuͤndet/ und mit andern Zwerch-Schwellen und Baͤndern
befaͤſtiget werdẽ muͤſſen/ darauf mã auch eine Mauer ſetzen kan/ ſo laͤßet man es
doch allhier bey dieſẽ bewendẽ/ das uͤbrige aber d’ praxi anheim geſtellet/ bey wel-
cher offt die Noth ũd des Orts Gelegenheit weit einanders/ als was man zu Pa-
pier bringen kan/ erfodert.


Was die Mañſchafft mit welcher eine Feſtung beſetzet werden ſol/ anlanget/
ſo haͤlt man ins gemein dafuͤr/ daß/ je ſtaͤrcker die Beſatzung/ je beſſer die Fe-
ſtung wider jhren Feind beſtehen koͤnne/ allein man muß gleichwol eine propor-
tion
halten/ und ſich allezeit auch zugleich nach des Feindes Staͤrcke richten. Deñ
wenn man den zehenden Theil von des Feindes Macht in der Feſtung hat/ als
daß ein Mañ in der Feſtung auff zehen Manne auſſerhalb der Feſtung/ vorhan-
den/ ſo hat man ſie gnugſamb unnd uͤberfluͤſſig beſetzet. Jedoch iſt dieſes
auch nicht gnug/ ſondern man muß auch ſehen/ was an Proviant und
O iijMuni-
[106]FORTIFICATION
Munition in einer Feſtung verhanden ſey. Deñ wenn daſſelbe nicht nothduͤrfftig
und zur Gnuͤge da iſt/ wuͤrde die Menge der Beſatzung wenig nuͤtzen/ ſondern
beſſer ſeyn man haͤtte des Volckes weniger/ damit man ſich mit dem Vorrath
deſto laͤnger halten koͤnte. Wie denn nicht minder auch auff die Auſſen-Wercke
zu ſehen/ denn wo dergleichen Wercke viel da ſeyn/ wird nothwendig eine ſtaͤrckere
Beſatzung erfodert Damit man aber gleichwol wiſſe/ wie viel Volcks eigent-
lich zur Beſatzung eines Walles gehoͤre/ ſo iſt die gemeineſte Meinung dieſe/ daß
je auff 2. Schuh gerings umb eine Feſtung ein Mañ zu rechnen ſey. Weñ man
nun in einer groß Royal Vier-Ecke/ da die Facen 24. Ruthen/ die Flanquen 8.
Ruthen/ und die Cortinen 36. Ruthen ſind/ acht Flanquen, acht Facen, und vier
Cortinen zuſammen thut/ machen dieſelbe in gantzen Vmbkreiße 400. Ruthen/
Weil dañ auff jede 2. Schuh ein Mañ/ und auff eine Ruthe von 12. Schuh 6.
Mañ gerechnet werden/ ſo kommen auff eine ſolche groſſe Royal-Feſtung von 4.
Bollwercken 2400. Mann ohne die Officirer zur Beſatzung. Jedoch iſt dieſes
hierbey in acht zu nehmen/ daß es nicht allezeit an der Menge des Volcks gelegen.
Denn die Erfahrung gibts/ daß offt wenige Mañſchafft/ die mit guten verſuch-
ten Officirern, Ingenieurn, und einen verſtaͤndigen Commendanten verſehen
geweſen/ wider jhren Feind Ritterlich geſtanden/ und einen Ort loͤblich defen-
diret,
hingegen aber andere offt in groſſer Menge ſich ſchlecht gehalten haben.
Darum denn mehr an der Staͤrcke und Tapferkeit/ als an der Menge der Sol-
daten gelegen/ und man ſich an die Zahl ſo genan nicht zu binden hat. Man pfle-
get auch in eine Feſtung nach Gelegenheit ettwas von Reiterey zu legen/ da-
mit
[107]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
mit man ſich derſelben zum Außfallen gebrauchen koͤnne. Vor allen Dingen aber
ſol in einer Feſtung Geld verhanden ſeyn/ damit die Soldaten jhre Zahlung/
und dadurch Muth zu fechten bekommen. Alſo weil in geſchloſſenen Feſtungen
leichtlich Kranckheiter entſtehen/ ſo ſol es auch nicht an Artzney und Aertzen man-
geln. Wie denn nicht minder rin guter Vorrath an Getreidig/ Mehl/ Saltz/
Holtz/ Butter/ Bier/ Wein und dergleichen Nothwendigkeiten vorhanden ſeyn
ſoll. Jn den Zeughaͤuſern ſol ebenermaſſen an allerhand Geſchuͤtz/ Buͤchſen und
andern Gewehre/ item, An Pulver/ Bley/ Kugeln/ Schweffel/ Pech/ Hartz \&c.
ſo wohl auch in den Zimmer-Haͤuſern/ an verfertigten Sturm-Pfaͤhlen/ Pali-
ſaden/ Frieſiſchen Reutern/ Baw-Holtz/ Brettern und allerhand Schantz- Zeu-
ge kein Mangel ſeyn. Weil auch das Waſſer in den Feſtungen nicht zu entbehren/
ſo muß man Fleiß anwenden/ daß daſſelbe bey des Feindes Ankunfft erhalten
werden moͤge/ zumahl wenn etwa zugleich eine Muͤhle davon getrieben wird.
Dafern aber daſſelbe alſo beſchaffen/ daß es von dem Feind abgeſchnitten wer-
den koͤnte/ ſo muß man die Brunnen in gute Obacht nehmen/ und dieſelbe wo ſie
eingangen repariren, an ſtatt der Waſſer-Muͤhlen aber/ viel Hand- und Roß-
Muͤhlen zur Hand ſchaffen/ damit an den mahlen/ deſſen man in einer Feſtung
nicht entbehren kan/ kein Mangel vorfalle.


CAPUT III.


Von Proportion der Winckel und Lineen in groſſen Royal/ wie auch
unterſchiedlicher 14. Modis und Manieren, ſolche zu fortificiren aus unter-
ſchiedlichen/ Autoribus zuſammẽ geſuchet/ mit angehengten Vnterricht wie ſich auch in den
kleinen Royal recht zu verhalten/ und eine gute proportion zu treffen \&c.


[108]FORTIFICATION

Nach dem die Generaliora und allgemeinen Sachen in vorhergehenden zur
Gnuͤge conſiderirt und in Obacht genommen/ als ſchreidet man numehr ad
Specialiora,
und erſtlich nach unterſchiedlicher Autoren Meinungen die propor-
tion
der Winckel und Lineen/ ſo man zu einen einfachen Grundriſſe in groſſen
Royal noͤtig/ ordentlich nach einander zu beſehen/ zum andern die Proportio-
nes,
davon in genere gehandelt worden/ jede mit einem Special-Exempel zu er-
klaͤren/ und wie nach einem jeden einfachen Grundriſſe zu verfertigen. Zum
dritten die rechte Proportion des kleinen Royals und anderer kleinen Regular-
Wercke/ unter denſelben anzuzeigen.


Sectio I.
Von derProportionder Winckel und Lineen.


Die Proportion und Verenderung der Winckel betreffent/ beſtehet ſolche ei-
nig und allein in nnterſchiedlicher Anlage des Bollwercks-Winckels/ deñ nach
dieſem ſich alle andere/ ſo koͤnnen verendert werden/ richten muͤſſen/ Es ſeynd
aber ſonderlich fuͤnfferley Maniren zu befinden in Anlage des Bollwercks-
Winckels in den Figuren ſo weniger als 12-Ecken haben gebraͤuchlich/ zu welchen
in dem eilfften modo noch eine/ als die ſechſte/ mit hinan gehencket.


1. Ettliche als Morßheuſſer und Metius nehmen ⅔ des Polygon-Winckels zum
Bollwercks- Winckel/ Als E. g r. in Fuͤuff-Eck iſt der Polygon-Winckel 108.
Grad/
[109]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
Grad/ dieſen mit 3. dividiret. kommen 36/ ſolche zwey mahl genommen/ geben 72.
Gr. fuͤr den Bollwercks-Winckel.


II. Andere thun zu ⅓ des Polygon-Winckels allezeit \frac{1}{12} des gantzen Vmbkreißes
des Circkuls/ welches 30. Grad ſeyn (denn 30 mahl 12. gibt 360.) Alſo war
in vorhergehenden Exempel das dritte Theil des Polygon-Winckels in Fuͤnff-
Eck 36. Grad/ hierzu 30. geben 66. Gr. fuͤr den Bollwercks-Winckel.


III. Etliche als Freitagius in ſeiner andern Manier/ Goldmannus und ande-
re/ thun zu dẽ halben Polygon-Winckel allewege 15. Grad/ oď welches auff eines
außkomt/ (wiewol Cellarius zwey unterſchiedliche Manteren daraus machẽ wil)
ſubtrahiren den kleineſten Polygon-Winckel/ welcher juxta Canon. 22. cap. præ-
ced.
90. Grad iſt/ vom Polygon-Winckel des gegebenen Viel-Ecks ab/ und die
Helffte des Reſts addiren ſie zu dem kleineſten Bollwercks-Winckel/ der per Ca-
non 17. præced. cap.
60. Grad iſt; Als in Fuͤnff-Eck iſt der Figur- oder Polygon-
Winckel 108. Grad/ deſſen Helffte 54. hierzu 15. addiret, geben den Bollwercks-
Winckel 69. Gr. oder ſo ich 90. von 108. ſubtrahire, bleiben 18. die Helffte iſt 9/
ſolche zu 60. addiret, kommen 69. wie vor; Vnd dieſes iſt unter allen die beſte und
gebraͤuchlichſte Manier in groſſen Royal-Wercken.


IV. Jn ſeiner erſten Manier thut Freitagius zum halben Polygon-Winckel
20. Grad. Als in Fuͤnff-Eck iſt der halbe Polygon-Winckel 54. hierzu 20. kommẽ
74. zum Bollwercks-Winckel.


V. Endlich thun auch etliche zum halben Polygon-Winckel/ als welcher in
Fuͤnff-Eck 54. Gr. iſt 25. Grad: Kommen zum Bollwercks-Winckel 79. Grad.
PDieſe
[110]FORTIFICATION
Dieſe beyde letzte Maniren/ weil ſie ziemlich groſſe Bollwercks-Winckel/ und alſo
kleine/ oder gar keine Streich-Plaͤtze oder Second, Flanq. geben/ ſind nicht denn
nur in den kleinen Royal und andern kleinen Wercken zu gebrauchen.


VI. Jn gedachten eilfften Modo, da ein Weg gezeiget wird/ wie die laͤngſte
Defenſion juſt 60. Ruthen bleiben/ und dennoch juxta Canon. 14. das Theil ſo
das ander vertheidigen ſolle/ groͤſſer/ als das ſo ſol vertheidigen werden/ oder
doch zum wenigſten demſelben gleich fallen koͤnnen/ iſt allewege von einer Figur
zu der andern der Bollwercks-Winckel/ von kleineſten/ als welcher juxta Canon.
19. Jn Vier-Eck/ 60. Grad iſt/ mit 5. vermehret/ und iſt alſo in Fuͤnff-Eck 65/ in
in Sechs-Eck/ 70. Gr. \&c.


Alle dieſe ſechs Maniren ſeynd in folgender Tabelle/ als in einem Spiegel/ zu
beſſerer Nachricht fuͤr Augen geſtellet.


Vom
[111]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

Vom Zwoͤlff-Eck an/ haben alle andere folgende Figuren zum Bollwercks-
Winckel 90. Grad. Allhier iſt zu mercken/ 1. Daß man ſo gar genau an dieſe
Proportion nicht gebunden ſey/ deñ ſo in Fuͤnff-Eck alle Winckel von 65. oder 66.
biß zu 79. Grad angehen/ koͤnnen die Anguli intermedii zwiſchen dieſen beyden
auch nicht verworffen werden. 2. Daß man ſonderlich in Sieben- und Eilff-Eck
ſo genau die Minuta, viel weniger die Secunda, wie ettliche Scrupuloſitaͤten ſuchẽ
wollen/ in acht zunehmen habe/ Denn wenn in primo modo in ſieben-Eck 85.
Grad 43: min. ſtehen/ kan man gar die Minuta außlaſſen/ oder einen Grad fuͤr
ſelbige ſetzen/ und alſo den Bollwercks-Winckel 85. oder 86. Grad voll nehmen/
zu dieſen 6. modis kan zum ſiebenden des Antoine de Vill. Manier hinzugeſetzet
werden/ welcher/ das Vier- und Fuͤnff-Eck vorbey gehend/ alſobald in Sechs-
Eck und allen andern folgenden 90. Grad/ zum Bollwercks-Winckel ſetzet. Die
Lineen betreffendt/ werden in denſelben auch mancherley Proportiones und Va-
rationes
bey den Autoren hin und wieder gefunden.


  • Als 1. Morßhaͤuſer behaͤlt den Bollwercks-Winckel der erſten Manier/ und
    ſetzet im Vier-Eck 8. im Fuͤnff-Eck 9/ im Sechs-Eck 10/ im Sieben-Eck 11/ Jm
    Acht-Eck und allen folgenden 12. Ruthen zur Schulter.
  • 2. Freytag nimbt in ſeinem erſten Modo den Bollwercks-Winckel nach der
    vierdten Art (nach welcher 20. Grad allewege zum halben Polygon-Winckel
    addiret werden) die Schultern aber hat er in Vier-Eck 6. in Fuͤnff-Eck 7. Ru-
    then/ und allezeit immer eine mehr/ biß ſie in Zehen-Eck erſtlich auff 12. Ruthen
    fallen.

P ij3. Jn
[112]FORTIFICATION
  • 3. Jn ſeiner andern Manier aber behaͤlt er den Bollwercks-Winckel der dritten
    Art (da nemlich 15. Grad zum halben Polygon-Winckel addiret werden) die
    Schultern hat er mit dem erſten Modo des Morßheuſers gleich; Die Cortina
    iſt in allen dieſen dreyen Modis 36. und die Geſicht-Linee 24. Ruthen.
  • 4. Goldman behelt auch die Winckel der dritten Manier/ die Schulter aber
    hat er im Vier-Eck ¼ (das iſt 6) im Fuͤnff-Eck ⅓ (das iſt 8 Ruthen) der Geſicht-
    Linee/ in Sechs-Eck 9 Ruthen/ und alſo eine Ruthe immermehr/ biß ſie in Neun-
    Eck auff 12. Ruthen fallen. Die Geſicht-Lineen hat er 24. und die Cortinen noch
    eins ſo lang/ nemlich 48. Ruthen/ daß nemlich im Neun-Eck und allen folgenden
    proportro dupla ſey/ der Geſicht-Lineen zu den Schultern/ und der Cortinen zu
    den Geſicht-Lineen/ als 12. 24. 48 und haͤlt ſolche fuͤr die beſte.
  • 5. Antoine de Ville faͤnget ſtracks vom Sechs-Eck an/ und nimbt in denſel-
    ben alſo bald/ und in den andern folgenden/ den Bollwercks-Winckel von 90. Gr.
    Die innerliche Polygon oder Seite einer jeden Figur ſetzet er 180. Schritt/ fuͤnff
    Koͤnigliche Frantzoͤſiſche Schuh auff einen Schritt gerechnet/ thut 900. Schuh/
    eine jegliche dieſer Seiten theilet er in ſechs Theil/ und behaͤlt ⅙ zur Kehl-Linee und
    ⅙ zur Schulter oder Streiche. Jm Vier- und Fuͤnff-Eck wil dieſe Proportion
    gantz nicht angehen/ auch in den andern gibt es lange Defenſion, und kleine
    Streich-Plaͤtze oder Secund. Flanquen, moͤchte etwa im kleinen Royal/ und an-
    dern kleinen Wercken nach gebuͤhrlicher Proportion gebrauchet werden.
  • 6. Dulichius hat unter andern folgende Manier. Den Bollwercks-Winckel
    nimbt
    [113]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
    nimbt er nach dem dritten Modo, die euſſerliche Polygonen aber uͤberall
    70 Ruthen (16. Fuß auff eine Ruthe gerechnet) Dieſe theilet er in 7 gleiche Theil/
    der 2. oder 20. Ruthen zur Geſicht-Linee/ die Streichen halten ¼ der Cortin, hat
    zwar zimliche Defenſion, denn wie wohl in Vier-Eck faſt keine Streich-Plaͤtze
    fallen/ kommen doch in dieſem und den andern die Wercke ſo nahe/ daß ſie einan-
    der ſelbſt defendiren koͤnnen; gibt aber fuͤrs erſte wegen Vielheit der Wercke un-
    noͤtige Bau-Koſten. 2. kleine Wercke. 3. Jn Vier- und Fuͤnff-Eck enge Kehlen/
    und kan nicht denn nur fuͤr Mittel-Royal gerechnet werden.
  • 7. Abdias Trewe verſuchet allerhand Wege und Vergleichungen/ wie er dem
    einen geben/ und dem andern nehmen koͤnne/ ſonderlich im Vier-Eck (denn mit
    den andern kan man ſchon beſſer zu rechte kommen) damit die laͤngſte Defenſion
    60 Ruthen bleibe/ und dennoch gleichwol die Streiche und Streich-Platz zu-
    ſammen etwas laͤnger oder ja nicht kuͤrtzer fallen moͤgen/ als die Geſicht-Lineen/
    welches er doch in Vier-Eck/ wie er ſelbſt bekennet/ er lege es uͤber wie er wolle/
    nicht aller dinges erreichen kan/ ob er ſchon die Cortin etwas laͤnger nimt/ und
    die Streichen mit Goldmann nur 6 Ruthen im Vier-Eck anleget; Endlich aber
    beſchleuſt er mit dieſen Worten; Jch/ wie es ſcheinet/ halte dafuͤr man treffe nahe
    genug/ wenn man zu den Kehl-Lineen im Mittel-Royal ¾ im kleinen Royal aber
    1 oder 1½ Ruthen mehr/ im groſſen Royal 1 Ruthe weniger (verſtehe der innwen-
    digen Polygon oder Seitten) zum Streich-Platz aber oder Secund.
    Flanq.
    im Mittel-Royal ⅓ im kleinen Royal ⅕ oder ⅙/ im groſſen
    P iijaber
    [114]FORTIFICATION
    aber ⅖ oder ⅐ (verſtehe der Cortin) nehme neben dem Bollwercks-Winckel in ge-
    wiſſer Groͤſſe/ wie oben gemeldet/ in groß Royal nach der kleineſten/ im kleinen
    Royal nach der groͤſſeſten/ im mittel Royal nach der mittelmaͤßigen Gattung.
  • 8. Adrianus Metius gibt erſtlich folgende Proportion: Jm Vier-Eck ſol die
    Schulter ¾ von der Keel-Linee halten/ im Fuͤnff-Eck aber ſol die Kehle und Schul-
    ter ⅓ der Cortin ſeyn/ im Sechs-Eck und folgenden/ ſol die Schulter ⅓/ die Ge-
    ſichter aber ⅔ der Cortin halten.
  • 9. Nach dieſer ſetzet er ſeines S. Vatern/ in Meinung/ daß man derſelben ge-
    wiß und ſicherlich folgen koͤnne/ hanc enim ſi quis ſequatur, eventum ſpes gloriæ
    haud quaquam fruſtrabitur,
    Wie er dieſelbe mit dieſen Worten recommendiret,
    und iſt folgende: Jm Vier-Eck ſoll die Kehl-Linea ⅕ der Seiten halten/ die Schul-
    ter aber ⅘ von der Kehl-Linee. Jm Fuͤnff-Eck und allen andern ſol die Kehl-Linee
    \frac{2}{9} und die Schulter ⅙ des gantzen Lateris oder Seitten ſeyn. Den Bollwercks-
    Winckel nimbt er nach der erſten des Morßheuſers Manier/ nemlich ⅔ des Po-
    lygon-
    Winckels.
  • 10. Nach der unlengſt erfundenen Proportional-Linee (welche in effectu nichts
    anders iſt/ als die Directiv-Fortification von Freitag. libr. 2. cap. 9. beſchrieben/
    welche er als untuͤchtig und ſo kein Fundament hat/ außſchleuſt) haͤlt die Capital-
    oder Haupt-Linea ⅓/ die Kehle [...]/ und die Schulter ⅐. der gantzen Seiten/ oder/
    wie ſie andere proportioniren, und die gantze Seite in 3. Theile theilen/ ⅓ iſt die
    Haupt-Linea/ die theilen ſie in 5. Theile/ derer nehmen ſie 3. zur Kehl/ und zwey zur
    Schulter/ komt mit voriger faſt auf eines auß/ nur daß in dieſem die Schultern
    noch
    [115]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
    noch etwas kuͤrtzer fallen/ derowegen die erſte Manier faſt die beſte/ gehet in
    Vier-Eck (ſo daſſelbe/ wie hernach ſol errinnert werden/ corrigiret, und denen
    Schultern etwas abgekuͤrtzet wird)/ Fuͤnff- und Sechs-Eck noch ſo ziemlich an/
    und iſt auch in der Irregular-Fortification nicht gantz zu verwerffen: Jn den
    uͤbrigen aber wil es faſt keine rechte und gute Proportion geben:
  • 11. Damit denen/ ſo præcisè die laͤngſte Defenſion nur 60. Ruthen haben wol-
    len/ eine Gnuͤge geſchehe/ und doch gleichwol die gebuͤrliche proportion, inter par-
    tem defendentem \& defendendam,
    daß nemlich das Theil/ ſo das andere ver-
    theidigen ſol/ nicht kleiner falle/ als das jenige/ ſo zu vertheidigen beobachtet wer-
    de/ als kan mans folgender Geſtalt verſuchen: Den Bollwercks-Winckel kan
    man nach der geſetzten Art (nemlich den kleineſten in Vier-Eck 60. immer mit 5.
    vermehrend) nehmen/ die Geſicht-Linea aber in Vier-Eck 22. in Fuͤnff-Eck auff
    23./ und in allen folgenden 24. Ruthen/ den Streich-Platz aber in Vier-Eck 15. in
    Fuͤnff-Eck 16. in Sieben-Eck 17/ und in allen folgenden auff achtzehen Ruthen ſe-
    tzen/ Wer Luſt hat kan es auff andere Wege verſuchen/ worzu ihm Abdias Trewe
    gute Anleitung an die Hand geben wird.
  • 12. Eines Itali Modus iſt auch dieſer: Nemlich er behaͤlt zwar die Bollwercks-
    Winckel der dritten Manier/ wie auch die Geſicht-Lineen von 24. und die Cortin
    von 36. Ruthen (welche man aber doch wegen obangezogenen Vrſachen/ auff
    42. Ruthen nehmen kan) die Schultern aber und Kehl-Lineen bleiben ungede-
    terminiret,
    und wird an derſelben Statt fuͤr bekant angenommen/ der Winckel/
    den die Schulter unterzeucht (Angulus ab ala ſubtenſus,) oder der/ den die Kehl-
    Linee unterzeucht.

13. Geb-
[116]FORTIFICATION
  • 13. Gebhard Himſelius hat zwey Modos, wie nemlich ohne einigen Reſpect des
    Bollwerck-Winckels nur aus etlichen gewiſſen bekantẽ Lineen ein Royal-Werck
    auffzureißen/ denn wie oben gedacht/ die Winckel leicht falliren, auch mit denſel-
    ben es ſchwer zugehet und calculation gibt. Jn dem erſten Modo und Wege nimt
    er an ſtatt des Bollwercks-Winckels bekant an/ das Stuͤcke der Cortin, ſo zwi-
    ſchen der Schulter und Streich-Platz oder dem Punct/ da die kuͤrtzeſte Strei-
    che von den Geſicht-Lineen einfaͤlt/ und ſetzet ſolches von Vier-Eck biß zum
    Neun-Eck incluſivè 22½ Ruthe/ oder 225. Schuh/ im Zehen-Eck 22. ein Eilff-Eck
    21/ im Zwoͤlff-Eck 20. im Dteyzehen-Eck 19. ½ Ruthen und alſo biß zum 20 Eck
    inclusivè immer ½ Ruthe oder 5 Fuͤß weniger; Jn dem andern folgenden aber
    uͤber 20 kuͤrtzet er allewege einen Fuß etwa ab/ die Schultern behaͤlt er/ wie
    Goldman und Trewe haben/ in Vier-Eck 6 in Fuͤnff-Eck 8 Ruthen/ \&c.
  • 14. Jn der andern Manier ſetzet er fuͤr bekandt die Keel-Lineen/ in Vier-Eck
    10. ½ in Fuͤnff-Eck 11. Jm Sechs-Eck 11. ½ Ruthe/ und alſo immer ½ Ruthe mehr
    biß zum 12. Eck incluſivè, von dannen thut er etwa biß zum 18 Eck incluſive einen
    Fuß hinzu/ was uͤber dem einen halben Fuß/ oder endlich noch weniger/ alſo daß
    er in keinem 27 Ruthen erreichet/ denn in den platten Formen/ welche unter al-
    len Wercken die Laͤngſte Keel-Lineen haben/ kommen ſie bey nahe 17. Ruthen.
    Die Schulter ſetzet er denn perpendiculariter auff in Vier-Eck 6 oder 7 Ruthen
    Jm Fuͤnff-Eck 8 Ruthen \&c. Ziehet denn die oberſten Enden der Schultern
    zuſammen/ und beſchreibet aus dem Mittel dieſer Lineen einen halben Circkul
    und aus deſſen Centro richtet er eine Perpendicular-Linee auff/ ſo ſelbigen in
    zwey
    [117]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
    zwey Theil theilet/ des halben Circkels halben Diametrum theilet er in 10. Thei-
    le/ ſolche traͤget er uͤber den halben Circkel hinaus auff die Perpendicular Linee:

  • Jm Zwoͤlff-Eck aber und allen folgenden/ weil der Bollwercks-Winckel recht
    faͤllet/ koͤmt er gerade an die Peripheriam des halben Circkuls; Oder, da man die-
    ſer Theilung wil uͤberhaben ſeyn/ faſſe ich nur mit dem Circkul die Laͤnge der
    Geſicht-Lineen von 24. Ruthen/ und ſetze einen Fuß auff die Enden der Schul-
    tern/ und beſchreibe mit dem andern einen Triangulum æquicrurum, oder gleich-
    ſchaͤncklichten Triangul/ Es kommen aber ſonderlich dieſe beyde Modigar wohl
    zu ſtatten in der Irregular-Fortification, und bedarff man allhie keines Trans-
    porteurs
    oder Aufftrage-Circkuls. Zu dem kan man auch dieſe richtige und gute
    Proportion der Lineen gar leicht und beſſer behalten/ als die Winckel/ und ihme
    ſolche familiar machen/ damit man alſo ex tempore, ohn einiges rechnen/ ein
    QBoll-
    [118]FORTIFICATION
    Bollwerck/ es ſey an Regular- oder Irregular-Wercken/ koͤnne auffreiſſen/ denn
    ob ſchon durch dieſe Proportion der Lineen den Winckeln an der gemeinen Pro-
    portion
    ein geringes etwa 1 oder ½ Grad (uͤber dieſes wohl nicht) moͤchte ab oder
    zugehen/ ſey daran nichts gelegen/ variiren doch ſonſten die Autores in den Win-
    ckeln offt 5 ja wol gantzer 10. Grad. Die Cortinen ſind in dem 12. 13. und 14. Modo,
    auff 42. Ruthen genommen/ wie oben errinnert; doch iſt an dieſelbe niemand
    verbunden/ er mag ſie entweder nach der gemeinen Proportion 36 Ruthen/ oder
    nach Goldmanni 48 Ruthen nehmen/ oder auch dieſelbe ungedeterminiret laſſẽ/
    und an ſtatt derſelben mit etlichen die laͤngſte Defens-Linee juſt 60. Ruthen ſe-
    tzen/ Nur iſt dieſes zu errinnern/ nimbt man die Cortinen zu kurtz/ bekoͤmbt man
    geringere Streich-Plaͤtze/ hergegen aber ſtaͤrckere Defenſion, nicht allein der
    Geſichter/ ſondern auch des Grabens/ des bedeckten Weges (weil ſelbige ebenſo
    wohl aus den Streichen und Streich-Plaͤtzen ihre Defenſion haben muͤſſen und
    anderer Theile uͤber den Graben. Nimbt man ſie zu lang/ bekomt man zwar
    groſſe Streich-Plaͤtze/ hergegen aber ob ſchon der Mußqueten-Schuß noch
    etwa die Geſichter erreichen und beſtreichen moͤchte/ faͤlt doch der euſerſte Rand
    am Graben/ und der bedeckte Weg ſehr weit/ und kan ſchwerlich in Defenſion
    gehalten werden/ ſonderlich ſo man die Graben etwas breitter machet (welches/
    wie hernach ſol errinnert werden/ nothduͤrfftig erachtet wird/ wie ſonſt die ge-
    meine Proportion mitbringet; Muß man derowegen nicht einem allzuviel geben/
    und dem andern hergegen nehmen/ und weñ man die Streich-Plaͤtze ſo groß hat/
    als noͤthig/ zu frieden ſeyn. Weßwegen der Mittel-Weg gehalten und die Corti-
    nen
    [119]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
    nen wie gedacht auff 42. Ruthen genommen/ denn es doch/ wenn es umb und
    umb komt/ bey der allgemeinen Regul verbleibet/ man lege es an und uͤber wie
    man wolle/ Es kan keine Feſtung ſo vollkommen angeleget werden/ die nicht etwa
    hie und da mangelhafft were/ denn corrigiret man einen Fehler hie/ faͤlt man auff
    der andern Seiten in einen andern.

Abdiæ Trewen Proportion in kleinen Royal/ der oben gedacht/ iſt auch recht
gut: Man kan auch wohl nach Freitags erſter Manier die Bollwercks-Winckel
nehmen/ die Schultern aber nach ſeiner andern Manier proportioniren: doch
hat man ſich hier keiner Weitleufftigkeit anzunehmen/ weil ſolche kleine Wercke
nur in Vier-Fuͤnff- und Sechs-Ecke adhibiret werden.


Sectio II.
Wie die einfachen Grund-Riſſe nach vorerwehnten Proportionen
auffzureiſſen.


Nach dem in vorhergehenden unterſchiedliche 14. Proportiones und Maniren
fuͤrgeſtellet/ als wird nur das/ was bißhero angezeiget/ und wie nach obgedach-
ten 14. Proportionibus die einfachen Grund-Riſſe zu machen/ mit Exempeln er-
klaͤret/ und ſelbige auffzureiſſen gelehret. Es iſt aber hierzu in den meiſten/ und da
ſichs ſchicken wollen/ ein Fuͤnff-Eck erwehlet/ und von jeglicher Art nur 1. ein Boll-
werck auffgeriſſen/ und denn/ wie aus einem ſolchen Stuͤcke eine gantze Figur
zu compliren unnd zu vollenziehen/ angezeiget/ nach welchem Methodo
man ſich nicht allein in Fuͤnff-Eck/ ſondern in allen Figuren uͤben kan/ und
Q ijdieſel-
[120]FORTIFICATION
dieſelbe nacheinander aufreiſſen/ damit man gleichſam wie in einem Spiegel fuͤr
Augen ſehe/ welche die beſte Proportion geben/ und mit obgeſchriebenen Regulen
am naͤheſten zutreffen.


1. Vnd zwar erſtlich/ wie nach des Morßheußers Proportion ein Bollwerck
zu verzeichnen iſt Fig. 74. zu ſehen.


Jch ziehe eine Gerade Linee a b nach Belieburg/ nehme deñ auß dem Maaß-
ſtabe o p, 24. Ruthen/ als die Laͤnge der Geſicht-Lineen/ und beſchreibe auß c ei-
nen halben Circkul/ d a, theile ſolchen (weil es ein Fuͤnff-Eck ſeyn ſoll) in fuͤnff
gleiche Theile/ und ſchneide außwerts durch die Linee c e zwey Theil ab/ ſo iſt
e c d der Figur oder Polygonen Winckel/ deſſen ⅔ ſol der Bollwercks. Winckel
halten/ theile derowegen den Polygon-Winckel e c d, durch die Linee c f, in zwey
Theil. Jedes Stuͤck f d und f e, theile ich in den Puncten/ k i, g h, in drey Theil/
und ſchneide auff beyden Seiten durch die Lineen c g und c i eins ab/ ſolche geben
denn die Geſicht-Lineen/ und wird g c i, der begehrte Bollwercks-Winckel ſeyn/
auß dem Punct i mache ich an die Linee a b, niederwarts eine Perpendicular-Li-
nee/ und trage auff dieſelbe von i biß n, 9 Ruthen (welches die Schulter iſt im
Fuͤnff-Eck nach dieſer erſten Manier) aus n ziehe ich der Linee a b eine Parallel-
Linee/ und trage von n biß l, 36. Ruthen/ ſo iſt n l die Cortin, n q aber gibt die
Kehl-Linee/ bey l ſetze ich noch eine Schulter voriger Laͤnge auff/ nemlich l r, ver-
laͤngere auch die Geſicht-Linee c i biß in m, und ziehe von c eine andere Linee in l,
ſo iſt c m die kuͤrtzeſte und c l die laͤngſte Defens-Linea/ m l, die Second. Flanq.
oder Streich-Platz. Nu ſolte zwar das Stuͤck m l, und l r, zuſammen als pars
defen-
[121]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
defendens ſo lang ſeyn als die Geſicht-Linee c i, als pars defendenda, welches
aber doch in dieſem Modo, und in dieſer Figur/ wie auch in den meiſten folgenden
noch nicht kan erhalten werden/ es ſey denn daß man die Cortin etliche Ruthen
verlaͤngere.


2. Nach der andern Manier/ ſo Freitagii erſte/ mache ich es mit Anleitung des
Polygon-Winckels eben wie im vorigen/ Jn dem ich eine lange Linee à b ziehe
und aus einen Maaßſtabe 24. Ruthen nehme/ aus c einen halben Circkul be-
ſchreibe/ den halben Circkul weil es ein Fuͤnff-Eck ſeyn ſol/ in fuͤnff Theil theile/
und denn außwerts zwey Theil durch die Linee c e, abſchneide/ und iſt derſelbe
auch Fig. 75. der Winckel e c d, nun beſtehet die Verenderung in den Bollwercks-
Winckel und Schultern. Den Bollwercks-Winckel (welcher 20. Grad groͤſſer
ſeyn ſol/ als der halbe Polygon-Winckel) zu finden/ ſetze ich den halben Diame-
trum, a c
oder c d, von e biß en t, ſo iſt der Bogen e t, 60 Grad/ dieſen theile ich in dẽ
Punctẽ h und u in drey Theil/ alſo daß e h zwantzig Grad ſeyn/ ſolche faſſe ich mit
dem Circkul/ und ſetze ſie (nach dem ich zuvorhero den Polvgon-Winckel durch die
Linee c f in zwey Theil getheilet habe) von f biß in k, ſo ich zu dem halben Poly-
gon-
Winckel d f, das Stuͤcke f k, 20. Grad addiret, und alſo k d die Groͤße oder
Menſur des Bollwercks-Winckels/ ſolchen Winckel k d theile ich in s in zwey
Theil/ und ſetze aus f, zu beyden Seiten eins in g und i, und ziehe die Geſicht-Li-
neen c i, und c g, ſo habe ich den rechten Bollwercks-Winckel g c i, nach Begeh-
ren/ mit den andern procedire ich wie zuvor/ die Schulter i n, komt in dieſem
Modo 7. Ruthen.


Q iij3. Nach
[122]FORTIFICATION

3. Nach der dritten oder des Freitagii anderer Manir/ finde ich den Boll-
wercks-Winckel folgends Fig. 76. Nach dem ich zuvorhero eine lange Linee a b
gezogen/ 24. Ruthen auß einem Maaßſtabe genommen/ den einen Fuß des Cir-
ckuls in c geſetzet/ und einen halben Circkul mit dem andern Fuß a d beſchrieben/
den Polygon-Winckel geſuchet/ in dem ich den halben Circkul in 5 Theil getheilet/
weil es ein Fuͤnff-Eck ſeyn ſol/ zwey Theil abegeſchnitten/ ſo iſt e c d, der Polygon-
Winckel/ dẽ Polygon-Winckel in f in zwey Theil getheilet/ ſo faſſe ich dẽ halbẽ Di-
ametrũ, a c,
oder c g, und ſetze ihn von f in h, ſo iſt der Bogen f h, 60. Grad; Solchẽ
theile ich in k in zwey Theil/ ſo ſind f k und k h, jeder 30. Grad/ den Bogen k h
theile ich wieder in s in zwey Theil/ ſo ſind k s und s h jeder 15. Grad/ s f aber 45.
f d, iſt die Differentz zwiſchen dem halben kleineſten Figur-Winckel/ und dem
halben Figur-Winckel/ des gegebenen Viel-Ecks/ welches allhie 9 Grad/ ſolche
theile ich in t wieder in zwey Theil und addire das Stuͤcklein s t, 4 ½ Grad/ zu f k
als dem kleineſten halben Bollwercks-Winckel/ (welcher allewege 30 Grad) ſo
iſt f i 34 ½ Grad der gefundene halbe Bollwercks-Winckel/ ſolchen ſetze ich auch
herumb/ auff die andere Seite von f in g, und ziehe von c zu i und g, die Ge-
ſicht-Lineen/ ſo wird g c i, der gantze Bollwercks-Winckel/ nemlich 69 Grad/
nach dieſer dritten Manier ſeyn/ procedire mit Anſetzung der Schulter und Cor-
tin
wie in vorigen/ die Schulter iſt 9 Ruthen/ und die Cortin 36. Ruthen.


4. Nach der vierdten des Goldmanni Manier/ iſt die Erfindung des Boll-
wercks
[123]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
wercks-Winckels dem vorigen gleich/ die Cortin aber l n, nimbt er auff 48. und
die Schulter in 8. Ruthen Fig. 77.


5. Die fuͤnffte Manier des Antoine de Ville betreffent/ weil dieſelbe in Fuͤnff-
Eck nicht angehet/ iſt Fig. 78. Ein Sechs-Eck zum Exempel fuͤrgeſtellet. Jch zie-
he eine ziemliche lange Linea a b, und beſchreibe aus derſelben Punct c einen hal-
ben Circkul nach Beliebung/ ſolchẽ theile ich (weil es im Sechs-Eck iſt) in ſechs
gleiche Theil/ und ſchneide zwey ab/ ſo iſt e c d, der Figur-Winckel/ oder/ welches
geſchwinder angehet/ ich ſetze den halben Diametrum in den halben Circkul 3 mal
herumb/ weil es ein Sechs-Eck ſeyn ſol/ (dañ der halbe Diameter gehet in einem
gantzen Circkul ſehsmahl herum) und ſchneide ein Theil/ welches wenn ich den
halben Circkul in ſechs Theil getheilet/ zwey Theil bedeutet/ abe/ ſo habe ich den
Figur-Winckel/ theile denn den Polygon-Winckel in zwey Theil/ und laſſe die Li-
nee oben hinaus lauffen/ biß in p ſo habe ich zugleich die Capital-Linee/ ſetze von
c biß b 900. Fuͤß auff/ und theile ſolche in den Puncten g h i k l, in ſechs gleiche
Theil/ ſolcher eins c g, und l b nehme ich auff beyden Enden zu den Keel-Lineen/
trage auff die andere Seite von c in m eine Kehl-Linee herumb/ und aus g und
m, richte ich zwey Schultern auff/ ſo gleicher Laͤnge mit den Kehl-Ltneen ſeyn
ſollen/ haltende ⅙ der Lineen c b/ ſolcher beyde Enden o n, ziehe ich mit einer Linee
zuſammen/ und theile ſie in q in 2. Theil/ Wann aber die Haupt-Linea
ſchon
[124]FORTIFICATION
ſchon gezogen/ theilet ſie ſelbige in q, und darff alſo die Linea o n nicht erſt in zwey
Theil getheilet werden/ nehme mit dem Circkul n q oder q o und beſchreibe aus q
einen halben Circkul o p n, welcher in p durch die Haupt-Linea in zwey Theil ge-
theilet wird/ von p ziehe ich endlich die Geſicht-Lineen p n, und p o, die Cortin g l
helt \frac{4}{6} der Seiten c b, das iſt 600. Fuͤß/ ſetze bey l die ander Schulter auff/ und
ziehe dann die laͤngſte und kuͤrtzeſte Streich-Linie/ wie vorgelehret. Jn dieſer
Manier fallen gar kleine Streich-Plaͤtze/ ſonderlich in den Figuren ſo wenig
Ecken haben/ und iſt die Defenſion auch etwas lang/ andere Maͤngel zu geſchwei-
gen. Zu Feld-Schantzen und kleinern Wercken koͤnte vielleicht dieſe Manier fuͤg-
licher/ als zum groſſen Royal gebrauchet werden/ als ſo ich etwa ein halb Sechs-
Eck an ein Waſſer legen wolte/ doch in kleinerer Proportion, etwa die Seite c b
auff 30. oder 40. Ruthen nehmende/ weiln man in ſolchen kleinen Wercken der
Streich-Plaͤtze ſo groß nicht von noͤthen/ hergegen aber ſtaͤrckere Bollwercke
ihrer Proportion nach/ anlegen muß.


6. Jm ſechſten des Dulichii Modo ziehe ich Fig. 79. die Linea c b, welche 70.
Ruthen lang ſeyn ſoll/ dieſe theile ich in 7 gleiche Theile in den Puncten u d vv x
y z,
weiln nun die Linee 70. Ruthen lang/ und in ſieben Theil getheilet werden ſol/
ſo nehm ich 10. Ruthen und ſetze ſolche 7 mahl fort/ ſo iſt die Theilung geſchehen/
derſelben nehme ich zwey/ und beſchreibe aus c den halben Circkul d a, in dem ich
zu forderſt die Linea c b, biß in a verlaͤngere/ in dieſem ſuche ich den Polygon-
Winckel e c d, wie auch den Bollwercks-Winckel g c i, wie bey der dritten Manier
angewieſen worden/ und ziehe die beyden Geſicht-Lineen c g und c i, aus i laſſe ich
auff
[125]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
auff c b eine Perpendicular-Linee fallen/ ſo ſelbige in n beruͤhret/ faſſe denn c n/
mit dem Circkul/ und ſetze ſie von b in l, ſo iſt n l die Laͤnge der Cortin, n l theile ich
in 4. Theil/ in q t unnd m verlaͤngere die Linee n i biß in r, und nehme ¼ m
n,
ſetze es von i in r, zur Schulter/ aus r ziehe ich der Linee c b eine Parallel-Linee/
und trage auff dieſelbe von r in p die Laͤnge n l zur Cortin, r q iſt die Kehl-Linee/
ſetze die ander Schulter p o auff/ und verlaͤngere die Geſicht-Linee c i biß in A ſo
iſt A C die bewegliche Defens-Linee und A p, die Secund. Flanq. ziehe von c biß
p eine Linee/ ſo iſt c p die laͤngſte Defens-Linee/ welche nicht viel uͤber 50. Ruthen
kombt/ Marolois hat faſt ſelbige Proportion.


7. M. Abdiæ Trewen Vergleichung in Vier-Eck/ weil er ſelbe nur Exempel-
Weiſe fuͤrſtellet/ iſt nicht noͤtig allhier zu widerholen/ weil ſolche Vergleichun-
gen auff unterſchiedliche Wege koͤnnen angeſtellet werden/ Nur ſuchet er dieſes/
daß er die offt erwehnte Proportion inter partem defendendam \& defenden-
tem
erhalte/ welches er doch kaum in Vier-Eck/ in dem er præcisè die laͤngſte De-
fens
Linee auff 60. Ruthen haben wil/ erhalten kan/ iſt demnach nur ſeine ober-
wehnte univerſal-Proportion zu beſehen. Jch ziehe die Linee c b/ 60. Ruthen
lang (weil ſich ſolche Zahl gerne in allerley Theile abtheilen laͤſſet) verlaͤngere die
Linea c b biß in a/ beſchreibe bey c einen halben Circkul und ſetze den Polygon-
Winckel c c d an/ wie offt erinnert/ den Circkul-Bogen a d/ aber/ darff ich nach
keiner gewiſſen Maaß/ ſondern nur nach Beliebung ziehen; Dieſen Polygon-
Winckel theile ich durch die Linee f r in zwey gleiche Theil/ in dem ich die Linee von
f biß r, zugleich mit hinaus ziehe/ damit ich alſo die Capital-Linee habe. Die gan-
Rtze Li-
[126]FORTIFICATION
tze Linee aber c b theile ich in fuͤnff Theile in den Puncten g h i k, und wird alſo
jeder 12. Ruthen halten/ welches/ damit ich nicht ſo offt in der Theilung ſuchen
darff/ am fuͤglichſten geſchehen kan/ wenn ich aus dem bekanten Maaßſtabe 12.
Ruthen nehme und fuͤnffmahl fort trage/ weiln die Linee 60 Ruthen lang und
ein Fuͤnff-Theil 12. Ruthen gibt/ Nu wil er daß man in groſſen Royal etwa ei-
ne Ruthe weniger als ⅕ zur Kehl-Lineen nehmen ſol/ als laſſe ich c m und b n die
Kehl-Lineen auff beyden Enden 11. Ruthen ſeyn/ dieſe machen zuſammen 22. Ru-
then/ von 60. abgezogen/ bleiben fuͤr der Cortin 38. Ruthen/ dieſer ſol ich nu ⅖ oder
\frac{3}{7} zum Streich-Platz nehmen/ So ich derowegen 38 mit 5 dividire, kommen 7 ⅗
ſolcher zwey geben den Streich-Platz n q, 15⅕ Ruthen/ das iſt 15. Ruthen 2.
Schuh/ oder 38. durch 7 dividiret, kommen 5\frac{3}{7} dieſer 3 geben zum Streich-Platz
16\frac{2}{7} Ruthen (allhier ſind juſt 16. Ruthen genommen) aus m und n, richte ich die
Schulter m t, und n s auff nach Goldmanni Manier 8 Ruthen/ und ziehe von
q uͤber t eine Linee/ ſolche beruͤhret die Linee f c in r/ und iſt alſo r der Haupt- oder
Bollwercks-Pu[n]ct/ c r t, der halbe Bollwercks-Winckel/ ziehe von r zu n, ſo iſt
r n, die laͤngſte Defens-Linee/ aus welcher ich einen Maaßſtab von 60. Ruthen/
oder 600 Fuͤß machen/ und der andern Lineen Laͤnge darauff ſuchen muß/ denn
das Latus c b, iſt nur ein Præſuppoſitum, ſo lange biß die Figur verfertiget.
Fig. 80. Wil ich nun das Bollwerck vollend verfertigen/ ſetze ich die Kehle herumb
auff die ander Linee in x und richte eine Schulter x vv der vorigen Laͤnge nach
auff/ und ziehe die Geſicht-Linee vv r.


Zum 8 und 9. der Metiorum Proportion betreffent/ weil ſelbige gar klein/
ja faſt
[127]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
ja faſt keine Streich-Plaͤtze gibt/ und alſo inter partem defendentem \& defen-
dendam
keine rechte Proportion haͤlt/ als wil ſich ſelbige zu groſſen Royal-
Wercken nicht wohl ſchicken/ in kleinen Royal und Feld-Schantzen kan ſie gut
ſeyn. Vnd zwar erſtlich das Vier-Eck anlangend/ ziehe ich Fig. 81. ab eine Seite
eines Regulier-Vier-Ecks/ und ſey ſolche etwa/ wie er wil/ 500. Fuͤß/ dieſe theile
ich durch die Puncta c d e f in Fuͤnff gleiche Theil/ und nehme derſelben eins/
nemlich 100. Fuͤß zu beyden Seiten zu den Kehl-Lineen a c und f b, bey a ſetze ich
den Polygon-Winckel des Vier-Ecks g a b an/ entweder in dem ich bey a einen
halben Circkul ziehe/ und ſelbigen in vier Theil theile/ oder/ welches geſchwinder
angehet/ wenn ich den Winckel-Hacken/ weil es ein Vier-Eck iſt/ anſchlage und ein
Perpendicular-Linee herunter fallen laſſe/ ſetze auff a g noch eine Keel Linee a h,
der vorige a c gleich/ die Keel-Linee a c theile ich in 4 Theil/ ſetze die Schulter c i
und h k auff/ und faſſe drey Viertheil der Kehl-Linee/ und trage ſelbige auff die
Schultern/ und weil der Bollwercks-Winckel in Vier-Eck 60 Grad halten muß/
ziehe ich die beyden Enden der Schultern durch die Linea i k zuſammen/ und be-
ſchreibe auff derſelben den gleichſeittigen Triangul k l i, ziehe die Geſicht-Linea
l i und l k und verlaͤngere dieſelben/ biß m und g, ſo habe ich die beweglichen De-
fens-
Lineen/ und ſetze bey f noch eine Schulter f r, der vorigen gleich. Nach
des alten Metii Proportion haͤlt die Schulter ⅘ der Kehl-Linee/ dieſes iſt Fig. 82.
fuͤrgeſtellet/ und die Kehl-Linee a c in fuͤnff Theil getheilet/ und derer 4. zur
Schulter c i genommen/ das andere kombt mit den vorigen uͤberein.
R ijSein
[128]FORTIFICATION
Sein Fuͤnff-Eck auffzureiſſen gibt etwas mehr Difficultaͤten/ Jch ziehe Fig. 83.
die Cortin a b 36. Ruthen lang/ theile dieſe in 3. Theil/ und verlaͤngere ſelbige auff
beyden Enden biß c und d umb ½/ richte auß a und b die beyden Schultern auff/
nemlich a e, und b f, derer jede ⅓ der Cortin haͤlt/ bey c, ſetze ich den Polygon-Win-
ckel eines Fuͤnff-Ecks g c h an/ wie zuvor gelehret/ und theile ſolchen durch die Li-
nee i l in zwey gleiche Theil/ den Bogen h i theile ich in 3 Theil/ alſo daß h k ein
dritter Theil ſey/ und ziehe die Linee c k auff die andere Seiten/ bey c trage ich
auch eine Kehl-Linee c m herumb/ und eine Schulter m n, voriger gleich. Auß e,
ziehe ich der Linee c k eine Parallel-Linee/ dieſe beruͤhrt die Linee l i, in p, iſt alſo
e p, eine Geſicht-Linee/ von p zu n, ziehe ich die andere/ \&c:


Mit dem Sechs-Eck mache ich es eben ſo/ als ich theile Fig 84. die Cortin a b,
welche 36. Ruthen haͤlt/ in k und h in 3 Theil/ verlaͤngere ſelbige auff beyden En-
den biß c und d umb ⅓/ und laſſe a c, b d ⅓ die Keelen ſeyn/ richte aus b und a die
Schultern auff a e, und hf, jede ein dritten Theil haltendt/ ſetze bey c den Figur-
oder Polygon-Winckel eines Sechs-Ecks g c a, an/ und theile ſolchen durch die
Linee i l in zwey Theil/ faſſe denn mit dem Circkul [...] der Cortin b h und ſetze ſolche
von e biß ſie in p die Linie i l, erreiche/ das ander iſt aus vorigen bekant. Endlich
des alten Metii Proportion in Fuͤnff-Eck (welche er auch in allen andern
folgenden gebrauchet) angehend/ laſſe ich Fig. 85. die Linee c b eine Seite eines
Fuͤnff-Ecks ſeyn/ theile ſolche in den Puncten q d e f g in ſechs gleiche Theil/ dieſer
nehme ich zwey/ nemlich c d, und theile ſolche in den Puncten 1. 2. 3. in drey Theil/
ſo iſt c, 1/ ein/ und c, 2/ zwey Neun-Theil der gantzen Seiten/ und alſo ſeiner Mei-
nung
[129]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
nung nach die Kehl-Linee/ ſolche ſetze ich auch auff dem andern Ende aus b in k,
richte aus r und k die Schultern r l, und k m auff/ welche ⅙ der Linee c b halten
ſollen/ den Bollwercks- und Polygon-Winckel finde ich eben/ wie oben bey dem vo-
rigen Fuͤnff-Eck Fig. 83. angewieſen worden.


10. Nach der zehenden Manier nehme ich Fig. 86. eine Linee/ a b, nach Belie-
bung/ ſetze bey a, den Figur-Winckel h a b, (welcher allhie recht und eines Vier-
Ecks ſeyn ſol) an/ geſchwinder zu operiren, lege ich den Winckel-Hacken an/ ſo
habe ich den Polygon-Winckel/ theile deñ die Linee a b in m und i in 3 Theil/ den
Figur-Wiuckel aber h ab/ theile ich durch die Linea f g, Jn dem ich die Linee biß
in g, damit ich alſo bald die Capital-Linee habe/ laſſe hinaus lauffen/ in zwey
Theil/ und trage auff ſelbige von a in g einen dritten Theil der Linea a b alſo/ daß
a m und a g gleicher Laͤnge ſeyn/ theile denn a g in fuͤnff Theil/ dieſer nehme ich 3
nemlich a 3. ſetze ſie von a in c von b in k, und von k in l zu den Kehl-Lineen/ ſetze die
Schultern c d und l q, und nehme derſelben zwey/ als a r, zu der Schulter c d
und l q ſetze bey b die Kehle b k, ziehe deñ von g durch d die Geſicht-Linee/ und ver-
laͤngere ſolche biß in k; Weil aber allhie in Vier-Eck kein Streich-Platz faͤlt/ als
ziehe ich aus i (einem dritten Theil der Linea a b) eine andere Defens-Linee/ i g,
ſolche gibt denn die corrigirte Schulter c e, und die Geſicht-Linee c g, und den
Streich-Platz i k, bey k ſetze ich auch ein Schulter auff k y. Jn den andern fol-
genden Figuren aber leſt mans bleiben/ wie es in der erſte faͤlt/ die Linea a b aber
iſt ungedeterminirter Laͤnge; Einer jeglichen Lineen rechte Laͤnge aber zu erfah-
ren/ mache ich aus der laͤngſteu Defens-Linee g k einen Maaßſtab oder Schalam
R iijvon
[130]FORTIFICATION
von 60. Ruthen oder 60. Fuͤß/ und meſſe aus derſelben die andern Lineen/ wie
auch ſchon droben erinnert. Fig. 87. Jſt ein Bollwerck nach Freitagii Directiv-
Fortification
auff dem Fuͤnff-Eck angeſetzet/ welche von voriger wenig differiret,
Jch ziehe auch nach Beliebung eine Linee a b, ſetze bey a den Figur-Winckel h a b,
wie offt gelehret/ an/ theile denn die Linea a b in m und in i in drey Theile/ den Fi-
gur-Winckel aber h ab, theile ich durch die Linea f g, in dem ich die Linea biß in g,
damit ich alſobald die Capital-Linee habe/ hinaus lauffen laſſe/ in zwey Theil/ und
trage auff dieſelbige von a in g einen dritten Theil der Linee a b, theile deñ die Li-
nee a b in fuͤnff Theile/ und ſetze ⅕ derſelben zu den Kehlen/ von a in c, von b in k und
von a in l, theile die Linee a b abermal in ſieben Theil/ und richte die Schultern
c d, l q, und k r, auff/ und nehme zu derſelben ⅐ der Linee a b, und ziehe ſo dañ die
Geſicht-Lineen g d, und g q, und faͤlt ein wenig laͤnger als nach der vorigen Pro-
portion
: Dieſe Proportiones aber ſind nicht univerſal, und wollen nicht in allen
Figuren richtig zutreffen.


11. Nach dem eilfften Modo, da auch allezeit die laͤngſte Defens-Linee 60 Ruthen
præcisè ſeyn ſol/ ziehe ich Fig. 88/ die Linee a b nach Beliebung/ ſetze auff derſelben
aus einem gewiſſen Maaßſtabe von b biß c in Fuͤnff-Eck 16. Ruthen fuͤr den
Streich-Platz/ und in den Punct c ſetze ich die Linee c d nach dem kleinen Streich-
Winckel (welcher nach obiger Anleitung in Fuͤnff-Eck in dieſem Modo iſt 21½
Grad) mit einem Tranſporteur an/ faſſe denn 60. Ruthen aus dẽ Maaßſtabe/
ſetze den einen Fuß in b, den andern ſetze ich hinaus/ biß er die Linee c d in d errei-
che/ und da iſt der Bollwercks-Punct/ durch dieſen Punct d ziehe ich der Lineen
ab eine
[131]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
a b eine Parallel-Linee/ d k vv, beſchreibe einen Circkul k vv nach Beliebung und
ſetze bey d den Polygon-Winckel f d k, an/ ſolchen theile ich durch die Linee g d in
zwey Theil/ dieſe durchſchneidet die Linee a b in h, und iſt alſo h t der Keel-Punct;
auff der Linee c d ſetze ich ferner von d in e die Geſicht-Linee 23 Ruthen/ und laſſe
aus e eine Perpendieular herunter fallen/ ſo die Linee a b in i beruͤhret/ als iſt e i
die Schulter/ h i die Kehle/ i b, die Cortin, c b der Streich-Platz/ ziehe dann eine
Linee von d zu b, ſo iſt b d, die laͤngſte Streich-Linee gerade 60. Ruthen.


12. Nach der zwoͤlfften eines Itali Art/ ziehe ich Fig. 89. die Linee a b nach Belie-
bung und ſetze bey c den Polygon- und Bollwercks-Winckel nach der dritten
Manier/ wie offt gelehret/ an/ den Polygon-Winckel e c d, theile ich durch die Li-
nee c f in zwey gleiche Theile/ die Geſicht-Linee c i, iſt 24: Ruthẽ/ aus dem Punct
i mache ich eine Perpendicular-Linee/ die Linea a b in y beruͤhrendt/ und verlaͤn-
gere ſelbige biß in x nach Beliebung/ ſetze den einen Fuß des Circkuls in i, und
den andern in c, und beſchreibe einen Circkul-Bogen l c die Linee x h in l errei-
chend/ und ſelbige Apertur des Circkuls ſetze ich von l in z, alſo wird der Bogen
l z 60. Grad halten/ dieſen Theile ich in 6 gleiche Theil/ ſolcher ſeyn l m fuͤnffe
oder 50 Grad/ von i durch m ziehe ich eine Linee/ ſo die Linee c f in n durchſchnei-
det/ ſo wird n der Kehl-Punct ſeyn/ aus dieſem ziehe ich der Linea a b eine Paral-
lel-
Linee/ ſolche durchſchneidet die Linee x h in o, ſo gibt denn n o die
Kehl-Linee/ i o, die Schulter/ von o, ſetze ich biß p, 42. Ruthen/ oder ſo viel ich
wil zur Cortin fort/ verlaͤngere die Linee c i biß q, ſo iſt p q der Streich-
Platz
[132]FORTIFICATION
Platz/ und ſetze bey p die Schulter auff p vv voriger gleich/ das ander iſt aus vo-
rigen bekandt.


13, Nach der dreyzchenden und Himſelii erſter Manier ziehe ich Fig. 90. die Linea
a b lang nach Beliebung und ſetze auff derſelben Punct c, (welcher auff derſelben
auch nach Beliebung genommen wird/ eine Schulter c d, die in Fuͤnff-Eck 8. Ru-
then iſt) perpendiculariter auff/ ſtelle auch das Cortinen-Stuͤcke von c in e 22½
Ruthe/ oder 225. Fuͤß/ ziehe denn aus e uͤber d die Linee e f, und trage von d in f die
Geſicht-Linee d f 24 Ruthen/ ziehe durch f eine Linee h r, der Linee a b Parallel,
und ſetze bey f, den Polygon-Winckel eines Fuͤnff-Ecks g f h, an/ wie offt gelehret
worden/ und theile ſolchen durch die Linee f i in zwey Theil/ von c aber biß b ſetze
ich die Cortin hinaus 42. Ruthen/ und bey b eine Schulter b l voriger gleich
auff/ ſo gibt k c, die Kehl-Linee/ c b die Cortin, e b den Streich-Platz. \&c.


14. Nach der vierzehenden und Himſelii andern Manier ziehe ich Fig. 91. die
Linea a b nach Beliebung/ und ſetze bey a den Polygon-Winckel c a d, an/ theile
auch ſolchen durch die Linee e f/ in dem ich die Linee oben laſſe hinaus lauffen biß
in f, damit ich die Haupt-Linee habe in zwey Theil/ verzeichne denn von a zu bey-
den Seiten die Kehl-Lineen a g, und a h, jede 11. Ruthen/ und richte aus g und h
die Schultern g i und h k auff jede 8. Ruthen/ die beyden oberſten Enden aber
ziehe ich mit einer Linee k i zuſammen/ und theile dieſe in l, in zwey Theil/ weil aber
die Haupt-Linee allbereit hinaus gezogen iſt/ ſo theilet ſie ſelbige ſchon in l in zwey
Theil/ aus l beſchreibe ich einen halben Circkul k m i/ deſſen halben Diametrum
l m/
theile ich in zehen Theile/ faſſe derſelben 4½ und ſetze ſie uͤber m hinaus/ biß in
n, und
[133]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
und ziehe von n uͤber i die Geſicht-Linee n i, verlaͤngere ſolche/ ſo beruͤhret ſie die
Linea a b in o, ſo iſt n o, die bewegliche Defens-Linee/ o b die Secund. Flanq. ziehe
auch von n biß k die andere Geſicht-Linee/ von g biß b ſetze ich zu der Cortin 42.
Ruthen/ Oder ich faſſe nur mit einem Circkul 24. Ruthen zur Geſicht-Linee/ ſetze
deſſen einen Fuß in k oder i, und ſehe denn/ wo der andere die Linee e f, beruͤhret/
welches mit dem vorigen in Punct n, zutreffen/ oder doch umb ein gar geringes
und nichts merckliches importirende verſchelen wird/ und ziehe ſo dann die Ge-
ſicht-Linee n k und n i, \&c.


Dieſes ſeyn alſo 14. unterſchiedliche Modi ein Regular-Orth zu fortificiren,
welche alle nacheinander auffzureiſſen gelehret/ und mit Exempeln ettwas weit-
leufftiger erklaͤret werden; Weil in dieſen faſt der gantze Cardo der Fortificier-
Kunſt verſieret/ davon man die beſten/ ſeinẽ judicio gemeß/ mag außleſen/ und
wer in dieſem einfachen Grund-Riſſe wolgeuͤbet/ kan mit den andern Wercken
und fuͤrfallenden Sachen auch leicht zu recht kommen. Wie aber aus einem
oder andern bißhero beſchriebenen Stuͤcke ein vollkommener Grund-Riſſ
auffzureiſſen/ iſt in der 92. Figur angewieſen; Jch nehme der vorherge-
henden Stuͤcke eins/ welches ich wil (oder auch ein anders/ nach welcher viel-
ſeittigen Figur mir beliebet/ und ein ſolch Stuͤck gemachet/ denn dieſe obige
ſeyn mehrentheils aus der Fuͤnff-Eck genommen) als zum Exempel daß/ ſo in
der 81. Figur vorgeſtellet/ zu behalten/ verlaͤngere ich deſſen Linea n a, ein zim-
lich Stuͤck herunter/ auff die Linea a p aber mache ich eine Perpendicular-Linee/
ſo mitten auffaͤllet/ dieſe durchſchneidet die vorige n a in r, und wird alſo r das
SCen-
[134]FORTIFICATION
Centrum, und r a, ein halber Diameter oder Radius ſey/ So ich nun nach dieſem
den gantzen Circkul complire, und die Seite a p, fuͤnff mahl herumb ſetze/ auch
die andern Ecken nach dem Eck a, fortificire, ſo iſt die gantze Figur dem einfachen
Grundriſſe nach fertig/ und dieſer Proceß wird in allen andern Figuren meh-
rentheils gehalten. Die andern vielſeittigen Figuren uͤber das Eilff-Eck/ wel-
che alle mit einander rechte Bollwercks-Winckel haben/ betreffend/ ſtellet zwar
Goldman einen Modum vor/ ſolchen Mechanicè auffzureiſſen; Weil aber der-
ſelbe faſt operos und muͤheſamb/ auch ſehr (wie er ſelber bekennet) ungewiß/ als
gehet man ſolchen Kuͤrtze halber vorbey; Da aber Figuren/ ſo mehr als eilff Sei-
ten haben/ zu fortificiren ſolten fuͤrfallen/ iſt am allerbeſten/ daß man ſolches
nach dem obgeſchriebenen dreyzehenden oder vierzehenden Modo zu Werck ſtel-
le/ und den Bollwercks-Winckel allewege recht oder von 90. Graden nehme.


Sectio III.
Von der rechten Proportion des kleinen Royals \&c.


Das kleine Royal belangend/ ſeyn zum Exempel die zwey nach folgenden Sche-
mata
oder Figuren vorgeſtellet Fig. 93. Jſt ein Stuͤck eines Fuͤnff-Ecks nach dem
kleinen Royal auß der Directiv-Fortification oder vorhergehenden zehenden
Modo genommen/ ſolches iſt a b c, a c iſt eine Seite oder Polygon, b d, das Per-
pendiculum,
nach deſſen Laͤnge ſchneide ich von dem Radio a b, ab das Stuͤcke
c f, alſo daß b d und b f gleicher Laͤnge bleiben/ und verlaͤngere deñ die Seite a c
umb
[135]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
umb ſo viel/ als c f iſt/ nemlich biß in e, a e iſt deñ alſo das verlaͤngerte Latus oder
Seite/ Nach dieſer fortificire ich die Figur/ wie in oberwehnten zehenden Modo
gelehret/ nehmende ⅓ von a e zur Haupt Linee ⅕ zur Kehl-Linee ⅐ der gantzen Sei-
ten/ oder ⅖ der Haupt-Linee zur Schulter/ alſo wird das Bollwerck ſeiner Pro-
portion
nach etwas groͤſſer/ als es ſonſt fallen wuͤrde; Wenn nun alles fertig/
mache ich aus der Diſtantz der Bollwercks-Puncten i k einen Maaßſtab von
60 Ruthen/ und meſſe nach demſelben die andern Lineen.


Fig. 94. iſt ein groß Royal eines Fuͤnff-Ecks nach Freitagii erſter Manier
auffgeriſſen/ die Schulter aber nach der andern Manier 9 Ruthen genommen/
und denn aus der euſſerſten Diſtantz der Bollwercks-Puncten (welche in klei-
nen Royal 60 Ruthen ſeyn muß) einen Maaßſtab gemachet/ und nach dem die
andern Lineen abgemeſſen/ und dieſe Proportion iſt richtiger und beſſer/ als
wañ man nur ſimpliciter mit Freitagio, Goldmanno, Cellario, und andern/ oh-
ne einige Verenderung der Winckel/ das kleine Royal aus dem groſſen nur den
Lineẽ nach proportioniret, und etwa ¾ derſelben zũ kleinen Royal/ oder in kleinẽ
Wercken ½ oder ¼ nimbt/ und auff dieſe Weiſe kan ich aus allen andern Figuren/
ſonderlich denen/ ſo groſſe Bollwercks-Winckel und kleine Streich-Plaͤtze haben/
kleine und Mittel-Royal machen/ ſo ich nemlich ſolche erſt nach groſſen Royal
auffreiſſe/ und denn aus der euſſerſten Diſtantz der Bollwercks-Puncten einen
Maaßſtab nach Beliebung mache/ als in kleinen Royal 60 Ruthen/ was zwi-
ſchen 60. und 80 Ruthen faͤlt iſt Mittel-Royal/ und aus dieſem denn die Lineen
meſſe; oder ſo ich klein oder mittel Royal in groß verwandeln wil/ mache ich aus
S ijder
[136]FORTIFICATION
der laͤngſten Defens-Linee einen Maaßſtab/ von 60/ 65/ oder 70 Ruthen/ nach
dem ich es groß habẽ wil/ doch iſt 60 Ruthen am gebraͤuchlichſten/ eben alſo ma-
che ich es auch/ ſo ich eine Figur ungedeterminirter Laͤnge habe/ Sol es klein
Royal ſeyn/ mache ich einen Maaßſtab aus der euſſerſten Diſtantz der Boll-
wercks-Punct/ ſol es groß Royal ſeyn/ aus der laͤngſten Defens-Linee von 60.
Ruthen/ ſols Mittel-Royal ſeyn/ nehme ich die euſſerſte Diſtantz der Boll-
wercks-Puncten/ uͤber 60/ die laͤngſte Defens-Linee aber unter 60 Ruthen/ weñ
die euſſerſte Diſtantz der Bollwercks-Puncten geringer als 60 Ruthen/ ſind die
Wercke Vnter-Royal.


Zum Beſchluß ſind noch etliche Proportiones aus dem Faulhaber/ ſo er in
Vier- und Fuͤnff-Eck haͤlt/ und ſich gar wohl zum kleinen und Mittel-Royal
ſchicken/ anhero geſetzet.


  • (1.) Jn der erſten gibt er in Vier-Eck die Cortin 30. die Face, 20. die Schulter 8
    Ruthen/ und den Bollwercks-Winckel 60. Grad.
  • (2.) Jn der andern die Cortin 27. die Face 18. die Schultern 6 Ruthen/ den
    Bollwercks-Winckel 60. Grad.
  • (3.) Jn der dritten die Cortin 25. die Face 20/ die Schulter 5. Ruthen/ den
    Bollwercks-Winckel 65. Grad.
  • (4.) Jn der vierdten/ die euſſerſte Diſtantz der Bollwercks-Punct 60. Ruthen/
    die Haupt-Linee ¼ die Kehle ⅛ derſelben/ den Bollwercks Winckel 60 Grad.
  • (5.) Jn der fuͤnfften die innwendige Polygon oder Seitte 40. Ruthen/ die Keh-
    le ¼/ die Schulter ⅛ ohne Streich-Plaͤtze.

(6.) Jm
[137]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
  • (6) Jm ſechſten die Kehl-Linee ⅕ die Haupt-Linee ⅖ auch ohne Streich-Plaͤtze.

Sein Fuͤnff-Eck betreffent/ ſetzet er im erſten Modo die Seite 48. Ruthen/ die
Kehle/ Schulter und Secund. Flanq. jede ⅙


2. Jm andern auch das Latus 48. Ruthen/ die Haupt-Linea ⅓/ die Kehle ¼/ auch
ohne Streich-Plaͤtze.


3. Jm dritten den Bollwercks-Winckel 75 Grad/ die Face gegen der Cortin wie
2 zu 3/ die Schulter ¼ der Face.


4. Jm vierdten/ die Seite 50 Ruthen/ die Kehle und Schulter ⅕/ \&c.


Wer wil/ kan zur Vbung ſolche nach einander auffreiſſen/ auch nach obge-
ſchriebener Anleitung in groß Royal verwandeln/ und ſehen/ wie ſie ſich ſchicken
wollen. Sonſten ſeine uͤbrige groſſe Royal-Wercke hat er theils nach des Maro-
lois,
theils Morßheuſers und Freitagii Proportion angeordnet.


Dieſes ſey alſo gnug von den einfachen Grundriſſen/ ſo wohl in groſſen/ klei-
nen/ und mittel Royal/ was unter klein Royal/ gehoͤret zu Feld-Schantzen/ dar-
von in folgenden Cap; Nur dieſes iſt zum Vberfluß zu erinnern/ daß man ja
wohl zuſehe/ und die Kehlen nicht zu enge nehme/ je ehe ſonſt der gemeinen Pro-
portion
der andern Theile was abgehen laſſe/ und dieſe fein geraumig meſſe/ deñ
weil ſich doch ohne das die Wercke im bauen mehr faſt einziehen wie ſie ſollen/
(Wie allen verſtaͤndigen Baumeiſtern bekant) als kan man ſich/ wenn man die
Kehlen in der Anlage zu enge nimbt/ gar leicht dermaſſen verbauen/ und das
Werck einziehen/ daß man kaum Raum ein Wach-Hauß darauff zu ſetzen be-
haͤlt.


S iijCAPUT
[138]FORTIFICATION

CAPUT IV.
Von den Regular Feld-Schantzen und Anſſen-Wercken


Sectio I.
Von denen Regular-Feld-Schantzen.


Vnter den Regular-Feld-Schantzen kommen am erſten unter die Hand die
Reductus oder Reduiten, welches ſeyn kleine drey- oder viereckichte Wercke/
bey den Lauff-Graben hin und wieder in Belaͤgerungen/ umb die Wachten dar-
inne zu ſtellen/ auch daß ſich die Arbeiter in den Lauff-Graben/ bey feindlichen
Außfaͤllen darin reteriren koͤnnen/ ohne Streich-Wehren/ oder Seiten-Defen-
ſion/
auch bißweilen mit halben Bollwercken auffgeworffen; Meiſtentheils wer-
den gleichſeittige Quadrata oder Vier-Eck genommen/ bißweilen ablange Vier-
Ecke oder Parallelogrammen, oder auch gleichſeittige Triangul/ man nimbt
auch wohl halbe Quadrata, oder rechtwincklichte Triangul zu halben Reduiten.


Jn den Vier-Ecken iſt die Laͤnge der Seiten von 48. biß 120. oder wie andere
wollen/ von 40. biß 70. Fuͤß; Freitag ſaget/ man mache keine uͤber 6 Ruthen oder
60 Fuͤß: Fig. 95. iſt eine viereckichte Reduite, derer jeder Seite 6 Ruthen hat/
Jn den ablangen Reduiten werden die kuͤrtzeſten Seite 2 Ruthen/ doch nicht
darunter genommen/ die langen 4. Ruthen/ der gantze Begriff derſelben von 12
biß 20 Ruthen Fig 96. Jn den halben Reduiten iſt das Perpendiculum c d,
halb
[139]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
halb ſo lang/ als die Diagonal g b. Fig. 97. Jn der 98. Figur iſt ein gleichſeittiger
Triangul. Zum andern die Stellæ oder Stern-Schantzen alſo genandt/ weil
die Ecken ſpitzig außlauffen/ wie man die Stern zu mahlen pfleget/ werden auß
den Vier-Fuͤnff- und Sechs-Eck gemachet/ und haben etwas beſſere Defenſion
als die Reduiten/ koſten aber mehr zu bauen/ und haben innwendig kleinern
Raum: Jhre Seitten ſind dem Reduiten zwiſchen 48. und 120 gleich/ Jhre Stru-
ctur
oder Auffbauung iſt unterſchiedlich.


(1.) Goldman machet in allen/ ſo wohl Fuͤnff- und Sechs-Ecken/ als in Vier-
Eck den kleinen Streich-Winckel 15. Grad/ als Fig. 99. iſt jede Seite 4 Ruthen
lang und der kleine Streich-Winckel a b c 15. Grad/ oder/ man machet ein gleich-
ſeitig Quadrat, theilet dann eine Seite in 8 Theile/ und laͤſſet aus der Mitten E,
eine Perpendicular-Linee biß F fallen/ und ſetzet ein Acht-Theil darauff/ und zie-
het dann aus den Winckeln A und B auff die Perpendicular- Linee die Geſicht-
Lineen/ laͤſſet dennn auff den andern Seiten in der Mitten G, I, H, auch Perpen-
dicular-
Lineen fallen/ und traͤget ein Acht-Theil der Seiten auff die Perpendi-
cular-
Lineen/ und ziehet aus den Winckeln A C biß G, D C biß H und D B biß
I. die Geſicht-Lineen/ wie vorhin. Fig. 100. und in dieſer Figur iſt iede Seite fuͤnff
Ruthen lang.


(2.) Andere nehmen ſolchen aus den Regular-Wercken/ und kombt alſo der
dritten/ als der gemeineſten Manier in Vier-Eck 15/ in Fuͤnff-Eck 19½/ in Sechs-
Eck 22 und ½ Grad.


(3.) Freitag theilet im Vier-Eck die Seiten A B in 8/ in Fuͤnff-Eck/ in 6 Theil/ und
laͤſſet
[140]FORTIFICATION
laͤſſet E F eines derſelben ſeyn.


(4.) Himſelius beſchreibet erſtlich ein Vier-Fuͤnff- und Sechs-Eck/ und ſetzet
auf jegliche Seite derſelbẽ einẽ gleichſeitigẽ Triangul/ werdẽ alſo alle Bollwercks-
Winckel 60 Grad/ ũd haͤlt dieſes vor die leichteſte ũd tichteſte Proportion, deñ die
Bollwercks-Winckel werden alſo ſtarck genug/ wenn man ſie aber in Fuͤnff- und
Sechs-Eck ſtuͤmpffer/ und alſo ſtaͤrcker machen wolte/ faͤlt hergegen die Defen-
ſion
gar obliq. und alſo ſchwaͤcher Fig. 101. 102. 103. Andere machen den Win-
ckel noch ſpitziger/ ſolches aber iſt unnoͤtig/ weil ſie alſo zu ſchwach fallen/ und der
innwendige Raum wird zu enge.


3. Die Feld-Schantzen mit halben Bollwercken: Dieſe werden aus dem Trian-
gul und Quadrat gemachet/ der Triangul wird meiſtentheils/ als der gar ſchwa-
che Bollwercks-Winckel giebet/ verworffen/ doch ſiehet man gleichwol in den
Belaͤgerungen hin und wieder ſolche Triangul liegen/ kan derowegen ſelbiger
auch mit genommen werden. Man beſchreibet erſtlich Fig 104. einen gleichſeitti-
gen Triangul a b c, und theilet eine jegliche Seite deſſelben in drey Theil/ und ver-
laͤngert auch jede umb ⅓ biß in d e f, und zeucht die Defens-Lineen aus d in a, aus
e in b, und aus f in c, auff die Ecken des Trianguls/ nimbt zu den Kehlen a i b g,
und c h, auch ⅓ der Seiten/ und laͤſſet denn die Schultern herunter fallen. Son-
ſten ſind noch unterſchiedliche Inventiones den Triangul zu fortificiren/ nicht
zwar ſo ſehr des Trianguls halber/ als ſolche in den Irregular-Wercken/ da ſpi-
tzige Winckel als der Triangul hat/ fuͤrfallen zu appliciren, erdacht worden.


(1.) Denn erſtlich iſt die ſechseckichte Stern-Schantze Fig. 103. anders/ als ein
Triangul in Tenaille, oder mit Zangen-Wercke befeſtiget.


(2.) Zum
[141]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

(2.) Zum andern kan man ihn auch mit Bollwercken auff den Seiten fortifici-
ren
als Fig. 105. theile ich des Trianguls jegliche Seite/ nach dem ich ſelbigen zu-
vorhero gezogen in vier Theile/ und richte mitten auff jeder Seiten eine Haupt-
Linee auff/ die auch ¼ derſelben halte/ und aus einẽ Viertheil der Seiten ziehe ich
die Geſicht-Linee/ die Kehl-Lineen halten auch ein Viertheil.


(3.) Zum dritten mit comportirten Bollwercken Fig. 106. iſt beſchrieben ein
gleichſeittiger Triangul a b c, und aus deſſelben Winckeln auff die gegen uͤberſte-
hende Seiten Perpendicula c d, a k b i, gefallet/ deſſen eine Seite des Trianguls
ex. gr. a b, verlaͤngere ich zu beyden Seiten/ und trage die Laͤnge des Perpendi-
culi d c
aus d in e ũd f, aus e ũd f aber ziehe ich durch dẽ Winckel c gerade Lineẽ e h,
ũd f g, nach Beliebung/ theile deñ das Perpendiculum d c in fuͤnff Theil/ und ſetze
⅕ deſſelben von c in m und n, aus m und n, ziehe ich gerade Lineen biß k und i, und
trage auff dieſelben von m und n, biß in o und p, die Weite vom Centro, biß an
die Seite des Trianguls/ nemlich l k oder l d, letzlich ziehe ich aus o und p an die
Seite des Trianguls Perpendicular-Lineen p r, und o q, ſo ſind die beyden com-
portirte
Bollwercke q o m c, und r p c, umb den Winckel c fertig/ mit den andern
Ecken a und b mache ich es auch alſo \&c.


Abdias Trewe ziehet einen Triangul a g f, theilet eine jegliche Seite
des Trianguls in fuͤnff Theil/ und richtet auff den Ecken des Trianguls
zu beyden Seiten Perpendicular-Lineen auff/ ſo ⅕ der Seite halten/ ziehet
von den Punct c eine Linee biß in d, und laͤſſet von b zu k, die Schulter
fallen/ ſo iſt a b die Kehle/ welche 1 der Seiten helt/ a d die Haupt-Linee/
Tauch
[142]FORTIFICATION
auch ⅕/ b k die Schulter/ k d, die Geſicht-Linee/ c k, die bewegliche Defens-Linee/
i c, der Streich-Platz auch ⅕ haltend/ und ſo iſt die Ecke a auff einer Seite for-
tificiret,
mit den andern procediret er auch ſo/ Fig. 107.


(4) Mit Horn-Wercken; Man beſchreibet Fig. 108. einen gleichſeittigen Trian-
gul a b c, und theilet deſſen jegliche Seite in zwey Theil/ d e f, zeucht auch die Per-
pendicula
aus beſagten Puncten in die gegen uͤberſtehende Winckel a b c, aus e
und f zeucht man dem Perpendiculo a d, Parallel-Lineen/ und e f mit einer gera-
den Lineen zuſammen/ und dieſer durch den Punct a eine Parallel-Linee g h, und
beſchleuſt alſo das Parallelogram, e f g h: Die Linee g h theilet man in 3. Theile/
verlaͤngert e g, und f h, biß in i und k, und nimbt ein Dritt-Theil/ ſetzet es heraus
biß i und k, und laͤſſet alſo g i und h k ein Dritten-Theil die Haupt-Lineen ſeyn/
nach welchen man die gleichſeittigen Triangul g m i, und h n k beſchreibet/ ſo ſind
i m und k n die Geſicht-Lineen/ von m und n, laſſe ich auff g h die Schultern n p,
und m o perpenpiculariter herunter fallen/ theile dann die Linee k f, und i e in
zwey Theile/ ſo iſt k l und i z die Helffte von k f und i e, von dannen laͤßet man die
Schulter l s, und z t perpendiculariter auff die Seite a p und a c auffallen/ ſo iſt
dieſer Winckel a fortificiret, nach welchen ich die Winckel c und b auch fortifi-
cire.


(5.) Zum fuͤnfften verſuchen auch etliche den Triangul mit gantzen Bollwer-
cken zu fortificiren, wird aber von den meiſten als untuͤchtig verworffen/ Wer es
wil damit verſuchen/ kan es alſo machen. Fig. 100. ziehe ich einen gleichſeittigen
Triangul a b c, theile deſſen jegliche Seite in zwey Theil mit g h i, und ziehe auch
die
[143]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
die perpendicula in die gegenuͤberſtehende Winckel a h, b g, c i, eines der Perpen-
diculorum,
als c i, theile ich in fuͤnff gleiche Theile/ verlaͤngere denn die Perpen-
dicula
durch die Winckel ein Stuͤcke hinaus/ und nehme denn die Diſtantz von
Centro biß an die eine Seitte nemlich o g, zu den Haupt-Lineen a d, b e, und c f,
⅕ aber des Perpendiculi zu den Kehl-Lineẽ a k, b n \&c: Die Laͤnge der Capital b e,
ſetze ich herumb/ von a in l, und ziehe aus l, die Linea l e, aus n richte ich die
Schulter perpendiculariter auf/ ſo gibt n s d, ein halb Bollwerck/ alſo auch bey
c trage ich die Capital c f, von c herumb in q, und ziehe q e, und ſetze auff der an-
dern Seiten bey b die Schulter t u, und alſo iſt t u e, das ander halbe Bollwerck.
Weil aber dieſe drey Bollwercks-Winckel gar ſpitzig fallen/ und man dieſelben
gerne ein wenig groͤſſer haben wolte/ muß man die Streich-Plaͤtze bleiben laſſen/
und ſtracks bey den Schultern heraus ziehen/ und alſo ſind die andern drey
Bollwercke bey der 110. Fig. ohne Streich-Plaͤtze oder Secund. Flanq. angeſetzet/
weiln [man] ſtracks aus den Schultern die Geſicht-Lineen ziehet/ Jn uͤbrigen pro-
cediret
man wie vor.


Die viereckichten Feldſchantzen mit halben Bollwercken werden folgendes ge-
macht; Jch beſchreibe Fig. 111 ein gleichſeittig Vier-Eck a b c d, und theile denn ei-
ne jegliche Seite deſſelben in 3 gleiche Theil/ als die Seite a b in den Puncten o
und p, auß o beſchreibe ich einen Circkul-Bogen e f, und ſetze die Laͤnge des Radii
o e
von e in f, ſo haͤlt der Bogen e f 60 Grad/ theile den Circkul-Bogen e f in g in
zwey Theil/ ſo haͤlt deſſen Helffte e g, 30. Grad/ verlaͤngere die Seite c b biß in h,
und ziehe von o durch g eine Linee/ biß ſie in h die andere erlaͤngerte Seite c b er-
T ijreiche/
[144]FORTIFICATION
reiche/ ſo gibt h den Bollwercks-Punct/ die Keel-Linee b p iſt auch ⅓ der Linea a b,
laſſe die Schulter p i, fallen/ welche die Helffte der Haupt-Linee b h, iſt/ und nach
dieſer des Goldmanni Art/ ſind die vier Bollwercke bey a b c, und d angeſetzet/
die andern vier bey e f g und h Fig 112, ſind nach Freitags ander Manier (deñ die
erſte tauget nicht) verzeichnet; Dieſer nimbt ⅓ der Seiten zur Haupt-Linee ex gr.
e k,
und ziehet von einem Drittheil nach k, man darff hier keinen Circkul-Bogen
machen/ noch denſelben theilen/ weil man hier ſchon die Laͤnge der Haupt-Lineen
hat/ im vorigen Modo muß aber durch den Circkul-Bogen/ und deſſen Theilung
die Laͤnge der Haupt-Lineen geſuchet werden/ Jn den andern Stuͤcken kombt er
mit vorigen Modo uͤberein.


Abdias Trewe kombt auch mit Freitagio uͤberein. Seine beyde andere Mo-
dos,
als die nicht ſo gut als dieſer/ gehet man dieſes Orts Weitleufftigkeit zu ver-
meiden/ vorbey. Die Bollwercke kan man nach Beliebung und nach Gelegenheit
des Orts/ nicht allein herum wenden/ auff welche Seite man wil/ ſondern auch
an Waſſern/ zwey als Hoͤrner forn heraus ſetzen/ die andern zwey aber auff die
Seiten wenden/ daß am Waſſer hinten eine gerade Linee bleibe: Zu dieſen ſchickt
ſich beſſer/ daß man an ſtatt des Quadrats eine Parallelogram nehme/ deſſen kuͤr-
tzeſte Seiten zu den laͤngſten/ etwa wie 3. zu 4. geproportioniret ſeyn/ ſo kommen
die forderſten Bollwercke nicht ſo nahe an einander. Nur dieſes iſt zu merckendaß
weñ ich ein Parallelogram alſo fortificire, die lange Seitte in 4 Theil und die kuͤr-
tzeſte in 3 Theil theile/ und alſo ¼ der langen Seite oder ⅓ der kurtzen Seite zu der
Haupt-Linee \&c. Damit die Bollwercke an der langen und kurtzen Seitten ein-
ander
[145]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
ander gleich ſeyn/ und ziehe die Geſicht-Lineen aus der langen Seiten auß dem
Mittel-Punct auff der kurtzen aus ſelbigen Punct/ wie in voriger Figur geſche-
hen. Man kan auch hinten eine Tenaille anſetzen/ derer Haup-tund beyde Keel-
Lineen den Haupt-Lineen der andern Bollwercke gleich/ nemlich ⅓ der gantzen
Seite haltend/ Fig. 113. und 113. Dieſes aber zu verrichten laſſe ich in der mitten
k eine Perpendicular-Linee fallen/ mache ſelbige den Haupt-Lineen gleich/ und
ziehe bey den Neben-Puncten m und n zwey Lineen an die Haupt-Linea biß in o.
Die Laͤnge der Seiten ſolcher viereckichten Feld-Schantzen iſt nach Goldmanni
Meinung von 120. biß 180. Fuͤß. Freitag ſetzet die Seiten der kleineſten von
60 Fuͤß/ doch nicht drunter: Etliche machen auch andere Figuren/ als 5/ 6/ und 7
Eck/ mit halben Bollwercken/ derer Kehl- und Haupt-Lineen jede ⅓ der Seiten
halten: Die Face wird auch aus ⅓ gezogen. wie Fig. 115. zu ſehẽ/ fallen aber ſchwach
von Bollwercks-Winckeln und Schultern; Es werden aber die Haupt-Lineen an
die Ecken der Fuͤnff-Eck perpendiculariter auffgerichtet/ denn ſonſten geben es
noch ſchwaͤcher Bollwercks-Winckel/ und muͤſſen alſo perpendicular gezogen
werden/ damit auff eine Seite nicht zwey halbe Bollwercke/ ſondern nur eins
komme/ denn ſonſt hette eine Seite zu viel/ und die andere zu wenig Defenſion.


Die andern 45 und 6 Eckichte Feld-Schantzen mit gantzen Bollwercken/ koͤn-
nen ſonderlich aus den kleinen Royal auffgeriſſen/ und hernachmals nach ihrer
Seitten Laͤnge/ ſo groß oder lang man ſie haben wil/ geproportioniret werden;
Zum Vberfluß iſt ein und das ander Exempel anhero geſetzet.


(. Das Vier-Eck Fig, 116. iſt aus dem Freitagio, in demſelben iſt eine Seite 10.
Ruthẽ. Dieſes nun zuverrichtẽ/ ziehe ich eine Linee/ von 10. Ruthen/ theile dieſelbe
T iijin 5
[146]FORTIFICATION
in 5 Theile/ ſetze den Polygon-Winckel eines Vier-Ecks an/ und complire die
gantze Figur/ ziehe aus allen Winckeln die Haupt-Lineen heraus/ nehme zu der
Kehl-Linee ⅕ derſelben Seiten zu der Haupt-Linee ⅖ theile dann die Cortin in 4
Theil/ ziehe die Schultern/ und nehme zu demſelben ¼ der Cortin und ziehe die
Geſicht-Lineen/ welche halb ſo lang als die gantze Seite ſind/ und komt mit obge-
meldter des Faulhabers ſechſten Manier uͤberein.


2. Fig. 117. Freitags funffeckichte Feld-Schantze/ dieſe machet er alſo: Er theilet
erſtlich eine Seite des Polygons, als a b in fuͤnff Theil/ nach dem er zuvorhero
den Polygon-Winckel eines Fuͤnff-Ecks angeſetzet/ und die Figur durch den Cir-
ckul compliret hat und nimbt ⅕ Theil zu den Kehl-Lineen a d und b c, richtet auff
allen Enden die Schultern auff und nimbt auch [...] zu den Schultern c e und d f,
hernach theilet er auch die Cortin i g, in Fuͤnff-Theil/ und nimbt derſelben viere
als i h, zu der Geſicht-Lineen/ ſolche ſetzet man an den Enden der Schulter auff/
biß ſie oben zuſammen reichen. Zu ſolchen Feld-Schantzen koͤnnen auch obange-
zogene Fuͤnff-Eck des Faulhabers/ wie auch des Metii, und andere ſo geringe
Streich-Plaͤtze und ſtarcke Bollwercke haben/ doch in kleiner Proportion nach
Beliebung und des Orts Gelegenheit verwandelt/ gebrauchet werden.


3. Letzlich das Sechs-Eck wird ſelten gantz zu den Feld-Schantzen gebrauchet/
ſondern deſſen Helffte wird etwa an Waſſer-Stroͤme und bey der Bruͤcken gele-
get/ wie Fig. 118. zuerſehen/ Dieſes zu verrichten mache ich eine gerade Linee/ und
beſchreibe an dieſelbe Linee einen halben Circkul/ und ſetze den Diametrum drey-
mahl herumb/ theile eine Seite in 5. Theile/ und nehme zu den Kehl-Lineen ⅕/ ſetze
die
[147]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
die Schultern auff/ und nehme auch zu denſelben ⅕/ ziehe die Haupt-Linee durch
alle Kehl-Punct/ und nehme zu den Haupt-Lineen ⅖ der gantzen Seiten/ und zie-
he die Geſicht-Lineen zuſammen; Man machet auch ſolche Feld-Schantzen ofter-
mals nur mit einem oder 2. Bollwercken/ wenn ſie ſonderlich in die Trenche-
menten
geleget werden/ da man innwendig keines Anfals ſich beſorget/ ſondern
nur außwendig den Feind abzuhalten bendtiget/ oder da man ſonſt die meiſte
Gefahr vermuthet; Man ſetzet auch an den Feld-Schantzen/ ſo an das Waſſer
geleget werden/ nur hinten eine Tenaille oder Zange/ ſonderlich wenn ſie an oder
zwiſchen Waſſer geleget werden/ alſo an/ Man theilet die hinterſte Seite a b,
wann ich zuvorhero ein Vier-Eck/ forn mit 2 Bollwercken gemacht habe/ in
der mitten in c in zwey Theil/ und eins derſelben b c, wieder in fuͤnff-Theil/ leſſet
eine Perpendicular-Linee aus c herunter fallen/ und nimbt ⅖ c f zu der Haupt-
Linee c d, wie auch ⅖ zu beyden Seiten zu der Kehl-Linee c e und e f, und ziehet die
Geſicht-Lineen f a und e d zuſammen/ wie Fig. 119. mit mehrern zu erſehen/ Fig.
120. laße ich den Winckel/ welcher ans Waſſer geleget wird/ ungefortificiret, die
andern Ecken aber fortificire ich/ wie bey den vorhergehenden Figuren geſchehen/
Fig. 121. fortificire ich die beyden Bollwercke/ ſo ans Waſſer zu liegen kommen/
nicht gantz/ ſondern halb/ laſſe an beyden Seiten in der mitten hinaus warts
Perpendicular-Lineen fallen/ theile die halbe Seite in 4 Theil und ſetze ¼ von der
halben Seitten auff die Perpendicular-Lineen/ ziehe dann von den Bollwercks-
Puncten Lineen biß an die Perpendiculare, ſo werden die beyden Seiten/ welche
ans Waſſer zu liegen kommen/ wie eine Tenaille, ſonſten procedire ich/ wie vor-
hin gemeldet worden.


Sect.
[148]FORTIFICATION

Sectio II.
Von den Auſſen-Wercken.


Hie ſolte zwar ſtracks nach dem Regular das Irregular zur Hand genommen
werden/ Weiln man aber in den Irregular-Figuren/ ſo ungeſchickte Winckel und
Seiten haben offtermals/ da man mit den Principal-Wercken nicht zu rechte
kommen kan/ ſein Refugium zu den Außen-Wercken nehmen muß/ auch ſonſten
in denſelben die Fortificirung einer geraden Linee/ oder wie eine platte Form ſol
angeleget werden/ muß bekant ſeyn/ als wird ſolches beyderley dieſes Orts nicht
unbillig erſtlich abgehandelt.


Die Auſſen-Wercke betreffent/ ſind dieſelbe fuͤrnemlich erfunden/ umb ſchwa-
che Irregular-Oerther/ oder ſonſt alte Feſtungen damit außzubeſſern/ kommen
auch ſonſt in den Feld-Laͤgern und Belagerungen wohl zu ſtatten. Jn den Re-
gular Royal-Wercken/ weil ſolche ohne das ſtarck gnug/ hat man ihrer ſo groß
nicht von noͤthen/ es were deñ daß man gar ſtarck von Beſatzung/ und den Feind
von ferne auffhalten wolte. Dieſe ſind aber fuͤrnemlich folgende: Ravelinen/
halbe Monden/ Horn-Wercke/ Kron-Wercke/ Tenaillen, Zangen oder Scheren/
Tranſverſen oder Zwerg-Walle.


1. Ravelinen/ opera revulſa, parmulæ ſind Auſſen-Wercke/ wie kleine Jnſulen/
in Form eines Trianguls/ oder auch wohl eines gantzen Bollwercks/ ohne daß ſie
nicht ſo hoch und dicke ſeyn/ fuͤr die Cortinen mitten in den Graben geleget/
damit
[149]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
damit das Waſſer/ wo es verhanden/ gantz als um Jnſulen herumb flieſſen kan;
Jhre Ichnographia und Form iſt unterſchiedlich: Freitag hat erſtlich dreyerley
Arthen/ welche Fig. 122. beygefuͤget:


(1.) Das erſte A wird alſo gemacht: Jch faſſe mit dem Circkul der Cortinen
Laͤnge a b, und mache oben gegen der Cortin mit dieſer Laͤnge einen Durchſchnitt
in c, ziehe deñ von c auff die Enden der Schultern d e zu gerade Lineen/ biß ſie den
Rand des Grabens in f und g anruͤhren/


(2.) Das Ravelin B anzulegen/ theilet man die Kehl-Lineen zu beyden Seiten
als p q und r s in t und u in zwey Theil/ und zeucht von t durch vv, und von u durch
x, als die euſſerſten Enden der Schultern gerade Lineen/ biß ſie einander uͤber den
Graben in y erreichen \&c.


(3.) Das Ravelin c zu machen/ ſetzet man mitten auff die Cortin in i eine Per-
pendicular-
Linee auff/ und nimbt denn ¾ oder wie Cellarius wil/ ⅔ der Geſicht-
Linee/ das iſt 18 oder 16 Ruthen von der euſſerſten Kante des Grabens/ von h
biß in k zur Haupt-Linee/ von k zeucht man auff die Enden der Schultern zu ge-
rade Lineen/ ſo die Kante des Grabens in n und o beruͤhren.


Fig. 123. ſind noch andere drey Sorten fuͤrgeſtellet.


1. Abdias Trewe theilet auch die Kehlen auff den Seiten in zwey Theile/ als in
den Puncten a und b, und faſſet ſolche Laͤnge mit dem Circkul/ und beſchreibet ei-
nen gleichſeittigen Triangul a b c, was von deſſelben Spitze uͤber den Graben
hinaus reichet/ gibt das Ravelin D.


2. Das Ravelin E iſt aus Goldmanno, dieſer verlaͤngert die Schultern der
VBoll-
[150]FORTIFICATION
Bollwercke uͤber dẽ Grabẽ/ biß an deſſelbẽ Rand in d ũd e ũd zeucht die Linee e d,
und nach dieſer beſchreibet er dẽ gleichſeittigen Triangul d e f, ſolcher gibt den das
Ravelin/ dieſes aber wird ſehr groß/ ſonderlich auff ſeinen langen Cortinen von
48. Ruthen und hat aus den Geſichtern ſchwaͤcher Defenſion, alsdie andern.


(3.) Himſelius haͤlt bey dem Ravelin F den Mittel-Weg/ und zeucht die Ober-
ſten Enden der Schulter g h zuſammen/ und beſchreibt den gleichſeittigen Trian-
gul g h i.


Faulhaber hat folgende Obſervationes von Ravelinen. Die Ravelinen wer-
den theils mit Eſpaulen oder Schultern/ theils ohne dieſelben gemachet; Jhr
Winckel ſol nit unter 60 ũd uͤber 90. Grad ſeyn/ die Face ſol aus dẽ Eck/ da die Face
und Eſpaul der Bollwercke zuſam̃en ſtoßen/ gezogẽ werden: Jn den langen Corri-
nen
ſtreichet wohl die Face aus der halben Eſpaule., oder wohl gar aus dem
Streich-Winckel/ die Laͤnge der Facen iſt von 12. biß 18. Ruthen/ die Eſpaulen
(ſo ſie ſolche haben 5. 6. in 8 Ruthen; Die Haupt-Linee/ welche ohne Menſur, ſoll
allewege mitten fuͤr der Cortin liegen. Jm uͤbrigen kombt er mit Freitagio und
Cellario uͤberein/ und bald hernacher ſetzt er folgende Worte:


Fuͤr etlichen Jahren haben die Ingenieur in Niederlande Ravelinen erdacht/
welche ſie an den bedeckten Weg auff die Contreſcarpe der euſſerſten Wercke le-
gen/ ſo wohl fuͤr die Bollwercke/ als Horn-Wercke/ derer Facen auff 20. oder 12.
Ruthen machend; Dieſer Anlage des Walles iſt 30 Schuh breit/ und 3 oder 4
Schuh hoch/ droßirende auff beyden Seitten ¾ oben 24 oder 25½ Schuh breit/
der Bruſtwehre Anlage iſt 13. oben 8 Schu: hierzu Erde zubekommen/ ſchneidet
man
[151]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
man hinter den Ravelinen biß zum verdeckten Wege 3 Schuh ein/ und ſo man
mehr noͤtig/ machet man außwendig fuͤr den Ravelinen einẽ Graben 40 Schuh
breit/ 8 Schuh tieff/ 6 Schuh droßirend/ den bedeckten Weg 12. Schuh/ mit der
Banck und Anlauff der Bruſtwehre/ des verdeckten Weges Bruſtwehre ſol ha-
ben in der Laͤnge 120. Schuh. Solche Ravelinen werden gemachet/ weil man in
den Contreſcarpen zu ſehr entdecket und weñ ſolche gewonnen werden/ kan man
aus dieſer groſſen Widerſtandt thun/ ſo weit Faulhaber. Die Ravelinen ſo in
den Irregular-Wercken fuͤr lange Cortinen geleget werden/ kan man auch nach
obgeſchriebener Proportion ſonderlich verfertigen/ ohne daß ihr euſſerſter Win-
ckel meiſtentheils recht faͤlt/ und die Defenſion nicht aus den Enden der Schul-
tern/ ſondern wol mitten aus denſelben/ ja gar wohl aus den Streich-Winckeln/
nach dem die Cortinen lang/ wie ſchon oben Faulhaber erinnert/ muͤſſen gezogẽ
werdẽ: die mit Schultern werden wie platte Bollwercke uͤber den Grabẽ geleget.


Es ſey Fig. 125. Eine lange Cortin A B auff 60 Ruthẽ fuͤr dieſe ſol ein Ravelin
mit Schultern (ſonderlich weil an dieſem Orte eine Pforte und ſelbige zu ſehr
bloß lieget) geleget werden/ als ziehe ich die beyden Enden der Schultern zuſam-
men mit der Lineen C D, theile die Linee C D in zwey theil/ und richte in der mit-
ten auff dieſe eine Perpendicular E F auf/ theile hernach die Linee C D in 3. Theil/
und ſetze ½ der Linee C D, allhie 20 Ruthen/ zur Haupt-Linee E F, dieſe theile ich
in fuͤnff Theil derer 3 nemlich 12 Ruthen geben zu beyden Seiten/ die Kehl-Lineen
E G und E H, ſetze auff G und H Schultern/ und nehme zwey Theil der Haupt-
Linee/ nemlich 8 Ruthẽ zu dẽ Schultern g i und H k ũd ziehe F I ũd F K zuſammẽ/
V ijweil
[152]FORTIFICATION
weil aber der Graben zwiſchen dieſen Ravelin und der Haupt-Feſtung ziemlich
ſchmal faͤlt/ als kan man ſolches hinaus ruͤcken/ damit der Graben ſeine gebuͤhr-
liche Breite bekomme/ doch daß daſſelbe innerhalb ſeiner rechten Defenſion blei-
be. Wie die Ravelinen fuͤr die Horn-Wercke anzulegen/ ſol bald hernacher/ wie ſie
auffzubauen/ und ob ſie mehr ſchaͤdlich als nuͤtzlich/ bey ihrer Orthographia erin-
nert werden.


II. Zum andern folgen in den Auſſen-Wercken die Lunulæ oder Opera lunata
halbe Monen; Allhier iſt nicht viel von den Nahmen zu diſputiren/ Ob die Rave-
velinen auch halbe Monen/ oder die halbe Monen auch Ravelinen koͤnnen ge-
nennet werden/ wie den ſolche Nahmen promiscuè von beyderley Wercken bey
den Autoribus im Gebrauche; Sondern man laͤſſet/ confuſion zu vermeiden/ mit
den accuratioribus die Wercke fuͤr dẽ Cortinen Ravelinen/ weil an dieſem nichts
der Geſtalt des Mones gleich zu ſehen/ die aber fuͤr den Spitzen der Bollwercke/
wegen ihrer innwendigen Zurundung/ halbe Monen ſeyn. Sind demnach die
halben Monen Auſſen-Wercke/ wie kleine Bollwercke/ welche auſſerhalb des
Grabens fuͤr die Bollwercke/ ſo zu ſchwach und gering befunden geleget wer-
den/ dieſelbe deſto beſſer dardurch zu verwahren und defendiren, und werden
von den Haupt-Wercken abgeſondert/ Von dieſen iſt abſonderlich zu obſervi-
ren,
(1.) daß dieſelbe keines Weges alleine ohne andere Auſſen-Wercke fuͤr den
Cortinen liegend/ muͤſſen angeleget werden/ denn fuͤr und an ſich ſelber ſind ſie
wehrloß/ koͤnnen auch wegen Entlegenheit aus der Haupt-Feſtung nicht defen-
diret
werden (2.) daß ſie nicht alleine mit den Ravelinen hinten/ ſondern auch
an
[153]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
an den Schultern muͤſſen offen gelaſſen werden/ damit wann der Feind ſich etwa
derer bemaͤchtiget/ er keine Bedeckung oder Vortheil in denſelben gegẽ der Stadt
haben koͤnne/ und dieſes iſt in genere auch von allen andern Auſſen-Wercken zu-
verſtehen/ daß ſie nemlich niedriger als die Haupt-Wercke/ und gegen denſelben
offen muͤſſen gebauet werden/ damit dieſe jene commandiren moͤgen. Die Stru-
ctur
oder Ichnographia der halben Monen iſt unterſchiedlich. Freitag hat drey-
erley Sorten (1.) der erſte Fig. 122. mit G verzeichnet/ ziehe ich durch den Kehl-
und Bollwercks-Punct durch die Rundung des Grabens eine Linee/ welche die
Haupt-Linee des halben Mondens ſeyn ſoll/ ſetze auff dieſelbe ¾ der Geſicht-Linee
des groſſen Wercks von der euſſerſten Rundung des Grabens/ das iſt 18. Ruthẽ/
theile die beyden Kehlen der nebenſtehendẽ Bollwerckẽ in 2 Theil/ ũd ziehe die Ge-
ſichter mitten aus ſolchẽ Kehl-Lineẽ der nebenſtehende Bollwercke/ verlaͤngere die
Facen der Faußebray biß uͤber dẽ Grabẽ hinaus/ ſolche ſchneidẽ die Schultern ab.
(2.) Des andern H Haupt-Linee iſt auch wie vorige/ und wird ebenfals durch
den Kehl- und Bollwercks-Punct wie auch Rundung des Grabens gezogen/
die Geſichter ſind gezogen aus den Kehl-Puncten der nebenſtehenden Raveli-
nen: Die Schultern werden abgeſchnitten durch eine lange Linea/ ſo aus den
Ecken der Cortin und Schulter der benebenſtehenden Bollwercke uͤber die euſ-
ſerſte Spitze der Faußebray hinaus/ biß an die Geſicht-Linee des halben Mons
gezogen wird. (3.) Des dritten 1 Geſicht-Linee ſtreichet aus dem Mittel der
Schultern an den benebenſtehen den Bollwercken; ſeine Schultern werden ab-
V iijgeſchnit-
[154]FORTIFICATION
geſchnitten durch eine Perpendicular-Linee von den Geſichtern der Faußebray
an die Geſichter des halben Mones gezogen/ die Haupt-Linee iſt wie in den vo-
rigen (4) der vierdte k, Fig. 123. iſt des Metii, dieſer ſchneidet unten von den Ge-
ſicht-Lineen der zur Seiten ſtehenden Ravelinen etwa 40 oder 50 Fuͤß ab/ und
zeucht deñ dem euſſerſten Rande des Grabens/ ehe er abgerundet wird/ oder
den Geſichtern der Bollwercke Parallel Lineen/ biß ſie einander erreichen/ Jhre
Geſicht-Lineen nimbt er auff 200. oder 220. Fuͤß/ von dannen werden die Schul-
tern an den Graben angehencket/ daß ſie an die gegen uͤberſtehenden Geſicht-Li-
neen des Principal-Bollwercks wenn man ſie vollend außzoͤge/ ſtoſſen. (5.) Mit
dieſem kombt faſt Goldman uͤberein/ der zeucht auch dem Graben Parallel-Line-
en auff 45. Fuͤß/ die Geſicht-Lineen macht er 200. Fuͤß/ von derer Ecken zeucht er
an den Graͤben die Schultern etwas ſchrege ohngefehr auf 48½ oder 49. Fuͤß.
Dieſer iſt in voriger Figur lit. L. (6.) Endlich der ſechſte M iſt nach Cellarii
Anweiſung verzeichnet/ dieſer zeucht durch die verlaͤngerte. Haupt-Linee an der
Rundung des Grabens eine Quer-Linee/ ſo ſolche Orthogonaliter, oder ad an-
gulos rectos
durchſchneidet/ und traͤget auff dieſe zu beyden Seiten 8 Ruthen/
daß ihre gantze Laͤnge ſey 16/ beſchreibet denn uͤber denſelben einen gleichſeittigen
Triangul und ziehet die Lineen zuſammen/ alſo daß die Geſicht-Lineen auch 16.
Ruthen kommen/ von derer Enden werden die Schultern den Geſicht-Lineen des
Haupt-Bollwercks mit Metio gleich gezogen/ alſo daß ſie an die gegenuͤberſte-
hende Geſicht-Lineen/ wenn man ſie vollend außzoͤge/ ſtoſſen.


III. Die dritte Art der Auſſen-Wercke nennet man Horn-Wercke/ und ſolche
wer-
[155]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
werden nicht unbillich von Faulhabern unter allen ledigen/ Wercken
die nutzbahreſten genennet/ und ſind groſſe ablange Wercke/ auſſerhalb
des Grabens/ wo die ſchwaͤchſten Oerter der Feſtung ſind mit zwo langen Sei-
ten ins Feld getragen/ wie Jnſulen fuͤr die Principal, ſo wohl Bollwercke als Cor-
tinen
(doch meiſtentheils vor dieſe) forn mit zwey halben Bollwercken oder
Spitzẽ als Hoͤrnern hinaus geleget/ zu dem Ende/ daß ſich der Feind nit ſo leicht
zur Feſtung nahen kan/ und haben zu allen Seiten wie die Ravelinen und halben
Mond ihre Waͤll/ Bruſtwehr und Graben. Von dieſem iſt in Specie zu mer-
cken.


(1.) Daß man ihre Seitten nicht zu kurtz/ auch nicht zu lang mache; denn fallen
ſie zu kurtz/ kan man in Nothfall ſolche Wercke/ wie gebraͤuchlich nicht abſchnei-
den/ fallen ſie zu lang/ koͤnnen ſie als ohne das der ſchwaͤchſte Ort nit gnugſame
Defenſion aus der Haupt-Feſtung haben: Jhre gebraͤuchliche Laͤnge iſt/ daß ſie
ſich nemlich nach den Mußqueten richten/ und von den Enden der Streiche oder
Schultern etwa 60 oder 70. Ruthen hinnaus lauffe.


(2.) Daß man ſo muͤglich und nicht ſonderliche Vrſachen oder Verhinderung
fuͤrlauffen ihre beyde Seitten parallel ziehẽ/ denn wiewol etliche dieſelben forne
breit/ etliche ſpitzig machẽ/ iſt doch am beſten/ daß ſie forn und hinten gleich ſeyn/
deñ ſeynd ſie hinten breit und fornen ſchmal/ wird ihe Defenſion dadurch gerin-
gert/ ſind ſie forn breit/ werden ihre foͤrderſte Bollwercks-Winckel gar ſpitzig/
hat der Feind in denſelben Bedeckung/ anderer Incommoditaͤten zugeſchweigen/
und doch muß man ſich bißweilen nach des Orts Gelegenheit richten/ und kan
eine
[156]FORTIFICATION
eine kleine Verenderung oder Einziehung/ wenn es die Gelegenheit nicht anders
leiden wil/ ſo groß nicht ſchaden.


(3.) Jhre forder Breite iſt gemeiniglich den Cortinen, dafuͤr ſie geleget werden/
etwa von 36. biß 48. Ruthen gleich: Faulhaber hat folgende obſervationes von
demſelben: Die Laͤnge der Hornwercke wird 28. oder 30. Ruthen (Goldmann hat
48) uͤber den Graben angeleget. Wenn man ſie aber in gleicher Proportion des
erſten Profils abſchneiden wolte/ muß man ſie wohl auff 1000. oder mehr Schuh
vom Walle lang machen:


Die Breitte wird gemachet nach des Orts Gelegenheit/ welche fuͤr den Cor-
tinen
liegen/ ſind bißweilen der halbe Theil Polygonis interioris, bißweilen der
dritte Theil exterioris, am meiſten aber/ ſo mans haben kan/ ſind ſie der Cortinen
gleich/ ob ſchon dieſelbe auff 48. Ruthen breit were/ denn je breitter die Horn-
wercke ſeyn/ je beſſer ſind ſie; die fuͤr den Bollwercken wollen ſich nicht ſo breit lei-
den/ und fallen an denen die Seiten nicht parallel, \&c. Hactenus Faulhaber.
Jhre Structur und delineation iſt unterſchiedlich. Obgedachter Faulhaber hat
alleine wohl 8 oder mehr Sorten; Freitag 3/ von denen ſind etliche der beſten in
folgenden beſchrieben/ und verzeichnet (1.) das erſte Fig. 124. mit A verzeichnet/
iſt Goldmanni, dieſer zeucht zwey Lineen von den Schultern an/ a c, und b d,
48. Ruthen lang uͤber den Grabens alſo daß ſie von den euſſerſten Rande des
Grabens an 48. Ruthen hinaus fallen/ ziehet oben die Linee c d zuſammen/ ſo iſt
ſelbige der Cortin gleich bey ihm auch 48 Ruthen/ dieſe c d theilet er in g in zwey
Theil/ und richtet aus g eine Perpendicular-Linee auff g h, mit g c oder g d, glei-
cher
[157]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
cher Laͤnge und zeucht denn h d und h c zuſammen/ und beſchreibet nach dieſer
Laͤnge h d und h c, zwey gleichſeittige Triangul c h i, und h d k ziehet k c und d i,
ſo geben k c und d i, die Geſicht-Lineen/ welchen gleich ſeyn die Haupt-Lineen c l
und d m, ziehet die Linee l m zuſammen und laͤßet die Schultern von k und i per-
pendiculariter
herunter fallen/ auf die Linee l m biß in n und o, ſo iſt n o, die Cor-
tin.
2. Das andere Horn-Werck B ziehe ich eben a c und b d zwey Lineen von
den Schultern an der Cortin gleich hinaus/ alſo daß ſie vom euſſerſten Rande
des Grabens an ſo lang ſeyn als die Cortin, ziehe oben die Linee c d zuſammen/
ſo iſt ſelbigeder Cortin e f gleich/ theile die foͤrderſte Breite c d in drey gleiche Thei-
le/ und ſetze ⅓ zu den Haupt-Lineen c g und d h herunter/ ziehe die Linee g h auch
zuſammen und beſchreibe hineinwarts zwey gleichſeittige Triangul/ g c i, und
d h k, laſſe aus i und k die Schultern auff die Linee g h perpendiculariter nieder/
ſo iſt das Horn-Werck fertig. 3. Das dritte C Fig. 126. iſt Himſelii, dieſer theilet
auch die forderſte Linee a b in drey Theil/ nach deme zuvorhero die Linee b und
Z a uͤber den Graben ſo lang als die Cortin hinaus und die Linee a b zuſammen
gezogen/ nimbt derer eins zu den Haupt-Lineen c b und a d, und zeucht d c
zuſammen/ ſetzet auch ⅓ der Linee a b von c in e, und von d in f, von c biß a und f
biß b, werden Lineen gezogen/ und auff demſelben die Geſicht-Lineen a g und b h,
abgeſchnitten/ in dem ich auff f und e die Schultern perpendiculariter herunter
laſſe/ unnd dieſes iſt ein gut und gar wohl geproportionirtes Horn-Werck.
4. Das vierdte D in ſelbiger Figur/ iſt aus Freitagio, dieſer ſetzet an die Enden
der Seiten a b mit einem Tranſporteur, nach deme zuvorhero die Linee f a und
Xr b uͤber
[158]FORTIFICATION
r b uͤber den Graben ſo lang als die Cortin hinaus und die Linee z b zuſammen
gezogen/ die Winckel c ab und d b a an/ jeden von 25. Grad/ und theilet ſolche
wieder durch die Lineen a g und b h in zwey Theil/ da nun dieſe letzte Lineen die er-
ſten als in i und k durchſchneiden/ iſt das Ende der Geſicht-Lineen/ von dannen
werden die Schultern perpendiculariter herunter gelaſſen biß in l m und zeucht
denn l m zuſammen ſo gibt l m die Cortin. 5. Letzlich das fuͤnffte E iſt aus dem
Faulhaber: Er ziehet auch von den Schultern zwey Lineen p a und r b, welche von
den euſerſten Rande des Grabens ſo lang ſeyn als die Cortin, (wiewol ſie hier
wegen Mangel des Raums nicht ſo lang genommen) und ziehet die foͤrderſte Li-
nee a b zuſammen/ die foͤrderſte Seite a b theilet er in ſieben Theil/ deren zwey
nimbt er zu der Haupt-Lineen a c, b d, ziehet c d auch zuſammen/ wie auch zwey
zu den Keel-Lineen c d e f, drey bleiben fuͤr die Cortin e f, theilet die Cortin in 3.
Theil in m und n, zeucht aus den einen Streich-Platz m biß a, und aus den andern
n biß b Lineen/ richtet von e an die Linee a m und von f an die Linee n b perpendi-
larem
auf/ ſo ſeynd e r und f t die Schultern und ſchneiden zugleich die Geſicht-
Lineen r a und t b abe. Es haͤtten dieſes Orts wol mehr Sorten der Hornwer-
cke beygebracht werden koͤnnen/ iſt aber an dieſem/ welche alle gut/ und fuͤr die be-
ſten zu halten/ all gnug; Wie ein lang Hornwerck abzuſchneiden iſt bey dẽ Horn-
wercke k, Fig 126 zuſehen. Vber das werden auch nicht allein fuͤr die Cortinen der
Hornwercke Ravelinen/ ſondern auch derer Spitzen halbe Monen geleget/ ja
man findet Exempel/ daß ſolche gantz in Kronwercke eingeſchloſſen.


Das Ravelin an dem Horn-Werck B, Fig 124. iſt folgender maſſen gemachet;
Jch
[159]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
Jch verlaͤngere die beyden Schultern von k und i uͤber den Graben biß in m und
n, theile die Linee m n in o in zwey Theil/ richte auß o die Perpendicular-Linee
o p mit o m oder o n, gleicher Laͤnge auff/ ziehe alſo n p, und m p, zuſam̃en/ ſo iſt
der recht wincklichte Triangul n p m beſchrieben. An dem Horn-Wercke C. Fig.
126. iſt ein anders. Jch theile zu foͤrderſt die Geſicht-Lineen des Horn-Wercks in
3 Theil/ ziehe aus den Kehl-Puncten c d durch das letzte ⅓ der Geſicht-Lineen/
welches der Cortin des Horn-Werckes am naͤheſten iſt/ gerade Lineen/ biß ſie ein-
ander obẽ durchſchneidẽ/ ũd alſo iſt diß Ravelin auch fertig/ der halbe Mon x an
dieſem Horn-Wercke iſt nach Cellarii Manier/ oben Fig. 123 bey den halben
Mon m, beſchrieben/ angeleget/ doch kan man hierzu wohl die anderen gebrau-
chen/ wiewol ſich faſt dieſer am beſten ſchicken wil/ umb ein ſolch Horn-Werck mit
einem Ravelin iſt Fig 127. ein Kronwerck folgender maſſen verzeichnet: Nach
dem der Graben a b c d e umb das Hornwerck und ſein Ravelin herumb geriſ-
ſen/ ziehe ich etwa auff 60. Fuß Parallel-Lineen f g, i, l m, theile deñ die Linee g i
und i l in h und k in zwey Theil/ ſo geben i h und i k die Helffte der Linee g i oder
i l die Kehl-Lineen/ nehme die Helffte der Lineen g i oder i l, zu den Schultern h r,
und k s, derer Enden ziehe ich mit einer geraden Linee zuſammen/ und beſchreibe
den gleichſeitigen Triangul r s t, ſo iſt das foͤrderſte Bollwerck fertig (Faulhaber
nimbt ⅓ der Linee g i zu den Kehl-Lineen) die Linee g f und l m werden dreymal ſo
lang genommen als g h und k l, oder auch den Geſicht Lineen des mittlern Boll-
wercks wie hier gleich gemachet/ von f unnd m werden die Geſichter der Seiten
Bollwercke herunter gezogen/ den Seitten des Horn-Wercks parallel
X ijihre
[160]FORTIFICATION
jhre Laͤnge f n, und m o iſt gleich der Geſicht-Lineen des fordern Bollwercks t r,
\&c:
Die Schultern an denſelben n p, und o q werden offen gelaſſen/ und nur mit
einen Graben verſehen.


Die vierdte Art der Auſſen-Wercke ſind die Kronen-Wercke/ welche nicht an-
ders ſeyn als zwey aneinander geſtoſſene Horn-Wercke/ mit zwo langen Seiten/
die aber nicht parallel, wie in den Horn-Wercken/ ſondern gemeiniglich hinten
gegen die Feſtung eng/ und vorwarts weit ſind/ haben mitten ein gantz oder
mehr/ und auff den Seiten zwey halbe Bollwercke/ werden ſo wohl fuͤr die Boll-
wercke/ als fuͤr die Cortinen der Haupt-Feſtung geleget/ ſonderlich wo Hoͤhen
und bergichte Oerter und Commandamenten ſeyn/ damit der Feind ſelbige nit
præoccupiren, oder von dannen der Feſtung Schaden zufuͤgen moͤge/ haben auch
ihren Wall und Bruſt-Wehr/ wie ein ander Auſſen-Werck; Sind gar ſtarcke und
nuͤtzliche Wercke/ den ſie in allen ungelegenen Oertern/ die man ſonſt in keine
Defenſion bringen kan/ koͤnnen appliciret und angeleget werden; Jhre Structur
iſt folgende:


Fig 125. iſt erſtlich eines A, lieget fuͤr einer Cortin: in dieſem richtet man von
dem Mittel der Cortin eine Perpendicular-Linee auff/ etwa 90/ 100/ oder 110 Ru-
then lang/ allhier ſind 100 genommen/ nemblich a b, aus b beſchreibet man einen
Circkul-Bogen nach Beliebẽ/ und ſetzet deſſen halben Diametrum zu beyden Sei-
ten herumb/ von c in d und e, und zeucht von b durch d und e, Lineen b f, und b g,
ſo lang/ daß wenn man von f und g Perpendicular-Lineen herunter laͤßt/ ſie ge-
rade auff die Enden der Schultern g h zulauffen. Doch iſt man an ſolche Pro-
portion
[161]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
portion ſo genau nicht gebunden/ ſondern man kan von derſelben etwas nach
Gelegenheit des Orts geben und nehmen. Wird alſo der Winckel f b g 120. Grad
halten/ aus b laͤßet man Perpendicular-Lineen herunter b h und b i, aus f und g
auch andere Perpendicular-Lineen/ biß an die Kante des Grabens f k und g l, ſo
gibt k f b h ein/ und i b g l das andere Horn-Werck/ derer beyde halbe Bollwer-
cke in der Mitten zuſammen geſtoſſen ſind/ und werdẽ nur nach einer obgeſchrie-
benen Manier der Horn-Wercke gefortificiret. Wenn ein Kron-Werck fuͤr ein
Bollwerck zu liegen kombt/ nimbt Freitag ihre mittelſte Laͤnge von der Spitzen
des Bollwercks-Puncts auff 60. Ruthen/ fuͤr den Cortinen aber vom Mittel
derſelben 96 Ruthen: Jhren Winckel machet er gleich dem Polygon-Winckel des
groſſen Werckes dafuͤr ſie zu liegen kommen/ die euſſerſten Polygonen von 40
biß 60 Ruthen nach Gelegenheit des Orts ſo damit ſol beleget werden/ nach dem
derſelbe breit oder ſchmal/ und nach dieſem werden die andern Lineen aus dem
groſſen Royal geproportioniret; Hierzu ſchicken ſich gar wohl des Goldmanni
Tabellẽ zu den Dodrantalibus und Dimidiatis ausgerechnet/ wie auch Freitags
klein Royal und was drunter/ und koͤnnen ſonderlich am beſten hierzu gebrau-
chet werden/ die Theile die von Fuͤnff-Sechs-Sieben- und Acht Eck \&c. Das an-
dere Kronen-Werck B in ſelbiger Figur iſt aus Goldmanno, dieſer verlaͤngert die
Haͤupt-Linee von der Spitze des Grabens a biß b 300. Fuß/ nimbt denn die Linee
a b, oder eine Linee etwas kuͤrtzer als a b, wie hier/ und iſt daran nichts gelegen/
und beſchreibet zu beyden Seiten gleichſeittige Triangul a b c, und a b d und ver-
laͤngert dieſe Seiten b c und b d biß in e und f, alſo daß b e und e f auff 640. Fuͤß
X iijſich
[162]FORTIFICATION
ſich erſtreckẽ theilet deñ ſolche in dẽ Punctẽ g h i, in vier Theil/ aus g und i werden
perpendicular-Lineen herunter gelaſſen/ auch ¼ der Seiten b e haltend/ nemlich
g k und i l, derer Helffte k m, und l n gibt die Schultern/ k l die Cortin, und zeucht
denn die Geſicht-Lineen e m und b n, wie auch die Linee e r biß an den Graben/
mit dem andern Theile procedire ich auch alſo.


Man kan aber auch wohl die Seitten b e und b f etwas kuͤrtzer/ nach dem es
des Orts Gelegenheit/ und die Defenſion leiden wil/ anlegen: Wann etwa die ei-
ne oder die andere Seite zu lang von der Haupt-Feſtung wolte hinaus lauffen/
oder ſonſt an einem ungelegenen Orte/ einer andern alten Feſtung/ welche nicht
zu aͤndern/ und von dannen ſie nicht gnugſam Defenſion haben koͤnte/ anſtieſſe/
kan man noch wohl ein halb Bollwerck zur Seiten anſetzen/ wie in voriger Figur
125. an der Seiten f o zu erſehen: Wenn auch letzlich die Berge oder Hoͤhen/ dar-
auff ſolche Wercke gelegen/ weit in dem Begriff/ kan man mitten wohl zwey/
drey oder mehr gantze Bollwercke legen/ und dann an den Enden zwey halbe/
und ſolche deñ beſter maſſen man kan/ an die Haupt-Feſtung anhengen; nur daß
fuͤr allen Dingen auff die Defenſion geſehen werde/ und keine Seite dem Feinde
bloß nach Beliebung drein zu gehen/ gelaſſen werde. Wie man fuͤr die Cortinen
der Horn-Wercke Ravelinen/ und fuͤr derſelben Ecken halbe Monen kan legen/
eben ſolches kan auch an den Kronen-Wercken gepracticiret werden/ wie bey den
beyden A und B, Fig. 125 zu ſehen/ umb ſelbige damit zu verſtercken/ doch wird
ſolches faſt unnoͤtig geachtet/ weil ſolche Wercke doch ohne das von forn zu
ſtarck gnug/ und man kein Exempel weiß/ daß der Feind dieſe und die Horn-
Wercke
[163]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
Wercke/ wegen der nahen und ſtarcken Defenſion von forn zu approchiret oder
ſonſt angegriffen hette/ ſondern wenn er ſich an dieſelbige machet/ greiffet er ſie
auff den langen Seitten an/ derowegen am meiſten noͤtig/ auf ſolche fleiſſig Ach-
tung zu haben/ daß ſie in guter und gebuͤhrlicher Defenſion gehalten werden.


Zum fuͤnfften wenn man in der Eyl zu keinen Horn-Wercken gerathen kan/
behilfft man ſich mit Tenaillen, das iſt/ Scheren oder Zangen-Wercken/ Dieſe
ſind denen Hornwercken nicht ungleich/ ohne daß die Lineen innwendig eingebo-
gen ſind/ unnd dahero keine Cortin noch Bollwercke haben/ ſehen gleich einer
auffgemachten Zangen oder Scheren/ und werden gebauet an ſtatt der Horn-
Wercke/ weñ dieſelben offt in geſchwinder Eyl nicht koͤnnen auffgefuͤhret werdẽ/
oder man ſonſten die Vnkoſten in etwas erſparen wil. Sie werden gleich den
Horn-Wercken fuͤr die Cortinen oder ander Plaͤtze geleget/ ihre foͤrdere Breite
iſt den Cortinen gleich/ ihre Seiten aber werden nit ſo lang wie der Horn-Wer-
cke hinnaus geleget/ ſondern nur etwa auff 40 oder 50. Ruthẽ von den Enden der
Schultern erſtrecket/ denn weil ſie ſchwaͤcher von profil als die Horn-Wercke/
und mehrentheils zur Noth und in der Eyl werden auffgebauet/ als haben ſie
auch ſtaͤrcker Defenſion von noͤthen: Dieſe ſeyn einfach oder doppelt. Eine einfa-
che iſt Fig. 125. dẽ Kron-Wercke B fuͤrgeleget (nit eben als weñ ſolche eigentlich fuͤr
die Kronen-Wercke gehoͤretẽ/ wiewol ſie hier auch koͤnnẽ gebrauchet werdẽ/ ſon-
dern das Kronen-Werck ſol jetzo ein Stuͤcke einer Royal-Feſtung gelten) und mit
C verzeichnet/ die foͤrderſte Seite a b wird in 4 Theil getheilet/ nach dẽ zuvorhe-
ro Lineẽ võ dẽ Endẽ der Schultern 40 oder 50 Ruthẽ hinaus erſtrecket/ ũd die Li-
nee a b zuſam̃en gezogẽ/ laſſe auf dẽ Mittel ď Linee eine perpendic. Linee herunter
welche
[164]FORTIFICATION
welche ein Viertel der jetztgetheileten Linee haͤlt/ ziehe von a biß d und von b biß
d die Geſicht-Linee/ ſo man Zeit hat (weil dieſes mehrentheils Wercke ſeyn/ ſo
man in Eyl gegen dem annahenden Feind auswirfft) kan man ein Ravelin dafuͤr
legen; deſſen Haupt-Linea auff der Kante des Grabens auffgeſtellet/ g h, iſt die
Helffte der Linea a d, nemlich a k die Geſichter werden auch aus der Lineen a d und
b d Helffte k i gezogen. Eine doppelte Zange iſt Fig. 124. lit. C. a b c iſt gemachet
wie eine einfache Tenaille, ſolche aber auffzureiſſen/ ziehe ich oben die Linee a b,
nach dem ſich zuvorhero auch die Lineen von den Schultern 40 oder 50 Ruthen
hinaus erſtrecken/ zuſammen/ theile ſolche in 4 Theil/ laſſe ein Viertel der Seite
d c aus der Mitten herunter fallen/ verlaͤngere ſolche Linee d c hinauswarts um
ein halb Virtel biß in e, ziehe a c und b c mit blinden Lineen zuſammen/ und theile
ſolche blinde Lineen in f und g in zwey Theile/ und ziehe von a biß f, und von f biß
e, von e biß g, von g biß b die Lineen zuſammen/ ſo iſt dieſe Figur fertig.


VI. Letzlich ſo gehoͤren hieher die Transverſen oder Zwerg-Waͤlle welche auff
enge Paͤſſe und Landſtraſſen/ ſo zu beyden Seiten Moraſt und Waſſer/ oder
auch dicke Holtzung haben/ da ſie am engſten ſeyn/ des Feindes an marchiren da-
durch zu verhindern/ pflegen geleget zu werden/ Etliche bauen ſolche auf die Waͤl-
le und Gaſſen der Stadt in Belaͤgerungen/ ſonderlich fuͤr die Pforten oder Tho-
re/ und dergleichen Oerter/ da man des Feindes Einfall vermuthend/ daß da er
ſchon ein Theil des Walles erſtiegen oder eine Pforte und Stuͤck einer Gaſſen
einbekommen/ man ſich doch in ſelbige reteriren, und ſo viel muͤglich/ Wider-
ſtandt thun koͤnne/ angeſehen/ daß man unterſchiedliche Exempel hat/ daß der
Feind
[165]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
Feind/ da er ſchon ein Stuͤcke eines Walles oder eine Pforte eingehabt/ fuͤr ſol-
chen Tranſverſen und Zwerg-Waͤllen ſtuͤtzen/ und offtermals den Weg/ da er
einkommen/ wider ſeinen Willen mit groſſem Verluſt ſuchen muͤſſen/ nun gehoͤ-
ret unerſchrockene Standhafftigkeit und wohlbedachte gute Ordnung der Be-
ſatzung darzu/ daß man nemlich nicht alſobald in der erſten Furie und Anlauff
des Feindes Hertz und Hand ſincken laſſe/ und ohne Ordnung und Bedachtſam-
keit hin und wieder lauffe/ nicht wiſſent/ ob mans forn oder hinden angreiffen
ſol/ in welchem Fall deñ einer oder der ander guter ũd geuͤbter Officirer/ ſo ehe bey
ſolchẽ Occaſionen geweſen viel außrichten kan. Der ander Nutzen der Traverſen
auff den Gaſſen der Stadt hin und wieder auffgeworffen iſt/ ſich wider die ein-
geworffene Fewer-Kugeln drein zu reteriren, denn wenn ein ſolcher Fewer-Ball
in eine Traverſe faͤlt/ kan man alſo bald ſolche verlaſſen/ und ſich in eine andere
reteriren, und vermag alſo derſelbe nit ſo groſſen Schaden zu thun/ als ſonſten/
und zu dieſem Ende muß man auff den langen Gaſſen unterſchiedliche/ eine hin-
der die ander auffwerffen. Dieſe und dergleichen Wercke meinet vielleicht Rhum-
melius,
welche die Buͤrgerſchafft einer Stadt in 48 Stunden/ und jeder mit 15
Creutzer/ iſt noch kein Reichs Ort/ Vnkoſten koͤnne auffbauen/ und ſich dermaßẽ
beveſtigen/ daß er den fuͤr einen Meiſter halten wolle/ ſo ſolche Stadt einbekom-
men ſolle/ es were dann Sache/ daß er ſolche gantz und gar untergraben wolte/
doch/ wie er recht dabey erinnert/ iſt die Tapfferkeit/ Standhafftigkeit und Einig-
keit einer gemeinen Buͤrgerſchafft und Soldaten/ die beſte Feſtung einer Stadt/
hergegen Vneinigkeit und Vnordnung (der Platz mag auch ſo wohl verwahret
Yſeyn/
[166]FORTIFICATION
ſeyn als er immer wolle) ein richtiger und gerader Weg zu der Ruin und Vnter-
gang; deſſen beyderley Exempel man zu unſerer Zeit unter andern erlebet hat/
jenes an Strahlſundt/ dieſes an Magdeburg/ in welcher/ wann die Beſatzung/
Buͤrger und andere Manſchafft gegen dem Feind auff bloſſem Felde geſtanden/
haͤlt man gaͤntzlich dafuͤr/ ſie weren ſelbigen baſtandt geweſen/ und muſten doch/
da ſie eine ſo gute und ſtarcke Feſtung/ in welcher man einen Mann ſo gut als 10
drauſſen zu halten pfleget/ fuͤr ſich hatten/ ſo liederlich und erbaͤrmlich nieder ge-
medſchet werden. Aber was ſol man ſagen/ Wo der HErꝛ nicht die Stadt behuͤ-
tet/ ſo wachet der Waͤchter umbſonſt. Nun zu den Traverſen wieder zu kom-
men/ werden ſelbige auff unterſchiedliche Weiſſe und Wege gebauet/ wie es die
Gelegenheit in der Eyl an die Hand giebet/ nur daß ſie gute Defenſion haben.


Wir wollen viererley Arten zum Exempel fuͤrſtellen; Die erſte Fig. 128. wird
folgendes gemacht: Jch theile die gantze Breitten der Straſſen/ Platzes oder
Weges/ da die Tranſverſe ſol hingeleget werden/ welche allhie 48. Ruthen ge-
nommen/ in 6 Theil/ laſſe zu beyden Seiten eines, nemlich I G und C B, aus dem
andern Punct von beyden Enden/ als F und D ſetze ich zwey Haupt-Lineen F H
und D I auff/ ſo auch [...] der Seiten halten/ und beſchreibe die beyden rechtwin-
cklichten Triangul/ G H E und E I C, ſo iſt die erſte Travers fertig/ jedoch pfleget
man an beyden Enden der Cortin die Seiten A Q und B R auf ein halb Sechs-
Theil der Zwerg-Linie oder 4 Ruthen lang einwarts auch zu fortiriciren.


Jn der ander wird ebenfals die Linie in 6. Theil getheilet/ in der Mitten eine
Perpendicular-Linee ⅙ haltend/ geſetzet/ und in der Mitten ein ſolcher Triangul/
derer
[167]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
derer bey der erſten zwey waren gezogen/ und zu beyden Seiten \frac{2}{6} gelaſſen.


Die dritte iſt mit einem platten Bollwercke allhier/ ich theile gleichfals die foͤr-
derſte Seite in 6 Theile/ richte in der Mitten eine Perpendicular-Linee auff und
nehme zwey Theil zu der Haupt-Linie/ und zwey zu den Kehl-Lineen/ auff eine je-
de Seite eines/ und eines zu iedweder Schulter.


Die vierdte iſt gleichſam von drey kleinen Ravelinen gemacht/ die beyde auff
den Enden ſind gemachet wie die Triangul bey der erſten Art/ und wird die Linee
auch in 6 Theil abgetheilet/ und werden zwey Perpendicular-Lineen/ jede ⅙ hal-
tend auffgerichtet/ mitten ſtehen aber die Triangul \frac{2}{6} von einander/ dieſer oberſte
Spitzen werden zuſammen gezogẽ/ und der dritte Triangul oder das dritte Ra-
velin den vorigen gleich drauff geſetzet/ ſolches aber zu verrichten/ theile ich dieſel-
bige Linee in 4 Theil/ ſetze in der Mitten eine Perpendicular-Linee auff ¼ haltend/
und laſſe ein Theil auff jeder Seiten/ und ziehe die Lineen zuſammen/ und umgebe
denn ein jedes abſonderlich mit einem Graben. Das Profil anlangende/ ſo hierzu
gehoͤrig/ kan daſſelbe ſo eigentlich nicht beſchrieben werden/ weil ſolche Wercke
offt in Eyl nur ohngefehr gemacht werden/ welches zu eines jedwedern Verſtand
anheim gegeben wird. Dieſes ſey alſo gnug von den Auſſen-Wercken.


Nun ſind noch letzlich in dieſem Capittel uͤbrig die platten Formen/ oder Boll-
werck/ ſo an eine gerade lange Linee geleget werden/ nicht alſo genandt/ daß ſie
oben jhrer Geſtalt nach forn platt oder breit/ wie man ſie vormahls gemachet/
denn ihr forderſter Winckel nicht uͤber 90 Grad halten muß/ ſondern weil ſie an
einen platten und geraden Orth/ nemlich an eine Linee/ und nicht an einen Win-
Y ijckel
[168]FORTIFICATION
(1.) Abdias Trewe theilet die Lineederen ein platt Bollwerck ſol geleget werden/
in vier Theile/ und nimbt derer zwey zur Haupt-Linee/ eines zu beyden Seiten zu
den Kehl-Lineen/ 2 zur Cortin, 1. zu den Schultern; ſolches gibt zwar groſſe ſtar-
cke Wercke/ und ſtarcke Defenſion, die Wercke aber kommen zu nahe aneinander/
und wird der Bau-Koſten ohne Noth vermehret. (2) Andere bleiben bey der
Directiv-Fortification, und nehmen ⅓ der Seiten zur Haupt-Linee/ ⅕ zur Keel-
Lineen ⅐ der gantzen Seitten/ oder \frac{2}{7} der Haupt-Linee zu den Schultern/ dieſe fal-
len aber zu klein/ und geben nur gleichſam Ravelinen mit Schultern/ koͤnnen
zwar an Oerther/ ſo von Natur feſte/ und da der Feind nicht ſo leicht kan ankom-
men/ als an Moraſt und Waſſer geleget werden/ zu Royal-Wercken ſeynd ſie zu
ſchwach. Freitag nimbt fuͤr bekandt/ die Schultern 12 Ruthen/ den Bollwercks-
Winckel 90 Grad/ die Cortin 36. Ruthen/ die Face 24. und findet aus dieſem die
Haupt-Linee 28/ \frac{97}{100}/ die Kehlen 16\frac{97}{100}/ das Latus oder die gantze Seitte 69\frac{94}{100}/
die laͤngſte Defenſ-Linee iſt 60\frac{27}{100} Ruthen/ man kan aber wohl ohne ſonderli-
chen errorem oder Jrrung die Fracturen wegwerffen/ und 29 zur Haupt-Lineen/
17 zur Kehlen/ 70 Ruthen zu der gantzen Seiten nehmen. (4.) Goldtman
komt mit dieſem uͤberein/ nimbt aber die Schultern nach Beliebung/ und nach
den benebenſtehenden Bollwercks Schultern/ von 6. 8. 10. Ruthen/ die Cortinen
wenn er es haben kan/ von 48. Ruthen; Oder man kan Fig, 129. die Kehlen l m,
und l n, 17 Ruthen nehmen/ und aus m und n, die Schultern n o, m q, auffrichten
ſo lang man wil/ die oberſten Enden mit einer geraden Lineen zuſammen ziehen/
und auff die Linee o q, den rechtwincklichten Triangul o p q auffſetzen. Solche
platte
[169]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
platte Bollwercke pfleget man auch etwas zuverſchmaͤlern/ damit ſie deſto ſtaͤr-
cker Defenſion oder groͤſſere Streich-Plaͤtze bekommen/ oder auch etwas en-
gere Gorgen; dieſes geſchicht nun auff zweyerley Weiſe; Nach der erſten wird
den Gorgen oder Kehlen etwas genommen/ und den Schultern zugeleget/ der
Bollwercks-Winckel aber bleibet unveraͤndert; Nach der andern gehet beyden
etwas ab/ die Schultern aber bleiben.


Fig. 130. iſt erſtlich das platte Bollwerck a b c d e, und deſſen Keel-Punct f. Die-
ſes nun zu verſchmaͤlern/ daß der Bollwercks-Winckel bleibe/ die Schultern et-
was laͤnger werden/ und die Kehlen enger/ verlaͤngere ich die Schulter a b, und
e d, biß in g und h, alſo daß a g und e h gleich ſeyn den Kehlen a f und e f, ziehe den̄
von g und h Lineen zu f, da dieſe die Geſicht- Lineen durchſchneiden/ laſſe ich an-
dere Schultern nieder den vorigen Parallel: Will ich aber die Schultern behal-
ten/ und dem Winckel etwas nehmen/ mache ich i k und l m, wann ich zuvorhero
die Linee d e und f g ſo lang gemacht habe/ als r k, und von d und f zu r Lineen ge-
zogen/ mit d e gleich/ und ziehe andere Geſicht-Lineen i c und c m, und ſolche Ver-
aͤnderungen fallen offtermals in der Irregular- Fortification fuͤr/ Fig. 131.


Letzlich gehoͤren auch hieher die halben platten Bollwercke an eine lange Lineen
geleget/ ſolche aber werden ſelten gebrauchet/ dienen zu keinem Royal-Werck/ es
were den̄/ daß ſolche von Natur etwa an einer Seiten feſte/ und keine vollkomme-
ne ſtarcke Wercke erfoderten. Jhre Structur iſt folgende. Fig. 132. wird die Linee
A B in 4 Theil getheilet; Zwey bleiben forn/ und eines hinten/ eines zur Keel-
Lineen/ dieſe wird in 5 Theil getheilet/ ſetze die Haupt-Linee und Schulter auff/
und nehme derer 4 zu der Haupt-Linee/ und 2 zu der Schulter/ und ziehe
Y iijalſo
[170]FORTIFICATION
alſo dann die Geſicht-Linee. Goldman nimbt zu ihrer Kehl-Linee von 15. biß 20.
Ruthen/ die Haupt-Linee machet er noch eins ſo lang wie die Schulter/ welche
an dieſem den andern nebenſtehenden Bollwercken/ gleich ſeyn ſollen; Wo zwey
auff eine Linee kommen/ ſtehen etliche derſelben Ruͤcken oder Haupt- Linee gegen
einander/ Goldman aber wil daß ihre Schultern oder Geſichter gegeneinander
kommen ſollen. Fig. 132. iſt beydes in den drey halben Bollwercken E, F, G, vor-
geſtellet.


CAPUT V.
Von den Jrregular-Wercken und Schantzen.


Nach dem bißhero zur Gnuͤge von den Regular-wie auch Auſſen Wercken/
und was dazu gehoͤret/ gehandelt/ als iſt nu zu dem Irregular zu ſchreiten/ und
wird ſolches billich etwas kuͤrtzer gehandelt/ denn wer recht verſtehet/ und einge-
nommen/ ein Regular-Werck anzuordnen/ wird auch deſto ehe und leichtlich mit
dem Jrregular koͤnnen zu rechte kommen. Es ſeynd aber oben die Jrregular-
Figuren getheilet in ordinatas und inordinatas. Die Ordinatæ gehoͤren mehr
zum Regular als Irregular, weil ſie aus demſelben componiret, und auch nach
demſelben fortificiret werden muͤſſen. Denn erſtlich die Oval-Figur/ welche forn
Fig. 50. auffzureiſſen gelehret/ betreffent/ iſt dieſelbe aus zweyen Regular-Figu-
ren componiret, der Winckel h b g, iſt eines Drey-Ecks/ der Winckel g d f, eines
Sechs-Ecks/ dieſe aber kan ich/ wen̄ die Figur groß faͤllet/ hernach in ſo viel Theile
als
[171]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
als ich wil theilen/ als ſo ich den Bogen h g in 3 Theil theile/ iſt er ein Stuͤck eines
Neun-Ecks/ theile ich aber den Bogen g f in zwey Theil/ iſt er ein Stuͤck eines
Zwoͤlff-Ecks Nach welchem denn die Figur kan und muß gefortificiret werden/
nur daß man zuſehe/ daß die Seiten in der kleinen Figur nicht gar viel kůrtzerfal-
len/ als die an der groͤſſern/ ſondern nur ſo viel als derſelben Keel-Lineen koͤnnen
aufftragen. Ex gr. So ich eine Figur auß einem Neun-Eck und Zwoͤlff-Eck com-
poniret,
iſt die Keel-Linee nach obiger vierzehenden Manier im Neun-Eck 13. im
Zwoͤlff-Eck 14. Ruthen: Dieſe dupliret, kommen 26 nnd 26. Hierzu die Cortinen
42 Ruthen/ komt eine Seite in Neun-Eck 68/ und in Zwoͤlff-Eck 70 Ruthen/ die
Differentz iſt 2 Ruthen: Die andere beyden Sorten koͤnnen aus den Figuren/
daraus ſie genommen (als obigen beyden Fig. 51. und 52 ſind aus dem Sechs-Eck)
an den Ecken gefortificiret, und mitten ein platt Bollwerck geleget werden.


Das Irregular propriè oder eigentlich alſo genandt Irregulare inordinatum,
iſt wieder zweyerley: Das erſte hat geſchickte/ das ander ungeſchickte Seitten und
Winckel; geſchickte Seitten ſeyn/ welche nicht unter 500. und uͤber 750. oder zum
hoͤchſten 800 Fuͤß doch fallen die zwiſchen dieſen beyden von 600 oder 700. am
geſchickteſten. Geſchickte Winckel aber ſeyn/ ſo nicht unter 90 Grad/ oder auch
nicht eingebogen/ und zwar erſtlich von den geſchickten. Wenn eine Figur ge-
ſchickte Winckel und Seiten hat/ ſeynd alhierzweyerley Manieren/ (dann wie
oben geſagt/ wer die Regular-Wercke recht verſtehet/ der kan mit dem Irregular
leicht zu rechte kommen) anhero geſetzet:


1. Die erſte iſt des Goldmanni fortificatio adæquata. Dieſer machet alle Boll-
wercke
[172]FORTIFICATION
werck in einer Figur/ ſo zu fortificiren tuͤchtig/ gleich/ und zwar nach dem kleine-
ſten Winckel; denn er haͤlt es unnoͤtig/ daß man an die anderen Winckel ſtaͤrckere
Bollwercke ſolle legen/ weil doch der Feind das ſchwaͤcheſte allewege angreiffen
wuͤrde/ und die andern liegen laſſen/ kan man derowegen die unnoͤtige Bau-Ko-
ſten wohl ſparen. Er nimbt aber bekant in 4 Eck die Kehle 11 Ruthen/ in 5 Eck 12½
und alſo immer eine halbe Ruthen mehr/ die Schultern aber im Vier-Eck 6/
im Fuͤnff-Eck 8/ biß ſie im Neun-Eck auff 12 Ruthen kommen: Das Cortinen
Stuͤcke ſetzet er 22½ Ruthen oder 225. Schuh. Es ſind aber ſonderlich dieſe drey
nachfolgende obſervationes von ihnen annotiret:


(1.) Wenn der Winckel uͤber 100/ und doch noch 108. Grad iſt/ gehoͤret er zwar
noch ins Vier-Eck/ die Schulter aber ſoll nicht 6/ ſondern als denn 7 Ruthen
lang genommen werden.


(2.) Wenn aus der Zuſammen-Stoſſung der Geſichter/ der Bollwercks-
Winckel ſtumpff fallen wuͤrde/ muß derſelbe in einen rechten verwandelt wer-
den.


(3.) Wenn man beſſerer Defenſion halber auff einen Polygon-Winckel unter
120. Grad an ſtatt eines rechten/ einen ſpitzen haben wolte/ ſol man auff denſelben
erſt ſein gehoͤriges Bollwerck aufetzen: darnach auch nach den kleineſten Winckel
die Kehlen und Schultern/ und von den Enden dieſer letzten Schultern/ den vo-
rigen Geſicht-Lineen andere Parallel-Lineen ziehen. Jn folgender Tabell ſind die
Polygon-Winckel von Vier biß Zwoͤlff-Eck/ die Kehlen und Schultern/ wie auch
das Cortinen-Stuͤck nach dieſer des Goldmanni Proportion zu finden; nach
welcher
[173]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
welcher alle vielſeittige Figuren koͤnnen gefortificiret werden/ denn wohl keine
Figur wird fuͤrfallen/ die nicht einen Polygon-Winckel kleiner haben ſolte/ als er
in 12 Eck fiele.


Dieſes iſt gar ein richtiger und
leichter Modus, es mag auch da-
gegen Freitagius einwenden was
er wil; Die Kehlen fallen etwa ei-
ne halbe Ruthe groͤſſer/ als im
obigen vierzehenden Regular-
modo,
welches ſonderlich darum̄
geſchehen/ weil alle Winckel in den
Irregular-Figuren nach dieſem
Modo nach dem kleineſten Winckel muͤſſen gefortificiret werden/ und ſelten eine
Irregular-Figur fuͤrfaͤllet/ darinnen nicht ein Winckel aus dem vier- oder fuͤnff-
Eck were/ nach welchem ſich alle Winckel in der gantzen Figur richten muͤſſen/
auch doch ohne daß/ und an ſich ſelber das Irregular ſchwaͤcher als das Regular,
als ſind die Kehlen umb eine halbe Ruthe verſtaͤrcket. Da aber einer mit die-
ſem obgedachten Modo nicht wolte zu frieden ſein/ weiln er zwar leicht/ aber al-
le Bollwercke gleich machet/ ſondern wolte zwar dieſem Modo, was die Leichtig-
keit betrifft/ folgen/ aber dennoch auff ieglichen Winckel ein Bollwerck ſeiner Pro-
Zpor-
[174]FORTIFICATION
portion nach haben/ hat Himſelius folgende Tabell beygefuͤget; Jn welcher mã
die Polygon-Winckel ſeiner Figur kan ſuchen/ findet man ſie nicht exact, die
nechſt geringere nehmen/ und nach dieſen ieglichen Winckel aus bekandten/ und
in die Tabelle verzeichneten Kehlen/ Schultern/ und Cortinen-Stuͤck auffſetzen.
Da aber ein Polygon-Winckel uͤber 150. Grad/ und alſo uͤber das zwoͤlff-Eck/
in welchen die Kehlen 15. Ruthen fallen/ kan Er denſelben nach Erweiterung deß
Winckels ein wenig geben/ doch daß ſie in den allerweiteſten Winckeln nicht uͤber
6½. Ruthe fallen; Oder man kan auch wohl in allen ſo uͤber 150. Grad/ die Keh-
len des zwoͤlff-Ecks von 15. Ruthen behalten/ und fallen an Irregular-Wercken
groß genug. Den Bollwercks-Winckel machet man in Zwoͤlff-Eck und allen fol-
genden recht/ und hat man in denen nicht noͤthig/ das Cortinen-Stuͤck zu de-
terminiren.
Die Tabella iſt folgende: Der Winckel Groͤſſe kan mit Anlegung
eines Transporteurs leichtlich erkundiget werden.


120
[175]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

So aber etwa noch Mangel
fuͤrfielen/ kan man ihnen in ein
oder andere Wege folgender
Geſtalt helffen:


  • (1.) Coarctando, wann zwey Bollwercke etwas nahe an einander liegen/ doch
    nicht gar viel/ kan man die Kehlen etwas kuͤrtzer nehmen/ und der Schulter eine
    parallel ziehen.
  • (2.) Dilatando; Liegen ſie zu weit/ nimmt man die Kehlen weiter/ und zeucht
    den Schultern parallel-Linien.
  • (3.) Acuminando; Wenn der Bollwercks-Winckel ſtumpff iſt/ und geringe
    Second flanq. hat/ ſo kan man ihm mehr Second. flanq. geben/ indem man den
    Bollwercks-Winckel etwas ſpitziger/ und die Schultern kuͤrtzer nimmt.
  • (4.) Obtundendo: Wenn ein Bollwercks-Winckel ſehr ſpitzig iſt/ kan man
    ihn ſtumpffer machen/ indem man die Schultern behaͤlt/ und machet die Kehlen
    weiter.
  • (5.) Elevando: Wann eines Bollwercks Streich-Linee in die naͤheſte Schul-
    ter gehet/ ſo kan man dieſelbe erhoͤhen/ und ihr oben ſo viel zuſetzen/ als unten ab-
    genommen/ und der Face eine parallel ziehen/ biß ſie von der andern durchſchnit-
    ten wird. Dieſes iſt ſonderlich an den Ravelinen mit Schultern practicabel.

Z ij(6.) De-
[176]FORTIFICATION
  • (6.) Deprimendo: Man kan auch ein Bollwerck deprimiren, indem man die
    Schultern kleiner nimmt/ und zeucht der einem Geſicht-Linee eine parailel, biß
    ſie die andere erreichet.
  • (7.) Contorqvendo: Weñ zwey Bollwercke alſo liegen/ dz das eine von dem
    Mußqveten-Schuß kan defendiret werden/ daß ander nicht/ ſo kan man deſſel-
    ben Spitze etwas/ wie folget/ herumb drehen; Man laſſe aus der Mitte der Ge-
    ſicht-Lineen Perpendicularen herunter/ ſo einander in a durchſchneiden/ mit der
    Weite a b beſchreibe man einen Circkul-Bogen/ und durchſchneide ſolchen aus
    des nechſtliegenden Bollwercks Streich-Winckel c, mit dem Mußqverē-Schuß/
    ſo lang man ihn haben wil/ in d, und laſſe d den neuen Bollwercks-Winckel an
    ſtatt b ſeyn/ von d ziehe ich ſo dann an die Schultern die neuen Geſicht-Lineen/ ſo
    iſt das Bollwerck herumb gedrehet. Fig. 133. A.
  • (8.) Promovendo: Wenn man das gantze Bollwerck/ ſo denenzur Seiten/
    dem einen zu nahe/ dem andern zu weit lieget/ verſchiebet/ Fig. 134. B. Man muß
    aber bey allen dieſen correctionibus und Verbeſſerungen auf obgeſchriebene
    General Maximas oder Regulen ſehen/ ſonderlich auff die defenſion, damit ſol-
    che dermaſſen angeſtellet werde/ daß ſie dieſen nicht zuwider lauffe. Gnug alſo
    von den Irregular-Figuren, ſo geſchickte Winckel und Seiten haben: Folgen
    nunmehro die ſo ungeſchickte Winckel haben. Die Seiten ſind entweder zu kurtz
    oder zu lang/ die Winckel ſpitzig oder eingebogen/ alſo daß hier aus viererley dif-
    ferentz
    der ungeſchickten Oerter entſtehet.

I. Sind die Seiten zu kurtz und unter 50. Ruthen/ oder noch kuͤrtzer biß 34.
Ruthen/
[177]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
Ruthen/ wil zwar Freytag in einem Fall/ man ſol ſie aus dem kleinen Royal
fortificiren, und ob zwar keine Streich-Plaͤtze fallen/ kan doch ein Bollwerck
das ander defendiren, onderlich wenn die Nebenſeiten etwas laͤnger/ denn alſo
kan man das Bollwerck herumb ſchieben. Antoine de Ville hat folgende obſer-
vationes
von kurtzen Lineen.


(1.) Jſt eine Linee kurtz/ etwa 80. oder 100. Schritt/ das iſt 40. oder 50. Ru-
then/ ſetzet man die Kehl-Lineen doppelt auswerts/ die Streichen und eine Face
haben die Laͤnge einer Kehl-Linea/ die Defenſion und Facen zeucht man/ wie ſichs
am beſten ſchicken wil; Es muß aber denn die andere benebenſtehende Linee deſto
laͤnger/ und der Winckel ſtumpff ſeyn.


(2.) Jſt die Seite noch kuͤrtzer/ ungefehr 60. Schritte/ das iſt 30. Ruthen/ oder
noch weniger/ machet man zwey Kehl-Lineen daraus/ und ſetzet ein Bollwerck
drauff ſolches aber gehet nicht an/ es ſey denn daß die Polygon-Winckel auf den
Seiten zimlich ſtumpff.


(3.) Jſt ſie noch kuͤrtzer/ etwa 25. oder 30. Schritt/ das iſt 12½. oder 15. Ruthē/
machet man eine Kehl-Linee draus/ die andere nimmt man von der ander Seitẽ.


(4.) Wenn aber zwey kurtze Lineen an einander ſtoſſen/ muß man durch hin-
einfahren/ eine Linee draus machen. Goldman wil/ wenn eine Linee unter
Royal/ ſol man dieſelben gantz unbefeſtiget laſſen/ und nur fuͤr die Winckel Auſ-
ſen-Wercke legen.


II. Sind die Seiten zu lang und uͤber Royal.


(1.) Jſt ſie nicht gar viellaͤnger/ und unter 100. Ruthen/ fortifioiret Freita-
Z iijgius
[178]FORTIFICATION
gius und Cellarius die Ecken aus dem groſſen Royal/ und legen mitten ein Ra-
velin/ entweder ohne/ oder ſo die Linee lang/ mit Streichen/ aus dem kleinen Ro-
yal/ oder nach der Helffte der Seiten geproportioniret. Goldman leget in dieſem
Falle/ mitten ein platt Bollwerck/ und auff die Ecken Auſſenwercke/ iſt er aber
uͤber 120. ein Bollwerck uͤber den Graben/ deſſen Kehlen 12. die Schultern 8. Ru-
then/ der Bollwercks-Winckel 60. Gr.


Antoinede de Ville ſchiebet an ſolcher Seiten/ ſo mitten zum platten Boll-
wercke zu kurtz/ und zu zwey Seiten Bollwercken zu lang/ als zwiſchen 90. und
100. Ruthen/ die beyde auff dem Ecken liegende Bollwercke herumb/ und nimmt
auf denſelben die Kehl-Lineen beyder Bollwercke auff den Ecken liegend doppelt/
nimmt auch eine Kehl-Linee zu den Schultern zu beyden Seiten/ die eine Face
iſt auch eine Kehl-Linee/ der Bollwercks-Winckel recht/ ſolche Bollwercke fallen
zwar was ungeſchickt/ haben aber dennoch zimliche defenſion.


Aboias Treue aber ſetzet auff eine Seite von 100. Ruthen mitten ein platt
Bollwerck.


(2.) Jſt eine Seite laͤnger als 100. biß 120. Ruthen/ machet Goldman mit-
ten ein halb Bollwerck deſſen Kehlen von 15. biß 20. Ruthen die Schultern/ dē
Schultern der nebenſtehende Bollwercke gleich/ die Haupt-Linea aber noch eins
ſo lang als die Schultern/ Es iſt aber faſt beſſer/ daß man an eine Linee von 100.
biß 150. mitten ein platt Bollwerck lege/ ob ſehon etwas mehr Vnkoſten moͤch-
ten drauff gehen.


(3.) Auff eine Linee uͤber 150. biß 180. Ruthen leget Goldman zwey halbe
Boll-
[179]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
Bollwercke/ derer Ruͤcken gegen den Ecken-Bollwercken gekehret/ weil aber von
den halben Bollwercken nicht viel zu halten/ thut man/ wie Himſelius wil/ beſ-
ſer/ man lege zwey platte Bollwercke aus dem kleinen oder Mittel-Royal dar-
zwiſchen/ oder auch eins noch ſo groß Royal/ und ruͤcke die Seiten-Bollwercke/
da es ſich leiden wil/ herumb.


(4.) Jſt die Seite uͤber 180. Ruthen/ theilet man dieſelbe in drey Theil/ und
ſchneidet denn zu beyden Enden und beyden Theilungen die Kehl-Lineen der
Bollwercke/ ſo auff den Ecken und mitten ſollen zu liegen kommen/ a b, bleiben
den̄ drey Cortinen, ſo zwiſchen 30. und 50. Ruthen/ kan man zwey platte Boll-
wercke zwiſchen legen und ſo fort an/ alſo daß man allewege 60. oder 70. Ru-
then auff ein platt Bollwerck rechne.


III. Von ungeſchickten ſpitzigen Winckeln/ das iſt denen/ ſo unter 90. biß 60.
Grad ſind (die unter 60. Grad werden gantz verworffen/ und muͤſſen durch
ausfahren oder abſchneiden geendert werden/ und ſol man ehe ſonſt eine groſſe
Vngelegenheit thun/ als einen ſolchen Winckel zubefeſtigen ſich unterſtehen/ wie
Abdias Trewe recht erinnert) Goldman hat folgende Regulen:


(1.) Wenn ein Winckel zwiſchen 80. und 90. Grad/ ſol man ein Hornwerck/ iſt
er aber von 60. biß 80. Gr. ein Kronen-Werck dafuͤr legen/ Droben ſind unter-
ſchiedliche Manieren fuͤrgeſtellet/ wie ein gleichſeitiger Triangul zu fortificiren,
ſolche koͤnnen dieſes Orts repetiret, und den ſpitzigen Winckeln appliciret wer-
den.


(2) Jſt es daß man ein Bollwerck kan dafuͤr legen/ kan man ſolches einſchnei-
den/ und forn in Form einer Tenaille formiren Fig. 135:


(3.) Oder
[180]FORTIFICATION

(3.) Oder man leget zu beyden Seiten des ſpitzigen Winckels 2. halbe Boll-
werck.


(4.) Oder endlich da die Figur eine kleine Verenderung leiden wil/ verwan-
delt man den ſpitzen Polygon-Winckel in einen Bollwercks-Winckel/ und ſchnei-
det zu beyden Seiten die Schultern ein Fig. 136. Summa/ es koͤnnen allhier un-
terſchiedliche Verenderungen vorgenommen werden. Wenn derowegen eine
ſolche Figur mit einem ſpitzigen Winckel fuͤrfaͤllet/ fortificiret man erſt die gan-
tze Figur/ nach ihrer Gelegenheit/ zuletzt nimmt man den ſpitzen Winckel fuͤr/ un̄
ſiehet/ wie man ihme beſter maſſen helffe/ und in defenſion bringe/ oder da es
muͤglich/ welches der naͤheſte und beſte Weg/ gar hinweg ſchneide/ oder durch-
ausfahren erweitere.


Letzlich die ungeſchickte eingebogene Winckel betreffend/ muß man/ ſo muͤg-
lich/ zuſehen/ ob ſie in eine gerade Linee zu bringen; Da man ſie mit einer gera-
den Lineen nicht kan zuſammen bringen/ machet man zwey/ drey/ oder mehr
Abſaͤtze: Da ſolches auch nicht mag propter ſitum loci geſchehen/ der eingeboge-
ne Winckel aber weit und uͤber 135. Grad/ darzu die Nebenſeiten geſchickt/ fortifi-
ciret
man ihm hinein/ und kehret denn das Bollwerck umb. Oder welches faſt
beſſer; Man zeucht von den Enden des eingebogenen Winckels a b eine gerade
Linee und machet mitten in c ein platt Bollwerck (Abdiæ Trewen ſeine ſchicken
ſich hier am beſten) d e f g h drauff und ruͤcket denn ſolches in den Winckel hin-
unter/ Fig. 137. Jſt er kleiner den 135. biß 90. Gr. muß er forn mit einem Rave-
lin verſehen werden/ da die Lineen lang/ leget man zu den Seiten zwey platte
Boll-
[181]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
Bollwercke/ wie ſonſt an eine lange Linee/ und mitten ein Ravelin: Da man mit-
ten ein Bollwerck legen wil/ kan man die Schultern ein wenig laͤnger machen als
ſonſt gebraͤuchlich: Wenn der Winckel ſehr tieff/ und die nebenſtehenden Seiten
kurtz/ hat er keine Fortification von noͤthen/ ſondern iſt an ſich ſelber ſtarck gnug:
Etliche ſo mitten in den eingebogenen Winckel ein Bollwerck legen/ ſchneiden
deſſen Spitze forne ab/ damit ſie die defenſion aus den Seiten nicht verhindere/
Als Fig. 138. iſt in den ſpitzen Winckel a i b geleget/ daß Bollwerck d e f g h, weil
aber deſſen Schultern wenig koͤnnen zu Nutze kommen/ auch die Spitze der De-
fenſion
aus der Seiten verhinderlich/ als ſchneidet man ſolches forn ab; nemli-
chen aus d und h werden zu f Lineen gezogen/ und dieſen durch die Enden der
Schultern e g parallel-Lineen l e k und m g k, ſetzet denn die Laͤngeder Haupt-
Lineen e f herunter von i in o, und ziehet durch o der Linee a b eine parallel-Linee
n o p, ziehet auch die Linee n e und p g zuſammen/ ſo wird l e n p g m das abge-
ſchnittene Bollwerck ſeyn/ an ſtatt des vorigen d e f g h. Andere ſetzen nur weil
dieſer Winckel von Natur und ratione ſitus doch ſtarck/ und dannenhero nicht
gantz mit etlichen zu verwerffen/ zwey halbe Bollwercke auff die nebenſtehende
Lineen/ ſonderlich ſo dieſelbe lang und uͤber 100. Ruthen: Es iſt ſich aber in die-
ſem nicht laͤnger auffzuhalten/ weil es doch unmuͤglich/ alle caſus und Faͤlle/ ſo
bey den ungeſchickten Lineen und Winckeln fuͤrfallen moͤgen/ in gewiſſe Regulen
und Præcepta zuverfaſſen/ daß uͤbrige muß die Praxis und der Augenſchein ge-
ben. Nur iſt dieſes in gonere zu mercken/ wenn eine Figur gegeben wird/ ſo et-
wa eine oder die andere ungeſchickte Winckel und Seiten haͤtte/ daß man erſtlich
A aan
[182]FORTIFICATION
an derſelbē fortificire das geſchickte; ſo weit man zu rechte kom̄en kan/ hernacher
denn auch zuſehe/ wie man das ungeſchickte aͤndere/ oder beſter maſſen/ ſo viel
muͤglich/ in defenſion bringe.


Zum Beſchluß ſind nachfolgende General-Canones und Regulen von den
Irregular-Figuren zu obſerviren und in acht zu nehmen.


  • 1. Die lrregular-Wercke ſo am naͤheſten mit dem Regular zu treffen/ ſind die
    beſten/ doch mag es geſchehen/ daß eine Irregular-Veſtung ſtaͤrcker/ als eine Re-
    gular,
    nicht ratione ſtructuræ ſed ratione ſitus.
  • 2. Die Irregular-Wercke/ man vergleiche auch die Bollwercke wie man wol-
    le/ haben ungleiche Staͤrcke.
  • 3. Je hoͤher die irregular-Wercke liegen/ und ie weniger man ihnen kan bey-
    kommen/ ie beſſer.
  • 4. Die Oerter welche den Feind nicht von weiten entdecken/ auch von aus-
    wendigen Hoͤhen koͤnnen gecommandiret werden/ ſind nicht ſo gut als andere.
  • 5. Wenn alte Veſtungen mit groſſen Bollwercken/ Caſematten/ und koſt-
    bahren Gewoͤlben fuͤrfallen/ ſo nicht zu endern/ leget man zwiſchen dieſelben Ra-
    velinen und forn halbe Monen.
  • 6. Wenn man an alten Waͤllen keine Bollwercke in den Graben legen kan/
    leget man fuͤr denſelben Ravelinen/ nach Art der platten Bollwercke/ aus dem
    kleinen Royal geproportioniret, Jhre Profil muß ſtaͤrcker ſeyn als ſonſt in ge-
    mein/ und koͤnnen auch mit einer Fauſſebraye und verdeckten Wege verſtaͤrcket
    werden.

7. Alte
[183]oder Kriegs- Bau- Kunſt.
  • 7. Alte Bollwercke ſo forne ſtumpff und platt/ kan man an den Seiten ab-
    ſchneiden/ oder auch forn eine Spitze anſtoſſen.
  • 8. Wenn hohe Oerter verhanden/ muß man dieſelben allewege erſt befeſti-
    gen/ die Thaͤle/ weil ſie an ſich ſelber ſtarck/ ſonderlich wenn ſie zwiſchen zweyen
    hohen Bergen/ kan man nur mit Zangen-Wercken verſehen.
  • 9. Vorſtaͤdte ſein bey Veſtungen nichts nuͤtze/ da man ſie aber nicht entra-
    thē kan/ muß man dieſelbe mit einſchlieſſen/ oder auffs wenigſte mit einem Tren-
    chement
    und Reduiten umbgeben; Welches D. Rhymmelius beſſer haͤlt/ als
    daß man ſie alſo fort bey annahenden Feinde abtrenne/ denn fuͤr dieſen mannich-
    mahl der Feind etwas ſtutzen muß/ und kan man wenn es noͤthig zu dem abbren-
    nen allzeit gelangen.

Von den Irregular-Feldſchantzen/ als ungleichſeitigen Trianguln/ Trape-
ziis,
und dergleichen figuren, weil ſie doch ohne das ſelten fuͤrfallen/ iſt nichts
weiters zuerinnern/ denn daß man ſie aus dem großen Royal/ wie ſonſt die Re-
gulier-Feldſchantzen/ proportionire, und denn wie Irregulir fortificire.


CAPUT VI.
Von derOrthographia, Profilen,oder Standzeichen.


Wenn man nach voriger Anweiſung ein Werck/ es ſey Regular oder Irregu-
lar,
dem einfachen Grundriſſe nach verzeichnet/ muß man ihm die gebuͤhrliche
Dickel und Hoͤhe des Walles/ Tieffe und Breite des Grabens/ und was ſonſt
A a ijhier-
[184]FORTIFICATION
hierzu gehoͤret/ geben/ welches die Artifices Orthographiam, und die Auffreiſ-
ſung dieſer Stuͤcke Profil, Standzeichen oder Durchſchnitte nennen/ davon nun
ferner in dieſem Capitel gehandelt wird; Weil aber die Wercke unterſchiedlicher
Groͤße/ als fallen ihre profil auch unterſchiedlich. Vnd zwar erſtlich die profi-
le
der Regular-Wercke betreffend/ ſtellet Cellarius zwey Original-Profil vor/
nach welchen er alle andere proportioniret. Nachdem erſten proportioniret er
alle Werck/ derer Seiten laͤnger ſein als 46. Ruthen 9. Schu/ oder 47. Ruthē/
und iſt folgendes: Die Anlage des Walles 84. die Oberbreite 57. Fuß; Jnner-
liche Boͤſchung Fuß auff Fuß/ auswendig halb: Hoͤhe 18. Wallgang 30. Anla-
ge der Bruſt wehre mit der Banck 27. Fauſſebraye/ 26. Bruſtwehre [...] Berm 6.
Graben tieff 18. breit oben 112. unten 76. verdeckte Weg 26. Anlage deſſen mit
der Banck 82. Schu.


Nachdem andere proportioniret er alle Wercke/ derer Seiten kleiner als
46. Ruthen 9. Schu: Jn dieſem iſt die Anlage des Walles 65 Oberbreite 51.
Hoͤhe 14. hinten und forn halb oder 7. Fuß dociret, Anlage der Bruſtwehre 15.
Fuß/ die Barm wird abgeſchnitten durch einen Circkul-Bogen/ nachdem Per-
pendiculo
von der euſſerſten Eck der Bruſtwehre herunter fallend/ gezogen:
Der Graben iſt tieff 14. Breit oben 85. unten 57. Fuß/ der verdeckte Weg 20. An-
lage deſſen Bruſtwehre 65. Fuß.


Wenn man nach dieſen proportioniren wil/ ſpricht mameine Seite von 46.
Ruthen 9. Schu/ gibt zur Anlage des Walles/ ꝛc. 84. Fuß/ was die Seite einer
gegebenen Fig. Ex. gr. 60. Ruthen 5. Schu/ kommen 116. Fuß/ und alſo auch mit
den
[185]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
den andern: Jſt aber zu ſtarck/ und verbauet die Kehlen gantz und gar zu.
Die Hoͤhe der Bruſtwehren/ ſo wohl auf dem Walle/ als der Fauſſebraye/ wie
auch auff dem bedeckten Wege/ iſt inwendig 6. Fuß/ und einen Fuß dociret, daß
ſich die Soldaten in Loͤſung der Mußqveten deſto beſſer anlegen moͤgen/ und/
auch die Erde feſter ſtehe: Die Banck darvor iſt 3. Fuß breit und 1 [...]. Fuß hoch
¼. Fuß dociret: Die auswendige Hoͤhe iſt 4. Fuß an denen ſo auff dem Walle
und der Fauſſebraye. Die auff dem verdeckten Wege hat keine auswendige Hoͤ-
he/ ſondern verlaͤuret ſich nach gerade ins Feld hinein/ und dieſe Proportion der
Hoͤhe der Bruſtwehre/ wie auch Hoͤhe und Breite der Banck wird nicht gepro-
portionir [...],
ſondern bleibet in allen Wercken/ ſo wohl kleinen als groſſen unver-
aͤndert. Es muͤſſen aber allhier die Fuͤſſe der zwolfffuͤſſigen Ruthen verſtan-
den werden. Freitag nimmt die Anlage des Walles in Vier-Eck 4½. Ruthe/ und
alſo immer eine halbe Ruthe mehr biß zum 9. Eck/ da ſie auff 7. Ruthen faͤllet/
und ſolche behaͤlt er in allen folgenden; Die Hoͤhe des Walles nimmt er von 1.
biß 1½. Ruthe/ das iſt von 12. biß 18. nach der zwoͤlfffuͤſſigen/ von 10. biß 15. aber
nach der Zehnfuͤſſigen Ruthen: Die Oberbreite des Walles muß ſich nach deſ-
ſelben docirung oder Boͤſchung richten/ doch ſol ſie nicht unter 3. Ruthen ſeyn;
Solche wird inwendig nach der Stadt zu Fuß auff Fuß genommen/ umb daß
man deſto beſſer im Fall der Noth auff die Walle ſteigen/ und Geſtuͤck hinauff
bringen moͤge: Auswendig aber faͤllt ſie unterſchiedlich/ iſt die Erde gut/ dociret
man auff einen Fuß ⅓. oder einen halben/ welches am gebraͤuchlichſten/ in mit-
telmaͤſſiger Erde ⅔. oder ¾. in ſandiger aber und boͤſer Erde Fuß auff Fuß; Es
A a iijſey
[186]FORTIFICATION
ſey aber die Erde ſo gut als ſie wolle/ ſo ſchickt ſichs doch nicht perpendiculariter
zu bauen/ wie ſich hiebevor etliche unterſtanden.


Die Dicke oder Anlage der Bruſtwehre nimmt er eine Ruthe in Vier-Eck/
1 [...]. Ruthe in 7. Eck/ 2. Ruthen in 9. Eck und allen folgenden: Was hinter der
Bruſtwehre uͤbrig bleibet/ iſt der Wallgang: Die Fauſſebray ſetzet er in Vier-
Eck 1 [...]. in Sieben-Eck und allen folgenden 2. Ruthen; Deſſen Bruſtwehre aber
iſt der Bruſtwehre des Ober-Walles gleich/ die Barm ½. Ruthen: Den Graben
nimmt er in 4. Eck 6. Ruthen/ und immer eine Ruthe mehr/ biß er in 9: Eck 11.
Ruthen kompt/ welche in allen folgenden behalten wird: Die Tieffe deſſelben
kan eine Ruthe oder ein paar Schu ohngefehr mehr ſeyn; Der bebeckte Weg iſt
gleich der Fauſſebraye/ die Anlage deſſelben Bruſtwehre iſt von 5 [...]. biß etwa 6½.
Ruthe: Doch kan manhie am beſten dem Augemaſſe oder Geſicht-Linee/ ſo von
der Bruſt wehr des Ober-Walles herunter gehet/ biß auff die euſſerſte Eck der
Bruſtwehre auff dem verdeckten Wege/ biß ſie ſich im Felde endlich verlieren/
folgen. Als Fig. 144. iſt die Hoͤhe des Walls A b. 18. die Hoͤhe der Bruſtwehre
b B, 6. thun fuͤr A B, 24. Die Hoͤhe der Bruſtwehre des verdeckten Weges q D,
6. Die Differentz dieſer beyden Hoͤhen f B, Fuß/ die Anlage der Bruſtwehre 27.
Fuß/ darvon ab 4. Fuß zur Banck/ und inwendigen docirung der Bruſtweh-
re/ bleiben 23. fuͤr f h, die auswendige docirung des Walles iſt 9. die Fauſſebray
27. derer Bruſtwehre Anlage auch 27. Berm/ 6. Oberbreite des Grabens 126.
verdeckte Weg 27. deſſen Banck und Abdeckung der Bruſtwehre 4. Schu: Dieſe
in eine Summam colligiret, geben die Linee f D 249. Derowegen wie f B 18. Fuß
zu
[187]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
zu f D 249. Fuß/ alſo q D, 6. Fuß zu q F kommen 83. Fuß/ hierzu die Banck und
abdecken 4. Fuß/ kommen zur Anlage der Bruſt wehre des verdeckten Weges 87.
Fuß. Vnd alſo procediret man auch in allen andern: vor die Bruſtwehre des
verdeckten Weges/ wie auch mitten in dem Graben/ wenn ſie trucken ſind/ ſon-
derlich ſo man im bauen mit der Erde zu kurtz kommt/ wird noch ein ander klei-
ner Graben gemachet/ etwa 20. oder 24. Schu breit/ 6. oder 8. Schu tieff/ die
docirung des groſſen Grabens iſt Fuß auff Fuß/ an den kleinen halb.


Nota: Es gebrauchen mehrentheils in den profilen die Autores der Fuͤß
nach der zwoͤlfffuͤßigen Ruthen abgetheilet/ und laufft offtermahls bey einem
und dem andern nicht geringe confuſion hierinne fuͤr: Solche zuvermeiden ſeynd
obige Proportiones nach Ruthen determiniret, dieſe kan man in 12. oder 10. Thei-
le nach Beliebung theilen.


Goldman haͤlt in den Profilen folgende gute Ordnung und Proportion,
welche/ weil ſie faſt die richtigſte und beſte/ iſt ſie ordentlich nachfolgends geſetzet.


I. Jn den Redouten wird nur eine Horizontal-Bruſtwehre gemachet/ de-
rer Anlage iſt 15 hat zwey Baͤncke/ iede Banck iſt 1½. Fuß hoch ⅙. der Hoͤhe/ das
iſt ¼. Fuß inwendig dociret, 3. Fuß breit. Die Bruſtwehre hoch ohne die Banck
4½. Fuß ⅙. der Hoͤhe oder ¾. Fuß inwendig dociret; auswendig hoch 6. Fuß
biß an den Horizont dociret halb/ bleibet zur Oberbreite 4¾. Schuh/ die Berm
dafuͤr 3. Fuß/ der Graben breit 8. Fuß 6. tieff/ 3. zu beyden Seiten dociret.


II. Jn den Stern-Schantzen wird auch nur eine Horizontal-Bruſtwehre
gemachet/ derer Anlage 18. Fuß/ hat 3. Baͤncke/ iede Banck iſt 1½. Fuſz hoch ⅙. der
Hoͤhe/
[188]FORTIFICATION
Hoͤhe/ das iſt ¼. Fuß inwendig dociret, 3. Fuß breit: Die Bruſtwehre hoch ohne
die Banck 4½. Fuß/ ⅙. der Hoͤhe oder ¾. Fuß inwendig dociret, auswendig hoch
7 [...]. Fuß bis an den Horizont, dociret halb/ bleibet zur Oberbreite 3¾. Schu/ die
Berm darfuͤr 3. Fuß/ der Graben breit 9. Fuß/ 6. tieff/ 3. zu beyden Seiten do-
ciret.


III. Jn den Feld-Schantzen mit halben Bollwercken iſt die Anlage des
Walles 24. Fuß/ die Hoͤhe ⅛. derſelben/ ſind 3. Fuß/ auswendig halb/ inwendig
Fuß auf Fuſz dociret, welches in allen folgenden Profilen auch geſchiehet: Zum
Hinter-Wall oder Wallgang werden gelaſſen 10½. Fuß/ das uͤbrige iſt die Anla-
ge der Bruſtwehre/ 9. Fuß/ welche nach voriger Proportion, doch nur mit einer
Banck drauff geſetzet wird/ hinten und forn mit der Banck 6. Fuß hoch/ zur O-
berbreite bleiben nur 2. Fuß/ Berm 3. Fuß/ Graben oben breit 16. fuſz/ tieff 6.
Fuſz/ dociret 3. Fuſz.


IV. Jn den kleinen Regular-Feldſchantzen mit gantzen Bollwercken/ ſo er
Qvadrantalia opera, weil ſie ¼ des groſſen Royals halten/ nennet/ iſt die Anlage
des Walles 27 Fuß/ die Hoͤhe ⅙. derſelben thut 4½. Fuͤß: die Anlage der Bruſt-
Wehre doppelt/ als des Walles Hoͤhe nemlich 9 Fuß: ſelbige wird mit ihrer banck
proportioniret als vorige/ inwendig hoch mit der banck 6. answendig 4½.
Nota: Alle Bruſt-Wehren werdē inwendig ſo viel hoͤher gemachet/ als die banck
aufftraͤget/ nemblich 1 [...]. Fuß/ oben breit 2¾. Fuſz/ die Berm 3 Fuſz/ der Graben
breit oben 27. tieff 7½. Fuſz/ dociret Fuſz auff Fuſz/ der verdeckte Weg uͤber dem
Horiz. 6. Fuſz/ 1½. fuſz eingeſchnittẽ/ der Bruſtwehre uff dem verdeckten Wege An-
lage
[189]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
lage 36 Fuß/ die Banck und inwendige Hoͤhe derſelben wird angeordnet/ wie in
vorigen. Fig. 139.


V. Jn den mittelmaͤsſigen Feldſchantzen/ Operibus Dimidiatis: Die Anlage
des Walles 36 Fuß/ die Hoͤhe ⅙ iſt 6 Fuß/ dieſes doppelt die Anlage der Bruſt-
Wehre 12. die Berm 4 Fuß/ Oberbreite des Grabens 38/ Tieffe 9 Fuß/ Fuß auff
Fuß dociret/ verdeckte Weg uͤber den Horizont 7 Fuß/ eingeſch nitten 1½ Fuß/ An-
der Bruſt-Wehre deſſelben 39 Fuß Fig. 140.


Nota: Jn dieſen Figuren, Weil ſie ſonſt zu klein fallen wolten/ kan man zwey
Ruthen aus dem Maasſtabe fuͤr eine Ruthen rechnen/ in den folgenden aber
nur eine.


VI. Jn den groſzen Feldſchantzen/ oder kleinen Royal: Die Anlage des Wal-
les 45/ deſſen Hoͤhe ⅕ thut 9. Fuſz die Anlage der Bruſt-Wehre ⅓. der Anlage des
Walles 15. Fuſz/ inwendig hoch mit der Banck 6/ auswendig 4½ Fuſz: Dieſe
3. folgende haben auch eine Fauſſebraye oder Vnter-Wall/ nemlich ⅕. der
Anlage thut 9 Fuſz/ Anlage derſelben Bruſt-Wehre 15 Fuſz/ die Berm darvor
3. Fuß/ Oberbreite des Grabens 60/ Tieffe 12. Fuſz/ verdeckter Weg 9 Fuſz/
deſſen Bruſt-Wehre mit der Banck Anlage 81 Fuſz: Fig. 141.


VII. Jn den groſſen Royal-Wercken/ und zwar denen/ ſo unter dē Sieben-Eck/
nemlich in vier-fuͤnff- und ſechs-Eck/ ſo zu Schloͤſſern und Royal-Caſtelen ge-
brauchet werden: Die Anlage des Walles 54. die Hoͤhe \frac{2}{9}. deſſelben/ nemlich 12.
Fuſz/ die Anlage der Bruſt-Wehre ½. der Anlage des Walles/ kommen 18. Fuſz
Fauſſebray auch 18. Fuſz/ und ihre Bruſt-Wehre/ wie auch der verdeckte Weg
B b18. Fuſz
[190]FORTIFICATION
18. Fuſz/ Berm 4. Oberbreite des Grabens 84. die Tieffe des Grabens 12. Fuſz/
Anlage der Bruſtwehre auff dem bedeckten Wege mit der Banck 87. Fuſz Fig.
142.


VIII. Letzlich in den Haupt-Feſtungen von Sechs-Eck an/ und allen folgen-
den: Die Anlage des Walles 81. Fuſz/ \frac{2}{9}. derſelben ſind 18. Fuſz/ die Hoͤhe/ ½. daſz
iſt 27. zur Anlage der Bruſtwehre/ un̄ ſo viel auch zur Fauſſebꝛay deſſelbē Bruſt-
Wehre und zum vereckten Wege/ Berm 6. Oberbreit des Grabens 126./ Anla-
ge der Bruſt-Wehre des verdeckten Weges 87. Tieffe des Grabens 12. Fuſz.
Ftg. 143. und 144.


Abdius Trewe hatt ſonderlich in den Royal-Wercken folgende proportion:
Die Hoͤhe des Walles von 12. zu 18. Fuſz/ Anlage des von 60. bis 80. Anlage der
Bruſt-Wehre von 17. bis 22. Schu/ thue die inwendige docirung/ welche 1. Schu
auswendige Docirung des Walles ⅓. oder ½. der hoͤhen/ inwendig fuſz auff fuſz/
inwendige Hoͤhe der Bruſt-Wehre von 5. bis 6. Schu/ auswendige zum hoͤheſtē
4. Schu/ Wallgang von 22. bis 30. Fauſebraye von 15. bis 24. Oberbreite des
Grabens von 70. bis 135 Schu/ zum hoͤheſten/ verdeckte Weg von 20. biß 24.
Fuſz.


Man kan auch eine gute Proportion treffen/ derer man ohne Jrrung gebrau-
chen kan/ ſo man die Helffte der Kehlen zur Anlage des Walles nimmt/ ⅓. aber
der Anlage des Walles zur Anlage der Bruſt-Wehre/ zu des Grabens breite/
die Laͤnge der Schultern/ oder ¼. der Cortin, nach Himſelii Meynung. Oder
endlich/ wie Geiger recht erinnert/ damit die einlauffende Spitze den Streichen
nicht
[191]oder Kriegs- Bau- Kunſt.
nicht im Wege/ aus dem Mittel-Punct der euſſerſten Polygonen den Geſichtern
parallel.


Jn den Irregular-Wercken behaͤlt Goldman eben vorige Proportion der Pro-
fil:
Jn den Auſſenwercken aber adhibiret er das Profil des kleinen Royals/
oder der groſſen Feld-Schantzen/ Fig. 141. vorgeſtellet/ derer verdeckten Weg
aber/ meinet er/ koͤnne man am beſten aus dem groſſen Royal nehmen/ wiewohl
er in ſeinen delineationibus das kleine Royal allen Stuͤcken nach behaͤlt.


Wenn eine Veſtung ſchon zuvor mit einem verdeckten Wege umbgeben/ und
man eine Belaͤgerung vermuthet/ machet man auſſer demſelben noch andere
Auſſenwercke/ ſonderlich Horn-Wercke und Kron-Wercke/ weil dieſe fein lang
ins Feld hinaus lauffen/ des Feindes Approchen zuverhindern: Dieſe aber wer-
den nur meiſtentheils mit einer Horizontal-Bruſt-Wehre auffgebauet: Freita-
gii Profil
in den Auſſen-Wercken kommt mit dem Profil der mittelmaͤſſigē Feld-
Schantzen Fig. 140. uͤberein. Es muͤſſen ſich aber in genere und ins gemein die
Bruſtwehren nach des Geſchuͤtzes Gewalt/ ſo dagegen pfleget gebrauchet zu
werden/ richten; Von welchen Goldman/ und aus dieſem Cellarius folgende
Obſervationes haben:


Eine gantze Canon, ſo eine Kugel von 48. ℔ ſcheuſt/ auff eine Diſtantz von
400. Fuſz/ durchbohret eine Bruſt-Wehre oder Wall von guter Erden auff 20.
Fuſz. Eine halbe Canon ſo eine Kugel von 24. ℔ ſcheuſt/ auff eine Diſtantz
von 300. Fuß/ durchbohret eine Bruſtwehre/ oder Wall von guter Erden/ auff
12. Schu. Ein Feld-Stuͤcke/ ſo eine Kugel von 12. ℔ ſcheuſt/ auff eine Diſtantz
B b ijvon
[192]FORTIFICATION
von 200. Fuß/ durchbohret eine Bruſtwehre oder Wall von guter Erde/ auff 7.
Schu. Sed hæc omnia de terra optima \& diligenter compacta intelligenda,
alias enim majorem effectum ſentiemus, neqve tum crasſities prædicta ulterius
ſufficere poteſt: ut recte monet Goldmannus.
Wie aber droben erinnert/ es
ſey keine Veſtung ſo ſtarck ſie habe ihre Maͤngel/ als fallen auch/ ſonderlich bey
Anlage des Walles/ Bruſtwehre und Grabens drey incommoditaͤten fuͤr:


(1.) Machet man den Graben zu ſchmal/ gehet die Defenſion oben weg/ und
kan man den bedeckten Weg nicht beſtreichen; machet man ihn zu breit/ faͤllet die
Defenſion der Auſſen-Werck zu lang.


(2.) So man dieſem zu helffen/ den Wall etwas niedriger machet/ verleuret
derſelbe ſeine gebuͤhrliche Hoͤhe/ und kan des Feindes Wercke nicht gnugſam ent-
decken.


(3.) So man aber ſolches mit der Schrege der Bruſt-Wehre zu Wege brin-
gen vermeinet/ wird dieſe zu ſchwach/ un̄ iſt dem Canonen-Schuß nicht baſtant/
gleichwohl were es gut/ und faſt nothwendig/ daß man die halbe Contraſcherp,
oder auffs wenigſte den bedeckten Weg/ vom Ober-Wall erreichen und beſtrei-
chen koͤnte: Wiewohl Goldman/ wie auch ſonſt ins gemein uͤblich/ dieſes nicht
obſerviret, ſondern die Bruſtwehre forn ſo hoch genommen/ daß die Streichen
gerade uͤber den bedeckten Weg hingehen. Dieſen Maͤngeln nun zu remediren,
kan man die Bruſt-Wehre etwas dicker anlegen/ forn etwas niedriger und
ſchreger auff 3. oder 3½. zum hoͤheſten 4. Fuß/ denn was die Schrege ſchwaͤchet/
kan die Dicke wieder geben/ und den Graben etwas breiter/ alſo daß man von
dem
[193]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
dem Ober-Wall die halbe Contraſcherpe/ und von dem Vnter Wall oder Fauſ-
ſebraͤye den halben Graben beſtreichen und entdecken koͤnne.


Zum Beſchluß dieſes Capitels wird angezeiget/ wie ein ſolch Profil aufzureiſē
ſen: Jch ziehe E.gr. Fig. 143. oder 144. eine lange Linee/ Die Horizontal-Linee
genande I F. faſſe mit dem Circkul 81 Fuß zur Anlage des Walles I K von I meſ-
ſe ich in L 18. Fuß/ die inwendige Boͤſchung des Walles von K auch biß in M, 9.
Fuß/ die halbe Hoͤhe des Walles/ weil auswendig nur halb dociret, richte aus
L und M Perpendicular-Lineen auf/ iede von 18. Fuß/ nemlich L N und M O,
ziehe dem I N O K zuſammen/ ſo iſt der Wall fertig: Von O lege ich die Bruſt-
wehre O a, an 27. Fuß/ von a meſſe ich zu b 4. Fuß/ aus b richte ich eine Perpen-
dicular-
Linee auf/ 6. Fuß lang b B, und weil die Bruſtwehre auswendig hoch
iſt 4½. Fuß/ nehme ich deren Helffte 2¼. Fuß und meſſe von O bis C, da richte ich
die andere perpendicular c d auff 4½. Fuß/ und ziehe von B zu d und O, von b
nehme ich auffwerts die Hoͤhe der Banck 1½. Fuß/ nemlich b e, ſetze auff a auch ei-
ne Perpendicular-Linee/ un̄ trage auch 1½. Fuß biſz r, und ziehe die Linee e r zu-
ſammen/ meſſe von e in f ¾. Fuſz/ und ziehe die inwendige docirung der Bruſt-
wehre B f, von f meſſe ich drey Fuß zur Banck biß in g, und ziehe von g, biß a,
kommt ¼. Fuß zur docirung der Banck/ nemlich g r. Ferner lege ich auff der Ho-
rizontal
Linee/ von k biſz h die Fauſſebraye 27. Fuß und denn derſelben Bruſt-
wehre eben wie auff dem Wall 27. Fuß/ und forn die Berm 6. Fuſz/ von dem
Ende der Berm i, meſſe ich die Oberbreite des Grabens biß in I 126. Fuß/ von i
und I meſſe ich einwerts 12. Fuß biſz in m und n. und laſſe aus m und n, perpen-
B b iijdicu-
[194]FORTIFICATION
dicularen nieder m o, n p, iede 12. Fuß/ ziehe den̄ von i zu o p l den Graben. Von
der Kandte des Grabens l meſſe ich 27. Schu zum bedeckten Wegen biß in t, von
dannen 4. Schu biß in q, aus q richte ich eine Perpendicular-Linee auff/ 6. Fuß
lang q D, ſetze auch auff t eine Perpendicular-Linee auf/ von q und t nehme ich
aufwerts die Hoͤhe der Banck 1½. Fuß nemlich q e und t i, meſſe von e biſz f ¾.
Fuſz und ziehe die inwendige docirung der Bruſtwehre des verdeckten Weges
D f von f meſſe ich drey Fuſz zur Banck/ biſz in g, und ziehe von g biß t, ſo kompt
¼ Fuſz zur docirung der Banck/ nemlich g t, meſſe ferner von q in F die Anlage
der Bruſtwehre des bedeckten Weges q F 83. oder von t in F 87 Fuſz/ und ziehe
die Linee D F. Weil die Vorſtellung der Bruſtwehre mit ihrer Banck gar klein
faͤllet/ und die Buchſtaben enge in einander/ als iſt Fig. 145. die Banck mit der
Bruſtwehre in groͤſſer er Form/ beſſerer Nachricht halben/ vorgeſtellet.


CAPUT VII.


Wie die Orthographia der Ichnographiæ, das iſt/ die Profile den ein-
fachen Grundriſſen zu appliciren, und was ſonſt bey Auffbauung der
Werck in acht zu nehmen.


Wenn ich nu dieſe Orthographiam, Profil oder Standzeichen einem ein-
fachen Grundriſſe wil appliciren, und alſo ein gantz Werck mit allen zugehoͤrigen
Stuͤcken fuͤr Augen ſtellen/ mache ich erſtlich den einfachen Grund-Riſz mit al-
len
[195]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
len ſeinen Lineen/ wie droben im dritten Capittel angewieſen/ fertig/ aus einem
hierzu mir beliebenden Maaß-Stabe/ nachdem ich die Figur groß oder klein ha-
ben wil/ als Fig. 146. iſt ein Sechs-Eck verzeichnet/ und iſt der einfache Grund-
Riſz mit der Lineen a a \&c. angewieſen: Zu ſolchen Grund-Riß mache ich/ nach
Anleitung des vorigen Capittels ſein gehoͤrig Profil, aus demſelben Maaß-
Stabe/ doch alſo/ daſz ich eine Ruthe ietzo einen Fuß gelten laſſe. Als/ man neh-
me hier das Profil Fig. 144. vorgeſtellet/ zur Hand/ und applicire es dem Grund-
Riſz. Wenn ich nun die Stuͤcke des Profils umb den Grund-Riß gebuͤhrlich
wil herumb tragen/ ſetze ich auf der Horizontal-Lineen von dem Fuſſe des Wal-
les k, biſz in t 100. Fuß aus dem Maaß-Stabe/ ſaſſe den̄ 10. Fuß/ und beſchreibe
aus t den Circkul-Bogen t u, durch k uͤber u ziehe ich eine lange Linee hinterwerts
und forn/ als das gantze Profil lang iſt; Die Diſtantien zwiſchen dieſer und der
Horizontal-Linee I F faſſe ich eine nach der andern/ und trage ſie umb den einfa-
chen Grund-Riß a a herumb/ nemlich was von k gegen I als die Anlage des
Walles/ Bruſt-Wehre/ \&c. einwerts/ und zwar wenn man die Bollwercke holl
bauen wil/ allen Lineen des Grund-Riſſes parallel, wil man die Bollwercke abeꝛ
fuͤllen/ wird die inwendige Docirung des Walles und der Wallgang nur den
Cortinen, wie in dieſer Figur/ parallel gezogen; Was auſſer k faͤllet/ von k ge-
gen F wird auswendig herumb getragen; Die Fauſſebraye/ Bruſtwehre derſel-
ben und die Berm allen Lineen des Grund-Riſſes/ der verdeckte Weg aber/ und
beſſen Bruſtwehre/ nur den Geſichtern parallel, als in der 146. Figur iſt a a a
\&c.
Der erſte Grund-Riſz/ von dannen einwerts/ a b, die auswendige Doci-
rung
[196]FORTIFICATION
rung des Walles/ b c die Anlage der Bruſtwehre mit der Banck/ c d der Wall-
gang/ d e, die inwendige Docirung/ auswerts a f, die Fauſſebraye/ f g, derſelben
Bruſtwehre und Banck/ g h die Berm/ h i der Graben/ i k der verdeckte Weg/ k
l
deſſelben Banck und Bruſtwehre. Ferner vom Walle hineinwerts wird rund
umb eine Gaſſe gelaſſen/ von 24. biß 30. oder wie Abdias Trewe wil/ von 30. biß
40. Schuh/ auff daß auff derſelben wenns noͤthig iſt/ die Soldaten in Ordnung
moͤgen geſtellei werden/ und ſtracks bey der Hand ſeyn. Von dieſer zeucht man
von den Kehl-Puncten mitten auffs Centrum zu andere Gaſſen/ 20. oder 30.
Fuß breit/ iſt die Veſtung groß/ zeucht man noch eine Reige aus dem Mittel der
Cortinen. Mitten wird ein Platz zum Marckte Aliarm Platz/ ins gemein Lerm-
Platz genannt/ gelaſſen/ welcher ſo viel Seiten hat als die Figur/ iede von 9. biß
15. Ruthen/ auch wohl kuͤrtzer oder laͤnger/ nachdem die Veſtung groß/ und die
Figur viel Seitten hat/ oder es auch ſonſt die Gelegenheit erfodert: Der Gaſ-
ſen am Walle werden noch 2. oder 3 andere/ nachdem die Veſtung groß/ parallel
gezogen. Die Haͤuſer ſind zweyerley; oͤffentliche/ als Kirchen/ Rathhaus/
Zeuch-Ruͤſt-Proviant-Wacht-Haͤnſer/ Zimmer-Hoff/ und dergleichen/ wel-
che alle alſo anzuordnen/ daß ein iegliches an ſeinen gebuͤhrlichen Ort zu liegen
komme; Das Rathhaus und anderer Obrigkeit und hoher Officirer Haͤufer/
Zoll-Haͤuſer/ Gerichts-Haͤuſer gehoͤren an den Marckt/ Die Kirchen koͤnnen am
beſten in den Mittelgaſſen als 2. 3. oder 4. nach Gelegenheit der Gemeine ange-
ordnet werden; An dieſen Ort gehoͤren auch die Collegia in Univerſitaͤten/
Gymnaſia und Schulen. Die Zeughaͤuſer leget man in der naͤheſten Gaſſen an
dem
[197]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
dem Walle/ damit man die Munition und Geſchuͤtz aus demſelben geſchwind zu
Hand haben moͤge. Die Zimmer-Hoͤfe koͤnnen etwa zwiſchen oder innwendig
bey den Pforten der Seiten angeordnet/ und mit nothtuͤrfftiger Zugehoͤr ver-
ſehen werden. Die Proviant-Haͤuſer kan man an unterſchiedlichen Oertern/ wo
man wil/ diſponiren, und nicht allein Proviant an einem Orthe verwahren/
damit wenn etwa ein Fewer außkehme/ und an einem Orthe denſelben verder-
bete/ man noch an andern denſelben retten koͤnne: Vnd ſollen ſonderlich die Zeug-
und Proviant-Haͤuſer mit Gewoͤlben verwahret ſeyn; denn an dieſen/ und ſon-
derlich den Proviant-Haͤuſern einer Feſtung am meiſten gelegen/ daß ſie wohl
verſehen und verwahret ſeyn; was keine Gewalt oder Liſt bezwingen kan/ das
thut endlich die Hungers-Noth/ wie ſolches die bekante Exempel vielfaͤltig auß-
weiſen: Daher jener Obriſter recht zu ſagen pflegen: Iſti animali primò in for-
mandus eſt venter.
Die Wacht-Haͤuſer ſind theils an dem Marckt/ da die Haupt-
Wache iſt/ theils an den Thoren/ theils auſſerhalb denſelben fuͤr die Bruͤcken/
oder/ welches beſſer/ an die Bruͤcken zur Seiten/ und zwar nur von Holtz-Werck/
daß ſie/ wann es noͤtig/ bald koͤnnen abgebrant werden/ anzulegen/ wen̄ Buͤrger
und Soldaten zugleich auff die Wachten geſetzet/ wil zwar Goldman/ daß ſie auf
dem Marckt abgeſondert werden; bey den Pforten aber und auff dem Walle iſt
es nicht rathſam/ den Soldaten alleine die Wachten anzuvertrawen; denn wen̄
ſie alleine/ koͤnnen ſie viel gefaͤhrliche Conſilia unter ſich uͤberlegen/ und etwa von
dem Feinde mit Gelde oder Promiſſen eingenommen/ oder auß Haß gegen der
Buͤrgerſchafft/ Vrſache nehmen/ Verraͤtherey anzurichten/ wie man ein Exem-
C cpel an
[198]FORTIFICATION
pel an der Stadt Magdeburg hat; denn da die Buͤrgerſchafft ſicher war/ meine-
ten/ es hette nun bey Tage keine Noth/ giengen theils ihren Geſchaͤfften nach/
theils ſchlaffen und vertraueten den geworbenen ohne das wegen ſchlechter Vn-
terhaltung unwilligen Soldaten alleine die Wacht/ da war es geſchehen/ denn
wie der Feind den Wall erſtiegen/ warffen die Soldaten das Gewehr von ſich/
ſprachen: Wie uns die Buͤrgerſchafft gehalten/ ſo wollen wir auch fechten; be-
gehrten Quartier/ welches ſie auch erlangeten. Die Sentinellen oder Schild-
Wach-Haͤußlein/ muͤſſen auff die Spitzen der Bollwercke auff den Enden der
Schultern/ da ſie an die Geſicht-Lineen anſtoſſen/ und mitten auff die Cortin ge-
bauet werden. Die Privat-Haͤußer betreffent/ ſind erſtlich die Haͤußer und Ba-
racken der Soldaten/ gehoͤren zu nechſt anden Wall/ denen auch etliche Officirer-
Wonungen muͤſſen beygefuͤget werden/ umb Auffruhr und Verraͤtherey zu ver-
huͤten; auch Reit-Schmiede/ Feldſcherer/ und andere zur Soldateſca gehoͤrige
Handwercker. An den Marckt gehoͤren die vornehmen Officirer, Raths-Herꝛn/
Patricii und Kauffleute/ wie auch die Medici, Chirurgi, und Apothecken/ damit
ſie von jeden moͤgen gefunden und leicht erfraget werden. Auff die Mittel-
Gaſſen/ als an den geruch ſameſten Orth/ die Prediger/ Profeſſores, und andere
Kirchen- und Schul-Diener; Handwercks-Leute/ ſonderlich die eine geruhſame
ūd ſtille Hanthierung treibē/ (den̄ die andern kan man hinten an den Wall ordnē)
und dergleichen: Doch iſt hie keine gewiſſe Ordnung allewege zuhalten: Denn
durch Erbſchafft/ verkauffen oder tauſchen/ die Wohn-Haͤußer bald an dieſe
bald an jene Sandtes-Perſonen gerathen koͤnnen: Wenn mans haben kan/ iſt es
ſehr
[199]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
ſehr nuͤtzlich/ daß die Wohn-Haͤuſſer zu beyden Seiten mit einer Brand-Mauer
unterſchieden: Zu der Breitte der Haͤuſer werden ins gemein 2. oder 3. Ruthen/
und zur Laͤnge 3. 4. biß in 6. Ruthen nach Gelegenheit des Orthes und Groͤſſe der
Feſtung genommen; So iſt auch ſonderlich noͤtig/ daß man mit Muͤhlen und
Brunnen in Fall der Noth verwahret ſey/ und da man ſolche Muͤhlen hat/ denen
der Feind das Waſſer benehmen/ oder dieſelben ſonſt ruiniren kan/ muß man bey
Zeiten auff Roſſ-Muͤhlen/ Hand-Muͤhlen/ ſo viel noͤtig/ bedacht ſeyn/ und an
bequeme Oerter hinordnen: Eben dergleichen iſt auch von den Brunnen zu ver-
ſtehen; denn wenn Roͤhr-Brunnen ſeyn/ die der Feind kan abſchneiden/ muß man
hin und wieder Quellen ſuchẽ/ oder auch Ciſternen od’ Kaſten machen/ das Regen-
Waſſer drein zu ſamlen: Die Thore und Pforten werden jetziger Zeit nicht in die
Caſematten oder Schultern wie vor Alters geordnet/ ſondern mitten in die
Cortin/ da ſie auch am ſicherſten liegen/ wie auch die Bruͤcken: Es werden aber
der Pforten ſo viel angeordnet/ als des Orths Gelegenheit erfodert/ doch je we-
niger je beſſer; Jns gemein machet man in 4 und 5 Eckzwey/ in 6 und 7 Eckdrey/
in Acht- und Neun-Eck 4/ \&c: Da man denn auch ſonderlich bey derer Anlage
auff den Situm uud Beſchaffenheit des Orts ein Auge haben muß/ und in Ab-
ſteckung der Feſtung zuſehen/ daß die vornehmſten Paͤſſe/ und Landſtraßen dem
nechſten Strich nach mitten auff die Cortinen zulauffen. Der Thore Breitte
iſt 10 oder 12. Schuh/ die Hoͤhe 14 oder 15. Schuh/ die Laͤnge nach der Dicke
des Walles; oben werden dieſelbe an etlichẽ Orthẽ gewelbet/ an etlichẽ Orthẽ nur
mit ſtarcken Balcken und Dielen uͤberleget; man fuͤhret ſie auch durch den Wall
C c ijetwas
[200]FORTIFICATION
etwas in die Kruͤmmen/ etwan 2 oder 3 mahl ſich wendent/ damit die Kugeln nit
gerade durchſtreichen konnen/ oben machet man ein paar Lufft-Locher wie
Schorſteine/ unten weit/ und oben etwas enger/ oben mit Trallien und Gitter-
Werck/ damit niemand hienein fallen koͤnne/ verwahret: Die Thore werden inn-
wendig und außwendig mit Schlaͤgen oder Thuͤren verwahret/ doch duͤrffen die
innwendige nicht ſo ſtarck ſeyn/ als die außwendige; Man gebrauchet aber zu
denſelben ſtarcke eichene/ oder andere Dielen/ 2/3 oder 4 fach auff einander ge-
ſchlagen/ mit ſtarcken eiſern Riegeln und Naͤgeln mit groſſen Koͤpffen verwah-
ret. Jn dem einen Fluͤgel machet man ein Poſt-Pfortlein/ einen Schuh hoch von
der Erden erhoben/ vier Fuß etwan hoch/ und drithalb breit/ ſolches muß eben
ſo ſtarck verwahret ſeyn als die groſſe: Einen halben Fuß uͤber dieſem machet
man noch ein Loch in die Quer der beyden Fluͤgel/ 4 oder 5 Fuß lang/ und einen
halben breit/ um Muſquetirer dahin zu ſtellen/ des Fein des heimliche Anſchlaͤge
auff die Pforten und die Petardirer zu entdecken/ welches vom Walle ſo fuͤglich
nicht geſchehen kan/ ſolches muß mit einem ſtarcken eiſern Thuͤrlein verſehen
ſeyn: Sonſt ſind noch andere Pforten/ Sortien genant/ durch welche man in die
Faußebray kommen kan/ und Geſchuͤtz hinein fuͤhren/ ihre Breitte iſt 6 oder 7/
die Hoͤhe 7 oder 8 Fuß/ muͤſſen auch wohl mit ſtarcken Thuͤren/ und oben mit
ſtarcken Balcken verwahret ſeyn/ weil ſie eine ſchwere Laſt tragen: Jhr Orth
iſt auch das Mittel der Cortin/ an denen Oertern/ da ſonſt keine andere gemeine
Stadt-Pforten ſeyn.


Die Auffbauung und Auffuͤhrung der Wercke und Waͤlle betreffent/ nach
dem
[201]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
dem dieſelbe gebuͤhrlich abgeſteckt/ und mit einen kleinen Graben/ welches die al-
ten mit einem Pfluge ehemals gethan haben/ von Pfahl zu Pfahl gezeichnet und
auffgeworffen/ faͤnger man an den Graben auffzuwerffen einwerts hinein/ da
der Orth eben; wo aber Tieffen verhanden/ muß man die erſt außfuͤllen/ ehe man
vom Beſteck anfaͤnget hinein zu arbeiten/ oder doch ſo viel vom Beſteck weiter
hinaus anfangen/ ſo viel die Tieffen aufftragen koͤnnen/ denn ſonſt ziehen ſich die
Wercke allzuſehr ein/ welches auch ſchon droben erinnert. Wenn der Wall ein
Fuß hoch auffgefuͤhret/ muß man denſelben wohl uͤber und uͤber ſtampffen/ daß
er ſich etwa den vierdten Theil ſetze/ und denſelben auß- und inwendig/ oder doch
ja zum wenigſten außwendig mit guten Raſen oder Torff/ Verbundes Weiſe
geleget/ auſtuͤttern/ hat man keinen Raſen/ muß man ſich mit Plackwerck oder
geſchlichtetẽ Erde behelffen; Weñ man 5. Reigen hoch Raſen geſetzet ſonderlich
ſo die Erde nicht guth oder ſandicht/ leget man junge Weiden-Straͤuche/ Pap-
peln/ oder andere/ welche leicht außwachſen/ oder/ man ſeet Haber oder Gerſten/
Hew-Saat/ Queck-Graß-Wurtzeln und Sahmen/ Gramen caninum genandt/
(das Gramen Medicum, weil es erſtlich aus Meden in Hiſpanien kommen/ zu
deutſch Schnecken- oder Raupen-Saat/ wenn mans haben kan/ wird ſonderlich
hierzu gelobet) darzwiſchen. Die Raſen oder Torff ſind aus guter Erde geſtochẽ/
ablange Vierungen 14 oder 15 Zoll lang/ 4 oder 5 dicke/ und einen halben Schuh
breit/ hinten in die Schrege ſich etwas verlierend/ damit ſie deſto beſſer ſich bindẽ/
die Erde da man ſie ſticht/ muß nicht ſandicht oder Moraſtig ſeyn/ ſondern wohl
und dicke mit gutem Graße/ nicht mit groben unreinem Kraut durchwachſen/
C c iijdenn
[202]FORTIFICATION
denn das Vnkraut/ als Diſteln/ Neſſeln/ Wermuth/ Beyfuß und dergleichen/
finden ſich ohne das wohl/ und muͤſſen ein paar mahl des Jahres im alten Mond
abgeſchnitten/ und der Wall fein ſauber gehalten werden. Die Bruſtwehre muß
auß- und innwendig/ oder doch zum wenigſten außwendig auch mit guten Torff
außgefuͤttert/ und oben bedecket werden/ ſo wohl auff dem Wall als Vnter-
Walle; die auff den verdeckten Wege aber darff nur mit Erdẽ oben beſchuͤttet
und fein dichte eingeſtampffet werden: Jnwendig am Anlauffe des Walles ſetzet
man Obſt und andere zum Brenn- und Zimmer-Werck nutzbahre Baͤume/ die
Weyden ſeynd auch gut/ deñ man ſolche zu Reparirung der Schantz-Koͤrbe und
anderer Dinge gebrauchen kan; doch muͤſſen ſie nicht zu dichte ſtehen/ damit ſie die
Auffuͤhrung der Stuͤck/ und den Auf- und Ablauff des Volckes nicht verhindern:
Etliche ſetzen auch auff den Wallgang ſolche Baͤume/ etliche auch auff die Ber-
me/ und auff den verdeckten Weg/ luſtige ſpatzier Gaͤnge drunter zu haben/ ſol-
che aber muͤſſen ſo angeordnet werden/ daß ſie dem Feinde nicht zu Nutze kom-
men/ oder demſelben ein Verdeckgeben/ und denen auff dem Walle hinderlich
ſeyn koͤnnen/ und da es die Noth erfodert/ in der Eylabgehauen werden; doch
iſts beſſer/ man laſſe außwendig das Geſicht frey/ denn der Feind es ſelten zuvor
anzuſagen pfleget/ wenn er kommen wil/ mit denen Hinter-Ruͤck mag man es an-
ordnen/ wie man wil.


Hie faͤlt eine drey fache Frage ein zu eroͤrtern.


  • Erſtlich/ Ob die Bollwercke innwendig hohl/ oder gefuͤllet zu bauen? davon
    gibt Goldman dieſe allgemeine Regul/ daß alle die/ derer Schultern kuͤrtzer ſeyn
    als
    [203]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
    als 9 Ruthen/ ſollen angefuͤllet werden/ die andern kõnnen ungefuͤllet bleiben/
    doch wollen etliche/ daß man ſie etwa auf zwey oder drey Fuß fuͤlle/ daß man de-
    ſto beſſer auf und ab kommen moͤge. Es haben aber die ungefuͤlleten fuͤr den ge-
    fuͤlleten dieſen Vortheil/ daß man weniger Bau-Koſten daran wenden darff/
    auch des Feindes Minen deſto beſſer außzuſpuͤren/ und auffſuchen/ und deſto
    leichter gegen miniren koͤnne; wo aber Hoͤhen gegen den Bollwercken von auſſen
    zu liegen/ ſol man ſie allewege erfuͤllen/ daß man Erhoͤhungen und Katzen gegen
    die Hoͤhen drauff bauen moͤge.
  • Zum andern/ Obs beſſer mit Steinen als Erde zu bauen? Hier helt man es
    abermahl mit der gemeinen jetziger Zeit gebraͤuchlichen Praxi, und wird die Erde
    billich den Steinen unnd Mauer-Werck fuͤrgezogen: Doch da man
    Steine haben kan/ ſchadet es nicht/ den Graben außwendig und innwendig da-
    mit außzufuͤrtern/ uͤber dem Horizont aber taugen die Steine gantz nicht.
    Antoine de Ville hat folgende Obſervationes, da man ja eine Bruſtwehre auff
    die Berm von Mauerwerck ſetzet/ machet man die Berm 10 oder 12 Fuß/ die
    Banck 1½ oder 2 Fuß/ die Bruſtwehre 4 oder 4½ Fuß hoch/ und muß die Berm et-
    was hoͤher als der verdeckte Weg angeleget werden; außwendig machet man
    einen Krantz 6 oder 8 Fuß tieff hinunter/ und verwahret die Mauer wohl mit
    ſtreben Pfeilern: Doch/ wie geſaget/ iſt von den ſteinern Bruſtwehren uͤber dem
    Horizont nicht groß zu halten.
  • Zum dritten/ Ob ein truckener oder naſſer Grabe beſſer? Allhie wil aber-
    mahl der truckne dem naſſen von dem meiſten Autoribus vorgezogen werden;
    denn
    [204]FORTIFICATION
    denn mit dem naſſen Graben ſind die in der Stadt gleichſam beſchloſſen/ die tru-
    ckenen aber kan man vielfaͤltig zu Außfaͤllen/ zu Reteraden und dergleichen ge-
    brauchen/ man kan dem Feind in denſelben entgegen bauen/ oder zur Seiten Ge-
    ſchuͤtz ſtellen/ des Feindes Gallerien deſto beſſer zu entdecken und zu ruiniren,
    oder ſonſt mit demſelben chargiren; Man kan ſie/ da man ſonſt allenthalben be-
    laͤgert/ zu Vieh-Weiden gebrauchen/ und das Vieh/ ſo man etwa bey Außfaͤllen
    einholet/ in denſelben/ unter den Stuͤcken und Geſchoß ſicher verwahren: Man
    kan ſie auch an denen Oerthern/ ſo keinen verdeckten Weg ſonſt haben/ zum ver-
    deckten Wege gebrauchen/ wenn man nemlich an der außwendigen Seiten ein
    oder zwey Baͤncke auffwirfft/ und Soldaten dahin ſtellet; Man muß aber als-
    denn den Horizont am außwendigen Rande des Grabens ein wenig erhoͤhen:
    Endlich kan man auch allerhand Verdeckungen und heimliche Gaͤnge ſonderlich
    an der innwendigen Seiten/ nach der Stadt zu/ machen/ oben mit Bretern und
    Erde bedecken/ und wenn es noͤtig/ Pulver und Spreng-Werck hinein bringen/
    den Feind bey anlauffenden Sturm damit zu empfangen/ \&c. und was derglei-
    chen Nutzen mehr ſeyn.

Wenn man in den truckenen Graben mitten ein Canal von 20 oder 24. Fuß
breit/ 3 oder 4 Schuh tieff/ und denſelben voll Waſſer haͤlt/ iſt es gut.


An den Spitzen rundet man den Graben etwas ab/ damit er allenthalben
gleich breit werde/ und die Ecken nicht zu weit ins Feld hinaus lauffen. Allhier
ſolte endlich die Stereometriſche und Coͤrperliche Außrechnung des Walles und
des Grabens zur Hand genommen werden/ weil aber ſelbige ſehr operôs, muͤh-
ſam
[205]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
ſam und verdroſſen/ auch an ſich ſelber mehr Arbeit als Nutzen hat/ wird ſelbige
geliebter Kuͤrtze halber vorbey gangen: Derſelben Nutz aber iſt ſonderlich zwey-
erley/ der erſte/ daß man den Graben ſo breit und tieff anlege/ damit die Erde
genaw/ zu Auffuͤhrung des Walles noͤtig/ drauff gehe/ und nichts uͤbrig bleibe/
und man doch auch nicht zu kurtz komme: Doch man lege es ſo uͤber als man wil/
kan man es doch ſo juſt an der Schnur nicht haben/ und da es ja an Regulier-
Oerthern noch angehen moͤchte/ wil es doch bey den Irregularen gantz keinen
Stich halten/ derowegen man bey denen nur nach Guth-Duͤncken den Graben
und Wall/ daß ſie beyderſeits eine gute Proportion behalten/ anordnen kan/ deñ
komt man ja mit der Erde zu kurtz/ kan man den Graben inwendig tieffer auß-
ſtechen/ oder mitten etwas außrunden/ oder auch einen kleinen Graben machen/
hat man etwas uͤbrig/ kan man es zu Battereyen oder Katzen gebrauchen/ oder
auff dem verdeckten Weg hin und her zertheilen.


Der ander Nutzen/ ſo dieſe Stereometriſche Rechnung hat/ iſt/ den Vber-
ſchlag der Arbeit und Bau-Koſten darnach zu machen: Denn fuͤr 3 Schacht zu
bauen/ gibt man in Holland ins gemein einen Reichs-Thaler/ Wenn man nun
weiß/ wie viel Cubic-Fuß der gantze Wall umb die Feſtungumher/ kan man ſol-
che leicht in Schacht verwandeln; Deñ ein Schacht iſt ein Stuͤcke Erde eine Ru-
the oder 12. Fuß lang/ und 12. Fuß breit/ und einen dick/ das iſt/ 144. Cubic-Fuͤße:
Wenn ich nu ſpreche: 3. Schacht koſten 1. Reichs-Thaler/ wie viel ſo und ſo viel/
als der gantze Jnhalt der Feſtung Schacht haͤlt? \&c: Oder/ wie etliche nach der
Zahl der Arbeiter rechnen/ auff 2 Mann in einem Tage 5 Schacht. Weil aber
D dbeydes
[206]FORTIFICATION
beydes die Zahlung/ wie auch der Fleiß der Arbeiter/ nicht an allen Orthen gleich/
und uͤber dieſes noch das/ was auff Holtzwerck/ Kalck/ Steine/ Fuhrlohn/ und
dergleichen gehet/ muß mit gerechnet werden/ kan man auch in dieſem Stuͤck
nichts gewiſſes determiniren; Wer Luſt zu ſolcher Rechnung hat/ kan beym
Freitagio, Cellario, Trewen/ Pitiſco, ſonderlich aber Goldmanno, welcher fuͤr
andern hierinne ſeinen Fleiß angewendet/ und in Tabellen ſolche Calculation
verfaſſet/ davon nachſchlagen.


Damit man aber doch gleichwol etlicher maſſen ſeinen Vberſchlag ſo wohl die
Erde/ als Arbeit betreffent/ machen koͤnne/ gibt M. Georg. Schultze in ſeiner For-
tification
und Meß-Kunſt folgende Anleitung/ und zwar erſtlich ungefehr die
Breite und Tieffe des Grabens alſo an zu legen/ daß man Erde gnug habe/ muß
man das Profil oder Durchſchnitt des Walles in Quadrat-Ruthen/ und Schuh
roſolviren, und denn ſolche durch die bekante Tieffe des Grabens dividiren, das
Product gibt deſſelben gleiche Breite: Zu dieſer/ ſo ich die Tieffe des Grabens
addire, bekomme ich deſſelben Oberbreite/ ſo ich aber von derſelben ſolche ſubtra-
hire,
deſſen Vnterbreite. Als im obigen Profil Fig: 144. fuͤrgeſtellet/ iſt


(1.) Die Anlage des Walles 81 Fuß/ die Oberbreite 54. die Differentz 27. derer
Helffte 13. 5. ſolche zur Oberbreite 54. addiret, gibt die verglichene Breite 67. 5. die-
ſe mit der Hoͤhe 18. Fuß multipliciret, geben den Jnhalt des Trapetii INOK
1215 □ Fuß.


(2.) Die Anlage der Bruſtwehre iſt Fig. 145. 27. Fuß/ davon ab a b, fuͤr die
Banck und Docirung derſelben 4 Schuh/ bleiben fuͤr 60/ 23 Fuß/ co iſt 2 Fuß/ deñ
weil die foͤrder Hoͤhe c d, 4 Fuß/ iſt c o derer Helffte/ bleibet alſo b c endlich 21. Fuß/
dieſe
[207]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
dieſe mit der Hoͤhe c d oder b ſ multipliciret, geben die Superficial Flaͤche des Pa-
rallelograms b ſ d c,
84. Schuh.


(3.) Jn dem Trapezio a g e b, iſt a b 4 Schuh/ g e3¾ Schuh/ die Differentz ¼
Schu/ ſolche halb ⅛ von 4 Schuhen ſubtrahiret, bleiben; 3⅞ dieſe mit der Hoͤhe
b e 1½ Schuh multipliciret, geben den Jnhalt des Trapetii a g e b, 5\frac{13}{16} Theil/ man
hat ſolches 6 Fuß complet ſeyn laſſen.


(4.) Jm Triangul ſ d B iſt die Seite ſ d 21. Fuß/ ſ B 2 Fuß/ ſolche halb 1. Fuß/
und alſo deſſen Jnhalt 21. □ Fuß.


(5.) Jm Triangul c d o iſt d e 4 Fuß/ c o, 2 Fuß/ deſſen Helffte 1. Fuß/ mit der
Hoͤhe multipliciret, gibt deſſen Jnhalt 4 Fuß/ Nu dieſe in eine ſummam colligi-
ret,
als den Jnhalt des Trapezii b ſ d o, 84, a g e b, b, deß Triangul ſ B d 21. und
des Trianguls d c o 4 Fuß geben den gantzen Jnhalt der Bruſtwehre 115. □ Fuß.
Weil dieſer die Bruſtwehre auff der Faußebraye gleich/ als rechnet man fuͤr die-
ſelbe auch ſo viel.


(6.) Die Bruſtwehre des verdeckten Weges helt zur Anlage t F, 87. Fuß/ da-
von ab/ t q, 4 Fuß/ bleibet q F 83. Fuß/ die Hoͤhe q D iſt 6/ derer Helffte 3 Fuß/
mit 83 multipliciret, geben den Jnhalt des Trianguls q D F 249 Fuß/ darzu die
Banck t q, 6 Fuß/ kommen 255 Nun dieſe Summen zuſammen colligiret, Als:


  • des Walles/ --- --- --- --- 1215.
  • der Bruſtwehre/ --- --- --- --- 115.
  • der Bruſtwehre auff der Faußebray. -- 115.
  • der Bruſtwehre auff dem verdeckten Wege - 255.
  • Summa 1700, □ Fuͤße.

D ijSol-
[208]FORTIFICATION

Solche mit 12. als der Tieffe des Grabens dividiret, kommen bey nahe 141. Fuß.
Hierzu die Tieffe 12. Fuß addiret, oder auch ſubtrahiret, keme fuͤr die Oberbreite
153/ fuͤr die Vnterbreite aber 129. Fuͤß: Da man mitten einen kleinen Graben
machen wil/ muß derſelbe à part abgezogen werden/ wil man ihn nit ſo breit ha-
ben/ kan man ihn einen oder einen halben Fuß tieffer nehmen/ dieſes trifft zwar
nicht juſt und genau zu/ kan aber ohngefehr zur Nachricht ſeyn; iſt etwa Erde
uͤbrig/ kan dieſelbe/ wie oben erwehnet/ diſtribuiret und gebrauchet werden.


Zum andern den Coͤrperlichen Jnhalt des Walles bey nahe zu erfahren/
mißet man eine Geſicht-Linee/ eine Schulter und die halbe Cortin inwendig und
außwendig/ doch jene abſonderlich/ und vergleichet denn ſelbige mit einander/ in
dem man die kuͤrtzeſte Linee von der laͤngſten abzeucht/ und der Differentz Helffte
zur kuͤrtzeſten addiret; ſolche verglichene Linee mit den Superficial-Jnhalt des
Durchſchnitts gemultipliciret, gibt bey nahe den Coͤrperlichen Jnhalt deſſelben
Stuͤcks/ ſolches muß man hernach dupliren, und denn mit der Zahl der Ecken
der Figur multipliciren, ſo bekoͤmt man den Coͤrperlichen Jnhalt der gantzen
Figur doch muß ſolche Figur Regular ſeyn/ und die Bollwercke inwendig hohl;
Jns gemein pfleget man mit den Teich-Graͤbern/ und denen ſo die Erde auß dem
Graben ſtechen/ nach Schachten zu verdingen/ den andern aber ſo mit Schaube-
Karren ſolche auffuͤhren/ Taglohn zu geben/ und damit kein Vnterſchleiff ge-
ſchehe/ und der eine wenig der ander viel fahre/ hernach aber gleichen Lohn der
faule Arbeiter mit dem fleiſſigen empfahe/ als wird einem jeglichen/ ſo offt er ei-
nen Karren auffaͤhret/ von einer dazu beſtalten Perſon ein Bleyernes oder Le-
dernes
[209]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
dernes Zeichen mit einem gewiſſen Gemerck gegeben/ auff den Abend wird denn
einem jeglichen/ nach dem er viel Zeichen hat/ gelohnet.


Damit auch ſolche Arbeit gluͤcklich moͤge von ſtatten gehen/ und derliebe
Gott mit bauen moͤge/ ſol man ſelbe nicht alleine dem gemeinen Kirchen Gebe-
the mit einſchiieſſen/ ſondern es were auch nicht unrathſam/ daß man von einer
dazu beſtellten Perſon dem Volcke/ wenn ſie am Morgen fruͤh zur Arbeit keh-
men/ ein Morgen-Gebeth und Vater unſer vor beten/ und darauff friſch und
froͤlich zur Arbeit gehen lieſſe/ auch unter der Arbeit den Auff ſehern Befehl the-
te/ allen Muthwillen/ als zancken/ ſtoſſen/ ſchlagen/ ſonderlich aber das Gottes-
laͤſterliche fluchen und ſchandiren ernſtlich zu ſtraffen; daß nemlich einer/ der in
ſolchen begriffen wuͤrde/ ſo oder ſo viel Karren Erde umſonſt muͤſte auffahren;
Wie denn dieſes und was ſonſt zu obſerviren, ein verſtaͤndiger und Gottfuͤrch-
tiger Baumeiſter/ ſeiner Diſcretion nach/ wird anzuordnen wiſſen; Sonderlich
aber muͤſſen folgende zwey Himmel-ſchreyende Suͤnden mit allem Fleiß bey
ſolchen Wercken præcaviret und verhuͤtet werden/ daß nemlich den Arbeitern ihr
ſawr verdienter Lohn nicht abgekuͤrtzet/ oder gar vorenthalten/ und kein un-
ſchuldig Blut/ etwa durch Verwahrloſung der Bruͤcken oder Stellungen
(worauff deñ vornemlich die Zimmer-Leute Achtung geben muͤſſen) vergoſſen
werde. Jns gemein muß folgende Regul in Anlegung der Wercke auch nicht
vergeſſen werden/ daß man/ ſo viel muͤglich/ Horizontal baue/ oder doch den
Grund alſo vergleiche/ daß er ſich allgemehlich nach der Schrege nieder ſencke/
damit die Wercke wohl koͤnnen beſtrichen werden/ nit aber ſich in der Eil mitten
D d iijabſe-
[210]FORTIFICATION
abſetzen und entzwey brechen. Zum Beſchluß dieſes Capittels/ iſt ein Profil
Sciographicè
vorgeſtellet/ wie Fig. 147. zu erſehen.


CAPUT VIII.


Wie Caſtele und Schloͤſſer an Feſtungen zu erbauen/ und wie man ſich
mit denen Oertern/ ſo am Waſſer gelegen/ verhalten ſol/ deßgleichen wie
hohe Oerter/ oder dieſelbige Oerter ſo von Hoͤhen nicht weit
gelegen/ zu fortificiren ſeyn.


Die Caſtele und Schloͤſſer werden meiſtentheils an die Grentz-Staͤdte ũd ſol-
che Oerter geleget/ die leicht von einer Parthey zur andernfallen/ umb ſelbige in
Zwang und Gehorſam zu erhalten; von derer Anlage folgende obſervationes
in acht zu nehmen.


(1.) Daß man ſie an die hoͤheſte Oerter/ ſo die andern commandiren, und wañ
Waſſer durch die Stadt/ oder bey derſelben wegfleuſt/ ober das Waſſer lege.


(2.) Daß ſie nach dem Felde zu offen/ und einen freyen Paßhaben/ auß und
ein zukommen/ ohne Eroͤffnung der Stadt/


(3.) Daß ſie alle Plaͤtze und Oerter/ auch ſo viel muͤglich/ die Gaſſen der Stadt/
welche man darnach anlegen muß/ beſtreichen und commandiren, von keinem
aber commandiret werden koͤnnen.


(4.) Daß zwiſchen denſelben und der Stadt Haͤuſer ein ziemlicher geraumer
Platz/ etwa auff 600. Fuß/ von den Ecken der Bollwercks-Spitzen gelaſſen wer-
de/
[211]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
de/ um Volck darauf zu ſtellen/ auch Verraͤtherey und Feuerſchaden zu verhuͤtẽ.
Jhre Form wird auß dem Royal/ vier-Fuͤnff- oder Sechs-Eck genommen; Doch
ſchicken ſich faſt die Fuͤnff-Eck am beſten/ von denen kan man zwey Ecken hinein/
und 3 heraus ins Feld legen: Als das zu Antwerpen/ welches eines vor der fuͤr-
nehmſten Caſtelen faſt in der gantzen Welt gehalten wird. Das Guͤlicher iſt vier-
eckicht/ und dannenhero nicht ſo bequem als voriges. Jhr Profil muß mit dem
Profil der Stadt gleiche Staͤrcke haben/ oder auch noch wol ein wenig ſtaͤrcker/
mit allen nothwendigen Stuͤckẽ und einer Faußebray/ ſo wol inwendig als auß-
wendig der Stadt Von ihrer Structur kan man keine ſonderliche præcepta gebẽ:
Man bringet die Stadt und das Caſtel nur beyde aus einem Maaßſtabe/ auß
dem groͤſten Royal zu Papier/ und ſchneidet deñ das Caſtel aus/ und leget es an
den Ort/ da ſichs am beſten ſchicken wil/ mit hin und wieder ſchiebẽ/ biß es ſchei-
net gut zu liegen/ als deñ ſteckt mans mit Puncten aus auf das andere Papier/
da die Stadt aufgeriſſen/ ab. Es muͤſſen aber die Waͤlle der Stadt (welches meh-
rentheils verlaͤngete Facen ſeyn) recht mittẽ auf die Cortinẽ des Caſteels zu bey-
den Seiten auflauffen/ wie bey der 148. Figur zu ſehẽ. Wañ ein Waſſer durch die
Stadt laͤuft/ iſt es ambeſten/ daß es mitten durch die Cortinẽ lauffe: Jſt es aber
breiter als die Cortin/ muß es mit Auſzenwercken/ worzu deñ ſonderlich die Horn-
wercke gut/ zu beyden Seitẽ ſo wol in Ein-Fluße als Aus-Fluße/ verwahret wer-
den. Lauft das Waſſer bey der Stadt hin/ darff man an der Seiten/ da das
Waſſer vorbey laͤuft/ nicht ſo ſtarcke Wercke legen/ ſondern man kan nur
die Lineen am Waſſer fortificiren mit Scheren oder Zangen- Wercken/
oder mit hinter eine andere auff einen Mußqueten-Schuß weit von einander
geſetz-
[212]FORTIFICATION
geſetzten Schultern und Abſaͤtzen/ oder mit Ravelinen und kleinen platten Boll-
wercken/ ſonderlich in der mitten/ oder mit halben Bollwercken/ oder ſonſt aufs
beſte es die Gelegenheit des Orts leyden wil. Auf ſolche Weiſe kan auch ein Thal/
ſo zwiſchen zweyen Hoͤhen einlieget/ gefortificiret werden/ wenn man nemlich die
Hoͤhen zu beyden Seiten mit Bollwercken beleget/ und denn nur das Thal dar-
zwiſchen nach advenant mit gedachten Wercken verſiehet. Die Waͤlle duͤrffen
auch nicht ſo gar hoch ſeyn/ ſonderlich ſo man nur mit Schiffen an die Feſtung
kommen kan/ damit dieſelbe kein Verdeck unter demſelben haben moͤgen; doch
muß der Gruud und das Fundament ſolcher Waͤlle mit Mauerwerck/ Strebe-
Pfeilern/ oder auch ſtarcken Pfaͤhlen und Balcken wohl verwahret ſeyn/ damit
das Waſſer ſolchen nicht auß ſpuͤhlen/ oder das Eyß/ welches ſonderlich in den
Waſſerſtroͤmen groſſe Gewalt hat/ ſelbigen beſchaͤdigen moͤge.


Solche Waſſer ſind entweder ſchmal/ daß man mit einer Mußqueten druͤ-
ber reichen kan/ und gilt ſolcher Geſtalt der Fluß nicht mehr als ein breiter Gra-
ben/ als denn leget man auff der andern Seiten einen halben Moen oder Horn-
Wercke; oder welches beſſer/ man ſiehet zu/ daß man den Fluß in und durch die
Stadt leite/ oder da dieſes nicht ſeyn kan/ iſt am beſten/ daß man die Feſtung ſo
wohl nach dem Waſſer/ als Lande zu/ vollkomlich fortificire, und zwiſchen dem
Waſſer und Stadt-Graben einen Tamm oder Raum laſſe 24. oder 30. Schuh/
und ſolchen oben und unter der Stadt ziemlich breit durchſteche und mit Außen-
Wercken/ Schluͤſen und Fall-Bruͤcken nach Nothdurfft verwahre/ daß die auff
dem Strome ab- und zufahrenden Schiffe und Kaͤhne dadurch an die Stadt
koͤn-
[213]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
koͤnnen gebracht werden/ und hat ſolche Veſtung an derſelben Seiten als denn
gleichſam einen doppelten Graben und Slaͤrcke.


Wann aber der Fluß alſo beſchaffen/ daß er ſich offtmals ſehr ergeuſt/ wie ſie
gemeiniglich zu thun pflegen/ muß man zwiſchen demſelben und dem Stadt-
graben/ Eſels-Rucken Baͤren und Stauungen ſetzen. Bey welchen [ſonderlich]
in Acht zu nehmen. (1) Das ſie ſtarckgenug und dem Waſſer baſtant/ (2.) oben
ſchrege zu/ mit einem Tuͤrmichen verſehen/ damit niemand hinuͤber gehen oder
gutſchen kan. (3.) An gelegene Oerther/ da ſie dem Feinde kein Verdeck geben
koͤnnen/ erbauet werden. Wenn aber der Fluß etwa 1200 Fuß breit/ daß man ihn
zwar nit mit Mußqueten/ aber doch gleichwol mit dem Geſchuͤtz beſchieſſen kan/
ſo leget man uͤbers Waſſer einander Werck/ entweder mit 2. gantzen/ und 2. hal-
ben Bollwercken/ oder mit 3 gantzen und 2. halben Bollwercken/ und ſolches kan
auß dem 4/ 5/ 6/ 7/ auch wohl 8 Eck genommen werden. Solche uͤber dem Waſſer
gelegene Wercke bekommen keinen Wall nach der Stadt zu/ ſondern werden nur
mit Brettern verſchlagen/ damit die verbeyſchiffende nicht hinein ſehen oder
ſteigen koͤnnen. Wenn das Waſſer breit/ und breiter als 1200. Fuß/ als denn wird
uͤber dem Waſſer eine vollkommene Schantze gemachet/ welche ddch gegen der
Stadt nicht ſo ſtarck als gegen dem Lande befeſtiget wird/ ſondern nur an dem
Waſſer ohne Bollwerck mit einem ſchlechten Walle zugeſchloſſen/ in Form der
Feld-Schantzen. Es wird auch von vielen fuͤr rathſam gehalten/ daß man an ſol-
chen Wercken uͤbers Waſſer ein Ravelin zwiſchen dem Waſſer und Schantze le-
ge/ und daſſelbe mit einem Graben umfuͤhre/ damit wenn das Werck vom Feinde
E eero-
[214]FORTIFICATION
erobert wuͤrde/ ſich die Soldaten in das Ravelin reteriren koͤnnen/ und darein ſo
lange auffhalten/ biß ſie von der Stadt Entſatz bekommen/ oder uͤbergehohlet
werden moͤgen/ Wenn eine Stadt an der offenen groſſen See gelegen/ und einen
Hafen hat/ iſt es auch rathſam/ ſelbigen entweder mit in die Stadt zuſchließen/
oder doch denſelben an den Land-Seiten mit gebuͤhrlichen ſtarcken Waͤllen und
Wercken/ zu Waſſer aber mit einem gnugſamen breiten Damm/ worauff man
eine Bruſtwehre ſetzen kan/ auch Battereyen und Geſchuͤtz-Stellungen machen/
zu verwahren: Der Damm kan von Steinen/ Leim/ und Kalck durcheinander
gemenget/ (welche Materia endlich zu einen Felſen werden kan) Zangen weiſe/ daß
ein Theil das andere etwas beſtreichen oder beſchießen moͤge/ geſchlagen/ und
nur beym Munde ſo viel Raum als gebuͤhret/ zu Ein- und Außlauffung der
Schiffe gelaſſen werden: Den Hafen an ſich ſelber mag man auch ſo groß ma-
chen/ als die Negotia und Vielheit der ankommenden Schiffe erfodert. Auff
dieſe Weiſe ſind die in Haffen liegende Schiffe ſicher/ und koͤnnen auch des Fein-
des Schiffe von weiten aus demſelben durch die Macht des Geſchuͤtzes abgehal-
ten werden. Es ſey zum Exempel in der 149. Figur an einem Ort/ der da fortifi-
ciret
werden ſol/ ein Waſſer ſo breit daß man mit der Mußqueten nicht hinuͤber
langen kan/ ſo lege ich umb den Orth/ weil er Regular lieget/ gegen das Land eine
halbe Regular-Zwoͤlff-Ecke in groß Royal/ die Seite aber nach dem Waſſer zu
theile ich von beyden Bollwercken an in a b und b c, item de und e f jeden Theil
40 Ruthen lang/ und laſſe allezeit eine Flanque von 8 Ruthen gegen das Waſ-
ſer gehen/ was in der Mitte uͤbrig bleibet als c f, theile ich wieder in zwey gleiche
Theil/
[215]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
Theil in g und richte aus g eine Perpendicular-Linee g h zu einer Haupt-Linee
auff/ welche ſo lang/ als man ins Waſſer ruͤcken kan/ allhier iſt ſie 20. Ruthen
lang/ auff welcher euſſerſten Punct zwo Facen zuſammen lauffen/ damit man
das Waſſer daraus deſto beſſer beſtreichen moͤge/ uͤber das Waſſer iſt zu Ver-
wahrung des Paſſes eine halbe acht-eckichte Schantz angeleget derer Groͤſſe ſich
nach der Beſatzung/ ſo hinein geleget werden ſol/ richtet. Es koͤnnen aber auff
beyden Seiten des Fluſſes den ankommenden Feind deſto beſſer abzuhalten/ ſo
wohl an die Schantze als an die Feſtung/ Horn-Wercke angeleget werden/ auff
was Maße aber dieſelben zu machen/ iſt droben Erwehnung gethan.


Von Fortificirung der Oerter ſo auff Hoͤhen/ od’ von denſelben nit weit gelegen/
weitleufftige Meldung zu thun/ iſt unnotig/ denn ob wohl vor dieſer Zeit in gu-
tem Gebrauch geweſen/ daß man Feſtungen auff Berge und Stein-Felßen ge-
bauet hat/ in dem man die Bollwercke oder Paſteyen in die Felſen gehauen/ und
oben darauff eine Bruſtwehre von Erden geſetzet/ ſo iſt doch ſolches hentiges Ta-
ges nicht mehr im Gebrauch/ wer aber davon beſſer Nachricht haben wil/ beſehe
Daniel Specle in ſeiner Architectur, allwo er gnugſame Nachricht befinden
wird; Weñ aber eine Stadt oder ſonſten ein Platz nicht weit von Hoͤhen abge-
legen were/ und gleichwol fortiſiciret werden ſolte/ ſo fortificiret man den Orth/
wie ſonſten/ er liege regular oder irregular nach denen nechſt vorgeſchriebenen
Regeln/ auff die Bollwercke aber/ welche gegen die Berge liegen/ bauet man
Cavallier oder Katzen/ damit der Feind auff den Hoͤhen darauß erlanget wer-
den kan. Die Berge aber/ welche nahe an der Stadt liegen/ muͤſſen mit einer
E e ijTren-
[216]FORTIFICATION
Trenchee eingeſchloſſen werden/ wofern aber eine Hoͤhe von der Stadt etwas
weiter abgelegen/ und man ſich dennoch daraus einiges Schadens zu befahren
hette/ ſo kan man eine Schantze darauff legen/ und dieſelbe mit Beſatzung der-
maßen verſehen/ daß ſie dem ankommenden Feinde gnugſam gewachſen ſey.


CAPUT IX.


Was vor Belaͤgerung einer Feſtung vornemlich in acht zu nehmen ſey/ und
von den March, und Feld-Laͤgern deßgleichen wie dieſelben mit Tren-
chementen
und Schantzen/ nach dem es die Gelegenheit
erfodert/ zu befeſtigen.


Nachdem bißhero/ das/ was ad Praxin Defenſivam gehoͤret/ etwas weit-
leufftiger uͤber Verhoffen tractiret, als wird in folgenden Stuͤcken/ ſo meiſten-
theils ad Praxin Offenſivam gehoͤren/ die Kuͤrtze billig beobacht/ weil doch ohne
das ſelbige mehr und beſſer aus der Praxi und Vbung/ als aus der Theoria und
weitleifftiger Beſchreibung zu erlernen/ und zwar nur die generaliora durch zu
lauffen: Wañ nun eine Feſtung belaͤgert werdẽ ſol/ (weiln eine Feſtñg zu belaͤgern
ein Werck von groſſer Importantz iſt/ ſintemal ſich ein Kriegs-Heer nirgent
mehr ruiniren kan/ als in Belaͤgerung einer ſtarcken wolgebaueten/ und mit
gutem Volck wolbeſatzter Feſtung) ſo muß ſolches Vorhaben lange Zeit zuvor
in gute Berathſchlagung gezogen werden/ das iſt/ man muß vor allen Dingen
die Feſtung von was Staͤrcke am Bau und Tapfferkeit an Mannſchafft ſie ſey/
zuvor
[217]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
zuvor wohl betrachten/ denn daraus wird das Judicium zu nehmen ſeyn/ wie
ſtarck man auffziehen muͤſſe/ und was fuͤr Vnko ſten erfodert werden. Jedoch
muß man auch dahin ſehen/ ob der jenige/ dem die Feſtung zuſtaͤndig/ allbereit ei-
ne Armee auff den Beinen habe/ und mit derſelben zu Felde liege/ oder nicht/
Item, ob er von andern benachtbarten bald Succurs uͤberkommen koͤnne/ deñ weñ
derſelbe entweder mit einer Armee zu Felde allbereit verſehen/ oder eines ge-
ſchwinden Succurſes von ſeinen benachbarten ſich zu getroͤſten hat/ iſt leichtlich
zu ermeſſen/ daß man auff ſolchen Fall auch ſtaͤrcker auffziehen muͤſſe/ damit
wenn die Feſtung entſetzet werden ſolte/ man ſich gegen den Entſatz mit gnug-
ſamer Macht wehren/ und denſelben abtreiben koͤnte. Was aber die Belaͤgerung
an ihr ſelbſt anlanget/ ſo muß man Anfangs/ wenn man rathſchlaget und der
Schluß gemacht iſt/ ſolch Intent in hoͤchſter Geheim halten/ und niemand das
geringſte darvon vermercken laſſen/ ſondern ſich vielmehr allenthalben zu einem
andern Vorhaben anſtellen/ und den Feind dadurch ſicher machen/ inmittels
auff allerley Mittel und Wege um des Orts eigentliche Beſchaffenheit heimliche
Erkundigung einziehen/ auch wol etliche verſtaͤndige Officirer und Ingenieurs
unvermerckter Weiſe/ entweder unter einem andern Prætext oder in veraͤnderten
Kleidern dahin abfertigẽ/ die alle Gelegẽheit des Orts mit Fleiß betrachtẽ/ die De-
fectẽ
ũd Vortheil der Feſtung in gute Obacht nehmẽ/ und die gantzeumbliegende
Gegẽd mit ſonderbarẽ Fleiß/ zu foderſt aber an Fluͤßẽ ũd andern Waſſern an Mo-
raſtẽ/ Waͤldern/ Bergẽ/ Thaͤlern/ Wießẽ/ ũd dergleichẽ umſtaͤndigẽ Gelegenhei-
tẽ/ ſo viel muͤglich aufs Papier bringẽ/ daraus deñ hernach leichtlich abzunehmẽ/
E e iijwie
[218]FORTIFICATION
wie und welcher Geſtalt das Lager um die Feſtung am fuͤglichſten zu ſchlagen/
und wohin ſich die Quartier am beſten ſchicken: Wie denn nicht minder auch der
Feſtung Fortification eigentlich zu erkundigen iſt/ wie viel nemlich dieſelbe Boll-
wercke habe/ ob ſie alle vollkommen/ und welches die ſchwaͤchſten ſeyn/ wie weit
ſie von einander liegen/ wie hoch und dicke der Wall/ wie breit und tieff der Gra-
ben/ ob derſelbe trucken oder mit Waſſer angefuͤllet ſey/ deßgleichen ob auch die
Feſtung mit gnugſamen Proviant, Munition und andern Nothwendigkeiten
verſehen/ wie ſtarck die Quarniſon darinnen ſey/ ob ſie auch jhre Zahlung be-
komme/ oder ob nicht etwa zwiſchen jhnen und den Jnnwohnern dahero Schwie-
rigkeit obhanden/ aus welchen allen denn gute Nachrichtung und mancherley
Vortheil genommen werden koͤnnen. Weñ nun dieſes alles in acht genommen/
und eine beſtaͤndige Reſolution zur Belaͤgerung gefaſſet worden/ ſo geſchicht
darauff der Auffbruch zum marchiren, derſelbe aber wird nach des Generals
Guth-Duͤncken angeordnet/ bißweilen wird ſolcher angedeutet/ den Tag zuvor
durch oͤffentlichen Trommelſchlag und außblaſen/ bißweilen geſchihet er gantz
heimlich und in der Stille. Jns gemein wird die gantze Armee in 3 Hauffen ge-
theilet; Die Avantguardi mit den Wegweiſern und Straſſen-Bereitern gehet
vorn an/ worunter auch der General ſelbſten ſich pfleget finden zu laſſen/ dieſem
folget die Batallien oder das Corpus, und die Retroguard oder Nachtrab/ hin-
ter derſelben pfleget man eine Compagnie Arquebuſirer zu laſſen; das Fuhrwerck
faͤhret zur Seiten an derſelben/ da man am ſicherſten/ und vom Feinde keine Ge-
fahr vermuthend/ erſtlich das Geſchuͤtze/ und zwar die kleinen forn an/ denn die
großen/
[219]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
groſſen/ denn die Zimmer-Leute und Ammunition, denn die Proviant/ Kran-
cken und Bagage-Wagen. Bißweilen aber werden forn etliche Feld-Stuͤcken bey
der Avantguardi voraus geſchicket/ auch hinten etliche mit ihrer zugehoͤrigen
Munition. Jn der enge muß mans machen wie man kan/ da pfleget man das
Geſchuͤtze und das Fuhrwerck in die Mitte zu nehmen/ die hinterſtẽ und foͤder-
ſten Hauffen zu verſtaͤrcken/ und die Reutterey zu beyden Seiten oder an einer
nach dem es noͤtig/ gehen zu laſſen. Wo Holtzung und Buͤſch verhanden/ machet
man/ ſo viel muͤglich/ Raum. Wenn man uͤber Waſſer gehen ſoll/ pfleget man
Kaͤhne/ Schiff und andere Sachen zur Schiff-Bruͤcken noͤtig/ nachzufuͤhren:
die Stuͤcke werden ans Vfer geſtellet/ wie auch die Arquebuſirer, ſo lang biß die
Bruͤcke fertig/ deñ gehet man in guter Ordnung hinuͤber. Doch iſt hie/ wie vorge-
meldet/ nicht weitleufftig davon zu ſchreiben/ ein verſtaͤndiger General und Krie-
ges-Obriſter wird ſolches alles mit gutem Rath ũd des Ortes Gelegenheit nach/
ſelbſt anzuordnen wiſſen. Der Feld-Laͤger ſind dreyerley: 1. Temporanea.
2. Strataria. 3 Caſtra Suſtentoria
.


Die erſte Art der Laͤger wird darum alſo genennet/ dieweil ſie eilfertig gema-
chet werden/ und alle Augenblick zum Auffbruch wieder bereit ſeyn muͤſſen/ dieſe
Laͤger werden im marchiren nur zu einer Nachtwache auffgeſchlagen/ und wenn
man in des Feindes Land oder ſonſten vom Feinde marchiret, ſo muß der Orth/
da ſolche Laͤger hingeſchlagen werden ſollen/ zuvor durch ein Theil der Reuterey
wol erkundiget werden/ damit man ſich des Feindes deſto mehr verſichern kan/
und wenn man an einen Ort koͤmt/ da das Lager hingeſchlagen werden ſol/ wel-
cher
[220]FORTIFICATION
cher zuvor durch den General Quartier-Meiſter erwehlet wird/ ſo theilet man
die Quartier in die umliegende Doͤrffer aus/ ſo ſie verhanden/ die Reitterey
ſchicket man an die Wegen des Feindes verdaͤchtige Oerter/ das Volck aber das
zur Infanteria gehoͤret/ umgiebet die Oerter da ſie logiren, ſo weit es noͤtig/ mit
einer Trenchee nur etwa 6 Schu hoch/ und 3 Schu dicke/ damit ſie nicht gar bloß
liegen/ Wo es aber moraſtig iſt/ brauchet man nur Frieſiſche Reitter die ſie mit
ſich fuͤhren/ weñ die Trenchee fertig iſt/ welches geſchwinde zugehet/ machen ſich
die Soldaten Huͤtten/ damit ſie bedeckt und trucken liegen koͤnnen.


An denen Orthen/ wo es wegen des Feindes Anfall am gefaͤhrlichſten ſchei-
net/ ſtellet man etliche Feld-Stuͤcke nebenſt den Zubehoͤrungen. Wenn man ſich
alſo verwahret hat/ werden die Wachten auffgefuͤhret. Fruͤhe/ wenn man auff-
bricht/ wird die Trenchee wiederum eingeriſſen/ damit der Feind/ wo fern er et-
wa nachfolgen wolte/ keinen Vortheil findet/ wo aber derſelge nicht zu vermu-
then/ und man auſſer deſſen Lande marchiret, bedarffs dieſer Weitleufftigkeit
nicht.


Was die andere Art der Laͤger anlanget/ ſo man Caſtra Strataria nennet/
werden dieſelben ſonder Zweiffel alſo genant/ weil man mit denſelben eine Zeit
lang ſtill lieget/ dergleichen man ſich bey Belaͤgerung der Feſtung gebrauchet/
und ſind bey derer Aufferbawung wiederum unterſchiedliche Stuͤcke in acht zu
nehmen/ damit dieſelben geſchickt und fuͤglich angelegt/ ſo wohl die Quartier in
gewiſſer und bequemer Ordnung gemacht und außgetheilet werden moͤgen/
darum deñ fleißige Achtung zu geben/ damit das Lager:


1. Nicht
[221]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

1. Nicht nahe an Hoͤhen oder Geſtraͤuche und Waͤldern gemacht werde/ aus
welchen ein ankommender Feind in das Lager ſehen und ſchieſſen/ ihm aber aus
dem Lager keinen Widerſtand gethan werden koͤnte. 2. Daß es um Vermei-
dung Geſtancks und daraus entſtehenden Kranckheiten/ nicht an einen mora-
ſtigen Ort zu liegen komme. Hingegen iſt zum 3. dieſes an einem Lager zu lo-
ben/ und denſelben zutraͤglich/ wenn es an einem Fluß lieget/ darauff man aller-
ley Nothdurfft zu Schiffe ins Lager/ und allerley Vnflat leichtlich hinaus brin-
gen kan/ zumalen/ wenn es zugleich an dem Fluß alſo zu liegen koͤmbt/ daß es
dadurch deſtomehr befeſtiget wird. Deßgleichen 4. Wenn an Graß und Hew
vor die Pferde und das Viehe/ item an Holtz kein Mangel zu finden. Vor allen
Dingen aber iſt 5. dieſes das vornemſte an einen Lager/ daß man die Paͤſſe wol
beſetze/ damit dieſelben vom Feind nicht abgeſchnitten werden/ wodurch das
Lager nothwendig zu Grunde gehen muͤſte/ wenn es aller Zufuhr benommen
wuͤrde.


Wo kein Waſſer verhanden/ muß man ſich mit deſſelben Zufuhr behelffen. Die
Buͤſche und das Geſtraͤuche/ ſo nit mit ins Laͤger geſchloſſen und nach und nach zũ
Gebr auch abgehauẽ werdẽ kan/ muß man ſo weit es hinderlich/ abbreñen od’ auf
andere Weiſe wegraͤumẽ/ damit d’ Feind darinnẽ keine Bedeckung habe. Was die
Quartier des Laͤgers anlanget/ ſo ſind dieſelbẽ ſo wol an der Zahl als ihrer Groͤße
in einen jeden Laͤger unterſchiedẽ/ nachdem nemlichẽ des Volcks viel od’ wenig
verhandeu/ und des Orts Gelegenheit es mit bringet/ darum man hievon nichts
gewiſſes kan anzeigen. Dieweil aber zu eineni Quartier unterſchiedliche Regi-
F fmenter
[222]FORTIFICATION
menter gehoͤren/ und eines wie das andere logiret wird/ ſo wollen wir ein Regi-
ment zu Fuß von 6 Compagnien vor uns nehmen/ dergleichen in der 150. Figur
zu befinden/ und daſſelbe mit allen Zugehoͤrigen logiren. Es iſt aber zu wiſſen/
wenn man alles ordentlich anſtellen wil/ wie bey importirlichen Belaͤgerungen
billich geſchehen ſol/ daß vor allen Dingen die Gegent da das Laͤger hingeſchla-
gen werden ſol/ zuvor in Grund geleget werden muͤſſen/ welches denn geſchicht/
wenn man mit der Armee noch 2. oder 3 Meilen von dem Orthe/ den man belaͤ-
gern wil/ ſtehet/ daß der General Quartier-Meiſter/ wie ſchon gedacht/ mit un-
gefehr 100. Reitern/ nebenſt etlichen Ingenieurn von dem Lager abreittet/ vor
die Stadt ruͤcket/ und die zuvorher recogno ſcirte Gelegenheiten nit allein mit
Fleiß beſiehet/ ſondern auch mit ſeinen bey ſich habenden Leuten in Grund brin-
get/ und darauff anordnet/ wo und wie die Quartier angetheilet werden ſollen.


So viel nun das gegebene Exempel eines Regiments zu Fuß võ 6 Compagnien
anlanget/ ſo theilet der Regiments Quartier-Meiſter den zum Regiment depu-
tirten
Platz alſo aus/ daß die Compagnien oder Faͤhnlein in der Laͤnge alle gleich
zu liegen kommen/ Jſt aber eine Compagnia groͤſſer als die ander/ ſo wird der
groͤſſere/ gleich wie auch bey ungleichen Regimentern geſchicht/ nichts an der
Laͤnge/ ſondern an der Breite eine oder etliche Ruthen mehr zugetheilet/ damit ſie
gnugſamen Raum haben/ und doch in der Laͤnge einander alle gleich kommen.


Solche Laͤnge nun dergleichen in gedachter 150. Figur die Linee a b oder c d
anzeiget/ iſt von 300. Schuhen. Die Breite aber eines Faͤhnleins iſt/ wie gedacht/
nicht einerley/ wir wollen ſie allhier als a d und b c auff eine Compagnia von
100.
[223]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
100. Man 24. Schuh groß nehmen/ ſo gibt die Laͤnge und Breite das Parallelo-
gram, e b c d,
von der Laͤnge werden dem Hauptman zu ſeinem Logament 40.
Schu a f oder d e eingereumet. Darnach laͤſt man zwiſchen des Hauptmans
Quartier und der Soldaten Huͤtten einen ledigen Raum 20. Schu lang/ denn
fangen der Soldaten Huͤtten in g h i k an/ und erſtrecken ſich biß in [l] m n und o
auff 200. Schuh lang/ die Breite ſolcher Hůtten iſt des Hauptmans Quartier
gleich von 24. Shuh und wird in drey gleiche Theile getheilet/ die zwey euſſerſten
als m n nnd n o jedes 8 Schuh/ werden zu den Huͤtten genommen/ das mittlere
aber zu einer Straſſen oder Gaſſen gelaſſen auch von 8 Schuh breit/ und darff
keiner ſeine Huͤtte veringern oder erweitern/ damit ſie alle gleich kommen. Jn
der Laͤnge gibt man auff einen Mann 4 biß 5 Schuh/ wo aber ihrer zween bey-
ſammen ſeyn/ oder einer ein Weib hat/ werden ihn von 6 biß 7 Schu gegeben.
Zwiſchen der Huͤtten nach der Laͤnge wird auch ein weniger Raum gelaſſen/ da-
mit/ wenn ein Fewer entſtuͤnde/ man den Huͤtten auff allen Seiten deſto beſſer
beykommen koͤnte. Die Thuͤren ſolcher Huͤtten gehen alle auff die mittlere Stra-
ßen/ alſo daß ſie in zweyen Reyen einander entgegen ſtehen/ Dieweil aber kein
Soldat in ſeiner Huͤtten Fewer halten/ oder kochen darff/ ſo gibt man den Mar-
cketaͤndern und Sudlern auch einen gewiſſen Platz ein/ da man kochen kan/ nem-
lich man laͤſſet zwiſchen der Soldaten Huͤtten l m n o und p q einen ledigen
Raum 20 Schu lang/ damit nicht etwa Feuer in die Huͤtten kommen moͤchte/
darnach gibt man den Sudlern oder Marcketendern zu ihrem Logament 10.
Schuh in der Laͤnge p s oder q r, und hieruͤber noch 10. Schuh s b oder r c, zu jh-
F f ijrem
[224]FORTIFICATION
rem Fewer und Kuͤchen/ damit daſſelbe deſto weiter von der Soldaten Huͤtten
abzuſtehen komme/ und dieſelbe nicht ergreiffen koͤnne. Dann wann Fewer ins
Lager komt/ kan daſſelbe dadurch leichtlich gantz ruiniret werden/ zumahlen wo
es am Waſſer mangelt. Die zwey erſten Huͤtten haben jhre Thuͤren gegen des
Hauptmans Quartier/ und hat die eine der Leutenant/ die andere der Faͤhnrich
innen. Alſo haben die zwey letzten Huͤtten ihre Thuͤren gegen die Sudler/ und
werden den zween Serganten eingeraͤumet. Dieſe Ordnung wird bey allen Com-
pagnien
alſo gehalten Der Colonel oder Obriſte lieget allezeit in der Mitte/
gleich wie aus A zu ſehen/ deſſen Quartier ſo weit von den nechſten Compagnien
B
und C abſtehet/ als die andern D E und F G von einander gelegen ſeyn/ nem-
lich 8 Schu/ alſo auch die Laͤnge iſt der Haupt-Leute Ouartieren gleich 40. Schu/
die Breite aber iſt 68. Schuh/ darnach wird wiederumb/ gleich wie vor der
Haupt-Leute Quartier ein Raum von 20. Schuh lang ledig gelaſſen/ und darauf
dem Oberſten Leutenant ein gleicher Raum wie den Oberſten zu ſeinen Loga-
ment
gegeben/ dergleichen aus H zu ſehen. Endlichen wird von des Obriſten
Leutenants Quartier an biß zur Helffte dieſer gantzen Laͤnge der 200. Schuh
denen andern Stabs-Perſonẽ/ als dem Regiment-Schultzen/ Feld-Prediger/
Secretatio, Quartier- und Proviant-Meiſter/ auch andern mehr/ ein Platz zu
jhren Huͤtten eingeraͤumet/ wie der Buchſtabe i außweiſet/ jedoch daß zwiſchen
den Oberſten Leutenant und ſonſten allenthalben zwiſchen den Huͤtten gnugſa-
mer Raum gelaſſen werde. Die uͤbrige Helffte dieſer Laͤnge als noch 100. Schuh
werden zu den Bagagi-Wagen gebrauchet/ gleich wie aus k zu ſehen/ damit die-
ſelben daſelbſt Raum zu ſtehen haben.


Was
[225]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

Was die Regimenter zu Roß anlanget/ ſo werden ſie in gleicher Laͤnge/ wie
die Fuß-Voͤlcker geleget/ in der Breite aber iſt ein Vnterſcheid/ ein Cornet von
100. Pferden/ gibt man in der Breite 70. Schu/ alſo bekomt der Rittmeiſter/ wel-
cher eben lieget wie bey den Fuß-Voͤlckern der Hauptman/ in der Laͤnge nicht
mehr als der Hauptman 40. Schuh/ aber in der Breite 70. Schuh/ im uͤbrigen
bleibet die Ordnung in Gaſſen und ſonſten wie bey den Fuß-Voͤlckern. Die
Pferde ſtellet man mit den Krippen gegen der Reitter-Huͤtten/ damit ſie zu den-
ſelben deſto geſchwinder kommen koͤnnen/ und iſt zwiſchen dieſen und der Fuß-
Voͤlcker Huͤtten/ geringer Vnterſcheid/ nur daß dieſe in der Breite 8/ jene aber 10
Schu haben/ weil die Reiter mehr Zeug und [Ruͤſtung] bey ſich haben/ dazu auch
Raum gehoͤret. Die beyden erſten Huͤtten gegen den Rittmeiſter/ werden wie-
derum den Leutenant und Cornet eingegeben/ die beyden letzten aber gegen den
Sudlern uͤber/ dem Quartier-Meiſter und Corporal. Die Pferde-Staͤlle wer-
den mit Quer-Baͤumen unterſchieden/ damit die Pferde deſto beſſer nebenein-
ander ſtehen koͤnnen. Die Krippen ſo von zuſammen genagelten Bretern oder
außgeſpanneten Tuͤchern ſeyn/ werden vorn heraus gegen die Huͤtten und der
Gaſſen gemacht/ damit die Reitter zum fuͤttern deſto bequemer kommen koͤnnẽ/
und wenn man ein beſtaͤndig Laͤger formiret daß man lang zu liegen vermeinet/
machet man den Pferden auch Huͤtten/ und zufoͤderſt daß ſie von oben bedeckt
ſeyn/ damit ſie das Wetter nicht zu ſehr treffen kan/ hinten unnd
forn aber bleiben ſie allezeit offen/ daß die Reitter ſtets ein Auge
auff die Pferde haben koͤnnen/ Wann man nicht Stroh hat/ kan
F f iijman
[226]FORTIFICATION
man ſolche Huͤtten mit Leinwand bedecken. Dergleichen Logirung eines Regi-
ments zu Roß iſt aus der 151. Figur zu ſehen. Es werden aber die Regimenter
nicht ohne Ordnung zuſammen geleget/ ſondern muͤſſen zum wenigſten auff 50.
Schu von einander abgeſondert ſeyn/ damit man zwiſchen hin geraͤumig gehen
und fahren kan.


Hiernechſt iſt auch in acht zu nehmen/ daß nicht allein vor die Regimenter/
ſondern auch vor die Gcnerals- Perſonen vornemlich bequeme Logamenter
außzuſetzen/ Dem Feld-Oberſten gibt man in der Mitten der Regimenter einen
viereckichten Platz 300 Schuh lang und 600 Schuh breit/ ſo er fuͤr ſich und ſei-
ne Leute gebrauchet. Der General von der Attilerie bekomt einen Platz 300.
Schuh lang/ und 480 Schuh breit/ damit er allen benoͤtigten Zeug und die dazu
gehoͤrige Officirer nebenſt den Werck-Leuten um ſich haben koͤnne. Vor das
Pulver und andere Fewer-Wercke/ werden Reduiten gemacht/ und oben mit
haͤrenen Decken bedecket/ damit das Feuer nicht Schaden thun moͤge.


Alſogibt man vor andere Generales und hohe Officirer, als da ſeynd/ der Ge-
neral
uͤber die Cavallerie, Infanterie, derſelben General-Leutenante/ Majore,
Comißarien,
und dergleichen/ ſo nicht zu den Regimentern gehoͤren/ einen Raum
300 Schu lang ein/ die Breite kan ſich endern nach dem derſelben viel oder we-
nig ſind. Es wird auch fuͤr die Kauffleute/ Gaſtgeber/ Handwercks-Leute/ Flei-
ſcher/ Becker/ \&c. dem Marckt ein Raum von 300 Schu lang/ und 400. breit ge-
laſſen.


Endlichen behaͤlt man auch einen Platz vor die Ambaſſadorn, und andere
fremb-
[227]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
frembde ankommende Leute/ damit man dieſelben nach Gelegenheit logiren koͤn-
ne. Vm die Quartier gerings herum wird ein Platz von 200. oder 250 Schuh in
gleicher Breite gelaſſen/ welchen man den Alarm-Platz nennet/ da nemlich alle
Soldaten/ wenn etwa ein Laͤrmen wird/ aus jhren Quartiren zuſammen kom-
men/ und uͤber dieſes nimbt man auch noch 6 oder 7. Schuh dazu/ darauff eine
Trenchee und Circumvallation gemacht wird.


Die Außtheilung geſchicht wie bey dem Feldmeſſen/ erſtlich auffm Papier/
hernacher wird das gantze Lager vom Papier ins Feld getragen/ welches denn
mehr Muͤhe als Kunſt erfodert.


Ehe man aber die Außtheilung macht/ muͤſſen vollkommene Rollen und rich-
tige Specificationes d’ gantzen Armee, nebenſt allen Zubehoͤrungen dem General
Quartier-Meiſter außgeantwortet werden/ Sonſten werden die Quartier ent-
weder zu weitleufftig oder zu enge genommen/ welches beydes unrecht/ und
keines geſchehen ſolte.


Die dritte Art der Laͤger belangent/ ſo man Caſtra ſuſtentoria oder fliegen-
de Laͤger nennet/ ſo werden dieſelben allezeit gegen deß Feindes Lager geſchlagẽ/
und ſo gut verwahret als man kan. Sie ſind aber auch nicht einerley. Denn zu
weilen commandiret man nur etliche Regimenter zu Roß gegen dem Feind aus/
denſelben auffzuhalten oder jhm vorzubiegen/ daß er nicht weitern Progreß ins
Land haben kan. Darumb ſich denn dieſes Laͤger gantz nach dem Feinde richten
muß/ gehet derſelbe fort/ ſo muß das Laͤger auch fort geſchlagen werden.


Es bedarff aber daſſelbe/ zu mahl wo nur Reitterey verhanden/ keiner ſon-
der-
[228]FORTIFICATION
derbahren Weitleufftigkeit/ ſondern behilfft ſich mehrentheils in den kleinen
Staͤdren/ offenen Marck-Flecken und Doͤrffern/ ſo gut es kan. Darnach komt
es zuweilen/ daß zwo feindliche Armeen an einer Land-Grentze/ oder an einen
vornehmen Paß gegen einander ziehen/ ſich daſelbſt ſetzen und eine die andere zu
ruiniren gedencket/ in dem eine der andern/ ſo viel muͤglich/ das Proviant und
Fourage abſchneidet/ und einander außhungern.


Jn ſolchen Fall muß das Laͤger beyderſeits von Tag zu Tag mehr und beſ-
ſer beſeſtiget werden/ und wird dahero dem vorigen der Staͤrcke und Fortifica-
tion
nach nicht ſehr ungleich ſeyn/ darum es auch unnoͤtig weitleufftiger hievon
zu handeln.


An den Trencheen iſt nicht wenig gelegen/ weil ein Laͤger dadurch verwah-
ret und nicht wenig geſtaͤrcket werden kan. Denn das wolte demſelben nicht zu-
traͤglich ſeyn/ wenn es im Felde unbedeckt liegen und bald von den Belaͤgerten
bald von andern außwaͤrtigen unverſehens uͤberfallen werden ſolte. Darum
wenn eine Feſtung belaͤgert wird/ iſt ſchon von lauger Zeit hero auch bey den
Roͤmern im Gebrauch geweſen/ wie Frontinus lib. 4. Stratagem. meldet/ daß
man daſſelbe umzaͤunet/ welches denn heutiges Tages wo es nur muͤglich ſeyn
kan/ am fuͤglichſten mit [Auffwerffung] einer Bruſtwehre geſchiehet. Jn dieſel-
be Bruſtwehre nun pfleget man unterſchiedliche Defenſions-Wehren zu legen
und auffzuhauen/ welche dieſen Nutzen haben/ daß wo der Feind den Belaͤgerten
[...]uccurriren wolte/ derſelbe deſto beſſer daraus abgehalten werden koͤnte/ nicht
anders/ als wie an den Feſtungen aus den Bollwercken zugeſchehen pfleget.
Man
[229]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
Man macht aber allezeit auff die zwiſchen zweyen Wercken inliegende Linee auch
eine Bruſtwehre/ welche man aber nicht Cortine, ſondern Lineam Continuati-
onis
nennet/ damit die Feſtung gantz eingeſchloſſen werde/ und derſelben von
außen nichts zukommen koͤnne/ wiewol ſolche Linie offt nicht gantz herum gehet/
ſondern nur ſo weit/ als es die Noth erfodert. Dieſe Vmzeunung und allge-
meine Verſchantzung nennet man eine Circumvallation oder die euſſerliche Tren-
chee,
Wie nun die Armee ſich außwerts gegen einem ankommenden Feind ver-
ſchantzet/ daß derſelben unverſehens niemand beykommen kan/ alſo muß es auch
gegen die Feſtung geſchehen/ damit wenn die Belaͤgerten außfallen/ ſie ſo leicht-
lich nicht an die Belaͤgerer kommen koͤnnen. Man bedarff aber ſolches nicht al-
lenthalben/ ſondern iſt genug/ wenn es um die Quartier geſchicht/ denn weil die
Voͤlcker nicht auff einen Hauffen beyſammen liegen/ ſondern nach Gelegenheit
des Orts und Beſchaffenheit der Feſtunge in gewiſſe Quartier vertheilet wer-
den/ ſo muͤſſen dieſelben nothwendig wieder mit einer abſonderlichen Trenchee
umbgeben werden/ damit ſie auch gegen die Feſtung/ wann ein Außfall geſchie-
het/ eine Bruſtwehre haben/ und dieſelbe nennet man eine innerliche Trenchee
oder Lineam communicationis. Was aber die Defenſions-Wehren/ ſo in die
Trenchee geleget zu werden pflegen/ anlanget/ ſo ſind dieſelben unterſchiedlich
und mancherley. Denn nach dem es des Orts Gelegenheit mit bringet/
unnd man ſich an einem unnd andern Orth zu foͤrderſt eines feindli-
chen Anfalles zu befahren/ machet man auff die Trenchee eine drey-
oder viereckichte Feld-Schantze/ ſo wohl mit gantzen/ als halben
G gBoll-
[230]FORTIFICATION
Bollwercken/ item eine Redoute, ein Hornwerck/ Cron-Werck/
Tenaille oder nur eine außgeſetzte Flanque, derer zu weilen zwo gleich wie
zwo Facen zuſammen lauffen/ deßgleichen ein gantzes oder halbes plattes Boll-
werck/ oder was des Feindes Anfall ſonſten mehr an die Hand giebet/ dazu man
keine gewiſſe Regul vorſchreiben kan/ ſondern ein jeder ſich nach des Feindes An-
ſtellungen richten muß. Solche Defenſions-Wehren nun/ ſo in die Trencheen
geleget werden/ duͤrffen nicht uͤber 60 oder 70 Ruthen von einander liegen.
Darum wenn man eine gerade Linie hat/ auff welcher man ettlich mal 60 Ru-
then meſſen kan/ muß man der oberzehlten Wercklein ſo viel anlegen/ ſo viel mahl
60 Ruthen gemeſſen werden koͤnnen. Jedoch allezeit ſolcher Geſtalt/ daß ſie ge-
gen einander gute Defenſion haben/ und dem Lager vortheilig ſeyn/ wie ſolches
etlicher maſſen aus der 152. Figur zu erſehen/ da dergleichen unterſchiedliche Wer-
cke vor Augen geſtellet werden.


Was der Trencheen Profil betrifft/ ſo iſt in acht zu nehmen/ daß die Staͤr-
cke ſolcher Wercke nach Gelegenheit der Zeit/ des Orts und der Erden/ ſo man
zum Baw findet/ ſo wohl auch zu foͤrderſt nach des Feindes Macht und Staͤrcke
hinwiederum unterſchiedlich ſeyn kan. Dahero laͤſſet ſich allhier kein gewiſſes
Profil dazu angeben/ ſondern ein jeder wird ſich bey der Praxi nach ſolchen Vm-
ſtaͤnden zu richten wiſſen. Dafern man ſich aber fuͤr des Feindes maͤchtigen Suc-
curs
zu befuͤrchten/ ſo kan man hin und wieder die Trencheen verſtaͤrcken/ und
denſelben ſo wohl an der Dicke und Hoͤhe aus dem Profil der Feld-Schantzen/
als an den Wercken ſelbſten etwas zugeben. Allhier iſt zu mercken/ daß offtmals
die
[231]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
die Erde alſo ſandicht iſt/ daß ſie ſich zum Baw ſehr uͤbel ſchicket/ beſonders wo
man den Raſen nicht wohl haben kan/ darum man den auff ſolchen Fall an ſtatt
der Bruſtwehre entweder Schantz-Koͤrbe/ oder welches man ſonſten fuͤr beſſer
achtet/ geflochtene Zaͤune mit ſtarcken Pfaͤhlen verwahret/ zugebrauchen pfleget/
welche ſo hoch ſeyn muͤſſen/ als ſonſten die Bruſtwehren/ in die Mitten ſchuͤttet
man Erde/ ſie ſey ſandicht oder nicht/ ſo haͤlt es der Zaun zuſammen. Mit
Schantz-Koͤrben gehet es etwas langſamer daher/ weil ſie zu flechten viel Zeit er-
fodern. Jſt aber die Erde fein dicht und fett/ ſo iſts auch nicht noͤtig/ daß man
Raſen dazu gebrauchet/ weil ſie ohne das haͤlt/ und ſo leichtlich nicht einfaͤlt. Jſt
ein Ort beym Laͤger moraſtig/ alſo daß der Moraſt ſich auf einen ſtarcken Muß-
queten-Schuß und druͤber vom Lager hinaus erſtrecket/ ſo iſts nicht noͤtig/ daß
man dieſelbe Seite verſchantzet. Dafern aber der Moraſt nicht ſo breit iſt/ kan
man ſich abermal der Art gebrauchen/ welche bey ſandichter Erde gebrauchet
wird/ oder man kan eine Bruſtwehre von Faſinen machen/ welche fein dicht auff
einander geſchlagen/ und mit Pfaͤhlen befeſtiget werden muͤſſen.


Nu ſind folgende Regeln ins gemein in Acht zu nehmen:


  • (1.) Das alle Wercke gute und gerechte Defenſion haben/ nach dem Mußque-
    ten-Schuß gedeterminiret.
  • (2.) Daß zwiſchen den Lineen CircumvallationisContinuationis wie auch
    Communicationis keine Luͤcken oder offene Proſpectus dem Feinde ein- oder den
    Belaͤgerten auß-zukommen/ gelaſſen werden.
  • (3.) Daß die Laͤger nicht zu weitleufftig und auch nicht zu enge in einander ge-
    G g ijzogen
    [232]FORTIFICATION
    zogen werden/ ſonderlich ſo man mehr Volck oder Succurs vermuthend/ damit
    dieſelbe auch Raum haben moͤgen.
  • (4.) Daß man/ ſo viel muͤglich/ Voͤlcker unterſchiedener Nation von einan-
    der abſondere/ und in ſonderliche Quartier vertheile.
  • (5.) Daß man die Laͤger nicht ſo nahe an die Stadt ordne/ damit das grobe
    Geſchuͤtz/ mit groſſen Bogen-Schuß nicht leichtlich Schaden thun moͤge/ Weiter
    ſol es aber auch nit abgelegen ſeyn/ damit die Arbeiter in den Approchen aus den
    Quartiren deſto ehe Huͤlffe haben koͤnnen.
  • (6.) Daß man die Fluͤße ũd Waſſerſtroͤme in acht nehme/ und die wol verwahre/
    doch daß die Laͤger nit an gar zu niedrige Oerter oď Moraſt geleget werdẽ/ da mã
    ſie mit Waſſer uͤberſchwemmen koͤnne/ oder auch das Volck von der Feuchtig-
    keit verderbet und ungeſund werde. Sind kleine Stroͤme/ verſtopft man ſelbe
    oben/ und fuͤhret das Waſſer in die Graben der Wercke/ uͤber die groſſen ſchleget
    man Schiff oder andere Bruͤcken.
  • (7.) Jſt man in Freunde Lande/ und hat ſich hinterruͤck keines Feindes zu be-
    fuͤrchten/ kehr [...] man die Wercke um/ und machet die Graben nach der Stadt zu/
    ſonderlich ſo dieſelben ſtarck/ und ſich ſtets außzufallen unterſtehen duͤrffen/ und
    ſolche werden Lineæ Communicationis, weil ſie verhuͤten/ daß durch die Auß-
    faͤlle der Belaͤgerten die Communication der Laͤger nicht verhindert/ oder eines
    vom andern abgeſchnitten werde/ genant.
  • (8.) Die Hoͤhen wirfft man entweder ab/ oder zeucht ſie mit ins Lager/ oder
    da ſich ſolches auch nicht ſchicken wil/ muß man ſie à part mit einer Schantze oder
    ande-
    [233]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
    anderen Wercke belegen/ damit ſie nicht von dem Feinde occupiret werden. Was
    ſonſt hiebey zu obſerviren, kan beym Freitagio, Cellario, Vegetio, Sterino, und
    andern nachgeſchlagen werden.

CAPUT X.


Von Battereyen und Geſchuͤtz-Stellungen/ ſo wohl in- als auſſerhalb der
Stadt/ und den zu der Batterey/ ſo auſſerhalb der Stadt/ gehoͤrigen
Profil, deß gleichen von Cavallieren oder Katzen.


Die Battereyen und Geſchuͤtz-Stellungen/ zu Latein Suggeſtus genant/
werden auff unterſchiedliche Art und Form auffgebauet/ nach dem viel oder we-
nig Stuͤcke/ groß oder kleine darauff zu pflantzen/ auch zu unterſchiedlichen En-
de angeordnet.


Denn erſtlich ſind Battereyen im freyen Felde/ das Geſtuͤck darauf bey Batta-
glien
zu ſtellen/ werden nur etwa 4 Schuh uͤber dem Horizont auffgeworffen.


Zum andern ſind die Battereyen in den Feld-Lagern/ und werden geſchloſſe-
ne Battereyen genant. Solcher ſind wieder zweyerley/ die ſo gegen die Stadt/
und die ſo gegen das Feld den Succurs damit abzuhalten/ angeordnet werden.
Die gegen der Stadt muͤſſen allewege ſtaͤrcker und fleiſſiger erbauet werden
als gegen dem Felde. Denn jene den Wall der Stadt zur Gegen-Batterey haben/
dieſe aber nur wider die erſte Furi, und Anfall des Succurſes baſtant ſeyn duͤrffẽ/
deñ derſelbe wol nit leichte Gegen-Battereyen auffwerffen wird; ſo machet man
G g iijauch
[234]FORTIFICATION
auch Battereyen auff dem Horizont, ja man ſchneidet auch wohl den Horizont
ein/ und ſencket die Stuͤcke/ ſonderlich ſo man gar nahe an den Graben kommet;
Die Battereyen gegen einer Stadt zu/ als die ſtaͤrckeſten und nothwendigſten
(Denn ſolche nicht allein zur Offenſion und Ruinirung der Waͤlle und Geſchuͤtze/
ſondern auch zur Defenſion derer/ ſo bey Auffwerffung und Befeſtigung des La-
gers arbeiten muͤſſen/ zugebrauchen noͤtig) muͤſſen am erſten an die gebuͤhrliche
und zuvor recognoſcirte Oerter auffgeworffen werden/ Anfangs auff einen
Mußqueten-Schuß/ oder etwa 300 oder 400 Schritt weit von der Stadt/ her-
nach ruͤcket man naͤher hinzu/ da deñ dieſes in acht zu nehmen/ je naͤher die Batte-
reyen an eine Stadt kommen/ je hoͤher man ſie auffwirfft/ ſonſt iſt ins gemein
ihre Hoͤhe 4. 5. oder 6. Fuͤß. Zu der Breite wird genommen zu jeden Stuͤcke/ ſo
darauff geſtellet werden/ eine Ruthe oder 15. Schuh/ und noch zu beyden Seiten
13. Schu/ daß die Battereyen inwendig 13 Schu breiter ſeyn/ als die Zahl des
Geſchuͤtzes ſo darauff iſt: Forn wird eine Bruſtwehre gemachet von 12. biß 18.
Schu dicke/ hinten und forn 6 Fuͤß hoch/ die Bruſtwehren zur Seiten duͤrffen
nur etwa/ 6. oder 8 Schuh dicke ſeyn. Jn die foͤrderſte Bruſtwehre machet man
Schieß-Zangen oder Scharten/ ſolche werden entweder mit einem ſtarcken
Thuͤrlein/ oder nur mit Blendung von Reiß oder Tuch verwahret/ und wenn die
Geſchuͤtze geloͤſet werden/ eroͤffnet. Die Breite richtet ſich nach der Laͤnge der Stuͤ-
cke/ und muß etwa 1½ oder 2 Ruthen laͤnger ſeyn/ als die Stuͤcke mit dem Schafft/
den Boden beleget man unten mit Balcken/ und guten ſtarcken Dielen/ hinten
einen Fuß hoͤher/ daß die Stuͤcke nicht gar zu viel zu ruͤcke lauffen/ und deſto leich-
ter
[235]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
ter an ihren Orth koͤnnen gebracht werden; hat man nicht Bretter gnug/ beleget
man das hinterſte Theil mit geflochtenen Matten/ die man zu Wagen-Koͤrben
gebrauchet: Hinter der Batterey wird ein Platz/ ſo breit die Batterey iſt/ und
etwa 36. oder 40 Schu lang gelaſſen/ das Pulver drein zu ſtellen/ Tonnen-Weiſe
geſetzt/ erſt mit Brettern/ darnach mit haͤrnen Decken/ oder auch wol Torff umb
Fewer-Schaden zu verhuͤten/ beleget/ oder es wird auch eine Grube dazu ge-
macht/ und ſolches geſencket: Dieſer Platz mit der gantzen Battereyen wird end-
lich/ nach dem vor und zur Seiten derſelben eine Berm/ etwa von 3 oder 4 Fuß
gelaſſen mit einem Graben 10 Fuß breit/ und ½ Ruthe tieff/ umgeben; hinten wird
ein Eingang und Bruͤcke gemacht/ 1. Ruthe breit/ oder etwas breiter/ und auch
eine ſchrege Auffart auff dieſelben. Solcher Battereyen werden gemeiniglich
3. gegen denſelben Ort ſo man beſchießen wil/ auffgeworffẽ/ Aus zweyen leſt man
zugleich die Creutz-Schuͤſſe auff die Face ſo man ruiniren wil/ abgehen/ aus der
dritten helt man der Belaͤgerten Geſchuͤtz in Zaum. Dieſes iſt alſo die allgemeine
Beſchreibung der Battereyen/ und iſt eine ſolche zu 3 Stuͤcken Geſchuͤtz in der
143 Figur vorgeſtellet/ allwo der Graben mit A verzeichnet 10 Fuß gerings um-
her breit genommen wird/ die Berm B 4 Schu/ die euſſerliche Boͤſchung C, 2.
Schuh/ die innerliche Boͤſchung D, 5. Schuh/ die foͤrdere Dicke oder Anlage der
Bruſtwehre E 18. Schuh/ die Dicke oder Anlage der Bruſtwehre auff den Sei-
ten F, 8 Schuh/ die Schieß-Loͤcher G, forne gegen die Feſtung 4 Schuh/ und hin-
ten 2 Schuh weit/ die Breite des Platzes H, darauff die Stuͤcke zu ſtehen kommẽ/
15 Schuh/ der uͤbrige Raum hint er den Stuͤcken K 2 Ruthen/ die Laͤnge der
Batte-
[236]FORTIFICATION
Batterey/ iſt 48 Schuh/ als zu den drey Stuͤcken/ 35 Schuh/ und auff jeder Sei-
ten am Ende 6½ Schu/ die Laͤnge und Breite der Pulver-Gruben L 10 Schu/
der ledige Platz hinter der Batterey iſt N 36. Schuh/ die Weite der Einfahrt O,
12 Schuh/ das Profil zu dieſer Batterey iſt in der 154. Figur zu befinden/ in wel-
chen zweyerley Hoͤhen des Walles ſeyn/ als die innerliche f vv 5 Schu/ damit der
Platz darauff die Stuͤcken ſtehen f g gegen die Bruſtwehre einen wenigen Hang
bekommen/ und die euſſerliche r ſ oder x vv, 4 Schuh. Die euſſerliche und inner-
liche Hoͤhe der Bruſt-Wehre h u und i t, ſind einander gleich/ nemlich jede 6 Schu.
Die innerliche Boͤſchung der Bruſtwehre g n iſt wie ſonſten 1. Schuh/ und die
eußerliche ſ t 3 Schuh. Die beyde Boͤſchungen des Grabens o p und l q oder a z
und d y ſind auch gleich/ nemlich jede 3 Schuh. Die Tieffe des Grabens p n und
q m oder z b und y c iſt 6 Schuh. Die uͤbrigen Stuͤcke des Profils ſind aus dem
Vorigen bekant. Die andern nach dem Felde zu/ duͤrffen/ wie ſchon erwehnet/
nicht ſo ſtarck ſeyn; Die Bruſtwehre vorn iſt von 6 oder 7 Schu dicke genug und
darff nur ſo hoch ſeyn/ daß der Mund vom Geſchuͤtz darauff liegen moͤge/ denn
in dieſe werden keine Scharten gemacht/ ſondern man ſcheuſt nur uͤber Banck
damit man alle Oerter im Felde/ da der Feind einbrechen wil/ daraus erreichen
koͤnne. Es iſt auch genug/ daß ſie nur forn und auff den Seiten einen Graben ha-
ben/ hinten herum ſtecket man nur Staͤbe/ und bindet einen Strick oder Lunte
daran/ daß nicht jederman unvorſichtiger Weiſe hinauff lauffe/ und zu Schaden
komme/ oder die Buͤchſen-Meiſter verhindere. Jhre Stelle iſt innerhalb dereuſ-
ſerlichen Trenchee nach dem Felde zu: Jhre Hoͤhe die Helffte der Bruſtwehre/
das
[237]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
das iſt 3 oder 4 Schuh/ die Breite und Laͤnge wird nach den Geſchuͤtzen/ ſo dar-
auff geordnet werden/ nach voriger Anweiſung angeleget/ doch weil man auff
dieſe nur die kleineſte Feld-Stuͤcke pflantzet/ werden ſie nicht ſo groß als die an-
dern: An ſtatt der Bruſtwehre von Erde/ ſo daran Mangel ſeyn ſolte/ kan man
Schantz-Korbe auch wol Woll-Saͤcke (denn man dafuͤr haͤlt/ daß eine Mußque-
ten-Kugel/ wenn ſie einen Fuß tieff in die Erde ſchlaͤget/ auch nicht weiter in einen
Woll-Sack gehen kan/ und dannenhero eine Bruſtwehre von Woll-Saͤcken/
mit einer von Erde/ ſo ſie gleich dick/ auff gleiche Staͤrcke) gebrauchen: doch muß
man ſich wohl vorſehen/ daß ſie nicht von den eigenen Stuͤcken in den Brand ge-
ſtecket werden/ und dannenhero allewege Waſſer bey der Hand haben. Die
Schantz-Koͤrbe/ ſo man ſie wol auff denen nach der Stadt/ als nach dem Felde
zu/ gebrauchen wil/ darff man alsdenn keine Schartenmachen/ welches ettliche
beſſer halten/ ſondern nur uͤber Banck ſchieſſen.


Jns gemein iſt von allen Battereyen und Stuͤck-Stellungen zumercken/
daß gute dichte und wohlgeſtampfte Erde/ mit Reiß offt und vielfach durchgele-
get/ darzu genommen werde/ daß ſie eine groſſe Laſt tragen muͤſſen/ und von dem
gewaltigen Knall der Stuͤck leicht erſchuͤttern und zerfallen koͤnnen. Die Stel-
lung der Stuͤcke auff dem Walle oder Contre-Battereyen betreffent/ wird erſt
gefraget/ wo ſie zu erbauen? Allhier kan man zwar keinen gewiſſen Ort determi-
niren,
weil man nicht eigentlich wiſſen kan/ wo der Feind ſeine Battereyen auff-
werffen wird/ dem ſie muͤſſen entgegen geſtellet werden; doch weil es die Praxis
giebet/ daß er allewege die eine oder die andere Geſicht-Linee am Bollwerck an-
H hgreif-
[238]FORTIFICATION
greiffet/ gehoͤren ſie auch auff die Bollwercke/ als von welchen man auch zum
weiteſten ins Feld reichen kan. Bey ihrer auffbauung iſt nichts ſonderliches zu
obſerviren, als daß man die Erde etwa halb ſo hoch wie die Bruſtwehre auff-
werffe/ und den Grund mit Balcken und Dielen uͤberlege/ ſo man uͤber Banck
ſchieſſen wil/ das Mund-Loch muß zu beyden Seiten mit Schantz-Koͤrben ver-
wahret ſeyn/ hat man keine Erde/ machet man Geruͤſte auf ſtarcke Pfeiler von
Bretern/ wenn man in den Wall Scharten machet/ darf man die Stellung nicht
ſo hoch erhoͤhen; Doch helt man das uͤber Banck ſchieſſen beſſer/ weil man als
denn die Stuͤcke/ wo man hin wil/ wenden kan. Was oben gedacht worden von
den Scharten in die Battereyen zu machen/ hat es mit dieſen/ ſonderlich denen/
ſo die Breche ſchieſſen/ eine andere Beſchaffenheit/ weil ſie allewege jhre Schuͤſſe
auf den Ort/ ſo ſie ruiniren wollen/ als ein gewiſſes Centrum richten; Die andern
ſo der Stadt Geſchuͤß in Zwang halten/ ſind auch beſſer ohne Scharten. Eben
auff dieſe Weiſe machet man auch die Stellungen in der Faußebray/ darum die-
ſelbe allezeit in gnugſamer Breite ſein ſol/ daß man mit den Stuͤcken darauff
forkommen kan/ und dieſelbigen ihren behoͤrigen Raum haben moͤgen/ wo ſie
aber zu enge gebauet were/ daß die Stuͤcke nicht Raum hetten/ muß man ſich dar-
innen mit Doppel-Hacken behelffen/ in welchen Fall man nur ſtarcke Pfaͤhle hin
und wieder ſchlaͤget/ oben mit einen runden Eiſen/ die aber ſo hoch ſeyn muͤſſen
als die Bruſtwehre/ damit wenn die Doppelhacken in ſolche Eiſen geleget wer-
den/ ſie uͤber die Bruſtwehre geleget werden koͤnnen/ Wenn der Feind an die Fe-
ſtung ſo nahe komt/ daß man das Geſchuͤtz auff dem Walle nicht mehr fuͤglich
gebrau-
[239]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
gebranchen kan/ ſo bringet man derſelben etliche in den verdeckten Weg/ wo ei-
ner verhanden/ und machet allda nach voriger Art Contra-Battereyen/ aus
welchen man dem Horizont parallel ſchieſſen/ und dem Feind noch groͤſſern Scha-
den als vom Wall thun kan. Endlich ſo iſt noch eine Art von Battereyen in einer
Feſtung/ ſo man verſenckte Battereyen nennet/ welche alſo gemacht werden:
Man graͤbet etliche Schu tieff in die Erde eine Grube/ machet hernach dieſelbe
ſo lang als man wil/ nach dem man viel oder wenig Stuͤcke dariñ gebrauchen
wil/ in der Weite/ daß ein Stuͤck zu ſeinem Ruͤcklauf Raum genug habe/ der
Grund wird wie zuvor mit Balcken und Brettern feſte gemachet/ Nach dieſem
bricht man Schieß-Loͤcher durch die Erde gegen dem Feind/ und damit die Erde
von dem vielen ſchießen nicht einfalle/ kan man ſie mit Weiden verzaͤunen/ oder
mit Brettern außfuͤttern/ auff ſolche Art kan man recht Horizontal ſchieſſen.


Die Cavallier oder Katzen gehoͤren auch zur Defenſion einer Feſtung/ wer-
den aber nirgend gebauet/ als wo Hoͤhen und Berge ſind. Denn wann ein
Feind eine Feſtung belaͤgert/ ſo nimt er gewiß die Hoͤhen alſo in acht/ daß er auff
denſelben ſeinen Vortheil ſuchet/ weil er weiß/ daß ſolche Hoͤhen der Feſtung
ſchaͤdlich ſeyn. Darum die Kriegsverſtaͤndigen darauff bedacht geweſen/ weil
in ſolchem Fall die Contra-Battereyen viel zu niedrig ſeyn/ daß man
andere erhabene Stuͤcke der Feſtung darwider gebrauchen moͤchte. Ha-
ben demnach fuͤr rathſamb befunden/ daß man nicht allein ſolche hohe Oer-
ter/ wo ſie nicht zu weit entlegen/ oder gar zu hoch ſind/ mit Trencheen,
H h ijHorn-
[240]FORTIFICATION
Horn- und Cron-Wercken umgeben/ oď wo ſie hoͤher als der Wall der Feſtung/
mit Schantzen verſehen/ wie ſchon oben gedacht/ ſondern auch die Bollwercke/
ſo gegen die Hoͤhen liegen auff gewiſſe Maaß erhoͤhen/ und Katzen darauff bauen
ſol/ derer Hoͤhe zwar nicht eigentlich benennet werden kan/ weil ſich dieſelben al-
lezeit nach der Berge Hoͤhen richten muͤſſen/ und nicht niedriger als die Berge
hoch auffgefuͤhret werden duͤrffen/ damit man daraus flach uͤber die Berge
ſchießen koͤnne. Jhre Structur iſt nicht ſchwer/ in Betrachtung daß alle Lineen
den Bollwercks-Lineen parallel fallẽ Es muß aber zwiſchen der Bruſtwehre des
Bollwercks und der euſſerlichen Boͤſchung der Katzen Raum verbleiben/ daß
man ohne hindernis des Walles Bruſtwehre einen Weg als den andern gebrau-
chen kan/ und werden alſo auffgefuͤhret/ als wenn ein Wall auff dem andern lege.
Das Cavallier an jhm ſelbſten hat ſeine Bruſtwehre wie das Bollwerck/ darum
von neuen viel Meldung davon zu thun/ fuͤr unnoͤtig erachtet wird. Worbey
aber inſonderheit zu mercken/ daß die Bollwercke/ dar auff ſie ſollen gebauet wer-
den/ muͤſſen angefuͤllet ſeyn/ Es muß auch hinten gegen den Kehl-Punct des
Bollwercks eine Auffart gemacht werden/ daß die Stuͤcke/ ſo darauff gebraucht
werden ſollen/ hinauff gefuͤhret werden koͤnnen/ gleich wie ſolches auß der 155 Fig.
bey den Buchſtaben A und B zu erſetzen.


Gleich wie nun von Katzen gedacht worden/ daß ſie zur Defenſion einer Fe-
ſtung gehoͤren/ alſo iſts auch mit den platten Formen bewand/ denn wenn Hoͤ-
hen um eine Feſtung ſeyn/ ſo geſchiehets zu weilen/ daß man auch den Wall an der
Cortin erhoͤhet/ wo man ſiehet/ daß ď Feind darauf fuͤglicher beſchoſſen werden
kan/
[241]oder Kriegs-Bau- Kunſt.
kan/ und ſolche Erhoͤhung/ weil ſie alſo blatt nach der Laͤnge ď Cortin lieget/ neñet
man dahero platte Form/ jedoch muß zwiſchen der Bruſtwehre und dieſer Erhoͤ-
hung wiederum ſo viel Raum gelaſſen werden/ daß man dieſelbe gleich/ wie von
den Bollwercken gedacht worden/ ohne Hinderniß gebrauchen koͤnne. Die
Hoͤhe richtet ſich wiederum nach der Berge Hoͤhe/ und ſeynd wie eine Cortin auf
der andern/ werden lang/ nach dem man vie Stuͤck darauff ſtellen wil/ und wer-
den Stuͤckſtellungen/ ſo wol auff dieſe als auff die Katzen von Brettern gemacht.
Jſt der Wallgang hinter der Bruſtwehre nicht breit genug/ ſetzet man hinten ein
Geruͤſt von Balcken und ſtarcken Dielen dran/ und ſchuͤttet die platte Form
drauff.


CAPUT XI.


Von Approchen/ und wie eine Gallerie oder Schirm-Dach zubereitet wird/
deßgleichen von Contr’ Approchen.


Man findet hin und wieder/ ſo wohl in alten als neuen Hiſtorien/ wie un-
terſchiedliche feſte Staͤdte und Plaͤtze/ theils durch Liſt und allerhand heimliche
Stratagemata, durch Verraͤtherey/ durch Hungers-Noth und dergleichen/ end-
lich in der Feinde Haͤnde gerathen; theils aber durch oͤffentliche Gewalt und
Sturm erobert. Denn man hat Exempel/ daß offtermals bey nachtſchlaffender
Zeit der Feind Sturmleitern angebracht/ und die Waͤlle und Mauern erſtiegen;
oder auch nach Weiſe des Trojaniſchen Pfer des/ in Hew- und Ruͤſt-Wagen/ in
H h iijKaͤh-
[242]FORTIFICATION
Kaͤhnen und Schiffen/ oder in Bauren-Kleider vermummet/ Soldaten in die
Feſtung gepartiret/ und was dergleichen Krieg es-Wercke mehr ſeyn. Die Oer-
ter/ ſo durch oͤffentliche Gewalt eingenommen werden/ wenn ſie nicht gar feſte/
werden offtmals in der Furi und im erſten Schreck mit Leitern erſtiegen und ein-
genommen/ oder auch der Feind ſtellet eine Belaͤgerung an/ wirfft Battereyen
auff/ ſcheuſt Breche/ und machet eine Eroͤffnung an den Wall/ und laͤſt darauf
Sturm lauffen; Jn dem Sturmlauffen nimt ein jeder Soldat ein Bund Reißig/
werffen das in den Graben/ und lauffen alſo uͤber/ ſonderlich ſo dieſelbe tru-
cken; Oder auch endlich/ es machet ſich der Feind mit ſeinem Lauff-Graben biß an
den Graben der Stadt/ bringet denn eine Gallerie oder Schirm-Dach uͤber/
untergraͤbet ein Stuͤck eines Bollwercks/ bringt Pulver unter/ ſprenget ſolches
in die Lufft/ und in dem dieſes geſchiehet/ und das Bollwerck zerſprenget/ ſtellet
er ſein Volck in Ordnung/ etwa in etliche als in 3 Hauffen/ und leſt einem nach
den andern Sturm lauffen: Dieſe Art weil ſie die muͤhſamſte und Kunſtreichſte/
auch eigentlich fuͤr ſtarcken Haupt-Feſtungen muß angewand werden/ als iſt
von dieſer allhie etwas zu handeln/ und erſtlich von den Approchen oder Lauff-
Graben.


Approchen, Appropin quationes oder Lauff-Graben/ ſind in der Erde auf-
geworffene Wege/ in und durch welche man an eine Feſtung gleichſam verdecket/
und ohne ſonderliche Hinderniß und Gefahr annahet/ und denn die fernere
Wercke auffuͤhren kan.


Dieſe lauffen je von einer Seiten zu der andern gegen der Feſtung zu/ und
muͤſ-
[243]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
muͤſſen mit den Seiten der Wercke/ gegen welche ſie geleitet werden/ alſo ferner
fort gefuͤhret keinen Winckel/ ſondern vielmehr eine gleichſtehende Linee machen/
damit ſie gegen der Feſtung nichtoffen ſtehen/ und der Laͤnge nach koͤnnen beſtri-
chen werden. Ehe man approchiret, ſol man den Abriß einer Feſtung benebenſt
derſelben euſſerlichen Geſtalt zu uͤberkommen/ ſich hoͤchſt bemuͤhen/ und dannen-
hero die Vortheil uͤberlegen/ und einen Schluß machen/ wo nemlich die Appro-
chen
angefangen/ und nach welcher Gegend ſie hinaus geſtrecket werden muͤſſeu.
Man muß ſich auch der Natur des Landes wohl erkundigen/ ob nicht etwan der
Boden deſſelben nur auff eine Zeit trucken ſey und hernacher/ wenn ſich das
Wetter endert und Regen einfallen/ das Waſſer mit Hauffen zulauffe/ wie an
etlichen Oertern geſchicht/ in welchen Fall die Approchen, ſo bey guten truckenen
Wetter gemacht worden/ in Hoffnung/ naß ſie beſtehen wuͤrden/ hernacher zu
Grund gehen/ und nichts nuͤtze werden/ wenn ſich das Waſſer dahin verſamlet.
Jns gemein aber ſol man ſolche zwiſchen 60 und 90 Ruthen/ oder wie Goldman
wil/ ohngefehr auff 1000 Fuß von den euſſerſten Wercken anfangen/ wo nicht
etwa die Gelegenheit einen naͤhern Ort und Anfang rathen und zulaſſen wuͤrde.
Nach alſo gemachten Schluſſe und geſchoͤpftẽ Rath muͤſſen 2 biß in 300. Knechte
mit ihrem Gewehr/ und zum grabẽ und arbeiten nothwendigẽ Werckzeuge ver-
ſchẽ/ außgeſondert/ und an dieſe Arbeit je 2 oď 3 Fuß einer von dem andern geſtel-
let werdẽ/ und mit etlichẽ 100 Reittern und Fuß-Volck ſecundiret und bewahret
werdẽ/ damit ſie nit ſo leichtlich võ denẽ in der Feſtung uͤberfallẽ und gefangẽ oder
doch
[244]FORTIFICATION
doch zum wenigſten an der Arbeit verhindert werden/ damit aber auch ſo wohl
die Secundanten und Waͤchter/ als die Arbeiter ſelbſten/ wenn ſie zu ſtarck uͤber-
fallen werden/ eine Verſchantz- und Bedeckung/ dahin ſie ſich ſalviren und daraus
wehren koͤnnen/ haben moͤchten/ ſo mag man eine oder zwey Redouten oder
Feld-Schantzen mit halben oder auch wohl mit gantzen Bollwercken anlegen/
nach dem man ſich wohl verwahren wil/ woraus man ſich wider den außfallen-
den Feind ſo lang wehret/ biß aus dem Lager Succurs erfolget/ und nach dem die
Beſatzung in der Feſtung ſtarck iſt/ und man ſich groſſer Außfaͤlle zu beſorgen/
muͤſſen auch ſolche Wercke beſchaffen ſeyn/ damit gnugſames Volck zum Wider-
ſtand ſich darinnen aufhalten koͤnne/ und die Arbeiter nicht uͤber Halß und Kopff
wieder zuruͤck getrieben werden. Dieſe muͤſſen erſtlich nach dem abgeſteckten Ab-
riſſe einen Graben 3 Fuß breit und tieff auff/ und die Erde vor ſich gegen die Fe-
ſtung/ werſſen/ durch welches Mittel ſie den Belaͤgerten jaͤhling auß den Augen
kommen und mit der auffgeworffenen Erde/ und dem Rande oder Tieffe des
Grabens zugleich/ welche ſie numehr gleich einer auff 6 Fuͤß erhoͤheten Bruſt-
wehre fuͤr ſich haben/ den Leib bedecken koͤnnen. Wiewol auch hierbey zugleich
vielerley Blendungen und Stratagemata gebrauchet werden. Nach dieſem ge-
hen ſie mit dem Graben noch auff 3 oder 5 Fuß in voriger Tieffe hinter ſich/ und
pflegen alſo zwar fuͤr das Fuß- Volck die Approchen auf 3 Fuß tieff und 6 oder
8 Fuß breit mit einer faſt auff 6 oder auch wohl mit dem Rande des Grabens
auff 9 Fuß erhoͤheten Bruſtwehre verſehen/ und erweitert zu werden/ Es were
denn eine ſonderbahre Vrſache verhanden/ Warum man ſie breitter machen
ſolte
[245]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
ſolte/ da ſie wohl zuweilen auf eine gantze Ruthe breit gemachet werden/ zumahl
wenn man nahe an die Feſtung kombt/ da eine oder mehr Baͤncke in den Appro-
chen
erfodert werden. Solt man aber zu der Feſtung naͤher gelangen/ ſo muͤſſen
alsdenn auch die gedachten Lauffwege und Naͤherungen/ wie gemeldet/ nach
Erfoderung des Walles/ und der Geſicht-Linee (oder Augen-Maße nach) etwas
tieffer außgefuͤhret werden. Es werden aber ſolche Approchen gemeiniglich bey
naͤchtlicher Zeit angefangen und hernacher bey Tage vollend außgemacht; Ehe
man aber eine neue Linee anfaͤhet wird allezeit zuvor eine Reducte oder derglei-
chen Werck ſo man Corps de Guarde nennet/ angeleget/ daß man darinneu/ wie
obgedacht/ gute Wacht halten und den Arbeitern Defenſion leiſten kan/ ſolches
continuiret man nun alſo biß an die Feſtung/ wenn man nun mit den
Approchen ſo nahe an die Feſtung langet/ daß man nicht naͤher kom-
men kan/ ſo wird außer demſelben uͤber der Bruſtwehre gleich gegen die Mitte
der Face des Bollwercks/ ſo man angreiffen wil/ in gerade Linee zur Feſtung von
neuen angefangen zu graben/ welches man ſappiren nennet/ Es muͤſſen aber ſol-
che Sappen alſo gemacht werden/ daß ſie ſo viel immer muͤglich außer des
Feindes Streich-Schuͤſſe ſeyn/ welches denn folgender Geſtalt verrichtet wird:
Es begiebet ſich einer/ zu mahl/ bey naͤchtlicher Weile/ uͤber die Approchen hin-
aus/ felt auff ſeine Knie/ faͤnget an in gerader Linee von der Approche gegen die
Feſtung zu graben/ und vergrabet ſich anfanges/ ſo bald er kan mit einer kurtzen
Schauffel in die Erde daß er bedeckt ſey/ und macht einen Graben von 3 Schuh
breit und 3 Schu tief/ die Erde wirfft er auff die Seite gegen die Feſtung/ und da
er in des Feindes Geſchoß an meiſten zu ſeyn vermeinet/ darbey aber zuforderſt
J ialler-
[246]FORTIFICATION
allerley Blendunge auch von oben zu Bedeckungen gebraucht werden muͤſſen/
damit die Belaͤgerten das Vorhaben nicht verhindern koͤnnen; Wenn man ſich
nun ſo tieff vergraben/ daß man bedeckt iſt/ gehet man in dieſer Breite gegen die
Feſtung fort/ und ſo bald etliche Schu vollendet/ folgen andere nach/ welche die
Soppe weiter und tieffer machen/ daß ſie der Approchen gleich wird/ die ſich al[ſ]o
biß an den Graben erſtreckt. Darbey dieſes zu mercken/ wie ſchon gemeldet/ daß/
weil die Approchen gegen die Feſtung offtſehr tieff kommen/ an dieſelben eine
oder zwey Baͤncke gemachet werden muͤſſen/ damit man deſto beſſer bedeckt ſey/
und die Soldaten darauff ihr Geſchoß deſto fuͤglicher gegen den Feind loͤſen koͤn-
nen/ koͤnte man ſich aber hierdurch nicht gnugſam bedecken/ ſo muß man bey
der Nacht Zaͤune und Horten auffrichten/ und ſich damit des Feindes Geſicht
entziehẽ Es haben auch allhier die kleinen Koͤrblein ihren ſonderbahren Nutzen/
als welche ſehr fuͤglich ſo wol in ď Soppe als in den Approchen gebrauchet wer-
den/ hinter welchen die Soldaten wol bedeckt liegen/ und zwiſchen denſelben mit
jhren Mußqueten auff den Feind/ wo ſich derſelbe blicket/ oder die geringſte
Bloͤße giebet/ mit Fleiß ziehlen koͤnnen.


Dieweil aber bey dem approchiren und ſappiren der Blendungen gedacht
worden/ ſo iſſ zu wiſſen/ daß ob zwar derſelben viel und mancherley Arten/ je-
dennoch dieſe die [allerbequemeſten] zu ſeyn ſcheinen/ welche auff vier Pflug- oder
Plock-Raͤder mit Vierrungen gemacht und die Axen mit zuſammen gedreheten
Weiden feſt aneinander gefeſſelt werden/ damit ſie wohin man wil/ fortgeſcho-
ben werden koͤnnen/ wenn man nun zwiſchen die Rungen allerley Straͤuch-
wercke
[247]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
wercke/ abgehauene Aeſte von Baͤumen/ Pkoͤcker/ Miſtwaſen/ und dergleichen
eingelegt/ und ſie von der bedeckten Seiten vor den Arbeitern herſchiebet/ ſo ge-
ben ſie eine gute Bedeckung/ iſt die Gewalt aus dem grobẽ Geſchuͤtz zu groß/ ſo kan
man dieſe Wagen doppelt neben einander fortſchieben/ und das untere Spa-
tium
zwiſchen den Raͤdern mit Horden behaͤngen/ die Mußquetirer dadurch zu
blenden/ daß ſie mit Mußqueten von unten nicht ſo leichtlich Schaden thun koͤn-
nen.


Jn der 156: Fig iſt zum Exempel ein Stuͤck von einer Feſtung vorgeſtellet/ und
ein Sturm aus das Bollwerck A gerichtet/ darum iſt allhier auff 80 Ruthen
weit von den Bollwerck zu approchiren der Anfang/ und alſobald eine Redoute
in a gemacht wordẽ/ darnach gehe ich mit der Linee b c von der Rechten zur Lin-
cken auff 30 Ruthen lang fort/ alſo und dergeſtalt/ daß vom Wall nach der Linee
Laͤnge nicht geſchoſſen werden kan/ mache hierauff ferner eine Redoute in d, und
lencke mich mit der Linee c e auff gleiche Art von der Linckẽ zur Rechten wiederum
auff 30. Ruthen lang/ nebſt welcher zugleich auch in f eine oder zwey Battereyen
auffgefuͤhret werden/ darnach ziehe ich mit einem Graben von e in g ſeitwarts
und mache daſelbſt eine Redoute in g, fahre darauff ferner von der Rechten zur
Lincken mit der Linie e h, welche hier auff 30. Ruthen lang genommen iſt/ und
mache abermal etzliche Reduoten als in k l und m, dabeneben auch in n und o
zwo Battereyen/ und fahre mit der Linie zugleich von der Lincken wiederum zur
Rechten fort als von h in p allernechſt den Graben/ allwo ich mich nach der Laͤn-
ge des Grabens auff beyden Seiten lencke von p in q und r, dieſe letzten bey-
J i ijden
[248]FORTIFICATION
den Lineen der Lauffgraben zum naͤheſten Bollwercke werden ſo lang gezogen/
daß ſie beyde Schultern deſſelben entdecken/ und fahe darauff von der Approche
p r
die Sappe ſ t an nebſt welcher auch die Battereyen u x vor den Graben auff-
gefuͤhret werden/ das uͤbrige iſt aus vorhergehenden abzunehmen. Die Reduo-
ten
und Haupt Wachten koͤnnen nach Erfoderung des Ortes unterſchiedlich in
die Laͤnge/ oder in Geſtalt eines fuͤnff oder mehr Ecks gefuͤhret werden. Man
muß aber ſolche ſo legen/ daß ſie die Laͤuffe in die Laͤnge beſtreichen und rein hal-
ten koͤnnen. Wenn man Lauffgraben durch pfuͤtzige und moraſtige Oerter fuͤh-
ren muß/ machet man erſtlich einen Damm von Reißwerck und Erden/ und ſe-
tzet auff denſelben zwey Reyen Schantz-Koͤrbe/ ſieben Fuß dicke und 10 hoch/ ſol-
che werden auch in die quer geſetzet/ und durch Gaͤnge gelaſſen; Wenn die Erde
naß/ und man alſobald im Graben Waſſer findet/ ſo machet man zu den Lauff-
graben ein Redout an die ander/ und an den Seiten eines umbs ander Durch-
gaͤnge/ welches beſſer/ als ſo ſie ins Mittel geleget werden/ Fig. 157. und 158.


Die Gallerien ſind auch hoch noͤtig/ und heutiges Tages nichts anders als
was vor Alters die Vineæ geweſen oder koͤnnen doch mit denſelben wohl vergli-
chen werden/ derer Vegetius lib. 4. cap. 15. gedencket. Es werden aber dieſelben
gemacht/ Wenn man nun mit den Approchen und der Sappe fertig/ und biß an
den Graben kommen iſt/ alſo daß man nunmehr bedacht iſt/ wie man uͤber den
Graben gelangen/ und der Feſtung mit miniren und Stuͤrmen beykommen
wolle. Darumb man Anfangs zuvor mit allerhand zugehoͤrigen Stuͤcken
wohl
[249]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
wohl verwahret/ und ſonderlich muͤſſen die joch und Gebinde/ ſo zu Erbauung
der Gallerie erfodert werden/ von den Zimmer-Leuten zuvor zugerichtet und
alle Stuͤcke whl bezeichnet werden/ damit man hernacher bey naͤchtlicher Weile/
wenn es die Noth erfodert/ ohne Weitleufftigkeit damit verfahren koͤnne. Zu
einem ſeden Joch gehoͤren 5 Stuͤcke/ als 2 Staͤnde 1. Oberbalcken/ und 2 Zwerg-
Hoͤltzer oder Baͤnde. Die Staͤnde ſind ungefehr 8 oder 9 Schuh lang/ von wel-
chen 1½ Schuh in die Erden kommen/ und ½ Schuh zu des Obernbalcken Lager/
ſo bleibet die Hoͤhe der Gallerie etwan 6 oder 7 Schu/ die Oberbalcken welche 6
oder 7 Zoll ſeyn muͤſſen/ werden am Ende auff beyden Seiten zur Helffte auß-
gehawen/ etwan auff einen halben Schu lang/ damit die Staͤnde eingezapfet
werden koͤnnen/ doch muß es ohne Zwang geſchehen/ auf daß ſie hernacher im
aufbauen/ zumahl wenn es bey der Nacht geſchehen nnd ſtill zugehen ſol/ ohn
ſchlagen leichtlich wieder zuſammen zu bringen ſeyn/ Die Laͤnge ſolcher Ober-
balcken kan ohngefehr auff 10 Schuh genommen werden/ nach dem man die
Gallerie weit oder eng haben wil/ darnach muß man eine gute Anzahl ſtarcker
fichtene Bretter in Vorrath haben/ einer Laͤnge von 5 biß 6 Schuh/ jedoch daß
ſie einen halben Schu langer ſeyn/ als die Joch von einander ſtehen/ damit ſie an
beyden Endenauff die Joch koͤnnen angebohret werden/ in welchen Fall man
denn allenthalben einerley Boͤhrer und Hoͤltzerne Nagel gebraucht/ auff daß
hernacher im Aufbawẽ ſich die Naͤgel allenthalben ohne Verwirrung ſchickẽ/ wel-
che wiederum/ wo man bey ď Nacht in der Still arbeitẽ wil/ nit eingeſchlagẽ/ ſon-
dern mit einer Zangẽ oď Brems-Klammer/ dergleichẽ ſich die Faßbinder gebrau-
J i iijchen
[250]FORTIFICATION
chen/ eingedruckt werden muͤſſen/ mit dieſen Brettern wird die Gallerie auff den
Seiten beſchlagen/ und oben beleget/ welche aber oben nicht ſonderlich befeſtiget/
ſondern nur mit etlichen hoͤltzern Naͤgeln in etwas angehalten werden/ damit ſie
nicht abglitzſchen. Es geſchicht aber dieſes alles ordentlich und zwar folgender
Geſtalt: Wenn man durch die Sappe an den Graben kommen und numehr
Willens iſt eine Gallerie zu machen/ ſo muͤſſen nicht allein oberzehlte und zur
Gallerie gehoͤrigen Stuͤcke/ ſondern auch zu Außfuͤllung des Grabens gnug-
ſame Faſinen und Erde nahe an den Graben hinter den Redouten und Batte-
ryen unvermerckter Weiſe bey Nacht an- und zuſammen gebracht werden. Oder/
da ja die Belaͤgerten ſolches innen wuͤrden/ ſolche Stuͤcke lieber an einen andern
aber doch nit gar weit entlegenẽ Orte bringẽ/ ſie dadurch zu verfuͤhren/ als wenn
man ſein Abſehen mit der Gallerie anderswo hin hette/ denn wenn der Feind
mein Vorhaben vermercket/ faͤngt er bald an das Bollwerck zu untergraben/
ũd mich im miniren zu hindern.


Hat nun die Feſtung eine Faußebraye und das Bollwerck darauff die Galle-
rie
gerichtet werden ſol von andern Orthen gute Streichen/ ſo muß man ſich
mit Huͤlff der groͤſten Stuͤcke aus den Batterien auffs hoͤchſt bemuͤhen/ daß
man durch continuirliches ſchießen ſolche Bruſtwehren ſo wol der Fauſſebraye,
daraus den Arbeitern der groͤſte Schad geſchicht/ als auch der Streichen/ aus
welchen das Bollwerck beſchloſſen wird/ ſo viel muͤglich ruiniren und ihnen das
ſchieſſen verbieten/ damit man in der Arbeit fortfahren kan/ da denn zugleich
auch die Granaten und Fewer-Kugeln das beſte thun muͤſſen/ ſo man ohn Vn-
terlaß
[251]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
terlaß in die Faſſebraye werffen muß/ damit ſich niemand darinnen behelffen/
und auffhalten kan/ weil ſie ohne das enge ſeyn und nicht viel Raum haben. Da-
fern man aber bey naͤchtlicher Weile/ wenn es zumahl gantz finſter und windig
oder ſtets Regenwetter were/ daß man des Bauens und Getuͤmmels nicht in-
nen werden koͤnte/ die Gallerie in einer Nacht hinuͤber zu bauen getrauet/ ſo be-
duͤrffte man voriger Gewalt nicht/ jedoch muͤſte der Graben eine Nacht zuvor
mit Faſinen biß auff ein Schuh hoch unter dem Waſſer außgefuͤllet werden/ da-
mit man in der andern Nacht darauff das Fundament deſto geſchwinder vol-
lend machen/ und die Gallerie verfertigen koͤnte. Die Faſinen zum Fundament
muͤſſen mit Fleiß geleget werden/ und wuͤrde meines ermeſſens am leichſten zu-
gehen/ wenn man von Weiden oder dergleichen Geſtraͤuche nur lange Wuͤrſte
machet/ ſo lang als das Fundament breit ſeyn ſol/ nemlich zum wenigſten/ noch
ein mal ſo breit als die Gallerie ſelbſt ſeyn ſol/ die Wuͤrſte koͤnten innwendig mit
Steinen in etwas gefuͤllet werden/ damit ſie deſto leichter zu Grund ſincken/ zu-
mahl wenn das Reißig etwas trucken were. Die Faſinen nun kan man mit
Huͤlffe zweyer Kaͤhne neben zwo Stangen/ durch einen langen Hacken/ derglei-
chen ſich die Schiffer gebrauchen/ hinunter ins Waſſer laſſen/ und ordentlich le-
gen/ wenn 3 Reyen Faſinen uͤber einander gebrauchet werden/ koͤnte die mittlere
geſchrencket/ auch do man wolte/ etwas von groben Sand zu beſſerer Außfuͤl-
lung der holen Luͤcken zwiſchen mit eingeſchuͤttet werden. Allein wie gedacht/
wenn man in geheim und unvermerckter Weiſebauen wolte/ muͤſte dieſes Fun-
dament eine Nacht zuvor/ je doch nicht gantz uͤber das Waſſer heraus/ ſondern
biß
[252]FORTIFICATION
biß auff einen Schu hoch unter dem Waſſer gemacht werden/ damit in der Fe-
ſtung bey Tag ſolches nicht gewahr wuͤrden/ dabey aber leichtlich zu gedencken/
daß dergleichen Gebaͤw nicht von ſtatten gehen kan/ als wenn es gantz finſter/
und wegen Windes und Regen-Wetters nichts zu vernehmen iſt. Wofern man
aber bey Tage eine Gallerie bauen wil/ wie es offt geſchicht/ kan man zwar auch
die Macht/ den Graben mit Faſinen entweder auff obgedachte oder andere Art
zuvor außfuͤllen/ und darnach die zur Hand geſchaffte Erde auff die Bund mit
Schippen und Schauffelen werffen/ und hinter her ohne Saͤumung dicht zu-
ſammen ſtampen/ auff welcher hernacher die Joch nach einanderauffgerichtet
werdẽ welches bey Nacht zwar ebener maſſen alſo geſchehen muß. Damit man
aber bey Tage fortkommen kan/ wird/ wie gedacht/ nicht allein denen Streichen/
aus welche die Face, darauff die Gallerie gerichtet/ beſchoſſen werden kan/ aus
den Battereyen auffs hefftigſte zugeſetzet/ ſondern auch gegen dieſelbe neben den
Arbeitern ſtarcke ſchoßfreye Blendung geſetzet/ vor ſich aber werffen ſie die Erde
hoch auff/ damit ſie darhinten deſto ſicherer ſtehen und arbeiten koͤnnen. Wenn
nun ein Joch auffgerichtet/ und mit Brettern beſchlagen iſt/ ſo bewirfft man die
Seite/ welche beſchoſſen werden kan/ ſo dick mit Erden/ daß ſie vor einen groben
Stuͤcke Schußfrey werde/ oder man ſetzet ſtarcke gefuͤllete Schantz-Koͤrbe her-
umb/ oben auff die Decke wird auch etwas von Erden etwa 2 Schuh hoch ge-
worffen/ damit die Granaten und andere Fewer-Wercke nicht darauff hafften
koͤnnen/ Man leſt auch auff der Seite die nicht beſchoſſen werden kan/ hin und
wieder Loͤcher/ damit es nicht zu finſter in der Gallerie werde. Dieſen bedeckten
Gang
[253]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
Gang continuiret man den geraden Weg auff die Geſicht-Linee des Bollwerckes
biß an den Fuß des Walles/ auff daß man hernacher ohn fernere Muͤhe zu dem
miniren kommen koͤnne. Dergleichen Gallerie iſt in der 159. Figur ab- und vorge-
bildet. Wenn man nun mit ſolcher Gallerie an die Scarpe komt/ ſo ſtehet die Gal-
lerie
gegen die Boͤſchung des Walles gantz offen. Damit aber nicht ein jeder von
oben hinunter ſehen und vernehmen moͤge was man thue/ ſo wird dieſelbe Luͤcke
in Form eines Daches von der Gallerie an biß an die euſſerliche Boͤſchung des
Walles oben bedecket/ damit die Granaten ſo der Feind darauff wirfft/ deſto
leipter ab und in den Graben fallen koͤnnen/ welcher Anſatz in Niederland in Sa-
crament-
Haͤußlein und auff Frantzoͤſiſch Mantelette genennet wird. Vnter die-
ſer Bedeckung kan man hernacher gehen/ wie und wohin man wil.


Das gegen-bauen und Contr’ approchiren belangend/ hat M. Georg.
Schultze alles was hieher gehoͤret/ fein kurtz begriffen/ nemlich: Ob wohl ein jeder
Bau-Herꝛ/ welcher eine Feſtung durch groſſe Beſchwerung ſeiner Vnterthanen
auffuͤhret/ zuvorhero alle Gefahr/ welche ihm von auſſen zu vermuthen/ billich
wiſſen/ und ſich gegen dieſelbe auff ſolchen Nothfall gefaſt halten ſol; So kan
man doch aus dem erſten Stande und gemachten Fuß eines Feindes alſobald
abnehmen/ wo man nur ein wenig in der Bau-Kunſt erfahren/ durch welche
Wege er ſich naͤhern/ und zu approchiren einlaſſen werde/ ſo dann were es gut/
wenn man das von auſſen bevorſtehende Vngluͤck verſtanden/ und durch guten
Rath wahr genommen/ daß man die alſo bloße und nackichte Oerter mit denen
hieher gehoͤrigen Gegen-Approchen, als Ravelinen/ halben Moenen/ Traver-
K kſen,
[254]FORTIFICATION
ſen, Tenaillen, Horn- und Cronwercken vorher verſehen hette/ welche den
Haupt-Wercken einer Feſtung bey guten Zeiten von auſſen billich muͤſſen ange-
hencket werden: Were es aber ja verwahrloßet/ ſo muß man alsdenn bey weh-
render Gefahr (1.) durch vielfaͤltiges ſchieſſen von allen Staͤnden. (2.) durch
vielfaͤltiges Außfallen aus der Feſtung/ darzu man einer baſtanden Reitterey
von noͤthen/ und den (3.) durch entgegen geſetzte Gegen-Lauffe und Redouten,
aus welchen man in des Feindes Approchen ſehẽ und ſolche beſchieſſen kan/ ſolche
Gewalt abtreibẽ und verhindern: Welche Werck aberalle mit einander gegen die
Feſtung offen ſtehen/ und gegen dem Feinde wohlv erdecket erbauet werden muͤſ-
ſen/ welches alles einem jeden Commendanten und Odriſten die gegenwertige
Noth und Gefahr am beſten lehren wird/ und hier weitleufftiger zubeſchreiben
unnoͤtig erachtet wird.


CAPUT XII.


Von Spreug-Werck und Miniren/ und Gegen-Miniren.


Nach dem man das Pulver/ und deſſen Gewalt erfahren wird ſolches nicht
allein zu Buͤchſen und Geſchuͤtz gebrauchet/ ſondern damit ja dieſe mordliche/
ſonder allen Zweiffel von jenem ἰπκὰ [...]κάκῳ Mord- und Schaden froh-Geiſte her-
ruͤhrende invention deſto mehr ihre End-Vrſache/ nemlich des menſchlichen Ge-
ſchlechts Verderbẽ und Vntergang erreichen moͤge/ graͤbet man gleich den Cuni-
culis
und Kaninichen (von denen auch ſolche heimliche Gaͤnge/ oder wie etliche
wol-
[255]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
wollen/ à cuneis, weil ſie ſpitzig zu wie ein Keil gehen/ den Namen haben/ und
Cuniculi genant ſeyn) Loͤcher in die Erde/ ſtecket Pulver darein/ und lehret die
Menſchen ohne Fluͤgel in die Lufft auffliehen. Etwa fuͤr 100. Jahren ſeyn die Pe-
tarden
erdacht/ ſind von Kupffer/ Zinn und Meſſing gegoſſene Inſtrumenta, wie
die Braunſchweigiſche Bauer-Huͤte/ ſolche hat man mit geſtaͤrckten Pulver ge-
fuͤllet/ an die Thor und Pforten der Stadt heimlich gehenget und angeſtecket/
welche dieſelbe in einen Schlag uͤber einen Hauffen geworffen/ haben Anfangs/
wie ſie neu geweſen/ und man ſich nicht dafuͤr zu huͤten gewuſt/ groſſen Schaden
gethan/ jetzo aber die Leutekluͤger werden/ und ihre Thor beſſer mit Wachten ver-
ſehen/ ſind ſie faſt in Abnehmen kommen: Hergegen aber iſt jetziger Zeit das mi-
niren
und untergraben am meiſten im Gebrauch/ davon kuͤrtzlich in nachfolgen-
den. Wenn man nu mit den Approchen biß faſt an den Graben kommen/
gehet man mitten auff die Face des Bollwercks/ ſo man miniren wil/ oder auch
4 oder 5 Ruthen von der Spitze auff dieſelbe mit einer Perpendicular-Linee/ und
zwar erſtlich biß an den Rand des Grabens/ und ſolche Linee wird/ wie ſchon
gedacht/ die Sappa, und die ſie auffwerffen/ Sappirer genant. Sonderlich iſt dieſes
zu erlernen/ wie ſchaͤdlich es einer Feſtung ſey/ und wie vortheilhafftig es herge-
gẽn dem Feinde/ wenn er bey einer Stadt etwa hie und da zuſammen gefuͤhrte
Huͤgel oder Erde findet/ welche er ſonſt mit groſſer Arbeit und Gefahr von wei-
tem holen und herbey fuͤhren muͤſte. Wenn er biß an den Graben kommen/
bricht er durch/ und faͤnget an die Gallerie oder Schirm-Dach zu bauen und
uͤber zu bringen. Es muß aber zuvor/ da der Graben naß/ das Waſſer entweder
K k ijabge-
[256]FORTIFICATION
abgeſtochen oder der Grund mit Erde oder Reißig wie ſchon gedacht angefuͤllet
werden: Weil aber ſolch Reißwerck im werffen uneben zu liegen komt/ als wer-
den ein paar Wag-Haͤlſe darzu erkaufft/ dieſolches etwas zu rechte legen. Wenn
der Feind alſo uͤber den Graben an das Bollwerck durch die Gallerey einen
ſichern Gang gemachet/ faͤnget er an zu miniren, und das Bollwerck/ ſo er ſpren-
gen wil/ zu untergraben/ mit vielen krumen Gaͤngen und Abſetzen/ bald auff die-
ſe bald auff jene Seiten/ damit die Belaͤgerten nicht eigentlich wiſſen koͤnnen/ wo
er die Mine ablegen wil. Solche Gaͤnge muͤſſen mit Balcken und Brettern un-
terſtuͤtzet und unterbauet werden/ daß ſie nicht einfallen/ etwa 4½ Fuß hoch/ und
3½ Fuß breit/ daß man nur die Pulver-Tonnen auff den Knien krichend hinein
bringen kan/ und damit alles ſtille zugehe/ wird die Erde in ledern Hand-Ey-
mern/ immer von einem Man zum andern/ welche alſo in der Ordnung muͤſſen
geſtellet ſeyn/ biß zu euſſerſt der Gallerey hinaus gelanget. Ehe man aber dieſem
Wercke ſich unterfaͤnget/ ſol man zu erſt von dem Orthe gute Kundſchafft ha-
ben und wiſſen/ ob er nemlich von Maur- oder Stein-Werck/ oder von Erde mit
Reiß-Holtz eingeleget/ und unterwoͤlbet/ auch gegen welchen Winckel des Him-
mels er gelegen ſey/ denn ein Minirer in der Arbeit ſolches wiſſen/ und nach An-
leitung des Compaſſes das ſeinige verrichten muß. Die Pulver-Kammer muß
ſich nach der Groͤße der Wercke richten/ und nach dem Pulver/ welches vor die
Staͤrcke eines Werckes dieſelbe zu erheben begnuͤget: Vnterdeſſen wird derer
Hoͤhe 6 oder 7/ die Breite uͤber 4 oder 5/ und die Laͤnge uͤber 5 oder 6 Schu ſelten
erweittert: Wenn man nun alſo zu der Minen geraͤumet/ die Wege/ welche zwar
von
[257]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
von der Seiten billich und um beſſerer Wirckung willen/ mit verſchobenen Win-
ckel-Lineen ein hin gefuͤhret werden ſollen/ bereitet/ und mit Stollen von 1½ daß
man dicke unterſetzet/ auch die Kammer nach ihrer Hoͤhe/ Weite und Tieffe/ mit
Fichten- oď Tannen-Brettern außgeſetzet hat/ bringet man die Pulver-Tonnen
hinein/ etwa derer eine dem Augenmaße nach auff eine Ruthe Erde rechnent/
und ſchlaͤget die Kammer zu/ welches man mit ſtarcken Dielen und guter Erden
verrichten muß/ damit der Wind nicht hinein kommen und dem Wercke einen
Schaden zufuͤgen koͤnne.


Vnterdeſſen muͤſſen die Tonnen gegen einander alſo verſetzet ſeyn/ damit ſie
auff einmahl angehen/ und ein Lauff-Fewer aus der Thuͤr durch die Stolle hin-
durch geleitet/ durch welches man nach Belieben das gantze Werck anzuͤnden und
ſpringen koͤnne laſſen. Dieſes iſt in der 160. Figur fuͤrgeſtellet/ D iſt die Gallerey
oder Schirm-Dach/ E die Mine/ F die Pulver-Kammer. Vnd ob zwar alle
Minen nach Art des Pulvers uͤber ſich dringen/ ſo koͤnnen doch verſtaͤndige In-
genieurs
ſolche nach ihrem Belieben ein- oder außwarts richtẽ/ nach dem ſie nem-
lich den ſchwaͤchſten Ort der Erden/ nach welchem das Pulver mehrentheils
ſeinen Außgang ſuchet/ und zu dringen begehret/ in acht nehmen: Vnterdeſſen
aber feyren gleichwol die Belaͤgerten auch nicht/ ſondern beginnen durch gegen-
miniren dem Feinde zu begegnen/ da ſie denn deſſen Einfall und Anſchlag zu erſt
erfahren muͤſſen. Dieſes geſchihet/ wie vor Zeiten/ alſo auch noch auf mancherley
Art/ wie man hin und wieder lieſet. Am beſtẽ aber kan mã hierzu durch eine Trũ-
mel gelangẽ/ welche man an dẽ vermuthetẽ Ort/ mit Erbſen beleget ſetzẽ/ und auß
K k iijderſel-
[258]FORTIFICATION
derſelben Bewegung der Minirer Arbeit und graben vernehmen. Doch kan
man ſonderlich/ wenn die Bollwercke hohl/ alſo die ſtillen Waͤnde mit zarten Faͤ-
ſerlein und Cymbalen beſtecken/ und aus derſelben Bewegung und Klang der
außwertigen Einbruch auch vernehmen/ da aber andere nur die Hand mit auff-
gelegten Ohr an die gedachten Waͤnde halten/ und ebenmaͤßiges Beginnen der
Feinde zu erfahren vermeinen.


Wie die Perſianer Barcam belaͤgert/ hat ein Kupffer-Schmit mit Anhengung
eines Kupffern Schildes hin und wieder an die Mauren die Minen geſuche[t] und
gefunden. Andere ſtellen ein Becken mit Waſſer auff/ und urtheilen aus der
Bewegung des Waſſers von dem Ort der Minen welches aber auch betrieglich.
Andere gebrauchen einen groſſen Erd-Bohrer/ bohren ein tieff Loch in die Erde/
und legen das Ohr drauf und was dergleichen Hand-Griffe und Inventiones
mehr ſeyn/ welche einen verſtaͤndigen Commendanten in einer Belaͤgerung die
Zeit und Noth lehret. Wenn man der Minen gewiſſe/ begegnet man derſelben
durch entgegengraben/ und damit man ſolcher nicht verfehle/ weil ſie bißweilen
hoch/ bißweilen niedrig (doch je niedriger ſie angeleget werden/ wenn es ſeyn kan/
je ſtaͤrckere Macht ſie haben) liegen/ muß ſolches entgegengraben mehr als an
einen Ort angeſtellet werden: Wenn man ſie gefunden/ nimt man das Pulver
weg/ ſolches iſt aber mißlich/ und pfleget der Feind nicht allewege zu ſchlaffen/
ſondern hat hergegen dieſen Hand-Griff/ daß er um alle Pulver-Tonnen ein
Seil oder Strick/ und ſolche alle mit einander an ein lang Seil bindet/ und einem
zu halten giebet; Wenn nu eine Tonne gereget wird/ kan es der ſo das Seil in der
Hand
[259]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
Hand hat/ leicht mercken/ er muß aber nicht ſchlaffen/ oder das Seil von
ſich legen/ denn wenn der Feind ſolte mercken/ daß man zu Wercke were/
das Pulver weg zu bringen/ wuͤrde er die Mine alsbald ſpringen laſſen. Man
machet auch bißweilen ſolche Gegen-Minen, wenn man nicht allein die Auſſen-
Wercke und bedeckten Weg/ ſondern auch die Bollwercke ſelbſten/ dafern man wi-
der den Feind dieſelbe laͤnger zuhalten ſich nicht getrauet/ und ſie verlaſſen muß/
zuvorhero untergŕaͤbet/ dieſelbe/ wenn ſie vom Feinde eingenommen werden/
damit zuſprengen/ und den Feind in die Lufft zu ſchicken/ Jedoch aber muß man
hinter demſelben Werck/ ſo man verlaͤſſet/ den Wall ſo viel muͤglich abſchneiden/
damit man ſich dahin ſalviren, und wider den Feind daraus auffs newe wehren
kan welches beſſer zum offtermal gerathen/ und am meiſten geruͤhmet wird/ da-
von nu im folgenden.


CAPUT XIII.


Wie man ſich in einer Feſtung/ ehe ſie belaͤgert wird/ verhalten muͤße/ deß-
gleichen/ wie ſich die Belaͤgerten in einer Stadt zur Gegenwehre ſollen ver-
faſſet machen/ und von abſchneiden/ auch was ſonſt in der Belaͤ-
gerung einer Stadt fuͤr Behuͤlff an die Hand zu nehmen.


Nu wollen wir anzeigen/ wie ſich die Belaͤgerten in einer Feſtung ehe ſie be-
laͤgert wird/ verhalten ſollen. Dañ zu foderſt/ wenn ein Fuͤrſt/ Herr oder Reſpu-
blica
vernimt/ das ein benachtbarter Koͤnig/ Fuͤrſt oder Herꝛ werben leſt/ ſol
man/ wo nur die geringſte Suſpicion verhanden/ daß es dem angrentzendẽ Lande
oder
[260]FORTIFICATION
oder Feſtung gelten moͤchte/ auch unvermerckter Weiſe unter einen andern Præ-
text
werben laſſen/ die feſten Plaͤtze/ ſonderlich aber und vor allen Dingen die
jenigen/ welche dem vermeinten Feinde am naͤheſten angelegen/ mit Fleiß beſichti-
gen/ und zuſehen/ ob etwa was mangel oder ſchadhafftes daran zu befinden/
daſſelbe nach aller Muͤglichkeit ergaͤntzẽ/ auch ſolche Oerter/ wo es võ noͤthẽ thut/
mit Auſſen-Wercken verſtercken/ wenn die Feſtung keine Fauſſebraye hat/ und
ſich noch fuͤglich und ohne ſonderbahre Vnkoſten eine anlegen leſſet/ kan man ſie
mit dergleichen Defenſions-Wehr verſehen/ oder wo es nicht ſeyn kan/ um die-
ſelbe einen bedeckten Weg herumb fuͤhren. Wenn man nun der Belaͤgerung
mehr vergewiſſert iſt/ muͤſſen um die Feſtung die Zaͤune/ Garten und andere
Strauchwerck/ oder was ſonſten mehr vor Bedeckung verhanden/ hinter wel-
chen ſich der Feind legen koͤnte/ zum wenigſten biß auff einen Mußqueten-Schuß
weggeraͤumet werden/ deßgleichen auch die Vorſtaͤdte/ wenn ſolche verhanden/
muͤſſen entweder abgebrochen oder mit ein Retrenchement umgeben werden/
ſind ſie aber nicht ſehr groß/ und darinnẽ etwa viel vornehme Gebewde zu befin-
den/ die man nicht gern demoliren wolte/ kan man ſie mit einem rechten Royal-
Wall an die Feſtung mit anſchließen/ Vor allen dingen aber muͤſſen die Oerter
an den Grentzen alſo verwahret werden/ und wo vornehme Paͤſſe ſeyn/ ſollen
dieſelbe mit Schantzen verſehen werden/ damit wenn der Feind ins Land gehen
wolte/ er daſſelbe nicht offen ſtehen finde. Es muß auch in der Feſtung/ die da be-
laͤgert werden ſol/ an Geld/ Muni[t]ion, Proviant, Holtz/ Saltz/ Medicamenten
und dergleichen Sachen/ derer man nicht entbehren kan/ kein Mangel zu be-
finden
[261]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
finden ſeyn/ und wo ſich dergleichen ereignet/ muß man denſelben in Zeiten vor-
kommen/ Wenn man ſich in der Feſtung nun alſo verſehen/ und dieſelben gnug-
ſam beſetzet hat/ ſol man die uͤbrigen Voͤlcker zuſammen bringen/ und wo man
vorgewiſſert/ daß der Feind ins Land fallen wil/ und man ſich gegen jhm ſtarck
genug befindet/ ſo iſt es beſſer/ daß man jhm zuvorkomme und ihm in ſein Land
falle.


Gleich wie nun die Belaͤgerer jhr euſſerſtes Vermoͤgen dran ſetzen eine Stadt
zu beaͤngſtigẽ/ und allerhand Kriegs-Ruͤſtung und Machinationes erdenckẽ/ die-
ſelbe entweder mit Gewalt/ oder Liſt zu uͤbermeiſtern; Alſo hergegen muͤſſen die
Belaͤgerten in einer Stadt ob des Feindes trotzen/ Hertz und Muth nicht alſo
bald ſincken laſſen/ ſondern auch hinwieder/ nicht allein wie des Feindes Gewalt
abzuhalten/ ſondern ſo viel muͤglich denſelben und ſeine Wercke zu beſchaͤdigen/
allen Fleiß ankehren/ als mit ſtetigen Außfaͤllen (worzu ſonderlich die Reitterey
ſich muß gebrauchen laſſen/ deñ das Fuß-Volck ſol biß aufs letzte auff den Noth-
fall/ zu Abtreibung des Sturms verſparet werden) Wodurch nicht allein dem
Feinde Schaden zugefuͤget/ ſondern ſeine Arbeit auch maͤchtig verhindert/
unauffhoͤrlichen Schießen auff ſeine Wercke/ gegen-Approchiren und gegen-
bauen mit allerhand Außen-Wercken/ Fewerballen/ Granaten (jetzo iſt zu der
ohne das genug grewlichen Invention des Geſchuͤtzes und des Fewerwercks noch
dieſes des Plutonis letztes Kunſt-Stuͤcklein kommen/ daß man die Fewer-Ku-
geln mit Antimonio, Arſenico, Mercurio, und andern gifftigen Dingen zu-
richtet/ damit alſo das/ was das Fewer und Gewalt nicht zerquetſchen kan/ der
L lgiffti-
[262]FORTIFICATION
gifftige hoͤlliſche Dampff erſticke) Fußeiſen/ und Angeln/ und endlich wens zum
Sturmkoͤmt/ mit Rollen und Hoͤltzern mit ſpitzigen Zacken beſchlagen/ Tonnen
von Kalck und Steine gefuͤllet/ welche man dem anlauffenden Feinde entgegen
rollet/ heiß Pech/ Pech-Kraͤntze und dergleichen/ den Feind zu empfahen/ und
was einen jeglichen die Noth/ omnium Artium Magiſtra lehret/ welches unmuͤg-
lich alles zu beſchreiben/ Vnter andern Behuͤlffen aber/ und wenn es ad extremæ
oder auffs euſſerſte kommen/ iſt das Abſchneiden und inwendige Verſchantzen
eins der beſten und fuͤglichſten Mittel/ dem Feind die Weile lang zu machen/ und
endlich denſelben zum guten Accord zu bringen. Denn wenn er erſtlich ſeinen
Kopff genug an den Auſſen-Wercken zerſtoſſen/ und nu auch des Haupt-Wercks
Meiſter zu ſeyn vermeinet/ findet aber als denn noch/ nicht allein eine/ ſondern
wohl 2/ 3/ und mehr Verſchantzungen wieder hinter einander/ wil er ſchier ver-
droſſen und muͤde werden/ oder man kan ſich noch zum wenigſten mit dieſen Ver-
ſchantzen eine Zeit lang auffhalten/ biß etwa der Entſatz ankomt/ wenn man
deſſen Vertroͤſtung.


Solche Abſchneidung iſt entweder particular oder univerſal. Durch die
particular-Abſchneidung/ wird nur ein Bollwerck/ oder das Stuͤck ſo ruiniret
iſt/ hinterſchantzet/ ſolches kan auff allerley Art und Weiſe geſchehen/ nur daß
man allewege auff die Defenſion ſiehet/ Die Erde hierzu muß man nehmen wo
man kan/ und bey Zeit/ wenn man mercket/ daß der Feind die Mine ſprengen wil/
herbeybringen/ Miſt/ Woll-Saͤcke/ Hew-Saͤcke und dergleichen iſt im Fall der
Noth auch gut. Dieſe Abſchneidung iſt in der 161. Fig. fuͤrgeſtellet/ und kan auf
man-
[263]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
mancherley Weiſe/ nach dem der Orth gefaͤllet/ veraͤndert werden. Es gehoͤret
aber eine unerſchrockene und nicht lange/ doch wohlbedachte Reſolution, und
unnachlaͤßige Arbeit darzu/ in welchem Falle deñ ſonderlich viel an einem guten
getrewen Commendanten und andern Kriegs- Officirern, denn ſolche ſind
gleichſam die Seele der Beſatzung/ ohne welche der ander Poͤbel wie der Leib oh-
ne Seele todt/ verſtaͤndigen Ingenieurn (die fuͤr allen Dingen/ ſo wol zu Frie-
dens/ und zu Krieges Zeiten/ in einer Feſtung/ mit gutem Willen zu unterhalten)
gelegen/ und ſonderlich denen ſo fuͤrnemlich wol eher bey ſolchen Occaſionen
geweſen/ und nicht bald bey des Feindes erſten Zorn das Hertz fallen laſſen;
Worzu denn die/ ſo dem Feinde ehemals gedienet/ und ſich von denſelben nichts
guts/ oder keiner Perdon zu getroͤſten haben/ die beſten/ welche es auffs euſſerſte
ankommen laſſen.


Die univerſal-Abſchneidung iſt/ wenn man nicht allein ein Bollwerck/ ſon-
dern 2/ 3/ oder mehr verlaͤßet/ und ein ander Werck dahinter machet/ Oder auch
man verlaͤßet ein gantz Stuͤcke der Stadt/ das vierde Theil/ die Helffte oder
mehr/ und zeucht ſich in die Enge zuſammen/ und ſchnidet das ander Theil ab/
und uͤberlaͤſt ſolches dem Feinde. Man pfleget auch gerne ſolche abgeſchnittene
und verlaſſene Oerter mit Pulver und Spreng-Werck zu unterſetzen/ und ſol-
che/ wenn ſie der Feind occupiret und eingenommen/ demſelben zu mehrern
Schreck und Schaden/ anzuſtecken/ und zu zerſprengen/ wie ſchon oben gemel-
det worden.


L l ijCAPUT
[264]FORTIFICATION

CAPUT XIV.


Von Bruͤcken/ Palliſaden/ Sturmpfaͤhlen und dergleichen/ wie auch von
Beſchaffenheit und Zubereitung der Schantz-Koͤrbe.


Anlangend die Bruͤcken/ ſiehet man ſie theils von groſſen Mawerwerck und
Gewoͤlben/ theils aber nur von Holtzwerck erbauet/ welche fuͤr die beſten zu ach-
ten/ weil ſie im Fall der Noth koͤnnen abgeworffen und verbrand werden/ die
ſtarcken gewoͤlbten aber dienen nur dem Feinde zur Gallerie und Vberfarth;
So iſt auch nicht ratſam ſelbige mit Steinen zu pflaſtern/ denn wenn das Holtz-
werck unten weg brennet/ fallen die Steine in den Graben/ und erfuͤllen denſel-
ben: Die von Holtz aber muͤſſen nicht in einem Stuͤcke/ ſondern an beyden Enden/
oder zum wenigſten an einem mit Zug-Bruͤcken/ Fall-Pforten/ Stackeren/ und
dergleichen verwahret ſeyn. Wie ſolche zu erbauen/ wil ſich dieſes Orts nicht
weitleufftig beſchreiben laſſen/ und iſt numehr allen verſtaͤndigen Bawmeiſtern
und Zimmer-Leuten bekand: Noch muß man auch vor der Royal-Feſtung
Bruͤcken in die Auſſen-Wercke haben/ ſolche werden auch nur ſchlecht und gerin-
ger erbauet/ doch gleichwol daß ſie eine Laſt/ und wenn es noͤtig/ Feld-Stuͤcke
uͤbertragen koͤnnen/ ſolche ſol man ſo niedrig legen/ als man immer kan/ daß ſie
dem Feinde nicht im Geſichte und von demſelben moͤgen ruiniret werden.


Hieher gehoͤren auch die Schiff-Stuͤrm/ Bieſe-Bruͤcken und dergleichen/ vom
Freitagio, und andern zur Gnuͤge beſchrieben: Forn bey den Bruͤcken/ auch bey
den
[265]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
den Eingaͤngen der Vorſtaͤdte/ ordnet man Schlag-Baͤume/ welche man in
der Eyl/ einen Tropp Reitter oder ſtreiffende Rotte abzuhalten/ vorſchlagen
kan/ daß ſie dafuͤr ſtuͤtzen muͤſſen. Jetziger Zeit werden hirzu ſehr gebraucht die
Jgel/ oder Friſiſche Reuter/ (weil ſie erſtmals fuͤr Groͤningen in Oſtfrießland
erfunden) welches lange ſtarcke Baͤume ſind ſechs Kantig geſchnitten/ und mit
Hoͤltzern 5 oder 6 Fuß lang an beyden enden zugeſpitzet/ durchgeſchoſſen. Man
brauchet aber ſelbige/ nicht allein zu Schlag-Baͤumen fuͤr Staͤdte/ ſondern wer-
den auch in Feld-Laͤgern etliche Stuͤcke auf Wagen mit gefuͤhret/ und wenn man
in der Eyl einen Paß verlegen wil/ gebrauchet. Jn den Staͤdten hat man an den
Ecken Ketten/ auch zu ſolchen Ende/ wenn etwa eine Stadt von der Reitterey
uͤberrumpelt wuͤrde/ daß man ſelbige alsdann eylend vorſchlagen/ und ſich hin-
ter dieſelbe reteriren koͤnne/ darum ſie auch ſonderlich um den Marckt-Platz her-
umb/ als an welchen man ſich am beſten verſamlen/ und ſtellen kan/ verordnet.
Zu ſolchem Ende weren die Friſiſchen Reitter auch beſſer/ denn man uͤber die
Ketten/ wenn ſie niedrig/ mit einem guten Pferde uͤberweg ſetzen/ ſind ſie aber et-
was hoch/ unten durch kommen kan. Jn den alten Staͤdten hat man in den
Pforten an den Mauren Fall-Pforten/ von ſpitzen Hoͤltzern/ unten mit Eyſen
beſchlagen/ welche man in der Eyl hat vorſchieſſen koͤnnen/ jetziger Zeit/ da man
ohne Mauerwerck bauet/ ſind ſie faſt in Abnehmen kommen/ da man ſie hat/ iſt
es beſſer// daß man ſolche Baͤume Stuͤckweiſ fallen laſſe/ als daß ſie aneinander
verfaſſet/ weil man Exempel hat/ daß der Feind etwa einen Wagen Hew unter
die Fall-Pforten gefuͤhret/ auff welchen ſie beſtehen blieben/ und unter des die
L l iijSol-
[266]FORTIFICATION
Soldaten zu beyden Seiten hinein gedrungen. Auff dem Rande des Grabens
oder dem verdeckten Wege pfleget man drey oder mehr Reyen Palliſaden zu ſe-
tzen/ alſo daß der forderſte am niedrigſten/ die ander etwa einen halben Fuß hoͤ-
her/ und denn die dritte wieder etwas hoͤher. Es ſind aber ſolche Palliſaden
Pfaͤhle 5/ 6/ oder 7 Fuß lang/ unten zugeſpitzet/ und in die Erde geſchlagen: Forn
werden drey ſtarcke ſpitze Naͤgel oder Zacken/ acht oder 12 Zoll lang eingeſchla-
gen/ und zum Felde eingekehret.


Jn den Feld-Schantzen und andern niedrigen Waͤllen werden oben an der
Bruſtwehre ſpitzige Hoͤltzer 3 oder 4 Zoll in Diametro dicke/ und 6 oder 7 Fuß
lang/ davon die Helffte in die Erde koͤmt/ die ander Helffte heraus ſtehet/ einge-
leget/ und Sturm-Pfaͤhle/ weil ſie den Sturm des Feindes auffhalten/ eigent-
lich genennet/ ſonſt werden die Balcken/ ſo man bey Stuͤrmung und Anlauff des
Feindes von den Waͤllen her unter zu waltzen pfleget/ auch Sturm-Pfaͤhle ge-
nand/ moͤchten vielleicht rechter Sturm-Balcken heiſſen. Man gebrauchet auch
an offenen Oertern/ da man nit wil jederman einlauffẽ laſſen/ allerhand Stacke-
ten und Gitter-Werck/ von Balcken und Bretern/ welche unnoͤtig weitleufftig
zubeſchreiben/ koͤnnen bey Freitagio, Cellario und endern nachgeſchlagen
werden.


Dieweil der Schantz-Koͤrbe bißhero bey Zubereitung der Battereyen und
Approchen zum oͤfftern gedacht worden/ ſo ſcheinet noͤtig zu ſeyn/ daß dieſelben
nach ihrer Art und Beſchaffenheit auch abſonderlich an dieſem Ort erklaͤret wer-
den/ zumahl weil ſie bey Belaͤgerung einer Feſtung ein ſehr nutzbares Stuͤcke
ſeyn
[267]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
ſeyn/ als welches man allenthalben an ſtatt einer Bruſtwehre od’ Blendung ge-
brauchẽ kan/ es ſind aber dieſelben nit eynerley. Deñ etliche nennet man doppelte
Schantz-Koͤrbe/ und werdẽ nur gebraucht/ wo man ſich vor dem grobẽ Geſchuͤtz
verſichern wil/ halten im Diametro oder Dicke 7 Schu und in der Hoͤhe 16 Schu/
ũd weil ſie eine groſſe Laſt faſſen muͤſſẽ/ ſo werdẽ ſie gedoppelt gezaͤunet. Darnach
ſind mittlere Sorten d’ Schantz-Koͤrbe/ ſo man ſchlechter Dings Schantz-Koͤrbe
nennet/ die zwar nit gar ſo groß als die vorigen ſeynd/ aber mehr und oͤffters als
die gedoppeltẽ gebraucht werdẽ/ halten im Diametro 6 Schuh und in der Hoͤhe
8 Schuh/ weroen zwar einfach geflochten/ aber deſto dichter zuſammen getriebẽ.
Nach dieſem ſind die halbẽ Schantz-Koͤrbe/ welche etwas kleiner ſeyn als die ein-
fachen/ und werden ſo gar dicht nicht geflochten/ halten in Dia metro 5/ und in der
Hoͤhe 6 Schu/ damit ein Mañ dahinter bedeckt ſtehen kan. Endlich hat man auch
gar kleine Schantz-Koͤrblein/ welche auch ſehr nuͤtzlich ſeyn/ und werdẽ obẽ etwas
weiter als unten gemacht/ oben koͤnnen ſie im Diametro 1 Schu/ und unten 8 od’
9 Zoll/ in der Hoͤhe aber 9 oder 10 Zoll halten/ dieſe Koͤrblein werden ſo wohl von
den Belaͤgerten hin und wieder auff den Bruſtwehren in den Streich-Plaͤtzen/
alſo auch von Belaͤgerern in den Approchen und Sappen ſehr fuͤglich ge-
braucht/ denn wenn ſie genaw neben einander geſetzet werden/ ſo geben ſie un-
ten zwiſchen den Boͤden ein Schieß-Loch/ dadurch man mit Mußqueten auff
den Feind lauren und Fewer geben kan/ ſie werden aber mit einem geflochtenen
Boden gemacht/ damit wenn man ſie fort tragen wil/ die Erde nicht heraus fal-
len kan. Was nun die Zubereitung d’ groſſen Schantz-Koͤrbe anlanget/ ſo macht
man einen Strick d’ ſo lang iſt als der halbe Diameter, an einen Ende feſt ũd reißet
mit
[268]FORTIFICATION
mit dem andern auff dem Horizont einen Circkel-Riß/ ſticht ſolchen auſſerhalb
des Riſſes 4 Zoll breit/ und 2 Zoll tieff mit einer Spaden aus/ und ſchlaͤget in den
Circkul-runden Graben Pfaͤhle 1 Schuhs tieff in die Erde/ darum ſie ein Schu
laͤnger als die Schantz-Koͤrbe ſeyn muͤſſen. Es werden aber dieſe Pfaͤhle 1 Schu
von einander geſetzt/ und kan die Anzahl derſelben aus dem Diametro leichtlich
ermeſſen werden/ weil in der Circumferentz oder im Vmſchweiffe allezeit drey
mahl mehr Schu gezehlet werden als der Diameter hat/ und dahero auch allezeit
ſo viel Pfaͤhle gebraucht werden muͤſſen/ die Pfaͤhle werden am dickeſten Ende
zugeſpitzet/ damit ſie hernacher im ſetzen um 1 Schu tieffer zum wenigſten in die
Erde geſchlagen werden koͤnnen/ Jm Anfuͤllen legt man nechſt dem Gezaͤune in-
wendig einer Spannen dick ringſt herum Miſt/ damit die Erde nicht leichtlich
heraus fallen kan/ Es muß aber alles dicht auff einander gerammelt werden/
und were beſſer/ wenn ſie mit lautern langen Miſt/ oder doch halb mit Miſt/ und
halb mit Erden angefuͤllet wuͤrden. Kan man aber in den Feſtungen bey ſchnel-
ler und unverſehener Belaͤgerung zu ſolchen geflochtenen Koͤrben nicht gelangen/
ſo gebrauchet man ſich der Wein- und Bier-Faͤſſer/ oder im Mangel derſelben/
der mit Wollen/ Werck/ Lumpen/ Miſt/ Erden \&c. außgefuͤlleten Saͤcke/ Jedoch
muͤſſen ſo wohl dieſe als die Wein- und Bier-Faͤſſer gegen der Fronte nach dem
Feinde zu mit Paliſaden verpfaͤhlet/ und wohl befeſtiget werden.



[269]

Der dritte und letzte Theil.


CAPUT I.


Von der Solution aller recht-Liniſchen Triangul.


WAs und wie mancherley Triangul ſeyn/ iſt oben beym Erſten Theil gedacht.
Nun iſt zu beſehen/ wie aus etlichen derſelben gegebenen Stuͤcken/ der-
ſelben andere unbekante Theil und Stuͤcke zu finden/ und weil auch oben
erwehnet/ daß eine jegliche Figur kan in Triangul ſolviret und zertheilet wer-
den; als folget daraus/ weñ ich einen Triangul recht außrechnen kan/ kan ich auch
mit allen andern Figuren leicht zu rechte kommen. Allhie darff es nicht viel Ruͤh-
mens und Einfuͤhrung des Nutzens der Trigonometriæ, denn dieſe edle Kunſt/
als das rechte Fundament d’ gantzẽ Matheſi, commendiret ũd ruͤhmet ſich an ſich
ſelbſt genug/ ũd wer in derſelbẽ recht geuͤbet/ dem kan nichts ſo ſchwer in totá Ma-
theſi
fuͤrkommen/ daß er nicht ſolviren und auffloͤſen koͤnne. Es werden aber
dieſes Orts mit Zuruͤckſetzung der Spæriſchen oder krum-Linichten Triangul/
weil ſie hieher nicht dienlich/ nur allein die rechtliniſchen abgehandelt.


Es werden aber ſonderlich dreyerley Modi ſolvendi ſolcher/ wie auchaller
andern Triangul befunden. Der erſte geſchiehet durch die gemeine Tabulas ſi-
nuum,
beym Pitiſco, Metio, Lansbergio, Sterino und andern zu finden/ durch
multipliciren und dividiren; und iſt zwar etwas muͤhſamer als die folgenden/
M mdoch
[270]FORTIFICATION
doch weil man hier die Proportion klaͤrlicher ſehen/ und fuͤr Augen haben/ und
alſo nicht ſo leicht als in den andern irren kan/ iſt einem Incipienten zu rathen/
daß er bey dieſem erſten und alten gebraͤuchlichen Modo ſo lange verbleibe/ biß er
in demſelben perfect, und zur Gnuͤge geuͤbet ſey/ und denn auch die andern nach
ſeinem Belieben adhibire, ſonderiich wenn weitleufftige Calculationes fuͤrfallen/
weil ſie etwas compendioſer und geſchwinder von der Hand gehen als der erſte.


Der ander Modus wird genennet Proſthaphæreticus, weil er daſſelbe/ was der
erſte durch multipliciren und dividiren verrichtet/ nur durch addiren und ſub-
trahiren,
als welche zwey Species, wie den Arithmeticis bekant/ ſehr viel leichter
und geſchwinder zu practiciren, als die vorigen/ und zwar auch aus eben den
vorgedachten Tabulis Sinuum. Dieſes Compendii invention ſchreibet Longo-
montanus
dem Tychoni Brahe und Vitichio zu.


Der dritte iſt genant Logarithmicus, wird auch nur durch addiren und ſub-
trahiren
verrichtet/ doch durch andere Tabellen/ Tabulas Logarithmicas genant/
von Iohanne Nepero Barone Merchiſtonii Scoto ingenioſißimo An. 1614. an
den Tag gegeben. Dieſe Tabellen ſind hernachmals von dem Churfuͤrſti. Bran-
denburgiſchen Mathematico Urſino, Frobenio, und andern amplificiret und er-
klaͤret. Ehe man aber zum Werck ſchreitet/ muß kuͤrtzlich/ was ein Sinus, Tan-
gens,
und Secans ſey/ angedeutet werden. Wenn ich einem Circkul-Bogen eine
gerade Linee innwendig unterziehe/ wird dieſelbe Subtenſa deſſelben Bogens
genant. Dieſe ſubtenſa in zwey Theil getheilet/ gibt den Sinum rectum des hal-
ben Bogens (die Sinus verſos, weil ſie allhier nicht noͤtig/ gehet man vor dißmal
vor-
[271]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
vorbey) Es gehet aber ſolche Subtenſa entweder mitten durch des Circkuls Cen-
trum,
und wird ſonſt Diameter genant/ derer Helffte oder Semidiameter als der
laͤngſte Sinus, ſo in einem Circkel gegeben werden kan/ iſt Sinus totus oder Radius,
ſolchen præſupponiren die Artifices, eine Unitatem od’ 1. mit etlichẽ nullen, 5/ 6/ 7/
od’ mehr/ allhier kan man des Pitisci Tabulen gebrauchen/ und den Sinum totum
10000000. ſetzen: Oder ſchneidet nur ein Stuͤck vom Circkul-Bogen ab/ und gibt/
wie gedacht/ derer Helffte die Sinus rectos, der Helffte dieſes Bogens.


Tangentes ſind die Perpendicular-Lineen/ ſo außwendig des Circkuls auff
die Radios oder Sinus totos perpendiculariter auffallen.


Secantes aber ſind/ ſo vom Centro durch die Circumferentz des Circkuls an
dieſe Tangentes anſchießen/ Als/ in der 162. Figur iſt die Linee a b dem Bogen
a c b unterzogen/ oder deſſen Subtenſa, derer Helffte a d iſt der Sinus rectus des
Bogens a c, c f der Diameter, c e aber als deſſen Helffte/ der Radius oder Sinus
totus, c g
iſt d’ Tangens, und e g der Secans des Bogens a c, od’ des Winckels g e c.


Zu mehrer Nachricht ſind folgende Univerſal-Regulen zu obſerviren:


1. Ein jeglicher Triangul hat 6 Stuͤcke/ als 3 Winckel und 3 Seiten/ derer ſo
3 bekant/ kan man aus denſelben die andern drey auch finden/ außgenommen
aus den drey bloßen Winckeln alleine/ wird nichts als die Proportion der Lineen
gefunden/ weil ſie ſonſt keine gewiſſe Menſur determiniren.


2. Weñ ich in einem rechtwincklichten Triangul die eine Seite/ ſo bey dem rechtẽ
Winckel ſtehet/ laſſe einẽ Radium od’ Sinum totũ ſeyn/ ſo iſt die andere des gegen-
M m ijuͤber-
[272]FORTIFICATION
uͤberſtehenden Winckels Tangens, und die dritte und laͤngſte Seite deſſelben/ da
der Radius und dieſe zuſammen ſtoſſen/ Secans, als Fig. 163. ſo ich die Seite a b fuͤr
einen Radium nehme/ iſt a c der Tangens, c b aber der Secans des Winckels a b c.


(3.) Wenn ich aber die laͤngſte Seite zum Radio nehme/ ſind die andern bey-
den Seiten die Sinus der gegenuͤberſtehenden Winckel/ als Fig. 164. Wenn ich c b
laſſe den Radium ſeyn/ iſt die Seite a b der Sinus rectus des Winckels a c b, und a c
iſt der Sinus rectus des Winckels a b c.


(4.) Jn allen/ ſo wohl recht wincklichten als unrechtwincklichten Triangulen
ſind die Seiten mit jhren gegen uͤberſtehenden Winckeln proportional, \& con-
tra,
als Fig. 165 im Triangula b c, wie ſich die Seite a c, verhaͤlt zu dem Winckel
a b c, alſo die Seite c b zu dem Winckel c a b, und alſo auch die Seite a b, zu dem
Winckel a c b, \& contra, wie ſich der Winckel a b c zu der Seiten a c, alſo die Win-
ckel c a b und a c b, zu den Seiten c b und a b.


(5.) Jn den rechtwincklichten Trianguln/ iſt das Quadratum Baſeos oder der
laͤngſten Seiten gleich den Quadratis der andern beyden Seiten zugleich genom-
men/ als Fig. 166. Weñ die Baſis b c. 5 Ruthen were/ iſt 5 mal 5 als ihr Quadra-
tum,
nemlich 25. Die Seite aber a b, haͤlt 4/ ihr Quadratum als 4 mal 4 ſind 16.
Die Seite a c aber 3 kommen fuͤr ihr Quadratum 9. deñ 3 mal 3 ſind 9. So ſpreche
ich nu daß das Quadratũ der Seite c b, 25/ ſo groß ſey/ als die beydẽ Quadrata der
Seiten a b, 16. und der Seiten a c, 9. welche auch zuſammen 25 machen/ wie aus
der 166. Figur mit mehren zu erſehen. Vnd eben diß iſt das inventum centum
boum, mactatione dignum,
wo fuͤr Pythagoras 100. Ochſen geopffert/ denn es
in vielen Sachen groſſen Nutzen hat.


(6.)
[273]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

(6.) Wenn in der Calculation ein Winckel uͤber 90 Grad fuͤrfaͤllet/ ziehe ich
denſelben von 180. ab/ und mit des Reſts oder Complement Sinu verrichte ich
alsdenn die gebraͤuchliche Operation.


(7.) Hie ſind zu wiederholen die part. 1. cap. 1. von den Lineen und Triangulen
geſetzte Theoremata, als ſonderlich von den Lineen. Theor 1. und 2 daß nemlich die
Winckel eins ums ander und die ſo Creutzweiſe gegen einander ſtehen/ einander
gleich ſeyn. Item, von den Winckeln/ Theor. 1. \& 3. daß in einem rechtwincklichten
Triangul die beyden ſpitzigen zuſammen 90 Grad machen/ und einer des andern
zum rechten Winckel Complement ſey. Jn den andern Triangulen aber machen
alle 3 Winckel zuſammen 180 Grad/ oder 2 rechte Winckel/ wie ſolches oben mit
Figuren erwieſen. Weil auch die Extractio Radicis quadratæ, oder auffziehung
der Quadrat-Wurtzel ihren ſonderlichen Nutzen in etlichen Exempel der Trigo-
nometriæ
hat/ als ſeynd auch derſelbẽ gehoͤrige Handgriff anhero geſetzet: Vnd iſt
erſtlich zu wiſſen/ daß eine Quadrat Zahl ſey ein jegliches Product ſo aus einer
Zahl in ſich ſelbſt gemultipliciret, entſtehet: Die Zahl aber/ daraus das Quadra-
tum
gemachet wird/ iſt des Quadrati Radix, als ſo ich 5 mit 5 multiplicire, kom-
men zum Quadrato 25 derer Radix iſt 5. Die Praxis aus einer gegebenen Zahl Ra-
dicem quadratam
zu extrahiren, wird folgender Geſtalt verrichtet:


1. Jch fange von der rechten Hand an/ und ſetze an die ungleiche Stellen/ als
erſte/ dritte/ fuͤnffte/ \&c. unten oder oben Puncta, und ſo viel Puncta, ſo viel Ra-
dices,
kommen heraus.


2. Betrachte ich die Zahl ſo uͤber dem Punct nach der lincken Hand ſtehet/ ob
M m iijdie-
[274]FORTIFICATION
dieſelbe durch eine Radicem ſimplicem, oder eine Zahl von 1 biß 9 in ſich ſelbſt ge-
multipliciret, gerade auffgehe/ gehet ſie gerade auff/ gut/ wo nicht/ muß ich eine
Radicem um eines geringer nehmen/ und das uͤbrige von der Oberſten abziehen/
und unten ſchreiben (etliche nach der gemeinen Praxi Schreibens oben/ aber die-
ſes iſt beſſer/ und einem Tyroni leichter zu faſſen) die Radicem aber ſchreibe ich
hinter die Linee zur rechtẽ Hand/ und die beydẽ nechſte folgende Zahlẽ zum andern
Punct gehoͤrig/ zu dem Reſt unter die Linee. Dieſes iſt alſo die erſte Operation.


3. Duplire ich die erſte Radicem, und ſetze ſie von dem andern Punct an nach
der lincken Hand/ doch daß der Punct frey bleibe/ ſehe denn zu/ wie offt ich dieſe
gedoppelte Radicem in der obgeſchriebenen Zahl haben kan/ ſolches ſetze ich zur
rechten Seiten hinter die Linee/ und auch auf/ oder unter den Punct/ und multi-
plicire
mit der neu-gefundenen Zahl den Diviſorem ſampt der auff dem Punct
geſetzte Radice, was komt/ ziehe ich von der obern ab/ und ſchreibe es unter die Li-
nee/ und die beyde folgende Zahlen darzu. Vnd dieſes iſt die andere Operation,
welche ſo offt wiederholet wird/ ſo viel Puncta verhanden; nur daß alle Radices,
es ſeyn ein/ zwey/ od’ 3/ \&c. muͤſſen dupliret und zum neuen Diviſore gebrauchet
werden. Wenn zu letzt was uͤbrig bleibet/ wird daſſelbe fuͤr einen Numeratorem
oder Zehler oben/ und das Duplum von der gantzen Wurtzel mit 1 vermehret/
zum Denominatore oder Nenner/ wie ſonſt in Bruͤchen gebraͤuchlich/ unten ge-
ſchrieben. Wenn man aber in 10/ 100. oder 1000 Theilen ſolche Fractur haben wil/
ſetzet man zu der gegebenen Zahl 2/ 4/ 6/ \&c. Nullen, und operiret deñ/ wie oben
gedacht/ fort: das uͤbrige/ als noch nicht \frac{1}{1000} machend/ wirfft man weg. Dieſes
was
[275]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
was bißher gelehret/ wird mit folgenden Exempel erklaͤret. Es ſey von einem
Krieges-Obriſten, der eine Stadt durch Sturm-Bruͤcken an den Wall zu brin-
gen zu uͤberrumpeln gedencket/ durch gewiſſe Kundſchafft erkundiget/ Fig. 167. die
Perpendicular-Hoͤhe des Walles a b, an demſelbigen Orthe 24 Fuß/ die Docir-
ung des Walles b c, ſey halb/ nemlich 12 Fuß/ der grobe dafuͤr c d, 60. iſt alſo b d,
72. Fuß. So ich nu von d biß a eine Sturm-Bruͤcke wolte anbringen/ iſt die Fra-
ge/ wie lang ſolche ſeyn muͤſte? a b d, geben einen rechtwincklichten Triangul/ und
droben Theorem. 5. iſt gedacht/ daß die Quadrata der beyden Seiten gleich ſeyn
dem Quadrato der Baſis, als multiplicire ich a b, 24 mit 24/ kommen 576. Item,
b d,
72. in ſich oder mit 72/ kommen 5184. Dieſe beyde Quadrata addiret geben
fuͤr das Quadratum der Seiten a d, 5760/ deſſen Radix Quadrata gibt die be-
gerte Laͤnge der Sturm-Bruͤcken oder Seiten a d, Solche nu zu extrahiren,
punctire
ich (1.) die erſte und
dritte Zahl/ von der rech
ten Hand anzurechnen/
als o und 7/ unnd weil
nur 2 Puncta/ bekomme
ich auch nur 2 Radices.
(2.) betrachte ich die Zahl
uͤber dem letzten Punct/
ſolche iſt 57. dieſer Radicẽ
ſuche ich bey mir im Sin-

ne ſprechende: 7. mahl 7. iſt 49. 8. mal 8. iſt 64. welches ſchon zu viel/
muß
[276]FORTIFICATION
muß derowegen 7 behalten/ ſolche ſchreibe ich hinter die Linee/ derer Quadratum
aber 49. unter 57/ und ziehe eins vom andern ab/ bleiben 8/ ſolche ſetze ich unter die
Linee/ und die Zahlen zum andern Punct gehoͤrig/ nemlich 60. darzu kommen 860.
(3.) Duplire ich die gefundene Radicem 7/ machen 14/ ſolche ſetze ich unter 860.
daß der Punet unter d’ o frey bleibe/ und ſpreche 1 in 8 habe ich 5 mal/ ſolche ſetze ich
hinter die Linee zu der erſten Radici, und auch unter den Punct/ kommen 145.
Dieſe mit 5 gemultipliciret, geben 725. ſolche von den Oberſten als 860. abgezo-
gen/ bleiben 135. unter dieſe ſchreibe ich die gedoppelte Radicem 75. mit 1. vermeh-
ret/ nemlich 151. Jſt alſo die geſuchte Radix quadrata, oder die Laͤnge der Sturm-
Bruͤcken 75. \frac{135}{161} oder bey nahe 76. Fuß. Vnd alſo mit den andern auch.


Wollen nu zur Solution der rechtliniſchen Triangul an ihm ſelbſt ſchreiten/
und ſolche in folgenden 6 Caſibus abfaſſen. Denn ob wohl Urſinus 10 und Frobe-
nius
gantzer 20 vorgeſtellet/ iſt doch ſolche Weitleufftigkeit dieſes Orts nicht noͤ-
tig/ und kan gar wol alles/ was von denen weitleufftiger vorgeſtellet/ zu dieſen 6.
Caſibus referiret werdẽ. Die drey erſten ſollen handeln von den rechtwincklichtẽ/
die drey andern von den unrechtwincklichten Triangulen.


CASUS I.


Wenn in einem rechtwincklichten Triangul bekand ſeyn uͤber den rechten Win-
ckel (denn dieſer wird ſtets als bekant præſupponiret) die Baſis oder laͤngſte Sei-
te mit einem der ſpitzigen Winckel/ den andern ſpitzigen Winckel und andere bey-
de Seiten zu finden. Als Fig. 168. im Triangul a b c, bey b rechtwincklicht ſey be-
kand
[277]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
kant die Baſis a. c, 300. Fuß/ und der Winckel bey a 25. Gr. Auß dieſem nu die drey
uͤbrige Stuͤcke des Trianguls zu finden/ und zwar erſtlich den andern ſpitzigen
Winckel bey c, als ziehe ich den Winckel a, 25 Grad von 90 ab/ bleiben zum Win-
ckel c, 65.


Zum andern die dem Winckel a gegenuͤberſtehende Seite b c.


1. Vulgariter.


Wie der Radius oder Sinus totus 10000000. zu des Winckels a, 25. Gr. Sin. Rect.
4226183. Alſo die Seite a c, 300. Fuß zu der Seite b c, welche komt 126\frac{78549}{100000}


2. Logarithmicè.


Wie der Logarithmus des rechten Winckels b --- 10000000.


zu dem Logarithmo des Winckels a, 25. Gr. --- 9625948


Alſo der Logarithmus der Seiten a c, 300 -- -- \frac{3477121}{13103069}Add.


Hiervon den erſten abgezogen bleibet der Logarithmus, -- 3103069.


Dieſem reſpondiren unter den Numeris Vulg. 1268 auch faſt wie vor/ fuͤr die
Laͤnge der Seiten c b. Dieſes koͤnte nu auch durch den Modum Proſthaphæreticũ
geſuchet und gefunden werden/ Weil aber ſolcher Modus einem Incipienten im
Anfang ſchwer fuͤrfaͤllet/ ja auch einem ſonſt wohlgeuͤbten leicht Jrrungen ſchaf-
fen kan/ iſt nicht leicht ſonderlich den Incipienten darzu zu rathen oder anzuwei-
ſen/ ſondern es iſt der ſicherſte und beſte Weg bey der gemeinen Proportion zu
verbleiben/ und wenn man darinnen wolgeuͤbet/ den Calculum Logarithmicum
auch zu adhibiren.


N nZum
[278]FORTIFICATION

Zum dritten/ die Seite a b, zu finden/ nehme ich nur fuͤr den Winckel a 25. Gr.
ſein Complementum, nemlich den Winckel c, 65. Gr. und operire in allen beyden
Modis wie zuvor.


CASUS II.


Wann in einem rechtwincklichten Triangui bekant ſeyn/ ein ſpitz[i]ger Winckel
und eine Seite/ ſo den Winckel beſchleuſt/ die andern Stuͤcke zu finden.


1. Der ander ſpitzige Winckel wird gefunden wie zuvor/ ſo ich nemlich den be-
kanten Winckel von 90. Gr. abziehe/ als Fig. 169. im Triangul d e f, ſey gegeben
der Winckel d, 30 Gr. dieſen von 90 bleiben fuͤr den Winckel e, 60. Gr. die Seiten
aber d f, ſey 200. Fuß. Hieraus


2. Zu finden die Seite f e, vulgariter. Wie der Radius 10000000 ſich verhaͤlt zu
den Tangent des Winckels d, 30. Gr. nemlich 5773503.


Alſo die Seite d f 200 Fuß zu der Seiten e f 115 \frac{47006}{100000}.


3. Die Baſin e d, zu finden. Wie ſich verhaͤlt der Radius 10000000. zu des Win-
ckels d 30 Gr. Secantem 11547005. alſo die Seite d f 200 Fuß zu der Baſi ed,
230 \frac{9401}{10000}.


CAS. III.


Wenn ich einen rechtwincklichten Triangul uͤber dem rechten Winckel 2 Sei-
ten bekant/ die dritte Seite und die andern bey den Winckel zu finden. Jn ſolchen
Triangul ſind entweder bekant die 2 kuͤrtzeſte Seiten/ ſo bey den rechten Winckel
ſtehen/ oder eine Kuͤrtze und eine Laͤnge.


1. Die
[279]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

1. Die dritte Seite finde ich alſo: Jch multiplicire jede bekante Seite abſon-
derlich in ſich ſelber oder quadratè, ſind es zwey kurtze Seiten ſo bekant/ addire
ich beyde Quadrata zuſammen/ derer Radix quadrata gibt die laͤngſte Seite.
Jſt es aber eine lange und eine kurtze Seite/ ſubtrahire ich das Quadratum der
kuͤrtzeſten/ von dem Quadrato der laͤngſten Seiten/ des Reſtes Radix quadrata
iſt die andere unbekante kurtze Seite. Als Fig. 170. im Triangul g h i ſey die Seite
g i, 120. h i, 90 Fuß/ Jſt die Frage wie lang die laͤngeſte Seite g h? 120 mit 120 ge-
ben 14400. 90 mit 90 geben 8100/ beyde quadrata addiret, thun 22500. Derer
Radix quadrata außgezogen/ wie zuvor gelehrt/ iſt 150 fuͤr die Seite g h.


So aber die laͤngſte Seite g h 150, und eine der kurtzen h i, 90 Fuß bekant were/
ziehe ich das Quadratum der kuͤrtzeſten 8100 von dem Quadrato der langſten
22500. reſtiren 14400. Dieſer Radix quadrata 120, gibt die andere Seite g i.


2. Einen der ſpitzigen Winckel kan ich folgender Geſtalt ſuchen (deñ wenn einer
derſelben bekant/ kan ich den andern/ als deſſelben zu 90 Complement auch leicht
finden) vulgariter, und zwar ſo die Seite g i und i h bekant/ wie g i, 129 Fuß zu h i,
90/ alſo der Radius, 10000000 zu dem Tangente des Winckels g, welcher komt
7500000 dieſem reſpondiren 36. Gr. 52. min. proximè. Solche von 90. abgezo-
gen/ geben den andern Winckel h. 53 Gr 8. min. Oder ſo die Seite g h, und h i be-
kant weren/ iſt; wie g h, 150. zu h i, 90. Alſo der Radins 10000000 zu dem Sinu recto
des Winckels g. 6000000. dieſem reſpondiren 36. Gr. 52. min. 10. ſec. Wie zuvor/
oder ſo/ g i, und g h, wie g i, 120 zu g h 150/ alſo der Radius 10000000 zum Sec.
12500000 des Bogen iſt 36. Gr. 52. min.


N n ijCAS-
[280]FORITFICATION

CASUS IV.


Wenn in einem Triangul/ ſo keinen rechten Winckel hat/ zwey Winckel und
eine Seite bekant/ den dritten Winckel und die andern beyden Seiten zufin-
den. I. Den dritten Winckel zu finden/ addire ich die beyden bekanten Winckel/ und
ſubtrahire derer Summa von 180. Gr. der Reſt gibt den [dritten] Winckel per
Conſect. 2. Theor. 1. Cap. 1. Part. I.
von den Trianguln:


Wenn denn nu alle Winckel bekant/ kan ich auch die andern beyden Seiten per
Theorem. 4. huius Cap.
leichtlich finden; Als Fig. 171. im Triangul k l m ſey bekant
der Winckel k 38. Grad. Der Winckel m, 64. Gr. und die Seite k m, 360. Fuß. Nu
in dieſem erſtlich zu finden den dritten Winckel l, addire ich die beyden Winckel
als k, 38. Gr. und m 64. Gr. thut 162. Gr. Dieſe von 180 abgezogen/ bleiben 78. Gr.
fuͤr den dritten Winckel l. II. Die Seiten k l und k m zu finden und zwar Vulga-
riter.
Wie der Sinus des Winckels l. 78 Gr. 9781476. zu der gegenuͤberſtehenden
Seite k m, 300. Fuß/ alſo der Sinus des Winckels m, 64. Gr. 8987940. zu ſeiner
gegenuͤberſtehenden Seiten k l, 275\frac{66}{100}/ und alſo 2. der Sinus des Winckels k,
38. Gr. 6156615. zu ſeiner gegenuͤberſtehenden Seite l m. 188\frac{82}{100}.


CASUS V.


Wann zwey Seiten und ein Winckel bekant/ die andern beyden Winckel und die
dritte Seite zu finden. Wenn der Winckel der einen bekanten Seiten gegenuͤber
ſtehet/ kan ich nur nach voriger Proportion umgekehret/ erſtlich den andern Win-
ckel/ ſo der andern bekanten Seiten entgegen geſetzet/ und denn auch den dritten
Win-
[281]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
Winckel und ſeine gegenuͤberſtehende Seite ſuchen. Als ſo in vorhergehender
188 Fig. bekant weren die Seiten k m, 300 Fuß/ und k l, 275\frac{66}{100} nebenſt dem Win-
ckel I, dieſer Seiten k m gegenuͤberſtehent 78. Gr. Jſt: wie k m 30000. zu dem Sinu
des Winckels l 78. Gr. 9781476/ alſo die Seite k l, 275. 66. zu dem Sinu des Win-
ckels m 8987872/ dieſem reſpondiren 64. Gr. fuͤr dem Winckel m. Wenn ich nu
alſo beyde Winckel bey l und m habe/ kan ich auch leicht nach vorhergehendem
Caſu den dritten Winckel k und dieſem gegenuͤberſtehende Seite l m finden. Weñ
aber der bekante Winckel zwiſchen beyden Seiten begriffen wird/ gibt es etwas
mehr Difficultt; und iſt die Proportion dieſe: Wie die Summa der beyden Sei-
ten zu derſelben Differentz, alſo der Tangens der halben Summa der andern
beyden Winckeln zu dem Termino quarto, welches ein Tangens iſt/ und dieſem
reſpondirende Grad/ wenn ſie zu der halben Summa der Winckel addiret wer-
den/ geben den groͤßeſten/ von derſelben aber ſubtrahiret den kleineſten Winckel
der andern beyden. Als voriges Exempel zubehalten und bekant anzunehmen
die Seite k l, 275. 7. und l m 188. 8. nebeſt von dieſen beyden begriffenen Winckel l,
78. Gr. Dieſen ſo ich von 180 abziehe/ bleiben 102 fuͤr die Summa der andern
Winckel/ derer Helffte iſt 51. Gr. Weil aber dieſe Winckel nicht gleich/ muß ich ihre
Differentz folgender Geſtalt ſuchen. Die Seite k l, 275. 7/ und l m 188. 8. thun zu-
ſammen 464. 5. 1. Term. die Differentz 86. 9. 2. Term. der Tangens der halben
Summa. der Winckel 51. Gr. iſt 12348972. 3. Term. Vulgariter. Wie nun 464. 5. zu
86. 6. alſo 12348972. zu dem Tangent 2310281, dieſem reſpondiren 13. Gr. proximè,
ſolche zu 51. addiret, geben den groͤßeſten Winckel m, 64. Gr. ſolche aber von 51. ſub-
N n iijtrahi-
[282]FORTIFICATION
trahiret, den kleineſten Winckel k 38. Gr. Wenn nu alle drey Winckel und zwey
Seiten bekant/ kan ich nach vorhergehenden Caſu die dritte Seite k m, auch
leicht finden.


CAS. VI.


Wenn in einem Triangul ſo keinen rechten Winckel hat/ alle drey Seiten be-
kant/ die Winckel zu finden. Jn dieſem Caſu weil kein Winckel bekant/ und alſo
die Proportion zwiſchen den Seiten und gegenuͤber ſtehenden Winckeln nicht kan
perdirectum erkundiget werden/ als muß ich erſtlich den gegebenen Triangul
durch ein herunterfallendes Perpendiculum, entweder innwendig oder auß-
wendig in zwey rechtwincklichte Triangul ſolviren, und denn per caſum 3. die
Winckel ſuchen. Als Fig. 172. es ſey gegeben der unrechtwincklichte Triangul
n o p, und an demſelben die Seiten n p. 350. p o, 232. n o, 148. Fuß. als laße ich in-
wendig aus o in q eine Perpendicular-Linee heunter fallen/ ſolche machet aus
dem einem unrechtwincklichten Triangul n o p zwey rechtwincklichte n q o und
o p q bey q rechtwincklicht. Damit ich auch nu in den rechtwincklichten derſelben
Winckel zuerkundigen/ gebuͤhrliche Data erhalten moͤge/ muß ich die Stuͤcke der
Baſis n q und p q ſuchen oder vielmehr das Stuͤcke r p, wie viel nemlich p q laͤnget
ſey als n q, die Proportion iſt vulgariter folgende.


Wie die Baſis oder laͤngſte Seite n p 350 zu den andern beyden Seiten

  • o p 232
  • n o 148

derer Summa 380/ alſo der bey der Seiten Vnterſcheid 84/ zu dem
Stuͤck der Baſis r p, 91\frac{2}{10} dieſe von 350 als n p abgezogen/ bleiben 258. 8. fuͤr das
Stuͤck
[283]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
Stuͤck n r, deſſen Helffte iſt n q 129. 4. zu dieſem r p. 91. 2. hinzu gethan/ kompt das
ander Stuͤck der Baſis q p 220. 6. Weil nu in den Trianguln n q o und o q p bey
q rechtwincklich bekant ſeyn/ n q und n o, item im andern p q und p o, iſt per
Caſ: 3. wie

  • n q
  • p q

zu

  • n o
  • p o

alſo d’ Rad. zu dem Secant. d’ Winck.

  • o n q
  • o p q

wenn dieſe
beyde Winckel gefunden/ kan ich nicht allein den dritten Winckel n o p, ſondern
auch n o q und p o q, und aus dieſer einem das perpendiculum o q finden So
ich aber das perpendiculum von den ſpitzigen Winckel p, auswendig/ in ſ, wolte
herunter laſſen/ iſt der proceß dieſer.


Wie die Baſis, on, 148. zu den andern bey den Seiten

  • n p, 350
  • o p. 232

und Summa
582. alſo derſelben differentz 118 zu der verlaͤngerten Baſis n t, 464, o 2. von die-
ſen n o 148. o o abgezogen/ bleibet o t, 316. o 2. deſſen Helffte o ſ 158 o 1 dieſe zu n o,
148 wird n ſ 306, o i. Habe alſo abermahl zweyrechtwincklichte Triangul n ſ p
und o ſ p, in welchen bey den zweyen Seiten als im Triangul n ſ p, die Seiten n ſ,
und n p: Jm Triangul ſ o p aber die Seiten ſ o, und o p bekant/ aus welchen ich
leicht finden kan erſtlich den Winckel n p ſ, und denn auch den andern o p ſ, wel-
chen ſo ich von n p ſ abziehe/ bleibet der geſuchte Winckel in den gegebenen Trian-
gul/ o p n. 2. So ich weiter den Winckel ſ p o von 90 abziehe/ bleibet der Winckel
ſ o p, dieſen von 180 abgezogen/ gibt den andern Winckel im Triangul p o n, aus
welchen beyden denn auch der dritte kan geſuchet werden/ Alſo koͤnnen auch alle
vorhergehende Operationes Logarithmicê, wie bey dem erſten Caſu angewie-
ſen/ geſuchet werden. Andere ziehen von der Summa der Quadratorum
der
[284]FORTIFICATION
der Baſis und der einen Seiten das Quadrat der andern Seiten ab/ den Reſt di-
vidiren
ſie durch die doppelte Baſin, was heraus komt iſt das Stuͤck der Baſis, ſo
zwiſchen dem Perpendiculo und der erſt genommenen Seite enthalten wird/ als
im vorigen Triangul n o p,


  • Baſis n p 350 Quadratum --- --- --- 122500.
  • die Seite p o 232 Quadratum --- --- --- 53824.Addend:
  • Summa. 176324.
  • Die Seite n o 148 Quadratum --- --- 21904.Subtr.
  • Reſid. 154420.

Dieſes mit der Baſis 350 duplo 700 dividiret, komt das Stuͤcke p q. 220. 6. oder
ſo ich erſtlich das Stuͤcke n q haben wolte:


  • Baſis n p 350 Quadrat. --- --- --- 122500.
  • n o 148 Quadrat. --- --- --- 21904.Addend.
  • Summa 144404.
  • p o 232 Quadrat. --- --- --- 53824.Subtrah.
  • Reſid. -- 90580.

Dieſe mit dem duplo Baſis 700 dividiret, geben die Stuͤcke n q. 129. 4.


Alſo auch endlich im andern Exempel/ da das Perpendiculum außwarts
gehet/ faͤllet es etwas anders/ als nemlich das Stuͤck o ſ zu finden/ ziehe ich von
dem
[285]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
dem Quadrato der laͤngeſten Seiten a b die beyden u Qadrata der kuͤrtzeſten Sei-
ten und der Baſis, den Reſt dividire ich durch die doppelte Baſin.


  • Die laͤngſte Seite n p 350 Quadrat--- --- --- 122500.
  • Baſis n o, 148 Quadrat --- --- --- --- 21904
  • Kuͤrtzeſte Seite o p. 232 Quadrat.--- --- --- 53824.
  • Die Summa dieſer beyden Quadrat--- --- --- 75728
  • Solche vom erſten Quadrat abgezogen bleiben 46772

Dieſe mit der doppelten Baſi 296 dividiret, geben 158. 01, fuͤr das Stuͤck ſ o,


Dieſe ſey alſo gnugſam von der Trigonometria Triangulorum planorum \&
recti lineorum.


CAPUT II.


Wie eine Regular-Figur Geometricè nach obgeſchriebener Anleitung
außzurechnen.


Nu ſol auch mit einem Exempel erklaͤret werden/ wie eine Regular-Figur
nach der Trigonometria außzurechnen/ und auff was Weiſe man gewiſſe Ta-
bellen uͤber alle Regular-Figuren auff mancherley Weiſe verfertigen koͤnne. Es
werden aber mehrentheils 5 data oder bekante Stuͤck in einer Regulier-Figur
von den Autoren, um die andern alle mit einander zu finden (wiewol man auch
mit wenigern/ ſo man die Algebram und Reg. Falſi mitnehmen wil/ und in der-
O oſelben
[286]FORTIFICATION
ſelben geuͤbt/ zukommen kan) erfodert; und ſind ins gemein (1.) Die Figur/ obs
ein 4/ 5/ od’ 6 Eck/ \&c. (2.) der Bollwercks-Winckel (3.) die Geſicht-Linee (4.)
die Schulter oder Kehl. (5.) die Cortin oder die innwendige Seite/ wiewol man
dieſe Data unterſchiedlich abwechſeln und verendern kan/ Allhie iſt Fig. 174. ein
Stuͤcke eines Fuͤnff-Ecks nach obigen zwoͤlfften Modo deſcribiret, fuͤrgeſtellet.
Jn dieſem ſind folgende Data: 1. Die Figur iſt ein Fuͤnff-Eck/ derowegen/ ſo ich ei-
nen gantzen Circkul 360 mit 5 dividire, kommen 72. Gr. fuͤr dem Winckel beym
Centro a b c, ſolche von 180 abgezogen/ bleibet der Winckel bey der Circumfe-
rentz e a c,
108 Gr deſſen Helffte 54 Gr. gibt die beyden Winckel b a c und a c b.


2. der Bollwercks-Winckel ſol ſeyn 15 Gr. mehr als der halbe Polygon-Win-
ckel/ ſo ich derowegen zu 54. Gr. 15. addire, kommen 69. Gr. fuͤr den Bollwercks-
Winckel/ deßen Helffte iſt der Winckel a m h 34 Gr. 30. min. Vnd weil die Winckel
b a c und b m d gleich/ ziehe ich von dem Winckel b m d als den halben Polygon-
Winckel 54 Gr. ab/ den halben Bollwercks-Winckel a m h 34. Gr. 30 min. bleiben
fuͤr dem Winckel h m d, 19. Gr. 30 min. dem gleich iſt der kleine Streich-Winckel
m ſ a, deſſen Complement zu 90/ iſt k h ſ 70 Gr. 30 min. Vnd dieſes Comple-
ment
zu 180/ der Winckel ſo die Schulter und Geſicht-Linee machet k h m, 109
Gr. 30 min. 3. Der Winckel h a k den die Schulter k h ſubtendiret, ſol ſeyn 40
Gr. deſſen Complement iſt der Winckel a h k 50 Grad. 4. Die Geſicht-Linee m h
24 Ruthen/ und 5. die Cortin k l, 42 Ruthen/ Dieſes ſeyn alſo die fuͤnff data: Aus
denſelben die andern Stuͤck zufinden.


(1.) Nehm ich fuͤr mich den rechtwincklichten Triangul h g m, in dieſem ſind be-
kant
[287]FORITFICATION
kant/ die Seite m h 24 Ruthen/ und der Winckel m, 19. Gr. 30. min. Deſſen Com-
plement
70. Gr. 30 min. gibt den Winckel h, derowegen 1. fuͤr die Seite m g per
Caſ.
1. Wie der Radius 10000000. zu dem Sinu des Winckels h, 70. Gr. 30. min.
9426415. alſo m h 24 Ruthen zu m g 22/ 62. Welcher iſt gleich o d, ſo ich derowe-
gen dieſe duplire, 54. 24 und g o oder k I, die Cortin 42 Ruthen darzu addire, kom-
men fuͤr die euſſerliche Polygon m d, 87. 24. 2. fuͤr die prolongirte Schulter h g,
wie der Radius 10000000. zu dem Sinu des Winckels m, 19 Gr. 30 min. 3338068.
alſo m h 24 Ruthen zu h g 8. 01.


(2.) Jm Triangul a h m iſt bekant der Winckel m, 34. Gr. 30. min. und die Seite
m h 24. Ruthen/ Weil dieſes aber ein unrechwincklichter Triangul iſt/ ſind dieſe
zwey Data nicht genug/ ſondern es muß noch ein Winckel bekant ſeyn/ als ziehe
ich entweder dem Winckel a h k 50 Gr. von dem Winckel m h k 109 Gr. 30. min.
bleiben 59 Gr. 30 min. fuͤr dem Winckel m h a, oder ich ziehe den halben Polygon-
Winckel b a c, 54 Gr. von 180 bleiben 126/ Von dieſen abermal den Winckel k a h
40 Gr. bleiben fuͤr den Winckel m a h, 86 Gr. Weil denn nu in dieſem Triangul
bekant ſeyn alle 3 Winckel und die Seite m h, kan ich leicht die Capital m a per
Caſ.
4. folgender maßen finden: Wie der Sinus des Winckels a 86. Gr. 9975640.
zu der Se ten m h 24 Ruthen; Alſo der Sinus des Winckels h 59 Gr. 30 min.
9616292. zu der Seite oder Capital m a 20. 73.


(3.) Jn dem Triangul m a n ſind bekant die jetzt gefundene Seite m a, 20/ 73.
und der Winckel m als der halbe Polygon-Winckel 54 Gr. deſſen Complement
iſt der Winckel a 36 Gr. derowegen abermal per Caſum I. 1. Wie der Radius
O o ij10000000.
[288]FORTIFICATION
10000000. zu dem Sinu des Winckels a 36 Gr. 5877852/ alſo die Seite m a, 20/ 73/
zu m n. 12. 18. Dieſe von m g 22. 62. abgezogen/ bleiben fuͤr n g 10. 44. der gleich iſt
die Kehle a k, dieſe dupliret 20. 88. und darzu gethan die Cortin 42 gibt die inner-
liche Seite oder Polygon a c, 62. 88. welche auch komt ſo ich von m n, 12. 18. das
Duplum 24. 36. ſubtrahire von der euſſerſten Polygon m d, 87. 24. bleiben 62. 88.
wie vor. 2. Jn demſelben Triangul: Wie der Radius 10000000 zu dem Sinu des
Winckels m 54. Gr 8090170. alſo die Seite m a 20. 73. zu der Seite a n, 16. 77.
welcher gleich iſt g k, von dieſer g h, ſo droben gefunden werden/ 8/ 01/ abgezo-
gen/ bleibet die Schulter h k 8/ 76.


(4.) Jm Triangul h k ſ ſind bekant die jetzt gefundene Seite/ h k a 76 der
Winckel ſ 19 Gr. 30 min. mit ſeinem Complemẽt h 70 Gr. 30 min. Aus dieſem erſt-
lich zu finden die Diſtantz des Streich-Puncts ſ von der Schulter k, per Caſ. 2.
wie der Radius 10000000. zu dem Tangent des Winckels h 70 Gr. 30 min.
28239129. Alſo die Schulter h k 8. 76. zu der Linee k ſ, 24. 74 Dieſe von der Cortin
k l
42 Ruthen abgezogen/ bleiben fuͤr die Second. Flanq. oder Streich-Platz
ſl, 17. 26. 2. Wie der Radius 10000000 zu dem Secante des Winckels h, 70 Gr.
30. min. 29957 443/ alſo h k, 8/ 76 zu h ſ 26. 24/ Hierzu gethan die Geſicht-Linee
m h, 24 Ruthen/ komt die kuͤrtzeſte Defens-Linee m ſ 50. 24.


(5.) Jm Triangul ſ p q iſt bekant der kleine Streich-Winckel ſ 19 Gr. 30 min.
und die Linee ſ p, welche komt/ ſo ich den Streich-Platz ſ l. 17. 26 von der halben
Cortin l p. 21.00 abziehe/ und iſt 3. 74. Hieraus den Punct q, da die Streich-Lineẽ
einander durchſchneiden/ zu finden: Wie der Radius 10000000. zu dem Tang.
des Winckels ſ 16. Gr. 30 min 3541186; Alſo ſ p 3. 74 zu p q 1. 33.


6. Jm
[289]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

(6.) Jm Triangul m l o die laͤngſte Streich-Linee l m zu finden/ iſt bekant/ l o,
als welche gleich iſt/ a n oder k g 16 27. und die Seite m o, welche entſtehet/ ſo ich
zu dem Stuͤcke m g 22. 62. die Cortin k l welcher gleich iſt g o 42 Ruthen hinzu
thue und komt 64. 62. Wenn ich nu per Caſ. 3. dieſer beyden Seiten Quadrata ad-
dire,
und aus der Summa Radicem quadratam außziehe/ gibt ſolche die Seite
oder die laͤngſte Defens-Linee m l.


  • m o 64. 62 Quadrat. --- --- 41757444.
  • l o. 16. 78. Quadrat. --- --- 22815684.
  • Summa. 64573128.

Radix quadrat --- --- --- 66. 76. m l. Oder ſo ich mit der Ex-
traction
der Quadrat-Wurtzel nicht kan zu rechte kommen/ ſuche ich erſt den Win-
ckel m, wie m o zu o l, alſo der Radius zu dem Tangente des Winckel m 2595171.
Dieſem reſpondiren zu nechſt 14. Gr. 33. min. 2. Wie der Radius zu dem Secan-
te
des Winckels m, 14. Gr. 33. min. 10331339/ alſo m o 64, 62 zu m l, 66/ 76. wie zuvor.


(7.) Jm Triangul a b p ſind bekant alle Winckel a, 54. Gr. b. 36. Gr. und die Sei-
te a p. denn zuvor iſt gefunden die gantze innwendige Seite a c 62 88 derer Helffte
iſt a p 31. 44. Nu zu findẽ 1. die Perpendicula b p. und b r, wie d’ Radius 10000000.
zu dem Tangente des Winckels a, 54 Gr. 13763819. alſo a p 31. 44. zu den kleinern
Perpendiculo b p 43, 72. zu welchem ſo ich p r welche gleich iſt a n 16. 77. hinzu thue-
komt das groͤßere Perpendiculum b r, 61 29. 2. Die Semidiametros b a, und a m
wie der Radius 10000000. zu dem Secante des Winckels a 45. Gr. 17013016/ alſo
O o iija p.
[290]FORTIFICATION
a p, 31. 44. zu b a, 53. 49. Hierzu die Capital m a 20. 73. komt der groſſe halbe Diame-
ter b m,
74. 22.


Damit man auch in dem leichten und ſchoͤnen Calculo Logarithmico, welcher
ein Compendium aller Calculation iſt/ ſich zu uͤben Anlaß habe/ und deſſen
Handgriffe recht einnehmen moͤge/ als ſol voriges Exempel nach derſelben kuͤrtz-
lich durchgelauffen und wiederholet werden.


(1.) Jm Triangul h g m, 1. fuͤr die Seite m g.


  • Logarith. Sin. des Winckels h 70. Gr. 30. min. 9974346.
  • Logarith. der Seite m h. 00. -- -- 3380211.Addend:
  • Summa -- 1335 4557.

Von dieſem muß der Radius oder Sinus totus 10000000. abgezogen werden/
werffe derowegen nur die foͤrderſte 1. weg/ des uͤbrigen Logarithmi reſpondiren-
de
Zahl 22. 62. iſt die Seite m g, da denn ſonderlich dieſes bey dieſem Compendio
ſemel pro ſemper
zu mercken/ daß wenn ich den Radium von den graddirten
Logarithmis,
wenn ſelbiger nemlich die erſte Stelle in der Proportion hat/ ſub-
trahiren
ſol/ daß ich nur forn eines wegwerffe; Jſt aber der Radius an der an-
dern oder dritten Stelle/ und ſol zu einem Logarithmo addiret werden/ ſetze ich
nur forn eine Unitatem oder 1. hinzu/ welches denn ſonderlich compendios.


2. Die andere Seite des Trianguls h g m zu finden.


  • Logarithm. Sin. Ang. m. 19 Gr. 30. min. --- --- 9523495.
  • Logarithm, der Seite h m. 24. 00. -- 3380211.
  • Aggreg. 12904706.

Dieſem
[291]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

Dieſem reſpond: 8/ 01 fuͤr h g.


(2.) Jm Triangul a h m


  • Logar. Sin. m h: 24 00 --- --- 3380211.
  • Logar, Sin. Ang. h. 59. Gr. 30. min.9935320Addend.
  • Aggreg. 13315531.
  • Log. Sin. Ang. a. 86 Gr. 9998931Subtrah.
  • Log. 3316600.

Dieſem reſpondiren 20. 78. fuͤr m a.


(3.) Jm Triangul m a n fuͤr m n


  • Log. Sin. Ang. a 36 Gr. --- --- 9769219.
  • Log. Der Seiten m a, 20. 73. -- -- 3316590.Addend.
  • Summa 13085809.

Dieſem reſpondiren 12. 18.


2. Jn demſelben Triangul fuͤr a n


  • Log. Ang. m. 54 Gr --- --- 9907958.
  • Log. der Seiten a m 20. 93. --- --- 3316590.Addend.
  • 13224548

Die-
[292]FORTIFICATION

Dieſem reſpondiren 16. 77/ hier von h g, 8 01 abgezogen/ bleiben fuͤr k h 28. 76.


(4.) Jm Triangul h k ſ. fuͤr k ſ.


  • Log. Tang. Ang. h 00 Gr. 30. --- --- 10450851.
  • Log. h k. 8. 76. --- --- --- --- 2942504.Addend:
  • 13393355.

Dieſem reſpondiren 24. 74.


2. Fuͤr h ſ.


  • Log. Sec. Ang. h. 70 Gr. 30 min. --- 10476505.
  • Log. h k. 8. 7. 6. --- --- --- 2942504.Addend.
  • 13419009

Welchem reſpondiren 26. 24.


(5.) Jm Triangul ſ p q, fuͤr p q.


  • Log. Tang. Ang. ſ. 19. Gr. 30. min. --- --- 9549149.
  • Log. ſ. p. 374. --- --- --- --- 2572872. Addend.
  • 12122021.

Kommen 1. 33. fuͤr p q.


(6.) Jm Triangul m l o fuͤr l m


Ob man zwar in dieſem durch eine Operation, quærendo medium propor-
tionale inter duo crura \&c.
zu den begehrten Quæſito gelangen kan/ hat doch dieſe
eine
[293]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
eine mehr Difficultaͤten als ſonſt 3 andere; Jſt derowegen der naͤheſte Weg/ daß
man erſt den Winckel m, und die Seite m l ſuche.


  • Log. o l. 16. 77. --- --- --- 13224533.
  • Log. o m. 64. 62. --- --- --- 3810367.Subtr.
  • Log. Tang. 9414166.

Dieſem reſpondiren 14. Gr. 33. min.


  • Log. Secans. Ang. m. 14. Gr. 33. min. --- 10014156.
  • Kog. mo. 64. 62. --- --- --- 3810367Addend.
  • 13524523.

Dieſem reſpondiren 66. 76.


(7.) Jm Iriangul a b p 1. fuͤr b p.


  • Log. Tang. des Winckels a, 54. Gr. --- --- 10138739.
  • Log. a p. 31. 44. --- --- --- 3497482.Addend.
  • 13636221.

Dieſem reſpondiren 43. 28.


  • 2. Fuͤr a b Log. Sec. 54. Gr. --- --- --- 10230781.
  • Log. a. p. 31. 44. --- --- --- --- 3497482Add.
  • 14728263.

P pDie-
[294]FORTIFICATION

Dieſem reſpondiren 53. 49 alles wie zuvor/ und verificirer alſo ein Culculus
den andern Auff dieſe Weiſe kan man auch mit allen anderu Figuren procedi-
ren
und nach dem man alſo eine nach der andern außgerechnet/ in gewiſſe Ta-
bellen verfaſſen. Wenn man auch nu endlich aus dieſem gefundenen Linial eine
Regulier-Figur allen ihren Stuͤcken nach abreißen wil/ nimbt man aus einem
gewiſſen Stabe/ groß oder klein/ nach dem man die Figur haben wil (1) den klei-
nen halben Diametrum, und reißet einen Circkul/ dieſen theilet man in ſo viel
Theil/ als die Figur-Seiten haben ſol/ welches fuͤglich geſchehen kan/ ſo man die
in der Tabell gefundene Seite oder innerliche Polygon aus dem Maaßſtabe faſ-
ſet/ und ſo offt als noͤtig im Circkul herum ſetzet/ durch die Puncta der Theilun-
gen zeucht man vom Centro gerade Lineen hinaus. (2.) den laͤngſten halben
Diametrum, und zeucht aus vorigem Centro noch einen Circkul herlimb/ dieſer
bezeichnet die Haupt-Puncta/ und ſchneidet auff denen aus dem Centro gezo-
genen Lineen die Haupt-Lineen abe. (3.) Auff die Polygonen oder Seiten in
dem innwendigen Circkul von Punct zu Punct gezogen/ traͤgt man zu beyden
Seiten die Kehlen und Streich-Plaͤtze herum/ und zeucht von den Streich-Pun-
cten biß zu den Haupt-Puncten die kuͤrtzeſte Defens Linee/ und wenn man als-
denn von den Enden der Kehl-Lineen die Schultern Perpendiculraiter auffrich-
tet/ ſchneiden ſolche die Geſicht-Lineen ab/ das andere gibt ſich alsdenn alles ſel-
ber. Andere gebrauchen zwar/ einen andern Methodum, und richten erſt die
Schultern ihrer Laͤnge nach perpendiculariter auff/ ziehen denn uͤber derſelben
Enden vom Haupt-Punct diekuͤrtzeſte Defens-Linee/ aber es iſt ſicherer/ wie
auch
[295]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
auch ſchon droben erinnert/ daß man den Punct auff der Cortin, da die kuͤrtzeſte
Defens-Linee außgezogen wird/ erſt determinire; Wil man aber um mehrer
Gewißheit alsdenn auch die Schulter nach ihrer rechten Laͤnge abmeſſen und
auffſetzen/ gehet man deſto ſicherer.


CAPUT III.


Haͤlt in ſich unterſchiedlicher Autoren außgerechuete Tabellen.


Allhier wird nunmehr der groſſe Royal in gewiſſe Tabellen nach unter-
ſchiedlichen oben Part. 2. Cap. 3. beſchriebenen Manieren außgerechnet/ anhero
geſetzet/ nach welchen man Geometricè, da etwa die oben angewieſene Modi
Mechanici
einem oder den andern nicht allerdings gefallen wolten/ ein Werck
abreiſſen koͤnne/ und alſo auch in dieſem Fall kein Mangel moͤge verſpuͤret wer-
den. Wie aus dem großen das mittel und kleine Royal zu proportioniren, iſt
droben angezeiget/ alſo kan man auch leicht die Tabellen nach dem groſſen aus
gerechnet/ ins kleine verwandeln. Es iſt aber bey dieſen Tabellen in acht zu neh-
men. 1. daß ſie nur biß auff 12 Eck incluſivè anhero geſetzet ſeyn/ weil in dieſem
die meiſte Verenderung fuͤrfaͤllet/ in deme was uͤber 12 Ecken/ ſind die Autores in
allen Stuͤcken einig/ nur die Cortinen belangent: Jſt derowegen in denen ſo uͤber
12 Ecken haben/ nur eine/ nemlich die letzte aus dem Goldmanno beygefuͤget/ und
weil er ſeine Cortinen 48 Ruthen lang machet/ kan der ſo ſie ſo lang nicht haben
wil/ 6 oder 12/ nach dem er ſie 42 oder nur 36. Ruthenlang begehret/ nicht allein
P p ijvon
[296]FORTIFICATION
von den Cortinen/ ſondern auch von den inwendigen und außwendigen Poly-
gonen
wegwerffen. Weil aber auch die Semidiametri verendert werden/ und an
dieſen bey Auffreißung einer Figur am meiſten gelegen/ ſeyn ſie alle 3 anhero ge-
ſetzet/ und des Freitagii ſo die Cortinen 36 Ruthen lang machet/ mit F, Gold-
manni,
ſo 48 Ruthen hat/ mit G, und Himſelii ſo das Mittel zwiſchen beyden
helt und 42 ſetzet/ mit H verzeichnet/ wie aus den Tabellen wird zu ſehen ſeyn.


2 Daß in den Tabellen erſtlich die Data und bekante Stuͤck voran/ und die
Quæſita hernach geſetzet/ und zwar nur mit Buchſtaben bezeichnet; Was fuͤr Li-
neen oder Winckel aber die Buchſtaben bedeuten muß aus der 175. Fig. nachgeſu-
chet und erſehen werden.


3. Daß die erſte Zahl biß zum eiſten Punct Ruthen/ die andere Schu/ und
die dritte Zoll oder Daumen bedeute/ denn eine mehrere Scrupuloſitt allhie
nicht noͤtig.


(4) Daß nur die fuͤrnemſten Lincen/ ſo nemlich zum Grundriß noͤtig/ oder
ſonſt von Importantz anhero geſetzet; die andern aber geliebter Kuͤrtze halber/
außgelaßen.


TAB. I.
[297]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

TAB. I. Nach Morßheuſers Proportion: Cortin. 36. Fac. 24. Ruthen.


P p iijTAB. II.
[298]FORTIFICATION

TAB. II. Nach Freitags erſter Manier. Cortin. 36. Fac. 24. Ruthen.


TAB. III.
[299]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

TAB. III. Nach Freitags ander Manier. Cortin. 36. Fac. 24 Ruthen.


TAB. IV.
[300]FORTIFICATION

TAB. IV. Goldmanni. Cortin. 48. Fac. 24 Ruthen.


TAB. V.
[301]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

TAB. V. Antoin de Ville der Bollwercks-Winckel iſt in allen 90. Gr.


Die inwendige Poly.
gon
9000. Wiewohl
dieſe Proportion gro-
ße Bollwercke unnd
weite defenſiones
gibt/ iſt ſie doch gleich-
wol allhie mit genom-
men/ weil Cellarius
ſelbige auch hat/ und
und wie dieſe in ex-
ceſſu,
alſo pecciret
folgende in defectu.


Q qTAB. VI
[302]FORTIFICATION

TAB. VI. Dulichii. Die euſſerſte Polygon iſt uͤberall. 70. 0. 0. die Fac. 20. 0. 0.


TAB. VII.
[303]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

TAB. VII.Nach M. Trewen διδομένοις der Bollw. W. iſt wie in voriger/ biß zum
[...] Eck ſind ⅖ in den andern \frac{3}{7} der Cortin zu den Streichplatzen genommen. Jn den 4 letzten fallen die
Schultern contra principia groͤßer als die Kehlen/ kan man derowegen dieſelbe mit einander verwech-
ſeln/ die laͤngſte Defens-Linee helt bey nahe 60 Ruthen/ denn weil man inden Seiten eine
gewiſſe Proportion gehaͤlten/ hat ſie nicht præciſer fallen koͤnnen.


[304]FORTIFICATION

TAB. VIII. \& IX. Nach der Metiorum Proportion.


Die Tabell hat Adria-
nus Metius
nach ſeines
Vatern Proport. außge-
rechnet; Seine eigene be-
treffend/ gibt es nur etwas
Verenderung im Vier-
Eck/ welches allhier in der
erſten Columna geſetzet/
ſein 5 Eck gehet nicht.


Die andern kommen mit
Morßheufern uͤberein; die
Lineen m d und m l hat
man ſuppliret, die Zah-
len bedeuten Schu/ \&c.


TAB. X
[305]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

TAB. X. Nach den datis der Proportional-Linee gecalculiret.


Q q iijTAB. XI
[306]FORTIFICATION

TAB. XI. Nach der Proportion des 11. Modi


TAB. XI.
[307]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

TAB. XII. Cortin. 42. Fac. 24. Ruthen. Winck. f a k 40. gr.


[308]FORTIFICATION

TAB. XIII. Cortin. 42. face 24. Ruthen.


TAB. IV
[309]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

TAB. XIV. Dieſe komt faſt mit voriger uͤberein Cortin 42. Ruthen.


R rTAB. XV.
[310]FORTIFICATION

TAB. XV. Etlicher andern vielſeittigẽ Figurẽ. Der Bollw. W. iſt in allen 90. gr. Schult. 12. Geſich [...]
24. Ritthen. Jn dieſem ſind nur Schu geſetzet/ wo hinten ein P[unc]t ſtehet/ bedeutet noch einen halben Schu [...]
und wird man alſo nahe genug zutreffen.


[311]oder Kriegs-Bau-Kunſt.

Aus dieſen Tabellen kan man dieſelben mit den obbeſchriebenen General maximis
conferirend,
die beſte Proportion außleſen/ und ſeiner Beliebung nach ſich
darin exerciren, worzu man allhie Anlaß genug haben wird.


Das vierdte und letzte Capittel.


Zum Beſchluß werden allhier 212. Aphoriſmi militares oder Krieges-
Regeln/ aus bewehrten Autoren zuſammen gezogen/ anhero
geſetzet.


  • 1. Es ſol ſich niemand ohne unumgaͤngliche Vrſachen in einen oͤffentlichen
    Krieg einlaſſen/ denn das heißet nach des Auguſti Imperatoris Außſpruche/ mit
    einen guͤldenen Hamen fiſchen/ wo man Frieden durch Krieg ſuchen wil;
  • 2. Wenn der Feind ins Land faͤlt und die Paͤſſe wohl verwahret ſind/ iſts
    beſſer/ man thue demſelben eine Zeitlang biß zu bequemer Gelegenheit aus den
    Feſtungen und Schantzen muͤglichen Abbruch/ als daß man ihm alſobalden ei-
    ne Schlacht liefern wolte/ weil auff den ungluͤckhafften Fall das gantze Land da-
    durch leichtlich in hoͤchſte Gefahr geſetzet werden kan.
  • 3. Es iſt gut mit dem jenigen es halten/ der unſers Feindes Freund iſt/ damit
    man vermittels ſolcher Freundſchafft von des Feindes Vorhaben und Anſchlaͤ-
    gen deſto leichter etwas erfahren moͤge.
  • 4. Ein Kriegs-Heer ſol ſich in keiner Feſtung verſperrẽ laſſen/ damit er außer-
    halb derſelben die Hand frey behalten/ und allenthalben/ was zur Rettung des
    Landes und zu des Feindes Abtreibung dienet/ muͤglichſte Mittel an die Hand
    ſchaffen koͤnte.

R r ij5. Wer
[312]FORTIFICATION
  • 5 Wer nicht von groſſer Macht iſt/ und mit Voͤlckern nachzuſetzen hat/ der
    habe ſein Abſehen im Krieg nicht auff Belaͤgerung vieler Feſtungen weil ſich offt
    die groͤſte Kriegs-Macht dadurch ruiniret, und iſt faſt nichts im Kriege/ dadurch
    ſich ein groſſer Hauffen leichtlich verringern kan/ als wo man lange vor Feſtun-
    gen liegen muß.
  • 6. Es iſt beſſer eine Feſtung/ ſo zu des Landes Defenſion erbauet/ mit verſuch-
    ten und geuͤbten Vnterthanen/ als mit fremden Voͤlckern beſetzen.
  • 7. Wenn ein Kriegs-Heer nicht Luſt zu ſchlagen hat/ machets ſeinen Feind de-
    ſto groſſern Muth/ und ſtehet die Armee nicht auſſer Gefahr.
  • 8. Die Feld- [...]aͤger ſollen an geſunde Ort geſchlagen werden/ wenn man lange
    zu liegen Vorhabens iſt.
  • 9. Der Friede ſo mit Geld erkauffet wird/ koſtet gemeiniglich nicht ſo viel/ als
    der mit großen Kriegen erlanget werden ſol.
  • 10. Der Krieg bekommet gar ſelten den Außgang den man ſich eingebildet.
  • 11. Wenn der Feind aus dem Lande nicht zu bringen/ muß man auff Mittel
    bedacht ſeyn/ wie ihn ein Einfall in ſein Land oder außwertige Quartier gethan
    werden moͤchte/ damit er genoͤtiget werde/ denſelben zu Huͤlffe zu kommen/ und
    das Land zu raͤumen/ oder doch ſeine Macht zu zertheilen.
  • 12. Seinen Feind ſol er niemals verachten/ weñ er ſich gleich ſtellet/ als fuͤrch-
    te er ſich/ weil man nicht wiſſen kan/ ob vielleicht ein Stratagema dahinter verbor-
    gen ſey/ und er ſich nur alſo anſtellen moͤchte.
  • 12. Wenn ein Kriegs-Heer ſeine Frontieren und Feſtungenofft ſelbſt beſichti-
    get/
    [313]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
    get/ ſo helt er jederman in beſſerer Furcht/ und mehrern Auffſehen/ erfaͤhet auch
    in der That wo Mangel vorfaͤlt/ und kan denſelben deſto ehe abhelffen.
  • 14. Bey Belaͤgerung groſſer Staͤdte/ haben ſich die Belaͤgerer vor naͤchtli-
    chen Anfaͤllen am allermeiſten vorzuſehen/ wenn unſtets Wetter/ und kein
    Mondſchein iſt.
  • 15. Bey naͤchtlicher Weile ſol man an einer Feſtung zu mahl in Kriegs-Zeiten
    kein Thor eroͤffnen/ man habe denn erhebliche Vrſachen und wiſſe gewiß/ wer
    der jenige ſey/ der hinein gelaſſen werden ſol/ wobey doch allezeit auch die hoͤchſte
    Vorſichtigkeit zugebrauchen und nicht gaͤntzlich zu trauen.
  • 16. Es iſt beſſer man zertheile ſeine Kriegs-Macht/ als daß man ſie auff einen
    Hauffen beyſammen habe/ und koͤnne ſie hernacher aus Mangel Proviants und
    anderer Nothdurfft nicht erhalten.
  • 17. Man ſol ein Lager leichtlich nicht bloß und ohne Verſchantzung laßen/
    wenn auch gleich die Gefahr nicht ſo groß ſcheinet.
  • 18. Billich Friedens-Mittel im Krieg/ ſol man niemals außſchlagen/ ob gleich
    die Waffen Gluͤck haben.
  • 19. Den Vnordnungen und Exorbitantien im Krieg/ kan man durch kein
    Mittel beſſer Rath geſchaffet werden/ als wenn man den Soldaten ihren Sold
    und Vnterhalt reichet.
  • 20. Weñ einem Kriegs-Heer mitten im Streit Succurs zukommet/ jagts dem
    andern Theil eine Furcht ein daß er offt gar durchgehet/ zumahl wo man nicht
    gewiſſe Nachrichtung hat/ wie ſtarck der Succurs ſey.
  • 21. Alsdeñ ſol man den Feind zufoͤrderſt anfallen weñ er am ſicherſten zu ſeyn
    vermeinet.

R r iij22. Des
[314]FORTIFICATION
  • 22. Des Kriegs-Herꝛns Perſon ſol allenthalben in guter Obacht gehalten/
    werden/ und ſich nicht leichtlich in Gefahr begeben/ weil dieſelbe bey der Armee
    gleichſam die Seele iſt/ und das Vngluͤck niemals naͤher als wenn das Haupt
    darnider lieget.
  • 23. Es iſt beſſer einer belaͤgerten Feſtung gantz keinen Succurs verſprechen/ als
    denſelben zuſagen und nicht halten/ weil es die Belaͤgerte verzagt machet und
    leicht lich Anlaß zum Accordiren giebet.
  • 24. Wenn bey der Armee ein Schrecken vor des Feindes Macht einreiſſen wil/
    muß man daſſelbe durch Zuſammenruffung der Officirer bey Zeiten daͤmpfen/
    und den Soldaten einen Muth machen.
  • 25. Wenn Vnterthanen zum Krieg gewehnet und wohl exerciret ſind/ iſt mit
    denſelben zuvorlaͤßiger wider den Feind zugehen/ als mit fremden außlaͤndiſchen
    Voͤlckern
  • 26. Seinen Feind bey der Nacht angehen und zum Schlagen auffodern iſt ge-
    faͤhrlich/ vornemlich aber wo man des Orts Gelegenheit nicht recht innen hat.
  • 27. Es iſt ein groſſer Vortheil/ wenn man den Feind unvorſehens mit newen
    inventionibus und unbekanten Machinis angehet/ weil er ſich ſo geſchwind nicht
    darein finden und contra ſtellen kan.
  • 28. Weñ ſich ein Kriegs-Heer uff ſein Volck recht verlaſſen wil/ muß er daſſelbe
    mit Trewen meinen/ und ihm nothduͤrfftig Vnterhalt ſchaffen/ deñ dadurch ge-
    winnet er die Gemuͤther/ und erhelt nicht allein den Leib/ ſondern auch den Wil-
    len und das Hertze.
  • 29. So bald ſich der Feind einer Feſtung im Lande bemaͤchtiget/ muͤſſen die
    nechſt
    [315]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
    nachſt angelegenen feſte Plaͤtze mit ſtaͤrckerer Beſatzung und anderer Nothwen-
    digkeit beſtes verſehẽ werdẽ/ damit weñ er weiterum ſich greiffen wolte/ ihm ſein
    Vorhaben ins Werck zurichten/ deſto ſchwer fallen moͤchte.
  • 30. Weñ eine Armee in marchiren begriffen/ muͤſſen allezeit Reitter/ ſo weit ſie
    kommen koͤnnen/ voran geſchicket werden/ die von des Feindes Zuſtandt genaue
    Erkundigung einziehen.
  • 31. Jm Kriege ſol man keinen Anſchlag halßſtarrig fortſetzen/ wo die Gelegen-
    heit der Zeit nit zugleicht einen Beyfall an die Hand giebet. Deñ zu ungelegener
    Zeit das Gluͤck zwingen wollen/ iſt eine Anzeigung eines ungluͤckhafften verblen-
    den Gemuͤths.
  • 32. Wer ſeinen Feind mit Hunger oder durch andere Gewalt zu bezwingen ge-
    dencket/ der thut nicht wol daß er ſeine Intention auff eine Schlacht richtet/ wo-
    fern nit andere dringende Vrſachen mit unterlauffen. Wer aber mit einen ſtaͤr-
    ckerern zu thun hat/ gegen den er n[i]cht lang außhalten kan/ der muß ſeine Gedan-
    cken deſto mehr auff eine Schlacht richten/ und es auffs Gluͤck wagen.
  • 33. Man ſol allezeit auff ſeinen Feind ein wachendes Auge haben/ und auff ſein
    Thun und Vorhaben ſtete Kundſchafft legen/ ob er gleich weit von ferne iſt.
  • 34. Weñ ein benachtbarter Fuͤrſt oder Republique ſich mit großer Krieges-
    macht anlaͤßet/ ſol man auff Mittel bedacht ſeyn/ daß man der nachbarlichen
    Freundſchafft ſich bey zeiten verſichere/ od’ in Entſtehung deſſen mit gnugſamer
    Gegen-Macht bereit halte.
  • 35. Weñ man in des Feindes Landen groſſe Staͤdte einnim̃et/ ſol den Soldatẽ
    keine Pluͤnderung verſtattet werdẽ/ ſo man die uͤbrigen Staͤdte des Landes ohne
    ſondern Widerſtand haben wil/ damit ſich dieſelben nit aus Deſperation deſto
    hefftiger widerſetzen.

36. Es
[316]FORTIFICATION
  • 16. Es iſt beſſer man gewehne ſein Kriegs-Volck bald im Anfang zur Arbeit
    und Vngemach zu leiden/ als wenn es Anfangs des Muͤſſiggangs und der Vp-
    pigkeit gewohnet/ hernacher aber allererſt an die Arbeit gehen ſol.
  • 37. Jm Kriege ſol man bey vorfallender Gefahr niemals gantz verzagen/ und
    allen Muth fallen laſſen/ weil ſich das Gluͤck offt endert da ſichs am gefaͤhrlichſ[te]n
    anlaͤßet/ wo ſichs aber am Hertze und Zuthun ermangeln laͤßet/ da muß noth-
    wendig alles verlohren gehen.
  • 38. Wenn der Feind geſchlagen und in die Flucht gebracht wird/ ſol man den-
    ſelben ohn einigen Verzug verfolgen/ und denen Soldaten nicht verſtatten ehe
    Beute zu machen biß ſie den Feind gaͤntzlich erleget.
  • 39. Seinen Feind ſol man auffs eylfertigſte anfallen als es immer muͤglich/
    und ihme nicht Zeit laffen ſeine Macht und Huͤlffe zuſammen zubringen.
  • 40. Wenn ein groſſer Herr im Krieg ein rationalle und lobwuͤrdige That be-
    gehet/ hat er nicht Vrſache ſich daran zu kehren/ ob es gleich nicht jederman lobet/
    und ihm deßwegen von etlichen Vbel nachgeredet wird.
  • 41. Weñ man eine große Stadt einnimt/ ſol den Jnwonern kein Gewehr gelaßẽ
    werdẽ/ zumal wo ſie zuvor zum Streit gewehnet und mit dem Gewehr umgehen
    koͤnnen.
  • 42. Durch ſtete gewiſſe Kundſchafft wird oft im Kriege mehr/ als mit der Fauſt
    verrichtet.
  • 43. Es iſt beſſer man beſteche etliche mit Geld zu Kundſchaffern aus des Feindes
    Volck/ als daß man ſeine eigene Leute dazu gebrauchet/ wo es aber nit ſeyn kan/
    und man nit gewiß verſichert iſt/ ſol man lieber etliche gleich als ob ſie abtruͤnnig
    worden/
    [317]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
    den zum Feind uͤberlauffen laſſen/ damit man von deſſelben Thun und Vorneh-
    men deſto genauere Nachrichtung uͤberkommen moͤge
  • 44. Bey Anordnung einer Bataille ſol man ſich zu foͤrderſt vorſehen/ daß die-
    ſelbe alſo angeſtellet werde/ damit der Feind nicht leichtlich auff den Seiten oder
    ruͤckwerts einbrechen koͤnne/ Alſo ſollen auch die Squadronen nicht zu weit von
    einander geſtellet werden/ damit man den ſchwaͤcheſten und nothleidenden Theil
    deſto geſchwinder ſecundiren koͤnne.
  • 45. Wenn man mit dem Feind ſchlagen wil/ ſol man ſeine Macht nicht ſo gar
    gering halten/ und das Volck dadurch ſicher machen/ ſondern ſich anſtellen/ als
    wenn er noch eins ſo ſtarck were.
  • 46. Ein Feld-Herr ſol unter andern vornemlich des Gedreidigs warnehmen/
    und ernſtlich vor ſeyn/ damit daſſelbe nicht muthwillig verſchwendet oder ver-
    derbet werde.
  • 47. Wenn man einen feſten Ort belaͤgern wil/ iſts beſſer/ daß man denſelben
    mit aller Macht und Gewalt angreiffe/ alſo daß man mit geringer Macht lange
    Zeit dafuͤr zubringe.
  • 48. Jm Krieg ſol man allezeit wachtſam ſeyn/ und ſeinen Feind niemals trauen/
    wenn er gleich weit von hinnen iſt.
  • 49. Auff eine verlohrne Schlacht folget gemeiniglich großes Vnheil/ darum
    man ſeine Sache nicht leichtlich auff eine Schlacht ſtellen ſol/ zumahl wo auff den
    ungluͤckhafften Außgang/ des gantzen Landes Ruin ruhen ſolte.
  • 50. Wieder ſeinen Feind ſol man keine Schmeh-Wort ausgießen/ weil er da-
    durch nicht geſchlagen/ ſondern nur mehr erhitzet und auffgebracht wird.

S s51. Weñ
[318]FORTIFICATION
  • 51. Wenn man gleich die beſten Soldaten und nicht zugleich verſtaͤndige und
    erfahrne Officirer, dabey hat/ die ſie recht anzufuͤhren wiſſen/ ſo iſts umſonſt und
    verlohren.
  • 52. Einer belaͤgerten Feſtung ſol man bey Zeiten Succurs zuſchicken/ vornemlich
    aber wenn man vernimt/ daß der jenige dem man das beſte in der Feſtung zu-
    trauet/ etwa kranck oder gar mit todt abgangen ſey.
  • 53. Vermeſſenheit gehet im Krige ſelten wohl ab/ wenn es aber zur Extremi-
    taͤt kommet/ mag Kuͤhnheit offt allen Rath vorgehen.
  • 54. Weñ man gar zu begierig auff das Beuthe machen und Pluͤndern iſt/
    wird der Sieg offtmals gantz dadurch verlohren.
  • 55. Man ſol ſich auff einmahl nicht zu viel Feinde machen/ ſondern lieber auff
    alle Mittel bedacht ſeyn/ wie man ſich mit etlichen in der Guͤte vergleichen moͤge.
  • 56. Ein Kriegsheer ſol allezeit ſo wohl von ſeines Feindes als von ſeiner eige-
    nen Staͤrcke und Vermoͤgen die beſte Wiſſenſchafft haben.
  • 57. Wer ſein Kriegen alſo anſtellet/ daß er es verlieren wil/ dem mangelt nim-
    mermehr Gelegenheit etwas zugewinnen.
  • 58. Wenn ein Feind gar zu ſehr tobet/ iſt es nicht uͤbel gethan/ ſo man ihn auff
    eine Zeitlang in etwas ausweichet und zuſiehet/ biß man ihm einen Vortheil ab-
    jaget.
  • 59. Wenn der Feld-Herr gefangen wird/ oder beginnet zaghafft zu werden
    und zu weichen/ benimt ſolches der Armee den Muth und bringet ſie leichtlich
    in Gefahr.

60. Der
[319]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
  • 60. Der ſich im Krieg zum erſten bereit machet/ jaget dem andern eine Furcht
    ein/ und nimt ihn gemeiniglich den Vortheil weg.
  • 61. Wer einen Krieg wider den andern aus Hochmuth erreget/ der wird ſelten
    Gluͤck haben.
  • 62. Wenn man allzu begierig iſt ſich gegen dem Feind zu rechen/ gehets gemei-
    niglich uͤbel ab.
  • 63. Ein Feld-Herr ſol aller ſeiner hohen Officirer Gemuͤther/ Fleiß und Ge-
    ſchicklichkeit wohl innen haben/ damit er wiſſe/ was und wie viel er einem jeden
    zutrauen koͤnte.
  • 64. Was man im Kriege bey vorſtehender Gefahr nicht thun muß/ das ſol
    man nicht leichtlich wagen/ man ſehe deñ gleichſam das Spiel vor ſich gewinnen.
  • 65. Weñ eine offene Schlacht verlohren wird/ und der geſchlagene Theil nicht
    alſo bald friſch Volck zu ſeiner Verſterckung in der reſerve hat/ ſo iſt das Vn-
    gluͤck deſto groͤßer/ und fuͤqret mehr Gefahr mit ſich.
  • 66. Der giebet gemeiniglich Vrſach zu fernern Krieg/ der ſeinen Feind ein mal
    in Haͤnden hat/ und leſt ihn wieder loß.
  • 67. Weñ ein Feld-Herr Vngluͤck hat/ oder von der ſeinigen Noth Kundſchafft
    erlanget/ ſol er ſich nicht traurig oder verzagt ſtellen/ ſondern allezeit einen ſtand-
    hafften Muth von ſich vermercken laſſen.
  • 68. Wenn eine Stadt mit Sturm uͤbergehet/ ſol man die Leute nicht ohne
    Vnterſcheid nieder machen/ ſondern zufoͤrderſt der jenigen ſchonen/ ſo wehrloß
    und in den Haͤuſern angetroffen werden/ vor allen Dingen aber der Weibes-
    Perſonen/ wiedrigen Falls folget gemeiniglich bey der Armee nicht viel Gluͤck.

S s ij69. Wer
[320]FORTIFICATION
  • 69. Wer im Kriege ſeine Sachen allein auffs Gluͤck ſtellet/ der ſtehet in Gefahr
    und beharret ſelten lang.
  • 70 Ein fremdes Kriegs-Heer ſol man durchaus nicht in eine Feſtung laſſen/
    wenn es gleich Freundſchafft vorgiebet.
  • 71. Wenn die Aempter im Kriege nur nach Standes Wuͤrden/ und nicht nach
    eines jeden Geſchicklichkeit beſtellet werden/ ſo ſtehets um eine Armee nicht wol.
  • 72. Eines Feld-Herren groͤſte Sorge ſol dieſe ſeyn/ daß er ſeine Armee jeder
    Zeit alſo beobachte/ damit ihm niemals kein unverſehener Einbruch geſchehen
    koͤnne.
  • 73. Wenn man der Jnwohner eines uͤberwundenen Landes Gemuͤther ge-
    winnen wil/ muß der ſiegende Theil ſich ſeines Gluͤcks und Sieges nicht zu ſehr
    uͤbernehmen.
  • 74. Wenn ſich ein innerlicher- oder Land-Krieg ereignet/ ſol man ſich vor al-
    len Dingen der Haupt-Stadt oder vornehmſten Feſtung des Landes verſichern.
  • 75. Wenn man dem Feind den jenigen feſten Platz/ darauff er ſich vornem-
    lich verlaͤſt/ und darinnen er ſein Proviant und beſten Vorrath zu Vnterhal-
    tung ſeiner Armee hat/ hinweg nimbt/ ſo iſts um ihn geſchehen/ und wird die Ar-
    mee
    nicht lange beſtehen.
  • 76. Wenn ein Lager vor einer Feſtung nicht mit gnugſamen Lebens-Mitteln/
    oder mit einem offenen Paß verſehen iſt/ kan es die Laͤnge nicht tauren.
  • 77. Nach erhaltenen Sieg/ ſol man nit ſicher/ und mit Anordnung der Wach-
    ten nachlaͤßig ſeyn/ ſondern dieſelbe ſo embſig/ als ſonſten jemals zu geſchehen
    pfleget/ beſtellen.

78. Ohne
[321]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
  • 78. Ohne Hinterhalt oder gewiſſer Retirade ſol man ſich niemals leichtlichen
    an ſeinen Feind wagen.
  • 79. Der Krieg wird nicht ſo wohl mit Geld als durch Kunſt/ guthen Verſtand
    und Tapfferkeit der Soldaten gluͤcklich gefuͤhret.
  • 80. Wer im Krieg vor andern fortkommen und ſich herfuͤr thun wil/ der muß
    in ſeiner Jugend in denen Kuͤnſten/ ſo zum Krieg gehoͤren/ mit Fleiß zuvor unter-
    richtet werden.
  • 81. Der ſich in einen Krieg dringet oder dem andern Anlaß dazu giebet/ und
    ihn noͤtiget/ wird ſelten Gluͤck haben.
  • 82. Als denn ſol ein Feld-Herr ſein Kriegs-Volck den Feind vornemlich an-
    gehen laſſen/ weñ es Luſt zu fechten hat/ und ſich an ſeinem Feind wegen angetha-
    ner Injuria zu rechen begierig iſt.
  • 83. Wenn Kriegsvolck in einem Lager nicht in der Diſciplin und ſteter Arbeit
    gehalten wird/ ſo richtet daſſelbe nit allein nichts aus/ ſondern ſtifftet nur boͤſes.
  • 84. Wenn ein Kriegs-Heer ſcharffe Diſciplin haͤlt/ ſo darff er ſich auff ſein
    Volck deſto mehr verlaſſen/ und jaget auch ſeinem Feind eine Furcht ein.
  • 85. Die Vorſichtigkeit eines Feld-Herꝛen kan machen/ daß eine große Krieges-
    Macht von den beſten Soldaten den Sieg verlieret.
  • 86. Weñ ein Krieges-Heer geſchlagen wird/ ſol es nicht alſobald weichen/ ſon-
    dern ſo viel muͤglich/ ſeine Macht recolligiren, und dem Feinde wieder unter Au-
    gen gehen/ zumahl wo man ſich mit friſchem Volck in etwas verſtaͤrcken kan.
  • 87. Wenn ſich der Feind zu weilen furchtſam ſtellet und fliehet/ ſol man nicht
    S s iijalle-
    [322]FORTIFICATION
    allezeit trauen und vermeinen/ er fuͤrchte ſich/ weil es offt mit Fleiß geſchicht/ nur
    einen damit an einen bequemen Ort zu locken.
  • 88. Weñ den Belaͤgerten Huͤlffe geſchicket wird/ machts ihn einen Muth und
    dem Feind Schrecken.
  • 89. Zu Defendirung eines feſten Platzes/ daß er dem Feind nicht leichtlich
    in die Haͤnde gerathe/ iſt nicht allein ein guter Commendant, ſondern auch ein
    verſtaͤndiger Ingenieur von noͤthen.
  • 90. Wenn ein Feld-Herr bey einer Belaͤgerung den feinigen allezeit mit freu-
    digem Gemuͤthe zuredet/ und gute Hoffnung machet/ daß ſie den Belaͤgerten
    bald Meiſter werden wollen/ Alſo ſol der Commendant ſeinen Leuten hinwie-
    derum einen friſchen Muth machen/ den Feind ſein Beginnen mit Außfaͤllen
    und andern Gegen-Wehren bald zu Schanden machen.
  • 91 Wenn man feſten Plaͤtzen mit Gewalt nicht beykommen kan/ muß man
    ſie in ſteter Bloquade halten/ und außhungern.
  • 92. Je ſtaͤrcker der Feind anſetzet/ je ſtaͤrcker man ſich zur Gegenwehr ſtellen
    ſol/ ſo nimts den Feind offt den Muth daß er ablaͤßet.
  • 93. Weñ man ſich im Streit den Sieg gar zu geſchwinde einbildet/ kans leicht-
    lich eine Vnordnung verurſachen/ und dem Feind Gelegenheit geben obzuſiegen.
  • 94. Die Vneinigkeit der hoͤchſten Kriegs-Officirer bringt der Armee offt das
    groͤſte Vngluͤck und iſt des Siegs meiſte Hindernuͤß.
  • 95. Ein Kriegs- Heer/ ſo von einen verſtaͤndigen Feld-Herꝛn gefuͤhret wird/
    vermag offt vielmehr/ wenn es gleich ſchwach iſt/ als der groͤſte/ ſo von einen
    unerfahrnen guberniret wird.

96. Es
[323]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
  • 96. Es iſt beſſer mit den nechſten Potentaten als mit fremden und weit entle-
    genen ſich in eine Alliance einlaſſen.
  • 97. Mit den Voͤlckern ſo vorhin offt meineydig worden/ iſt nicht gut in eine
    Alliance zu tretten.
  • 98. Die Wachten ſollen nimmer unfleißig beſtellet werden/ wenn man gleich
    vermeinet man ſey dem Feind noch eins ſo wohl gewachſen.
  • 99. Den jenigen Voͤlckern/ ſo von Natur Luſt zum Krieg und dabey Gluͤck
    haben darff man nit Krieg anbieten/ ſie ſuchen ohne das bald Gelegenheit dazu.
  • 100. Ein Feld-Herr ſol nicht hochmuͤrig und vermeſſen ſeyn/ ſondern freund-
    lich und doch einen Ernſt und Gravitaͤt von ſich vermercken laſſen.
  • 101. Der Krieg iſt nicht rechtmaͤßig/ der alte Verbuͤndnuͤß trennet.
  • 102. Den Feind greifft man am ſicherſten an/ wenn er von einer Reiße oder
    andern Action ermuͤdet iſt/ und ſich davon noch nicht wider erholet hat.
  • 103. Dem Feind ſol man/ ſo bald er ins Land faͤllet/ entgegen gehen/ und ihm
    keinen Progreß zulaßen/ damit er den Vortheil nicht hinweg nehme/ jedoch daß
    man behutſam gehe und das Lager allezeit wohl verſchantze.
  • 104. Alsdeñ leßet man ſich mit dem Feind am ſicherſten in eine Action ein/
    weñ ſein Volck noch neu und nicht exerciret oder: nicht alles beyſammen iſt/ oder
    wenn der Feld-Herr kranck oder abweſend/ Jtem wo man kurtz zuvorhero dem
    Feind auß erhaltener Victoria eine Furcht eingejaget hat.
  • 105. Es iſt viel daran gelegen/ daß man nicht allein ſeines Feindes Macht und
    Staͤrcke/ ſondern auch ſein Ingenium und Natur innen hat.

106.
[324]FORTIFICATION
  • 106. Wenn eine Feſtung mit gar zu viel Vorrath angefuͤllet iſt/ locket ſie offt
    den Feind deſto mehr an ſich/ darum man daſſelbe heimlich halten ſol.
  • 107. Der jenigen Feſtungen ſol man ſich zu bemaͤchtigen/ vornemlich angele-
    gen ſeyn laßen/ vermittels welcher der Feind einen Paß ins Land hat/ und dem-
    ſelben vortheilhafftig beykommen kan.
  • 108. Wenn man weiß daß der Commendant in einer Feſtung ſich mit Geld
    beſtechen leſt/ mag man ſie leich lich belaͤgern und gewinnen.
  • 109. Bey Belaͤgerung feſter Plaͤtze kan man durch die Mathematiſche Kuͤnſte
    ſo wohl offenſivê als defenſivè viel Nutzen ſchaffen.
  • 110. Wenn eine Feſtung hart belaͤgert iſt/ und man wil den Feind gern davon
    abtreiben/ oder ihm die Macht in etwas benehmen/ muß man ihme wiederum ei-
    ne vornehme Stadt belagern/ damit er entweder die Feſtung zu verlaßen/ oder
    ſeine Macht zu zertheilen und den ſeinigen zu Huͤlffe zu kommen genoͤriget werde.
  • 111. Die Gelegenheit thut im Kriege das meiſte/ darum man dieſelbe nimmer
    voruͤber gehen laſſen ſol.
  • 112. Der uͤber eine Armee abſolutè commendiret und Plenipotentz hat/ kan
    ſich der Gelegenheit mehr gebrauchen/ als der zuvor Ordre einholen muß.
  • 113 Wenn der Kriegs-Herr ſelbſt bey einer Feld-Schlacht oder Belagerung
    zugegen iſt/ machts den Soldaten einen groͤßern Muth zu fechten/ und gehen
    friſcher an.
  • 114. Einem Vberlauffer ſol man nicht leichtlich Glauben zuſtellen/ zumahl
    wenns ein vornehmer Officirer iſt.

115. Weñ
[325]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
  • 115. Wenn man die Soldaten an ein hartes und ſchweres vornehmen antrei-
    ben wil/ ſol man ihnen Gaben und Geſchencke verheiſſen/ damit ſie deſto beſſer
    angehen und nicht leichtlich zu ruͤcke weichen.
  • 116. Den jenigen/ dem ein Kriegs-Fuͤrſt jemals zu wider geweſen/ oder bey dem
    man ſich einiger Rache zu beſorgen/ ſol man nicht leichtlich zu ſeinen General er-
    wehlen.
  • 117. Es iſt beſſer den Krieg in des Feindes als in ſeinem eignen Lande fuͤhren.
  • 118. Seines Feindes nachtbarn ſol man ſo viel muͤglich/ ſich zu Freunde ma-
    chen/ ehe man den Feind angehet/ ſonderlich die jenigen/ von denen er die meiſte
    Huͤlffe zugewarten.
  • 119. Wenn man gleich mit dem Feind einen Stillſtand der Waffen gemacht
    hat/ ſol man dennoch von demſelben nicht viel Volcks auff einmahl unter dem
    Schein als wolten ſie allerley Notthurfft einkauffen/ in die feſte Staͤdte einlaßẽ.
  • 120. So lang der Feind ſeine Voͤlcker noch auff den Beinen hat/ ſol man keine
    Abdanckung vornehmen.
  • 121. Es komt offt/ daß ein Feld-Herr/ wenn er gleich wider ſeinen Feind die be-
    ſte Expedition gehabt/ dennoch von ſich ſchreiben und außſprengen laͤßet/ als
    wenn er großen Schaden genommen/ verwundet oder gar todt were.
  • 122. Wenn man einen heimlichen Einfall thun wil/ ſo muͤſſen alle die jenigen/
    ſo denen Einfallenden entgegen kommen/ entweder zu ruͤcke behalten/ oder gantz
    geſchlagen und nieder gemacht werden/ die Armee aber muß geſchwinde fort
    marchiren und doch zugleich gute Ordnung halten/ damit keiner außlauffe und
    T tden
    [326]FORTIFICATION
    den Einfall verrathe/ der Ort auch/ dahin man gedencket/ ſol den wenigſten be-
    kant ſeyn/ damit es nicht kundbar werde.
  • 123. Weñ man ſein Vornehmen/ damit man den Feind betraͤnget/ hefftig fort
    ſetzet/ und ihm gantz nichts nachgiebet/ benimts dem Feind den Muth.
  • 124. Den Orth/ ſo man belaͤgern wil/ ſol man zuvor mit allen umliegenden
    Gelegenheiten auffs genaueſte erkundigen.
  • 125. Wenn eine Feſtung mit Sturm uͤbergehet/ darinnen eine ſtarcke Beſa/
    tzung/ daß man ſich eines Widerſtandes noch in der Stadt zu beſorgen/ ſol man
    Anfangs niemand Quartier geben/ zumahl die in Armis begriffen werden/ damit
    es bey den andern ein Schrecken erwecket.
  • 126. Bey einem Feld-Herren wird vornemlich erfodert/ daß er ſeine Anſchlaͤge
    heimlich halte/ und ſich allezeit zu einem andern Vorhaben/ als er in Sinn hat/
    anſtelle.
  • 127. Weñ man in ein fremdes Land einfallen wil/ ſol man nicht allein des Lan-
    des/ ſondern auch der Jnwohner ſelbſten recht kundig ſeyn.
  • 128. Es ſol ſich niemand/ der Gluͤck haben wil/ in Gemeinſchafft eines unge-
    rechten Krieges begeben/ oder mit den Intereſſenten in einige Alliance ein-
    tretten.
  • 129. Weñ in einem Treffen die jenigen/ ſo es am meiſten betrifft/ nicht friſch
    angehen wollen/ gibts den andern deſto mehr Anlaß durchzugehen.
  • 130. Weñ ein Feld-Obriſter wider ſeinen Feind gleich die beſte Gelegenheit zu
    agiren
    [327]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
    agiren hat/ ſol er doch wider Ordre und Befehl ſich an denſelben nicht wagen.
  • 131. Wenn einer Armee alle Gelegenheit zur Flucht benommen wird/ gibt ſol-
    ches deſto mehr Vrſache zur Standhafftigkeit.
  • 132. Die Vneinigkeit unter den hohen Officirern zuverhuͤten/ iſt das beſte
    Mittel/ wenn man die Krieges-Macht zertheilet/ damit ein jeder an dem Feind
    vor ſich ſein beſtes thue/ wofern es nur wegen des Feindes Macht ſeyn kan.
  • 133. Wer in ein fremdes Land einen Einfall thun wil/ der muß nicht nur auff
    den Paß hinein zu kommen/ ſondern auch auff den Repaß bedacht ſeyn/ und ſich
    deſſelben auffs beſte verſichern.
  • 134. Wer ſich im Krieg allezeit fuͤrchten wil/ der darff ſich niemals nichts un-
    terfangen/ wer aber gantz keine Gefahr fuͤrchtet/ und kan leichtlich einbuͤßen.
    Jſt demnach das beſte/ die Gefahr ſich allezeit ohne Furcht fuͤr Augen ſtellen.
  • 135. Man ſol nicht alle Kundſchaffer ohne Vnterſcheid toͤdten/ ſondern weiln
    man mit Volck und andern Kriegs-Nothwendigkeiten auffs beſte verſehen/ kan
    man den Kundſchaffern die Staͤrcke und Gewalt vor Augen ſtellen/ und ſie wie-
    derum lauffen laſſen/ ſo jagets dem Feind deſto mehr Furcht ein.
  • 136. Es iſt ein groſſer Vortheil/ weñ man ſeinen Feind an dem Ort angreiffet/
    da ers vor unmuͤglich helt/ weil er ſich daſelbſt am wenigſten vorſiehet.
  • 137. Wider einen Feind der deſperat gehet/ iſt ſchwer obzuſiegen.
  • 138. Wenn man des Feindes heimlichen Anſchlag entdecket bekommet/ gerei-
    chet es ihm gemeiniglich zu Schaden/ und wird ſchwerlich obſiegen.

T ij139. Wer
[328]FORTIFICATION
  • 139. Wer im Krieg ſeine ſachen mit gutem Rath und Bedacht anfaͤnget/ der
    gehet ſicherer/ als der es auffs Gluͤck waget.
  • 140. Weñ man den nothleidenden Theil im Streit nicht geſchwind zu Huͤlffe
    kommet/ iſt es offt mit der ſpaten Huͤlffe gantz vergeblich/ und geſchicht deſto
    groͤßerer Schade.
  • 141. Jn einer Bataille ſol man ſeine groͤſte Staͤrcke des Feindes groͤſter Macht
    entgegen ſtellen/ und ſonderlich von ſolchem Volck/ ſo mit demſelben zu ſtreiten
    allbereit gewohnet iſt.
  • 142. Weñ man der Vneinigkeit unter der Armee nicht bey zeiten vorkomt/ und
    dieſelbe daͤmpfet ehe ſie uͤberhand nimbt/ ſo geſchichts hernacher mit deſto
    groͤßerer Muͤhe und Vngelegenheit.
  • 143. Weñ unter der Armee eine Furcht einreißet/ ſol man den Soldaten alſo-
    balden ehe ſie der Furcht wieder benommen werden/ das auslauffen verbieten/
    und ihnen alle Gelegenheit zum Außreiſſen und Vberlauffen abſchneiden.
  • 144. Weñ man nach beſchehener Niederlage fliehen muß/ ſol ſolches auffs ge-
    ſchwindeſte als es muͤglich/ geſchehen/ und dem jenigen/ durch deſſen Land man
    die Flucht nimbt/ nichts von der Niederlage entdecket werden.
  • 145. Die hohen Officirer, ſo man wegen einer Conſpiration verdaͤchtig haͤlt
    ſol man vor angehender Schlacht entweder gantz abſchaffen/ oder doch Gelegen-
    heit ſuchen/ daß ſie nicht beym Treffen ſeyn moͤgen.
  • 146. Die Voͤlcker/ ſo des Krieges gewohnet und ſtreitbar ſeyn/ thun beſſer/
    wenn ſie immer fort kriegen/ als daß ſie ſtill ſitzen/ und des Krieges wieder ent-
    woh-
    [329]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
    wohnen/ jedoch ſol keiner des wegen unnoͤthige und ungerechte Kriege anfangen.
  • 147. Den Feind/ ſo da fliehet/ ſol man zwar auffs hefftigſte verfolgen/ aber
    ihm nicht zu weit in ein fremdes Land nachjagen.
  • 248. Nach erhaltenen Sieg ſol man den jenigen/ ſo ſich ritterlich gehalten/ mit
    Geſchencke/ Gaben und Ehre begegnen.
  • 149. Es iſt viel dran gelegen/ daß der Armee ein ſolcher Feld-Herr vorgeſtellet
    werde/ der bey dem Volck beliebet und nicht gehaͤſſig iſt.
  • 150. Weñ eine Stadt uͤbergehet/ und man laͤßet alſobalden außruffen/ daß
    niemand nichts gethan werden ſol/ der kein Gewehr fuͤhret/ ſo verlieren ſich die
    Bewehrten deſto ehe.
  • 151. Wer den Krieg wider ſeinen Feind im Winter fortſetzet/ der verruͤcket ihn
    den Compaß und jagt ihm eine Furcht ein weil er ſich deſſen nicht verſiehet.
  • 152. Mit miniren mag man offt die beſte Feſtung bezwingen/ darum/ wenn
    man einen Ort mit Minen beyzukommen/ muß man auff Gegen-Minen bey
    zeiten bedacht ſeyn.
  • 153. Jn einer Feſtung kan man ſich wider den Feind mit nichts laͤnger auffhal-
    ten/ als mit Abſchneidung der Wercke.
  • 154. Weñ man ein altes Werck verlaſſen/ und dem Feind uͤbergeben muß/ ſol
    man zuvor eine heimliche Mine hinein legen/ damit wenn es der Feind einnimt/
    ihme noch ein Streich gegeben werden kan.
  • 155. Wenn eine Armee marchiret, ſol der Feld-Herr nicht immer bey einem
    Theil bleiben/ ſondern bald da bald dort ſeyn/ und allenthalben zuſehen/ das rech-
    te Ordnung gehalten.

Tt iij156
[330]FORTIFICATION
  • 156. Eines Feld-Herꝛens groͤſte Macht und Staͤrcke beſtehet darinnen/ daß
    er ſeine Soldaten in rechtem Gehorſam hat.
  • 157. Einen Feind der nur pluͤndert und raubet/ muß man mit zweyen Hauffen
    angehen/ mit einem der mit ihm zu treffen ſuchet/ mit dem andern aber/ der dem
    Rauben und Pluͤndern wehret.
  • 158. Ein Feld-Herr ſol immer wachtſam und in ſteter Action ſeyn/ weil offt
    geſchwind ein großer unwiederbringlicher Schade geſchehen kan.
  • 159. Ein Feld-Herr kan nicht gute Kriegs-Diſciplin erhalten/ wenn er etlicher
    Verbrecher ſchonet und nicht gleich durchgehet.
  • 160. Weñ der Feind geſchlagen iſt/ und ſeine zerſtreuete Voͤlcker recolligiren,
    und ſich mit friſchem Volck wieder verſtaͤrcken wil/ ſol man ihm ſolches/ ſo viel
    immer muͤglich/ in Zeiten verwahren und vorbiegen.
  • 161. Wenn man ſich zu ſeinem Feind keines Quartirs nach guͤtlicher Verglei-
    chung zu verſehen/ ſo ſicht man allezeit friſcher.
  • 162. Wer gluͤcklich obſiegen wil/ der muß Gott ſeine gerechte Sache befehlen/
    und denſelben zum Beyſtand haben.
  • 163. Wenn Gott ein Land mit Krieg ſtraffen wil/ ſo hilfft keine Tapfferkeit der
    Soldaten.
  • 164 So offt unter des Feindes Armee Vneinigkeit entſtehet/ ſol man dieſel-
    be vermehren/ wo und ſo viel man kan.
  • 165. Wenn man ſich beſorget/ daß der Feind ins Land fallen moͤchte/ und man
    ihm
    [331]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
    ihm entgegen gehet/ iſts beſſer daß man ihn mit allerley Schantzen und an den
    Paͤſſen auffhaͤlt/ als wenn man ihm alſobalden eine Schlacht liefert.
  • 166. Wer im Streit unter des Feindes Volck außſprengen kan/ als ob der
    Feld-Herr umkommen were kan ſolches dem Volcke ein Schrecken bringen/ und
    daſſelbe verzagt machen.
  • 167. Wer mit einer fliehenden Armee krieget/ und bald da bald dort mit Ein-
    fallen und Pluͤndern Schaden thut/ demſelben iſt nicht wohl beyzu kommen.
  • 168. Alsdenn ſol man ſich an den Feind machen/ wenn man vernimt/ daß un-
    ter den hoͤchſten Officirern Streit iſt/ und ſich keiner von dem andern comman-
    diren
    laſſen wil.
  • 169. Wenn ein Feld-Herr gar zu ſtreng iſt/ und denen Soldaten wegen ſteter
    Arbeit gantz keine Ruhe laͤßet/ kan ſolches bey der Armee eine Rebellion oder an-
    dere Vngelegenheit verurſachen.
  • 170. Wer ſeinem Feind eine Schlacht liefern wil/ muß ſeine Voͤlcker beyſam-
    men halten/ und die auß commendirte an ſich ziehen/ dem Feind aber dergleichen
    thun zu laſſen/ allerley Hindernis in Weg legen.
  • 171. Wenn eine Armee nicht Luſt zu ſchlagen hat/ kan ſie deſto leichter uͤber-
    wunden werden.
  • 172. Man ſol ſich an ſeinen Feind nimmer wagen/ da man nicht zuvor Gott
    um treuen Beyſtand und Huͤlffe angeruffen.
  • 173. Mit einem trotzigen und halßſtarrigen Feind muß man haßſtarrich fech-
    ten/ und ſich nicht ſchrecken laſſen.

174. Man
[332]FORTIFICATION
  • 174. Man ſol ſich nicht leichtlich in des Feindes ledige Staͤdte wagen/ wenn
    ſie gleich offen ſtehen/ biß man gewiſſe Kundſchafft hat/ daß ſich der Feind nicht
    etwa darinnen verborgen haͤlt.
  • 175. Wer ſeinen Feind mitten im Streit unvorſehens von hinten anfallen
    leſſet/ kan ihn leichtlich in Confuſion bringen.
  • 176. Weñ eine Armee mit allzu großen Raub beladen/ und darauff uͤberfal-
    len wird/ kan ſie leichtlich Schiffbruch leiden.
  • 177. Das Band und die vertrauliche Einigkeit der hoͤchſten Officirer, erhaͤlt
    eine Armee bey ihrer Staͤrcke.
  • 178. Dieſe ſind die beſten Feld-Obriſtẽ/ die zum Krieg und großẽ Thatẽ gleichſam
    gebohren/ und immer ein mehrers und groͤßers außzurichten Begierde haben.
  • 129. Wer in wehrenden oder vor angehenden Streit viel gefangene bekom-
    met/ ſol dieſelbe wohl in acht nemen/ daß ſie wenn der Streit am hefftigſten/ ſich
    nicht etwa loß machen/ und ruͤckwerts Schaden thun.
  • 180. Die ungeuͤbten Soldaten ſol man zur Beſatzung in die feſte Plaͤtze legen/
    und ſie taͤglich in den Kriegs-Exercitiis uͤben/ damit ſie hernacher zu Felde deſto
    fuͤglicher gebraucht werden koͤnnen.
  • 181. Wer ſeinem Feind/ der allzu hefftig anſetzet ſich Anfangs gemachſam wi-
    der ſetzet/ und hernacher wenn er ermuͤdet/ auff denſelben mit vollen Kraͤfften loß
    gehet/ der kan ihn deſto leichter in die Flucht ſchlagen.
  • 182. Wenn man einen ſtarcken Feind vor ſich hat/ und mit demſelben zutreffen
    Willens/ ſol man von den beſten hohen Officirern keinen von der Armee abge-
    hen laſſen.

183. Wer
[333]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
  • 183. Wer von ſeines Feindes Anſchlaͤgen Wiſſenſchafft erlanget/ kan dieſelbe deſto
    leichter hintertreiben und zu nichte machen.
  • 184. Wenn eine Armee an einem Orte nicht wohl tauren kan/ und das Volck dahero
    laͤſſig und verzagt wird/ ſol man denſelben Orth/ wo muͤglich/ endern.
  • 185. Frembde barbariſche Voͤlcker ſol man lieber mit Geld oder auff andere Maß ab-
    finden/ als dz man ihnẽ etwas am Lande einreume/ damit ſie nicht weiter umb ſich greiffen.
  • 186. Wenn bey einer Armee die vornehmſten dahin trachten/ wie ſie nur ihre Guͤte
    in Schutz ſetzen und erhalten moͤgen/ das gemeine Beſie aber hindan ſetzen/ ſo kans leicht-
    lich geſchehen/ daß die Armee darunter Noth leide.
  • 187. Die Voͤlcker/ ſo des Krieges nicht gewohnet/ koͤnnen deſto ehe uͤberwunden und
    auffgerieben werden.
  • 188. Wer ſeinen Feind/ wenn er muͤde iſt/ mit großen Hauffen anfaͤllet/ mag ihn leicht-
    lich uͤber waͤltigen.
  • 189. Wer ſeinem Feind alle Wege beleget daß ihm von der Armee und dero Vorha-
    ben gantz nichts zukommen kan/ macht er ihn dadurch perplex/ und jagt ihm eine Furcht
    ein.
  • 190. Wenn ein Feind einen Einfall ins Land thut/ und bald darauf eine/ oder die an-
    dere Schlacht erhaͤlt/ machts das Land verzagt/ und gehet daſſelbige leichtlich gantz ver-
    lohren.
  • 191. Auff unbekandten Wege/ die man nit zuvor wohl recognosciren laßen/ ſol man
    mit ſeinem Krieges-Volck nicht marſchiren.

V u191. Ein
[333]FORTIFICATION
  • 192. Ein großer Hauffen kan an einen engen Orth nicht wohl wider einen geringen
    ſtreiten/ und mag leichtlich geſchehn/ das der geringe Theil den Sieg darvon traͤget.
  • 193. Wenn in einer Schlacht die ledige Luͤcken nicht alſo bald aus gefuͤllet/ und die er-
    muͤdeten Soldaten abgeloͤſet werden/ mag der Feind leichtlich einbrechen/ und ein Vor-
    theil gewinnen.
  • 194. Wer an ſeinen Feind gehen wil/ ſol zuvor ſeinen Leib mit Speiß unnd Tranck
    ſtaͤrcken/ und die Seele Gott befehlen.
  • 195. Wenn der Feind ſich einer Veſtung nahet/ ſollen die Wachten in den Thoren ver-
    ſtaͤrcket/ und aufs beſte beobachtet/ vornemlich aber die Thoren niemals geſchloſſen/ oder
    geoͤffnet werden/ man habe ſich dann zuvor genugſam erkundiget/ ob der Feind nicht etwa
    einen heimlichen Anſchlag habe.
  • 196. Jn einer belaͤgerten Veſtung ſol man keine Poſt unbeſetzet laſſen/ wenn man gleich
    vermeinet der Feind koͤnne denſelben nichts beykommen.
  • 197. Wenn eine Armee weichet und vor ſeinen Feind verborgen marſchieren wil/ ſol
    man im Laͤger des Nachts kein Feuer halten laſſen/ damit ſie ſich dem Feind nicht ſelbſt ver-
    rathe.
  • 198. Wo des Feld-Herrns Authoritet dahin faͤlt/ da iſt es umb die Kriegs-diſciplin
    geſchehen.
  • 199. Wenn eine Armee marſchiren ſol/ hat man ſich nit ſo wohl nach des Weges-kuͤr-
    [z]e/ als nach deßen ſicherheit/ und das man wegen proviants und anderer guten Gelegen-
    [h]eit wohl fortkommen koͤnne/ zu kehren.
  • 200. Wenn ein Commendant vermercket/ das die ihm anvertraute Veſtung an ei-
    nem
    [334]oder Kriegs-Bau-Kunſt.
    nem Orte leichtlich bey naͤchtlicher Weile beſchliechen und uͤberſtiegen’ werden koͤnte/ ſoll er
    darauff abſonderlich allzeit ein wachendes Auge haben laſſen/ wofern ers nicht endern und
    dem Mangel auff andere Maß abhelffen kan.
  • 201. Ein Krieges-Fuͤrſt ſol zu foͤrderſt achtung auff die jenige haben/ ſo ihm zum Krieg
    rathen/ und wohl zuſehen/ wer dieſelben ſeyn/ ob ſie nicht etwa ihre eigene pasſion oder
    Ehr/ Nutzen und Vortheil darunter ſuchen/ damit ſich deſto beſſer aus dem Grunde zu
    entſchlieſſen wiſſe.
  • 202. Man mus nicht allein bedacht ſeyn/ wie man dem Feind mit Gewalt/ ſondern wie
    man ihm auch mit allerley Luͤſt und Geſchwindigkeit Abbruch thun moͤge.
  • 203. Der ſich im Kriege nur allein auff die defenſion begiebet/ der gehet zwar am ſi-
    cherſten/ hat aber allezeit mehr Verluſt als Gewinn von ſeinen Kriegen zugewarten.
  • 204. Ein uͤbel bewehrtes Krieges-Volck iſt ſchon halb geſchlgen.
  • 205. Ein Krieges-Herr ſol fleißige Auffſicht haben/ daß einen Volck durch die hohen of-
    ficirer
    keine Vervortheilung/ Vntreu oder unrecht angethan werden.
  • 206. Straffe und Regiment wil der Krieg haben/ aber unter ſich ſelbſten keine Feindſee-
    ligkeit oder Tyranney.
  • 207. Jm Kriege iſt der Sieg das Ziel/ wer den erlanget/ der hat den Nutzen und Preiß
    unangeſehen wie die Vrſachen und Mittel zuweilen ſeyn/ dadurch er erlanget wird.
  • 208. Ehrgeitz und Rachgier verblendet offt die vornemſten bey der Armee/ und mache
    alle Anſchlaͤge zu nicht.
  • 209. Ob zwar ohne Gefahr und Wagen im Krieg ſelten was groſes ausgerichtet wird
    ſo iſts doch allezeit beſſer/ wenn man mit guter Vernunfft das ſicherſie Mittel ergreifft/ und
    V u ijaußer-
    [336]FORTIFICATION
    auſſer Noth und ſonderbahrer Gelegenheit nicht blind hinein gehet; Darumb wer Vngluͤck
    fliehen wil/ der gebe ſich ſo wenig bloß als er immer kan.
  • 210. Zu Berathſchlagung des Krieges ſol man alle Dinge auffs gefaͤhrlichſie und aͤrgſte/
    als ſichs begeben und zutragen kan/ erwegen und wohl bedencken/ damit man bey Zeiten in-
    nen werde/ ob man auch gegen alle Faͤlle gefaſſet ſeyn koͤnne oder nicht.
  • 211. Wenn man ſich im Kriege nicht auff allen Fallgnugſam gefaſſet/ und dem Feind
    gewachſen zu ſeyn befindet/ ſo iſts beſſer/ man bleibe in leidlichen Friede ſitzen.
  • 212. Wo der Feind am ſchwaͤchſien iſt/ da ſol man ihn zufoͤrderſt anfallen/ wo er aber
    am ſtaͤrckſten/ da mus man ſich am meiſten gegen ſtellen/ und auffs beſte verwahren.

Der himliſche Frieden-Fuͤrſt Chriſtus JEſus wolle ſelbſt
umb uns eine feurige Mauer/ und Veſte ſeyn/ uñ durch ſeiner lieben Engel Schild-
Wachen uns fuͤr allen feindlichen Machinationibus und Vberfaͤlleñ gnaͤdiglich
beſchuͤtzen: Dem ſey Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit Amen!


Nomen Domini Arx fortisſima!


FINIS!


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Dieses Werk ist gemeinfrei.


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TextGrid Repository (2025). Collection 3. Florilegium Fortificatorium Tripartitum Oder Kurtze/ leichte/ iedoch gründliche und richtige Anweisung zu der ietzigen Zeit üblichen Krieges-Bau-Kunst/ und was derselben anhängig. Florilegium Fortificatorium Tripartitum Oder Kurtze/ leichte/ iedoch gründliche und richtige Anweisung zu der ietzigen Zeit üblichen Krieges-Bau-Kunst/ und was derselben anhängig. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bqd6.0