[][][][][][][[I]]
Biologie,
oder
Philosophie
der
lebenden Natur

für
Naturforscher und Aerzte.


Vierter Band.

Göttingen,:
bey Johann Friedrich Röwer.
1814.

[[II]][[III]]

Vorrede.


Es sind neun Jahre seitdem der dritte
Theil dieser Biologie erschien. Ich entwarf
als Jüngling zu diesem Werke den Plan,
weihete demselben die schönsten Jahre mei-
nes Lebens, und hoffte ohne Unterbrechung
es zu beendigen. Aber Veränderungen mei-
ner Lage, der Drang der Geschäfte, das
Geräusch des Kriegs, und der Jammer mei-
nes unterdrückten Vaterlands raubten mir
Muſse und Ruhe. Doch blieb mir der Baum,
den ich in glücklichen Jugendstunden ge-
pflanzt hatte, über alles theuer. Ich habe
seiner zu jeder Zeit gepflegt, die ich mein
nennen konnte, und bringe hier die Früchte,
die unterdeſs zwar langsam, aber vielleicht
vollkommener, als bey mehr Eile der Fall
gewesen seyn würde, an ihm gereift sind.


* 2Nach
[IV]

Nach so langen Jahren haben sich mei-
ne Ansichten in manchen Stücken geändert.
Vieles in den drey ersten Bänden dieses
Werks würde, jetzt herausgegeben, eine
ganz andere Gestalt haben. Allein in der
Hauptsache ist meine Ueberzeugung dieselbe
geblieben. Ich habe auf dem Grund, den
ich früher legte, fortbauen können, und hoffe
darauf diese Arbeit zu vollenden.


Bey mehrern Abschnitten des gegenwär-
tigen Bandes hatte ich an Haller’s Ele-
menten der Physiologie eine Vorarbeit, auf
die ich bey ältern Erfahrungen in den mei-
sten Fällen verweisen konnte. Indem ich
mich blos auf dieses Werk bezog, wo ich
sonst sehr weitläuftig hätte seyn müssen,
verschaffte ich mir Raum zur ausführlichen
Darstellung der neuern Erfahrungen. Von
den letztern glaube ich keine erhebliche
übergangen zu haben, als einige von denen,
die erst in den drey verflossenen, unglückli-
chen Jahren, wo eine wahnsinnige Tyranney
sogar jeden wissenschaftlichen Verkehr mit
dem Auslande zum Verbrechen gemacht
hatte,
[V] hatte, bekannt geworden sind. Zu diesen ge-
hören freylich manche wichtige, z. B. Ber-
zelius
’s neueste Arbeiten in der thieri-
schen Chemie. Aber es ist einmal das
Schicksal eines jeden Werks über Gegen-
stände der Erfahrung, Vollständigkeit nie
ganz erreichen zu können, und was zu je-
der andern Zeit nicht zu entschuldigen ge-
wesen wäre, kann in der verflossenen auf
Entschuldigung einigen Anspruch machen.


Der billige Leser wird übrigens Mängel
dieser Schrift, die von der Beschaffenheit
des Gegenstandes derselben herrühren, nicht
dem Verfasser zur Last legen. Bey allem
Philosophiren über die Natur als ein Gan-
zes läſst sich das Allgemeine nicht ohne das
Besondere, und dieses nicht ohne jenes be-
greifen. Beydes ist von keinem endlichen
Wesen ganz zu ergründen. Wer blos mit
der Untersuchung einzelner Gegenstände der
Natur sein Leben hindurch beschäftigt war,
wird manches besser wissen müssen, als er
es hier geschildert finden wird. Vielleicht
aber wird er dafür manches Resultat hier
* 3antref-
[VI] antreffen, auf welches die Betrachtung des
Einzelnen allein nicht hätte führen können.
Ich glaube indeſs auch gethan zu haben,
was in meinen Kräften stand, um allenthal-
ben mit eigenen Augen zu sehen, und man-
ches richtiger als meine Vorgänger beobach-
tet zu haben.


Bremen, im März 1814.



[[VII]]

Inhaltsverzeichniſs.


  • Geschichte des physischen Lebens.
  • Fünftes Buch. Die Ernährung.
  • Erster Abschnitt. Einleitung. S. 3.
  • Zweyter Abschnitt. Die vegetabilische Ernäh-
    rung.
  • §. 1. Ernährungsorgane der Vegetabilien. S. 7.
  • §. 2. Funktionen der äussern vegetabilischen Er-
    nährungsorgane. S. 30.
  • §. 3. Bewegung des Safts in den Pflanzen. S. 46.
  • §. 4. Chemische Nutritionsprocesse der Pflanzen. S. 68.
  • Dritter Abschnitt. Die animalische Ernäh-
    rung.
  • Erstes Kapitel. Das Athemholen und die Haut-
    ausdünstung.
  • §. 1. Mechanismus des Athemholens und der Haut-
    ausdünstung. S. 123.
  • §. 2. Chemische Erscheinungen des Athemholens
    und der Hautausdünstung. S. 171.
  • §. 3. Einfluſs des Nervensystems auf das Athemho-
    len. S. 215.
  • Zweytes Kapitel. Der Blutumlauf.
  • §. 1. Beweise für den Blutumlauf. S. 228.
  • §. 2. Verschiedene Art des Blutumlaufs bey den
    verschiedenen Thierclassen. S. 232.
  • §. 3. Mit dem Blutumlauf verbundene Erscheinun-
    gen. S. 253.
  • §. 4. Ursachen des Blutumlaufs. S. 260.
  • §. 5. Einfluſs des Nervensystems auf den Blutum-
    lauf. S. 266.
  • Drittes Kapitel. Speise und Trank. Aufnahme,
    Verähnlichung und Aneignung derselben.
  • §. 1. Nothwendigkeit der Speise und des Tranks
    für den thierischen Körper. S. 279.
  • §. 2. Nährende Beschaffenheit der verschiedenen
    Naturkörper. S. 284.
  • §. 3. Aufnahme der Nahrungsmittel. Stadien der
    Ernährung. S. 288.
  • §. 4. Nahrungsmittel der verschiedenen Thiere. S. 295.
  • §. 5. Mechanismus der Aufnahme und Zertheilung
    der Speisen. S. 311.
  • §. 6. Das Verschlucken der Speisen. Der Spei-
    chel. S. 319.
  • §. 7. Der Schlund und der Magen. S. 333.
  • §. 8. Der Magensaft. S. 343.
  • §. 9. Der Chymus. S. 363.
  • §. 10. Bewegungen des Magens. Beziehung der
    Bildung desselben auf die Beschaffenheit der
    Nahrungsmittel. S. 377.
  • §. 11. Ausleerung des Magens. S. 397.
  • §. 12. Uebergang der flüssigen Nahrungsmittel aus
    dem Magen in die Masse der Säfte. S. 401.
  • §. 13. Der pankreatische Saft. S. 407.
  • §. 14. Die Leber und die Galle. S. 412.
  • §. 15. Der Darmcanal und die daraus entspringen-
    den Gefäſse. S. 446.
  • §. 16. Bewegungen des Darmcanals. Uebergang
    der Speisen in Chylus. Darmausleerung. S. 464.
  • §. 17. Uebergang des Chylus in die Masse der
    Säfte. S. 487.
  • §. 18. Einsaugungsvermögen der Venen des Darm-
    canals. Das Netz und das Fett. S. 497.
  • §. 19. Funktion des Zellgewebes bey der Ernäh-
    rung. S. 512.
  • §. 20. Die Milz. S. 525.
  • §. 21. Die Schilddrüse, die Thymus und die Ne-
    bennieren. S. 531.
  • §. 22. Das Blut. S. 545.
  • §. 23. Uebergang des Bluts in feste und flüssige
    Theile. S. 571.
  • §. 24. Die Harnwerkzeuge und der Harn. S. 593.
  • §. 25. Chemische Processe der thierischen Ernäh-
    rung. S. 614.
  • Vierter Abschnitt. Grundzüge einer Theorie
    der Ernährung. S. 624.
  • Zusätze.
  • I. Ueber das Eindringen der Luft in die Spuhlen der
    Federn beym Athmen der Vögel. S. 641.
  • II. Ueber die Entstehung von Stickgas beym Athmen. S. 641.
  • III. Versuche über den Einfluſs der Durchschneidung
    und Zerstörung des Rückenmarks und einzelner Ner-
    ven auf den Blutlauf. S. 644.
  • IV. Beobachtungen über die freywilligen Bewegungen
    des Bluts. S. 654.
  • V. Versuche über den Einfluſs des Magensafts auf Glas,
    und über die Säure dieses Safts. S. 659.

Geschicht[[1]]

Geschichte
des
physischen Lebens
.


Fünftes Buch.


IV. Bd. A
[[2]][[3]]

Fünftes Buch.
Die Ernährung
.


Erster Abschnitt.
Einleitung.


In allem Lebendigen ist ein beständiges Wirken
und Gegenwirken der Reitze, von welchen jeder
die Erregbarkeit in Beziehung auf sich herab-
stimmt, indem er sie für andere erhöhet a). Die-
se unaufhörlichen Veränderungen setzen einen
Wechsel der Bestandtheile des lebenden Körpers
voraus, wobey die Fortdauer desselben in einer-
ley Form des Lebens nicht statt finden könnte,
wenn er sich bey den Einflüssen der materiellen
Welt blos leidend verhielte und nicht gegensei-
tig
A 2
[4] tig auf diese einwirkte. Ohne ein solches Ein-
wirken würde auch kein Wachsthum und keine
Fortpflanzung des Geschlechts möglich seyn b).
Der lebende Körper muſs sich ferner die Bedin-
gungen seines Lebens bis auf einen gewissen
Grad selber schaffen c), und auch dieses würde
er nicht können, wenn er nicht die Aussenwelt
zu verändern im Stande wäre. Alles Lebendige
muſs also beständig formlose Materie aufnehmen,
sich verähnlichen und aneignen. Diese Aufnah-
me, Verähnlichung und Aneignung ist die Er-
nährung
im allgemeinern Sinn, die folglich
den dreyfachen Zweck hat:


  • 1) die Mischung des lebenden Organismus, die
    durch den Einfluſs der äussern Welt bestän-
    dig verändert wird, zu reproduciren;
  • 2) den Stoff zum Wachsthum und zur Fort-
    pflanzung des Geschlechts zu bilden; und
  • 3) die äussern Bedingungen des Lebens so
    weit, als es die Beschränktheit des Lebens
    zuläſst, hervorzubringen.

In dem gegenwärtigen Buch, dessen Gegen-
stand die Ernährung ausmachen wird, werden
wir also folgende Fragen zu beantworten haben:
Welches sind die Hauptwirkungen der äussern
Welt
[5] Welt auf den lebenden Körper? Welche mecha-
nische und chemische Actionen setzt derselbe je-
nen Einwirkungen entgegen? Wie entsteht bey
diesen Wechselwirkungen die Materie des Leben-
digen? Wie und in welchem Grade bringt der
lebende Körper die Bedingungen seines Lebens
sich selber hervor?


Wir dürfen uns nicht schmeicheln, alle Räth-
sel, worauf uns die Untersuchung dieser Fragen
führen wird, lösen zu können. Was Urstoffe und
was zusammengesetzte Materien sind? Welche
Rolle das Licht und die Elektricität bey der Zer-
setzung und Zusammensetzung der Körper spie-
len? Diese und noch viele andere Dinge, die
uns zu einer befriedigenden Beantwortung jener
Fragen zu wissen nothwendig wären, wissen
wir nicht. Es werden also nur Bruchstücke
seyn, was wir liefern können. Bey unsern Un-
tersuchungen werden wir übrigens ganz den Weg
der Erfahrung gehen. Wir werden zuerst von
der vegetabilischen und dann von der ani-
malischen
Ernährung handeln. Jede dieser Er-
nährungsarten verdient besonders in Betrachtung
gezogen zu werden. Bey der erstern werden die
aufgenommenen Stoffe in denselben Gefäſsen, wo-
von sie aufgenommen sind, verähnlicht; bey der
letztern durchgehen sie in verschiedenen Organen
verschiedene Grade der Assimilation. Die vege-
A 3tabili-
[6] tabilische Ernährung ist den Pflanzen und Phyto-
zoen, die animalische den Thieren und Zoophy-
ten eigen. Bey jenen besteht jedes einzelne Or-
gan aus einerley Grundtheilen; bey diesen giebt
es mehrere, in ihrer Zusammensetzung sehr ver-
schiedene Organe, oder organische Systeme.


Zweyter
[7]

Zweyter Abschnitt.
Die vegetabilische Ernährung.


§. 1.
Ernährungsorgane der Vegetabilien.

Die Pflanze bildet aus den einfachsten Stoffen
sehr zusammengesetzte und höchst mannichfaltige
Produkte. Wasser und Luft sind für viele zur
Ernährung allein hinreichend. Ihr äusserer Bau
zeigt dabey wenig verschiedenartige Theile, und
im Innern dieser Organe findet das unbewaffnete
Auge fast allenthalben einerley Textur.


Es gab eine Zeit, wo man die Hoffnung
hegte, aus mechanischen Principien die Geheim-
nisse des Pflanzenlebens erklären zu können. Der
einfache Bau der Gewächse war dieser Hoffnung
nicht günstig. Man überredete sich aber, daſs
dieser nur scheinbar sey, und daſs das Vergröſse-
rungsglas enthüllen würde, was das bloſse Auge
nicht zu entdecken vermag, eine groſse Man-
nichfaltigkeit der innern Theile bey der gröſsten
Feinheit derſelben. Man sahe, was man zu se-
hen wünschte, beschrieb eine Menge verschie-
A 4dener
[8] dener Pflanzengefäſse, eignete diesen einen sehr
zusammengesetzten Bau zu, und wies jeder Art
eine eigene Funktion an, die meist von der Ana-
logie thierischer Organe hergenommen war.


Als ich vor zwölf Jahren den ersten Theil
meiner Biologie herausgab, war ich von dem
Ungrund der meisten jener Lehren durch eigene
Beobachtungen überzeugt. Indeſs reichten meine
Untersuchungen nicht hin, jeden Irrthum meiner
Vorgänger zu verbessern. Ich läugnete mit Recht
das Vorhandenseyn der vielen, besonders von
Hedwig angegebenen Pflanzengefäſse d); Spren-
gel
’s, Link’s, Rudolphi’s und meines Bruders
Beobachtungen haben gezeigt, daſs hierin die
Wahrheit auf meiner Seite war. Aber ich ging
freylich zu weit, als ich alle Pflanzengefäſse aus-
ser den Spiralgefäſsen verwarf. Ich nehme diese
Behauptung jetzt zurück, und theile hier, als
Grundlage zu den folgenden, die Ernährung der
Pflanzen betreffenden Untersuchungen, die Resul-
tate meiner neuern Beobachtungen über den in-
nern Bau der Pflanzen so weit mit, als der Plan
dieses Werks und der durch die Menge der ab-
zuhandelnden Gegenstände beschränkte Raum ge-
statten.


Der Anfang jeder Pflanze und jedes neuen
Theils derselben sind Bläschen, die unter einan-
der
[9] der keine Verbindung haben. In dieser Lehre,
die ich schon im 3ten Bande der Biologie (S.
233.) vorgetragen habe, stimmen alle neuern
Pflanzenphysiologen mit mir überein e).


Aber nicht alle Pflanzentheile entstehen aus
diesen Bläschen. Eine solche Bildung habe ich
nie behauptet. Man hat mir sehr Unrecht ge-
than, mir diese Lehre aufzubürden. Meine Mei-
nung ist nur diese, daſs die Entstehung jener
Bläschen der Bildung aller übrigen Theile vor-
hergeht f).


Jene
A 5
[10]

Jene Bläschen sind in der ersten Zeit ihres
Entstehens immer rund und immer durch Zwi-
schenräume von einander getrennt. Bey ihrem
Wachsthum rücken sie näher an einander, be-
kommen eine cylindrische oder eckige Gestalt,
und bilden nun das vegetabilische Zellgewebe.
Hierbey verdicken sich zugleich ihre Ränder, und
erhalten das Ansehn einer Faser. In diesem Zu-
stand erscheinen sie als regelmäſsige Körper, wo-
von die Seitenflächen aus durchsichtigen Häuten
und die Seitenlinien aus einem undurchsichtigen
Faden
f)
[11] Faden bestehen. J. J. P. Moldenhawerg) hat
diese verdickten Ränder der Zellen für einen ei-
genen Pflanzentheil angenommen, und ihn das
Zellgewebe genannt, das aber, was wir unter
Zellgewebe verstehen, mit dem Namen der zel-
lichten Substanz
belegt. Ich kann ihm hierin
nicht beystimmen. Jene Seitenlinien der Zellen
haben ganz die Beschaffenheit der Häute dieser
Theile; sie sind starr, wo diese starr, und weich,
wo diese weich sind. Das Letztere ist z. B. der
Fall bey mehrern Agaven und andern fleischigen
Gewächsen, wo sie wie schleimige Fäden er-
scheinen.


In allem jüngern Zellgewebe, dessen Bläs-
chen noch nicht an einander gedrängt sind, giebt
es Zwischenräume zwischen den letztern. In
älterm Zellgewebe verlieren sich diese an man-
chen Stellen ganz; an andern bleiben sie übrig,
und nehmen zum Theil noch an Weite zu.
Diese Zwischenräume sind die Intercellular-
gänge
, von welchen einige Pflanzenphysiologen
angenommen haben, daſs sie zusammenhängende,
durch das Zellgewebe der ganzen Pflanze fort-
gehende Canäle bilden. Das Letztere ist eine
Meinung, womit Beobachtungen an frischen
Pflanzen nicht ganz übereinstimmen. An man-
chen Stellen liegen die Zellen so dicht an ein-
ander,
[12] ander, daſs sich gar keine Zwischenräume wahr-
nehmen lassen. Inzwischen ist es wahr, daſs
die Zellen ein Vermögen besitzen, sich bald mehr
zusammenzuziehen, bald mehr auszudehnen, und
daſs im zusammengezogenen Zustand derselben
Intercellulargänge entstehen können, wo sonst
keine vorhanden sind.


Es findet unläugbar ein Uebergang aus den
Zellen in die Intercellulargänge, und aus diesen
in jene statt, da gefärbte Flüssigkeiten, die von
abgeschnittenen Pflanzentheilen eingesogen sind,
sich von Zelle zu Zelle verbreiten. Es giebt aber
zuverlässig keine Oeffnungen in den Wänden der
Zellen. Schon Rudolphih) und Linki) haben
dies bemerkt, und meine Beobachtungen stimmen
mit den ihrigen ganz überein. Moldenhawerk)
fand zwar an den Wänden der innern Zellen in
Blattstielen der Cycas revoluta und im Mark des
gemeinen Hollunders Stellen, die er für wahre
Poren annehmen zu müssen glaubt. Aber es
ist bey mikroskopischen Untersuchungen nichts
leichter, als sich in Betreff der Gegenwart von
Poren zu täuschen. Ich fand an einem Stück
Hollundermark an einigen, neben einander lie-
genden
[13] genden Zellen ovale Stellen, die das Ansehn von
Oeffnungen hatten, bey näherer Untersuchung
aber blos Vertiefungen waren.


Beym Entstehen des Zellgewebes zeigt sich
zugleich eine Oberhaut, welche die ganze Masse
der Bläschen einschlieſst. Späterhin, nachdem die
Bläschen schon eine bestimmte Form angenom-
men haben, erscheinen zwischen denselben Fa-
sern und endlich groſse Gefäſse.


Die Oberhaut der Pflanzen ist eine eigene
Membran, die sich durch gröſsere Dicke und
stärkern Zusammenhang von den Häuten der in-
nern Pflanzentheile unterscheidet. In derselben
giebt es ein Netz von Gefäſsen, die ich die Ge-
fäſse der Oberhaut
nennen werde. Sie sind
enge, auf der untern Fläche der Epidermis her-
vorragende, in gleicher Weite und ununterbro-
chen fortgehende, häufige und regelmäſsige Ana-
stomosen bildende Canäle. Hedwigl) hat sie zu-
erst als eigene Gefäſse beschrieben. In neuern
Zeiten hat man sie verworfen, und sie für die
Ränder der unmittelbar unter der Oberhaut lie-
genden, mit dieser verwachsenen Zellen ange-
nommen. Nach meinen Beobachtungen muſs ich
sie aber mit Hedwig für Gefäſse halten. Die
unmit-
[14] unmittelbar unter der Epidermis liegenden Zel-
len sind immer viel kleiner, und haben eine
ganz andere Gestalt als die Maschen des Netz-
werks der Epidermis. Ich habe auch nie eine
Spur von abgerissenen Häuten an den netzför-
migen Streifen der Oberhaut bemerken kön-
nen. Rudolphim), der behauptet, das unter
der Oberhaut liegende Zellgewebe zeige immer
dasselbe Netz, wie die Epidermis, hat wahr-
scheinlich diese Meinung aus Beobachtungen an
Aloen und andern fleischigen Gewächsen gezogen,
bey welchen sehr leicht eine Täuschung möglich
ist. Hier sind die Adern des Netzes der Epi-
dermis sehr dick und fasrig, so daſs man mit
einem feinen und scharfen Messer eine obere
Lage davon wegnehmen kann. Auf dieser sieht
man denn dieselben Maschen, wie auf der un-
tern. Aber man sieht dann auch, daſs nur eine
einfache Haut zwischen den Adern ausgespannt
ist, und daſs die darunter liegenden Zellen rund-
lich, die Figuren des Netzwerks hingegen eckig
und weit gröſser sind. Daſs übrigens die Adern
der Oberhaut wirkliche Canäle sind, habe ich un-
ter andern sehr deutlich bey der Aloe verrucosa
Ait. gesehen. Wenn ich ein Stück der Oberhaut
dieser Pflanze, nachdem sie eine Zeitlang der
Sonne ausgesetzt gewesen war, unter Wasser
schabte, so drangen allenthalben am Rande des
Stücks
[15] Stücks aus den Oeffnungen jener Adern Luft-
blasen hervor.


In den Zwischenräumen der Oberhaut grüner
Pflanzentheile, besonders der Blätter, findet man
bey den meisten Pflanzen kreisförmige, oder läng-
lichrunde Stellen, in welchen die Gefäſse der
Oberhaut häufig zusammenlaufen, und die in der
Mitte eine, mit einer dunkeln Einfassung umge-
bene Spalte zu haben scheinen. Dies sind die
Spaltöffnungen oder Poren der Oberhaut.
Moldenhawern) hat das Verdienst, die Struk-
tur dieser Theile an einigen Pflanzen näher be-
stimmt und manche irrige Vorstellungen seiner
Vorgänger in Betreff derselben berichtigt zu ha-
ben. Nach seinen Beobachtungen werden die
Spaltöffnungen von eignen Zellen gebildet, die
sich durch die Beschaffenheit ihrer Haut, ihre
Form und die Farbe des in ihnen befindlichen
Safts von den übrigen Zellen unterscheiden und
so zusammengefugt sind, daſs sie oben und un-
ten an einander schliessen, in der Mitte aber von
einander abstehen. Die zwischen ihnen befind-
liche Oeffnung führt zu einer verhältniſsmäſsig
groſsen Höhle, welche mit den Intercellulargän-
gen des Blatts Gemeinschaft hat. Meine Beobach-
tungen stimmen mit diesen in so fern überein,
daſs die Oeffnungen der Poren blos Zwischen-
räume zwischen Zellen von einer eigenen Struk-
tur
[16] tur sind. Doch scheinen mir bedeutende Abwei-
chungen bey verschiedenen Pflanzen in der Bil-
dung dieser Organe statt zu finden. So ist bey
der Hyacinthe die untere Fläche der Poren von
einer gewölbten Haut bedeckt, woran ich keine
Spur von einer Oeffnung bemerken kann. Auf
dieser Haut liegen zu beyden Seiten zwey läng-
liche, undurchsichtige Theile, die bald an einan-
der schliessen, bald zwischen sich einen Zwi-
schenraum haben, der dann das Ansehn einer
Spalte hat. Die beyden undurchsichtigen Theile
sind von zwey gröſsern, halbmondförmigen Zel-
len eingeschlossen, die durchsichtig sind, und
wie aus mehrern kleinern Zellen zusammenge-
setzt aussehen. Bey der Aloe verrucosa Ait. fin-
de ich in dem Mittelpunkt jeder Masche des Ge-
fäſsnetzes der Oberhaut eine runde, durchsich-
tige Vertiefung, die zuweilen in der Mitte eine
Oeffnung zu haben scheint. Ausserdem aber
giebt es auf der Oberhaut dieser Aloe hin und
wieder noch andere runde Vertiefungen, die mit
einem bräunlichen, undurchsichtigen Kreise um-
geben sind, und in der Mitte eine deutliche
Oeffnung haben, in welcher die Adern des
Netzes der Oberhaut zusammenlaufen. Ich ge-
stehe, daſs mir noch vieles an diesen Organen
räthselhaft ist. Einige andere Bemerkungen über
dieselben werden unten, wo von ihrer Funktion
die Rede seyn wird, vorkommen.


In
[17]

In Pflanzentheilen, worin die Bläschen noch
nicht an einander gereihet und noch nicht von
eckiger Form sind, zeigen sich zwischen diesen
noch keine andere ungleichartige Organe. So-
bald sich aber die Bläschen auf eine bestimmte
Art mit einander verbunden haben, finden sich
im Innern jener Pflanzentheile Fasern, die
bündelweise neben einander liegen. Unter stär-
kern Vergröſserungen erscheinen diese Theile als
cylindrische, gewöhnlich an beyden Enden zu-
gespitzte, bald längere, bald kürzere, durch-
sichtige Canäle. Selten gehen sie in gerader Rich-
tung fort; gewöhnlich sind sie unter einander
verschlungen. Bey vielen Pflanzen haben sie in
längern Zwischenräumen schiefe Queerstriche;
bey andern, z. B. den Linden, findet man zu-
weilen auf den Wänden derselben undurchsich-
tige Punkte. Diese Bildungen scheinen aber
nichts Wesentliches zu seyn. Die Queerstriche ha-
ben zwar das Ansehn von Scheidewänden. Allein
bey mehrern Pflanzen, z. B. beym Pinus Larix
und Spartium scoparium, sieht man keine Spur
derselben. Bey jenem erscheinen die Fasern als
cylindrische, gerade, sehr lange, nirgends unter-
brochene Canäle, die eben so weit wie die groſsen
Gefäſse sind. Ich glaube daher, daſs man auch
bey andern Gewächsen an den Stellen, wo die Fa-
sern Queerstriche haben, keine Unterbrechung des
Canals der Fasern anzunehmen berechtigt ist.


IV. Bd. BUn-
[18]

Unläugbar führen diese Fasern Flüssigkeiten
und verdienen den Namen von Gefäſsen. Daſs
sie inwendig hohl sind, kann man in den er-
sten Monaten des Jahrs an jedem Zweig von
Weiden, Pappeln, Linden, Hollunder u. s. w. se-
hen. Man findet um diese Zeit im Innern der
Fasern, besonders derer, die in der Nähe des
Marks liegen, Luftblasen, welche die cylindri-
sche Gestalt des Canals derselben haben o).
In jüngern Pflanzentheilen sind sie immer weich,
feucht und schleimig. In älterm Holze verdicken
sich ihre Wände, und ihre innere Höhlung wird
immer enger. Ganz scheint sich diese aber nicht
zu verlieren, so lange die Vegetation in dem
Holze fortdauert p). Ich glaube daher, daſs die
Fasern saftführende Röhren sind, und werde sie
künftig Faserngefäſse, oder auch, da sie
im Bast vorzüglich ausgebildet sind, Bastge-
fäſse
nennen. In einigen Pflanzen scheinen mir
die Canäle derselben durch Anastomosen mit ein-
ander Gemeinschaft zu haben. Ich wage aber
nicht zu behaupten, daſs diese Struktur allge-
mein ist.


Diese
[19]

Diese Gefäſse sind vom Zellgewebe ver-
schieden. Sie entstehen nicht, wie sich einige
Schriftsteller vorgestellt haben, aus langen und
engen, cylindrischen Zellen. Man findet sie auch
in den Lichenen, die doch kein eigentliches
Zellgewebe besitzen. Doch sind sie bey einigen
Pflanzen, z. B. bey der Cucurbita ovifera, (in
deren Stamm die Zellen so lang und schmal sind,
daſs man zweifelhaft wird, ob man sie für Fa-
sern, oder für Zellgewebe halten soll) mit dem
Zellgewebe, so wie bey den Nadelhölzern mit
den groſsen Gefäſsen, nahe verwandt. Die er-
sten Anfänge der Fasern scheinen mir bey meh-
rern Gewächsen Bündel von stabförmigen Kör-
pern zu seyn, die in den Zwischenräumen des
Zellgewebes liegen. Sprengel und Link haben
diese Körper, die sie prismatische Körper
nennen, ebenfalls schon bemerkt, sie aber für
Crystallisationen gewisser Bestandtheile des Pflan-
zensafts gehalten. Linkq) fand sie vorzüglich
häufig in der Wurzel der Oenothera biennis. Ich
glaube bey einigen Arten der Crassula, wo sie
zwischen dem Zellgewebe des Stamms in Bün-
deln, zum Theil um die groſsen Gefäſse lagen,
einen deutlichen Uebergang derselben zu den Fa-
sergefäſsen gesehen zu haben.


Zwi-
B 2
[20]

Zwischen den Bündeln der Fasergefäſse lie-
gen in mehrern Pflanzentheilen, besonders im
Holze, die groſsen Gefäſse, lange, cylin-
drische, meist in gerader Richtung aufsteigende
Canäle, die gewöhnlich weiter als die Faserge-
fäſse sind, und sich vorzüglich durch einen,
oder mehrere, ihrer Haut eingewebte Dräthe
auszeichnen. Diese Dräthe laufen entweder spi-
ralförmig um das Gefäſs; oder sie bilden Ringe
die in kurzen Zwischenräumen parallel über
einander liegen. Jene Struktur ist den Spiral-
gefäſsen
, diese den Ringgefäſsen eigen.
Von den letztern sind die Treppengänge
eine bloſse Modifikation, welche daher rührt,
daſs jeder Ring mit dem nächstfolgenden an
einigen Stellen verbunden ist r). Bey einer
dritten Art von groſsen Gefäſsen giebt es zarte
Fäden, die in ziemlich weiten Entfernungen der
Queere nach und etwas schief in der Haut der
Röhre liegen, und diese in Absätze theilen; zu-
gleich aber sind die Wände mit spiralförmigen
Reihen undurchsichtiger Punkte besetzt. Dies
sind die punktirten oder porösen Gefäſse.


Ueber die Beschaffenheit der Punkte dieser
punktirten Gefäſse ist viel gestritten worden.
Man hat sie für Löcher, für Vertiefungen und
für Körner gehalten. Moldenhawers) glaubt
gefun-
[21] gefunden zu haben, daſs die punktirten Gefäſse
wirkliche Spiralgefäſse sind, deren punktirtes
Ansehn daher rührt, daſs von einer Windung
der Spirallinien zur andern längslaufende Fäden
gehen, wodurch Zwischenräume entstehen, die
desto rundlicher erscheinen, je weniger stark die
Vergröſserung ist, und sich zuletzt bey schwa-
chen Vergröſserungen als Punkte darstellen. Ich
kann hierin Moldenhawer’n nicht geradezu wi-
dersprechen. Doch ist es mir nicht wahrschein-
lich, daſs die von ihm angegebene Struktur, die
vorzüglich von Beobachtungen an der Mayspflanze
hergenommen ist, bey allen punktirten Gefäſsen
statt findet t). Sie sind unter den groſsen Ge-
fäſsen
B 3
[22] fäſsen am nächsten mit den Fasergefäſsen ver-
wandt, auf deren Wänden man auch zuweilen
undurchsichtige Punkte wahrnimmt, die eine
spiralförmige Stellung haben. Diese rühren aber
gewiſs nicht von einer solchen Struktur her,
wie Moldenhawer an den punktirten Gefäſsen
der Mayspflanze antraf.


Die groſsen Gefäſse sind immer von Faser-
gefäſsen und cylindrischen, in longitudinale Rei-
hen geordneten Zellen umgeben, und endigen
sich zwischen diesen in kegelförmige Spitzen.
Oeffnungen habe ich so wenig an ihnen, als an
den Schläuchen des Zellgewebes und den Faser-
gefäſsen, jemals gefunden. Sie sind nicht ästig,
wohl aber anastomosiren sie in den Knoten der
Gräser und überhaupt an solchen Stellen mit
einander, wo die Vegetation eine andere Richtung
annimmt v). Sie verwandeln sich nicht in ein-
ander,
t)
[23] ander, sondern jede Art bleibt unverändert in
ihrem ursprünglichen Zustande w). Wenn Linkx)
gefunden zu haben glaubt, daſs die Spiral- und
Ringgefäſse diejenigen wären, die sich zuerst
bildeten, und daſs sich nach ihnen erst Trep-
pengänge und dann punktirte Gefäſse zeigten, so
läſst sich gegen diese Beobachtung erinnern, daſs
die punktirten Gefäſse in ihren ersten Anfän-
gen gar nicht, oder doch sehr schwer zu erken-
nen sind. Ich glaube aber auch, in ganz jun-
gen Pflanzen des Helianthus annuus Ringgefäſse
und punktirte Gefäſse gesehen zu haben.


Die bisher erwähnten Theile sind allen voll-
kommenen Pflanzen, mit Ausnahme einiger Na-
jaden, eigen. Es giebt aber auch eigene Ge-
fäſse, die nur gewissen Pflanzen zukommen.
Man hat diese geläugnet, und sie für bloſse
Höhlungen des Zellgewebes angenommen. Bey
vielen Gewächsen ist allerdings blos in solchen
Zwischenräumen ein eigener Saft enthalten. In
einigen sind es auch senkrechte Reihen cylindri-
scher Zellen, die eine besondere Flüssigkeit füh-
ren. Dies ist z. B. der Fall bey der Tagetes
erecta. An ganz jungen Pflanzen dieses Gewäch-
ses,
B 4
[24] ses, woran die ersten Blätter zwischen den Co-
tyledonen erscheinen, giebt es in der Mitte jedes
der Gefäſsbündel, welche rings um die Axe des
Stengels liegen, ein eigenes Gefäſs, das oft einen
rothen Saft enthält, oft auch farbenlos und nicht
zu unterscheiden ist, und aus einer Reihe cylin-
drischer Zellen besteht. Mehrere Gewächse be-
sitzen aber auch eigene, röhrenförmige Behälter,
worin ein ausgezeichneter Saft abgeschieden und
aufbewahrt wird. Solche findet man z. B. im
Rhus typhinum. Sie erscheinen, wenn man im
Februar, wo der Saft noch dick und zähe ist, die
grüne Rinde abgezogen hat, schon dem bloſsen
Auge als gerade, senkrechte, in regelmäſsigen Ent-
fernungen zwischen den Bastfasern liegende, mit
einem weissen Saft angefüllte Canäle. Sie steigen
ausserdem vertikal zwischen dem Marke herab.
Der Saft, den sie führen, ist blos in ihnen, und
nicht in den übrigen Pflanzentheilen enthalten.
Er dringt, wenn man sie verwundet, mit Leb-
haftigkeit aus ihnen hervor. Mit den umliegen-
den Bastfasern hängen sie so locker zusammen,
daſs man sie leicht davon absondern kann. Ihre
Haut besteht aus sehr feinen, in vertikalen Rei-
hen liegenden Zellen y), und ist von den übrigen
Membranen der Pflanze sehr verschieden. Erwägt
man
[25] man diese Umstände, so sehe ich nicht ein,
wie man läugnen kann, daſs diese Gefäſse eine
eigene und sehr ausgezeichnete Classe ausmachen.
Wahr ist es freylich, daſs sie fast bey jeder
Pflanze, wo sie sich finden, auf eine besondere
Art modificirt sind, und daſs sich schwerlich ein
allgemeiner Charakter derselben angeben läſst z).
Aber bis die verschiedenen Arten derselben näher
bestimmt sind, können wir immer den Namen
der eigenen Gefäſse für sie beybehalten.


In einigen Pflanzen giebt es regelmäſsige Höh-
lungen, die blos mit Luft angefüllt sind. Ge-
wöhnlich sind diese Luftbehälter cylindrische Ca-
näle, die im Stamm von der Wurzel zum Gip-
fel gerade heraufsteigen, und in den Gelenken
der Pflanzen durch Scheidewände unterbrochen
sind. Sie entstehen immer erst in einem gewis-
sen Alter der Pflanze. Ob sie dann blos Folge
des Wachsthums sind, oder ob die in ihnen
enthaltene Luft mit der Ernährung des Gewäch-
ses in einer gewissen Beziehung steht, scheint
mir noch zweifelhaft zu seyn. Doch glaube ich,
daſs bey vielen Pflanzen Moldenhawer’s Mei-
nung
B 5
[26] nung a) richtig ist, nach welcher die Luftbehälter
ursprünglich Zellgewebe enthalten, das nur bis
zu einer gewissen Periode mit dem übrigen Or-
ganismus in Wechselwirkung steht, nach dieser
Periode aber verschwindet.


In der Art, wie das Zellgewebe, die Fasern
und die groſsen Gefäſse im Pflanzenkörper ver-
theilt und unter einander verbunden sind, fin-
den bey mancher Gleichförmigkeit doch auch
mehrere Verschiedenheiten in den verschiedenen
Classen und Familien des Gewächsreiches statt.
Gemeinschaftliche Charaktere der Pflanzen in Be-
treff jener Vertheilung sind: daſs unmittelbar
unter der Oberhaut immer Zellgewebe liegt, und
daſs nach diesem erst Fasern und groſse Ge-
fäſse folgen; daſs die Bildung des Zellgewebes
sich desto mehr der ursprünglichen, blasenför-
migen nähert, je näher es der Oberhaut ist;
daſs die groſsen Gefäſse immer von Fasern und
einem cylindrischen, in vertikalen Reihen ge-
ordneten Zellgewebe umgeben sind, und daſs
sie mit diesen Theilen Bündel bilden, die in
dem Stamm, der Wurzel und den Aesten der
Länge nach herabsteigen. Eine Hauptverschie-
denheit findet im innern Bau zwischen den Mo-
nocotyledonen und Dicotyledonen statt. Bey je-
nen laufen die Bündel von groſsen Gefäſsen und
Fasern
[27] Fasern einzeln im Stamm zwischen dem Zellge-
webe herab, und es giebt in der Mitte des
Stamms kein saftleeres Zellgewebe oder Mark;
bey diesen liegen die Gefäſsbündel im Stamm
an einander gedrängt, und bilden concentrische
Kreise um einen Cylinder von Mark. Desfon-
taines
war der Erste, der diesen Satz als allge-
mein aufstellte b). Rudolphi, Link und L. C.
Treviranus haben nach ihm gezeigt, daſs, wie
allenthalben in der Natur, so auch in Betreff
jener Verschiedenheit Uebergänge und Ausnah-
men gefunden werden. Im Allgemeinen findet
indeſs jener Unterschied allerdings statt.


Bey den Dicotyledonen macht das unter der
Oberhaut liegende Zellgewebe des Stamms und
der Aeste die Rinde aus. Sie besteht immer
aus mehrern Schichten, die bey einigen Pflan-
zen stärker, bey andern schwächer unter einan-
der zusammenhängen. Auf die Rinde folgt der
Bast, eine Schicht von Fasergefäſsen, die mit
langen, in vertikalen Reihen geordneten Zellen
durchflochten sind. Der Bast schlieſst den Holz-
körper
ein, der aus ähnlichen, aber weniger
saftreichen Fasern und Schläuchen, und aus gro-
ſsen Gefäſsen besteht. Bey einem Queerdurch-
schnitt zeigt dieser netzförmige, concentrische
Schichten, die von aussen nach innen an Dich-
tigkeit
[28] tigkeit zunehmen, und mit den Jahren des Baums
an Zahl übereinkommen. Die äussern Schichten
enthalten vorzüglich punktirte Gefäſse und Trep-
pengänge; in der innersten findet man mehr Spi-
ralgefäſse. Die innerste Schicht schlieſst das
Mark ein, ein Gewebe, welches aus groſsen,
eckigen Zellen besteht, welche in frühern Zei-
ten Flüssigkeiten führen, in der Folge aber diese
verlieren, doch niemals ganz austrocknen. Von
diesem Mark gehen nach allen Seiten zwischen
den Gefäſsbündeln bis zur Rinde horizontale,
strahlenförmige Fortsätze des Zellgewebes, von
GrewInsertionen des Parenchyma der Rinde
in den Holzkörper genannt. Sie sind wie das
Mark nur in frühern Zeiten saftreich; hingegen
mit dem Alter ziehen sie sich immer mehr zu-
sammen, und erscheinen endlich, unter dem Ver-
gröſserungsglase von der Seite angesehen, nur
noch als dünne Queerlinien.


Das Mark ist derjenige Theil des Pflanzen-
körpers, der am frühesten die Gränze seines
Wachsthums erreicht. In ganz jungen Pflanzen
aber ist dasselbe noch nicht vorhanden. Unter-
sucht man den Keim einer Sonnenblume (He-
lianthus annuus), woran sich die Cotyledonen
noch nicht entfaltet haben, so findet man in der
Axe des Keims einen, aus Fasergefäſsen bestehen-
den Cylinder, und zwischen diesem und der
Rinde
[29] Rinde vertikale Reihen länglicher Zellen. Unter-
sucht man ihn später, wenn die ersten Blätter
zwischen den Cotyledonen sich zu zeigen anfan-
gen, so findet man unter der Rinde die längli-
chen Zellen wieder, unter diesen aber mehrere
vertikale Bündel von groſsen Gefäſsen und Bast-
fasern, und zwischen diesen Bündeln in der Axe
des Stamms ein groſszelliges Gewebe, welches
mit einem farbenlosen Saft angefüllt, sonst aber
dem Zellgewebe des künftigen Marks ganz ähn-
lich ist. Der bey jüngern Pflanzen in der Mitte
des Stamms liegende Cylinder von Fasern theilt
sich also bey zunehmendem Wachsthum in meh-
rere Bündel; diese weichen aus einander; es er-
zeugen sich in ihnen groſse Gefäſse, und in dem
Raum, den sie einschlieſsen, bildet sich das Zell-
gewebe des Markkörpers. Bey jüngern Pflanzen
geht also das Wachsthum nicht nur im Umfange,
sondern auch in der Mitte des Stamms vor sich.
Der Markcylinder scheint zwar, wenn er einmal
ausgebildet ist, nicht weiter an Dicke zuzuneh-
men. Aber zwischen ihm und dem Holzkörper
dauert der Ansatz neuer Theile fort. Linden-
zweige, im ersten Frühjahr untersucht, zeigen
um das Mark eine Schicht von saftreichen Fa-
sern und grünem Zellgewebe, die offenbar von
neuer Entstehung ist, und sich ohne Zweifel
nachher in Holz verwandelt.


§. 2.
[30]
§. 2.
Funktionen der äussern vegetabilischen Ernährungsorgane.

Die bisherigen Bemerkungen werden als Ein-
leitung zu den folgenden Untersuchungen hin-
reichend seyn. Wir werden jetzt zuerst sehen,
wie die Nahrungsstoffe der Pflanzen auf das
Aeussere derselben wirken, und wie dieses wie-
der auf sie zurückwirkt. Folgende Sätze sind
in Beziehung auf diese Punkte unmittelbare Re-
sultate der Erfahrung.


1. Die Hauptorgane der vegetabili-
schen Ernährung sind die Wurzel und
die Blätter. Beyde saugen Feuchtigkei-
ten ein, und zwar die Blätter im Allge-
meinen mit der untern Fläche
.


Die Ernährung der Pflanzen durch die Wur-
zel bedarf keines Beweises. Die übrigen Punkte
dieses Satzes ergeben sich aus den Versuchen
Bonnet’s. Dieser legte zwey gleich groſse Blät-
ter von einerley Pflanze, das eine mit der obern,
das andere mit der untern Fläche auf Gläser
voll Wasser, und beobachtete die Zeit ihres Ab-
sterbens. Unter vierzehn Arten von Kräutern
lebten die Blätter von acht Arten ohngefähr gleich
lange, sie mochten das Wasser durch die obere
oder untere Seite einziehen. Von sechs andern
Arten schien die obere Fläche geschickter zur
Einsaugung als die untere zu seyn. Unter sechs-
zehn
[31] zehn Arten von Bäumen und Sträuchern waren
nur zwey, deren Blätter mit der obern Seite
eben so gut als mit der untern die Nässe ein-
sogen. Bey den übrigen Arten wurde die obere
Fläche von der untern in der Einsaugung merk-
lich übertroffen. Blätter des weissen Manlbeer-
baums, die das Wasser durch die untere Fläche
aufnahmen, lebten fast ganze sechs Monate, in-
dem andere, die mit der obern Fläche auf dem
Wasser lagen, schon am fünften Tage welk
wurden c). Bey den Kräutern geschieht also die
Einsaugung der Feuchtigkeit sowohl durch die
obere, als durch die untere, bey den holzarti-
gen Gewächsen mehr durch die untere Fläche
der Blätter. Man sieht hieraus, warum die Blät-
ter an den Pflanzen so vertheilt sind, daſs je-
des untere von dem nächst höhern nicht be-
deckt wird d).


2. Der Einsaugung entspricht eine
Ausdünstung, die vorzüglich durch die
Blätter, und zwar zur Tageszeit ge-
schieht
.


Nach
[32]

Nach Versuchen von Halese), Duhamelf)
und St. Marting) ist diese Ausdünstung sehr
beträchtlich. Hales fand, daſs binnen zwölf Ta-
gesstunden eine viertehalb Fuſs hohe Sonnenblu-
me im Durchschnitt 16 Unzen, ein mittelmäſsi-
ger Kohlkopf 3 Unzen, ein Weinstock 5 Unzen
240 Gran, ein Apfelbaum 9 Unzen, und ein Ci-
tronenbaum 6 Unzen ausdünstete. Schrankh)
hat zwar richtig bemerkt, daſs die meisten dieser
Versuche die Menge der verdünsteten Materie zu
groſs angeben. Aber auch nach einem beträchtli-
chen Abzug bleibt diese noch groſs genug.


Daſs die Ausdünstung vorzüglich durch die
Blätter, und zwar während des Tages, geschieht,
ergiebt sich aus einem andern Versuch von Ha-
les
, wobey dieser einem von zwey Aesten eines
Apfel-, Birn-, Kirsch- und Aprikosenbaums, die
3 bis 6 Fuſs lang waren, seine Blätter nahm,
und dann beyde in Gläser mit einer abgewogenen
Menge Wasser setzte. Die Aeste, denen die Blät-
ter gelassen waren, zogen 15 bis 30 Unzen Was-
ser
[33] ser binnen 12 Tagesstunden ein, und waren des
Abends leichter als des Morgens. Die entblät-
terten Aeste hingegen nahmen nicht mehr als
Eine Unze auf, und waren des Abends schwerer
als des Morgens i).


Hales beobachtete auch, daſs eine Musa und
eine Aloe von fünf Uhr Morgens bis Mittag mehr,
als von Mittag bis Abends sechs Uhr ausdünste-
ten, und daſs sie in der Nacht nicht nur viel
weniger an Gewicht als am Tage verloren, son-
dern zuweilen an Gewicht zunahmen k).


Von dem Einfluſs des Lichts auf die Aus-
dünstung der Pflanzen überhaupt kann man sich
auf eine einfache Art überzeugen, wenn man von
zwey mit Glasglocken bedeckten Topfpflanzen
die eine in ein helles, die andere in ein finsteres
Zimmer setzt. Die Glocke des erstern Topfs
wird man immer mit Wassertropfen bedeckt, die
letztere hingegen trocken finden.


Nach Knight’s Erfahrungen ist es vorzüg-
lich die untere Fläche der Blätter, wodurch die
Ausdünstung, wie nach Bonnet’s Versuchen die
Einsaugung, geschieht. Jener legte an Blättern
von verschiedenen Pflanzen bey einigen auf die
untere,
IV. Bd. C
[34] untere, bey andern auf die obere Fläche eine
Glasplatte. Die auf der untern Fläche liegende
Platte war immer nach einiger Zeit mit Thau be-
deckt; hingegen zeigte sich auf der, welche mit
der obern Fläche in Berührung gewesen war,
keine Feuchtigkeit l).


3. Was die Pflanzen einsaugen und
was sie ausdünsten, sind sowohl gas-
förmige, als wässrige Materien. Luft
wird vorzüglich durch die Blätter ein-
gesogen und ausgehaucht. Die Aufnah-
me derselben geschieht in der Dunkel-
heit, die Ausleerung aber beym Einfluſs
des Sonnenlichts
.


Die Pflanze saugt Wasser durch die Wurzel
ein, wie die tägliche Erfahrung zeigt. Auch von
den Blättern wird Wasser sowohl aufgenommen,
als ausgeleert, wie unter andern die obigen Er-
fahrungen Bonnet’s und Knight’s beweisen.
Daſs die Blätter auch gasförmige Stoffe aufneh-
men, sieht man, wenn man einen mit Blättern
versehenen Zweig unter einen Recipienten mit
atmosphärischer Luft bringt. Während des Nachts
vermindert sich dann das Volumen der einge-
schlossenen Luft; hingegen des Tages, beym
Einfluſs des Sonnenlichts, nimmt dieses wieder
zu
[35] zu m). Dieses Einsaugen gasförmiger Stoffe
scheint aber bey manchen Pflanzen nur in feuch-
ter Luft von statten zu gehen. Linkn) versi-
chert gefunden zu haben, daſs gesunde Zweige
von Maurandia semperflorens, Jasminum fruticans
und Cactus curassavicus, in ein völlig trocknes,
mit Quecksilber gesperrtes Glas gebogen, nicht
die geringste Veränderung in dem Volumen der
Luft, weder des Nachts, noch am Tage, her-
vorbrachten. Ueberhaupt wird das Athmen der
Pflanzen durch Feuchtigkeit befördert. Setzt man
frische Pflanzenblätter unter Wasser dem Son-
nenlichte aus, so bedecken sich die Blätter au-
genblicklich mit Luftblasen, und diese Einsau-
gung wird gegen Abend geringer und hört mit
Sonnenuntergang ganz auf. Einige Gewächse,
z. B. der Weinstock, die Linde und der Nuſs-
baum, geben viele, andere, z. B. der Epheu,
nur wenig Luftblasen. Manche, z. B. die Kar-
toffelnblätter, fangen sehr früh des Morgens an
auszuhauchen, und hören sehr spät des Abends
mit dieser Ausleerung auf; andere, z. B. die
Kirschlorbeerblätter, fangen sehr spät an und
hören bald wieder auf. Die meisten Baumblätter
bilden
C 2
[36] bilden ihre Luftblasen zuerst auf der untern, die
Kirschlorbeerblätter zuerst auf der obern Fläche;
bey noch andern, z. B. den Malvenblättern, ent-
stehen die Luftblasen auf beyden Seiten zu glei-
cher Zeit o). Vergleicht man diese Erfahrungen
mit den obigen Resultaten der Versuche von Bon-
net
und Knight, so wird man finden, daſs sich
die Blätter bey der Bildung der Luftblasen auf
ähnliche Art wie bey der Einsaugung des Wassers
verhalten, und daſs ihre einsaugende und aus-
dünstende Fläche zugleich diejenige ist, durch
welche Luft ausgehaucht wird.


Für die bisher vorgetragenen Lehren sprechen
so viele und so wenig zweydentige Erfahrun-
gen, daſs sich keine erhebliche Zweifel dagegen
vorbringen lassen. Mehr Schwierigkeiten hat die
Beantwortung der Frage: Durch welche Theile
der Oberfläche der Blätter und der Wurzel die
Aufnahme und Ausleerung von Wasser und Luft
eigentlich geschieht? Manche jener Schwierigkei-
ten rühren indeſs nur von unrichtigen oder un-
vollständigen Beobachtungen, oder von einer fal-
schen Auslegung der Erfahrung her.


Die Oberfläche der Pflanzen hat keine andere
Organe, die eine eigene Funktion haben könnten,
als die Spaltöffnungen und Haare. Die Spaltöff-
nungen
[37] nungen sind vorzüglich den Blättern eigen. Sie
finden sich nie an der Wurzel, selten an den
Geschlechtstheilen und Früchten. Sie kommen
nicht bey den Tangen, Conferven, Pilzen, Flech-
ten, Lebermoosen, Najaden und unter dem Was-
ser lebenden Pflanzen vor p). Unter den Laub-
moosen giebt es nur einige Arten, welche Spalt-
öffnungen haben, und diese besitzen sie blos an
den Fruchtkapseln q). Die Poren fehlen also im
Allgemeinen solchen vegetabilischen Körpern und
solchen Pflanzentheilen, die blos im Wasser oder
wenigstens in einer feuchten Atmosphäre wach-
sen. Hieraus folgt, daſs sie nicht zur Einsau-
gung des Wassers dienen können. In dem Vor-
kommen dieser Organe an den beyden Flächen
der Blätter ist aber, wie Rudolphir) gezeigt
hat, eine groſse Uebereinstimmung mit den Re-
sultaten der obigen Bonnetschen Versuche über
das Einsaugungsvermögen dieser Flächen nicht zu
verkennen. Ferner ist, wie wir oben gesehen ha-
ben, die einsaugende Blattfläche zugleich die aus-
hauchende, und das Einsaugen wie das Aushauchen
erstreckt sich sowohl auf Luft, als auf Wasser.
Wir müssen also weiter schlieſsen, daſs die
Spalt-
C 3
[38]Spaltöffnungen die Respirationsorgane
der Pflanzen sind
.


Mit dieser Theorie stimmt auch der Bau der
Poren und die Art, wie die Luft in den Pflanzen
befindlich ist, überein. Die Poren zeigen sich,
wo sich ihre Struktur deutlich wahrnehmen läſst,
als Zwischenräume zwischen Zellen von eigenem
Bau, die mit den Intercellulargängen und mit
den Gefäſsen der Oberhaut Gemeinschaft haben s).
Diese Gänge und Gefäſse scheinen die eingeath-
mete, oder zum Aushauchen bestimmte Luft zu
enthalten. Sowohl aus den Gefäſsen der Epider-
mis mancher Aloen und ähnlicher fleischigen
Gewächse, als aus den Intercellulargängen meh-
rerer Pflanzenblätter, z. B. der Saamenblätter des
Helianthus annuus, sahe ich immer eine Menge
Luftblasen hervordringen, so oft ich, nachdem
das Gewächs der Sonne ausgesetzt gewesen war,
ein Stück der Oberhaut, oder des grünen Zellge-
webes unter Wasser brachte und gelinde drückte.
Schon Rudolphit) hat ähnliche Beobachtungen
gemacht, aber für eine seltene Erscheinung ge-
halten, was in der That bey allen Pflanzen, nur
nicht bey allen in gleichem Grade statt findet.


Hiermit übereinstimmend sind ferner die
Resultate einiger Versuche, die Jurine über die
Wir-
[39] Wirkung des luftverdünnten Raums auf Blätter
von Geranium peltatum, Rumex sanguineus und
Olea fragrans machte. Die Blätter der beyden
erstern Pflanzen, die ihre Spaltöffnungen auf
beyden Seiten haben, gaben, in Wasser unter
den Recipienten der Luftpumpe gebracht, aus
beyden Flächen eine Menge kleiner Luftblasen
von sich, die sich in das Blatt zurückzogen,
wenn die Luft in den Recipienten wieder ein-
gelassen wurde. Hingegen bey den Blättern der
Olea fragrans, deren Poren nur auf der untern
Seite liegen, drangen nur aus dieser Fläche Luft-
blasen hervor v).


Nicht so leicht scheinen einige, von Mol-
denhawer, Sennebier, Link
und Schrank
über die Funktion der Spaltöffnungen gemachte
Beobachtungen mit unserer obigen Theorie zu
vereinigen zu seyn. Bey näherer Prüfung wird
man aber finden, daſs die Einwürfe, die sich
von diesen hernehmen lassen, nicht von Ge-
wicht sind.


Moldenhawerw) will gefunden haben, daſs
die Spalten an regenhaften Tagen und thauigen
Nächten immer geschlossen, hingegen an einem
heitern Morgen, wenn die Blätter von der Sonne
beschie-
C 4
[40] beschienen wurden, immer offen waren. Er
schlieſst hieraus, daſs die Funktion der Poren
nicht Einsaugung, sondern Aushauchung ist,
und findet eine Bestätigung seiner Meinung in
dem erwähnten Versuche Jurine’s. Die Ein-
würfe, die sich gegen seine Meinung von den
Bonnetschen Erfahrungen hernehmen lassen,
sucht er durch die Voraussetzungen zu ent-
kräften, daſs sich von dem, Verhalten kränkeln-
der, vor dem Versuch immer etwas einschrum-
pfender Blätter auf die Wirkungsart der gesunden
nicht schlieſsen läſst, und daſs die Oberhaut
beyder Blattflächen, besonders der untern, mit
groſser Leichtigkeit wäſsrige Materie durchläſst.


Ich gestehe, daſs ich nicht begreife, wie sich
des Nachts die Beschaffenheit der Spaltöffnungen
an der mit dem Blatt verbundenen Oberhaut
wahrnehmen läſst, und daſs ich deshalb wenig
Gewicht auf diese Beobachtung legen kann. Viel-
leicht hat Moldenhawer die Oberhaut erst ab-
gezogen, ehe er sie unter das Vergröſserungsglas
brachte. Daſs aber nach dieser Operation die
Poren noch dieselbe Beschaffenheit haben soll-
ten, wie vorher, wird man doch nicht glauben.
Wäre indeſs jene Beobachtung auch richtig, so
bewiese sie doch nur, daſs an Regentagen und
feuchten Nächten keine, oder nur eine geringe
Absorbtion der atmosphärischen Luft durch die
Poren
[41] Poren statt findet, nicht aber, daſs diese über-
haupt nicht einhauchen. Sollte Moldenhawer’s
Erfahrung vollständig seyn, so hätte die Be-
schaffenheit der Poren auch an dunkeln, aber
trocknen Tagen und trocknen Nächten unter-
sucht, und ausgemacht werden müssen, ob sich
die Spalten an sonnigen Tagen eben so auf der
untern, als auf der obern Fläche der Blätter ver-
halten. Wie Moldenhawer aus dem Jurineschen
Versuch blos auf Aushauchung durch die Poren
schlieſsen kann, sehe ich ebenfalls nicht ein.
Daſs die Luftblasen in die Poren zurücktraten,
sobald wieder Luft unter den Recipienten der
Luftpumpe zugelassen wurde, läſst ja gerade auf
Einhauchung schlieſsen. Was endlich Molden-
hawer
’s Einwürfe gegen die Bonnetschen Ver-
suche betrifft, so ist dagegen zu bemerken, daſs
an den abgeschnittenen Blättern, womit diese ge-
macht wurden, die Funktionen zwar geschwächt,
aber nicht in die entgegengesetzten verwandelt
seyn konnten.


Ein anderer Einwurf läſst sich von Senne-
bier
’s Beobachtung hernehmen, nach welcher die
Luftblasen, die sich aus Blättern unter Wasser
beym Einfluſs des Sonnenlichts entwickeln, vor-
züglich an den Rippen und Nerven derselben,
und nicht so sehr aus den Zwischenräumen der
Adern, welche doch allein die Spaltöffnungen be-
C 5sitzen,
[42] sitzen, aufsteigen x). Aber diese Beobachtung
ist sehr unzuverlässig. Die entwickelten Luft-
blasen sammeln sich nur an den Rippen und
Nerven als an den rauhern Theilen an, ohne
doch aus denselben zu entstehen.


Wenn ferner Linky) sowohl das Einsaugen,
als das Aushauchen durch die Spaltöffnungen
läugnet, weil viele Pflanzen diese Poren nicht ha-
ben, die doch einsaugen; weil die Blumen sie
nicht besitzen, die doch sehr stark ausdünsten;
und weil Blätter, deren beyde Flächen gleich
locker und zart sind, deren obere aber keine
Spaltöffnungen hat, dennoch mit beyden gleich
viel tropfbare Flüssigkeiten einsaugen: so treffen
diese Einwürfe nur die Hypothese, daſs tropf-
bare Flüssigkeiten
durch die Spaltöffnungen
aufgenommen werden, und daſs blos durch sie
das Einsaugen und Ausdünsten geschieht, nicht
aber die Meinung, daſs Luft durch sie ein- und
ausgeathmet wird, und daſs auch die Oberhaut
das Vermögen besitzt, einzusaugen und auszu-
dünsten. Es verhält sich in Betreff des Athem-
holens und der Ausdünstung mit den Pflanzen,
wie mit den Thieren. Diese dünsten durch die
ganze Oberfläche des Körpers aus, und hauchen
zu-
[43] zugleich dadurch ein, obgleich dieselben Funktio-
nen auch durch die Lungen, Kiemen und andere
eigene Organe geschehen. Wenn endlich Linkz)
noch den Umstand geltend macht, daſs die Poren
oft durch einen stärkemehl- oder wachsartigen
Ueberzug verschlossen sind, so heiſst dies be-
haupten, daſs eine Funktion im gesunden Zu-
stand nicht statt findet, weil sie in Krankheiten
gestört oder aufgehoben ist.


Es ist überhaupt, um die Funktion der Spalt-
öffnungen richtig einzusehen, nöthig zu bemer-
ken, daſs einige Pflanzen mehr die Luft im gas-
förmigen Zustande, andere aber dieselbe mehr
mit Wasser oder Wasserdünsten vermischt ein-
athmen a), und daſs nur die erstern der Spalt-
öffnungen zur Respiration bedürfen, die letztern
aber schon durch die bloſse Oberhaut lufthaltiges
Wasser einziehen und ausleeren. Zur letztern
Classe gehören die unter dem Wasser lebenden
Pflanzen und die fleischigen Gewächse. Jene
haben gar keine Spaltöffnungen. Diese ziehen
wenig Wasser durch die Wurzeln, aber desto
mehr durch die Blätter ein b). Manche derselben
haben groſse Spaltöffnungen. Wenn ihnen aber
Sprengelc) im Allgemeinen groſse Poren zu-
schreibt,
[44] schreibt, so kann ich hierin nicht mit ihm ein-
stimmen. Bey mehrern Arten der Aloe und Cras-
sula habe ich nicht gröſsere Poren, als bey man-
chen Gewächsen mit dünnern Blättern gefunden,
und immer traf ich bey Saftpflanzen, die groſse
Poren hatten, eine weit geringere Anzahl der
letztern, als bey den meisten nicht saftigen Pflan-
zen an. Auf der Rochea falcata, einem sehr saft-
reichen Gewächs, habe ich sogar nirgends Spalt-
öffnungen entdecken können.


Diejenigen Pflanzen, die keine Poren be-
sitzen und sich vorzüglich von den Wasserdün-
sten der Atmosphäre nähren, zeigen eine andere
Eigenheit im Bau der Oberhaut ihrer Blätter.
Bey der Rochea falcata, welcher die Poren feh-
len, ist die Oberfläche der Blätter mit einem
kurzen, aber sehr dichten, blaugrünen Filz be-
deckt. Einen ähnlichen Ueberzug fand Rudol-
phi
d) bey mehrern andern Pflanzen, die keine
Spaltöffnungen haben. Dieser Ueberzug besteht
aus Haaren, und die Haare sind Fortsätze der
Oberhaut und der unter derselben liegenden
Zellen. Sie entstehen auf der Oberfläche des
Stamms, der Zweige, oder der Blätter bey Pflan-
zen, die auf einem trocknen Boden und in einer
feuchten Atmosphäre wachsen; hingegen ver-
schwinden sie an jenen Theilen und treiben
dafür
[45] dafür desto stärker an den Wurzeln hervor bey
Pflanzen, die auf einem nassen Boden stehen.
Der gemeine Quendel (Thymus serpyllum L.) hat
auf feuchtem Grunde ganz glatte, auf dürrem
Boden behaarte Blumenköpfe. Beständig rauh
ist Myosotis arvensis, immer glatt aber Myosotis
palustris. Auf den Alpen, wo die Luft immer
feucht ist, sind die meisten Pflanzen behaart;
die Sumpf- und Wasserpflanzen hingegen haben
immer glatte Stengel und Blätter. Die untere
Blattfläche, die nach Bonnet’s Versuchen ge-
wöhnlich am stärksten einsaugt, und nach
Knight’s Erfahrungen auch am meisten aus-
dünstet, ist bey den mehrsten Pflanzen zugleich
die am stärksten behaarte e).


Aus diesen Erfahrungen folgt, daſs, so wie
die Spaltöffnungen zum Ein- und Aus-
hauchen der Luft, so die Oberhaut über-
haupt, besonders aber die als Haare
sich zeigenden Fortsätze derselben, zum
Einsaugen und Ausdünsten der atmos-
phärischen Wasserdünste dienen
. Inso-
fern die Wasserdünste immer Luft enthalten, wird
durch die Haare auch Luft mit eingesogen. Es
läſst
[46] läſst sich also erklären, wie diese Theile die
Stelle der Spaltöffnungen einigermaſsen ersetzen
können. Wenn übrigens die Haare der Pflan-
zen von einigen Schriftstellern blos für ein-
saugende, von andern blos für aushauchende Or-
gane angenommen sind, so sind diese von
unrichtigen Begriffen ausgegangen, haben Man-
nichfaltigkeit finden wollen, wo Einfachheit ist,
und aus einzelnen Erfahrungen zu allgemeine
Schlüsse gezogen. Im ganzen Thierreiche ge-
schieht das Ein- und Ausathmen durch einerley
Organe. Warum sollte der weit einfachere ve-
getabilische Organismus zu beyden Funktionen
verschiedene Organe besitzen? Daſs die Haare
aushauchen, beweist das Cicer arietinum, an wel-
chem diese Theile die Kichernsäure ausschwit-
zen f). Wer aus dieser einzelnen Erfahrung
blos auf Exkretion durch jene Organe schlieſst,
übersieht, daſs die Haare der Wurzeln, denen
doch niemand die Funktion des Einsaugens ab-
sprechen kann, ebenfalls zugleich wässrige oder
schleimige Flüssigkeiten absondern g).


§. 3.
Bewegung des Safts in den Pflanzen.

Auf den untersten Stufen der Organisation,
besonders bey den Conferven, sind die Grund-
theile
[47] theile des Organismus blos an einander gereihet,
ohne durch andere heterogene Organe mit ein-
ander in Verbindung zu stehen. Bey diesen
Körpern nährt sich daher jeder einzelne Theil
für sich, ohne zur Erhaltung des Ganzen bey-
zutragen. Bey allen wahren Pflanzen aber lebt
jeder Theil für das Ganze und das Ganze für
jeden Theil. Die Wurzel führt dem Stamm, den
Aesten und jedem einzelnen Blatt Nahrung zu,
und jedes einzelne Blatt saugt dagegen nicht nur
für sich selber, sondern auch für die ganze
Pflanze ein. Bonneth) fand bey seinen Ver-
suchen über das Einsaugungsvermögen der Blät-
ter, daſs einige dieser Organe, die mit ihrer
untern Fläche auf Wasser lagen, andere, die
mit ihnen durch den abgeschnittenen Stengel
zusammenhiengen, aber nicht das Wasser berühr-
ten, mehrere Tage und selbst Wochen lang er-
nährten. Eine ähnliche, sehr auffallende Beob-
achtung von einem einzelnen Blatt des Sinapis
arvensis, das die ganze übrige Pflanze drey Wo-
chen hindurch lebend erhielt, hat Rudolphii)
gemacht.


Der Einfluſs der Wurzel und der Blätter
auf die Ernährung des ganzen vegetabilischen
Orga-
[48] Organismus setzt eine Bewegung des Nahrungs-
safts von den einsaugenden Organen zu den übri-
gen Theilen voraus. In welchen Gefäſsen und
nach welchen Gesetzen geschieht nun diese Be-
wegung?


Eine ziemlich allgemein angenommene Mei-
nung ist, daſs die Rinde das Hauptorgan ist,
worin sich der Saft der Gewächse bewegt. Al-
lein diese Hypothese ist, so allgemein ausge-
drückt, keinesweges richtig. Versteht man unter
Rinde die unter der Oberhaut liegenden Schich-
ten von Zellgewebe, so ist jener Satz ganz un-
gegründet. Die Zellen sind allenthalben
mehr Behälter der Säfte, als zuführen-
de Organe
. Es findet zwar ein Uebergang der
Flüssigkeiten aus einer zur andern statt. Aber
dieser geschieht zu langsam, als daſs jene Schläu-
che zur Fortleitung der Säfte von der Wurzel zu
den Blättern, und umgekehrt tauglich seyn könn-
ten. An der Rinde deutet alles darauf hin, daſs
in ihr eine langsame Einsaugung und Ausleerung,
nicht aber eine schnelle Fortbewegung der Säfte
statt findet. In der Mitte ihrer Zellen liegen
körnige Niederschläge, die nicht ihre Stelle ver-
ändern, so lange nicht der Bau dieser Theile
durch Maceration, oder durch mechanische Ge-
walt zerstört wird, und die Zellen sind alle durch
Scheidewände von einander abgesondert, durch
welche
[49] welche nur ein langsamer Uebergang der Flüssig-
keiten möglich ist. Eher noch könnte man den
Intercellulargängen die Funktion der Bewegung
des Pflanzensafts zuschreiben, wenn diese nicht
im Ganzen zu eng wären, um eine erhebliche
Menge Flüssigkeit fassen zu können. Die Beob-
achtungen, woraus man die Bewegung des Safts
durch die Rinde darzuthun gesucht hat, lassen
sich auch insgesammt auf andere Art erklären.
Sie beziehen sich alle auf Versuche, wo die Rinde
verletzt oder unterbunden war. An solchen Stel-
len entsteht aber von dem Einfluſs der Luft, oder
vom Druck der Ligatur ein Zufluſs des Safts aus
allen Theilen der Pflanze, der im gesunden Zu-
stande nicht statt findet. Zudem lassen sich jene
Versuche nicht leicht machen, ohne den Bast zu
verletzen, und dieser ist allerdings ein Haupt-
organ der Bewegung des Pflanzensafts.


Aber auch der Bast ist es keinesweges allein,
worin die Bewegung der Säfte vorgeht. Beym
Anbohren von Birken, Ahornen und andern thrä-
nenden Bäumen im Frühjahre findet man die
Rinde ganz trocken. Zwischen ihr und dem Bast
aber ist Flüssigkeit enthalten, und diese dringt
noch häufiger aus dem Holzkörper, besonders aus
dem jüngern Holze. In dem Holz steigt der Saft
immer höher auf, so daſs anfangs nur die un-
tern und erst später auch die höhern Einschnitte
IV. Bd. Dthrä-
[50] thränen k). Diese Erfahrungen führen auf den
Schluſs, daſs der ganze Holzkörper Flüs-
sigkeiten leitet
.


Der Holzkörper besteht aus Fasern, groſsen
Gefäſsen und den Insertionen des Parenchyma.
Daſs die Fasern, besonders des Basts, Flüssig-
keiten führen, ist schon oben (§. 1.) gezeigt wor-
den. Indeſs besitzen sie bey den meisten Pflan-
zen nicht die Länge und Weite, die zur schnel-
lern Ueberbringung einer gröſsern Menge Safts
erforderlich ist. Daſs die Zellen des Parenchyma
hierzu ebenfalls nicht tauglich sind, haben wir
vorhin gesehen. Es müssen also die gro-
ſsen Gefäſse seyn, wodurch die schnel-
lere Leitung des Safts geschieht
.


Mehrere Pflanzenphysiologen haben zwar von
diesen Gefäſsen geglaubt, daſs sie blos Luft und
nicht Saft führten, aber ohne hinreichende Be-
weise. Der Hauptgrund, den man seit Mal-
pighi
’s Zeit für diese Hypothese angeführt hat,
ist die Aehnlichkeit der Spiralgefäſse der Pflan-
zen mit den Luftröhren der Insekten. Diese
Analogie findet allerdings statt. Einige Schrift-
steller haben sie geläugnet, weil jene Spiral-
gefäſse sich nicht, wie die Tracheen der In-
sekten, zerästeln, und weil man voraussetzte,
daſs
[51] daſs die Windungen der Spiraldräthe bey jenen
nicht, wie bey diesen, durch eine Haut ver-
bunden wären l). Allein die Hauptähnlichkeit be-
ruhet immer auf den spiralförmigen Dräthen, die
beyde mit einander gemein haben. Moldenha-
wer
fand aber auch auſser diesen Spiralfäden
an den groſsen Pflanzengefäſsen eine ähnliche,
den Canal des Gefäſses einschlieſsende Haut, wie
es an den Luftröhren der Insekten giebt m).
Mit gröſserm Recht läſst sich die Richtigkeit
der aus jener Analogie gezogenen Folgerung
bezweifeln. Es giebt auch bey den Insekten Ge-
fäſse, die ebenfalls aus einem spiralförmigen Band
bestehen, und doch nicht Luft, sondern Saft ent-
halten. Von dieser Art sind die Spinngefäſse
mancher Raupen, z. B. der Weidenraupen n),
und der Canal des Rüssels der Bienen und
Wespen.


Ausser jener Analogie hat man auch die Ab-
wesenheit aller andern Organe, wodurch die ein-
gesogene Luft im Pflanzenkörper verbreitet wer-
den könnte, als einen Grund für die Meinung,
daſs die groſsen Gefäſse luftführende Behälter
sind,
D 2
[52] sind, angeführt. Aber dieser Grund beruhet auf
der unrichtigen Voraussetzung, daſs bloſse Luft
im Pflanzenkörper fortgeleitet wird. Nach mei-
nen Beobachtungen enthält das Innere des Pflan-
zenkörpers nicht anders Luft, als in den Luft-
behältern, im Mark, in den Intercellulargängen
des Zellgewebes der Rinde und in den Gefäſsen
der Oberhaut. Das in den Luftbehältern und im
Mark befindliche Gas rührt gewiſs nicht von
aussen her, sondern ist immer aus den Pflan-
zensäften entbunden. Im Mark findet man es
vorzüglich während des Februars zur Zeit der
wieder beginnenden Vegetation. Gewöhnlich ent-
halten dann auch die in der Nähe desselben lie-
genden Fasern in ihren Canälen hin und wieder
Luft. Aber selten giebt es in den benachbarten
groſsen Gefäſsen eine Luftblase. In den Intercel-
lulargängen des Rindenzellgewebes und in den
Gefäſsen der Oberhaut befindet sich die einge-
athmete, oder zum Aushauchen bestimmte Luft,
doch niemals als bloſse Luft, sondern immer mit
dem Pflanzensafte vermischt. Zum Einsaugen
und zur Entbindung von Luft bedürfen auch
die Pflanzen der groſsen Gefäſse gewiſs nicht,
da jene Funktionen eben so lebhaft bey den Con-
ferven und Najaden, denen diese Gefäſse fehlen,
als bey den vollkommenern Pflanzen von stat-
ten gehn.


Wenn
[53]

Wenn endlich Linko) daraus, daſs die gro-
ſsen Gefäſse immer trocken erscheinen, bewei-
sen will, daſs sie luftführend sind, so ist dies
ein Grund, der auf einer unrichtigen Beobach-
tung beruhet. In vielen saftigen Pflanzen, z. B.
in der Hyacinthe, sind die Spiralgefäſse nichts
weniger als trocken, sondern durch und durch
feucht. Daſs sie im Holzkörper unter dem Ver-
gröſserungsglase trocken zu seyn scheinen, rührt
von ihrer Sprödigkeit und davon her, daſs sie
meist eine dünne, wässrige Flüssigkeit führen.


So wenig haltbar diese Gründe sind, so er-
hebliche Beweise giebt es dagegen für die Mei-
nung, daſs die groſsen Gefäſse tropfbare Flüssig-
keiten leiten. Zuerst ist es eine bekannte That-
sache, daſs die groſsen Gefäſse abgeschnittener
und in eine farbige Flüssigkeit gesetzter Zweige
diese einsaugen, daſs hingegen die Zellen und
Fasern niemals unmittelbar, sondern erst nach
einiger Zeit durch Mittheilung aus den groſsen
Gefäſsen gefärbt werden p). Aus H. D. Mol-
denhawer
’s Erfahrungen ergiebt sich auch, daſs
die von den groſsen Gefäſsen eingesogene Flüs-
sigkeit
D 3
[54] sigkeit wirklich zur Ernährung der Pflanze
dient, indem ein Zweig, an dessen unterm Ende
man alles Zellgewebe bis auf die Bündel der
groſsen Gefäſse weggenommen hat, und wovon
man blos diese in Wasser taucht, allein durch
diese eine Zeitlang frisch erhalten wird q).


Man hat die Resultate, die sich hieraus in
Hinsicht auf die Funktion der groſsen Gefäſse
ziehen lassen, durch die Beobachtung umzusto-
ſsen gesucht, daſs das Aufsteigen gefärbter Flüs-
sigkeiten blos in den Spiralgefäſsen abgeschnitte-
ner Zweige statt findet, ganz unverletzte Wur-
zeln aber niemals Pigmente aufnehmen r). Al-
lein diese Beobachtung beweiset nur, was man
auch schon vorher wissen konnte, daſs gröbere
Färbestoffe nicht durch die Oberhaut eingeso-
gen werden. Die groſsen Gefäſse endigen sich
in den mit Saft angefüllten Zwischenräumen des
Zellgewebes. Es ist nicht einzusehen, warum
sie in unverletzten Pflanzen diesen Saft nicht
eben so wohl aufnehmen sollten, als sie in ab-
geschnittenen Zweigen die Flüssigkeit, worin diese
gestellt
[55] gestellt sind, absorbiren. Wendet man ein, daſs
die groſsen Gefäſse in unverletzten Gewächsen
keine sichtbare Oeffnungen haben, wodurch die
Absorbtion geschehen könnte, so macht man ei-
nen Einwurf, der eben so wohl die Hypothese
trifft, daſs jene Gefäſse luftführende Canäle sind.
Ueber die Gegenwart oder Abwesenheit von ein-
saugenden Oeffnungen an zarten Gefäſsen ist es
aber überhaupt so schwer, etwas Gewisses zu
bestimmen, daſs sich davon kein Grund für oder
wider eine Meinung hernehmen läſst. J. J. P.
Moldenhawers) hat indeſs an dem Sphagnum
obtusifolium eine Entdeckung gemacht, woraus
sich nicht nur vermuthen läſst, daſs die groſsen
Gefäſse mit solchen Oeffnungen versehen sind,
sondern die auch überhaupt über die Funktion
der Spiralgefäſse Licht verbreitet. Es giebt in der
äussersten Schicht des Stengels und in den Blät-
tern dieses Mooses Schläuche, die offenbar die
erste Anlage zu den Spiralgefäſsen der eigentli-
chen Pflanzen sind. Diese zeigen deutliche run-
de Oeffnungen, und saugen durch dieselben Was-
ser ein. Taucht man die Blätter der untern hän-
genden Zweige, welche die Stelle der Wurzeln
vertreten, und deren Spiralgefäſse vorzüglich viele
Oeffnungen haben, in eine gefärbte Flüssigkeit,
ohne daſs der Stengel diese berührt, so färbt
die-
D 4
[56] dieselbe sehr bald die Spiralgefäſse des Stengels,
dringt aus diesen in die Gefäſse der übrigen Blät-
ter, und schwitzt so stark aus den runden Oeff-
nungen derselben hervor, daſs die ganze Ober-
fläche der Blätter von dem Pigment bedeckt wird.


Zu diesen Gründen kömmt endlich noch, daſs
sich die groſsen Gefäſse abgeschnittener Pflan-
zentheile beym Einsaugen gefärbter Flüssigkei-
ten keinesweges nur als leblose Haarröhren ver-
halten, sondern daſs ihre absorbirende Kraft mit
der Vegetationskraft der ganzen Pflanze in Ver-
bindung steht. Ich habe oft Zweige von Wei-
den, Pappeln, Linden, Hollunder und mehrern
Stauden des Winters in eine Abkochung von Fer-
nambukholz gesetzt, und drey bis vier Tage
hindurch im geheitzten Zimmer stehen lassen,
ohne daſs die Flüssigkeit in den groſsen Gefäſsen
der Zweige aufgestiegen wäre, da doch die Ge-
fäſse belaubter Zweige im Sommer sehr schnell
von dem Pigment durchdrungen werden. Eben
so wenig steigen gefärbte Decokte in verwelk-
ten Pflanzentheilen auf, und alle Zusätze zu sol-
chen Abkochungen, die dem vegetabilischen Le-
ben nachtheilig sind, z. B. geistige Tinkturen,
verhindern das Einsaugen.


Nach allen diesen Gründen halte ich für
wahrscheinlich, daſs die groſsen Gefäſse eben so
wie
[57] wie die Fasern saftführende Canäle sind, daſs
beyde ihre Flüssigkeiten aus den Intercellular-
gängen erhalten, und daſs durch jene alles
schnellere Aufsteigen des Pflanzensafts geschieht.


Jedes groſse Gefäſs kann den Saft
sowohl aufwärts, als abwärts leiten
,
wie die bekannte Erfahrung beweist, daſs abge-
schnittene Zweige mancher Bäume, mit dem
obern Ende in die Erde gesteckt, Wurzeln
schlagen. Indeſs zeigen Knight’s Versuche, daſs
das Wachsthum solcher umgekehrten Zweige
doch weit langsamer als die Vegetation von
Stecklingen, die mit dem untern Ende gepflanzt
sind, von statten geht t). Die Umkehrung der
Bewegung des Pflanzensafts muſs also Schwie-
rigkeiten haben, und es läſst sich daher schlie-
ſsen, daſs diese Gefäſse entweder zur Führung
des Safts nach oben, oder zur Leitung dessel-
ben
D 5
[58] ben nach unten, oder theils zu dieser, theils zu
jener Funktion bestimmt sind. Welcher von die-
sen möglichen Fällen wirklich statt findet, dar-
über werden die folgenden Bemerkungen Auf-
schluſs geben.


Es giebt in den Pflanzen keinen so regel-
mäſsigen Umlauf der Säfte, wie in den Thie-
ren, sondern der Trieb der Pflanzensäfte
ist immer nach denjenigen Theilen ge-
richtet, worauf äussere Potenzen am
meisten wirken
. Das Ausströhmen von Luft-
blasen aus den Blättern geschieht nur beym Ein-
fluſs des Sonnenlichts. Wirkt dieses in Verbin-
dung mit Wärme auf den obern Theil einer
Pflanze, z. B. eines in ein Treibhaus geleiteten
Asts eines Weinstocks, so fängt derselbe schon
an zu grünen, wenn die Vegetation des untern
Theils noch weit zurück ist.


Licht und Wärme sind überhaupt die vor-
nehmsten unter den äussern Potenzen, wodurch
die Bewegung der Pflanzensäfte bestimmt wird.
Da der Einfluſs derselben während der Jahres-
und Tageszeiten regelmäſsig wächst und abnimmt,
so muſs auch in dieser Bewegung eine regel-
mäſsige Veränderung statt finden. Die letztere
besteht in einem Auf- und Abflieſsen des
Safts
. Bey den baumartigen Gewächsen unsers
Himmelsstrichs tritt das Aufsteigen im Frühjahre.
das
[59] das Absteigen gegen das Ende des Sommers ein.
Beym Aufsteigen hebt sich der Saft täglich nach
der verschiedenen Temperatur der Luft bald
mehr, bald weniger, doch so, daſs er, nach Wal-
ker
’s Versuchen v), bey der Birke fünf bis
sechs Wochen braucht, um zwanzig Fuſs hoch
zu steigen. Nach dem Aufsteigen fangen die ver-
schiedenen Lagen der Rinde und des Holzes an,
sich von einander zu trennen w), und von die-
ser Zeit an bis zur Mitte des Sommers treiben
die Pflanzen vorzüglich ins Laub, nachher aber
mehr in die Wurzeln. Auſserdem geht bey al-
len Pflanzen, sobald sie Blätter haben, des Ta-
ges die Bewegung des Safts mehr nach unten,
des Nachts mehr nach oben. Gewächse, die im
Dunkeln aufwachsen, schieſsen schnell in die
Höhe, treiben aber wenig Wurzeln; umgekehrt
verhält es sich mit Pflanzen, die dem Lichte aus-
gesetzt sind. Diese Regeln sind indeſs nicht
ohne Ausnahmen, und können es nicht seyn,
da es ausser dem Einfluſs des Lichts noch an-
dere Ursachen giebt, wovon der Trieb der Säfte
abhängt. So treibt jede Pflanze im Anfang ihres
Entstehens vorzüglich nach unten, und bildet
Wurzeln, ehe sie aus der Erde hervordringt, und
eben so sieht man an jeder, im Wasser stehen-
den
[60] den Hyacinthenzwiebel, daſs das Wachsthum der
Wurzeln schneller als das der Blätter von statten
geht. Die auf- und absteigende Bewegung des
Safts ist auch nicht so streng an die Zeit des
Tages und der Nacht gebunden, daſs in der
letztern Periode gar kein Wachsthum nach oben
und in der letztern keines nach unten statt fände.


Wir können jetzt auf unsere obige, die Funk-
tion der groſsen Gefäſse betreffende Frage zurück-
kommen, und diese dahin beantworten, daſs
die äuſsern, der Rinde zunächst liegen-
den Fasergefäſse, oder der Bast, den
Pflanzensaft abwärts, die um das Mark
liegenden groſsen Gefäſse, besonders die
Spiralgefäſse, aber denselben aufwärts
führen
. Folgende Gründe beweisen diesen
Satz:


1. Wo blos eine absteigende Bewegung des
Pflanzensafts ist, finden sich nur Fasergefäſse
umgeben von Zellen. Dies ist der Fall mit den
Flechten, den meisten Moosen und mehrem Na-
jaden, die sich blos durch die Blätter ernähren,
ohne etwas von der Wurzel zu empfangen. Dies
hat ferner bey den Blättern der meisten Dicoty-
ledonen statt. Die Nerven derselben bestehen
gröſstentheils aus Bastbündeln ohne zahlreiche
Spiralgefäſse, und ihre übrige Substanz enthält
blos Zellen. Sie führen aber auch dem Stamm
weit
[61] weit mehr zu, als sie von ihm empfangen.
Früchte verwelken, wenn man dem Zweige, der
sie trägt, die über ihnen sitzenden Blätter nimmt,
und ein Stück Rinde, das durch Einschnitte von
der übrigen Rinde getrennt ist, verdorret, wenn
sich keine Knospen daran befinden, grünet aber
fort, wenn es Knospen hat, deren Blätter ihm Nah-
rung zuführen x). Ein Tropfen Salzsäure auf
ein Blatt gebracht, verursacht einen gelben Fleck,
der sich wenig gegen die Spitze, desto mehr
aber gegen die Basis des Blatts, und von dieser
durch den Blattstiel bis zum Stamm verbreitet,
und blos durch die Nerven des Blatts fortgeht y).


2. Eine blos absteigende Bewegung findet
auch in dem ersten Keim der Pflanze statt. Die-
ser erhält anfangs seine Nahrung blos aus den
Saamenblättern, und das Erste, was sich an ihm
bildet, ist die Wurzel. Indem diese entsteht,
geht der Trieb des Nahrungssafts aus den Co-
tyledonen blos abwärts, und während dieser Zeit
sieht man in dem Keim noch keine andere Ca-
näle als Fasergefäſse. Sobald aber der Anfang
des Stamms hervorzubrechen und der Trieb
der Säfte aufwärts zu gehen anfängt, zeigen sich
in der Mitte des Pflänzchens Spiralgefäſse.


3.
[62]

3. Spiralgefäſse giebt es allenthalben, wo
die Bewegung der Säfte aufwärts gerichtet ist.
Bey den baum- und strauchartigen Dictyledonen
bildet sich jährlich im Herbst eine neue Lage
derselben um das Mark, die bey manchen Bäu-
men, z. B. den Linden, im Frühjahre mit grü-
nen Zellen und saftreichen Fasern umgeben ist.
Die grüne Farbe dieser, von der Oberhaut durch
den ganzen Holzkörper getrennten und dem Lichte
völlig unzugänglichen Theile, und ihre saftige
Beschaffenheit beweisen, daſs zwischen dem
Mark und dem Holz ein ähnlicher Proceſs, wie
zwischen der Rinde und dem Holze, statt findet.
Völlig gleich können aber beyde Processe nicht
seyn, indem es zwischen der Rinde und dem
Holz keine Spiralgefäſse, wie in der Nähe des
Marks, giebt, und eine andere Verschiedenheit in
den Funktionen beyder Theile ist nicht zu den-
ken, als daſs der Saft durch die einen auf-,
durch die andern niedersteigt. In dem Mark und
den dem Marke zunächst liegenden Fasergefäſsen
der Bäume und Sträucher findet man aber auch
im Januar und Februar eine Menge Luftblasen.
Mit der Entbindung dieser Luft beginnt ohne
Zweifel die Vegetation. Nie trifft man sie um
jene Zeit in dem Zellgewebe der Rinde und in
den Bastfasern an. Der Anfang der Vegetation
geschieht daher in der Mitte des Stamms, und
wahrscheinlich tritt also auch die nächste Wir-
kung
[63] kung dieser innern Bewegung des Safts, das
Aufsteigen desselben, nicht im Umfange des
Stamms, sondern in den um das Mark liegen-
den groſsen Gefäſsen ein.


4. Werden diese Gefäſse im Frühjahr an
einem Ast ausgeschnitten, so treibt zwar der-
selbe im folgenden Sommer aus den im Bast
und der Rinde vorräthigen Säften noch Blätter;
aber im folgenden Jahre ist er abgestorben z).
Nimmt man alles Holz weg, und läſst blos die
Rinde übrig, so fängt der Zweig sogleich an zu
welken und ist in kurzer Zeit völlig leblos.
Hingegen kann man rings um einen blätterrei-
chen Ast die Rinde und einen beträchtlichen Theil
des Holzes wegschneiden; der Ast fährt doch
fort in allen Theilen zu grünen, wenn nur eine
Lage Holz um das Mark übriggeblieben ist.


5. Endlich geschieht, wie oben gezeigt ist,
alle schnellere Bewegung des Pflanzensafts durch
die groſsen Gefäſse. Nur von der Wurzel zu
den Blättern findet aber eine schnelle Bewegung
der eingesogenen Flüssigkeiten statt; hingegen
was von den Blättern aufgenommen ist, gelangt
nur langsam zur Wurzel. Durch das bloſse Be-
gieſsen der Wurzel läſst sich eine Pflanze bey
kräftigem Wachsthum erhalten, und sie richtet
sich,
[64] sich, wenn sie Mangel an Wasser leidet, schnell
wieder auf, sobald ihre Wurzeln hinreichend
getränkt sind; aber das bloſse Begieſsen der
Blätter unterhält nur dürftig die Vegetation, und
eine welke Pflanze wird nur langsam dadurch
gestärkt. Auch aus diesem Gesichtspunkt er-
scheinen also die groſsen Gefäſse als diejenigen,
die den Saft aufwärts führen.


Diese Meinung von der Bewegung des Pflan-
zensafts hat zwar mehrere wichtige Authoritäten
gegen sich. Seitdem Perrault, Mariotte und
ein Hamburgischer Arzt, Major, zuerst bewie-
sen, daſs es ein Auf- und Abflieſsen des Safts
in den Gewächsen giebt, und daſs beyde in ver-
schiedenen Theilen geschehen a), hat man fast
allgemein für das Organ der absteigenden Bewe-
gung die Rinde, und für die Theile, die den
Saft aufwärts leiten, die Bastfasern angenommen.
Die letztere Funktion des Basts hat besonders
Sprengel zu beweisen gesucht. Doch glaubt die-
ser, daſs das Aufsteigen auch im Holze, und das
Absteigen zwischen dem Bast und dem Holze
erfolgt b).


Für
[65]

Für die Hypothese von dem Abflieſsen des
Safts durch die Rinde giebt es aber keinen erheb-
lichen Grund, als die Erfahrung, daſs wenn rings
um den Stamm oder den Ast eines Baums ein
Streifen Rinde weggenommen ist, sich mehr
Saft aus dem obern, als aus dem untern Rande
der Wunde ergieſst, und der Baum über dem
Schnitt anschwillt, unter demselben aber nicht
zunimmt c). Gegen diesen Beweis gilt, was
schon oben gegen die Meinung von der Bewegung
des Safts durch die Rinde im Allgemeinen erin-
nert ist. Nach meinen Erfahrungen findet aber
auch jener Erfolg keinesweges in allen Fällen
statt, wenn man, statt die Rinde auszuschneiden,
sie unterbindet. Ich lieſs vor einigen Jahren um
neu gepflanzte Obstbäume meines Gartens Eisen-
dräthe, woran Bleche mit den Namen der Bäume
hingen, theils unter dem Anfang der Krone, theils
an dem untern Ende eines Hauptasts legen. An
sieben Stämmen, die aus Pflaumen, Kirschen,
Aepfeln und Birnen bestanden, wurden die Drä-
the beym Wachsen der Bäume nicht genug er-
weitert. Im folgenden Jahr waren sie schon so
weit
IV. Bd. E
[66] weit in das Holz eingedrungen, daſs sie sich ohne
eine sehr gewaltsame Operation nicht wieder her-
ausziehen lieſsen. Jetzt sind zum Theil selbst die
Bleche ganz verwachsen. Alle diese unterbunde-
nen Stämme oder Aeste verlieren im Herbste weit
früher als die übrigen ihre Blätter, schlagen aber
auch im Frühling weit zeitiger wieder aus, blü-
hen sehr voll, und tragen zum Theil viele, doch
kleine, unschmackhafte Früchte. Bey allen fin-
det sowohl unter, als über dem Bande eine An-
schwellung statt. Da, wo das Band um den
Stamm unter dem Anfang der Krone liegt, ist
bey einigen, doch auch nicht bey allen, die An-
schwellung oberhalb dem Bande stärker als unter-
halb demselben. Bey den übrigen Bäumen hin-
gegen, an welchen blos ein Ast unterbunden ist,
finde ich keinen Unterschied zwischen der obern
und untern Anschwellung. Nach Ligaturen tritt
also wenigstens nicht immer eine stärkere Ver-
dickung über dem Bande ein, und vielleicht ist
auch nach kreisförmigen Ausschnitten der Rinde
diese Verdickung nicht allgemein. Fände sie aber
auch ohne Ausnahme statt, so würde doch noch
erst zu beweisen seyn, was noch nicht bewiesen
ist, daſs die Verdickung ursprünglich von der
Rinde, und nicht von dem Bast oder Holz her-
rührt, ehe man daraus auf ein Absteigen des Safts
durch die Rinde schlieſsen dürfte. Uebrigens
weiſs man ja auch, daſs manchen Bäumen die
ganze
[67] ganze Rinde, ihrem fortdauernden Wachsthum
unbeschadet, abgeschält werden kann. Wie wäre
dies möglich, wenn sie eine so wichtige Funktion
hätte, wie sie bey jener Meinung haben müſste!


Die zweyte Hypothese, daſs das Aufsteigen
des Safts durch den Bast geschieht, hat man dar-
aus beweisen wollen, weil es Bäume gäbe, in
welchen das Mark mit dem Holze verfault, und
blos der Bast nebst der Rinde noch gesund wären,
und welche doch Jahre lang fortlebten. Aber
diese Beobachtung halte ich für unrichtig. Nie
habe ich inwendig verfaulte Bäume gesehen, die
noch vegetirt und nicht unter dem Bast noch ge-
sundes Holz gehabt hätten d). Kein Baum, der
dieses nicht besitzt, kann dem Winde widerste-
hen. Das übrig gebliebene Holz enthält aber
noch so viele groſse Gefäſse, als zur Unterhal-
tung des immer nur sehr kümmerlichen Lebens
solcher Bäume nöthig ist.


Was endlich Sprengel’s Hypothese betrifft,
daſs das Absteigen des Safts zwischen dem Bast
und dem Splint geschieht, so ist diese eine Folge
seiner übrigen Meinungen. Daſs die Rinde zu
jener Funktion nicht passend wäre, sahe er ein;
den Bast und die Fasergefäſse des Holzes nahm
er
E 2
[68] er für die Organe des Aufsteigens an; die groſsen
Gefäſse aber lieſs er nicht für saftführend gelten.
So blieb freylich kein anderer Ort zum Absteigen
des Safts als der Zwischenraum zwischen dem
Bast und dem Splint übrig. Daſs im Frühling
zwischen dem Bast und der Rinde viele Flüssig-
keit enthalten ist, hat freylich seine Richtigkeit.
Allein diese ergieſst sich dahin aus dem Holzkör-
per. Schon Walkere) sagt ausdrücklich in sei-
nen Bemerkungen über die Bewegung des Safts
in den Bäumen, daſs sich im Frühling der Saft
zwar häufig zwischen dem Bast und der Rinde
zeigt, daſs er aber erst beym Anbohren des Hol-
zes in Menge hervordringt. Auch bemerkt Wal-
ker
, daſs sich der Bast von der Rinde erst nach
dem Aufsteigen des Safts und nicht früher trennt.
Der Saft muſs also schon im Holze aufgestiegen
seyn, ehe er sich in den Zwischenraum zwischen
dem Bast und der Rinde ergieſsen kann.


§. 4.
Chemische Nutritionsprocesse der Pflanzen.

Was wir bisher von innern Bewegungen
des Pflanzenkörpers aufgefunden haben, ist der
bloſse Mechanismus der Vegetation, der erst
durch die dabey zum Grunde liegenden, oder
daraus hervorgehenden chemischen Veränderun-
gen eine höhere Bedeutung erhält. Wir kommen
jetzt
[69] jetzt auf diese chemischen Erscheinungen des
Pflanzenlebens, und fangen unsere Untersuchun-
gen mit der Beantwortung der Frage an: Wel-
chen Einfluſs das Athmen der Pflanzen auf die
umgebende Luft äuſsert?


Es war zuerst Priestley, und auf dessen
Veranlassung Scheele, die über diesen Gegen-
stand Versuche anstellten f). Beyde fanden, daſs
die Pflanzen in einigen Fällen Sauerstoffgas, in
andern eine mephitische Luft aushauchten. Ueber
die Ursache des entgegengesetzten Erfolgs ihrer
Versuche blieben beyde in Ungewiſsheit. Diese
wurde in der Folge von Ingenhoussg) und Sen-
nebier
h) entdeckt. Die letztern fanden, daſs
grüne Pflanzentheile, besonders die Blätter, beym
Einfluſs des Sonnenlichts unter Wasser Sauerstoff-
gas ausathmen, daſs aber dieselben Organe im
Dunkeln die atmosphärische Luft für Thiere irre-
spira-
E 3
[70] spirabel machen, und daſs diesen Einfluſs die
Wurzeln, Schoten, reifen Früchte, Saamenkörner
und andere nicht grüne Theile zu allen Zeiten,
doch mehr in der Nacht und im Schatten, als bey
Tage, und am wenigsten im Sonnenlichte, auf
die Atmosphäre äuſsern.


Diese Beobachtungen wurden durch spätere
Erfahrungen von Sternbergi), Succowk),
Spallanzanil) und dem jüngern Saussurem)
in der Hauptsache völlig bestätigt. Nur darin ha-
ben die Resultate der Versuche von Ingenhouss
und Sennebier einige Einschränkungen erlitten,


  • 1) daſs die Menge Sauerstoffgas, welche die
    Blätter beym Einfluſs des Tageslichts in der
    Luft erzeugen, weit geringer ist, als die,
    welche sie unter Wasser liefern n);
  • 2) daſs die grüne Farbe nicht, wie Ingenhouss
    ohne Einschränkung behauptete, ein wesent-
    licher Charakter der Pflanzentheile ist, welche
    Sauer-
    [71] Sauerstoffgas ausathmen, sondern daſs es ei-
    nige, obgleich nicht häufige Ausnahmen hier-
    von giebt o);
  • 3) daſs auch unreife Weintrauben den Sauer-
    stoffgehalt der atmosphärischen Luft an der
    Sonne vergröſsern p);
  • 4) daſs die Blätter bey der Entwickelung von
    Sauerstoffgas auch Stickgas entweichen las-
    sen q).

Wie die Blätter der Pflanzen, so verhalten sich
auch unter den Phytozoen die zur Familie der
Wasserfäden gehörigen Arten, die eine grüne
Farbe haben, vorzüglich Priestley’s grüne Ma-
terie. Alle diese Körper entbinden eine sehr
groſse Menge Sauerstoffgas, und zwar die letztere
nicht nur bey der Einwirkung des Lichts, son-
dern auch im Dunkeln, ja selbst wenn sie ge-
trocknet, zerrieben und wieder angefeuchtet ist;
die übrigen aber nur beym Einfluſs der Sonnen-
strahlen r).


Auch
E 4
[72]

Auch die Blasen des Fucus vesiculosus ent-
halten eine Gasart, die weit reicher an Sauerstoff
als die atmosphärische Luft ist s).


Die Schwämme hingegen hauchen nach von
Humboldt
’s Versuchen Tag und Nacht Wasser-
stoffgas aus t).


Auf eine andere Art wie die schon gebildete
Pflanze wirkt das keimende Saamenkorn auf die
atmosphärische Luft. Während des Keimens ver-
mindert sich der Sauerstoffgehalt der letztern; es
entsteht dagegen kohlensaures Gas, und zwar im
Verhältniſs zu dem verschwundenen Sauerstoff-
gas v). Befinden sich die Saamenkörner unter
Reci-
r)
[73] Recipienten, die mit reinem Stickgas oder Was-
serstoffgas angefüllt sind, so keimen darin zwar
nicht alle, doch manche Arten von Körnern, z. B.
Erbsen, und man findet dann auch in diesen
Luftarten kohlensaures Gas, zugleich aber auch
bloſsen Kohlenstoff, der sich von den Saamen-
körnern abgesondert, und jene Gasarten in koh-
lenhaltiges Stickgas oder Wasserstoffgas verwan-
delt hat w).


Kohlensaures Gas ist es auch, welches von
den nehmlichen Pflanzentheilen, die beym Ein-
fluſs des Lichts Sauerstoffgas aushauchen, in der
Dunkelheit erzeugt wird x). Sie absorbiren da-
bey ebenfalls, wie die keimenden Saamenkörner,
Sauerstoffgas, doch die Blätter der fleischigen
Gewächse weniger, als die der meisten übrigen
Pflanzen y), die Sumpfgewächse weniger, als
der gröſste Theil der übrigen krautartigen Ge-
wächse, die Blätter der immergrünen Bäume we-
niger,
E 5
[74] niger, als die der Bäume, die im Winter ihr
Laub verlieren, und die Blätter solcher Pflanzen,
welche auf einem magern Boden, oder in tief-
liegenden und feuchten Gegenden wachsen, we-
niger als diejenigen, die nur auf einem frucht-
baren Boden unter freyem und reichlichem Zu-
tritt der atmosphärischen Luft gedeihen z). Viel-
leicht aber findet in der Dunkelheit auch eine ge-
ringe Aushauchung von Sauerstoffgas statt a).


Ferner ist es kohlensaures Gas, welches von
den Wurzeln, den holzigen, entblätterten, vom
Stamm getrennten Zweigen, und den Blüthen
der Pflanzen unter allen Umständen ausgehaucht
wird. Die Wurzeln absorbiren blos das Sauer-
stoffgas, nicht aber das Stickgas der atmosphä-
rischen Luft b). Das Holz und die Blüthen ab-
sorbiren ebenfalls Sauerstoffgas, und zwar die
letztern mehr im Sonnenschein, als im Dunkeln.
Auch erzeugen diese mit dem kohlensauren Gas
zugleich Stickgas c).


Woher
[75]

Woher und wozu nun diese verschiedenen
Gasarten, die von der Pflanze ausgehaucht und
eingesogen werden? Die Beantwortung dieser
Frage ist der erste Schritt zur Enthüllung der
Geheimnisse der Vegetation.


Am wenigsten befriedigend hat sie ohnstrei-
tig Rumford beantwortet. Dieser behauptete, die
unter Wasser gehaltenen Blätter befänden sich in
einem unnatürlichen Zustande, und man erhalte
auch von andern Körpern, z. B. von fein gespon-
nenem Glase, roher Seide, gemeiner Baumwolle
und der Wolle des Pappelbaums im Sonnenlicht
und unter Wasser Sauerstoffgas d). Allein die
erste dieser Behauptungen wird durch Spallanza-
ni
’s und Saussure’s Versuche widerlegt, nach
welchen grüne Pflanzentheile auch in der Luft
dem Sonnenlichte ausgesetzt Sauerstoffgas ausath-
men. Die Versuche, worauf sich die zweyte Be-
hauptung gründet, lehren, daſs 40 Gran roher
Seide nach 3 Tagen nicht mehr als 3¾ Cubikzoll
Luft lieferten, und daſs zuweilen 4 Tage vergin-
gen, ehe sich so viel sammelte, als zu einer eu-
diometrischen Prüfung der Luft nöthig war.
Kann nicht diese unbedeutende Quantität Gas
durch eine geringe, vielleicht kaum sichtbare
Menge grüner Materie, die sich während des Ver-
suchs im Wasser erzeugte, gebildet seyn? Aber
Wood-
[76]Woodhouse’s Beobachtungen zeigen auch, daſs
jene von leblosen Körpern im Wasser hervorge-
brachte Luft mit der von lebenden Blättern aus-
geathmeten so wenig der Qualität, als der Quan-
tität nach verglichen werden kann. Woodhouse
setzte Asbestfäden, gesottene Pferdehaare, gemei-
ne Baumwolle, Wolle der Asclepias Syriaca, die
Blüthenrispen des Rhus Cotinus, die feinhaarigen
Federn von Clematis crispa, die Aehren von
Panicum glaucum und gepulverte Holzkohle in
40 Unzen Brunnenwasser einen Tag hindurch
dem Sonnenlichte aus. Jeder von diesen Körpern
lieferte 2 bis 4 Drachmen unreines Sauerstoffgas,
indem Blätter von irgend einer Pflanze, in dem
nehmlichen Wasser der Sonne ausgesetzt, binnen
wenig Stunden 8 bis 19 Drachmen weit reinere
Luft gaben e).


Jetzt läſst sich die obige Frage bestimmter so
stellen: Rührt das Sauerstoffgas, das von den
Pflanzenblättern beym Licht excernirt wird, und
das kohlensaure Gas, das sie im Dunkeln aus-
hauchen, von der eingesogenen atmosphärischen
Luft, oder von dem aufgenommenen Wasser her?
Denn nur aus diesen beyden Quellen können jene
Gasarten entstehen.


Vorzüglich Woodhouse und Saussure sind
es, welche diese Fragen durch Versuche zu be-
antwor-
[77] antworten gesucht haben. Beyder Meinung ist,
daſs das kohlensaure Gas der Atmosphäre und
des Wassers die Quelle ist, aus welchem das
Sauerstoffgas herrührt, das beym Sonnenlicht von
den Pflanzen entbunden wird. Die Gewächse zie-
hen, ihnen zufolge, jenes kohlensaure Gas ein,
zersetzen dasselbe, eignen sich dessen Kohlenstoff
nebst einem Theil des darin befindlichen Sauer-
stoffs an, und hauchen den übrigen Sauerstoff
aus. Die Ausscheidung des kohlensauren Gas im
Dunkeln ist nach Woodhouse die Folge eines
krankhaften Zustandes, indem sie, seinen Erfah-
rungen nach, nur bey verwundeten Pflanzen-
theilen statt findet. Indeſs beweisen Saussure’s
Versuche, daſs allerdings auch unverletzte vege-
tabilische Organe diese Gasart von sich geben,
und zwar leitet sie Saussure von einer Ver-
bindung’ des Kohlenstoffs der Pflanzen mit dem
Sauerstoff der Atmosphäre her.


Wir werden zuerst die einzelnen Gründe
prüfen, worauf jene Schriftsteller ihre Meinung
bauen, ehe wir über diese Hypothese im Allge-
meinen ein Urtheil fällen.


Woodhousef) beruft sich auf folgende Er-
fahrungen:


1) Die Blätter von vierzehn verschiedenen
Pflanzen, die man in einem Recipienten von
40
[78] 40 Unzen mit Fluſswasser umgeben hatte, er-
zeugten etwa 10 Drachmen-Maaſs Luft, deren
Hauptbestandtheil Stickgas war; hingegen lieferto
eine gleiche Quantität eben solcher Blätter in dem
nehmlichen Wasser, welches aber vorher mit
Kohlensäure geschwängert worden war, 77 Drach-
men-Maaſs sehr reinen Sauerstoffgas.


2) Eine Handvoll Blätter von mehrern Pflan-
zen wurden, jede besonders, in 16 Unzenmaaſs
atmosphärischer Luft, welche mit 4 Unzenmaaſs
aus Kreide und Schwefelsäure gezogenem Gas
vermischt waren, 7 Stunden lang dem Sonnen-
lichte ausgesetzt. Die kohlensaure Luft ver-
schwand hierbey, und die Reinheit der atmo-
sphärischen Luft hatte so zugenommen, daſs sie
2 Maaſs Salpetergas verschluckte. So setzte auch
Woodhouse eine Quantität Blätter der Mimosa
virgata und Amygdalus persica, jede besonders,
40 Unzenmaaſsen atmosphärischer Luft, worin er
einen Schwamm hatte verfaulen lassen, 9 Stun-
den lang dem Sonnenlichte aus. Das vom
Schwamm entstandene kohlensaure Gas ver-
schwand, und die Reinheit der Luft stieg von
30 bis 80.


Auf dem ersten dieser Gründe bauete auch
vor Woodhouse schon Sennebierg) die Mei-
nung,
[79] nung, daſs die Pflanzen das kohlensaure Gas
beym Sonnenlichte zersetzen, den Kohlenstoff des-
selben sich aneignen, und den Sauerstoff entwei-
chen lassen. Aber ist es nicht richtiger, aus die-
sem Grunde zu schlieſsen, daſs die Kohlensäure
zu den formellen Bedingungen der Vegetation ge-
hört, als jene Hypothese daraus zu folgern? Man
weiſs, daſs die Pflanzen in den meisten Versu-
chen, die bisher über den Einfluſs der Kohlen-
säure auf die Vegetation angestellt sind, nur ei-
nen geringen Zusatz von kohlensaurem Gas zu
dem Wasser, oder der Luft, worin sie vege-
tirten, ohne Nachtheil vertrugen h). Ein solcher
Ein-
g)
[80] Einfluſs ist wohl von den formellen, nicht aber
von den materiellen Bedingungen des Lebens
denkbar. Im Thierreiche wenigstens giebt es kein
Beyspiel von einer Potenz der letztern Art, die
im Uebermaaſs dem Leben so leicht gefährlich
würde.


Der zweyte Grund läſst sich zwar zu Gun-
sten der Hypothese Woodhouse’s deuten. Aber
er reimt sich eben so wohl mit der unsrigen.
Es ist von Woodhouse nicht bemerkt worden,
ob die Pflanzen dem Sonnenlicht unter Wasser,
oder in der Luft ausgesetzt waren. Fand das
Erstere statt, so war das kohlensaure Gas vom
Wasser und nicht von den Pflanzen verschluckt
worden. Im letztern Fall konnte es zwar nur
von den Vegetabilien aufgenommen seyn. Allein
vermittelst der nehmlichen Schluſsfolge, deren sich
Woodhouse bey diesem Beweise bedient, lieſse
sich darthun, daſs auch das Wasserstoffgas, ja
sogar
h)
[81] sogar das Salpetergas, zu den Nahrungsmitteln
der Pflanzen gehört, indem mehrere Pflanzen die-
se Gasarten begierig verschlucken, und dafür
Sauerstoffgas ausathmen i).


Zahl-
IV. Bd. F
[82]

Zahlreicher als Woodhouse’s Erfahrungen sind
die Versuche, worauf Saussure die obige Mei-
nung gebauet hat. Saussure fand, daſs das Volu-
men des beym Keimen der Saamen verzehrten
Sauerstoffgas der Menge des in der nehmlichen
Zeit sich erzeugenden kohlensauren Gas gleich
ist. Da nun der Kohlenstoff bey seiner Verbren-
nung mit dem Sauerstoff das Volumen des letztern
nicht merklich verändert, so schlieſst Saussure:


  • 1) daſs das atmosphärische Sauerstoffgas wäh-
    rend dem Keimen nicht von den Saamenkör-
    nern verschluckt, sondern lediglich zur Bil-
    dung des kohlensauren Gas mit dem Kohlen-
    stoff der Saamen verwandt wird;
  • 2) daſs der keimende Saamen, in Berührung
    mit der atmosphärischen Luft, das kohlen-
    saure Gas nicht ganz aus seiner eigenen Sub-
    stanz bildet, sondern nur einen Bestandtheil
    desselben, den Kohlenstoff, liefert k).

Die nehmlichen Folgerungen hatte auch schon
Sennebier aus seinen und Huber’s Erfahrungen
gezogen. Diesen zufolge vermindert sich wäh-
rend
i)
[83] rend dem Keimen das Sauerstoffgas. Geschieht
das Keimen unter Recipienten, die mit Lebens-
luft angefüllt und durch Kalkwasser gesperrt sind,
so trübt sich dieses und es entsteht ein Nieder-
schlag von Kalkerde, indem das Sauerstoffgas ab-
nimmt l).


Alle diese Versuche aber beweisen keineswe-
ges, was sie beweisen sollen. Der Sauerstoff der
Atmosphäre kann formelle Bedingung der Erzeu-
gung des kohlensauren Gas seyn, und die Ab-
sorbtion desselben mit dieser in sehr genauem
Verhältniſs stehen, ohne daſs er zur Bildung der
Kohlensäure unmittelbar beyträgt. In der That
führen Huber und Sennebier auch einen Ver-
such an, der dieser Voraussetzung günstig ist.
Erbsen keimten sehr gut sowohl in Stickgas, als
in Wasserstoffgas, das aus Zink und Schwefel-
säure gezogen war, und nach dem Keimen ent-
hielten diese Luftarten viel kohlensaures Gas m).
Wie wäre dies möglich gewesen, wenn das Saa-
menkorn
F 2
[84] menkorn beym Keimen nicht einen beträchtli-
chen Theil kohlensauren Gas ohne Hülfe des
Sauerstoffgas der Atmosphäre entbände? Frey-
lich beobachteten Huber und Sennebier bey eben
diesem Versuch auch eine Erscheinung, die es
wahrscheinlich macht, daſs nicht alle Kohlen-
säure, welche beym Keimen entbunden wird, aus
der Substanz des Saamenkorns herrührt, sondern
daſs ein Theil derselben aus der Verbindung des
Kohlenstoffs des Saamenkorns mit dem Sauerstoff
der Atmosphäre entsteht. Das zu wiederholten
Keimungen gebrauchte Wasserstoffgas nehmlich
brannte blau, und zwar auch dann noch, wenn
es mit Kalkwasser gewaschen war. Wurde es
mit reinem Sauerstoff im Volta’schen Eudiome-
ter verbrannt, so erzeugte sich eine groſse Menge
Kalkerde. Indeſs frägt es sich, ob die Saamen,
die in dem letztern Versuch bloſsen Kohlenstoff
aushauchten, nicht in einer Art von Fäulniſs
waren? Saussuren) wenigstens versichert wahr-
genommen zu haben, daſs Saamen, die sich in
reinem Stickgas unter Wasser befanden, zwar
auch kohlenhaltiges Wasserstoffgas aushauchten,
aber nur wenn sie zu faulen anfingen.


Ein zweyter Gegenstand der Untersuchungen
Saussure’s war die Frage: Ob die Quantität des
Sauerstoffgas, welches die Pflanzen beym Lichte
aus-
[85] aushauchen, gröſser, geringer, oder gleich der
Quantität des Sauerstoffgas ist, welches in die
Zusammensetzung des von ihnen aus der Atmos-
phäre geschöpften kohlensauren Gas eingeht? Um
diese Frage zu beantworten, brachte Saussure
von mehrern Pflanzenarten einige, deren Wurzeln
sich in einem besondern Gefäſs befanden, worin
die Wassermenge so gering war, daſs sie keine
merkliche Quantität kohlensauren Gas einsaugen
konnte, unter einen Recipienten, welcher eine
Mischung von atmosphärischer Luft und einer ab-
gemessenen Menge kohlensauren Gas enthielt, an-
dere unter eine Glasglocke, welche mit atmosphä-
rischer, ihres Kohlenstoffs beraubter Luft ange-
füllt war. Die unter dem erstern Recipienten be-
findlichen Pflanzen brachten das kohlensaure Gas
der Atmosphäre, worin sie eingeschlossen waren,
zum Verschwinden, vergröſserten den Gehalt der
letztern an Sauerstoffgas und Stickgas, doch den
Gehalt an Sauerstoffgas nicht in dem Maaſse, wie
der Fall gewesen seyn würde, wenn sie von je-
nem absorbirten kohlensauren Gas alles in des-
sen Zusammensetzung befindliche Sauerstoffgas
wieder ausgehaucht hätten, und enthielten nach
dem Versuch mehr Kohlenstoff, wie vor dem-
selben. In dem andern Recipienten hatte sich
die Luft weder an Reinheit, noch an Volumen
geändert, und die Pflanzen, die darunter einge-
schlossen gewesen waren, hatten vielmehr einen
F 3Ver-
[86] Verlust, als einen Zuwachs an Kohlenstoff erlit-
ten. Saussure schlieſst hieraus, daſs die Pflan-
zen ihren Kohlenstoff und einen Theil ihres
Sauerstoffs aus der Atmosphäre schöpfen, indem
sie das kohlensaure Gas derselben zersetzen, sich
den Kohlenstoff und einen Theil des Sauerstoffs
dieses Gas aneignen, und den übrigen Sauerstoff
am Sonnenlichte von sich geben o). Allein es
findet ein wichtiger Umstand bey jenen Versu-
chen statt, wodurch dieser Schluſs sehr unsicher
gemacht wird. In dem letztern Recipienten hatte
sich weder die Reinheit, noch das Volumen der
Luft verändert, und doch hatten die eingeschlos-
senen Pflanzen Kohlenstoff verloren. Wo war
nun dieser geblieben? Er konnte nur von dem
mit einer dünnen Wasserschicht bedeckten Queck-
silber, womit die Glocken gesperrt waren, aufge-
nommen seyn. War aber in dem letztern Reci-
pienten von dem nassen Quecksilber kohlensaures
Gas absorbirt worden, so kann dieses auch in
dem erstern davon verschluckt seyn, und so läſst
sich überhaupt aus diesen Versuchen nichts fol-
gern.


Ferner verfolgte Saussure die Erscheinungen,
welche Blätter und überhaupt grüne Pflanzen-
theile äuſsern, die im Dunkeln der atmosphäri-
schen Luft ausgesetzt sind. Die Resultate, die er
hier-
[87] hierbey erhielt, sind von doppelter Art. Einige
beweisen weder für, noch gegen seine Hypo-
these; in den übrigen glaubt er Gründe für die
letztern zu finden. Zu jenen gehören folgende
Beobachtungen:


  • 1) Die Blätter der meisten Gewächse, die eine
    Nacht in atmosphärischer Luft liegen, ver-
    mindern das Volumen dieser Luft, indem sie
    Sauerstoffgas absorbiren und freye Kohlen-
    säure bilden, welche an Volumen geringer
    ist, als das verbrauchte Sauerstoffgas p).
  • 2) Fleischige Gewächse vermindern das Volu-
    men ihrer Atmosphäre, indem sie Sauerstoff-
    gas einsaugen, ohne jedoch merklich kohlen-
    saures Gas auszuhauchen, wenn der Versuch
    nicht länger als eine Nacht dauert q). Sie
    thun dies aber nur bey unverletzter Struk-
    tur und Textur. Zerschnitten und zerquetscht
    nehmen sie keine bemerkbare Einathmungen
    vor r).
  • 3) Eine Opuntie absorbirt im Dunkeln blos
    Sauerstoffgas ohne Stickgas. Verlängert man
    ihren Aufenthalt im Dunkeln und in einer
    eingeschlossenen Atmosphäre, so fährt sie,
    aber
    F 4
    [88] aber immer langsamer, fort, das Sauerstoff-
    gas zu absorbiren, bis sie davon ohngefähr
    1¼ ihres eigenen Volumen erhalten hat. Dann
    findet keine Einsaugung weiter statt. Sobald
    die Pflanze bis zu diesem Punkt gekommen
    ist, fängt sie an, kohlensaures Gas zu bil-
    den s). Wird sie aber von Zeit zu Zeit
    wieder ins Freye gebracht, so athmet sie
    immer von neuem eine der vorigen gleiche
    Quantität ein t).
  • 4) Das von der Opuntie aufgenommene Sauer-
    stoffgas wird in derselben durch eine so
    starke Anziehung zurückgehalten, daſs es
    sich weder durch Wegnahme des Drucks der
    Atmosphäre unter dem Recipienten der Luft-
    pumpe, noch durch eine mäſsige Wärme
    ohne Licht davon trennen läſst v).

Aus allen diesen Thatsachen läſst sich we-
der für, noch gegen Saussure’s Hypothese etwas
schlieſsen. Anders aber ist es mit folgenden
Beobachtungen:


  • 1) Die Blätter nehmen bey der Abwesenheit
    des Tageslichts in solchen luftförmigen Um-
    gebungen, welche kein freyes Sauerstoffgas
    enthalten, keine merkbare Einathmungen vor.
    Sie
    [89] Sie vergröſsern vielmehr ihre Atmosphäre,
    indem sie kohlensaures Gas aushauchen, doch
    desto weniger, je mehr Kraft und Leben
    die Pflanze hat w). — Diese Behauptung
    stimmt indeſs mit den oben erzählten Beob-
    achtungen Priestley’s und Ingenhouss’s über
    das Einathmen des Wasserstoffgas und Salpe-
    tergas durch Sumpfpflanzen keinesweges über-
    ein. Das kohlensaure Gas aber, welches die
    Pflanze in einem solchen Medium aushaucht,
    es sey dessen so wenig als es wolle, muſs
    doch aus ihrer eigenen Substanz kommen.
    Mithin beweiset diese Beobachtung mehr
    gegen als für Saussure’s Meinung.
  • 2) Eine Opuntie athmet im Finstern das koh-
    lensaure Gas in dem nehmlichen Verhältniſs
    ein, wie das Sauerstoffgas, wenn das er-
    stere dem letztern in einer kleinen Quanti-
    tät zugemischt ist x). — Aber andere Pflan-
    zen hauchen ja im Dunkeln kohlensaures
    Gas aus. Wie ist dies zu reimen?
  • 3) Eine Opuntie leert des Tages fast die nehm-
    liche Quantität Sauerstoffgas wieder aus, die
    sie des Nachts eingesogen hat. Sie ent-
    wickelt beym Sonnenlicht desto mehr von
    diesem
    F 5
    [90] diesem Gas, je mehr sie im Finstern da-
    von absorbirt hat, und sie athmet desto we-
    niger aus, je geringer ihr Einathmen war.
    Die Ausathmung des Sauerstoffgas steht da-
    her mit der Einathmung desselben in Verhält-
    niſs y). — Dieses Resultat steht aber in
    offenbarem Widerspruch mit der obigen Be-
    obachtung, nach welcher die Quantität des
    Sauerstoffgas, das die Pflanzen beym Lichte
    ausathmen, nicht derjenigen, die sie im Fin-
    stern eingesogen haben, sondern der, welche
    bey der Zerlegung des kohlensauren Gas
    ihrer Atmosphäre entbunden wird, gleich
    seyn soll. Zwar ist die obige Beobachtung
    an nicht fleischigen Gewächsen gemacht, das
    letztere Resultat hingegen aus Versuchen, die
    mit der Opuntie angestellt sind, abstrahirt.
    Allein wenn von dieser kein Schluſs auf jene,
    und von jenen kein Schluſs auf diese gilt,
    so läſst sich überhaupt aus den obigen Beob-
    achtungen nichts Allgemeines schlieſsen.

Dies sind die Thatsachen, die man für die
Meinung von der Ernährung der Pflanzen durch
das kohlensaure Gas der Atmosphäre bisher vor-
gebracht hat. Ich glaube hinreichend gezeigt zu
haben, daſs jene Erfahrungen insgesammt eine
andere Deutung zulassen, und jetzt werde ich
auch
[91] auch beweisen, daſs diese Meinung überhaupt
ganz unhaltbar ist. Ihr zufolge nimmt die
Pflanze beym Sonnenlicht kohlensaures Gas auf,
eignet sich den Kohlenstoff desselben an, und
haucht den darin enthaltenen Sauerstoff wieder
aus; zur Nachtzeit hingegen athmet sie Sauer-
stoffgas ein, verbindet den Sauerstoff dieser Luft
mit dem Kohlenstoff, den sie am Tage sich an-
geeignet hat, und leert diese Verbindung als
kohlensaures Gas aus. Wie ist nun hierbey ein
Fortschreiten der Vegetation, wie eine Anhäufung
des Kohlenstoffs in der Pflanze möglich? Nach dem
langsamen Verkohlen eines Gewächses bleibt ein
Gerippe desselben zurück, welches gröſstentheils
aus Kohlenstoff zu bestehen scheint. Woher bey
jener Hypothese die groſse Menge dieses Stoffs?
Antwortet man, daſs vielleicht in der Periode
des steigenden Lebens die Aufnahme des Koh-
stoffs gröſser ist, als die Entbindung desselben,
so widerspricht dieser Voraussetzung die be-
trächtliche und anhaltende Ausleerung von koh-
lensaurem Gas durch das keimende Saamenkorn.


Aber es giebt auch Erfahrungen, die gerade-
zu beweisen, daſs der Kohlenstoff ein Produkt
der Vegetation ist. Schon Chaptal, Hassen-
fratz
und Sennebier fanden einen groſsen Un-
terschied in der Menge des Kohlenstoffs zwi-
schen Pflanzen, die im Dunkeln aufgewachsen
waren,
[92] waren, und solchen, auf welche das Licht Ein-
fluſs gehabt hatte z). Von Crell verfolgte diese
Erscheinung weiter. Er zog eine Sonnenblume
(Helianthus annuus), zwey Hyacinthen, drey
Pflanzen der Calla palustris und ein Alisma
Plantago in destillirtem Wasser auf. Der Saame
der Sonnenblume gab eine ganz ausgebildete
Pflanze, deren reifer Saame ebenfalls blos in
destillirtem Wasser wieder eine vollständige Pflan-
ze lieferte. Die sämmtlichen Erzeugnisse beyder
Pflanzen, in verschlossenen Gefäſsen verkohlt, ga-
ben 92 Gran Kohle. Wenn man gleich, sagt
von Crell, hiervon allen den Kohlenstoff ab-
zieht, den, nach einer sehr freygebigen Voraus-
setzung, die Luft der Pflanze durch die Kohlen-
säure zugeführt haben konnte, so behält man
doch einen bedeutenden Ueberschuſs von neu er-
zeugter Kohle. — Noch deutlicher zeigte sich
diese Erzeugung von Kohlenstoff durch die Ve-
getation bey Versuchen mit Hyacinthenzwiebeln,
die in destillirtem Wasser, worüber 50 Cubik-
zoll atmosphärischer Luft eingeschlossen waren,
beym Zutritt des Lichts und der Wärme zum
Wachsen gebracht, und nachher bey der chemi-
schen Zerlegung mit andern Zwiebeln, die frisch
gewogen und dann an der Luft ausgetrocknet
waren, verglichen wurden. Die eine von jenen
Zwie-
[93] Zwiebeln lieferte 47 Gran, die andere 15 Gran
Kohle mehr, als sie ohne Vegetation gegeben
haben würde, Ueberschüsse, zu welchen die ein-
geschlossene Luft, worin sich nur ein halber
Gran Kohlensäure befand, nichts beygetragen ha-
ben konnte. — Aehnliche Versuche mit Calla
palustris und Alisma Plantago bewiesen, daſs es
das Licht ist, wodurch die Erzeugung des Koh-
lenstoffs vermittelt wird. Eine im Dunkeln auf-
gewachsene Calla hatte binnen einer sechszigtä-
gigen Vegetation fast gar nicht an Kohlenstoff
zugenommen, da drey andere Pflanzen dieser
Art und ein Alisma Plantago, die beym Zutritt
des Lichts aufgezogen waren, beträchtlich an
Kohlenstoff gewonnen hatten a).


Wir können also jetzt mit Wahrscheinlich-
keit das Resultat aufstellen, daſs der Koh-
lenstoff ein Produkt der Vegetation ist,
und daſs die Bildung desselben durch
den Einfluſs des Sonnenlichts vermit-
telt wird
.


Wie entsteht aber der Kohlenstoff der Ge-
wächse? In welchen Theilen wird er zuerst
gebildet? Entstehen aus ihm die übrigen un-
zerlegbaren Substanzen, die wir in der Mischung
der Pflanzen antreffen? Oder haben diese einen
andern
[94] andern Ursprung? Dies sind Fragen, die eine
vollständige Theorie der Vegetation genügend zu
beantworten haben würde. Ich gestehe, daſs ich
diese nicht zu liefern vermag. Was ich geben
kann, sind nur einzelne, aus Erfahrungen ge-
folgerte Sätze.


Es giebt einen dreyfachen Erfahrungsweg zur
Entdeckung des Bildungsprocesses der verschie-
denen Pflanzentheile. Auf dem einen untersuchen
wir zuerst die in dem Zellgewebe der Blätter
und der grünen Rinde befindlichen Säfte, die den
Stoff zur Bildung aller übrigen Theile liefern;
auf dem zweyten verfolgen wir die Veränderun-
gen, welche die Bestandtheile der Saamen und
Knollen beym Keimen erleiden; der dritte fängt
mit der Zerlegung des im Frühjahre aufsteigen-
den rohen Pflanzensafts, dem ersten Produkt der
erwachenden Vegetation, an. Wir wollen zuvör-
derst den ersten dieser Wege einschlagen.


In allen Pflanzentheilen, worauf das Licht
Einfluſs hat, enthalten die Zellen der Blätter und
der jüngern Rinde grüne Körner, die in dem
ausgepreſsten Saft mancher, besonders saftiger
Gewächse zu Boden sinken, so daſs man sie
durch Filtriren von der übrigen Flüssigkeit ab-
sondern kann. Diese Körner sind den Blutkü-
gelchen der Thiere analog. Wie in den letztern
die Farbe des Bluts, so hat in ihnen die Farbe
der
[95] der Gewächse ihren Sitz. Getrennt von dem
übrigen Saft flieſsen sie in der Wärme zu einer
käseartigen Materie zusammen, werden beym
Trocknen hornartig und elastisch, und fangen
unter Wasser im Sommer sehr bald an zu fau-
len, wobey sich der Geruch von thierischen Ex-
krementen entwickelt, und Schwefelwasserstoff
nebst kohlensaurem Ammonium entbunden wird.
So lange sie feucht sind, läſst sich durch Alco-
hol oder Aether aus ihnen eine grüne Materie
ausziehen, welche die Eigenschaften eines Harzes
oder Wachses hat, und derjenige Bestandtheil ist,
worin die grüne Farbe der Gewächse ihren Sitz
hat b).


Eine ähnliche Materie bildet sich auch in
der Gestalt von Flocken in ausgepreſsten Pflanzen-
theilen, woraus sich kein Niederschlag von selber
absetzt, wenn man sie in eine Wärme von ohngefähr
50° R. bringt, oder ihnen Alcohol, Säuren, Schwe-
felwasserstoffwasser, oder Ammonium zusetzt.
Diese Materie hat alle Eigenschaften jener Kör-
ner, nur daſs sie nicht grün ist, und daſs Al-
cohol aus ihr keine harzige Theile auszieht. Sie
zeigt sich auch in der Gestalt von weissen Kör-
nern in Pflanzentheilen, worauf das Licht nicht
gewirkt
[96] gewirkt hat. Das Licht verwandelt diese weisse
Pflanzenmaterie in jene grüne, indem es einem
Theil der erstern eine harzige Beschaffenheit
giebt. Es scheint hierbey in dem Pflanzenkörper
derselbe Proceſs statt zu finden, wie in Aufgüs-
sen vegetabilischer und animaliſcher Substanzen,
worin sich bey dem Einfluſs der bloſsen Wärme
farbenlose infusorische Organismen erzeugen, die
keine Spur von harzigen Bestandtheile zeigen,
bey der Mitwirkung des Lichts aber Priestley-
sche grüne Materie bildet, woraus Alcohol einen
grünen Stoff aufnimmt, der, wie Sennebier’s
Versuche c) beweisen, mit dem harzigen Bestand-
theil der grünen Pflanzenkörner übereinkömmt.


Diese, von Proust mit dem Namen des
Satzmehls (fecula) belegte Substanz ist der
am allgemeinsten im Pflanzenreiche verbreitete
Grundtheil, und derjenige, aus welchem die fe-
sten Theile der Gewächse vorzüglich gebildet
werden. Der ungefärbte, nach der Absonderung
des harzigen Wesens zurückbleibende Theil des-
selben ist der vegetabilische Eyweiſsstoff,
oder der Kleber (gluten), dieselbe Substanz,
die zurückbleibt, wenn Mehl durch Kneten und
Ausspülen mit Wasser alles Stärkemehls be-
raubt wird; den andern harzigen Bestandtheil
kann man den grünen Färbestoff der Ge-
wächse nennen.


Indem
[97]

Indem ich jenen Theil den vegetabilischen
Eyweiſsstoff nenne, und für einerley mit dem
Kleber erkläre, bedarf ich einer Rechtfertigung.
Jene Benennung setzt eine Aehnlichkeit oder
Gleichheit der flockenartigen Substanz, die sich
in ausgepreſsten Pflanzensäften niederschlägt, mit
dem thierischen Eyweiſs voraus. Fourcroyd)
bemerkte jene Aehnlichkeit, und nannte die flok-
kenartige Substanz Pflanzeneyweiſs. Prouste)
widersprach ihm hierin, und zählte mehrere Ver-
schiedenheiten zwischen dieser Materie, die er
weisses Satzmehl nennt, und dem thierischen
Eyweiſs auf, wovon die wichtigsten sind: daſs
das letztere in einer niedrigern Temperatur als
das erstere und auf eine andere Art gerinnt; daſs
das thierische Eyweiſs ein freyes Alkali, das
weisse Satzmehl hingegen eine freye Säure zeigt;
daſs alle Säuren, Ammonium, Schwefelwasser-
stoffwasser, und alle im Wasser auflösliche Salze
das weisse Satzmehl niederschlagen, hingegen in
dem thierischen Eyweiſs keine Veränderung her-
vorbringen. Ich kann Proust’s Meinung nicht
beytreten. Der thierische Eyweiſsstoff und das
weisse Satzmehl der Pflanzen sind eine und die-
selbe Substanz; nur ist jenes in einem Alkali,
dieses in einer Pflanzensäure aufgelöst, und auf
dieses
IV. Bd. G
[98] dieses wirken zugleich ätherische Oele und an-
dere Substanzen, die nicht im thierischen Körper
vorhanden sind. Blos hiervon rühren die Ver-
schiedenheiten beyder Materien her. Die folgen-
den Versuche zeigen, daſs, wenn thierisches Ey-
weiſs in einer Säure aufgelöst ist, das Gerinnen
auf andere Art erfolgt als in Eyweiſs, worauf
keine Säure gewirkt hat; daſs auf eine noch
andere Art das Vermögen zu coaguliren durch
Alkalien modifizirt wird; und daſs Alkalien und
Erden, die sonst den Eyweiſsstoff auflösen, ihn
niederschlagen, wenn er in Säuren aufgelöst ist.


1. Ohngefähr eine Drachme einer Auflösung
des Weissen eines Hühnerey in concentrirtem
Essig, die mit 1½ Unzen Wasser verdünnt war,
gerann zwischen 60 und 70° R. zu ähnlichen, zer-
theilt in der Flüssigkeit schwimmenden Flocken,
wie das Pflanzeneyweiſs in ausgepreſsten und
erhitzten vegetabilischen Säften; hingegen eine
gleiche Menge reines Eyweiſs, mit eben so viel
Wasser vermischt, gerann bey jener Temperatur
zu einer zusammenhängenden Masse.


2. Eine Auflösung einer Drachme Eyweiſs in
6 Drachmen einer gesättigten Lauge des ätzenden
Natrum wurde mit einer Unze Wasser verdünnt,
und zum Kochen gebracht. Das Eyweiſs ge-
rann, aber weder zu einer zusammenhängenden
Masse, noch zu Flocken, sondern zu einer
Sub-
[99] Substanz, welche das Ansehn von zerriebenem
Käse hatte.


3. Zu einer käseartigen Substanz wurde auch
Eyweiſs, welches in einer Mischung von einer
halben Drachme Salpetersäure und einer Unze
Wasser aufgelöst war, durch kohlensauren Baryt
niedergeschlagen.


4. Beym Zugieſsen von 3 Drachmen einer es-
sigsauren Eyweiſsauflösung zu 2 Unzen einer
Lauge des ätzenden Natrum erfolgte ein Nieder-
schlag von kleinen, weissen Häuten, deren Zahl
sich mehrte, nachdem die Flüssigkeit bis zum
Kochen erhitzt worden war. Nach dem Erkalten
setzte sich ein flockenartiger Bodensatz ab.


Ich könnte diesen Erfahrungen noch mehrere
ähnliche hinzufügen. Die vorstehenden sind aber
schon hinreichend zum Beweise, daſs der Eyweiſs-
stoff in Hinsicht auf die Form seiner Niederschlä-
ge, und auf die Ursachen, wodurch derselbe nie-
dergeschlagen wird, mehrerer Abänderungen fähig
ist, und daſs diese Verschiedenheiten nicht auf
eine wesentliche Verschiedenheit der präcipitirten
Substanz zu schlieſsen berechtigen.


Das weisse Satzmehl, oder das Pflanzen-
eyweiſs, halte ich für einerley mit dem Kleber
des grünen Satzmehls. Proustf) hat diese
Gleich-
G 2
[100] Gleichheit ebenfalls anerkannt. Einhofg) hin-
gegen hielt beyde Substanzen für verschieden,
weil sich nicht das vegetabilische Eyweiſs, wohl
aber der Kleber in Alcohol auflöst. Allein ich
glaube, daſs die Auflöslichkeit des letztern in
Weingeist blos von der mit ihm verbundenen
harz- oder wachsartigen Materie herrührt. Schon
Rouelleh) erinnert, daſs es schwer hält, den
kleberartigen und den harzigen Bestandtheil des
grünen Satzmehls ganz von einander abzuson-
dern, und nach Macquer’s Bemerkung i) zieht
der Weingeist auch aus dem Kleber des Mehls
bey der Digestion eine geringe Quantität einer
Substanz aus, welche die Kennzeichen eines har-
zigen Oels besitzt. Einhofk) bemerkt auch
selber, daſs der Alcohol, der mit Kleber in Be-
ziehung gestanden hatte, milchig geworden wäre:
ein Beweis, daſs ein fremdartiger Bestandtheil
darin enthalten war.


In einigen Pflanzentheilen zeigt sich das Pflan-
zeneyweiſs mit etwas veränderten Eigenschaften
als Stärkemehl (Amylum). Dieses setzt sich
bekanntlich aus dem Spülwasser des Mehls von
Weitzen,
[101] Weitzen, Kartoffeln, Orchiswurzeln und andern
nährenden Früchten und Wurzeln zu Boden.
Doch ist es auch in den grünen Blättern und
Stengeln der krautartigen Pflanzen enthalten l).
Man findet es, wie das Satzmehl, in dem Zell-
gewebe als ein körniges Wesen m). Einerley mit
demselben ist die vegetabilische Gallerte, z. B.
des Isländischen Mooses n).


Man hat dieses Stärkemehl bisher für ganz
verschieden von dem Eyweiſsstoff gehalten, und
in der That weicht es in mehrern Stücken von
dem letztern ab. Es ist auflöslich in heissem
Wasser; bey der Destillation desselben entbindet
sich kein Ammonium, und in der Wärme geht
es in die saure Gährung über. Dies sind Eigen-
schaften, die nicht der Eyweiſsstoff besitzt. Al-
lein von andern Seiten zeigt es Aehnlichkeiten
mit diesem, worin sich eine Verwandtschaft bey-
der Materien nicht verkennen läſst. Alcohol und
Naphten schlagen jenes zwar nicht, wie den Ey-
weiſsstoff, vollkommen nieder, bewirken aber
doch eine Zusammenziehung desselben; Galläpfel
aufguſs
G 3
[102] aufguſs erhärtet beyde Substanzen, ohne sie, wie
die thierische Gallerte, gänzlich zu fällen; Säuren
lösen beyde zum Theil auf, und verwandeln ei-
nen Theil derselben in Faserstoff. In denen
Stücken, worin das Stärkemehl von dem Ey-
weiſsstoff verschieden ist, nähert es sich theils
der thierischen Gallerte, theils dem Schleim. Die
Gallerte entsteht, wie wir unten o) sehen wer-
den, aus dem Eyweiſsstoff, wenn Säuren bis zu
einem gewissen Grad auf diesen wirken, und
in Schleim geht der Eyweiſsstoff über, wenn er
mit reinen Alkalien verbunden und das überschüs-
sige Alkali ihm durch Säuren wieder entzogen
wird. Bey der Zerlegung des Stärkemehls findet
man darin wirklich auch Kali, und bey der
Destillation liefert dasselbe brandige Schleimsäure,
zum Beweise, daſs es einen gewissen Grad von
Säurung erlitten hat; auch enthält das Wasser,
worin man die Stärke bey der Fabrikation der-
selben gähren läſst, Phosphorsäure p), die zu-
gleich, wie unten erhellen wird, eine Begleiterin
der thierischen Gallerte ist. Ich glaube daher,
daſs das Stärkemehl in der Reihe der vegetabili-
schen Grundtheile zunächst auf den Eyweiſsstoff
folgt, und daſs es sich von diesem durch einen
Gehalt an Kali, und durch eine Säurung unter-
scheidet, die nicht groſs genug sind, um dasselbe
in
[103] in den Zustand der thierischen Gallerte oder des
Schleims zu versetzen.


Die nächste Bildungsstufe nach dem Stärke-
mehl nimmt das Gummi ein. Nach Bouillon-
Lagrange
q) wird jenes durch schwaches Rösten
dem Mimosengummi ähnlich gemacht. Ich habe
diesen Versuch angestellt und gefunden, daſs der
Erfolg allerdings einigermaaſsen so ist, wie jener
Schriftsteller ihn angegeben hat, daſs jedoch das
künstliche Gummi dem natürlichen an Auflöslich-
keit in kaltem Wasser nicht ganz gleich kömmt.
Solches geröstetes Stärkemehl in heissem Wasser
aufgelöst und wieder abgekühlt, zog sich zu einer
gallertartigen Masse zusammen, indem sich ein
Theil des Wassers davon abschied. Auch von
dieser Seite war also die ursprüngliche Natur der
Stärke durch das Rösten nicht ganz aufgehoben
worden. Nach dem Abdampfen und Austrocknen
des Rückstandes erhielt ich eine Masse, die im
Aeuſsern mit dem Mimosengummi völlig überein-
kam, aber ebenfalls nicht die Auflöslichkeit des-
selben in Wasser besaſs. Völlig gleich wurde also
die Stärke dem Gummi in diesen Versuchen nicht.
Es kömmt indeſs hierbey ohne Zweifel viel auf
den Grad und die Gleichförmigkeit des Röstens
an, die gehörig zu treffen schwer hält r).


Von
G 4
[104]

Von dem Gummi scheint mir der vegetabi-
lische Schleim
blos darin verschieden zu seyn,
daſs dieser etwas unzersetzten Eyweiſsstoff ent-
hält. Der letztere wird durch das essigsaure Bley
zu häutigen Flocken niedergeschlagen. Ich finde,
daſs eben dies auch dem Althäenschleim wider-
fährt, daſs hingegen eine wässrige Auflösung des
Mimosengummi von jenem Bleyoxyd blos ge-
trübt wird. Auf denselben Schluſs führen auch
Vauquelin’s Erfahrungen s), nach welchen das
Gummi und der Pflanzenschleim nur darin ver-
schieden sind, daſs dieser eine bedeutende Menge
einer an Stickstoff reichen Materie enthält, die
keine andere als Pflanzeneyweiſs seyn kann.


Durch Kochen des Stärkemehls mit schwe-
felsaurem Wasser und nachheriges Sättigen der
Säure mit Alkali, nach Kirchhof’s bekanntem
Verfahren, erhält man eine Materie, die theils
aus Zucker, theils aus einer Substanz besteht,
welche alle Eigenschaften des Gummi besitzt, aus-
genommen die, mit Salpetersäure Schleimsäure zu
bilden t). Der Zucker wird hierbey ohne Zweifel
durch Oxydation des Stärkemehls gebildet. Die-
ses
r)
[105] ses geschieht jedoch nicht auf Kosten der Schwe-
felsäure v), sondern durch Aufnahme von Sauer-
stoff entweder des Wassers, oder der Luft. Wel-
ches von beyden der Fall ist, und ob der Zucker
aus dem Stärkemehl unmittelbar entsteht, oder
erst gebildet wird, nachdem dieses zuvor durch
den Zustand des Gummi gegangen ist, darüber
geben die bisherigen Versuche mit Schwefelsäure
keinen Aufschluſs. Cruikshank’s Versuche über
die Verwandlung des Stärkemehls und Schleims
in Zucker beym Malzen des Getreides aber leh-
ren, daſs hierbey der Sauerstoff der Atmosphäre
absorbirt wird, daſs der Zucker sich von dem
Gummi durch einen gröſsern Gehalt an Sauerstoff
unterscheidet, und daſs sich dieses in jenen durch
Entziehung des Sauerstoffs vermittelst Phosphor-
kalk und Schwefelalkalien verwandeln läſst w).
Es ist hiernach wahrscheinlich, daſs auch bey
dem Kochen des Stärkemehls mit schwefelsaurem
Wasser der absorbirte Sauerstoff der Luft die
Stärke in Zucker umändert, und daſs sie erst
zu Gummi wird, ehe sie in Zucker übergeht.
Ich glaube aber, daſs nicht blos die Schwefel-
säure diesen Uebergang vermittelt, sondern daſs
auch der Kalk, der nach dem Kochen zugesetzt
wird,
G 5
[106] wird, um die Säure zu neutralisiren, auf die
Zuckerbildung einen Einfluſs hat. Einhof fand,
daſs bey der Behandlung des Pflanzenschleims
mit Kalk ein zuckerartiger Saft entstand x), und
ich glaube bey der Wiederholung der Kirchhof-
schen Versuche bemerkt zu haben, daſs die ei-
gentliche Zuckerbildung erst bey dem Zusatz des
Kalks zu dem schwefelsauren Wasser, worin das
Stärkemehl gekocht ist, eintritt.


Aus dem Stärkemehl entsteht ferner bey der
Einwirkung von Säuren der vegetabilische
Faserstoff
. Chaptal ist der Erste, der beob-
achtete, daſs die oxydirte Salzsäure in dem Saft
der Euphorbien und mehrerer anderer Pflanzen
einen häufigen weissen Niederschlag hervorbrachte,
der in Wasser und Alkalien unauflöslich war,
und theils die Beschaffenheit eines Harzes, theils
die des vegetabilischen Faserstoffs hatte y). Nach
ihm fand R. Jameson, daſs Stärkemehl mit ver-
dünnter Salpetersäure langsam digerirt, zu einer
gewissen Zeit einen Niederschlag giebt, welcher
die Form der Holzfaser annimmt, und nun nicht
mehr in Alkalien auflöslich ist z). Nach meinen
eigenen Erfahrungen bildet sich mit jeder nicht
zu
[107] zu starken Säure, unter Mitwirkung der Luft
und einer Temperatur von 60 bis 70° R., auf der
wässrigen Auflösung des Stärkemehls eine Haut,
die sich ganz wie Faserstoff verhält. Setzte ich
Galläpfelaufguſs zu einer Auflösung des Stärke-
mehls in Wasser, so erzeugte sich auf ihr beym
Erkalten eine farbige Haut, die sich immer er-
neuerte, so oft ich, nach dem Abnehmen der vo-
rigen, die Mischung von neuem aufkochen und
erkalten lieſs. Diese Haut verhielt sich ganz wie
vegetabilisches Zellgewebe, z. B. des Hollunder-
marks. Sie wurde von ätzenden Alkalien weder
kalt, noch erwärmt, und in der Kälte auch nicht
von der Salpetersäure aufgelöst. Mit dieser ge-
kocht ging sie in eine gelbe, bittere Flüssigkeit,
wie überhaupt aller Faserstoff, über. — In die-
sem Versuch war es die Gallussäure, die den
Faserstoff aus dem Stärkemehl abschied. Aber
auch Salpeter- und Phosphorsäure lieferten mir
ihn aus dieser Materie. Eine Auflösung des Stär-
kemehls in 3 Unzen Wasser mit einer halben
Drachme Salpetersäure überzog sich, als sie eine
Viertelstunde bis ohngefähr zum 70° R. erhitzt
gewesen war, mit einer weissen Haut, die das
Ansehn der auf kochender Milch sich erzeugen-
den Membran hatte, und gegen chemische Rea-
gentien dasselbe Verhalten wie die mit dem Gall-
äpfelaufguſs gebildete Haut zeigte.


Die
[108]

Die erwähnten vegetabilischen Grundtheile
gehen bey fortdauernder Einwirkung von Säuren
endlich in die verschiedenen Pflanzensäuren
über. Das grüne Satzmehl liefert, nach Proust,
mit Salpetersäure behandelt, Benzoesäure und
Sauerkleesäure. In Sauerkleesäure und zugleich
in Aepfelsäure wird auch, nach Jameson, die
Stärke durch Salpetersäure verwandelt. Mit Salz-
säure geht der Schleim, nach Vauquelin, in Ci-
tronensäure über.


Poulletier de la Salle fand, daſs die con-
centrirten mineralischen Säuren aus dem Kleber
eine Substanz abschieden, die den Geruch und
die Consistenz solcher fetten Oele hatte, welche
den Einfluſs mineralischer Säuren erlitten ha-
ben a). Diese Beobachtung giebt einige Aufklä-
rung über die Entstehung der öligen und har-
zigen
Substanzen des Pflanzenreichs. Das Licht,
welches in Theilen, worauf es unmittelbar wirkt,
einen Theil des Klebers in den grünen Färbestoff,
eine harzige Materie, umwandelt, scheint da, wo
es nicht so unmittelbaren Einfluſs hat, statt die-
ser Substanz fette Oele zu bilden. Diese finden
sich auch nur in den Saamenkörnern, also in
Organen, die nicht dem Lichte ausgesetzt sind,
und sie lassen sich durch Behandlung mit Mine-
ralsäuren in Harze verwandeln. Aus dem harzi-
gen
[109] gen Färbestoff des Klebers werden vielleicht die
ätherischen Oele blos durch den Einfluſs einer
höhern Temperatur abgeschieden. Aus jedem
Harz entwickelt sich, wenn es erhitzt wird, ein
Oel, das bey wiederholter Destillation die Be-
schaffenheit eines ätherischen Oels annimmt. Aus
der Einwirkung von Säuren auf die ätherischen
Oele entstehen ferner mehrere vegetabilische Sub-
stanzen, unter andern der Campher. Das salz-
saure Gas scheidet aus dem Terpenthinöl eine
Materie, die zwar nicht, wie der Entdecker der-
selben, Kind, glaubte b), mit dem natürlichen
Campher ganz einerley c), doch demselben von
vielen Seiten so ähnlich ist, daſs man auch auf
eine ähnliche Entstehungsart des natürlichen
schlieſsen darf. Zu denselben Schluſs berechtigt
auch die, zwar nicht gleiche, doch immer sehr
ähnliche Natur des von Hatchett entdeckten
künstlichen Gerbestoffs, den man durch Digestion
der Harze mit Salpeter- oder Schwefelsäure er-
hält, und des natürlichen d).


Wir sehen also, daſs alle allgemeinern Grund-
theile der vegetabilischen Körper ihre Entstehung
aus
[110] aus dem Eyweiſsstoff haben. Aber wie der Ey-
weiſsstoff selber gebildet wird, darüber geben die
bisherigen Untersuchungen keinen Aufschluſs.
Diesen können wir nur auf den beyden übrigen
der Wege, die zur Entdeckung der vegetabili-
schen Grundtheile führen, erhalten. Vergleichen
wir zuerst die Substanzen mit einander, die sich
in den Saamen und Knollen vor und nach dem
Keimen befinden, so zeigt sich hier erst ein
Uebergang des Schleims und Zuckers in Stärke-
mehl, und dann wieder eine rückgängige Ver-
wandlung des letztern in jene. Nicht völlig aus-
gewachsene Knollen, z. B. der Kartoffeln, und
die unreifen Saamen des Getreides und der Hül-
senfrüchte enthalten mehr Schleim und Zucker
als die reifen e). In den letztern giebt es da-
gegen mehr Stärkemehl. Dieses wird wieder
beym Keimen der Kartoffeln zersetzt. Man trifft
keine Spur desselben in den Wurzeln und dem
Kraut an; dagegen enthalten jetzt die Knollen
einen süſsen Schleim f).


Unter-
[111]

Untersuchen wir den im Frühjahr aufsteigen-
den rohen Pflanzensaft g), so finden wir in die-
sem Kohlenstoff, und zwar theils als Kohlen-
säure, theils mit Sauerstoff und Wasserstoff ver-
bunden als essigte Säure, in beyden Fällen aber
mit Kali und Natron vereinigt, und auſserdem
noch Zuckerstoff nebst einer vegetabilischen Ma-
terie, die John in dem Birkensaft für Schleim
und Eyweiſsstoff, Deyeux in dem Saft der Hain-
buche und des Weinstocks für eine dem Kleber
des Mehls ähnliche Substanz annimmt. Die es-
sigte Säure scheint aber, nach Deyeux’s Beobach-
tungen, nicht schon gebildet in dem Saft enthal-
ten zu seyn, sondern erst beym Zutritt der Luft
zu entstehen. Vauquelin’s Versuche mit Ulmen-
saft führten auf das merkwürdige Resultat, daſs
darin die Quantität der vegetabilischen Materie
mit zunehmender Vegetation zunahm, indem sich
die des essigsauren Kali und der kohlensauren
Kalkerde verminderte. So nimmt auch, nach
Knight’s
[112]Knight’s Erfahrungen an Birken und Ahornen,
der Saft dieser Bäume an specifiquer Schwere
und an Süſsigkeit desto mehr zu, je höher er
im Stamme aufsteigt h). Der rohe Pflanzensaft
schreitet also zu den höhern Stufen der vegeta-
bilischen Organisation fort, indem sich erst in
ihm Kohlenstoff bildet, dann Zucker und Schleim,
hierauf Stärke und Satzmehl. Aus den beyden
letztern Substanzen entstehen auf dem entgegen-
gesetzten Wege die sämmtlichen festen und flüssi-
gen Theile des Pflanzenkörpers.


Nehmen wir jetzt alles zusammen, was wir
bisher über die Ernährung der Pflanzen Wahr-
scheinliches ausgemacht haben, so ergiebt sich
folgende allgemeine Theorie der Vegetation: Die
aus der Luft und dem Boden aufgenommenen
Nahrungsstoffe vereinigen sich in den Gefäſsen
der Oberhaut zu einer wässrigen Flüssigkeit, de-
ren Hauptbestandtheil Kohlensäure ist. Diese ge-
langt in die groſsen Gefäſse und hieraus in das
Zellgewebe, indem sich auf ihrem Wege immer
mehr gummöse und zuckerartige Theile in ihr
entwickeln. In dem Zellgewebe bildet sich aus
diesem Gummi und Schleim auf eine noch un-
bekannte Art Stärkemehl, Eyweiſsstoff und Satz-
mehl. Die letztern Substanzen sind aber, inso-
fern sie zur Ernährung dienen, nicht als Nieder-
schläge,
[113] schläge, sondern aufgelöst in den Zellen enthalten.
Als körnige Niederschläge zeigen sie sich nur,
wenn die auflösende Kraft der Flüssigkeit, worin
sie befindlich sind, nicht hinreichend ist, sie auf-
gelöst zu erhalten. Aus dem Zellgewebe werden
sie von den Fasergefäſsen aufgenommen, in wel-
chen sie von neuem eine Umwandlung in Gummi,
Zucker, Faserstoff, Oele, Pflanzensäuren u. s. w.
erleiden. Diese neuen Produkte werden entweder
als Faserstoff in die Zwischenräume der festen
Theile abgesetzt, und zum Ersatz, oder zur Ver-
gröſserung der letztern verwandt; oder sie wer-
den theils auf der Oberfläche der Pflanze excer-
nirt, wie mit dem Reif und Firniſs, der die Blät-
ter und Früchte vieler Pflanzen überzieht, so wie
mit der Kichernsäure der Fall ist; theils sammeln
sie sich, wie bey den Nadelhölzern, den Askle-
piadeen, Euphorbiaceen u. s. w. in eigenen Ge-
fäſsen oder Zellenlagen an; theils durchdringen
sie die ganze Substanz der Wurzel, des Stamms,
der Blätter, oder der Früchte.


Eine Materie der letztern Art, welche mehr
oder weniger durch alle Theile der Pflanze ver-
breitet ist, besitzt jedes Gewächs. Man kann sie
das herrschende Princip (Principium rector)
der Pflanze nennen. Sie ist keinesweges immer
ein Stoff von eigener Beschaffenheit i). Bey eini-
gen
IV. Bd. H
[114] gen Gewächsen ist sie ein ätherisches Oel, bey
andern Campher, Gerbestoff u. s. w. Oft reagirt
gegen sie nur der thierische Körper, und es ist
keine völlige Trennung derselben von den übri-
gen Bestandtheilen möglich. Immer modifizirt sie
die Natur aller übrigen Materien der Pflanze.
Daher rührt es, daſs kein Pflanzenschleim, kein
fettes oder ätherisches Oel, kein Harz u. s. w.
dem andern ganz gleich ist k), und daſs es so
schwer hält, reine Charaktere der vegetabilischen
Grundtheile anzugeben. Bey vielen Pflanzen läſst
sich das herrschende Princip durch Digestion
mit Wasser oder Weingeist ausziehen. Die Be-
schaffenheit dieses Extrakts steht in manchen Fäl-
len mit der Struktur der Pflanze in einer gewis-
sen Beziehung. Doch giebt es auch viele Fälle,
wo dies nicht statt findet. Die Familie der Sola-
neen enthält unter den giftigsten Pflanzen auch
das milde Verbascum, und zu den, meist so gif-
tigen Nachtschattenarten gehört auch die näh-
rende Kartoffel.


Diese Unabhängigkeit der chemischen Eigen-
schaften mancher Pflanzen von ihrer Struktur ver-
dient die gröſste Aufmerksamkeit. Erwägt man,
daſs die Form immer in unzertrennlicher Verbin-
dung mit der Mischung stehen müſste, wenn es
nichts
[115] nichts Höheres gäbe, wovon beyde abhiengen, so
ist kaum zu glauben, daſs sich aus der Struktur
der Gewächse in Betreff ihrer Ernährung viel er-
klären läſst. An dieser Unzulänglichkeit aller,
blos von der Organisation hergenommenen Erklä-
rungen des Ernährungsprocesses ist aber auch aus
andern Gründen nicht zu zweifeln. Es bilden
sich Infusionsthiere in formlosen Flüssigkeiten
beym Zutritt der bloſsen Wärme, und diese erhal-
ten bey der Einwirkung des Lichts das Vermö-
gen, Sauerstoffgas zu entwickeln. In dem kei-
menden Saamenkorn giebt es keine Spiralgefäſse,
so lange die Säfte noch blos zur Bildung der
Wurzel verwandt werden. Erst mit der Bildung
des Stamms fängt die Entstehung derselben an.
Der Trieb der Säfte nimmt also schon eine an-
dere Richtung an, ehe diese Gefäſse vorhanden
sind; sie sind nicht Ursache der Entstehung des
Stamms, sondern Mitwirkung derselben Ursache,
worin diese begründet ist. So verhält es sich
mit allen Theilen. Die Kraft ist früher vorhan-
den, als das Organ; dieses ist nur der bleibende
sichtbare Ausdruck derselben.


Aber mit der Bildung des Organs treten al-
lerdings Wirkungen ein, die vorher nicht statt
fanden. Vorzüglich scheinen es Galvanische Actio-
nen zu seyn, die im Innern des Pflanzenkörpers
vorgehen, und mancherley Zersetzungen und Ver-
H 2bindun-
[116] bindungen hervorbringen. Solche Actionen müs-
sen in den Säften jedes sich berührenden Zellen-
paars, zwar nur in geringem, doch immer in
einigem Grade vorhanden seyn. Sie müssen an
den in unmittelbarer Berührung stehenden Wän-
den zweyer Zellen oder Gefäſse statt finden, und
es muſs hier eben so ein Uebergang der ent-
bundenen Elementarstoffe durch diese Wände ge-
schehen, wie in der Voltaischen Säule durch
eine Blase, wodurch zwey in der Kette befind-
liche Wassermassen von einander getrennt sind.
Dieser Durchgang der Grundstoffe durch
häutige Scheidewände ist überhaupt in
der ganzen lebenden Natur das Mittel,
wodurch gänzliche Veränderungen der
Mischung von Flüssigkeiten bewirkt
werden
. Nie tritt eine solche Umwandlung ein,
wo ein Gefäſs sich unmittelbar in ein anderes
öffnet, wenn nicht etwa, wie im Nahrungscanal,
der Flüssigkeit des erstern andere verschieden-
artige Säfte zugemischt werden. Ein mechani-
sches Durchschwitzen bey jenem Uebergang an-
zunehmen, ist ganz und gar unrichtig.


Es muſs ferner in dem Pflanzenkörper ein
entgegengesetztes elektrisches Verhältniſs zwischen
dem Stamm und der Wurzel statt finden, und
indem die groſsen Gefäſse von den Zellen der
Wurzel zu den Zellen des Stamms gehen, diesel-
ben
[117] ben mit einander verbinden und in Wechselwir-
kung setzen, müssen dadurch wieder andere che-
mische Processe eingeleitet werden. Dieser Hy-
pothese gemäſs gehören auch Oxydationen und
Desoxydationen zu den Hauptprocessen, wodurch
der rohe Pflanzensaft in die verschiedenen vege-
tabilischen Materien verwandelt wird. Doch glau-
be ich nicht, daſs jene Processe die einzigen bey
dieser Verwandlung sind. Metalle zersetzen bey
einer hohen Temperatur das Ammonium, ohne
diesem Gas einen wägbaren Stoff zu entziehen
oder mitzutheilen l). Diese Thatsache beweist,
daſs es Actionen giebt, die den Galvanischen ähn-
lich sind, wobey aber der Sauerstoff nicht mit
wirksam ist, und die sich nicht auf die Grund-
bedingung des Galvanismus, Einfluſs zweyer un-
gleichartigen festen Körper auf einen flüssigen,
oder zweyer verschiedenen flüssigen auf einen fe-
sten, zurückführen lassen. Vielleicht sind diese
Actionen in der ganzen Natur weit thätiger, als
wir bisher ahneten.


Auf alle Vegetationsprocesse hat ohne Zwei-
fel das Licht den wichtigsten Einfluſs. Dieses
scheint hierbey, wie bey vielen che-
mischen Zersetzungen und Verbindun-

gen
H 3
[118]genm), einer Hitze von 100 bis 200° R.
gleich zu wirken. Man begreift also, wie
bey der Vegetation in einer sehr niedrigen Tem-
peratur Produkte entstehen können, welche die
Kunst nur vermittelst eines hohen Wärmegrades
hervorzubringen vermag.


Alle diese Kräfte sind und bleiben aber nur
untergeordnete. Man täuscht sich, wenn man
sich mit der Hoffnung schmeichelt, daſs mit der
Erforschung derselben das Geheimniſs der Vege-
tation ganz wird enthüllet werden. Was sich
bey dem jetzigen Zustand unserer Kenntnisse aus
der Voraussetzung des Wirkens Galvanischer
Actionen und anderer Kräfte der todten Natur
im vegetabilischen Organismus erklären läſst, ist
auch nur der geringste Theil der zu erklärenden
Erscheinungen. Nicht nur das Hauptproblem der
Vegetation, die Erzeugung des Kohlenstoffs, bleibt
bey diesen Hypothesen unaufgelöst, sondern auch
die Entstehung vieler andern, in den Pflanzen
vorkommenden Materien, besonders der Kiesel-,
Thon- und Bittererde, und des Eisens, läſst sich
dabey nicht nachweisen. Daſs diese Substanzen
eben so wenig als der Kohlenstoff immer von
aussen aufgenommen sind, wird durch mehrere
wichtige Erfahrungen wahrscheinlich gemacht.
Schra-
[119]Schrader fand in Roggen, der blos in kohlen-
saurem Wasser aufgezogen war, nicht nur alle
Bestandtheile, welche der auf dem Felde gewach-
sene Roggen liefert, sondern auch in jenem fast
dreymal so viel Kieselerde, als in dem letztern n),
und Einhof Kalkerde in Pflanzen, die auf einem
Boden gewachsen waren, welcher keine Spur
von dieser Erde zeigte o). Braconnot erhielt
aus Senfkörnern, die er in reine Bleyglätte, in
Schwefelblumen, in feine Schrotkörner und in
feinen, weissen Sand, der vorher durch Salz-
säure von allen Kalktheilen gereinigt war, ge-
säet, mit destillirtem Wasser begossen, und mit
Glaskasten oder Glocken bedeckt gehalten hatte,
Pflanzen, die blühten, Saamen ansetzten, und
bey der chemischen Zerlegung Kohle, Alkali, Ei-
senoxyd, kohlen- und phosphorsauren Kalk, Bit-
ter-, Kiesel- und Thonerde lieferten p).


Zwar könnte der beträchtliche Ueberschuſs an
Kieselerde in Schrader’s Versuchen von den por-
cellanenen Gefäſsen, worin der Roggen aufgezo-
gen war, herrühren. Gläser mit Wasser, worin
man
H 4
[120] man Pflanzen eine längere Zeit vegetiren läſst,
verlieren immer an Durchsichtigkeit. Es ist also
möglich, daſs sich in Wasser, worin Pflanzen
wachsen, eine Materie erzeugt, wodurch etwas
Kieselerde aufgelöst wird. Man kann auch, wie
Davy gethan hat, alle salzige, erdige und metal-
lische Bestandtheile der Gewächse in Schrader’s
und Braconnot’s Versuchen von mineralischen Stof-
fen ableiten, die in der Luft, im destillirten
Wasser, im reinsten Sande, und überhaupt in
jedem Medium, worin Pflanzen vegetiren können,
aufgelöst bleiben. Aber man muſs wenigstens zu-
geben, daſs diese Einwürfe auf Folgerungen füh-
ren, die unwahrscheinlicher als die bestrittene
Meinung sind.


Es giebt freylich einen Umstand bey solchen
in bloſsem Wasser wachsenden Pflanzen, der be-
weiset, daſs der Boden nicht blos insofern er
Wasser und Kohlensäure besitzt, die Vegetation
unterhält. Die meisten jener Gewächse kommen
nicht völlig zur Reife, und liefern selten reifen
Saamen q). Hiermit übereinstimmend ist auch
die Erfahrung, daſs die Pflanzen erst dann den
Boden erschöpfen, wenn sie Blüthen und Früchte
ansetzen, und daſs viele Gewächse einer eigenen
Mischung des Bodens zu ihrem Fortkommen be-
dürfen.
[121] dürfen. Allein man muſs immer zwischen for-
mellen und materiellen Bedingungen der Vegeta-
tion unterscheiden. Ein Stoff kann von der
Pflanze aufgenommen werden, um gewisse che-
mische Processe zu vermitteln, ohne selber in die
Produkte dieser Processe als wesentlicher Bestand-
theil mit einzugehen. Wie ein geringer Zusatz
von Kohlensäure zu dem Wasser, worin Gewächse
vegetiren, das Wachsthum derselben befördert,
und dadurch die Erzeugung von Kohlenstoff in
den Pflanzen beym Einfluſs des Lichts vermit-
telt, so kann auch ein kalkhaltiger Boden bey
manchen Gewächsen die Bildung von Kalkerde
befördern, ohne selber einen erheblichen Beytrag
zu dem Kalkgehalt der Pflanze zu liefern. Wie
ist es sonst auch zu erklären, daſs Saussurer)
in Gewächsen von einem Kalkboden, worin sich
noch nicht 0,02 Theile Kalkerde befanden, fast
eben so viel Kalkerde fand, als in Pflanzen, die
auf einem Boden gewachsen waren, der über
0,24 Theile enthielt, und daſs in dem Boden,
worin die Pflanzen vegetirt hatten, Erden be-
findlich waren, die sich weder vorher in ihm,
noch nachher in den Gewächsen entdecken lieſsen?


Doch es ist Zeit, uns zur Untersuchung des
Ernährungsprocesses der Thiere zu wenden. Ist
eine
H 5
[122] eine Theorie der Ernährung bey dem jetzigen
Zustand unserer Kenntnisse möglich, so läſst sich
diese wenigstens nicht aus den Erscheinungen ei-
nes einzelnen Naturreichs, sondern nur aus einer
Zusammenstellung des Gemeinschaftlichen und
Verschiedenen aller Reiche und Classen der leben-
den Körper ableiten.


Dritter
[123]

Dritter Abschnitt.
Die animalische Ernährung.


Erstes Kapitel.
Das Athemholen und die Hautausdünstung.

§. 1.
Mechanismus des Athemholens und der Hautausdünstung.

Die vornehmste materielle Bedingung des Pflan-
zenlebens ist Wasser. Das Thier aber bedarf zu
seiner Existenz, mehr noch als des Wassers, einer
Luft, die Sauerstoff enthält, und welcher dieser
Bestandtheil durch einfache Verwandtschaft entzo-
gen werden kann, und zwar steht das Bedürf-
niſs einer solchen Luft im geraden, das des
Wassers aber im umgekehrten Verhältniſs mit der
Stufe der Organisation, worauf sich das Thier
befindet. Diese Sätze sind Resultate der Unter-
suchungen, die wir im zweyten Buche über die
allgemeinen Bedingungen des Lebens angestellt
haben s). Zuerst nun entsteht die Frage: Welche
Ver-
[124] Veränderungen jene sauerstoffhaltige Luft erlei-
det, die dem Thier nothwendiges Bedürfniſs ist?


Bey den Säugthieren, den Vögeln, den aus-
gewachsenen Amphibien und denjenigen Mollus-
ken, welche Lungen besitzen, wird diese Luft
von der Geburt an bis zum Tode abwechselnd
aufgenommen und wieder ausgeleert, das heiſst,
es findet hier ein beständiger Wechsel von Ein-
athmen
und Ausathmen statt.


Die Schnelligkeit dieses Wechsels ist ver-
schieden sowohl bey den verschiedenen Thier-
classen, als bey den verschiedenen, zu einerley
Art gehörigen Individuen. Bey dem Menschen
variirt die Zahl der Inspirationen in einer Mi-
nute, nach Seguin’s und Lavoisier’s Beobach-
tungen t), von 11 bis 20. Ich fand im Decem-
ber bey einer mäſsigen Wärme vor dem Abend-
essen die Zahl der Inspirationen in einer Minute
bey mir selber 20, und bey einer andern Person
14 v). Bey dem Igel zählte man höchstens 7 w),
bey einem Esel 12, bey einem Pferde 16, bey
einer
[125] einer jungen Katze 43, und bey Vögeln 25 bis
50 Athemzüge in einer Minute x). Frösche ath-
men 62 bis 100mal während eines solchen Zeit-
raums y).


Eben so verschieden ist die Menge der bey
jedem Athemzug aufgenommenen Luft. Bey dem
Menschen setzt Borelliz) diese auf 20. Good-
wyn
. a) auf 14, Menziesb) mit Jurinc) auf
40 Kubikzoll. Nach Seguin’s und Lavoisier’s
Versuchen d) variirt sie von 16 bis 130 Kubikzoll.
Abilgaarde) fand sogar durch Versuche an sich
selber, dessen Brust, wie er sagt, zu den klei-
nen gehörte, daſs er bey jedem Athemzug nicht
mehr
[126] mehr als 3 Kubikzoll Luft einathme, eine Quan-
tität, die gerade nur zureicht, um die Luftröhre
zu füllen. Davyf) konnte, wenn er die Lunge
vorher durch gewaltsames Aushauchen möglichst
frey von Luft gemacht hatte, auf Einen Athem-
zug, bey einer Temperatur von 61° F. 141 Ku-
bikzoll Luft einathmen. Beym natürlichen Re-
spiriren athmete er im Mittel aus zwanzig Ver-
suchen bey jedem Athemzug 16 Kubikzoll Luft
ein. Man sieht, daſs dieses Resultat ziemlich
genau mit dem der Versuche von Seguin und
Lavoisier übereinstimmt, von Jurin’s und Men-
zies
’s Angabe aber bedeutend abweicht. Diese
Abweichungen rühren zum Theil gewiſs von der
verschiedenen Capacität der Lungen bey verschie-
denen Individuen, noch mehr aber wohl von der
Verschiedenheit des zur Bestimmung der geath-
meten Luftmenge angewandten Verfahrens her g).
Der von Menzies hierzu gewählte Apparat scheint
indeſs die meiste Genauigkeit zu versprechen.
Wir werden daher vermuthlich der Wahrheit am
nächsten kommen, wenn wir die Menge der von
gut
[127] gut gebauten und ruhig athmenden Menschen bey
jeder Inspiration eingezogenen Luft auf 30 bis
40 Kubikzoll schätzen.


Jener Wechsel von Aufnahme und Ausleerung
der Luft erfordert eine gleichzeitige Vergröſse-
rung und Verkleinerung der Lungen über und
unter ihren mittlern Zustand, und der letztere
eine Veränderung der Brusthöhle. Das Haupt-
organ, wodurch die Capacität des Thorax verän-
dert wird, ist das Zwerchfell. Bey dem gesun-
den, ruhig athmenden Menschen bewirkt dasselbe
fast allein die Respiration. Dieser Muskel, der
die Brusthöhle von der Bauchhöhle trennt, und
die Basis des von der erstern gebildeten After-
kegels ausmacht, befindet sich in einem bestän-
digen Wechsel von Zusammenziehung und Aus-
dehnung. Bey seiner Contraktion wird er fla-
cher, da er vorher gewölbt war, treibt die Ein-
geweide des Unterleibes nach unten und nach
vorne, und vergröſsert die Höhe der Brusthöhle
um eben so viel, als er die der Bauchhöhle ver-
kleinert. Zugleich zieht er die untern falschen
Rippen und den Knorpel des Brustbeins, wenn
dieser noch beweglich ist, einwärts nach dem
Rückgrat herauf h). Schon hierdurch wird die
Cavität des Thorax um ein Beträchtliches erwei-
tert i). Die Action des Zwerchfells wird aber
noch
[128] noch durch eine gleichzeitige Zusammenziehung
der Intercostalmuskeln unterstützt, welche theils
verhindert, daſs die Rippen durch die Bauchmus-
keln nicht herabgezogen werden, theils auch die
Brusthöhle durch Hinaufziehung des zweyten und
der folgenden zehn Rippenpaare zu dem ersten,
das durch die Rippenhalter (Musculi scaleni) und
vielleicht auch durch die Schlüsselbeinmuskeln
festgehalten wird, erweitert. Diese Erweiterung
geschieht sowohl nach beyden Seiten, als nach
vorne; nach beyden Seiten, indem die Rippen,
mit ihren Enden auf dem Brustbein und der
Wirbelsäule gestützt, ihre im Zustand der Ruhe
niederwärts gekehrten mittlern Theile aufrichten;
nach vorne, indem sie bey dieser Umdrehung
mit ihren elastischen Knorpeln von beyden Sei-
ten gegen das Brustbein drücken, und dieses
von der Wirbelsäule entfernen k).


So wird die Brusthöhle durch die Zusam-
menziehung des Zwerchfells und der Intercostal-
muskeln nach jeder Dimension erweitert, doch
beym ruhigen Einathmen weit mehr nach unten,
als nach vorne und nach den Seiten. Da nun
die Oberflächen der Lungen mit den innern Wän-
den der Brusthöhle in unmittelbarer Berührung
stehen, und die Luft ihrer Zellen mit der äussern
Luft
[129] Luft Gemeinschaft hat, so muſs diese bey der
Erweiterung des Thorax in die Zellen dringen
und die Lungen ausdehnen l).


Die Rückkehr des Zwerchfells und der Inter-
costalmuskeln aus dem Zustande der Contraktion
in den der Ausdehnung bewirkt das Ausathmen.
Die Brusthöhle wird hierbey von allen Seiten wie-
der verengert; die Lungen werden zusammenge-
drückt, und die aufgenommene Luft muſs also
wieder entweichen m). Eine gewisse, und nicht
unbeträchtliche Quantität der letztern bleibt aber
immer zurück. Man sieht dies, wenn man an
einem Leichnam in beyde Säcke des Brustfells ei-
nen Einschnitt macht. Die Atmosphäre dringt
dann durch diese Wunden augenblicklich in die
Brusthöhle, preſst die Lungen zusammen, und
treibt aus denselben durch die Luftröhre die nach
dem letzten Ausathmen zurückgebliebene Luft
hervor.


Nach Kiten) beträgt dieser Rückstand 87,
nach Goodwyno) 90 bis 125 Kubikzoll. Davyp)
schätzt
IV. Bd. I
[130] schätzt sie nur auf 31,8 Kubikzoll, die eine Tem-
peratur von 59° Fahr. haben. Aber diese Schät-
zung ist auf Respirationsversuchen mit Wasser-
stoffgas gebauet, die kein so genaues Resultat
liefern konnten, als diejenigen, worauf Kite’s
und Goodwyn’s Angaben beruhen. Das Athmen
dieses Gas erregt ein unangenehmes Gefühl in
der Brust, einen kurzen Verlust der Muskelkraft,
und zuweilen einen vorübergehenden Schwindel.
Es kann also schwerlich von demselben eine so
groſse Quantität, wie von der atmosphärischen
Luft, aufgenommen werden. Auch muſste vor
dem Einathmen des Wasserstoffgas von der vori-
gen Respiration eine Quantität Luft in den Lun-
gen übrig seyn, die Davy zwar durch ein ge-
waltsames Ausathmen auszuleeren suchte, die sich
aber dadurch gewiſs nicht ganz wegschaffen lieſs,
und die er willkürlich auf 7,8 Kubikzoll schätzt.


Ein ähnlicher Wechsel von Zusammenziehung
und Erweiterung, wie beym Athemholen im
Zwerchfell und den Brustmuskeln statt findet,
geht bey dieser Funktion auch im Kehlkopf und
in der Luftröhre vor sich. Beym Einathmen er-
weitert sich die Stimmritze und wird rund; beym
Ausathmen verengert sie sich wieder, indem sich
die beckenförmigen Knorpel (Cartilagines arytae-
noidei) einander nähern q). Die Luftröhre wird
beym
[131] beym Einathmen kürzer und weiter, beym Aus-
athmen länger und enger r).


Wie bey den Säugthieren der Zwerchmuskel
das Hauptorgan der Respiration ist, so sind bey
den Vögeln, die ein häutiges Diaphragma ha-
ben, und deren Lungen mit dem Brustfell zu-
sammenhängen, die Intercostalmuskeln die vor-
nehmsten Werkzeuge des Athemholens. Bey die-
sen ist daher mit jeder Inspiration eine weit stär-
kere Erhebung der Rippen und des Brustbeins
verbunden, als bey den übrigen Säugthieren s).
Daſs übrigens bey diesen Thieren die eingeath-
mete Luft aus den Lungen in die Spuhlen der
Federn und in die markleeren Höhlen der Kno-
chen dringt, ist schon im ersten Buche bemerkt
worden t).


Auf eine noch andere Art geschieht das Athem-
holen bey den Amphibien. Nur die Crocodile
scheinen noch vermittelst eines dem Diaphragma
ähnlichen Muskels zu respiriren. Bey diesen
Thie-
I 2
[132] Thieren erstrecken sich von dem untern und hin-
tern Rande der beyden Lappen, woraus die Leber
besteht, über die convexe Oberfläche derselben
bis zum untern Ende des Brustbeins, zwey Mus-
keln, die bey ihrer Zusammenziehung die Leber
niederdrücken, und dadurch den Raum der Brust-
höhle erweitern v). Bey den übrigen Amphibien
geht das Athemholen auch dann noch, wenn die
Brust- und Bauchhöhle geöffnet, und die Lungen
gänzlich entblöſst sind, also unabhängig von den
Bewegungen des Thorax von statten. Nach Mor-
gagni
’s w), Herholdt’s x) und Townson’s y)
Untersuchungen ist es hier die Höhle des Mun-
des, durch deren Erweiterung und Verengerung
die Respiration hervorgebracht wird. Beym Ein-
athmen verschlieſsen jene Thiere den Mund, und
vergröſsern den innern Raum desselben, indem
sie die in der Höhle der untern Kinnlade lie-
genden Muskeln und Membranen nach aussen
ziehen. Die äussere Luft dringt hierauf durch
die offenen Nasenlöcher in den Rachen. Jetzt
ver-
[133] verschlieſst das Thier die Nasenlöcher, und ver-
engert wieder den innern Raum des Mundes und
des Rachens durch Einwärtsziehen der weichen
Theile der untern Kinnlade und Aufheben der
Luftröhre. Eine Folge hiervon ist, daſs die ein-
geschlossene Luft zusammengedrückt wird, und
vermöge ihrer Elasticität einen Ausweg sucht,
den sie auch findet, indem sie durch die offene
Luftröhre in die Lungen dringt und diese aus-
dehnt. Die Amphibien inspiriren also durch Er-
weiterung des Mundes, so wie die Säugthiere
und Vögel durch Erweiterung der Brust, und
wie bey den Säugthieren das Athemholen auf-
hört, wenn die äussere Luft in den Zwischen-
raum zwischen dem Thorax und den Lungen
gelangt, so tritt bey den Amphibien ein Still-
stand dieser Funktion ein, wenn ihnen das Ver-
schliessen des Mundes unmöglich gemacht wird.
Die Exspiration übrigens kann bey diesen Thie-
ren nicht anders, als durch eine Contraktion der
Lungen selber geschehen.


Bey einigen Amphibien bleibt die eingeath-
mete Luft, wie bey den Vögeln, nicht blos auf
die Lungen beschränkt, sondern geht in die Zwi-
schenräume zwischen der äussern Haut und den
Muskeln über. Dies gilt besonders vom Chamä-
leon, bey welchem diese Zwischenräume von der
inspirirten Luft so vollkommen und so allgemein
I 3durch-
[134] durchdrungen werden, daſs Alles, bis auf die En-
den der Beine und des Schwanzes, ja bis auf
die Augen, die mehr Rundung erhalten und wei-
ter hervorspringen, damit angefüllt wird z).


Den Säugthieren und Vögeln ist das Athem-
holen eine so nothwendige Funktion, daſs es ohne
Lebensgefahr nicht unterbrochen werden darf.
Anders aber verhält es sich mit demselben bey
den Amphibien. Diese können ohne nachtheilige
Folgen ihr Athemholen einschränken, oder gar
auf einige Zeit ganz aufheben. Von Humboldta)
sahe einen Frosch, der in atmosphärischer Luft
unter einer Glocke 62 mal in der Minute einath-
mete, in einer Luft, die nur 0,19 Theile Sauer-
stoffgas enthielt, die Zahl seiner Inspirationen in
der ersten Minute auf 27, in der zweyten auf
18, in der dritten auf 16 einschränken.


Bey allen diesen Thieren kann das Einathmen,
und bey den Säugthieren und Vögeln auch das
Ausathmen durch eine blos leidende Bewegung
der Lungen vor sich gehen. Nur bey dem Aus-
athmen der meisten Amphibien müssen wir eine
thätige Bewegung dieser Organe annehmen. Daſs
aber jene Bewegungen blos leidend seyn können,
bewei-
[135] beweiset nicht, daſs sie wirklich von dieser Art
sind. Es wird uns in der Folge wichtig seyn,
diesen Gegenstand aufs Reine gebracht zu ha-
ben. Wir werden daher, ehe wir in der Unter-
suchung des Respirationsgeschäfts der verschie-
denen Thierclassen weiter gehen, bey demselben
verweilen.


Daſs die Lungen sich bey dem Athemholen
nicht blos leidend verhalten, sondern eine eigene
bewegende Kraft besitzen, ist eine Meinung, die
schon von dem Araber Averrhoes vertheidigt
wurde. Nach der Wiederherstellung der Wissen-
schaften machten Riolanb) und Platerc) Beob-
achtungen, die ihnen dieser Meinung günstig zu
seyn schienen. Sie sahen bey Thieren, denen
die Brusthöhle geöffnet war, die Lungen nicht
immer zusammenfallen, sondern in einigen Fällen
sich fortdauernd bewegen, obgleich die Brust-
muskeln ausser Thätigkeit gesetzt waren. Meh-
rere Physiologen, unter andern Sennertd), tra-
ten jener Theorie bey. Sie fand aber auch meh-
rere Gegner, z. B. an Th. Bartholine). Die-
merbroeck
f) und Mayowg), die gegen Rio-
lan’s
I 4
[136]lan’s und Plater’s Beobachtungen einwandten,
daſs die eigene Bewegung der Lungen bey geöff-
neter Brusthöhle nur scheinbar wäre, und von
den Zusammenziehungen des Zwerchfells und der
unzerschnittenen Intercostalmuskeln herrühre, und
daſs, wenn bey Brustwunden die Lungen nicht
gleich zusammenfielen, der Grund darin läge,
weil die Lungen die Wunde ausfüllten und das
Eindringen der Luft in die Brusthöhle verhin-
derten.


Gegen die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts
machten indeſs Wilh. Houstounh) und Benj.
Hoadley
i) neue Beobachtungen bekannt, wo-
durch die ältern von Riolan und Plater bestä-
tigt wurden. Kurz nachher erschienen auch Bre-
mond
’s zahlreiche Versuche k), und im Jahre
1746 Herissant’s Erfahrungen l), welche eben-
falls für eine eigene bewegende Kraft der Lun-
gen sprachen.


Auch gegen diese neuern Erfahrungen wur-
den aber Einwendungen, besonders von Haller’n,
gemacht.
[137] gemacht. In seinen Anmerkungen zu Boerhaa-
ve
’s Praelect. academ. m) erinnert dieser, daſs in
den Fällen, wo die Bewegung der Lungen nach
zerschnittenen Brustmuskeln fortdauerte, die Zu-
sammenziehungen der Bauchmuskeln diese Be-
wegung hervorgebracht hätten, und in seinen
Elem. Physiol. n) wendet er gegen die erwähnten
Versuche ein, daſs dabey sehr leicht die Brust-
wunde durch einen Theil der Intercostalmuskeln
oder der Lungen hätte verstopft werden können;
daſs immer bey solchen Versuchen das Athemho-
len sehr erschwert würde, wenn auch nur die
eine Seite der Brusthöhle geöffnet wäre, obgleich
das Leben dabey fortdauern könnte; und daſs,
wenn die Luft von beyden Seiten in die Brust-
höhle dränge, die Lungen immer zusammenfielen
und ihre Bewegung verlören, das Thier stumm
würde und umkäme, auch alle Bewegungen des
Thorax die Lungen nicht wieder ausdehnen könn-
ten, und das Athemholen in eben dem Verhält-
niſs schwerer von statten ginge, je gröſser die
Menge der eingedrungenen Luft wäre. Gegen
Houstoun’s und Bremond’s Erfahrungen bemerkt
er besonders, daſs bey manchen derselben die
Thiere nicht wirklich geathmet hätten, sondern
daſs blos ein Theil der Lungen von den zu-
sammen-
I 5
[138] sammengezogenen Rippenmuskeln hervorgetrieben
wäre. Die Lungen, fügt er noch hinzu, könn-
ten keine eigene Bewegungskraft besitzen, weil
sie keine Muskelfasern hätten, sondern blos aus
weichem Zellgewebe beständen, und bey man-
chen Thieren durch ein solches Gewebe an das
Brustfell befestigt wären.


Von diesen Einwürfen scheinen allerdings ei-
nige gegründet zu seyn. Wahr ist es, daſs in
allen den Fällen, wo sich die Lungen zu bewe-
gen fortfuhren, das Anschwellen derselben nicht
mit der Erweiterung, sondern mit der Verenge-
rung des Thorax, so wie ihr Zusammensinken
mit der Ausdehnung des letztern zusammentraf.
Dies scheint freylich der Vermuthung Gewicht zu
geben, daſs das Anschwellen der Lungen in jenen
Versuchen blos von dem Druck des Zwerchfells
oder der Brustmuskeln herrühre. Allein wenn
man die Versuche der angeführten Schriftsteller,
besonders Bremond’s, aufmerksam durchgeht, so
findet man unter den Resultaten derselben meh-
rere, die wichtig, und von Haller’n, dem daran
lag, eine eigene Thätigkeit der Lungen nicht gel-
ten zu lassen, damit seine Lehre von den Mus-
kelfasern als den einzigen irritabeln Organen nicht
beeinträchtigt würde, gar nicht beachtet sind.
Es ergiebt sich aus jenen Erfahrungen:


  • 1) Daſs die Bewegungen der Lungen noch fort-
    dauern können, wenn auch schon Luft in
    die
    [139] die Brusthöhle eingedrungen ist, und selbst
    wenn mehrere Rippen weggenommen und die
    Lungen dem ganzen Druck der Atmosphäre
    ausgesetzt sind o). Dieser Erfolg beweist
    wenigstens eine gewisse, in den Lungen statt
    findende Turgescenz. Ohne eine solche Span-
    nung würden sie jedesmal augenblicklich zu-
    sammenfallen müssen, sobald ihre äussere
    Fläche mit der Atmosphäre in Berührung
    käme.
  • 2) Daſs die Lungen nur dann nach dem Oeff-
    nen der Brusthöhle zusammenfallen, wenn
    das Thier viel Blut verloren hat p). Die
    Fälle, wo ein Zusammensinken der Lungen
    nach der Entblöſsung derselben statt fand,
    sind also keine Beweise gegen die Selbstthä-
    tigkeit derselben. Ueberhaupt können nega-
    tive Erfahrungen hier nicht von groſsem Ge-
    wicht seyn, da die eigne Kraft der Lungen
    nach der Verschiedenheit der Art, des Al-
    ters, der Constitution u. s. w. sehr verschie-
    den seyn, und auch bey einerley Blutverlust
    bald früher, bald später erschöpft werden
    muſs.
  • 3) Daſs die Luftröhre sich beym Einathmen
    merklich verkürzt und zugleich erweitert,
    beym
    [140] beym Ausathmen hingegen sich verlängert,
    indem sie zugleich enger wird q). Diese
    Zusammenziehung ist gewiſs nicht blos auf
    die Luftröhre beschränkt; sie erstreckt sich
    ohne Zweifel auch auf die feinsten Zweige
    der Bronchien. Wenn also auch die Bläs-
    chen der Lungen sich bey der Respiration
    leidend verhalten, so wird doch in der Luft-
    röhre und deren Zweigen eine eigene Bewe-
    gung statt finden.
  • 4) Daſs die entblöſsten Lungen auch in Lagen
    gebracht, wo weder das Zwerchfell, noch die
    Brustmuskeln darauf wirken können, Zusam-
    menziehungen und Erweiterungen zu äussern
    fortfahren. Bremond machte diese Erfahrung
    an zwey Katzen und zwey Hunden r). In
    neuern Zeiten fanden Flormann in Lund und
    Rudolphi sie bestätigt. Jener beobachtete,
    daſs die Lungen eines ersäuften Hundes
    selbst nach Zerschneidung des Zwerchfells
    noch fortfuhren sich zu bewegen, und dieser
    sahe die Bewegung der Lungen an einem er-
    drosselten Hunde, dem er das Brustbein ganz
    weggenommen und die Intercostalmuskeln
    nebst dem Zwerchfell völlig zerstört hatte s).

Wägt
[141]

Wägt man jetzt Gründe und Gegengründe
gegen einander ab, so, glaube ich, ist das Ueber-
gewicht auf Seiten der Meinung, daſs die Lun-
gen bey der Respiration nicht blos leidend sind.
Man könnte für diese Hypothese auch noch Be-
weise anführen, die von dem Mechanismus des
Athemholens der Vögel hergenommen wären. Doch
würden hierbey manche Umstände vorkommen,
die noch nicht hinreichend untersucht sind. Aber
bey den Amphibien giebt es eine Erscheinung, die
ich mir nicht ganz ohne die Voraussetzung eines
eigenen Bewegungsvermögens der Lungen zu er-
klären weiſs, nehmlich den Wechsel von An-
schwellung und Zusammenziehung dieser Theile
bey Amphibien, denen die ganze Brusthöhle ge-
öffnet, und selbst das Herz ausgeschnitten ist.
Schon Blumenbacht) leitete dieses Phänomen
von einer eigenen Lebenskraft der Lungen her,
ohne jedoch auf Morgagni’s Erklärung desselben
aus einer Erweiterung und Verengerung der Mund-
höhle Rücksicht zu nehmen. Ich habe Versuche
beschrieben, woraus sich ergiebt, daſs die Be-
netzung solcher angeschwollenen Lungen mit Lau-
danum und Belladonna-Extrakt Zusammenziehun-
gen und dann wieder Turgescenzen derselben her-
vor-
[142] vorbringt v). Wie jene Mittel diese Veränderun-
gen zur Folge haben können, wenn sich die Lun-
gen blos leidend verhalten, sehe ich nicht ein.
Besitzen aber die Lungen ein eigenes Bewegungs-
vermögen, so lassen sich diese Wirkungen aus
dem analogen Einfluſs jener Substanzen auf an-
dere, mit einem solchen Vermögen versehene Or-
gane erklären.


Auf ähnliche Art wie die Lungen der Säug-
thiere, der Vögel und der ausgewachsenen Am-
phibien die Luft abwechselnd einziehen und wie-
der ausstoſsen, wird von den Fischen, den Frosch-
und Salamanderlarven, den meisten Mollusken,
den Crustaceen, mehrern Würmern und Zoophy-
ten, und überhaupt von denjenigen Thieren, wel-
che Kiemen besitzen, das Wasser aufgenommen
und wieder ausgeleert.


Bey den Fischen gelangt das durch den Mund
aufgenommene Wasser aus dem Schlund zwi-
schen die Kiemen, die sich von einander entfer-
nen, aber gleich darauf wieder nähern, indem
die Kiemenöffnungen vermittelst der niederge-
drückten Kiemendeckel geschlossen bleiben. Die
letztern erheben sich hierauf; die Kiemenhaut
entfaltet sich, und das Wasser, das bis dahin
zwischen den Kiemen und Kiemendeckeln einge-
schlos-
[143] schlossen war, dringt aus den Kiemendeckeln
hervor. Sobald dieses ausgeleert ist, senken sich
diese Deckel wieder; die Kiemenhaut zieht sich
wieder zusammen, und die Branchien erhalten
aus dem Schlunde eine neue Quantität Wasser,
welche auf dieselbe Art wie vorhin wieder aus-
getrieben wird w). Diese Bewegung geschieht 25
bis 30 mal in einer Minute x).


Die Fische aber besitzen, ausser den Kiemen,
noch ein secundäres, den Lungen der höhern
Thierclassen analoges Respirationsorgan an der
Schwimmblase, wie ich in einer eigenen Abhand-
lung umständlicher gezeigt habe y). Mit ihrer
Hülfe scheinen diejenigen Fische zu athmen, die
ein sehr thätiges Leben führen, und oft eine
gröſsere Quantität Luft verzehren, als das Wasser
ihren Kiemen zu liefern vermag. Sie häufen zu
Zeiten, wo sie mehr athmenbare Luft aufnehmen,
als sie verbrauchen, eine solche Luft in diesem
Behälter an, und zehren davon unter Umständen,
wo sie einer groſsen Menge derselben bedürfen.
Die Bestandtheile der in der Schwimmblase be-
findlichen Luft, welche mit denen der Atmosphäre
übereinkommen, haben daher, wie wir im fol-
genden
[144] genden §. sehen werden, ein sehr veränderliches
Verhältniſs.


Bey den meisten Fischen giebt es in der
Schwimmblase eigene Organe von rother Farbe,
welche die Absonderungswerkzeuge der in jenem
Behälter befindlichen Luft zu seyn scheinen. Sie
befinden sich zwischen den beyden Häuten der
Schwimmblase, und bestehen aus einer Menge
zarter, unter sich paralleler, gedrängt an einan-
der liegender Gefäſse. Zur Mitte des Raums, den
die rothen Organe einnehmen, gehen groſse Blut-
gefäſse, die sich strahlenförmig zwischen den
beyden Membranen der Blase verbreiten. An dem
andern Ende der rothen Organe, welcher dem
Eintritt dieser Blutgefäſse entgegengesetzt ist, ent-
stehen gefäſsartige Zweige von einem bleichen
Roth, die sich divergirend auf einer hier befind-
lichen Anschwellung der innern Blasenhaut ver-
theilen, und sich auf der innern Haut der letz-
tern zu öffnen scheinen z).


Alle Fische, welche diese rothen Organe be-
sitzen, nur die Muränen ausgenommen, haben
eine von allen Seiten verschlossene Schwimmblase.
Bey den übrigen Fischen, in deren Schwimm-
blase die rothen Körper nicht zugegen sind, steht
jene durch einen Luftgang mit dem Schlunde in
Ver-
[145] Verbindung. Nur die Muränen haben beydes, so-
wohl einen Luftgang, als die rothen Organe.
Immer aber ist die Schwimmblase eines der reich-
sten Theile an Blutgefäſsen, so daſs nothwendig
in ihr entweder aus dem Blute etwas ausgeschie-
den, oder von demselben etwas aufgenommen
werden muſs. Bey denjenigen Fischen, deren
Schwimmblase einen Luftgang hat, findet in ihr
vermuthlich blos ein Uebergang gasförmiger Stoffe
zum Blute statt, und die Luft, die sie enthält,
gelangt in sie aus dem Schlunde durch den Luft-
gang. Provençal und von Humboldt, welche
Schleihen sowohl in Wasserstoffgas, als in Wasser,
das mit diesem Gas geschwängert war, athmen
lieſsen, fanden zwar in der Schwimmblase jener
Fische keine Spur von Wasserstoffgas a). Aber
hiervon läſst sich kein Einwurf gegen unsere Ver-
muthung hernehmen, da die Fische gewiſs nicht
jede Gasart ohne Unterschied in die Schwimmblase
aufnehmen.


Eine wichtige Thatsache, die sowohl für die
Bestimmung der Schwimmblase zum Athemholen,
als für die Aufnahme verschluckter Luft durch
den Luftgang in die mit einem solchen Canal
versehene Schwimmblase spricht, ist die Darm-
respi-
IV. Bd. K
[146] respiration des Schlammpeitzgers (Cobitis fossilis).
Diese Fische, die eben so wohl als andere durch
Kiemen athmen, verschlucken dabey von Zeit zu
Zeit mit dem aus dem Wasser hervorgestreckten
Munde Luft, und geben dieselbe durch den After
wieder von sich. Sie thun dies in unregelmäſsi-
gen Zwischenräumen. Ein Dutzend derselben,
die sich in einem Glase voll Regenwasser befan-
den, sahe ich an manchen Tagen ganze Stunden
ohne jenes Verschlucken zubringen; zu andern
Zeiten nahmen sie dasselbe sehr häufig vor, am
häufigsten aber immer, wenn sie durch Schütteln
des Glases in Bewegung gebracht wurden. Er-
man
, der das Verdienst hat, diese merkwürdige
Erscheinung zuerst näher untersucht zu haben,
fand an ihr alle Kennzeichen eines wahren Athem-
holens. Die Kiemenrespiration hört nach jedem
Verschlucken zehn bis funfzehn Minuten auf; die
Darmrespiration kann ohne alle Hülfe des Athem-
holens durch die Kiemen das Leben des Fisches
auf unbestimmte Zeit unterhalten, und die ver-
schluckte Luft erleidet im Darmcanal dieselben
Veränderungen, wie die im Wasser enthaltene
Luft durch die Einwirkung der Kiemen b). Der
Schlammpeitzger hat dabey keine Schwimmblase.
Man findet zwar bey ihm einen mit Luft ange-
füllten Behälter. Aber dieser liegt hinter dem Ge-
hirn, ist in einer knöchernen Kapsel eingeschlos-
sen
[147] sen und so klein, daſs er unmöglich mit der
Schwimmblase der übrigen Fische etwas gemein
haben kann. Mir ist es wahrscheinlich, daſs er
vermöge der in ihm befindlichen Luft dem Schlamm-
peitzger, der bekanntlich das Vermögen, den
Wechsel der Witterung vorher zu empfinden, in
bedeutendem Grade besitzt, zur Aeuſserung die-
ses Vermögens dient. Die verschluckte Luft, die
bey andern Fischen in die Schwimmblase gelangt,
und hier geathmet wird, geht also bey dem
Schlammpeitzger durch den Nahrungscanal, der
bey ihm zugleich Werkzeug des Athemholens und
der Verdauung ist.


Die Mollusken respiriren theils durch Lun-
gen, theils durch Kiemen. Bey den erstern ist
das Werkzeug des Athemholens eine mit einer
sehr dünnen Haut ausgekleidete Höhle, um wel-
che eine dicke, weiche, poröse, gleichsam schwam-
mige Substanz liegt c). Das Athemholen geschieht
bey ihnen willkührlich und in unregelmäſsigen
Zwischenräumen. Spallanzanid) bemerkt dies
von der Helix nemoralis L. und dem Limax agre-
stis L., und ich habe das Nehmliche an mehrern
Schnecken des süſsen Wassers beobachtet. Die
Planor-
K 2
[148] Planorbis purpura Müll. (Helix cornea L.) sahe
ich, nachdem sie respirirt hatte, zum Boden des
Wassers zurückkehren, und hier eine halbe Stun-
de, ja zuweilen fünf Viertelstunden verweilen,
ehe sie wieder an die Oberfläche kam, um den
Schlieſsmuskel ihres Respirationsorgans von neuem
zu öffnen. Dieser Sphinkter blieb ohngefähr drey
Minuten offen. Daſs hierbey ein wirkliches Aus-
athmen statt findet, erhellet sowohl aus dem Ge-
räusch, das man beym Oeffnen jenes Muskels
wahrnimmt, als auch daraus, weil die Flamme
einer kleinen Kerze, die man vor der Oeffnung
hält, etwas gekrümmt wird e). Auch sahe ich
bey einer Wasserschnecke, der ich in dem Augen-
blick, wo sie den Sphinkter des Respirationsor-
gans zum Einathmen öffnete, durch eine Röhre
in die Lunge blies, die Luft mit groſser Hef-
tigkeit aus der Lunge unter dem Wasser wieder
hervordringen, welches ohne eine Zusammenzie-
hung dieses Theils nicht hätte geschehen können.
Spallanzanif) versichert, bey einer Helix ne-
moralis, deren Gehäuse er weggebrochen hatte,
die Lunge beym Einathmen auch anschwellen
gesehen zu haben. Ob dieses Anschwellen und
das darauf folgende Zusammenziehen blos durch
eigene Thätigkeit der Lunge, oder mit Hülfe von
Muskeln geschieht, muſs ich unentschieden las-
sen.
[149] sen. Swammerdamm’s g) Behauptung, daſs die
Respiration der Schnecken durch eine abwech-
selnde Ausdehnung und Zusammenziehung ihres
ganzen Körpers bewirkt wird, habe ich aber
nicht bestätigt gefunden.


Die Respiration der mit Kiemen versehenen
Mollusken ist ebenfalls, wie die der Landschnek-
ken, willkürlich. Oft hört sie ganze Stunden
auf h). Die Entenmuscheln respiriren, indem sie
ihre Schaalen öffnen, eine kleine Quantität Was-
ser aussprützen, und dann jene von neuem
schliessen i).


Von den Crustaceen hat man bisher geglaubt,
daſs sie insgesammt durch Kiemen respiriren. Ich
habe indeſs an der Cypris pubera Müll. eine
Bemerkung gemacht, die mich vermuthen läſst,
daſs diese Respirationsweise bey denselben nicht
ohne Ausnahmen ist. Bey jenem Thier liegen zu
beyden Seiten des Rückens zwischen den Fühl-
hörnern und den Eyerbehältern zwey cylindrische
Schläuche von höchst zarter, zellenartiger Textur,
die
K 3
[150] die ich um so mehr für eine Art von Lungen
halten zu müssen glaube, da ich an der Cypris
keine andere Werkzeuge des Athemholens habe
entdecken können.


Diejenigen Insekten, die Stigmate haben, wel-
che zu ästigen, im ganzen Körper sich verbrei-
tenden Röhren führen, athmen insgesammt Luft.
Solche, welche unter Wasser sich aufzuhalten
genöthigt sind, versorgen sich auf mancherley
Weise mit einem Luftvorrath. Die Dytisken z. B.
strecken von Zeit zu Zeit das Ende des Hinter-
leibs aus dem Wasser hervor, erheben die Flü-
geldecken, verschlieſsen Luft zwischen diesen
Theilen und dem Hinterleib, und zehren unter
dem Wasser von diesem Vorrath. Bey den Hy-
drophilen ist der untere Theil des Körpers, an
welchem sich die Luftlöcher befinden, besonders
unter dem Halsschild und der Brust, mit feinen,
dichten Haaren besetzt; zwischen diesen haftet
die Luft unter dem Wasser wie ein silberner
Ueberzug, den sie erneuern, indem sie eines ih-
rer auf eben die Art behaarten und mit Luft
bedeckten Fühlhörner aus dem Wasser hervor-
strecken, und so ihre Lufthülle mit der obern
Atmosphäre in Verbindung bringen k).


Es
[151]

Es findet aber unter den Insekten eine groſse
Verschiedenheit in der Abhängigkeit des Lebens
von dem Zutritt der Luft zu den Respirations-
organen statt. Eine Weidenraupe, die ich in ei-
nem Glase voll Wasser verschlossen hatte, lebte
darin über vier und zwanzig Stunden, und ihre
entblöſsten Muskeln änsserten, als ich sie hierauf
zergliederte, noch ziemlich starke Contraktio-
nen l). Eine gemeine Assel (Oniscus Asellus L.)
und eine Scolopendra forficata, die ich wieder-
holt in Oel tauchte, litten wenig oder nichts von
dieser Operation, da ein Carabus ruficornis gleich
nach dem Eintauchen sehr ermattet und ohnge-
fähr nach einer Stunde völlig todt war. In einem
andern Versuch bestrich ich bey einer Larve des
Scarabaeus nasicornis die Stigmate wiederholt mit
Oel, und brachte eine andere unter ein umge-
stürztes Glas voll Wasser. Beyde Thiere lebten
noch
K 4
[152] noch über sieben Stunden. Ein fast eben so zä-
hes Leben hat der Nashornkäfer selber. Ein Weib-
chen, das ich unter Wasser brachte, war nach
zwey Stunden zwar betäubt, aber noch nicht
todt. Hingegen eine Wespe, der ich die untere
Seite der Brust und des Bauchs mit Mandelöl
bestrich, wurde schon nach einigen Minuten steif
und unbeweglich, und kam auch nicht wieder ins
Leben zurück.


Das Bestreichen der Stigmate mit Oel und
das Untertauchen des ganzen Körpers unter Was-
ser wirken bey diesen Versuchen auf einerley Art.
Ich bestrich bey einer weiblichen Meloe maialis
die fünf, ausserhalb den Flügeldecken liegenden
Luftlöcher mit Mandelöl. Das Thier kroch noch
eine halbe Stunde eben so munter herum, wie
vorher. Als ich es hierauf unter Wasser getaucht
hielt, war es schon nach einigen Minuten ohne
Bewegung. Bey einem andern Weibchen nahm
ich die Flügeldecken weg, unter welchen das
sechste Paar der Luftlöcher liegt, und bestrich
sowohl dieses, als die übrigen Stigmate mit Oel.
Jetzt war der Erfolg der nehmliche, wie bey dem
vorigen Thier nach dem Tauchen unter Wasser.
Die Füſse fingen an zu zittern; die Bauchmus-
keln machten heftige wellenförmige Bewegungen,
und nach einigen Minuten hörten alle Zeichen
von Leben auf. Beyde Thiere erholten sich wie-
der,
[153] der, nachdem ich das Oel abgewaschen hatte, doch
sehr langsam. Das erstere äusserte erst sechs
Stunden nach dem Versuch, und das letztere noch
später einiges Leben.


Ich habe diese Versuche so umständlich er-
zählt, weil Moldenhawerm), gestützt auf einige
unrichtige Beobachtungen Reaumur’s, behauptet,
das Bestreichen der Insekten mit Oel wirkte nicht
tödtlich, insofern die Stigmate dadurch verschlos-
sen würden, sondern insofern das Oel die Reitz-
barkeit der Theile aufhöbe; Raupen stürben sehr
bald, wenn man den ganzen Körper mit Oel be-
striche, und nur die Luftlöcher frey lieſse; die Er-
scheinung, daſs ein Insekt plötzlich stürbe, wenn
die Stigmate mit einer Flüssigkeit bedeckt wür-
den, bewiese also nichts für die gewöhnliche
Meinung von dem Athemholen der Insekten durch
die Tracheen; auch vertrüge sich der plötzliche
Tod, welcher sogleich erfolgte, wenn die Stigmate
mit Oel bedeckt würden, mit dieser Meinung
nicht, da selbst vollkommnere Thiere, welche
durch eigentliche Lungen athmen, des erneuerten
Zutritts der atmosphärischen Luft weit länger ent-
behren könnten, und die Canäle der Tracheen zu-
sammengenommen gewöhnlich einen verhältniſs-
mäſsig weit gröſsern Raum, als die Lungen dieser
Thiere
K 5
[154] Thiere, einschlössen. Alle diese Behauptungen sind,
wie die obigen Versuche zeigen, ungegründet.
Von der Unrichtigkeit der Versicherung Reaumur’s,
daſs das Bestreichen der Insekten mit Oel auch
ohne Verschlieſsung der Luftlöcher diese Thiere
tödte, hätte sich Moldenhawer schon aus Mal-
pighi
’s Werke De bombyce n) eines Bessern be-
lehren können, indem hier ausdrücklich bemerkt
ist, daſs die äusserliche Anwendung des Oels keine
nachtheilige Wirkungen auf die Insekten äussert,
wenn nur die Stigmate frey bleiben, und daſs
Honig dieselbe Wirkung wie Oel hervorbringt.


Bey dieser Gelegenheit erinnere ich zugleich,
daſs auch die durch Bonnet’s und Reaumur’s
Versuche in Umlauf gekommene, und von Mol-
denhawer
’n ebenfalls zur Widerlegung der bis-
herigen Theorie von dem Athemholen der Insek-
ten benutzte Meinung von partiellen Lähmungen,
welche nach dem Bestreichen einzelner Luftlöcher
mit Oel bey den Insekten entstehen sollen, we-
nigstens nicht allgemein richtig ist. Ich bestrich
bey einer Weidenraupe die vier hintern Paare
der Stigmate wiederholt mit Mandelöl. Die Rau-
pe hielt hierauf, indem sie an der Wand des
Glases, worin ich sie gesetzt hatte, hinaufkroch,
den Hinterleib ausgestreckt und zitterte mit dem-
selben. Nach einigen Minuten aber kroch sie eben
so
[155] so kraftvoll wie vorher herum. Am folgenden
Tage waren keine Zeichen von Uebelbefinden,
und noch weniger von Lähmung an ihr zu be-
merken. Ich wiederholte jetzt den Versuch; aber
der Erfolg blieb derselbe. Endlich bestrich ich
alle Stigmate mit Oel. In der ersten halben Stun-
de schien die Raupe nicht zu leiden; nach an-
derthalb Stunden aber war sie ohne Zeichen von
Leben. — Eben so wenig zeigten sich an einem
Gryllus viridissimus, dem ich die Bruststigmate
mit Oel bestrichen hatte, Spuren von Lähmung
der vordern Extremitäten. Das Thier schien über-
haupt in der ersten Stunde wenig von dem Be-
streichen zu leiden. Das Oel floſs aber nach und
nach am Hinterleibe herab, und bedeckte die
Bauchstigmate. Jetzt trat freylich Schwäche und
endlich der Tod ein, doch weit langsamer, als
ich bey diesem Insekt, das unter Wasser sehr
bald stirbt, erwartet hätte. — Ich vermuthe, daſs
man für Lähmung ansah, was blos Folge des
Anklebens der mit dem abgeflossenen Oel bedeck-
ten Gliedmaſsen war. — Wie ist es auch zu
glauben, daſs bey den Insekten der gehemmte
Zugang des atmosphärischen Sauerstoffs zu ein-
zelnen Theilen so leicht Lähmung in diesen be-
wirken sollte, da schon bey den Amphibien Un-
terbindung der Arterien eines Gliedes nicht, wie
bey den Säugthieren, das Bewegungsvermögen
desselben aufhebt?


Die
[156]

Die Luft, welche von den Insekten geathmet
ist, gelangt durch die Stigmate in die Tracheen,
und verbreitet sich durch deren Aeste im gan-
zen Körper. Bey der Zergliederung solcher In-
sekten, die man durch Ersäufen, oder durch Be-
streichen mit Oel getödtet hat, steigen immer
groſse Luftblasen aus den zerschnittenen Luft-
röhren unter Wasser auf. Besonders ist dies der
Fall bey den Schmetterlingen und den Insekten
der Bienenfamilie, deren Tracheen in groſse Luft-
säcke übergeben. Doch habe ich dieses Hervor-
dringen von Luftblasen auch an den Luftröhren
vieler Insekten aus andern Familien, z. B. an de-
nen der Phryganaea phalaenoides, der Metolon-
tha vulgaris, des Carabus granulatus, der Meloe
maialis und Meloe Proscarabaeus beobachtet. Mol-
denhawer
o) hat also sehr Unrecht, wenn er un-
ter seinen übrigen Einwürfen gegen die Lehre
von dem Athemholen der Insekten durch die
Stigmate und Tracheen auch die Behauptung auf-
stellt, daſs man beym Oeffnen erstickter Insekten
keine Luftblasen aus den Luftröhren unter Was-
ser aufsteigen sähe.


Zum Durchlassen der Luft hat jedes Stigma
eine Spalte, die entweder durch eine knorpelar-
tige Klappe geöffnet und verschlossen wird, oder
deren Ränder bey einigen Arten mit zarten, dicht
an
[157] an einander stehenden Haaren, bey andern mit
einer ausgezackten Haut besetzt sind. Die erste
Struktur habe ich an den Bauchstigmaten der
Heuschrecken, die zweyte bey den Raupen, die
dritte bey Meloe Proscarabaeus angetroffen p). Die
Spalte führt zu einem häutigen Sack, aus wel-
chem die Stämme der Luftröhren entspringen.
Zur Erweiterung der Spalte beym Einathmen die-
nen eigene Muskeln, die von Lyonnet an der Wei-
denraupe beschrieben, nach der verschiedenen
Struktur der Stigmate aber sehr verschieden sind.
Bedeutend ist die Erweiterung nicht. Ich habe
bey athmenden Insekten nie mehr als ein abwech-
selndes Heben und Senken jedes Stigma, ohne
daſs sich die Ränder der Spalte von einander zu
entfernen scheinen, entdecken können.


Bey den Libellen, Cicaden, Heuschrecken,
einigen gröſsern Käfern und Schmetterlingen be-
merkt man auch ein abwechselndes Heben und
Senken der Ringe des Körpers, welches den Be-
wegungen der Brust und des Bauchs, die beym
Athemholen der Säugthiere und Vögel statt finden,
ähnlich
[158] ähnlich ist q). Bey dem Baumhüpfer (Gryllus vi-
ridissimus L.) geschieht diese Ausdehnung und
Zusammenziehung, nach Vauquelinr), 50 bis
65 mal in einer Minute. Eben so viele Pulsatio-
nen des Unterleibs zählte ich an einem Baum-
hüpfer, den ich in ein umgestürztes Glas mit
Wasser gesetzt hatte. Zugleich war bey diesem
Thier jedes der beyden an der Brust befindlichen
Luftlöcher mit einer groſsen Luftblase bedeckt, die
sich bey den Zusammenziehungen und Erweite-
rungen des Bauchs hob und senkte. Verschlieſst
man ein solches Thier in dem obern Theil einer
gläsernen Röhre, welche unten durch Wasser ge-
sperrt ist, so sieht man, nach Hausmanns), bey
jeder Bewegung des Unterleibs das Wasser stei-
gen und fallen.


Was aber Malpighit) erinnerte, daſs es ei-
ner nähern Untersuchung bedarf, ob diese Pul-
sationen von den Respirationsorganen, oder von
dem
[159] dem Herzen herrühren, gilt auch noch zu un-
sern Zeiten. Ich vermuthe, daſs das Herz die
Ursache derselben ist. Bey einer Heuschrecke,
der ich die Bauchmuskeln auf beyden Seiten des
Unterleibs durchschnitten hatte, gingen jene Pul-
sationen sehr unregelmäſsig von statten. Man
weiſs aber, daſs bey den Insekten die Bauch-
muskeln mit dem Herzen in Verbindung stehen.
Der Erfolg dieses Versuchs war folglich so, wie
er seyn muſste, wenn die Bewegungen des Un-
terleibs Wirkungen der Bewegungen des Her-
zens sind. Doch sind allerdings mit den Pulsa-
tionen des Unterleibs Contraktionen in den Mus-
keln der Luftlöcher verbunden. Nach Sorgv)
contrahiren sich die Stigmate eines Lucanus Cer-
vus 20 bis 25 mal, die eines Weibchens des Gryl-
lus viridissimus 50 bis 55 mal, und die einer
Sphinx euphorbiae ohngefähr 20 mal in einer
Minute. Merkwürdig ist es dabey, daſs diese Zu-
sammenziehungen nicht immer in allen Stigma-
ten zu gleicher Zeit und mit gleicher Stärke vor
sich gehen. Bey dem Carabus auratus giebt es
auf jeder Seite des Bauchs sechs Stigmate. Wenn
das Thier sich heftig bewegt, oder eben gefres-
sen hatte, so zogen sich alle diese Oeffnungen
abwechselnd und in kurzen Zwischenräumen zu-
sammen.
[160] sammen. Hatte dasselbe aber eine Zeit lang ge-
hungert, so ging die Bewegung nicht mehr in
allen Luftlöchern gleichzeitig, sondern bald in
diesem, bald in jenem, dabey kraftlos und nach
langen Pausen vor sich. Reitzte man solche
ausgehungerte Thiere zu heftigen Bewegungen,
so wurde dadurch die Funktion der beyden vor-
dern Paare der Luftlöcher beschleunigt, indem
die der beyden hintern unverändert blieb. Bey
Thieren, die wohl genährt waren, und einige
Zeit gehungert hatten, constringirten sich die bey-
den mittlern Paare am kräftigsten w). Ich habe
eine ähnliche Erfahrung an einem Weibchen der
Meloe maialis gemacht, woran ich die Rückkehr
ins Leben beobachtete, nachdem ich sie bis
zum Scheintod unter Wasser gehalten hatte.
Rings um die beyden vordersten, unter den Flü-
geldecken liegenden Paare der Stigmate hob und
senkte sich die Bauchdecke abwechselnd und in
unregelmäſsigen Zwischenräumen, zuerst an dem
vordersten Paar, dann an dem zweyten, anfangs
schwach und langsam, nach und nach kräftiger
und schneller. An den übrigen Stigmaten hin-
gegen waren gar keine Bewegungen zu bemerken.


Ueber den Mechanismus, wodurch die Respi-
ration bey den durch Luftröhren athmenden In-
sekten hervorgebracht wird, fehlt es ebenfalls
noch
[161] noch an Untersuchungen. Bey den Bienen, Schmet-
terlingen und mehrern Käfern, deren Tracheen
in häutige Luftsäcke übergehen, läſst sich das
Ein- und Ausathmen aus einem Wechsel von
Ausdehnung und Zusammenziehung dieser Behäl-
ter erklären. Ich muſs zwar gestehen, daſs ich
an den Tracheen eines lebendig geöffneten Nas-
hornkäfers keine Bewegungen habe wahrnehmen
können. Allein die Stigmate waren bey diesem
Thier ebenfalls in Ruhe, und das Athemholen
schien also aufgehoben zu seyn. Comparettix)
versichert dagegen, an den entblöſsten Luftröhren
lebender Heuschrecken Zusammenziehungen und
Erweiterungen beobachtet zu haben. Mir ist es
auch um so wahrscheinlicher, daſs solche Bewe-
gungen in den Tracheen statt finden, da manche
Insekten das Vermögen besitzen, Theile ihres Kör-
pers durch eine gröſsere Menge eingeathmeter
Luft anschwellend zu machen. So treten die Ge-
schlechtstheile der Biene gegen die Zeit der Be-
gattung umgestreift und turgescirend aus dem Kör-
per hervor y). Wenn man aber erwägt, daſs
bey den Raupen die Luftröhren einen knorpelar-
tigen, spiralförmigen Drath enthalten, der keine
beträchtliche Ausdehnung und Zusammenziehung
gestatten
IV. Bd. L
[162] gestatten kann, so muſs man fast vermuthen, daſs
hier kein Wechsel von Ein- und Ausathmen, son-
dern blos ein mechanisches Eindringen der Luft
in die offenen Tracheen statt findet. Hiermit har-
monirt auch ein Versuch von Lyonnet, welcher
die Luftlöcher einer Schmetterlingslarve mit Sei-
fenwasser bestrich, und dieses lange und auf-
merksam beobachtete, ohne eine Spur von Luft-
blasen darin wahrnehmen zu können, die doch
nothwendig hätten entstehen müssen, wenn hier
ein Ausathmen statt gefunden hätte z). Doch
wird man zugleich jenen Insektengattungen das
Vermögen nicht absprechen können, den Eintritt
schädlicher Luftgattungen in die Tracheen zu
verhindern, indem hierzu die Schlieſsmuskeln,
womit die Luftröhren an mehrern Stellen verse-
hen sind a), und welche von den Insekten will-
kürlich geöffnet und verschlossen werden kön-
nen b), zu dienen scheinen.


Aber nicht alle Insekten athmen durch Luft-
röhren. Die Skorpionen, Spinnen und Asseln
(Oniscus) haben, obgleich in der Luft sich auf-
haltend, doch wahre Kiemen, und machen den
Uebergang zu den Crustaceen.


Bey
[163]

Bey den Skorpionen giebt es vier Paar, aus
einer groſsen Menge zarter Blätter bestehender
Branchien, die zu beyden Seiten des Unterleibs
unter den Bauchringen liegen, und zu welchen
ähnliche Stigmate wie bey den geflügelten Insek-
ten zu den Luftröhren führen.


Die Spinnen haben nur Ein Kiemenpaar, wel-
ches am Anfang des Hinterleibs unter zwey
hornartigen Platten liegt. Jede dieser beyden
Kiemen besteht, wie bey dem Skorpion, aus vie-
len zarten, häutigen Lamellen. Eine Aranea atrox,
der ich diese Theile mit Petroleum bestrich, zog
gleich darauf die Beine zusammen, und war nach
einer Viertelstunde völlig leblos.


Die Wasserspinne (Aranea aquatica L.), die
sich unter dem Wasser aufhält, athmet ebenfalls
Luft und auf eben die Art, wie die Landspinnen.
Sie versieht sich in jenem Element mit Luft,
indem sie, wie die Hydrophilen, zwischen den
langen und dichten Haaren, womit ihr Körper be-
setzt ist, eine Lufthülle mit sich führt, und
diese von Zeit zu Zeit an der Oberfläche des Was-
sers erneuert. Auch füllt sie ein kappenförmiges,
blos am untern Ende offenes Gewebe, worin sie
sich unter dem Wasser aufhält, mit Luft an,
wahrscheinlich indem sie ihre Lufthülle an der
inwendigen Fläche desselben abstreift.


Bey den Onisken giebt es drey Kiemenpaare,
die sich unten am Hintertheil des Körpers befin-
L 2den,
[164] den, und mit dreyeckigen Platten bedeckt sind.
Die einzelne Kieme wird durch zwey zarte, auf
einander liegende Häute gebildet; in den Zwi-
schenraum beyder ergieſst sich das Blut. An le-
benden Asseln sieht man jene Organe sich ab-
wechselnd senken und heben. Bey der gemei-
nen Assel (Oniscus Asellus L.) gehen diese Bewe-
gungen nur langsam, hingegen bey der Wasser-
assel (Oniscus aquaticus L.) sehr schnell vor sich.
Bey jener wird aber das Spiel der Kiemen be-
schleunigt, wenn man die letztern mit Wasser be-
streicht. An solchen benetzten Branchien habe
ich ohngefähr 60 Zusammenziehungen in einer
Minute bemerkt, während das Herz 100 und ei-
nige Pulsationen machte.


Bey den Zuckerthieren (Lepisma) scheinen mir
die Schuppen, womit der Körper derselben be-
deckt ist, eine Art Kiemen zu seyn; wenigstens
habe ich beym Zergliedern von etwa dreyſsig die-
ser Insekten keine andere Respirationsorgane ent-
decken können.


Die übrigen flügellosen Insekten (Phalangium,
Hydrachna, Acarus, Pulex, Pediculus, Julus, Sco-
lopendra) athmen, wie die sämtlichen geflügelten
Thiere dieser Classe und deren Larven, durch
Luftröhren d).


Die
[165]

Die Respiration mehrerer Würmer liegt noch
sehr im Dunkeln. Viele Thiere dieser Classe ath-
men offenbar durch Kiemen. Aber die Blutigel
und Regenwürmer müssen auf eine andere Art
Luft schöpfen. Bey der Hirudo medicinalis L. und
Hirudo sanguisuga L. traf Braune) zu beyden
Seiten des Körpers, in gleichen Entfernungen, 11
bis 13 Paar linsenförmige Organe an. Sie fingen
unterhalb dem Uterus an, und endigten einen
Zoll weit vom hintern Ende des Egels. Ein weis-
ser, weicher Canal verband sie an der äussern
Seite so mit einander, daſs jedes einzelne Organ
seinen eigenen Gang aus dem Hauptcanal erhielt.
Jedes Organ enthielt 4 bis 6 eyerförmige Körper,
und der Verbindungscanal lieſs sich bis zu den
Hoden verfolgen. Braun sahe jene Organe für
die Eyerstöcke an. Hingegen Thomasf), der
nach Braun die beyden erwähnten Egelarten un-
tersuchte, fand keine Verbindung zwischen jenen
Organen und den Hoden. Nach den Zergliederun-
gen dieses Französischen Naturforschers öffnen
sich die linsenförmigen Organe auf der Oberfläche
des Körpers durch kleine Löcher, die das Thier
öffnen
d)
L 3
[166] öffnen und verschlieſsen kann. Jedes Organ ist
ein Bläschen, das aus einer doppelten Haut be-
steht. Auf der innern Membran verbreiten sich
eine Menge Blutgefäſse. Aus den äussern Oeff-
nungen der Bläschen kommen zuweilen Luftbla-
sen und eine weiſsliche Flüssigkeit hervor. Tho-
mas
folgert aus diesen Beobachtungen, daſs die
Bläschen die Respirationsorgane der Blutigel sind.
Die darin befindliche Flüssigkeit hält er für ein
Exkrement, das der Lungenausdünstung ähnlich
ist, und nur wegen der kalten Temperatur der
Blutigel eine tropfbare Form hat.


Man sieht hieraus, wie ungewiſs unsere Kennt-
nisse vom Athmen der Blutigel noch sind. Die von
Thomas aufgestellte Meinung hat nicht mehr
Wahrscheinlichkeit als die Braunsche. Sie ist
nicht bewiesen, so lange man nicht ein ähnliches
Beyspiel von einer so starken, bey keiner andern
bekannten kaltblütigen Thierart statt findenden
Absonderung einer tropfbaren Flüssigkeit in den
Respirationsorganen aufgefunden hat; so lange
Braun’s Behauptung, daſs der Verbindungscanal
dieser angeblichen Respirationsorgane in unmittel-
barer Verbindung mit den Hoden steht, nicht wi-
derlegt ist, und so lange sich nicht ein drittes Or-
gan angeben läſst, das mehr Aehnlichkeit mit ei-
nem Eyerstock hat, als zwey kleine, in der Nähe
des Uterus liegende und mit diesem blos durch
einen
[167] dünnen Faden verbundene Drüsen, welche Tho-
mas
ohne alle weitere Gründe für den Eyerstock
annimmt.


Unter den Zoophyten haben mehrere Arten
offenbare Kiemen. Bey andern, z. B. den Poly-
pen des süſsen Wassers, scheinen die Fangarme
zugleich die Werkzeuge des Athemholens zu seyn.
Diese äussern, wie die Kiemen der Frosch- und
Salamanderlarven, eine anziehende und zurück-
stoſsende Wirkung auf das Wasser, und zwar im
Zustand der Ruhe sowohl, als der Bewegung, ja
auch nach der Trennung vom Körper. An den
Fangarmen der Polypen findet man unter einer
starken Vergröſserung und bey einem günstigen
Licht sehr zarte Borsten, durch deren Bewegung
diese Anziehung und Zurückstoſsung hervorge-
bracht wird g). Die Vibrationen der Vorticellen
bewirken ebenfalls eine Attraktion und Repulsion
des Wassers, die ein Athemholen zu seyn scheint.
Daſs wenigstens nicht durch diese Bewegungen
nährende Partikeln von der Thierpflanze angezo-
gen werden, sahe ich an der Vorticella racemosa
O. F. Müll., einer in den Gewässern um Bremen
nicht seltenen Vorticelle. Der Wirbel, den dieser
Polyp im Wasser erregt, reiſst die Infusionsthiere,
die
L 4
[168] die ihm zu nahe kommen, vielmehr von dem
Mund der Vorticelle weg, als daſs er sie diesem
zuführt.


So verhalten sich die verschiedenen Thierclas-
sen in Betreff des Athemholens von der Geburt
bis zum Tode. Auf eine ganz andere Art aber
geht bey ihnen diese Funktion von statten, so
lange sie noch im Mutterleibe oder im Ey von ih-
ren Häuten umkleidet sind. In diesem Zustand
athmet kein Thier weder durch Lungen oder bloſse
Luftröhren, noch durch Kiemen, sondern die Er-
nährung im engern Sinn und das Athemholen ge-
schehen hier durch einerley Organe, wie wir in
der Folge näher zeigen werden. Zwar haben
Winslow und Scheel eine diesem Satz [wider-
sprechende]
Hypothese aufgestellt. Beyde, und
mit ihnen auch Abilgaard, Viborg, Rafn und
Herholdt fanden, daſs die Luftröhre der Em-
bryonen von Säugthieren und Vögeln vor der Ge-
burt mit dem Fruchtwasser angefüllt ist. Wins-
low
und Scheel bemerkten ferner, daſs die
Früchte von Hunden und Katzen während ihres
Lebens im Fruchtwasser auf ähnliche Art, wie
das athmende Thier, die Nasenlöcher, die Brust
und den Unterleib bewegen. Sie schlossen hier-
aus, daſs vor der Geburt das Fruchtwasser, so
wie nach der Geburt die atmosphärische Luft,
von den Säugthieren und Vögeln geathmet wür-
de
[169] de h). Allein ohne den Satz in Zweifel zu zie-
hen, daſs das Fruchtwasser in die Luftröhre der
Embryonen eindringt und dieselbe anfüllt, einen
Satz, der sowohl theoretische Gründe, als That-
sachen für sich hat; ohne auch zu läugnen, daſs
dieses eingedrungene Fruchtwasser in unregelmä-
ſsigen Zwischenräumen wieder ausgeleert wird,
läſst sich doch sehr zweifeln, daſs diese Bewe-
gungen den Namen der Respiration verdienen. Es
ist nicht das mechanische Einziehen und Aussto-
ſsen der atmosphärischen Luft, es sind die chemi.
schen Wirkungen dieser Luft, welche das Athem-
holen zu einer der wichtigsten Funktionen machen.
Man wird daher nur dann von dem Foetus sa-
gen können, daſs er das Fruchtwasser athme,
wenn dieses für die Lungen desselben in chemi-
scher Rücksicht von Wichtigkeit ist. Daſs es aber
dieses nicht seyn kann, beweisen die zahlreichen
Beobachtungen von Früchten, die weder Nase
noch Mund hatten, denen der Kopf ganz fehlte i),
deren Luftröhre mit einem zähen Schleim ange-
füllt
L 5
[170] füllt war k), oder die mehrere Monate vor der
Geburt das Fruchtwasser verloren l), und welche
doch im Mutterleibe ihre völlige Gröſse erreichten.


Die Lungen sind aber nicht die einzigen Or-
gane, durch welche die Thiere mit der Atmo-
sphäre in Wechselwirkung stehen. Auch auf der
ganzen Oberfläche des Körpers geht etwas Aehn-
liches wie in den Lungen vor. Im Bade steigen
von derselben allenthalben Luftblasen auf, welche
in kurzer Zeit immer gröſser werden, sich end-
lich losreissen, und sich in einer umgestürzten
Flasche voll Wasser sammeln lassen m). Diese
Luft rührt wohl zum Theil aus dem Wasser
her. Aber allein hieraus kann sie nicht entste-
hen, da, wenn man die Hand oder den Fuſs in
eine leere Flasche bringt, den Zwischenraum zwi-
schen der Mündung des Gefäſses und dem Gliede
durch eine Blase verschlieſst, und die Flasche
durch Umschlagen nasser Tücher erkältet, die in-
wendige Seite derselben sehr bald trübe wird, und
sich
[171] sich eine helle, geschmacklose Flüssigkeit ansam-
melt n). Aus diesen Erfahrungen erhellet, daſs
durch die Haut eben so eine Transpiration,
wie durch die Lungen eine Exspiration, vor sich
geht. In wie fern nun zwischen diesen beyden
Funktionen Analogieen oder Verschiedenheiten
statt finden, darüber werden wir uns erst im fol-
genden §phen erklären können.


§. 2.
Chemische Erscheinungen des Athemholens und der
Hautausdünstung.

Nach den bisherigen Untersuchungen werden
wir jetzt die Frage zu beantworten haben: Welche
Veränderungen die Luft bey ihrem Eintritt in die
Respirationsorgane erleidet, und welchen Einfluſs
jene auf den Organismus äussert?


Alle an warmblütigen Thieren über den er-
stern Gegenstand angestellte Versuche gaben das
Resultat, daſs die atmosphärische Luft beym Ein-
athmen einen Theil ihres Sauerstoffs verliert und
mit kohlensaurem Gas und Wasserdämpfen bela-
den aus den Lungen zurückkehrt.


Schon Robert Boyle, Mayow, Hales und
Veratti waren dieser Entdeckung nahe, indem
sie beobachteten, daſs das Volumen einer einge-
athme-
[172] athmeten Quantität Luft vermindert, und diese
zur Unterhaltung sowohl des Lebens, als der
Flamme untauglich gemacht wird o). Aber erst
Priestley, Black und Lavoisier verbreiteten
helleres Licht, wo vor ihnen noch bloſse Däm-
merung gewesen war.


In Lavoisier’s und Seguin’s Versuchen p)
verzehrten Meerschweinchen 40 bis 50 Cubikzoll
Sauerstoffgas in einer Stunde, und jene Quantität
blieb dieselbe, die Thiere mochten diese Gasart un-
vermischt, oder mit einem Zusatz von Stickgas ath-
men. Das Stickgas erlitt dabey keine Vermehrung
oder Verminderung. Seguin selber verbrauchte
nüchtern und im ruhigen Zustand 1344 Cubikzoll
Sauerstoffgas bey einer Temperatur von 26° R. in
einer Stunde. Diese Quantität nahm zu nach dem
Essen und nach körperlichen Bewegungen. Es ergab
sich überhaupt, daſs die Menge des verbrauchten
Sauerstoffgas bey verschiedenen Individuen sehr
verschieden, und fast in keinem Augenblick dieselbe
ist. Für die Mittelzahl nehmen indeſs Lavoisier
und Seguin einen Cubikfuſs binnen einer Stunde,
oder 2 Pfund 1 Unze 1 Drachme binnen vier und
zwanzig Stunden bey dem Menschen an. Von
Kohlensäure werden, ihrer Schätzung nach, ohn-
gefähr 2 Pfund 5 Unzen 4 Drachmen, und von
Wasser
[173] Wasser 5 Drachmen 41 Gran in eben dieser Zeit
ausgeleert.


Goodwynq), welcher über eben diesen Ge-
genstand Versuche anstellte, fand gleichfalls nach
dem Athmen die Menge des Stickgas unverändert,
die des Sauerstoffgas aber, welche 0,21 der atmo-
sphärischen Luft beträgt, auf 0,05 vermindert, und
die des kohlensauren Gas, wovon die Atmosphäre
ohngefähr nur 0,02 enthält, auf 0,13 vermehrt.


Menziesr) setzt die Quantität der Kohlen-
säure, die man in einmal geathmeter Luft antrifft,
auf 0,05, und die Menge dieser Säure, welche
binnen einem Tage in den Lungen des Menschen
gebildet wird, auf 3,96 Pfund Troygewicht. Die
Verschiedenheit dieser Angabe von den Resultaten
der Versuche Lavoisier’s und Goodwyn’s bestä-
tigt einigermaſsen die Bemerkung des erstern, daſs
die Menge des bey der Respiration verbrauchten
Sauerstoffgas bey verschiedenen Individuen ver-
schieden ist. Doch muſs zum Theil dieser Unter-
schied auch der Unvollkommenheit der damaligen
eudiometrischen Werkzeuge zugeschrieben werden.


In
[174]

In Davy’s s) Versuchen verschwanden bey ei-
nem gewaltsamen Einathmen, wobey 141 Kubik-
zoll atmosphärischer Luft eingezogen, und 139
Kubikzoll wieder ausgestoſsen wurden, 1 bis 3
Kubikzoll Stickgas nebst 5 bis 6 Kubikzoll Sauer-
stoffgas, und es entstanden 5 bis 5.5 Kubikzoll
kohlensaures Gas. Beym natürlichen Respiriren
athmete Davy 13 Kubikzoll atmosphärischer Luft
ein, welche enthielten


  • 9,5 Kubikzoll, oder 0,73 Stickgas,
  • 3,4 K. Z. oder 0,26 Sauerstoffgas,
  • 0,1 K. Z. oder 0,07 kohlensaures Gas.

Ausgeathmet wurden dagegen


  • 9,3 Kubikzoll, oder 0,71 Stickgas,
  • 2,2 K. Z. oder 0,16 Sauerstoffgas,
  • 1,2 K. Z. oder 0,09 kohlensaures Gas.

Man sieht, daſs hier beträchtliche Abweichun-
gen von den Resultaten der Versuche Lavoisier’s,
Goodwyn’s und Menzies’s statt finden, worunter
die wichtigste der Verlust an Stickgas ist, den die
atmosphärische Luft beym Athmen erleiden soll.
Indeſs versichert Davy diesen Verlust in allen sei-
nen Versuchen bestätigt gefunden zu haben. So
athmete er fast eine Minute lang bey einer Tem-
peratur von 63° Fahrenh. 161 Kubikzoll Luft, wel-
che enthielten


117
[175]
  • 117 Kubikzoll Stickgas,
  • 42,4 K. Z. Sauerstoffgas,
  • 1,6 K. Z. kohlensaures Gas.

Es geschahen neunzehn Respirationen in dieser
Luft, nach welchen sie sich auf 152 Kubikzoll
vermindert hatte, worin enthalten waren


  • 111,6 Kubikzoll Stickgas,
  • 23,0 K. Z. Sauerstoffgas,
  • 17,4 K. Z. kohlensaures Gas.

Es waren folglich 5,4 K. Z. Stickgas verschwun-
den. Ferner setzte Davy eine Maus in einen Glas-
recipienten, der 15 Kubikzoll atmosphärischer, von
Kohlensäure freyer Luft enthielt, und lieſs sie
darin, bis sie sich nach 50 Minuten auf die
Seite legte und nach 55 Minuten scheinbar todt
war. Das Thier hatte während dieser Zeit 0,4
Kubikzoll Stickgas und 2,6 K. Z. Sauerstoffgas
verzehrt, wofür 2 K. Z. kohlensaures Gas entstan-
den waren. Eine der vorigen ganz ähnliche Maus,
die er auf gleiche Art in einer Luft athmen lieſs,
welche aus 10,5 K. Z. Sauerstoffgas und 3 K. Z.
Stickgas bestand, fing schon nach einer halben
Stunde an zu leiden, und lag nach einer Stunde
im Sterben. Als sie nach fünf Viertelstunden
herausgenommen wurde, lebte sie zwar noch,
konnte sich aber nicht bewegen und athmete tief.
Das Gas hatte um 0,8 Kubikzoll abgenommen,
und 0,4 Stickgas nebst 2,1 Sauerstoffgas verloren,
wofür 1,7 kohlensaures Gas entstanden waren.


Nach
[176]

Nach den beyden letztern Versuchen scheint
beym Athmen der atmosphärischen Luft in dersel-
ben Zeit mehr Sauerstoffgas absorbirt und eine
gröſsere Menge kohlensauren Gas gebildet zu
werden, als beym Athmen des Sauerstoffgas. Die-
ses Resultat scheint auch durch zwey Respira-
tionsversuche in Sauerstoffgas bestätigt zu wer-
den, welche Davy mit sich selber anstellte. In-
zwischen steht dasselbe mit zu vielen andern
Erfahrungen im Widerspruche, um es für allge-
mein annehmen zu können.


Der Verlust an Stickgas, den die atmosphä-
rische Luft nach Davy beym Athmen erleidet,
wird aber auch durch Henderson’s und Pfaff’s
Erfahrungen bestätigt. In drey Respirationsversu-
chen, welche Henderson mit sich selber in atmo-
sphärischer Luft anstellte, wurden das erste mal
von 600 Kubikzoll jener Luft binnen vier Minu-
ten 17,7 K. Z. Stickgas, das zweyte mal von ei-
ner eben so groſsen Quantität in derselben Zeit
12 K. Z. dieses Gas, und das dritte mal von 1000
K. Z. atmosphärischer Luft binnen fünftehalb Mi-
nuten 15,1 K. Z. Stickgas absorbirt t).


In Pfaff’s Versuchen wurde das Volumen ei-
ner gewissen Quantität Luft durch ein einmaliges
Athmen um 1/36, durch ein zweymaliges um 1/18,
durch
[177] durch ein dreymaliges um 1/10, durch ein vierma-
liges um 2/27 und durch ein zwölfmaliges um 1/13
vermindert. Die absolute Verminderung des Stick-
gas war bey Einer Respiration in einem Versuch
= 0,808, in einem zweyten = 0,852. Von koh-
lensaurem Gas fanden sich in geathmeter Luft
nach einer einmaligen Respiration 0,49, nach ei-
ner zweymaligen 0,5, nach einer viermaligen 0,58,
und nach einer achtmaligen 0,82 Theile. Bey ei-
nem viermaligen Athmen von reinem Sauerstoff-
gas wurde dieses um 2/11 vermindert, und es er-
zeugten sich 0,82 Theile kohlensauren Gas v).


Daſs beym Athmen des reinen Sauerstoffgas
eine gröſsere Menge Sauerstoff verzehrt und mehr
kohlensaures Gas erzeugt wird, als bey der Re-
spiration der atmosphärischen Luft, ist eine Beob-
achtung, die auch noch von Berger und Jurine
gemacht wurde. Diese bemerkten zugleich, was
Pfaff sahe, daſs beym fortgesetzten Athmen ei-
ner und derselben Luft die Erzeugung des koh-
lensauren Gas und die Verminderung des Volu-
mens der geathmeten Luft eine abnehmende Pro-
gression befolgt. Sie fanden aber auch, daſs diese
Verminderung beym fortgesetzten Athmen endlich
ganz unterbleibt, obgleich noch immer eine Ab-
sorbtion
IV. Bd. M
[178] sorbtion des Sauerstoffs und eine Entbindung von
Kohlensäure statt findet. Berger und Jurine
schlieſsen hieraus, daſs jetzt eine andere Luftart,
die sie für Stickgas annahmen, erzeugt wird w).


Allen und Pepys, die mit einem gröſsern
Gasometer Versuche machten, als einer ihrer Vor-
gänger, und sich des mit Salpetergas gesättigten
Eisenvitriols zur Ausmittelung des Sauerstoffgas
bedienten, erhielten ein Resultat, welches mit Da-
vy
’s Erfahrungen übereinstimmt. Sie fanden, daſs
die Menge des ausgeathmeten kohlensauren Gas,
der Masse nach, genau der Quantität des ver-
brauchten Sauerstoffgas gleich war x). Sie be-
merkten
[179] merkten ferner, daſs die einmal geathmete Luft
mit 0,80 bis 0,85 Theilen kohlensauren Gas aus
den Lungen zurückkam, und daſs der Gehalt an
dieser Gasart nur 0,1 Theil betrug, wenn das
Athmen einer und derselben Luft so oft wie mög-
lich wiederholt wird. Geschah das Athmen schnel-
ler als gewöhnlich, so wurde eine gröſsere Menge
kohlensauren Gas in einer bestimmten Zeit aus-
geathmet, doch blieb das Verhältniſs desselben
fast einerley, nehmlich 8 Theile von hunderten.
Unter Umständen, wo das Athemholen sehr er-
schwert war, schien etwas Sauerstoff absorbirt zu
werden. In Sauerstoffgas wurde eine gröſsere
Menge kohlensauren Gas als in der atmosphäri-
schen Luft gebildet. Ausser dem kohlensauren
Gas schien weder Wasserstoffgas, noch eine an-
dere Luftart beym Athmen entbunden zu werden.
Die Person, mit welcher Allen und Pepys ihre
Versuche anstellten, athmete 19mal in der Mi-
nute, und nahm beym natürlichen Athmen 16 bis
17 Kubikzoll Luft auf. Die Verminderung des
ganzen Betrags der geathmeten Luft schien sehr
gering zu seyn, und sich nur auf 0,006 Theile
zu belaufen. Versuche mit geathmetem Sauerstoff-
gas bewiesen, daſs die Menge der nach dem Ein-
athmen in den Lungen zurückbleibenden Luft sehr
beträcht-
x)
M 2
[180] beträchtlich ist, und überhaupt glauben Allen
und Pepys, daſs alle Respirationsversuche mit
kleinen Quantitäten Luft keine genaue Resultate
liefern können y).


So viele Vorzüge aber auch diese Versuche
wegen des dabey angewandten groſsen Apparats
haben mögen, so scheint es doch, daſs das Mittel
zur Prüfung des Sauerstoffgehalts der Luft, des-
sen sich Allen und Pepys bedienten, nicht das
vorzüglichste war, und daſs die Quantität des
Sauerstoffs in der geathmeten Luft von ihnen im-
mer zu gering angegeben ist. Wenigstens von
den Fischen ist es nach von Humboldt’s und Pro-
vençal
’s genauen Versuchen ausgemacht, daſs sie
beym Athmen weit mehr Sauerstoff absorbiren,
als Kohlensäure erzeugen, und es ist glaublicher,
daſs diese Verschiedenheit zwischen den Erfahrun-
gen der letztern und denen der beyden Englän-
der in dem bessern eudiometrischen Mittel, des-
sen sich von Humboldt und Provençal bedien-
ten, als in einer Verschiedenheit des Respirations-
processes beym Menschen und bey den Fischen,
deren Athmen doch in allen übrigen Stücken ei-
nerley ist, ihren Grund haben. Auffallend ist es
auch, daſs Allen und Pepys nicht die von Davy,
Henderson
und Pfaff beobachtete Absorbtion
von Stickgas beym Athemholen bemerkten. In-
deſs
[181] deſs fand Berthollet, der mit dem genauesten
eudiometrischen Werkzeug, das wir besitzen, mit
dem Voltaischen Eudiometer, experimentirte,
ebenfalls kein Verschwinden dieser Gasart bey der
Respiration der Säugthiere, wohl aber eine ge-
ringe Absorbtion von Sauerstoffgas z). Es ist
also zu vermuthen, daſs das Stickgas von diesen
Thieren nicht unter allen Umständen verzehrt
wird.


Im Allgemeinen ergeben sich ähnliche Resul-
tate aus den bisherigen Versuchen über das Athem-
holen der Amphibien und Fische. Priestleya)
fand, als er die Luft aus einer Quantität Wasser,
worin Fische gelebt hatten, durch Kochen ausge-
trieben hatte, daſs sie einen kleinern Raum als
vorher einnahm und ein Licht auslöschte, indem
die Luft, die er aus einer ähnlichen Menge Was-
ser, worin sich keine Fische befunden hatten, er-
hielt, der atmosphärischen gleich war. An den-
selben Thieren, und zugleich an Fröschen, wurde
die nehmliche Beobachtung auch von Sylvesterb)
und Corradoric) gemacht. Doch erhielt der
letzte-
M 3
[182] letztere zugleich ein Resultat, welches eine wich-
tige Verschiedenheit in der Respiration derer Thiere,
die im Wasser athmen, und derer, die in der
Luft respiriren, bewiesen haben würde, wenn es
sich bestätigt hätte. Er fand nehmlich, daſs die
Frösche und Fische beym Athmen im Wasser
nicht so, wie andere Thiere, kohlensaures Gas
aushauchen. Allein an der Unrichtigkeit dieser
Behauptung läſst sich nicht zweifeln, da Sylve-
stre
d) versichert, bey seinen Versuchen über die
Respiration der Fische gefunden zu haben, daſs
diese kohlensaures Gas ausleeren; da, nach von
Humboldt
’s Beobachtungen e), die Crocodile das
Volumen der Luft, worin sie leben, sogar ver-
mehren, indem jüngere Thiere der Art 1000 Theile
atmosphärischer Luft, welche 274 Theile Sauer-
stoffgas, 15 Theile kohlensauren Gas und 711
Theile Stickgas enthielten, in einer Stunde und
43 Minuten bis auf 1124 Theile vergröſserten,
worin sich 106,8 Theile Sauerstoffgas, 79 Theile
kohlensauren Gas und 938,2 Theile Stickgas, ver-
mischt mit andern unbekannten Gasarten, befan-
den; und da endlich von Humboldt’s und Pro-
vençal
’s genaue und umständliche Versuche über
das Athemholen der Frösche und Fische die Er-
zeugung von kohlensaurem Gas bey diesem Pro-
ceſs ausser Zweifel setzen.


Die
[183]

Die letztern bedienten sich bey diesen Versu-
chen des Voltaischen Eudiometers. Sie fanden,
daſs die aus dem Wasser der Seine durch Ko-
chen entwickelte Luft 0,30 bis 0,31 Theile Sauer-
stoffgas, und 0,06 bis 0,11 Theile kohlensauren
Gas enthielt, und daſs durch die Respiration der
Fische der Gehalt jener Luft an Sauerstoffgas und
Stickgas vermindert, die Menge des kohlensauren
Gas in derselben aber vermehrt wird. Die Absorb-
tion des Sauerstoffgas ist sehr gering. Die Fische
athmen noch in einem Wasser, welches nur 0,0002
seines Volumens an Sauerstoffgas enthält. Ueber-
haupt verhalten sie sich wie Landthiere, die eine
Luft athmen, deren Gehalt an Sauerstoffgas noch
nicht den hundertsten Theil beträgt, indem die
im Wasser befindliche Luft nur 0,027 des Volu-
mens jener Flüssigkeit ausmacht, und hierin nur
0,31 Theile Sauerstoffgas enthalten sind. Ihre
Respirationsorgane müssen daher zwar langsamer,
doch auch weit kräftiger, als die der warmblüti-
gen Thiere, auf dieses Gas wirken, Fische, die
in verschlossenen Gefäſsen athmen, leiden auch
weit mehr von der Erschöpfung des Sauerstoffgas,
als von der Anhäufung der kohlensauren Luft.
Sie hauchen die letztere bey weitem nicht in dem
Verhältniſs aus, wie sie das erstere verzehren.
Die Menge des verbrauchten Sauerstoffgas beträgt
bey ihnen oft das Doppelte der Quantität des ab-
geschiedenen kohlensauren Gas. Sie gleichen hierin
M 4den
[184] den Fröschen, die in verschlossenen Gefäſsen ein
Drittel weniger Kohlensäure bilden, als sie Sauer-
stoff verzehren. Diese aber nehmen beym Athem-
holen kein Stickgas auf; die Fische hingegen ver-
zehren auch dieses, und es verhält sich bey ih-
nen die Absorbtion desselben zu der des Sauer-
stoffgas wie 1 : 2, oder auch wie 5 : 4. Uebrigens
wirken die Fische auch ausserhalb ihrem Element
noch vermittelst der Kiemen auf den Sauerstoff
der atmosphärischen Luft f).


Eben so wie in den Kiemen wird die atmo-
sphärische Luft auch in dem Nahrungscanal des Co-
bitis fossilis, von welchem im vorigen §. bemerkt
ist, daſs er von Zeit zu Zeit Luft verschluckt und
durch den After wieder ausleert, verändert. Sie
verliert auch bey diesem Durchgang ihren Sauer-
stoff, and nimmt dagegen Kohlensäure auf g).


Bey dieser starken Anziehung nicht nur der
Kiemen, sondern auch der ganzen Oberfläche des
Körpers, und bey dem Cobitis auch der innern
Fläche des Nahrungscanals gegen den Sauerstoff,
ist es höchst auffallend, in der Schwimmblase
vieler Fische unter gewissen Umständen eine groſse
Menge Sauerstoffgas zu finden. Zuweilen geht
der Gehalt derselben an dieser Gasart auf 0,8,
und
[185] und sogar auf 0,9 Theile. Vorzüglich reich an
Sauerstoffgas ist die Schwimmblase bey Fischen,
die aus groſsen Tiefen des Meers hervorgezogen
sind; hingegen bey solchen, die sich am Ufer,
oder in geringen Tiefen aufhalten, enthält sie oft
nur 0,1 von jener Luft. Ueberhaupt scheint die
Quantität des Sauerstoffgas der Schwimmblase
mit der Tiefe des Aufenthalts der Fische in Ver-
hältniſs zu stehen h). Es ist nicht wahrschein-
lich, daſs jener Sauerstoff von den im vorigen §.
beschriebenen rothen Körpern der Schwimmblase
unmittelbar abgeschieden wird. Vielleicht ist es
ursprünglich nur atmosphärische Luft, was sich
in dieser Blase anhäuft, und die Zunahme des
Gehalts derselben an Sauerstoff entsteht nur da-
her, daſs unter gewissen Umständen die Absorb-
tion des Stickgas bey der Respiration der Fische
sehr zunimmt, indem die des Sauerstoffgas sehr
vermindert ist.


Die ersten Versuche über den Einfluſs des
Athemholens der wirbellosen Thiere auf die atmo-
sphäri-
M 5
[186] sphärische Luft machte Scheelei) an Fliegen,
Bienen, Raupen und Schmetterlingen. Er be-
merkte keine Veränderung des Volumens der ge-
athmeten Luft. Aber Kalkwasser verminderte das-
selbe auf den vierten Theil, und der Rückstand
war zur Unterhaltung der Flamme untauglich.


Nach Scheele stellte Vauquelink) ähnliche
Versuche mit verschiedenen Landschnecken und
Insekten an. Es ergab sich hieraus, daſs diese
Thiere, gleich denen der höhern Classen, das
Sauerstoffgas zum Athmen bedürfen, dasselbe aus
der atmosphärischen Luft absorbiren, und dafür
Wasser und kohlensaures Gas erzeugen. Zugleich
beobachtete Vauquelin, daſs die Mollusken, be-
sonders die rothe Erdschnecke und die Garten-
schnecke, eine sehr beträchtliche Respirationskraft
und wenig Empfindlichkeit für die Gegenwart der
Kohlensäure haben, indem sie alles Sauerstoffgas
vom Stickgas und von dem sich bildenden koh-
lensauren Gas abscheiden, und erst in dem Au-
genblick sterben, wo kein Sauerstoff mehr darin
übrig ist.


Das erstere dieser Resultate bestätigte sich
auch in den Versuchen Hausmann’s l) nicht nur
an einer Menge Insekten, und an mehrern Arten
der
[187] der Geschlechter Limax und Helix, sondern auch
an Gammarus Locusta, Astacus fluviatilis, Hirudo
medicinalis, Hirudo stagnalis, und Lumbricus ter-
restris. Hausmann erwähnt zwar nichts von der
groſsen Respirationskraft, welche Vauquelin an
den Mollusken und Insekten bemerkt haben will.
Doch wird diese durch Spallanzani’s und Sorg’s
Versuche bestätigt, die ungleich zahlreicher, als
die sämmtlichen ihrer Vorgänger, und dabey zum
Theil so reich an andern merkwürdigen Resulta-
ten sind, daſs sie eine umständlichere Anzeige
verdienen.


Nach den Versuchen Spallanzani’s m) absor-
biren die Helix nemoralis, lusitanica und vivipara,
Limax flavus, ater, albus, maximus und agre-
stis L. den Sauerstoff der atmosphärischen Luft
und erzeugen dagegen kohlensaures Gas. Jene
Absorbtion ist aber in einem verschlossenen Ge-
fäſse nicht ganz so vollkommen, wie Vauquelin
behauptet. Die Schnecken sterben, ehe aller
Sauerstoff verzehrt ist.


Beym Athemholen der Helix nemoralis wer-
den, wie Vauquelin schon gefunden hatte, eben
so wie bey der Respiration der Säugthiere und
Vögel, mit dem kohlensauren Gas zugleich Was-
serdünste erzeugt.


Die
[188]

Die Helix vivipara absorbirte den Sauerstoff
der atmosphärischen Luft nur langsam, wenn sie
sich unter Wasser befand, hingegen weit schnel-
ler, wenn sie der Luft unmittelbar ausgesetzt war.
Sogar die aus der Gebärmutter dieser Schnecke ge-
nommenen Jungen verzehrten schon Sauerstoff.


Atmosphärische Luft, die über Wasser stand,
worin zwey Entenmuscheln (Mytilus anatinus L.)
lagen, hatte nach sieben Tagen an 0,07 an Sauer-
stoffgas verloren. Befand sich statt der atmosphä-
rischen Luft reines Sauerstoffgas über ausgekoch-
tem Wasser, so wurde von jener Luftart 0,08 bin-
nen acht Tagen von einer einzigen Entenmuschel
absorbirt.


Eben diese Muschel absorbirte fast dreymal
so viel Sauerstoff, wenn sie der Luft ausgesetzt
war, als wenn sie sich unter dem Wasser befand.


Die nehmlichen Resultate gaben Versuche mit
Mytilus cygneus, Mytilus edulis, Ostrea edulis
und Ostrea Jacobaea L.


Bey Versuchen mit der Helix nemoralis ging
die Absorbtion des Sauerstoffgas desto schneller
vor sich, je höher, und desto langsamer, je nie-
driger die Temperatur war. Unter dem Gefrier-
punkt hörte sie, und zugleich die Bewegung des
Herzens gänzlich auf.


Schneller als in der atmosphärischen Luft ging
bey Helix nemoralis und Helix lusitanica die Ab-
sorbtion
[189] sorbtion des Sauerstoffs in reinem Sauerstoffgas
von statten. Zugleich wurde in diesem eine grö-
ſsere Menge kohlensauren Gas als in jener erzeugt.


Die Mollusken überhaupt absorbiren den Sauer-
stoff der atmosphärischen Luft weit langsamer,
aber auch weit vollkommener, als die Säugthiere
und Vögel. Diese sterben schon, wenn sie höch-
stens 0,19 des Sauerstoffs der Atmosphäre verzehrt
haben. Bey jenen hingegen tritt der Tod erst ein,
wenn sie eben so viel Sauerstoff wie der Kunkel-
sche Phosphor, nehmlich 0,2 absorbirt haben. So-
bald diese Quantität verbraucht ist, hört die Be-
wegung der Lungen, des Herzens und der Säfte
völlig auf, und eben dies geschieht, wenn man
die Mollusken in mephitisches Gas bringt.


Die Helix nemoralis und Helix lusitanica aber
verzehrten nicht blos den Sauerstoff, sondern
auch mehr oder weniger von dem Stickstoff der
atmosphärischen Luft. Doch war die Absorbtion
des erstern weit beträchtlicher, als die des letz-
tern. Hingegen beym Athemholen des Limax fla-
vus, Limax agrestis, Mytilus anatinus, Mytilus
cygneus, Mytilus edulis, der Ostrea edulis und
Ostrea Jacobaea blieb der Stickstoffgehalt der at-
mosphärischen Luft unverändert. Bey Helix ne-
moralis, Helix lusitanica und Helix itala beobach-
tete aber Spallanzani einige male auch, statt ei-
ner Verminderung, eine Zunahme des Stickstoffs
der
[190] der geathmeten Luft, und zwar trat dieser Fall
entweder kurz vor dem Tode, oder dann ein,
wenn die Thiere reichlich und mit Begierde ge-
fressen hatten.


Die Insekten absorbiren, nach Spallanzani,
den Sauerstoff der Atmosphäre mit bewunderungs-
würdiger Schnelligkeit. Eine Larve von dem Ge-
wicht einiger Gran nimmt fast eben so viel Oxy-
gene auf, wie ein Amphibium von einem tau-
sendmal gröſsern Volumen.


Mit der letztern und manchen andern Be-
hauptungen Spallanzani’s sind nun zwar die
Resultate der erwähnten Hausmannschen Versu-
che schwer zu vereinigen. Unter zwey und vier-
zig Insekten, Mollusken und Würmern, über de-
ren Athemholen Hausmann Versuche anstellte, war
nur ein einziges Thier, nehmlich Libellula Puella
L., welches binnen vier und zwanzig Stunden
die so sehr geringe Quantität von 0,0107 Sauer-
stoffgas verbrauchte. Alle übrige verzehrten noch
weit weniger, unter andern Astacus fluviatilis nur
0,0006, Helix Pomatia 0,0028, Limax ater jun.
0,0057, und Limax flavus jun. 0,0002 n). Hin-
gegen in Spallanzani’s Versuchen absorbirten
zwey Exemplare der Helix lusitanica binnen drey-
ſsig Stunden in gemeiner Luft 0,2 Sauerstoff o),
und
[191] und ein Limax agrestis binnen acht und zwanzig
Stunden in eben dieser Luft 0,18 Oxygene p)!
Es ist wahr, daſs sich bey allen Hausmannschen,
und auch bey vielen der Spallanzanischen Ver-
suche, keine Angabe der Temperatur findet, worin
dieselben angestellt sind, und daſs sich Haus-
mann
der Schwefelleber, hingegen Spallanzani
des Phosphors zur Prüfung der geathmeten Luft
bediente. Aber die Verschiedenheit der Resultate
ist doch zu beträchtlich, als daſs sie sich blos
in diesen Umständen suchen lieſse.


Indeſs, wenn manche von Spallanzani’s Be-
obachtungen auch unrichtig sind, so stimmen
doch mit vielen derselben die zahlreichen Ver-
suche Sorg’s so sehr überein, daſs man die mei-
sten für zuverlässig halten muſs q).


Sorg
[192]

Sorgq*) stellte mit mehr als funfzig Arten
fast aus allen Familien der Insekten und Crusta-
ceen Versuche an. Zur Prüfung der geathmeten
Luft bediente er sich des Fontanaschen Eudio-
meters, und in einigen Fällen auch des Phosphors
und des Schwefelalkali.


Alle jene Thiere absorbirten den Sauerstoff
der atmosphärischen Luft und erzeugten kohlen-
saures Gas. Viele verzehrten jenen Stoff so voll-
kommen, daſs kein Ueberbleibsel desselben in der
geathme-
q)
[193] geathmeten Luft zu entdecken war. Eine Melo-
lontha vulgaris und eine Sphinx euphorbiae aber
starben in reinem Sauerstoffgas lange vorher, ehe
dieses Gas völlig absorbirt war.


Insekten, die an eingeschlossenen, dunkeln
Orten leben, verzehrten weniger Sauerstoffgas,
und dauerten länger in mephitischen Gasarten aus,
als solche, die sich im Freyen aufhalten. Auch
starben solche Insekten, die vor dem Versuch ge-
hungert hatten, nicht so schnell in eingeschlosse-
ner Luft und in mephitischen Gasarten, als wohl-
genährte Thiere.


Die Erzeugung des kohlensauren Gas bey der
Respiration stand mit der Absorbtion des Sauer-
stoffs nicht immer in Verhältniſs.


Nach einer reichlichen Mahlzeit wurde eine
groſse Menge kohlensauren Gas erzeugt. Thiere
hingegen, die keine Nahrungsmittel zu sich ge-
nommen hatten, brachten nur eine geringe Men-
ge dieser Luft hervor.


Eine Aranea Diadema, die einen Monat ohne
alle Nahrung in 78 Cubikzoll atmosphärischer Luft
eingeschlossen gewesen war, hatte während dieser
Zeit an Gewicht nicht nur ab-, sondern zugenom-
men.


Krebse, die sich in destillirtem, mit Oel be-
decktem Wasser befanden, starben sehr bald. In
eingeschlossenem Brunnen- oder Fluſswasser leb-
IV. Bd. Nten
[194] ten sie desto länger, je gröſser die Quantität die-
ser Flüssigkeit war.


Ferner stellte Sorg mit folgenden Mollusken
und Würmern Versuche an: Nerita fluviatilis,
Helix arbustorum, Mya pictorum, Limax ater, Li-
max flavus, Hirudo medicinalis, Lumbricus ter-
restris, Ascaris lumbricoides. Auch diese Thiere
absorbirten den Sauerstoff der atmosphärischen
Luft und erzeugten kohlensaures Gas, und einige
verzehrten jenen eben so vollkommen, wie man-
che Insekten. Der Erdregenwurm, der Blutigel
und die Mahlermuschel nahmen jenen Stoff so-
wohl in der Luft, als im Wasser auf, die übri-
gen in der Luft, der Spuhlwurm aber nur in sehr
geringer Quantität.


An dem Blutigel machte auch noch Thomasr)
die Beobachtung, daſs er das Volumen einer Luft-
masse, womit er unter Wasser eingeschlossen ist,
vermindert, und dieser das Vermögen benimmt,
die Flamme zu unterhalten.


Aus allen diesen Erfahrungen ergiebt sich so
viel, daſs auch die sämmtlichen Mollusken, Cru-
staceen und Insekten, und wo nicht alle, doch
manche Würmer, den Sauerstoff der atmosphäri-
schen Luft beym Athemholen aufnahmen, und da-
für kohlensaures Gas ausschieden; daſs viele die-
sen Stoff einer eingeschlossenen Luftmenge mit
gleicher
[195] gleicher Stärke wie der Phosphor und andere eu-
diometrische Mittel zu entziehen im Stande sind;
daſs jedoch nicht alle ein so starkes Absorbtions-
vermögen besitzen, und daſs dieses auch bey ei-
nem und demselben Individuum nicht immer in
gleicher Stärke vorhanden ist. Sorg’s Versuche
geben auch den Schlüssel zur Erklärung der von
Davy gemachten, aber mit Pfaff’s, Berger’s
und Spallanzani’s Erfahrungen nicht überein-
stimmenden Beobachtung, daſs in Sauerstoffgas
weniger Kohlensäure als in atmosphärischer Luft
beym Athemholen hervorgebracht wurde, indem
sie zeigen, daſs die Ausleerung dieser Säure eben
so sehr von der Verdauung, als von der Quali-
tät der geathmeten Luft abhängt.


Doch ehe wir aus den angeführten Thatsa-
chen allgemeine Folgerungen zu ziehen wagen,
wird es nöthig seyn, erst die chemischen Erschei-
nungen zu untersuchen, welche die Oberfläche der
Haut und andere Theile der lebenden Körper
auf die Luft äussern, und die Resultate dieser
Untersuchungen mit jenen Thatsachen zu ver-
gleichen.


Daſs durch die ganze Oberfläche des Kör-
pers Luft und Wasserdünste ausgeleert werden,
ist schon im vorigen §. bemerkt worden. In je-
ner Luft erlöschen brennende Körper; Kalkwasser
wird von ihr getrübt; Salpetergas verschluckt
N 2nur
[196] nur eine geringe Quantität derselben. Sie ist
also, wie das Produkt des Ausathmens, kohlen-
saures Gas s).


Die Menge der Materie, welche binnen einer
gewissen Zeit transpirirt wird, ist bey verschie-
denen Individuen und unter verschiedenen Um-
ständen verschieden. Cruikshankt) schätzte sie
bey dem Menschen binnen vier und zwanzig
Stunden auf 7 Pfund 6 Unzen, und auf das Fünf-
zehnfache dessen, was durch die Lungen ausge-
haucht wird. Aber diese Schätzung ist gewiſs
zu hoch. Nach Lavoisier’s und Seguin’s Ver-
suchen v), die mit einem eigenen Apparat ange-
stellt wurden, und genauer zu seyn scheinen,
ist die Mittelzahl der Hautausdünstung für vier
und zwanzig Stunden 52,89 Unzen Troygewicht.
Diese Versuche lehren zugleich, daſs die Quan-
tität der ausgedünsteten Materie durch flüssige,
nicht aber durch feste Nahrungsmittel vermehrt
wird, und daſs die Transpiration unmittelbar
nach der Mahlzeit am schwächsten, während der
Verdauung aber am stärksten ist.


Ver-
[197]

Verschieden von der Ausdünstungsmaterie ist
die Hautschmiere (Sebum cutaneum), die eben-
falls durch die Haut hervordringt, aber von den
Balgdrüsen der Haut abgesondert wird. Wahr-
scheinlich haucht diese Flüssigkeit auch gasför-
mige Stoffe aus, die sich mit der Transpirations-
materie vermischen. Es hält daher schwer zu
bestimmen, ob manche durch die Haut entwei-
chende Stoffe Bestandtheile dieser Materie, oder
der Hautschmiere sind. So haucht, nach Sorg’s w)
und C. Schmidt’s x) Beobachtungen, die Haut
auch Wasserstoffgas aus. Vielleicht aber ist die-
ses ein gasförmiger Theil der Hautschmiere. Von
ihr scheint auch der specifische Geruch der
Thiere und mancher Menschen herzurühren. Der
Schweiſs ist gewiſs ebenfalls das Produkt einer
vermehrten Absonderung der Hautbälge, und nicht,
wofür er von manchen Schriftstellern angesehen
wird, eine verdichtete Ausdünstungsmaterie. Diese
verdichtet sich nur in der Kälte zu einer tropf-
baren Flüssigkeit. Vermehrte Wärme kann nicht
dieselbe Wirkung hervorbringen. Die chemische
Beschaffenheit des Schweisses, so unvollkommen
auch die bisherigen Versuche darüber sind y), be-
weiset
N 3
[198] weiset ebenfalls, daſs derselbe nichts mit der
Ausdünstungsmaterie gemein, wohl aber Aehn-
lichkeit mit dem Harn hat.


Bey der Ausdünstung geht auch, wie beym
Athemholen, eine Absorbtion des Sauerstoffs der
Atmosphäre vor sich. Spallanzaniz) fand, daſs
lethargische Fledermäuse, die kein Zeichen von
Athemholen äusserten, in gemeiner Luft bey ei-
ner Temperatur von — 3½ R. 0,05 Theile Sauer-
stoff verzehrten. Nach den Erfahrungen eben
dieses Schriftstellers a) ist bey den Amphibien
die Absorbtion des Sauerstoffs durch die Lungen
sehr gering in Vergleichung mit derjenigen, wel-
che durch die Haut geschieht. Amphibien, denen
die
y)
[199] die Lungen ausgeschnitten sind, und welche die-
sen Verlust sonst gewöhnlich einige Tage überle-
ben, sterben daher sehr bald, wenn man ihre
Haut auch nur leicht mit Theer oder Firniſs be-
streicht b). Auch an der Luft des Wassers ver-
schlossener Gefäſse, worin Schleihen (Cyprinus
Tinca) blos mit dem Hintertheil des Körpers ein-
getaucht gehalten wurden, beobachteten von Hum-
boldt
und Provençalc), daſs sie dieselbe Mi-
schungsveränderung erlitt, als wenn die Fische
mit den Kiemen darin geathmet hätten. Doch
wirkte die Oberfläche des Körpers nicht so kräf-
tig, wie die Kiemen, und jene hatte ausserhalb
dem Wasser, wo die Kiemen das Athemholen eine
Zeit lang noch fortsetzen können, gar keinen Ein-
fluſs auf die Luft.


Die nehmliche Einwirkung, wie die Lungen
und die Haut, äussern auch die Eyer der Vögel d)
und Insekten e) auf die Atmosphäre.


Ferner nehmen Muskelfasern, Nerven, Ge-
hirnsubstanz, kurz alle thierische Organe, die der
atmosphärischen Luft ausgesetzt sind, eine be-
trächt-
N 4
[200] trächtliche Menge Sauerstoff aus derselben auf.
Die Absorbtion ist aber verschieden, nach der
Verschiedenheit jener Substanzen. Bey der Mus-
kelfaser vermindert sie sich mit der abnehmenden
Vitalität dieses Organs f).


Auch die flüssigen Theile der Thiere saugen
den Sauerstoff der Luft ein, und das Blut besitzt
dieses Absorbtionsvermögen nicht, wie man ver-
muthen könnte, im höchsten Grade g). Nur die
Galle macht, nach Spallanzani’s Versicherung h),
hiervon eine Ausnahme, und äussert keinen Ein-
fluſs auf den Sauerstoff.


Nach den Versuchen des letztern Schriftstel-
lers ziehen alle Thiere selbst nach dem Tode den
Sauerstoff der Luft noch an, und erzeugen dafür
kohlensaures Gas, doch in weit geringerm Grade
als während des Lebens. Diese Absorbtion dauert,
ihm zufolge, so lange fort, als die Fäulniſs
dauert, und hört erst auf, wenn das Thier gänz-
lich zersetzt ist. Sogar die bloſsen Gehäuse der
Schnecken und die Schaalen der Muscheln sollen,
jenen Versuchen nach, atmosphärischen Sauerstoff
auf-
[201] aufnehmen und kohlensaures Gas aushauchen. Ja,
nicht nur frische Gehäuse, sondern auch solche,
die schon über ein Jahr alt sind, sollen dieses
Absorbtionsvermögen besitzen. Doch soll dasselbe
mit der Verwitterung der Gehäuse verloren ge-
hen. Für den Sitz dieses Vermögens hält Spal-
lanzani
den membranösen Theil der Gehäuse,
von welchem sich bekanntlich der erdige Theil
durch verdünnte Salpetersäure absondern läſst.


Bey diesen letztern Beobachtungen hat aber
gewiſs eine Täuschung statt gefunden, wovon sich
auch der Grund mit Wahrscheinlichkeit angeben
läſst. Grimm’s i), Berger’s k), von Humboldt’s
und Gay-Lussac’s l) Versuche nehmlich bewei-
sen, daſs im Wasser ein beständiges Bestre-
ben statt findet, mit den Luftarten, mit welchen
dasselbe in Berührung ist, sich ins Gleichgewicht
zu setzen, daſs es unter Sauerstoffgas Oxygene
aufnimmt und Stickgas fahren läſst, und unter
Stickgas diese Luftart verzehrt, indem es Sauer-
stoffgas aushaucht. Es war also vermuthlich bey
Spallanzani’s Versuchen Wasser mit im Spiele,
und hiervon rührte die Absorbtion des Sauerstoff-
gas her. Diese Vermuthung ist um so wahr-
schein-
N 5
[202] scheinlicher, da Spallanzani ausdrücklich be-
merkt m), daſs er die Schnecken, die er zu den
Versuchen über die Absorbtion des Sauerstoffgas
durch todte Thiere gebrauchte, in siedendem Was-
ser getödtet, und gleich nach dem Eintauchen,
also noch naſs, in die Absorbtionsröhren gebracht
hatte.


Nach allen den bisherigen Erfahrungen kön-
nen wir folgende Resultate als hinreichend be-
gründet ansehen:


  • 1. Alle thierische Organismen absorbiren durch
    alle mit der atmosphärischen Luft in Berüh-
    rung stehende Theile ihres Körpers immer
    Sauerstoffgas und unter gewissen Umständen
    auch Stickgas, und hauchen dafür kohlensau-
    res Gas und Wasserdünste aus.
  • 2. Die Lungen sind die Organe, in welchen
    diese Einwirkung auf die Luft vorzüglich
    statt findet.
  • 3. Die Entbindung des kohlensauren Gas steht
    nicht immer mit der Absorbtion des Sauer-
    stoffs in Verhältniſs.
  • 4. Die Thiere der höhern Classen äussern eine
    stärkere Einwirkung auf den Sauerstoff als
    die der niedern. Aber diese Einwirkung
    nimmt bey ihnen früher ab, als bey den
    letztern,
    [203] letztern, weil ihnen das entbundene kohlen-
    saure Gas früher nachtheilig wird.
  • 5. Die Absorbtion des Sauerstoffs der atmosphä-
    rischen Luft ist im allgemeinen keine den
    thierischen Individuen ausschlieſslich eigene
    Erscheinung. Sie ist es aber insofern, als sie
    bey ihnen stets mit relativer Gleichförmigkeit
    vor sich geht, hingegen bey den Pflanzen
    abhängig von dem Einfluſs des Lichts, und
    bey den Körpern der leblosen Natur in jedem
    folgenden Augenblick immer geringer wie in
    dem vorhergehenden ist.

Welchen Einfluſs äussert nun das eingeath-
mete Sauerstoffgas auf den thierischen Körper?
Dies ist die zweyte Frage, die wir zu beantwor-
ten haben.


Seit Lower ist es eine bekannte Thatsache,
daſs bey dem Menschen, den meisten der übri-
gen Säugthiere und den Vögeln das Blut der
Lungenvenen und derjenigen Arterien, die aus
der Aorta entspringen, eine hohe Röthe, dasjenige
aber, das sich in den Lungenarterien und den
Zweigen der Hohlvene befindet, eine dunklere
Farbe hat n). Es ist auch gewiſs, daſs diese
Verschiedenheit des Arterien- und Venenbluts de-
sto geringer ist, je weniger Sauerstoff in einer
gewis-
[204] gewissen Zeit verbraucht wird. Geringer als bey
den Säugthieren und Vögeln ist sie bey den Am-
phibien und Fischen, und auch unter den Säug-
thieren ist sie weit geringer bey den Robben und
ähnlichen Thieren, welche eine beträchtliche Zeit
unter dem Wasser leben können, als bey denen,
die sich blos auf dem Lande aufhalten o). Bey
dem menschlichen Foetus findet entweder gar
keine p), oder doch nur eine sehr geringe Ver-
schiedenheit beyder Blutarten statt q). Man hat
ferner bemerkt, daſs nach aufgehobener Respira-
tion das arterielle Blut eben so schwarz wie das
venöse r), und nach Zulassung der atmosphäri-
schen
[205] schen Luft zu dem letztern dieses eben so hoch-
roth wie das erstere wird s). Man hat gefunden,
daſs dieser Uebergang des venösen Bluts in arte-
rielles nicht erfolgt, wenn der Zutritt der Atmo-
sphäre zu demselben durch Aufgieſsung von Oel
verhindert, oder die Luft über demselben durch
eine Luftpumpe verdünnt wird t). Man will end-
lich beobachtet haben, daſs das Arterienblut im
luftleeren Raume sehr viele, das venöse aber weit
weniger Luftblasen von sich giebt v).


Aus diesen Erfahrungen ergeben sich zwey
Folgerungen:


  • 1. Daſs ein Umlauf des Bluts von den Lun-
    genarterien zu den Lungenvenen, von diesen
    durch die linke oder hintere Vorkammer des
    Her-

    r)


    [206] Herzens und den linken oder hintern Herz-
    ventrikel zur Aorta und deren Zweigen, hier-
    aus zu den sämmtlichen Venen, und aus den
    letztern durch die rechte oder vordere Vor-
    kammer und Kammer des Herzens wieder in
    die Lungenarterien statt findet.
  • 2. Daſs das Blut bey seinem Uebergang aus
    den Lungenarterien zu den Lungenvenen ent-
    weder Stoffe an die Atmosphäre absetzt, oder
    dieser einen Bestandtheil entzieht.

Wir werden zuerst die letztere dieser Hypo-
thesen untersuchen, und die nähere Prüfung der
erstern bis zum folgenden Kapitel versparen.


Wir wissen, daſs die Atmosphäre bey dem
Einathmen Sauerstoff verliert, und durch das
Ausathmen mit Wasser und Kohlenstoff geschwän-
gert wird. Jene Hypothese ist also mehrerer Mo-
dificationen fähig. Es ist 1) möglich, daſs der
Sauerstoff der atmosphärischen Luft von dem
Lungenblut absorbirt wird, und daſs dieses dafür
Wasser und kohlensaures Gas, die schon vor die-
ser Absorbtion in demselben vorhanden sind, fah-
ren läſst. Es läſst sich 2) denken, daſs das Blut
der Lungen nur einen Theil des Sauerstoffs der
atmosphärischen Luft aufnimmt, daſs es dafür
entweder Wasserstoff und kohlensaures Gas, oder
Wasser und Kohlenstoff, oder Wasserstoff und
Kohlenstoff aushaucht, und daſs der übrige Theil
jenes
[207] jenes Sauerstoffs zur Bildung des Wassers, oder der
Kohlensäure, oder beyder verwandt wird. Es kann
endlich 3) seyn, daſs das Lungenblut der Atmo-
sphäre gar keinen Sauerstoff entzieht, sondern
daſs dieser blos zur Zusammensetzung der Koh-
lensäure, oder des Wassers, oder beyder ver-
braucht wird, indem die Lungen blos Wasserstoff,
oder blos Kohlenstoff, oder beyde Stoffe abson-
dern.


Das Vermögen der Mollusken, Insekten und
Würmer, in Stickgas und Wasserstoffgas eine ziem-
lich lange Zeit leben zu können, giebt uns ein
Mittel, um zu entscheiden, welche von diesen
Modifikationen der obigen Hypothese die richtige
ist. Wird das beym Ausathmen entstehende koh-
lensaure Gas ohne den Sauerstoff der geathmeten
Luft gebildet, so müssen jene Thiere auch in
Stickgas und Wasserstoffgas kohlensaures Gas
erzeugen; wird dieses ausgeathmete Gas aber
mit Hülfe des Sauerstoffs der respirirten Luft er-
zeugt, so kann dasselbe nicht beym Athmen von
Thieren entstehen, die sich in einem Medium be-
finden, welches keinen Sauerstoff enthält. Spal-
lanzani
stellte aus diesem Gesichtspunkt Versu-
che an, wovon das Resultat war, daſs das aus-
geathmete kohlensaure Gas im Körper präexisti-
rend ist, und nicht erst durch eine Verbindung
des Kohlenstoffs mit dem atmosphärischen Sauer-
stoff
[208] stoff zusammengesetzt wird w). Dieser Grund
wird auch durch von Humboldt’s, Provençal’s
und Sorg’s oben erwähnte Beobachtungen unter-
stützt, denen zufolge die Menge des bey dem
Athemholen der Amphibien, Fische und Insekten
erzeugten kohlensauren Gas keinesweges mit der
Quantität des verzehrten Sauerstoffgas in Verhält-
niſs steht, welches nicht der Fall seyn könnte,
wenn die Kohlensäure nicht schon vor dem Aus-
athmen vorhanden wäre.


Es ist wahr, Bertholletx) fand, als er coa-
gulirtes Blut mit atmosphärischer Luft in seinem
Manometer eingeschlossen hatte, daſs die Menge
des absorbirten Sauerstoffs mit der Quantität der
entbundenen Kohlensäure übereinstimmte. Ein
neuerer Schriftsteller y) hat hieraus folgern wol-
len, daſs auch bey dem Athemholen aller Sauer-
stoff blos zur Bildung der Kohlensäure verwandt
würde. Aber aus einem blos chemischen Vorgang
läſst sich nicht auf einen Proceſs schlieſsen, wo-
bey höhere Kräfte mit wirksam sind. Und selbst
bey Berthollet’s Erfahrung muſs man die ent-
bundene Kohlensäure für präexistirend im Blut,
und das Resultat seines Versuchs für einerley mit
der
[209] der Erscheinung annehmen, die bloſses Wasser
zeigt, welches mit einem Gas geschwängert, und
mit einem andern in Berührung gesetzt, jenes
entweichen läſst und dieses aufnimmt, eine Er-
scheinung, die vorzüglich dann eintritt, wenn
dem Wasser kohlensaures Gas zugemischt ist z),
da der Kohlenstoff keine Verbindung mit dem
Sauerstoff als nur in einer sehr hohen Tempera-
tur eingeht a).


Wie
IV. Bd. O
[210]

Wie das kohlensaure Gas, so ist ohne Zweifel
auch das Wasser, welches bey der Respiration
ausgeleert wird, schon vor der Ausscheidung im
Körper vorhanden. Wir finden eine ganz ähnliche
Flüssigkeit auch in Höhlen, zu welchen die at-
mosphärische Luft gar keinen Zutritt hat, z. B.
in den Hirnhöhlen und in dem Zwischenraum
zwischen den Lungen und dem Brustfell.


Was übrigens von dem bey dem Athemholen
entstehenden kohlensauren Gas und Wasser ge-
sagt ist, gilt auch von dem, welches bey der
Hautausdünstung ausgeleert wird.


Nach dieser Theorie muſs also das venöse
Blut reicher an kohlensaurem Gas als das arte-
rielle seyn. Hiermit stimmen auch Luzuriaga’s
Beobachtungen überein, nach welchen Sauerstoff-
gas, das mit venösem Blut gesperrt gewesen war,
Kalkwasser mehr trübte, als Sauerstoffgas, wel-
ches mit arteriellem Blut in Berührung gestan-
den hatte b). Doch folgt hieraus nicht, daſs das
venöse
a)
[211] venöse Blut auch mehr von der Basis des koh-
lensauren Gas, mehr Kohlenstoff, als das arterielle
enthält. Dies würde nur dann der Fall seyn,
wenn das bey der Respiration und Transpiration
entweichende kohlensaure Gas nicht im Blute
präexistirend wäre, sondern erst bey der Einwir-
kung der Atmosphäre mit dem Sauerstoff dersel-
ben gebildet würde. In der That hat auch Abil-
gaard
Versuche bekannt gemacht, welche bewei-
sen, daſs im arteriellen Blut mehr Kohlenstoff als
im venösen befindlich ist. Dieser lieſs gleiche
Theile von getrocknetem Venen- und Arterien-
blut mit Salpeter verpuffen, und fand, daſs das
letztere weit mehr Salpeter zum Alkalisiren be-
darf, mithin mehr Kohlenstoff enthält, als das
erstere c).


Dieses Resultat widerspricht zwar sehr den
gangbaren Meinungen. Doch für mich ist nichts
desto weniger der gröſsere Reichthum des Arte-
rienbluts an Kohlenstoff sehr wahrscheinlich. Alle
chemische Vegetationsprocesse lieſsen uns eine Er-
zeugung des Kohlenstoffs im Pflanzenkörper ver-
muthen d). Wir haben um so mehr Grund, eine
Entstehung dieses Stoffs auch im thierischen Kör-
per
O 2
[212] per anzunehmen, da der animalische Organismus
den vegetabilischen an Bildungskraft weit über-
trifft. Diese Entstehung kann aber nirgends vor-
gehen, als in dem Blut, das mit erhöhter Le-
benskraft aus den Lungen zurückkehrt. Der in
demselben erzeugte Kohlenstoff wird theils auf
den äussersten Gränzen des arteriellen Systems
zur Bildung anderer flüssiger oder fester Theile
verwandt, theils vereinigt er sich hier mit dem
Sauerstoff, den jenes Blut in den Lungen auf-
nahm und der bis dahin mit denselben in keiner
Verbindung stand, zu kohlensaurem Gas, welches
mit dem Venenblut zu den Lungen geführt und
beym Durchgang durch diese Organe ausgeleert
wird. Die Materie zur Erzeugung des Kohlen-
stoffs erhält das arterielle Blut aus dem Chylus.
Darum erzeugen Insekten, nach Sorg, mehr Koh-
lensäure und absorbiren mehr Sauerstoff bey der
Verdauung, als nüchtern, und darum ist, nach La-
voisier
und Seguin, die Hautausdünstung zu je-
ner Zeit stärker als zu dieser.


Jetzt frägt sich: Ob der Sauerstoff, den das
Blut beym Athemholen aufnimmt, sich als Luft
oder im nicht gasförmigen Zustand mit demselben
verbindet? Es fehlt uns noch an Mitteln, um
diese Frage aus andern Gründen als aus der Ana-
logie des Wassers zu beantworten. Nach dieser
aber scheint es nicht die bloſse Basis des Sauer-
stoffgas
[213] stoffgas zu seyn, was sich mit dem Blute ver-
einigte, indem sich das von dem Wasser aufge-
nommene Sauerstoffgas durch bloſses Kochen wie-
der davon absondern läſst. Doch ist es auf der
andern Seite auch gewiſs, daſs die Verbindung
der Luft mit dem Wasser nicht auf eine blos
mechanische Art, sondern durch eine chemische
Verwandtschaft geschieht, welches sich schwerlich
erklären läſst, wenn man nicht eine gewisse Zer-
setzung der von dem Wasser absorbirten Luft
annimmt e). Giebt es also vielleicht, wie Acker-
mann
f) vermuthet hat, einen mittlern Zustand
der Luftarten zwischen der Gasform und dem
gänzlichen Mangel der Elasticität? Hier ist noch
völlige Dunkelheit. Bis diese aufgehellt ist, wird
in unserer Kenntniſs des Athemholens noch eine
beträchtliche Lücke seyn.


Solcher Lücken giebt es aber noch mehr. So
weiſs man, daſs der Phosphor in Luft, die voll-
kommen mit Feuchtigkeit gesättigt ist, viermal
schneller als in vollkommen trockner Luft ver-
brennt g). Zwischen dem Verbrennen des Phos-
phors und dem Athemholen findet aber eine all-
gemein
O 3
[214] gemein anerkannte Analogie statt. Sollte also
die Feuchtigkeit der Luft nicht auch beym Athem-
holen mit wirksam seyn? Tödtet vielleicht, wie
von Hauch glaubte h), der Sirocko durch die
groſse Trockenheit der Luft, die er mit sich
führt? Aber worin besteht denn jene Wirksam-
keit? Vermittelt die Feuchtigkeit der Luft die
Verbindung des Sauerstoffs mit dem Blut? Oder
geht das Wasser selber eine Verbindung mit dem
Blute ein?


So läſst sich ferner fragen: Ob sich das koh-
lensaure Gas der Atmosphäre bey dem Athemho-
len der Thiere ganz unthätig verhält? Bey der
Respiration der Pflanzen spielt jenes Gas als Reitz-
mittel eine wichtige Rolle. Was berechtigt uns,
dasselbe beym Athemholen der Thiere ganz ausser
Acht zu lassen?


Es läſst sich endlich fragen: Ob nicht viel-
leicht die Luft noch auf eine ganz andere Art,
als durch ihren Gehalt an Sauerstoff, bey dem
Athemholen wirksam ist? Gattani fand die
Luft eines Sumpfs an der Mündung eines klei-
nen Flusses um 2 Grad reichhaltiger an Sauerstoff
als die Luft eines benachbarten Gebirges, welches
2880 Fuſs über der Meeresfläche liegt. Demohn-
geachtet waren die Bewohner des Gebirges ge-
sund,
[215] sund, während diejenigen, die in der Nachbar-
schaft des Sumpfs lebten, jährlich von Gallen-
und Wechselfiebern heimgesucht wurden i). Es
erhellet hieraus, daſs es nicht der bloſse Sauer-
stoffgehalt ist, wovon die nachtheiligen oder vor-
theilhaften Einwirkungen der Atmosphäre auf den
thierischen Körper abhängen. Aber wenn dies ist,
so kann es vielleicht noch etwas Höheres, als die
Absorbtion des Sauerstoffgas seyn, was die Re-
spiration zu einer der wichtigsten Funktionen
macht.


Diese Vermuthung wird noch durch eine an-
dere Classe von Erscheinungen, durch den Ein-
fluſs, den das Nervensystem auf die chemischen
Wirkungen des Athemholens hat, unterstützt.
Wir kommen hier auf einen Gegenstand, den wir
erst in der Folge mit andern verwandten Phäno-
menen in Verbindung werden bringen können.
Hier begnügen wir uns, blos erst Thatsachen und
deren unmittelbare Resultate mitzutheilen.


§. 3.
Einfluſs des Nervensystems auf das Athemholen.

Es ist eine alte, schon von Rufus dem Ephe-
sier gekannte Thatsache, daſs die Durchschnei-
dung
O 4
[216] dung der Stimmnerven Störungen in dem Me-
chanismus des Athemholens nach sich zieht. Aus-
ser den Hallerschen und Galvanischen Versu-
chen über die Erregung von Muskelbewegungen
durch mechanische und chemische Schärfen und
durch den Metallreitz sind wohl keine andere
physiologische Erfahrungen häufiger als diese ge-
macht worden. Vorzüglich wurde sie von Ga-
len
k), Riolanl), Plempiusm), Willisn), Lo-
wer
o), Boylep), Chiracq), Bohnr), Duver-
noy
s), R. Vieussenst), Schraderv), Bagliviw),
Courtenx), Bergery), Ensz), Valsalvaa),
Senac
[217]Senacb), Heuermannc), Varignond), Brunne),
Molinellif), Petitg), Hallerh), Fontanai),
Arnemannk), Cruikshankl), Haigthonm), Bi-
chat
n) und Ackermanno) wiederholt. Die Re-
sultate dieser Versuche waren im Allgemeinen Ver-
lust der Stimme, erschwertes Athemholen, Un-
ordnungen in den Bewegungen des Bluts, Austre-
ten des Bluts in die Lungenzellen, gehinderte
Umwandlung des venösen Bluts in arterielles.
Störungen in der Verdauung, in einigen Fällen
Fort-
O 5
[218] Fortdauer des Lebens und der Gesundheit bey all-
mähliger Abnahme jener Zufälle, in andern aber
auch baldiger Tod.


Bey allen diesen frühern Versuchen blieb aber
die Frage unbeantwortet: ob die gehinderte Um-
wandlung des venösen Bluts in arterielles blos
Folge des gestörten Mechanismus der Respiration
ist, oder ob die Stimmnerven einen unmittelbaren
Einfluſs auf das Blut haben, dessen Aufhebung
eine Veränderung in den chemischen Wirkungen
des Athemholens nach sich zieht? Der Erste, der
in Beziehung auf diese Frage Versuche anstellte,
war Dupuytrenp). Dieser erhielt folgende Re-
sultate, als er bey Pferden und Hunden das her-
umschweifende Nervenpaar bald nur auf einer,
bald auf beyden Seiten unterband, zusammen-
drückte, oder durchschnitt.


Durchschneidung der Nerven beyder Seiten
zog bey Pferden erschwertes Athemholen, heftige
Beängstigungen und endlich den Tod nach sich.
Geringer waren diese Zufälle, wenn blos der eine
Nerve ganz, der andere aber nur zum Theil
durchschnitten wurde, und noch geringer, wenn
die Durchschneidung nur auf der einen Seite ge-
schah. Eine auffallende Veränderung zeigte bey
diesen Versuchen das Blut; in den Arterien war
dasselbe schwarzroth, und in den Venen noch dun-
keler
[219] keler wie gewöhnlich, obgleich die Lungen fort-
fuhren sich zu bewegen und mit Luft angefüllt
zu werden.


Die nehmlichen Zufälle, die nach der Durch-
schneidung entstanden, besonders die Veränderun-
gen der Farbe des Bluts, erfolgten noch schneller
nach einem auf die Nerven angebrachten Druck.
Doch verloren sich diese wieder, so wie der
Druck nachlieſs. Ein zu heftiges Drücken zog
aber den Tod, und zwar noch früher wie die
Durchschneidung nach sich.


Bey Hunden stellten sich ausser den erwähn-
ten Zufällen auch Verlust der Stimme und Erbre-
chen ein. Der Tod erfolgte bey ihnen weit spä-
ter, als bey Pferden.


Hallé und Pinel, welche diese Versuche
wiederholten, erhielten dieselben Resultate. Sie
beobachteten zugleich noch, daſs bey einem Pfer-
de, dem beyde Stimmnerven durchschnitten wa-
ren, die Carotis zwar anfangs ein schwarzrothes
Blut gab, daſs aber einige Minuten nachher ein
weniger dunkeles, mit schwarzen Flecken durch-
sprengtes und mehr lymphatisches Blut ausfloſs,
daſs sich das Blut in jenen Versuchen bey Hun-
den nicht so sehr wie bey Pferden veränderte,
und daſs die Lungen der nach dem Durchschnei-
den der Stimmnerven gestorbenen Thiere gesund
und im Zustande des Einathmens waren.


Dupuy-
[220]

Dupuytren und mit ihm Hallé und Pinel
schlossen aus diesen Versuchen, daſs der che-
mische Proceſs des Athemholens nicht bloſs von
der Bewegung der Lungen abhängt, sondern daſs
auch der ungehinderte Einfluſs des Nervensystems
dazu nothwendig ist.


Gegen die Richtigkeit dieser Folgerung lassen
sich indeſs Einwendungen machen. Sie wird
durch keine der obigen Beobachtungen als blos
durch diejenige bewiesen, nach welcher das Ar-
terienblut der Thiere, denen die Stimmnerven
durchschnitten waren, eine schwarzrothe Farbe
hatte, obgleich die Bewegungen der Lungen fort-
dauerten. Alle Umstände aber zeigen, daſs bey
solchen Thieren ein heftiger Krampf in den Lun-
gen statt fand. Es waren vermuthlich blos die
Bewegungen des Zwerchfells und der Intercostal-
muskeln, die hier fortdauerten, und die eingeath-
mete Luft drang blos in die Luftröhre, ohne in
die Lungen zu gelangen. Dupuytren hat ausser-
dem zu wenig Rücksicht auf die Störung des
Blutumlaufs genommen, die, wie schon Willisq)
an einem Hunde beobachtete, nach Unterbindung
des herumschweifenden Nerven erfolgt. Es läſst
sich also aus jenen Versuchen nur schlieſsen, daſs
die mechanischen Bewegungen des Athemholens
durch das Unterbinden oder Durchschneiden der
Stimm-
[221] Stimmnerven gestört werden. Ob aber die dabey
statt findende Schwächung der Umwandlung des
venösen Bluts in arterielles von dieser verminder-
ten Bewegung der Lungen, oder von dem auf-
gehobenen unmittelbaren Einfluſs des Nervensy-
stems auf das Blut herrührt, ist durch Dupuy-
tren
’s Versuche nicht entschieden.


Dupuytren’s Versuche wurden von Ducro-
tay de Blainville, Dumas
und Emmert wie-
derholt. Diese erhielten Resultate, die der Mei-
nung des erstern keinesweges günstig sind.


Ducrotay de Blainvilze durchschnitt das
herumschweifende Nervenpaar an Kaninchen, Tau-
ben und Hühnern. Die Kaninchen starben ohn-
gefähr sieben Stunden, die Vögel erst sechs bis
sieben Tage nach der Operation, und zwar die
letztern an völliger Abzehrung. Bey keinem die-
ser Thiere hatte die Operation einen unmittel-
baren Einfluſs auf das Athemholen. Weder in
der Menge der eingeathmeten Luft, noch in den
chemischen Erscheinungen der Respiration, und
in der Farbe des Arterien- und Venenbluts zeigte
sich nach der Durchschneidung eine Verände-
rung r).


Dumas fand, daſs Hunde, denen er das her-
umschweifende Nervenpaar durchschnitten hatte,
nicht
[222] nicht die Zufälle eines Thiers, das an dem Ath-
men einer irrespirablen Gasart stirbt, sondern die
des Erstickens aus Mangel an athmenbarer Luft
bekamen, und daſs das Arterienblut seine helle
Farbe bald wieder erhielt, wenn atmosphärische
Luft oder Sauerstoffgas in die Lungen geblasen
wurde s).


Emmert, welcher Dupuytren’s Versuche an
Kaninchen wiederholte, beobachtete, daſs das Ath-
men nach dem Durchschneiden der herumschwei-
fenden Nerven seltener, langsamer und mühsamer
wurde, unter gröſserer Anstrengung der Rippen-
muskeln erfolgte, und besonders ein längeres An-
halten des Ausathmens zur Folge hatte; daſs die
Stimme sich nach jener Verletzung dann erst ganz
zu verlieren schien, wenn sowohl der obere, als
der untere Nerve des Kehlkopfs vom Gehirn ge-
trennt war; daſs die Umwandlung des venösen
Bluts in arterielles nach der Durchschneidung der
Nerven zwar etwas geschwächt war, doch, so
viel sich aus der äussern Beschaffenheit des Bluts
abnehmen lieſs, fortdauerte, wenn nur die gehö-
rige Menge Luft in die Lungen gelangte und der
Kreislauf nicht zu sehr gestört war; endlich daſs
der Umlauf des Bluts durch die Operation zwar
nicht
[223] nicht aufgehoben, doch immer in Unordnung ge-
bracht wurde t).


In einem Nachtrag zu diesen Beobachtungen
bemerkt Emmert, was auch schon Morgagniv)
erinnert hat, daſs bey den meisten unserer grö-
ſsern Säugthiere sich der groſse sympathische Nerve
bald nach seinem Austritt aus dem obern Hals-
knoten mit den Stimmnerven verbindet, und daſs
man deshalb den letztern nicht wohl ohne den er-
stern unterbinden oder durchschneiden kann. Du-
puytren
muſste daher in seinen Versuchen den
sympathischen Nerven mit dem Stimmnerven zer-
schnitten haben, weil beyde bey dem Pferde innig
mit einander verbunden sind und bey dem Hunde
in Einer Nervenscheide liegen, während in Em-
mert
’s Versuchen an Kaninchen und in Blain-
ville
’s Versuchen an Vögeln blos der Stimmnerve
verletzt wurde. Das Abweichende in Dupuytren’s
und Emmert’s Erfahrungen konnte daher blos
von der Verletzung des sympathischen Nerven
herrühren, die in des erstern Versuchen statt
fand. Um hierüber Gewiſsheit zu erhalten, stellte
Emmert einen Versuch an einem Pferde an. Die
Stimm- und sympathischen Nerven wurden erst
auf der einen Seite, und nach einiger Zeit auch
auf
[224] auf der andern durchschnitten. Die Zufälle wa-
ren lange nicht so heftig, wie sie Dupuytren be-
obachtete. In der Hauptsache stimmte der Erfolg
dieses Versuchs mit dem der frühern an Kanin-
chen überein. Das Blut der Arterien des Aorten-
systems war nach dem Zerschneiden beyder sym-
pathischen Nerven und Stimmnerven hellröther
und gerinnbarer als das der Venen, und dies selbst
beym Verbluten des Thiers, wo das Blut des
Hohlvenensystems sonst gemeiniglich eine arte-
riöse Beschaffenheit annimmt w).


Nach diesen Erfahrungen, und besonders nach
den Emmertschen läſst sich der Satz, daſs nach
Durchschneidung der Stimmnerven die mechani-
schen Bewegungen des Athemholens und die Um-
wandlung der dunkeln Farbe des Venenbluts in
die röthere des Bluts der Arterien fortdauern, oder
wenigstens fortdauern können, nicht weiter in
Zweifel ziehen. Allein wenn Dupuytren’s Beob-
achtungen einen beym Athemholen statt finden-
den unmittelbaren Einfluſs der Stimmnerven auf
das Blut nicht beweisen, so läſst sich doch aus
den entgegengesetzten Erfahrungen noch keines-
weges schlieſsen, daſs ein solcher Einfluſs gar
nicht vorhanden ist. Daſs das Venenblut eine
hellere Farbe annehmen würde, so lange die Cir-
culation
[225] culation des Bluts und der Eintritt der Luft in
die Lungen fortdauert, war vorherzusehen. Al-
lein die Wirkungen des Athemholens sind gewiſs
nicht auf diese Farbenveränderungen des Bluts
beschränkt, die selbst ausserhalb dem Körper noch
vor sich geht. Könnte es nicht seyn, daſs zur
Entbindung der thierischen Wärme, einer Haupt-
wirkung des Athemholens, der unmittelbare Ein-
fluſs der Stimmnerven erforderlich wäre?


Wir berühren hier eine Erscheinung des thie-
rischen Lebens, wovon wir erst in der Folge um-
ständlich werden handeln können. So viel dür-
fen wir indeſs hier schon als ausgemacht voraus-
setzen, daſs das Athemholen eine der vornehm-
sten Bedingungen des Processes ist, wodurch die
thierische Wärme hervorgebracht wird. Entsteht
in diesem Proceſs nach der Verletzung der Stimm-
nerven eine bedeutende Störung, so ist es gewiſs,
daſs die Wirkungen der Respiration nicht blos auf
die sichtbare Beschaffenheit des Bluts beschränkt
sind. Dieser Punkt wurde erst von Provençal
und Le Gallois beachtet. Provençal fand, daſs
das Durchschneiden oder Zusammendrücken der
Nerven des achten Paars (nach der ältern Benen-
nung) in den Lungen das Vermögen, Sauerstoff-
gas zu absorbiren und Kohlensäure hervorzubrin-
gen, zwar nicht aufhebt, aber mindert, und daſs
die Wärme des Thiers dadurch herabgestimmt
IV. Bd. Pwird
[226] wird x). Diese Erfahrung ist inzwischen noch
nicht entscheidend. Es lieſs sich erwarten, daſs
Störung der mechanischen Bewegungen des Athem-
holens nicht ohne Einfluſs auf die thierische Wär-
me bleiben würde. Entscheidender ist eine von
Le Gallois gemachte Erfahrung. Nach den Ver-
suchen des letztern kann man bey Säugthieren,
denen der Kopf abgeschnitten ist, die Bewegun-
gen des Athemholens und den Blutumlauf eine
ziemlich lange Zeit dadurch unterhalten, daſs man
durch eine in die Luftröhre gebrachte Sprütze
abwechselnd Luft in die Lungen treibt und wieder
auszieht. Aber bey diesem künstlichen Athemho-
len tritt die merkwürdige Erscheinung ein, daſs
die Entbindung der thierischen Wärme aufhört
und das Thier fast so kalt wie eine Leiche wird y).


Le Gallois hat übrigens noch das Verdienst,
die Ursache des verschiedenen Erfolgs der bis-
herigen Versuche über das Durchschneiden der
herumschweifenden Nerven entdeckt zu haben.
Er fand sie in einer Verengerung der Stimmritze,
die immer entsteht, wenn bey der Durchschnei-
dung der herumschweifenden Nerven am Halse
die rücklaufenden Nerven mit verletzt werden.
Diese
[227] Diese ist bey verschiedenen Thieren verschieden,
im Allgemeinen aber desto stärker, je jünger das
Thier ist. Jüngere Thiere sterben daher nach
jener Operation häufig an Erstickung. Die Ver-
engerung der Stimmritze entsteht, indem die
Muskeln der beckenförmigen Knorpel (musculi
arytenoidei) gelähmt werden, diese Knorpel sich
der Stimmritze nähern und die Bänder der letz-
tern erschlaffen. Ausserdem erfolgt oft nach der
Durchschneidung der Nerven des achten Paars
eine Ergieſsung von Blut und einer serösen, schau-
migen Flüssigkeit in die Lungen, die ebenfalls
tödtlich wird, indem sie den Eintritt der Luft in
die Lungenbläschen verhindert z).


P 2Zwey-
[228]
Zweytes Kapitel.
Der Blutumlauf.

§. 1.
Beweise für den Blutumlauf.

Im vorigen Kapitel (§. 2.) wurden wir auf den
Satz geführt, daſs bey dem Menschen und den
verwandten Thieren eine Bewegung des Bluts
von den Lungenarterien zu den Lungenvenen,
von diesen durch die linke oder hintere Vorkam-
mer des Herzens (den Lungenvenensack) und den
linken oder hintern Herzventrikel (die Aortenkam-
mer) zur Aorta und deren Zweigen, hieraus zu
den sämmtlichen Zweigen der Hohlvene und zur
Hohlvene selber, und aus der letztern durch die
rechte oder vordere Vorkammer (den Hohlvenen-
sack) und Kammer (die Lungenkammer) wieder
in die Lungenarterien statt finde.


Wenn diese Hypothese richtig ist, so wird die
Erfahrung folgende Sätze bestätigen müssen:


  • 1) Daſs eine unterbundene Arterie, die nicht
    mit andern anastomosirt, zwischen dem Ban-
    de und dem Herzen anschwillt, zwischen der
    Ligatur und ihren peripherischen Enden aber
    von Blute leer wird.

2)
[229]
  • 2) Daſs hingegen eine unterbundene Vene, die
    ebenfalls keine Verbindung mit andern Venen
    hat, zwischen dem Bande und ihren peri-
    pherischen Enden vom Blute ausgedehnt, zwi-
    schen der Ligatur und dem Herzen aber von
    Blute leer wird.
  • 3) Daſs die Klappen, die man im Herzen und
    in den Venen antrifft, den Fortgang des Bluts
    aus dem Herzen durch die Arterien zu den
    Venen, und den Rücklauf desselben aus den
    Venen durch das Herz zu den Arterien ge-
    statten, die entgegengesetzte Bewegung des
    Bluts aber verhindern.

Diese Sätze sind der Erfahrung völlig ge-
mäſs.


Daſs eine unterbundene Schlagader zwischen
dem Herzen und der Ligatur anschwillt, beob-
achtete schon Vesal. Harvey, Pecquet, Mor-
gagni
und besonders Haller fanden seine Beob-
achtung in zahlreichen Versuchen an mehrern
Thieren und an verschiedenen Arterien bestätigt.
Sie sahen die angeschwollene Stelle der unter-
bundenen Schlagader blau werden, und, wenn
sie verwundet wurde, eine Menge Blut mit gro-
ſser Heftigkeit aussprützen, hingegen die Arterie
unter dem Bande sich entleeren, und kein Blut
von sich geben, wenn sie in dieser Gegend ge-
P 3öffnet
[230] öffnet wurde a). Nur dann zeigt sich eine Aus-
nahme von dieser Erfahrung, wenn die unter-
bundene Arterie Seitenverbindungen mit andern
Arterien hat, und ihre Gemeinschaft mit dem
übrigen Schlagadersystem durch die Ligatur nicht
völlig aufgehoben ist b).


Versuche über die Unterbindung entblöſster
Venen machten unter andern Harvey, Waläus,
Pecquet, Drake, Verheyen, Dionis, Morgagni

und Haller. Alle diese Beobachter sahen in ei-
ner unterbundenen Vene das Blut sich zwischen
der Ligatur und den peripherischen Enden des
Gefäſses anhäufen, hingegen sich zwischen dem
Herzen und dem Centralende der Vene verlieren,
wenn nicht die Blutader über dem Bande mit
einer andern Vene anastomosirte, in welchem Falle
die Unterbindung so gut wie nicht vorhanden
war c).


Klappen am Herzen giebt es fünf: die der
untern Hohlvene, die dreyzipfelige Venenklappe
der Lungenarterienkammer, die Klappen der Lun-
genarterie, die zweyzipfelige Venenklappe der Aor-
tenkammer, und die Anfangsklappe der Aorta.
Der Nutzen dieser Valveln ist offenbar, den Rück-
fluſs des Bluts zu verhindern, indem sie den
Ein-
[231] Einfluſs gestatten. Vorzüglich deutlich zeigt sich
dieser Zweck an den Klappen der Lungenarterio,
die, in Wasser schwimmend und gegen die Mün-
dung der Arterie gedrückt, diese schon verschlie-
ſsen, ehe sich noch ihre Ränder erreichen d).


Auch durch krankhafte Veränderungen im Her-
zen und den gröſsern Blutgefäſsen, die eine ähn-
liche Wirkung wie Unterbindungen hervorbrach-
ten, wird die obige Theorie bestätigt. Von einem
Herzpolyp entstand eine groſse Geschwulst an den
Endigungen der Venen; von einem Polyp in der
rechten Höhlung des Herzens eine ausserordent-
liche Erweiterung der Jugularvenen; von harten
Concrementen im rechten Herzventrikel eine un-
gewöhnlich groſse Hohlvene, und von einer äus-
sern, auf die Venen drückenden Geschwulst eine
auffallende Anschwellung derselben e). Hinder-
nisse im rechten Herzventrikel verursachten eine
Ausdehnung des rechten Herzohrs f). In einem
Fall, wo die eine der drey halbmondförmigen
Klappen verknöchert war, und die beyden übri-
gen knorpelartig geworden waren, fand sich ein
Aneurysma des Herzens. Eine Erweiterung des
Herzens zeigte sich bey einer Verwachsung der
Klappen
P 4
[232] Klappen der Aorta mit den Wänden dieser Arte-
rie, so wie bey einer Verknöcherung jener Val-
veln. Endlich eine Anschwellung der linken Herz-
höhle beobachtete man bey einer Verknöcherung
der Mündung der Aorta, ferner bey einer Verkür-
zung ihrer Valveln, und in einem Fall, wo sich
eine kalkartige Materie in diesen Klappen abge-
setzt hatte g).


§. 2.
Verschiedene Art des Blutumlaufs bey den verschiedenen
Thierclassen.

Mit der im vorigen §. bewiesenen Theorie
und der aus dem ersten Buche unsers Werks be-
kannten Struktur des Herzens und der Blutgefäſse
der verschiedenen Thierclassen ist uns auch die
Erklärung der Art gegeben, wie der Umlauf des
Bluts bey den letztern von statten geht.


Bey den Vögeln, die ein ähnliches Herz wie
die Säugthiere haben, muſs auch ein gleicher
Blutumlauf wie bey diesen statt finden.


Anders aber muſs es sich mit der Bewegung
des Bluts bey den Embryonen dieser Thiere verhal-
ten. Der Foetus derselben durchläuft vor seiner völ-
ligen Ausbildung mehrere Verwandlungsstufen, die
sich vorzüglich in dem Gefäſssystem ausdrücken.
Der Kreis, den das Blut desselben beschreibt, liegt
zum
[233] zum Theil ausserhalb seinem Körper. Dieses
geht theils aus der Aorta durch die Nabelarterie
bey den Säugthieren zum Mutterkuchen, bey den
Vögeln zum Chorion, und kehrt durch die Na-
belvene zur Hohlader zurück; theils flieſst es
durch die Gekrösearterie zum Nabelbläschen der
Säugthiere, oder zur Dotterhaut der Vögel, und
nimmt durch die Dottervene den Rückweg zur
Pfortader. Das aus diesen Venen und den Blut-
adern des Körpers sich in dem gemeinschaftlichen
Stamm der Hohlader sammelnde Blut geht jetzt
einen weit einfachern Weg, als bey dem ausge-
bildeten Thier. Es giebt in jener frühern Lebens-
periode nur Eine Vorkammer des Herzens, die
alles Blut aus der Hohlvene empfängt, und Einen
Ventrikel, welcher dieses blos durch die Aorta
wieder aussendet. Zusammengesetzter wird das
Herz in der spätern Entwickelungsperiode des
Foetus, wo bey den Säugthieren das Nabelbläs-
chen zu schwinden, und bey den Vögeln sich der
Dotter in den Unterleib zurückzuziehen anfängt.
Jetzt bilden sich Scheidewände in den beyden Höh-
lungen des Herzens, und mit denselben die An-
lage zu der künftigen vierfachen Cavität dieses
Organs. Aber die Scheidewand der Vorkammer
ist noch unvollkommen; es bleibt in ihr bis zur
Geburt das eyförmige Loch, welches dem in die
rechte Nebenkammer aus der Hohlvene kommen-
den Blut den Eintritt in die linke Nebenkammer
P 5erlaubt,
[234] erlaubt, indem zugleich die an der Mündung der
Hohlvene liegende Eustachische Klappe das Blut
auf diesen Weg leitet, und nur einem Theil des-
selben den Uebergang zum rechten Ventrikel ge-
stattet. Von dem aus diesem rechten Ventrikel in
die Lungenarterien gelangenden Theil wird auch
noch das meiste durch ein anderes, dem Foetus
eigenthümliches Gefäſs, den Schlagadergang, zur
Aorta geleitet. Nur eine geringe Quantität flieſst
also den noch unthätigen Lungen zu, und die-
ses vermischt sich, nachdem es durch die Lun-
genvenen zurückgekehrt ist, in der linken Ne-
benkammer mit dem Blut der Hohlvene, um mit
demselben durch den linken Ventrikel in die Aorta
zu gehen.


Diese niedern Bildungsstufen des Gefäſssystems
der Säugthier- und Vögelembryonen finden wir in
den folgenden Thierclassen bey den völlig ausge-
bildeten Organismen wieder. In der Classe der
Amphibien giebt es bey einigen Schildkröten zwey
Vorkammern des Herzens, in welchen, wie bey
den Säugthieren und Vögeln, die Venen der Lun-
gen und der übrigen Organe sich endigen, und
die auch, wie bey diesen höhern Thieren, keine
Verbindung unter einander haben. Es sind hier
aber drey Ventrikel vorhanden, die alle mit einan-
der in Verbindung stehen h). Hier gelangt also
nicht
[235] nicht alles durch die Venen zum Herzen zu-
rückgeführte Blut in die Lungen, ehe es durch
die Aorta wieder im übrigen Körper vertheilt
wird. Es kann hier eine Störung des Blutumlaufs
in den Lungen eintreten, indem die Circulation
im übrigen Körper noch frey von statten geht.
Daher die geringe Verschiedenheit in der Farbe
des venösen und arteriellen Bluts bey diesen
Thieren.


Noch unabhängiger von dem Umlauf des
Bluts durch die Lungen ist die Circulation dieser
Flüssigkeit im übrigen Körper bey den Fröschen
und den übrigen Amphibien, deren Lungenarterie
ein bloſser Ast der Aorta ist i).


Bey den Fischen, die überhaupt eine noch
unvollkommenere Respiration als die Frösche ha-
ben, geht dagegen, zum Ersatz für dieses un-
vollkommene Athemholen, alles Blut erst durch
die Kiemen, ehe es den übrigen Organen zuge-
führt wird, wie aus dem erhellet, was im ersten
Buch dieses Werks über die Struktur des Systems
der Blutgefäſse dieser Thiere gesagt ist k). Es
ergiebt sich hieraus, daſs das Herz der Fische
aus
h)
[236] aus Einem Ventrikel und Einer Vorkammer be-
steht, von welchen Theilen jener das Blut zu
den Kiemen sendet, dieser dasselbe aus dem gan-
zen übrigen Körper aufnimmt. Das den Kiemen
zugeführte Herzblut flieſst durch die Lungenve-
nen in eine Aorta; diese zerästelt sich, und ihre
Aeste führen jenes Blut allen übrigen Theilen zu;
aus den letztern wird es von den Wurzeln der
Hohlvene aufgenommen, und von dieser zur Vor-
kammer geführt, worauf es wieder in den Ven-
trikel gelangt und von neuem den vorigen Weg
nimmt.


Bey den Mollusken geht ebenfalls alles Blut
erst durch die Respirationsorgane, ehe es sich im
übrigen Körper vertheilt. Aber es geht hier den
entgegengesetzten Weg, den es bey den Fischen
nimmt. Nachdem es aus der Lunge oder den
Kiemen zurückgekehrt ist, flieſst es in den Herz-
ventrikel, in die Aorta und in alle Theile, ausge-
nommen die Werkzeuge des Athemholens. Die
Venen führen es in einen oder mehrere Stämme
der Hohlvene zurück, und diese zerästelt sich auf
der Lunge oder den Kiemen. Der Uebergang des
Bluts aus den Respirationsorganen zum Herzven-
trikel geschieht bey einigen unmittelbar, bey an-
dern durch eine einfache oder doppelte Vorkam-
mer. Jenes ist der Fall bey den Sepien, dieses
bey den übrigen Mollusken. Die Sepien haben
dagegen
[237] dagegen ausser dem eigentlichen Herzen, wodurch
das Blut in die Aorta gesandt wird, noch zwey,
von diesem ganz abgesonderte, einfache Neben-
herzen, welche die zu den Kiemen gehenden
Stämme der Hohlvene aufnehmen, und den Ge-
fäſsen, worin das Blut den Kiemen zugeführt
wird, zum Ursprunge dienen. Bey den übrigen
Mollusken giebt es nur Eine Vorkammer zum
Empfang des Lungen- oder Kiemenbluts in den
Familien der Schnecken und Pholaden, hingegen
zwey neben einander liegende Vorkammern zur
Aufnahme des Bluts der Kiemen beyder Seiten
in der Familie der Austern l).


Unter den Mollusken zeichnen sich noch die
Sepien und Aplysien durch einen höchst merk-
würdigen Bau der das Blut zu den Kiemen
bringenden Gefäſse aus. Bey den Sepien sind die
Zweige der Hohlvene, die zu den Nebenherzen
gehen, woraus das Blut zu den Kiemen gelangt,
mit Oeffnungen durchbohrt, welche zu ganz ei-
genen, zahlreichen, drüsenartigen Anhängen füh-
ren m). Bey den Aplysien giebt es auf jeder
Seite in der muskulösen Decke des Thiers einen
gefäſsartigen Canal, der das sämmtliche Venen-
blut aufnimmt, und dieses in einen gemeinschaft-
lichen
[238] lichen Stamm führt, woraus es durch Aeste des
letztern in die Kiemen gelangt. Beyde Canäle be-
stehen aus muskulösen, transversalen und schie-
fen, sich nach allen Richtungen durchkreutzenden
Bändern, zwischen welchen es Oeffnungen giebt,
die schon dem bloſsen Auge sichtbar sind, allen
Arten von Einsprützungen den Durchgang ver-
statten, und eine freye Verbindung zwischen dem
Gefäſs und der Bauchhöhle zulassen. An Einer
Stelle flieſsen diese fast ganz zusammen; einige
von einander entfernte Muskelstränge sind die ein-
zigen bemerkbaren Gränzen, die hier beyde von
einander trennen n).


Bey mehrern der bisher erwähnten Thiere
läſst sich die Bewegung des Bluts mit Hülfe des
Vergröſserungsglases wahrnehmen. Die Resultate
dieser Beobachtungen sind zum Theil wichtig
für die Theorie des Blutumlaufs, und verdienen
deshalb hier eine Stelle.


Malpighi war der Erste, welcher solche mi-
kroskopische Beobachtungen in dem zweyten sei-
ner Briefe über die Lungen bekannt machte. Diese
betreffen aber nur im Allgemeinen den Fortgang
des
[239] des Bluts in den Arterien und den Rückfluſs des-
selben durch die Venen. Mehr ins Einzelne ge-
hen diejenigen, die nach seinem Tode in seinen
nachgelassenen Werken erschienen, und in der
Folge unter Baglivi’s Namen wieder abgedruckt
wurden o). Diese wurden vorzüglich an den ent-
blöſsten Gekrösen von Fröschen gemacht. Mal-
pighi
sahe in den Gefäſsen dieser Theile das Blut
sich mit groſser Schnelligkeit in geraden Linien
bewegen, in der Mitte des Gefäſses etwas langsa-
mer als an den Seiten. Mit dem Aufhören des
Lebens wurde diese Bewegung immer langsamer.
Im Tode schwollen die Venen von Blut an, in-
dem die Arterien gänzlich ausgeleert wurden. An
lebenden Fröschen sahe er, daſs das Venenblut
bey jeder Zusammenziehung des Herzens aus den
kleinern Venen in die gröſsern, aus diesen in die
Hohlvene, und endlich in die Lungen, wie eine
Welle von einer andern, fortgedrängt wurde.


Durch Leeuwenhoek, Molyneux, Chesel-
den, Baker, Hales, Joh. Bernoulli, Poli-
niere, De Heyde
und Joblot wurden diese Er-
fahrungen noch durch Beobachtungen an andern
Thieren vermehrt p). Sie fanden, was Malpighi
noch nicht deutlich gesehen zu haben scheint,
daſs
[240] daſs das Blut, wenigstens an mehrern Stellen, aus
den letzten Endigungen der Arterien in die ersten
Anfänge der Venen übergeht, ohne sich erst in
einen Zwischenraum zu ergieſsen.


Hierauf erschienen Haller’s q), und dann
Spallanzani’s r) Beobachtungen an Fröschen,
Kröten und Salamandern. Die letztern sind im
Ganzen nur Bestätigungen der Hallerschen. Die
vornehmsten, hierher gehörigen Resultate beyder
sind folgende.


Die Bewegung des Bluts vom Herzen aus
durch die Schlagadern geschieht mit reissender
Geschwindigkeit. Nicht selten flieſst dasselbe in
einigen Arterien langsamer, in andern schneller.
Doch wird es nicht, wie die Jatromathematiker
behaupteten, in den Enden der Arterien zurück-
gehalten. Die regelmäſsige Bewegung des venö-
sen Bluts ist, daſs es aus den Haargefäſsen in die
Aeste, hierauf in die Zweige, dann in die Stämme,
und endlich zum Herzen gelangt. Die Geschwin-
digkeit dieses venösen Bluts scheint etwas gerin-
ger,
[241] ger, als die des arteriellen, doch nur in dem Ver-
hältniſs der gröſsern Weite, worin die Venen ge-
gen die Arterien stehen, zu seyn. Oft aber läſst
sich auch gar kein Unterschied in der Geschwin-
digkeit beyder Blutarten bemerken, und beym
Nachlassen der Bewegung des arteriellen Bluts
flieſst zuweilen das venöse schneller als jenes.
In den Haargefäſsen der Venen bewegt sich das
Blut etwas langsamer als in den Stämmen, aber
auch mit Ausnahmen. Im allgemeinen flieſst das-
selbe in den Venen gleichförmiger, als in den
Arterien. — Die Blutkügelchen schwimmen in
einer durchsichtigen Flüssigkeit, und bewegen sich
in geraden, unter sich parallelen Linien ohne Rei-
bung, ohne Zusammenstoſsen, ohne Rotation, und
ohne Veränderung ihrer Gestalt, doch, wie Mal-
pighi
schon bemerkt hat, an den Wänden der
Schlagadern etwas langsamer als in der Axe. Sie
werden weder an den Stellen, wo sich die Ge-
fäſse theilen, noch durch die Biegungen der letz-
tern zurückgehalten. Ueber Stellen, wo sich Aneu-
rysmen befinden, wird die Bewegung des Bluts
etwas langsamer, unter denselben nimmt sie wie-
der zu. Zwey entgegengesetzte Blutröhren stoſsen
auf einander; aber der schwächere wird gleich
von dem stärkern fortgerissen. Nähert sich der
Blutumlauf dem Stillstande, so wird derselbe bald
langsamer, bald, wenn das Herz sich zusammen-
zieht, wieder etwas geschwinder. Zugleich ent-
IV. Bd. Qstehen
[242] stehen Oscillationen, wobey das Blut abwechselnd
vorwärts und rückwärts flieſst, und entgegenge-
setzte Ströme, besonders an den Theilungen der
Arterien. Zuweilen flieſst auch, wenn die Kräfte
des Herzens ganz gebrochen sind, das Blut über-
haupt, und vorzüglich das venöse, zum Herzen
zurück. Das Ende aller Bewegung des Bluts ist,
daſs sich die Arterien, wenigstens die Stämme
derselben, ganz ausleeren, und daſs sich alles
Blut in den Stämmen der Venen anhäuft.


Das Vergröſserungsglas zeigt auch die Bewe-
gung des Bluts bey den Thieren der niedern
Classen.


In der Squilla quadrilobata Müll. (Cancer Ato-
mos L.), einem sehr durchsichtigen Thier, erblickt
man die Blutgefäſse, und in diesen das strömen-
de Blut s). Ueber die Art der Bewegung des
Bluts der krebsartigen Thiere giebt inzwischen
das Mikroskop keinen Aufschluſs. Bey der Zer-
gliederung dieser Thiere aber findet man ein ein-
faches, auf der Leber liegendes Herz mit einer
Art von Venensack, in welchen sich das aus den
Kiemen zurückkehrende Blut ergieſst. Aus dem
Herzen selber entspringt eine Aorta, die bis zum
hintern Ende des Körpers geht, und auf ihrem
Wege Seitenäste abgiebt, die sich zu den Mus-
keln und Eingeweiden begeben. So habe ich das
Herz
[243] Herz beym Craugon vulgaris Fabr. gefunden, und
auf ähnliche Art ist es, nach Röselt), beym
Astacus fluviatilis F., so wie, nach Cuvierv),
beym Pagurus Bernhardus F. und Astacus mari-
nus F. beschaffen. Die Art der Rückkehr des
Bluts zum Herzen habe ich bey der Garnele nicht
bemerkt. Cuvier aber fand bey der Squilla fasciata
F. eine Hohlvene, die der Länge nach unter dem
Darmcanal fortging und das Blut den Kiemen zu-
führte. Nach dieſem Bau ist also der Umlauf des
Bluts bey den krebsartigen Thieren derselbe, wie
bey den Schnecken. Indeſs erwähnt Rösel bey
dem Fluſskrebs ausser den beyden Gefäſsen, die
das Blut von den Kiemen zurückführen, noch
eines dritten Venenstamms, der sich zwischen je-
nen in den Venensack öffnet, und aus dem Kopfe
entspringt. Wenn Rösel richtig beobachtet hat,
so ist zu vermuthen, daſs dieses Gefäſs einen
Theil Blut zum Herzen zurückführt, der entwe-
der nicht durch die Kiemen, oder unmittelbar von
den Kiemen zum Kopf gegangen ist.


Von dem Blutumlauf der meisten Kiemenfüſs-
ler wissen wir nichts mit Gewiſsheit, als daſs das
Hauptorgan desselben ein längliches, röhrenförmi-
ges, längs dem Rücken liegendes Herz ist. Nur
von
Q 2
[244] von dem Argulus foliaceus Jur. kennen wir die
Bewegung des Bluts, durch Jurine’s Beobachtun-
gen w), etwas näher. Bey diesem Thier findet
man ein wahres, muskulöses Herz, das in einer
cylindrischen Kapsel hinter dem Rüssel liegt, und
bey jeder Zusammenziehung einen Blutstrom nach
dem Vordertheil der Schaale treibt, der sich bald
in vier Zweige theilt, von welchen zwey gerade
nach den Augen, und zwey nach den Hörnern ge-
hen. Die letztern biegen sich nachher um, verei-
nigen sich mit den erstern und bilden auf jeder
Seite einen einzigen Strom, der nach der Saug-
warze herabsteigt, um deren Basis läuft, und sich
hier den Augen des Beobachters entzieht. Eine
zweyte Blutsäule sieht man bey dem Anfang der
beyden Hintertheile der Schaale. Diese dringt in
das Innere der letztern, circulirt hier, indem sie
dem Umriſs der Schaale in einiger Entfernung von
deren Rande folgt, und steigt dann bis zum zwey-
ten Paar der Schwimmfüſse herab, wo sie sich
nicht weiter wahrnehmen läſst. Noch eine dritte
Blutsäule entdeckt man an der Wurzel des Schwan-
zes. Diese geht bis dahin, wo sich der Schwanz
gabelförmig spaltet, und theilt sich hier in zwey
Aeste, die in den Unterleib zurückkehren. Es
findet hier also ein wirklicher Umlauf des Bluts
statt. Aber merkwürdig ist es, daſs Jurine keine
Gefäſse, wenigstens in dem Vordertheil des Kör-
pers,
[245] pers, entdecken konnte, worin sich das Blut fort-
bewegt hätte, sondern daſs der Lauf und die Ver-
breitung dieser Flüssigkeit hier ganz so erschien,
als ob die Blutkügelchen vielmehr in dem Paren-
chyma der Theile zerstreut, als in Gefäſsen einge-
schlossen wären.


Dies ist schon eine bedeutende Abweichung
von der Bewegung des Bluts bey den Thieren
der höhern Classen. Noch auffallendere Verschie-
denheiten kommen bey den Insekten vor. Bey
den Spinnen und Skorpionen giebt es ein röhren-
förmiges, längs dem Rücken liegendes Herz, wel-
ches deutliche Gefäſse hat. Aber in diesen Ge-
fäſsen scheint, wenigstens bey den Spinnen, kein
eigentlicher Umlauf des Bluts statt zu finden. Das
Herz der Spinnen hat am vordern Ende auf je-
der Seite Eine Ader, wodurch die Kieme dieser
Seite mit demselben in Verbindung steht; die
übrigen Gefäſse entstehen aus dem mittlern und
hintern Theil desselben, und zerästeln sich in ei-
ner körnigen Masse, die alle Eingeweide des
Bauchs einschlieſst und dem Fettkörper der ge-
flügelten Insekten ähnlich zu seyn scheint. Bey
dem Skorpion verbreiten sich in dieser Masse zu-
gleich auf jeder Seite vier ästige, aus dem Nah-
rungscanal entspringende Gefäſse. Bey der Spinne
löset sich der Nahrungscanal gleich nach seinem
Eintritt in den Hinterleib auf eine kurze Strecke
Q 3in
[246] in ein zartes, mit jenem Fettkörper aufs innigste
verbundenes Gewebe auf, welches dieselbe Funk-
tion wie die Seitenröhren am Nahrungscanal des
Skorpions zu haben scheint.


Es ist klar, daſs bey dieser Organisation der
Spinnen das einzige zu den Kiemen gehende
Paar von Gefäſsen entweder zugleich als Arterie
und Vene dient, oder daſs es den Kiemen nur
Blut zuführt, ohne dasselbe wieder zurückzufüh-
ren. Im letztern Fall müſste sich das Blut aus
den Kiemen unmittelbar in den übrigen Körper
verbreiten. Dies läſst sich aber nicht annehmen,
da es keine Verbindung zwischen den Kiemen und
dem übrigen Körper giebt, wodurch eine solche
Verbreitung geschehen könnte x).


Ein wirklicher Blutumlauf findet wieder bey
der Wasserassel (Oniscus aquaticus L.) statt. Ich
sahe, was schon De Geery) beobachtete, in den
Füſsen und Fühlhörnern dieses Insekts unter dem
Vergröſserungsglas verhältniſsmäſsig groſse, aber
ziemlich weit von einander entfernte Kügelchen,
die zwey parallele Ströme, einen aufsteigenden
und einen absteigenden, bildeten, und zwischen
den
[247] den Kiemen das klopfende Herz. Die Bildung des
Herzens habe ich aber, wegen der äussersten Zart-
heit desselben, bey der Wasserassel nicht entdecken
können. Hingegen beym Oniscus Armadillo L.
fand ich an dem Hintertheil des cylindrischen
Herzens zwey Paar Gefäſse, die nach den Sei-
tentheilen des Körpers fortgingen, und neben dem
Vordertheil jenes Organs auf jeder Seite ein enges,
herabsteigendes Gefäſs. Weder bey dieser, noch
bey der gemeinen Assel (Oniscus Asellus L.) habe
ich aber in den äussern Theilen einen Umlauf
des Bluts wahrnehmen können.


Ein ähnliches röhrenförmiges, längs dem Rük-
ken liegendes Herz, wie es bey den Skorpionen,
Spinnen und Asseln giebt, besitzen alle Insekten,
die durch Luftröhren Athem holen. Man bemerkt
an diesem Theil einen Wechsel von Zusammen-
ziehung und Erweiterung, der vom After zum
Kopf durch die einzelnen Ringe des Körpers fort-
geht, und hinten am stärksten ist z). Die in
demselben befindliche Flüssigkeit muſs also eine
Bewegung vom After nach dem Kopf, und an
der letztern Stelle einen Ausfluſs haben. Aber
kein Anatom hat bis jetzt an diesem Herzen Ge-
fäſse bemerkt. Es läſst sich also nicht anders
schlie-
Q 4
[248] schlieſsen, als daſs sich das Blut der Insekten
unmittelbar aus dem Herzen in das Parenchyma
der Eingeweide ergieſst, und in den letztern fort-
bewegt wird. Dieser Schluſs bestätigt sich auch
an einer Erscheinung, die bey der Verwandlung
der Larven in vollkommene Insekten eintritt. Bey
dieser Veränderung sieht man eine Menge Feuch-
tigkeit in die Flügel dringen, und an verwunde-
ten Stellen ausflieſsen a). Die Insektenflügel ha-
ben aber gewiſs keine saftführende Gefäſse. Für
jenen Schluſs spricht ferner die Analogie des Ar-
gulus foliaceus Jur. und der Asseln. Jurine
konnte, wie schon erzählt ist, in dem Vordertheil
jenes Thiers keine Gefäſse entdecken, worin sich
das Blut fortbewegt hätte; die Blutkügelchen
schienen sich blos in dem Parenchyma der Ein-
geweide zu verbreiten. Ich habe in den äussern
Theilen der Wasserassel zwar auf- und absteigen-
de Blutströme gesehen; aber es hat mir immer
geschienen, daſs diese Ströme sich nicht in Ge-
fäſsen, sondern in den Zwischenräumen der Mus-
keln bewegten. Auch habe ich in den Kiemen
dieser Thiere, worin doch eine kreisförmige Be-
wegung des Bluts vorgehen muſs, nie eine Spur
von Gefäſsen wahrnehmen können.


Ein wirklicher Blutumlauf, der aber ohne ein
Herz, blos in Arterien und Venen statt findet,
zeigt
[249] zeigt sich wieder bey den Würmern, denselben
Thieren, die auch ein rothes Blut haben b).


In dem durchsichtigen Körper der Nais litto-
ralis Müll. findet man neben dem Nahrungscanal
zwey längslaufende Gefäſse, worin das Blut zum
Vordertheil des Körpers flieſst c).


Bey der Hirudo vulgaris L. windet sich an
jeder Seite des Körpers vom Kopfe bis zum
Schwanz ein ziemlich groſses, geschlängeltes Ge-
fäſs, worin sich das Blut so bewegt, daſs das eine
angefüllt wird, während sich das andere ent-
leert d). Bey der Hirudo medicinalis und Hirudo
sanguisuga L. entspringt aus jedem dieser Gefäſse
in Zwischenräumen, die mit denen ziemlich über-
einstimmen, welche zwischen den verschiedenen
Abtheilungen des Darmcanals befindlich sind, ein
groſser Zweig, der sich in mehrere kleinere Aeste
theilt. Nach dem vordern und hintern Ende des
Thiers spalten sich jene in fünf bis sechs groſse
Zweige, die bey ihrem Fortgang immer enger
werden, und sich in ganz feine Haarröhren endi-
gen. Thomase) fand hier auch noch ein drittes
Hauptgefäſs, das vom vordern zum hintern Ende
des
Q 5
[250] des Thiers an der Rückenseite fortging, einen et-
was kleinern Durchmesser als die beyden Seiten-
gefäſse hatte, mit seinen Zweigen auf der innern
Darmhaut zahlreiche und groſse Netze bildete,
und in seinem Stamm ebenfalls rothes Blut, aber
in seinen netzförmigen Zerästelungen einen weis-
sen Saft enthielt. Durch jeden Zweig der beyden
Seitengefäſse lassen sich diese nebst ihren Ramifi-
kationen aussprützen. Hingegen dringen Ein-
sprützungen, die in die Seitengefäſse gemacht sind,
nicht in das Rückengefäſs. Auch bleibt dieses
noch mit Blut angefüllt, wenn jene schon leer
sind. Das rothe Blut dieser Gefäſse hat in allen
einerley Farbe. Es scheint hier also keine Ver-
schiedenheit zwischen Arterien und Venen als in
der Richtung des Blutlaufs vorhanden zu seyn.
Die Seitengefäſse pulsiren sieben- bis achtmal in
einer Minute.


In welcher Verbindung das dritte mittlere Ge-
fäſs mit den beyden Seitengefäſsen steht, und ob
dieses als Arterie oder als Vene wirkt, ist noch
unausgemacht. Deutlicher ist, nach Cuvierf), die
Funktion der sämmtlichen Gefäſse bey dem Lum-
bricus marinus L., einer durch Kiemen athmenden
Wurmart. Hier liegt zwischen den Kiemen längs
dem Rücken ein Gefäſs, welches das Blut durch
Seitenzweige aus den Branchien empfängt, und
sich
[251] sich durch das vordere Ende in zwey andere, an
dem Nahrungscanal herabsteigende Gefäſse ent-
leert. Diese haben die Funktion einer Aorta. Das
durch sie im Körper verbreitete Blut wird von
zwey Venenstämmen aufgenommen, wovon der
eine auf dem Nahrungscanal unmittelbar unter
demjenigen, welcher das Blut aus den Kiemen
empfängt, der andere unter jenem Canal liegt.
Diese Stämme führen zugleich das Blut den Kie-
men wieder zu.


Ob bey den Würmern aller Blutumlauf auf-
hört, ob diese Bewegung nicht vielmehr allen Or-
ganismen, die an der thierischen Natur Theil neh-
men, in einem gewissen Grade eigen ist, darüber
werden künftige Beobachtungen entscheiden. Ich
zweifele nicht, daſs die Antwort auf die letztere
Frage bejahend ausfallen wird. Selbst bey den
schon den Pflanzen sich so sehr nähernden Sertu-
larien sieht man allenthalben in der mit einer
weichen thierischen Substanz inwendig bekleide-
ten Röhre, welche sich durch den Stamm und die
Aeste des hornartigen, meist durchsichtigen Ske-
letts erstreckt, eine körnige Masse, die sich be-
ständig wirbelförmig bewegt g). Ja sogar an der
Chara flexilis, einem Wesen, das auf der Gränze
zwischen den Phytozoen und den eigentlichen
Pflan-
[252] Pflanzen steht, giebt es eine solche Bewegung.
Jedes Glied der artikulirten, durchsichtigen Aeste
dieser Chara enthält eine Flüssigkeit, worin be-
ständig ein wahrer Umlauf unter dem Vergröſse-
rungsglase wahrzunehmen ist. Ich habe diese,
zuerst von Cortih) entdeckte, und nachher von
Fontanai) und meinem Bruder k) beobachtete
Erscheinung mehrere Wochen hindurch verfolgt.
Die Flüssigkeit eines jeden Gliedes der Pflanze
enthielt eine Menge grüner Bläschen, die auf der
einen Seite des Gliedes angehäuft waren, und sich
ununterbrochen und gleichförmig an dieser Seite
von oben nach unten bewegten, am untern Ende
des Gliedes zu der gegenüberstehenden Seite über-
gingen, an dieser von unten nach oben flossen,
am obern Ende des Gliedes wieder nach der er-
stern Seite umkehrten, und so einen wahren Um-
lauf machten, der selbst in jedem abgeschnittenen
Gliede fortdauerte, wenn nur der Schlauch des-
selben
[253] selben unverletzt war, durch hinzugetröpfelten
Weingeist aber plötzlich gehemmt wurde. Der
Schlauch verhielt sich dabey völlig leidend.


§. 3.
Mit dem Blutumlauf verbundene Erscheinungen.

Ein bey allen Thieren den Blutumlauf be-
gleitendes Phänomen ist der Puls, oder ein Wech-
sel von Zusammenziehung (Systole) und Erweite-
rung (Diastole) in dem Herzen und den gröſsern
Blutgefäſsen.


Bey denjenigen Thieren, die eine doppelte
Herzkammer haben, ziehen sich in der Systole
beyde Ventrikel zu gleicher Zeit zusammen. Un-
ter Umständen, wo die Lebenskraft erschöpft ist
und die Bewegung des Herzens nur noch lang-
sam von statten geht, erscheinen im Anfang der
Zusammenziehung erst an einzelnen Stellen der
Oberfläche des Herzens Runzeln; diese flieſsen
wellenförmig von einer Stelle zur andern fort,
verbreiten sich immer weiter, und vereinigen sich
endlich zu einer Zusammenziehung des ganzen
Herzens. Sie fangen an den beyden Enden des
letztern an, und kommen in der Mitte desselben
zusammen. Das ganze Herz wird dabey härter
und fester. Die rechte Herzkammer steigt in der
Systole zur Scheidewand und zum linken Ventri-
kel herauf; dieser linke aber wird zur Scheide-
wand herabgezogen. Die Scheidewand verkürzt
sich
[254] sich ebenfalls, zieht die Spitze des Herzens zur
Basis herab, und macht so dasselbe kürzer. Fer-
ner verkürzen sich die zu den Herzklappen ge-
hörigen Muskeln, indem ihre sehnenartigen Strän-
ge erschlaffen. Auch die Lage des Herzens än-
dert sich bey dieser Zusammenziehung. Die Ba-
sis desselben rückt etwas von der Stelle; die Spitze
krümmt sich bey dem Menschen nach der rech-
ten Seite und nach vorne, und berührt am Ende
dieser Bewegung die Gegend der fünften oder
sechsten Rippe. Endlich ziehen sich auch die
Vorkammern des Herzens so zusammen, daſs die
Höhlungen derselben nach jeder Dimension veren-
gert werden, wobey sich die kammförmigen An-
hänge der rechten Vorkammer aufrichten und
krümmen l).


Alle diese Bewegungen hören mit dem Ein-
tritt der Diastole wieder auf. Das ganze Herz
wird jetzt glatt und turgescirend, und die innern
Höhlungen desselben werden nach jeder Dimen-
sion erweitert m).


So ist die Bewegung des Herzens bey den
Säugthieren und den übrigen Thieren, die in der
Struktur jenes Organs mit diesen übereinkommen.
Bey den Fischen sind die Phänomene der Systole
und
[255] und Diastole von den obigen etwas verschieden.
Das Herz des Aals wird in der Systole verlängert,
und die Spitze desselben nach unten herabgezo-
gen n). Doch besteht auch hier, wie bey allen
Thieren, die Systole in einer Verengerung und
die Diastole in einer Erweiterung der Herzhöhlen,
welche erst in der Vorkammer und dann im Ven-
trikel eintritt o).


Ein ähnlicher Wechsel von Zusammenziehung
und Erweiterung geht auch in den gröſsern Blut-
gefäſsen vor. Er findet zuerst in der Hohlvene
statt. Hier erstreckt er sich auf der einen Seite
bis zum obern Ende der Brust, auf der andern
bis zur Leber. Bey den Fröschen ziehen sich
auch die Leberzweige der Hohlvene zusammen p).
Ferner verengern und erweitern sich die Lungen-
venen q). Bey den Säugthieren und Vögeln pul-
siren auch alle Arterien, bey den Amphibien aber
blos die Stämme derselben r).


An dem entblöſsten Gekröse von Fröschen und
an jungen durchsichtigen Amphibien sieht man
unter dem Vergröſserungsglase, daſs der Puls
entsteht,
[256] entsteht, indem das aus dem Herzen getriebene
Blut die Arterien ausdehnt. Man sieht diese in
demselben Augenblick sich erheben, wo die Spitze
des Herzens sich krümmt. Unterbindet man sie,
so erheben sie sich nicht nur, sondern werden
auch länger. Alle Arterien pulsiren zu gleicher
Zeit. Unter einer Ligatur hört der Puls auf. Durch
Arterien, die eine starre, unnachgiebige Haut ha-
ben, z. B. durch die absteigende Aorta und die
gröſsern Gekrösearterien der Frösche, flieſst das
Blut ohne Pulsationen s).


Alle diese Bewegungen geschehen vorzüglich
wegen des Athemholens. Wo die atmosphärische
Luft nicht das ganze Innere bis auf die kleinsten
Theile durchdringen kann, da giebt es einen Blut-
umlauf; und wo kein wahrer Kreislauf des Bluts
statt findet, wie bey den geflügelten Insekten, da
sind alle Organe mit Luftröhren durchwebt. Da-
her steht auch der Puls mit dem Athemholen in
einem gewissen Verhältniſs. Das Pferd respirirt
16, der Vogel bis 50 mal in einer Minute. Aber
in eben dieser Zeit hat das Pferd nur 34, die
Taube hingegen über 100 Pulsschläge t). Alles,
was den Puls beschleunigt oder langsamer macht,
vermehrt oder vermindert gewöhnlich auch die
Schnelligkeit des Athemholens, so wie umgekehrt,
was
[257] was auf dieses Einfluſs hat, meist auch auf jenen
wirkt v). Bricht man von den gröſsern Windun-
gen des Gehäuses der Landschnecken einen Theil
weg, so sieht man das Anschwellen und Zusam-
menfallen der Lungen, das Oeffnen und Schlieſsen
der Respirationsöffnung beym Athmen, die Pulsa-
tionen des Herzens und den Umlauf des Bluts in
den Gefäſsen. Setzt man eine so zubereitete
Schnecke einer immer kältern Temperatur aus,
so nehmen alle diese Bewegungen in gleichem
Verhältniſs immer mehr ab, und hören ganz auf,
wenn die Temperatur der äussern Luft bis zum
Gefrierpunkt herabsinkt. Erhöhet man die Tem-
peratur wieder, so fängt die Lunge von neuem
an sich zu erheben, das Herz sich zusammenzu-
ziehen, und das Blut in den Gefäſsen zu flieſsen,
anfangs langsam, allmählig aber, so wie die Wär-
me zunimmt, lebhafter. Die nehmlichen Erschei-
nungen, welche die Kälte hervorbringt, bewirkt
auch jede mephitische Luft, und dasselbe, was
die Wärme thut, erfolgt auch beym Einfluſs des
Sauerstoffgas w).


Diese Verbindung des Athemholens mit der
Bewegung des Bluts leidet freylich Einschränkun-
gen. Jenes kann auf einige Zeit unterbrochen
werden,
IV. Bd. R
[258] werden, indem der Blutumlauf fortdauert. Kin-
der haben einen schnellen Puls und ein langsa-
mes Athemholen. In einigen Krankheiten nimmt
die Schnelligkeit des Pulses zu, indem die Respi-
ration wenig verändert wird; in andern weicht
die letztere vom gesunden Zustand beträchtlich
ab, indem der Puls an dieser Abweichung wenig
Theil nimmt x). Das Athemholen der Fische ge-
schieht 25 bis 30mal in einer Minute y); das
Herz derselben pulsirt auch nur 22. höchstens
33mal während dieser Zeit z). Hingegen schlägt
das Herz der Weinbergschnecke ohngefähr 30mal
in einer Minute, und doch schöpft dieses Thier
zuweilen in einer Viertelstunde kaum einmal
Athem a). Bremond’s b) und Emmert’s c) Ver-
suche
[259] suche beweisen auch, daſs der Blutumlauf bey
Säugthieren noch einige Zeit fortdauert, sowohl
wenn die Lungen ganz zusammengefallen oder
zusammengedrückt sind, als wenn man die Lun-
gen ganz mit Luft angefüllt und dann die Luft-
röhre unterbunden hat.


Alle diese Ausnahmen beweisen aber nicht
die Unabhängigkeit des Athemholens von der Re-
spiration. Bremond’s und Emmert’s Versuche
zeigen eben dadurch, daſs der Puls nur kurze
Zeit bey unterbrochener Respiration fortdauert,
die gegenseitige Abhängigkeit der Funktionen des
Herzens und der Lungen, und aus den übrigen
der angeführten Beyspiele läſst sich nur schlieſsen,
daſs der Puls und das Athemholen extensiv ver-
mehrt seyn können, indem sie intensiv vermin-
dert sind, so wie umgekehrt.


Was ist es aber, wodurch das Athemholen
auf den Blutumlauf Einfluſs hat? Mechanisch
kann diese Einwirkung nicht seyn. Das Blut
strömt zwar mit gröſserer Leichtigkeit durch die
Lungen beym Einathmen, wobey die gekrümm-
ten Blutgefäſse dieser Theile ausgedehnt werden,
als
c)
R 2
[260] als beym Ausathmen, wo Biegungen und Winkel
in denselben entstehen d). Aber bey dem Foetus
findet, wenigstens in der ersten Zeit seines Le-
bens, keine Bewegung der Lungen statt, und
doch bewegt sich das Blut desselben. Nur von
der Art kann also jener Einfluſs seyn, entweder
daſs das Blut selber ein Bewegungsvermögen be-
sitzt, welches durch den Zutritt der eingeathme-
ten Luft in Thätigkeit gesetzt wird, oder daſs
die Bewegung des Bluts durch Einwirkungen der
Gefäſse hervorgebracht wird, zu deren Entstehung
eine gewisse Beschaffenheit dieser Flüssigkeit er-
forderlich ist, welche dieselbe bey der Einwir-
kung der respirirten Luft erhält.


Wir sind hier auf einen Gegenstand gekom-
men, dessen Aufklärung für die ganze Biologie
von der gröſsten Wichtigkeit ist, und welche da-
her eine nähere Untersuchung verdient.


§. 4.
Ursachen des Blutumlaufs.

Betrachtet man unbefangen mehrere Erschei-
nungen bey der Bewegung des Bluts und der blut-
ähnlichen Säfte auf den untern Stufen der leben-
den Natur, so kann man nicht zweifeln, daſs
hier eine Thätigkeit aus einem innern Princip ist.
Bey dem Umlauf, den die Flüssigkeit in den
Glie-
[261] Gliedern der Chara flexilis macht, läſst sich keine
Spur von Oscillationen oder Zusammenziehungen
der innern Haut jener Glieder bemerken, und bey
den Insekten, wo das Blut in dem Parenchyma
ohne Gefäſse flieſst, kann es unmöglich eine me-
chanische Ursache seyn, wodurch dasselbe getrie-
ben wird. In den bebrüteten Eyern der Vögel und
in reproducirten Theilen zeigen sich anfangs zer-
streute Blutstropfen, die nach und nach zu Strö-
men zusammenflieſsen, und erst, wenn diese
Ströme schon vorhanden sind, entstehen Gefäſse
für dieselben e). Selbst an dem hüpfenden Punkt
des Eys lassen sich bey seinen ersten Bewegun-
gen auch unter dem Vergröſserungsglase noch
keine Fibern wahrnehmen, und das Gefäſssystem
ist zu dieser Zeit noch unentwickelt, indem das
Blut in einerley Gefäſsen hin und her flieſst f).


Auf den höhern Stufen der thierischen Orga-
nisation hat allerdings das Herz einen wichtigen
Einfluſs auf den Blutumlauf, und wer nur jene
Stufen kennt, wird kaum anstehen, das Herz für
die einzige Triebfeder der Bewegung des Bluts
zu halten. In diesen Irrthum verfiel Haller.
Man erkannte in spätern Zeiten die Unrichtigkeit
seiner
R 3
[262] seiner Hypothese an, nahm indeſs eine nicht we-
niger unzulängliche Kraft, die Zusammenziehun-
gen der Arterien, als Erklärungsgrund zu Hülfe.
Diese und alle ähnliche Ursachen sind aber nur
mitwirkend zur Unterhaltung des Kreislaufs. Be-
trachtet man unter dem Mikroskop diese Bewe-
gung in jüngern durchsichtigen Amphibien, oder
in dem Gekröse ausgewachsener Thiere, so fin-
det man hier Erscheinungen, die den vorhin er-
wähnten an der Chara ganz ähnlich sind, und
offenbar eine andere Ursache als eine blos mecha-
nische voraussetzen. Das Blut fährt selbst bey
Fröschen, denen das Herz ausgeschnitten ist, noch
fort zu flieſsen. Zuweilen strömt es ununterbro-
chen nach dem Ursprung der groſsen Schlagader
zurück; in andern Fällen oscillirt es; in noch an-
dern setzt es im Gekröse seinen natürlichen Lauf
fort; und diese Bewegungen dauern oft eine hal-
be und ganze Stunde. Oeffnet man eine Ader,
so wird dadurch die abnehmende Bewegung wie-
der angefacht, und es flieſst, wenn das geöffnete
Gefäſs eine Vene ist, alles Blut aus den sämmt-
lichen, mit dieser in Verbindung stehenden Ve-
nen reissend schnell zur Wunde hin. Weder die
Schwere des Bluts, noch Zusammenziehungen
der Adern, noch eine Einsaugung in die klein-
sten Gefäſse sind die Ursachen dieser Bewegun-
gen. Sie geschehen auch der Schwere entgegen;
eine Zusammenziehung der Gefäſse läſst sich
nicht
[263] nicht bemerken, und kann auch nicht statt fin-
den, da selbst dann, wenn sich eine Schlagader
alles Bluts entleert, keine Abnahme ihres Durch-
messers wahrzunehmen ist; die Blutkügelchen
oscilliren auch eben so anhaltend in Blut, das
sich zwischen den Häuten des Gekröses ergossen
hat, als in demjenigen, das sich in den Gefäſsen
befindet; endlich sind jene Bewegungen nicht blos
nach den Enden der Gefäſse, wo allein eine Ein-
saugung möglich wäre, sondern eben so oft nach
den Stämmen, wo diese ganz wegfällt, gerichtet.


Alles dies hat Hallerg) selber bemerkt, und
er selber gestand, daſs er keine andere Ursache
dieser Erscheinungen anzugeben wüſste, als die
Anziehung, welche theils die Häute auf das Blut,
theils die Blutkügelchen gegenseitig auf einander
äussern, eine Ursache, die sich auch nicht be-
zweifeln läſst, weil ergossenes Blut immer von
den Rändern durchschnittener Gefäſse und von
dem Zellgewebe, womit diese Gefäſse befestigt
sind, angezogen wird, und weil nach einer Stelle,
wo sich mehrere Blutkügelchen vereinigt haben,
die Kügelchen aller mit dieser Stelle in Verbin-
dung stehenden Gefäſse beständig hinflieſsen. Bey
allem dem konnte sich Haller nicht von seiner
Meinung losmachen und dem Gedanken hingeben,
daſs
R 4
[264] daſs eine Ursache, die noch beym erlöschenden
Leben so mächtig ist, viel wirksamer im unge-
schwächten Zustande seyn müſste.


Ausser den angeführten Bewegungen des Bluts
giebt es aber noch viele andere, welche eben so
wenig aus mechanischen Ursachen herrühren kön-
nen.


In einer Schrift von C. F. Danielh) findet
sich die Zergliederung eines Kindes, welches ohne
Herz und Lungen gebohren wurde, dennoch aber
Arterien und Venen hatte. Daniel schloſs mit
Recht aus diesem Fall, daſs das Herz nicht die
einzige Triebfeder des Blutumlaufs seyn könne.
Halleri) suchte dagegen seine Meinung durch
die ganz willkürliche und höchst unwahrschein-
liche Voraussetzung zu retten, daſs ursprünglich
ein Herz vorhanden gewesen wäre, daſs dieses
aber zerstört worden sey, und daſs nach dem
Verlust desselben das Blut die unentbehrliche,
obgleich schwache Bewegung von der Natur er-
halten hätte.


Im
[265]

Im Journal de Médecine k) ist eine Ente be-
schrieben, in welcher die Herzohren, die Herz-
kammern und ein Theil der aus dem Herzen ent-
springenden Gefäſse völlig verknöchert waren,
und welche dennoch ganz gesund zu seyn schien.


Ein Beyspiel von einem Menschen, bey dem
sich die ganze linke Herzkammer in eine steinar-
tige Masse verwandelt hatte, und die Temporal-
arterien, die Kinnbackenschlagader und ein Theil
der Spindelschlagader verknöchert waren, dessen
Puls aber demohngeachtet voll und an beyden
Händen gleich war, hat Renauldin erzählt l).


Erdmann fand bey einer 83jährigen Frau die
Kranzarterien des Herzens, die Aorta, die Becken-
arterien und die Schenkelschlagadern bis an die
Kniekehle verknöchert m).


Bey dem Stöhr dringt die Aorta gleich nach
ihrem Ursprung in einen knorpelartigen Canal der
Wirbelsäule, und legt hier ihre Häute ganz ab.
Aus den Oeffnungen dieses Canals entspringen die
Zweige der Aorta. Das arterielle Blut flieſst also
bey jenem Thier eine ziemlich weite Strecke durch
eine Röhre mit ganz unbeweglichen Wänden n).


Bey
R 5
[266]

Bey der Aplysia öffnen sich, wie wir oben o)
sahen, die beyden Canäle, welche die Stelle der
Hohlvene vertreten, an vielen Stellen durch weite
Spalten in die Bauchhöhle. Und doch geht bey
diesem Thier der Blutumlauf eben so regelmäſsig
als bey andern von statten.


Alle diese Beyspiele, die sich leicht noch
vermehren lieſsen, beweisen, daſs der Blutumlauf
ohne Mitwirkung sowohl des Herzens, als der
Arterien fortdauern kann, und daſs Wilsonp)
und Rosaq) Recht hatten, in dem Blute selber
eine Ursache der Bewegung desselben anzunehmen.


§. 5.
Einfluſs des Nervensystems auf den Blutumlauf.

Die im vorigen §. vorgetragene Theorie er-
hält noch von einer andern Seite Bestätigung,
wenn wir den Einfluſs des Nervensystems auf
die Bewegung des Bluts untersuchen. Die Erfah-
rung lehrt hierüber folgendes.


1. Durchschneidung des Stamms, woraus die
sämmtlichen Nerven eines Gliedes entspringen,
z. B. der ischiadischen Nerven, zieht sogleich den
Verlust
[267] Verlust der Bewegung und Empfindung in den-
selben nach sich. Der Blutumlauf dauert in dem
gelähmten Theil noch einige Zeit fort; doch hört
er ebenfalls auf, und das Glied stirbt völlig ab,
wenn nicht, was zuweilen der Fall ist, die durch-
schnittenen Nervenenden wieder zusammenwach-
sen r). Im übrigen Körper setzt das Blut seine
Bewegung nach wie vor fort.


2. Derselbe Erfolg, den die Durchschneidung
der ischiadischen Nerven hat, tritt ein, wenn das
Rückenmark über dem Ort des Ursprungs dieser
Nerven durchschnitten wird. Doch hat diese Ope-
ration gewöhnlich auch einen bedeutenden Ein-
fluſs auf den ganzen Blutumlauf.


3. Durchschneidet man das Rückenmark am
entgegengesetzten Ende unter dem Hinterhaupts-
loche, so hören die von den Nerven des achten
Paars abhängenden Bewegungen des Athemho-
lens auf, und der Blutumlauf geräth in Stocken.
Er wird aber wieder rege, wenn man abwech-
selnd
[268] selnd Luft in die Lungen bläst und wieder aus-
zieht s).


4. Oeffnet man den hintern Theil des Schä-
dels und zerſtört das Rückenmark durch diese
Oeffnung, indem man einen Griffel in den Ca-
nal der Wirbelsäule bringt, und diesen erst bis
zum dritten oder vierten Wirbel, nach einer
Pause bis zum sechsten oder achten u. s. w. ein-
stöſst, so dauert der Blutumlauf anfangs noch ei-
nige Zeit fort, hört aber endlich mit dem Athem-
holen auf, und läſst sich dann nicht wieder durch
das Einblasen von Luft in die Lungen erwecken t).


5. Schneller tritt dieser völlige Stillstand des
Bluts ein, wenn man das Rückenmark nicht all-
mählig zerstört, sondern den Griffel plötzlich
einstöſst v).


6. Nicht weniger hört der Kreislauf des Bluts
auf, wenn man durch plötzliches Einstoſsen des
Griffels auch nur den Lendentheil des Rücken-
marks vernichtet. Und auch in diesem Fall wird
er durch Einblasen von Luft in die Lungen nicht
wieder rege gemacht w).


7.
[269]

7. Bey dieser, auf die Zerstörung des Rük-
kenmarks folgenden Hemmung des Blutumlaufs
dauert der Schlag des Herzens dennoch einige
Zeit fort, obgleich mit etwas verändertem Rhyth-
mus x).


8. Der Herzschlag dauert selbst an einem
ausgeschnittenen Herzen noch fort. Reitzungen
der Herznerven haben auf ihn keinen unmittel-
baren Einfluſs. Wohl aber wirken mechanische
und chemische, unmittelbar an die Muskelfasern
des Herzens angebrachte Reitzungen auf ihn ein y).


Was läſst sich aus diesen Thatsachen schlie-
ſsen? Die Antwort hierauf ergiebt sich, wenn
man Folgendes in Erwägung zieht.


Vermöge der beyden ersten Thatsachen un-
terhält jeder Theil des Rückenmarks und jeder
daraus
[270] daraus entspringende Nervenstamm den Blutum-
lauf in denjenigen Organen, die er mit Nerven-
zweigen versorgt. Diese Wirkung kann er nicht
etwa dadurch hervorbringen, daſs er auf das
Herz, als die erste Triebfeder des Blutumlaufs,
Einfluſs hat; denn der allgemeine Kreislauf geht
ungestört fort, nachdem in dem Gliede, dessen
Verbindung mit dem ganzen Nervensystem auf-
gehoben ist, das Blut schon zu flieſsen aufge-
hört hat.


Mit jener Voraussetzung stimmt auch die dritte
Thatsache überein. Hier kömmt zwar das Blut
im ganzen Körper zum Stillstand, obgleich blos
das Gehirn vom Rückenmark getrennt ist; aber
dieser Frfolg tritt nicht ein, weil das Gehirn ei-
nen Einfluſs auf den ganzen Kreislauf hat, son-
dern nur, weil durch dessen Einwirkung das
Athemholen hervorgebracht wird, von welchem
der allgemeine Kreislauf abhängig ist. Der letz-
tere wird wieder rege, sobald die Lungen wieder
in Thätigkeit gesetzt werden.


Eben so einleuchtend ist es bey der obigen
Voraussetzung, warum der Blutumlauf nach par-
tiellen Zerstörungen des Rückenmarks noch einige
Zeit fortdauert. Er wird nicht augenblicklich ge-
hemmt, weil jeder Nerve nach seiner Trennung
vom Gehirn und Rückenmark noch ein gewisses
Maaſs Kraft behält, welches hinreicht, die Be-
wegung
[271] wegung des Bluts einige Zeit zu unterhalten; er
hört aber endlich auf, weil dieses Maaſs doch
zuletzt erschöpft wird, und weil kein Ersatz der
Nervenkraft wegen der aufgehobenen Verbindung
mit dem Gehirn und Rückenmark mehr mög-
lich ist.


Anders ist es in der fünften und sechsten
Erfahrung bey dem Einstoſsen eines Griffels in
die ganze Wirbelsäule. Hier tritt eine Erschütte-
rung des ganzen Nervensystems ein, wodurch die
Kraft desselben eben so, wie bey einem Schlag
auf den Kopf, den Rückgrat und die groſsen Ner-
vengeflechte des Bauchs, augenblicklich vernich-
tet wird. Geschieht das Einstoſsen blos in den
untern Theil der Wirbelsäule, so ist die Zerstö-
rung zwar in Betreff des Rückenmarks nur par-
tiell. Doch pflanzt sich die Erschütterung durch
die zahlreichen Verbindungen des sympathischen
Nerven über den gröſsten Theil des Nervensy-
stems fort, und so tritt auch in diesem Fall der
Stillstand des Bluts sehr bald, obgleich bey jün-
gern Thieren nicht so schnell wie nach der Zer-
störung des ganzen Rückenmarks z) ein.


Nun aber währt in allen jenen Fällen, wo
der Kreislauf gehemmt ist, die Bewegung des
Herzens, der siebenten und achten Erfahrung zu-
folge, fort. Die Kraft dieses Organs ist dann
zwar
[272] zwar geschwächt. Aber bey Sterbenden bewegt
sich das Blut noch, obgleich die Kraft des Her-
zens gewiſs eben so gering, und oft wohl noch
geringer, als in jenen Fällen ist. Besitzen also
etwa die Arterien ein Vermögen sich zusammen-
zuziehen und zu erweitern? Sind es diese Be-
wegungen, die den Umlauf des Bluts vorzüglich
unterhalten, und welche mit dem aufgehobenen
Einfluſs des Nervensystems verloren gehen? Aber
die Blutgefäſse der Amphibien verhalten sich, wie
wir im vorigen §. sahen, bey dem Blutumlauf
ganz leidend, und doch treten bey diesen eben so
wohl als bey den warmblütigen Thieren die an-
geführten Erscheinungen nach der Zerstörung des
Rückenmarks ein. Es läſst sich also kein ande-
res Resultat ziehen, als dieses, daſs das Blut
eine eigene bewegende Kraft hat, die
von dem Nervensystem abhängt, und
zu deren Fortdauer der ungestörte Ein-
fluſs dieses Systems, besonders des Rük-
kenmarks, nothwendig ist
.


Von den Erfahrungen, worauf dieses Resultat
beruhet, gehören diejenigen, welche den Einfluſs
der Zerstörung des Rückenmarks auf den Kreislauf
betreffen, einem neuern Schriftsteller, Le Gallois.
Dieser hat aus denselben Folgerungen gezogen,
welche von den meinigen sehr abweichen. Seine
Hypothese scheint in Frankreich den allgemeinsten
Bey-
[273] Beyfall gefunden zu haben. Ich bin daher genö-
thigt, sie hier zu beleuchten.


Nach Le Gallois ist das Herz die einzige
Triebfeder der Bewegung des Bluts. Dieses er-
hält seine Kräfte aus allen Theilen des Rücken-
marks durch den sympathischen Nerven. Der
Herzschlag ist nicht, wie Haller glaubte, unab-
hängig von dem Einfluſs des Nervensystems. Die
nach der Zerstörung des Rückenmarks im Herzen
übrig bleibenden Bewegungen der Hallerschen
Irritabilität sind sehr verschieden von denen, wel-
che den Blutumlauf hervorbringen a).


Le Gallois scheint gar nicht geahnet zu ha-
ben, daſs eine andere Theorie der Bewegung des
Bluts möglich wäre, als die Hallersche, nach
welcher das Herz die einzige Triebfeder dieser
Bewegung ist. Es war daher freylich keine an-
dere Hypothese als die obige zur Erklärung der
Abhängigkeit des Blutumlaufs von dem Einfluſs
des Rückenmarks für ihn möglich. Frägt man
aber nach den Beweisen dieser Hypothese, so
findet man bey ihm blos folgende Gründe.


Wenn nach jener Voraussetzung das Herz die
Kraft, vermittelst welcher das Blut von demsel-
ben umgetrieben wird, aus dem ganzen Rücken-
mark schöpft, so wird nach der Zerstörung eines
Theils
IV. Bd. S
[274] Theils dieses Marks, z. B. des Lendenmarks,
jene Kraft nicht mehr hinlänglich seyn, um die
ganze Blutmasse in Umlauf zu setzen; doch wird
sie noch zureichen, um das Blut durch einen
Theil des Gefäſssystems zu treiben. Schränkte
man also nach einer solchen partiellen Zerstörung
des Rückenmarks den Weg, den das Blut vom
Herzen aus zu machen hat, durch Unterbindun-
gen der Gefäſse ein, so würde sich der Blutum-
lauf in einem Theil des Körpers unterhalten
lassen, und legte man die Ligaturen immer nä-
her zum Herzen an, so würde man einen im-
mer gröſsern Theil des Rückenmarks ohne gänz-
liche Unterbrechung des Kreislaufs zerstören kön-
nen. Le Gallois stellte in Beziehung auf die-
sen Schluſs mehrere Versuche an. Er unterband
an einigen Kaninchen die Aorta in der Gegend
der Lendenwirbel, und zerstörte das Rückenmark
zwischen dem letzten Rückenwirbel und dem er-
sten Lendenwirbel; andern Kaninchen schnitt er
den Kopf ab, unterband die Carotiden und die
Jugularvenen, zerstörte den Halstheil des Rücken-
marks, und ersetzte das Athmen durch Einbla-
sen von Luft in die Lungen; bey noch andern
nahm er die ganze untere Hälfte des Körpers bis
auf die Brust, den Magen, die Leber und den
zu diesen Organen gehörigen Theil des Rücken-
marks, und oben den Kopf weg, legte Ligaturen
um die Gefäſse, und setzte die Lungen durch
Ein-
[275] Einblasen in Bewegung. In allen drey Fällen
dauerte der Kreislauf zwischen dem Herzen und
den Ligaturen eine längere oder kürzere Zeit fort,
wenn die Versuche mit der gehörigen Vorsicht
angestellt waren, unter andern bey einem drey-
tägigen Kaninchen, woran der dritte Versuch ge-
macht war, länger als drey Viertelstunden b).


Ich gestehe, daſs ich an der Richtigkeit die-
ser Erfahrungen einigen Zweifel hege. Es kömmt
bey denselben vorzüglich darauf an, woraus Le
Gallois
den Stillstand und die Fortdauer des
Kreislaufs beurtheilte? Seine Antwort auf diese
Frage ist, daſs die Kennzeichen des gehemmten
Blutumlaufs sind: die Abwesenheit einer Blutung
beym Durchschneiden einer groſsen Arterie, oder
bey der Amputation eines Gliedes; die schwarze,
selbst beym Aufblasen der Lungen fortdauernde
Farbe des Schlagaderbluts, besonders des Bluts
der Carotiden, und das leere, zusammengefallene
Ansehn der letztern; endlich die Abwesenheit
der eigenthümlichen Sensibilitätsäuſserungen jedes
Theils, z. B. der Inspirationsbewegungen des Mun-
des c). Die beyden erstern Merkmale scheinen
zuverlässig zu seyn. Aber das letztere ist so un-
sicher wie möglich. Die Schenkel eines Frosches,
die
S 2
[276] die ich so präparirt hatte, daſs sie blos noch
durch ihre Nerven mit dem von dem Gehirn und
dem ganzen übrigen Körper getrennten Rücken-
mark zusammenhingen, zogen sich, wenn sie an
den Zehen gedrückt oder gekniffen wurden, auf
dieselbe Art zurück, als ob sie noch dem gan-
zen lebenden Frosch angehört hätten. Dauerte in
diesen Gliedern, worin die eigenthümlichen Sen-
sibilitätsäuſserungen noch vorhanden waren, auch
der Blutumlauf noch fort? Le Gallois’s eigene
Worte in seiner Beschreibung der obigen Versu-
che beweisen aber, daſs er oft allein aus diesem
trüglichen Kennzeichen auf die Fortdauer des
Kreislaufs geschlossen hat.


Doch setzen wir dies auch bey Seite, so be-
weisen die obigen Erfahrungen doch nicht das
mindeste für Le Gallois’s Hypothese. Es ist ein-
leuchtend, daſs die Unterbindungen der Gefäſse
nichts thun können, als das von dem Herzen
kommende Blut aufhalten, und dasselbe nöthigen,
durch die anastomosirenden Adern einen kürzern
Weg zu nehmen. Aber bringt denn nicht das in
den Gefäſsen der gelähmten Theile stockende Blut
schon dieselbe Wirkung hervor? Daſs die Bewe-
gung des Bluts in der Nähe des Herzens länger
dauert, wenn man einen Theil der Gefäſse vor
der partiellen Zerstörung des Rückenmarks unter-
bunden hat, als wenn keine Ligaturen angelegt
sind,
[277] sind, hat ganz andere Ursachen, als die von Le
Gallois
angegebenen. Im letztern Fall findet
das vom Herzen kommende Blut zwar eben so-
wohl einen Widerstand, als im erstern; aber es
findet ihn erst nach der Zerstörung eines Theils
des Rückenmarks, da es im erstern Fall schon
vor dieser Operation darauf stöſst. Daſs der
Erfolg in beyden Fällen verschieden seyn muſs,
ist augenscheinlich. Hierzu kömmt noch, daſs
die Anlegung der Ligaturen sich nicht ohne ei-
nen bedeutenden Blutverlust bewerkstelligen läſst.
Es ist aber bekannt, daſs durch Aderlässe der
gehemmte Blutumlauf wieder rege gemacht, und
der abnehmende länger als sonst unterhalten
wird d).


Eine so unrichtige Hypothese, wie die Gal-
loissc
he, konnte auf keine andere als sehr ge-
zwungene Erklärungen führen. Eine solche giebt
Le Gallois von der Thatsache, daſs der Blut-
umlauf nicht so schnell aufhört, wenn das Rük-
kenmark bey kleinen Stücken und pausenweise
zerstört wird, als wenn die Zerstörung auf ein-
mal geschieht. Hier sollen die partiellen Zerstö-
rungen die nehmlichen Wirkungen wie Unterbin-
dungen der Gefäſse hervorbringen, indem sie den
Blutumlauf in den mit dem vernichteten Mark
zusammenhängenden Theilen schwächen oder ganz
auf-
S 3
[278] aufheben, und so den Kreislauf auf die zunächst
am Herzen liegenden Theile einschränken e).
Nach dieser Erklärung und nach der ganzen Gal-
loiss
chen Hypothese müſste aber, wenn man die
Hälfte des Rückenmarks plötzlich zerstörte, der
Kreislauf sich in der Nähe des Herzens weit län-
ger, als nach partiellen Zerstörungen jenes Theils
erhalten; denn die erstere Operation bewirkte ja
in kürzerer Zeit und mit weniger Aufwand von
Kräften dasselbe, was die letztern thun. Und
doch ist der Erfolg der ganz entgegengesetzte!


So viel hielt ich für nöthig über eine Hypo-
these zu sagen, von der man ein neues groſses
Licht für die Lehre des Lebens verkündigt hat.
Ihrem Urheber wird das Verdienst bleiben, be-
wiesen zu haben, daſs der Einfluſs des Rücken-
marks auf den Blutumlauf gröſser ist, als man
vor ihm annahm. Aber seine Hypothese wird
schwerlich den Ruhm behalten, der ihr in dem
über seine Entdeckungen dem Französischen In-
stitut abgestatteten Bericht ertheilt ist, daſs erst
durch sie die Genauigkeit und die strenge Logik
in die Physiologie gebracht wären, denen die
übrigen physischen Wissenschaften ihre groſsen
Fortschritte verdanken f)


Drittes
[279]
Drittes Kapitel.
Speise und Trank. Aufnahme, Verähn-
lichung und Aneignung desselben
.

§. 1.
Nothwendigkeit der Speise und des Tranks für den thierischen
Körper.

Die Pflanzen sind im Stande, sich blos durch
Einsaugung der atmosphärischen Luft und des
Wassers
f)
S 4
[280] Wassers bis auf einen gewissen Punkt auszubil-
den. Aber der thierische Körper verliert durch
das Ausathmen und durch die Hautausdünstung
mehr an ponderablen Bestandtheilen, als er durch
das Einathmen und durch die Hauteinsaugung ein-
nimmt. Wir haben oben g) zweyer Respirations-
versuche
f)
[281] versuche gedacht, die Davy mit Mäusen unter
Glasrecipienten anstellte. Diese beweisen die
Wahrheit jener Behauptung. In dem einen Ver-
such verzehrte eine gesunde Maus binnen 55 Mi-
nuten von 15 Kubikzoll atmosphärischer, der Koh-
lensäure beraubten Luft 0,4 Kubikzoll Stickgas
und 2,6 Kubikzoll Sauerstoffgas, und hauchte da-
gegen 2 Kubikzoll kohlensaures Gas wieder aus.
Setzt man nun mit Lavoisier das Gewicht eines
Kubikzolls Stickgas = 0,444, das eines K. Z. Sauer-
stoffgas = 0,506, und das Gewicht eines gleichen
Volumens kohlensauren Gas = 0,689, so wird sich
die Menge der verzehrten Luft gegen die des er-
zeugten kohlensauren Gas wie 1,4 zu 1,3 verhal-
ten. Ausser dem kohlensauren Gas wurden aber
auch Wasserdämpfe entbunden, deren von Davy
nicht untersuchtes Gewicht ohne Zweifel weit be-
trächtlicher als 0,1 war. Dasselbe Resultat ergiebt
sich aus Davy’s zweitem Versuch. Hier verzehrte
eine Maus von 10,5 Kubikzoll Sauerstoffgas und
3 K. Z. Stickgas binnen fünf Viertelstunden 2,1
K. Z. Sauerstoffgas und 0,4 K. Z. Stickgas, wofür
1,7 K. Z. kohlensauren Gas entstanden war. In
diesem Falle verhielt sich also das Gewicht des
verzehrten Sauerstoffgas und Stickgas gegen das
Gewicht des erzeugten kohlensauren Gas wie 1,2
zu 1,1.


Geringer ist zwar das Gewicht des ausge-
hauchten kohlensauren Gas gegen das des ver-
S 5zehrten
[282] zehrten Sauerstoffgas und Stickgas bey den Thie-
ren der niedern Classen. In einem von Spallan-
zani
’s Versuchen zehrte eine Helix nemoralis in
atmosphärischer Luft 20 Theile Sauerstoffgas nebst
5 Theilen Stickgas auf, und entband dafür 7 Theile
kohlensauren Gas. In einem zweyten Versuch
wurden von einer Helix nemoralis in atmosphä-
rischer Luft 16 Theile Sauerstoffgas nebst 3 Thei-
len Stickgas verbraucht, und 5 Theile kohlensau-
ren Gas ausgeleert h). Im erstern Fall verhielt
sich das Gewicht der verzehrten Luft zu dem
der ausgeleerten wie 12,3 zu 4,8, im zweyten
Fall wie 9,4 zu 3,4. Hier übersteigt, wie man
sieht, die Einnahme an gasförmigen Stoffen bey
weitem den Verlust. Eben deswegen können die
Thiere der niedern Classen weit länger als die
der höhern sich blos von Luft erhalten, und blos
in dieser sogar an Gewicht zunehmen, wie Sorg’s
oben i) erzählte Erfahrung beweist, nach welcher
eine Aranea Diadema in 78 Kubikzoll atmosphäri-
scher Luft ohne alle weitere Nahrungsmittel bin-
nen einem Monat an Schwere zugenommen hatte.
Allein diese Fortdauer des Lebens bey der bloſsen
Aufnahme gasförmiger Stoffe findet auch bey je-
nen Thieren nicht in allen Perioden ihrer Exi-
stenz statt. So ist zu vermuthen, und Sorg’s
Ver-
[283] Versuche k) begünstigen diese Muthmaſsung, daſs
die Thiere der Schmetterlingsfamilie wohl als Pup-
pen, nicht aber als Raupen, der Atmosphäre mehr
Sauerstoff und Stickstoff entziehen, wie sie ihr
Kohlensäure zurückgeben. Spallanzani’s erwähn-
te Versuche beweisen übrigens nicht, daſs die
Schnecken mehr aus der Atmosphäre aufnehmen,
als sie überhaupt excerniren, da bey diesen Er-
fahrungen keine Rücksicht auf die wässrigen Dün-
ste genommen ist, die von den Schnecken eben
sowohl als von den Thieren der höhern Classen
ausgeleert werden.


Einige Thiere bedürfen also in allen, und ei-
nige wenigstens in gewissen Perioden ihres Le-
bens zur Fortdauer dieses Zustandes noch anderer
Stoffe als derer, die sie blos aus der Atmosphäre
schöpfen können; sie bedürfen mit Einem Wort
auch der Speise und des Tranks. Die Aufnah-
me, Verähnlichung und Aneignung dieser Mate-
rien macht das aus, was wir im ersten Abschnitt
dieses
[284] dieses Buchs die Ernährung im engern Sinn ge-
nannt haben, und wovon im gegenwärtigen Ka-
pitel die Rede seyn wird.


§. 2.
Nährende Beschaffenheit der verschiedenen Naturkörper.

Die Nahrungsmittel der Zoophyten und Thiere
sind vegetabilische und animalische Substanzen.
Es giebt zwar mehrere Beyspiele von Thieren, die
sich von mineralischen Substanzen zu nähren
scheinen. Pallas fand in dem Darmcanal des
Lumbricus echiurus blos einen sehr feinen Sand l),
und Bonnetm) bey den Regenwürmern der er-
sten Art, woran er seine Reproductionsversuche
machte, (Lumbricus variegatus?) den Darmcanal
mit Erde angefüllt. Auch schien es diesem, daſs
solche Würmer, denen er Erde gegeben hatte, ab-
geschnittene Theile geschwinder ersetzten, als
diejenigen, die blos Wasser hatten. Beym Ju-
lus terrestris besteht der Koth aus Sandkörnern.
Doch friſst dieses Thier zugleich Fleisch und
Zucker
[285] Zucker n). Bory de St. Vincent traf viele
Exemplare des Pyrosoma atlanticum Peron. an,
die inwendig Sand enthielten o). Nach Reau-
mur
p) nähren sich die Larven verschiedener Ar-
ten der Tipula von bloſser Erde. Ich habe in
dem Koth des Limax cinereus und der Helix Po-
matia immer eine beträchtliche Menge Sand ge-
funden. Homeq) traf in dem Nahrungscanal des
Ornithorynchus Hystrix Sand an. Das mit dem
Schnabelthier verwandte Schuppenthier r), und alle
hühnerartige Vögel verschlucken Steine. Eine
Menge anderer Thiere, in deren Nahrungscanal
Sand oder Steine gefunden werden, erwähnt Hal-
ler
s). Sogar von Völkerschaften giebt es Bey-
spiele, die Erdarten und Steine verschlucken.
Schon Gumillat) erwähnt einer solchen Nation
in
[286] in Südamerika. Von Humboldtv) fand am Oro-
noko eine Völkerschaft, (vielleicht dieselbe, wo-
von Gumilla erzählt,) welche die drey Monate
hindurch, wo der Strom zu hoch ist, um Schild-
kröten zu fangen, fast ganz von einer Erde lebt,
die sie leicht brennt und befeuchtet. La Bil-
lardiere
w) sahe die Neucaledonier den Hunger
mit einem grünlichen, weichen und zerreiblichen
Speckstein stillen. Vauquelinx), der diesen Stein
untersuchte, fand darin Kalkerde, Kieselerde, Ei-
senoxyd, etwas Kupfer und Wasser.


Allein diese Beyspiele, so merkwürdig sie
auch in anderer Rücksicht sind, beweisen doch
nicht, daſs irgend ein Thier oder Zoophyt sich
blos von mineralischen Substanzen nährt. Die
Säugthiere und Vögel, welche Steine und Sand
verschlucken, thun dies, nach Harvey’s y) wahr-
scheinlicher Vermuthung, um die Insekten und
Körner, wovon sie sich nähren, vermittelst der-
selben zu zerreiben. Bey den Würmern und In-
sekten, in deren Darmcanal Sand angetroffen wird,
würde dieser blos in dem Magen gefunden wer-
den,
[287] den, in dem Darmcanal aber schon aufgelöst und
dem thierischen Körper verähnlicht seyn müssen,
wenn jene Thiere sich blos von demselben nährten.


Bey allem dem ist es sehr wohl möglich,
daſs eine gewisse Quantität mineralischer Mate-
rie dem thierischen Körper zur Nahrung dienen
kann. Wenigstens aufzulösen vermag dieser selbst
die härtesten Steine. Nach einer von Blumen-
bach
z) angeführten Beobachtung F. Plater’s
war ein Onyx, den eine Henne verschluckt hatte,
nach vier Tagen um den vierten Theil kleiner ge-
worden. Daſs einige Völker ihren Hunger mit Mi-
neralien stillen, läſst sich auch nicht wohl erklä-
ren, wenn man nicht etwas Nährendes in diesen
Substanzen annimmt. La Billardiere’s und
Vauquelin’s Behauptung, jene Steinarten dienten
blos, um das Gefühl des Hungers durch Füllung
des Magens abzustumpfen, ist deswegen nicht
wahrscheinlich, weil bloſse Ausdehnung des Ma-
gens den Hunger nicht zu betäuben vermag.
Dieser ist nicht bloſse Empfindung von Leerheit
des Magens, sondern ein Gefühl des Bedürfnisses
zum Ersatz der Kräfte. Nur excitirende und nar-
kotische Mittel können dieses Gefühl auf einige
Zeit unterdrücken, nicht aber Dinge, die den
Magen blos auf eine mechanische Art anfüllen.


§. 3.
[288]
§. 3.
Aufnahme der Nahrungsmittel. Stadien der Ernährung.

Ausser vegetabilischen und animalischen Stof-
fen nimmt jeder thierische Körper auch Wasser als
Nahrungsmittel auf, und zwar, wie schon im
zweyten Buche dieses Werks a) bemerkt ist, desto
mehr, je niedriger die Stufe der Animalität ist,
worauf er sich befindet. Das Organ, wodurch
diese Aufnahme vorzüglich geschieht, ist die gan-
ze äussere Fläche des Körpers. Unaufhörlich ab-
sorbirt die äussere Haut nicht nur den Sauerstoff
und einen Theil des Stickstoffs der Atmosphäre,
sondern auch den in der Luft enthaltenen Was-
serdunst. Bey dem Menschen erhellet diese Ein-
saugung daraus, weil manche blos äusserlich
angewandte Arzneymittel in die Masse der Säfte
übergehen, und mit dem Harn, Schweiſs, oder
Speichel wieder ausgeleert werden, und weil in
der Harnruhr oft eine lange Zeit hindurch täglich
mehr Urin abgeht, als der Kranke an Speisen und
Getränken zu sich nimmt, und als die ganze
Quantität seiner Säfte ausmacht b).


Deutlicher und auffallender aber zeigt sich
diese Inhalation bey den Thieren der niedern
Classen.


Die
[289]

Die Amphibien aus der Familie der Frösche
trinken nicht. Dagegen besitzt ihre Haut ein de-
sto stärkeres Absorbtionsvermögen. Sie magern
im Trocknen sehr schnell ab, erhalten aber in
einem feuchten Medium eben so bald ihr voriges
Volumen wieder. Oft saugen sie eben so viel
Wasser ein, wie ihr ganzes Gewicht beträgt, und
zwar geschieht diese Absorbtion blos mit der un-
tern Fläche des Körpers c).


Eine Helix nemoralis L., die man unter Was-
ser ersticken läſst, saugt während ihrem Aufent-
halt in diesem Element eine beträchtliche Menge
desselben ein. Sie verliert dasselbe aber nach
zwölf bis funfzehn Stunden, und kömmt zu ih-
rem vorigen Gewichte zurück, wenn man sie der
Luft aussetzt d).


Viele Eingeweidewürmer ziehen, wenn man
sie aus ihrem Wohnort unmittelbar ins Wasser
bringt, eine so groſse Menge Flüssigkeit durch die
Oberfläche ihres Körpers ein, daſs ihre Runzeln
sich entfalten und daſs sie oft bis zum Platzen
ausgedehnt werden e).


Es
IV. Bd. T
[290]

Es giebt vielleicht unter den infusorischen
Zoophyten manche, die sich blos durch diese Haut-
absorbtion nähren. Vielleicht gehören dahin auch
die Riemenwürmer (Ligula), an welchen sich gar
keine äussern Organe entdecken lassen f). Aber
alle mehr zusammengesetzte thierische Organis-
men nehmen durch eine oder mehrere Oeffnungen
ihres Körpers Nahrungsmittel aus dem Thier- und
Pflanzenreiche auf. Bey den meisten giebt es nur
einen einzigen Mund, und da, wo mehrere sol-
cher Oeffnungen vorhanden sind, vereinigen sich
doch die aus ihnen entspringenden Canäle zu ei-
nem einzigen Behälter.


Durch mehr als Einen Mund nähren sich auf
die einfachste Art die Rhizostomen, die ohngefähr
achthundert Oeffnungen haben, vermittelst wel-
cher sie das Meerwasser aufnehmen, die Hydati-
den, und einige andere mit Saugwarzen oder Saug-
blasen versehene Eingeweidewürmer g). Wenn
es wirklich Zoophyten giebt, die sich blos von
den Flüssigkeiten erhalten, welche sie durch die
Oberhaut einsaugen, so sind jene die nächsten
Verwandten derselben.


Bey den Rhizostomen gelangt der aufgenom-
mene Nahrungssaft durch Canäle, die sich unter
einander verbinden, in einen gemeinschaftlichen
Behäl-
[291] Behälter, aus welchem derselbe durch andere
sich zerästelnde Canäle im Körper weiter vertheilt
wird. Eben diese Struktur finden wir bey den
meisten Eingeweidewürmern. Nur die Kratzer
(Echinorynchus), deren Nahrung in zwey blinde,
frey im Körper herabhängende Canäle gelangt, ma-
chen hiervon eine Ausnahme.


Die einfachste Ernährungsart durch einen ein-
zigen Mund treffen wir bey den Hydern, After-
polypen (Brachionus) und Vorticellen an. Der
Armpolyp nährt sich von kleinen Wasserthieren.
Er ergreift diese mit seinen Fangarmen. Der sack-
förmige Behälter, woraus sein Körper gröſsten-
theils besteht, öffnet sich und nimmt die Beute
auf. Kaum ist sie verschlungen, so wird sie schon
verändert; sie verwandelt sich in eine homogene
Masse, und verliert dabey immer mehr von ih-
rem Volumen; endlich öffnet sich der Mund des
Polypen wieder, und ein Theil der aufgenom-
menen Speise wird auf eben dem Wege, worauf
er in den Magen der Hyder gekommen ist, aus-
geleert. Diese schnelle Auflösung dessen, was in
den letztern gelangt ist, geht sogar dann vor sich,
wenn, wie nicht selten der Fall ist, die verschlun-
genen Thiere lange Würmer sind, die der Magen
nur zur Hälfte fassen kann. Die eine Hälfte
sucht dann oft noch zu entfliehen, indem die an-
dere schon verdauet ist. Ja, der Polyp ist auch
T 2im
[292] im Stande, mit seiner äussern Fläche zu ver-
dauen. Man kann ihn umstreifen, und die in-
nere Fläche seines Magens zur äussern machen,
und doch erfolgen die erwähnten Phänomene noch
eben so wie zuvor.


Auf eine eben so einfache Art muſs die Er-
nährung bey dem Pyrosoma atlanticum Peron.
vor sich gehen, einem Zoophyt, das blos aus ei-
nem an dem einen Ende verschlossenen, an dem
andern offenen, an dieser Oeffnung mit einem
Ringe dicker Hervorragungen versehenen, und
auf der innern Fläche mit einem zarten Netz
von Gefäſsen bekleideten Sack besteht h).


Denkt man sich mehrere zu einem einzigen
Stamm verbundene und mit ihren Darmsäcken in
einen gemeinschaftlichen Behälter sich öffnende
Armpolypen, so hat man das Bild einer Thier-
pflanze aus der Familie der Seefedern. Hier giebt
es eine Menge Oeffnungen zur Aufnahme der
Speisen, wie bey den Rhizostomen; aber jeder
Mund ist eine nicht blos zum Einsaugen von
Flüssigkeiten organisirte, sondern mit Fangarmen
umgebene Oeffnung, durch welche feste Nah-
rungsmittel aufgenommen werden. Bey Pennatula
Cynomorium Pall. ist der Schaft allenthalben mit
Organen besetzt, welche eben so vielen Armpo-
lypen gleichen. Den Mund jedes dieser Organe
umge-
[293] umgeben acht kegelförmige, sägeförmig ausge-
zahnte Fangarme, und der Magen endigt sich in
fünf dünne, gelbliche, geschlängelte Därme, wel-
che nicht völlig bis zum letzten Drittel der Länge
des Organs hinabreichen, sich dann in fünf noch
feinere Gefäſse verlängern, in die Substanz des
Stamms der Seefeder eindringen, und mit den
von den übrigen Organen kommenden Gefäſsen
zu einem gemeinschaftlichen Netz anastomosiren,
wodurch der Nahrungssaft im ganzen Körper ver-
breitet wird i).


Aus diesen von den untersten Stufen der
Organisation hergenommenen Beyspielen erhellet,
daſs jede, und selbst die einfachste thierische Er-
nährung vier Stadien hat: Das Stadium der Auf-
nahme
der Speise; das der Verähnlichung
derselben; das der Aneignung des Assimilirten,
und das der Ausleerung dessen, was dem Or-
ganismus unbrauchbar ist.


Es könnte scheinen, daſs das letztere Stadium
bey einigen Thieren oder Zoophyten fehle. Allein
wenn auch bey vielen keine sichtbare Exkre-
tionen vorhanden sind, so ist doch nicht zu zwei-
feln, daſs bey allen eine mit der Nutrition in Be-
ziehung stehende Ausleerung gasförmiger Stoffe
durch
T 3
[294] durch die Haut und die Respirationsorgane statt
findet. Ernährung und Athemholen stehen in en-
ger Verbindung. Wo mehrere Theile ein gemein-
schaftliches Ganzes ausmachen und sich wechsel-
seitig ernähren, da findet eine gemeinschaftliche
Respiration statt. Dies ist der Fall bey den See-
federn, welche dergestalt Athem holen, daſs sie
durch das untere Ende ihres Stamms Wasser ein-
ziehen und wieder aussprützen k). Ohne diese
gemeinschaftliche Respiration würden jene Zoo-
phyten bloſse Aggregate von Polypen seyn.


Nach Sorg’s l) Beobachtungen ziehen sich
bey Insekten, die wohl genährt sind und eine
Zeit lang geruhet haben, die beyden mittlern
Paare der Stigmate, also gerade die, durch welche
das Hauptorgan der Ernährung, der Magen, mit
Luft versorgt wird, am kräftigsten zusammen.
Eben diesem Schriftsteller zufolge m) sterben wohl-
genährte Thiere schneller in mephitischen Gas-
arten, als solche, die vor dem Einschlieſsen ge-
hungert haben, woraus erhellet, daſs das Bedürf-
niſs des Athemholens mit der Menge der zu assi-
milirenden Materie in Verhältniſs steht. Es ist
ferner eine von Spallanzanin) an der Helix ne-
moralis,
[295] moralis, lusitanica und itala L. gemachte Bemer-
kung, daſs statt einer Verminderung eine Zunah-
me des Stickstoffs der geathmeten Luft eintritt,
wenn die Thiere reichlich und mit Begierde ge-
fressen haben. Auch nahm Sorgo) wahr, daſs
nach einer reichlichen Mahlzeit eine groſse Menge
kohlensauren Gas erzeugt wird, hingegen Thiere,
die eine Zeit lang gehungert haben, nur eine ge-
ringe Quantität desselben ausathmen. Alle diese
Beobachtungen führen auf den Schluſs, daſs die
Verdauung immer von einer Ausleerung gewisser
Gasarten begleitet ist, einer Exkretion, die so
allgemein ist, wie die Hautausdünstung und das
Athemholen.


§. 4.
Nahrungsmittel der verschiedenen Thiere.

Die Art der Ernährung steht nicht immer mit
den verschiedenen Classen und Familien der leben-
den Organismen in genauer Beziehung. Die Thiere
lassen sich in dieser Hinsicht unter drey gröſsere
Abtheilungen bringen. Zur ersten gehören die-
jenigen, die sich blos von thierischen Substanzen
nähren; zur zweyten die, welche blos vegetabi-
lische Stoffe zu sich nehmen, und zur dritten
die, deren Nahrungsmittel sowohl vegetabilischer,
als animalischer Art sind.


Jede
T 4
[296]

Jede dieser Abtheilungen hat wieder mehrere
Unterordnungen. Auf eine andere Art geschieht
die Ernährung bey denen Thieren, die sich von
Fleisch nähren; anders ist sie bey denen, die
harte Crustaceen und Insekten unzermalmt ver-
schlucken, und noch anders bey denen, deren
Nahrung blos in thierischen Säften besteht. Eben
so unterscheiden sich die pflanzenfressenden Thiere
in solche, die weiche vegetabilische Theile ver-
zehren; in solche, die Körner oder Insekten ver-
schlucken, und in solche, die vegetabilische Flüs-
sigkeiten einsaugen.


Nur wenig Thiere gehören aber einer dieser
Ordnungen ausschlieſslich an. Die meisten ste-
hen zwischen mehrern Ordnungen in der Mitte,
indem sie sich bald mehr zu dieser, bald mehr
zu jener Nahrungsweise neigen. Durch die Noth
gezwungen gehen sogar manche aus einer Ord-
nung in die andere über. Dies ist z. B. häufig
der Fall mit den Rindern und Pferden. Schon
Herodot und Strabo erzählen von Asiatischen
Völkern, die ihre Ochsen und Kühe mit Fischen
fütterten. Eben dies geschieht noch jetzt in eini-
gen Gegenden von Irland p). Im südlichen Afrika
fressen die Ochsen als Gegenmittel gegen die
scharfen Säfte der Salzpflanzen, wovon sie sich
dort
[297] dort zu nähren gezwungen sind, Lumpen, Felle,
trocknes Leder, Knochen, ja Kieselsteine, Sand,
und ihren eigenen Mist q). Etwas Aehnliches er-
zählen Schöpfr) und Hearnes) von den Pfer-
den einiger Gegenden von Nordamerika. Hearnet)
sahe auch bey den Nordamerikanischen Wilden ge-
zähmte Biber, die Rebhühner und frisches Wild-
pret gerne fraſsen. Noch eine Menge anderer
Beyspiele der Art hat Hallerv) gesammelt.


Es ist daher keine scharfe Trennung der
Thiere und Zoophyten nach der Verschiedenheit
ihrer Nahrungsmittel möglich. Wenn also in den
folgenden Bemerkungen von fleisch-, körner-, oder
insektenfressenden Thieren die Rede seyn wird,
so ist darunter nicht zu verstehen, daſs sich diese
ausschlieſslich von jenen Substanzen nähren, son-
dern nur, daſs jene Materien vorzüglich ihre Nah-
rung ausmachen.


Der Mensch hat den Vorzug vor den meisten
übrigen Thieren, daſs er an kein Nahrungsmittel
gebunden ist. Es giebt ganze Völker, die blos
von
T 5
[298] von Fleisch leben; es giebt andere, die sich blos
von Vegetabilien nähren.


Er ist in dieser Hinsicht sehr verschieden von
den Affen, die sich vorzüglich von Vegetabilien
nähren und nur, wenn ihnen Pflanzenkost fehlt,
sich an thierischen Nahrungsmitteln, besonders an
Insekten, sättigen. Fleisch von vierfüſsigen Thie-
ren fressen die meisten Affen entweder gar nicht,
oder nur wenn es gekocht ist, und auch gegen
gekochtes Fleisch haben manche einen Wider-
willen.


Die Makis nähern sich schon mehr den ei-
gentlichen fleischfressenden Thieren. Der Mon-
goz (Lemur Mongoz) friſst Früchte. Der Benga-
lische Lori (Lemur tardigradus) nährt sich eben-
falls von Früchten, aber noch lieber von Insek-
ten, Eyern und Vögeln.


Früchte, Wurzeln und Insekten sind auch
die Nahrungsmittel der meisten, zur Familie der
Faulthiere gehörigen Arten. Die eigentlichen
Faulthiere (Bradypus didactylus und tridactylus)
und die meisten Gürtelthiere nähren sich von
Pflanzen w), die Ameisenbären (Myrmecophaga),
Schup-
[299] Schuppenthiere (Manis), und vermuthlich auch
das Schnabelthier (Ornitorynchus) von kleinen In-
sekten, besonders Ameisen, der Orycteropus
Geoffr. von Ameisen und Wurzeln.


Vorzüglich von Insekten nähren sich auch
die meisten kleinern Arten der Fledermäuse. Doch
ist dieses Thiergeschlecht den eigentlichen Carni-
voren schon verwandter, als eines der vorhin er-
wähnten. Unter den gröſsern Fledermäusen, die
oben und unten vier Schneidezähne haben, giebt
es wahre fleischfressende Thiere.


Von den zur Hundefamilie gehörigen Thieren
giebt der Bär ein auffallendes Beyspiel, wie ver-
schieden oft sehr verwandte Thiere, und sogar
bloſse Varietäten, in ihrer Nahrungsweise sind.
Der Europäische Landbär hat zwey Spielarten,
eine, die fast blos von Vegetabilien lebt, und
eine, die sehr begierig auf Fleisch ist. Beyde
Varietäten hat man bisher blos nach der Farbe
und
w)
[300] und Gröſse unterschieden. Diese Kennzeichen
sind aber gewiſs nicht zureichend. Klein und
Rcaczinsky geben die pflanzenfressende Art für
schwarz und für die gröſsere, die fleischfressende
aber für braun und für die kleinere aus. Hearnex)
sagt ebenfalls, daſs es in Nordamerika der schwar-
ze
Bär ist, der im Sommer, wenn die wilden
Beeren reif sind, diese Früchte so übermäſsig
verschlingt, daſs er täglich eine groſse Menge der-
selben unverdauet wieder von sich giebt. Worm
hingegen beschreibt die erstere Art als braun und
als die gröſsere, die letztere als schwarz und als
die kleinere. Vermuthlich unterscheiden sich diese
Varietäten durch andere, noch unbemerkte Cha-
raktere. Auf jeden Fall aber sind sie so nahe ver-
wandt, daſs sie sich schwerlich für etwas mehr
als bloſse Spielarten annehmen lassen. Von den
übrigen Bärenarten gehört der Eisbär ganz zu
den fleischfressenden Thieren y). Der Amerika-
nische Bär nähert sich wieder mehr den pflan-
zenfressenden Thieren, obgleich er wohl nicht,
wie Du Pratzz) sagt, sich blos von Vegetabi-
lien nährt, sondern, nach Brickella), auch von
Fischen lebt. Nach Hearneb) giebt es im nörd-
lichsten
[301] lichsten Theile von Amerika noch eine Bärenart,
die vorzüglich kleine Eichhörnchen und Mäuse
liebt, und groſse Strecken Landes in Furchen
aufwühlt, um sich diese Lieblingskost zu ver-
schaffen. Jener von Dupratz und Brickell er-
wähnte Bär ist vielleicht von dieser Art noch ver-
schieden.


Rein fleischfressende Thiere sind die sämmt-
lichen Arten des Katzengeschlechts. Blos die Haus-
katze friſst zum Theil auch Pflanzen. Alle übrige
Thiere dieses Geschlechts rühren aber, selbst in
der Gefangenschaft, keine Vegetabilien an. Zwar
sollen, nach de la Borde’s Versicherung c), der
Jaguar und Couguar junge Zweige und Knospen
fressen. Allein Azarad) widerspricht geradezu
dieser unwahrscheinlichen, von keinem andern
glaubwürdigen Zeugniſs unterstützten Erzählung.


Nächst den Katzen nimmt das Hundegeschlecht
in der Reihe der fleischfressenden Thiere die erste
Stelle ein. Durch zwey Arten, den Fuchs und
den Haushund, nähert sich dieses jedoch schon
wieder den pflanzenfressenden Thieren. Der Fuchs
liebt bekanntlich Früchte, besonders Weintrauben.
Der Hund läſst sich an bloſse Pflanzenkost ge-
wöhnen, obgleich er im Zustande der Wildheit
ein eben so reissendes Thier wie der Wolf ist.
Noch
[302] Noch mehr als der Fuchs und der Haushund le-
ben von gemischter Nahrung die Viverren, Wie-
sel (Mustela), Ottern (Lutra), Robben (Phoca),
Dachse (Meles) und Beutelthiere (Didelphis), am
meisten aber die Maulwürfe (Talpa), Spitzmäuse
(Sorex) und Igel (Erinaceus).


Einige dieser fleischfressenden Thiere genie-
ſsen blos frische animalische Substanzen; andere
ziehen faulendes Fleisch vor. Das Erstere thun
alle Katzenarten, die meisten Viverren und Wie-
sel. Viele dieser Thiere würgen blos des frischen,
warmen Bluts ihrer Schlachtopfer wegen. Das
Letztere geschieht von den meisten Arten des
Hundegeschlechts, besonders der Hyäne, dem Cha-
kal und dem Wolf. Die vegetabilischen Nah-
rungsmittel der hundeartigen Thiere bestehen meist
in Wurzeln und Früchten. Gras und Kräuter
fressen blos die Ottern. Die gemeine Otter nährt
sich im Frühling von jungem Grase, die See-
otter von Meergras. Von der letztern bemerkt
aber Stellere) ausdrücklich, daſs sie nur dann
zum Meergrase ihre Zuflucht nimmt, wenn ihr
Seekrebse, Mollusken und Fische fehlen, die ihre
gewöhnliche Nahrung ausmachen.


Die Nagethiere bilden in Hinsicht auf ihre
Nahrungsweise zwey Reihen, von denen die eine
mehr den rein fleischfressenden Thieren, die an-
dere
[303] dere mehr den bloſsen Herbivoren verwandt ist.
Zur erstern gehören vorzüglich die mäuseartigen
Thiere (Marmota, Spalax, Lemmus, Cricetus,
Mus, Glis). Einige, z. B. die Waldmaus (Mus
sylvaticus) und der Hamster (Cricetus germanicus),
sind wahre Raubthiere. Alle diese mäuseartigen
Thiere haben dabey dies mit den Thieren der
Hundefamilie gemein, daſs ihre vegetabilischen
Nahrungsmittel meist in Saamen, Früchten oder
Wurzeln, seltener in Blättern und andern weni-
ger nahrhaften Pflanzentheilen bestehen. Unter
ihren Pflanzenspeisen giebt es einige, die für den
Menschen heftige Gifte sind. So friſst der Lem-
mus Oeconomus die Wurzeln einer giftigen Art
von Fingerhut und Anemone f). Keines dieser
Nagethiere nährt sich aber ausschlieſslich von ge-
wissen Thier- oder Pflanzenarten. Die Nahrungs-
mittel der Ratze sind so verschieden, als die Pro-
dukte der sämmtlichen Welttheile, worüber sich
diese Mäuseart verbreitet hat. Auf den Societäts-
inseln leben sie zum Theil von den Blumen und
Schoten der Erythrina Corallodendron g).


Nagethiere, die sich mehr den Herbivoren
nähern, sind vorzüglich die Hasen, und nächst
diesen die Stachelschweine, Savien, Eichhörner,
Spring-
[304] Springhasen (Jaculus) und Bieber. Die Hasen
sind blos Herbivoren, und, wie in mehrern an-
dern Stücken, so auch darin den Rindern-ver-
wandt, daſs sie Blätter, Zweige und Rinden fres-
sen. Merkwürdig aber ist es, daſs, so sehr sie
auch sonst Herbivoren sind, doch die Weibchen
derselben den Mutterkuchen nebst dem Nabel-
strang ihrer Jungen verzehren h). Die Stachel-
schweine und Savien scheinen ebenfalls blos Her-
bivoren zu seyn. Das Wasserschwein (Savia Ca-
pybara) ist zwar nach Buffoni), so wie der Coen-
dou (Hystrix brachiura Linn. Syst. Nat. Ed. X.),
nach Piso und Marggraf, fleischfressend. Allein
Azara’s Beobachtungen k) beweisen, daſs beyde
Thiere pflanzenfressend sind. Piso’s und Marg-
graf
’s Zeugniſs verdient auch gar keinen Glau-
ben, da diese offenbar ein anderes Thier mit dem
Coendou zusammengeworfen haben. Doch giebt
es ein Alles fressendes Thier unter den Savien,
die Savia Aguti l). Mehr fleischfressend sind die
Eichhörner, die zuweilen junge Vögel überfallen,
die Springhasen, die begierig auf Fleisch sind m).
und
[305] und auch die Biber, wenn es wahr ist, was
Buffonn) sagt, daſs diese nicht nur Baumrin-
den, sondern auch Fische und Krebse fressen.


Die Nagethiere haben noch das Eigene, daſs
sie sehr wenig trinken, und daſs viele ihren eige-
nen Urin begierig auflecken. Sulzero) erzählt
dies vom Hamster, und Pallasp) von dem Bo-
bak (Marmota Bobac), dem Souslik (Marmota Ci-
tillus) und der Springmaus (Jaculus Jerboa). Der
Bobak säuft niemals Wasser, wenn es ihm auch
vorgesetzt wird; der Souslik hingegen trinkt nur
seinen Urin, wenn er kein Wasser hat. Jener
aber nährt sich von Vegetabilien, und verschluckt
sehr begierig fette Erde, die vom Regen ange-
feuchtet ist; dieser hingegen ist fleischfressend.


Der Hase macht, wie in seinem Bau, so auch
in seiner Nahrungsweise, den Uebergang von den
Nagethieren zur Familie der Rinder. Gleich ihm
leben alle Thiere dieser Familie blos von Vegeta-
bilien. Die meisten sind dabey sehr begierig auf
Salz, dessen Genuſs die Absonderung des Fetts
bey ihnen befördert. Der Alpensteinbock leckt
beständig an Steinen, die Salztheile enthalten. Es
giebt Felsen in der Schweitz, die an einigen Stel-
len
IV. Bd. U
[306] len von diesem Lecken ganz ausgehöhlt sind q).
In Südamerika, auf der Nordseite des Plata-
flusses, sind alle Rinder, und auch andere gras-
fressende Thiere so begierig auf Salz, daſs sie
sich selbst durch Schläge vom Auflecken einer ge-
wissen salzigen Erdart nicht abhalten lassen, wenn
sie dieselbe lange haben entbehren müssen, und
in einigen der dortigen Gegenden läſst sich gar
kein Vieh ohne Salz aufziehen. Wahrscheinlich
ist eine eigene Mischung der dortigen Gräser die
Ursache dieser Nothwendigkeit des Salzes r).


Von Pflanzen leben auch alle Arten der Schwei-
nefamilie. Nur das gemeine Schwein ist auch
im wilden Zustande ein Alles fressendes Thier.
Ein von Allemands) beschriebener Tapir, der in
Holland herumgeführt wurde, fraſs ebenfalls al-
les, was man ihm vorwarf, Wurzeln, Fische,
Fleisch, und, wenn er hungrig war, sogar seine
eigenen Exkremente. Vielleicht aber war dieses
Thier nur in der Gefangenschaft an gemischte
Nahrung gewöhnt worden. Wenigstens stimmen
alle, die den Tapir in seinem Vaterlande zu be-
obachten Gelegenheit gehabt haben, darin überein,
daſs er im Zustande der Wildheit blos von Ve-
getabilien lebt.


Von
[307]

Von vegetabilischen Substanzen, und nament-
lich von Tangen (Fucus), nähren sich ferner alle
Arten von Seekühen. Nur das Wallroſs (Rosma-
rus), dessen Bau auch von der Struktur der übri-
gen Seekühe beträchtlich abweicht, lebt zugleich
von Schaalthieren, die es mit seinen langen Eck-
zähnen von den Felsen losstöſst, und macht den
Uebergang zu den übrigen Cetaceen, die insge-
sammt Raubthiere sind, und sich von Fischen,
Crustaceen und Mollusken nähren t).


Die Vögel zeigen ähnliche Verschiedenheiten
in der Nahrungsweise wie die Säugthiere. Die Fa-
milie der Habichte enthält blos fleischfressende
Thiere, die der Strauſse, Hühner und Sperlinge
meist pflanzenfressende Arten; die Vögel der übri-
gen Familien nähren sich theils mehr von Fleisch,
theils mehr von Vegetabilien. Es giebt aber kei-
nen pflanzenfressenden Vogel, der nicht auch In-
sekten und Würmer fräſse. Die Raubvögel hin-
gegen nehmen nicht so leicht zu vegetabilischen
Nahrungsmitteln ihre Zuflucht, wenn ihnen ani-
malische Kost fehlt, und lassen sich nicht leicht
an Pflanzenspeisen gewöhnen. Doch leidet dieser
Satz auch Ausnahmen. So sind die Möven (La-
rus) die Raubvögel des Meers. Sie haben dabey
so
U 2
[308] so viel Aehnlichkeit im Aeussern mit den Geyern,
daſs man vermuthen sollte, auch ihre Ernährungs-
organe müſsten mit denen der letztern überein-
kommen. Aber ihr Nahrungscanal gleicht ganz
dem der Eulen, und sie lassen sich leicht gewöh-
nen, blos von Körnern zu leben v).


In den niedern Thierclassen werden die blos
pflanzenfressenden Arten immer seltener. Unter
den Amphibien, den Fischen, denjenigen Mollus-
ken und Würmern, welche Bewohner der Ge-
wässer sind, und allen Zoophyten giebt es wohl
nicht eine einzige Art, die nicht entweder blos
von thierischer, oder wenigstens von gemischter
Kost lebt. Manche dieser Thiere, deren Nahrung
man für vegetabilisch hielt, haben sich bey nä-
herer Untersuchung als fleischfressend gezeigt.
So fand J. F. Meckelw) im Magen der Thetis
leporina, die Bohadsch für pflanzenfressend hielt,
jedesmal kleine Squillen. Nur die Classe der In-
sekten macht von jenem Satz eine Ausnahme und
enthält, wo nicht mehr, doch eben so viel blos
pflanzenfressende, als fleischfressende Arten. In
ihr findet man auch, was man in keiner andern
Classe antrifft, eine Menge Thiere, die an eine
einzige Pflanzenart gebunden sind und keine an-
dern Gewächse als diese anrühren. Die Raupen
geben
[309] geben hiervon ein Beyspiel. Die Insekten, und
besonders die pflanzenfressenden Arten, sind aber
diejenigen Thiere, die allen übrigen zur Nah-
rung dienen. Sie scheinen daher die erste Stufe
des Uebergangs der vegetabilischen Mischung zur
animalischen auszumachen, und die Pflanzensub-
stanz für das übrige Thierreich zu assimiliren.
Ihre Organisation hat auch etwas Pflanzenartiges.
Sie haben, wie die Gewächse, keinen regelmäſsi-
gen Kreislauf der Säfte; sie haben, gleich diesen,
Tracheen, die sich im ganzen Körper verbreiten,
und sie erzeugen eine bey keinen andern Thie-
ren vorkommende Säure, die Ameisensäure, die,
wo nicht einerley, doch nahe verwandt mit der
vegetabilischen Essig- und Aepfelsäure ist.


Die Thiere der niedern Classen verzehren
im Allgemeinen weit mehr als die der höhern.
In dem Magen eines Hayfisches fand Barrowx)
einen Kopf von einem Büffel, ein ganzes, noch
unversehrtes Kalb, eine zahllose Menge von Ein-
geweiden und Knochen, und groſse Stücke von
der Schaale einer ziemlich groſsen Schildkröte.
Eine ähnliche Gefräſsigkeit findet man bey keinem
Säugthier, als etwa bey dem Caschelot, der ganze
Hayfische verschlingen soll, der aber auch zu
den Mittelgliedern zwischen den Säugthieren und
Fischen
U 3
[310] Fischen gehört. Unter den Amphibien giebt es
viele, die ebenfalls eine unglaubliche Menge Nah-
rungsmittel verschlucken, und merkwürdig ist
es, daſs diese Thiere nach einer solchen reichli-
chen Mahlzeit immer in eine Art von Erstar-
rung gerathen y). Mehrere Insekten, besonders
die Raupen, fressen unaufhörlich. An der Pla-
norbis Purpura Müll. (Helix cornea L.) habe ich
bemerkt, was meines Wissens bisher unbeachtet
gewesen ist, daſs sie beständig den Mund ab-
wechselnd öffnet und verschlieſst, um Nahrung
aufzunehmen. Das Buccinum palustre Müll. (He-
lix palustris Gmel.) macht ebenfalls diese Bewe-
gungen mit dem Munde, doch in längern Zwi-
schenräumen. Bey diesen Schneckenarten scheint
das Athmen eine willkührliche, hingegen die Auf-
nahme der Nahrungsmittel eine unwillkührliche
Funktion zu seyn.


Zwischen den Herbivoren und den fleischfres-
senden Thieren giebt es noch den Unterschied,
daſs diese weit länger als jene der Nahrung ent-
behren können. Thiere, die von Hunger bis auf
einen gewissen Grad entkräftet sind, gelangen
auch weit schneller von Fleischspeise als von
Pflanzenkost zu ihren vorigen Kräften. Ein Geyer,
der eilf Tage hindurch gefastet hatte, war am
Ende
[311] Ende dieser Zeit noch ziemlich fett, und von
zwey gleich alten Sperlingen, die durch Hunger
so weit entkräftet waren, daſs sie die ihnen an-
gebotene Nahrung nicht mehr annehmen konnten,
erhohlte sich der eine, den man gehacktes Fleisch
verschlucken lieſs, binnen kurzer Zeit; der an-
dere aber, der zerstoſsene Körner verschlucken
muſste, starb zwey Stunden nachher z).


§. 5.
Mechanismus der Aufnahme und Zertheilung der Speisen.

Die Aufnahme der Nahrungsmittel geschieht
bey den Thieren entweder durch Saugen, oder
durch Verschlingen. Auf jene Art nähren sich
die Säugthiere in der ersten Zeit ihres Lebens;
ferner unter den Insekten die Familien der Wan-
zen, Schmetterlinge und Mücken, so wie die Ge-
schlechter Acarus, Pediculus, Pulex. und einige
Wurmarten, besonders die Blutigel. Die zur Wes-
penfamilie gehörigen Insekten nähren sich auf
beyderley Art, durch Saugen und durch Ver-
schlingen.


Das Saugen der Mammalien geschieht be-
kanntlich vermittelst der Lungen. Was den In-
sekten beym Saugen die Stelle der Lungen ver-
tritt,
U 4
[312] tritt, habe ich in einer eigenen Abhandlung a)
gezeigt. Ich habe dort bemerkt, daſs diese Thiere
sich in Hinsicht auf jene Funktion in zwey Clas-
sen eintheilen lassen; in solche, welche das Sau-
gen mit Hülfe enger Saugstacheln verrichten, und
in solche, die sich vermittelst eines fleischigen
Rüssels nähren. Zu jener Classe gehört die Wan-
zenfamilie. Bey diesen Insekten steigt die einzusau-
gende Flüssigkeit ohne sonstige Hülſsmittel, wie
in allen Haarröhren, bis zum Schlunde auf. In-
sekten der letztern Classe sind die Familien der
Schmetterlinge, Wespen und Mücken. Diese ha-
ben im Bauche eine Saugblase, deren Mündung
in den Schlund übergeht, und durch deren Er-
weiterung die einzusaugenden Flüssigkeiten in
dem Rüssel aufzusteigen bestimmt werden. In
der angeführten Abhandlung habe ich zugleich
erinnert, daſs die Schwimmblase mancher Fische
mit jener Saugblase eine unverkennbare Aehnlich-
keit hat, und daſs auch diese ausser der Funk-
tion, die ihr als vicariirendem Respirationsorgan
zukömmt, bey einigen Arten, wo sie mit einem
Luftgang versehen ist, noch den Zweck zu ha-
ben scheint, Luft oder tropfbare Flüssigkeiten,
die der Fisch in den Magen aufnehmen will, und
welche
[313] welche ohne sie den Weg durch die Kiemen nach
aussen nehmen würden, in den Magen zu bringen.


Bey den übrigen Thieren, welche feste Nah-
rungsmittel zu sich nehmen, geschieht die Auf-
nahme derselben meist durch Kinnladen. Nur
mehrere Mollusken der Schneckenfamilie b), und
unter den Würmern die Aphroditen c), bedienen
sich hierzu eines Rüssels. Die Kinnladen sind
bey den Säugthieren zugleich die Werkzeuge, wo-
durch die aufgenommene Speise zerschnitten, zer-
malmt und zur Verdauung geschickt gemacht wird.
Bey ihnen steht auch die Gestalt und Bewegung
dieser Organe, so wie die Form der darin befind-
lichen Zähne, mit der Beschaffenheit der Nah-
rungsmittel in Beziehung. So findet bey den
fleischfressenden Thieren, deren Speise blos zer-
schnitten und zerdrückt zu werden braucht, nur
eine Bewegung der untern Kinnlade von unten
nach oben, bey den Nagethieren aber, deren Zäh-
ne oft als Feilen wirken müssen, von vorne nach
hinten, und umgekehrt, bey den Rindern, die von
Kräutern und überhaupt solchen Substanzen le-
ben, welche zerrieben werden müssen, von der
einen Seite zur andern, und bey den Thieren der
Schwei-
U 5
[314] Schweinefamilie bald mehr auf diese, bald mehr
auf jene Art statt, je nachdem sie sich mehr den
Nagethieren, oder mehr den Rindern in ihrer Ver-
dauungsweise nähern.


Der Mensch hat unter allen Säugthieren die
vollkommensten Kauwerkzeuge. Bey ihm kann
sich die untere Kinnlade nach jeder Richtung be-
wegen; zugleich finden sich bey ihm, was man
bey keiner andern Thierart antrifft, alle drey Ar-
ten von Zähnen in einer ununterbrochenen Reihe
und so gestellt, daſs alle obern genau auf die
untern passen. Je weiter wir uns in der Reihe
der Thiere von dem Menschen entfernen, desto
seltener kommen Organe vor, die zum Fassen,
Zerschneiden und Zerreiben der Speisen gleich ge-
schickt sind. Weder bey den Amphibien, noch
bey den Fischen, und noch weniger bey den
Mollusken und Würmern dienen die Kinnladen
zu etwas mehr, als zum Ergreifen und Festhal-
ten der Speise, oder zum Erdrücken ergriffener
Thiere, obgleich bey manchen Amphibien und
Fischen die Kinnladen mit so vielen Zähnen be-
setzt sind. Nur bey denjenigen Insekten und Cru-
staceen, die mit Freſswerkzeugen versehen sind,
und bey einigen Zoophyten, besonders dem Echi-
nus, scheint wieder eine Art von Mastication statt
zu finden. Doch erreicht die Natur bey dem
Echinus, wo ein so groſser Apparat von Kau-
werk-
[315] werkzeugen ist, nur einen Zweck, zu welchem
sie bey den Thieren der höhern Classen durch
weit einfachere Mittel gelangt.


Die Zertheilung der Speisen, welche die Säug-
thiere durch ihre mit Zähnen versehenen Kinnla-
den bewirken, wird aber bey vielen Thieren der
niedern Classen durch andere Mittel hervorge-
bracht. Nehmlich


  • 1) Durch einen mit Kauwerkzeugen
    versehenen Schlund
    . Diese Einrichtung
    findet aber nur bey einigen Fischen, unter
    andern den Karpfen, statt, wo die Speisen
    auf einem platten Knochen, der hinten an
    der Grundfläche des Schädels befestigt ist,
    durch die mit Zähnen besetzten Knochen des
    Pharynx (Ossa pharyngaea) zerrieben werden.
  • 2) Durch einen knorpelartigen Magen,
    der sich abwechselnd zusammenzieht und er-
    weitert, und dessen innere schwielenartige
    Fläche die genossenen Nahrungsmittel zer-
    malmt. Diese Art von Magen findet am häu-
    figsten bey denjenigen Vögeln, die sich von
    Körnern und Insekten nähren, besonders bey
    denen der Hühnerfamilie f), ausserdem aber
    auch bey dem Crocodil g), einigen Mollus-
    ken
    [316] ken h) und Würmern i), und selbst schon un-
    ter den Säugthieren bey der Manis pentadactyla.
    Die mit diesem Magen versehenen Vögel, so
    wie auch die Manis pentadactyla k), haben die
    Gewohnheit, Steine zu verschlucken, um, wie
    schon im 2ten §. dieses Kapitels bemerkt ist,
    durch das Reiben derselben bey der Zusam-
    menziehung des Magens das Zermalmen der
    genossenen Körner und Insekten zu beför-
    dern. Sie verschlingen sie nicht, wie Spal-
    lanzani
    behauptete, blos zufällig, sondern,
    nach Fordyce’s l) Beobachtungen, mit Aus-
    wahl und nach ihren Bedürfnissen. Daſs je-
    ner Magen einen hohen Grad von Tritura-
    tionskraft besitzen muſs, läſst sich schon aus
    der Struktur desselben vermuthen. Die Stärke
    desselben ist aber auch durch mehrere Beob-
    achtungen m), besonders durch Reaumur’s n)
    und Spallanzani’s o) Versuche bewiesen, aus
    welchen
    [317] welchen sich ergiebt, daſs metallene Röhren,
    Glasstücke und stählerne Nadeln durch die
    Pressungen der innern Wände dieses Magens
    zusammengedrückt und zerbrochen werden.
  • 3) Durch einen mit Zähnen versehe-
    nen Magen
    . Diesen finden wir bey mehrern
    Crustaceen, Insekten, Mollusken und Wür-
    mern, namentlich bey den Krebsen p), den
    Zuckerthieren (Lepisma) q), den Rüsselkäfern
    (Curculio) r) und Wasserkäfern (Dytiscus) s),
    der Schabe (Batta) t), dem Ohrwurm (Forfi-
    cula) v), den Aplysien w), der Bulla ligna-
    ria x) und aperta y), und einigen Aphrodi-
    ten z). Bey den erwähnten Insekten ist der
    Zahn-
    [318] Zahnmagen kugelförmig und cartilaginös; die
    Zähne sind auf der innern Fläche desselben
    in einem Kreise so befestigt, daſs ihre Spitzen
    sich in dem Mittelpunkt des Magens befinden.
    Bey einigen andern Insekten hat der Magen
    statt der Zähne Schwielen, die der Länge
    nach herabgehen, und mit hornartigen Blät-
    tern oder Borsten besetzt sind. Dahin gehö-
    ren die Heuschrecken a), der Carabus granu-
    latus b), die Cicindela campestris c), der Sta-
    phylinus politus d), die Sylpha obscura e),
    und der Tenebrio Molitor f). Bey der Syl-
    pha obscura ist zugleich der Oesophagus in-
    wendig mit Borsten besetzt. Unter den Mol-
    lusken giebt es etwas Aehnliches bey der Scyl-
    laea pelagica, deren kurzer, cylindrischer,
    knorpelartiger Magen auf seiner innern Fläche
    der Länge nach mit zwölf hornartigen schar-
    fen Lamellen bewaffnet ist g).

§. 6.
[319]
§. 6.
Das Verschlucken der Speisen. Der Speichel.

Bey den Säugthieren, deren Speisen gekäuet
in den Schlund gelangen, wird das Verschlucken
der letztern durch einen sehr zusammengesetzten
Mechanismus bewirkt. An dem Schlundkopf (Pha-
rynx) jener Thiere befinden sich mehrere ver-
schiedene Muskeln, und diese, unterstützt von
den Bewegungen der Zunge, sind es, durch deren
Zusammenziehung die gekäueten Speisen in den
Schlund (Oesophagus) gebracht werden. Bey dem
Menschen lassen sich jene Muskeln auf vier zu-
rückführen; auf drey, durch welche der Schlund-
kopf verengert wird, und Ein Paar, welches zum
Heraufziehen desselben dient. Bey dem Elephan-
ten, dem Bären und einigen andern Säugthieren
gehen ausserdem noch die longitudinalen und
kreisförmigen Fasern des Oesophagus bis in den
Pharynx fort, und bilden hier eine eigene mus-
kulöse Haut h). Diesen Muskeln wird die ge-
käuete Speise durch die Zunge zugeführt. Die
letztere schwillt an, indem sie zugleich kürzer
und oben hohl wird; sie faſst in dieser Höhlung
den Bissen, drückt ihn gegen den Gaumen und
macht ihn zum Schlundkopf herabgleiten; dieser
wird in dem nehmlichen Augenblick durch das
Muskelpaar, welches zum Aufheben desselben
dient,
[320] dient, in die Höhe gehoben; zugleich erweitert
sich wahrscheinlich seine Höhlung; sobald die
Speise aufgenommen ist, fangen die zusammen-
ziehenden Muskeln an zu wirken, verengern
den Schlundkopf von oben nach unten, und
drücken den Bissen in den Oesophagus hinab. Bey
diesem Verschlucken zieht sich die Stimmritze so
fest zusammen, daſs der Eingang zur Luftröhre
völlig verschlossen ist. Der Kehldeckel, von dem
man sonst glaubte, daſs er das Eindringen der
Speise und Getränke in die Luftröhre verhindere,
scheint, nach Magendie’s i) Versuchen, dabey
nicht unumgänglich nothwendig zu seyn.


Das Verschlucken wird dadurch erleichtert,
daſs die ganze innere Fläche des Mundes, des
Pharynx und der Speiseröhre einen wässrigen
Dunst und eine schleimige Feuchtigkeit absondert,
welche den Weg, den die Speisen zu nehmen
haben, immer schlüpfrig erhalten.


Während dem Käuen vermischt sich aber auch
mit den Speisen der Speichel, eine Flüssigkeit,
die bey der Verdauung von der gröſsten Wich-
tigkeit ist.


Es ist auffallend, die speichelabsondernden
Organe bey einer Menge von Thieren anzutref-
fen, die auf den untersten Stufen der thierischen
Orga-
[321] Organisation stehen, hingegen bey vielen andern
Thieren, die von weit zusammengesetzterm Bau
sind, gar keine, oder nur eine geringe Spur da-
von zu finden.


Die Speicheldrüsen finden sich bey allen Säug-
thieren, mit Ausnahme der Wallfische k).


Sie finden sich bey den Vögeln und Amphi-
bien, aber von ganz anderm Bau, wie bey den
Säugthieren l).


Bey den Fischen fehlen sie ganz m).


Sie zeigen sich wieder in der Classe der Mol-
lusken bey den Geschlechtern Sepia n), Limax o),
Aplysia, Doris, Clio, Pneumoderma, Tritonia, On-
chidium, Phyllidia, Pleurobranchus, Janthina, He-
lix, Buccinum, Bulimus, Murex, Halyotis p). Bey
der Lingula anatina (Patella unguis L.) ist der
Zwischenraum zwischen den Muskeln und dem
Nahrungscanal mit zwey drüsenartigen Organen
angefüllt q). Cuvier hält das eine für die Leber,
das
IV. Bd. X
[322] das andere für eine Speicheldrüse. Doch ist dies
blos Vermuthung. Keine den Speicheldrüsen ana-
loge Organe aber giebt es bey der Salpa r), der
Phasianella Lam. s), der Thetis leporina t) und
den sämmtlichen Mollusken der Austernfamilie v).


Bey den Crustaceen sind noch keine Speichel-
gefäſse entdeckt worden.


Von den mit Kinnladen versehenen Insekten
habe ich im 1sten Bande der Biologie (S. 361.)
bemerkt, daſs sie zu beyden Seiten der Speise-
röhre zwey lange, gewundene Speichelgefäſse hät-
ten. Dies bedarf aber einer Einschränkung. Man
kann sich zwar auf die Angaben mancher Schrift-
steller in Betreff der Gegenwart oder Abwesen-
heit jener Organe nicht immer verlassen, da diese
Theile bey manchen Insekten leicht zu überse-
hen, oder mit andern zu verwechseln sind. Doch
scheinen, nach Ramdohr’s w), Posselt’s x) und
meinen
[323] meinen eigenen Untersuchungen, folgende Insekten
Speichelgefäſse zu besitzen:


  • Alle Schmetterlinge.
  • Die meisten Arten der Mückenfamilie (Diptera
    L.), ausgenommen, nach Ramdohry), die
    Hippobosca ovina.
  • Die Bienen z).
  • Die meisten wanzenartigen Insekten (Ryngota
    Fabr.). Ausnahmen sind, nach Ramdohra),
    Cimex lacustris, Notonecta glauca, Chermes
    alni und Cicada spermaria.
  • In der Heuschrecken-Familie (Orthoptera Oliv.)
    die Blatta, bey welcher zwar Ramdohr kei-
    ner Speichelgefäſse erwähnt, die aber nach
    meinen Zergliederungen allerdings damit ver-
    sehen ist.
  • In der Ordnung der Libellen (Neuroptera L.)
    Hemerobius Perla.
  • Unter den Käfern Curculio lapathi.
  • Unter den flügellosen Insekten Aranea, Oniscus,
    Julus, Pulex. Beym Oniscus Asellus habe
    ich zu beyden Seiten des Schlundes sechs
    häutige Schläuche gefunden, welche die Spei-
    chel-
    X 2
    [324] chelgefäſse sind. Ramdohrb) hat bey die-
    sem Thier für Speichelgefäſse angesehen,
    was ohne Zweifel der Fettkörper ist.

Die Speichelgefäſse fehlen hingegen folgen-
den Insekten:


  • Allen Raupen, ausgenommen den Weidenbohrer.
  • In der Heuschrecken-Familie den Linneischen
    Geschlechtern Gryllus und Forficula.
  • Den meisten Libellen und Käfern.
  • Unter den flügellosen Insekten dem Skorpion,
    der Afterspinne (Phalangium), dem Zucker-
    thier (Lepisma) und der Laus.

In der Classe der Würmer findet sich eine
Art von speichelabsondernden Organen bey der
Terebella cylindracea c), so wie unter den Zoo-
phyten bey der Holothuria tubulosa Gmel. d).
Allein die meisten Würmer und Thierpflanzen
haben nichts Aehnliches.


Manche Thiere aber, denen die Speichelge-
fäſse fehlen, haben doch einen Saft, der im
Schlunde abgeschieden und durch eine rückgän-
gige Bewegung dieses Organs in den Mund ge-
bracht wird. Dies ist unter andern der Fall bey
den Heuschrecken und Laufkäfern (Carabus), die,
obgleich mit keinen Speichelgefäſsen versehen,
doch
[325] doch beym Fressen ihre Speise mit einem Saft
benetzen, der beym Gryllus verrucivorus eine
ätzende Kraft besitzen soll. Bey vielen Vögeln
wird die zur Erweichung des Futters dienende
Flüssigkeit durch eine Menge kleiner Drüsen ab-
geschieden, womit die inwendige Fläche des
Schlundes, und bey denen, die einen Kropf ha-
ben, auch die des letztern besetzt ist e). Bey
den hühnerartigen Vögeln durchziehen sich die
Nahrungsmittel im Kropfe mit jener Feuchtig-
keit, verändern ihren Geruch und Geschmack,
werden erweicht und in den Stand gesetzt, von
dem knorpelartigen Magen zermalmt zu werden f).
Bey dem Raben, der keinen Kropf hat, ist der
Schlund inwendig mit einer Menge Hohldrüsen be-
setzt, die eine klebrige, weiſslichgraue und süſsliche
Feuchtigkeit absondern g). Bey dem Karpfen ist
der Gaumen hinter den Zähnen mit einer weissen,
klebrigen, unschmackhaften Flüssigkeit bedeckt,
welche, wenn man sie wegwischt, sich gleich
wieder erneuert. Auch finden sich an dieser
Stelle viele Drüsen, die gedrückt eine Feuchtigkeit
von sich geben. Bey dem Barben und dem Hecht
giebt es keine ähnliche Drüsen. Doch ist auch
hier
X 3
[326] hier der Schlund mit einem Saft überzogen, wel-
cher auf der innern Fläche desselben ausschwitzt h).


Es ist nicht glaublich, daſs bey dieser Unbe-
ständigkeit in der Gegenwart und Abwesenheit
der Speichelgefäſse dieselben bey allen Thieren
von einerley Beschaffenheit seyn und einerley
Zweck haben sollten. Bey manchen Vögeln hat
der Speichel gewiſs einen mechanischen Nutzen.
Bey den Spechten z. B. ist er ein klebriger, die
Zunge überziehender Saft, der blos dienen kann,
dem Thier das Auflecken kleiner Insekten zu er-
leichtern.


Man kann inzwischen im Allgemeinen eine
dreyfache Funktion des Speichels annehmen, eine
mechanische, chemische und dynamische.


Die mechanische Funktion des Speichels ist,
die Speisen zu verdünnen und ihnen den ersten
Grad von Flüssigkeit zu geben. Alle Säugthiere,
die ihre Speise im Munde käuen, haben deswe-
gen einen wässrigen Speichel.


Der Speichel hat aber gewiſs auch einen che-
mischen Einfluſs auf die Speisen. Warum hätten
sonst die Wanzen und viele andere Insekten, die
sich blos von Flüssigkeiten nähren, Speichelge-
fäſse und einen so groſsen Apparat derselben?
Von vorzüglicher Wirksamkeit muſs die zersetzen-
de
[327] de Kraft in dem Speichel der Weidenraupe, ei-
ner dicken, bräunlichen, in Wasser und Wein-
geist unauflöslichen Flüssigkeit seyn, da die blo-
ſsen Kinnladen dieses Insekts zum Zernagen des
harten Eichenholzes nicht stark genug sind. Zwar
fand Lyonneti) nicht, daſs geschabtes Weiden-
holz von jenem Saft merklich erweicht wurde.
Doch scheint er selber kein groſses Gewicht auf
diesen Versuch zu legen. Eine ähnliche auflösen-
de Kraft scheint der Speichel der Tettigonia ple-
beja zu besitzen k). Die wiederkäuenden Thiere
geben ungekäuetes, in einer durchlöcherten Röhre
eingeschlossenes Futter unverdauet wieder von
sich; sie verdauen aber dasselbe, wenn sie es ge-
käuet und mit Speichel vermischt erhalten l).
Nach von Humboldt’s m) Beobachtung wird durch
den Speichel, womit die Boa ihre Beute bedeckt,
das Fleisch des erlegten Thiers so erweicht, daſs
die Schlange ganze Glieder des erlegten Thiers
durch den Schlund zu zwingen vermag.


Der männliche Saamen ertheilt der formlosen
Materie eine bestimmte, und zwar der Gestalt
des
X 4
[328] des Vaters ähnliche, Form n). Diese Funktion
ist es, die wir unter der dynamischen verste-
hen, und eine ähnliche besitzt auch der Speichel.
Beweise dafür geben die Erscheinungen, die nach
dem Biſs toller Hunde und der giftigen Schlangen
erfolgen. Der Speichel der erstern erregt in dem
gebissenen Thier eine specifique Krankheit, die
Wasserscheu, und der Speichel des gebissenen
Thiers erhält hierbey das Vermögen, die nehm-
liche Krankheit wieder in andern Thieren her-
vorzubringen. Die Aehnlichkeit, welche das Schlan-
gengift in seinen Wirkungen auf den thierischen
Körper mit dem männlichen Saamen hat, haben
wir schon im 4ten Buch dieses Werks o) bemerkt.


Aus diesen Sätzen läſst sich die Thatsache
erklären, daſs kräuterfressende Thiere ein gröſse-
res Speicheldrüsensystem als die fleischfressenden
haben p). Je unähnlicher nehmlich die zu assi-
milirende Materie dem Körper ist, dem sie ver-
ähnlicht werden soll, desto mehr bedarf sie eines
auflösenden und assimilirenden Menstruum.


Ueber alle jene Funktionen des Speichels müs-
sen genauere chemische Untersuchungen dessel-
ben Licht verbreiten. Was wir bis jetzt in die-
sem
[329] sem Fache besitzen, ist aber sehr unbefriedigend.
Vergleicht man, was Hallerq) darüber gesam-
melt, und nach ihm Hapel de la Chenayer),
Fourcroys), Thomsont), Juchv) und Bo-
stock
w) bekannt gemacht haben, so ist das Re-
sultat folgendes. Der Speichel ist eine bey ge-
sunden Menschen geschmacklose, bey den fleisch-
fressenden Thieren schärfere und etwas gesalzene
Flüssigkeit, die eine etwas gröſsere specifische
Schwere als das Wasser besitzt, bey einigen Men-
schen ein freyes Alkali zeigt, bey andern hingegen
sich gegen Pflanzenpigmente neutral verhält, der
atmosphärischen Luft den Sauerstoff leicht ent-
zieht, ihn aber auch eben so leicht an andere
Körper wieder abtritt, und Wasser, Eyweiſsstoff,
Schleim, nebst einigen Neutral- und Mittelsalzen
enthält. Unter diesen salzigen Bestandtheilen nen-
nen Alle, die den Speichel analysirten, salzsaures
Natrum;
X 5
[330] Natrum; die Meisten fanden zugleich phosphor-
saures Natrum und phosphorsaure Kalkerde, und
Einige auch Ammonium.


Diese Angaben sind meist unzuverlässig und
wenig belehrend. Keiner der angeführten Schrift-
steller, ausser Hapel de la Chenaye, hat reinen
Speichel untersucht. Blos dieser analysirte die
unmittelbar aus dem geöffneten Speichelgang eines
Pferdes ergossene Flüssigkeit. Er fand an der-
selben weder eine saure, noch alkalische Re-
aktion; sie enthielt kein Ammonium, so lange
sie nicht mit dem Saft der Schleimdrüsen des
Mundes vermischt war. Es fallen also schon
zwey der von andern Schriftstellern angegebenen
Bestandtheile des Speichels, der Schleim und das
Ammonium, weg, und es bleiben als solche blos
Wasser, Eyweiſsstoff, salzsaures und phosphor-
saures Natrum, und phosphorsaure Kalkerde übrig.
Substanzen, die man auch in allen übrigen thieri-
schen Säften findet, und welche gar keine Auf-
klärung über die Wirkungsart des Speichels geben.


Ich habe im Speichel zwey Bestandtheile ge-
funden, die ohne Zweifel eine wichtige Funktion
haben: der eine ist milchsaures Natrum; den
andern nenne ich Blutsäure.


Das milchsaure Natrum ist die nehmliche Sub-
stanz, die Thouvenel durch Digestion des Flei-
sches mit Weingeist erhielt und unter dem Namen
des
[331] des Fleischextrakts beschrieb. Man erhält
dasselbe, zugleich mit der Blutsäure aufgelöst,
wenn man den Speichel mit Alcohol gelinde auf-
kochen läſst, und die Flüssigkeit durch Filtriren
von dem geronnenen Eyweiſsstoff trennt. Die
Gegenwart dieser Substanz im Speichel verräth
sich sowohl durch den Niederschlag, den Gall-
äpfeltinktur darin hervorbringt, als dadurch, daſs
nach dem Abdampfen des Auszugs eine thierische
Materie zurückbleibt, die nicht, wie der Leim,
gelatinirt, und nach dem Eintrocknen nicht von
Wasser und Säuren, wohl aber von ätzendem Lau-
gensalz aufgelöset wird. Wir werden unten se-
hen, daſs die Milchsäure eines der Auflösungsmit-
tel der Speisen im Magen ist. Diese ihre auflö-
sende Kraft ist im Speichel durch ihre Verbin-
dung mit Natrum zwar geschwächt, aber nicht
aufgehoben, indem sie von dem letztern nicht
gesättigt ist. Der Speichel wirkt also, vermöge
der in ihm befindlichen Milchsäure, im mindern
Grade wie der Magensaft; er löset die Speise zwar
nicht völlig auf, aber er bereitet sie zur völligen
Auflösung vor.


Von der Blutsäure, die zugleich ein Bestand-
theil des Bluts ist, wird in der Folge umständ-
licher die Rede seyn. Hier erwähne ich vorläu-
fig ihrer Haupteigenschaften. Der Hauptcharakter
derselben ist, mit einer gesättigten Auflösung des
Eisens
[332] Eisens in Salpetersäure, oder verdünnter Schwefel-
säure, eine Verbindung einzugehen, welche ganz
die Farbe des Bluts hat. Man erhält diese Farbe
sogleich, wenn man eine jener Eisenauflösungen
in Speichel tröpfelt. Stärker aber tritt sie hervor,
wenn man den Speichel abdampft, den Rückstand
schwach calcinirt, und so die Blutsäure von dem
Eyweiſsstoff, wovon sie im Speichel verhüllet ist,
trennt. Sowohl aus dem frischen Speichel, als
aus dem verkalkten Rückstand desselben, wird
sie durch Wasser, und noch reiner durch Alcohol
ausgezogen. In dieser Auflösung reagirt sie auf
Lackmustinktur als eine Säure. Doch enthält die
Weingeistauflösung immer noch milchsaures Na-
trum, wovon ich sie nicht ganz habe trennen kön-
nen. Sie wird von Salzsäure, Salpeter- und Es-
sigsäure aufgelöst, ohne ihren röthenden Einfluſs
auf das salpeter- und schwefelsaure Eisen zu ver-
lieren. Setzt man hingegen Alkalien zu der Ver-
bindung der Blutsäure mit dem salpetersauren Ei-
sen, so vereinigen sich jene mit dem letztern,
und geben einen orangefarbenen Niederschlag.
Schwefelsaure Kupferauflösung wird von der Blut-
säure grünlich gefärbt. Mit salpetersaurer Silber-
auflösung giebt sie einen schwarzbraunen Nie-
derschlag. Auf das blausaure Kali hat sie kei-
nen Einfluſs. Alle diese Eigenschaften charakte-
risiren sie als eine Säure von eigener Art. In der
Lehre vom Blut werden wir sehen, daſs von ihr
die
[333] die rothe Farbe des letztern abhängt. Der Spei-
chel ertheilt also, vermöge dieser Säure, den
Speisen die erste Anlage zur Verwandlung dersel-
ben in Blut.


§. 7.
Der Schlund und der Magen.

Die durch Vermischung mit dem Speichel in
eine breyartige Substanz verwandelte Speise ge-
langt durch eine fortschreitende Zusammenziehung
des Schlunds in den Magen, wo sie durch Zumi-
schung des gastrischen Safts und durch die Con-
traktionen des Magens noch weiter verändert wird.
Wir werden zuerst von dem Einfluſs, den jener
Saft auf sie äussert, und dann von den Zusam-
menziehungen des Magens reden. Doch ist es
nöthig, vorher einiges im Allgemeinen über die
Form und Textur des Schlundes und Magens zu
bemerken.


Man kann den Polypen umstreifen und die
Oberfläche seines Körpers zur innern Fläche des
Magens machen, ohne daſs die Verdauung we-
niger als vorher von statten geht. Bey ihm müs-
sen also die Oberhaut und die innere Magenhaut
von gleicher Beschaffenheit seyn. Was bey dem
Polypen der Fall ist, findet, aber im mindern Gra-
de, bey allen Thieren statt. Dieselben Häute, wel-
che die Oberfläche des Körpers bedecken, ziehen
sich durch die Nasenhöhle, den Mund und den
After
[334] After in das Innere des Körpers, und bilden die
innern Membranen des Nahrungscanals.


Dieser besteht also zuerst aus einer innern
Haut, die ein Fortsatz der Epidermis ist. Auf
derselben liegt eine zweyte, die in das Fell (Co-
rium) übergeht. Hierauf folgt eine dritte musku-
löse Membran, die man mit dem Muskelfell (Pan-
niculus carnosus) der Säugthiere verglichen hat.
Bey den Thieren der höhern Classen giebt es
noch eine vierte, von dem Bauchfell herrührende
Membran.


Die Aehnlichkeit der innern Haut des Nah-
rungscanals mit der Epidermis ist bey mehrern
Säugthieren unverkennbar. Weniger deutlich ist
sie bey manchen Thieren, deren Körper mit einer
horn- oder schwielenartigen Decke umgeben ist,
z. B. den Gürtelthieren (Dasypus), den Schuppen-
thieren (Manis), den meisten Amphibien und Fi-
schen, und den Insekten. Untersucht man indeſs
jene vor, oder kurz nach dem Auskriechen aus
dem Ey, und die Insekten zu der Zeit, wo sie
sich zu verwandeln im Begriff sind, so zeigt sich
bey ihnen ebenfalls die Gleichartigkeit der erwähn-
ten Häute. Uebrigens ist auch die innere Haut
des Nahrungscanals in dem Knorpelmagen vieler
Thiere schwielenartig.


Bey manchen Insekten, z. B. der Afterspinne
(Phalangium), der Skolopender, der Larve des
Nashorn-
[335] Nashornkäfers (Scarabaeus nasicornis) und der Lar-
ve der Bremse (Tabanus bovinus) ist diese Haut
äusserst zart, und viel enger als die umliegende
Membran. Bey der Larve der Bremse bildet sie,
was Swammerdammx) einen engern Darm in
einem weitern nannte.


Die zweyte Haut des Nahrungscanals läſst
sich in zwey Blätter trennen, die in frühern Zei-
ten für zwey verschiedene Häute angenommen
wurden. Das innere Blatt, das man für einerley
mit der Epidermis ansah, hieſs die flockige,
das äussere die nervige Membran. Diese Blät-
ter hängen in der That auch schwächer unter
sich, als mit der innersten Haut und der musku-
lösen Membran zusammen. Doch bestehen beyde
aus einem schwammigen Zellgewebe, das nur in
dem äussern Blatt fester, in dem innern weicher
ist. Das Zellgewebe des innern Blatts bildet in
einem Theil des Nahrungscanals hervorragende
Zotten, die den Hautwärzchen ähnlich zu seyn
scheinen. Diese finden sich indeſs nicht bey al-
len Thieren, und überhaupt ist die zweyte Haut
jenes Canals nicht im ganzen Thierreiche von ei-
nerley Bau. Bey vielen Insekten ist sie eine
schleim- oder gallertartige Substanz. Bey allen
Thieren der fünf obern Classen, und auch bey
vielen Insekten, giebt es, wenigstens an einigen
Stellen,
[336] Stellen, zwischen ihr und der Muskelhaut Schleim-
drüsen, deren Oeffnungen auf der innern Fläche
des Nahrungscanals liegen.


Die Muskelhaut besteht ebenfalls an den mei-
sten Stellen aus einem doppelten Blatt, einem
äussern, dessen Fasern längslaufend sind, und ei-
nem innern, dessen Fasern die Gestalt eines Halb-
kreises haben und jene der Queere nach durch-
kreutzen. An einigen Stellen, besonders am Ma-
gen, ist aber die Richtung dieser Fasern von an-
derer Art. Auch ist die Dicke derselben an ver-
schiedenen Stellen des Nahrungscanals und bey
den verschiedenen Thierclassen sehr verschieden.
Bey einigen Thieren, z. B. dem Skorpion, sind
die Fasern so fein, daſs sie sich auch unter stär-
kern Vergröſserungen kaum erkennen lassen.


Die äusserste, vom Bauchfell abstammende
Haut bekleidet nur den untern, in der Bauch-
höhle befindlichen Theil des Nahrungscanals, nicht
aber den Schlund. Sie gehört zu der Art von
Membranen, die Bichat seröse genannt hat, und
ist nur den vier obern Thierclassen eigen.


Die Röhre, welche durch diese Häute gebil-
det wird, ist bey den meisten Thieren einfach,
nicht in sich zurückkehrend, und unausgefüllt.
Ausnahmen von dieser Regel giebt es nur unter
den Insekten, und zwar unter denjenigen, die sich
durch Saugrüssel oder Saugstacheln nähren, also
bey
[337] bey den Schmetterlingen, den Wanzen und den
zweyflüglichen Insekten. Bey diesen fängt der
Nahrungscanal nicht als eine einfache Röhre vom
Munde an, sondern er wird durch das Zusam-
menflieſsen so vieler Canäle, als es Saugröhren
giebt, gebildet. Beym Cimex rufipes L. theilt sich
derselbe, nach meinen Untersuchungen, während
der letzten Hälfte seines Verlaufs in vier, neben
einander liegende, cylindrische Gefäſse, die mit
einem schleimartigen Gewebe ausgefüllt sind y).
Bey den Cicaden kehrt er in sich zurück, und
giebt am Schlunde eine zum After gehende
Röhre ab z).


Bey den Insekten der Bienenfamilie, die einen
mit Kauwerkzeugen versehenen Mund und zu-
gleich einen Saugrüssel haben, giebt es einen
doppelten Apparat von Verdauungsorganen. Der
Mund führt zu einem bis zum After fortgehen-
den Nahrungscanal, wie bey andern mit Kinnla-
den und Kinnbacken versehenen Insekten. Aber
der Canal des Rüssels setzt sich in eine eigene
Röhre fort. Bey der Erdbiene finde ich den Bau
dieser Theile von folgender Art. Der Rüssel ist
eine
IV. Bd. Y
[338] eine an der Basis cylindrische, nach der Spitze
kegelförmig zulaufende Röhre, die aus halbkreis-
förmigen, durch eine feste, sehnenartige Haut
unter einander verbundenen Reifen besteht. Auf
der Rückenseite geht eine Rinne von der Spitze
zur Basis fort. Auf der Bauchseite fehlen von
der Basis an bis ohngefähr zur Mitte des Rüssels
die knorpelartigen Queerreifen; hier ist es eine
dünne, weiche Membran, die den Canal des Rüs-
sels bedeckt. Vorne endigt sich der letztere in
eine Saugöffnung; hinten geht er in einen fla-
schenförmigen Behälter, und dann in ein enges,
aber sehr langes Gefäſs über. Dieses Gefäſs hat
ganz die Textur der Luftröhren; es besteht aus
einer zarten Haut, die mit einem knorpelartigen
Band dicht umwunden ist. — Bey der Hornisse
finde ich einen fächerförmigen Rüssel, an dessen
vorderm, breiterm Ende es vier Saugöffnungen
giebt, und dessen hinteres, schmaleres Ende sich in
einen ähnlichen Canal, wie bey der Biene, fort-
setzt. — Bey der Honigbiene geht dieser Canal,
nach Ramdohr’s Untersuchungen, mit dem Schlun-
de durch den Hirnring, nimmt vor diesem Durch-
gang die Ausführungsgänge zweyer Organe auf,
die Ramdohr anfangs für Geruchsorgane hielt,
nachher aber für Speichelgefäſse erklärt hat, und
theilt sich dann in zwey Arme, die sich endlich
in ein zottiges, dem Netz der Insekten ähnliches,
die Speiseröhre bis zum Hinterleib begleitendes
Wesen
[339] Wesen erweitern a). Wenn Huberb) richtig be-
obachtet hat, daſs das Wachs, welches die Bienen
bereiten, durch die Zwischenräume der hornarti-
gen Ringe ihres Körpers hervordringt, so glaube
ich, daſs jener zottige Körper das Absonderungs-
werkzeug des Wachses ist.


Gewöhnlich bildet der Nahrungscanal, nach-
dem er in cylindrischer oder trichterförmiger Ge-
stalt vom Schlundkopf eine gewisse Strecke her-
abgestiegen ist, eine oder mehrere Erweiterungen.
Jener herabsteigende Theil ist der Schlund, diese
Erweiterung der Magen. Fälle, wo die Nahrungs-
röhre mit gleichem Durchmesser vom Munde zum
After geht, giebt es keine bey den Säugthieren
und Vögeln, sondern nur in den übrigen Thier-
classen. Doch auch in diesen finden sich nur
wenig Arten, bey welchen sich nicht ein Theil
jenes Canals durch eine veränderte Textur als ein
Magen zu erkennen giebt. Zu denen Thieren,
deren Nahrungscanal von so einfachem Bau ist,
daſs sich kein Unterschied zwischen Schlund, Ma-
gen und Gedärmen angeben läſst, gehört unter
den Fischen der Schlammpeitzger (Cobitis fossilis)
und
Y 2
[340] und noch mehr der Hornhecht (Esox Belone), un-
ter den Mollusken die Lingula anatina c), und un-
ter den Insekten der Skorpion.


Der Magen unterscheidet sich von dem übri-
gen Nahrungscanal nicht nur durch seine Gestalt,
sondern vorzüglich auch durch die Beschaffenheit
seiner Häute und durch seinen Reichthum an Blut-
gefäſsen, Saugadern und Nerven.


Die Fasern seiner Muskelhaut laufen nicht
blos, wie im Schlunde und Darmcanal, der Länge
und Queere nach, sondern gehen zum Theil auch
nach andern Richtungen und bilden Stränge, die
sich zerästeln und mit ihren Aesten sich durch-
kreutzen. Seine Epidermis ist höchst zart, und
sehr genau mit dem weichen, fast schleimartigen
innern Blatt der zweyten Haut verbunden.


Die Arterien des Magens entspringen bey al-
len Thieren der fünf höhern Classen unmittelbar
aus der Aorta d), und bilden mit den Venen des-
selben, die sich bey den Säugthieren, Vögeln,
Amphibien und Fischen in die Pfortader öffnen,
in dem äussern Blatt der zweyten Magenhaut
ein
[341] ein zartes Netz, woraus eine zahllose Menge der
feinsten Zweige in das innere Blatt dieser Mem-
bran dringt. Bey den Insekten sind der Magen
und die Zeugungstheile diejenigen Eingeweide, zu
welchen vorzüglich groſse und zahlreiche Luft-
gefäſse gehen. Besonders ist dies der Fall bey
den Larven, bey welchen die Verdauung das Ue-
bergewicht über alle übrige Funktionen hat.


Sehr zahlreich sind auch im Magen derer
Thiere, die lymphatische Gefäſse besitzen, diese
Saugadern.


Der Magen endlich ist unter allen Eingewei-
den der Bauchhöhle dasjenige, welches am ge-
nauesten mit dem ganzen Nervensystem in Ver-
bindung steht. Bey den Thieren der höhern Clas-
sen ist er nicht nur durch die sympathischen
Nerven mit dem Rückenmark, sondern auch durch
die Nerven des achten, oder, nach der neuern
Benennung, des zehnten Paars mit dem Gehirn
verbunden. Wir finden diesen genauen Zusam-
menhang selbst bey den Insekten. Der Magen
derselben erhält ebenfalls nicht nur Nerven aus
den ihm zunächst liegenden Knoten des Rücken-
marks, sondern auch vom Gehirn durch Swam-
merdamm
’s rücklaufende Nerven, ein Nervenpaar,
welches aus einem von zwey bogenförmigen
Hirnnerven gebildeten Knoten entspringt, und das
Y 3ich
[342] ich bey mehrern Insekten aus den verschiedensten
Familien angetroffen habe.


Der ungestörte Zusammenhang des Magens
durch jene Nerven des achten Paars mit dem Ge-
hirn ist eine Hauptbedingung der Verdauung. Die
meisten Schriftsteller, die Versuche über die Durch-
schneidung jenes Nervenpaars angestellt haben,
merken an, daſs nach der Operation Erbrechen
eintrat e). Nachher fraſsen die Thiere nicht mehr,
oder die Speise blieb unverdauet im Magen f).
Dieser wurde nach dem Tode von Valsalvag)
bey einem Hunde zusammengezogen, von Le Gal-
lois
h) bey einem Meerschwein sehr ausgedehnt
gefunden. Einige Beobachter wollen auch Fäulniſs
der Speisen im Magen bemerkt haben i). Meist
aber
[343] aber fand man die Speisen im Magen unver-
ändert k). Einige Erfahrungen von Brunn ma-
chen wahrscheinlich, daſs jene Fäulniſs nur schein-
bar war und von Exkrementen herrührte, die
durch eine antiperistaltische Bewegung der Gedär-
me in den Magen geführt waren.


§. 8.
Der Magensaft.

Der Magen und der Darmcanal sondern auf
ihrer innern Fläche eine groſse Menge Flüssigkeit
ab. In beyden secerniren die vielen Schleimdrü-
sen, womit diese Fläche besetzt ist, eine groſse
Menge Schleim; in dem Magen erzeugt sich aus-
serdem noch der Magensaft, und in den Ge-
därmen die enterische Flüssigkeit.


Die Hauptquelle des Magensafts sind die letz-
tern Zweige der Schlagadern, die sich in der Ma-
genhaut zerästeln l). Ein anderer Bestandtheil
dessel-
i)
Y 4
[344] desselben wird vielleicht durch die zahlreichen
Drüsen abgesondert, die sich bey dem Menschen
vorzüglich häufig in der Nähe des untern Magen-
mundes befinden, und welche von den Schleim-
drüsen verschieden zu seyn scheinen.


Jener Saft ist das vornehmste Auflösungsmittel
der Speisen. Von einigen Thieren genommen, äus-
sert er seine auflösende Kraft noch einige Zeit
ausserhalb dem Körper. Diese Kraft aber ist ver-
schieden nach der Verschiedenheit der Thierarten.
Bey denen, die einen knorpelartigen, zum Zer-
malmen der Nahrungsmittel eingerichteten Magen
haben, z. B. den Hühnern, werden unzerriebene
Fruchtkörner nicht von ihm aufgelöst, sondern
nur zermalmt m). Zugleich löst er rohes Fleisch
auf, und greift selbst Steine und Metalle an n).


Bey den Krähen, Reihern und andern, sich
sowohl von vegetabilischen, als animalischen Sub-
stanzen nährenden Thieren, deren Magen nicht
so stark als der der hühnerartigen Vögel, doch
stärker als der Magen der Amphibien, Fische, wie-
derkäuenden Thiere, Raubvögel und fleischfres-
senden
[345] senden Säugthiere ist, löst der Magensaft auch
nur zerriebene Fruchtkörner auf. Vorzüglich aber
wirkt derselbe auf weichere vegetabilische und
animalische Substanzen, z. B. auf Früchte und
Fleisch. Dieses wird durch ihn erweicht, verän-
dert seine Farbe, geht in eine Gallerte und zu-
letzt in einen Brey über. Unzerschnittenes Fleisch
wird schichtweise von der Oberfläche zum Mittel-
punkt aufgelöst. Knorpel werden ebenfalls von
diesem Saft angegriffen. Hingegen auf Knochen
hat er keine Wirkung. Bey jenen Thieren äussert
auch nicht nur der Magen, sondern schon der
Schlund in seiner ganzen Länge auf die in ihm
verweilenden Speisen eine auflösende Kraft; bey
den hühnerartigen Vögeln hingegen werden die
Fruchtkörner im Kropfe nur erweicht, nicht auf-
gelöst.


Der Magensaft der Amphibien und Fische ist
von vorzüglicher Wirksamkeit. Er löst nicht nur
unzermalmtes Fleisch, sondern auch ganze Kno-
chen vollkommen auf. Doch wirkt er weit lang-
samer, als der Magensaft der Säugthiere und Vö-
gel, und seine Wirkungen sind einigermaſsen ab-
hängig von der Wärme der Atmosphäre.


Die wiederkäuenden Thiere haben eine groſse
Menge Magensaft. Vorzüglich ist es der vierte
Magen, worin derselbe erzeugt wird. Doch son-
dert auch schon der erste und zweyte Magen
Y 5eine
[346] eine verdauende Flüssigkeit ab. Nach den Versu-
chen von Stevenso) wurde Futter, welches in
durchlöcherten Röhren eingeschlossen war, in dem
Wanst eines Ochsen aufgelöst. Der gastrische
Saft der Wiederkäuer vermag aber weder im Ma-
gen, noch ausserhalb dem Körper seine Kraft zu
äussern, wenn die aufzulösenden Substanzen nicht
vorher zermalmt und mit Speichel vermischt sind.


Der Magensaft der Raubvögel zeichnet sich
dadurch aus, daſs er auf vegetabilische Theile we-
nig oder gar keine Wirkung, eine desto gröſsere
aber auf thierische Substanzen äussert.


Fast eben so wirksam auf thierische Materien
ist der Magensaft der Katzen, der Hunde und des
Menschen. Der gastrische Saft des Menschen
greift Knochen und Metalle an p). In dem Magen
der Hunde erleidet sogar der Schmelz der Zähne,
der von dem Magensaft anderer Thiere nicht an-
gegriffen wird, einige Veränderung. Bey allen
diesen Thieren äussert auch der Magensaft einen
eben so groſsen Einfluſs auf vegetabilische Sub-
stanzen, doch bey dem Menschen mehr, wenn
dieselben gekäuet sind, als wenn sie unzermalmt
in den Magen kommen.


Ver-
[347]

Vermöge der nach dem Tode noch fort-
dauernden Wirksamkeit des gastrischen Safts greift
er in der Leiche zuweilen den Magen selber an
Stellen, wo er sich gesammelt hat, und ausser-
halb den durchlöcherten Magenwänden auch die
benachbarten Eingeweide an. Hunterq) machte
diese Beobachtung zuerst an menschlichen Leichen,
und blos an diesen ist meines Wissens seine Er-
fahrung bis jetzt wiederholt worden r). Ich habe
aber auch an mehrern Thieren der niedern Clas-
sen, die eine Zeitlang in Weingeist gelegen hat-
ten, und an welchen alle übrige Theile noch
frisch waren, den Magen und die ihm zunächst
gelegenen Theile zum Theil aufgelöst gefunden.
Jägers) hat zwar Hunter’s Meinung von der
Ursache jener Erscheinung zu bestreiten gesucht.
Seine Gründe scheinen mir aber nur zu bewei-
sen, was ohnehin zu vermuthen war, daſs einige
Krankheiten den Magen, indem sie seine Spann-
kraft schwächen, zur Auflösung geneigter machen.


Aus den angeführten Thatsachen folgt, daſs
der Magensaft bey einigen Thieren blos zermalmte,
bey andern auch unzerriebene Nahrungsmittel auf-
löst;
[348] löst; daſs bey einigen diese Auflösung unabhängig
von der äussern Temperatur, bey andern hinge-
gen nur bey einem gewissen Grade von Wärme
vor sich geht, und daſs einige nur thierische Sub-
stanzen, andere sowohl diese, als vegetabilische
Materien aufzulösen im Stande sind. Die zer-
setzende Kraft des Magensafts ist aber, selbst in
Beziehung auf nährende Substanzen, keinesweges
unbeschränkt. Das allgemeinste Nahrungsmittel,
das es giebt, die Milch, wird von ihm zum Gerin-
nen gebracht, und geht zum Theil in diesem
coagulirten Zustande durch eine ziemlich lange
Strecke des Darmcanals. Auch enthalten die Ex-
kremente nach jeder Speise eine Menge unzer-
setzter Fasern und Häute.


Die auflösende Kraft ist auch nicht dem Ma-
gensaft ausschlieſslich eigen. Im mindern Grade
besitzt jeder Theil des thierischen Körpers das
Vermögen, fremdartige Substanzen zu verzehren.
Knochen, Fleisch und andere thierische Theile,
die P. Smith in die Bauchhöhle, oder unter das
Fell lebender Thiere brachte, wurden hier völ-
lig aufgelöst t). Hieraus läſst sich eine merk-
würdige Beobachtung erklären, die Cuvier an der
Salpa octofora machte. Er fand bey mehrern die-
ser Thiere im Innern derselben, aber ausserhalb
ihrem
[349] ihrem Magen, Theile einer Anatifa, woran alles,
bis auf die äussere Haut, zerschmolzen und ver-
schwunden war, und die vermuthlich durch die
Oeffnung, wodurch die Salpen Wasser einziehen,
hereingekommen waren v). Diese Thiere haben
zwar einen Magen. Vielleicht aber verdauen sie
eben so viel ausserhalb, als innerhalb demselben,
und machen den Uebergang zu denjenigen Orga-
nismen, bey welchen das Athemholen, die Ver-
dauung und mehrere andere Funktionen durch ei-
nerley Organe geschehen.


Bey den fleischfressenden Thieren und vielen
von denen, die sich sowohl von animalischen,
als thierischen Substanzen nähren, zeichnet sich
noch der Magensaft durch einen hohen Grad von
fäulniſswidriger Kraft aus. Er verhindert nicht
nur die Fäulniſs, sondern hebt sogar die ange-
fangene wieder auf. Es findet daher bey der Auf-
lösung der Speise keine Fäulniſs statt. Nach den
Versuchen von Davy und Brande ist aber auch
das Gas, welches sich bey der Zersetzung der
Speisen im dritten Magen der Wiederkäuer entbin-
det, weder entzündbar, noch mit Kohlensäure
vermischt w). Jene Auflösung geht also auch
ohne Gährung von statten.


Von
[350]

Von welcher Art ist nun dieser auflösende
Saft? Was er unvermischt ist, läſst sich schwer
bestimmen. Immer enthält er Speichel, den Saft
der Schleimdrüsen des Schlundes und Magens,
und oft auch etwas Galle. Im Magen der mei-
sten, lebendig geöffneten, oder eben getödteten
Thiere aber ist er eine reine und helle, doch et-
was ins Gelbliche fallende Flüssigkeit, von etwas
bitterm und salzigem Geschmack, nicht entzünd-
lich, weder an der Luft, noch im Feuer gerin-
nend, und bey den Thieren der obern Classen
eine freye Säure enthaltend.


Diese saure Beschaffenheit des Magensafts ist
zwar von mehrern Schriftstellern bezweifelt wor-
den. Allein es gibt zu wichtige Beweise dafür,
als daſs sie sich mit Recht bezweifeln läſst. Zu-
erst ist es gewiſs, daſs Milch und Eyweiſs durch
jenen Saft zum Gerinnen gebracht werden x). Die-
ses Vermögen hat er freylich mit mehrern andern
thierischen Substanzen, z. B. den Muskeln, der
Lunge, dem Herzen u. s. w. gemein y). Allein
der
[351] der gastrische Saft röthet auch die Lackmustink-
tur. Viridetz) beobachtete dies an dem Magen-
saft des Schweins, Wernera) an dem des Pfer-
des, des Schaafs, des Kaninchens, des Hundes und
der Katze, Marsiglib) an dem des Adlers und
der Kropfgans, und Brugnatellic) an dem Ma-
gensaft mehrerer fleisch- und körnerfressenden Vö-
gel. Ich habe das Nehmliche an dem Saft des
Vormagens der Hühner bemerkt. Bey manchen
Thieren äussert sich die Säure des Magensafts
auch durch den Geruch. Neergardd) fand oft
bey getödteten Hühnern, daſs Futter, welches
mehrere Stunden im Kropfe verweilt hatte, mit
einer beträchtlichen Menge eines stark säuerlich
riechenden Safts durchdrungen war. Auch spürte
er an dem Fleisch, das sich in dem Vormagen
eines Falco Lagopus befand, und schon hin und
wieder aufgelöst zu werden anfing, einen säuer-
lichen Geruch e).


Die
[352]

Die Versuche, worauf Spallanzani und an-
dere Schriftsteller ihre Behauptung von der Abwe-
senheit der Säure im Magensaft gegründet haben,
sind keinesweges beweisend. Diese bedienten sich
gewöhnlich eines Magensafts, der durch Erbre-
chen ausgeleert war. Ein solcher ist aber immer
mit Galle vermischt, welche die Säure desselben
zerstört. Dabey gebrauchten sie zur Prüfung der
Säure Alkalien, die hier zu wenig empfindliche
Reagentien sind. Carminatif), der den ga-
strischen Saft der fleischfressenden Thiere für
sauer, und den der pflanzenfressenden für alka-
lisch hielt, widerspricht sich, wie schon Wer-
ner
g) erinnert hat, an mehrern Stellen, und er-
klärt in einer spätern Schrift h) selber, daſs er
den Magensaft der pflanzenfressenden Thiere eben-
falls für sauer, und die von ihm beobachtete Al-
kalescenz desselben für Wirkung der Fäulniſs hal-
te. Brugnatellii), der in dem Magensaft der
Schaafe nach dem Abdampfen desselben Ammo-
nium fand, bediente sich zu seinen Versuchen
des Safts des ersten Magens. Aber nicht der erste,
son-
[353] sondern der dritte und vierte Magen enthält bey
den wiederkäuenden Thieren das eigentliche Auf-
lösungsmittel der Speisen. Das von ihm erhal-
tene Ammonium rührte wahrscheinlich von dem
Saft der Schleimdrüsen des ersten Magens her.
Bey allen Vögeln, sowohl den kräuterfressenden,
als denen, die sich blos von Fleisch, oder von
Fleisch und Pflanzen zugleich nähren, fand auch
er immer den Magensaft sauer.


Wenn, wie zu vermuthen ist, die Wirksam-
keit des Magensafts mit der Stärke dieser Säure
in Verhältniſs steht, so muſs jene desto gröſser
seyn, je näher dem untern Magenmunde der ga-
strische Saft abgesondert ist. Dies ist wirklich
auch der Fall. Viridetk) untersuchte vermittelst
der Lackmustinctur den Saft der Speiseröhre eines
Schweins von oben an bis zum Magen. Im Schlun-
de zeigte sich nirgends eine Spur von Säure; hin-
gegen im Magen wurde die Tinktur lebhaft gerö-
thet. In Werner’s Versuchen l) machte die in
dem obern Theil des Magens eines Pferdes be-
findliche, noch unaufgelöste Speise nur einen
schwachen Eindruck auf die Lackmustinktur;
stärker wirkte die Flüssigkeit aus dem Grunde
des Magens, und am stärksten der in der Nähe
des
IV. Bd. Z
[354] des Pylorus gesammelte Chymus. In einem an-
dern Versuch dieses Schriftstellers m) hatte der
aus dem ersten Magen von Schaafen genommene
Chymus gar keinen Einfluſs auf die Lackmustink-
tur; der im zweyten Magen enthaltene Saft be-
wirkte nur langsam eine schwache Röthe dieser
Tinktur; der Chymus des dritten Magens wirkte
schon stärker, und der des vierten sehr lebhaft.


Aus dieser gröſsern Wirksamkeit des im Grun-
de des Magens befindlichen gastrischen Safts läſst
es sich erklären, warum E. Smithn) in einigen
Versuchen, wo er verschiedenen Thieren animali-
sche und vegetabilische Substanzen in durchlöcher-
ten und an Fäden gebundenen Röhren so bey-
brachte, daſs diese nicht bis auf den Grund des
Magens reichten, keine Veränderungen jener Sub-
stanzen beobachtete. Smith schlieſst aus diesen
Versuchen, daſs es die Galle und nicht der Ma-
gensaft ist, der die Auflösung der Speisen be-
wirkt, ohne zu bedenken, daſs die Galle nicht
anders als beym Erbrechen in beträchtlicher Men-
ge zum Magen gelangt. Er führt zwar noch
eine andere Beobachtung an, nach welcher Fleisch
ausserhalb dem Körper in Galle, nicht aber in
Magensaft aufgelöst wurde. Allein diese ist so
oberflächlich erzählt, und widerspricht so vielen
andern
[355] andern Erfahrungen, daſs sie mir gar keine Rück-
sicht zu verdienen scheint.


Was ich bisher von der Säure des Magen-
safts gesagt habe, gilt nur in Beziehung auf die
Säugthiere, Vögel, Amphibien und Fische. Bey
den Thieren der niedern Classen findet keine
freye Säure jenes Safts statt. Ramdohro) beob-
achtete, daſs der Magensaft von der Raupe der
Bombyx quercus mit Säuren stark aufbrauset, und
die durch Essig geröthete Lackmustinktur wie-
der blau färbt. Ich habe ebenfalls gefunden, daſs
der Magensaft des Oniscus Asellus, des Dytiscus
marginalis, der Sphinx ligustri und der Raupe
der Noctua dysodea Vienn. die blaue Farbe der
gerötheten Lackmustinctur wieder herstellt. Bey
der Sphinx ligustri war das Blau nur schwach,
bey den übrigen aber sehr lebhaft. Bey der er-
wähnten Raupe färbte die ganze innere Fläche
des Nahrungscanals das durch Essig geröthete
Lackmuspapier blau. Die innere Fläche des Ma-
gens brachte in diesem Versuch die stärkste, die
des Mastdarms die schwächste Färbung hervor.
Bey andern Thieren der niedern Classen, unter
andern bey dem Scarabaeus nasicornis, Limax ci-
nereus und der Helix Pomatia war der Magen-
saft weder sauer, noch alkalisch.


Deutet
Z 2
[356]

Deutet diese verschiedene Beschaffenheit des
gastrischen Safts bey den Thieren der höhern und
niedern Classen auf eine Verschiedenheit in der
Ernährungsweise derselben hin? Und steht diese
Verschiedenheit mit der abweichenden Mischung
des Bluts der rothblütigen Thiere und der Mol-
lusken, Insekten u. s. w. in Beziehung? Ich
glaube nicht, daſs dies der Fall ist. Nach chemi-
schen Gründen kann zwar das Auflösungsmittel
der Speisen eben sowohl ein Alkali, als eine Säure
seyn. Aetzende Alkalien lösen im Ganzen mehr
thierische und vegetabilische Substanzen, als die
meisten Säuren auf. Allein es ist auch möglich,
daſs bey den Mollusken und Insekten der reine
Magensaft ebenfalls sauer und die Säure desselben
blos durch den alkalischen Schleim des Nahrungs-
canals verhüllt ist. Auch der Speichel ist an sich
sauer; er erhält erst durch die Zumischung des
Safts der Schleimdrüsen des Mundes eine alkali-
sche Beschaffenheit; aber seine Säure wird da-
durch nicht aufgehoben, sondern zeigt sich fort-
dauernd durch seine Kraft, die Milch zum Ge-
rinnen zu bringen p). Diese Vermuthung, daſs
die Säure des Magensafts bey den Thieren der
niedern Classen blos verhüllt ist, halte ich um
so mehr für wahrscheinlich, da ich, wie ich in
der Folge umständlicher erzählen werde, in dem
Koth der Weinbergschnecke die Galle durch den
Ver-
[357] Verdauungsproceſs auf eine Art verändert fand,
wie sie nur durch Säuren verändert wird.


Chemische Untersuchungen würden hier Licht
geben können. Aber diese sind bis jetzt in Be-
treff des Magensafts höchst unbefriedigend. Nach
Scopoliq) besteht der gastrische Saft des Raben
aus reinem Wasser, aus einer thierischen Sub-
stanz, die seifenhaft und gallertartig ist, aus salz-
saurem Ammonium, und aus einer ähnlichen er-
digen Materie, wie man in allen thierischen Sub-
stanzen antrifft. Brugnatellir) fand in dem
Magensaft von Eulen Wasser, eine Säure, einen
harzigen Bestandtheil, eine thierische Substanz
und etwas salzsaures Natrum. Der Saft des er-
sten Magens eines Schaafs lieferte ihm vieles Was-
ser, Ammonium, eine gallertartige Materie und
salzsaures Ammonium. Macquarts) hingegen
erhielt aus dem Saft des ersten Magens eines
Ochsen und Schaafs Wasser, eine gerinnbare Ma-
terie, Phosphorsäure, phosphorsauren Kalk, Harz,
salzsaures Natrum und salzsaures Ammonium. Die
beyden letztern Angaben sind von geringem Werth,
da der eigentliche Magensaft der wiederkäuenden
Thiere nicht in dem ersten Magen enthalten ist.
Die
Z 3
[358] Die harzige Materie, die Brugnatelli und Mac-
quart
in dem Magensaft fanden, war gewiſs
nichts anders, als durch die Säure des Magens
abgeschiedenes Gallenharz.


Mir scheint ein Bestandtheil des Magensafts
Milchsäure zu seyn. Man findet diese, mit
etwas Natrum verbunden, in allen serösen Flüs-
sigkeiten, welche ebenfalls im mindern Grade das
Vermögen besitzen, thierische Substanzen aufzu-
lösen. Schon der Analogie nach ist sie also auch
im Magensaft zu vermuthen. Ich habe aber auch
bey Versuchen über die Verdauung der Hühner
gefunden, daſs Wasser, womit die im Vormagen
und muskulösen Magen dieser Vögel enthaltenen
Materien ausgezogen waren, erwärmt den Geruch
des Fleischextracts, welches vorzüglich aus milch-
saurem Natrum besteht, aushauchte, und daſs
dies selbst dann der Fall war, wenn die Thiere
blos mit vegetabilischen Nahrungsmitteln gefüttert
waren. Das Resultat eines Versuchs, den ich
über die Wirkung der sauren Molken auf Weitzen-
mehl und Fleisch anstellte, war ebenfalls meiner
Meinung günstig. In einer Wärme von 60 bis 70°
R. verband sich das Mehl mit den Molken zu
einer weissen Flüssigkeit, welche das nehmliche
Ansehn hatte, wie der in dem Zwölffingerdarm
von Hühnern, die mit Getreidekörnern gefüttert
waren, enthaltene Chymus, und sich auch auf ähn-
liche
[359] liche Art wie dieser gegen chemische Reagentien
verhielt. Gebratenes Kalbfleisch wurde in jener
Wärme von den Molken an der Oberfläche ange-
griffen, und gab mit denselben eine der Fleisch-
brühe ähnliche Flüssigkeit.


Indeſs von der Milchsäure allein läſst sich die
auflösende Kraft des Magensafts nicht ableiten.
Es muſs noch eine andere stärkere Säure in die-
sem enthalten seyn, wovon er das Vermögen hat,
Knochen und selbst Steine angreifen zu können.
Nach den obigen chemischen Analysen würde die-
selbe Phosphorsäure seyn. Diese scheint aller-
dings einen Bestandtheil des Magensafts auszu-
machen. In dem Saft des Vormagens von Hüh-
nern, welcher bey diesen Thieren das eigentliche
Auflösungsmittel des Futters ist, sahe ich von sal-
petersaurem Bley, Quecksilber und Silber, so wie
von schwefelsaurem Silber Niederschläge entste-
hen, die auf Phosphorsäure deuteten. Allein ich
fand auch, daſs salzsaurer und salpetersaurer Ba-
ryt ebenfalls gefällt wurden. In Betreff der Ver-
wandtschaftsstufe des Baryts gegen die Phosphor-
säure sind nun zwar die Angaben der Chemiker
verschieden t). Doch ist so viel gewiſs, daſs der
phos-
Z 4
[360] phosphorsaure Baryt von der Salpetersäure aufge-
löst wird v). Wenn also auch der Niederschlag,
den die salzsaure Schwererde in jenem Versuch
bewirkte, von Phosphorsäure entstanden wäre,
so hätte doch diese Säure keine Fällung in der
salpetersauren Barytauflösung verursachen können.
Es muſste also noch eine andere, der Schwererde
näher als Salz- und Salpetersäure verwandte Säure
in der Flüssigkeit enthalten seyn. Für Schwefel-
säure lieſs sich diese nicht annehmen, da das
schwefelsaure Silber ebenfalls gefällt wurde. Aus-
ser dieser Säure war aber keine andere übrig,
worauf man schlieſsen konnte, als Fluſssäure.


Um diesen Schluſs zu prüfen, brachte ich
den Saft des Vormagens von Hühnern, theils blos
mit Wasser, theils auch mit etwas Schwefelsäure
vermischt, in einem Gefäſs, worüber eine Glasta-
fel lag, zum Kochen. Der Erfolg entsprach zwar
jenem Schluſs nicht; an dem Glase war keine
Auflösung zu bemerken. Aber ich erwartete sel-
ber nicht viel von diesem Versuch. Nach dem
Zusatz der Schwefelsäure entwickelte sich beym
Kochen so viel Ammonium, daſs das fluſssaure
Gas, welches vielleicht mit entbunden wurde,
gleich wieder neutralisirt werden muſste, und aus
dem blos mit Wasser verdünnten Saft konnte
schwerlich die bloſse Siedewärme das fluſssaure
Gas austreiben.


Meh-
[361]

Mehrere andere Gründe scheinen mir dagegen
zu beweisen, daſs Fluſssäure wirklich im Magen-
saft enthalten, und das Hauptauflösungsmittel der
Speisen ist. Nach Plater’s Beobachtung wurde
ein Onyx in dem Magen einer Henne binnen vier
Tagen um den vierten Theil kleiner w). In Reau-
mur
’s x) und Spallanzani’s y) Versuchen wur-
den kleine Glaskugeln, die über der Lampe ge-
blasen waren, und welche die Stärke hatten, daſs
man sie gewaltsam gegen den Boden werfen konn-
te, ohne sie zu zerbrechen, in dem Magen eines
Kapauns und einer Henne binnen drey Stunden
in kleine Stücke zermalmt, deren Enden so rund
waren, als wenn sie absichtlich wären abgerundet
worden. Selbst Stücke einer Glasscheibe wurden
in dem Magen der hühnerartigen Vögel zerrieben,
und zwar ohne Verletzung der Magenwände. Die-
ses Zerreiben läſst sich nicht ohne Hülfe eines
chemischen Auflösungsmittels erklären, da dasselbe
auch bey Versuchen statt fand, wo der Magen
keine Steine enthielt z), und die mechanische Wir-
kung blos von den Magenwänden herrühren konn-
te, die nothwendig hätten verwundet werden
müssen,
Z 5
[362] müssen, wenn nicht ein auflösender Saft die
Spitzen der Glassplittern erweicht hätte. Bey ei-
nem meiner Versuche über die Verdauung der
Hühner bemerkte ich auch, daſs das Email einer
porcellanenen Tasse, worin ich den Aufguſs ei-
nes Theils der in dem Nahrungscanal befindli-
chen Materien hatte digeriren lassen, stark ange-
griffen war. Ich machte diese Bemerkung aber
erst, nachdem die bey den Versuchen gebrauchten
Tassen schon wieder gereinigt waren, und kann
daher die nähern Umstände nicht angeben. —
Die auflösende Kraft, die man bey allen diesen
Erfahrungen anzunehmen genöthigt ist, läſst sich
nur in der Fluſssäure suchen. Die Phosphorsäure
wirkt zwar auch einigermaſsen auf Glas und
Porcellan, doch nicht in dem Grade, wie man hier
voraussetzen muſs.


Jene Hypothese hebt zugleich eine Schwie-
rigkeit, die sonst schwer aufzulösen ist. Bey meh-
rern Thieren zeigt der Magensaft weder eine freye
Säure, noch ein freyes Alkali, und da, wo er jene
besitzt, äussert sich dieselbe oft nur durch eine
schwache Wirkung auf Pflanzenpigmente. Wie
demohngeachtet dieser Magensaft bedeutende auf-
lösende Kräfte haben kann, läſst sich bey der
Voraussetzung, daſs Fluſssäure ein Bestandtheil
desselben ist, aus Wiegleb’s bekannter Erfahrung
erklären, nach welcher das fluſssaure Ammonium
noch
[363] noch eben sowohl, wie die freye Fluſssäure, die
Kieselerde auf dem nassen Wege angreift.


Unsere Hypothese hat endlich nichts, was der
Analogie zuwider ist. Man fand die Fluſssäure
auch schon in den Knochen und im Harn a), und
vielleicht wird man sie noch in andern thierischen
Substanzen entdecken.


§. 9.
Der Chymus.

Die von dem Magensaft aufgelöste Speise ist
eine noch ungleichartige Flüssigkeit, worin sich
sehr viel von einer Substanz, die Emmert für
Gallerte hält, eine freye fixe Säure, und stark
oxydirtes Eisen findet, die aber nicht von der
Wärme zum Gerinnen gebracht wird, und über-
haupt keinen Eyweiſsstoff enthält.


Diese von Emmertb) und Wernerc) gemach-
ten Erfahrungen führen auf merkwürdige Resul-
tate. Emmert beobachtete die gallertartige Be-
schaffenheit des Chymus an einem Pferde, also
an einem pflanzenfressenden Thier, dessen Nah-
rungsmittel vorzüglich durch die darin enthalte-
nen
[364] nen kleber- und stärkemehlartigen Bestandtheile
nährend sind, aber keine Gallerte enthalten. Wo-
her nun die gelatinöse Natur des Speisebrey in
den obigen Beobachtungen?


Wir wissen aus dem zweyten Abschnitt des
gegenwärtigen Buchs, wo von der vegetabilischen
Ernährung die Rede war, daſs beym Keimen der
Saamenkörner und Knollen das Stärkemehl in
Schleim und Zucker zersetzt wird, und daſs um-
gekehrt im Stamm und den Zweigen der Schleim
und Zucker wieder in Stärkemehl übergeht. Fin-
det ein ähnlicher Proceſs etwa bey der thierischen
Verdauung statt?


Um hier zu sichern Resultaten zu gelangen,
ist es nothwendig, das Verhalten des Eyweiſs-
stoffs, als desjenigen Bestandtheils der thierischen
sowohl, als vegetabilischen Körper, welcher vor-
züglich nährend ist, und der, seiner Gerinnbar-
keit wegen, bey der Verdauung am meisten ver-
ändert werden muſs, gegen seine Auflösungsmit-
tel zu untersuchen. Ich habe eine Reihe von
Versuchen über diesen Gegenstand angestellt, und
bin dabey auf das Resultat gekommen, daſs der
Eyweiſsstoff durch einen gewissen Grad von Säu-
rung in Gallerte verwandelt wird; daſs die ver-
einigte Wirkung von Säuren und Alkalien den-
selben in den Zustand des Schleims versetzt,
und daſs ein höherer Grad der Säurung, be-
sonders
[365] sonders von Metalloxyden, ihn als Faserstoff nie-
derschlägt.


Schon Hatchettd) bemerkte, daſs Eyweiſs
nach langer Einweichung in verdünnter Salpeter-
säure sich in kochendem Wasser auflöst, und
nach dem Abdampfen eine gallertartige Masse lie-
fert, die eben so wie der Leim durch Gerbestoff
niedergeschlagen wird. Ich erhielt zuerst eine
gelatinöse Materie, als ich eine Auflösung des Ey-
weiſs in concentrirtem Essig eine Stunde in Ko-
chen erhielt, von Zeit zu Zeit statt des verdün-
steten Essigs Wasser nachgoſs, und endlich das
niedergeschlagene Eyweiſs durch Filtriren abson-
derte. Die Auflösung ging nach dem Erkalten in
eine weiſsliche Gallerte über, und wurde über
dem Feuer wieder flüssig. Doch schlugen sich
bey der Wiederholung des Kochens immer noch
häutige Concremente nieder, die sich nicht wieder
auflösten. Es bildete sich hier also eine der Gal-
lerte zwar ähnliche, doch, wie die fortdauernde
Präcipitation des Eyweiſs bewies, noch nicht ganz
gleiche Substanz. Eine wahre Gallerte entstand
aber, als ich eine Mischung aus zwey Drachmen
Eyweiſs, einer halben Unze Phosphorsäure und ei-
ner Unze Wasser zwey Stunden in einer Wärme
von 60° R. erhielt. Am Ende dieser Zeit hatte
sich auf der Oberfläche der Flüssigkeit eine weisse,
feste
[366] feste Haut gebildet, unter welcher alles eine was-
serhelle, gleichförmige Auflösung war. Erkaltet
ging die letztere in eine der Knochengallerte
ganz gleiche Masse über, indem sie alles Wasser
in sich aufnahm. Mit neu hinzugegossenem Was-
ser erwärmt, löste sie sich wieder auf, und mit
wässrigem Galläpfelaufguſs vermischt, gab sie
dasselbe flockenartige Präcipitat, das man aus
Knochengallerte mit Gerbestoff erhält.


Läſst man Eyweiſs mit einer nicht zu star-
ken Säure digeriren, und setzt dann ein Alkali
hinzu, oder löst man umgekehrt Eyweiſs erst
in einer alkalischen Lauge auf, und vermischt
dann die Auflösung mit einer nicht zu starken
Säure, so schlägt sich zwar ein Theil des aufge-
lösten Eyweiſs als ein festes Präcipitat nieder;
aber ein Theil bleibt mit der Säure und dem Al-
kali vereinigt, und bildet eine schleimige Masse,
die weder wie Gallerte beym Erkalten erstarrt,
noch wie Eyweiſsstoff in der Hitze gerinnt, sich
also wie thierischer Schleim verhält. In eine ähn-
liche Masse wird auch Gallerte durch den Einfluſs
der Alkalien versetzt.


Ueber die Entstehung des Faserstoffs aus dem
Eyweiſs werde ich unten, in der Lehre vom Blu-
te, meine Beobachtungen mittheilen. Hier bemer-
ke ich nur noch, daſs sich bey der Digestion
des Eyweiſs mit Säuren immer eine häutige Sub-
stanz
[367] stanz absondert, welche ganz die Eigenschaften
des Faserstoffs hat.


Das Eyweiſs löst sich also in Säuren auf,
indem es sich dem Zustand der Gallerte nähert,
zugleich aber einen geronnenen Theil als Faser-
stoff zurückläſst. Dieser ist, wie aller Faserstoff,
nur mit Hülfe der Wärme in concentrirten mine-
ralischen Säuren, z. B. in Salpetersäure, und nicht
anders als mit gänzlicher Veränderung seiner Na-
tur auflöslich. Er wird aber von ätzenden Al-
kalien aufgenommen, und läſst sich daraus durch
Säuren wieder fällen.


Die Gallerte und der Schleim lösen sich so-
wohl flüssig, als trocken in Säuren völlig auf,
und zwar die Gallerte ohne in der Kälte ihre Na-
tur merklich zu verändern.


Eyweiſsstoff, Gallerte, Schleim und Faserstoff
sind die gemeinschaftlichen und vorzüglich näh-
renden Grundtheile aller thierischen Organe und
Säfte. Der Eyweiſsstoff und der Schleim sind
auch den Pflanzen eigen. Der vegetabilische Fa-
serstoff scheint von dem animalischen dem We-
sen nach nicht verschieden zu seyn. Eigenthüm-
lich dem Thierreiche ist aber die Gallerte, wie
das Stärkemehl und das Gummi dem Pflanzen-
reiche. Diese vegetabilischen Grundtheile werden
jedoch, wie die Gallerte, von Säuren, Alkalien
und bloſsem Wasser aufgelöst.


Wenden
[368]

Wenden wir diese Sätze auf den Verdauungs-
proceſs an, so folgt, daſs der Magensaft vermöge
seiner Säure und seines Wassers von den ange-
führten nährenden Grundtheilen der Thiere und
Pflanzen den Eyweiſsstoff, die Gallerte, den
Schleim, das Stärkemehl und das Gummi auflöst;
daſs hingegen der Faserstoff für ihn unauflöslich
ist, und daſs auch bey der Aufnahme des Eyweiſs-
stoffs immer ein Niederschlag von Faserstoff er-
folgt; endlich daſs jene auflöslichen Substanzen
von dem gastrischen Saft als Schleim oder Gallerte
aufgenommen werden. Es läſst sich zwar gegen
diese Folgerung der Einwurf machen, daſs die
Umwandlung des Eyweiſsstoffs in Gallerte vermit-
telst chemischer Mittel nur bey einer Temperatur
geschieht, die nicht bey der Verdauung statt fin-
det. Allein wir haben schon oben (§. 7.) gesehen,
daſs eine Hauptbedingung des Digestionsprocesses
die ungestörte Einwirkung der Nervenkraft auf
den Magen ist, und unten werden wir finden,
daſs diese Einwirkung in vielen Fällen dem Ein-
fluſs einer hohen Temperatur ganz analog ist.


Ueber die Richtigkeit aller dieser Schlüsse
können nur Erfahrungen entscheiden. Die oben
erwähnten Resultate der Versuche von Emmert
stimmen mit denselben schon überein. Ich habe
Versuche an Hühnern gemacht, die ebenfalls der-
selben günstig sind. Von mehrern dieser Thiere.
die
[369] die in Käfigen gehalten wurden, lieſs ich einige
mit einer Mischung aus vegetabilischer und ani-
malischer Kost, die übrigen blos mit Gerstenkör-
nern und Wasser füttern. Beyde bekamen dabey
Sand und kleine Steine. Die erstern hatten den
Tag vor ihrem Tode Gerstenkörner und Küchen-
abfall, welcher aus Milch, Fleischbrühe und Grau-
pen bestand, erhalten. Bey der Untersuchung
ihres Nahrungscanals fand ich den Inhalt dessel-
ben von folgender Art.


In dem Kropf war das Futter noch unver-
ändert.


Der Vormagen enthielt Stücke geronnener
Milch, aufgequollene Gerstenkörner und saure
Molken.


In dem Knorpelmagen fand ich eine groſse
Menge Sand und zerriebene Gerstenkörner.


Der dünne Darm war mit einem Brey ange-
füllt, der bis zu der Gegend, wo sich die Gallen-
gänge in jenen öffnen, eine graue Farbe hatte.


Bis zu jener Stelle erstreckt sich bey den
Hühnern das erste Stadium der Verdauung. Hier
theile ich meine Beobachtungen nur so weit mit,
als sie dieses betreffen. Die weitern Veränderun-
gen des Chylus in den folgenden Theilen des
Darmcanals werde ich in der Folge beschreiben.


Der Inhalt des Vormagens färbte Lackmuspa-
pier röthlich, und verbreitete erwärmt einen star-
IV. Bd. A aken
[370] ken Geruch nach Milchsäure. Die übrigen Mate-
rien des Nahrungscanals reagirten gegen die Lack-
mustinktur weder sauer, noch alkalisch.


Sowohl in dem Vormagen, als in dem Knor-
pelmagen, in welchem letztern die Speisen bey
den Hühnern erst zerrieben werden, waren noch
wenig assimilirte Substanzen zu suchen. Diese
konnten erst im Anfang des dünnen Darms zu
finden seyn. Doch goſs ich auf den Inhalt des
Knorpelmagens kaltes Wasser, erhielt den Aufguſs
eine halbe Stunde in einer Wärme von ohnge-
fähr 70° R., seihete ihn durch und prüfte die
durch das Filtrum gegangene Flüssigkeit, die das
Ansehn einer schwachen Auflösung von Satzmehl
hatte, mit wässrigem Galläpfelaufguſs. Bey dem
Erhitzen gab die Flüssigkeit den Geruch des
Fleischextrakts von sich, da der Inhalt des Vor-
magens blos nach Milchsäure roch. Nach dem
Zusatz des Galläpfelaufgusses bildete sich ein Prä-
cipitat, welches zunahm, als die Mischung von
neuem über ein gelindes Feuer gebracht wurde.
Dieser Niederschlag konnte von drey verschiede-
nen Substanzen herrühren, von Stärkemehl, Gal-
lerte, oder Fleischextrakt. Daſs sich Stärkemehl
in ihr befand, war deshalb nicht wahrscheinlich,
weil sich eine mit Galläpfelaufguſs vermischte
und erwärmte Auflösung dieser Substanz immer
mit einer Haut von Faserstoff überzieht, welches
mit
[371] mit jener Flüssigkeit nicht der Fall war. Das
Hauptkennzeichen der thierischen Gallerte, in der
Kälte zu erstarren, fehlte ihr aber auch. Sie
lieſs sich daher nur für Fleischextrakt annehmen,
mit welcher Annahme auch ihr Geruch überein-
stimmte.


Den in dem obern Theil des dünnen Darms
befindlichen Chymus verdünnte ich mit kaltem
Wasser, und drückte ihn durch ein leinenes Fil-
trum. Die durchgegangene Flüssigkeit A bestand
aus einem klaren, wässrigen Theil, und einer
dickern, weiſslichen Materie. Auf einem Filtrum
von Löschpapier blieb die letztere zurück, indem
blos der wässrige Theil durchging. Der auf dem
leinenen Filtrum gebliebene Rückstand hatte gröſs-
tentheils das Ansehn geronnener Milch.


Ich setzte zu der filtrirten Flüssigkeit A eine
gleiche Quantität Alcohol, und lieſs diese Mischung
B damit gelinde aufkochen. Nach dem Erkalten
hatte sich Eyweiſsstoff, doch nur in geringer
Quantität, niedergeschlagen. Der letztere wurde
vermittelst Filtrirens abgesondert, und die eine
Hälfte a der durchgeseiheten Mischung B mit Gall-
äpfeltinktur versetzt. Diese brachte in der Kälte
keinen Niederschlag hervor; bey mäſsiger Er-
hitzung bildete sich in der Flüssigkeit eine braune
Wolke. Zugleich entwickelte sich statt des Ge-
ruchs nach Fleischbrühe, den der Inhalt des Knor-
A a 2pel-
[372] pelmagens hatte, wieder derselbe Geruch nach
sauren Molken, den die Materien des Vormagens
aushauchten. In der Kälte löste sich die erwähnte
braune Wolke wieder auf; die Flüssigkeit be-
deckte sich dabey mit einer Haut, gelatinirte aber
nicht. Es war also auch hier keine Gallerte vor-
handen. Jene Haut aber deutete auf Stärkemehl.


Die andere Hälfte b der vom Eyweiſsstoff ge-
reinigten Flüssigkeit B vermischte ich mit einer
gleichen Menge ätzender Kalilauge, lieſs die Mi-
schung gelinde aufkochen, und setzte nach dem
Erkalten geistigen Galläpfelaufguſs hinzu. Es
entstand hierauf ein starkes, körniges, braunes
Präcipitat. Dieses muſste von einer thierischen
Substanz herrühren. Das ätzende Kali fället zwar
auch den bloſsen Gerbestoff aus seiner Auflösung.
Aber dieser Niederschlag erscheint als eine braune
oder gelbliche Wolke, nicht als eine körnige Ma-
terie. Ein ganz ähnliches Präcipitat erhielt ich
dagegen, als ich eine durchgeseihete Auflösung
von Nasenschleim in verdünnter Salpetersäure mit
ätzendem Kali und Galläpfeltinktur vermischte.
Der Gerbestoff scheint hier, verbunden mit thie-
rischem Schleim, durch das Kali gefällt zu wer-
den. Diese Versuche beweisen also, daſs ein Theil
der Flüssigkeit des dünnen Darms aus thierischem
Schleim bestand. Es frägt sich indeſs, ob dieser
Schleim verähnlichter Nahrungssaft, oder blos
Darm-
[373] Darmschleim war? Daſs er zum Theil aus Darm-
schleim bestand, ist allerdings möglich. Daſs er
aber nicht gröſstentheils von assimilirten Nah-
rungsmitteln herrührte, läſst sich kaum bezwei-
feln, da es sonst nicht einzusehen ist, was der
eigentliche, zur Einsaugung bestimmte Nahrungs-
saft gewesen seyn sollte.


Die Resultate dieses Versuchs waren also fol-
gende. Der Knorpelmagen enthielt weiter keine
aufgelöste Substanz als Fleischextrakt, welches
aber wohl nicht blos von der Fleischbrühe, wo-
mit die Hühner gefüttert waren, sondern auch
von dem gastrischen Saft herrührte, da ich den
Geruch desselben auch an dem Chymus von Thie-
ren, die blos Pflanzennahrung erhalten hatten,
bemerkt habe. Die Auflösung des Futters geht
bey den Hühnern erst im Anfange des dünnen
Darms vor sich. In diesem fanden sich an aufge-
lösten thierischen Substanzen Eyweiſsstoff, Stärke-
mehl und thierischer Schleim. Der Eyweiſsstoff
war aber in zu geringer Quantität vorhanden, als
daſs er bey der Ernährung von Wichtigkeit seyn
konnte. Nur das Stärkemehl und der Schleim
lieſsen sich für aufgelöste und zur Verwandlung
in Chymus vorbereitete Substanzen annehmen.


Bey einem der übrigen Hühner, die blos mit
Gerstenkörnern und Wasser gefüttert waren, ent-
A a 3hielt
[374] hielt der Nahrungscanal bis zum Eintritt der Gal-
lengänge folgende Materien.


Im Kropf fanden sich blos unveränderte Ger-
stenkörner. Der Vormagen enthielt einen weissen
Saft ohne Futter. Der Knorpelmagen war mit
zerriebenen Körnern, und der Zwölffingerdarm
mit einem grauen Brey angefüllt.


Wie in dem vorigen Versuch zeigte auch
hier blos der Saft des Vormagens eine Säure, und
dieser verbreitete erwärmt einen scharfen Fleisch-
geruch. Die übrigen Materien des Nahrungsca-
nals reagirten weder sauer, noch alkalisch.


Auf den Inhalt des Knorpelmagens gegossenes
kaltes Wasser wurde weiſs und undurchsichtig.
Galläpfelaufguſs schlug aus demselben nichts nie-
der. Weingeist und Schwefeläther fällten eine
geringe Menge Eyweiſsstoff. Ich erhielt den Auf-
guſs eine Stunde in einer Wärme von 60 bis 70°
R. und prüfte ihn dann von neuem mit Galläpfel-
aufguſs; es entstand Trübung, doch kein voll-
ständiger Niederschlag. Ich goſs von neuem Was-
ser auf den unaufgelösten Rückstand, und brachte
dieses zum Kochen. Jetzt entwickelte sich deut-
lich der Geruch des Stärkemehls. Zugleich wurde
der untere Theil der Flüssigkeit klebrig, wie ge-
kochte Stärke. Als der Aufguſs durchgeseihet und
erkaltet war, hatte sich ein Bodensatz von klei-
nen weissen Körnern gebildet, die ganz das An-
sehn
[375] sehn des weissen Satzmehls (fecula) hatten. Der
auf dem Filtrum gebliebene Rückstand war eine
gelbliche, klebrige Materie, die sich in ätzendem
Natrum selbst beym Kochen nicht ganz auflöste,
und meist aus vegetabilischen Fasern zu beste-
hen schien.


Von der breyartigen Materie, womit der obere
Theil des dünnen Darms angefüllt war, nahm
kaltes Wasser so wenig auf, daſs kaum die Far-
be desselben dadurch verändert wurde. Als der
Aufguſs eine Stunde in einer Wärme von 60 bis
70° R. gestanden hatte, war ein Theil des Chy-
mus aufgelöst worden. Nach dem Erkalten setzte
sich wieder ein weisses Pulver ab, das sich wie
weisses Satzmehl verhielt. Die durchgeseihete
Abkochung gab mit Galläpfelaufguſs einen Nie-
derschlag, welcher ebenfalls weisses Satzmehl ent-
hielt. Weingeist schlug, selbst als die Mischung
zum Kochen gebracht war, keinen Eyweiſsstoff
nieder. Galläpfelaufguſs und ätzendes Kali, wel-
che zu dieser Mischung mit Weingeist gesetzt
wurden, fällten bloſsen Gerbestoff ohne Schleim.
Der auf dem Filtrum gebliebene Rückstand wur-
de von ätzendem Kali aufgelöst, und durch Essig-
säure wieder gefällt; der Niederschlag hatte das
Ansehn des vegetabilischen Eyweiſsstoffs.


In diesem Versuch, wo das Thier blos mit
einer vegetabilischen Substanz gefüttert war, de-
A a 4ren
[376] ren nährende Bestandtheile in Stärkemehl und Kle-
ber bestanden, fand sich also in den ersten We-
gen keine Gallerte, sondern die aufgelösten Sub-
stanzen waren blos Eyweiſsstoff und Stärkemehl.
Jener machte aber auch hier, wie im vorigen
Versuch, einen so unbedeutenden Theil aus, daſs
man ihn nicht für eine assimilirte Materie an-
nehmen konnte. Nur die Auflösung des Stärke-
mehls konnte zur Verwandlung in Chylus be-
stimmt seyn. Der in den Nahrungsmitteln be-
findliche Kleber schien selbst im Zwölffingerdarm
noch keine Veränderung von dem gastrischen Saft
erlitten zu haben.


Im vorigen Versuch, wo die Thiere mit ge-
mischter Kost gefüttert wurden, war die Ver-
dauung im Anfang des dünnen Darms schon wei-
ter vorgeschritten. Es bestätigt sich also hier,
was auch andere Erfahrungen lehren, daſs die
Verdauung bey animalischer Kost schneller als bey
vegetabilischer vor sich geht.


So wenig übrigens jene Versuche auf Voll-
ständigkeit Anspruch machen können, so stimmen
doch die Resultate derselben mit unsern obigen
Schlüssen so sehr überein, daſs wir diese für
mehr als bloſse Vermuthungen anzunehmen be-
rechtigt sind.


§. 10.
[377]
§. 10.
Bewegungen des Magens. Beziehung der Bildung desselben auf die
Beschaffenheit der Nahrungsmittel.

Indem der Magensaft seinen chemischen Ein-
fluſs auf die Speise äussert, wirkt zugleich der
Magen mechanisch auf diese ein.


Mechanische sowohl als chemische Schärfen
bringen Zusammenziehungen des Magens hervor,
und auch ohne angebrachte Reitzungen sahe man
ihn bey geöffneten lebenden Thieren sich zusam-
menziehen e).


Die Zusammenziehung des Magens ist von
vorzüglicher Stärke bey den hühnerartigen Vögeln,
bey welchen durch dieselbe Münzen umgebogen,
eiserne Röhren zusammengedrückt, und Glasröh-
ren zerbrochen werden f). Hier vertritt der knor-
pelartige Magen zugleich die Stelle der Zähne.
Eben so heftig müssen diese Contraktionen bey
denjenigen Insekten und Mollusken seyn, deren
Magen knorpelartig, oder mit Zähnen besetzt ist.


Schwächer ist jene Zusammenziehung bey den
übrigen Thieren, die einen muskulösen oder häu-
tigen Magen haben. Doch fehlt sie auch bey die-
sen nicht. Man hat sie sogar bey mehrern Poly-
pen
A a 5
[378] pen und Insekten beobachtet g). Ich sahe sie un-
ter andern beym Dytiscus marginalis L. und Sca-
rabaeus nasicornis L. sehr lebhaft vor sich gehen.
Bey den Krähen, Reihern und mehrern andern
Vögeln, die zwar keinen so starken Magen wie
die Hühner haben, bey welchen dieser Theil aber
auch aus ziemlich starken Muskelfasern besteht,
äussert derselbe seine Contraktilität dadurch, daſs
schwache, von dünnem Bley verfertigte Röhren
durch ihn eingedrückt, und selbst stärkere Röh-
ren, die eine längere Zeit in ihm verweilen, an
den Rändern eingebogen werden h). Bey lebendig
geöffneten Amphibien und Säugthieren findet man
den Magen zuweilen in Ruhe, oft aber auch in Be-
wegung. Eine Menge hierher gehöriger Beobach-
tungen enthalten Wepfer’s Historia cicutae aquati-
cae, Peyer’s Merycologie, Haller’s Elemente i)
und Spallanzani’s Werk über die Verdauung k).
Bey den Fischen muſs jene Bewegung träger seyn,
da sie bey diesen noch nicht beobachtet ist.


Die Zusammenziehung des Magens wechselt
mit einer Ausdehnung desselben ab, und zwar
zieht
[379] zieht er sich nicht in seinem ganzen Umfange,
sondern stellenweise zusammen, so daſs bald ein
Theil constringirt wird, indem ein anderer er-
schlafft, und bald der letztere sich wieder zusam-
menzieht, indem jener sich erweitert. Die zusam-
mengezogenen Stellen werden dicker und runzlich.
Der Magen ändert daher, wenn er in Bewegung
ist, immer seine Gestalt, und hat dann oft ein ge-
gliedertes Ansehn.


Im Allgemeinen ist daher die Bewegung eine
wurmförmige. Sie geht bald von oben nach un-
ten, bald wieder von unten nach oben. Dieser
Wechsel von gerader und rückgängiger Bewegung
scheint aber nur so lange statt zu finden, bis die
Speisen durch den Magensaft aufgelöst sind. Bis
dahin ist wahrscheinlich der untere Magenmund
verschlossen. Sobald aber die Auflösung vor sich
gegangen ist, öffnet sich dieser; die peristaltische
Bewegung geht dann nach unten, und der Speise-
brey wird in den Zwölffingerdarm ausgeleert.


Haller und mehrere andere Schriftsteller ha-
ben ausser der Zusammenziehung des Magens
noch den Druck des Zwerchfells und der Bauch-
muskeln als mitwirkend bey der Ausleerung der
Speisen angenommen. Durch das Zwerchfell, sagt
Haller, werden beym Einathmen alle in dem
Bauchfell befindlichen Eingeweide, besonders der
vordere Theil der Leber und der Magen, zusam-
men-
[380] mengedrückt; die Bauchmuskeln, setzt er an ei-
ner andern Stelle hinzu, kann man als einen gro-
ſsen, an den Wirbelknochen befestigten, und
vorne um das Bauchfell gelegten Gürtel betrach-
ten, welcher bey seiner Zusammenziehung alle
Baucheingeweide an den Rücken drückt und aus-
leert l). Diese Ursachen können aber im gesun-
den Zustande nicht von groſser Wichtigkeit seyn.
Der Druck des Zwerchfells findet blos bey den
Säugthieren statt. Zum Beweise der Wirkung
dieses Theils auf den Magen führt zwar Haller
eine Beobachtung von Wepfer aus Peyer’s Me-
rycologie (p. 275.) an, nach welcher aus einer
Magenwunde eines Kalbes der Speisebrey auf
weiter als einen Schritt hervorgesprützt wurde,
und zwar nicht anhaltend, sondern nur von Zeit
zu Zeit. Aus dem letztern Umstand schlieſst Hal-
ler
, daſs das Hervordringen nicht durch die Zu-
sammenziehung des Magens, welche anhaltend
wirke, sondern durch den Druck des Zwerchfells
verursacht sey. Aber Wepfer sagt nirgends, daſs
das Ausflieſsen des Speisesafts mit dem Einath-
men in einer Beziehung gestanden habe. Auch
ist es eine unrichtige Behauptung, daſs die Zu-
sammenziehung des Magens anhaltend wirke.


Anders aber ist es beym Erbrechen, wo die
Speisen auf einem ungewöhnlichen Wege ausge-
leert
[381] leert werden. Schon Chiracm) und Franz
Bayle
n) bemerkten, daſs der Magen der Säug-
thiere sich hierbey leidend zu verhalten schiene,
und die Resultate der Versuche Magendie’s o)
stimmen mit dieser Beobachtung überein. Nach
des letztern, von Commissarien des Französischen
Instituts wiederholten, und richtig befundenen
Erfahrungen bemerkt man bey Hunden, denen
durch Brechmittel Brechen erregt ist, in der ge-
öffneten Bauchhöhle keine Zusammenziehungen
des Magens, wohl aber eine starke, von den
Zusammenziehungen des Zwerchfells und der
Bauchmuskeln herrührende Pressung. Während
der dem Erbrechen vorhergehenden Uebelkeit
tritt immer Luft in den Magen. Wird derselbe
aus der Oeffnung der Bauchdecken hervorgezogen,
so daſs diese und das Zwerchfell nicht auf ihn
wirken können, so erfolgt keine Ausleerung des-
selben, obgleich das Thier dieselben Anstrengun-
gen wie beym Erbrechen macht. Diese Anstren-
gungen werden bey einem geöffneten Hund schon
durch ein gelindes Ziehen des Schlundes erregt.
Sie erfolgen sogar, wenn nach der völligen Ex-
stirpation des Magens eine Auflösung von Brech-
weinstein in die Cruralvene gesprützt wird. Die
Zusam-
[382] Zusammenziehungen des Zwerchfells und der
Bauchmuskeln beym Erbrechen sind also ganz un-
abhängig von dem Einfluſs der Brechen erregen-
den Mittel auf den Magen. Bey Hunden, denen
der Magen ausgeschnitten, und der Schlund an
eine mit einer biegsamen Röhre verbundene
und mit Wasser angefüllte Blase befestigt war,
die in die Bauchhöhle gebracht wurde, entleerte
sich diese bey den Anstrengungen zum Erbrechen
eben so, wie sonst der Magen. Hunde, denen
die Zwerchfellsnerven durchschnitten waren, er-
brachen sich, selbst bey Anwendung der kräftig-
sten Vomitive, nur sehr schwach. Es erfolgte gar
kein Brechen, sondern blos eine geringe Uebel-
keit, wenn nicht nur jene Nerven durchschnitten,
sondern auch die Bauchmuskeln von ihren Befe-
stigungspunkten abgelöst waren. Hingegen brach-
te das bloſse Zwerchfell noch Erbrechen hervor,
wenn nur die weisse Linie, die dem Druck der
Eingeweide Widerstand leistet, unverletzt war.


Magendie schlieſst mit Recht aus diesen Er-
fahrungen, daſs der Magen sich beym Erbrechen
nicht immer zusammenzieht, und daſs diese Be-
wegung erfolgen kann, wenn auch jener sich
ganz unthätig verhält. Er behauptet aber nicht,
daſs niemals antiperistaltische Bewegungen des
Magens beym Erbrechen statt finden, die Haller
dabey gesehen zu haben versichert. Die Com-
missa-
[383] missarien des Französischen Instituts hingegen
beschuldigen in ihrem Bericht über Magendie’s
Schrift Haller’n wegen dieser Beobachtung des
Mangels an Genauigkeit, obgleich ihre wenigen
Versuche Haller’s so zahlreiche bey weitem
nicht aufwiegen, und Eine positive Beobachtung
hier mehr als viele negative beweist.


Zuweilen findet an solchen Stellen des Ma-
gens, worauf ein heftiger Reitz wirkt, eine an-
haltende Zusammenziehung statt, die nicht eher
wieder aufhört, als bis der Reitz entfernt ist, und
die zuweilen noch nach dem Tode fortdauert.
Hieraus würde sich erklären lassen, wie manche
unverdauliche Sachen so sehr lange im Magen
verweilen konnten, z. B. eine Speckschwarte zwey
Jahre, ein Stück eines Darms vierzehn Jahre p),
und Kirschkerne fünf Jahre q), wenn diese und
ähnliche Geschichten nicht manchen Zweifeln
ausgesetzt wären.


Sehr merkwürdig ist es, daſs man eine sol-
che anhaltende, und auch nach dem Tode noch
fortwährende Zusammenziehung besonders in der
Mitte des Magens beobachtet hat. Schon bey äl-
tern Schriftstellern, vorzüglich bey Wepfer, fin-
det man mehrere wichtige Erfahrungen über die-
sen Gegenstand.


Bey
[384]

Bey einem Wolfe, dem die Wurzel des Eisen-
hütlein (radix napelli) gegeben war, zog sich der
Magen abwechselnd bald am Pylorus, bald in der
Mitte zusammen r).


Ein ähnlicher Wechsel von Zusammenziehun-
gen fand bey einer Katze statt, die Jalappe erhal-
ten hatte s).


Bey einer Wölfin, die den Saft des Schierlings
bekommen hatte, fand Wepfer am obern Theile
des Magens, anderthalb Zoll weit von der Cardia,
eine so anhaltende Zusammenziehung, daſs der
Magen wie aus zwey Theilen bestehend aus-
sahe t).


Die merkwürdigste unter Wepfer’s Beobach-
tungen ist aber die, welche er an einer mit der
Wurzel des Eisenhütlein vergifteten Katze machte.
Hier war der Magen sehr ausgedehnt. Wepfer
schnitt ihn ganz heraus. Es erfolgte in demsel-
ben eine wurmförmige Bewegung. Dann zog sich
das obere Magen-Ende so fest zusammen, daſs
auch nicht ein Tropfen herausdringen konnte.
Nun erfolgte eine Zusammenziehung der Mitte
des Magens, und von dieser ging eine langsame
Bewegung nach dem Pylorus hin. Der letztere
richtete sich auf, und es drang eine helle, theils
schau-
[385] schaumige, theils zähe Flüssigkeit, zuweilen all-
mählig, zuweilen stoſsweise daraus hervor. Jetzt
zog sich der Pylorus zusammen; der Magen
schwoll wieder an; es erfolgte von neuem in der
Mitte desselben eine Zusammenziehung, und von
neuem ein Hervordringen von Flüssigkeit aus sei-
nem untern Ende. Diese abwechselnde Zusam-
menziehung und Erweiterung hielt sieben bis
acht Minuten an, und das obere Magen-Ende
blieb dabey immer verschlossen v).


Wepfer wendet diese Beobachtungen auf die
Erklärung der Thatsache an, daſs beym Erbre-
chen nicht immer alle genossene Speisen ausge-
leert werden, und führt das Beyspiel eines Mönchs
an, der, wenn er fette Sachen genossen hatte,
bald nach der Mahlzeit Erbrechen bekam, wobey
blos das Fett, welches als die leichtere Flüssig-
keit die obere Höhlung des Magens einnahm,
ausgebrochen wurde w).


Auch Hallerx) fand häufig eine Zusammen-
ziehung in der Mitte des Magens. Indeſs blieben
diese Beobachtungen immer unbeachtet. Erst
Homey) erkannte die Wichtigkeit derselben, ver-
folgte sie weiter, und zeigte, daſs jene Verenge-
rung
IV. Bd. B b
[386] rung keine blos in seltenen, krankhaften Fällen,
sondern eine überhaupt bey der Verdauung statt
findende Erscheinung ist.


Nach Home’s Untersuchungen, die auch
Burnsz) bestätigt fand, besteht der Magen bey
denjenigen Säugthieren, deren Nahrungsmittel
leicht verdaulich sind, aus zwey Abtheilungen,
aus einer obern, oder Cardiacal-Abtheilung, und
einem untern, oder pylorischen Theil. Diese Tren-
nung aber findet bey ihnen nur während der Ver-
dauung statt, und wird blos durch die Zusam-
menziehung der mittlern, ringförmigen Muskel-
fasern bewirkt. Hingegen bey denen Thieren,
die sich von schwer verdaulichen Substanzen
nähren, giebt es mehrere Abtheilungen des Ma-
gens, die nicht blos zu gewissen Zeiten, sondern
fortdauernd von einander abgesondert sind. Zu
den letztern gehören vorzüglich die Wiederkäuer,
zu den erstern die blos fleischfressenden Säug-
thiere. Zwischen beyden giebt es mehrere Mittel-
glieder, die eine Stufenfolge vom Einfachern zum
Zusammengesetztern bilden.


Die Struktur der vier Magen der Wiederkäuer
ist schon im ersten Bande der Biologie (S. 199.)
beschrieben worden. Das mit den Vorderzähnen
abgeschnittene Futter gelangt bey diesen Thieren
aus dem Schlunde in den ersten und dann in den
zwey-
[387] zweyten Magen. In dem ersten bleibt, nach Ho-
me
’s Bemerkung, immer eine gewisse Quantität
Speise zurück, mit welcher sich das neue Futter
vermischt. Doch ist dies nicht blos den Wieder-
käuern eigen. Der Magen der Hunde ist eben-
falls selten von Speisen leer, wenn sie auch seit
sechszehn Stunden nichts gefressen haben a).
Nicht selten enthält der erste Magen der Wie-
derkäuer, so wie der Magen der Hunde, Bälle,
die aus abgeleckten und verschluckten Haaren be-
stehen. Diese sind immer rund oder oval, und
die Haare liegen darin beständig nach einerley
Richtung. Die Bewegung jenes Magens muſs
also eine rotatorische seyn, und die in ihm be-
findlichen Substanzen müssen sehr genau mit
einander vermischt werden b).


Aus dem zweyten Magen geht die Speise nach
einiger Zeit zurück in den ersten Magen, in den
Oesophagus und in den Mund, wo sie von den
Backenzähnen zermalmt und mit Speichel ver-
mischt wird. Auf ihrer Rückkehr nimmt sie aber,
nach Camper’s c) Meinung, nicht den vorigen
Weg,
B b 2
[388] Weg, sondern gelangt unmittelbar in den dritten
Magen. Dieser steht durch eine Rinne, die
sich nach Beschaffenheit der Umstände entweder
schlieſst, indem sich ihre Seitenränder an einan-
der legen, oder öffnet, indem sich dieselben von
einander entfernen, unmittelbar mit dem Schlun-
de in Verbindung, und der letztere öffnet sich
unten an derselben Stelle, wo die drey ersten Ma-
gen in einander übergehen. So tritt das Futter,
wenn die Ränder jenes Canals offen sind, in den
ersten Magen, und dieses Offenstehen findet beym
Verschlucken der rohen Speise statt; der Zugang
zu den beyden ersten Magen ist hingegen ver-
sperrt, und das wiedergekäuete Futter wird gera-
des Weges zum dritten Magen gebracht, wenn
jene Ränder geschlossen sind. Durch den erwähn-
ten Canal gehen, wie Camper glaubte, auch alle
Flüssigkeiten in den dritten Magen, ohne den er-
sten und zweyten zu berühren. Es läſst sich in-
deſs nicht läugnen, daſs diese Meinung keines-
weges bewiesen ist. Unter andern steht ihr der
Umstand entgegen, daſs auch das Faulthier, wel-
ches doch nicht wiederkäuet, jene Rinne besitzt d).


Im dritten Magen muſs eine Zersetzung der
Speise vorgehn, indem eine groſse Menge Luft
in
[389] in demselben entbunden, und jene hier in eine
homogene Masse verwandelt wird. Der eigentli-
che Verdauungsproceſs geht jedoch erst im vier-
ten Magen vor sich, wo zahlreiche Drüsen ihren
Saft auf den Speisebrey, der im dritten Magen
noch wenig Flüssigkeit hatte, ergieſsen.


Das Wiederkäuen scheint blos bey den Thie-
ren der Rinderfamilie eine beständige Funktion
zu seyn. Man hat zwar noch bey andern Thie-
ren, und sogar bey manchen Insekten, besonders
den Heuschrecken, eine Rumination angenommen,
aber gewiſs mit Unrecht. Die Zähne dieser In-
sekten dienen gar nicht, wie es beym Wieder-
käuen seyn müſste, zum Zerreiben, sondern blos
zum Zerschneiden der Speise. Das Zerreiben der
letztern geschieht erst in dem knorpelartigen Ma-
gen jener Thiere. Manche geben zwar, wenn sie
geängstigt werden, das genossene Futter wieder
von sich. Dies thun aber, wie schon Ramdohre)
erinnert hat, auch Insekten, bey welchen man
auf keinen Fall ein Wiederkäuen annehmen kann.


Indeſs giebt es ausser der Rinderfamilie noch
Thiere, die zwar nicht beständig, doch zu gewis-
sen Zeiten wiederkäuen. Zu diesen gehört der
Hase, das Kaninchen und der Känguruh. Der
letztere
B b 3
[390] letztere scheint nur wiederzukäuen, wenn er har-
tes Futter bekommen hat. Die übrigen Säugthiere
ruminiren nicht. In Hinsicht auf die Struktur
des Magens schlieſsen sich aber an den Hasen und
das Kaninchen die übrigen Nagethiere und meh-
rere Fledermäuse, so wie an den Känguruh die
Familie der Schweine, die der Wallfische und das
Faulthier zunächst an. Der Magen des Hasen
und Kaninchen besteht aus zwey Abtheilungen,
und so auch der der meisten übrigen Nagethiere
und verschiedener Fledermäuse. Bey dem Kängu-
ruh giebt es einen Magen, der bey gewissen
Veranlassungen in eine gröſsere Menge Abtheilun-
gen, als irgend ein anderer, geschieden ist. Jede
dieser Abtheilungen gleicht einem Darmstück. Er
hat dabey zwey blinde Anhänge an der obern Ma-
genöffnung. Durch ähnliche Säcke an der Cardia
zeichnen sich die meisten schweineartigen Thiere,
durch einen vielfachen Magen aber die Wallfische
und das Faulthier aus f).


Unter den Vögeln haben die körnerfressenden
Arten in Betreff der Verdauung eine groſse Aehn-
lichkeit mit den Wiederkäuern. Wie bey den letz-
tern das Futter unzermalmt in den ersten und
zweyten Magen kömmt, und erst, nachdem es in
diesen Behältern erweicht ist, gekäuet, mit Spei-
chel vermischt, und den beyden letzten Magen
zur
[391] zur Verwandlung in Speisebrey zugeführt wird,
so gelangt auch bey jenen Vögeln die Speise un-
zermalmt in den Kropf; dieser wirkt eben so
auf dieselbe, wie die beyden ersten Magen der
Rinder; der knorpelartige Magen aber thut das
Nehmliche, was bey den Wiederkäuern die Bak-
kenzähne verrichten g).


Bey den übrigen Vögeln, und noch mehr bey
den Amphibien und Fischen, ist der Magen weit
einfacher, als bey den Säugthieren. Bey vielen
Fischen läſst sich gar keine Gränze zwischen die-
sem Organ und dem übrigen Nahrungscanal an-
geben. Von sehr verwickeltem Bau ist hingegen
der Magen bey den meisten Insekten. Viele kommen
in der Struktur desselben mit den körnerfressenden
Vögeln überein. Dies ist der Fall mit den sämmt-
lichen Arten der Heuschreckenfamilie (Orthoptera
Oliv.) und mit vielen Käfern, z. B. Carabus,
Dytiscus, Curculio, Tenebrio. Es giebt hier ei-
nen weiten Kropf, der beym Dytiscus marginalis
L. auf seiner innern Fläche mit deutlichen Drü-
sen besetzt ist, und einen kleinen schwielenarti-
gen Magen, in welchem sich Zähne, hornartige
Blätter, Borsten oder Haarbüschel befinden h).
Viele
B b 4
[392] Viele andere Insekten haben mehrere Magen, die
zum Theil von einer Gestalt sind, wovon es bey
den übrigen Thieren nichts Aehnliches giebt. In
dieser Rücksicht zeichnen sich vorzüglich die
wanzenartigen Insekten (Ryngota Fabr.) aus. In-
deſs hält es schwer, zu bestimmen, wo bey die-
sen Thieren der Anfang und das Ende des Ma-
gens ist. Ramdohri) nimmt die Stelle, wo sich
die Gallengefäſse in den Nahrungscanal öffnen, für
das Ende des Magens an. Allein diese Gefäſse
inseriren sich bey mehrern Geschlechtern, z. B.
den Wanzen und Spinnen, so nahe am After, daſs
hier, bey Ramdohr’s Eintheilung, fast der ganze
Nahrungscanal ein Magen seyn und beynahe gar
kein Darm übrig bleiben würde.


Es läſst sich, dieser Ungewiſsheit halber, die
Untersuchung der Funktionen des Magens bey
den Insekten, und überhaupt bey den Thieren der
niedern Classen, von der Betrachtung der Ver-
richtungen des Darmcanals nicht wohl trennen.
Doch ist, wenn man die Reihe der sämmtlichen
Thiere in Hinsicht auf die verschiedene Bildung
des Magens durchgeht, und auch die Gränzen des
letztern unbestimmt läſst, so viel einleuchtend,
daſs zwar die Struktur dieses Organs in einer
gewissen Beziehung mit der Beschaffenheit der
Nahrungsmittel steht, daſs diese Regel aber sehr
viele
[393] viele Ausnahmen hat, und daſs sich aus der
Gleichheit der Nahrungsmittel keinesweges auf
einerley Bildung des Magens schlieſsen läſst.


Fleischspeisen sind im Allgemeinen verdauli-
cher als vegetabilische Nahrungsmittel. Von zwey
Hühnern, wovon das eine mit Gerste, das andere
mit Fleisch gefüttert wurde, behielt jenes das Fut-
ter immer sechszehn bis zwanzig Stunden, dieses
nur acht bis zehn Stunden im Kropfe, obgleich
dieses jedesmal doppelt so viel als das erstere
fraſs k). Die fleischfressenden Thiere haben da-
her einen einfachern Magen, als die kräuterfres-
senden Arten. Aber unter den vegetabilischen Sub-
stanzen sind auch einige leichter, andere schwe-
rer verdaulich. Zu jenen gehören die Baumfrüch-
te, zu diesen die Gräser. Von jenen nähren sich
unter andern das Eichhorn und die Meerkatzen.
Diese haben daher einen Magen, der sich an Ein-
fachheit dem der fleischfressenden Thiere nähert l).
Die Gräser hingegen sind ganz unverdaulich schon
für den Menschen, und noch mehr für die rein
fleischfressenden Thiere. Bey den Wiederkäuern,
deren Hauptnahrungsmittel Gräser sind, giebt es
daher Verdauungsorgane von sehr zusammenge-
setztem Bau.


Allein
B b 5
[394]

Allein das Pferd ist ebenfalls grasfressend, und
hat doch einen sehr einfachen Magen. Die Wall-
fische hingegen, fleischfressende Thiere, haben ei-
nen sehr zusammengesetzten Magen. Aehnliche
Ausnahmen von der obigen Regel kommen vor-
züglich bey den Insekten vor, wie schon Ram-
dohr
m) bemerkt hat. Hier hat die Bildung so-
wohl des Magens, als des Nahrungscanals über-
haupt, auf die Beschaffenheit der Nahrungsmittel
sehr wenig Beziehung.


Die Nahrungsweise ist es daher keinesweges
allein, welche die Bildung des Magens bestimmt.
Die ganze übrige Organisation hat auf diese Ein-
fluſs. In einiger Beziehung steht dieselbe mit der
Beschaffenheit der Zähne. So haben alle wieder-
käuende Thiere mit Hörnern einerley Struktur des
Magens, so wie alle mit Hauzähnen versehene
Säugthiere. Doch giebt es auch hiervon Ausnah-
men. Das Faulthier hat einen ähnlichen Magen,
aber ein ganz anderes Gebiſs, wie die Wieder-
käuer n). Mehr Beziehung als mit irgend einem
andern Organ scheint mir der Magen mit den Or-
ganen der willkührlichen Bewegung zu haben.
Unter den Säugthieren haben alle, die mit Hän-
den versehen sind, einerley Magen; ferner alle,
deren Huf gespalten ist, und auch alle einhufige
Arten.
[395] Arten. Unter den Insekten findet, wie wir im
ersten Bande der Biologie (S. 363.) gesehen ha-
ben, die Regel statt, daſs die Länge des Nah-
rungscanals im umgekehrten, die Weite desselben
im geraden Verhältniſs mit der Zahl der Gelenke
steht. Die Raupen und die Asseln (Oniscus),
zwey sehr verschiedene Insektenarten, die aber
in der Bildung der Bewegungsorgane einander ver-
wandt sind, stehen sich daher in der Struktur des
Magens ziemlich nahe. Allein auch diese Bezie-
hung wird durch andere Umstände modifizirt. Die
Spinnen und die Phalangien, die sich in der Form
der Bewegungsorgane sehr nähern, sind in der
Gestalt des Nahrungscanals so weit wie möglich
von einander entfernt.


Aus allem diesem folgt, daſs es Formen des
Magens giebt, die keinesweges eine Beziehung
auf die Verdauung haben, sondern welche Re-
sultate der Sympathie oder des Antagonismus sind,
worin der Nahrungscanal mit dem übrigen Orga-
nismus steht. Bey manchen Thieren lassen sich
die Zwecke dieser Formen mit ziemlicher Gewiſs-
heit angeben. So zerästeln sich auf der innern
Fläche des Nahrungscanals beym Cobitis fossilis
ungewöhnlich viele Arterien und Venen. Aber
hier dient jener Canal zugleich als Respirations-
organ, und vorzüglich als solches ist er so reich
an Blutgefäſsen. So giebt es bey den Schmetter-
lingen
[396] lingen und den zweyflügligen Insekten einen häu-
tigen Sack, welcher sich in den Schlund öffnet
und ein Speisesack zu seyn scheint o), der aber
in der That ein Saugwerkzeug ist p). Solcher
Bildungen sind vielleicht noch viele andere vor-
handen.


Alle Formen des Magens aber, die sich auf
die Verdauung beziehen, haben wahrscheinlich
einen doppelten Nutzen, einen mechanischen,
oder einen chemischen. Der mechanische ist, die
Speise zu zerreiben und inniger zu mengen, oder
sie zurückzuhalten, um sie dem Einfluſs des Ma-
gensafts desto länger auszusetzen; der chemische,
ihr eigene auflösende Säfte beyzumischen. Zum
Zerreiben der Speisen dienen alle Arten von Ma-
gen, die cartilaginös, schwielenartig, oder mit
Zähnen bewaffnet sind. Auf die innige Vermi-
schung der Speisen zweckt vielleicht die an dem
Magen der Raupen befindliche Struktur ab, wel-
che in zwey längslaufenden, starken Sehnen be-
steht, die durch viele queerlaufende Sehnen mit
einander verbunden sind. Das Zurückhalten der
Speisen scheint die Bestimmung aller Verengerun-
gen des Magens, besonders der blinden Seitenbe-
hälter zu seyn, womit derselbe bey dem Kängu-
ruh, den schweineartigen Thieren, und mehrern
Insek-
[397] Insekten, vorzüglich den Phalangien, versehen
ist. Endlich ein Beyspiel von einer Bildung des
Magens, die ohne Zweifel den erwähnten chemi-
schen Zweck hat, finden wir unter andern beym
Bieber. Dieser hat neben der obern Magenöff-
nung eine groſse Drüse, welche einen schleimi-
gen Saft absondert q). Der eigentliche Magen-
saft wird durch die Schlagadern des Magens se-
cernirt. Jener muſs also von diesem verschie-
den seyn.


§. 11.
Ausleerung des Magens.

Bey den meisten Thieren geht im gesunden
Zustande alle in dem Magen aufgenommene Speise
durch den Pylorus zum Zwölffingerdarm, und nur
in Krankheiten wird ein Theil derselben durch Er-
brechen ausgeleert. Einige Thiere aber giebt es,
bey welchen das Erbrechen eine regelmäſsige
Funktion ist. Hierher gehören die Reiher, Adler,
Falken und Krähen, mehrere Fische, z. B. die
Karpfen, Barben und Hechte, und unter den In-
sekten die Bienen. Jene Vögel brechen alles wie-
der aus, was sie nicht verdauen können, beson-
ders die Federn und Haare der verschluckten
Thiere. Bey den Adlern und Falken erfolgt diese
Ausleerung alle vier und zwanzig Stunden nur
Ein
[398] Ein mal, bey den Krähen weit öfterer r). Die er-
wähnten Fische geben unverdauliche Sachen schon
nach einigen Stunden wieder von sich s). Bey
den Bienen verwandelt der erste Magen einen
Theil des eingesogenen Blumensafts in Honig,
und excernirt ihn durch Erbrechen wieder. Das
Uebrige geht in den Darmcanal über, und wird
zur Ernährung der Biene verwandt t).


Die Ausleerung des Magens muſs aber, je
nachdem die Speisen mehr oder weniger verdau-
lich sind, in verschiedenen Zeiten vor sich ge-
hen, und von mehrern zu einerley Zeit genos-
senen Nahrungsmitteln müssen die schwerern län-
ger als die leichtern durch den Magen vermittelst
seines Vermögens, sich durch Zusammenziehung
einzelner seiner Theile in mehrere Fächer abzu-
sondern, zurückgehalten werden. Hiermit stim-
men auch die Erfahrungen des Waläusv) über-
ein. Nach diesen umfaſst der Magen jede Speise,
wenn sie auch nur einige Unzen beträgt, von al-
len Seiten, wie ein zusammengezogener Beutel
eine
[399] eine Kugel; zugleich verengert sich der obere
und untere Magenmund. Doch scheint die untere
Magenöffnung mehr zusammengefallen, als zu-
sammengezogen zu seyn, da sie den Speisebrey
beym geringsten Druck ausflieſsen läſst. Die im
Magen befindliche Speise wird durch und durch
naſs, dann porös und schwammig. Hierauf zerfällt
sie in kleine Stücke, und bekömmt die Consistenz
eines dünnen Gerstenschleims; nun geht sie in
den Darmcanal über. Diese Veränderungen tre-
ten aber nicht immer und nicht bey jeder Speise
in gleicher Zeit ein. Sie erfolgen schneller am
Tage und bey weniger, dünner, gut gekäueter
Speise; langsamer in der Nacht, und bey vieler,
dicker und in groſsen Stücken verschluckter Nah-
rung. Auch wird das leichter Verdauliche durch
das schwerer Auflösliche im Magen nicht aufge-
halten, sondern jede Speise wird, sobald sie auf-
gelöst ist, in den Darmcanal gebracht, wenn auch
der Magen mit der Verdauung des Uebrigen noch
beschäftigt ist.


Waläus versichert, alle diese Erfahrungen an
Hunden gemacht zu haben, die er zu verschiede-
nen Zeiten nach dem Fressen lebendig öffnete.
Es ist mir inzwischen nicht wahrscheinlich, daſs
alle jene Sätze unmittelbare Resultate dieser Ver-
suche sind. Manche scheinen aus andern Wahr-
nehmungen abgeleitet zu seyn. So sehe ich nicht
ein,
[400] ein, wie Waläus durch Vivisektionen hat ausma-
chen können, daſs die Verdauung am Tage schnel-
ler als in der Nacht vor sich geht. Doch das
Hauptresultat jener Beobachtungen, daſs der Ma-
gen das Vermögen besitzt, die schwerer verdau-
liche Speise zurück zu halten, indem er die leich-
ter verdauliche, schon aufgelöste, dem Darmcanal
übergiebt, läſst sich nicht in Zweifel ziehen, da
mit dieser sowohl andere ältere, schon von Hal-
ler
w) gesammelte Erfahrungen, als die Versuche
von Gosse übereinstimmen. Gosse besaſs das
Vermögen, sich durch verschluckte Luft Erbre-
chen zu erregen. Indem er dieses Mittel einige
male nach dem Mittagsessen anwandte, erhielt er
folgende Resultate. Eine halbe Stunde nach der
Mahlzeit war das Essen fast noch ohne alle Ver-
änderung; es hatte noch den vorigen Geschmack,
beynahe noch das vorige Gewicht, und nur eine
geringe Zumischung von Magensaft. Ein ähnli-
ches Essen, nach einer Stunde ausgebrochen, war
in Brey verwandelt, und mit einer groſsen Menge
Magensaft vermischt. Der Geschmack aber hatte
sich noch wenig verändert. Zwey Stunden nach
einer ähnlichen Mahlzeit waren die Nahrungsmit-
tel ganz in dem nehmlichen Zustande, wie in
dem vorigen Versuch. Aber es wurde jetzt nur
die Hälfte des Genossenen ausgebrochen x).


§. 12.
[401]
§. 12.
Uebergang der flüssigen Nahrungsmittel aus dem Magen in die
Masse der Säfte.

Es giebt einige Thiere der niedern Classen,
bey welchen die Verdauung noch einige Zeit fort-
dauert, nachdem die Bauchhöhle geöffnet und der
Nahrungscanal entblöſst worden ist, und andere,
deren Körper so durchsichtig ist, daſs sich die
Veränderungen, die in den Digestionsorganen bey
der Verdauung vorgehen, beobachten lassen. Zu
jenen gehören die Insekten; dieses ist unter an-
dern bey dem Argulus foliaceus Jur. der Fall. Um
noch weitere Aufklärungen über den Proceſs der
Verdauung zu erhalten, wird es zweckmäſsig seyn,
die Erscheinungen, die sich bey jenen Thieren
während der Digestion zeigen, in Erwägung zu
ziehen.


Bey Insekten, die man lebendig unter Wasser
geöffnet hat, dauern oft in der äussern musku-
lösen Magenhaut ringförmige Zusammenziehungen
noch eine Zeit lang fort, und durchlaufen den
Magen von vorne nach hinten. Zwischen der
äussern und innern Haut zeigt sich dann der
durch die innere Haut durchschwitzende Chylus
als eine bräunliche Feuchtigkeit y). — Bey dem
Argu-
IV. Bd. C c
[402] Argulus foliaceus, der schon oben z) erwähnten
Art von Kiemenfüſslern, die parasitisch auf meh-
rern Fischen lebt, und sich durch einen Saug-
rüssel nährt, sahe Jurinea) die Verdauung auf
folgende Art vor sich gehen. Die im Magen und
dessen ästigen Anhängen befindliche Nahrungs-
materie wurde unaufhörlich durch eine peristal-
tische Bewegung hin und her getrieben. Der in
den Anhängen enthaltene Chylus verschwand da-
bey plötzlich, floſs dann wieder in den Magen
zurück, und kam nachher in jenen ästigen Thei-
len von neuem zum Vorschein. So ging hier die
Verdauung der Speise und die Absonderung der
nährenden Theile in dem Magen vor sich. Der
auszuleerende Theil der Nahrungsmittel gelangte
aus dem Magen gerades Weges zum Blinddarm,
verweilte hier, indem er eine dunklere Farbe an-
nahm, und gelangte dann stückweise in den Mast-
darm, woraus er excernirt wurde.


Aus diesen Beobachtungen folgt, daſs bey den
Thieren der niedern Classen schon im Magen ein
Theil der verdauten Nahrungsmittel unmittelbar in
die Masse der Säfte übergeht, ohne durch den Darm-
canal geführt zu werden. Es läſst sich also fra-
gen: Ob auch bey den Thieren der höhern Clas-
sen ein ähnlicher Uebergang statt findet? Man
hat
[403] hat um so mehr Grund, diese Frage aufzuwerfen,
da es nicht unwahrscheinlich ist, daſs Flüssig-
keiten, besonders reines Wasser, welches zu-
gleich mit fester Speise in den Magen gelangt
ist, keiner so weitläuftigen Vorbereitung als die
letztere bedarf, um dem Blute zugemischt zu
werden.


Es ist auffallend, daſs kein älterer Physio-
loge die Frage, wie Flüssigkeiten und feste Sub-
stanzen, die zu gleicher Zeit in den Magen auf-
genommen sind, assimilirt werden können, ohne
einander bey der Verdauung hinderlich zu seyn?
einer Untersuchung gewürdigt hat. Man kannte
schon lange die Thatsache, daſs oft in der Mitte
des Magens eine anhaltende Zusammenziehung
statt findet; man wuſste, daſs bey dem Bieber
die eine Zelle des Magens Flüssigkeit, die andere
feste Speise enthält b). So nahe indeſs die An-
wendung dieser Beobachtungen auf die Beantwor-
tung der obigen Frage lag, so blieben dieselben
doch immer unbeachtet. Home hat das Verdienst,
sie zuerst gewürdigt, weiter verfolgt, und zur
Auflösung des obigen Problems benutzt zu haben.


Nach Home’s Versuchen c) sind die genosse-
nen Flüssigkeiten vorzüglich in der Cardiacal-Ab-
theilung
C c 2
[404] theilung des Magens enthalten; die Speise ist ge-
wöhnlich von gleichförmiger Consistenz, wenn sie
sich in der pylorischen Abtheilung befindet; die
Flüssigkeiten (diejenigen ausgenommen, welche
die Verdauung bewirken) scheinen aus dem Ma-
gen gebracht zu werden, ohne bis zum Pylorus
zu gelangen, und bey diesem Vorgang scheint die
Milz eine Rolle zu spielen.


Die Versuche, die dieses Resultat geben, wur-
den an Hunden, Eseln und Pferden gemacht.
Zwey Hunden wurde, nachdem ihnen der Pylo-
rus unterbunden war, eine abgewogene Quantität
Flüssigkeit durch den Mund in den Magen ge-
sprützt. Einige Zeit nachher wurden die Thiere
getödtet. Bey dem einen Hund fand man den
pylorischen Theil des Magens leer und zusam-
mengezogen; die Cardiacal-Abtheilung enthielt
ohngefähr 2 Unzen fester Substanz, die in einer
gallertartige Materie eingehüllt war, und Eine
Unze Wasser. Von fünf Unzen Wasser, welche
man diesem Hunde eingesprützt hatte, waren
zwey wieder ausgebrochen worden; Eine war
noch im Magen übrig; zwey muſsten also durch
die Wände des Magens einen Ausweg gefunden
haben. Bey dem andern Hund befanden sich in
der pylorischen Abtheilung des Magens zwey Un-
zen halb verdaueter Speise, aber keine Flüssig-
keiten. In der Cardiacal-Abtheilung waren vier
Unzen
[405] Unzen Flüssigkeit und eine halbe Unze fester
Speise enthalten. Bey beyden Thieren war die
Milz sehr angeschwollen, und beym Hineinschnei-
den fanden sich die Zellen derselben allenthalben
mit einer wässrigen Flüssigkeit angefüllt. Die
lymphatischen Gefäſse der äussern Fläche des Ma-
gens aber waren ganz saftleer. Einem dritten
Hunde, dessen Pylorus unterbunden war, wurde
eine Mixtur von Rhabarbertinktur und Wasser
in den Schlund gesprützt. Vorher hatte sich Home
überzeugt, daſs sich die Gegenwart der Rhabar-
bertinktur in thierischen Flüssigkeiten durch den
Zusatz von ätzendem Alkali entdecken lieſs. Auch
bey diesem Thier fand sich die Milz sehr ange-
schwollen. Der Zusatz des ätzenden Alkali zu
dem Saft derselben und zum Urin brachte in bey-
den die Rhabarberfarbe hervor. Hingegen be-
wirkte dasselbe keine Veränderung in dem Saft
der Leber.


Sehr breit, angeschwollen, und mit Flüssig-
keit angefüllt, fand sich auch die Milz bey Eseln
und Pferden, denen ebenfalls eine Mischung von
Rhabarbertinktur und Wasser eingegeben war,
welchen man aber nicht den Pylorus unterbunden
hatte. Die lymphatischen Gefäſse, die zwischen
der Milz und dem Magen liegen, waren auch hier
unangeschwollen. Nach dem Zusatz des ätzenden
Alkali erhielt der Urin, die Flüssigkeit der Milz,
C c 3und
[406] und das Blutwasseer die Rhabarberfarbe, doch in
verschiedenem Grade. Am tiefsten wurde der
Urin gefärbt; dann folgte die Flüssigkeit der Milz
und das Serum der Milzvene; die schwächste
Färbung bekam das Serum des linken Herzohrs.


Ganz anders verhielt sich die Milz bey zwey
Eseln, die, nachdem sie in vier Tagen kein Was-
ser und in zwey Tagen kein Futter erhalten hat-
ten, eine Unze Rhabarberpulver bekamen. Bey
diesen war jenes Organ nur halb so groſs, als
in den vorigen Versuchen. Die Zellen desselben
waren so klein, daſs es eines Vergröſserungsglases
bedurfte, um sie wahrzunehmen. Der Magen
enthielt eine gallertartige, mit Rhabarber vermisch-
te Materie. Die dünnen Därme waren leer. Aber
im Blinddarm und Colon befanden sich mehrere
Quartiere einer Flüssigkeit, die stark mit Rhabar-
ber angefüllt war. Die am Rande des Colons
liegenden lymphatischen Gefäſse und Drüsen wa-
ren von ausgezeichneter Gröſse. Der Urin ent-
hielt Rhabarber; aber die Flüssigkeit der Milz
und das Blutwasser zeigten wenig oder gar kei-
ne Spuren von dieser Substanz.


Auf die Folgerungen, die sich aus diesen Ver-
suchen in Beziehung auf die Funktion der Milz,
des Colons und Blinddarms ergeben, werden wir
unten zurückkommen. Hier machen wir nur auf
das Resultat aufmerksam, daſs wässrige, in
dem
[407]dem Magen befindliche Materien in die
Masse der Säfte übergehen, ohne zum
Darmcanal zu gelangen, und daſs dieser
Uebergang nicht durch die absorbiren-
den Gefäſse des Magens geschieht
.


§. 13.
Der pankreatische Saft.

Nachdem der Speisebrey durch die untere Ma-
genöffnung in den Zwölffingerdarm gelangt ist,
wirken drey neue chemische [A]gentien auf ihn
ein, der pankreatische Saft, die Galle und
der enterische Saft
. Wir werden zuerst den
pankreatischen Saft und dessen Quelle untersuchen.


In der linken Biegung des Zwölffingerdarms,
hinter dem Magen, zum Theil bedeckt von den
beyden Blättern des Gekröses, liegt beym Men-
schen die Bauchspeicheldrüse (Pancreas), die gröſste
unter den zusammengesetzten Drüsen, und die
Quelle eines eigenen, bey der Verdauung wirksa-
men Safts. Aehnlich den Speicheldrüsen in ihrem
Bau besteht sie aus sehr kleinen, durch die fein-
sten Aeste der Bauchspeicheldrüsen- und Zwölffin-
gerdarm-Arterie, so wie der Gekrös- und Milz-
vene, durch Saugadern und durch die Wurzeln
ihres Ausführungsgangs gebildeten Verflechtungen
von Gefäſsen, die durch ein Zellgewebe, in wel-
chem sich wahrscheinlich eine eigene Substanz
C c 4befin-
[408] befindet, unter einander verbunden, erst körner-
artige Massen, dann gröſsere Stücke, und endlich
Lappen ausmachen. Die Wurzeln des Ausfüh-
rungsgangs vereinigen sich zu gröſsern Zweigen,
und diese endlich zu einem einzigen Stamm, der
sich nicht weit vom Pylorus, gewöhnlich durch
eine gemeinschaftliche Mündung mit dem Gallen-
gang, zuweilen aber auch abgesondert von die-
sem, in den Zwölffingerdarm öffnet.


Alle Säugthiere, Vögel und Amphibien be-
sitzen diese Drü[se], und es giebt bey ihnen keine
wesentliche Verschiedenheiten derselben. Die mei-
sten Abweichungen finden wir unter diesen Thie-
ren bey den Vögeln, deren Pankreas mehrere Aus-
führungsgänge hat, welche abgesondert von dem
Gallengang in den Zwölffingerdarm übergehen d).
Allein da auch bey dem Menschen der pankreati-
sche Gang zuweilen doppelt ist, und die Oeff-
nung desselben bald dem Pylorus sehr nahe, bald
ziemlich weit von demselben entfernt liegt, so
kann diese Mehrheit der Ausführungsgänge nichts
Erhebliches seyn.


Wichtigere Abweichungen zeigen sich bey den
Fischen. Bey den Hayen und Rochen finden wir
das Pankreas in ähnlicher Gestalt, wie bey den
höhern Thierclassen wieder. Aber der Hecht, der
Karpfe
[409] Karpfe und mehrere andere Fische haben an der
Stelle, wo bey den übrigen Thieren das Pan-
kreas mit dem Darm in Verbindung steht, auf
der innern Fläche des letztern eine drüsenartige
Masse; und noch andere, z. B. die Quappe, be-
sitzen an dieser Stelle die schon im ersten Bande
der Biologie (S. 282.) erwähnten pylorischen An-
hänge e). Der Stöhr hat eine Bauchspeicheldrüse,
die von aussen dem Pankreas der Rochen gleicht,
inwendig aber aus kleinen Blinddärmen zu beste-
hen scheint, und in einem zur Auspressung des
Safts dienenden Muskel eingeschlossen ist f).


Eben diese Anhänge giebt es bey der Blatta
und bey vielen Käfern (Dytiscus, Carabus, Cicin-
dela, Staphylinus, Tenebrio, Sylpha, Nicropho-
rus, Hister, Attelabus) g). Hingegen bey den
Mollusken ist nichts vorhanden, was sich mit
dem Pankreas vergleichen lieſse.


Die Menge des Safts, den diese Drüse abson-
dert, ist sehr beträchtlich. In der Farbe und dem
Geschmack kömmt er mit dem Speichel überein.
In
C c 5
[410] In Betreff der chemischen Eigenschaften desselben
wissen wir aus den vielen Versuchen, die über
denselben im siebenzehnten Jahrhundert für und
wider die Sylvischen Meinungen angestellt wur-
den, nur so viel, daſs er keine freye Säure ent-
hält. Doch haben diese Versuche ein anderes
Resultat geliefert, welches wichtig bey Bestim-
mung der Funktion des Pankreas ist. Sie bewei-
sen, daſs dasselbe den Säugthieren nicht nur ohne
Lebensgefahr ausgeschnitten werden kann, son-
dern daſs auch die Verdauung und Ernährung
nach der Exstirpation ungeschwächt fortgehen, und
der Hunger sogar zunimmt h).


Diese Thatsache ist unerklärbar, wenn man
nicht annimmt, daſs der mangelnde Saft des Pan-
kreas durch die stärkere Absonderung eines an-
dern ähnlichen Safts ersetzt werden kann. Es
giebt aber keine Drüsen, die mit dem Pankreas
in der Bildung übereinkommen, und eine dem
Saft desselben analoge Flüssigkeit abscheiden, als
die Speicheldrüsen. Schon aus diesem Grunde ist
es wahrscheinlich, daſs jenes mit den letztern ei-
nerley Funktion hat. Bey den Insekten finden
wir aber einen Umstand, wodurch diese Wahr-
scheinlichkeit noch mehr erhöhet wird. Die blin-
den
[411] den Anhänge des Nahrungscanals, welche bey die-
sen Thieren die Stelle des Pankreas vertreten,
kommen immer nur bey denjenigen Arten vor, die
einen knorpelartigen Magen haben, und da, wo
sie vorhanden sind, fehlen gewöhnlich die Spei-
chelgefäſse; hingegen sind sie nicht vorhanden,
wo es Speichelgefäſse giebt. Nur die Familien der
Käfer (Coleoptera L.) und der Heuschrecken (Or-
thoptera Oliv.) sind es, in welchen wir jene An-
hänge antreffen; aber diese haben auch einen
Knorpelmagen. Von den oben erwähnten Ge-
schlechtern jener Familien, welche pylorische An-
hänge besitzen, hat nur die Blatta Speichelgefäſse;
hingegen hat nach Ramdohri) der Curculio lapa-
thi einen Knorpelmagen und Speichelgefäſse, doch
keine pylorische Anhänge.


Wie der Speichel auf die rohe Speise, so
scheint also auch der pankreatische Saft auf den
Chymus als assimilirend zu wirken. Was der
Speichel zu assimiliren vermag, geht vermuthlich
schon aus dem Magen in die Masse der Säfte
über; der pankreatische Saft dient, um die übri-
ge, der Assimilation fähige Speise zu verähnli-
chen. Aus dieser Voraussetzung läſst sich die
Ursache des gröſsern Hungers solcher Thiere an-
geben, denen die Bauchspeicheldrüse ausgeschnit-
ten ist. Hier, wo die Verähnlichung blos durch
den
[412] den Speichel geschehen kann, und dieser nicht
immer dazu hinreicht, müssen viele nährende
Theile verloren gehen, die sonst durch den pan-
kreatischen Saft wären assimilirt worden, und da-
her muſs daſs Bedürfniſs einer gröſsern Menge
Nahrungsmittel eintreten.


§. 14.
Die Leber und die Galle.

Mit dem pankreatischen Saft ergieſst sich zu-
gleich in den Darmcanal die Galle, eine der merk-
würdigsten Flüssigkeiten des thierischen Körpers,
merkwürdig sowohl wegen ihrer chemischen Ei-
genschaften, worin sie mit keinem andern thie-
rischen Saft ganz übereinkömmt, als wegen der
ausgezeichneten Bildung des Organs, worin sie er-
zeugt wird.


Das letztere ist die Leber, das gröſste unter
allen secernirenden Organen. Den gröſsten Theil
der rechten Hälfte des obern Raums der Bauch-
höhle, und selbst einen Theil der linken Hälfte
einnehmend, und durch bänderartige Fortsätze
des Bauchfells befestigt, liegt sie bey dem Men-
schen unmittelbar unter dem Zwerchfell und auf
den meisten der übrigen Eingeweide des Unter-
leibs. Sie ist oben gewölbt, unten ausgehöhlt,
auf dieser untern Fläche durch mehrere Furchen,
worin die Stämme ihrer Gefäſse liegen, abgetheilt,
mit
[413] mit einer glatten, dünnen Haut bedeckt, welche
durch die erwähnten Bänder in das Bauchfell
übergeht, von rothbrauner Farbe und körniger
Textur. In jedem Körnchen ihrer Substanz zei-
gen sich nach gelungenen Aussprützungen sehr
ausgezeichnete, von Lobsteink) und Prochas-
ka
l) näher angegebene Netze der feinsten Ge-
fäſse, die zu vier groſsen Stämmen gehören, zu
der Leberarterie, den Lebervenen, der Pfortader
und dem Gallengang.


Die Leberarterie, ein Zweig der innern Bauch-
pulsader (Art. coeliaca), der zugleich Aeste für
den Zwölffingerdarm, das Pankreas, den Magen
und das Netz abgiebt, und die Lebervenen, die
sich unmittelbar in die untere Hohlvene öffnen,
haben nichts Merkwürdiges. Die Pfortader aber
ist das einzige Beyspiel einer nach der Geburt
noch fortdauernden Vene, die sich nach Art einer
Arterie zerästelt. Ihr Stamm, dessen Haut von
gröſserer Stärke als bey den übrigen Venen ist,
und welcher, nebst seinen sämmtlichen Zweigen,
auch den Mangel an Klappen mit den Arterien ge-
mein hat, wird durch das Zusammenflieſsen aller
Blutadern der im Bauchfell enthaltenen Ver-
dauungs-
[414] dauungsorgane bildet. Er theilt sich nach seinem
Eintritt in die Leber gewöhnlich in zwey Aeste,
deren Zweige die Leberarterie bey deren Verbrei-
tung überall begleiten. Bey dem Foetus zerästeln
sich auch noch mehrere Zweige des aus den Ve-
nen des Mutterkuchens entstehenden Stamms der
Nabelvene auf ähnliche Art, wie die Pfortader,
in der Leber; aber dieses Gefäſs schlieſst sich
nach der Geburt, und geht dann in das runde
Band der Leber über. Neben den Zweigen der
Pfortader laufen die Gallengefäſse fort, welche
durch ihre Vereinigung den zum Zwölffingerdarm
gehenden Lebergang bilden.


Zwischen allen diesen Gefäſsen und zahlrei-
chen Saugadern liegt in der Leber noch eine
Substanz eigener Art, die auf ähnliche Art wie
das Gehirn aus Mark und Rinde besteht, doch
mit dem Unterschied, daſs alles Mark nicht, wie
in dem letztern, einen einzigen Kern ausmacht,
sondern daſs es unzählige solcher Kerne giebt,
von welchen jeder durch eine Lage von Rinden-
substanz eingeschlossen ist m).


Mit dem Lebergang verbindet sich vor seinem
Eintritt in den Darmcanal der Gallengang, wel-
cher, sich allmählig erweiternd, in die Gallenblase
übergeht, einen häutigen, in der hohlen Fläche
der
[415] der Leber liegenden, und zur Aufbewahrung der
Galle dienenden Behälter. In Fällen, wo der Gal-
lengang durch einen Stein verstopft war, enthielt
diese Blase gar keine Galle n). Sie bekömmt also
die letztere durch jenen Canal aus der Leber,
und hat nicht das Vermögen, selber Galle zu
erzeugen o).


Es giebt nächst dem Nahrungscanal kein Ein-
geweide, welches so allgemein im ganzen Thier-
reich verbreitet ist, als die Leber. Sie findet sich
bey allen Säugthieren, Vögeln, Amphibien, Fi-
schen und Mollusken. Selbst in der Classe der
Würmer scheinen die Aphroditen an den, einen
dunkelgrünen, bittern Saft enthaltenden Säcken,
womit ihr Darmcanal auf beyden Seiten besetzt
ist p), gallenabsondernde Organe zu besitzen.
Aehnliche Säcke giebt es an dem Nahrungscanal
der Holothurien q), und eine wirkliche Leber
zeigt sich wieder bey den Asterien r).


Bey
[416]

Bey den Insekten scheinen die Gefäſse, die
ich im ersten Bande der Biologie (S. 365.) unter
dem Namen der Gallengefäſse beschrieben habe,
die Stelle der Leber zu vertreten. Lyonnet er-
klärte diese zwar für Organe, durch welche eine
Flüssigkeit aus dem Darmcanal aufgenommen
würde; er führte aber keine erhebliche Gründe
für seine Meinung an. Ramdohrs) glaubt, einen
Beweis für die letztere in seiner Beobachtung ge-
funden zu haben, daſs die Gallengefäſse sich nicht
in die Höhlung des Darmcanals, sondern allein in
den Zwischenraum zwischen den beyden Häuten
desselben öffnen. Bey manchen Insekten, wo die
innere Darmhaut viel enger als die äussere ist,
hat diese Beobachtung wohl ihre Richtigkeit. Al-
lein bey andern, wo diese Häute genauer mit ein-
ander verbunden sind, hält es schwer, die Mün-
dungen der Gallengefäſse mit Bestimmtheit anzu-
geben. Indeſs dringt bey allen Insekten der Chy-
mus durch die innere Darmhaut in den zwischen
dieser und der äussern befindlichen Zwischenraum.
Es ist also nicht einzusehen, warum nicht auch
umgekehrt die Galle durch jene innere Haut des
Darmcanals in die Höhlung desselben sollte über-
gehen können. Ramdohr’s Beobachtung ist also
noch kein hinreichender Beweis für Lyonnet’s
Hypothese, und kein Einwurf gegen die Meinung,
daſs die erwähnten Gefäſse gallenabsondernde Or-
gane
[417] gane sind. Die letztere hat aber auch folgende
Gründe für sich, da sich für jene keine weitere
Beweise anführen lassen.


1. Jene Gefäſse öffnen sich meist an derselben
Stelle in den Darmcanal, wo bey den übrigen
Thieren der Gallengang in denselben eintritt.


2. Bey der Raupe der Phalaena fagi fand ich
an den Gallengefäſsen vor ihrem Eintritt in den
Darmcanal zwey kugelförmige Behälter, die et-
was Aehnliches von einer Gallenblase zu seyn
schienen, und in denselben bey einer dieser Rau-
pen rothe, den Gallensteinen ähnliche Concre-
mente.


3. Bey den Thieren der höhern Classen ent-
stehen die Wurzeln der Pfortader aus dem Netze.
Ein ähnliches Organ aber ist der Fettkörper, wor-
aus die Gallengefäſse der Insekten ihren Ursprung
nehmen.


4. Reaumurt) beobachtete, daſs der Saft, wo-
mit die Gallengefäſse angefüllt sind, um die Zeit,
wo die Raupen ihr Gespinnst machen, in die Ge-
därme tritt, und durch den After ausgeleert wird.
Diese Erfahrung beweist, daſs wenigstens unter
gewissen Umständen die in jenen Gefäſsen ent-
haltene Flüssigkeit sich in den Darmcanal ergieſst.


5.
IV. Bd. D d
[418]

5. Bey den Krebsen sind ähnliche Gefäſse vor-
handen, die sich durch ihre braune Farbe und
ihren bittern Geschmack als wahre Gallengefäſse
verrathen v), und die Geschlechter Squilla und
Craugon haben an der Stelle dieser Gefäſse eine
wirkliche, drüsenartige Leber.


Unter den Insekten giebt es zwar ein Ge-
schlecht, bey welchem von diesen Gallengefäſsen
nur noch schwache Spuren vorhanden sind, nehm-
lich das der Asseln (Oniscus). Doch bleibt die
Leber demohngeachtet das, nächst dem Nahrungs-
canal, am allgemeinsten im Thierreich vorhan-
dene Eingeweide, und eines der wichtigsten Or-
gane in der thierischen Oekonomie.


Nehmen wir die meisten Insekten und einige
Würmer aus, so ist auch der Bau desselben un-
ter den übrigen Thieren im Wesentlichen von ei-
nerley Art. Die Verschiedenheiten, die wir daran
finden, betreffen ihre Gröſse und Gestalt, den
Ursprung und die Vertheilung ihrer Blutgefäſse,
die Gegenwart oder Abwesenheit der Gallenblase,
die Verbindungsart dieser Blase mit der Leber,
und den Uebergang des Gallengangs in den Darm-
canal.


In Betreff der Gröſse der Leber gilt das Ge-
setz, daſs diese von den Säugthieren an bis zu
den Mollusken zunimmt. Schon bey den Vögeln
ist
[419] ist sie gröſser als bey den Säugthieren; noch grö-
ſser ist sie bey den Amphibien und Fischen; bey
den Mollusken umgiebt sie den gröſsten Theil
der Verdauungsorgane. Die drey letztern Thier-
classen sind gröſstentheils Wasserthiere. Der Foe-
tus, ebenfalls ein Wasserthier, hat auch eine ver-
hältniſsmäſsig weit gröſsere Leber als das erwach-
sene Thier. Man hat aus diesen Thatsachen ge-
schlossen, daſs das Leben im Wasser einen Ein-
fluſs auf die Vergröſserung der Leber hätte. Ich
selber habe diese Meinung ehedem für wahrschein-
lich gehalten w). Allein ich glaube nicht mehr,
daſs dieselbe richtig ist. Schon der Umstand,
daſs die Vögel überhaupt eine gröſsere Leber als
die Säugthiere haben, läſst sich aus ihr nicht er-
klären. Dann aber zeichnen sich unter den Vö-
geln nicht etwa die Wasservögel, sondern die zah-
men Vögel durch eine vorzüglich groſse Leber
aus x). Auch haben unter den Mollusken die
auf dem Trocknen lebenden Wegschnecken eine,
wo nicht gröſsere, doch eben so groſse Leber,
als die sich im Wasser aufhaltenden Thiere dieser
Classe, und bey den Insekten sind die Gallenge-
fäſse der Dytisken und anderer Bewohner des
Wassers nicht gröſser als die der übrigen Arten.
Rich-
D d 2
[420] Richtiger ist es, daſs die Leber der Wasserthiere
mehr ölige Theile als die der Landthiere enthält.
Man könnte vermuthen, daſs die Gröſse der Le-
ber mit der Vollkommenheit und Energie der
Werkzeuge des Athemholens im umgekehrten Ver-
hältniſs stände, wenn nicht auch diese Voraus-
setzung mit der Thatsache, daſs die Vögel eine
relativ gröſsere Leber als die Säugthiere haben,
unvereinbar wäre. Am wahrscheinlichsten ist es
mir, daſs jene Gröſse mit der Stärke des Assimila-
tionsvermögens wächst und abnimmt. Diese läſst
sich indeſs nicht nach der Quantität der Nahrung,
die in einer bestimmten Zeit verbraucht wird,
sondern blos nach der Stärke des Reproductions-
vermögens schätzen. Da nun die letztere mit der
abnehmenden relativen Gröſse des Gehirns zu-
nimmt y), so scheint auch die Leber mit dem Ge-
hirn in einem gewissen Antagonismus zu stehen.


Die Verschiedenheit in der Gestalt der Leber
besteht vorzüglich in der Zahl ihrer Einschnitte.
Diese Abtheilungen können aber nichts Wesentli-
ches seyn, da sie weder mit der übrigen Organi-
sation, noch mit der Art der Nahrungsmittel irgend
eine Verbindung haben. Nur von geringer Zahl
und schwach sind sie z. B. bey dem Menschen
und in den Familien der Schweine, Rinder, Pferde
und Wallfische; hingegen besteht die Leber aus
drey,
[421] drey, vier, fünf und noch mehr Lappen bey den
meisten Affen, Raub- und Nagethieren. Vorzüg-
lich ist die Zahl dieser Lappen höchst veränder-
derlich bey den letztern. Es giebt z. B. nach
Pallas’s und D’Aubenton’s Untersuchungen z),
drey Lappen bey dem Bobak (Marmota Bobac),
fünf bey dem Murmelthier (Marmota alpina) und
dem Siebenschläfer (Glis esculentus), sechs beym
Lemmus amphibius und Mus agrarius, und sie-
ben beym Lemmus oeconomus a).


Bedeutender ist eine Verschiedenheit, die zwi-
schen den Thieren der höhern Classen und der
Mollusken in Ansehung des Ursprungs der blut-
führenden Gefäſse der Leber statt findet. Wir
haben gesehen, daſs bey dem Menschen die Le-
ber ihr Blut nicht blos aus der Leberarterie, son-
dern auch aus der Pfortader erhält. Eben diese
Einrichtung findet wahrscheinlich auch bey den
Vögeln, Amphibien und Fischen statt. Man hat
zwischen dem Blut der Pfortader und der Galle
eine Aehnlichkeit gefunden zu haben geglaubt,
und theils hieraus, theils aus Malpighi’s Erfah-
rung, zufolge welcher die Absonderung der Galle
nach
D d 3
[422] nach Unterbindung der Leberarterie fortdauert b),
geschlossen, daſs es das Blut der Pfortader sey,
woraus die Galle bereitet wird. Gegen diesen,
für die Lehre von der Verdauung nicht unwich-
tigen Schluſs lassen sich indeſs mehrere Ein-
würfe machen. Malpighi bemerkt ausdrück-
lich in der Erzählung der erwähnten Beobachtung,
daſs die nach dem Unterbinden der Leberarterie
abgesonderte Galle weniger flüssig, nicht so bitter
und von anderer Farbe als sonst war. Er leitet
dieses von dem Umstande her, daſs bey seinen
Versuchen zugleich die Gallenblase zerstört war.
Es ist möglich, daſs hierin der Grund lag. Doch
eben so möglich ist es, daſs der gehinderte Zu-
fluſs des Schlagaderbluts die Ursache war, und
daſs also die Leberarterie ebenfalls den Stoff zur
Bereitung der Galle liefert. Ein Beweis dieses
Antheils ist ein Fall, wo bey einem jährigen, wohl
genährten Kinde die Pfortader gar nicht zur Le-
ber, sondern unmittelbar zur Hohlader ging, die
Leberarterie aber gröſser wie gewöhnlich war c).
Mit Recht fragte auch schon Marherrd), warum
die Enden der Leberarterie unmittelbar in die
Wur-
[423] Wurzeln der Gallengänge übergehen, wenn jene
Ader zur Absonderung der Galle nichts beytrüge?
Hierzu kömmt noch, daſs bey den Mollusken die
Leber gar kein Blut aus dem Venensystem, son-
dern blos aus der Aorta erhält e). Wahrscheinlich
hat also auch bey den Thieren der höhern Clas-
sen die Leberarterie eben so viel Antheil an der
Bereitung der Galle, als die Pfortader.


Ein wichtiger Anhang der Leber scheint die
Gallenblase, und wichtig daher der Umstand zu
seyn, daſs dieser Theil bey vielen Thieren nicht
vorhanden ist. Allein die Gegenwart und Abwesen-
heit desselben steht doch nicht so genau, wie man
vermuthen sollte, mit der übrigen Organisation,
oder mit der Beschaffenheit der Nahrungsmittel in
Verbindung. Man findet ihn in den Familien der
Affen, der Hunde und der Faulthiere, und bey
allen Amphibien; hingegen fehlt er bey vielen
Nagethieren, bey mehrern Arten der Schweine-
ordnung, in der ganzen Familie der Pferde, bey
mehrern Rindern, Cetaceen, Vögeln und Fischen,
und bey den sämmtlichen Mollusken f). Im All-
gemeinen sind es also vorzüglich die fleischfres-
senden Thiere, die eine Gallenblase besitzen. Al-
lein
D d 4
[424] lein da der Ochse, der Hase, der Biber und viele
andere pflanzenfressende Thiere ebenfalls damit
versehen sind, so kann man schwerlich eine Be-
ziehung derselben auf animalische Nahrung an-
nehmen. Eben diese Beyspiele stehen auch der
von Hallerg) aufgestellten, sonst sehr wahr-
scheinlichen Hypothese entgegen, daſs diejenigen
Thiere eine Gallenblase haben, die, wie die
Raubthiere, selten, aber viel zur Zeit fressen,
und daſs sie denen fehlt, die wenig auf einmal,
dieses aber in kurzen Zwischenräumen zu sich
nehmen.


Bey dem Menschen erhält die Gallenblase blos
aus dem Lebergang ihre Galle. Bey den meisten
Thieren aber gelangt dieser Saft entweder gar
nicht aus jenem Canal, oder doch nicht aus einem
solchen einfachen Gang in die Gallenblase, son-
dern es giebt hier mehrere eigene Canäle (Ductus
hepaticocystici), die aus der Leber zum Blasen-
gang, oder auch unmittelbar zur Gallenblase ge-
hen h). Doch dieser Umstand hat wohl keinen
erheblichen Einfluſs auf die Verdauung. Wichti-
ger ist die Nähe oder Entfernung der Mündung
des Gallengangs vom untern Magenmund. Zwar
steht dieselbe nicht, wie einige Schriftsteller ge-
glaubt haben, mit der Nahrungsweise in Bezie-
hung.
[425] hung. Aber in anderer Rücksicht scheint sie doch
von Bedeutung zu seyn.


Sehr nahe beym Pförtner öffnet sich der Gal-
lengang in den Darmcanal bey den Nagethieren,
sehr entfernt von demselben bey dem Känguruh
und den meisten Vögeln.


Beym Papagey giebt es zwey Gallengänge, die
sich, von einander getrennt, zum Darmcanal be-
geben.


Doch bey allen Säugthieren, Vögeln, Amphi-
bien und Fischen, die zwey von einander ge-
trennte Gallengänge haben, oder deren Lebergang
in keiner Verbindung mit dem Blasengang steht,
öffnen sich diese Canäle nahe bey einander in den
Darmcanal i).


Anders aber verhält es sich bey vielen Mol-
lusken. Diese haben insgesammt mehrere Leber-
gänge, von welchen jeder für sich zum Nahrungs-
canal geht. Bey einigen öffnen sich dieselben
schon in den Magen, und nicht erst in den Darm-
canal. Dieser Fall findet bey dem Pleurobranchus
Cuv. statt, einem Geschlecht der Schneckenfami-
lie, das einen häutigen Kropf hat, in dessen
Grund sich die Galle ergieſst k). Andere Bey-
spiele
D d 5
[426] spiele geben die Geschlechter Mytulus, Spondylus
und Arca l). Bey dem Onchidium Cuv. giebt es
sogar drey verschiedene Lebern, zwey gröſsere
und eine kleinere. Die Ausführungsgänge der
beyden gröſsern öffnen sich in den Oesophagus
bey der Cardia, die der dritten kleinern Leber
aber in den ersten, knorpelartigen Magen m).


Diese Beyspiele lassen vermuthen, daſs die
Galle nicht nur auf eine chemische Art wirkt,
sondern auch als Reitzmittel, in welcher Eigen-
schaft sie die Thätigkeit des Nahrungscanals bey
der Verdauung befördern hilft. In dieser letztern
Wirkung liegt vielleicht mit der Grund, warum
die Amphibien und Fische eine gröſsere Leber ha-
ben, als die Vögel und Säugthiere, und die Mol-
lusken eine noch gröſsere als jene. Die Erreg-
barkeit des Nahrungscanals ist nehmlich geringer
bey den Mollusken, als bey den Fischen und Am-
phibien, und geringer bey diesen, als bey den
Vögeln und Säugthieren. Nimmt man also an,
daſs die Menge der abgesonderten Galle desto grö-
ſser ist, je weniger Reitzbarkeit der Darmcanal
besitzt, und daſs sich jene Quantität nach der
Gröſse der Leber richtet, so sieht man den Grund
der Zunahme in dem Volumen der letztern bey
den niedern Thierclassen ein. Aus diesem Bedürf-
niſs
[427] niſs einer stärkern Erregung bey geringerer Reitz-
barkeit läſst es sich auch erklären, warum bey
den angeführten Mollusken, die insgesammt einen
schwielenartigen, also sehr unerregbaren Magen
haben, die Galle sich schon in diesen Magen und
nicht erst in den Darmcanal ergieſst.


Unter den Mollusken und Insekten finden wir
noch andere Beyspiele, die vermuthen lassen, daſs
die Galle, wenigstens bey einigen Thieren, zum
Theil ein bloſses Exkrement ist. Bey Doris la-
cera und Doris Solen hat die Leber eine Menge
Ausführungsgänge, die sich durch eben so viele
Mündungen in den häutigen Magen öffnen, und
noch einen andern excernirenden Canal, der zu
einer eigenen, neben dem After liegenden Oeff-
nung geht n). Der letztere Gang kann blos zur
Ausleerung eines Exkrements dienen. Inzwischen
ist es möglich, daſs dieser nicht aus der Leber,
sondern aus einer in der Leber verborgen liegen-
den Drüse entsteht. Es giebt aber ein anderes
ähnliches Beyspiel, gegen welches sich kein sol-
cher Zweifel erheben läſst, bey den Wanzen. Hier
öffnen sich die Gallengefäſse so nahe am After,
daſs die Galle schwerlich eine Funktion bey der
Verdauung haben, sondern blos ein Auswurfsstoff
seyn kann o).


Die
[428]

Die in den bisher beschriebenen Theilen ab-
gesonderte Flüssigkeit ist ein dicker, grünlicher,
bey den meisten Thieren bitterer, doch bey dem
Foetus süſslicher, im Wasser auflöslicher Saft.


Es giebt keine thierische Materie, womit in
ältern Zeiten so viele, und doch so wenig frucht-
bare Versuche angestellt sind, als die Galle. Nur
darin kommen alle jene frühern Untersuchungen
überein, daſs dieser Saft bey der Destillation Was-
ser, Geist, Oel, Luft und Kohle liefert, und daſs
die Menge des Wassers darin sehr beträchtlich ist.
In den Angaben des Verhältnisses jener übrigen Be-
standtheile herrscht die gröſste Verschiedenheit p).


Ausser diesen Substanzen giebt es nach Neu-
mann, Bruno, Stief, Bagliv
und Willink in
der Galle auch Ammonium, dessen Gegenwart
aber von Hoffmann und Spielmann geläugnet
wurde.


Sylvius, Neumann, Hoffmann, Bruno, Hart-
mann, Willink
und Cadet entdeckten auch Na-
trum
o)
[429] trum in der Galle. Ramsay und Macbride hin-
gegen läugneten alle alkalische Bestandtheile der-
selben. Spielmann und Röderer fanden zwar
Cadet’s Versuche bestätigt, leiteten aber das Na-
trum von der Zerlegung des Kochsalzes her, das
in der Galle enthalten seyn sollte.


Endlich traf Cadet noch Kalkerde und Milch-
zucker in der Galle an, und Durande nebst Wil-
link
entdeckten in derselben Eisen.


Alle diese Versuche lehren wenig in Bezie-
hung auf die Wirkungsart der Galle. Ueber diese
haben erst Schröderq) und Goldwizr) einiges
Licht verbreitet. Ich werde zuerst die Resultate
erzählen, die sich aus den Versuchen der letztern
und der neuern Schriftsteller ergeben, und hier-
auf meine eigenen Erfahrungen folgen lassen.


Die Galle enthält kein reines Oel. Dasjenige,
welches ältere Chemiker aus derselben abschie-
den, war ein Produkt der Destillation.


Der Milchzucker, den Cadet in der Galle
fand, ist entweder nicht beständig darin enthal-
ten, oder er war, nach Fontanas), mit Phos-
phorsäure gesättigte Bittererde.


In
[430]

In sehr geringer Quantität, und vielleicht auch
nicht beständig, ist das Eisen in der Galle ent-
halten t).


Nähere und beständige Bestandtheile der Galle
hingegen sind: Wasser, Eyweiſsstoff, Gal-
lenstoff
, eine geringe Quantität Erde und et-
was Natrum.


Die Quantität des Wassers in der Galle ist
so beträchtlich, daſs dieses, nach Thenard, sie-
ben Theile von acht, und oft noch mehr beträgt.


Eyweiſsstoff findet sich, nach Thenard, in
der Galle des Menschen und der Vögel. In der
Galle des Ochsen, des Schaafs, der Katze und
des Hundes will er eine andere Substanz, die er
die gelbe Materie nennt, gefunden haben. Sie
ist, ihm zufolge, unauflöslich in Wasser, Oelen
und Weingeist, hingegen auflöslich in Alkalien,
woraus sie, wie aus der Galle, durch Säuren in
der Gestalt braungrüner Flocken niedergeschlagen
wird. Unter allen diesen Kennzeichen ist aber
keines, wodurch sich jene Substanz von dem Ey-
weiſs-
[431] weiſsstoff unterscheidet, als die braungrüne Farbe,
die schwerlich für etwas Wesentliches gelten kann,
sondern wohl blos von einem sehr fest mit ihr
verbundenen Antheil an Gallenstoff herrührt.


Der Gallenstoff ist eine grüne, bittere, in
Wasser auflösliche Materie, welche mit dem Ey-
weiſsstoff durch mineralische Säuren aus der Galle
niedergeschlagen wird. Er vereinigt sich bey die-
ser Fällung mit der Säure, und läſst sich durch
kohlensauren Baryt, der ihm die letztere entzieht,
wieder herstellen v). In seiner Verbindung mit
Säuren bildet er, durch Weingeist von dem mit
ihm gefällten Eyweiſsstoff geschieden und abge-
dampft, das Gallenharz, eine grünliche, zähe,
sehr bittere, dem Fettwachs verwandte Substanz,
welche schmelzbar, am Feuer entzündlich, und
sehr auflöslich in Weingeist und alkalischen Lau-
gen ist, und sich aus dem Weingeist durch Was-
ser, aus den Laugensalzen durch Säuren nieder-
schlagen läſst w). Die Quantität derselben be-
trägt, nach Thenard, in der Ochsengalle 24 Theile
von 800, in der Menschengalle 41 von 1000.


In der Galle des Ochsen und einiger anderer
Thiere will Thenard noch eine andere, mit die-
sem
[432] sem Gallenharz verbundene Materie gefunden ha-
ben, die er Picromel genannt hat, und deren
Charaktere seyn sollen: ein scharfer, etwas bitte-
rer und süſslicher Geschmack, Auflöslichkeit in
Wasser und Weingeist, Unfähigkeit zu krystallisi-
ren, und die Eigenschaft, in den Auflösungen von
salpetersaurem Quecksilber, salpetersaurem Eisen,
und essigsaurem Bley mit Uebermaſs von Bley-
oxyd Niederschläge hervorzubringen. Thenard
erhielt diese Materie durch Behandlung der Galle
mit essigsaurem Bley. Wenn man aber erwägt,
daſs dieses Reagens Eyweiſsstoff, Schleim, Gallen-
stoff, und zugleich noch Erden und Salze nieder-
schlägt, so kann man nicht zweifeln, daſs jenes
Picromel eine Verbindung mehrerer verschiedener
Substanzen und nichts weniger als ein Edukt ist.


Der erdige Bestandtheil der Galle ist Kalk-
erde x).


Die Gegenwart des Natrum in der Galle be-
zweifelte zwar Goldwiz. Seine Gründe sind aber
nicht von Gewicht. Richter’s y) und Thenard’s
Versuche beweisen, daſs dieses Alkali allerdings
in der Galle enthalten ist. Nach des letztern Er-
fahrun-
[433] fahrungen beträgt die Quantität desselben in der
Ochsengalle 4 Theile von 800.


Sowohl die Kalkerde, als ein Theil des Na-
trum, scheinen in phosphorsaurem Zustande Be-
standtheile der Galle zu seyn z). Ein Theil des
Natrum aber ist, nach Thenard’s Vermuthung,
mit Schwefelsäure, ein anderer mit Salzsäure, und
der übrige mit dem Gallenstoff verbunden.


Der Gallenstoff scheint vorzüglich der Theil
zu seyn, von welchem die Galle ihre charakteri-
stischen Eigenschaften hat. Ihre übrigen Bestand-
theile sind in zu geringer Quantität vorhanden,
und zu veränderlich, als daſs sich von ihnen
bedeutende Wirkungen annehmen lassen.


Man hat oft die Galle eine Art Seife genannt,
und eben so oft ihr diesen Namen abgesprochen.
Versteht man unter Seife blos eine Verbindung zwi-
schen reinem Oel und einem Alkali, so kömmt
ihr jene Benennung freylich nicht zu. Sie löset
nicht, wie die alkalischen Seifen, Oele, Harze
und Balsame auf, sondern bringt die Oele zum
Gerinnen, und scheidet sie aus wässrigen Emul-
sionen a). Ob sie aber nicht in die Classe der
sauren Seifen gehört, werden wir unten sehen.


Die
IV. Bd. E e
[434]

Die Galle endlich verhindert die Essiggährung,
und verwandelt diese in die Weingährung. Säu-
ren werden durch ihre Zumischung abgestumpft b).
Nach einem einzelnen Versuche Werner’s c)
hält sie auch die Gerinnung des Bluts zurück.
Diese Beobachtung bedarf vielleicht einer nähern
Bestätigung. Daſs aber, wie Schröder und Gold-
wiz
gefunden haben wollten, die Galle das Ge-
xinnen der Milch befördern soll, ist nach den Ver-
suchen Veratti’s d) und Cadet’s e), von wel-
chen die letztern gerade das Gegentheil lehren,
gewiſs unrichtig.


Dies ist es, was aus den bisherigen Unter-
suchungen der Galle an zuverlässigern Resultaten
hervorgeht. Ich komme jetzt auf meine eigenen
Erfahrungen, die mich diese Flüssigkeit von eini-
gen neuen Seiten kennen gelehrt haben.


1. An frischer Ochsengalle bemerkte ich immer
den Geruch des schwefelhaltigen Wasser-
stoffgas
, der sich noch stärker entwickelte,
wenn etwas verdünnte Schwefelsäure zugegossen
wurde. Uebereinstimmend hiermit ist die That-
sache, daſs schwefelhaltiges Wasserstoffgas auch
das
[435] das Erste ist, was bey der Destillation der Galle
übergeht f). Man hat diesen Bestandtheil, der
gewiſs bey der Funktion der Galle eine wichtige
Rolle spielt, bisher nicht beachtet, vermuthlich
weil man die Galle selten frisch genug unter-
suchte g). An solcher, die über vier und zwan-
zig Stunden gestanden hat, ist schon der Geruch
jenes Gas nicht mehr zu spüren. Wahrscheinlich
rührt dasselbe und zugleich die grüne Farbe der
Galle von einer Verbindung aus Schwefel, Natrum
und Kohlenstoff her. Der Schwefel, den die Galle
enthält, ist wohl nicht, wie Thenard glaubt, blos
im gesäuerten Zustand ein Bestandtheil derselben.


2. Gieſst man zu frischer Ochsengalle rektifi-
cirten Weingeist, so schlägt sich der Eyweiſsstoff
nieder, und der Weingeist wird gelb gefärbt. Sei-
het man den Aufguſs durch, und dampft die fil-
trirte Flüssigkeit ab, so geht die gelbe Farbe der-
selben in ein schmutziges Grün über, und man
erhält den Gallenstoff als eine gelbgrüne, schmie-
rige Masse, die sich in warmem Wasser völ-
lig
E e 2
[436] lig auflöst, und beym Erkalten nicht wieder ab-
scheidet.


3. Dieser Gallenstoff haucht einen eigenen Ge-
ruch aus, woran ich den der Blausäure zu erken-
nen glaubte, und der mich auf den Gedanken
brachte, daſs freye Blausäure in der Galle ent-
halten seyn möchte. Um diese Vermuthung zu
prüfen, setzte ich zu einer Unze einer wässrigen
Auflösung des durch Weingeist ausgezogenen Gal-
lenstoffs eine halbe Drachme einer gesättigten
Auflösung des grünen schwefelsauren Eisens. Die-
ser Zusatz brachte keinen Niederschlag hervor,
und veränderte nicht die Farbe der Flüssigkeit.
Ich tröpfelte hierauf eine Lauge von ätzendem
Natrum hinzu, und sogleich entstand ein Präci-
pitat von Berlinerblau. Säuren erhöheten nicht
die Farbe dieses Niederschlags, sondern verwan-
delten das blaue Eisenoxyd in rothes. Ich habe
diesen Versuch mehrere male mit immer gleichem
Erfolg angestellt. Der Gallenstoff enthält
also freye Blausäure
.


4. Die wässrige Auflösung des Gallenstoffs
wurde mit Essig-, Phosphor- und Salpetersäure
anfangs milchig, nachher grüner, und setzte nach
vier und zwanzig Stunden einen grünen Nieder-
schlag ab. Der Geruch der Säuren verminderte
sich auffallend gleich nach ihrer Vermischung mit
dem Gallenstoff. Dieser äussert also, wie auch
schon
[437] schon andere Schriftsteller bemerkt haben, eine
starke Anziehung zum Sauerstoff.


5. Galläpfeltinktur brachte in der wässrigen
Auflösung des Gallenstoffs leichte Flocken, aber
keinen festern Niederschlag hervor. Wenn also
nicht etwa diese Fällung von etwas Gallerte oder
milchsaurem Natrum herrührte, so muſs der Gal-
lenstoff eine Verwandtschaft zur Gallussäure oder
zum Gerbestoff haben.


6. Gieſst man verdünnte Schwefelsäure zu fri-
scher Ochsengalle, so zieht sich der gerinnbare
Theil derselben zu einer einzigen Masse zusam-
men, die in einer weissen Haut eingeschlossen
ist. In dieser Haut findet man den übrigen Theil
der Galle als eine grüne, dem zerriebenen Käse
ähnliche Substanz. Auf ähnliche Art wird die
Ochsengalle durch Alcohol coagulirt; doch schwimmt
die hierbey sich bildende Haut gewöhnlich auf
der Oberfläche der Flüssigkeit. Diese Haut ist
offenbar geronnener Eyweiſsstoff, der also keines-
weges, wie Thenard behauptet, der Ochsengalle
fehlt. Aus der käseartigen Substanz erhält man,
nach Ausziehung des Gallenstoffs, Thenard’s
gelbe Materie, die ich aber, aus den schon oben
angeführten Gründen, für nichts anders als Ey-
weiſsstoff halten kann.


7. Die verdünnte Schwefelsäure löst einen Be-
standtheil jener geronnenen Masse auf, indem sie
E e 3eine
[438] eine saftgrüne Farbe annimmt. Läſst man sie ab-
dampfen, so wird ihr Grün immer dunkler, und
man erhält zuletzt eine schwarzgrüne, zähe Ma-
terie, die sich in Weingeist auflöst, indem das
Natrum, womit sie verbunden war, als schwefel-
saures Natrum zurückbleibt. Die Weingeistauf-
lösung liefert endlich nach dem Abdampfen das
Gallenharz, eine pechartige Substanz, deren Far-
be nach der Stärke der angewandten Wärme ver-
schieden ist, und in stärkerer Hitze braunroth,
doch in der Kälte nach und nach wieder grün
wird. Kürzer und ohne Veränderung des ur-
sprünglichen reinen Grüns erhält man dasselbe,
wenn man die Schwefelsäure abgieſst, nachdem
sie den geronnenen Theil der Galle grün gefärbt
hat, diesen durch Weingeist ausziehen läſst, und
den Auszug gelinde abdampft. Der Proceſs ist
aber in diesem Fall nicht so belehrend als im vo-
rigen, weil sich die Abscheidung des Natrums
von dem Gallenharz, das hier mit dem Eyweiſs-
stoff verbunden bleibt, dabey nicht beobachten
läſst.


8. Kocht man dieses grüne Gallenharz in einer
Lauge von ätzendem Natrum, so löst sich das-
selbe mit Beybehaltung der grünen Farbe voll-
kommen darin auf. Setzt man zu dieser Auflö-
sung Schwefelsäure, so schlägt sich das Harz
theils als eine schwarzbraune, pechähnliche Mate-
rie, theils als ein grünes Pulver wieder nieder.
Diese
[439] Diese Auflöslichkeit des Gallenharzes in Alkali be-
weist, daſs der Name eines Harzes demselben
nur sehr uneigentlich zukömmt. Alle Eigenschaf-
ten des Gallenstoffs sind die eines thierischen,
mit Säure innigst verbundenen Fetts; das Gal-
lenharz unterscheidet sich von ihm blos durch
einen Antheil freyer Säure. Liest man Achard’s h),
Macquer’s i), Cornette’s k) und Brandis’s l)
Beobachtungen über die Wirkungen der minerali-
schen Säuren auf fette Oele, so ist die Analogie
zwischen den Produkten dieser Wirkungen und
dem Gallenstoff nicht zu verkennen. Jene sind
von bitterm Geschmack, von zäher, schmieriger
Consistenz, und auflöslich sowohl in Wasser, als
in Weingeist; die Weingeistauflösung wird von
kaltem Wasser milchig gemacht; sie schmelzen
in der Wärme und erstarren in der Kälte; ein
Theil der angewandten Säure ist so innig mit
ihnen vereinigt, daſs sie sich mit Alkalien ver-
binden, ohne sich von ihm zu trennen; sie ent-
halten eben so, wie der Gallenstoff, freye Blau-
säure;
E e 4
[440] säure; kurz, sie besitzen alle Eigenschaften dieses
Stoffs. Die Galle ist also zwar keine alkalische
Seife, aber allerdings eine saure Seife, die jedoch
blos gebundenen Sauerstoff enthält.


9. Für einerley mit dem Gallenharz halte ich
auch die Substanz, die man durch Digestion
mehrerer thierischer und vegetabilischer Substan-
zen mit Salpetersäure erhält. Fourcroy und Vau-
quelin
untersuchten den Einfluſs dieser Säure
auf Fleisch und Indigo m). Ich habe die nehmli-
chen Versuche mit Hühnereyweiſs und Hausen-
blase gemacht, und immer im Wesentlichen die-
selben Produkte erhalten. Unter andern lieſs ich
eine Mischung aus 2 Drachmen Eyweiſs, 3 Unzen
Wasser und einer Drachme Salpetersäure, wovon
ich den coagulirten Theil abgesondert hatte, an-
haltend kochen, indem ich statt des verdünsteten
Wassers immer neues hinzu goſs. Im Anfange
des Kochens schlug sich der aufgelöste Eyweiſs-
stoff zum Theil wieder nieder. Dann hauchte
die Flüssigkeit einen säuerlichen, wachsartigen
Geruch aus. Das niedergeschlagene Eyweiſs wur-
de gelb, zertheilte sich, und löste sich wieder
auf. Auf der Flüssigkeit bildete sich eine Haut,
die ein wachsartiges Ansehn hatte. Als in der
Mitte des Kochens neues Wasser hinzugegossen
war,
[441] war, bekam die Mischung eine grünliche, dem des
aufgelösten Gallenstoffs ähnliche Farbe, die sich
aber bald wieder verlor. Endlich erhielt ich ohn-
gefähr eine halbe Unze einer gelben Substanz
von butterartiger Farbe und Consistenz, die in
der Kälte erstarrte, sich in Weingeist und ko-
chendem Wasser auflöste, durch kaltes Wasser
in der Weingeistauflösung milchig gemacht wur-
de, mit Alkalien sich unter Aufbrausen zu einer
orangegelben Materie verband, und mit wässrigem
Galläpfelaufguſs einen bräunlichen Niederschlag
machte, die sich also wie Gallenharz verhielt.


10. Die grünliche Farbe, welche die Eyweiſs-
auflösung des vorigen Versuchs in der Mitte des
Kochens bekam, zeigte sich auch in einem an-
dern Versuch, wo ich Wasser so lange mit dem
Blutkuchen von Rindsblut schüttelte, bis es
dunkelroth gefärbt war, dasselbe von dem Blut-
kuchen abgoſs, es in der Temperatur des ko-
chenden Wassers erhielt, bis sich kein Nieder-
schlag von Eyweiſsstoff weiter bildete, und die
abgegossene, ungeronnene Flüssigkeit, mit etwas
ätzendem Natrum versetzt, von neuem aufkochen
lieſs. Bey diesem Kochen bildete sich ein neues
Präcipitat von Eyweiſsstoff; die Flüssigkeit, die
vorher schmutzigroth aussah, bekam eine dun-
kelrothe, und dann eine schmutziggrüne Farbe,
wobey sich zugleich ein grünlicher, dem durch
E e 5Säuren
[442] Säuren gefällten Gallenstoff ähnlicher Niederschlag
absetzte, und die Mischung einen süſslichen Ge-
ruch aushauchte. — Schon Fourcroyn) machte
eine ähnliche Beobachtung, indem er eine Mi-
schung von Ochsenblut und Wasser kochen lieſs,
bis alles Gerinnbare abgeschieden war, und die
durchgeseihete Flüssigkeit bis zur Honigdicke ver-
dünsten lieſs. Der Rückstand hatte die Farbe und
den Geruch der Galle, und verhielt sich auch wie
diese gegen Reagentien. Fourcroy’s Erfahrung
ist vergessen worden, weil Parmentier und
Deyeuxo) sie nicht bestätigt fanden. Die obi-
gen Versuche aber beweisen, daſs Fourcroy al-
lerdings richtig beobachtet hat, obgleich die Be-
dingungen, unter welchen die Verwandlung des
Bluts in eine grüne Flüssigkeit eintritt, von ihm
übersehen sind, und der Schluſs, den er aus
seiner Wahrnehmung zog, daſs die Galle schon
gebildet im Blut enthalten sey, sich nicht verthei-
digen läſst.


11. Löst man die alkalische Verbindung der
im 10ten Versuch durch die Einwirkung der Sal-
petersäure gebildeten Substanz in heissem Was-
ser auf, so schieſst sie beym Erkalten zu Kry-
stallen an, die von scharfem, bitterm Geschmack
sind, und auf glühenden Kohlen wie Schieſspul-
ver
[443] ver verpuffen. Diese krystallisirte Substanz ist
der von Welterp) beschriebene Bitterstoff.
Chevreulq) hat gezeigt, daſs derselbe seine ex-
plodirende Eigenschaft blos von der mit ihm
verbundenen Salpetersäure hat. Die eigentliche Be-
schaffenheit dieser Substanz ist aber von Chevreul
unbestimmt gelassen. Ich vermuthete nach der
Entstehung und den Eigenschaften derselben, daſs
sie nichts anders seyn könne, als die Verbindung
einer dem Gallenstoff gleichen Materie mit Sal-
peter. Um hierüber Gewiſsheit zu erhalten, löste
ich Gallenstoff mit etwas Salpeter in Wasser auf,
lieſs diese Mischung bis zur Trockenheit abdam-
pfen, und brachte den pulverisirten Rückstand auf
glühende Kohlen; der Erfolg war, daſs die nehm-
liche Explosion wie vom Bitterstoff entstand.


12. In dem obigen 7ten Versuch bekam Gal-
lenharz, mit Schwefelsäure erhitzt, eine braun-
rothe Farbe. Ganz die nehmliche Farbe entsteht,
wenn man concentrirte Schwefelsäure in eine
Weingeistauflösung des Benzoeharzes tröpfelt. Sie
ist aber auch hier, wie in dem obigen Versuch,
nicht dauernd, sondern geht bald in ein schmutzi-
ges Braun über. Die Benzoesäure hat an dieser
Farbe keinen Antheil, sondern es ist das Oel
des Harzes, wodurch sie hervorgebracht wird.
Jene
[444] Jene Säure verändert weder für sich, noch mit
Alkali verbunden, beym Zusatz der Schwefelsäure
ihre Farbe. Das unaufgelöste Benzoeharz erhält
von concentrirter Schwefelsäure eine schwarzrothe
Farbe; hinzugegossenes Wasser bringt heftiges
Aufschäumen und starke Erhitzung hervor, und
scheidet das Harz in kleinen, violetten Concre-
menten wieder ab. Nimmt man zu dieser Analo-
gie, daſs die Benzoesäure ebenfalls, wie das
Gallenharz und der Bitterstoff, mit Salpeter ex-
plodirt, und daſs sich bey der Bildung des Bit-
terstoffs immer auch eine Säure erzeugt, die
gewiſs eine unreine Benzoesäure ist, so läſst sich
schlieſsen, daſs der Gallenstoff und der Bitterstoff
mit dem Benzoeharz ein gemeinschaftliches Prin-
cip haben.


Aus den erwähnten Erfahrungen ergeben sich
folgende Hauptresultate:


  • 1) Der vornehmste Bestandtheil der Galle, der
    Gallenstoff, ist ein thierisches Fett, das ge-
    bundenen Sauerstoff enthält, mit Natrum,
    Schwefel und vielleicht auch mit Kohlenstoff
    vereinigt ist, in dieser Verbindung schwefel-
    haltiges Wasserstoffgas aushaucht, und freye
    Blausäure zeigt.
  • 2) Säuren entziehen diesem Stoff das Natrum,
    treten ihm ihren Sauerstoff ab, und verdicken
    ihn, ohne ihn jedoch in ein wirkliches Harz
    zu
    [445] zu verwandeln; Alkalien neutralisiren diesen
    ihm abgetretenen Sauerstoff, und versetzen
    ihn wieder in den vorigen Zustand.
  • 3) Der mit Salpetersäure verbundene Gallenstoff
    ist einerley mit dem Welterschen Bitterstoff;
    durch den Einfluſs der Schwefelsäure wird
    unter Mitwirkung einer höhern Temperatur
    Benzoe-Oel in ihm entwickelt.

Welche Anwendungen sich von diesen Sätzen
in der Lehre von der Verdauung machen lassen,
werden wir im 14ten §. sehen. Ehe wir unsern
bisherigen Gegenstand verlassen, wird es aber
nicht überflüssig seyn, eine Meinung von der
Funktion der Leber, die in neuern Zeiten ziem-
lich allgemein angenommen ist, noch zu berüh-
ren. Die Galle ist vermöge ihres öligen Bestand-
theils reich an Kohlenstoff und Wasserstoff. Sie
scheint auch zum Theil ein Auswurfsstoff zu seyn.
Das letztere ist sie, jener Meinung zufolge, ver-
möge ihres Gehalts an den beyden erwähnten
Stoffen. Die Leber, sagt man, wirkt auf eine
ähnliche Art wie die Lungen, indem sie dem
Blut dessen Ueberfluſs an Wasser- und Kohlen-
stoff entzieht und mit der Galle ausführt. Ich
gestehe, daſs ich diese Hypothese für sehr un-
wahrscheinlich halte. Mit der Ausdünstungsmate-
rie und dem Harnstoff wird vielleicht mehr Was-
ser- und Kohlenstoff als mit der Galle ausgeleert,
und
[446] und diese Exkretionen sind sehr leicht einer be-
trächtlichen Zunahme fähig. Zu jener Entziehung
bedurfte es also keines so groſsen und so zusam-
mengesetzten Organs, wie die Leber ist.


§. 15.
Der Darmcanal und die daraus entspringenden Gefäſse.

Die nehmlichen Häute, woraus der Magen
besteht, bilden den Darmcanal. Bey vielen Thie-
ren aber hat der obere Theil des letztern eine
andere Textur, als der untere. Dieser, der dicke
Darm, ist im Allgemeinen viel weiter und kür-
zer, und hat eine weit dickere und festere Haut,
als der obere. Gewöhnlich ist auch die Gränze
zwischen beyden Theilen durch einen Schlieſs-
muskel, und oft zugleich durch eine Klappe, sehr
genau bestimmt. Wir finden diese Einrichtung
selbst bey manchen Thieren der niedern Clas-
sen. Bey einigen Insekten giebt es sogar drey
bis vier Schlieſsmuskeln, wodurch die verschiede-
nen Abtheilungen des Darmcanals von einander
getrennt sind.


Allgemein ist aber jener Unterschied nicht.
Fast in jeder Thierclasse giebt es Arten, bey
welchen die Verschiedenheit zwischen dünnem
und dickem Darm sehr unmerklich, oder wenig-
stens durch keine feste Gränze bestimmt ist. Vor-
züglich ist der Darmcanal der Mollusken sehr ein-
fach.
[447] fach. Doch erweitert er sich auch bey diesen
Thieren gewöhnlich in der Nähe des Afters.


Da, wo eine Trennung zwischen dünnem
und dickem Darm statt findet, giebt es aber
meist unter diesen Theilen noch andere Verschie-
denheiten als die, welche die Länge und Weite
der Därme, und die Dicke ihrer Häute betreffen.
Bey den höhern Thierclassen hat zuvörderst die
innere Haut des dünnen Darms einen eigenen Bau.
Sie bildet hier entweder eine Menge dicht neben
einander liegender, cylindrischer, ovaler, coni-
scher, oder keulenförmiger Fortsätze, die soge-
nannten Flocken oder Zotten (villi), wovon
sie den Namen der Flockenhaut erhalten hat;
oder es giebt in ihr ein Netz sehr feiner, ge-
kräuselter Falten. Jene Flocken sind den Säug-
thieren, mit Ausnahme des Maulwurfs, und den
meisten Vögeln eigen; dieses, zuerst von Rudol-
phi
r) näher untersuchte Netzwerk findet sich
bey dem Maulwurf, bey mehrern Vögeln, bey
den Amphibien und Fischen. Sowohl die Flok-
ken als die Netze sind bey den verschiedenen
Thierarten und selbst an den verschiedenen Stel-
len des Darmcanals von verschiedener Gestalt.
Vorzüglich lang sind jene bey dem Rindvieh,
dem Nashorn, der Katze, dem Hund und dem
Huhn. Bey dem Ochsen hat die innerste Darm-
haut
[448] haut ausser den Flocken zugleich ein Netz zar-
ter Falten. Nur klein sind hingegen die Flocken
bey den Schaafen. Bey der Gans erstrecken sie
sich bis in den dicken Darm hinab.


Die Mollusken waren bisher in Betreff des
Baus der innern Haut des Nahrungscanals noch
wenig untersucht. Ich habe in dieser Hinsicht
den Limax cinereus L. zergliedert, und in dem
Nahrungscanal desselben die innere Haut von ei-
ner Beschaffenheit gefunden, die ich nicht anders
als flockenartig zu nennen weiſs. Sie hängt mit
der äussern Muskelhaut, worauf sich die Blut-
gefäſse verbreiten, so locker zusammen, daſs sie
sich zuweilen schon beym Oeffnen des Magens
und Darmcanals von derselben trennt, zieht sich
nach dieser Trennung zusammen, ist dick, weich,
zähe, schwammartig, und, unter der Loupe be-
trachtet, von sammtartigem Ansehn. Unter einer
stärkern Vergröſserung zeigen sich in ihr Bläs-
chen, die theils rund, theils birnförmig sind, und
eine ölige Feuchtigkeit enthalten. Im dünnen
Darm, oder dem Theil des Darmcanals, welcher
unmittelbar auf die Stelle folgt, wo sich die Gal-
lengefäſse inseriren, wird diese Haut dünner.


Bey den Insekten liegt eine schleim- oder
gallertartige Substanz zwischen der äussern und
der höchst zarten innern Haut des dünnen Darms.


Man
[449]

Man hat, durch Lieberkühns) verleitet, un-
ter dem Vergröſserungsglase an der Spitze jener
Darmzotten eine Oeffnung zu sehen geglaubt.
Allein Rudolphit), dessen Zeugniſs hier gewiſs
von Gewicht ist, fand nie eine solche Oeff-
nung; der jüngere Hedwigv) beobachtete sie in
einigen wenigen Fällen, und in diesen fand ohne
Zweifel bey den starken Vergröſserungen, die er
gebrauchte, eine optische Täuschung statt; von
Bleulandw) hat man eine colorirte Abbildung,
worin die Flocken der menschlichen Darmhaut
mit Oeffnungen vorgestellt sind, aber sicherlich
blos nach der Phantasie, da es bey der schwa-
chen, von Bleuland angewandten Vergröſserung
unmöglich war, die Oeffnungen wahrzunehmen.


Eben so zweifelhaft ist es, ob es, wie Lie-
berkühn
beobachtet zu haben glaubte, in jedem
dieser Flocken eine mit Zellgewebe angefüllte
Höhlung (ampullula) giebt. Hewsonx) und Ru-
dol-
IV. Bd. F f
[450]dolphiy) bemerkten auch hiervon keine Spur,
und ich sehe nicht ein, wie man sich von der
Gegenwart einer solchen Höhlung überzeugen
will. Durch schwache Vergröſserungen läſst sich
darüber nichts ausmachen, und für stärkere sind
die Flocken zu wenig durchsichtig.


Dem Anschein nach ist zwar die Frage, ob es
Oeffnungen und Höhlungen in den Flocken giebt,
von keiner groſsen Erheblichkeit. Allein von ei-
ner gewissen Seite ist sie allerdings wichtig. Sind
Lieberkühn’s Behauptungen ungegründet, so fin-
det eine groſse Analogie zwischen den Flocken
des Darmcanals und den Papillen der Haut statt;
die innern Häute jener Röhre erscheinen dann
als Fortsetzungen der äussern Bedeckungen des
Körpers, und es läſst sich auf eine Gleichartig
keit in den Funktionen dieser Membranen schlie-
ſsen. Jene Analogie wurde von Bichatz) be-
stimmt angenommen. Aber schon vor ihm be-
merkte sie Haasea). Nur wagte dieser noch
nicht, Lieberkühn’s Hypothese zu verlassen.


Eine andere Verschiedenheit zwischen dem
dünnen und dicken Darm besteht in den vielen
Queerfalten (valvulae conniventes), welche die
beyden innern Darmhäute in dem dünnen Darm,
beson-
[451] besonders in dem mittlern Theil desselben, bil-
den, und die nach dem dicken Darm hin seltener
werden, oder sich ganz verlieren. Sie finden
sich, wie die Flocken, sowohl bey fleischfressen-
den, als pflanzenfressenden Thieren, und fehlen
bey andern, die ebenfalls zu beyderley Classen
gehören b).


Auf der Gränze zwischen dem dünnen und
dicken Darm giebt es bey vielen Thieren einen
Theil, der unsere Aufmerksamkeit sehr verdient,
den Blinddarm (Intestinum coecum). Wir fin-
den dieses Organ in der Classe der Säugthiere
bey dem Menschen, den sämmtlichen Affen und
Makis, allen Thieren der Hundefamilie, ausge-
nommen den Marder und die Geschlechter Ursus,
Meles, Talpa, Sorex, Erinaceus, allen Nagethie-
ren mit Ausnahme des Hamsters, dem Galeopithe-
cus und Orycteropus (Myrmecophaga capensis
Gmel.), allen zu den Familien der Schweine,
Rinder und Pferde gehörigen Thieren, und bey
den Wallrossen (Trichecus). Der Mensch, der
Orang-Outang und das Geschlecht Phascolomis
haben an dem Blinddarm zugleich einen wurm-
förmigen Anhang; bey den übrigen aber fehlt
dieser.
F f 2
[452] dieser. Der Klipdas (Hyrax) hat zwey wurm-
förmige Anhänge am Anfang des Mastdarms, und
ähnliche Theile giebt es auch bey den Ameisen-
fressern (Myrmecophaga). Die letztern aber ha-
ben dabey keinen Blinddarm, den der Klipdas,
und zwar von vorzüglicher Länge und Weite,
besitzt. Die Echidna und der Ornithorynchus ha-
ben einen einfachen wurmförmigen Anhang ohne
Blinddarm. Ausser den angeführten Thieren ge-
hören noch zu denen, welchen der Blinddarm
fehlt, das Geschlecht der Fledermäuse und alle
Cetaceen, die Wallrosse abgerechnet.


Dieser Theil ist ein auffallendes Beyspiel von
dem Einfluſs mehrerer ganz verschiedener Ursa-
chen auf den Bau des Nahrungscanals. Eine
Ausnahme von der Regel, daſs die fleischfressen-
den Thiere einen Blinddarm besitzen, machen
die Bären, Dachse, Maulwürfe, Spitzmäuse und
Igel. Aber diese Thiere nähren sich zum Theil
von Vegetabilien, und unterscheiden sich zugleich
von den übrigen Thieren der Hundefamilie darin,
daſs sie beym Gehen auf die ganze Fuſssohle, und
nicht wie diese blos auf die Zehen treten. Al-
lein die Gegenwart oder Abwesenheit eines Blind-
darms muſs doch von noch andern Umständen
abhängen. Der Marder, ein rein fleischfressendes
Thier, hat kein Coecum; hingegen besitzt das-
selbe die Viverra Ichneumon L., ein Thier, das
wie
[453] wie die Bären beym Gehen auf die ganze Fuſs-
sohle tritt.


Am meisten ist indeſs der Blinddarm bey den
pflanzenfressenden Thieren und denen, die von
gemischter Nahrung leben, ausgebildet. Bey dem
Hasen und Kaninchen ist er länger als das ganze
Thier und inwendig hat er eine schneckenförmige,
von seiner Mündung bis zum entgegengesetzten
Ende fortgehende Klappe. Beym zweyhörnigen
Rhinoceros ist er, nach Sparrmannc), im Anfang
eben so weit und mehr als viermal so lang wie
der Magen. Bey den fleischfressenden Thieren ist
er durchgängig klein und von einfacher Bildung.


Bey den Vögeln giebt es ebenfalls einen
Blinddarm, und auch hier ist dieser Theil ge-
wöhnlich weit kürzer und weit einfacher bey den
fleischfressenden Arten, als bey den übrigen. Nicht
selten fehlt er bey jenen auch ganz. Die meisten
Vögel haben zwey Blinddärme, die sich beym An-
fang des Mastdarms in den Darmcanal öffnen d).
Doch ist diese Regel nicht allgemein. Eine Aus-
nahme von derselben habe ich unter andern bey
einer in der Gegend von Bremen gefangenen En-
ten-
F f 3
[454] tenart e) gefunden, die mit Strix stridula ver-
wandt, doch nicht ganz einerley ist. Hier war
der Magen knorpelartig, und in der Mitte des
Darmcanals befand sich ein ebenfalls knorpelarti-
ger, doch nur kurzer und enger Blinddarm. Sonst
haben auch alle Reiherarten (Buffon’s Hérous)
nur Ein Coecum, statt daſs der mit ihnen so
nahe verwandte Kranich deren zwey besitzt.


Unter den Amphibien, Fischen und Mollus-
ken sind sehr wenig Arten mit einem Blinddarm
versehen. In der Classe der Amphibien findet
man ihn blos beym Leguan, und unter den Fi-
schen beym Polypterus niloticus f). Unter den
Mollusken haben einige Arten der Austernfamilie
einen blinden Anhang des Darmcanals. Dieser
befindet sich aber neben dem Pylorus, also an
einer ganz andern Stelle, wie bey den Thieren
der höhern Classen.


Unter den Insekten giebt es, nach Ram-
dohr
g), nur wenige, die einen Blinddarm be-
sitzen. Er führt als solche blos die Sylpha ob-
scura, den Nicrophorus Vespillo und die Nepa
cinerea
[455] cinerea an. Ich muſs hierin aber Ramdohr’n
widersprechen. Alle Schmetterlinge haben im aus-
gebildeten Zustande einen Blinddarm, der sich
in den Anfang des Mastdarms öffnet, am Darm-
canal herauf liegt, und den Saft enthält, den
mehrere Sphinxe, wenn sie geängstigt werden,
durch den After aussprützen. Nach der Auslee-
rung des Safts zieht sich aber dieser Theil so
zusammen, daſs man ihn bey der Zergliederung
leicht übersieht. Einen ähnlichen Blinddarm be-
sitzen die Spinnen. Ein Coecum, das fast so
lang wie der ganze übrige Darmcanal ist, und
sich in die Mitte desselben öffnet, habe ich beym
Dytiscus marginalis gefunden.


Bey allen Säugthieren, die einen wahren
Blinddarm besitzen, hat der folgende Theil des
dicken Darms, in welchen sich jener öffnet, bis
zum Mastdarm, mit dem Coecum in seinem In-
nern gewöhnlich einerley Bildung. Man unter-
scheidet diesen Theil von dem letztern unter dem
Namen des Grimmdarms (Colon). In der That
aber macht er mit dem Blinddarm nur ein ein-
ziges Organ aus, welches als eine Art von Ma-
gen anzusehen ist. Bey mehrern Thieren zeich-
net sich der Grimmdarm durch eine Menge Zel-
len aus, worin dessen Höhlung abgetheilt ist.
Diese werden durch drey Fleischstränge der Mus-
kelhaut gebildet, die von dem verschlossenen
F f 4Ende
[456] Ende des Blinddarms an bis zum Anfang des
Mastdarms über das Coecum und Colon der Länge
nach fortgehen, und, indem sie kürzer als die
übrigen Darmhäute sind, in den letztern blinde
Säcke hervorbringen. Solche Zellen giebt es bey
den meisten Säugthieren, die sich von Vegetabi-
lien, oder von beyderley Nahrungsmitteln nähren,
doch mit Ausnahme der rinderartigen Thiere und
des Mäusegeschlechts. Sie fehlen hingegen bey
den fleischfressenden Thieren und den Vögeln.
Unter den letztern macht blos der Strauſs eine
Ausnahme. In der Classe der Insekten aber giebt
es bey vielen Arten, besonders bey mehrern Kä-
fern, ein zelliges Colon. Ein Blinddarm findet
sich an dem obern Ende desselben nicht. Aber
in der Muskelhaut desselben laufen der Länge
nach mehrere solcher fleisch- und sehnenartiger
Bänder, wie in dem Grimmdarm, und geben ihm
ein gekerbtes Ansehn h). Bey dem Dytiscus mar-
ginalis L., der, wie oben bemerkt ist, einen sehr
langen Blinddarm in der Mitte des Darmcanals
besitzt, hat dieses Coecum solche Ligamente, da
der übrige Darm ein weiter, häutiger Sack ist.


Die Amphibien und Fische haben zwar kei-
nen eigentlichen Grimmdarm. Doch findet sich
bey einigen der letztern ein Bau, welcher der
zellen-
[457] zellenartigen Struktur des Colons ähnlich ist. Es
giebt nähmlich bey den Rochen, Hayen, Stöhren
und dem Polyodon Geoffr. eine lange, spiral-
förmige Falte der Darmhäute, die sich vom Pfört-
ner bis zum Anfang des Mastdarms erstreckt i).
Etwas Aehnliches trifft man auch bey den Insek-
ten der Bienenfamilie an.


Jene Fische haben einen sehr kurzen Darm-
canal, und die spiralförmige Falte dient zur Ver-
gröſserung der innern Fläche desselben. Einen
ähnlichen Zweck haben alle Falten und Zellen
im Innern dieser Röhre. Die Länge eines Darms
kann daher unbeträchtlich seyn, und doch kann
er, wegen vieler solcher Falten und Zellen, eine
groſse innere Fläche besitzen. Bringen wir die-
sen Umstand mit in Anschlag, und sehen dabey
auf die Weite des Darmcanals, so wie auf den
mehr oder weniger zusammengesetzten Bau des
Magens, so läſst sich annehmen, daſs im Allge-
meinen auch der Darm, wie der übrige Nah-
rungscanal, eine gröſsere innere Fläche bey den
pflanzenfressenden, als bey den fleischfressenden
Arten hat. Ohne Ausnahme ist aber diese Regel
so wenig wie jede andere, die das Verhältniſs der
Verdauungsorgane zur Beschaffenheit der Nah-
rungs-
F f 5
[458] rungsmittel betrifft. Das Eichhorn, ein pflanzen-
fressendes Thier, hat einen kurzen Darmcanal;
einen sehr langen hingegen haben die Robben
und der Eisbär, Thiere, die sich von Fleisch
nähren k). In Betreff der Insekten hat schon
Ramdohrl) den Satz aufgestellt, und durch Be-
weise unterstützt, daſs sich bey ihnen die Bil-
dung des Darmcanals weniger nach den Nah-
rungsmitteln, als nach ihrer natürlichen Verwandt-
schaft richtet.


Der ganze Darmcanal enthält in dem Zellge-
webe, wodurch die Muskelhaut mit der darunter
liegenden Membran verbunden ist, eine groſse
Menge Schleimdrüsen, deren Ausführungsgänge
sich auf der innern Wand des Darms öffnen. Sie
sind an einigen Stellen häufiger, an andern selte-
ner, am häufigsten im Blinddarm und Colon.
An den meisten Stellen liegen sie einzeln. Bey
einigen Thieren aber bilden sie hin und wieder
im
[459] im dünnen Darm, traubenförmig zusammenge-
häuft, die sogenannten Peyerschen Drüsen m).


Aus diesen Drüsen ergieſst sich ein Saft, der
den ganzen Darmcanal inwendig wie eine Haut
überzieht, und ihn gegen den Eindruck der Ex-
kremente schützt. Ausserdem hauchen auch die
Schlagadern des Darms, wie die des Magens, eine
wässrige Feuchtigkeit aus, die in Verbindung
mit jenem Schleim den Darmsaft (Liquor en-
tericus) bildet. Wir kennen den letztern blos erst
aus einem wenig erheblichen Versuche Pech-
lin
’s n). Dieser unterband den Darmeanal eines
Hundes ausserhalb den Mündungen des pankrea-
tischen Canals und des Gallengangs zu der Zeit,
wo der Speisesaft in den dicken Darm überzuge-
hen anfängt. Der unterbundene Theil schwoll
sogleich an, und beym Oeffnen desselben floſs
eine groſse Menge wässriger Feuchtigkeit aus,
die einen salzigen Geschmack hatte. Dieselbe
Flüssigkeit aus dem Darm eines Schweins gerann
in warmem Wasser. Man weiſs übrigens, daſs
der Saft, welcher die innere Fläche des Darms
bedeckt, nie sauer, wohl aber bey manchen
Thieren alkalisch reagirt. Der enterische Saft
muſs also von dem Magensaft, womit ihn einige
Schriftsteller verglichen haben, verschieden seyn.


Wir
[460]

Wir haben oben gesehen, daſs der Magen
sehr reich an Blutgefäſsen ist. Der dünne Darm
giebt ihm hierin nicht viel nach. Auf der in-
nern Haut dieses Theils bilden die letzten Aeste
jener Gefäſse ein dichtes Netz, das beynahe das
Ansehn einer eigenen Haut hat. Weniger zahl-
reich sind die Gefäſse, die zum dicken Darm ge-
hen. Alle, bey den Thieren der höhern Classen
von der Oberbaucharterie und der obern und un-
tern Gekrösearterie abstammenden Schlagadern des
Darmcanals aber gehen zwischen den beyden
Blättern des Gekröses zu den Gedärmen, und auf
eben dem Wege vereinigen sich auch die sämmt-
lichen Venen jenes Canals zu immer gröſsern Zwei-
gen und Aesten, um sich mit der Milzvene zum
Stamm der Pfortader zu verbinden und nach
dieser Vereinigung von neuem in der Leber zu
zerästeln.


Jener Fortsatz des Bauchfells, der den Darm-
canal überzieht, und zwischen welchem die Blut-
gefäſse desselben fortgehen, ist vorzüglich den
vier höhern Thierclassen eigen. Man findet ihn
nicht bey den Insekten. Doch unter den Mol-
lusken, denen man das Gekröse bisher absprach,
finde ich bey den nackten Wegschnecken (Limax)
allerdings einen Fortsatz des Bauchfells, der die
Krümmungen des Darmcanals mit einander ver-
bindet, und in welchem die Zweige der Blutge-
fäſse
[461] fäſse liegen. Ein deutliches Gekröse giebt es auch
bey den Holothurien und Asterien.


Den Venen des Darmcanals ist ausser der
ausgezeichneten Art, wie sie von dem letztern
zurückkehren und sich zur Pfortader vereinigen,
noch der merkwürdige Umstand eigen, daſs ih-
nen die Klappen der übrigen Venen gänzlich feh-
len, eine Eigenheit, die sich, wie schon oben
erwähnt ist, auch auf die Pfortader erstreckt.


Die Thiere der vier obern Classen besitzen
nebst den Blutgefäſsen noch eine andere Art Adern,
die Saugadern, die gleich jenen in alle Organe,
ausgenommen das Rückenmark, den Augapfel und
den Kindestheil des Mutterkuchens, dringen. Sie
haben einen geschlängelten Fortgang, verbinden
und trennen sich häufig während ihres Verlaufs,
besitzen zahlreiche Klappen in ihrem Innern, die
ihnen auswendig ein gegliedertes Ansehn geben,
enthalten eine durchsichtige Flüssigkeit, und füh-
ren diese durch einen einfachen oder doppelten
Hauptstamm, in welchem sie sich insgesammt
vereinigen, in die Hals- oder Schlüsselbeinvene.
Bey den Säugthieren, und vorzüglich bey dem
Menschen, dringen die kleinern Stämme aller die-
ser Gefäſse, ehe sie zum Hauptstamm gelangen,
erst durch eine oder mehrere Drüsen, länglich-
runde, meist platte Organe, die aus Zellgewebe
und einem Netz von Blutgefäſsen bestehen, und
an
[462] an manchen Stellen deutliche Höhlungen zeigen o).
Die zu ihnen gelangenden Saugaderstämme zer-
ästeln sich in ihnen zu den feinsten Aesten, und
diese Aeste sammeln sich wieder zu gröſsern und
immer gröſsern Zweigen, und endlich zu einem
einzigen Stamm, der sich oft, verbunden mit an-
dern Stämmen, von neuem in andern Drüsen
zerästelt. Das Gebiet dieser Drüsen aber ist weit
eingeschränkter als das der Saugadern. Bey den
Vögeln sind sie nur noch am Halse vorhanden;
bey den Amphibien und Fischen fehlen sie ganz.
Doch finden sich bey den letztern noch eben
sowohl Saugadern, als bey den Säugthieren und
Vögeln. Hingegen bey den Mollusken scheinen
auch diese Gefäſse zu fehlen; wenigstens sind die
Theile, die Poli für Lymphgefäſse hielt p), wahr-
scheinlich Nerven q). Bey den Insekten, die
durch Luftröhren athmen, fehlen sie zuverlässig.


Sehr reich an diesen Saugadern ist auch der
ganze Darmcanal. Die des dünnen Darms sind
von vorzüglicher Weite. Sie dringen bis in die
Flockenhaut, und enthalten zur Zeit der Ver-
dauung eine weisse, undurchsichtige Flüssigkeit.
Man hat sie deshalb von den übrigen durch
den Namen der Milchgefäſse unterschieden.
Allein
[463] Allein in ihrer Struktur giebt es keine Verschie-
denheit zwischen ihnen und den übrigen Saug-
adern. Alle lymphatische Gefäſse der Gedärme
gehen, wie die Blutgefäſse, zwischen den beyden
Platten des Gekröses fort, indem sie häufige und
dichte Geflechte bilden, und zwischen diesen Plat-
ten liegen auch die vielen Drüsen, wodurch sie
ihren Fortgang nehmen. Diese Gekrösdrüsen bil-
den bey einigen Säugthieren, besonders bey den
Arten der Hundefamilie, eine beträchtliche Anhäu-
fung, das sogenannte Asellische Pankreas. Alle
jene Saugadern des Darmcanals vereinigen sich
mit den sämmtlichen Lymphgefäſsen der untern
Gliedmaſsen und aller, sowohl äussern, als in-
nern Theile des Unterleibs, mit Ausnahme eini-
ger Saugadern der Leber, zu dem linken Haupt-
stamm des Saugadersystems (dem Brustgange,
der Milch- oder Speisesaft-Röhre), der im
Unterleibe bey mehrern Säugthieren eine beträcht-
liche Anschwellung (Cisterna chyli), bey den Am-
phibien und Fischen ein groſses Geflecht bildet.


Wo überhaupt keine lymphatische Gefäſse
vorhanden sind, giebt es auch keine Milchge-
fäſse. Diese fehlen also den Mollusken und den
übrigen Thieren der niedern Classen. Indeſs giebt
es eine Art Adern an dem Nahrungscanal des
Skorpions, die insofern Aehnlichkeit mit den
Milchgefäſsen haben, daſs sie ebenfalls eine Flüs-
sigkeit
[464] sigkeit aus jenem Canal in den übrigen Körper
leiten, von einer andern Seite aber diesen ganz
unähnlich sind, indem die Milchgefäſse sich an
den Gedärmen zerästeln, und sich von hier zu
Zweigen und einem gemeinschaftlichen Stamm
vereinigen, jene hingegen mit acht Stämmen aus
dem Nahrungscanal entstehen und sich in dem
Fettkörper verbreiten r). Eine ähnliche Organi-
sation scheint auch den Spinnen und mehrern
Kiemenfüſslern eigen zu seyn.


Bey allen Thieren hat der Darmcanal zahlrei-
che, aber nicht starke Nerven. Bey dem Men-
schen und den Säugthieren kommen sie gröſsten-
theils von den Geflechten der Intercostalnerven,
und nach unten auch von den Kreutznerven. Nur
der obere Theil des dünnen Darms erhält auch
einige Aeste von dem achten Paar der Hirnnerven.
Der übrige Darmcanal steht mit dem Gehirn in
keiner unmittelbaren Verbindung.


§. 16.
Bewegungen des Darmcanals. Uebergang der Speisen in Chylus.
Darmausleerung.

Im ganzen Darmcanal findet, so oft er Speise
enthält, oder ein sonstiger Reitz auf ihn wirkt,
eine wurmförmige Bewegung statt, welche fort-
dauert, bis die Speise theils eingesogen, theils
aus-
[465] ausgeleert, oder der Reitz entfernt ist. Der Darm
verengert sich dabey an der gereitzten Stelle ver-
mittelst seiner Queerfasern, und verkürzt sich
zugleich der Länge nach bis auf eine gewisse
Strecke durch Zusammenziehung seiner longitudi-
nalen Fasern. Die Verengerung schreitet von Stelle
zu Stelle fort; auf die Verkürzung folgt eine Aus-
dehnung, und aus beyden Bewegungen entsteht
eine dritte zusammengesetzte, vermöge welcher
sich der Darm aufrichtet, wieder senkt, und
schlangenförmig windet. Dieses Fortwälzen geht
vorzüglich vom Pförtner zum After. Von Zeit zu
Zeit aber wird dasselbe durch eine rückgängige
Bewegung unterbrochen, die bald in diesem, bald
in jenem Theile des Darmcanals eintritt, bald eine
längere, bald eine kürzere Zeit mit der absteigen-
den Bewegung wechselt, doch im gesunden Zu-
stande immer von dieser zuletzt überwunden
wird.


Es giebt keine Thierclasse, in welcher jene
Bewegung nicht wahrgenommen ist s). Auch bey
den Amphibien und Fischen, an deren Magen nur
selten, oder noch gar nicht Zusammenziehungen
beobach-
IV. Bd. G g
[466] beobachtet sind, ist der Darmcanal oft in Thätig-
keit gesehen worden t). Doch ist diese wurmför-
mige Bewegung nicht zu allen Zeiten, nicht im-
mer in gleichem Grade, und nicht bey allen Thie-
ren in gleicher Stärke vorhanden. Am trägsten
ist sie bey den Amphibien und Fischen.


Die durch den Magensaft aufgelösten und
durch den Pförtner in den Zwölffingerdarm über-
gegangenen Speisen werden durch jene Zusam-
menziehung endlich von der untern Magenöff-
nung bis zum After fortbewegt, und gehen auf
diesem Wege durch ein doppeltes Stadium der
Verdauung, von welchen das erste im dünnen,
das zweyte im dicken Darm statt findet.


In dem obern Theil des dünnen Darms er-
scheint der Chymus, der im Magen eine noch un-
gleichartige Flüssigkeit war, als ein mehr gleich-
artiger, gelblichweisser, dicker Saft v), der noch
die nehmlichen Bestandtheile wie im Magen ent-
hält, worin aber das Eisen weniger stark oxydirt
und die Säure weniger hervorstechend als zuvor
ist w). Bey dieser Veränderung entwickelt sich
Wasser-
[467] Wasserstoffgas, indem der Sauerstoffgehalt der
Luft des dünnen Darms abnimmt x).


Die Eigenschaft, die wir oben (§. 14.) an der
Galle in so ausgezeichnetem Grade fanden, alle
Säuren abzustumpfen, läſst schon vermuthen, daſs
sie es ist, die durch ihre im Zwölffingerdarm
vorgehende Zumischung zum Speisebrey jene Ver-
änderung hervorbringen hilft. Diese Vermuthung
wird auch durch andere Thatsachen ausser Zwei-
fel gesetzt. Die Galle wird zu der Zeit, wo der
Chymus in den dünnen Darm tritt, weit häufiger
als im nüchternen Zustande abgesondert. Wäh-
rend der Nüchternheit flieſst nur ein Theil der-
selben, der hellgelb und wenig bitter ist, in den
Darmcanal; das Uebrige geht in die Gallenblase.
Bey der Verdauung aber tritt die aus der Leber
kommende Galle in das Duodenum, und die Gal-
lenblase entleert sich zugleich des Safts, der sich
in ihr angesammelt und mehr Bitterkeit erhalten
hat y). Wo der Zutritt der Galle zum Chymus
gehemmt ist, geht derselbe fast unverändert durch
den After ab.


Der Erfolg von Werner’s Versuchen über
die Zumischung der Galle zum Chymus stimmt
eben-
G g 2
[468] ebenfalls hiermit überein. Bey dieser Vermi-
schung erfolgt etwas Aehnliches, wie beym Zu-
satz der Galle zu Milch oder öligen Emulsionen
(§. 14.); es bildet sich ein weisser, einem ver-
dickten Schleim ähnlicher Niederschlag, von wel-
chem die Lackmustinktur nur noch schwach, und
weit weniger als vom Chymus geröthet wird.
Diese Wirkung erfolgt sowohl in der Kälte, als
in der Wärme, sowohl von der Galle eines an-
dern gleichartigen Individuum, als von eigener
Galle, doch weniger stark von der Galle eines ge-
nerisch verschiedenen Thiers. Zumischung von
Wasser zum Chymus und zur Galle hindert die-
selbe nicht, sondern befördert sie vielmehr. Der
Gallenstoff ist es, wodurch sie hervorgebracht
wird. Sie entsteht nicht mehr, wenn dieser der
Galle entzogen wird z).


Die obige Vermuthung wird endlich auch
durch meine Erfahrungen bewiesen. Bey den im
8ten §. dieses Kapitels erzählten Versuchen über
die Verdauung der Hühner beobachtete ich, daſs
der Chymus derjenigen dieser Thiere, die mit ge-
mischter Nahrung, worunter sich Milch befand,
gefüttert waren, im Anfange des dünnen Darms,
wo jener noch nicht mit Galle vermischt war, er-
wärmt einen starken Geruch nach Milchsäure aus-
stieſs, daſs aber von der Stelle an, wo sich die
Gallen-
[469] Gallengänge in den Darmcanal öffnen, keine Spur
von dieser Säure weiter zu bemerken war.


Der Gallenstoff scheint sich also mit der von
dem Magensaft herrührenden Säure des Chymus
auf ähnliche Art wie mit andern Säuren zu ver-
binden. Doch kann sich die Funktion der Galle
auf diese Verbindung allein nicht beschränken.
Autenrieth und Werner, die dies zu glauben
scheinen, werden durch eine ihrer eigenen Erfah-
rungen widerlegt, nach welcher der Niederschlag,
den man durch künstliche Vermischung des Chy-
mus mit Galle hervorbringt, sich getrocknet an-
zünden läſst, welches nicht mit dem in dem dün-
nen Darm befindlichen Speisebrey der Fall ist a).
Wir werden unten auch sehen, daſs sich der Gal-
lenstoff zwar in den Exkrementen findet, aber auf
eine Art verändert, die nicht blos durch den
Einfluſs einer Säure verursacht seyn kann.


Ohne Zweifel wird die Galle im Zwölffinger-
darm durch den mit dem Chymus vermischten
Speichel, und den sich mit ihr ergieſsenden pan-
kreatischen Saft modifizirt. In Betreff des Spei-
chels habe ich gefunden, daſs derselbe sich mit
der Galle verbindet, ohne einen Niederschlag zu
machen, und ohne seiner Eigenschaft, von Eisen-
salzen die Blutfarbe zu erhalten, beraubt zu
werden.
G g 3
[470] werden. Tröpfelte ich eine Auflösung des Eisens
in verdünnter Schwefelsäure zu einer Mischung
von Gallenstoff und Speichel, so wurde diese erst
milchig; dann schied sich der Eyweiſsstoff des
Speichels, verbunden mit Gallenharz, ab, und
nun trat nach und nach die rothe Farbe, doch
nur schwach, ein. Vollständiger, doch ebenfalls
nur langsam, erschien diese, wenn ich eine sal-
petersaure Eisenauflösung zu einer Auflösung des
Speichels und Gallenstoffs in ätzendem Natrum
goſs.


Ueber die Funktion des pankreatischen und
enterischen Safts sind wir noch sehr im Unge-
wissen. Bis diese Dunkelheit aufgeklärt seyn
wird, muſs in unserer Kenntniſs des Chylifika-
tionsprocesses eine bedeutende Lücke bleiben.


Die Galle wirkt gewiſs bey der Verdauung
vorzüglich durch ihren Gehalt an Schwefel-Was-
serstoffgas und Blausäure. Beyde Substanzen ge-
hören zu den wirksamsten Zersetzungsmitteln des
Eyweiſs. Wasser, das mit ihnen geschwängert
ist, nimmt das Eyweiſs ohne allen Rückstand auf.
Laugen von ätzenden Alkalien, worin Eyweiſs
aufgelöst ist, lassen beym Zusatz von Säuren ei-
nen Theil dieser Substanz immer wieder fallen.
Setzte ich hingegen concentrirte Schwefelsäure zu
einer Auflösung von Eyweiſs in Wasser, das
Schwefelkali enthielt, so schied sich anfangs blos
eine
[471] eine dünne Haut ab, die sich aber gleich wie-
der zertheilte, und ich erhielt blos einen aus
Schwefelmilch bestehenden Niederschlag. Noch
weniger wirkte die Schwefelsäure auf das Ey-
weiſs, als ich dieses in 2 Unzen Wasser, welches
mit Blausäure gesättigt war, und wozu ich 3
Gran Schwefelkali gesetzt hatte, auflöste, und
ohngefähr einen Scrupel jener Säure zumischte;
es schied sich unter einem unerträglich stinken-
den Dunst blos Schwefel und gar kein Eyweiſs
ab. Auch bey Thieren, die durch Blausäure ge-
tödtet sind, zeigt sich die zersetzende Kraft der-
selben an dem Blut, welches nicht geronnen,
sondern halbflüssig wie Oel, blauschwarz und
klebrig ist b).


Wie aber die Magennerven bey der Bildung
des Chymus mitwirkend sind, so haben gewiſs
auch die Darmnerven an der Scheidung des Spei-
sebreys in eine assimilirte und auszuleerende Ma-
terie wichtigen Antheil. Die Fällung, welche die
Galle im Duodenum erleidet, läſst sich allerdings
zum Theil aus dem Einfluſs des sauren Magen-
safts erklären. Allein so vollständig, wie sie
wirklich ist, könnte sie nicht seyn, wenn sie blos
durch diesen hervorgebracht würde. Die Nerven
sind
G g 4
[472] sind vielleicht bey der Abscheidung des Gallen-
stoffs auf ähnliche Art mitwirkend, wie die Pole
einer Galvanischen Säule bey der Abscheidung des
Eyweiſsstoffs aus animalischen Flüssigkeiten.


Nach den bisherigen Gründen vermuthe ich,
daſs der Chymus, der mit dem Magen-
saft eine gallertartige Substanz aus-
machte, nicht nur durch die Galle sei-
ner überflüssigen Säure beraubt, son-
dern auch völlig zersetzt, und in einen
schleimartigen Zustand gebracht wird
.
Der im dünnen Darm befindliche Speisebrey ist
indeſs eine Mischung aus assimilirten und aus-
zuleerenden Stoffen. Es ist nicht leicht durch
Versuche auszumachen, welche Bestandtheile des-
selben zu den erstern, und welche zu den letz-
tern gehören. Indeſs so viel ist ausgemacht, daſs
der Chymus nach dem untern Ende des dünnen
Darms hin eine graue Farbe und ein milchartiges
Ansehn bekömmt; daſs die Säure, die er noch
hatte, sich ganz, oder doch gröſstentheils verlo-
ren hat, und daſs die in ihm befindlichen Eisen-
theile noch weniger als vorher oxydirt sind c).
Wenn aber Wernerd) fand, daſs der Chymus
im untern dünnen Darm an der Luft und in der
Wärme
[473] Wärme gerann, so muſs man voraussetzen, daſs
der Speisebrey bey diesen Erfahrungen noch un-
zersetzten Gallenstoff enthält; wenigstens ist es
unwahrscheinlich, daſs die Bildung des Eyweiſs-
stoffs früher als in den Milchgefäſsen eintritt.


Diese Bemerkungen sind zum Theil Resultate
meiner eigenen Erfahrungen. Im 8ten §. dieses
Kapitels habe ich erzählt, daſs ich bey Hühnern,
die mit Fleischbrühe, Milch, Graupen und Ger-
stenkörnern gefüttert waren, im Anfange des
dünnen Darms an unaufgelösten Substanzen ge-
ronnene Milch, an aufgelösten Stärkemehl und
thierischen Schleim fand. In dem folgenden Theil
des Darms dieser Thiere, von der Insertion der
Gallengänge an, fand ich einen grauen Brey, der
sich bis zum Anfang des Colon erstreckte, und
an der Stelle, wo sich die Galle mit ihm ver-
mischt hatte, gelb gefärbt war. Ich sammelte
denselben von einem der Hühner, und infundirte
ihn mit kaltem Wasser. Dieses färbte sich gelb-
lich, und lieſs eine flockenartige Materie unauf-
gelöst zurück. Die letztere löste sich in ätzen-
dem Kali vollständig auf, und schied sich, mit
Alcohol vermischt und bis zum Kochen erhitzt,
nicht wieder davon ab. Sie war also nicht Ey-
weiſsstoff, welcher, in Laugensalz aufgelöst, durch
Alcohol und durch die Siedehitze wieder nieder-
geschlagen wird. Von der Gallerte hatte er gar
G g 5keine
[474] keine Eigenschaften. Ich konnte ihn also nur
für erhärteten Schleim annehmen. Das gelbliche
Wasser hauchte nach dem Filtriren und Abdam-
pfen den Geruch des Fleischextrakts aus. Der
Rückstand gelatinirte in der Kälte nicht. Er war
auflöslich in Alkalien, und zum Theil auch in
Säuren; von Weingeist wurde nichts daraus ge-
fällt; essigsaures Bley brachte einen weissen,
flockenartigen Niederschlag darin hervor; bloſser
Galläpfelaufguſs wirkte nicht darauf; wurde aber
zu der Mischung mit Galläpfelaufguſs Kali und
Weingeist gesetzt, so fiel ein ähnlicher körniger
Bodensatz, wie aus einer mit eben diesen Rea-
gentien vermischten Auflösung des thierischen
Schleims in Säuren, nieder. Alle diese Eigenschaf-
ten sind die des thierischen Schleims e). Hier
fand sich also überhaupt nur Schleim; selbst der
Eyweiſsstoff der Galle war so verändert, daſs er
sich allen den Reagentien entzog, die sonst seine
Gegenwart anzeigen f).


Anders verhielt sich der mit Galle gefärbte
Speisebrey bey dem im 8ten §. erwähnten Huhn,
welches blos mit Gerstenkörnern und Wasser ge-
füttert war. Hier war der Chymus in dem mitt-
lern
[475] lern und untern Theil des dünnen Darms stark
gelb gefärbt. Kaltes Wasser zog diese Farbe aus.
Nach dem Filtriren und Abdampfen des Aufgus-
ses wurde die Farbe desselben braun. Ein Zu-
satz von Alcohol brachte eine ähnliche Wirkung
darin hervor, wie in der Galle; es entstand eine
weisse Wolke von gerinnendem Eyweiſsstoff, worin
der Gallenstoff eingeschlossen war. Dieser hatte
indeſs nicht mehr seine ursprüngliche grüne Far-
be, sondern war eine braune, pulverartige, in
Essig- und Salpetersäure auflösliche Materie. Der
Bodensatz des Aufgusses löste sich nicht, wie
der des vorigen Versuchs, in ätzendem Laugen-
salz vollständig auf, sondern hinterlieſs einen
Rückstand, der aus unzersetzten vegetabilischen
Fasern zu bestehen schien. Bey diesem Thier,
wo die Verdauung im obern Theil des Darmca-
nals noch nicht so weit als bey dem vorigen
vorgeschritten war, hatte sich also eine beträcht-
liche Menge Galle ergossen, die aber noch nicht
vollständig zersetzt war. Es fand sich hier Ey-
weiſsstoff; allein dieser rührte offenbar von der
Galle her, und war kein assimilirter Bestandtheil
des Speisebreys.


Mit dem Uebergang des Chymus in den Blind-
darm und das Colon fängt ein neues Stadium
der Verdauung an. Wir haben schon oben eine
Aehnlichkeit jener beyden Därme mit einem Ma-
gen
[476] gen bemerkt. Bey einigen Thieren ist diese Aehn-
lichkeit unverkennbar. Der Magen des Känguruh
sieht ganz wie ein Blinddarm mit dem Colon
aus g), und diese beyden Därme haben beym
Rhinoceros ganz das Ansehn eines Magens h).
Der Blinddarm hat dabey eine gröſsere Menge
Saugadern und Drüsen, und es wird in ihm
eine gröſsere Menge Feuchtigkeit abgesondert, als
in irgend einem andern Theile des Darmcanals.
Diese Absonderung scheint, dem im 12ten §.
erzählten Versuch von Home zufolge, vorzüglich
dann stark zu seyn, wenn eine Substanz unzer-
setzt in den Blinddarm gelangt. Wir sahen, daſs
bey zwey Eseln, denen, nachdem man sie meh-
rere Tage ohne Futter und Trank gelassen hatte,
Rhabarberpulver eingegeben war, das Coecum und
Colon mehrere Quartiere einer stark mit Rhabar-
ber angefüllten Flüssigkeit enthielten. Die vielen
Drüsen und die groſse Menge Flüssigkeit trifft
man auch in dem Coecum der Insekten, und
selbst solcher Arten, deren Nahrungscanal sonst
keine Drüsen hat, z. B. der Schmetterlinge, an.
Dabey ist es merkwürdig, daſs der Saft des Blind-
darms bey mehrern Insekten, besonders bey den
Spinnen, ein ähnliches Ansehn wie die in dem
Fettkörper derselben enthaltene Materie hat.


Es
[477]

Es scheinen daher in dem Coecum und Colon
neue Einwirkungen auf den Speisebrey statt zu
finden, wodurch die noch übrigen unzersetzten
Bestandtheile der Speisen aufgelöst und verähn-
licht werden. Eine für den Magensaft nicht ganz
auflösliche Substanz ist unter andern die Milch.
Diese gerinnt im Magen; ihr fetter und käsiger
Theil wird hier zu einem zähen Schleim erweicht,
aber nicht aufgelöst. Verattii) will sie noch
im Grimmdarm als eine gelbe, zähe Materie an-
getroffen haben. So weit habe ich sie bey Hüh-
nern nicht verfolgen können. Aber im Zwölffin-
gerdarm dieser Thiere konnte ich sie noch deut-
lich erkennen. Solche Substanzen werden im
Coecum und Colon aufgelöst, indem die wichtige
Veränderung mit ihnen vorgeht, daſs sich bey
ungeschwächter Verdauung alle Spur von Säure
an ihnen verliert, daſs sie dagegen bey einigen
Thieren die entgegengesetzte Beschaffenheit der
Alkalescenz annehmen k), und daſs sich Stickgas
dabey entwickelt l). Die Galle, die mit dem Chy-
mus der dünnen Därme einen Niederschlag macht,
wird von dem Speisebrey des Colons nicht ge-
fällt m). Bey den meisten Thieren, die einen
Blind-
[478] Blinddarm von einiger Gröſse haben, fängt auch
in diesem Theile der Koth an, sich zu bilden n).


In Krankheiten, wo der Speisebrey im dün-
nen Darm zurückgehalten wird, erhält derselbe
oft schon in dem letztern eine kothartige Be-
schaffenheit. Man hat hieraus geschlossen, daſs
es blos der Aufenthalt der verdauten Speisen an
irgend einer Stelle des Darmcanals, und die da-
bey vorgehende Einsaugung der nährenden Be-
standtheile desselben sey, wodurch er in Exkre-
mente verwandelt würde, ohne daſs die Säfte
des dicken Darms an dieser Umänderung Antheil
hätten o). Allein in einem von Berzeliusp)
angestellten Versuch gab eine Mischung von ge-
käuetem Braten und Hühnereyweiſs, die in Gäh-
rung gerathen und dann mit Galle vermischt war,
nachdem sie zwölf Stunden in einer verstopften
Flasche an einem warmen Ort gestanden hatte,
den Geruch des frischen und dünnen Koths von
sich. Hier war es eine chemische Zersetzung
ohne alle Einsaugung, welche jenem Gemisch die
kothartige Beschaffenheit gab. Bloſse Einsaugung
könnte auch nicht den Uebergang der verdauten
Speisen
[479] Speisen von der sauren Beschaffenheit zur entge-
gengesetzten alkalischen hervorbringen. Bey den
lethargischen Thieren, wo der Chymus während
dem Winterschlaf entweder gar nicht, oder nur
äusserst langsam sowohl eingesogen, als fortbe-
wegt wird, geht dieser doch keinesweges im Ma-
gen oder Zwölffingerdarm in Exkremente über q).


Nachdem die Speisen im Colon in Exkremente
verwandelt sind, gelangen sie in den Mastdarm,
wo keine weitere Veränderung mit ihnen vorzu-
gehen scheint, als daſs ihnen die noch übrigen
nährenden Bestandtheile völlig entzogen werden.
und daſs sie mehr Festigkeit bekommen. Sie
verweilen hier eine gewisse Zeit, und werden
dann als Koth ausgeleert.


Diesen Auswurfsstoff erhält man unvermischt
nur von den Säugthieren und den Thieren der
niedern Classen. Bey den Vögeln, Amphibien und
Fischen vermischt sich mit ihm in der Cloake
der Urin. Er ist überhaupt verschieden nach
der Verschiedenheit der Gattungen, der Nah-
rungsmittel und des körperlichen Zustandes. Schon
die eigene Art, wie der Mist verschiedener Thiere
als
[480] als Dünger wirkt, giebt einen Beweis davon. Je
gesunder das Thier ist, und je verdaulicher die
genossenen Nahrungsmittel sind, desto weniger
unzersetztes Futter geht durch den Mastdarm
ab, und eine desto homogenere Materie sind die
Exkremente. Doch enthält der Koth selbst bey
den gesundesten Thieren immer ein fasriges Ue-
berbleibsel der genossenen Speisen, worin aber,
auch bey bloſser thierischer Kost, keine fleisch-
artige Bestandtheile mehr befindlich sind r).


Die Beschaffenheit des Koths nimmt auch im-
mer an der Natur der Nahrungsmittel einigen An-
theil. Bey dem fliegenden Eichhorn, welches von
den Knospen und Sprossen der Birken und Fich-
ten lebt, sind der Speisebrey und die Exkremente
von grüngelber Farbe und so harziger Beschaffen-
heit, daſs sie getrocknet sich am Feuer gleich ent-
zünden, und mit einer hellen, anhaltenden Flam-
me verbrennen s).


Nach Grew’s Versuchen brauset der Koth ei-
niger Thiere mit Salpetersäure auf t). Er enthält
also vielleicht ein freyes Alkali. Doch in dem
Ochsen-
[481] Ochsenmist findet sich weder dieses, noch eine
freye Säure v). In dem Menschenkoth giebt es,
nach Berzeliusw), von salzigen und erdigen
Bestandtheilen kohlensaures, salzsaures und schwe-
felsaures Natrum, etwas Kieselerde, phosphorsau-
re Bittererde und phosphorsaure Kalkerde.


Die Hauptbestandtheile des Koths sind Sub-
stanzen, die von den gastrischen Säften, beson-
ders von der Galle, herrühren. Berzeliusx)
fand in den menschlichen Exkrementen unzer-
setzte Galle, Eyweiſsstoff, Gallenharz und zwey
eigenthümliche Substanzen.


Das Gallenharz des Koths hat im Wesentli-
chen dieselbe Beschaffenheit wie dasjenige, wel-
ches aus der frischen Galle durch Säuren gefällt
wird. Berzelius führt zwar einige Verschieden-
heiten zwischen jenem und dem letztern an, z. B.
daſs das Harz des Koths, mit Schwefelsäure ge-
fällt, nicht wie das der frischen Galle beym Ab-
dampfen rothbraun, sondern schmutzig graubraun
wird. Aber diese Unterschiede scheinen mir nicht
wesentlich zu seyn.


Jenes Gallenharz der Exkremente ist in dem
Bodensatz, den der wässrige Auszug derselben
absetzt,
IV. Bd. H h
[482] absetzt, mit dem einen der beyden erwähnten
eigenthümlichen Stoffe verbunden. Dieser löst
sich, abgesondert von dem Gallenharz, in Wasser
auf, ist geruch- und geschmacklos, sieht dem
Leim ähnlich, gelatinirt aber nicht, und wird
nicht durch den Gerbestoff gefällt.


Den andern eigenthümlichen Stoff findet man
in dem wässrigen Auszug des Koths aufgelöst,
woraus er durch den Gerbestoff mit rother Farbe
und als ein Pulver gefällt wird, wenn dessen
Menge nicht hinreicht, um alles niederzuschlagen;
hingegen mit graubrauner Farbe und in an einan-
der hängenden Flocken, wenn dieser in Ueber-
maſs zugesetzt wird. Er ist ausserdem im Alco-
hol auflöslich; seine rothbraune Farbe wird durch
Säuren hochroth gemacht; zu den Neutralsalzen
hat er keine Verwandtschaft, hingegen eine groſse
zu den Metalloxyden; im offenen Feuer verbrennt
er mit Rauch und ammoniakalischem Geruch, und
läſst eine Asche zurück, die Natrum und phos-
phorsaure Erdsalze in sehr geringer Quantität ent-
hält. Berzelius schlieſst aus einigen mit dieser
Materie gemachten Versuchen, daſs sie nicht als
solche im Darmcanal abgeschieden wird, sondern
sich erst durch Einwirkung der Luft aus dem
Gallenharz und vielleicht auch dem Eyweiſsstoff
der Galle bildet.


Die
[483]

Die Exkremente der Vögel gehen vermischt
mit dem Urin ab, und lassen sich daher nicht
abgesondert von dem letztern zerlegen. Leichter
ist diese Trennung bey den Amphibien zu be-
werkstelligen, wo zwar auch beyde Materien zu-
gleich excernirt werden, der Harn aber eine fe-
ste, weisse, kreidenartige, dem schwärzlichen
Darmkoth blos mit dem einen Ende anhängende
Substanz ist y). Bey den Vögeln bildet sich in-
deſs der Koth schon in den Blinddärmen, und
hier ist er mit dem Urin noch nicht vermischt.
Ich habe ihn aus diesen Theilen der beyden Hüh-
ner gesammelt, über deren Verdauung ich meine
oben gedachten Versuche anstellte, und in dem-
selben die nehmlichen Bestandtheile gefunden, die
Berzelius in den menschlichen Exkrementen
antraf, zugleich aber noch folgende Bemerkungen
daran gemacht.


1. Bey beyden Hühnern, und selbst bey dem
mit gemischter Nahrung gefütterten, dessen Chy-
mus in dem mittlern Theil des Darmcanals kei-
nen Eyweiſssoff enthielt, fand ich diesen Stoff
doch im Koth der Blinddärme. Im untern Theile
des Darmcanals müssen also eyweiſshaltige Stoffe
abgesondert werden.


2.
H h 2
[484]

2. Der Kothgeruch der Exkremente wurde
nicht durch Säuren, wohl aber durch ätzendes
Kali aufgehoben.


3. Die von Berzelius in den menschlichen
Exkrementen entdeckte rothbraune Materie traf
ich auch in dem Hühnerkoth an. Ich fand zu-
gleich die Bemerkung dieses Schriftstellers bestä-
tigt, daſs dieselbe, in Säuren aufgelöst, eine röth-
liche Farbe annimmt. Diese Beobachtung lieſs
mich in ihr die in dem Speichel befindliche Blut-
säure, welche die Eigenschaft hat, mit Auflösun-
gen des Eisens in Säuren eine blutrothe Farbe
anzunehmen, vermuthen z). Um hierüber Ge-
wiſsheit zu erhalten, vermischte ich jene Materie
mit einer Auflösung des Eisens in Salpetersäure.
Die Mischung erhielt in der That eine rothe
Farbe, obgleich bey weitem nicht die Farbe des
Bluts. Sie entstand aber nur bey dem mit ge-
mischten Nahrungsmitteln gefütterten Huhn, hin-
gegen nicht bey dem, welches blos Gerstenkör-
ner erhalten hatte. Nach dieser Erfahrung scheint
also die Bildung der rothbraunen Materie durch
thierische Nahrung befördert zu werden.


4. Diese Materie ist ohne Zweifel, wie Berze-
lius
schon vermuthet hat, ein modifizirter Gallen-
stoff. Bey einem meiner Versuche fand ich, daſs
Galläpfelaufguſs aus dem Wasser, womit der in
dem
[485] dem untern Theile des dünnen Darms enthaltene,
mit Galle gefärbte Speisebrey ausgezogen war, ein
braunes Pulver niederschlug, welches einem durch
dasselbe Reagens aus der rothbraunen Materie des
Koths gefällten Niederschlag sehr ähnlich war,
und nur von verändertem Gallenstoff herrühren
konnte. Ich bemerkte auch, daſs ein Weingeist-
auszug des Koths nach dem Abdampfen eine Sub-
stanz von harzigem Ansehn zurücklieſs, welche
die nehmliche rothbraune Farbe wie eine abge-
dampfte Auflösung des Gallenharzes in Schwefel-
säure hatte, und daſs sich dabey Krystalle ab-
setzten, die mir schwefelsaures Natrum zu seyn
schienen. Ich glaube daher, daſs der Gallenstoff
sich in die rothbraune Materie des Koths ver-
wandelt, indem in dem untern Theile des Darm-
canals Schwefelsäure entsteht, die sich mit dem
Gallenharz verbindet, und in dieser Verbindung
durch den Einfluſs der Nervenkraft auf gleiche
Art, wie durch eine hohe Temperatur, verändert
wird.


5. Sowohl aus den Auflösungen des Koths,
als aus denen der Materie des ganzen Nahrungs-
canals wurde durch Sauerkleesäure sehr wenig
Kalk niedergeschlagen. Diese Beobachtung ist
um so auffallender, da bey den Vögeln eine so
groſse Menge Kalk in den Urin und in die Eyer-
schalen abgesetzt wird.


H h 3Nach
[486]

Nach den bisher angeführten Erfahrungen zeigt
der von der Galle herrührende Theil des Koths
deutliche Spuren der Einwirkung einer Säure
auf den Gallenstoff, die ursprünglich blos von
dem Magensaft herrühren kann. Daſs sich diese
Spuren bey den Thieren der höhern Classen,
deren gastrischer Saft eine freye Säure hat, fin-
den würden, war zu erwarten. Aber es war
zweifelhaft, wie die Beschaffenheit der galligen
Bestandtheile des Koths bey den Thieren der nie-
dern Classen seyn würde, deren Magensaft keine
saure, oder gar eine alkalische Reaktion zeigt. Um
diesen Punkt auszumachen, untersuchte ich die
Exkremente der Weinbergschnecke (Helix Poma-
tia L.) Diese bilden lange, gewundene, mit Gal-
lerte überzogene, schwarzgrüne Cylinder. Ein
Aufguſs derselben mit Alkohol bekam eine saft-
grüne Farbe. Während dem Abdampfen dieses
Aufgusses entstand eine weiſse, fettartige Haut
auf der Flüssigkeit; zuletzt blieb eine grüne,
wachsartige Materie zurück, die einen Fettgeruch
hatte, und sich in Wasser, doch mit Verlust ih-
rer grünen Farbe, auflöste. Diese Eigenschaften
sind die nehmlichen, welche der durch Säuren
niedergeschlagene und in Alcohol wieder aufge-
löste Gallenstoff der Säugthiere zeigt; nur scheint
das Fett des Gallenstoffs nicht so stark im Schnek-
kenkoth, als in der Rindergalle gesäuert zu seyn.
Meine obige Vermuthung, daſs bey den Thieren
der
[487] der niedern Classen der Magensaft ebenfalls eine
Säure enthält, die nur durch zugemischten Schleim
verhüllt ist a), erhält also hierdurch Bestätigung.


Ausser dem Gallenharz fand ich in dem Schnek-
kenkoth noch etwas Eyweiſsstoff, vegetabilischen
Faserstoff und eine beträchtliche Menge Sand, aber
keine Kalkerde. Slevogt’s b) Bemerkung, daſs
der Koth der Waldschnecke keine Kalktheile ent-
hält, gilt also auch von der Weinbergsschnecke.
Die Kalkerde scheint hier theils in das Gehäuse,
theils in den Kalkbeutel abgesetzt zu werden,
welcher letztere vielleicht eine Art Harnblase ist.
Der Koth der Weinbergschnecke enthält aber nicht
Thonerde, die Slevogt in dem Auswurf der
Waldschnecke antraf, und auch bey dieser ist
jene Erde wohl nicht immer, sondern nur, wenn
sie sich auf Thonboden aufhält, darin anzutreffen.


§. 17.
Uebergang des Chylus in die Masse der Säfte.

Wohin gelangt der im Nahrungscanal assimi-
lirte Theil des Speisebreys (der Speisesaft,
Chylus)? Seit der Entdeckung der lymphatischen
Gefäſse und deren Verlaufs liegt die Antwort auf
diese
H h 4
[488] diese Frage sehr nahe. Erwägt man die Art, wie
jene Gefäſse aus dem Darmcanal entspringen, wie
sie sich zu gröſsern und immer gröſsern Zweigen,
und endlich zu einem gemeinschaftlichen Stamm
vereinigen, und wie dieser in das Blutadersystem
übergeht; erwägt man zugleich, daſs alle jene
Gefäſse mit Klappen versehen sind, die einge-
sprützten Flüssigkeiten den Weg vom Darmcanal
zum Brustgang verstatten, aber die Rückkehr
verschlieſsen; so muſs man es schon hieraus
wahrscheinlich finden, daſs der Chylus in die
Milchgefäſse übergeht, und aus diesen durch den
Brustgang zum Herzen gelangt.


Eine Menge Beobachtungen an lebenden Thie-
ren beweisen auch die Richtigkeit dieser Vermu-
thung. Bey Thieren, die zu der Zeit, wo der
Milchsaft durch die dünnen Därme geht, geöff-
net sind, findet man die Milchgefäſse mit einer
weissen Flüssigkeit angefüllt, die immer weiter
nach dem Brustgange fortschreitet, und endlich
auch diesen anfüllt. Wird eines jener Gefäſse
unterbunden, so schwillt es auf ähnliche Art wie
eine unterbundene Ader hinter dem Bande nach
der Seite des Darmcanals an, und entleert sich
auf der andern Seite. Diese Erscheinungen dauern
noch eine ziemlich lange Zeit nach dem Tode des
Thiers fort. Werden gefärbte, oder mit riechen-
den Substanzen geschwängerte Flüssigkeiten in
den
[489] den Darmcanal gesprützt, so gehen auch diese
in die absorbirenden Gefäſse mit Beybehaltung ih-
rer Farbe und ihres Geruchs über c).


Nicht weniger thätig sind die absorbirenden
Gefäſse des dicken Darms. Beträchtliche Quanti-
täten einer in den Mastdarm gesprützten Flüssig-
keit werden durch sie eingesogen. Vermöge die-
ser Thätigkeit derselben ist es möglich, blos durch
nährende Klystiere das Leben zu fristen d).


Jenes Einsaugungsvermögen ist überhaupt al-
len lymphatischen Gefäſsen eigen, und alle füh-
ren die aufgenommenen Flüssigkeiten zum Brust-
gange e). Monro durchschnitt einem lebenden
Hunde diesen Canal, rieb in die hintern Extremi-
täten und in den Bauch des Thiers eine Campher-
emulsion ein, und sprützte dieselbe Flüssigkeit in
die Bauchhöhle. Der aus dem untern Theil des
durchschnittenen Brustgangs ausgeflossene und auf-
gefangene Saft verrieth sowohl durch den Geruch,
als durch den Geschmack, daſs der Campher ein-
gesogen und in den gemeinschaftlichen Stamm
der Lymphgefäſse gelangt war.


Auf diesem Durchgang durch die Milchgefäſse
wird der Chylus dem Blute immer ähnlicher, so
daſs
H h 5
[490] daſs er in dem Brustgange zuweilen schon die
rothe Farbe des Bluts besitzt. Auffallend zeigt
sich diese allmählige Verähnlichung in den Ver-
suchen, die Reuss und Emmert, und nach ih-
nen Vauquelin, mit dem Speisesaft der Milch-
gefäſse von Pferden anstellten.


Nach Reuss’s und Emmert’s Versuchen f) ist
der Chylus der Pferde eine Flüssigkeit von milch-
weisser, gelblicher, oder gelblich-grauer Farbe,
salzigem Geschmack, und einem Geruch, welcher
dem des männlichen Saamens ähnlich ist. Er
läſst sich wie das Blut durch die Einwirkung
der atmosphärischen Luft und des Wassers, so
wie durch mechanische Mittel, in drey, dem Blut-
wasser, dem Faserstoff und dem Cruor ähnliche
Bestandtheile trennen. Der seröse Theil enthält,
wie das Blutwasser, sehr viel Wasser, etwas
ätzendes Natrum und Kochsalz, Eyweiſsstoff, ei-
nen Bestandtheil, den Reuss und Emmert für
Gallerte halten, und phosphorsaures Eisen. Der
dem Cruor ähnliche Theil besteht aus Eyweiſs-
stoff, der Substanz, die Jene Gallerte nennen, und
phosphorsaurem Eisen. Der faserige Theil ver-
hält sich wie der Faserstoff des Bluts.


Der Speisesaft unterscheidet sich aber von
dem Blut durch einen geringern Grad von Ge-
rinnbar-
[491] rinnbarkeit und Ausbildung seiner nähern Be-
standtheile, durch schwächere Verkalkung des
Eisens, und durch eine geringere Menge gerinn-
baren Stoffs. Von der Milch ist er gänzlich ver-
schieden. In den einzelnen Stellen des Systems
der Milchgefäſse zeigt er Verschiedenheiten, die
als eben so viele Stufen der Näherung desselben
zum Blute zu betrachten sind. In den Wurzeln
der Milchgefäſse ist er eine ziemlich gleichartige,
milchweisse Flüssigkeit, die nur durch die in ihr
schwimmenden Kügelchen und durch die gröſsere
Consistenz, die sie an der Luft bekömmt, einige
Ungleichartigkeit zeigt. In den gröſsern Milch-
gefäſsen und der Cisterne erscheint er schon he-
terogener. Die Einwirkung der Luft macht die-
sen etwas röthlich, aber nicht ganz gleichförmig;
auch bringt sie ihn, jedoch nur einem kleinen
Theile nach, zum Gerinnen. Der Chylus aus
der obern Hälfte des Brustgangs erhält an der
Luft in seiner ganzen Masse eine Farbe, welche
der des Schlagaderbluts ziemlich nahe kömmt;
auch trennt er sich in Serum und in eine Art
von Blutkuchen, welcher sich fester und in grö-
ſserer Menge als in dem andern Chylus zeigt.


So weit die Resultate der Versuche von Reuss
und Emmert. Vauquelin’s Erfahrungen g) stim-
men mit denselben im Allgemeinen überein. Auch
diesen
[492] diesen zufolge trennt sich der Chylus ausserhalb
den Milchgefäſsen in einen flüssigen und einen
gerinnenden Theil, welcher letztere in dem Spei-
sesaft aus der Mitte des Brustgangs an der Luft
eine röthliche Farbe annimmt. Der flüssige Theil
besteht meist aus Eyweiſsstoff, welches überhaupt
den gröſsten Theil des Chylus ausmacht, und ent-
hält ein freyes Alkali; der gerinnende Theil ist
dem Faserstoff des Bluts ähnlich. In der Asche
des verbrannten Chylus fanden sich kohlensau-
res, salzsaures und schwefelsaures Natrum, Eisen
und phosphorsaure Kalkerde. Aber Vauquelin
erwähnt keiner Gallerte als Bestandtheil des Chy-
lus, und Emmert’s Versuche beweisen auch nicht
die Gegenwart desselben in dem letztern. Em-
mert
schloſs auf diese aus dem flockigen Nie-
derschlag, den Galläpfeltinktur in dem flüssigen,
mit Wasser vermischten Theil des Speisesafts,
woraus der Eyweiſsstoff durch Kochen abgeschie-
den war, hervorbrachte, und aus dem gallertarti-
gen Ansehn der Substanz, die nach dem Ab-
dampfen zurückblieb h). Allein durch das Ko-
chen des mit Wasser verdünnten Serum wird
nicht aller Eyweiſsstoff daraus abgeschieden; Al-
cohol schlägt noch immer einen ungeronnen ge-
bliebenen Rückstand dieses Stoffs daraus nieder.
Vielleicht also wirkte in jenem Versuch die Gall-
äpfeltinktur nur vermöge des Weingeists, womit
sie
[493] sie bereitet war, und es war Eyweiſsstoff, was
durch sie niedergeschlagen wurde. Der Gerbe-
stoff schlägt aber auch nicht nur die Gallerte, son-
dern auch das Thouvenelsche Fleischextrakt nie-
der. Die gallertartige Masse, die nach dem Ab-
dampfen des flüssigen Theils des Chylus zurück-
blieb, kann ebenfalls Eyweiſsstoff oder Fleisch-
extrakt gewesen seyn.


Statt der Gallerte gedenkt Vauquelin einer
andern, im flüssigen Theil des Serum enthalte-
nen Materie, die sich in kochendem Alcohol auf-
löst, sich nach dem Erkalten zum Theil in der
Gestalt von Flocken daraus absetzt, und dem Al-
cohol die Eigenschaft mittheilt, auch nach dem
Erkalten von zugegossenem Wasser getrübt zu
werden. Vauquelin hält sie für eine Art Fett.
Sie hat allerdings manche Eigenschaften dieser
Substanz. Aber es fehlt ihr die Haupteigenschaft
des Fetts, sich mit Alkalien zu verbinden. Mehr
Aehnlichkeit scheint sie mir mit dem Gallenharz
zu haben.


Den an der Luft gerinnenden Theil des Chy-
lus fand Vauquelin dem Faserstoff des Bluts
von manchen Seiten zwar ähnlich, doch auch
in einigen Stücken von diesem verschieden. Je-
ner hatte nicht die fibröse Textur, die Stärke und
Elasticität des letztern, und löste sich schneller
als dieser und ohne Rückstand in ätzendem Na-
trum
[494] trum auf. Vauquelin sieht ihn für Eyweiſs an,
welches in Faserstoff überzugehen anfängt, und
glaubt, daſs die Nahrungsmittel im thierischen
Körper erst in Eyweiſsstoff und aus diesem in
Faserstoff verwandelt werden.


Die letztere Vermuthung ist der schon von
Hattcheti) und Hallé k) aufgestellten Hypo-
these ähnlich, daſs der Eyweiſsstoff das
erste Produkt des thierischen Bildungs-
processes ist
. Von dieser glaube ich, daſs
sie sich immer mehr bestätigen wird, je näher
wir die lebende Natur werden kennen lernen.
Auch bey den Insekten, und zwar bey denen so-
wohl, die sich blos von Pflanzen nähren, als
bey den fleischfressenden Arten, finde ich, daſs
sich aus dem rohen Nahrungssaft immer zuerst
Eyweiſsstoff erzeugt. Bey diesen Thieren füllt
der Milchsaft die Zwischenräume aller in der
Bauchhöhle enthaltenen Eingeweide an, und flieſst
nach dem Oeffnen der Bauchhaut in beträchtli-
cher Menge aus. Bey einer Raupe der Notua
dysodea l) fand ich diese Flüssigkeit von dun-
kelgrüner Farbe, und im Aeussern dem ausge-
preſsten Pflanzensaft ganz ähnlich. Sie vermischte
sich mit Wasser, und zeigte Spuren von Alkali.
Nach-
[495] Nachdem sie mit Alcohol vermischt und erhitzt
war, bildeten sich sogleich in ihr eine Menge
grauer Flocken von gerinnendem Eyweiſsstoff,
wobey ihre grüne Farbe ganz verschwand.


Eben so verhielt sich die unter der Bauch-
haut des Käfers und der Larve vom Scarabaeus
nasicornis, und in dem Fettkörper der Spinnen
befindliche Flüssigkeit. Der Chylus der Larve
des Nashornkäfers scheint mir reines Eyweiſs zu
seyn. Er ist weiſs, dick, zähe, und überhaupt
schon dem Aeussern nach von der Beschaffen-
heit des ungeronnenen Eyweiſs. In kaltem Was-
ser löste er sich nicht auf. In kochendem Was-
ser und von zugesetztem Alcohol gerann er gröſs-
tentheils. Das Geronnene wurde von ätzendem
Natrum wieder aufgelöst. Die übrige Flüssigkeit
gab mit einem Galläpfelaufguſs keinen Nieder-
schlag, und enthielt mithin keine Gallerte.


Es findet also in dieser Hinsicht eine merk-
würdige Analogie zwischen der Vegetation, durch
welche ebenfalls die Nahrungsstoffe in Eyweiſs
verwandelt, so wie die festen Theile und die
abgeschiedenen Säfte aus Eyweiſs gebildet wer-
den m), und dem thierischen Bildungsproceſs
statt.


Die Verähnlichung des Nahrungssafts geschieht
bey einigen Individuen derselben Thierart und
zu
[496] zu gewissen Zeiten früher, zu andern später. Bey
den Säugthieren scheint der Chylus zuweilen
schon im Brustgange in wirkliches Blut überzuge-
hen. In den Fällen, wo man in diesem Canal
zurückgetretenes Blut bemerkt haben will, war
dieses, nach Emmert’s wahrscheinlicher Vermu-
thung, nicht Venenblut, sondern schon in Blut
verwandelter Chylus n). Ob es aber, wie Em-
mert
glaubt, nicht Chylus war, sondern Blut,
welches eine der Entzündungshaut ähnliche Be-
schaffenheit angenommen hatte, das man in eini-
gen Fällen als eine weiſsliche Materie aus geöff-
neten Venen ausflieſsen sah und für unassimilir-
ten Chylus hielt, scheint mir zweifelhaft zu seyn.
Hewson’s o) Beobachtungen machen es wahr-
scheinlich, daſs dieser weisse Saft von eingesoge-
nem und noch unassimilirtem Fett herrührt.


Die
[497]

Die Lymphe der übrigen absorbirenden Ge-
fäſse ist verschieden an den verschiedenen Stellen
des Körpers p). Die aus einem der gröſsern
lymphatischen Gefäſse an der rechten Seite der Len-
dengegend eines Pferdes genommene Flüssigkeit
war durchsichtig, klar, blaſsgelblich, etwas ins
Grünliche spielend, von keinem besondern Geruch,
aber einem schwachen, dem des Blutwassers ähn-
lichen Geschmack. Sie gerann an der Luft zu
einer klaren, zitternden Gallerte, wovon sich
durch Schütteln ein flüssiger, gelblicher Theil ab-
scheiden lieſs, und unterschied sich von dem
Chylus der Milchgefäſse und des Brustgangs darin,
daſs sie weniger Gehalt an Eyweiſsstoff hatte,
langsamer an der Luft coagulirte, ihre Farbe an
der Luft nicht in die rothe verwandelte, und keine
Kügelchen enthielt q).


§. 18.
Einsaugungsvermögen der Venen des Darmcanals. Das Netz
und das Fett.

So ausgemacht es aber auch ist, daſs der
Chylus durch das System der absorbirenden Gefäſse
dem Blute zugeführt wird, so läſst sich doch die
Frage
IV. Bd. I i
[498] Frage aufwerfen, ob nicht noch andere Wege
vorhanden sind, auf welchen ebenfalls nährende
Bestandtheile zur Blutmasse gelangen? Die Venen
des Darmcanals haben in der Art, wie sie sich
zu einem gemeinschaftlichen Stamm vereinigen,
dann wieder in der Leber zerästeln, hierauf von
neuem zusammenflieſsen, und nun erst zur Hohl-
ader gehen, so etwas Eigenes, daſs, wenn es sol-
che Wege giebt, sie vor allen andern dafür anzu-
sehen sind. Die Frage, ob auch die Venen dem
Blute nährende Theile zuführen? läſst sich aber
auf die zurückführen, ob überhaupt den Venen
ein Einsaugungsvermögen zukömmt? Diese war
seit der Entdeckung der absorbirenden Gefäſse der
Gegenstand eines fortwährenden, und selbst zu
unsern Zeiten noch nicht entschiedenen Streits.
Die meisten neuern Physiologen haben sich zwar
für die Meinung erklärt, daſs keine Einsaugung
durch die Venen statt finde, Doch ist es vielleicht
eben so sehr der Glanz wichtiger Autoritäten und
Unlust zur weitern Untersuchung einer so lange
abgehandelten Frage, als das Uebergewicht der
Gründe, was dieser Hypothese Eingang verschafft
hat.


Es ist wahr, die Resultate der Versuche Hun-
ter
’s r) scheinen erhebliche Beweise für diese
Meinung zu seyn. Hunter sprützte Milch in ein
unter-
[499] unterbundenes Stück des Darmcanals eines leben-
den Hundes, verhinderte durch eine zweyte Liga-
tur das Ausflieſsen der Milch, unterband zugleich
die Arterie und Vene des Gekröses, und leerte
das Blut durch eine gemachte Oeffnung aus. Als
die Vene nach einiger Zeit untersucht wurde, fand
sich keine Spur von Milch in derselben. Eben so
wenig lieſs sich diese in ihr entdecken, als der
Versuch mit der Abänderung wiederholt wurde,
daſs die Blutgefäſse ununterbunden blieben. Auch
bey einem Schaaf, dem in ein unterbundenes
Darmstück eine blaugefärbte Auflösung von Hau-
senblase gesprützt war, zeigte sich nicht die
mindeste blaue Farbe an dem Blut der Gekrös-
vene, und selbst nicht an dem Serum desselben,
da doch der Saft der Milchgefäſse blau gefärbt
war. Bey eben diesem Thier wurde an jenem
Darmstück eine unterbundene Arterie unterhalb
dem Bande geöffnet, und in die Oeffnung so lange
Milch gesprützt, bis diese in die zugehörige Vene
übergieng. Aber auch an der Milch der Vene
war keine blaue Färbung zu bemerken. Bey ei-
nem Esel, dem eine Auflösung von Moschus in
ein unterbundenes Darmstück gesprützt war, hatte
nach einiger Zeit der Saft der Milchgefäſse den
Geruch des Moschus angenommen, hingegen war
an dem Blut der Gekrösvene keine Spur dessel-
ben zu bemerken.


I i 2Diese
[500]

Diese Gründe sind indeſs nicht so wichtig,
als sie auf den ersten Anblick zu seyn scheinen. Sie
beweisen nur das Unvermögen der Venen, unassi-
milirte Flüssigkeiten aufzunehmen, nicht aber das
Unvermögen, Säfte, die dem Körper schon bis
auf einen gewissen Grad verähnlicht sind, ein-
zusaugen. Ein Vermögen der letztern Art muſs
man allerdings den Venen beylegen, sobald sich
zeigen läſst, daſs nicht alles Blut, welches diese
zum Herzen zurückführen, aus den letzten En-
digungen der Arterien kömmt, sondern daſs das
Schlagaderblut zum Theil auf die Bildung an-
derer Theile verwandt wird, und das Venenblut
zum Theil von zersetzten Organen und Flüssig-
keiten herrührt. Für diese Meinung lassen sich
aber folgende Gründe anführen:


1. Bey den Insekten ist nur ein einziges Gefäſs
vorhanden, welches die Stelle einer Vene oder
Arterie vertritt. Es können also Arterien ohne
Venen, oder Venen ohne Arterien seyn.


2. In dem bebrüteten Ey zeigt sich schon früh
ein Venenstamm mit vielen Zweigen. Aber weit
später erscheinen die Arterien, und diese sind
viel weniger zahlreich, weit kleiner und blasser,
als die Venen s).


3.
[501]

3. Es giebt eine Beobachtung von einem Foe-
tus, der kein Herz und keine Arterien hatte t);
eine andere von einer Frucht, der die Arterien des
Kopfs und der Arme fehlten v), und eine dritte
von einem Foetus, in welchem kein Herz und
keine Venen vorhanden waren w).


4. Die Venen sind zahlreicher und zugleich
weiter, als die Arterien x). Nähmen sie nur das
Blut auf, welches ihnen die letztern zuführen, so
müſsten sie mit diesen einerley Anzahl und Durch-
messer haben.


Wenden wir nach diesen Beweisen den obigen
Satz auf die Venen an, so ist allerdings so viel
gewiſs, daſs diese keine rohe Flüssigkeiten ein-
saugen, Es könnte aber seyn, daſs das Zellgewebe
an gewissen Stellen einen bis auf einen gewissen
Grad assimilirten Saft enthielte, und daſs dieser
von den Venen absorbirt würde.


Lassen sich Beweise für diese Hypothese an-
führen? Ich glaube allerdings; der Verfolg des
gegenwärtigen §. wird dieselben enthalten. Hier
mache
I i 3
[502] mache ich zuvörderst auf eine Erfahrung aufmerk-
sam, die sich schwerlich erklären läſst, wenn
man nicht eine organische Verbindung zwischen
den Blutgefäſsen und den Höhlungen des Zell-
gewebes annimmt. Schon Stahly) fand es merk-
würdig, daſs man bey jüngern Thieren das Mark
der Knochen überhaupt, und bey ältern dasjenige,
welches in den Zellen der Knochenfortsätze ent-
halten ist, mit Blut vermischt findet z), und
Sömmeringa) bemerkt, daſs der Zellstoff zwi-
schen den beyden Blättern des gröſsern Netzes
bey sehr magern Leuten zuweilen ein röthliches
Blutwasser enthält. Diese Erfahrungen zeigen,
daſs die Blutgefäſse sich in die Höhlungen des
Zellgewebes, worin das Fett eingeschlossen ist,
öffnen. Gerade das Fett ist es aber, welches,
wenn eine Einsaugung durch die Venen statt fin-
det, durch sie gewiſs absorbirt wird.


Jene halbflüssige, sowohl den Pflanzen, als
den Thieren eigene Substanz ist in beyden Rei-
chen die erste Nahrung des entstehenden Organis-
mus. Sie bildet einen Hauptbestandtheil der Co-
tyledonen, woraus die keimende Pflanze ihren
ersten Unterhalt empfängt; sie macht den gröſsten
Theil
[503] Theil des Eygelbs aus, wodurch die Früchte der
eyerlegenden Thiere vor dem Auskriechen genährt
werden; bey den Säugthieren ist sie in der Milch,
dem ersten Nahrungsmittel des gebohrnen Thiers,
in beträchtlicher Menge enthalten.


Die Säugthiere haben zugleich eine milch-
artige Flüssigkeit in den Zellen des Mutterkuchens,
und zu diesem gehen, nach dem einstimmigen
Zeugniſs aller Zergliederer, keine andere Gefäſse,
als Venen und Arterien. Hier ist folglich keine
andere Einsaugung als durch Blutadern möglich,
und was diese einsaugen ist wahrscheinlich eine
Flüssigkeit von ähnlicher Natur, wie die Oel oder
Butter enthaltenden Säfte, die der keimenden
Pflanze und der entstehenden Frucht der übrigen
Thiere den ersten Stoff zur Bildung liefern.


Noch deutlicher ist jene Funktion der Venen
an dem Dotter des bebrüteten Eys. Dieser, durch
einen zarten Canal (Ductus vitello-intestinalis)
mit dem Darm des Embryo zusammenhängende,
und das Eygelb enthaltende, häutige Sack dient
offenbar zur Bereitung des Bluts für den Embryo.
Gegen die Mitte der Zeit des Bebrütens zeigen
sich auf der äuſsern Haut desselben Arterien, die
aus den Gekrösearterien des Embryo entstehen, und
Venen, welche in die Pfortader übergehen. Zu-
gleich bilden sich auf der innern Dotterhaut an
denselben Stellen, wo auswendig jene Adern liegen,
I i 4eine
[504] eine Menge in den Dotter herabhängender Ge-
fäſse mit flockigen Enden, deren Funktion keine
andere seyn kann, als das Eygelb einzusaugen, und
in Blut umgewandelt zu den Venen der Dotterhaut
zu führen b). Diese Einsaugung findet auch
nicht blos bey den Vögeln statt. Es giebt bey
den Eidechsen einen mit ähnlichen Gefäſsen ver-
sehenen Dotter, und bey den Säugthieren das
dem Dotter analoge Nabelbläschen c). Bey den
Sepien fand Cuvier in den Venen, die das Blut
aus der Hohlader zu den Kiemen führen, Oeff-
nungen, die zu ganz eignen Anhängen führen,
welche, nach Cuvier’s Beschreibung zu urtheilen,
mit den gelben flockigen Anhängen der Dotter-
haut in der Form und Funktion übereinkommen d).
Hier ist also ein Fall, wo die Venen noch bey
dem ganz ausgebildeten Thier fortdauernd ein-
saugen.


Wir
[505]

Wir haben jetzt wichtige Analogien für uns,
wenn wir annehmen, daſs auch die Venen
ein Einsaugungsvermögen besitzen, und
daſs es vorzüglich das Fett ist, was durch
sie aufgenommen und in Blut verwan-
delt wird
.


Für diese Absorbtion des Fetts lassen sich aber
noch andere wichtige Gründe anführen.


Bey den Säugthieren ist der Hauptbehälter
des Fetts das aus beutelförmigen Fortsätzen des
Bauchfells bestehende Netz. Dieses ist von vor-
züglicher Gröſse bey denjenigen Nagethieren, die
den Winter in einem Zustande von Erstarrung zu-
bringen, und bey mehrern derselben giebt es
auſser dem gewöhnlichen Netz noch zwey ande-
re, die zu beyden Seiten von den Lenden nach
dem Nabel herauf liegen e). Gegen die Zeit des
Winterschlafs sind diese Netze immer mit einer
groſsen Menge Fett angefüllt. Schon Perraultf)
vermuthete, daſs das letztere während dem Win-
terschlaf eingesogen würde, und diese Meinung
ist in der That höchst wahrscheinlich. Hal-
ler
g) und mehrere andere Schriftsteller haben
zwar
I i 5
[506] zwar dagegen den Einwurf gemacht, daſs dieje-
nigen Thiere, die im Winter schlafen, während
der Erstarrung keine Ausleerungen haben, wenig
ausdünsten, und nicht sehr abgemagert aus ihren
Höhlen hervorkommen. Allein die Murmelthiere
magern beträchtlich in den ersten Tagen nach
dem Erwachen ab h), und gerade dann ist ihnen
die im vorigen Jahr gesammelte Fettmasse erst
von Nutzen, um nehmlich ihren während der
Lethargie in Unthätigkeit gewesenen Nutritionsor-
ganen als sanftes Erregungsmittel zu dienen. Ei-
nigen Verlust an Substanz erleiden sie aber auch
schon während der Erstarrung. Sie nähren sich
von ihrem Fett nicht blos in diesem Zustand,
sondern auch während des Wachens, worin sie
von Zeit zu Zeit durch zu groſse Kälte oder
Wärme versetzt werden i). Die Souslike (Marmota
Citillus) werden schon während des Winterschlafs
äusserst mager. Nach ihrem Erwachen ist blos
noch in den Weichen, unter den Achseln und im
Gekröse
[507] Gekröse etwas von dem vielen Fett übrig, das
sich im Herbste angehäuft hatte. Diese Thiere
aber werden durch den Winterschlaf zur Begat-
tung vorbereitet. So abgemagert ihr übriger Kör-
per beym Erwachen ist, so vollsäftig sind dann
ihre Geschlechtstheile k). Bey ihnen wird also
das angesammelte Fett zur Bereitung der Zeu-
gungssäfte verwandt. Ein wichtiger Beweis für
diesen Uebergang des Fetts in das Blut bey den
lethargischen Thieren ist übrigens Sulzer’s l)
Beobachtung, daſs auf dem Blut der Hamster
während der Erstarrung ölige Punkte schwammen.


Diese Anhäufung von Fett findet auch nicht
blos bey den lethargischen Thieren, sondern al-
lenthalben statt, wo zu gewissen Zeiten bey auf-
gehobener oder verminderter Ernährung des gan-
zen Körpers der Bildungsproceſs in einzelnen Thei-
len verstärkt ist. So häufen die Cetaceen eine
groſse Menge Fett an, um sich zur Brunstzeit,
wo sie gar keine Nahrung zu sich nehmen, da-
von zu erhalten, und so ist, wie Riegelsm)
versichert, bey den Ratten und Igeln zur Brunst-
zeit die Prostata mit sehr vielem Fett umgeben.


Aus
[508]

Aus eben dem Grunde ist bey den Fischen,
Mollusken, und mehrern andern Thieren der nie-
dern Classen, denen das Netz fehlt, und die bald
lange aller Nahrung entbehren müssen, bald wie-
der eine groſse Menge Futter verschlingen, zu
dessen Verdauung eine reichliche Absonderung von
Galle erforderlich ist, die Leber so ausserordent-
lich reich an Fett, daſs dieses z. B. bey dem Ro-
chen mehr als die Hälfte der Leber ausmacht n).
Ueberhaupt steht das Fett mit der Bereitung der
Galle gewiſs in einer nähern Beziehung o). Alle
Theile, aus welchen die Aeste der Pfortader ent-
springen, sind mit sehr vielem Fett angefüllt.
Wäre es ausgemacht, daſs die fettesten Thiere
allemal die bitterste Galle haben p), und daſs,
wie Riegelsq) beobachtet haben will, das Blut
der Pfortader immer viele Fetttheile enthält, so
würden sich auch hiervon Beweise hernehmen las-
sen, gegen welche sich schwerlich gegründete
Einwürfe erheben lieſsen.


Mit der Beobachtung von Riegels stimmt in-
deſs nicht nur die obige Erfahrung Sulzer’s über-
ein,
[509] ein, sondern sie hat auch Zeugnisse mehrerer der
gröſsten Anatomen auf ihrer Seite, die man zwar
angefochten hat, doch nur weil sie mit den herr-
schenden Hypothesen nicht vereinbar waren. Diese
Zergliederer sind namentlich: Severinus, Char-
leton, Malpighi, Glisson, Ruysch, Morgagni

und Hewson. Morgagnir) trägt seine Beobach-
tung mit Miſstrauen vor. Aber Glissons), Mal-
pighi
t) und Hewsonv) erzählen die ihrigen so
umständlich, daſs man an der Richtigkeit der
Sache nicht zweifeln kann. Der letztere fand, daſs
die weiſse, milchartige Farbe des Serums, die
nicht selten bey fetten, oder an den Folgen von
unterdrückten natürlichen Blutausleerungen lei-
denden Menschen beobachtet ist, und die noch
häufiger bey den Gänsen vorkömmt w), von Fett-
kügelchen, die in denselben enthalten sind, her-
rührt. Wurde dieses Blutwasser getrocknet, so
drang eine so groſse Menge Oel daraus hervor,
daſs das Papier, worauf es lag, davon fett wur-
de.
[510] de. Wahrscheinlich gehören hierher auch Swam-
merdamm
’s, Meckel’s und Cruikshank’s Beobach-
tungen von weiſsen Streifen in dem Blut der Ge-
krösvenen, wobey allemal die Milchgefäſse leer wa-
ren, und also keine Einsaugung aus den Gedärmen
statt gefunden haben konnte x). Diese Fälle von
absorbirtem Fett mögen zum Theil wohl krank-
hafter Art seyn. Mascagni’s y) Beobachtungen,
nach welchen in fetten Körpern die Stämme der
lymphatischen Gefäſse immer mit einem öligen
Saft angefüllt sind, beweisen auch, daſs diese Ge-
fäſse Fett aufnehmen. Aber auch in Krankheiten
würden Fetttheile schwerlich unverähnlicht in die
Blutmasse gelangen, wenn alle Einsaugung des
Fetts blos durch die Saugadern geschähe, und die-
ses erst den weiten Weg durch das lymphatische
System und die Schlagadern machen müſste, um
in die Arm- oder Gekrösvenen zu kommen.


Nirgends aber zeigt sich die Wichtigkeit des
Fetts bey der Ernährung deutlicher als in dem
Körper der Insekten. Bey den Raupen häuft sich
eine Fettmasse an, die den gröſsten Theil der
Bauchhöhle anfüllt; von dieser zehrt nachher die
Puppe, und in ihr bilden sich die Gliedmaaſsen
des
[511] des vollkommenen Insekts z). Aus eben diesem
Fettkörper entspringen sowohl bey der Larve, als
dem vollkommenen Insekt, alle absondernde Gefä-
ſse. Man sieht dies vorzüglich bey der Scolopendra
forficata L., bey welcher jener Körper aus mehrern
von einander ganz getrennten Massen besteht. Eine
derselben liegt am vordern Ende des Leibes un-
ter dem Schlunde. An dieser endigen sich die
Gallengefäſse, und vielleicht dient sie auch einer
Art Speichelgefäſse zum Ursprunge. Vier andere
kleinere Massen befinden sich am entgegengesetzten
Ende des Körpers neben den innern Zeugungsthei-
len, und aus jeder derselben geht ein kurzer Aus-
führungsgang zu diesen Organen.


Ich darf zwar nicht unerwähnt lassen, daſs
Ramdohra) die in dem Fettkörper der Insekten
enthaltene Materie nicht für Fett, sondern für eine
Art Chylus hält. Allein Ramdohr’s Meinung stützt
sich blos auf Versuchen mit der Larve des Bom-
byx quercus. Bey dieser, und überhaupt bey allen
Raupen scheint freylich auch mir jene Substanz
mehr Aehnlichkeit mit Eyweiſs, als mit Fett zu
haben. Aber bey den Heuschrecken ist sie ein
wahres thierisches Oel, das die Oberfläche des
Was-
[512] Wassers, worin das Thier geöffnet ist, mit gelben
glänzenden Kügelchen bedeckt. Diese ihre ver-
schiedene Beschaffenheit bey den verschiedenen
Insekten und ihre Verwandtschaft mit dem Ey-
weiſs bey den Raupen beweist gerade, daſs das
Fett sehr groſser Mischungsveränderungen fähig
ist, und deswegen sehr leicht in die verschieden-
sten thierischen Säfte verwandelt werden kann.
Eben so findet man oft bey den Säugthieren an
Stellen, die sonst mit Fett angefüllt sind, Gal-
lerte b). Ich erinnere hier auch an die oben
(S. 448.) erwähnte Beobachtung, daſs ich aus
den geöffneten Bläschen der innern Haut des
Nahrungscanals beym Limax cinereus wirkliche
Oeltropfen habe hervordringen sehen. Vielleicht
ist überhaupt der Chylus bey den Mollusken und
Würmern zum Theil von öliger Beschaffenheit.


§. 19.
Funktion des Zellgewebes bey der Ernährung.

Es giebt noch einen dritten Weg, worauf das
Blut neue Bestandtheile erhält. Dieser ist bisher
unbeachtet geblieben, weil man vor der Ent-
deckung der lymphatischen Gefäſse die Venen, und
seit derselben die Saugadern für hinreichend zur
Ernährung hielt. Aber schon für minder wichtige
Funktionen besitzt der thierische Körper mehrere
Orge-
[513] Organe, die in Fällen, wo die Thätigkeit des ei-
nen gehemmt ist, einer des andern Stelle ver-
treten. Um so weniger ist es glaublich, daſs die
wichtigste von allen, die Ernährung, blos den
Milchgefäſsen anvertraut seyn sollte, die zudem
nicht einmal zweckmäſsig wirken können, wenn
nicht der einzige gemeinschaftliche Stamm dersel-
ben, der Brustgang, unverletzt ist. In der That
giebt es Fälle, wo dieser Canal verstopft war, und
die Thiere zwar starben, wenn nicht, wie sich zu-
weilen zeigte c), ein Seitengefäſs den Fortgang
des Chylus zu dem obern Theile des Brustgangs
verstattete, doch auch der Tod nicht so schnell
eintrat, wie er bey gänzlich aufgehobener Ernäh-
rung hätte erfolgen müssen.


Jene Theile, die zugleich mit den lymphati-
schen Gefäſsen einsaugen, sind das Zellgewebe.
Dieses tränkt sich allenthalben mit Flüs-
sigkeit, wo es damit in Berührung kömmt,
führt dieselbe von Zelle zu Zelle, und
endlich zur Milz, der Thymus, der Schild-
drüse, den Nebennieren, und ähnlichen
drüsenartigen Eingeweiden, welche den
aufgenommenen Saft in Blut umwandeln
.


Einen
IV. Bd. K k
[514]

Einen Beweis dieser Theorie geben die im
12ten §. des gegenwärtigen Kapitels erzählten Ho-
me
schen Versuche. Wir haben dort gesehen, daſs
bey Thieren, denen nach Unterbindung des Pylo-
rus Rhabarbertinktur in den Magen gesprützt
war, von dieser ein groſser Theil durch die Wände
des Magens einen Ausweg gefunden hatte, ohne
durch die lymphatischen Gefäſse eingesogen zu
seyn, und daſs sich zugleich die Milz sehr ange-
schwollen und in ihren auffallend erweiterten Zel-
len allenthalben mit einer Flüssigkeit angefüllt
zeigte, worin chemische Reagentien die Gegen-
wart des Rhabarbers bewiesen. Hier waren ausser
dem Zellgewebe nur zwey Wege, auf welchen die
eingesprützte Flüssigkeit aus dem Magen in die
Milz gelangt seyn konnte, die Saugadern und die
Blutgefäſse. Die Saugadern des Magens aber wa-
ren immer saftleer. Die Blutgefäſse hat zwar
Home selber in einem spätern Aufsatz d), den
ich indeſs nur erst aus einer kurzen Inhaltsanzeige
kenne, für den Weg, wodurch der Uebergang vom
Magen zur Milz geschehen soll, angenommen.
Allein der Gründe für den Satz, daſs die Blutge-
fäſse keine unassimilirte Säfte unmittelbar aus dem
Nahrungscanal aufnehmen, sind so viele und so
wichtige, und jene Annahme führt auf so unwahr-
scheinliche Folgerungen, daſs sie gewiſs nicht die
richtige seyn kann.


Das
[515]

Das Zellgewebe besitzt auch alle Erfordernisse
eines einsaugenden und das Eingesogene fortlei-
tenden Organs. Kein Theil des thierischen Kör-
pers tränkt sich so leicht mit Flüssigkeit, und kei-
ner ist so weit durch alle Organe verbreitet, als
diese weiche, dehnbare Substanz. Sie füllt den
Zwischenraum zwischen den äussern Bedeckungen
des Körpers und den Muskeln aus; sie dringt
in das Innere des Fleisches, und vereinigt die Fa-
sern zu Bündeln, die Bündel zu Muskeln; sie
überzieht beyde Flächen aller Häute, worin die
Eingeweide der Brust und des Bauchs eingeschlos-
sen sind, umgiebt als Arachnoidea das Gehirn,
und bekleidet als solche die Wände der Ventrikel
desselben, bildet Scheiden um alle Nerven und
Gefäſse, und Zwischenlagen zwischen den verschie-
denen Membranen, woraus der Nahrungscanal, die
Gallen- und Harnblase, die Saamenbläschen und
alle übrige hohle Eingeweide bestehen; sie füllt
als Markhaut das Innere der Knochen aus, und
mit ihr ist selbst das Parenchyma aller drüsenar-
tigen Eingeweide durchwebt. Alle diese Ausbrei-
tungen des Zellstoffs stehen dabey unter einander
in der engsten Verbindung. Luft, die an einer
einzelnen Stelle in das Zellgewebe der Haut ein-
geblasen ist, breitet sich unter der Oberfläche des
ganzen Körpers aus, und umgekehrt läſst sich
bey der Hautwassersucht das unter der Oberfläche
des ganzen Körpers angehäufte Wasser durch eine
K k 2Oeff-
[516] Oeffnung an einer einzelnen Stelle ausleeren. Das
Zellgewebe endlich besitzt ein Zusammenziehungs-
vermögen, vermöge welchem es nicht nur Flüssig-
keiten, sondern selbst feste Körper fortzubewegen
im Stande ist. Dadurch gelangten verschluckte Na-
deln in eine der Brüste oder in die Spitze eines
Fingers, und eine verschluckte Kornähre in die
Lende e), oder in einen Absceſs zwischen den
Rippen f).


Unsere Theorie läſst sich ferner aus dem
schnellen Uebergang mehrerer, sich durch ihre Far-
be, ihren Geruch oder Geschmack auszeichnender
Substanzen, vorzüglich des Rhabarbers, des Ter-
penthins und des Weingeists, in die Milch, den
Urin und die Ausdünstungsmaterie beweisen g).
Am auffallendsten ist der Uebergang jener Mate-
rien in den Harn, und dieser hat die bekannte
Hypothese von unmittelbaren Verbindungsgefäſsen
zwischen dem Darmcanal und den harnbereitenden
Organen veranlaſst, eine Meinung, die mit Grün-
den vertheidigt ist, wovon freylich manche wenig
Gewicht haben, gegen welche aber auch Einwürfe
gemacht sind, die sich ebenfalls leicht entkräften
lassen.
[517] lassen. Die Vertheidiger derselben haben sich un-
ter andern auf die Versuche von Kratzensteinh)
und auf mehrere ähnliche Erfahrungen berufen,
nach welchen fortdauernd Urin ausgeleert wurde,
obgleich die Harnleiter unterbunden oder durch-
schnitten, oder die Nieren zerstört waren i). Ihre
Gegner haben theils diesen positiven Resultaten
von Versuchen, die unmöglich immer gelingen
konnten, einige negative Resultate entgegengesetzt,
theils jene Beobachtungen der Täuschung verdäch-
tig gemacht, und angenommen, daſs der ausge-
leerte Urin sich schon vor dem Versuch in der
Harnblase hätte gesammelt gehabt.


Beyde Einwürfe sind die nichtigsten, die sich
gegen physiologische Erfahrungen machen lassen.
Mit mehrerm Rechte hätte man jene Beobachtun-
gen unangetastet gelassen, aber vorausgesetzt, daſs
nach aufgehobener Gemeinschaft der Nieren mit
der Harnblase die letztere als stellvertretendes Se-
kretionsorgan zu wirken anfinge, so wie in einem
von Meckel beobachteten Fall bey einer gehemm-
ten Absonderung des Harns eine groſse Menge
einer dem Urin ganz ähnlichen Flüssigkeit unter
den
K k 3
[518] den Achseln ausschwitzte k). Von nicht gröſserm
Gewicht ist auch der neueste Einwurf, den Roosel)
von einigen Fällen hernahm, wo man bey einem
angebohrnen Vorfall der umgekehrten Harnblase
den Urin aus den offen vorliegenden Mündungen
der Harnleiter nach vorher genossenem häufigen
Getränk in kleinen Ströhmen ausflieſsen sah. Diese
Beobachtung beweist nur, was sich ohnehin ver-
steht, daſs die Nieren den Harn absondern, und
daſs dieser nach häufigem Getränk stärker als zu
andern Zeiten abgeht.


Ein Einwurf, der sich nicht heben läſst, wenn
man, wie die Vertheidiger der Hypothese von so-
genannten geheimen Harnwegen thaten, Gefäſse für
die unmittelbaren Verbindungsorgane zwischen
dem Darmcanal und den Harnwerkzeugen annimmt,
der hingegen wegfällt, wenn man das Zellgewebe
dafür ansieht, ist dieser, daſs wenn es dergleichen
Gefäſse zwischen den Gedärmen und den Nieren
oder der Urinblase gäbe, ähnliche Canäle auch von
jenen zu den Brüsten und zur äussern Haut ge-
hen müſsten, da die wichtigste der Erscheinungen,
woraus man in Betreff des Urins auf das Vorhan-
denseyn solcher Gefäſse geschlossen hat, auch
bey der Milch und dem Schweiſs statt finden.


Dieses
[519]

Dieses Phänomen ist der schon erwähnte
schnelle Uebergang gewisser Materien von dem
Nahrungscanal zu den excernirenden Organen.
Man hat von der einen Seite behauptet, daſs der-
selbe sich nicht erklären lieſse, wenn jene Mate-
rien erst ins Blut geführt und hieraus durch die
ausleerenden Organe abgeschieden werden müſsten;
von der andern aber eingewendet, daſs keine Er-
fahrungen uns berechtigten, die Geschwindigkeit des
Uebergangs mancher Stoffe durch die Milchgefäſse
zum Blute und der Ausleerung derselben durch
den Urin auf eine bestimmte Zeit einzuschränken.
Inzwischen kommen bey der Ausleerung einiger
Substanzen doch Umstände vor, die sich nicht
mit der Abscheidung derselben aus der Blutmasse
vereinigen lassen. Homem) bemerkte, daſs ge-
nommene Rhabarbertinktur binnen siebenzehn Mi-
nuten mit dem Urin abzugehen anfängt, einige Stun-
den durch die Harnwerkzeuge ausgeleert zu werden
fortfährt, und dann verschwindet; daſs sie nach
sechs bis sieben Stunden auf die Gedärme wirkt
und deutlich den Stuhlgang färbt, und daſs sie
um diese Zeit wieder stärker als nach einer Stunde
im Urin zum Vorschein kömmt. Diese Beobach-
tungen zeigen, daſs allerdings ein Uebergang der
Rhabarbertinktur durch die Blutgefäſse zu den
Nieren
K k 4
[520] Nieren statt findet, daſs dieser aber erst nach
sechs bis sieben Stunden, also zu derselben Zeit,
wo die Verdauung beendigt ist und der Chylus
dem Blute zugemischt wird, eintritt, daſs aber
schon unmittelbar nach dem Einnehmen der Tink-
tur ein Uebergang derselben zum Urin erfolgt,
der auf einem weit kürzern Wege als der erstere
geschehen muſs.


Homen) fand aber auch, daſs bey Thieren,
die Rhabarbertinktur bekommen hatten, das Serum
des Bluts, welches aus der Hohlvene oder aus
dem Herzen genommen war, weit weniger Rha-
barber als der Urin enthielt. Dieser Erfolg ist der
ganz entgegengesetzte von dem, welcher einge-
treten seyn würde, wenn der Rhabarber blos
durch die Blutgefäſse zu den Harnwerkzeugen
gelangt wäre, da in diesem Falle das Blut mehr
Rhabarber als der Urin hätte enthalten müssen.


Noch entscheidender sind die Resultate der
Versuche Wollaston’s und Marcet’s o) über den
Uebergang des blausauren Kali in den Harn und
das Serum. Jene liessen mehrere Personen so viel
von diesem Mittel nehmen, als ohne Nachtheil
vertragen werden konnte. In dem Urin zeigte sich
sehr bald beym Hinzutröpfeln des schwefelsauren
Eisens
[521] Eisens die Gegenwart der Blausäure; in dem
unter einem Blasenpflaster ergossenen Blutwasser,
und dem aus dem Blut erhaltenen Serum hin-
gegen war keine Spur von der Anwesenheit dieser
Substanz zu entdecken.


Es folgt hieraus, daſs, wenn es möglich wäre,
das zwischen den Häuten des Nahrungscanals lie-
gende Zellgewebe ohne Zerreissung der Blutgefäſse
und Saugadern zu untersuchen, bey Thieren, die
eine Flüssigkeit von ausgezeichnetem Geruch, Ge-
schmack oder Aussehen erhalten hätten, diese sich
in dem Zellgewebe des Unterleibs finden müſste.
Bey den Säugthieren lassen sich hierüber schwer-
lich direkte Erfahrungen machen. An den Fischen
aber hat man schon lange eine Beobachtung ge-
macht, die mit unserer Meinung ganz überein-
stimmt und einen dritten Beweis für dieselbe lie-
fert. Bey diesen Thieren ist zwischen den Hirn-
und Rückenmarkshäuten, innerhalb des Bauchfells,
und überhaupt in allen Höhlungen eine groſse
Menge Flüssigkeit enthalten, die bey den Seefischen
salzig ist, und oft nicht weniger als ⅚ Seesalz
von ihrem Gewicht enthält p). Vielleicht dringt
dieses Wasser von aussen durch zwey, neben dem
After
K k 5
[522] After liegende Oeffnungen ein q), und diese Oeff-
nungen ersetzen dann den mit Schuppen bedeck-
ten und keiner Einsaugung durch die Oberfläche
des Körpers fähigen Fischen die Stelle der bey
den übrigen Thieren für Feuchtigkeiten durchdring-
lichen Oberhaut. Aber wie es sich hiermit auch
verhält, so ist doch gewiſs jene Flüssigkeit nicht
eine aus dem Blute abgeschiedene Materie, da
hierzu ihr Salzgehalt viel zu groſs ist. Ohne
Zweifel wird sie in dem Zellgewebe assimilirt,
und nach dieser Verähnlichung von den absorbi-
renden Gefäſsen oder den Venen eingesogen, da
in vielen Fällen statt derselben ein gallertartiger Saft
gefunden ist, der in einer zelligen Haut einge-
schlossen war r).


Zu diesen Gründen kömmt noch ein vierter,
der sich von der Analogie der Insekten hernehmen
läſst. Cuviers) zeigte zuerst, daſs bey allen
durch Luftröhren athmenden Insekten die Ernäh-
rung ohne alle ästige Gefäſse, blos vermittelst des
in den Zwischenräumen der Eingeweide und im
Parenchyma derselben enthaltenen Nahrungssafts
geschieht. Seitdem nachher von Posselt, Ram-
dohr
und mir eine beträchtliche Anzahl Insekten
zerglie-
[523] zergliedert, und bey denen Arten, die durch Luft-
röhren athmen, nie eine Ausnahme von jenem
Satz gefunden ist, kann an der Richtigkeit des-
selben kein Zweifel weiter statt finden. Nach mei-
nen Untersuchungen giebt es sogar bey dem Onis-
cus Asellus kein System von Blutgefäſsen, obgleich
das Athemholen dieses Thiers durch Kiemen ge-
schieht. Mir scheint die Ernährung der mit Tracheen
versehenen Insekten auf folgende Art vor sich zu
gehen. Bey dem Durchgange der Speisen durch
den Nahrungscanal dringt der nährende Theil der-
selben durch die innere Haut dieses Canals, die
gewöhnlich höchst zart, und von der äussern musku-
lösen Membran durch eine gallertartige Substanz ge-
trennt ist. Die letztere tränkt sich mit dem Chylus,
und aus ihr dringt derselbe durch die äussere
Haut in die Bauchhöhle, wo er sich als eine Flüs-
sigkeit zeigt, die sich mit dem Saft des Milchader-
systems der höhern Thierclassen vergleichen läſst.
Diese Flüssigkeit trennt sich innerhalb des Bauch-
fells in zwey Theile, von welchen der eine den
Fettkörper bildet, der andere aber von dem hin-
tern Ende des Herzens aufgenommen, und in
eine, dem Blut der höhern Thiere ähnliche Ma-
terie verwandelt wird. Aus dem Fettkörper zie-
hen die in der Bauchhöhle liegenden secerniren-
den Eingeweide den zu ihren Absonderungen
dienenden Saft. Das Blut aber dient zur Ernäh-
rung aller Theile, die ausserhalb dem Bauchfelle
liegen.
[524] liegen. Dieses gelangt vermöge der Bewegung
des Herzens, die von dem hintern Ende des
Körpers zum vordern gerichtet ist, in die Brust-
höhle, und aus dieser in die Zwischenräume aller
jener, auſserhalb dem Bauchfelle befindlichen Or-
gane, zu welchen vorzüglich die Nerven und die
willkührlichen Muskeln gehören. Nach Abschnei-
dung der äussern Gliedmaaſsen flieſst daher die
nehmliche Flüssigkeit aus, die in dem Herzen ent-
halten ist. Alle innern Theile der Insekten haben
eine schwammartige Beschaffenheit, um diesen
Nahrungssaft einzuziehen; sie blähen sich vermöge
dieser Beschaffenheit im Wasser auf, und fallen
ausserhalb demselben so zusammen, daſs sie wie
ein bloſser Schleim aussehen.


Endlich liefern auch die Mollusken einen Be-
weis für die obige Meinung. Mehrere dieser
Thiere, z. B. die Wegschnecken (Limax) geben,
wenn sie gereitzt werden, durch die ganze Ober-
fläche des Körpers eine so groſse Menge einer
zähen Materie t) von sich, das Herz und die Blut-
gefäſse
[525] gefäſse derselben haben dabey ein so kleines Ver-
hältniſs gegen die Masse des übrigen Körpers und
gegen die Quantität dieser Materie, und das Blut
bewegt sich so langsam, daſs die letztere unmög-
lich blos aus dem Blute abgeschieden seyn kann.


§. 20.
Die Milz.

Die von dem Zellgewebe aufgenommene Flüs-
sigkeit scheint aber nicht unmittelbar zur Ernäh-
rung zu dienen. Sie wird, wenigstens zum Theil,
zur Milz, zur Thymus, der Schilddrüse und den
Nebennieren geführt, um in Blut verwandelt zu
werden, und in dieser Verwandlung besteht die
Funktion jener drüsenartigen Eingeweide.


Wir werden zuerst die Milz in Beziehung
auf diese Funktion untersuchen.


Die Milz ist ein den Thieren der vier höhern
Classen eigenes, und bey allen in der Nähe des
Magens, oder der obern Hälfte des Darmcanals
liegendes Eingeweide, dessen Gröſse abnimmt, je
weiter man von den Säugthieren zu den Vögeln,
und von diesen zu den Amphibien und Fischen
übergeht v). Bey den Säugthieren ist sie von
einer
[526] einer doppelten Haut umgeben, einer äussern, die
mit dem Bauchfell zusammenflieſst, und einer
innern, welche ihr eigen und sehr elastisch ist.


Ihr Inneres besteht gröſstentheils aus Blutge-
fäſsen. Bey den Säugthieren sind ihre Arterien
Zweige eines aus der Eingeweidearterie (Art.
coeliaca) entspringenden, und blos für die Milz
bestimmten Hauptstamms. Bey den übrigen Thie-
ren nehmen die Milzarterien immer mehr an Gröſse
ab, so wie dieses Organ selber an Gröſse verliehrt,
und sind nur noch Nebenzweige der Arterien des
Magens, des Zwölffingerdarms, oder des Gekrö-
ses w). Mithin ist die Milz vorzüglich bey den
Säugthieren von Wichtigkeit, also bey denen Thie-
ren, die auch ein vorzüglich ausgebildetes Drü-
sensystem besitzen.


Das von der Milz zurückkehrende Blut nimmt
bey allen mit diesem Eingeweide versehenen
Thieren den Weg zur Leber x). Bey den Säug-
thieren vereinigen sich die Milzvenen zu einem
Hauptzweig der Pfortader. Der Stamm der Milz-
vene
v)
[527] vene ist gegen den Stamm der Milzarterie ausser-
ordentlich weit. Bey dem Schwein fand Homey)
das Verhältniſs des Umfangs der erstern zu dem
der letztern wie fünf zu eins, ein Verhältniſs,
das gröſser ist, als das, worin die Venen zu den
Arterien in irgend einem andern Organ stehen,
und woraus sich schlieſsen läſst, daſs die Milz-
vene weit mehr Flüssigkeit zurückführt, als die
Milzarterie zuleitet. Die letztere besitzt bey dün-
nen Häuten eine groſse Festigkeit, und die Milz-
vene eine beträchtliche Elasticität.


Bey Thieren, die gleich nach dem Tode unter-
sucht werden, trifft man die Milz in einem dop-
pelten Zustande an: entweder angeschwollen, wenn
jene kurz vor dem Tode getrunken haben, oder
zusammengezogen, wenn sie eine längere Zeit
vorher kein Wasser erhalten haben. Im erstern
Falle findet man im Innern der Milz eine Menge
mit einer Flüssigkeit angefüllte Zellen; im letztern
Falle sind diese Zellen nicht sichtbar, sondern
kleinen, weissen Körnern ähnlich. Nach diesem
doppelten Zustande der Milz erscheint die Ver-
theilung der Blutgefäſse im Innern derselben auf
verschiedene Art. Im Allgemeinen verbreiten sich
indeſs sowohl die Arterien, als die Venen in ihr
netzförmig, und endigen sich zuletzt in Büschel
der
[528] der feinsten Zweige, die auf den Wänden der
Zellen zu liegen scheinen z).


In Betreff des Bluts der Milz bemerkten schon
Senac, Rolof, Meckel und andere ältere Zer-
gliederer, daſs es nie geronnen ist, und mehr
Wasser als das Blut der übrigen Eingeweide ent-
hält a). Hewsonb) fand, daſs sich jener Mangel
an Gerinnbarkeit nur auf das Blut der Vene er-
streckt, daſs hingegen das Blut der Arterie leicht
coagulirt.


Die Saugadern der Milz sind weder groſs,
noch zahlreich c). Sie flieſsen hinter dem Pan-
kreas mit den lymphatischen Gefäſsen der Leber
und des Magens zusammen, und gehen mit diesen
zum Brustgange.


Die aus einem eigenen Geflecht (Plexus lie-
nalis) entstehenden Milznerven zeichnen sich durch
ihre enge Verbindung mit den Zweigen der Milz-
arterie aus.


Die Milz ist sowohl bey Menschen als bey
Thieren nicht nur ohne Verlust des Lebens, son-
dern
[529] dern sogar ohne merklichen Einfluſs auf die Ge-
sundheit ausgeschnitten worden d). Nach dieser
Operation haben mehrere Beobachter in verschie-
denen Versuchen häufigeres und stärkeres Har-
nen beobachtet e).


Dies ist das Wichtigste, was wir bis jetzt von
der Milz wissen. So viel ist augenscheinlich, daſs
in der Milz irgend eine Flüssigkeit dem Venen-
blute zugemischt wird. Dafür spricht die beträcht-
liche Weite der Milzvene, ihre groſse Dehnbar-
keit, die wässrige Beschaffenheit ihres Bluts, und
der Mangel an Gerinnbarkeit desselben. Aber wo-
her jene Flüssigkeit? Wird sie aus der Milzarte-
rie abgesondert, oder auf einem andern Wege der
Milz zugeführt? Der erstern Voraussetzung wi-
derspricht der Umstand, daſs die Milzarterie weit
enger als die Milzvene ist. Nur aus dem Magen
kann jener Saft herrühren. Dies erhellet aus Ho-
me
’s Versuchen, nach welchen die Zellen der Milz
nur nach genommenem Getränk mit Flüssigkeit
angefüllt sind, und vorzüglich auch aus dem Um-
stande, daſs dieser Saft eine beträchtliche Menge
Rhabarber enthielt, wenn das Getränk in Rhabar-
bertinktur bestand. Sind es die lymphatischen
Gefä-
IV. Bd. L l
[530] Gefäſse des Magens, die jene Flüssigkeit aufneh-
men und der Milz zuführen? Aber diese gehen
nicht zur Milz, sondern verbinden sich nur mit
den Saugadern derselben, Auch waren diese in
Home’s Versuchen immer saftleer und zusammen-
gezogen. Es ist also kein anderer Weg als das
Zellgewebe, auf welchem jene Flüssigkeit zur Milz
gelangen kann.


Alle obigen Thatsachen sprechen auch für die
Vermuthung, daſs aus den Zellen der Milz ein
Uebergang des von ihnen aufgenommenen Safts
in die Milzvene statt findet, und daſs in dieser,
und weiterhin in der Pfortader, eine Assimilation
desselben zum Blute vorgeht. Hiermit stimmt
überein, was Home bemerkte, daſs bey Thieren,
die Rhabarbertinktur bekommen hatten, das Blut
der Milzvene eine beträchtliche Menge Rhabarber,
und nächst dem Urin und dem Saft der Milz
mehr als das Blut eines der übrigen Gefäſse ent-
hielt. Bey dieser Hypothese ist es begreiflich, wie
die Milz als ein Organ, das nur eine Hülfsver-
richtung bey der Ernährung hat, dem übrigen
Organismus ohne tödtliche Folgen entzogen werden
kann. Bey ihr läſst sich erklären, warum nach
der Exstirpation der Milz stärkerer Abgang des
Urins eintritt, weil nehmlich die Flüssigkeit des
Zellgewebes, die zuvor in der Milz dem Blute
zugemischt wurde, jetzt einen andern Weg nimmt,
und
[531] und als ein Auswurfsstoff durch die Harnwerk-
zeuge ausgeleert wird.


§. 21.
Die Schilddrüse, die Thymus und die Nebennieren.

Mit der Milz haben die Schilddrüse, die Thy-
mus und die Nebennieren im Wesentlichen so
viele Aehnlichkeit, daſs wir auch bey diesen eine
gleiche Funktion anzunehmen berechtigt sind. Sie
zeigen insgesammt einen drüsenartigen Bau, ohne
einen Ausführungsgang zu besitzen; alle haben
im Innern Zellen oder Höhlungen, die mit einem
chylösen Saft angefüllt sind, und bey einigen giebt
es eine deutliche Verbindung zwischen diesen Zel-
len und den letzten Zweigen der zu ihnen gehen-
den Venen; alle liegen ausserhalb dem Bauch-
und Brustfell, und stehen mit dem Zellgewebe,
das die äussere Fläche der Luftröhre und dieser
Häute bedeckt, und welches sich zwischen dem
Bauchfell und den Gedärmen über diese und den
ganzen Nahrungscanal ausbreitet, in genauem Zu-
sammenhang. Verschieden sind sie überhaupt darin
von der Milz, daſs sie schon in den ersten Le-
bensjahren das Ziel ihres Wachsthums erreichen,
und zum Theil nach der Geburt an Gröſse wie-
der abnehmen. Allein dieser Unterschied ist nicht
wesentlich. Der Grund desselben liegt blos darin,
daſs jene Organe bey dem Kinde, wo Ernährung
die wichtigste Funktion ist und alle Nahrung blos
L l 2in
[532] in Flüssigkeiten besteht, weit mehr als bey dem
Erwachsenen zu verähnlichen haben. Doch auf
diese und einige andere Verschiedenheiten werden
wir zurückkommen, nachdem wir erst jedes
der erwähnten Organe einzeln untersucht haben
werden.


Die Schilddrüse gehört zu den gröſsten un-
ter den drüsenartigen Eingeweiden. Bey dem
Menschen erreicht sie ihre Gröſse schon vor der
Geburt. Bey andern Thieren dauert zwar ihr
Wachsthum nach dieser Periode noch fort f); doch
scheint auch hier die Gränze ihrer Zunahme schon
lange vor der völligen Ausbildung des übrigen Kör-
pers einzutreten. Ihre Lage ist vor dem Ring-
und Schildknorpel des Kehlkopfs und vor den
obern Ringen der Luftröhre. Sie besteht bey
dem Menschen aus einer rechten und linken
Hälfte, die unten abgerundet, oben spitzer, und
gewöhnlich mit einander verbunden sind. Man
findet sie auch bey allen übrigen Säugthieren, doch
verhältniſsmäſsig kleiner als bey dem Menschen,
und von verschiedener Gestalt bey den verschie-
denen Geschlechtern und Arten. Unter den übri-
gen Thieren sind es blos die Schlangen, bey
welchen
[533] welchen eine ähnliche Drüse entdeckt ist g). Bey
den Vögeln sind vielleicht die vielen, am Halse
derselben liegenden Drüsen Stellvertreter der Schild-
drüse h).


Bey dem Menschen besteht sie ganz aus
Zellgewebe und Blutgefäſsen. Fallopia, Mor-
gagni, Lalouette
, und mehrere andere Zerglie-
derer sahen in ihr Zellen, die mit einem oeligen
Saft angefüllt waren; andere haben diese nicht
gefunden i). Wahrscheinlich verhält es sich mit
diesen Höhlungen, wie mit denen der Milz, daſs
sie unter gewissen Umständen ausgedehnt, unter
andern zusammengezogen sind. Daſs aber jener
Saft nicht etwas Zufälliges ist, darüber hat sich
schon Morgagnik) sehr bestimmt und ausführ-
lich erklärt, und dies ergiebt sich auch aus neuern
Beobachtungen. Bey der Seekuh (Trichecus bo-
realis) fand Stellerl) eine Schilddrüse von aus-
gezeich-
L l 3
[534] gezeichneter Gröſse, die zerschnitten zweyerley
Säfte von sich gab. Der eine, der aus den Enden
hervordrang, war milchfarbig, etwas dicker als
Schaafmilch, und von süſsem Geschmack; der an-
dere, welcher aus dem mittlern Theile ausfloſs,
war dick, kleisterartig, etwas süſs, doch mit eini-
ger Bitterkeit, und von weiſsgelber Farbe. Diese
Charaktere sind so ausgezeichnet, daſs man jene
Säfte nicht für krankhafte Produkte, oder für
Flüssigkeiten, die etwa nach dem Tode erst aus-
geschwitzt sind, halten kann. Cuvierm) fand
auch in dem der Schilddrüse ähnlichen Organ
der Schlangen sehr deutliche Zellen, die eine weisse,
gerinnbare, halbdurchsichtige Feuchtigkeit enthiel-
ten, und deren Wände beym Aussprützen der
Arterien geröthet wurden, ohne daſs die Injektions-
materie diese Flüssigkeit färbte. Endlich Johnn)
fand in dem Saft einer von scrophulöser Ursa-
che krankhaft vergröſserten Schilddrüse sehr viel
Eyweiſsstoff und eine geringe Menge zweyer Ma-
terien, die er für Fett und Schleim hält. Hier
war die Absonderung des Safts der Drüse zwar
in der Quantität verändert. Aber in der Qua-
lität desselben, die mit der des Chylus sehr überein-
kömmt, scheint keine Abweichung vom gesunden
Zustande statt gefunden zu haben.


Die
[535]

Die Schilddrüse liegt nicht wie die Milz in
einer elastischen Kapsel; dagegen verbreitet sich
auf ihr bey dem Menschen ein bandförmiger
Muskel (Levator glandulae thyreoideae), welcher
vom Zungenbein entspringt, und dessen Fasern
sich mit ihrem mittlern Theil verbinden. Bey
dem Elephant ist sie ganz von einer starken Apo-
neurose bedeckt o). Diese Muskeln müssen zu-
sammengezogen eine starke Pressung auf die Zel-
len der Schilddrüse hervorbringen.


So weit zeigt sich die Schilddrüse der Milz im
Wesentlichen ähnlich. Doch in Betreff der Blut-
gefäſse giebt es zwischen ihr und der letztern eine
Verschiedenheit. Ihre von der obern und untern
Schlüsselbeinarterie kommenden, und von Fäden
des sympathischen Nerven begleiteten Schlagadern
sind gegen die zu ihr gehörigen Venen nicht so
klein, wie bey der Milz; sie gehören, in Ver-
hältniſs gegen die Gröſse der Schilddrüse, zu den
gröſsten des ganzen Körpers, und machen dabey
häufige Anastomosen durch groſse Zweige. Man
hat diese Verbindung mit dem Wundernetz der
Rinder verglichen, und Brechung des Andrangs
des Bluts gegen den Kopf für einen Nutzen der
Schilddrüse gehalten. Allein dieser Zweck hätte
sich weit einfacher durch eine Schicht von bloſsem
Zellge-
L l 4
[536] Zellgewebe erreichen lassen. Da aber die Venen
der Schilddrüse nicht viel mehr aufnehmen kön-
nen, als die Arterien zuführen, so ist zu vermu-
then, daſs blos die Saugadern den Saft dieser
Drüse absorbiren.


Unterhalb der Schilddrüse, in der vordern
Höhle der Brustscheidewand, liegt die Thymus.
Diese besteht bey dem Menschen aus zwey gröſsern
Lappen, die zu beyden Seiten nach oben und un-
ten vier längliche Fortsätze bilden, und sich in
mehrere kleinere, durch Zellgewebe unter einan-
der verbundene Lappen trennen lassen. Nach
einem Einschnitt zeigen sich allenthalben auf der
Fläche des Schnitts Zellen, die mit einem weiſs-
gelblichen, der Milch p), oder dem Chylus q)
ähnlichen, vom Weingeist gerinnenden Saft ange-
füllt sind, der in mancher Thymus und in man-
chen Theilen derselben häufiger als in andern,
immer aber in dem obersten Theil am reichlichsten
ist r). Beym Einblasen von Luft in eine gemachte
Oeffnung schwellen alle diese Zellen an, und die
ganze
[537] ganze Drüse bekömmt ein schwammartiges An-
sehen. Beym stärkern Blasen dringt die Luft auch
in das zwischen den Lappen liegende Zellgewebe.
Die Zellen müssen also durch Oeffnungen in Ver-
bindung stehen. Diese Verbindung findet aber
nur zwischen den einzelnen Höhlen jedes Haupt-
lappens, nicht zwischen den Hauptlappen, welche
blos durch Zellgewebe zusammenhängen, statt s).
In den Zwischenräumen der Lappen schlängeln
sich die Arterien und Venen fort. Die erstern
sind zahlreich, aber klein, die letztern von mit-
telmäſsiger Gröſse, und beyde sehr veränderlich
in Ansehung ihres Ursprungs und ihrer Endigun-
gen. Nerven erhält die Thymus einige kleinere
von dem Zwerchfellsnerven. Ihre Saugadern gehen
zu den Achseldrüsen t). Bey dem Menschen fährt
sie nach der Geburt noch einige Zeit fort zu
wachsen, fängt aber gegen das zwölfte Jahr an
zu schwinden v).


Blos die Säugthiere scheinen diese Drüse zu
besitzen. Vorzüglich groſs ist sie bey den Ce-
taceen w), und bey den Nagethieren, die einen
Winterschlaf halten. Die letztern haben auch noch
mehrere
L l 5
[538] mehrere ähnliche Drüsen, die man nicht bey den
übrigen Säugthieren findet. Bey dem Bobak (Mar-
mota Bobac) füllt die Thymus den ganzen Raum
der Brusthöhle vor dem Herzen aus, und hat
sehr groſse Gefäſse. Zwey ähnliche, aber etwas
weniger gefäſsreiche Drüsen liegen zu beyden Sei-
ten der Brust unter den gröſsern Brustmuskeln,
und gehen bis unter die Achseln fort x). Beym
Lemming (Lemus migratorius) ist auch die
ganze untere Seite des Halses bis zu beyden Oh-
ren mit einer Drüse bedeckt, die dem Kopfe an
Gröſse gleich kömmt, und aus einem groſsen halb-
mondförmigen Mittelstück mit mehrern kleinern
Seitenlappen besteht y). Alle diese Drüsen schwel-
len bey den lethargischen Thieren im Herbste
ausserordentlich an, da sie zum Theil im Som-
mer kaum sichtbar sind z). Im Winter haben
sie eine höhere Röthe als im Sommer. Sie ver-
halten sich während des Winterschlafs wie die
Thymus des Embryo, die auch eine hohe Röthe
besitzt. Pallasa) schloſs schon aus dieser Ana-
logie, daſs der Zweck jener Organe in Verähnli-
chung gewisser Säfte besteht.


Wie
[539]

Wie die Shilddrüse dem Halse und die Thy-
mus der Brust, so gehören die beyden Neben-
nieren
dem Unterleibe an. Diese liegen an den
obern Enden der Nieren, auf der innern Seite
derselben. Gleich jenen erreichen sie schon in den
ersten Perioden des Lebens das Ziel ihres Wachs-
thums. Man findet sie bey allen Säugthieren und
Vögeln, und bey allen haben sie einerley Lage.
Ihre Gröſse und Gestalt aber ist sowohl bey ver-
schiedenen Thieren, als bey einer und derselben
Art nach der Verschiedenheit des Alters verschie-
den. Bey dem erwachsenen Menschen sind sie
gewöhnlich dreyseitig. Die rechte liegt unter der
Leber, die linke unter der Milz, dem Pankreas
und dem Magen. Beyde hängen durch Zellgewebe
mit den Nieren und der Bauchhaut zusammen, und
haben einen dünnen, aus Zellstoff bestehenden
Ueberzug.


Bey den Säugthieren haben diese Drüsen im
Innern Aehnlichkeit mit den Nieren. Wie diese
bestehen sie aus einer äussern und innern Sub-
stanz. Aber die letztere kömmt mit der Rinde,
und die erstere mit dem Mark der Nieren über-
ein. Was also bey den Nieren nach aussen liegt,
findet sich bey den Nebennieren inwendig, und
umgekehrt. Die äussere Substanz enthält Fasern,
die nach dem Mittelpunkt gerichtet sind; an der
innern, die weicher ist, lassen sich keine ungleich-
artige
[540] artige Theile unterscheiden b). Bey den Vögeln
findet der Unterschied zwischen Mark und Rinde
in den Nebennieren nicht mehr statt, ausser beym
Casuar c).


Die beyden Substanzen der Nebennieren bil-
den Lappen, die durch Zellgewebe unter einander
verbunden sind, und eine Höhlung einschlieſsen,
worin eine Flüssigkeit enthalten ist. Mit der
letztern verhält es sich wie mit den Zellen und
dem Saft der Schilddrüse. Viele Zergliederer d)
haben sie sowohl bey Menschen, als bey Thie-
ren angetroffen; Andere e) haben sie nicht ent-
decken können. Hallerf) fand sie in sechszehn
Fällen, und nur in dreyen nicht, und ein ähn-
liches Resultat geben Morgagni’s g) Untersuchun-
gen. Die Nebennieren müssen also, wie alle ähn-
liche Organe, einer Ausdehnung und Zusammen-
ziehung fähig seyn, und mit dieser Annahme
stimmt
[541] stimmt auch die Veränderlichkeit ihrer Gestalt h)
überein, die wohl nicht blos Folge des Alters,
sondern auch ihrer Anschwellung oder Auslee-
rung ist.


Der Saft der Nebennieren ist bey dem Foetus
weiſslich, also dem ähnlich, den man in der
Schilddrüse und der Thymus jüngerer Thiere fin-
det. Mit dem Alter verändert er sich. Bey Er-
wachsenen hat man ihn zuweilen gelblich, oft
röthlich, wie mit Blut vermischtes Wasser, und
in andern Fällen schwarz gefunden. Von Wein-
geist wird er, wie der Saft der Thymus, zum
Gerinnen gebracht i).


Die Arterien dieser Drüsen sind Zweige der
Schlagadern des Zwerchfells, der Aorta und der
Nebennieren. Sie sind klein, aber zahlreich. Die
Venen hingegen, die auf der rechten Seite in die
Hohlader, auf der linken in die Nierenvenen über-
gehen, sind weniger zahlreich, aber von beträcht-
licher Gröſse, und darin merkwürdig, daſs sich
mehrere ihrer Zweige mit deutlichen Mündungen
in die Höhlungen der Nebennieren öffnen, und
daſs sie, wie die Pfortader, keine Klappen ha-
ben k). Saugadern kommen sowohl aus dem In-
nern,
[542] nern, als von der Oberfläche der Nebennieren.
Sie vereinigen sich mit den Lymphgefäſsen der
Leber. Nerven gehen zu diesen Organen theils
von dem halbmondförmigen Knoten, theils von
dem Nierengeflechte.


Bey den Fröschen liegen zwischen den Nieren
und den Hoden oder Eyerstöcken zwey Organe,
die ihrer Lage und ihrer Verbindung mit den
umliegenden Theilen nach den Nebennieren ähn-
lich, in andern Stücken von diesen verschieden
und mehr dem Netze verwandt sind. Sie beste-
hen aus cylindrischen Blinddärmen, die theils ein-
fach, theils ästig, und mit einem öligen Saft an-
gefüllt sind. Aus dem untern Ende eines jeden
dieser Säcke kömmt eine Vene hervor, die unge-
theilt aus einer Höhlung des letztern entspringt,
und sich mit den Venen der übrigen Därme zu
einem gemeinschaftlichen, in die Nierenvenen
übergehenden Stamm vereinigt. Am gröſsten
sind diese Organe bey den Kaulquappen l).


Es ist allerdings, wie Cuvier bemerkt hat,
schwer zu sagen, ob man diese Theile mit den
Nebennieren, oder mit dem Netz vergleichen soll.
Allein eben diese Ungewiſsheit beweist, daſs bey
aller Verschiedenheit in dem Bau des Netzes und
der
[543] der Nebennieren doch die Funktionen derselben
nicht sehr verschieden sind, und daſs beyde einen
Nahrungssaft absondern, dessen Bestimmung ist,
von den Venen aufgenommen zu werden. Die-
ser Beweis wird auch durch eine Bemerkung un-
terstützt, die Pallasm) am Jerboa gemacht hat.
Bey dem letztern giebt es ausser den übrigen,
der Thymus ähnlichen Organen, die derselbe mit
den übrigen lethargischen Nagethieren gemein hat,
noch zwey Paar andere Drüsen, von welchen
das eine zu beyden Seiten im Bauche an der
untern Beckenöffnung, das andere hinter den
Nieren an den Psoasmuskeln liegt. Pallas fand
jene den Nebennieren ähnlich. Die Substanz
beyder Paare aber hielt das Mittel zwischen dem
Fett und den Drüsen n), und in der Wärme drang
aus ihnen ein Oel hervor. Auch diese Drüsen
sind also theils dem Netze, theils den Nebennie-
ren verwandt.


Man sieht aus diesen Beschreibungen, daſs
die Schilddrüse, die Thymus und die Nebennie-
ren bey manchen Verschiedenheiten doch im We-
sentlichen unter sich und mit der Milz überein-
kommen. Ihre Verschiedenheiten beziehen sich
vorzüglich auf das gegenseitige Verhältniſs der
zu
[544] zu ihnen gehenden Arterien und Venen. Bey ei-
nigen sind jene diesen gleich, bey andern aber
weit kleiner als diese, Bey den letztern scheint
die Absorbtion des Nahrungssafts vorzüglich durch
die Venen, bey den erstern hingegen durch die
einsaugenden Gefäſse zu geschehen.


Eine Frage läſst sich aber noch aufwerfen,
nehmlich aus welchen Theilen jene Organe die
zu assimilirenden Säfte erhalten? In Betreff der
Milz ist diese Frage schon oben beantwortet. Bey
den übrigen fehlt es an Versuchen. Doch ist so
viel einleuchtend, daſs die Schilddrüse und die
Thymus gerade an den Stellen liegen, wo sich
das Zellgewebe der obern Extremitäten mit dem
des Kopfs und des Halses verbindet, und wo
der Zusammenfluſs aller, durch die Hautabsor-
btion in dasselbe gelangten Säfte statt finden
muſs. Die Schilddrüse hat ausserdem eine solche
Lage, daſs ihr alle Flüssigkeit, die sich in den
Ventrikeln des Kehlkopfs beym Athemholen sam-
melt, auf dem kürzesten Wege zugeführt wer-
den kann. Es ist auch noch nicht ausgemacht,
ob es nicht, wie viele der vorzüglichsten unter
den ältern Anatomen gefunden zu haben glaub-
ten o), und wie noch in neuern Zeiten Uttinip)
behaup-
[545] behauptete, Verbindungscanäle zwischen dieser
Drüse und der Luftröhre giebt, die dann aber
gewiſs nicht Ausleerungsgänge, sondern Einsau-
gungsgefäſse der aus der eingeathmeten Luft ab-
gesetzten Feuchtigkeit sind. Die Nebennieren end-
lich liegen an einem Ort, wo sie sowohl mit dem
Zellgewebe der untern Extremitäten, als mit dem,
welches sich über die äussere Fläche des Bauch-
fells fortzieht und die äusserste Zellenhaut des
Darmcanals bildet, in der nächsten Verbindung
stehen. Die durch die Haut eingesogenen Flüssig-
keiten scheinen also die zu seyn, zu deren Assi-
milation jene Drüsen vorzüglich bestimmt sind.
Diese Absorbtion ist am gröſsten bey der Frucht
und den Wasserthieren. Bey jener muſs auch in
den Ventrikeln des Kehlkopfs beständig eine An-
häufung des durch die Nase und den Mund ein-
dringenden Kindswassers statt finden. Es ist also
erklärbar, warum die Schilddrüse und die übrigen
Organe dieser Art bey dem Embryo sich so früh
entwickeln, und bey den Cetaceen von vorzügli-
cher Gröſse sind.


§. 22.
Das Blut.

Wir sind jetzt zu der Quelle, woraus alle
Theile den Stoff zu ihrer Bildung und Erhaltung
nehmen, und worin jedes aufgelöste Organ zu-
rückkehrt, zu dem Blute, gekommen. Mehrere
IV. Bd. M mThat-
[546] Thatsachen, welche auf diese Flüssigkeit Bezie-
hung haben, sind schon in den vorigen Abthei-
lungen dieses Werks mitgetheilt worden. Hier
werden wir die Bestandtheile derselben unter-
suchen.


Alle Thiere der vier höhern Classen haben
rothes Blut von dicker, klebriger Beschaffenheit,
worin man unter dem Mikroskop Kügelchen sieht,
die bey allen Thieren von einerley Gestalt, doch
bey den Amphibien und Fischen etwas gröſser als
bey den Säugthieren und Vögeln sind q). Man
findet diese Kügelchen auch in dem Blut der
weiſsblütigen Thiere, und selbst in dem Saft,
den das Herz der Insekten enthält r).


Im frischen Zustande haucht diese Flüssigkeit
einen eigenen Geruch aus, der von der Luft, dem
Wasser und Weingeist aufgenommen wird, und
hierin Aehnlichkeit mit dem riechbaren Stoff der
Pflanzen hat s).


Nach dem Ausflieſsen aus dem Körper ver-
liert das Blut etwas an Ausdehnung, und es bil-
det sich im Umfange des Gefäſses, worin das-
selbe enthalten ist, ein rothes Coagulum, das sich
nach
[547] nach der Mitte hin immer mehr zusammenzieht,
und endlich ohngefähr die Festigkeit der Kno-
chengallerte erlangt. Ueber dem letztern sammelt
sich eine helle, durchsichtige Flüssigkeit, worin
keine rothe Kügelchen enthalten sind. Jener ge-
ronnene Theil ist der Blutkuchen (Crassamen-
tum); diese durchsichtige Flüssigkeit das Blut-
wasser
(Serum). Ein solcher Blutkuchen bildet
sich selbst in dem Blut der Insekten. Die Kügel-
chen des in dem Herzen der Weidenraupe befind-
lichen Safts flieſsen im Wasser zu teigartigen
Massen zusammen, die sich getrocknet in eine
gummöse Substanz verwandeln t).


Die Gerinnung des Bluts wird befördert durch
Ruhe, den Einfluſs der atmosphärischen Luft,
Wärme, Säuren und Alaun; sie wird gehindert
durch Kälte, durch Alkalien und mehrere Mit-
telsalze.


Weder Ruhe, noch Wärme, noch der Einfluſs
der Atmosphäre sind aber die Ursachen jener Ge-
rinnung, obgleich diese und noch viele andere Um-
stände, z. B. die Weite der Oeffnung, woraus das
Blut ausflieſst, und die Tiefe oder Flachheit des
Gefäſses, worin dasselbe aufgefangen wird, auf
dieselbe Einfluſs haben. Man kann hieran nicht
zwei-
M m 2
[548] zweifeln, wenn man de Haen’s v), Hewson’s w)
und Autenrieth’s x) Beobachtungen über jene
Erscheinungen liest. Die Vereinigung der ver-
schiedenen Bestandtheile des Bluts zu einer ein-
zigen Flüssigkeit scheint ein erzwungener Zustand
zu seyn, der durch die Einwirkung des übrigen
Organismus unterhalten wird, und aufhört, so-
bald das Blut von dem letztern getrennt ist. Nach
dieser Trennung gerinnt gesundes Blut immer,
wenn nicht während oder gleich nach dem Aus-
flieſsen aus der Ader die Mischung desselben durch
chemische Mittel zerstört wird. Die Art der Ge-
rinnung hängt aber theils von dem Einfluſs ab,
den der übrige Körper auf das Blut äusserte,
als dasselbe noch in den Adern enthalten war,
theils von den Umständen, worin dasselbe während
und nach dem Ausflieſsen aus dem Körper ver-
setzt wird. Beweise jenes Einflusses sind die von
Highmor, Willis und mir y) bemerkte schnelle
Gerinnung des in den Anfällen convulsivischer
Krankheiten gelassenen Bluts, so wie mehrere,
von Hewsonz) angeführte Versuche, woraus
dieser
[549] dieser folgerte, “daſs die Eigenschaften des Bluts
„von der Beschaffenheit der Blutgefäſse abhängen,
„oder daſs diese eine bildende Kraft auf dasselbe
„äussern,” und Sulzer’s Beobachtungen über die
Beschaffenheit des Bluts des Hamsters im Win-
terschlaf. Das letztere gerinnt während der Er-
starrung des Thiers langsamer als zu andern Zei-
ten; der Blutkuchen verliert in diesem Zustande
seine Flüssigkeit nicht ganz, und das Serum ist
nicht, wie bey andern Thieren, durchsichtig und
wässrig, sondern zinnoberfarben a).


Eine merkwürdige Erscheinung zeigt sich beym
Gerinnen frischer, unter das Vergröſserungsglas
gebrachter Blutstropfen. Man sieht hier ein netz-
förmiges Gewebe entstehen, welches ohngefähr
zehn Minuten lang ununterbrochene Bewegungen
äussert, die mit schwachen Zusammenziehungen
und Ausdehnungen der Muskelfasern Aehnlichkeit
haben. Diese Bewegungen stehen mit der Dauer
des Gerinnens in Verhältniſs. Sehr verdünnte
oxygenirte Salzsäure verstärkt dieselben; andere,
stärkere Säuren hingegen heben augenblicklich alle
Bewegungen auf, und bringen einen flockenarti-
gen Niederschlag hervor b).


Die
M m 3
[550]

Die Menge des Blutwassers ist verschieden
nach der verschiedenen Art und Constitution des
Thiers. Am wenigsten Serum habe ich in dem
Blut von Hühnern gefunden. Das Blutwasser der
Säugthiere färbt den Veilchensyrup grün; das von
Hühnern, mit diesem Reagens vermischt, giebt
eine Flüssigkeit, die blos am Rande etwas ins
Grüne fällt; von dem Serum eines Störs (Acipen-
ser Sturio) habe ich gar keinen Einfluſs auf den
Veilchensyrup bemerkt.


Für die nächsten Bestandtheile des Blutwassers
halte ich Wasser, Eyweiſsstoff und milch-
saures Natrum
. Diese Vorstellung ist von den
gangbaren sehr verschieden. Ich werde deshalb
etwas umständlicher darüber seyn müssen.


Daſs Wasser und Eyweiſsstoff zu den nächsten
Bestandtheilen des Blutwassers gehören, darüber ist
man allgemein einverstanden. Daſs auch das milch-
saure Natrum, oder das Thouvenel’sche Fleisch-
extrakt, ein Bestandtheil dieser Flüssigkeit ist,
wurde zuerst von Berzelius bemerkt c). Ich er-
hielt dasselbe am reichlichsten, indem ich Rinds-
blut mit rektificirtem Weingeist in einer gelinden
Wärme digerirte, das hierbey geronnene Blut nach
Abgieſsung des Weingeists wieder mit Wasser ge-
linde aufkochen lieſs, beyde Auszüge zusammen-
goſs,
[551] goſs, und die Mischung von neuem bis zum
Verdünsten des Weingeists kochte. Bey der letz-
tern Operation scheidet sich aller Eyweiſsstoff ab,
und die durchgeseihete Flüssigkeit verräth ihren
Gehalt an milchsaurem Natrum durch ihren
scharfen Geschmack, durch den Niederschlag, den
Galläpfelaufguſs in ihr hervorbringt, obgleich keine
Spuren von Gallerte in ihr enthalten sind, und
durch das Hinterlassen einer gelbbraunen Materie
nach dem Abdampfen, welche die Feuchtigkeit
der Luft an sich zieht.


Von andern Schriftstellern sind noch Schwefel,
Natrum, Kali, Salzsäure, Gallerte und Schleim
als Bestandtheile des Blutwassers angegeben wor-
den. Allein der Schwefel, die beyden feuerbe-
ständigen Alkalien und die Salzsäure sind theils
im Eyweiſsstoff, theils in der Milchsäure enthal-
ten, und gehören keinesweges zu den nächsten
Bestandtheilen des Blutwassers.


Gallerte glaubten Fourcroy und Vauquelin
im Serum entdeckt zu haben d). Parmentier und
Deyeux machten in der Folge neue Versuche be-
kannt, welche diese Entdeckung zu bestätigen
schienen e). Gegen die Richtigkeit jener Erfah-
rungen
M m 4
[552] rungen wurden von Bostock Zweifel erhoben f).
Mit Recht erinnert dieser, daſs weder Fourcroy
und Vauquelin, noch Parmentier und Deyeux
Eigenschaften der von ihnen für Gallerte ange-
nommenen Materie angegeben haben, welche diese
als wahre Gallerte charakterisiren. Die erstern
schlossen auf das Daseyn des Leims im Blutwas-
ser, blos weil in diesem, nachdem es mit Was-
ser vermischt und der Eyweiſsstoff zum Gerinnen
gebracht war, eine Substanz zurückblieb, die
beym Erkalten nach und nach starr wurde. Sie
bemerken aber nicht, was sie hätten bemerken
müssen, um die gallertartige Natur dieser Substanz
wirklich zu beweisen, daſs sie sich in der Hitze
wieder aufgelöst hätte. Parmentier und Deyeux
gestehen auch, daſs sie bey Wiederholung jenes
Versuchs keine befriedigende Resultate erhalten
hätten. Diese glaubten aber wahre Gallerte er-
halten zu haben, als sie reines Serum eine halbe
Stunde im Marienbade hatten digeriren lassen,
wobey sich ausser dem geronnenen Eyweiſsstoff
noch eine Materie erzeugte, die ganz das Ansehn
der Gallerte hatte, und sich in Wasser auflöste.


Ich habe diese Versuche auf verschiedene Art
wiederholt und gefunden, daſs, wenn Serum nur
mit einer geringen Quantität Wasser gekocht wird,
aus
[553] aus dem geronnenen Eyweiſs eine gelbliche Sub-
stanz hervordringt, die zwar einige Aehnlichkeit
mit Gallerte hat, doch kein wahrer Leim, und
blos ein Produkt des Kochens ist. Wir haben
schon im 9ten §. dieses Kapitels gesehen, daſs das
Eyweiſs durch mineralische Säuren, besonders
durch die Phosphorsäure, in Gallerte verwandelt
wird. Eine ähnliche Umwandlung scheint in dem
obigen Fall bey der Einwirkung der Milchsäure
des Blutwassers auf das Eyweiſs desselben vor-
zugehen.


Bostock, welcher Blutwasser durch Hitze
und zugleich durch den Zusatz des salzsauren
Quecksilbers zum Gerinnen brachte, und diese
Operation so lange wiederholte, bis alles Eyweiſs
völlig abgeschieden war, erhielt aus der übrigen
Flüssigkeit weder beym Zusatz eines Aufgusses
der Gerberlohe einen Niederschlag, noch beym
Abdampfen einen gallertartigen Rückstand. Als
das Abdampfen bis zum Austrocknen fortgesetzt
wurde, blieb eine zähe Haut von thierischer Ma-
terie zurück, die in keiner Hinsicht getrockneter
Gelatina glich, und sich schwer in Wasser auf-
löste. Bostock ist geneigt, diesen Rückstand für
thierischen Schleim zu halten. Allein der einzige
Grund, worauf sich seine Vermuthung stützt, ist
ein Fall, wo der Zusatz des essigsauren Bley zu
Wasser, worin Eyweiſsstoff des Serums digerirt
M m 5war,
[554] war, einen häufigen Niederschlag hervorbrachte.
Er schlieſst hieraus auf die Gegenwart des Schleims,
weil er das essigsaure Bley für das Fällungsmittel
des Schleims, so wie Hitze und ätzendes salzsau-
res Quecksilber für die Reagentien des Eyweiſs-
stoffs, und den Gerbestoff für das Reagens der
Gallerte hält g). Diese Charaktere sind aber auf
willkührliche Voraussetzungen gebaut, und ganz
unzureichend. Bostock nahm ohne alle Beweise
eine filtrirte Mischung von Speichel mit kaltem
Wasser, und die durchgeseihete Flüssigkeit, die
er durch Schütteln einer Auster in kaltem Wasser
erhielt, für reinen Schleim an. Allein der Spei-
chel enthält Eyweiſsstoff und nicht blos Schleim.
Ueber die Flüssigkeit der Austern habe ich keine
eigene Erfahrungen. Der zähe Saft, den die nack-
ten Schnecken von sich geben, besteht indeſs
fast blos aus Gallerte. Der Analogie nach ist
zu vermuthen, daſs die Flüssigkeit der Austern
eben diese Beschaffenheit hat. Folgende Versuche,
die ich über das Verhalten des Schleims, der
Gallerte und des Eyweiſsstoffs gegen chemische
Reagentien angestellt habe, zeigen das Unzurei-
chende der von Bostock angegebenen Merkmale
dieser Substanzen, und beweisen ausserdem, daſs
es Fälle giebt, wo sich die letztern der Einwir-
kung anderer, sonst sicherer Reagentien entziehen.


1.
[555]

1. Lungenschleim gerann in einer wässrigen
Auflösung des essigsauren Bleys zu einer gelati-
nösen Haut.


Eine Auflösung desselben in einer Lauge von
ätzendem Natrum gab mit essigsaurem Bley einen
Niederschlag von weissen Partikeln, die fast das
Ansehn des käsigen Theils der Milch hatten.


Hingegen eben dieser Schleim in verdünnter
Salpetersäure aufgelöst, gab weder mit essigsau-
rem Bley, noch mit kohlensaurem Natrum ei-
nen Niederschlag.


2. Aus einer Abkochung des Hirschhorns wurde
die Gallerte durch Galläpfeltinktur in bräunlichen
Flocken präcipitirt.


Essigsaures Bley und ätzendes salzsaures Queck-
silber bewirkten in derselben keinen Niederschlag.


3. Das Weisse eines Hühnereys gerann vom
Zusatz des essigsauren Bleys zu festen, häutigen
Concretionen, welche der auf gekochter Milch
sich erzeugenden Haut glichen.


Vom ätzenden salzsauren Quecksilber gerann
dasselbe ebenfalls, doch nicht zu so festen Häuten,
als vom essigsauren Bley.


Von einer Galläpfelabkochung wurde es ver-
dichtet, nicht aber zum wirklichen Gerinnen ge-
bracht.


4.
[556]

4. Ich löste Eyweiſs in einer kochenden Lauge
des ätzenden Natrum auf, und setzte einem Theil
dieser Auflösung nach dem Erkalten essigsaures
Bley, einem zweyten Salpetersäure, und einem
dritten Alcohol zu. Beym Zusatz des essigsauren
Bleys und der Salpetersäure gerann das Eyweiſs
sogleich; der Alcohol hingegen bewirkte kein Ge-
rinnen.


5. Ich vermischte eine Auflösung des Eyweiſs
in ätzendem Natrum mit einer gleichen Quantität
einer Abkochung des Hirschhorns, und tröpfelte
Galläpfeltinktur hinzu. Es entstand aber kein Nie-
derschlag.


Aus diesen Versuchen ergiebt sich


  • 1) daſs essigsaures Bley eben so wohl auf den
    Schleim, als auf das Eyweiſs wirkt, und daſs jenes
    keinesweges blos den Schleim anzeigt;
  • 2) daſs Schleim, Eyweiſs und Gallerte gewisse
    Verbindungen haben können, wobey der erste nicht
    vom essigsauren Bley, das zweyte nicht vom
    Alcohol, und die dritte nicht von der Galläpfel-
    tinktur niedergeschlagen wird.

Es frägt sich nun, ob etwa Gallerte und
Schleim in Verbindungen dieser Art dem Blut-
wasser beygemischt sind? Ich antworte hierauf,
daſs Schleim mit Säure, und Gallerte mit ätzen-
dem Natrum verbunden, nicht mehr Schleim und
Gallerte sind, sondern sich dem Zustande des Ey-
weiſs-
[557] weiſsstoffs nähern. Wenn also diese Substanzen
in den erwähnten Verbindungen Bestandtheile des
Blutwassers sind, so befinden sie sich darin als
Eyweiſs. Mithin stimmen alle Erfahrungen dar-
in überein, daſs der Eyweiſsstoff und das milch-
saure Natrum die nähern Bestandtheile des Serums
sind.


Der zweyte von den beyden Theilen, worin
sich das Blut ausserhalb dem Körper trennt, ist
der Blutkuchen. Dieser besteht aus dem Fa-
serstoff
, oder dem fadenartigen Theil (Fibra
sanguinis), und dem rothen Theil (Cruor). Der
letztere wird von aufgegossenem Wasser zum
Theil aufgenommen, indem der erstere auf dem Bo-
den des Gefäſses zurückbleibt. Die Absonderung
beyder wird durch Schütteln, Umrühren u. d. gl.
befördert. Zur Bildung des Faserstoffs trägt aber
diese Bewegung nicht, wie einige Schriftsteller zu
glauben scheinen, bey. In gewissen Krankheiten
und unter gewissen Umständen sondert sich der fa-
denartige Theil freywillig von dem Cruor ab, und
bildet auf der Oberfläche des Blutwassers eine Art
von Membran, die Entzündungshaut (Crusta
pleuritica.). Von dem Faserstoff rühren auch die Pal-
pitationen her, die man in gerinnendem Blut unter
dem Vergröſserungsglase wahrnimmt. Im Schlag-
aderblut soll er fester als im venösen h), und bey er-
wachse-
[558] wachsenen Thieren zäher als bey jüngern seyn i).
Ich habe ihn bey Thieren von ohngefähr glei-
chem Alter und gleicher Constitution so verschie-
den an Festigkeit gefunden, daſs ich es für sehr
schwer halte, alle Umstände, die auf seine Bil-
dung Einfluſs haben, mit Sicherheit zu be-
stimmen.


Man hat den Faserstoff bisher für einen eige-
nen, von dem geronnenen Eyweiſsstoff ganz ver-
schiedenen Bestandtheil des Bluts gehalten, und
als unterscheidende Charaktere desselben ange-
führt, daſs sich aus ihr eine gröſsere Menge
Stickstoff als aus irgend einem andern Theil des
thierischen Körpers entwickeln lasse, und daſs er
in Säuren auflöslich sey. Ich kann dieser Mei-
nung nicht beypflichten. Ich weiſs nicht, daſs
jemand die Menge Stickstoff, die der Faserstoff
liefert, mit der, welche sich aus dem durch
Säuren oder Alcohol in einen häutigen Nieder-
schlag verwandelten, und nicht blos durch Wär-
me geronnenen Eyweiſsstoff entbinden läſst, ver-
glichen hat. Was die Auflöslichkeit des Faser-
stoffs in Säuren betrifft, so finde ich diese nicht
anders als beym geronnenen Eyweiſsstoff. Ich
bereitete mir Faserstoff, indem ich den mit
Wasser vermischten Blutkuchen von Ochsenblut
anhaltend schüttelte, und die dadurch erhaltenen
weiſsen,
[559] weiſsen, häutigen Concretionen wiederholt mit
Wasser abspühlte. Concentrirter Essig und ver-
dünnte Salpetersäure lösten nur wenig von diesem
Faserstoff auf. In dem Essig wurde der letztere
etwas erweicht; das salpetersaure Wasser wurde
etwas milchig. Der Essig nahm, auch bis zum
Kochen erhitzt, nicht viel mehr als in der Kälte
auf. Fest geronnenes Eyweiſs verhielt sich eben
so gegen jene Säuren. Durch anhaltendes Ko-
chen wird zwar der Faserstoff wie der Eyweiſs-
stoff in mineralischen Säuren aufgelöst, aber nur
indem beyde in ihrer Mischung gänzlich verän-
dert werden. Ich glaube also, daſs der Faser-
stoff nichts anders als geronnener Eyweiſsstoff ist.
Zur weitern Rechtfertigung meiner Meinung
muſs ich mich über das Gerinnen des Eyweiſs-
stoffs und über die verschiedenen Modifikationen
desselben ausführlicher erklären.


Das Gerinnen des Eyweiſsstoffs ist eine bis
jetzt unerklärte Erscheinung. Fourcroy leitete
dasselbe vom Zutritt des Sauerstoffs der Atmo-
sphäre ab k). Aber diese Meinung wird dadurch
widerlegt, daſs das Coaguliren auch ohne den
Zutritt der atmosphärischen Luft eintritt. Ich
füllte ein Glas mit Eyweiſs und ausgekochtem
Wasser an, stürzte dasselbe in einer Schaale voll
ausgekochten Wassers um, und brachte dieses
zum
[560] zum Sieden. Das Eyweiſs gerann in jenem Glase,
zu welchem die Luft gar keinen Zutritt hatte,
eben so schnell und vollkommen, als in einem
offenen Gefäſs. Schmidtmüllerl) fand auch,
daſs Eyweiſs in Wasserstoffgas eben so wohl als
in der atmosphärischen Luft gerinnt.


Diese Erfahrungen beweisen, daſs beym Ge-
rinnen des Eyweiſs etwas Ähnliches wie bey der
Weingährung statt findet. Wie die letztere bloſs
aus dem Einfluſs entsteht, den die Bestandtheile
des Mostes gegenseitig auf einander äussern, so
muſs auch jene von Zersetzungen und Zusam-
mensetzungen herrühren, die unter den Bestand-
theilen des Eyweiſs selber vorgehen. Man muſs
also voraussetzen, daſs nur ein Theil dieser
Substanz beym Gerinnen in den Zustand der Fes-
tigkeit übergeht, der übrige aber sich als Flüs-
sigkeit von jenem trennt. Bey dem durch Hitze
verursachten Coaguliren tritt zwar eine solche
Trennung nicht ein; hier nimmt der gerinnende
Theil den flüssigen in sich auf. Aber bey der
Wirkung von Säuren auf das Eyweiſs zeigt sich
eine Absonderung beyder Bestandtheile. Ich ver-
mischte einen Theil Eyweiſs mit drey Theilen
concentrirten Essigs. Ein Theil des Eyweiſs blieb
in der Mitte der Flüssigkeit als eine gelbliche
Wolke schweben; der gröſsere Theil verband
sich
[561] sich mit dem Essig zu einer weiſslichen, schlei-
migen, vollkommnen Auflösung. Vermehrte ich
die Quantität des Essigs in dieser Mischung, so
blieb die unaufgelöste Wolke doch unverändert.
Diese blieb auch unaufgelöst, nachdem ich sie
von der übrigen Flüssigkeit abgesondert, und
mit concentrirtem Essig übergossen hatte. Eben
so löste sich nur ein Theil Eyweiſs in sehr ver-
dünnter Salpetersäure auf, indem die Flüssigkeit
milchweiſs und undurchsichtig wurde; der unauf-
gelöste Theil bildete eine auf dem Boden des
Gefäſses schwimmende, weisse Membran. Diese
in Säuren unauflösliche Substanz wird zugleich
mit der auflöslichen von ätzenden Alkalien aufge-
nommen, und durch Säuren daraus zum Theil
wieder niedergeschlagen; umgekehrt scheiden koh-
lensaure Alkalien und kohlensaurer Baryt die in
Säuren aufgelöste Substanz des Eyweiſs daraus
zum Theil wieder ab.


Folgende Theorie der Ernährung scheint mir
nun aus den vorstehenden Erfahrungen hervorzu-
gehen. Was den Eyweiſstoff im Blute aufgelöst
erhält, ist ein Alkali, das seine Gegenwart durch
die Reaktion, die es gegen Pflanzenpigmente äus-
sert, zu erkennen giebt. Wird dieses Auflösungs-
mittel dem Eyweiſs entzogen, so erfolgt immer
ein Niederschlag des gerinnbaren Theils. Daher
coagulirt Eyweiſs in der Voltaischen Säule am
negativen Pol, wo das Alkali abgeschieden wird,
IV. Bd. N nindem
[562] indem am positiven Pol kein Spur, oder nur
einzelne Flocken davon zu bemerken sind m).
Daher findet man nur in dem ungeronnenen Theil
des Bluts, nicht aber in dem Faserstoff desselben,
Natrum n); hingegen verbindet sich, wenn man
Serum oder Eyweiſs durch Säuren zum Gerinnen
bringt, die Säure auf’s innigste mit dem geron-
nenen Theil o). Es geht hier etwas Aehnliches
wie in jenem Fall zwischen den Polen der Vol-
ta
ischen Säule vor; das Alkali wird nicht von
der Säure neutralisirt, sondern jenes verläſst eine
Materie, deren sich dieses bemächtigt. Das Nehm-
liche geschieht beym Gerinnen der Milch. Bringt
man dieses durch eine Säure, z. B. durch Salpe-
tersäure, hervor, so findet man keine Spur von
Salpeter in den Molken. Schon Scheele bemerkte
dies p). Er übersah aber, was nachher Fourcroy
beobachtete q), daſs sich die angewandte Säure,
wenn
[563] wenn sie nicht in Uebermaaſs zugesetzt ist, ganz
mit dem gerinnenden Theil verbindet.


Die Ausscheidung des Alkali aus dem gerin-
nenden Theil des Eyweiſs kann aber nicht nur
durch eine von aussen hinzukommende, sondern
auch durch eine von innen sich entwickelnde
Säure geschehen. Auf die letztere Art gerinnt
das Eyweiſs in der Siedehitze und bey der frey-
willigen Trennung des Bluts. Bey dieser Schei-
dung ist es vermuthlich das im Blute befindliche
Eisenoxyd, das einen Theil seines Sauerstoffs ab-
tritt. Der Faserstoff hat dasselbe Ansehn wie
Eyweiſs, das in einer alkalischen Lauge aufgelöst
und durch ein Metalloxyd niedergeschlagen ist.
Warum übrigens das Eisenoxyd des Bluts nur in
dem gelassenen Blut, und nicht während dieses
noch im Umlauf begriffen ist, seinen Sauerstoff
zum Theil fahren läſst, dies läſst sich freylich
nur aus der Einwirkung erklären, die der übrige
Organismus auf das Blut äussert, so lange dasselbe
noch einen Theil von ihm ausmacht. Indeſs frägt
es sich, ob nicht auch in dem circulirenden Blute
das Eyweiſs schon einigermaaſsen geronnen ist?
und ob nicht die Blutkügelchen dieser coagulirte
Theil sind?


Wir kommen jetzt auf den Cruor, den noch
am wenigsten bekannten Theil des Bluts. So viel
ist ausgemacht, daſs derselbe bey allen rothblüti-
N n 2gen
[564] gen Thieren Eisen enthält, und daſs in diesem
Metall ein Hauptgrund der rothen Farbe des Bluts
liegt r). Aber unausgemacht ist es, von welcher
Verbindung des Eisens die rothe Farbe entsteht.


Zum Theil scheint diese Farbe von der Nah-
rung, zum Theil auch von der eingeathmeten
Luft abzuhängen. Goeze fand im Winter bey
Frö-
[565] Fröschen, vorzüglich wenn sie von Kälte ganz
starr waren, das Blut in den Adern weiſs und
durchsichtig s). Eben so verliert sich die Röthe
des Bluts bey ausgehungerten Fröschen.


Andere Erfahrungen lassen ferner schlieſsen,
daſs es eine mit dem Eisen des Bluts verbundene
Säure ist, welche jenem die rothe Farbe ertheilt,
dasselbe im Blutwasser auflöslich macht, sich beym
Verkohlen des Bluts leicht von dem Eisen trennt,
dieses Metall aber, so lange sie mit demselben im
Blute aufgelöst ist, dem Einfluſs der gewöhn-
lichen Reagentien entzieht. Blausaures Kali, Gall-
äpfelaufguſs und ähnliche gegenwirkende Mittel
des Eisens zeigen keine Spur desselben im Blute
an t). Verkohlt man aber Cruor über einem gelin-
den Feuer, so erhält man eine schlackenartige
Masse, die den Geruch angezündeter Haare von
sich giebt, und an einem Lichte mit Prasseln
verbrennt. Vor dem Verbrennen wird das Pulver
derselben vom Magnet angezogen; auf die Asche
hingegen äussert dieser keine Wirkung mehr.


Von
N n 3
[566]

Von welcher Art ist nun jene mit dem Eisen
des Bluts verbundene Säure? Wir haben gesehen,
daſs der Speichel eine Säure enthält, die mit sal-
petersaurer und schwefelsaurer Eisenauflösung eine
Flussigkeit giebt, welche ganz die Farbe des Bluts
hat v). Fände sich die nehmliche Substanz auch
im Blute, so würde wahrscheinlich diese jene
gesuchte Säure seyn.


Aus dem Speichel läſst sich die erwähnte Säure
unmittelbar sowohl vermittelst Weingeist, als
durch Wasser ausziehen. Daſs sie auf diesem
einfachen Wege aus dem Blute zu erhalten seyn
wird, ist nach den obigen Erfahrungen über ihre fe-
ste Verbindung mit dem Eisen des noch aufgelösten
Cruors nicht zu erwarten. In der That sind auch
alle meine Versuche, sie auf dem nassen Wege
darzustellen, fruchtlos gewesen. Ich lieſs Cruor
von Ochsenblut in einer Lauge des ätzenden
Natrum bis zur Trockenheit kochen, und zog
den Rückstand mit Weingeist aus; ich kochte
Cruor mit Weingeist, und versuchte die fremdar-
tigen Säuren durch caustisches Natrum und koh-
lensauren Baryt abzuscheiden. Aber in keinem
dieser Versuche bekam ich die verlangte Säure.
Hingegen erhielt ich sie, wenn ich zwey Theile
pulverisirter Blutkohle mit einem Theil ätzenden
Natrum eine halbe Stunde mäſsig glühen lieſs,
und
[567] und diese Mischung entweder unmittelbar mit Al-
cohol auszog, oder erst mit Wasser kochte, die
filtrirte Abkochung abdampfen lieſs, und den
Rückstand mit Alcohol behandelte. In beyden
Fällen gab der Weingeistauszug mit einer Auflö-
sung des Eisens in Salpetersäure die nehmliche
blutrothe Farbe, wie der mit Speichel digerirte
Alcohol.


Die Entdeckung dieser Säure des Cruors ge-
hört nicht mir. Schon Winterlw) erhielt, in-
dem er Blut mit Kali verkohlte, eine in Alcohol auf-
lösliche Substanz, die nicht, wie das blausaure Kali,
das Eisen aus seinen Auflösungen niederschlug,
sondern roth färbte. Rinkx) fand Winterl’s An-
gabe bestätigt, und bemerkte unter andern, daſs
eine sehr verdünnte Auflösung sowohl von salzsau-
rem, als schwefelsaurem Eisen durch den Weingeist-
Auszug der Blutlauge dunkelroth gefärbt wurde y).
Die
N n 4
[568] Die Beobachtung aber, daſs auch der Speichel
eben diese Säure enthält, ist meines Wissens bis-
her noch nicht gemacht worden.


Winterl nannte jene Säure Blutsäure. Ich
werde diese passende Benennung beybehalten.
Um die Beschaffenheit derselben zu entdecken,
stellte Rink einige Versuche an, die aber kein ge-
nügendes Resultat gaben. Ich gestehe, daſs ich
nicht glücklicher gewesen bin. Ueber das Verhal-
ten derjenigen Blutsäure, die der Speichel liefert,
habe ich schon im 6ten §. dieses Kapitels meine
Erfahrungen mitgetheilt. An dem Weingeist-Aus-
zug einer filtrirten, und bis zur Trockenheit ab-
gedampften Blutlauge, die mit ätzendem Natrum
bereitet war, habe ich noch Folgendes bemerkt.
Nach dem Verdünsten des Auszugs fand ich den
Boden des Gefäſses mit kleinen, gelblichen Krystal-
len und einer rothbraunen Substanz bedeckt.
Beyde lösten sich schnell und vollständig in Was-
ser auf. Die Auflösung färbte nach wie vor das
salpetersaure Eisen roth. Salzsäure gab mit dem
Weingeistauszug keinen Niederschlag, wohl aber
Krystalle, die inzwischen von denen, welche sich
ohne den Zusatz dieser Säure bildeten, nicht ver-
schie-
y)
[569] schieden waren. Winterl’s Angabe z), daſs die
Blutsäure aus ihrer Auflösung durch Salzsäure in
käsiger Gestalt abgeschieden wird, bestätigte sich
also nicht. Der Weingeist-Auszug mit den ge-
wöhnlichen Reagentien behandelt, zeigte Spuren
von Eisen, Kalkerde und einem feuerbeständigen
Alkali. Aber diese Bestandtheile waren gewiſs
blos fremdartige. Eine Vermuthung über die Be-
schaffenheit der Basis dieser Säure werde ich im
folgenden §. mittheilen.


Man könnte durch eine Hypothese Fourcroy’s a)
verleitet werden, die Blutsäure für phosphorsaures
Eisen zu halten. Diesem Schriftsteller zufolge
befindet sich das Eisen als phosphorsaures Oxyd
mit einem Ueberschuſs der Basis im Blute. Zum
Beweise seiner Meinung führt er an, daſs Salpe-
tersäure aus geglüheter Blutkohle einen Theil
aufnimmt, der durch Ammonium weiſs gefällt
wird; daſs der Niederschlag, mit ätzendem Kali
behandelt, wieder eine rothe Farbe annimmt, und
daſs dieses rothe Oxyd sich in Eyweiſs und Blut-
wasser leicht auflöst. Er glaubt, daſs der weisse
Niederschlag phosphorsaures Eisen ist, dem das
feuerbeständige Alkali einen Theil seiner Säure
entzieht, und welches dadurch in phosphorsaures
Eisen
N n 5
[570] Eisen mit einem Ueberschuſs der Basis verwan-
delt wird.


Ich halte diese Hypothese für sehr unrichtig.
Auf dem von Fourcroy angegebenen Wege ent-
steht keinesweges eine blutfarbene, sondern blos
eine rothbraune Flüssigkeit, und diese erhält man
weit kürzer, wenn man metallisches Eisen in Sal-
petersäure auflöst, und kohlensaures Natrum oder
Kali zusetzt. Wäre Fourcroy’s Meinung gegrün-
det, so müſste das rothe phosphorsaure Eisen-
oxyd auch entstehen, wenn man zu einer Auflö-
sung des Eisens in Phosphorsäure ein Laugensalz
setzt. Ich habe diesen Versuch angestellt, aber
dabey kein rothes Eisenoxyd erhalten; im Gegen-
theil verlor eine salpetersaure Eisenauflösung ihre
färbende Wirkung auf Alkalien, wenn sie mit
Phosphorsäure vermischt wurde. Hierzu kömmt,
daſs, nach Fourcroy’s eigenen Versuchen b), das
Blut des Foetus keine Phosphorsäure enthält, und
daſs doch der färbende Bestandtheil darin dunkler
und häufiger als beym Erwachsenen seyn soll c).


Nach
[571]

Nach einer Vermuthung Autenrieth’s d) hat
Braunstein an der rothen Farbe des Bluts Antheil.
Um diese Meinung zu prüfen, vermischte ich eine
Auflösung des Braunsteins in Salpetersäure mit
Speichel, der durch salpetersaures Eisen geröthet
war. Die rothe Farbe verlor sich aber, und
die Mischung wurde anfangs grünlich, nachher
ganz farbenlos. Ich läugne hiermit nicht, daſs
Phosphorsäure und Braunstein im Blute enthalten
sind. Ich glaube aber, daſs diese Substanzen nicht
anders als in sehr zusammengesetzten Verbindun-
gen dem Blute beygemischt seyn können.


§. 23.
Uebergang des Bluts in feste und flüssige Theile.

So weit wir also das Blut kennen, sind die Ele-
mentarsubstanzen desselben: Eyweiſsstoff, milch-
saures Natrum, und blutsaures Eisen. Wenn sich
die Entstehung aller thierischen Theile aus diesen
Substanzen bey dem jetzigen Zustande der Chemie
noch
c)
[572] noch nicht ganz befriedigend erklären läſst, so
halte ich es doch für möglich, daſs die Chemie zu
dieser Erklärung gelangen kann, und hiervon wer-
de ich den Beweis an den nähern, allen thieri-
schen Körpern gemeinschaftlichen und ihnen eigen-
thümlichen Bestandtheilen jetzt zu führen suchen.


Ausser den erwähnten Elementarsubstanzen
des Bluts gehören zu diesen Bestandtheilen:


  • Die Gallerte.
  • Der Schleim.
  • Der Faserstoff.
  • Der käsige Theil der Milch.
  • Der Milchzucker.
  • Das Fett mit dessen verschiedenen Modi-
    fikationen, der Butter, dem Markfett
    u. s. w.
  • Das Gallenharz.
  • Die ölige Materie des Gehirns, des Chy-
    lus, der Haare und der Hautschmiere.
  • Das Ohrenschmalz.
  • Der Harnstoff.
  • Die leimige Materie des Gliedwassers.
  • Die Benzoesäure.
  • Die Milchzuckersäure.
  • Die Blausäure.

Einige andere thierische Materien, wie der
Moschus, das Biebergeil u. d. gl. sind theils auf
zu wenig Thierarten beschränkt, theils noch zu
wenig
[573] wenig untersucht, um hier in Betracht kommen
zu können.


Die Entstehung der Gallerte, des Schleims
und des Faserstoffs aus dem Eyweiſsstoff ist schon
oben (§. 9. u. 22. dieses Kap.) gezeigt worden.
Gallerte bildet sich, wenn Eyweiſsstoff mit einer
mineralischen Säure bey einer Temperatur, deren
Stärke und Dauer nach der Stärke und Beschaffen-
heit der Säure verschieden ist, behandelt wird.
Der bey der Einwirkung von Säuren, Metalloxy-
den, Alcohol und Naphten gerinnende Theil des
Eyweiſsstoffs ist Faserstoff. Schleim ist Gallerte,
die durch den Einfluſs von Alkalien ihre Eigen-
schaft, in der Kälte zu gerinnen, verloren hat.


Diese Substanzen, besonders der Faserstoff und
die Gallerte, sind aber in der Gestalt, worin wir
sie durch chemische Operationen abscheiden, wohl
nur in den Auswurfsstoffen des thierischen Kör-
pers befindlich. Den Faserstoff enthalten die be-
lebtern Theile wahrscheinlich nur im halbgeron-
nenen Zustande. Sieht man an zarten, halbdurch-
sichtigen Theilen, z. B. an der Bauchscheibe von
Schnecken, die auf einer gegen das Licht gehal-
tenen Glastafel kriechen, dem Spiel der Muskeln
zu, das wellenförmigen Bewegungen einer halb-
flüssigen Materie gleicht, so wird man gestehen
müssen, daſs diese Bewegungen nicht von einer
so starren Substanz, wie der aus unbelebten Thei-
len
[574] len abgeschiedene Faserstoff ist, herrühren können.
Die Gallerte ist ebenfalls als solche gewiſs wenig
thierischen Theilen eigen, und in den meisten
Fällen ein Produkt der beym Kochen eintretenden
Verbindung des Eyweiſsstoffs mit der Phosphor-
säure, die in allen Theilen, welche viel Gallerte
liefern, sehr reichlich vorhanden ist. Schon Hat-
chett
e) fand es merkwürdig, daſs sich beym
phosphorsauren Kalk immer viel Gallerte findet,
und daſs Theile, welche blos kohlensaure Kalkerde
besitzen, keine Gallerte liefern. Er wagte aber
nicht, daraus zu schlieſsen, daſs der phosphorsaure
Kalk einen Hauptbestandtheil der Gallerte aus-
macht, weil die Hausenblase keine Spur davon
zeigt. Diese Bemerkung ist allerdings richtig.
Auch nach meinen Versuchen bringt die Sauer-
kleesäure in der Auflösung der Hausenblase keinen
Niederschlag hervor. Allein die Kalkerde ist frey-
lich keine wesentliche Bedingung zur Bildung
der Gallerte; wohl aber halte ich die Phosphor-
säure dafür.


Wenn ich aus meinen Erfahrungen schlieſse,
daſs Säuren und Alkalien den Eyweiſsstoff in Gal-
lerte, Faserstoff und Schleim verwandeln, so be-
haupte ich aber damit keinesweges, daſs diese
Veränderungen blos auf Vermehrung oder Ver-
minderung des Gehalts an Sauerstoff beruhen.
Eine
[575] Eine solche einseitige Ansicht führt auf sehr dürf-
tige Resultate. Ich glaube vielmehr, daſs wenn
durch den Einfluſs von Säuren und Alkalien der
Gehalt der thierischen Grundtheile an Sauerstoff
zwar vermehrt oder vermindert wird, doch zu-
gleich andere Mischungsveränderungen eintreten,
die wichtiger als jene Vermehrung oder Vermin-
derung sind. Dies lehren auch Hatchett’s und
Fourcroy’s Versuche, nach welchen Gallerte, Ey-
weiſs und Faserstoff sich nicht sowohl in dem
Grade der Säurung, als in der verschiedenen Menge
ihrer salzigen und erdigen Rückstände, und in dem
Verhältniſs ihres Kohlenstoffs und Stickstoffs un-
terschieden f).


Ich glaube ferner, daſs bey der Einwirkung
von Säuren auf den Eyweiſsstoff nicht nur die
Stärke der Säure, die Dauer ihres Einflusses, und
die dabey statt findende Temperatur eine Verschie-
denheit in den Produkten hervorbringt, sondern
daſs diese auch von der Beschaffenheit der Basis
jener Säure abhängt. Dies ist vorzüglich deutlich
bey der Wirkung der Metalloxyde auf belebte
thieri-
[576] thierische Theile. Die Bleyoxyde verändern diese
auf andere Art, als die Verbindungen des Sauer-
stoffs mit Quecksilber; diese wirken anders als
die Arsenikoxyde u. s. w. Für alle die hieraus
entstehenden mannichfaltigen Modifikationen der
thierischen Elementartheile sind zwar unsere che-
mischen Reagentien nicht empfindlich genug; aber
ihr verschiedenes Verhalten gegen den lebenden
Körper beweist ihre Verschiedenheit desto deutli-
cher. Der Darmschleim, der Schleim des Saamens,
und derjenige, welcher dem Viperngifte zum Vehi-
kel dient, zeigen wenig Abweichungen in ihrem
Verhalten gegen chemische Agentien. Aber wel-
che Verschiedenheit in ihrem Einfluſs auf den
leben den Körper!


Aus den obigen Bemerkungen folgt endlich,
daſs es zwischen den Elementartheilen des Kör-
pers keine genaue Gränzen giebt. Der Eyweiſs-
stoff geht in den Faserstoff und die Gallerte, und
diese in den Schleim durch Mittelstufen über. Da-
her sind alle Versuche, die man gemacht hat,
für jede dieser Substanzen allgemein passende
Charaktere anzugeben, unbefriedigend, und muſs-
ten es seyn g).


Die
[577]

Die Milch enthält drey Bestandtheile, welche
von den bisher erwähnten verschieden sind: den
Käse, den Milchzucker und die Butter. Sie zeigt
aber von mehrern Seiten eine so unverkennbare
Aehnlichkeit mit dem Blute, daſs sich schon hieraus
eine
g)
IV. Bd. O o
[578] eine Abkunft ihrer Bestandtheile von denen des
letztern erwarten läſst. Wie dieses trennt sie sich,
sobald sie mit dem übrigen Organismus nicht
mehr in Wechselwirkung steht, in einen flüssigen
und geronnenen Theil, und diese Absonderung
erfolgt sowohl in der Ruhe, als während der Be-
wegung, sowohl beym Einfluſs der atmosphäri-
schen Luft, als in verschlossenen Gefäſsen. Der
geronnene Theil besteht aus Käse, Butter, phos-
phorsaurem Eisen, phosphorsaurer Kalk- und
Talkerde; der flüssige aus Wasser, Milchsäure,
Milchzucker, salzsaurem und schwefelsaurem Kali,
und salzsaurem Natrum. Die Milchsäure ist in
ihr weit reichlicher, als in irgend einer andern thie-
rischen Flüssigkeit enthalten. Ueberhaupt zeugt
alles an ihr von einer groſsen Neigung zur Säu-
rung.


Diese Säurung ist es auch, vermittelst welcher
jene eigenthümlichen Bestandtheile der Milch aus
dem Eyweiſsstoff gebildet werden.


Der käseartige Bestandtheil verhält sich wie
der durch eine Säure niedergeschlagene, und durch
die fortdauernde Einwirkung dieser Säure in eine
unvollkommene Gallerte verwandelte Theil des
Eyweiſs. Er wird in [kochendem] Wasser weich,
ohne doch sich aufzulösen, und erstarrt wieder
beym Erkalten; ätzende Alkalien, vegetabilische
und verdünnte mineralische Säuren lösen ihn auf;
bey
[579] bey seiner Auflösung in Alkalien entwickelt sich aus
ihm, wie aus dem Eyweiſs, geschwefeltes Was-
serstoffgas; concentrirte mineralische Säuren, die
rauchende Salpetersäure ausgenommen, erhärten
ihn h).


Bey diesem Einfluſs einer Säure geht zugleich
ein Theil des Eyweiſsstoffs in Butter, und ein an-
derer in Milchzucker über.


Die Butter ist eine Art des thierischen Fetts
überhaupt, das sich immer zugleich bildet, wenn
Eyweiſsstoff bey einer Temperatur, die unter der
Wärme des kochenden Wassers ist, mit Salpeter-
säure digerirt, und dadurch in eine unvollkom-
mene Gallerte verwandelt wird. Bey einer ge-
wissen Art Fäulniſs, wobey blos Stickstoff ohne
Wasserstoff zu entweichen scheint, geht ebenfalls
der Faserstoff in eine ölige Materie über i). Auch
der Käse nähert sich dem Zustande des Fetts, wenn
die Auflösung desselben in ätzendem Kali oder
Natrum durch eine Säure zersetzt wird k). Wenn
es eine richtige Bemerkung ist, daſs frischer Rahm
nicht so viele und so vollkommene Butter giebt,
als
O o 2
[580] solcher, der eine gewisse Zeit an der Luft gestan-
den hat l), so wird vielleicht die Butter schon
durch den bloſsen Einfluſs der Atmosphäre aus
dem Käse der Milch gebildet.


Die Bildung des Milchzuckers ist eine noch
unerklärte Erscheinung. Vielleicht wird die Ver-
folgung der bekannten Scheeleschen Entdeckung,
daſs sich bey dem Kochen der fetten Oele mit
Bleyglätte eine im Wasser auflösliche, süſse Sub-
stanz bildet, hier einst Licht geben. Ich erhielt,
als ich zum Behuf eines andern Versuchs Ey-
weiſs, welches durch Alcohol zum Gerinnen ge-
bracht und in ätzendem Natrum wieder aufgelöst
war, mit verdünnter Schwefelsäure einige Stun-
den hatte kochen lassen, und die überschüssige
Säure mit Kalk weggenommen hatte, eine hell-
braune Flüssigkeit von süſslichem, dem des La-
kritzensafts etwas ähnlichen Geschmack. Ich wage
nicht, aus diesem einzelnen Versuch, der mir
nachher nie wieder gelungen ist, das Resultat
zu ziehen, daſs der Milchzucker auf ähnliche Art
aus dem Eyweiſsstoff, wie der Mehlzucker aus
dem Stärkemehl entsteht. Doch glaube ich, daſs
derselbe weiter verfolgt zu werden verdient.


Der Käsestoff und der Milchzucker sind blos
der Milch eigen. Aber das Fett ist ein allgemei-
nerer
[581] nerer Bestandtheil der thierischen Säfte und Or-
gane, welcher, durch Oxydation noch weiter mo-
dificirt, in verschiedene andere Substanzen über-
geht. Zu diesen rechne ich: den Gallenstoff; die
ölige Materie des Gehirns, des Chylus, der Haare
und der Hautschmiere; das Ohrenschmalz; den
Harnstoff; und das Gliedwasser.


Ueber die Entstehung des Gallenstoffs aus dem
Fett durch die Einwirkung von Säuren habe ich
mich schon im 14ten §. dieses Kapitels erklärt.


Der Gallenstoff und die übrigen erwähnten
Materien sind im Wesentlichen von gleicher Be-
schaffenheit. Die ölige Materie des Gehirns wurde
zuerst von Vauquelinm) näher bestimmt. Sie
ist von doppelter Art. Die eine ist weiſs, pech-
artig und krystallisirbar; sie befleckt das Papier nach
Art der Oele, schmilzt in der Wärme, doch ohne
so flüssig wie Fett zu werden, wird bey einer
niedrigern Temperatur als diejenige ist, welche
die Farbe des Fetts verändert, braun, löst sich
in warmem Alcohol auf, fällt aber in der Kälte
daraus zum Theil wieder nieder, färbt sich an
der Sonne gelb, und verbrennt mit Rauch und
Flamme. Die andere Materie unterscheidet sich
von jener durch eine rothbraune Farbe, durch
weni-
O o 3
[582] weniger Festigkeit, durch einen leichten Nebenge-
schmack nach Fleischbrühe, den die erstere nicht
hat, und durch eine gröſsere Neigung zum Krystal-
lisiren; sie schmeckt wie ranziges Fett, und verbin-
det sich mit kaltem Wasser zu einer Art von Emul-
sion, woraus sie durch Mineralsäuren und Galläpfel-
aufguſs niedergeschlagen wird; das Wasser, woraus
sie gefällt ist, verbreitet beym Faulen einen stin-
kenden Geruch, der auf die Gegenwart einer thieri-
schen Materie hindeutet; beym Verbrennen giebt sie
anfangs den Geruch angezündeter thierischer Mate-
rie, und nachher den des dampfenden Fetts von sich.
In allen diesen Eigenschaften läſst sich eine Sub-
stanz nicht verkennen, die mit dem Gallenstoff
gleichartig, und von diesem nur durch die Ver-
bindung mit einer andern thierischen Materie,
vielleicht mit Fleischextrakt, welches ebenfalls ei-
nen Bestandtheil der Hirnmasse ausmacht, ver-
schieden ist.


Eben diese Gleichartigkeit zeigt sich, wenn
man die Eigenschaften der von Vauquelin ent-
deckten öligen Substanz des Chylus n) mit denen
des Gallenstoffs vergleicht.


Das Oel der Haare, die Hautschmiere und
das Ohrenschmalz kennen wir noch nicht genug
von allen Seiten, um aus ihren chemischen Ei-
gen-
[583] genschaften mehr schlieſsen zu können, als daſs
sie von der Abkunft des Fetts sind o). Aber der
Uebergang derselben in eine dem Gallenstoff, der
Farbe nach, ähnliche Materie bey der Gelbsucht,
beweist ihre Verwandtschaft mit dem letztern.


Derselbe Uebergang findet in der Gelbsucht bey
dem Harnstoff statt, auf den wir im folgenden
§. zurückkommen werden.


Daſs auch das Gliedwasser eine dem Gallen-
stoff ähnliche Materie enthält. schlieſse ich aus
Margueron’s Beobachtungen über die Eigenschaf-
ten jenes Safts beym Rindvieh. Im frischen Zu-
stand ist, ihm zufolge, das Gliedwasser halbdurch-
sichtig, weiſsgrünlich und leimig; es färbt die
blauen Pflanzensäfte grün, und schlägt den Kalk
aus seiner wässrigen Auflösung nieder; abgedampft
läſst es einen Rückstand, der salzsaures und koh-
lensaures Natrum enthält; es löst sich in Wasser
auf, macht dieses leimig und schäumend; durch
Kochen und durch Alcohol wird etwas Eyweiſs-
stoff abgeschieden. Die leimige Materie löst sich
in
O o 4
[584] in Alcohol auf; Säuren fällen sie daraus als eine
klebrige und etwas elastische Materie p). Alle
diese Eigenschaften nähern sich denen der Galle.


Bey der Digestion des Eyweiſs, der Gallerte
und des Faserstoffs mit mineralischen Säuren, be-
sonders mit Salpetersäure, bildet sich während der
Erzeugung des Fetts zugleich eine Säure, die mit
der Benzoesäure und der Thenardschen Fett-
säure wo nicht völlig einerley, doch sehr nahe
verwandt ist. Es ist merkwürdig und mit ein
Beweis der Richtigkeit unserer Theorie, daſs die
Basis dieser Säure sich auch in der Galle, dem
Harn und der Milch findet. Daſs die Galle sie
enthält, ist schon oben q) gezeigt worden. Von
ihrer Gegenwart im Harn wird im folgenden §. die
Rede seyn. In der Milch kannte man sie bisher
nicht. Es giebt aber eine bisher unerklärte Er-
scheinung, die für ihre Anwesenheit in dieser
Flüssigkeit zeugt, nehmlich die rothe Farbe, wel-
che die Milch beym Kochen mit ätzendem, feuer-
beständigem Alkali erhält, und die gelbe, in der
Hitze sich in Braun verwandelnde Farbe der Auf-
lösung des Käse in solchem Laugensalz. Man erhält
dieselben Farben, wenn man die gelbe Flüssigkeit,
welche durch Digestion sowohl des Benzoeharzes,
als des Eyweiſs, der Gallerte und des Faserstoffs
mit
[585] mit Salpetersäure entsteht, mit reinem Kali oder
Natrum sättigt, und diese Mischung, die krystal-
lisirt den Welterschen Bitterstoff ausmacht, er-
hitzt r).


Die Basis der Benzoesäure ist gewiſs eine Mo-
difikation, oder ein Bestandtheil mehrerer anderer
thierischer und vegetabilischer Materien, die bis-
her für eigene Substanzen gegolten haben, beson-
ders der Gallussäure, der Milchzucker- und Harn-
säure. Alle diese Säuren haben mit einander ge-
mein, daſs sie sich in Weingeist und kochendem
Wasser, nicht aber, oder nur in sehr geringer
Quantität, in kaltem Wasser auflösen, sich bey der
Destillation gröſstentheils unverändert sublimiren,
und mit Salpetersäure digerirt in Sauerkleesäure
übergehen. Die Gallussäure und Milchzuckersäure
hauchen erhitzt auch den Geruch des Benzoehar-
zes aus, und die Blasensteinsäure hat die, eben-
falls ihre Verwandtschaft mit der Benzoesäure be-
weisende Eigenschaft, mit Salpetersäure gesättigt
und abgedampft eine rothe Materie zu geben, die
in
O o 5
[586] in der Kälte farbenlos wird, aber in der Wärme
die rothe Farbe wieder annimmt s).


Auch die Blutsäure scheint mir mit der Ben-
zoesäure ein gemeinschaftliches Princip zu haben.
Eine mit Salpetersäure versetzte Auflösung der
Blutsäure in Alcohol, die ohngefähr vier Wochen
in einem verschlossenen Glase gestanden hatte,
gab beym Oeffnen des Glases einen Geruch
von sich, der mir dem des Benzoeharzes ähnlich
zu seyn schien. Die Eigenschaft, durch salpeter-
saures Eisen geröthet zu werden, hatte sich wäh-
rend jener Zeit verloren, und es hatte sich ein
Niederschlag von schwärzlichen Körnern in der Mi-
schung gebildet.


Kennten wir die Basis der Benzoesäure, so
würden viele Punkte der thierischen und vegeta-
bilischen Chemie aufgeklärt seyn. Aber bis jetzt
lassen sich über die Beschaffenheit derselben nur
Vermuthungen wagen. Mir ist es wahrscheinlich,
daſs dieselbe einerley mit der Blausäure ist.
Berthollet’s Beobachtungen über die Oxydation
der letztern durch oxydirte Salzsäure, und Lich-
tenstein
’s Versuche über die Zersetzung der Ben-
zoesäure durch Destillation mit mineralischen Säu-
ren sprechen für diese Hypothese. Berthollet
fand,
[587] fand, daſs Wasser, welches Blausäure enthielt, der
oxydirten Salzsäure am Sonnenlicht den Sauerstoff
entzog, und damit in ein aromatisches Oel über-
ging, welches in Wasser zu Boden sank, nicht
entzündbar war, aber durch schwache Wärme
in Dünste verwandelt wurde, die sich nicht in
Wasser auflösten, und sich beym Stehen an der
Sonne endlich in kleine, weisse, krystallinische
Nadeln verwandelten. Weder Schwefelsäure noch
Eisen stellten die Blausäure wieder her, wenn sie
diese Veränderung ein mal erlitten hatte t). In
Lichtenstein’s Versuchen gieng ein Theil des Ben-
zoesalzes bey der Destillation mit Salpetersäure
in Blausäure über v). Es ist wahr, Berthollet’s
Versuch wurde ohne Erfolg von Ittnerw) wie-
derholt. Aber ein einzelnes negatives Resultat
kann eine Erfahrung, zu deren Gelingen ohne
Zweifel der Grad des Sonnenlichts, die Tempera-
tur der Luft, und andere Umstände, worauf Itt-
ner
keine Rücksicht genommen zu haben scheint,
beytragen, gewiſs nicht umstoſsen.


Ob sich Blausäure im lebenden Thierkörper
anders als bey der Verdauung im Darmcanal ent-
wickelt, läſst sich bezweifeln. Wo sie sich aber
zeigt,
[588] zeigt, entsteht sie bekanntlich durch eine Ver-
bindung von Kohlenstoff, Stickstoff und Wasser-
stoff. Diese Grundstoffe finden sich in allen thie-
rischen Organen, und jedes von diesen ist daher
fähig, Blausäure zu geben. Man erhält sie aber
nicht blos daraus durch Verkohlen derselben mit
Alkali, und Digeriren dieser Kohle mit Wasser,
sondern auch sehr reichlich, und vielleicht noch
reichlicher durch Destillation mit Salpetersäure x).


Bey dieser Bildung der Blausäure durch Sal-
petersäure liefert die letztere keinen Bestandtheil
jener Substanz. Eine Wasserzersetzung findet eben-
falls dabey nicht statt. Auch aus verkohlten, und
mit höchst concentrirter Schwefelsäure befeuchte-
ten Knochen entwickelt sich Blausäure y). Sowohl
die Salpetersäure, als die Schwefelsäure kann hier
nur wirken, indem sie Trennungen und neue
Verbin-
[589] Verbindungen in den thierischen Grundstoffen ver-
mittelt, und vielleicht einen der atmosphärischen
Bestandtheile mit diesen vereinigt. So wird auch
die Stärke durch die Schwefelsäure in Zucker und
Gummi ohne Veränderung dieser Säure geschie-
den z). Ueberhaupt scheint die ganze Reihe von
Verwandlungen, die der Eyweiſsstoff durchläuft,
indem Säuren auf ihn wirken, weniger durch un-
mittelbare Oxydation, als durch Veränderung des
Verhältnisses, worin der Kohlenstoff, Wasserstoff
und Stickstoff vereinigt sind, hervorgebracht zu
werden.


Man kann die Blausäure für die mittelste Stufe
jener Reihe annehmen. Von ihr geht die Reihe
auf der einen Seite durch das Gallenharz und die
verwandten Substanzen, durch das Fett, den Milch-
zucker, Käsestoff, Faserstoff, Schleim und die
Gallerte zum Eyweiſsstoff fort; auf der andern
Seite erstreckt sie sich von der Blausäure durch
die Benzoe-, Harn-, Milchzucker- und Milchsäure
bis zur Sauerkleesäure. Die Materien der erstern
Reihe enthalten blos innigst gebundenen Sauer-
stoff, und diesen in geringer Quantität; die Sub-
stanzen der letztern Reihe besitzen freyen Sauer-
stoff, und diesen in gröſserm Verhältniſs.


Ueber-
[590]

Uebereinstimmend mit den bisherigen Sätzen
und Bestätigungen derselben sind die Schlüsse,
worauf Gay-Lussac und Thenard durch ihre
Versuche über das Verbrennen vegetabilischer und
thierischer Substanzen im Sauerstoffgas geführt
wurden a). Nach diesen Erfahrungen enthalten
diejenigen vegetabilischen Körper, welche weder
saurer, noch harziger Natur sind, Sauerstoff und
Wasserstoff in dem Verhältniſs, worin diese als
Bestandtheile im Wasser enthalten sind b). Zu
ihnen gehören die Stärke, das Gummi, der Zucker
und die Holzfaser. Mit ihnen verwandt sind un-
ter den thierischen Substanzen der Eyweiſsstoff,
der Faserstoff, die Gallerte und der Käsestoff.
Doch ist in diesen mehr Wasserstoff vorhanden,
als in dem Verhältniſs, worin er mit Sauerstoff
Wasser bildet. Je gröſser in denselben der Ueber-
schuſs an Wasserstoff ist, desto mehr Stickstoff
enthalten sie auch, und diese beyden Stoffe ste-
hen in ihnen fast in demselben Verhältniſs, worin
sie
[591] sie sich im Ammonium befinden. Alle Pflanzen-
körper, in welchen des Sauerstoffs im Verhält-
niſs zum Wasserstoff weniger als im Wasser vor-
handen ist, sind öliger, harziger, oder alcoholischer
Natur. Mit ihnen gehören die verschiedenen Arten
des thierischen Fetts in einerley Classe. Endlich
sind diejenigen Substanzen des Pflanzen- und
Thierreichs, welche mehr Sauerstoff im Verhältniſs
zum Wasserstoff als das Wasser enthalten, Säuren.
Unter ihnen steht die Sauerkleesäure in der Menge
des Sauerstoffs auf der äussersten Gränze. —
Wenn gleich diese Sätze im Einzelnen auf groſse
Genauigkeit schwerlich Anspruch machen können,
so läſst sich doch nicht mit Grund läugnen, daſs
sie im Allgemeinen Zutrauen verdienen, und die
allgemeinern Resultate stimmen, wie man sieht,
mit unsern obigen Lehren überein.


Nach diesen Sätzen scheint der Proceſs der
Animalisation vorzüglich auf Entwickelung von
Wasserstoff und Stickstoff gerichtet zu seyn. Koh-
lenstoff wird ebenfalls in beträchtlicher Menge von
dem thierischen Körper hervorgebracht. Aber der
gröſste Theil desselben wird beständig durch die
Haut und die Lungen wieder ausgeleert. Der
absorbirte Sauerstoff wird bey den Thieren der
höhern Classen wohl gröſstentheils zur Bildung
der Kohlensäure verwandt. Bey den Insekten,
die sich von mehrern Seiten in Betreff des Er-
näh-
[592] nährungsprocesses den Pflanzen nähern, verhält
es sich vielleicht anders. Diese excerniren zum
Theil eine beträchtliche Menge Säure in flüssiger
Gestalt. Unter andern schwitzen die Ameisen be-
ständig eine sehr concentrirte Säure aus, die nach
Fourcroy und Vauquelinc) eine Mischung von
Aepfel- und Essigsäure, nach frühern Versuchen
Marggraf’s, Arvidson’s, Hermbstädt’s und
Richter’s, und auch nach Süersen’s neuern Zer-
legungen d) aber eine Säure von eigener Art ist.
Auch giebt die Gabelschwanzraupe einen sauern
Saft durch eine zwischen der Unterlippe und dem
ersten Fuſspaar liegende Queerspalte von sich e).


Bey unsern bisherigen Untersuchungen führten
uns Erfahrung und Analogie. Die Substanzen,
deren Bildungsstufen wir verfolgten, sind ihren
Grundstoffen nach im Blute enthalten, und wer-
den aus diesem durch Veränderung des Verhält-
nisses dieser Grundstoffe erzeugt. Aber es giebt
Bestandtheile der thierischen Organe, die sich nicht
im Blute finden. Zu ihnen gehören vorzüglich
die Talkerde, Kieselerde und Thonerde. Woher
rühren diese? Sind sie bey den bisherigen Ana-
lysen
[593] lysen des Bluts unbemerkt geblieben; oder gelan-
gen sie aus dem Nahrungscanal durch das Zell-
gewebe zu den Organen, worin sie befindlich sind,
ohne in die Blutmasse zu kommen? Beydes ist
möglich. Aber könnte es nicht auch seyn, daſs
diese und andere unzerlegte Stoffe, wie der Phos-
phor, der Kohlenstoff, die Kalkerde u. s. w., wel-
che Bestandtheile des Bluts ausmachen, in diesen
erst gebildet würden?


Wir sind hier auf eine Frage gekommen, zu
deren Beantwortung uns die Chemie der todten
Natur wenig oder gar keine Data giebt. Um dar-
über etwas auszumachen, ist es nothwendig, vor-
her die Entstehung und Bildung des Harns zu
untersuchen, und diesen nebst den Auswurfsma-
terien mit den bleibenden Bestandtheilen des thie-
rischen Körpers zu vergleichen.


§. 24.
Die Harnwerkzeuge und der Harn.

Bey allen Thieren der vier höhern Classen
giebt es Organe, wodurch eine eigene Flüssigkeit,
der Harn, abgesondert und ausgeleert wird. Bey
den Säugthieren, wo sie am meisten zusammen-
gesetzt sind, bestehen sie aus den Nieren, den
Harnleitern, der Urinblase und der Harn-
röhre
.


Die Nieren sind bey dem Menschen zwey
länglichrunde, auf der innern Seite concave, auf der
IV. Bd. P päussern
[594] äussern convexe Organe, die neben der Wirbel-
säule, rechts unter der Leber, links unter der
Milz und dem Pankreas, hinter dem Bauchfell,
in einem mit vielem Fett angefüllten Zellgewebe
liegen, und von einer eigenen, sehr festen und
gefäſsreichen Haut umgeben sind. Jede derselben
besteht aus mehrern kleinern Theilen, die beym
Erwachsenen sehr eng, bey der Frucht hingegen
nur schlaff, durch Zellgewebe verbunden sind.
Diese Theile lassen sich mit Kegeln vergleichen,
die so geordnet sind, daſs sie mit ihren Spitzen
in der hohlen Fläche der Nieren zusammenstoſsen,
mit den Grundflächen aber nach der convexen
Fläche hin divergiren, und durch Scheidewände
von einander getrennt sind. An jedem Kegel
giebt es eine nach aussen liegende, gelbröthliche,
weiche Rinde, und eine innere, röthere, härtere,
weiſsgestreifte Marksubstanz. Beyde bestehen vor-
züglich aus Blutgefäſsen und aus den Wurzeln
der Harnleiter, den sogenannten Bellinischen
Röhren
. Jene bilden mit ihren feinsten Zweigen
in der Rinde kleine traubenförmige Verflechtungen,
und hieraus entspringen diese Wurzeln, die in
gerader Richtung zur Marksubstanz gehen, sich
hier paarweise zu gröſsern und immer gröſsern
Röhren, und endlich in jedem Kegel zu einem
einzigen Gang vereinigen. Dieser dringt aus einer
warzenförmigen Hervorragung des Marks jedes
Kegels in der hohlen Fläche der Nieren hervor,
und
[595] und hier wird sein hervorragendes Ende von der
trichterförmigen Ausbreitung eines Canals umfaſst,
der mit den übrigen Canälen (den Nierenkel-
chen
) zusammenflieſst, und endlich mit drey oder
vier Aesten in das Nierenbecken, eine den An-
fang der Harnleiter bildende, häutige Erweiterung,
übergeht.


Die beyden Nierenarterien sind die gröſsten
und festesten unter allen, zu Absonderungsorga-
nen gehenden Schlagadern. Sie entspringen un-
mittelbar aus der Aorta, dringen mit mehrern
groſsen Aesten in den hohlen Theil der Nieren,
und bilden Netze um die Grundflächen des Marks
der kegelförmigen Theile, aus welchen eine Menge
der feinsten Zweige schlangenförmig gekrümmt
zur Rinde, und in geraderer Richtung zum Marke
gehen. Diese setzen sich in die Venen fort, und
unmittelbar aus den Verbindungszweigen beyder
Gefäſse entspringen die Bellinischen Röhren. Es
findet hier also ein ähnlicher Bau wie in der
Leber statt. Die Nierenvenen sammeln sich auf ähn-
liche Art, wie sich die Arterien theilen, zu Aesten,
und endlich auf jeder Seite zu einem einzigen,
aus der Höhlung der Nieren in die untere Hohl-
ader übergehenden Stamm f). Aus der hohlen Flä-
che
P p 2
[596] che der Nieren gehen zugleich die Saugadern der-
selben hervor, die sich zu den an der Aorta und
Hohlvene liegenden Drüsen begeben, und in eben
diese Cavität dringen auch zahlreiche Zweige des
zum System des sympathischen Nerven gehörigen
rechten und linken Nierengeflechts, die mit den
Arterien eng verbunden sind, und sich mit diesen
zerästeln.


Die von den Nierenbecken zur Urinblase ge-
henden Harnleiter sind zwey ziemlich lange cy-
lindrische Canäle, die aus einer weissen, festen,
inwendig mit einem schleimigen Ueberzug und
auswendig mit Zellgewebe bedeckten Haut beste-
hen, zu beyden Seiten der Wirbelsäule hinter dem
Bauchfell herabsteigen, und ehe sie sich in den
Grund der Harnblase öffnen, auf eine kurze Strecke
zwischen den Häuten der letztern fortgehen.


Die Harnblase liegt in der vordern und un-
tern Gegend der Bauchhöhle, zwischen dem Mast-
darm und den Schaamknochen. Ihre hintere Flä-
che ist von dem Bauchfell bedeckt, das sich von
hier zum Mastdarm fortzieht. Ihre Gestalt ist
veränderlich, doch beym erwachsenen Menschen
im Allgemeinen eyförmig. In ihrer Textur hat
sie einige Aehnlichkeit mit dem Darmcanal. Ihre
äussere Bedeckung ist eine Lage von Zellgewebe,
worin sich zahlreiche, zu mehrern Stämmen der
Blutgefäſse des Unterleibs gehörige Arterien und
Venen
[597] Venen netzförmig verbreiten. Unter dieser liegt
ein Gewebe von starken Muskelfasern, die theils
der Länge nach, theils in schiefer Richtung laufen,
und an mehrern Stellen beträchtliche Zwischen-
räume haben, die blos durch die übrigen Häute
ausgefüllt sind. Hierauf folgt eine zweyte Schicht
von Zellgewebe, worin sich die kleinern Zweige
der Blutgefäſse des äussern Zellgewebes zerästeln,
und dann eine weiche, sehr elastische Membran
(Membrana nervea), die offenbar eine Fort-
setzung des Fells (Corium) ist, welches die Ober-
fläche des Körpers bedeckt. Die innerste Haut
ist der Epidermis ähnlich, und geht durch die
Harnröhre in diese über. Doch giebt es in der
Blase keine Flocken, wie auf der innern Fläche
des dünnen Darms. Unter der innern Haut liegen
zahlreiche Schleimdrüsen, deren Saft die Blase in-
wendig überzieht, und gegen die Schärfe des Urins
schützt. Jene Häute gestatten dem Wasser einen
sehr leichten Durchgang g). Es ist also begreif-
lich, wie Flüssigkeiten aus dem äussern Zellge-
webe der Blase in die Höhlung derselben gelangen
können.


An der vordern Fläche der Blase, nach un-
ten, giebt es eine Oeffnung, wodurch der Harn
aus derselben in die Harnröhre gelangt. Diese
wird
P p 3
[598] wird durch einen Fortsatz der beyden innern Bla-
senhäute gebildet. Ihr Anfang ist trichterförmig;
nachher verengert sie sich, erweitert sich aber
von neuem, und geht in cylindrischer Gestalt zur
Spitze der Eichel bey den Männern, zur vordern
Gegend der Schaam beym weiblichen Geschlecht.
Um den Uebergang der Blase in die Harnröhre
(den Blasenhals) setzen sich die Fasern der
Muskelhaut der Queere nach fort, und bilden ei-
nen Schlieſsmuskel.


So ist die Bildung der Harnwerkzeuge bey
dem Menschen. Bey den übrigen Thieren findet zu-
erst eine wichtige Abweichung von dieser Struktur
in der Abwesenheit und Gegenwart der Harnblase
statt. Die letztere fehlt bey allen Vögeln mit
Ausnahme des Strauſses und Casuars, und bey
vielen Amphibien und Fischen. Bey den Thieren
der beyden letztern Classen läſst sich kein Gesetz
angeben, wovon dieses Vorhandenseyn oder Fehlen
der Blase abhängt. Man findet sie nicht bey meh-
rern Schlangen und Eidechsen, z. B. dem Croco-
dil; hingegen andere Arten dieser Thiere, z. B.
die Blindschleiche (Anguis fragilis L.) h), die
Leguane, so wie die Schildkröten und Frösche
sind damit versehen, oder haben doch ein ähn-
liches Organ. Unter den Knorpelfischen haben
die
[599] die Rochen und Hayen keine Blase, indem andere
dieselbe besitzen. Ist vielleicht Townson’s i) Be-
hauptung, daſs bey den Anphibien die Blase mit
den Nieren nicht in Verbindung steht, und nicht
zur Ausleerung des Urins, sondern gleich dem
vierten Magen des Canals zur Aufbewahrung des
Wassers auf Zeiten des Mangels dient, gegrün-
det? Townson führt als Gründe für diese Mei-
nung an, daſs jene Thiere, die, wie das starke
Absorbtionsvermögen ihrer Haut beweist k), einer
groſsen Menge Flüssigkeit bedürfen, einen solchen
Wasserbehälter nöthig haben; daſs die Harngänge
sich bey ihnen nicht, wie Rösel angiebt, in die
Blase öffnen; daſs die in der letztern befindliche
Flüssigkeit so klar und geschmacklos wie destil-
lirtes Wasser ist, und daſs bey zwey Individuen
der Testudo orbicularis, die in gefärbtem Wasser
gesessen hatten, eben diese farbige Flüssigkeit aus
der Blase, worin ein Catheter gebracht war, her-
vordrang. Zu diesen Gründen kömmt noch, daſs
auch von Schreibers bey mehrern Fröschen und
Eidechsen die Blase in keiner unmittelbaren Ver-
bindung mit den Nieren fand l); daſs sich die
Harnleiter auch bey dem Schnabelthier und der
Echid-
P p 4
[600] Echidna mehr in die Harnröhre, als in die Blase
zu öffnen scheinen m), und daſs der Harn der
Amphibien eine feste Substanz ist, die in Verbin-
dung mit dem Koth abgesetzt wird, und sich
schwerlich in einer Blase ansammeln kann n).


Eine andere Abweichung zeigen die Vögel,
Amphibien und Fische in der Art, wie sich die
Ausführungsgänge des Urins nach aussen öffnen.
Bey den Vögeln, Amphibien, und denjenigen Fi-
schen, die keine Blase haben, liegt diese Oeffnung
immer in der Cloaca. Bey den mit einer Blase
versehenen Fischen aber giebt es eine eigene,
hinter dem After liegende Oeffnung, die den Eyern
und zugleich dem männlichen Saamen zum Aus-
gange dient o).


Eine dritte Verschiedenheit findet zwischen
dem Menschen und den übrigen Thieren im Bau
der Nieren statt. Bey mehrern Säugthieren beste-
hen diese aus Lappen, die immer getrennt blei-
ben, da sie bey dem Menschen nur vor der Ge-
burt diese Absonderung zeigen. Es läſst sich
aber auch hier kein Gesetz angeben, wovon jene
Theilung abhängt. Man findet sie bey dem Ochsen,
dem Elephant, dem Bären, der Otter, der Robbe
und
[601] und den Cetaceen, also bey Thieren von ganz
verschiedenen Familien. Bey den Vögeln, Amphi-
bien und vielen Fischen sind die Nieren immer
in Lappen getheilt, und von ganz einförmigem
Bau. Die Harngänge, deren Stämme sich bey den
Säugthieren in die Kelche der Harnleiter öffnen,
setzen sich bey jenen unmittelbar in die letztern
fort p).


Die bisher beschriebenen Theile sind die
wichtigsten unter den ausleerenden Organen. Die
Nieren sind diejenigen, in welchen der Harn ab-
gesondert wird. Aus ihnen gelangt derselbe durch
die Harnleiter in die Blase, und hier häuft er
sich an, bis die Häute der letztern bis auf einen
gewissen Grad ausgedehnt sind, und durch diese
Spannung die zusammenziehende Kraft ihrer Mus-
kelfasern in Thätigkeit gesetzt wird, bey deren
Verkürzung sich die ganze Blase verengert und
der Urin durch die Harnröhre hervordringt.


Frisch gelassen und beym gesunden Menschen
ist diese Flüssigkeit durchsichtig, ins Gelbe spie-
lend, und von dem Geruch des frischen Fleisches.
So lange sie warm ist, zeigt sie Spuren von Säure q),
die
P p 5
[602] die schwächer im Urin der Kinder, stärker in
dem der Erwachsenen sind r).


Nach dem Erkalten verändert sich der Urin
merklich. Er wird allmählig trübe und setzt eine
weisse, leichte Wolke ab, die nach und nach zu
Boden sinkt. Oft entwickelt sich in ihm statt der
Säure, die er vorher zeigte, ein Alkali; zuweilen
nimmt
q)
[603] nimmt auch seine Säure zu. Oft entsteht mit je-
ner Wolke, oder einige Zeit nachher, ein krystal-
linischer Niederschlag. Beyde Sätze sind in Be-
treff der Menge, Gestalt, Farbe u. s. w. schon
bey Gesunden sehr verschieden, und noch mehr
verändern sie sich in Krankheiten s).


Frisch zerlegt liefert der Menschenharn, nach
Fourcroy’s und Vauquelin’s Untersuchungen t),


  • salzsaures Natrum,
  • salzsaures Ammonium,
  • phosphorsauren Kalk,
  • phosphorsaure Bittererde,
  • phosphorsaures Natrum, verbunden mit
    phosphorsaurem Ammonium,
  • Harnsäure,
  • Benzoesäure, und
  • thierischen Schleim.

Zuckersäure und Kieselerde, die einige Che-
miker im Urin gefunden haben wollen, konnten
Fourcroy und Vauquelin in demselben nicht
entdecken. Ihren Analysen entgiengen aber die
Milchsäure, und der fluſssaure, in Phosphorsäure
aufgelöste Kalk, die von Berzeliusv) im Urin ent-
deckt
[604] deckt wurden. Von der Milchsäure rührt, diesem
Chemiker zufolge, die saure Reaktion des Harns
her.


Einer der merkwürdigsten unter den Bestand-
theilen des Harns ist die Harnsäure. Von ihr
entsteht der rothbraune Satz in erkaltetem Urin.
Sie krystallisirt sehr leicht, löst sich schwer in
Wasser, aber leicht in caustischen Alkalien, bey
einer hohen Temperatur auch in Salpetersäure
auf, und verfliegt zum Theil in der Hitze. Die
Auflösung in Salpetersäure erhält eine rothe Far-
be, wenn sie eingedickt wird. Man findet diese
Säure vorzüglich in den Blasensteinen und in
gichtischen Concretionen w). Hingegen giebt es
kaum eine Spur derselben in dem Urin scrophu-
löser und verminöser Kranken x).


Die Phosphorsäure ist vielleicht als un-
vollkommene Säure im Harn enthalten y). Zu-
weilen scheint sich die Basis derselben von dem
Sauerstoff zu trennen, und es entsteht dann der
leuchtende Urin, wovon Henkelz) und Hufe-
land
a) Beobachtungen gemacht haben.


Nach
[605]

Nach Gärtner’s Versuchen scheint bey dem
Menschen mit dem Alter die Quantität der Phos-
phorsäure und der Harnsäure, und zugleich der
Grad ihrer Oxydirung zuzunehmen. Die Quanti-
tät der Harnsäure nimmt ab bey verletzter Ver-
dauung. In der Kindheit und gegen die Periode
der Mannbarkeit wird die Phosphorsäure und die
Kalkerde in gröſserer Quantität ausgeschieden, als
zu der Zeit, wo das Wachsthum aufhört. Durch-
fälle und Schweisse vermindern sehr den Gehalt
des Urins sowohl an Phosphorsäure, als an Harn-
säure. Während starker Anstrengungen des Kör-
pers pflegt die Phosphorsäure in geringerer Quan-
tität, nach derselben aber in gröſserer Menge zu-
gegen zu seyn. Ein ruhiger Schlaf vermehrt beyde
Arten von Säure. Die Phosphorsäure wird durch
Fleischspeise vermehrt. Bey Menschen, Katzen und
Hunden ist bey vegetabilischer Kost am wenigsten,
bey gemischter Nahrung mehr, und bey Fleischdiät
am meisten von dieser Säure im Urin enthalten.
Die Harnsäure findet sich bey Menschen in groſser
Menge bey gemischter Nahrung, weniger bey
Fleischspeisen, und am wenigsten bey bloſser
Pflanzenkost.


Diese von Gärtner aufgestellten Sätze ver-
dienen Aufmerksamkeit, jedoch ohne neue Versu-
che nicht unbedingten Glauben. Gärtner kannte
die Milchsäure im Harn noch nicht, und nahm
alle
[606] alle freye Säure des Urins unrichtig für Phosphor-
säure an.


Die Benzoesäure ist zwar vorzüglich dem
Pferde- und Kuhharn eigen. Doch enthält sie
auch der Urin des Menschen in den ersten Le-
bensjahren.


Eine merkwürdige Verbindung mehrerer der
im Urin enthaltenen Stoffe ist der Harnstoff
(Urée). Man erhält diesen, nach Vauquelin’s
Vorschrift, wenn man eingedickten Harn krystalli-
siren läſst, die Krystalle in Alcohol auflöst, und die
Auflösung so lange destillirt, bis aller Alcohol über-
gegangen ist. In der rückständigen Masse kry-
stallisirt sich der Harnstoff. Nach Cruikshank’s
Angabe wird derselbe auch durch den Gerbestoff
aus dem Urin niedergeschlagen.


Die Krystalle dieses Stoffs sind tafelförmige,
glänzende Blätter, die eine weiſsgelbliche, hin
und wieder bräunliche Farbe haben. Sie riechen
wie Knoblauch, zerflieſsen an der Luft zu einer
dicken, braunen Flüssigkeit, die einen eigenen,
sehr widrigen Geruch wie Schwefelarsenik hat,
und sind, von den Gefäſsen losgemacht, eine zähe,
schwer zu durchschneidende Masse. In Wasser
lösen sie sich sehr leicht, in Alcohol etwas schwe-
rer auf. Die wässrige Auflösung hat eine braune
Farbe, die beym Verdünsten alle Nuançen von
Orange, Dunkelgelb und Hellgelb durchgeht. Der
Harn-
[607] Harnstoff fault sehr leicht, und verwandelt sich
dabey in Essigsäure, Kohlensäure und Ammonium.
Bey einer höhern Temperatur geht er in Harn-
säure, kohlensaures Ammonium und ein braunes
Oel über. Mit der Salpetersäure bildet er ein fast
unauflösliches, leicht krystallisirbares Salz, das
beym Erwärmen roth wird und wie Oel schmilzt.
Seine Grundstoffe sind: Stickstoff, Wasserstoff,
Kohlenstoff und Sauerstoff. Ausserdem liefert er
bey der Destillation Benzoesäure, salzsaures Am-
monium, und etwas salzsaures Natrum b).


Ich glaube nicht, daſs dieser Harnstoff so,
wie ich ihn nach Fourcroy’s und Vauquelin’s
Versuchen geschildert habe, ein Bestandtheil des
Urins ist. Ich halte ihn für eine Verbindung
einer dem Gallenharze ähnlichen Substanz mit
mehrern, dem Urin eigenen Salzen, welche ihm
die Eigenschaft zu krystallisiren mittheilen, und
zwar aus folgenden Gründen.


1. Nach Berzelius’s sehr zuverlässigen Erfah-
rungen c) ist der Harnstoff mit Milchsäure und
mehrern andern Salzen des Urins verbunden, und
diese hängen ihm so fest an, daſs sie nur durch
Glühen davon getrennt werden können. Wie sehr
aber
[608] aber durch Beymischung fremdartiger Substanzen
die Beschaffenheit des Gallenstoffs modifizirt wird,
erhellet aus dem verschiedenen Verhalten dieses
Stoffs und der Gallensteine, die eine Verbindung
desselben mit verschiedenen Neutral- und Mittel-
salzen sind, gegen Auflösungsmittel d).


2. Läſst man Urin, welcher eingedickt und von
dem krystallinischen Niederschlag abgegossen ist,
mit etwas Schwefelsäure aufkochen, so entbindet
sich essigte Säure, und es schlägt sich der Harn-
stoff nicht als eine krystallinische Masse, sondern
als ein Harz nieder, welches in Alcohol, und
auch einigermaſsen in Wasser auflöslich ist.
Schon Prouste) bemerkte dieses Harz und die
Aehnlichkeit desselben mit dem Gallenharz, wo-
von er es blos in zufälligen Beymischungen für
verschieden hält.


3. Wir haben im vorigen §. gesehen, daſs die
Benzoesäure eine Begleiterin der dem Gallenharze
ähnlichen Substanzen ist, und daſs die Harnsäure
von ihr eine Modifikation zu seyn scheint. Eine
dieser beyden Säuren ist aber gewöhnlich zugegen,
wo der Harnstoff vorhanden ist. Der Cameelharn,
der keine Harnsäure enthält, hat dagegen neben
der Benzoesäure und dem Harnstoff noch ein
riechen-
[609] riechendes Oel, welches die dem Benzoe-Oel zu-
kommende Eigenschaft besitzt, mit mineralischen
Säuren eine rothe Farbe anzunehmen f).


4. Bey der Gelbsucht nimmt der Harnstoff
ganz die Farbe und Beschaffenheit des Gallen-
stoffs an g).


Von dem Harn des Menschen ist der Urin der
Rinder, des Pferdes, Esels und Camels in mehrern
Stücken verschieden. Dieser ist immer von einem
ihm beygemischten Oel trübe. Er enthält wenig
oder gar keine Phosphorsäure und keine Harnsäure,
hingegen eine beträchtliche Menge Benzoesäure.
Gewöhnlich scheint die Phosphorsäure darin ganz
zu fehlen. Daſs jedoch diese Abwesenheit nicht
immer statt findet, beweisen Brande’s Analysen
des Camel- und Kuhharns h), nach welchen beyde
phosphorsauren Kalk, obgleich nur in geringer
Quantität, enthalten. Fourcroy’s, Vauquelin’s
und Chevreul’s entgegengesetzte Beobachtungen i)
können diese positive Erfahrung um so weni-
ger umstoſsen, da Stromeyer auch in dem Bla-
senstein
IV. Bd. Q q
[610] senstein eines Pferdes phosphorsaure Bittererde
fand k).


Das Verhältniſs der Benzoesäure ist in dem
Harn dieser Thiere eben so veränderlich, als das
der Harnsäure im Menschenharn. In dem Urin
des Pferdes ist sie oft so reichlich enthalten, daſs
sie sich schon beym bloſsen Zusatz der salzigen
Säure abscheidet. Ein krankhaftes Erzeugniſs ist
sie, wie Giesel) glaubte, gewiſs nicht.


Statt der phosphorsauren Salze, die dem Urin
der grasfressenden Thiere meist fehlen, giebt es
in diesem blos kohlen-, schwefel-, und salzsaure
Verbindungen mit Kalk, Bittererde und Alkalien.
Die Phosphorsäure geht bey ihnen theils in den
Mist über, welcher eine beträchtliche Menge phos-
phorsauren Kalk, und selbst mehr als in den Nah-
rungsmitteln befindlich ist, enthält; theils wird sie
durch den Schweiſs ausgeleert, und theils geht
sie in die Knochen, Hörner, Hufe und Haare über.
Wegen der Menge Kalkerde, die der Mist dieser
Thiere enthält, sind sie häufig Concretionen im
Darmcanal, sogenannten Bezoaren, unterworfen,
da bey dem Menschen häufiger Blasensteine vor-
kommen m).


Dem
[611]

Dem Urin der Rinder nähert sich der Harn
des Biebers, Kaninchens und Meerschweinchens.
Auch bey diesen Thieren enthält der Urin weder
Phosphorsäure, noch Harnsäure. In dem des Bie-
bers fand Vauquelinn): kohlensauren Kalk, koh-
lensaure und essigsaure Bittererde, schwefelsaures
Kali, salzsaures Natrum, Benzoesäure und Harn-
stoff. Aehnliche Bestandtheile traf er in dem Harn
des Kaninchen an. Doch bemerkte er darin we-
der Essig-, noch Benzoesäure, hingegen Schwefel
und eine gallertartige Substanz o). Bey allen die-
sen Thieren fand sich aber in dem Urin kein freyes
Natrum und Ammonium, welche in dem Rinder-
und Pferdeharn vorhanden sind.


Der Harn der rein fleischfressenden Thiere
weicht ebenfalls von dem menschlichen ab. Der
des Löwen und Tigers enthält Harnstoff, salzsau-
res und phosphorsaures Ammonium, phosphorsau-
res Natrum, und eine groſse Menge schwefelsauren
Kali, aber keine Harnsäure, keinen phosphor-
sauren Kalk und äusserst wenig salzsaures Na-
trum p).


Auffallend ist es, daſs sich die Harnsäure ohne
Harnstoff in dem Urin des Strauſses findet. Aus-
ser
Q q 2
[612] ser jener Säure liefert dieser schwefelsaures Kali,
schwefelsauren Kalk, salzsaures Ammonium, eine
thierische Materie und eine ölige Substanz, welche
die Stelle des fehlenden Harnstoffs zu ersetzen
scheint. Die Harnsäure und die Mittelsalze sind
ihm in gröſserer Menge als dem menschlichen
Harn beygemischt q).


Die Exkremente der Vögel, welche eine Mi-
schung von Koth und Harn sind, enthalten eben-
falls Harnsäure, nebst phosphorsaurem und koh-
lensaurem Kalk, und zwar von diesen beyden
Mittelsalzen mehr, als sich aus dem Futter abschei-
den läſst r).


Der Harn der Amphibien ist eine feste, dem
Koth anhängende Substanz. Bey den deutschen
Landeidechsen ist sie weich, fettig anzufühlen,
kreideweiſs, von stark urinösem Geruch, aber ohne
merklichen Geschmack. Scholz fand in ihr 0,94
Theile Harnsäure, 0,02 Ammonium, und 0,03
phosphorsauren Kalk, aber keinen Harnstoff s).


Die Harnsäure traf Proustt) auch in dem
Harn der Lacerta Iguana an. Vauquelinv)
glaubt
[613] glaubt sie in dem Harn einer Schildkröte, und
Johnw) in dem Koth der Schmetterlinge bemerkt
zu haben.


Eine nähere Untersuchung verdient noch die
Frage, ob der Urin der rothblütigen Thiere nicht
auch Eisen enthält? Bedeutend kann die Quanti-
tät dieses Metalls nicht darin seyn. Indeſs giebt
es Erfahrungen, die einigen Eisengehalt des Harns
vermuthen lassen. Stromeyerx) fand Eisenoxyd
in dem Harnstein eines Ochsen, so wie Che-
vreul
y) im Camelharn, und Vauquelinz) in
dem Urin des Löwen und Tigers, und in den
Commentarien des Bononischen Instituts a) fin-
det sich eine Beobachtung von einem blauen Satz
des Urins, der wohl nicht anders als aus der
Verbindung einer krankhaft gebildeten Blausäure
mit dem Eisenoxyd des Harns entstanden seyn
kann.


Daſs übrigens der Harn oft noch manche an-
dere Stoffe enthält, die unzersetzt aus dem Ma-
gen durch das Zellgewebe unmittelbar zur Blase
gelan-
Q q 3
[614] gelangen, ist schon im 19ten §. dieses Kapitels be-
merkt worden.


§. 25.
Chemische Processe der thierischen Ernährung.

Wir sehen jetzt, daſs es vier Wege giebt, wor-
auf bey den Thieren eine beständige Ausleerung
statt findet: die Lungen, die Oberhaut, der Mast-
darm und die Harnwerkzeuge. Durch alle diese
Organe wird eine groſse Menge Wasser ausgeleert.
Es werden zugleich aus dem menschlichen Körper
excernirt


durch die Haut und die Lungen: Kohlen-
säure, und, wenn man sich auf Thenard’s
Analyse
b)verlassen darf, durch die Haut mit
dem Schweiſs auch freye Essigsäure, salzsau-
res Natrum, eine geringe Menge phosphorsau-
ren Kalks, etwas phosphorsaures Eisenoxyd,
und thierische Materie;


durch den Mastdarm: Galle, Eyweiſsstoff,
zwey eigenthümliche thierische Materien, Gal-
lenstoff, kohlensaures, salzsaures und phos-
phorsaures Natrum, phosphorsaure Bittererde
und phosphorsaurer Kalk;


durch die Harnwerkzeuge: Schleim, Harn-
stoff, Milchsäure, Harnsäure, Benzoesäure,
salzsaures Natrum, salzsaures Ammonium,

phos-
[615]phosphorsaurer und fluſssaurer Kalk, phos-
phorsaure Bittererde, phosphorsaures Natrum
und phosphorsaures Ammonium.


Diese sämmtlichen Stoffe sind nicht blos
fremdartige, zur Assimilation unfähige Substan-
zen; es sind dieselben Theile, woraus die thieri-
schen Organe bestehen.


Die Bestandtheile des Harns treffen wir vor-
züglich in den Knochen wieder an. Berzelius
fand in den trocknen, frischen Menschenknochen,
ausser der gallertartigen Knorpelsubstanz und dem
Faserstoff der Gefäſse, phosphorsauren, fluſssauren
und kohlensauren Kalk, freyes Natrum und etwas
salzsaures Natrum c). Fourcroy und Vauquelin
entdeckten in den Thierknochen auch Braunstein,
Eisen, Kieselerde und Alaun, doch nur in gerin-
ger Quantität d).


Mehrere
Q q 4
[616]

Mehrere von jenen Stoffen machen auch Be-
standtheile der Haare aus, welche, ausser einer
schleimigen und öligen Substanz, Eisen, einige
Spuren von Braunsteinoxyd, phosphorsauren und
kohlensauren Kalk, Kieselerde in merklicher Quan-
tität, und eine beträchtliche Menge Schwefel ent-
halten e).


In den Muskeln, und vermuthlich auch in
den häutigen Theilen, giebt es ebenfalls neben dem
Faserstoff und derjenigen Substanz, die sich beym
Kochen in Gallerte verwandelt, kohlensauren und
phosphorsauren Kalk f).


Das menschliche Gehirn enthält, ausser den
beyden schon im 23sten §. erwähnten fettartigen
Materien, Eyweiſsstoff, milchsaures und salzsau-
res Natrum. Verbindungen der Phosphorsäure
mit Kalk, Kali und Bittererde, Phosphor und
Schwefel g).


Diese Vergleichung scheint, obenhin betrach-
tet, auf den Schluſs zu führen, daſs bey der Ver-
dauung eine gröſsere Menge Materie assimilirt wird,
als die zu ernährenden Organe sich anzueignen im
Stande sind, und daſs dieser Ueberschuſs unver-
ändert durch die Exkretionsorgane ausgeschieden
wird.
[617] wird. Allein bey näherer Untersuchung ergeben
sich Miſsverhältnisse zwischen den Bestandtheilen
der Nahrungsmittel, den assimilirten Materien und
den Auswurfsstoffen, die sich mit jener Annahme
nicht vereinigen lassen. Besonders zeigen sich
diese an der Phosphorsäure und der Kalkerde.
Fourcroy und Vauquelin fanden im Mist der
Pferde mehr phosphorsauren Kalk, so wie im
Koth der Vögel mehr kohlensauren und phosphor-
sauren Kalk, als sich aus dem Futter abscheiden
lieſs. Bey den Vögeln verschwindet dagegen eine
gewisse Quantität im Futter befindlicher Kiesel-
erde h). An dem Schwefel würde sich vielleicht
dasselbe zeigen, wenn dessen Ursprung im thie-
rischen Körper genau untersucht würde. Das Na-
trum aber findet sich auch in dem Körper pflan-
zenfressender Thiere, in deren Nahrungsmitteln
keine bedeutende Quantität dieses Salzes enthal-
ten ist. Hingegen liefert der Urin des Löwen
und Tigers, worin man weit eher Natrum erwar-
ten solle, nach Vauquelin’s Versuchen Kali, und
zwar in groſser Menge. Das Eisen macht einen
Bestandtheil der Gewächse aus, und geht vielleicht
aus diesen in den thierischen Körper über. Wenn
man aber bedenkt, daſs die Menge desselben im
Blute nicht ganz unbeträchtlich ist, daſs nur sehr
wenig
Q q 5
[618] wenig davon in die Knochen und Haare übergeht,
und daſs, wenn auch ein Theil desselben mit
dem Harn ausgeleert wird, dieser doch nur äus-
serst gering seyn kann, so kann man sich schwer-
lich der Vermuthung erwehren, daſs eine Zer-
setzung jenes Metalls beym Nutritionsproceſs statt
findet. Nimmt man endlich hierzu, daſs unsere
Untersuchungen über die Ernährung der Pflanzen
uns auf ganz ähnliche Resultate führten i), so ist
es mehr als wahrscheinlich, daſs überhaupt in
allen lebenden Körpern Trennungen und Verbin-
dungen vor sich gehen, welche die Kräfte der
bis jetzt bekannten chemischen Agentien überstei-
gen.


Wir fanden, daſs im Pflanzenreiche eine der
Galvanischen Elektricität ähnliche Kraft und das
Sonnenlicht die einzigen chemischen Agentien sind,
woraus sich ein Theil der Vegetationsprocesse eini-
germaſsen erklären läſst, daſs aber beyde Kräfte
nur untergeordnete seyn können k). Jene Kraft
ist vielleicht auch im thierischen Körper thätig.
Sie scheint, wie wir schon bemerkt haben l), vor-
züglich auf den beyden Flächen der häutigen
Zwischenlage, wodurch jede Zelle des thierischen
Zellgewebes von der zunächst liegenden, und jedes
Einge-
[619] Eingeweide von den übrigen abgesondert ist, statt
zu finden, und es geht hier vielleicht ein ähnli-
ches Hindurchführen der Grundstoffe, wie zwi-
schen den Polen einer Voltaischen Säule durch
vegetabilische und animalische Substanzen vor.
Sie wird, wie wir an den verschiedenen Produk-
ten der Schleimhäute, der serösen Membranen
u. s. w. sehen, modifizirt durch die verschiedene
Beschaffenheit dieser Häute.


Diese Kraft kann indeſs nicht ganz einerley
mit derjenigen seyn, die in der Voltaischen Säule
wirkt. Die Grundbedingung der letztern sind drey
verschiedenartige Materien, worunter sich wenig-
stens Eine flüssige befinden muſs. Diese Bedin-
gung findet zwar allenthalben im thierischen Kör-
per statt. Aber eine zweyte ist, daſs jene Materien
isolirt auf einander wirken, und diese vermissen
wir in den thierischen Theilen.


Die erwähnte Kraft kann auch nur eine unter-
geordnete seyn. Das Resultat aller Galvanischen
Thätigkeit ist nur Entsäurung, und Trennung in
zwey Elementarstoffe. Es muſs noch eine höhere
Einwirkung geben, wodurch das Getrennte zu
neuen Produkten und zu Verbindungen vielfacher
Grundstoffe vereinigt wird. Für den Pflanzenkör-
per scheint das Licht ein solches, obgleich auch
noch untergeordnetes Bindungsmittel zu seyn. Auf
den thierischen Ernährungsproceſs aber hat das-
selbe
[620] selbe keinen Einfluſs. Für diesen kann nur die
Nervenkraft jenes höhere Agens seyn, dieselbe
Kraft, die wir schon als die Quelle alles dynami-
schen Wirkens in der lebenden Natur kennen
lernten m), und von deren Einfluſs auf die wich-
tigsten Funktionen des thierischen Organismus
wir schon Beweise in der Lehre von dem Athem-
holen n), dem Blutumlauf o) und der Verdau-
ung p) fanden, indem wir sahen, daſs die Ent-
bindung der thierischen Wärme, die Bewegung
des Bluts und die Thätigkeit des Magens nach
Durchschneidung gewisser Theile des Nervensy-
stems aufhören.


Jener Einfluſs der Nervenkraft zeigt sich auch
an dem Schwinden eines jeden Gliedes, dessen
Nerven unterbunden oder durchschnitten sind q).
Diese Abnahme ist zwar nicht in allen Fällen gleich;
Arnemannr) fand sie nicht so bedeutend, wie
sie von andern Schriftstellern geschildert ist. Al-
lein es ist unmöglich, alle Nerven eines Gliedes
zu durchschneiden, ohne den ganzen Zusammen-
hang desselben mit dem übrigen Körper aufzuheben.
Wo
[621] Wo aber nur ein Theil dieser Nerven durchschnit-
ten ist, wird oft die Ernährung durch die übri-
gen so lange einigermaſsen unterhalten, bis die
getrennten Stücke sich wieder vereinigt haben.
Das Mehr oder Weniger in dem Erfolg jener
Versuche schwächt also nicht die beweisende Kraft
derselben.


Lieſsen sich reine Erfahrungen über die Wir-
kung des getrennten Zusammenhangs der Nerven
an drüsenartigen Eingeweiden anstellen, so wür-
den sich gewiſs hierbey ebenfalls sehr auffallende
Beweise von dem Einfluſs des Nervensystems auf
die Absonderungen ergeben. Hier aber sind reine
Versuche noch weniger als an andern Theilen
möglich. Nucks) beobachtete zwar nach dem
Durchschneiden der Speicheldrüsennerven ver-
minderte Absonderung des Speichels. Allein Söm-
mering
t) hat schon mit Recht erinnert, daſs
diese verminderte Sekretion eben sowohl von der
Verletzung der Drüsen, als dem Durchschneiden
der Nerven herrühren kann. Wäre dieses ohne
jene möglich, so würde vielleicht der Erfolg nicht
so sehr Abnahme der Quantität, als Veränderung
der Qualität des abgesonderten Speichels seyn.


Die Kraft der Nerven ist es also, wodurch das
Zerlegte im thierischen Körper wieder gebunden
wird,
[622] wird, wodurch Processe vermittelt werden, wel-
che die Chemie nur vermittelst sehr hoher Wär-
megrade, oder mächtiger Säuren nachzuahmen ver-
mag. Sie hält aber auch getrennt, was sich ohne
ihren Einfluſs verbindet. Von ihr rührt die gleich-
förmige Mischung des Bluts her, welche aufhört,
sobald dieses nicht mehr unter ihrer Herrschaft
steht. Säuren, Alkalien und Erden, die wir in
thierischen Säften, worauf sie keinen Einfluſs
mehr hat, zu Neutral- und Mittelsalzen vereinigt
antreffen, sind wahrscheinlich zum Theil unver-
bunden in diesen Flüssigkeiten vorhanden, so
lange die Einwirkung der Nerven darauf dauert.


Doch auch in dieser Kraft dürfen wir nicht
glauben, den letzten Grund der thierischen Bil-
dungsprocesse gefunden zu haben. Es giebt noch
keine Nerven in der gleichartigen Flüssigkeit,
woraus der thierische Körper entsteht, und die
Nerven verändern sich von der Geburt an bis
zum Alter mit den Organen, worin sie verwebt
sind, indem einige der letztern zunehmen oder
neu gebildet werden, und andere abnehmen oder
ganz verschwinden. Die Ursache, welche diese
Veränderungen hervorbringt, kann nicht an das
Nervensystem, und noch weniger an Häute, Zel-
len und Gefäſse gebunden seyn.


Das Lebende läſst sich also nur aus dem Le-
benden, und nicht aus erzwungenen Analogien mit
der
[623] der todten Natur erklären. Jede Theorie der Er-
nährung, die sich der Wahrheit nähern soll, muſs
von diesem Grundsatze ausgehen. Wir werden
im folgenden Abschnitt eine solche zu finden su-
chen. Daſs dieselbe von allen Seiten befriedigend
seyn wird, dürfen wir bey dem mangelhaften
Zustand unserer Kenntnisse nicht hoffen. Wir
dürfen uns aber schmeicheln, daſs sie, wenn
auch mehr Lücken, doch weniger Irrthümer ent-
halten wird, als jede, die auf dem entgegenge-
setzten Wege gefunden ist.


Vierter
[624]

Vierter Abschnitt.
Grundzüge einer Theorie der Ernährung.


Um die Ernährung der lebenden Körper befrie-
digend zu erklären, ist es nothwendig, diese Er-
scheinung aus einem andern Gesichtspunkt zu be-
trachten, als woraus sie in frühern Zeiten ange-
sehen wurde. Da noch mechanische Principien in
der Lebenslehre herrschend waren, nahm man den
Proceſs, wodurch die festen Theile gebildet und
erhalten werden, für ganz verschieden von dem-
jenigen an, wodurch die Absonderung der Flüs-
sigkeiten geschieht, und suchte für beyde Wir-
kungen verschiedene Erklärungsgründe auf. Aber
beyde sind im Wesentlichen einerley. Bey der
Ernährung der festen Theile geht das Blut in
eine feste und in eine flüssige Materie über; bey
der Absonderung der Säfte trennt sich dasselbe in
zwey verschiedene Flüssigkeiten; dies ist der ein-
zige Unterschied.


Beyde Wirkungen sind nicht Resultate der
Gestalt und Mischung der festen Theile. Dieselbe
Kraft,
[625] Kraft, die das Organ hervorbringt, bewirkt auch
die Erhaltung desselben und die darin vorgehen-
den Absonderungen. Indem sie einen gewissen
Theil bildet, schafft sie sich damit nur eine Be-
dingung
zur Fortdauer ihrer auf einen be-
stimmten Punkt gerichteten Wirksamkeit.


Beweise für diesen Satz geben die Metastasen.
Bildet sich nicht in Krankheiten Milch ausser-
halb den Brüsten, Galle ausserhalb der Leber,
und Urin in andern Theilen als den Harnwerk-
zeugen?


Man kann hierauf erwiedern, daſs nach der
Entstehung des Organs die ursprüngliche Bildungs-
kraft zu wirken aufhört, und daſs jene metasta-
tischen Erscheinungen sich auch auf eine Art er-
klären lassen, wobey es nicht der Voraussetzung
bedarf, daſs eine gewisse Flüssigkeit ausserhalb
dem zu ihrer Absonderung bestimmten Organ
erzeugt werden kann. Allein bey der Reproduk-
tion der Amphibien, Fische, Würmer, Zoophy-
ten u. s. w. werden ganze, verlorne Theile er-
setzt. Wo ist hier das Organ, welches den sich
aus der Wunde ergieſsenden Saft zu neuen Glied-
maſsen umformt?


Ueberhaupt verlieren alle Gegengründe wider
den obigen Satz ihr Gewicht, wenn wir von rich-
tigen Begriffen über das Wesen der bildenden
Kraft ausgehen.


IV. Bd. R rSo
[626]

So wenig deutlich auch die Begriffe waren,
die man bis auf die neuern Zeiten vom Wesen
des Lebens hatte, so ist doch so viel offenbar, daſs
man sich diesen Zustand als das Resultat entwe-
der eines unbedingten, oder eines beding-
ten
Wirkens dachte. Jenes war die Vorstellung,
die sich Helmont und Stahl von ihm machten;
diesen Begriff findet man in den meisten, seit
Haller’s Zeit entstandenen, biologischen Syste-
men, besonders in der Lehre Brown’s.


Aber nur die Fortdauer, nicht der Ursprung
des Lebens ist das Produkt einer Wechselwirkung
zwischen einer erregbaren Substanz und äussern
erregenden Potenzen. Wir suchen vergeblich eine
Erklärung der wichtigsten Erscheinungen des Le-
bens, wenn wir nicht als Grundsatz annehmen,


daſs das Entstehen des Lebens in einem
Princip begründet ist, dem ein gewisser Grad
der Unabhängigkeit von äussern Einflüssen,
von Selbstbestimmung zur Wirksamkeit, ein
Analogon von Spontaneität zugeschrieben
werden muſs.


Eine Erscheinung, wobey dieser Grundsatz
Anwendung findet, ist die Fortpflanzung des Ge-
schlechts. Alle biologische Systeme erklären nur
das Warum, nicht das Wie derselben v). Aber
darin
[627] darin gerade liegt das Unerklärbare dieses Phäno-
mens, weil dabey eine gewisse Unabhängigkeit
von äussern Einwirkungen statt findet.


Pflanzen, die unter so ungünstigen Um-
ständen vegetiren, daſs sie kaum das Leben zu
fristen vermögen, eilen, Blüthen und Früchte
hervorzubringen, ehe sie vergehen, und aus ih-
rem Saamen keimt unter günstigen Verhältnissen
wieder eine gesunde Nachkommenschaft hervor.
Die Vegetation würde, wenn sie Wirkung eines
geistigen Princips wäre, sich gerade so verhalten,
wie sie sich in diesem Falle verhält. Eben diese
Aehnlichkeit zwischen den Handlungen eines gei-
stigen Wesens und den Wirkungen des Lebens-
princips deutet aber auf eine Art von Sponta-
neität des letztern hin.


Zu einer andern Classe von Erscheinungen,
woran sich dieses unbedingte Wirken des Lebens-
princips äussert, gehören die Miſsgeburten. Ich
habe im dritten Bande dieses Werks (S. 453.) zu
zeigen gesucht, daſs diese Körper im Innern so
zweckmäſsig organisirt sind, wie es der Grad der
äussern Deformität nur immer zuläſst, bey allen
sich ein Bestreben ihres Bildungstriebs äussert,
auch unter den ungünstigsten Umständen einen
möglichst vollkommenen Organismus hervorzu-
bringen. Jede Hypothese, die es wagt, dieses Ge-
setz aus der Voraussetzung einer ganz von äus-
R r 2sern
[628] sern Einflüssen abhängigen Wirksamkeit zu er-
klären, muſs gezwungen und höchst unbefriedi-
gend ausfallen.


Was sich hier an den einzelnen lebenden Kör-
pern zeigt, erhellt auch aus den Bildungsstufen,
welche die ganze lebende Natur erstiegen hat.
Die Geschichte der Erde lehrt, daſs die ersten
Organismen derselben aus Zoophyten und Schaal-
thieren bestanden; daſs diesen Fische und Amphi-
bien folgten; daſs hierauf erst Säugthiere erzeugt
wurden, und daſs der Mensch mit den ihm
zunächst verwandten Thieren das letzte Produkt
der schaffenden Kraft war. Sie lehrt, daſs die
Art, wie das Individuum, ihre Perioden der Aus-
bildung, der Blüthe und des Vergehens hat, und
daſs das Ganze wie das Einzelne in ewigen Ver-
wandlungen begriffen ist w). Diese Veränderun-
gen lassen sich keinesweges blos aus der verän-
derten Wirkungsart cosmischer Einflüsse erklären;
sie müssen in den Gesetzen des Lebens selber ih-
ren Grund haben. Die Lebenskraft jedes Einzel-
nen, in so fern sie sich als Bildungskraft äussert,
ist ein Ausfluſs einer gemeinschaftlichen Grund-
kraft, die sich, dem im Prisma gebrochenen Lichte
gleich, in unzählige Strahlen spaltet, und so gespal-
ten die Mannigfaltigkeit der Arten und Individuen
des Reichs der lebenden Organismen hervorbringt.
Ver-
[629] Vermöge dieser Abhängigkeit des Lebensprincips
jedes einzelnen Wesens von einer gemeinschaft-
lichen Grundkraft nimmt alles Lebende an den
Veränderungen der Urquelle des Lebens Theil,
und es giebt daher Erscheinungen in der lebenden
Natur, deren Ursachen weit höher als in der Ein-
wirkung mechanischer oder chemischer Potenzen
liegen.


Dem Bildungsprincip der lebenden Körper muſs
folglich ein gewisser Grad der Unabhängigkeit
von äussern Einflüssen zugeschrieben werden.
Von dieser Kraft ahnete man auch schon früher ein
solches Wirken. Indem ihr Blumenbach den
Namen des Bildungstriebs beylegte, erklärte
er sie damit für etwas der Schwere und dem
Magnetismus Aehnliches, zu dessen Wirksamkeit
keine äussere Anlässe erforderlich sind, sondern
das den Grund seiner Thätigkeit in sich selber
hat. Selbst schon im Alterthum fanden scharfsin-
nige Denker in der Voraussetzung eines zweck-
mäſsig und unabhängig von Erregungen wirken-
den Princips die Auflösung des Problems von dem
Ursprunge des Lebens. Ein solches war die Welt-
seele
der Platoniker und die plastische Natur
des Cudworth. Wegen der Aehnlichkeit zwischen
den menschlichen Kunstprodukten und den Wir-
kungen des Bildungsprincips, und wegen des die-
sem zukommenden Analogon von Spontaneität war
R r 3auch
[630] auch der Name Anima vegetativa, der jener
Kraft von ältern Physiologen beygelegt wurde,
keine ganz unpassende Benennung.


Es ist also unläugbar, daſs die Ernährung der
festen Theile so wenig, als die Abscheidung der
flüssigen. Resultate der Gestalt und Mischung des
zu ernährenden Organs oder des secernirenden
Eingeweides sind. Das Organ ist Schranke, nicht
aber Ursache der Thätigkeit des Bildungstriebs;
dasselbe begränzt die Wirkungen des letztern auf
eine gewisse Sphäre, und macht die Fortdauer
jener Wirkungen in dieser Sphäre möglich.


Die fortwährende Richtung der Thätigkeit des
Bildungstriebs auf die Erhaltung eines bestimmten
Ganzen macht einen Charakter des individuellen
Lebens aus. Jenes Ganze ist ein Organismus, der
den veränderlichen Einflüssen der äussern Welt
beständig ausgesetzt ist, und dessen Materie eben
sowohl als jede unorganische von diesen Ein-
wirkungen verändert wird. Das Bildungsprincip
hingegen wird von der Aussenwelt nicht erreicht.
Eben darum aber bleibt dieses fortwährend für
jenen Organismus in Thätigkeit, weil dessen Ma-
terie unaufhörlich durch äussere Agentien zersetzt
wird, und das Zerstörte in ihm beständig zu
reproduciren ist. Diese Zersetzungen und Repro-
duktionen erscheinen uns als eine Wechselthätig-
keit zwischen einer dem lebenden Körper eige-
nen
[631] nen Erregbarkeit und erregenden Potenzen. Daher
hat alles individuelle Leben in Erregungen sein
Bestehen, obgleich die Urquelle des Lebens un-
abhängig von äussern Antrieben flieſst.


Was sich also aus chemischen Grundsätzen an-
geben läſst, sind die Elemente, woraus ein leben-
der Körper zusammengesetzt ist. Vielleicht ist es
selbst möglich, durch chemische Processe eine
thierische oder vegetabilische Flüssigkeit aus ihren
Elementen zu bilden. Aber diese Processe werden
immer von denen verschieden seyn, wodurch
eine solche Flüssigkeit im lebenden Körper hervor-
gebracht wird.


Mag man daher alle Spuren von Elektricität,
Magnetismus und allen sonstigen physischen Kräf-
ten in den lebenden Körpern aufsuchen, und so
weit wie möglich verfolgen! Das Resultat dieser
Nachforschungen wird immer nur seyn, daſs jene
Agentien im thierischen und vegetabilischen Orga-
nismus sowohl als ausserhalb demselben wirk-
sam sind; aber nie wird dadurch das eigentliche
Geheimniſs des Lebens enthüllet werden. Was
wir zu bestimmen vermögen, sind nur die Ge-
setze des Bildungstriebs, und diese werden wir
jetzt, in so fern sie sich auf die Ernährung bezie-
hen, aufzustellen versuchen, Wir werden uns
dabey kurz fassen können, da die Belege zu den
R r 4folgen-
[632] folgenden Sätzen schon in den vorhergehenden
Abschnitten dieses Werks enthalten sind.


1. Das vornehmste Substrat der bildenden Kraft
ist in der ganzen lebenden Natur der Eyweiſsstoff,
eine Substanz, die ausser dem Sauerstoff, Was-
serstoff, Stickstoff und Kohlenstoff auch Phosphor
in ihrer Mischung enthält. Die vier ersten die-
ser Stoffe hat sie mit mehrern andern Materien,
worin sich gar keine, oder nur schwache Spuren
des Bildungstriebs äussern, gemein; der Phosphor
aber ist ihr eigenthümlich. Dieser scheint daher
bey dem Lebensproceſs von groſser Wichtigkeit
zu seyn.


2. Alle thierische und vegetabilische Substanzen,
worin sich die bildende Kraft äussert, sind der
Fäulniſs fähig, und mit dem Eintritt der Fäulniſs
fängt diese Kraft an, ungebunden zu wirken,
da ihre Thätigkeit vorher, als jene Substanzen noch
Theile eines organischen Ganzen ausmachten, be-
schränkt war.


3. Sind jene Substanzen mit zuckerartigen Stof-
fen verbunden, so tritt die Fäulniſs und die un-
beschränkte Thätigkeit des Bildungstriebs erst
dann in ihnen ein, wenn sie die weinige oder saure
Gährung erlitten haben. Hierbey wird von der
gährenden Materie Sauerstoff aus der atmosphäri-
schen Luft aufgenommen, und Kohlensäure ent-
bunden.
[633] bunden. Es geht hier also den freyen Aeusserun-
gen des Bildungstriebs derselbe Proceſs vorher,
der in jedem thierischen und vegetabilischen Kör-
per das ganze Leben hindurch fortdauert.


4. Die ersten Produkte des Bildungstriebs in
faulenden Substanzen sind Bläschen, und aus die-
sen entstehen Zoophyten.


Ich habe für diesen wichtigen Satz schon im
zweyten Bande der Biologie (S. 264 ff.) so viele
Gründe angeführt, daſs ich ihn für ausgemacht
halten zu können glaube. Indeſs füge ich hier
noch Einiges aus fremder und eigener Erfahrung
zum weitern Beweise desselben bey.


Von der Auflösung thierischer Substanzen in
Infusionsthiere erzählt Ramdohr in seinen Mikro-
graphischen Beyträgen zur Entomologie
und Helminthologie
(Th. 1. S. V ff.) ein auf-
fallendes Beyspiel. Dieser sahe eine durchschnit-
tene Fasciola caudata Müll. sich unter seinen
Augen in Infusorien des Geschlechts Volvox auf-
lösen. Beyde Hälften des durchschnittenen Wurms
bewegten sich durch schwaches Ausdehnen und Zu-
sammenziehen. An den Rändern, wo der Schnitt
geschehen war, fanden beständige Wirbel statt,
wie sie die Vorticellen zu machen pflegen, deren
Entstehung folgende war. Der Wurm fing an sich
aufzulösen, und die von ihm sich trennenden
R r 5Stäub-
[634] Stäubchen geriethen bald hier bald dort blitzschnell
in eine wirbelnde, kreisförmige Bewegung, wo-
von noch mehrere nahe liegende Stäubchen der
Art ergriffen und verschlungen zu werden schie-
nen. Hierdurch entstand eine kleine Kugel, die
sich auf dem Platz ihrer Entstehung äusserst schnell
drehte, dann plötzlich fortschnellte, und mehrere
Sekunden lang umherrollte, worauf sie ruhete und
sogleich wieder in Stäubchen aufgelöst wurde,
oder, welches am häufigsten der Fall war, ihre
Bewegung von neuem anfing und fortsetzte. Die
andere Hälfte des Wurms, die noch immer schwa-
che Zeichen von Leben äusserte, wurde ebenfalls
in reines Wasser gebracht, und auch dieses füllte
sich mit solchen Kugeln an, während der Wurm
merklich an Umfang abnahm, und spät in der
Nacht ganz verschwand. Nicht alle Theile der
Fasciola wurden aber so belebt; einige zerflossen
wie ein äusserst feiner Staub.


Den Uebergang der Conferven in Infusions-
thiere, und dieser in jene, beobachtete Trentepohl
an der Conferva dilatata Roth. x). An dieser Alge
war im August die Spitze einer Menge von Aesten
keulenförmig, schwarz und undurchsichtig, und
dieses in der Keule enthaltene Schwarze äusserte
eine schwache Spur von Bewegung. Bey fortge-
setzter
[635] setzter Beobachtung wurde die Bewegung immer
merklicher, und das Schwarze trennte sich von
dem Grünen, so daſs zwischen beyden ein ganz
wasserheller Raum in dem untersten Theil der
Keule entstand. Dieser helle Zwischenraum wur-
de immer breiter; das Schwarze verhielt sich ganz
wie ein Infusionsthier, und fing an, einen Haufen
Körner und Fasern aus der Spitze der Conferve
vor sich wegzustoſsen. Bald darauf drängte sich
das Thier nach der Spitze der Keule zu, und
endlich schlüpfte es durch eine runde, am Ende
dieser Anschwellung entstandene Oeffnung hervor,
wobey der Körper desselben deutlich zusammen-
gedrückt wurde. Das Schwarzwerden der Keule
geschah blos des Nachts; das Ausschlüpfen der
Thiere fing am frühen Morgen an, und währte
ohngefähr bis Mittag. Sobald das Thier die Keule
verlassen hatte, bewegte es sich mit Schnelligkeit
im Wasser nach allen Richtungen fort. Seine Fi-
gur war völlig eyförmig oder elliptisch, seine Far-
be schwarz, fast ohne alles Grün, glänzend und
undurchsichtig; blos der obere Rand war weiſs-
lich und durchsichtig. Nachdem es jene Bewe-
gung eine Zeitlang fortgesetzt hatte, suchte es
sich einen Ruheplatz, wo es ohne einige fernere
Bewegung liegen blieb.


Dieses scheinbare Sterben war der Anfang ei-
ner neuen Entwickelung. Fünf bis sechs Stunden
nach
[636] nach dem Aufhören aller Bewegung wurden die
Thiere nicht nur gröſser, sondern viele auch voll-
kommen kugelrund, und grünlich. Nach einiger
Zeit hatten eine Menge dieser Kügelchen theils
an einer, theils an zwey einander gegenüberste-
henden Seiten eine kleine Röhre getrieben, die
den jüngern Fäden der Conferva dilatata ganz
ähnlich, und eben so wie das Kügelchen selber
inwendig an der Haut mit kleinern Körnern dicht
besetzt war. Einige trieben auch nach wenig Ta-
gen schon Aeste. Diese jungen Conferven wur-
den nach zehn Tagen wieder Mütter. Um diese
Zeit, wo sie die Länge von ohngefähr einer Linie
hatten, zeigten sich an ihnen schon schwarze,
hochschwangere Keulen.


Die von dem Thier verlassene Keule wurde
wasserhell, welk und faltig. Unter ihr verengerte
sich die Röhre der Conferve, und, indem sie sel-
ber allmählig aufgelöst wurde, trieb aus dieser
verengerten Stelle bald ein neuer Fortsatz hervor,
der ebenfalls eine schwarze Keule bekam, und
die nehmliche Folge von Erscheinungen wie der
abgestorbene Ast zeigte.


So weit die Erfahrungen Trentepohl’s, der
ein völlig unbefangener Beobachter war. Ich ha-
be im Mai 1805 gefunden, daſs die ersten Anfänge
der Conferva limosa Dillw. ebenfalls Infusions-
thiere sind. Eine Ulva lubrica Roth. war am Ran-
de
[637] de mit dieser Conferve besetzt. Neben der-
selben befanden sich Stäbchen, die hinten und
vorne lanzettförmig waren. Die kleinern von die-
sen schwammen frey in dem Wasser, worin die
Ulve lag, und äusserten ganz ähnliche, doch we-
niger schnelle Bewegungen wie Infusorien. Die
gröſsern näherten sich schon mehr der cylindri-
schen Gestalt, saſsen meist mit dem einen Ende
fest, und äusserten blos noch pendelartige Bewe-
gungen. Von den kleinern zu den gröſsern, und
von diesen zu den Fäden der ausgebildeten Con-
ferve war der Uebergang so deutlich, daſs sich
die Entstehung der letztern aus den erstern nicht
bezweifeln lieſs.


5. Die Bläschen, worin faulende Substanzen
aufgelöst werden, sind in unaufhörlicher Bewe-
gung, und in dieser Bewegung äussert sich die
Vitalität der Flüssigkeiten.


6. Diese Bläschen finden wir auch in animali-
schen und vegetabilischen Säften, die noch Bestand-
theile eines lebenden Ganzen ausmachen. Hier
aber bewegen sie, und mit ihnen die Flüssigkei-
ten, worin sie schwimmen, sich nicht wie in
faulenden Substanzen, nach unbestimmten Rich-
tungen, sondern nach gewissen Punkten.


7. Bey den Pflanzen sind diese Punkte verän-
derlich, indem sie von dem Einfluſs des Lichts,
der
[638] der Wärme und anderer wechselnden Einflüsse
abhängen. Im Thierreiche aber sind sie unver-
änderlich, und hier äussert sich die vitale Bewe-
gung der Flüssigkeiten vorzüglich an dem Umlauf
des Bluts. Aeussere mechanische Einwirkungen,
besonders die Zusammenziehungen des Herzens,
unterstützen den letztern, sind aber keinesweges
die einzigen Triebfedern desselben. Durch bloſse
mechanische Kräfte werden nur auszuleerende Ma-
terien, die keine Vitalität und keine eigenthüm-
liche Bewegung haben, z. B. der Harn und die
Exkremente des Darmcanals, fortbewegt.


8. Wie die belebten Flüssigkeiten vermöge ei-
ner innern Kraft sich fortbewegen, so gehen sie
auch auf ihrem Wege vermöge eben dieses innern
Princips in verschiedenartige Materien über. Es
ist nicht eine durch den Zusatz anderer Stoffe
aufgeregte Wahlverwandtschaft, was das Blut in
Speichel, Galle, Saamen u. s. w. verwandelt;
denn was giebt es in den Speicheldrüsen, der
Leber u. s. w., das die Bestandtheile des Speichels,
der Galle u. s. w. anzieht und die übrigen zurück-
stöſst? Es geht bey jener Verwandlung mit dem
Blut etwas Aehnliches vor, wie mit dem Licht
bey der Spaltung desselben im Prisma.


9. Die Thätigkeit jenes innern Princips ist bey
den Pflanzen abhängig, bey den Thieren hingegen
unabhängig von der Einwirkung des Lichts. Bey
den
[639] den letztern wird sie durch den Einfluſs des Ner-
vensystems bestimmt, und in dieser Bestimmung
unterhalten. Man kann in dieser Hinsicht die
Thiere Pflanzen nennen, die ein inneres, vom
Gehirn und Rückenmark ausgehendes Licht haben.
Doch dürfen wir nicht vergessen, daſs diese Ver-
gleichung für jetzt blos Vergleichung ist, und nicht
als Erklärungsgrund angewandt werden darf.


10. Alle Ernährung geht auf Hervorbringung
der Bedingungen des Lebens. Diese sind theils
innere, theils äussere. Die innern bestehen in
dem angemessenen Verhältniſs jedes einzelnen
Theils zum ganzen übrigen Organismus, und des
letztern zur äussern Welt. Dieses Verhältniſs
wird durch die stets rege Thätigkeit des Bildungs-
princips wieder hergestellt. wenn dasselbe von
zufälligen äussern Ursachen, die jedoch gewisse
Gränzen nicht überschreiten dürfen, gestört ist.
Die äussern Bedingungen des Lebens würde nur
ein Körper von unbegränzter Lebenskraft sich
selber schaffen können. Doch einige derselben
muſs auch jeder Körper von beschränkter Lebens-
kraft hervorbringen können, und die er nicht sel-
ber zu bilden vermag, muſs er wenigstens in der
äussern Natur aufzusuchen und sich anzueignen
im Stande seyn. Die vornehmsten jener äussern
Bedingungen sind Wärme und Licht. In wie fern
die lebenden Körper diese zu erzeugen vermögen,
werden
[640] werden wir im nächsten Buche ausmachen. Die
Aufsuchung derjenigen äussern Bedingungen, die
der lebende Organismus nicht selber hervorbringen
kann, setzt ein Vermögen, von den Gegenständen
der äussern Welt Eindrücke aus der Ferne zu
empfangen, und diesen gemäſs willkürliche Hand-
lungen zu äussern, voraus, womit wir uns in
den folgenden Büchern beschäftigen werden.


Zusätze.
[641]

Zusätze.


I.
Ueber das Eindringen der Luft in die Spuh-
len der Federn beym Athmen der Vögel.


(Zu S. 131.)


Nach J. und K. Wenzel’s y) Untersuchungen ist
die von Hunter und Camper sich herschrei-
bende Meinung, daſs bey den Vögeln die einge-
athmete Luft in die Spuhlen der Federn tritt,
unrichtig.


II.
Ueber die Entstehung von Stickgas beym
Athmen.


(Zu S. 189. und 190.)


Die Zunahme des Stickstoffs der geathmeten
Luft, die Spallanzani in einigen Fällen bey der
Respiration der Schnecken bemerkte, ist auch
von Allen und Pepys bey neuern, an Meer-
schweinchen gemachten Versuchen beobachtet wor-
den.
IV. Bd. S s
[642] den z). Athmeten diese Thiere blos atmosphäri-
sche Luft, so fanden Allen und Pepys eben
so, wie bey ihren frühern Versuchen, die Quan-
tität des Stickgas unvermindert, und das verzehrte
Sauerstoffgas durch eine gleiche Menge kohlensau-
sen Gas ersetzt. Athmeten sie hingegen reines
Sauerstoffgas in einem Apparat, der so eingerich-
tet war, daſs die respirirte Luft gegen neue um-
getauscht und zur Untersuchung abgesondert wer-
den konnte, so fand sich eine bedeutende Menge
Stickgas, welches jedoch bey den neu hinzuge-
setzten Portionen Luft immer mehr abnahm. Eben
dieses Resultat ergab sich, als ein Meerschwein
eine Stunde lang in einer Mischung aus Wasser-
stoffgas und Stickgas athmete, worin das erstere
zum letztern in demselben Verhältniſs, wie das
Stickgas zum Sauerstoffgas in der atmosphärischen
Luft, stand. In einigen dieser Versuche überstieg
die Menge des entbundenen Stickgas das Volumen
des Thiers. Wenn bey dem letztern Versuch die
Thiere eine bedeutende Menge Wasserstoffgas ah-
sorbirt hatten, so wurden sie schläfrig, und ath-
meten weniger kohlensaures Gas als vorher aus.
In Einem Fall, wo ein Meerschwein eine Mischung
von Wasserstoffgas und Sauerstoffgas respirirte,
übertraf die Quantität des ausgehauchten kohlen-
sauren Gas die Menge des verzehrten Sauerstoffgas
um den hundertsten Theil.


Spal-
[643]

Spallanzani glaubte gefunden zu haben, daſs
diese Zunahme des Stickgas der respirirten Luft
entweder kurz vor dem Tode, oder nach einem
reichlich genossenen Futter eintrat. Es ist zu
bedauern, daſs Allen und Pepys diese Beobach-
tung Spallanzani’s nicht gekannt haben, oder
daſs wenigstens von ihnen keine Rücksicht darauf
genommen ist. Vielleicht würden sie bey weite-
rer Verfolgung derselben gefunden haben, daſs
das Stickgas, welches bey ihren Versuchen ent-
bunden wurde, von ganz andern Ursachen, als
von dem Athmen des Sauerstoffgas oder Wasser-
stoffgas herrührte.


Berzelius erzählt in seinem View of the
progreſs and present state of animal chemistry a),
daſs er in der Erwartung, die kräuterfressenden
Thiere, deren Futter nicht so viel Stickgas ent-
hält, als in der Mischung ihrer Theile befindlich
ist, müſsten dieses Gas beym Athemholen ab-
sorbiren, Allen und Pepys zur Anstellung der
erwähnten Versuche veranlaſst hätte, und zieht
aus dem seiner Vermuthung ganz entgegengesetz-
ten Erfolg der letztern einige Folgerungen, wobey
er die Entstehung von Stickgas im thierischen Kör-
per anzunehmen scheint. Ohne diese Hypothese
verwer-
S s 2
[644] verwerfen zu wollen, kann ich doch nicht um-
hin zu bemerken, daſs es noch einer Untersuchung
bedarf, ob nicht beym Verschlucken der Speisen,
besonders roher, saftiger Kräuter, eine beträcht-
liche Menge atmosphärischer Luft in den Magen
und Darmcanal gelangt, die vielleicht mit dem
Chylus in das Blut übergeht, und wovon das
Stickgas, beym Durchgange des Bluts durch die
Lungen, abgesondert und ausgeleert wird.


III.
Versuche über den Einfluſs der Durchschnei-
dung und Zerstörung des Rückenmarks und
einzelner Nerven auf den Blutlauf.


(Zu S. 266. §. 5.)


Erst nachdem der gröſste Theil dieses Bandes
schon abgedruckt war, ist es mir möglich gewe-
sen, Versuche zur Entscheidung der Frage anzu-
stellen, ob die Durchschneidung und Zerstörung
des Rückenmarks und einzelner Nerven einen
unmittelbaren Einfluſs auf die Bewegung des Bluts
in denjenigen Theilen hat, worin sich diese Or-
gane verbreiten; oder ob, nach Le Gallois’s Hy-
pothese, der Blutlauf blos von den Zusammen-
ziehungen des Herzens abhängt, und partielle
Zerstörungen des Nervensystems ihn nur durch
ihre Einwirkung auf dieses Organ schwächen oder
ganz aufheben. Le Gallois experimentirte fast
blos
[645] blos an Kaninchen, bey welchen er die Fortdauer
und das Aufhören des Blutlaufs in einzelnen Thei-
len nur aus Merkmalen, die meist ganz unzu-
verlässig sind, beurtheilte. Meine Erfahrungen
habe ich an Fröschen gemacht, und zwar auf
eine solche Art, daſs ich die Bewegung des Bluts
vor und nach jedem Versuch unter dem Ver-
gröſserungsglase beobachten konnte. Ich theile
hier dieselben so mit, wie ich sie in meinem Ta-
gebuche aufgezeichnet habe.


1. An einem noch unausgewachsenen, erst
kürzlich gefangenen Frosch entblöſste ich auf der
untern Seite das Herz und die Lungen, auf der
obern das Gehirn, und zerstörte vermittelst eines
Messingdraths dieses und das Rückenmark. Es er-
folgten einige Zuckungen, und die mit dem Athem-
holen verbundenen Bewegungen der Kehle wur-
den unregelmäſsig. Das Herz setzte unterdeſs sei-
nen Schlag fort, und wurde bey der Diastole
roth, bey der Systole blaſs. Der Blutumlauf hatte
also, wenigstens in der Nähe dieses Organs, noch
seinen Fortgang. Die Lungen waren fortdauernd
von Luft ausgedehnt, und machten abwechselnde
Zusammenziehungen und Erweiterungen, doch nur
in geringem Grade. — Ich brachte von neuem einen
Metalldrath in das Gehirn, und zerstörte dasselbe
so vollständig wie möglich. Jetzt fielen die Lun-
gen zusammen. Aber das Herz setzte seinen
S s 3Schlag
[646] Schlag immer noch fort. Doch blieb die Farbe
desselben bey der Systole eben so blaſs, wie bey
der Diastole. Der Blutumlauf hatte also jetzt
auch in der Nähe desselben aufgehört, indeſs nur,
weil das Athemholen aufgehoben war.


2. Einen zweyten, dem vorigen an Gröſse glei-
chen, aber von Mangel an Nahrung etwas abge-
matteten Frosch spannte ich auf einer dem Lie-
berkühn
schen Equuleus ähnlichen Maschine aus,
die so eingerichtet war, daſs ich in den ausge-
dehnten, und durch einen Spiegel von unten er-
leuchteten Schwimmhäuten der Hinterfüſse die
Bewegung des Bluts unter einer 32mal vergröſsern-
den Linse beobachten, und dabey an allen Thei-
len des Thiers operiren konnte. Ich entblöſste
die ischiadischen Nerven von der Rückenseite
ohne bedeutenden Blutverlust. Der Blutlauf gieng
nach dieser Operation auf dieselbe Art wie vor
derselben in den Gefäſsen der Schwimmhäute von
statten. Ich durchschnitt hierauf beyde ischiadi-
sche Nerven. Als ich jetzt nach zwey Minuten
jene Gefäſse wieder betrachtete, war keine Bewe-
gung des Bluts in denselben mehr zu bemerken.
Das Athemholen und der Herzschlag giengen un-
terdeſs regelmäſsig fort; das Herz wurde bey der
Diastole dunkelroth, und erblaſste bey der Systole.
Ich öffnete das untere Ende des Rückenmarks,
und stieſs durch dasselbe einen Metalldrath bis
zum
[647] zum Gehirn. Das Athemholen wurde in den
ersten drey Minuten etwas unregelmäſsig, dauerte
aber dennoch fort. Das Herz pulsirte ebenfalls
fort, und wurde bey der Erweiterung mit Blut
angefüllt. Nach einer Viertelstunde schnitt ich
das ganze Rückenmark bis zum Hinterhaupt weg.
Aber auch jetzt währte das Athemholen und der
Herzschlag noch länger als zwanzig Minuten fort.
Das Herz wurde zwar bey der Diastole immer
weniger roth; doch war noch beständig eine
Veränderung der Farbe desselben hierbey zu be-
merken.


3. Ich spannte drey dem vorigen ähnliche Frö-
sche auf der erwähnten Maschine aus. Bey dem
ersten hörte der Lauf des Bluts in den Schwimm-
häuten auf, nachdem die ischiadischen Nerven
durchschnitten waren. Aber nach dem Durch-
schneiden, wobey ein groſses Gefäſs verletzt war,
entstand eine so heftige Blutung, daſs es zweifel-
haft blieb, ob die Stockung des Bluts blos von
der Trennung des Zusammenhangs der Nerven mit
dem Rückenmarke herrührte. — Bey dem zweyten
Frosch bewegte sich das Blut, nach dem Durch-
schneiden der Schenkelnerven, in den Schwimm-
häuten noch einige Zeit, doch nur langsam. —
Bey dem dritten Thier, bey welchem der Kreis-
lauf sehr lebhaft vor sich ging, durchschnitt ich
nicht die ischiadischen Nerven, sondern das Rücken-
S s 4mark,
[648] mark, und zwar in der Mitte desselben. Hier
dauerte die Bewegung des Bluts nach der Opera-
tion länger als eine Viertelstunde in den Schwimm-
häuten, ohne selbst merklich langsamer zu wer-
den. Ich stieſs hierauf einen Messingdrath in den
obern Theil des Rückenmarks von hinten nach
vorne bis zum Gehirn, und zerstörte das Mark
durch öfteres Umdrehen und Hin- und Herziehen
des Draths völlig. Jetzt war der Kreislauf in den
Hinterfüſsen zwar langsamer geworden, doch noch
keinesweges aufgehoben; ich beobachtete ihn noch
länger als sieben Minuten. Er hörte erst auf,
nachdem ich das ganze Rückgrat weggeschnit-
ten hatte, womit aber auch das Athemholen auf-
gehoben war. — Bey allen diesen Versuchen pul-
sirte das Herz nach dem Aufhören des Athem-
holens fort. — Bey dem zweyten Thier floſs
aus den zerschnittenen Schenkelmuskeln noch Blut,
nachdem die ischiadischen Nerven zerschnitten wa-
ren, und der Kreislauf in den Schwimmhäuten
aufgehört hatte.


4. An einem jungen, aber nicht sehr lebhaften
Frosch beobachtete ich erst ohngefähr 10 Minuten
lang die Bewegung des Bluts sowohl in den Zehen
der Vorderfüſse, als in den Schwimmhäuten der
Hinterfüſse, um die Geschwindigkeit desselben ge-
nau zu kennen. Dann entblöſste ich die ischiadi-
schen Nerven von der Rückenseite, indem ich
die
[649] die Verletzung der gröſsern Blutgefäſse des Hin-
terleibs sorgfältig vermied. Der Blutverlust bey
der Operation war auch sehr gering. Jetzt beoh-
achtete ich von neuem 10 Minuten lang den
Blutlauf in den Schwimmhäuten der Hinterfüſse,
den ich eher beschleunigt, als vermindert fand.
Ich durchschnitt nun die ischiadischen Nerven
gleich unter ihrem Ursprung am Rückgrat, und
untersuchte dann wieder den Blutlauf in den Hin-
terfüſsen. Zwischen dem Durchschneiden und die-
ser Untersuchung waren nur wenige Sekunden
verstrichen, und doch hatte alle Bewegung des
Bluts in den hintern Gliedmaſsen völlig aufge-
hört. In den Vorderfüſsen hingegen dauerte der
Kreislauf nach wie vor fort. In den ersten 5 Mi-
nuten schien er hier nicht einmal langsamer ge-
worden zu seyn. Nach einer Viertelstunde hatte
er zwar etwas nachgelassen; doch war die Ver-
minderung der Geschwindigkeit desselben kaum
merklich.


5. Bey einem schon völlig ausgewachsenen
und sehr lebhaften, weiblichen Frosch dauerte der
Blutlauf in den Hinterfüſsen nach der Durch-
schneidung des mittlern Theils des Rückenmarks
noch zehn Minuten. In den ersten fünf Minuten
nahm die Bewegung des Bluts in jenen Theilen
nur langsam, in den folgenden aber sehr schnell
ab. Beym Durchschneiden des Rückenmarks war
S s 5die
[650] die Blutung ziemlich bedeutend. In der vordern
Hälfte des Körpers hatte die Respiration acht
Stunden nach der Operation noch ihren Fortgang.
Als ich um diese Zeit die Gefäſse der Schwimm-
häute von neuem beym Sonnenlichte untersuchte,
war ich sehr überrascht, das Blut in den klein-
sten dieser Gefäſse wieder in Bewegung zu fin-
den. In den gröſsern Adern konnte ich indeſs keine
Bewegung mehr bemerken.


6. Bey einem männlichen Frosch, der dem vo-
rigen an Stärke und Gröſse gleich war, durch-
schnitt ich ohne erheblichen Blutverlust blos den
ischiadischen Nerven der rechten Seite. Anfangs
schien der Blutlauf im rechten Fuſs geschwächt
zu seyn. Nachher aber schien er mir in den klein-
sten Gefäſsen eben so lebhaft wie vor der Ope-
ration vor sich zu gehen. In den gröſsern Ge-
fäſsen stockte er. Doch ging er in einigen von
diesen schon vor der Operation stoſsweise von
statten. Ueberhaupt habe ich bey diesem sowohl,
als dem vorigen Frosch, die Bewegung des Bluts
in den Haargefäſsen, die nur ein einziges Blut-
kügelchen durchlassen, weit lebhafter als in den
gröſsern Zweigen gefunden. — In den kleinern
Gefäſsen des andern Schenkels dauerte ebenfalls
der Blutlauf noch fort, nachdem der ischiadische
Nerve desselben durchschnitten war. — In bey-
den Hinterfüſsen beobachtete ich den Kreislauf
noch
[651] noch länger als eine halbe Stunde nach der Tren-
nung der Nerven.


7. Bey mehrern Kaulquappen, die eine Länge
von ohngefähr anderthalb Zoll hatten, und in de-
ren durchsichtigem Schwanz sich der Blutumlauf
sehr deutlich beobachten lieſs, hörte derselbe in
diesem Theil augenblicklich auf, sobald das un-
tere Ende des Rückenmarks durchschnitten war.
Das Athemholen und der Herzschlag dauerten da-
bey fort. Diese Funktionen hörten auch nach dem
Durchstechen des Gehirns nicht auf. Das Athem-
holen wurde aber gleich gehemmt, sobald der
vordere Theil des Rückenmarks zerstört war.


Durch diese Erfahrungen erhält alles, was ich
oben (S. 272 ff.) über die Unrichtigkeit der Schlüsse
gesagt habe, die Le Gallois aus seinen Versuchen
gezogen hat, volle Bestätigung. Zuerst folgt dar
aus, daſs die Entstehung von Blutungen aus ver-
wundeten Theilen, wovon Le Gallois ein Haupt-
kennzeichen der Fortdauer des Blutumlaufs in
diesen Theilen hernahm, eben so unzuverlässig
ist, als das auf der Fortdauer des Empfindungs-
vermögens in einzelnen Organen gebauete Merk-
mal, dessen Trüglichkeit ich schon oben (S. 275.)
bewiesen habe. Im 3ten Versuch entstand bey
dem zweyten Frosch aus den zerschnittenen Schen-
kelmuskeln noch eine Blutung, obgleich der Kreis-
lauf in diesen Theilen aufgehört hatte. Dagegen
floſs
[652] floſs aus denselben verwundeten Muskeln bey an-
dern Fröschen, in deren Hinterschenkeln der
Blutlauf noch ungeschwächt war, nur sehr wenig
Blut.


Alle Erfahrungen über das Aufhören oder Fort-
dauern des Blutumlaufs in einzelnen Theilen, die
nicht auf unmittelbaren Beobachtungen beruhen,
müssen also sehr unsicher seyn. Die meinigen
dürfen, wie ich glaube, auf mehr Zuverlässig-
keit Anspruch machen, und diese führen auf fol-
gende Resultate.


1. In einigen Fällen hörte der Blutumlauf in
den hintern Gliedmaſsen nach der Durchschnei-
dung der ischiadischen Nerven oder des Rücken-
marks sehr schnell auf (Vers. 2, 4.); in andern
dauerte er selbst nach der Durchschneidung des
Rückenmarks in diesen Theilen fort (Vers. 3, 5,
6.). In den letztern Fällen lieſs er jedoch in den
gröſsern Gefäſsen jener Glieder nach (Vers. 5, 6.).
Nur in den kleinsten Adern währte er oft ziem-
lich lange fort, und kehrte selbst nach einiger
Zeit zurück, nachdem er schon gehemmt gewesen
war (Vers. 5.).


2. Bey allen diesen Beobachtungen ging das
Athemholen, der Herzschlag und der Blutumlauf
in dem Vordertheil des Körpers fort. In Einem
Fall (Vers. 4.), wo der Blutlauf in den hintern
Theilen nach der Durchschneidung der ischiadi-
schen
[653] schen Nerven augenblicklich aufhörte, war anfangs
in den Vorderfüſsen nicht einmal eine bedeutende
Abnahme der Geschwindigkeit desselben zu bemer-
ken. Selbst gänzliche Zerstörung des Rückenmarks
hob diese Funktionen nicht auf (Vers. 1, 2.). Nur
wenn das Gehirn nebst dem obern Ende des Rücken-
marks völlig zerstört war, kamen das Athemho-
len und der Blutumlauf zum Stillstand (Vers. 1,
3, 7.). Das Herz fuhr aber auch in diesem Falle
fort zu pulsiren (Vers. 1, 3.).


3. Haller’s Lehre, daſs der Schlag des Herzens
in keiner unmittelbaren Abhängigkeit von dem Ein-
fluſs des Nervensystems steht, ist also unwiderlegt.
Unrichtig ist aber die Meinung Haller’s, daſs
blos dieser Schlag den Kreislauf bewirkt; denn
wie hätte in den obigen Versuchen die bloſse
Durchschneidung der ischiadischen Nerven den
Stillstand, oder wenigstens die Abnahme der Be-
wegung des Bluts in den hintern Extremitäten
bey der Fortdauer des Kreislaufs im übrigen Kör-
per zur Folge haben können, wenn diese Meinung
gegründet wäre?


4. Alle obige Erfahrungen finden nur eine be-
friedigende Erklärung in der Voraussetzung, daſs
der Blutumlauf von einer eigenen bewegenden
Kraft des Bluts entsteht, welche von dem Athem-
holen und dem Einfluſs des Nervensystems ab-
hängig ist, und deren Wirkungen durch die Zu-
sammen-
[654] sammenziehungen des Herzens blos unterstützt
werden. Die Abhängigkeit dieser Kraft von dem
Einfluſs der Nerven ist verschieden nach der Ver-
schiedenheit des Individuums. Sie wird auf ähn-
liche Art, wie die Muskelkraft in einzelnen Thei-
len, nach der Trennung der zu denselben gehen-
den Nerven vom Gehirn und Rückenmark, bald
früher, bald später erschöpft.


IV.
Beobachtungen über die freywilligen Bewe-
gungen des Bluts.


(Zu S. 260. und 549.)


Wenn es wahr ist, daſs der Kreislauf des Bluts
nicht blos von dem mechanischen Einfluſs des
Herzens herrührt, sondern daſs diese Flüssigkeit
ein eigenes Bewegungsprincip besitzt, so läſst sich
erwarten, daſs die Thätigkeit dieses Princips, wie
die aller übrigen Lebenskräfte, auch nach der
Trennung des Bluts vom übrigen Organismus noch
einige Zeit fortdauern wird; und findet diese Fort-
dauer wirklich statt, so erhält dadurch jene Lehre
eine neue Bestätigung.


Ich hatte schon vor längerer Zeit über diesen
Gegenstand Untersuchungen angestellt, ohne aber
auf zuverlässige Resultate gekommen zu seyn.
Oft fand ich in den Kügelchen von Blutstropfen,
die ich unter dem Vergröſserungsglase betrachtete,
Ströme
[655] Ströme und Wirbel, die mir von einer innern
Kraft zu entstehen schienen. Aber in der Folge
entdeckte ich einen Umstand, der mir diese Beob-
achtungen verdächtig machte. Ich hatte jenes
Blut meist von Fröschen und Kaulquappen genom-
men. In dem Wasser, worin sich diese Thiere
aufhalten, befinden sich immer Vorticellen und an-
dere Infusionsthiere, die leicht mit unter das Blut
gerathen, und dasselbe durch ihre abwechselnden
Zusammenziehungen und Ausdehnungen in Bewe-
gungen setzen, die mit freywilligen die gröſste
Aehnlichkeit haben. Indeſs waren mir auch Fälle
vorgekommen, wobey diese Täuschung nicht statt
gefunden haben konnte. Als ich im letzten Früh-
jahr meine Untersuchungen über diesen Gegen-
stand wieder vornahm, erhielt ich endlich die Ge-
wiſsheit, daſs es automatische Bewegungen nicht
nur in gelassenem Blute, sondern auch in mehrern
andern thierischen Säften giebt.


Die freywilligen Bewegungen des Bluts sind
von zweyerley Art. Die eine besteht in Wirbeln
und Strömen der Blutkügelchen. Man sieht un-
ter einer hinreichenden Vergröſserung b) entweder
bald hier, bald dort in dem Tropfen einen Wir-
bel entstehen, woraus sich ein Strom von Kü-
gelchen ergieſst; oder man erblickt die ganze Masse
der
[656] der Blutkügelchen in einer wirbelnden Bewegung.
Dieses Phänomen findet nur unmittelbar nach
dem Ausflieſsen des Bluts aus einer Ader statt,
und dauert meist nur einige Sekunden. Dann
tritt das Gerinnen des Bluts, und mit diesem die
zweyte Art von Bewegung ein, die schon von
Heidmann bemerkt und S. 549. dieses Buchs an-
geführt ist. Sie besteht in einer plötzlichen,
zuckenden Zusammenziehung des ganzen Blutku-
chens, die zuweilen ganz das Ansehn einer Mus-
kelbewegung hat. Die stärksten Zuckungen beob-
achtete ich einige male, als ich das Blut wäh-
rend der Bildung des Blutkuchens mit Wasser
vermischt hatte. Das Wasser beförderte hier aber
nur die Bewegungen, indem es das Ankleben
des Blutkuchens an dem Glase verhinderte. In
einigen Fällen waren an einzelnen, noch flüssigen
Stellen des Bluts die Kügelchen vor dem Eintre-
ten der Zuckung in starker Bewegung. In den
meisten Fällen aber trat das Phänomen bey völ-
liger Ruhe der Blutkügelchen ein.


Bedingungen dieser Beobachtungen sind: daſs
man das Blut, nachdem es aus einer eben erst
geöffneten, gröſsern Ader gedrungen ist, so schnell
wie möglich unter das Vergröſserungsglas bringt;
daſs das Thier noch nicht durch Blutverlust, durch
heftige Reitzungen des Nervensystems u. d. gl.
erschöpft ist; und daſs man nicht zu kleine Bluts-
tropfen
[657] tropfen zu der Beobachtung nimmt. Vorzüglich
wichtig ist die zweyte Bedingung. So oft ich
Blut von Fröschen untersuchte, an welchen ich
vorher das Rückenmark durchschnitten, oder an-
haltend gereitzt hatte, bemerkte ich daran gar
keine, oder doch nur schwache Bewegungen, wenn
auch das Athemholen und der Herzschlag noch
ihren Fortgang hatten.


Ich versuchte, jene Bewegungen durch war-
mes Wasser zu verstärken, doch ohne Erfolg.
Eben so wenig bemerkte ich eine Zunahme dersel-
ben, wenn ich das Glas des Objektenträgers durch
Reiben elektrisch machte, ehe ich das Blut darauf
fallen lieſs. Phosphorsäure machte, daſs die Blut-
kügelchen in kleinere Kügelchen zerfielen, brachte
aber keine Zuckungen in dem Blutkuchen hervor.


Aber nicht blos das Blut äussert freywillige
Bewegungen. In dem mit Wasser verdünnten
Saft der Eyerstöcke eines Frosches, worin die
Eyer noch unentwickelt waren, traf ich Kügel-
chen an, die kaum den zehnten Theil des Durch-
messers der Blutkügelchen hatten, und in einer
beständigen, jedoch sehr langsamen und nur bey
einer 300maligen Vergröſserung deutlich bemerk-
baren Bewegung waren. An Einer Stelle, wo
sich mehrere Kügelchen zusammengehäuft hatten,
fand eine stärkere, zuckende Bewegung statt, die
eine ziemlich lange Zeit anhielt.


IV. Bd. T tEben
[658]

Eben solche Kügelchen, und die nehmliche
langsame, aber nicht zu verkennende Bewegung
derselben entdeckte ich in der bläulichen Flüssig-
keit, die sich aus den durchschnittenen Muskeln
der Weinbergschnecke ergieſst.


Die stärksten und schnellsten Bewegungen habe
ich an dem unmittelbar aus den Hoden genom-
menen, männlichen Saamen von Fröschen, die
ich während ihrer Begattung geöffnet hatte,
beobachtet. Ich sahe hier bey einer 300maligen,
einfachen Vergröſserung die ganze unter das Mi-
kroskop gebrachte Masse schnelle, wellenförmige
Bewegungen machen, die offenbar ganz unabhän-
gig von den Bewegungen der Saamenthiere waren.
Wie diese Erscheinung an einer Flüssigkeit, die
doch häufig genug mikroskopisch untersucht ist,
bisher unbeachtet hat bleiben können, weiſs ich
mir nicht anders als unter den Voraussetzungen
zu erklären, daſs man über die Betrachtung der
Saamenthiere alles Andere übersehen hat; oder
daſs man nie den Saamen brünstiger Thiere beob-
achtete; oder auch, daſs man ihn nicht schnell
genug, nachdem er aus den Hoden genommen
war, unter das Vergröſserungsglas brachte. Leeu-
wenhoek
c) ist der einzige Beobachter, der dieses
Phänomen an dem Saamen eines Hahns, den er
eine
[659] eine Zeitlang abgesondert von Hühnern gehalten
hatte, gesehen zu haben scheint. Er leitete aber
unrichtig dasselbe von den Bewegungen der Saa-
menthiere her.


V.
Versuche über den Einfluſs des Magensafts auf
Glas, und über die Säure dieses Safts.


(Zu S. 359 ff.)


Ich muſs gestehen, daſs ich bey neuern Ver-
suchen mit dem Magensaft von Krähen und einer
Möve eben so wenig sichere Beweise von der Ein-
wirkung dieser Flüssigkeit auf Glas, als bey mei-
nen frühern, S. 360. erzählten Versuchen erhalten
habe.


Ich lieſs drey junge Krähen einen soliden, an
den Rändern abgefeilten Glascylinder, der 48 Gran
wog, verschlucken. Die erste bekam ihn des
Abends um sieben Uhr, und hatte ihn am folgen-
den Morgen wieder ausgebrochen. Der Cylinder
war hin und wieder an den abgefeilten Stellen
mit einer bräunlichen Materie bedeckt, die in
Wasser zu Boden sank, und aus Flocken bestand,
worin eine erdige Materie eingehüllt zu seyn
schien. Beym Wägen des Glases fand sich ein
Gewichtsverlust von ohngefähr einem Drittel Gran.
Es blieb aber zweifelhaft, ob dieser von einer
Auflösung des Glases, oder davon, daſs etwa beym
Ausbrechen des Cylinders und dem dabey einge-
T t 2trete-
[660] tretenen Fall desselben auf den Boden des Käfigs,
kleine Glastheile abgesprungen waren, herrührte.
Die zweyte Krähe erhielt den Cylinder um neun
Uhr Morgens, und behielt ihn bis Mittag bey sich.
Hierauf wurde er gleich der dritten beygebracht,
die ihn erst am folgenden Morgen ausbrach. Nach
diesen Versuchen konnte ich gar keine Gewichts-
verminderung des Glases bemerken.


Ich sammelte von denselben Krähen, die zu
den vorigen Versuchen gedient hatten, vermittelst
Schwämme, die ich ihnen beybrachte und welche
nach einiger Zeit wieder ausgebrochen wurden,
etliche Drachmen Magensaft, vermischte diesen
mit halb so vieler concentrirter Schwefelsäure, die
ich mit dem vierfachen Gewicht Wasser verdünnt
hatte, legte denselben Glascylinder, der bey den
vorigen Versuchen gebraucht worden war, in die
Mischung, und erhielt die Flüssigkeit eine halbe
Stunde in der Siedehitze. Der Cylinder hatte
aber keine bemerkbare Veränderung seines Ge-
wichts erlitten.


Ich lieſs endlich eine Möve (Larus canus) den
erwähnten Glascylinder verschlucken. Dies ge-
schah des Nachmittags um 3 Uhr. Am folgenden
Morgen hatte die Möve ihn wieder ausgebrochen.
Das Gewicht des Cylinders war etwas vermindert,
doch höchstens nur um ¼ Gran. Die polirten Stel-
len des Glases waren nirgends angegriffen.


So
[661]

So wenig diese Erfahrungen für meine Mei-
nung, daſs die Fluſssäure ein Bestandtheil des
Magensafts ist, etwas beweisen, so kann ich doch
diese Vermuthung noch nicht aufgeben. Ich sehe
noch immer nicht ein, von welcher andern Säure
als der Fluſssäure die starken auflösenden Wirkun-
gen des Magensafts mancher Thiere herrühren kön-
nen. Es lassen sich ausser ihr blos noch Schwe-
fel-, Salz-, Phosphor- und Milchsäure in diesem
Saft annehmen. Aber keine der letztern ist kräf-
tig genug zu jenen Wirkungen. Die Säure des
Magensafts muſs auch flüchtiger Art seyn, da die
Reaktion derselben gegen Pflanzenpigmente mit
der auflösenden Kraft des gastrischen Safts nicht
in Verhältniſs steht. Diese Flüchtigkeit läſst sich
aber ebenfalls nur von der Fluſssäure annehmen.
Daſs wirklich diese Säure auch als Gas im thieri-
schen Körper vorkömmt, dafür geben die Bey-
spiele von einer ätzenden Wirkung, welche die
Ausdünstung der Augen mancher Menschen auf
Brillen äusserten d), einen Beweis, Beyspiele, die
sich
T t 3
[662] sich schwerlich ohne die Voraussetzung, daſs
fluſssaures Gas ein Bestandtheil der Augenaus-
dünstung war, erklären lassen.


Ich habe übrigens den gastrischen Saft der
Krähen, den ich mir durch Schwämme verschafft
hatte, noch weiter untersucht, und gefunden,
daſs man sich auf die Resultate aller chemischen
Versuche, die mit dem auf diese Weise gesam-
melten Magensaft gemacht sind, gar nicht verlas-
sen kann. Der letztere greift immer die Schwäm-
me an, und erhält von denselben fremdartige
Theile. Er bekömmt davon eine gelbe Farbe, die
sich verliert, wenn man ihn durch dichte Leine-
wand seihet. Die gelben Theile bleiben auf dem
Filtrum zurück, und die filtrirte Flüssigkeit ist
von weiſslicher Farbe. Schwefelsaures Silber
brachte in diesem durchgeseiheten Saft einen weis-
sen Niederschlag hervor; salpetersaures Bley prä-
cipitirte nur einige, kaum bemerkbare Flocken;
salpetersaurer und salzsaurer Baryt bewirkten gar
keine Fällung. Diese Erscheinungen deuteten auf
freye Salzsäure hin, und wichen sehr von denen,
S. 359. beschriebenen ab, die ich bey der chemi-
schen Untersuchung des Magensafts der Hühner
beobachtete. Ich zweifele aber nicht, daſs die
Abweichung blos von den Schwämmen herrührte,
wovon der Magensaft der Krähen einen Theil auf-
gelöst hatte.


[[663]]

Appendix A Druckfehler.


  • S. 51. In dem Citat l) lese man: Rudolphi a. a. O.
    §. 134. 135.
  • S. 82. Anmerk. i). In der 3ten Zeile. Statt Rückstand
    auslöschte
    l. m. Rückstand Lichter
    auslöschte
    .
  • S. 209. Z. 4. St. eine l. m. einer.
  • Ebendas. In der Anmerk. a). Z. 3. Nach Kohlenstoff
    setze man hinzu: mit dem Sauerstoff.
  • S. 225. Z. 4. St. Farbenveränderungen l. m. Far-
    benveränderung
    .
  • S. 315. Z. 21. Nach findet setze man hinzu: sich.
  • S. 453. In der untersten Zeile. St. Entenart l. m. Eu-
    lenart
    .
  • S. 454. Z. 6. St. Hérous l. m. Hérons.
  • S. 459. In dem Citat m) l. m. Rudolphi a. a. O. S.
    342.
  • S. 494. Z. 21. St. Notua l. m. Noctua.
  • S. 496. In der Anmerk. n). Z. 1. St. zwanzig l. m.
    zwey
    .
  • S. 558. Z. 12. St. aus ihr l. m. aus ihm.
  • S. 604. In dem Citat z) l. m. Acta Acad. Nat. Cu-
    rios
    . T. 5. p. 332.

[][][][]
Notes
a)
Biologie. Bd. 3. S. 591.
b)
Biologie. Bd. 3. S. 592.
c)
Ebendas. S. 593.
d)
Biologie. Bd. 1. S. 427.
e)
Vergl. K. Sprengel’s Anleitung zur Kenntniſs der
Gewächse. B. 1. S. 89. 98. — L. C. Treviranus
vom inwendigen Bau der Gew. §. 1. — Dessen
Beyträge zur Pflanzenphysiologie. S. 1. — Link’s
Nachträge zu den Grundlehren der Anat. u. Phy-
siologie der Pflanzen. S. 3.
f)
Im 3ten Bande der Biologie (S. 233.) habe ich mich
wegen des Satzes, daſs der erste Anfang aller Or-
ganisation des Lebendigen ein Aggregat von Bläs-
chen ist, die unter einander keine Verbindung ha-
ben, auf C. F. Wolff’s Theoria generationis beru-
fen. Herr J. J. P. Moldenhawer tadelt mich des-
halb in seinen Beyträgen zur Anatomie der
Pflanzen
(S. 67.). und versichert: “in allen Stel-
„len der Wolffschen Schrift wäre auch nicht ein
„Wort, welches darauf leitete, daſs alle organische
„Elemente, alle Gefäſse aus einzelnen, für sich be-
„stehen-
f)
„stehenden Bläschen entständen, welche unter sich
„gar keine Verbindung haben.” Aber man sehe
doch unter andern die von mir angeführte 93ste
Seite der zweyten Ausgabe des Werks von Wolff
nach, und man wird hier folgende Worte finden:
Partes constitutivae, ex quibus omnes corporis ani-
malis partes in primis initiis componuntur, sunt
globuli, mediocri microscopio cedentes semper. Daſs
sich Wolff die Entstehung der Pflanzen und Thiere
nicht aus einem Aneinanderreihen dieser Bläschen
dachte, hat allerdings seine Richtigkeit. Aber wo
habe ich Wolff diese Behauptung aufgebürdet?
Und wo habe ich selber eine solche Meinung ver-
theidigt? Es sind zwey sehr verschiedene Dinge,
zu sagen, daſs die ersten, in formloser Materie sich
erzeugenden Gestalten Bläschen sind, und zu be-
haupten, daſs diese Bläschen sich an einander fü-
gen, um Gefäſse, Nerven u. s. w. zu bilden.
g)
Beytr. zur Anat. der Pfl. S. 117.
h)
Anatomie der Pflanzen. S. 35.
i)
A. a. O. H. 2. S. 8.
k)
A. a. O. S. 111 ff.
l)
Samml. zerstreuter Abhandl. u. Beobachtungen. Th.
1. S. 116.
m)
A. a. O. S. 57.
n)
A. a. O. S. 92 ff.
o)
Weidenfasern, die solche Luftblasen enthalten, hat
mein Bruder (L. C. Treviranus vom inw. Bau
der Gew. T. I. fig. 7.) abgebildet.
p)
L. C. Treviranus a. a. O. S. 20. J. J. P. Mol-
denhawer
a. a. O. S. 13. 58.
q)
Grundlehren der Anat. u. Physiol. der Pflanzen.
S. 97. Fig. 33.
r)
Vergl. J. J. P. Moldenhawer a. a. O. S. 254.
s)
A. a. O. 264 ff.
t)
An einer andern Stelle seiner Beyträge (S. 279 ff.)
nennt Moldenhawer noch eine zweyte Ursache,
die den groſsen Gefäſsen zuweilen das Ansehn porö-
ser Röhren giebt. “Die Spiralgefäſse der Linde”,
sagt er, “zeigen sich da, wo sie an andern anlie-
„gen, so weit sie dieselben berühren, als poröse
„Röhren; da aber, wo sie von zellichter Substanz
„umgeben sind, sind sie Treppengänge. Betrachtet
„man nehmlich ein Gefäſs, welches an der einen
„Seite von einem andern Spiralgefäſs, an der an-
„dern von zellichten Schläuchen gedeckt war, und
„zwar so, daſs es mit derjenigen Seite, welche als
„ein Treppengang gebildet ist, dem Beobachter
„zugekehrt ist, so wird das netzförmige Gewebe
„der
v)
Vergl. Rudolphi’s Anat. der Pfl. §. 136. Molden-
hawer
a. a. O. S. 294 ff.
t)
„der abgekehrten Seite durch die Spalten der zu-
„gekehrten durchschimmern, und man wird die
„durch feine Fäden abgesonderten dunkeln Punkte
„in den Spalten der obern, umgekehrten Wand der
„Röhre dunkeln Körnern ähnlich wahrzunehmen
„glauben, kurz man wird ein punktirtes Gefäſs
„haben.” Diese Täuschung kann vielleicht statt fin-
den. Aber ich glaube bey allem dem, daſs es punk-
tirte Gefäſse giebt, deren Punkte weder von dieser,
noch von der obigen Ursache herrühren.
w)
Moldenhawer a. a. O. S. 238. 242.
x)
Nachträge zu den Grundlehren der Anat. und Phy-
siol. der Pfl. H. 2. S. 21.
y)
Vergl. L. C. Treviranus Beytr. zur Pflanzenphy-
siol. S. 50. Tab. IV. fig. 36.
z)
Die Charaktere, die Link (Nachträge zu den
Grundlehren der Anat. u. Physiol. der Pfl. H. 2. S.
31.) von ihnen angiebt, passen schon nicht auf die
eigenen Gefäſse des Rhus typhinum.
a)
A. a. O. S. 167. 170.
b)
Vergl. Biologie. Bd. 1. S. 434.
c)
Bonnet’s Untersuchungen über den Nutzen der
Blätter bey den Pflanzen. Uebers. von Arnold.
Abth. 1. §. 4—6.
d)
Biologie. Bd. 1. S. 170 ff.
e)
Statik der Gewächse. Erf. 1—5.
f)
Physique des arbres. T. I. p. 135.
g)
Voigt’s Magazin f. d. Neueste aus d. Physik etc.
B. 7. St. 2. S. 18.
h)
Briefe naturhist. physikal. u. ökonom. Inhalts an
Nau. S. 146.
i)
Hales a. a. O. S. 17. Erf. 7.
k)
Ebendas. S. 13—15.
l)
Philos. Transact. 1803. P. 2. p. 277.
m)
Th. von Saussure’s chemische Untersuchungen
über die Vegetation. Uebers. von Voigt. S. 54. 66.
73 ff.
n)
Grundlehren der Anat. u. Physiol. der Pfl. S. 283.
o)
Ingenhouss’s Versuche mit Pflanzen. Uebers. von
Scherer. S. 25. 28.
p)
Rudolphi’s Anat. der Pfl. S. 62 ff.
q)
L. C. Treviranus’s Beyträge zur Pflanzenphysiol.
S. 9 ff.
r)
A. a. O. S. 101.
s)
M. s. oben §. 1. dieses Abschn.
t)
A. a. O. S. 158.
v)
Journal de Physique. T. (XIII.) 56. p. 185.
w)
Beytr. zur Anat. der Pfl. S. 97.
x)
Sennebier Expériences sur l’action de la lumière
solaire sur la végétation. p. 77.
y)
Grundlehren der Anat. u. Physiol. der Pfl. S. 113 ff.
Nachträge zu den Grundl. H. 1. S. 33 ff.
z)
Nachträge. H. 1. S. 35.
a)
Vergl. Biologie. Bd. 2. S. 474. 475.
b)
Biol. Bd. 1. S. 460.
c)
Ueber den Bau und die Natur der Gewächse. S. 191.
d)
Anat. der Pfl. S. 84.
e)
Schrank’s Baiersche Reise. S. 15. — Du Hamel
Physique des arbres. T. I. p. 183. — Vergl. Biol.
Bd. 2. S. 493, 494., wo aber auf der letztern Seite in
der 3ten Zeile statt nassen Boden zu lesen ist:
trocknen Boden.
f)
Deyeux Journ. de Pharmacie. T. I. No. 13. S. 131.
g)
K. Sprengel über den Bau u. die Natur der Gew.
S. 404 ff.
h)
Untersuch. über den Nutzen der Blätter bey den
Pflanzen. Abh. 1. §. 9. S. 13.
i)
A. a. O. S. 101.
k)
Walker Transact. of the Royal Soc. of Edinburgh.
Vol. 1. p. 3.
l)
A. a. O. §. 134. 135.
m)
Moldenhawer Beytr. zur Anat. der Pfl. S. 205 ff.
n)
Lyonnet Traité de la chenille du saule. p. 500.
o)
Nachträge zu den Grundlehren. H. 2. S. 25.
p)
Die bisherigen Versuche über diesen Gegenstand
hat Sprengel (Ueber den Bau u. die Natur der
Gew. S. 153.) zusammengestellt.
q)
H. D. Moldenhawer de vasis plantarum. p. 30.
r)
J. L. F. Mayer’s Naturgetreue Darstellung der
Entwickelung, Ausbildung und des Wachsthums der
Pflanzen. S. 17. — Link’s Grundl. der Anat. u.
Physiol. der Pfl. S. 72. — Dessen Nachträge zu
den Grundl. H. 1. S. 18. — Sprengel a. a. O. S. 153.
s)
Beytr. zur Anat, der Pfl. S. 329.
t)
In sechs Zweigen der Salix Capraea, die mit den
obern Enden gepflanzt waren, nahm die Vegetation
mit der Entfernung von dem untern Ende immer
mehr ab, und hörte gegen Ende des Sommers in
einer Höhe von vier Fuſs fast ganz auf. In sechs
andern ähnlichen Zweigen hingegen, die mit den
untern Enden in die Erde gesteckt waren, ging die
Vegetation an den höchsten Punkten auf das kräf-
tigste von statten. (Philos. Transact. 1804. P. 1. P.
183.)
v)
Transact. of the Roy. Soc. of Edinburgh. Vol. 1.
p. 3.
w)
Walker a. a. O.
x)
Link’s Nachträge zu den Grundl. H. 1. S. 49.
y)
Link a. a. O. S. 20.
z)
J. L. F. Mayer’s naturgetrene Darstellung der Ent-
wickelung u. s. w. der Pfl. S. 49.
a)
Perrault Oeuvres de Physique et de Mechanique.
Vol. 1. p. 69. — Hist. de l’Acad. des sc. de Paris.
A. 1709. Ed. 8. p. 56.
b)
Sprenoel über den Bau u. die Natur der Gew. S.
431. 440. 463.
c)
Cotta’s Naturbeobachtungen über die Bewegung
u. Funktion des Safts in den Pflanzen. Weimar 1806.
S. 14. — Link’s Grundlehren der Anat. u. Physiol.
der Pfl. S. 85. — Dessen Nachträge zu den Grund-
lehren. H. 1. S. 21.
d)
Das Nehmliche erinnert Rudolphi (Anat. der Pfl.
S. 231.)
e)
A. a. O.
f)
Priestley’s Versuche u. Beobacht. über verschie-
dene Gegenstände der Luft. Th. 1. S. 89. — Dessen
Vers. u. Beobacht. über versch. Theile der Natur-
lehre. Th. 1. S. 229.
g)
Versuche mit Pflanzen. Uebers. von Scherer. —
Dessen vermischte Schriften. Uebers. von Molitor.
2te verm. Aufl.
h)
Ueber den Einfluſs des Sonnenlichts auf alle drey
Reiche der Natur.
i)
Mayer’s Samml. physikal. Aufsätze von einer Ge-
sellsch. Böhmischer Naturforscher. B. 2. S. 47.
k)
Commentat. Acad. Theodor. Palatin. Vol. V. phys.
p. 166.
l)
Journ. de Phys. T. (V.) 48. p. 135.
m)
Chemische Untersuchungen über die Vegetation.
Uebers. von Voict.
n)
Spallanzani a. a. O.
o)
Saussure a. a. O. S. 50.
p)
Saussure ebendas. S. 119. §. 10.
q)
Ebendas. S. 51.
r)
Ingenhouss’s verm. Schriften. B. 2. S. 189. — J. A.
Scherer’s Beobacht. u. Vers. über das pflanzenähn-
liche Wesen in dem warmen Carlsbader u. Töplitzer
Wasser.
s)
Priestley’s Vers. u. Beobacht. über versch. Theile
der Naturl. Th. 1. S. 241.
t)
Von Humboldt’s Aphorismen aus der chem. Phy-
siologie der Pflanzen. S. 107. 122.
v)
Rollo, Annales de chimie. T. 25. p. 37. — Saus-
sure
’s chem Untersuch, über die Vegetat. S. 7. —
Huber u. Sennebier über den Einfluſs der Luft
und einiger gasartigen Stoffe auf die Keimung ver-
schiedener Saamenkörner. Uebers. von Riem. S. 21.
22. — An Inquiry into the Changes, induced on
atmospheric Air by the Germination of Seeds, the
Vegetation of Plants and the Respiration of Animals.
By D. Ellis.
r)
Wasser. S. 15 ff. — Sennebier, Journ. de phys. T.
(V.) 48. p. 357.
w)
Huber u. Sennebier a. a. O. S. 11. 35. 50. 139.
151. — Zwölf Erbsen hatten in Wasserstoffgas eine
Quantität kohlensaures Gas erzeugt, die einer Masse
von 60 Unzen Wasser gleich war. Ebendas. S. 146.
x)
Spallanzani a. a. O. — Gough, Nicholson
Journ. of nat. Philos. Vol. 3. No. 26. p. 1. — Saus-
sure
a. a. O. S. 60.
y)
Saussure a. a. O. S. 82.
z)
Saussure ebendas. S. 86. 87.
a)
Ebendas. S. 49.
b)
Ebendas. S. 99.
c)
Ebendas. S. 104. 114. — Nach einer von Saussure
(S. 117.) mitgetheilten Tabelle war in sechs Fällen
von sieben die Menge des erzeugten Stickgas der des
absorbirten Sauerstoffgas gleich.
d)
Philosoph. Transact. Y. 1782.
e)
Nicholson Journ. of nat. Phil. Vol. 2. p. 150.
f)
A. a. O.
g)
Recherches sur l’influence de la lumière solaire
pour
h)
Biol. Bd. 2. S. 477 ff. — Ich habe an dieser Stelle
die Vormuthung geäuſsert, daſs der entgegengesetzte
Erfolg der Versuche Priestluy’s, Percival’s und
Henry’s über den Einfluſs des kohlensauren Gas auf
die Vegetation vielleicht in dem verschiedenen Grade
des Lichts, dem die Pflanzen dabey ausgesetzt waren,
zu suchen sey. Spätere Versuche Saussure’s, nach
welchen die nehmliche Quantität Kohlensäure, die
das Wachsthum der Pflanzen im Sonnenlichte begün-
stigt, dieselben Gewächse im Dunkeln tödtet, und
Pflanzen, die ihre Vegetation in Stickgas unterhalten
können, auch in der Sonne sterben, wenn man die-
sem Gas eine Quantität Kohlensäure zumischt, die
ihr Wachsthum in der atmosphärischen Luft beför-
dern
g)
pour metamorphoser l’air fixe en air pur par la ve-
getation. Genève 1783.
h)
dern würde, haben diese Vermuthung völlig bestä-
tigt. (Von Crell’s chemische Annalen. 1798. Bd. 1.
S. 25. Saussure’s chem. Untersuch. über die Ve-
getat. S. 25. §. 2.) — Schnurrer’s Versuche zeigen,
daſs auch die oxydirte Salzsäure dieselben Saamen im
Dunkeln tödtet, deren Keimen beym Einfluſs des
Lichts durch sie befördert wird. (F. Schnurrer
observ. de materiarum quarund. oxydat. in germina-
tionem efficientia etc. Tubing. 1805. Uebers. in Geh-
len
’s Journ. f. d. Chemie u. Physik. B. 2. S. 56.).
i)
In einem von Priestley’s Versuchen verschluckte
eine Pflanze des Epilobium hirsutum atmosphärische
Luft, Wasserstoffgas und Salpeterluft (Priestley’s
Vers. u. Beobacht. über versch. Theile der Naturl.
Th. 1. S. 246 ff.). Reines Wasserstoffgas, in welchem
eine solche Pflanze vegetirt hatte, war in Knallluft
verwandelt, ja in einigen Fällen sogar der entzünd-
lichen Eigenschaft beraubt worden. (Priestley a.
a. O. Th. 2. S. 5 ff.). Salpeterluft, in welchem eine
andere Pflanze jener Art einen Monat lang vegetirt
hatte, und die bis auf den vierten Theil dadurch
war vermindert worden, hatte sich so verändert,
daſs ein Licht in derselben mit einer ruhigen, blauen,
sich ausbreitenden Flamme brannte. (Priestley a. a.
O. S. 12.). Ganz anders verhielt sich jene Pflanze in
Sauerstoffgas. In diesem starb sie sehr bald ab, ohne
die Luft merklich zu vermindern. (A. a. O. S. 13.)
Nach Priestley (A. a. O. S. 14.) kamen auch die
Wallwurzel und das Geiſsblatt in Wasserstoffgas sehr
gut fort, und nach Ingenhouss (Versuche mit Pflan-
zen. S. 335 ff.) hauchten Pfeffermünz-, Wallnuſs- und
Wasserpfefferblätter am Sonnenlicht unter Wasser,
worüber Wasserstoffgas gesperrt war, eben so wohl
als bey gleichen Umständen in der atmosphärischen
Luft, Sauerstoffgas aus, und verwandelten die ent-
zündbare Luft in Knallluft. Link bemerkte, daſs eine
Pflanze
k)
Saussure, Journ. de Phys. T. (VI.) 49. p. 92. —
Dessen chem. Untersuch. über die Vegetat. S. 6. §. 2.
i)
Pflanze des Sedum Telephium, die sich in Wasserstoff-
gas befand, dieses bis auf 1/12 verzehrte, und daſs der
Rückstand auslöschte und sich nicht entzündete.
(Usteri’s neue Annalen der Botanik. St. 14.).
l)
Huber’s u. Sennebier’s Bemerkungen über den
Einfluſs der Luft u. s. w. auf die Keimung verschie-
dener Saamenkörner. S. 21 ff.
m)
Zwölf Erbsen hatten in Wasserstoffgas eine Menge
kohlensauren Gas erzeugt, die einer Masse von 60
Unzen Wasser gleich war. Huber u. Sennebier
a. a. O. S. 151. §. 19. S. 50. §. 9. S. 139. §. 18. S. 75.
n)
A. a. O. S. 13.
o)
A. a. O. S. 36 ff. §. 4. 5.
p)
Saussure a. a. O. S. 54.
q)
Ebendas. S. 56.
r)
Ebendas. S. 66.
s)
Ebendas. S. 59. 60.
t)
Ebendas. S. 65.
v)
Ebendas. S. 61.
w)
Ebendas. S. 63.
x)
Ebendas. S. 64.
y)
Ebendas. S. 73 ff.
z)
Thomson’s System der Chemie. Uebers. von Wolff.
B. 4. S. 272 ff.
a)
L. de Crell in Commentat. Societ. Reg. [s]c. Got-
ting. recent. Vol. 1. Comm. phys. no. 5.
b)
Proust, Journal de phys. T. (XIII.) 56. p. 97. —
Einhof in Gehlen’s neuem allgem. Journal der
Chemie. B. 6. S. 67.
c)
Journ. de Phys. T. (V.) 48. p. 357.
d)
Annales de chimie. T. 3. p. 252.
e)
A. a. O.
f)
A. a. O.
g)
Gehlen’s neues allgem. Journal der Chemie. B. 5.
S. 138.
h)
Journal de Médécine. T. 40. Juillet. p. 59.
i)
In dessen Chymischem Wörterbuch. Art. Mehl.
k)
A. a. O.
l)
Einhof a. a. O. B. 6. S. 116.
m)
Link’s Grundl. der Anat. u. Physiol. der Pfl.
S. 32.
n)
Berzelius in Schweigger’s neuem Journal für
Chemie u. Physik. B. 7. S. 336 ff.
o)
Abschn. 3. Kap. 3. §. 9. dieses Buchs.
p)
Vauquelin, Annales de Chimie. T. 38. p. 248.
q)
Bulletin de pharmacie. T. 3. p. 395.
r)
Aehnliche Bemerkungen hat Döbereiner (in
Schweig-
s)
Ann. de Chimie. T. 80. p. 316.
t)
Vogel in Schweigger’s neuem Journal für Chemie
u. Phys. B. 5. S. 80.
r)
Schweigger’s neuem Journ. für Chemie u. Physik.
B. 8. S. 207.) gemacht.
v)
Vogel a. a. O. — Pfaff ebendas. S. 94.
w)
Nicholson Journ. of nat. Phil. Vol. 1. p. 337.
x)
Gehlen’s neues allgem. Journ. der Chemie. B. 4.
S. 473.
y)
Annales de Chimie. T. 21. p. 285.
z)
Biblioth. Brittann. Vol. 8. No. 60. p. 141.
a)
Macquer’s chymisches Wörterb. Art. Mehl.
b)
Trommsdorff’s Journal der Pharmacie. B. 2. S. 132.
c)
Gehien in dessen Journal für Chemie. B. 6. S. 458.
Thénard, Mém. de la Soc. d’Arcueil. T. 2. p. 27.
d)
Hatchett, Philos. Transact. Y. 1805. 1806. —
Vergl. Chevreul, Ann. de Chimie. T. 72. 73.
e)
Die Keimfeuchtigkeit der Erbsen besteht gröſsten-
theils aus Syrup. (Einhof in Gehlen’s neuem all-
gem. Journ. der Chemie. B. 6. S. 120.)
f)
Einhof a. a. O. B. 4. S. 199., und in Gehlen’s
Journ. f. d. Chemie, Physik u. Mineral. B. 5.
S. 341.
g)
Den Saft der Hainbuche (Carpinus Betulus L.) und
des Weinstocks untersuchte Deyeux (Journ. de Pharm.
T. I. p. 46.), den der Ulme (Ulmus campestris L.),
der Buche (Fagus sylvestris L.), der Hainbuche, der
weissen Birke (Betula alba L.) und des Kastanien-
baums Vauquelin (Ann. de Chimie. T. 31. p. 20.),
und den der weissen Birke John (Chemische Unter-
such. mineral. vegetab. u. animalischer Substanzen.
2te Forts. S. 4 ff.).
h)
Philos. Transact. Y. 1803. P. 1. p. 88.
i)
Fourcroy, Ann. de Chimie. T. 26. p. 232.
k)
Link’s kritische Bemerkungen zu Sprengel’s Werk
über den Bau der Gew. S. 28.
l)
Thénard, Annales de Chimie. Ann. 1813. Janv.
p. 61.
m)
Gay-Lussac et Thénard Recherches physico-chi-
miques. T. 2. p. 186.
n)
Hermbstädt’s Archiv für Agriculturchemie. B. 1.
S. 85.
o)
Gehlen’s neues allgem. Journal der Chemie. B. 3.
S. 563.
p)
Gehlen’s Journal der Chemie. B. IX. S. 130.
q)
Link’s kritische Bemerkungen zu Sprencel’s Werk
über den Bau der Gew. S. 36.
r)
Journal de Physique. T. (VIII.) 51. p. 9.
s)
Biologie. Bd. 2. S. 456 ff.
t)
Bulletin des sciences par la Soc. philomath. A. 1797.
Avril. p. 8.
v)
Cf. Haller Elem. Phys. T. III. L. 8. S. 4. §. 29.
p. 289.
w)
Nat. Gesch. der in der Schweitz einheimischen
Säugth. von Römer u. Schinz. S. 126.
x)
Haller l. c. p. 290.
y)
Von Humboldt über die gereitzte Muskel- und
Nervenfaser. Th. 2. S. 279. — R. Townson observ.
physiol. de amphibiis. P. 1. p. 21. — Von der Rana
arborea sagt Townson: Tam celeres sunt motus
gulae, ut plane numerari non possint.
z)
De motu animal.
a)
Erfahrungsmäſsige Untersuch. der Wirkungen des
Ertrinkens. A. d. Engl. S. 32. 33.
b)
Tentam. physiolog. de respiratione. Edinb. 1791.
c)
Dissertat. physico-mathem. Lond. 1732.
d)
A. a. O.
e)
Pfaff’s u. Scheel’s Nordisches Archiv f. Natur-
und Arzneywissensch. B. 1. St. 1. S. 205.
f)
Researches chemic. and philosoph. chiefly concer-
ning nitrous oxide and its respiration. Lond. 1800.
p. 331.
g)
Eine Critik dieser Verfahrungsarten hat Bostock
(Vers. über das Athemholen. A. d. Engl. übers.
von Nolde. Erfurt. 1809. S. 22 ff.) geliefert.
h)
Haller l. c. L. 8. S. 1. §. 36. p. 83.
i)
Haller ibid. S. 4. §. 6. p. 232.
k)
Ibid. S. 1. §. 7. p. 23. — §. 8 sq. p. 28 sq. — S. 4.
§. 9. p. 238.
l)
Ibid. S. 4. §. 7. p. 236. — §. 11. p. 243.
m)
Ibid. §. 20 sq. p. 274 sq.
n)
Ueber die Wiederherstellung scheinbar todter Men-
schen. A. d. Engl. Leipzig. 1790. S. 19.
o)
A. a. O. S. 27.
p)
A. o. O.
q)
Le Gallois Expériences sur le principe de la vie.
à Paris 1812. p. 241.
r)
Bremond, Mém. de l’Acad. des sc. de Paris. A.
1739. p. 343.
s)
Swammerdamm de respirat. S. 2. C. 4., in Man-
geti
Bibl. anat. T. 2. p. 161. — C. Bartholini
Diaphragm. structura nova. P. 2. S. 1. Ibid. p. 12. 13.
Haller l. c. L. 8. S. 4. §. 9. p. 239.
t)
Biologie. Bd. 1. S. 229.
v)
Geoffroy, Annales du Muséum d’Hist. nat. T. 2.
p. 49.
w)
Advers. anat. V. 29. p. 42.
x)
Bulletin des sc. de la Soc. philom. A. VII. n. 30.
p. 42. Pfaff’s u. Scheel’s Nordisches Archiv für
Naturkunde u. s. w. Bd. 2. St. 1. S. 48.
y)
Obs. physiol. de amphib. P. 1. p. 19 sq.
z)
Golberry’s Reise durch das westl. Afrika. Uebers.
von Bergk. Th. 2. S. 10.
a)
Ueber die gereizte Muskel- und Nervenfaser. B. 2.
S. 279.
b)
Anthropogr. L. 3. c. 11.
c)
Quaest. physiol. posthum. 29.
d)
Institut. med. L. 1. c. 11.
e)
Anat. p. 418.
f)
Opp. omn. p. 317.
g)
Opp. omn. p. 241.
h)
Philos. Transact. Y. 1736. no. 441. (Abrigd by Mar-
tin
.) Vol. 9. p. 138.
i)
Lectures on the organs of respiration. Lond. 1740.
p. 17.
k)
Mém. de l’ Acad. des sc. de Paris. A. 1739. p. 333.
l)
Ebendas. A. 1743. p. 69.
m)
Vol. 4. P. 1. p. 34. 35.
n)
T. III. L. 8. S. 4. §. 3. p. 227.
o)
Bremond a. a. O. p. 338. 339. 340. — Herissant
a. a. O. p. 73.
p)
Bremond a. a. O. p. 344.
q)
Bremond p. 343.
r)
A. a. O. p. 351.
s)
Rudolphi’s anatom. physiologische Abhandlungen.
Berlin. 1812. S. 110 ff.
t)
Specimen Physiol. comp. inter animantia calidi et
frigidi sanguinis. p. 14.
v)
Pfaff’s u. Scheel’s Nordisches Archiv f. Natur-
u. Arzneywissensch. B. 1. S. 305.
w)
Gouan Hist. piscium. p. 32.
x)
Haller El. Phys. T. III. L. 8. S. 4. §. 29. p. 290.
y)
Annalen der Wetterauischen Gesellsch. f. d. ge-
sammte Naturkunde. B. 3. S. 147.
z)
Delaroche, Annales du Mus. d’ Hist. nat. T. 13.
p. 204. — Cuvier u. Duvernoy ebendas. p. 176.
a)
Mém. de Phys. et de Chimie de la Soc. d’ Arcueil.
T. 2. p. 400.
b)
Gilbert’s Annalen der Physik. B. 30. S. 140.
c)
Wenigstens finde ich diesen Bau bey den Limax-
Arten.
d)
Mém. sur la respiration. I. p. 133. 243. 244.
e)
Spallanzani a. a. O. p. 134. 135.
f)
A. a. O. p. 135.
g)
De respirat. S. 2. c. 4. §. 3. In Manceti Bibl. anat.
T. 2. p. 163.
h)
Poli Testacea utriusque Siciliae. Vol. 1. Introd.
p. 51.
i)
Spallanzani a. a. O. p. 304. 305.
k)
Nitzsch in Reil’s u. Autenrieth’s Archiv f. d.
Physiol. B. 10. S. 440.
l)
Lyonnet (Traité de la chenille du saule. p. 78.) will
eine solche Raupe unter Wasser sogar nach acht Ta-
gen, und unter der Luftpumpe nach zwey Stunden
noch lebend gefunden haben. Er fügt die Bemer-
kung hinzu, daſs Weidenraupen, die er unter Was-
ser gebracht hatte, gleich in der ersten Stunde nach
dem Untertauchen alle Bewegung verloren hätten.
Hiermit stimmen meine Erfahrungen nicht überein.
Die oben erwähnte Raupe bewegte sich noch meh-
rere Stunden unter dem Wasser.
m)
Beytr. zur Anat. der Pfl. S. 309 ff.
n)
In eiusd. Opp. omn. Lugd. Bat. 1687. p. 19.
o)
A. a. O. S. 310.
p)
Daſs irgend ein wahres Stigma im natürlichen Zu-
stande je durch eine Haut verschlossen seyn sollte,
wie Moldenhawer (a. a. O. S. 315 ff.) und ein Re-
censent in der Leipziger Litteratur-Zeitung (J. 1813.
May. S. 998.) gefunden haben wollen, muſs ich ge-
radezu für eine unrichtige Beobachtung erklären.
q)
Severini Zootomia Democritea. p. 344. — Mal-
pichius
de bomb. p. 31. — Schenkius in Sachsii
Gammorologia. p. 935. — Perrault Oeuvres de
phys. et de mechan. p. 471. — Rösel’s Insekten-
belustigung. B. 2. Wasserinsekten. Cl. 2. S. 8.
r)
Annales de Chimie. T. 12. p. 273.
s)
De animal. exsanguium respirat. Hannov. 1803. p. 8.
t)
De bomb. p. 20.
v)
Disqu. physiol. circa respirat. insector, et vermium.
Rudolstadii. 1805. p. 27. 46. 66.
w)
Soro l. c. p. 136.
x)
Obs. anat. de aure interna comp. p. 290.
y)
Reaumur Mém. pour servir à l’hist, des ins. T. V.
Mém. 2. p. 145. der 8. Ausg.
z)
Lesser Théologie des ins. T. 1. p. 225.
a)
Biolog. Bd. 1. S. 371.
b)
Lyonnet Tr. de la chenille du saule. p. 72.
d)
Ausführlicher habe ich die Respirationsorgane der
ungeflügelten Insekten in meiner Schrift Ueber den
innern
e)
Systematische Beschreibung einiger Egelarten. Ber-
lin. 1805.
f)
Mém. pour servir à l’Hist. nat. des sangsues. p. 67.
d)
innern Bau der Arachniden (Nürnberg. 1812.)
beschrieben.
g)
Steinbuch’s Analekten neuer Beobacht. u. Unter-
such. f. d. Naturkunde. S. 24. 89.
h)
Scheel de liquoris amnii asperae arteriae foetuum
humanorum natura et usu. p. 9 sq.
i)
Biol. Bd. 3. S. 429 ff. — Vergl. Herholdt in Pfaff’s
u. Scheel’s Nordischem Archiv für Natur- u. Arz-
neyw. B. 2. St. 1. S. 11 ff.
k)
Portal Rapport fait par ordre de l’Acad. des sc.
sur les effets des vapeurs mephitiques. Ed. 3. p. 86.
l)
Mauriceau Obs. sur la grossesse et les maladies
des femmes. T. 2. Obs. 60. 113. — De Koning im
Neuen Journal der ausländischen med. chirurg. Lit-
teratur von Harles u. Ritter. B. 4. St. 2. S. 176.
m)
De Milly, Mém. de l’Acad. des sc. de Paris. A.
1777. p. 221.
n)
Cruikshank’s Abhandl. über die unmerkliche Aus-
dünstung. Uebers. von Michaflis. S. 45 ff.
o)
Haller El. Phys. T. III. L. 8. S. 3. §. 11. p. 206.
p)
Mém. de l’Acad, des sc. de Paris. A. 1789. p. 572.
q)
Erfahrungsmäſsige Untersuch. der Wirkungen des
Ertrinkens. S. 43 ff.
r)
Tentam. physiolog. de respirat. — Gren’s Journal
d. Physik. B. 6. S. 117.
s)
Researches chemic. and philosoph. chiefly concerning
nitrous oxide and its respiration. p. 331.
t)
Nicholson Journ. of Nat. Phil. Vol. 8. p. 40.
v)
Pfaff’s, Scheel’s u. Rudolphi’s Nordisches Ar-
chiv f. Naturkunde u. s. w. B. IV. St. 2. S. 132.
w)
Voigt’s Magazin f. d. neuesten Zustand der Na-
turk. B. 12. S. 139 ff.
x)
In einem der obigen Davyschen Versuche enthielt
die eingeathmete atmosphärische Luft 3,4 Kubikzoll
Sauerstoffgas, und es wurden dagegen 2,2 K. Z.
Sauerstoffgas und 1,2 K. Z. kohlensaures Gas wieder
ausgeathmet. Die Menge des verbrauchten Sauer-
stoffgas betrug also 1,2 K. Z., mithin gerade so viel
wie die des respirirten kohlensauren Gas. In einem
andern Versuch wurden
  • eingeathmet 42,4 K. Z. Sauerstoffgas,
  • ausgeathmet 23,0 — — —
  • Der Verlust betrug also 19,4 — — —

Das ausgeathmete kohlensaure Gas betrug 17,4 K. Z.,
folg-
x)
folglich nur 2 K. Z. weniger als das verbrauchte
Sauerstoffgas.
y)
Philosoph. Transact. Y. 1808. P. 2. p. 249.
z)
Mém. de la Société d’ Arcueil. T. 2. p. 454.
a)
Vers. u. Beobacht. über versch. Gattungen der Luft.
Th. 3.
b)
Bulletin des sc. de la Soc. philomath. Vol. 1. p. 17.
c)
Scherer’s Journal der Chemie. B. 2. S. 669. 676.
d)
A. a. O.
e)
Annales du Mus. d’ Hist. nat. T. 2. p. 305.
f)
Mém. de la Soc. d’ Arcueil. T. 2. p. 359.
g)
Erman in Gilbert’s Annalen der Physik. B. 30.
S. 140.
h)
Biot, Mém. de la Soc. d’ Arcueil. T. 1. p. 252. —
Erman a. a. O. S. 113. — Consigliachi sull’ ana-
lysi dell’ aria contenuta nella vescica natatoria dei
pesci. Pavia. 1809. — Provençal u. von Hum-
boldt
, a. a. O. p. 400. — Delaroche, Annales du
Mus. d’ Hist. nat. T. 13. p. 198.
i)
Abhandl. von der Luft u. dem Feuer. S. 118 ff.
k)
Ann. de Chimie. T. 12. p. 273.
l)
De animal. exsang. respirat. p. 59. 65 sq.
m)
Mém. sur la respiration.
n)
Hausmann l. c. Tab. 1 et 2. ad pag. 66 et 67.
o)
Spallanzani a. a. O. p. 219—221.
p)
Spallanzani ebend. p. 254.
q)
Prunelle sagt in seiner Abhandlung über den
Winterschlaf einiger Säugthiere
von Spal-
lanzani
: “Ich glaube, daſs man sich im Allge-
„meinen auf die angeblichen Erfahrungen dieses Na-
„turforschers nur so weit verlassen darf, als sie von
„andern Beobachtern bestätigt sind. Diese Behaup-
„tung wird ohne Zweifel denen, die den Abbé Spal-
„lanzani
nicht persönlich gekannt haben, und die
„Art, wie er seine Versuche machte, nicht wissen,
„auffallend seyn. Ich habe mich aber mehrere Mo-
„nate mit der Prüfung dessen beschäftigt, was er
„über
q*)
Disqu. physiol. circa respirat. insectorum et ver-
mium.
q)
„über das Athemholen der verschiedenen Helixarten
„und über den Einfluſs, welchen selbst todte Thiere
„noch auf die atmosphärische Luft sowohl selber,
„als vermöge ihrer Schaale äussern sollen, gesagt
„hat, und fast immer Resultate erhalten, die den
„von ihm angegebenen entgegengesetzt waren, ob-
„gleich ich auf eine weit genauere Art, als zu sei-
„ner Zeit möglich war, dabey zu Werke gegangen
„bin”. (Annales du Mus. d’ Hist. nat. T. 18. p. 56.).
Prunelle mag dieses harte, ohne einen einzigen
nähern Beweis über einen Todten ausgesprochene
Urtheil vor Spallanzani’s Schatten verantworten.
So viel ist gewiſs, daſs niemand ohne die gröſste
Ungerechtigkeit Spallanzani’s Verdienste um die
Biologie verkennen kann, und daſs, wenn er auch
oft menschlich irrte, er eben so oft die Wahrheit
fand.
r)
Mém. sur l’ Hist. nat. des sangsues. p. 68.
s)
De Milly, Mém. de l’ Acad. des sc. de Paris. A.
1777. p. 221. — Cruikshank’s Abh. über die un-
merkliche Ausdünstung. S. 45 ff.
t)
A. a. O. S. 47 ff.
v)
Mém. de l’ Acad. des sc. de Paris. A. 1790. p. 601.
w)
Experim. physiol. et med. Wirceb. 1788.
x)
Der Zitterstoff und seine Wirkungen in der Na-
tur. S. 14 ff.
y)
Der einzige, der den Schweiſs näher untersucht
hat,
z)
A. a. O. p. 77.
a)
A. a. O. p. 71. 72.
y)
hat, ist Thénard. (Ann. de Chim. T. 59. p. 262.).
Dieser verschaffte sich denselben durch ausgewa-
schene flanellene Kamisöler, die er zehn Tage auf
dem bloſsen Leibe tragen, und dann mit heissem,
destillirtem Wasser auswaschen lieſs. Daſs durch
diese Operation der Schweiſs sehr verändert werden
muſste, bedarf keines Beweises. Indeſs fand Thé-
nard
in dem Waschwasser freye Essigsäure, salz-
saures Natrum, eine geringe Menge phosphorsauren
Kalk, etwas phosphorsaures Eisenoxyd, und eine
kaum merkliche Quantität einer thierischen Sub-
stanz, die er mit der Gallerte vergleicht.
b)
Th. Bartholini Tract. de pulmonibus. — Spal-
lanzani
a. a. O.
c)
Mém. de la Soc. d’ Arcueil. T. 2. p. 393.
d)
Spallanzani a. a. O. p. 232.
e)
Sorg l. c. Exp. 68—70. 71—73.
f)
Aldini in Gilbert’s Annalen der Physik. B. 14.
S. 335. 336.
g)
Spallanzani a. a. O. p. 87. — Grimm in Gfh-
len
’s neuem allg. Journal der Chemie. B. 4. S. 161.
h)
A. a. O.
i)
A. a. O.
k)
Journal de Phys. T. 57. p. 1.
l)
Ebendas. T. 60. p. 129.
m)
A. a. O. p. 167.
n)
Haller El. Phys. T. II. L. 5. S. 1. §. 4. p. 8 sq. —
T. III. L. 8. S. 5. §. 8. p. 328.
o)
Haller l. c. T. III. p. 328 sqq.
p)
Osiander’s Annalen der Entbindungsanstalt zu
Göttingen. B. 2. St. 2.
q)
Scheel de liquor. amnii asperae arter. foetuum
human. natura et usu. p. 47.
r)
Haller l. c. T. II. p. 8. — Bey der blauen Krank-
heit, wo, eines organischen Fehlers des Herzens
und der Respirationsorgane wegen, das Athemholen
nur unvollkommen von statten geht, fällt die Farbe
des Körpers, besonders die der Lippen und der Nä-
gel, ins Blaue. Morgagni de sed. et causis morb.
Ep. 17. §. 12. — Hunter, Med. Obs. and Inquiries.
Vol. 6. p. 292. — Nevin, Samml. für prakt. Aerzte.
B. 17. S. 86. — Trotter, ebendas. B. 17. S. 103. —
Baillie, ebendas. B. 20. S. 332. — Pultney, Med.
Trans-
s)
Haller l. c. T. III. L. 8. S. 5. §. 8. p. 328. §. 15.
p. 340.
t)
Haller l. c.
v)
Haller l. c. T. II. L. 5. S. 1. §. 4. p. 8. — Diese
Beobachtung bedarf aber noch einer nähern Prüfung.
r)
Transact. Vol. 3. — Wilson in Reil’s Archiv f. d.
Physiol. B. 4. S. 448. — Nasse ebendas. B. 10. S.
213. — Abernetty’s chirurg. u. physiolog. Versu-
che. S. 156. — Lentin’s Beytr. zur ausübenden Arz-
neywiss. B. 2. S. 68. — Sachse in Hufeland’s
Neuem Journ. f. d. prakt. Arzneyk. B. 8. S. 126. —
Seiler in Horn’s neuem Archiv für med. Erfahr.
B. 2. S. 201.
w)
Spallanzani Mém. sur la respir. p. 64. 344 sv.
x)
Mém. de la Soc. d’ Arcueil. T. 2. p. 462.
y)
Creve über den Chemismus der Respiration. Frankf.
a. M. 1812. S. 22.
z)
Henry, Philos. Transact. Y. 1803. P. 1.
a)
Ich glaube nicht, daſs einige Versuche, woraus
Rumford schlieſsen zu müssen glaubt, daſs sich der
Kohlenstoff in einer niedrigern Temperatur, als man
bisher annahm, verbände, (Gilbert’s Annalen der
Physik. Neue Folge. B. 15. S. 142.) diesen Satz um-
stoſsen. Unter Rumford’s Versuchen ist keiner, der
beweist, daſs sich da, wo er eine Entbindung von
kohlensaurem Gas annimmt, dieses wirklich gebildet
hatte, und es ist kein Beweis von ihm geführt, daſs,
wenn die bey seinen Versuchen entwichenen Stoffe,
die er für kohlensaures Gas hält, dies auch wirk-
lich gewesen wären, das Gas nicht vor dem Ver-
such schon vorhanden war und von der Wärme blos
ausgetrieben wurde. Wenn aber auch seine Erfah-
rungen keinen Zweifeln ausgesetzt wären, so würde
doch nichts daraus zu Gunsten der Meinung folgen,
daſs der Kohlenstoff des Bluts sich bey dem Athem-
holen mit dem Sauerstoff der Atmosphäre in den
Lungen unmittelbar verbindet, da Rumford’s Ver-
suche
b)
Luzuriaga von der wechselseitigen Thätigkeit des
Blut- und Nervensystems. Uebers. von Winkel-
mann
. S. 41.
a)
suche in einer geheitzten Darre angestellt wurden,
das aus dem Blute entweichende kohlensaure Gas
aber bey den kaltblütigen Thieren selbst in einer
Temperatur noch ausgehaucht wird, die nur um
wenige Grade die des gefrierenden Wassers übersteigt.
c)
Pfaff’s u. Scheel’s Nordisches Archiv für Natur-
und Arzneywissensch. B. 1. S. 493.
d)
Abschn. 2. §. 4. des gegenwärtigen Buchs.
e)
Von Humboldt u. Gay-Lussac, Journ. de Phys.
T. 60. p. 129.
f)
Versuch über die Lebenskräfte.
g)
Parrot in Gilbert’s Annalen der Physik. B. 10.
S. 168.
h)
Pfaff’s, Scheel’s u. Rudolphi’s Nordisches Ar-
chiv für Natur- u. Arzneywiss.
i)
Alibert Dissertat. sur les fievres pernicieuses et
ataxiques intermittentes. p. 185.
k)
De anat. administr. L. 8. C. 5. — De locis affect.
L. 1. C. 6.
l)
Anthropograph. L. 7. p. 414.
m)
Fundam. medicinae. p. 112.
n)
Nervor. descript. et usus. C. 24.
o)
Tractatus de corde. p. 90.
p)
Birch History of the Royal Society. T. 1. p. 504.
q)
In E. Königii regno animal. p. 98.
r)
Circulus anatom. physiolog. p. 96.
s)
In Zeller Diss. de vasis lymphat. C. 2.
t)
Traité nouveau du coeur. p. 122.
v)
Additam. ad Veslingii Syntagm. C. X. n. 7.
w)
Diss. de observat. anat. et pract. Exp. 7.
x)
Philosoph. Transact. No. 335.
y)
Physiol. med. p. 63.
z)
De causa vices cordis alternas producente. No. 4.
a)
In Morgagni epist. 13. p. 504. 505. 512. 513.
b)
Traité du coeur. T. 1. p. 122.
c)
Physiologie. B. 1. S. 300.
d)
Hist. de l’Acad. des sc. de Paris. A. 1706. p. 27.
(der Octav-Ausg.).
e)
Experim. circa ligaturas nervor. in variis animali-
bus institutas.
f)
In Commentar. Institut. Bonon. T. 3.
g)
Mém. de l’Acad. des sc. de Paris. A. 1727. P. 1. p. 1.
(der Oct.Ausg.).
h)
Mém. sur les parties sensibles et irritables. T. 1.
p. 224.
i)
Traité sur le venin de la vipére. T. 2. p. 177.
k)
Versuche über die Regeneration. B. 1. S. 261 ff.
l)
Phil. Transact. Y. 1797. P. 1. p. 197.
m)
Ebend. p. 159.
n)
Recherches phys. sur la vie et la mort. P. 2. Art.
10. §. 1.
o)
Der Scheintod u. das Rettungsverfahren. Ein chi-
miatrischer Versuch. Frankf. a. M. 1804. Kap. 7.
p)
Bibliothéque médicale. T. 17. p. 1.
q)
A. a. O.
r)
Nouveau Bulletin des sc. de la Soc. philomath. A.
1808. No. 12. p. 226.
s)
Journal général de Médecine etc. rédigé par Sedil-
lot
. T. 33. A. 1808. Decembre.
t)
Reil’s u. Autenrieth’s Archiv f. d. Physiol. B. 9.
S. 380 ff.
v)
Epist. anatom. 13. p. 516.
w)
Reil’s u. Autenrieth’s Archiv f. d. Physiol. B. 11.
S. 117 ff.
x)
Journ. général de Médecine etc. rédigé par Sedil-
lot
. T. 37. A. 1810. Janv.
y)
Le Gallois Expériences sur le principe de la vie.
p. 248.
z)
Le Gallois a. a. O. p. 105.
a)
Haller El. Phys. T. I. L. 3. S. 1. §. 4. p. 198.
b)
Ibid. §. 5. 6. p. 200. 201.
c)
Ibid. S. 2. §. 12—15. p. 212 sq.
d)
Sömmering’s Gefäſslehre. §. 19. S. 28.
e)
Haller l. c. T. I. L. 3. S. 2. §. 13. p. 214.
f)
Ibid. L. 4. S. 4. §. 10. p. 403.
g)
Haller l. c. §. 18. p. 414. 415.
h)
Biol. B. I. S. 252. — Cuvier Leçons d’Anat. comp.
T. 4.
i)
Biol. B. I. S. 465.
k)
Ebendas. S. 280.
h)
T. 4. p. 217. — Blumenbach’s Handb. der vergl.
Anat. S. 228. — H. A. Wrisberg observ. anat. de
corde testud. marinae, Midas dictae. Gotting. 1808.
l)
Biol. Bd. I. S. 311. 330. — Cuvier Leçons d’Anat.
comp. T. 4. p. 393.
m)
Cuvier a. a. O. T. 4. p. 394.
n)
Ebendas. p. 401. — Annales du Mus. d’Hist. nat.
T. 2. p. 287. — Ich kann diesen merkwürdigen Bau,
den mir Herr Cuvier an einer Aplysia zeigte, die
er für mich zu zergliedern die Gefälligkeit hatte, aus
eigener Ansicht bestätigen.
o)
G. Baclivi Opp. omn. Antwerp. 1719. p. 678.
p)
M. s. die Citate in Haller’s Elem. Phys. T. I.
L. 3. S. 3. §. 21 sq.
q)
Mém. sur le mouvement du sang. Lausanne. 1756.
Latine vers. in Opp. min. T. 1. p. 63. — De sang.
mortu exp. anat. in Comment. soc. reg. sc. Gotting.
T. IV. p. 396. et in Opp. min. T. 1. p. 172.
r)
Physikal. u. mathemat. Abhandl. Leipzig. 1769.
S. 67 ff.
s)
O. F. Müller Zool. Dan. Vol. 2. p. 48.
t)
Insektenbelustigung. Th. 3. S. 323.
v)
Leçons d’Anat. comp. T. 4. p. 408.
w)
Annales du Mus. d’Hist. nat. T. 7. p. 437.
x)
Eine ausführliche Beschreibung des Gefäſssystems
der Skorpionen und Spinnen habe ich in meiner
Schrift Ueber den innern Bau der Arachni-
den
geliefert.
y)
Mém. pour servir à l’Hist. des Insectes. T. 7. p. 512.
z)
Malpighi de bomb. p. 20, 30, 42, in Opp. — Lyon-
net
Tr. de la chenille du saule. p. 105. 427.
a)
Swammerdamm’s Bibel der Nat. S. 171.
b)
Biol. Bd. 1. S. 392.
c)
O. F. Müller Zool. Dan. Vol. 2. p. 121.
d)
Braun’s system. Beschreib. einiger Egelarten. S 40.
e)
Mém. pour servir à l’Hist. nat. des Sangsues. p. 56.
f)
Leçons d’Anat. comp. T. 4. p. 411.
g)
Cavolini’s Abhandl. über Pflanzenthiere des Mit-
telmeers. Uebers. von W. Sprengel. S. 56.
h)
Osservazioni microscopiche sulla tremella e sulla
circolazione de fluido in una pianta acquajuola, dell’
Abate B. Corti. Lucca. 1774. — Letera sulla circo-
lazione de fluido scoperta in varie piante. Modena.
1775.
i)
Rozier Observat. sur la Physique, sur l’Hist. nat.
etc. A. 1776. Avril.
k)
Beyträge zur Pflanzenphysiologie von L. C. Trevi-
ranus
. S. 91 ff.
l)
Haller El. Phys. T. I. L. 4. S. 4. §. 3. p. 389. —
§. 5. 6. p. 393. 394.
m)
Ibid. §. 8. p. 398.
n)
Haller l. c. §. 4. p. 392.
o)
Tiedemann’s Anatomie des Fischherzens. S. 29.
p)
Haller l. c. §. 9. p. 399.
q)
Ibid. §. 15. p. 410.
r)
Ibid. L. 2. S. 1. §. 14. p. 74. — L. 4. S. 4. §. 37.
p. 441.
s)
Haller Opp. min. T. I. p. 185 sq.
t)
Haller El. Phys. T. II. L. 6. S. 2. §. 14. p. 249.
v)
Haller El. Phys. T. III. L. 8. S. 4. §. 29. p. 291.
w)
Spallanzani Mém. sur la respirat. p. 150. 321.
x)
Haller l. c. T. III. L. 8. S. 4. §. 29. p. 291.
y)
Ibid. p. 290.
z)
Tiedemann’s Anatomie des Fischherzens. S. 29.
a)
Baker (Employment for the microscope. p. 326.)
zählte bey einer Wasserschnecke 60 Pulsschläge in
einer Minute. Ich habe bey einer Helix Pomatia an
einem mittelmäſsig warmen Tage des August nur 30
Schläge in einer Minute gezählt, und der Puls war
bey diesem Thier, dem ich die ganze Schaale vor-
her weggebrochen hatte, von der gewaltsamen Ope-
ration gewiſs noch beschleunigt. Allein wenn man
auch nur 20 Pulse in einer Minute annimmt, so steht
hier doch die Zahl dieser Schläge mit dem langsa-
men
b)
c)
c)
men Athemholen nicht in dem Verhältniſs, wie bey
den Thieren der höhern Classen.
b) Mém. de l’ Acad. des sc. de Paris. A. 1739. p. 356.
c) Reil’s Archiv f. d. Physiologie. B. 5. S. 401.
d)
Haller El. Phys. T. II. L. 6. S. 4. §. 9. p. 332.
e)
C. F. Wolff Theoria generat. — Hunter über das
Blut.
f)
Home, Philos. Transact. Y. 1805. P. I.
g)
Opp. min. T. I. p. 229 sq. — 236 sq.
h)
Sammlung medicin. Gutachten und Zeugnisse, sammt
einer Abhandl. über eine besondere Miſsgeburt ohne
Herz und Lungen. Leipzig. 1776. — Einen neuern
Fall dieser Art hat Brodie (Philos. Transact. Y. 1809.
p. 161.) beschrieben.
i)
Götting. gel. Anzeigen. J. 1777. S. 524.
k)
T. 32. p. 411.
l)
Journ. de Médec. A. 1806. Janv. p. 254.
m)
Horn’s Archiv für med. Erfahrung. Bd. 3. H. 1.
S. 95.
n)
Cuvier Leçons d’Anat. comp. T. 4. p. 177.
o)
§. 2. dieses Kapitels.
p)
An Enquiry into the moving powers employed in
the circulation of the blood. London. 1774.
q)
Lettere sopra alcune curiosita fisiologiche. Napoli.
1788.
r)
Nach den Versuchen von Ens (De causa vices
cortis alternas producente. §. 4. 5.) hört auch der
Puls in Arterien auf, deren Nerven unterbunden
sind, und nach einer Erfahrung Arnemann’s (Vers.
über die Regeneration. S. 48.) scheint das Blut in
Gefäſsen, deren sämmtliche Nerven zerschnitten sind,
schwärzer als im natürlichen Zustande zu seyn.
s)
Haller El. Phys. T. III. L. 8. S. 4. §. 12. p. 247. —
Le Gallois Expériences sur le principe de la vie.
p. 31. 37.
t)
Le Gallois a. a. O. p. 119. 120.
v)
Ebendas. p. 32.
w)
Ebendas. p. 49. 50.
x)
Le Gallois a. a. O. p. 62. 312.
y)
Dies sind die Resultate der Erfahrungen Hal-
ler
’s (El. Phys. T. IV. L. 11. S. 3. §. 7. p. 526.), de-
nen ich beystimmen muſs. Wenn Fowler (Experi-
ments on the influence lately discovered by Mr. Gal-
vani
.), von Humboldt (Vers. über die gereitzte
Muskel- und Nervenfaser. B. 1. S. 340.) und einige
andere Schriftsteller einen Einfluſs des Galvanischen
Reitzes auf die Bewegung des Herzens wahrgenom-
men haben wollen, so stimmen meine eigenen Ver-
suche mit dieser Beobachtung so wenig überein,
und es ist so leicht dabey eine Täuschung möglich,
daſs ich dieselbe nicht für richtig halten kann.
z)
Le Gallois a. a. O. p. 93.
a)
Le Gallois a. a. O. p. 138.
b)
Le Gallois a. a. O. p. 112. 117. 129.
c)
Ebendas. p. 68.
d)
Haller Opp. min. T. I. p. 236.
e)
Le Gallois a. a. O. p. 120.
f)
So sehr Le Gallois in jenem Bericht erhoben ist, so
tief
f)
tief ist Haller darin herabgesetzt. Diesem werden
in Betreff seiner Theorie der Bewegung des Herzens
auffallende Widersprüche vorgeworfen, die das Lesen
dessen, was er darüber sagt, ermüdend machen sol-
len. “Allenthalben”, heiſst es dort, “ist Haller’s
„groſser Zweck, zu beweisen, daſs die Bewegungen
„des Herzens von der Nervenkraft unabhängig sind;
„alle Thatsachen, alle Versuche und Beobachtungen,
„die er anführt, haben diesen Zweck. Und doch
„scheint er an mehrern Stellen zuzugeben, daſs die
„Nerven auf das Herz Einfluſs haben.” (Le Gal-
lois
a. a. O. p. 264). Kann der Verfasser des Be-
richts wohl einen richtigen Begriff von dem Geist
der Hallerschen Irritabilitätslehre gehabt haben?
Wuſste er denn nicht, daſs nach dieser Theorie zu
jeder Thätigkeit eines muskulösen Organs ausser dem
Reitz
g)
Kap. 1. §. 2. dieses Abschnitts.
f)
Reitz auch Reitzbarkeit gehört? Sahe er nicht,
daſs ihr zufolge der ungehinderte Einfluſs der Nerven-
kraft Bedingung der Reitzbarkeit in jedem Theil
ist, daſs aber die Nervenkraft nur auf die willkühr-
lichen Muskeln, hingegen nicht auf die unwillkühr-
lichen, und besonders nicht auf das Herz, als Reitz
wirkt, und daſs die Gemüthsbewegungen den Herz-
schlag verändern, nicht indem sie das Herz reitzen,
sondern indem sie die Reitzbarkeit erhöhen oder her-
abstimmen? Man lese doch folgende Worte Hal-
ler
’s: Si insita eorum organorum (cordis, intesti-
norum etc.) vis est, cur accipiunt nervos? Ii nisi
voluntatis imperia adferunt, quid agunt aliud? Pri-
mo sensum adferunt, qui absque nervis nullus est.
Adferunt etiam ex cerebro efficacia imperia, non vo-
luntatis, sed legum, corpori animato scrip-
tarum, quae volunt, ad certos stimulos
certos nasci motus
. (Elem. Phys. T. IV. L. 11.
S. 3. §. 3. p. 516.). Ist der Sinn dieser Worte nicht
der obige? Wer hier Dunkelheit findet, muſs we-
nigstens zugeben, daſs Le Gallois’s Hypothese, bey
der man gar nicht einsieht, worin die Abhängig-
keit des Herzens vom Nervensystem eigentlich be-
steht, noch dunkeler ist.
h)
Spallanzani Mém. sur la respirat. p. 161.
i)
Kap. 1. §. 2. dieses Abschn.
k)
In dessen Disquis. physiol. circa respirat. insector.
et vermium. p. 62. Cap. 3. — Von atmosphärischer
Luft, worin Raupen geathmet hatten, wurde die
Lackmustinktur lebhaft geröthet, und Kalkwasser ab-
sorbirte eine beträchtliche Menge derselben. Hinge-
gen atmosphärische Luft, worin Puppen und auch
verschiedene Schmetterlinge eingeschlossen gewesen
waren, zeigte keine Wirkung auf jene Tinktur.
l)
Neque, sagt Pallas, praeter hanc arenosam mate-
riam unquam quidquam esculenti in dissectis copio-
sissime lumbricis nostris inveni, credoque et hunc
et innumeros alios vermes marinos, Nereides, Ser-
pulas, Lumbricos cet. mera terra pingui nutriri. Pal-
las
Spicil. zoolog. Fasc. 10. p. 6. 7.
m)
Insektologie. Uebers. von Goeze. Th. 2. S. 181. 221.
n)
De Geer, Mém. pour servir à l’Hist. des Ins.
T. 7. p. 582.
o)
Voigt’s Magaz. f. d. neuesten Zustand der Naturk.
B. 9. St. 1. S. 12.
p)
Mém. pour servir à l’Hist. des Ins. T. V. P. 1. p.
14. 15. der OctavAusg.
q)
Philos. Transact. Y. 1802. P. 2. p. 348.
r)
Dahlmann, Abhandl. der Schwed. Akad. B. XI.
S. 277.
s)
El. Phys. T. VI. L. 19. S. 3. §. 10. p. 214. S. 4. §.
6. p. 269.
t)
Hist. nat. de l’Orenoque. p. 271. 282.
v)
Ansichten der Natur. B. 1. S. 142.
w)
Reise nach dem Südmeere. Th. 2. (Hamburg. 1801.)
S. 147.
x)
Bulletin des sc. de la Soc. philomath. An. X. Nr. 55.
y)
De generat. animal. Exerc. 6.
z)
Handb. der vergl. Anat. S. 149.
a)
Biol. Bd. 2. S. 456.
b)
Haller El. Phys. T. V. L. 12. S. 2. §. 20. p. 85.
c)
Townson Observ. physiol. de amphib. P. 2. p. 21.
d)
Spallanzani Mém. sur la respirat. p. 137. §. 13.
e)
Zeder’s Anleitung zur Nat. Gesch, der Eingeweide-
würmer. §. 20. 47.
f)
Biol. Bd. 1. S. 393.
g)
Biol. Bd. 1. S. 393. 394. 409.
h)
Annales du Mus. d’Hist. nat. T. 4. p. 445.
i)
Cuvier, Bulletin des sc. de la Soc. philomath.
No. 78.
k)
Biol. Bd. 1. S. 409.
l)
Disq. physiol. circa respirat. etc. p. 136.
m)
Ibid. p. 16. 27. 81. 82.
n)
A. a. O. p. 230.
o)
A. a. O. p. 161.
p)
Buffon Hist. nat. Quadrup. T. 8. p. 75. der Octav-
Ausg.
q)
Barrow’s Reise im südl. Afrika. S. 98.
r)
Reise durch die vereinigten Nordamerikan. Staaten.
s)
Reise nach dem nördl. Weltmeere. A. d. Engl. von
Sprengel. S. 170.
t)
A. a. O.
v)
El. Physiol. T. VI. L. 19. S. 3. §. 10. p. 214. 215.
w)
Daſs die Gürtelthiere Melonen, Bataten und andere
Früchte oder Wurzeln fressen, sagt Buffon (A. a. O.
T. 4. p. 139.), und sein Zeugniſs wird durch Beob-
achtungen unterstützt, die er selber an einem Gürtel-
thier
w)
thier gemacht hatte. Azara’s entgegengesetzte Be-
hauptung (in dessen Quadrup. de la province du Pa-
raguay. T. 2. p. 126.) hat keine als theoretische Grün-
de für sich, und kann also jenes Zeugniſs nicht um-
stoſsen. Möglich ist es indeſs, daſs einige Arten der
Gürtelthiere mehr fleischfressend, andere mehr pflan-
zenfressend sind. So friſst der Dasypus sexcinctus L.
ausser Früchten, Wurzeln und Insekten, auch kleine
Vögel. (Buffon a. a. O. T. 4. p. 122.).
x)
A. a. O. S. 49.
y)
Pallas Spicil. zoolog. Fasc. 14. p. 9.
z)
Hist. de la Louisiane. T. 2. p. 77.
a)
Nat. Hist. of North-Carolina. p. 110.
b)
A. a. O. S. 96.
c)
Bey Buffon. A. a. O. T. 9. p. 38.
d)
A. a. O. T. 1. p. 150.
e)
Beschreibung sonderbarer Meerthiere. S. 199.
f)
Pallas Novae species quadrup. e glirium ord. Ed.
2. p. 229.
g)
R. Forster bey Buffon. A. a. O. T. 14. p. 67.
h)
Ein Beyspiel giebt Lepus pusillus. Pallas l. c.
p. 36.
i)
Buffon a. a. O. T. 5. p. 372.
k)
A. a. O. T. 2. p. 13. 19. 107.
l)
Azara a. a. O. T. 2. p. 26.
m)
Pallas l. c. p. 290.
n)
A. a. O. T. 3. p. 46. 50.
o)
Versuch einer Nat. Gesch. des Hamsters.
p)
Pallas l. c. p. 103. 105. 134. 290.
q)
Gesner Hist. quadrup. p. 292.
r)
Voyage dans l’Amérique méridion. par F. d’Azara.
T. 1. p. 55.
s)
Bey Buffon. A. a. O. T. 10. p. 30.
t)
Beyträge zur Nat. Gesch. der Wallfische. Uebers. von
Schneider. Th. 1. S. 56.
v)
F. Cuvier, Annales du Mus. d’Hist. nat. T. XI.
p. 283.
w)
Beyträge zur vergl. Anatomie. B. 1. H. 1. S. 13.
x)
Reise nach Cochinchina. Uebers. von Ehrmann.
S. 210.
y)
Barrow a. a. O. S. 256. — Azara Voyages dans
l’Amérique méridion. T. 1. p. 226. 230.
z)
Vaillant’s zweyte Reise in das Innere von Afrika.
Berlin. 1796. Bd. 1. S. 20 ff.
a)
Ueber das Saugen und das Geruchsorgan der In-
sekten, und über den Nutzen der Schwimmblase bey
den Fischen, in den Annalen der Wetterauischen
Gesellsch. für die gesammte Naturk. Bd. 3. S. 147.
b)
Doris, Buccinum, Murex, Voluta. Cuvier Leç.
d’Anat. comp. T. 3. p. 342.
c)
Cuvier a. a. O. p. 328.
f)
Biol. Bd. 1. S. 231.
g)
Ebendas. S. 261.
h)
Z. B. dem Onchidium. Cuvier, Annales du Mus.
d’ Hist. nat. T. V. p. 37.
i)
Z. B. den Aphroditen. Biologie. Bd. 1. S. 390.
k)
Burt, Asiatik Researches. Vol. 2. p. 353.
l)
Treatise on the digestion of food. London. 1791.
m)
Haller El. Phys. T. 6. L. 19. S. 4. §. 6. p. 266.
n)
Mém. de l’Acad. des sc. de Paris. A. 1752. p. 272 sv.
o)
Versuche über das Verdauungsgeschäft des Menschen
und verschiedener Thierarten. Uebers. von Michae-
lis
. S. 7 ff.
p)
Biol. B. 1. S. 342.
q)
Ramdohr (Abhandl. über die Verdauungswerk-
zeuge der Insekten. S. 150.) schreibt diesem Thier
unrichtig einen bloſsen Faltenmagen zu. Ich finde
in dem kugelförmigen Magen desselben sechs Zähne
von verschiedener Struktur.
r)
Ramdohr a. a. O. S. 97.
s)
Ebendas. S. 79.
t)
Ebendas. S. 74.
v)
Biol. Bd. 1. S. 364. 365.
w)
Ebendas. S. 316. — Cuvier, Annales du Mus.
d’Hist. nat. T. II.
x)
Draparnand, Bulletin de la Soc. philomath. No.
39.
y)
Cuvier a. a. O. T. 1. p. 156.
z)
Biol. Bd. 1. S. 390.
a)
Biol. Bd. 1. S. 365. — Ramdohr a. a. O. S. 70 ff.
b)
Ramdohr a. a. O. S. 83.
c)
Ebendas. S. 85.
d)
Ebend. S. 87.
e)
Ebend. S. 91.
f)
Ebend. S. 93.
g)
Cuvier a. a. O. T. VI. p. 416.
h)
Cuvier Leçons d’Anat. comp. T. 3. p. 286.
i)
Mémoire sur l’usage de l’épiglotte dans la dégluti-
tion. à Paris. 1813.
k)
Cuvier Leçons. T. 3. p. 207.
l)
Cuvier Ebendas. p. 220. 222.
m)
Ebendas. p. 225.
n)
Biologie. Bd. 1. S. 312.
o)
Ebendas. S. 321.
p)
Cuvier a. a. O. p. 336., und dessen Zergliederun-
gen der angeführten Mollusken in den Annales du
Mus. d’Hist. nat.
q)
Cuvier, Annales du Mus. d’Hist. nat. T. I. p. 69.
r)
Cuvier ebendas. T. III. p. 360.
s)
Ebend. T. XI. p. 130.
t)
J. F. Meckel’s Beytr. zur vergl. Anatomie. B. 1.
H. 1. S. 9.
v)
Poli Testacea utriusque Siliciae.
w)
Abhandl. über die Verdauungswerkzeuge der In-
sekten.
x)
Beytr. zur Anat. der Insekten. — Ejusd. diss. sist.
tentam. circa anat. forficulae auriculariae L. Jenae.
1800.
y)
A. a. O. S. 185.
z)
Ramdohr in Germar’s Magazin der Entomologie.
Jahrg. 1. H. 1. S. 135.
a)
Abh. über die Verdauungswerkz. der Ins. S. 194 ff.
b)
A. a. O. S. 204.
c)
Biologie. Bd. 1. S. 389.
d)
Ebendas. B. 1. S. 407.
e)
Spallanzani’s Vers. über das Verdauungsgeschäft.
S. 41 ff.
f)
Ebendas. S. 49 ff.
g)
Ebend. S. 71.
h)
Spallanzani a. a. O. S. 130. 131.
i)
Traité de la chenille du saule. p. 512.
k)
J. F. Meckel’s Beytr. zur vergl. Anat. B. 1. H. 1.
S. 3.
l)
Reaumur, Mém. de l’Acad. des sc. de Paris. A. 1752.
Spallanzani a. a. O. S. 134 ff.
m)
Ansichten der Natur. B. 1. S. 141.
n)
Biol. Bd. 3. S. 404 ff.
o)
Ebendas. Bd. 3. S. 408.
p)
G. L. Duvernoy, Bulletin de la Soc. philomath.
No. 83.
q)
El. Phys. T. VI. L. 18. S. 2. §. 10. p. 52.
r)
Mém. de la Soc. Roy. de Médecine de Paris. A. 1780
et 81. p. 325.
s)
Ann. de Chimie. T. 28. p. 262. — Syst. des connaiss.
chimiques. T. 9. p. 365.
t)
System der Chemie. Uebers. von Wolff. B. 4. S.
514.
v)
Siebold hist. system. salivalis. p. 45. — Tromms-
dorf
’s Journal der Pharmacie. B. 4. St. 2. S. 141.
w)
Nicholson Journ. of Nat. Phil. Vol. 14. p. 140.
x)
Bibel der Natur. S. 268.
y)
Annalen der Wetterauischen Gesellsch. f. d. ge-
sammte Naturk. B. 1. S. 175.
z)
Meckel’s Beytr. zur vergl. Anat. B. 1. H. 1. S. 1. —
Ramdohr’s Abhandl. über die Verdauungswerkz. der
Ins. S. 199 ff.
a)
Magazin der Gesellsch. naturf. Freunde zu Berlin.
Jahrg. 5. Quart. 4. S. 386. — Germar’s Magaz, der
Entomol. J. 1. H. 1. S. 135.
b)
Nouvelles observat. sur les abeilles. Genéve. 1792.
c)
Cuvier, Annales du Mus. d’ Hist. nat. T. I. p. 69.
d)
Bey der Aplysia fasciata theilt sich die Aorta gleich
nach ihrem Ursprung in drey Aeste, von welchen
der mittlere blos zu dem vierfachen Magen geht.
(Cuvier a. a. O. T. II. p. 287.).
e)
M. s. unter andern Baglivi dissert. de observ. anat.
et pract. Exp. 7. — Valsalva in Morgagni epist.
anat. XIII. p. 504. 505. 512. 513. — Petit, Mém. de
l’Acad. Roy. des sc. de Paris. A. 1727. p. 1. der
OctavAusg. — Dupuytrens, Biblioth, médic. T. 17.
p. 1.
f)
Baglivi l. c. — Ducrotay de Blainville, Nouv.
Bulletin de la Soc. philom. T. 1. p. 226. — Le Gal-
lois
Expér. sur le principe de la vie. p. 214.
g)
Morgagni l. c. p. 505.
h)
A. a. O.
i)
Brunn Exper. circa ligaturas nervorum in vivis
animal. institutas. Gotting. 1753. — Haller Mém.
k)
Arnemann’s Versuche über die Regeneration. B. 1.
S. 262. — Emmert in Reil’s u. Autenrieth’s Ar-
chiv f. d. Physiol. B. 9. S. 380. — Le Gallois a. a.
O. p. 217.
l)
Wepfer hist. cicutae aquat. p. 80. — Spallan-
zani
’s Vers. über das Verdauungsgeschäft. S. 157.
i)
sur les parties sensibles et irritables. T. 1. Exp. 182.
185. 186. 188.
m)
Diese und die folgenden Erfahrungen über den
Magensaft sind, wo man nicht andere Gewährs-
männer findet, aus Spallanzani’s angeführtem Werk
genommen.
n)
Brugnatelli in Crell’s chemischen Annalen. J.
1787. B. 1. S. 231 ff.
o)
De alimentorum concoctione. Edinb. 1777. In The-
sauro medico Edinburg. T. 3.
p)
Kongl. Vetenskaps Academiens nya Handlingar. J.
1782. 1stes Viertelj. No. 12.
q)
Philos. Transact. Y. 1722. p. 447.
r)
Vergl. Burns, Edinburgh medical and surgical
Journal. Vol. 6. p. 129.
s)
Hufeland’s u. Himly’s Journal der prakt. Heilk.
J. 1811. St. 5. S. 1.
t)
Pfaff’s u. Scheel’s Nordisches Archiv für Naturk.
u. s. w. B. 3. St. 2. S. 134.
v)
Annales du Muséum d’Hist. nat. T. IV. p. 380.
w)
Philos. Transact. Y. 1807. P. 1. p. 163.
x)
J. Hunter Observat. on certain parts of the animal
oeconomy.
y)
Doch besitzt dieses Vermögen nicht die Leber, wenn
anders Werner (Diss. sist. exper. circa modum, quo
chymus in chylum mutatur. Praes. Autenrieth. Tu-
bing. 1800. p. 20.) gegen Spallanzani (A. a. O. S.
280.), der das Gegentheil beobachtet haben will,
Recht hat.
z)
Tractatus med. physic. de prima coctione. Genevae.
1692. C. 10. 11. 22.
a)
L. c. p. 7. 9. 11. 56.
b)
Danubius Pannonico-Mysicus. T. VI. Obs. misc.
9. 10.
c)
Crell’s Beyträge zu den chem. Annalen. B. 1. St. 4.
S. 74 ff.
d)
Vergleichende Anat. u. Physiol. der Verdauungs-
werkzeuge der Säugth. u. Vögel. Berlin. 1806. S. 166.
e)
Ebendas. S. 125.
f)
Untersuchungen über die Natur und den verschiede-
nen Gebrauch des Magensafts in der Arzneywissensch.
u. s. w. Wien. 1785. S. 108.
g)
L. c.
h)
Beobachtungen über den Gebrauch des Magensafts,
gesammelt von Sennebier. Mannheim. 1785. S. 37.
i)
A. a. O. S. 69.
k)
L. c. p. 224.
l)
L. c. p. 56.
m)
L. c. p. 11 sq.
n)
Reil’s Archiv f. d. Physiol. B. 3. S. 179.
o)
Abhandl. über die Verdauungswerkz, der Ins. S. 30.
p)
Veratti in Commentar. Bonon. T. VI. S. 269.
q)
In Spallanzani’s angeführtem Werke. S. 273 ff.
r)
A. a. O.
s)
Mém. de la Soc. Roy. de Médécine. A. 1786. p. 355.
t)
Gren’s Handb. der Chemie. 3te Aufl. Th. 2. S. 306.
307. — Süersen in Scherer’s allgem Journ. der
Chemie. B. 8. S. 115. — Pfaff im Nordischen Ar-
chiv f. Naturk. u. s. w. B. 4. St. 3. S. 186.
v)
Pfaff a. a. O.
w)
M. s. oben §. 2. dieses Kap.
x)
Mém. de l’Acad. des sc. de Paris. A. 1752. p. 272.
275.
y)
Vers. über das Verdauungsgeschäft. S. 10. 13. 15.
z)
Spallanzani a. a. O. S. 20.
a)
Berzelius in Gehlen’s Journal f. d. Chemie u.
Physik. B. 3. S. 1 ff.
b)
Reil’s Archiv f. d. Physiol. B. 8. S. 176.
c)
Exp. circa modum, quo chymus in chylum muta-
tur. p. 15.
d)
Philos. Transact. Y. 1800. P. 2. p. 327.
e)
Haller El. Physiol. T. VI. L. 19. S. 4. §. 4. p. 260.
f)
Ibid. §. 6. p. 266. — Spallanzani’s Vers. über das
Verdauungsgesch. S. 8. 10. 13. 15. 20. 30.
g)
Haller l. c. §. 7. p. 270. — Ramdohr’s Abh. über
die Verdauungswerkz. der Ins. S. 28.
h)
Spallanzani a. a. O. S. 54.
i)
L. c.
k)
S. 214. 216.
l)
Haller l. c. §. 2. 3. p. 258. 259.
m)
Ephemer. Nat. Curios. Dec. 2. Ann. 4. 1686. Obs.
125.
n)
De corpore animato. Tolos. 1700.
o)
Mémoire sur le vomissement. Paris. 1813.
p)
Haller l. c. §. 7. p. 272.
q)
M. G. Thilenius’s med. u. chirurg. Bemerkungen.
Neue Aufl. Th. 1.
r)
Wepfer hist. cicutae aquat. p. 179.
s)
Ibid. p. 221.
t)
Ibid.
v)
Ibid. p. 177.
w)
Ibid. p. 187.
x)
L. c. §. 5. p. 263. §. 12. p. 282.
y)
Philos. Transact. Y. 1807. P. 1. p. 139.
z)
Edinburgh med. and surgical Journ. Vol. 6. p. 137.
a)
Waläus de motu chyli. p. 763. in Th. Bartho-
lini
Anat. L. B. 1763.
b)
J. Hunter Observat. on certain parts of the anim.
oecon.
c)
Sämmtl. kleinere Schriften. Uebers. von Herbell,
B. 3. S. 75.
d)
Vink’s Vorlesungen über das Wiederkäuen des
Rindviehs. A. d. Holländ. übers. Leipzig. 1779. —
Wiedemann in dessen Archiv für Zoologie u. Zoo-
tomie. B. 1. St. 1. S. 149.
e)
Abh. über die Verdauungswerkz. der Ins. S. 18.
f)
Cuvier Leçons d’Anat. comp. T. 3. p. 390.
g)
Spallanzani a. a. O. S. 146. — Home, Philos.
Transact. Y. 1810. P. 2.
h)
Vergl. §. 5. dieses Kap.
i)
A. a. O. S. 7.
k)
Neergard’s vergl. Anat. u. Physiol. der Ver-
dauungswerkz. der Säugth. u. Vögel. S. 167.
l)
Home, Philos. Transact. Y. 1807. P. 1. p. 170.
m)
A. a. O. S. 41.
n)
Home a. a. O. p. 169.
o)
So nennt ihn auch Ramdohr (a. a. O. S. 11.).
p)
Vergl. §. 5. dieses Kap.
q)
Home a. a. O. p. 147.
r)
Spallanzani a. a. O. S. 56. — Reaumur, Mém,
de l’Acad. des sc. à Paris. A. 1752. p. 472.
s)
Spallanzani a. a. O. S. 131.
t)
Reaumur Mém. pour servir à l’Hist. des Ins. T. V.
P. 2. Mém. 8. p. 87. der Oct.Ausg. — Vergl. Haller
El. Phys. T. VI. L. 19. S. 4. §. 14. p. 290. 291.
v)
L. c.
w)
L. c. §. 11. p. 279.
x)
Spallanzani a. a. O. S. 396 ff.
y)
Ramdohr im Mag. der Gesellsch. naturf. Freunde
zu Berlin. Jahrg. 1. Quart. 3. S. 212. — Ebendes-
selben Abh. über die Verdauungswerkz. der Ins. S. 28.
z)
S. 244.
a)
Annales du Mus. d’Hist. nat. T. VII. p. 439.
b)
Haller l. c. §. 5. p. 263. §. 12. p. 282.
c)
Philos. Transact. Y. 1808. p. 45. 133.
d)
Haller El. Phys. T. VI. L. 22. §. 1. p. 427. —
Cuvier Leçons d’Anat. comp. T. 4. p. 47.
e)
Swammerdamm in Obs. anat. collegii privati Am-
stelod. P. 2. — Cuvier a. a. O. p. 50. 56.
f)
Monro über den Bau u. die Physiol. der Fische.
S. 22.
g)
Ramdohr’s Abh. über die Verdauungswerkz, der
Ins. S. 20.
h)
M. s. vorzüglich die Versuche in Brunner’s Exper.
nov. circa pancreas. Amstel. 1683. Recus. in Man-
coti
Bibl. anat. T. 1. p. 212.
i)
A. a. O. Tab. XVII. fig. 6.
k)
In N. M. Ambodick’s Disp. de hepate. Argentor.
1775.
l)
Disqu. anat. physiol. organismi corp. human. ejus-
que processus vitalis. p. 104.
m)
Autenrieth in Reil’s Archiv f. d. Physiol. B. 7.
S. 299.
n)
R. Forsten quaest. selectae physiologicae. Praos.
W. van Doeveren. Lugd. Bat. 1774. — J. C. B.
Bernard Diss. sist. quaestiones medic. argumenti.
L. B. 1796.
o)
M. Rossi in Weigel’s Italiän. med. chirurg. Bi-
bliothek. B. 2. St. 2.
p)
Biol. Bd. 1. S. 391.
q)
Ebendas. S. 407.
r)
Spyx, Annales du Mus. d’Hist. nat. T. XIII. p. 438.
s)
A. a. O. S. 45.
t)
Mém. pour servir à l’Hist. des Ins. T. 1. P. 2. p. 204.
der OctavAusg.
v)
Biol. Bd. 1. S. 342.
w)
Biol. Bd. 2. S. 170.
x)
B. Robinson on the food and discharges of human
bodies. p. 97.
y)
Biol. Bd. 3. S. 486.
z)
An den im 1sten Bde der Biol. S. 210 ff. mitgetheil-
ten Stellen.
a)
M. vergl. Haller El. Phys. T. VI. L. 23. S. 1. §. 4.
p. 461. — Cuvier Leç. d’Anat. comp. T. 4. p. 9.
b)
Malpighi de liene. p. 357., in Mangeti Bibl. anat.
T. 1.
c)
Autenrieth’s Handb. der empirischen menschl.
Physiol. Th. 2. S. 93.
d)
Praelect. in Boerhaavii Instit. med. T. 2. p. 468.
e)
Cuvier a. a. O. p. 147.
f)
Haller l. c. S. 2. §. 1. p. 519. — Cuvier a. a. O.
p. 35.
g)
L. c. p. 522.
h)
Haller l. c. S. 1. §. 19. p. 504. S. 2. §. 4. p. 529 sq.
Cuvier a. a. O. p. 42.
i)
Haller a. a. O. — Cuvier a. a. O.
k)
Cuvier, Annales du Mus. d’Hist. nat. T. V. p. 266.
l)
Cuvier Leç. d’Anat. comp. T. V. Pl. 49. fig. 11. 12. 13.
m)
Cuvier, Ann. du Mus. d’Hist. nat. T. V. p. 37.
n)
Cuvier ebendas. p. 447.
o)
Annalen der Wetterauischen Gesellsch. f. d. gesamm-
te
p)
Die Resultate der ältern Versuche über die Galle
bis auf Röderer (De natura bilis. Argentor. 1767.),
Cadet (Mém. de l’Acad. des sc. de Paris. A. 1767.
p. 471. A. 1769. p. 66.) und Willink (Consider. bilis
physiolog. et patholog. Lugd. Bat. 1778.) findet man
in Haller’s Elem. Physiol. T. VI. L. 23. S. 3. §. 13 sq.
p. 570 sq. gesammelt.
o)
te Naturk. B. 1. S. 176. — Ramdohr’s Abh. über
die Verdauungswerkz. der Ins. S. 189. §. 117.
q)
Opusc. med. collect. studio G. Ackermann. Vol. 2.
p. 459.
r)
Neue Versuche zu einer wahren Physiologie der
Galle. Bamberg. 1785.
s)
Mém. de l’Acad. roy. des sc. de Turin. T. 3. p. 397.
t)
Maclurg Vers. mit der menschl. Galle in Th. Coe’s
Abh. von den Gallensteinen. Leipzig. 1783. S. 321.
348. — Goldwiz a. a. O. S. 90. — Leonhardi
animadv. chemico-therap. de ferro. Viteb. 1785. p. 19.
Thenard (Mém. de Phys. et de Chimie de la
Soc. d’Arcueil. T. 1. p. 38.) fand in 800 Theilen Och-
sengalle nur einige Spuren Eisenoxyd.
v)
Berzelius in Gehlen’s Journ. f. d. Chemie. Phy-
sik u. s. w. B. 7. S. 583.
w)
Thenard a. a. O. — Proust, Journ. de Phys. T.
(XXI.) 64. p. 152.
x)
Leonhardi in der Anmerk. S. 318. zu Macquer’s
chym. Wörterb. Th. 2. — Thenard a. a. O.
y)
Experim. et cogitat. circa bilis naturam, imprimis
ejus principium salinum. Erlang. 1789.
z)
Leonhardi a. a. O. und in seinen Zusätzen zu
Macquer’s Wörterb. B. 1. S. 424.
a)
Schröder u. Goldwiz in den angef. Schriften.
b)
Goldwiz a. a. O. S. 160. 169.
c)
Exper. circa modum, quo chymus in chylum mu-
tatur. p. 49 sq.
d)
Comment. Bonon. T. VI. p. 269.
e)
Mém. de l’Acad. des sc. de Paris. A. 1769. p. 67.
f)
Fourcroy Elem. de Chimie. Ed. 4. T. 4. p. 348. —
Vogel in Schweigger’s neuem Journ. f. Chemie u.
Physik. B. 6. S. 325.
g)
Blos Cadet bemerkte ihn beym Zugieſsen von
Salzsäure zu Ochsengalle. (Mém. de l’Ac. des sc.
de Paris. A. 1767. p. 475.) Er hielt ihn aber un-
richtig für Folge der eingetretenen Fäulniſs.
h)
Chem. physische Schriften. S. 305 ff.
i)
Chym. Wörterb. Uebers. von Leonhardi. Th. 5.
S. 50. — Crell’s chem. Journal. Th. 5. S. 172.
k)
Mém. de l’Acad. des sc. de Paris. A. 1780. p. 542.
558. 567.
l)
De oleorum unguinosorum natura. Gotting. 1785.
m)
Mém. de l’Institut des sc. et arts. Gehlen’s Jour-
nal f. d. Chemie u. Physik, B. 2. S. 231. 243.
n)
Ann. de Chimie. T. 7. p. 146.
o)
Journ. de Phys. T. (I.) 44. P. 1. p. 372.
p)
Ann. de Chimie. T. 29. p. 301.
q)
Ebendas. T. 72. 73.
r)
Reil’s Archiv f. d. Physiol. B. 4. S. 63.
s)
De fabrica et actione villorum intestinor, tenuium
hominis. Lugd. Bat. 1745. p. 5.
t)
A. a. O. S. 66. 71. 76. 363.
v)
Disquis. ampullularum Lieberkühnii phys. micro-
scop. Lips. 1797. S. 1.
w)
Vasculorum in intestinorum tenuium tunicis, sub-
tilioris anatomes opera detegendorum descriptio. Tra-
ject. ad Rhen. Tab. 2. f. 1.
x)
Exper. Inquiries into the lymphatic System.
y)
A. a. O. S. 79.
z)
Traité des membranes.
a)
De vasis cutis et intestinorum absorbentibus. p. 19.
b)
Haller El. Phys. T. VII. L. 24. S. 1. §. 12. p. 25. —
Neergard’s vergl. Anat. u. Physiol. der Verdauungs-
werkz. der Säugth. u. Vögel. S. 209.
c)
Reise nach dem Vorgebirge der guten Hoffn, S.
415 ff.
d)
Biol. Bd. 1. S. 232.
e)
Strix capite laevi, corpore supra fusco, fasciis trans-
versariis undulatis nigris, remige tertio longiore.
f)
Geoffroy, Annales du Mus. d’Hist. nat. T. 1. p. 64.
Cuvier (Leçons d’Anat. comp. T. 3. p. 543.) aber
erwähnt keines Blinddarms bey diesem Fisch.
g)
Abh. über die Verdauungswerkz. der Ins. S. 40.
h)
Ramdohr (a. a. O. S. 32.) nennt diesen Darm den
Dünndarm.
i)
Haller a. a. O. p. 25. — Cuvier a. a. O. T. 3.
p. 518.
k)
Haller l. c. §. 2. p. 7. — Von den Robben sind
aber nicht alle Arten fleischfressend. Aubert du
Petit-Thouars
(Descript. abrégée des Isles de Tri-
stan d’Acugna. p. 13, in dessen Mélanges de Botan.
et de Voyages. 1. Recueil.) hatte eine junge Phoca ur-
sina, die kein Fleisch anrührte, hingegen Meergras
sehr begierig verschlang.
l)
A. a. O. S. 41.
m)
A. a. O. S. 342.
n)
Exercitat. de purgantium medicament, facultatibus.
o)
Sömmering’s Gefäſslehre. S. 443.
p)
Biologie. Bd. 1. S. 327.
q)
Cuvier, Annales du Mus. d’Hist. nat. T. 2. p. 308.
r)
M. vergl. §. 2. Kap. 2. Abschn. 3. dieses 5ten Buchs.
s)
Eine neuere Beobachtung der peristaltischen Bewe-
gung an den Gedärmen eines lebenden Menschen s.
m. in Scheidemantel’s Fränkischen Beyträgen zur
Arzneygelahrtheit. Dessau. 1784.
t)
Haller El. Phys. T. VII. L. 24. S. 2. §. 14. p. 77 sq.
v)
Haller l. c. §. 1. p. 51. — Neergard’s vergl. Anat.
u. s. w. S. 136.
w)
Emmert in Reil’s u. Autenrieth’s Archiv f. d.
Physiol. B. 8. H. 2. S. 176. — Werner Exper. circa
modum, quo chymus in chylum mutatur. p. 29 sq.
x)
Jurine beym Hallé, Annales de Chimie. T. XI.
p. 158.
y)
Bichat Traité des membranes.
z)
Werner l. c. p. 39 sq.
a)
Werner l. c. p. 45.
b)
Von Ittner’s Beytr. zur Geschichte der Blausäure.
S. 121 ff.
c)
Neergard a. a. O. — Werner l. c. p. 29 sq. —
Emmert a. a. O.
d)
L. c. p. 27.
e)
M. s. den 8ten §. dieses Kap.
f)
Eben so fand Emmert (a. a. O.) im Speisebrey des
obern dünnen Darms eines Pferdes keine Spur von
Eyweiſsstoff.
g)
Cuvier Leçons d’Anat. comp. T. 5. Pl. 37. fig. 1. 2.
h)
Ebendas. Pl. 39. fig. 12.
i)
Comm. Bonon. T. 6. p. 269.
k)
Emmert a. a. O.
l)
Jurine a. a. O.
m)
Werner l. c. p. 43.
n)
Neergard a. a. O. S. 120. 211.
o)
Haller El. Phys. T. VII. L. 24. S. 2. §. 1. p. 51. —
S. 3. §. 4. p. 121.
p)
Gehlen’s neues allgem. Journ. der Chemie. B. 3.
S. 276.
q)
Chymis contentus in hyeme dissectis plerumque lu-
tum terreum, particulis roseis mixtum. So beschreibt
Pallas (Nov. spec. quadrup. e glirium ord. Ed. 2.
p. 250.) den Speisebrey des im Winter erstarrten Lem-
mus rutilus.
r)
Thaer und Einhof in Gehlen’s neuem allgem.
Journ. der Chemie. B. 3. S. 276. — Berzelius eben-
das. B. 6. S. 509.
s)
Pallas l. c. p. 356.
t)
Haller l. c. S. 4. §. 3. p. 172.
v)
Thaer und Einhof a. a. O.
w)
A. a. O.
x)
A. a. O.
y)
Von Schreibers in Gilbert’s Annalen der Phy-
sik. Neue Folge. B. 13. S. 83.
z)
M. vergl. §. 6. dieses Kap.
a)
M. vergl. §. 8. dieses Kap.
b)
Voigt’s Mag. f. d. neuesten Zustand der Naturkun-
de. B. 6. S. 465.
c)
Haller El. Phys. T. VII. L. 25. S. 2. §. 1 sq. p. 227 sq.
d)
Ibid. L. 24. S. 4. §. 5. p. 177.
e)
Ibid. T. I. L. 3. S. 4. p. 250 sq.
f)
Scherer’s allgem. Journal der Chemie. B. 5. S. 164.
Reil’s u. Autenrieth’s Archiv f. d. Physiol.
B. 8. S. 145.
g)
Annales du Mus. d’Hist. nat. T. XVIII. p. 240.
h)
Reil’s Archiv. B. 8. S. 163.
i)
Philos. Transact. Y. 1800. P. 2. p. 327.
k)
Encyclop. method. Art. Aliment.
l)
Rösel’s Insektenbelustigung. Th. 1. Tab. 55.
m)
M. vergl. Abschn. 2. §. 4. dieses Buchs.
n)
Emmert führt zwanzig Fälle der Art an, die von
Elsner und Hildebrandt erzählt sind. Noch wich-
tiger ist Monro’s Versicherung, daſs, wenn er erst
die Bauchhöhle eines lebenden Thiers, und dann
nach einiger Zeit das obere Ende des Brustgangs ge-
öffnet hätte, immer rothe Kügelchen in dem Saft
dieses Canals befindlich gewesen wären. (A. Monro
Vergleichung des Baues u. der Physiol. der Fische
u. s. w. S. 43.)
o)
Vom Blute, seinen Eigenschaften u. s. w. Nürn-
berg. 1780. S. 110.
p)
Mascagni vasorum lymphat. corp. hum. hist. p. 28.
q)
Reuss und Emmert in Scherer’s Journal der Chem.
B. 5. S. 691. — Emmert in Reil’s Archiv f. d. Phys.
B. 8. S. 174. 175.
r)
Med. Commentaries. P. I.
s)
Lobstein Essai sur la nutrition du foetus.
t)
Journal de Trévoux. A. 1706. Juillet.
v)
Mém. de l’ Acad. de Montpellier.
w)
Mém. de l’ Acad. des sc. de Paris. A. 1740. p. 811.
der Octav-Ausg.
x)
Haller. El. Phys. T. I. L. 2. S. 2. §. 10. 11. p. 131.
133.
y)
Theoria med. vera. p. 376.
z)
M. vergl. Glissonii Tractat. de ventriculo et in-
testinis. Cap. XI. §. 5.
a)
Eingeweidelehre S. 142.
b)
Blumenbach glaubt, sogar den wirklichen Ueber-
gang des Eygelbs aus den flockigen Anhängen in
die nach dem Küchelchen laufenden Blutadern als
deutliche gelbe Streifen zwischen und neben dem
rothen Blut dieser Venen unter dem Vergröſserungs-
glase gesehen zu haben. (Blumenbach’s Handb.
der vergl. Anat. S. 524.).
c)
Emmert u. Hochstetter in Reil’s u. Autenrieth’s
Archiv f. d. Physiol. B. 10. S. 117.
d)
M. vergl. Kap. 2. §. 2. dieses Abschn.
e)
Biol. Bd. 1. S. 211 ff.
f)
Oeuvres de Phys. et de Mechanique. p. 476.
g)
L. c. L. 1. S. 4. p. 47. 48.
h)
Saussure’s Reise durch die Alpen. Th. 3. S. 175.
§. 735. — Prunelle sagt ausdrücklich in seiner Ab-
handlung über den Winterschlaf, (Annales du Mus.
d’ Hist. nat. T. XVIII. p. 36.) daſs die Murmelthiere
ausserordentlich fett sind, wenn sie sich in ihre Höh-
len begeben, aber äusserst abgemagert, wenn sie die-
selben wieder verlassen.
i)
Mangili in Reil’s u. Autenrilth’s Archiv f. d.
Physiol. B. 8. S. 429. 431.
k)
Pallas Nov. spec. quadrup. e glirium ord. Ed. 2.
p. 137.
l)
Nat. Gesch. des Hamsters S. 169.
m)
De usu glandularum suprarenalium in animalibus,
nec non de origine adipis. Havniae. 1790.
n)
Vauquelin, Annales de Chimie T. 10. p. 193.
o)
M. vergl. Lorry’s Abhandl. über das Fett in dem
menschl. Körper. Uebers. von Lindemann. Berlin.
1797. — Journal der Erfindungen u. s. w. in der
Natur- u. Arzneywissensch. St. 2. S. 15 ff.
p)
Journal der Erfind. St. 2. S. 19.
q)
A. a. O.
r)
Adversar. anatom. II. Animadv. 6. p. 15.
s)
Tractatus de ventriculo et intestinis. Cap. XI. p. 13.
t)
Exercit. de omento, pinguedine etc. p. 63., in Man-
ceti
Bibl. anat. T. I.
v)
Vom Blute, seinen Eigenschaften u. s. w. S. 105.
w)
M. vergl. Ledel de ansere mactato loco sanguinis
album liquorem stillante, in Miscell. Acad. Nat. Cu-
rios. Dec. 2. A. VI. (1687.) p. 154.
x)
The Anatomy of the absorbent Vessels by W. Cruik-
shank
.
y)
Vasorum lymphat. C. H. hist. et ichnogr.
z)
Lyonnet Traité de la chenille du saule. p. XIII.
428. 483. — Ramdohr’s Abh. über die Verdauungs-
werkz. der Ins. S. 64.
a)
A. a. O. S. 63.
b)
Haller El. Phys. T. I. L. 1. S. 4. p. 44.
c)
A. Cooper, Med. Records and Researches. Vol. I.
p. 86.
d)
Philos. Transact. Y. 1811.
e)
Haller El. Phys. T. I. L. 1. S. 2. §. 10.
f)
Desgranges, Journ. de Médecine etc. rédigé par Se-
dillot
. T. 44.
g)
Haller l. c. T. VII. L. 24. S. 2. §. 2. p. 56. 57. —
L. 26. S. 3. §. 1. p. 339.
h)
De diabete, in Halleri disp. patholog. p. 63.
i)
Haller l. c. L. 26. S. 4. §. 3. p. 379. — Horst in
Hufeland’s u. Himly’s Journ. der prakt. Heilk. J.
1812. St. 12. S. 68.
k)
J. F. Meckel Nov. exper. et observ. de finibus ve-
narum ac vasorum lymphat. p. 101.
l)
Physiologische Untersuchungen. 4te Abth.
m)
Philos. Transact. Y. 1808. p. 45. 133.
n)
Ebendas. — M. vergl. §. 12. dieses Kap.
o)
Philos. Transact. Y. 1811.
p)
Monro’s Vergleichung des Baus u. der Physiol. der
Fische mit dem Bau des Menschen u. s. w. S. 19. —
Camper in seinen Zusätzen zu diesem Werke, S. 157.
q)
Monro a. a. O. — Bloch, Schriften der Berliner
Gesellsch. naturf. Freunde. B. 6. S. 386.
r)
Haller l. c. T. IV. In Addendis. p. 591.
s)
Mém. de la Soc. d’Hist. nat, de Paris. An VII. p. 34.
t)
Diese Materie der Schnecken besteht nach meinen
Versuchen aus Gallerte und etwas Eyweiſs. Sie
erstarrt in kaltem Wasser zu einer zitternden Masse,
löst sich in kochendem Wasser zu einer klaren Flüs-
sigkeit auf, indem sich einige Klumpen von geron-
nenem Eyweiſs bilden, und giebt mit einem Gall-
äpfelaufguſs dünne Häute von schwärzlicher Farbe.
v)
Dies gilt indeſs nur im Allgemeinen. Bey einzel-
nen Arten finden sich Ausnahmen. Manche Fische
haben
w)
Cuvier Leçons d’Anat. comp. T. 4. p. 56.
x)
Cuvier ebendas. p. 61.
v)
haben eine verhältniſsmäſsig eben so groſse Milz
wie der Mensch. (Monro’s Bau und Physiol. der
Fische. S. 44.).
y)
Phil. Trans. Y. 1808. p. 45.
z)
Lobstein in J. J. Busch diss. de liene. Argentor.
1774. — Prochaska disqu. organismi C. H. ejusque
processus vitalis. p. 104. Home a. a. O.
a)
Haller El. Phys. T. VI. L. 21. S. 1. §. 4. p. 404. sq.
b)
Experim. Inquiries. P. 3. C. 2.
c)
Monro a. a. O. S. 43.
d)
Haller l. c. S. 2. §. 5. p. 421.
e)
Brunner Exper. nov. circa pancreas. In praefat. —
Malpighi de liens.
f)
So fand Steller (Beschreibung sonderbarer Meer-
thiere. S. 129.) die Schilddrüse bey einem zweyjäh-
rigen Seebär (Phoca ursina) gröſser als bey einem
einjährigen.
g)
Cuvier Leçons d’Anat. comp. T. 4. p. 527. 534.
h)
Morgagni Epist. anat. IX. p. 271. — J. F. Me-
ckel
(Abhandl. aus der menschl. u. vergl. Anat.
u. Physiol. S. 215.) vergleicht diese Drüsen mit der
Thymus.
i)
Haller El. Phys. T. III. L. 9. S. 1. §. 22. p. 396 sq.
k)
L. c.
l)
A. a. O. S. 81.
m)
A. a. O. p. 534.
n)
Chem. Untersuchungen mineral. vogetab. u. animali-
scher Substanzen. 3te Forts. S. 262.
o)
Cuvier a. a. O. p. 532.
p)
Bartholini Anat. p. 349.
q)
Albicans et fere chylosum serum. Morgagni Ad-
vers. anat. IV. p. 19.
r)
S. C. Lucä in den Abh. der physikal. Societät zu
Erlangen. B. 2. S. 22. — Ebendesselben anat. Unters.
der Thymus in Menschen u. Thieren. H. 1. S. 30 ff.
H. 2. S. 21 ff.
s)
Lucä ebendas.
t)
Haller l. c. L. 8. S. 2. p. 114. sq.
v)
Lucä’s anat. Untersuch. H. 1. S. 14. H. 2. S. 49.
w)
Haller l. c. p. 115.
x)
Pallas Nov. spec. quadrup. e glirium ord. Ed. 2.
p. 117.
y)
Pallas ibid. p. 202.
z)
Prunelle, Annales du Mus. d’Hist. nat. T. 18.
p. 308.
a)
L. c. p. 118.
b)
Cuvier a. a. O. T. 5. p. 241. — Hunter fand die-
sen Bau auch bey den Wallfischen. (M. s. dessen
Beyträge zur Nat. Gesch. der Wallf. Uebers. von
Schneider. Th. 1. S. 58.).
c)
Meckel a. a. O.
d)
Bartholin, Bauhin, Veslinc, Morgagni.
e)
Riolan, Bianchi.
f)
L. c. T. VII. L. 26. S. 1. §. 26. p. 290.
g)
Epist. anat. XX. p. 426.
h)
Morgagni l. c. p. 428.
i)
Haller l. c.
k)
Haller ibid. p. 290. 293.
l)
Swammerdamm’s Bibel der Natur. S. 314. — Rösel
Hist. ranar. nostratium. — Cuvier Leçons. T. 5.
p. 248.
m)
L. c. p. 299.
n)
Pallas nennt sie: Substantiam glanduloso-lar-
dosam.
o)
Haller l. c. T. III. L. 9. S. 1. §. 22. p. 398.
p)
Commentar. Bononiens. T. VII. p. 27.
q)
C. Sprengel Institut. physiolog. P. I. p. 379.
r)
Lyonnet Traité de la chenille du saule. p. 426.
s)
Parmentier et Deyeux, Journ, de Phys. T. (I.) 44.
p. 372. 435.
t)
Lyonnet a. a. O.
v)
Rat. med. P. I. p. 80. P. III. p. 129. P. IV. p. 217.
w)
Vom Blute, seinen Eigenschaften u. s. w.
x)
Diss. sist. exper. et observ. de sanguine, praesertim
venoso. Stuttgardiae. 1792.
y)
Physiologische Fragmente. Th. 2. S. 241.
z)
A. a. O. S. 63.
a)
Sulzer’s Vers. einer Nat. Gesch. des Hamsters. S. 93.
b)
Heidmann in Gilbert’s Annalen der Physik. B.
17. S. 1 ff.
c)
Gehlen’s Journ. f. d. Chemie, Physik u. Mineral.
B. 7. S. 585. B. 9. S. 586.
d)
Annales de Chimie T. 7. p. 146.
e)
A. a. O.
f)
Medico-chirurg. Transact. published by the med.
and chriurg. Society of London. Vol. 1. p. 47.
g)
Nicholson Journ. of nat. Phil. Vol. XI. p. 244.
h)
Emmert in Reil’s u. Autenrieth’s Archiv f. d.
Physiol. B. 11. S. 124. 125.
i)
Parmentier u. Deyeux a. a. O.
k)
Annales de Chimie. T. 7. p. 146.
l)
Commentat. de lympha. Erlang. 1801.
m)
Brande, Philos. Transact. Y. 1809. P. 2. No. 21. —
Hisincer in Gilbert’s Annalen der Physik. B. 27.
S. 304. — Hisinger nennt das den negativen Pol,
was bey Brande der positive heiſst. Die Verschie-
denheit der Benennung rührt aber blos von der ver-
schiedenen Construktion her, deren sie sich bedienten.
n)
Hildebrand in Crell’s chem. Annalen. 1799. B. 1.
S. 150.
o)
Thénard, Mém. de la Soc. d’ Arcueil. T. 2. p. 36.
p)
Neue Abhandl. der Schwed. Akademie. J. 1780.
S. 111.
q)
Mém. de l’ Institut. Sc. mathém. et phys. T. 6. p. 332.
r)
Ob auch das Blut der Mollusken und Würmer Eisen
enthält, ist schwer zu bestimmen. Erman will zwar,
wie Rudolphi in seinen Beyträgen zur Anthro-
pologie und allgem. Naturgeschichte
(S. 86.)
erzählt, in dem Blut der Helix Pomatia und des
Planorbis corneus sowohl Eisen, als Braunstein ge-
funden haben. Ich gestehe aber, daſs ich die Rich-
tigkeit dieser Erfahrungen bezweifele. Ich habe oft
versucht, das Blut der Weinbergschnecke aus dem
geöffneten Herzen aufzufangen. Aber immer ergoſs
sich dasselbe in so geringer Quantität, und vermischte
sich gleich so mit der in dem Herzbeutel und unter
der Bauchhaut befindlichen Flüssigkeit, daſs alle meine
Mühe, auch nur einige Tropfen davon rein aufzu-
fangen, vergeblich war. Vielleicht hat man die un-
ter dem Bauchfell der Weinbergschnecke enthaltene
Flüssigkeit für das Blut gehalten. Jene ist aber
von diesem sehr verschieden. Sie ist von bläulicher
Farbe, wirkt auf Pflanzenpigmente weder als Säure,
noch als Alkali, und wird weder von Alcohol, noch
von essigsaurem Bley coagulirt; hingegen mit Gall-
äpfeltinktur mäſsig erwärmt, geht sie in eine gela-
tinöse Substanz über. Sie besteht also aus Gallerte.
s)
Der Naturforscher. St. 20. — Nützliches Allerley aus
der Natur u. dem gemeinen Leben von G. E. Goeze.
B. 4. S. 43.
t)
Berzelius in Gehlen’s Journ. f. d. Chemie, Physik
u. s. w. B. 7. S. 583.
v)
M. vergl. §. 6. dieses Kap.
w)
Die Kunst, die Blutlauge zu bereiten. Wien. 1790.
§. 2.
x)
Gehlen’s neues allgem. Journal der Chemie. B. 2.
S. 461.
y)
Ittner (Beyträge zur Geschichte der Blausäure. S. 61.)
bemühte sich zwar vergeblich, diese Säure zu erhalten.
Ich vermuthe aber, daſs dieser Schriftsteller den Wein-
geist-Auszug der Blutlauge gleich nach der Bereitung
untersucht hat. In diesem Falle bekam ich ebenfalls
nicht immer mit Eisenauflösungen eine rothe Flüssig-
keit.
y)
keit. Prüfte ich hingegen den Auszug mit salpeter-
saurem Eisen, nachdem derselbe ohngefähr vier und
zwanzig Stunden in einem offenen Glase gestanden
hatte, so zeigte sich die rothe Farbe.
z)
A. a. O.
a)
Syst. des connoissances chimiques. T. 9. p. 152.
b)
Ann. de Chimie. T. 7. p. 162.
c)
“Es ist mir,” sagt auch Berzelius, “durchaus nicht
„gelungen, aus Eyweiſs oder Blutwasser mit Zusatz
„von phosphorsaurem Eisenoxyd ein gefärbtes Blut-
„wasser zu erhalten, wie Fourcroy angiebt.” (Geh-
len
’s Journ. f. d. Chemie, Physik u. Mineral. B. 7.
S.
d)
Handbuch der empirischen menschl. Physiol. Th. 1.
S. 28.
c)
S. 583.). Grindel’s Versuch, aus phosphorsaurem
Eisen, Kochsalz, Eyweiſs und Wasser vermittelst der
Voltaischen Säule Blut zu bereiten, (Hufeland’s
u. Himly’s Journ. der prakt. Heilk. J. 1811. St. 1.
S. 24. — St. 8. S. 98. — J. 1812. St. 2. S. 99.) verdient
nach dem, was Fischer (Ebendas. J. 1811. St. 12.
S. 43.) darüber gesagt hat, keiner Erwähnung mehr.
e)
Philos, Transact. Y. 1800. p. 327.
f)
Am wenigsten Kohlenstoff enthält die trockne Hau-
senblase, mehr das trockne Eyweiſs, und am meisten
die Muskelfaser. (Hatchett a. a. O.). Dasselbe
Verhältniſs findet in Betreff des Stickstoffs statt, wel-
cher durch Salpetersäure aus diesen Substanzen ent-
wickelt wird. (Fourcroy, Mém. de la Soc. d[e]
Médéc. A. 1786. p. 246.).
g)
So nimmt Hatchett (A. a. O. p. 369. 381.) für den
Charakter des Schleims das Unvermögen, in der Kälte
zu gerinnen, verbunden mit der Unauflöslichkeit in
kaltem
g)
kaltem Wasser an, Eigenschaften, die auch das Ey-
weiſs besitzt. — Thomson (System der Chemie.
Uebers. von Wolff. B. 4. S. 369.) nennt als Kennzei-
chen des Schleims: Auflöslichkeit in kaltem Wasser,
Unauflöslichkeit in Alcohol, Abwesenheit der Gerinn-
barkeit in der Hitze und des Gelatinirens in der
Kälte, und die Eigenschaft, sowohl vom Gerbestoff,
als vom salpetrig-salzsaurem Zinn niedergeschlagen
zu werden. Aber von dieser Zinnauflösung wird
auch der Eyweiſsstoff gefällt; die Präcipitation vom
Gerbestoff findet auch bey der Gallerte, dem Fleisch-
extrakt, und mehrern andern Substanzen statt, und
die übrigen Kennzeichen passen ebenfalls theils auf
die Gallerte, theils auf den in Säuren aufgelösten
Eyweiſsstoff. — Die Gallerte und der Eyweiſsstoff
haben auch mit dem Schleim die Auflöslichkeit in
Säuren gemein, worin Fourcroy (Annales du Mus.
d’Hist. nat. T. XII. p. 61.) den positiven Charak-
ter des Schleims gefunden haben wollte. — Wenn
endlich Bostock (Nicholson Journal of nat. Phil.
Vol. XI. p. 244.) glaubt, daſs der Schleim nicht vom
Gerbestoff und vom ätzenden Sublimat, sondern
blos vom Bleyextrakt gefällt wird, so ist dies, wie
wir schon im vorigen §. gesehen haben, eine auf
unrichtigen Voraussetzungen gebauete Meinung.
h)
Parmentier et Deyeux, Journ. de Phys. T. 37. P. 2.
p. 361. 415. — Fourcroy, Annales de Chimie. T. 7.
p. 173.
i)
Fourcroy, Annales de Chimie. T. 8. p. 17.
k)
Fourcroy ebendas. T. 7. p. 173.
l)
Fourcroy ebendas. p. 146.
m)
Annales du Mus. d’Hist. nat. T. XVIII. p. 212.
n)
M. vergl. §. 17. dieses Kap.
o)
Das Oel der Haare ist bis jetzt erst von Vauquelin
(Ann. de Chimie. T. 58. p. 41.) bemerkt worden. In
dem Zustande, worin dieser dasselbe fand, war es
aber schwerlich ein Edukt, sondern ein Produkt des
starken Kochens der Haare im Papinianischen Di-
gestor.
p)
Ann. de Chimie. T. XIV. p. 123.
q)
§. 14. dieses Kap.
r)
Fourcroy und Vauquelin beschreiben die mit
reinen Alkalien gesättigte Auflösung dieses Stoffs als
dunkel blutroth. Ich habe sie immer gelbbraun, oder
braunroth gefunden. Sie scheint sich aber freylich
nach der Stärke der Säure, der Reinheit des Alkali
und dem Grade der Digestionshitze zu verändern.
s)
Reinecke in Crell’s chem. Annalen. J. 1801. B. 2.
S. 12. 94. — Kopp in den Annalen der Wetterauischen
Gesellsch. f. d. gesammte Naturk. B. 1. H. 1. S. 118.
t)
Mém. de l’Acad. des sc. de Paris. A. 1787. p. 148.
v)
Crell’s Auswahl aus den neuesten Entdeckungen in
der Chemie. B. 1. S. 335.
w)
Beyträge zur Geschichte der Blausäure. S. 26.
x)
Dies hat schon Fourcroy bemerkt (Ann. de Chi-
mie. T. 6. p. 177. — Syst. des connoiss. chim. T. 9.
p. 86.) Ittner erinnert dagegen in seiner angeführ-
ten Schrift (S. 23.), daſs er aus thierischen Stoffen
mit Salpetersäure sehr wenig Blausäure erhalten habe.
Ich muſs hierin aber Fourcroy’n beytreten. Herr
Apotheker Henschen in Bremen, der auf Veran-
lassung meiner Versuche über die Blutsäure, Blut
mit Salpetersäure destillirte, stellte mir ohngefähr sechs
Unzen Wasser zu, die auf diese Art vollkommen mit
Blausäure geschwängert waren.
y)
Ittner a. a. O. S. 59.
z)
M. s. oben S. 105.
a)
Gilbert’s Annalen der Physik. J. 1811. St. 4. S. 401.
b)
Gay-Lussac und Thenard versichern, das Ver-
hältniſs beyder Stoffe sey genau dasselbe, worin
dieselben das Wasser ausmachen. Aber diese Gleich-
heit der Verhältnisse ist sehr unwahrscheinlich, und
durch Versuche, die mit so vielen Schwürigkeiten
verbunden sind, wie beym Verbrennen halbflüssiger
Materien in Sauerstoffgas statt finden muſsten, ge-
wiſs nicht streng zu beweisen.
c)
Annales du Mus. d’Hist. nat. T. I. p. 333.
d)
Gehlen’s Neues allgem. Journ. der Chemie. B. 4.
S. 3.
e)
Bonnet’s Insektologie. Uebers. von Goeze. Th. 3.
S. 109.
f)
Autenrieth’s Handb. der empirischen menschl.
Physiol. Th. 2. S. 347 ff.
g)
Haller El. Phys. T. VII. L. 26. S. 2. §. 19. p. 329.
h)
Emmert u. Hochstetter in Reil’s u. Auten-
rieth
’s Archiv f. d. Physiol. B. 10. S. 114.
i)
Observ. physiol. do amphibiis. P. 2. p. 21.
k)
M. vergl. §. 3. dieses Kap.
l)
Gilbert’s Annalen der Physik. Neue Folge. B. 13.
S. 85 ff.
m)
Cuvier Leçons d’ Anat. comp. T. 5. p. 239.
n)
Von Schreibers a. a. O. S. 84 ff.
o)
Biologie. Bd. 1. S. 285.
p)
Cuvier a. a. O. p. 220.
q)
Gärtner Observ. circa urinae naturam. Tubing.
1796. — Schultens Disp. de causis imminutae in
rep. Batav. morbi calculosi frequentia. Lugd. Bat.
1801.
r)
Nach Gärtner wird diese Säure durch Pflanzenkost
vermehrt. Hiermit stimmt zwar seine Beobachtung,
daſs der Harn des Menschen und der fleischfressenden
Thiere nach dem Genuſs vegetabilischer Speisen sau-
rer wird, und das Resultat der Versuche Vauque-
lin
’s (Annales du Mus. d’ Hist. nat. T. 18. p. 83.),
nach welchen der Harn des Löwen und Tigers, rein
fleischfressender Thiere, in dem Augenblick, wo er
gelassen ist, freyes Ammonium zeigt, überein. Aber
ich sehe nicht ein, wie damit eine andere Bemerkung
Gärtner’s, nach welcher bey Thieren, die blos
Pflanzenkost genieſsen, z. B. bey Pferden und Och-
sen, der frischgelassene Urin deutliche Spuren von
Alkalescenz verräth, so wie Brande’s (Philos. Tran-
sact. Y. 1806. P. 2. p. 372.) und Vauquelin’s (Four-
croy
Syst. des conn. chim. T. 10. p. 188.) Beobach-
tungen, daſs der Urin des Pferdes, Esels und Meer-
schweinchens den Veilchensaft grün färbt, zu ver-
einigen sind.
q)
1801. — Cruikshank in Rollo’s Cases on diabetes
mellitus. p. 438. — Thenard, Ann. de Chimie. T.
59. p. 262. — Fourcroy Syst. des connoiss. chim.
T. 10. p. 139.
s)
Gärtner a. a. O.
t)
Ann. de Chimie. T. 31. p. 48. — Ann. du Mus.
d’Hist. nat. T. 12. p. 66.
v)
Gehlen’s Journ. f. d. Chemie und Physik. B. 3.
S. 1. — B. 9. S. 587.
w)
Fourcroy u. Vauquelin, Ann. de Chimie. T. 32.
p. 213. — Reinecke in Crell’s chem. Annalen. J.
1800. B. 2. S. 12. 94.
x)
Gärtner a. a. O.
y)
Gärtner ebendas.
z)
Acad. Nat. Curios. T. 5. p. 332.
a)
Bey Gärtner a. a. O.
b)
Fourcroy u. Vauquelin, Ann. de Chimie. T. 31.
p. 48. T. 32. p. 80. 113. — Annales du Mus. d’Hist.
nat. T. XI. p. 226.
c)
A. a. O. B. 9. S. 587.
d)
M. vergl. Fourcroy’s Abh. Ann. de Chimie. T. 7.
p. 146.
e)
Ann. de Chimie. T. 26. p. 258.
f)
Chevreul, Ann. de Chimie. T. 72. p. 294.
g)
Nouvelles recherches sur l’urine des ictériques. Par
M. Orfila. Paris. 1811.
h)
Phil. Trans. Y. 1806. P 2. p. 372.
i)
Annales de Chimie. T. 72. p. 294.
k)
Gilbert’s Annalen der Physik. J. 1811. St. 8. S. 470.
l)
Scherer’s allgem. Journal der Chemie. B. 7. S. 581.
m)
Fourcroy u. Vauquelin, Journ. de la Soc. des
Pharmac. à Paris. T. 1. p. 41. 129. — Ann. de Chimie.
T. 47. p. 244.
n)
Ann. du Mus. d’Hist. nat. T. 18. p. 85.
o)
Fourcroy Syst. des connoiss. chimiques. T. 10.
p. 188.
p)
Vauquelin, Ann. du Mus. d’Hist. nat. T. 18. p. 83.
q)
Vauquelin ebendas. T. 17. p. 310.
r)
Vauquelin, Ann. de Chimie. T. 29. p. 3. — Che-
vreul
ebendas. T. 72. p. 294.
s)
Von Schreibers a. a. O. S. 89 ff.
t)
Ann. de Chimie. T. 1. p. 198.
v)
Fourcroy Syst. des conn. chim. T. 10. p. 264.
w)
Chemische Untersuch. mineral. vegetab. u. animal.
Substanzen.
x)
A. a. O.
y)
A. a. O.
z)
Annales du Mus. d’Hist. nat. T. 18. p. 82.
a)
T. V. P. 1. In opusc. p. 275.
b)
Ann. de Chimie. T. 59. p. 262.
c)
Gehlen’s Journ. f. d. Chemie u. Physik B. 3. S. 1.
Berzelius erwähnt auch der phosphorsauren Bit-
tererde als eines Bestandtheils der Menschenknochen.
Hildebrand’s neuere Versuche (in Schweigger’s
neuem Journal für Chemie u. Physik. B. 8. S. 1.) ma-
chen aber wahrscheinlich, daſs, wie schon Four-
croy
und Vauquelin gelehrt hatten, diese Erde wohl
in den Rindsknochen, nicht aber in den Menschen-
knochen enthalten ist.
d)
Ann. de Chimie. T. 47. p. 244. — Ann. du Mus.
d’ Hist. nat. T. 12. p. 136. T. 13. p. 267.
e)
Vauquelin, Ann. de Chimie. T. 58. p. 41.
f)
Hatchett, Philos. Transact. Y. 1799. P. 2. p. 327.
g)
Vauquelin, Ann. du Mus. d’Hist. nat. T. 18. p.
212.
h)
Journ. de la Soc. des Pharmac. à Paris. T. 1. No. 13.
p. 129. — Ann. de Chimie. T. 29. p. 326.
i)
Abschn. 2. §. 4. dieses Buchs.
k)
Ebendas.
l)
Ebendas.
m)
Biolog. Bd. 3. S. 557. 591.
n)
Abschn. 3. Kap. 1. §. 3. dieses 5ten Buchs.
o)
Ebendas. Kap. 2. §. 5.
p)
Ebend. Kap. 3. §. 7.
q)
Haller El. Phys. T. IV. L. 10. S. 8. §. 30. p. 405.
r)
Versuche über die Regeneration B. 1. S. 260.
s)
Adenographia curiosa. §. 16.
t)
Hirn- und Nervenlehre. 1te Ausg. §. 193.
v)
M. vergl. Biol. Bd. 1. S. 86. 93.
w)
Biol. B. 3. S. 1 ff.
x)
Roth’s botanische Bemerkungen und Berichtigungen.
Leipz. 1807. S. 180.
y)
Bemerkungen über die Struktur der ausgewachsenen
Schwung- und Schweiffedern. Tübingen. 1807.
z)
Philosoph. Transact. Y. 1809. p. 404.
a)
Translated from the Swedish by G. Brunmark.
London. 1813. p. 33.
b)
Ich bediente mich einer 150maligen, einfachen Ver-
gröſserung.
c)
Anatomia, seu interiora rerum cum animat. tum
inanimatarum etc. p. 5, 6.
d)
De Witry hat eine solche Beobachtung in den
Mém. de l’ Acad. de Bruxelles vom Jahre 1787 bekannt
gemacht, und dabey mehrere ältere Beyspiele dieser
Art angeführt. Eine Uebersetzung seines Aufsatzes
findet man in Lichtenberg’s und Voigt’s Magazin
für das Neueste aus der Physik und Naturgeschichte
(B. V. St. 1. S. 116.).

Dieses Werk ist gemeinfrei.


Holder of rights
Kolimo+

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2025). Collection 3. Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bq4n.0