[[1]]
Die Urſache
des
Einſchlagens
vom Blitze,

nebſt
deſſen natuͤrlichen Abwendung von
unſern Gebaͤuden,
aus
zuverlaͤßiger Erfahrung von Wetterſchlaͤgen
vor Augen gelegt,


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Langenſalza: , 1769.
bey Johann Chriſtian Martini.

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Geneigter Leſer!


Gegenwaͤrtige gelehrte Abhandlung iſt,
nachdem ſolche der Hamburgiſchen Ge-
ſellſchaft, d. 17. Febr. 1768. oͤffentlich vorgele-
ſen worden, einem groͤſſern Werke zum Ein-
ruͤcken gewidmet worden, da aber viele Freunde
ſolche a parte zu beſitzen, gewuͤnſchet, und
mich deshalben oͤfters erſuchet, ſelbige ge-
meinnuͤtziger zu machen, und von neuen auf-
legen zu laſſen, als habe ich Ihrem Anſu-
chen zu befolgen, keinen Anſtoß nehmen
wollen. Langenſalza, den 8ten April. 1769.


der Verleger.


[[4]]
[figure]

§. 1.


Schon lange habe ich mich gewun-
dert, daß man in Europa die Ent-
deckung, ſeine Gebaͤude vor dem
Blitze zu ſchuͤtzen, bisher ſo we-
nig geachtet hat. Ich wuͤnſchte deßwegen, aus
Erfahrungen von Wetterſchlaͤgen die Richtig-
keit derſelben deutlich vorſtellen und zu weiterer
Bekanntmachung eines ſo gemeinnuͤtzigen Vor-
ſchlages etwas beytragen zu koͤnnen.


§. 2.


Hierzu ſchien ſich eine Gelegenheit anzubie-
ten, als am verwichenen 6ten Aug. 1767. unſer
Nicolai Thurm vom Blitze getroffen ward. Ich
habe demnach, nebſt Herrn Prof. Buͤſch, einige
Beobachtungen von dem Zuge des Blitzes da-
bey gemacht, davon auch in unſerer Verſamm-
lung
[5] lung Bericht erſtattet worden. Um aber die
Sache weiter zu eroͤrtern, habe ich verſchiedene
andere Bemerkungen von den Spuren des
Blitzes in Vergleichung gezogen, und ſie mit
einigen Anmerkungen begleitet. Ich hoffe da-
durch im Stande zu ſeyn, die Haupturſache
der Gefahr unſerer Gebaͤude bey Wetter-
ſchlaͤgen, und die gleichſam von der Natur
ſelbſt angezeigten Mittel, ſie abzuwenden,

deutlich vor Augen zu legen, und wuͤnſche, daß
meine geringe Bemuͤhung zu wuͤrklichem Nu-
tzen gereichen moͤge. Ich werde mich in allen
Stuͤcken auf ſichere Erfahrungen berufen, und
ſie ſo vorzutragen ſuchen, daß eine durch die an-
dere erlaͤutert, und der Leſer durch die Zuſam-
haltung derſelben alles deſto voͤlliger einſehen
moͤge.


§. 3.


Die vorzuͤglichſten zu meinem Zwecke habe
ich in den Abhandlungen der Koͤnigl. Engliſchen
Geſellſchaft der Wiſſenſchaften gefunden. Da-
ſelbſt berichtet z. E. Herr Doct. Heberden*)
die Wuͤrkung eines Wetterſtrahles, welcher
1764. den 18. Jun. die Kirche zu South-Weald
in Eſſex, 18. Engliſche Meilen oſtnordoſtlich von
London getroffen hat. Der Thurm iſt an der
Weſtſeite, und hat an einer Ecke ein kleines
angebauetes 8 Fuß hohes Thuͤrmchen, darinn
die Treppe hinauf gehet, und auf deſſen mit
Bley gedeckter Mauer oben einige eiſerne Stan-
gen ſo befeſtiget ſind, daß ſie in der Mitte zu-
A 3ſam-
[6] ſammenſtoſſen, und einen Wetterhahn tragen.
Auf diefes Thuͤrmchen fiel der Blitz. Der Wet-
terhahn und die Stangen ſelbſt ſchienen unbe-
ſchaͤdigt: allein die einen Fuß dicke Mauer des
Thuͤrmchens, darauf ſie befeſtiget waren; ward
gegen Norden, bis an das Bley des Haupt-
thurmes, in einer Breite von 4 Fuß, welche
beynahe den dritten Theil des Umfanges aus-
machet, ganz zerſchmettert. Der Strahl ging
auch noch bey der Kirche herunter; und man
fand, daß ſowohl an der weſtlichen, als an der
Oſtſeite, eben da, wo die bleyernen Rinnen,
welche vom Kirchdache herunterkommen, ſich
bey einem Fenſter, darinn aufrecht eiſerne Stan-
gen ſind, endigten, die Kirchenmauer beſchaͤdi-
get, und unterwaͤrts bey den Stangen geſpal-
ten worden. An der oͤſtlichen Seite war in-
wendig an der Mauer bey dieſer Stelle eine
eiſerne Klammer eingeſchlagen, darauf ein groſ-
ſer Gemaͤhlderahmen ruhete. Um dieſes Eiſen
zeigte ſich auch die Wuͤrkung des Blitzes, in-
dem ſowohl die Vergipſung daſelbſt von der
Mauer heruntergeworfen, als auch beſagter
Rahmen da, wo er auf der Klammer ruhete,
zerſchmettert war.


§. 4.


Wir koͤnnen hierbey vorlaͤufig anmerken:
1) daß der Blitz nach dem Metalle gefahren
ſey: 2) ſo weit er eine Strecke von Metall ge-
funden, keinen Schaden ausgeuͤbet: 3) da
aber, wo das Metall aufhoͤrte, oder wo einzelne
Stuͤcke Metall in andern Koͤrpern geſtecket,
theils
[7] theils einen Sprung nach weiterem nahe gele-
genen Metalle gethan, theils die andern Koͤr-
per, als Steine oder Holz, welche an dem Me-
talle angelegen, zerſchmettert habe. Dieſes
ſind Wuͤrkungen, welche unſere Aufmerkſam-
keit erfodern: man hat ſie ſchon vielfaͤltig bey
dem Blitze wahrgenommen, und ſie werden
noch ferner durch folgende Beobachtungen er-
laͤutert und beſtaͤtiget.


§. 5.


An demſelbigen Tage, da der ebenbemeldete
Schlag geſchehen, beynahe 3 Stunden ſpaͤter,
kam ein Gewitter in London, welches verſchie-
denen Schaden verurſachte. Ein Blitz traf den
ſchoͤnen Brigitten Thurm, (St. Bride’s Steeple)
welcher ganz von gehauenen Steinen gebauet iſt,
aus verſchiedenen mit Saͤulen gezierten und mit
Schwibboͤgen durchbrochenen Abſaͤtzen beſtehet,
und zur Spitze eine gleichfalls aus Quaderſtei-
nen zuſammengeſetzte Pyramide hat. Die Um-
ſtaͤnde ſind von Herrn D. Watſon und Herrn
Delaval genau beſchrieben, auch, da 85 Fuß
vom Thurme haben abgenommen werden muͤſ-
ſen, nach Unterſuchung aller beſchaͤdigten Theile,
mit Abzeichnungen erlaͤutert *). Oben auf der
Spitze ſtand ein Kreutz; welches nebſt der Wet-
terfahne und dem Knopfe, von vergoldetem Ku-
pfer und an einer eiſernen Stange befeſtiget
war. An dem oͤbern Theile des Kreutzes zeigte
die entfaͤrbte und abgeriſſene Vergoldung, wie
auch einige Stellen, daran etwas geſchmolzen
A 4war,
[8] war, daß es vom Blitze getroffen ſey: ſonſt
war das Kreutz, die Fahne und der Knopf und
die Stange nicht beſchaͤdiget. Es war dieſe
Stange 2 Zoll dick, auf 10. Fuß tief in den
Steinen der Thurmſpitze eingefaſſet und mit
Bley umgoſſen. Die oͤbern Steine, darinn die
Stange ſteckte, hatte auch noch nicht gelitten:
da aber, wo die Stange aufgehoͤret, hatte der
Blitz angefangen, ſeine ſchmetternde Kraft zu
zeigen, den Stein, darauf die Stange ruhete,
durchgeſchlagen, und nebſt den umliegenden, in
verſchiedene Stuͤcke zerſprenget, auch einige groſſe
Stuͤcke vom Thurme weggeworfen. Darauf
hatte er, etwas weiter unten, einige eiſerne
Klammern an den Quaderſteinen der Thurm-
ſpitze, und noch tiefer eiſerne rund um in den
Steinen verſteckte Verbindungsanker angetrof-
fen. Es war ferner von einer Weite zur andern
eine Menge Eiſenwerk in dieſem Thurme ange-
bracht, um die noͤthige Feſtigkeit zu erhalten.
So wurden nicht allein die Schwibboͤgen und
[Fenſtergeſimſe] mit eiſernen Querſtangen gehal-
ten, ſondern es lagen auch ein Paar Roſte von
eiſernen Stangen, der eine unter der Pyramide,
der andere unter dem naͤchſten Abſatze, quer
durch den Thurm, und ſolche waren gleichfals
rund umher mit eiſernen Ankern, welche man
in den gehauenen Steinen befeſtiget hatte, ver-
bunden. Nun zeigte es ſich klaͤrlich, wie der
Blitz von einem Eiſen zum andern geſprungen
ſey, um die Enden derſelben ſich ausgedehnet,
und bey ſolchen Stellen, wo er an ſeinem Fort-
gange
[9] gange gehindert worden, die Steine theils ge-
waltig zerſchmettert, theils ganz abgeſchlagen
habe. Ueberhaupt aber war die Gewalt des
Strahls, von oben an, bey jedem Abſatze des
Thurms, deren man fuͤnfe beſchaͤdiget fand,
nach gerade geringer worden *), und die letz-
ten Wuͤrkungen zeigten ſich in der Gegend der
Glocken.


§. 6.


Herr Watſon und Herr Delaval ma-
chen
hiebey die richtigen Anmerkungen: 1)
Daß eine ſolche Helmſtange oder Kreutz, als
ein Metall, welches hoch in der Luft erhaben iſt,
die vorbeyfahrende Materie eines Blitzes leicht
auffangen und ſammlen koͤnne: 2) Daß, wenn
keine metallene Leitung davon bis zur Erde her-
unter gehet, ſolche Stangen einen Thurm oder
anderes Gebaͤude wuͤrklich in groſſe Gefahr ſe-
tzen, da wir ſehen, daß die Materie des Blitzes
durch Steine und Holz ſchwerlich und nicht
leicht ohne Schaden hingehet: 3) Daß auch
die abgeſonderten Anker, Stangen oder andere
Stuͤcken Metall, welche hie und da in einem
Gebaͤude liegen, bey ſolchen Umſtaͤnden ſehr ge-
faͤhrlich ſeyn koͤnnen, weil der Blitz von einem
Stuͤcke Metall zum andern ſpringet, und die
anliegenden Koͤrper zerſchmettert, oder gar ent-
zuͤndet: 4) Daß man alſo nicht genug er-
mahnen koͤnne, von dem Gipfel der Gebaͤude
ja ein aneinanderhangendes Metall ganz
bis in die Erde, oder vielmehr bis in ein

A 5Waſſer,
[10]Waſſer, herunter gehen zu laſſen, wie ſolches
Herr D. Franklin
gerathen hatte, weil der
Blitz alsdann an dem Metalle ohne Schaden frey
herunter faͤhret, und das Gebaͤude verſchonet.


§. 7.


Dieſes iſt es, was man eine Ableitung
des Blitzes nennet. Daß uns die Natur derglei-
chen Schutz wuͤrklich anzeige, und eben die Ei-
genſchaft der Metalle, den Blitz zu ſammlen oder
anzulocken, welche ſo oft, wie in oberwehnten
Beyſpielen, wo das Metall zerſtreuet gelegen,
Schaden verurſachet hat, auf ſolche Weiſe zur
Bedeckung und Sicherheit unſerer Gebaͤude
dienen koͤnne, werden folgende Beobachtungen
von Wetterſchlaͤgen, dabey ſchon ein merklicher
Theil der Gebaͤude durch ein zuſammenhaͤn-
gendes Metall beſchuͤtzet worden, klaͤrlich er-
weiſen.


§. 8.


Wir wollen demnach itzt die Spuren des
Wetterſtrahles, welcher auf hieſige Nicolai
Kirche gefallen iſt, in Erwaͤgung nehmen, da
die Beſchaffenheit, ſowohl der Beſchaͤdigung
als der Verſchonung, aus dem, was bisher
angefuͤhret worden, nunmehr leicht zu verſtehen
ſeyn wird. Der Thurm iſt bey 420 Fuß hoch:
die 216 Fuß hohe Spitze deſſelben, welche auf
ihrer Helmſtange einen Knopf und Fahne mit
einem Kreutze traͤget, iſt bekanntlich, wie bey
unſern andern Thuͤrmen mit Kupfer gedecket.
Dieſe Kupferdecke gehet von dem Knopfe an, bis
an
[11] an das Geſimſe ununterbrochen fort *). Die
Knoͤpfe ſind von ſtarkem Kupfer. Beyde Zwi-
ſchenboͤden, die Stender der Laterne und ihre
Zwiſchenboͤden, ſind alle ſehr wohl mit Kupfer
beſchlagen. Unter dem Geſimſe iſt eine acht-
eckige 16 Fuß hohe Mauer, deren Ecken mit
Quader-Steinen ausgeſetzet ſind: die uͤbrige
Mauer des Thurms bis an die Erde iſt viereckt,
und oben mit einer Gallerie verſehen, deren Fuß-
boden ganz mit Kupfer beleget iſt. — Ich ver-
muthete, oben bey dem Knopfe die Zeichen des
Blitzes wahrnehmen zu koͤnnen, weil die Ver-
goldung daran erſt vor 6 Jahren neu gemacht,
und noch von gutem Glanze iſt. Nachdem ich
nun ein Fernglas genommen, zeigte ſich ſogleich,
auf der oͤbern ſuͤdoſtlichen Seite des Knopfes,
ein groſſer Fleck, daran die Vergoldung erlo-
ſchen und ſchwarz geworden, und deſſen Unter-
ſchied von den uͤbrigen ſo kenntlich iſt, daß man
ihn auch mit bloſſen Augen ſehen kann. Indem
alſo der Wetterſtrahl auf die Helmſtange gefah-
ren, und dieſe mit dem Kupfer des Daches ver-
bunden iſt, ſo konnte die Materie des Blitzes
ungehindert laͤngſt der kupfernen Bedeckung her-
unter laufen: allein, da, wo die Kupferdecke
bey
[12] bey der achteckigen Mauer, aufhoͤret, mußte ſie
einen Sprung thun. Hier fand ſich aber gleich
anderes Metall in der Naͤhe, welches ſie ergrei-
fen konnte. Unſere Gothiſchen Thuͤrme ſind alle
ſehr ſtark mit eiſernen Ankern verwahret, und
hier iſt nicht allein das Achteck, welches uͤber
der viereckten Mauer auf Boͤgen ruhet, ſondern
auch der Obertheil der viereckten Mauer, wel-
cher halb alt, halb neu iſt, ſehr vielfaͤltig im
Mauerwerke verankert *). Hiezu koͤmmt. daß
nicht allein alle Balken und Schwellen des Holz-
werkes
[13] werkes, womit ſowohl das Achteck, als auch das
Viereck, ſehr reichlich ausgebunden iſt, mit vie-
lem Eiſen in die Mauer verankert, ſondern auch
die Stender ſowohl unter ſich, als auch mit der
obern Spitze durch Eiſen verbunden ſind. An
der nordoſtlichen Ecke des Achtecks fanden ſich
Spuren, daß die Materie des Blitzes an einem
ſolchen zu Ende des Kupferdaches nahe am Ge-
ſimſe liegenden Anker herunter gefahren, den
Anker an dem unmittelbar darunter ſtehenden
Stender wieder ergriffen, und von demſelben
ſowohl, als von der daran ſtoſſenden Bretter-
verkleidung, Stuͤcke abgeſplittert hatte. Daſelbſt
war auch durch die achteckige Mauer, am Fuſſe
derſelben, wo auſſen der mit Kupfer bedeckte
Fußboden der Gallerie anſtoͤſſet, bey den Qua-
derſteinen ein Loch durchgeſchlagen. An der
nordlichen Ecke haben wir nichts bemerken koͤn-
nen. Es muß aber der Strahl unter dem be-
meldeten kupfernen Fußboden der Gallerie in die
verborgene Anker der viereckigten Mauer gefah-
ren ſeyn. Daher konnte man ſeinen Gang
nicht eher wieder nachſpuͤren, bis an einem in-
wendigen nordweſtlichen Bogen der Mauer,
gegen uͤber, davon ein groſſes Stuͤck abgeſpren-
get war. Bey dieſer Ecke war er, noch etwas
tiefer in der Mauer, nach der Nordſeite herun-
ter gegangen. Bey ſeinem Ausgange daſelbſt
zeigte es ſich deutlich, daß er die Anker ergriffen
hatte: denn hier war auswaͤrts ein ſenkrechtes
in der Mauer verſtecktes Ankereiſen ein Paar
Fuß lang entbloͤſſet zu ſehen, indem die Mauer-
ſteine,
[14] ſteine, damit es bedecket geweſen, durch den
Blitz abgeſprenget worden Unterwaͤrts war
auch eine Ritze in der Mauer, welche von be-
meldetem Ankereiſen an, faſt 25 Fuß lang her-
unter reichete. Hier fand nun der Blitz wieder
Metall in der Naͤhe. Es liegt naͤmlich zwiſchen
dem Thurme und dem nordlichen Kirchendache
eine mit Bley ausgeſchlagene Rinne. Das
Dach aber und beyde daneben ſtehende Daͤcher
ſind nicht mit Kupfer, ſondern mit Ziegeln ge-
decket. Von dieſer Rinne gehet ein kupferner
Ausguß in ein Waſſerbehaͤltniß von gleichem
Metalle, welches auf dem Kirchenboden ſtehet:
und von da iſt wieder, um das uͤberfluͤßige Waſ-
ſer abzuleiten, eine gleichfals mit Bley ausge-
fuͤtterte Rinne quer uͤber den Kirchenboden ge-
fuͤhret. Aus dieſer wird das Waſſer in eine
bleyerne Roͤhre geleitet, die an der Mauer her-
unter uͤber das Dach eines Angebaͤudes fortge-
het, und in einer hoͤlzernen viereckten Roͤhre ſich
endiget, welche mit einer eiſernen Klammer an
dem Eckſtender des Hauſes befeſtiget war.
So weit nun dieſer Zuſammenhang von bley-
ernen Rinnen und Roͤhren gehet, war weder
unterwaͤrts der Thurm, noch das Kirchenge-
baͤude, noch das Angebaͤude beſchaͤdiget, auſſer,
daß von einem Sparren ein Stuͤck abgeſplit-
tert, und einige Dachziegel abgeworfen worden.
Unten aber in dem angebauten Hauſe hatte ſich
der Schlag wieder merklich geaͤuſſert, und ver-
ſchiedenes auf eine ſonderbare Weiſe zerſchmet-
tert, welches zu beſchreiben nicht zur Haupt-
ſache
[15] ſache dienet, da unſer Zweck hier nur iſt, den
eigentlichen Zug des Blitzes auszuſpuͤren. Nun
zeigte es ſich klaͤrlich, daß die Wuͤrkung deſſel-
ben eben dabey dem Eckſtender angegangen, wo
durch obbemeldete Klammer die hoͤlzerne Roͤhre
daran [befeſtiget] war. Denn erſt von da an
unterwaͤrts war der Stender geſpalten, und
nebſt andern Spuren fand man auch, daß ein
Stuͤck Bley, welches etwas tiefer im Wege
dieſer Spaltung auf einer Fuge genagelt war,
angeſchmolzen, und ein Nagel aus ſelbigem
heraus geriſſen worden *). Ich wuͤnſchte dem-
nach das Ende der bleyernen Roͤhre zu unterſu-
chen. Als man ſie nun aus der hoͤlzernen heraus
nahm, fand ſich, daß ſie an der Seite, wo die
Klammer auſſen befeſtiget geweſen, etwas an-
geſchmolzen war, und an der andern Seite
hatte ſie alte eingeſchmolzene Loͤcher, welche viel-
leicht von einem vorigen Blitze herruͤhren. Denn
es iſt merkwuͤrdig, daß im Jahre 1748. ein
Wetterſtrahl in eben dieſes Haus, und ein an-
derer 1764. in ein an beſagten Eckſtender an-
ſtoſſendes, gleichfals an der Kirchenmauer an-
gelehntes Gebaͤude gefahren war; ſo, daß alſo
der Blitz ſchon zu mehrern malen bey dieſer
Kirche denſelben Zug genommen hat **). Aus
oben
[16] oben gegebener Nachricht erhellet nun auch bey
dieſem Wetterſtrahle, daß er dem Metalle ge-
folget ſey. Die Verſchonung des ganzen Zwi-
ſchenraums, wo ſich aneinander haͤngendes
Metall gefunden, als naͤmlich, vom Knopfe des
Thurms an, ſo weit die kupferne Bedeckung
gehet, imgleichen von der Thurmmauer an, ſo
weit die bleyernen Rinnen gereichet, und die,
am Ende derſelben, ſich wieder aͤuſſernde Ge-
walt des Schlages, muß jedem, der nachden-
ken will, merkwuͤrdig ſcheinen.


§. 9.


Ich will indeſſen, zum Beweiſe der Leitung
des Blitzes an bleyernen Rinnen, noch einen
andern Fall aus obgedachten Engliſchen Ab-
handlungen anfuͤhren *). Es betrifft die Wuͤr-
kung eines Wetterſtrahls, der an eben dem
Tage, da der Brigitten-Thurm getroffen wor-
den, zu London, in der Eſſex-Straſſe, welche
nach der Themſe hingehet, eingeſchlagen hat.
Hier wurden von den beyden Eckhaͤuſern an,
deren Schorſteine zerſchmettert worden, ver-
ſchiedene Haͤuſer an beyden Seiten der Gaſſe
beruͤhret. Es hatten naͤmlich dieſe Haͤuſer ne-
ben einander, vorne an dem Dache eine bleyerne
Rinne vor der Trauffe liegen, laͤngſt welcher
man
**)
[17] man merken konte, daß der Blitz an der Weſt-
ſeite auf 30 Yards, d. i. 96. Hamburger Fuß,
lang hingelaufen war, indem er daſelbſt an einer
bleyernen Roͤhre, die das Waſſer von dem
Dache herableitete, herunter gefahren. Am
Ende dieſer Roͤhre zerriß er den hoͤlzernen Ka-
ſten, darin ſie eingeleitet war, zerſchmetterte auch
etwas von der Mauer bey dieſer Stelle, machte
ſie ſchwarz, und zerbrach verſchiedene Fenſter-
ſcheiben in dem daran ſtoſſenden Kuͤchenfenſter.
An der Oſtſeite lief der Strahl gleichfals erſt
von dem beſchaͤdigten Eckhauſe bey einer bleyer-
nen Rinne nach hinten gegen Oſten herunter.
Da aber dieſe nicht bis auf die Erde ging, und
beynahe 3 Fuß davon ein eiſernes Gelender, an
einer ſteinernen Treppe zum Garten, gelegen
war, ſo ward ſolches vom Blitze ergriffen, und
unten bey den beyden eiſernen Stangen, die
das Gelender tragen, ein Stuͤck Stein von der
Trippe abgeſchlagen. Vorne nach der Gaſſe
zu hatten dieſe oͤſtlichen Haͤuſer, eben ſo wie von
den gegenuͤberſtehenden gemeldet worden, eine
bleyerne Rinne neben einander vor der Trauffe
liegen. Laͤngſt dieſer war der Blitz die Gaſſe
hinauf 70. Yards, d. i. 220 Fuß, weit gelau-
fen, bis er hier abermals, bey einem eiſernen
Gelender einen Stein zerſchlagen. In dem
Zwiſchenraume, ſo weit naͤmlich die Materie
des Blitzes durch die bleyernen Rinnen gelei-
tet war, iſt keine Beſchaͤdigung bemerket
worden.



[18]

§. 10.


Aus dieſen Beobachtungen koͤnnen wir ge-
nugſame Folgen ziehen: ich werde aber noch
jeden Punkt durch fernere Erfahrungen beſtaͤti-
gen *). Es war zwar ſchon von alten Zeiten
her angemerket worden, daß der Blitz oft mit
Vorbeygehung anderer Koͤrper, auf Metalle ge-
fallen ſey: allein, man hatte keinen Nutzen
daraus zu ziehen gewußt. Dem vortreflichen
Naturforſcher, Dr. Franklin in Philadelphia,
haben wir endlich die wichtige Entdeckung zu
danken, wie man aus der beobachteten Eigen-
ſchaft des Blitzes, daß er vor allen feſten Koͤr-
pern dem Metalle nachfolget, und auch ungehin-
dert dadurch faͤhret, ſeine Gebaͤude zu beſchuͤ-
tzen lernen koͤnnte **). Seine Landesleute ſind
gleich bereit geweſen, guten Rath anzunehmen,
und ſie haben ſich ſehr wohl dabey befunden.
Er war aber auch auf dieſe Gedanken zuerſt
durch
[19] durch die beobachtete Aehnlichkeit des Blitzes
mit den elektriſchen Erfahrungen, dabey er vor-
zuͤgliche Scharfſinnigkeit bezeiget hat, gefuͤhret
worden, und ſie wurden hernach auch durch Be-
merkungen bey wuͤrklichen Wetterſchlaͤgen viel-
faͤltig beſtaͤtiget. So erzehlet er z. E. *) eine
Beobachtung von einem Thurme zu Newbury
in Neuengland, welcher von Holz gebauet, und
mit der Spitze 140. Fuß hoch war. In deſ-
ſen Mitte hing die Stundenglocke. Als nun
1754. ein ſtarker Wetterſtrahl auf dieſen Thurm
fuhr, ward die hoͤlzerne Spitze, welche 70 Fuß
uͤber die Glocke erhaben war, und oben eine
Wetterfahne trug, gaͤnzlich in Stuͤcken, und
aus einander geſchlagen. Von dem Hammer
der Glocke aber ging ein duͤnner eiſerner Drath
durch zween Boͤden zur Uhr, welche 20 Fuß
niedriger im Thurm war. Dieſer ward bis auf
die beyden Enden gaͤnzlich vom Blitze zerſtaͤubet.
Hernach war der Strahl noch laͤngſt der Pen-
dulſtange von der Uhr, welche als eine Schreib-
feder dick war, herunter gegangen. So weit
nun theils der duͤnne obgleich vom Blitze zer-
ſchmolzene Drath, theils die Pendulſtange,
welche unverſehrt geblieben, heruntergereichet,
war das Gebaͤude nicht beſchaͤdiget, und nur
einige Zeichen von dem Zuge des Blitzes daran
zu ſehen, unterwaͤrts aber war es bis auf die
Grundmauer wieder ſehr zerſchmettert. Es ſind
auch an andern Orten verſchiedene aͤhnliche Be-
B 2mer-
[20] merkungen von der Leitung eines Wetterſtrahls
durch metallene Draͤthe, und dergl. gemacht
worden *).



[21]

§. 11.


Wenn man nun ſolche Erfahrungen nuͤtzlich
anwenden, und unſere Gebaͤude, insbeſondere
die Kirchthuͤrme, welche ſo ſehr der Gefahr,
von einem Wetterſtrahle getroffen zu werden,
ausgeſetzet ſind, davor in Sicherheit ſtellen
wollte, ſo ſcheinet es ohne Schwierigkeit ge-
ſchehen zu koͤnnen. Wir ſehen, daß ſchon hie
und da einige Theile eines Gebaͤudes bey einem
einfallenden Wetterſchlage durch eine Strecke
von Metall ſind beſchuͤtzet worden: wuͤrde dem-
nach der Blitz auſſen am Gebaͤude bis in die Erde
herunter aneinanderhaͤngendes Metall vorfin-
den, ſo verſchonte er das ganze Gebaͤude. Die
kupferne Bedeckung unſerer Thuͤrme, daran
der Blitz aͤuſſerlich herunter fahren kann, dienet
ſchon, ſo weit ſie reichet, der Spitze zur voͤlli-
gen Beſchuͤtzung. So zeiget die Spur am
Knopfe des Nicolai-Thurmes, daß der Blitz
ihn oben getroffen habe: die Arbeitsleute,
welche zur Zeit des Gewitters auf dem Thurme
unter der Uhr ſich aufhielten, verſichern auch,
daß ſie bey dem Schlage einen Dampf, als
eine Wolke, inwendig herunter kommen geſe-
hen, und dabey ganz betaͤubet geworden. In-
deſſen iſt an der Spitze keine Beſchaͤdigung zu
ſpuͤren, bis da, wo das Kupferdach aufhoͤret,
ohngeachtet ſo viel trockenes Holzwerk uͤber und
uͤber am Thurme mit dem Kupfer bedecket iſt.
Man wundere ſich nicht, daß hier keine andere
Spur, als an der Vergoldung des Knopfes, zu
finden geweſen: denn der Blitz konnte ſich ſo-
B 3gleich
[22] gleich an dem ganzen kupfernen Dache aus-
breiten. Wir haben geſehen, daß ſogar an dem
Londoner Brigitten Thurme, wo er doch nur
die Helmſtange vorfand, darinn er ſich ſamm-
len konnte, und von da er hernach einen Sprung
zu weiterem Metalle thun mußte, das Kreutz
oben nur ein wenig beſchaͤdiget worden *). Ueber-
haupt muß ich die Anmerkung machen, daß man
die Beſchuͤtzung der Gebaͤude durch Metalle des-
wegen bisher ſo wenig beobachtet hat, weil man
den Weg des Blitzes, und die Stelle, wo er
das Gebaͤude getroffen, nur da aufgeſuchet, wo
er Schaden gethan hatte. Daher wurde der
Dienſt, welcher den uͤbrigen Theilen durch das
Metall geleiſtet war, aus der Acht gelaſſen. Al-
lein, wenn eine Strecke Metall, dadurch ein Wet-
terſtrahl faͤhret, nicht gar zu duͤnne iſt, ſo muß
man die Beſchaͤdigung nicht in dem Raume des
Metalles, ſondern nur an den Enden vermuthen,
wie oben von den bleyernen Rinnen und von der
Pendulſtange erwaͤhnet worden. Durch wei-
tere Beobachtungen wird man alſo jederzeit fin-
den, daß, wenn ein mit Kupfer oder anderem
Metalle gedeckter Thurm vom Blitze entzuͤndet
oder ſonſt beſchaͤdiget worden, ſolches tiefer her-
unter, als das metallene Dach reichet, geſche-
hen ſey. Ich habe dieſes ſchon bey verſchiede-
nen ehemaligen Wetterſchlaͤgen, dadurch hie-
ſige Thuͤrme getroffen ſind, nachgeſpuͤhret und
mich
[23] mich davon uͤberzeuget *). Es iſt auch noch
zu bemerken, daß ſich der Blitz bey unſern Thuͤr-
men in dem weiten Umfange des Kupferdaches
ſchon ſo zerſtreuet, daß der Schaden, welchen
er an dem uͤbrigen Gebaͤude verurſachet, nur
von geringer Bedeutung iſt, wenn er nicht zuͤn-
det, welches aber vielleicht auf einem kleinen
Flecke geſchehen kann **). Daß ich dieſe Ver-
ſchonung unſerer Thurmſpitzen nicht ohne Grund
dem metallenen Dache zuſchreibe, wird noch mehr
erhellen, wenn wir die Wuͤrkung der Wetter-
ſchlaͤge an andern Thuͤrmen, die nicht mit Me-
tall bedecket ſind, in Vergleichung ziehen: denn
B 4dieſe
[24] dieſe werden vom Blitze erſchroͤcklich zerſchmet-
tert. Solches ſehen wir an den von Steinen
gebauten Thuͤrmen, wie oben vom Br[ig]itten-
Thurme zu London, und vom Thurme zu
Southweald gemeldet worden. So geſcha-
he es auch an zween ſtark gebauten Thuͤr-
men in Cornwall, welche angebauete Thuͤrm-
chen hatten, darauf metallene Kreuze ſtun-
den, der eine zu Ludgvan, der andere zu
Breag*). Eben ſo gehet es, wenn Thuͤrme
mit hoͤlzernen Schindeln oder Schieferſteinen
gedeckt ſind, wie vom Thurme zu Newbury
erwehnet worden, imgleichen 1748. am Thurme
zu Witzendorf**), vor ein Paar Jahren in
dem Dorfe Steinbeck, auf unſerer, Nachbar-
ſchaft,
[25] ſchaft, und 1739. zu Haarburg*) wo die
hoͤlzernen Daͤcher der Thuͤrme ſehr zerriſſen, und
1747. zu Parts am groſſen Auguſtinerthurme,
wo alle Schieferſteine, damit das Dach deſſel-
ben gedecket war, herunter geworfen wurden **).
Eine Ausnahme moͤchte vielleicht vorfallen, da
auch eine mit Metall gedeckte Thurmſpitze be-
ſchaͤdiget werden koͤnnte: wenn naͤmlich etwas
Eiſen in dem Sparrwerke nahe an die Helm-
ſtange anſtieſſe, und dieſe hingegen mit dem
Kupferdache nicht zuſammenhinge. Alsdann
koͤnte man befuͤrchten, daß der Blitz in den
Thurm hineingeleitet werden moͤchte. Zur Vor-
ſicht waͤre demnach zu rathen, daß, wenn das
Metall des Daches nicht wuͤrklich an die Helm-
ſtange anſtieſſe, wie es doch gemeiniglich thut,
man eine metallene Verbindung dieſer Theile
mache, und wenn inwendig im Thurme irgend
ein anderes Metall nahe an der Helmſtange
laͤge, das unterſte Ende deſſelben mit dem aͤuſſe-
ren Metalle am Dache verbunden wuͤrde. Wenn
aber ein Thurm neu gebauet wird, ſo ſolte man
verhuͤten, daß inwendig kein [Eiſenwerk] in der
Naͤhe der Helmſtange angebracht wuͤrde. So
B 5waͤre
[26] waͤre alſo die Spitze geſichert. Nun muͤſſen
wir nur dem Blitze auch von dem unterſten
Ende des metallenen Daches einen leichten Aus-
gang verſchaffen, daß er keinen Sprung in das
Gebaͤude thue, ſondern durch ferneres Metall
auſſen herabgefuͤhret werde. Hiezu waͤre nur
noͤthig, von dem Kupferdache an, wenn deſſen
Theile naͤmlich ſich auch bey allen Abſaͤtzen des
Thurmes beruͤhren, etwa an den vier Ecken ei-
nen dicken kupfernen Drath, oder ſonſt ein
Stuͤck Metall, herabgehen zu laſſen, bis es die
bleyernen Rinnen, welche vom Thurme oder
von der Kirche heruntergehen, erreichete. Wenn
das Kirchdach mit Metall gedecket waͤre, davon
hernach die bleyernen Rinnen heruntergingen,
ſo brauchte nur ein Verbindungs- oder Ablei-
tungsmetall vor dem Thurmdache bis zum Kir-
chendache angebracht zu werden. Man verſte-
het leicht, daß dieſe Rinnen oder Roͤhren auch
in eins herunter fortgehen muͤſſen, oder, wenn
ſie ſich nicht beruͤhrten, ſo ſolte man gleichfalls
mit einem Stuͤcke Metall die Verbindung ma-
chen, um allen Sprung der Gewittermaterie
zu verhuͤten. Daß der Blitz, ſo weit er laͤngſt
bleyernen Rinnen laufen koͤnnen, keinen Scha-
den gethan habe, iſt oben ſchon aus verſchiede-
nen Erfahrungen bewieſen. Man muͤßte alſo
endlich nur von dem unterſten Ende der Rin-
nen auch einen metallenen Drath oder Strie-
men Bley herabgehen laſſen, und bis in einen
Canal oder feuchte Erde leiten, damit das
ganze Gebaͤude verſchonet bliebe.



[27]

§. 12.


Dieſe Anſtalten ſind ſehr einfach und auf
ſichere Erfahrung gegruͤndet *). Wenn nun
an einer ſchon mit Metall gedeckten Spitze nichts
hinzugethan, oder wo kein metallenes Dach
waͤre, nur von dem ſchon am Gipfel befindlichen
Helmſtangen, Kreutzen oder Wetterfahnen ein
Ableitungsmetall heruntergefuͤhret wuͤrde; ſo
koͤnnte wahrlich doch keine Sorge entſtehen, daß,
wie man von den Franklinſchen ſpitzen Stan-
gen ſich vorgeſtellet hat, vielmehr der Blitz auf
das Gebaͤude geleitet werden moͤchte, davon ich
doch das Mißverſtaͤndniß heben, und vielmehr
zeigen
[28] zeigen werde, daß die Spitzen oben auf den
Gebaͤuden zur Ableitung der Gewittermaterie
vor einem ſtumpfen Metalle noch einen beſon-
dern anſehnlichen Vorzug haben. Herr Doct.
Franklin hatte naͤmlich an zugeſpitzten Metallen
bemerket, daß ſie die electriſche Materie leichter,
und in viel groͤſſerer Entfernung auffangen, als
ein ſtumpfes Metall, und daß dabey, durch die-
ſes gemaͤhlige Zuflieſſen auf eine Spitze, der
ploͤtzliche Schlag, welcher ſonſt entſtehet, und
die Annaͤherung des Koͤrpers, daraus der Schlag
entſpringet, wenn ſolcher beweglich iſt, verhin-
dert wird. Dieſe Beobachtung gab ihm die
erſte Gelegenheit, auf die Beſchuͤtzung der Ge-
baͤude eine Anwendung davon zu machen *).
Er rieth alſo, eine metallene oben zugeſpitzte
Stange
, welche einige Fuß hoch uͤber den hoͤch-
ſten Theil des Hauſes, Schorſteins u. ſ. f. er-
haben ſeyn muͤßte, oben daran zu befeſtigen, und
davon einen metallenen Drath herabgehen zu
laſſen. Der dadurch geſuchte Nutzen iſt nicht
allein, daß ein vorbeyfahrender Blitz eher die
metal-
[29] metallene Stange, als einen andern Theil des
Gebaͤudes, treffen moͤge, deßwegen doch dieſe
Anſtalt beſonders bey Gebaͤuden, die nicht mit
Metall gedeckt ſind, zu empfehlen waͤre *);
ſondern auch, daß die Gewittermaterie ſchon
groſſen-
[30] groſſentheils in der Ferne gemaͤhlig ohne Schlag
abflieſſen koͤnne. Wenn aber ja durch ploͤtzli-
ches Heranfahren einer Wolke ein Schlag ent-
ſtehen ſollte, ſo verließ ſich Herr Franklin dar-
auf, daß der Blitz durch die metallene Ableitung
ohne Schaden am Gebaͤude in die Erde herab-
ſtreichen muͤßte. Es wurden an einigen Haͤu-
ſern in Philadelphia dergleichen Zuruͤſtungen
gemacht, und die Erfahrung zeigte, daß Herr
Franklin recht gerathen hatte. Die gemaͤhlige
Ableitung der Gewittermaterie faͤllt zwar nicht
leicht in die Sinne: da aber einſt ein ſtarker
Wetterſtrahl auf ein ſolches Haus zuſchob, ſo
konnte
*)
[31] konnte man augenſcheinlich ſpuͤren, daß die Zer-
ſtoͤhrung deſſelben durch bemeldete Anſtalt abge-
wendet worden ſey. Oben auf der Stange,
welche man an den Schorſteinen dieſes Hau-
ſes einige Fuß hoͤher angebracht hatte, war ein
meßingener 10. Zoll langer, 2 Linien dicker, am
Ende ſcharf zugeſpitzter Drath befeſtiget.
Nachdem nun der Blitz darauf gefallen, wa-
ren nur etwa 2½ Zoll von der duͤnnen Spitze
abgeſchmolzen: das uͤbrige des Drathes, der
Stange beym Schorſteine, welche ½ Zoll dick
war, und der Ableitung, die aus eiſernen vier-
eckten nicht viel uͤber ¼ Zoll dicken Stangen mit
Gliedern zuſammengefuͤget, und auſſen an der
Mauer befeſtiget war, hatte, ſo wie das Haus
ſelbſt, keinen Schaden gelitten. Ein Mann,
der ſich eben in einem Zimmer bey einem Fen-
ſter, welches etwa 2 Fuß von der Ableitung ent-
fernet war, an die Mauer gelehnet hatte, em-
pfand bey dem Schlage eine ſtarke Erſchuͤtte-
rung. Dieſes geſchahe im Jahr 1760. und
ward 1761. aus Philadelphia von Hrn. Rin-
nersley
bekannt gemacht *). Nach ſolcher
Probe von der Richtigkeit der 10 Jahr zuvor
geaͤuſſerten Franklinſchen Vermuthung ward die
Erfindung mit groſſem Zutrauen weiter in Nord-
america ausgebreitet, und man bezeuget, daß
ſeit der Zeit kein Gebaͤude daſelbſt, welches mit
einer
[32] einer ſolchen Ableitung wohl verſehen geweſen,
vom Blitze beſchaͤdiget worden, da ſonſt die Ge-
witter oftmahls Schaden verurſachet hatten *).
In einem Berichte vom Jahr 1763 wird ge-
meldet, daß man nur die Veraͤnderung gema-
chet, da die duͤnnen metallenen Spitzen zu Nor-
folk in Virginien ſchon bey verſchiedenen Haͤu-
ſern von Wetterſtrahlen geſchmolzen worden,
Stangen wenigſtens von einem halben Zoll dick
zur Spitze zu gebrauchen **).


§. 13.


Es ſind noch einige Nebenanmerkungen zu
erwaͤgen. Die Zeigerſcheiben auſſen an den
Thuͤrmen, welche aus groſſen kupfernen Plat-
ten zu beſtehen pflegen, erfodern eine beſondere
Aufmerkſamkeit. Denn, wenn ſie nahe un-
ter dem kupfernen Dache gelegen ſind, und der
Blitz auſſen keine Ableitung hat, ſo ſpringet er
auf dieſelben und wird durch die Axe des Zei-
gers
inwendig in den Thurm nach der Uhr,
von da durch die metallenen Draͤthe nach den
Glocken u. ſ. w. gefuͤhret. Eben ſo koͤnnen auch
die Glocken, welche an offenen Orten des
Thurms haͤngen, durch die an ihren Haͤmmern
befindlichen Ketten oder Draͤthe, die Gewitter-
materie herein leiten. Dieſes iſt oft der Weg
eines Blitzes in einem Thurme geweſen, davon
man nicht begreifen koͤnnen, woher mitten im
Gebaͤude
[33] Gebaͤude eine und andere Beſchaͤdigung gekom-
men, weil auſſen das metallene Dach u. ſ. f. un-
verſehret war *). Bey unſerm Nicolai Thurme
aber, wo die Zeigerſcheiben nebſt der daſelbſt
Cbefind-
[34] befindlichen Uhr mit dem Kupfer des Daches
umgeben ſind, ſo daß dieſes noch einen Abſatz
tiefer herunter gehet, und die Stunden Glocken
oben bey dem Glockenſpiele in der Laterne haͤn-
gen,
*)
[35] gen, demnach zuſammen in dem Bezirk des
Daches eingeſchloſſen ſind, (da hingegen die
Glocken, welche zum Laͤuten gebraucht werden,
davon abgeſondert im Thurme ſich befinden,)
C 2hat
*)
[36] hat man inwendig bey der Uhr und dem, was
damit zuſammenhaͤnget, keine Beſchaͤdigung
geſpuͤret. Es war naͤmlich der Blitz auſſen am
Dache tiefer herunter geleitet worden, und hatte
davon
*)
[37] davon zu anderm nahen Metalle ſeinen Ausgang
gefunden. Noch zuverlaͤßiger wuͤrden demnach
die von dem Ende des Daches mit Fleiß ange-
brachten und bis in die Erde gefuͤhrten metalle-
C 3nen
*)
[38] nen Ableitungen den Weg des Blitzes nach in-
nen verhuͤten. Solche muͤßten beſonders bey
den Thuͤrmen, wo das Dach mit Frontons
aufhoͤret, darin die Zeigerſcheiben ſind, mit den
vier unterſten Ecken des Kupferdaches, welche
neben den Frontons herunter gehen, verbunden
werden.


§. 14.


Wir finden ferner bey den Wuͤrkungen der
Wetterſchlaͤge eine gewiſſe Richtung. So be-
merket Herr Delaval, daß der Blitz am Bri-
gittenthurme in London bey den Stangen an der
Oſt- und Nordoſtſeite ſeine Wuͤrkung gezeiget,
da
*)
[39] da er die Stangen an der gegenuͤberſtehenden
Seite unbeſchaͤdiget gelaſſen, ſo wie er auch aus
den querliegenden Roſten im Thurme, nach
Oſten oder Nordoſten, und nicht nach Nordwe-
ſten herausgefahren ſey und die Steine wegge-
ſprenget habe. — Iſt dieſe Richtung des Bli-
tzes beſtaͤndig nach einer Weltgegend
, oder iſt
ſie aus verſchiedenen Urſachen veraͤnderlich?
Die Naturforſcher werden dieſe Frage einer
Unterſuchung nicht unwerth finden *). Herr
C 4Delaval
[40]Delaval machet nur bey dem angezeigten Falle
die Folgerung, daß ein Wetterſtrahl das Ei-
ſenwerk,
*)
[41] ſenwerk, oder anderes Metall an der einen Seite
des Gebaͤudes noch beſchaͤdigen koͤnnte, wenn
C 5gleich
*)
[42] gleich die andere Seite durch eine Ablei-
tung geſchuͤtzet waͤre, welche das meiſte des
Strahls, was auf die Spitze fiele, herunter
zoͤge. Er will daher, daß die metallene Ablei-
tung, welche von oben herunter gehet, auch
mit andern Stuͤcken Metall, die hie und da im
Gebaͤude liegen moͤchten, eine Verbindung ha-
ben ſollte *). Ich rathe freylich zur Vorſicht
an allen vier Ecken des kupfernen Thurmda-
ches, darinn ſich gewiß ohne Schaden genug
vom
*)
[43] vom Blitze vertheilen kann, Ableitungen her-
unter gehen zu laſſen. Alsdann aber glaube
ich, hat man nicht zu befuͤrchten, daß ein Blitz
mitten am Thurme auf ein Stuͤck Metall fal-
len werde *). Man moͤchte vielmehr meiner
Meynung nach, lieber die Anker **), oder was
ſonſt von Metall am Gebaͤude lieget, wie auch
die Zieferſcheiben †), mit der von oben herun-
ter-
[44] tergehenden Ableitung ganz vorbey gehen,
und dieſe vielmehr, wo moͤglich, davon
entfernen, damit der Blitz gar nicht darauf
reflectire und etwas dadurch ins Gebaͤude
gefuͤhret wuͤrde, welches die anliegenden Thei-
le, oder wenigſtens Menſchen, die ſich da-
ſelbſt aufhalten, beſchaͤdigen koͤnnte *). Denn,
obgleich der Blitz, wenn er auſſen einen freyen
Abzug zur Erde haͤtte, nicht davon abſprin-
gen und Gewalt aͤuſſern wuͤrde, ſo muͤßte
doch alles dieſes Metall in dem Augenblicke, da
das aͤuſſere getroffen wird, mit von der Materie
angefuͤllet werden.


§. 15.

†)


[45]

§. 15.


An dem andern Ende unſerer Kirchendaͤcher,
dem Thurme gegenuͤber, pflegt gemeiniglich auch
eine Wetterfahne aufgerichtet zu ſtehen. Dieſe
wuͤrde zu weit von den Ableitungen des Thurms
entfernt ſeyn, und ſie kann, ſo wie anderes Me-
tall zumal am erhabenen Orte, die Gewitter-
materie auffangen. Nachdem naͤmlich die
Wolke hie oder da vorbeyziehet, kann die eine
oder die andere Seite eines Gebaͤudes getroffen
werden, weil der Strahl nach dem naͤchſten
Koͤrper faͤhret, der ihn annimmt *). Wenn
nun das Dach nicht mit Kupfer, ſondern mit
Ziegeln oder Schiefern beleget waͤre, ſo muͤßte
ich rathen, auch von dieſer Stange eine Ablei-
tung herunter zu machen, weil ſonſt die alsdann
darinn angehaͤufte Gewittermaterie, wenn ſie nicht
frey herablaufen kan, dem anſtoſſenden Dache
gefaͤhrlich werden moͤchte. Iſt aber das Dach
mit
[46] mit Kupfer oder anderem Metalle gedecket, ſo
brauchet man nur von dem Ende des Daches
an die Ableitung zu machen. Ueberhaupt koͤnn-
ten allenthalben, wo bleierne Kinnen an be-
quemen Orten herab gehen, ſelbige, ſo wie
oben erwaͤhnet, zu dieſem Nutzen angewendet
werden *).


§. 16.


Wenn ein metallener Drath zur Ableitung
gebrauchet wird, ſo erinnert Hr. Watſon, daß
es rathſam ſey, ihn von Kupfer zu nehmen, in-
dem ein eiſerner, wenn er durch und durch ro-
ſtet, ungeſchickt zum Zwecke wuͤrde, und ein meſ-
ſingner Drath, wenn er lange der freyen Luft
ausgeſetzt iſt, ſproͤde wird und leicht abbricht **).
Die Dicke eines ſolches Drathes muͤßte we-
nigſtens als eine ſtarke Schreibfeder ſeyn, da
er ſich dann noch leicht nach Erfodern biegen
laͤßt. Dieſe Dicke nimmt Hr Watſon nach
der oben erwaͤhnten Erfahrung von der Pen-
dulſtange an, indem ſolche unbeſchaͤdigt einen
hefti-
[47] heftigen Wetterſtrahl abgeleitet hat *). An-
dere fuͤrchten, daß es nicht zureichend ſey, wenn
die Materie des Blitzes anſehnlich waͤre, ſie zu
faſſen, deren Einwuͤrfe ich doch unten zu beant-
worten gedenke. Indeſſen koͤnnte man zur Si-
cherheit bey Thuͤrmen, oder hohen Gebaͤuden,
wohl einige ſolcher Draͤthe zuſammengeſchlun-
gen nehmen. Man kann auch, wo es ſich
ſchicket, eine andere Form von Metalle waͤhlen,
als naͤmlich Striemen von Kupfer oder Bley,
und damit etwa die Verbindung von einer
Rinne bis zur andern, u. ſ. w. machen.


§. 17.


Es iſt aber allerdings zu rathen, daß die me-
tallene Ableitung auſſen am Gebaͤude herunter
gehe, und nicht eingeſchloſſen ſey. Meine Ur-
ſache iſt nicht allein, weil der Drath, wenn er
fuͤr die Menge der durchfahrenden Gewitter-
materie zu duͤnne waͤre, gluͤend, ja in kleine
Theile zerſtaͤubet werden und benachbarte brenn-
bare Dinge anzuͤnden koͤnnte **), (denn dieſes
iſt bey Draͤthen von der beſchriebenen Dicke,
wenn
[48] wenn die Materie frey zur Erde abflieſſen kann,
kaum zu befuͤrchten:) ſondern, weil die Gewit-
termaterie ſehr elaſtiſch befunden wird, und,
wenn ſie in Menge vorhanden iſt, nicht bloß
durch das Innere des Metalles zu gehen, ſon-
dern daſſelbe auch als mit einem wuͤrkſamen
Dunſtkreiſe zu umgeben ſcheinet. Daher, wenn
der Drath zwiſchen Koͤrpern eingeſchloſſen iſt,
welche die Gewittermaterie nicht frey durchlaſ-
ſen, ſo koͤnnten ſelbige zerſchmettert werden *),
oder
**)
[49] oder es koͤnnten wenigſtens Perſonen, die ſich
im Hauſe eben dabey befaͤnden, Schaden neh-
men *). Wenn er aber in freyer Luft iſt, ſo
rauſchet der Blitz ohne Schaden daran herun-
ter ſogar, wenn auch der Drath zu duͤnne
waͤre und geſchmolzen wuͤrde, wie man in der
Kirche zu Newbury und verſchiedenen andern
Beyſpielen erfahren hat **). Man muͤßte nur
Dzur
*)
[50] zur Sicherheit, einen ſolchen bequemen
Ort
waͤhlen, die Ableitung am Gebaͤude
herunter zu fuͤhren, wo nicht leicht Menſchen
in der Naͤhe ſich aufhalten, oder aus einer
Thuͤr heraus kommen koͤnnten. Einige ha-
ben ſich indeſſen bey den Ableitungen des Bli-
tzes noch mehrere ungegruͤndete Schwierigkeit
vorgeſtellet. Sie haben naͤmlich gemeinet, daß
das Metall unterwegs keine andere Koͤrper be-
ruͤhren muͤßte, welche irgend die Electricitaͤt an-
nehmen, ſo wie man etwa das Abflieſſen der-
ſelben bey den kleinen electriſchen Verſuchen
durch Glas, Seide und ſ. f. verwehren muß.
Solches iſt bey dem Durchfahren eines Schla-
ges gar nicht noͤthig, denn die Metalle haben
genugſamen Vorzug vor Holz und Steinen,
wenn dieſe auch gleich naß waͤren, um die Ge-
wittermaterie von ihnen abzulocken, wie die
oben angefuͤhrten Erfahrungen von den bleyer-
nen Rinnen beweiſen, dabey, ſo weit das Me-
tall gereichet die anliegenden Theile nicht verle-
tzet worden *). Endlich ſollte aber das Metall,
wie
[51] wie Herr Watſon nicht ohne Grund, wenigſtens
bey beſonderer Gefahr, verlanget, bis in einen
Canal, Brunnen oder Siel, darinn Waſſer
iſt
, oder doch in recht feuchte Erde hineingelei-
tet werden. Wir ſehen zwar, daß der Blitz,
wenn er die Erde erreichet, keinen merklichen
Schaden mehr thut, und moͤchten glauben, es
wuͤrde genug ſeyn, wenn der Drath nur die Erde
beruͤhrte. Er berufet ſich aber darauf, daß, da
der Ableitungsdrath von dem obenerwaͤhnten
Hauſe in Philadelphia ſich an einer eiſernen
Stange geendiget, welche 4 oder 5 Fuß tief in
die Erde geſchlagen geweſen, der darauf gefal-
lene Blitz noch 6 bis 8 Fuß weit ſeinen Schein
bey der Stange, uͤber das vom Regen benetzte
Pflaſter der Straſſe, verbreitet hat, und alſo
die Materie nicht ſo geſchwinde von der Erde
ſcheinet angenommen worden zu ſeyn, als ſie
herabgeſtuͤrzet iſt *). Es waͤre demnach zu be-
ſorgen, daß, wenn viel Gewittermaterie auf ein-
mal darauf ſchoͤſſe, ſolche an dem Ableitungs-
metalle ſich noch etwas anhaͤuffen und ihre aus-
dehnende Kraft aͤuſſern moͤchte. Man koͤnnte
ja auch leicht ein Siel oder Goſſe in der Naͤhe
finden, dahin ſich das Ende eines ſolchen Dra-
thes, Bleiſtriemen, oder d. gl. hineinleiten lieſ-
ſe, oder ſelbiges ſo tief in die Erde ſtecken, da
man Waſſer faͤnde, indem der Zweck iſt, daß
die Materie des Blitzes ſich aufs geſchwindeſte
D 2ver-
[52] vertheilen moͤge, dazu, nebſt den Metallen, das
Waſſer am geſchickteſten befunden worden.


§. 18.


Da gegenwaͤrtige Abhandlung dazu beſtim-
met iſt, die Ueberzeugung der Leſer ſo lebhaft
zu machen, daß ein thaͤtiger Nutzen daraus ent-
ſtehe; ſo trage ich kein Bedenken, ein und an-
deres, wenn es gleich den Naturforſchern nicht
neu iſt, weitlaͤuftiger auszufuͤhren, oder auch zu
wiederholen. Ich will demnach, um derer wil-
len, denen die Materie von der Electricitaͤt noch
nicht bekannt genug iſt, eine kurze Erlaͤuterung
hinzufuͤgen. Es ſcheinet mir dieſes um ſo we-
niger uͤberfluͤßig, da ich ſehe, daß auch manche
Gelehrte ſich noch nicht voͤllig richtige Begriffe
von dem oben angeprieſenen Vortheile der Me-
talle machen *), und da man bekanntlich bisher
in Europa ſich dieſe wichtige Entdeckung noch
ſo wenig zu Nutze gemachet hat, auch ſelbſt in
England
[53] England erſt mit Mißtrauen einen Anfang da-
mit machet, welches doch entweder von einem
Mißverſtaͤndniſſe, oder von dem Mangel einer
klaren Ueberzeugung herruͤhren muß.


§. 19.


Die ganze Natur der electriſchen oder Ge-
wittermaterie ſehen wir zwar bey weitem noch
nicht ein: es hat uns aber der Himmel einige
Eigenſchaften davon zu bemerken vergoͤnnet,
welche vielleicht zu unſerm gegenwaͤrtigen Zwecke
zureichen koͤnnen *). Wir ſehen, daß es eine
D 3ſub-
[54] ſubtile kraͤftige Materie ſey, welche unter gewiſ-
ſen Umſtaͤnden eine erſtaunende ausdehnende
Kraft
*)
[55] Kraft aͤuſſert, und durch die Koͤrper, dadurch
ſie hinfahren kann, ſich mit groͤſter Schnellig-
D 4keit
*)
[56] keit und Heftigkeit verbreitet, ſo, daß ſie z. E.
durch eine weite Strecke Waſſers, oder metal-
lenen
*)
[57] lenen Drathes, in einem Augenblicke von einem
Ende bis zum andern hinfaͤhret *)
D 5Sie
*)
[58] Sie ſuchet alſo, wenn ſie in einem Koͤrper, oder
in einem Theile deſſelben, in groͤſſerer Maſſe
vor-
*)
[59] vorhanden, oder auf andere Weiſe wuͤrkſam
iſt, als im andern, mit Heftigkeit das Gleich-
gewicht zu erhalten. *) Die Erfahrung aber, dar-
auf uns Herr D. Franklin durch die bemerkte
Aehnlichkeit der electriſchen Verſuche †) zu ach-
ten,
*)
[60] ten, gelehret hat, und welche ſich mehr und
mehr beſtaͤtiget, zeiget, daß dieſe Materie nicht
durch alle Koͤrper ungehindert und gleich leicht
durchgehet. Von allen Dingen, die wir
kennen, nehmen die Metalle *), das Waſ-
ſer **), einige erhitzte Koͤrper ***), die
Flam-
†)
[61] Flamme *) und die ſubtile Materie, welche ſich
in einem luftleeren Raume befindet **), ſie am
leichteſten an, und laſſen ſie ungehindert durch-
fahren ***). Flamme und Hitze aber machen
zugleich
***)
[62] zugleich um ſich her eine verduͤnnte Luft, oder
beynahe einen luftleeren Raum, Wir ſehen
demnach, daß eine Flamme die electriſche Ma-
terie in groſſer Entfernung annimmt, und ſie
auch weit in die Ferne ausbreitet. Es zeiget
auch die Erfahrung, daß Wetterſtrahle ſehr oft
laͤngſt den Schorſteinen herunterfahren, zu-
mal wenn ſich unten am Heerde Metall befin-
det. Die Urſache ſcheinet mir nicht allein dar-
inn zu ſtecken, weil ein Schorſtein der erha-
benſte Theil des Hauſes iſt, ſondern auch, weil
darinn die Luft verduͤnnet, und auf dem Heerde
eine Flamme vorhanden zu ſeyn pfleget. Nun
koͤnnte man zwar eines Theils, aus dem freyen
Durchfahren und dem Zerſtreuen der electriſchen
Materie durch dieſen Raum, die Meynung des
Landmannes rechtfertigen, da er bey Gewittern
ſeine Zuflucht zum Feuerheerde nimmt *):
wenn man aber die Sache von der andern
Seite betrachtet, ſo ſcheinet der Zug der Ge-
wittermaterie nach dieſer verduͤnnten Luft, und
ihre Fortpflanzung durch die Flamme, viel-
mehr den Auffenthalt daſelbſt unſicher zu ma-
chen,
***)
[63] chen, zumal wenn die Perſonen, welche ſich
beym Feuer aufhalten, Metall bey ſich ha-
ben *). Durch trockene Luft, wenn ſie nicht
ſehr erhitzet iſt, kann die electriſche Materie
nicht leicht durchdringen **). Daher kann ſie
ſich
[64] ſich in den Wolken haͤufig aufhalten, bis ſich
ſolche der Erde und denen darauf hervorragenden
Koͤrpern naͤhern *). Wie ſie in die Wolken
komme
**)
[65] komme und darinn angehaͤuffet werde, unter-
nehme ich nicht zu erklaͤren; genug, daß die
Erfahrung uns die Wuͤrkung der electriſchen
Materie bey den Gewitterwolken deutlich an-
zeiget *). Durch trockenes Holz und Stein,
Ebeſon-
*)
[66] beſonders, wenn ſolche warm ſind, wird ſie auch
nicht leicht durchgelaſſen: vornehmlich aber iſt
bekannt,
*)
[67] bekannt, daß Glas, Schwefel, Pech, Harz,
Seide, Federn u. d. gl. das Durchfahren der
E 2electri-
*)
[68] electriſchen Materie verhindern *). Wenn ſie
nun von einem Koͤrper, darinn ſie aufgehalten wor-
den,
*)
[69] den, auf einen andern, der ſich in einiger Ent-
fernung davon befindet, durch einen hindernden
E 3Zwi-
*)
[70] Zwiſchenraum ſpringet, ſo geſchiehet dieſes mit
einer Flamme, Schlag oder Geraͤuſche, welche
nach der Maaſſe der Materie und Unterſchiedes
vom Gleichgewichte mehr oder wenigeꝛ heftig ſind.
Sie ſcheinet aber durch dergleichen Koͤrper,
welche ſie gern annehmen, auch ſchon in einiger
Entfernung gleichſam angelocket zu werden, und
alsdann den Widerſtand anderer dazwiſchen
liegender nicht zu achten, zumal wenn ſie ſchon
in Bewegung und fortrauſchend war *). Bey
ſolchen
*)
[71] ſolchen Koͤrpern nun, dadurch ſie nicht frey hin-
fahren kann, aͤuſſert ſie alsdenn eine zerſchmet-
ternde Gewalt: dabey werden auch brennbare
Theile oft ſo erhitzt, daß ſie entzuͤndet werden.
Wenn die Metalle, dadurch ſie faͤhret, ſo klein
oder duͤnne ſind, daß ſie ſich gleichſam durch-
draͤngen muß, ſo werden ſelbige auch erhitzt,
ausgedehnet, geſchmolzen, ja gar in unſichtbare
Theile zerſtaͤubet *). Es kann aber eine un-
E 4glaub-
*)
[72] glaubliche Menge electriſcher Materie darinn an-
gehaͤufet werden und durchfahren, ohne ſie zu
beſchaͤdigen.


§. 20.


Um ſich nun zu uͤberzeugen, daß die Gewit-
termaterie, wie man vermuthet hatte, wuͤrkliche
Electricitaͤt ſey, ſchlug Herr Franklin vor, die
Probe mit Ausſteckung metallener Stangen zu
machen. Hiedurch muͤßte ſelbige aus den Ge-
witterwolken, wie von einem electriſirten Koͤr-
per, aufgefangen, und wenn ſie durch andere
Koͤrper verhindert wuͤrde, von der Stange ab-
zuflieſſen, ſo daran angehaͤufet werden, daß
man Funken daraus locken koͤnnte u. ſ. f. Wenn
dieſes eintraͤfe, ſo ſaͤhe er ein, daß man ſich aus
eben dem Grunde des Metalles, wenn es auſſen
an einem Gebaͤude von oben herunter bis auf
die Erde, oder bis ins Waſſer ginge, zur Ab-
leitung der Gewittermaterie bedienen koͤnnte,
damit ſie nicht durch andere Theile des Ge-
baͤudes druͤnge. Da dieſe Gedanken 1751, in
Europa bekannt gemachet wurden, ſo machten
im folgenden 1752ſten Jahre Herr Dalibard
und Herr Delor in Frankreich zuerſt den wuͤrk-
lichen Verſuch, aus einer bloß durch die Ge-
witterluft electriſirten Stange Funken zu ziehen,
und
*)
[73] und bald darauf waren in verſchiedenen Laͤn-
dern die Naturforſcher um die Wette bemuͤhet,
dieſe ſonderbare Entdeckung zu beſtaͤttigen *).
Allein ungluͤcklicher Weiſe blieb man meiſtens
in Europa dabey ſtehen, ſich an dem Auffan-
gen und Anhaͤuffen der electriſchen Materie aus
der Luft zu vergnuͤgen, die Funken zu bewun-
dern, auch ſich davon erſchlagen zu laſſen: die
Hauptſache aber, der von Herrn Franklin vor-
geſchlagene Nutzen der Ableitung **) ward aus
der Acht gelaſſen, unrecht verſtanden †), in Zwei-
E 5fel
[74] fel gezogen *). Weil nun Herr Franklin be-
merkt hatte, daß die electriſche Materie leichter,
gemaͤhliger und in viel groͤſſerer Entfernung auf
eine Spitze, Ecke oder Winkel eines Metalles
zufaͤhret, als auf eine Flaͤche oder ein ſtumpfes
und rundes Ende deſſelben, und daß dadurch
dem gegenuͤberſtehenden Koͤrper ſeine Electrici-
taͤt mit Geſchwindigkeit und doch ohne ploͤtzli-
chen Schlag geraubet wird; ſo wagte er die
Vermuthung, daß durch aufgeſteckte metallene
Spitzen oben an den Gebaͤuden und davon her-
untergehende Ableitung das ploͤtzliche Ausbre-
chen eines Wetterſchlages verhuͤtet, und die
Gewittermaterie behende in der Ferne abgezo-
gen werden koͤnnte **). Ja, er ſchlieſſet aus
ſinn-
†)
[75] ſinnreichen electriſchen Verſuchen, daß die un-
terſten Schweiffe einer Gewitterwolke, wenn
ihnen eine Spitze entgegengekehret iſt, welche
die Electricitaͤt auffaͤnget, ſich nicht ſo, wie ſie
gegen einen flachen oder ſtumpfen Koͤrper thun
muͤßten, darauf ſie den Blitz in geringerer Ent-
fernung auf einmal fahren laſſen, heran ziehen
wuͤrden, ſondern ihrer Electricitaͤt ſchon in der
Ferne ſchleichend, und ehe ein Schlag erfolgte
beraubet, und zu dem uͤbrigen Theile der Wolke
hinauf getrieben werden koͤnnten *). Denn,
da ſonſt, wenn von zween Koͤrpern einer electri-
ſiret, und einer von beyden beweglich iſt, ſelbige
aneinander gezogen werden, bis der Funken
oder Schlag erfolget; ſo findet man, daß,
wenn die Electricitaͤt durch eine Spitze aufge-
fangen wird und davon wieder abflieſſen kann,
der ſchwebende Koͤrper, darinn ſie enthalten iſt,
nicht, wie ſich viele irrig vorſtellen, ſtaͤrker an-
gezogen, ſondern vielmehr weiter, als von einem
ſtumpfen Koͤrper, abgehalten werde, welches
ſich auf die Gewitterwolken, und die Gebaͤude,
denen ſie drohen, anwenden laͤſſet **). Es zei-
get
**)
[76] get ſich aber in der That die Gewittermaterie
an metallenen Spitzen mit denſelben Erſcheinun-
gen,
**)
[77] gen, als bey den electriſchen Verſuchen: denn,
bey ſolcher gemaͤhligen Wuͤrkung der Electrici-
taͤt aͤuſſert ſie ſtatt der Flamme nur einen Glanz
in ausgeſtreuten Strahlen, und ſtatt des Knal-
les nur ein ſchwirrendes Geraͤuſche. Wenn
man demnach bey einer Gewitterluft dergleichen
electriſches Licht erſcheinen laſſen will, ſo kann
man
**)
[78] man nur an einem freyen Platze eine oben zu-
geſpitzte metallene Stange, daran eine Ablei-
tung herunter gehet, aufſtecken, ſo wird ſich,
wenn es dunkel iſt, die Gewittermaterie auf
bemeldete Weiſe zeigen: und wenn ein ſolches
Metall in einem Stuͤcke bis auf feuchte Erde
reichet, ſo flieſſet die Materie dadurch unmerk-
lich hin, daher laͤſſet ſie den Schein nur oben
an der Spitze, und wenn ſie in Menge darauf
ſchieſſet, auch etwa unten bey der Erde ſehen,
nicht aber mitten am Metalle. Will man ihre
Gegenwart auch daſelbſt wahrnehmen, ſo muß
eine kleine Unterbrechung des Metalles gemacht,
oder eine Kette zur Ableitung gebrauchet wer-
den, an deren Gliedern ſodann die Feuerfun-
ken herunterrauſchen *). Eben dieſen Schein
an metallenen Spitzen hatte man, ohne zu wiſ-
ſen
[79] ſen was es waͤre, ſchon von alten Zeiten her in
der Natur bemerket; denn es iſt bekannt, daß
eiſerne Stangen, oder anderes Metall, welches
Spitzen oder Ecken hat, oben an den Schiffen
und anderer Orten oft bey einer Gewitterluft,
oder auch bey einem Sturme, der Gewitterma-
terie herfuͤhret *), ohne daß es allemal dabey
blitzet, einen Glanz zeigen, den man St. El-
mesfeuer
genannt hat, und welcher nichts an-
ders iſt als die electriſche Materie, welche ge-
maͤh-
*)
[80] maͤhlig und ohne Schlag, jedoch zuweilen mit
einem merklichen Sauſen oder Schwirren dar-
auf aus der Luft herabflieſſet *). Insbeſondere
aber muß ich bemerken, daß wir ſchon einige
Nachrichten von dem wuͤrklichen durch Herrn
Franklin vermutheten Nutzen metallener Spi-
tzen, die ſich oben an Gebaͤuden befunden, auf-
weiſen koͤnnen, wo ſelbiger doch nicht mit Fleiß
geſuchet war. Durch ſolche Erfahrungen koͤn-
nen
*)
[81] nen alle unſere Gruͤnde unterſtuͤtzet werden. So
wird durch das Zeugniß der Einwohner von
Plauzat in Auvergne, und durch den Bericht
des Pfarrers daſelbſt, Hrn. Binon, bekraͤfti-
get, daß, ſobald ſich auf dem eiſernen Kreutze,
welches dort oben auf einem Thurme ſtehet und
nicht angemahlt oder gefirniſſet iſt, an deſſen
dreyen in Form einer franzoͤſiſchen Lilie zuge-
ſpitzten Enden, bey einem Gewitter dergleichen
Lichter ſehen laſſen, man ſich aus alter Erfah-
rung ſicher haͤlt, daß kein Schaden vom Wet-
ter zu befuͤrchten ſey *). Eben dergleichen hat
man ſeit langer Zeit bey einem Thurme eines
Schloſſes des Ritterguts Kreibitzſch, welches
auf einem hohen Berge zwo Stunden von
Naumburg gelegen iſt, angemerket. Die aͤlte-
ſten Einwohner haben ſich nicht zu erinnern ge-
wußt, daß ein Wetterſtrahl an dieſem Orte
eingeſchlagen haͤtte, wenn ſich bey Annaͤherung
eines Gewitters eine Flamme oder Licht an der
Spitze dieſes Thurmknopfes habe ſehen laſſen.
Vor einigen Jahren aber iſt der Knopf, weil
er mit einer Kugel durchſchoſſen geweſen, abge-
nommen, nach geſchehener Ausbeſſerung wie-
der aufgeſetzet, und der Thurm dabey um
6 Schuhe erhoͤhet worden. Gleich darauf
Fſchlug
[82] ſchlug bey einem entſtandenen Gewitter, dabey
ſich die Flamme uͤber dem Knopfe nicht ſehen
lieſſe, ein Blitz in den Thurm, und zerſchmet-
terte das Mauerwerk. Seit nachmahliger Aus-
beſſerung hat ſich zwar das Licht uͤber dem Knopfe
wieder ſehen laſſen, aber der Blitz hat doch ſchon
fuͤnfmal auf dieſem Gute eingeſchlagen, und wenn
ſich nun ein Gewitter auf eine gewiſſe Weite
dem Thurme naͤhert, ſo entſtehet gemeiniglich ein
heftiger Knall und Schlag, doch ohne Zuͤndung *).
Wir koͤnnen gewiß vermuthen, daß durch die
Ausbeſſerung dieſes Thurms etwas, entweder an
der Spitze veraͤndert worden, dadurch die Ge-
wittermaterie nicht ſo leicht, wie zuvor, kann
gemaͤhlig aufgefangen werden, oder, daß ſie vor-
dem eine beſſere Ableitung gehabt, und itzt durch
Verderbung derſelben nicht genugſam abflieſ-
ſen kann, ſondern, wenn ſie zu ſtark darauf zu-
faͤhret, angehaͤufet werden muß. Es waͤre alſo
leicht Huͤlfe zu ſchaffen, und den Einwohnern
die Sicherheit, deren ſie zuvor genoſſen, wenn
eine Gewitterwolke den Strich hergekommen,
daß ihre Materie von der Thurmſpitze koͤnte auf-
gefangen werden, wieder zu geben. Man muß
ſich aber wahrlich wundern, daß dergleichen zu-
faͤllig errichtete Spitzen ſo viel haben ausrichten
koͤnnen, da doch leicht zu erachten iſt, daß ſich
nir-
[83] nirgends eine vollkommene Ableitung, ſo, wie
man ſie mit Fleiß anbringen koͤnnte, daran be-
finden wird. Es muß nur durch die gemaͤh-
lige Zuſtroͤmung der Gewittermaterie erhalten
worden ſeyn, daß ſolche einigermaſſen durch
das Gebaͤude, oder etwa auſſen an demſelbi-
gen, wenn es naß geregnet geweſen, genugſamen
Durchgang gefunden, und ſich ohne Schlag
hat verlieren koͤnnen. Denn, ſo lange ſich auf
der Spitze noch der brauſende Schein ſehen laͤſ-
ſet, iſt es ein Zeichen daß die electriſche Mate-
rie beſtaͤndig durchflieſſen kann*): wenn ſelbige
F 2aber
[84] aber nicht nach ihrer Maſſe nicht gemaͤhlig ge-
nug aufgefangen werden, oder nicht frey genug
ſich vertheilen kann, ſo entſtehet ein Schlag.
Weil es nun auch bey den Maſtbaͤumen der
Schiffe, die von harzigem Holze und noch dazu
mit Oehl beſtrichen, oder getheeret ſind, an der
noͤthigen Ableitung von dem oberen Eiſen feh-
let, da, was abgeleitet wird, nur laͤngſt dem
naſſen Tauwerke der getheerten Waͤnde des Ma-
ſtes, und von da uͤber Bord zu gehen ſcheinet,
ferner auch das Eiſen der Flaggenſtange nicht
ſpitz genug zur gemaͤhligen Auffangung der
Gewittermaterie iſt; ſo kann, wenn ſolche auf
einmal zu haͤufig heran koͤmmt, auf ein St.
Elmesfeuer auch wohl ein wuͤrklicher Blitz und
Schlag erfolgen *). Da aber die Materie ſich
noch
*)
[85] noch weniger vertheilen kann, wenn ſie nur von
einer Spitze aufgefangen wird, als wenn ſie
auf mehrere zugleich herabſtroͤmet: ſo mag
wohl zum Theil daher die Bemerkung der Al-
ten einigen Grund haben, daß eine einzelne der-
gleichen Flamme auf einem Schiffe von gefaͤhr-
licher Vorbedeutung, wenn ihrer aber ein Paar
ſich ſehen lieſſen, ſolches ein gluͤckliches Zeichen
bey einem Ungewitter ſey *). Es kann aber
F 3auch
*)
[86] auch bey einem Gewitterregen eine ſichtbar
phosphoriſche oder ſchwefelichte Materie aus
den Wolken herabgefuͤhret werden, welche zu-
weilen im Dunkeln, nicht allein an metallenen
Spitzen, ſondern auch hie und da auf an-
dern Koͤrpern leuchtet *). Dieſes will ich nicht
mit
*)
[87] mit dem electriſchen Scheine, davon oben ge-
redet iſt, verwechſeln, ob zwar ſolche Materie in
der Luſt vielleicht die Erzeugung der Electrici-
taͤt befoͤrdern, und ſelbige demnach mit dem
phosphoriſchen Regen zugleich herabgeleitet
werden kann, welches noch weiter zu betrachten
waͤre *).


§. 21.


Es fangen indeſſen auch Metalle, die nicht
zugeſpitzet ſind, ja auch andere Koͤrper die Ge-
wittermaterie aus der Luft auf, welches man
nur nicht anders bemerken kann, als wenn man
das Abflieſſen derſelben nach der Erde hin ver-
wehret **). Wie viel aber aus der Hoͤhe bloß
F 4durch
*)
[88] durch einen duͤnnen metallenen Drath bey einer
Gewitterluft aufgefangen, und daran, wenn der
Abzug verhindert wird, angehaͤufet werde, kann
man aus einem faſt fuͤrchterlichen Verſuche des
Herrn de Romas zu Nerac in Frankreich ur-
theilen. Er ließ einen groſſen ſogenannten Dra-
chen von Papier, welches mit Oehl beſtrichen
war, an einer mit einem duͤnnen meßingnen
Drathe umwundenen Schnur uͤber 600. Fuß
hoch, bey ziemlich ſtarkem Winde, in die Luft
fliegen, als Gewitterwolken daher zogen, obwohl
kein Blitz, wie auch nur einiger Donner aus
der Ferne, und wenig Regen an dem Orte ver-
ſpuͤret
**)
[89] ſpuͤret wurden. Damit nun die Gewitterma-
terie von der Drachenſchnur, oder dem daran
befindlichen metallenen Drathe, nicht abgezogen
werden, und ſich in die Erde verlieren moͤchte,
ſo hatte er das Ende derſelben an einer 3½ Fuß
langen ſeidenen Schnur angebunden, und ſolche
unter einem Vordache, damit ſie nicht naß reg-
nete, befeſtiget. Die Gewittermaterie haͤufete
ſich demnach ſo an, daß rund um die Drachen-
ſchnur ein ſteter Lichtcylinder geſehen wurde,
welcher bey hellem Tage 3 oder 4 Zoll im Durch-
ſchnitte hatte *). Ein Strohhalm, der ſich
unter der Schnur auf der Erde befand, und
einen Fuß lang war, ward davon angezogen,
und folgte ihr viele Ellen hoch in die Luft **).
F 5Wenn
[90] Wenn nun dieſer oder ein anderer Koͤrper ſich
dem metallenen Drathe naͤherte, ſo brachen in
der Entfernung von einigen Schuhen ziemliche
Flammen mit einem Knalle, als ein Piſtolen-
ſchuß, hervor. Es ward auch von den Anwe-
ſenden ein ſchwefelichter Geruch verſpuͤret *).


§. 22.

**)


[91]

§. 22.


Wenn alſo eine zu Auffangung der Gewit-
termaterie ausgeſteckte Stange, und was da-
mit von Metall verbunden iſt, durch ſolche Koͤr-
per
*)
[92] per umgeben wird, welche die Electricitaͤt nicht
frey durchlaſſen, ſo laͤßt ſich dieſe aus den Wol-
ken in ſo betraͤchtlicher Maſſe daran ſammlen
und anhaͤufen, daß man bey Annaͤherung eines
andern Koͤrpers an dieſes Metall, wenn auch
gleich kein Blitz auf einmal aus der Luft dar-
auf zuſchoͤſſe, nicht allein kleine Funken mit Ge-
raͤuſche, wie bey den kuͤnſtlichen electriſchen
Verſuchen, daraus locken kann; ſondern der
Funken oder die Flamme kann ſo ſtark werden,
daß es einen gefaͤhrlichen Schlag giebet, noch
mehr aber muß ſolches geſchehen, wenn wuͤrk-
lich ein Blitz aus einer Gewitterwolke die Stange
trifft. Dieſes iſt dem geſchickten Naturforſcher,
Hrn. Prof Richmann, in Petersburg wieder-
fahren, und hat zu vielem Mißverſtaͤndniſſe von
gefaͤhrlicher Anziehung des Blitzes durch die
Stangen
, Anlaß gegeben. Allein, was that
Hr. Richmann? Hatte er fuͤr eine Ableitung
der Gewittermaterie auſſen am Hauſe geſorget?
Keinesweges: er hatte vielmehr gerade das
Gegentheil von dem, was wir oben angera-
then haben, gethan, und auch thun wollen.
Hr. Richmann wollte naͤmlich mit Fleiß die
Gewittermaterie an ſeinem Metalle anhaͤufen,
um die Wuͤrkung davon zu ſehen, weil die Be-
merkung damals noch neu war *). Er hatte
alſo
[93] alſo von der oͤbern Stange einen metallenen
Drath in ſein Haus hereingeleitet, und allen
Abfluß verhindert. Nun kam unvermuthet,
als kurz vorher das Gewitter noch weit entfernet
ſchiene, ein ſtarker Zuſchuß der Materie auf eine
Zuruͤſtung, und als er einen Fuß weit davon,
Achtung darauf gab, ſchoß ein Fauſt dicker Fun-
ken gerade auf ſeinen Kopf zu, und der Schlag
fuhr durch ſeinen Koͤrper, ſo, daß es ihm das
Leben
*)
[94] Leben koſtete. Dieſe Geſchichte zeiget alſo in
der That nichts anders, als was wir eben er-
weiſen wollen, naͤmlich, daß das Metall die
Gewittermaterie angelocket habe, und demnach,
wenn es auſſen am Hauſe bis in die Erde herun-
ter geleitet geweſen, der Blitz nicht in das Haus
gefahren waͤre *).



[95]

§. 23.


Um alſo die Sache noch einmal kurz vorzu-
ſtellen und verſchiedenen Einwuͤrfen zu begegnen,
muß ich nur erinnern, daß das anlocken, auf-
fan-
*)
[96]fangen, zuſpringen, anhaͤufen und ableiten
der Gewittermaterie wohl zu unterſcheiden ſey,
Die Metalle locken allerdings die Gewitterma-
terie an ſich: dies iſt aber eben die Eigen-
ſchaft, welche wir zu Nutzen anwenden koͤn-
nen. Denn, wenn wir Metall auſſen am Ge-
baͤude herunter gehen laſſen, ſo locken wir den
Blitz nicht auf uns zu, ſondern vom Gebaͤude
ab in die Erde. Daß nun die Spitzen dieſe
Materie in groͤſſerer Entfernung auffangen als
Metalle von anderer Geſtalt, ſolches iſt ein
wahrer Vortheil, indem es, wie geſagt, nicht
allein den Nutzen ſchaft, daß der Blitz nicht
eine andere Ecke des Gebaͤudes treffe, wo er
Gewalt ausuͤben wuͤrde, ſondern auch eben da-
durch das gefaͤhrliche ploͤtzliche Zuſpringen des
Blitzes, und die Annaͤherung der Wolke, dar-
aus der Schlag ſonſt entſtehen wuͤrde, verhuͤ-
tet
*)
[97] tet wird *). Nur dann iſt das Auffangen ge-
faͤhrlich, wenn die Gewittermaterie in dem Me-
talle ſich anhaͤufen kann. Dies iſt aber eben
Gder
[98] der itzige Zuſtand unſerer Thuͤrme und anderer
Gebaͤude, davon wir die Gefahr abzuwenden
wuͤnſchen, indem ſie Stangen, Knoͤpfe, Wet-
terfahnen und anderes Metall haben, dadurch
die Gewittermaterie angelocket wird, und an
welchem ſie ſich ſammlen muß, weil das Metall
zerſtreuet oder mit andern Koͤrpern umgeben iſt,
durch welche ſie nicht frey durchfaͤhret. Ganz
ein anderes geſchiehet, wenn von der obern
Stange an, das Metall bis ins Waſſer oder
in feuchte Erde, welche die electriſche Materie
annehmen, heruntergefuͤhret, und dieſe alſo da-
durch abgeleitet wird. Alsdann vertheilet ſie
ſich augenblicklich, und wird nie angehaͤufet,
wenn ſie gemaͤhlig aus der Gewitterluft durch
die Stange aufgefangen wird. Es laſſen ſich
deshalben aus ſolchem Metalle mittelſt Annaͤ-
herung eines andern Koͤrpers keine Funken zie-
hen *), und die Electricitaͤt zeiget nur etwa beym
Eingange und Ausgange einen Schein, oder
wo
*)
[99] wo das Metall unterbrochen iſt, ihre Funken.
Nun kann zwar auf einmal eine Wolke mit ſo
ſtarker Electricitaͤt herankommen, daß die Spitze
ſie nicht in der Ferne gemaͤhlig aufzufangen
vermag, ſondern wie gewoͤhnlich, Blitz und
Schlag entſtehen. Allein, ſogleich faͤhret doch
die Materie durch das Metall ohne Schaden
hin, und wird von dem Schaden, den ſie ſonſt
andern Koͤrpern zufuͤgen wuͤrde, abgeleitet *).
Ja, wenn auch das Metall, welches alſo ge-
troffen worden, gar zu duͤnne geweſen, und
durch die ſchnelle Bewegung der durchdringen-
den Feuermaterie erhitzet, geſchmolzen oder zer-
ſtaͤubet iſt, ſo hat es doch noch, wie oben er-
wehnet worden, die Dienſte der Ableitung von
G 2andern
[100] andern Koͤrpern verrichtet. Wenn aber nur
die Materie ungehindert ſich weiter ausbreiten
und verlieren kann, ſo iſt eine maͤßige Dicke
des Metalles, wie etwa ein Gaͤnſekiel, ſchon
gemeiniglich zureichend geweſen, dem Schmel-
zen von einem Blitze zu widerſtehen. Hinge-
gen koͤnnen allerdings andere, naͤmlich heftigere
Wuͤrkungen vom Blitze bey abgeſonderten, und
mit verſchiedener Art Koͤrpern umgebenen Stuͤ-
cken Metall entſpringen, von welchen die Ele-
ctricitaͤt nicht abgeleitet, ſondern darin ange-
haͤufet wird. So wundert es mich gar nicht,
daß im Brigittenthurme zu London, eine eiſerne
Stange, welche 1½ Zoll dick, und 2½ breit
war, von dem Wetterſtrahle mitten von einan-
der gebrochen worden. Sie lag in der Quere,
war an beyden Seiten in ſtarke Steinwaͤnde
eingeſchloſſen, zwiſchen welchen ſie 21. Zoll [l]ang
Raum, uͤber ſich aber gleichfals gehauene Steine
liegen hatte. Daher blieb die electriſche Ma-
terie darinn angehaͤuft, dehnte ſie aus, ſtieß ſie
von den obern Steinen ab, bog ſie nach unten
zu, und zerbrach ſie. Eben ſo verhielte es ſich
mit andern Stangen, deren Herr Wilſon ge-
denket, und welche zerbrochen oder geſchmolzen
worden *). So werden auch Kreutze oder
Helm-
*)
[101] Helmſtangen, welche nicht mit einem metalle-
nen Dache verbunden ſind, ſondern auf einem
Steine ruhen, oder mit Holz und Schiefern
umgeben ſind, oft vom Blitze zerbrochen *).
Auch die Wuͤrkungen bey andern Stuͤcken Me-
tall, als einen Degen in der Scheide, Geld in
der Taſchen, Schnallen in den Schuhen,
u. ſ. w. welche zuweilen vom Blitze geſchmol-
zen worden, gehoͤren zu dergleichen Anhaͤufung,
und muͤſſen vielmehr zu unſerm Zwecke anra-
then, als daß ſie uns bey einer Ableitung durch
Metall welches bis auf die Erde reichet, irre
machen koͤnnten **).


G 3§. 24.

*)


[102]

§. 24.


Ich muß aber doch eines Vorſchlages ge-
denken, darauf einige, in der Abſicht, die Ge-
fahr des Blitzes abzuwenden, gefallen ſind, und
der gerade unſerm oben gegebenen Rathe ent-
gegengeſetzet iſt, da er doch aus einerley Erfah-
rungen zu entſpringen, und alſo nicht unge-
gruͤndet ſcheinet. Man glaubte naͤmlich, es
muͤßte am dienlichſten ſeyn, ſich ſolcher Koͤr-
per zur Bedeckung fuͤr den Blitz zu bedienen,
welche die electriſche Materie nicht durchlieſſen,
und hingegen die Metalle, welche ſie gern an-
nehmen, zu entfernen. So raͤth z. E der
galante Abbé Poncelet, ſich eine Art von Ge-
zelte von harzigem Holze, ohne einigen Nagel
oder anderes Eiſen, errichten zu laſſen, ihm kein
ſpitzes, ſondern ein rund gewoͤlbtes Dach zu
geben, ſodann es mit einem dreyfachen Wachs-
tuche uͤberziehen und inwendig mit Seidenzeug
ausſchlagen zu laſſen *). Auf gleiche Weiſe
koͤnnte man etwa, ohne ſo viel ſonderbare Um-
ſtaͤnde
[103] ſtaͤnde, ſein Haus mit glaſurten Dachziegeln
oder d. gl. zu bedecken anrathen. Allein, ich
werde zeigen, wie unſicher ein ſolcher vermeinter
Schutz ſey, wenn man den Blitz nicht durch
Metalle auſſen vom Gebaͤude ablocken will *).
Denn, daß derſelbe auch auf andere Koͤrper
zufahre, wenn er kein Metall vorfindet, iſt be-
kannt, und es beweiſen ſolches die Wetter-
ſchlaͤge an Baͤumen in Waͤldern u. ſ. f. **).
Es wuͤrde auch bey einem Gewitter die aͤuſſere
Flaͤche von dergleichen Gebaͤuden, wenn man
nicht noch wieder ein beſonderes Schutzdach
daruͤber machen wollte, doch vom Regen naß
werden, und alsdann haftet, wie man weiß,
die electriſche Materie darauf. Daß ein ſtum-
pfer Koͤrper aber, da er dieſe Materie nicht ge-
maͤhlig auffaͤngt, eben verurſachet, daß die
Wolke ſich heranziehen und Blitz und Schlag
ploͤtzlich herausfahren muß, habe ich ſchon er-
innert. Der Blitz wuͤrde ferner auch eine un-
bedeckte Ecke eines ſolchen Gebaͤudes, oder eine
Ritze der Bedeckung treffen, dadurch er erfah-
G 4ren
[104] ren koͤnnte *): und alsdenn wuͤrde die Zerſtoͤ-
rung deſto groͤſſer ſeyn, weil er allenthalben ſol-
chen Widerſtand antraͤte, den er zerſprengen
muͤßte. Ja, ich fuͤrchte, die Gefahr wuͤrde
durch dieſe Anſtalt auf aͤhnliche Weiſe vermeh-
ret werden, als in dem bekannten Leydenſchen
Verſuche, da man an der einen Seite einer
mit Waſſer gefuͤllten Flaſche, oder einer Glas-
platte **), die electriſche Materie anhaͤufet,
welche hernach, wenn ſie zu der entgegengeſetz-
ten Seite dieſer Koͤrper, dadurch ſie nicht drin-
gen konnte, einen Uebergang gewinnet, deſto
groͤſſeren Schlag und Gewalt aͤuſſert. Die
Erfahrung bezeuget aber auch, daß die electriſche
Materie, ſowohl beym Blitze, als wenn ſie bey
Verſuchen in Bewegung geſetzt iſt, oft durch
Wachstuch, bemahltes Leinewand, Glas, und
ſ. f.
[105] ſ. f. Loͤcher ſchlaͤget *). So koͤnnen uns Muth-
maſſungen betriegen! Ich habe mich demnach
zu Beſtaͤtigung des oben erwehnten Franklin-
ſchen Rathes bloß auf die Erfahrung berufen,
und nicht allein die electriſchen Verſuche, ſon-
dern ſelbſt die Wuͤrkungen des Blitzes angefuͤh-
ret, davon wiederholte Beobachtungen, die Si-
cherheit der Ableitung durch Metalle genugſam
beweiſen; ſo, daß wir keinen beſſern Weg,
als den uns die Natur zeiget, zu ſuchen
haben.


§. 25.


Wenn aber der Gebrauch der Ableitungen
mit ſpitzen Stangen einmal eingefuͤhret waͤre,
G 5und
**)
[106] und man viele derſelben in einer Stadt, oder
um die Stadt herum an erhabenen Orten auf-
richten wollte, ſo koͤnnte man ſogar hoffen, daß
ſie das meiſte der Gewittermaterie in der Stille
ohne Schlag auf die Erde herabfuͤhren wuͤr-
den. Daß vieles davon, auch wenn keine
Wetterſchlaͤge entſtehen, aus der obern Luft
an dem Metalle herabgeleitet werden koͤnne, zei-
get die Erfahrung, wie oben beſchrieben, wenn
man die Materie verhindert, ſich in die Erde
zu verlieren, wiewohl dieſes nur geſchiehet, um
ſie in die Augen fallen zu machen. Wenn aber
das Metall bis in die Erde reichet, ſo kann ſie in
unglaublicher Menge beſtaͤndig durchſtroͤmen,
weil der Abzug nach Maſſe des Koͤrpers iſt,
darinn ſie ſich vertheilen kann. Es iſt alſo der
Einwurf, den einige machen, daß der Umſang
des Metalles zu dem Umfange der Gewitter-
wolken von geringer Bedeutung ſey, nicht ge-
nug uͤberlegt, weil es hier nicht darauf an-
koͤmmt, wie viel das Metall ſelbſt faſſen, ſon-
dern wie viel bey dem ſchnellen Durchſtroͤmen
dadurch in die Erde vertheilet, oder, wie die
uns unbekannte electriſche Bewegung durch die-
ſen Zuſammenhang ins Gleichgewicht geſetzet
werden kann *). Daß, das Herabſtroͤmen
auf
[107] auf die Spitzen zu Plauzat und Kreibitzſch
dergleichen Wuͤrkung gehabt, hat die Erfah-
rung der Einwohner bekraͤftiget. Wir wuͤrden
alſo mit dergleichen Anſtalt, der Natur nach-
ahmen, da uns der Schoͤpfer eine gleiche Wohl-
that durch den Regen erweiſet. Daß der Re-
gen das Gewitter mildere, weiß ſchon der ge-
meine Mann: und gewiß die Schlaͤge bey
trockener Luft ſind die gefaͤhrlichſten, weil die
electriſche Materie alsdann am meiſten ſich an-
haͤufet. Das Waſſer, wie geſagt, nimmt ſie
an, vertheilet ſie, und fuͤhret eine Menge mit
den Regentropfen gemaͤhlig herunter *). Wenn
aber
[108] aber gleich nicht alle Gewittermaterie durch ſol-
che Spitzen in der Stille abgeleitet werden
kann,
*)
[109] kann, ſondern zuweilen, wegen ſchnell heran-
kommender Wolken, mit ſtarker Electricitaͤt,
noch
*)
[110] noch Schlaͤge nach der Erde oder den Gebaͤu-
den hin entſtehen muͤſſen; ſo iſt doch der Nu-
tzen groß genug, daß ſolche durch die Stangen
aufgefangen, und wie in dem obenangefuͤhrten
Beyſpiele des Hauſes in Philadelphia, abge-
halten werden, andere Koͤrper in der Naͤhe zu
treffen, wo ſie Schaden thun wuͤrden *).


§. 26.

*)


[111]

§. 26.


Unſere Nachkommen werden laͤcheln, daß
man itzt noch groſſe Ermahnungen noͤthig gehabt,
auf ſeine Sicherheit bedacht zu ſeyn, und un-
ſere Vernunft, nach goͤttlicher Abſicht, dazu
anzuwenden, uns die Kraͤfte der Natur ſo viel
moͤglich unterthan zu machen. Sie muͤſſen uns
aber entſchuldigen, daß wir, ſo lange eine Sa-
che noch nicht bis zur klaren Ueberzeugung aus-
gemacht war, unſern Beyfall zuruͤck gehalten
haben. Nur dann iſt die Nachlaͤßigkeit zu ta-
deln, wenn man die Unterſuchung wichtiger
Wahrheiten und die Nutzung beſtaͤtigter Be-
obachtungen verſaͤumet.


§. 27.

*)


[112]

§. 27.


Man erlaube mir ſchließlich noch einige all-
gemeine Anmerkungen beyzufuͤgen, welche dem
Zwecke unſerer Geſellſchaft, der Befoͤrderung
gemeinnuͤtziger Unterſuchungen, gemaͤß ſcheinen.
Wir ſehen, daß die Eigenſchaft der Metalle
den Blitz anzulocken und durchzulaſſen aus kla-
ren Erfahrungen ſich zeiget. Wenn man aber
weiß, wodurch der Blitz angelocket wird, ſo
weiß man auch, wodurch man ihn von andern
Theilen ſeines Gebaͤudes ableiten und Schaden
verhuͤten kann. Dennoch ſind einige tauſend
Jahre verfloſſen, ehe dieſe wichtige Entdeckung
gemacht worden. Wir ſind ſie auch nicht dem
bloſſen Zufalle ſchuldig; ſondern Herr Frank-
lin
hat ſie durch Nachdenken bey electriſchen
Verſuchen erfunden *). Sollten wir dann
nicht auch hieraus die Lehre ziehen, daß keine
Bemerkung von Wahrheiten, und von natuͤr-
lichen Eraͤugnungen oder Kraͤften geringe zu
ſchaͤtzen ſey, wenn ſich gleich nicht alsbald ein
ſinnlicher Nutzen davon ſpuͤren laͤſſet **).



[113]

§. 28.


Die Begebenheiten in der Natur und in
der zufaͤlligen Verknuͤpfung der Dinge ſind
fuͤr das Reich der Wiſſenſchaften dasjenige,
was einem Kaufmanne die ſogenannten Con-
juncturen ſind. Ein witziger Kopf bemerket ſie,
denkt nach, und wendet ſie gluͤcklich zu ſeinem
Vortheile an, da indeſſen andre die koſtbare
Gelegenheit unbeobachtet und ungenutzt vor-
beyſtreichen laſſen und verarmen.


§. 29.


Die Geſchichte hat uns laͤngſt belehret,
daß die meiſten und wichtigſten Entdeckungen
der Menſchen ihren erſten aͤuſſerlichen Grund
in gewiſſen unvermutheten Begebenheiten oder
ſogenannten Zufaͤllen haben. Dieſes, was ein
Ohngefehr genannt wird, iſt vielmehr der goͤtt-
lichen Vorſehung zuzuſchreiben, welche uns
dabey eine reiche Quelle zur Erweiterung un-
ſers Erkenntniſſes und allgemeinen Nutzens an-
bietet. Allein, es hat auch bey den Menſchen
ſelbſt eine ſcharfſichtige Beobachtung aller Um-
ſtaͤnde, zuweilen auch mancher mit Fleiß ange-
ſtelleter Verſuch, ferner, eine nachforſchende
Vergleichung mit andern aͤhnlichen Faͤllen,
eine geſchickte Folgerung und Anwendung aus
anderweitiger Erfahrung und Wiſſenſchaft
hinzu kommen, und alles durch die loͤbliche
HEmſig-
**)
[114] Emſigkeit, zum Nutzen des menſchlichen Ge-
ſchlechts zu arbeiten, belebet werden muͤſſen:
ſonſt waͤre der Vortheil dieſer angebotenen
Gelegenheit, wer weiß auf wie viele Jahrhun-
derte, fuͤr uns verlohren geweſen.


§. 30.


Manche ziemlich bekannte und gemeinnuͤ-
tzige Erfindungen ſind auf dieſe Art aus einem
ſcharfſinnig beobachteten Zufalle entſprun-
gen *). Es wuͤrde zu weitlaͤuftig ſeyn, ſie
alle umſtaͤndlich zu beſchreiben. Vielleicht haͤt-
ten noch unzaͤhlig viele andere zufaͤllige Bege-
benheiten eben ſo fruchtbar wie jene werden
koͤnnen, deren Eraͤugnung nun durch die Schlaͤf-
rigkeit der Menſchen nicht einmal beobachtet,
geſchweige dann zu nuͤtzlichen Erfindungen an-
gewandt iſt.


§. 31.


Ein Beyſpiel will ich doch zur Erlaͤute-
rung etwas ausfuͤhrlich erzehlen. Wuͤrden
wir itzt wohl das vortrefliche Werkzeug der
Penduluhren haben, welche zu aſtronomiſchen
Beobachtungen und andern phyſiſchen, politi-
ſchen und haͤuslichen Gebrauche ſo groſſe Dien-
ſte thun, wenn nicht ein Galilaͤi im vorigen
Jahr-
[115] Jahrhunderte auf einen geringſcheinenden Zu-
fall geachtet, und ein Huygens ſeine daraus
gezogene Entdeckung weiter genutzet haͤtte? Es
ward naͤmlich Meſſe gehalten, als eben ein hef-
tiger Wind durch die Kirche ſtrich, und die haͤn-
genden Kronleuchter in Bewegung ſetzte. Man
kann gerne glauben, daß dieſer Wind fuͤr aller
uͤbrigen heiligen Einfalt wuͤrde umſonſt gewehet
haben, wenn nicht zum Gluͤcke Galilaͤi der
Meſſe beygewohnet haͤtte, welcher ſeine Auf-
merkſamkeit auf dieſe Eraͤugnung fallen ließ,
als er meinte wahrzunehmen, daß die Krohn-
leuchter ihre Schwingungen in verſchiedener
Geſchwindigkeit vollendeten, nachdem ſie an
laͤngern oder kuͤrzern Ketten hingen. So bald
er zu Hauſe kam, verſuchte er einige Kugeln an
Faͤden von ungleicher Laͤnge in ſeinem Zimmer
aufzuhaͤngen, und dieſelben in Bewegung zu ſe-
tzen, um die verſchiedene Zeit der Schwingun-
gen zu beobachten, und ein gewiſſes Verhaͤlt-
niß und Regel davon auszufinden. Sollte
mancher Unverſtaͤndige, der ihn in ſolcher Be-
ſchaͤftigung angetroffen haͤtte, nicht gedacht ha-
ben: Wie? taͤndelt der Mann? Will er ſich
mit einem kindiſchen Spielwerke die muͤßige Zeit
vertreiben? Nein: ſein aufgeklaͤrter Geiſt
ſahe, daß in dieſer zufaͤlligen Erſcheinung eine
groſſe Wahrheit verborgen laͤge: er ſpuͤrete
ihr nach, und entdeckte durch ſeine Verſuche die
[Grundregeln] der ſchwingenden Bewegung.
Dieſe ſind es, welche hernach dem vortreflichen
Huygens vor 112 Jahren den Weg gewieſen,
H 2auf
[116] auf die Erfindung der Penduluhren zu kom-
men *), die nachmals durch weitere Entdeckun-
gen noch zu groͤſſerer Vollkommenheit gebracht
worden.


§. 32.


Zuweilen, wenn ſchon etwas erſprießliches
entdecket geweſen, hat noch die Erfindung aller-
ley Hinderniſſe angetroffen, ſo, daß ſie entwe-
der ſpaͤte allgemein genuͤtzet worden, oder gar
wieder verloren gegangen iſt, bis man ſie etwa
nach langer Zeit aufs neue erfunden, und einer
guͤnſtigern Aufnahme gewuͤrdiget hat. Von
dem aͤuſſeren Widerſtande, welcher die Ausbrei-
tung der Erfindung unterdruͤcket, als Aberglau-
ben, Vorurtheile, Leidenſchaften **) u. d. gl.,
will
[117] will ich hier nicht einmal reden. Meine Ab-
ſicht iſt itzt nur, die unmittelbaren Hinderniſſe
beym Erfinden ſelbſt, als hauptſaͤchlich die ge-
woͤhnliche Schlaͤfrigkeit oder Unachtſamkeit, den
Mangel an practiſchen Nachdenken und gemein-
nuͤtzigem Zwecke, dadurch ſo viel fruchtbarer
Same zuruͤckgehalten oder gar erſticket wird,
vor Augen zu legen.


§. 33.


Eben deswegen, weil ſo wenig Menſchen
mit den erfoderten Eigenſchaften begabet waren,
haben die meiſten Erfindungen alter Zeiten,
wenn nicht die bloſſen Nothwendigkeiten des Le-
bens dazu angeſpornet, auf einen gluͤcklichen
Zufall warten muͤſſen. Und wie leicht gingen
Tauſende von Jahren hin, ehe ſich der Zufall
und der rechte Beobachter zuſammen trafen.
Kaum ſeit ein Paar hundert Jahren, und be-
ſonders ſeit der ruͤhmlichen Stiftung eigentli-
cher dazu beſtimmten gelehrten Geſellſchaften,
hat man erſt angefangen, mit Fleiß und Vor-
ſatze nicht allein alle von ſelbſt vorfallende Er-
fahrungen in der Natur zu beobachten, ſon-
dern auch eigene Verſuche daruͤber zu machen.
Manche derſelben werden Unverſtaͤndigen Klei-
nigkeiten und veraͤchtlich ſcheinen. Sie wollen
entweder ſogleich baaren Vortheil, oder etwas
in die Augen fallendes Wunderbare ſehen.
”Haͤtte Guericke, der Erfinder der Luftpumpe,
H 3“(ſagt
**)
[118] “(ſagt Herr Gralath*) ſeine Verſuche nicht
“in ſolcher Geſtalt aufgefuͤhret, und ſeine luft-
“leeren Halbkugeln nicht mit 30. Pferden von
“einander reiſſen laſſen; ſo wuͤrden ſie auf
“dem Reichstage zu Regensburg nicht ſo groſ-
“ſes Aufſehen gemacht haben, und von Hohen
“und Niedrigen bewundert worden ſeyn.” Al-
lein, man fahre nur fort zu beobachten, wenn
gleich die Bemerkung anfangs unanſehnlich
ſcheinet, ſo wird ſich von allen Wahrheiten
und ihrem Zuſammenhange ſchon der Nutzen
zeigen.


§. 34.


Mußte es nicht ehemals ein bloſſes Spiel-
werk ſcheinen, wenn man an einem ſchlechten
Steine bemerkte, daß er Eiſen anzoͤge? Es
iſt auch dieſe Beobachtung, und daß das Eiſen
ſelbſt durch den Magneten eine gleiche Kraft er-
hielte, ſchon ſehr alt, aber lange Zeit ganz un-
genutzt geblieben. Erſt im zwoͤlften Jahrhunderte
erfuhr man, daß der Magnet und das damit
bereitete Eiſen nicht allein ſelbſt ſeine Richtungs-
puncte haͤtte **), ſondern ſich auch nach einer ge-
wiſſen
[119] wiſſen Weltgegend zu kehren ſuchte, in dem man
etwa den Stein, oder eine daran geſtrichene
Nadel an einen Faden gehaͤnget, oder vermit-
telſt eines Stuͤckchen Gorks auf dem Waſſer
ſchwimmen laſſen. Vielleicht diente auch die-
ſes noch eine Zeitlang nur zu Kunſtſpielen. End-
lich hat es zu Anfange des 14ten Jahrhunderts
ein guter Kopf anzuwenden gewußt, und es iſt
daraus die ſo nuͤtzliche Erfindung der Seecom-
paſſe
entſprungen *), dadurch der Schiffer in
den Stand geſetzet, ſich von den Kuͤſten in die
freie See zu wagen, der Weg nach beyden In-
dien ausgeſpuͤret, und die Handlung von ganz
Europa anſehnlich ausgebreitet iſt. Durch den
Fleiß neuerer Zeiten iſt dieſes Werkzeug nach-
gerade vollkommener geworden. Beſonders
aber hat die nach vielen Verſuchen gemachte
Entdeckung des Hrn. Canton in England,
welcher im Jahr 1750. dem Stahle ohne Zu-
thun eines Magneten, die voͤllige magnetiſche
Kraft zu geben gelehret hat **), die Wiſſen-
ſchaft und den Nutzen dieſer Kraft ſehr erweitert.



[120]

§. 35.


So iſt es auch mit der Beobachtung der
Electricitaͤt gegangen. In ſehr alten Zeiten
hatte man ſchon bemerket, daß der Bernſtein
und einige andere Koͤrper, wenn ſie etwas ge-
rieben worden, Spreu und andere leichte Sa-
chen anzoͤgen und von ſich ſtieſſen *). Es
ward aber der Sache nicht ſonderlich nachge-
forſchet. Gegen das Ende des 16ten Jahr-
hunderts fing D. Wilh. Gilbert in England,
und zwar bey Gelegenheit ſeiner Unterſuchun-
gen vom Magneten an, mit verſchiedenen Koͤr-
pern eigentliche Verſuche deswegen zu machen.
Es ſchien wahrlich ein fruchtloſer Zeitvertreib
zu ſeyn, und reizete auch nur wenige, ſich damit
zu beſchaͤftigen. Otto de Guericke, der be-
ruͤhmte Buͤrgermeiſter in Magdeburg, erweiterte
in
[121] in der Mitte des vorigen Jahrhunderts dieſe
Verſuche, und bemerkte ſchon, daß auch Fun-
ken und Schall durch das Reiben ſolcher Koͤr-
per erreget wurden *). Noch einige Zeitlang
wurde nicht viel darauf geachtet, bis der ge-
ſchickte Hauksbee zu Anfange dieſes Jahrhun-
derts die electriſchen Wahrnehmungen recht in
Gang gebracht, da ſie dann hernach von vielen
Gelehrten mit Eifer getrieben ſind **). Nun
H 5beob-
[122] beobachtete man die Fortpflanzung der Electri-
citaͤt durch verſchiedene Koͤrper, die erregten
Funken und andere Eigenſchaften mit mehrerer
Aufmerkſamkeit, und Hr. Gray, der nebſt Hrn. du
Fay die Kentniß der Electricitaͤt ſehr befoͤrdert hat,
aͤuſſerte ſchon im Jahre 1735. die Vermuthung,
daß das electriſche Feuer mit der Materie des
Blitzes uͤbereinzukommen ſchiene *). So
blieb auch der beruͤhmte D. Franklin nicht
bloß bey der Erde, ſondern er erhob ſeine Ge-
danken, fuͤhrte uns auf die groſſe Electricitaͤt in
der Luft, erfand den Weg ſich ihrer zu verſi-
chern, machte die ſinnreichſten Verſuche und
Beobachtungen, verglich die erfundenen Wahr-
heiten, zeigte ihren Zuſammenhang, und zog
daraus die wichtigſten Folgerungen. Nun
blieb es alſo nicht bey dem bloſſen Vergnuͤgen
des Gelehrten, die von dem Schoͤpfer der Na-
tur eingepraͤgten Kraͤfte zu kennen: es ent-
ſprang auch ein betraͤchtlicher Einfluß in das
menſchliche Leben **). Nie wuͤrden wir deſſen
haben genieſſen koͤnnen, wenn nicht unermuͤdete
Naturforſcher bey ihrer Wißbegierde auch auf
die kleinſten Umſtaͤnde geachtet und ihnen eifrig
nachgeforſchet haͤtten.



[123]

§. 36.


Noch eine Hinderniß der Entdeckungen muͤſ-
ſen wir nicht vorbey gehen, welches hauptſaͤch-
lich bey Gelehrten Statt findet. Dies iſt die
Einbildung, daß man ſchon genug wiſſe, und
ohne weiter nachzuforſchen, alles zureichend ein-
ſehen und erklaͤren koͤnne. Dieſe Meynung hat
gewiß in den vorigen Jahrhunderten ſehr ſchaͤd-
liche Wuͤrkungen gehabt, und das Wachsthum
aller Wiſſenſchaften gehindert. Man ſtand in
den Gedanken, daß man bereits faſt alle Wuͤr-
kungen und Eraͤugnungen in der Natur verſtehe:
indeſſen begnuͤgte man ſich mit leeren Hirnge-
ſpinnſten, welche man Lehrgebaͤude nannte, und
als ausgemachte Wahrheiten anſahe. Der
Schuͤler ſprach ſie dem Lehrmeiſter nach, und war
eben ſo ſtolz auf ſeine groſſe Einſicht als jener, und
eben ſo unbemuͤhet, der Wahrheit weiter nachzu-
ſpuͤren. Zum rechten Gluͤcke fuͤr die Erweiterung
wahrer Kenntniſſe, kam der groſſe Franz Bacon,
und lehrete zu Anfange des vorigen Jahrhunderts
die ſichere Spur, daß man die Einbildungen ver-
laͤugnen, und die Wahrheit erſt durch wirkliche
Erfahrungen entdecken muͤſſe *). Seit der Zeit,
da dieſer Weg eingeſchlagen worden, haben wir
in Europa mit zuverlaͤßigen Schritten viel groͤſ-
ſern
[124] ſern Fortgang gemacht, als je in vorigen Zeiten
und in andern Laͤndern geſchehen iſt. Und da
man in England insbeſondere an dieſem Vorſatze,
alles durch Erfahrungen zu unterſuchen, Ge-
ſchmack gefunden hat, ſo ſind auch dortige geſchick-
te Koͤpfe ſeit dem vorigen Jahrhundert an nuͤtz-
lichen Entdeckungen beſonders fruchtbar geweſen.
Ich will abermals nur das Beyſpiel der electri-
ſchen Verſuche anfuͤhren. Herr Gralath*)
und der Herr Baron von Wolf ſelber **), geſte-
hen, daß die Deutſchen wohl vornemlich aus
der Urſache die electriſchen Verſuche, darinn ſie
doch ihrem Landsmanne Guericke am erſten
haͤtten folgen ſollen, verſaͤumet haͤtten, weil ſie
gemeinet, daß das Anziehen der geriebenen ele-
ctriſchen Koͤrper genugſam durch die erregte
Waͤrme und verduͤnnete Luft erklaͤret, uud alſo
hiebey nichts weiter nachzuforſchen waͤre †).
Die
[125] Die Englaͤnder hingegen waren eifrig bemuͤ-
het, der durch Newton auf die Bahn gebrach-
ten allgemeinen Anziehung nachzuſpuͤren, und
machten desfals viele neue Verſuche und Be-
merkungen. Irreten ſie nun gleich in der Art
ſich auszudruͤcken, und vielleicht auch in ihrer
Vorſtellung, da ſie glaubten, ein Koͤrper koͤnne
ohne Zwiſchenmittel auf einen entfernten wuͤrken;
ſo forſchten ſie doch einer verborgenen wahren
Kraft nach, die Urſache mochte nun ſtecken wo ſie
wollte, und es war beſſer ohne Vorurtheil Wahr-
heiten aufzuſpuͤren, als ſie, weil man ſich ſchon
mehr zu wiſſen einbildete, zu uͤberſehen *). Ver-
nuͤnf-
†)
[126] nuͤnftiges Nachdenken, und die Erforſchung der
Urſachen bleiben indeſſen allemal in ihrem
Wehrte: auch Hypotheſen, oder muthmaß-
lich angenommene Erklaͤrungen, haben groſſen
Nutzen. Sie koͤnnen uns theils zu Beobach-
tungen leiten, theils zu Vergleichung der Wahr-
nehmungen, theils zu neuen Verſuchen Anlaß
geben. Aber ſie muͤſſen nicht mehr gelten als
Muthmaſſungen, welche man unterſuchen und
auf die Probe ſtellen ſollte, ſo, wie ſie verſchie-
denen geſchickten Maͤnnern auch bey den electri-
ſchen Verſuchen gedienet haben. Alsdann
aber ſind Hypotheſen oder eingebildete Lehrge-
baͤude ſchaͤdlich geweſen, wenn ſie, wie oft ge-
ſchehen, vielmehr gehindert haben, das zu ſe-
hen
*)
[127] hen oder ſehen zu wollen, was man ſonſt haͤtte
wahrnehmen koͤnnen. Unſere Schluͤſſe ſind
ſehr mangelhaft, wenn ſie nicht durch Erfah-
rungen unterſtuͤtzet werden, und auſſer dieſer
betraͤgt alle menſchliche Wiſſenſchaft uͤberaus
wenig. Nie ſollten wir die Empfindung un-
ſerer Unwiſſenheit aus dem Sinne laſſen, wo-
ferne wir noch wuͤrklich in Wiſſenſchaften zu-
nehmen wollen. Wer weiß, wie viele verbor-
gene und nuͤtzliche Eigenſchaften und Kraͤfte in
der Natur und allerley Koͤrpern, noch kuͤnftig
durch Beobachtungen und Verſuche entdecket
werden, welche itzt vielleicht, da man ſie ſchon
haͤtte bemerken koͤnnen, unter dem verlachten
Namen der Sympathie und Antipathie ver-
worfen werden? Wuͤrden uns aber die ma-
gnetiſchen und electriſchen, wie auch verſchie-
dene chymiſche Wuͤrkungen nicht eben ſo un-
glaublich vorkommen, wenn wir nun zuerſt von
Unverſtaͤndigen die Nachricht davon erhielten?
Es iſt ein Irrthum, wenn man mit jenen Wor-
ten eine Wuͤrkung ohne Urſache andeuten, oder
auch das Anſehen haben will, mit einem un-
verſtaͤndlichen Namen die Urſache genug zu er-
klaͤren: allein, es iſt auch ein ſchaͤdlicher Irr-
thum, die Sache zu verwerfen, weil wir die
Urſache nicht begreifen koͤnnen. Erſt ſpaͤte wird
der menſchliche Verſtand ſo weit kommen, die
Verwandſchaft der Kraͤfte auszufinden, welche
wir fuͤrs erſte nach ihren verſchiedenen Wuͤr-
kungen als verſchieden aufſuchen muͤſſen.


[128]

Appendix A

Ich habe in gegenwaͤrtigem Aufſatze, die in den
Engliſchen und andern Abhandlungen mitgetheilten
Bemerkungen zu verſchiedenen Folgerungen und zu
Erlaͤuterung des Zuſammenhanges der Wahrhei-
ten anwenden koͤnnen. Was ich angefuͤhret, habe
ich mit Fleiß nachgeſehen: meine Geſchaͤfte aber
erlauben mir itzt nicht ein mehreres aufzuſuchen,
und man wird mir bey meiner oft unterbrochenen
Arbeit verzeihen, wenn ich ein und anderes anzu-
fuͤhren verſaͤumet habe, wie auch, daß mein Vor-
trag nicht ſo gut gerathen koͤnnen, als er ſollte. —
Ich muß aber andere gute Beobachter erſuchen, ihre
Wahrnehmungen unſerer Geſellſchaft zuzuſchicken,
um ſie gemeinnuͤtzig zu machen. Man wird die ein-
geſandten Aufſaͤtze mit vielem Danke annehmen, ſie
in einer beſonderen Verſammlung einiger Mitglie-
der erwaͤgen, und nach Befinden zur Ehre der Her-
ren Verfaſſer bekannt machen.


[figure]
Notes
*)
Vol. LIV, p. 198.
*)
Phil. Tranſ. Vol.LIV. p. 209. und p. 227.
*)
l. c. p. 211. ſq. p. 230. ſq.
*)
Es iſt dieſer Thurm bey uns beruͤhmt, weil
die Spitze, welche ſich bey den Pfeilern der
Laterne ganz ſchief gedrehet hatte, von dem
Hrn. Baumeiſter Sonnin wieder gerade ge-
richtet worden, davon die mit beſonderem
Vortheile dazu angewandte Hebezeuge kuͤnftig
bekannt gemacht werden ſollen.
*)
Die alte Thurmſpitze dieſer Kirche ward 1589.
des Nachts, zwiſchen dem 12ten und 13ten Ju-
lii durch einen Wetterſtrahl entzuͤndet und ab-
gebrannt. Es ward eine anſehnliche Spitze
darauf wieder erbauet. Da aber das Mauer-
werk durch die Feuersbrunſt ſehr beſchaͤdigt
und muͤrbe geworden, auch mit zu ſchwachem
Fundamente verſehen war, ſo konnte es die-
ſelbe nicht tragen, und man war, um Scha-
den und Umſturz zu verhuͤten, genoͤthiget, den
Thurm wieder abzunehmen. Dieſes wird in
der, bey noch waͤhrender Abtragung der Thurm-
ſpitze, 1644. den 9. Aug. gehaltenen Predigt
des Hrn. Paſt. Lehmann, welche in ſelbigem
Jahre zu Luͤneburg, bey Stern, in 4to ge-
druckt worden, erzehlet. Bey ſolcher Gelegen-
heit wird alſo der ſchadhafte Theil abgebrochen,
ein neues, vermuthlich wohlgerammtes Funda-
ment auf der weſtlichen, theils auch ſuͤdlichen
und nordlichen Seite angeleget, und das zu ſe-
hen ſeyende neue Stuͤck an obbenannten Seiten
aufgezogen und verankert ſeyn, deſſen ungeach-
tet, doch anſehnliche Borſten in Suͤden und
Norden ſich zeigen.
*)
Ueberdem waren die Balkenkoͤpfe bey dieſem
Stender mit Bley beſchlagen, dadurch der
Strahl angelocket und in das Haus geleitet
werden konnte.
**)
Man erzehlet, daß es auch in aͤlteren Zeiten
ſchon
*)
Dieſer wird von Dr. LawrencePhil. Tranſ.
Vol. LIV. p.
235. beſchrieben.
**)
ſchon geſchehen ſey. An der nordlichen Mauer,
wo vom letzteren Blitze eine Ritze gemacht war,
ſchienen auch aͤltere Spuren an den Mauer-
ſteinen ſich zu zeigen.
*)
Dabey muß ich erinnern, daß die wuͤrklichen
Beobachtungen aus glaubwuͤrdigen Schrift-
ſtellern getreulich anfuͤhren werde, ohne mich
indeſſen an die verſchiedenen Vorſtellungen und
Erklaͤrungen zu binden, wenn mich der Zuſam-
menhang der Erfahrungen, anders davon zu
denken, leitet, und ohne die Meinungen dieſer
Schriftſteller zu widerlegen.
**)
S. ſeine New Experiments and obſervations on
Electricity. 2. edit. Lond.
1754. 4. Der Auszug,
den Hr. Mylius in den Phyſikal. Beluſt. im
17ten St. p. 459. aus dieſem Werke giebet, und
die Franzoͤſiſche Ueberſetzung ſind hie und da
unrichtig ausgedruͤckt.
*)
Phil. Tranſ. Vol. XLIX. p. 307.
*)
Ich kann hiebey auch anfuͤhren, was ich 1760.
bey der von einem Blitze getroffenen Kirche zu
Altona beobachtet habe. Die Umſtaͤnde des er-
ſten Einbruchs in die Kirche, welche ich damals
verhindert ward zu betrachten, werde ich unten
(§. 13. not.*) erwaͤgen. Was mich aber beſon-
ders aufmerkſam machte, waren verſchiedene
Reihen von kleinen Loͤchern, welche hie und da
in gerader Linie, und gleichſam mit gemeſſenem
Abſtande, uͤberall an der Gipsdecke der Kirche
zu ſehen waren. Ich vermuthete bald, daß der
metallene Drath, deſſen ſich die Gipſer bedie-
nen, die Rethe, darauf der Gips haften ſoll,
zu befeſtigen, darunter ſtecken wuͤrde. Als ich
nun an einem Orte, wo ich hinzu kommen konn-
te, es zu ſehen und zu fuͤhlen, hinan ſtieg, fand ich
es auch in der That. Die Loͤcher waren da,
wo man die kleinen Naͤgel zur Befeſtigung des
Drathes eingeſchlagen hatte, und an einigen
Stellen, wo ein Stuͤck Drath an das andere
gefuͤget war, fanden ſich groͤſſere Flecke aus dem
Gipſe ausgeriſſen. Hier hatte alſo der Blitz
durch den Drath ſich uͤber die ganze Kirche
verbreitet, und bey jedem Nagel einen kleinen
Abſatz gemachet. Das Holzwerk, darauf die
Naͤgel geſchlagen, war unbeſchaͤdiget. Ich
fuͤrchte aber, da mancher Nagel durch den her-
anfahrenden Blitz abgeſchlagen ſeyn kann, und
man nur beſchaͤftiget war, die Loͤcher gleich wie-
der zuzuſchmieren, daß die Gipsdecke einmal
Gefahr laufen koͤnne abzufallen.
*)
S. oben §. 5.
*)
Der Michaelis Thurm ward 1750. den
10 Maͤrz nicht oben an der Spitze, ſondern
unten am Kupferdache vom Blitze in Brand
geſetzet. Bey andern Wetterſchlaͤgen, die
nicht gezuͤndet haben, laͤßt ſich der beſchaͤ-
digte Ort noch beſſer bemerken. Ich finde
aber bey keinem eine Spur, daß eine ſolche
Thurmſpitze verletzt waͤre. Verſchiedener Schlaͤ-
ge am Nicolai Thurm habe ich ſchon erwaͤhnet.
Der hieſige Dohms Thurm ward auch vor et-
wa 20. Jahren vom Blitze getroffen, und das
Eiſen von einer Fenſterklappe, welche ſich an
der Mauer befand, ausgeriſſen, ſonſt aber kein
merklicher Schaden verurſachet. Ein Paar
merkwuͤrdige Donnerſchlaͤge an unſerm Petri
Thurme, und den Zug des Blitzes bey der Kir-
che zu Altona werde ich unten (§. 13. not.*) noch
beſchreiben.
**)
Im Michaelis Thurme hatte es ſchon eine
Stunde lang gebrannt, ehe man die Flamme
gewahr wurde.
*)
S. Philoſ. Tranf. Vol. LII. P. 2. p. 507.
**)
Davon man die Beſchreibung, welche bey der
Predigt des Hrn. Paſt. Carſtens befindlich iſt,
im Hamb. Magazin IX. B. p. 301. eingeruͤckt
findet. Es zeiget ſich, daß der Strahl erſt
die Helmſtange, welche bey dem Knopfe ab-
gebrochen, und darauf die Naͤgel an den
Schindeln ergriffen habe, da ihrer eine Menge
herausgeriſſen worden. Die ausdehnende und
zerſprengende Wuͤrkung des Schlages mußte
dabey nach allen Seiten, wo am wenigſten Wi-
derſtand war, geſchehen Man ſiehet ferner,
daß der Blitz mitten am Thurme die Schindeln
verlaſſen und unterwaͤrts nicht weiter abge-
ſchlagen habe, weil daſelbſt die Stunden Glo-
cke hing, darauf er, als auf ein groͤſſeres Me-
tall hingelocket worden, und die eiſerne Kette,
welche von der Uhr zu dem Hammer der Glocke
ging, zerriſſen hatte.
*)
In eben der Nacht, als der Pulverthurm zu
Bremen vom Blitze entzuͤndet ward.
**)
Die Beſchreibung wird beym Poncelet, ſur la
Formation du Tonnere c. XI. p.
103. aus einer
oͤffentlichen Nachricht damaliger Zeit angefuͤh-
ret. Der Wetterhahn, darauf der Strahl ge-
fallen, ward dabey in verſchiedene Stuͤcke zer-
brochen.
*)
Hr. D. Watſon hat demnach auch bey Gele-
genheit des Londoner Gewitters eben derglei-
chen Vorſchlag gethan. (Phil. Tranſ. Vol. LIV p.
221.) Beſonders hat er eine ſolche Beſchuͤ-
tzung der praͤchtigen Pauls Kirche in London
angerathen Denn, wie er erinnert, ſo ſtehet
das metallene Kreuz daſelbſt oben auf der La-
terne der Kuppel mit ſeinem Fuſſe eingemauert,
und ruhet auf den ſteinernen Boͤgen. Es hat
alſo keinen Zuſammenhang mit dem bleyernen
Dache der Kuppel, ſo wie auch die hievon her-
untergehenden bleyernen Roͤhren das Waſſer
nur bis zu einer unter der Gallerie befindli-
chen langen ſteinernen Rinne fuͤhren, und von
dieſer hernach andere bleyerne Roͤhren bis zur
Erde herunter gehen. Daher wuͤrden die zwi-
ſchenliegenden Theile des Gebaͤudes in Gefahr
ſtehen, von einem Wetterſtrahle zerſchmettert
zu werden, wenn nicht etwa der Platzregen bey
dem Gewitter die Materie des Blitzes auſſen
herableitete.
*)
S. ſeine Exp. and Obſ. on Electricity p. 62. Ich
werde unten, bey der Erlaͤuterung dieſes Um-
ſtandes, zeigen, daß eine widrige Vorſtellung
von den Spitzen entſtanden ſey, weil man Hrn.
Franklins Bemerkungen zum theil ganz unrecht
verſtanden hat: daß man aber, aus wuͤrkli-
chen Erfahrungen bey Gewittern, dergleichen
von ihm vermuthete Verhuͤtung eines Schla-
ges, ſchon bey einigen oben mit metallenen
Spitzen verſehenen Gebaͤuden haͤtte beobachten
koͤnnen. S. §. 20. 22.
*)
Und wenn auch ein metallenes Dach auf einem
Hauſe waͤre, ſo muͤßten doch die Schorſteine
dadurch beſchuͤtzet werden. S. §. 19. —
Die Pulvermagazine aber erfodern beſondere
Vorſicht, weil hier auch der geringſte durch-
fahrende Funken, welcher bey andern Gebaͤu-
den keinen Schaden thaͤte, gefaͤhrlich ſeyn koͤnnte.
Hr. D. Watſon hat deswegen (l. c. Vol. LIV.
p.
205.) einige Vorſchlaͤge gethan, die aber,
weil er eine eigene Bauart verlanget, zu weit-
laͤuftig ſcheinen moͤchten. Ich wuͤrde folgen-
den Rath geben: Fuͤrs erſte waͤren keine me-
tallene Stangen, oder Knoͤpfe, oder metallenes
Dach, ohne Ableitung daran zu dulden, weil
der Blitz davon unterwaͤrts in das Gebaͤude
fahren muß, wie in Bremen 1739., und an
verſchiedenen andern Orten geſchehen iſt. Man
moͤchte auch lieber ſo viel moͤglich vermeiden,
irgendwo Metall im Gebaͤude anzubringen, we-
nigſtens da, wo es zugleich an der freyen Luft
laͤge. Das Dach koͤnnte mit glaſurten Ziegeln
bedeckt werden, welche die Feuchtigkeit und Ge-
wittermaterie nicht ſo leicht als andere anneh-
men. Dieſes wuͤrde indeß noch keine Sicher-
heit verſchaffen, (wie ich unten §. 24. zeigen
werde) wenn man nicht eine Ablockung des
Blitzes vom Gebaͤude dabey veranſtaltet. Es
muͤßte alſo meiner Meynung nach allerdings
eine zugeſpitzte metallene Stange oben daruͤber
aufgerichtet werden, nur ſo, daß die Gewit-
terma-
*)
termaterie, ohne das Gebaͤude zu beruͤhren,
davon in die Erde abflieſſen koͤnnte. Daher
moͤchte man wohl zu groͤſſerer Vorſicht das
Holz, darauf die Stange befeſtiget werden ſoll-
te, in Oehl kochen, weil ſolches die electriſche
Materie abhaͤlt, imgleichen die Ableitungen an
den Seiten herunter auf aͤhnliche Weiſe von
den Waͤnden entfernen. Der Abzug muͤßte
auch ſorgfaͤltiger, als bey andern Gebaͤuden
befoͤrdert werden, naͤmlich, theils durch genug-
ſames Metall an mehr als einer Seite, theils,
daß die Ableitung ſich nicht bloß in trockene Er-
de, ſondern entweder in Waſſer oder tief genug
in recht feuchte Erde endigte. Uebrigens iſt
die Weiſe, der man ſich hier itzt bedienet, die
Pulvermagazine ſelbſt nicht wie vorzeiten tief
in der Erde, ſondern in leichten Gebaͤuden uͤber
der Erde, und nicht fuͤr zu groſſen Vorrath auf
einem Platze, anzulegen, wegen allerley Zu-
faͤlle, dadurch das Pulver entzuͤndet werden
koͤnnte, ſehr zu billigen.
*)
Philoſ. Tranſ. Vol. LIII. p. 94. Dabey auch die
Abbildung der geſchmolzenen meßingnen Spitze
ſich befindet.
*)
S. Phil. Tranſ. Vol. LII. P. II. p. 633. Vol.
LIV. p.
204.
**)
S. Phil. Tranſ. Vol. LIV. p. 253.
*)
Es war vermuthlich eine gleiche Urſache, daß der
Blitz in dem Marktthurm zu Hannover ſowohl
1760. als 1761. nach der Uhr hinein gefahren;
(deſſen in den Hannoͤverſchen Beytraͤgen 1760.
N. 97. und 1761. N 47. erwaͤhnet wird) da
aber die Spitze mit Kupfer gedecket iſt, ſo war
ſie unverletzt geblieben. In der Daͤniſchen
Kirche in London, hatte der Blitz 1755. den
metallenen Drath und die Kette, welche von
dem Hammer der Glocke im Thurm zur Uhr
gingen, zerriſſen, und bey den zuſammengefuͤg-
ten Gliedern geſchmolzen, ohne weitern Scha-
den zu thun (Phil. Tranſ. Vol. XLIX. p. 298.).
Bey unſerm Petri Thurme habe ich, dieſer
Betrachtung wegen, neulich die Spuren eines
ſtarken Wetterſchlages aufgeſuchet, davon der-
ſelbe 1737, nachmittags bey ziemlich heiterer
Luft, und ohne vorhergegangenes Gewitter,
getroffen wurde An der hohen mit Kupfer
gedeckten Spitze, welche eine Pyramide vor-
ſtellet, ward keine Beſchaͤdigung gefunden. Von
der Thurmſpitze ſcheinet der Blitz meiſtens auſ-
ſen laͤngſt den haͤufigen an der Thurmmauer
liegenden Ankern auf das noͤrdliche kupferne
Kirchendach gefahren zu ſeyn, davon er durch
eine bleyerne Rinne gegen Nordoſten herunter
gekommen und die hoͤlzerne Roͤhre, darin ſie
geleitet, war, zerſchmettert hatte. An der ſuͤd-
lichen Seite der Kirche war aber damals das
Dach noch nicht mit Kupfer gedecket. Etwas
von dem Strahle war auch inwendig in den
Thurm
*)
Thurm hineingegangen und hatte einige wenige
Beſchaͤdigung hinterlaſſen. Dazu hat mir die
Uhr den Weg gezeiget. Die Thurmmauer en-
diget ſich naͤmlich an allen vier Seiten mit ei-
nem hohen gothiſchen Fronton, um welchen
das kupferne Dach der achteckigten Spitze ſich
zuſammenſchlieſſet. In der Mitte dieſer Fron-
tons (gegen Suͤden, Weſten und Norden) ſind
die Zeigerſcheiben: in dem obern Winkel des
ſuͤdlichen haͤnget auch unter einer ausgebauten
Bedeckung die Stundenglocke, und unter die-
ſem Fronton in einem freyen Gehaͤuſe das
kleine Glockenſpiel, welches von der Stunden-
uhr getrieben wird. Es konnte demnach die
Materie des Blitzes entweder von den Glocken,
durch die metallenen Draͤthe an den Haͤmmern,
oder von den Zeigerſcheiben, durch die Zeiger-
ſtangen, welche von der Uhr herkommen, in die
Uhrkammern fahren. In deren oͤbern fand
man zwar keine Beſchaͤdigung: es gehen aber
von da metallene Draͤthe zur zweyten, und es
war damals noch eine untere in dem Boden,
wo das groſſe Glockenſpiel iſt, von welcher die
metallenen Draͤthe zu den Halbſtundenglocken,
welche auſſen bey dem kleinen Glockenſpiel ban-
gen, geleitet waren. Nun fand man an dem
Boden der zweiten Uhrkammer ein Loch, ver-
muthlich bey einem Nagel in ein Brett geſchla-
gen, und auch daneben, nicht weit von den her-
untergehenden Draͤthen, ein Stuͤck Holz abge-
ſprenget. Von der untern konnte der Blitz auf
die
*)
die groſſen Laͤutglocken ſpringen und ſich dar-
inn vertheilen Ich finde, daß er an einem
Sparren auf einen Anker, welcher der naͤchſte
unter der groͤſten Glocke iſt, gefahren: denn da
an dieſem Sparren weiter unten ein Paar ei-
ſerne Baͤnder umher, und ſodann wieder ein
Anker, angeleget ſind; ſo war in dem Zwi-
ſchenraume dieſer Eiſen der Sparren durch den
Schlag abgeſplittert, und einer der eiſernen
Baͤnder vom Holze abgebogen worden. Daß
dieſes der Weg des Blitzes geweſen, wird da-
durch noch wahrſcheinlicher, weil 1705. den
30ſten Aug. als gleichfals ein Wetterſtrahl auf
den Thurm gefallen, derſelbe Sparren in eben
dem Zwiſchenraume der Eiſen, nur auf der an-
dern Seite, beſchaͤdiget worden. Damals aber
waren zugleich die eiſernen Draͤthe, welche von
dem erwaͤhnten frey haͤngenden kleinen Glo-
ckenſpiele zur Uhr gehen, zerriſſen und geſchmol-
zen worden — Ferner habe ich nun auch un-
terſucht, wie der Blitz 1760. in die Altonaer
Kirche gekommen, ohne daß auſſen einige Be-
ſchaͤdigung zu ſpuͤren geweſen. Die Spitze des
Thurms iſt mit Kupfer gedecket, und in einer
Laterne derſelben haͤnget die Stundenglocke.
Unten an dem kupfernen Dache, gleich uͤber
deſſen Frieß- und Stabgeſimſe, ſind die Zeiger-
ſcheiben. Hernach folgt die unmittelbar auf
der Mauer ruhende Kuppel des Thurms: dieſe
iſt mit Schindeln, und das Dach der Kirche
ſelbſt mit glaſurten Dachziegeln beleget. Hier
war
*)
war alſo keine Ableitung nach auſſen: von der
Glocke aber konnte die Gewittermaterie gleich
zur Uhr kommen, und ſich in alles daran ſtoſ-
ſende Metall vertheilen. An dem Eingange der
Zeigerſcheiben in den Thurm findet ſich keine
Spur, daß etwas verſenget ſey. Es gehet
aber von der Uhr im Thurm eine andere Stange
herab, welche den Zeiger an einer kleinen
Scheibe in der Kirche uͤber der Orgel regieret,
dahin ſie durch den vergipsten Boden und zwi-
ſchen die Orgelpfeiffen durchgefuͤhret iſt: im-
gleichen koͤmmt daſelbſt ein metallener Drath
herunter, welcher zu einer Glocke bey dieſer
Stundenſch[e]ibe gehet. Da, wo die Stange,
welche eines kleinen Fingers dick iſt, und der
duͤnne Drath in der Kirche hervorkommen, iſt
das Gipswerk umher ſchwarz. Von da konnte
alſo ein Theil der Gewittermaterie, wie oben
(§. 10. not. *) beſchrieben, ſich in den eiſer-
nen Drath unter der Gipsdecke vertheilen:
das uͤbrige fuhr in die metallene Orgelpfeiffen,
davon viele geſchmolzen und ſonſt beſchaͤdiget
worden. Auch war hie und da die Vergol-
dung an der Orgel angegriffen und die hoͤlzerne
Verkleidung theils ſchwarz geworden, theils
zerſchmettert. Von der Orgel konnte der Blitz
an den eiſernen Stangen, darauf ſowohl das
Orgelgeruͤſte als der darunter befindliche Bal-
con (in deſſen Vergipſung ſich ebenfals die Spu-
ren bey dem eiſernen Drathe fanden) ruhet,
herunter kommen. Bey der Roſtocker Jacobi-
kirche,
*)
kirche, welche neulich vom Blitze getroffen wor-
den muß der Zeiger an dem Zifferblatte in der
Kirche auf gleiche Weiſe, als in der Altonaer-
kirche, mit der Uhr im Thurme zuſammenhān-
gen; da aber hier die Zahlen ſchwarz auf
weiſſem Grunde gemahlt ſind, ſo muß jene
Scheibe vergoldete Zahlen haben. Laut einer
(im Hamb Correſpond. 1768. N. 58. eingeruͤck-
ten) Nachricht, ”iſt in dortigen Thurm das
Gewitter ſeit ſechs Jahren ſchon dreymal ge-
ſchlagen.” Es hat vorher nicht gezuͤndet: aber
jedesmal eine Zahl auf der Stundenſcheibe un-
ten in der Kirche, und zwar die, worauf eben
damals der Zeiger gewieſen, geſchwaͤrzet und
ausgeloͤſchet, das erſtemal naͤmlich die XI.,
das zweytemal die IX. und letztlich die XII.
Der Zeiger hat vermittelſt eines ſtarken eiſer-
nen Draths mit der Stundenglocke oben im
Schallthurm Communication.” Man urthei-
let daraus mit Recht, der Blitz habe von oben
herab bis zum Zeiger in der Kirche fortlaufen
koͤnnen. Es iſt aber ein Irthum, wenn man
eine beſondere Urſache in dem eiſernen Zeiger
ſuchet, weswegen der Blitz auf den Thurm ge-
fallen ſey, ”es muͤſſe der Zeiger (dem Ausdruck
nach) elektriſch ſeyn,” und meinet, ein meßin-
gener an ſeiner Stelle wuͤrde die Gewitterma-
terie weniger anlocken, ſo wie man bey unſerm
Petri Thurme ſich vorgeſtellet hatte, die Schuld
muͤſſe in dem Sparren ſtecken, der zweymal
vom Blitze getroffen worden, da vielmehr durch
eine
*)
eine Ableitung des Blitzes nach auſſen die An-
haͤufung an dem Metalle in dem Thurme zu
verhindern waͤre. — An den Zeigerſpindeln
ſelbſt, wenn ſie aus einer Stange beſtehen, wird
man zwar nicht leicht eine Beſchaͤdigung fin-
den, wenn gleich ein ziemlich ſtarker Blitz da-
durch geleitet worden. Indeſſen zeigten ſich
bey einem Thurme zu Southmolton in England
deutliche Spuren, daß der Blitz dieſen Weg
nach der Uhr genommen, (wiewohl in der Be-
ſchreibung, Phil Tranſ. Vol. XLVII. p. 330. er-
zehlt wird, als ob er von unten den Thurm
hinauf gegangen.). Die groſſe eiſerne Zeiger-
ſpindel, welche von der Uhr zur Zieferſcheibe
an der Suͤdſeite des Thurms ging, 50 Fuß lang
war, und aus verſchiedenen mittelſt viere[ck]igter
Huͤlſen ineinander geſchobenen Theilen beſtand,
war durch den Wetterſchlag aus einander ge-
riſſen und ſehr verbogen worden. Der Strahl
hatte auch an den Glocken und den daran be-
findlichen eiſernen Draͤthen verſchiedenen Scha-
den verurſachet.
*)
Es iſt dieſes ein Gedanke, darauf ich durch meinen
ſel Vater Hrn. Prof. Reimarus, bey Erwaͤh-
nung der obbemeldeten Faͤlle von Wetterſchlaͤ-
gen, gefuͤhret bin. Ich habe mich demnach um
Erfahrungen bemuͤhet, und die Beobachtungen,
welche ich bisher zuſammenleſen koͤnnen, ſchei-
nen zu bekraͤftigen, daß der Schlag zwiſchen
Süden und Weſten hergekommen und zwiſchen
Norden und Oſten hingefahren ſey
. So geſcha-
he es zu Southweald und im Brigittenthurme,
(Phil. Tranſ. Vol LIV. p. 212. 213) wie auch in
der Eſſex-Straſſe in London. (S. oben §. 3. 5. 9.)
Die Spuren eines Blitzes, welcher bey Lud-
gvan in Cornwall in einen Felſenhuͤgel geſchla-
gen, gehen auch groſſentheils von Suͤdweſten
und Weſten nach Oſten. Der Wind aber war
hie auch weſt- und weſtnordweſtlich (Phil. Tranſ.
Vol. XLVIII. P. I. p.
86.) In einem Hauſe zu
Norwich, welches alleine ſtand, ging der Weg
eines Wetterſtrahles nach Nordoſten, wie aus-
druͤcklich beſchrieben wird. (ib. Vol. LI. P. I.
p. 38 ſqq.
) und eben ſo in einigen Haͤuſern in
Southwark. (ib. p, 286. 291. ſq.) So iſt auch
der Blitz im koͤnigl. Schloſſe zu Upſal, im Jahr
1760.
*)
1760. von Suͤdweſten nach Nordoſten durch-
gefahren (Phil. Tranſ. Vol. LIII. p. 99.) Zu Ox-
ford
hatte ein Wetterſtrahl in allen Zimmern
des Gebaͤudes, wo er eingeſchlagen, eben den
Strich genommen, da doch der Wind nordoſt-
lich geweſen. (ib. Vol. LV. p. 273.) Bey unſe-
rer Nicolaikirche war der Blitz auch zwiſchen
Norden und Oſten ausgefahren. Ich habe da-
mals nicht bemerket, wo der Wind oder der
Zug der Gewitterwolke hergekommen. Aber,
wie oben (§. 8.) erwaͤhnet iſt, es waren ſchon
zu mehrernmalen die Wetterſchlaͤge bey dieſer
Kirche denſelben Strich herabgefahren. Den
Schlag beym Petri Thurme (§. 13. not. *) will
ich hier nicht einmal anfuͤhren. Bey verſchie-
denen Privatgebaͤuden entſinnet man ſich, eben
dergleichen Richtung eines Wetterſtrahls wahr-
genommen zu haben. Die electriſche Erſchuͤt-
terung ſcheinet auch nicht ſo beſchaffen zu ſeyn,
daß ſie ſich nach dem Winde, oder dem lang-
ſamen Zuge der Wolke richten koͤnnte. Ich
wuͤnſche demnach, daß man uns bey genauen
Beobachtungen von Wetterſchlaͤgen, ſowohl den
Windſtrich, als den Zug der Gewitterwolke,
und endlich, ſo viel moͤglich, den Strich des
Blitzes im Gebaͤude bemerken moͤge. Man ſie-
het leicht, daß einige Umſtaͤnde, z. E. Metall,
dadurch der Blitz geleitet wuͤrde, die Sache
veraͤndern koͤnnen: ferner, daß man nicht die
etwa in Suͤdweſten zerſchmetterten Dinge da-
gegen anfuͤhren muͤſſe, wenn der Blitz gleich
beym Einfahren daſelbſt zerſtreuetes Metall,
als die Naͤgel bey den Schindel- oder Schiefer-
daͤchern,
*)
daͤchern, angetroffen: noch auch den Weg, den
die nach auſſen abgeſprengten Stuͤcke geflogen,
wie ſolches nach allen Enden in der Richtung
geſchiehet, wo der wenigſte Widerſtand ange-
troffen wird. Wir muͤſſen auf ſolche Beyſpiele
ſehen, wo der Strahl, von dem obern Theile
des Gebaͤudes an, ſeinen Strich hie oder da
hin mit gleicher Anlockung oder Widerſtande
haͤtte nehmen koͤnnen. Faͤnde ſich die Muth-
maſſung meines Vaters gegruͤndet, ſo koͤnn-
ten vielleicht wichtige Folgen daraus gezogen
werden, und es waͤre eine noch unbemerkte
Aehnlichkeit der electriſchen Materie mit der ma-
gnetiſchen
, deren ſchon einige andere in der
Schrift: De ſimilitudine vis electricæ atque ma-
gneticæ. Petrop.
1758. 4. (welche im Hamb.
Magaz. XXII. B. p. 227. uͤberſetzt iſt) und in
dem Tentamine theoriæ Electricitatis \& Magnetiſ-
mi. Petrop.
1759. 4. von dem ſcharfſinnigen
Hrn. Aepinus angezeiget worden. Ich kann
nicht umhin, hiebey auch die Erfahrungen zu
erwaͤgen, da vom Blitze die Magnetnadeln um-
gekehret worden, ſo, daß der Suͤdpol ſich nach
Norden gewendet, davon wir verſchiedene Be-
obachtungen haben. (Phil. Tranſ. N. 127. p. 647.
N. 157. p. 520. N. 492. p.
111.) Ich glaube
zwar mit Aepinus, daß dieſes bloß von der Er-
ſchuͤtterung hergekommen ſey, und nichts ei-
gentlich magnetiſches in der electriſchen Mate-
rie anzeige: allein, ich ſehe hier nur auf die
Richtung der Erſchuͤtterung. Denn, wenn
man einen Stahl ſtreichet, ſo wird allemal das
Ende, da man anfaͤnget, zum Nordpol. Da
alſo
*)
Phil. Tranſ. Vol. LIV. p. 232.
*)
alſo bey den in ihrer Stellung ſich befindenden
Compaſſen, der Suͤdpol zum Nordpol gewor-
den, ſo ſcheinet dieſes anzuzeigen, daß der Blitz
von Suͤden nach Norden durchgefahren ſey.
Man vergleiche damit, daß Hr. Franklin es
durch die kuͤnſtliche Electricitaͤt ſchon einiger-
maſſen nachgemachet, indem er dadurch feinen
Naͤhnadeln eine Richtung nach den Polen ge-
geben, und die Richtung, welche ſie hatten,
umgekehret hat. Das letztere iſt ihm zwar
noch nicht gelungen, wenn die Nadel von Suͤ-
den nach Norden hin geſtellet war: allein wenn
ſie von Weſten nach Oſten lag, ſo ward das
Ende, wo der electriſche Schlag hinein gieng,
zum Nordpol, und er vermuthet, daß jenes nur
gefehlet, weil er den electriſchen Schlag nicht
ſtark genug machen koͤnnen. (S. ſeine Exp. and
Obſ. Lett. 5. p. 90. ſq.
) Wenn anderes Eiſen
vom Blitze magnetiſch gemacht iſt, (als davon
(Phil. Tranſ. N. 437 p 74. 75. N. 459. p. 614.)
ſo wuͤnſchte ich, daß man auch die Stellung
anmerkte, darin das Ende gelegen, welches zum
Nordpol geworden.
*)
Im Brigittenthurme wurden, ſo weit die Helm-
ſtange herunter reichte, die 5 obern von den
7 Schichten Quaderſteinen, ob ſie gleich eben
wie die untern mit eingeloͤtheten Eiſen zuſam-
mengefuͤgt waren, nicht beſchaͤdiget (Phil. Tranſ.
Vol LIV. p.
216).
**)
Was die Anker und Klammern betrifft, ſo waͤre
zu wuͤnſchen, daß man ſo bauen moͤchte, daß
ſie wenig in den Gebaͤuden gebrauchet wuͤrden.
Auſſer der Gefahr, welche ſie bey einem Gewit-
ter verurſachen, erwehnet Herr Watſon am
oben angefuͤhrten Orte Vol. LIV. p. 218. bey-
laͤufig noch einer andern. Es mußte naͤmlich
zu London vor einigen Jahren eine Thurm-
ſpitze von gehauenen Steinen bloß deswegen
abgenommen werden, weil die Anker, welche
zwiſchen den Steinen ſteckten und mit ihren
Enden an der freyen Luft lagen, ſo vom Roſte
geſchwollen waren, daß ſie die Schichten der
Steine aufgehoben, und dadurch die Spitze
aus dem ſenkrechten Stande gebracht hatte.
Man ſchlieſſe hieraus, wie ungereimt bey Mau-
ern, die im Waſſer liegen, Ankereiſen zur Fe-
ſtigkeit angebracht werden, davon ſich die ſchlech-
ten Wuͤrkungen genug aͤuſſern.
†)
Ich geſtehe zwar, daß der oben (§. 13.) ange-
fuͤhrte
*)
Der unſicherſte Auffenthalt auf unſern Thuͤrmen,
ſo wie ſie itzt beſchaffen ſind, iſt da, wo etwas
Metall, darauf der Blitz von auffen fallen kann,
nach innen hinein gehet, als bey der Uhr, den
Glocken und den Draͤthen, welche damit zu-
ſammenhaͤngen, und, wo der Thurm Abſaͤtze
hat, die mit Metall beſchlagenen Zwiſchenboͤ-
den: der ſicherſte aber der uͤbrige innere Raum
einer mit Metall gedeckten Spitze.
†)
fuͤhrte Fall vom Nicolai Thurme die Si-
cherheit der Verbindung des Daches mit den
metallenen Zeigerſcheiben, und alſo auch der
Ableitung mit anderm (wenigſtens nicht einge-
ſchloſſenen) Metalle am Gebaͤude, zu erweiſen
ſcheinet. Ich wuͤnſche aber, daß man die Um-
ſtaͤnde von der Lage des Zieferblattes der Uhr
und der Glocken noch bey mehrern Thuͤrmen,
die vom Blitze getroffen ſind, vergleichen moͤge,
ehe ich mich getraue, mit Gewisheit davon zu
urtheilen.
*)
Bey andern groſſen Gebaͤuden, daran keine
Spitze ausnehmend hervorrage[t] ſcheinet es
demnach beſonders rathſam zu ſeyn, an meh-
rern Ecken des Daches Stangen mit Ableitun-
gen aufzurichten. — Der Thurm zu Ludgvan
(davon oben §. 11.) hatte an vier Ecken kleine
Thuͤrmchen, auf deren einem das metallene
Kreutz vom Blitze getroffen, und, weil es auf
einem Steine ruhete, zerbrochen, dabey auch
das Thuͤrmchen zerſchmettert wurde, u. ſ. w.
Ein anderes von dieſen Thuͤrmchen hatte eine
groſſe eiſerne Stange und metallenen Wetter-
hahn auf der Spitze, welche doch nicht beruͤh-
ret worden.
*)
Bey der von Hrn. Sonnin neuerbauten Mi-
chaeliskirche iſt es ſehr gut eingerichtet, daß
von dem mit Kupfer belegten Kirchendache aus
der Rinne acht kupferne, unterwarts mit ei-
ſernen ſich endigende Roͤhren beynahe bis auf
die Erde herunter gehen; dabey nichts mehr
noͤthig waͤre, als ein Stuͤck Metall von dem
Ende jeder Roͤhre ſo tief in die Erde zu leiten,
bis man Waſſer antraͤfe.
**)
Aus eben der Urſache ſollte die obere Spitze
an der Gewitterſtange von Kupfer oder vergol-
detem Eiſen ſeyn.
*)
S. §. 10. wie auch das Beyſpiel des Hauſes
in Philadelphia, §. 12.
**)
Metallene Draͤthe, welche in ein Paar Haͤu-
ſern in Sonthwark, da ein Wetterſtrahl ein-
ſchlug, an den Glocken herunter gingen, wur-
den dadurch ſo erhitzet und ausgedehnet, daß
ſie geſchmolzen, und in kleine Stuͤcke und
Staͤubchen zerſprenget wurden, welche allent-
hal-
*)
Man hat dieſes auch bey einem elektriſchen Ver-
ſuche
**)
halben umher Loͤcher eingebrannt hatten, und
an einigen Orten, wo der Drath eingeſchloſ-
ſen geweſen, waren die umliegenden Theile ab-
geſprenget. (Phil. Tranſ. Vol. LI. p. 286. ſqq.) In
dem Marktthurme zu Hannover hatte der
Blitz die eiſerne Draͤthe, welche zu den Glocken
gingen, und laͤngſt welche er herab gefahren
war, auch nicht allein zerriſſen und zerſchmolzen;
ſondern es war auch der Boden, da, wo ſie
durchgeleitet waren, und anderes anſtoſſende
Holzwerk dabey angebrannt. (Hannoͤvriſche
Beytr. 1761. N. 47. p. 731.) Hr Kinnersley
hat es ſogar durch die electriſche Verſuche ſo
weit gebracht, wenn ein Drath, dadurch
er den Schlag gehen ließ, duͤnne genug
war, daß Schießpulver und Zunder davon ent-
zuͤndet wurden, da bey einem dickeren durch
eben dergleichen Schlag keine Erhitzung zu ſpuͤ-
ren war. (Phil. Tranſ. Vol. LIII. p 92) — Die-
jenigen brennbaren Theile ſind alſo in der groͤß-
ten Gefahr bey einem Blitze entzuͤndet zu wer-
den, welche an ein duͤnnes Metall anſtoſſen,
dadurch ſich die Gewittermaterie gleichſam
durchdraͤngen muß.
*)
Derjenige, welcher ſich in dem Hauſe zu Phila-
delphia (davon §. 12.) an die Mauer gelehnet
hatte, daran auſſen die Ableitung herunterging,
empfand doch eine ſtarke Erſchuͤtterung.
**)
S. oben §. 10. und Philoſ. Tranſ. Vol. LII. P. II.
p.
634.
*)
ſuche mit einem duͤnnen metallenen Drathe,
der zwiſchen zwey Stuͤcken Glas eingeſchloſſen
war, wenn der Schlag dadurch geleitet wurde,
erfahren. — Dennoch hatte der Blitz um die
Helmſtange am Brigittenthurme, welche 2 Zoll
im Gevierten dick war, nicht eher als unten
beym Ende der Stange die anliegenden Steine
weggeſchlagen. In der Altonaer Kirche, wo
der Strahl durch den duͤnnen eiſernen Drath
unter der ganzen Gipsdecke weggelaufen, war
nur an den Orten, wo die Naͤgel geſeſſen, oder
wo der Drath umgewickelt war, der Gips ab-
geſchlagen, dabey doch das Holz daruͤber un-
beſchaͤdigt. — Waͤre demnach von ſolchem Me-
talle, wo itzt noch einige Gewalt durch den
Blitz ausgeuͤbet worden, eine Ableitung
herunter bis ins Waſſer gegangen, darinn ſich die
Materie ſogleich haͤtte verlieren koͤnnen, ohne
ſich anderer anſtoſſenden Koͤrper wegen aufzu-
halten; ſo wuͤrde vermuthlich wenig oder
nichts zu ſpuͤren geweſen ſeyn. S. §. 23.
*)
Man kann es auch bey dem ſogenannten Lei-
denſchen Verſuche wahrnehmen, indem der
electriſche Schlag allezeit durch eine Kette,
Drath oder anderes Metall, gehet, wenn ſolche
gleich in beliebten Kruͤmmungen auf dem Bo-
den liegen, oder ſonſt andere Koͤrper beruͤhren.
Hr. Franklin zeigte es an den vergoldeten Li-
nien auf einem Buche, laͤngſt welche der kleine
Blitz hinfaͤhret, und nicht den geraden naͤchſten
Weg durch den Zwiſchenraum nimmt.
*)
Vielleicht war eben die Naͤſſe vom Regen uͤber
dem Pflaſter die Urſache, daß der Strahl bey
der erwaͤhnten Stange ſich ſo verbreitete.
*)
Ich will nur des beruͤhmten Herrn Abbe Nol-
lets
erwaͤhnen, der in ſeinen Lettres ſur. Electri-
cité
den Gedanken von der Beſchuͤtzung fuͤr Ge-
witterſchlaͤge ganz verwirft. Ja ſogar der in
electriſchen Verſuchen ſehr geuͤbte Hr. Wilſon
in England hat noch in den Phil. Tranſ. Vol. LIV.
p.
247. einen Aufſatz eingeruͤcket, darinn er ver-
ſchiedene wenig gegruͤndete Einwendungen ma-
chet, eine Furcht vor den aufgeſteckten ſpitzen
Stangen oben an den Gebaͤuden, daran Ablei-
tungen ſind, aͤuſſert, die metallene Ableitung
unter dem Dache innerhalb des Hauſes haben
will, u. ſ. f. darauf gegenwaͤrtiges zur Beant-
wortung dienen kann.
*)
Weil verſchiedene Perſonen, deren Geſchaͤfte
es nicht zugelaſſen haben, ſich in dieſer Art
Wiſſenſchaften umzuſehen, durch Erwaͤgung
und Ausuͤbung deſſen, was in dieſem Aufſaͤtze
vorgetragen worden, Nutzen ſchaffen koͤnnten;
ſo habe ich mich bemuͤhet, meine Ausdruͤcke
faßlich zu machen. Ich habe die gewoͤhnlichen
Worter, electriſch und nicht electriſch, weil ſie
ein Misverſtaͤndniß geben koͤnnten, vermieden,
und uͤberhaupt in der Abhandlung ſelbſt den
Zuſammenhang der Wahrheiten, ohne weitge-
ſuchte Erklaͤrungen, nur, ſoweit er aus wirk-
lichen Beobachtungen erhellet, darzuthun ge-
ſuchet. Auf die Theorie, oder die Erklaͤrung der
Art und Weiſe, wie die Erſcheinungen hervor-
gebracht werden, koͤmmt nicht ſo viel an. Ich
muß auch geſtehen, daß mir weder die Nollet-
ſche Meynung, als ob die erregte electriſche
Materie immer von einem Koͤrper ausflieſſe
und von dem andern entgegen flieſſe, noch die
Franklinſche, als ob ſie durch eine wuͤrk-
liche Anhäufung an dem einen, durch Mangel
oder Ausleerung an dem andern, und durch ei-
nen
*)
nen Uebergang von dem einen zum andern Koͤr-
per ſich wuͤrkſam bezeige, recht wahrſcheinlich
vorkomme. Indeſſen kann man die letztere
uͤberaus ſchoͤn faſt mit allen electriſchen Erſchei-
nungen reimen, wie beſonders Hr. Prof. Aepi-
nus
und P. Beccaria mit vieler Geſchicklichkeit
gezeiget, und jener ſogar die Wuͤrkung des Ma-
gneten nach, aͤhnlichen Begriffen, als Herr
Franklin, und die meiſten Gelehrten, von der
Electricitaͤt hegen, ausgeleget hat. Wir koͤn-
nen uns demnach fuͤrs erſte damit begnuͤgen,
und ich weiß noch nichts beſſeres vorzubringen:
ſonſt wollte ich lieber die Urſache der Erſchei-
nungen, blos bey der Erweckung einer gewiſ-
ſen, wiewohl mir noch dunkelen Bewegung und
Ausdehnung, in der Würkung und Gegenwür-
kung
einer an und in den Koͤrpern ſchon vor-
handenen
Materie ſuchen. Daß ſich ein zwie-
facher entgegengeſetzter Zuſtand der Electricität

aͤuſſert, iſt eine wichtige Entdeckung, welche
nunmehr durch ſo viel uͤbereinſtimmende Er-
fahrungen bewieſen worden, daß man von Vor-
urtheilen eingenommen ſeyn muß, um ſie zu
leugnen, indem ſich die Erſcheinungen gar nicht,
wie Hr. Nollet will, durch einen bloß ſtaͤrkern
oder geringern Grad der Electricitaͤt erklaͤren
laſſen Worinn aber dieſer Zuſtand eigentlich
beſtehe, moͤchte noch die Frage ſeyn. Er laͤſ-
ſet ſich am beſten mit der verſchiedenen Wuͤr-
kung am Nord- und Suͤdpole der Magneten
vergleichen: allein, ſollte dieſer Unterſchied
nicht von der verſchiedenen Beſchaffenheit der
Bewegung ſowohl bey der elektriſchen als ma-
gneti-
*)
gnetiſchen Materie herruͤhren koͤnnen, ohne daß
ſelbige in dem einen Falle als angehaͤuft und
ausfahrend, in dem andern mangelnd und ein-
fahrend zu betrachten waͤre, da doch die geſpuͤr-
ten Wuͤrkungen bey beyden in Anſehung ande-
rer Koͤrper aͤhnlich, obgleich gegen einander
entgegen geſetzt ſind? Um eine gleichmaͤßige
Wuͤrkung und Gegenwuͤrkung bey der poſitiven
und negativen Electricitaͤt zu zeigen, koͤnnte
man einige von Hrn Nollet wider Hrn. Frank-
lin
angefuͤhrte Verſuche betrachten, ohne des-
wegen die Erklaͤrung des erſtern anzunehmen.
Beſonders aber ſchicken ſich hieher verſchiedene
ſchoͤne Erfahrungen des Hrn. Rob. Symmer,
(Phil. Tranſ. Vol LI. p. 371.) daraus er zwey
verſchiedene Kraͤfte in der Electricitaͤt herlei-
ten will, die aber doch Hrn. Franklin und Pat.
Beccaria noch nicht haben auf andere Gedan-
ken bringen koͤnnen. Meines Theils wuͤrde
ich ſie als eine Abaͤnderung einer und derſelben
Kraft anſehen. Ich will aber hier die Gruͤnde
nicht weiter unterſuchen, und nur bey dem blei-
ben, was ich aus verſchiedenen Wahrnehmungen
von beſagter entgegengeſetzter Electricitaͤt meine
herleiten zu koͤnnen. 1) Wenn zwey ſogenannte
eigenthuͤmlich electriſche (oder Electricitaͤt zeu-
gende) Koͤrper an einander electriſiret werden,
als in den Verſuchen des Hrn. Aepinus, Ten-
tam. theor. electr.
§. 55-58.) und des Herrn
Symmer mit den ſeidenen Struͤmpfen, (Phil.
Tranſ. Vol. LI. p.
340.) ſo erhaͤlt der eine die po-
ſitive, der andere aber die negative Electrici-
taͤt. 2) Eben dieſes geſchiehet auch, wenn ein
eigen-
*)
eigenthuͤmlich elektriſcher und ein fortpflanzen-
der Koͤrper durch Reiben an einander electri-
ſirt werden. Welcher von den beyden Koͤr-
pern, die in dieſen Faͤllen (n. 1. 2) eine gegen-
ſeitige [Electricitaͤt] erhalten, poſitiv oder nega-
tiv electriſirt werde, hat der gelehrte Hr. P. Bec-
caria
(Phil. Tranſ. Vol. LVI. p. 109. ſq) durch ver-
ſchiedene Verſuche zu beſtimmen geſucht. Es
werden aber noch mehrere erfodert, und zuwei-
len wird die Electricitaͤt durch eine geringſchei-
nende Urſache umgewechſelt, als bey dem
Schwefel, welchen Hr. Aepinus (l. c. §. 59.)
in eine metallene Schuͤſſel gegoſſen und darinn
erkaͤlten laſſen, dadurch bald dieſe bald jener
poſitiv oder negativ electriſirt worden. Die
Ausdehnung und Zuſammenziehung bey dem
Schmelzen und Erkaͤlten, ſcheinet hiebey die
Wuͤrkung des Reibens hervorgebracht zu ha-
ben. 3) Wenn ein electriſirter fortpflanzender
Koͤrper auf einen andern dergleichen, durch ei-
nen zwiſchen beyden befindlichen eigenthuͤmlich
electriſchen, wuͤrket; ſo wird die Electricitaͤt
der beyden fortpflanzenden Koͤrper entgegenge-
ſetzt. Dieſe ſtellen, in ſolcher Verbindung mit
dem zwiſchenliegenden eigenthuͤmlich electri-
ſchen, die Bekleidung eines electriſchen Magne-
ten
vor. Daher 4) wenn man die Seite a von
der Bekleidung eines andern dergleichen electri-
ſchen Magneten an die Seite b von dem erſten
haͤlt, in dieſen ſich beruͤhrenden Seiten die
entgegengeſetzte Electricitaͤt (d. i. bey beyden in
a und a, b und b einerley Electricitaͤt) erwecket
wird, eben als wenn man einen Stahl zum
Magne-
*)
Hr. Prof. Winkler hat 1746. die electriſche
Wuͤrkung durch das fleiſſende Waſſer der Pleiſſe
fortgepflanzet; Hr. Franklin 1749. quer durch
den Fluß Skuilkil in Philadelphia. In Wien
hat Hr. Prof. Franz ſie durch eine Stangen-
kette von 5300. Fuß lang fahren laſſen.
*)
Magneten macht, dabey die Pole, welche ſich
beruͤhren, ungleichnahmig werden. Dies ge-
ſchiehet, wenn man nach Hrn. Franklins Ver-
ſuche (Exp. on Electr. Lett. III. §. 10. p. 22.) eine
Leidenſche Flaſche durch die andere zugleich ele-
ctriſirt. 5) Wenn aber ſonſt ein fortpflanzen-
der Koͤrper einen andern dergleichen, welcher
electriſirt (und nicht in ſolcher magnetiſchen
Verbindung, als n 3) iſt, beruͤhret, oder, wenn
ihm auch durch bloſſe Beruͤhrung (und nicht
durch Reiben, als in n. 2.) von einem eigenthuͤm-
lich electriſchen Koͤrper die Electricitaͤt mitge-
theilet wird; ſo erhaͤlt er dieſelbe mit dem
Koͤrper, davon er ſie empfaͤnget, und beyde
theilen nach Verhaͤltniß der Groͤſſe ihre Ele-
ctricitaͤt miteinander. Demnach erhaͤlt auch
die Seite der Leidenſchen Flaſche, welche von
der Maſchine electriſirt wird, durch die Beruͤh-
rung einerley Electricitaͤt mit der Maſchine.
Vielleicht laͤßt ſich dieſes auch auf die eigen-
thuͤmlich electriſchen Koͤrper erſtrecken, wenn
ſie, welches nur ſchwehrlich geſchiehet, durch
bloſſe Mittheilung electriſirt werden. Ich muß
aber noch die Erfahrung weiter zu Rathe zie-
hen. Man ſiehet leicht, daß wenn obige Saͤtze,
die ich fuͤr nuͤtzlich hielte zuſammen vorzuſtel-
len, ferner dadurch beſtaͤtiget, oder nach Be-
finden eingeſchraͤnket wuͤrden, ſich verſchiedene
Folgerungen daraus machen lieſſen. Die Be-
obachtung des P. Beccaria (Phil. Tranſ. Vol. LVI.
p. 116. ſq.
) da, wenn man eine glaͤſerne, und
hernach eine mit Siegellack uͤberzogene Kugel
an dem reibenden Kiſſen herumdrehen laͤſſet,
ohne
*)
ohne die Electricitaͤt unterwegs durch einen an-
dern Koͤrper aufzufangen, bey dem Abgehen und
Wiederkehren der Kugel am Kiſſen einerley Licht-
ſchein geſehen wird, zeiget mir nur, daß das Rei-
ben hin oder her einerley Wuͤrkung in Erweckung
dieſer oder jener Electricitaͤt habe. Er wun-
dert ſich aber daruͤber, weil nach der angenom-
menen Franklinſchen Meynung das Wieder-
kehren der Kugel, die Erſcheinung einer gegen-
ſeitigen Electricitaͤt aͤuſſern muͤßte, wenn naͤm-
lich die Materie an der einen Seite des Kiſſens
ausfuͤhre und an der andern einfuͤhre. Was
die Urſache der merkwuͤrdigen verſchiedenen Er-
ſcheinung des Lichts bey der poſitiven und ne-
gativen Electricitaͤt ſey, die Hr. P. Beccaria,
(l. c. p. 106.) und Hr. Wilſon (Phil. Tranſ. Vol.
LI. p. 311. Vol. LIII. p.
441.) beobachtet, laſſe
ich dahin geſtellet ſeyn. Es iſt auch noch viel-
leicht zu fruͤhe Erklaͤrungen zu wagen, und was
wollen uns alle unſere Hypotheſen bey der
wunderbaren Erſcheinung des Turmalins, oder
ſogenannten Aſchenziehers helfen, davon Hr.
Torbern Bergman (Phil. Tranſ. Vol. LVI. p. 239.)
entdecket hat, daß der eine Pol dieſes Steins,
den man einen natuͤrlichen electriſchen Magne-
ten nennen koͤnnte, durch die Ausdehnung po-
ſitiv, und durch die Zuſammenziehung negativ,
der andere aber durch die Ausdehnung negativ,
und durch die Zuſammenziehung [poſitiv] electri-
ſiret wird. Ich will alſo nur die Beobachter
der Natur zu fernern Verſuchen aufmuntern,
dabey wir ohne vorgefaßte Meynung das, was
die Erfahrung zeiget, von unſern zugeſetzten
Muth-
*)
Hr. Prof. Winkler hat 1746. die electriſche
Wuͤrkung durch das fleiſſende Waſſer der Pleiſſe
fortgepflanzet; Hr. Franklin 1749. quer durch
den Fluß Skuilkil in Philadelphia. In Wien
hat Hr. Prof. Franz ſie durch eine Stangen-
kette von 5300. Fuß lang fahren laſſen.
†)
Es iſt in der That eben die Materie, die ſich
in der Gewitterluft zeiget, welche wir durch
die electriſchen Verſuche in Bewegung ſetzen,
wie ſolches alle Erfahrungen beweiſen. Man
kann
*)
Muthmaſſungen wohl zu unterſcheiden haben.
Indeſſen glaube ich, mich der Ausdruͤcke vom
Durchfahren, Eindringen oder Anhäufen der
electriſchen Materie bedienen zu koͤnnen, ſo wie
man von dem Lichte und Schalle ſaget, daß ſie
von einem Koͤrper zum andern fahren, zumal
da es die leichteſten und gewoͤhnlichſten Vor-
ſtellungen von der Sache ſind. Die entgegen-
geſetzte Beſchaffenheit der Electricitaͤt, kann
auch wenigſtens im algebraiſchen Verſtande,
poſitiv und negativ, oder plus und minus ge-
nannt werden, obſchon beyde gleiche Wuͤrklich-
keit haben. — Man kann Hrn. Franklins
Wahrnehmungen und ſinnreiche Verſuche hoch-
ſchaͤtzen, ohne auf ſeine Muthmaſſungen zu ſe-
hen, deren er einige, als die Erklaͤrung, wie
die Gewitterwolken electriſirt wuͤrden, (Exp.
on Electr. Lett. IV.
) nachmals (ib. Lett. XII) ſelbſt
verworfen hat.
*)
So lange ſie naͤmlich ihre eigentliche metalli-
ſche Beſchaffenheit haben: denn, wenn ſie cal-
ciniret, oder als Roſt zerfreſſen ſind, ſo laſſen
ſie die Electricitaͤt nicht frey durchdringen.
(Phil. Tranſ. Vol. XLV. p. 107. Vol. LI. p. 84.).
**)
Herr D. Watſon meinet, das Waſſer nehme
dieſe Materie eben ſo leicht an, als die Me-
talle. Einige Bemerkungen laſſen mich doch
noch hieran zweifeln. Wenn z. E. der Blitz
nicht lieber naͤch dem Metalle fuͤhre, ſo haͤtte
er mit dem Regen aus der bleyernen Roͤhre,
bey unſerer Nicolaikirche, ganz herunter kom-
men koͤnnen, ohne davon ſeitwaͤrts ab, nach
der eiſernen Klammer, zu ſpringen.
***)
Naͤmlich, welche ſonſt dieſe Materie nicht
durchlaſſen. Herr Kinnersley hat bemerket,
daß auch Glas, wenn es durch kochendes Waſ-
ſer erhitzet iſt, die Electricitaͤt frey durchgehen
laͤſſet. (Phil. Tranſ. Vol. LIII. p. 85.) Hr. Wil-
ſon
hat es am geſchmolzenen Wachſe und Harze
beob-
†)
kann auch mit dieſen faſt alle Wuͤrkungen des
Blitzes im Kleinen hervorbringen, als die
Flamme, den Schlag, das Toͤdten der Thiere,
das Schmelzen und Zerſtaͤuben der Metalle,
das Zerſchlagen und Zuͤnden anderer Koͤrper.
Wiederum zeiget die Gewittermaterie eben der-
gleichen Erſcheinungen, als die electriſchen
Verſuche.
*)
Daß einer Flamme die Electricitaͤt mitgethei-
let, und dadurch in eine viel weitere Entfernung
als ſonſt geſchiehet fortgepflanzet werde, hat
ſchon der um die electriſchen Verſuche ſehr ver-
diente Hr. Prof. Winkler, in ſeinen 1744. her-
ausgegebenen Gedanken von der Electricitaͤt,
§. 43. und in den Eigenſchaften der electriſchen
Materie, §. 1. p 3. §. 14. p. 15. gezeiget. Eben
ſo wird auch durch Annaͤherung eines gluͤhen-
den Koͤrpers, und noch mehr einer Flamme,
die Materie von einem electriſirten Koͤrper in
ziemlicher Entfernung weggefuͤhret.
**)
Die electriſche Materie ſcheinet durch den
luftleeren Raum frey von einem Koͤrper zum
andern zu fahren. S. Hrn. Watſons Verſuche
Phil. Tranſ. Vol. XLVII. p.. 362. und Hrn. Wil-
ſons
ib. Vol. LI.. p. 309. Vielleicht iſt aber die
ſubtile Materie, welche ſich im luftleeren Raume
befindet, eben diejenige, welche die electriſchen
Erſcheinungen verurſachet, und ſo waͤre ſie mit
Recht Aether genannt.
***)
Ob das Durchfahren der electriſchen Materie,
durch die Koͤrper der Thiere, nur, wie in an-
dern
***)
beobachtet. Man muß aber bey dergleichen
Verſuchen das Durchſtreichen der electriſchen
Materie durch den luftleeren Raum, oder die
durch die Hitze an der Oberflaͤche verduͤnnte
Luft, davon Hr. CantonPhil. Tranſ. Vol. LII.
P. II. p.
457. einige Anmerkungen machet,) von
dem Durchfahren durch die erhitzten Koͤrper,
ſelbſt unterſcheiden.
*)
Man will auch den Nutzen dieſer Gewohnheit
im 51ſten Stuͤck des Hannoͤv. Magaz. von 1764.
aus einem Beyſpiele, da vier Perſonen, welche
bey dem Heerde geſtanden, als ein Wetter-
ſtrahl durch den Schorſtein herunter gefahren,
unbeſchaͤdigt geblieben ſind, beſtaͤtigen.
***)
andern Koͤrpern, wegen der enthaltenen waͤſ-
ſerigten Theile, oder noch aus anderer Urſache
geſchiehet, will ich nicht entſcheiden.
*)
Der Verfaſſer des 75ſten St. des Hannoͤv.
Magaz. von 1765. fuͤhret eine traurige Bege-
benheit an, um die Gefahr von einem Blitze
beym Feuerheerde zu beweiſen. Hier hing ein
meßingener Keſſel (vermuthlich an einem ei-
ſernen Hacken) uͤber dem Feuer, welcher von
dem Blitze durchloͤchert und aus ſeiner eiſernen
Handhabe herausgeriſſen worden In dieſem
Metalle konnte ſich alſo die Gewittermaterie
ſammlen, und davon auf das nahe ſtehende
Kind, welches vielleicht, weil es das Feuer un-
terhalten ſollte, noch dazu eine Zange in der
Hand hatte, hinſpringen, dabey daſſelbe ver-
ſenget, und auch eine zinnerne Schuhſchnalle
an dem einen Fuſſe geſchmolzen wurde. Ich
glaube naͤmlich nicht, daß der Blitz durch die
offene Hausthuͤre herein nach dem Feuerheerde
gefahren, ſondern vielmehr, daß er von oben
auf den Keffel gefallen ſey, und von da aus ſich
im Hauſe verbreitet habe. Dieſes ſcheinet auch
die am Vorderleibe des Kindes gefundene Be-
ſchaͤdigung, und daß es drey Schritte vom Feuer-
heerde weggeworfen worden, zu erweiſen.
Uebrigens mag man wohl von alten Zeiten her
nicht eben durch gute Erfahrungen und Schluͤſſe
bewogen worden ſeyn, ſich zum Feuer zu na-
hen, ſondern nur, weil man den Blitz zu ſehen
ſcheuete, deswegen auch Lichter angezuͤndet
werden.
**)
Es iſt eine falſche Vorſtellung, wenn man ſagt,
der
*)
Man kann bemerken, daß, wenn die Luft vor-
her ſehr trocken geweſen iſt, die gefaͤhrlichſten
Wetterſchlaͤge entſtehen, weil die Electricitaͤt
weder der Luft durch Feuchtigkeit benommen
worden, noch an dem Holz und Steinen der
Gebaͤude herabgeleitet werden konnte, ſondern
mit Gewalt durchbrechen mußte, wie Hr. Wat-
ſon
bey dem Schlage am Brigittenthurme
(Phil. Tranſ. Vol. LIV p. 219.) erinnert. — Wir
koͤnnen ferner auch die Folgerung machen:
wenn ein ploͤtzlicher Wetterſchlag unerwartet
in der Naͤhe geſchiehet, ſo iſt zu vermuthen,
daß
**)
der Blitz ſey zum Fenſter oder anderswo hin-
aus in die freye Luft gefahren
. Dies iſt wider
die Natur des Blitzes: denn, ſonſt wuͤrden die
Wetterſtrahle frey, wie im luftleeren Raume
geſchiehet, aus den Wolken auf die Erde her-
unter ſtroͤmen koͤnnen, und haͤtten nicht noͤthig,
erſt in die Gebaͤude oder andere Koͤrper hinein
zu dringen. Die Gewitterwolke muß aber in
der Naͤhe einen Koͤrper auf der Erde, oder
etwa eine andere Wolke, welche in einem andern
Zuſtande iſt, antreffen, wenn ein Blitz heraus-
fahren ſoll. Ein anders iſt, daß die durch die
Flamme des Blitzes ausgedehnte Luft in einem
Hauſe zu Fenſtern oder Thuͤren hinaus faͤhret.
Allein, was die Materie des Blitzes ſelbſt, oder
die ihr eigene Erſchuͤtterung betrift, ſo wuͤrde
man, da, wo es heiſſet, ſie ſey etwa hie zum
Fenſter hinaus, und dort wieder hineingefah-
ren, bey genauerer Unterſuchung andere Urſa-
chen ihres Zuges entdecken koͤnnen.
*)
Ich weiß, es haben einige behaupten wollen,
daß Blitze aus der Erde entſtünden, man ſehe
davon die Briefe des Marcheſe Maffei, Hamb.
Mag. II. B. p. 284. woſelbſt doch Hr. Prof.
Käſtner ſchon deſſen ſeichte Gruͤnde beſtritten hat.
Seitdem man erfahren, daß die Gewitter eine
Wuͤrkung der Luftelectricitaͤt ſind, wird ſolche
Meynung, wenn man die Sache recht betrach-
ten, und nicht die Entzuͤndung von Duͤnſten
durch eine Art von Gaͤhrung, oder alles was
brennet und leuchtet, mit der Electricitaͤt und
wahren Blitzen vermiſchen will, noch weniger
Statt finden. Bey einem electriſchen Schlage
wird naͤmlich erfodert, daß entweder der eine
Koͤr-
*)
daß er einen Thurm oder andere hervorra-
gende Spitze getroffen habe, davon uns die
Beyſpiele von unſerem Petri und Michaelis
Thurme, wie auch von dem Maſtbaume eines
Schiffes in hieſigem Hafen beyfallen. Wenn
aber ein rechtes Donnerwetter nachge-
rade herankoͤmmt, ſo koͤnnen viele oder auch
alle Schlaͤge, ohne die Koͤrper auf der Erde
zu beruͤhren, bey den Wolken, welche in ver-
ſchiedenem Zuſtande ſind, untereinander geſche-
hen, dadurch nur der Zuſtand ihrer Electrici-
taͤt ins Gleichgewicht geſetzet wird, und die
Duͤnſte, welche bey jeder Wolke vorher aus-
einander gehalten wurden, zuſammentreten,
und in Regen herunter fallen.
*)
Koͤrper electriſiret ſey, und der andere gar
nicht, oder weniger, oder auf entgegengeſetzte
Weiſe, welches letztere die groͤſte Wuͤrkung gie-
bet: ferner, daß, wenn dieſe Koͤrper einander
nahe kommen, ſich ein Mittel dazwiſchen be-
finde, welches die Electricitaͤt nicht frey durch-
laͤſſet. Dieſes bringen wir durch Kunſt zuwege;
die Natur brauchet dazu aber die Wolken, und
die Luft zwiſchen ihnen und den Koͤrpern auf
der Erde. Electricitaͤtskundige reden zwar
auch von aufwaͤrts fahrenden Blitzen: in der
That aber wird durch ihre Meynung unſer
Satz nicht umgeſtoſſen, weil ſie doch einen Ge-
genſtand in den Wolken verſtehen. Hr. Frank-
lin hatte
ſchon 1753. durch verſchiedene ge-
ſchickte Verſuche eine oftmalige Veraͤnderung
des Zuſtandes der Wolken, bey einem Gewit-
ter, bemerket. (S. ſeine Lett. 12. 13.) Herr
Kinnersley ſetzte bie Beobachtungen fort, und
Herr Watſon meldet eben daſſelbe; (Phil.
Tranſ. Vol. LIV. p.
207.) ja Herr Franklin mey-
net
gefunden zu haben, daß ſich am oͤfterſten
an den Wolken der Zuſtand der Electricitaͤt be-
faͤnde, welchen er negativ nennet. In dieſer
Hinſicht ſaget er, daß in ſolchem Falle die Ma-
terie des Blitzes von der Erde aufwaͤrts nach
den Wolken zu fahre. Er wuͤnſchet aber doch,
daß man noch deshalben die Wuͤrkungen der
Wetterſchlaͤge genauer unterſuchen moͤge. Auch
erinnert er ſelbſt (Lett. XII. p. 116. ſq.) daß in
den Folgen des Blitzes, wie auch in der Ab-
wendung deſſelben, kein Unterſchied daraus er-
wachſe, indem die Metalle und ſpitzen Stan-
gen
*)
gen eben ſo gut dienten, die Materie ſicher
und gemaͤhlig zu den Wolken hin, als von den
Wolken her zu fuͤhren, nachdem es das Ver-
haͤltniß und Gleichgewicht erforderte. Ich
habe deshalben in dieſer Abhandlung den ne-
gativen Zuſtand der Wolken nicht beſonders in
Betrachtung gezogen, um dem Leſer keine un-
noͤthige Schwierigkeit zu machen. Ohne nun
uͤber die Meynung zu ſtreiten, ob bey der ne-
gativen Electricitaͤt ein wuͤrklicher Mangel der
Materie vorhanden ſey, wird man mir folgendes
aus der bloſſen Erfahrung zugeben. Bey bey-
den Koͤrpern, durch deren Annaͤherung die Er-
ſcheinung eines electriſchen Schlages entſtehet,
finden ſich aͤhnliche Wuͤrkungen, Flamme
und Erſchuͤtterung zu beyden Seiten. Bey
Spitzen, wo die Electricitaͤt gemaͤhliger wuͤr-
ket, kann man es am beſten wahrnehmen: es
entſtehet naͤmlich in der Luft ein Schein dar-
an, ſo lange die Wuͤrkung und Gegenwuͤrkung
waͤhret, ſie moͤgen poſitive oder negative Ele-
ctricitaͤt erhalten oder mittheilen, ſie moͤgen
einem andern electriſirten Koͤrper gegenuͤberge-
halten werden, oder ſelbſt electriſirt ſeyn, nur
iſt der Schein ſtaͤrker, wenn die Spitze poſitiv,
oder der andere Koͤrper negativ electriſirt iſt:
in beyden Faͤllen aber wird die Spitze, wenn ſie be-
weglich iſt, gleich einer angezuͤndeten Rakete
ruͤckwaͤrts getrieben. (S. unten not. 66.) So
viel glaube ich demnach, ohne zugeſetzte Muth-
maſſung behaupten zu koͤnnen, daß bey einem
Koͤrper auf der Erde, der von einem wahren
Blitze getroffen worden, eine Wuͤrkung und
Gegen-
*)
Man hat ſich ehedem viele Muͤhe gegeben,
durch Verſuche zu erfahren, welche Koͤrper ei-
genthümlich
, wie man ſagte, die electriſche Kraft
haͤtten, daß ſie, wenn ſie gerieben werden, an-
dere Koͤrper anziehen, Funken geben u. ſ. f. und
welche hingegen nur durch Mittheilung oder
Fortpflanzung von jenen die Elektricitaͤt bekom-
men Ein leichterer Weg aber, dieſen Unter-
ſchied zu erfahren, iſt, wenn man bemerket,
welche Koͤrper, wenn ich mich ſo ausdruͤcken
mag, die Electricität zurück ſtoſſen, und welche
ſie durchfahren laſſen. Die erſtern ſind die ſo-
genannten eigenthuͤmlich electriſchen: in den
letztern wird die mitgetheilte Electricitaͤt, wenn
ſie mit jenen umgeben ſind, angehaͤufet, und
ſofern
*)
Gegenwuͤrkung der electriſchen Materie zwi-
ſchen einer Wolke und dieſem Koͤrper vorhan-
den geweſen, und daß daher der Anfang der
Erſchütterung
, worauf die Frage nur eigent-
lich ankommen ſollte, natuͤrlicher Weiſe in der
Hoͤhe, neben den Wolken über
, entſtanden ſey.
Wenn wir nun den Fortgang dieſer Erſchütte-
rung
mit Sicherheit nachſpuͤren wollen, ſo deucht
mich, koͤnnen uns noch einige Umſtaͤnde auf den
Weg weiſen. Es iſt naͤmlich zu beobachten,
wie die Gewalt nach und nach ſchwaͤcher gewor-
den, ſo, wie ſich die Gewittermaterie unter-
wegs zerſtreuen und verlieren konnte; jedoch
muß man dabey erwegen, ob auch das Metall
oben und unten im Gebaͤude in gleicher Maſſe
vorhanden geweſen, weil ſonſt der Blitz durch
einen Theil deſſelben ohne Schaden haͤtte durch-
gehen und den folgenden verletzen, oder die an-
fangs vertheilte Materie ſich hernach zuſam-
men ſammlen, und mit mehrerer Kraft haͤtte
wuͤrken koͤnnen. So meyne ich alſo, daß ſich
die an den Gebaͤuden, von oben gegen die
Erde zu ausgeübte Gewalt
zeigen laͤſſet, wie
z. E. bey dem Londonſchen Brigittenthurme die
unterwaͤrts abnehmende, ja mitten im Gebaͤude
aufhoͤrende Zerſtoͤrung, (S. §. 5) die Zerſtreu-
ung und Verfliegung der electriſchen Materie
zur Urſache zu haben ſcheinet. Daß an unſern
Thuͤrmen, die ein kupfernes Dach haben, keine
Beſchaͤdigung an der Spitze zu erwarten ſey,
hingegen bey andern, die nicht auf ſolche Weiſe
gedecket ſind, ſich allerdings oben am meiſten
zeige, habe ich ſchon erwaͤhnet. Auf die Er-
zaͤhlun-
*)
zaͤhlungen aber derer, welche den Blitz hie oder
dort her
fahrend wollen geſehen haben, iſt
nicht viel zu bauen: indeſſen kann man auch
bey einem wahren Blitze eine Flamme von un-
ten aufſteigen geſehen haben, welches meinen
Satz gar nicht widerleget, weil die electriſche
Flamme von beyden Koͤrpern, bey denen die
Wuͤrkung entſtehet, ausfahrend erſcheinet. —
Das Hin- und Herſchieſſen, oder der Zickzack
des Blitzes
in der Luft, iſt leicht zu begreiffen,
weil der Zug ſich nach den Koͤrpern richten
muß, die ihn anlocken und durchfahren laſſen.
Denn, eben ſo haben die Naturforſcher auf
verſchiedene Weiſe den kuͤnſtlichen Blitz durch
Metall, welches ſie in beliebigen Figuren ge-
ordnet hatten, vorgeſtellet. Die Wolken aber
ſind meiſtens in Streifen der Laͤnge nach uͤber
und neben einander ſchwebend [ausgeſtrecket].
*)
Ich drucke mich, wie geſagt, nach den gewoͤhn-
lichen Begriffen aus, als wenn die Materie
wuͤrklich von einem Koͤrper zum andern fuͤhre.
Wenn man aber annehmen will, daß ſich nur
eine
*)
ſofern ſie untereinander zuſammenhaͤngen, fort-
gepflanzet, indem durch jene nur ſchwehrlich
und langſam die Electricitaͤt ausgebreitet und
ihnen auch nicht mit einmal genommen wer-
den, durch dieſe aber ſich auf das ſchnellſte
verbreiten und auch auf einmal aus dem gan-
zen Koͤrper herausfahren kann. Vielleicht be-
ſitzen, auſſer dem Aether und den Metallen,
die meiſten andern Koͤrper, die man hieher
gerechnet hat, dieſe Eigenſchaft, die Ele-
ctricitaͤt frey durchfahren zu laſſen, nur we-
gen des enthaltenen Waſſers. Luft und
Oehle laſſen die Electricitaͤt nicht durch; ſie
ſind alſo fuͤr ſich electriſch, und ſtoſſen ſie zu-
ruͤck. Hier koͤnnte man durch Reiben keinen
Verſuch anſtellen: man hat aber ſchon gefun-
den, daß heißgetrocknetes Holz, wenn es in
Oehl gekocht iſt, gleich dem Schwefel zur Auf-
haltung, oder Zuruͤckſtoſſung der Electricitaͤt
dienen kann
*)
Dieſes iſt, meiner Meynung nach, ein offen-
barer Beweis, daß die electriſche Wuͤrkung
ſelbſt durch die Subſtanz der Metalle dringe,
und ſich nicht bloß an der Oberflaͤche aͤuſſere.
Der von Hrn. Prof. Winkler in der Schrift,
der Schrift, von den Eigenſchaften der electri-
ſchen Materie §. 24. p. 26 vorgeſchlagene Ver-
ſuch
*)
eine Bewegung in der bey allen Koͤrpern ſchon
vorhandenen Materie fortpflanze, und daß dieſe
Bewegung ſodann ihre uns unbekannte Ver-
aͤnderungen, Zuruͤckprallungen u. ſ. w. habe;
ſo laͤſſet ſich die Schwierigkeit heben, wie die
electriſche Materie, quer durch einen Koͤrper,
der ſie nicht durchlaſſen will, einen andern auf-
zuſpuͤren weiß, der ſie gerne annimmt, und die-
ſes zuweilen ohne den widerſtehenden Koͤrper
ganz zu durchbohren, wie man z[.] E. im Brigit-
tenthurme verſchiedene zwiſchenliegende Schich-
ten von Steinen fand, an deren oͤbern und un-
tern, wo Eiſen anlag, der Blitz die ſchmetternde
Kraft geaͤuſſert hatte, nicht aber an den mitt-
lern, wenn der Zwiſchenraum einige Fuß weit
geweſen, (S. Phil. Tranſ. Vol. LVI. p. 217. 218.)
und wie auch bey dem Leidenſchen electriſchen
Verſuche wahrgenommen werden kann.
*)
ſuch mit einer in einem zugeloͤtheten metallenen
Gefaͤſſe eingeſchloſſenen Maſchine, wuͤrde keine
Electricitaͤt zeigen, weil ſie in die Maſchine,
daraus ſie entſpringen muͤßte, wieder zuruͤck
ginge, und alſo die poſitive und negative Ele-
ctricitaͤt einander aufhoͤben.
*)
S. Phyſical. Beluſt. XVII. St. p. 467. ſqq.
Nollet Lettres ſur l Electricité, Lett. I.
**)
Welche er doch ſchon in den Opinions and Con-
jectures,
bey ſeinen Exp. and Obſſ. on Electricity,
p.
62. ganz deutlich beſchrieben hatte. — Die
teutſche Ueberſetzung der Franklinſchen Briefe,
welche zu Stockholm 1758. herausgekommen
iſt, und die Anmerkungen des Herrn Wilke
uͤber dieſes Werk, habe ich nicht geſehen.
†)
Der Abbe Mazeas, welcher der Londonſchen
Geſellſchaft die erſte Nachricht von den in
Frankreich angeſtellten Verſuchen mit den Stan-
gen gab, meinet, daß man daraus ſchlieſſen
koͤnne, daß eine eiſerne Stange, welche an er-
habenem Orte auf einen ſolchen Koͤrper geſetzet
waͤre, der die Electricitaͤt nicht durchlieſſe, (pla-
ced upon an electrical body
) alle Gewittermaterie
aus den Wolken ziehen werde. (Phil. Tranſ. Vol.
XLVII. p.
535). Dieſes verwehrte Abflieſſen
der electriſchen Materie war freylich noͤthig.
wenn man ſie an der Stange ſammlen wollte,
um ihre Gegenwart zu zeigen: (davon Herr
Frank-
*)
Als von dem ſonſt verdienten Herrn Abbe Nol-
let
, in ſeinen Lettres ſur l’Electricité, welchem
viele gefolget ſind.
**)
Die Entdeckung dieſer Eigenſchaft der Spi-
tzen gab ihm die eigentliche Veranlaſſung zu
dem Anſchlage, die Gewittermaterie aus der
Luft
†)
Franklinl. c. p. 63. handelt, es dienet aber kei-
nesweges, wenn man den Nutzen daraus zie-
hen will, den Herr Franklin verſprochen. Weil
ſolches von vielen nicht unterſchieden worden,
und man gemeinet hat, daß der Verſuch zum
Auffangen der Gewittermaterie, dieſelbe abzu-
leiten dienen ſollte, ſo iſt auch kein Wunder,
daß Herrn Prof. Richmanns traurige Erfah-
rung manchem eine ganz ungegruͤndete Furcht
erwecket hat, davon ich bald ein mehrers er-
wehnen werde.
*)
l. c. p. 60 ſqq. und Lett. 12. p 126.
**)
Aber auch dieſe ſchoͤnen Verſuche ſind von
Herrn Abbe Mazeas, der ſie zu fluͤchtig geleſen
hatte, da er meinet, die electriſirte Waagſchale
werde, gegen eine Spitze angezogen, und von
ſtumpfen Koͤrpern abgeſtoſſen, (Phil. Tranſ.
Vol.
**)
Luft aufzufangen und abzuleiten, wie aus der
bemeldeten Abhandlung p. 59. ſqq. zu ſehen iſt.
**)
Vol. XLVII. p. 552.) vielleicht auch von andern
ganz verkehrt verſtanden worden. Der Ver-
ſuch mit der Waagſchale erfordert zwar etwas
Genauigkeit, und iſt daher von Herrn Abbe
Nollet in Zweifel gezogen worden; der mit
den Flocken Baumwolle will auch einige beſon-
dere Umſtaͤnde haben. Daß indeſſen Herrn
Franklins Satz richtig ſey, laͤſſet ſich ſchon dar-
aus erachten, weil die Spitze ſelbſt, wenn ſie
beweglich iſt, zuruͤck geſtoſſen wird: denn, ſo
muß wiederum, wenn die Spitze feſt ſtehet,
und der electriſirte Koͤrper beweglich iſt, dieſer
zuruͤck getrieben werden. Man nehme z. E.
einen kleinen Stab, welcher auf einer Axe her-
um laufen kann. An deſſen beyden Enden be-
feſtige man in die Quere eine Spitze, ſo, daß
die eine rechts, die andere links hin ſtehet.
Wenn nun ein electriſirter Koͤrper, nahe an eine
der Spitzen koͤmmt, ſo wird ſie zuruͤck geſtoſſen,
eben ſo auch die andere, (wenn nur die Ele-
ctricitaͤt durch die Axe abflieſſen kann,) und ſo
koͤmmt der Stab, gleich einem Feuerrade mit
Raketen, in eine rund laufende Bewegung,
welche man nicht verkehrt zuwege bringen kann.
Herr Franklin thut alſo der Erklaͤrung dieſer
Zuruͤckſtoſſung nicht Genuͤge, wenn er ſie bloß
daher leitet, weil die Electricitaͤt ſchon in der
Ferne durch die Spitze weggenommen wird.
Hieraus wuͤrde nur folgen, daß die Anziehung
aufhoͤrete, nicht aber, daß die Koͤrper vonein-
ander getrieben wuͤrden. Herr Kinnersley, der
bey einer ſolchen Zuruͤſtung, mit umlaufenden
Spitzen die Axe derſelben electriſiret hat, (Phil.
Tranſ.
**)
Tranſ. Vol. LIII. p. 86.) iſt verlegen, dieſelbe Er-
ſcheinung bey der negativen Electricitaͤt, nach
Herrn Franklins Lehre, aus einem Einziehen
der electriſchen Materie zu erklaͤren. Es zei-
get aber, meiner Meynung nach, die Gegen-
wuͤrkung, und iſt nichts anders, als was auch
bey den Funken geſchiehet. Denn, ſobald ſel-
bige, wie gewoͤhnlich, ausbrechen, werden die
Koͤrper voneinander getrieben: ehe aber ein
ſchlagender Funken, wie bey ſtumpfen Koͤrpern,
entſtehet, muͤſſen die Oberflaͤchen naͤher zuſam-
men kommen. Hingegen iſt der Schein an den
Spitzen, welcher in groͤſſerer Entfernung ent-
ſtehet, ſchon eine Reihe ausgeſtreuter kleiner
Funken, und daher kann ſich dabey von weiten,
ohne Schlag, ſchon die zuruͤcktreibende Kraft
aͤuſſern. Verſchiedene von Herrn Nollets ei-
genen Verſuchen, z. E. unter denen, die ſeinen.
Lettres ſur l’Ectricité, P. II. angehaͤnget ſind,
n. 22. 24. 25. zeigen auch dieſe Gegenwuͤrkung
einer Spitze. Wenn man alſo einen Verſuch,
gleich dem Franklinſchen, gelingen ſehen will,
ſo muß man nur machen, daß die Spitze in
ziemlicher Entfernung den brauſenden Schein
von ſich werfe. Dieſes geſchiehet aber beſon-
ders, wenn der gegenuͤberſtehende Koͤrper ne-
gativ electriſirt iſt, welches nach Hrn. Franklins
Kinnersley
Beobachtungen, der gewoͤhnlichſte
Zuſtand der Gewitterwolken zu ſeyn pfleget.
*)
Dieſes iſt ein ſicherer Weg, ohne daß die Ge-
witterſtange in ein Haus hereingeleitet wird,
und ohne daß man ſich ihr zu naͤhern und ſelbſt
die Funken heraus zu locken brauchet, derglei-
chen Erſcheinungen wahrzunehmen. Will man
ja genauerer Verſuche halben, die aus der Luft
aufgefangene Gewittermaterie an dem Metalle
angehaͤufet haben, und deshalben den freyen
Ausgang derſelben verhindern, ſo kann man
ſich doch bey beliebiger Auslockung der Funken/
ſolcher Mittel bedienen, daß die Electricitaͤt
nicht auf den Beobachter zu, ſondern mittelſt
eines metallenen Drathes oder einer Kette zur
Erde gezogen werde. Man ſehe auch Hrn.
Hartmanns Anmerkungen, uͤber die noͤthige
Achtſamkeit, bey Erforſchung der Gewitterele-
ctrici-
*)
Dieſes ſetze ich hinzu, weil nicht ein jeder
Sturm die Electricitaͤt erreget. Herr Mazeas
ſchreibet, er habe nicht bemerken koͤnnen, daß
ein Sturmwind, wenn keine Gewitterwolken
dabey geweſen, die [Electricitaͤt] der Luft, welche
er an ſeinem dazu ausgeſetzten Metalle beobach-
tet hat, vermehret habe, der Strich des Win-
des von Oſten, Weſten, Suͤden oder Norden,
habe auch keinen merklichen Unterſchied verur-
ſachet. (Phil. Tranſ. Vol. XLVIII p. 379.). Es
leitet mich aber der Verſuch des Herrn Prof.
Winklers, (Eigenſch. der electr Materie, § 16.)
da er durch zuſammengepreßte Luft, welche er aus
einer kupfernen electriſirten Hohlkugel ausfahren
laſſen, die electriſche Wuͤrkung auf eine groͤſſere
Entfernung als ſie ſonſt gereichet, mit dem An-
fahren dieſer Luft fortgepflanzet hat, daß ich
glaube, ein Sturmwind koͤnne ſie auch aus der
Ferne herfuͤhren, wenn gleich die Wolke, dar-
aus ſie entſpringet, nicht zu ſehen iſt. So hat
auch Herr Wilſon (Phil. Tranſ. Vol. LIII. p. 463.)
die
*)
ctricitaͤt. Hannov. 1764. 4. wo eine ſichere
Zuruͤſtung zu Beobachtungen beſchrieben wird.
*)
Dergleichen Schwirren oder Summen ward
auch bey dem Lichtſcheine angemerket, der ſich
zu verſchiedenen malen an einigen eiſernen
Stangen auf dem Petersthurme zu Nordhau-
ſen, bey einem Donnerwetter, wie auch bey
einem Sturmwinde mit Schnee, Hagel und
Regen zeigte, wie Herr Prof. Käſtner, aus der
von Hrn. Paſt, Leſſer, erhaltenen Nachricht
(im Hamb. Magaz. VII. B. p. 420.) anfuͤhret,
und der Matroſe auf dem Schiffe des Ritters
Forbin, (aus deſſen Memoires P. I. p. 368. er die
Erzaͤhlung dabey p. 425. einruͤcket) ſagte, das St.
Elmesfeuer an der Flaggenſtange ziſche als ange-
feuchtet brennendes Schießpulver. Plinius (Hiſt.
nat L. II. c.
37.) erwaͤhnet ſchon des ſaͤuſelnden
Geraͤuſches bey ſolchen Lichtern: “navium par-
tibus, ceu vocali quodam ſono, inſiſtunt.„
— Dieſe
brauſende Lichtſcheine muͤſſen, nach electriſchen
Erfahrungen am größten ſeyn, wenn die Wol-
ken negativ electriſiret ſind.
*)
die Electricitaͤt durch gelindes Blaſen laͤngſt
einer Stange von Bernſtein fortgetrieben:
wiewohl Herr Richmann (Nov. Comm. Petrop.
T. IV. p
328) meldet, daß er ſie mittelſt des
Dunſtes, aus einer Aeolipila nicht merklich
habe wegfuͤhren koͤnnen.
*)
Hr. Delor hat davon der koͤnigl. Acad. der
Wiſſenſchaften Bericht ertheilet. S Hamb.
Magaz. IX B. p. 359. wo es Hr. Käſtner aus
der Uetrechter Franz Zeitung von 1752. anfuͤhret,
wie auch Hr. Mylius in den Phyſical. Beluſt.
XVII. St. p. 488.
*)
Dieſe Bemerkung hat Hr. Prof. Winkler, nach
dem Bericht eines ſeiner guten Freunde in der
Schulpforte, aus der Erzaͤhlung und Verſiche-
rung verſtaͤndiger Leute, in ſeiner Phyſic von
1754. §. 415. p. 463, angefuͤhret.
*)
Wenn man einem electriſchen Koͤrper eine me-
tallene Spitze entgegen haͤlt, darinn die Mate-
rie durch ſolche Koͤrper, welche ſie nicht durch-
laſſen, aufgehalten wird, und von deren an-
derm Ende ſie auch nicht durch Wegſpruͤtzen
fortgehet, ſo erhaͤlt die Spitze alſobald ſo viel
Electricitaͤt, als ſie faſſen kann, und leuchtet
nicht mehr. Die Naͤſſe aber machet, wie ge-
ſagt, eine Ableitung: daher leuchteten die ſpi-
tzen eiſernen Stangen des Hrn. Macfait (davon
in den Edinb. Phyſical. and litt. Eſſays, vol. I.
p.
89.) ſie mochten in glaͤſernen Roͤhren ſte-
cken oder nicht, weil der Regen daran herunter
liefe. Er konnte aber auch keine Funken aus
den Stangen mit dem Finger ziehen, weil ſich
keine Electricitaͤt darinn angehaͤufet hatte. So
wird auch bey den meiſten Erzaͤhlungen von
St. Elmesfeuern erwehnet, daß Regen, Schnee
oder Hagel dabey geweſen. Hr. Richmann hat
ſich demnach geirret, da er (Nov. Comm. Petrop.
p.
333.) vermuthet, das Kreuz auf dem Thurm
zu Plauzat muͤſſe auf ſolchen Koͤrpern ſtehen,
welche
*)
Wie bey einem engliſchen Schiffe geſchehen iſt,
davon in den Phil. Tranſ. N. 492. p. 111. und in
Hrn. FranklinsLett. 5 p. 90. erwaͤhnet wird,
[auf] deſſen Maſtbaumsſpitzen dergleichen groſſe
electriſche Flammen vor dem Wetterſchlage ge-
ſehen wurden. Auf der Spitze des Thurm-
knop-
*)
welche den Abfluß der elektriſchen Materie
verhindern: wie auch Hr. D. Watſon, wenn er
(Phil. Tranſ. Vol. LIV. p. 207.) meinet, das St.
Elmesfeuer wuͤrde ſelten, oder gar nicht mehr
auf Schiffen erſcheinen, wenn man von dem
Eiſen der Flaggenſtange eine Ableitung, durch
einen metallenen Drath, bis ins Waſſer mach-
te, denn, eben darum erſcheinet es ſchon itzt,
weil die Gewittermaterie ziemlichermaſſen durch
die Tauen u. ſ. w abgeleitet wird.
*)
S. PliniusHiſt. nat. L. II. c. 37. Die paarweiſe
erſchei-
*)
knopfes zu Wuſterhauſen an der Doſſe, (S.
Hannoͤv. Beytr. 1761. N. 49. p. 773.) ſahe man
einen ſolchen Schein eine halbe Stunde lang
nach einem heftigen daſelbſt entſtandenen Wet-
terſchlage leuchten. Da aber dieſer Schlag
keinen Schaden gethan, ſo vermuthe ich, daß
er eine und andere Ableitung auſſen an dem
Thurme gefunden hat. — Seneca ſagt auch
ſchon (in Quæſt. nat. L. I. c. 1.) daß zuweilen
auf bemeldetes Licht ein wuͤrklicher Schlag als
ein Blitz entſtehe. — Hr. Franklin hat bey
ſeinem Vorſchlage, den Blitz abzuwenden, auch
auf die Schiffe gedacht, (Exp. and Obſſ. p. 62.
und p. 90.) weil ſelbige, zumal in heiſſen Welt-
gegenden, ſehr der Gefahr vom Einſchlagen
ausgeſetzet ſind. Er will demnach, daß von den
eiſernen Spitzen der Maſtbaͤume laͤngſt der
Wand bis ins Waſſer, (nicht, wie Hr. Mylius
in ſeinem Auszuge Phyſ. Bel. XVII. St. p. 465.
und 468. es faͤlſchlich ausdruͤcket, bis in das
Tauwerk, oder in die Schiffſeile ein metallener
Drath gefuͤhret werde. Eben dieſes hat auch
nachmals Hr. D. Watſon in einem eigenen
Schreiben an den Lord Anſon (Phil. Tranſ.
Vol. LII p.
629.) angerathen.
*)
Ein ſehr glaubwuͤrdiger Kaufmann allhier hat
mir erzehlet, daß er auf der Elbe, ein paar
Meilen unterhalb Hamburg, bey einem Gewit-
ter mit ſtarkem Regen, dergleichen kleine Lich-
ter nicht allein auf dem Fahrzeuge, darauf er
geweſen ſondern auch auf ſeinem Hute, Klei-
der u. ſ. f. haͤufig geſehen: eben das haͤtte
auch ein Mann, der damals auf dem Lande
gefahren, an ſich, ſeinen Pferden und Wagen,
wahrgenommen. Des andern Morgens ſey
eine ſchwefelichte Materie auf dem Regenwaſ-
ſer,
*)
erſcheinenden nannten ſie Caſtor und Pollux, die
einzelnen aber Helena, daraus vermuthlich das
Wort St. Elmesfeuer, und noch weiter verdor-
ben St. Telmo und St. Herme entſtanden iſt.
Die Italiaͤner nennen es auch nach dem heil.
Petrus und Nicolaus: die Engellaͤnder aber
Comazants. — Bey dem Schiffe des Ritters
Forbin, deſſen oben (not. 69.) erwaͤhnet wor-
den, ging eine ſehr ſchwarze und drohende Ge-
witterwolke, da ſich mehr als 30 ſolcher Lichter
an verſchiedenen Ecken des Schiffes gezeiget,
auch mit einem ſtarken Regen ohne Schaden
voruͤber. — Sonſt hat man in alten Zeiten
auf den Spieſſen der Legionen im Felde, wie
an andern Spitzen, zuweilen ebenfals derglei-
chen Licht wahrgenommen, welches die Geſchicht-
ſchreiber als Wunderzeichen erzaͤhlen.
*)
Als der Blitz 1760. in das Schloß zu Upſal
eingeſchlagen hatte, fand man auch auf dem
Boden und einigem Geraͤthe eine Materie, als
Schwefelblumen, liegen, und ſpuͤrte einen Knob-
lauch- und Schwefelgeruch. (Phil. Tranſ. Vol.
LIII. p.
100.).
**)
Herr D. le Monnier in Frankreich hat ſchon
1752. bemerkt, daß ein metallener Koͤrper, wenn
er gleich nicht zugeſpitzet iſt, und wenn er auch
nicht aufrecht ſtehet, ſondern wagerecht gelegt
iſt, wie auch andere Dinge, z. E. Holz, ein
Menſch, der die Hand in die Hoͤhe hielte, u. ſ. f.
ſogar nur in geringer Entfernung von der Erde,
ſo viel electriſche Materie aus der Gewitter-
luft ſammleten, daß, wenn ſolche, durch Seide,
Glas, Harz u. d. gl. abzuflieſſen verwehret
wurde,
*)
ſer, welches ſich hie und da geſammlet haͤtte,
zu ſehen geweſen, und die Landleute haͤtten der-
gleichen Regen fruchtbar gehalten.
**)
wurde, die Funken und andere electriſche Er-
ſcheinungen daran erreget werden konnten.
(Mem. de l’Acad. des Scienc. 1752. p. 238. ſeq.
Phil. Tranſ. Vol. XLVII. p.
548. NolletsLettres
ſur l’Electricité. p.
12.). Allein Hr. Richmann hat
doch (Nov. Comm. Petrop. T. IV. p. 336.) durch
genaue Beobachtungen an ſeinem Electricitaͤts-
zeiger erfahren, daß eine Kette, daran eine
zugeſpitzte Stange befeſtiget war, mehr, oder
in groͤſſerer Entfernung von der Wolke, ele-
ctriſirt wurde, als eine andere gleiche Kette ohne
Spitze. Herr Nollet hat alſo nicht Urſache
(Lett. VII. ſur l’Electricité) die Erfindung mit
den ſpitzen Stangen geringe zu ſchaͤtzen, da er
doch ſelbſt die Eigenſchaft der Spitzen, bey den
kuͤnſtlichen electriſchen Verſuchen zugeſtehen
muß. Hr. Franklin hatte recht geurtheilet,
und verdiente nicht von dem Hrn. Abbe (Lettr.
VI.
) ſogar wegen ſeines Ausdrucks chicanirt
zu werden, da er es eine Kraft der Spitzen
(power of points) genannt hatte.
*)
Man kann auch einigermaſſen mit electriſchen
Maſchinen die Ueberhäufung der Electricitaͤt
an einem Koͤrper ſo weit treiben, daß ſie ſich
beſonders bey Ecken und Spitzen, in einem leuch-
tenden Dunſtkreiſe verbreitet, und bey der Dra-
chenſchnur konnten die rauhen Faſern derſel-
ben zur Zerſtreuung der Gewittermaterie die-
nen. Bey aller Anhaͤufung aber, wenn die
Electricitaͤt nur gemaͤhlig auf den Koͤrper ge-
bracht, oder davon abgezogen wird, iſt doch
keine Gewalt zu ſpuͤren. Wir ſehen alſo, daß
nur die ſchnelle Bewegung der electriſchen Ma-
terie, indem ſie durch einen Koͤrper durchfaͤh-
ret, oder von einem zum andern ſpringt, die
heftigen Wuͤrkungen hervor bringt.
**)
Die anziehende Kraft, welches die erſte Erſchei-
nung war, die man bey den electriſchen Ver-
ſuchen beobachtete, iſt naͤmlich gleicherweiſe bey
der
*)
Einige Beſchreibung von dieſem Verſuche fin-
det man (nach dem Gentlem. Magaz. 1756. Aug.)
in dem Bremiſchen Magaz. 2ten B p. 114.
noch ſtaͤrker aber ſcheinen die Wuͤrkungen ge-
weſen zu ſeyn, davon Herr Nollet in den Let-
tres ſur l’Electr. P. II. Lettr.
17 redet. — Alle
dieſe Materie ward bloß an dem duͤnnen me-
tallenen Drathe angehaͤufet, weil der mit Oehl
beſtrichene papierne Drache nicht viel auffan-
gen konnte. Herr Franklin hatte dergleichen
Verſuch ſchon zuvor gemacht, da er aber nur
eine naſſe hanfene Schnur gebrauchet, und uͤber
den Drachenrahmen ein ſeidenes Tuch geſpan-
net hatte, ſo war die Wuͤrkung nicht groß gewe-
ſen, wiewohl er eine eiſerne Spitze an des Drachen
Kopf befeſtiget hatte. Wollte man noch mehr
von der Gewittermaterie dabey auffangen, ſo
muͤßte
**)
der Gewitterelectricitaͤt zu ſpuͤren. Wenn eine
Gewittermaterie herankoͤmmt, ſo ſiehet man
auch oft auf dem Felde den Staub und leichte
Sachen, als in einem Wirbel aufſteigen. Der-
gleichen Staubſaͤule hat Herr Wilke beobach-
tet, (davon in Herrn Hartmanns Anmerk. von
der Gewitterelectricitaͤt p 24.) und ich glaube,
man kann ſie zu einem Vorboten einer nahen
Gefahr vom Wetterſchlage rechnen, weil ſie
ſchon einige Wuͤrkung des electriſchen Dunſt-
kreiſes der Wolke anzeiget.
*)
muͤßte man den Drachen mit Flitterblech,
oder wenigſtens mit Goldpapier uͤberziehen,
einen metallenen Drath um die Schnur gewi-
ckelt haben, und die Electricitaͤt unten an einem
andern Metalle, von groͤſſerem Umfange, ſamm-
len — Hr Kinnersley hat mit einem Dra-
chen, in deſſen Schnur ein duͤnner metallener
Drath geflochten war, [auch] bey [k]larem trocke-
nen Wetter
, ohne daß eine Wolke zu ſehen ge-
weſen, etwas poſitive Electricität erhalten.
(Phil. Tranſ. Vol. LIII. p. 88). Der Herr Ma-
zeas
hat alle Tage, von Sonnenaufgange an,
bis etwa eine halbe Stunde nach ihrem Unter-
gange, bey trockenem Wetter, ohne daß ein
Gewitter, in der Luft geweſen, einige wiewohl
ſchwache Zeichen der Electricitaͤt an ſeinem
ausgeſpannten eiſernen Drathe bemerket. (Phil.
Tranſ. Vol. XLVIII. P. I p. 378. ſq.
) Eben die-
ſes hat auch Hr. D. le Monnier, ſogar im Octo-
bermonate erfahren. Er haͤlt auch dafuͤr, daß
der Thau nur die Urſache geweſen, weswegen die
Electricitaͤt ohngefehr eine Stunde nach Son-
nenuntergang ſich nicht mehr gezeiget: denn,
wenn er verhuͤtete, daß die ſeidenen Schnuͤre,
daran ſein eiſerner Drath befeſtiget war, nicht
naß wurden und die Luft nicht gar zu feucht
war, ſo aͤuſſerte ſie ſich faſt beſtaͤndig Tag und
Nacht (Mem. de l’Acad. des Scienc 1752. p. 240.
ſeq
) — Der Schwefelgeruch, dabey einige
zugleich etwas Knoblauch aͤhnliches ſpuͤren
wollen, wird auch bey ſtarken Funken der kuͤnſt-
lichen Electricitaͤt wahrgenommen.
*)
1753. den 3. Aug. (S. Hamb. Correſp. 1753.
N. 141.) Ich kann nicht umhin, die Worte die-
ſes verewigten Mannes, und gleichſam den Ent-
ſchluß, damit er ſeinem glaͤnzenden Tode ent-
gegen
*)
gegen gegangen, anzufuͤhren. Man findet ſie
in ſeiner letzten Abhandlung, welche er kurz
vorher der Academie uͤbergeben, und darinn
den Electricitaͤtszeiger, damit er die Staͤrke der
Kraft ausmaß, beſchrieben hat (Nov. Comm.
Petrop. T. IV. p.
335.) Sie erfordern ein
Denkmal der Zaͤrtlichkeit. “Man koͤnnte
“(ſchreibt er) fragen, ob nicht Gefahr bey die-
“ſen Verſuchen zu befuͤrchten ſey, und ein ſchroͤck-
“licher Blitz durch ſolche Anſtalt unvorſichtiger
“Weiſe hergeleitet werden moͤchte? Wenn die-
“ſes waͤre, ſo muͤſte man davor Rath ſchaffen.
“Es werden aber zuvor verſchiedene Beobach-
“tungen und Erfahrungen erfodert, um zu wiſ-
“ſen, weswegen und unter welchen Umſtaͤnden
“der Blitz gefaͤhrlich werde Demnach muͤſſen
“die Naturforſcher dabey Herz und Unerſchro-
“ckenheit bezeigen. Es iſt meines Amtes,
“die Wuͤrkungen und Kraͤfte der Natur nach
“Vermoͤgen zu unterſuchen: ich gehe muthig
“voran, und verſaͤume keine Gelegenheit, meine
“Dienſte zur Beobachtung, und einigermaſſen
“zur Beſtimmung, der natuͤrlichen Electricitaͤt
“zu leiſten.„ — Es war alſo gar nicht Hrn.
Richmanns Abſicht, das Gewitter abzuleiten,
wie ſich manche eingebildet haben.
*)
Wollte man dann leugnen, daß Dach und Rin-
nen uns vor dem Regen ſchuͤtzen, weil einer,
der ſich unter dem Ausguß einer Rinne geſtel-
let, am aͤrgſten benetzet worden? — Bey
einer ſolchen Zuruͤſtung, als Hr. Richmann
und andere Naturforſcher gemacht haben, die
Gewittermaterie in einem Hauſe zu ſammlen,
wird freylich das Haus in dieſelbe Gefahr ge-
ſetzt, darinn, wie oben erwehnet, unſere Ge-
baͤude durch die Wetterfahnen u. d. gl Metall,
davon keine Ableitung iſt, [befindlich] ſind. Es
haben auch einige (als Hr. Hartmann, in den
Anmerkungen von der Gewitterelectricitaͤt) ge-
glaubet, daß es kein Blitz, ſondern bloß der
ſtarte Funken von der angehaͤuften Materie
aus dem Metalle, geweſen, dadurch Hr. Rich-
mann
getoͤdtet worden. Allein, in einer aus-
fuͤhrlichen Nachricht, welche (aus dem Deut-
ſchen uͤberſetzt) in den Phil. Tranſ. Vol. XLIX.
p.
61. eingeruͤckt iſt, wird ausdruͤcklich erweh-
net, daß, obgleich die Luft ſonſt heiter gewe-
ſen, doch eine kleine dicke Wolke niedrig in der
Luft daher fahrend, und daß dieſer Blitz mit ei-
nem uͤberaus heftigen Donnerſchlage daraus
entſtanden: von verſchiedenen Leuten beobach-
tet worden: daß auch ein wenig Regen dar-
auf erfolget, bald aber, da die Wolke voruͤber
gezo-
*)
gezogen, wieder Sonnenſchein geweſen ſey, daß
der Wind ſich kurz vorher und gleich nachher
gedrehet habe, und daß Leute auf der Gaſſe
durch eben dieſen Schlag erſchuͤttert, ja einige
umgeworfen worden. Verſchiedene andere
Umſtaͤnde ſcheinen auch die ploͤtzliche Gewalt
eines Blitzes anzuzeigen, zumal da der metal-
lene Drath dabey zerriſſen und geſchmolzen
worden, ſo, daß die eingebrannten Striemen
auf Hrn. Sokolows Kleide zu erkennen gewe-
ſen. Dergleichen wird man von bloſſer Aus-
lockung eines Funkens ohne Zuſchuß durchfah-
render Materie nicht aufweiſen koͤnnen. An
Hrn. de Romas duͤnnem Drathe war die Ge-
wittermaterie ſehr uͤberhaͤuft, dennoch, wenn
die ſtaͤrkſten Funken daraus gezogen wurden,
zerriß der Drath nicht, obwohl dieſer noch aus
der nahen Wolke einen ſchnellen Zuſchuß haͤtte
bekommen koͤnnen. Indeſſen koͤnnte die nach-
gerade aus der Luft bey dieſen Anſtalten, wie
an Hrn. de Romas Drachenſchnur, geſammlete
Materie auch ohne einen ploͤtzlichen Zuſchuß
von einem Blitze, ſchon zureichen, einen Men-
ſchen, der ſich dem donnervollen Metalle na-
hete, zu erſchlagen. So haͤtte es bey der Er-
fahrung mit der Gewitterſtange zu Potsdam,
(davon im Hamb. Magaz. XV. B. p. 602.) ge-
hen koͤnnen, wenn der Beobachter dabey gewe-
ſen, als durch einen daraus entſprungenen
Schlag die angenagelten Latten ausgeriſſen und
ein Loch in einen Dachziegel, welcher eine
Spanne
*)
Spanne weit von dem Metalle abgeſtanden,
geſchlagen worden. Auch an andern Orten hat
man bereits einige fuͤrchterliche Erſchuͤtterun-
gen bey ſolchen Verſuchen gefuͤhlet, und in Hrn.
Richmanns Hauſe ſcheinet das meiſte von dem
Blitze ſchon in das Thuͤrgeſimſe, unter welchem
der davon gluͤhend gewordene und zerriſſene
Drath von der oͤbern Stange herging, und in
die Pfoſten gefahren zu ſeyn, welche dadurch
zerſchmettert worden, ſo daß nicht einmal die
ganze Kraft durch ſeinen Koͤrper gegangen. Es
iſt aber gar nicht noͤthig, ſich dieſer Verſuche
wegen einer ſolchen Gefahr auszuſetzen. S.
oben §. 20. p. 78. not. *.
*)
Daß alles Metall, wenn es auch nicht zugeſpi-
tzet iſt, ja, bey einem heranfahrenden Schlage,
auch wenn es durch hindernde Koͤrper abge-
ſondert iſt, die Gewittermaterie anlocke, kann
man aus oben angefuͤhrten Geſchichten erſehen.
(S. auch von dem Auffangen aus der Gewitter-
luft §. 21. p. 87. n. **.) Es iſt alſo ein Miß-
verſtaͤndniß, wenn einige ſich noch bey dem Auf-
fangen der Gewittermaterie durch ſpitze Stan-
gen eine groͤſſere Gefahr vorſtellen. Vielmehr
wuͤrde eine ſtumpfe Stange, dergleichen Herr
Wilſon (Phil. Tranſ. Vol. LIV. p. 249) unter
dem Dache zu ſetzen angerathen hat, Gefahr
von einem ploͤtzlichen Blitze und Schlage er-
wecken. Die Vergleichung laͤßt ſich ſchon aus
den electriſchen Verſuchen erachten: ich kann
es aber noch mit einer Geſchichte, welche in
den Phil. Tranſ. Vol. XLIX. p. 309. angefuͤhret
wird, beſtaͤtigen. Der Blitz ſchlug in ein Haus
zu Darking in Surrey durch das Dach gerade
auf den Buͤgel einer Glocke, folgte ſodann dem
eiſernen Drathe, welcher zu beyden Seiten von
der Glocke in die Kammern geleitet war, und
ſchmelzte etwas davon, hernach brach er bey
einer Mauer in den Laden des Hauſes durch,
wo ſich viel Eiſenwaare befand, darinn er ſich
rings umher verbreitete und ſeine Spuren
nachließ. Es waͤre hingegen allerdings zu
wuͤnſchen, daß, nebſt der Veranſtaltung einer
gehoͤrigen aͤuſſern Ableitung, die oberen Stan-
gen und Kreuze auf unſern Thürmen mehr zu-
geſpitzet
wuͤrden, um, gleich dem Thurme zu
Plauzat,
*)
Eben ſo wird ſich an einem Koͤrper, den man
bey Verſuchen electriſiren will, nie ſo viel
electriſche Materie ſammlen, daß man Funken
herauslocken kann, wenn von [ſolchem] Koͤr-
per eine Kette oder metallener Drath bis auf
die Erde haͤnget, oder wenn man nur in eini-
ger Entfernung dem Koͤrper gegenuͤber, eine
metallene Spitze haͤlt, welche eine Ableitung
nach der Erde hat.
*)
Plauzat, (davon oben §. 20.) die Gewitter-
materie, wenigſtens groͤſtentheils, gemaͤhlig
ohne Gefahr aus den Wolken aufzufangen.
*)
Hr. Franklin erinnert ſelbſt (Phil Tranſ. Vol.
XLIX. p
306.) daß man ihm Unrecht thue, wenn
einige vorgegeben, er haͤtte eine gaͤnzliche Ver-
huͤtung aller Donnerſchlaͤge durch aufgerichtete
Spitzen verſprochen, indem er nur gemeinet,
daß eine Zuruͤſtung, wie er ſie angerathen, ent-
weder
den Schlag durch das gemaͤhlige Auf-
fangen der Spitze verhindern, oder, wenn ja
ein Schlag entſtuͤnde, ihn durch die Ableitung
ohne Schaden des Gebaͤudes oder Schiffes, in
die Erde, oder ins Waſſer fuͤhren wuͤrde. (S.
auch ſeine Lett. V. p. 90 und Lett. XII. p. 117.)
Die electriſchen Verſuche zeigen naͤmlich, daß
wenn man eine Spitze einem electriſirten Koͤr-
per langſam von ferne naͤhert, ſelbige ohne
Schlag alle Electricitaͤt wegnimmt: naͤhert.
man ſie aber mit einmal, ſo koͤmmt, wenn die
Ele-
*)
Phil. Tranſ. Vol. LIV. p. 251. da er naͤmlich
Schwierigkeiten wegen der Sicherheit der me-
tallenen Ableitungen machen will. Auch Herr
Delaval ſcheinet (l. c. p. 233.) zu zweifeln, daß
duͤnne Stangen oder Drathe bey einer Ablei-
*)
Electricitaͤt ſtark iſt, auch ein Schlag, wiewohl
nicht ſo heftig, als auf einen ſtumpfen Koͤrper.
*)
S. z. E. Phil. Tranſ. Vol LII. P. II. p. 509. und
p. 514. da die Thuͤrme von Steinen gemauert
waren, und die oben erwehnten Beyſpiele von
Thuͤrmen, die mit Schindeln oder Schiefern
gedeckt waren. §. 11. p. 24. not. ** und p. 25.
not.
**.
**)
Ein anderes iſt alſo, daß Menſchen, die ſich
an einem Orte aufhalten, wo der Blitz hinfaͤh-
ret, wenn ſich Metall an ihrem Leibe, oder
nahe bey ihnen befindet, allerdings leich-
ter Schaden nehmen koͤnnen, als wenn ſie nichts
dergleichen an ſich haben, dadurch er angelo-
cket wird, und daran er ſich ſammlen kann.
*)
tung den Blitz zuverlaͤßig aushalten moͤchten,
da doch die verſchiedenen hier angefuͤhrten Um-
ſtaͤnde zu erwegen ſind. Indeſſen laͤugne ich
nicht, daß ſolche Spitzen, als die auf dem Hauſe
zu Philadelphia, davon oben §. 12., gar zu
duͤnne geweſen ſind.
*)
In einer zu Paris 1766. in 8vo, gedruckten
[Abhandlung]: La nature dans la formation du
Tonnere, \& la re production des Etres vivans,
beti-
telt, p. 125. Des uͤbrigen Inhalts dieſer aus-
gedehnten Schrift zu erwehnen, ja ſie nur ganz
durchzuleſen, hielte ich nicht fuͤr noͤthig, da ich
faſt allenthalben verworrene, uͤbel verſtandene,
ungegruͤndete und erdichtete Saͤtze darinn an-
traf. Mich wundert nur, daß ſie noch einiges
Aufſehen hat machen koͤnnen.
*)
Wolte man ſich beyder Mittel zugleich be-
dienen, ſo koͤnnten ſie die Sicherheit vermeh-
ren, und moͤchten bey beſonderer Gefahr, wie
oben § 12. p. 29. n. * von den Pulvermagazi-
nen erinnert worden, anzurathen ſeyn.
**)
Daß auch Holz und andere Koͤrper, die Ge-
wittermaterie auffangen, iſt oben §. 21. p. 87.
n.
** erwehnet.
*)
Wenn ein Glas, oder Schwefelkuchen, damit
man das Durchfahren der electriſchen Materie
bey den Verſuchen hindern will, einen kleinen
Riß bekommen hat; ſo laſſen ſie ſolche durch-
hinſtreichen.
**)
Auch mit gewaͤrmten gehauenen Steinen
laͤßt ſich dieſer Verſuch machen, wie Herr De-
laval
berichtet. (Phil. Tranſ. Vol. LI. p. 87.). Es
iſt vermuthlich eine Eigenſchaft aller Koͤrper,
welche die Electricitaͤt nicht leicht durchlaſſen,
da Herr Aepinus es ſogar mit einem Zwi-
ſchenraume von Luft, zwiſchen zwey groſſen
mit
*)
Demnach ſcheinet mir z. E. unſere oͤffentliche
Bibliotheck beſonders in Gefahr zu ſeyn, als
welche auſſen mit glaſurten Dachziegeln gede-
cket iſt, inwendig aber ein Hangewerk von ei-
ſernen Stangen hat, die durch den [oͤber]n Saal
durchgehen, um die Balken des [unter]n zu tra-
gen. Damit dieſe nicht einmal einen Blitz an-
locken durchzuſchlagen, waͤre hier eine Stange
oben auf dem Dache nebſt einer auſſeren Ab-
leitung bis zu den bleyernen Rinnen, und von
da in den Canal, ſehr anzurathen. Man ver-
gleiche die Geſchichte des Hauſes §. 23.
p. 97. n. *.
**)
mit Metal bedeckten Tafeln zu Stande gebracht
hat. (Tentam. Theor. Electr. §. 75. p. 82.)
*)
Der Trichter brauchet nicht groß zu ſeyn, da-
durch man eine Menge Waſſers abzapfet: wel-
ches doch nur eine ſehr ſchwache Vergleichung
mit dem ſchnellen Durchfahren und Vertheilen
der electriſchen Materie machet.
*)
Vergleiche oben §. 19. p. 64. n. *. und §. 20.
p. 86 87. Hr. D. le Monnier hat, bey den er-
ſten Verſuchen, die Electricitaͤt aus der Luft an
Metallen aufzufangen, ſchon bemerket, daß
ſolche am ſtaͤrkſten daran verſpuͤret worden,
wenn aus den Wolken Regen in groſſen Tro-
pfen heruntergefallen, (ohne daß die Luft durch
die Duͤnſte feucht geworden und einen Abzug
gemachet, wenn gleich kein Donner oder Blitz
dabey geſpuͤret worden, wie er nach wiederhol-
ten Erfahrungen ausdruͤcklich bezeuget, Mem.
de l’Acad. des Sciences 1752. p. 236. ſq.
Daß
gemeiniglich der Regen, beſonders wenn die
Tropfen groß ſind, und Hagel im Sommer viel-
leicht jederzeit, die Electricitaͤt herunter brin-
ge, und daß ſeine Gewitterſtange den 12. Nov.
1753.
*)
1753. durch einen feinen Schnee electriſiret
worden, erwehnet auch Hr. Canton (Phil.
Tranſ. Vol. XLVIII P. I. p.
357.) Hr. de Romas
fand gleichfals die Wuͤrkungen an ſeiner Dra-
chenſchnur viel heftiger, da etwas Regen fiel:
Hr. Watſon bemerkt eben daſſelbe (Phil Tranſ.
Vol. LIV. p
219. Anderer Zeugniſſe zu ge-
ſchweigen. Mr. l’Abbé Poncelet, der ſich ſo
vieler Verſuche an einer Gewitterſtange ruͤh-
met, hat alſo das, was er etwa nachſchreiben
wollen, unrecht verſtanden, wenn er (l. c. C. VIII.
p
78.) ſagt; “Dès que le tonnero s’eſt fait en-
tend[r]e, il n’y a plus rien à faire à la barre, (parce-
que les nuages ſe dechargent) \& encore moins,
quand il commence à pleuvoir: les circonſtances
les plus favorables ſont un air ſerein \&c.„
Er
hatte etwan ſagen gehoͤret, daß waͤhrend eines
Gewitters gemeiniglich nach jedem Schlage die
Wuͤrkung der Luftelectricitaͤt, einige Secunden
lang, weniger an dem Metalle zu ſpuͤren ſey
oder aufhoͤre. Dieſes hat ſeinen guten Grund;
aber nicht, daß ſie aufhoͤret “ſo bald es anfaͤngt
zu donnern,„ indem ſie vielmehr bey heran-
nahender Gewitterwolke, bis wenn ſolche uͤber
uns ſtehet, immer ſtaͤrker ſich zeiget. (S. Phyſ.
Beluſt. XVII. St. p. 481. 484.). So iſt es
auch wahr, daß zuweilen, aber nicht allezeit,
bey
*)
bey einem ſtarken Gewitterregen die Electrici-
taͤt an den Stangen nachgelaſſen, wenn es
gleich noch ſtark geblitzet und gedonnert hat.
Es ſchien auch dieſes, nicht von dem Abzuge
der Electricitaͤt von dem Metalle durch die
Naͤſſe, herzuruͤhren, weil es bemerket wurde,
obgleich der Harzkuchen, dadurch die electriſche
Materie an dem Metalle aufgehalten ward,
fuͤr Naͤſſe bewahret war, und weil die Electri-
citaͤt bey nachlaſſendem Regen, wieder ſtaͤrker
geſpuͤret ward, obgleich die uͤbrige Zuruͤſtung
noch naß war, ja zuweilen auch bey dem hef-
tigſten Regen ungeſchwaͤchet blieb: daher man
die eigentliche Urſache davon nicht anzugeben
wußte. (S. Phil. Tranſ. Vol. XLVII. p. 544. ſq.
547 ‒ 550.) Wenn ich eine Vermuthung wa-
gen ſoll, ſo koͤnnte die Electricitaͤt waͤhrend
eines Gewitters, alsdann erloſchen ſeyn, wenn
die Donnerſchlaͤge zwiſchen zwey verſchiedent-
lich (poſitiv und negativ) electriſirten Wolken
vorgefallen, welche, wenn ſie auf einander ſtoſ-
ſen, ſich beyderſeits ihrer Electricitaͤt berauben,
und dadurch ihre Duͤnſte, welche zuvor ausein-
ander getrieben waren, in Regentropfen her-
unterwerfen muͤſſen. Daher kann zu anderer
Zeit die Electricitaͤt bey einem Gewitterregen
fortdauren, wenn ſolcher nicht eben aus den
auf-
*)
Herr D. Franklin bezeuget, daß ſeit einigen
Jahren kein Blitz in Philadelphia mehr einge-
ſchla-
*)
auf einander ſtoſſenden und ihre Kraft
aufhebenden Wolken faͤllt: und bey ei-
ner Gewitterluft mit ſehr ſtarkem Re-
gen, dabey aber kein Donner und Blitz ge-
ſpuͤret wurde, ward (nach dem Berichte des
Hrn MazeasPhil. Tranſ. Vol XLVIII. p. 382.)
die Electricitaͤt nicht vermindert bis zu Ende,
da die Wolken vertheilet wurden. Eben ſo
verhaͤlt es ſich mit der Verminderung oder Auf-
hoͤrung der Electricitaͤt nach dem Blitze Dieſe
muß erfolgen, wenn die Wolke, aus welcher die
Stange electriſirt ward, einer andern ihre Ele-
ctricitaͤt mitgetheilt hat: da hingegen zuwei-
len dieſe Kraft (wie Hr. RichmannNov. Comm.
Petrop. Vol. IV. p. 337. ſqq.
angemerket, nach
dem erſten Donnerſchlage auf einmal an der
Stange geſpuͤret wird, wenn nemlich der nicht
electriſirten Wolke, welche daruͤber ſchwebte,
die Electricitaͤt durch ſolchen Schlag mitgetheilt
wurde.
*)
ſchlagen habe, nachdem man auf den meiſten
Gebaͤuden dergleichen Stangen mit Ableitun-
gen angebracht, obſchon daſelbſt haͤufige und
ſchwere Gewitter ſind, die auch vormals vie-
len Schaden angerichtet haben. (Phil. Tranſ.
Vol. LII. P. II. p.
613.) Herr Doct. Watſon
bemerket (ib. Vol. LIV. p. 223.) daß, wenn nicht
der Brigittenthurm im Wege des Gewitters
gelegen, und den Blitz mit ſeiner Helmſtange
aufgefangen haͤtte, die hohe St. Paulskirche
der Gefahr ausgeſetzt geweſen waͤre. Es war
aber doch Schade, daß der Brigittenthurm,
weil er keine Ableitung hatte, dabey leiden
mußte.
*)
Es iſt naͤmlich zu merken, daß er die ganze
Anſtalt der Ableitung des Blitzes bloß nach
Aehnlichkeit der electriſchen Verſuche ſchon
entworfen hatte, ehe er ſelbſt ſeine vorgeſchla-
genen Erfahrungen zu Bemerkung der Electri-
citaͤt an den Wolken ins Werk geſetzet, oder auf
die Spuren eines Wetterſchlages geachtet hatte.
**)
Dieſe Anmerkung macht auch Herr Mylius
in
**)
in den Phyſic. Beluſt. in der Vorrede zum er-
ſten Bande, und im ⅐ten Stuͤck p. 437.
*)
Dergleichen Beyſpiele finden ſich in einer
Schrift: Dell’ azzione del Caſo, nelle Inven-
zioni, e dell’ influſſo degli Aſtri ne’ corpi terreſtri.
Diſſertatione due. Padua. 1757. in
4. S. Freye
Urtheile 1758. p. 346. ſq.
*)
S. Guil. Wottoni Epiſt. ad Jo. Chamberlayne,
welche hinter dieſes ſeiner Oratione Dominica
polyglotta
ſtehet, p. 39.
**)
Wenn dem Herrn Nollet gleich der Nutzen,
durch ausgeſteckte Spitzen die Gewittermaterie
gemaͤhlig ohne Schlag aufzufangen, unglaub-
lich ſchiene; ſo bliebe doch die bemerkte Eigen-
ſchaft der Metalle, vor andern Koͤrpern die
Gewittermaterie durchzulaſſen, und die An-
wendung derſelben zur Ableitung des Blitzes
von andern Theilen der Gebaͤude, in ihrem
Wehrte, und verdiente, daß er darauf geach-
tet haͤtte. Man ſiehet aber durchgehends in
ſeinen Briefen, wie er gerne der Frankliniſchen
Ehre etwas, abzwacken will. Allein, was hilft es,
wi-
**)
widerſprechen zu wollen, wo wir uͤberzeuget
werden koͤnnen?
*)
In ſeiner Geſchichte der Electricitaͤt, in den Ab-
handl. der Naturforſchenden Geſellſch. in Dan-
zig, 1 Th. p. 268.
**)
Plinius war noch von den entgegengeſetzten
Polen des Magneten uͤbel berichtet, da er
ſchreibt, es wuͤrde ein anderer Stein in Aethio-
pien gefunden, den man Theamedes nennte,
und der alles Eiſen von ſich ſtieſſe. L. XXXVI.
c. 16. p. 747. Hard.
*)
Man ſagt, daß die Chineſer ſchon laͤnger den
Magneten zu gleichem Nutzen angewendet haͤt-
ten. Sie ſind aber dabey geblieben, ihn wie
man vor dem 14ten Jahrhunderte auch in
Europa that, vermoͤge eines Stuͤckchen Holzes
auf Waſſer ſchwimmen zu laſſen, welches noch
lange nicht die Dienſte thut, als eine Magnet-
Nadel, die auf einer Spitze ſich umdrehen
kann.
**)
S. Philoſ. Tranſ. Vol. XLVII. p. 31. Hamb. Ma-
gaz. VIII. B. p. 339.
*)
Der Name Electricitaͤt iſt, wie bekannt, von
dem griechiſchen Worte Glektron, Ἠλεκτρον
oder Ἤλεκτρος, welches Bernſtein heiſſet,
hergenommen: dieſes hat vielleicht ſeinen Ur-
ſprung von Ἠλέκτωρ, welches in alten Zei-
ten die Sonne bedeutete, und daher, wegen
des Glanzes ſowohl der Bernſtein, als ein
Cryſtall, und ein gelbliches Metall Elektron
genant worden. Vielleicht moͤchte kuͤnftig die
Naturlehre erweiſen, daß auch in unſerem
Weltſyſtem die Sonne eine Quelle electriſcher
Wirkungen ſey, und alſo dieſe Namen wieder
in Verwandſchaft ſetzen.
*)
PliniusHift. nat. L XXXVII. c. 2. 3. erwehnet
vom Bernſtein, nicht allein, daß er leichte Sa-
chen anziehe, ſondern er ſaget auch c 2. Sect. 11.
Hard. “Philemon ait, flammam ab electro reddi.“

Sollte wohl Philemon ſchon den Schein, der
beym Reiben entſtehet, bemerket, und Plinius
ihn nicht recht verſtanden haben? Was aber
auch den Alten vom Bernſteine mag bekannt
geweſen ſeyn, ſo lieſſen ſie es ſich doch gewiß
nicht einfallen, daß dieſe Eigenſchaften, die be-
obachteten Caſtor- und Polluxfeuer (S. §. 20.
p. 86. n. *) und der Blitz einerley Urſache haͤtten,
und daraus nuͤtzliche Folgen gezogen werden
koͤnnten.
**)
Man ſehe die lehrreich abgefaßte Geſchichte
der Electricitaͤt von Hrn. Gralath, in den Ab-
handlungen der Danziger naturforſchenden
Geſellſchaft, erſten Th. p. 175. 2ten Th. p. 355.
und 3ten Th. p. 492. Sie gehet aber nur bis
ins Jahr 1746.
*)
S. Philoſ. Tranſ. N. 436.
**)
Des uͤbrigen Nutzens, den man aus der Kennt-
niß der ſubtilen ſchnell durchfahrenden electri-
ſchen Materie gezogen hat, will ich nicht ein-
mal erwehnen.
*)
Der beruͤhmte Des Cartes in Frankreich, ver-
ſprach zwar auch, alle Vorurtheile zu verban-
nen, und alle Wahrheiten von Anfang an aufs
neue zu unterſuchen. Da er aber den Weg der
Erfahrung verließ, verirrete er ſich in Wirbel
von Einbildungen.
*)
l. c. 1 ſter Th. §. 49. p. 263. 267.
**)
In einem Schreiben von der Electricitaͤt an
Herrn Prodechant Wolshoffer. Frf. und Leipz.
1755. 4. p 7. ſq.
†)
So findet man es auch in Wolffens Nuͤtzl. Ver-
ſuchen T. III. §. 45, erklaͤret. Neuerlich hat Hr.
P. Beccaria (Phil. Tranſ. Vol. LI. p. 515. ſq.) durch
einen geſchickten Verſuch gezeiget, daß wuͤrk-
lich durch Wegnehmung der Luft die Erſchei-
nung der Anziehung bey der Electricitaͤt auf-
gehoben werde, indem ein leichter Kloͤppel, der
an einem ſeidenen Faden zwiſchen einem ele-
ctriſirten und nicht electriſirten Koͤrper haͤn-
get,
*)
So begnuͤgten ſich die Alten mit der Erklaͤrung
des
†)
get, nach Maſſe, wie die Luft ausgepumpet
wird, nachlaͤſſet und aufhoͤret hin und her zu flie-
gen. Wenn er aber daraus ſchlieſſen will, die Ur-
ſache ſey, weil das electriſche Feuer, welches von
dem einen in den andern Koͤrper fuͤhre, die Luft
aus dem Zwiſchenraume wegwuͤrfe, und ſolche
demnach von hinten die Koͤrper zuſammen druͤ-
cken muͤſſe, ſo lieſſe ſich noch etwas einwenden.
Die Zuſammennaͤherung der Koͤrper geſchiehet,
ehe die Electricitaͤt des einen dem andern mitge-
theilet wird: und, wenn die Funken zwiſchen
beyden entſtehen, (dadurch eben, ſeiner Mei-
nung nach, die Feuermaterie zwiſchen fahren
muͤßte) ſo werden vielmehr die Koͤrper, wie ich
oben not. **. p. 75. erinnert habe, von einander
getrieben. Man koͤnnte alſo bey ſeiner Wahr-
nehmung ſagen, daß weil das Feuer im luftleeren
Raume freyer und weiter von einem Koͤrper zum
andern faͤhret, ſelbige entfernet bleiben muͤſſen.
*)
des Blitzes, die Wolken wuͤrden vom Winde an
einandergeſchlagen, daß es raſſelte, und die
Funken davon ſpruͤngen (Senec. Nat Qu. L. I. c. 1.
L. II c. 27. ſqq.
). Nachdem das Schießpulver
entdecket war, zweifelte man nicht, daß Schwefel,
Salpeter und Kohlen in der Luft entzuͤndet wur-
den, obgleich die Verſchiedenheit der Wuͤrkung
einer ſolchen Entzuͤndung und eines Blitzes leicht
haͤtten koͤnnen eingeſehen werden. — Ich fuͤrch-
te, daß wir itzt einen aͤhnlichen Fehler begehen,
wenn wir z E. das Erdbeben, oder andere Natur-
begebenheiten, welche doch ganz verſchiedene Ei-
genſchaften zeigen, bloß aus der Electricitaͤt er-
klaͤren wollen. So ſind auch das ſogenannte
Sternſchieſſen und die Lufterſcheinungen der
Feuerkugeln, wie auf der Erde die Irrlichter
und ſ w. von electriſchen Funken wohl zu unter-
ſcheiden. Das Nordlicht aber koͤmmt mit dem
electriſchen Glanze in verduͤnnter Luft uͤberein.

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CC-BY-4.0
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2025). Reimarus, Johann Albert Heinrich. Die Ursache des Einschlagens vom Blitze, nebst dessen natürlichen Abwendung von unsern Gebäuden, aus zuverläßiger Erfahrung von Wetterschlägen vor Augen gelegt. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). https://hdl.handle.net/21.11113/4bq1t.0