[][][]
CUPEDIÆ
ASTROSOPHICÆ
Crügerianæ,
Das iſt/
Frag vnd Antwort/
Darinnen die allerkunſtreicheſten vnd
tieffeſten Geheimbnuͤſſe/
der Aſtronomiæ,
deß Calender-Schreibens/
der Aſtrologiæ, vnd
der Geographiæ,

dermaſſen deutlich vnd verſtaͤndlich außgefuͤhret ſind/
daß dieſelben beydes von Gelehrten vnd auch Vngelehrten
gar leicht koͤnnen gefaſſet vnd be-
griffen werden/

Zu Breßlaw: druckts vnd vorlegts Georg
Baumann/
Cum Grat. \& Privil.
[][]
[figure]

Dem Wol Edlen/ Geſtꝛengen
vnd Hochbenambten Herꝛen/
MartinoRubach/
Koͤniglicheꝛ Maytt. in Polen/
fuͤrnehmen geheimen Rath/ auch bey dem
Breßlawiſchen Bißthumb anjetzo
deroſelben Commißario
Generali,

Meinem Gnaͤdigen Herren.


ES iſt mit den Mathemati-
ſchen Kuͤnſten/ alß nemblich/ zufor-
derſt vnd vor allen dingen/ mit der
Rechen- vnd Meſſe Kunſt/ darnach
auch mit der Betrachtung des Himmels Lauffs
vnd der Himliſchen Coͤrper/ wie auch des gantzen

):( ijCirckel-
[]Dedicatio.
Circkelrunden Erdbodens/ Jtem mit derPerſpe-
ctiva
/ mit derMuſica/ vnd Bawe Kunſt alſo be-
ſchaffen/ daß ob es ſchon nicht jedermannes ding iſt/
in denſelben
ſtudiisallen recht grůndlich vnd zur ge-
nůge erfahren zuſein/ jedennoch/ wird es billich den
jenigen/ ſo ſonſten in andern
facultetenetwasſtudi-
ret haben fůr eine groſſe Schande gehalten/ wenn
ſie in den
Mathematiſchen ſachen gantz vnd gar vn-
erfahren vnd vnberichtet ſein. Sintemal auch
wol bißweilen einfeltige Laͤyen/ die ſonſten gar
nichts ſtudiret haben/ dennoch in einem vnd dem
andern/ was den
Mathematiſchen Kůnſten anhaͤn-
gig/ alſo weit zukommen pflegen daß ſie es auch vie-
len Gelehrten weit zuvor thun koͤnnen.


Denn es haben dieres Mathematicæ/ als die da
meiſtes theyls auff bloſſem
ſpeculiren beruhen/ gar
eine geheime vnd ſehr genawe
correſpondentzmit
vnſerer Vernůnfftigen Geiſtlichen Seele/ als wel-
che auch eine ſonderliche Luſt vnd Begierde zu den-
ſelben dingen traͤget. Dannenhero denn nicht al-
lein die Heyligen Patriarchen/ in der Erſten Welt
vor vnd nach der Sůndflutt/ ob man gleich ſon-
ſten noch von keinen
diſciplinis eruditisdamals ge-
wuſt hat/ dennoch alleſampt gutte
Mathematicige-
weſen ſein/ Sondern es haben auch bey den Alten

Grie-
[]Dedicatio.
Griechen die Hochweyſen MaͤnnerPythagoras,
Plato
vnd viel andere/ bey vnterweiſung der zarten
Jugend dieſe Ordnung gehalten/ daß ſie dieſelbe
am allererſten in den Mathematiſchen Kůnſten
wolgeuͤbet/ vnd darnach allererſt andere nůtzliche
ſachen zulernen angehalten haben. Denn durch
ſolche Ordnung haben ſie die Gemuͤtter der Jun-
gen Knaben in die hoͤhe ſchwingen/ auch die ſchlaͤff-
rigen vnd albern
ingeniadeſto mehr auffmuntern
vnnd ſcharffſinnig machen wollen. Sie haben
auch derentwegen dieſe Kůnſte jnſonderheit
Ma-
themata
/ das iſt/ Sachen die man lernen ſolle/ ge-
nennet/ weil man nemblich in allen Schulen dieſe
dinge zum allererſten hat zulernen pflegen. Ja es
hat
Platovber die Thůr ſeiner Hohen Schulen eine
ſolche Vberſchrifft geſetzet/ welche deutlich alle die
jenigen
Scholaren/ die da ſonderlich inGeometriâ
noch vnerfahren weren/ aus desPlatonisSchulen
gantz außmuſtert. Gleicheßfalß haben die
Pytha-
gorei
jhrendiſcipulistaͤglich dieſe Zwey Worte/ alß
zu einer gewiſſen Richtſchnur jhres ſtudirens wol
einzubilden pflegen
/ σχῆμα ϰαὶ βῆμα, dadurch zuverſte-
hen gebende/ es koͤnte keiner das
βῆμα, das iſt/ jer-
gends eine hoͤhere
diſciplinamvnndfacultet/ oder
auch jergends ein fůrnehmes Ehren Ambt
in Rep.
):( iijerrei-
[]Dedicatio.
erreichen/ er hette jhm denn zuvor das σχῆμα, das iſt/
die Mathematiſchen Kůnſte zuerlernen wolange-
legen ſein laſſen.


Auch noch heutiges Tages/ ob man ſchon we-
gen deſſen/ daß die Griechiſche vnnd Lateiniſche
Sprache/ nicht vnſere Mutter Sprache iſt/ vmb
etwas einen andern
Methodum diſcendiin Schulen
halten muß/ noch dennoch ſtehets vmb dieſelben
Schulen am beſten/ welche neben den
eruditis lin-
gvis
auch diediſciplinas Mathematicasbald anfangs
bey der Jugendt fleißig zutreiben nicht vnterlaſ-
ſen. Es kan auch GOTT dem HERREN fuͤr
dieſe ſondere Wolthat nicht genungſam gedancket
werden/ daß Er zu dieſen letzten Zeiten nicht we-
nig Gelehrte Leuthe erwecket/ welche der ſtudi-
renden Jugend zum Vortheyl alle dieſe Kůnſte in
ſolcher Ordnung vnd deutlichen Volkommenheit
ans Tage Licht gebracht haben/ dergleichen wol
voriger Zeit/ ſo lange die Welt geſtanden/ niemals
geſchehen iſt.


Sehet aber/ was GOTT noch ferner vns zu
gutte thut? Nemblich Er hat newlicher Jahren
erwecket Herꝛen
M. Petrum Crügerumfůrnehmen
Mathe-
[]Dedicatio.
Mathematicumbey der Koͤniglichen Stadt Dan-
tzig vnd dem Loͤblichen
Gymnaſiodaſelbſten/ wel-
cher von
Anno 1615. dahero in allen ſeinen jaͤhrli-
chen Calender
-Prognoſticis/ die aller fůrnehmbſten
vnd nůtzlichſten Lehrpuncten/ ſonderlich zur
Aſtro-
nomia
/ zur Calender Kunſt/ zurAſtrologiâ/ zur
Geographiâgehoͤrig/ durch Frag vnd Antwort
dermaſſen außfůhrlich/ deutlich/ leicht vnd ver-
ſtaͤndlich in vnſer Deutſchen Mutter Sprach er-
klaͤret vnd außgefůhret/ daß auch gemeine
Idioten/
welche ſonſten entweder gar nichts ſtudiret/ oder
ja von Mathematiſchen Sachen gantz vnberichtet
ſein/ dennoch dieſelben hohen dinge nunmehr gar
leicht faſſen vnd begreiffen moͤgen.


Weil aber dieſe Calender deß H.Crügeriin
vnſern Landen nicht ſonderlich gemeine ſein/ als
haben jhr viel/ ſo wol Gelehrte als Vngelehrte/
welche dieſe hohe beſondere Gabe des
Crügerivon
den aller kůnſtlichſten Geheimnůſſen der
Aſtrono-
miæ
vnd andern dazu gehoͤrigendiſciplinen/ ſo deut-
lich vnd verſtaͤndlich zu
diſcuriren nicht ohne ver-
wunderung/ ja auch mit jhrem erſprißlichen Nutze
vnd anmuttigen ergetzung/ bißdahero jaͤhrlich in
ſeinen Calendern geleſen/ bey mir zum offtern ſehr

jnſtendig
[]Dedicatio.
jnſtendig angehalten/ ich wolte doch dieſe Krůge-
riſche Fragen vnd Antwort/ aus allen biß
datoauß-
gegangenen Calendern/ in ein Buch zuſammen tra-
gen/ vnd dem Kunſtliebenden Leſer damit befoͤder-
lich ſein. Wie ich nun dieſem wolgemeinten be-
gehren/ nach moͤgligkeit zu willfahren/ mich von
Beruffs wegen/ ſchuldig erkandt/ alſo habe ich
gleichwol daneben auch erachtet/ daß mir bey die-
ſem/ ob wol nůtzlichen Werck/ weil es etwas newes
zuſein ſcheinet/ daran Meiſter Klůgling gar leicht/
ſeiner Vnart nach/ mit tadeln ſich verſuchen koͤnte/
dennoch eines hochanſehlichen
Patronivnd Schutz-
Herꝛens von noͤthen ſein wolte.


Nu hat es aber GOTT aus ſonderen Gena-
den alſo gefůget/ daß denſelben ich nicht weit anje-
tzo zuſuchen habe. Denn Wol Edler Genaͤdiger
Herr/ dieweil E. Gn. auch eben ſelbſten/ vnter den
jenigen der fůrnembſte geweſen iſt/ welcher bey mir
vmb zuſammenrichtung dieſer Kruͤgeriſchen Fra-
gen angehalten/ als zweiffele ich gar nicht E. Gn.
werde das
Patrociniumdieſes Tractaͤtleins nicht
vngern vber ſich nehmen/ auch dieſe meine
Dedicati-
on
zum beſten jhr gefallen laſſen. Es ſind zwar
E. Gn. alß ein hocherfahrner/ beſcheidner
Politicus
taͤglich mit ſchweren wichtigen Weltgeſchaͤfften
beladen/ maſſen denn vor viel Jahren ein Hoch-

weyſer
[]Dedicatio.
weyſer Rath der Koͤniglichen Stadt Dantzig de-
roſelbten fůrnehmer
Secretariat-Dienſte ſich mit
ſonderem Nutze gebrauchet/ anjetzo aber viel Jahr
nacheynander Jhr Koͤnigl. Maytt. in Polen ſelb-
ſten E. Gn.
dexteritetin glůcklicher Verrichtung
allerhand nicht geringer
expeditionen/ ſonderlich
aber newlicher Zeit in anſehlichen
Legationenan
Jhr. Kayſ. Maytt. nach Wien/ vnd etliche fůrneh-
me Fůrſten des Heyl. Roͤmiſchen Reichs in allen
Koͤnigl. Gnaden erkandt vñ gnungſam
approbiret
haben/ noch dennoch aber pflegen ſich E. Gn. ſo viel
ſie nur jmmer von wichtigen ſachen Zeit dazu abbre-
chen koͤnnen/ jetzt mit der
Lectione Hiſtoriarum/
bald mit lieblichempoëtiſiren/ bald auch mit der-
gleichen Mathematiſchen
Theorematiszuerluſti-
gen. daß ich alſo deſſen gantz gewiß vnd wol ver-
ſichert bin; E. Gn. dieſes gegenwertige Tractaͤt-
lein nicht vnlieb/ ſondern gantz angenehm zu durch-
leſen ſein werde/ auch wol vmb deß H.
Crügeri,alß
des
Authoris/ ſelbſten willen. Denn mir ja nicht
vnbewuſt/ wie E. Gn. demſelben ſo gantz hertzlich
vnd wol bewogen ſein/ alſo auch/ daß Sie nichts
liebers wůntſchen noch begehren/ alß wenn Sie
jhme in anſehung ſeiner fůrnehmen Kunſt vnd Ge-
ſchickligkeit/ mit welcher er vnſrem Deutſchlandt

):( ):(nach
[]Dedicatio.
nach deß H.KæppleriTode einen andernKæpple-
rum redivivum repreſenti
ret/ durch JhreCommen-
dation
bey fůrnehmen Potentaten nur viel zu gutt
vnd Befoͤderung thun koͤnten.


Bitte hierauff ſchließlich in aller Vnterthaͤ-
nigkeit/ E. Gn. dieſe meine wolgemeinte
Dedica-
tion
Jhr belieben laſſen/ vnd mein Gnaͤdiger Herr
allzeit ſein vnd vnd verbleiben wolle. Breßlaw/
am Tage Mari
æMagdalenæ/ deß lauffenden 1631.
Jahres.


E. Gn.
Dienſtbefliſ-
ſener
Georg Baumann/
Buchdrucker
daſelbſt.


Ad
[]
[figure]

Ad Generoſum \& Magnificum
Dn. Martinum Rubacum
Sacr. Reg. Mtis. in Poloniâ
Conſiliarium, \&c.
Dominum ſuum Gratioſum.


MAgnificis æqvande viris, Rubace
celébris,

Cujus in ore Charis, Phradmo-
ſynéq; ſedent;

Uranie en Tibi ſe jungit, pectusq́; ſerenat,

Inq́; ſuum totum Te ſibi poſcit epos.

Allicit aſtratâ Crugerius impiger arte,

Inq́; tuum pectus ſe penitè inſinuat.

Scilicet hic multis aliis præſtantior unus,

Aſtra qvid intendant, cum ratione tenet.

Somnia non tangit, monitis contraria Sacris,

In Faſtis reliqvum qvalia vulgus amat.

Sed qvæ nituntur ſolido fundamine, qvæq;

Sunt pote civili conſuluisſe bono.

):( ):( 2Qvæſitis
[]
Qvæſitis talem ſemet probat ipſe ſolutis,

Qvæ jungit Faſtis emaculata ſuis.

Si Leo, qvod dicunt, è curvo agnoſcitur ungve,

Hic jurè Aſtronomus dicier inde meret.

Subſcribis noſtræ, Rubace Amplisſime, menti,

Teq́; Artis perhibes, Artificisq́; Patrem.

Vive diu Artificiq́; favens Artiq; Patronus:

Ominor, hoc etiam nomine perpes eris.

Caspar Cunradus
Phil. \& Med. D.



In Clarissimi Viri
M. Petri CrügerI

Profeßoris Dantiſcani,
Amici veteris,
Qvæstiones Astronomicas.


REgia qvæ qvomdam fuit Ars celeſtia tractans

Corpora, \& aſtrati fata, viasq́; poli;

Regibus haut curæ nunc eſt, cordive; ſed alto

Ars \&, \& Artifices deſpiciuntur oclo.

Atlantes tamen illa ſuos habet atq; dynaſtas,

Qvi vegetâ hanc operâ, ſi minus ære, juvant.

Talis erat qvondam Proclus, Schreckfuchſius, atq;

Gauricus: hic Clavio cum Sacrobuſtus erat.

Reinholdus talis, Purbachius, atq; moveri

Qvi terram, contrà ſtare polum, ſtatuit.

Hic
[]
Hic talis Stoflerus erat, talisq́; Gerhardus;

Regiomontanus talis \&, \& Venetus.

Hic Capuanus eratq́;; Aliacus eratq́;; Faberq́;;

Junctinus talis, ceu Graminæus, erat.

Talis Peucerus; talis Daſypodius, atq;

Schonerus; talis Maurolycusq́; fuit.

Talis erat noſtro verè-Tycho-nobilis ævo;

Talis Keplerus; talis \& Origanus.

Ut plures taceam, talis Crügerius eſt nunc,

Nobile Gymnaſii qvi Gedanenſis epos.

Qvi reliqvos antêit, Phœbus velut aſtra minora,

Qvos agit aſtrorum delicioſus amor.

Ille ſuis addens qvæsita gravisſima Faſtis,

Thêiologus præſtans audit \& Aſtronomus.

Affaniis alii ludant, Faſtosq́; coronent:

Fontes advorſum nil habet ille Sacros.

Perlege CrügerI Problemata, Lector honore,

Illius è Faſtis qvæ dat amica manus.

Mecum ſubſcribes, hac aſtricâ in arte referri

Poße nihil melius, utiliusq́; nihil.

Idem
C. Cunradus D.



Astronomosinter, ſi quis me judice certet,

Astrologosq́z inter Gloria primaTycho.

):( ):( 3Keple-
[]
Kepleromeritò partes tribuêre ſecundas,

Victrices Aquilæ, DiveRudolphe, tuæ.

Adſignanda cui Subſellia tertia, certant

Aſtrologi, \& lis ſub judice fervet adhuc.

SedKrügeretibi adſurgit, plaudentibus Aſtris,

Aſtronomûmq́z cohors, Aſtrologûmq́z chorus.

Nempe Tibi Natura, ſinu [quæque] abdita condat,

Quæq́z Poli Vranie pandere, fata, dedit.

Perge tuo calamo Cœlorum Arcana docere:

Vranies fucos pellere perge Sacris.

Sic TeRubachius, quo non præſtantior alter,

Dignoße Aſtronomos Aſtrologosq́z, colet:

Sic Tibi, Sera, legens tua Scripta, encomia dignæ

Laudis, Poſteritas, ſiqua futura, canet!

Paulus Müncerus Med. D.



QVi ſacros nobis, medicos qui condere libros,

Qui nodoſa prius ſolvere jura ſolent,

Quisque ſuos reperit quibus ille probatur amicos,

Et vatem vates, Rhetora Rhetor amat.

Te Crügere, poli dum nobis abdita pandis,

Ac quicquid vulgus non docet Aſtrologum,

Atque tuum quite profertque colitque Rubacum,

Sidera pro meritis \& polus ipſe manet.

MART. OPITIUS.



Vir
[]

(Vir Excellentisſ. Clarisſimus Aſtronomo-
morum h. ſ. Coryphæus:)

MAGISTER PETRUS CRUEGERUS,
In paragrammate triangul. exactè:
VERUS ATLAS AC HERCULES CAELORUM.
**
M. PETRUS CRUE GERUS,
In ſeptangul. demtâ triade:
Iò, BONUS PHILOSOPHUS!
Ad Lectorem:


Atlanta quendam vixe, nec non Herculem, tergis ſuis

Celum ferentes; huncq́z tot mactaße monſtra, tulisße tot

Tantos labores; vana nugamenta nemo dixerit.

CRUGERUS, ecce, Sol ſoli, ſaliq́z Sidus Baltici,

CRUGERUS, ATLAS Celifer, mirus gerit ter-maximos

Celos \& Aſtra teretis in cordis globo minutulo;

Et vi Minervæ perſpicacis, Herculanis niſibus,

Clavâq́z Sophicâ vanitatum monſtra gnarus tollere,

Hanc de Polorum Siderumq́z juribus, tum viribus,

Nobis laborat puriorem tradere ſcientiam.

Legas CRUGERI ſcripta, ſed \& intellegas, fateberis:

Verè Philoſophus eſt hic, audit ut, Bonus; Vir Aſtrici

Sophos \& receßûs omnis, omni laude, callentisſimus;

Omnis Matheſis corculum, medullaq́z penitisſima.

En, Aſtrologica pervolutes ejus hæc problemata,

Jocunda lectu, rebus utilisſimis uberrima;

Magnis id animis per. q́z grata, volve diligentiùs.

O quantus hic eſt, inquies, Prognoſta; gnarus, Sidera

Quòd innuant, adusq́z non neceßitent, mera, ſolida,

Et vera tantùm Phyſica, per-cautè, ſuis, \& ſobriè,

Vanis omisſis, inſerens Prognoſticis: non hic novus

Arithmomantis, Cabbaliſta, Chiliaſta noſcitur,

Aut
[]
Aut vanus, [ecquis namq́ ſanos atq́ cautos improbet?]

Nimis, Prophetes, alta curioſulè myſteria

Scrutans crepansq́z, quæ ſupra nos poſta ſunt, nil adq́z nos

DEI Polarchæ nota ſoli Numini, minùs homini.

Sed ritè venans atqz venerans tutus aurea Dædalæ

Mediocritatis ſepta, de potisſimis Adſpectibus

Eclipſibusq́z Luminaris utriusqz disſerit;

Phyſicè, rotundè, perſcienter, candidèq́z disſerit,

Solidèq́z, quantum noſtra Pallas in arduis his adſequi

Catisſima valet, hoc in Imperfectionis ſæculo.

Talia proinde te docenti, quippe pridem qui cluit

Sollers Crugerus Autor horum dogmatum celeberrimus,

Grates repende Lector; ævum fauſtius \& extentius

Hüic Atlanti comprecare, quin \& inter Atlantidum

Stellas ſerenas, Herculi vel, inter Aſteras Herculis

Tandem, Tychóna, Celitemq́z proximè Kepleriden,

Atlantas illos axis Alcidasq́; quondam maxumos,

Locum Serenum, ſed locum quem ſerò vadens occupet.

Quin Eruditi tanta Petra duret Orbis ſæcula!

Aliud.


Fata Rat Ispónæ Kep Lero Deb Ita pasſo[Anno 1630. medio

VranIe LVget, patrIs Vt orba, VIrVM.Novemb.]

DVM sVVs at ſpIrat, ſperat sVper Orbe, CrVgerVs, [1631.]

Petra Mathematici, lux, columenq́z globi.

Budorgi Elyſior. ſcrib.
Christophorus Schvvartzbachius,
P. L. C.

[figure]
Aus
[]

Aus dem Prognoſtico des 1615.
Jahres.


I.
Ein
EpiſodionVom Oſterfeſt/ warumb daſſelbe
bißweilen in beyden Kalendern/ Altem vnd Newem/ zugleich

einfalle/ bißweilen biß auff fuͤnff Wochen von einander
komme.


DJeſes vnd folgendes Capitel iſtAſtronomicum
nichtAſtrologicum,Hab ſie dennoch beyde hieher ſetzen
wollen/ aus dieſen vrſachen/ weil ſich diß Jahr viel Leute gewundert/
1. das die Newen Oſtern gantzer fuͤnff Wochen fruͤer als die Alten eingefal-
len/ auch viele deſſen vrſachen an mich begeret. 2. Das der Herr D. Herlicius,
in benennung der Monſchein das gantze Jahr vber mit mir vnd Radzken nicht
vbereinſtimmet. Beides wil ich jhnen vnd andern dieſes Studii Liebhabern in
dieſen beyden Capiteln erkleren/ vornemlich weil es fuͤglich dißmal geſchehn
kan/ in dem daß 1615 Jahr keine Finſterniſſen auch keine ſeltene groſſe A-
ſpectus
der Obern Planeten einfallen.


Anlangende nun das Oſterfeſt/ damit man ſich nicht mehr wundere
das Anno 1614 die Oſtern fuͤnff Wochen von einander/ dagegen Anno 1615
zugleich auff eine zeit einfallen (eben wie Anno 1603 vnd 1604) muß man
erſtlich wiſſen/ das bey leben der Apoſtel vnd die nechſten hundert Jahr her-
nach die Chriſten in Aſia dz Oſterfeſt mit den Juͤden gehalten/ auff einen tag/
nemlich am 14 tage deß erſten Monden: (Das war aber der erſte Mond/ deſ-
ſen New Liecht dem Æquinoctio Verno, wenn Tag vnd Nacht im Fruͤhling
gleich/ am nechſten war/ vnd ſol man wiſſen das der Juͤden 12 Monate jegli-
Acher
[] cher von einem Newen Mond angefangen) Die Chriſten aber in Europa ha-
ben ſich lieber von den Juͤden abſondern vnd jhren Oſtertag nicht am 14 Tage
deß erſten Monden ſondern den nechſten Sontag hernacher feyren wollen. Wo-
rauß ein ergerlicher zwiſpalt zwiſchen den Orientaliſchen vnd Occidentaliſchẽ
Kirchen erfolget/ welcher gewehret biß auffs Concilium Nicenum Anno
Chriſti 325 \& ſeqq. da die 6 Canones Paſchales eingeſetzt/ vnter welchen die
beyden erſten gebieten/ das man die Oſtern nicht mit den Juden zugleich ſon-
dern den Sontag nach in plenilunio Paſchali oder dem Vierzehn Tage des er-
ſten Monden/ feyren ſol: Derhalben ob derſelbe Vierzehende Tag oder Oſter-
liche Vollmond auff einen Sontag einfiele/ ſol man lieber die Oſtern biß auff
den andern Sontag verſchieben/ damit man ja nicht mit den Juden zugleich
ſeyre. Vnd weil zu den zeiten die freyen kuͤnſt ſonderlich Aſtronomia ſehr erlo-
ſchen/ hat man (weil man von den Juden nichts lernen wollen) ſo eigentlich
den lauff der Sonnen vnd deß Monds nicht berechnen koͤnnen: Derhalben
weil damaln Tag vnd Nacht/ wie man vermeinet/ am 21 Martii gleich gewe-
ſen/ haben die Patres (ſo viel der Sonnen lauff belanget) verordnet/ das der
Volle Mond/ ſo auff den 21 Martii oder zu nechſt hernach einfiele/ ſolte der O-
ſterliche Voll Mond oder terminus Paſchalis heiſſen/ vnd den nechſt folgenden
Soutag die Oſtern gehalten werden. Wegen deß Monds Lauffs aber haben
ſie verordnet/ das der Biſchoff zu Alexandria/ (da auff der hohen Schule das
Studium Aſtronomicum, ſie der Ptolomei zeiten her etwas mehr als anders-
wo getrieben wardt) das rechte Oſterliche New Liecht mit huͤlffe der Aſtrono-
morum
daſelbſt Jaͤhrlich außrechnen/ vnd den eigentlichen Tag dem Roͤnti-
ſchen vnd andern vornemſten Biſchoffen bey zeiten kundt thun ſolte/ auff das
es ferner die andern Biſchoffe vnd Prediger erfahren vnd an der heilige drey
Koͤnige Tage nach offentlicher Predigt den Oſtertag vnd alſo auch die Faſten/
Pfingſten/ Himmelfarth etc. abkuͤndigen kuͤndten. Man ſchreibt/ das der Bi-
ſchoff zu Alexandria den Tag deß Oſterlichen New Liechts auff einer verſilbertẽ
Taffel mit guͤldnen Buchſtaben verzeichnet Jaͤhrlich nach Rom/ Jeruſalem/
Antiochien etc. geſandt/ daher noch heutigs Tags im Alten Kalender die Zahl/
ſo die New Monde anzeigen ſol/ aureus numerus, die guͤldne Zahl/ genennet
wird. Es haben aber nachmals die andern Biſchoͤffe dem Alexandriniſchen
nichts nach geben wollen/ in dem ſie vermeinet an jhn/ als ob er allein gelart vnd
klug/ zu ſehr verbunden ſein. Haben demnach jhnen eben ſo wol/ als er/ Cyclos
motus Lunaris
gemacht: Von denen ich jetzt etwas melden muß. Es haben
die Alten Griechen vnd hernach auch andere Voͤlcker/ eh denn man die ware
vnd
[] vnd genawe rechnung deß Monds vnnd der Sonnen erfunden/ mancherley
Cyclos (das iſt Zirckel oder Vmblaͤuffe etlicher gewiſſer vollkommener Jah-
re) aus ſpeculiret, in welch en ἀϖοϰατάςασις luminarium geſchehn ſolte/
das iſt/ das Sonn vnd Mond an demſelben Ort deß Himmels/ da ſie im An-
fang deß Cycli geweſen/ nach außgang deſſelben Cycli wiederumb zuſammen
kommen ſolten. Vnd hat man vornemlich den Cyclum decennovennalem o-
der Enneadecaëtetida das iſt den Nennzehn Jaͤrigen Ztrckel fuͤr den beſten er-
achtet/ alſo das/ Zum Exempel/ wenn heute vmb 12 zu Mittage ein New Mond
oder Conjunctio ☉ \& ☽ entſtuͤnde an dieſem oder jenem Ort deß Himmels/
gerad vber Neunzehn Jahr eben auch an dieſem Tage vnd eben auch zu Mit-
tage ein New Mond amſelben Ort deß Himmels entſtehen wuͤrde. Ein ſolchen
Neunzehn Jaͤhrigen Cyclum hat erſt Meton erfunden: Doch iſt der Chri-
ſten Neunzehn Jaͤhriger Cyclus nicht eben der Metoniſche. Denn (das ich
anderer drey vnterſcheid geſchweige) der Metoniſche helt in ſich 6940 Tage/
der Chriſten aber 6. ſtunden weniger/ denn dieſe haben allwege deß Julii Cæſa-
ris
Sonnen Jahren gebraucht/ deren jegliches macht 365 Tage vnd 6 ſtunden/
vnd alſo Neunzehn Jahr machen 6939 Tage vnd Achtzehn ſtunden. Der er-
ſte/ ſo vnder den Chriſten ein Cyclum decennovennalem gemacht/ iſt geweſen
Anatolius Biſchoff zu Alexandria/ welcher das erſte Jahr ſeines erſten Cycli
angefangen mit dem erſten Jahr deß Keyſers Diocletiani, deß aller grewlich-
ſten Chriſten Verfolgers/ daß iſt das Jahr Chriſti 285. von welchem Jahr
faſt 300 Jahr hernacher die Chriſten tanquam ab æra Martyrum jre Jahr ge-
rechnet/ eh denn ſie dieſelben von der Geburt Chriſti zurechnen angefangen. Vñ
dieſen anfang dieſes erſten Cycli hat man nachmals nicht verendert/ ſondern
alle andere Cyclos nach demſelben zuruͤck vnd vorwerts geordnet: So das man
ſagen kan/ das erſte Jahr Chriſti ſey geweſen das ander Jahr eines ſolchen
Nennzehnjaͤhrigen Cycli. Es haben darnach Cyrillus, Theophilus, Victori-
nus
vnd endlich Dionyſius jhre Cyclos publiciret. Dieſer Dionyſius, welcher
200 Jahr nachm Concilio Niceno ſeinen Cyclum geſchrieben/ hat wol geſe-
hen/ dz ſchon damals die gemachten Rechnungen deß Concilii nicht juſt mit
dem waren Lauff deß Himmels vbereinſtimten/ Aber er hat ſtill dazu geſchwie-
gen/ weil er alle vnd jede Satzungen deſſelben Concilii viel heiliger hielte/ als das
man etwas dawider reden ſolte. Dahero iſts nachmals kommen/ das mit der
zeit weder die guͤldne Zahl mit den New Monden noch der 21 Martii mit der
Tag vnd Nacht vergleichung ſich gereimet. Denn vors erſte (damit wir nun
neher zun ſachen ſchreiten) das Iulianiſche Jahr/ deſſen man ſich in der gantzen
A ijChri-
[] Chriſtenheit biß auff Babſt Gregorium XIII. gebraucht/ helt 365 Tage vnd
6 ſtunden/ weil Iulius Cæſar vermeinet/ das innerhalb dieſer zeit die Sonne per-
fect
jhren Lauff durch die 12 Himliſchen Zeichen verrichte: Sie koͤmpt aber
in warheit etwas eh heruͤmb/ ohn gefehr 11 min. vnd alſo da zum Exempel zun
zeiten deß Niceniſchen Concilii Anno Chriſti 335 den 21 Martii die Sonn in
den Wieder getretten were recht zu Mittage/ keme ſie vbers Jahr an denſelben
Ort deß Himmels 11 min. fruͤer/ vber 2 Jahr 22 min. fruͤer/ vnd vber 5 Jahr
faſt eine ſtunde fruͤer/ vnd alſo ohn gefehr vber 130 Jahr ein gantzen Tag fruͤer/
wuͤrde demnach nicht den 21 ſondern ſchon den 20 Martii tag vnd nacht gleich
ſein: Zun zeiten Dionyſii, deſſen ich zuvor gedacht/ ſchon den 19 Martii, vnd
zu vnſern zeiten den 11 ja viel mehr den 10 Martij deß alten oder Iulianiſchen
Kalenders. Wenn nun ein Volliecht zwiſchen dem 10 vnd 21 Martij altes Ka-
lenders einfellet/ ob gleich daſſelbe der ware terminus Paſchalis iſt wie droben
erkleret (weil es das nechſte nach dem Æquinoctio oder Tag vnd Nacht gleich)
ſo hatmans doch nicht fuͤr das ware Oſterliche Volliecht gehalten ſondern ein
anders erwartet welches nach dem 21 Martij (vber 4 wochen hernach) folgen
muſſe. Vnd alſo feyret der alte Kalender offtmals aus dieſer einigen vrſach die
Oſtern 4 Wochen zu ſpet.


Vors ander menget ſich auch ein die Anticipatio Lunaris, Es ſolte der
Mond wiederuͤmb zu der Sonnen kom̃en eben an denſelben Ort/ eben auff den
Tag vnd die ſtunde/ da ſie fuͤr 19 Jahren zuſammen geweſen. Aber es geſchicht
faſt anderthalb ſtunde fruͤer: Vnd alſo koͤmpt der Mond in zween Cyclis faſt 3
ſtunden/ in 4 Cyclis faſt 6 ſtunden vnd in 16 Cyclis das iſt in 304 Jahren faſt
einen gantzen Tag fruͤer als man anfenglich gemeinet. Es iſt der Kirchen Ka-
lender/ welchem man das Calendarium Eccleſiaſticum Nicenum nennet/ al-
ſo geordnet das wenn man weiß was fuͤr ein Jahr eines Neunzehn Jaͤhrigen
Cycli verhanden/ koͤnne man durch die Zahl deſſelben Jahrs (welche nichts
anders iſt als die guͤldne Zahl) nicht allein den Tag deß Oſterlichen New-
monds ſondern auch aller andern New Monden durchs gantze Jahr drinn fin-
den. Zum Exempel/ Jm erſten Jahr eines Cycli, das iſt da die guͤldne Zahl
1 were/ beſiehet man wo im ſelben Calendario die Zahl 1 zu finden: Denn an
welchen Tagen ſie befunden wird/ an denſelben tagen ſol allwege ein Newer-
mond einfallen. Alſo im andern Jahr deß Cycli ſucht man an welchen Tagen
die Guͤldne Zahl 2 gefunden wird: Jm dritten Jahr die Zahl 3/ vnd ſo fortan.
Vnter allen aber denſelben New Monden ſol nur der jenige der erſte oder Oſter-
liche Mond ſein/ welches Voll Mond oder vierzehender Tag in den 21 Martii
(an welchem/ wie geſagt/ das Concilium Nicenum ſtets Tag vnnd Nacht
gleich
[] gleich zu ſein vermeinet hat) oder nechſt hernach einfellet. Was geſchicht a-
ber? Wenn etliche hundert Jahr nachm Concilio Niceno etwan die guͤldne
Zahl an dieſem oder jenem Tage ein Newen Mond anzeigt/ ſo iſt in warheit den
Tag der Mond ſchon etliche tage alt/ daruͤmb das/ wie kurtz zuvor geſagt/ die guͤl-
dne Zahl alle 19 Jahr faſt vmb anderthalb ſtunden vnd alſo alle 304 Jahr faſt
ein gantzen Tag zu langſam koͤmpt. Was aber bey den New Monden geſchicht/
das geſchicht auch bey den Voll Monden. Zum Exempel diß 1614 Jahr iſt
das Letzte oder neunzehnde deß Cycli Iunaris, vnd hat alſo die guͤldne Zahl 19:
Die zeiget im Calendario Niceno den Oſterlichen New Mond nachm alten
Kalender den 4 Aprilis vnnd alſo den Voll Mond den 17 Aprilis an einem
Sontage/ da doch in warheit der New Mond ſchon den 30 Martii vnd der Voll
Mond ſchon den 14 Aprilis eingefallen. Derowegen der Oſtertag aus dieſer
vrſachen den nechſtfolgenden Sontag nemlich den 17 vnd nicht den 24 April.
hette ſolt gefeyret werden. Hie ſiehet man nun waruͤmb diß 1614 Jahr die
alten Oſtern 5 Wochen ſpeter als die newen gekommen: Nemlich vors erſte hat
man das volle Liecht/ welchs den 15 (oder nach anzeigung der guͤldnen Zahl
den 18) Martii altes Kalenders eingefallen/ aus obangezogenen ſchlechten vr-
ſachen (weil es fuͤrm 21 Martii eingefallen) nicht fuͤr das rechte Oſterliche ge-
gehalten/ ſondern ein anders erwartet welchs 4 Wochen hernacher gekommen:
Zum andern/ weil die guͤldne Zahl daſſelbe vermeinte volle Liecht felſchlich auff
einen Sontag gelegt/ daher/ auff das man nicht mit den Juͤden zugleich Oſtern
hielte/ das Feſt noch 8 Tag lenger verſchoben worden. Das es aber Anno
1615 in beyden Kalendern zugleich koͤmpt/ iſt die vrſach erſtlich das nachm al-
ten Kalender kein Voll Mond zwiſchen dem 10 vnd 21 Martii einfellet/ ſondern
einer den 5 (nachm newen den 15) Martii der ander den 3 (nachm newen den
13) Aprilis: vnd dieſer letzte/ weil er nach beyden Kalendern der nechſte nachm
21 Martii iſt/ wird von beyden Kalendern fuͤr den Terminum Paſchalem ge-
halten/ ſo das man den nachfolgenden Sontag) nachm alten Kalender den 9
nachm newen den 10 Aprilis) Oſtern halten mag: Zum andern/ fellet der wa-
re terminus Paſchalis an einem Montage ein/ daruͤmb ob gleich die guͤldne
Zahl denſelben terminum 3 oder 4 Tage ſpeter anzeigt/ bleibt ſie gleichwol in
derſelbigen Wochen/ ſo das ſie nachfolgenden Sontag zugleich mit dem New-
en Kalender die Oſtern legen kan.


Hierauß iſt nun offenbahr/ das die Oſtern des Newen Kalenders nicht/
wie etliche ſich befuͤrchtet/ zu zeitig geſetzt/ ſondern gar recht nach der meinung
des Niceniſchen Concilii. Diß ſchreib ich nicht zu dem ende als ob ich den
Papiſten heuchele: Sondern nur zum bericht/ das zu dieſer vnſerer zeit die O-
A iijſtern
[] ſtern des Newen Kalenders weit richtiger gelegt werden als die Oſtern des Al-
ten Kalenders. Sonſten weiß ich neben andern Aſtronomis gar wol/ das der
Newe Kalender den Namen Calendarii Perpetui, den jhm der Bapſt gege-
ben/ nicht mit recht vertreten kan: Davon aber hie nicht zeit zu reden. Jch het-
te auch wol etlichen Liebhabern dieſer ſpeculirnng ſollen art vnd wege anzeigẽ/
wie man auff alle Jahr die Oſtern ſambt andern drauff gegruͤndteten Feſten
vnd zeiten/ als Faſtnacht/ Himmelfarth/ Pfingſten/ auff beyde Kalender leicht-
lich außrechnen koͤnne: Aber es wuͤrde dißmal zu weitleufftig/ Sie wollen ſich
biß wils Gott vber 2 Jahr gedulden/ da die Oſtern Anno 1617 wiederuͤmb 5
Wochen von einander ſcheiden werden. Muß nun zu meinem andern Propo-
ſito
ſchreiten.


II.
Ein ander
EpiſodionvomEmbolismooder Legung des
Einkoͤmlings/ vnd woher es komme das die Calenderſchreiber

in benennung der Monſcheine bißweilen nicht vbereinſtim̃en.


VRſach dieſes Cap. hab ich im anfang deß vorhergehenden angezeigt. Ha-
be zwar vom Embolismo etwas berichtet im erſten Cap. des Progn. auffs
1612 Jahr/ aber nicht alles was zu wiſſen von noͤten.


Bey den Aſtronomis findet man vornemlich zweyerley art Jahre: Son
nen Jahr vnd Monden Jahr. Ein Sonnen Jahr iſt eine zeit/ darinn die Sonn
die 12 Himliſche Zeichen durchleufft/ welchs geſchicht in 365 tagen vnd faſt 6
ſtunden: Ein Monden Jahr iſt/ darinn 12 Iunationes oder Monſcheine voll-
koͤmlich mit allen Quartieren zum end lauffen/ welchs geſchicht in 354 Tagen
vnd faſt 9 ſtunden. Alſo iſt ein Monden Jahr 11 Tage kuͤrtzer denn ein Son-
nen Jahr: Vnd alſo kommen die New Monden vnd andere Quartiere jmmer
in etwan einem Jahr 11 Tage fruͤer als im vorhergehenden Jahre. Als da
wir Anno 1614 ein newen Mond gehabt zum Exempel den 10 Martii/ werden
wir auffs folgende Jahr einen haben den 27 Februar. nemlich 11 Tage fruͤer.
Dieſe 11 tage heiſſet man epacten, vnd ſamlet ſie von etlichen Jahren auff biß
ſie einen menſem æquabilem nemlich 30 Tage oder druͤber machen: Als dan
wirfft man 30 davon abe/ vnd behelt nur den Reſt/ zu welchen ſamlet man aber-
mal folgende Jahr jhre Epacten oder 11 Tage auff/ biß abermal 30 oder druͤ-
ber werden etc. folgender weiſe: 11. 22. 3. 14. 25. 6. 17. 28. 9. 20. 1. 12. 23
4. 15. 26. 7. 18. 29. An ſtat aber der abgeworffenen 30 Tage leget man einen
Monſchein ohne Nahmen/ welchen man Embolimum einen frembdling (der
von
[] von keinem Monat/ wie die andern Monſcheine/ benennet wird) oder Einkoͤm-
ling nennet. Vnd ſolchs geſchicht daruͤmb/ damit man die Monſchein wieder-
uͤmb hemme vnd an jhre ſtellen bringe: Denn da zum exempel Anno 1615 der
Newe Hornungſchein novilunium Februarium, entſtehet den 29 Ianuarii
newes Kalenders/ koͤmpt derſelbe folgends Jahr ſchon den 18 vnd Anno 1617
ſchon den 7 Ianuarii/ Anno 1618 wuͤrd der Hornungſchein in den Dec. des
vorgehenden 1617 Jahrs gerathen/ ja endlich wuͤrden viel groͤſſere abſurda
draus folgen wo man nicht einen Einkoͤmling legete. Hie mercke man den vn-
terſcheid der Nahmen/ Embolimus, Embolismus vnd Embolimæus: Embo-
limus
iſt der Einkoͤmling oder eingeſchobene Mond ſelber/ Embolismus eſt
actio
die einſchiebung oder legung deſſelben Monden/ Embolimæus heiſt das
Jahr in welchs ein Embolimus einkoͤmpt oder eingeſchoben wird/ vnd hat daſ-
ſelbe Jahr nicht 12 ſondern 13 Newe oder Volle Monden. Es ſtimmen aber
die Aſtronomi mit dem Embolismo nicht vberein. Die Alten haben eine Re-
gel vorgeſchrieben: In quo completur, menſi Iunario detur. Das haben
nach langer zeit die nachkommen alſo verſtanden: Jn welchem Monat ein
Monſchein ſich gantz endet/ ſo das drauff ein Newer Mond einfellet/ nach dem-
ſelben Monat ſol man den geendeten Monſchein benennen. Als/ weil der Mon-
ſchein/ ſo Anno 1614 den 30 Decemb. entſtehet/ zum ende leufft im folgenden
Januario (Anno 1615) ſolle man dieſen Monſchein den Jennerſchein nen-
nen. Wenn aber zween Monſchein in einem Monate ſich endeten/ das iſt weñ
zwey Newe Liecht in einem Monat moͤchten fallen/ als Anno 1614 in den De-
cemb.
ſo ſol der Monſchein/ der mit allen ſeinen Quartieren gantz in demſelben
Monat enthalten/ ein Einkoͤmling genant werden. Die Newen Aſtronomi a-
ber verſtehn in obgedachtem Verß das wort Completur viel anderſt/ nemlich:
Jn welchem Monat ein Monſchein Voll wird/ das iſt/ ſein volles Liecht er-
langt/ nach demſelben Monat ſol er benennet werden: Wenn aber zween Voll-
Mond in einen Monat treffen/ ſol der hinderſte mit ſeinen andern Quartieren
ein Einkoͤmling ſein. Daher koͤmpts nun das die Calenderſchreiber bißweilen
nicht vbereinſtimmen. Was mich anlanget/ halt ichs zwar mit der letzten mei-
nung tanquam latiniori: tunc enim luna compleri dicitur, quando plena
eſt aut quando complet orbem ſuum:
Wie ich dann in meinem erſten Ka-
lender/ Anno 1609/ allezeit die Monſchein benennet nach denſelben Monaten/
in welchen jhre Voll Monde fallen: Weil ich aber ſahe das viel Leute dadurch
geergert worden/ hab ich muͤſſen nachmals bey der alten Geigen bleiben/ mit H.
D. Herlicio, Radzken/ vnd andern. Jedoch koͤmpt D. Herlicius mit vns an-
dern in dem nicht vberein/ das er/ ob er gleich in ſeinem Preußiſchen Calender
den
[] den newen Kalender vor vnd den alten hernach ſetzet/ dennoch die Monſcheine
nicht nachm newen ſondern ſtets nach dem alten Kalender einrichtet vnd be-
nennet. Alſo iſt jhme der new Mond ſo Anno 1614 den 10 Jan. newes Kal.
einfellet/ Jennerſchein/ weil ſein letztes Quart. ſich noch im alten Ianuar. endet/
vns andern iſt derſelbe Newmond Hornungſch. dann er endet ſich im newen
Febr. Folgender Newmond iſt D. Herlicio Hornungſchein/ vns andern Mertz
ſchein: Vnd alſo fort biß in den Dec. da der erſte Newmond D. Herlicio
Chriſtſchein iſt/ weil er ſich im alten Chriſtmonat endet/ vns andern iſt er ein
Einkoͤmling/ weil beydes ſein vnd auch vorhergehendes Monſcheins ende in ei-
nen Monat fellet. Vnd alſo ſind Anni Embolimæi D. Herlicio das 1604
1605 8. 11. 13: Vns andern das 1604. 1606. 9. 12. 14. Jahr. Jch hette
zwar erſtlich vermeinet/ H. D. Herlicius richtete ſich nach den Voll Monden
der Gregorianiſchen Monaten vnd nach der newen außlegung des worts Com-
pleri:
Aber nachmals bin ich innen worden/ das er mit benennung der Mon-
den auch in den Newen Kalendern ſchlechts auff den alten Computum ſehe.


Noch iſt ein andere meinung Einkoͤmlinge zu legen/ von welcher ich
Anno 1612. gemeldet: Aber beſſer wer es/ wenn man darinnen gantz vber ein-
ſtimmete/ welchs leicht geſchehen koͤnte/ wenn wir die Embolismos nicht alſo
durch alle Monate vagiren lieſſen (denn bald haben wir nachm newen Kalen-
der einen Einkoͤmlig im Ianuario, als Anno 1604. Bald im Octobri, als
Anno 1606. Bald im Iulio, Anno 1609. Bald im Majo 1612. Bald
im Decemb. 1614. etc.) Sondern folgten hierinnen dem Embolismo aller
alten Voͤlcker/ wie auch der erſten Kirchen. Es haben die Juͤden vnd Griechen
vnd andere Voͤlcker/ wie auch die Chriſten/ jre Einkoͤmlinge gelegt allezeit am
Ende jhrer Monden Jahre/ wie ſolchs gnugſam darthut Joſephus Scaliger in
opere de Emend. Temp.
Der alten Chriſten Monden Jahr/ welchs annus
Eccleſiaſticus
genant ward/ hatte ſeinen anfang zugleich mit dem Juͤdiſchen
Kirchen Jahre/ nemlich vom New Monden Niſan, welchen GOTT der Herr
zum erſten Monat eingeſetzt Exodi 12 an welches 14. tage oder Vollen Mond
das Juͤdiſche Volck vnd die allererſten Chriſten Jaͤhrlich jhre Oſtern gehalten.
Der New Mond Niſan aber war der/ welcher dem Æquinoctio Verno zum
nechſten war/ wie ich im anfang des vorigen Capitels gedacht vnd deſſen Voll-
Mond entweder ins Æquinoctium oder zu nechſt hernach einfiele: Derhalben
fing das alte Kirchen Jahr im Fruͤling an vnd muſte ſich auch im Fruͤling en-
den mit dem letzten Juͤdiſchen Monden Adar. Wen ſichs aber zutrug/ das nach
ende der 12. Monſch eine ein Newer Mond entſtuͤnde/ deſſen Voll Mond noch
fuͤrm Æquinoctio einfiel/ der ward noch nicht fuͤr den Oſter Mond ſondern fuͤr
ein
[] ein Einkoͤmling gehalten. Vnd dieſe art des Embolismi helt ſteiff vnd feſt Herr
Barthol, Scultetus ein alter Vornehmer Mathematicus, jtzo zu Goͤrlitz/ Jn
welches Kalend. man nirgends denn nur fuͤr dem Oſtermond die Einkoͤmlinge
finden wird. Wenn wir andern Kalenderſchreiber dieſe art auch annehmen
moͤchten/ wuͤrde weder die Benennung der Monſcheine noch das Jahr vnd der
Monat des Einkoͤmlings zwiſtig ſein.


Diß ſchreib ich nicht andern Aſtrologis zum præjudicio, das ich jh-
nen etwas gebieten oder vorſchreiben woͤlle oder auch koͤnte/ ſondern nur als ein
vorſchlag zur beſtendigen einigkeit. Vermoͤge dieſer art were das 1615. Jahr
ein Embolimæus, vnd der New Mond ſo den 27. Febr. newes Kalenders ein-
fallen wird/ were Embolimon, ſintemal Anno 1614: Der erſte New Mond
des Kirchen Jahres eingefallen den 10. Martij, der ander der 9. Aprilis, der
dritte den 8. Maij etc. der zwoͤlffte Anno 1615 den 29. Januar. Der dreyze-
hende den 27. Febr. kan noch nicht der Oſter Mond oder der erſte Tag deß fol-
gendẽ Kirchen Jahres ſein/ weil ſein Voll Mond noch fuͤr der Tag vñ Nacht ver-
gleichung einfellet/ derhalben were er ein Einkoͤmmling vnd der folgende den 29
Martii were (wie er dan auch iſt) der rechte Oſtermond vnd anfang des newẽ
Kirchen Jahres. Er wird April Mond genandt/ weil ſein Voll Mond in den
April fellet: Alſo den 27 April Mey Mond: den 27 Maij Brachmond etc.
Wie diß genus embolismi andern gefallen moͤge/ werden wir auffs Jahr wils
Gott hoͤren.



Aus dem Prognoſtico des 1616.
Jahres.


I.
Wie es doch jmmermehr komme/ das die Calenderſchrei-
ber/ ob ſie gleich jhr allerbeſtes thun/ dennoch im Gewitter ſo offt vnnd

ſehr fehlen: Da ſie doch mit benennung der Monſcheine/ Finſter-
niſſe etc. in der zeit ſo juſt zutreffen?


BAntwort:
[]

ANtwort: Daher koͤmpts/ das die Monſcheine/ Fin-
ſterniſſe/ ſampt dem gantzen lauff der Sternen/ bloß vnd allein vom Him-
mel herruͤhret/ deſſen Natur vnwandelbar/ ſein lauff vnverhindert/ gleich
foͤrmig/ ſtandthafftig/ ſo das ein richtige rechnung hie nicht fehlen kan. Das
Gewitter aber ruͤhret nicht allein vom Himmel her (wie etliche ſich einbilden)
ſondern auch vom Erdboden ſelber. Es hat der Erdboden innerhalb ſeinem
Coͤrper/ wie nicht allein die Phyſica, ſondern auch die Erfahrung probiret, ſei-
ne Feuchtigkeiten vnd andere materien/ die ſie durch antrieb der Himliſchen
Coͤrper von ſich ſchwitzt/ vnd dadurch materiam gibt zu Nebel/ Winden/ Re-
gen/ Donner etc. Nun iſt auch dieſes gewiß/ das der Erdboden nicht in allen
Landen/ ja auch in einem Lande nicht in allen Staͤdten oder Flecken/ oder auch
an einem gewiſſen ort nicht zu jederzeit/ gleich qualificiret. Alſo geſchichts offt
das eine Conſtellation oder Himliſche vrſach verhanden/ eine materi zu Re-
gen ꝛc. heraus zu locken/ oder da die materia allbereits erhaben/ dieſelbe außzu-
drucken/ aber es fehlet an der Materia ſelbs/ vnd iſt nicht deß Himmels ſchuldt/
auch nicht deß Calenderſchreibers. Was hilffts/ das einer ein gut Fewer ma-
chen wolte/ vnd wer kein holtz oder andere brennende materia verhanden? Jch
mein ja/ das heiſt: aſtra inclinant, non neceßitant. Wenn ein Calender-
ſchreiber die Auff vnd Vndergaͤng der Sternen/ die Aſpectus der Planeten vnd
andere zur Witterung gehoͤrige ſachen wol in acht hat/ vnd aus denſelben ent-
weder nach der erfahrung oder den Aſtrologiſchen Regeln (die doch grewlich
fehlen/ ohn zweiffel eben aus obgemeldten vnnd auch andern vrſachen) ſeine
muhtmaſſung macht/ ſo hat er das ſeine gethan/ es treffe das Wetter ein oder
nicht.


Hat derwegen D. Herlicius keine vrſach ſich alſo hefftig zu entruͤſten/ das
ich (mit gnugſamer ehrerbietung) geſchrieben/ es fehle ſeine Witterung eben
ſo wol als die meine/ es ſey dann ſach das er fuͤr Gottes heimlichen Raht wil
angeſehen ſein. Aber hievon an ſeinem ort.


II.
Ob das Gewitter eines vorſtehenden Jahrs aus den
Zwelfften/ wie der gemeine Mann redet/ das iſt aus den 12. Tagen

vnd Nachten vom Chriſttage anzufangen/ koͤnne erlernet
werden?


DJeſe einbildung iſt bey den Bawren ſo ſtarck eingewurtzelt/ das ſie auch
nicht anderſt meinen/ als machen wir die Calender in den zwelfften. Das
Funda-
[]Fundament, darauff dieſe Wetterdeutung gebawet/ iſt das der Chriſtag den
Jenner/ S. Stephans tag den Hornung/ der dritte feyertag den Mertz vnd ſo
fortan die folgende tage ein jeglicher nach der ordnung die folgenden Monat
bedeute/


Vnd wie es wittert an jeglichem Tag

Alſo ſol es wittern/ als ich dir ſag/

An ſeinem Monat der jhm zugehoͤrt

Welchs folgend gantz klaͤrlich wird geſpoͤrt etc.

Wie die gemeinen verß lauten. Aber wie ſich die verße reimen/ ſo reimen
ſich auch die 12. tage zu den 12. Monaten. Es iſt hie keine analogia Phyſica
oder Natuͤrliche correſpodenz, ſondern bloſſe Arithmetica, das die zahl 12.
mit einander verglichen wird. Da heiſts: Quantitatum nulla eſt efficacia.
Ob jemand vielleicht meinen wolte/ es hetten dieſe 12. tage mit den principiis
fignorum Zodiaci,
oder principiis menſium ſive lunarium ſive civilium et-
wan ein ſonderlich verbuͤndnuͤß/ der wird jrren: Denn zum exempel der Chriſt-
tag/ das iſt der 25. Decembris, iſt nicht der anfang des Sonnen Monats ♑
(welches der 22. Decemb. iſt) viel weniger der anfang des Monats Ianuarii,
ſelten aber/ vnd kaum in 19. Jaren einmal/ der anfang eines newen Monden/
vnd da der Chriſttag gleich im anfang etwan eines Monſcheins oder Monats
etc. were/ ſo wuͤrden doch die andern 11. tage die eigenſchafft nicht haben. Vnd
da ſie dieſelbe gleich hetten/ ſo were doch noch keine gnugſame conſequentz
des gewitters/ ſo wenig als man ſonſt außm tage eines Newen Liechtes von
des gantzen Monſcheins witterung was gewiſſes ſchlieſſen kan. Jch frage aber
die jenigen/ ſo auff die zwelfften viel halten/ wenn es auff den New Jahrstag
ſchneyete/ ob dergleichen auch im Auguſto zugewarten wer? So ſie antworten/
an ſtat des ſchnees muͤſte man im Auguſto regen vermuten/ kuͤndt ichs leicht
gleuben/ ſintemal ſelten ein gantzer Sommer Monat ohne Regen ableufft.


III.
Ob man dan auch nicht auß den Hoͤrnern des zu oder
abnemenden Mondes vom gewitter der nachfolgenden

tage was vrtheilen koͤnne?


JA freylich: doch mit vnterſcheidt. Denn es pflegen die Landleute des
Monds Hoͤrner auff zweyerley Manier zu betrachten. Etliche ſprechen
alſo: Die Hoͤrner ſind ſpitzig/ Es wird ſchoͤn Wetter dieſe Tage ſein: Oder/ die
B ijHoͤrner
[] Hoͤrner ſind ſtumpff/ wir werden Wind oder Regen etc. haben. Dieſe Muht-
maſſung iſt recht vnd gut/ denn ſie hat jhre Natuͤrliche vrſachen. Die ſpitzigen
Hoͤrner ſind ein Zeichen einer reinen klaren Lufft/ durch welche Lufft man deß
Monds geſtalt recht wie ſie von Natur vns ſcheinen ſol/ anſchawet. Die ſtum-
pffen Hoͤrner ſind ein Zeichen einer vnreinen Lufft/ in welche ſich nemblich aus
der Erden viel duͤnſte empor gezogen/ durch welche wir deß Monds geſtalt nicht
ſo eigentlich anſchawen/ oder auch die euſſerſten Spitzen der Hoͤrner erkennen
koͤnnen/ (denn die Hoͤrner ſind in einerley Alter des ☽ an ſich ſelbs nicht einen
Monat ſpitziger als den andern/ ſondern die vnreinen Duͤnſte/ ſo in der Lufft
zwiſchen dem Mond vnd vnſerm Geſicht ſchweben/ benehmen vns die Klarheit
der Lufft/ das wir die euſſerſten ſpitzen nicht ſehen koͤnnen.) Aus ſolchen Duͤn-
ſten/ wie in Phyſicis gelehrt wird/ entſteheu darnach Winde/ Nebel oder andere
Feuchtigkeiten. Derhalben/ ſag ich/ iſt etlicher Landleute meinung/ die alſo vr-
theilen/ nicht zuverwerffen.


Etliche aber ſprechen alſo: Der Mond hat die Hoͤrner vber oder vnder
ſich gekehret/ derhalben werden wir ein ſolch oder ſolch Wetter haben. Dieſe
meinung hat keinen Grundt/ Denn das wiſſen die Aſtronomi, wenn der zu oder
abnehmende Mond vorm erſten vnd nachm letzten Quartier/ in nonageſimo
gradu
iſt/ (Das iſt/ gerad in der mitte zwiſchen dem damals auffgehenden vnd
vndergehenden Punct deß Planetenzirckels) ſtehn ſeine Hoͤrner beyde gleich
zun ſeiten auß/ das ſie nicht im geringſtẽ weder vnder oder vberſich gekehret ſind.
Eh denn aber der Mond den nonageſimum gradum erreicht/ wendet er alle-
zeit von Natur die Hoͤrner im zunehmenden Liecht vnder ſich/ im abnehmenden
vber ſich: Wenn er aber ſchon denſelben grad vberſchritten/ wendet er ſie im zu-
nehmenden Liecht vberſich/ im abnehmenden vnter ſich: vnd iſt die Wendung
im Lentz vnd Herbſt groͤſſer/ im Sommer vnd Winter kleiner: Welchs die je-
nigen/ ſo der Aſtronomiæ nicht kuͤndig/ nicht verſtehen koͤnnen/ ſondern meinen
das es eine ſonderliche verenderung der lufft bedeute.


IV.
Ob man aus einem Themate oder Himmels Figur/ die
man auff den Eintrit der ☉ in den ♈ ſtellet/ mit grunde von deß gan-

tzen Fruͤhlings/ ja/ wie etliche thun/ von deß gantzen Jahrs eigenſchafft
vrtheilen/ daneben auch einen oder 2 Planeten zu
Regenten deß gantzen Jahrs beſtellen
koͤnne?


Dieſe
[]

DJeſe frage hab ich offtmals in meinen Prognoſticis angeſtochen/ aber
nie klerlich reſolviret. Damit nun die ſach recht verſtanden werde/ ſol
man wiſſen/ das die Aſtrologi auff die Stund vnd Minut/ an dem die Sonn
in den ♈ tritt/ eine ſolche Himmelsfigur auffſtellen/ als man pflegt auff eines
Menſchen Nativitet auffzuſtellen/ vnd vrtheilen aus derſelben Figur von Ei-
genſchafft deß gantzen Jahrs/ oder ja zum wenigſten von der Eigenſchafft deß
Lentzen/ gleich wie ſie ſonſt ex themate Nativitatis von eines Menſchen tempe-
rament \&c.
zu vrtheilen pflegen: Jtem/ welcher Planet in derſelben Fruͤhlings
Figur nach jhren Regeln ſecundum dignitates \&c. am ſterckſten befunden
wird/ denſelben erkennen ſie fuͤr einen Herren oder Regenten deſſelben Jahrs/
alſo das nach deſſen Planeten Natur das gantze Jahr ſich ſchicken werde: Jſt
etwa ein ander Planet jhm an ſtercke faſt zuvergleichen/ denſelben erkennen ſie
fuͤr deß andern Mitgehuͤlffen/ vnd verkuͤndigen ein temperirtes Jahr nach die-
ſer zweyer Natur. Das Fundament vnd vrſach/ worauff dieſes jhr vrtheil be-
ruhet/ iſt/ das daß jahr nach dem Menſchlichen leben vergliechen wird/ ſo das
der Lentz die Jugendt/ der Sommer vnd Herbſt dem Maͤnnlichen Alter/ der
Winter den letzten Alter gleich ſey/ Derhalben koͤnne man aus dem erſten tage
vnd minut deß Jahrs (welchs die Aſtronomi mit dem Lentz anfahen) eben-
meſſig vom Temperament deß Jahrs prognoſticiren, als außm erſten tag
vnd ſtund deß newgebornen Menſchen von deſſelben Temperament \&c.


Nun laſſet vns diß fundament betrachten. Omne ſimile eſt etiam diſ-
ſimile.
Deß Menſchen leben ſehet außerhalb Mutter Leib an realiter, na-
tuͤrlich/ vnd in der warheit: Das Jahr aber/ welchs eigentlich eine zeit iſt/ hat
natuͤrlich vnd an ſich ſelbs kein ander anfang noch ende/ als welchs jhm die
Menſchen nach jhrem gutduͤncken haben zugeeignet/ nicht anders als ein Zirck-
elriß an ſich ſelbs weder anfang noch ende hat. Alſo fahen die Aſtronomi
zwar das Jahr an im Fruͤhling/ die Roͤmer vnd alle Weltliche Leute im Win-
ter/ die Juͤden vnd andere im Herbſt/ die alten Griechen im Sommer. Vnd
diß iſt der erſte vnterſcheidt zwiſchen dem Menſchen vnd einem Jahr. Vors an-
der: Der gantze Menſch wird zugleich mit allen ſeinen gliedmaſſen auff einmal
gebohren/ das Jahr aber nicht alſo: dan wan die Sonn in den ♈ tritt/ ſo iſt
lang noch nicht der gantze Lentz geſchweig dan das Jahr vorhanden/ vnd wan
der Sommer antritt/ ſo iſt der Lentz wieder vergangen etc. Derhalben ſo bald
der Menſch in dieſe Lufft gebohren wird/ ſo werden auch ſeinen gliedmaſſen die
Kraͤffte des Himmels eingedruckt/ daher er (cæteris paribus) ſein tempera-
ment
erlanget: Den Jahres zeiten aber kan ſolchs nicht auff ein mal wieder-
fahren/ weil ſie nicht auff einmal alle verhanden. Zum dritten: Der Menſch iſt
B iijein
[] ein Natuͤrlicher ſelbsſtendiger Coͤrper/ in welchen der Himmel ſeine wirckung
ausgießen kan: Die zeit aber iſt nur ein accidens. Aber ich weiß was man hier-
auff einwenden kan/ Nemlich daß das Thema oder die Nativitet nicht geſtellet
werde der zeit vnd dem Jahr/ ſondern der Lufft vnd dem Erdboden/ welche Lufft
vnd Erdboden beyde natuͤrliche Coͤrper ſind vnd alle Jahr gleichſam von newen
gebohren werden: Vnd gleich wie die Finſterniſſe vnd andere ſtarcke Aſpecten
jhre wirckung tieff vnd weit/ der Zeit nach erſtrecken/ Alſo koͤnne auch die obge-
melte Configuration des Himmels jhre wirckung das gantze Jahr uͤber ſpuͤren
laſſen. Dieſe meinung moͤcht paßieren/ wenn die wiedergeburt der Lufft vnd deß
Erdbodens eben juſt vnd gentzlich auff den Tag vnd Stund/ da die Sonn in den
♈ tritt/ ſich begebe/ vnd das man alsdann aus den Aſpecten/ ſo damals einfie-
len das vrtheil fellete. Aber es geſchicht beydes nicht/ Die Lufft vnd der Erd-
boden werden im Lentzen nicht auff einen Tag/ ſondern ſucceſſivè vnd gemaͤh-
lich von einem Tage zum andern wiedergeboren/ das iſt erwaͤrmet/ erweichet
vnd befeuchtiget etc. Sind auch nicht an den 20. Martii wenn die Sonn in
den ♈ tritt/ gebunden/ ſondern die Sonne verrichtet ſolchs ein Jahr fruͤher
als das andere. Finſterniſſen vnd Aſpecten belangende/ hat mich Kep-
lerus
(dem ich dißfals viel zu dancken hab) aus guten gruͤnden lengſt gelehrt/
das dieſe faſt das einige ſein/ darauff etwas in Aſtrologia zu bawen/ Aber wenn
fellet eine Finſterniß in die Jahre Nativitet? alſo das man die Finſterniß hie-
her nicht ziehen kan. Aus den Aſpecten/ ſo in derſelben Jahrs Nattvitet vorlauf-
fen/ vrtheilen ſie auch das wenigſte: das meiſte aber aus den Triplicitatibus,
Exaltationibus, Caſibus
vnd andern accidentibus Planetarum, Jtem aus
den Himliſchen Heuſern/ welches beydestheils ein hauffen ſtoppel iſt/ wie ſolchs
Keplerus in ſeinem Buch De nova Serpentarii \& Cygniſtella, Jtem in ſei-
nem Tertio Interveniente vnd anderswo gnugſam dargethan/ ich es auch wils
Gott kuͤnfftig jederman fein Deutſch fuͤr augen ſtellen wil/ obs gleich etlichen
verdrieſſen moͤcht. Kuͤrtzlich was in der Jahrs Nativitet aus den Aſpecti-
bus prognoſticirt
wird/ iſt nicht allerdings zuverwerffen/ ſo fern als ſich derſel-
ben Aſpectuum wirckungen auff etliche tage erſtrecken: Das andere alles mit-
einander/ was auff die bahn pflegt gebracht zu werden/ iſt auff lauter Truͤbſandt
gebawet. Es kan ſich offt begeben/ das der Planet/ der in der Jahrs Nativi-
tet
ſtarck vnd koͤſtlich verwaret/ vnd deßwegen zum Regenten deß Jahrs geſetzt
wird/ bald hernacher ins exilium (wie wir Aſtrologi reden) detrimentum
vnd andere Lebensgefahr gereth/ vnd das meiſte theil deß Jahrs nicht wieder/
ſi Dîs placet, zu kraͤfften vnd wolſtande kommen kan. O deß elenden Re-
genten.


Weil
[]

V.
Weil der newe Calender rechter als der alte/ warumb
dann die Landleute in beſchickung deß Ackerbawes ſich nicht nach der

newen (wie ſie reden) ſondern nach der alten zeit richten: vnd weil dieſe
jhnen bequemer als jene/ ob daraus zu argwohnen/ der ne-
we Kalender vnrechter ſey denn der alte?


DJe Ackerleute richten ſich eigentlich nach der Sonnenlauff/ ſo das ſie jh-
ren acker beginnen zu pfluͤgen/ ſeen etc. wann die Sonn an dieſem oder je-
nem ort deß Himmels jhren Curs helt. Aber weil jhnen der Sonnen lauff vn-
kuͤndig/ haben ſie aus langwiriger erfahrung die bequemſte zeit bey den heilig ta-
gen abgemerckt/ als Philippi Jacobi/ Egidij/ etliche wochen zuvor oder her-
nach/ Jtem 9. 10. 11. wochen vor Jacobi wie ſie reden/ Vnd ſolches alles/ eh
der newe Calender an tag kommen. Es ſind aber dieſe vnd dergleichen heilige
taͤge vnbeweglich/ vnd kommen alle Jahr mit einem gewiſſen grad der Sonnen
Lauff vber ein/ von dem ſie in 130. Tagen kaum einigen Tag (welchs in dieſer
ſachen nichts auff ſich hat) verruckt werden. Nach den Oſtern/ Pfingſten/
Himmelfart/ welche Feſte beweglich ſind/ vnd nicht alle Jahr auff gewiſſe Mo-
natstage kommen/ richten ſie ſich gantz nicht. Nun iſt mit verruckung des Ca-
lenders nicht zugleich der Sonnen Lauff verruckt/ ſondern der Calender iſt nicht
anders als ein verzogenes Vrwerck nach der Sonnen vnnd des Mondes Lauff
zu recht gezogen worden/ vnd ſolches nicht wegen des Ackerbaws ſondern vmb
des Oſterfeſts willen. Bleibt derwegen den Ackersleuten jhre Obſervation
vnd zeit vnverruckt/ die ſie ſo lang nach den Heiligtagen des alten Calenders
halten muͤſſen/ biß das ſie nach langwiriger Erfahrung dieſelbe zeit/ welche jh-
nen die Sonne mitbringt/ auch endlich an dem Newen Calender lernen anmer-
cken. Weren den 11. Maii vnd 11. Sept. newes Calenders Mamertus vnnd
Protus ſo bekante Namen vnd Heiligen als Philippus Jacobus vnd Ægydius,
ſo were es den Ackersleuten nicht ſchwer zu tauſchen: Aber jtzt wils jhnen
ſchwerlich ein. Hieraus iſt zu ſehen/ das man mit dem Argument, da der A-
ckerbaw fuͤglicher nachm Alten als nachm Newen Calender angeſtellet wird/
den Newen Calender nicht vmbſtoſſen koͤnne.


VI.
Was von den diebus tempeſtatum criticis zu halten/

als da es auff Medardi, Margarethæ, Apoſteltheilung etc. regnete/ werde
es gantzer 6. Wochen nacheinander regnen/ vnd dergleichen?


Es
[]

ES mus vor alten Jahren nachm alten Calender auff dergleichen Tage et-
wan ein Auff oder Vntergang eines vornemen Geſtirns eingefallen habẽ/
durch welche Auff oder Vntergaͤnge (als Plejadum, Stellarum cancri etc.)
offtmals/ wann ſonſt kein hinderung dazwiſchen koͤmt/ etliche Tage lang feucht
Wetter erreget wird. Das hat man etliche Jahr angemerckt (wenn es aber
ſchoͤn Wetter geweſen/ hat man nicht angemerckt) vnd darauß jmmer geltende
Regeln gemacht/ die doch heutigs tags ſo wol nachm alten als newen Calender
grewlich fehlen/ wie ichs dieſe Jahr hero gar wol auff gezeichnet. Derhalben
auff ſolcher tage Witterung nicht mehr zu bawen. Eben ſo triffts zu/ weñ man
auß dem erſten Herbſttage (den etliche Bartholomæi etliche Ægidij tag/ etli-
che nachm Newen etliche nachm Alten Calender/ halten) von des gantzen
Herbſts eigenſchafft ſeine rechnung macht.


VII.
Dieweil die Sonne waͤrmet nicht mit einfallenden ſon-
dern mit wieder prallenden Stralen (welche ſo viel krefftiger ſein/ ſo

viel hoͤher die Sonne iſt/) Wie es dann komme das der Sommer nicht im
Junio da der Tag am lengſten vnd die Sonn am hoͤheſten/ ſondern im Julio
vnd ein theil des Auguſti/ am waͤrmſten iſt? Jtem das es ge-
meiniglich nach Mittage biß etwan vm 2. vhr viel
waͤrmer iſt als eben zu Mittage?


DJe Erwaͤrmung geſchicht ſucceßivè nacheinander/ vnd daſſelbe wegen
der decke des Coͤrpers/ der die Waͤrm ſol an ſich nemen. Gleich wie nun
ein Ofen nicht als dan zum hitzigſten iſt/ wenn das Fewer in jhm zum hoͤheſten
flammet/ ſondern wenn das Holtz etc. zu Kohlen worden: Alſo kan auch der
Erdboden zu Mittage vnd zur zeit des lengſten Tages noch nicht ſo eine Hitze
von ſich blaſen/ als wann er eine zeitlang im Fewr der Sonnen geſtanden/ vnnd
alſo (wie Keplerus redet) alte vnd newe Erhitzung zuhauff geſamlet. Hiraus
verſtehet man nun auch


VIII.
Warumb es nicht vmb Weynachtẽ/ da die Tage am kuͤrtz-
ten vnd die Sonn am niedrigſten/ ſondern allererſt im Hor-

nung gemeiniglich am kelteſten ſey?


Nemlich an einem Ofen kan die einmal gefaſſete Waͤrm (ſonderlich am bo-
den) ſo bald nicht erſterben/ ob gleich die Kohlen ſo gantz erloͤſchen/ das biß-
weilen
[] weilen auch kein Fuͤncklein mehr darinnen zufinden: Ein gleiches iſt von dem
groſſen Backoffen der Erden zu verſtehen/ Welcher den Sommer vber inwen-
dig von der Sonnenhitz alſo durchgangen/ das er noch jmmerzu auch im ange-
henden Winter etwas Waͤrme von ſich giebt/ eh dann er ſo gantz erkalten kan.


IX.
Was dann vom Hundsſtern zu halten? Ob nicht derſel-
be durch ſeine gegenwart der Sonnen Krafft ſtercke? Daher dann

auch die hitzigſte Zeit des Sommers die Hundstage
genennet werden?


DJß iſt gar eine Weltkuͤndige meinung/ vnd hat jhre ſcheinbare documen-
ta,
ſonderlich bey den Poeten/ Als beym Ovidio:


Eſt canis, Icarium dicunt, quo ſidere moto
Tota ſitit tellus, præripiturque ſeges.
Beim Tibullo:
arentes cum findit Sirius agros:Jtem:
Et canis æſtivo torreat arva ſiti.


Dem ſey aber wie jhm wolle/ ſo iſt dieſer Stern an der groſſen hitz vnd vn-
geſundheit/ ſo bißweilen mit in den Hundstagen einfellet/ an ſich ſelbs nicht
ſchuldig. Wil hievon deß Kepleri wort (Aphor. 82. Tertii Intervenientis)
erſtlich hieher ſetzen. Die Sonne/ ſpricht er/ fehet in den Hundstagen an zu
fallen/ der Erdboden aber behelt die alte waͤrme vom Junio her/ vnd ſchlegt ſie
zu der newen/ ſo die Sonne noch alle tage/ doch je lenger je weniger verurſachet/
Da wird die Lufft von vnten auff heiß/ da iſt ſuperficies aeris hoch (verſtehe
die vnterſte lufft/ infimam regionem,) vnd biß in alle hoͤhe erhitzet/ vnnd dazu
daͤmpfig: vnd das daß ergſte/ ſo erſtirbt die hitze allgemach/ weil die Sonne be-
ginnet abzulaſſen/ vnd die hitz ſich nur allein in der Materi auffhelt/ das es alſo
in der Lufft vnd Erden/ als gleich wie in eines Menſchen Leibe/ der da erſtorben/
eine Faͤule verurſachet: daher auch letzlich die ſtinckenden Nebel kom̃en. Jtem:
es wird vmb dieſe zeit in anno tropico dieſe gelegenheit bleiben hie bey vns/
wann ſchon der Hundsſtern in einen andern Monat hinaus wandert. Biß hie-
her Keplerus. Nun wil ich auch den nahmen der Hundstage erkleren/ neben
den vrſachen/ warumb die wirckung dieſer zeit von etlichen dem Hundsſtern zu-
geſchrieben werden. Jn Egypten regnet es gar ſelten oder nimmer/ ſondern an
ſtat des Regens wird das gantze Land alle Jahr einmal durch ergieſſung deß
fluſſes Nili ſo fruchtbarlich befeuchtet/ das es gentzlich vergnuͤget/ vnd keines re-
gens mehr bedoͤrfftig. Solche ergieſſung fehet an am ende deß Iunii, vñ wechſt
Cdas
[] das Waſſer gantzer 40. tage: Deñ zur ſelben zeit ſchmiltzet aller erſt der Schnee
in montibus Lunæ auff dem hohen Gebirge im vnter Morenlande/ da der Ni-
lus
ſeinen vrſprung hat/ vnd kommen dazu die Regen/ ſo vmb dieſelbe zeit in Mo-
renlande pflegen zu fallen/ ſo das alsdann gantz Egypten vnder Waſſer ligt.
Die Staͤdte aber vnd Doͤrffer ſind auff den Hoͤhen erbawet/ da jhnẽ das Waſ-
ſer kein ſchaden zufuͤgen kan. Vnd wie das Waſſer 40. tage gewachſen/ alſo ver-
lauffen wol andere 40. tage/ ehe dann es alles wider verfellet vnd der Fluß in
ſeine alte Vfer koͤmpt. (Da jemand hie fraget/ wo denn der armen Leute Ge-
treide bleibe/ ob es nicht alles verſchwemme/ der wiſſe das die Erndt allda ſchon
im Majo verrichtet.) Sie haben auch an der hoͤhe deß Waſſers gewiſſe ab-
merckung/ ob ſie ein fruchtbares Jahr zugewarten/ oder nicht. Weil dann den
alten Egyptern an fleiſſiger warſchawung dieſer zeit viel gelegen/ als haben ſie
ſolche bey dem Lauff deß Himmels gewiß erlernet/ vnd befunden/ das ſie einfalle/
wann der groſſe Hundsſtern zugleich mit der Sonnen pflegt auffzugehen. Vnd
diß iſt die rechte vrſach/ warumb man auff dieſe tage/ welche Caniculares die
Hundstage genant worden/ ſo fleißig achtung gehabt. Nachmals haben die
Leute/ welche der Aſtronomiæ vnkuͤndig/ vermeinet/ es geſchehe ſolche ergieſ-
ſung des Nili/ wie auch die Sommerliche Hitze/ aus antrieb des Hundsſterns/
weil derſelbe die zeit zugleich mit der Sonnen auffgehet. Jſt auch endlich da-
hin kommen/ das auch die vngeſunde Lufft/ ſo bißweilen mit einfellet/ vnnd das
zu zeiten die Hunde raſend werden/ vom Hundsſtern herruͤhre. Aber wann der
Hundsſtern zur Hitze etc. was helffen ſolte/ Warumb ſolte ers nicht vielmehr
thun/ wenn er zugleich mit der Sonnen Mittag helt/ als wenn er mit jhr auff-
gehet? Denn zu Mittage ſind ja ſeine Stralen krefftiger/ vnd iſt er der Sonnen
auch neher (hoc ſeculo 39. gr. at in ortu differentia horizontalis eſt in Æ-
gypto quidem 42. circiter gr. in Borußia 52. circiter.
) Jtem wie kan der
Ortus Coſmicus des Hundsſterns/ der doch kaum 2. oder 3. Tage wehret/ ei-
ne hitze vnd bißweilen vngeſunde Lufft ſo viel Wochen lang erregen? Was hat
er fuͤr prærogativen fuͤr den Auffgaͤngen anderer groſſer Sternen? Warumb
ſchreibt man ſolchs nicht lieber dem Regulo (einem Stern ins Lewen Hertz)
zu/ der auch ein Stern der erſten groͤſſe vnd Jovialiſcher Martialiſcher Natur
iſt eben wie der Hundsſtern/ daruͤber fuͤr dieſem den vorzug hat/ das er hart an
der Sonnenſtraſſen ſtehet/ da hingegen der Hundsſtern von der Sonnen im
Mittage bey 39. gr. im Auffgang in Ortu Coſmico alhie in Preuſſen bey 52.
in Egypten bey 42. gr. abgelegen iſt? Bleibt derwegen die vrſache der Hunds-
taͤglichen hitze die jenige allein/ welche oben angezeigt.


Sol
[]

X.
Sol der Hundsſtern von der Sonnen ſo weit abgelegen
ſein? kan man jhn doch in den Hundstagen in einem becken voll

Waſſers neben der Sonnen ſehen?


ANtwort: Warumb nicht gar in einem Spiegel? Jch weiß wol das jhrer
viel diß vorgeben/ beruffen ſich auch auff das gezeugniß jhrer Augen. Aber
vergeblich. Denn wenn gleich der Hundsſtern ſo nah an der Ecliptica ſtuͤnde/
wuͤrd man doch weder durch dieſes noch durch andere mittel jhn in gegenwart
des Sonnenſcheins ſehen. Wollen ſie aber wiſſen/ was das ſey/ das jhnen auſm
Waſſer fuͤr die Augen ſcheuſt? Es iſt die verblendung des Geſichts/ dieweil die
wiederprallung der Sonnenſtralen eben in die Augen ſtoͤſſet/ vnd deſto hefftiger
iſt/ je ſtiller das Waſſer iſt. Dadurch einem/ der die Sonn im Waſſer anſcha-
wet/ bald licht bald finſterniß/ bald braun vnnd blaw vorkoͤmt/ vnd jhm duͤnckt
das er bißweilen kleine Liechtlein ſehe. Weil nun die perſuaſion vorhergan-
gen/ das er gewiß den Hundsſtern ſehen werde/ bildet man ſich ein/ wenn man
dergleichen Liechtlein gewar wird/ das man jhn geſehen habe. Gleich wie An.
1614 in der Faſten der Abendſtern von vielen fuͤr einen wunderlich geſchwentz-
ten Cometen angeſehen vnd ſteiff dafuͤr gehalten ward/ ſo das ſie mich auch/ da
ichs verneinete/ auslachten.


Zum beſchluß wird gefragt/ wenn doch eigentlich der Anfang vnd das En-
de der Hundstage ſey? Hievon iſt ein alter Klippelverß: Margar: Caniculas,
Aſſumtio terminat illas,
das iſt/ ſie ſollen auff Margarethæ anfahn/ vnd auff
Marien Himmelfarth auffhoͤren. Vnd ein ander: Margaris Os Canis eſt,
Caudam Laurentius adfert,
das iſt/ jhr anfang ſol auff Margarethæ ſein/ das
ende auff Laurentij. Jn beyden hat man nicht ſo eigentlich geſehen auff den
Ortum Coſmicum Sirij, ſondern auff den Lauff der Sonnen durch den Lewẽ/
da die zeit gemeiniglich am hitzigſten iſt. Denn nachm alten Calender (Sinte-
mal dieſe verſe wol hundert Jahr vorm newen Calender gemacht ſind) trit die
Sonne in den ♌ auff Margaretae/ vnd trit aus dem Lewen 3. tage nach Lau-
rentii/ oder 2. tage vor Mar. Himmelfarth. Derhalben ich auch/ vngeachtet ei-
ner hie der ander da den anfang vnnd ende derſelben ſetzet/ mit Origano die
Hundstage halte/ ſo lang die Sonn im Lewen leufft. Qui eoſdem dies (Mar-
garetæ \& Laurentij) in Calendario novo obſervant,
ſpricht Origanus wei-
ter/ Politicè potius, quàm Aſtrologicè tempus Canicularium definiunt;
das iſt/ welche die Hundstage zwiſchen Margarethæ vnd Laurentij newes Ca-
C ijlenders
[] lenders legen/ thuns nicht vermoͤge der Sternkunſt/ ſondern Politiſcher weiſe/
gleich wie man ſonſten die Quatember verlegt.


XI.
Warumb ſcheinet des Herbſts Wetter nicht ſo gut als
des Vor Jahrs/ da doch beyderſeits einerley Sonnen-

hoͤhe vnd Taglenge iſt?


JN der Warheit iſt ordinariè/ wann nicht ſonderliche Geſtirne bißweilen
das Wetter endern/ im Fruͤhling gleiche Lufft/ Waͤrme/ etc. wie im Herbſt.
Aber die Einbildung der Menſchen macht des Herbſts Wetter ſtets trawriger:
Weil der Menſch weiß das im Vor Jahr alle lebhaffte dinge/ vornemlich Laub
vnd Graß vnd Erdengewaͤchſe herfuͤr gehet/ ſich vernewet/ zunimbt/ Hat dabey
eine vorſtehende froͤliche lebendige Sommerzeit zuverhoffen: Jm Herbſt aber
ſiehet er fuͤr Augen/ daß das Feldt kahl wird/ die Bletter abfallen/ vnd weiß das
numehr ein kalte trawrige todte Winterzeit vor der Thuͤr iſt. Ja ſchon nach
Johannis/ wann der Tag wieder beginnet abzunehmen/ hoͤrt man die Leute
ſchon klagen/ wie nun die beſte zeit des Sommers ſchon verlauffen/ vnnd der
Herbſt vns bald auffin Halß kommen werde. So lieb iſt vns das liebe Tages-
liecht. Daher/ ſage ich/ koͤmpts/ das ob ſchon bißweilen der Fruͤhling biß an
Pfingſten gar kalt/ vnfreundlich/ vnd darzu noch vnfruchtbar/ der Herbſt da-
gegen offtmals ſchoͤn/ lieblich/ auch ſeine Fruͤchte vns heuffig darreicht/ wir den-
noch jenem mehr als dieſem zugethan ſein.


XII.
Weil dann cæteris paribus im Lentz vnd Fruͤhling faſt ei-
nerley Gewitter/ Warumb erzeigen ſich dann im Herbſt mehr

Kranckheiten/ als im Fruͤhling?


DJe meiſten Kranckheiten ruͤhren zwar her auß beſchaffenheit der Lufft:
Daher die Mertziſche Lufft (welche eigentlich nicht in dem Monat Mar-
tio
beſpannen/ ſondern die jenige zeit iſt/ dadurch die Sonne das durchfrorne
erſtorbene Erdreich wiederumb erweichet vnd erwaͤrmet viel verhaltene daͤmpf-
fe von ſich bleſet) ſo vngeſund iſt. Aber im Herbſt koͤmpt noch was anders darzu/
welchs ich ſchon im Prognoſtico vbers 1612. Jahr angedeutet/ Nemlich die
Fruͤchte der Erden/ welche von dem meiſten theil der Menſchen Immoderatè
genoſſen werden/ daher dann viel Kranckheiten entſprieſſen. Fuͤr der Mertz-
ſchen
[] ſchen Lufft kan man ſich leicht huͤten/ wenn man nur ſelbſt wil/ ja denen/ die
harter Natur ſind/ ſchadet ſie nicht leicht: Aber der Naſcherey koͤnnen ſich we-
nig enthalten. Es wird offtmals nicht erwartet/ biß die fruͤchte recht reiff wer-
den/ ſondern wer ſonderlich hie zu Dantzigk das erſte New vom Jahr hat/ der
ſchaͤtzt ſich gar ſeelig. Dieſes acht ich etiam conſentientibus Medicis eine
groſſe vrſach der herbſtlichen Kranckheiten zu ſein. Verneine daneben nicht/
das auch andere extraordinariæ cauſæ koͤnnen mit zu ſchlagen. Auch iſt biß-
weilen die Lufft im Herbſt an ſich ſelbſt zu Kranckheiten/ mehr dann der Som-
mer geneigt.


XIII.
Jſt das war/ daß die Wolcken im Fruͤhling hoͤher von der
Erden empor ſteigen/ vnd im Herbſt ſich neher her-

unter laſſen?


FReylich: Jm Sommer ſchweben ſie weit hoͤher als im Winter. Vrſach/
die Sonne wermet (wie bey der erſten Frage des vorhergehenden Cap. ge-
ſagt) nicht mit einfallenden/ ſondern mit wiederprallenden ſtralen/ dieſelben ſtei-
gen im Sommer gerader vber ſich vnd alſo auch hoͤher/ wie ſolchs in Opticis
demonſtrirt
wird. So hoch nun die waͤrmenden Sonnenſtralen auffſteigen/
laſſen ſich noch keine Wolcken finden/ denn jhr Natuͤrlicher ort iſt in ſecunda
aeris regione.
Die gantze Lufft zwiſchen Himmel vnd Erden (damit ich wegen
der einfeltigen etwas dazu thue) wird von den Gelaͤrten in drey theil gleichſam
drey geſchoß getheilet: Das vnterſte reicht ſo weit als die waͤrmenden Sonnen-
ſtralen jhre wirckung außgieſſen: Darauff folgt das andere oder mittelſte/ da-
hin nemlich der Sonnen waͤrme nicht mehr reichen kan/ daher dan in demſelben
ſich die Wolcken vnd andere kalte daͤmpffe ſamlen: Vber dieſem iſt endlich das
dritte Geſchoß biß an den Himmel. Da muß man nun nicht dencken/ das dieſe
Geſchoß jhr gewiſſes ziel haben als etwan in einem Gebew: Sondern/ wie obge-
meldet/ Jm Sommer iſt das vnter Geſchoß viel groͤſſer vnd das ober Geſchoß
deſto kleiner: Jm Winter iſt jenes kleiner/ dieſes groͤſſer/ weil das mittelſte alſo
auff vnd nieder fehret.


Da jemandt nun fragte/ wie hoch dann die Wolcken von der Erden im
Sommer oder im Winter ſtehen/ antworte ich: das/ ob wol die Alten vermei-
net/ das ſie im Sommer vber 12 Meilen hoch; bezeugets doch die Erfahrung/
dz etliche hohe Gebirge/ als Olympus in Theſſalia, Atho in Macedonien/ At-
las
vnd Sierra Liona in Africa, vnd viel andere mehr/ hinuͤber durch die Wol-
C iijcken
[] cken reichen. Was iſts dann das etliche ſchreiben doͤrffen/ das die Wolcken im
Winter 72. im Sommer 193. deutſcher Meilen hoch von der Erden abſtehen?


XIV.
Da Julius Cæſar ſeinen Calender eingeſetzt/ was mag er
fuͤr vrſachen gehabt haben/ das er nicht die Monate mit der Sonnen

Eintritt in die 12. Himliſche Zeichen angefangen/ ſon-
dern 8. Tage darnach?


DAmaln zwar 8. Tage/ jtzo ſinds viel mehr. Damaln war Tag vnd Nacht
gleich den 25. Martij vnd 24. Septembris: der lengſte Tag den 24. Ju-
nij,
der kuͤrtzeſte den 25. Decemb. auff welchen hernacher der Chriſttag gelegt
iſt. So iſt nun die Frage/ warumb Cæſar nicht den Januarium vom kuͤrtzeſten
Tage/ da die ☉ in den ♑ tritt/ den April vnd Octob. vom Æquinoctio, da die
☉ im ♈ vnd ⚖ tritt etc. angefangen: Obs ohngefehr geſchehen/ oder ob er
etwa ſeine Vrſachen gehabt habe. Antw. Es iſt nicht ohngefehr geſchehen/ ſon-
dern hat ſeine Vrſachen/ welche ich inſonderheit darumb alhie ſetzen wollen/ weil
ſie gar wol dienen zu erklerung deſſen/ was ich in dedicatione des Calenders
auffs 1615. Jahr von den Olympiadibus geſagt. Denn da hab ich nicht ge-
meldet/ zu welcher zeit des Jahrs die Olympiades jhren anfang hatten vnd die
Olympiſchen Ritterſpiele gehalten wurden. Das iſt alda gemeldet/ das die O-
lympiades
eingefuͤhret worden 24. Jahr vor erbawung der Stadt Rom/ vnd
das jede Olympias mit einem New Mond angefangen. So war nun der New-
Mond der jenige/ welcher dem Solſtitio æſtivo, wenn der Tag am lengſten/ zum
nechſten war/ vnd fingen alſo alle Grichiſchen Jahr im Sommer an. Weiter
befindet ſichs/ das zur zeit Jphiti/ der die Olympiſchen Ritterſpiel erſtlich ein-
gefuͤhret/ der lengſte Tag geweſen iſt (die Julianiſche Jahrrechnung ruͤckwerts
zu leiten) den erſten Julii. Jtem das der New Mond/ mit welchem die allerer-
ſte Olympias angefangen/ den 9. Julii eingefallen/ da die Sonn ohngefehr im
9. gr. des Krebs geweſen. Daher iſts kommen (weil man zu der zeit in Aſtro-
nomia
ſo ſehr nicht erfahren) das man hernacher nimmermehr eine Olym-
piadem
vor dem 9. Tage Julii, ſondern ſpeter oder am ſelben 9. Tage angefan-
gen/ ut nonus Julii prima \& citima Noviluniorum Olympicorum Epo-
cha haberetur, quam primus menſis Olympicus nunquam anteverteret.

Nach 6. Olymp/ das iſt/ nach 224. Jahren/ hat ein Grichiſcher beruͤhmter
Aſtronomus gelebt Leoſtratus (etliche nennen jhn Cleoſtratum) welcher ei-
ne newe Jahr Rechnung/ Octaêterida, an tag gegeben Dieſer als er wuſte/ das
die
[] die Olympiades anfahen muſten mit einem New Mond/ der dem lengſten Ta-
ge (das iſt/ dem eintrit der ☉ in ♋) am nechſten were/ vnd daneben ſahe/ das
kein New Mond hiezu angenommen ward/ der fuͤr dem 9. Julij, da die Sonn
im 8. oder 9. gr. des ♋ war/ einfiele/ gerieth er in die meinung vnd beredte
auch alle Griechen/ (von welchen nachmals die hohe Schule zu Alexandria
geſtifftet) quod cardines anni eſſent in octavis ſignorum partibus, das der
lengſte vnd kuͤrtzſte Tag/ Jtem Tag vnd Nacht gleich einfalle/ wann die Sonn
im 8. gr. der 4. dazu gehoͤrigen himliſchen Zeichen/ ♈/♋/⚖/♑ ſey.
Zwar eine lecherliche einbildung/ aus welcher man ſiehet/ das damals die Aſtro-
nomi
wenig mit obſervationibus cœleſtibus vmbgangen. Vnd dennoch iſt
dieſes von allen Nachkommen ſo feſt gegleubet/ das auch vber 730. Jahr her-
nach der Mathematicus von Alexandria Soſigenes (durch welches angeben/
Julius Cæſar ſeinen Calender geordnet) ſolchs den Cæſarem, Cæſar ſeine
Nach kommen/ beredet/ ſpricht Joſeph. Scaliger lib. De emend. Temp. Daher
iſt auch plinius, der anderthalb 100 Jahr nach Cæſare gelebt/ eben der mei-
nung geweſen/ wie zu leſen in ſeinem 18. Buch am 25. Cap. Hat alſo/ ſag ich/
Cæſar vermeinet/ ſein erſter Tag Januarij, der 8. Tag nach dem eintrit der ☉
in ♑ folgte/ falle gerad in den kuͤrtzten Tag; ſein erſter April/ der 8. tage nach
dem eintrit der ☉ in den ♉ folgte/ falle ins Æquinoctium; ſein erſter Julij in
den lengſten tag/ vnd ſo fortan.


Da ſich jemand wundern moͤchte/ das Cæſar oder ſein Mathematicus So-
ſigenes
der ſachen nicht beſſer erfahren/ der muß wiſſen/ das auch damals noch
die Aſtronomia nicht hoch kommen. Es hat zwar tempore tertij belli Punici
ein herrlicher Aſtronomus Hipparchus gelebt/ vnd in perquirendo motu
☉ \& ☽ viel gearbeitet/ auch viel præſtiret: Aber ſeine labores ſind nicht von je-
derman angenommen worden/ biß das etwan 190. Jahr nach Cæſare der vor-
trefliche Aſtronomus Ptolomæus aus des Hipparchi vnd anderer/ wie auch
ſeinen eigenen obſervationibus die gantze Aſtronomiam richtig geordnet/ vnd
offentlich mit ſeines Nahmens ewigem Ruhm den Nachkommen an Tag ge-
ben.


XV.
Was von Vornemen Aſpectibus der Obern
Planeten zuhalten ſey?


DJe Aſpectus vnd jhre wirckungen fleißig zu vnterſuchen iſt keine vergeb-
liche arbeit/ ſintemal Keplerus beweiſet/ das auff dieſen allein der grund
eines
[] eines rechtmeßigen prognoſtici beruhe/ ſo das auch der andere Aſtrologiſche
plunder faſt alle mit einander fuͤr die Hunde zu werffen. Wann man aber auch/
(ſag ich noch einmal) in vnterſuchung vnd erwegung der Aſpecten nur den
rechten modum wuͤſte zu halten. Denn es koͤnnen ja nicht alle Hiſtorien eines
Jahrs von den Aſpecten deſſelben Jahrs herruͤhren/ ſonderlich die jenigen/
welche ſich fuͤr dem Aſpectu zutragen.


War iſts/ der Himmel wircket vberall etwas mit/ wie Keplerus
ſchreibt/ aber nit tanquam cauſa principalis aut proxima, ſondern weil die
meiſten ſachen auß jren ſonderlichen vrſachen hergefloßen allbereit im werck ſind
ſo koͤmt der Himmel dazu/ vnd macht etwas newes darinnen/ welchs er wol
wuͤrd haben muͤſſen bleiben laſſen/ wann nit die ſach ſchon zuvorn/ auch ohne den
Himmel/ verhanden geweſt/ wie Keplerus hievon gar ſchoͤndiſcuriret in ſeinem
Tertio Interveniente, aphor. 56. Daher koͤmts auch/ das auff einerley
Aſpecten in einerley Himmeliſchen Zeichen/ nicht allzeit einerley Haͤndel erfol-
gen/ wie vnter andern auß oberzehlten zu ſehen/ da etliche zu auffwachs/ etliche zu
vnterdruckung der Evangeliſchen Religion gezielet.



Aus dem Prognoſtico des 1617.
Jahres.


I.
Warumb die Sonn deß Winters nicht ſolche waͤrme
auff Erden wircke als deß Sommers/ weil doch die Aſtronomi

vorgeben/ das ſie deß Winters der Erden naͤher ſey
als deß Sommers?


ANtwort: Darumb das die waͤrme entſtehet nicht
von einfallenden/ ſondern wiederprallenden Sonnenſtralen/ Wenn
nemlich die Liechtſtralen hauffen weiſe auff die Erden/ oder auch ſonſten
auff ein ding fallen/ da ſie nicht ſtracks durchdringen/ ſondern wider zu ruͤck pral-
len
[] len ſich vndereinander verwickeln/ vnd gleichſam reiben/ das dadurch eine
Waͤrm entſtehet. H. Kepplerus iſt der meynung/ als haben die himliſchen
Liechter in der warheit eine waͤrme in jhnen ſelbs/ welche ſie durch jhre Liecht-
ſtralen vns herunder mittheilen. Der meynung ſind auch vor zeiten geweſen/
die Pythagoræi vnd andere/ welche vorgegeben der Sternen natur ſey ein war-
hafftigs fewrigs weſen. Aber wenn dem alſo were/ warumb ſolte das mittelre-
fier der lufft/ da nemblich die wolcken/ hagel/ ſchne/ etc. entſtehen/ nicht viel waͤr-
mer ſein als dieſe vntere lufft/ weil jene lufft der ☉ naͤher/ als dieſe? das aber die
mittel Lufft kaͤlter/ iſt aus dem effectu, das nemblich daſelbſt/ auch wol mitten
im Sommer eyß (dann was iſt der Hagel anders?) gefreuret/ ohn weiter be-
weiß abzunehmen. Ja/ wann die ☉ mit einfallenden ſtralen waͤrmete/ War-
umb kuͤndte ſie ſolchs nicht im Winter eben ſo wol thun als im Sommer? A-
ber/ wie geſagt: Ob gleich die ☉ vns im Winter viel 1000. meilen naͤher als
im Sommer/ iſt ſolchs zur waͤrme nicht genug: Es gehoͤret auch debita reper-
cuſſio ſive reflexio radiorum
eine rechtmaͤſſige wiederprallung der Stralen
dazu.


II.
Wie? koͤnnen denn die Sonnenſtralen im Winter nicht
ebenmaͤſſig wiederprallen wie im Sommer?


ANtwort: Nicht der geſtalt: Man hat in Opticis (vide 1 theor. Catopt:
Eucl. item 10. 12. \& ſeqq. th. lib. V. Vitell.)
eine Regel/ die auch alda klaͤr-
lich bewieſen wird/ Nemlich: quod angulus incidentiæ ſit æqualis angulo re-
flexionis.
Das iſt: Wenn ein Liechtſtral auff eine fleche einfellet/ das er zuruͤck

[figure]

prallet/ ſo beuge ſich der wiederprallende ſtral von der fle-
che eben ſo hoch abe/ als der einfallende gegen derſelben
fleche geneigt iſt. Zum exempel: wenn ein Sonnenſtral
O A auff eine fleche oder pflaſter B C einfellet/ das er von
A zuruͤck prallet/ ſo kan er nirgends hinauß prallen/ als
gegen V/ ſo das der winckel oder beugung V A B eben juſt
ſo groß als O A C. Alſo auch wenn der Sonnenſtral O
A
auff den Erdenkreiß deſſen ein ſtuͤck E A I fellet/ vnnd
von A wieder aufffehret/ wird er nirgends hinaus fahrẽ/
denn nur gegen V/ ſo das A V juſt ſo weit von A E ſich abgiebt/ als O A von A I.
Weil dann dem alſo/ ſo folgts das im Winter/ da die ☉ ſehr niedrig/ die Son-
nenſtralen auch nicht hoch widerprallen koͤnnen/ dagegen im Sommer/ da die
DSon-
[] Sonnenſtralen faſt oben vber vns herunder kommen/ fahren ſie auch im wie-
derprallen ſehr hoch vber ſich/ vnd reichen alſo mit jhrer krafft nicht allein hoch
in die lufft/ ſondern kommen auch mit den einfallenden nah zuſammen/ dadurch
eine kraͤfftige reibung/ vnd folgendts auch eine groſſe waͤrme verurſacht wird.


III.
Woher es komme/ das die Sternen ſo flackern
oder beben?


DAs die Liecht ſtralen/ wann ſie worauff fallen/ da ſie nicht ſtracks durchdrin-
gen koͤnnen/ wieder zu ruͤck prallen/ iſt oben geſagt. Es geſchicht aber eine
wiederprallung nicht alleine von denen Coͤrpern/ die gantz nicht durchſichtig
ſind/ ſondern auch von durchſichtigen/ wie man denn ſiehet/ das die Sonnenſtra-
len/ wann ſie etwann auff ein glaßfenſter ſcheinen/ zum theil herdurch dringen
(zum theil/ ſage ich/ nicht gentzlich/ ſintemahl ein groſſer vnterſcheid zwiſchen
dem Sonnenſchein in einem gemach/ wenn das glaßfenſter offen/ vnd zwiſchen
dem andern/ wann das glaßfenſter zugethan/) zum theil wider zu ruͤckfahren/
vnd an eine etwan gegenvberliegendt wandt ſcheinen. Ob nun wol bey den
Phyſicis diſputiret wird/ ob die Sternen jhr liechtlein in vnd an jhnen ſelbſt
haben/ oder alles von der ☉ empfangen/ in dem ſie alle von der ☉/ welche ſo wol
bey nacht als bey tage den gantzen Himmel vnd die halbe Erde erleuchtet/ be-
ſchienen werden/ theils wiederprallen muͤſſen. Vnd wie die einfallenden ſtralen
vnzehlich/ alſo geſchehn auch vnzehliche wiederprallungen (daher an einem vn-
durchſichtigen dinge die waͤrm entſpringt/ wie oben geſagt) von allen Sternen.
Weil dann die Sternen in ſteter bewegung ſchweben/ vnd alſo jmmerzu den an-
gulum
oder neigung nicht allein der einfallenden/ ſondern auch der wiederpral-
lenden/ ſtralen verendern/ gibt ſolche verenderung vnd verwickelung vnſerm ſo
weit abgelegenem Geſicht/ eine ſcheinende hebung.


IV.
Warumb beben denn auch die Planeten
nicht?


DArumb das ſie vns viel 1000. Meilen naͤher ſind als die Sternen des Fir-
maments/ vnd alſo koͤnnen ſie jhre geſtalt vollkoͤmlicher vnd reinlicher vns
erzeigen. Dabey doch zu wiſſen/ das auch die Planeten/ wenn ſie niedrig ſte-
hen/ bißweilen gnugſam funckern: Solches aber koͤmpt von der niederen duͤn-
ſtigen
[] ſtigen lufft/ durch welche jhre ſtralen nicht rein vnd vnverletzt moͤgen zu vns kom
men/ ſondern in den auff ſteigenden duͤnſten jmmerzu gebrochen werden. Hie-
von in Opticis.


V.
Wer erſtlich den Himliſchen Bildern jhre Nahmen gege-
ben/ vnd den Thierkreiß in 12. Zeichen außgetheilet/ Was es fuͤr

vrſachen gehabt/ beydes der Nahmen/ wie auch der thei-
lung/ das
I. Von weme/ vnd warumb der Thierkreiß oder die Son-
nenſtraß eben in 12 theil abgetheilet: Woher die 12. zeichen jhre

Nahmen haben: Warumb eben vom ♈ vnd nicht anderſt woher der
anfang genommen? Ob zu dieſem allem auch die
Natur vorgeſpielet?


ES haben die Alten von anbegin der Welt groſſen fleiß angewandt die Ster-
nen deß Himmels zu erlernen. Es were jhnen aber vnmuͤglich geweſen/
daſſelbe zuverrichten/ wo ſie nicht die vornehmbſten Sternen in gewiſſe abzirck
verfaſſet/ vnd nach geſtalt derſelben abzircke jhnen gewiſſe nahmen zu geeignet/
das ſie dieſelben gezircke genennet den ♈/ den ♉/ den ⚖ etc. wie ſie etwan
geſehen/ das etliche Sterne gegeneinander gelegen/ vnd zuſammen ſo oder ſo ei-
ne Figur andeuten.


Wer aber die erſten benenner ſolcher Figuren/ kan man ſo eigentlich nicht
wiſſen. Einmal iſts gewiß/ das die benennung der Himliſchen bilder ſehr alt:
Denn nicht allein bey Heſiodo vnd andern elteſten Heidniſchen Scribenten
jhrer gedacht wird: Sondern es gedenckt auch die heilige Schrifft deß Orio-
nis,
deß Wagens/ der Gluckhennen/ im buch Job am 9. vnd 38. Jtem: beym
Propheten Amos am 5. Wo das war/ das Job ſey der Jobab/ deſſen im 1.
Buch Moyſe am 36. v. 33. gedacht wird/ wie es Hieronymus, Auguſtinus,
Ambroſius, Philo
vnd Lutherus dafuͤr halten/ ſo muͤſſen warlich die himliſchen
Bilder ſchon abgezirckt vnd benennet ſein/ eh denn der Ertzvater Jacob in Egy-
pten gezogen. Vnd iſt freylich zu glauben/ das ſolchs auch wol fuͤr der Suͤnd-
fluht/ vnd zwar bey Adams leben angefangen/ ſintemal Joſephus lib. 1. Antiqq.
Iudd. c.
3. bezeuget/ das deß Seths Kinder erfahrne Aſtronomi geweſen/ vnd
zwo Seulen/ daran deß Himmelslauff verzeichnet geweſen/ zu jhrem gedaͤcht-
niß auffgerichtet. Nachmals als die ſternkunſt durch den Ertzvater Abraham
(wie gleichfals Joſephus bezeuget im 9. Cap. deſſelben buchs) auff die Egyp-
D ijter
[] ter fortgeflantzt/ werden ohn zweiffel die Heyden/ vornemblich die Egypter vnd
Chaldeer/ auch hernach die Griechen/ viel Heidniſche namen vnd figuren/ als
Centaurum, Herculem, Cepheum, Caſſiopæam, \&c. dazu geſetzt/ vnd dane-
ben den Himmel auch mit jhren Fabeln geſpickt haben. Solcher bilder ſind biß
zu vnſerer zeit (præter ſporades) obſerviret, vnd in Aſtronomiſche rechnung
gebracht 48: nicht das in denſelben alle ſterne deß gantzen Himmels begriffen
(denn Gott allein kan die Sternen recht zehlen/ vnd nennet ſie alle bey jhren na-
men/ im 147. Pſalm.) ſondern das Gott den Menſchen dieſer dinge wiſſen-
ſchafft ſo ferne mitgetheilet.


Was nun den Thierkreiß anlangt/ ſind deſſen Bilder anfenglich nur 11.
geweſen/ alle lebendiger Thiere bilder/ ſo das man von der ⚖ noch nicht zu ſa-
gen gewuſt. Es iſt aber gleichwol ſchon zuvorn der Thierkreiß in 12. gleiche
theil abgetheilt geweſen/ vnd ſolchs daher/ weil die Alten geſehen/ das in der zeit/
da die ☉ den thierkreiß rings durchleufft/ der ☽ ſich 12. mahl zu jhr geſelle.
Vnd ob ſie ſchon gemercket/ das die 12. ☽ mit jhren quartieren der ☉ Jahres-
lauff nicht eben erreichten/ ſondern die quartier jmmerzu folgende Jahr an an-
dern orten deß Himmels/ vnd an andern tagen ſich begaben/ ſo haben ſie doch
vmb bequemigkeit willen die außtheilung deß Zodiaci in 12. theil behalten.
Vnd damit im Zodiaco ſo viel bilder als theile wuͤrden/ haben ſie nachmals dem
♏ die ſcheren verſchnitten/ vnd aus denſelben (wie es dann gute Kuͤnſtler ge-
weſẽ) eine ♎ gemacht. Alſo hat nun der Thierkreiß 12. vñ dañ auch 12. gleiche
theil: die man dodecatemoria vnd zeichen nennet/ welche nach jhrer Ordnung
von den 12. bildern jhre nahmen haben. Wiewol die bilder nicht einerley groͤſ-
ſe ſind/ wie die dodecatemoria, deren jeglichs juſt 30. gr. helt/ der gebildete ♈
aber kaum 24. gr. die gebildeten ♊ kaum 20/ ſo auch die ♎: dagegen der ♌
wol 40/ die ♍ wol 45. gr. begreifft. Vnd alſo richten ſich die Aſtronomi in
jhren rechnungen nicht nach den Bildern/ als die vngleich vnd nicht in jhren
dodecatemoriis ſtehn/ ſondern nach den gleichabgetheilten dodecatemoriis o-
der zeichen/ die jhren anfang haben von dem punct/ da der Æquinoctial den
thierkreiß oder die ☉ ſtraß bey dem gebildeten ♈ durchſchneidet.


Warumb ſie eben von demſelben punct den anfang genommen/ iſt keine
andere vrſach/ als das ſie geſehen auff vnſern halben Erdenkreiß/ ſo disſeit dem
Æquinoctial gelegen: in welchen Landen wenn die ☉ an dieſes ort des Him-
mels koͤmpt/ feht ſie den fruͤhling an/ in welchem ſich gleichſam alle Creaturen
vernewen/ vnd alſo dieſelben Lande/ ſampt allen die drinnen wohnen/ gleichſam
von newem gebohren werden/ mit dem anfang deß ♋/ aber ſchon in jhr bluͤhen-
des alter treten/ mit der ⚖ gleichſam beginnen abzunehmen/ etc. Diß ſind
die eigentlichen vrſachen vnnd der eigentliche vrſprung der außtheilung/ der
Him-
[] Himliſchen zeichen. Was ſonſten von denen/ ſo gar zu viel auff die Stern-
deutung halten/ hierzu fuͤrgebracht wird/ als/ das die natur ſolche Theilung vnd
Bildung ſelbſt erfordere/ das die 4. humores vnnd temperament warhafftig
wircklich vnter die zeichen von Gott vnd der Natur ausgetheilet/ als das der
♈ warm vnd trucken/ vnd alſo Choleriſcher/ fewriger Natur/ der ♉ kalt vñ
trucken/ vnd alſo melancholiſcher/ jrrdiſcher natur/ die ♊ warm vnd feucht/
vnd alſo ſanguiniſch vnd lufftig etc. Daher eben alſo die himliſchen zeichen
auff einander folgen muͤſſen/ Jtem: das der himliſchen Bilder temperament
etlicher maſſen gleichfoͤrmig ſey den temperament der lebendigen Thiere/ das
alles iſt nur ein bloſſer wahn/ vnnd ſind dieſelben Sterndeuter in den vrſachen/
warumb die zeichen mit jhren temperamenten in ſolcher ordnung folgen/ nicht
einig. Denn ſchaw nur/ lieber Leſer/ alſo ſchreiben


ClaviusvndBlebeliusaus
etlichen alten:
Röslinusin ſeinem Diſcurs
Anno 1609.
Gleich wie der ♈ einer warmen/
hitzigen Natur iſt/ alſo begint auch die ☉/
wenn ſie in dem ♈ iſt/ jhre waͤrme her-
fuͤr zuthun. Oder gleich wie ein ♈ den
Winter vber auff der lincken/ den Som-
mer vber auff der rechten ſeiten liegt: Al-
ſo bleibt die ☉ auch ein halb Jahr lang
auff der rechten/ das ander halbe Jahr auff
der lincken ſeiten deß Himmels. Ma-
crob. lib. 1. Saturn c.
21.
Das die erſten 30. gr. warm vnd tru-
cken ſein/ beweiſt ſich ſonderlich daher/ ſo
die ☉ im Fruͤhling drein koͤmpt/ ſolche
wirckung ſie auch erzeigt/ das der Mertz
alſo trucken vnd warm ſey/ damit er den
Erdboden von der vbrigen Raͤlt vnnd
Feuchte/ ſo den Winter vergangen/ erle-
digen/ vnd alſo zur Fruchtbarkeit bereiten
moͤchte.
Das ander zeichen iſt der ♉.
Gleich wie nun ein ♉ ſtaͤrcker iſt denn
ein ♈: Alſo wirckt auch die ☉ im ♉
kraͤfftiger als im ♈. Oder/ gleich wie
ein ♉ oder Ochs zum Ackerbaw gebo-
ten: Alſo feht man auch den Ackerbaw
an/ wenn die ☉ im ♉.
So dann die ☉ in das folgende zei-
chen deß ♉ kommen/ ſo leſt die hitz im
Aprilen etwas nach/ derhalben ſolch zei-
chen fuͤr kalt vnd trucken gehalten wird/
vnd auch alſo iſt.

Hierauff antwortet Kepplerus recht/ ſo offt jhm Roͤslinus einen tag fuͤr-
bringt/ in welchem/ wann die ☉ im ♉ gangen/ es kalte vnd truckne zeit gewe-
ſen/ woͤlle er jhn 10. dagegen weiſen/ da es feucht vnd warm geweſt. Aber ge-
nug hievon: wer mehr ſeltzame analogias luſt zu leſen hat/ der leſe Franc. Iun-
ctini Comment. in cap. 2. Sphæræ Sacrob.
Jetzt wolle man nur bedencken/ das
die ☉/ wenn ſie bey vns waͤrme etc. wirckt/ im gegentheil der Welt jenſeit dem
Æquinoctial das contrarium wircke/ vnnd alſo dieſes alles/ was hievon den
D iijStern-
[] Sterndentern ſcheinbar vorgegeben wird/ kein univerſale ſey/ wie droben ange-
zeigt/ ohn gefehr aus den bloßen figuren entſproſſen/ das alſo die Bilder/ was jh-
re figur vnd geſtalt betrifft/ bloſſe Intentionalia ſind. Jch weiß wol das ich
etlichen mit eroͤrterung dieſer frage keinen dienſt thue/ denn es fallen dardurch
viel Sterndeutungen vber einen hauffen: Aber die Warheit muß gleichwol ge-
ſagt ſein/ auff das die Welt einmal erkenne/ wie ſie geaͤffet werde. Kuͤnff-
tige Jahrs wils Gott wil ich mehr entdecken.


VI.
Dieweil im Fruͤhling vmb die Oſterzeit alles in der Welt
ſich zur vernewrung vnd froͤligkeit ſchickt/ ſo das man auch vermeinet/

die Sonne ſelbs geh am Oſtertage jhrem aufferſtehenden HErren
zu ehren/ mit huͤpffen vnd ſpringen auff/ was
hievon zu halten?


JN den kleinen Staͤdten pflegt das junge Volck am Oſtertage fruͤhe auff zu
warten/ zu ſehen/ wie die auffgehende Sonne tantzen werde. Deß ſind ſie
von jhren Voreltern aus guter einfaͤltiger meynung beredet/ ebenmeſſig/ als das
in der Chriſtnacht zu Mitternacht eine ſtund lang/ alle Waſſer zu Wein wer-
den. Auff diß letzte aber wil man ſchier nicht mehr warten/ denn man hats nie
war befinden koͤnnen. Aber der ☉ tantz ſcheinet allerdings nicht fabelwerck/
wenn er recht verſtanden wuͤrde. Zwar die ☉ kan von jhrem natuͤrlichen glei-
chen ſtets gleichfoͤrmigem Lauff nicht eines fingers breit huͤpffen/ wie in Aſtro-
nomia
ſolchs gelehret vnd erwieſen wird. Derhalben halten die Aſtronomi
dieſen Sonnentantz fuͤr eine eytele einbildung/ das nemblich dem/ der die ☉ an-
ſchawet/ das Geſicht verblendet werde/ wie man weiß das durch ſolche verblen-
dung einem bald liecht bald finſter/ bald braun vnd blaw/ bald kleine liechtlein/
bald zwo/ drey oder mehr Sonnen vorkommen: Wenn nun die einbildung
vorher gangen/ das man nemblich die Sonne werde huͤpffen ſehen/ ſo koͤnne es
leicht geſchehen/ das wenn man zwo ☉ ſiehet/ die bald wieder zu einer werden/
meyne man die ☉ hab gehuͤpffet. Jch muß aber gleichwol auch diß darzu ſa-
gen/ das die refractiones, ſo von den auffſteigenden duͤnſten der Erden entſte-
hen/ wol machen koͤnnen/ das die ☉ ein kleine weil gleichſam vnbeweglich ſte-
hen/ vnd darauff mit einſt einen fortſchuß auffwerts nemen ſcheine. Man hat
exempel (habs ſelbs einmai oder etliche geſehen/) das die Sonn/ wenn ſie klar
vntergeht/ bißweilen ein kleine weile halb vber der Erden gleichſam vnbeweg-
lich geſtanden/ vnd hernach mit einſt verſchwunden. Dergleichen vnd ein
mehrers
[] mehrers haben an der Sonnen obſerviret Plinius lib. 2. natur. hiſt. c. 13. vnd
Mœſtlinns Anno 1590. den 7. Julii. Der loͤbliche Fuͤrſt Wilhelm Land-
graff zu Heſſen ſchreibt an Tychonem Brahe (pag. 22. Epiſt. Aſtron.) das
er einſt geſehen den Abendſtern wol 2. grad vber der Erden bey einer viertelſtund
gantz vnbeweglich ſtehen/ vnd hernach in einem augenblick gantz verſchwinden.


Da etwan die Optiei vnd Aſtronomi mir hie einwerffen moͤchten/ das
durch die refractiones die Sternen zwar hoͤher ſcheinen als ſie in warheit ſein/
derwegen ſie endlich mit einſt ſcheinen hinunder fahren/ aber hingegen nicht nie-
driger ſcheinen/ vnd dann mit einſt auffwerts fahren: Solchs geb ich nach/
ſprech auch nicht/ das wenn die ☉ vorm auffſchuß ſtill ſtehet/ ſie niedriger ſchei-
ne/ als ſie in der warheit iſt/ ſondern meine meynung iſt/ das ſie zuvorn an den
ſtillſtandt herauff geſchoſſen/ vnd alſo im ſtillſtandt hoͤher ſcheine/ als ſie in der
Warheit iſt/ vnd wenn jhre ware hoͤhe nun ſo hoch wird/ als ſie im ſtillſtande
geſchienen/ ſchieſſe ſie abermal fort/ vnd ſcheine abermal in einem kleinen ſtillſtan
de hoͤher/ als ſie iſt etc. Diß kan gar wol ſein/ vornemlich im erſten Fruͤhling/ da
die heuffig aus der Erden empor ſteigende duͤnſte ſtarcke refractiones geben/
doch nicht allein in den Oſtern/ ſondern auch ſonſten: Es giebt aber ſonſten
niemands achtung drauff/ weil die einbildung allein von den Oſtern iſt.


VII.
Dieweil die ☉ einen ſieten gleichfoͤrmigen lauff hat/ vnd
die 12. Himliſche zeichen/ in welchem ſie jhren lauff helt/ auch alle

gleich/ nemblich jeglichs von 30 graden/ ſind: Wie koͤmpts dann/ das die
Sonn in den erſten 6. zeichen lenger verharret/ als
in den 6. letzten?


WAr iſts: Vom eingang der ☉ in den ☉ biß zu jhrem eingang in die ☉
verlauffen 187. tage/ von dañen aber biß wiederumb zum ☉ nur 178.
Darauß nothwendig folgen muß: entmeder das der ☉ lauff vngleich/ oder jhr
zirckel/ darum ſie jhren lauff helt/ nicht einerley Centrum oder mittelpunct habe
mit der Erden/ ſondern das jhrs zirckels Centrum von der Erden weit abgele-
gen ſey/ vnd zwar gegen den theil deß Himmels oder deß Thierkreiſes/ da ſie
ſcheint am lengſten zuverharren. Das aber der ☉ lauff vngleich ſein ſolte/ hat
nie ein verſtendiger Menſch geredet/ iſt auch wieder alle vernunfft. Derhalben
muß das ander war ſein. Solchs nun beſſer zu verſtehen/ bilde man ſich ein/
das
[] das in gegenwertiger figur das punct A. (wo ſich die Krentzlinien durch-
ſchneiden) ſey die Erde oder jhr mittelpunct/ der euſſerſte vnd groͤſte zirckel ſey
der thierkreiß in ſeine 12. zeichen
abgetheilt/ alſo das wo die zeichen
♈/ ♉/ ♊/ etc. geſchrieben
ſtehn/ ſey allwege der anfang jeg-
lichs himliſchen zeichens. Die-
ſes zirckels Centrum oder mittel-
punct/ iſt gleichfals A. Wann
nun die ☉ in jhrem lauff diß Cen-
trum A
hielte/ vnd gleichſam auff
das circumferentz deß groſſen zir-
ckels fort gienge/ wuͤrde ſie vns/ die
wir bey A wohnen/ eine zeit ſo ge-
ſchwind als die ander ſcheinen/ vnd
alſo in den erſten 6. zeichen nicht
mehr zeit zubringen/ als in den 6.

[figure]

letzten. Weil ſie aber in den 6. erſten gantzer 9. Tage lenger verharret/ als in
den 6. letzten/ ſo muß folgen/ das ſie jhren lauff verrichte auff einem andern zir-
ckel E F G H, deſſen Centrum B vom A ſich erſtreckt gegen die erſten 6. zeichen/
vnd zwar gegen das punct C, das iſt der 6. grad deß ♋ da die Sonn ſcheinet/
am langſamſten fortzugehen/ wie ſie dann gegen vber als gegen D ſcheinet zum
geſchwindſten fortzugehen. Weil dann die ☉ vffm Circkel E G F H leufft/ ſo
folgt/ das/ wenn ſie ſcheint im erſten grad deß ♈ zu ſein/ muͤſſe ſie bey H ſein/ vnd
wenn ſie ſol im erſten grad der ⚖ ſein/ muͤſſe ſie bey G ſein. Nun ſiehet man
wol/ eh denn ſie von H durchs O vnd E biß zum G koͤmpt/ (da ſie vns ſcheint in
den erſten 6. zeichen zu ſein) muß ſie viel ein groͤſſer ſtuͤck zirckels durchlauffen/
nemlich H O E G, als wenn ſie vom G durchs F wiederumb ins H leufft. Der-
halben auch kein wunder/ weil jhr lauff in allem gleichfoͤrmig/ das zu dem groͤſ-
ſern zirckelſtuͤck H O E G mehr zeit gehoͤre/ als zum kleinern G F H. Aus die-
ſer Figur ſiehet man auch/ wie das zuverſtehn/ was in der erſten frag deß erſten
Cap. geſagt wardt/ nemblich das die Soñe im Som̃er viel weiter von der Erden
A abgelegen/ nemblich bey E, im Winter aber viel naͤher ſey/ nemblich im F.
Wenn ſie im E iſt/ ſcheint ſie vns im C welchs der ſechſte grad deß ♋/ da
ſcheint ſie vns in einem Tag vnd Nacht kaum 57\frac{1}{12} minuten fortzugehn/ denn
ſie iſt weit von vns abgelegen: dagegen bey F ſcheint jhr taͤglich er lauff 61⅔ mi-
nuten/ das macht/ ſie iſt vns weit naͤher.


Die
[]

Die Liebhaber dieſer Speculation ſollen wiſſen/ das nach Tychonis Bra-
hen obſervationibus
die Sonn vmb Petri Pauli von vns abgelegen 1183.
ſemidiametros terræ, deren jegliche 860. deutſcher meilen helt/ das macht
1017380. meilen: vmb das Newe Jahr aber 1101. ſemidd. terræ, das
macht 946860: denn das Centrum B erſtreckt ſich von A in die luͤfft 41. ſe-
midd. terræ,
das ſind 35260. meilen. Diß ſind groſſe vnd einfaͤltigen Leuten
vnglaͤubliche hoͤhen: noch ſind die Sternen deß Firmaments mehr dann 10.
mal hoͤher. Das muß ein groſſer Herr ſein/ der ſie gemacht hat/ vnnd ſo ge-
ſchwind hat lauffen heiſſen/ Syrach am 43.


VIII.
Weil die Sonn vnd Sternen ſo viel hundert 1000. mei-
len von vns abgelegen/ Ob ſolche diſtantz zu allen zeiten einerley/ O-

der ob das war ſey/ das ſieder Chriſti geburt hero der Himmel gekrumpen/
vnd ob ſolch kruͤmpen ein andeutung der abnehmenden Himmels-
kraͤffte vnd ein Zeichen vorm Juͤngſten
tage ſey?


ES pflegen die Theologi diß argument anzuziehen/ in außlegung der zei-
chen/ ſo vorm Juͤngſten Tage ſollen geſchehen/ vnd hat jhnen erſtlich mei-
nes wiſſens vrſach gegeben Herr Philippus in ſeiner Phyſica, da er lib. 1. von
der Eccentricitate Solis (alſo wird in der nechſt vorigen figur genant die di-
ſtantz A B) ſchreibt das Hipparchus vnd Ptolemæus, deren einer etwan 100.
Jahr vor/ der ander etwan 100. Jahr nach Chriſti geburt gelebt/ dieſelbe be-
funden haben von 48. ſemidiamm. terræ, Nun aber wuͤrde ſie von den newen
Aſtronomis befunden noch nicht 39. ſemidiamm. Das alſo die Sonn im
Sommer vns jetzo 11. ſemidiamm. das iſt 9460. meilen neher ſey als zun
zeiten Hipparchi vnd Ptolemæi. Vnd ſpricht Philippus drauff: Welchs
warlich eine ſache die verwunderns wirdig/ Sintemahl man hieraus zweyerley
muthmaſſen kan: Entweder das wegen deß alters der Welt/ in dem ſich die
gantze Natur allgemehlich zum vntergang neiget/ auch die Sonne gleichſam
mattloß herunder ſincke/ Oder aber das wegen deß Alters der Erden Gott noͤ-
tig erachtet die Sonne was neher herunder zu laſſen/ die abnehmende Erde de-
ſto mehr zu erquicken etc.


Hingegen verlacht dieſe meynung von verenderter Eccentricitate der
Sonnen gantz hoͤniſch nicht allein Rollenhagen in ſeinem ſo titulirten War-
hafftigen Luͤgenbuch/ ſondern auch Iul. Scaliger exerc. 99. Sie thun aber bey-
Eder-
[] beyderſeits der ſachen zu viel. Denn das in der Warheit jetzo die Sonne vns
im Sommer viel 1000. meilen neher als vor 1600. oder 1700. jahren/ bezeu-
gen nicht allein deß Copernici (den Scaliger ſo hoͤniſch anſticht) ſondern auch
Tychonis, Rothmanni, Mæſtlini vnd aller in ſolchen ſachen geuͤbten Aſtrono-
morum obſervationes:
Vnd ſind diß nicht bloſſe notionalia oder Schulge-
dichte/ wie Rollenhagen rollet/ ſondern es ſind realia, die ſich in der Natur ge-
wißlich befinden. Aber hieraus folgt noch nicht/ das der Himmel oder ja der
Sonnen Circkel gekrumpen/ ſondern nur das die Eccentricitas kleiner worden/
ſo das in obgemelter Figur das Centrum B neher gegen A verruckt. Man
ſicht aber wol aus der figur das/ vmb wie viel durch ſolch verrucken/ das punct
E der Erden neher koͤmpt/ vmb ſo viel koͤmpt das punct F von der erden ab/ alſo
das da die Sonn im Sommer vns neher als vor 1600. Jahren/ iſt ſie dage-
gen im Winter von vns ſo viel weiter/ vnd bleibt der Sonnenzirckel in ſeiner
einmahl zugeordneten groͤſſe. Derohalben iſts auch vnrecht/ das Herr Philip-
pus
daſelbſt ſchreibt: Die Sonne ſey ſo wol im Winter als im Sommer vns
neher worden. Er hat bey den Aſtronomis nur allein vom Sommer geleſen/
vnd fuͤr ſich ſelbſt auch ſolchs vom Winter geargwohnet. Vnd wundert mich/
das er dencken koͤnne/ Gott habe die Sonne herunder gelaſſen/ die veraltete Er-
de zu erquicken/ da doch die Sonne nicht mit einfallenden/ ſondern wiederſchla-
genden ſtralen waͤrmet/ wie im erſten Cap. erklaͤret/ vnd er ſelbſt neben andern
Phyſicis ſolchs an andern ort bekennet.


Es iſt die Sonne jetzt ja ſo kraͤfftig als ſie im anfang der Welt geweſen/ vñ
haben jhre kraͤffte ſo wenig ab/ ſo wenig jhr jmmerwehrender gleichfoͤrmiger
lauff abnimpt.


Diß ſchreib ich nicht Herren Philippum zu hecheln/ als dem dieſer Aſtro-
nomiſcher fehl (weil er dieſen Sachen wegen anderer heuffigen Studiern nicht
ſo koͤnnen obliegen) leicht zu gut zu halten: Auch meß ich den Theologis hie-
mit keine vnwiſſenheit bey/ als die in gleichem dieſen ſo tieffen ſpeculationibus
Aſtronomicis
wegen jhrer profeſſion nicht koͤnnen nachtrachten/ vnd doch
mit Herrn Philippo dieſe verenderung deß Sonnenhimmels lieber zu erweck-
ung der Gottesfurcht ſich gebrauchen/ als mit Scaligero vnd Rollenhagen die
Obſervationes Aſtronomicas vber einen hauffen werffen wollen. Da aber
jemandt mich beſchuldigte/ das ich mit benehmung dieſes zeichens vorm Juͤng-
ſten tage ein Fenſterlein zur ruch loſigkeit auffthete/ dem wil ich hiemit 3. ande-
re ſterckere zeichen in die ſtelle gegeben haben/ Als 1. den groſſen Wunderſtern
Anno 1572. deßgleichen weil die Welt geſtanden (ausgenommen den Stern
ſo den Weiſen erſchienen) nicht vernommen/ 2. Den newen Stern Anno
1604.
[] 1604. welchen man am hellen tage ſehen kundte. 3. Den newen Stern in
der bruſt des Schwans/ welcher Anno 1601. allererſt entſtanden vnnd noch
heutige ſtund nicht verſchwunden. Dieſe vnd dergleichen zuvor vnerhoͤrte ſa-
chen acht ich gewißlich die jenigen ſein/ von denen Chriſtus redet/ da er ſaget/
das ſich der Himmelkraͤffte bewegen werden.


IX.
Ob die benennung der Monſcheine auch zu erkuͤndigung
des Gewitters diene.


WJr haben das vorſtehende 1617. Jahr in Auguſto Newes Calenders
zwey New Monde/ vnd alſo ſind im ſelben Jahr 13. New Monden de-
ren einer ein Einkoͤmling oder Embolimon/ von welchem ſolch ein Jahr
Embolimæus genandt wird. Nun wird/ wie bewuſt/ jeglichen Monſchein ein
Namen gegeben von den 12. Monaten des Jahrs/ alſo das die Monſcheine ge-
nant werden: Der Jenner Mond/ Der Hornungs Mond etc. vnd wenn in ei-
nem Jahr 13. New Monde kommen/ nennet man einen den Einkoͤmling.


Es iſt auch nicht vnbewuſt das der gemeine Mann/ ſonderlich Bawers-
leute/ in der witterung ſich zu richten pflegen nach benennung der Monſcheine/
als das der Hornungs Mond muͤſſe kaldt ſein etc. So weiß man auch/ das die
Calenderſchreiber nicht allezeit in bewegung der Monſchein vber ein ſtimmen:
Die vrſachen hab ich im 6. Cap. auffs 1615. Jahr angezeigt. Nun iſt die
frage/ wornach ſich in ſolcher vngleichheit der gemeine Mann ſol richten/ vnnd
ob in der Wetterdeutung ſo viel daran gelegen? Jtem: ob der Einkoͤmling we-
gen daß/ das er ein Einkoͤmling vnd etwas ſonderlichs/ auch ein ſonderliche be-
deutung deß Wetters habe? Jch wil auffs letzte erſt antworten/ vnd ſpreche das
er deßhalben fuͤr andern nichts mehr wircke als der Schalttag im Schalt Jahr
(ob ſchon etliche meynen/ die Schalt Jahr wircken fuͤr andern was ſonderlichs
davon ein ander mal) ſintemal die legung deß Eimkoͤmlings nicht aus der Na-
tur herſpringt/ ſondern von Menſchlicher Satzung ſeinen nahmen erlangt.
Auch ſprech ich/ das die benennung der Monſcheine nichts zur wirckung deß
Gewitters gebe/ dieweil dieſelbe benennung ebenmeſſig nur eine Menſchliche
Satzung/ vnd ſolch eine ſatzung/ die ſich von einem ſo/ vom andern anders/ regie-
ren leſſet. Offt nennet einer einen Newmond Hornungſchein/ den ein ander
Mertzſchein nennet/ Aber der Himliſche Mond geht ſeinen richtigen gang/ fragt
nichts darnach/ was jhm die Menſchen in dieſem oder jenem Monat fuͤr einen
nahmen geben: Er wircket/ was ſeine Natur/ vnd nicht was ſeine benennung er-
E ijfordert.
[] fordert. Wenn ein newer Mond alle Monat auff einerley tag einfiele/ ſo we-
re kein zwieſt wie man die Monſcheine benennen ſolte/ vnd man koͤndte auch im
Gewitter auff ſolche benennung etwas mehr ſehen. Aber nun fellet zum exem-
pel ein new Liecht ein den letzten Auguſti/ den 29. Septemb. den 29. Oct. den
28. Novemb. den 28. Decemb. den 26. Jan. den 25. Febr. vnd ſo fortan zu
ruͤck auffſteigende/ das es in einem Jahr 11. tage auffſteiget/ vnd alſo da An-
no
1617. der newe Herbſtſchein (er ſey dißmal ſo genennet) den letzten Aug.
einfellet. koͤmpt er Anno 1618. den 20. Aug. vnd Anno 1619. den 9. Aug.
Anno 1620. felt er gar in den Jul. Vnd denn wird er nicht mehr Herbſt-
ſchein/ ſondern Einkoͤmling/ der nechſtfolgende aber allererſt Herbſtſchein/ ge-
nennet. Alſo ſiehet man das die benennung eine bloſſe Menſchenſatzung/ deß
Mondes wirckung aber in der Natur ſey.


Vnd man wuͤrde glaub ich/ auff den heutigen tag nicht groß nach den be-
nennungen der Monſcheine fragen/ wenns den Chriſten nicht vmb rechte fey-
rung deß Oſterfeſts zu thun were. Denn das man ſich einbildet/ Julius Cæſar
hab die guͤldene zahl/ vnd alſo das Monden Jahr in den Calender geſuͤgt/ iſt ein
wahn. Es iſt die guͤldne zahl vber 200. Jahr nach Cæſare von den Chriſten
hinein geſetzt. Die erſten Chriſten haben neben dem Roͤmiſchen Sonnenjahr/
welchs von Cæſare eingeſetzt/ auch ein ſonderlich Kirchen Jahr gehalten:
Welchs ſie angefangen nicht mit anfang deß Jan: ſondern mit dem Newmond
der dem anfang deß Fruͤhlings/ wenn Tag vnd Nacht gleich/ zum nechſten folgt/
oder zum nechſten vorher gehet/ wie Gott ſelbs geboten im andern buch Moyſe
am 12. das war der erſte Newmond deß Kirchen Jahrs/ an welches Vollmond
auch die erſten Chriſten jhr Oſterfeſt (zugleich mit den Juden) gefeyret/
welchs doch vffm Concilio Niceno vom Voll Mond auff den nechſtfolgenden
Sontag verlegt worden. Dieſer vnd folgende 11. New Monde benandten ſie
mit jhren nahmen: Wenn es ſich aber begabe/ das nach ende der 12. Mon-
ſcheine ein Monſchein einfiele/ deſſen Vollmond oder 14. tag noch fuͤrm Æqui-
noctio
kam/ derſelbe Mond ſambt allen ſeinen quartieren ward noch nicht fuͤr
den Oſter Mond ſondern nur fuͤr einen Einkoͤmling gehalten/ vnd haben alſo
die erſten Chriſten in jhrem Kirchen Jahr der gewohnheit aller Voͤlcker gefolgt/
welche/ ſo viel man jmmer nachleſen kan/ allezeit jhre Einkoͤmlinge gelegt am
ende deß Jahrs. Wenn diß von vns auch gehalten wuͤrde/ wuͤrden wir alle
mit benennung der Monſchein alle jahr vbereinſtimmen/ Denn die zweyerley
außlegung deß Verſſes: In quo completur, menſi lunatio detur, hat die
mancherley einſchaltung zu wegen gebracht/ das der gemeine Mann bißweileu
nicht weiß/ was es bedeute. Jch hab Anno 1615. ein vorſchlag gethan: hette
gemeint/
[] gemeint/ es wuͤrden andere Aſtrologi mit mir davon conferiren. Weil es a-
ber nicht geſchehen/ wil ich ſehen/ ob ſichs vffs Jahr wils Gott ſchicken wolle/
(wie es ſich dann wol ſchicken wird) der alten Chriſten Einkoͤmlinge/ wie auch
Herr Bartholomæus Scultetus thut/ wiederumb einzufuͤhren. Solchs hab
ich hie vorher anzeigen wollen/ damit man hernach nicht meine/ es werde in er-
kuͤndigung deß Gewitters eine vngewißheit machen.


X.
Warumb die Aſtrologi das Caput Meduſæ, Saturnum,
Martem,
vnd etliche andere Sternen offtmals boßhafftige Sternen

nennen? Wircken dann die Sternen/ ſo herrliche vnd gute geſchoͤpffe
Gottes/ von natur auch boͤſes?


GOTT ſahe an alles was er gemacht hatte/ vnd ſihe da/ es war alles ſehr
gut/ Geneſis am erſten Capittel. Daher auff ein zeit ein Vornehmer
Mann nicht vnrecht gepredigt/ da er geſagt: Wann Gott geſehen/ das Satur-
nus ein boßhafftiger Stern were geweſt/ er hette jhn eben ſo wol als den Luci-
fer vom Himmel geſtuͤrtzt. So ſind nun ♄/ ♂ etc. von natur nicht boͤſe/ wir-
cken auch an vnd fuͤr ſich ſelbs nichts boͤſes: Aber gleichwol bleibt das an jhnẽ
war/ das ſie wircken ſecundum conditionem recipientis nach dem die eigen-
ſchafft vnd Natur deß dings iſt/ (zum exempel deß Menſchen) in welches ſie
jhre wirckung ergieſſen/ Secundum merita materiæ infunduntur vires cœle-
ſtes
/ ſpricht Plato. Were der Menſch im Stande der vollkommenheit geblie-
ben/ ohne zweiffel hette ♄ etc. in jhm nichts dann lauter gutes gewircket: Nun
aber deß Menſchen natur verderbet/ vnd die Sternen gleichwol jhre einmal ein
gepflantzte wirckung vollnziehen/ geſchichts das etliche auch die boͤſe natur im
Menſchen erregen/ nicht anderſt als wie ein guter Reuter offt ein vernageltes
Pferdt reitet/ welches aber an ſtat eines guten ganges nur hincket. Sind dem
nach etlicher Sternen wirckungen offtmals ſchaͤdlich/ nicht aus der ſternen
ſondern auß deß Menſchen verderbten Natur. Deswegen auch der Menſch
ſo die Sternen etwas boͤſes in jhm wircken/ daſſelbe nicht jhnen ſondern jhm
ſelbs bey zumeßen hat. Ochſenblut getruncken iſt dem Menſchen eine gifft:
Wil man aber darumb ſprechen/ das ein Ochs an jhm ſelbs einſchaͤdlichs giff-
tigs Thier ſey/ Oder woͤlle man auch wuͤnſchen/ das ein Ochs lieber kein Blut
im Leib hette? ſpricht Baſilius in hexaem: Da aber weiter moͤcht gefragt wer-
den/ warumb die Sternen nicht alle nach deß Jupiters natur von Gott erſchaf-
fen/ ſo hetten ſie alle auch nach dem fall lauter gutes gewircket/ darauff antwort
E iijich/
[] ich/ das/ weil Gott eh die Sternen als den Menſchen erſchaffen/ man lieber
fragen moͤchte/ warumb Gott den Menſchen nicht alſo erſchaffen/ das er nur
allein deß Jupiters vnd anderer Jovialiſchen Sternen kraͤffte empfunden/ vnd
mit den andern Sternen nichts zu thun gehabt hette? Jſt beydes eine fuͤrwitzi-
ge frage. Gott hette es zwar leicht thun koͤnnen: Weil ers aber nicht gethan/
ey ſo muß es gut vnd wol gethan ſein/ das der Menſch nicht allein deß temperir-
ten Jupiters/ ſondern auch deß kalten Saturni vnnd deß hitzigen ♂ wirckung
empfinde/ die jhme doch/ wenn er from vnd Gottsfuͤrchtig/ eben ſo wenig ſcha-
den/ als in geſundem leibe atra bilis vnd die Galle. Das alſo etliche Sternen
boͤſes wircken/ nicht ſchlechts hin/ ſondern mit gewiſſem beſcheid. Wiewol zu
wuͤnſchen/ das etliche Aſtrologi bey nennung ſolcher Sternen/ vieler harter
vnartiger reden ſich enthielten/ als da ſind der alte kalte Steltzentretter/ vnnd
argliſtige Kindermoͤrder oder Kinderfreſſer ♄/ der grimmige zaͤnckiſch/ gottlo-
ſe/ blutgierige ♂/ der verraͤhteriſche Wendeheuck vnd leichtfertige Vagant
die freche/ geile/ vnverſchembte ♀/ der boͤſe gewaltige himliſche ♉ (cornu fe-
rit ille, caveto.
) Der Teuffelskopff oder grewlichſte/ vngluͤcklichſte/ boßhaff-
tigſte/ ſchaͤdlichſte/ blutduͤrſtigſte (oder/ wie Miſocacus redet/ die allerblutigſte)
Stern Caput Meduſæ: vnd was dergleichen epitheta mehr ſind/ welche nicht
allein verſtaͤndigen Leuten frembd vorkommen/ ſondern auch mehrentheils
Gott dem HErren ohn allen zweifel ein grewel ſind.


XI.
Woher es komme/ das die Aſtrologi in außlegung der
Nativiteten mehrentheils (wie ſie ſich ruͤhmen) ſo wol zutreffen/ vnd

in andeutung deß Gewitters welchs doch eine geringere
ſache ſcheint ſo offtmahls fehlen?


WEnn die ſtund vnd minut der Nativitet juſt vnd richtig iſt/ (welchs man
doch in 100. Exempeln kaum ein oder zwey mal haben kan) bin ich der
meynung das man deß Menſchen temperament vnd inclination (nicht eben
ſein gantzes leben) viel gewiſſer drauß ſchlieſſen kan/ als das Gewitter aus den
Aſpecten/ oder auff vnd vntergangen der Sternen: Vrſach iſt dieſe/ das daß ge-
witter mehr von der Erden als vom Himmel ſelbs herruͤhre/ wie ich vor eim
Jahr bewieſen/ vnd alſo kommen viel hinderungen in der lufft dazwiſchen/ wel-
che bey der Geburt deß Menſchen nicht hindern koͤnnen/ Denn das Gewitter
wird angetrieben durch der ſternen lauff vnd liechtſtralen/ bey der Nativitet a-
ber wircken vornehmblich die heimlichen Influentiæ deß Himmels/ welche nicht
ſo
[] ſo koͤnnen gehemmet werden. Das iſt/ ſo bald ein Menſch zur Welt gebohren
iſt/ wird in jhm/ als in ein zartes wachs/ mit der newen lufft ein gewiſſe comple-
xion
vom Himmel eingedruckt/ ſo das er jhr mahlzeichen ſein lebenlang behelt.
Moͤcht einer fragen/ was das fuͤr heimliche Influentien ſein/ dieweil ſonſten die
Philoſophi ſchreiben/ das die Sternen jhre wirckung in dieſe vntere Welt er-
ſtrecken alleine motu \& lumine, durch jhren lauff vnd liechtſtralen: dem geben
die Aſtrologi recht zur antwort/ das die influentiæ mit dem liecht zu vns her-
under kommen/ vnd gleichwol nicht das liecht ſelbſten ſondern etwas beſonders
ein. Vnd das in warheit ſolche verborgene kraͤffte deß Himmels herab kom-
men/ bezeuget die erfahrung: ſintemal (das ich anderer Exempel geſchweige)
nicht allein im Vollen Mond die humores vnnd das marck in den Thieren viel
heuffiger als im Newen Mond/ item dis Valetudinarii ſuͤhlen den ab- vnd zu-
nehmenden Mond an jhrem leibe/ [wenn] ſie gleich in ſteinern gewelben oder gar
vnter der Erden ſich verhalten: ja die Metalle tieff in der erden/ werden durch
mitwirckung der Himmelkraͤffte generiret, dahin noch kein liechtſtral einiges
ſterns gelangen kan. So ſag ich nun das auch bey der Geburt deß Menſchen/
die himliſchen influentiæ ſich kraͤfftiglich vnd vngehindert erzeigen/ daher man
auff dieſelbe was gewiſſers bawen kan/ als auff den lauff der Sternen beym Ge-
witter. Aber das man fort hierauß von gluͤck vnd vngluͤck/ vom gantzen zuſtand
vnd weſen deß Menſchen ſpecialiter vnd vmbſtendlich weiſſaget/ iſt eine groſſe
vermeſſenheit/ die in der Phyſica, wie ichs auff ein andermahl darthun wil/ nicht
beſtehen kan. Ja/ ſprichſtu/ ſie treffens dennoch: Ranzovius vnd andere ha-
ben gantze Catalogos exemplorum, die ſo juſt vnd genaw mit den vmbſtenden
der zeit vnd deß Orts zugetroffen/ das man ſich druͤber verwundern muß/ vnnd
hat man noch heutigs tags gnugſam exempel/ die wol zutreffen. Antwort:
Man zeichnet allein die exempel auff die da zutreffen/ die andern aber leſſet man
wol vnverzeichnet. Wuͤrde man dieſelben auffzeichnen/ wer weiß ob jhrer nicht
mehr weren, Sixtus ab Hemminga in ſeinem Buch wieder die Aſtrologos,
bringet 30. hohe Perſonen (darunter 2. Keyſer/ 6. Koͤnige/ 2. Koͤniginne/ 2.
Fuͤrſten) auff die Bahn/ derer Nativitet von den Aſtrologis vbel getroffen.
Das ſind exempel die er gewuſt/ wie viel werden derer ſein/ die jhm vnbewuſt?
Aber wer wil ſie alle nachrechnen vnd examiniren? was hat man davon wann
ſie nicht zugetroffen/ als vnnuͤtze zeitverſchwendung: ſumma, Wenn die rechte
zeit der Geburt juſt bekandt/ kan man wol von temperament vnd inclination
deß Menſchen etwas vrtheilen/ aber die uͤmbſtendtliche zufaͤlle errahten/ iſt in
der natur nicht gegruͤndet. Hievon ein andermahl mehr.


Was
[]

XII.
Was fuͤr ein vnterſcheidt zwiſchen Aſtronomia vnnd A-
ſtrologia,
Ob dieſe Woͤrter nicht beyde die Sternkunſt bedeuten/

vnd alſo nicht koͤnnen eins ohn das andere ſein?


DJe Woͤrter zwar beyde/ bedeuten eine Sternkunſt/ aber die Sternkunſt
iſt zweyerley/ Eine die deß Himmels lauff erforſchet vnd außrechnet/ Die
andere/ die aus des Himmels lauff zukuͤnfftige dinge weiſſagt. Die erſte iſt von
den Alten ſo wol Aſtronomia als Aſtrologia genennet worden/ die andere a-
ber Prognoſticon Aſtrologiæ: Jetziger zeit aber wird von allen Philoſophis
die erſte nur Aſtronomia, die andere Aſtrologia genannt. Jſt alſo ein groſ-
ſer vnterſcheidt zwiſchen Aſtronomia vnd Aſtrologia, das iſt/ zwiſchen der
Sternkunſt die der ſternen lauff vnd ſtelle/ auff- vnd vntergang/ Aſpecten vnnd
Finſterniſſe/ außrechnet/ vnd dann zwiſchen der andern ſternkunſt/ die aus der
Sternen lauff/ Aſpecten/ Finſterniſſen etc. vom zukuͤnfftigen zuſtande deß Ge-
witters vnd anderer hendel propheceyet. Die erſte iſt in jhren rechnungen ge-
wiß vnd vnwandelbar/ denn Gott hat den Sternen einen gleichfoͤrmigen vn-
wandelbaren lauff eingepflantzet: Die ander aber iſt eine offt fehlbare muhtmaſ
ſung/ denn Gott hat zukuͤnfftiger dinge vnfehlbare wiſſenſchafft fuͤr ſich allein
behalten. Die erſte kan wol vollkommen ſein ohn die andere/ Aber nicht die
andere ohn die erſte: denn die andere muß zu jhrem vorhaben der erſten deß
Himmelslauff etc. entlehnẽ/ die erſte darff zu jhren ſachen von der andern gantz
nichts entlehnen.


Dieſen vnterſcheidt hab ich auch vor etlichen Jahren in meinem Apolo-
getico
erklaͤret/ vnd hette dißmal davon ſtill geſchwiegen/ wenn nicht ein beruͤm-
ter Aſtrologus, Theodorus Majus, in ſeiner diß jahr außgegangnen Aſtrolo-
gia vindicata
das wiederſpiel den Leuten zu bereden ſich vnterſtanden. Deñ
derſelbe darff ſtracks im erſten Cap. ſchreiben/ 1. Das ſolcher vnterſcheidt den
alten Lehrern zu wieder/ als die vnter jedem namen beyde kuͤnſt ohn vnterſcheidt
begriffen/ 2. Das beyde ſo zuſammen gehoͤren/ das eins ohne das ander nicht
ſein kan.


Da ich gerne von jhm verſtehen moͤchte/ 1. was das fuͤr alte Lehrer ſein/
die er meynet. Laſſet vns doch Ptolemæum hoͤren/ den er ja muß fuͤr den vor-
nehmbſten vnter den alten Lehrern paſſieren laſſen. Der ſchreibt im 1. Cap.
Quadripartiti von dieſen beyden Sternkuͤnſten alſo:


Die erſte iſt an jhr ſelbſt ein ſtudium das wirdig zu tractiren/ ob man
ſchon
[] ſchon durch beyfuge deß andern nicht zum prognoſticiren ſchreitet vnnd vom
ſelben erſten haben wir ein ſonderlich Opus geſchrieben: Vom andern aber/
welchs an jhm ſelbſt nicht ſo perfect, ſind wir in gegenwertigem Buch zu han-
dlen entſchloſſen/ Vnd zwar alſo/ das niemandt/ dem die warheit lieb iſt/ dieſe
dinge vergleichen ſol mit der erſten vnd vnwandelbaren gewißheit/ wenn er ſe-
hen wird beydes der jetzigen ſachen ſchwache beſchaffenheit/ wie auch der muht-
maſſungen ſchwerigkeit.


Sihe/ was kan klarer von einem alten Lehrer auff meiner ſeiten geſagt wer-
den? Zum andern/ das Aſtrologia nicht ohne Aſtronomia ſich behelffen kan/
oder ja ſol: (wiewol Kepplerus in ſeinem buch De nova ſtella c. 11. recht
ſchreibt/ quod Aſtrologi ſinceriorem Aſtronomiam utplurimùm ignorent)
iſt vnleugbar: Denn weil ſie aus deß Himmelslauff etwas weiſſagen ſol/ muß
ſie ja von der Aſtronomia ſich deſſelben lauffs erlernen/ oder ja zum wenigſten
die Ephemerides zur hand nemen. (Wetter verſteigen ſich auch die guten
Herren Aſtrologi gar ſelten.) Aber wozu bebarff doch Aſtronomia einer huͤlf-
fe aus der Aſtrologia? Gar nirgend zu: Sie kan jhrer gar wol entberen/ vnd
leſſet ſie gern zu frieden/ vnd wuͤnſchet auch das Aſtrologia, als eine fuͤrwitzige
Tochter/ das koͤſtliche von der Mutter entlehnte geſchmeide nicht zur vppigkeit
vnd vnehren mißbrauchete.



Aus dem Prognoſtico des 1618.
Jahres.


I.
Warumb ich nichts von den 12. Himliſchen Haͤuſern hal-
te/ vnd dennoch bey dem anfang der 4. Jahrszeiten/ wie auch bey den

Finſternuͤſſen/ des auffgehenden/ vntergehenden vnd im Mittagszirckel
ſchwebenden grads/ das iſt der ſpitzen deß erſten/ ſiebenden vnd ze-
henden Hauſes ſo fleißig gedencke?


ES haben die alten Aſtrologi hierinn der außthei-
lung deß Thierkreißes gefolget/ vnd zu mehrer bequemigkeit jhres Prog-
Fnoſti-
[] noſticirens (ſonderlich vber Menſchlichen nativiteten: denn allererſt hernacher
man auch zu anderen dingen die themata gezogen) den gantzen Himmel in 12.
theil abgetheilet/ welche theil ſie Domus, Domicilia, Haͤuſer/ auch wol Tem-
pel/ nennen: vnd folgen dieſelben haͤuſer in ſolcher ordnung/ das der anfang oder
ſpitze deß 1. (welchs mit einem beſondern namen Horoſcopus genannt wird)
ſey am grad deß Thierkreiſſes/ welcher zu der zeit auffgehet/ das gantze hauß a-
ber iſt daſelbſt zunechſt vnter der Erden: vnd folget drauff/ auch vnter der Erden
herumb/ das 2/ 3/ 4/ 5/ vnd 6 hauß/ ſo das die ſpitze deß 3. zum tieffſten vnter der
Erden/ die ſpitze aber deß 7. iſt am grad deß Thierkreiſſes/ der damahls vnterge-
het: vnnd alſo folgen dann vber der Erden/ vom Weſten herauff/ das 7/ 8/ 9/
10/ 11. vnd 12. Hauß/ ſo das die ſpitze deß 10. zum hoͤchſten vber der Erden/
das end aber deß 12. am Oſtlichen Horizont die ſpitz deß erſten beruͤhret. Je-
dem hauſe hat man beſondere eigenſchafften zugeſchrieben/ als das daß erſte ſey
das hauß deß Lebens vnd der gantzen Complexion deß Menſchen: das 2. ſey
das hauß deß reichthumbs vnd der guͤter/ ſo man mit eigener handt erwirbt:
Das 3. betrifft daß Geſchwiſter vnd kurtze reyſen: das 4. den zuſtandt der El-
tern vnd Erbſchafft: das 5. die Kinder etc. Das 6. die geſundtheit oder kranck-
heit/ das geſinde/ Jtem haͤußliche Thiere/ als Pferde/ Katzen/ Hunde etc. Das
7. betrifft den Ehſtandt/ Handel vnd Wandel: Das 8. den Todt/ muͤhſelige
arbeit vnd verborgene Schaͤtze: Das 9. die Religion/ Kirchenaͤmpter/ Traͤu-
me vnd lange reyſen: Das 10. weltliche Ehr vnd Hochheit: Das 11. die
Freunde vnd was von denen guts zugewarten: Das 12. betrifft Feinde/ Ge-
faͤngniß/ Betrug von boͤſen Leuten/ vnd ſonſt aller hand muͤh vnd truͤbſal/ dar-
umb diß hauß auch der Cacodæmon oder boͤſe Teuffel (ſo boͤſe oͤrter ſind im
Himmel) genant wird. Wiewol die Aſtrologi in zuſchreibung dieſer Eigen-
ſchafften nit allerdings eins/ die meiſten aber vnd jetzigen haltens oberzehlter
maſſen. Sie deputiren auch jedem Hauſe eine beherſchung gewiſſer gliedmaſ-
ſen deß Menſchlichen Leibs/ davon hie wort zu machen vnnoͤtig.


Jch kan aber bey ſo vielen Autoribus keine fundamenta Phyſica finden/
worauff dieſe Haͤuſer mit jhren eigenſchafften erbawet ſind. Iohannes Scho-
nerus,
einer von den vornehmbſten Aſtrologis, berichtet am meiſten davon lib.
3. De jud. Nativit. cap.
18. Es leufft aber alles dahin aus/ das die Aſtrologi in
dieſer außtheilung auff die 12. theil deß Thier kreißes geſehen/ vnd vermeinet das
in ſolchen Haͤuſern die cauſæ generationis \& corruptionis beſtuͤnden/ welches
doch nie womit erwieſen. Denn das Pontanus lib. 2. c. 2. ſchreibt: Cœli pars
genituræ tempore aſcendens primam nati ætatem indicat; culmen i. e. cœ-
limedium, ætatem nati ejusdem mediam; occaſus ipſe, ultimam \&c.
ſie-
het
[] het man wol/ daß diß alles nur eine verbalis analogia vnd bloſſe gleichnuͤß ſey/
So das dieſe außtheilung nur arbitraria vnd nicht phyſica iſt. Wenn ich ei-
nen Nativitetſteller fragte/ warumb das 11. hauß die Freunde/ oder das 12. die
Feinde vñ gefaͤngnuͤß betreffe/ wuͤrde er mir keine rationem phyſicam zu geben
wißen/ ſondern ſich allein auff die Autoritatem veterum vnd jhre langwirige
erfahrung beruffen. Was aber hierinn autoritas vermag/ iſt gelarten Leuten
bewuſt: von der langwirigen erfahrung/ deſſen die Aſtrologi bey allen ſtuͤcken
jhrer kunſt ſich ruͤhmen/ moͤchten ſie lieber ſtillſchweigen/ denn die heutige erfah-
rung lehret vns/ das die alte erfahrung offtmals fehlet. Diß iſt die vrſach/ das
ich mich des prognoſticirens aus den 12. himliſchen heuſern numehr gentzlich
entſchlage/ nemlich weil ich deroſelben keinen rechtſchaffnen natuͤrlichen
grund finde/ Sondern ſehe das ſolche außtheilung nur in der Kuͤnſtler wilkuͤhr
beſtehe.


Solchs/ nemlich das ſie nur nach Menſchlichem gutduͤncken angeſtellet/
erweiſet ſich auch darauß/ daß die Aſtrologi in der art ſolcher außtheilung gar
vneins. Jn dem zwar kommen ſie alle vberein/ das der anfang der theilung ge-
nommen werde vom auffgehenden gradu Zodiaci, vnd gehe die Ordnung von
dannen erſtlich vnter der Erden herumb/ ſo das ſie hernach durchs Weſten her-
auff gegen Mittag vnd von dannen abwerts wiederumb ins Oſten lauffe/ da ſie
angefangen. Jn dem aber ſind ſie nicht einig/ welcher geſtalt vnd auff was him-
liſchen Zirckeln die cuſpides domorum zuſetzen. Was Ptolemæus fuͤr eine art
gebraucht/ kan man noch nicht wiſſen/ ein jeder aber von denen autoribus, derer
ich jetzt gedencken werde/ vermeinet ſeine art ſey des Ptolemæi. 1. Iulius Firmi-
cus,
welcher etwan 170. Jahr nach Ptolemæo gelebt/ theilet ſchlechts den Zo-
diacum
durch 6. Circulos latitudinum in 12. gleiche theil/ von welcher art
Cardanus, Schonerus vnd andere mehr/ viel halten. 2. Abraham Avenezra,
vnd Johannes Regiomontanus theilen nicht den Zodiacum, ſondern den Æ-
quinoctial
in 12. gleiche theil/ mit ſolchen Circulis poſitionum, welche durch
die interſectiones, horizontis \& meridiani gezogen werden. Dieſer art ge-
brauchen ſich heutiges tages die meiſten Aſtrologi, dieweil man meinet/ ſie kom
me recht mit des Ptolemæi meinung vberein: Wiewol newlicher jahr Simon
Marius
ſolchs wiederleget vnd gar eine newe art herfuͤr gebracht/ welche er die
warhafftige art des Ptolemæi zu ſein weitleufftig beweiſet. 3. Alcabitius, vnd
Ioh. de Saxonia, theilen auch den Æquatorem in 12. aber nicht gleiche theil/
ſondern ſuchen deß auffgehenden gradus arcum ſemidiurnum vnnd ſemino-
cturnum,
theilen darnach jeglichen arcum in 3. gleiche theil ab durch 6. Circu-
los declinationum etc.
were alhie deutlich zu beſchreiben langwirig. 4. Cam-
F ijpanus
[]panus vnd Ioh. Gazulus theilen nicht den Æquatorem, auch nicht den Zodia-
cum,
ſondern den Verticalem, der durch Oſten vnd Weſten geht/ in 12. glei-
che theil mit 6. Zirckeln/ die durch die interſectiones horizontis vnd meridia-
ni
ſtreichen/ wie ins Regiomontani art. 5. Porphyrius (wie Lucas Gauricus
ſchreibt) theilet den Zodiacum in 12. aber vngleiche theil/ ſo das jeglicher atcus
Zodiaci
zwiſchen dem horizont vnd meridiano gelegen (welche theil denn vn-
gleich) durch die Circulos latitudinum in 3. gleiche theil abgetheilet wirdt.


Weil dann bey den Autoribus eine ſolche vngleichheit/ wer wil was gewiſ-
ſes drauff bawen? Denn was fuͤr ein Planet oder ander Stern nach des einen
art in jrgend einem hauſe ſtehet/ der ſtehet nach des andern art in einem andern.
Jch wil nur zum Exempel nemen das Thema Revolutionis oder Fruͤhlings-
figur des 1618. Jahrs: Jn welchem die Planeten vnd etliche vorneme fixſter-
nen (hab nicht mehr ſternen examiniren moͤgen) folgender weiſe ſich in die
himliſche Heuſer loſiren:


Nach Regiomontani
Art.
Nach Iulit
Firmi
ei art.
Nach Ga-
zuli
vnd
Campani art.
Nach Alca-
bitii
art.
Nach Por-
phyrii
art.
☉ im VIII. hauſe.im VII.im VII.im VII.im VII.
☽ im V.im V.im V.im V.im V.
♄ im IX.im IX.im IX.im IX.im IX.
♃ im VI.im VI.im VI.im VI.im VI.
♂ im VIII.im VII.im VII.im VII.im VII.
♀ im VII.im VII.im VII.im VII.im VII.
☿ im VII.im VII.im VII.im VII.im VII.
Dext. hum. Orion. im X.im X.im XI.im XI.im XI.
Canis major im XII.im XII.im XII.im XII.im XII.
minor im XI.im XI.im XII.im XII.im XII.
Hyades im X.im IX.im X.im X.im X.
Caſtor im X.im XI.im XI.im XI.im XI.

Jn andern figuren moͤcht ſich eine viel groͤſſere vngleichheit ſehen laſſen/
wenn ichs der muͤhe wehrt achtete zu vnterſuchen. Nun wil jeglicher ſeine art
fuͤr die beſte verthedigen/ darauß klaͤrlich zu erſehen/ das dieſe außtheilung nicht
in der Natur gegruͤndet/ ſondern aus bloſſer Menſchenwitz entſproſſen. Derhalb
ich erachte/ das die prognoſtication, ſo drauff geſtellt wird/ keinen natuͤrlichen
grund habe.


Das ich dann gleichwol in meinen Prognoſticis die ſpitzen deß erſten ſie-
benden
[] benden vnd zehenden Hauſes anzeige/ damit ſeh ich nicht auff die Aſtrologiſche
Heuſer/ ſondern auff die Aſtronomiſche doctrinam gradus orientis, occiden-
tis, \& culminantis,
welchs an ſich ſelbſt eine feine wiſſenſchafft/ mit welcher
das angedeutete momentum temporis gleichſam befeſtiget wird. Zu dem fin-
den ſich bey dem gradu culminante bißweilen vornehme Sternen/ die jhre wir-
ckung vom ſelben ort deß Himmels herunder ſtrecken/ mehr als andere ſo als-
dann niedrig ſtehen: Wie dann Cardanus lib. de revol. c. 14. da er de eli-
gendo vitæ ſignificatore
handelt/ gar rechtſchreibt/ quod tota diſtantia robo-
ris vitalis comprehendat 40. minuta remotionis à meridiano, qualium 6.
horæ temporales, i.e. diſtantia horizontis à meridiano, aſſumitur
60. Alſo
das die beſte krafft eines ſterns am groͤſten iſt/ wenn er in meridiano ſtehet: je
weiter er aber davon weichet/ je geringer ſie wird. Vrſach iſt die werffung der
Liechtſtralen/ welche von der hoͤhe viel kraͤfftiger als von der niedrigung/ wie al-
le Jahr bey der Sommer- vnd Winter Sonnen zu ſpuͤren. Derhalben ich auch
lieber wolte außm zehenden/ als auß dem erſten Hauſe vom Leben eines newge-
bornen Kindes judiciren.


Jch hab geſagt/ das die Prognoſtication aus den Himliſchen Haͤuſern
keinen natuͤrlichen grundt habe: Da mir jemandt fuͤrwerffen moͤchte/ das es
dennoch die Aſtrologi hiemit offtmahls gar genaw zutreffen. Worauff ich
antworte/ das ich daſſelbe auch bekennen muß/ vnd daneben mich deſſen verwun
dern/ weil es offt geſchicht/ das ſie die Himliſche Figur auch nach jhrer eignen
Lehre nicht allerdings recht verfertigen/ ſonderlich was die Fixſternen/ die ſie in
die Figur mit einſetzen/ anlanget. Denn weil der modus juxta 21. Probl. Re-
giomontani
was langſamb zugeht/ wollen ſie ſich derweil nicht nehmen/ ſondern
loſiren die Sternen in die Haͤuſer nicht anderſt alß die Planeten/ nach den zei-
chen deß Zodiaci, zu welchen ſie gehoͤren/ denckende: Wer iſt vnter tauſenden/
ders verſtehet? Daher geſchichts/ das die jenige Sterne/ welche vom Zodia-
co
weit abgelegen/ offtmals gar falſch geſetzt werden. Zum exempel/ ſetzt einer
(wers gethan/ wirds wiſſẽ) Arcturũ ins achte hauß/ weñ er eigentlich ins neun-
de gehoͤret: Jtem den groſſen Hundsſtern ins achte/ weñ er ins ſiebende gehoͤret/
oder ins 11/ wenn er im 12. ſein ſol: Jtem horoſcopantem cum 23. gradu
♈ umbilicum Andromedæ,
wenn dieſer Stern ſchon vber 20. grad empor
iſt: vnd was dergleichen mehr. Ja es geſchicht offt/ das ſie Sternen in die do-
mos ſubtetraneas
ſetzen/ die doch ſtellæ nunquam occiduæ ſindt: als mediam
caudæ Helices
ins erſte/ vnd Lyram ins 5. hauß/ Jtem ultimam caudæ He-
lices horoſcopantem,
welche Sternen doch nimmermehr vntergehen. Das
iſt ja gar zu grob an einem beruͤhmbten Aſtrologo (cujus nomini parco) auff
F iijwelchen
[] welchen viel gehalten wird/ das er in den meiſten ſachen zutreffen ſol. Das
ſprech ich/ kan ich mich nicht auswundern/ das man aus vngrundt vnd falſchen
præſuppoſitis dennoch im prognoſticiren zutreffen kan. Wie es komme/ durch
gluͤck oder kunſt/ das weiß ich nicht. Das weiß ich wol/ vnd bleibt einmahl ge-
wiß/ das ſolche fundamenta falſch vnd billich von einem Aſtrologo, der da wil
angeſehen ſein/ das er auch Aſtronomiam verſtehe/ ſolten gemieten werden.
Jch wil lieber aus richtigen Fundamenten fehlbar/ als aus falſchen vnfehlbar/
prognoſticiren.


II.
Warumb ich 2. Jahr nach einander einen Einkoͤmling
geſetzt/ vnd warumb der Newmond/ ſo den 25. Februar. deß 1618.

Jahrs einfellet/ nicht Mertzmond heiſſen mag?


JM Prognoſtico deß vorhergehenden 1617. Jahrs am 3. Capit. hab ich
etlicher maſſen auffs erſte theil dieſer frage geantwortet. Es iſt aber noͤtig
ſolches was gruͤndlicher zu erklaͤren.


Das die Politiſche Jahres form/ ſo wir heutigs tags noch gebrauchen/
von den erſten Keyſern/ Iulio vnd Auguſto, allen Provintzen deß Roͤmiſchen
Reichs aufferlegt/ vnd alſo auch auff die Chriſten/ als deß Roͤmiſchen Reichs
Vnterthanen/ kommen/ iſt zugleich mit erklaͤrung dieſer Jahres Form Anno
1612. im 1. Cap. von mir bericht geſchehn. Es iſt aber daſſelbe Roͤmiſch jahr
erſtlich nur ein Sonnen Jahr geweſen/ vnd hat Iulius Cæſar, der es erſt einge-
ſetzt/ mit nichten (wie man ſonſt gemeiniglich es dafuͤr helt) deß Mondslauff
vnd guͤldne zahl mit drein gemengt/ welchs daraus zu ſchlieſſen: 1. Weil man
deſſen weder im alten heidniſchen hemerologio oder Roͤmiſchen Calender/ noch
bey den Hiſtoricis vnd Scribenten/ die von Iulii Cæſaris einſetzung geſchrie-
ben/ als da ſind Dio, Suetonius, Macrobius, Cenſorinus, vnd andere mehr/ ein
einigen buchſtaben findet: 2. Weil die Heidniſchen Roͤmer deſſen keinen nutz
hatten. Den Chriſten aber war deß Mondslauff zu wiſſen von noͤthen/ als die
nach Goͤttlicher Ordnung (Exodi 12. 13. 23. Levit. 23. Num. 9. 28. Deut.
16.) das Oſterfeſt vnd andere Feſttage/ ſo nach dem Oſterfeſt muͤſſen reguliret
werden/ nach dem Lauff deß Monds halten ſolten. Derhalben ſie neben dem
Weltlichen von Cæſare eingeſetzten Sonnen Jahr auch zu jhrem Gottesdienſt
ein Geiſtlichs Kirchenjahr geordnet/ deſſen anfang nicht im Winter/ ſondern
nach Gottes gebot im anfang deß Fruͤhlings. Daſſelbe Kirchen Jahr war ein
lauter Monden Jahr/ deſſen erſter Monat/ wie bey den Juden der jenige war/
welches
[] welches deeimaquarta oder voll Mond juſt auff den tag Æquinoctii Verni,
wenn Tag vnd Nacht gleich einfellet/ oder ja zu nechſt hernach folget. Ioſeph.
l. 3. Antiq. c. 10. Euſeb. l. 7. c. 29. Hiſt. Eccleſ.
Es iſt aber das Æquinoctium
Vernum
von Koͤnigs Salomonis zeiten her ſtets in vnſern Martium gefallen/
vnd iſt zu deß HErrn Chriſti vnd der Apoſtel zeiten alle Jahr den 23. Martii
geweſen. Nun reicht ein Monden Jahr mit ſeiner lenge nicht ſo weit als
ein Sonnen Jahr/ ſondern iſt ohngefehr vmb 11. Tage kuͤrtzer: Daher ge-
ſchichts das wenn zum Exempel eines Kirchen Jahres erſter New Mond ein-
fellet den 21. Martii, vnd alſo ſein voll Mond 14. tage hernacher den 3. Apri-
lis,
ſo fellet der erſte new Mond folgendes Jahrs auff den 10. vnnd ſein Voll-
Mond auff den 23. Martii, Das dritte Jahr fellet der new Mond ſchon auff
den 27. Febr. vnd ſein voll Mond auff den 12. Martii. Dieſer Monſchein kan
alsdann nicht mehr der Oſter Mond oder deß dritten Kirchen Jahres erſter
Monat heiſſen/ weil ſein voll Mond fuͤr dem Æquinoctio ſich begibt/ ſondern
der nechſtfolgende new Mond wird allererſt der Oſter Mond ſein: vnd mus der
vorige Monſchein zum vorhergehenden Kirchen Jahr gerechnet werden. Alſo
aber bekoͤmpt daſſelbe vorhergehende Jahr 13. Monſchein: Von welchen die
Apoſtel vnd Vaͤter der erſten Kirchen den letzten/ als der keinen eignen nahmen/
wie die andern/ hatte/ fuͤr einen Frembdling oder Einkoͤmling hielten. Vnnd
ſolchs nach der art der Juͤdiſchen Jahrrechnung/ welche gleichfalls vmb jhrer
Oſtern willen/ bißweilen muſten einen Einkoͤmling legen vnd zu jhrem letzten
Mond Adar deputiren. da dann der Einkoͤmling Veadar q. d. Et Adar ſive
iteratus Adar
genannt ward. Wiewol die Juden jhren Veadar fuͤr dem rech-
ten Adar, nemlich nach dem Mond Schebeth, legten.


Dieſe art Einkoͤmlinge zu ſetzen iſt in der erſten Kirchen bey ſechſtehalb
100. Jahren im gebrauch geweſen/ biß die Barbariſchen zeiten eingefallen/ vnd
der Roͤmiſchen Baͤpſte gewalt ſich empor geſchwungen: Denen hat ja dieſe art
zu jhren Martyrologiis Eccleſiaſticis nicht bequem genug gedaucht/ (Her.
beſtus c. ult. ſui Computi,
) haben lieber die Einkoͤmlinge durch alle Monate
ſchwaͤrmen laſſen/ doch nach einer gewiſſen Regel/ Nemblich das jeglicher Mon
ſchein ſol benennet werden von dem Monat/ in welchen ſein voll Mond fellet.
Da es ſich aber zutruͤge/ das in einen Monat zween voll Monde fielen/ ſo ſolte
deß erſten gantzer Monſchein ein Einkoͤmling heiſſen. Zu dem end iſt der alte
verß geſchmiedet worden: In quo completur, menſi lunatio detur. Dieſer
verß iſt nachmahls zu einer andern außlegung gezogen/ nemblich/ das in quo
completur,
ſolte ſo viel heiſſen/ als in quo finitur, Jn welchem Monate ein
Monſchein zum ende leufft. Haben alſo die nachkommenden Computiſten
nicht
[] nicht auff den voll Mond/ ſondern auffs ende deß letzten quartiers/ vnd alſo auff
den new Mond geſehen/ vnd die Monſcheine benennet von denen Monaten/ in
welchen ſie zum ende lauffen/ vnnd darauff der folgende new Mond einfellet.
Wenn aber in einen Monat zwey new Mond einfielen/ ſo ſolte der erſte mit al.
len ſeinen quartieren ein Einkoͤmling heiſſen.


Dieſe art wird noch heutigs tags von den meiſten Calenderſchreibern
(auch von mir die zeit her) gebraucht. Es iſt aber/ da mans recht betrachtet/
boͤß Latein/ wenn completur ſo viel ſol heiſſen als finitur. Compleri tunc ☽
dicitur, quando plena eſt, ſive quando completur orbis ejus.
Vnd wenn die
woͤrter compleri vnd finiri bey dieſer ſach ſynonyma weren/ warumb hette der
Autor deß Verſſes nicht ſetzen koͤnnen: In quo finitur? kan doch diß verbum
eben ſo wol im Vers beſtehn als das andere. Derhalben ich ſchon Anno 1612.
wiederumb Anno 15. vnd 17. dieſe letzte art geſtritten/ vnd die allererſte vorge-
ſchlagen/ als welche Herr Bartholomæus Scultetus in ſeinen Calendern ſtets
gehalten. Vnd ob ſchon dieſe erſte art von der letzten bißweilen weit ableufft/ ſol
ſich doch niemand dran aͤrgern. Denn es gibt zur Witterung oder andern haͤuß-
lichen Haͤndeln gar nichts/ wie ich vor eim Jahr im 3. Cap. ſchon berichtet.
Der ☽ wircket fuͤr ſich jmmer hin/ fragt nichts darnach/ ob man jhn Hornung-
oder Mertzſchein oder Einkoͤmling nenne.


So bin ich nun geſonnen fortan wils Gott in meinen Calendern die Ein-
koͤmlinge nach der erſten Kirchenordnung zu ſetzen. Dem zu folge muß der
new Mond/ ſo das vorſtehende 1618. Jahr den 25. Febr. einfaͤllet/ ein Ein-
koͤmling ſein. Denn im vorhergehenden 1617. Jahr haben wir den newen
Oſter Mond/ oder erſten Mond deß Kirchen Jahrs den 7. Martii, den andern
Kirchen Mond den 5. Aprilis, Den 3. am 5. Maij, Den 4. am 3. Iunii, den 5
am 3. Iulii, Den 6. am 1. Auguſti, (dieſer iſt nach gemeiner vulateiniſcher
vnd Barbariſcher art ein Einkoͤmling) Den 7. am letzten Auguſti, Den 8. am
tage Michaelis/ Den 9. am 29. Octobris, Den 10. am 28. Novemb. Den
11. am 28. Decemb. Den 12. Anno 1618. den 26. Ianuarii. Enden ſich al-
ſo die 12. Monden deß Kirchen Jahrs den 25. Febr. an welchem Tage ein new-
er Mond einfaͤllet. Dieſer newe Monſchein ſolte nun wiederumb der Oſter-
Mond ſein vnd ein newes Kirchen Jahr anfahen: Weil aber ſein voll Mond
noch fuͤr dem Æquinoctio einfaͤllet/ kan er aus obberegten vrſachen zum Oſter-
Mond nicht genommen werden/ ſondern muß den 12. Monden deß vorigen
Kirchen Jahrs angehenckt werden/ vnd alſo ein Einkoͤmling heiſſen. Der fol-
gende Monſchein aber/ ſo den 26. Martii koͤmpt/ iſt allererſt der rechte Oſter-
Mond vnd anfang eines newen Kirchen Jahrs. Dergleichen Einkoͤmlinge
werden wir haben Anno 1620/ 1623 etc.


Was
[]

Was die Benennung deß Oſter Monds/ von welchem die andern nach
der Ordnung jhre Nahmen bekommen/ anlanget/ iſts billich das er ſtets der
Mertzſchein heiſſe/ ſintemahl er ſich nach dem Æquinoctio reguliret/ welches
gleichſam die Wurtzel iſt/ darauß die Kirchen Monde erwachſen: Das Æqui-
noctium
aber iſt vnd bleibt im Martio biß an den Juͤngſten Tag.


Diß iſt alſo gnugſamer Bericht auff gethane Frage. Vnd ob ich wol von
vielen moͤchte angeſtochen werden/ als ob ich jmmer was newes auff die Bahn
braͤchte/ So antwort ich doch/ das dieſes kein newes: ſondern ein vhraltes/ deſto
vnſtrefflichers/ weils von der erſten Kirchen/ welche man fuͤr die reineſte vnd vn
befleckteſte halten muß/ herkoͤmmet.


Hierauß iſt nun auch abzunehmen/ was zu antworten ſey auff die Frage/
die ſieder der Baͤpſtlichen Reformation deß Calenders im ſchwang gangen/
Nemblich:


III.
Ob die Einſetzung einer newen Jahres Ordnung oder
Calenders/ ein Geiſtlichs oder Weltlichs werck/ opus Eccle-

ſiaſticum an Politicum ſey?


HJe muß man nicht auff muthmaſſungen gehen/ da etliche der vnſern aus
Haß der Religion weitleufftig diſcurriren, was wol der Bapſt durch ſeine
Reformation, ſo wol in Geiſtlichen als Weltlichen ſachen/ geſucht habe. Die-
ſes alles an die ſeit geſetzt/ vnd die frage an jhr ſelbs pur vnd bloß betrachtet/ muß
man antworten/ das der Calender ein opus mixtum, beyds Weltlich als Geiſt
lich ſey. Weltlich in dem/ das man in Weltlichem oder Buͤrgerlichem handel/
wie auch Haͤußlichen ſachen/ nach den Monaten vnd Tagen deß Soñen Jahrs
ſich richten muß/ ohne welche tage deß Sonnen Jahrs man ſich in Buͤrgerli-
chem leben durchauß nicht behelffen kan. Geiſtlich aber in dem/ das man in
feyerlicher begehung der Feſttage vnd Kirchen Ceremonien, ſo wol das Son-
nen als das Monden Jahr in acht nemen muß. Vnd das iſt der Calender an
jhm ſelbſt. Die einſetzung aber vnd publication, oder das offentliche außſchrei
ben deſſelben/ ſteht bey der Weltlichen Obrigkeit: wie wir deſſen Exempel haben
nicht allein am Keyſer Iulio vnd Auguſto, ſondern auch an Keyſer Conſtan-
tino Magno,
welcher das Decret deß Niceniſchen Concilii vom Oſterfeſt/ ob
das gleich eine geiſtliche ſache/ durch ein offentliches mandat im Roͤmiſchen
Reich außgeſchrieben/ teſte Euſeb. lib. 3. De vita Conſtantini, c. 16. Vnd bil-
lich. Denn der Magiſtrat ſol ein Beſchuͤtzer ſein/ ſo wol der erſten als der andern
GTafel
[] Tafel des Geſetzes: Deut. 17. v, 18. Ioſuæ 1. v. 8. Eſa. 49. nach dem Exempel
Koͤnigs Salomonis 1. Reg. 5. Koͤnigs Ezechiæ 2. Reg. 18. Koͤnigs Joſiæ 2.
Reg.
23. Koͤnigs Joſaphat im 2. Buch der Chronick am 17. Darumb haben
die Geiſtlichen vnrecht dran gethan/ das ſie das newe Calenderwerck ohne vor-
bewuſt der hohen Weltlichen Obrigkeit publiciret/ oder auch vorgenommen.
Aber gnug hievon an dieſem Ort.


IV.
Ob man mit gutem grunde einem Gebaͤw/ Caſieel oder
einer Stadt/ eine Nativitet ſtellen koͤnne/ aus bewuſter ſtundt vnd

minut/ daran der erſte Grundtſtein zu ſolchem Gebaͤw/ etc.
gelegt worden?


ANfenglich/ wie ich auch oben im 1. Cap. geſagt/ ſind die himliſchen Figu-
ren vnd auffſtellung der 12. himliſchen Haͤuſer nur zu Menſchlichen Nati-
viteten gebraucht worden: Hernacher aber hat man ſie auch auff andere dinge
gezogen/ vnter andern auch auff Gebaͤw/ da man aus bewuſter zeit/ an welcher
der Baw angefaugen/ von kuͤnfftigem beſtandt vnd wehrung deß Gebaͤwes/ vñ
nicht allein deß Gebaͤwes/ ſondern auch von gluͤck vnd vngluͤck der Leute/ ſo driñ
wohnen/ vnd alſo/ wo es eine Stadt iſt/ von jhrer gantzen Policey vnnd Regi-
ment/ deſſen wachsthumb vnd vntergang/ prognoſticiret. Vnd diß iſt nicht al-
lererſt newlicher Jahre auffkommen/ ſondern lang vor Chriſti geburt ſchon
practiciret. Es hat ein Aſtrologus, L. Tarutius Firmanus auff M. Varro-
nis, (Romanorum doctiſſimi)
begehren/ der Stadt Rom jhre nativitet ge-
ſtellet/ vnd von jhrem zuſtande geſchrieben/ wie ſolchs erwehnen Plutarchus in
vita Romuli
vnd Cic. lib. 2. de Divinat.


Nun iſt die frage/ wie dieſes in der Natur gegruͤndet? Jch antworte mit
Cicerone: O vim maximam erroris, etiamne urbis natalis dies ad vim ſtel
larum \& lunæ pertinebat? fac in puero referre, ex qua affectione cœli pri
mum ſpiritum duxerit; num hoc in latere aut in cæmento, ex quibus urbs
effecta eſt, potuit valere?
Geſetzt/ ſpricht er/ das einem newgebornen Menſchẽ
viel dran gelegen/ an was fuͤr einem zuſtande deß Himmels er ſeinen erſten a-
them ſchoͤpffe: ſolte das aber auch bey kalck vnd ziegel/ draus eine Stadt erbaw-
et/ gelten? Freylich gilt es nicht. Ein Menſch wird mit allen ſeinen gliedmaſ-
ſen auff einmahl zur Welt geboren/ darumb auch die himliſchen Kraͤffte zugleich
in alle ſeine gliedmaſſen dringen/ daher dann ſein temperament vnnd comple-
xion
entſtehen kan: Ein Gebaͤw aber oder Stadt mit nichten alſo/ ſondern es
wird
[] wird nach legung deß erſten Grundtſteins ein theil nach dem andern verfertigt/
vnd geſchicht bißweilen das zwiſchen dem anfang vnd der vollfuͤhrung eines Ge
baͤwes (geſchweige einer Stadt) etliche Jahr verlauffen. Miſocacus hat in
ſeim Prognoſtico auffs 1572. Jahr der Paſtey am Karrenthor eine Nativi-
tet geſtellet/ vnd befunden das ſie kaum in 4. Jahren wuͤrde fertig werdẽ/ welchs
auch geſchehen. Nun hat er gleichwol aus legung deß erſten Steins vom
kuͤnfftigen zuſtandt vnd fato deß gantzen Gebaͤwes/ ja der gantzen Stadt Dan-
tzigk/ judiciret, ob gleich die zeit aller zum Gebaͤw gehoͤriger kalck vnd ziegel viel-
leicht noch nicht gebrannt/ die Erde auch noch wol tieff im Biſchoffsberge ge-
ſteckt. Wie ſolten dann die Sternen jhre wirckung erſtrecken in das/ was noch
nicht verhanden?


Was einen Baw an jhm ſelbſt betrifft/ ſind die Gruͤnde/ Steine/ Holtz/
Kalck vnd Ziegel etc. gut/ die Werckleute verſtaͤndig vnd fleiſſig/ ſo zweifele ich
nicht/ der Baw werde wol gerahten vnd wehrhafft ſein: So aber die materia
nicht taug/ oder auch die Werckleute der ſachen vbel kuͤndig vnnd vnfleißig/ ſo
wird der erſte grundſtein/ ob er gleich noch ſo ein guten horoſcopum gehabt/ dz
jenige/ was drauff gebawet/ nicht befeſtigen oder erhalten. Was antrifft die
Jnwohner deß Gebaͤwes/ oder einer Stadt/ iſts ein ſeltzamer handel/ das man
die Menſchen vnd jhre Policey an kalck vnd ziegel binden wil: Eben als ob
nicht eine Oeconomia oder Politia ſive Respubl. beſtehn koͤnte/ wenn gleich
das Gebaͤw oder die Stadt (verſtehe die Haͤuſer vnd Befeſtigung) zu grund
geſchliffen wuͤrden/ oder auch als ob nicht hingegen die Policey vntergehn koͤn-
te/ da gleich die Stadt an jhren Gebaͤwen keinen ſchaden litte. Eine Policey be-
ſtehet nicht in Mauren vnd Gebaͤwen/ wie ſolchs die Politici wol verſtehen.


Ja/ moͤcht jemandt ſprechen/ von gantzen Stadten vnnd Policeyen kan
man nachgeben: Aber vnter Privathaͤuſern findet man dennoch/ das derſel-
ben etliche den Jnwohnern gar vngeſundt oder ſonſt vngluͤcklich/ drauß man arg
wohnen muß/ das ſie in einer boͤſen Conſtellation gebawet ſein. Antwort: das
iſt mir nicht vnbewuſt: Es ziehen auch wol derentwegen die Jnwohner von
dannen in ein andere wohnung/ wie Cadmus beym Ovidio, tanquam fortuna
locorum, Non ſua, ſe premeret.
Aber es iſt aus obangezogenen vrſachen
nicht glaͤublich/ das ſolchs vom Himmel herruͤhre. Denn auch 1. nicht allen
deß hauſes einwohnern ſolches anhenget: 2. Kan wol das hauß auff ein ſol-
chen ort oder grund gebawet ſein/ der ſolche vngeſunde duͤnſte von ſich blaͤſet.
Gluͤck vnd vngluͤck koͤmpt von Gott/ vngluͤck auch bißweilen aus Gottes ver-
haͤngnuͤß von boͤſen Leuten/ durch huͤlff deß boͤſen Geiſtes.


G ijWas
[]

V.
Was denn von dem zu halten/ das etliche vornehme
Sternen taͤglich vber gewiſſer Staͤdte haͤubtpunct gehen/ vnd ob der

letzte Stern im Schwantz deß groſſen Beeren der Stadt Rom/ da ſie
erſtlich erbawet/ ſey Vertical geweſen/ wie Cardanus
ſchreibt?


Habent hæſtellæ (verticales) poteſtatem magnam ſupra loca, quoni-
am ſemel qualibet die ſupra civitatem perpendiculariter inſiſtunt,

ſpricht Cardanus lib. De ſupplem. Almanach. c 10. vnd fengt drauff an erſt-
lich zu erzehlen; wie das Caput Meduſæ (welchen ſtern die Aſtrologi den Teu-
felskopff nennen) vorzeiten 400. Jahr lang taͤglich vber den haͤubtpunct der
Voͤlcker in Aſia vnd Griechenlandt gangen/ vnd dadurch dieſelben Laͤnder gantz
zu nicht gemacht: vnd nun ſey derſelbe ſtern vber Apulia vnd dem Koͤnigreich
Neapolis, daher er befoͤrchtet/ das nicht dadurch ein vngluͤck auch vber daſſelbe
Koͤnigreich komme. Darnach ſchreibt er/ wie der Stadt Rom/ da ſie erbawet
worden/ ſey Vertical geweſen der letzte ſtern im Schwantz deß groſſen Beeren/
Martialiſcher natur: Daher ſey es kommen/ das die Roͤmer faſt vber die gantze
Welt geherſchet. Da aber derſelbe ſtern nach langheit der zeit vom haͤubtpunct
der Stadt Rom abgewichen/ an ſeine ſtelle das dextrum latus Perſei vnnd das
caput ſerpentis getretten/ ſey Rom ſo geſchwecht worden/ das ſie kaum den nah-
men behalten. Es ſey aber der Beerenſtern von dannen vber Conſtantinopel
geruͤckt/ vnd damit allda ein Keyſerthumb angerichtet: von dannen ſey derſelbe
Stern vber Franckreich paſſiret/ vñ das Keyſerthumb an die Koͤnige in Franck-
reich gebracht: Endlich ſey er auch vber Deutſchlandt kommen/ vnd das Key-
ſerthumb mit ſich dahin genommen. Vnd damit man nicht einwenden moͤge/
das ein Verticalſtern nicht allein einem Ort/ ſondern allen denen/ ſo vnter dem-
ſelben parallelo (das iſt/ vom Æquinoctial gleich weit ab) liegen/ taͤglich v-
berm haͤupt hinlauffe/ So ſetzt Cardanus drauff dieſe condition hinbey/ das
der Verticalſtern zu der zeit/ wenn der Stadt grundt gelegt wird/ muͤſſe juſt im
Mittagszirckel ſein/ vnd in ☌ ☉ etc. welchs nicht allen orten deſſelben parallel
wiederfahren koͤnne.


Dieſes deß Cardani ſpeculation hat ſo ein ſcheinbares anſehen/ das nicht
allein gemeine Leute druͤber angen vnd maͤuler auffſperren/ ſondern das es auch
vornehme Aſtrologi ohn alles weiter nachdencken approbiren/ vnnd in jhre
Schrifften ſetzen. Wenn mans aber beym liecht beſihet/ das iſt/ nach Aſtrono-
miſcher
[] miſcher Lehr examiniret, ſo befindet man/ das es war ſey/ was Kepplerus num.
136: Tertii ſui Interven.
von Cardano ſchreibt/ nemblich/ das er ſeinen einfaͤl-
len trawe/ als weren es Oracula, vnd mißbrauche ſich hierzu ſeines erlangten
Nahmens vnd der Leute vnwiſſenheit/ vnd daß er ſonderlich die Deutſchen ver-
gafften ingenia mit fleiß vexire. Denn das dieſes vom Beeren Stern falſch
vnd nichtig/ iſt leicht zu erweiſen aus folgenden zweyen Aſtronomiſchen axio-
matibus.
Wenn ein Stern einem ort ſol vertical ſein/ ſo muß der ort eben ſo
viel grad vom jrdiſchen Æquinoctial abgelegen ſein als der Stern: neceſſe eſt
ut ſtellæ declinatio ſit æqualis latitudini loci; quod enim in cœlis eſt de-
clinatio, id in terris eſt latitudo.
2. Die declinationes (oder abgelegenheit
vom Æquinoctial) der jenigen Sternen/ ſo zum andern vnd letzten viertel deß
Zodiaci, das iſt zu den himliſchen zeichen/ ♋/ ♌/ ♍/ ♑/ ♒/ ♓ gehoͤ-
rig/ nehmen mit der zeit allgemehlich abe. Nun wollen wir ſubſumiren. Rom
ligt vom Æquinoctial 42. grad/ omnium Aſtronomorum \& Geographo-
rum calculo:
der letzte ſtern im Schwantz deß groſſen Beeren iſt zu vnſer zeit
im 21. gr. ♍/ ligt vom Æquinoctial 51. gr. Aber da Rom erbawet/ iſt er
im 18. gr. ♌ geweſen/ derhalben er auch damals weiter als jetzundt muß de-
cliniret
haben: nemblich nach meiner rechnung ex doctrina △lorum 64.
gr. Worauß offenbahr/ weil er nicht 42. gr. decliniret, das er auch nimmer
vbers Haͤuptpunct der Stadt Rom gelauffen/ ſondern da Rom erbawet/ iſt er
nach meiner rechnung vom ſelben Haͤubtpunct gegen Norden abgeſchieden ge-
weſen 22. gr. Jch mein das heiſſe Vertical. Darnach ſolte der ſtern auch mit
der Sonnen conjungiret ſein. Ja wol conjungiret. Man hat Rom ange-
fangen zu bawen im April/ da die ☉ im ♈ geweſen/ der Stern aber war im ♌
Jſt das nicht eine groſſe vnbeſonnenheit?


Was dann Cardanus weiter traͤumet vom dextro latere Perſei vnd ca-
pite Draconis,
vnd von fortruͤckung deß Beerenſterns an andere Orter/ das iſt
mehrentheils eben ſo war/ als das vorige. Denn die rechnung gibts/ das zur
zeit/ da das Keyſerthumb in Occident gefallen/ zwar dextrum latus Perſei
kaum 2 gr. â vertice der Stadt Rom geweſen/ aber das Caput Draconis wol
10. gr. So ſolt auch die declinatio deß Beerenſterns/ da er were Vertical ge-
weſen/ zugenommen haben/ wenn ſie von Rom auff Conſtantinopel paßiren wol-
len/ ſintemal Rom auff 42/ Conſtantinopel auff 43. gr. liegt. Es hat aber die
declinatio nicht zu ſondern abgenommen/ alſo das ſie von erbawung der Stadt
Rom zu vnſer zeit her vom 64. biß zum 51. gr. herunder geruͤckt: wie hat ſie deñ
kundt jnnerhalb der zeit auff 49. kommen? Ferner iſt auch noch nimmermehr
der Stern vber Franckreich vertical geweſen: denn der allermitnaͤchtigſte ort
G iijdeß
[] deß gantzen Franckreichs liegt nicht vber 51. gr. Es iſt aber zun zeiten Caroli
Magni
vnd ſeiner Nachkommen deß Sterns declinatio vber 51. gr. geweſen/
wie aus vorigem offenbahr. Zu dem iſts nimis latè geredet/ Ein ſtern ſey verti-
cal
einem gantzen Lande: Es kan ja nicht das gantze Land vnter einem einigen
parallelo oder Poli hoͤhe liegen. Daſſelbe rede ich auch von Deutſchlandt/
Nemblich das der Stern zwar etlichen Staͤdten/ die nemblich auff 51. gr. lie-
gen/ (als Aach/ Caſſel/ Coͤln/ Dreßden/ Erfurt/ Glogaw/ Jehna/ Guͤlich/ Lig-
nitz/ Leipzig/ Marpurg/ Breßlaw/ vnd viel andere mehr) vertical ſey/ aber dar-
umb nicht dem gantzen Deutſchlandt. Wiewol mans auff Prag wol ziehen
kan/ als die auff 50. gr. 6. min. ligt.


Jch wundere mich aber/ warumb Cardanus, vnnd die jhm beypflichten/
einen Martialiſchen Stern zu auffrichtung der Monarchy vnd deß Regiments
gebrauchen/ vnd nicht einen Jovialiſchen oder Solariſchen Stern/ da ſie ſonſt
nicht Martem, ſondern Iovem vnd die ☉ fuͤr Significatores der digniteten vnd
hoheit halten.


Jſt derwegen meine meynung von den Stellis Verticalibus dieſe: das jhre
ſtralen/ weil ſie perpendiculariter herunder fallen/ zwar viel kraͤfftiger ſein (ſon-
derlich wenn jrgend eines Planeten aſpectus dazu koͤmpt) als anderer Ster-
nen. Das aber durch jhre krafft auch Koͤnigreiche von einem Volck auffs an-
der ſolten transferiret werden/ dazu ſind ſie viel zu ſchwach. Liß hievon Bodi-
num lib. 4. De Repub. cap.
2.


Dieſe Frage hab ich hie eroͤrtern wollen/ 1. weil ſie der vorhergehenden ver-
wandt. 2. das man draus abnehme/ wie ſo beruffene Meiſter/ (nicht Carda-
nus
allein/ ſondern auch die es auß Cardano nehmen/) derer Schrifften man
faſt fuͤr Oracula helt/ ſo groͤblich vnd vnbeſonnen handlen/ alſo das man arg-
wohnen muß/ ſie bekuͤmmern ſich vmb die ſinceriorem Aſtronomiam ſehr we-
nig/ quam utplurimùm ignorant, ſpricht Kepplerus lib. De nova ſtella c. 11.


VI.
Was von den Conjunctionibus vnd andern Aſpecti-
bus der Planeten mit den jenigen Fixſternen/ ſo außerhalb

dem Zodiaco gelegen/ zu halten?


DZodiaci oder Thierkreißes breite iſt 16. gr. nemblich auff jeglicher
ſeite von der Ecliptica oder Sonnenſtraſſe (welche gleich einem mittel-
ſtrich iſt in der lenge eines guͤrtels) 8. grad. vber welche breite die Planeten
nimmer mehr außweichen: koͤnnen alſo nur mit denen Sternen corporaliter
vnd
[] vnd eigentlich zuſammen kommen/ welche junerhalb dem Zodiaco begriffen/
derer 160. ſind/ ſo von den Aſtronomis obſerviret vnd zu Pappier gebracht:
Mit den andern außerhalb dem Zodiaco, (derer noch bey 900. von den A-
ſtronomis obſerviret;
vnd mit den Circulis latitudinum, die ſich alle von der
Ecliptica zu beyden ſeiten biß auff 90. gr. erſtrecken/ in die 12. zeichen oder do-
decatemoria
vertheilet) koͤnnen die Planeten nicht alſo zuſammen kommen.
Es wird zwar von den meiſten Aſtrologis das fuͤr eine zuſammenfuͤgung eines
Planeten mit einem Fixſtern gehalten/ wenn der Planet in ein ſolch zeichen vnd
grad deß Zodiaci koͤmpt/ zu welchem zeichen vnd grad der Fixſtern gehoͤret/ ob
er gleich weit von der Ecliptica abgelegen: Aber die groſſe latitudo oder abge-
legenheit deß Sterns von der Ecliptica macht/ das es keine rechtmeſſige zuſam-
menkunfft kan genennet werden. Dann zum exempel: was iſt mir das fuͤr eine
conjunction, wenn ein Planet im 19. gr. ⚖ were/ vnd ich ſagte er were con-
junctus cum Arcturo,
welcher ſtern zwar auch zum 19. gr. ⚖ gehoͤrig/ aber
von der Ecliptica 31. gr. vnd alſo vom euſſern Zodiaco 23. gr. abgelegen? der-
gleichen ſind ☌ ♄ oder eines andern Planeten cum capite Meduſæ, cum Her
cule \&c.
oder das der ☽ ſeinen lauff neme per Sirium, per ſiniſtr genu Pegaſi,
per hædos, per Algol,
ja wol per caudam Vrſæ minoris. Was ſind das/ ſag
ich/ fuͤr coujunctiones, da eins vom andern vber 15/ 17/ 34/ ja wol vber 60.
gr. gelegen?


Mit den andern Aſpecten derſelben auſſer dem Zodiaco gelegenen ſternen
iſts auch nicht richtig. Denn da rechnet oder nimbt man einen arcum circuli
diſtantiarum,
einen zirckelbogen vom Planeten ſtracksweges an den andern
Stern gehende/ als obs ein zirckelbogen der Ec lipticæ were/ da er doch in */
◻/ vnd △ groͤſſer/ in ☍ etwas kleiner iſt. In Triangulo ſphærico rectangulo,
cujus hypotenuſa eſt diſtantia planetæ \& ſtellæ fixæ, reliqua duo latera
ſunt, 1. arcus latitudinis ſtellæ fixæ, \& 2. arcus Eclipticæ inter planetam \&
circulum latitudinis ſtellæ, in tali inquam △lo ſumitur hypotenuſa quaſi
eſſet arcus ille Eclipticæ.
Zum Exempel wenn ein Planet im 9. gr. ♉ we-
re/ ſpricht man/ er ſey in * Sirii, weil dieſer ſtern zum 9. ♋ gehoͤrig. Aber ſie
ſtehn alsdann in der warheit nicht 60. ſondern wol 66. gr. von einander. Viel
groͤſſer were die differentz, wenn der Aſpect ein ſemiſextus were. Diß ſolten
die jenigen billich verſtehen vnd betrachten/ welche ſich in Aſtrologicis hohe
Meiſter duͤncken laſſen/ vnd in Aſtronomicis grob gnug auffgezogen kommen/
wenn ſie in jhren Thematibus ſetzen/ das 3. grad vber den ♂ ein ſtern ſtehe/ der
alsdann in der warheit vber 30. gr. von ♂ ſtehet/ Jtem vberm Iove 4. gr. 15.
min. ſtehe die rechte ſchulter Cephei. da ſie doch in der Warheit wol 70. gr. von
Iove ſtehet.


Hie
[]

Hie felt eine frage ein/ Wenn es ſich ohngefehr zutruͤge/ das der ange-
nommne Zirckelbogen zwiſchen dem Planeten vnd einem andern ſtern gerad
60 oder 90 oder 120 grad were/ ob als dann nicht ein ſolcher bogen oder di-
ſtantia
mit gutem fuge kuͤndte */ ◻ oder △ heiſſen? Die Aſpectus werden zwar
beſchrieben/ das ſie ſind arcus Zodiaci: vnd alſo moͤcht jemand antworten/ dz
obgemeldete zirckelbogen/ weil ſie nicht arcus Zodiaci ſind/ auch nicht koͤndten
Aſpectusgenennet werden. Aber wie weñ man ſpreche/ die Aſpectus weren ar-
cus diſtentiarum?
da koͤnt man mit recht antworten/ daß die arcus Zodiaci
nun ſo viel 1000 Jahr her in jhren kraͤfften vnd wirckungen erkuͤndigt ſein/ die
arcus diſtantiarum aber im geringſten nicht/ vnd muͤſte man nun allererſt
newe langwirige obſervationes vnd experimenta anſtellen/ welchs ſchwer-
lich/ ja wegen menge der Sternen faſt vnmuͤglich/ zu thun were. Sonſten
was Aſtronomicè dieſelben aſpectus per arcus diſtantiarum ohne die Aſtro-
logi
ſche Wirckungen anlangt/ koͤndt man leichlich tabulas machen/ daraus
man per arcus Zodiaci inter Planetam \& circulum latitudinis ſtellæ
fixæ interceptos
ſtracks erſehen kuͤndte/ wenn ein ſolcher aſpectus vorfiele. Aber
es ſcheint/ man werde wol hierinn bey dem alten alleine bleiben.


VII.
Das die Finſterniſſe/ ſo nicht uͤber Vnſern Horizont ge-
ſchehen/ vns auch nicht angehen?


Jch hab meine rationes vnd der gegeneinwuͤrfe wiederlegung beygebracht
Anno 1613/ were auch nicht willens geweſen dißmahl ein Capitel von
Finſternißen zu ſetzen/ wenn nicht ein ander mit einer newen objection mir vr-
ſach gegeben.


Wil derwegen meine Anno 1613 geſetzte meynung wiederholen/ vnd dañ
auch auff die gemelte objection antworten/ auff das man ſehe/ das ich mit kei-
nen falſchen einbildungen vmb gehe.


Es iſt zwiſchen dem Him̃el vnd den niederen Creaturen eine ſolche Sym-
pathia
vnd eingepflantzte verbuͤndniß/ (wie auch Ariſtoteles ſolchs lehret)
das dort oben nichts geſchehen kan/ welchs hie nieden die Creaturen durch ſon-
derlich verborgene influentias nicht ſolten empfinden. Wenn nun was vnge-
woͤhnlichs im Him̃el fuͤrlaufft/ als Finſterniſſe/ Cometen/ newe Sterne ect.
ſo muͤſſen ſich die Menſchen vnd alle andern niedere Creaturen drobgleichſam
verwundern/ vnd bißweilen hefftig entſetzen. Wenn nun zum Exempel in Fin-
ſternuͤſſen die Creaturen alſo afficiret vnd beſtuͤrtzt ſein/ ſo ſchlagen die andern
Sternen
[] Sternen/ ſo dem loco Ecliptico zum nechſten/ jhre Stralen dazu/ vnd alſo
wircken dann die Finſterniſſe was ſonderlichs/ gutes oder boͤſes/ nach Eigen-
ſchafft obgemelter Sternen: Wiewol eine Sonnenfinſterniß ſchwerlich je-
mals was gutes bedeutet/ wie ich Anno 1612 berichtet. Wenn nun eine Fin-
ſterniß vnter der Erden geſchicht/ wie koͤnnen die Creaturen hie oben dieſelbe
empfinden oder dadurch afficiret werden? Die himliſchen Liechtſtralen koͤnnen
ja nicht durch die Erde fahren/ vnd alſo zu vns herauff kommen. Vnd obs
gleich geſchehe/ das der verfinſterte Voll Mond/ oder die verfinſterte Sonne
zwar vnter der Erden/ der Signiſicator aber der Finſterniß (der ſtern ſo der ver-
finſterten ☉ oder ☽ an nechſten ſteht) vber der Erden were: So iſts doch noch
nicht gnug/ ſondern es muͤſſen die jrrdiſchen Creaturen erſtlich durch die Fin-
ſterniß/ als eine vngewoͤhnliche ſache/ afficiret vnd beruͤhret werden/ drauff dañ
allererſt deß ſigniſicatoris durchdringende ſtralen folgen vnd etwas newes ope-
riren.


Diß iſt meine meynung von wirckung der Finſterniſſe/ die noch/ ſo viel mir
bewuſt/ von keinem widerlegt/ ſondern ſind dagegen andere rationes beyge-
bracht/ deren 3. ich Anno 1613 auch ſchon beantwortet/ vnd ſind dieſe.


1. Gleich wie man andere Aſpectus, ob ſie gleich vnter der Erden ſich
begeben/ in acht nimbt: alſo muͤſſe man auch bey Finſterniſſen handeln/ als die
auch nicht anders als aſpectus, nemblich ☌ oder ☍ ☉ ☽/ ſindt. Darauff ich
antworte/ das Finſterniſſe mit nichten ſchlecht hin Aſpectus ſind/ ſonſt wuͤrden
wir wol alle Monat 2 Finſterniſſen haben/ Non ſunt aſpectus, ſed quiddam
ex aſpectibus (nec ſolis aſpectibus) ortum.
Es gehoͤret was mehres dazu/
nemblich das in ſolchem aſpectu der ☽ entweder in den ſchatten der Erden ge-
rahte/ oder ſich zwiſchen vns vnd die ☉ ſetze. Vnd poſito, das Finſterniſſe nur
aſpectus weren/ ſo wehret doch ein aſpect gemeinlich/ biß er auch herauff vber
den horizontem koͤmpt: Wenn das bey einer Finſterniß geſchicht/ wie Anno
1613 vnd 14 am ☽/ ſo muß man freylich nachgeben/ das ſie auch oben wir-
cke.


2. Meinen etliche/ die wirckung komme zu vns herauff per propulſum,
gleich wie eine Peſt von einer Stadt zur andern mit der Lufft gewehet wird.
Drauff antwort ich/ das die Peſt zwar certo modo kan von einem ort zum an-
dern gewehet werden/ aber gleichwol nicht aus Jndien hieher/ oder von hie dort-
hin/ ſondern gleich wie der Wind ſo von dannen hieher oder von hie dorthin feh-
ret/ jmmer zu ſich verendert/ alſo zerſtrewet er auch die duͤnſte/ oder andere im-
preſſiones
in der Lufft. Vnd da gleich etliche impreſſiones vnzerſtrewet zu vns
kaͤmen/ ſo weren ſie doch durch die weite reyſe ſehr geſchwaͤcht vnd viel zu
Hſchwach
[] ſchwach zu wircken das jenige/ was ſonſten die Finſterniſſe/ die da mit jhrer ge-
genwart vns an junerlichen kraͤfften angreiffen/ zu wircken pflegen.


3. Schreiben ſie/ ein Kind zur zeit einer Finſterniß/ ſie geſchehe ober/ o-
der vnter der Erden/ gebohren/ ſey dem ſchweren gebrechen vnterworffen. Ergo.
Jch frage aber/ woher diß gnugſam probiret? Einmal iſts gewiß (das die Na-
tiviteten ſteller keine Finſterniſſen oder auch ſonſten der Planeten lauff ſelbſt
aus den Fundamenten berechnen/ (denn die langwirige/ etlichen auch vnkuͤn-
dige/ arbeit wuͤrde jnen doch nicht belohnet) ſondern ſie nehmen dieſelbe aus
den Ephemeridibus. Nun hat kein Ephemeridiſt die Finſternuͤſſen vnter der
Erden berechnet vor Origano, deſſen Ephemerides Anno 1595 anfangen.
Wenn nun ein Kindt vor der zeit etwann im newen oder vollen Liecht gebohrẽ/
woher weiß ein Nativitet ſteller/ ob zur zeit der geburt vnter der Erden eine Fin-
ſterniß ſey oder nicht? Wer der Aſtronomiſchen Rechnungen kuͤndig vnd die
zeit dran wenden wil/ der kans wol wiſſen. Aber wer iſts/ ders berechnet? Ja
wie viel Nativitetſteller findet man wol/ die eine Finſterniß/ ſonderlich an der
Sonnen/ außrechnen koͤnnen? Derhalben iſt dieſe objection nicht gnug pro-
biret,
wie ich auch Anno 1613 berichtet/ da ich dieſe 3. objectiones auch
ſchon widerleget/ vnd mir niemandt bißher drauff geantwortet/ ſondern es hat
einer ein newen Einwurff Anno 1617 beygebracht/ da er ſchreibt/ das die
Finſternuͤſſe/ ſo vnter der Erden geſchehn/ es eben ſo machen/ als wenn in einem
andern Lande ein Krieg were geweſen/ vnd nach geſchehenem Kriegsweſen die
Soldaten oder durchſtreiffende Rotten hauffen weiſe von einander ziehen/ vnd
durch diß oder jenes Landt reyſen/ dadurch ſie demſelben Landt vnnd Staͤdten
offtmahls groͤſſern ſchaden zufuͤgen als den Feinden. Auff diß gleichniß wil ich
nun auch antworten: Nemblich 1. Omne ſimile eſt etiam diſſimile. Denn
der durchſtreiffenden Kriegs Rotten thun vnd laſſen ſind wilkuͤhrlich/ actiones
earum ſunt voluntariæ;
Sie koͤnnen den benachbarten Orten wol ſchaden zu
fuͤgen/ Sie koͤnnens auch wol laſſen: Der Finſterniſſe wirckungen aber ſind
nicht alſo/ ſondern ſind actiones naturales, die nach jhrer art zu jhrer zeit anfa-
hen vnd auffhoͤren. 2. Die abgedanckten Soldaten ziehen nicht ſtets Rotten-
weiſe durch viel Laͤnder/ ſondern etwa durchs nechſtbenachbarte/ zerſtrewen vñ
mindern ſich je lenger je mehr/ gleich wie auch die impreſſiones Eclipſium in
der Lufft. 3. So thun auch die Kriegsleut/ ob ſie gleich rottenweiſe wo durch-
ziehen/ nicht allezeit groſſen ſchaden/ ſondern halten ſich in jhren Grentzen/ ent-
weder aus lieb guter Kriegs Ordnung/ oder auch aus forcht/ das jhnen vom
Landvolck wiederſtand gethan wuͤrde. Ja man leſſet offtmahls abgedanckte Sol
daten
[] daten nicht Rottenweiſe durch ziehen/ ſondern nur bey wenigen/ die dann alſo
wenig ſchaden thun koͤnnen.


Das ſey alſo kuͤrtzlich/ doch gnugſam/ auff bißher beygebrachte Einwuͤrffe
geantwortet. Lehret mich jemand was beſſers/ dem wil ich gerne folgen. Aber
mit pochen vnd hochhipeln richtet man bey mir nichts auß. Kan man dann in
diſceptationibus nicht Phiſoſophicè, das iſt/ placidè handeln? Muß man
mit ſolchen ſtachelichten Eckel Nahmen vnd ſchnarchenden worten herauß fah-
ren? Man weiß ja das alte diſtichon:


Non eadem ſentire bonos de rebus iisdem

Incolumi licuit ſemper amicitia.

Die freyen Kuͤnſte weren nimmermehr ſo hoch gekommen/ wenn es nicht
die Philoſophi fuͤr vnd fuͤr mit diſputiren ſo hoch getrieben. Wo ſiehet man
aber das vor zeiten gelaͤhrte Leute mit ſolchen Hundszaͤhnen in einander gefal-
len/ als zu vnſern zeiten? Jch halte gerne fried/ ethicè, aber ich diſſerire gern
mit gelaͤhrten Leuten von ſachen die zweifelhafftig/ ſonderlich die meine Pro-
feſſion
etwas angehen/ keines Reputation dadurch benommen. Wer mir aber
an ſtat der gegen argument mit hoͤniſchen worten zuſetzen wil/ der mag auch
zuſehen/ das jhm wider alles verhoffen nicht widerumb etwas in den Barth ge-
worffen werde.



Aus dem Prognoſtico des 1619.
Jahres.


.I.
Ob man auch gewiſſe periodos deß Gewitters haben/
das iſt/ gewiſſe jar treffen koͤnne/ die eben ſolch einen Winter oder

Sommer halten moͤchten/ als fuͤr ſo oder ſo viel Jahren
geweſen?


H ijMan
[]

MAn weiß erſtlich die alten Reim vnnd Regeln von
den zwoͤlfften/ Jtem vom Wochentage deß Chriſttags/ nemlich/ das
ſich das Gewitter der 12. Monate richten ſol nach dem Gewitter der
nechſt auffeinander folgenden 12. tage vom Chriſttage anzuſangen/ Jtem auff
was fuͤr einen Wochentag der Chriſttag fellet/ nach dem ſol das folgende Jar
geartet ſein. So weiß man auch die vers von Paul bekehrung tage. Was aber
von ſolchem allen zu halten/ iſt aus dem 1. Cap. meines Progn. auffs 1616
jahr offenbar. Sonſten haben die alten Chaldæer einen periodum von 12. jah-
ren gehabt/ in welchen ſie vermeinet/ das deß Gewitters/ der fruchtbarkeit vnd
anderer zufaͤlle verenderung herumb keme/ vnd alſo zum exempel dieſes jahr e-
ben ſo geartet were/ als das zwoͤlffte vorhergehende. Wie denn von dieſer zwoͤlff-
jaͤhrigen zeit ein vornehmer alter Scribente Cenſorinus im 18 Cap. alſo
ſchreibt: Proxime hanc magnitudinem, quæ vocatur Dodecaeteris, ex an-
nis vertentibus duodecim. Huic anno Chaldaico nomen eſt: quem Gene-
thliaci non ad Solis Lunæq́; curſus, ſed ad obſervationes alias habent ac-
commodatum, quod in eo dicunt tempeſtates frugumq́; proventus, ac ſte-
rilitates, item morbos ſalubritatesq́; circumire.
Das iſt Hiernach folgt ei-
ne form der zeit/ welche Dodecaetoris genennet wird/ nemlich eine zeit von 12
Sonnen Jahren. Dieſe heiſſet mit beſonderm namen das Chaldæiſche Jahr:
Welcher zeit form die Chaldæiſchen Nativitetſteller ſich gebrauchen nicht zun
obſervationibus der Sonnen oder deß Monds laufs/ ſondern weil ſie vermei-
nen/ das in derſelben zeit die verenderung deß Gewittees/ der fruchtbarkeit vnnd
vnfruchtbarkeit/ Jtem der Kranckheiten vnd Geſundheit herumb komme. Ja
es haben dieſelben Chaldæer jeglichem Sonnenjahr dieſer zwoͤlffjaͤhrigen zeit
ſeinen beſondern Thieres nahmen gegeben/ welcher die art deſſelben Jahres an-
zeigen ſolt/ Als das ſie ein Peſt jar genennet Serpentem, das Schlangen jahr:
ein fruchtbar jahr Leporem, das Haſenjahr: ein vnfruchtbares vnd tewres
Murem, das Meuſejar etc. Wie ſolche namen alle zwoͤlff zu finden ſind beym
Scaligero de Emendat. Temp. 2. cap. De periodo Chaldæorum Alexan-
dræa.
Woher nun die Aberglaͤubiſche Chaldæer die rationes vnd gruͤnde
dieſes periodi genommen haben moͤgen/ kan man nicht wiſſen. Aus erfahren-
heit kan es nicht hergefloſſen ſein/ denn die lehret vns/ das diß nichts ſey. Es
haben zwar die Aſtrologi aller zeit gemeinet/ wenn ein vmblauff aller oder der
meiſten Planeten geſchehe/ ſo das ſie wiederumb an jhre vorige ſtellen/ an denen
ſie vor etlich viel jahren geweſẽ (quam revolutionem vocant ἁποϰά ταϛασιν
planetarum) gelangeten/ ſo wuͤtde auch wiederumb die verenderung der mei-
ſten
[] ſten zufaͤlle/ ſo durch deß Himmels kraͤffte vervrſacht werden/ ſich zutragen. Aber
die zeit eines ſolchen vmblauffs iſt noch ſo vngewiß/ das man kaum deß Sonnen
vnd deß Monds (welcher Planeten lauff doch zum bekandtſten) eigentliche
ἀποϰατάϛασιν haben kan/ vnd gehoͤren vber 300 Jahr darzu. So das man
leicht erachten kan/ weil zum Cyclo ☉/ ☽ \& aliorum ſimul planetarum, eine
ſehr lange zeit gehoͤret/ werde man auch wenig von ſeiner wirckung zu ſagen wiſ-
ſen. Es hat ein Juͤdiſcher Aſtrologus geſagt/ das alle 4 Jahr deß gewitters ver-
endernng herumb komme. Vnd moͤcht leicht einer auff denſelben wahn gerah-
ten/ wenn er bedaͤchte/ das ſo wol Anno 1608 als 1612 vnd 1616 ein kal-
ter Winter mit viel ſchnee geweſen. Aber wer weiß nicht/ das dazwiſchen der-
gleichen winter noch mehr geweſen? vnd weil etliche Winter gar ſchlecht vnnd
ſchlap ſind/ wer wil ſagen/ das darumb alle 4. Jahr vorher dergleichen geweſen?
Das man argwohnen moͤcht/ der vmblauff deß Schalt Jahrs koͤndt hierinn et-
was thun/ hat keinen grund: denn die Schalt Jahre/ als die auff lauter Men-
ſchenſatzungen beruhen/ wircken an ſich nichts beſonders fuͤr andern Jahren.
Jch hab Anno 1616 vrſach gegeben/ warumb das Gewitter ſo vbel zutreffe.
Wenn es bloß vnd allein vom Himmel herruͤhrete/ ſo muͤſte es vns eben ſo we-
nig fehlen/ als die vorſagung vnd verkuͤndigung einer Finſterniß zu gewiſſem ta-
ge vnd ſtunde. Aber es gehoͤret auch die qualitet der Erden dazu/ nemlich daͤmp-
fe/ ſo fuͤr vnd fuͤr aus der erden empor duͤnſten: wenn derer beſchaffenheit der
ſternen zuneigung nicht reſpondiret, iſts vergebens/ das die vorſagung jren auß-
gang gewinnen ſolte. Derhalben ob man gleich vor eine juſte ἀποϰατά ϛασιν der
Planeten wuͤſte/ wuͤrde ſie vns doch hierinne fuͤr ſich allein wenig helffen. Bleibt
alſo die vorſagung deß Gewitters vngewiß/ vnd thun dennoch die jenigen vnver-
ſtaͤndtlich/ die darumb die gantze Aſtrologiam vernichten/ ja noch vnverſtaͤndt-
licher ſind die jenigen/ die darumb die gewißheit der Aſtronomiæ, welche der
ſternen lauff/ vnd Finſterniſſe etc lehret/ in zweifel ziehen. Denſelben were zu
rahten/ das ſie an jhren ſachen vnd ſtaͤben/ welche ſie greiffen vnd fuͤhlen koͤnnen/
ſich hielten/ vnd ſich nicht vnterſtuͤnden von Farben zu vrtheilen.


II.
Weil dann die Prognoſtication deß Gewitters ſo vnge-
wiß/ warumb laſſen ſie die Calenderſchreiber nicht lieber

hinweg?


ES iſt nicht alleine Meteorologia oder die vorſagung deß Gewitters/ ſon-
dern auch die gantze Aſtrologia (ſo von wirckung der Sternen handelt)
H iijkeine
[] keine ſo gewiſſe Kunſt/ als wol Aſtronomia iſt/ welche der Sternen Lauff/ A-
ſpecten
vnd Finſterniß lehret. Solte man aber darumb die gantze Aſtrologiam
verwerffen/ ſo muͤſten auß dergleichen Vrſachẽ auch viel andere herrliche Kuͤn-
ſte verworffen werden.


Die erfahrung gibts/ das der Poet recht geſagt: Non eſt in medico ſem-
per relevetur ut æger.
Vnd gleichwol ſiehet man gerne/ das der medicus bey
der kranckheit ſein beſtes thut. Alſo ſage ich Non eſt Aſtrologi, ut ſemper re-
ſpondeat æther:
Warumb wolt man jm aber verbieten in ſeiner Kunſt ſein
beſtes zu thun? Jch weiß wol das die zeichen/ auß welchen die Medici von der
kranckheit vrtheilen/ vmb ein gut partickel gewiſſer ſeind/ als die zeichen der
Sternkuͤndiger/ weil jene ſeind ſigna conſequentia \& concomitantia derer
dinge/ ſo ſchon verhanden/ der Sternſeher aber ſind ſigna antecedentia futu-
rorum contingentium
zukuͤnfftiger dinge/ die bißweil en gewiß erfolgen/ biß-
weilen auch durch andere zufaͤlle verhindert gar nachbleiben. Aber es iſt nit ver-
boten/ auch auß ſolchen antecedentibus zu muthmaſſen. Der HErr Chriſtus
ſpricht ſelbs Luc. 12. Wenn jhr eine Wolcken ſehet auffgehen vom Abend/ ſo
ſprecht jhr bald/ Es kommet ein Regen/ vnd es geſchiht alſo: vnd wenn jhr ſehet
den Suͤdwind wehen/ ſo ſprecht jr/ Es wird heiß werden/ vnd es geſchicht alſo.
Mit dieſen worten/ vnd es geſchicht alſo/ beſtetigt der HErr die Muthmaſſung
des kuͤnfftigen Gewitters/ das nemlich auff ſolche zeichen gemeiniglich aus na-
tuͤrlichen vrſachen ſolch wetter pflegt zu folgen. Mag derwegen ein Calender-
ſchreiber/ der ſeine Kunſt rechtſchaffen ſtudiret/ von kuͤnfftigem gewitter ſeine
muthmaſſung wol an tag geben. Das gefellt mir aber nicht/ das daß Gewitter/
wie auch das Aderlaſſen in den Calender/ vnd nicht billicher ins Prognoſticon,
geſetzt wird. Denn gleich wie das Prognoſticon, nach erforderung ſeines na-
mens/ pur lauter Aſtrologicum iſt/ vnd alleine von futuris contingentibus
von zukuͤnfftigen nicht ſo gar gewiſſen dingen/ die auß wirckung der himmels
kraͤffte folgen ſollen/ handelt: alſo ſol ja auch der Calender oder das Diarium
lauter Aſtronomiſch ſein/ das iſt/ nur von denen dingen handeln die gewiß zu-
treffen vnd wegen des vnwandelbaren Lauffs der Sternen vnfeilbar ſindt. Wie
denn (damit ich Jtaliaͤniſcher vnd anderer Außlaͤndiſcher geſchweige) die
Krackawiſchen Calender ſo geſtellet ſind/ auch mein Calender Anno 1609
ein ſolcher geweſen. Aber da wolts dem gemeinen Mann nit behagen/ vnd blie-
ben dem Drucker die Exemplaria liegen. Hab alſo nachmals muͤſſen wider mei-
nen willen jhnen hierin ſuͤgen/ vnd das gewitter/ vnd Aderlaſſen damit ſie es nicht
anderweit ſuchen doͤrfften/ fuͤr die naſen ſetzen. Were aber zu wuͤnſchen/ das man
ſich an obgeſagten Außlaͤndiſchen Calendern ſpiegeln moͤchte.


III.
[]

III.
Ob zur Fruͤhlingszeit die Welt erſchaffen ſey?


ES ſind viel alte vnd newe Theologi, die es dafuͤr halten/ das der alte A-
dam eben vmb dieſelbe Jahrszeit erſchaffen vnd in ſuͤnde gefallen/ vmb wel-
che der newe Adam im leibe der Jungfrawen Mariæ empfangen/ vnd hernacher
fuͤr der Welt ſuͤnde gelitten. Vnd fallen jhnen viel andere vornehme Philoſophi
vnd Scribenten bey/ vermeinende/ der Poet hab recht vnd wol geſchrieben:


Non alios prima creſcentis origine mundi

Illuxiſſe dies, aliumve habuiſſe tenorem,

Crediderim: Ver illud erat, Ver magnus agebat

Orbis, \& hybernis parcebant flatibus Euri.

Es haben aber mit der zeit andere befunden/ Das gleublicher ſey/ das die
Welt im Herbſt erſchaffen. Der einige Gerhardus Mercator iſt der meinung
das ſolchs im Sommer geſchehen. Jhm geben aber wenig Leute beyfall. Die
andern meinungen haben beyderſeids groſſen anhang.


Ein vornehmer Philoſophus, da er dieſen punct zu eroͤrtern vermeinet/
ſpricht: das dieſe Frage/ Ob die Welt im Fruͤhling oder im Herbſt etc. erſchaf-
fen/ præpoſtera vnd nichtig ſey/ ſintemal den tag/ da Himmel vnd Erd am erſten
erſchaffen/ die Sonn vnd der Mond/ von welchem aus Gottes befehl (Geneſis
1.) die Zeiten/ Jahr vnd Tage/ jhren vrſprung haben/ noch nicht erſchaffen ge-
weſen/ ſondern allererſt den Vierden tag hernach erſchaffen worden. Sey der
halben zu antworten/ das die Welt weder im Fruͤhling noch im Herbſt etc. er-
ſchaffen. Mich aber duͤnckt das nicht dieſe Frage/ ſondern die antwort nichtig ſey.
Denn die frage bindet ſich nicht an einen gewiſſen tag/ ſondern an eine geraume
Jahreszeit. Wenn jrgend etwas zu vnſern zeiten geſchehn were mitten im Sep-
tembri,
wuͤrd man ja recht ſagen/ das es im angehenden Herbſt geſchehn were/
Ob gleich der Herbſt Aſtronomice allererſt den 23 Sept. anfehet. Alſo alles
was etliche tage fuͤrm 20 Martij geſchicht/ ſprechen wir/ das es vmb die Fruͤh-
lings zeit geſchehen ſey. Damit aber die frage nicht mit bloſſem gruͤblen abge-
wieſen werde/ formieret man ſie mit dieſen worten/ Ob der vierde tag der Er-
ſchaffung an welchem nemlich Sonn vnd Mond geſchaffen/ ein Fruͤhlings tag
oder ein Herbſt tag geweſen? Wenn auff dieſe frage richtig geantwortet/ kan
man leichtlich von den erſten drey tagen vrtheilen.


Da fall ich nun der meinung bey/ das es ein Herbſt tag geweſen. Dem
ſolchs
[] ſolchs kan klaͤrlich bewieſen werden/ Erſtlich auß heiliger ſchrifft Exodi 12. v. 2.
Denn was doͤrffte Gott der HErr ſonderlich befehlen/ das der Mond Abib (der
erſte Fruͤhlings Monat der Juͤden) ſolte fortan bey jhnen der erſte ſein etc.
Wenn ſie nicht vorhin ein andern Jares Anfang gehabt hetten? Nemlich den
jenigen Anfang/ welcher im folgenden 23. vnd 34 Cap. angedeutet wird/ da das
Feſt der Lauberhuͤtten/ welchs wie man weiß/ jederzeit zu Herbſtzeiten gehalten
worden/ geboten wird zu feyren im außgang deß Jahrs/ item wenn das Jahr
vmb iſt. Vnd ob gleich die erſte worte von vornehmen Theologis auff die fruͤch-
te des feldes gedeutet werden; als ſolten zu der zeit die Jahresfruͤchte jhren auß-
gang oder endſchafft vnd einſamlung haben: So erklaͤren doch die andern worte
am 34 Cap. die vorigen ſo deutlich/ das es keine gloſſe bedarff. Zum andern
wird ſolchs bewieſen auß dem Paraphraſte der Chaldeiſchen Biebel/ auff wel-
chem pharaphraſte ſonſt viel gehalten wird. Dieſer ſchreibt vber die Wort deß
2 verßes/ im 1 buch der Koͤnige am 8 Cap. (Jm Mond Ethanim das iſt der
ſiebende Mond) alſo: Jm Mond Ethanim welcher fuͤrm außgang auß Egyp-
ten der erſte geweſen/ jetzt aber der ſiebende iſt. Nun iſt Ethanim/ wie bekandt/ ein
Herbſtmond geweſen/ ſonſten Tiſri genandt. Derhalben hat ſich bey den vhral-
ten Jſraeliten das Jahr im Herbſt angefangen.


Zum Dritten wird billich eingefuͤhret das Zeugniß des fleiſſigen Juͤdiſchẽ
Geſchichtſchreibers Ioſephi, welchs autoriret in Geiſtlichen alten Hiſtorien
nechſt der Bibel die nechſte iſt. Derſelbe ſchreibt im 1 buch von Alten Juͤdiſchen
Geſchichten am 4 Cap. von der Suͤndflut alſo: Es iſt aber die Suͤndflut ein-
gefallen im andern Monden/ welcher bey den Macedoniern heiſſet Dius, bey den
Hebreern Marcheſuan: Denn alſo hatten die Egypter das Jahr geordnet.
(edocti ab Abrahamo Patriarcha, teſte eodem Joſepho lib. 1. c.
9.) Moſes aber hat den Mond Niſan/ welcher iſt Xanthicus, in ſeiner Jah-
resform zum Erſten Mond verordnet/ darumb das er in demſelben die Ebreer
auß Egypten gefuͤhret: hat auch denſelben zum anfang deß gantzen Kirchen Ja-
res eingeſetzt: ſonſten was Weltliche hendel vnd andere Jahres ordnung be-
trifft/ hat ers beym alten bleiben laſſen.


Auß dieſen Worten Joſephi iſt klaͤrlich gnug zuerſehen/ wie auch das an-
der buch der Maccabæer außweiſet/ das die Juden zweyerley Jahresform ge-
habt/ Politicam die zu Weltlichen/ vnd Eccleſiaſticam die zu Geiſtlichen hen-
deln gebraucht worden. Die Politiſche hat ſich angefangen/ wie zun zeiten der
Patriarchen/ im Herbſt/ die Geiſtliche oder das Kirchen Jahr nach Gottes be-
fehl ein halb Jahr zuvorn im Fruͤhling. Das die alte Jahresform im Herbſt
angefangen/ iſt ferner zum vierden abzunemen außm 25 Cap. deß 3. buchs Mo-
ſis am
[] ſis am 9. verß/ da die Feyer Jahr/ Anni Sabbathici, befohlen werden anzufan-
gen im Herbſt oder ſiebenden Kirchen Mond/ am Feſt der Verſuͤnung/ welchs
jederzeit ein Herbſtfeſt geweſen. Zum fuͤnfften kuͤndt man ſolchs auch ſchließen
auß der Juͤdiſchen lectur der Bibel/ weil ſie in jhren Synagogis dieſelbe Jaͤhr-
lich im Herbſt anfangen. Mehr argumenta findet man bey den fuͤrtrefflichen
Chronologis, Scaligero vnd Calviſio.


Die fuͤrnemſten Gegenargumenta derer/ ſo die erſchaffung der Welt in
den Fruͤhling legen/ ſind 1. Das in heiliger ſchrifft außdruͤcklich der Fruͤhlings-
Mond Abib oder Niſan der Erſte/ vnd der Herbſtmond Tiſri oder Æthanim
der Siebende genandt wird. 2. Das ſich im Fruͤhling alle ding gleichſam ver-
newen/ vnd alſo dieſelbe vernewung ein gleichniß ſein koͤnne deß erſten vrſprungs
aller dinge. Das dagegen im Herbſt ſich alles gleichſam zum vntergang
ſchicke/ vnd nicht gleublich ſey/ das Gott den Menſchen zu der zeit erſchaffen/ da
er alſo baldt in trawrigkeit vnnd vnluſtiges weſen gerathen hette muͤſſen. 3.
Weil vnſer HErr Chriſtus der newe Adam im Fruͤhling gelitten/ ſey es auch
glaͤublich das der alte Adam zur ſelben Jahreszeit gefallen. Auffs erſte iſt bey
behaubtung der andern meinung zugleich gnugſam geantwortet. Die andern
ſind bloſſe muthmaſſungen vnd gleichniſſe. Duͤnckt einem vngleublich/ das die
Welt erſchaffen/ wenn laub vnd graß ſich pflegt zum vntergang zu neigen/ viel
vngleublicher ſolts einen duͤncken/ das im Fruͤhling allerley fruͤchte ſolten reiff
ſein geweſen. Man muß aber bedencken/ das Laub/ graß vnd fruͤchte etc. da-
maln nicht natuͤrlicher weiſe/ oder wie die Phyſici reden/ per modum genera-
tionis,
ſondern uͤbernatuͤrlich/ per modum creationis entſtanden ſein. Vnd
wer wolt mit einem gemeinen Jdioten nicht ſagen/ das es natuͤrlicher ſey/ den
Tag anzufangen mit der Sonnen Auffgang/ als mit jhrem vntergang? Vnnd
dennoch hat Gott in heiliger ſchrifft außdruͤcklich den Tag zu rechnen angefan-
gen mit der Sonnen vntergang. Wenn nun gleichniſſe gelten ſollen/ wer ſiehet
nicht; das der Sommer gleichſam deß Jahres Tag iſt/ vnd der Winter des
Jahres nacht? Vnd das/ wie die Judiſche Tagrechnung vom abend anfehet/
auch die Judiſche Jahr Rechnung vom Herbſt anzufahen ſey.


Da nun ferner jem andt einwenden wolte/ es ſey zwar bewieſen/ das die al-
te Judiſche Jahr vom Herbſt angefangen/ aber darumb noch nicht/ das auch
die Welt vom Herbſt angefangen: Der wiſſe/ das ſolchs gewißlich drauß erfolgt.
Denn gleich wie deß Tages anfang bey den Hebreern vom anfang der Welt je-
derzeit am abend geblieben: alſo iſt auch des jares anfang ſtets an der zeit geblie-
ben/ an welcher das erſte Jahr in erſchaffung der Welt angefangen. Vnd ha-
ben die Sabbather oder Feyer Jahr/ freylich mit gemeinen Jahren zu einerley
Jzeit
[] zeit angefangen. Nun haben die Feyerjahr angefangen im Herbſt wie oben
erwieſen: vnd iſt vnreimlich/ das Gott der HErr ſolte die Feyer Jahr auß jhrem
natuͤrlichen anfang verruͤckt haben/ ſondern wie jeglicher ſiebende Tag/ vom a-
bend anzufangen/ ein Sabbath Tag von anbeginn der Welt geblieben/ alſo iſt
auch von anbeginn der Welt jeglichs ſiebende Jahr vom Herbſt anzufangen
fur ein Sabbath Jahr gerechnet.


Schlieſſen derwegen aus geſatzten fundamenten/ das die Welt im Herbſt
erſchaffen fuͤr 5588. Jahren/ wie man ins gemein rechnet; oder vielmehr/ wie
Scaliger vnd Calviſius gnugſam demonſtriren/ fuͤr 5567. jahren/ ſo das noch
dieſes 1618. jahr im Herbſt werd anfahẽ das 5568 ſte jahr der Welt. Wil man
ferner muthmaſſen (wie nicht vngleublich) das die Welt erſchaffen/ wenn im
Herbſt Tag vnd Nacht gleich iſt/ vnd wenn der mond in ☌ ☉ ein new liecht an-
gefangen/ ſo befindet man durch Aſtronomiſche Rechnung/ das ſolchs geſchehn
den 26. Oct. an einem Sontage (Cyclus enim ☉ fuit 8, litera Dominica-
lis E
) da im Juͤdiſchen Lande etwan vmb 6. des Morgens (wie wir nach vn-
ſern vhren reden) die Sonn/ weñ ſie ſampt andern ſternen am erſten tage ſchon
were erſchaffen geweſen/ in die ⚖ getreten/ vnnd in der nacht der Mond das
newe liecht angefangen.


IV.
Weil man von erſchaffung der Welt die zeit ſo gruͤndlich
wiſſen kan/ Ob man auch von der zeit deß Endes der Welt was

gruͤndlichs wiſſen koͤnne.


DJeſe frage hab ich wollen der vorigen anhengen/ wegen etlicher gelahrter
Leuten Schrifften/ ſo von dieſer materi zu vnterſchiedenen zeiten außgan-
gen. Denn ob wol der HErr Chriſtus Math. 24. vnd Marci 13. außdruͤck-
lich ſpricht/ das ſolchs keinem Menſchen auch nicht den Engeln im Himmel
wiſſend ſey/ ja auch den Menſchen nicht gebuͤhret zu wiſſen zeit oder ſtunde/ Act.
1. \& alibi:
So haben ſich doch viel gelarte Leute bemuͤhet/ auß Chronologi-
ſchen vnnd Aſtronomiſchen documenten die vngefehrliche zeit deß Juͤngſten
Gerichts zuberechnen/ vnd meinen/ die angezogenen ſpruͤche deß HErren Chri-
ſti ſein allein zuverſtehen vom eigentlichen Jahre/ tage/ vnd ſtunde/ nicht aber
von ohngefehrlicher zeit de tempore platico. Nicolaus Raimarus weiland
Keyſerlicher Mathematicus, hat Anno 1596. ein Tractetlein laſſen außge-
hen/ darinnen er vermeinet zu behaubten/ das die Welt innerhalb 67. jahren/
vom 1606. Jahr anzufangen (nemlich vmb das Jahr Chriſti 1673.) gewiß-
lich
[] lich ein Ende nehmen werde. Vnd ſolcher ſeiner Behaubtung ſetzet er zwey
fundamenta. 1. Das nach dem ſpruch Eliæ/ ſo man in der Juden Thalmud
ſindet/ die Welt kaum volle 6000. jahr ſtehen werde. 2. Das vom anfang der
Welt/ biß auffs jahr Chriſti 1606. allbereit 5933. jahr verfloßen. Der ſpruch
Eliæ/ ſonſten Vaticinium domus Eliæ/ lautet vollkomlich alſo: Annorum ſex
millia mundus: duo millia Inane: duo millia Lex. duo millia Chriſtus: ſi
quid deerit; propter peccata deerit.
Dz iſt/ die Welt wird 6000. Jahr ſtehn:
nemlich 2000. Jahr faſt oͤde vnd vnbebawet: 2000. Jahr wird das Geſetz/ vnd
2000. Jahr Chriſtus oder die Gnadenzeit wehren: ſo etwas dran mangeln
wird/ das wird wegen der Menſchen Suͤnde mangeln. Ob nun zwar dieſe
Weiſſagung Eliae (ſo ſie anderſt von Elia herkoͤmpt/ weil ſie in heiliger ſchrifft
nirgend zufinden) moͤchte paſſiren vnd nachgegeben werden: So iſt doch/ das
ander fundament/ das nemlich die Welt ſchon vber 5900. Jahr geſtanden nicht
richtig/ wie dan jhme Raimaro dieſes von vielen widerleget/ vnnd kan man ex
Chronologia puriori
beweiſen/ das er weit vber 400. jahr zu viel geſetzt. Wel-
che des Raimari rechnung nicht darumb hie von mir getadelt wird/ das ich die
Leute woͤlle ſicher machen/ ſondern das ich ſie vielmehr von ſicherheit abmahne/
wie hernach zu ſehen.


Andere/ vnd zwar viel Aſtrologi, haben geſehen auff des Regiomontani
reime (ſo ſie anderſt Regiomontanus gemacht) vom 1588. jahr:


Tauſend fuͤnffhundert achtzig acht/

Das iſt das Jahr das ich betracht/

Geht in dem die Welt nicht vnder/

So gſchicht doch ſonſt groß mercklich wunder.

Derhalben ſie auch gegen daſſelbe jahr viele ſorgfeltige ſcripta laſſen auß-
gehen/ wie ich deren theils im 5. Cap. meines Prognoſtici vffs 1614. jahr ge-
dencke. Nach dem aber das 1588. jahr vnd folgende mehr verfloſſen/ vnd ſie
geſehen/ das keine ſonderliche Welt wunder ſich begeben/ viel weniger die Welt
gar vndergangen/ haben ſie angefangen zu diſputiren, de annorum 1588. ge-
nuinâ epochâ,
von wannen nemlich die rechnung der 1588. jahr anzufangen/
weil ſie von Chriſti geburt anfahende nicht zugetroffen. Vnd iſt man hievon
noch nicht einig.


Nicolaus Wincklerus Medicus in ſeinem Bedencken/ von kuͤnfftiger ver
enderung Weltlicher Policey vnd ende der Welt/ nimbt eine muthmaſſung auß
den Worten Chriſti Luc. 17. Da der HErr vergleichet die zeit Noæ/ mit der
zeit der zukunfft deß Menſchen Sohns. Vnd deutet Wincklerus diß alſo: das
J ijweil
[] weil vom alten Adam biß vff die Suͤndfluth/ in welcher die Welt mit Waſſer
verderbet/ verlauffen 1656. jahr/ ebenmeßig vom newen Adam oder Chriſti ge-
burt biß zum juͤngſten Gericht/ da die Welt im fewer vergehen ſol/ verlauffen
ſollen 1656. jahr. Vnd hat Wincklerus darauff ſtarcke gedancken/ in dem er
weiter ſchreibt: das Noah zwar nicht den tag vnd ſtunde/ aber gleichwol das jahr
zuvorn gewuſt/ weil Gott geſagt/ er woͤlle den Menſchen friſt zur buſſe gebẽ 120.
Jahr.


Dieſer muthmaſſung vom kuͤnfftigen 1656. jahr Chriſti kommen andere
Aſtrologiſche gedancken zu huͤlffe. Copernicus/ der ſo treffliche Aſtronomus,
hat in ſeiner theoria Solari (lib. 3. Revolut. c. 20.) eine feine ſpeculation von
einem Circello, auff welches circumferentz das Centrum eccentrici ſolaris
gantz langſamer weiſe herumb gehe/ vnd die diſtantz der ſonnen von der Erden
verendere: Das auch daſſelbe centrum auff gemeltem Circello herumb kom-
me in 3434. Egyptiſchen jahrn/ welche machen 3431. Julianiſcher oder vnſe-
re jahr vnd faſt 8. Monat. Dieſen Circellum nennet Rheticus, deß Coper-
nici diſcipulus
vnd Nachfahr/ Rotam Fortunæ das Gluͤck Radt der Welt/
vnd ſpricht das ſo offt das Centrum Eccentrici in eines von den 4. haͤuptpun-
cten (entweder gantz oben/ oder gantz vnten/ oder gerad in der mitte) geweſen/
habe ſich allwege ein newes Reich in der Welt angefangen. Wie denn war iſt/
das etwan 60. jahr vor Chriſti geburt/ da das Centrum oben geweſen/ das Roͤ-
miſche Reich in ſeinem hoͤchſten grad geſtiegen: 800. jahr nach Chriſti geburt/
da das Centrum ſich ins mittel herunder gelaſſen/ iſt Caroli Magni vnd etwas
zuvorn der Saracenen herrſchafft empor kommen. Vnd ſchreibt Rheticus
(Narratione 1. ad Shonerum)
ferner/ das wenn das Centrum gantz vnten he-
rab kommen werde (welchs nach deß hochgelahrten Herrn Origani Epheme-
ridibus Anno
Chriſti 1653. geſchehen ſol) ſol das Tuͤrckiſche reich wiederumb
vntergehen/ vnd ſetzt drauff: Centro autem Eccentrici ad alterum terminum
mediocrem perventuro
(dahin hetten wir nach Copernici meinung noch
vber 890. Jahr) ſperamus ad futurum Dominum noſtrum Ieſum Chri-
ſtum.
Wie aber/ wenn vmbs jahr Chriſti 1653/ welchs nicht weit vom ziel deß
abgemeldten 1656 jahrs antrifft/ nicht das Tuͤrckiſche Reich/ ſondern die gan-
tze Welt ein end neme? Jch erinnere mich hie deß Herrn D. Herlicii, welcher
im Prognoſtico vffs 1605. jahr/ jtem in ſeiner Sternglock Anno 1603. muth-
maſſete/ das/ weil Stadius vnd Leovitius jhre Ephemerides nicht weiter als biß
zum 1606. jahr erſtrecket/ dieſelben hocherleuchten Maͤnner vielleicht heimlich
hetten wollen zuverſtehen geben/ das vmb die zeit was groſſes zu beſorgẽ/ ja auch
der Juͤngſte tag nahe fuͤr der thuͤr ſein wuͤrde. Weil nun auch der Herr Ori-
ganu
[]ganus ſeine Ephemerides nicht vber das 1654. jahr erlanget/ kundte man hie
gleichfals alſo muthmaſſen.


Aber wenn Aſtrologiſche muthmaſſungen gelten ſollen/ halt ichs dafuͤr/
das vns der juͤngſte tag viel neher ſey. Denn des Rhetici ſpeculationes ſind
zwar ſcheinbar/ aber gleichwol ſind die Centra vnd Circelli nur hypotheſes,
vnd keine realia, derwegen ſie auch nicht realiter mitwircken koͤnnen. Das auch
Wincklerus die Wort Chriſti auff die Jahrrechnung deutet/ kan fuͤr ſich nicht
beſtehen/ ſintemal Chriſtus nicht von der jahrrechnung redet/ ſondern von be-
ſchaffenheit der zeit/ das nemlich zur zeit der zukunfft Chriſti die Welt eben ſo ſi-
cher werde ſein/ als zur zeit der Suͤndflut/ wie beym Evangeliſten klaͤrlich zu le-
ſen. Derwegen wenn man ja auff conjecturas Aſtrologicas gehen wil/ ſo be-
trachte man realia, nemlich nicht den Lauff der eingebildeten punct vnd zirckel/
ſondern den warhafftigen lauff der Sternen/ vnd deſſen periodos vnd radiatio-
nes harmonicas.
Vnd gefellt mir etlicher maſſen nicht uͤbel/ was etliche A-
ſtrologi
von den Tripliciteten, vnd groſſen zuſammenkuͤnfften der Obern Pla-
neten ſchreibẽ/ davon dañ inſonderheit verſtendlich vnd deutlich zu leſen in Herr
D. Herlicii Sternglock/ \& profundioris Philoſophiæ libro Keppleri, de no-
va ſtella.


Man findet auch/ die die zeit deß juͤngſten Gerichts/ vnd anderer ſachẽ/ auß
etlichen zahlen deß Propheten Danielis vnd der Offenbahrung Johannis wol-
len berechnen: vnd iſt hievon eine huͤbſche wunderbarliche ſpeculation deß be-
ruͤhmten Rechen Meiſters Stifelii, welchen doch ſeine Rechnung vom juͤngſten
tage/ die er ſeinen Pfarrkindern gemacht/ weit gefehlet/ wie die Hiſtoria vielen
bekandt.


Die Bruͤder deß newen Roſenkreutz Ordens/ die da vermeinen jhnen ſey
von zukuͤnfftigen dingen mehr als andern leuten offenbahret/ gebrauchen ſich
auch/ zu bewehrung jhres Ordens vnd kuͤnfftiger zeit beſchaffenheit/ etlicher wort
der Offenbarung Johannis: Geben fuͤr/ es ſey eine allgemeine verenderung al-
ler dinge vnnd reformation der gantzen Welt fuͤr der handt/ vnd werde inner-
halb 4. oder 5. jahren Chriſtus ein ſonderlich Regiment anfahen. Da ſie es
von einem Regiment allhie auff erden verſtehen/ ſo ſind ſie ſchon von Chriſto
ſelbs wiederleget/ denn ſein Reich iſt nicht von dieſer Welt/ Joh. am 18. Da
ſie es aber von dem Ewigen Reich vnd der letzten zukunfft deß HErren verſte-
hen/ werden ſie vnterm ſchein der offenbahrung Johannis ohn zweiffel auff die
groſſe zuſammenkunfft der Obern Planeten/ die Anno 1623. in der letzten Few-
rigen Triplicitet einfallen wirdt/ ſehen. [Denn dieſe Fratres ob ſie zwar di-
ſciplinas,
wie die jtzo getrieben werden/ vnd vnter denen auch Aſtrologiam ho-
J iijdier-
[]diernam (welche einer von jhnen in ſeinem ſcripto Aſtrologiam ſpuriam ne[n-]
net) vernichten/ vnd andere beſſere zu ſubſtituiren vorgeben/ ſo behelffen ſie
ſich doch mit der jtzigen Aſtrologia gar ſehr/ vnd gebrauchen zu beſchoͤnung jh-
res Ordens/ nicht alleine regulas Aſtrologicas legitimas, ſondern auch viele
ſpurias, wie im ſelben Scripto vnd jhres ordens Calendern fuͤr augen] Von
welcher zuſammenkunfft auch von mir/ geliebts Gott/ zu ſeiner zeit ſol etwas
bericht geſchehen.


Wer kan aber ſagen ob die Welt auch nur biß zu derſelben zeit ſtehen wer-
de? Menſchliche muthmaſſungen von eigentlicher zeit deß juͤngſten Gerichts/ ſie
werden hergenommen wo ſie wollen/ eracht ich einen lautern fuͤrwitz. Sollen
derhalben vns nicht vnterſtehen zu wiſſen was vns nicht gebuͤhret/ Act. 1. ſon-
dern viel mehr thun was vns gebuͤhret/ nicht vber 5. jahr ſondern jtzt alle ſtunde
wachen beten vnd bereit ſein/ Math. 24. vnd 25. Luc. 21. Alle zeichen/ ſo vor-
hergehen ſollen/ ſind ſchon erfolget/ vnd ſollen die Tage vmb der außerwehlten
willen verkuͤrtzt werden. Darumb wird nu mehr der tag deß HErren kommen
wie ein fallſtrick/ vnd wie ein Dieb in der nacht/ das iſt/ er wird ſich nach keiner
Triplicitet, nach keiner conjunction, oder anderer conſtellation der Plane-
ten richten/ ſondern ploͤtzlich einfallen zu einer zeit/ die weder Aſtrologus, noch
jemandt anders verhoffen wird/ da der himmel voller geigen vnnd ſackpfeiffen
ſcheinen wird; ſumma, da man am ſicherſten ſein/ vnd wie zur zeit Noha hauſi-
ren wird.


V.
Ob alle Sternen durchſichtig vnd jhr eigen liecht haben/
oder ob jhr Liecht nur ein wiederſchein der Sonnen ſey?


VOm Mond iſt die ſache klar/ das nemlich ſeine klarheit nit von jhm ſelber
ſey/ ſondern das er von der Sonnen erleuchtet/ nicht anderſt als ein Spie-
gel die liechtſtralen zu vns herab werffe. Wenn dem nicht ſo were/ ſondern die
klarheit ſein eigen were/ ſo wuͤrde er nicht ab- vnd zunemen/ ſondern allzeit voll
ſein: Jtem es wuͤrde keine Finſterniß weder der ☉ noch deß ☽ jemals zu ſpuͤ-
ren ſein. Nun aber weil er kein eigne klarheit hat/ auch ſein corpus nicht durch
ſichtig iſt/ geſchichts das die ☉ zwar allezeit die helffte deß ☽/ die gegen die ☉
gekehret/ erleuchtet/ aber wir koͤnnen nie die gantze erleuchtete helfft zu Geſicht
bekommen/ es ſey denn wenn wir hie auff Erden zwiſchen die ☉ an einem ort/
vnd den ☽ gerade am kegenort deß Himmels haben: Wie wir denn auch gar
nichts vom ☽ vernehmen/ wenn er mit der ☉ zugleich an einem ort deß Him-
mels
[] mels iſt/ ſintemal er alsdann ſeine erleuchtete helffte von vns vberſich gewandt.
Jſts das er vmb die zeit ſich juſt zwiſchen vnſer geſicht vnd die ☉ ſetzet/ ſo benimt
er vns mit ſeinem Coͤrper der ☉ liecht/ vnd vervrſacht eine Finſterniß der ☉:
Gereth er aber in ſeinem vollen liecht/ gegen der ☉ vber/ in den Schatten der
Erden (denn der Erdboden/ wie alle andere vndurchſichtige dinge/ wirfft alle-
zeit einen langen ſchatten gegen das Ort der Welt/ weils der Sonnen gegen v-
ber ligt) ſo verleurt er ſeinen ſchein/ vnd geſchicht eine Finſterniß des Monds.
Diß alles/ ſage ich/ iſt klar vnd vnzweifelich. Ob es aber auch mit den andern
Sternen (ohn die Sonne) ſo beſchaffen/ iſt lange zeit von den Philoſophis di-
ſputiret.
Etliche meinen/ die Sternen empfahen all jhr Liecht von der Soñen/
als dem brunquell deß himmliſchen Liechts/ welchs ſie nicht allein mit dem Ex-
empel deß Monds/ ſondern auch mit andern argumenten, die hieher nicht die-
nen/ erſtreiten wollen. Andere meinen/ das der ☉ zwar kein eigen Liecht habe/
weil er gleichſam das vnreineſte der Himmliſchen materi, fæx cœli \& quaſi ter-
ræ cœleſtis,
nicht anderſt/ als vnſer Erdboden das vnreineſte vnter den Elemen-
ten ſey: Aber mit andern Sternen hab es ein andere gelegenheit/ denn dieſelben
ſind geleutert vnd durchſichtig. Welches ſie vornemlich mit zweyen ſtarcken
gruͤnden beweiſen. 1. Das ♀ vnd ☿ nicht ab vnd zunemen/ wie der ☽/ welchs
geſchehen muͤſte/ wenn ſie nicht jhre eigene klarheit hetten. Ja man koͤnne biß-
weilen dieſe Planeten ſehen/ wenn ſie gleich nahe bey der Sonnen ſindt/ wie denn
inſonderheit Herr Kepplerus in ſeinem Tertio Interveniente, num. 129. dem
D. Feſelio fuͤrhelt/ das Tycho Brahe Anno 1582. die ♀ in ipſa conjunctio-
ne cum ſole
geſehen/ da man doch deß Monds einen tag oder zween nach der
☌ ☉ erwarten muß/ eh man jhn ſiehet. 2. Das die Sternen des Firmaments
von ♄ nicht verfinſtert werden/ welchs zwar geſchehen muͤſte/ wo fern die Ster-
nen nicht jhr eigen liecht hetten. Denn weil ♄ 22. mal (oder nach der alten
meinung vber 90. mal) groͤſſer als der Erdboden iſt/ vnnd ſein coͤrper kein eigen
liecht hette/ wuͤrde er/ eben wie der erdboden/ in das gegen der Sonnen vber lie-
gende theil deß himmels einen gar groſſen ſchatten werffen/ der nach klarer rech
nung weit in die ſphæram Fixarum reichete/ vnd wuͤrd alſo bald dieſen bald je-
nen ſternen jhr liecht benemen.


Auß dieſen zwo wichtigen vrſachen/ halten in dieſer ſachen die meiſten newẽ
Philoſophi das mittel/ vnd ſagen/ das zwar alle Sternen jhr eigen liecht habẽ/
aber nicht ein gnugſam klares liecht/ ſondern das es muͤſſe von der Sonnen licht
geſcherffet werden. Vnd das ſie muͤſſen jhr eigen liecht haben/ ſehe man an den
finſterniſſen des ☽/ da der ☽/ ob jhm gleich durch deß Erdbodens ſchatten der
Sonnen Liecht benommen/ dennoch einen Dunckeln/ bald ſo/ bald anders ge-
ſerbten
[] ſerbten ſchein an ſich hat. Dieſe meinung lieſſe ich mir nicht mißfallen/ wenn
nicht deß Niederlendiſche Conſpicillum oder Ferngeſicht/ vns was newes vn-
erhoͤrtes zeigete. Nemlich es haben von Anno 1610. hero Galilæus in Jta-
lien/ Kepplerus in Boͤhmen vnd Marius in Deutſchland/ durch ſonderlich dazu
bereitete vnd gebuͤhrlicher groͤſſe Conſpicilla, zu vnterſchiedlichen malen augen-
ſcheinlich geſehen/ das ♀ ab vnd zuneme wie der ☽. Dieſe Leute (denen denn
Fabricius in Frießland vnd viel andere Zeugniß geben) ſind deß Anſehens vnd
der Auffrichtigkeit/ das jhnen billich glauben zugeſtellet wird. Vnd das ſie jhr
Geſicht nit betriege/ oder das es nicht ein vitium deß Jnſtruments ſey/ iſt dar-
auß abzunemen: das alle Inſtrumenta zu einerley zeit/ vnd einerley diſtantz der
Veneris von der Sonnen/ in ſo weit vonanderliegenden Orten einerley phæ-
nomena
oder abſehen gegeben. Weil dann dem alſo/ ſo werden wir gedrungen
mit Galilæo zu ſchlieſſen/ das zwar die Sternen deß Firmaments jhr eigenes
Liecht vnd Klarheit/ aber die Planeten alles daſſelbe von der Sonnen haben.
Das jene jhr eigen Liecht haben/ folget nicht allein daher/ das ſie von ♄ nicht
verfinſtert werden/ ſondern auch das die Planeten/ wie Galilæus obſerviret,
je neher ſie der Erden vnd der ☌ ☉/ je hellern wiederſchein ſie zu vns werffen/
alſo das man auch Martis perigæi (wenn er gegen der Sonnen vberſtehet)
coͤrper von ſeinen ſtralen vber diſcerniren koͤnne: da man doch die Circumfe-
rentz
des Jovis deutlich/ vnd des ♄ noch deutlicher (aber daneben auch dunck-
les vnd ſchwachen ſcheins) ſehen kan: Weil nun der hoͤhern Planeten Liecht
jmmer ſchwaͤcher/ wuͤrde es folgen/ das wenn die Sternen deß Firmaments/ die
ſo viel 100000. meilen hoͤher ſindt/ als ♄/ nicht jhr eigen Liecht hetten/ wuͤrden
ſie ſchwerlich von vns koͤnnen erkant werden. Die erfahrung aber gibt ein an-
ders. Dagegen kan man die opacitatem oder vndurchſichtigkeit der Planeten
auch daher beweiſen: das wenn einer ſich zwiſchen einen andern Stern vnd vn-
ſer Geſicht ſetzet/ ſo ſiehet man nur die farbe des vnterſten/ vnd koͤmpt keine ver-
miſchung von der farb deß oͤberſten dazu. Kepplerus hat Anno 1591. den 9.
Jan. geſehen/ das Mars den Iovem bedeckt/ vnd ſpricht das die rotlechte fewr-
farb/ die allein zu ſehen geweſt/ bezeuget habe/ das Mars vnten geweſt. Gleich-
fals hat Mæſtlinus Anno 1590. den 3. Octob. geſehen/ das ♀ Martem ecli-
pſiret,
da abermal alleine deß vnterſten Planeten/ nemlich der Veneris farbe vñ
klarheit zu ſehen geweſen. Das man nun vie Planeten/ wenn ſie nicht weit
von der ☉ ſtehn/ ob ſie gleich nicht durchſichtige Coͤrper ſind/ gleichwol zu Ge-
ſicht bekoͤmpt/ leſſet der Arcus Viſionis, davon in Aſtronomia, gar wol zu/ nur
das man alsdan ohn das Inſtrument nicht erkennen kan/ ob der Planet voll o-
der hoͤrnicht ſey. Das ferner Braheus Venerem Anno 1382. im ☌ ☉ geſe-
hen/
[] hen/ hat in Aſtronomia auch ſeine vrſach/ denn weil ſie nach Sonn vnd ☽ den
klaͤreſten ſchein hat/ kan ſie den hoͤrnichten klaren ſchein wol herab ſtrecken/ vnd
zu vngewoͤhnlichen zeiten ſich ſehen laſſen.


Die ☌ ☉ ♀ Anno 1582. iſt geſchehn den 8. Maij altes Kalenders/ im
28. grad ♉/ vnd wird ♀ von Tychone geſehn ſein worden deß Morgens/ da
ſie nit alleine latitudinem borealem duorum graduum gehabt/ ſondern auch
retrograda vnd perigæa geweſen. Dergleichen faͤlle Mæſtlinus gedenckt in Di-
ſputatione Exegetica de Paßionibus Planet. theſi
129. \& 130. Vnd iſt
kein zweyfel; wenn Tycho damals hette das Niederlaͤndiſche Conſpicillum ge-
habt/ er wuͤrde Venerem nicht in vollem Liecht ſondern hoͤrnicht geſehen haben.
Von jhrer wunderbaren klarheit iſt am ende dieſes Prognoſtici im Corollario
mehr zu leſen.


Es fragt ſich aber weiter:
VI.
Wenn die Planeten kein eignes Liecht an ſich haben/ was
dann das fuͤr ein Liecht ſey/ das der verfinſterte Mond

an ſich hat?


DJß halten die jenigen/ die es dafuͤr halten/ das jeglicher Stern ſein eigen
Liecht habe/ fuͤr jhr ſtichblat. Vnd iſt deßwegen bey den Philofophis viel
nachdenckens. Wenn man deß Herrn Keppleri paradoxon, welchs er in
ſeiner Optica demonſtriret, das nemlich der Mond verfinſtert werde/ nicht
vom Schatten der Erden/ ſondern vom ſchatten der duͤnſtigen Lufft/ mit welchex
der Erdboden ringsvmb gleichſam bewickelt/ ſo iſt die reſponſio in promptu
vnd die frage leicht ſolviret: Nemlich das dieſes deß verfinſterten ☽ Liecht noch
ſey von den Soñenſtralen/ ſo durch dieſelben duͤnſte den Mond/ wiewol ſchwach
beſcheinen: Ebenermaſſen/ als wie man offt ſiehet/ das auch der Sonnen Liecht
durch einen dicken nebel mit vngewoͤhnlicher farb ohn alle ſtralen ſich ſehen leſ-
ſet. Vnd kan man hierauß auch vrſach geben/ warumb des verfinſtertẽ Monds
farbe nicht in allen finſterniſſen einerley/ nemlich/ das ſolches herſprieſſe auß
beſchaffenheit derſelben duͤnſte/ nach dem ſie duͤnner vnd reiner/ oder dicker vnd
vureiner ſindt. Weil aber diß paradoxon nicht allen Gelarten annemlich/ vñ
doch an dieſen ort zu demonſtriren nicht dienet/ kan man auch wol eine andere
vrſach deß vberbleibenden Liechts am verfinſterten ☽ geben. Denn ſpricht
Kepplerus, es iſt keine nacht ſo ſtickfinſter/ wenn gleich noch ſo dicke Wolcken
den Himmel vberzogen hetten/ in der man nicht ſolte ſo viel ſehen/ das man
KSchnee
[] Schnee vnd Kohlen/ lufft vnd gebirge (oder gebew) vnterſcheiden koͤnne. So
nun der ſternen Liecht ſo ſehr durch die dicken finſtern Wolcken dringen kan/
das es gleichwol etliche ſachen vns zu geſicht fuͤhret (denn ohne erleuchtung kan
man nichts ſehen) wie viel mehr koͤnnen die ſternen am ☽ verrichten durch die
klare lufft (liceat auram ætheream appellare) des himmels/ da der Mond
vber 50000. meilen hinauff vber den Wolcken ſtehet. Sagen dennoch das
der verfinſterte ☽ ſein vberbleibendes liecht von den andern Planeten vnnd
Sternen habe.


VII.
Woher ſich denn das jenige zwar ſehr dunckele Liecht deß
Monds neme/ welchs einer/ der ein ſcharff geſicht hat/ die erſten

tage nachm newen Mond ſehen kan?


DJe ein ſcharff geſicht haben/ koͤnnen nicht allein die klaren von der ☉ er-
leuchteten hoͤrner/ ſondern auch den gantzen Coͤrper deß ☽/ jedoch ſehr
dunckel/ ſehen. Aber diß iſt auch noch nicht ein gnugſamer beweiß/ das der ☽
ſein eigen Liechtlein habe. Sondern es gibt dieſes dunckeln Liechts Mæſtlinus
eine andere vrſach. Denn einmal gewiß/ das der Sonnenſtralen wiederprall/
vornemlich im Sommer/ ſo ſtarck vnd krefftig/ das ſie auff freyen feldern vnnd
luſtigen ſchoͤnen Orten einem faſt die Augen verblenden/ wie dañ auch dadurch
ein gut theil der lufft erwaͤrmet wird. Derhalben kein zweifel/ es werde die von
der ☉nen erleuchtete helffte deß Erdbodens einen krefftigen wiederſchein hoch
durch die lufft biß in den Himmel geben. So jemandt hieran zweifeln/ oder die-
ſes verlachẽ wolte/ dem wil ich vorgeſtellet haben/ was Kepplerus in opticis er-
zehlet. Nemlich das er Anno 1601. vmb ander vrſachen willen auff den
Scheckel (ein ſehr hohes gebirg in der Steyrmarck/ nach Keppleri rechnung
5. Straßburger thuͤrn hoͤher deñ das ander gebirg/ vff welchen das ſchloß Wil-
den ligt) geſtigen/ da jhme dann die fuͤr jhm liegende gegend auff 10. vnd mehr
deutſcher meil weges nicht anderſt als eine ſchoͤne groſſe Wieſe mit jhren hew-
hauffen geſchienen. Vnd als bey hellem Sonnenſchein dieſelbe gegend/ einen
vngleublichen wiederſchein hinauff geworffen oberhalb den berg aber ein nebel/
geweſen/ habe er einen bogen weiß papier gegen das Landt außgebreitet/ da hab
er mit luſt geſehen/ wie das gantze Landt mit ſeinen vnterſchiedenen ſtuͤcken/ ſich
vnten am papier gleichſam geſpiegelt/ theils ſchwartzlecht von Waͤlden/ theils
gruͤn von Awen/ thetls gelb von getreid/ vnter andern die Muer/ welcher fluß
mitten durch dieſelbe gegend fleuſſet/ habe ſich am ſelben Papier mit ſonderbah-
rer
[] rer klarheit ſehen laſſen. Diß erzehlt Kepplerus/ vnd werden jhm leute/ die v-
ber dergleichen hohe gebirge bey Sommerszeiten gereiſet/ hierin beyfall geben.
Was ſolte denn nicht die gantze helffte deß erleuchteten Erdbodens thun?
Spricht demnach Mæſtlinus, das weil der ☽/ vnnd der Erdboden beyde vn-
durchſichtige Coͤrper ſein/ ſo theile nicht allein der ☽ der Erden/ ſondern hin-
wiederumb auch die Erd dem ☽ jhr Liecht mit/ welchs ſie von der ☉nen empfa-
hen. Vnd gleich wie wir auff Erden in vnſerer nacht vom ☽ beleucht werden/
alſo wenn leute vffn ☽ wohneten/ wuͤrden dieſelben in jhrer nacht (das iſt/ in
vnſern tage) von vnſerer Erden beleuchtet werden/ vnd zwar viel heller/ weil die
Erd 40. mal groͤſſer denn der ☽/ vnd der ☽ nicht ſo ſpiegel glat/ ſondern ja ſo
huͤlſterig als die Erde. Das aber gleichwol derſelbe ſchein deß Monds/ den er
von der Erden empfehet/ ſo dunckel iſt/ ſey kein wunder/ ſintemal vns der Mond
ſchein auff erden/ wenn wir jhn auß dem ☽ anſchaweten/ noch viel dunckler vor-
kommen wuͤrde. Dieſe deß Mæſtlini feine ſpeculation wird beſtetigt mit dem/
das ſolcher dunckeler ſchein gegen das erſte Quartier ſich mehlich verleuret.
Denn im newen Liecht ſteht der ☽ nah bey der ☉nen/ vnd kan alſo der Soñen
wiederſchein von der Erden directè vnd vollkoͤmlich an ſich nemen: aber herna-
cher je mehr er von der Sonnen abweicht/ je weniger jhm auch vom ſelben wie-
derſchein zukommen mag/ wie ſolchs ein jeder/ der zu dieſen hohen Speculatio-
nibus
luſt hat/ ſich bald einbilden kan. Andere moͤgen nun zu mir ſagen: Doce
me facilia.


VIII.
Ob die auff- vnd vndergaͤnge der jenigen Sternen/ ſo
auſſerhalb dem
Zodiacogelegen/ auch zur verenderug des
Gewitters helffen?


DJeſe Frage moviret Schærerus contra Feſelium pag. 59. Vnd iſt ge-
neigt ad negativam. Denn/ ſpricht er/ weil ſich ſolche ortus vnd Occa-
ſus
nach vnterſcheidt der Landſchafften zu vngleichen vnd vnterſchiedlichen zei-
ten begeben/ heut an dieſem/ morgen vnd folgenden tag an andern orten jhren
Auff- vnd Niedergang haben/ ſo muͤſte ſich mit denſelben das Gewitter von ei-
nem ort zum andern transferiren, alſo/ das was fuͤr Wetter mit dem Auffgang
eines ſideris heut bey vns were/ daſſelbe ſich bey andern vber drey Tage/ bey etli-
chen vber ſechs/ bey etlichen vber acht Tage allererſt erzeigen muͤſt/ nach dem
das ſidus in einem jeden horizont mit der Sonnen moͤchten ankommen. Wel-
che vngleiche witterung bey mir nicht durchauß wil ſtat finden. Vnd ſcheinet/
K ijdas
[] das Herr D. Herlicius in ſeiner Fruͤhſuppen/ die er mir am ende ſeines Pro-
gnoſtici
auffs noch lauffende 1618. Jahr fuͤrgetragen/ mich nicht recht werde
verſtanden haben/ da er weitluͤfftig probiret, das auch die Sternen außerhalb
den Zodiaco zum Gewitter mitwircken: Hat vielleicht vermeinet/ ich were der
meinung Schæreri. Aber ich bin hierinne mit jhme D. Herlicio eins/ wie ich
dann dieſelben Sternen allezeit zum Gewitter conſulire, laut meiner Pro-
gnoſt.
vffs 1612/ 13/ 14 vnd 15. Jahr. Anlangende Schæreri argument,
hat daſſelbe eine ſchwache conſequentz. Deñ ob gleich die Auff- vnd vntergaͤn-
ge gemeldter Sterneu von einer Landſchafft zur andern transferiret werden/
ſo nemen ſie doch nicht zugleich das gewitter mit/ ſintemal das gewitter nit von
demſelben allein herruͤhret/ ſonſten muͤſte alle jahr an einem Ort zu gewiſſer zeit
einerley gewitter ſein. Sondern es gehoͤret mehr dazu/ nemlich (ohne die daͤm-
pfe der Erden/ davon im 1. Cap.) die zugleich mit einfallende Aſpectus, Auff-
vnd vntergaͤnge/ culminationes \&c. der Planeten. Zum exempel vom Ortu
matutino Arcturi
ſchreiben Ptolemeus vnd Plinius, das er vngewitter vnnd
heuffigen regen mit ſich bringe/ vnd das kan er an jrgend einem Orte/ da er ein-
fellet/ wol thun/ ſo fern jhn kein Planet hindert. Wenn er nun nach etlichen
tagen an einem andern Ort einfellet/ da in deſſen etwan eine ☌ ♃ ♀ ſich hinzu
gemachet/ kan das vngewitter wol nachbleiben. Alſo ſollen des Krebſes oder
deß Delphins Sternen/ wenn ſie auff oder vntergehen/ zu regen vrſach geben:
Jedoch weil ſie dazu/ als kleine ſternlein/ ſehr ſchwach ſind/ richten ſie offtmals
an einem ort nichts auß: Wenn ſie aber darnach an einem andern ort auffgehn
vnd zugleich ♀ bey jhnen iſt/ oder ♀ oder ♂ alsdann bey den Siebengeſtirn iſt/
ſo geht der handel wol an. Darumb nemen die Auff- vnd vntergaͤnge der ſter-
nen das Gewitter nicht mit ſich von einem ort zum andern/ ſintemal am erſten
ort nicht eben ſolch eine conſtellation der Planeten zugleich mit geweſen/ als
am andern. Thut derwegen Schærerus recht/ da er hernach ſchreibt: Weil a-
ber die opinio bey allen Aſtrologis ſo gar recepta iſt/ wil ich ſie noch der zeit
nicht verwerffen/ aber in kuͤnfftigem (geliebts Gott) beſſer auffmercken. Hoff
auch/ er werde die ſach numehr fleiſſiger erwogen haben. Sonſten ſchreibt er
daſelbſt meines erachtens gar recht: Noch vngereimter koͤmt mir vor/ das et-
liche die Conjunctiones planetarum cum ſtellis fixis ſecundum gradus lon-
gitudinis
bedencken/ vnd gar gewiſſe ding drauff bawen wollen/ da doch etwan
die groſſe latitudo fixarum die ſie haben/ keine warhafftige conjunctionem
nicht zuleſſet. Erzehlet drauff was etliche Aſtrologi von der ☌ ♄ ♂ vnnd ☉
Anno 1588. im 20. gr. ♉/ da das Caput Meduſæ ſecundum longitudi-
nem
hingehoͤret/ geſchrieben. Hiemit ſtimmet vberein/ der Herr Kepplerus
in
[] in ſeinem Tertio Interveniente, num 43. Es ſtehen/ ſpricht er/ jhrer (der ſter-
nen deß Firmaments) gar wenig an der ſtraſſen/ da die Planeten fuͤruͤber paſſi-
ren: Der meiſte hauff ſteht beyſeits gegen Mitternacht vnd Mittage/ vnd wel-
ben den runden himmel auß: Zu denen die Planeten nicht kommen/ vnd iſt [e]ine
Newerung/ das man die Aſpecte der Planeten mit ſolchen außgewichenen ſter-
nen betrachten wil: Denn ſolche Aſtrologi machen die experientz verdaͤch-
tig/ weil ohne das der Planeten Aſpecte vntereinander ſelbſten ſehr viel ſindt.
Dieſe zwo autoritates hab ich wollen hiebey bringen/ zu bekrefftigung deſſen/
was ich vor eim jahr hievon eben auff die meinung fuͤrgebracht: Auff das Herr
D. Herlicius warneme/ das ich auß keinem fuͤrwitz oder haderſucht etwan New-
erung ſuche. Wil jhn auch hiemit gebeten haben/ er wolle hieruͤber keinen vn-
muth faſſen. Sind es doch Philoſophiſche vnd ſolche ſachen/ davon man pro
\& contra diſputiren
kan/ vnd davon jhme wie auch jeglichen der ſach verſten-
digem frey ſtehet/ ſeine gegenmeinung mit guten gruͤnden philoſophicè fuͤrzu-
bringen. Kan man doch allerſeits mit beſcheidenheit repliciren, tripliciren
\&c.
Jch proponire meine Problemata nicht zu dem Ende/ das jeglicher als
Decreta ſie ſtracks annemen muͤſte: Sondern das andere der Kunſt verſten-
dige mit mir davon conferiren moͤchten/ vnd alſo die Sternkunſt moͤcht geſeu-
bert vnd gebawet werden. Nunquam, ſpricht an einem Ort Keckermannus,
ad eum, in quo jam conſtituta eſt, dignitatis ſplendorem Philoſophia per-
veniſſet, niſi ſum morum omni tempore Philoſophorum contentione vi-
guiſſet.
Vnd die haben ſich nicht mit hundszaͤnen gebiſſen/ ſondern mit aller
ehrerbietung wider einander geſtritten. Lehret mich D. Herlicius, oder auch je-
mand anders etwas beſſers/ als das meine iſt/ ſo wil ich wie ich vor offt geſagt/
mich gerne lencken laſſen vnd ſolchs zu danck annehmen.


COROLLARIUM.
Von erlernung vornehmer Sterne deß Himmels
im 1619. Jahr.


DAs zweyerley art der Sternen ſind/ Planeten vnd Feſte Sternen/ iſt vor
offtmals geſagt. Die Feſten Sternen ſtehn zum hoͤchſten von vns/ alle
gleichſam an einem gewelb deß Firmaments/ vnd ſteht einer vom andern zu al-
len zeiten gleich weit. Die Planeten aber haben jeglicher gleichſam ſeinen be-
ſondern himmel/ einer hoͤher der ander niedriger/ hat auch jeglicher ſeinen beſon-
dern lauff/ ſo das der ☽/ welcher am niedrigſten von der Erden/ zum geſchwin-
K iijdeſten/
[] deſten/ ♄ aber als der hoͤchſte zum laͤngſamſten fortgehet. Bleiben alſo nicht
ſtets gleich weit voneinander/ wie die Sternen deß Firmaments/ ſondern kom-
men einer mit den andern bald nah/ bald fern zuſammen: Ja es kan wol kom-
men/ das einer vnſerm geſicht den andern verdeckt/ davon exempel zu finden/ am
3. Cap. in der erſten Frage. Sie ſind auch mit den geſicht von den Sternen
deß Firmaments leicht zu vnterſcheiden an jhren ſtralen/ denn der Planeten ſtra-
len ſtehn ſtill (ſonderlich wenn ſie hoch ſind) der andern ſternen ſtralen funckeln
vnd beben wie ein brennend liecht.


Vnder allen Sternen aber iſt nach ☉ vnd ☽ der ſchoͤnſte vnd klareſte ♀
der Planet/ Welcher bißweilen Morgenſtern/ biß weilen Abendſtern iſt/ wie das
zugehe/ hab ich Anno 1613. angezeiget. Sie iſt leicht vor allen andern Ster-
nen zu kennen. Denn ſie vberauß klar/ das man ſie bißweilen im Tage bey hel-
len Sonnenſchein ſehen kan/ wie auch Anno 1617. im Sommer geſchehen/
da ſie von viel hunderten nicht alleine vor Mittage/ ſondern auch vber eine ſtun-
de nachmittage/ fuͤr der Sonnen vnd dem abnemenden Mond hergehende geſe-
hen worden/ ſo das die Leute anfenglich nicht gewuſt was ſie drauß machen ſol-
ten/ vnd jhrer viel nicht gleuben wolten/ das es der Morgenſtern ſein ſolte. A-
ber es iſt gewiß/ vnd iſt nichts newes. Hat doch Tycho Brahe auff die diſtan-
tiam ☉ \& ♀ diurnam,
die er durch Jnſtrumenta gar vielmal obſerviret, ſei-
ne gantze Aſtronomiã fixarum gebawet/ wie Tomo 1. Progymn, zu leſen. Vñ
Mæſtlinus zeugt eben daſſelbe da er ſpricht: Circa limites verò maximæ re-
motionis â Sole,
(Anno 1617. war ſie 42. grad von der Sonnen) eam ſic
lumine auctam aliquoties vidimus, ut diebus æſtivis mane ante Solem ex-
ortam
(wie Anno 1617.) non tantum per totum antimeridianum tempus,
ſed etiam ultra duas integras horas poſt meridiem præteritas, quando ni-
mirum non ipſa tantum, ſed etiam Sol, meridiano ſuperato ad occaſum
vergebat, evidenter cerneremus.
Ja man hat ſie offtmals wegen jhrer vn-
verhofften erſcheinung vnnd groſſen ſtralen fuͤr einen Cometen oder newen
Stern angeſehen/ wie allhie Anno 1614. im Martio: Vnd Anno 1590. im
Winter in Franckreich/ da Koͤnig Henricus IV. die Krone mit gewapneter
handt erſtreiten wolte/ vnd ſein Kriegs Heer den Abendſtern/ der ſich in vnver-
hoffter eyl vnd klarheit herfuͤr gethan/ als ein gutes Zeichen Stellam Regiam
nante. Aber zur ſach widerumb zu kehren/ ♀ wird das 1619. jahr Abendſtern
ſein den gantzen Januar. vnd das mehrentheil Febr. Denn im Febr. wird ſie
je lenger je niedriger zu ſehen ſein/ vnd jmmer zur ☉ neher kommen/ biß ſie auff
Matthiae von der ☉ ſtralen vberſchattet wird/ vnnd hoͤret auff Abendſtern zu
ſein/ koͤmpt aber denſelben Morgen ſchon fuͤr der ☉ auffgang in der Morgenrot
herfur/
[] herfuͤr/ vnd wird Morgenſtern. Vnd diß iſt auch eins von den wunderlichen
erſcheinungen dieſes Planeten/ quod nimirum manè heliacè oriatur, ante-
quam ☉ copuletur.
Vnd geſchicht dieſes nicht alle Jahr/ ſondern gar ſelten.


Nach dieſem iſt der helleſte ſchoͤnſte Planet Iupiter, an farbe der Veneri
faſt gleich/ auch nicht viel kleiner. Dem folget vnter den Planeten an der groͤſ-
ſe der ♂/ ein fewrrother ſtern. ♄ der hoͤchſte Planet vnter allen/ iſt ein bleicher
nicht ſehr groſſer Stern. Noch iſt noch vnter den Planeten ☿ vbrig/ den be-
koͤmpt man ſelten zu geſicht/ weil er ſich ſtets nah bey der ☉ helt.

[figure]

Aus dem Prognoſtico des 1620.
Jahres.


I.
Durch was mittel die Sternen jhre wirckung hienieden
auff Erden verrichten?


DAs die Sternen in dieſer vntern Welt kraͤfftig wir-
cken/ darff keines weitleufftigen beweiſes/ weil es die taͤgliche erfahrung
gnugſam außweiſet. Allein iſt die frage/ durch was mittel ſolchs zugehe/ weil
der Himmel ſo viel 100000. meilen von der erden erhaben. Ariſtoteles vnd
die meiſten Philoſophi ſagen recht/ das ſolchs geſchehe per Motum \& Lu-
men,
durch jhren lauff vnd Liechtſtralen. Durch den lauff darumb/ denn
wenn ſie jhre ſtellen nicht verenderten/ ſondern jmmerdar auff einerley art den
Erdboden beleuchteten/ ſo wuͤrden ſie zwar wircken/ aber jmmerdar einerley/ vñ
wuͤrde keine abwechſelung oder viciſſitudo ſein/ wuͤrde zum exempel bey vns jm
mer hundstage/ an eim andern ort ewiger froſt ſein/ etc. Welchem vnheil vor-
zukommen/ vnd ein jedes/ ſo wol hie als an andern orten deß erdbodens/ in Leb-
hafftem ſtande zu erhalten/ hat Gott der HErr verordnet/ das die ſternen nicht
allein dieſen/ ſondern auch den andern ort der welt durch eingepflantzte bewe-
gung erleuchten vnd erquicken. Durch jhre Liechtſtralen wircken ſie/ in dem ſie
durch herunterſtreckung derſelbigen alles/ was ſie hienieden antreffen/ erleuch-
ten/
[] ten/ angreiffen vnd afficiren. Dieſes iſt/ ſage ich/ gar recht geredet. Aber es koͤn-
nen ſich die Aſtrologi daran noch nicht benuͤgen laſſen/ denn es wircken die
himliſchen kraͤffte an vielen orten/ dahin die himliſchen Liechtſtralen gar nicht
kommen koͤnnen. Exempel ſind nicht weit zu ſuchen. Es iſt nicht ohn/ vnd be-
jahen es alle Philoſophi, das die Metall vnd Mineralia tieff in der Erden gene-
riret
werden/ nicht allein durch ignes ſubterraneos, ſondern auch durch mit-
wirckung deß himmels. Nun kan kein Lichtſtral/ auch nicht der ſonnen/ ſo tieff
hinein dringen/ ſintemal jeglicher Lichtſtral von ſeinem brunquell gerade ſchnur
recht außfehrt/ biß an das Corpus da er anprallet/ vnd wenn daſſelbe Corpus
opacum
vnd nicht durchſichtig iſt/ kan der Liechtſtral durchauß nicht hinein
dringen/ ſondern prallet wieder zu ruͤck/ wie ſolchs in principiis Opticis geleh-
ret wird/ vnd die taͤgliche erfahrung gibt: Derhalben ob gleich im Sommer das
erdreich obenher von den Sonnenſtralen erwaͤrmet/ wird/ geſchicht doch ſolchs
nur durch mittel der erwaͤrmten vnd etwas durch die poros eindringendẽ lufft/
die aber an die tieffen orte/ da die Metall wachſen/ gar nicht gelangen kan. Vor
eins. Darnach befinden ſolchs die valetudinarii/ das iſt/ die jenigen Leute/ die
wenig geſundt ſind: Welche ob ſie gleich fuͤr den himliſchen Lichtſtralen ſich in
ſichern Gemaͤchern halten/ dennoch an jhrem Leibe deß himmels wirckung/ dañ
ſo/ dann anderſt fuͤhlen/ alſo/ das ob ſie ſchon in tieffe dicke gewelbe ſich verkroͤ-
chen/ gleichwol jhren inwendigen Calender mit ſich fuͤhreten. Wie geht nun
das zu? Gewiß geſchichts per cotactum naturalem, aber verborgener weiſe
per occultam quaſi qualitetem, welche von den Aſtrologis mit einem beſon-
dern namen Influentia genandt wird/ das iſt/ ein himliſcher einfluß/ oder himli-
ſche krafft/ welche von oben herab nach gebuͤhrlicher proportion in die vntern
Creaturen fleuſt. Strigelius beſchreibt es alſo/ quod ſit arcana \&occulta vis,
quæ non cernitur oculis, ſed ſentitur tantum, ut, etiamſi tu domi lateas \&
omnes Lunæ radios procul à te arceas, tamen ſentis vim plenilunii \& no-
vilunli in tuo corpore, præſertim cum eſt ægrum.
Es haben etliche dieſe
lehr von den himliſchen Influentiis verlacht/ aber mit vnrecht/ denn ſie koͤnnen
derer dinge/ ſo ich kurtz vorhin gedacht/ keine andere natuͤrliche vrſach geben.
Vnd woher koͤmpts/ das einem newgebornen Kindlein/ ſo bald es zur welt
koͤmpt/ offt ein ſolches temperament eingedruckt wird/ als die beſchaffenheit vñ
conſtitution deß himmels zur ſelben zeit mitbringt/ Ob gleich das Kindlein
an einem gantz beſchworckenen tage oder finſterer nacht in einem wolverwahr-
ten gemach geboren wird? Das jemand einwenden moͤchte/ diß were petitum
principium
vnd were an den Nativiteten nichts gewiſſes/ der ſol wiſſen/ das
ich die Nativiteten, wenn ſie traun auff guten grundt gebawt/ viel gewiſſer
halte
[] halte (ob ich gleich jhrer thematum mich enthalte) als die Prognoſtication
deß gewitters/ auß vrſachẽ die ich anderswo angezeigt. Derwegen ob wir gleich
die influentias nicht alſo wie der Sternen lauff vnd Lichtſtralen mit augen ſe-
hen/ koͤnnen wir ſie darumb nicht außſchlieſſen/ ſondern muͤſſen bekennen/ das es
eine ſubtile vnd geiſtliche krafft ſey/ welche gantz verborgner weiſe vberall durch
dringet/ da kein himliſcher Lichtſtral/ der gleich noch ſo ſcharff vnd ſubtil/ hin-
dringen kan. Diß iſt nicht wider die natur geredet/ denn es ſind ſolche vner-
forſchliche verborgene kraͤffte vnd qualitates in der natur gar viele. Vnd Ari-
ſtoteles 4. Phyſic.
ſchreibt/ das die ober Welt allerdings mit der vntern Welt
gleichſam zuſammen henge. Scaliger Exerc. 131. ſpricht: omnium terra-
rum omnes ſubſtantias, facies, vires, à ſibi quamque ſimili Cæli pendere
vultu.
Man hats auß hiſtorien/ wenn groſſe Sonnenfinſterniſſen geweſen/ da
die Soñ bey tage gantz verfinſtert iſt/ das auch das vnvernuͤnfftige vieh/ welchs
doch vmb ſolche ſachen gantz nichts weiß/ ſolchs empfunden vnd gleichſam druͤ-
ber erſtarret: ja das die voͤgel/ obs gleich ſo finſter nicht geweſen/ auß der lufft
herunder gefallen. Alſo das in der Ober Welt ſich nichts begeben kan/ deſſen
die Niederwelt wegen natuͤrlicher verborgener verbuͤndniß nicht etlicher maſſen
ſolt empfinden. Derhalben darffs bey betrachtung der himliſchen Influentien
keines weitern bekuͤmmeruͤs de modo contactus, vnd wie ſie zu vns herab in al-
le Creaturen dringen koͤnnen. Das denn dieſelben Influentiæ, ob ſie ſchon al-
les penetriren, dennoch nit allzeit das end jhrer wirckung erreichen/ werden an-
derswo vrſach angezeigt. Vom Gewitter hab ich offtmals geſagt/ an jungen
menſchen thut die aufferziehung viel/ an alten die vernunfft/ welche jhm von
Gott dazu gegeben iſt/ das er ſich dadurch recht vnd wol regier. Hat ein jung
menſch einen guten ſtern (wie man zu ſagen pflegt) vnd koͤmpt eine feine edu-
catio
dazu/ ſo iſt kein zweiffel/ er werde/ wo er lebet/ wol gerathen. Alſo ein alter/
ſo fern er bey ſeinem guten ſtern gute vernunfft braucht/ fehret er wol. Sonſten
wo die aufferziehung boͤſe/ oder der erwachſene Menſch ſeinen luͤſten den zuͤgel
leſſet/ wird beyden der gute Stern wenig helffen. Hingegen kan man auch eine
boͤſe conſtellation durch aufferziehung etc. gut machen/ vnnd bleibet freylich
das Sprichwort war: ſapiens dominabitur aſtris.


II.
Weil aber der Sternen ſo eine vnzehliche menge/ vnd ſie
alle zugleich miteinander wircken/ wie koͤnnen die
Aſtrologieines jeg-
lichen wirckung inſonderheit ergruͤnden/ vnd von dieſer wiſſenſchafft
gnugſame profeſſion thun?


LDiß
[]

DJß ſcheint eine ſchwere frage/ die den Aſtrologis von denen/ welche die
Prognoſticationes gantz vernichten/ fuͤr geworffen wird. Vnnd zwar es
ſind der Sternen viel tauſendt mal mehr/ als die Aſtronomi durch inſtrumen-
ta obſerviret,
außgerechnet vnd zu buch gebracht/ welche alle zugleich mitwir-
cken. D. Feſelius weylandt Marggraͤfiſcher Badenſcher Leib Medicus, als er
dieſe frage den Aſtrologis auffgibt/ ſpricht er:


Wenn ich die krafft vnd wirckung eines Krauts/ einer Wurtzel/ oder ſon-
ſten einer ſonderbaren Artzney erlernen wil/ ſo muß ich dero jedweders inſonder-
heit warnemen/ vnd ſeine wirckung vermercken/ ſonſten wenn ichs zugleich mit
andern vermiſchen wolte/ wuͤrde ich zu meinem Intent nicht kommen. Drauff
ſpricht Kepplerus num. 45. Tertii Interven. alſo: das Feſelius fraget/ wie
jhm die Aſtrologi dißfals thun? Antwort ich: Sie binden das gantze vermiſch-
te buͤſchlein von aller Sternen Lichtſtralen zuſammen/ ſchneiden es ab/ vnd werf-
fen es in ein waſſer/ laſſen es drey tag vnd drey nacht an einander ſieden/ ſo fal-
len die zaſern von einander. Wil es D. Feſelius nit glenben/ wie ſol ich dann
jhm gleuben/ das er probiren koͤnne; das daß Rhabarbarum die Gall außziehe/
da doch aller vnrath in deß Menſchen Leib bey einander vnd vntereinander ver-
miſchet/ etc. Vnd wil ich nicht gleuben/ das D. Feſelius alle vnd jede ſimplicia
an der Menſchen Leibe ſelber probiret habe; (wie muͤſte er ſo etn groſſen Gotts-
Acker gefuͤllet haben?) Sondern er wird den alten glaͤuben/ vnd ſo ein newes
kraut fuͤr koͤmpt/ wird er zuvorn conjecturas brauchen/ ſolches kraut gegen an-
dern ſchon kundtbaren kraͤutern halten/ eh denn ers gebrauchet. Nicht anderſt
haben die Aſtrologi vnterſchiedliche mittel/ hinder die kraͤffte der Planeten zu
kommen. Sie betrachten die Farb/ die groͤſſe/ die klarheit/ etc. Dieſe antwort
iſt etwas dunckel/ vnd nicht fuͤr jedermans verſtandt/ derhalben ich mit Schere-
ro
etwas deutlicher antworte. Man weiß/ das der Sternen zweyerley: Fixæ,
die feſten Sternen am Firmament/ welche gegen einander jmmerdar einerley
diſtantz halten: vnd dan Erraticæ oder die 7. Planeten/ welche ein jeglicher ſei-
nen beſondern gang hat/ vnd alſo ſeine diſtantz, ſo wol von andern Planeten/ als
von den Feſten Sternen fuͤr vnd fuͤr verendert. Was die erſte art anlanget/
gibt jhre diſtantz keine abwechſelung der wirckung oder newer zufaͤlle in der vn-
tern Welt/ ſondern jhre wirckung bleibt in gemein einmal wie das ander/ vnnd
weil ſie alle zugleich mit wircken/ kan man zwar auß jhrem zuſtand allein wenig
nachrichtung jhrer eigenſchafft haben.


Aber durch die Planeten lernet man ſo wol jhre/ als der Planeten ſelbs na-
tur erkuͤndigen. Denn weil Saturnus motu proprio ſeinen vmblauff verrichtet
in
[] in 30. Jahren/ Iupiter in 12. Jahren/ Mars in zweyen/ die Sonn in einem/
Venus vnd Mercurius der Sonnen beyleuffere ſind/ der Mond in einem Mo-
nat herumb koͤmpt: So geſchichts/ das jeglicher Planet nit allein mit andern
Planeten/ ſondern auch mit alle den jenigen feſten Sternen/ ſo junerhalb dem
Thierkreiße (zu jeglicher ſeit von der Sonnenſtraß oder Ecliptica 8. gr. iſt bey-
derſeits 16. gr. breit) jhren ſitz haben/ koͤnne zuſammen kom̃en/ oder ſonſten mit
denſelben/ oder auch andern Sternẽ/ auſſerhalb dem Thierkreiße/ radiationibus
harmonicis,
die man ſonſt Aſpectus nennet/ zuſammen leuchten/ mit jhnen zu-
gleich auff oder vnter gehen/ da ſich dann auff dieſen oder jenen Aſpectum, auff
dieſen oder jenen Ortum, Occaſum, veſpertinum aut matutinum, item/ auff
dieſes oder jenes Planeten gang/ durch dieſes oder jenes zeichen/ merckliche vi-
ciſſitudines
an tag geben/ wo bey man ſo wol derſelben Planeten/ als der jenigẽ
Feſten Sternen/ mit denen ſie oberzehlter einigerley maſſen zuſammen leuch-
ten/ Natur vnd eigenſchafft abnemen vnd ergruͤnden mag. Zum Exempel/
wenn Saturnus ſolte ſeinen lauff deß Winters in niedrigen zeichen/ als ♐/ ♑
♒/ Iupiter aber vnd Mars in hohen zeichen/ als ♊/ ♋/ ♌/ halten/ vnd es
were dabey ein ſchlechter winter: Oder wenn dagegen ♄ im hohen/ die andern
beyden in niedrigen zeichen lieffen/ vnd were dabey ein ſtarcker Winter: Solt
man nicht hierauß abnemen/ das Saturni wirckung kuͤhl/ der andern beyden
warm ſey? Fragſtu: warumb Saturnus nicht eben das in niedrigen/ was in ho-
hen zeichen wircke? So wiſſe/ das die Planeten (wie du bey der Sonnen abmer-
cken kanſt) auß den hohen zeichen ſterckere ſtralen/ radios perpendiculariores
ideoque fortiores,
auß den niedrigen aber viel ſchwaͤchere/ obliquiores, ideo-
que debiliores,
herunder werffen. Mehr Exempel/ Wenn die Sonne mit
Arcturo zugleich auff oder vntergehet/ vnd man etliche mal wargenommen/ dz
wenn ſonſt keine Aſpectus ins ſpiel kommen/ ſtuͤrmig Wetter drauff gefolgt:
ſolt man nicht lernen/ das Arcturus eine Stella tempeſtuoſa ſey? Wenn Mars,
Venus
oder auch der Mond zu dem Siebengeſtirn koͤmpt/ vnd man etliche mal
geſehen/ cæteris paribus, das regen drauff erfolget: ſolt man nicht abnemen/
das die Plejades feuchter natur ſind? Alſo haben die alten Aſtrologi der Pla-
neten ſo wol/ als der andern ſternen Natur crgruͤndet. Denn weil ſie aus dem
ſchlechten lauff an ſich ſelbſt an den andern Sternen auſſer ☉ vnd ☽ keine viciſ
ſitudines operationum
haben mercken koͤnnẽ/ haben ſie diß mittel fuͤr die hand
genom̃en/ das ſie auffgemercket/ wenn durch die configurationes planeta-
rum,
jhrer wirckung ein druck gegeben worden.


Das aber ſolche erkuͤndigung vollkommen oder gnugſam ſein ſolte/ fechte
ich nicht/ ſondern ſage vielmehr/ das/ wie all vnſer wiſſen in dieſem leben nur
ſtuͤckwerck/ Aſtrologia meines erachtens vnter allen diſciplinis die vnvollkom-
L ijmen-
[] menſte ſey. Andere Scientiæ ſind von anfang der Welt hero jmmer geſtiegen/
vnd jtziger zeit gar hoch gekommen/ allein an dieſer einigen/ an der Sternkunſt
ſage ich/ (nicht an der/ die der Sternen lauff vnd Finſterniſſen erkuͤndiget vnnd
außrechnet/ ſondern an der andern/ die der ſternen Natur vnd Eigenſchafft auß-
forſchet/ vnd auß jhrem lauff zukuͤnfftige dinge prognoſticiret) iſt von anbegin
der Welt gearbeitet/ geſtickt vnd geflickt/ vnd kan noch auff jtzige ſtund kein gut
Kleid drauß werden/ wird auch wol ein Haderlumpen bleiben biß an den Juͤng-
ſten Tag. Denn das die Fratres R. C. jhre ſonderliche characteres fuͤr andern
leuten an den Sternen koͤnnen ſehen/ bey denſelben jhre eigenſchafft erkennen/
vnd alſo eine vollkommenheit legitimæ Aſtrologiæ (wie ſie dann in allem per-
fecti
ſein wollen) zu haben ſich ruͤhmen/ das wil ich jhnen alsdann glauben/
wenn ſie jhren Schatz/ wie ſie lengſt verheiſſen/ an tag geben. Omne bonum eſt
communicativum ſui.
Jch wil mich gern in jhre diſciplin geben/ Wenn ich
traun was beſſers ſehe/ als ſie noch bißher in Aſtrologicis oder Aſtronomicis
herfuͤr gebracht. Jch foͤrcht aber/ das ſeculum perfectionis werde/ ſo wol
Theoſophiam, als andere diſciplinas anlangend/ in dieſer Welt nicht anfahẽ/
es muͤſte denn der Apoſtel Paulus nicht recht geredt haben da er ſpricht: Vnſer
wiſſen iſt nur Stuͤckwerck.


Auß dieſen zwoen Quæſtionibus iſt nun zu ſehen/ das die gute arme Aſtro-
logia
gleichwol jhre qualiacunque fundamenta habe/ vnd das derwegen jhr
eine kleine ſtelle vnter andern diſciplinis zu guͤnnen. Dagegen ſie/ oder jhre
Cultores, auch jhre gebrechligkeit/ die ſie fuͤr andern diſciplinis hat/ erkennen
vnd ſich in jhren grentzen halten ſol. Denn wodurch iſt ſie in ſolchen veracht
kommen/ als das etliche Prognoſticanten vnd Nativitetenſteller zu hoch geflo-
gen/ vnd von allen particularſachen/ die man zu wiſſen begehret/ auß den Ster-
nen beſcheid zu geben ſich vnterſtanden? Jtzo/ Gott lob/ wil es mit der Aſtro-
logia ein beſſer anſehen gewinnen/ in dem ſie von tag zu tag gereinigt/ vnnd von
vielem Aberglaͤubiſchen Gottloſen ſchlamm geſeubert wird.


III.
Ob das jenige/ was die
Aſtronomivon der trefflichen
hoͤhe vnd Groͤße des Himmels vnd der Sternen ſchreiben/

ſeinen gutten grund habe?


ES koͤmpt dem gemeinen Mann gar ſeltzam vor/ das man ſchreibt: die Son-
ne ſey anderthalbhundertmal groͤſſer denn der Erdboden; der Mond aber
ſey kaum das viertzigſte part des Erdbodens: Da ſie doch vnſerm geſichte gleich
groß
[] groß ſcheinen: Jtem das die Sternen des Firmaments groͤſſer ſein/ denn den
Mond/ ja etliche weit groͤſſer denn der gantze Erdboden/ da ſie doch ſo klein ſchei-
nen. Vnd wenn man jhnen antwortet/ das ſolches ſcheine/ wegen der ſo groſſen
hoͤhe von der Erden/ geben ſie ſich zwar zu frieden: aber es finden ſich bißweilen
andere fuͤrnehme Leute/ die am fundament dieſer Rechnung zweiffeln. Denen zu
gefallen hab ich dieſen kurtzen bericht hieher ſetzen wollen.


Erſtlich das abmeſſen der hoͤhe der vntern Planeten biß an die Sonne/ hat
ſeinen grundt aus der Parallaxi. Parallaxis iſt der vnterſcheidt zweyer abſehen
oder viſirungen/ nemlich deſſen das hie oben auff dem Erdboden geſchicht/ vnnd
deſſen ſo vnten im Centro oder Mittelpunct deß Erdbodens geſchehn moͤchte.
Denn ob gleich der Erdboden gegen den Himmel nur als ein punct zu rechnen
iſt/ ſo iſt doch ſolches eigentlich von dem Firmament/ daran die Feſten Sterne/
vnd von dem oberſten Himmel zuverſtehen/ ſintemal die gantze dicke deß Erdbo-
dens kegen der vnermeßlichen hoͤhe deß Firmaments fuͤr nichts zu ſchaͤtzen iſt.
Aber mit den Planeten/ welche der Erden weit neher gelegen/ hat es ein wenig
andere gelegenheit/ ſonderlich mit dem Mond/ Venere, Mercurio, bißweilen
auch Marte. Denn derſelben revier iſt nicht eben ſo groß/ das die Erd gantz
nichts dagegen zu rechnen were/ ſondern es befindet ſich/ das wenn man zum e-
xempel den auffgehenden oder vntergehenden Mond moͤcht außm Centro der
Erden anſchawen/ wuͤrd man jhn nicht eben an dem ort deß himmels ſehen/ an
deme man jhn hie oben ſiehet/ ſondern vber ein gantzen grad (iſt 2. mal ſo weit
als deß Monds ſichtbare breite) von dannen. Dieſer vnterſcheid wird/ ſage ich/
Parallaxis genant/ wie ſolchs in meinem Tractat vom Cometen weitleufftiger
erklaͤret. Vnd iſt die Parallaxis deſto groͤſſer/ je neher ein Planet der erden iſt.
Wenn man nun eines Planeten Parallaxin erforſcht/ ſo iſt die Rechnung der
hoͤhe per doctrinam ∆lorum gar leicht. Es wird aber die Parallaxis der an-
dern Planeten/ weil ſie hoͤher denn der Mond/ jmmer kleiner/ ſo das die Aſtro-
nomi
die hoͤhe der Sonnen nicht auff jhre gar kleine parallaxin bawen doͤrf-
fen/ weil in ſolcher hoͤhe ein gar geringes verſehẽ ein groſſen jrrthumb aufftregt.


Derhalben ſie die hoͤhe der Sonnen durch ein ander mittel erforſcht/ nem-
lich durch die Sonnenfinſterniſſen vnnd zuvor erkuͤndigte hoͤhe deß Monds.
Denn weil in etlichen Sonnenfinſterniſſen (totalibus) der Mond vns die
gantze Sonne bedecken kan/ vnd doch die Sonn/ ſo bald ſie centraliter hinder
den Mond kommen/ ſtracks darauff zur andern ſeiten beginnet herfuͤr zu ſchei-
nen/ ſchleuſſet Optica, das die ſichtbare breiten beyder himliſchen lichter gleich
groß ſind/ quod videantur æqualibus angulis aut potius eodem. Da koͤmpt
nun Doctrina ∆lorum mit jhren demonſtrationibus, vnd erweiſet/ nicht al-
L iijleine
[] leine wie weit die Sonne vber den ☽ hinauff erhaben/ ſondern auch was beyde
himliſche lichter fuͤr eine proportion gegen dem Erdboden haben/ jtem wie
hoch der ſchatten deß Erdbodens von der Sonnen ab in das gegentheil deß him
mels reiche/ vnd wie breit er an dem ort ſey/ da der ☽ zur zeit ſeiner verfinſterung
hindurch muß. Vnd dieſe maſſe wird nicht verrichtet oder benennet durch mei-
len/ ſondern gleich wie ſonſt hienieden auff erden eine groſſe weite nicht mit zol-
len/ oder ſchuen/ ſondern mit Rutten gemeſſen wird/ alſo gebrauchen wir vns zur
maſſe dieſer himliſchen hoͤhen einer ſolchen Meßrutten/ die da vom Centro der
Erden biß zu vns her auff reicht vnd ſemidiameter terræ genant wird: helt
860. deutſcher meilen/ wie ſolchs in Geographia gnugſam erwieſen wird. Sol-
cher Semidiametrorum terræ iſt/ nach Tychonis rechnung/ der ☽/ wenn er der
erden zum nechſten ſteht (denn die Planeten ſtehn nicht allezeit gleich weit von
vns/ weil das Centrum jhres lauffs mit dem Centro der erden nicht eins iſt:
circuli Planetarum ſunt eccentrici.) 52/ wenn er aber zum weitſten abgele-
gen/ 61/ alſo das ſein mittelſtand 56½ iſt. Wer dieſes in meilen begeret zu wiſ-
ſen/ der mag ein jeglichs mit 860. multipliciren. Die Sonne/ nach Tychonis
rechnung/ ſteht von der erden in apogæo, wenn ſie zum weitſten abgelegen (iſt
alle jahr die tage zwiſchen Johannis vnd Petri Pauli) 1183. ſemidiamm. ter-
ræ:
wenn ſie aber am neheſten (geſchicht in den Weihnachten) 1101. ſemidd.
terræ,
alſo das jhr mittelſtand iſt 1142. Belangende Mercurium vnd Vene-
rem,
lauffen dieſelben/ wie auch die andern Planeten/ ohn den Mond/ vmb die
Sonn als vmb jhr Centrum (oder vmb jhren Koͤnig) ſo das ☿/ ♀ vnd ♂
bißweilen eben ſo hoch von vns ſind als die ☉/ bißweilen auch viel niedriger/ biß
weilen weit hoͤher. Vnd befindet ſich/ das der halbe diameter deß vmblauffs
oder Epicycli ☿ (vel media diſtantia ☿ à ☉) ſey 409. ſemidd. terræ, vnnd
demnach wenn er der erden am nechſten/ iſt ſeine hoͤhe 733. ſemidd. terræ:
Wenn er aber vber der Sonnen am hoͤchſten/ 1551. Das ſeine mittelhoͤhe 11-
42/ wie der Sonnen. Der halbe diameter Epicycli Veneris iſt duppelt ſo groß
als Mercurii, derwegen jhre kleinſte hoͤhe 324/ jhre groͤſte 1960. ſemidiamm.
terræ,
jhre mittelhoͤhe gleichfals 1142.


Der andern drey Planeten hoͤhe kan man nicht ſo gar gewiß vnd apodi-
cticè
haben/ darumb das der Erdboden gegen deroſelben revier gar zu klein wird
vnd alſo jhre parallaxis keinerley wege gruͤndlich kan erforſchet werden. Son-
dern man muß jhre hoͤhe/ proportionaliter auß jhrem lauff vnnd auß der an-
dern Planeten hoͤhe/ rationibus probabilibus ſchlieſſen. Alſo befindet ſich/
nach Tychonis rechnung/ die mittelhoͤhe Martis 1745/ Jovis 3990. Saturni
10550. ſemidiamm. terræ.


Die
[]

Die hoͤhe deß Firmaments kan man viel weniger gruͤndlich erforſchen:
Denn der Erdboden iſt gegen das Firmament nur wie ein puͤnctlein zu rechnen;
welchs darauß zu ſehen; weil der halbe diameter der erden ſchon gegen der hoͤhe
deß Saturni zu ſchaͤtzen iſt/ wie 1. gegen 10550. Vnd das jemand nicht meine/
Tycho ſey mit ſeiner Rechnung zu hoch geſtiegen/ ſo wiſſe man/ das die alten
von vns biß an den Saturnum gerechnet vber 15000. ſemidiamm. terræ. Hie
verſtehet man/ was Gott der HErr Jeremiæ am 31. geſagt: Wenn man kan
oben den himmel meſſen/ vnd den grundt der erden erforſchen/ ſo wil ich auch
verwerffen den gantzen Samen Jſrael. Gleichwol hat man ſich auch rationa-
biliter
an das Firmament gemacht/ vnnd haben dahin gerechnet die alten
19000/ Tycho 14000. ſemidiamm. terræ. Wer dieſes alles luſt hat in mei-
len zu wiſſen/ der multiplicir jeglichs durch 850.


Vnd ſo viel ſey berichtet von der Planeten vnd deß Firmaments hoͤhe vom
centro der Erden. Wenn man jegliche mittelhoͤhe dupliret/ ſo bekoͤmbt man
den gantzen diametrum eines jeglichen Reviers. Ferner weil jegliches zirckels/
groſſes oder kleines/ diameter gegen der Circumferentz (per demonſtratio-
nem Archimedis)
eine ſolche proportion hat wie 7. gegen 22/ ſo kan man auß
jegliches Revieres diametro leichtlich ſeine Circumferentz berechnen. Vnd
wann man jegliche circumferentz durch 360. dividiret, ſo bekoͤmpt man die
groͤſſe eines jeglichen himliſchen grads in jedem Revier. Alſo muß auß vori-
gem folgen


Diameter.Circumferentia,1. Gradus.
Deß Monden Himmels113.Semidiamm. terræ355 ⅐\frac{71}{72}
Mercurii2284.7178 \frac{2}{7}20. ratione Eccen-
Vene ris2284.7178 \frac{2}{7}20. trici, non epi-
Der Sonnen2284.7178\frac{2}{7}20. cycli.
Martis3490.1096930.
Jovis7980.2508069.
Saturni21100.66314.184.
Deß Firmaments28000.88000.244.

Hieraus iſt zu ſehen/ das weil die Sonne motu proprio alle 24. ſtunden
ohngefehr einen grad fortgehet/ welcher in jhrem Revier 20. ſemidiam. terræ,
das iſt 17200. meilen macht/ muͤſſe ſie alle ſtunden 716. meilen lauffen/ thut je-
der minut 12. meilen. Das muß ein großer HErr ſein/ ſpricht Syrach am
33/ der die Sonne gemacht hat/ vnd ſie ſo geſchwinde lauffen heißt. Quod ſi hic
motum primum attendamus, nec eundem globo terreno, ſed machinæ cæ-

leſti
[]leſti aſſcribamus, conficiet ☉ 24. hor. ſpacio 7178. ſemidd. terræ h. e. mil-
liaria Germ. 6173080: conſequenter ſingulis horis 257212: ſingulis minu-
tis 4287: ſingulis min. ſecundis 71. Penſitemus hæc.


Nun wil ich auch mit wenig worten von der Groͤße der Sternen berich-
ten. Dieſelbe zu erkuͤndigen wird zweyerley erfordert: erſtlich jhre hoͤhe vom
Centro der Erden: darnach jhr apparens diameter, jhre breite/ wie dieſelbe an
minuten eiues gradus vnſerm geſicht vorkoͤmpt. Vom erſten requiſito hab ich
vor berichtet/ das mans in den vntern vier Planeten gar gewiß haben koͤnne:
in den andern Sternen nur ohngefehr vnd probabiliter. Das ander requiſi-
tum
kan ein geuͤbter Aſtronomus, der ein ſcharff geſicht vnnd tuͤchtig Jnſtru-
ment hat/ an allen Planeten/ auch an den Sternen der erſten/ andern/ vnd drit-
ten groͤſſe gar wol haben: An den andern kleinen Sternen kan ers beyleufftig
abnehmen. Was aber fuͤr inſtrumenta darzu gebraucht werden/ vnd wie die
obſervationes angeſtellet werden/ dienet hie nicht zu erzehlen. Tycho Brahe
hat die apparentes diametros der Planeten in jhrer Mittelhoͤhe/ alſo befundẽ.


[figure]

Wenn man dieſe Fundamenta richtig hat/ ſo kans nicht fehlen/ es folgt
darauß/ per doctrinam ∆lorum vnwiederſprechlich/ die warhafftige Groͤſſe ei-
ner jeglichen art Sternen/ vnnd derſelben proportion gegen dem Erdboden.
Vnd erſtlich bekoͤmpt man die wahre groͤße des diametri, darauß kan man fol-
gends nach Geometriſcher Lehr die corpulentiam berechnen. Vnnd befindet
ſich die Rechnung der corpulentia auß Tychonis obſervationibus alſo:


Die Planeten:
  • ☉ 140 mal groͤſſer denn der Erdboden.
    • ☽ 42 mal
    • ☿ 19 mal
    • ♀ 6 mal
    • ♂ 13 mal
    • ♃ 14 mal
    • ♄ 22 mal
    kleiner denn der Erdboden.
Die andern Sternen:
    • Prmæ magn. 68. mal
    • Secundæ 28½ mal
    • Tertiæ 11 mal
    • Quartæ 3½ mal
    • Quintæ 1 mal
    ſo groß
    als der
    Erdbodẽ.
  • Sextæ ſind etwan ½ des Erdbodens.
Dieſes
[]

Dieſes alles/ ſage ich/ iſt nicht vom diametro, ſondern von der Corpulens
zu verſtehen. Zum exempel/ es gehoͤren 140. ſolcher Kugeln/ als der Erdboden
groß iſt/ zu erbawung oder außſuͤllung der emigen Sonnenkugel: Ob gleich der
Sonnen ware diameter nur 5⅕ mal ſo groß iſt/ als der diameter deß Erdbo-
dens. Da ſich jemand wundern moͤchte/ wie der Sonnen diameter nur 5⅕
diametros terræ, vnd gleichwol der Sonnen corpulentia 140. Erdkugeln hal-
te: der wiſſe/ das ſolchs nothwendig erfolgt auß der letzten prop. des 12. buchs
Euclidis, da gelehret vnd erwieſen wird/ das zwo vngleiche kugeln (als hie die
Sonn vnd die Erd) allezeit ſolch eine proportion jhrer corpulentz gegen ein-
ander haben/ als die Cubic zahlen/ ſo auß derſelben Kugeln diametris entſprin-
gen moͤchten. Weil nun der Sonnen diameter 5⅕ diametros der erden helt/
ſo wird der Cubus diametri ſolaris 140, \frac{76}{125} diametros cubicas terrenas hal-
ten: Da hingegen der Cubus diametri terræ, weil ipſa diameter nur 1. iſt/
nur ein einigen diametrum cubicam helt. Vnnd hat alſo die Sonne gegen
dem Erdboden ſo eine proportion, wie 140. gegen 1.


Diß iſt alſo der einfeltige bericht von abmeſſung deß Himmels vnnd der
Sternen/ zu ſehen/ das dieſelbe maſſe/ ſonderlich in den vntern Planeten/ vnd in
der Sonne/ jhren richtigen grund habe. Vnd das Friſchlinus in ſeiner Aſtro-
nomia,
da er dieſe dimenſiones, als ein vnchriſtlich werck/ vernichtet/ die ſach
nicht verſtehe.


IV.
Jſt denn die Sonn oder der Mond der Erden neher/ weñ
ſie auff oder vntergehn/ als wenn ſie in die hoͤhe kommen: Dieweil

jhr apparens diameter, oder ſichtliche breite/ im auff vnd vnter-
gang groͤſſer iſt/ als ſonſten?


NEin: ſondern ſie ſind in einem tage allzeit gleich weit von der erden. Das
ſie aber/ in jhrem auff vnd vntergang/ groͤſſer als ſonſten ſcheinen/ das ma-
chen die duͤnſte vnd daͤmpffe/ die ſtetigs auß der Erden empor dun ſten/ vnd vmb
den horizont herumb ſchweben/ durch welche duͤnſte Sonn vnd Mond als-
dann ſcheinen muͤſſen/ vnd alſo per refractionem groͤſſer ſcheinen. Nim eine
prob an einem Thaler/ welcher in ein kuͤbel vol waſſer geworffẽ/ auff dem grund
groͤſſer ſcheinet denn er an jhm ſelbs iſt. Darumb obſerviren die Aſtronomi
nicht alsdann die diametros, wenn die ſternen ſo niedrig ſtehn/ ſondern wenn
ſie in gebuͤrliche hoͤhe gekommen.


MWar-
[]

V.
Warumb werden dann Sonn vnd Mond in der Hiſto-
ria der Erſchaffung/
luminaria magna,groſſe Himmels-
Lichter genanndt?


JN vorigem Cap. iſt gedacht/ das der Mond/ ob er ſchon der Soñen gleich
groß ſcheinet/ dennoch in der warheit nicht das viertzigſte part des Erdbo-
dens/ vnd alſo kaum das 5800ſte part der Sonnen ſey/ vnd das ſolchs herkom-
me wegen der groſſen hoͤhe der Sonnen.


Jch wolt wol hie ſagen/ Die heilige Schrifft gebrauche ſich/ auſſerhalb
Glaubensſachen/ offtmals der gemeinen art zu reden; als da ſie die Vogel des
Himmels/ die Seulen des Himmels/ die Seulen auch die ecken der Erden nen-
net etc. Weil ich aber weiß/ das etliche ſich an dieſer antwort nicht werden ge-
nuͤgen laſſen/ ſo ſprech ich das Sonn vnd Mond eins wie das ander/ groſſe Lich-
ter genennet werden deßwegen/ dazu ſie von Gott geſchaffen ſind/ das iſt/ erſtlich
wegen jhres Liechts damit ſie die Erde weit mehr denn andere Himliſche Liech-
ter erleuchten. Darumb dann auch bald der vnterſcheid geſetzt wird/ das daß
Liecht welchs den Tag regieren ſol/ ein groſſes Liecht/ das ander aber ein kleines
Liecht ſey. Ratione inquam luminis. Darnach weil die Sternen zu dem end
erſchaffen/ das ſie geben zeichen vnd zeiten/ welchs beydes der Mond nechſt der
Sonnen fuͤr allen anderen Sternen præſtiret. Zeichen gibt der ☽ in allen nie-
drigen Creaturen/ da ſeine wirckung nechſt der ☉ am krefftigſten/ durch ſein ab-
vnd zunemen geſpuͤret wird. Zeiten giebt er/ in dem von jhme die Monaten ge-
rechnet werden/ vnd im alten Teſtament die hohen Feſte (wie auch noch bey vns
die Oſtern) darnach reguliret vnd gefeyret werden. An dieſer antwort wird
man ſich hoff ich/ genuͤgen laſſen.


VI.
Es iſt auch in vorigem Cap. gedacht/ das der Mond da-
rumb bißweilen verfinſtert werde/ weil er durch den Schatten der Er-

den lauffen muͤſſe: Weil er dann alle volle Liecht gegen der Sonnen vber
leufft/ vnd alſo zum ſchatten der Erden koͤmpt/ wie koͤmpts
dann/ das nicht alle Monat eine Mondfinſterniß
einfellet?


DArumb das der Mond nicht allzeit eben auff der Ecliptica oder Sonnen-
ſtraß leufft/ ſondern ſein zirckel/ den er helt/ weicht von der Sonnenſtraß
mit
[] mit einer helfft gegen Norden/ mit der andern helfft gegen Suͤden ab/ ſo das er
quer vber die Sonnenſtraß an zweyen puncten oder orten gehet/ welche puncta
oder durchſchrit Nodi genant werden: Nemlich der eine punct/ da der Mond
von der Suͤdenhelffte ſeiner ſtraſſen vber die Sonnenſtraß hinauff nach Nor-
den werts trit/ Nodus evehens, aſcendens, jtem (welchs woͤrtlein von den A-
rabiſchen Aſtrologis herkoͤm̃t) das Drachenheupt/ vnd wird mit dieſem zeichen
☊ notiret: Der andern punct/ da der Mond von der Norden helffte ſeines zir-
ckels wiederumb hinunder in die Suͤder helffte ſchreitet/ Nodus devehens, de-
ſcendens,
der Drachenſchwantz/ vnd wird alſo ☋ ſigniret. Wenn ſichs nun
zutregt/ das zur zeit eines voll Monds/ der Mond in oder nahe bey dieſen Nodis
oder durchſchnitten iſt/ ſo muß er durch den ſchatten der Erden/ vnd verleurt al-
ſo ſeinen ſchein (ſintemal er all ſein Licht von der Sonnen hat/ wie vorm Jahr
berichtet) bißweilen gautz bißweilen theils/ nach dem er nahe an den Nodis iſt.
Solchs kan nun nicht alle Monat geſchehen/ ſondern ſtreicht der Mond meiſt-
theils/ (nemlich weil er meiſttheils weit von den Nodis iſt) neben dem Schat-
ten der erden fuͤruͤber/ da jhn der Schatten nicht ergreiffen kan/ als welcher von
der Sonnen gerad auß nach dem gegenpunct der Sonnenſtraß geworffen wird.
Darumb weil die ☉ weit groͤſſer denn der Erdboden/ vnd alſo der Schatten der
Erden kegelicht (das er an der Erden zum breitſten iſt vnd gegen dem himmel
ſich ſpitzet) haben die Aſtronomi auß guten gruͤnden (das bezeugen die ſtets
eintreffenden Finſterniſſen) berechnet/ wie breit eben der Schatten in deß
Monds Revier (denn er reicht noch weit vber den Mond) zu jeglicher zeit deß
Jahres ſey/ vnd beſehen bey jedem vollmond/ ob der Mond ſo weit von der Son-
nenſtraſſen zur zeit ab ſey/ das er fuͤrm ſchatten werde ſicher ſein. Jſt ſein Cen-
trum
zur zeit nicht ſo weit ab/ als die Summa ſeines halben diametti vnnd deß-
halben diametri deß Schattens/ ſo muß er dran.


Hierauß verſteht nun jederman/ was das ſey; wenn man in Calendern
ſchreibt/ es werd eine Finſterniß geſchehn beym Drachenhaͤupt oder beym
Drachenſchwantz/ Nemlich/ das es nicht an einem boͤſen ort deß himmels (ſind
auch boͤſe oͤrter im himmel?) oder bey dem geſtirn deß Mittnaͤchtigen drachen
geſchehe/ ſondern bey den durchſchnitten oder Nodis der Sonnen vnd Monden-
zirckels. Jch hab einen Calender eines weilandt vornemen Profeſſoris Aca-
demici,
da vorn am titel die verfinſterten Sonn geſchnitten/ bey welcher ein
grewlicher geſluͤgelter Drach mit auffgeſperrtem rachen vnd außgereckter few-
riger Zungen/ der mit ſeinem krummen Schwantz die Sonn allenthalben be-
ſchloſſen. Das ſind lauter Arabiſche Aberglauben/ eben wie das jenige/ das
M ijbey
[] bey den Nativiteten vnd andern Thematibus Cæleſtibus der ☊ gluͤckſelig/ das
☋ dagegen vngluͤckſelig ſein ſol Intentionalium eſt operatio phyſica, ſcilicet.


VII.
Ob dann allein der Mond/ vnd ſonſt kein ander Planet
in den Schatten des Erdbodens kommen/ vnd alſo

verfinſtert werden koͤnne?


DA muß man erſt ſehen/ wie hoch der Schatten von der erden reiche. Man
verſteht aber auß der Perſpectiva, das der ſchatten einer kugel je lenger
iſt/ je weiter das groͤſſere Licht von derſelben abgelegen. Derowegen auch die
Erde viel einen lengern ſchatten wirfft/ wenn die Sonn von jhr am weiteſten
(vmb Johannis/ wie im vorigen Cap. geſagt) als wenn ſie jhr neher iſt. Vnd
gibts die rechnung/ nach Tychonis Brahen proportionibus, das der Erd-
ſchatten/ wenn die Sonn am hoͤchſten/ lang ſey 283. ſemidiam. terræ (jeden zu
860. meilen gerechnet) wenn ſie der erden am neheſten/ (in den Weynachten)
ſey er 263. vnd in ſeinem Mittelſtande 273. ſemidd. terræ. Weil dann der
Mond in ſeinem allerhoͤchſten ſtande kaum 61. ſemidd. terræ von vns iſt/ vnd
alſo der allerkuͤrtzeſte ſchatten vber 200. ſemidd. weiter in den himmel reicht/
fragt ſichs nicht Kindiſch/ ob er dann nicht bißweilen auch andere Planeten v-
berſchatte. Es iſt aber die antwort aus der Aſtronomia leicht zu geben/ nem-
lich/ das der ſchatten an die oberſten Planeten ♂ ♃ vnd ♄ noch lang nicht rei-
che. Von den beyden vntern ♀ vnd ☿ kan man auch dieſes antworten/ das
wenn gleich der ſchatten biß in jhr Revier hinauff reichte (welchs doch die rech-
nung im vorigen Cap. nicht zuleſſet) ſo bleiben doch dieſelben beyden Planeten
allezeit nahe bey der Sonnen/ (♀ leufft nimmer vber 45. ☿ nicht 28. gr. von
jhr) vnd kommen nimmer in das gegentheil des him̃els/ da der ſchatten hinfellt.


Hierauß iſt nun zu ſchlieſſen/ was von derer Philoſophorum meynung
zu halten/ die da vermeinen; das die Cometen zwar exhalationes oder daͤmpffe
in der obern Lufft ſein/ aber nicht brennende daͤmpffe nach Ariſtotelis vorgeben/
ſondern klare reine von der Sonnen gleich einer lichten Wolck erleuchte daͤm-
pfe/ weil ſie allezeit jhren Schwantz von der Sonnen hindan wenden. Wenn
dieſe meinung richtig were/ ſo muͤſten die Cometen/ wenn ſie von der Sonnen
ab in das gegentheil deß himmels kemen/ eben wie der Mond mit einſt verfin-
ſtert werden/ vnd alſo ein zeit lang gar verſchwinden. Ja weil die Lufft nicht
20. deutſcher meilen hoch/ wuͤrden ſie nimmer denn nur in der Morgen- oder
Abendroͤte vns zu geſichte kommen/ wie ſolchs weitleufftiger in meinem groſſen
Tractat
[]Tractat vom Cometen deß 1618. Jahrs erklaͤret. Man hat aber exempel/ dz
Cometen ſind geſehen vnd obſerviret worden/ in ipſiſſimo oppoſito Solis, da
der Comet vber die Eclipticam gangen/ wie daſelbſt zu leſen.


VIII.
Es iſt bey nechſt vorigen zweyen Cap. berichtet von der
groͤße der ſternen/ von den Mondfinſterniſſẽ/ vom ſchattẽ der erden etc.

Vnd das die Aſtronomi in abmeſſung der Sonnen nicht der kleinen parallaxi
trawen/ ſondern jhre diſtantz von der erden/ durch mittel der diſtantz deß
Monds vnd der breite deß Erdenſchattens/ an dem ort da der ☽ hindurch muß/
erforſchen. Nun verwirfft Franc. Patricius, ein vornehmer Philoſophus,
in ſeiner Pancoſmia, dieſe dimenſion gantz vnd gar/ als ein ding/ das
auff eitel truͤbſand gebawet/ iſt die frage was hier-
auff zu antworten?


Patritii meinung iſt dieſe. 1. Das die Erd einen ſchatten von der Sonnen
ab in das gegentheil deß himmels werffe/ ſey zwar vnleugbar: Das aber die
Aſtronomi vorgeben/ der ſchatten ſey kegelicht/ vnd ſpitze ſich von der erden jm-
mer zu/ haben ſie deſſen auß den Mondfinſterniſſen keinen ſatten grundt/ ſinte-
mal der Mond eben ſo wol verfinſtert kan werden/ von einem vberall gleich di-
cken oder Cylindriſchen als von einem Coniſchen oder Kegelichten ſchatten.
2. Das der Schatten deß Erdbodens in orbe Veneris oder Mercurii nicht zu
ſpuͤren/ komme nicht auß den vrſachen/ das er nicht zu jhnen hinauff reichen ſol-
te/ ſondern daher/ das Veneris vnd Mercurii eigenes licht viel zu helle ſind/ als
das jhnen der ſchatten deß Erdbodens daſſelbe benemen koͤnte.


Auffs erſte antwort ich/ das Patritius bey keinem rechtſchaffenen Aſtro-
nomo
werde geleſen haben/ das man die kegelichte figur deß ſchattens auß den
Mondfinſterniſſen ſimpliciter, quatenus ſcilicet ☽ ſimpliciter eclipſatur,
probire.
Hette Patritius die Theorias Planetarum geleſen oder verſtanden/ ſo
hett er das rechte fundament dieſer figuræ conicæ gefunden. Nemlich/ der ☽
muͤſte zwar verfinſtert werden/ es ſey die figur des ſchattens kegelicht/ oder cy-
lindrica,
oder anders: Aber/ weil man durch ſtetige obſervationes befunden/
das der ☽ in apogæo, wenn er am hoͤheſten/ (cæteris paribus, h. e. latitudi-
ne \& velocitate ☽ urrobiq; æqualibus
) viel ehe ſich auß dem ſchattenwinde/
als in perigæo, wenn er am nidrigſten/ Ja das er offtmals in apogæo den
ſchatten fuͤrbey ſtreiche/ da er in perigæo, (cæteris, ut dixi, paribus) hindurch
muß: So muß drauß folgen/ das der ſchatten in der hoͤhe viel enger ſey/ als in
M iijder
[] der niedrigung Denn ſonſten wenn er vberall gleich dick were/ wuͤrden die
Mondfinſterniſſen beydes in apogæo als in perigæo (cæteris paribus) gleich
groß ſein/ vnd an der zeit gleich lang ſein. Ja wenn der ſchatten an der erden
zum engſten were vnd in der hoͤhe ſich außbreitete/ ſo wuͤrden die Finſterniſſen in
apogæo
groͤſſer ſein vnd lenger weren/ als in perigæo. Aber die Obſervatio-
nes
geben das contrarium.


Derhalben muß der Schatten an der Erden zum breitſten ſein/ vnd in der
hoͤhe ſich zuſpitzen. Vnd dieſes bekrefftiget die berechnung der Finſterniſſen/
welche an der zeit groͤſſe vnd wehrung vns den glauben in die handt giebet.


[Auß dieſem nicht Truͤbſandigen/ ſondern felſichten fundament/ hat man
auch erſtlich gemerckt/ das die Sonne groͤſſer/ vnd der Mond kleiner ſein muß/
denn der Erdboden. Die Sonne darumb groͤſſer/ denn es kan der Schatten
ſich nicht ſpitzen es ſey dann das corpus luminoſum groͤſſer als das opacum.
Der Mond darumb kleiner/ denn der ſchatten hat in der hoͤhe/ da der Mond her
durch muß/ an ſeiner dicke oder breite (weil er ſich ſpitzet) ſchon vmb ein gut theil
abgenommen/ vnd verfinſtert dennoch den Mond gantz/ ja er helt jhn bißweilen
in der finſterniß eine gutte weil gleichſam gefangen]


Alſo vrtheilen die Aſtronomi von der figur deß Erdſchattens nicht
ſchlechts daher/ weil der Mond dadurch verfinſtert wird/ ſondern weil die finſter-
niſſen an zeit vnd wehrung vngleich ſindt.


Das ander argument Patritii hat viel weniger zu bedeuten. Denn die
Aſtronomi ſchreiben nicht ſchlechts/ das Venus vnd Mercurius darumb nicht
verfinſtert werden/ weil der ſchatten ſo hoch nicht reiche (welchs auch war) ſon-
dern ſie ſetzen hinzu/ Ob gleich der Schatten ſo reichte (poſito, non conceſſo) ſo
kommen doch Venus vnd Mercurius nimmermehr in das gegentheil deß him-
mels/ da der ſchatten hinfellt/ wie am ende deß 3. Cap. berichtet. Was ſonſten
von Veneris vnd Mercurii eignem licht zu halten/ iſt im 3. Cap. meines Pro-
gnoſtici
auffs 1619. Jahr zu leſen.


Wir haben aber hie an Patritio ein exempel/ wie alber (vnd doch kuͤhn ins
feldt) auch vornehme gelarte Leute reden/ wenn ſie ſich vnterfangen von ſachen
zu diſcurriren/ die ſie nicht groß gelernet oder gnugſam verſtehen. Hette Pa-
tritius
der Aſtronomorum Scripta recht geleſen/ ſo hett er wol geſehen/ das ſie
ſo kindiſch nicht weren/ das ſie vermeinen ſolten/ der Erdſchatten ſey ſchlechts
darumb kegelicht/ weil der Mond darin verfinſtert werde. Er wuͤrde auch wol
geleſen haben/ das Venus vnd Mercurius nimmer ad oppoſitum Solis kom̃en.
Ja diß letzte hett jhn billich der augenſchein lehren ſollen/ ſintemal er die Vene-
rem
niemals vor der Sonnen auffgang im Weſten/ oder nach der Sonnen vn-
tergang
[] tergang im Oſten geſehen wird haben. Vnd von Mercurio bekennet er ſelbs:
Mercurii lumen nunquam vidimus, nemlich weil derſelbe ſich mehreutheils
vnter den Sonnenſtralen verhelt. Von dergleichen diſputationibus Patricii
vnd anderer gelarter Leute contra Obſervationes Aſtronomicas. iſt in mei-
nem Uranodromo Cometico am 25. Cap. mehr zu finden.


IX.
Das in allen
Prognoſticisdas notwendigſte Stuͤck ſey/
die erklaͤrung der Finſterniſſe: Jtem was von etlicher

Pſeudocabalâ numerorum \& figurarum zu halten ſey?


DAs beſte vnd wirdigſte in einem jeglichen Prognoſtico iſt vnd ſol ſein/ die
erklaͤrung der Finſterniſſe. Darumb hab ich mich anfenglich gewundert/
das M. Paulus Nagelius in ſeinem Prognoſtico auffs 1619. Jahr/ diß noht-
wendige Stuͤck gar außgelaſſen/ da er doch im erſten Cap. auff die analogiam
vnd allegoriam der finſterniß/ ſo zur zeit deß leidens Chriſti geſchehen/ ſo fleißig
gehet. Aber hernacher hab ich geſehen/ das es jhme principaliter nicht vmb
die Aſtronomiam vnd prædictionis Aſtrologicas zu thun/ ſondern das er/
laut ſeinen eignen worten in der dedication, vnter dem ſchein eines Calenders/
etwas hoͤhers anzumelden geſonnen. Vnd was daſſelbe hoͤhere ſey/ nemlich ei-
ne heimliche fortpflantzung ſeiner newen Religion in dieſen Landen/ iſt im gan-
tzen Prognoſtico durch vnd durch zu ſehen. Er thut aber darann gar vbel.
Denn iſt dieſelbe ſeine Religion richtig vnd in Gottes wort gegruͤndet/ (davon
ich die Theologos vrtheilen laſſe) quid opus eſt nobili vino ſuſpenſâ hæde-
râ:
Was darff ſie der Sternkuͤnſtigen huͤlſen? Jſt ſie aber hinder den ohren reu-
dig (wie ſichs gewißlich anſehen leſſet) was hat er jhren ſchorff mit dem huͤt-
lein dieſer Kunſt zu bedecken? Jch bin zwar nicht willens geweſen/ meine mei-
nung von dieſem Prognoſtico Nagelii an tag zu geben (wie ich dann das gantze
Examen aller Capittel/ ſo ich ſchrifftlich ſtellẽ muͤſſen/ auch noch nicht zu publi-
ciren
gedencke) ſondern habe den gantzen principalhandel den Hn. Theolo-
gis
befohlen: Weil aber die rechnungen vnd figuren darinnen enthalten/ vielen
auch nicht gemeinen leuten noch ein hinderdencken machen/ hab ich auff vieler
leute anhalten davon meine meinung/ nur mit wenig worten hieher ſetzen wollẽ.


Der rechte Kern deſſelben Prognoſtici iſt dieſer/ das numehr ein new Se-
culum, Seculum Spiritus Sancti,
vnd eine zeit der vollkommenheit allhie auff
erden ſich anfahen werde/ doch alſo/ das gleich wie zur zeit deß Leidens Chriſti die
Sonn auff 3. ſtunden verfinſtert geweſen/ alſo werd vmb das Jahr Chriſti
1619
[] 1619. vnd 1620. eine geiſtliche Finſternuͤß vnd grewliche verfolgung der Kir-
chen Chriſti 3. Jahr lang angehen biß ins 1624. Jahr. Alsdan werde hie
auff erden die Hochzeit deß Lambs angehen/ vnd die gerechten mit Chriſto auff
erden regieren tauſend Jahr. Darnach werde der Satanas loß werden/ vnnd
darauff das letzte Gericht gehalten werden.


Dieſen Kern deß gantzen Prognoſtici hat der Autor vberzogen mit einem
Abracadabra von dreyen ſpeciebus: Als erſtlich Pſeudocabalâ numerorum
\& figurarum:
2. vberlegung der zahl deß Thiers in der Offenbahrung Joh.
am 13. 3. Conjunctionum magnarum Aſtronomicarum applicatione.


Die erſte ſpecies iſt zum theil eine bloſſe vnd ohngefehrliche compoſition
vnd verdrehung der zahlen/ ſo lang biß jhm die begerte zahl herauß koͤmpt: zum
theil iſt ſie auß den gemeinen Planetenbuͤchern genommen. Die bloſſe verdre-
hung der zahlen iſt offenbahr/ erſtlich auß dem Myſterio im erſten Cap. vnd auß
der figur deß 5. wie auch deß 7. Cap. da ſeine numeri ſo viel beweiſen/ als dieſe/
wenn ich die groͤſſe der Sonnen vnnd deß Monds auß dem vierden tage daran
ſie erſchaffen/ alſo beweiſete: Weil der tag der Schoͤpffung 4. eine ☐ tzahl iſt/
deren Radix 2/ ſo addire dieſe R. zu jhren quadrat 4/ ſo haſtu 6/ einen nume-
rum
(wie ſie in Arithmeticis genant werden) pronicum \& perfectum:
Denſelben pronicum 6. addir ferner zum ☐ 4/ ſo haſtu 10: dieſer 10. ſetz den
einen character (1.) zur lincken/ den andern (0) zur rechten deß ☐ es 4. (eben
wie Nagelius im 5. Cap/ die zahl deß vmfangs der Seulen/ 12/ zerfellet/ vnd
beyderſeits an das drittheil/ der Seulen hoͤhe/ ſetzet) ſo haſtu 140: Drumb iſt
die Sonn 140. mal ſo groß als der Erdboden.


Weiter den tag der Schoͤpffung 4/ multiplicir in 7, numerum ſacrum
\& hebdomaticum,
kommen 28: halbiers/ kommen 14: addir 14. zu 28. kom-
men 42. Ergo ſo iſt der ☽ das 42ſte part deß Erdbodens. War iſt die con-
cluſion
beydes von der ☉ als von dem ☽/ aber auß lecherlichen falſchen præ-
miſſis.
Fragt jemandt/ warumb ich ſo vnd ſo addire, multiplicire \&c. ſo fra-
ge ich hinwieder/ warumb Nagelius ſo vnd ſo partiret, addiret, multipliciret,
die zahlen bald vbereinander/ bald neben einander verſetzet etc. Eben ſo iſts im
erſten Cap. Der vmblauff Saturni iſt 30. Jahr/ deß Jovis 12. Jahr/ 30. vnd
12. ſind 42/ Ergo ſo bedeuten deß Saturni vnd Jovis vmblauff die 42. Monden
oder 1260. tage der Weiſſagung/ derer in der Offenbahrung Johannis gedacht
wird. Jtem im 5. Cap. Die hoͤhe der Seulen iſt 18. elen/ der vmbfang 12.
elen/ 18. vnd 12. ſind 30/ Ergo ſo leben die beyden Zeugen das heilige Leben
Chriſti. Jtem 18. in drey theil getheilt gibt 6.6.6. Ergo ſo ſehen die Seulen
deß Tempels auff die zahl deß Thiers. Alſo kan man vnzehlich viel numeros
zur
[] zur bahn bringen/ die man ſo lang hin vnd wieder drehen kan/ biß die begerte zahl
herauß komme.


Vnd diß iſt eine art der zahl verdrehung: die andere art nennet er compli-
cationem \& evolutionem numerorum,
als das 20. ſey 100/ 30. ſey 1000/
vnd 100. ſey 20/ 1000 ſey 30. Vnd alſo ſollen 1000. Jahr/ welche die Ge-
rechten mit Chriſto auff erden regieren werden/ eigentlich von 30. Jahren zu-
verſtehen ſein/ anzufahen von Anno 1624/ das ſie reichen biß 1654/ dahin er
auch mit der zahl 1666. am ende deß 8. Cap. zielet. Warumb gilt aber 20. ſo
viel als 100/ oder 1000. ſo viel alß 30. etc? Das hat er nicht angezeigt/ aber
ich wils anzeigen: 10000. hat zerſtrewet eine 1. vnd 3. nullen: 100. hat zer-
ſtrewet 2. nullen: ſo ſchreib nun ſolche zahlen/ als die außrede der Syllaben mit
bringt/ als 3. nullen oder 3.0. Drey nullen aber machen mit dem 1. davorn
1000. Alſo 20. iſt ſo viel als wenn ich ſpreche: 1. null/ 2. nullen aber mit
dem 1. davorn iſt 100. Das ich dieſe cabalam getroffen/ bezeugen ſeine exem-
pel: als im 2. Cap. 60. iſt der koͤniginne: 60. iſt 6. null/ ergo 1000000. das iſt
die außgewickelte zahl die er da ſetzt. Jtem 80. iſt der Kebsweiber/ 80. iſt 8. null/
ergo 100000000/ vnd ſo viel ſtehn auch dar. Jſts aber nicht eine feine caba-
la numerorum?
Vnd wie gefellt dir die am ſelben Ort/ da die wort/ Der Jung-
frawen iſt keine zahl/ ſo viel heiſſen ſol/ als 0? Der Bibliſche text lautet/ puellæ
ſunt innumeræ,
im Hebreiſchen en miſpar. i. non numerus, zu teutſch/ ohne
zahl/ vnzehlich: Diß ſol ſol ſo viel ſein als o/ das iſt/ der Jungfrawen iſt nicht
eine einige. Daß heißt cabaliſiret!


Aus den gemeinen Planetenbuͤchern ſind genommen die zahlen im 9. Cap.
Denn in den Planetenbuͤchern hat man zweyerley Alphabeth, dem einen wer-
den zugeeignet 24. zahlen nach jhrer natuͤrlichen ordnung/ vnd aus dieſem ſind
die beyden letzten Namen ELIAS vnd MOYSES cabaliſiret: Dem andern
werden die zalen alſo appliciret:


123456789102030405060708090100200
ABCDEFGHIKLMNOPQRSTV
300400500600.
WXYZ

Vnd aus dieſem Alphabeth ſind die erſten Namen ELIAS, MOYSES, CHRI-
STUS, cabaliſiret: Probir
es/ der du dran zweifelſt/ vnd beſiehe doch/ wie du ge-
aͤfft wirſt.


Die andere ſpecies Abracadabræ iſt die vberlegung der zahl deß Thiers
666. in der Offenbahrung Joh. am 13. die iſt nun mancherley. Erſtlich im
N5. Cap.
[] 5. Cap. durchs MENE MENE Danielis am 12. in ſolcher Summ vnd ord-
nung: Jns Koͤnigs Belſazers Pallaſt zu Babel wurd eine verborgene ſchrifft
an die Wandt geſchrieben gegen dem Leuchter vber: Es hatte aber Koͤnig Ne-
bucadnezar ausm Tempel zu Jeruſalem auch Leuchter gen Babel entfuͤhret:
Gegen denſelben Leuchtern vber im Tempel Salomonis haben zwo ſeulen ge-
ſtanden/ jede 18. elen hoch/ vnd 12. elen in der Circumferentz: zerfell die 18. in
6.6.6. ſo haſtu die zahl des Thiers: quadrir auch die circumferentz 12/ ſo haſtu
144. addir nun 666. vnd 144. ſo haſtu 810: nim dieſe ſumma duppelt/ ſo ha-
ſtu 1620. Ergo ſo zielet die zahl deß Thiers auff das vorſtehende 1620. Jahr
nach Chriſti geburt. Diß iſt der beſchluß deß 5. Cap. Ein jeder mag die con-
ſequentz
vrtheilen. Zum andern im 6. Cap. ausm 6. Cap. Eſaiæ: Zween
Seraphim/ jeglicher hatte 6. fluͤgel/ ſind 6.6. Nun bedoͤrfft man noch eine 6. ſo
ſtell in einen zirckel zwey ∆la æquilatera verticibus oppoſitis (ſol das Goͤtt-
liche Weſen bedeuten) ſo kriegſtu 6. junge Triangelchen/ die geben die dritte 6.
Was dorfft er aber die zahl deß Thiers ſuchen/ weil ſie im Johanne ſchon ver-
handen? Ja was haben die Seraphim mit der zahl deß grewlichen Thiers zu
thun? Eben ſolchen grundt hat auch die vberlegung in den folgenden Capiteln/
wie ichs wol zeigen koͤndte/ wenns nicht was weitleufftig were. Alle ſeine vber-
legung aber iſt dahin gerichtet/ das er concipirete zahlen ſo lang hin vnd wider
drehe/ biß jhm die zahlen der jahr nach Chriſti geburt 1617/ 1620/ 24. (von
welcher zeit das Jrrdiſche Reich Chriſti angehn ſol) oder 1666. (da das letzte
Gericht ſol gehalten werden) heraus kommen. Wir wiſſen Gott lob wol/ das
groſſe verenderungen ja das letzte Gericht fuͤr der thuͤr ſey/ Aber wir beduͤrffen
deſſen keines beweiſes aus ſo kindiſch zuſammen geraſpelten zahlen.


Die dritte Species ſol was Aſtronomiſcher ſein/ darumb er ſie auch ins
letzte Cap. geſetzt/ nemlich die groſſen Conjunctiones Aſtronomicæ. Die Sum-
ma
iſt: Jegliche Conjunctio begreifft 795. Jahr: 7. ſolcher conjunctionum
machen 5565. Jahr: Davon abgezogen 3948. von anfang der Welt biß auff
Chriſtum/ bleiben nach Chriſti geburt 1617. Ergo iſt diß Jahr das letzte der
ſiebenden groſſen conjunction, vnd fehet nun die 8. conjunction an. Die zahl
8. aber iſt deß Herren Chriſti. zahl (warumb aber?) Ergo wird Chriſtus mit
der 8. Conjunction ſein reich anfahen. Vnnd damit man Calviſio, einem
richtigen Chronologo, der von anfang der Welt biß auff Chriſtum ſetzt 3948
Jahr/ deſto mehr glauben gebe/ ſo beweiſets Nagelius auch durch ſeine caba-
lam,
alſo: 1. vnd 2. iſt 3/9. vnd 0. iſt 9/1. vnd 3. iſt 4/3. vnd 5. iſt 8: Ergo ſind
von der Welt anfang biß auff Chriſtum 3948. Jahr/ Jſt gut das es eingetrof-
fen/ ſonſten hette man Scaligero vnd Calviſio, Helvico vnd andern vortreffli-
chen
[] chen Chronologis nicht gegleubet. Was iſt aber Conjunctio magna? Da-
von gedenckt Nagelius nicht mit einem wort/ da ers doch mit wenigem wegen
der einfeltigen ſolte beruͤhret haben. Conjunctio magna oder viel mehr Maxi-
ma
iſt/ wenn die beyden oberſten Planeten Saturnus vnd Jupiter in einem zei-
chen eines new angefangnen fewrigen Trigoni zuſammen kommen/ welchs dañ
in 800. Jahren nur einmal geſchicht/ wie ich in meinem Cometen Tractat am
19. Cap. mit mehrem berichtet. Wer von Conjunctionibus magnis \& ma-
ximis
was lernen/ vnd was ſie mit ſich bringen/ wiſſen wil: der leſe deß Hu. D.
Herlicii
Sternglock/ da er alles deutlich vnd verſtendtlich finden wirdt.

[figure]

Aus dem Prognoſtico des 1621.
Jahres.


I.
Ob nemblich beym Gewitter auch die Cometen/ wenn
ſie in etwan einem Jahr erſcheinen/ mitwircken?


DEr bey deßAriſtotelismeinung verharret/ das nem-
lich die Cometen entzuͤndete vnd in der obern Lufft brennende daͤmpffe
ſein/ der wird hierauff ſtracks mit Ja antworten/ auch ſeine rationes zur handt
haben/ wie vnd warumb ſie die Lufft verendern. Weil aber nun zur zeit gnug-
ſam offenbahr vnd am tage iſt/ das die Cometen nicht Elementariſcher/ ſondern
Himliſcher materi ſind/ vnd im hohen Himmel ſchweben/ fragt ſichs nicht vn-
gereimt/ ob ſie dan nichts wircken. Jch hab in meinem Tractat vom juͤngſtver-
ſchienen Cometen am 116. blat geſchrieben/ das die groſſen Sachen/ welche
gemeiniglich auff Cometen erfolgen/ von den Cometen nicht gewircket oder ver-
urſacht/ ſondern allein bedeutet werden. Es fragt ſich aber dennoch weiter/ weil
ſie der er groſſen da genandten ſachen nicht vrſachen ſein/ ob ſie denn auch ſonſten
gar nichts wircken. Denn weil ſie himmliſche Liechter ſind/ vnd alles Himliſche
Liecht durch ſeine ſtralen vnd Influentz/ in dieſe vntere Welt ſeine Wirckung
ſtrecket/ ſolten dieſe geſchwaͤntzte Sternen nicht wie andere Sternen mitwir-
N ijcken?
[] cken? ſolten ſie nicht zum wenigſten neben den andern zum Gewitter der Lufft
helffen?


Dieſe Frage iſt ſo beſchaffen/ das ich gerne Gelarter Leute/ Phyſicorum
\& Opticorum,
meinung druͤber hoͤren moͤchte. Meine gedancken davon ſind
dieſe/ das ich ein vnterſcheidt mache inter corpora cæleſtia lucida perfecta \&
perpetua; \& inter imperfecta \& corruptibilia,
zwiſchen den jenigen Him-
mels Liechtern (nemlich allen gewoͤhnlichen Sternen) die Gott der HErr im
Anfang zur vollkommenheit vnd alſo zu ſteter beſtendigkeit erſchaffen/ vnd dann
zwiſchen denen/ die Gott der Schoͤpffer dan vnd wan aus gewiſſen vrſachen vn-
verſehens erſcheinen/ vnd hernach als vnvollkommene wiederumb vergehen leſ-
ſet/ als da ſind Newe Sternen deß Firmaments/ (zum exempel Anno 1572. in
Caſſiopea, Anno 1596. in Ceto, Anno 1600. in Cygno, Anno 1604. in Ser-
pentario
) vnd geſchwaͤntzte Sternen oder Cometen. Von der Erſten art ge-
ſtehe ich gar wol/ habs auch vor eim Jahr wieder die/ ſo es verneinen/ darge-
than/ das ſie in die vntere Welt krefftig wircken. Von der andern Art muß ich
darumb anders ſinnes ſein/ weil ſie von Gott nicht allein zu anderm end erſchaf-
fen/ ſondern auch jhre materia (welchs aus jhrer zergengligkeit offenbahr) nicht
ſo gnugſamlich vnd vollkommlich/ wie anderer Sternen/ condenſiret vnnd ſo
gedeichtet/ das jhre ſtralen vnd influentz kraͤfftig gnug ſein kuͤndten/ hienieden/
tanquam cauſæ efficientes, etwas mercklichs zuverrichten. An den Cometen
koͤmt noch dieſes dazu/ das deroſelben Coͤrper von der Soñen nicht allein durch
leuchtet/ ſondern auch die materia aus dem Coͤrper von der Sonnen hindan ge-
trieben (daher der lange Schwantz entſtehet/ wie ich in meinem allegirten Tra-
ctat
am 115. blat gewieſen/) vnd deß Orts hinaus gantz zerſtrewet wird. Nun
halte ichs gewiß dafuͤr/ das/ wenn der Schwantz deß Cometen herunder in die
Lufft oder an den Erdboden reichete (welchs wegen etlicher Lenge gar wol ge-
ſchehen kuͤndte) wuͤrden ſie in der vntern Welt was kraͤfftigs wircken. Denn
gleich wie die Sonnenſtralen/ weñ ſie durch ein tuͤchtigs dazu præparirtes Glaß
oder Cryſtall fallen/ im gegentheil ſo kraͤfftig ſind/ das ſie auch in gewiſſer di-
ſtantz
nicht allein pulver/ ſondern auch andere truckne materi anzuͤnden: Alſo
iſt kein zweifel/ wenn der Schwantz deß Cometen den Erdboden beruͤhrete/ es
wuͤrden die Sonnenſtralen im ſelben herabfahrende/ gar vbermaͤßig dadurch
wircken. Aber wie offt geſchichts wol/ das deß Cometen ſchwantz den Erdbo-
den/ oder auch die Lufft beruͤhret? Mehrentheils fehret er weit zur ſeiten ab in
die tieffe deß Himmels/ wie an allen Cometen/ die vns zu geſicht kommen/ zu ſe-
hen. Wenn der Schwantz den Erdboden/ oder auch die Lufft beruͤhren ſol/ ſo
koͤnnen wir den Cometen nicht ſehen: denn es muß der Comet alsdann gar na-
he
[] he neben der Sonnen ſtehen. Anno 1547/ als Johann Friedrich Churfuͤſt
zu Sachſen/ vom Keyſer Carolo V. geſchlagen vnnd gefangen wurde/ iſt die
Sonn etliche tage zuvorn/ vnd auch noch deſſelben tags tunckel vnd blutroth ge
ſehen worden/ nicht allein in Hoch Deutſchlandt/ ſondern auch in den Nieder-
landen. Beutherus continuatione Sleidani lib. 30. Cornel. Gemma lib. 1.
Coſmocrit. cap.
8. Andere ſchreiben/ das es auch alſo in Franckreich vnd En-
gellandt geſehen worden. Dergleichen verfaͤrbung der Sonnen iſt geſehen An-
no
1571/ da die groſſe Meerſchlacht zwiſchen dem Tuͤrcken vnd den Chriſtlichẽ
bundgenoſſen bey Lepante geſchahe. Beuterus. Vnd ſchreibt Gemma die ver-
tunckelung Anno 1547 ſey ſo ſtarck geweſen/ das man auch bey tag habe koͤn-
nen etliche Sternen ſehen. Nun iſt damals keine Finſterniß der Sonnen ge-
weſen: So muß es entweder ein vbernatuͤrlich Wunderwerck geweſen ſein/ oder
aber eine materia, die ſich fuͤr die Sonne geſetzt. Jſts eine materia geweſen/ ſo
muß ſie nicht hienieden in der Lufft geſchwebt haben/ (weil ſie die Sonn vertun-
ckelt/ vnd doch nicht die Sternen) ſondern hoch im Himmel/ weit vber den
Mond. Herr Kepplerus in Opticis pag. 259. ſuſpiciret. es werde vielleicht
eine duͤnne ausgebreitete materia Cometica geweſen ſein. Jch zweifele dran/
weil ich nicht dafuͤr halte/ das vor erſcheinung eines Cometen die materia lang
ſamer weiſe aneinander geſamlet werde/ ſondern halts dafuͤr das Gott den Co-
meten/ wenn er den wil erſcheinen laſſen/ mit einſt coagulire: Zu dem iſt kein
Comet darauff erfolget/ biß Anno 1554. Nach verſchwindung eines Come-
ten halt ichs auch dafuͤr/ das materia (weil ſie/ wie geſagt/ wie auch Kepplerus
ſelbs ſtatuiret, von der Sonnen durch den Schwantz zertrieben vnd zerſtrewet
wirdt) gentzlich in die principia, darauß ſie genommen/ nemlich in die ſubtile
himmels materiam, reſolviret ſey. Doch wil ich anderer Gelarter Leute phi-
loſophiam
hieruͤber auch gern hoͤren.


So ſage ich nun von wirckung der Cometen beym Gewitter/ das weil jhre
kraͤffte von der Sonnen dahinaus getrieben werden/ da der Schwantz hingeſtre-
cket/ vnd aber der Schwantz mehrentheils in den Himmel geſtreckt/ gar ſelten
aber die Lufft beruͤhret/ ſo koͤnne er auch zum Gewitter wenig oder nichts helf-
fen. Das bißweilen auff Cometen vngewoͤhnliche Gewitter erfolget/ erachte
ich/ das ſie derſelben nicht ein vrſach/ cauſa efficiens, ſondern prænuncia ſigna
geweſen ſein. Bitte aber die Philoſophos vnd gelahrte Aſtrologos, ſie wollen
der Kunſt zum beſten mir hieruͤber jhr bedencken mittheilen.


II.


N iijWar-
[]

Warumb vnter den Aſpecten der Planeten dieſe bey den/
* vnd ∆/ fuͤr gluͤcklich/ dieſe beyden aber/ ☐ vnd ☍/ fuͤr

vngluͤcklich gehalten werden.


DJe Aſtrologi theilen die 12. Himmliſchen Zeichen in gewiſſe Claſſes ab/
vnd zwar auff mancherley art. Vnder andern aber theilen ſie dieſelben
nach art vnd eigenſchafft der 4. Elementen/ vnnd der vornembſten qualiteten,
welche ſind/ Warm/ Kalt/ Feucht/ Trucken: [Was ſie deſſen fuͤr grund haben/
wil ich vielleicht ein andermal berichten] vnd eignen jeglichem him̃liſchen Zei-
chen deß Thierkreißes zwo derſelben qualiteten, gleich als den Elementen/ zu.
Vnd weil die combination oder bindung der qualiteten nur kan viererley ſein
als 1. Warm vnd Trucken/ 2. Warm vnd Feucht/ 3. Kalt vnd Trucken/ 4.
Kalt vnd Feucht/ (Kalt vnd Warm aber/ oder Feucht vnd Trucken/ haben
keine Verbuͤndnuß) gleichwol nicht vier Himliſche Zeichen/ wie 4. Elementa/
ſondern 12. ſind/ ſo hat man jeglicher Combination 3. Signa zugeeignet/ vnd
den gantzen Zodiacum mit den 12. Zeichen in 3. Claſſes abgetheilet/ welche
Claſſes man mit beſonderm nahmen Trigonos vnd Triplicitates nennet/ als
da ſind die Fewrige (warme vnd truckene/) Lufftige (warme vnd feuchte/)
Waͤſſerige (kalte vnd feuchte/) vnd Jrrdiſche (kalte vnd truckene) Triplicitet
oder Trigonus. Es gehoͤren aber zu einer jeglichen Triplicitet nicht je 3. vff-
einander folgende ſigna, ſondern abgewechſelt in nachſolgender Ordnung:


1. ♈.5. ♌.9. ♐.Die Fewrige Tripl.Warm vnd Trucken.
2. ♉.6. ♍.10. ♑.Die Jrrdiſche:Kalt vnd Trucken.
3. ♊.7. ♎.11. ♒.Die Lufftige:Warm vnd Feucht.
4. ♋.8. ♏.12. ♓.Die Waͤſſerige:Kalt vnd Feucht.

Wenn man dieſes verſtehet (welchs zu verſtehen kuͤnfftig gar nuͤtz ſein
wird/ wegen der groſſen Anno 1623. einfallenden ☌ ♄ ♃ im Fewrigen Trigo-
no,
davon viel wird geſchrieben werden/) ſo muß man auch wiſſen (dieſes ſetz
ich nicht wegen Gelarter Leute/ als die ſolchs vorhin wiſſen/ ſondern wegen der
andern) was eigentlich ein */ ☐/ ∆ vnd ☍ ſey. Nemlich Aſpectus * iſt/
wenn zwey Planeten (oder auch ein Planet vnd ein Stern deß Firmaments
vmb das ſechſte theil deß gantzen Thierkreißes oder der Sonnenſtraß/ das iſt/
vmb 2. ſigna, von einander ſtehen/ als wenn eins im ♈/ das ander in den ♊
ſtuͤnde. ☐ iſt wenn ſie vmb das vierde theil deß Thierkreißes/ das iſt vmb 3. ſi-
gna,
von einander ſtehen/ als wenn eins im ♈/ das ander im ♋ were. ∆/
wenn ſie das dritte theil/ das iſt vmb 4. ſigna vonander ſindt: als eins im ♈
das
[] das ander im ♌. ☍/ wenn ſie gegeneinander vber/ oder vmb die helfft deß
Thierkreißes/ vonander ſtehen/ als eins im ♈ das ander in der ⚖.


Nun iſt leicht zuerkleren/ warumb * vnd ∆ fuͤr gluͤckliche/ ☐ aber vnd ☍
fuͤr vngluͤckliche/ Aſpectus gehalten werden.


  • Erſtlich der *. Wenn zween Planeten (vel altera erratica, altera fixa)
    zwey ſigna von einander ſtehen/ ſo ſtehet einer allzeit in einem ſolchen Zeichen/
    welchs dem andern/ in welchem nemlich der ander ſtehet/ zwar nicht mit beyden
    qualiteten, ſondern gleichwol mit einer verbunden iſt vnd jhm fuget/ wie man
    aus voriger abbildung vnd ordnung wol ſehen kan. Als im * ausm ♈ vnnd
    ♊: da iſt der ♈ warm vnd trucken/ die ♊ warm vnd feucht. Alſo ein *
    außm ♉ (kalt vnd trucken) vnd ♋ (kalt vnd feucht.)
  • 2. Der ∆. Wenn zween Planeten 4. ſigna voneinander ſtehen/ ſo ſte-
    hen ſie vnter einer Triplicitet, vnd ſind jhre ſigna mit beyden qualiteten ein-
    ander verbunden/ als man in voriger abbildung am ♈ vnd ♌/ am ♌ vnnd
    ♐/ am ♐ vnd ♈ ſehen kan. Derhalben iſt ein ∆ deßwegen/ vnd an ſich
    ſelbſt noch gluͤcklicher als ein *.
  • 3. Der ☐. Wenn Planeten 3. ſigna vonander ſtehen/ ſo ſind die ſigna,
    darinn dieſelb Planeten ſtehn/ mit beyden qualiteten einander zu wieder/ nem-
    lich entweder eins Warm vnd Trucken/ das ander Kalt vnd Feucht/ oder aber/
    eins Kalt vnd Trucken/ das ander Warm vnd Feucht. Wird demnach aus
    ſolchem Aſpect an ſich ſelbſt nichts gutes vermuhtet.
  • 4. Der ☍. Wenn Planeten 6. ſigna von einander/ vnd alſo è diametro
    gegen einander vber ſtehen/ Ob zwar die ſigna, drinn die Planeten hauſiren/ e-
    ben wie im */ nur mit einer qualitet wieder einander ſind/ wie aus obgeſetzter
    abbildung zu ſehen/ ſo iſt doch keine milde zuſammenkunfft vnd mixtur der Licht-
    ſtralen/ wie im * (da ſie hie vnten angulo acuro ſanfft an einander ſtreichen)
    ſondern ſie ſchieſſen zu beyden ſeiten rectà gegen einander/ das es eine pugnam
    radiorum
    gibt. Allhie fragt ſich noch eins/ Nemlich/

III.
Sind die
Afpectus dextrivnndſiniſtrieben ſo viel/ als
fauſtivndinfauſti,oder gluͤcklich vnd vngluͤcklich?


NEin: Ob gleich Calenderſchreiber gefunden werden/ die beydes confun-
diren. Aſpectusdexter
iſt/ der von einem Stern geworffen wird verſus
plagam cæli (facie, more Aſtronomico, ad meridiem versâ) dextram,
zur
rechten werts/ contra ſeriem ſignorum. Aſpectus ſiniſter, qui verſus ſini-
ſtram
[]ſtram projicitur, der zur linckenwerts hinſcheinet/ ſeeundum ſ. ſ. Dieſes bey-
des kan geſchehen per */ ☐ vnd auch ☍. Es iſt aber meines erachtens die di-
ſtinctio Aſpectuum in dextros \& ſiniſtros
nichts nuͤtze. Denn in betrach-
tung der Wirckung deß Himmels/ ſiehet man nicht (oder ja ſol man nicht ſe-
hen) auff die Planeten/ wie dieſelben gegen einander leuchten/ Sondern mit
was Harmoney ſie miteinander herunder leuchten/ quanam radiationis har-
monia terram aut ſublunaria feriant.
Vnd iſt das Woͤrtlein Aſpectus nicht
auff die Planeten gegeneinander zu ziehen (obs gleich recepta loquendi for-
mâ Aſtrologicâ
ſo gebraucht wird) ſondern auff die vntere Welt/ quam radiis
configuratis. h. e. ad figuram aliquam Geometricam regularem circulo in-
ſcriptam compoſitis aſpiciunt, unde Aſpectus dicitur:
Als wenn ein Pla-
net in principio ♈ were/ ein ander Stern in principio ♊/ welche alſo mit-
einander jhre ſtralen herunder auff die Erde (tanquam centrum vel locum
centro proximnm
) wuͤrffen/ vnd jemand jhm eine Lini einbildet von einem
Stern zum andern/ ſo iſt dieſelbe Lini eine Seite eines regulirten oder gleichſei-
tigen Sechseckes/ deſſen alle eckẽ den Zirckel/ nemlich den Zodiacum, beruͤhren.
Vnd eine ſolche harmoniam der Himliſchen Liechtſtralen/ ſo offt ſie geſchicht/
empfindet die vntere Welt occulto quodam contactu, wie ich vorm Jahr be-
richtet. Das hab ich von Kepplero gelernet/ vnd danck jhm dafuͤr.


IV.
Weil der Erdboden ſo wol als der Him̃el mit ſeinen Zir-
ckeln vnnd dero
Polisvnderſchieden/ Ob dann auch deß Erdbodens
Circuli, wie deß Himmels/ nur eingebildete ſachen vnd außerhalb ſolchen im
verſtand gefaßten Concepten nichts ſind/ oder ob ſie quid reale ſind/ vnd
jhre ſtellen vnd grentzen nicht allein artificiosè, ſondern
auch natuͤrlich zu erkennen?


WEr Aſtronomiam vñ Geographiam ſtudiren wil/ der muß jhm in beyden
Kuͤnſten gewiſſe Circulos, axes, polos, in ſeinen verſtandt einbilden/
durch welche ſo wol der Himmel/ als der Erdboden diſtinguiret, abgezirckelt vñ
abgemeſſen wird. Dieſelben Zirckel ſind im Himmel zwar nicht ſelbſtendig (dz
ich alſo reden mag) ſondern man erlernet vnd begreifft dadurch die bewegung
der Sternen. Vnd iſt mit ſolchen Zirckeln faſt alſo beſchaffen/ wie mit den Com
paßſtrichen auff dem Meer/ da ein erfahrner Schipper zu richtiger fortſtellung
ſeines Curſus bey gutem Winde ſeinen gewißen Compaßſtrich helt/ Welcher
Compaßſtrich doch an ſich ſelbs oben auff dem Waſſer (auſſer deß Schip-
pers
[] pers Concept) nichts iſt. Nun iſt die Frage/ ob auch die Jrrdiſchen Circuli,
der Æquinoctial (ſo man per excellentiam die Lini nennet) die Tropici,
item die Poli æquinoctialis, nur ſolche bloſſe conceptus vnd auſſer der Kunſt
nichts ſind.


Zwar von andern Zirckeln weiß ich noch zur zeit nicht anders/ denn das
ſie bloſſe conceptus ſind/ wie ſie denn von den conceptibus cæleſtibus \& motu
Solis
entſpringen/ als die Tropici, Polares, Meridiani. Aber vom Æquino-
ctial
vnd deſſen Polis doͤrfft ich ſagen/ das ſie auff Erden Natural/ vnnd mehr
denn bloſſe notiones ſein.


Denn erſtlich den Æquinoctial oder die Lini belangende/ zeugen die jeni-
gen/ ſo hinuͤber ſegeln muͤſſen/ das jederzeit ſchwer hinuͤber zu kommen/ vnd ſie
manchmal viel tage wegen boͤſes Wetters vnnd wunderlicher gegeneinander
ſtoſſenden Winde/ ſich daſelbſt quelen muͤſſen/ auch wenn ſie hinuͤber kommen/
ſich alſo erfrewen/ als wenn ſie die halbe Reiſe verrichtet hetten. Jch wil von
dieſen vnd andern ſeltzamen zufellen nur deß einigen Johannis Lerii zeugniß
herſetzen/ welcher in ſeiner Navigation in Braſilien das vierde Cap. alſo an-
fengt: Als wir 3. oder 4. grad nah an den Æquinoctial kamen/ vnd keinen
Wind mehr hatten/ betraff vns nit allein Vngewitter/ Schlag/ vnnd Regen/
ſondern (wie dann die Schiffart vmb die Lini ſchwer vnd gefehrlich iſt) ich hab
auch offt angeſehen/ das vnſere drey ſchiffe/ ob ſie gleich nah bey einander lagen/
mit einſt ein jeglichs durch einen beſondern Sturmwindt vertrieben worden ge-
gen Oſten/ Norden vnd Weſten/ in form eines Triangels/ vnnd kundt daſſelbe
kein Schipper hemmen. Solche wiederwertige Windtbrauß erhuben ſich
in einem augenblick/ vnd ſtieſſen mit ſolcher gewalt in die Segel/ das es wunder/
das die Schiff nicht gar vmbgekehret wurden. Vber das iſt der Regen/ ſo da-
ſelbſt fellet/ ſtinckend vnd ſo vngeſund/ das wo er die bloſſe haut beruͤhret/ blatern
vervrſacht/ auch ſonſten die Kleider beflecket/ etc. Darauff erzehlt er ferner/
wie jaͤmmerlich es jhnen mit ſpeiß vnd tranck daſelbſt ergangen. Vnd ſetzt end-
lich: Mit dieſem betruͤbten Zuſtandt/ haben wir vns hin vnd her lavirende
fuͤnff vnd dreiſſig tage gequelet/ eh wir koͤnnen vber die Lini kommen. Vnd im
21. Cap. ſchreibt er/ das ſie im zuruͤck reiſen ebenmeſſige ſchwerigkeit an dem
Æquinoctial gehabt haben.


Hieraus (womit andere beſchriebene Navigationes vbereinſtimmen) iſt
leicht abzunemen/ das Gott der Schoͤpffer die Erdenkugel in zwey theil vnter-
ſchieden/ nicht mit einem bloß eingebildeten vnd nach Geographiſcher kunſt ge-
faßten Zirckel/ ſondern zugleich mit einem warhafftigen natuͤrlichen Grentz Zir-
ckel/ der die Waſſer vnd Winde etc. deß Nordentheils oder hemiſphærii bo-
Orealis
[]realis gentzlich von den Waſſern vnd Winden etc. des Suͤdertheils oder he-
miſphærii auſtralis
abſondere; das ob gleich ein Nordwindt von Mitternacht
her ſtarck vber den Erdboden fehret/ koͤnne er doch nicht vber dieſe jhm von Gott
geſetzte grentze/ ſondern da muͤſſe er ſich brechen/ von welchen brechen vnd pral-
len dann die wunderlichen Kreuſelſtuͤrm entſtehen. Es ſchreibt auch Lerius
im 21. Cap. das daſelbſt Wind auffſteigen/ vñ ſich in contrarias plagas zerthei-
len/ dadurch die Schiffe beyderſeits vberzuſegeln ſehr verhindert werden. Deß-
gleichen ſagt er vom Meer/ quod fluctus utrinq; æſtuent, das die Wellen zu
beyden ſeiten anſtuͤrmen/ etc.


Gleich wie nun dieſer Circulus terreſtris realis iſt/ alſo iſts nach außweiß
der erfahrung auch mit ſeinem Polo (vnnd vermuhtlich mit beyden Polis) be-
ſchaffen: ohne das Polus kein ſtrich oder grentz/ ſondern nur ein Punct oder Ort
iſt. Die erfahrung auff die ich mich beruffe/ gibt mir der Magnet an die handt.
Die Magnet Nadel helt ſich nicht allein mit jhrem Norder End gegen Mitter-
nacht (welchs heutigs tags jederman bewuſt) ſondern auch je mehr man nach
Norden auffſegelt/ je mehr ſie mit demſelben end vnterſich ſincket: Welchs erſt-
lich gemercket vnnd davon Anno 1581. ein Buͤchlein publiciret Robertus
Normannus
ein Engliſcher. Nachmals hat Guilelmus Gilbertus, auch ein
Engliſcher Philoſophus, in ſeiner Anno 1600. publicirten Philoſophia Ma-
gnetica lib. 5. cap.
1. ein ſonderlich inſtrument beſchrieben/ dadurch die quan-
titas hujus motus
koͤnne an allen Orten deß Erdbodens erforſchet werden.
Denn es muß die Nadel nit auff ein ſpitzlein geſetzt/ ſondern juſt in jhrer fuͤr der
anſtreichung zuvor abgepaßten vnd abgewogenen mitt/ an einem ſtefft im Cen-
tro
deß Inſtruments geſteckt/ vnd das planum Inſtrumenti nach der Bleywa-
ge auffgerichtet werden: Alsdann ſencket ſich das Norden End nach der pro-
portion
der Hoͤhe des Poli am ſelben Ort. Wie dann dieſelben Scriptores wei-
ter lehren doͤrffen/ welcher maſſen man bey truͤbem wetter/ per motum inclina-
tionis Magneticæ,
eines jeden Orts latitudinem ab Æquinoctiali, oder Ele-
vationem Poli
erkennen koͤnne. Vnd weil/ wie geſagt/ nach Nordenwerts die
ſenckung jmmer zunimt/ ſo iſt kein zweifel/ ſie werde auffm Polo des Erdbodens
am groͤſten/ das iſt/ gar bleyrecht nach der erden geſenckt ſein. Ob nun wol
noch zur zeit niemand an den Nord Polum (viel weniger an den Suͤd Polum)
gekommen/ (denn Anno 1596. iſt man noch 9. grad davon geweſen) ſo reſpon-
diren
doch die andern oͤrter der Erden/ der proportion dieſer ſenckung. Da-
rauß abermal kan geſchloſſen werden/ das die Poli des Erdbodens nicht bloße
eingebildete/ ſondern realia vnd wirckende puncta ſein muͤſſen. Die Alten haben
gemeinet/ das eben im Polo terræ Arctico vier ſtrenge Eurypi oder Flutten
herauß
[] herauß quelleten/ die jhre Waſſer in alle Meer außbreiteten/ vnd alſo aller Mee-
re brunquel weren. Aber das wird ſo gewiß ſein als die Magneten Berge. Dz
wil ich ehe gleuben/ das nicht von dannen alle Meer herfuͤr quellen/ ſondern das
daſelbſt ſich alle Suͤdwinde (wie am Æquinoctial alle Nordwinde) brechen/
ſo das vielleicht wegen ſtetes Kreuſelwindes auff etliche grad nahe ſchwerlich
mit Schiffen hinan zu kommen ſey.


V.
Obs recht ſey/ das man
Saturnum, Martem,vnd etliche
andere Sternen/ boßhafftige vnd vngluͤckliche nennet? Ob ſolche

Sternen/ ſo gute vnd herrliche Geſchoͤpff Gottes/
was boͤſes wircken?


DJeſe frage hab ich ſchon Anno 1617. fuͤrgeſtellet: Wil hie meine damals
gegebene antwort vmb vrſach/ die ich hernach anzeigen wil/ von wort zu
wort hieher ſetzen:


Gott ſahe an alles was er gemacht hatte/ vnnd ſiehe da/ es war alles ſehr
gut/ Gen. 1. Daher auff eine zeit ein vornehmer Mann nicht vnrecht gepredigt/
da er geſagt: Wenn Gott geſehen/ das Saturnus ein boßhafftiger Stern were
geweſt/ Er hette jhn eben ſo wol als den Lucifer vom Himmel geſtuͤrtzt. So ſind
nun ♄/ ♂ \&c. von natur nicht boͤſe/ wircken auch an vnd fuͤr ſich ſelbſt nicht boͤ-
ſes: Aber gleichwol bleibt das an jhnen war/ das ſie wircken ſecundnm condi-
tionem recipientis,
nach dem die eygenſchafft vnd natur des dings iſt (zum ex-
empel des Menſchen) in welches ſie jhre wirckung außgieſſen. Secundum me-
rita materiæ infunduntur vires cæleſtes,
ſpricht Plato. Were der Menſch im
ſtande der vollkommenheit geblieben/ ohne zweifel hette ♄ \&c. in jhm nichts
dann lauter gutes gewircket. Nun aber des Menſchen Natur verderbet/ vnd die
Sternen gleichwol jhre einmal eingepflantzte wirckung vollnziehen/ geſchichts/
das etliche auch die boͤſe Natur im Menſchen erregen/ nicht anderſt als wie ein
guter Reuter offt ein vernageltes pſerdt reitet/ welches aber an ſtat eines guten
ganges nur hincket. Sind demnach etlicher Sternen wirckungen offtmals
ſchaͤdlich/ nicht aus der Sternen ſondern aus der Menſchen verderbten Natur.
Deswegen auch der Menſch/ ſo die Sternen etwas boͤſes in jhm wircken/ daſſel-
be nicht jhnen/ ſondern jhme ſelbs beyzumeſſen hat. Ochſenblut getruncken iſt
dem Menſchen eine gifft: Wil man aber darumb ſprechen/ das ein Ochs an
jhm ſelbs ein ſchaͤdlichs gifftigs Thier ſey? Oder wolle man auch wuͤnſchen/ das
ein Ochs lieber kein blut im leib hette? ſpricht Baſilius in Hexaem. Da aber
O ijweiter
[] weiter moͤcht gefragt werden: warumb die Sternen nicht alle nach des Jupiters
natur von Gott erſchaffẽ? deñ ſo hettẽ ſie alle nach dẽ fall lauter gutes gewircket?
Darauff antwort ich: das/ weil Gott ehe die Sternen als den Menſchen er-
ſchaffen/ man lieber fragen moͤchte: Warumb Gott den Menſchen nicht alſo er-
ſchaffen/ das er nur allein des Jupiters vnd anderer Jovialiſcher Sternen Kraͤf-
te empfunden/ vnd mit den andern Sternen nichts zuthun gehabt hette? Bey-
des iſt eine fuͤrwitzige frage. Gott hette es zwar leicht thun koͤnnen: Weil ers a-
ber nicht gethan/ ey ſo muß es gut vnd wol gethan ſein/ das der Menſch nicht al-
lein des temperirten Jupiters, ſondern auch des kalten Saturni vnnd hitzigen
Martis wirckung empfinde: Die jhme doch wenn er fromm vnd Gottfuͤrchtig/
eben ſo wenig ſchaden/ als in geſundem leibe atra bilis vnd die Galle. Das alſo
etliche ſternen boͤſes wircken/ nicht ſchlechts hin/ ſondern mit gewiſſem beſcheid.


VI.
Von
Climacteriſchen Regiments Jahren.


DAmit die Arithmantici mir nicht fuͤrwerffen doͤrffen/ quod ars non
habeat oſorem niſi ignorantem,
vnd das ich wol zu tadeln aber nicht zu
verbeſſern wiſſe: ſo wil ich hie/ ſo viel es der raum leiden kan/ auch etliche zahlen
andenten/ die ohn zweifel was mehres in receſſu haben/ ſintemal ſie nicht bloſſe
cõceptus, ſondern in der natur warhafftig gegruͤndet ſind/ Nemlich Annos Im-
periorum \& Rerumpubl. Climactericos,
zu welchen mir Bodinus in ſeinen
buͤchern de Republ. anlaß gegeben. Es wiſſen nicht allein gelarte/ ſondern auch
offt vngelarte leute; das deß meſchen leben ſteige vnd alterirt oder verendert wer
de/ nach jedem vmblauff oder periodo der Siebenjaͤhrigen vnd Neunjaͤhrigen
zeit: Alſo das der menſch gemeinglich im ſiebenden/ vierzehenden/ 21ſten/ 28/
35ſten/ Jtem im neunden/ achzenhenden/ 27ſten/ 36ſten etc. Jahr ſeines alters/
an ſeinem leib vnd kraͤfften eine enderung ſpuͤret. Sonderlich aber iſt das ſieben
mal ſiebende oder 49ſte/ item das ſiebenmal neunde oder 63ſte jahr deß alters
am gefehrlichſten: Welche beyde/ wie auch das 81ſte (welchs doch wenig er-
reichen) Climacterici Magni genennet werden. Die vrſach ſolcher bißweilen
gar gefehrlicher alteration vnd verenderung/ vnd wie die Climacterrci in der
natur gegruͤndet/ kan ich wegen weitlaͤufftigkeit jtzo nicht abhandeln/ ſondern wil
ſie/ geliebts Gott/ zur andern zeit erklaͤren. Interim iſt das τὸ ὅτι gewiß.


Nun dieſe Climactericos zeucht Bodinus auch auff die Regimente/ alſo
das er jeglichen Septenarium vnnd Novenarium fuͤr ein climactericum helt.
Jch aber ſondere mich hie von jhm abe/ alſo/ das weil die Regimente weit lenger
wehren
[] wehren/ als das Menſchliche leben/ auch jhre alterationes vnnd kranckheiten
langſam daher fahren; erachte ich/ das man zwar die zahlen 7. vnd 9. behalte/ a-
ber das nicht allwege das 7. vnd 9/ ſondern allwege das ſiebenmal ſiebende/ vnd
nennmal neunde/ auch wol (wiewol ich deßen noch wenig exempel bey den Re-
gimenten gefunden) das ſiebenmal neunde/ nemlich die deß Menſchen Clima-
cterici magni
ſindt/ fuͤr climacteres imperiorum dominiorumq; ſimplilices
zu halten/ vnd das jhre climacteres magni ſindt die Cubi der zahl 7. (343) vnd
9. (729/) item das product aus 7. vnnd dem quadrat von 9 (567) item das
product aus 9 vnd dem quadrat von 7 (441.) Nicht eben darumb/ das ſie
Quadrati oder Cubi ſindt/ ſondern das ſie ſind der ſiebende vnd neunde clima-
ctericus ſimplex,
wie an dem Menſchen. Gleich wie aber zu den ſchlechten
climactericis dominiorum nicht ſchlechts das ſiebende oder neunde genom̃en
wird/ ſondern das 7 mal ſiebende vnd 9 mal neunde: alſo muß auch zun ſelben
climactericis nicht nur das eintzige Jahr gerechnet werden/ ſondern in den ſe-
ptenariis
auch die 6 nechſtvorhergehende/ vñ in den novenariis die 8 nechſtvor-
hergehende; ſo das ein jeglicher climactericus dominiorum è ſeptenario or-
tus,
7 gemeiner Jahr habe/ vnd einer è novenario, neun gemeiner Jahr. Zu
beſſerm verſtand aller ſachen kan diß folgende Taͤfelein dienen.


OrdoAnni Climacterici
Clima-
cterico-
rum.
Septenarii:
Homi Domi-
num. niorũ.
Novenarii:
Homi Domi-
num. niorũ.
1.7.49.9.81.
2.14.98.18.162.
3.21.147.27.243.
4.28.196.36.324.
5.35.245.45.405.
6.42.294.54.486.
7. Magn.49.343.63.567.
8.56.392.72.648.
9. Magn.63.441.81.729.
Vnd ſo fortan weiter: denn die groſſen
Reiche vberſchreiten dieſe zahl gar offt.

Hie ſind angedeutet der Regi-
mente climacterici completi. Zũ
exempel: der ſiebende climactericus
ſeptenariꝰ
endet ſich mit dem 343-
ſten jahr/ aber ſein anfang iſt mit
dem 336ſten Jahr: Jtem der ſieben-
de climact. novenarius endet ſich
mit den 567ſten/ fehet aber 9 Jahr
zuvorn an/ nemlich mit dem 558ſtẽ.


Gleich wie nun der menſch nicht
eben allezeit in ſeinen climactericis
magnis
ſein end nimt/ ſondern offt-
mals dieſelben vberſtrebt/ wiewol
nicht ohn anſtoß: Alſo zergehn auch
nit allzeit die Regimente in jhrem
climact. magnis, ſondern ob ſie gleich einen gefehrlichen anſtoß leiden/ erholen
ſie ſich doch offt (welchs an den groſſen Reichen ſonderlich zu ſehen) vnnd be-
kommen nach ausgeſtandenem Climacterico newe kraͤffte. Wiederumb gleich
O iijwie
[] wie viel Menſchen jhre climacteres magnos nicht erreichen/ ſondern ſterbey
offt im climactere ſimplici, ſonderlich 36/42 vnd 45ſten Jahrs des Alters:
Jtem wol das Jahr zuvor oder hernach: eben alſo gehets mit den Regimenten.
Aber ich wil zu mehrem vnterricht etliche Exempel einfuͤhren; damit man ſehe:
das dieſe ſo geordneten climacteres nicht inanes numeri ſein.


Erſtlich aus alten Hiſtorien/ da ich mich der Chronologiæ Scaligeri vnd
Calviſii, als der richtigſten/ gebrauche.


Das Jſraelitiſche Koͤnigreich/ biß auff die gefengniß der 10 Staͤmme/ hat
gewehret 348 Jahr: iſt alſo zerſtoͤret das nechſte Regiments Jahr nach dem
climact. magno ſeptenario.


Das Koͤnigreich Juda aber biß auff die zerſtoͤrung des erſten Tempels
481 Jahr: iſt alſo zerſtoͤret im ſechſten climacterico novenario.


Das Koͤnigreich der Aſſyrier von der Æra Chaldaica, biß auff den todt
Sardanapali 1360. jahr: ſind 28 (das iſt 4 mal 7) climacterici ſeptenarii,
weniger 12 Jahr: mangeln nur 5 gemeiner Jahr zum anfang deß 4 mal ſie-
benden climact. ſeptenarii.


Der Athenienſer Koͤnigreich biß auff den todt Codri 485 Jahr: hat alſo
ein end genommen climacterico ſexto novenario.


Das Trojaniſche Koͤnigreich iſt zerſtoͤret im 297 Jahr/ hat alſo der Krieg
angefangen im ſechſten climact. ſeptenario.


Der Richter zeit in Jſrael/ vom tode Moſis/ biß auff den Koͤnig Saul/ iſt
388 Jahr/ das alſo dieſe forma Reip. zergangẽ im achten climact, ſeptenario.


Der Roͤmer erſtes Koͤnigreich hat gewehret 244 Jahr/ das iſt 5 climact.
ſeptenarios,
vnd hat mit ende deß fuͤnfften climacterici die Ariſtocratia an-
gefangen.


Der Perſer Koͤnigreich vom ende der Babyloniſchen gefengniß/ biß auff
den todt Darii Codomanni 200 Jahr: hat ein end genommen 4 gemeine Jar
nach ſeinem 4 Climact. ſept.


Das Macedoniſche Koͤnigreich von Carano, biß auff die gefengniß Perſei
645. Jahr: endet ſich im achten climact. novenario.


Alexandri Magni Reich/ von vberwundenem Dario biß auff die eroͤbe-
rung Alexandriæ von Auguſto, 300 Jahr/ hat alſo den ſechſten Climact. ſe-
ptenarium
vberſtrebt/ vnnd 6 gemeine Jahr; das iſt noch nicht ein voll Regi-
ments Jahr.


Das Roͤmiſche Reich von der Pharſaliſchen Schlacht/ biß auff Odoa-
crum
vnd abſetzung deß Auguſtuli 523 Jahr/ fellet in keinen Climactericum:
aber ſo mans von der Schlacht bey Actio herrechnet/ von welcher zeit eigentlich
die
[] die Monarchia angangen/ ſo ſinds 506 Jahr/ die machen 8 mal 63. vnd 2 ge-
meine Jahr.


Alſo auch vornehme Staͤdte. Tyrus hat floriret biß auff die eroͤberung
von Alexand. Magno 927/ ſind 19 mal 49 weniger 4 gemeiner Jahr.


Carthago hat geſtanden 735 Jahr/ das iſt 9 Climacteres novenarios,
vnd druͤber nur 6 gemeine Jahr.


Rom von jhrer erſten erbawung/ biß auff die zerſtoͤrung von Totila, hat ge-
ſtanden 1299 Jahr: thut 16 Climact. novenarios vnd nur 3 jahr druͤber.


Aus newen Hiſtorien kan ich dergleichen Exempla (von wehrung der
Koͤnigreiche) nicht finden/ ſintemal faſt alle noch floriren/ ausgenommen


Der Longobarder in Jtalien/ welchs 206 Jahr gewehret/ das iſt 10 Jahr
vber ſeinen climactericum ſept. quartum.


Der Gothen in Jtalien/ welches nur 77 Jahr gewehret/ vnd alſo im er-
ſten Climacterico novenario vntergangen.


Alſo iſt auch der Wenden Koͤnigreich in Africa im 86. Jahr/ das iſt 5 ge-
meine Jahr nach ſeinem erſten Climact. novenario zergangen.


Das Koͤnigreich Burgundien hat 144 Jahr gewehret/ vnd hat alſo im
dritten Climact. ſeptenario ſein end genommen.


Das Koͤnigreich Jeruſalem (deſſen titel hentigs tages die Koͤnige in Hi-
ſpanien noch fuͤhren) hat auch nur 87 Jahr gewehret/ biß auff die gefengniß
Guidonis von Saladino. Jſt geſchehen das nechſte Regiment Jahr nachm er-
ſten Climacterico novenario


Sonſten finden ſich in den Regimenten anni Climacterici der Geſchlech-
ter/ davon ich ein exempel oder drey (mehr nach zuſchlagen hab ich jetzo nicht die
zeit/ vnd iſt auch beym Calender ſolchs nicht noͤtig) herſetzen wil.


Jn Hiſpanien iſt das Koͤnigreich Caſtilien Ferdinando dem III. an/ in
ſteter maͤnnlicher ſucceſſion beherſchet 256 Jahr: (darnach iſts auff Ferdi-
nandum Magnum
den Koͤnig in Aragonien/ vnd nach jhm auff Carolum V.
vnd an das Hauß Oſterreich kommen) thut 4 mal 63 vnd 4 gemeiner Jahr.


Das Koͤnigreich Portugall iſt von Henrici maͤnlichen Erben beherſchet
484 Jahr/ das iſt biß auff den ſechſten Climact. novenarium. Da iſts nach
Sebaſtiani tod an das Koͤnigreich Caſtilien vnd Aragonien kommen.


Jn Franckreich haben die Valeſii in ſteter maͤnnlicher lini regiret 261
Jahr/ thut 4 mal 63 vnd 9 Jahr: da iſts mit Henrico IV. an das hauß Bour-
bon
kommen.


Wollen wir auch geringere Herrſchafften beſehen: So ſind von Anno
1226/ da der deutſche Orden das Land Preuſſen zu beherrſchen angefangen/
biß
[] biß 1467/ da ſie durch den 13 jaͤhrigen Polniſchen Krieg deß Landes ein ſchoͤn
theil verloren/ 241 Jahr verlauffen: iſt demnach ſolchs geſchehn in climacte-
rico quinto ſeptenario
vnd tertio novenario. Von Anno 1226. biß 1525/
da ſie aus dem gantzen Land geſetzt/ ſind 299 Jahr/ iſt 5 Jahr nachm Climact.
ſeptenario ſexto.


Jtem ſo wir die jetzigen Fuͤrſtlichen Haͤuſer deß Deutſchen Reichs/ nach
Maͤnnlicher Succeſſion derer Herren/ welche von den Keyſern zu gewiſſen zei-
ten dreinn geſetzt vnd damit belehnet/ anſehen wollen/ ſo finden wir dieſes:


Das Fuͤrſtenthumb Guͤlich iſt von deß erſten Hertzogen Adolphi maͤnn-
lichen Erben/ biß Anno 1609/ beherrſchet 195 Jahr: das iſt/ biß auff den vierd
ten zum end lauffenden Climact. ſeptenario.


Die andern Fuͤrſtlichen Haͤuſer haben in ſteter Maͤnnlicher Lini biß auff
dieſes 1621 Jahr geweret: ſo viel Jahr als folget:


Baden von Anno 1155/ da Hermannus vom Keyſer Frid. I. aus einem
Welſchen zu einem Deutſchen Marggrafen gemacht worden/ 466 Jahr: lebt
zwiſchen dem neundten ſeptenario vnd ſechſten novenario.


Bayern von Anno 1180/ da Otto von Wittelsbach vom Keyſ. Frid. I.
eingeſetzt ward/ 441 Jahr: hat alſo eben jetzt den climactericum magnum
vberſtrebet.


Pommern von Anno 1182/ da Bugislaus I. vom Keyſer Frid. I. zum
Reichsfuͤrſten angenommen/ 439 Jahr: lebt jetzt in climacterico ſeptenario
magno.


Braunſchweig vnd Luͤneburg von Anno 1235/ da Otto der kleine von
Keyſer Frid. II. inveſtiret, 386 Jahr: lebt alſo jetzt im achten climacterico
ſeptenario.


Heſſen von Anno 1263/ da Landgraff Henricus Brabantinus der erſte
deß geſchlechts dazu kommen/ 358 Jahr: iſt fuͤr 13 Jahren ausm Climact.
ſeptenario magno
getreten.


Oſterreich von Anno 1282/ da Albertus von ſeinem Vater Keyſer Ru-
dolpho I.
zum Hertzogen in Oſterreich (der erſte deß Habſpurgiſchen Stam-
mes) eingeſetzt ward/ 339 jahr: iſt alſo jetzt in climacterico ſeptenario magno.


Pfaltz von Anno 1294/ da Rudolphus Balbus dazu kommen/ 327 Jahr:
hat jetzo das nechſte Regiments Jahr nachm vierden Climact. novenario.


Mechelburg von Anno 1348/ da Albertus I. vom Keyſ. Carolo IV. zum
Fuͤrſten deß Reichs gemacht/ 273 Jahr: hat noch 14 Jahr biß zu einem anfa-
henden Climacterico.


Brandenburg von Anno 1417/ da Fridericus Burggraff zu Nuͤrnberg
(der
[] (der erſte dieſes Stammes) vom Keyſer Sigiſmundo zum Marggraffen ge-
macht/ 204 Jahr: gibt 4 Climact. ſeptenarios vnd 8 Jahr druͤber.


Wirtemberg von Anno 1495/ da es zum Hertzogthumb worden/ 126
Jahr: iſt noch in adoleſcentia.


Von andern Fuͤrſtlichen Haͤuſern weiß ich nichts gewißes. Das Hauß
Sachſen gehoͤret nicht in diß Regiſter/ als welches Sitz an ſeinem Ort von
Witekind vnd deſſen Voreltern her geweſen.


Man helt ſonſt dafuͤr/ das der Regimente fatalis periodus gemeinlich 500
Jahr ſey: das wil ich auch nicht ſtreiten/ wenns lato modo verſtanden wird.
Denn 10 Climacterici ſeptenarii machen 490 Jahr/ item 6 Climacterici
novenarii
machen 486 Jahr/ Jtem 8 Climacterici zu 63 Jahren/ thun 504
Jahr/ welchs alles an 500 Jahr zimlich nahe koͤmpt. Sonſten wird man ſel-
ten oder nimmer eine verenderung ſo gar juſt in 500 jahren (das nicht etliche
fehlen oder vberſchieſſen ſolten) antreffen/ es ſey denn das man principia arbi-
traria
nimt/ welchs aber nicht ſein ſol. Der Athenienſer altes Koͤnigreich ſol
500 Jahr geſtanden haben: iſt aber eigentlich 485 Jahr/ mie oben gemeldet.
Die Ariſtocratia der alten Roͤmer ſol 500 Jahr biß auff Cæſaris Dictaturam
gewehret haben: mangeln aber eigentlich 40 drann. Vom anfang deß Koͤnig-
reichs Jſrael/ biß auff die Babyloniſche gefengniß/ ſollen 500 Jahr ſein: ſind a-
ber eigentlich nur 471.


Aber hievon/ geliebts Gott/ ein ander mal weitleufftiger: dieſes wenig hab
ich allhie nur obiter, wegen obgedachter vrſachen/ andeuten wollen. Wer gute
Hiſtoricos vnd Chronologos zur handt hat/ kan der Climacteriſchen Jahre
in Regimenten noch weit mehr finden/ ſo es jhm geliebt nachzuſchlagen.

[figure]

Aus dem Prognoſtico des 1622.
Jahres.


I.


PWas
[]

WasMatheſisoderMathematica,wasAſtronomia,
wasAſtrologiaſey: Vnd ob einMathematicus,einAſtrologus,ein
Calenderſchreiber/ ein Nativiteten ſteller/ alles nur ein ding/ vnd
eins nicht mehr als das ander ſey?


Matheſis oder Mathematica iſt eine Kunſt vnd gruͤndliche wiſſenſchafft von
maß vnd zahlen. Jhre Species ſind 1. Geometria, die handelt von allen
Quantiteten vnd maſſen/ vnd dero eigenſchafften an ſich ſelbſt. 2. Arithmetica,
die Rechenkunſt/ die nemlich von allen zahlen vnd dero eigenſchafften handelt
vnd lehret. 3. Aſtronomia, die Sternkunſt/ die da lehret den Lauff des Him-
mels abmeſſen vnd berechnen. 4. Geographia, die den Erdboden beſchreibt
vnd abmiſſet. 5. Optica oder Perſpectiva, die durch Geometriſche gruͤnde
darthut vnd vrſachen gibt/ warumb jeglich ſichtbares ding nach gelegenheit alſo
vnd nicht anderſt dem geſicht fuͤrkomme: item lehret/ wie man jeglich in grund
gelegtes ding erheben vnd dem anſehen nach entwerffen ſol. 6. Muſica, die da
lehret von vnterſcheid vnd maß deß klanges/ vnd wie man denſelben in eine ge-
buͤhrliche conſonantz vnd Harmoney abtheilen vnd formiren ſol. Vber die-
ſe 6. Species werden noch von etlichen zur Mathematica gerechnet. 1. Orga-
nica,
die da lehret kuͤnſtliche nuͤtzliche inſtrumenta erfinden vnnd verfertigen/
zum exempel allerley hebwercke/ muͤhlwercke/ ſchraubwercke vnnd dergleichen.
2. Architectura die Bawkunſt/ ſo wol Civilis von zierlichen Gebaͤwen vnd
Pallaͤſten/ als Militaris von Fortification oder befeſtigung. Diß ſind alſo die
Kuͤnſte/ ſo zur Matheſi gehoͤren. Denn ob zwar andere mehr koͤnten erzehlet
werden/ als Gnomonica, Iſorrhopica, Hydraulica, Nautica, \&c. ſo ſind die-
ſelben doch nur ſtuͤcke der vorigen/ gleich wie Sphærica, Theorica, Computus
Eccleſiaſticus,
nur ſtuͤcke der Aſtronomiæ ſind. Summa, was eigentlich von
zahlen vnd Quantiteten handelt/ das iſt ein theil der Matheſeos: Was davon
nicht handelt/ das gehoͤrt auch nicht zu dieſen kuͤnſten. Hierauß iſt nun auch
leichtlich zuvernemen/ was ein Mathematicus ſey/ nemlich der in oberzehlten
kuͤnſten/ wo nit allẽ doch den meiſtẽ/ wo nit perfect doch guter maſſen beſchlagẽ.


Jſt denn ferner Aſtronomia ſo viel als Aſtrologia? Nein: Ob gleich im
namen kein groſſer vnterſcheid/ ſondern beydes eine Sternkunſt heiſſet. Jn
jhm ſelbs iſt der vnterſcheid gar groß. Denn Aſtronomia lehret des Him̃els
lauff abmeſſen vnd berechnen: Aſtrologia lehret auß deß Himmelslauff zu-
kuͤnfftige dinge prognoſticiren. Aſtronomia geht mit maß vnd zahlen vmb:
Aſtrologia bekuͤmmert ſich vmb kuͤnfftiger zeit beſchaffenheit. Aſtronomia
handelt von gewiſſen in der Natur vnwandelbaren Sachen: Aſtrologia de
futuris
[]futuris contingentibus, von zukuͤnfftigen vngewißen dingen. Aſtronomia
kan der Aſtrologiæ wol entbehren: Aſtrologia aber kan ſich ohn Aſtronomi-
am
nicht behelffen/ ſondern muß zum wenigſten die Ephemerides zu huͤlff ne-
men. Jſt demnach Aſtrologia keine Mathematiſche Scientia, ſondetn eine
probabilis conjectura, wie ſie Cardanus ſelbs nennet/ eine muhtmaſſung die
bißweilen eintrifft/ bißweilen fehlet/ entſproſſen auß der Phyſica vnd Aſtrono-
mia.
Worauß weiter folgt/ das ein Aſtronomus auch wol koͤnne ein Aſtrolo-
gus
ſein/ aber er doͤrffe es nicht ſein/ wenn er nicht gerne wil: Hergegen ſolte bil-
lich ein jeglicher Aſtrologus auch ein zimlicher Aſtronomus vnnd Phyſicus
ſeyn/ aber die wenigſten Aſtrologi ſinds.


Ferner muß ein guter Calenderſchreiber/ der ein Prognoſticon an ſeinen
Calender hengen wil/ nicht allein ein Aſtronomus, ſondern auch ein Aſtrologus
ſein. Denn in den Calendern/ wie die heutigs tags vñ in dieſen Landen gebraͤuch-
lich/ iſt zweyerley enthalten/ 1. Die Monate/ Feyr- vnd Wercktage/ die Mon-
ſcheine/ die Taglengen/ der Planeten Lauff/ vnd Aſpecten/ die Finſterniſſen/ etc.
2. Das Gewitter/ zeichen zu Aderlaſſen/ etc. vnd das Prognoſticon von aller-
ley zukuͤnfftigen wirckungen des Him̃els. Die erſten ſachen ſind Aſtronomiſch
vnd koͤnnen nicht ſehlen/ wenn der Autor in ſeiner Kunſt gewiß iſt: Die andern
ſind Aſtrologiſch vnd nicht allzeit gewiß. Wer nun beydes zuſammen wil pu-
bliciren,
das er gedenckt Ehr davon zu haben/ der muß in Aſtronomia vnd A-
ſtrologia
geuͤbt ſein.


Was das Nativiteten ſtellen anlangt/ iſt ſolchs ein ſtuͤck Aſtrologiæ, \&
quidem præſtantiſſima,
das mit beſonderm Nahmen Genethliaca, vnd jhre
profeſſores Genethliaci genandt werden: Ein ſolcher Genethliacus muß gar
ein guter Aſtrologus ſeyn. Wiewol man etliche findet/ die mehr drinn pro-
gnoſticiren
vnd zutreffen/ als die Natur zuleſſet. Solche muͤſſen warlich auch
vbernatuͤrliche revelationes haben/ oder viele ding è Phyſiognomia, die dann
in jhrem ziel wol zulaͤſſig/ herſchoͤpffen.


Auß dieſem allem/ womit alle richtige Philoſophi vbereinſtimmen/ iſt zu
ſehen/ das ein Mathematicus noch was mehres ſey/ als ein Aſtronomus; weil
Mathematica gleichſam ein gantze Landſchafft/ Aſtronomia nur eine Stadt
in derſelben iſt: item das ein Aſtrologus, ein Calenderſchreiber/ ein Nativitetẽ
ſteller/ quatenus tales, an jhrer Kunſt ſelber/ nicht fort Mathematici ſein. E-
xempla
ſind nicht weit zu ſuchen. Man findet noch heutigs tags Nativiteten
ſteller vnd Aſtrologos, die in der Aſtronomia (geſchweige dann in andern Ma-
themati
ſchen kuͤnſten) ſo bekand ſind/ als ich in America.


Es iſt aber ſchließlich hieneben zu wiſſen/ das die Aſtrologi vnd Gene-
P ijthliac
[]thliaci bald von anfang auß jhren Grentzen geſchritten/ vnd mit jhrem fuͤrwitz
zukuͤnfftige dinge zuverkuͤndigen ſchon bey den Chaldæern ſich ſo hoch verſtie-
gen/ das man ſie vnter die Warſager vnd Zauberer gerechnet: wie denn inſonder-
heit beym Propheten Eſaia am 47 Capitel ein heller Spruch wieder ſolche
Sterngucker vnd Meiſter des Himmelslauff iſt/ welche nach den Monden ſich
vnterſtanden zu rechnen/ was vber die Stadt Babel kommen ſolte. Vnd weil
ſolche fuͤrwitzige Leute hernach nicht gern jhrer vermeynten Kunſt einen ſolchen
boͤſen Nahmen guͤnnen wolten/ haben ſie ſich mit einem anſehnlichen Nahmen
vermummet/ vnd ſich Mathematicos genennet. Es hat aber auch dieſer Na-
me ſie nicht geholffen/ ſondern jhre Kunſt iſt in Keyſerlichẽ ſo wol/ als in Baͤpſt-
lichen Rechten verboten. Jn Kaͤyſerlichen Rechten werden die Mathematici
vnd malefici in einen Titel geſetzt l. 2. C. da geſchrieben ſteht: Artem Geome-
triæ diſcere atque exercere publicè intereſt: ars autem Mathematica da-
mnabilis eſt \& interdicta omninò:
An der Geometriſchen Kunſt vnd dero
uͤbung iſt dem gemeinen nutz gelegen/ Aber die Mathematiſche Kunſt iſt ver-
damlich vnd gantz verboten. Das aber allhie durch die Mathematiſche Kunſt
das Nativitet ſtellen vnd Aſtrologia verſtanden werde/ iſt leicht außm Jure Ca-
nonico cauſ. 26. q. 2. c.
6. zu ſehen/ da dieſe Wort ſtehen: Neque illi ab hoc
genere ſuperſtitionis pernicioſæ ſegregandi ſunt, qui olim Genethliaci
propter natalium dierum conſiderationes, nunc autem vulgò Mathema-
tici vocantur \&c. Tacitus 1 Hiſtoriar.
nennet dieſe Sterngruͤbler Mathe-
maticos, genus hominum potentibus infidum, ſperantibus fallax.
Wel-
chen vielmahl die Stadt Rohm verboten. Derwegen dieſe vnd viel andere lo-
ca,
da bey vornehmen Scribenten den Mathematicis vbel nachgeredet wird/
eigentlich nicht von der waren Mathematica, nicht von der wahren Aſtrono-
mia,
ſondern von der fuͤrwitzigen Aſtrologia vnd Genethliaca oder Nativitet
ſtellen zuverſtehen ſein. Deñ es iſt das Nativitet ſtellen/ vnd zukuͤnfftiger dinge
Prognoſticon, eben ſo wenig eine ſpecies Mathematicæ, als wenig Aſtrono-
mia
iſt eine ſpecies Phyſicæ.


Nun kuͤrtzlich reca pitulirende: Ein anders iſt Matheſis oder Mathema-
tica,
ein anders Aſtrologia vnd Genethliaca. Ein Mathematicus darff kein
Calenderſchreiber/ kein Aſtrologus, kein Nativitetſteller ſein/ wenn er nicht ger
ne wil: Ein Nativitetſteller/ ein Aſtrologus, ein Calenderſchreiber/ der traun
was gruͤndlichs ſchreiben wil/ ſol billich ein zimlicher Phyſicus, ein zimlicher
Aſtronomus, Geographus, Arithmeticus vnd alſo ex parte ein Mathemati-
cus
mit ſein. Weil aber heute gar wenig ſolcher Calenderſchreiber vnd Progno-
ſti
canten gefunden werden/ So bleibt noch zwiſchen jhnen vnnd einem Mathe-
matico,
oder auch guten Aſtronomo ein mercklicher vnterſcheidt.


[]

II.
Ob
Aſtronomiazweyerley ſey/ nemlichGentilisdie Heyd
niſche/ vnd
ApocalyticaoderGratiædie Sternkunſt der Gna-
den vnd ſonderlicher Offenbahrung?


Aſtronomia, wie oben berichtet/ iſt eine Mathematiſche Kunſt von abmeſ-
ſung vnd berechnung des Him̃elslauff/ vnd deſſen was aus demſelben lauff
vnwandelbar entſpringet/ nemlich der Aſpecten/ der Finſterniſſen/ der Gezeiten.
Dieſes iſt eine vhralte/ nuͤtzliche/ herrliche/ Gott wolgefellige kunſt/ durch welche
Gottes Ehr vnd Allmacht erzehlet vnd erkleret wird. Der ſie deßhalben auch
anfenglich nicht Heyden/ ſondern den erſten Ertz Vaͤtern offenbahret vnd mit-
getheilet/ wie beym Joſepho vom Ertzvater Seth lib. 1. Ant. c. 3. vnd vom Ertz-
vater Abraham lib. 1. c. 9. zu leſen: Ja es darff Joſephus lib. 1. c. 4. wol ſchrei-
ben/ das Gott der HErr den Ertzvaͤtern fuͤr der Suͤndfluth/ vnter andern auch
vmb der Aſtronomiæ vnd Geometriæ willen/ dieſelben kuͤnſte deſto fuͤglicher zu
ergruͤnden/ ſo ein langes leben verliehen. Vnd das iſt die Aſtronomia, ſo vom
Patriarchen Abraham erſtlich den Egyptern mitgetheilet (Joſephus lib. 1. c. 9)
hernach zu den Chaldaͤern/ vnd ferner zu den Griechen/ vnd endlich auch durch
Gottes gnade zu vns gefloſſen. Man hat auch bißher von keiner andern Aſtro-
nomia
gewuſt/ ſondern dieſe iſt ſo wol von Chriſten/ als von Heyden fuͤr die eini-
ge erkandt vnd gehalten worden/ biß jtzo ſich ein ſonderbahrer Autor herfuͤr ge-
than/ welcher neben dieſer/ die er gleichſam mit veraͤchtlichem Namen Genti-
lem
oder die Heydniſche nennet/ noch eine andere zu haben vermeinet/ welche er
die Offenbahrte Gnaden Aſtronomiam nennet.


Nun moͤchte mancher dencken/ es were nicht vbel diſtinguiret: denn weil
andere Autores in andern Philoſophiſchen Kuͤnſten alſo gethan/ vnd Phyſi-
cam Chriſtianam, Ethicam Chriſtianam,
geſchrieben/ vnd alſo die gewoͤhn-
liche Phyſicam vnd Ethicam, als die von Platone, Ariſtotele vnd andern vor-
nehmen Heyden zuſam̃en getragen/ fuͤr Heydniſch halten: Warumb ſolt man
die Aſtronomiam, welche von Cleoſtrato, Metone, Calippo, Hipparcho,
Ptolemæo \&c.
zuſammen getragen/ nicht gleicher weiſe fuͤr Heydniſch halten/
vnd Aſtronomiam Chriſtianam oder Gratiæ ſubſtituiren? Darauff ſage ich/
das es hiemit nicht gleichen beſcheidt habe. Deñ in andern Philoſophiſchen di-
ſciplinis,
wie dieſelben von den Heyden zu vns gelanget/ iſt viel dings/ welchs
ſich mit Gottes Wort nicht einigen wil/ als die Lehr von der Welt anfang vnd
vergengligkeit/ vnd dergleichen mehr: Aber in der Aſtronomia iſt durch aus
nichts zu finden/ das Gottes Wort ſolte zu wieder ſein. Vnd ob ſie gleich von
P iijHeyden
[] Heyden vorzeiten iſt excoliret, ſo iſt ſie doch auch lang zuvorn von den allerer-
ſten Ertzvaͤtern/ wie gemeldet/ getrieben.


Jſt demnach keine andere Aſtronomia, vnnd mag auch keine andere zur
bahn gebracht werden/ als die einige. Denn die andere/ welche gedachter Autor
Aſtronomiam Gratiæ
vnd Apocalypticam nennet/ hat mit Aſtronomia gar
keine gemeinſchafft/ ſintemal ſie mit nichten deß Himmelslauff abmiſſet vnd be-
rechnet/ ſondern etliche zalẽ ausm Propheten Daniele/ vñ aus der Offenbarung
Johannis/ mit den zahlen des Him̃els vergleicht/ diefelben darnach nicht nach
Aſtronomiſcher/ ſondern Gauckeliſcher Art in einander ſo lang wickelt vnd flech
tet/ biß eine zahl herfuͤr koͤmt/ ſo dem Autori zu ſeinem Propoſito dienlich: item
ſie legt jhrem gutduͤncken nach etliche Propheceyungen der Offenbahrung Jo-
hannis/ des Propheten Daniels vnd des vierden Buchs Eſdræ auß.


Wenn der Autor durch Aſtronomiam Gentilem eigentlich die Progno-
ſticationes Aſtrologicas
verſtuͤnde/ ſo geb ich gerne nach/ das dieſelben/ wie ſie
heute von den meiſten getrieben werden/ mehr Heydniſch denn Chriſtlich ſind/
woruͤber ich vorhin ſchon offmals geklage. Hergegen aber iſt der ſach noch
nicht geholffen mit dem/ das man die zahlen/ Bilder vnd Weiſſagungen Danie-
lis/ Johannis/ Eſdræ mit den zahlen vnd Bildern des Himmels vergleiche:
Denn bey ſolcher außlegung flechtet ſich ebenmeſſig die Heydniſche Mytholo-
gi
ſche Aſtrologia kraͤfftig ein/ wie auß dieſes Autoris ſchrifften hin vñ her gnug
ſam zuſehen. Aſtrologia iſt eine diſciplina, ſo auff das Liecht der Natur ge-
gruͤndet: Die rechte außlegung aber der Weiſſagungen in heiliger Schrifft iſt
kein natuͤrlich/ ſondern viel ein hoͤher Werck. Darumb ſol es beydes nicht ver-
menget werden. Sind ſolcher Scribenten außlegung vnd Weiſſagungen von
Gott/ ſo bleiben ſie/ wie die Propheten Gottes zu thun pflegen/ in jhren termi-
nis,
vnd beweiſens nicht durch 3 vnnd 4/ durch den Schlangenkopff Meduſæ,
durch das auffgeſperte maul Antinoi, durch den ſpieß Bootis \&c. Sondern
durch des HERREN Wort.


III.
Was
Cabalaſey/ was ſie fuͤr gemeinſchafft mit derAſtro-
logia
habe/ vnd ob ſie auch in anderer als Hebreiſcher
Sprach gegruͤndet?


DAs wort Kabala koͤmpt her vom Hebreiſchen Kibbel, welchs zu Latein
heiſſet Accepit, Excepit. Vnd iſt eine Theologia ſymbolica, oder tieff-
ſinnige auff eigentlichen verſtand des Hebreiſchen Buchſtabs gegruͤndete auß-
legung der heiligen Schrifft/ wie ſie Moſes aus dem munde Gottes gehoͤret
oder
[] oder empfangen/ vnnd wie ſie von Gott den heiligen Propheten eingegeben.
Johannes Reuchlinus (aliàs Capnio) hat davon drey Buͤcher geſchrieben/
die von dieſer kunſt verſtendigen gar hoch gehalten werden/ aus welchen ich
auch dieſe beſchreibung der Kabalæ geſchoͤpfft.


Weil ſie dann jhre eigne Fundamenta, nemlich den Hebreiſchen Buch-
ſtab hat/ ſo iſt es keine Philoſophiſche ſondern Theologiſche kunſt: vnnd hat
alſo mit der Sternkunſt nichts zu thun/ außgenommen das ein guter Cabaliſt
auch wol koͤñe zugleich ein guter Aſtronomus vnd Aſtrologus ſein/ gleich wie
ein guter Theologus auch wol zugleich ein guter Philoſophus ſein kan.


Es iſt aber die Cabala niemals gemein worden/ auch von den Juden we-
nig oder nichts davon geſchrieben/ ſondern ſie iſt nur muͤndlich auff die Nach-
kom̃en fortgepflantzet worden/ vnd alſo ſtets eine geheime/ verborgene/ vnd von
gar wenig Leuten getriebene Kunſt geblieben/ weil auch nicht eines jeden iſt/ die
heilige Schrifft nach hoͤchſtem verſtandt des Hebreiſchen Buchſtabs außzule-
gen: Biß endlich in dieſen letzten Jahren ſich Leute gefunden/ welche die Kunſt
wollen gar gemein machen/ vnd davon laſſen Schrifften außgehen/ darinnen
ſie die Cabalam auch auff Deutſche vnd Lateiniſche Sprach vnd zahlen ver-
meynen zu gruͤnden.


Es Cabaliſiren aber ſolche Cabaliſten nicht auff einerley manier. Deñ
etliche nehmen die Buchſtaben des Deutſchen oder Lateiniſchen Alphabeths/
vber die Buchſtaben entweder ſehlechts nach der Ordnung die zahlen 1. 2. 3. 4.
5. etc.


Alſo:

123456789101112131415161718
ABCDEFGHIKLMNOPQRS
1920212223
TVXYZ

Oder aber gehn mit den erſten zahlen nur biß 10/ ſteigen darnach jmmer durch
10 vnd 10 biß 100/ entlich jmmer durch 100 biß zum end/ alſo:


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 20 30 40 50 60 70
ABCDEFGHIKLMNOPQ
8090100200300400500
RSTVXYZ

Vnd wenn ſie etwas cabaliſiren wollen/ nehmen ſie an ſtatt der fuͤrgenom-
menen oder fuͤrgegeben Buchſtaben jhre obenverzeichnete zahlen/ vnd ſummi-
ren dann dieſelben/ eben wie in den alten Planetenbuͤchern gelehret wird. E-
xempels weiſe:


auff
[]
auff die erſte art:auff die ander art:
E 5E 5
L 11L 20
I 9I 9
A 1A 1
S 18S 90
44125

Es iſt aber beydes ein recht lappenwerck. Denn wenn das ſolte cabaliſi-
ret
heiſſen/ So weren alle vmbſtreichende Planetenleſer Cabaliſten: alß die da
auß alten Planetenbuͤchern durch eines Menſchen vnnd deſſen Vaters Tauff-
nahmen/ auff dieſe weiſe/ deſſelben Menſchen Planeten ſuchen/ oder durch zwey-
er Ehleute Tauffnahmen ſuchen/ welcher von beyden lenger leben werde: alleine
das die Planetenleſer von der ſum̃irten zahl 9 wegwerffen/ ſo offt ſie koͤnnen.


Andere greiffen dieſe ſache weit kuͤnſtlicher an. Nemlich ſie verzeichnen
die Buchſtaben nach einander nit mit den ſchlechten zahlen 1. 2. 3. 4. 5. etc. ſon-
dern mit dero Trigonal zahlen/ vnd cabalaſiren dann durch dieſelben wie obge-
meldet. Es ſind aber die Trigonalzahlen der erſten 23 Radicum, vnd alſo der
23 Buchſtaben deß Lateiniſchen Alphabets dieſe:


1 2 3 6 10 15 21 28 36 45 55 66 78 91 105 120 136
A B C D E F G H I K L M N O P Q R
153 171 190 210 231 253 276
R S T V X Y Z

Dem dentſchen Alphabeth gibt man auch ein W, vnd alſo werden der Buch-
ſtaben 24/ vnd iſt die letzte Trigonalzahl 300.


Dieſe art deß Lateiniſchen Alphabets hat erſtlich erfunden/ der vortreffliche
Rechenmeiſter Michael Stifelius, zun zeiten des Schmalkaldiſchen Kriegs.
Jhn haben hernach andere imitiret, inſonderheit Abraham Schoͤnwaldt An-
no
1572/ vnd fuͤr 2 Jahren Johannes Hoͤrner Medicus Chymicus zu Heyl-
brunn. Dieſe alle haben durch dieſe Trigonalzahlen ſehr viel ſpruͤche vnd redẽ/
ſo wol aus H. Schrifft als auch andere/ gar artig zuſammen gefugt. Wiewol
Stifelius vnd Schoͤnwaldt dieſes nicht eine Cabalam, ſondern ſchlechts eine
wunderbare Wortrechnung nennen. Vnd gewißlich iſt ſie wunderbar vnd kunſt
reich: denn ſie die Geheimnißzahlen im Daniele vnd in der Offenbarung Jo-
hannis/ in vnterſchiedlichen ſpruͤchen auff gewiſſe Zeiten vnd Perſonen mit ver-
wunderung deutet.


Aber wie kunſtreich vnd wunderbar dieſe Wortrechnung iſt/ ſo ſind doch
jhre
[] jhre Spruͤche nicht argumenta probantia, ſondern nur plauſiblia vnd luſus
felicium ingeniorum,
wie die Chronodiſticha vnnd Anagrammata zu ſein
pflegen. Denn 1. kan man dergleichen Reden/ die eben die zahlen halten/ in par-
tem contrariam
erfinden/ wie ich mehr deñ ein exempel verſucht. 2. Kan man
eine falſche zahl erwiſchen/ vnd einen Sententz drauff erfinden/ durch welchen
dieſelbe zahl als gerecht beſtetigt wird. Zum Exempel/ da Hôrnerus etliche Zeit
ſpruͤche ſetzet/ dadurch er behaubten wil/ das dieſe Cabala (ſo nennet er ſie) auch
mit der Hiſtoriſchen warheit vbereinſtimme/ vnd es gewiß dafuͤr helt/ das der
HErr Chriſtus in keinem andern Jahr der Welt als im 3962ſten gebohren
ſey/ weil dieſer Spruch/ Hoc anno mundi naſcetur Salvator ille hominum
ex Maria,
vnd noch 3 oder 4 dergleichen andere eben die zahl 3962 nach geſag-
ter Trigonalart in ſich halten: Da doch Chriſtus mit nichten im 3962ſten
Jahr der Welt/ wie er Hôrnerus vnnd etliche andere vermeinen/ ſondern im
3947ſten gebohren/ wie ſolchs nicht allein in Joſephi Scaligeri aureo Opere
de emendatione Temporum
erſtlich angedeutet/ ſondern auch newlich in O-
pere Chronologico Sethi Calviſii
vnd in Chronologica Manuductione Jo-
hannis Behm
(welche beyde Opera, calculo infallibili demonſtrata, billich
allen Hiſtoriarum \& Chronologiæ Studioſis lieb ſein ſollen) mit vnwieder-
treiblichen documenten dargethan worden. Vnd damit es auch nicht an ver-
meinter Cabala mangele/ ſo haben dieſe wort/ Iſto anno mundi naſcitur Chri
ſtus virgine Maria,
oder auch (damit man ſehe/ wie leicht ſich dieſe wortrech-
nung lencken vnd verdrehen laſſe) dieſe folgende/ Ecce illo anno mundi naſce-
tur Salvator hominum ex Maria,
nach obgeſagter art ebẽ die Jahrzahl 3947.
Aus welchen vnd andern mehr exempeln (die hie nicht raum haben) leicht zu
ſehen/ das auff dieſe Wortrechnung nicht gewiß zu bawen. Vnd weil ſie ſich al-
ſo leicht hin vnd wieder lencken leſſet/ kan ich ſie fuͤr keine richtige Cabalam erken
nen/ Sondern gleichwol fuͤr eine ſchoͤne kunſtreiche ergetzligkeit/ nicht aus
natuͤrlichen Zahlbuchſtaben/ ſondern aus figuͤrlichen Kunſtzahlen erfunden.


Ein andere beſchaffenheit hats mit der Hebreiſchen vnnd Griechiſchen
Sprach. Denn da werden die gebreuchlichen zalen alle/ entweder mit gantzen
woͤrtern/ oder doch mit gebreuchlichen Buchſtaben geſchrieben. Zum exempel/
wenn der Griech die zahlen 1. 2. 3. 4. 5. etc. ſchreiben wil/ ſo kan er ſie mit kei-
nem andern charactere ſchreiben als mit α. β. γ. δ. ε. \&c. Alſo auch der Hebre-
er in ſeiner ſprach.


Derhalben ichs dafuͤr halte (ſalvo tamen quorumvis aliorum judicio)
das dieſe Trigonal Cabala (ſo ſie den Namen fuͤhren ſol) zwar auff die Hebrei-
ſche vnd Griechiſche/ aber wenig auff die Lateiniſche vnd Deutſche ſprach ſich
Qſchicke.
[] ſchicke. Wil doch die kuͤnſtliche Arbeit hiemit nicht vernichten/ ſondern nach jh-
rem werth gelobet haben.


IV.
Was die
Aſtrologifuͤr vrſachen gehabt/ die 12 Himliſchẽ
Zeichen nach den eigenſchafften der 4 Qualiteten/ Complexionen/

vnd Elementen/ Warm/ Kalt/ Feucht vnd Trucken/
abzutheilen?


Erſtlich muß ich die Ordnung der abtheilung wiederholen:


1. ♈.5. ♌.9. ♐.Die Fewrige Triplicitet:Warm vnd Trucken.
2. ♉.6. ♍.10. ♑.Die Jrrdiſche:Kalt vnd Trucken.
3. ♊.7. ♎.11. ♒.Die Lufftige:Warm vnd Feucht.
4. ♋.8. ♏.12. ♓.Die Waͤſſerige:Kalt vnd Feucht.

Die vrſach ſolcher abtheilung iſt vornemlich dieſe/ das die alten vermey-
net/ das des Gewitters verenderung allein vom Himmel herruͤhre. Vnd weil
des Gewittters viererley art/ nach art der 4 Elementen/ haben ſie drauß ge-
ſchloſſen/ das die 12 Himliſchen zeichen/ ſo mit den Planeten des Gewitters vor-
nehmſte vrſachen weren/ dergleichen eigenſchafften muͤſten an ſich haben/ oder
ja wircklich außgieſſen.


Warumb ſie aber nicht je drey auff einander folgende zu einerley Com-
plexion
gezogen/ vnd zum exempel die drey Sommerzeichen nicht zur fewrigen/
die drey Herbſtzeichen nicht zur Waͤſſerigen Triplicitet geordnet/ ſol die vrſa-
che ſein/ damit nicht 3 zeichen fuͤr eins gehalten wuͤrden.


Ferner warumb denn dieſes zeichen eben dieſe Complexion, das ander e-
ben dieſe vnd nicht eine andere/ haben muͤſſen/ als/ warumb der Waſſermann
nicht feuchter/ der Stier nicht hitziger natur ſey/ daruͤber ſind die guten alten/
wie auch jtzige/ Aſtrologi ſelbs vntereinander nicht einig. Denn etliche ſpre-
chen/ weil ein Wieder/ ein Loͤw/ ein Centaurus (halb Menſch halb Roß) wel-
cher am Him̃el den Schuͤtzen abbildet/ hitziger natur ſind: item weil ein Krebs/
ein Fiſch/ ein Scorpion/ Waſſerthiere ſind: (welchs mir doch vom Scorpion
nicht ein wil) ſo ſey billich den Himliſchen bildern/ die ſolche Thiere figuriren/
ſolcher Thiere natur angerechnet. Andere bringen ſubtilere vrſachen zur bahn/
welche vrſachen auff dieſes fundament gegruͤndet/ das man die 12 zeichen in 6
par oder Ehgattungen abgetheilet/ ſo das je ein maſculinum vnd fæmininum,
ein Maͤnnlichs vnd Weiblichs ordentlich bey einander wohnen/ ♈ ein Maͤnn
lein/ ♉ ein Weiblein/ ♊ wiederumb ein Maͤñlein vnd ſo fortan. [Hie kan
ſtracks
[] ſtracks jemand billich fragen/ was fuͤr grund dieſer Ehliche bandt der 12 Zei-
chen habe: Drauff antwortet Ptolemæus, das/ weil die zeiten in jmmerweren-
de abwechſelung des Tags vnd der nacht vnterſchieden/ haben die alten daher ge
legenheit genommen/ die 12 zeichen/ weil jhre zahl gerad iſt/ in 6 ehliche par zu
vertheilen/ ſo das jeglich Maͤnnlein ſein Weiblein habe/ vnd das die maͤnnlein
zugleich taͤgliche zeichen/ ſigna diurna, die Weiblein naͤchtliche/ nocturna, heiſ-
ſen ſolten. Wer ſich nun an dieſer antwort Ptolemæi nicht benuͤgen leſſet/ dem
weiß ich nicht zu helffen.] Weil nun 12 Zeichen/ vnd 4 Element ſind/ vnd man
nicht die 3 nechſtanffeinander folgende wollen einem Element anrechnen/ ſo hat
man den Thierkreiß in Triangel oder Drittpart ausgetheilt/ vnd jedes Trian-
gels
dreyen ecken drey Zeichen einerley Complexion (jedem eck ein Zeichen)
zugeordnet. Vnd weil das Element deß Fewers alle dinge lebhafft macht/ auch
der Wieder ein Fruͤhlingszeichen iſt/ in welchem die Sonn allen den Winter
vber erſtorbenen dingen das leben wiederbringt/ Alſo ſteht billich im erſten eck
des Triangels der Wieder/ vnd wird von dieſem anfang derſelbe gantze Trian-
gel
der Fewrige genannt: die andern beyden zum Fewrigen ∆ gehoͤrigen Zei-
chen ſind/ der Loͤw/ vnd der Schuͤtz/ ſo das jeglichs vom andern/ vmb das dritt-
part des Himmels abgelegen/ vnd alſo alle drey ♈/ ♌/ ♐/ mit jhren ſtellen
gleichſam drey ecken eines Triangels machen. Eben alſo ſind die andern drey
Triangel vnd jhre Zeichen diſponiret/ wie aus obiger vorſtellung zu ſehen.


Warumb folgt aber nach der fewrigen Triplicitet ſtracks die Jrrdiſche?
oder warumb iſt der ♉/ ♍ vnd ♑ nicht lufftiger natur/ weil doch nachm
Element des Fewers das Element der Lufft folgt? Hierauff antwortet Albu-
maſar, Qualitatem activam,
als da ſind Waͤrme vnd Kaͤlte/ nobiliorem eſſe
paſſiva:
Alſo hab nach der hitz erſtlich die kaͤlte folgen muͤſſen/ weil auch dieſelbe
Qualitet gegen der vorhergehenden (der Waͤrme) ſo eine beſchaffenheit habe/
als die nacht gegen dem tage/ als das Weiblein gegen dem Maͤñlein: von wel-
cher Ehparung ſchon oben gemeldet.


Weil aber jedes par zeichen ſol ſein wie Maͤnnlein vnd Weiblein/ warumb
iſt denn der Stier/ als das Weiblein/ nicht kalt vnd feucht/ weil dieſe comple-
xion
der Weiblein vnd der Nacht eigen iſt/ wie Warm vnd Trucken der Maͤnn-
lein vnd des Tages? Albumaſar hat auch drauff antwort/ vnd hilfft jhn Kepp-
lerus
fort/ neinlich/ Gleich wie Mann vnd Weib einerley materialia Menſch-
liches Leibes haben/ aber beyde geſchlechter mit den formalibus vnterſchieden
ſind/ Alſo ſey es billich/ das ♈ vnd ♉ einerley qualitates paſſivas tanquam
materiales,
nemlich das Trucken/ an ſich haben/ aber mit qualitatibus activis
tanquam formalibus,
welche ſind Waͤrme vnd Kaͤlte/ vnterſchieden ſein.


Q ijDiß
[]

Diß ſind alſo die vrſachen/ welche die Alten gehabt/ die 12 Himliſche Zei-
chen in die 4 Elementiſche Tripliciteten zu vertheilen. Weren andere verhan-
den/ ſo hett ich ſie herfuͤr gebracht. Wer gegen Aſtrologiam ſehr entzuͤndet iſt/
der wird leichtlich ein gnuͤgen vñ gefallen dran haben. Wer aber dieſes alles fuͤr
Puppenwerck haltẽ wil/ der kan mich leicht vberredẽ/ dz ich jm geſellſchafft leiſte.


Was aber die zuſammenkunfften der beyden obeiſten Planeten ♄ vnd ♃
in der Fewrigen oder einer andern Triplicitet betrifft/ hats damit ein andere ge-
legenheit: denn da kommen die realia hinzu/ nemlich conjunctæ radiationes
Planetarum
aus einem Ort des himmels/ da ſie in langen Jahren nicht bey-
ſammen geweſen/ vnd da ſie alsdann nicht/ wie die andern Planeten/ bald von
einander ſcheiden/ ſondern eine raume zeit beyſammen bleiben/ wie ich zu ſeiner
zeit weitleufftiger/ wils Gott/ berichten wil.


V.
An lux Solaris ſufficiat irradiando toti huic Univerſo?

Ob der Sonnen Liecht/ als alles Liechts brunquell/ Himmel vnd
Erden/ vnd alſo die gantze Welt gnugſam erleuchten koͤnne?


GEmeiniglich wird ja geantwortet/ außgenommen das ſie das jenige nicht
erleuchten koͤnne/ welches im Schatten des Erdbodens vnnd des Mond-
Coͤrpers begriffen: Sonſten ergieſſe ſie jhr Liecht in die euſſerſten geſtirnten
Himmel/ ſo wol vber als vnterſich. Was vom Schatten der Erden vnd des
Monds geſagt wird/ iſt keinem ſchwer zuverſtehen/ wenn er bedenckt/ das ein jeg-
lichs vndurchſichtigs ding von der Soñen hindan einen ſchatten wirfft. Sol-
che vndurchſichtige ding ſind auch freylich der Erdboden (in welches Schat-
ten der Mond pflegt verfinſtert zu werden) der Coͤrper des Monds (welcher
ſchatten vns pflegt bey hellem tage die Sonne zu verdecken/ vnd alſo eine Son-
nenfinſterniß zu machen) wie auch die Coͤrper der andern 5 Planeten/ wie ich
ſolchs fuͤr 3 Jahren dargethan. Was nun durch dieſe vndurchleuchtige Coͤr-
per vberſchattet wird/ das kan die ☉ nicht erlenchten.


Das ſie aber auſſer dieſen Schatten die gautze tieffe des Himmels erleuch-
ten ſol koͤnnen/ drann zweifele ich gar ſehr/ denn die Optica vnd Doctrina ∆-
lorum
wil ſolchs nicht zulaſſen. Optica ſagt (wie auch die tegliche erfahrung)
das ein ſichtbares ding je weiter es vom geſicht abgelegen/ je kleiner es ſcheine/ vñ
je weniger es das geſicht afficire: vnd alſo ein Leuchtendes Corpus je weiter es
abgelegen/ je weniger vnd ſchwaͤcher erleuchten ſeine ſtralen die weit abgelegenẽ
dinge. Nun wollen wir beſehen 1. wie weit von der Sonnen hinauff an die Fe-
ſten Sternen des Firmaments ſey/ vnd wie groß die Sonne ſcheinen moͤchte ei-
nem/
[] nem/ der ſie oben vom Firmament herab anſchawete. 2 Wie weit von der Son-
nen herab den Erdboden fuͤruͤber/ biß in das gegentheil des Firmaments ſey/
vnd wie groß die Sonn einem/ der alda geſeſſen/ ſcheinen moͤchte. Nach Ty-
chonis Aſtronomi
ſchen fuͤndamenten hat der ſemidiameter ☉ 5⅕ ſemidia-
metros
der Erden. Von der Erden biß an die Sonne/ wenn ſie in jhrem mit-
telſtandt iſt/ ſind 1150. ſemidiametri der Erden/ [jeglicher ſemid. hat 860
deutſche meilen.] Von der Erden biß hinauff ans Firmament 14000 ſemidd.
terræ.
Alſo ſind von der Sonnen biß ans Firmament 12850 ſemidd. terræ.
Hieraus gibt doctrina ∆lorum, das einem/ der vber der Sonnen am Firma-
ment ſchwebte/ die Sonne kaum 2 min. 46. ſec. das iſt kaum wie Jupiter groß
ſcheinen wuͤrde. Nun gibt ♃ zwar ein hellẽſchein/ aber der ſchein iſt hie auff Er-
den etwas zu erleuchten viel zu wenig. Weiter/ von der Sonnen biß herab zur
Erden/ ſind 1150 ſemidd. terræ, dazu addire 14000 von der Erden biß ins ge-
gentheil des Firmaments/ ſo haſtu von der ☉ biß in daſſelbe gegentheil 15150
ſemidd. terræ. Daraus folgt/ das einem aus demſelben gegentheil des Firma-
ments die ☉ nur 2 min. 16. ſec. das iſt ohngefehr ſo groß/ als vns jtzo die groͤſten
Sternen des Firmaments ſcheinen/ wuͤrd anzuſehen ſein. Das wuͤrde daſelbſt
zwar wol zu ſehen ſein/ aber was wuͤrd es daſelbſt erleuchten? vnnd ſolchs alles
nach Tychonis Aſtronomia. Wenn wir der Alten Aſtronomiæ folgen ſol-
ten/ ſo wuͤrde die ☉ noch weit kleiner anzuſehen ſein. Das jemandt ſagen moͤch-
te/ der ☉ Liecht were heller vnd ſtercker/ als anderer Sternen/ darzu ſage ich/ dz
ſolchs in jtzigem ſtande der Sonnen alſo ſey: Darumb hat GOtt der HErr
dieſes helle Liecht nicht weit hinauff vber alle andere Planeten geſetzt/ ſondern
mitten jnne/ auff das dadurch dieſe Niedere Welt zur gnuͤge erleuchtet vnd er-
quicket wuͤrde: Darumb hat Gott auch den Mond/ das kleine Liecht/ noch ſo
viel neher herunder geſetzt/ auff das es die Niedere Welt des Nachts/ dazu es
erſchaffen/ deſto baß erleuchten moͤchte.


Derhalben ſehe ich nicht/ wie die meynung beſtehen koͤnne/ das nemlich die
Sonn die gantze tieffe des Himmels erleuchte. Viel weniger beſteht Patritii
meynung/ das nemlich die Sonn erleuchte auch alles was vber allen Himmeln
iſt. Scilicet etiam extra mundum projici radios Solares. Der Liechtſtral
helt ſich in einem geſchickten medio, als in der vntern Lufft/ in der reinen ſubti-
len Himmels Lufft. Was iſt aber fuͤr ein medium dort außerhalb der Welt?
Vnd weil alles zu gewiſſem end erſchaffen/ wozu nuͤtzet dort der Sonnenſchein?
Die Engel bedoͤrffen ſein nicht/ ſie haben da viel ein ander Liecht/ zu dem weren
die Sonnenſtralen/ wenn ſie aus der Welt fuͤhren/ vnendlich/ da doch nichts in
der Welt vnendlich iſt/ ſondern binnen der Welt ſeine terminos vnd endſchafft
hat.


Q iijMit
[]

Mit dieſem diſcurs iſt der lieben Sonnen Herrligkeit nichts benommen/
ſondern ſie iſt vnd bleibt gleichwol das wunderſchoͤne Liecht/ durch welches Gott
der Schoͤpffer gepreiſet wird: Der es erſchaffen/ nicht das es dort eben das Fir-
mament/ ſondern das es die andern Planetenkugeln vnd dieſe niedere Welt er-
leuchten/ vnd daſelbſt ſeine Wirckung außgieſſen ſol.


Zum beſchluß geb ich den Philoſophis zubedencken/ weil alles zu gewiſſem
end erſchaffen/ vnd/ wie man ſagt/ die Sternen des menſchen wegen erſchaffen:
item weil die Sternen des Firmaments durchleuchtige allenthalben von ſich
[l]euchtende Liechter ſind/ was denn das Liecht nuͤtze/ das ſie in die tieffe des Him-
mels vber ſich werffen?


VI.
Woher es komme/ das wir Anno 1622. in einem Vollen
Monden Oſtern gehalten haben/ welches doch in der Chriſtlichen

Kirchen vngebraͤuchlich/ auch vom Concilio Niceno gar
ernſtlich verboten iſt?


ERſtlich erinnere ich/ was ich vorhin ſchon einmahl berichtet/ das nem
lich das Oſterfeſt im alten Teſtament von Gott ſelbs iſt eingeſetzt/ das es
ſolte gefeyret werden am 14 tage des erſten Monden/ Exodi 12. v. 4. Levit. 23
v. 5 Num. 28/ v.
16. Der erſte Mond aber im alten Teſtament war der Mond
Abib oder Niſan, in welchem Gott ſein Volck auß Egypten gefuͤhret hatte/ Exo
di 23. v. 15. \&c. 34. v. 18. Deuter. 16. v.
1. \&. 2. Dieſer Mond war im an-
fang des Fruͤhlings/ vnd war der jenige/ deſſen voll Mond einfiele/ wenn tag vnd
nacht gleich war/ oder zu nechſt hernach/ das iſt/ wenn die ☉ in den ♈ getreten/
Joſeph. lib. 3. Antiq. Jud. c. 10. Dieſe angeſetzte Oſterzeit haben auch die erſtẽ
Chriſten im Newen Teſtament gehalten. Aber etwan anderthalbhundert Jar
nach Chriſti Geburt/ hat ſich deßwegen zwiſchen den Aſiatiſchen vnd Europæi-
ſchen Kirchen ein groſſer Zwiſt erhoben/ Jn dem die Europæiſchen mit den Ju-
den durchaus nichts gemeins haben wollen/ ſondern die Chriſtliche Oſtern/ zu
ehren der Aufferſtehung Chriſti/ allezeit an einem Sontage gefeyret. Welches
auch endlich durchs Concilium Nicenum (300 Jahr nach Chriſti geburt)
iſt beſtetigt worden/ da die Canones Paſchales gemacht/ vnd geboten/ das in der
gantzen Chriſtenheit der Oſtertag an keinem andern tage/ als an einem Sonta-
ge ſol gefeyret werden/ Nemlich an dem Sontage/ welcher zu nechſt auff den
Juͤdiſchen Oſtertag (das iſt auff den voll Mond Niſan, wie oben geſagt) fol-
get. Vnd damit/ wenn etwan der voll Mond Niſan auff einen Sontag einfiele/
die
[] die Chriſten nicht zugleich mit den Juden Oſtern halten doͤrfften/ ſol man die
Chriſtliche Oſtern lieber auff den andern Sontag verſchieben.


Dieſem Decreto des Niceniſchen Concilii hat man bißher jmmer fleißig
nachgelebt/ ſo viel man gekundt. Weil aber damals Aſtronomia nicht ſo wol/
als bey den alten Griechen florirete/ vnd alſo des Monds Lauff nicht ſo gar kuͤn-
dig war/ hat man ſich beholffen/ ſo beſt man vermocht/ beydes mit alten von den
Griechen entlehneten/ als mit newen von etlichen Abten vnd Biſchoͤffen berech-
neten Cyclis Lunaribus, durch welche man vermeinet/ die New Monde vnnd
Voll Monde durchs gantze Jahr auff kuͤnfftige Zeiten vorher zu wiſſen/ daher
auch endlich die ſo genandte Guͤldne Zahl/ welchs ein Cyclus oder vmblauff von
19 Jahren iſt/ in brauch kommen. Es hat ſich aber dieſe Guͤldne Zahl in folgen-
den hundert Jaͤhrigen zeiten jmmermehr vnrichtiger erzeigt/ vnd die New Mon-
de zu vnſern vnd vnſer Vaͤter zeiten wol 4 oder 5 tage zu ſpaͤt angezeigt. Vmb
welcher vnd anderer wichtiger vrſachen willen faſt 200 Jahr her von Baͤpſten
vnd Prælaten auff eine Emendation des Calenders gedrungen. Biß endlich
Bapſt Gregorius XIII Anno 1582. durch ſeine Mathematicos zum Werck
gegriffen/ vnd das Oſterfeſt ſampt andern gezeiten durch publicirung des New-
en Calenders wiederumb auff die Canones des Niceniſchen Concilii zu rich-
ten ſich bemuͤhet. Vnd weil dieſelben Mathematici geſehen/ das die Guͤldne Zal
in die lenge das nicht præſtiren koͤnne/ wozu ſie geordnet geweſen: haben ſie da-
fuͤr einen andern Cyclum, der die Monſcheine gewiſſer anzeigen ſolte/ geordnet/
nemlich den Cyclum der Epacten. Nun were es zwar zu wuͤnſchen/ das die E-
pacten das theten/ wozu ſie eingeſetzt: aber ſie thuns nicht allzeit/ ſondern zeigen
die New Mond bißweilen ein tag zu fruͤe/ viel offter aber ein tag zu ſpaͤt: Daher
es auch koͤmt/ das die Oſtern des Newen Calenders zu fruͤe/ vnd mit den Ju-
den/ als Anno 1609 vnd Anno 1622/ bißweilen zu ſpaͤt/ als Anno 1629 ge-
halten werden. Das aber Anno 1622 die Juden mit vns auff einen tag zu-
gleich Oſtern gehalten/ zeiget nicht allein der richtige lauff des Monds/ vnd die
Ephemerides der Chriſtlichen Aſtronomorum, welche einhelliglich auff den
27 Martii newes Calend. ein Vollen Mond ſetzen (vnnd zwar den nechſten
nachm æquinoctio verno) ſondern es bezeugets auch die Juͤdiſche Calender-
Rechnung.


Annus enim æræ Chriſtianæ 1622. eſt annus æræ Judaicæ 5382, annus
Cycli Lunaris Judaici quintus, elapſis cyclis integris 283. Igitur


Fer.
[]
Fer. Hor. Scrup. Jud.
Novilunium Tohu2. 5. 204.
Cycli 200.5.22.200.
80. 5. 4. 80.
3. 1. 1. 705.
Ann. compl.4. 4. 23. 1057.
Fer. Hor. Scr.
Igitur Novilunium Tisri5. 9. 86.
Menſes 6.2. 4. 438.
Ergo Novilunium Niſan7. 13. 524.
Semimenſis14. 18. 396.
Fit Plenilunium Niſan1. 7. 920.

Ergo plenilunium
Paſchale feria prima. Sed cui diei Calendarii noſtri hæc feria prima com-
petit? Exceſſus Solaris Cyclorum 283. eſt dierum 17, hor. 2. ſcrup. 95. quæ
ſubtracta à 23. Septembris Juliano (quo Novilunium Tisri contigit anno
quinto Cycli primi) reliquunt diem Sept. 5. hor.
21. 995.


Hor.
hoc eſt, diem à Calendis Januar. 248. 21. 995
adde 6 menſes lunares 177. 4. 438
A ſumma 426. 2. 353 (rejectis ſc. 1080. ſcrupp.)
abjice annum integr. 365.
reſtat dies à Cal. Januar. 61.2. 353 h. e. 2. Martii Novil. Niſã
Adde ſemimenſem 14. 18. 396
Igitur die à Calendis Januar. 75. 20. 749. i. (more Judaico
pro horis 18 aſſumendo diem noſtratem integrum) die 76 ſive 17 Martii
Juliano (h. e. 27 Gregoriano) Plenilunium Niſan.

So fellet nun der Oſterliche Voll Mond nach warer Aſtronomiſcher/ ſo
wol Chriſtlicher als Juͤdiſcher Rechnung/ auff den Sontag/ welcher iſt der 27.
Martii newes Calenders. Was ſagen nun die newen Epacten? die Guͤldne
zahl des 1622. Jahrs iſt 8/ die gibt Epacten des newen Calenders 18. Dieſe
Epacten zeigen den Oſterlichen New Mond oder den erſten tag des erſten Kir-
chen Monds den 13 Martii, vnd alſo den 14 tag des erſten Monden/ oder den
Oſterlichen voll Mond den 26 Martii an einem ſonnabend: vnd alſo feyret man
den ſontag hernacher/ nemlich den 27 Martit, dan Oſterfeſt/ zugleich mit den
Juden.


Nun
[]

Nun iſt der Bapſt wegen ſolcher vnordnung wol entſchuldigt/ ſintemal
ſein intent iſt gut geweſen/ Nemlich die Zeiten wiederumb in jhre alte richtig-
keit zu ſetzen. Aber ſeine Mathematici, denen er diß große Werck hat vertrawẽ
muͤſſen/ hettens wol kuͤndt anders machen/ wenn ſie nit lieber hetten wollen auff
die alte Geige der Cyclorum, als auff den warhafftigen Lauff des Monds ſe-
hen. Die Calender vnd Kirchen Rechnung ſol ſich nach des Monds Lauff re-
guliren,
vnd nicht des Monds Lauff nach der Calender oder Kirchẽ Rechnung.
Wenn Lilius vnd Clavius ſolches dem Bapſt recht hetten fuͤrgebracht/ ohn
zweifel wuͤrde er/ der jhnen ſonſt bey dieſem Werck allen glauben gegeben/ fuͤr
den zweifelhafftigen Cyclum Epactarum, leichtlich den calculum Lunarem
fundamentalem
zugelaſſen haben. Es were auch die Rechnung nicht allein
richtiger/ ſondern auch jhnen leichter geweſen. Deñ wie ſolte Clavius, ein Mañ
in allen Mathematiſchen Kuͤnſten ſo geuͤbt vnd vortrefflich/ wie ſeine andern O-
pera
bezeugen/ nicht leichter haben Ephemerides der Sonnen vnd des Monds
auff 100 vnd mehr Jahr calculiren koͤnnen/ als das er (welchs jhm hernach
auff den hals kommen) ſo eine muͤhſame weitleufftig Apologiam Calendarii
Gregoriani
ſchreiben/ auch allen/ ſo wider den newen Calender geſchrieben/ ant-
worten vnd ſich operoſo magis quam utili labore verthedigen muͤſſen? Jch
zweiffele auch nicht/ wenn Clavius gewuſt hette/ das er mit dem Cyclo Epacta-
rum
ſo viel ſolt haben zu thun bekommen/ er hette den Cyclum ein gut Jahr
laſſen haben/ vnd dafuͤr Ephemerides Lunares (oder ja nur Plenilunia Pa-
ſchalia ex ipſo motu lunari
auff 100 ja 1000 Jahr calculiret. Vnnd war-
lich es iſt auff keinen Cyclum Lunarem zu bawen/ denn ſie zeigen auch in den
Jahren/ da ſie nimmer fehlen ſolten/ bald zu fruͤe/ bald zu ſpaͤt. Zum exempel:
Anno 1622. zeigen die newen Epacten den Oſterlichen new Mond am 13/ den
voll Mond am 26 Martii/ da doch der ware Aſtronomiſche calculus den new-
Mond einen tag fruͤer/ den voll Mond einen tag ſpaͤter gibt. Hingegen zeigt kuͤnff
tig Anno 1629 die Epacta 5 den Oſterlichen new Mond am 26 Martii, vnd al-
ſo den voll Mond am 8 Aprilis an einem Sontage/ deßhalben die Oſtern 8 ta-
ge lenger verſchoben werden: da doch der ware New Mond den 24 Martii vnd
der vollmond den 7 Aprilis, am Sonnabendt/ einfellet/ alſo das man den O-
ſtertag billich ſtracks den 8 Aprilis feyren ſolte.


Solche vnd andere fehler des newen Calenders (der gleichwol ſonſten
weit richtiger als der alte) ſind von vielen beruͤhmbten Mathematicis lengſt
angezeigt: Aber iſt zu lang gewartet/ vnd keine andere emendation zu hoffen/
ſondern wir muͤſſen/ groͤſſeren zwiſpalt in der Kirchen zuverhuͤten/ an der vori-
gen/ ob ſie gleich zuweilen etwas anſtoſſet/ vns genuͤgen laſſen.


RAus
[]
[figure]

Aus dem Prognoſtico des 1623.
Jahres.


I.
Ob die erſten Ertzvaͤter nicht allein des Himmels lauff
zu erkuͤndigen/ ſondern auch aus demſelben lauff zukuͤnfftige

dinge zu weiſſagen jhnen haben laſſen angelegen ſein?


DAß die erſten Ertzvaͤter auch fuͤr der Suͤndflut groſ-
ſen fleiß auff die Aſtronomiam, des Himmelslauff zu erkundigen/ ange-
wandt/ bezeuget Joſephus im erſten Buch von Alten Judiſchen Geſchichten
am 3. vnd 4. Cap. an beyden nicht weit vom ende. Weil aber heutigs tags etli-
che meynen/ Aſtronomia koͤnne nicht perfect ſein/ auch nicht zu rechtſchaffe-
nem endlichen nutz gebraucht werden/ es ſey dan das man auch daraus zuluͤnff-
ge dinge prognoſticiren lerne/ erachten ſie/ es werden daſſelbe auch die heiligen
Vaͤter gethan haben. Vnd ſteht zwar an obgemeldten 3. Cap. das Seth vnd
ſeine Nachkommen/ weil ſie von Adam gehoͤret/ daß er. zweyerley vn-
tergang der Welt verkuͤndigt hatte/ einen durchs Waſſer/ den
andern durchs Fewer/ haben ſie zwo Seulen auffgerichtet etc. darann ſie jhre
Inventiones vnnd erfindung der Kuͤnſte/ den vberbleibenden Nachkommen zu
gute verzeichnet. Da meynet man/ daß vnter denſelben inventionibus auch
werden prognoſtica zukuͤnfftiger dinge geweſen ſein: Jtem/ Adam werde den
vntergang der Welt aus dem Geſtirn geweiſſagt haben/ angeſehen daß er ohn
zweifel ein guter Aſtronomus geweſen: Jtem/ weil Enoch einer von den Nach-
kommen Seths (atnepos Sethi) geweſen/ vnd viel Weiſſagungen hinder jhm
verlaſſen/ vnd aber Eupolemon in ſeinem Buch von den Juden ſchreibt/ daß
dieſer ſey/ welchen die Griechiſchen vhralten Chronicken den Atlantem vnd er-
ſten Sternſeher nennen/ ſey es wol glaͤublich/ das Enoch viel Weiſſagungen
werde aus des Himmelslauff genommen haben. Aber dieſes alles ſind bloſſe
muhtmaſſungen/ vnnd werden ohn zweifel Adams vnd Enochs Weiſſagungen
aus einem viel hoͤhern Himmel hergefloſſen ſein: Wird auch von Weiſſagun-
gen
[] gen aus dem geſtirnten Himmel nicht ein fußſtapffen fuͤr der Suͤndfluht zu fin-
den ſein. Nach der Suͤndfluht iſt der ware Gottesdienſt/ neben den reinen luͤn-
ſten bey Sem vnd deſſen Nachkommen ein zeitlang geblieben. Vnd dieſelben
Sems Nachkommen haben jhre wohnung in Orient gehabt im Chaldæer Land
vnd da herumb/ wie Geneſis am 10 v. 30. vñ bey Joſepho l 1. c. 7. zuerſehen. Es
haben aber nachmaln des Gottloſen Hams Nachkommen (die ſonſten jhre
Wohnung gehabt von Sidon an biß in Egypten hinab/ Gen 10. v. 19. Pſalm
78. v. 51. Pſalm. 105. v.
23. \& 27.) vnter der Haͤuptmanſchafft Nimrods ſich
mit gewalt ins Chaldæiſche Land eingedrungen/ allda ein Koͤnigreich auffge-
richtet (Gen. 10. v. 10.) vnd nicht allein den Gottesdienſt der fromen verfolget
oder verhindert/ (deswegen ohn zweifel erſtlich Thara Abrahams Vater/ Gen.
11. v.
31. darnach auff Gottes ſonderbaren geheiß Abraham ſelbs von dannen
ausgegangen Gen. 12. v. 1.) ſondern auch die reinen herrlichen Kuͤnſte/ vnter
welchen Aſtronomia allezeit die vornemſte geweſen/ mit allerley mißbrauch vñ
vnreinigkeit beflecket. Ob aber fuͤr Nimrods Regiment in Chaldæa eine Aſtro-
logia,
die nemlich aus dem geſtirn zukuͤnfftige dinge erforſcht/ geweſen/ kan ich
nicht finden. Joſephus in vorgedachtem Buch am 8 Cap. da er von Abraham
redet (Abraham aber iſt der geburt ein Chaldæer geweſen/ wie jtzt geſagt) neñet
er jhn beydes einen Wolberedten/ vnd dann in conjectando ſagacem, in muth-
maſſungen einen ſcharffſinnigen Mann. Es ſteht aber nicht dabey/ ob er die
muhtmaſſungen aus dem geſtirn genommen: ſondern das ſteht in hernach fol-
genden worten: Abraham ſey durch betrachtung des Himmelslauffs (darinn
er wol erfahren geweſen/ auch ſolche kunſt erſtlich in Egypten gebracht. Joſeph.
l. 1. c.
9.) erſtlich dahin gebracht worden/ daß er geſchloſſen/ das ſolch Wunder
geſchoͤpff nicht ohngefehr entſtanden/ ſondern daß eine vnendliche Macht ſein
muͤſſe/ die ſolchs alles erſchaffen vnd regiere. Alſo find ich noch der zeit kein zeug-
niß von Weiſſagungen aus dem Geſtirn. Vom Patriarchen Jacob wird ge-
achtet/ daß er ein guter Aſtronomus geweſen/ ja daß von jhme das Aſtronomi-
ſche Jnſtrument Baculus Jacobi genannt/ herkomme. Jtem/ das von jhme die
drey hellen Sternen in Orionis guͤrtel der Jacobs Stab genennet werden. Ob
er auch dabey ein Aſtrologus geweſen/ kan niemand ſagen. Von andern Ertz-
vaͤtern iſt dieſeswegen nichts zu finden. Demnach wolt ich ſchlieſſen/ das die
heiligen Ertzvaͤter mit der prognoſtication aus der Sternkunſt nichts haben
zu thun gehabt.


Hieraus aber wil ich gleichwol nicht alſo folgern: Die Patriarchen habẽ
ſich vmb Aſtrologiam nicht befleißigt/ derwegen iſt ſie zu verwerffen/ ſintemal
viel ſchoͤnere Kuͤnſte ſein/ vmb welche ſich die Patriarchen eben ſo wenig bekuͤm
R ijmert/
[] mert/ vnd ſind doch dieſelben nicht zuverwerffen. Sondern das ſchließ ich/ weil
man nicht ſindet/ daß die Patriarchen ſich des Weiſſagens aus dem Geſtirn an-
genommen/ ſondern gleichwol des Him̃elslauff zuerforſchen ſo fleißig obgelegẽ/
ey ſo muͤſſen ſie ja nit allein jhre luſt daran gehabt/ ſondern auch einen beſonderẽ
nutz der Aſtronomiæ, außerhalb dem prognoſticiren/ abgeſehen haben/ vnnd
kan alſo die Aſtronomia, außerhalb dem ſtudio divinationis, jhre perfection
vnd nutz haben.


II.
Was nuͤtzet dan
Aſtronomiaan jhr ſelbs?


ANtwort: Was nuͤtzen andere diſciplinæ vnnd Kuͤnſte an jhnen ſelbs?
Jedoch eigentlich hierauff zu antworten/ ſo dienet ſie Kirchen/ Schulen/
vnd Regimenten. Kirchen/ in deme ſie die Ehre vnd Allmacht Gottes fuͤr au-
gen ſtellt/ vnd dadurch anlaß gibt/ nach Gottes Weſen vnd Willen zu forſchen/
wie ſolchs nicht allein bezeugt der 8 vnd 19. Pſalm/ vnnd der Apoſtel Paulus
zun Roͤm: am 1. Cap. v. 20. Sondern es iſt auch ein ausdruͤcklich Exempel
verhanden vom Ertzvater Abraham/ welcher durch anlaß dieſer Kunſt zur er-
kaͤntniß des waren Gottes kommen. Joſephus vnd Philo. Schulen nuͤtzt A-
ſtronomia
nicht minder als andere freye Kuͤnſte: Jnſonderheit nuͤtzt ſie gar
herrlich dem ſtudio Theologico, Phyſico vnnd Chronologico, wie daſſelbe
dieſer faculteten Profeſſores vnd Candidati gar wol wiſſen. Regimenten vnd
dem gantzen Menſchlichen leben bringt ſie groſſen Nutz/ in dem ſie die Zeiten vn-
terſcheidet. Denn was wuͤrde doch in der Welt in allen Staͤnden bey allen haͤn-
deln fuͤr eine confuſion vnnd blindheit ſein/ wenn kein vnterſcheidt der Tage/
Monate/ vnd Jahre weren? Da wuͤrde weder Gott noch Keyſer bekommen
was ſein iſt/ vnd wuͤrde faſt kein vnterſcheid ſein zwiſchen des Menſchen vnd der
Beſtien leben. Aber hievon hie gnug.


III.
Weil die heiligen Ertzvaͤter/ wie ſchon offt geſagt/ ſo fleiſ-
ſig das
ſtudium Aſtronomicumgetrieben/ Haben ſie denn auch die
Himliſchen Bilder/ wie die jetzundt mit namen heiſſen/ alſo
diſponiret vnd benennet?


DAs meinet ohne zweifel Nagelius, da er im 9. Cap. ſeines Prognoſtici
vffs 1622. Jahr mich vnd andere ſchilt/ das wir die Bilder nur fuͤr ocio-
ſas diſpoſitiones
halten/ da doch Cruͤgerus ſelbs vorhin bekandt/ Aſtronomia
were
[] were anfenglich nicht von Heyden/ ſondern von den Patriarchen entſtanden.
Wil mich alſo bey den haaren dahin ziehen/ daß ich bekennen ſol/ weil die Aſtro-
nomia
von den Patriarchen entſproſſen/ muͤſſe auch die benennung der heutigen
Bilder (vnd alſo auch der Schlangen/ des Drachen/ der Meduſæ, des Perſei,
des Herculis, \&c. die er daſelbſt nennet) von den Patriarchen herkommen ſein.
Aber ich wehre mich. Erſtlich wird ſich bey mir nirgends befinden/ daß ich die
abbildung der Geſtirn fuͤr ocioſas diſpoſitiones, fuͤr leere vnnuͤtze abgezirck hal-
te. Jch ſage/ ſie haben jhren nutz/ nemlich das man dadurch die diſpoſition deß
gantzen Firmaments/ vnd die vornemſten Sternen in kopff faſſen vnnd erlernen
koͤnne. Daß man aber aus jhrer figur was ſonderlichs prognoſticiren wolte/
(als das nicht gut purgation einzunchmen ſey/ wenn der Mond in ſignis ru-
minantibus
iſt/ als in ♈/ ♉/ ♑/ Darumb das eben wie ein Wieder/ ein
Stier ꝛc. widerkaͤwen/ alſo auch der krancke das eingenom̃en purgans nicht bey
ſich behalten moͤchte: Das einer viel Kinder haben werde/ dem in ſeiner Nativi-
tet
viel Planeten in ſignis fœcundis, als im ♋ oder ♓ ſind/ dieweil die
Krebs vnd Fiſche fruchtbare thier ſind: Das Antinous die Welt auffmunte-
re/ weil er ſo das maul auffſperret: Das eine newe Botſchafft vnd Poſtbote vn-
ter die Heyden werde geſandt werden/ weil Bootes einen ſpieß in der hand tregt:
vnd was dergleichen mehr iſt) das/ ſage ich/ ſind rechte Kinderpoſſen.


Vors andere/ daß etliche Bilder von den Patriarchen moͤgen abgezirckt
vnd benenet ſein/ wil ich nicht groß ſtreiten. Denn ohne zweifel die erſte abzirck-
ung vnd benennung etlicher Bilder iſt von Ackersleuten vnd Schippern geſche-
hen/ weil beyde ſich von Alters allezeit nach dem geſtirn haben richten muͤſſen/ wie
aus alten Seribenten gnugſam zu erſehen. Von den Ackersleuten ſind beneñet
der Wieder/ der Stier/ der Fuhrman/ die Ziege/ der Wagen/ die Hunde ꝛc. Von
Schippern die Fiſche/ der Walfiſch/ das Schiff/ ꝛc. Weil denn die erſten Ertz-
vaͤter/ ſonderlich des Ackerbawes ſich befließen/ wil ich wol nachgeben/ daß ſie et-
liche Bilder/ als die Hunde/ den Wagen/ den Fuhrman/ den Wieder ꝛc. moͤgen
concipiret vnd benennet haben. Das ſie aber auch Arcturum, Orionem, Her
culem, Perſeum, Andromedam
vnd andere auff Heydniſche Fabeln gegruͤn-
dete Bilder ſolten benennet haben/ kan ich mich nicht bereden laſſen: Sondern
es iſt glaͤublicher/ das weil die Aſtronomia von den erſten Ertzvaͤtern auch auff
die Heydniſche Egypter vnd Chaldæer kommen/ werden dieſelben Voͤlcker/ wie
auch hernach die Griechen/ die obgeſagten vnd andere mehr Heidniſche Namẽ
vnd Figuren in die Kunſt eingefuͤhret haben/ wie ich ſolchs ſchon im Progno-
ſtico
vffs 1617. Jahr angemeldet.


R iijCon-
[]

IV.
Contra:
Es gedenckt aber Gott der HErr ſelbs desOri-
onis, Arcturi, Plejadum,
Job am 9 vnd 38. Cap. vnd Amos am 5. ge-
denckt auch des Orionis vnd der Plejadum? drumb iſt wol gleublich/ weil
die heilige Schrifft ſolche benennung jhr belieben leſſet/ das dieſe Na-
men vielmehr von den Ertzvaͤtern als von Heiden
herkommen?


JCh kuͤndte wol antworten/ daß nicht eben alles/ was Gott oder die heilige
Schrifft nennet/ Gott ſich auch belieben laſſe/ oder von heiligen Leuten ein-
gefuͤhret ſey: denn ſo wuͤrden auch der Heidniſchen Goͤtzen Namen Gott wol-
gefallen/ oder von heiligen Maͤnnern eingefuͤh et worden ſein. Daher erinnert
Pineda ein beruͤhmter Commentator vber das Buch Job aus Cyrillo mit
dieſen worten: Dum iſta nomina uſurpant ſacræ literæ, non ſequuntur Græ-
corum incantamenta, fabulas nimirum hominum in aſtra converſorum,
ſed potius abuntuntur nomine uſitato \& trito.
Aber fuͤrs andere/ ob ſchon
Hieronymus. Lutherus vnd andere vornehme Leute/ welche die Hebreiſche Bi-
bel verdolmetſcht/ dieſe Namen Orionis, Arcturi \&c. in die Dolmetſchung/
(tunckelheit im leſen zuvermetden) eingeſetzt/ ſo befinden ſie ſich doch in fonti-
bus Hebraicis,
im Hebræiſchen Text gar nicht. Denn Job am 9. vnd 38. vnnd
Amos am 5. da in der dolmetſchung der Nam Orionis geſetzt wird/ ſteht im He-
bræiſchen das wort Keſil, welchs furorem \& inſtabilitatem, einen grimm vnd
verwirrung bedeutet. Alſo/ da in der verdolmetſchung Arcturus ſteht (fuͤr wel-
ches wort doch Lutherus den Wagen geſetzt) hat der Hebræiſche text Gaſch,
welchs congregationem eine verſamlung heiſſet. Jtem/ Job am 38. wo etli-
che Dolmetſcher das wort Orion haben/ da ſetzen andere Arcturum. Jtem/
Wo in der dolmetſchung die Plejades (dafuͤr doch etliche die Hyades ſetzen) oder
das Siebengeſtirn oder Glucken ſteht/ da hat der Hebræiſche text das wort Ci-
mah,
vber welchem die dolmetſcher gar nicht einig. Woraus erſcheinet/ das
in der alten Hebreer Aſtronomia dieſe vnd andere mehr Himmliſchen Figuren
viel andere Namen muͤſſen gehabt haben: fuͤr welche von den Heiden/ zu beſte-
tigung jhrer Goͤtzen/ Caſtores, Polluces, Oriones, Hercules, Plejades, Arcturi
vnd dergleichen/ eingeſchoben ſind. Mit dieſen Namen/ weil wir ſie nun mit kei-
ner Abgoͤtterey gebrauchen/ muͤſſen wir vns behelffen/ biß wir in eine andere
ſchule kommen/ da wir alle Sternen von dem/ der ſie allein zehlen vnnd mit na-
men nennen kan/ recht werden nennen lernen.


War-
[]

V.
Warumb die Sonne nicht ſo wol im Winter/ als im
Sommer waͤrme/ da ſie doch im Winter/ wie die
Aſtronomi
darthun/ der Erden viel naͤher/ als im Sommer?


VOn dieſer frage hab ich ſchon einmal fuͤr etlichen Jahren gehandelt: jetzt
handele ich ſie abermahl/ vmb der andern wegen/ die drauff folgen. Die
Sonn iſt an ſich ſelbs nicht warm/ wie etwan ein fewr. Wenn die Sonn ein
himliſches an ſich ſelbs gluͤendes fewr were/ ſo wuͤrde die lufft je hoͤher je waͤrmer
ſein. Da befindet ſich aber das wiederſpiel: Denn auch im Som̃er dort oben
kalte Hagel gefrieren/ da doch hienieden der Erdboden von hitz gleichſam ſchwi-
tzet. Derhalben waͤrmet die Sonne nicht radiis directis, mit jhren herabſchieſ-
ſenden ſtralen/ ſondern radiis reflexis, wenn die ſtralen an den Erdboden ſchieſ-
ſende wieder zu ruͤck prallen/ vnd andern herunder fahrenden entgegen prallen/
ſich mit jhnen gleichſam reiben/ vnd alſo an der Erden eine Waͤrm erwecken:
gleich wie zwey harte dinge an einander gerieben eine hitz erwecken. Dieſe mey-
nung beſtetiget die allgemeine erfahrung/ am vnterſcheid der Waͤnde oder ande-
rer dinge/ daran die Sonn ſcheinet. Denn weñ die Soñenſtralen an eine deich-
te wand oder corpus fallen/ da kein ſtral ſich etwan hinein dringen kan/ iſt die
wiederprallung/ vnd alſo auch die waͤrme viel kraͤfftiger. Darumb pflantzt man
auch die jenigen gewaͤchſe/ die da guter waͤrme beduͤrfftig/ lieber an Mauren/ weñ
mans haben kan/ als an ſchlechte zaͤune. Ferner lehret vnd beweiſet Optica, das
ein jeglicher ſtral etwa eines ſichtbaren dinges/ wie er von einer ſeiten auff ein
punct anſellet/ ſo prallet er vom ſelben punct nach der andern ſeiten wieder da-
von. Fellt er ſteil herunder/ ſo prallet er auch zur andern ſeiten ſteil hinauff:
Fellet er ſehr ſchrads herab/ ſo prallet er eben ſo ſchrads zur andern ſeiten hin-
weg: Fellt er bleyrecht von oben herab/ ſo fehret er bleyrecht (vnd alſo in ſich
ſelbs) wieder zu ruͤck. Das weiſet vnter andern an der Sonnenliecht ein Spie-
gel auß/ wenn derſelbe platt auff eine Fenſterbanck/ da die Sonn hin ſcheint/ ge-
legt wird: Denn wenn die Sonn ſehr hoch iſt/ werden die Liechtſtralen vom
Spiegel deſto hoͤher vberſich an deß Loſaments buͤhne prallen: Jſt aber die
Sonne niedrig/ ſo fehret der Schein am buͤhn dar weit hinweg. Nun weiß man
auch weiter/ quod virtus unita fortior, daß etliche viel dinge einerley art/ weñ
ſie beyſammen ſind/ deſto ſtaͤrcker ſein/ da ſonſten eins fuͤr ſich oder etliche wenig
nicht ſo ſtarck ſind. Das gilt auch bey der Sonnen ſtralen. Je neher die einfal-
lenden ſtralen mit dem zuruͤckprallenden ſich vereinigen/ je kraͤfftiger ſie ſein.
Darumb
[] Darumb in den jenigen Landen/ da die Sonne Verticalis wirdt/ das iſt/ bley-
recht hinuͤber gehen kan/ (vnd keine friſche Waſſer oder dergleichen allda ver-
handen) iſt die hitz am groͤſſeſten: denn die bleyrechten ſtralen (\& perpendicu-
laribus quam proximi
) fahren vberſich meiſtentheils in ſich ſelbs.


Weil dan bey vns im Winter die Mittags Sonn ſo gar niedrig/ vnd jhre
ſtralen ſo gar ſchrads zu vns herab wirfft/ ſo fahren ſie auch eben ſo ſchrads ge-
gen Mitternacht hinweg: Sind alſo gar weit von einander/ vñ muͤſſen vnkraͤff-
tig bleiben. Dagegen im Sommer kommen die ſtralen von der hoͤhe herab/ fah-
ren demnach auch in gleicher inclination wieder hinauff: Sind alſo weit von
einander/ vnd iſt jhre krafft deſto groͤſſer Vnd das iſt die vrſach; warumb es im
Sommer ſo warm iſt.


VI.
Wie koͤmpts dan/ daß die Sonn auch nicht im Sommer
die hohen Gebirge erwaͤrmt/ vnd auff denſelben den Schnee zer-

ſchmeltzt/ weil jhre ſtralen allda ſo wol anfallen vnd wider-
prallen/ als anderswo?


EJnfeltige Leute ſollen erſtlich wiſſen/ daß hie die frage nicht iſt von ſchlech-
ten Bergen/ als etwan hie der Biſchoffsberg/ das Hockerlandt/ oder auch
der Gollenberg vnd ſeines gleichen iſt/ ſondern von den jenigen/ von denen man
meinet/ das ſie faſt biß an/ oder gar vber die Wolcken reichen/ als da ſind das
Welſche vnd das Spaniſche Gebirge/ oder andere viel hoͤhere. Von ſolchen ho-
hen Bergen melden die Hiſtorienſchreiber vnd Peregrinanten/ daß ſie den gan-
tzen Sommer vber voller Schnee liegen. Jch hab ſo weit nicht peregriniret/
wils aber drumb nicht in zweifel ziehen/ ohn allein dieſes/ ob nemlich oben recht
auff den ſpitzen der Schnee beliegen bleibe. Denn freylich die Sonn denſelben
leicht ſchmeltzen kan. Weil aber ſolche Gebirge nicht eine/ ſondern viel ſpitzen vñ
Klippen haben/ dazwiſchen viel tieffe abſchewliche Thale gelegen/ zu welchen
der Sonnenſchein fuͤr den vmbliegenden Klippen nicht kom̃en kan/ ſo muß der
ſchnee in denſelben Thalen offtmals von einem Jahr zum andern liegen bleibẽ/
vnd nicht allein in den Thalen/ ſondern auch zun ſeiten am gebirge/ biß in die hoͤ-
he hinauff/ ſonderlich an den ſeiten gegen Mitternacht werts/ dahin die Sonne
nicht wol kommen kan. Zu dem iſt daſelbſt/ nach der Naturkuͤndiger art zu re-
den/ ein antiperiſtaſis frigoris è vallibus aſcendentis, eine ſtarcke aus den tief-
fen Thalen auffſteigende kaͤlte/ die der Sonnen wirckung mechtig hindert: Das
ob gleich die Sonnenſtralen an die zerſtrewten Gipfel der Berge anprallen/ koͤn
nen
[] nen ſie doch dieſelben/ wegen herumb liegender kalten vnd mit ſchnee erfuͤllten
Thaͤler vnd Klufften/ nicht gnugſam erwaͤrmen: Sonderlich weil die Hitze/
welche die erwaͤrmte Erde/ wie ein Ofen von ſich bleſet/ ſo hoch ſchon nicht rei-
chen kan. Daß ſie ſo hoch nicht reichen kan/ erweiſet ſich daher/ daß etlicher ho-
her Berge gipffel auch vber die Wolcken hindurch ſteigen/ vnd daß die Peregri-
nanten/ oder der oͤrter Reiſende offtmals durch die Wolcken/ als durch einen di-
cken Nebel/ davon ſie pfuͤtznaß werden/ herdurch muͤſſen. Der Berg Olympus
in Griechenlandt/ reicht vber die Wolcken hinaus/ welchs man auch daher war
genommen/ das die gezeichnete Aſch auff dem Altar Jovis, drauff die Leute ge-
opffert/ deß andern Jahrs gantz vnverfehrt gefunden. Plinius lib. 4. c. 12. Soli-
nus c.
14. Deßgleichen ſchreibt vom Berge Atho (der heutigs tags Monte
Santo
genannt wird) Ariſtoteles in Problematibus Sect. 26. Probl. 39. Soli-
nus c. 17. Mela. lib. 2. c. 2. Maginus in Geograph. Macedoniæ.
Auch reichen
der Berg Atlas in Mauritania, der berg Sierra Liona oder Currus Deorum
in Africa, ſo hoch/ wie man theils bey Herodoto (lib. 4.) vnd Solino (c. 27.)
theils bey Newen Scribenten findet. So hoch vnd vielleicht hoͤher ſol ſein der
Berg el Pico in der Jnſel Teneriffe (iſt eine von den Canarien) wie in Hie-
ron. Benzone
zu leſen. Da kan nun freylich oben auff kein Schnee liegen: deñ
woher wolt er dahin kommen/ weil die Wolcken niedriger ſein? Aber/ wie ge-
ſagt/ auch die jenigen ſpitzen/ die dißſeit den Wolcken ſind/ werden oben auff kei-
nen Schnee den Sommer vber halten/ es were dan/ daß ſie hinder andern viel
hoͤhern ſpitzen gegen Mitternacht werts gelegen/ daß ſie die Sonn nicht faſſen
kan. Dieſe meine gedancken bekrefftiget das/ was ich bißweilen von etlichen
Bergen leſe. Als vom Atho beym Magino, da er ſchreibt: daß der Gipffel/ wel-
cher dem Meer am neheſten gelegen/ mit ewigen Schnee bedeckt ſey: Da er
doch vorhin geſagt hatte/ daß deß Bergs hoͤheſte Spitz ſo hoch ſey/ das da kein
Wind hinreiche/ auch kein regen da falle. Vnd vom Berg Pico ſchreibt Calve-
to,
das ſein Fuß oder anfang mit luſtigen Waͤlden vnd Awen bekleidet/ das Mit-
tel mit ſchneebedeckt/ der Gipffel bloß vñ vnfruchtbar ſey vñ mehrẽtheils rauche.


VII.
Was iſt dan vom Mond zu halten/ weil derſelbe kein
durch ſichtig
Corpusiſt/ ſondern all ſein Liecht von der Sonnen hat/
wird er dann nicht/ wie der Erdboden/ von der Sonnen erwaͤrmet/ vnd
kan er alsdan nicht mit ſeinem Liecht die waͤrm zu vns
herunder ſchicken?


SDaß
[]

DAß er erwaͤrmet werde/ muß è reflexione radiorum gewiß folgen/ vnd ſo
viel mehr/ weil er nicht kuͤhlende ſubſtantz an ſich hat/ wie zwar der Erd-
boden/ das Meer vnd andere Waſſer hat: Aber/ weil die Erde jhre hitze kaum
biß an die Wolcken von ſich blaſen kan/ ſo kan der Mond/ der viel kleiner als die
Erde/ ſeine von der Sonn empfangene Waͤrme zu vns nicht herunder blaſen.
Ergonè etiam per Philoſopiam Peripateticam ſequitur calor in ipſo cœlo,
non ſolum circa lunam, ſed \& planetas circa reliquos?
Davon hie gnug.


VIII.
Hie wil ich nun eine
Aſtrologiſche frage betrachten/ wel-
che ein vornehmer
Mathematicus,der ſichAp elles poſt tabulamneñet/
ohn zweiffel aber Chriſtoph. Scheinerus zu Jngolſtadt iſt/ in ſeinem Tractat
de maculis Solaribus
den Aſtrologis zu bedencken fuͤrgibt/ Nemlich (weil man
befunden/ das vber die Sternen deß himmels/ die man mit natuͤrlichem geſicht
erſehen kan/ durch das newlich erfundene Ferngeſicht noch viel 1000. andere
zu ſehen ſind/ welche ohn allen zweiffel eben ſo wol als die vorigen jhre wir-
ckung hernieder ſchieſſen/ vnd aber jhre natur noch nicht ergruͤndet/
ob ſolchs nicht die prædictionis Aſtrologicas, oder das
prognoſticiren vber einen hauffen werffe?


ZWar es ſcheint keine ſchlechte Frage/ ſintemal dieſelben newlich erſterfunde-
ne Sternen nicht klein ſein muͤſſen: Vnd weil derſelben etliche auch vmb die
Sonne (wie auch etliche vmb den Jovem) als die andern Planeten vmb den
Erdboden/ jhren lauff halten/ muͤſſen ſie der Sonnen liecht vnd wirckung diver-
ſimodè
vnd auff vielerley weiſe alteriren vnd diſponiren oder verendern/ eben
wie Mercurius (wie die Aſtrologi wiſſen vnd bezeugen) wenn er ſub radiis So
laribus
oder in ☌ ☉ iſt. Meine einfeltige meynung erſtlich von den jenigen
Sternen/ die man deß nachts durchs Ferngeſicht angemerckt/ zu ſagen/ gruͤnde
ich mich auff dieſe Maximam Phyſicaſtrologicam, Magnitudinem ſiderea-
rum operationum ſequi magnitudinem ſidereæ lucis in hæc inferiora ſpar-
ſæ,
das iſt/ nach dem eines jeglichen Sterns liecht herunder groß oder klein
ſcheinet/ nach dem iſt auch deſſelben Sterns wirckung groß oder klein. Dieſe
Regel iſt nicht allein der vernunfft vnd natur gemeß/ ſondern es bekraͤfftigt ſie
auch die erfahrung an Sonn vnd Mond. Der Sonnen liecht iſt das allergroͤſ-
ſeſte/ drumb wirckt ſie auch am allerkraͤfftigſten. Deß Monds liecht iſt zwar klei-
ner/ vbertrifft aber gleichwol aller andern Sternen liecht/ daher iſt auch deß
Monds wirckung fuͤr aller andern Sternen wirckung empfindlich: Jtem der
volle
[] volle Mond wircket vnd feuchtet viel mehr als der halbe oder newe Mond. Wen
nun derſelben newen Sternen liechtlein ſo gar klein iſt/ das man ſie auch mit na-
tuͤrlichem Geſicht gar nicht erſehen kan/ ſo muß folgen/ das/ ob ſie wol neben an-
dern Sternen mit wircken/ jhre wirckung dennoch gegen der andern kraͤffte we-
nig zu rechnen ſey. Das iſt meine meynung von der einen art Sternen/ die man
nemlich deß nachts am Firmament durchs newe ferngeſicht gemercket. Von
den andern/ welche man deß tags vnter der Sonnen/ oder innerhalb deß gezircks
der Sonnen (intra ambitum diſci ſolaris) in geſtalt ſchwartzer flecken befin-
det/ weiß ich mich dißmal noch nicht gruͤndlich zu erklaͤren. Das ſolche ſchwar-
tze flecken in warheit Sternen ſind/ iſt nicht zuzweiffeln/ weil es nicht alleine ge-
dachter Scheinerus, ſondern auch andere Aſtronomi gnugſam beweiſen. So
ſind derſelben flecken oder Sternen auch nicht wenig/ etliche auch ſo groß/ alß et-
wan Jupiter oder andere groſſe Sternen/ ſonderlich wenn ſie mitten ins gezirck
der Sonnen kommen: wenn ſie aber noch nicht ins mittel kommen/ oder zur an-
dern ſeit wider hinauß wollen/ werden ſie allgemach kleiner vnd ſchmaler. So
nun Mercurius, in ☌ ☉ ſo groſſe krafft hat/ wie die Aſtrologi lehren/ was ſoltẽ
nicht gemelte ſo viele ſternen thun koͤnnen/ deren etliche weit groͤſſer denn Mer-
curius?
Derhalben moͤcht ich wol gern einen Aſtrologophyſicum, der in die-
ſer materi erfahrner als ich/ davon diſcurriren hoͤren.


IX.
Summariſcher bericht von groſſen
Conjunctionibus
vnd Tripliciteten.


ERſtlich wiederhole ich/ was ein Aſpectus ſey/ nemlich wenn zween Sternen
entweder an einem ort des Himmels beyſammen ſind/ oder ja an zweyen
Orten/ alſo/ daß ſie von dannen den Erdboden beleuchten vñ gleichſam anſchawẽ
mit ſtralen/ die am Him̃el ein ſechſtpart/ vierdpart/ drittpart der gantzen Son-
nenſtraß beſchlieſſen/ oder auch/ da ſie aus zweyen gegen vbergelegenen Orten
des Himmels die Erd anleuchten. Wenn ſie die erd aus einerley Ort anleuch-
ten/ ſo wird der Aſpectus Conjunctio, eine zuſammenkunfft genant: Wenn ſie
ein ſechſtpart des Thierkreißes oder der Soñenſtraß vonander ſind/ ſo heißt der
Aſpect ſextilis: Wenn ſie ein vierdpart vonander ſind/ ſo heißt der Aſpect Qua-
dratus:
Wenn ſie ein drittpart (das ſind 120 gr. oder 4 Signa) von einander
ſtehn/ ſo heißt der Aſpect Trigonus.


Zum andern widerhole ich/ daß die Alten Aſtrologi den Thierkreiß oder
die Sonnenſtraß in 4 Claſſes ausgetheilet/ nach den 4 Qualiteten/ welche ſind/
S ijWarm/
[] Warm/ Kalt/ Feucht/ vnd Trucken/ vnd alſo nach den 4. Elementen vnd Com-
plexionen.
Vnd das ſie die 3 Zeichen/ ſo zu jeglicher Claßi gehoͤren/ nicht
nechſt auff einander geordnet/ ſondern das erſte zeichen einer Complexion, das
folgende der andern/ das dritte der dritten/ das vierde der vierden/ dann wieder-
umb das fuͤnffte der erſten/ das ſechſte der andern/ vnd ſo fortan. Woraus folgt/
das je 2 Zeichen/ ſo einerley Complexion ſind/ vmb 4 Signa, oder vmb das drit-
tepart der gantzen Sonnenſtraß vonander ſein. (verſtehe nach gleichen gradi-
bus
zu rechnen/ nemlich der erſte grad des einen gegen dem erſten grad des an-
dern Zeichens/ zu rechnen.) Daher deroſelben Zeichen gleiche gradus allezeit
mit einander einen aſpectum trigonicum machen: vnd alſo hat man jeglicher
Claſſi, die zu gleicher Complexion gehoͤrig/ den namen Trigoni oder Tripli-
citatis
gegeben. Vnd ſteht die wiederholte Ordnung der Tripliciteten mit jhren
benennungen nach den 4 Elementen vnd Complexionen alſo:


1. ♈.5. ♌.9. ♐.Die Fewrige Triplicitet:Warm vnd Trucken.
2. ♉.6. ♍.10. ♑.Die Jrrdiſche:Kalt vnd Trucken.
3. ♊.7. ♎.11. ♒.Die Lufftige:Warm vnd Feucht.
4. ♋.8. ♏.12. ♓.Die Waͤſſerige:Kalt vnd Feucht.

Zum dritttn erinnere ich/ daß der beyden oberſten Planeten/ Saturni vnnd
Jovis, lauff gar langſam ſey/ alſo das Jupiter kaum in 12 Jahren/ Saturnus
allererſt in 30 Jahren die 12 Him̃liſchẽ zeichẽ durchwandern kan: Da hingegen
Mars noch nicht 2 Jahr dazu bedarff/ die Sonne nur ein jahr/ Venus vnd Mer-
curius
noch weniger/ der ☽ nur einen Monat. Daher geſchichts/ das dieſer an-
dern Planeten zuſammenkunfften (vnd andere jhre aſpectus) gar offt einfal-
len/ auch ſich bald wieder trennen: aber Saturni vnd Jovis geſchehen gar ſelten/
vnd halten auch lang an. Vnd zwar jhre ſextiles, quadrati vnnd trigoni ge-
ſchehn in 20 jahren offtmals/ aber jhre conjunctiones, oder auch jhre ☍ alle
20 jahr (weniger etliche tage) nur einmal. Daher haben wir auch keine ☌ ♄ ♃
gehabt/ ſiederm Decembri des 1603 Jahrs/ werden auch nach jetzt vorſtehendẽ
keine haben fuͤrm 1643 Jahr.


Ferner ſol man wiſſen/ das gleich wie anderer Planeten aſpectus nicht all
zeit an einerley Ort des Himmels ſich begeben/ alſo auch die ☌ ♄ ♃. Aber
wenn ſie beginnt in eine Triplicitet/ es ſey die Fewrige oder Waͤſſerige/ etc. zu
kom̃en/ ſo begibt ſie ſich in derſelben Triplicitet 10 mal auff einander: Zum e-
xempel/ wenn eine ☌ ♄ ♃ eingefallen were im ♐/ ſo fellt ſie vber 20 Jahr ein
im ♌/ vnd vber andere 20 Jahr im ♈/ abermal vmb 20 Jahr im ♐/ vber
andere 20 jahr im ♌/ vnd jmmer ſo ferner/ nur in den 3 zeichen/ die zu einer
Triplici-
[]Triplicitet oder Trigono gehoͤrig/ biß das 10 ☌ eingefallen [doch iſt hiebey
noch ein knot/ davon vbers Jahr wils Gott.] Darnach beginnt ſie in einen an-
dern Trigonum zuverrucken/ darinnen ſie gleichfalls 10 mal ſich begibt. Vnd
alſo vielmal auch in den andern Trigonis. Weil dan von jeglicher Conjuncti-
on
zur andern 20 Jahr (weniger etlich Tage/ wie auffs Jahr wils Gott aus-
fuͤhrlicher wird berechnet werden) verlauffen/ vnnd die conjunction in jegli-
chem Trigono 10 mal wiederholet wird/ ſo folgts/ das ſie in jeglichem Trigono
bey nah 200. jahr bleibt/ vnd das die Revolution durch alle Trigonos in die
800 jahr erfordere. Dieſes iſt nun die groſſe periodus Aſtrologica, auff welche
ſo viel geſehen wird. Vnd zwar nicht vnbillich/ weil die Alten angemerckt/ daß
alle 800 jahr/ ſonderlich allemal von dannen anzufangenden/ da die ☌ ♄ ♃ aus
der Waͤßerigen in die Fewrige Triplicitet getreten/ merckliche verenderungen
der Regimente vnd anderer Staͤnde ſich zugetragen. Zum exempel weil Anno
1603 ſich hat ein newer Fewriger Trigonus angefangen (verſtehe/ die ☌ ♄ ♃
hat angefangen ausm Waͤſſerigen in den Fewrigen Trigonum zu treten/) ſo
geh man nun 800 jahr zu ruͤck/ ſo trifft man auff die zeit/ da Carolus Magnus
Deutſchland hat reformirt, vnnd ein new Keyſerthumb in Occident auffge-
richtet: Man gehe ferner von dannen 800 jahr zu ruͤck/ ſo trifft man auff die zeit
des HErren Chriſti/ da die hoͤchſte enderung der Religion geweſen/ das Roͤmi-
ſche Keyſerthumb auffgerichtet/ die Judiſche Policey zu grund gangen: Wei-
ter/ 800 jahr fuͤr Chriſti geburt/ koͤmpt auff die Æram der Griechiſchen Ritter-
ſpiel/ vnd auff die Geburt Romuli, der hernach Rom erbawet: Andere 800
jahr zu ruͤck gehende trifft man auff die Geburt Moſis vnd Aarons: vnd alſo
ferner. Durch dieſen progreß aber/ weil von der Welt anfang biß auff Chri-
ſtum 3947 jahr verfloſſen/ befindet ſichs/ das im anfang der Welt die ☌ ♄ ♃
im Fewrigen Trigono geweſen ſey/ vnd das die Revolutio Trigonica, oder der
groſſe Aſtrologiſche Cyclus vnd vmblauff ſchon 7 mal herumb kommen/ vnd
mit dieſem ſeculo (eigentlich Anno 1603) der Fewrige Trigonus zum ach-
tenmal angefangen. Man ſchleußt auch/ das es dabey bewenden/ vnd die Welt
nach vollendetem ſeptenario im achten Trigono igneo jhre endſchafft errei-
chen werde/ welchs/ weil Gottes Wort vns dieſe letzten zeiten gleichſam mit fin-
gern deutet/ leicht zu glauben iſt.


Hieneben aber iſt auch zu wiſſen/ daß die ſachen/ ſo anff ſolche conjuncti-
ones
im newen Trigono ſich begeben/ nicht ſo eben in ipſo puncto ☌ oder daſ-
ſelbe jahr ſich anheben/ ſondern ſie ſpinnen ſich fein langſam an/ vnd haben jhre
principia bißweilen fuͤr der zeit der ☌/ deſſen vrſach ich auff ein ander zeit wils
Gott herfuͤr ſuchen wil. Es pflegen ſich die Haͤndel/ wie geſagt/ fruͤe gnug anzu
S iijſpinnen
[] ſpinnen: den ausſchlag aber pflegt man zu ſehen/ wenn conjunctio jhre perfe-
ction
erlangt/ das iſt/ wenn die Planeten in allen 3 Signis des newen Trigoni
zuſammen gekommen/ wozu 40 jahr gehoͤren/ denn von der erſten biß zur an-
dern ☌ ſind 20/ von dannen biß zur dritten ☌ ſind auch 20 jahr. Derhalben
were es noch kein wunder/ wenn in den jtztnechſtfolgenden jahren noch keine
denckwuͤrdige enderung der Regimente erfolgete: Wer aber das 1643 vnd fol-
gende jahre erlebet/ der wird mehr erfahren.


X.
Warumb doch die ☌ ♄ ♃ die niedere Welt mehr bewege
vnd errege/ als die ☌ anderer Planeten?


ANderer Planeten lauff iſt viel geſchwinder/ alſo bleiben dieſelben andern
Planeten/ wenn ſie zuſammen kommen/ nicht lange beyeinander/ daher iſt
die bewegung/ die ſie damit hienieden anrichten/ nicht vngewoͤhnlich oder ſelten/
auch nicht langwirig. Saturnus aber vnd Jupiter kommen ſelten zuſammen/
vnd wenn ſie zuſammen kommen/ bleiben ſie viel tage in einem grad zuſammen/
das man mit dem geſicht nicht bald mercken kan/ ob ſie neher zuſammen/ oder
ferner von einander rucken: Daher iſt die bewegung/ die ſie hienieden anrichten/
viel vngewoͤhnlicher vnd helt auch viel lenger an.


XI.
Ob denn eben die
Conjunctionesalle ſolche Kriege vnnd
verenderungen wircken/ oder ob ſie nur derſelben ein vorhergehends

vnd nebenlauffendes Zeichen ſein? an ☌ magnæ tantarum rerum
\& mutationum ſint ſigna, an etiam cauſæ?


R.utrumq;, ſed cauſæ interdum remotiſſimæ. Der Himmel vnd die A-
ſpectus,
fuͤrnemlich ſolche groſſe/ wircken vber all etwas mit: Aber dieſelbe
Wirckung iſt zu vielen haͤndeln weiter geſucht/ vnd zu denſelben an ſich ſelbs vil
zu ſchwach/ wenn nicht nehere vrſachen dazu huͤlffen. Alſo vermeine ich auch/
daß die Finſterniſſen an ſich ſelbs offtmals zu ſchwach ſind/ fuͤr ſich ſelbs ſo groſſe
eventus zuverurſachen. Vnd halts dafuͤr/ das Gott der HErr die Finſterniſſen
vnd aſpectus verordnet/ nicht allein zur impreſſion vnnd wirckung in den nie-
dern Creaturen (welche wirckung/ wenn wirs recht philoſophicè betrachten
wollen/ nicht ſo gar weit ſich erſtrecken kan) ſondern auch zu Zeichen zukuͤnffti-
ger dinge/ die Gott darauff vnd daneben erfolgen leſſet. Ja ich erachte/ das die-
ſes der rechte verſtandt der worte ſind/ da Gott der HErr Gen. 1. v. 15. den
Him-
[] Himliſchẽ Lichtern jhre aͤmpter zueignet/ daß ſie/ nemlich/ ſollen ſcheiden Tag
vnd Nacht/ vnd geben Zeichen vnd Zeiten.
Durchs woͤrtlein Zeichen/
verſtehn die Aſtrologi ſonſten die Krafft vnd Wirckung der Sternen/ die ſie in
die Niedere Welt erſtrecken. Das laß ich in ſeinem wehrt: Sage aber danebẽ/
daß die Sternen durch jhre Aſpectus vnd Finſtermſſe Zeichen geben zukuͤnffti-
ger vnd hereinbrechender zufaͤll in der niedern Welt. Deutlicher mich zuerklaͤ-
ren/ ſo iſt meine meinung/ das/ wie kein zweifel/ das Gott von anfang her alle
dinge/ wie ſie nacheinander folgen/ vorher geſehen/ alſo werde er auch in der er-
ſten erſchoͤpffung das Himmliſche Vhrwerck alſo geſtellet haben/ daß die groſſe
Finſterniſſe vnd Aſpecten eben zu denen zeiten/ da er ſolche Haͤndel wil erfolgen
laſſen/ einfallen/ vnd gleich wie ein himliſcher Wecker allemal ein Zeichen/ das
abermal die [ſtunde] newer Haͤndel verhanden/ von ſich geben muͤſſen. Aus dieſer
meinung folgt aber/ das/ ob der Himliſche Wecker ſchon wecket/ wir dennoch
nicht eigentlich wiſſen koͤñen/ warumb er wecket/ das iſt/ was auff ſolch ein Him-
liſch Zeichen erfolgen werde: Ohne was wir aus vorigen der gleichen eingefal-
lenen Zeichen ohngefehrlich vnd generaliter muthmaſſen. Nagelius vermey-
net zwar in ſeiner Aſtrologia Apocalyptica, er wiſſe aller Raͤder des Himmli-
ſchen Vhrwercks abtheilung/ daher er auch zukuͤnfftige verenderungen gar ge-
wiß vnd genaw auff gewiſſe zeiten ſpecificiren koͤnne/ (als ob er vnſerm HEr-
ren Gott das Vhrwerck ſtellen helffen/ vnd dazugleich die apocalypſes oder of-
fenbahrungen zukuͤnfftiger dinge empfangen/ wie er dan ſchreibt im Prognoſt.
vffs 1622. Jahr/ er habe ſeine Aſtronomiam Apocalypticam, wie der Apoſtel
Paulus das Evangelium/ von dem HErren empfangen/) Aber ich ſehe/ das
er noch zur zeit ſo wenig zu ſpecificiren weiß/ als ich oder ein ander/ dieweil er
nur jmmer in exclamationibus generalibus bleibt.


Aber hievon/ vnd wie weit ſich die prædictiones ex aſtris auff Geiſtliche
vnd Weltliche haͤndel erſtrecken/ hoff ich ob Gott wil/ in meinem obgedachten
Buͤchlein ausfuͤhrlich zu vnterſuchen/ auch die periodos der Tripliciteten
ſampt den groſſen conjunctionibus eigentlicher vnnd genawer zuberechnen.
Hie hab ich nur gleichſam ſummariſcher weiſe berichten wollen/ was es mit den
groſſen conjunctionibus fuͤr eine gelegenheit habe/ vnd was Trigonus.
igneus,
von dem ſo viel geſchrieben wird/ fuͤr ein Thier ſey.



Aus
[]

Aus dem Prognoſtico des 1624.
Jahres.


I.
Was moͤgen die Alten fuͤr vrſachen gehabt haben/ das ſie
die Ordnung der 12. Himmliſchen Zeichen (oder der Bilder an der

Planeten Straſſen) von der Rechten nach der Lincken werts genom̃en/
vnd nicht lieber von der Lincken nach der Rechten/ wie der
Himmel taͤglich vmbgehet?


OHne zweifel erſtlich darumb/ weil die 12. Bilder nach
derſelben ordnung teglich auffgehen. Denn nach dem die Alten anfenglich
die Sternen in gewiſſe Abzircke gefaſſet/ vnd denſelben Abzircken jhre gewiſſe na-
men zu geeignet/ haben ſie geſehen/ das/ wenn etwan der Stier auffgangen/ ſey
nach demſelben nicht der Wieder/ ſondern die Zwilling herfuͤr kommen/ auff die-
ſelben ſind der Krebs/ der Lew/ die Jungfraw etc. gefolget. Alſo haben die Alten
auch dieſe Ordnung in benennung derſelben Bilder behalten. Vnd dieſes iſt
die erſte vorſpielung der Natur geweſen.


Zum andern haben ſie geſehen/ das durch der Soñen jaͤhrlichen vmblauff
die Zeiten des Jahres ſich abgewechſelt: vnd weil die Jahreszeiten alſo auff-
einander folgen/ das auff den Winter der Fruͤhling/ nach demſelben der Som-
mer/ nach dem der Herbſt eintritt/ iſt jhre meinung hiedurch beſtetigt/ nemlich/
das die Ordnung der Bilder ſo folgen muͤſten/ wie ſie nacheinander zu der Son
nen kommen/ vnd die abwechſelung der gezeiten verurſachen. Jch ſpreche/ wie
ſie (die Zeichen) nach einander zu der Sonnen kommen: denn anfenglich hat
man wol nicht gemeint/ das die Sonne aus einem bild ins ander ginge/ ſondern
das (nach einfeltigem anſchawen) die bilder eins nach dem andern ſich zur
Sonnen naheten. Eben daſſelbe iſt auch vom Mond zu verſtehen: Wie auch
noch heutigs tags einfeltige Leute ſprechen/ Geſtern ſtund jener Stern nah bey
dem Mond/ heute iſt er ſchon ſo weit vom Mond abgelauffen.


Endlich iſt dieſe Ordnung beſtetigt/ weil durch mehr vnd mehres auff-
mercken fleiſſiger Leute/ vnd wachsthumb der Kunſt offenbahr worden/ das
nicht alleine Soñ vnd Mond/ ſondern auch die andern Planeten denſelben gang
hielten.


Warumb aber der anfang aller 12 bilder eben vom Wieder genom̃en/ iſt
ſchon im prognoſtico vffs 1617 Jahr berichtet.


Ob
[]

II.
Ob die Sternen des Firmaments alle gleich weit von
der Erden ſind: oder aber/ ob die hellern naͤher/ die dunckeln vnd

kleinſcheinende hoͤher hinauff ſtehen?


MErck/ ich rede hie nicht von den 7 Planeten/ welche freylich nicht gleich
weit von der Erden ſtehen. Denn erſtlich kan der Mond nicht allein die
Sonne (daher die Sonnenfinſterniß entſtehet) ſondern auch alle andere ſter-
nen/ die innerhalb dem Zodiaco gelegen/ bedecken/ wie die erfahrung gnugſam
ausweiſet: woraus die Alten bald geſehen/ das der Mond vnter allen Sternen
muͤſſe der Erden am nechſten ſein. Die andern Planeten verdecken gleichfals
andere Planeten oder Sternen/ wenn es die gelegenheit jhres lauffs mitbringt.
Exempel gnug ſind in Opticis Keppleri pag. 304. 305. zu finden. Darumb
ſind freylich die Planeten jmmer einer hoͤher/ denn der ander von der Erden. A-
ber die frage iſt ferner von den Sternen des Firmaments/ welche Stellæ fixæ
genannt werden/ weil dieſelben von anbeginn biß nuher allzeit einerley diſtantz
voneinander behalten/ vnd man alſo von jhnen/ wie von den Planeten/ zu vrthei-
len keine gelegenheit haben kan: Ob nemlich dieſelben gleichſam an einem ge-
welbe angehefftet? oder aber/ je kleiner eins ſcheinet/ je weiter vnd hoͤher es hin-
auff im himmel ſtehe? Der Planeten hoͤhe abzumeſſen/ haben die Aſtronomi
gute mittel durch deroſelben parallaxes vnd andere ſachen. Aber von der hoͤhe
des Firmaments/ oder jeglichs Sterns inſonderheit/ koͤnnen ſie nichts gewiſſes
ſagen/ ſondern muͤſſen bekennen/ was Gott der HErr Jeremiæ am 13. ſagt/ daß
man den Himmel oben nicht meſſen koͤnne. Viel weniger kan man fuͤr gewiß vñ
gruͤndlich ſagen/ ob die Feſten Sternen alle einerley hoͤhe haben/ oder aber die
kleinſcheinenden hoͤher ſtehen/ Non quod clara minùs, ſed quod magis alta re-
cedant,
wie der Poet redet. Tycho Brahe ſchreibt an einem Ort/ daß ſo offt er
den Ort des Himmels/ da der Wund erſtern Anno 1572. geſtanden/ ange-
ſchawet/ jhn beduͤnckt habe daſelbſt gleichſam ein loch oder tieffe zu ſein/ da der-
ſelbe ſtern in abnemung ſeiner klarheit vnnd groͤſſe ſich allgemehlich dem geſicht
entzogen. Welchs/ wenn dem alſo were/ derer meinung zimlich behaupten koͤnd-
te/ die allen Feſten Sternen einerley groͤſſe/ aber mancherley diſtantz von der
Erden zuſchreiben. Aber ohne zweifel iſt bey Tychonis geſicht/ welchs ſo fleiſſig
gantzer 16. Monat lang denſelben Ort angeſchawet/ eine einbildung mit vnter-
gelauffen/ ſonderlich weil er hernacher ſchreibt/ das/ wenn der Stern allgemeh-
lich hinauff gezogen/ vnd alſo endlich durch ſeine vbermeſſige hoͤhe dem geſicht
entgangen were/ muͤſte er zum wenigſten dreymal hunderttauſendt ſemidiame-
Ttros
[]tros Terræ von ſeiner allererſten hoͤhe hinauff gefahren ſein/ ehe denn er hette
koͤnnen ſo klein ſcheinen/ als ein Stern der ſechſten groͤſſe/ welche Sternen doch
noch nicht die klemſten ſcheinen. Derhalben ob er wol gleuben wil/ daß das Him
liſche Firmament nicht wie ein gezelt oder haut erſchaffen/ ſondern eine ziemliche
dicke oder tieffe habe/ gefellt jhn doch derer meinung nicht/ welche den geſtirnten
Himmel gar zu weit vberſich ausdehnen wollen. Plinius ſpricht: Sacer eſt
mundus, immenſus, totus in toto, imò verò ipſe totum, finitus, \& infini-
to ſimilis.
Das kan man mit gewiſſem beſcheide paſſiren laſſen/ nemlich das
gleichwol gebuͤhrliche proportz gehalten werde zwiſchen dem geſchoͤpff/ vnd ſei-
nem Schoͤpffer. Es ſind nach Tychonis muhtmaſſung biß ans Firmament
hinauff 14000. ſemidiametri terræ: vnd die kleineſten Sternen/ ſo nebuloſæ
genannt werden/ ſcheinen in jhrem diametro nur das achte part ſo groß/ als die
groͤſſeſten. Wenn nun alle ſternen gleich groß ſein ſolten/ ſo muͤſten die nebulo-
ſæ
achtmal hoͤher von der erden ſtehen als die groͤſten/ ſiquidem viſibiles ma-
gnitudines ſuis diſtantiis ſunt reciprocè proportionales, per axioma Opti-
cum.
Weiter/ weil man durch das newerfundene Ferngeſicht vber die ſechſerley
groͤſſe der Sternen/ die man mit natuͤrlichem geſicht erreicht/ noch andere ſech-
ſerley findet/ ſo muͤſten von demſelben abermal die kleineſten achtmal hoͤher denn
die groͤſten/ vnd alſo 64. mal hoͤher denn die jenigen/ welche in natuͤrlichen geſicht
die groͤſſeſten ſcheinen/ ſtehen/ Welchs bey neunmal hundert tauſendt ſemidia-
metros terræ
macht. Solchs weil es gar vngleublich ſcheint (wiewol nach
Copernici meinung/ der die erde vmb die Sonn wandern leſſet/ die Hoͤhe
noch weit groͤſſer ſein muͤſte) halt ichs dafuͤr/ das in warheit ein Stern groͤſſer
denn der ander/ vnd jhre ſemptlicher hoͤhe von der Erden beynah einerley vnnd
gleich ſey.


III.
Weil die
Aſtronomiwiſſen koͤnnen/ wie hoch die Plane-
ten von der Erden ſtehen/ wiſſen ſie denn auch/ wie

hoch die Lufft ſey?


WEnn man eine diſtantz, weite/ oder hoͤhe/ abmeſſen wil/ vnd man ſteht an
einem ende derſelben diſtantz oder hoͤhe/ ſo muß man neben andern requi
ſitis
am andern ende ein ſichtbares gemerck vnd abzeichen fuͤr ſich haben. So
hoch wir nun in der Lufft ein ſichtbares gemerck haben koͤnnen/ ſo weit koͤnnen
wir auch abmeſſen vnd ſagen/ wie hoch biß da hinauff ſey. Nun haben wir kein
hoͤheres ſichtliches gemerck in der Lufft/ als die materiam crepuſculorum, das
jenige
[] jenige weiß vnd gelblechte im Oſten/ wenn der Morgen anbricht/ oder im We-
ſten/ wenn die finſtere nacht anbricht. Dieſelbe materi iſt nichts anders als die
reineſten/ zarteſten/ leichteſten/ auß der Erden auffgeſtiegenen daͤmpffe/ hoch in
der oberſten Lufft/ vber welche als die allerzarteſten vnd leichteſten keine andere
ſteigen koͤnnen/ wie ſolchs gnugſam von den beſten Opticis, Alhazeno, Vitellio-
ne, Nonio,
vnd andern/ bewieſen vnd erklaͤret iſt. Denn dieſelbe duͤnſte werden
von der Sonnen/ wenn ſie lengſt vndergangen/ zum letzten/ oder wenn ſie mit der
zeit wieder auffgehn ſol/ zum erſten dort oben erleuchtet/ alſo das ſie von dannen
einen wiederſchein zu vns geben.


Wie weit nun von hinnen biß da hinauff ſey/ koͤnnen wir nicht alleine pro
babiliter,
ſondern auch demonſtrativè vnd gruͤndlich genugſam wiſſen/ vnd iſt
vermoͤge derſelben Beweiſen befunden/ das es nicht vber 13. kleiner deutſcher
Meilen ſey. Alhazen vnd Vitellio haben durch jhre rechnung befunden 52000
paſſuum, das ſind 52. Welſche meilen/ deren viere eine kleine deutſche meil ma-
chen. Wer luſt hat den grund ſolcher Rechnung zu ſehen/ der leſe Alhazeni buͤch
lein De crepuſculis, vnd Vitellionis prob. 60. lib. X. Da man aber doch in
beyden Autoribus durch das woͤrtlein Vapores nicht eigentlich die feuchten
daͤmpffe/ darauß die Wolcken entſtehen/ ſondern die allertruckenſten/ verſtehen
muß/ wie aus dem contextu, da pro vaporibus ipſa materia crepuſculina
genommen wird/ zu ſehen iſt.


Ferner/ ob vnd wie weit ſich die Lufft noch vber dieſelben daͤmpffe erſtrecke/
kan man fuͤr gewiß nicht ſagen. Glaͤublich iſts wol/ das dieſelben daͤmpffe nicht
ſo duͤnne wie ein Leder außgeſpannen ſein/ ſondern auch jhre zimliche dicke haben
muͤſſen: Von welcher vns im anbruch deß morgens das hole oder vndertheil zu
geſicht koͤmpt. So iſt aber auch glaͤublich/ das ſie keine meile dick ſein koͤnnen:
Denn ſie dringen an das von Gott jhnen vorgeſetzte ziel hinauff vnd in einander
ſo hoch vnd deicht ſie koͤnnen. Demnach/ weil man keine vrſach geben kan/ weñ
die Lufft noch viele meilen vber dieſelben daͤmpffe erhoben were/ Warumb iſt
auch (weil ſie doch leichter als ein rauch vom Ofen) nicht hoͤher ſteigen ſolten:
ſo iſt es glaͤublich/ das ſie kleben am oͤberſten gewelb der Lufft/ ad concavam ae-
ris ſuperficiem,
da ſich Himmel vnd Erden ſcheiden (die Fewr Sphæram ober
der Lufft kan weder Aſtronomia noch Optica glaͤuben) vnd da Gott jhnen vñ
allen Elementiſchen Creaturen jhr ziel geſetzt. Vnd alſo kan die gantze Lufft
nicht vber 13. groſſe deutſche Meilen hoch ſein.


Denn was Cardanus lib. 4. Subtilit. erweiſen wil/ nemlich das die duͤnſte
deß Winters 288 Welſche/ das iſt 72 deutſche meilen/ vnd deß Sommers 772.
Welſche/ das iſt 193 deutſche meilen/ von der Erden erhoben ſein ſollen (welchs
T ijetliche
[] etliche Phyſici auch in jhren buͤchern auß anleitung Cardani ſchreiben) beſteht
auff vngegruͤndeten hypotheſibus: Wie jhme ſolches ſchon P. Nonius fuͤrge-
worffen (Scaliger. in Exercit. ſchweigt ſtill dazu/ wie gemeiniglich zu andern
ſachen/ die Cardanus è Matheſi fuͤrbringt) vnd ich hab in meiner Diſputation
de Crepuſculis
gewieſen/ worin deß Cardani præſuppoſita falſch vnd jrrig.


IV.
Wenn die gantze Lufft ſo niedrig/ wie wuͤrde ſich das rei-
men zu
Ariſtotelis, Plinii,vndSoliniSchrifften von etlichen ſo hohen
Bergen/ von welcher gipffel man der Sonnen auffgang wol drey
ſtunden eh ſehen koͤnne/ als vnten?


DJe Alten haben viel geſchrieben/ wie ſie es von andern gehoͤret/ wie denn
auch heutigs tags noch geſchicht. Ariſt. 1. Meteor. cap. 13. ſchreibt vom
berge Caucaſo, das deſſen gipffel biß an das dritte theil der nacht von der Son-
nen erleuchtet werde. Dergleichen ſchaeiben vom Berge Caſio Solinus cap. 39
vnd Plinius lib. 5. cap. 22. vnd wirds ohn zweifel Solinus auß Plinio genom̃en
haben/ wie er in vielem gethan. Das es aber Fabeln ſind/ beweiſet klaͤrlich P.
Nonius ſub finem lib. De Crepuſc.
So ſchreibt auch Solinus am 27. Cap.
das der Berg Atlas in die hoͤhe ſteige uſque in viciniam circuli lunaris, bald
biß an den Mond hinauff: Vnd wenig zeilen hernach gleichſam ſein ſelbs ver-
geſſende ſpricht er/ Vertex ſemper nivalis, die ſpitze ſey mit ewigem Schnee be-
deckt. Wo wil denn der ſchnee hinauff kommen/ weil der Berg vber 1000 mal
hoͤher ſein ſol als die Wolcken/ die kaum einer halben oder zum hoͤchſten 3 vier-
tel einer meilen vber der Erden ſein/ wie es die erfahrung derer/ ſo vber die hohen
gebirge gereiſet/ bezeuget? Das Atlas weit vber die Wolcken hinauß reicht/ be-
kenn ich gerne: aber ſo eine vnnatuͤrliche hoͤhe iſt nicht zu glaͤuben. Plinius lib.
2. cap.
65. ſchreibt/ das Dicæarchus auff der Ægyptiſchen Koͤnige vnkoſten die
hohen Berge abgemeßẽ/ vñ den Berg Pelion in Griechenlandt am hoͤheſten be-
funden/ vnd doch nur 1250. paſſ. oder 10. ſtadia, (verſtehe bleyrecht) das were
noch nicht ein drittheil einer deutſche meile. So hoch vnd ein wenig druͤber hat
auch Xenagoras (apud Plutarchum in Æmilio Paulo) den Berg Olym-
pum
befunden. Eratoſthenes dergleichen. Cleomedes hat auch die Berge ge-
meſſen vnd befunden/ das kein Berg hoͤher denn 15 ſtadia ſey: das iſt beynah
eine halbe deutſche meile. Vnd ſo hoch ſol in Bactriana die Klippe deß Siſime-
tris
(die Alexander Magnus erobert) geweſen ſein/ wie Strabo ſchreibt im 11.
Buch. Er ſetzt aber auch ſtracks drauff; das die andere Klippe in Sogdiana wol
zweymal
[] zweymal ſo hoch geweſen/ das were beynah eine deutſche meile/ Wiewol Arria-
nus
nur 20 ſtadia ſetzt. Dieſes geht alles noch hin. Was aber die Alten vom
Berge Atho in Macedonien/ vnd die newen Scribenten vom Berge Pico in
Tenariffe (iſt eine von den Canarien Jnſeln) ſchreiben/ iſt mir noch ſchwer
zu glauben. Denn vom Atho (heutigs tages Monte Santo genannt/ am Ar-
cipelago
gelegen) ſchreibt Plinius lib. 4. cap. 12. Solinus cap. 17. vnd aus die-
ſen autoribus mehr andere: daß er/ wenn der Tag am lengſten/ ſeinen Schatten
werffe biß in die Jnſel Lemnum oder Stalimene vber 86 Welſche meilen. [\&
quidem præcisè terminatur umbra in foro oppidi Myrrhinæ, prope bucu-
lam æneam. Plutarch. in lib. De facie Lunæ
] Wenn das wort Solſtitio nicht
dabey were/ ſo hett es kein bedencken. Denn der Berg liegt von der Jnſel gerad
ins Weſten/ da die Sonn/ wenn ſie vntergeht/ ohne das ſehr lange ſchatten
macht. Vnd giebts die rechnung/ wenn die Sonn daſelbſt fuͤr jhrem vntergang
noch ein grad vber der Erden were/ vnd vom berge einen ſchatten auff 86 Wel-
ſche oder 21½ kleine deutſche meilen wuͤrffe/ ſo were gleichwol der Berg noch nit
voll 21 ſtadia (derer 32 eine kleine deutſche meil machen) bleyrecht hoch. Aber
wenn der ſchatten deß Bergs dieſelbe Jnſel erreichen ſol im Solſtitio, das hette
viel auff ſich. Denn alſo gibt die Rechnung/ das alsdann die Soñ daſelbſt noch
vber 20 grad hoch ſein muͤſte: Worauß weiter folgt/ das deß Berges bleyrechte
hoͤhe faſt 6 deutſcher Meilen hoch were. Wenn aber ein Berg bleyrecht 6 mei-
len hoch were/ ſo koͤnte er/ wie die Rechnung darthut/ 100 volle meilen geſehen
werden: Welchs doch nie erhoͤret/ auch nicht die helffte. Derhalben wolte ich
vermeynen/ das im Plinio fuͤr das wort Solſtitio ſolte Æquinoctio ſtehen.
Maginus in ſeiner Geographia (in deſcriptione Lemni Inſ.) behelt auch dz
wort Solſtitio. Es wil ſich aber eine ſolche hoͤhe gar nicht reimen mit dem/ was
er vorhin in deſcriptione Macedoniæ auß Bellonio (der an den Orten ſelber
geweſen) beygebracht/ das nemlich der Berg Athos, querhinuͤber zu reiſen einẽ
halben tag erfordere. Das koͤnte/ ſage ich/ nicht geſchehn/ ja nicht in einem gan-
tzen Tage/ ja kaum in zween tagen/ wenn der Berg bleyrecht 6 meilen hoch we-
re: Denn alſo kuͤndte vom Fuß biß auff die ſpitz zu reiſen nicht weniger denn 9.
meilen ſein: die wird ja ſchwerlich jemand (jmmer berg an/ vnd zwar ſchnur-
recht vnd faſt ſtiegenſteil) in zween tagen bereiſen koͤñen. Vnd das iſt mein be-
dencken vom Berge Atho. Vom Pico in Tenariffe ſchreibt man/ das er auff
15 Leucas in die hoͤhe ſteige/ welchs Scaliger Exerc. 43. auff 60 Welſche mei-
len ſchetzt: Vnd ſchreibt man/ das er vff drittehalbhundert Spaniſcher meilen
geſehn werde. Spaniſche meilen oder Leucæ gehn nach heutiger Mappenſchrei
ber bericht 17½ auff einen grad: Alſo wuͤrde folgen/ das man dieſen Berg vber
T iij14grad/
[] 14 grad/ das iſt vber 200 gemeiner deutſcher meilen/ ſehen kuͤndte: Jch wil ei-
nen gantzen grad propter refractionem in ſuperficie marina fahren laſſen/
vnd ſetzen/ das er auff 13 gr. geſehen wuͤrde/ ſo folgts doch/ das er muͤſte 23 ge-
meiner deutſcher meilen bleyrecht hoch ſein/ da doch vorhin geſchrieben war/ das
er 15 Leucas oder Hiſpaniſche/ das iſt/ noch nicht 13 deutſche meilen hoch ſey.
Das wil nicht zuſammen klappen. Ja/ was mehr iſt/ ſolte der Berg auff 250
Spaniſche meilen ſich ſehen laſſen/ ſo wuͤrde man jhn von Liſſebon ſehen koͤnnen:
Denn Tenariffe liegt von Liſſebon nicht ſo weit/ als Tercera eine von den Flaͤ-
miſchen Eylanden. Jan Hugo von Linſchoten ſpricht: Tercera ligt auff 39. gr.
auff derſelben hoͤhe wie Liſſebon/ vnd ligt von dannen Oſt vnd Weſt 250. meilẽ.
Wenn man vff einem guten Globo dieſer oͤrter diſtantz nimt/ ſo gibt Lißbon
vnd Tercera 14½ gr: Aber Lißbon vnnd Teneriffe oder del Pico nur 13 grad.
Derhalben mag man von dieſes Berges ſo vnnatuͤrlicher hoͤhe noch wol ſa-
gen: Non liquet.


V.
Woher wiſſen die
Aſtronomigewiß vnd gruͤndlich/ das
die Sonne groͤſſer denn der Erdboden ſey?


AVß dem Kegelichten ſchatten der Erden. Solchs den liebhabern dieſer
Kunſt verſtendlich zu erklaͤren/ ſetz ich erſtlich dieſe axiomata vnnd gewiſſe
Regeln. 1. Wenn ein leuchtend Corpus ein vndurchleuchtiges beſcheinet/ ſo
wirfft daſſelbe vndurchleuchtige einen Schatten hinderwerts hinweg/ klein oder
groß/ nach gelegenheit beyder Coͤrper. 2. Wenn eine leuchtende Kugel eine vn-
durchleuchtige Kugel beſcheint/ vnd ſind beyde Kugeln gleich groß/ ſo hat der
Schatten (den die vndurchleuchtige Kugel von ſich wirfft) eine Cilynderform/
das iſt/ eine geſtalt einer runden vberall gleich dicken Seulen: Vnd iſt der ſchat-
ten gleichſam vnendlich. 3. Wenn die leuchtende Kugel kleiner denn die andere
iſt/ ſo iſt der ſchatten calathoides, das iſt/ er iſt an ſeiner Kugel am ſchmalſten/
vnd breitet ſich je leuger je weiter auß. 4. Wenn die leuchtende Kugel groͤſſer
denn die andere/ ſo iſt der ſchatten kegelicht/ das iſt/ an ſeiner Kugel am weiteſten/
vnd je weiter davon je ſchmaler/ biß er ſich endlich wie ein Kegel zuſpitzet. 5.
Der Mond (wie auch andere Planeten) ſcheint nicht ſtets einerley groͤſſe/ ſon-
dern bißweilen vmb etwas groͤſſer/ bißweilen kleiner. (Jch rede hie nicht von
der groͤſſe die ſie haben/ wenn ſie auff oder vntergehen/ denn da ſcheinen ſie allezeit
durch die daͤmpffe der Erden groͤſſer/ als wenn ſie hoch in die hoͤhe kom̃en: nicht
anderſt als ein Thaler durchs waſſer groͤſſer ſcheint/ als er in Warheit iſt: ſon-
dern ich rede von der groͤſſe die ſie haben/ wenn ſie gnugſam erhoben/ vñ von den
duͤnſten
[] duͤnſten frey ſein.) Exempel haben wir mit augen geſchen an Venere vnd Mar-
te,
welche bißweilen ſo groß ſcheinen/ das man ſie fuͤr Cometen oder newe ſter-
nen helt. Weils denn nicht gleublich/ das die Himliſchen Coͤrper an jhrer wah-
ren groͤſſe oder ſubſtantz bald ab bald zunemen/ ſo folgts/ das/ wenn ſie klein
ſcheinen/ ſind ſie weiter von der Erden/ als wenn ſie groß ſcheinen. Das weiteſte
punct oder den weiteſttn ſtandt von der Erden nennen die Aſtronomi Apogæ-
um,
den neheſten ſtandt Perigæum: Solche puncta oder ſtaͤnde wiſſen ſie durch
richtige Rechnung allezeit zu finden. 6. Eine Finſterniß der Sonnen geſchicht/
wenn ſich der Mond/ als ein vndurchſichtig Corpus, zwiſchen vnſer geſicht vnd
die Sonne ſetzt/ vnd alſo der Sonnen ſchein vns benimt oder verhindert: Eine
Finſterniß deß Monds geſchicht/ wenn der Mond durch den ſchatten deß Erd-
bodens leufft/ vnd alſo von der Sonnen/ von der er all ſein Liecht hat/ nicht kan
beſchienen werden. Es ſind aber die Finſterniſſen entweder totales, oder partia-
les. Totales
deß Monds (von denen allein hie noͤtig zu berichten/) wenn deß
Monds lauff es alſo erfordert/ das er mitten durch den ſchatten muß/ vnd alſo
gantz vnd gar verfinſtert wird/ wie dieſes kuͤnfftige Jahr zweymal geſchicht.
Partiales, wenn ſein Lauff alſo beſchaffen/ das er nur zur ſeiten vnd beym rande
des ſchattens durchleufft/ vnd alſo nur ein theil ſeines Coͤrpers verfinſtert wird/
wie dieſes 1623. Jahr am Oſterabend geſchicht.


Auff dieſe/ durch gnugſame erfahrung von ſo viel 1000. Jahren her beſte-
tigte/ axiomata gruͤnden die Aſtronomi jhren beweiß von groͤſſe der Sonnen
alſo. Sie habens nicht weniger erfahren/ das wenn der Mond verfinſtert wird/
vnd iſt in oder bey ſeinem apogæo oder hoͤheſtem ſtande von der Erden/ ſo weret
die Finſterniß nicht ſo lange/ vnd (ſo der Mond nicht gantz verfinſtert wird) iſt
auch die Finſterniß nicht ſo groß/ alß wenn er in ſeinem perigæo oder neheſten
ſtande verfinſtert wird/ Ob gleich zu beyden zeiten ſein Lauff gleich geſchwind/
vnd ſeine diſtantz oder latitudo von der Sonnenſtraß einerley.


Weil er denn in apogæo den ſchatten eh durchleufft als in perigæo, was
haben ſie anders ſchlieſſen koͤnnen/ als das der ſchatten dort oben in apogæo
muͤſſe ſchmaler oder enger ſein als in perigæo? ſonderlich weil andere Eclipſes
in locis intermediis
die proportion der groͤſſe vnd wehrunge beſtetigt hat. Jſt
nun der ſchatten je weiter von der Erden je ſchmaler/ ey ſo muß er kegelicht ſein.
Jſt der ſchatten der Erden kegelicht/ ſo muß die Sonne groſſer ſein denn der Erd
boden/ vermuͤge der vierdten obgeſatzten Regel.


VI.
Solts aber nicht ſein koͤnnen/ das die Sonn nur eben ſo
groß/ alß der Erdboden were?


[]

NEin: denn ob wol ſolchs die Sonnenfinſterniſſen nichts angehet/ ſo laſſens
doch die Mondfinſterniſſen nicht zu/ Als welche/ wenn die Sonn nur ſo
groß alß die Erde/ vnd alſo der ſchatten der Erden vberall gleich dick were/ in ei-
nerley diſtantz von der Sonnenſtraß ſo wol in apogæo als in perigæo gleich
groß weren/ auch gleich lang wehreten. Das wiederſpiel aber giebt die erfahrung/
durch welche die Rechnung bekrefftigt wird.


VII.
Solte die Sonne groͤſſer ſein denn der Erdboden/ wie in
vorigem Capitel gedacht/ vnd zwar/ wie die
Aſtronomifuͤrgeben/ an-
derthalb hundert mal groͤſſer/ wie kompts denn/ daß ſie am ende deß 1596. oder
anfang deß 1597. Jahrs den Hollaͤndern in Nova Sembla ſo lang auſſen ge-
blieben? Denn wie ſolte ſo eine groſſe Fackel/ weil ſie jhren ſteten fortgang
vnd bewegung hat/ ſo lange koͤnnen hinder der ſo kleinen Erden-
kugel verborgen bleiben?


ANtwort. Imò die Aſtronomi haben ſich mit den Schippern anfenglich
gnugſam verwundert/ warumb die Sonne nicht lenger auſſen geblieben.
Auff das aber die ſach deſto baß eingenommen werde/ ſol man wiſſen (ich berich
te die/ ſo es nicht wiſſen/) das Willem Barentſon mit andern erfahrnen Schip-
pern Anno 1596 ſich in die Nord See begeben/ einen newen Weg zu ſuchen
vmb die Tartarey herumb nach Oſt Jndien. Sie ſind aber zeitig im ſelben Jar
hinden an Nova Zembla von der menge deß gewaltigen Eyſes gar auffgehaltẽ
vnd auff der Polus hoͤhe von 76 graden gantz befroren/ ſo das ſie den gantzen
Winter daſelbſt außhalten vnd viel elend außſtehen muͤſſen. Da nun die Mit-
tags Sonn jhnen von tag zu tag niedriger worden/ biß ſie endlich nach erforde-
rung deß Orts (intra Circulum ſcilicet Arcticum) den 4 Nov. ſtylo novo
ſchon gar nicht herfuͤr kommen/ haben ſie aus deß Poli hoͤhe vnd gutem Aſtro-
nomi
ſchen grunde die rechnung gemacht/ das die ſoñe nit wieder herfuͤr kom̃en
wuͤrde/ biß vff den 11. Febr. Es hat ſich aber zugetragen/ das ſie ſich 17 tage fuͤr
der rechten zeit/ nemlich den 24 Jan. ſtylo novo ſchon etwas hat ſehen laſſen.
Deßhalben ſich nicht allein dieſe Schipper/ ſondern auch anfenglich viele Aſtro-
nomi
verwundert. Biß ſie befunden/ das die vrſach ſolcher zeitigen erſcheinung
nichts anders/ als die groſſen Refractiones derer oͤrter geweſen. Beſiehe Kep-
plerum in Opticis pag.
138. vnd Röslini deutſch Tractaͤtlein die Mitternaͤch-
tige Schiffarth tituliret pag. 80.


Da nun jemand ſpricht/ die Sonne ſolte billich viel ehe ſich herfuͤr gethan
haben/ wenn ſie ſo viel mal groͤſſer were denn der Erdboden/ ſintemal ſie in be-
trachtung
[] trachtung jhres ſteten fortgangs ſich nicht ſo lang hinter dem kleinen Erdkuͤge-
lein hette verbergen koͤnnen: Antworte ich drauff/ wo man die obgemelte groͤſſe
der Sonnen (anderthalb hundert mal ſo groß als der Erdbodẽ) von jhrer brei-
te oder diametro verſtehet/ ſo verſtehet mans nicht recht. Es muß von der Cor-
pulentz
vnd inhalt verſtanden werden/ wie ich ſchon Anno 1620. im 2. Cap.
am ende der erſten Frage gnugſam ſolchs erklaͤret. Es gehoͤren/ ſage ich/ wol an-
derthalbhundert Erdkugeln dazu/ wenn man eine Kugel ſo groß als die Sonne
iſt/ machen wolte. Sonſten iſt der diameter oder die breite der Sonnen kaum
ſechſte halb mal ſo groß alß die breite deß Erdbodens. Duͤnckt einen nun das
vngereimt/ das der diameter nur 5½ mal ſo groß/ vnd dennoch der inhalt andert
halb hundert mal ſo groß ſein ſolte/ der gehe hin zu Euclide, der beweiſet in der
letzten propoſition ſeines 12. Buchs/ das zwoer vngleichen Kugeln inhalt ge-
gen einander eine ſolche proportz haben/ wie die Cubiczahlen jhrer diametro-
rum.
Laß vns nun ſetzen/ das der Sonnen diameter nur gerad 5. mal ſo groß
als der Erden diameter were. Cubire den diametrum der Erden/ ſo bekoͤmpſtu
nicht mehr als 1: Cubire auch den diametrum der Sonnen 5/ ſo bekoͤmpſtu
125. Da ſieheſtu/ das auff ſolche weiſe die Sonne nach jhrem inhalt ſchon 125
mal ſo groß alß der Erdboden ſey. Ptolemæus hat befunden/ das der diameter
der Sonnen 5½ mal ſo groß als der Erden ſey (Tychonis Obſervationes vnd
Rechnung gibt nicht 5½ mal voll) Wenn man dieſes cubiret, ſo bekoͤmpt man
\frac{1331}{8}: Wenn man dieſen cubum durch den cubum der Erden 1 dividiret, ſo
befindet ſichs/ das die Sonn 166⅛ mal ſo groß als der Erdboden ſey. Dieſe
Rechnung findet man auch in Helmreichs Rechenbuch pag. 601.


Zum andern koͤmpt hiezu die treffliche hoͤhe oder diſtantz der Sonnen von
der Erden/ durch welche geſchicht/ das ſie vns nicht groͤſſer denn ein halber grad
des Himmels ſcheint/ eben als der Mond/ der doch viel kleiner denn der Erdbo-
den/ auch kaum ein gar kleines theil vber die helffte der Erden allezeit erleuchten
kan. Denn ſie ſteht vff 1200 ſemidiametros terræ (oder halbe Breiten deß
Erdbodens) von der Erden. Derhalben wenn du die Erde wolteſt abzirckeln
wie eine mittelmeſſige Erbs groß/ vnd wiſſen wolteſt/ was dagegen der Sonnen
groͤſſe vnd diſtantz fuͤr eine proportz habe/ ſo muß von der Erbs hinweg 600
Erbſen breit/ die machen ohn gefehr (42 Erbſen auff einen ſchuch gerechnet) 14
ſchuh oder 7 Elen: Da nim ein Centrum vnd mach drauß einen Zirckel/ deſſen
diameter ſechſtehalb Erbſen breit (vnd nicht 166 Erbſen breit) ſey: Derſelbe
Zirckel iſt die Sonne. So wirſtu die Figur recht gemacht haben. Wiltu auch
ſehn/ wie viel die Sonn vom Erdboden allemal erleuchtet/ ſo zeuch von jeglicher
Vſeiten
[] ſeiten der Sonnen eine Lini/ die beydes die Sonn vnd die Erde beruͤhret/ dieſel-
ben Linien begreiffen in ſich alle das Liecht der Sonnen/ damit ſie die Erd beſchei-
net: Hinter der Erden aber begreiffen ſie in ſich den ſchatten der Erden/ welcher
je lenger je ſpitziger wird. Dieſe angedeutete delineation iſt zwar nur mecha-
niſch/ aber doch kan man drauß ſehen/ 1. Woher es komme/ das die Sonne
nicht viel mehr als den halben theil der Erden erleuchte/ ob ſie ſchon ſo vielmahl
groͤſſer. Darnach weiſet ſie auch auß/ warumb vns die Sonn nur ein halben
grad groß ſcheine. Denn/ wo du ſo viel raum haſt/ ſo mach außm Centro dei-
ner Erden einen zirckel/ deſſen ſemidiameter ſo groß/ als weit das Centrum dei-
ner Erden vom Centro deiner Sonnen liegt/ vnd theil den Zirckel in ſeine 360
grad/ oder ein ſechſtpart deſſelben in 60 grad/ ſo wirſtu befinden/ das der gantze
diameter der Sonnen nur ein halben gr. einnehme. Oder/ wo du ſo viel raum
nicht haſt/ ſo rechne auß/ wie groß wol ein grad deſſelben groſſen Zirckels/ dazu
du nicht raum haſt/ ſein muͤſſe. Zum Exempel: 7 geben 22/ was geben 14 elen?
(nemlich der gantze diameter des Sonnen Himmels.) f. 44 elen/ das ſind 11-
56 zoll/ ſo viel helt die Circum ferentz deß groſſen zirckels. Die theil ab in 260/
ſo kompt vff jeglichen grad 3 zoll vnd ohn gefehr ¼/ vnd alſo vff ein halben grad
ohngefehr anderthalb zoll/ das ſind ohngefehr 5⅐ Erbſen breit. Vnd alſo ſiehſtit
leicht/ weil die Sonne nur einen halben grad deß Himmels begreifft/ das ſie
nicht ehe koͤnne herfuͤr brechen vnd geſehen werden/ biß jhr Centrum auff ein
viertel eines grads an den horizontem koͤmpt.


VIII.
Woher wiſſen aber die
Aſtronomi,das die Sonn ſo ge-
waltig hoch von der Erden abgelegen ſey? Wie/ wenn ſie neher?

Wie/ wenn ſie (wie einer argwohnet) zum hoͤchſten nur 10800.
meilen abgelegen were?


DAs die Sonn ſo hoch ſey/ als die Aſtronomi ſchreiben/ gibt jhnen die do-
ctrina ∆lorũ
vnd andere mittel an die handt/ wie ich ſchon Anno 1620.
berichtet. Wenns anders were/ wuͤrde keine Mondfinſterniß eintreffen. Zum
exempel/ wenn ſie nur 10800 meilen/ das iſt/ kaum 13 ſemidiametros terræ,
von vns were/ ſo muͤſte der Mond (als der vns bißweilen die Sonn verdeckt)
noch niedriger ſein. Geſetzt nun das er nur deicht vnter der Sonnen were/ ſo
wuͤrden die Mondfinſternißen bißweilen gantzer 18 Stunden wehren. Denn
die rechnung gibts das auff 13 ſemidd. terræ vom Centro der Erden der ſchat-
ten/ da der Mond hindurch muß/ 9 gr. vnd 5 min. deß Himmels breit iſt: Weñ
nun
[] nun der Mond in Eclipſibus totalibus mitten hindurch muß/ ſo muͤſte er bey
18 ſtunden vom anfang biß zu ende ſeiner finſterniß haben/ ſintemahl er alle
ſtund ohngefehr einen halben grad fortgehet. Viel lenger wuͤrde noch die Fin-
ſterniß wehren/ wenn der Mond der Erden noch neher were. Vnd was wuͤrde/
wenn die Sonn nur 13 ſemidd. von vns were/ fuͤr eine parallaxis der Soñen
ſich erzeigen? Dieweil doch der Mond/ ob er gleich bey 60 ſemidd. terræ von
der Erden iſt/ eine parallaxin horizontalem eines gantzen grads gibt. Je ne-
her aber ein Stern/ oder ſonſt etwas/ der Erdẽ iſt/ je groͤſſere parallaxin es gibt.
(Was parallaxis vñ jhre eigenſchafft ſey/ kan man leſẽ in meinem Tractat vom
juͤngſten Cometen am 8 Cap.) Es hengt alles an einander/ parallaxis, diſtan-
tia, umbra terræ, magnitudo luminarium, Eclipſes,
wie eine Kette: Wil
man die zerreiſſen/ ſo reiſſet man den grund aller Finſterniß-Rechnungen uͤmb.
Man wird aber keine andere an die ſtell bawen/ die mit dem Himmel vnd rech-
ter zeit vbereinſtimmen ſolte.


IX.
Wodurch haben die Aſtronomi abgenommen/ das der
Mond kleiner als der Erdboden ſey?


AVß ſeinen Finſterniſſen. Denn wenn der Mond gantz verfinſtert wird/
bleibt er bißweilen/ eh er den Schatten gantz durchlauffen/ vber andert-
halb ſtunden drinn/ wie wir in folgendem Cap. ein Exempel haben: Derhalben
muß der ſchatten daſelbſt viel breiter ſein als der Mond. Vnd alſo iſt die Erde
noch viel groͤſſer. Jtem wenn der Mond nicht gantz verfinſtert wird/ ſondern
nur ein theil ſeines Coͤrpers/ ſo ſiehet man augenſcheinlich/ das die Circumfe-
rentz
deß Erdſchattens (welcher dem Mond das Liecht benimpt) viel weiter
ſich außdehne/ als die Circumferentz deß Mond Coͤrpers. Derhalben muß ja
die Erde viel groͤſſer ſein denn der Mond.


X.
Das nicht aller erfolgten Haͤndel/ der
Aſpectus
die vornemſte vrſach ſey.


DJe Harmonia motuum cæleſtium wircket zwar vberall etwas mit/ vnd
ſtimuliret die humores der lebendigen Creaturen: aber es muͤſſen noch
andere vnd viel naͤhere vrſachen vnd incitamenta dazu kommen/ wenn der ſti-
mulus cæleſtium motuum
oder aſpectus ſeinen vollen Effect vnd Scopum er-
langen ſol. Zum Exempel/ das Anno 1506. auff die ☌ ♄ ♂ im Lewen/ der
V ijKoͤnig
[] Koͤnig in Polen Alexander den 29 Auguſti geſtorben/ hat zwar der Aſpectus
mit geholffen/ (ſonderlich wo er in des Koͤnigs Nativitet auff die directiones
gefallen/) aber es ſind noch andere nehere krefftigere vrſachen dazu geſchlagen/
als die boͤſe zuverſicht deß medici empyrici, der den Koͤnig durch Schweißbaͤ-
der gantz vnd gar abgemattet hatte/ item die beſchwerliche Reiſe deß Koͤnigs in
ſo groſſer Schwach heit von der Wilde nach Lida 12 meilen/ vnd von dannen
wieder zu ruͤck/ item die bekuͤmmernuͤß wegen der viel tauſendt daſelbſt herumb
ſtreiffenden Tattern (welche doch eben da der Koͤnig zur Wilde in den letzten
zuͤgen lag/ bey Kletzko vffs haͤupt erlegt wurden) vnd andere zufaͤlle mehr. Et
quæ non lædunt ſingula, multa nocent.
[Es iſt auch im ſelben Monat (we-
nig tage fuͤr deß Koͤnigs todt) ein Comet geſehen worden/ welchen alle Auto-
res,
die ich davon geleſen/ auff Philippum I. Koͤnig in Hiſpanien gedeutet/ weil
der daſſelbe 1506 am ende Septembris geſtorben: aber ich wolte jhn auff den
todt deß Koͤnigs Alexandri deuten/ dieweil er im Auguſto erſchienen/ vnd nach
wenig tagen noch fuͤr deß Koͤnigs tode verſchwunden/ dan auch weil er (wie jhn
Lycoſthenes beſchreibt) inter ſeptentrionem \& orientem, ſub urſa majore,
erſchienen/ Welcher Himmels Ort eine rechte correſpondentz mit Littawen
hat.] Derhalben ſolcher Aſpecten wirckungen allezeit muͤſſen verſtanden wer-
den/ das ſie ſind vnd bleiben cauſæ remotiores, die alſo offt von nehern vnnd
maͤchtigern vrſachen gehindert werden. Vnd das iſts/ was man ſagt/ Aſtra in-
clinant, non neceſſitant.


XI.
Was auff eine ☌ ♄ ♂ im ♌ bißweilen in der Lufft
vnd lebendigen Creaturen erfolge?


WEnn eine ſolche conjunction einfellet/ hat man ſich einer Peſt zu beſor-
gen. Anno 1447 iſt auff dergleichen Conjunction ♄ vnnd ♂ im Loͤ-
wen eine zweyjaͤhrige Peſt erfolgt/ das grauſam davon zu ſchreiben. Alſo iſt auch
auff die ☌ ♄ ♂ im ♌ Anno 1506 eine Peſt erfolgt. Anno 1538 iſt Saturnus
vnd Mars im 15 gr. ♍/ das iſt im hindertheil deß gebildeten Loͤwen/ zuſam-
men kommen: Das Jahr haben wir hie auch eine Peſt gehabt. Anno 1564.
da die groſſe Peſt allein hie zu Dantzigk vber 24000 weggefreſſen/ iſt auch eine
☌ ♄ ♂ im ♌ geweſen/ Wiewol nicht eben in aſterismo Leonis. Das ich a-
ber auß dieſen exempeln auff die kuͤnfftige ☌ ♄ ♂ gar gewiß fuſſen wolte/ hab ich
bedencken. Denn Anno 1594 hat dieſelbe ☌ ♄ ♂ im ♌ Gott lob gefehlet.
Daher auch Cardanus nicht vnrecht geſagt hat/ das allein vnd eintzig auß deß
Himmels lauff eine Peſt gewiß anzudeuten vumuͤglich ſey. Vnd gibt Origa-
nus
[]nus den rath/ das man neben betrachtung deß himmels/ auch die periodos, weñ
vnd wie offt ohngefehr die Peſt ein Land anzugreiffen pflegt/ auß Hiſtorien er-
ſuchen ſol. Denn zu Franckfurt an der Oder/ ſpricht er/ laſſe ſich faſt alle 10
Jahr die Peſt mercken: beweiſet ſolchs auch mit etlichen Exempeln. Peucerus
in ſeinem Buch de Divinationibus vermeynet/ das Wittemberg hefftig damit
angefochten werde/ ſo offt Saturnus durch den ♌ oder ♒ leufft/ in ſonderheit
wenn Mars per ☌ oder ☍ dazu koͤmpt: item wenn Saturnus durch den
♉ oder ♏ leufft/ wiewol ſie denn nicht ſo groß ſey. Jtem Nuͤrnberg werde
damit angegriffen/ wenn Saturnus durch die ♊ vnd ♐ leufft. Weñ ich nun
die Preußiſchen Chronicken durchſuche/ finde ich die periodos oder widerkuͤnff
te der Peſt gar vngleich/ alſo das ſie weder gewiſſen Jahren/ noch gewiſſen ſtellẽ
deß Saturni reſpondiren: außgenommen/ das zwiſchen der Peſt Anno 1550
vnd der Anno 1564. 14 Jahr/ vnd von der Anno 1588 biß zu der Anno 1602
auch 14 Jahr ſind. Jch finde keine eltere Peſt in den Preuſſiſchen Chronickẽ
als die/ ſo Anno 1312 vnter dem Hoemeiſter Carl Beffart geweſen/ davon bey
Schutzio lib. 2. gnug zu leſen/ als die ſo grawſam geweſen/ das ſchier niemand
vberblieben/ der die Ecker gebawt hette/ dadurch (weil vorgangnes Jahr der ſte-
te Regen faſt alles erſeufft vnd verderbet hatte) ſo eine Thewrung vnd Hunger
3 Jahr lang gefolgt/ das viel Leute einander ſelbs gefreſſen. (Welchs doch nach
dreyen Jahren GOtt der HErr mit ſeinem Segen reichlich geendert.) Daſſel
be Jahr iſt nach Aſtronomiſcher Rechnung Saturnus im ♑ geweſen/ vnnd
Mars die erſten 6 Zeichen durchlauffen/ das alſo keine ☌ ♄ ♂ daſſelbe Jahr ein
gefallen. Wiederumb find ich eine grawſame Peſt in Preuſſen Anno 1427. da
innerhalb wenig Wochen 183 Ordens Herren/ 560 Thum Herren vnd Prie-
ſter/ 38000 Buͤrger vnd Bawren/ 25000 Knecht vnd Maͤgde/ vnd bey 18-
000 junger Kinder geſtorben/ ohne die hin vnd her nicht auffgezeichnet worden/
durch welche Seuche abermahl viel Ecker oͤde verblieben/ darauff eine groſſe
Thewrung gefolgt: Schutz. lib. 3. Damals iſt Saturnus im ♏ geweſen/ vnd
hat mit ♂ eine zuſammenkunfft gehabt. Anno 1464 ſind an der Peſt allein zu
Dantzigk bey 20000 geſtorben/ Schutz. lib. 6. Damals war eine ☌ ♄ ♂ in ♓
Mars war nicht dabey. Anno 1538. da auch eine groſſe Peſt hie war/ find ich
Saturnum in der ♍/ da im Junio auch der Mars zu jhm kommen. Jn der Peſt
Anno 1550 iſt Saturnus im ♑ geweſen/ ohne Martem. Anno 1564. in der
groſſen Peſt/ an der zu Dantzigk vber 24000 geſtorben/ ſind im Sommer alle
Planeten durch den ♌ gelauffen. Anno 1588 war eine ☌ ♄ ♂ im ♉ im
anfang deß Meyen. Anno 1602 war Saturnus im ♏/ vnd kam Mars allererſt
zu jhm den 20 Septembris. Anno 1620 war eine ☌ ♄ ♂ in den ♊. Woraus
V iijzu
[] zu ſchen/ das in allen dieſen Peſt Jaren nur ein einigmahl/ nemlich Anno 1564
eine ☌ ♄ ♂ im Lewen geweſen. Auch iſt zu ſehen/ das die intervalla gar vngleich
ohne die beyden/ ſo ich oben genennet. Darumb hat das jenige/ was oben Peucc-
rus
vnd Origanus von jhren Landen ſchreiben/ hie in Preuſſen noch nicht gegol-
ten. Vnd alſo wil ich auch fuͤr dißmahl nichts fuͤr gewiß außgeben/ ſondern ſa-
ge nur/ weil vorhin etliche Exempel gefunden/ da die ☌ ♄ ♂ in ♌ eine Peſt
mit gebracht/ (ob gleich nicht eben in Preuſſen) das wir dißmal vrſach zu beten
haben/ Gott wolle es kuͤnfftig an vns auch nicht laſſen war werden.



Aus dem Prognoſtico des 1625.
Jahres.


I.
Qualis fuerit annus Patriarcharum primitivus?
Was
die Ertzvaͤter vor vnd nach der Suͤndfluht/ biß zum Außgang

auß Egypten/ fuͤr eine Jahresform gehabt?


HJruͤber iſt vnter etlichen gelahrten nicht wenig ſtreit/
in dem etliche ſchreiben/ es ſey ſchlechts ein Sonnen Jahr geweſen/ von
365 tagen vnd etlichen Stunden/ ohngefehr wie vnſere heutige Politiſche Jah-
re: andere vermeynen/ es ſey ein annus mixtus geweſen/ wie etwan der heutigen
Juden/ da die Mondentage nach den New Monden reguliret werden/ alſo das
alle 12 Monde zuſammen 354 tage vnd etliche ſtunden machen/ da die Ertzvaͤ-
ter/ damit die Monde nicht auß jhren Jahren verruͤckt wuͤrden/ in gewiſſe Jahr
emboliſmos gelegt/ etc.


Wer kan nun in dieſem zwiſt ein beſſerer Scheidsmann ſein als Moſes/ in
der Hiſtori der Suͤndfluht? Derſelbe ſchreibt im erſten Buͤch am 7 Cap. verſu
11. alſo: Am ſiebenzehenden Tag deß andern Monden/ das iſt der Tag/ da auff-
brachen alle bruͤnne der groſſen Tieffen/ etc. Vnd am ende deſſelben Cap. ſpricht
Er: Vnd das gewaͤſſer ſtund auff Erden hundert vnd funfftzig tage. Alſo auch
im 3 verß deß 8 Cap. Vnd das gewaͤſſer verlieff ſich von der erden jmmer hin
vnd nam abe/ nach hundert vnd funfftzig Tagen. Vnd ſtracks drauff im 4 verß
Am
[] Am ſiebenzehenden Tage deß ſiebenden Monden ließ ſich der Kaſte nieder auff
das Gebirge Ararat.


Laß vns nun ſehen/ was hierauß zu ſchlieſſen. Addir den erſten gantzen
Mond oder 30 Tage (denn ſo wol im Sonnen/ in æquabili Solari, als im
Monden Jahr je der erſte Mond allezeit von 30 Tagen iſt/ menſis ſecundus au
tem in ſolari æquabili quidem 30, ſed in lunari
29) item die 17 tage deß an-
dern Monden/ vnd die 150 tage vom anfang deß gewaͤſſers biß zu ſeinem abne-
men: ſo haſtu in ſumma 197 tage/ oder den 197ſten tag von anfang deß Jahrs.
Subtrahir hievon alternè oder vmbzech 30 vnd 29 tage/ ſo bleibt endlich
der 20ſte Tag deß ſiebenden Monden/ nach der form deß Monden Jahrs.
Es ſchreibt aber Moſes/ das nicht den 20ſten/ ſondern den 17den tag deß
ſiebenden Monden ſich der Kaſten habe niedergelaſſẽ. Derhalben ſich dz
Monden Jahr zu Moſis Rechnung nicht reimet. Dividir aber die 197.
tage durch 30 (tanquam per menſem anni ſolaris æquabilis) ſo be-
koͤmſtu 6 volle Monat vnd 17 Tage. Siehe nun ob dieſes nicht mit Mo-
ſe uͤbereinſtimme/ da er ſpricht: Am 17den Tage deß ſiebenden Monden.


Jſt demnach hierauß offenbahr/ das die Jahresform der Altvaͤter nicht ein
Monden Jahr/ ſondern ein Sonnen Jahr geweſen/ da jeglicher Monat zu 30.
tagen gerechnet: Annus Solaris menſium æquabilium 12. Da jemand ſagen
moͤchte/ dieſes were wol von den erſten 6 Monaten demonſtriret, aber nicht
von den uͤbrigen/ der geb rationem, wie oder auff was weiſe die erſten 6 Monat
alſo koͤndten beſchaffen ſein/ die andern aber nicht. Man wird auß keiner Voͤl-
cker antiquiteten beweiſen koͤnnen/ das jrgendt ein Volck die erſte helfft ſeiner
Jahresform Solarem vnd æquabilem, die andere helfft lunarem gehabt.


Hiemit iſt aber nicht geſagt/ das die Patriarchen ſich allein vmb den Lauff
der Sonnen/ vnd nicht auch vmb den ☽ ſollen bekuͤmmert haben. Sie ſind frey
lich des Monds/ auch aller anderer Planeten Lauffs gar wol kuͤndig geweſen (zu
welchem ende vnd Studio Gott der HErr jhnen ſo ein langes Leben verliehen/
wie Joſephus lib. 2. Antiq. c. 4. ſchreibt) Aber ſie haben deß Mondes Lauff nicht
zur gewoͤhnlichen Jahresform gebraucht. Weiter weil die 12 Monate zu 30
Tagen nur 360 Tage machen/ haben die lieben Altvaͤter leicht geſehen/ das noch
5 tage zum voͤlligen Jahre oder vmblauff der Sonnen gemangelt: Derwegen
ſie ohn allen zweiffel am ende der 12 Monate noch dieſe 5 Tage alle Jahr wer-
den angeſetzt haben. Welchs man zwar auß heiliger Schrifft nicht deduciren/
aber leicht auß dem abnehmen kan/ das/ wenn ſolch es nicht geſchehen were/ ſo
betten dieſe deß Himmels Lauffs ſo erfahrne Leute weder ein Sonnen Jahr/ noch
ein
[] ein Monden Jahr gehabt/ ſondern ein Jahr/ das 6 tage groſſer denn ein Mon-
den Jahr/ vnd 5 tage kleiner denn ein Sonnen Jahr. Solchs wuͤrde ſie bald in
groſſe confuſion gebracht haben: Denn wegen der 5 Tage weren ſie in 6 Jah-
ren vmb einen gantzen Monat an der Sonnen zu fruͤe kommen. Darumb leicht
zuerachten/ das ſie die 5 Tage nicht werden haben hinden gelaſſen.


Auch werden ſie ohn zweiffel wegen der ohngefehr 6 ſtunden/ ſo noch uͤber
die 5 Tage uͤbrig/ muͤſſen jhre intercalation gehabt haben. Scaliger vermeynet/
ſie haben dieſelben ſtunden auffgeſamblet/ biß ein gantzer Monat vder 30 tage
drauß geworden/ das geſchicht in 120 Jahren/ alsdann ſollen ſie einen gantzen
Monat intercaliret haben: Vnd dieſelbe zeit oder periodus von 120 Jahren/
ſey bey jhnen ein Seculum geweſen/ dahin auch die Worte Gottes Gen. 6. v. 3.
ſehen ſollen/ da er von den Menſchen fuͤr der Suͤndfluth ſpricht: Jch wil jhnen
noch friſt geben 120 Jahr/ das iſt ein Seculum oder Annum Dierum. Das
nun dieſem allen/ was Scaliger zwar verſimiliter gnugſam ſchreibt/ alſo ſey/ kan
ich fuͤr gantz gewiß nicht außgeben. Das aber die Altvaͤter die intercalation, es
ſey nun auff dieſe oder auff ein andere weiſe/ nicht werden negligiret haben/ iſt
auß dem abzunehmen/ das faſt alle alte Voͤlcker die Lenge deß Sonnen Jahrs
von 365 tagen vnd 6 ſtunden gewuſt haben.


Vnd das iſt die Jahrsform/ welche die Patriarchen vor vnd nach der ſuͤnd-
fluht biß auff Moſen einig im gebrauch gehabt. Der anfang deß Jahrs iſt im
Herbſt geweſen/ wie auch noch die heutigen Juden jhr Weltlich Jahr vom
Herbſt/ das Kirchen Jahr aber vom Fruͤhling anfahen.


Denn da Gott der HErr die Jſraeliten auß Egypten erloſet/ hat er jhnen
zugleich eine newe Jahresform vorgeſchrieben/ welche nicht allein jhren anfang
im Fruͤhling haben/ ſondern auch jhre Monate nicht mehr æquabiles, alle von
30 tagen ſein/ ſondern nach den New Monden deß Himmels ſich richten ſolten.
Wie davon gnug zu leſen Exodi am 12. Dieſelben Newmonden aber deß Him
mels wurden nicht gerechnet/ wie wir ſie heutigs tags in vnſern Calendern rech-
nen/ nemlich wenn Sonn vnd Mond eigentlich zuſammen kommen in interlu-
nio:
ſondern è prima phaſi, wenn ſich der Newe Mond mit ſeinem hornichten
ſchein herfuͤr thate. Denn ob wol etliche der Jſraeliten/ als ſie in Egypten kom-
men/ eine Wiſſenſchafft deß Himmels Lauff glaͤublich gehabt haben/ ſo ſind ſie
doch nach Joſephs vnd deß gutthaͤtigen Pharaonis Tode/ mit ſchweren Fron-
dienſten ſo gedruckt vnd geplagt worden/ das ſie den Studiis liberalibus nicht
haben konnen obliegen/ vnd jhnen alſo vnmuͤglich geweſen/ die New Monde
durch Aſtronomiſche Rechnung zu haben. Sondern ſie haben tuͤchtige ſcharff-
ſichtige Leute gehalten/ welche auff den hornichten Newen Mond haben muͤſſen
acht
[] acht haben. Wenn ſie denſelben erſehen/ haben ſie ſolchs den Elteſten angezeigt.
Darauff iſt der New Mond offentlich außgeblaſen worden. Vnd ob gleich her-
nacher das Volck ſich auff berechnung deß ☽ Lauff beflieſſen/ ſo iſt doch die alte
weiſe/ den New Mond zu obſerviren/ allezeit vnter den Juden geblieben/ wie
ſolchs auß jhren Thalmud vnd Calender zuerſehen. Das aber fuͤr dem Auß-
gang deß Volcks auß Egypten ſolche obſervation vnd außblaſung deß New-
monden nicht uͤblich geweſen/ kan der 81 Pſalm bezeugen/ da geſagt wird: Bla-
ſet im Newmonden die Poſaunen/ Jn vnſerm Feſt der Laubruͤſt. Denn ſol-
ches iſt ein weiſe in Jſrael/ vnd ein Recht deß Gottes Jacob. Solchs hat er
zum zeugniß geſetzt vnter Joſeph/ da ſie auß Egyptenlandt zogen/ vnd frembde
Sprachen gelernet hatten. Da ich jhre Schulter von der Laſt erledigt hatte/
vnd jhre haͤnde der Toͤpffen loß worden.


Dieſes hab ich zu beſſern verſtand der 4 propoſition deß 1. Cap. meines
Tractats vom Juͤdiſchen vnd Chriſtlichen Oſterfeſt hieher ſetzen wollen: Was
mehr von ſolchen Newmonden zu ſagen/ iſt daſelbſt zu finden


II.
Obj.
Es haltens dennoch etliche vornehme Leute dafuͤr/
das auch fuͤr der zeit die
menſes lunaresim brauch geweſẽ/ zu begeng-
niß der Feyertage: weil im 104. Pſalm geſagt wird: Deum præpa-
raſſe lunam ad obeundas ſive determinandas feſtivitates.


Antw: Von Feſten vnd Feyertagen iſt fuͤr dem Außgang aus Egypten kein
Geſetz gegeben/ ſondern es hat ein jeglicher Patriarch dem Herrn geopffert
vnd deſſen Namen angeruffen/ oder dem HErrn Feſt gehalten/ ſo offt jhn der
Geiſt Gottes dazu bewegt. Die Worte des 104. Pſalms/ wenn ſie gleich im
rechten text ſo ſtuͤnden/ weren doch von den nach kommenden Zeiten vnd Feſten
zuverſtehen. Aber ſie ſind auch auff die weiſe nicht recht vertiret: Denn es ſteht
im Text nicht/ ad determinandas feſtivitates, ſondern/ in ſtata tempora, das
Jahr darnach zu theilen/ wie Lutherus vertiret hat.


III.
Jn vorigem Cap. ward gedacht/ das die Jahresleng von
365 tagen vnd 6 ſtunden faſt allen alten Voͤlckern bekandt geweſen/

woher iſt das zubeweiſen? Denn es ſcheint/ das Julius Cæſar vñ ſein
Mathematicus Soſigenes daſſelbe allererſt erfunden.


XDer-
[]

DErſelben meynung/ daß es nemlich Cæſaris vnd Soſignes inventum ſey/
fallen viel gelarte Leute zu. Aber ich wil ein anders beweiſen/ hoffe es wer-
de etlichẽ nicht vnlieb ſein. Jch ſpreche aber alſo/ das faſt allen alten Voͤlckern
fuͤr Cæſare dieſe Jahreslenge bekandt/ aber kein Volck hat die 6 ſtunden in ein
ſo gut geſchick der politiſchen Jahresform zu bringen gewuſt/ als Cæſar.


Erſtlich weil Cæſar den Mathematicum Soſigenem zu Werck gebraucht/
den er auß Egypten mit ſich gen Rom gebracht/ ſo muß folgen/ das den Ægy-
p
tern (nicht allem gemeinem Mann/ ſondern den Sacerdotibus oder Hiero-
phantis
vnd der Hohen Schule) ſolche 6 ſtunden ſein bekant geweſen. Denn
was Herodotus in principio lib. 2. ſchreibt: Ægyptii verò numero trice-
norum dierum, quibus duodecim taxant menſes, adticiunt quotannis qui-
nos dies,
vnd keiner ſtunden weiter gedenckt/ das iſt von der Politiſchen Jah-
resform vnd annis Nabonaſſaræis zuverſtehen/ dahin/ wie vorgeſagt/ niemand
dieſe ſtunden hat wuſt fuͤglich zu accommodiren: Dennoch ſind ſie den Ægy-
pt
ern nicht verborgen geweſen. Macrobius lib. 1. Saturn. c. 16. ſchreibt alſo:
Poſt hæc imitatus (Cæſar) Ægyptios, ſolos divinarum rerum omnium
conſcios, ad numerum ſolis, qui diebus ſingulis trecentis fexaginta quin-
que \& quadrante curſum conficit, annum dirigerecontendit.
Vnd Diodo-
rus Sicu. lib. 1. e. 50. Thebæi (in Ægypto) dies non ad lunæ, ſed ſolis mo-
tum exigentes, tricenos menſibus dies tribuunt, \& poſt duodecimum
quemque menſem quinque dies cum quadrante intercal ant, eoque pacto
circulum annuum abſolvunt.
Was er von der intercalatione ſagt/ dieſelbe
iſt nicht in anno politico, ſondern von den Hierophantis Ægyptiis in jhren
Myſteriis vnd Schulen geſchehen.


Von wem haben aber wol die Ægypter dieſe Jahresleng gelernet? Ohn
zweiffel vom Patriarchen Abraham/ Welcher/ wie Joſephus lib. 1. Antiq. c. 9.
bezellget/ jhnen Arithmeticam vnd Aſtronomiam mitgetheilet/ da ſie fuͤr A-
brahams ankunfft hujusmodi diſciplinarum rudes geweſen/ wie Joſephus re-
det. Vnd alſo iſt dieſe Jahresform auch den Ertzvaͤtern/ vnd auch den Chaldeern
nicht vnbewuſt geweſen.


Das auch die Griechen hievon gewuſt/ bezeugt Macrobius lib. 1. Sat. cap.
14. Da er ſchreibt: Nam \& Græci, cum animadverterent temerè ſe trecen-
tis quinquaginta quatuor diebus ordinaſſe annum (quoniam appareret
de ſolis curſu, qui trecentis ſexaginta quinque diebus \& quadrante Zodia-
cum conficit, de eſſe ſuo anno undecim dies \& quadrantem) intercalares
ſtata ratione commenti ſunt, \&c.
Vnd das redet er ſchon von der alten Octaê-
teride,
wie daſelbſt weiter zu leſen. Viel mehr habens die Nachkommenden
Griechen
[] Griechen gewuſt. Callippus als er geſehen/ das der Cyclus Metonis von 19
Sonnen Jahren vmb 6 ſtunden zu groß geweſen (weil Meton ad æquationem
☽ cum Sole
6940 volle Tage genommen) hat er die 6 ſtunden auffgeſamblet/
biß ſie in 4 Cyclis Metonicis, das iſt in 76 Jahren/ einen gantzen Tag gemacht/
welchen er Callippus alle 76 Jahr weggelaſſen/ vnd alſo ſeinen Cyclum oder
Periodum (dem 76 Jahr ſind nachmahls Periodus Calippi genandt wor-
den) mit 27759 tagen geſchloſſen/ da ſonſten 4 Cycli Metonici 27760 Tage
gehabt. Weil nun ein Cyclus Callippicus 79 Jahre gehabt/ vnd in denſelben
27759 tage begriffen/ ſo theil dieſe tage mit 76 ab/ da wirſtu ſehn/ das auff jeg-
lichs Jahr kommen 365 tage vnd \frac{19}{76} das iſt {8}{4} eines tages.


Von den Alten Roͤmern fuͤr Julio Cæſare ſchreibt Macrobius an vor al-
legirtem
Ort/ das ſie/ jhre Monden Jahr mit den Sonnen Jahren zuvereinen/
uͤber die 354 Tage deß Monden Jahrs/ alle zwey Jahr alternatim/ 22 vnd 23
tage eingenommen/ vnd ſolchs/ wie er vorhin geſagt hatte/ wegen der 11¼ tage.
Dieſelben machten in zwey Jahren 22½/ vnd in 4 Jahren 45 tage. Weil ſie
dann den vierteln deß Tags keinen andern raht wuſten/ ſo lieſſen ſie das erſte
Jahr ſchlechts ein Monden Jahr von 354 tagen ſein/ das andere von 376 Ta-
gen (nemlich von 354 vnd von 22) das dritte widerumb von 354/ das vierde
aber von 377/ nemlich von 354 vnd 23/ da dann der 23ſte tag ſich die vier Jahr
uͤber auß den vierteln geſamblet hatte.


Jch weiß wol das das Alte Roͤmiſche Monden Jahr nicht 354/ ſondern
propter ſuperſtitionem imparis numeri 355 tage gehabt: Daher alle Jahr
in jhrer Rechnung ein tag zu viel eingeſchlichen. Denſelben aber haben die Pon-
tifices
wachſen laſſen biß zu 22 tagen/ welche ſie denn im 22ſten Jahr/ in wel-
chem ſie ſonſten nach obgeſagter Ordnung haben ſollen ſo viel Tage einſch alten/
gantz außgelaſſen.


IV.
Ob vnd wie eine Peſt koͤnne von deß Himmels
Lauff herruͤhren?


DAs die Sternen deß Himmels hienieden kraͤfftig wircken/ ob gleich jhre
wirckung offters à cauſis propinquioribus gedempfft vnd verhindert
wirdt/ iſt offtmahls von mir vnd andern erwieſen. Nun fragt ſichs: ob denn auch
der Sternen Wirckung ſo maͤchtig/ das ſie/ ſo viel an jr iſt/ nicht allein einem o-
der dem andern die boͤſen humores im Leibe ruͤhren/ vnnd alſo dieſe oder jene
Kranckheit erregen: ſondern auch gantzen Staͤdten oder Landen eine Peſtilentz-
iſche Seuche zufuͤgen koͤnne?


X ijMan
[]

Man weiß das eine Peſt auß mancherley Vrſachen herruͤhre/ als erſtlich
auß boͤſer fauler vergiffter Lufft: zum 2 è contagio/ wenn ein Menſch den an-
dern/ oder ein Ort den andern anſtecket: zum 3 auß vnordentlicher diæt vnnd uͤ-
bermaͤſſigem einſchlucken etlicher Fruͤchte/ dadurch die humores deß Leibs cor-
rumpiret
werden. Mit den letzten beyden hat der Himmel wenig zu thun/ ſon-
dern muß allein/ wo er eine Peſt erregen kan/ zur erſten helffen. Kan nun wol der
Himmel die Lufft vergifften/ weil doch die Himmliſchen Liechtſtralen vnnd in-
fluentz,
dadurch die Sternen jhre Wirckung verrichten/ jhrer Natur nach al-
lerdings reine vnd heylſame ſtralen ſind? Hierauff gibt erſtlich Phyſica zur ant-
wort/ quod operans operetur non ſecundum conditionem operantis, ſed
ſecundum diſpoſitionem ſeu modum patientis ſive ſubjecti:
die wirckung
richtet ſich nicht nach der natur deſſen/ das dawircket/ ſondern nach der beſchaf-
fenheit deſſen/ darinn ſie wircket. Der Sonnen Natur vnd Liecht iſt einerley: jh-
re wirckung aber mancherley: mit jhrer waͤrm zerſchmiltzt ſie das Wachs/ But-
ter/ Oel/ etc. aber irꝛdiſche weiche materi verhaͤrtet ſie. Vnnd alſo koͤnnen auch
die himliſchen Liechtſtralen wol etwas boͤſes oder vngeſundes erregen/ ob ſie
gleich an ſich ſelbſt gut vnd nicht vngeſundt ſind. Jnſonderheit ſchreiben die A-
ſtrologi
vom Saturno, das derſelbe/ wenn er durch den ♈/ ♌ oder ♐
leufft/ die lufft vergifften ſol. Wie aber ſolchs phyſicè zugehe/ iſt meines wiſſens
von keinem Aſtrologo gnugſam erklaͤret/ ohne was Kepplerus num. 139. Ter-
tii Intervenientis
mit wenig worten angedeutet. Jch wil allhie das meine (ſal-
vo doctiſſimorum Philoſophorum judicio
) dazu thun: Da ich denn an-
ſenglich præſupponire, welchs ich vorhin offtmals erklaͤret/ das zwar jeglicher
Stern beſonder vnd fuͤr ſich ſelbſt auff einerley manier hienieden wircke/ aber
wenn er mit andern Sternen configuratione harmonica (welche man a-
ſpectum
nennet) vns beleuchtet/ ſeine wirckung auff mancherley art nach gele-
genheit/ ſo wol der corradiation oder configuration/ als deß Orts/ da er vnter
andern ſtern am Himmel iſt/ verendere. Alſo/ zum exempel/ wircket Cor Scorpii o
der Mars fuͤr ſich ſelbſt einerley art/ aber anderſt in oppoſito vel ☌ ♄/ oder ſonſt
eines ſterns. Alſo iſt des Monds wirckung an jhr ſelbſt/ befeuchten: aber anderſt
vnd mehr befeuchtet er in ☍ ☉/ wenn er voll iſt/ anderſt vnd weniger in □ ☉/
wenn er halb iſt/ anderſt vnd am wenigſten in ☌ ☉/ wenn er new iſt: ſo veren-
dert er auch ſolche wirckung nach gelegenheit ſeiner ſtell am Himmel/ vnd wir-
cket anderſt im Krebs/ anderſt im Loͤwen/ ꝛc. alſo auch Saturnus, Jupiter, ꝛc. an
derſt im ♑/ anderſt im ♌. Darnach muß man auch wiſſen/ das die wirckung
der ſternen ſo mancherley iſt/ als mancherley die farb jhres Liechts iſt. Mars iſt
fewerroht/ derhalben hat man erſtlich der vernunfft nach gemuthmaſſet/ das ſei-
ne wirckung
[] ne wirckung viel hitziger ſey denn Veneris oder Jovis, vnd alſo weit hitziger denn
Saturni. Saturni farb iſt dunckel vnd bleicher/ darauß man colligiret, das ſei-
ne wirckung gegen andere kaͤlterer. Gleich wie man aber aus eines ſtachelichten
apffelbaums erſtem anblick zwar argwohnet/ das ſeine frucht ſawr ſein werde/
doch ſo bloß nicht trawet/ ſondern ein apffel abbricht/ vnd denſelben koſtet/ da
man denn befindet/ das der argwohn mit der erfahrung uͤber ein ſtimmet: Alſo
haben auch die alten Aſtrologi jhre Regeln nicht alſo bald auff das bloſſe an-
ſchawen der Farb gegruͤndet/ ſondern durch langwirige erfahrung angemerckt/
das wenn zum exempel im Sommer ♂ zu der Sonnen koͤmpt/ die Waͤrm ſich
vermehre/ wenn aber nicht Mars/ ſondern Saturnus zur Sonnen koͤmpt/ vermin-
dere ſich die Waͤrme: darauß ſie geſehen/ das es nicht ein bloſſer wahn/ den ſie
auß Martis vnd Saturni farb geſchloſſen. Alſo auch von andern Sternen.


Weiter wird von den Phyſicis vnd Chymicis fuͤr bekandt angenommen/
das der Sternen wirckung mit helffe zur generation aller dinge/ deß Menſchen/
der vnvernuͤnfftigen Thiere (vnter welchen auch gifftige) der geſunden vnd vn-
geſunden Kraͤuter/ der Metallen vnd Mineralien in der Erden/ vnter welchen e-
benmaͤſſig etliche gifftige gefunden werden: Vnd ſolche mithuͤlffe iſt nicht al-
lein communi quadam ratione, weil der Himmel uͤberall was mitwircket/ zu-
verſtehen/ ſondern auch ſpeciatim, in deme das Geſtirn einem jeglichen ding ſei-
ne formam vnd eigenſchafft gleichſamb verleihet vnd eindrucket. Alſo das die
Chymici nicht vngeſchickt reden/ wenn ſie ſagen/ das Goldt ſey ein Metall der
Sonnen/ das Silber deß Monds/ das Eyſen Martis, das Bley Saturni, das
Oueckſilber Mercurii. \&c. Weil nemlich ſolcher Planeten Wirckung in ge-
neration
benanter Metallen das prædominium hat. Weil dann die Planeten
vnd andere Sternen nicht allein in den Erdboden/ vnd drauff oder drinnen
wohnende oder wachſende Creaturen wircken/ vnnd allda pro varia lucis con-
figuratione
ſo wol boͤſes als gutes befoͤrdern/ ſo iſt kein zweiffel/ daß ſie eben der-
gleichen auch der Lufft vervrſachen: nicht jedere zeit/ ſondern nach dem die Pla-
neten mit dieſen oder jenen ſtellis fixis oder andern Planeten ſich configuriren/
vnd die vntere Welt beleuchten. Zu dem/ weil die mancherley farb der Sternen
nohtwendig auß jhrer innerlichen ſubſtantz vnd diſpoſition herfleuſt/ das ge-
ferbte Liecht aber alſo zu vns herunder ſteigt/ ſo wils folgen/ das zugleich mit dem-
ſelben Liecht (unà cum lumine) auch andere proprietates derſelben Sternen
herunder kommen/ non quidem formaliter ſed effectivè, nemlich eine facul-
tas
dieſes oder jenes heimlich zu erregen/ die Lufft zu alteriren/ vnd alſo auch die
hin vnd wider zerſtrewten evaporationes oder duͤnſte/ oder dergleichen zu conci-
tiren, coaguliren,
vnd zu ſcherffen. Daher koͤmpt/ halt ich/ der. Aſtrologiſche
X 3Aphoriſmus,
[]Aphoriſmus, das wenn ♄ den ♈/ oder ♌/ oder ♐ durchwandert/ vergiff-
te er die Lufft/ darumb das dieſe 3 Zeichen Solariſcher vnd Martialiſcher natur
ſind. Wiewol dieſer Aphoriſmus offt gefehlet/ wie ich fuͤr eim Jahr durch ein-
gefuͤhrte Exempel vnd Peſt Hiſtorien dargethan. Vnd liegt meines erachtens
nicht allein an Saturno oder andern Planeten allein/ als an der cauſa efficien-
te,
ſondern auch an der Lufft deß Orts/ ob nemlich dieſelbe zur zeit ſolches a-
ſpects
alſo beſchaffen/ vnnd in derſelben ſolche vapores vnd halitus verhanden/
die zu deß Planeten oder Aſpects intent qualificiret ſind. Die Aſpectus, Or-
tus
vnnd Occaſus ſiderum geſchehn ſo wol in Egypten/ als bey vns: Vnd den-
noch regnet es in Ægypten gantz nicht.


Dem dieſer vnterricht nicht gnug thut/ ob er gleich auff guten Philoſophi-
ſchen grundt gebawet/ der wird ferner bekennen muͤſſen/ das durch antrieb deß
geſtirns der Erdboden immerzu viel duͤnſte außſchwitzt/ auß welcher etlichen
Winde/ auß etlichen Nebel/ auß andern Wolcken vnd auß etlichen Regen/
Donner/ Fewrſtralen/ Chaſmata, \&c. entſtehen. Vnd ſolche duͤnſte ziehen die
Sternen auß dem Erdboden nicht allezeit einerley/ ſondern nach dem die confi-
guration
der ſternen/ vnd auch die gelegenheit deß Landes mitbringt. Gleich
wie in Medicina dieſes oder jenes ſimplex oder compoſitum bequem iſt/ dieſen
oder jenen humor deß Menſchlichen Leibs anzugreiffen vnd außzutreiben: Al-
ſo auch in Aſtrologia naturali iſt dieſer oder jener Aſpectus bequem/ ſo oder ſo
einen halitum in der Erden anzugreiffen vnd herauß zu ziehen. Vnd alſo haben
auch etliche radiationes ſtellarum, damit die Erde harmonicè beleuchtet
wird/ die facultatem vnnd Krafft oder eigenſchafft halitus venenatos, faule
vngeſunde gifftige daͤmpffe/ deren im eingeweide deß Erdbodens gnug verhan-
den/ herauß an die Lufft zu ziehen. Wenn nun ſolche daͤmpffe nicht von der Son-
nen verzehret werden/ ſondern in der vntern Lufft hin vnd her ſchweben/ da muß
als dann die Lufft deß Orts inficiret vnd vergifftet werden. Offt aber geſchichts/
das der Aſpectus ſolche materiam an einem Ort deß Erdbodens nicht findet/
vnd dennoch koͤmpt die boͤſe Lufft dahin per propulſum aêris/ oder auch durch
anſteckung eines Nachbars vom andern.


Welcher Aſpectus nun fuͤr andern ſolche gifftige daͤmpffe außzulocken ge-
ſchickt ſey/ iſt noch nicht gnugſam erkundet. Jch hab fuͤr eim Jahre befunden/
das etliche mahl bey einer ☌ ♄ ♂ im ♌/ welche das 1624ſte Jahr auff die
groſſe beruffene ☌ ♄ ♃ im ♌ (das Jahr zuvorn geſchehn) tanquam ſup-
plementum magnæ
☌ folgen wuͤrde: Eben wie die ☌ ♄ ♂ Anno 1564. (da
die groſſe Peſt hie geweſen) auff die ☌ magnam ♄ ♃ gefolget/ die das Jahr
zuvorn geſchehen: Welche ☌ ♄ ♃ der jetzigen in vielen kan vergliechen wer-
den/
[] den/ wie ich ſchon fuͤr eim Jahr gemeldet. Nun iſt auff die groſſe ☌ ♄ ♃/ An-
no
1563 ein harter Winter gefolget/ vnd darauff Anno 1594 ein heiſſer Som-
mer/ aber mit einer groſſen Peſt in dieſem Lande: Auff die jetzt geſchehene ☌
♄ ♃ Anno 1623 iſt auch ein harter Winter erfolgt (wiewol jhn ſonſten das
Special gewitter bey weitem nicht ſo beſtendig angedeutet) Ob das andere auch
Anno 1624 erfolgen werde/ iſt Gott bekandt. (Jch ſchreibe dieſes den 8 Febr.
Anno
1624.) Deß einen gefehrlichen vorboten haben wir ſchon im nechſt ver-
gangenen Herbſt gehabt/ vnnd der iſt noch jetzige ſtunde nicht uͤber vnſern gren-
tzen. Gott geb das meine beyſorge fehle. Von noͤhten iſt zu beten: Bewahr vns
HErr fuͤr Krieg vnd Streit/ Fuͤr Peſtilentz vnd Thewer zeit. Mit welchem
wunſch ich dieſe Quæſtion vnd dieſes Capitel beſchlieſſe.


V.
Ob man ex aſtris etwas von verenderung der
Regimente koͤnne prognoſticiren?


DJe Frage iſt nicht new/ ſondern von vielen ſo wol Politicis/ als Aſtrolo-
gis
lengſt pro \& contra diſputiret. Sie reimt ſich aber nicht uͤbel auff
dieſe Jahre/ da jederman gern wiſſen wolte/ wo doch endlich der hin vnd wider
verworrene Standt Europæ werde hinauß wollen: Vnd wenn nur etwan ein
Progrioſticant, jhm ein anſehn zu machen/ ſich mit etwas herfuͤr thut/ leufft vñ
keufft ein jederman denſelben/ kuͤnfftiger dinge ſich zuerkuͤndigen. Nun were die-
ſe Quæſtion wol wirdig/ das davon außfuͤhrlich gehandelt wuͤrde/ wenn ſich
weitleufftigkeit/ ſonderlich diſcurſuum generalium, in diß Prognoſticon ſchick
te. Jch hab ein Tractaͤtlein von der groſſen ☌ ♄ ♃ vnter henden gehabt/ da
ich diß Thema hette weitlaͤufftiger tractiren koͤnnen: Aber weil man ſich in ſol-
chen Tractaten nicht gnugſam huͤten kan/ das man nicht etwas auß der Feder
flieſſen laſſe/ welchs hernach von einem oder dem andern uͤbel verſtanden vnnd
auffgenommen wird (inmaſſen mir ſolchs ſchon von den beyden larvatis Vil-
nenſibus
widerfahren) wil ich lieber damit inhalten/ vnd andere davon ſchrei-
ben laſſen/ denen es frey iſt. Allhie aber wil ich von geſatztem Themate meine
meynung mit wenig worten/ ſo kurtz es immer die materi leidet/ herauß ſagen.


Jch mache anfenglich derer dinge/ ſo man ex Aſtrologia prognoſticiren
wil/ dieſen vnterſcheid: quod aſtra quorundam ſint cauſæ, ſaltem remotæ,
quorundam autem ſigna, quorundam etiam utrumque:
Das die Sternen
etliche dinge wircken vnd dazu vrſach geben/ etliche aber deuten ſie an als zeichẽ.
Die jenigen dinge/ in welche ſie jhre wirckung außgieſſen/ ſind eigentlich ſub-
ſtan-
[]ſtantiæ corporeæ ſublunares, als da ſind die 4 Element/ vnd alles was auß
denſelben gemacht. Alſo erſtrecken die Sternen auch jhre Wirckung in den Men-
ſchen/ doch eigentlich in den Leib vnd deſſen temperament vnd gebluͤte: Vnnd
weil nach dem temperamentzſich deß Menſchen gemuͤht vnd inclination rich-
tet (wie man ſagt/ mores animi ſequuntur temperamentum corporis) verſte-
he/ wo ſolche inclination nicht durch die Auffer ziehunge tanquam cauſam pro-
piorem
verhindert wird/ So wircken durch dieſes bandt die Sternen auch in
das gemuͤte deß Menſchen. Vor eins. Zum andern ſo beſteht ein jeglich Regi-
ment auff zweyerley/ deren eins iſt materiale, welchs ſind die Leute/ ſo wol Herr
ſchafft als Vnterthanen: das andere formale, das iſt die anordnung/ ſo zu re-
den/ vnnd beſtallung der Policey: Vnd dieſes formale iſt gleichſam die Seele
deß Regiments. Gleich wie nun die Sternen jhre Krafft vnd Wirckung imme-
diatè
nicht erſtrecken koͤnnen in die Seel deß Menſchen/ ſondern in den Leib/ in
das temperament deß Menſchen: Alſo koͤnnen ſie auch immediatè nicht wir-
cken ins formale deß Regiments/ ſondern in das maeriale/ das iſt in die Herr-
ſchafft vnd Vnterthanen Darauß ſcheint zwar/ das der Sternen Wirckung
auff die Regimente ſich eigentlich nicht erſtrecke. Weil aber nach dem tempe-
rament
deß materialis ſich das Gemuͤhte richtet/ ſo folgts das offtmahls die Re-
gimente hangen an der diſpoſition deß Haͤupts oder Magiſtrats: Welcher
Magiſtrat oder Potentat nach ſeinem humor (den er vom Himmel hat) das
Regiment bißweilen in ſeiner beſtallung erhelt/ bißweilen auch gantz endert/ ſive
in melius ſive in deterius,
nach dem es gereth/ vnd nach dem es ſeine humores
mitbringen. Zu dem iſts nicht allein am Haͤubt derſelben Policey gelegen/ ſon-
dern auch am Haͤubt der benachbarten (denn man kan doch nicht lenger fried
haben als der Nachbar wil) welcher eben ſo wol ein ſubjectum operationum
cæleſtium
iſt/ als der ander. Wenn nun zwiſchen benachbarten Rebuspublicis
oder Potentaten nicht ein gut verſtaͤndnuß/ kan darauß leicht eine mutation des
einen/ oder auch beyder Herrſchafften erfolgen. Vnd ſolche mutation/ oder be-
fahrung derſelben/ kan von einem erfahrnen Aſtrologo, dem benachbarter Po-
tentaten Nativitet wol bekandt/ conjecturaliter \& remotè colligiret werden.
Aber ſolchs fuͤr gewiß oder in ſpecie an tag zu geben ſol ſich niemand vnterwin-
den. Man findet zwar etliche/ die ſolchs ſo nicht offentlich doch heimlich/ ſpe lu-
cri allecti,
von ſich geben: aber es gelingt bißweilen/ daß es wol beſſer diente.
Vnd das iſt eine art deß Prognoſticirens von verenderung der Regimente.


Die andere hat noch mehr bedenckens. Denn da geſchichts zu zeiten/ das
nicht zween oder drey Potentaten einander in den Haaren liegen/ ſondern es
hat das anſehen/ als ob die gantze Welt were taumelnd worden/ vnd alles vnter-
ſte wolte
[] ſte wolte zu oberſt gekehret werden. Solchs kan ich keiner influentz der Ster-
nen (niſi generaliſſima \& remotiſſima ratione, da der Himmel uͤberall vnd
allezeit was mitwirckt) zuſchreiben/ Weil ja dieſelbe wirckung nicht in allen den
Landen/ die Potentaten vnd Vnterthanen in einerley humor diſponirt findet.
Denn wie wolte deß Himmelslauff/ zum Exempel/ die Gothen/ Wenden/ Fran-
cken/ ꝛc. zugleich inſtimuliren, gegen das einige Roͤmiſche Reich ſich auffzulegẽ?
Wie ſolte deß Himmelslauff noch heutigs tages weit abgelegene Potentaten
bewegen/ ſich mit geſambter hand gegen andere zu verbinden? Wie manches
Landt wird heutigs tags jaͤmmerlich verhergt? Wie mancher Landsherr vnver-
ſehens beengſtigt? da doch weder ſein noch ſeiner vnterthanen temperament
oder diſpoſition ſolches mitgebracht. Derhalben ſchreib ich ſolchs alles/ auch
was noch ferner drauff erfolgen wird (deñ der Außſchlag iſt noch nicht verhan-
den) Gottes verhengniß zu: doch alſo/ das ſolche mutationes am Himmel vor-
bedeutet werden/ aus welchen vorhergehenden oder vorſtehenden Himmelszei-
chen ein Aſirologus beſcheidenlich von vorſtehenden verenderungen ſatis pro-
babiliter
etwas ſchlieſſen koͤnne. Wir haben am ende deß 1618. Jahrs einen
ſchrecklichen Cometen geſehen: Wer wil ſagen/ daß er nicht groſſe verenderung
bedeutet? Das mancher ſprechen wolte/ das ſpiel in Boͤhmen were doch angan-
gen/ ehe denn der Comet erſchienen: der ſehe ſich nur weiter vmb/ ſo wird er ſehen
das der Boͤhmiſche Auffſtand nach andeutung deß Cometen gar einen langen
Schwantz außgeſtreckt/ auch an die Orte/ da man ſichs nimmer verſehen hette.
Weiter habẽ auch die Aſtrologi nicht vnrecht vmb dieſe zeit groſſe verenderung
prognoſticiret, wegen der einfallenden groſſen ☌ ♄ ♃ im ♌/ welche die ande-
re ☌ der newen 800. Jaͤhrigen Revolution der Tripliciteten iſt. Das aber
die meiſten Aſtrologi dieſelbe ☌ als eine cauſam efficientem ſolcher Welt-
haͤndel annemen/ darinn weiß ich mich nicht zu ſchicken/ kan auch nicht ſehen/
quo cauſarum nexu, niſi remotiſſimo adeoq́ue admodum invalido, ſie ſolche
weit außſehende haͤndel wircken koͤñe. Jch wil mich aber mit keinẽ hieruͤber auff-
legen/ ſondern ſage hie nur meine meynung/ das ich nemlich ſolche Aſpectus vnd
andere himliſche apparentias fuͤr bedeutende Zeichen/ vnd nicht fuͤr wirckende vr-
ſachen groſſer Kriege vnd verenderungen halte. Das aber moͤchte gefragt wer-
den/ wenn alle Aſpectus ordentlicher vnwandelbarer weiſe aus dem natuͤrlichen
lauff der Sternen herflieſſen: die verenderung aber der Regimenten durch Got-
tes willen vnd verhengniß ſich begeben: wie koͤnne denn das natuͤrliche ein Zei-
chen ſein zukuͤnfftiger Gott allein bewuſter dinge? Drauff antworte ich/ das
man zwar auß ſolchem Zeichen keine particularia ſchlieſſen koͤnne/ als welche
freylich allein Gott bewuſt: Es iſt aber gnugſam angemerckt/ das auff die Re-
Yvolutio-
[]volutiones der Tripliciteten vnnd groſſen ☌ groſſe verenderungen gefolgt.
Vnd ich widerhole allhie/ was ich fuͤr zwey Jahren geſchrieben/ das/ wie kein
zweifel/ das Gott von ewigkeit her alle dinge/ wie ſie nach einander folgen ſollen/
vorher geſehen/ alſo werde er auch in der erſten erſchoͤpffung das Himmliſche
Vhrwerck in ſeine Raͤder alſo geſtellet haben/ das die groſſen Finſterniſſen vñ A-
ſpecten
eben zu den Zeiten/ da er ſolche haͤndel wil erfolgen laſſen/ einfallen/ vnd
gleich einem himmliſchen Wecker allemal ein Zeichen/ das abermal die ſtunde
newer haͤndel verhanden/ von ſich geben muͤſſen. Jch erachte auch/ das dieſes
der rechte verſtandt der Worte ſey/ da Gott der HErr in der erſten Schoͤpff-
ung ſpricht/ das die Himmliſchen Liechter ſollen ſcheiden Tag vnd Nacht/ vnnd
geben Zeichen vnd Zeiten.


Vnd alſo/ duͤnckt mich/ kan man ohn allen vorwitz von kuͤnfftiger verende-
rung aus vorſtehenden Zeichen des Himmels in genere gar wol prognoſtici-
ren. Allein mit dem beſcheid/ Erſtlich/ das man nicht hiezu gebrauche gemeiner
vnd offters einfallender aſpecten oder zeichen/ wie etliche Aſtrologi, durch alte
Reimen verfuͤhret/ Anno 1588. gethan haben/ da doch die Zeit keine ſonderbare
cæli conſtitutio geweſen/ derwegen auch die prophecey ſo kahl abgelauffen.
2. Das man ſeine muhtmaſſung nicht auff imaginaria, hypothetica, techni-
ca,
ſondern auff realia, als da ſind ſonderliche groſſe ☌ der obern Planeten/
gruͤnde. Rheticus nennet den Circellum Copernici, auff welches circumfe-
rentz das Centrum Eccentrici ſolaris in 3434. Jahren einmal herumb gehet/
Rotam Fortunæ, cujus circumactu Mundi Monarchiæ initia ſumant at-
que mutentur.
Nun demonſtriret Longomontanus in Aſtronomia Dani-
ca
gnugſam/ das der Sonnen Eccentricitas allezeit einerley/ vnd das Centrum
Eccentrici
nicht herumb gehe: alſo ſteht des Rhetici gluͤckradt ſtill. Ein ander/
ſo bißher mit ſeinen Calendern in groſſem anſehen geweſen vnd bey etlichen noch
iſt/ ſchreibt alle Jahr von groſſen Wundern Gottes/ die geſchehn ſollen/ darumb
das vnter den Himmliſchen Bildern vffm Globo der Loͤw ſeinen Rachen auff-
geſperrt den Krebs zu verſchlingen/ der Bootes ſeinen ſpieß außrecke eine bot-
ſchafft an die Heyden zu werben/ der Antinous das Maul auffſperre/ weil jhm
der Adler vffn halß koͤmpt ꝛc. 3. Das man der Sternen lauff wol verſtehe/ vnd
ſein prognoſticon nicht auff falſche meinung ſetze/ wie Cardanus gethan/ da er
lib. De ſupplemento Almanach cap. 10. ſchreibt/ das zur zeit/ da Rom ge-
bawt worden/ der letzte Stern im ſchwantz des groſſen Baͤren der Stadt ſey
verticalis geweſen/ daher die Roͤmer Herren der Welt worden/ von dannenſey
der Stern uͤber Conſtantinopel geruͤckt/ ꝛc. welchs alles in Aſtronomia falſch.
4. Das/ ſo man Aſtrologicè ſchreiben wil/ ſich in Aſtrologiſchen grentzen hal
te/
[] te/ vnd nicht allerley behelff aus andern diſciplinis fuͤr ſternkunſt ausgebe: wie
Nagel thut/ da er viel propheceyungen allegoriſcher mythologiſcher weiſe aus
der Offenbarung Johannis zeucht/ vnd alle welt bereden wil/ die Offenbarung
Johannis ſey ein Aſtronomiſch buch/ darinn die gantze Aſtrologia verfaſſet ſey.


Diß ſind meine worte vnnd meine meynung geweſen in der Dedication
meines Calenders auffs 1621. Jahr/ das nemlich ein Aſtrologus in Geiſtli-
chen vnd Weltlichen haͤndeln/ von denſelben zu prognoſticiren/ nicht weiter
gehn ſol/ als jhm Aſtronomia vnd Phyſica nachgibt: Nicht aber/ wie der Aca-
demicus perſonatus
mir fuͤrhelt/ das ich damit in Prognoſticis auch verlauf-
fene haͤndel vnd Hiſtorien exempelsweiſe einzufuͤhren mich ſolte verziehen haben.
Es iſt allzeit einem Aſtrologo frey geweſen/ ſeine rationes mit exemplis hiſto-
ricis
zu erklaͤren/ wenn er ſich nur in prædicendis futuris nicht zu weit thut vnd
vermiſſet. Utinam autem mortales non ampliora exigerent quàm præſtari
queat, aut Aſtrologi non majora viribus pollicerentur. Sed importuna fla
gitatio utrumque fallit, illum credendo, hunc audendo,
ſpricht Cardanus
ca. 11. De Erraticarum reſtit.
Genug fuͤr dißmal von dieſem themate.



Aus demPrognoſticodes 1626.
Jahres.


I.
WeilIulius Cæſardie erſten tage ſeiner Monate/
wie gehoͤret/ nach dem eintritt der Sonnen in die Himmliſchen Zeichen
zu rechnen/ zu ſpaͤt angelegt/ Were es denn wol fuͤr den Chriſtlichen Kirchen-
Calender beſſer geweſen/ wenn er ſie recht in die Eintritte gelegt? hette man
alsdann wol die 10 Tage/ ſo der Bapſt Gregorius XIII. außge-
worffen/ behalten moͤgen?


DJeEmendationdeß Julianiſchen vnd deß Chriſtli-
chen Kirchen Calenders iſt vom Bapſt fuͤr genom̃en/ wegen rechter Feyr-
zeit des Oſterfeſts. Das Oſterfeſt muß ſich/ auß Schluß deß Nicæniſchen Con-
cilii.
nach dem Æquinoctio oder Gleichtage im Fruͤhling/ vnd nach deß Monds
lauff richten. Dz Æquinoctium war zun zeitẽ des Niceniſchen Concilii den 21
Y ij(vnd
[] (vnd auch den 20) Martij. Derhalben der 21. Martii vnd der Gleichtag von
der zeit an ſo viel hundert Jahr hero im Chriſtlichen Kirchen Calender fuͤr Eins
gehalten worden/ da doch ſind der zeit her das Æquinoctium jmmer mehlich
hinderwerts vom 21ſten/ 20ſten/ durch den 19. 18. etc. biß in den 11. vnd 10.
Martii geſchlichen war: Deßwegen denn Bapſt Gregorius, damit er den 21.
Martii widerumb auff den Gleichtag legen/ vnd die zeit/ ſo viel an dieſem punct
iſt/ [wiederumb] mit der zeit deß Niceniſchen Calenders vergleichen moͤchte/ 10.
Tage auß dem Calender außmuſtern muͤſſen. Wenn nun Julius Cæſar ſeine
Calendas auff die Æquinoctia vnd Solſtitia gelegt hette/ ſo hette doch ſolchs bey
der emendation deß Kirchen Calenders nicht geholffen. Denn weil das æqui-
noctium Vernum
zu Cæſaris zeiten den 23/ zun zeiten aber deß Niceniſchen
Concilii den ein vnd zwantzigſten Martii eingefallen/ vnd alſo in vierdehalb hun-
dert Jahren vmb zween tage zu ruͤck gewichen/ ſo folgts/ wenn Cæſar den Gleich-
tag vnd den 1. Aprilis vereinigt hette/ das vmb die zeit deß Niceniſchen Conci-
lii
der Gleichtag den 30. Martii geweſen were: Jtem weil der Gleichtag von
der Niceniſchen zeit biß anhero 10. tage zu ruͤck gewichen/ ſo wuͤrde er nach vo-
rigen præſuppoſitis heutiges tages in den 20. Martii fallen. Vñ alſo hette man
eben ſo wol 10 Tage muͤſſen außwerffen: Wenn man/ ſage ich/ den Gleichtag
wiederumb hette wollen auff den Tag legen/ an welchem er zun zeiten des Con-
cilii Niceni
geweſen. Sonſten/ wenn man nicht hette wollen auffs Concilium
Nicenum
ſehen/ ſo were die außwerffung freylich nicht noͤtig geweſen. Denn
was man ſich auſſerhalb dieſem ſcopo befahret hat/ das nemlich mit der zeit das
Æquinoctium Vernum gar auß dem Martio in den Februarium ſchleichen/
vnd alſo der Sontag Septuageſima fuͤr der H. drey Koͤnig einfallen moͤchte/ da-
zu hetten von dieſer zeit an eben ſo viel Jahre gehoͤret/ als vom Concilio Nice-
no
biß hieher verlauffen/ nemlich in die dreyzehn hundert Jahr: die wuͤrden rei-
chen biß aus Jahr nach Chriſti geburt ohngefehr 2800. Wer wil aber glaͤu-
ben/ das die Welt ſo lange ſtehn werde?


Hie verdrehe mir ein Sophiſt meine worte nicht/ als ob ich geſchrieben/
das es ſimpliciter nicht noͤtig geweſen were/ das der Bapſt Gregorius XIII.
(oder ſein Soſigenes) die 10. Tage auß dem Julianiſchen Calender außgeworf-
fen. Man hoͤret wol/ das ich ſage/ ſolchs were nicht noͤtig geweſen duobus præ-
ſuppoſitis:
1. Wenn der Bapſt nicht den ſcopum gehabt hette/ den Gleichtag
auff die zeit des Niceniſchen Concilii zu revociren. 2. Weñ Cæſar die Gleich-
tage vnd die Sonnenwende auff die erſten tage der Monate gelegt hette.


Aus oberkleretem hat man auch abzunehmen/ daß das jenige Argument
wenig verſchlegt/ welchs ein vornehmer (\& alioqui fideliſſimus ac dexterri-
mus.
[]mus.) Chronologus wieder die Emendation deß Calenders einfuͤhret/ da er
ſchreibt/ das wenn die Emendation vom Bapſt nicht fuͤr genommen were/ ſo
weren die Solſtitia vnd Æquinoctia den Calendis oder dem Anfang der Poltti-
ſchen Monaten jmmer naͤher kommen/ vnd were endlich eine feine vereinigung
derſelben worden/ da ſie hing egen durch den Bapſt [wiederumb] von einander ge-
rißen/ ſo das ſie nun/ ſo lang die Welt ſteht/ nicht koͤnnen zuſammen kommen.
War iſts/ wenn man den Gleichtag ſo hette hinſchleichen laßen/ ſo were er nach
1300. Jahren gar an den 1. Martii kommen: Aber 1. kan man nirgends her
beweiſen/ das ſich das Æquinoctium baß zum 1. Martii als zum 1. Aprilis o-
der zum hindertheil deß Mertzen reime. 2. Wenn dem gleich ſo were/ ſo wuͤrde
doch das Æquinoctium bey dem 1. Martii nicht bleiben/ ſondern jmmer hin in
den Februarium kriechen/ vnd je lenger je mehr ſich hinein vertieffen.


Zum andern kan auch das nicht beſtehn/ was ein ander Chronologus
ſchreibt/ Æquinoctiorum anticipationem dici poſſe Senium Mundi, gleich-
ſam/ Ob die Welt vnd die Natur jtzo ſo alt vnd ſchwach were/ das ſie nicht mehr
koͤnte das Æquinoctium an ſeinem ſitz erhalten. Wo die gedancken dem Chro-
nologo
ſind ernſt geweſen/ ſo ſind ſie ſeiner lieben einfalt zuzuſchreiben. Denn
die Welt hat von jugend auff das Æquinoctium an einem Tage einer Politi-
ſchen Jahresform nicht erhalten koͤnnen. Solchs von jeglicher Voͤlcker Jah-
resform zu beweiſen wuͤrde zu lang werden/ iſt auch nicht noͤtig/ ſondern iſt
gnug/ das mans an der Julianiſchen Jahresform (welche vnter allen Politi-
ſchen formen/ bißher den Menſchen bewuſt/ die allerbequemſte iſt) ſehen koͤnne.
Dieſelbe Jahresform hat 365. tage vnd 6. ſtunden. Ein rechtes Sonnen Jahr
aber iſt eine zeit/ in welcher die Sonn alle himmliſche Zeichen durchleufft vnd
dann [wiederumb] juſt an vorige ſtell deß Himmels koͤmpt. Das Æquinoctium
Vernum,
da im Fruͤhling tag vnd nacht in aller Welt gleich/ iſt wenn die Soñ
im anfang des ♈ iſt. Nun vollendet die Soñ jhren lauff durch den Thierkreiß
nicht in 365. tagen vnd juſt 6. ſtunden/ ſondern etwas mehr denn 11. min. einer
ſiunden ehe: vnd alſo wenn ſie vom erſten punct deß Wieders iſt abgelauffen/
koͤmpt ſie uͤber ein Jahr ein wenig mehr deñ 11. min. fruͤer wieder an den Wie-
der/ als Cæſaris Jahresform ausweiſet Das tregt nun im 130. Jahren ohn-
gefehr einen gantzen tag auff/ vnd alſo/ da zu Chriſti vnd der Apoſtel zeiten das
Æquinoctium den 23. Martii geweſen/ iſts nach 130. Jahren/ zu des Keyſers
Adriani vnd deß Aſtronomi Ptolemæi zeiten/ ſchon in den 22. Martii verruckt:
nach andern 130. Jahren/ zu Keyſers Diocletiani zeiten/ ſchon in den 21. Mar-
tii,
vnd ſo fortan: Vnd wie es nach dieſen zeiten jmmer fruͤer/ alſo iſt es vor den
ſelben zeiten jmmer ſpaͤter eingefallen. Hipparchus anderthalb hundert Jahr
Y iijfuͤr
[] Chriſti geburt hats den 24. Martii angetroffen: Andere ſo lang vor jhm gelebt/
noch ſpaͤter. Alſo das dieſe Anticipatio kein Senium Mundi iſt/ ſondern auß
vnwandelbarem lauff der Sonnen/ dem keine Politiſche Jahresform oder Ca-
lender zuvergleichen/ herruͤhret.


II.
Warumb die Oſtern (vnnd alſo auch Chriſti Himmel-
fahrt/ Pfingſten/ Faſtnacht) ein Jahr vngleich fruͤer als
das ander kommen?


ZVm exempel Anno 1624 kam der Oſtertag den 7 Aprilis, diß jetzige 1625-
ſte koͤmpt er den 30 Martii, kuͤnfftigs 1626 den 12 Aprilis: Vnnd welchs
noch mehr/ Anno 1628 wird er den 23 Aprilis, Anno 1636 den 23 Martii
kommen. Vnd wie die Oſtern ſich hierin verendern/ ſo verendern ſich auch Him-
melfarth/ Pfingſten/ Faſtnacht: Denn die Pfingſten kommen allezeit 7 Woch-
en nach Oſtern/ Faſtnacht allezeit 7 Wochen fuͤr Oſtern. Derhalben allein vom
Oſterfeſt zu berichten noͤtig iſt. Die Oſtern muͤſſen gerichtet werden beydes nach
dem Fruͤhlings Gleichtage (welcher vber 100 Jar lang faſt an einem tage deß
Monats vnbeweglich bleibt) vnd dann nach deß Monds Lauff/ ſo das der Chri-
ſten Oſtertag allzeit einfallen muß den nechſten Sontag nach dem Voll Mond/
welcher eben am geſetzten Gleichtage einfellet/ oder ja zu allernechſt auff denſel-
ben folget. Wenn nun der Mond nach vmbgang eines Sonnen Jahrs wide-
rumb am ſelben tage deß Monats voll wuͤrde/ an welchem er fuͤr eim Jahr voll
geweſen/ ſo wuͤrde der Oſtertag vber 100 Jahr lang nimmer vber 8 tage verſche-
len. Aber weil ein Sonnen Jahr 365 tage vnd ohn gefehr 6 ſtunden hat/ ein
Monden Jahr aber/ das iſt 12 Monſcheine/ nur 354 tage vnd ohn gefehr 8
ſtunden/ ſo geſchichts/ das die Vollmonde immer 11 tage fruͤer ankommen als
im nechſt vorgehendem Jahr/ wie in den Jaͤhrlichen Calendern fuͤr augen.
Man hat aber in legung deß Oſtertags mit keinem andern Voll Mond zu thun/
als mit dem jenigen/ der in den Gleichtag fellet/ oder der erſte nach demſelben iſt.
Fellet er eben in den Gleichtag (welcher im Newen Calender nach der Baͤpſt-
lichen Anordnung der 21 Martii iſt) vnd iſt derſelbe ein Sonnabendt/ ſo feyret
man das Oſterfeſt ſtracks den 22 Martii: Jſts aber ein Freytag/ ſo feyret man
den Oſtertag am 23 Martii: iſts ein Donnerſtag/ ſo feyret man den den 24: iſts
eine Mittwoch/ den 25: iſts ein Dienſtag/ den 26: ein Montag/ den 27: iſts ein
Sontag/ ſo feyret man den 28 Martii, nemlich den andern Sontag hernacher:
Denn das iſt alſo vom Concilio Niceno beſtetigt/ das wenn der Terminus Pa-
ſchalis
(das iſt der Voll Mond/ wie ich in meinem Buch vom Oſterſeſt am 5.
Cap.
[] Cap. mit vberfluͤſſigen zeugniſſen bewieſen) auff einen Sontag fellet/ man das
Feſt auff den andern Sontag verſchieben ſol/ damit man nicht zugleich auff ei-
nen tag mit den Juden feyre. Fellet nun ferner der Voll Mond ein oder mehr Ta-
ge nach dem 21 Martii ein/ ſo koͤmpt auch/ wie man leicht ſchlieſſen kan/ der O-
ſtertag deſto ſpaͤter ins Jahr. Es geſchicht aber zu zeiten/ das kein Voll Mond
nach dem Gleichtage fuͤr dem 18 Aprilis einfellet. Weñ nun daſſelbe Jahr der 18
Aprilis ein Sonnabend iſt/ ſo feyret man den Oſtertag den 19 Aprilis: iſt der-
ſelbe 18 Aprilis ein Freytag/ ſo koͤmpt der Oſtertag den 20 Aprilis: iſts ein
Donnerſtag/ ſo iſt der Oſtertag den 21 Aprilis, \&c. iſt der 18 Aprilis ein Son-
tag/ ſo wird der Oſtertag auff den 25 Aprilis verlegt. Daher koͤmpts nun/ das
der Oſtertag nimmermehr an dem Monatstage koͤmpt/ an dem er fuͤr eim Jahr
geweſen/ ſondern hat ſeine Variation nach gelegenheit deß fruͤen oder ſpaͤtẽ Voll
Monds/ vnd deß drauff folgenden Sontags. Wer mehr vnd gantz vmbſtendli-
chen bericht vom Oſterfeſt auß heiliger Schrifft/ Alten Patribus, Concilien,
vornemen Kirchenlehrern vnd Computiſten, begehret/ der leſe gedachtes mein
buch vom Oſterfeſt/ welchs ich dieſes 1625ſte Jahr auff vielmahlige provoca-
tion
meiner Widerſacher hab drucken laſſen.


III.
Wie koͤmpts/ fragen etliche weiter/ das die Oſtern deß
Alten Calenders bißweilen gleich mit dem Newen kommen/
bißweilen/ 1. bißweilen 4. biß auff 5. Wochen ſpaͤter?


DAs koͤmpt auß zweyerley vrſach. 1. Wegen zuruͤcktretung deß Æquino-
ctii
oder Gleichtages. 2. Wegen verſpaͤtung deß Mondzeigers/ den man
die Guͤldne zahl nennet Das Æquinoctium, wie oben gehoͤret/ geht alle 130
Jahr ohn gefehr einen tag zu ruͤck: Der Mondzeiger aber/ ſo zun zeiten/ deß Ni-
ceni
ſchen Concilii zu anzeigung der New Monden angeordnet/ zeiget alle 300
Jahr ohn gefehr ein gantzen tag zu ſpaͤt. Vnd weil von der Niceniſchen biß zu vn-
ſerer zeit 1300 Jahr verlauffen/ weiſet derſelbe Mondzeiger gantzer 4 tage zu
ſpaͤt. Jn deſſen aber iſt von der zeit das Æquinoctium 10 tage (ſecundum Pru-
tenicas
) zu ruͤck gewichen/ vnd von dem 21 in den 11 Martii geſchlichen. Wel-
ches beydes durch die Emendation deß Calenders zimlicher maſſen zu recht ge-
ruͤckt. Wenn nun der Newe Mondzeiger einen Voll Mond anzeigt an oder nach
dem 21 Martij altes oder newes Calenders/ 4 tage fuͤrm ende der Wochen/ ſo
das noch dieſelbe Woche auch der Alte Mondzeiger ſeinen vermeynten Voll-
Mond anzeigen kan/ ſo kommen deu nechſten Sontag hernacher beyder Calen-
der Oſtern zugleich/ weil beider Calender Termini Paſchales in eine Wochen
vnd
[] vnd auch jeglicher nach ſeines Calenders æquinoctio, das iſt nach dem 21 Mar-
tij,
einfallen: wie Anno 1624 geſchehn iſt/ vnd 1627. 1628. 1629. geſchehen
wird. Fellt aber deß Newen Calenders Vollmond zeiger nur 3 oder weniger ta-
ge fuͤrm ende der Wochen ein/ ſo feyren wir zwar nachm Newen Calender den
nechſten Sontag hernacher den Oſtertag: Deß Alten Calenders Mondzeiger
aber/ weil er 4 Tage zu ſpaͤt zeiget/ deutet den Voll Mond allererſt in der folgen-
den Woch an/ vnd alſo koͤmpt deß Alten Calenders Oſtertag eine Woch ſpaͤter.
Solchs wird auch nechſtkuͤnfftiges 1626 Jahr geſchehen/ da der Newe Mond
zeiger einen Voll Mond den 11 Aprilis weiſet/ an einem Sonnabend/ da derhal-
ben wir dem 12 Aprilis vnſern Oſtertag feyren werden: Aber der Alte Mond-
zeiger zeigt ſeinen allererſt den 14 (das iſt nach ſeinem Calender den 4) Aprilis,
in der andern Woch/ derhalben deß Alten Ealenders Oſtern allererſt den 9 A-
prilis
Altes (das iſt den 19 Newes) Calenders einfallen/ 8 tage nach dem New-
en. Ferner/ wenn der Newe Mondzeiger einen Voll Mond zwiſchen dem 21
Martij Newes incluſivè, vnd 21 Martij Altes Calenders exclufivè anzeigt/ ſo
feyren wir zwar nachm Newen Calender den nechſten Sontag hernaher die O-
ſtern: Aber der Alte Calender erkennet ſolchen Vollmond nicht fuͤr einen Oſter-
mond/ weil er fuͤr ſeinem 21 Martij eingefallen/ ſondern erwartet eines andern
Voll Monds/ vnd zeiget alſo ſeine Oſtern einen gantzen Monat zu ſpaͤt/ wie diß
1625 Jahr. Wenn endlich die beyden Mondzeiger mit jhrer diſcrepantz noch
dazu kommen/ ſo ſcheiden ſie beyder Calender Oſtern 5 Wochen von einander/
wie Anno 1622/ vnd kuͤnfftig Anno 1623. Vnd das ſind nun alle Variationes
beider Calender in der Oſterzeit. Entweder ſie kommen vber ein/ oder ſie diſcre-
piren
auff 8 tage/ oder vmb 4 Wochen/ oder vmb 5 Wochen. Auff 3 aber oder
2 Wochen verſchelen ſie nicht.


IV.
Solt es denn nicht beſſer ſein geweſen/ das man das O-
ſterfeſt hette fixum gemacht vnd wie den Chriſitag auff
einen gewiſſen Monatstag geordnet?


SO habens in der Erſten Kirchen etliche Chriſten in Aſia gefeyret/ nemlich
den 25 Martij. Vnd es ſind auch newlicher zeit fuͤr vnd nach der Baͤpſtli-
chen Emendation Leute geweſen/ die ſich ein ſolches mehr haben belieben laſſen/
als das man 10 Tage auß dem Calender abthete/ vnd ſich nach dem ſchwirigen
Lauff deß Monds richtete. Aber weil das Nicæniſche Concilium, welchs alle
rechtgleubige Chriſten jederzeit fuͤr einen Allgemeinen Außſchuß der waren Kir-
chen gehalten/ ſichs einmahl hat gefallen laſſen/ das man keines weges mit den
Juden
[] Juden auff einen Tag ſol den Oſtertag feyren/ ſondern allezeit den Sontag her-
nacher/ auch alſo das/ wenn etwan der Juden Oſtertag auff einen Sontag fie-
le/ die Chriſten jhren Oſtertag auff den andern Sontag verſchieben ſollen: wuͤr-
de man mit feyrung eines ſtets gewiſſen Monatstags dieſem deß Concilij ſchluß
gar offt zu wieder leben/ Nemlich ſo offt der Judiſche Oſtertag (der in allen ta-
gen/ in denen die Sonn jhren Lauff durch den Wieder helt/ einfallen kan) in vn-
fern angeſetzten Monatlichen Oſtertag ſchlagen wuͤrde: Es were denn das man
denſelben Monatstag gar in den Stier Monat legte/ welches die gantze Kir-
chenordnung zerruͤtten wuͤrde. Derhalben billich bey dem zu bleiben/ was die er-
ſte Chriſtliche Kirch fuͤr gut angeſehen vnd verordnet hat.


V.
Man lieſet in den Jndianiſchen Schiffahrten/ dasFer-
dinandi Magellani
Schiff/ als es den gantzen Erdkreiß vmbgeſe-

gelt vnd endlich wider zu Sevilien angelangt/ in zehlung deß Jahres-
tags/ an dem es angelangt/ vmb einen gantzen tag von denẽ
zu Sevilien gefehlet. Kan das wol natuͤrlich zu-
gehen?


NJcht allein kan es/ ſondern muß alſo zugehen. Der Erdkreiß iſt Kugelrund/
wie man weiß Der halben die jenigen/ ſo gegen Orient hinauß wohnen die
Sonn vnd andere Sternen viel eh ſehen auff vnd vnter gehen/ als die gegen Oc-
cident
wohnen. Vnd alſo koͤmpt auch den Orientaliſchen Voͤlckern ehe der Mit-
tag vnd Mitternacht/ als den Occidentaliſchen. Zum exempel/ wenn wir hie zu
Dantzigk Mittag haben/ ſo iſts zur Wilde ſchon halb eins: aber zu Luͤbeck nur
halb 12. Vnd diß iſt in betrachtung der Einwohner deß Erdbodens zu verſtehen.
Eigentlich vnd an ſich ſelbſt iſt kein Auffgang oder Vntergang (gleich wie wol
ein gewiſſes Nord vnd Suͤdpunct iſt) ſondern/ wenns muͤglich were/ das einer
ſo geſchwind als (dem anſehen nach) die Sonne fortreiſen kuͤndte/ ſo wuͤrde
jhm die Sonne nimmer vntergehen/ vnd kuͤndte er alſo den gantzen Erdkreiß he-
rumb an den vorigen Ort kommen/ wenn die Sonne noch eben den ſtandt/ nach
deß Orts gelegenheit hette/ wie zuvorn da er außreiſete/ ob gleich die andern Ein-
wohner deß Orts in deſſen hatten ſehen die Sonne vnter vnd widerumb auffge-
hen/ vnd alſo ſagen wuͤrden/ Er were einen gantzen tag vnd nacht auſſen geweſen.
Nun iſts zwar vnmuͤglich/ das jemand der Sonnen gleich reiſen ſolte/ aber gleich
wol/ wenn er nach ſeiner gelegenheit auß vnd fort reiſet/ ſo das er den Erdkreiß
gantz vmbreiſet/ entſteht zwiſchen jhm/ wenn er zu hauſe koͤmpt/ vnd denen/ ſo er
da gelaſſen/ ein auffgeſamleter verſchel eines gantzen tags vnd nacht Von hiñen
Zbiß
[] biß in den Sundt/ oder auch biß Luͤbeck/ kan man mit gntem Wetter vnd Win-
de/ in 24. ſtunden ſegeln. Wenn nun ein Schipper eine juſte Stunden Vhr/ die
in 24 ſtunden nicht ablieffe (alſo das man vmb mehrer genawigkeit ſie in deſſen
nicht ruͤhren doͤrffte) oder ein approbirte Sandt Vhr von 24 ſtunden/ wie ſie
wol pflegen zu haben/ mit ſich fuͤhrete/ vnd mit gewuͤnſchtem Winde in 24 ſtun-
den dort ankaͤme/ So wuͤrde er ſehen/ das/ wenn auff ſeinen Vhren die 24 ſtun-
den gantz verlauffen/ dorte der Zeiger deß Orts noch eine halbe ſtund zu gehen
hette/ eh denn er die ſtund zeigete/ welche deß Schippers Vhren ſchon gezeigt het
ten. Jtem/ Wenn der Schipper hie/ da er ablegte/ mit dem gradbogen der Son-
nen Mittagshoͤhe/ vnd dadurch die rechte Mittagsſtund/ erforſchet/ (nach wel-
cher er dann die Vhren geſtellet) wuͤrde er dorte nach voͤlligem verlauff der 24
ſtunden noch eine halbe ſtunde warten muͤſſen/ biß jhm die Sonn im gradbogen
denſelben tag auffs hoͤchſte kaͤme. Alſo das der Mittag im Sunde/ oder auch zu
Luͤbeck/ ſchon ein halbe ſtunde langſamer koͤmpt/ als bey vns. Ferner/ wenn man
auß dem Sunde nach Hollandt abſegelt/ vnd die Vhren nach vor gemeldter art
anſtellet/ (wiewol dieſelbe ſegellation nicht ſo bald verrichtet wird als die vorige)
wird man befinden/ das im Vlie vnd an den Orten gleichfalls der Mittag eine
halbe ſtunde langſamer koͤmpt als im Sunde. Vnd alſo/ wenns bey vns Mit-
tag iſt/ ſo iſts zu Ambſterdam vnd da zu nechſt herumb kaum vmb ſeigers 11: zu
Lyßbon nur vmb 10: in der Jnſel Bona Viſtá (iſt die erſte der Jnſeln di Capo
Verde
) nur vmb 9: in S. Sebaſtians Jnſel vnter Braſilien am Tropico
allererſt vmb 8 Vhr: in der Baja oder Hafung S. Juliani (da Magellanes
ſich endlich zu erforſchung der newen Meerſtraß/ ſo nachmals von jhme Fretum
Magellanicum
genandt worden/ fertig gemacht) noch nicht vmb 6 des Mor-
gens: vnd ſo fortan. Demnach/ weil Sevilien faſt 4 grad Oſtlicher denn Lyß-
bon liegt/ wird Magellanes, als er S. Julians Hafung erlangt/ ſchon gantzer
4 ſtunden an deß Tageszeit verlohren haben: Vnd ehe denn er die geſagte Straſ-
ſe gantz durch gereiſet/ ſchon vber 5 ſtunden. Von dannen hat er durch das große
Americaniſche Meer/ Mare del Zur genandt/ ſeinen Curß nemen muͤſſen/ da
denn von der Einfahrt in dieſelbe See biß an die Eylande Salomonis nach ſtre-
ckung der Linien (ſecundum longitudinem Æquatoris) gezehlt werden 90.
grad/ die geben 6 ſtunden/ vnd alſo hat Er/ als er an dieſelben Jnſeln kommen/
ſchon 11. ſtunden/ vnd ferner/ eh er noch recht an Novam Guineam kommen/
einen halben Tag verloren. Dazu noch faſt 3 ſtunden mehr gekommen/ da er die
Moluccas (Eylande/ da einig vnd allein die Kram Naͤgelein wachſen) erreicht
Da vmbtrent iſt Magellanes vmbkommen: Vnd iſt auch von ſeinen Schiffen
nur ein einiges nach vmbgelauffenem Erdkreiß wieder zu hauſe kommen. Von
den
[] den Molucken biß ans Caput Bonæ Spei ſind 102 gr. die geben 7 ſtunden/ we-
niger ein fuͤnfftheil/ thut mit den vorigen ſtunden zuſammen ſchon 22 ſtunden/
weniger ein fuͤnfftheil. Noch haben ſie zwiſchen dem Cap. Bonæ Spei vnd dem
eyland S. Helenæ zwo ſtunden verlohren: Summa 24 ſtunden/ weniger ein
fuͤnfftheil. Ferner haben ſie das uͤbrige theil Africæ vollends vmbſegeln vnd alſo
vber den Meridianum jhrer erſten Außfahrt legen muͤſſen: da ſie dann zwiſchen
S. Helenen eyland vnd den obengedachten eylanden di Capo Verde noch fer-
ner verlohren eine ſtund vnd ein drittheil. Summa aller verlohrnen zeit 25 ſtun-
den vnd ein halbviertel Von den Eylanden di Capo Verde haben ſie nun/ jhren
Curß nach Sevilien zu nehmen/ nicht mehr gegen Weſten/ ſondern gegen Oſten
lauffen muͤſſen/ damit ſie dann die fuͤnfftehalb viertelſtund/ ſo ſie vorhin vber die
24 ſtunden verlohren/ [widerumb] gewonnen. Die 24 aber bleiben verloren/ alſo
das/ da ſie zu Sevilien angelangt/ nach jhrer rechnung den 7. Septemb. (Anno
1522.) gezehlet/ da es doch nach deß Orts horizont der 8: Sept. geweſen.


Vnd ſolcher verſcheel iſt nicht allein dieſen Schippern widerfahrẽ/ ſondern
auch allen andern/ ſo den Erdkreiß gantz vmbgeſegelt/ als da ſind zween Engel-
laͤnder/ Franc. Dracus vnd Thomas Caundiſch, zween Niederlander/ Olivier-
van der Noort vnd Georg Spielbergen. Alle dieſe haben jhren Curß angeſtellet
gegen Weſten/ derwegen ſie auch zu hauß widerumb gelangende einen tag weni-
ger gezehlet. Dagegen wer erſtlich vmb Africam ſeinen Lauff gegen Oſten an-
ſtellen wuͤrde/ dem wuͤrde bey ſeiner wiederkunfft das wiederſpiel begegnen/ ſo dz
er einen tag wuͤrde mehr zehlen/ als deß Vaterlands Jnnwohner.


Ein einfaͤltiger moͤchte fragen/ weil der Erdkreiß Kugelrundt/ wie doch die
Schiffe/ wenn ſie gar hinunter kaͤmen/ vnd ſampt deu leuten (ſo zu ſagen) anff
dem Kopff gehn muͤſſen/ ſich erhalten/ das ſie nicht hinunder fallen. Dieſelben
moͤgen ſich wol ferner bekuͤmmern/ warumb ſich das Meer daſelbſt nicht auß-
gieſſe. Gott hat die Welt alſo geſchaffen/ vnd erhele jhre Natur alſo/ das alles
was leicht iſt/ als Lufft/ Dampff/ Rauch/ Fewer/ vberſich gen Himmel auff-
ſteigt/ alles aber/ was ſchwer iſt/ als Waſſer/ Erd/ vnd alles was jrrdiſcher vnnd
waͤſſeriger Natur iſt/ vnterſich gegen das Mittelpunct deß Erdbodens dringet.
Er hat auch alle Thiere alſo erſchaffen/ das ſie muͤſſen mit den Fuͤſſen auff der
Erden gehen/ den Kopff aber (ſonderlich der Menſch) gegen den Himmel wen-
den. Was nun gegen dem Himmel gewendet iſt/ das heißt uͤberſich/ was gegen
die erd/ heißt vnterſich. Derhalben ob ſchon die Leute dort vnten jhre Fuͤſſe den
vnſern entgegen wenden/ ſo wenden ſie doch dieſelben gegen die Erde/ vnnd alſo
vnterſich. Jtem ſie ſind jrrdiſcher/ das iſt ſchwerer Natur/ wie auch die Schiffe
derhalben dringen ſie nach dem Mittelpunct der Erden/ vnd koͤnnen vom Erd-
Z ijkreiß
[] kreiß nicht hinweg fallen. Denn wo wolten ſie hinfallen? nach dem Himmel
werts? (welcher die gantze Erdkugel rings vmbgiebt) Das were eben/ als weñ
hie bey vns jemand gen Himmel floͤge. So wenig derwegen als das ſein kan/
eben ſo wenig kan jenes auch ſein: ja ſo wenig als die Sonne vom Himmel her-
under fallen kan/ ſo wenig kan was jrrdiſches natuͤrlich von der Erden hinweg
fahren.


VI.
Jn vorigem Capitel iſt offt gedacht/ das die Erde Kugel-
rundt ſey: Nun ſind aber auff der Erden ſo viel tieffe Thale vnd
hohe Gebirge: Wie iſt die Erde denn Kugelrundt?


ANtwort. So glattrundt iſt ſie nicht/ als eine gedrehete Kugel: Aber den-
noch runder als ein Pfefferkorn/ welchs/ ob es wol lauter (ſo zu reden)
Berge vnd Thale hat/ dennoch von menniglich fuͤr Kugelrundt gehalten wird.
Es haben aber die Berge vnd Thale der Erden gegen den gantzen Erdenkreiß zu
rechnen bey weitem nicht ſo viel zu bedeuten/ als die Berge vñ Thale eines Pfef-
ferkorns gegen dem gautzen Korn. Denn die Thale oder hoͤlungen eines ſolchen
korns ſind vngleich tieffer denn ein zehndpart deß ſemidiametri oder halben brei
te deß korns. Geſetzt aber das ſie nur ein zehndpart der tieffe einnemen/ ſo ſind
doch die allerhoͤchſten Gebirge auff Erden/ bleyrecht nicht eine meile hoch/ wie
ich fuͤr 2 Jahren bewieſen: Geſetzt aber das ein berg gefunden wuͤrde/ der da
(welchs vnmuͤglich) bleyrecht 5 meilen hoch/ vnd ein Thal 5 meilen tieff were/
ſo wuͤrden doch dieſe 10 meilen lang nicht das zehnde theil der gantzen tieffe biß
ans Centrum deß Erdbodens/ als die da 860 meilen helt/ erreichen.


VII.
Es iſt auch in vorigem Cap. erkleret/ welcher maſſen ein
Schiff/ das den gantzen Erdkreiß vmbgeſegelt/ einen Tag weniger
oder mehr zu hauſe bringt/ als die Jnnwohner deß Orts rechnen: Wenn nun
zwey Schiffe zugleich außreiſeten/ eins jmmer nach Oſten/ das ander jmmer
nach Weſten/ was gebe das fuͤr eine Tagrechnung/ wenn ſie
dort vnten zuſammen kommen?


Antwort. Sie wuͤrden vmb einen gantzen tag voneinander ſein. Denn das
eine Part hette 12 ſtunden an der rechnung verloren: Der ander hette ſo
viel gewonnen. Setz/ das ſie beyde von Amſterdam zu Mittage außreiſeten.
Demnach wuͤrde der/ ſo gegen Weſten reiſete nach 180 graden den Mittag zum
exempel
[] exempel deß erſten Sept. halten/ weñs zu Amſterdam allbereit Mitternacht zwi-
ſchen den erſten vnd andern Septemb. were. Der ander/ ſo gegen Oſten reiſete/
wuͤrde nach 180. graden zur zeit derſelben Amſterdammſchen Mitternacht ſchon
den folgenden Mittag halten/ weil er 180 grad/ das iſt 12 ſtunden/ Oſtlicher deñ
Amſterdamm iſt/ vnd alſo wuͤrde er ſchon den 2 Sept. zehlen. Ferner/ wenn ſie
beyde jhre vorgenommene Reiſe vollſuͤhreten vnd widerumb gen Amſterdamm
gelangeten/ wuͤrde der/ ſo jmmer nach Weſten geſegelt/ einen tag weniger/ der an-
dere dagegen einen tag mehr/ zu hauſe bringen/ als ſie zu Amſterdamm finden
wuͤrden: vnnd alſo wuͤrden ſie beyde gantzer zween Tage von einander ſein.
Welchs dem gemeinen Mann frembd vorkoͤmpt.


Hieher gehoͤret auch das/ was Blancanus in Sphæra pa. 127. ſetzt/ das
derer Zwillinge/ oder die ſonſten zu einer tageszeit geboren/ weñ deren einer von
ſeiner Geburts Stadt jmmer gegen Weſten/ der ander jmmer gegen Oſten/ rei-
ſete/ biß ſie dort in oppoſito meridiani ſemicirculo zuſammen kemen/ jhr Al-
ter vmb einen gantzen Tag differiren wuͤrde. Dazu ich vollends ſage/ das/ ſo ſie
jhre Reiſe vmb die Erde vollnziehen wuͤrden/ jhr Alter/ nach jhrer Rechnung/
zween tage differiren wuͤrde.


Wiederumb/ wenn dieſe Zwillinge/ oder die geſagten zwey Schiffe/ nach
jhrer erſten zuſammenkunfft/ jeglichs ſeinen Curß wieder zu ruͤck neme von dan-
nen es herkommen/ ſo wuͤrden ſie/ wenn ſie zu hauſe kemen/ mit denen/ die ſie zu
hauſe gelaſſen/ in der Tagrechnung gantz vberein kommen. Denn was jeglicher
im Außreiſen an ſtunden verlohren oder gewonnen/ das wuͤrde jhm auff der
heimreiſe wiederumb zu recht geruckt werden.


Auch iſt zu wiſſen/ das die verſchelung eines gantzen tages/ im begegnen der
Außgereiſeten/ nicht allein ſtat habe in oppoſito planè meridiani ſemicircu-
lo,
dort vnten gleichſam bey den Antipodibus, ſondern auch an jeglichem an-
dern Orte/ da ſie einander begegnen/ denn was der eine vnter 12 ſtunden gewon-
nen/ das hat der ander vber die 12 ſtunden verloren.


VIII.
Wenn nun dermaſſen Reiſende Schiffe vnd Leute einan-
der in Jndien begegneten kurtz fuͤr Oſtern etwa in der Marterwoch/
vnd weil alle Chriſten den H. Oſtertag nach der Niceniſchen Kirchen-
Ordnung auff einen Tag halten ſollen/ welches Schiffe Tag-
rechnung ſol allda gelten?


VOn dergleichen Frage haben die Juden vber jhrem Sabbath lengſt vnter
ſich diſputiret: Nemlich wenn ein part Juden Weſtwerts das ander. Oſt
Z iijwerts
[] werts außreiſeten/ vnd in China zuſammen kemen/ da ſie denn an der Tagerech-
nung vmb einen gantzen Tag von einander weren/ welches Parts Sabbath der
rechte were. Jch laß aber die Juden dißfalls fahren/ vnd frage dergleichen von
der Chriſten Oſtertage? Die Antwort iſt nicht ſo ſchwer/ als ſie ſcheinet. Deñ
weil man auffm Oſt vnd Weſt Ende Europæ (in Podolien vnd in Hiſpanien)
auff einen Tag (wiewol derſelbe in Hiſpanien 3 ſtunden ſpaͤter anbricht als in
Podolien) deß Newen Calenders Oſtern helt/ ſo wirds gnug ſein/ das die ob-
geſagten Reiſenden zugleich mit Podolien oder mit Spanien Oſtern halten.
Sie werden ſich aber nicht leicht begegnen koͤnnen/ das ſie nicht einem Ende Eu-
ropæ
naͤher weren/ (Es ſey nun dem Oſt oder Weſt Ende) als dem andern.
Derhalben wenn man alsdenn deſſen parts rechnung folgt/ welchs die wenig-
ſten gradus longitudinis vom nechſten Ende Europæ gereiſet/ ſo wird man ge-
wiß ein ſtuͤck Tages mit etlichen in Europa zugleich feyren. Vnd alſo muͤſte
man ſich in gantz Weſt Jndien nach deſſen Rechnung richten/ der von Europa
Weſtwerts gereiſet hette: Jn Oſt Jndien aber vnd den Jnſulen daſelbſt/ nach
deſſen/ der auß Europa Oſtwerts gereiſet vnd vmb das Caput Bonæ Spei dahin
kommen were/ ja wenn er gleich (welchs zwar offt vorgenommen/ aber noch nit
geſchehen) durch Norden vnd durchs Fretum Anian dahin angelanget. Sol-
ten ſie aber (welchs ein rariſſimum contingens iſt) einander begegnen an ſo
einem meridiano, der von beyden Enden Europæ gleich weit gelegen/ darauff
weiß ich mich noch nicht zu reſolviren, vnd moͤchte wol hieruͤber eines andern
mehr gelahrten judicium hoͤren.


IX.
Schließlich/ Jſt vnſer der Chriſten Sontag noch derſel-
be ordentliche Wochentag/ an welchem Gott der HErr die Welt er-
ſchaffen? Vnd der Juden jetziger Sabbath noch der/ an welchem GOtt
nach den Wercken der Schoͤpffung geruhet? Hat ſich
auch in ſo viel 1000 Jahren die ordnung der
Wochentage verendert?


VOns HErren Chriſti zeiten an/ ſo lang die Kirche deß Newen Teſtaments
gewehret/ iſt der zweiffel gar nicht. Denn die Chriſtliche Kirche hat allzeit
vnd perpetua ſerie mit jhrem Sontage ſtracks der Juden Sabbath gefolget.
Von den zeiten deß Alten Teſtaments zweiffeln etliche/ Weil Gott allererſt drit-
tehalb tauſend Jahr nach erſchaffung der Welt die Sabbathsfeyr eingeſetzt.
Aber ſie zweiffeln vnrecht. Denn Geneſ. am’ 2. leſen wir/ das Gott den erſten
Sabbath geſegnet vnd geheiliget/ darumb das er an demſelben geruhet hate/ von
allen
[] allen ſeinen Wercken. Wiederumb Exodi am 20/ da Gott die feyr deß Sab-
baths einſetzt/ ſetzt er zugleich die vrſach: Denn ſechs tage hatte der HErr Him-
mel vnd Erden gemacht/ vnd das Meer/ vnd alles was drinnen iſt/ vnnd ruhete
am ſiebenden tage/ Darumb ſegnet der HErr den Sabbathtag/ vund heiliget
jhn. Wer wolte nun ſagen/ das Gott der HErr allhie einen andern eingeſegnet
vnd geheiliget/ als den/ ſo er vorhin geſegnet vnd geheiligt hatte? ſonderlich weil
der Sabbath zu beyden zeiten darumb geheiligt wird/ das er ein ewig gedechtniß
ſein ſol der ruhe Gottes von den Wercken ſeiner Schoͤpffung. Weiter von gege-
benem Geſetz Exodi am 20. biß auff Chriſtum kan keine vnordnung ſein einge-
ſchlichen/ weil die Juden ſo ſteiff vber der Sabbathsfeyr gehalten/ das ſie auch
am ſelben die wirckliche lieb deß Nechſten hind angeſetzt/ wie man lieſet Marci
am 3. vnd Lucæ 14. ja das ſie auch bißweilen jhr leben in die ſchantz geſchlagen/
wie wir leſen im 1. Buch der Maccab. am 2. vnd anderswo. Worauß gewiß
zu ſchlieſſen/ das die ordnung der Wochentage nimmer getrennet/ ſondern von
anbegin der Welt biß auff vns in ſteter verfolge gewehret vnd noch wehre.


X.
Woher vnter den Calenderſchreibern ſo einediſſonantz
vber der benennung der Monſcheine komme. Zum Exempel/ Anno

1625 im Januario nenne ich das Newe Liecht Hornungſchein/ H. D. Herli-
cius
vnd H. D. Eichſtadius nennen es Jennerſchein. Widerumb am ende deß
Jahrs iſt H. D. Herlicius mit mir/ vnnd nennen wir das Newe Liecht den 29
Decemb. Jennerſchein/ H. D. Eichſtadius allererſt den Chriſtſchein/ vnd alſo
wird jhme kuͤnfftigs 1626ſte Jahr der verfinſterte Voll Mond der volle Hew-
mond heiſſen/ vns andern beyden der volle Augſt Mond. Da werd ich
gefragt/ woher ſolchs komme/ vnd ob ſolche vngleichheit
der prognoſtication deß Gewitters nicht ſcha-
de.


DRauff wiſſe man das die benennung der Monſch eine nach den Roͤmiſchen
Monaten in der erſten Chriſtlichen Kirchen bey fuͤnffte halb hundert Jah-
ren nicht gebraͤuchlich geweſen/ ſondern die Roͤmiſche Monate vnd das Sonnen
Jahr iſt fuͤr ſich ſelbſt gerechnet worden/ die Menſes Lunares aber ſind entwe-
der gar vnbenant oder ja mit den Hebreiſchen Namen von den Chriſten gezeh-
let worden/ So das/ weil die Chriſten das Monden Jahr wegen feyrung deß
Oſterfeſts haben muͤſſen in acht nemen/ der Oſter Mond (deſſen Vollmond nem-
lich in den Fruͤhlings Gleichtag oder zu nechſt hernacher einfellt/ wie im 2. Cap.
berichtet) hat Niſan geheiſſen/ der folgende Ijar etc. der letzte Adar. Vnd wenn
der
[] der Biſchoff zu Alexandria dem Roͤmiſchen vnd den Orientaliſchen den Oſter-
tag angekuͤndigt/ hat er denſelben benennet nach den Egyptiſchen Monats Na-
men Phamenoth oder Pharmuthi. Weiter hat man ſich vmb die benennung
der Monſcheine damals nicht bemuͤhet. Nach dem aber vmbs Jahr Chriſti 530
Dionyſius ein Roͤmiſcher Abt die Novilunia oder aureos numeros deß Alex-
andriniſchen Cycli dem Roͤmiſchen Calender einverleibt/ hat man allgemehlich
beginnen Novilunium Martij, Novilunium Aprilis \&c. zu nennen/ wie im
Beda zu finden. Worauß zu ſchlieſſen/ das zu der zeit gemeiniglich die Newmon-
de ſind benennet worden nach dem Roͤmiſchen Monat/ in dem ſie entſtanden.
Vnd auff die weiſe wirdt der New Mond den 29 Decemb. deß 1625ſten Jars
gar recht Novilunium Decembris oder der Newe Chriſt Mond genennet. Wi-
derumb aber hat man auch damals den Voll Mond genennet nach dem Roͤmiſ-
chen Monat/ in welchen er gefallen/ als Plenilunium Januarij oder der volle
Jenner Mond/ der im Januario eingefallen. Wenn nun der New Mond in einen
vnd ſein Voll Liecht in den andern oder folgenden Roͤmiſchen Monat gefallen/
hat man ſie nicht mit einerley Namen benennen koͤnnen. Welchs dann den nach
kommenden Computiſten vngereimt gedunckt/ derhalben endlich incerto au-
tore
eine Regel auffkommen/ ſo mit dieſem Verßlein angedeutet: In quo com-
pletur, menſi lunatio detur.
Dieſen verß haben Sacrobuſto, Camponus, vnd
andere alte Computiſten, ſo fuͤr 300 Jahren gelebt/ ſo verſtanden/ das die Mõ-
ſcheine mit allen jhren quartieren gerechnet oder benennet ſollen werden nach
dem Roͤmiſchen Monat/ in welchem der Monſchein gantz erfuͤllet vnd zum ende
leufft. Haben auch die gewohnheit angenommen/ das wenn in einem Monate
zween Monſcheine ſich endeten/ vnd alſo zween New Monde einfielen/ als An-
no
1625 im Octobri, ſo ſol der erſte New Mond ſampt allen ſeinen quartieren
ein Einkoͤmling/ das iſt gleichſam ein Frembdling/ heiſſen vnd nach keines Roͤ-
miſchen Monats Namen genennet werden. Vnd ſolche weiſe iſt in 300 Jahr
her faſt bey allen Computiſten breuchlich geweſen/ vnd alſo auch von den Ca-
lenderſchreibern angenommen/ Ohne das/ nach dem der Newe Calender auff-
kommen/ etliche der Calenderſchreiber vnd vnter denen auch H. D. Herlicius,
gleichwol die benennung der Monſch eine nach dem Alten Calender reguliret
haben. Andere wollen das woͤrtlein Completur in obgeſagtem verßlein nicht von
der enddung deß Monſcheins/ ſondern von ſeinem Voll Mond verſtanden haben/
ſo das man den gantzen Monſchein billicher benennen ſolle von dem Monat/ in
welchem der Mond complet das iſt voll wird. Vnd wenn auff die weiſe zween
volle Mond in einen Roͤmiſchen Monat fallen/ ſolle man den erſten ſampt ſeinẽ
New Mond etc. Einkoͤmling heiſſen. Andere/ als H. Origanus vnd vor jhm
Barth.
[]Barth. Scultetus, ſagen das keine der obigen beyden arten der Natur gemeß ſey
ſondern man ſol die Monſcheine reguliren nach den menſibus Solaribus vnnd
Eintritt der Sonnen in die Himmliſche zeichen/ So das jeglicher Monſchein
muͤſſe genennet werden nach dem jenigen Roͤmiſchen Monat/ in welchem der
Sonnen Eintritt in ein new zeichen der nechſte vor deß Monſcheins Voll Mond
iſt Zum Exempel/ wenn ein Voll Mond nach dem Eintritt der Sonnen in den
♈ (doch fuͤr dem eintritt der ☉ in den ♉) einfellet/ Er falle in den Martium
oder Aprilem, ſo ſol ſein gantzer Monſchein der Mertz Mond heiſſen/ darumb
das der Eintritt der Sonnen in den ♈ im Martio geſchicht. Begeben ſich
zween Voll Mond/ weil noch die Sonn in einerley zeichen iſt/ ſo ſol deß andern
Voll Monds lunatio oder gantzer Monſch ein der Einkoͤmling ſein. Vnnd dieſe
weiſe helt der H. D. Eichſtadius, vnd ich habe ſie auch von 1618 (da ich da-
von im Prognoſtico tractirt habe) etliche Jahre zu halten angefangen. Weil
ich aber nachmals geſehen/ das man ſich dran ergern moͤchte/ vmb das bißwei-
len ein gantzer Monſchein nicht/ wie ſonſt gebraͤuchlich/ in den vorhergehenden/
ſondern in den folgenden Monat fellt (zum Exempel der New Mond den 4 Ju-
lij
muß allererſt der Newe Brachmond heiſſen/ der New Mond den 3 Auguſti
allererſt der newe Hew Mond/ der Newmond am 1 Sept. allererſt der Newe
Augſt Mond) hab ich mich wieder zur Alten Geigen gewandt/ vnnd der gemei-
nen gewonheit (weil ich doch ohne das von meinen Widerſachern fuͤr ein New-
ling auß geruffen werde) mich bequemen wollen/ ſonderlich weil ich geſehen/
das auch Herr Kepplerus den alten ſtylum gehalten/ vnd noch helt.


Sonſten iſts gewiß/ das die letzte Art baß beſteht denn die gemeine nicht ſo
propter effectus in natura, wie H. Origanus ſchreibt/ ſondern/ wie ich ſchon
Anno 1618 geſagt/ wegen Aſtronomiſcher eigenſchafft deß Juͤdiſchen vnnd
Chriſtlichen Monden Jahrs. Denn bey den Juden/ ſo wol auch bey den erſten
Chriſten/ hat ſich das Kirchen Jahr/ welchs eigentlich ein Monden Jahr/ iſt an-
gefangen vom Oſter Mond/ vnd iſt das der Oſter Mond oder Erſte Kirchen-
Mond geweſen (heiſts auch noch bey den Computiſten) deſſen Voll Mond al-
lernechſt auff den eintritt der Sonnen in den ♈ folgt/ ſo das alsdann die Soñ
im ♈ vnd der mond in der ⚖ ſein muß. Darauff haben die andern Monden
ordentlich gefolgt. Alſo das der Einkoͤmling gleichwol von den Juden vnd erſten
Chriſten nicht gelegt worden/ wie Origanus gebeut/ wenn zween Voll Monde in
ein dodecate morion Solare fallen/ ſondern immer am ende deß Kirchen Jars/
zu nechſt fuͤr dem Oſter Mond (wiewol der Judiſche Veadar oder Einkoͤmling
noch vor dem rechten Adar eingeſchoben ward) wie ſolchs vorneme Computi-
ſten
bezeugen/ als Paulus Middelburgenſis Parte 1. Paulinæ lib. 7. cap. 3.
A avnd
[] vnd Joh. Stoflerus prop. 34. Calend. Rom. ſigno \&. item lit, A. b. wie
auch Herbeſtus cap. ult. Computi pag. 157. \& 160. Vnd wenn man ſolchs
nicht hette abkommen laſſen ſondern/ der Alten Kirchen (ja aller Voͤlcker/ die
ſich eines Monden Jahrs gebraucht/ die dann allezeit jhre emboliſmus am ende
deß Jahrs gelegt) Art vnd weiſe fort vnd fort gefolgt/ ſo were der gemeine Mañ
deſſen allezeit gewohnt geweſen/ vnd hetten die Einkoͤmlinge nicht alſo durch alle
Roͤmiſche Monate vagiren doͤrffen. Noch duͤnckt mich bey dieſer der Alten Kir-
chen Art/ das man ſich in benennung der Monſch eine nicht nach allen Himm-
liſchen Zeichen richten muͤſſe/ ſondern allein nach dem einigen Eintritt der Son-
nen in den Wieder/ das iſt nach dem Fruͤhlings Gleichtage. Denn der nechſte
Voll Mond nach ſolchem der Sonnen Eingang in den ♈ iſt der Voll Mond
Abib oder Niſan, vnd ſein gantzer Monſchein der Erſte Kirchen Mond/ dem die
andern alle folgen muͤſſen. Solcher Erſte Kirchen Mond aber ſol billich nicht
(wie zwar auch ich Anno 1618 gemeint) Mertzſchein ſondern Aprillſchein heiſ-
ſen/ 1. à potiori, weil die meiſtẽ Oſterlichen Vollmonde/ ſo den erſten Kirchen-
mond deter miniren, in den Aprill fallen/ vnd alſo die Chriſtlichen Oſtern viel
oͤffter im Aprili als im Martio gefeyret werden/ 2 autoritate Veterum, weil die
Alten den Niſan, oder Oſter Mond immer mit dem Aprill vergleicht/ wie bey Jo
ſepho
vnd andern zu finden. 3 à commodiori, weil dergeſtalt die New Monde
von den Calendis oder erſten tagen der Roͤmiſchen Monaten abgeſcheiden wer-
den nicht vorwerts/ welchs dem gemeinen Mañ frembd vorkoͤmpt/ ſondern nach
alter gewonheit ruͤckwerts. Vnd ob wol auff die weiſe etliche wenig Newmonde
(welchs in 19 Jahren kaum 4 mal geſchicht/ nemlich in denen Jahren/ da der
Oſter Voll Mond zwiſchen den 21 vnnd 27 Martii einfellt) der letzten Kirchen
Monde gar in den andern vorhergehenden Monat zu ruͤck treten/ ſo wehret es
doch ſelten vber fuͤnff Monat/ vnd wird alsdann durch den Emboliſmum wie-
der vorwerts geſchoben.


Das man aber beſorgt/ dieſe diſionantz in benennung der Monſcheine o-
der legung deß Einkoͤmlings moͤchte die prognoſtication deß Gewitters turbi-
ren,
iſt nichts: Denn der Monſchein bringt ſein Gewitter fuͤr ſich/ vnnd fragt
nichts darnach/ was man jhm fuͤr ein Namen gebe. Der Newmond/ ſo etwan
gegen das ende deß Januarii einfellet/ pflegt wol guten froſt zu bringen/ ob man
jhn gleich nicht Hartmond oder Hoͤrnung heiſſen wolte. Die Aſtrologi bawen
auch jhr Gewitter nicht auff die Namen der Monſcheine ſondern auff andere
rationes, die auß der Natur herflieſſen.


Aus
[]

Aus demPrognoſticodes 1627.
Jahres.


I.
Ob der Erſte Tag der Welt vom Morgen oder vom
Abend angefangen?


MOſes ſpricht vom erſten Tage der Schoͤpffung:
Da ward auß Abend vnd Morgen der Erſte Tag. Es wird aber hie
durch den Tag verſtanden nicht allein die zeit/ in welcher die ☉ uͤber der Erden
iſt/ ſondern die gantze converſio Æquatoris oder Tag vnd Nacht/ das iſt alle
24 ſtunden zuſammen. Dergleichen Tage oder vmbwaltzung aller 24 ſtunden
fangen etliche Voͤlcker anzuzehlen vom Auffgang der Sonnen/ etliche vom Vn-
ter gang/ etliche vom Mittage/ etliche von Mitternacht. Die Frage iſt/ Ob ſie in
der Schoͤpffung von der Soñen Auffgang oder Vntergang zu zehlen ſein. Die
meiſten Theologi gehn dahin/ das ſie von der Sonnen vntergang zu zehlen/
weil außdruͤcklich Moſes den Abend dem Morgen vorſetzet. Baſilius aber helt
das Gegenſpiel/ vnd iſt der meinung/ das Moſes den Abend vor vnd den Mor-
gen nach ſetze/ nicht darumb/ als ob der Abend in Warheit vorhergangen were/
ſondern daß er durch den Abend deß Tages ende/ vnd durch den Morgen das en-
de der Nacht verſtehe. Denn/ ſpricht er/ der Welt zuſtandt fuͤr erſchaffung deß
erſten Lichts wird nicht Nacht genennt ſondern Finſterniß/ wie geſchriebẽ ſteht:
Vnd es war finſter auff der Tieffe. Dieſer meinung Baſilii fallen etliche Gelar-
te Leute noch heutigs Tages bey. Aber ſie kan nicht beſtehen. Denn nicht allein
bey beſchreibung deß Erſten ſondern auch der andern fuͤnff tage der Abend vor
vnd der Morgen nach geſetzt wird/ welchs nicht ohne vrſach wird geſchehen ſein.
Zu dem iſts kein zweiffel/ Gott der HErr werde im Geſetz eben dieſelbe Tages-
Ordnung halten/ die er von anbeginn der Welt gehalten. Der Sabbath/ den er
zu heiligen befohlen hat/ iſt eben derſelbe Wochentag geweſen/ an dem Er in der
erſten Schoͤpffung von ſeinen Wercken geruhet/ wie ich fuͤr eim Jahr im 4.
Cap. bewieſen. Nun befiehlet Gott im 3. buch Moſis am 23. v. 32. das die J-
ſraeliten jhre Sabbathe vnd Feyrtage feyren ſollen von einem Abend biß zum
A a ijandern.
[] andern. Derhalben wird er auch den erſten Sabbath/ an welchen er von den
Wercken der Schoͤpffung geruhet/ alſo gerechnet vnd geheiliget haben. Hat
nun der erſte Sabbath oder ſiebende Tag angefangen mit vorhergehendem A-
bend/ ſo hat auch der ſechſte/ vnd die vorher gehenden alle/ mit dem vorhergehen-
den Abend oder anfang der Nacht angefangen. Oder wer ſolchs vom Erſten
Tage nicht zugeben wolte/ der muͤſte ſagen/ das der erſte Tag nicht vollkommen
geweſen/ vnd das er zwar einen Morgen/ aber keinen Abend (denn der folgende
Abend gehoͤret ſchon zum folgenden Tage/ wie jetzt gehoͤret) gehabt/ da doch
Moſes außdruͤcklich deß erſten Tages Abend ſo wol als der andern nennet. Das
Baſilius ſchreibt/ die Finſterniß fuͤrm erſten Liecht der Welt werde in heiliger
Schrifft nicht Nacht genennet/ befindet ſich anderſt. Denn es ſteht zwar erſt-
lich nicht: Vnd es war Nacht auff der Tieffe/ ſondern: Vnd es war Finſter
auff der Tieffe. Aber es folgt bald dar auff/ Gott habe das Liecht vom Finſterniß
geſcheiden/ vnd habe das Liecht Tag/ vnd die Finſterniß Nacht genennet. Kans
auch klaͤrer geſagt werden? Was iſt aber nun ferner das fuͤr eine Finſterniß ge-
weſen/ die Gott Nacht genennet/ vnd von welcher er das Liecht geſchieden? E-
ben die/ ſo kurtz zuvorn auff der Tieffe geweſen. Darumb iſt gewiß dieſelbe Fin-
ſterniß/ ſo vor dem Liecht vorher geht/ die erſte Nacht geweſen. Vñ iſt alſo auch
gewiß/ das der Erſte Tag der Welt nicht vom Morgen ſondern vom vor herge-
henden Abend angefangen. Daher nicht allein die Juden von anbegin biß vffn
heutigen Tag/ ſondern auch die erſten Chriſten etlich 100 Jahr jhre Feyrtage
von vorhergehendem Abend angefangen/ Wie dann auch noch jetzo bey vns ſol-
cher fuͤr den Feyrtagen vorhergehende Abendt/ der heilige Abendt genant wird.


II.
Man rechnet den Lauff deß Himmels nicht allein auff zu-
kuͤnfftige Zeiten/ ſondern auch von anbeginn der Welt/ auß Aſtrono-
miſchen Tafeln vnd Zahlen her. Solte aber der Sonnen vnd deß Monds
Stillſtandt Joſuæ 10. vnd der Sonnen zuruͤck zopffung
4. Reg. 20. \& Eſaiæ 38. die Zeit vnd rechnung
nicht vnrichtig machen.


MAn hat zwar keine ſo alte beſchriebene Obſervationes Aſtronomicas,
auß welchen man demonſtrativè hierinn was vnterſuchen koͤnte. Aber
gleichwol iſts auſſer allem zweiffel/ das dadurch keine vnrichtigkeit in die Rech-
nung einſchleichen koͤnne. Denn Gott iſt ein Gott der Ordnung vnd nicht der
Vnordnung oder confuſion, wie er denn inſonderheit Geneſ. 8. zu richtiger
Ordnung der Tage vnd Naͤchte/ ſo lang die Welt ſteht/ ſich erklaͤret. Das Er
nun
[] nun den Lauff der Himmliſchen Liechter beyde mal gehemmet/ das benimbt erſt-
lich der Zeit Rechnung gar nicht. Denn Tag vnd Nacht wird allzeit genandt die
Zeit von einem Auffgang (oder Vntergang) der Sonnen biß zum andern:
Vnd alſo/ ob gleich die Sonne noch ſo lang verzogen hette vnterzugehen/ ſo wuͤr-
de doch vom vorhergehendem biß zum ſelben Vntergang nur ein eintziger richti-
ger Tag gerechnet werden. Anderſt wornach ſolte man deß Tages Lenge abmeſ-
ſen/ als durch der Sonnen vmblauff? Ferner benimbt ſolche Hemmnng auch
nicht dem Lauff der andern Sternen. Denn/ weil es nicht glaͤublich/ das GOtt
der HErr das Himmliſche ſo Kuͤnſtlich vnd Weißlich eingerichtete Vhrwerck
an ſeinen Raͤdern habe verruͤcken wollen/ ſo wird er ohn allen zweiffel beydes mal
nicht allein die Sonne/ ſondern zugleich die gantze Himmliſche Sphæram gehal-
ten (oder auch im andern Exempel zu ruͤck gefuͤhret) haben/ vnd dann alles mit
einander zugleich wiederumb fortgehen laſſen.


Zum beſchluß koͤnte gefragt werden/ Ob vorgedachte Wunderzeichen auch
auſſerhalb dem Juͤdiſchen Lande von andern voͤlckern ſind gemerckt worden?
Jch halte Ja. Denn gleich wie die uͤbernatuͤrliche ☉ finſterniß zur zeit deß Ley-
dens Chriſti nicht allein uͤber Jeruſalem vnd das gantze Land ſich erſtreckt/ ſon-
dern auch in Egypten von Dionyſio Areopagita vnd Apollophane mit groſſer
verwunderung iſt obſerviret worden: Alſo wird es auch mit den andern Wun-
derzeichen deß Himmels zugangen ſein. Der Koͤnig zu Babel ſchickte dem Koͤ-
nige Hiskiæ Frewdengeſchencke/ weil er gehoͤret/ das Hiskia Kranck vnd wieder
geſundt worden war. Da haltens etliche Gelehrten/ das der Koͤnig zu Babel
dazu bewogen worden/ durch das Wunderzeichen der Sonnen. Denn ſonſten
haben die Koͤnige zu Babel gegen die Koͤnige in Juda ſich nicht ſo groſſer
Freundſchafft beflieſſen. Herodotus im andern Buch/ da er in erzehlung der
Egyptiſchen Koͤnige biß auff Sethon gekommen/ gedencket einer geſchicht/ wel-
che die Vralten Egypter in jhren Hiſtorien auffgezeichnet/ das nemlich fuͤr al-
ters daſelbſt angemerckt/ das die Sonne viermal an vngewoͤhnlichen Ort deß
Himmels auff vnd vntergangen. Welche Fabel ich achte entſproſſen ſein auß
dem Stillſtande vnd zuruͤck gehen der Sonnen zu Joſuæ vnnd Hiskiæ zeiten/
ſalvo eruditorum judicio.


III.
Woher deß Mondes Coͤrper ſo ſcheckicht ſcheine/ vnnd
nicht ſo einerley glantz hab wie andere Sternen?


WEnn der Mond New vnd hoͤrnicht iſt/ ſind faſt keine flecken dran zu ſe-
hen/ je mehr er aber zunimpt/ je mehr ſich die flecken herfuͤr thun. Wenn
A a iijer
[] er voll iſt/ ſo ſcheinet er wie eines fetten Menſchen Angeſicht: Oder es erſcheinet
auch drinn eine geſtalt eines gantzen Maͤnnleins. Was mag die vrſach ſolcher
flecken ſein? Die Frage iſt ſchon von den Vralten Grichiſchen Philoſophis
gehandelt/ vnd ſind mancherley meinungen davon beſchrieben/ wie bey Plutar-
cho
in einem beſondern Tractat, De Facie in Orbe Lunæ vnd in einem andern
De Placitis Philoſophorum lib. 2. cap. 30. Die zwo vornemſten Meinungen
ſind der Pythagoriſchen vnd der Ariſtoteliſchen. Die Pythagoriſchen Philoſo-
phi
habens dafuͤr gehalten/ das der Mond nicht glattrundt/ wie die Sonne vnd
andere Sternen/ ſondern hoͤckericht mit Gebirgen vnd Thalen ſey/ wie vnſer
Erdboden. Haben auch den Mond Antichthona, das iſt/ die Gegen Erde/ ge-
nant/ in welcher nicht alleine Berge vnd Thale/ ſondern auch gewaͤchſe vnd le-
bendige Thiere/ ſo 15 mal groͤſſer als die hieſigen/ zu finden. Jn den Thalen oder
niedrigungen haben ſie vnreinere Lufft zu ſein vermeinet/ als auff den hoͤhen/ da-
her die niedrigungen nicht ſo hellen glantz von ſich geben als die hoͤhen. Ariſto-
teles
aber vnd ſeine Nachfolger/ wie ſie ſonſten der Pythagoriſchen Himmels-
Philoſophiam pflegen zuverwerffen/ alſo lachen ſie auch dieſe meinung redlich
auß: Vnd haltens dagegen/ das der Mond Coͤrper eben wie andere Sternen
von Himmliſcher materi vnd glattrundt ſey: Doch alſo das er nicht uͤberall
gleich deicht gepackt/ ſondern an etlichen Orten loſer/ gleich einem Schwamm:
Vnd weil der Mond all ſein Liecht von der Sonnen hat/ vnd daſſelbe gleich ei-
nem Spiegel zu vns herunder wirfft/ ſo geſchehe es/ das die deichten Theile deß
Mond Coͤrpers das Sonnen Liecht nur oben hin an ſich nemen/ vnd deſto ſter-
cker vnd vollkommener von ſich wiedergeben/ die loſen aber vnd ſchwaͤmmichten
faſſen der Sonnen Liecht auch in ſich hinein/ vnd koͤnnens derwegen ſo hell nicht
wieder zu ruͤck werffen/ ſondern dieſelben Orte ſcheinen vns tunckeler. Das iſt
Ariſtotelis vnd noch heutiges Tages aller Peripatetiſchen Philoſophen beſten-
dige meinung. Plutarchus in gedachtem Buch De facie Lunæ vermeinet/ das
der Mond Coͤrper gleich wie die Erde nicht allein Trocken ſondern auch Meere
habe/ vnd das die Meere tunckeler/ die groſſen Continentes aber vns heller ſchei-
nen. Plutarcho fallen heute etliche vornehme Aſtronomi bey/ inſonderheit
Mæſtlinus vnd Kepplerus, Wiewol Kepplerus (pag. 251. Opticorum) es
dafuͤr helt/ das nicht die Continentes oder das Trocken/ ſondern die Waſſer o-
der Meere/ den hellen ſchein von ſich geben/ welches er dann auß rationibus
Opticis
muthmaſſet/ da die Waſſer allezeit mehr glentzen als die Erden/ inmaſ-
ſen er einſt durch ein Exempel einer luſtigen gegend in der Steyrmarck/ da er auff
den Berg Scheckel geſtiegen/ vnd dieſelbe gegend mit ſeinen Felden vnd Waſ-
ſern von vnten auff an ein außgebreitetes Papier excipiret, augenſcheinlich ſol-
chen vntermengten wiederſchein geſehen.


Was
[]

Was iſt nun von ſolchen vnterſchiedlichen wunderlichen Meinungen zu
halten? Schwer vnd faſt vnmuͤglich iſt es etwas gar vnfehlbares hierinn zu
ſchlieſſen. So weit kan man aber vnd muß man gewiß gehen/ als der Tubus Op-
ticus,
das iſt das newlich erfundene Ferngeſicht oder Kycker (er muß aber wol
vnd koͤſtlich zubereitet ſein/ wie man jhn in Jtalien findet) an die Hand vnd in
den augenſchein giebet. Derſelbe weiſet auß/ das Ariſtotelis meinung wie in
vielen andern Himliſchen dogmatibus alſo auch in dieſem ſtuͤck nicht beſtehe/
ſondern das freylich der Mond Coͤrper hoͤlſterig ſey wie der Erdboden. Solchs
erſcheinet außdruͤcklich am zu vnd abnemenden Mond/ da die ſeite oder randt/
ſo von der ☉ hind an gewand/ nit ſchnurrecht oder juſt bogenweiſe ſondern gleich
ſam zackicht vnd voller zaͤhnlein iſt/ Ja was noch mehr/ baß dahinden thun ſich
auß dem noch vnerleuchteten theil hin vnd wieder kleine helle flecken herfuͤr/
Welchs dann durch auß nichts anders ſein koͤnnen/ als gipffel der Berge/ ſo von
der ☉ weit ehe erreichet vñ erleuchtet werden als die vntern theile deß Monden
Coͤrpers. Man hat auch geſehen/ das dieſelben Gipfel eben dieſelbe Nacht je len-
ger je groͤſſer vnd alſo dieſelben Berge je lenger je mehr erleuchtet werden/ biß es
in derſelben gegend endlich alles hell wird. Jch weiß wol das dieſe Philoſophia
den Peripateticis nicht wolgefalle/ Aber man muß ſich dran nicht kehren/ ſon-
dern jhnen jhre gewohnheit laſſen/ welche da iſt/ das ſie alles/ was jhres Ariſto-
telis
Lehr zu wieder/ vernichten vnd verhoͤnen/ obs gleich durch experimenta
gnugſam beſtetigt wird/ wie an der Lehr vom Magneten/ von Cometen/ von der
Milchſtraß/ von newen Sternen vnd andern ſachen zu ſehen. Jch wil jhnen
noch was vnglaͤublichers anzeigen/ nemlich das man etliche derſelben Mondber-
ge auch abmeſſen koͤnne/ nicht mit Hand anſchlagen ſondern Opticè \& Geome-
tricè,
vnd befindet ſich/ das die groͤſten Berge bleyrecht bey einer Deutſchen
Meilen hoch ſind. Demonſtrationem vide Parte tertiâ Sphæræ Blancani, in
Appendice cap. 5. pag. 161. exemplaris Bonon.


Alſo das an Bergen vnd Niedrigungen im Monden Coͤrper numehr nicht
zu zweiffeln. Ob aber auch Waſſer oder Meere drinn ſein moͤgen/ zweiffele ich
ſehr. Viel weniger glaͤub ich das Kraͤuter/ Baͤume/ oder lebendige Thiere da
wachſen oder wandeln ſolten: Denn das wuͤrde nicht allein eine abenthewrliche
Philoſophiam de pluribus Mundis geberen/ ſondern auch in Theologia gro-
be ſchwermerey wo nicht gottloſe ketzerey erwecken. Wir wollen ſolche meinung
den Heydenlaſſen/ alsderer etliche es dafuͤr gehalten/ das die verſtorbenen See-
len jhre Wohnung im Monden ſolten haben.


Ferner iſts nicht gnug/ das Berge vnd Thale im Mond ſind bewieſen/ ſon-
dern/ ſo ferne keine Waſſer drinn ſein/ fragt ſichs noch/ was denn die Hellſchei-
nenden
[] nenden vnd was auch die tunckelern Orte ſind: Denn die Berge vnd Thale da-
ſelbſt ſind bey weitem ſo groß nicht/ als die hell- vnd tunckelſcheinende gegenden.
Jch erachte/ das/ gleich wie hie auff Erden nicht alle Lande/ wenn ſie von einer
groſſen Hoͤhe angeſchawt wuͤrden/ gleich an farb vnd wiederſchein weren/ der-
gleichen auch dort oben die ſuperficies deß Monden beſchaffen. Nicht das et-
lichs deichter etliches ſchwaͤmmichter oder durchſichtiger ſey/ wie die Peripateti
ci
lehren (denn in einer Sonnen finſterniß kan man ſo wenig durch die maculas
als durch andere ſehen:) Sondern das alles gleich deicht aber vngleich an di-
ſpoſition
der materi ſey. Da man ſagen wolte/ das materia cœleſtis ſibiipſi
maximè conformis \& ſimillima
ſey/ So geb ich ſolchs ſo ſchlechts hin nicht
nach/ ſintemal die ſo mancherley farb der Sternen ein anders außweiſet/ welche
farb warhafftig auß complexion der Sternen herruͤhret. Es iſt gleublich
(welchs auch etliche Peripatetici nicht allein nachgeben ſondern auch lehren)
das wie Gott der HErr in Erſchaffung der vntern oder Elementariſchen Welt
das feinſte von dem vnlautern abgeſondert vnd das vnlautere dem Erdboden zu
geeignet/ alſo werde er auch in Erſchaffung der Obern Welt oder deß Himmels
die fæces (ſo reden auch etliche Peripatetici) oder vnlauterſte Himmliſche ma
teri
zum Monden genommen haben. Da denn die partes etlicher maſſen diffor-
mes
vnd alſo der Mond vngleich geferbt worden. Vnd diß iſt meine einfeltige
Meinung de maculis lunæ. Wil nun hieruͤber auch anderer Philoſophorum
gutduͤncken erwarten vnd dieſes Capitel beſchlieſſen.


IV.
Woher koͤmpts/ das der Sommer gemeiniglich nicht ſo
heiß/ wenn der Tag am lengſten vnd die Mittags Sonn am hoͤheſten
iſt/ als hernacher in den Hunds Tagen? Oder vervrſacht
ſolchs der Hundsſtern/ ſo die zeit mit der
Sonnen auffgehet?


DEr Hunds Stern thuts keines weges. Er iſt viel zu ſchwach hiezu: Denn
ob wol die Ortus \& Occaſus ſiderum Coſmici \& Acronychi die Mor-
gen vnd Abendliche Auff-vnd vntergaͤnge vornehmer Sternen/ die Lufft krefftig
alteriren vñ bewegen/ ſo wehret doch ſolche krafft kaum ein tag zween oder drey:
Dieſe hitz aber wehret etliche wochen. Derhalben muß ſie eine viel kraͤfftigere vr-
ſach haben. Dieſelbe iſt dieſe. Der Sonnen ſtralen an vnd fuͤr ſich ſelbſten ſind
zwar am krefftigſten vmb die zeit deß lengſten tages/ wenn die Sonn am hoͤheſtẽ/
denn alſo fallen die ſtralen gerader vnd bleyrechter herunder/ vnnd prallen auch
bleyrechter wieder uͤber ſich/ vermiſchen ſich alſo deſto enger vnd heuffiger/ da-
durch
[] durch dann die Lufft von natur ſolte deſto mehr erhitzet werden: Aber der Erd-
boden/ welcher durch die Sonn erwaͤrmet jmmerzu duͤnſte von ſich bleſet/ hat
im Junio noch nicht ſo lang in der hitz geſtanden als hernacher/ da die vorher
auffgeſamlete hitze jmmer zu der newen koͤmpt/ vnd die vorher außgeſchwitzten
daͤmpffe jmmer zu den newen geſchlagen werden/ Jn welchen ſo heuffigen duͤn-
ſten die Sonnenſtralen deſto ſtaͤrcker hafften/ vnd die Lufft alſo biß in alle hoͤhe
erhitzet wird/ ſo das ſie erſt/ wenn die Sonn auß dem Loͤwen in die Jungfraw
gelauffen/ nachleſſet. Vnd iſt hie eben eine ſolche gelegenheit der ſachen/ wie der
Hitze/ die im Sommer nach Mittage viel groͤſſer zu ſein pflegt/ als im rechten
Mittage/ Ob ſchon im Mittage die Sonn hoͤher. Denn die Mittagswaͤrme
ſamlet ſich zu der Nachmittaͤgigen/ vnd erhitzt alſo die Lufft gantz vnd gar/ biß die
herabfallenden Sonnenſtralen nach 2 Vhren ſich je mehr vnnd mehr von den
wiederprallenden abſondern. Wir haben auch deſſen ein gleichniß an einem auß
gehitzten Oſen/ derſelbe iſt noch nicht alsdann am hitzigſten/ Wenn die flamm
darinn am groͤſſeſten/ ſondern alsdann allererſt bleſet er die meiſte hitze von ſich/
wenn die brennende materi drinnen nun zu Kohlen worden: Vnd ſolche hitze
wehret alsdann eine ebene weile/ eh denn ſie erleſchet. Vnd gleich wie ein Ofen
nicht fort gantz erkaltet/ ſo baldt die Kohlen drinn außgegangen/ ſondern aller-
erſt eine weile hernacher: Alſo erſtirbet auch nicht fort gantz vnd gar der Erdbo-
den/ ſo baldt die Mittags Sonn am niedrigſten vnd der Tag am kuͤrtzeſten iſt/
das iſt/ vmb die Weihnachten/ ſondern allererſt hernacher vmb Paulibekehrung
oder vmb Liechtmeſſen.


Zu der Hundstaͤgigen Hitze koͤmpt noch dieſes/ das ſie gemeiniglich vnge-
ſundt/ den Menſchen an kraͤfften ſchwechet/ die Hunde raſend machet/ die Wei-
ne oder auch Biere in etlichen Kellern angreifft. Vrſach/ die Sonne beginnet
bald nach dem lengſten tage ſchon allgemehlich zu fallen/ vnd/ ſo viel an jhr iſt/
diə hitz allgemehlich zu vermindern. Aber dieſelbe hitz helt ſich auff vnd vermeh-
ret ſich allein in denen vom Erdboden außgeſchwitzten daͤmpffen/ welche hitze
auſſer ſolchen daͤmpffen allbereit erſtorben were: Das ſie alſo in der Lufft vnd
auff Erden/ gleich wie in eines erſtorbenen Menſchen Leibe/ eine Faͤule vervr-
ſacht/ daher auch bißweilen ſich vmb die zeit ſtinckende Nebel mercken laſſen. So
das denn kein wunder/ das ſolche hitzige Daͤmpffe dieſe niedere Welt leichtlich
verſehren.


Das aber alle dieſe wirckungen ins gemein dem Hundſtern zugeſchrieben
werden/ koͤmpt her auß einem mißverſtande der meinung von den Hundstagen.
Bey etlichen alten Voͤlckern/ ſonderlich bey den Alten Egyptern/ hat man mit
dem Morgenlichen Auffgang deß Hunds Sterns ein Newes Jahr angefangẽ/
B bvnd
[] vnd deſſen Jahres erſte wochen dies Caniculares, die Hundstage/ geheiſſen/
Jn welchen ſie fleiſſig auff die Witterung achtung gaben/ vnd darauß vom zu-
ſtande deß gantzen Jahres vrtheileten. Sie haben auch daſelbſt einẽ Periodum
von 1461 gemeinen Jahren gehabt/ Welche zeit ſie Annum Magnum, An-
num Heliacum,
item Annum Canicularem, genant haben/ wie Cenſorinus
cap. 18. \&
21. bezeugt. Solcher periodus oder Annus Magnus fing an mit dem
Auffgang deß Hundſterns/ Nach welchem Auffgang dann der Sommer am
hitzigſten wird. Von derſelben alten zeit hat man allzeit/ ſo wol bey den Egyp-
tern als bey den Griechen/ die es von jenen gelernet/ vnd hernach auch bey den
Roͤmern/ von welchen es in die gantze Welt außgebreitet/ die waͤrmſte Som̃er-
zeit/ weñ nemlich die Soñ zum Geſtirn deß Loͤwen koͤmt/ die Hundstage genant.


Worauß nun zu ſehen/ das man in Calendern ſo religiosè auff die andeu-
tung der Hundstage/ wenn ſich die anfangen oder enden/ nicht zu ſehen habe:
Were auch nicht viel dran gelegen/ wenn gleich ſolche andeutung gar hinweg
bliebe. Weil doch Ortus Caniculæ nicht eben vmb den Tag einfellet/ an wel-
chem der Hundstage anfang/ ſo wol in meinem als andern Calendern/ geſetzt
wird. Es begiebt ſich auch ſolcher Ortus nicht in allen Landen auff einerley ta-
ge/ wie zwar der Eintritt der Sonnen in den Loͤwen. Vnd wenn ſchon die Welt
noch etliche 1000. Jahr ſtehen ſolte/ in welcher zeit dann der Hundſtern mo-
tu proprio fixarum
gar in ein anders Zeichen vnd ſein Ortus alſo gar in einen
andern Monat hinauß wandern wuͤrde/ ſo wuͤrde dennoch dieſe eigenſchafft deß
Jahres bleiben/ das nemlich bey vns der Sommer am waͤrmſten/ wenn die
Sonn jhren Lauff im Loͤwen helt. Bey vns/ ſage ich: Denn bey denen/ ſojen-
ſeit der Lini oder Æquinoctial wohnen/ iſt der Sommer am waͤrmſten/ weñ die
Sonn im Waſſermann leufft/ das iſt/ im Februario, da es weit fehlet/ toto fe-
rè cœlo,
das alsdann in den Landen der Hundsſtern zugleich mit der Sonnen
auffgehn ſolte.


V.
Warumb im Winter/ bey froͤſtigem Wetter/ kurtz vor vnd
auch mit der Sonnen Auffgang die Kaͤlte viel ſchaͤrffer/
als vorher in der Nacht?


SOlchs vervrſacht beides die Sonne/ ſo mit jhren ſtralen die Kaͤlte mit ge-
walt hinweg treiben wil/ vnd dann dagegen die Kaͤlte/ welche den herauff-
ſteigenden ſtralen nach hoͤchſtem vermoͤgen wiederſtrebet/ vnd weil ſie je lenger
je mehr hinderſich getrieben wird/ colligirt ſie ſich deſto deichter zuſammen/ da-
mit ſie/ ſo viel muͤglich/ ſtandt halten moͤchte. Durch welche zuſammenpackung.
die
[] die Kaͤlte deſto kraͤfftiger iſt/ vnd vns deſto hefftiger ſchneidet. Solchen ſtren der
hitz vnd kaͤlte nennen die Philoſophi αντιϖεϱίςασιν. Welche gleicherweiſe ſich
auch an den Kellern vnd Gewelben erzeiget/ als welche im Sommer kuͤhle/ im
Winter warm ſind/ darumb/ das im Som̃er die Kaͤlte von der Sonnen gantz
vnd gar auß der Lufft vertrieben ſich in die verborgene oͤrter/ da der Soñen ſtra-
len nicht hinkommen koͤnnen/ verkriechen vnd da zuſammen halten muß: Jm
Winter aber muß gleicherweiſe die Waͤrme der uͤberhand nehmenden Kaͤlte
weichen. Auch iſt ſolchs zu ſpuͤren an den Thaͤlern/ welche/ weil ſie von der Son-
nen nicht alſo/ wie das Gebirge oder ander raum/ koͤnnen beleuchtet vnd erfuͤllet
werden/ deß Sommers recht kuͤhle ſind. Auß ſolcher antiperiſtaſi entſtehet
auch deß Morgens der Reiff/ nicht allein vor/ ſondern auch mit vnnd nach der
Sonnen Auffgang/ an denen Orten nemlich/ die von der Sonnen nicht koͤnnen
beleuchtet werden.


VI.
Ob im rechten Norden vnter demPolo,alſo auch vnterm
Suͤd Polo, der Erdboden koͤnne fuͤr groſſer Kaͤlte
bewohnet werden?


ES iſt von den Alten Coſmographis der Erdboden in fuͤnff Kreiße oder
Zonas abgetheilet. Der erſte Kreiß oder Zona iſt das theil deß Erdbodens/
welchs zwiſchen beiden Tropicis, Cancri vnd Capricorni, rings vmb gelegen
vnd in der mitten vom Æquinoctial oder der Mittel Lini ringsvmb geſpalten
wird. vnd dieſe Zona wird genant Torrida: darumb das die Sonne daſelbſt
von aller hoͤhe herunter leuchtende die Lufft vnnd Erde durch uͤbermaͤßige Hitze
gleichſamb außdorret. Nach dieſer Zona folgt zu jeglicher ſeiten deß Erdbodens
eine andere/ die ſich in die breite erſtreckt von den Tropicis biß an die Circulos
Polares.
Dieſelben beiden Zonæ werden Temperatæ genant/ darumb das in
denſelben die Sonne ſo hoch nicht auffſteiget/ ſondern mit mittelmaͤſſiger abge-
wechſelter Hoͤhe ein bequemes temperament der Hitz vnd Kaͤlte vervrſachet.
Jn ſolcher Temperirter Kreiße einem/ nemlich in ſeptentrionali, der von der
Zona torrida Nordwerts gelegen/ wohnen auch wir vnd alle die in Europa vnd
weiter hinauff biß an die Polus hoͤhe von 66½ grad leben. Endlich was hinder
dieſen Zonis temperatis zirckelfoͤrmlich vmb beide Polos liegend uͤbrig iſt/ das
wird beiderſeits Zona frigida genant/ darumb das daſelbſt die Soñe im Som-
mer zum hoͤchſten (admiſsâ etiam refractione 1½ gr.) nur 25 grad hoch ſtei-
gen kan/ vnd deß Winters gar nicht herfuͤr koͤmpt/ ſondern die Nacht ein halbes
Jahr wehret/ daher in denſelben Kreißen eine grimmige Kaͤlt vervrſacht wird/
B b ijwie
[] wie dann ſolchs die erfahrung in Finmarcken vnd Lapplandt/ item in der Anno
1596. durch die Hollaͤuder durchs Norden vorgenommene Schiffart/ außwei-
ſet. Nun haben die guten Alten vermeinet/ das in der Zona torrida, wie auch
beiden frigidis, kein Menſch genuͤglich wohnen koͤnne/ dorte wegen uͤbermaͤßi-
ger Sonnenhitze/ in den andern beiden aber wegen vnertraͤglicher Kaͤlte. Ob
nun wol nicht ohn/ das innerhalb der Zonæ torridæ in den Mittel Laͤndern A-
fricæ
wegen Sandichtes Bodens vnd weniges Waſſers uͤbel zu leben: So hat
ſichs doch befunden/ das an vielen Orten Africæ, vornemlich die gegen dem
Meer gelegen/ vnd noch viel mehr in America, item in den Morgenlaͤndiſchen
Eylanden/ gar ſeine temperirte Lufft vnd bequemes Leben ſey: vnnd von S.
Thomæ Eylande/ welches juſt vnter der Linie/ das iſt recht im Mittel der hitzi-
gen Zonæ liegt/ bezeugen die Schiffarten/ das die Lufft daſelbſt ſo temperirt
vnd geſundt ſey/ als an irgend einem Ort Europæ. Vnd ſolches/ ſo wol was die-
ſe Jnſel als andere obgedachte oͤrter anlanget/ wegen der friſchen Waſſerquellẽ/
wegen deß Meers/ wegen der Berge vnd Thaͤler/ ſo daſelbſt verhanden/ vnd die
hitz der Sonnen mildern. Nun vermeinen etliche vornehme Scribenten/ gleich
wie der Alten muthmaſſung von der Zona torrida, das man drinnen wegen vn-
ertraͤglicher Hitze ſchwerlich wohnen koͤnne/ einen ſehl hat: Alſo koͤnne auch das
wol fehlen/ das man bey den Polis wegen vnertraͤglicher Kaͤlte nicht ſolte an et-
lichen Orten wohnen koͤnnen. Vnd dieſe muthmaſſung ſchoͤpffen ſie à ratione
\& experientia. Ratione:
Denn ob zwar die Sonne daſelbſt nimmer uͤber 23½
grad hoch ſteigen kan/ ja den gantzen Winter uͤber vnter der Erden bleibt/ vnd ei-
nes halben Jahrsnacht vervrſacht/ So geht ſie doch dagegen auch den gantzen
Sommer uͤber nicht vnter/ ſondern wircket mit jhren ſtralen gleichſam Tag vnd
Nacht/ dadurch die Lufft im Sommer zimmlich kan erwaͤrmet werden/ in an-
merckung/ das die Sonne den Erdboden nicht allein/ wie bey vns/ von Oſten/
Suͤden vnd Weſten/ ſondern auch von Norden her angreifft/ vnd das ſie 24.
ſtunden lang (ja dem anſehen nach etliche tage lang) ringsvmb durch alle 4
ecken der Welt in einerley hoͤhe bleibt. Darnach bezeugen die Hollandiſchen
Schiffart[e]n/ das zwar in vnd vmb Nova Zembla vnter der hoͤhe von 75. 76.
graden/ das Meer mit Eyß erfuͤllet/ vnd das Land oͤde/ vnfruchtbar/ vnd zeitig
mit Schnee bedeckt/ Aber baß gegen Norden/ vnter der hoͤhe von 80. 81. gra-
den haben ſie offen Meer vnd ein Land gefunden/ da gruͤn graß gewachſen. Dar-
auß zuvermuthen/ das etliche Orte da hinauff zur notturfft temperirtſeinkoͤnnẽ.


Aber mich duͤnckt/ das dieſe muthmaſſung weit fehlen werde. Denn erſtlich
was der Sonnen vmblauff anlanget/ wircket derſelbe wol etwas/ ſonderlich weñ
die Sonne hoch koͤmt (vnd wenn ſie am hoͤchſten/ iſt ſie gleichwol nicht hoͤher
als
[] als bey vns vmb den 22. Febr. oder 20 Octob.) aber wie lang wehret das?
Nicht ein viertel Jahr. Wenn ſie 18. 15. 12. 9. vnd weniger grad hoch iſt/ Ob
ſie gleich rings vmb das Land beleuchtet/ was wird ſie außrichten? Bey vns im
kuͤrtzſtentage iſt ſie 12 grad hoch/ was ſpuͤret man zu Mittage oder nach Mittage
jhre wirckung? Vnd geſetzt/ das ſie biß vff den letzten grad jhrer hoͤhe was erwaͤr-
mete/ wo bleibet das andere halbe Jahr/ darinn ſie nimmer herfuͤr koͤmt? Solte
nicht in der halbjaͤrigen Nacht alles wieder erſtarren vnd verderben/ was die
Sonn im vorigen halben Jahr hatte lebhafft gemacht? Zum andern/ das man
oberhalb Nova Zembla gruͤn Landt angetroffẽ/ (verſteh im Sommer) darauß
wil noch nicht folgen/ das auch bequem allda zu wohnen ſey. Denn auch in vn-
ſern Landen/ wenn im Winter der Schnee abgeht/ bißweilen ſich was gruͤnes
herfuͤr thut/ vnd dennoch were dieſelbe zeit vns zu einem Sommer bey weitem
nicht gnugſam. Vnd wie lang mag wol das gruͤne daſelbſt gewehret haben? So
lang biß mit der Eyßflut (welche auch im Junio der Orter durch die Winde/
von einem Lande zum andern getrieben vnd auffgeſtapelt wird) die mitkommen-
de Kaͤlte ſolchs uͤberrumpelt vnd zu nichte macht.


Derhalben ichs dafuͤr halte/ das vnter den Polis keine (wil nicht ſagen be-
queme/ ſondern nur) nottuͤrfftige wohnung ſey/ auch nur vmb der einigen vrſach
willen/ das daſelbſt ein halbes Jahr lauter demmerung/ ja zween Monat ſtick-
finſtere Nacht iſt. Vnd dieſes wil ich von Menſchlicher wohnung verſtanden
haben Von wilden Thieren aber/ welche/ wie die Hollaͤnder in Nova Zembla
erfahren/ dickere Peltze haben als die hie zu Lande/ wil ich nicht ſo wiederſtreben/
ſondern ſage/ das es wol ſein koͤnne/ das ſie daſelbſt wie in Nova Zembla woh-
nen/ vnd jhre behauſungen in warmen Hoͤlen tieff vnter der Erden haben moͤ-
gen. Bey dieſer meinung bleib ich/ ſo lang biß jemand durch Schiffart dahin
reiſet vnd die ſach anders befindet. Es haben etliche Geographi in jhren Map-
pen vmb den Nord Polum vier Euripos oder groſſe ſchnelle Waſſer geſetzt/ wel-
che gerad im Polo zuſammen kommen vnd gleichſam dahinein geſchluckt wer-
den/ Oder auß demſelben als auß einer Quell entſpringen/ vnd ſich in 4 Heubt-
waſſer theilen/ daher Gulielmus Poſtellus vermeinet/ das daſelbſt das Paradeiß
geweſen ſey: Aber wer iſt jemals dahin kommen/ der die gelegenheit abgeſehen?
Es iſt eben ſo viel gewiſſes hieran/ als an den Magneten Bergen/ von denen
man geglaubet/ das ſie nicht weit vom Mittnaͤchtigen Polo liegen/ vnd die Ma-
gnetnadeln vnd Compaſſe reguliren.


VII.


B b iijOb
[]

Ob nicht zu dieſen letzten Zeiten der Welt mehr Finſter-
niſſen der Sonnen vnd deß Monds einfallen/ als in den alten
Jahren: Wie ſolchs von vielen/ auch wol gelarten/ Leuten
geglaͤubet wird.


AVff dieſe Frage verſtendlichen bericht zu geben/ muß ich wegen der ein-
feltigen erſtlich berichten/ woher die Finſterniſſen entſtehen. Solche wiſ-
ſenſchafft beſteht in folgenden puncten.


1. Sonn vnd Mond halten in jhrem Lauff nicht einerley ſtraſſen/ oder Zir-
ckel/ ſondern jeglichs einen beſondern/ vnd wird die Sonnenſtraß Ecliptica ge-
nant: Deß Monden Zirckel oder ſtraß hat keinen beſondern Namen.


2. Es gehn beide Zirckel oder ſtraſſen Kreutzweiſe uͤber einander/ (verſte-
he/ dem Firmament vnnd vnſerm geſicht nach: denn ſonſten iſt der Mond viel
neher der Erden als die Sonn) alſo das eine helfft deß Monden Zirckels von
der Sonnenſtraß Nordwerts/ die andere helfft Suͤdwerts abweicht vff 5 grad.


3. Die durchſchnitte beider Zirckel (wo ſie nemlich uͤbereinander gehn)
werden mit beſonderm Namen Nodi das iſt knopffen oder verknuͤpffungen ge-
nant. Der eine/ durch welchen der Mond uͤber die Sonnenſtraß in ſeines Zir-
ckels Norderhelfft ſchreitet/ heiſt Nodus evehens oder aſcendens, der auffſtei-
gende Knopff: Der ander/ durch welchen der Mond in die Suͤderhelfft ſchrei-
tet/ Nodus devehens oder deſcendens, der abſteigende Knopff. Nicht darumb
das die Knoͤpffe ſelbſten/ ſondern der Mond durch dieſelbe Knoͤpffe auff vnd ab-
ſteiget. Der erſte Nodus wird alſo ☊/ der ander alſo ☋/ bezeichnet. Vnnd haben
die Arabiſchen Aſtronomi wegen dieſer Zeichen den erſten genant/ Das Dra-
chen Haͤubt/ den andern Den Drachen Schwantz. Mit welchen Namen in
nechſtverfloſſenen Jahren viel Calenderſchreiber in erklaͤrung der Finſterniſſen
die Leute gleichſam mit Larven geſchreckt.


4. Deß Monds Coͤrper iſt nicht durchſichtig/ ſondern er ſo wol als die Erd
kugel werden allezeit von der Sonnen auff die helfft beleuchtet: Die andere
helfft bleibt tunckel. Vnd wirfft allezeit der Mond ſo wol als die Erde/ nach art
aller vndurchſichtigen von einer ſeiten beleuchteten Coͤrper/ einen langen ſchat-
ten von der Sonnen hindan/ in das gegentheil deß Himmels.


5. Der Mond leufft ſeinen Zirckel alle Monat einmal herumb: Die Soñ
aber den jhrigen kaum in einem Jahr einmal. Alſo das der Mond alle Jahr mit
der Sonnen 12 mal zuſammen koͤmpt vnd ſie vorbeyleufft.


6. Wenn der Mond mit der Sonnen zuſammen koͤmpt/ ſo heiſt er Der
Newe Mond: Denn er hat die erleuchtete helffte uͤberwerts gegen der Sonnen/
vnd die tunckele gegen vns gewandt: Wenn er aber ſo weit von der Sonnen ab-
gelauffen/
[] gelauffen/ das er gantz gegen jhr uͤber/ im gegentheil deß Himmels/ ſteht/ ſo heiſt
er der Voll Mond: denn er hat die erleuchtete helffte zwar abermal (wie allezeit)
gegen die Sonn gewandt/ aber vnſere Wohnung/ der Erdboden/ iſt dazwiſchen
das wir dieſelbe gantze erleuchtete helffte ins geſicht bekommen.


7. Wenn derwegen der Mond allezeit die Straß zu ſeinem Lauff hielte/
welche die Sonne helt/ ſo wuͤrden wir alle New Mond eine Finſterniß der Son-
nen/ vnd alle Voll Mond eine Finſterniß deß Monds haben. Denn im New-
Mond wuͤrde der Mond ſchnurrecht zwiſchen vnſerm geſicht vñ der Sonnen ſte-
hen/ vnd vns alſo mit ſeinem vndurchſichtigen Coͤrper die Sonne benehmen/ biß
er die Sonn fuͤruͤber gelauffen: Jm Vollen Mond aber wuͤrde der Mond alle-
zeit durch den ſchatten/ den der Erdboden (wie im 4 punct gehoͤret) ſtets von der
Sonnen hindan ins gegentheil der Sonnen ſtraß wirfft/ hindurch muͤſſen/ vnd
alſo/ weil er all ſein liecht von der Sonnen hat/ von der Sonnen nicht koͤnnen
beleuchtet werden/ ſondern ſeinen ſchein verlieren/ biß er den ſchatten durchge-
lauffen. Aber weil deß Monds ſtraß von der Sonnen ſtraſſe abweicht/ ſo kan der
Mond ſich nicht im Newen Mond allzeit juſt zwiſchen vns vnd die Sonne ſtel-
len/ ſondern leufft ſie mehrentheils zur ſeit ab vorbey: Dergleichen kan er auch
im Vollen Liecht mehrentheils den Erdſchatten Suͤd-oder Nordwerts fuͤrbey
lauffen/ das er jhn nicht beruͤhret. Geſchehn demnach alsdann allererſt Finſter-
niſſen/ wenn der Mond New oder Voll wird/ das iſt zur Sonnen koͤmpt oder ge-
gen uͤber ſteht/ vmb den trent/ da die Nodi ſind. Vnd zwar alſo/ das wenn die zu-
ſammenkunfft beider Liechter geſchicht recht in oder an einem Nodo, ſo wird die
gantze Sonn verfinſtert/ item wenn der gegenſchein ſich begibt auß beiden No-
dis,
ſo wird der gantze Mond verfinſtert. Wenn aber die zuſammenkunfft oder
gegenſchein vmb ein grad oder etliche von den Nodis einſellet/ ſo iſt die Finſter-
niß auch nicht ſo groß. Non hîc inculco differentiam Eclipticæ veræ \& viſi-
bilis pro Eclipſibus Solraibus, Aſtronomi: non enim vobiſcum hîc ago,
ſed cum Aſtronomiæ rudibus.


Hierauß wird nun ein jeglicher/ der nur etwas verſtands vnd luſt vnd liebe
zu dieſer wiſſenſchafft hat/ vnſchwer verſtehen/ was Finſterniſſen ſindt/ vnd wo-
her ſie kommen. Vnd alſo werden ſie auch leicht die vrſachen verſtehen/ die ich
jtzo einfuͤhren wil/ warumb zu dieſer zeit nicht mehr/ auch nicht weniger Finſter-
niſſen der Sonnen vnd deß Monds ſich begeben/ als fuͤr etlichen hundert oder
tauſendt Jahren.


Wenn heutigs tages mehr oder weniger Finſterniſſen/ denn vor Alters/
ſein ſolten/ ſo muͤſte ſich die inclination oder Schmiege beider Straſſen/ der
Sonnen vnd deß Monden/ verendert haben. Denn wenn dieſelbige Schmiege o-
der angulus inclinationis viæ lunaris ad Eclipticam ſolte kleiner geworden
ſein
[] ſein/ das iſt/ wenn deß Monden ſtraſſe ſich neher gegen dem Schatten der Erdẽ/
(welcher/ wie oben geſagt/ allezeit von der Sonnen hindan in das gegentheil der
Sonnenſtraſſe geworffen wird: vnnd von jeglicher ſeite der Sonnenſtraſſe drey
viertel eines grads breit ſich außſtreckt) gebeuget hette/ So wuͤrde der volle
Mond viel oͤffter koͤnnen den Schatten erreichen/ vnd alſo viel oͤffter verfinſtert
werden. Deß gleichen wuͤrde der Newe Mond viel oͤffter koͤnnen die Sonn vn-
terlauffen vnd vns jhr Liecht benemen/ als wol fuͤr Alters geſchehen. Das gegen
ſpiel wuͤrde geſchehen/ wenn des Mond enſtraſſe ſich weiter von der Sonnenſtraſ-
ſe abgelenckt hette. Nun aber befindet ſich durch die Obſervationes Aſtrono-
micas,
das der beiden Straſſen Schmiege wie fuͤr Alters/ alſo auch noch einer-
ley iſt/ nemlich 5 grad. Derhalben iſts ein bloſſer wahn/ das heutiges tages mehr
Finſterniſſen ſich ſolten begeben/ als fuͤr Alters. Welcher wahn daher entſproſ-
ſen/ das man heute/ da man die Aſtronomiſche Rechnung viel leichter hat als fuͤr
Alters/ fleißiger vnd mit mehr luſt die Finſterniſſen inveſtigiret, berechnet/ vnd
in Buͤchern auffzeichnet/ ſonderlich weil auch in deſſen die edle Druckerey erfun-
den/ durch welche viel ſachen heuffig publiciret werden/ die ſonſten wol weren
im ſtaub geblieben vnd nie ans Liecht kommen. Es iſt noch nicht 200 Jahr/ das
die Ephemerides vnd das Jaͤhrliche Calenderſchreiben auffkommen/ dadurch
ein jeglicher alle Jahr hat wiſſen koͤnnen/ wie viel vnnd was fuͤr Finſterniſſen jeg-
lichs Jahr verhanden vnd einfallen wuͤrden. Fuͤr der zeit wer hat ſolche wiſſen-
ſchafft haben koͤnnen/ als die Aſtronomi, vnnd denen ſie es privatim zu wiſſen
gethan?


Es moͤcht aber jemandt/ ſo in Aſtronomicis etwas geleſen/ allhie einwen-
den/ das die Eccentricitas Solis heutigs tages kleiner als zu Hipparchi vnnd
Ptolemæi zeiten fuͤr 1500 vnd 1800 Jahren/ vnd daher vielleicht wol moͤchte
was koͤnnen von groͤſſerer menge der Mond Finſterniſſen gemuthmaſſet werden.
Dem kuͤndte ich wol ſchlechts antworten/ das die heutigen vornemſten erfahren-
ſten Aſtronomi Kepplerus vnd Longomontanus, aus allerhand vmbſtenden
probiren, das in dieſer ſachen bey den Alten ein fehler eingeſchlichen/ vnd das
ſo wol zu jener als zu dieſer zeit einerley Eccentricitas geweſen vnd noch ſey. A-
ber ich antworte auch alſo: Geſetzt das Eccentricitas were kleiner worden/ vnd
das alſo die Sonn im Sommer jtzo der Erden neher/ im Winter aber von der
Erden weiter abgelegen (ſolchs erfordert die mutata Eccentricitas, wie ich im
Prognoſtico vffs 1627 Jahr durch eine figur bewieſen) So wuͤrde der Erd-
ſchatten dort oben in deß Monds Revier deß Sommers vmb etwas (nicht viel)
kleiner ſein/ vnd vom Mond nicht ſo offt koͤnnen erreicht werden: deß Winters
aber wuͤrde er ſich vmb ein kleines außbreiten/ das jhn der Mond deſto offter er-
reichen koͤndte: vnd alſo wuͤrden der Mond Finſterniſſen eben viel heute als vor
einfallen
[] ein fallen. Demnach bleibts dabey/ das von anbegin der Welt eben ſo viel Fin-
ſterniſſen eingefallen als zu vnſern zeiten/ vnd das allein in dem der vnterſcheidt/
das die heutigen ſo fleißig berechnet vnnd auffgezeichnet werden/ welchs fuͤr etli-
chen hundert Jahren nicht geſchehen.


VIII.
Es wird von vnterſchiedlichen Leuten/ ſonderlich Reiſen-
den/ gefragt/ Weil ich in meinen Jaͤhrlichen Calendern vff alle tage
der Sonnen Auff- vnd Vntergang ſampt der Tagelenge ſetze/ Ob nicht derglei-
chen deß Ab- vnd Zunemenden Monds Auff-vnd Vntergang koͤnne berechnet
vnd angezeigt werden. Freylich kan es ſein: Aber im Calender iſt kein raum da-
zu. Es darff aber auch nicht da hinein geſetzt werden/ ſondern kan durch ein ſon-
derliches Taͤfelein im Prognoſtico angezeigt werden: Wie ich denn
jtzo den Kunſtliebenden zu dienſt vnd gefallen hievon et-
was reden wil.


VOrs erſte ſol man vom Monſchein dieſe gemeine Regeln mercken.


1. Der Newe Mond (obs gleich klar wetter/ leſſet ſich gar ſelten den
erſten Abend ſehen/ auch nicht offt den andern abend/ ſondern gemeiniglich den
dritten/ ja bißweilen wol allererſt den vierdten abend/ auß Vrſachen die in mei-
nem Buch vom Oſterfeſt am erſten Capitel bey der 5. Propoſition zu finden.


2. Wenn der Mond 4 tage alt iſt/ ſo ſcheinet er deß abends ohngefehr biß ins
vierde theil der nacht: So bald er das erſte Viertel uͤberſtrebt/ ſcheinet er biß zu
Mitternacht: Wenn er voll iſt/ ſcheinet er die gantze nacht von der Sonnen vn-
tergang biß zum auffgang: Jm letzten viertel geht er erſt zu Mitternacht auff/
(ſcheinet aber biß in den Tag) Ein tag 4 oder 5 fuͤrm Newen Liecht geht er aller
erſt auff im letzten viertel der Nacht.


Jm Fruͤhling vnd Herbſt/ wenn Tag vnd Nacht gleich ſind (auch etliche
Tage zuvor vnd hernach) ſcheint der zunemende Mond jmmer die folgende
Nacht ohngefehr 3 viertel ſtund lenger/ als er die nechſt vorhergehende geſchie-
nen: alſo auch der abnemende Mond geht alsdann jmmer 3 viertel ſtund lang-
ſamer auff. Jm Sommer/ wenn die lengſten Tage vnd kuͤrtzſten Naͤchte ſind/
thut es nicht 3 viertel ſtund/ ſondern ohngefehr eine halbe ſtund: Jm Winter
aber/ wenn die lengſten Naͤchte ſind/ ſcheint der zunemende Mond jmmer eine
gantze ſtund (vnd druͤber) lenger/ vnd der abnemende geht auch jmmer ſo viel
langſamer auff/ wie hernach auß dem Taͤfelein zu ſehen.


Ferner die Specialberechnung deß Auff-vnd Vntergangs deß ☽ belan-
gende/ die gruͤndet ſich auff die Obſervation der Alten/ das nemlich der zunemẽ-
de Mond jmmer die folgende nacht 3 viertel ſtund vnd 3 minuten (Plinius lib.
C c2. c.
[] 2, c. dodrantem \& ſemunciam, das iſt ein halb minut weniger) langſamer vn-
terethet/ vnd der abnemende Mond jmmer wiederumb ſo viel langſamer auff-
gehet/ als in vorhergehender nacht. Man muß aber hie nicht allezeit ſchlechte
ſtunden der gemeinen Vhr verſtehen/ ſondern jmmerdar horas temporales das
iſt/ zwoͤlfftparte der gantzen nacht. Derhalben ſind es zwar zur zeit wenn Tag
vnd Nacht gleich iſt/ gemeine ſtunden: aber im Winter/ wenn die Naͤchte lang/
ſind auch gedachte ſtunden laͤnger: vnd im Sommer dagegen ſind ſie kuͤrtzer.


Demnach muß man zu berechnung deß Auff- vnd Vntergangs deß ☽ wiſ-
ſen/ erſtlich die Nachtlenge zu der zeit/ von der die frage iſt/ zum andern des ☽
Alter/ ob er nemlich 2. 3. 4. oder mehr Tage Alt ſey. Beides iſt gar leicht außm
Calender zu finden: Denn erſtlich zeuch die Taglenge (die du dann durchs gan-
tze Jahr verzeichnet ſieheſt) von 24 ſtunden ab/ ſo reſtiret die Nachtleng: Dar-
nach ſo zehle vom nechſt vorhergehenden Newmond (ſo daß du den tag deß
New Monds nicht mitrechneſt) biß zu vorgegebenem tage/ ſo haſtu deß ☽ Al-
ter. Weiter wenn der Mond noch nicht voll iſt/ ſo multiplicir deß ☽ Alter mit
48/ nachm vollen Mond aber ſubtrahir deß ☽ Alter vom 30/ vnd multiplicir
den reſt mit 48/ was in beiden faͤllen drauß koͤmpt/ dividir mit 60 ſo bekoͤmpſtu
im facit Nachtſtunden oder Zwoͤlftparte (was uͤberbleibt/ ſind minuten) wel-
che du ferner in gemeine ſtunden verwandeln muſt/ in die Regel de tri ſetzende/
vorn 12 Zwoͤlftpart/ mitten die Nachtlenge in gemeinen ſtunden/ hinden das jtzt
gefundene facit ſambt ſeinen minuten. Das newe facit addire fuͤrm vollen Licht
zur zeit deß Vntergangs der Sonnen/ nachm vollen Liecht aber ſubtrahirs
von der zeit deß Auffgangs der ☉/ ſo haſtu/ vmb welche ſtund vnd minut der ge-
meinen Vhr der zunemende ☽ vnter-oder der abnemende ☽ auffgehet. So fern
durchs addiren die anzahl der ſtunden an 13 koͤmpt/ ſo wirff 12 davon ab/ vnd
gedenck daß das uͤbrige ſtunden nach Mitternacht ſind. Hingegen/ ſo das facit
daß du ſubtrahiren ſolt/ groͤſſer were als die zeit deß Auffgangs/ ſo thu erſtlich
zur zeit deß Auffgangs 12 ſtunden/ vnd gedenck dann das nachm ſubtrahiren
die uͤbrigen ſtunden von vorhergehendem Mittage an zu zehlen. Zum Exempel/
Anno 1627. an Mariæ Liechtmeſſen Tag iſt der ☽ 16 tage alt/ vnd alſo abne-
mend/ vnd der Tag iſt 8 ſtunden 42 min. lang. Die Frage iſt wenn der Mond
folgende nacht auffgehn werde? Subtrahir erſtlich 8 ſtunden 42 min. von 24.
ſtunden/ bleibt die nachtlenge 15 ſt. 18. min. Darnach ſubtrahir deß ☽ Alter
16 von 30/ bleiben 14. Die multiplicir mit 48/ kommen 672/ die theil ab mit
60/ kommen 11 ſtunden 12. min. der vngebreuchlichen Vhr. Setz ferner: 12‒ ‒
‒ ‒ ‒ 15 ſt. 18 m. ‒ ‒ ‒ ‒ 11 ſtunden 12 m. machs nach der Regel de tri, ſo kom̃en
14ſt. 17 m. der gemeinen Vhr. Dieſelben ſolteſtu nun von der zeit deß Auff-
gangs
[] gangs der Sonnen 7 ſt. 39 m. abziehen/ weil aber dieſe zeit kleiner als die 14 ſt.
ſo nim dazu noch 12 ſt. vnd von der Summ 19 ſt. 39. min. ſubtrahir nun die
14 ſt. 17 min. ſo bleibt die zeit deß auffgehenden Monds 5 ſt. 22. m. von vorher-
gehendem Mittage an gerechnet. [Oder ſubtrahir die 14 ſt. 17. min. von der
gantzen Nachtlenge 15 ſt. 18 m. bleibt 1 ſt. 1. min. da gedenck/ das 1 ſt. 1 min.
nach vntergang der ☉ der ☽ auffgehn werde: wenn du nun dazu die zeit deß vn-
tergangs der ☉ thuſt/ nemlich 4 ſt. 21 m. ſo haſtu/ wie vor/ 5 ſt. 22 min. die zeit
deß auffgehenden ☽.]


Alſo wenn der Tag lang were 15 ſt. vnd der ☽ 10 tage alt: ſo were die nacht
9 ſt. lang. 10 mit 48 multiplicirt gibt 480/ dieſelben mit 60 dividirt geben 8.
ſtunden vngebreuchlicher Vhr. Weiter: 12‒ ‒ ‒ ‒ 9 ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 8? facit 6 ſt. gebreuch
licher Vhr. Die addir zum Vntergang der ☉ 7 ſt. 30 min. kom̃en 13 ſt. 30 m.
wirff 12 ſt. davon ab/ bleibt der vntergang deß ☽ 1 ſt. 30. m. nach Mitternacht.



Aus demPrognoſticodes 1628.
Jahres.


I.
Vom Schalt Jahr/ was daſſelbe ſey/ vnd ob es was be-
ſonders fuͤr andern Jahren wircke.


DAs vierde Jahr iſt jmmer dar ein Schalt Jahr. Vñ
meinen nicht allein etliche von gemeinem Volck/ ſondern auch wol/ die
was mehres fuͤr andern ſein wollen/ das ein ſolches Jahr etwan vngluͤcklicher o-
der ſonſten was beſonders fuͤr andern Jahren mit ſich bringe. Jnmaſſen der all
hie noch wolbenambte D. Miſocacus im Prognoſtico vffs 1572 Jahr ſchreibt/
dz nach anmerckung der Altẽ (ich habs wol bey keinem geleſen) im Schalt Jahr
alles Erdgewaͤchs uͤbel gerahte/ alles/ was im ſelben von Menſchen oder Viehe
gebohren/ ſelten lebhafft ſey: Deßwegen dann nach ſeinem bericht das Baurs-
Volck in Niederlandt (die hie reſidirende Niederlaͤnder werden wiſſen obs war
ſey) die Kaͤlber vnd alles ander jung Vieh/ ſo in Schalt Jahren fellet/ nicht gern
zu legen oder aufferziehen. Jtem/ es ſollen in ſolchen Jahren die Warmen Baͤ-
C c ijder
[] der nicht ſolche krafft haben oder ſo geſund ſein/ als in gemeinen Jahren: Die
Bohnen ſollen das ſchwartze in Schalt Jahren uͤberſich gekehrt haben/ die doch
in gemeinen Jahren ſolchs vnterſich kehren etc.


Ob nun ſolches alles die Natur eines Schalt Jahrs mit ſich bringe/ wird
man ermeſſen koͤnnen/ wenn ich berichte/ was ein Schalt Jahr eigentlich ſey/
vnd woher es entſproſſen.


Es ſind zweyerley art der Jahre/ nemlich Sonnen Jahre vnnd Monden-
Jahre. Ein Sonnen Jahr iſt die zeit/ in welcher die Sonn die 12 Himmliſche
Zeichen durchleufft. Ein Monden Jahr iſt eine zeit von 12 Monſcheinen/ ver-
ſtehe jeglichen Monſchein mit allen ſeinen vier Quartiren. Von dieſer letzten
Art Jahre iſt hie zu reden nicht noͤtig/ ſondern vom Sonnen Jahr. Daſſelbe iſt
bey den Alten Voͤlckern nicht einerley gehalten worden/ ſondern nach dem es ei-
nem jeglichem Volck bedaucht der Sonnen Lauff gemeß vnd jhrer Policey be-
quem zu ſein. Sie haben alle wol gewuſt/ das die Sonn jhren Lauff durch die 12
Himmliſche Zeichen verrichte in 365 tagen vnd etwan 6 ſtunden. Weil aber
die 6 ſtunden alle Jahr inſonderheit anzuhefften oder anzurechnen dem gemei-
nen buͤrgerleben vnbequem (denn vff die weiſe/ wenn ein Jahr angefangen vmb
6 Vhr deß Morgens/ wuͤrde das folgende anfahen zu Mittage/ das dritte vmb 6
Vhr deß Abends/ das vierde zu Mitternacht: vnd alſo/ wie der erſte tag des
Jahrs anfienge/ muͤſten auch die andern tage deß Jahrs alle anfahen) hat ein
jedes Volck/ ſo ſich des Sonnen Jahrs gebrauchet/ ſeine beſondere art gehabt/
die ſtunden durch etliche Jahr nach einander auffzuſamlen vnd dann mit einſt
in einem gewiſſen Jahr einzuſchieben oder einzuſchalten. Jch wil/ damit ich auff
vnſere art deß Jahres komme/ nur von den alten Roͤmern ſagen. Dieſelben wa-
ren zwar Herren der meiſten Welt Reiche/ aber ſie hatten eine gar vnfoͤrmliche
(vnd auch durch vnfleiß vnd muthwill derer/ ſo zum einſchalten verordnet/ gantz
vnrichtige vnd zerruͤttete) art der Jahre: Biß das Julius Cæſar (der erſte Roͤ-
miſche Keyſer) als er Pompejum uͤberwunden vnnd das gantze Regiment an
ſich allein gebracht/ durch huͤlff vnd angeben eines Egyptiſchen Mathemathici,
Soſigenis,
die Ordnung der Jahre alſo angeſtellet vnnd publicè eingeſetzt/ wie
wir dieſelbe noch jtzo gebrauchen: ohn das Anno Chriſti 1582. durch die Baͤbſt
liche Emendation 10 tage mit einſt außgemuſtert worden/ vnd auch kuͤnfftig
faſt alle 100 Jahr ein tag außzuwerffen verordnet. Vnd iſt nemlich Julii Cæ-
ſaris
ordnung dieſe geweſen/ das die obgemeldte 6 ſtunden in den erſten dreyen
Jahren gantz nicht gerechnet/ ſondern dieſelben 3 Jahre nur ſchlechts zu 365
tagen geſchetzt wuͤrden. Jm vierden Jahr aber/ da die 6 ſtunden nun zum vierdẽ
mal auffgeſamlet vnd jhre Summ 24 ſtunden macht/ ſolte ein gantzer tag einge-
ſchaltet
[] ſchaltet werden/ vnd alſo daſſelbe vierde Jahr (welchs von dem eingeſchalteten
Tage ein Schalt Jahr genant wird) 366 tage haben. Derſelbe (welchs ich we-
gen der Antiquiteten Liebhaber hinzu ſetze) ward nicht am ende deß Jahrs an-
gehangen/ ſondern er ward eingeſchoben oder eingeſchaltet zwiſchen dem 23 vnd
24 Februarii, proximè poſt Terminalia nach art deß alten Roͤmiſchen Ca-
lenders. Der 23 Februarii heiſt nach Roͤmiſcher art Septimus Calendas Mar-
tii,
der 24 Febr. Sextus Calendas Martii. Wenn nun der Schalt Tag dazwi-
ſchen kam/ ſo ward er ebenmaͤßig ſextus Calendas Martii genant/ Alſo das man
daſſelbe Jahr bis ſextum Calendas Martii (zweymal 24 Febr.) zehlete: Da-
her ein Schalt Jahr Biſsextilis heiſſet. Die alten Roͤmer/ ſage ich/ haben im
Schalt Jahr die letzten tage des Februarii alſo gezehlet: 22. 23. 24. 24. 25. 26.
27. 28. Febr. Dieweil es jhre Heidniſche Religion alſo mitgebracht/ das der
Februarius durchaus nicht mehr als 28 tage haben muͤſſen. Wir Chriſten aber
laſſen der Natuͤrlichen Ordnung die folge/ vnd zehlen im Schalt Jahr den 22.
23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. Febr. Jedoch behelt noch von alters her im Schalt-
Jahr der 24 vnd 25 Febr. einerley Buchſtab/ nemlich F/ Alſo das in Schalt-
Jahren ſo wol als in gemeinẽ Jahren der letzte Februarii die Buchſtab Chat.
Auch hat das Feſt deß Apoſtels Matthiæ im Schalt Jahr ſeine ſtell nach Alt
Roͤmiſcher art. Denn deſſelben Feyrung iſt von der Alten Kirchen gelegt vff
den 24 Febr. vnd denſelben tag wird es auch in gemeinen Jahren gefeyret: A-
ber im Schalt Jahr den 25/ denn derſelbe tag hat von beiden Buchſtaben F die
letzte/ vnd iſt der echte vñ rechtmeßige 24 Febr. der vorige tag aber iſt der Schalt
Tag. Daher ſind die alten Klippelverßlein:


Bis ſextum ſextæ Martis tenuere Calendæ.

Poſteriore die celebrantur feſta Mathiæ.

Auß gethanem gruͤndlichem bericht von vrſprung deß Schalt Jahrs iſt
nun vnſchwer zu vrtheilen/ was von erſterzehlten Hiſtorien von gedey der Lan-
desfruͤchte/ jungen Viehes/ vnnd andern zufaͤllen in Schalt Jahren zu halten.
Nemlich das es alles ein wahn vnd bloſſer aberglaub/ dieweil das Schalt Jahr
nicht auß der Natur ſeinen vrſprung hat/ ſondern durch Menſchliche diſpoſiti-
on
vñ kuͤnſtliche anordnung geſtifftet/ nach der ſich die Natur der Gewaͤchſe etc.
ſo wenig reguliret, als wenig der Winter mit ſeiner witterung fuͤr Julii Cæſa-
ris
zeiten dem Januario folgte/ da derſelbe in den Herbſt verruckt war/ Oder als
wenig deß Fruͤhlings anfang nach etlich hundert Jahren/ ſich nachm Martio
gerichtet hette/ wenn keine Emendation deß Calenders were angeſtellet wordẽ.
Jtem als wenig die Witterung eines Monſcheins ſich richtet nach dem Na-
men/ damit er von dieſem oder jenem Computiſten genennet wird. Die Natur
C c iijwircket
[] wircket fuͤr ſich ſtandhafftig/ es heiſſe der Monſchein/ Hornung oder Einkoͤm-
ling/ es heiſſe das Jahr Gemein-oder Schalt Jahr. Das aber bißweilen in
eim Schalt Jahr ſich was beſonders zutregt/ das koͤmpt ohn zweiffel auß andern
vrſachen her/ vnd iſt dem Schalt Jahr ſo wenig zuzuſchreiben/ als in einer
Mond Finſterniß die wiederbringung deß Vollen Liechts dem klingeln auff be-
cken/ ſo die alten vnwiſſenden Heyden vorzeiten gethan/ damit die elenden Leute
vermeinet den (nach jhrer einbildung bezauberten) Mond wiederumb zu recht
zu bringen.


Jch hab vom Schalt Jahr berichtet. Nun ſolte ich auch etwas vom Mon
den Jahr vnd Dreyzehenden Mondſchein reden. Aber ſolchs iſt in vorigen Jah
ren ſchon geſchehen. Sonderlich hab ich fuͤr zwey Jahren geſagt/ woher es kom-
me/ das die Calend erſchreiber in benennung der Monſcheine nicht allzeit uͤberein
ſtimmen. Da ich denn hie noch dieſes erinnere/ das/ weñ man ſich in beneñung
der Monſcheine nach den Regeln vnd gewonheit der erſten Kirchen richtete/ ſo
wuͤrden das vorſtehende 1628ſte Jahr die Oſtern nicht in den Mey Mond fal-
len. Welchs dann daher vngereimt/ weil der Mondſchein Abib oder Niſan, in
dem die Oſtern ſtets muͤſſen gefeyret werden/ von allen Theologis vnd Compu-
tiſten
entweder Mertz Mond oder Aprill Mond genannt iſt worden: Von kei-
nem aber Mey Mond.


II.
Weil anfenglich geſagt iſt/ das die Chriſtliche Kirche O-
ſtern halten muͤſſe den nechſten Sontag nachm Vollen Mond/ ſo in
den Gleichtag/ oder zu nechſt hernacher/ einfellt/ vnd aber vorſtehendes Jahr ein
Voll Mond am Gleichtage den 20 Martii einfelt/ warumb denn die
Oſtern nicht den 26 Martii ſondern den 23 Aprilis geſetzt
oder gefeyret werden?


JCh kuͤndt wol antworten/ das von den Baͤpſtlichen Mathematicis, ſo zu
reformirung deß Calenders beſtellet geweſen/ nicht der 20 ſondern der 21
Martii zum Gleichtage genommen (vnd ſolchs nach keiner Aſtronomiſcher ob
ſervation
ſondern bloß vff die rechnuñg der alten. Tabeln (derhalben der Volle
Mond/ ſo den tag zuvorn einfellet/ nicht koͤnne fuͤr das Oſterliche vollicht ange-
nommen werden. Vnd dieſe antwort wird von denen/ ſo die Reformation deß
Calenders als perfect verthedigen/ gar recht vnd ſufficient gehalten werden.
Aber andere moͤchten hie ſagen/ das heiſſe principium petere, ſintemal dennoch
nicht den 21 Martii, den jene ſo ſicher angenommen/ ſondern den 20 Martii tag
vnd nacht gleich ſey. Derhalben wil ichs anders verthedigen: Denn was recht/
iſt
[] iſt billich zu derthedigen. Der Oſterliche Vollmond iſt laut der alten Judiſchen
vnd Chriſtlichen Lehrer erklaͤrung nicht ſchleches hin der jenige/ welcher latè am
Gleichtage einfellet/ ſondern der auch einfellet nach der zeit vnd ſtunde wenn die
Sonn ſchon in den ♈/ vnd alſo der Mond ſchon in die ⚖ getreten. Weil dañ
vorſtehendes Jahr in der nacht fuͤrm 20 Martii die Sonn in den ♈ koͤmpt ein
viertel ſtund fuͤr 2 vhren der Mond aber anderthalb ſtund zuvorn voll wird/ da
er noch im 29 grad der Jungfrawen iſt/ ſo kan er noch nicht fuͤr den Oſter voll
Mond gerechnet werden. Vnd alſo feyret man die Oſtern auch den 26 Martii
noch nicht recht/ ſondern den 23 Aprilis, nemlich nach dem nechſtfolgenden
Voll Mond.


Ein andere Fruͤhlings frage:
III.
Warumb iſt das letzte ſchneewaſſer/ oder auch Mertzſch
Regenwaſſer/ daurhaffter/ als ander Waſſer?


JM anfang deß Fruͤhlings tawet der Erdboden gantz auff vnd bleſet heuffi-
ge duͤnſte auff/ mehr denn zu andern zeiten deß Jahrs Dieſelben duͤnſte (auß
duͤnſten aber entſtehen in der lufft die Wolcken wie bewuſt/ auß welchen herna-
cher ſchnee vnnd regen wird) durcharbeitet die Sonn mit jhrer waͤrme nicht zu
ſtreng auch nicht zu ſchwach/ ſondern mittelmaͤßiger temperirter weiſe. Nun
heiſts/ moderata durant, was ſeine maaß vnd temperament hat/ das kan dau-
ren vnd wehren Daher koͤnnen auch die Biere/ ſo die zeit gebrawen werden/ ſich
lenger halten als andere. Jch verſtehe aber durch Mertziſch waſſer vnnd Bier
nicht allein das jenige/ was juſt im Monat Martio gefellt/ ſondern was gefellt
von abgang deß winters biß mitten in den Aprill/ biß die ☉ faſt in den ♉ trit/
vnd der Erdboden ſo erwaͤrmet/ das er alle den Winter uͤber verhaltene duͤnſte
von ſich außgeſchwitzt.


IV.
Warumb iſt denn hingegen die Mertziſche lufft
ſo vngeſundt?


WEgen der gemeldten im Winter verhaltenen duͤnſte/ ſo der Erdboden im
Mertz (vnd April) von ſich bleſet/ derer dieſe vntere lufft vmb die zeit
immerdar voll iſt/ vnd die noch nicht von der Sonnen gelentert ſind/ biß ſie in
der Miitel-oder Oberlufft/ da jhr ziel iſt/ uͤber welchs ſie nicht ſteigen koͤnnen/
von der Sonnen ſich muͤſſen ſaubern laſſen. Wenn nun der Menſch ſolcher ge-
ſagten
[] ſagten duͤnſte oder vnreinen lufft zu viel durch den Athem in ſich holet/ werden
dadurch die ſpiritus vnd das gebluͤt verletzt/ dadurch er offt in Fieber oder ande-
re Kranckheit zu gerathen pflegt.


V.
Dieweil die feuchten duͤnſte auß der Mittel Lufft meh-
rentheils durch regen/ ſchnee/ hagel/ etc wieder zu vns herunder
kommen/ wo bleiben denn die uͤbrigen/ ſo uͤber die wolcken
hinauff in die Oberlufft ſteigen?


DAs ſind truckne vnd leichtere daͤmpffe. Welche wenn ſie etwas fett vnd
ſchwefelicht ſind/ entzuͤnden ſie ſich endlich/ vnd erzeigen vns allerley fewri-
ge ſpectackel. Denn etliche/ wenn ſie enttzuͤndet/ ſchieſſen ſie fort wie Racketlein/
biß die Materi verzehret: vñ ſolchs iſt das Sternſchieſſẽ. Etliche ſind weit außge-
dehnet vnd entzuͤnden ſich mit einer lauff enden nicht ſo bald vergenglichen flam̃:
vnd das ſind die fewrigen ſtralen. Bißweilen iſt die materi heuffig vnd zaͤh/ dar-
auß entſtehn gleichſam fewrige balcken oder ſolche chaſinata als thue ſich der
Himmel auff. Die Ariſtoteliſchen Philoſophi wollen auch/ das/ wenn ſolche
zaͤhe ſchwefelichte materi ſich zu viel heuffet/ entſtehen drauß die Cometen. Aber
ſie ſind nun etliche Jahr hero von den Aſtronomis gnugſam uͤberzeuget/ das
Cometen nicht in der Lufft ſondern im hohen Himmel entſtehen. Endlich die
ſubtileſten daͤmpffe werden von der Sonnen verzehrer. Da denn zu wiſſen/ daß
das erſte liechtlein/ wenn der Morgen anbricht/ oder das letzte/ wenn die finſtere
nacht angehet/ nichts anders ſey/ als die aller ſubtileſten allerhoͤchſten daͤmpffe in
der Lufft/ die von der Sonnen deß Morgens am erſten vnd deß abends am letz-
ten angeſchienen vnd erleuchtet werden. Der Himmel an jhm ſelber iſt es nicht/
denn deſſelben materi iſt viel zu ſubtil/ als das die Sonnenſtralen drinn ſolten
hafften koͤnnen: Koͤnnen ſie doch in der lufft nicht hafften/ die doch lang ſo ſubtil
nicht als der Himmel. Aber daͤmpffe/ ſie ſein ſo ſubtil ſie immer wollen/ ſind den-
noch groͤber oder denſiores als die Lufft/ alſo das der Sonnen ſtralen drinn
hafften koͤnnen. Vnd iſt ein hohes wunderbares Kunſtſtuͤcklein/ das die Aſtro-
nomi
auß eigentlicher zeit der anbrechenden Morgenroͤte oder abgehender Abend
roͤte (neben andern hiezu gehoͤrigen datis) ergruͤnden vnd berechnen koͤnnen/
wie hoch dieſelben aller ſubtileſten daͤmpffe von der Erden hinauff ſteigen vnnd
ſchweben: Welches dann nicht mehr iſt als 13 deutſche Meilen/ wie ſolchs von
mir vnd andern/ ſo von Crepuſculis geſchrieben haben/ auß gebuͤrlichen funda-
menten bewieſen iſt. Darauß dann weiter folget/ weſſen ich vor gedacht das die
Cometen nicht in der Obern lufft/ wie die Ariſtoteliſchen Philoſophi ſchreiben
ſondern
[] ſondern weit weit hoͤher/ nemlich im hohen Himmel/ ſchweben. Denn wenn ſie
in der lufft ſchwebten/ wuͤrden ſie (weil jhre materi, wie dieſelben Philoſophi
vorgeben/ zaͤh/ ſchwefelicht vnd deicht gepackt/ vnd alſo lang nicht ſo hoch/ als die
materia Crepuſculorum ſteigen kan) nicht 12 meil wegs von der Erden ſein.
Welchs nicht allein eine vngereimte/ vnd dem allgemeinen augenſch ein wieder-
ſtrebende parallaxin geben wuͤrde/ ſondern der Comet wuͤrde auch nimmermehr
deß nachts uͤber 5 viertel einer ſtunden lang uͤber dem Erdboden zu ſehen ſein/
ſondern jedesmal wie ein Vogel von auffgang biß zumvntergang fuͤruͤber ſchieſ-
ſen. Welcher Ariſtotelicus ſolchs nicht gleuben wil/ dem bin ichs augenſchein-
lich zu demonſtriren bereit.


VI.
Jſts war/ was etliche ſchreiben/ das der Sonnen Lauff ſo
ſchnell ſey/ als einer auß Geſchuͤtz getriebener
Kugel?


DEr Sonnen/ wie auch aller andern Sternen/ lauff wird auff zweyerley
weiſe betrachtet. Denn erſtlich iſt fuͤr angen/ wie alle Sternen taͤglich auff
vnd vntergehen/ vnd alſo innerhalb 24 ſtunden wieder an den ort deß Himmels
kom̃en/ da jeglichs fuͤr 24 ſtunden geweſe. Darnach ſpuͤret man/ wie mit langheit
der zeit jeglicher der Plaueten/ vnd dann auch die ſaͤmbtlichen Firmamentsſter-
nen jhre beſondere gaͤnge durch die 12 Himmeliſche Zeichen haben: das zum Ex-
empel/ die Sonn jhren Lauff durch die 12 Zeichen verrichtet in einem Jahre/ der
Mond in 29 tagen/ Mars in 2 Jahren/ Jupiter in 12/ Saturnus in 30 Jahren
etc. Jch wil nun vor erſt von der Sonnen Lauff durch die 12 Zeichen reden. Dẽ
verrichtet ſie in eim Jahr/ das trifft ohn gefehr auff jeglichen tag vnd nacht einẽ
grad: Vnd weil jhr Mittelſtand von der Erden iſt 1142 Semidiametros terræ
nach Tychonis Aſtronomia, ſo macht ein grad jhres Himmels 20 Semidiame
tros terræ,
das iſt 17200 deutſcher meilen: Dieſelben/ ſage ich/ leufft ſie motu
proprio
in 24 ſtunden durch: trifft auff jegliche ſtund 716 meilen/ vff jeglich
minut 12 meilen/ vff jeglich minutum ſecundum (das iſt das ſechtzigſte part
einer minuten) ein fuͤnffteil einer meilen. Das were noch ſchneller als eine Ku-
gel auß grobem Geſchuͤtz geſchoſſen. Denn man geb hie zu Dantzig achtung/ weñ
die Thorglock geleutet wird: Die zeit von einem pulß oder anſchlag biß zum an-
dern iſt allwege ein minutum ſecundum. Solchs hab ich mit einer Minuten
Sand Vhr etliche mal probiret, da mir dann auff alle minuten 61/ 61½/ vnnd
vffs meiſte 62 ſchlege gangen ſind. Nun meine ich nicht/ das eine Kugel auß
D dgrobem
[] grobem geſchuͤtz koͤnne zwiſchen zweyen gemelten ſchlegen ein fuͤnffteil einer mei-
len fortſchieſſen. (Auß Mußqueten vnd langen Roͤhren gehts ſchneller fort: a-
ber nicht ſo weit.) Jſt alſo der Sonnen lauff freylich ein geſchwinder ſchuß/
das Syrach am 43 billich ſagt: Es muͤſſe ein groſſer Herr ſein/ der die Sonne
gemacht/ vnd ſie ſo geſchwindt hat lauffen heiſſen. Das aber die groſſe geſchwin-
digkeit von vns nicht angenſcheinlich gemerckt wird/ macht die groſſe hoͤhe vnd
weite: da von hinnen ein gantzer grad nur zweyer Sonnen breit ſcheint/ das
doch dort 716 meilen thut.


Nun vom 24ſtundigem Lauff/ de motu diurno. Da wendet ſich (nach
der gemeinen Ariſtoteliſchen Schulen Lehr) der gautze Himmel mit allen Ster-
nen in 24 ſtunden gantz vmbher. Der Sonnen Himmel oder Refier hat in ſei-
nem vmbkreiß 7178 ſemidiametros terræ, das ſind 6173080 deutſcher mei-
len. Die ſol/ ſagen ſie/ die Sonn in 24 ſtunden durchlauffen: trifft auff jegliche
ſtund 257212 meilen: auff jeglichs minut 4287 meilen: auff jeglichs minu-
tum ſecundum
(auff jeglichen anſchlag der Thorglock zu Dantzigk) 71 mei-
len. Jſts wol gleublich? Aber viel vngleublicher iſt Jovis vnd Saturni lauff:
(Damit ich der Firmaments Sternen geſchweige.) Denn je hoͤher die Plane-
ten oder Sternen von der Erden/ je groͤſſer jhres Refiers vmbkreiß iſt/ vnd deſto
geſchwinder muͤſſen ſie fortſtreichen/ wenn ſie mit den andern zugleich in 24 ſtun
den herumb kommen ſollen. Nach Tychonis rechnung (der Alten fuͤr Tycho-
ne
leufft noch viel hoͤher) iſt von der Erden biß an Saturnum hinauff/ wenn
derſelbe in ſeiner mittelhoͤhe iſt/ 10550 ſemidiamet. terræ: Derhalben der gan-
tze diameter ſeines Refiers 21100 ſemidiam. terræ: darauß folgt die circum-
ferentz 66314 ſemidiam. terræ/
die thun 57030040 deutſche meilen. Theil ſie
ab in 24 ſtunden/ ſo kommen vff jegliche ſtund 2376251 meilen/ (den bruch laß
ich auß) vnd auff jeglichs minut 39604 meilen/ auff jeglichs minutum ſecun-
dum
660 meilen. Solte aber wol ein natuͤrlich corpus, welchs 22 mal ſo groß
als die Erde/ zwiſchen zweyen anſchlegen der Thorglock 660 meilen fortſchieſſen
koͤnnen? Mich duͤnckts vnmuͤglich: ſintemal ein ſolcher ſchuß geſchwinder iſt
denn der blitz/ ja faſt geſchwinder als Menſchliche gedancken. Vmb welcher vnd
anderer mehr vrſachen willen es gleublicher ſcheint/ das die Himliſchen Coͤrper
nur einerley art Lauffs (nemlich die erſte) haben: die andere art aber der Him-
liſchen Coͤrper nicht eigen ſey/ ſondern deß Erdbodens/ welcher ſich auff ſeinem
diametro oder axe von Weſten gegen Oſten in 24 ſtunden vmbher waltze. Da
von zu ander zeit mehr geſagt worden.


VII.


Wie
[]

Wie koͤmpts das offtmals bey klarem wetter die Sonn
ein wenig fruͤer auffgehet vnd ein wenig ſpaͤter vntergehet/
als die Aſtronomiſche Rechnung mitbringt?


DAs vervrſachen die in der Lufft ſchwebenden daͤmpffe: Welche weil ſie
nicht einerley ſubtilheit mit der lufft haben/ erheben ſie des Morgens nicht
zwar die Sonne ſelbſten/ ſondern jhre geſtalt/ die drinn formirt iſt vnd ſie durch-
leuchtet/ vmb etwas empor/ eh dann die ware Sonne auffgehet/ vnd halten die-
ſelbe geſtalt deß abends noch vmb etwas empor/ nach dem die ware Sonn ſchon
vntergangen. Vnd ſolchs tregt ſich nicht allein bey der Sonnen/ ſondern auch
bey andern Sternen zu. Landtgraff Wilhelm zu Heſſen/ der lobwuͤrdige Fuͤrſt
vnd groſſe Liebhaber der Aſtronomiæ, hat einmal den Abenſtern faſt ein viertel
ſtund lang 2 grad uͤber der Erden hoch ſtillſtehend geſehen/ biß der Stern end-
lich in eim augenblick verſchwunden. Wie ſolchs zugehe vnd woher es komme/
lehret vns Optica, vnd iſt dieſes orts nicht zu demonſtriren. Daß es aber na-
tuͤrlich/ vnd wir bißweilen refractè (wie die Optici reden) etwas zu geſicht be-
kommen/ welchs ſonſten zu ſehen nicht muͤglich/ lehret vns die erfahrung. Deñ
lege einen Thaler oder ſonſt was glentzendes in einen ledigen Kuͤbel oder eymer/
vnd tritt mehlich/ doch allzeit auffrecht/ zu ruͤck/ biß du jhn fuͤr den ſtaͤben nicht
mehr ſehen koͤnneſt. Alsdann bleib ſtill vnd auffrecht ſtehen/ vnd laß klar waſſer
in den Kuͤbel oder Eymer gieſſen (doch ſanfft/ das es den Thaler nicht von ſei-
ner ſtell treibe) Wenn ſolchs geſchehen/ ſo erhebt das waſſer die geſtalt deß Tha
lers/ daß du den Thaler ſehen kanſt/ den du doch ohn das waſſer vorhin nicht ſe-
hen kundteſt. Er wird dir auch wol etwas groͤſſer ſcheinen/ als er ſonſt an jhm ſel-
ber iſt. Gleich wie auch Sonn vnd Mond/ wenn ſie auffgangen oder vntergehen
ſollen/ groͤſſer ſcheinen/ als wenn ſie hoch am Himmel ſtehen. Auch ſcheinet die
☉ bißweilen im vnter gehen nicht zirckelrundt/ ſondern Oval, nemlich vnten vnd
oben ſtumpff (wie ichs inſonderheit Anno 1620 geſehen/ da ſie mir wol duppelt
ſo lang als breit geſchienen) eben auß vrſachen ſolcher in der lufft ſchwebenden
daͤmpffe. Vnd hat de Sole elliptico der Jeſuit Scheinerus, ein vornehmer
Mathematicus, einen gantzen Tractat geſchrieben.


VIII.
Was es fuͤr eine gelegenheit habe mit denPlagis Mundi
oder Orten der Welt/ wenn man in den Scribenten lieſet/ Plaga

mundi dextra oder ſiniſtra, zur Rechten oder zur Lincken der Welt: Da
man doch eigentlich Recht oder Linck machen kan/ nach dem man
ſich hie oder dahin wendet?


D d ijHi-
[]

HJe muß man bedencken/ was der Scribent fuͤr ein genus doctrinæ vor ha-
be: Ob er nemlich von Theologiſchen/ oder Aſtronomiſchen/ oder Geogra-
phiſchen/ oder Poetiſchen ſachen ſchreibe. Denn jegliche dieſer Faculteten hat
ſeine beſondere art Rechts vñ Lincks der Welt zu bezeichnen/ nach dem Verßlein:


Ad Boream terræ, ſed cæli menſor ad Auſtrum,

Præco DEI Exortum videt, Occaſumq; Poêta.

Das iſt: Der Geographus, der den Erdkreiß beſchreibt/ wendet ſein Angeſicht
gegen Norden (daher alle univerſal Mappen oder Land Charten/ ja auch viel
Particular Charten/ ſo geſtalt ſind/ das/ wenn man ſie mit recht gekehrter ſchrift
fuͤr ſich liegen hat/ das Nordenend fuͤr ſich hinauß gewendet iſt) vnd alſo iſt jh-
me Oſten zur Rechten vnd Weſten zur Lincken. Der Aſtronomus aber/ ſo deß
Himmels Lauff beſchreibt/ wendet in betrachtung deß Planeten Lauffs durch dẽ
Thier kreiß ſein Angeſicht gegen Suͤden oder Mittage: Daher iſt jhme Weſten
zur Rechten vnd Oſten zur Lincken. Ein Prieſter/ welchs anfenglich von dem
Juͤdiſchen Gottesdienſt herkommen/ wendet in verrichtung deß Prieſter Ampts
ſein Angeſicht gegen dem Altar/ das iſt gegen Morgen (vnd dahin haben vor zei-
ten nicht allein die Judiſchen Prieſter/ ſondern auch die Heydniſchen Augures
jhr geſicht gewendet) daher iſt jhme Suͤden zur Rechten vnd Norden zur Lin-
cken. Endlich die alten Poeten haben in betrachtung der Welt jhr Angeſicht ge-
gen Weſten gewandt/ (vnd ſolchs wegen der Fortunat Jnſeln/ als deß vermein-
ten Paradeyſes der Heidniſchen Seelen) vnd alſo iſt jhnen Norden zur Rech-
ten vnd Suͤden zur Lincken. Nach dieſem vnterricht muß man ſich bey den Scri-
benten in allwege richten. Ein ſonderlich luſtig Exempel iſt beym Poeten Luca-
no,
da er im 3. buch erzehlt/ was fuͤr Voͤlcker dem Pompejo wieder Julium Cæ-
ſarem
zu huͤlff kommen/ da die beiden in Griechenland de ſumma rerum zu
Felde lagen. Vnter andern/ ſagt er/ ſind auch die Araber in Griechenland kom-
men/ vnd ſpricht:

Ignotum vobis, Arabes, veniſtis in orbem,

Umbras mirati nemorum non ire ſiniſtras.

Das iſt:
Die Araber weren in eine vnbekante Welt oder Landt kom̃en/ da ſie ſich verwun-
dert/ das die ſchatten der Waͤlde oder baͤume (oder auch anderer Coͤrperlichen
dinge) nicht wie in Arabia/ auch zur lincken hin ſich ſtreckten. Diß wird keiner
verſtehen/ ob er gleich die wort verſteht/ wenn er nicht auch etwas von der Son-
nen ſchatten vnd was der Poet ſiniſtrum heiſſe/ verſtehet. Das Arabiſche Land
liegt etwas jenſeit dem Tropico Cancri, in Zona Torrida: Griechenlandt ligt
weit diſſeit demſelben Tropico, in Zona Temperata. Jn Zona Temperata,
drinnen nicht allein Griechenland/ ſondern gantz Europa (vnd alſo auch wir)
gelegen/ ſtreckt ſich der Mittags Sonnenſchatten allezeit gegen Norden/ wie
man
[] man taͤglich bey klarem wetter fuͤr augen ſiehet: Denn die Mittags Sonn koͤmt
nimmer biß gar zu vnſern haͤupten/ ſondern bleibt allzeit Suͤdwerts/ vmb dz der
Tropicus Cancri nimmer biß gar zu vnſern haͤupten erhoben iſt. Aber in Zona
Torrida,
ſtreckt ſich ein part deß Tropici vom haͤubtpunc hinuͤber nach Nor-
denwerts/ vnd alſo/ ſo lang die ☉ im ſelben part deß Tropici jhren lauff helt/
ſtreckt ſich der Mittags Sonnen ſchatten ſeiner Natur nach ins gegentheil der
Weſt/ nemlich ins Suͤden/ das iſt/ nach obgeſagter Poetiſchen art/ nach der lin-
cken werts. Welchs da es in Griechenland nicht geſchahe/ haben ſich deſſen die
albern Araber verwundert. Wiewol ich erachte/ das nicht eben war hafftig die
Araber hierauff gedancken gehabt haben moͤgen/ ſondern das es deß Poeten ar-
tige invention ſey/ ſeine Poeſin mit einem feinen Coſmographiſchen poſſen zu
verzieren/ wie er denn in demſelben Opere hin vñ wieder thut. Worauß zu ſehen/
daß er der Coſmographiæ nicht vnerfahren geweſen. Dergleichen erfahrenheit
hat ohn zweiffel dem Herodoto gemangelt/ da er im 4 buch ſeiner Hiſtorien er-
zehlet/ wie die Egyptiſchen Schipper/ ſo Africam vmbgeſegelt/ geſagt haben/ dz
ſie die Mittags Sonne zur rechten hand gehabt: vnd ſetzt dabey/ daß er ſolchs
nicht glaͤuben koͤnne. Die Schiffart erzehlet er alſo/ das Neco der Koͤnig in E-
gypten (iſt eben der/ ſo den Koͤnig Joſiam in einer ſchlacht uͤberwandt/ im 2.
buch der Chronicken am 35.) hab etliche auffgeredet/ das ſie auß dem roten
Meer zu ſegel gehen/ jhren Curß nach den Columnis Herculis (heutigs tags
Eſtrecho di Gibr altar, oder Die Straſſe genant) nemen/ vnd alſo durch das
Mittelmeer wieder in Egypten kommen ſolten. Welchs ſie denn auch ſtetigs
vmb Lybiam oder Africam herumb ſegelnde/ in zweyen Jahren verrichtet/ re-
ferentes,
ſagt Herodotus, quæ apud me fidem non habent, ſed fortè apud
alium aliquem, prætereuntes Africam, ſe hab uiſſe Solem ad dextram.
Das
Promontorium Bonæ Spei (Capo di bona Speranza) welchs die Suͤdlichſte
ſpitze Africæ iſt/ erſtreckt ſich uͤber 11. grad jenſeit deß Tropici Capricorni/
welches vielleicht Herodotus nicht vermeinet hat. Weil nun die Schipper auß
dem Roten Meer abgelegt/ vnd hernacher/ wenn ſie daſſelbe groſſe Haͤubt vorbey
geſegelt/ von Oſten gegen Weſten gelauffen/ ſo iſt jhnen freylich die Sonn alle-
zeit zur rechten geweſen/ ſintemal ſie allezeit zwiſchen den Tropicis bleibt. Vnd
hierauß iſt zu ſehen/ das diß Exempel der Sonnen zur Rechten nicht gehoͤre zu
einer art/ der Lincken oder Rechten der Welt/ von denen oben geſagt/ ſondern
zur Hiſtoriſchen art/ das iſt/ es ſey ſo zuverſtehen/ wie es dieſelben Egyptiſchen
Schipper erzehlet haben/ nemlich daß ſie die Sonn gehabt haben zur Rechten/
oder/ wie die heutigen Schipper reden zur Stewr Bort. Es iſt auch auß dieſer
Vralten Schiffart zu ſehen/ das nicht Vaſco Gama, ein Portugeſiſcher Ammi-
D d iijral/
[] ral/ der allererſte geweſen/ ſo das Caput Bonæ Spei vnd [Africam] vmbſegelt An-
no 1499: ſondern dergleichen ſchon lenger als fuͤr 2000 Jahren geſchehen/ her-
nacher aber/ wie andere gute ſachen mehr/ von den Nachkoͤmlingen negligiret
worden/ Wiewol Plinius lib. 2. cap. 67. ſchreibt/ das hernacher von Hannone
dem Carthaginenſer/ vnd dann von Eudoxo zu Ptolemæi Lathyri zeiten auch
eine ſolche Reiſe vorgenommen vnd vollnzogen worden. Aber das iſt gleichwol
war/ das die Alten in der Segellation gar furchtſam geweſen/ ſich auch bey truͤ-
bem wetter allezeit ſo gehalten/ das ſie dz feſte Landt nicht auß dem Geſicht gelaſ-
ſen/ ſintemal zu der zeit noch nicht die Magnetnadel erfunden/ ohne welche ſie
bey truͤbem wetter ſich nicht haben weit vorthun doͤrffen. Davon an dieſem Ort
genug.


IX.
Verantwortung gegen die Nageliſten/ vnd andere wegen
jhres wahns/ den ſie von jetzigem zuſtande nicht allein
aus Nagelii/ ſondern auch aus Miſocaci Prog-
noſticis
herholen.


ERſtlich von Nagelio. Der hatte/ wie bewuſt/ Anno 1619 vnd folgende 2. o-
der 3 Jahr nach einander viel groſſes dinges von einem Mitternaͤchtigen
Loͤwen prognoſticiret, welcher ſich dieſelben Jahre/ ſonderlich Anno 1620
vnd 1621/ ſolte herfuͤr thun/ vnd den ſtandt der Chriſtenheit reformiren \&c.
alſo das Anno 1624 eine gleichſam gantz newe Welt ſo wol in Weltlichen/ als
Geiſtlichen Sachen ſein wuͤrde. Solchs als ich fuͤr eim Jahr in meinem Pro-
gnoſtico
ſeinen Anhengern fuͤrgehalten/ jhnẽ die nichtigkeit ſeiner prophecey er-
wieſen/ in deme die zeit derſelben prophecey nun lengſt fuͤruͤber/ vnd aber in deſſen
der Schwediſche feindliche Einfall in dieſe Lande ſich begeben/ da haben ſich ſo
wol hie als anderswo ſtracks Leute gefunden/ die jhre haͤubter erhoben/ vermei-
nende das ſich jhre Erloͤſung nahe/ vnd das jtzo der Nageliſchen prophecey erfuͤl
lung verhanden/ der Loͤw von Mitternacht ſey da/ vnd bruͤlle/ das ſich Preuſſen
erſchuͤttert; Kruͤger werde durch die erfahrung refutiret, ſintemal ſeine Calen-
der kaum recht nach Koͤnigsberg kommen/ da ſtracks darauff der Loͤw von Mit-
ternacht ankommen/ vnd was der rede mehr geweſen.


Hierauff antworte ich/ das meine Wiederlegung der Nageliſchen prophe-
cey durch diß Schwediſche Kriegsweſen keines weges refutiret ſey/ vnd das deß
Nagels Anhenger durch jhren Meiſter ſelbſten dißfalls refutiret werden. Denn
als Nagelius von mir gedrungen ward/ Er ſolte ſagen wo ſein Mittnaͤchtiger
Loͤw/ von dem er ſo lang gepredigt/ endlich bliebe/ Erklaͤret er ſich alſo/ das er da-
mit
[] mit nicht einen Jrrdiſchen Potentaten/ ſondern den Loͤwen vom ſtamm Juda
meine. Seine wort in Aſtronomiæ ſuæ Fundamento an der letzten ſeite deß bo-
gens Jſind dieſe: Ewer andere ſpoͤttiſche Frage lautet/ wenn der Leo Rugiens
gebruͤllet vnd ſein geſchrey hoͤren laſſen? Jtem/ Biſtu der da kommen ſol etc. Hie-
mit gebt jhr abermals ewer verſtockte blindheit an tag/ das jhr niemals acht ge-
habt der ſtimme deß Mannes 4 Eßdr. 13. vnd ewer Ohren vnd hertz verſtopf-
fet vor dem Geſchrey vnd Gebruͤll deß Loͤwen/ Apocal. 10. welchs doch faſt in
allen Landen erſchollen. Vnd im 6. Cap. ſeines Prognoſtici vffs 1623 Jahr/ an
der letzten ſeite des bogens C/ da er deß Reuters auff dem weiſſen Pferde (Apocal
6.) gedenckt/ ſchreibt er: Wer iſt dieſer Reuter auff dem weiſſen Pferde? Er iſt
der Leo Rugiens, Chriſtus der Loͤw vom Geſchlecht Judæ/ der hat bißher ge-
bruͤllet wie ein Loͤw/ ob er die in Suͤnden ſchlafende vnd verſtockte Menſchen auff
muntern vnd erwecken moͤchte. Solch ſein deß Loͤwen geſchrey iſt faſt durch alle
Land erſchollen. Wie koͤmpt denn Dn. K. das jhr ſo taub geweſen vnd ſein ge-
ſchrey nicht vermercket? Auß welcher erklaͤrung ja billich die Nagelianer ſehen
ſolten/ das jhr Prophet ſie nur geaͤffet/ eben wie Jan von Leiden der Wieder-
taͤuffer Koͤnig zu Muͤnſter Anno 1235 die buͤrger geaͤffet mit einer Erledigung
oder Erloͤſung. Zu dem ſolten ja die Nageliſten Leonem ſeptentrionalem, ſo
fern einer zu Reformirung der Kirchen kommen ſolte/ erkennen nach dem ſprich-
wort ex ungue. Sie ſehen ja fuͤr Augen/ das dieſes kein Religions-ſondern
Regions Krieg iſt/ vnd das er nicht (wie zwar vorgegeben wird) zu beſchirmũg
der Evangeliſchen (denn wer hat vns hie wegen der Religion gefehret/ das wir
frembder beſchirmung beduͤrfft hetten? ſondern zu dero bedruckung gereichet.
Wer ſo verblendet/ das ers noch nicht ſiehet/ dem wird die zeit innerhalb 2 Jah-
ren den Staar wol ſtechen/ wenn denen die ſich hiedurch einer ſonderbaren Re-
ligions Freyheit verhoffen/ an ſtat derſelben das betruͤbte Non Puturam wird
hinder gelaſſen werden. Es gielt hie nicht das Ewige/ lieben Leute/ ſondern das
Jrrdiſche Reich/ drumb laſſet ewre einbildung vom Mittnaͤchtigen Loͤwen diß-
mals nur fahren/ vnd ſehet euch nach einem andern vmb.


Nun zum andern von Miſocaci Prophecey. Derſelbe hat im Prognoſtico
vffs 1583ſte Jahr von der groſſen Conjunction ♄ vnnd ♃ groſſe ſachen ver-
kuͤndigt/ von denen noch zur zeit die wenigſten oder gar keine erfolget. Derhalben
man daſſelbe Prognoſticon bißher nicht mehr geachtet/ ſondern es alſo liegen
laſſen. Als aber der Schwediſche Einfall geſchehen/ begundten die Leute (wie ſie
pflegen) wiederumb alte Propheceyen herfur zu ſuchen vnd zu ſehen/ Ob nicht
dieſer Krieg in einer dergleichen prophecey angedeutet were. Da ward ich ge-
fragt/ Ob ich nicht gedachtes Miſocaci Prognoſticon hette/ vnd was ich da-
von
[] von hie [...]? Er hette gleichwol ſo vnd ſo geſchrieb en ꝛc. welches ſich nun wolte
herfuͤr thun. Der locus Miſocaci, der jhnen gedancken macht/ iſt im vierden
Cap. gedachtes Prognoſtici, vnd lautet alſo: Wie GOtt der HErr in ver-
fallung deß Roͤmiſchen Keyſerthumbs Carolum Magnum erwecket hat/ wel-
cher die verfallene Monarchien wiederumb auffgerichtet hat/ die Kirchen gere-
formiret hat/ vnd die verfallene Rechten vnd Schulen auff eine rechte diſciplin
gebracht: alſo wird Gott nu auch vnter dieſer groſſen Conjunction der Ober-
ſten Planeten einen frommen Heldt erwecken/ einen Koͤnig auß Norden/ (wie
Daniel im 11. Cap. lehret/ Et quaſi tempeſtas veniet rex aquilonis, den Na-
men dieſes Koͤnigs wil ich verſchweigen) dieſer wird die verfallene Kirche wi-
derumb in eine rechte ordnung bringen/ vnd die heilige Kirche reformiren auff
die erſte einfeltigkeit vnd demuͤtigkeit/ wie die Apoſteln gelebt vnd gelehret haben
etc. Dieſe prophecey/ ſage ich/ haben im vergangenen Sommer (Anno 1626.)
etliche Leute auff jtzige zeit vnd uͤberfall gedeutet/ ſonderlich weil die vollkomme-
ne worte deß Propheten Daniels alſo lauten: Et quaſi tempeſtas veniet con-
tra illum Rex Aquilonis in curribus, \& in equitibus \& in claſse magna,

Der Koͤnig von Mitternacht werde gegen jhn kommen/ mit Waͤgen/ Reutern/
vnd viel Schiffen.


Dieſe worte Daniels weiß ich ſchier nicht ob ſie von Miſocaco auff ſeine/
oder von gedachten andern Leuten auff jhre meinung gewaltſamer vnd gleichſam
bey den haaren gezogen werden. Denn der Prophet Daniel handelt im 11 vnd
12 Cap. von den Kriegen der Koͤnige in Syrien vnd Egypten/ ſo nach dem Groſ
ſen Alexander noch fuͤr Chriſti geburt daſelbſten regieren wuͤrden. Jene nennet
er den Koͤnig von Mitternacht: dieſe/ den Koͤnig von Mittage: Jnmaſſen alle
Theologi, ja ein jeder/ der den Propheten recht lieſet/ ſolchs alſo verſtehen. Et-
liche legen die worte vom 36 verß an (da ſich in der deutſchen Verſion das 12.
Cap. anfehet) alſo auß/ das vnter der Perſon deß Koͤnigs von Mitternacht
(Antiochi Epiphanis) der Antichriſt verſtanden koͤnne werden. Man neme
nun von beiden außlegungen an/ welche man wolle/ ſo befindet man/ das Miſo-
cacus
obige worte bey den haaren auff ſeinen Mittnaͤchtigen Heldt vnd Refor-
matorem
der Kirchen gezogen. Man leſe nur recht vom 21 verß an/ biß zum 40;
was Daniel vom Mittnachtigen Koͤnige redet/ da man befinden wird/ das die-
ſer Mittnaͤchtige Koͤnig mit nichten die Kirche auffrichten/ ſondern das Heilig-
thumb verwuͤſten werde etc. welchs der Wuͤterich Antiochus gethan. Vnd am
ende (ſpricht Daniel am 40. verß) wird ſich der Koͤnig gegen Mitttage mit
jhm ſtoſſen etc. Wer iſt dieſer Mittaͤgige Koͤnig? Miſocacus ſagt im ſelben Ca-
pitel ſeines Prognoſtici: Et in tempore præfinito præliabitur adverſus eum
Rex
[]Rex Auſtri, id eſt, Imperator Turcarum, \& quaſi tempeſtas veniet rex a-
quilonis \&c.
Macht alſo auß zweyen Perſonen/ von welchen Daniel redet/
drey/ Als ob beides der Mittaͤgige Koͤnig (das iſt/ nach ſeinem wahn/ der Tuͤrck)
vnd auch der Mittnaͤchtige/ ſich wieder den Bapſt aufflegen vnd jhn (wie Miſo-
caci
worte lauten) mit gewalt vnterdrucken vnd zu einer demuͤtigen reforma-
tion
zwingen werden. Das heiſt Propheten außlegen. Zu dem/ wenn der Koͤnig
von Mitternacht die Kirche in beſſern ſtandt ſetzen ſolte/ Warumb ſagt Daniel/
Er werde in das wehrte Land/ das iſt in das Landt da Gottes Kirche/ fallen?
Jtem/ Es werde jhn ein geſchrey erſchrecken von Morgen vñ von Mitternacht?
Jtem/ wenn er werde ſein gezelt vmb den wehrten heiligen berg auffſchlagen/
vnd ſein ende koͤmpt/ ſo werde jhn niemand helffen? Das ſind reden/ die ſich auff
keinen Kirchen Patron wollen reimen. Darumb moͤgen die jenigen/ ſo auff Mi-
ſocaci
prophecey gebawet/ den Prophetẽ Dan. baß leſen vñ betrachtẽ. So werdẽ
ſie daneben ſehen/ das ſie ſolch prognoſticon vnrecht auff den jtzigen Potenta-
ten von Mitternacht gezogen. Welchs uͤber das auch daher zu ſehen/ das der
Prognoſticant geſchrieben/ Es werde der Heldt oder Heyland auffſtehen/ weñ
die groſſe Conjunction Saturni vnd Jovis noch in der waͤſſerigen Triplicitet
ſich halten werde. Nun aber iſt ſie ſchon in die fewrige verruckt Anno 1603. vnd
hat Miſocacus ohn zweiffel auff einen weit andern Koͤnig gegaffet/ welcher
ſchon damals gelebet/ weil er ſpricht: Den Namen dieſes Koͤnigs wil ich ver-
ſchweigen. Was auff Miſocaci prognoſticon von verenderung Geiſtliches vñ
Weltliches Regiments zu bawen/ hat man darauß abzunehmen/ das er eben in
demſelben Cap. nicht conjecturis temotis ſondern gleichſam apodicticè vnnd
confidenter ſchreibt/ Das Hauß Oeſterreich werde vnter Keyſer Rudolpho
ſeine herrligkeit verlieren/ vnnd ſol forthin kein Keyſer auß dem Hauſe Oeſter-
reich erwehlet werden/ vnd zeucht hierauff die worte des Pſalmens an: Omnis
conſummationis vide finem,
Wol getroffen/ ſcilicet, vnd fein appliciret!
Jch meine/ ſolche vnd dergleichen propheceyungen/ als da ſind Carionis, Ca-
piſtrani,
Grebners/ Nagels/ Zieglers/ Faulhabers/ Felgenhawers/ vnd deß ver
kappten Poſtlions etc. haben dieſe 9 Jahr her die Welt redlich betrogen. Der
Sath anas iſt zu dieſer zeit durch Gottes verhengniß außgefahren vnd hat einen
falſchen geiſt in vieler ſolcher Propheten mund gethan/ das ſie durch jhre War-
ſagerey vornehme geld-vnd Landſuͤchtige Leute an groſſer Herren Hoͤfe vnnd
durch dieſelben Raͤthe einen Potentaten nach dem andern auffgewigelt/ vn-
ſchuldige Land vnd Leute/ vnterm ſchein der Religion zu helffen/ in euſſerſtes ver-
derben zu ſetzen- Vnd ſehen dann ſolche Warſager vnd Schadenfro von weitem
zu/ wie ſo viel 1000 vnſchuldiger Leute hingemetzigt vnd eine Provintz nach der
andern verwuͤſtet werden. Tantum Relligio potuis ſuadere malorum.



[]

Aus demPrognoſticodes 1629.
Jahres.


I.
Woher der Zwiſpalt in der Zeitrechnung von erſchaffung
der Welt/ von der Suͤndflut/ vom Außgang auß Egypten/ herkom-
me? Vnd ob man einig vnd allein auß H. Schrifft eine gewiſſe Zeit Rech-
nung von anbeginn der Welt biß auff Chriſtum
richtig haben koͤnne?


AVß der Antwort auffs letzte kan man vom erſten vr-
theilen. Es iſt vnter den Gelarten ſchier kein groͤſſer ſtreit als dieſer von der
Zeit Rechnung/ vnd hab ich allein wol 30 Autores, deren jeglicher eine beſonde-
re Zeit Rechnung von anbeginn der Welt biß auff Chriſtum hat. Vnter denſel-
ben ſind etliche/ derer Vorgaͤnger Beroaldus, die da ſchreiben/ daß man ſolche
Zeit Rechnung bloß vnd einig auß H. Schrifft haben koͤnne/ vnd daß man der-
wegen auff die Heydniſchen Hiſtoricos, Herodotum, Thucydidem, Xeno-
phontem, Livium
vnd andere/ ja auch auff die Obſervationes Aſtronomicas
vnd Zeit Rechnung Ptolemæi \&c. nichts paſſen doͤrffe. Sie zehlen aber nicht ei-
nerley art.


  • Beroaldus ſelber zehlet vom anfang der Welt biß zur Suͤndflut — 1656. Jahr:
  • Von der Suͤndflut biß auff die Verheiſſung Abrahæ — — — — — 427.
  • Von dannen biß zum Außgang der Kinder Jſrael auß Egypten — — 430.
  • Von dannen biß zu erbawung deß Tempels Salomonis — — — — 480.
  • Von dannen biß auff die Babyloniſche gefengniß — — — — — — 408.
  • Die Babyloniſche gefengniß — — — — — — — — — — — — — — 70.
  • Von dañen die 70. Jahrwochen Danielis biß auffs Leydẽ Chriſti — 490.
  • Summa von anbeginn der Welt biß auffs Leyden Chriſti — — — 3961.
  • Davon zeucht er ab 32 volle Jahr deß Alters Chriſti — — — — — 32.

Alſo bleibẽ jhm von anfang der Welt biß vff die geburt Chriſti volle Jahr 3929.


Dieſes/ ſage ich/ iſt Beroaldi Rechnung/ die er denn per partes abſonderlich
zu
[] zu behaupten ſich bemuͤhet. Andere/ die gleichfalls ſich der H. Schrifft gezeug-
niß ruͤhmen/ zehlen noch anderſt. Jnſonderheit iſt Anno 1606. ein Deutſch
Tractaͤtlein von wenig blettern herfuͤr kommen vnter dem Namen Nicolai Ra-
imari Urſi Dithmarſi
(welches Tractaͤtlein newlicher Tage einer hie zu Dan-
tzig wiederumb durch den Druck außgeſprengt vnd fuͤr das Seine außgegeben)
Derſelbe zehlet:


  • Von anfang der Welt biß auff die Suͤndflut — — — — — — 1656.
  • Von der Suͤndflut biß auff die Geburt Abrahams — — — — 352.
  • Von Arahams geburt biß auff Jacobs Reiſe in Egypten — — 290.
  • Von dannen biß zum Außgang der Jſraeliter auß Egyptẽ — — 430.
  • Von dannen biß zum Baw deß erſten Tempels — — — — — 580.
  • Derſelbe habe geſtanden — — — — — — — — — — — — — 430.
  • Von der zerſtoͤrung deß Tempels biß vff Chriſti geburt — — — 589.
  • Summa von anbeginn der Welt biß auff Chriſtum — — — 4327.

Vber dieſen Raimarum, ob ſchon derſelbe gleichſalls alle vnd jede perſelen in H.
Schrifft vermeinet wol gegruͤndet ſein/ hat ſich 5 Jahr hernacher/ nemlich An-
no 1611/ Johannes Woltherus gemacht vnd jhn in vielen perſelen ſtrigiliret,
inſonderheit in den 430. Jahren der Wohnung Jſrael in Egypten vnd in den
Jahren der Richter/ davon hernacher. Vnd ſetzet dagegen eine ſolche Zeit Rech-
nung.


  • Von erſchaffung der Welt biß auff die Suͤndflut — — — — 1656.
  • Die Suͤndflut hat gewehret — — — — — — — — — — — — — 1.
  • Von der Suͤndflut biß auff die Geburt Abrahæ — — — — — 292.
  • Von dannen biß zur Verheiſſung Abrahæ — — — — — — — — 75.
  • Von dannen biß zum Außgang Jſrael auß Egypten — — — — 430.
  • Jſrael in der Wuͤſten gewohnet — — — — — — — — — — — 40.
  • Von dannen biß auff den Baw deß erſten Tempels — — — — 580.
  • Der Tempel geſtanden — — — — — — — — — — — — — — 430.
  • Die Babyloniſche gefengniß — — — — — — — — — — — — 70.
  • Vom erſten Jahr Cyri biß auff den Baw deß andern Tempels — 46.
  • Von dannen biß zur Geburt Chriſti — — — — — — — — — 450.
  • Summa von anfang der Welt biß auff Chriſti Geburt — — 4070.

Es wuͤrde zu lang wehren alle meinungen derer/ ſo ſich auff die H. Schrifft/ be-
ruffen/ dieſes Orts einzufuͤhren. Spreche aber/ das auß heiliger Schrifft al-
lein/ ohne zuthun der prophan Hiſtorien/ die Zeit Rechnung biß auff Chriſtum
nicht zu finden/ vnd das die jenigen/ ſo ſich deſſen vnterſtanden/ der heiligẽ ſchrifft
in vielen Rechnungen mißbrauchen/ vnd bey den haaren auff jhre ſeite ziehen.


Ee ijDenn
[]

Denn 1. in deme Beroaldus von der Suͤndflut biß auff die Verheiſſung A-
brahæ 427 Jahr zehlet/ Abrahæ aber die Verheiſſung geſchehen da er 75 Jahr
alt geweſen/ vnd alſo gleich Raimaro von der Suͤndflut biß auff Abrahæ geburt
352 Jahr rechnet/ da ſie denn beyde in deducirung dieſer perſel auß der Rede
deß H. Stephani Actor. 7. ſchlieſſen/ das Thara 130. Jahr alt geweſen/ da er
Abraham gezeuget: werden ſie von andern ſtatlichen Chronologis auß heiliger
Schrifft wiederleget/ als von Scaligero, Petavio, Calviſio, inſonderheit auß-
fuͤhrlich von D. Joh. Behmio in ſeiner Lateiniſchen Manductione Chronolo-
gica.
Warlich ſolte Abraham geboren ſein im 130 Jahr ſeines Vaters/ was
hette ſich denn Sara wundern doͤrffen/ das jhrem nun hundertjaͤhrigen Herren
ein Sohn gebohren worden/ Geneſ. 21. v. 7? Viel mehr iſt außm 26. v. deß 11.
Cap. zu ſehen/ das vnter den 3 Soͤhnen/ die Thara im 70. Jahr ſeines alters an-
gefangen zu zeugen/ Abraham der erſt geborne geweſen.


2. Raimarus zehlet von Jacobs Reiſe in Egypten biß zum Außgang 430.
Jahr/ welchs keines weges beſtehen kan/ wie vnter andern auß dieſem klaren be-
weiß zu ſehen. Kahath/ Moſis Großvater/ iſt ſchon geboren geweſen/ da Jacob
in Egypten gezogen/ denn er wird außdruͤcklich genennt vnter den 70 Seelen
die hinein gezogen/ Geneſ. 46. v. 11. Er iſt aber alt worden 133. Jahr/ Exodi 6.
v. 18 Sein Sohn Amram/ Moſis Vater/ iſt alt worden 137. Jahr. Exod. 6. v
21. Moſes iſt 80. Jahr alt geweſen/ da er fuͤr Pharao geſtanden/ Exod. 7. v. 7.
Wenn nun gleich Kahath kaum im ſelben Jahr geboren were worden/ da ſie in
Egypten gezogen (welchs nicht iſt/ ſintemal auch ein juͤngerer Bruder Merari
mitgezogen/ Geneſ. 46. v. 11.) Wenn auch gleich Kahath im letzten Jahr ſeines
alters den Amram hette gezeuget (welchs auch nicht iſt/ ſintemal Amram juͤn-
gere Bruͤder gehabt/ Exod. 6. v. 18.) vnnd wenn gleich auch Moſes im letzten
Jahr ſeines Vaters Amram were geboren worden (welchs auch nicht wol
glaͤublich) ſo wuͤrden doch die Jahre deß gantzen alters Kahats/ deß gantzen al-
ters Amrams/ vnd die 80 Jahr Moſis kaum 350. Jahr machen. Wie kans
dann ſein/ das die Kinder Jſrael in Egypten gantzer 430 Jahr gewohnet? Ja/
ſpricht man/ wie ſol man dann den klaren text Moſis Exod. 12. verſ. 40. Die zeit
aber/ die die kinder Jſrael in Egypten gewohnet haben/ iſt 430. Jahr/ verſtehen?
Das lehret vns S. Paulus zun Galatern am 3. v. 17/ da er außdruͤcklich ſagt/
daß das Geſetz von Gott gegeben 430 Jahr nach der Verheiſſung Abrahæ/
nemlich von der zeit/ da Abraham vnd ſein Same begundt ein Frembdling zu
ſein in einem Lande/ das nicht ſein war/ Gen. 15. v. 13. \& ſeqq. vnd alſo zehlen
es mit Paulo alle verſtendige Chronologi. Wem das nicht gefellt/ der ſetzt
Paulum druͤmb zu rede/ vnd reche dann auch die Jahre Moſis vnd ſeines Va-
ters
[] ters vnd Großvaters auß/ damit er zureiche. Es iſt nicht gnug/ in ſolchen fellen
an einem ort der H. Schrifft allein zu kleben/ ſondern man muß ſehen wie es ſich
mit der Zeit Rechnung reime/ vnd ob es nicht anderswo in H. Schrifft erklaͤret
werde.


3. Vom Außgang Jſrael auß Egypten biß zu erbawung deß erſten Tem-
pels ſetzet Beroaldus 480 Jahr/ außm 1. v. des 6. Cap. des 1. Buchs der Koͤni-
ge. Dagegen ſagt nicht allein Raimarus vnd ſein Aff/ ſondern auch Woltherus,
es ſey daſelbſt in der Bibel vmb 100 Jahr verſchrieben vnd ſol nicht 480 ſon-
dern 580 Jahr heiſſen: dieweil ſonſten die 450 Jahr der Richter/ derer Pau-
lus Actor. 13. v. 20. gedenckt/ nicht beſtehen koͤnnen. Alſo ruͤhmen ſich dieſe
Leute/ als ob jhr thun alles auff H. Schrifft gegruͤndet/ vnd das hat fuͤrm ge-
meinen Mann ein groſſes anſehen: Weñ jhnen aber ein Spruch der H. ſchrifft
zu wieder leufft/ ſagen ſie/ Es ſey verfelſcht. Ja ſie heuffen einen frevel mit dem
andern. Denn Raimarus vnd ſein Aff/ damit jhre 580 Jahr fein zutreffen moͤ-
gen/ fangen die Dienſtbarkeit der Kinder Jſrael an/ ſtracks nach außtheilung
deß Lands durch Joſua/ wieder den hellen Text der H. Schrifft/ die da bezeugt/
das GOtt nach außtheilung deß Lands dem Volck Jſrael fried vnd ruhe von
allen Nachbarn vmbher verliehen/ Joſuæ 21. v. 44. vnd zwar eine lange zeit/
Joſ. 23. v. 1. Sintemal nach außtheilung deß Lands das Volck nicht ſtracks
von Gott abgefallen/ ſondern Gott trewlich gedienet/ ſo lang nicht allein Joſua
gelebt ſondern auch die Elteſten/ welche lange zeit nach Joſua lebten/ Joſ. 24.
v. 31. vnd im Buch der Richter am 2. v. 7. vnd 10. Derwegen denn Wolthe-
rus Raimarum
redlich hechelt. Aber in dem er es beſſer machen wil/ macht er
ein anders boͤſe/ denn er zehlet ſeine 580 Jahre nicht vom Außgang auß Egyp-
ten/ ſondern 40 Jahr hernacher vom Eingang ins Land Canaan. So das er
von D. Behmen ſo wol deßwegen als wegen der 580 Jahr billich refutiret
wird/ Der da beweiſet/ das die Zahl 480 mit nichten verfelſcht/ ſintemal im He-
breiſchen Text die Zahlen mit vollkommenen woͤrtern/ die keine verwandtnuß
der Zahlen 400 vnd 500 haben/ enthalten: Aber Actorum 13. kan im Grie-
chiſchen Text leichtlich τετϱακόσια fuͤr τϱιακόσια eingeſchlichen ſein/ wie ſol-
ches nicht allein Lutherus ſondern auch lengſt fuͤr jhm alle Patres vnd Kirchen-
lehrer dafuͤr gehalten. Ein außdruͤcklich exempel ſolcher differentz im Griechi-
ſchen Text findet man Actor. 7. v. 14 da das woͤrtlein πέντε eingeſchoben vnd al-
ſo 75 Seelen gezehlet werden/ die mit Jacob in Egypten ſollen gezogen ſein. Da
doch Geneſ. 46. nur 70 geſetzt vnd alle inſonderheit mit Namen genennet werdẽ.
Was denn belangt die Jahr Ordnung der Richter vñ der Dienſtbarkeiten/ da-
ruͤber ſind die vornemſten Chronologi noch nicht einig.


Ee iij4. Alſo
[]

4. Alſo iſt auch ein groſſer ſtreit uͤber der. Jahr Ordnung der Koͤnige Jſra-
el vnd Juda. Vnd ſind die 430 Jahr/ die der Tempel ſol geſtanden haben/ wie
Raimarus, Woltherus, vnd andere ſchreiben/ ſo gar richtig nicht. Denn die
390 Jahr/ der Miſſethat Jſrael/ deren Ezechiel am 4 gedenckt/ ſind nicht anzu-
fangen vom vierdten Jahr Rehabeams/ ſondern vom erſten Jahr Jeroboams
deß Koͤnigs Jſrael/ in welchem er Jſrael ſuͤndigen gemacht.


5. Dergleichen ſtreitet man uͤber der Babyloniſchen Gefengniß/ Ob ſie
nemlich von Zerſtoͤrung deß Tempels/ oder von der Gefengniß Jechoniæ/ oder
auch noch vorher/ nemlich vom vierden Jahr Jojakim/ das iſt vom erſten Jahr
Nebucadnezar/ anzufangen.


6. Jtem uͤber den 70 Jahrwochen Danielis/ von derer anfang ſo wol als
endung ſchon von der erſten Kirchen Lehrer zeiten her gar mancherley meinung
geweſen. Beroaldus wirfft allhie den gantzen Conſenſum hiſtoriæ Profanæ in
einen hauffen/ vnd ſetzt den anfang Cyri in Olympiadem 81/ verkuͤrtzt die zeit
der Perſiſchen Monarchey vmb 100 Jahr/ die doch von den Hiſtoricis ſo fleiſ-
ſig beſchrieben/ vnd jhre Koͤnige mit vielen himliſchen characteribus befeſtigt
ſind/ welche Koͤnige er ſeines gefallens außmuſtert/ oder jhre Jahre verſtuͤm̃elt/
vnd andere/ ſo nimmer in rerum natura geweſen/ einſetzet. Vnd wundert mich
das Pareus jhn noch verfechten/ glaubwirdige hiſtoricos alſo kuͤhn vernichten/
ja die Finſterniſſen/ welch ſo fleißig von den hiſtoricis vnd Ptolemæo an gewiſſe
Jahre dieſes oder jenes Koͤnigs auffgezeichnet/ inſigni temeritate verwerffen
darff. Deßwegen er auch wol verdienet/ das er von Calviſio vnd Behmio in die
Chronologiſche Schule gefuͤhret wird


Hierauß iſt nun leicht zu ſehen/ das ob man gleich aus H. Schrifft noch ſo
fleiſſig die Zeit Rechnung vnter ſucht/ werde man doch/ wenn man die beſte Rech
nung erfunden/ weiter nichts gewiſſes haben als biß auff die Zerſtoͤrung deß er-
ſten Tempels. Hernacher muͤſſe man ſich vmbſehen wie man das Jahr derſelben
zerſtoͤrung etwan an ein Olympiſch Jahr oder an eine andere Heydniſche Jahr
zahl binde/ vnd alſo durch die Perſiſche vnd Griechiſche Monarchy an die Roͤ-
miſche zun Keyſern Auguſto vnd Tiberio komme. Solchs muͤſſen auch Raima
rius
vnd ſein plagiarius/ die ſich doch offentlich ruͤhmen/ das jhre Zeit Rechnung
auß der Bibel entſpringt vnd herkoͤmpt/ wieder jhren willen bekennen. Denn ſie
binden die Zerſtoͤrung deß Tempels an das andere Jahr der 47 Olympiadis,
Vnd das Leyden Chriſti an das vierde Jahr der 202 Olymp. vnd allegiret der
eine hieruͤber autoritatem Clementis Alexandrini vnd deß Heydniſchen Phle-
gontis,
der ander Chriſtoph. Helvici eines zwar richtigen aber newen Chro-
nologi.
Das heiſt aber nicht auß der Bibel bewieſen. Es wil zwar der plagia-
rius
[]rius uͤber das (im anfang deß 7. Beweiſes) die 70 Jahr der Babyloniſchen
gefengniß vnd die 70 Jahrwochen Danielis (oder 490 Jahr) zum Beweiß
hinzu ziehen/ Aber er ſiehet wol/ das ſie ſich mit ſeiner andern Rechnung nicht
vertragen wuͤrden/ denn da wuͤrde er an ſtat 589 Jahr nur 560 bekommen:
Drumb ſetzt er ſie nicht nuß/ ſondern helt ſich an die Olympiades.


Anlangende aun die æram genuinam vnd vulgarem, deren ich meinen
Calendern mich brauche/ Nenne ich vulgarem die jenige/ welche gemeiniglich
von Calendernſchreibern gebraucht worden/ genuinam aber/ welche ich noch
zur zeit fuͤr die richtigſte halte/ vnd auß Calviſio gelernet vnd halte.


  • Von anbeginn der Welt biß zum anfang der Suͤndflut — — — 1656
  • Von dannen biß auff die Geburt Abrahæ — — — — — 292.
  • Von dannen biß auff die Verheiſſung Abrahæ — — — — — 75.
  • Von dannen biß zum Außgang Jſrael auß Egypten — — — 430.
  • Von dannen biß zur erbawung deß erſten Tempels — — — — 480
  • Von dannen biß zu deſſen Zerſtoͤrung — — — — — — — 427.
  • Von dannen biß zum anfang der gewoͤhnlichen Jahrzahl Chriſti — 589.
  • Summa von anbeginn der Welt biß ad æram Chriſtianam — 3949.
  • Von dannen leufft nechſtkuͤnfftig das Jahr — — — — — 1629.
  • Derhalben wird es von anfang der Welt ſein das Jahr — — 5578.

Alle Perſelen hie zu beweiſen wuͤrde viel zu lang ſein: Sie ſind aber gruͤndlich
von Scaligero, Calviſio, vnd Behmio bewieſen/ vnd die wiedrigen rechnungen
gnugſam widerleget.


II.
Von der Jahrzahl deß Koͤnigreichs Polen vnd der
Stadt Dantzigk.


MAn hat mich gefragt/ warumb ich das Koͤnigreich Polen ſo alt mache/
da doch allererſt 1000 Jahr nach Chriſti Geburt Boleslaus Chrobri
vom Keyſer Othone III. zu einem Koͤnige gekroͤnet worden: Seine Vorfahren
aber nicht Koͤniglichen ſondern allein Fuͤrſtlichen Titel gefuͤhret. Jch antwor-
te aber/ das ich æram Polonicam anfahe à principio ejus Reipublicæ, von
Anno Chriſti 550, da die beiden bruͤder Lech vnd Czech, Salvoniſcher Na-
tion auß Illyrico vnd Pannonia oder Vngarn mit einem groſſen volck Newe
Wohnungen geſucht/ vnd der eine/ Lech, allhie in Sarmatia Europæa,; der an-
der/ Czech, in Boͤhmen ſich nieder gelaſſen/ vnd beider oͤrter eine newe formam
Repub.
auffgerichtet. Wiewol Sarnicius in ſeinen Annalibus Polonicis ſchon
Lechum
[]Lechum vnd ſeine Nachfahren alle Koͤnige nennet. Daran er doch ſein ſelbſt
vergiſſet/ in dem er in Boleslao Chrobri. pag. 225 ſchreibt/ Imperatorem no-
vos honores, regium videlicet decus, in Boleslaum conferendo ſecum in
Poloniam artuliſſe.
Hat doch (welchs zwar nicht Sarnicius ſondern doch Cro-
metus, Guagninus
vnd andere ſchreiben) Boleslai Vater/ Miecislaus der erſte
Polniſche Chriſtliche Fuͤrſt/ durch Lambertum den Krackawiſchen Biſchoff
beym Bapſt Benedictio VII. vmb Koͤniglichen Tittl angelangt/ aber/ vmb das
der Bapſt deß Mecislai angenommenem Chriſtenthumb noch nicht voͤllig ge-
trawet/ denſelben nicht erhalten. Gnug aber von der Jahrzahl deß Koͤnigreichs
Polen.


Die Jahrzahl der Stadt Dantzigk rechne ich gleichmaͤßig nicht von Anno
1343/ da der erſte grundt zur Stadt Mauren gelegt/ ſondern von Anno 1185/
da der Pomerelliſche Fuͤrſt Subislaus auß dem Flecken Dantzigk eine Stadt
angelegt vnd dieſelbe mit einem Graben vnd Plancken beſchrancket/ wie Schu-
tzius
auß alten monumentis bezeugt fol. 10. b.


Allhie kan ich wegen antequitet dieſer oͤrter (obs gleich nicht zur Jahr-
zal der Stadt gehoͤrig) nicht vnterlaſſen zu gedencken deß wahns/ der bey etlichẽ
eingewurtzelt/ das nemlich fuͤr alters die See weit ins Landt hinein/ ja biß an
Culm gegangen/ vnnd ſey deßwegen noch zu Culm nicht allein das Engliſche
Packhauß/ ſondern auch auſſer der Stadt an der Maur/ oder ich weiß nicht wo/
die eiſenen Ringe/ wie hie an den Bruͤcken/ da man die Schiffe habe pflegen an
zutaackeln. Welche meinung ein bloſſer wahn iſt auß dieſen vrſachen. 1. Weil
fuͤr anlegung dieſer Stadt ein Dorff in der naͤhe gelegen/ die Wike genannt/ nit
vffm Gebirge/ ſondern in der niedrigung/ da die Ablage geweſen von Fiſchwerck/
wie in den Preußiſchen Chronicis zu leſen. 2. Vmbs Jahr Chriſti 1230 haben
die Creutz Herren den Vngleubigen Preuſſen die Stadt Culm abgenommen/
vnd ſie Anno 1233 zu jhrer gelegenheit gebawet. Folgig iſt ſie von den Preuſſen
gar außgebrandt vnd Anno 1239 von den Creutz Herren wieder auffgebawet:
Weil ſie aber vnter dẽ Berge nahe bey der Weiſſel auff dem Holm lag/ ſchreibt
Schutzius fol. 18. b. Vnd das Waſſer den Buͤrgern groſſen ſchaden thete/ ſind
ſie Anno 1253. mit der Stadt auff den Berg geruckt/ da ſie jetzo noch gelegen
iſt. Hat die Stadt erſtlich vnten an der Weiſſel gelegen/ ſo iſt allda nicht die See
geweſen. 3. Da Swantepol Anno 1244 den Culmen berandte/ erſchlug er mit
huͤlffe der Preuſſen bey dem See Renſen (drey meilen ohn gefehr diſſeit Cul-
men) dem Orden viel Volcks/ durchſtreiffte darnach die Coya vnnd das Cul-
miſche Landt/ vnd ließ ſeine Schiffe oder Kahne mittlerweil den Weiſſelſtrom
mehlich hinab gehen: Ergo iſt allda nicht die offene See geweſen. Jtem 3 Jahr
zuvorn
[] zuvorn eroͤberte er die Kahne mit aller Kriegsbereitſchafft/ ſo von Thorn vnnd
Culm die Weiſſel hinab fuhren/ Elbing vnd Balge zu entſetzen. Vnd ſolcher
Exempel findet man viele.


Das die Eiſene Ringe noch ſolten an der jtzigen Stadt Culmen zu ſehen
ſein/ wie oben gedacht/ iſt Fantaſey/ vnd mag ſie/ wens geluͤſtet/ lang gnug ſuchẽ/
eh denn er ſie finden wird.


Das Engliſche Packhauß/ alt vnnd verfallen/ ſteht zwar noch daſelbſt am
Marckte/ aber darauß folgt nicht die ergieſſung der See biß dahin. Sondern
weil Culm von den Creutz Herren zur Heubtſtadt deß Landes verordnet wordẽ/
iſt auch der vornemſte ſtapel dahin gelegt/ wie denn alle Wahren/ ſo zur See an-
kommen/ von dieſen Orten den Weiſſelſtrom mit Kahnen oder Bordingen hin
auff biß dahin gefuͤhret/ ſo lang biß die Stadt Dantzigk mehlich zugenommen/
vnd der ſtapel hie geblieben.


Eins iſt aber gewiß/ das/ eh die Werder bethaͤmmet worden (welchs werck
erſtlich angefangen Anno 1288 von dem Landmeiſter Meinicke von Querfurt)
alle nidrige oͤrter/ ſonderlich deß Fruͤhlings/ biß hin vñ die gegend der Mewe/ von
der Weiſſel uͤberſchwemmet geweſen (daher ich halte die Fabel entſproſſen ſein)
alſo das/ wie auch Schutzius fol. 47. a. ſchreibet/ alle Werder nur ein lauter ge-
ſuͤmpff geweſen/ da in allem kaum 5 Doͤrffer geſtanden. Daß er aber fol. 6. a.
ſagt/ Die See habe ſich ſo weit (biß an die Mewe) ins gemein ergoſſen/ ſolte er/
Die Weiſſel/ geſagt haben: ſonſten hetten weder die 5 Doͤrffer/ noch allhie die
Wyke (vnnd nachmals die Stadt/ nemlich die Alte Stadt) in der See kunt
liegen.


Obgedachtem Wahn/ von ergieſſung der See biß an Culm/ iſt zuverglei-
chen ein ander/ das nemlich die Dantzker Neering ſolte von einem Nord We-
ſten Winde/ welcher eilff Jahr lang an einander ſol gewehet haben/ auffgetriebẽ
ſein. Ein Wunderwind vnnd in keiner Natur gegruͤndet/ auch in keinen Hiſto-
rien auffgezeichnet. Hat der Nordweſt die Dantzker Neering auffgeworffen/
welcher Wind hat denn die Curiſche Neering auffgeworffen? Jch bin der mei-
nung eben wie Cluverius in ſeinem Opere Germaniæ das eben die Neering die
Gleſſaria oder Boͤrnſtein Jnſul ſey/ davon die Alten geſchrieben. Jedoch fall
ich jhm in dem nicht bey/ daß er vermeinet/ vnſere Rodaun/ ſey der Eridanus, deſ
ſen die Alten bey den Boͤrnſtein Eylanden gedencken. Was iſt doch die Rodaun/
das ſie beruͤhmt ſolte ſein geweſen? ſonderlich weil ſie jhren natuͤrlichen lauff
nicht hie gerad her ſondern in das Werder/ das iſt (nach jener alten zeit ſich zu
richten) in die geſuͤmpffe nimt. Viel mehr ſolten ja die alten auff die Weiſſel/ als
den Heubtfluß/ als auff einen kleinen Bach geſehen haben.


FfWas
[]

III.
Was der Sonnen Zirckel vnd Sontagsbuch-
ſtab ſey?


DEr Sonnen Zirckel iſt nicht ein Zirckel oder Kreiß des Sonnen Lauffs/
ſondern es iſt ein Periodus oder vmblauff von 28 Jahren/ in welchen al-
le verenderung der Sontagsbuchſtaben in jhre vorige ordnung herumb kom-
men. Solchs wird man baß verſtehn/ wenn man erſtlich die verenderung deß
Sontags Buchſtabs verſtehen gelernet.


Die alten Chriſten haben (wegen der Beweglichen Feſte vnd anderer vr-
ſachen) den 7 Wochentagen durchs gantze Jahr ordentlich die 7 erſten Buch-
ſtaben deß Alphabeths zugeeignet/ dergeſtalt das alle Jahr der New Jahrstag
den Buchſtab Ahat (es falle der New Jahrstag in welchen Wochentag er
woͤlle/) welchem die andern 6 in natuͤrlicher ordnung an den 6 nechſten tagen
folgen/ vnd nach verflieſſung einer vollen Wochen die newe wiederumb mit dem
A anhebet. Worauß offenbahr/ das allezeit ein Buchſtab von denſelben 7 der
Sontagsbuchſtab ſey. Wenn nun das Jahr gerad vnd bloß 52 Wochen hiel-
te/ ſo wuͤrden wir alle Jahr einerley Sontagsbuchſtab haben/ vnd demnach kei-
ner Rechnung deß Sonnen Zirckels bedoͤrffen. Aber das Jahr hat uͤber die 52
volle Wochen zum wenigſten noch einen tag (theile 365 tage mit 7 ab/ ſo wir-
ſtu es befinden) welcher letzte tag/ weil die 7 Buchſtaben vom A anzufangen
voͤllig 52 mal heruͤmb kommen/ nothwendig wiederumb den Buchſtab A hat.
Weil dann auch der nechſtfolgende Wochentag (nemlich der New Jahrstag
deß nechſt drauff folgenden Jahrs) wie oben gedacht/ gleichfalls den Buchſtab
A hat/ ſo geſchichts das der Sontag deſſelben nechſtfolgenden Jahrs den Son
tagsbuchſtab deß vorigen nicht erreichen kan. Zum exempel/ wenn ſich etwan
ein Jahr mit dem Buchſtab A vom Sontag anhebt/ ſo iſt der letzte tag deſſelben
Jahrs mit dem Buchſtab A auch ein Sontag/ vnd koͤmpt alſo der New Jahrs
tag deß folgenden Jahrs auffn Montag. Derſelbe Montag aber hat/ wie alle
andere New Jahrstage/ ebenmeßig das A: vnd alſo der folgende Dienſtag B/
Mittwoch C/ Donnerſtag D/ Freytag E/ Sonnabendt F/ Sontag G. Glei-
cher maſſen koͤmpt im dritten Jahr der Sontag nur biß zum Buchſtab F. Vnd
alſo verendert ſich der Sontagbuchſtab von Jahr zu Jahr ruͤckwerts. Fuͤr eins.


Zum andern/ wenn allezeit jedes Jahr 365 Tage hette/ ſo keme die verender-
ung der 7 Buchſtaben in 7 Jahren juſt heruͤmb in jhre alte ordnung. Weil a-
ber jedes vierde Jahr ein Schaltjahr iſt/ in welchem uͤber die gewoͤhnliche Ta-
gezahl noch ein Tag eingeſchaltet oder eingepropffet wird/ ſo dasallemal 3 Jahr
nach-
[] nacheinander jedes 365/ das vierde aber 366 tage hat/ vnd gleichwol die alten
Chriſten auch daſſelbe Schaltjahr mit dem Buchſtab A beſchlieſſen wollen/ ha-
ben ſie dem Schalt Tage (welcher zwiſchen dem ordentlichen 23 vnd 24 Febru-
ar
eingeſchoben wird/ wie ich fuͤr eim Jahr berichtet) eben den Buchſtab F zu-
geeignet/ welchen auch der 23 Febr. hat. Daher geſchichts/ das der nechſtfol-
gende Sontag den Buchſtab nicht erreichen kan/ den die Sontage fuͤrm 24.
Febr. deſſelben Jahres gehabt. Zum exempel Anno 1628 war fuͤrm 24 Febr.
allzeit der Sontagsbuchſtab B/ vnd war der 20 Febr. Sontage folgig der 21
Febr. Montag mit dem buchſtab C/ der 22 Febr. Dienſtag mit dem D/ der 23
Mittwoch mit E/ der Schalt Tag oder Vnechte 24 Febr. Donnerſtag mit F/
der Echte 24 Febr. (in natuͤrlicher zahl der 25) Freytag ebenmeßig mit F/ der
26 (in natuͤrlicher Zahlordnung) Sonnabend mit G: Alſo erlangt der 27
Febr. nemlich der nechſte Sontag nachm 24 Febr. nicht den vorigen Sontags
buchſtab B/ ſondern das A. Hat alſo jeglichs vierde Jahr oder Schaltjahr 2
Sontagsbuchſtaben: deren einer gilt biß zum 24 Febr. der ander von dannen
das uͤbrige Jahr hinauß. Vnd daher geſchichts das die gantze verenderung der
Sontagsbuchſtaben allererſt in 4 mal 7 Jahren/ das iſt in 28 Jahren/ heruͤmb
kommen kan.


Solcher vmblauff der 28 Jahr wird nun der Sonnen Zirckel (ſolte billich
heiſſen der Sontags Zirckel) genandt. Vnd haben die Alten der Sontagsbuch-
ſtaben ordnung in dieſelben Jahre alſo eingetheilet/ das ſie den Zirckel von ei-
nem Schaltjahr angefangen/ vnd alſo dem erſten Jahr die zween letzten buch-
ſtaben (weil die Sontagsbuchſtaben ſich von Jahr zu Jahr ruͤckwerts veren-
dern) G vnd F zugeeignet/ dem andern Jahr den Sontagsbuchſtab E/ dem
dritten D/ dem vierden C/ dem fuͤnfften (welchs abermal ein Schaltjahr) B
vnd A/ dem ſechſten G/ dem ſiebenden F vnd ſo fortan: Wie man dann ein gan-
tzes Taͤfelein hat/ darauß man jedes vorfallenden Jahres Sontagsbuchſtab er-
ſehen kan/ wenn man nur weiß quotus ſit annus Cycli, obs das erſte/ andere
oder dritte etc. Jahr deß Sonnen Zirckels ſey: Als das 1629 Jahr iſt das 14-
de Jahr deß Zirckels (oder/ wie man in gemein redet/ Anno 1629 iſt der Son-
nen Zirckel 14) druͤmb iſt der Sontagsbuchſtab nachm alten Calender (vom
newen ſolget etwas hernacher) D. Zu wiſſen aber was fuͤr ein Jahr deß Zir-
ckels jeglichs Jahr nach Chriſti geburt ſey/ hat man die Regel/ daß man zum
vorgegebenen Jahr Chriſti die zahl 9 addirt, vnd die Summ durch 28 dividi-
ret:
was dann uͤberbleibt (nicht was herauß koͤmpt) iſt der Sonnen Zirckel
deſſelben Jahrs. Bleibt nichts uͤbrig/ ſo iſt das vorgegebene Jahr das letzte deß
Sonnen Zirckels/ oder/ wie man ſonſt redet/ ſo iſt der Sonnen Zirckel 28. Als
Ff ijzum
[] zum 1629 Jahr addir 9/ die Summ 1638 dividir durch 28/ ſo bekoͤmſtu im fa-
cit
58 (das wird dir aber hie nicht nuͤtz) vnd bleiben 14 uͤbrig. Drumb iſt das
1629 Jahr das 14de deß Sonnen Zirckels/ oder wie man ſonſt redet/ im 1629
Jahr iſt der Sonnenzirckel 14.


Vnd dieſe Jahr deß Sonnen Zirckels gehoͤren zwar ſo wol zum Newen als
zum Alten Calender: aber im Newen Calender iſt eine andere eintheilung deß
Sontagsbuchſtaben. Denn als Anno 1582 in Reformirung deß Calenders
10 tage uͤberhuͤpfft vnd abgeworffen worden (ſo das man daſſelbe Jahr im O-
ctobri
gezehlet 1. 2. 3. 4. 15. 16. ꝛc.) ſind damit auch 10 Wochentliche Buch-
ſtaben uͤbergehuͤpfft/ das iſt/ alle 7/ vnd dann 3 vffs newe. Hette man 7 oder 14
tage uͤbergehuͤpfft (welchs ſich aber wegen deß rechten Sonnen Lauffs nicht ge
ſchickt) ſo weren die Buchſtaben vnverendert blieben. Jetzt aber/ wenn man
den Sontagsbuchſtab deß Alten Calenders hat/ muß man noch 3 Buchſtabẽ
in natuͤrlicher fuͤrſich gehender ordnung ferner zehlen/ auff das man den Son-
tags buchſtab deß Newen Calenders erlange. Als weil Anno 1629 nachm Al-
ten Calender der Sontagsbuchſtab D iſt/ ſo zehle man ferner/ E/ F/ G/ dieſer
letzte G iſt der Sontagsbuchſtab deß Newen Calenders. Vnd hat man ein Taͤ-
felein (deſſen ich zuvorn gedacht) in welchem an jeglichs Jahr deß Sonnen-
Zirckels der Sontagsbuchſtab ſo wol deß alten als deß newen Calenders ver-
zeichnet. Vnd ſo viel dieſes Orts vom Sonnenzirckel vnd Sontagsbuchſtab:
Denn was ferner davon zu verenderung deß Buch ſtaben/ ſo nach etlichen 100
Jahren fuͤrzunemen/ vom Bapſt verordnet/ iſt hie nicht noͤtig zuerwehnen/ oder
dem gemeinen Mann zu wiſſen.


IV.
Was die Guͤldene Zahl. Jtem was die Epacten
ſein


DJe Guͤldne Zahl/ ſonſten der Mond Zeiger/ Cyclus Lunaris iſt ein vmb-
lauff von 19 Jahren (daher er auch bißweilen Cyclus Decennovenna-
lis
genant wird) von den alten Chriſten zu erkennung der New Monden dem
Calender angefuͤget/ auff das man dadurch deſto leichter die Oſtern vnd andere
bewegliche Feſte erforſchen moͤchte. Von rechter Feyrzeit des Moſaiſchen vnd
Chriſtlichen Oſterfeſts hab ich fuͤr 3 Jahren einen beſondern Deutſchen Tra-
ctat geſchrieben/ den magſtu leſen/ ſo du wilt. Weil nun die alten Chriſten ſchon
zu Keyſers Diocletiani zeiten/ etwan vmb das Jahr Chriſti 280 beredet warẽ/
das nach verfloſſenen 19 Jahren die New Monde wiederumb in vorigen Tag
vnd ſtunde einfielen/ da ſie fuͤr 19 Jahren eingefallen/ ſo hat jhnen ſolchs nach-
maln
[] maln ſo wol gefallen/ das ſie dieſen Cyclum wegen ſeines herrlichen nutzes Die
Guͤldne Zahl genennet. Vnd hat vmb das Jahr Chriſt 530 ein fuͤrnehmer
Computiſt Dionyſius Exiguus, ein Apt zu Rom/ die Zahlen von 1 biß 19 dem
Roͤmiſchen Calender zu nutz der Chriſten alſo angefugt/ das wenn man weiß/
welch Jahr deß Cycli im Lauff iſt/ oder wie man gemeiniglich redet/ welchs
die Guͤldne Zahl deß Jahrs Chriſti iſt/ bey welchen tagen dann ſolche Zahl im
Roͤmiſchen Calender geſchrieben ſtehet/ an denſelben tagen ſich im ſelben Jahr
ein Newer Mond begeben ſol. Vnd in ſpecie, an welchem tage zwiſchen dem 7
Martii vnd 6 Aprilis deſſelben Jahres Guͤldne Zahl gefunden wird/ am ſelben
tage ſol der jenige Newe Mond einfallen/ Nach welches Voll Mond die Chriſt-
lichen Oſtern ſollen gefeyret werden. Vnd nach ſolcher Rechnung werden noch
biß vff heutigen tag die Oſtern deß alten Calenders gefeyret. Zu erkennen aber
die Guͤldne Zahl jedes Jahres Chriſti hat man die Regel/ das man zum vorge-
gebnen Jahr Chriſti eins addiret, vnd die Summ alsdann durch 19 dividiret:
was uͤberbleibt/ iſt die Guͤldne Zahl deſſelben Jahrs: bleibt nichts uͤbrig/ ſo iſt
die Guͤldne Zahl deſſelben Jahrs 19. Als zum Jahr 1629 addir 1/ vnd die
Summ 1630 dividir durch 19/ ſo bekoͤmſtu im facit 85 (das wird dir aber
hiezu nicht nuͤtze) vnd bleiben uͤbrig 15/ das iſt die geſuchte guͤldne Zahl deß
1629 Jaͤhrs.


Jch habe oben geſagt/ das man in der erſten Chriſtlichen Kirchen vermei-
net/ die New Monde kemen juſt in 19 Jahren an jhre vorigen ſtellen vnnd tage.
Solchs iſt aber nach etlichen 100 Jahren fehlbar befunden/ ſintemal die New-
Monde alle 19 Jahr nicht zwar vmb einen gantzen tag/ ſondern gleichwol et-
wan anderthalb ſtunden fruͤer einfallen/ welches ohn gefehr in 300 Jahren ei-
nen gantzen tag außtregt. Daher der Mond Zeiger oder Guͤldne Zahl vmb die-
ſe zeit die Newmonde uͤber 4 tage zu ſpaͤt weiſet/ vnd alſo auch derentwegen die
Oſtern offtmals nachm alten Calender zu ſpaͤt gefeyret worden. Deßwegen
dann/ nach dem vorhin bey 300 Jahren her druͤber geklaget vnd auff mittel ei-
ner Correction getrachtet/ endlich der Bapſt Anno 1582 die Guͤldne Zahl/ ſo
viel die New Monde belanget/ außgemuſtert/ vnd an deren ſtell die newen Epa-
cten eingeſetzt.


Die Epacten werden eigentlich genennet der uͤberſchuß deß Sonnen Jah-
res uͤber das Monden Jahr. Das Sonnen Jahr hat 365 tage vnd beynah 6
ſtunden: Das Monden Jahr (das ſind die 12 Monſcheine/ mit allen jhren
Quartiren) hat 354 tage vnd bey nahe 9 ſtunden: alſo iſt das Mondenjahr faſt
11 tage kuͤrtzer/ vnd kommen die New-vnd Voll Monde von Jahr zu Jahr 11
tage fruͤer denn voriges Jahr/ wie in den Jaͤhrlichen Calendern zu ſehen. Sol-
F f iijche
[] che 11 tage ſind nun die Epacten deß erſten Jahrs. Deß andern Jahrs werden
ſie 22. Jm dritten wachſen ſie zu 33. Alſo das wenn keine hemmung geſchehn
ſolte/ wuͤrden in wenig Jahren die Monſcheine von jhren Monaten gantz vnd
gar abgeſondert werden. Derhalben dann/ ſo offt die Epacten uͤber 30 wachſen/
legt man im ſelben Jahr an ſtat der 30 tage einen Einkoͤmmling/ vnd behelt nur
das an ſtat der Epacten, was uͤber die 30 tage uͤbrig iſt. Davon zu anderer zeit
gnugſam berichtet worden.


Demnach ſind die Epacten deß alten Calenders an die Guͤldne Zahl alſo
angehefftet/ daß das erſte Jahr der Guͤldnen Zahl die Epacten 11 hat/ das an-
dere 22/ das dritte 3/ das vierde 14/ das ſechſte 25/ das ſiebende 6 c. Nachm
newen Calender/ weil im ſelben 10 tage uͤbergehuͤpfft worden/ ſind dadurch die
Epacten vmb 10 verringert/ vnnd ſind im erſten Jahr der Guͤldnen Zahl die
Newen Epacten 1/ im andern 12/ im dritten 23 etc.


Ob nun gleich die Guldne Zahl vom Bapſt wegen jhres alten nutzes ver-
worffen/ ſo iſt doch ſie dazu gleichwol behalten/ dz man durch dieſelbe die Epacten
erforſchet/ welchs alſo geſchicht. Die Guͤldne Zahl deß vorgegebenen Jahres
multipliciret man mit 11/ was drauß koͤmpt/ dividiret man durch 30/ was als
dann uͤberbleibt (nicht was herauß koͤmpt zeiget an die Epacten deß alten Ca-
lenders/ von denen wirfft man 10 ab/ ſo bekoͤmpt man die Epacten deß newen
Calenders. Als Anno 1629 ward oben gefunden die guͤldne Zahl 15/ welche
durch 11 multiplicirt gibt 165: dieſes durch 30 dividirt gibt im facit 5/ vnd
bleibt 15 uͤbrig. Dieſe 15 ſind das Jahr die Epacten des alten Calenders. Die
Epacten deß Newen ſind 10 weniger/ nemlich 5.


Es ſind aber die Newen Epacten an die Tage deß Gregorianiſchen Calen-
ders ordentlich alſo angehefftet/ das man dadurch/ eben wie vorhin im alten Ca-
lender durch die Guͤldne Zahl/ die New Monde/ vnnd inſonderheit den Oſter-
Mond finden koͤnne/ Wovon allhie weiter zu handeln zu weitleuffig were/ wie
auch von der Æquatione Epactarum, ſo der Bapſt zu kuͤnfftiger Emendation
geordnet.


V.
Von der Roͤmer Zinß Zahl.


DJeſe iſt ein Vmblauff von 15 Jahren/ Periodus Indictionum. Hat den
Namen/ wie etliche vermeinen/ von den Zinſern vnd Tributen/ ſo zur alten
Roͤmer zeit die weitabgelegenen Laͤnder haben gen Rom oder Conſtantinopel er-
legen muͤſſen/ in den erſten 5 Jahren Goldt/ in den andern Silber/ in den letzten
5 Eyſen zun Waffen. Wiewol hievon die Scribenten nicht einig. Vnnd findet
man
[] man auch nicht exempel/ das fuͤr Keyſers Conſtantini Magni zeiten durch In-
dictiones
ſey gezehlet worden. Daher etliche der gentzlichen meinung ſind/ das
ſie eben Conſtautinus eingeſetzt Jhre Jahrzahlen ſind den Jahren Chriſti alſo
angehefftet/ daß das Jahr Chriſti 313 das erſte ſey ſolcher funffzehnjaͤhrigen
zeit. Drauß folgt/ das ſo man wiſſen wil/ welche Zahl ſolcher funffzehnjaͤhrigen
zeit einem vorgegebenem Jahr Chriſti gebuͤhre/ thut man zum ſelben Jahr Chri-
ſti 3/ vnd dividiret die Summ durch 15: was uͤberbleibt (nicht was herauß
koͤmpt) iſt die geſuchte Roͤmer Zinß Zahl. Bleibt nichts uͤbrig/ ſo iſt die Zinß-
Zahl 15. Als zum vorſtehenden 1629 Jahr addir 3/ die Summ 1632 durch
15 dividirt gibt im facit 108 (die werden dir aber nicht nuͤtze) vnd bleiben uͤb-
rig 12/ das iſt der Roͤmer Zinß Zahl deſſelben Jahrs. Mehr hievon zu melden iſt
nicht noͤtig/ denn dieſe Zinß Zahl hat ſonſt keinen andern nutz.


VI.
Ob denn an allen den Hiſtorien oder haͤndeln/ die auff ei-
nen Aſpect, ſonderlich der dreyen Obern Planeten/ erfol-
gen/ eben der Aſpect ſchuldig ſey?


FReylich ja/ aber nicht allein: es muͤſſen auch jrrdiſche. Aſpectus zugegen
ſein/ ſollen die himmliſchen wircken. Jſt aber kein Zunder verhanden/ ſo
wird auch kein fewerſchlag hafften. Zum Exempel/ Koͤnig Sebaſtian war ohne
daß ein junger hitziger Kriegsbegieriger Herr/ daher er daßmal durch deß Him-
mels influentz vnd figuͤrliche beleuchtung/ welche wie obgemeldet/ die Naturen
kraͤfftig fort treiben/ deſto mehr angefriſchet ward/ ſo das auch keines getrewen
Rahts abmanen bey jhm hafften wolte/ ſondern es muſte der Krieg fort gehen/
er muſte jenſeit Meers ehr einlegen vnd vielleicht daſelbſt/ wie ſeine Vorfahren
in Oſt Jndien/ ein new Koͤnigreich anlegen. So iſt es allewege in der Welt her-
gangen/ vnd geht noch heutiges tages ſo her Mancher Potentat hette mit groſ-
ſem flor vnd ehren ſeine Lande im frieden regieren koͤnnen/ wenn jhn die gefaßte
Kriegesſucht nicht perſuadiret hette/ erkoͤndte durch Kriege nicht allein einen
vnſterblichen Namen erlangen/ [ſondern] auch dardurch mehr Lande vnnd Leute
an ſich bringen. Jn ſolchen Zunder fallen dann foncken vnd ſtimuli der Aſpectẽ
vnd Capitis Meduſæ, Oculi Tauri vnd dergleichen ſo wol himmliſcher als jrr-
diſcher geſtirne: da tragen auch die falſchen Propheten vnnd Oracula jhren
ſchwefel zu: Crœſus Halin benetrans, magnam pervertet opum vim, Alſo
ſchreibt Capiſtranus, alſo Carion, alſo Torquatus \&c. Dis iſt der Potentat
durch welchen ſolche dinge ſollen hinnauß gefuͤhret werden etc. Da Xerxes den
Krieg wieder die Griechen fuͤrnam/ widerriethe jhm ſolches ſein Vetter Attaba-
nus
[]nus gantz trewlich/ wie ſeine Oration bey Herodoto lib. 7. zu leſen/ aber er
ward deßwegen fuͤr ein ſeigen Lunterum geſcholten vnnd muſte Mardonii raht
der beſte heiſſen. Der Krieg gieng auch erſtlich mit groſſem anſehen fort: da war
ſo eine menge Volcks zu Roß vnd Fuß/ das Griechenlandt gleichſam davon uͤ-
berſchwemmet war/ vnnd gantze Waſſer von jhnen außgeſoffen wurden: Da
ſchlug man Bruͤcken uͤber den Griechiſchen Sundt: da grub man Berge von
ander/ das Schiffe dadurch in die richte fahren kondten/ velificatos Athos, wie
der Poet redet. Wie gieng es aber endlich hinauß? Auff ein liederliches lami.
Alſo ſchreibt Plutarchus von dem ſtreitbaren Koͤnig Pyrrho, das/ da derſelbe
mit Krieges macht uͤber Meer in Jtalien ziehen vnd ſich wieder die Roͤmer auff
lehnen wolte/ habe jhn ſein getrewer Raht Cyneus gefraget/ was es dann ſein
wuͤrde/ wenn jhm das gluͤck fugete/ das er die Roͤmer uͤberwinden moͤchte? drauff
Pyrrhus geantwortet: was das fragens beduͤrffte? Es wuͤrde gantz Jtalien dar
auff ſolgen vnd ſich jhm ergeben. Cyneas fragt weiter: Was wollen wir denn
thun/ wenn wir Jtalien uͤberwunden? Pyrrhus antwortet: Denn iſt Sicilia die
nechſte Landſchafft/ dieſelbe wuͤrde vns ſchwerlich entſtehen. Drauff Cyneas fer-
ner: wird dann Sicilia das ende vnſerer Kriege ſein? Mit nichten/ ſagt Pyrr-
hus,
ſondern alsdann iſt allererſt der grund gelegt zu haͤndlen/ die wir gedencken
anzufangen. Denn wenn wir ſo maͤchtig werden/ ſo wollen wir hinuͤber in Afri-
cam,
vnnd zweiffeln nicht/ wir wollen Carthaginem vnter vnſere herrſchafft
bringen. Ja wer wolte ſich alsdann wol im gantzen Griechenlande vns widerſe-
tzen? Wir wuͤrden nicht allein vnſer Koͤnigreich Epirum mit vnuͤberwindlicher
herrſchafft befeſtigen/ ſondern auch deß gantzen Griechenlandes Meiſter ſein.
Nun dann/ ſagte Cyneas, wenn ſolches alles nach willen gangen/ was fahen wir
darnach an? Alsdann/ antworte Pyrrhus mit erhobenem gelaͤchter/ wollen wir
in ruh vnd aller froͤligkeit vnſer leben zubringen. Da ſagte Cyneas: Ey nun/
mein Koͤnig vnd Herr/ was hinderts dann/ das wir auch jtzunder nicht koͤnnen
in ruh vnd froͤligkeit vnſer leben zu bringen? weil wir doch alles haben/ was zu
ſolchem leben gehoͤret/ vnd koͤnnen deſſen ohne einige bekuͤmmerniß genieſſen/ da
wir hingegen den andern weg ohn vnſaͤgliche muͤhe vnnd arbeit/ auch ohn vieles
blutvergieſſen/ nicht gehen koͤnnen/ vnd nicht wiſſen ob wir noch dadurch vnſern
zweck erlangen werden.


Dieſes erzehlte ſolten billich die jenigen Raͤhte bedencken/ die jhre Herrn zu
weit außſehenden Kriegen anfriſchen/ vnd jhnen einbilden/ es ſey diß oder jenes
zubefoͤrchten/ es ſey beſſer ſeine Kuh an des Nachbarn Zaun zu binden/ als des
Nachbarn Kuh an ſeinem Zaun zu leiden/ es koͤnne nicht anders ſein man muͤſſe
fechten/ vnd den außgang Gott dem Allmaͤchtigen befehlen. Solche friedhaͤßi-
ge leute
[] ge leute werden dermal einſt jhre luſt/ die ſie an beraubung vnd verwuͤſtung vn-
ſchuldiger Land vnd Leute vnd vergieſſung ſo vieles Chriſtenbluts vnnd andern
vnchriſtlichen thaten haben/ ſchwerlich muſſen buͤſſen. Vnd die Herren ſelber
ſolten nur gedencken/ das ſolche Raͤhte nicht jhres Herren oder ſeines Landes/
ſondern jhren eygnen privat nutz ſuchen/ vnd doch in deſſen die meiſten jhre haut
ſelber nicht daran ſtrecken/ ſondern jhre Herrn dafuͤr ſorgen laſſen/ wie ſie der Le-
bens gefahr/ drinn ſie dieſelben eingefuͤhret/ entgehen moͤgen. Ja wenns einen boͤ
ſen außſchlag gewinnt/ das der Herr ins verderben geſtuͤrtzt/ ziehen ſie den Kopff
auß der ſchlinge/ machen ſich auß den rauch in andere Lande/ vnd laſſen den Her-
ren allein baden. Es iſt leichtlich geſagt/ Den außgang GOTT dem Allmaͤchti-
gen befehlen/ aber das Gott ſagt/ Selig ſind die Friedfertigen/ deſſen gedenckt
man nicht. Was hatte es fuͤr einen außgang mit Pyrrho, da derſelbe ſeinem
friedefertigen Rahte Cyneæ nicht folgete? Er ſchiffte hinuͤber in Jtalien/ hatte
anfenglich Gluͤck vnd Sieg wieder die Roͤmer/ ſonderlich durch ſeine den Roͤ-
mern zuvorn vnbekandte Elephanten. Aber er ſahe ſtracks/ das er die ſach nach
ſeinem wunſch nicht außfuͤhren kundte/ trachtete derwegen auff alle mittel/ da-
durch er mit ehren kuͤndte drauß ſcheiden. Jn deſſen ward er von den Siciliern
wider die Carthaginenſer vmb huͤlff angeruffen Da brandte jhm das hertz auch
hin: Ließ in Jtalien zu Tarento eine beſatzung vnd ſchiffte mit groſſem vnwillen
der Tarentiner in Sicilien/ da war eben auch ein koͤſtlicher anfang: eine Stadt
nach der andern ergab ſich jhm willig vnd gern. Da er aber hernacher die Staͤd-
te nicht/ wie aufenglich/ mit glatten worten tractirete/ ſondern jhnen begundte
ſcharff zu fallen/ wurden ſie ſeiner bald uͤber druͤßig/ vnd erhuben ſich Couſpira-
tiones
wider jhn. Das wolte jhm nicht dienen/ derhalben verließ er Sicilien vñ
kerete wider in Jtalien. Da ward er aber von den Roͤmern ſo empfangen/ das er
bald rahts ward/ auch Jtalien zuverlaſſen/ nach dem er mit Jtalien vnd Sici-
lien ſechs Jahr vergeblich zugebracht/ vnd von allem Kriegsvolck/ deſſen er im
anfang uͤber 25000 gehabt/ kaum das drittepart vnd einen leeren Saͤckel davon
gebracht. Ferner als der uͤberbliebene Soldat gleichwol wolt bezahlt ſein/ vnnd
Pyrrhus dazu keinen raht wuſte/ vberfiel er vnverſehens den benachbarten Koͤ-
nig in Macedonien Antigonum, beraubte nicht allein daſſelbe gantze Landt/
ſondern brachte auch den mehrentheil vnter ſeine gewalt. Bald ward er von einẽ.
Vaterlands Verraͤhter wieder die Stadt Spartam auff gewiegelt/ welche er ploͤtz
lich uͤberzog vnd anfiel/ aber mit ſchaden/ ſpott/ vnd groſſer leibesgefahr. Jn dem
er aber ſich zu rechen gedachte/ kam jhm gelegenheit zu handen/ die Stadt Argos
zu uͤberraſchen/ welche damals durch jnnerliche factiones in zwey hauffen ritte/
deren einer heimlich Pyrrhum, der ander Antigonum, erforderte. Vnd als bey-
G gde Koͤ-
[] de Koͤnige bald bey der handt waren/ bate die Stadt das ſie moͤchte neutral
bleiben/ weil ſie doch keinen von beyden beleydiget. Antigonus gieng ſolches wil-
lig ein/ gab auch ſeinen Sohn zu Geyſel. Pyrrhus aber gab nur worte von ſich/
derhalben wurd er verdaͤchtig. Wie er dann auch folgende Nacht die Stadt v-
berraſchete/ vnd gegen den Tag die meiſten gaſſen einnam. Aber die Burger
wehreten ſich auffs euſſerſte ſo wol auff den Gaſſen alß auß den Heuſern. Da
war ein friſcher Burger der begegnete Pyrrho mit einer Hellepart durch den
Pantzer/ der halben Pyrrhus mit demſelben zu fechten kam. Solchs erſahe von
oben auß dem Hauſe deß Burgers Mutter/ ein gut altes vnd armes Weib/ wie
Plutarchus ſchreibt/ vnd warff mit einem Ziegel hinunder Pyrrho das Genick
entzwey/ das er vom Roß portzelte/ da jhme vollends von den Burgern den Hals
entzwey geſchlagen vnd vom Rumpff gehawen ward. Siehe das war das ende
deß ſtreitbaren Pyrrhi, vnd ſeines vornehmens von Rom/ Sicilien/ Carthagi-
ne \&c.
Das hatte er von aller ſeiner vnruhe/ vonallen ſeinen ſo viel Jahr gefuͤhr
ten Kriegen: Der doch/ wie Plutarchus vnd andere mehr ſchreiben/ an Krie-
gesverſtand vnd Tapfferkeit alle Koͤnige derſelben zeit vbertroffen. Solche ex-
empel ſind in alten vnd newen Hiſtorien genug zu finden. Vnd da es ja jhrer et-
lichen als Julio Cæſari, Hermanrico der Gothen Koͤnig (vmbs Jahr Chri-
ſti 300 vnd etlich) geluͤcket das ſie jhr vorhaben vollfuͤhret/ ſo ſind ſie doch ge-
meiniglich von jhren eygnen Leuten/ vnd ſolchen/ die ſie wol fuͤr die getrewſten
gehalten/ hingerichtet worden.



AusdemPrognoſticodes 1630.
Jahres.


I.
Waruͤmb gibts vffn gebirgen gemeiniglich mehr Schnee
als an niedrigen Orten?


DEr Schnee iſt gleichſam ein ſchaum der Himliſchen
Waſſer/ wie Plinius redet (lib. 17. cap. 2.) Denn er entſtehet daher/ weñ
die feuchten in die Mittler Lufft auffſteigende Duͤnſte von der daſelbſt herrſchen-
den
[] den groſſen kaͤlte zerriſſen vnd gleichſam zerfaſet werden/ eh denn ſie ſich in eine
Regen-Wolcke packen koͤnnen: wenn ſie denn ſo zerfaſet/ werden zugleich die fa-
ſen von der Kaͤlte durchgangen/ das ſie im frieren gantz duͤnne vnd weiß werden.
(ein exempel oder gleichniß ſolches Froſts hat man an duͤnnem holeyſe/ wiewol
daſſelbe noch viel deichter als der Schnee) vnd alſo herunder fallen. Nun ſind
Niedrige oͤrter von natur der Erden jmmerdar etwas warmlechter als bergich-
te/ ſintemal die Niedrigen etwas feuchter/ vnd alſo mehr duͤnſte uͤberſich ſchwi-
tzen/ als das Gebirge: alle duͤnſte aber haben von natur eine waͤrme in ſich. Weñ
nun der Schnee auff die Niedrigungen fellet/ begegnen jhm die auffſteigenden
warmen duͤnſte/ dadurch er wie ein ſchaum vmb ein gut theil einkruͤmpfft/ biß-
weilen auch gantz vnd gar zerſchmiltzt/ eh denn er die Erden erreicht. Welchs
auff Gebirgen alſo nicht geſchicht.


II.
Was iſt das Sternſchieſſen oder Sternfallen
fuͤr ein ding?


ES fellet kein Stern vom Himmel herunder/ wie die einfeltigen jhnen ein-
bilden: denn es einmal von Gott alſo geordnet/ das der Himmel vnzerfal-
len bleiben ſol/ ſo lang dieſe Welt ſtehet/ das iſt biß zum Juͤngſten gericht: ſo
iſts auch nach der Philoſophey alſo beſchaffen/ das kein leichtes ding (derglei-
chen alle Himmliſche Coͤrper ſindt) vnterſich/ kein ſchweres uͤberſich/ ſteigt: zu
geſchweigen/ das nach der Mathematica der kleinſte ſtern/ wenn er herunder fal
len kuͤndte/ das groͤſte Land bedecken wuͤrde. Es iſt auch ſolch Sternſchieſſen
nicht eine reinigung der himmliſchen Coͤrper/ wie es andere dafuͤr halten die da
meinen/ das es daher den Namen Sternſchnautzen habe: denn die himmliſchen
Coͤrper haben kein vnreines in ſich/ das ſie eines putzens beduͤrfften: Vnd iſt das
jenige/ das bißweilen die Ackersleute oder andere im Felde zu finden pflegen/ mit
nichten ein abgefallener Sternputz/ ſondern eine andere vnreinigkeit/ entweder
von Voͤgeln oder ſonſt woher. Sondern das Sternſchieſſen iſt ein angezuͤnde-
ter dampff oben in der Lufft: Das er aber in ſolcher eil dahin fehret/ koͤmpt da-
her/ das der truckne dampff daſelbſt in die lenge geſtreckt ſchwebt/ wie man ein
buͤchſen pulver die lenge hin ſtrewet: Wenn er nun durch das Liecht der himli-
ſchen Sternen oder (welchem ich mehr beyfall gebe) durch die bepreſſung der
vmbſtehenden Kaͤlte entzuͤndet wird/ vergleicht ſich ſeine brunſt einem lauffen-
den fewer/ welchs ebenmaͤßig in einem augenblick auffgehet vnd ein ende nimt.


III.


G g ijWas
[]

Was iſt von den verworffenen Tagen vnd erwehlun-
gen zu halten?


ES iſt nicht ohne/ das eine zeit fuͤr der andern zu gewiſſen ſachen dienlicher
ſey/ wenns in der Natur ſeinen grund hat. Als das man etliche Samen
außſaͤet oder pflantzet oder propffet/ gegen das Newe. Liecht/ etliche gegen das
Volle: daß man zu gewiſſen Sommerszeiten gewiſſe Kraͤuter lieſet. So haben
auch die Medici jhre dies Criticos bey den Kranckheiten/ nach dem Lauff deß
Monden/ Wiewol hievon die Philoſophi vnter einander nicht gar einig/ davon
vielleicht zu anderer zeit.


Aber uͤber dieſe vnnd dergleichen auff natuͤrliche vrſachen gegruͤndete Er-
wehlungen haben die Aberglaͤubiſche Chaldæer vnd Araber viel andere vnge-
gruͤndete ja gottloſe eingefuͤhret/ davon deß Haly, Leupoldi, Guidonis Bonati
vnd anderer alten Autoren Bucher voll ſind/ ja man findet ſie auch wol bey et-
lichen Chriſtlichen Aſtrologis, von denen ſolches etliche Calenderſchreiber ent-
lehnen/ vnd in den Calendern mit gewiſſen Characteren verworffene tage be-
zeichnen. Als inſonderheit die jenigen tage ſind/ ſo man Egyptiſche nennet/ weil
man in dem wahn iſt/ das Gott an denſelben tagen die Egypter geplaget/ vnd
nerwegen die Patienten/ ſo an denſelben tagen bettreiſig worden/ nicht geneſen
werden. Vnd ſind einem jeglichen Roͤmiſchen Monat dergleichen tage zween zu
geordnet/ als dem Januario der 1. vnd 7. dem Februario der 3. vnd 4. dem
Martio der 1. vnd 4. etc. Ja ſie haben auch Klippelverß davon gemacht/ als:


  • Jan. Prima dies menſis \& ſeptima truncat ut enſis.
  • Febr. Quarta ſubit mortem, proſternit tertia ſortem.
  • Mart. Martis prima necat, cujus ſub cuſpide quarta eſt.
  • April, Denus \& undenus eſt mortis vulnere plenus. vnd ſo fortan.

Wer hats aber dieſen Leuten geſagt/ daß es eben dieſelben tage der Plagen ge-
weſen? Wer hat ſie an die Roͤmiſchen Monatstage angefuͤgt? Ja wer hats jh-
nen geſagt/ das von der Zeit/ da ſich die Plagen angefangen/ biß zum endlichen
außgang der Jſraeliten ein gantz Jahr verlauffen? Moſes war Achtzig Jahr
alt/ da er fuͤr Pharao trat/ eh die Plagen anfiengen Exodi 7. v. 7. vnd war mit
den Kindern Jſrael in Egypten 40 Jahr/ wie bekandt/ vnd ſtarb endlich da er
120 Jahr alt war/ Deut. 34. v. 7. Derhalben kan kein Jahr zwiſchen Moſis
Eingang zu Pharao vnd dem Außgang auß Egypten verfloſſen ſein. Summa/
es ſind dieſes alles abergleubiſche vnd in heiliger Schrifft hochverbotene Er-
wehlungen/ deren man ſich billich enthalten ſolte/ davon ich in meinem allerer-
ſten Prognoſtico (vffs 1609 Jahr) mit mehrem geſchrieben.


Warumb
[]

IV.
Warumb der Fruͤhling fuͤr andern Jahreszeiten ins
gemein ſo ſehr windig?


DArumb das im Fruͤhling durch die auffſteigende Sonne der Erdboden/
deſſen pori oder ſchweißloͤcher durch deß Winterskalte verſchloſſen/ gentz-
lich aufftawet/ vnd die auffgeſamleten duͤnſte/ drauß die Winde entſtehen/ als-
dann heuffig von ſich blaͤſet. Jm Winter zwar entſtehen auch offt groſſe ſturm-
winde/ Welchs geſchicht/ wenn die Dunſte etwan durch ein oder mehr loͤcher
der Erden durchbrechen/ vnd alſo deſto grauſamer ſich erheben.


V.
Wie entſtehen hie von den Duͤnſten des Erdbodens
Winde/ da doch in vorigem Cap. geſagt iſt/ das auß den duͤn-
ſten Schnee vnd Regen entſtehe?


ANwort. Nicht allein Schnee vnd Regen vnd Wind/ ſondern auch Few-
erſtralen/ Donner/ Erdbeben/ item die Jrrwiſche/ reiff/ taw etc. entſprin-
get auß duͤnſten deß Erdbodens. Deñ die duͤnſte ſind nicht einerley. Etliche ſind
trucken/ leicht/ vnd zugleich fett: dieſelben fahren hoch uͤber die Wolcken hinauff
vnd wenn ſie ſich allda entzuͤndet/ gibt es fewerſtralen/ ſternſchieſſen etc. Etliche
ſind trucken vnd fett aber nicht ſo leicht: vnd derhalben ſteigen ſie nicht uͤber die
Wolcken/ ſondern werden gleichſam in denſelben beſchloſſen/ vnd wenn ſie ſich
entzuͤndet/ entſteht darauß blitz vnd donner. Etliche ſind trucken/ fett/ vnd noch
ſchwerer/ die ſchweben hienieden diſſeit den Wolcken/ ja gar nahe an der Erden:
vnd wenn ſie ſich entzuͤnden/ entſtehn darauß die Jrrwiſche/ der Alff etc. wiewol
auch der leidige Satan ſich offters in dieſe meteora verkappet.


Widerumb ſind etliche duͤnſte zwar trucken aber nicht fett/ deren die aller-
leichteſten vnd ſubtileſten hoch in die euſſerſte lufft ſteigen/ vnd ſind die jenigen/
die deß Morgens fuͤr tage zum allererſten die Sonn erleuchtet/ daher alſo der tag
anbricht/ materia crepuſculorum in ſupremo aêris ac cœli confinio ab ori-
turo (vel etiam occaſo) Solè illuſtrata.
Andere ſind nicht ſo leicht/ die bleibẽ
zu ruͤck/ etwan im Refier der wolcken/ vnd auß denſelben entſtehen Chaſmata,
item Hoͤfe vmb die Sonn oder vmb den Mond etc. Oder aber ſie koͤnnen in der
Wolcken Revier kein ſtat finden/ ſondern werden von denſelben (oder jhrer noch
nicht gar gepacten materi) wieder zu ruͤck getrieben/ darauß dann Winde ent-
ſtehen/ welche weil ſie hin vnd wieder durchbruͤche ſuchen/ vnd von oben herab
Gg iijgewehret
[] gewehret/ von vnten aber durch jhres gleichen mehr ankommende angefriſcht
werden/ machen ſie offt grauſame rumor in der lufft.


Endlich ſind auch feuchte daͤmpffe/ darauß enſtehet nebel/ taw/ reiff/ oder
wenn ſie hoch ſteigen/ entſtehn drauß Wolcken/ vnd auß denſelben folgig/ regen/
ſchnee/ hagel.


Wenn ſichs aber zutregt/ das ein ort der Erden inwendig viel hole meatus
oder adern hat/ in welchen ſich viel windige ſpiritus oder duͤnſte auffſamlen vnd
keine lufftloͤchlein haben/ dadurch ſie mehlich herauß ſteigen koͤnnen/ brechen ſie
endlich durch mit ſchrecklicher zerſchuͤttung deß Orts: vnd das iſt das Erdbe-
ben. Nihil enim aliud in terra tremor, quàm in nube conitruum, inquit
Plinius lib. 2. cap.
79.


VI.
Warumb bringt vns der Caſſubiſche Wind ſo
offt Regen?


CAſſuben hat dieſes Orts ſo wenig ſchuldt daran/ als im Biſchthumb Erme
landt das Hockerlandt. Denn der Wind hat die Regenwolcken nicht im
Hockerlandt oder in Caßuben auffgejaget/ ſondern er hat ſie weit uͤbers Meer
hergebracht. Der Weſtwind ſage ich koͤmpt uͤber die Spaniſche groſſe See her/
vnd folgig uͤber Engellandt vnd das Belthiſche Meer/ da er auß der menge der
Waſſer noch heuffiger befeuchtet wird/ vnd alſo feuchte Wolcken mit ſich her-
fuͤhret/ welche dann durch die waͤrme/ ſo vom feſten Lande jhnen entgegen ſtei-
get/ reſolviret werden vnd regen geben.


VII.
Warumb regnet aber der Nordenwindt nicht ſo offt/ da
er doch auch uͤber Meer herkoͤmpt?


ERſtlich iſt der Nordenwindt/ als der auß den kalten Nordenlaͤndern ſich ge
ſamlet/ fuͤr allen andern von natur ſehr kalt vnd trucken. Darnach koͤmpt er
uͤber ſo ein weites Meer nicht anher/ wie der Weſtwindt: kan demnach lang
nicht ſo viel feuchte duͤnſte an ſich nehmen. Vnd dann/ da er gleich etliche feuch-
tigkeit auffgeſchoͤpfft/ wohnen wir hie doch nah am Meer/ da jhm noch wenig
oder keine waͤrme vom feſten Lande entgegen geſchlagen/ durch welcher auffſtei-
genden waͤrme drangſal die Regenwolcken gleichſam gepreſſet werden/ das ſie re-
gen geben.


VIII.


War-
[]

Warumb iſt das Regenwaſſer den pflantzen vnnd Erd-
fruͤchten gedeylicher als ander gemein Waſſer?


DArumb das dort oben die geſamleten Duͤnſte vnd Regenwolcken von der
lebhafften Sonnenwaͤrme geleutert/ durchwircket vnd gleichſam durch ko-
chet worden: dadurch ſie dañ von der Soñen eine eingepflantzte lebhafft krafft em-
pfangen/ vñ dieſelbe dem Erdreich vnd allem gewaͤchſe mittheilen. Dieſes aber iſt
zuverſtehen von ſanfften Regen vnd nicht von Platzregen. Denn die Platzregen
entſtehen auß groben duͤnſten/ ſo von der Sonnen noch nicht gnugſam durchge-
arbeitet/ vnnd alſo deſto weniger waͤrme in ſich haben/ ſondern viel mehr eine
ſchaͤdliche kaͤlte/ welche dann der Natur aller gewaͤchſe vnd lebhafften Creaturẽ
zu wieder. Zu dem ſchlagen auch die groſſen tropffen offtmals daß zarte gewaͤchß
gar darnieder/ das es ſich ſo leicht nicht wieder erholen kan.


IX.
Was iſt von den Wunder Regen vngewoͤhnlicher dinge/
als von Blutregen/ Milch-Froͤſche-Fiſche-Schwefel-
regen etc. zu halten?


OB wol nicht ohn/ daß man vieler ſolcher Regen keine Natuͤrliche vrſach ge-
ben koͤnne/ ſondern fuͤr Wunderzeichen entweder deß Allmaͤchtigen Gottes
oder aber auch deß Teuffels (der in der lufft herrſchet/ zun Epheſ. 2.) halten muſ-
ſe: So finden ſich dennoch bißweilen etlicher vrſachen auch in der Natur. Zum
exempel/ wenn ſichs zutregt/ das die Sonn vnrein mit morichter Erd beh afftete
duͤnſte hinauff zeucht/ vnd dieſelben durch kochet/ ſo iſts nicht vnnatuͤrlich/ das ſie
dadurch eine rotlechte farbe bekommen/ gleich wie bey einem Febricitanten der
harn durch uͤbermaͤßige hitz rot geferbet/ oder gleich wie gemein waſſer durch A-
ſche gelaſſe zu einer rotlechten lauge wird. Jtem/ wenn feiſte ſchwefelichte daͤm-
pffe (von dergleichen der Donner entſtehet) hinauff ziehen/ vnd ehe dann ſie in
der wolcken eingepackt werden/ mit reſolvirung derſelben Wolcken zugleich mit
dem regen ſo zerſtrewet herunder fallen/ verſtehet man wol/ das ein ſolcher ſchwe-
felregen nicht vnnatuͤrlich ſey. Dieſe meine meinung vom ſchwefelregẽ vergewiſ-
ſert das groſſe Wetter Anno 1616 den 25 Maij newes Calenders. Denn auff
denſelben Abend war hie zu Dantzig von 10 biß 11 Vhr ein ſtarckes Wetter mit
blitz vnd donner/ regnete auch wol/ aber hoͤrete ſambt dem Wetter auff. Folgen-
den Morgen fandt man inn vnd auſſer der Stadt an vielen orten Schwefel/ nit
allein klein wie ſtaub zermalmet (das die rinn ſtein vnd pfuͤtzen gar blaw waren/
vnd das auffgeſchoͤbffte waſſer gar ſchwefelicht roche) ſondern auch koͤrnichte
ſtuͤck
[] ſtuͤcklein: daher man erachtete/ das es die vorige nacht ſchwefel geregnet. Jch
machte mir ſtracks damals die gedancken/ daß es eine meteria fulminea were/
die das Donnerfewr nicht ergriffen/ ſondern ſo vngezuͤndet mit dem ſchlage auß
der Wolcken herunder geworffen/ nicht anderſt als wenn in einem ſtuͤck geſchuͤtz
das fewr bißweilen nicht alles Kraut entzuͤndet/ ſondern deſſelben ein theil vnge-
zuͤndet mit dem entzuͤndeten zugleich herauß ſchlegt.


Von froͤſche-fiſche-vnd gewuͤrm Regen haltens etliche Gelarten gentzlich
dafuͤr/ das dieſelben nicht mit dem Regen herunder kommen/ ſondern durch den
Regen gereitzet auß den Waſſern vnd der Erden als nach einer erquickung ſich
hauffenweiſe herfuͤr thun/ Wie dann bewuſt/ das wenn nach etlicher tage hitze
ein friſcher Regen erfolgt/ die Fiſche auß der Tieffe ſich in die hoͤhe begeben/ vnd
mit vieler freudenſchwaͤntzung bezeugen/ wie lieb vnd angenem jhnen folches lab-
ſal vnd erfriſchung jhrer wohnung ſey. Nichts aber deſto minder doͤrfft ich dane-
ben wol glaͤuben/ das die Sonn in auffziehung der daͤmpffe zuweilen auch et-
was Fiſch-oder Pogenleeche mit hinauff ziehe/ welche ſie dann dort oben in den
Wolcken wie hie nieden in Waſſern durch arbeitet/ das darauß junge froͤſchlein
oder fiſchlein etc. generiret vnd mit aufloͤſung der Wolcken vnd außſchuͤttung
deß regens herunder kommen/ ſalve Phyſicorum judicio. Wer da glaͤuben kan
was etliche ſchreiben/ das nemlich in den Wolcken aus jrrdiſcher hinauff gezo-
gener materi wol ſteine koͤnnen coaguliret werden/ vnd von dannen herunder
regnen/ Der wird auch leicht meiner meinung von Froͤſchen vnd Fiſchen ſtat ge-
ben. Das es offt ſteine geregnet (es ſey nun natuͤrlich oder uͤbernatuͤrlich gewe-
ſen) findet man im Livio gar offt. Man findet auch in Hiſtorien/ das etwan e-
ben groſſe ſteine ſollen auß der Lufft gefallen ſein: als der jenige/ wie ein Fuhrwa-
gen groß/ ſo in Griechenlandt fuͤrm groſſen Kriege bey dem fluß Ægos herunder
gefallen/ davon Plinius lib. 2. c. 58. Ariſt. 1. Meteor. c. 7. vnd Laert. in Anaxa-
gora.
Jtem die drey/ einer von 20/ der ander von 60/ der dritte von 160 pfundẽ/
die Anno 1511 in Lombardien ſollen herunder gefallen ſein/ wie Auguſtinus
Niphus (in Comment. ſuper Meteor, Ariſt.)
ſchreibt. Vnd noch andere
drey/ die in Thracien gefallen/ das Jahr/ in welchem Attila die Stadt Aquile-
jam eingenommen (Anno Chriſti 452) wie Marcellinus Comes in ſeinem
Chronico meldet Indict. 5. Aſporatio \& Herculano Coſs, Aber ſolche groſſe
Steine koͤnnen mit nichten in den Wolcken generiret werden/ ſondern ſind ent-
weder uͤbernatuͤrlich/ oder aber werden durch groſſe Windbrauß von hohen fel-
ſen herunder geriſſen: Wie dann vom erſten Ariſtoteles außdruͤcklich bezeuget/
daß er von einem ſturmwind in die Lufft erhaben vnd dahin gefuͤhret: auch Ni-
phus
ſchreibt/ das die tage/ da die 3 in Lombardien gefallen/ ein vnerhoͤrter ſturm
geweſen
[] geweſen. Vnd ich halte wol/ das Anaxagoras an einem hohen Felſen ein loſes
partickel obſerviret, vnd den Leuten vorauß geſagt/ das in kurtzem (ſo bald nem
lich ein mechtiger Wind entſtuͤnde) ein groſſer Stein der Orter herab fallen
wuͤrde. Daher hernacher die Rede gangen/ daß er prognoſticiret hette/ es wuͤr-
de ein groſſer Stein vom himmel/ vnd zwar auß der Sonnen/ herab fallen/ wie
Plinius vnd Laêrtius an allegirten orten ſchreiben. Ja die Fabel iſt ſo gewach-
ſen/ das andere nach ſeinem Tode geſchrieben/ Er hette es dafuͤr gehalten/ das der
gantze Himmel ſteinern were.


Es bedeuten aber ſolche gar uͤbernatuͤrliche Regen oder Abfaͤlle ſtets was
newes/ wie ich mit vielen Hiſtorien beweiſen koͤnte/ wenns nicht zu weitleuffig
wuͤrde. Jch wil nur mit dreyen worten die 3 Exempel der abgefallenen ſteine ein-
fuͤhren. Eben am fluß Ægos, da der Stein nach Anaxogore vorſagen herab
gefallen/ wurden wenig Jahr hernach die Athenienſer von den Spartanern auffs
haubt erlegt/ jhre Stadt darauff belagert/ auffgegeben/ jhre Mauren geſchleifft/
vñ die gantze Policey vmbgekehret. Anno Chriſti 452 vñ das folgende nam At-
tila
ein gut theil Jtalien ein. Anno 1511 geſchahe die verbuͤndniß zwiſchen dem
Bapſt/ Koͤnig in Caſtilien/ Venedigern vnd Schweitzern gegenſt den Koͤnig in
Franckreich/ vnd gieng ein blutiger Krieg ſo wol in Jtalien als in Franckreich
(wegen einfalls der Engellaͤnder) an. Mehr Exempel einzufuͤhren wuͤrde/ wie
geſagt/ zu weitleufftg.


X.
Wie koͤmpts/ das/ da die vier Jahreszeiten/ wie im Ein-
gang dieſes Prognoſtici berichtet/ nach 4 gleichen vierdparten der
Sonnenſtraß eingetheilet/ dennoch die zeit derſelben Jahreszeiten ſo vngleich/
wie in jeglichem Capitel zu ſehen/ da nemlich der Winter keine ſtund uͤber 89 ta-
ge lang iſt/ das Vor Jahr aber faſt 4 ſtunden uͤber 93 tage/ der Som-
mer noch 10 ſtunden lenger/ der Herbſt wiederumb noch
nicht neuntzigſte halb tag iſt?


DJe vier vierdeparte der Sonnenſtraſſe ſind zwar gantz gleich: aber die Soñ
von dero Lauff durch dieſelbe ſtraſſe die Jahreszeiten herruͤhren/ verharret
in einem vierdpart lenger als im andern. Vnd ſolchs nicht daher/ dz der Sonnen
lauff vngleich/ oder in warheit zu einer zeit geſchwinder denn zur andern/ ſondern
daher/ daß das Mittelpunct oder Centrum jhres Lauffs oder Zirckels nicht hie
bey vns auff erdẽ ſondern weit von hinnen iſt/ nemlich hoch in der lufft/ faſt halb
ſo weit als der Mond von der Erden iſt/ gegen dem Sommertheil deß Him̃els/
da nemlich die Zwillingsſternen/ geſtrecket. So lang nun die Sonn in dem ho-
H hhen
[] hen Refier leufft/ ſcheint ſie vns eccentricis langſam fortgehen: hingegen im
Wintertheil/ da ſie vns duppelt ſo viel neher/ ſcheint ſie deſto geſchwinder fort-
lauffen. Denn was weit abgelegen/ ſcheint langſamer bewegt werden: was nah
gelegen/ ſcheint geſchwinder bewegt werden. Solchen Sonnenlauff hab ich ſchõ
Anno 1617 in einer beſondern Figur erklaͤret: welche ich hie nicht widerholen
mag/ damit es nicht das anſehen habe/ als wuͤſte ich mein Prognoſticon nicht
zu fuͤllen/ ich muͤſte dann wieder herfuͤr holen/ was ich ſchon vorhin einmal zur
bahn gebracht.


XI.
Weil der Erdboden auß Waſſer vnd Trocken zuſammen
beſtehet/ welchs iſt nun mehr/ deß Waſſers oder deß Trocken?


WAs die ſuperficiem vnd oberſtaͤche rings vmb belanget/ weiſẽ die Welt-
karten/ ſo auff gute erkuͤndigung gegruͤndet/ auß/ das deß Trockenen ja
ſo viel als des waſſers. Wil man aber die Corpulentz vnd gantze maſſam betrach
ten/ ſo wird ſich des Waſſers nicht das zehnde/ ja nicht das hunderſte/ part ſo viel
finden als deß Trocknen. Jm vierden Buch Eßdræ am 6. Cap. ſtehn im 42 verß
dieſe worte: Du haſt am dritten tage (der Schoͤpffung) den Waſſern geboten/
das ſie ſich verſamleten in das ſiebende theil der Erden/ Sechs theil aber der Er-
den haſtu trucken behalten/ etc. vnd im 47. verß: Du haſt am fuͤnfften tage dem
ſiebenden part/ allda daß Waſſer verſamlet war/ geboten/ das es lebendige Thie-
re/ nemlich Fiſche vnd Gevoͤgel/ herfuͤr brechte: vnd es geſchach alſo. Aber/ wie
geſagt/ es wird nicht das hunderſte part ſein. Solchs aber zu beweiſẽ/ muͤſſen wir
vns erſtlich/ ſo viel wir koͤnnen/ der Tieffe deß Meers erkuͤndigen. Julius Scali-
ger,
der hochberuͤhmte Philoſophus, ſchreibet Exercit. 38. das deß Meeres Tief-
fe ſelten uͤber 80 paſſus (das ſind 400 Roͤmiſche ſchu/ ohn gefehr 80 Klaffter)
ſich erſtrecke/ zum allerhoͤchſten vnnd an gar wenig orten komme es an hundert
Klaffter. Es befindet ſich aber in der erfahrung viel tieffer. Vnd ſchreibt ſchon
Plinius lib. 2. cap. 102, daß das ſchwartze Meer an einem ort gantz vnergruͤndlich
ſey: daſſelbe ſchreibt er auch lib. 6. cap. 22. von einem ort pey der Jnſel Tapro-
bana
oder Sumatra. Olaus Magnus lib. 2. cap. 12. darff wol ſagen/ das bey etli-
chen Klippen in Norwegen das Meer ſo tieff ſey/ das mans mit keinem bley-
wurff ergruͤnden koͤnne/ weñ man gleich ſo viel ſchnuͤre dran ſetzte/ als ein groſſes
Schiff laden moͤchte/ funibus, ſagt er/ quantis repleri poſit navis ingentiſſi-
ma,
Aber ſolche freygebigkeit iſt bey dieſem Scribenten nicht ſeltẽ. Was er ſonſtẽ
von vnerforſchlichen abgruͤnden etlicher Waſſer auff Bornholm vnd in Schwe-
den daſelbſt ſchreibt/ hat ſeine maaß. Vnd finden ſich ſolcher Orter auch in an-
dern
[] dern Landen/ wie dann vorhin ſchon gedacht: Alſo das es wol gleublich daß biß
weilẽ tieffe adern auß einem Meer ins andere gehen/ wie mans inſonderheit von
dem Mari Caſpio dafuͤr helt. Jch wil aber auch was freygebig ſein/ (vnd ſolchs
darumb/ auff das mein beweiß/ ſo folget/ deſto krefftiger ſey) vnnd wiewol die
meiſten Geographi es dafuͤr halten/ das die groͤſte Tieffe deß Meeres ohngefehr
ſich mit der groͤſten hoͤhe der Berge ſich vergleiche (dieſelbe hoͤhe aber hab ich im
Progn. vffs 1624. Jahr bewieſen/ das ſie bleyrecht keine deutſche meile erreiche)
ſo wil ich ſie doch nit allein duppelt ſondern wol 5 mal ſo groß ſetzen. Vnd ſtelle
nun eine ſolche Rechnung an. Die ganße Circumferentz oder vmbkreiß deß
Erdbodens iſt 5400 deutſcher meilen/ vnd die gantze dicke oder diameter iſt 17-
20 deutſcher meilen/ wie ſolchs nicht allein von allen erfahrnen Geographis vñ
Aſtronomis auß der variation der Polus hoͤhe fuͤrbekandt angenommen wird/
ſondern auch fuͤr wenig Jahren in meinem Reſcripto wieder Nagelium durch
eine newe maaß vnd obſervation beſtettigt iſt. Darauß folgt (multipl. ſemi-
diam. in ſemicircumfe) area circuli maximi
2322000 quadratmeilen: die-
ſelben mit 4 multiplicirt zeigen an den gantzen plan oder oberflaͤche ringsvmb
den Erdboden 9288000 quadratmeilen: deſſen ſechſtpart/ nemlich 1548000/
multiplicirt durch diametrum 1720/ thut 2662560000 Cubiſche meilen/ das
iſt/ ſo viel wuͤrffelicht geſtalte ſtuͤcke/ deren jedes eine meile lang/ eine meile breit/
vnd eine meil hoch iſt. Vnd das iſt die Corpulentz oder groͤſſe deß gantzen Erdbo-
dens mit Waſſer vnd Trocken. Nun weiter: die ſuperficies deß Erdbodens iſt
9288000 gevierdte meilen/ davon iſt ohngefehr die helfft Waſſer/ wie oben auß
den Weltkarten angezeigt/ thut 4644000 gevierdte meilen. Dieſelben (ob
gleich Geometriſch die maß zu betrachten/ dort vnten der grund deß Meers
nicht ſo groß als oben) mit der Tieffe 5 meilen multiplicirt geben die gantze
Corpulentz deß Waſſers 23220000 Cubicmeilen. Das iſt aber kaum das 114-
de part deß gantzen Erdbodens. [Denn das zur Rechnung nur das Meer vnd
nicht auch die Fluͤſſer vnd andere innlaͤndige waſſer mitgenommen/ hat nichts
auff ſich/ vnd iſt dagegen ſo groſſe tieffe deß Meers angenom̃en/ das die uͤbermaß
wol 1000 mal ſo viel waſſers hat/ als alle innlaͤndige Waſſer.] Oder wil man
die Rechnung vnd comparation per 18. XII. Euclidis anſtellen/ ſo findet ſich der
cubus deß gantzen diametri terrenæ 5088448000/ der Cubus aber diametri,
ſo 10 meilen weniger hat (von jeglichem ende 5 meilen abgenommen) 5000-
21000: mangeln alſo 88237000/ davon die helfft nemlich 44113500 noch
zum kleinern Cubo gehoͤrig/ die andere helfft allererſt iſt die proportz deß waſſers
(vmb das die 5 meilen tieffe vmb den gantzen Erdboden/ oder ſeines diametri
cubum,
nur halb waſſer ſind) Alſo iſt die proportz deß waſſers 44113500/ die
H h ijpro-
[] proportz deß Trocken aber 5044324500/ nemlich wie 1 gegen 114 ohngefehr.
Ja weñ man gleich nicht allein 5 nicht allein 10 meilen ſondern auch gar ein ze-
hendpart deßgantzen diametri, das iſt/ \frac{1}{20} deß halben diametri, zur tieffe deß
Meers neme/ vñ die gantze ſuperficiem deß Erdbodens ſambt derſelbẽ angenom
menen Tieffe fuͤr lauter Waſſer rechnete/ ſo wuͤrdedoch daſſelbe ſo uͤbermaͤßig
angenom̃ene Waſſer noch lang nicht die helffte deß Trocknen Reſts erreichen.
Cubus enim diametri 1 ſive 10/ eſt 1000: cubus 9/ eſt 729. differentia 271.
Das iſt die proportz deß waſſers/ vnd 729 die proportz deß Trockenen.


Wo wollen nun die jenigen Peripatetici bleiben/ welche auß einem bey dẽ
haaren dazu gezogenem orte Ariſtotelis (2. De Generat. text. 37.) jhnen traͤu-
men laſſen/ es ſein die 4 Element in continua proportione decupla erſchaffen?
alſo nemlich/ daß deß waſſers 10 mal ſo viel ſey/ als der Erden iſt/ der Lufft 10
mal ſo viel als deß waſſers/ vnd des Fewers (welches die Schola Ariſtotelica
dort oben zwiſchen die Lufft vnd den Him̃el loſiret) 10 mal ſo viel als der Lufft.
Ja wo wollen die bleiben/ ſo da vollends fantaſiren/ das die proportio decupla
von den dicken der Elementen zuverſtehen ſey/ ſo daß das Waſſer 10 mal ſo iieff
als ſemidiameter der Erden/ die Lufft 10 mal ſo tieff oder hoch als das waſſer/
das Fewr 10 mal ſo hoch als die Lufft? Nach dieſer Fantaſey weren zwiſchen
dem vnterſten Himmel vnd vns gantzer 110 ſemidiametri terræ (nemlich 10
biß zum fewr/ vnd dann 10 mal 10 biß zum Himmel) vnd wuͤrde demnach der
Mond (als welcher nimmer 60 ſemidiam. terræ von vns ſtehet) nicht im Him
mel ſondern im Element deß fewers ſeine wohnung haben muͤſſen. Derhalben
die Mathematici wie auch etliche Phiſici dieſe traͤume (ſambt derſelben ſtelle deß
fewrigen Elements) billich fahren laſſen. Die Lufft kan hoͤher nicht ſein/ als ſo
hoch die allerleichteſten daͤmpffe oder exhalationes auffſteigen/ ſintemal keine
vrſach kan gegeben werden/ warumb ſie im Mittel der Lufft muͤſten behengen
bleiben/ vnd nicht viel mehr biß an den boden oder gewelb deß Himmels ſteigen
ſolten/ ſintemal ſie nicht feucht vnd ſchwer/ wie die Wolcken/ auch nicht fett vnd
grob/ wie die materia meteororum ignitorum. Nun iſt von den Mathemati-
cis
auß Geometriſchen vnd Optiſchen gruͤnden gnugſam erwieſen/ das die aller
leichteſten ſubtileſten daͤmpffe hoͤher nicht als 13 deutſcher meilen (vnnd noch
kaum ſo hoch) auffſteigen: derhalben auch die Lufft nicht hoͤher ſein kan. Da-
von ich vor Jahren einmal mehr geredet.


XII.
Muthmaſſung in gemein/ von Sonnen-
Finſterniſſen:


Solche
[]

SOlche muthmaſſung/ in gegenwertigem handel/ ſo viel ſichs natuͤrlich thũ
leſſet/ recht anzuſtellen/ erinnere man ſich anfenglich deſſen/ was ich offt-
mals von wirckung der Himmelskraͤfften/ die ſich in dieſe niedere Welt erſtre-
cket/ geſchrieben/ ſo wol ins gemein/ das nemlich die Aſpectus oder configura-
tiones lucis Geometricę
dieſe niedere Welt mehr denn andere beleuchtung
afficiren vnd bewegen/ als auch in ſpecie, von Finſterniſſen/ das nemlich alle
Creaturen der niedern Welt dieſelben occulto quodam contactu warhaff-
tig vnd krefftig empfinden/ ſo das ſie auch ſehr drob alteriret werden/ Sonder-
lich aber ob Finſterniſſen der Sonnen/ als ſeltener vnd vngewohnter dinge.
[Der Mondfinſterniſſen iſt die Natur baß gewohnt/ ſintemal ſie des Monden
ab vnd zunehmen ordentlich alle Monat empfindet: Aber der Sonnen ab vnd
zunehmen koͤmpt jhr frembd vor.] Wie man dann Exempel in Hiſtorien fin-
det/ das in groſſen Sonnenfinſterniſſen auch vnvernuͤnfftige Thiere ſich ent-
ſetzt/ die Voͤgel auß den luͤfften gefallen etc. Wenn nun die Natur ſolche inner-
liche bewegungen angegriffen/ ſo ſchlagen alsdann andere Himmliſche Liecht-
ſtralen dazu/ vnd koͤnnen in den beſtuͤrtzten Naturen deſto mehr wircken vnd de-
roſelben mechtig ſein/ Alſo das offtmals ein Menſch alſo afficiret etwas vor-
nimt/ welchs er ſonſten wol vnterlaſſen hette/ oder auch vnterleſſet/ welchs er ſon
ſten wol hette ins werck geſtellet. Vnd daher/ wenn das ſubjectum operatio-
nis
eine Ambtsperſon/ entſtehen offtmals vnverhoffte verenderung/ zu fried o-
der vnruh/ nach dem die humores im ſelben ſubjecto diſponiret. Was von
deß Menſchen bewegung geſagt/ das gilt nun auch von andern ſo wol lebhaff-
ten als vnlebhafften Creaturen/ jeglichs analogicè nach ſeiner Art zuverſtehen/
Ob wir gleich ſolche bewegung nicht allezeit an jeglichem dinge gewar werden:
Wiewol es offtmals an der lufft gar wol zu ſpuͤren etc.



Aus demPrognoſticodeſz 1631.
Jahres.


I.
Was des Monds Quartiere beym Gewitter wircken/
vnd warumb ins gemein das Gewitter nach den
Quartieren geſetzt werde?


[]

WAn helts zwar dafuͤr/ das ſich das Gewitter gemei-
niglich verendere nach verenderung der Mondquartiere. Ja etliche von
den Alten haben wol aus dem dritten vnd vierden tage nach dem New Mond
von der Witterung des gantzen Monden judiciret, wie der alte Klippel verß lau-
tet: Tertia, quarta, qualis, tota eſt conjunctio talis. Aber ſolchs wiederlegen
nicht allein die Erfahrung/ ſondern auch die natuͤrlichen rationes vnd vrſachen.
Denn die verenderung der Mondquartieren oder die phaſes, nemlich/ New-
Mond/ Voll Mond/ Erſte vnd Letzte Viertel etc. ſind Wercke der Aſpecten deß
☽ vnd der ☉/ nemlich ☌/ ☍/ □. Weil nun der ☽ in ſeinem lauff vnter al-
len ſternen der geſchwindeſte/ ſo das er in tag vnd nacht faſt ein halb himmliſch
Zeichen durchſtreichet/ folgts das auch ſeine aſpectus bald fuͤruͤber gehen/ vnnd
jhre wirckung lang nicht ſo krefftig vnd ſtandhafftig in dieſe niedere Welt ein-
drucken koͤnnen/ als die Aſpecten der andern Planeten. Gleich wie die Sonnen-
ſtralen durch eine fewrbrill nicht zuͤnden/ wenn die brill bald von einem ort zum
andern verruckt wird/ ſondern wenn ſie ſtill gehalten oder ja gar langſam fortge-
ruckt wird/ alsdann zuͤndet die Sonn.


Man kan zwar aus anſchawung des Monden Coͤrpers muthwaſſen von
klarem oder vnklarem Wetter etc. Zum exempel/ wenn des Mondenhoͤrner fein
ſpitzig/ vnd der Mond vmb vnd vmb rein vnd klar iſt/ bedeutet es huͤbſch klar wet-
ter: ſind aber die Hoͤrner ſtumpff/ vnd iſt der Mond herumb vnklar/ oder hat er
einen Hoff vmb ſich/ ſo bedeutet es windt/ vnſtet/ feucht/ etc. Aber das hat ſeinen
beſcheidt/ vnd richtet ſich nicht nach den Quartieren/ ſondern zu welcher zeit die
vnklarheit oder Hoff vmb den ☽ geſehen wird/ zur ſelben zeit (es ſey in oder
zwiſchen den Ouartieren) ſind die daͤmpffe in der Lufft verhanden/ aus welchen
allernechſt hernach gemeiniglich Windt/ oder Feucht wetter entſtehet.


Das denn etliche Aſtrologi das Gewitter nach den Mondquartieren ſe-
tzen/ geſchicht dem gemeinen Mann zu gefallen/ als welcher gewohnet ſeine muht
maſſung vom Gewitter nach dem Monſch ein auszutheilen. Nichts deſto minder
findet man offt im Calender/ das die verenderung des Gewitters nicht eben im
New-oder Voll Mond oder mit dem erſten oder letzten viertel/ ſondern auch in
den mitteltagen angezeigt wird. Woraus abzumercken/ das der Autor des Ca-
lenders ſich nicht nach dem Monſchein richten/ ſondern ſein judicium auff et-
was anders bawen muß.


II.
Wie koͤmpts/ das der Froſt/ wenn die Sonn wil auffgehn/
hefftiger ſchneidet/ als vor tage?


[]

JN der nacht war die Kelte uͤber den gantzen horizont ausgebreitet vnd zer-
ſtrewet. Wenn aber die Sonn ſich zum auffgang nahet/ ſo treiben jhre ſtra
len die Kelte fuͤr ſich her/ Die Kelte aber/ jhrem Feinde zu wiederſtreben/ helt
vnd packt ſich gleichſam zuſammen/ vnd wehret ſich ſo lang ſie kan/ dadurch ſie de
ſto krefftiger vnd hefftiger iſt/ biß ſie endlich der Sonnen weichen muß. Eben
wie im Sommer die Kelte ſich fuͤr der Waͤrme in die Kirchen vnd Keller ver-
kreucht vnd ſich da zuſammen helt: Vnd wenn die Sommer Sonn durch ein
groß loch oder durch eine groſſe thuͤr in ein Gewelb oder Keller ſcheint/ ſo man
aldan fuͤr ein ander lufft loch deſſelben Kellers tritt/ wird man die Kelte daſelbſt
wehr empfinden/ als drinnen im Keller oder Gewelb ſelbſten.


III.
Sind die Doñerſchlaͤge im Winter dieſer Lande ſchlechts
uͤbernatuͤrlich zu halten?


JCh ſage/ dieſer Lande: Denn in Jtalien vnd andern warmen Laͤndern hat
man des Winters (welcher daſelbſten gar gelind/ vnd offt nicht vnſerm
Herbſt zuvergleichen) ja ſo viel Donner/ wo nicht mehr/ als des Sommers. A-
ber in Deutſchlandt/ ſonderlich nach der Weſt-vnd Oſt See/ Jtem weiter
Nordwerts hin/ iſt der Donner des Winters gar ſeltzam/ vnd wird fuͤr ein uͤber-
natuͤrlich ding geachtet. Er kan aber bißweilen auch wol aus natuͤrlichen vrſachẽ
entſtehen/ Wenn nemlich der Winter ſchlapp/ das die pori oder ſchweißloͤcher
des Erdbodens durch Kelte nicht verſchloſſen/ ſondern ſchwefelichte daͤmffe koͤn-
nen von ſich geben: Oder auch/ wenn vorhergehenden Herbſt die ſchwefelichten
daͤmpffe in der Lufft ſich ſo heuffig geſamlet/ vnd dennoch wegen zaͤheit nicht ſo
bald in den Wolcken haben koͤnnen zur entzuͤndung præpariret vnd zugeſchickt
werden/ Alſo das die entzuͤndung ſich biß in den Winter verzeucht: Oder/ es
koͤnnen auch Wolcken mit eingeſchloſſener Donner materi durch winde aus
warmen Landen zu vns her getrieben vnd endlich die materi per antiperiſtaſin
frigoris,
wie die Phyſici reden/ in der Wolcken entzuͤndet werden.


IV.
Ob nicht dadurch diehypotheſis Copernicidas nemlich
nicht die Sonn innerhalb Jahres friſt vmb die Erde/ ſondern
die Erde vmb die Sonn herumb lauffe/ zu ſcheitern gehe?


DEnn weil es Copernicus nach der Pythagoriſchen Philoſophia dafuͤr
helt/ das die Sonn/ als der Brun alles Lichts vnd aller Bewegnng/ das
Mittel
[] Mittel der Welt einhabe/ vnd wir ſambt dem Erdboden viel tauſend meilen von
dannen herumb fahren/ Damit nun nicht die in commoda oder abſurda draus
folgten/ welche in den libris ſphæricis angezeigt werden (wenn die Erde nicht
ſolte im Mittel der Welt ſein) hat er zugleich geſetzt/ das die gantze abgelegenheit
der Sonnen von der Erden gegẽ der abgelegenheit des Firmaments (da die Stel
læ fixæ
) gar nichts zu bedeuten habe/ das iſt/ wie wir reden/ das der gantze Son-
nenhimmel mit allem was drinnen iſt/ (drinnen begriffen der Erdboden/ die Lufft
des Monds Himmel/ wie auch ein theil des Refiers Mercurii vnnd Veneris)
nichts zu rechnen ſey gegen dem Firmament. Solches nun zu erhalten hat man
ferner ein faſt vnſaͤgliches ſpacium zwiſchen Saturno (als dem oberſten Plane-
ten) vnd den Stellis fixis oder dem Firmament ſetzen muͤſſen/ alſo das nach Kepp
leri
rechnung das gantze Syſtema Planerarium (deſſen diametsr 11. mal ſo
groß als der diameter des Sonnen Himmels) außm Firmament kaum 3. mi-
nuten groß ſcheinen ſolte/ das iſt kaum das zehende theil ſo groß als von hinnen
der Sonnen Coͤrper ſcheinet: vnnd das die Sonne von dort außm Firmament
kaum 6 tertia groß ſcheint/ das iſt kaum das ſechshunderſte part eines minuten/
oder das 18000ſte theil deſſen das ſie jtzo von hinnen ſcheint. Der Sonnen brei-
te wenn ſie in die hoͤhe koͤmpt/ ſcheint nach Geometriſcher rechnung (da ein gan
tzer Himmelszirckel/ vnd alſo auch der Sonnen vmblauff in 360 grad abgetheilt
wird) eines halben grads groß/ oder nach gemeiner Landtmaſſe etwan einer hal-
ben elen groß. Eine halbe ele hat 12 Zoll. Wenn man nun gleich jeglichen Zoll
in 1000 theil kuͤndte abtheilen/ wuͤrde doch der Sonnen Breite nach geſagter
rechnung/ noch nicht ſo groß außm Firmament ſcheinen/ als derſelben 1000
parthen Eins. Vnd were es wol ſo groß als die euſſerſte ſpitz der allerſcherffſten
Nadel? Oder were es wol zu ſehen muͤglich? Vnd gleichwol ſagt Copernicus
lib. 1. c.
10. das die Sonne daruͤmb mitten in die Welt geſetzt ſey/ ut inde To-
tum illuminet.


Aber ich laſſe diß bleiben/ vnd wil beſehen/ wie groß doch wol ein ſtern deß
Firmaments nach den geſagten hypotheſibus ſein moͤge. Kepplerus pag. 498.
Epitom. Aſtron.
ſchreibet (das die ſternen des Firmaments durch ein perfectes
Ferngeſicht angeſehen nur wie bloſſe puncta ſcheinen/ die keine breite oder groͤſſe
haben. Das iſt aber den obſervationibus Galilæi zu wieder/ als der da aus-
druͤcklich in Nuncio Sidereo bezeuget/ das zwar das Ferngeſicht den ſternen die
ausgebreiteten ſtralen beneme/ aber dennoch jhre globulos oder Coͤrper an ſich
ſelbſt vmb etwas vergroͤßere: alſo das ein Stern der fuͤnfften oder ſechſten groͤſ-
ſe durchs Ferngeſicht ſcheine/ wie ſonſten durchs natuͤrliche Geſicht ein Stern
der erſten Groͤſſe. Vnd weil durchs natuͤrliche Geſicht ſechs oder ſiebenerley vn-
terſcheidt
[] terſcheidt der Sternen groͤſſe erſcheinen/ Wie ſolten ſie durchs Ferngeſicht alle
durch einander nur wie puncta ſcheinen? Hat doch Galilæus vnnd andere
durchs Ferngeſicht noch anderer Sternen 6 vnterſcheidt oder Groͤſſen erſehen/
die man ſonſten mit natuͤrlichem geſicht nicht erkennen kan? Derwegen man
freylich den Sternen einen apparentem diametrum auch durchs Ferngeſicht
zulaſſen muß. Jch wil aber nur ein kleines Sternlein annemen/ nemlich deſſen
diameter nur das vierde part eines minuten/ das iſt das 120ſte part der Son-
nen (oder ohngefehr ein zehndpart eines Zolls) innhelt: vnd weil nach Kepp-
leri
rechnung (pag. 492. Aſtr. Epit.) von hinnen biß ans Firmament Sexcen-
ties centena millia (60000000) ſemidiametrorum Terræ
ſeind/ gibt die
Rechnung das eines ſolchen Sternleins warer diameter 2181 diametros des
Erdbodens halte (den bruch laß ich fahren) Nun helt auch nach Hn. Kepple-
ri
rechnung der Sonnen diameter 15 diametros der Erden: Worauß dann
folgt/ das obgemeldten Sternleins diameter uͤber 145 mal groͤſſer ſein muͤſte/
als der diameter der Sonnen/ vnd alſo were (vermoͤge der 18. prop. des XII.
buchs Euclidis) der Coͤrper deſſelben Stern 3048625 mal ſo groß als die Son
ne. Ja was mehr iſt/ wenn gleich eines Sternlein ſichtbare breite nur ein eintzig
minutum ſecundum groß were/ ſo wuͤrde doch aus obigen hypotheſibus ſeine
ware dicke mehr denn 9 mal ſo groß als der Sonnen dicke/ vnd ſein Coͤrper wol
730 mal ſo groß als der Sonnen Coͤrper ſein. Daruͤmb verſteh ich nicht/ wie
das Pythagoriſche oder Coperniſche Syſtema Mundi beſtehen vnd zugleich die
Sonne mit jhrer groͤſſe alle andere Sternen uͤbertreffen ſol: Jch kans nicht be-
greiffen: verſteht es jemand/ der ſey gebeten michs zu lehren.


Jch kan auch nicht verſtehen/ zu was ende Gott der Schoͤpffer zwiſchen
den Syſtemate Planetario oder Saturni Himmel/ vnd zwiſchen dem Firmamẽt
ſo ein vnglaubliches lediges (ſtillis vacuum) ſpacium, welchs uͤber tauſend-
mal groͤſſer als das gantze Planeten Refier/ ſolte gelaſſen haben? Solte es da-
ruͤmb geſchehen ſein/ das es gleich viel were/ ob der Aſtronomus motum diur-
num
auff der Sonnen oder auff der Erden obſervirete \&c? das iſt petitio
principii.


Was auch ſonſten aus dieſer Meinung de pluralitate Mundorum kuͤn-
te erfolgert werden/ mag ich hie nicht einfuͤhren.


V.
Waruͤmb beyert oder leutet man an etlichen Orten/ weñ
groſſe Wetter entſtehen? Was nuͤtzt es? oder wozu mags
anfaͤnglich geordnet ſein?


JiEtliche
[]

ETliche meinẽ/ es ſey ſchlechts ein Aberglaub/ das nemlich der getaufftẽ Glo-
ckenſchall (denn die Glocken hat man vor zeiten auch getaufft/ wie bewuſt)
den Donner (der vermeinet iſt worden das er vom boͤſen Geiſt erreget) vertrei-
ben ſol. Vnd es kan wol ſein/ das etliche einfeltige Leute ſolchs gleuben. Aber ich
vermeine/ das ſolcher Glockenſchlag von den Alten aus zweyerley vrſachen ver-
ordnet ſey. Erſtlich das es die Leute zum gebet ermahne/ dadurch Gott der Herr/
der im Himmel donnert vnd von deſſen Mund erblitzet/ bewogen werde/ das
ſchwere gefehrliche Wetter ohne ſchaden abzuwenden. Wiewol heutiges tages
durch ſolch beyern die Leute eben ſo wenig zum gebet beweget werden/ als durch
die gewoͤhnliche Betglocke: welche zwar noch den Namen Betglocke hat/ aber
doch nur fuͤr ein Schlag Vhr gehalten wird. Darnach vermeine ich/ das ſolch
Laͤuten dazu moͤge verordnet ſein/ weil durch ſolchen klang die lufft krefftig be-
weget wird/ durch welche bewegung dann ferners die Wolcken/ (in welchen die
Donner materi verſchloſſen/ vnd/ wo ſie nicht bald lufft bekoͤmpt/ mit gewaltſa-
men Knall hindurch bricht) gebrochen werden/ ſo das alsdan der Donner/ weñ
er mehr lufft bekoͤmpt/ ſo ſtarck nicht wirckt: Eben wie ein gezuͤndetes Buͤchſen-
pulver ſo ſtarck nicht ſtoͤßt/ wenn es raum hat/ als wenn es in der Enge entzuͤn-
det wird. Das aber durch klang vnd ſchall die lufft hefftig bewegt werde/ iſt war/
ſintemal ſolches auch Plutarcho ſchõ bewuſt geweſen/ welcher in vita T. Quin
tii
davon diſcurriret, welcher geſtalt die Lufft durch groſſen ſchall bewogẽ vñ ge-
trennet werde/ zu welchem diſcurs jhm vrſach gegeben das exempel/ ſo ſich im
Macedoniſchen Kriege zugetragen. Nemlich/ als etwan 200 Jahr fuͤr Chriſti
geburt T. Quintius der Roͤmiſche Feldhauptman den Koͤnig in Macedonien
uͤberwunden/ vnd folgende tage zu Corintho die groſſen Schawſpiel/ Iſthmia ge-
nandt/ ſolten gehalten werden/ hat ſich wie gewoͤhnlich/ eine groſſe menge Volcks
aus gantz Griechenlandt dahin verfuͤget. Da nun alles Volck in den Schaw-
platz verſamlet/ iſt ein Roͤmiſcher Heroldt mit einem Trometer hinein getreten/
vnd hat nach außblaſung deß Trometers außgeruffen/ das der Roͤmiſche Rath
vnd Feldtherr den Voͤlckern vnd Staͤdten in Griechenlandt/ ſo außerhalb Mece-
donien
gelegen vnd vorzeiten von den Macedoniſchen Koͤnigen uͤberweltiget/
von nun an jhre Freyheit wiedergebe etc. Daranff das Volck fuͤr groſſer vnver-
hoffter frewde (ſintemal ſie von Alexandri Magni zeiten uͤber 130 Jahr vnter
dem Macedoniſchen Joch geweſen waren) ſolch ein geſchrey erhoben/ das die
Voͤgel/ ſo ohngefehr oben uͤber geflogen/ in den Schawplatz herunder gefallen.
Solchs iſt durch trennung oder erſchuͤtterung der Lufft geſchehen. Jch werde
auch berichtet/ das man auff etlichen Veſtungen zu ſchweren Donnerszeiten dz
grobe Geſchuͤtz pflege zu loͤſen/ die Lufft vnd alſo die Wolcken dadurch zu treñẽn.


Wie
[]

VI.
Wie koͤmts/ das man den knall eines groben geſchuͤtzes
weiter hoͤret/ denn den knall eines Donners?


DEn Blitz ſiehet man bald vnd weit gnug/ aber den Donner hoͤret man ſo
bald nit/ ja man weiß/ das offtmals der Donner kaum 2 oder 3 Meilen
von hinnen was angeſteckt/ da man doch allhie kein wetter gehoͤret: Dagegen
hat man in vergangenen Kriege/ da beyde Lager bey Marienburg gelegen/ alhie
fuͤr der Stadt nicht allein bey Nacht ſondern auch bey Tage das ſchieſſen gar ey-
gentlich gehoͤret. Ja Anno 1577 hat man daß ſchießen/ ſo alhie geſchehen/ in
der Pillaw gehoͤret/ wenns ſtill wetter geweſen. Die vrſach iſt/ das der Donner-
knall auß der Wolcken in die allerſeits freye Lufft ſchlegt/ vnd ſich alſo zertheilet/
das er dadurch geſchwecht wird vnd gantz zergehet: Dagegen der Buͤchſenſchuß
an der Erden geſchicht/ da der knall anſchlegt/ vnd an der Erden nicht ſo bald ver
ſtrewet wird/ ſondern an derſelbẽ mit erſchuͤtterung weit hinfehret/ nicht anderſt
alß ein ſcherbe oder flaches ſteinlein/ das nach der flaͤch auffs waſſer geworffen
wird. Vnd ſolchs thut nicht allein der Buͤchſenknall/ ſondern auch ein ander ge-
raͤuſch nach ſeiner groͤſſe/ denn im Kriege/ wenn die außgeſetzte Schildtwacht
des nachts genaw vernemen wil/ ob ſich auch etwas erhebe/ pflegt ſie ſich an die
Erde zu legen/ da ſie dañ ein geraͤuſch wol auff eine halbe Meil weit mercken kan:
Denn das geraͤuſch fehret jmmer an der widerſtrebenden Erden hin/ ſo das die
Schiltwacht mit auffgerichtetem Leibe ſo nicht gewar werden kan. An den altẽ
gewoͤlbten Kirchthuͤren ſind außgehawene hole ſchwibogen/ von einer ſeiten der
Thuͤr hinauff vnd von der andern ſeiten wieder herunder/ wie gemaurete roͤhrẽ/
nur das ſie gleichwol die lenge hin von auſſen zu offen ſindt. Wenn einer an der
einen ſeiten etwas ſanfft in ſolchen holen ſchwiebogen redet/ vernimbt es ein an-
der ſo neben jhm ſtehet/ nicht ſo wol/ als einer/ ſo auff der andern ſeiten der Kirch
thuͤr ſein Ohr dran helt. Das macht das die ſanffte ſtimme in dem hol jmmer
anſchlegt vnd hinfehret biß ſie zur andern ſeite koͤmt/ ob gleich die roͤhre lengs hin
auß offen iſt.


VII.
Betrachtung eines zuſtandes des Himmels/ denOlaus
Magnus
im erſten buch ſeiner Mittnaͤchtigen hiſtorien am andern

Cap: gedenckt. Denn derſelbe Hiſtoricus ſchreibt daſelbſt vnter andern/ das in
Finnmarcken/ innerhalb dem Circulo Arctico) die Sonne zwiſchen den 4.
Ji ijMay
[] May (altes Calenders) vnd erſten Auguſti nimmer vntergehe. 2. Das vnter
der Polushoͤhe von 60 graden den Majum, Junium vnnd Julium uͤber/ des
nachts kein Stern am Himmel zu ſehen ſey/ ohn den Mond/ welcher wenn
er voll iſt/ wie ein brennender wiſch niedrig an der Erden hingehe.
Solte ſolches beides wol natuͤrlich ſein koͤnnen?


ZVerklerung vnd eroͤrterung des erſten ſol man wiſſen/ (vnd weiß man es
zum theil auch wol) das je hoͤher gegen Mitternacht/ je lenger der lengſte
Tag vnd je kuͤrtzer die kuͤrtzſte nacht ſey: Alſo auch/ das endlich wenn der Polus
66½ grad erhoben vnd alſo nur ſo viel grad biß zum heubtpunct reſten/ als die
groͤſte abweichung der Sonnen vom Æquinoctial iſt/ der lengſte tag 24. ſtund
lang wirdt vnd alsdan die Sonn den Tag nicht vntergehet. Vnnd an ſolchen
Orten iſt die Circumferentz des Circuli Arctici. Wenn man nun weiter ge-
gen Mitternacht in den zirckel hinein reiſet/ da geht ſchon die Sonn des Som-
mers in etlichen tagen/ vnd baß hin in einem oder etlichen Monaten/ nicht vn-
ter: wie ſie dan auch dagegen des Winters in ſo langer zeit nicht hefuͤr koͤmpt.
Weiter gibts die ſphæra, wenn die Sonne an ſolchen Orten beginnet des Abends
nicht vnterzugehen/ das ſie alsdann eben ſo weit vom Æquinoctial auffſteigend
abgelegen als weit ſie hernacher abſteigend von ſelben Æquinoctial abgelegen/
wenn ſie wiederumb beginnet vnterzugehen/ ut utrinq; declinationes ſint æ-
quales.
Vnd ſolches beides geſchicht/ wenn die Sonn ſo eine große Declina-
tion
vom Æquinoctial erreichet/ als weit der Polus von deſſelben Landes Orts
heubtpunct iſt. Zum Exempel/ die euſerſte Nordſpitz an Finmarcken/ Nordcap
genannt/ liegt Nordwerts auff 72 grad/ alſo das noch 18 grad vom Polo biß
zum heubpunct reſten: Derhalben wenn die Soñ im Zodiaco oder jhrem Lauff
zirckel den 18 gradum der Noͤrdlichen zunemenden Declination erlanget/ ge-
het ſie des abends nicht mehr vnter/ biß das ſie hernacher in der abnemenden
Noͤrdlichen declination wiederumb den 18 grad erreichet. Weil nun Olaus
von ſo einem Ort redet/ da die Sonn beginnet nicht vnterzugehen vom 4 May
(altes Cal.) an/ die Sonn aber iſt am ſelben tage zu vnſer zeit (vnd 60 Jahr
vor oder nach: Olaus hat dieſe Hiſtoriam geſchrieben ohngefehr vmbs Jahr
1540) im 24 gr. ♉/ welches grads declination iſt 19 gr. ſo folgts auch/ das
ſie hernacher nicht vntergehen muͤße/ biß ſie wiederumb abſteigende 19 gr. errei-
chet/ das iſt den 6 grad des ♌: den erreicht ſie nun den 28 oder 29 Julij. O-
laus
ſetzt den 1 Auguſti. Wie kan das ſein? Antw. das kan leicht kommen/ da-
rumb das im anfang des May noch heuffige daͤmpffe/ aus der Erden vnd Waſ-
ſern der Orten uͤberſich ſteigende/ der Soñen bildniß zur zeit jhres rechtmaͤßigẽ
vntergangs leichtlich haben ſo hoch erheben koͤñen/ das ſie geſcheinet nicht mehr
vnter-
[] vntergangen/ da ſie doch revera noch vntergangen/ eben wie thaler oder ſonſten
etwas glentzendes auffm boden eines mit Waſſer gefuͤlleten Kuͤbels/ davon ich
wol eh geredet. Das alſo die Sonnen Coͤrper ſchon kan in warheit vntergan-
gen ſein etwan den 1 May/ da jhre declinatio nur 18 grad geweſen. An derglei
chen 18 grad koͤmpt ſie wierumb abſteigend etwan den letzten Julij oder erſten
Auguſti: vnd da kan ſie nicht fuͤr jhrem waren auffgang jhr bildniß ſo fruͤe ſehẽ
laſſen/ wie im Majo ſo ſpaͤt nach jhrem vntergang/ ſintemal im Som̃er die lufft
von daͤmpffen ſchon viel geſaubert. Das aber die daͤmpffe vornemlich in den Lan
den ſo eine große Refractionem oder Lichtbrechung geben/ bezeuget der Hollaͤn
der Schiffarth vnd bewinterung in in Nova Sembla, da denſelben Schippern
die Sonne/ nach dem ſie faſt 3 Monat nicht herfuͤr kommen/ viel tage zeitiger
ſich ſehen laßen als die Aſtronomiſche Rechnung mitbringt. So viel vom er-
ſten Punct.


Das nun fuͤrs andere auff der hoͤhe von 60 graden die obgeſagte drey Mo-
nat uͤber (nachm Alten Cal. zu verſtehen) des nachts keine Sternen außerhalb
dem Mond zu ſehen/ ſolte manchem noch frembder fuͤrkommen/ ſintemal auch
Caſmannus ein beruͤhmter Philoſophus, der von der Aſtronomia einen großẽ
Sŷndromum geſchriebẽ/ lib. 1. c. 12. q. 1. vermeinet/ es ſey dieſe rede Olai nicht
von allen Sternen ins gemein/ ſondern von den Planeten zuverſtehen/ das nemb
lich die zeit uͤber kein Planet daſelbſt zu ſehen ſey. Aber/ ſolten die Planeten/ de-
ren doch etliche/ als Venus, Jupiter vnd auch bißweilen Mars, an ſichtlicher groͤ
ße vnd klarheit andere Sternen weit uͤbertreffen/ nicht zu ſehen ſein/ viel weniger
wuͤrden die andern zu ſehen ſein. Jch ſpreche/ das im anfang des Maij vnnd hin-
dertheil des Julij (alt Cal.) nur wenig der groͤſten Sternen/ vnd zwar vmb die
Mittternacht (eine ſtund ohn gefehr vor vnd nach gerechnet:) hernacher aber/
wenn die Sonn in die Zwilling getreten biß daß ſie ſich dem Lewen nahet/ daß iſt
ohn gefehr vom mittel deß Maii bis zum mittel deß Julij die gantze nacht uͤber
ſchwerlich ein Stern zu ſehen/ außgenommen die zween Planeten: 1. Venerem,
wenn dieſelbe weit gnug von der Sonnen iſt vnd latitudinem borealem hat 2.
Martem, wenn derſelbe ſeinen Lauff im Schuͤtzen vnd Steinbock helt vnd keine
große latitudinem auſtralem hat.


Vrſach deſſen allen ſind die hellen Som̃ernaͤchte an den Ortẽ/ ſo ſie anderſt
naͤchte vnd nicht nur demmerung zu nennen. Jm anfang des Meyen vnd am en-
de Julij (altes.) iſt der Sonnen declination 18 gr. dazu gethan die Polushoͤ-
he 60 gr. thut 78 gr. Alſo iſt zu Mitternacht die Sonne nur 12 gr. vnterm ho-
rizont,
eben wie bey vns in den allerlengſten tagẽ. Wz demnach fuͤr Sternen bey
vns in den kuͤrtzeſten Naͤchten koͤnnen geſehen werden (nemlich nur die groͤßeſtẽ)
dieſelben koͤnnen auch dorte im anfang des Maij vnd am ende des Juliij geſehen
Ji iijwerden.
[] werden. Ferner im mittel Maij iſt die ☉ in die Zwilling getretten/ vnnd vmb daß
mittel Julij tritt ſie in den ♌: zu beiden zeiten iſt jhre declination ſchon 20 gr.
vnd etwas druͤber/ thut mit jener Polushoͤhe 80 gr. vnnd iſt alſo die Sonn zu
Mitternacht nur 10 gr. vnterm horizont daſelbſt/ da denn die demmerung noch
ſo hell/ daß ein gut geſicht dazu gehoͤre/ die Sternen des Firmaments zu erſehen:
Die Planeten aber Venus, Jupiter vnd Mars weren noch wol gut zu erkennen/
wenn ſie als dan weit gnug von der Sonnen weren vnd latitudinem borealem
hetten. Endlich im Junio decliniret die Sonn ſchon uͤber 23 gr. thut mit der
Polushoͤhe daſelbſt uͤber 83 gr. alſo iſt die Sonn zu Mitternacht noch nicht 7
gr. vnterm horizont: Da kan man keinen Stern mehr erſehen/ außgenommen
bißweilen Venerem oder Martem, oder beide/ wenn nemlich jegliches Lauff al-
ſo beſchaffen/ wie oben gedacht. Deñ ob gleich in der kuͤrtzeſten Mitternacht kein
gradus Ecliplicæ uͤber der Erden ſein kan/ er ſey dan gantzer 90 grad von der
Sonnen/ Venus aber nimmer an 50 gr. von der ☉ kommen kan/ ſo kan ſie doch
gleichwol wegen jhrer großen latitud. boreæ oder Noͤrdlichen abweichung von
der Sonnenſtraß auch zu Mitternacht daſelbſt geſehen werden/ ſintemal im Sol
ſtitio
wenn ſie 5 grad latitud boreæ hat/ wenn ſie gleich nur 40 grad von der
Sonnen iſt kan ſie uͤbern horizont reichen: vnd darff die Sonne ſonſt nur 5 gr.
vnterm horizont ſein/ das dieſer Planet/ ſo er uͤber der Erden iſt/ zu ſehen ſey. So
fern ſie aber nicht eben 5 grad ſondern kaum 4 haben koͤnte propter Nodum
in 12 gr. ♊/ kan ſie gleichwol eine ſtund vor oder nach Mitternacht nicht ver-
borgen bleiben. Aber diß geſchicht auch nicht alle Jahr. Martem anlangende/
wenn derſelbe im Sommer in ♐ vnd ♑ iſt/ ſo iſt er im gegenſchein der Son-
nen vnd ſcheinet alsdan weit groͤßer als ſonſten/ ſintemal er alsdan In perigæo
daß iſt der Erden zum nechſten iſt. Er muß aber alsdan nicht circa limitem au-
ſtralem
ſein oder uͤber 7 gr. Suͤdwerts von der Sonnenſtraß abweichen/ ſonſtẽ
keme er nicht uͤber den horizont empor: es were denn ſein idolum per accidena
durch refractiones.


Anlangende den Mond/ das derſelbe im vollen Licht ſo niedrig daſelbſt her-
gehet/ hats eben die gelegenheit damit wie mit Marte: Denn der volle Mond iſt
in oppoſito Solis, vñ kã derwegẽ alsdan/ ſo er keine latitudinem hat/ nicht 7 gr.
erhobẽ ſein: hat er eine latitudinem auſtralem, ſonderlich maximam, ſo kan er
kaum 2 grad erhoben ſein. Das er nun wie ein großer brennender wiſch ſcheinet/
machẽ die daͤmpffe/ durch welche/ wie auch in dieſen Landen bewuſt/ Sonn vnd
Mond/ wenn ſie auff oder vnter gehen/ allzeit groͤßer ſcheinen/ als ſonſten. Diß
hab ich alſo den kunſtliebenden wegen des Orts aus Olao bedeuten wollen.


Wor
[]

VIII.
Wornach man vornemlich in Mondfinſter-
niſſen fragen ſolte?


DJe meiſten fragen/ was es bedeuten werde: niemandt oder wenig fragen
woher es entſtehe. Fragten ſie das/ ſo wuͤrden ſie vernehmen/ wie weißlich
wie wunderbarlich Gott der HErr den lauff ſeiner Geſchoͤpffe angeſtellet. Dar-
auß ſie dan ferner mit Syrach (am 43 Cap.) des HErren werck vnd Herrlig-
keit preiſen wuͤrden/ vnd daneben Gott fuͤr ſeine guͤte preiſen/ der ſolche wißen-
ſchafft den armen Menſchen mitgetheilet. Denn ſind das nicht hohe ſachen/ die
vns Gott der HErr hiedurch offenbahret? Als erſtlichen weil der Mond/ weñ er
voͤllig verfinſtert wird/ offtmals eine gute weil verfinſterſt bleibt eh er wieder was
licht wird/ ſchließen wir recht/ das der Schatten des Erdbodens dort oben/ wo
der Mond herdurch leufft (denn alſo verleurt er ſeinen Schein/ wenn er durch
den Erdſchatten lauffen muß) viel breiter ſein muß denn der Mond. Zum an-
dern weil der Mond/ wenn er von der Erden am weitſten/ viel eh ſein Liecht wie-
der bekoͤmpt/ als wenn er der erden neher iſt/ ſchlieſſen wir recht/ das in der weit-
ſten diſtantz oder apogæo der Erdſchatten nicht ſo breit als in der niedrigſten di
ſtantz,
Zum Dritten/ darauß denn folgt/ das ſich der Schatten vom Erdboden
hin je weiter je mehr ſpitze. Zum Vierden/ vnd das alſo die Sonne/ von der die
Erd jhren ſchatten hind an wirfft/ viel groͤſſer als die Erde ſein muß. Zum Fuͤnff-
ten/ der Mond aber/ weil er ſo weit von hinnen dennoch nicht ſo breit iſt als der
Erdſchatten daſelbſt/ viel kleiner als die Erde Zum Sechſten/ vnd weil man aus
der weile/ die der Mond im ſchatten bleibt/ berechnen kan/ was fuͤr eine propor-
tion
des Monden ſichtbare diameter gegen dem ſichtbaren diametro des ſchat-
tens daſelbſt habe: So gibt ſich ferner im rechnen/ wie weit der Mond von der er
den ſey: Wie wol man daſſelbe auch per parallaxes haben kan. Ferner zum
Siebenden/ weil in etlichen voͤlligen Sonnenfinſterniſſen der Mond vns die gan
tze Sonnen juſt verdeckt/ vnd alſo beider Liechter ſichtliche diameter gleich ſchei-
net/ kan man darauß vnd aus der diſtantz des Monds berechnen/ wie weit die
Sonne von der Erden ſey/ da ſich dan befindet/ das ſie uͤber 20 mal hoͤher als der
Mond ſey. Zum Aehten/ endlich kan man aus dieſem allem die ware groͤße der
Sonnen vnd des Monds berechnen/ Da ſichs dan befindet das der Mond weit
kleiner/ die Sonn aber vnglaͤublich groͤßer denn der Erdboden ſey/ Ob ſie vns
ſchon beide gleich groß vnd jeglichs nicht viel uͤber ein halbe ele breit ſcheinen.


Es haben auch die Alten Philoſophi auß den Finſternißen des Monds jh
re
[] re Meinung vnd Lehr von der Kugelrundung der Erden bekrefftigt. Denn wenn
der Mond an vnd in den Erdſchatten koͤmpt/ wird er allmehlich mit einem fin-
ſtern bogen uͤberſchattet: Jſt nun der Erdſchatten rundt/ ſo muß auch die Erde
ſelbſt rundt ſein. Worauß dieſelben Alten ferner geſchloßen/ weil Gott alles we-
gen des Menſchen erſchaffen/ ſo muͤſſe auch der Erdenkreiß rings vmb von Men-
ſchen bewohnet werden/ vnnd muͤſſen derwegen auch Antipodes ſein/ das iſt/
ſolche Leute/ die dort vnten wohnende jhre Fuͤße gegen vnſere fuͤße gewandt ha-
ben. Dieſer Lehr aber/ eh denn ſie jetzt innerhalb 200 Jahren durch die gewach-
ſene Schiffart vnd erfahrung war befunden/ iſt vorhin viel hundert Jahr von
den Chriſtlichen Scribenten embſig wieder ſprochen. Denn nicht allein Lactan-
tius lib. 3. c.
24. vnd Auguſtinus lib. 16. De Civit DEI c. 9. die jenigen ausla-
chen vnd fuͤr jecken halten/ ſo ſolches gleuben/ (Dieweil alle Menſchen von dem
einigen Adam herkommen vnd man nicht wege ſehe wodurch von hinnen Leute
dorthin ſolten uͤber ſo weite Meer gekom̃en ſein:) Sondern es iſt auch noch kurtz
fuͤr Caroli Magni zeiten (etwan vmbs Jahr Chriſti 740) ein gelarter Prieſter
mit Namen Virgilius deßwegen gefehret worden. Nemlich als er in einer Pre-
digt ohn gefehr geſagt/ das warhafftig Antipodes oder Gegen Leute weren/ iſt
jhm ſolchs ſtracks dahin gedeutet/ als ſey er der meinung das noch eine andere
Welt/ ein andere Sonn/ ein ander Mond ſey. Derwegen jhn der Biſchoff zu
Meintz Bonifacius von ſolcher Lehre/ als die Gottloß vnd der heiligen Schrifft
zu wieder/ abgemahnet. Als aber Virgilius ſich nicht dran gekehret/ hat Bonifa-
cius
ſolches dem Bapſt zu wiſſen gethan/ Welcher Virgilium, ſo er ſolche Lehr
ferner treiben wuͤrde/ in bann gethan vnd von der Chriſtlichen Gemein außge-
ſchloßen/ wie zu leſen beym Aventino lib. 3. Annal. Bojorum pag. 220, Ex-
empl. Baſil.


Diß exempel hab ich darumb einfuͤhren wollen/ das man drauß ſehe wie
nicht allein Idioten, ſondern auch zuweilen hochverſtendige Leute von den Ma-
thematiſchen Kuͤnſten nicht richtig vrtheilen/ vnd das noch heutiges Tages viel
ſachen in Coſmographia nicht wollen geglaͤubet werden (ob ſie ſchon mit guten
gruͤnden bewehret werden) die doch ohn allen zweiffel ſich bey der lieben Poſte
ritet ſelbſt an die handt geben werden/ alſo das man ſich noch wundern
wird/ warumb ſolchs jhren vorfahren nicht ſey annemlich
geweſen. Davon ein ander mal weiter.


ENDE.


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Dieses Werk ist gemeinfrei.


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TextGrid Repository (2025). Collection 3. Cupediæ Astrosophicæ [...] Darinnen die allerkunstreichesten vnd tieffesten Geheimbnüsse/ der Astronomiæ, deß Calender-Schreibens/ der Astrologiæ, vnd der Geographiæ, [...] außgeführet sind. Cupediæ Astrosophicæ [...] Darinnen die allerkunstreichesten vnd tieffesten Geheimbnüsse/ der Astronomiæ, deß Calender-Schreibens/ der Astrologiæ, vnd der Geographiæ, [...] außgeführet sind. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bpth.0