[[2]]
Vom
Himmel
und von den
wunderbaren Dingen deſſelben;
wie auch von der
Geiſterwelt
und von dem
Zuſtand des Menſchen nach
dem Tod;

und von der
Hoͤlle;
Aus der zu London 1758. gedruckten lateiniſchen
Urſchrift getreulich uͤberſetzt, und mit Anmerkungen be-
gleitet; nebſt einem Vorbericht von des Verfaſſers
ruͤhmlichen Leben und Schriften.

Zweyter Theil.

1776.
[[3]]
Emanuel von Swedenborg

auserleſene
Schriften.


Zweyter Theil.

[figure]


Franfurt am Mayn,:
zu finden bey dem CommercienrathDaniel
Chriſtian Hechtel,

1776.

[[4]][[5]]
[figure]

Fortſetzung vom Himmel.



Daß Himmel und Hoͤlle aus dem
menſchlichen Geſchlechte ſeyen.


[figure]

311.


Jn der Chriſtenheit weis man ganz
und gar nicht, daß Himmel und
Hoͤlle aus dem menſchlichen Ge
ſchlecht ſeyen; denn man glaubt, die Engel
waͤren von Anfang erſchaffen worden, und da-
her komme der Himmel, und der Teufel oder
Satanas waͤre ein Engel des Lichts geweſen,
weil er aber ein Empoͤrer geworden, ſo waͤre er
mit ſeinem Haufen heruntergeſtoſſen worden,
und daher komme die Hoͤlle. Daß in der Chri-
ſtenheit ein ſolcher Glaube herrſchet, daruͤber
wundern ſich die Engel ganz erſtaunend, und
daruͤber noch mehr, daß die Menſchen allda nicht
A 3das
[6]Vom Himmel.
das mindeſte vom Himel wiſſen, da dieſes doch
der Hauptpunkt in der Kirche iſt; und ſie hat-
ten eine herzliche Freude, daß, weil eine ſolche
Unwiſſenheit herrſchet, es dem Herrn gefallen
habe, itzt den Menſchen ein mehreres vom Him-
mel, wie auch von der Hoͤlle, zu offenbaren,
und dadurch, ſo viel moͤglich, die von Tag zu
Tag groͤſſer werdende Finſterniß, weil die Kir-
che zu ihrem Ende gegangen, zu vertreiben;
deswegen wollen die Engel, daß ich aus ihrem
Munde doch verſicherte, daß im ganzen Him-
mel nicht ein einziger Engel ſey, der von An-
fang erſchaffen worden, und in der Hoͤlle nicht
einziger Teufel, der erſt als ein Engel des Lichts
erſchaffen und hernach herabgeworfen worden
ſey, ſondern daß alle, ſowohl im Himmel, als
in der Hoͤlle, aus dem menſchlichen Geſchlechte
waͤren, naͤmlich im Himmel diejenigen, welche
in der himmliſchen Liebe und Glauben gelebt,
in der Hoͤlle aber die, ſo in der hoͤlliſchen Liebe
und Glauben gelebt haͤtten, und daß die Hoͤlle
im ganzen Jnbegriff Teufel und Satanas ge-
nennet wuͤrde, naͤmlich die hintere Hoͤlle, wo
die ſind, ſo boͤſe Genii genennet werden, hieß
der Teufel, und die voͤrdere Hoͤlle, wo ſich die
befinden, ſo man boͤſe Geiſter (Spiritus) nen-
net, hieß der Satanas: wie ein und andere
Hoͤlle beſchaffen ſey, das ſoll im folgenden ge-
meldet werden. Daß ſich die Chriſtenheit von
denen, welche ſich im Himmel und in der Hoͤlle
befinden, dergleichen Glauben eingepraͤgt haͤtte,
kaͤme,
[7]Vom Himmel.
kaͤme, ſagten die Engel, daher, daß einige
Stellen im Wort nicht anders, als nach dem
buchſtaͤblichen Sinn verſtanden, nicht aber durch
die aͤchte Lehre aus dem Wort erlaͤutert, noch
ausgelegt worden waͤren; da doch der buchſtaͤb-
liche Sinn des Worts, wofern die aͤchte Lehre
nicht vorleuchtete, die Gemuͤther auf mancher-
ley Dinge braͤchte, woher ſodann Unwiſſenheit,
Spaltungen, und Jrrthuͤmer entſtuͤnden.


312. Daß der Menſch innerhalb der Kirche
einen ſolchen Glauben hat, davon iſt auch noch
dieſes die Urſache, weil er glaubt, kein Menſch
kaͤme eher in den Himmel, oder in die Hoͤlle,
als zur Zeit des juͤngſten Gerichts, wovon er
dieſe Meinung hat, daß alsdenn alle Dinge,
ſo vor ſeinen Augen ſind, untergehen und neue
Dinge entſtehen wuͤrden, und daß ſich die Seele
ſodann wieder mit ihrem Koͤrper vereinigen,
und vermoͤge dieſer Vereinigung der Menſch
wiederum als Menſch leben werde; dieſer Glau-
be nun enthaͤlt den andern in Anſehung der En-
gel, daß ſie naͤmlich von Anfang waͤren erſchaf-
fen worden, denn es iſt nicht moͤglich, zu glau-
ben, daß Himmel und Hoͤlle von dem menſch-
lichen Geſchlechte ſind, wenn man glaubt, daß
kein Menſch eher dahin kaͤme, als am Ende
der Welt. Damit aber nun der Menſch moͤchte
uͤberzeugt werden, daß dem alſo ſey, ſo iſt mir
gegeben worden, mit den Engeln Umgang zu
haben, und auch mit denen, welche in der Hoͤlle
ſind, zu reden, und dieſes nun viele Jahre lang,
A 4bis-
[8]Vom Himmel.
bisweilen beſtaͤndig von Morgen an bis auf den
Abend, und mich alſo, was den Himmel und
die Hoͤlle betrift, zu belehren, und dieſes darum,
damit der Menſch von der Kirche in ſeinem ir-
rigen Glauben, den er ſich von der Aufferſte-
hung zur Zeit des Gerichts, und von dem Zu-
ſtand der Seele einſtweilen, wie auch von den
Engeln und von dem Teufel eingepraͤgt hat,
nicht laͤnger verharren moͤchte; weil dieſer
Glaube ein falſcher Glaube iſt, ſo verurſachet
er Finſternis, und bringt denen, welche aus
ſelbſt eigener Einſicht ſolche Dinge uͤberdenken,
Zweifel und endlich das Laͤugnen bey; denn ſie
ſprechen im Herzen: wie kann ein ſo großer
Himmel mit ſo vielen Geſtirnen, und mit der
Sonne und dem Mond zerſtoͤrt und zerſtreuet
werden? und wie koͤnnen alsdenn die Sterne
vom Himel auf die Erde fallen, die doch groͤſ-
ſer als die Erde ſind? und wie koͤnnen ſich die
von Wuͤrmern gefreſſene, verfaulte und in alle
Luft zerſtreute Leiber wieder zu ihrer Seele ver-
ſammlen? wo iſt denn nun einſtweilen die See-
le, und wie iſt ſie beſchaffen, wenn ſie ohne die
bey Leibes Leben gehabte Empfindung ſeyn ſoll?
außer unzaͤhlich andern Dingen, die, weil ſie
unbegreiflich, unmoͤglich zu glauben ſind, ja,
bey vielen den Glauben vom Leben der Seele
nach dem Tod, vom Himmel und von der Hoͤlle,
und mit ſolchen das uͤbrige, was des Glaubens
der Kirche iſt, zunichte machen; daß dieſe un-
glaubliche unbegreifliche Dinge ſchon alles ver-
wuͤſtet
[9]Vom Himmel.
wuͤſtet haben, das kann man ja gar deutlich
von denen abnehmen, welche ſprechen: wer iſt
aus dem Himmel zu uns gekommen und hat er-
zaͤhlt, daß es ſo ſey? was Hoͤlle, es iſt noch
die Frage, ob eine iſt? was ſoll das ſeyn, daß
der Menſch in Ewigkeit mit Feuer gepeinigt
werden ſollte? was ſoll der Tag des Gerichts
ſeyn? iſt er nicht ſchon Jahrhunderte hindurch
vergeblich erwartet worden? und was derglei-
chen mehr iſt, ſo alles aus der Verneinung her-
kommt: damit nun diejenigen, welche derglei-
chen denken, als wie die mehreſten von denen,
ſo wegen ihrer weltlichen Dinge, die ſie ver-
ſtehen, ſich ſo gerne gelehrt und witzig nennen
laſſen, nicht mehr die, ſo einfaͤlltigen Glaubens
und Herzens ſind, irre machen, noch verfuͤh-
ren, ihnen auch keine hoͤlliſche Finſternis in An-
ſehung deſſen, was Gott, den Himmel, das
ewige Leben, und die davon abhaͤngende uͤbri-
gen Dinge anbetrift, einfloͤßen moͤchten, ſo iſt
mir vom Herrn das Jnnere meines Geiſtes
eroͤffnet, und mir alſo gegeben worden, mit
allen, die ich jemals bey Leibes Leben gekannt
habe, nach ihrem Abſterben, mit einigen
Tage lang, mit einigen Monate lang, und
mit einigen ein Jahr lang, wie auch mit
ſo vielen andern zu reden, daß ich, ich will
nur wenig ſagen, ihrer wohl hundert tauſend
geſprochen habe, von welchen viele in den Him-
meln, und viele in den Hoͤllen waren; ich habe
auch mit einigen zwey Tage nach ihrem Tod ge-
A 5ſprochen,
[10]Vom Himmel.
ſprochen, und ihnen geſagt, daß man zu ihrem
Begraͤbnis, Leichenbegaͤngnis und Beerdigung
Anſtalt machte; hierauf antworteten ſie: man
thaͤte wohl dran, daß man das, was ihnen zum
koͤrperlichen Werkzeug und zu ihren Verrichtun-
gen in der Welt gedienet haͤtte, wegſchaffe,
kurz, ſie wollten damit ſo viel ſagen, ich ſollte
doch melden, daß ſie nicht geſtorben, ſondern
itzt eben ſo wohl, als zuvor, wie Menſchen leb-
ten, und nur von einer Welt in die andere uͤber-
gegangen waͤren, und nicht wuͤßten, daß ſie
etwas verloren haͤtten, weil ſie eben ſo wohl
in dem Leibe und deſſen Sinnen ſeyn, wie zu-
vor, wie auch in den Verſtand und Willen wie
zuvor, und daß ſie eben die Gedanken und Nei-
gungen, eben die Empfindungen, und eben die
Begierden haͤtten, die ſie in der Welt gehabt.
Die meiſten von den ohnlaͤngſt verſtorbenen,
da ſie geſehen, daß ſie eben noch wie Menſchen,
und in eben dem Zuſtand lebten, wie zuvor,
(denn nach dem Tod iſt bey einem jeden erſt
eben der Lebens-Zuſtand, in welchem er in der
Welt geweſen iſt, er wird aber bey ihm nach
und nach entweder in einen himmliſchen oder in
einen hoͤlliſchen verwandelt) wurden mit neuer
Freude uͤberſchuͤttet, daß ſie eben noch lebten,
ja ſie ſagten, ſie haͤtten dieſes nicht geglaubt;
ſie verwunderten ſich aber ſehr, daß ſie in einer
ſolchen Unwiſſenheit und Blinoheit, was den
Zuſtand ihres Lebens nach dem Tod anbetrof-
fen, geweſen waͤren; und daruͤber wunderten
ſie
[11]Vom Himmel.
ſie ſich noch mehr, daß der Menſch der Kirche ſo
unwiſſend und blind ſey, der doch vor allen an-
dern auf dem ganzen Erdkreis in Anſehung die-
ſer Dinge im Lichte ſeyn koͤnnte: die Urſache die-
ſer Blindheit und Unwiſſenheit ſahen ſie nun erſt
ein, naͤmlich, daß die aͤuſſerlichen Dinge, das
iſt, die weltl chen und leiblichen, ihre Gemuͤther
eingenommen und uͤberſchwemmt haͤtten, ſogar,
daß ſie nicht in das Licht des Himmels erhoben
werden, noch die Kirchen-Sachen uͤber die ge-
woͤhnlichen Lehrpunkte hinaus haͤtten betrachten
koͤnnen; denn aus den leiblichen und welt ichen
Dingen, wenn ſie ſo ſehr geliebet werden, als
man ſie heute zu Tage liebet, flieſſen, wenn
man weiter gehet, lauter Finſterniſſe.


313. Sehr viele von den Gelehrten aus der
Chriſtenheit erſtaunen, wenn ſie ſich nach ihrem
Abſterben wieder in dem Leibe, in Kleidern, und
in Haͤuſern erblicken, als wie in der Welt; und
wenn ſie ſich deſſen, was ſie von dem Leben nach
dem Tod, von der Seele, von den Geiſtern,
vom Himmel und von der Hoͤlle gedacht haben,
wieder erinnern, ſo ſchaͤmen ſie ſich, und ſprechen,
ſie haͤtten naͤrriſch gedacht, hingegen die, ſo ein-
faͤltigen Glaubens waͤren, haͤtten weit mehrere
Weisheit, als ſie: es wurden Gelehrte, die ſich
in dergleichen beſtaͤrket, und die alles der Natur
zugeſchrieben hatten, gepruͤſt, und man brachte
in Erfahrung, daß ihr Jnneres ganz und gar zu-
geſchloſſen, aber ihr Aeuſſeres eroͤffnet war, ſo,
daß
[12]Vom Himmel.
daß ſie nicht auf den Himmel, ſondern auf die
Welt, folglich auch auf die Hoͤlle geſehen hatten;
denn um ſo viel das Jnnere eroͤffnet iſt, um ſo
viel nur ſiehet der Menſch auf den Himmel, aber
um ſo viel das Jnnere verſchloſſen, und das Aeuſ-
ſere eroͤffnet iſt, um ſo viel ſiehet er auf die Hoͤlle:
denn das Jnnere des Menſchen iſt ſo gebildet,
daß es alle himmliſchen Dinge aufnehmen koͤnne,
und das Aeuſſere iſt zum Empfang aller weltlichen
Dinge formiret, und diejenigen, welche die Welt
und nicht zugleich den Himmel aufnehmen, neh-
men auch die Hoͤlle auf.


314 Daß der Himmel aus dem menſchlichen
Geſchlechte ſey, das kann auch daraus erhellen, daß
die engliſchen Seelen und die menſchlichen See-
len einander gleich ſind, beyde haben das Vermoͤ-
gen zu verſtehen, zu empfinden und zu wollen;
beyde ſind ſo gebildet, daß ſie den Himmel auf-
nehmen koͤnnen; denn die menſchliche Seele iſt
eben ſo wohl weiſe, als die engliſche Seele, daß
ſie aber in der Welt nicht ſo ſehr Weiſe iſt, iſt
die Urſache, weil ſie ſich in dem irdiſchen Leib be-
findet, und worinnen ſeine Seele, die geiſtlich
iſt, natuͤrlich denkt; ein anders aber iſt es, wenn
ſie von dem Band dieſes Leibes entledigt iſt, als-
denn denkt ſie nicht mehr natuͤrlich, ſondern geiſt-
lich, und wenn ſie geiſtlich denkt, ſodann denkt
ſie dem natuͤrlichen Menſchen unbegreifliche und
unausſprechliche Dinge, und iſt alſo wie ein En-
gel weiſe; woraus nun offenbar ſeyn kann, daß
das Jnwendige des Meſchen, welches ſein Geiſt
genen-
[13]Vom Himmel.
genennet wird, in ſeinem Weſen ein Engel iſt,
man leſe im 1ſten Theil Num. 57; wenn der
Geiſt von dem irdiſchen Leib los iſt, ſo iſt er eben
ſo wohl, als der Engel, in menſchlicher Geſtalt;
daß der Engel in vollkommener menſchlicher Ge-
ſtalt ſey, leſe man im 1ſten Theil Num. 73-77:
wenn aber das Jnwendige des Menſchen nicht
aufwaͤrts, ſondern nur abwaͤrts eroͤffnet iſt, ſo-
dann iſt es zwar nach der Aufloͤſung vom Leibe
dennoch in menſchlicher Geſtalt, aber in einer
grauſamen und teufliſchen; denn es kann nicht
aufwaͤrts gen Himmel, ſondern nur abwaͤrts
auf die Hoͤlle ſehen.


315. Der von der goͤttlichen Ordnung Unter-
richt hat, kann auch einſehen, daß der Menſch
dazu geſchaffen ſey, daß er ein Engel werden
moͤge, weil in ihm das Aeuſſerſte von der
Ordnung iſt, wie Num. 304 gemeldet worden,
in welchem das, was zur himmliſchen und eng-
liſchen Weisheit gehoͤret, gebildet, ergaͤnzet und
vermehret werden kann: die goͤttliche Ordnung
bleibt niemals in der Mitte ſtehen, noch bildet ſie
allda etwas ohne das Aeuſſerſte, denn da-
ſelbſt iſt ſie nicht in ihrer Vollendung und Voll-
kommenheit, ſondern ſie geher bis hin zum Aeuſ-
ſerſten;
*) aber wenn ſie in ihrem Aeuſ-
ſerſten
[14]Vom Himmel.
ſerſten iſt, alsdenn bildet ſie erſt, und ergaͤn-
zet ſich auch durch die dahin zuſammen gelegte
Mittel, und ſchreitet zur weitern Hervorbrin-
gung, welches durch die Zeugungen geſchie-
het;
*)
[15]Vom Himmel.
het; deswegen iſt daſelbſt die Pflanzſtadt des
Himmels.


316. Das der Herr nicht nur dem Geiſte
nach ſondern auch dem Leibe nach auferſtanden iſt,
iſt
*)
[16]Vom Himmel.
iſt die Urſache, weil der Herr Sein ganzes
Menſchliche, da Er in der Welt geweſen, ver-
herrlichet, das iſt, goͤttlich gemacht hat; denn die
Seele, die Er vom Vater hatte, iſt an und fuͤr
ſich ſchon das Goͤttliche ſelbſt geweſen, und der Leib
iſt das Ebenbild der Seele, das iſt, des Va-
ters, und alſo eben auch das Goͤttliche geworden;
daher kommt es, daß Er ganz anders, als ein
andrer Menſch, naͤmlich dem Geiſte nach und dem
Leibe nach auferſtanden iſt: dieſes hat Er auch
ſeinen Juͤngern offenbaret, welche meinten, ſie
ſehen einen Geiſt, da ſie Jhn ſahen, denn Er
ſagte zu ihnen: „Sehet meine Haͤnde und
meine Fuͤße, daß Jchs Selber bin, taſtet
Mich und ſehet, denn ein Geiſt hat nicht
Fleiſch und Beine, wie ihr ſehet, daß Jch
habe,“
Luc. 24, 36. 37. 38, wodurch Er an-
zeigte, daß Er nicht nur ein Menſch dem Geiſte
nach, ſondern auch dem Leibe nach ſey.


317. Damit man wiſſen moͤchte, daß der
Menſch nach dem Tod lebe, und nach Beſchaf-
fenheit ſeines Lebens in der Welt entweder in den
Himmel, oder in die Hoͤlle komme, ſo iſt mir
vieles von dem Zuſtand des Menſchen nach dem
Tod entdeckt worden, wovon im folgenden, in
dem Abſchnitt von der Geiſterwelt, ordentlich
gehandelt werden ſoll.



Von
[17]Vom Himmel.

Von den Heiden oder Voͤlkern im
Himmel, ſo auſſerhalb der Kirche

geweſen ſind.


318. Es iſt eine gemeine Meinung, daß dieje-
nigen, welche auſſerhalb der Kirche geboren ſind,
die man Voͤlker oder Heiden nennet, nicht ſelig
werden koͤnnten, darum, weil ſie das Wort
nicht haͤtten, und alſo nichts von dem Herrn
wuͤßten, und ohne den Herrn keine Seligkeit
waͤre; allein, daß ſie eben auch ſelig werden, das
kann man ja blos allein daraus wiſſen, weil die
Barmherzigkeit des Herrn allgemein iſt, das iſt,
ſich auf alle und jede erſtrecket; und daß ſie eben
ſo wohl Menſchen ſind, wie die, ſo ſich innerhalb
der Kirche befinden, deren doch, gegen jene zu
rechnen, wenig ſind; wie auch daß es nicht ihre
Schuld iſt, daß ſie vom Herrn nichts wiſſen;
ein jeder, der nur aus einiger erleuchteten Ver-
nunſt denkt, kann einſehen, daß kein Menſch zur
Hoͤlle geboren ſey, denn der Herr iſt die Liebe
ſelbſt, und Seine Liebe iſt der Wille, daß alle
ſelig werden; weswegen Er auch Vorſehung ge-
than hat, daß bey allen Religion, und dadurch
die Erkaͤnntnis des Goͤttlichen, und das innere
Leben ſey; denn nach der Religion leben, heißt
ein inneres Leben fuͤhren, denn der Menſch ſiehet
ſodann auf das Goͤttliche, und in ſo viel er nun
hierauf ſiehet, in ſo viel ſiehet er nicht auf die
Welt, ſondern er entfernt ſich von derſelben, alſo
Sw. Sch.II.Th. Bentzie-
[18]Vom Himmel.
entziehet er ſich dem Leben der Welt, welches
nur ein aͤuſſerliches Leben iſt.


319. Daß die Heiden eben ſo wohl, als die
Chriſten, ſelig werden, das koͤnnen diejenigen wohl
einſehen, welche wiſſen, was eigentlich den Him-
mel bey dem Menſchen ausmacht, denn der Him-
mel iſt inwendig in dem Menſchen, und die den
Himmel in ſich haben, die kommen in den Him-
mel; der Himmel in dem Menſchen iſt: das
Goͤttliche erkennen, und ſich vom Goͤtt-
lichen fuͤhren laſſen;
das erſte und vornehmſte
von jeder Religion iſt: das Goͤttliche erken-
nen;
eine Religion, die das Goͤttliche nicht
erkennt, iſt gar keine; und die Vorſchriften einer
jeden Religion ſehen auf den Gottesdienſt, und
alſo, wie das Goͤttliche zu verehren ſey, daß
Jhm der Menſch angenehm ſeyn moͤge; und
wenn dieſes in ſeinem Gemuͤthe iſt, in ſo viel er
alſo dieſes will, oder in ſo viel er ſolches liebt, in
ſo viel wird er vom Herrn gefuͤhret. Es iſt be-
kannt, daß die Heiden eben ſo wohl, als die Chri-
ſten, ein moraliſches und ſittliches, ja, ſehr viele
von ihnen ein beſſeres Leben fuͤhren, als die Chri-
ſten; ein ſittliches Leben wird entweder wegen des
Goͤttlichen oder wegen der Menſchen in der
Welt gefuͤhret; das ſittliche Leben, ſo wegen des
Goͤttlichen gefuͤhret wird, iſt ein geiſtliches Le-
ben; beyderley Leben ſcheint in der aͤuſſerlichen
Geſtalt des Menſchen eine Gleichheit zu haben,
aber in ſeiner innern Geſtalt hat es eine voͤllige
Ungleich-
[19]Vom Himmel.
heit; das eine macht den Menſchen ſelig, das
andere nicht; denn wer ein ſittliches Leben wegen
des Goͤttlichen fuͤhret, der wird von dem Goͤtt-
lichen
geleitet, hingegen, wer ein ſittliches Le-
ben wegen der Menſchen in der Welt fuͤhret, der
wird von ſich ſelber geleitet: dieſes ſoll nun durch
ein Exempel erlaͤutert werden; wer ſeinem Naͤch-
ſten kein Boͤſes thut, darum, weil es wider die
Religion, alſo, wider das Goͤttliche iſt, der ent-
haͤlt ſich aus einer geiſtlichen Grundquelle der Ue-
belthat; hingegen, wer dem andern nicht Boͤſes
thut, blos allein darum, weil er das Geſetz, den
Verluſt des guten Namens, der Ehre oder des
Gewinſtes befuͤrchtet, alſo nur um ſein ſelbſt und
der Welt willen, der enthaͤlt ſich aus einer natuͤr-
lichen Quelle der Uebelthat, und ein ſolcher fuͤhret
ſich ſelbſt; deſſen Leben iſt natuͤrlich, bey jenem
aber iſt es geiſtlich; ein ſolcher Menſch, deſſen
ſittliches Leben geiſtlich iſt, hat den Himmel in
ſich, hingegen ein ſolcher, deſſen ſittliches Leben
nur natuͤrlich iſt, hat den Himmel nicht in ſich;
die Urſache iſt, weil bey jenem der Himmel von
oben her einfließt, und ſein Jnneres eroͤffnet, und
durch das Jnnere in das Aeuſſere fließt; bey die-
ſem aber fließt die Welt von unten her ein, und er-
oͤffnet das Aeuſſere, nicht aber das Jnnere; denn
es findet kein Einfluß aus der natuͤrlichen Welt in
die geiſtliche ſtatt, ſondern er gehet aus der geiſt-
lichen Welt in die natuͤrliche; wenn dahero der
Himmel nicht von dem Jnnern und Aeuſſern zu-
gleich aufgenommen wird, ſo wird das Jnnere
B 2ver-
[20]Vom Himmel.
veſchloſſen; hieraus kann erſehen werden, welche
es ſind, die den Himmel innerlich in ſich aufneh-
men, und welche es ſind, ſo den Himmel nicht
aufnehmen. Allein, der Himmel iſt in dem einen
nicht eben ſo wie in dem andern, er iſt in einem
jeden nach Beſchaffenheit der Neigung zum Gu-
ten und zu dem daher ruͤhrenden Wahren, unter-
ſchieden; die in der Neigung zum Guten wegen
des Goͤttlichen ſtehen, die lieben das Goͤttliche
Wahre, denn das Gute und Wahre lieben ein-
ander, und wollen ſich gerne mit einander ver-
binden; weswegen die Heiden, ob ſie nun wohl
nicht in dem aͤchten Wahren in der Welt ſtehen,
es dennoch aus Liebe im andern Leben annehmen.


320. Es war ein gewiſſer Geiſt von den Hei-
den, der in dem Guten der thaͤtigen Liebe nach
ſeiner Religion in der Welt gelebt hatte, da er
nun hoͤrte, daß die Chriſten-Geiſter uͤber Glau-
bensſachen Schluͤſſe machten, (denn die Geiſter
machen unter einander weit vollſtaͤndigere und
ſcharfſinnigere Schluͤſſe als die Menſchen in der
Welt, vornehmlich uͤber das Gute und Wahre)
ſo wunderte er ſich, daß ſie ſo ſtritten, ſagte, er
wollte es nicht mit anhoͤren, denn ſie ſchloſſen aus
dem Anſcheine und Betruͤglichkeiten, und er be
lehrte ſie alſo: wenn ich gut bin, ſo kann ich ja
aus dem Guten ſelbſt wiſſen, was wahr iſt, und
was ich nicht weis, das kann ich noch annehmen.


321. Jch bin weitlaͤuftig belehret worden,
daß Heiden, die ein ſittliches Leben gefuͤhret, im
Gehor-
[21]Vom Himmel.
Gehorſam und Unterthaͤnigkeit, und in einer wech-
ſelsweiſen thaͤtigen Liebe nach ihrer Religion ge-
lebt, und daraus etwas Gewiſſen erlangt hatten,
im andern Leben empfangen worden ſind, und all-
da mit emſiger Sorgfalt von den Engeln in dem
Guten und Wahren des Glaubens unterrichtet
werden, und daß ſie ſich, wenn ſie unterrichtet
werden, beſcheiden, einſichtsvoll und weislich be-
zeigen, das Wahre leicht annehmen, und daß
ihnen ſolches leicht einzupraͤgen iſt; denn ſie
haben keine falſche Saͤtze wider das Wahre
des Glaubens, die etwa erſt auszujagen waͤren,
vielweniger anſtoͤßige Dinge wider den Herrn
eingeſogen, als wie ſehr viele von den Chriſten,
die von Jhm keinen andern Begriff, als wie von
einem gemeinen Menſchen, haben; ja, ganz an-
ders iſt es mit den Heiden, ſo bald dieſe hoͤren, daß
Gott Menſch geworden ſey, und ſich in der Welt
ſo geoffenbaret habe, den Augenblick erkennen ſie
es, und beten den Herrn an, und ſprechen: Gott
hat ſich wuͤrklich geeffenbaret, weil er Gott des
Himmels und der Erde, und weil das menſch-
liche Geſchlecht von ihm iſt. Das iſt eine goͤtt-
liche Wahrheit, daß ohne den Herrn keine Se-
ligkeit ſtatt findet, allein, das iſt ſo zu verſtehen,
daß ſonſt keine Seligkeit, als lediglich
vom Herrn, ſey:
in dem Weltall ſind viele
Erdbaͤlle, und alle voller Einwohner; kaum ei-
nige allda wiſſen es, daß der Herr auf unſerm
Erdball das Menſchliche angenommen hat; den-
noch aber werden ſie, weil ſie das Goͤttliche un-
B 3ter
[22]Vom Himmel.
ter menſchlicher Geſtalt anbeten, vom Herrn
angenommen und gefuͤhret; hiervon leſe man in
dem Tractat: von den Erdbaͤllen in
dem Weltall.


322. Es giebt unter den Heiden, wie unter
den Chriſten, Einfaͤltige und Weiſe; damit ich
nun belehret wuͤrde, wie ſie beſchaffen ſind, ſo
wurde mir gegeben, ſo wohl mit den Einfaͤltigen
als Weiſen, bisweilen Stunden und Tage lang
zu reden: allein heut zu Tage giebt es keine ſolche
Weiſe, als wie ſie zu den alten Zeiten vornehm-
lich in der alten Kirche, die uͤber ein groſſes
Stuͤck von Aſien ausgebreitet war, und von wel-
cher hernach auf viele Heiden Religion gekommen
iſt, geweſen ſind: damit ich nun wiſſen moͤchte,
wie ſie beſchaffen waren, ſo wurde mir gegeben,
mit einigen mich in ein vertrautes Geſpraͤch einzu-
laſſen. Es war einer bey mir, der vorzeiten un-
ter die Zahl der Weiſern gehoͤrt hatte, und mit-
hin auch in der gelehrten Welt bekannt war; mit
dieſen redete ich von mancherley Dingen; es wurde
mir glaublich, daß es Cicero waͤre: und weil ich
wußte, daß er ein Weiſer geweſen, ſo hatte ich
ein Geſpraͤch mit ihm von der Weisheit, von der
Erkaͤnntnis, von der Ordnung, von dem Wort,
und endlich von dem Herrn: was die Weisheit
anbetrift, ſo ſagte er, es gaͤbe ſonſt keine andere
Weisheit, als die, ſo aus dem Leben kaͤme, und
es koͤnnte ſonſt von keiner andern Sache Weis-
heit geſagt werden: was die Erkaͤnntnis anbe-
trift,
[23]Vom Himmel.
trift, ſo ſagte er, ſie kaͤme aus der Weishrit:
was die Ordnung anlangt, ſo ſagte er, ſie ſey
von Gott dem Allerhoͤchſten, und in dieſer Ord-
nung leben, heiße, weiſe ſeyn und Erkaͤnntnis ha-
ben: was das Wort anlangt, da ich ihm etwas
aus den prophetiſchen Buͤchern vorlas, ſo er-
goͤtzte er ſich uͤberaus ſehr, vornehmlich daran,
daß alle und jede Namen, und alle und jede Woͤr-
ter, etwas Jnneres andeuteten, wunderte ſich aber
ſehr, daß die Gelehrten heut zu Tage an einem
ſolchen Studio kein Vergnuͤgen empfaͤnden; ich
wurde alſo offenbar inne, daß das Jnnere ſeines
Denkens oder Gemuͤths eroͤffnet war; er ſagte,
er koͤnne nicht laͤnger da bey mir bleiben, weil er
da heiligere Dinge vernaͤhme und empfaͤnde, als
er ertragen koͤnnte, ſo ſehr wurde er innerlich ge-
ruͤhret. Endlich redete ich mit ihm von dem
Herrn, daß Er naͤmlich als Menſch geboren,
aber von Gott empfangen worden, und daß Er
das muͤtterliche Menſchliche ausgezogen und das
Goͤttlich Menſchliche angezogen habe, und daß
Er es ſey, Welcher die ganze Welt regieret;
hierauf antwortete er: vom Herrn wuͤßte er
vieles; und er begriffe auch nach ſeiner Art gar
wohl, daß es auf keine andre Weiſe haͤtte geſche-
hen koͤnnen, wenn anders das menſchliche Ge-
ſchlecht haͤtte ſollen erloͤſet werden; inzwiſchen wa-
ren einige boͤſe Chriſten da, die mancherley an-
ſtoͤßige Dinge oben darein ausſchuͤtteten, er
machte ſich aber nichts daraus, und ſagte, es
waͤre kein Wunder, weil ſie bey Leibes Leben in
B 4Anſeh-
[24]Vom Himmel.
Anſehung jener Wahrheiten nichts beſſeres einge-
ſogen haͤtten, und ſie koͤnnten nicht eher, als bis
dergleichen widrige Dinge aus ihnen wieder aus-
getrieben waͤren, das uͤberzeugende in ſich ein-
laſſen, gleich wie es die koͤnnten, welche noch gar
nichts davon gewußt haͤtten.


323. Mir wurde auch verſtattet, mit andern
zu reden, die zu den alten Zeiten geleht, und un-
ter die Zahl der Weiſern gehoͤrt hatten; ſie lieſſen
ſich erſt weit vorwaͤrts ſehen, und dort konnten
ſie das Jnnere meiner Gedanken, und alſo vieles
voͤllig vernehmen und empfinden, aus einem ein-
zigen Gedanken-Bild konnten ſie eine ganze Rei-
he wiſſen, und ſolche durch das Ergoͤtzende der
Weisheit mit den angenehmſten Vorſtellungen
ausfuͤllen; hieraus nahm ich war, daß ſie unter
die Zahl der Weiſern gehoͤrten, und es wurde
geſagt, es waͤren welche von den Alten; da ſie
nun naͤher kamen, und ich ihnen alsdenn etwas
aus dem Wort vorlas, ſo ergoͤtzten ſie ſich in-
nigſt; ich ſelbſt empfande ihre Ergoͤtzung und ihr
Vergnuͤgen, welche hauptſaͤchlich daher kamen,
daß Alles und Jedes, was ſie aus dem Wort
hoͤrten, himmliſche und geiſtliche Dinge vorſtellte
und bedeute; ſie ſagten, zu ihrer Zeit, da ſie in
der Welt gelebt haͤtten, waͤre ihre Art zu denken
und zu reden, wie auch zu ſchreiben, eben ſo ge-
weſen, und darinnen haͤtte ihr Weisheits Stu-
dium beſtanden.


324. Was
[25]Vom Himmel.

324. Was aber die Heiden heut zu Tage
anlangt, ſo ſind ſie nicht ſo weiſe, ſondern die
meiſten ſind einfaͤltigen Herzens; dennoch aber
nehmen diejenigen von ihnen, welche in einer
wechſelsweiſen thaͤtigen Liebe gelebt haben, im
andern Leben die Weisheit an: von denen will
ich nun ein und anderes Beyſpiel anfuͤhren.
Da ich das 17te und 18te Capitel aus dem
Buch der Richter las, allwo es von Micha
heißt, daß ihm die Kinder Dan ſein geſchnitz-
tes Bild, ſeine Abgoͤtter und Leviten genom-
men haben, ſo war ein Geiſt von den Heiden,
der bey ſeines Leibes Leben ein geſchnitztes Bild
angebetet hatte, zugegen; da er nun mit Auf-
merkſamkeit hoͤrete, wie es Micha ergangen,
und wie ihm ſein geſchnitztes Bild, das die
Daniter weggenommen hatten, geſchmerzet, ſo
uͤberfiel ihn auch unverſehens ein Schmerz
und ruͤhrte ihn ſo ſehr, daß er vor innerlichen
Schmerz kaum wußte, was er dachte; dieſer
Schmerz iſt von mir bemerkt worden, und
zugleich habe ich die Unſchuld in allen und je-
den Ruͤhrungen deſſelben wahrgenommen: es
waren auch Chriſten-Geiſter zugegen, die
machten groſſe Augen, und verwunderten ſich,
daß der Anbeter des geſchnitzten Bilds von
einer ſo ſtarken Mitleids und Unſchulds Ruͤh-
rung durchdrungen wuͤrde. Nachgehends re-
deten gute Geiſter mit ihm, und ſagten: er
duͤrfte kein Bild anbeten, und das koͤnnte er,
als ein Menſch, wohl einſehen, allein, er muͤß-
B 5te
[26]Vom Himmel.
te ſich ohne ein geſchnitztes Bild Gott den
Schoͤpfer und Regierer des ganzen Himmels
und der ganzen Erde denken, und daß dieſer
Gott der Herr ſey: ſobald dieſes geſagt wur-
de, ſo gleich wurde der innerliche Anbetungs-
Trieb deſſelben, der viel heiliger war, als bey
den Chriſten einer zu finden, zu empfinden
gegeben, und ich nahm auch an dieſer Empfin-
dung Theil; hieraus kann nun offenbar ſeyn,
daß die Heiden leichter in den Himmel kom-
men, als die Chriſten heut zu Tage, nach den
Worten des Herrn Luc. am 13. Cap. v. 29.
30: Dann werden ſie kommen von Mor-
gen und von Abend, und von Mitter-
nacht und von Mittage, und im Reiche
Gottes zu Tiſche ſitzen: und ſiehe, es ſind
letzten, die werden die erſten ſeyn, und
ſind erſten, die werden die letzten ſeyn;

denn in dem Zuſtand, worinnen derſelbe war,
konnte er in alle dem, was zum Glauben ge-
hoͤret, unterrichtet werden, und ſolches mit
innerer Zuneigung annehmen; bey ihm war
Barmherzigkeit, die von der Liebe herruͤhrete,
und in ſeiner Unwiſſenheit war Unſchuld; wenn
dieſe da ſind, ſo wird alles, was des Glaubens
iſt, wie freywillig, und das mit Freuden ange-
nommen: er wurde hernach unter die Engel
aufgenommen.


325. An einem gewiſſen Morgen wurde
von mir ein Chor gehoͤret, aus dem nun, was
von
[27]Vom Himmel.
von dem Chor vorgeſtellt wurde, wurde mir
zu erkennen gegeben, daß es Chineſer waͤren,
denn ſie ſtellten die Geſtalt ein[e]s Schaafbocks,
desgleichen einen Kuchen von Hirſen, und
einen Loͤffel von Ebenholz, wie auch das Bild
einer ſchwimmenden Stadt vor; ſie wollten
gerne naͤher zu mir kommen, und waͤhrend
daß ſie ſich zu mir machten, ſagten ſie, ſie woll-
ten alleine bey mir ſeyn, damit ſie mir ihre Ge-
danken eroͤffnen koͤnnten; allein, es wurde ih-
nen geſagt, ſie waͤren nicht allein, es waͤren
auch noch andre da, die unwillig daruber waͤ-
ren, daß ſie alleine ſeyn wollten, da ſie doch
Gaͤſte waͤren; nachdem ſie den Unwillen derſel-
ben vernommen hatten, ſielen ſie auf den Ge-
danken, ob ſie etwa den Naͤchſten heimlich hin-
tergangen, oder ob ſie ſich etwas; ſo andern
gehoͤrt, angemaſſet haͤtten; (die Gedanken
werden alle im andern Leben mitgetheilet) ihre
Gemuͤthsunruhe wurde zu empfinden gegeben,
die theils von der Beſorgnis, ſie moͤchten die-
ſelben vielleicht beleidiget haben, theils von der
Scham daruͤber, und zugleich von andern gu-
ten Ruͤhrungen herkam, woraus man erkannte,
daß ſie Liebe hatten: ich redete gleich ſo bald
mit ihnen, und endlich auch von dem Herrn,
da ich Jhn nun Chriſtum nannte, ſo wurde
ein gewiſſes Wiederſtreben bey ihnen empfun-
den; es wurde aber die Urſache entdeckt, naͤm-
lich ſie haͤtten dieſes mit aus der Welt genom-
men, daher, daß ſie gewußt haͤtten, daß die
Chri-
[28]Vom Himmel.
Chriſten ſchlimmer, als ſie, und in keiner
thaͤtigen Liebe leben; da ich Jhn aber nur den
Herrn nannte, ſodann wurden ſie innerlich
geruͤhret: ſie wurden hernach von den Engeln
unterrichtet, daß die chriſtliche Lehre vor allen
andern in der ganzen Welt Liebe und thaͤtige
Liebe vorſchreibe, daß aber wenige zu finden
waͤren, die darnach lebten. Es giebt Heiden,
die in der Welt aus Umgang und Ruf erfahren
haben, daß die Chriſten ein boͤſes Leben fuͤhren,
als in Hurerey, Haß, Zank, Saufen und
dergleichen, wofuͤr ſie, weil ſolches wider ihre
Religion war, einen Abſcheu hatten, dieſe
Heiden ſind im andern Leben furchtſamer, als
die andern, das Wahre des Glaubens anzu-
nehmen; ſie werden aber von den Engeln beleh-
ret, daß die chriſtliche Lehre, und der Glaube
an und fuͤr ſich ſelbſt, ganz anders lehre, daß
aber die Chriſten weniger, als die Heiden,
nach den Lehrpunkten lebten: wenn ſie dieſes
inne werden, ſo nehmen ſie das Wahre des
Glaubens auf, und beten den Herrn an, aber
dieſes geſchieht etwas ſpaͤter.


326. Es iſt etwas allgemeines, daß die
Heiden, die einen gewiſſen Gott unter der Ge-
ſtalt eines Bildniſſes oder Bildſaͤule, oder
ein gewiſſes geſchnitztes Bild angebetet hatten,
ſo bald ſie ins andere Leben kommen, zu eini-
gen, deren Perſon dieſe Goͤtzen oder Abgoͤtter
vorſtellen, gefuͤhret werden, aus der Urſache,
damit
[29]Vom Himmel.
damit ihnen ihre Phantaſien vergehen moͤgen;
wenn ſie nun etliche Tage bey dieſen Perſonen
geweſen ſind, ſo werden ſie wieder weggefuͤh-
ret. Diejenigen, ſo Menſchen angebetet ha-
ben, werden auch bisweilen zu den naͤmlichen,
oder zu andern, welche an deren Stelle gekom-
men, gefuͤhret; wie zum Exempel ſehr viele
von den Juden zu Abraham, Jacob, Moſe,
und David gefuͤhret wurden, wenn ſie nun
inne werden, daß dieſe eben ein ſolches Menſch-
liche, als wie die andern, haben, und nicht
die geringſte Huͤlfe leiſten koͤnnen, ſo werden ſie
ſchamroth, und wieder an ihre Oerter nach Be-
ſchaffenheit ihres Lebens gebracht. Unter den
Heiden werden im Himmel vornehmlich die Afri-
caner geliebet; denn die nehmen das Gute und
Wahre des Himmels leichter an, als die an-
dern: hauptſaͤchlich wollen ſie gehorſame, nicht
aber glaͤubige heiſſen; ſie ſprechen, die Chri-
ſten koͤnnten glaͤubige genennet werden, weil
ſie die Glaubens-Lehre haͤtten, ſie hingegen
nicht eher, als bis ſie ſelbige annaͤhmen, oder,
wie ſie ſprechen, annehmen koͤnnten.


327. Jch habe mit einigen, die zur Zeit
der alten Kirche gelebt haben, geredet, (die
alte Kirche heißt die, ſo nach der Suͤnd-
fluth, und damals in vielen Reichen, naͤmlich
in Aſſyrien, Meſopotamien, Syrien, Ae-
thiopien, Arabien, Lybien, Aegypten, Phili-
ſtaͤa bis an Tyrus und Sidon, in dem Lande
Canaan
[30]Vom Himmel.
Canaan jenſeit und uͤber dem Jordan verbreitet
war: *) und die damals etwas vom Herrn
wußten, daß er kommen wuͤrde, und in dem
Guten des Glaubens unterrichtet waren, dem
ungeachtet aber abſielen, und Goͤtzendiener wur-
den; ſie befanden ſich, vorwaͤrts gegen die
Linke, an einem finſtern Ort, und in einen
erbaͤrmlichen Zuſtand: ihr Reden war wie ein
Pfeiffen, eintoͤnigt, und faſt ohne vernuͤnfti-
ges Denken: ſie ſagten, allda waͤren ſie ſeit
vielen Jahrhunderten geweſen, und wuͤrden
bisweilen heraus genommen, um andern zu
einem ſchlechten Gebrauch zu dienen. Hier-
durch wurde Veranlaſſung gegeben, an ſehr
viele von den Chriſten zu denken, welche zwar
nicht aͤuſſerlich, aber doch innerlich Goͤtzen-
diener
[31]Vom Himmel.
diener ſind, denn ſie verehren ſich ſelber und
die Welt, und im Herzen laͤugnen ſie den
Herrn, welches Loos ſie im andern Leben auch
zu erwarten haben.


328. Daß die Kirche des Herrn auf dem
ganzen Erdkreis zerſtreut, alſo uͤberall iſt, und
daß alle diejenigen, welche in dem Guten der
thaͤtigen Liebe nach ihrer Religion gelebt ha-
ben, zu dieſer Kirche gehoͤren, und daß ſich
die Kirche, wo das Wort und dadurch der
Herr bekannt iſt, zu denen, ſo auſſerhalb der
Kirche ſind, eben ſo verhalte, wie das Herz
und die Lunge im Menſchen, von welchen alle
Eingeweide und Gliedmaſſen des Koͤrpers auf
mancherley Weiſe nach Beſchaffenheit der Ge-
ſtalten, Lage und Verbindungen, ihr Leben
haben, das leſe man Num. 308.


Von den Kindern im Himmel.


329. Bey manchen herrſchet der Glaube,
daß nur die Kinder, ſo innerhalb der Kirche,
nicht aber die, ſo auſſerhalb der Kirche gebo-
ren ſind, in den Himmel kaͤmen; ſie geben
dieſe Urſache vor, daß die Kinder, ſo inner-
halb der Kirche geboren ſind, getauft, und
durch die Taufe dem Glauben der Kirche ein-
verleibet waͤren: diejenigen aber wiſſen nicht,
daß
[32]Vom Himmel.
daß durch die Taufe bey keinem einzigen weder
der Himmel noch der Glaube zu wege gebracht
werde; denn die Taufe iſt nur zum Zeichen
und Merkmal, daß der Menſch muͤſſe wieder-
geboren werden, und daß der, ſo innerhalb
der Kirche geboren iſt, wiedergeboren werden
koͤnne, weil allda das Wort vorhanden,
worinnen das Goͤttliche Wahre befindlich iſt,
durch welches die Wiedergeburt geſchiehet, und
weil daſelbſt der Herr bekannt iſt, von wel-
chem die Wiedergeburt gewuͤrket wird. Sie
ſollen demnach wiſſen, daß jedwedes Kind, es
mag, wo es immer wolle, es mag innerhalb
der Kirche oder auſſerhalb derſelben, es mag
von frommen oder von gottloſen Aeltern gebo-
ren ſeyn, wenn es ſtirbt, von dem Herrn auf-
genommen, und im Himmel erzogen, wie auch
nach der goͤttlichen Ordnung unterrichtet, und
zu den Neigungen zum Guten, und durch die-
ſe zu den Erkaͤnntniſſen des Wahren angewie-
ſen wird; daß es auch hernach, ſo wie es an
Erkaͤnntnis und Weisheit zunimmt, in den
Himmel eingefuͤhret, und ein Engel wird.
Ein jeder, der vernuͤnftig denkt, kann einſe-
hen, daß keiner zur Hoͤlle, ſondern alle zum
Himmel geboren ſeyn; und daß der Menſch
ſelber ſchuld daran ſey, wenn er in die Hoͤlle
kommt, daß hingegen die Kinder noch in kei-
ner Schuld ſeyn koͤnnen.


330. Die
[33]Vom Himmel.

330. Die kleinen Kinder, welche ſterben, *)
ſind im andern Leben eben auch kleine Kinder,
ſie haben eben das kindliche Gemuͤth, eben die
Unſchuld in der Unwiſſenheit, und eben die
Zartheit in allem, und ſtehen blos in den Zu-
bereitungs Anfaͤngen, Engel zu werden, denn
die Kinder ſind noch keine Engel, ſondern
werden erſt Engel: denn ein jeder, der aus
der Welt geht, iſt im gleichen Zuſtand ſeines
Lebens, ein zartes Kind iſt in dem Zuſtand
der zarten Kindheit, ein erwachſenes Kind iſt
in dem Zuſtand eines erwachſenen Kindes, ein
Juͤngling, Mann, oder Greis iſt in dem Zu-
ſtand eines Juͤnglings, Mannes und Greiſes,
aber eines jeden Zuſtand wird nachgehends
veraͤndert; hingegen der Zuſtand der kleinen
Kinder uͤbertrift den Zuſtand der uͤbrigen in
dem Stuͤcke, daß ſie in der Unſchuld ſind, und
daß das Boͤſe noch nicht bey ihnen durch die
Thaͤtigkeit des Lebens eingewurzelt iſt; und die
Unſchuld iſt ſo beſchaffen, daß ihr alles Himm-
liſche kann eingepflanzt werden, den die Un-
ſchuld nimmt das Wahre des Glaubens und
das Gute der Liebe auf.


331. Der
Sw. Sch.II.Th. C
[34]Vom Himmel.

331. Der Zuſtand der Kinder im andern
Leben hat einen großen Vorzug vor dem Zu-
ſtand der Kinder in der Welt, denn ſie ſind
nicht mit dem irdiſchen Leib umgeben, ſondern
mit eben einem ſolchen, wie die Engel einen
haben; der irdiſche Leib iſt an ſich ſelbſt eine
Laſt, er empfaͤngt die erſten Empfindungen
und die erſten Bewegungen nicht von der in-
nern oder geiſtlichen Welt, ſondern von der
aͤuſſern oder natuͤrlichen Welt, weswegen die
kleinen Kinder in der Welt das Lauffen, die
Bewegungen und das Reden erſt lernen muͤſ-
ſen, ja es muͤſſen ihnen die Sinne, als das
Sehen und Hoͤren, durch die mit ihnen vorge-
nommene Uebung aufgethan werden; ein an-
ders aber iſt es mit den kleinen Kindern im
andern Leben, dieſe, weil ſie Geiſter ſind, be-
tragen ſich gleichſobald nach ihrem Jnnern, ſie
gehen, ohne daß es ihnen gelehret wird, ſie
reden auch, aber zuerſt aus den allgemeinen
Neigungen, die noch nicht in Gedanken-Bil-
der unterſchieden ſind, es waͤhret aber nicht
lange, ſo fangen ſie an, in dieſe zu kommen,
und dieſes darum, weil ſich ihr Aeuſſeres zu
dem Jnnern gleichartig verhaͤlt: daß das Re-
den der Engel aus den durch die Gedanken-
Bilder mannigfaltig veraͤnderten Neigungen
flieſſet, ſo, daß ihr Reden voͤllig mit den Ge-
danken, ſo von der Neigung herruͤhren, uͤber-
einſtimmet, leſe man Num. 234-245.


332. Die
[35]Vom Himmel.

332. Die Kinder werden, ſo bald ſie auf-
erwecket ſind, welches gleich nach dem Tod ge-
ſchiehet, in den Himmel aufgenommen, und
den Engeln weiblichen Geſchlechts, die bey ih-
res Leibes Leben die Kinder zaͤrtlich geliebt,
aber auch zugleich Gott geliebt haben, uͤber-
geben; dieſe, weil ſie in der Welt aus einer
gleichſam muͤtterlichen Zaͤrtlichkeit alle Kinder
lieb gehabt, nehmen ſie, wie die ihrigen, auf,
und die Kinder haben ſie auch vermoͤge der ein-
gepflanzten Zuneigung ſo lieb, wie ihre Muͤt-
ter: bey einem jeden Engel weiblichen Ge-
ſchlechts ſind ſo viel Kinder, als ſo viel er der-
ſelben, nach ſeinem geiſtlichen Trieb zu Kin-
dern, verlanget. Dieſer Himmel erſcheinet
vorwaͤrts aus der Gegend der Stirne, gerade
in der Linie oder Geſichtsſtrahl, wornach die
Engel den Herrn ſehen; die Lage dieſes Him-
mels iſt darum daſelbſt, weil alle Kinder un-
ter der unmittelbaren Vorſorge des Herrn ſte-
hen; auch fließt bey ihnen der Himmel der
Unſchuld ein, welches der dritte Himmel iſt.


333. Die Kinder ſind von verſchiedener
Art, einige ſind von der Art, wie die geiſtli-
chen Engel, einige von der Art, wie die himm-
liſchen Engel; die Kinder, ſo himmliſcher Art
ſind, erſcheinen in dieſem Himmel zur Rechten,
die aber geiſtlicher Art ſind, erſcheinen zur Lin-
ken. Alle Kinder am Groͤßten Men-
ſchen,
welches der Himmel iſt, befinden ſich
C 2in
[36]Vom Himmel.
in der Gegend der Augen, in der Gegend des
linken Auges befinden ſich die, ſo geiſtlicher
Art ſind, und in der Gegend des rechten Au-
ges die, ſo himmliſcher Art ſind; und dieſes
aus der Urſache, weil der Herr den Engeln,
die im geiſtlichen Reich ſind, vor dem linken
Aug, und denen, ſo ſich im himmliſchen Reich
befinden, vor dem rechten Aug erſcheinet, wie
man oben Num. 118. nachleſen kann. Hier-
aus, daß die Kinder in der Gegend der Augen
am Groͤßten Menſchen oder Himmel
ſind, erhellet eben auch, daß die Kinder unter
der unmittelbaren Aufſicht und Vorſorge des
Herrn ſtehen.


334. Nun will ich auch mit wenigen ſagen,
wie die Kinder im Himmel auferzogen werden:
ſie lernen von ihrer Auferzieherin reden; ihre
erſte Sprache iſt nur der Ton der Neigung,
welcher ſtufenweis, ſo wie bey ihnen die Ge-
danken-Bilder kommen, deutlicher wird, denn
die Gedanken-Bilder, ſo von den Neigungen
herruͤhren, verurſachen alles Reden der Engel,
wovon man in ſeinem Artikel N. 234-245.
nachleſen kann. Erſtlich werden in ihre Nei-
gungen, die alle von der Unſchuld herkommen,
ſolche Dinge, die vor den Augen erſcheinen,
und ergoͤtzend ſind, eingefloͤßt; weil nun dieſe
Dinge eines geiſtlichen Urſprungs ſind, ſo flieſ-
ſet in ſolche auch zugleich das Himmliſche mit
ein, wodurch das Jnnere der Kinder eroͤffnet
wird;
[37]Vom Himmel.
wird; und ſo werden ſie von Tag zu Tag voll-
kommener; wenn ſie nun aus dieſem ihrem er-
ſten Alter heraus ſind, ſo werden ſie in einen
andern Himmel gebracht, allwo ſie von Lehrern
unterrichtet werden; und ſo weiter.


335. Die Kinder werden vornehmlich durch
die ihrer Zuneigungs-Art gemaͤße Vorſtellun-
gen unterrichtet, welche ſo ſchoͤn, und zugleich
ſo voll von innerer Weisheit ſind, daß es einer
nimmermehr glauben kann; auf dieſe Weiſe
wird ihnen ſtufenweis die Erkaͤnntnis, bey
welcher das Gute gleichſam die Seele iſt, ein-
gefloͤſſet: es ſey mir vergoͤnnt, hier zwey Vor-
ſtellungen, die mir zu ſehen gegeben wurden,
und woraus man den Schluß auf das uͤbrige
machen kann, zu erzaͤhlen. Erſtlich ſtellten ſie
den aus dem Grab aufſtehenden Herrn, und
zugleich die Vereinigung Seines Menſchlichen
mit dem Goͤttlichen, vor, welches auf eine ſo
Weisheitsvolle Art geſchahe, daß es alle
menſchliche Weisheit uͤberſteigt, auch geſchahe
es zugleich auf eine unſchuldige kindliche Wei-
ſe: ſie ſtellten auch das Gedanken-Bild von
dem Grab, aber nicht zugleich das Gedanken-
Bild vom Herrn, auſſer nur entfernter Wei-
ſe dergeſtalt vor, daß man es kaum merken
konnte, daß der Herr damit gemeint ſey, auſ-
ſer nur gleichſam von weiten her, aus der Ur-
ſache, weil in dem Gedanken-Bild von einem
Grabe etwas Eindruck von einer Leiche iſt, wel-
C 3ches
[38]Vom Himmel.
ches ſie alſo entfernten: hernach lieſſen ſie et-
was Luftkreisliches, welches gleichwohl wie
duͤnnes oder durchſichtiges Waſſer ausſahe,
weislich ins Grab, wodurch ſie eben auch auf
eine ſchickliche entfernte Weiſe das geiſtliche Le-
ben in der Taufe andeuteten. Nachgehends
ſahe ich von ihnen die Niederfahrt des Herrn
zu den Gefangenen, und die Auffahrt mit den
Gefangenen in den Himmel, vorſtellen, und
das geſchahe von ihnen mit einer ungemeinen
Klugheit und Froͤmmigkeit; und ſie lieſſen,
welches kindlich war, *) beynahe kaum ſicht-
bare, hoͤchſt weiche und zarte Stricklein hin-
unter, mit welchen ſie den Herrn beym Auf-
fahren in die Hoͤhe zogen; das geſchahe im-
mer in heiliger Befuͤrchtung, daß nicht das
mindeſte in der Vorſtellung auf etwas anſpie-
le, worinnen das Geiſtlich Himmliſche nicht
enthalten waͤre. Auſſer andern Vorſtellun-
gen, worinnen die Kinder ſind, und wodurch
ſie in die Erkaͤnntniſſe des Wahren und in die
Neigungen zum Guten, als wie durch Spiele,
ſo den Gemuͤthern der Kinder gemaͤß ſind, ge-
fuͤhret werden.


336. Wie
[39]Vom Himmel.

336. Wie ihr zarter Verſtand beſchaffen,
das iſt mir auch gezeigt worden; als ich das
Gebet des Herrn betete, und ſie alsdenn in die
Bilder meines Denkens aus ihrem verſtaͤndli-
chen Theil einfloſſen, ſo wurde ich inne, daß
ihr Einfluß ſo zaͤrtlich und gelinde war, daß
er beynahe lauter ſanftes Beruͤhren geweſen;
und da bemerkte ich zugleich, daß ihr verſtaͤnd-
liches Theil bis zum Herrn eroͤffnet war, *)
denn was ſich von ihnen auf mich ergoß, war
wie vom Herrn uͤberſtroͤmt: der Herr flieſſet
auch in die Begriffe der Kinder zuvoͤrderſt am
innigſten ein, den ſie ſind noch nicht durch das
mindeſte, weder durch falſche Grundſaͤtze zum
Aufnehmen des Wahren, noch durch ein boͤſes
Leben zum Aufnehmen des Guten, und alſo
zum weiſe werden verſchloſſen, als wie es im
Gegentheil bey Erwachſenen iſt. Hieraus kann
nun offenbar ſeyn, daß die Kinder nach dem
Tod nicht gleich ſo bald in den engliſchen Zu-
C 4ſtand
[40]Vom Himmel.
ſtand kommen, ſondern daß ſie erſt nach und
nach durch die Erkaͤnntniſſe des Guten und
Wahren, und dieſes nach aller himmliſcher
Ordnung, hinein gefuͤhrt werden; denn der
Herr weis von der Kinder Art auch das aller-
geringſte, weswegen ſie nach allen und jeden
Kleinigkeiten ihrer Neigung dazu gebracht wer-
den, das Wahre des Guten und das Gute des
Wahren anzunehmen.


337. Wie den Kindern durch das Liebliche
und Ergoͤtzende, ſo ihrer Zuneigungsart ge-
maͤß iſt, alles moͤgliche beygebracht wird, das
iſt mir auch gezeigt worden; denn es wurde
mir gegeben, Kinder zu ſehen, die auf das
anſtaͤndigſte angeputzt, um die Bruſt, und
auch um ihre zarten Arme mit Blumenkraͤn-
zen, die von den allerlieblichſten und von himm-
liſchen Farben glaͤnzten, geziert waren: einſt-
mals wurde mir auch gegeben, Kinder mit ih-
ren Auferzieherinnen, zugleich mit Jungfern
begleitet, in einem paradieſiſchen Garten, der
nicht ſo wohl mit Baͤumen, als vielmehr mit
in einander geſchlungenen Lorberaͤſten, und al-
ſo mit bedeckten Gaͤngen, wie auch mit Ein-
gaͤngen, ſo inwendig hinein fuͤhrten, hoͤchſt
gezieret war, wie auch ſelbſt die damals eben
ſo angeputzte Kinder zu ſehen, und wenn ſie
hineingiengen, ſo ſchimmerte das Blumenwerk
uͤber dem Eingang aufs lieblichſte heraus:
hieraus kann nun offenbar ſeyn, was ſie fuͤr
Ergoͤ-
[41]Vom Himmel.
Ergoͤtzungen haben, wie auch, daß ſie durch an-
muthige und angenehme Dinge in das Gute der
Unſchuld und Liebe, welche[s] Gute dieſen ange-
nehmen und anmuthigen Dingen beſtaͤndig vom
Herrn einverleibet wird, gefuͤhret werden.


338. Mir iſt auch durch die im andern Leben
gemeinſchaftliche Art der Mittheilung gezeigt wor-
den, wie die Denkbilder der Kinder, wenn ſie
einige Gegenſtaͤnde ſehen, beſchaffen ſind; ſie wa-
ren naͤmlich ſo, als wenn alles und jedes lebte;
daher iſt in allen und jeden Bildern ihres Den-
kens Leben: und es wurde von mir bemerkt, daß
die Kinder auf der Erde, wenn ſie in ihrem Spie-
len ſind, eben die Denkbilder haben, denn ſie ha-
ben noch kein Nachdenken, als wie es die Er-
wachſenen haben, es iſt bey ihnen gleichſam et-
was unbeſeeltes.


339. Jch habe oben geſagt, daß die Kinder
entweder himmliſcher oder geiſtlicher Art ſind;
die himmliſcher Art ſind, die unterſcheiden
ſich gar wohl von denen, ſo geiſtlicher Art
ſind; jene
denken, reden, und betragen ſich ganz
ſanft, ſo, daß an ihnen kaum etwas anders, als
etwas flieſſendes aus der Liebe zum Guten gegen
den Herrn, und gegen andre Kinder, zu ſehen
iſt; die aber geiſtlicher Art ſind, die denken,
reden und betragen ſich nicht ſo ſanft, ſondern in
allem und jedem, ſo bey ihnen beſindlich iſt, iſt
etwas gleichſam Fluͤgelſchwingendes zu ſehen;
C 5dieſes
[42]Vom Himmel.
dieſes kann man auch von ihrem Unwillen *) ab-
nehmen; das uͤbrige zu geſchweigen.


340. Es koͤnnen viele in der Meinung ſte-
hen, die Kinder blieben im Himmel Kinder, und
waͤren als Kinder unter den Engeln; die nun nicht
wiſſen, was eigentlich ein Engel iſt, die haben
ſich auch wohl in dieſer Meinung durch die Bilder,
die man hie und da in den Tempeln antrift, allwo
die Engel als wie Kinder vorgeſtellt werden, be-
ſtaͤrken koͤnnen: allein, die Sache verhaͤlt ſich
ganz anders; Erkaͤnntnis und Weisheit machen
einen Engel aus, ſo lange nun die Kinder dieſe
noch nicht haben, ſo ſind ſie zwar bey den Engeln,
aber ſie ſind noch keine Engel; wenn ſie aber Er-
kaͤnntnis haben und weiſe ſind, alsdenn werden
ſie erſt Engel: ja, woruͤber ich mich verwunderte,
alsdenn ſehen ſie nicht wie Kinder, ſondern wie
Erwachſene aus; denn ſodann ſind ſie nicht mehr
von kindlicher, ſondern von engliſcher mehr er-
wachſener Art; dieſes bringt die Erkaͤnntnis und
Weisheit mit ſich. Daß die Kinder, ſo wie ſie
an Erkaͤnntnis und Weisheit vollkommener wer-
den, als wie groͤßer, ja wie Erwachſene und wie
Juͤnglinge ausſehen, iſt die Urſache, weil Er-
kaͤnntnis und Weisheit unmittelbar die geiſtliche
Nah-
[43]Vom Himmel.
Nahrung iſt; *) was dahero ihre Gemuͤther naͤh-
ret, das naͤhret auch ihre Leiber, und dieſes ge-
ſchiehet vermoͤge der Uebereinſtimmung, denn die
Geſtalt des Leibes iſt nichts anders, als die aͤuſ-
ſerliche Geſtalt des Jnnern. Es iſt zu wiſſen,
daß die Kinder im Himmel nicht weiter, als bis
an das erſte Jugendalter kommen, und allda in
Ewigkeit ſtehen bleiben. Damit ich dieſes fuͤr
gewiß wiſſen moͤchte, daß dem alſo ſey, ſo wurde
mir gegeben, mit einigen, die als Kinder im Him-
mel auferzogen worden, und allda erwachſen ſind,
auch
[44]Vom Himmel.
auch mit einigen, wenn ſie noch Kinder waren,
und hernach mit eben denſelben, wenn ſie Juͤng-
linge geworden, zu reden; und da habe ich von
ihnen ihren Lauf des Lebens von einem Alter zum
andern vernommen.


341. Daß die Unſchuld die Aufnehmerin al-
ler Dinge des Himmels, und daß alſo die Un-
ſchuld der Kinder die Grundlage von allen Nei-
gungen zum Guten und Wahren ſey, das kann
aus dem offenbar ſeyn, was ich kurz vorher Num.
276-283 von der Unſchuld der Engel im Him-
mel gezeigt habe, daß naͤmlich dieſes die Unſchuld
ſey, ſich vom Herrn, aber nicht von ſich ſelber
ſuͤhren laſſen wollen; daß folglich der Menſch
nur in ſo viel in der Unſchuld ſey, in ſo viel er
von ſeiner Eigenheit entfernt iſt; und in ſo viel
einer von ſeiner Eigenheit entfernt iſt, in ſo viel
befindet er ſich in dem Eigenen des Herrn; das
Eigene des Herrn iſt das, was man die Gerech-
tigkeit und das Verdienſt des Herrn nennet.
Allein die Unſchuld der Kinder iſt keine aͤchte Un-
ſchuld, weil ſie noch ohne Weisheit iſt; die aͤchte
oder wahre Unſchuld iſt die Weisheit, denn in ſo
viel einer weiſe iſt, in ſo viel will er gerne vom
Herrn gefuͤhret ſeyn, oder welches einerley iſt,
in ſo viel er vom Herrn gefuͤhret wird, in ſo viel
iſt er weiſe. Die Kinder werden demnach von der
aͤuſſern Unſchuld, in der ſie anfangs ſind, und die
man die Kindheits Unſchuld nennet, zu der in-
nern Unſchuld gebracht, welches die Weisheits
Unſchuld
[45]Vom Himmel.
Unſchuld iſt; dieſe Unſchuld iſt der Endzweck von
allem ihren Unterricht und Fortgang; wenn ſie
dahero zu der Weisheits Unſchuld kommen, ſo-
dann wird mit ihnen die Kindheits Unſchuld, die
ihnen inzwiſchen zur Grundlage gedienet hatte,
verbunden. Es wurde mir vorgeſtellt, wie die
Unſchuld der Kinder beſchaffen, naͤmlich durch
etwas Hoͤlzernes, ſo faſt leblos war, welches
lebendig wird, ſo wie ſie durch die Erkaͤnntniſſe
des Wahren und durch die Neigungen zum Gu-
ten vollkommen gemacht werden; und hernach
wurde vorgeſtellt, wie die aͤchte Unſchuld beſchaf-
fen, naͤmlich durch ein uͤberaus ſchoͤnes Kind, ſo
lauter Leben und nackend war: denn ſelbſt die
Unſchuldigen, welche im innerſten Himmel,
und alſo dem Herrn am naͤchſten ſind, erſcheinen
vor den Augen der andern Engel nicht anders,
als wie Kinder, und einige nackend, denn die Un-
ſchuld wird durch die Bloͤße, deren ſie ſich nicht
ſchaͤmen, vorgeſtellt; als wie von dem erſten
Menſchen und ſeinem Weibe im Paradieſe 1. B.
Moſ. 2, v. 25 geleſen wird; weswegen dieſe, da
der Zuſtand ihrer Unſchuld verloren gegangen, ſich
der Bloͤße ſchaͤmten und ſich verſteckten, Cap. 3,
7. 10. 11. Mit einem Wort, je weiſer die En-
gel ſind, deſto unſchuldiger ſind ſie, und je un-
ſchuldiger ſie ſind, deſto mehr kommen ſie ſich wie
Kinder vor; daher kommt es nun, daß die Kind-
heit in dem Wort die Unſchuld bedeutet, man
leſe Num. 278.


342. Jch
[46]Vom Himmel.

342. Jch habe mit den Engeln von den Kin-
dern geredet, ob ſie naͤmlich rein vom Boͤſen waͤ-
ren, weil ſie kein thaͤtiges Boͤſe haͤtten, wie es
im Gegentheil bey dem Erwachſenen iſt; es wurde
mir aber geſagt, ſie befaͤnden ſich eben ſo wohl im
Boͤſen, ja, ſie waͤren eben auch nichts als Boͤ-
ſes; aber ſie wuͤrden, ſo wie alle Engel, vom
Boͤſen abgezogen, und vom Herrn in dem Gu-
ten gehalten, ſo gar, daß es ihnen vorkaͤme, als
ob ſie aus ſich ſelber in dem Guten waͤren: wes-
wegen auch die Kinder, nachdem ſie im Himmel er-
wachſen ſind, damit ſie ſich keine falſche Einbildung
von ſich machen, als kaͤme das Gute bey ihnen
aus ihnen ſelber, aber nicht aus dem Herrn,
bisweilen in ihr angeerbtes Boͤſe verſetzt, und
darinnen ſo lange gelaſſen werden, bis ſie wiſſen,
erkennen, und glauben, daß ſich die Sache ſo
verhalte. Jn eben der Einbildung ſtunde auch
ein gewiſſer, der als ein Kind geſtorben, aber im
Himmel erwachſen war, er war eines gewiſſen
Koͤnigs Sohn, daher wurde er in das ihm an-
geborne boͤſe Leben gelaſſen, und ſodann bemerkte
ich aus der Sphaͤre oder dem Umkreis ſeines Le-
bens, daß er ein Gemuͤth hatte, uber andre zu
herrſchen, und daß er die Hurerey fuͤr nichts ach-
tete, welches Boͤſe ihm alſo von den Aeltern an-
geerbt war: nachdem er aber erkannt hatte, daß
er ſo beſchaffen, ſo wurde er wieder unter die En-
gel, worunter er zuvor geweſen, aufgenommen.
Nimmermehr hat einer im andern Leben wegen
des angeerbten Boͤſen Strafe auszuſtehen, dar-
um,
[47]Vom Himmel.
um, weil es nicht ſein ſelbſt eignes iſt, er alſo
nicht ſchuld daran iſt, daß er ſo beſchaffen; ſon-
dern er wird wegen des thaͤtigen Boͤſen geſtraft,
welches ſein ſelbſt eignes iſt, alſo, in ſo viel er
ſich von dem angeerbten Boͤſen durch die Thaͤtig-
keit des Lebens zu eigen gemacht hat. Daß die
Kinder, wenn ſie erwachſen ſind, in den Zuſtand
ihres angeerbten Boͤſen eingelaſſen werden, das
geſchiehet nicht deswegen, daß ſie Strafe leiden
ſollen, ſondern darum, damit, ſie wiſſen moͤgen,
daß ſie von ſich ſelber nichts als Boͤſes ſeyn, und
daß ſie der Herr vermoͤge Seiner Barmherzig-
keit von der bey ihnen befindlichen Hoͤlle weg, und
in den Himmel aufnimmt, wie auch daß ſie nicht
aus ihrem eigenen Verdienſt, ſondern durch den
Herrn, im Himmel ſind; ferner, damit ſie ſich nicht
des bey ihnen befindlichen Guten bey andern ruͤh-
men moͤchten, denn dieſes iſt wider das Gute der
wechſelsweiſen Liebe, ſo wie es auch wider das
Wahre des Glaubens laͤuft.


343. Vielmals, wenn etliche Kinder, und
zwar, da ſie noch ganz und gar kindlich waren,
zuſammen in Choͤren bey mir geweſen ſind, ſo
ſind ſie von mir wie etwas zartes unordentliches
vernommen worden, ſo, daß ſie noch nicht wie
Eins ausmachten, als wie nachgehends, wenn
ſie mehr erwachſen ſind; und es konnten ſich, wor-
uͤber ich mich verwunderte, die Geiſter, ſo bey mir
waren, nicht enthalten, dieſe Kinder zu leiten,
naͤmlich zum Reden zu bringen; ein ſolcher Eifer
iſt
[48]Vom Himmel.
iſt den Geiſtern eingepflanzt; es wurde aber von
mir oftmals bemerkt, daß die Kinder widerſtreb-
ten, und nicht ſo reden wollten; das Weigern
und Widerſtreben, ſo mit einem gewiſſen Schein
des Unwillens verknuͤpft war, bin ich oͤfters inne
geworden; und wenn ihnen einige Gelegenheit zu
reden gegeben wurde, ſagten ſie nur: es iſt nicht
ſo:
ich bin belehret worden, daß die Kinder *)
ſo verſucht wuͤrden, damit ſie ſich gewoͤhnen lern-
ten und anfangen moͤchten, nicht nur dem Boͤſen
und Falſchen zu widerſtehen, ſondern auch darum,
damit ſie nicht aus dem Munde eines andern den-
ken, reden, und handeln, und ſich aiſo von kei-
nem andern, als vom Herrn allein, fuͤhren laſ-
ſen moͤchten. **)


344. Aus
[49]Vom Himmel.

344. Aus dem, was ich bereits angefuͤhret
habe, kann nun offenbar ſeyn, wie die Erziehung
der Kinder im Himmel beſchaffen iſt, daß ſie naͤm-
lich durch die Erkaͤnntnis des Wahren und durch
die Weisheit des Guten in das engliſche Leben,
welches die Liebe zum Herrn und die wechſels-
weiſe Liebe iſt, in denen ſich die Unſchuld befindet,
gefuhret werden. Wie aber die Erziehung der
Kinder auf Erden bey ſehr vielen das Gegentheil
iſt, das kann aus dieſem Exempel erhellen; ich
war einmal auf der Gaſſe in einer groſſen Stadt,
und ſahe Knaͤbchen ſich mit einander ſchlagen, ein
Haufen Volk kam herbey geronnen, ſo dieſes
mit groſſen Vergnuͤgen mit anſahe, und mir wurde
geſagt, daß ſelbſt die Aeltern dieſe Knaͤbchen als
ihre Kinder zu einem ſolchen Balgen anreitzten:
die guten Geiſter und die Engel, welche dieſes
vermittelſt meiner Augen ſahen, hatten einen ſol-
chen Abſcheu dafuͤr, daß ich ein Grauen empfand,
und hauptſaͤchlich daruͤber, daß die Aeltern ſolche
zu dergleichen anreitzten; und ſie ſagten, daß
auf dieſe Weiſe die Aeltern bey ihren Kindern
gleich in dem erſten Alter alle wechſelsweiſe Liebe,
und alle Unſchuld, die die Kinder vom Herrn
haͤtten, ausloͤſchten, und ſie bey Zeiten zu Haß
und Rache anfuͤhrten: foglich ihre Kinder mit al-
lem Fleis vom Himmel, wo lauter wechſelsweiſe
Liebe iſt, ausſchloͤßen. Es moͤgen ſich demnach
Aeltern, die ihren Kindern wohl wollen, fuͤr
dergleichen huͤten.


Sw. Sch.II.Th. D345.
[50]Vom Himmel.

345. Was zwiſchen denen, die als Kinder,
und zwiſchen denen, ſo als Erwachſene ſterben,
fuͤr ein Unterſchied iſt, ſoll nun auch geſagt wer-
den: die als Erwachſene ſterben, die haben eine
von der irdiſchen und materiellen Welt an ſich ge-
nommene Grundlage, und nehmen ſolche mit ſich;
dieſe Grundlage iſt ihr Gedaͤchtnis und ihre na-
tuͤrlich leibliche Neigung; dieſes bleibt feſte ſte-
hen, und ruhet alsdenn; *) dennoch aber dienet
es
[51]Vom Himmel.
es ihrem Denken nach dem Tod zur aͤuſſern Grund-
lage, *) denn darein fließt das Denken: wie da-
her dieſe Grundlage beſchaffen iſt, und wie der
vernuͤnftige Theil mit den Dingen, ſo darin-
nen befindlich ſind, uͤbereinſtimmet, alſo iſt auch
der Menſch nach dem Tode. Die Kinder aber,
die als kleine Kinder geſtorben und im Himmel
erzogen worden, haben keine ſolche Grund-
lage, ſondern bey ihnen iſt eine natuͤrlich
geiſtliche Grundlage,
weil ſie nichts
von der materiellen Welt, auch nichts vom ir-
D 2diſchen
*)
[52]Vom Himmel.
diſchen Leib an ſich haben, dahero koͤnnen ſie nicht
in ſo groben Neigungen, noch in dergleichen dar-
aus herruͤhrenden Gedanken ſeyn; denn alles,
was ſie haben, haben ſie von dem Himmel an ſich.
Ueberdieſes wiſſen die Kinder nicht, daß ſie in der
Welt geboren ſind, deswegen glauben ſie auch,
ſie waͤren im Himmel geboren; daher wiſſen ſie
auch von keiner andern, als geiſtlichen Ge-
burt, als welche durch die Erkaͤnniſſe des Guten
und Wahren, und durch Verſtand und Weisheit,
wodurch der Menſch eigentlich ein Menſch iſt, ge-
ſchiehet; weil dieſe Dinge vom Herrn ſind, ſo
geben ſie Beyfall und beluſtigen ſich, daß ſie le-
diglich des Herrn ſind. Dem ungeachtet kann
der Zuſtand der Menſchen, die auf Erden heran-
wachſen, eben ſo, wie der Zuſtand der Kinder, ſo im
Himmel erwachſen, vollkommen werden, wenn ſie
die beyderley leibliche und irdiſche Liebe, naͤmlich die
Selbſtliebe und die Liebe zur Welt, von ſich entfer-
nen, und ſtatt derſelben die geiſtl. Liebe annehmen.


Von den Weiſen und Einfaͤltigen
im Himmel.


346. Man glaubt, die Weiſen wuͤrden im Him-
mel herrlicher und erhabener ſeyn, als die Ein-
faͤltigen, weil es beym Daniel heißt: „Deren
Verſtand in Erkaͤnntnis iſt, die werden
glaͤnzen, wie der Glanz des ausgebreiteten
Himmels; und die viele zur Gerechtigkeit

weiſen,
[53]Vom Himmel.
weiſen, wie die Sterne immer und ewig-
lich,
*) Cap. 12, v. 3; allein die wenigſten
wiſſen, welche es es eigentlich ſind, ſo durch die
Erkaͤnntnißvolle, und durch die zur Gerech-
tigkeit anfuͤhrende
verſtanden werden: die ge-
meinen Leute glauben, die waͤren es, ſo Geſtudirte
und Gelehrte hieſſen, vornehmlich die, ſo in der
Kirche gelehret und in Anſehung des Lehrens und
Predigens Vorzuͤge gehabt, und wohl gar diejeni-
gen, welche viele zum Glauben gekehret haͤtten: alle
die haͤlt man in der Welt fuͤr Erkaͤnntnisvolle,
dem ungeachtet aber ſind ſie es nicht im Himmel,
von denen jene Worte geſagt werden, wofern ihre
Erkaͤnntnis nicht eine himmliſche Erkaͤnntnis iſt;
wie dieſe beſchaffen, ſoll nun im folgenden gemel-
det werden.


347. Die himmliſche Erkaͤnntnis, iſt eine in-
nere Erkaͤnntnis, die aus der Liebe zum Wahren
herkommt, nicht wegen einiges Ruhms in der
Welt, auch nicht wegen einiger Herrlichkeit im
Himmel, ſondern wegen der Wahrheit an und
fuͤr ſich ſelbſt, von welcher man gereitzt und in-
nigſt ergoͤtzt wird; die von der Wahrheit an und
fuͤr ſich ſelbſt gereitzt und ergoͤtzet werden, die wer-
den vom Lichte des Himmels gereitzt und ergoͤtzet,
und die vom Lichte des Himmels gereitzt und er-
goͤtzt werden, die werden auch vom Goͤttlichen
D 3Wahren
[54]Vom Himmel.
Wahren gereitz und ergoͤtzet; ja vom Herrn
Selbſt,
denn das Licht des Himmels iſt das
Goͤttliche Wahre, und das Goͤttliche Wahre iſt
der Herr im Himmel, man leſe Num. 126-140.
Dieſes Licht kommt lediglich in das Jnnere des
Gemuͤths, denn das Jnnere des Gemuͤths iſt da,
zu gebildet, dieſes Licht aufzunehmen, und ſo, wie
es hinein kommt, ſo reitzet und ergoͤtzet es auch,
denn was aus dem Himmel einfließt und aufge-
nommen wird, darinnen iſt auch Luſt und An-
muth; hieraus kommt eben die aͤchte Zuneigung
zur Wahrheit, welches eine Neigung zur Wahr-
heit iſt um der Wahrheit willen: die nun dieſe
Zuneigung, oder welches einerley iſt, dieſe Liebe
zur ſelbigen haben, die ſind es, ſo in himmli-
ſcher Erkaͤnntnis ſind, und die im Him-
mel glaͤnzen wie der Glanz an dem ausge-
breiteten Himmel;
daß ſie glaͤnzen, iſt dar-
um, weil das Goͤttliche Wahre, es mag im Him-
mel ſeyn wo es will, leuchtet, man leſe N. 132;
und die Ausbreitung des Himmels bedeutet
vermoͤge der Uebereinſtimmung dasjenige in-
nere verſtaͤndliche Theil
ſo wohl bey
den Engeln, als bey den Menſchen, welches im
Lichte des Himmels iſt. Die aber in der Liebe
zum Wahren ſind, entweder wegen des Ruhms in
der Welt, oder wegen der Herrlichkeit im Himmel,
die koͤnnen nicht im Himmel leuchten, weil ſie
nicht vom Lichte des Himmels unmittelbar, ſon-
dern vom Lichte der Welt gereitzt und ergoͤtzt wer-
den, und dieſes Licht iſt ohne jenes im Himmel
lauter
[55]Vom Himmel.
lauter Finſternis; *) denn auf ſolche Art hat der
Ruhm um ihrer ſelbſt willen, weil er der Endzweck
iſt, weswegen es geſchieht, die Oberherrſchaft,
und wenn dieſer Ruhm der Endzweck iſt, ſodann
iſt es dem Menſchen hauptſaͤchlich nur um ſein
ſelbſt willen zu thun, und die zu ſeinem Ruhm
dienende Wahrheiten ſiehet er nur als Mittel zum
Endzweck, und wie Dienſtbarkeiten, an; denn
wer die goͤttliche Wahrheiten blos deswegen liebt,
daß er Ruhm davon haben will, der ſiehet in den
goͤttlichen Wahrheiten ſich ſelbſt, aber nicht den
Herrn, daher wendet er ſein Sehen, welches
dem Verſtand und dem Glauben zukommt, vom
D 4Him-
[56]Vom Himmel.
Himmel zur Welt, und vom Herrn zu ſich ſel-
ber; daher kommt es, das diejenigen nur im Lichte
der Welt, keinesweges aber im Lichte des Him-
mels ſind. Dieſe ſcheinen zwar ihrer aͤuſſerlichen
Geſtalt nach, und alſo vor andern Leuten eben ſo
Erkaͤnntnisvolle und Gelehrte zu ſeyn, wie die,
ſo im Lichte des Himmels ſind, und zwar aus der
Urſache, weil ſie eben ſo, ja bisweilen dem aͤuſ-
ſerlichen Schein nach noch weislicher reden, weil
ſie von ihrer Eigenliebe angefeuert ſind, und dar-
auf ausgelernt haben, himmliſche Zuneigungen
nachzuluͤgen, gleichwohl aber ſind ſie in ihrer in-
nern Geſtalt, worinnen ſie vor den Engeln er-
ſcheinen, ganz anders beſchaffen. Hieraus kann
einigermaßen erſehen werden, welche es ſind, ſo
durch die Erkaͤnntnisvolle, die im Him-
mel leuchten ſollen, wie der Glanz an dem aus-
gebreiteten Himmel, verſtanden werden: aber,
welche es ſind, ſo man durch die viele zur
Gerechtigkeit anweiſende,
die wie
die Sterne leuchten ſollen, verſtehet, das ſoll
nun geſagt werden.


348. Durch die viele zur Gerech-
tigkeit anweiſende
werden diejenigen
verſtanden, welche weiſe ſind, und die heiſ-
ſen im Himmel weiſe, die ſich in dem Guten be-
finden, und diejenigen daſelbſt ſind in dem Guten,
welche die goͤttliche Wahrheiten gleichſobald ins
Leben einlaſſen, denn wenn das Goͤttliche Wahre
zum Leben wird, ſo wird es das Gute, denn es
wird
[57]Vom Himmel.
wird dem Willen und der Liebe eigen, und was dem
Willen und der Liebe eigen iſt, das heiſſet das
Gute; dieſe ſind es nun, ſo weiſe genennet wer-
den, denn die Weisheit iſt dem Leben eigen; die
aber die goͤttliche Wahrheiten nicht alsbald ins Le-
ben, ſondern erſt ins Gedaͤchtnis eingehen laſſen,
ſie hernach aus dieſem heraus holen und dann be-
leben, die werden Erkaͤnntnisvolle ge-
nennet: wie, und wie ſehr dieſe und jene in den
Himmeln von einander unterſchieden ſind, das
kann in dem Artikel, wo von den zwey Reichen
des-Himmels, naͤmlich von dem himmliſchen
und geiſtlichen Reich gehandelt worden, Num.
20-28, wie auch in dem Artikel von den drey
Himmeln
Num. 29-40 nachgeleſen werden.
Din im himmliſchen Reich des Herrn, und
daher im dritten oder innerſten Himmel ſind, die
heiſſen Gerechte, daher, weil ſie ſich keiner
Gerechtigkeit anmaſſen, ſondern alle Gerechtigkeit
dem Herrn zueignen, die Gerechtigkeit des Herrn
im Himmel iſt das vom Herrn ausflieſſende Gu-
te; *) dieſe werden dahero allhier durch die
zur Gerechtigkeit anweiſende
ver-
ſtanden;
D 5
[58]Vom Himmel.
ſtanden; dieſe ſind es auch, von welchen der
Herr ſpricht, „Die Gerechten werden
leuchten, wie die Sonne in meines Va-
ters Reich,“
Matth. 13, 43: daß ſie glaͤnzen
wie die Sonne, iſt darum, weil ſie in der Liebe
zum Herrn aus dem Herrn ſind, und durch die
Sonne wird dieſe Liebe verſtanden, man leſe
oben Num. 116.-125; auch das Licht bey ihnen
iſt flammend, und ihre Gedanken-Bilder haben
vom flammenden an ſich, weil ſie das Gute der
Liebe unmittelbar vom Herrn, als der Sonne
im Himmel, aufnehmen.


349. Alle diejenigen, welche ſich in der Welt
mit Erkaͤnntnis und mit Weisheit bereichert ha-
ben, ſind im Himmel angenehm, und werden En-
gel, und zwar ein jeder nach Beſchaffenheit und
Groͤſſe der Erkaͤnntnis und Weisheit: denn wo-
mit ſich der Menſch in der Welt bereichert, das
bleibt ihm, und er nimmt es nach dem Tod mit
ſich, und wird auch, aber nur in dem Grad, in
welchem ſeine Zuneigung und Verlangen zum
Guten und Wahren ſteht, nicht aber unter die-
ſem Grad, vermehret und noch mehr angefuͤllt;
die wenig Zuneigung und Verlangen gehabt ha-
ben, die empfangen wenig, dennoch aber ſo viel,
als
*)
[59]Vom Himmel.
als ſie in dieſem Grad aufnehmen koͤnnen; die
aber viel Zuneigung und Verlangen gehabt ha-
ben, die empfangen viel; ſelbſt der Grad der
Zuneigung und des Verlangens verhaͤlt ſich wie
ein Maas, wo hinzu gethan wird, bis es voll
iſt; der bekommt demnach mehr, der ein groſſes
Maas hat, und der weniger, der ein kleines hat:
daß ſich die Sache ſo verhalte, iſt die Urſache,
weil die Liebe, von welcher die Zuneigung und
das Verlangen herruͤhret, alles das empfaͤngt,
was ihr zukommt, um ſo groß daher die Liebe
iſt, in ſo viel empfaͤngt ſie. Dieſes wird durch
die Worte des Herrn verſtanden, „Wer da
hat, dem wird gegeben werden, daß er
die Fuͤlle habe,“
Matth. 13, 12. Cap. 25,
29. Ein voll gedruͤckt, geruͤttelt und
uͤberfluͤßig Maas wird man in euren
Schoos geben,“
Luc. 6, 38.


350. Alle diejenigen, welche das Wahre und
das Gute um des Wahren und Guten willen
geliebet haben, werden in den Himmel aufge-
nommen; die demnach deſſen viel geliebet haben,
die ſind es, ſo Weiſe genennet werden; die
aber deſſen wenig geliebet haben, die heiſſen
Einfaͤltige; die Weiſen im Himmel haben
vieles Licht, aber die Einfaͤltigen im Himmel ha-
ben weniger Licht; ein jeder hat Licht nach dem
Grad ſeiner Liebe zum Guten und Wahren.
Das Wahre und Gute lieben, um des Wahren
und Guten willen, heißt, es wollen und thun,
denn die es wollen und thun, die lieben es,
die
[60]Vom Himmel.
die es aber nicht wollen und thun, die lieben es nicht:
jene ſind es auch, die den Herrn lieben, und
vom Herrn geliebet werden, weil das Gute
und Wahre vom Herrn iſt, und weil es vom
Herrn iſt ſo iſt auch in ihnen, naͤmlich in dem
bey ihnen befindlichen Guten und Wahren, der
Herr; mithin iſt Er auch bey denen, welche das
Wahre und Gute in ihrem Leben durch das Wol-
len und Thun aufnehmen. Auch iſt der Menſch
in ſich betrachtet weiter nichts, als ſein Gutes
und Wahres, weil das Gute ſeinen Willen und
das Wahre ſeinen Verſtand ausmacht, und der
Menſch iſt ſo, wie ſein Wille und Verſtand be-
ſchaffen; hieraus erhellet, daß der Menſch nur
um ſo viel vom Herrn geliebet wird, in ſo viel
ſein Wille von dem Guten, und ſein Verſtand
von dem Wahren gebildet iſt. Vom Herrn
geliebet werden, heißt, den Herrn hinwiederum
lieben, denn die Liebe verhaͤlt ſich wechſelsweiſe,
weil der Herr den, der von Jhm geliebet wird,
begnadigt, daß er liebet.


351, Die Welt glaubt, diejenigen, welche
viel wuͤßten, es mag nun aus den Lehren der
Kirche und aus dem Wort, oder aber aus Wiſ-
ſenſchaften ſeyn, ſaͤhen die Wahrheiten inniger
und ſchaͤrfer ein, verſtuͤnden alſo mehr, und waͤ-
ren weiſer, als andre; ja, ſie ſelbſt ſind von eben
ſolcher Einbildung eingenommen; allein, was ei-
gentlich die wahre Erkaͤnntnis und Weisheit, und
was hingegen die unaͤchte, und falſche ſey, ſoll
nun im folgenden geſagt werden:


Die
[61]Vom Himmel.

Die wahre Erkaͤnntnis und
Weisheit
iſt: ſehen und empfinden, was
wahr und gut, und was daher falſch und boͤſe iſt,
und es wohl von einander unterſcheiden, und das
aus einem innern Anſchauen und innern Em-
pfindung. Bey einem jeden Menſchen iſt ein
Jnneres und Aeuſſeres, das Jnnere iſt das,
was den innern oder geiſtlichen Menſchen aus-
macht, das Aeuſſere aber, was dem aͤuſſern oder
natuͤrlichen, Menſchen zukommt; ſo wie nun das
Jnnere gebildet iſt, und mit dem Aeuſſern Eins
ausmacht, alſo ſiehet und empfindet auch der
Menſch. Das Jnnere des Menſchen kann ſonſt
nirgends, als in dem Himmel gebildet werden,
das Aeuſſere aber wird in der Welt gebildet;
wenn das Jnnere im Himmel gebildet worden,
ſodann flieſſen die im Jnnern befindlichen Dinge
in das von der Welt herruͤhrende Aeuſſere, und
bilden es zur Uebereinſtimmung, das iſt, damit
ſie mit ihm Eins ausmachen; wenn dieſes geſche-
hen iſt, ſo ſiehet und empfindet der Menſch von
innen. Daß das Jnnere gebildet werde, iſt das
einzige Mittel dieſes, daß der Menſch auf das
Goͤttliche und auf den Himmel ſehe, denn das
Jnnere, wie geſagt, wird im Himmel gebildet;
und ſodann ſiehet der Menſch auf das Goͤttliche,
wenn er an das Goͤttliche glaubt, und den
Glauben hat, daß von Jhm alles Wahre und
Gute, mithin alle Erkaͤnntnis und Weisheit
kommt; und alsdenn glaubt er an das Goͤtt-
liche,
wenn er von dem Goͤttlichen will ge-
fuͤhret
[62]Vom Himmel.
fuͤhret ſeyn: alſo, und nicht anders wird das Jn-
nere des Menſchen eroͤffnet. Ein Menſch der
dieſen Glauben hat, und nach dieſem Glauben
lebt, der iſt in der Kraft und in dem Vermoͤgen
Erkaͤnntnisvoll oder verſtaͤndlich und weiſe zu
werden: um aber Erkoͤnntnisvoll und weiſe zu
werden, muß er viele Dinge, nicht nur die, ſo
den Himmel, ſondern auch die, ſo die Welt an-
betreffen, erlernen, die zum Himmel gehoͤren,
die muß er aus dem Wort und von der Kirche
lernen, und die zur Welt gehoͤren, aus den Wiſ-
ſenſchaften; in ſo viel nun der Menſch erlernet
und in ſo viel er ſolches aufs Leben anwendet, in
ſo viel wird er Erkaͤnntnisvoll und weiſe, denn
in ſo viel wird das innere Sehen, das ſeinem
Verſtand zukommt, und die innere Zuneigung,
die ſeinem Willen eigen iſt, vollkommen. Die
Einfaͤltigen ſind von der Art, daß ihnen das
Jnnere eroͤffnet, aber nicht alſo durch die geiſt-
lichen, moraliſchen, buͤrgerlichen und natuͤr-
lichen Wahrheiten ausgezieret iſt, dieſe em-
pfinden das Wahre, wenn ſie es hoͤren, aber
ſie ſehen es nicht in ſich; die Weiſen hingegen
ſind von der Art, daß ihnen das Jnnere
nicht nur eroͤffnet, ſondern auch ausgezieret
iſt, dieſe ſehen das Wahre in ſich und empfinden
es auch. Hieraus erhellet, was die wahre Er-
kaͤnntnis und Weisheit ſey.


352. Die unaͤchte Erkaͤnntnis
und Weisheit iſt: nicht von innen ſehen noch
empfinden,
[63]Vom Himmel.
empfinden, was wahr und gut, und daher falſch
und boͤſe ſey, ſondern blos in der Einbildung ſte-
hen, was andre ſagten, ſey wahr und gut, oder
falſch und boͤſe, und ſolches hernach mit helſen
bekraͤftigen; dieſe, weil ſie das Wahre nicht aus
dem Wahren, ſondern aus dem Munde eines an-
dern ſehen, koͤnnen eben ſo wohl das Falſche als
das Wahre erwiſchen, es auch wohl glauben, und
es wohl gar ſo lange bekraͤftigen, bis es endlich
wie Wahrheit zu ſeyn ſcheinet; denn was bekraͤf-
tigt wird, das nimmt den Anſchein der Wahrheit
an ſich; und es iſt nichts vorhanden, das nicht
bekraͤftigt werden koͤnnte: deren ihr Jnners iſt
ſonſt nicht, als nur von unten eroͤffnet, ihr Aeuſ-
ſeres aber iſt ſo weit, als ſie ſich beſtaͤrkt haben,
aufgethan; weswegen das Licht, woraus ſie ſe-
hen, nicht das Licht des Himmels, ſondern das
Licht der Welt iſt, ſo man das natuͤrliche Licht
nennet; denn in dieſem Lichte koͤnnen die Falſch-
heiten wie Wahrheiten leuchten, ja wohl gar,
wenn ſie bekraͤftigt werden, ſchimmern, aber nicht
in dem Lichte des Himmels. Von dieſer Art ſind
nun die, ſo weniger Erkaͤnntnis haben, und we-
niger weiſe ſind, die ſich alſo ſehr beſtaͤrkt, hin-
gegen die mehr Erkaͤnntnis haben, und weiſe ſind,
ſind ſolche, die ſich wenig beſtaͤrkt haben. Hier-
aus erhellet, was die unaͤchte Erkaͤnntnis und
Weisheit ſey. Allein von ſolcher Art ſind dieje-
nigen nicht, welche wohl in der Kindheit dafuͤr
gehalten, das, was ſie von den Lehrern gehoͤret,
ſey wahr, wenn ſie aber in der Jugend, da ſie
aus
[64]Vom Himmel.
aus ihrem eignen Verſtand denken, nicht daran
haͤngen bleiben, ſondern nach dem Wahren ein
Verlangen haben, und aus Verlangen es ſuchen,
und wenn ſie es finden, innerlich gereitzt werden;
dieſe, weil ſie vom Wahren, um des Wahren
willen ergoͤtzt werden, ſehen das Wahre, ehe
ſie es bekraͤftigen. Dieſes ſoll nun durch ein
Exempel erlaͤutert werden: es war die Rede
unter den Geiſtern, woher es komme, daß die
Thiere in alles das ihren Naturen angemeſſene
Wiſſen, nicht aber der Menſch, darein geboren
wuͤrde, und es wurde geſagt, die Urſache ſey, weil
die Thiere in der Ordnung ihres Lebens waͤren,
keinesweges aber der Menſch, dahero muͤßte er
durch das Erkennen und Wiſſen in die Ordnung
gebracht werden; geſetzt aber, der Menſch wuͤrde
in die Ordnung ſeines Lebens geboren, welche dar-
innen beſteht: Gott uͤber alles, und den Naͤch-
ſten wie ſich ſelbſt lieben, ſo wuͤrde er in Erkaͤnnt-
nis und Weisheit, und daher auch in allen wah-
ren Glauben, in ſo viel das Erkennen dazu kommt,
geboren werden; die guten Geiſter ſahen und em-
pfanden es gleichſobald, daß es die Wahrheit ſey,
und dieſes blos allein aus dem Lichte der Wahrheit;
hingegen, diejenigen Geiſter, die ſich in dem Glau-
ben allein
beſtaͤrkt, und daher die Liebe und thaͤ-
tige Liebe bey Seite geſetzt hatten, konnten dieſes
nicht einſehen, weil das Licht des bekraͤftigten
Falſchen bey ihnen das Licht der Wahrheit ver-
dunkelt hatte.


353. Die
[65]Vom Himmel.

353. Die falſche Erkaͤnntnis und
Weisheit
iſt alle die, ſo ohne Erkaͤnntnis
des Goͤttlichen iſt, denn diejenigen, ſo nicht
das Goͤttliche, ſondern die Natur dafuͤr er-
kennen, die alle denken aus dem ſinnlich Leiblichen,
und ſind blos ſinnliche Menſchen, wenn ſie gleich
in der Welt fuͤr Geſtudirte und Gelehrte gehalten
werden; *) allein ihre Gelehrſamkeit erſtreckt ſich
nicht weiter, als auf ſolche Dinge, die ihnen in
der Welt vor den Augen ſind, die ſie mit dem Ge-
daͤchtnis merken, und ſie faſt materiell oder koͤr-
perlich anſehen, obgleich die naͤmlichen Wiſſen-
ſchaften denen, ſo nach wahrer Erkaͤnntnis ſtre-
ben, zur Bildung des Verſtandes dienen: durch
die Wiſſenſchaften verſtehe ich die mancherley auf
Erfahrung gegruͤndete Verſuche, als Naturkunde,
Aſtronomie, Chymie, Mechanik, Geometrie,
Anatomie, Pſychologie oder Lehre von der menſch-
lichen Seele, Reichshiſtorie, wie auch gelehrte Ge-
ſchichte, Kritik und Sprachen. Auch die Lehrer
der Kirche, welche das Goͤttliche laͤugnen,
gehen mit ihren Gedanken nicht uͤber die Sinn-
lichkeiten, ſo zum aͤuſſern Menſchen gehoͤren, hin-
aus: ſie ſehen die Dinge, ſo in dem Wort ent-
halten ſind, nicht anders an, als wie andre die
Wiſſenſchaften anſehen, ſie thun auch gar nicht,
als
Sw. Sch.II.Th. E
[66]Vom Himmel.
als ob es Sachen des Nachdenkens waͤren, und
die mit einem vernuͤnftigen erleuchteten Gemuͤth
muͤßten angeſehen werden, die Urſache aber iſt
dieſe, weil ihr Jnneres, und zugleich mit ſolchem
das Auſſere, ſo dem Jnnern am naͤchſten, ver-
ſchloſſen iſt; daß es verſchloſſen iſt, kommt da-
her, weil ſie ſich ruͤckwaͤrts vom Himmel weg ge-
kehret, und dasjenige, was dahin ſchauen koͤnnte,
naͤmlich das Jnnere des Gemuͤths, wie kurz vor-
her gemeldet worden, ruͤckwaͤrts gedrehet haben:
daher kommt es, daß ſie nicht ſehen koͤnnen, was
wahr und gut ſey, weil ihnen dieſes in Finſter-
nis, hingegen das Falſche und Boͤſe im Lichte iſt.
Gleichwohl aber koͤnnen ſinnliche Menſchen, und
zwar einige geſchickter und ſpitziger vernuͤnfteln,
als andre, aber nur aus den durch ihr Wiſſen-
ſchaftliches bekraͤftigten Betruͤglichkeiten der Sin-
ne; und weil ſie ſo vernuͤnfteln koͤnnen, ſo duͤn-
ken ſie ſich auch weiſer zu ſeyn als andre. *) Das
Feuer, das ihre Vernunftſchluͤſſe mit Eifer anflam̄t,
iſt
[67]Vom Himmel.
iſt ein Feuer der Selbſtliebe und der Liebe zur
Welt. Dieſe ſind es, die in falſcher Erkaͤnntnis und
Weisheit ſind und die der Herr beym Matthaͤo
verſtehet, „Mit ſehenden Augen ſehen ſie
nicht, und mit hoͤrenden Ohren hoͤren ſie

nicht,
*)
[68]Vom Himmel.
nicht, denn ſie verſtehen es nicht,“ Cap.
13, 13. 14. 15. Und im 11ten Cap. v. 25. 26,
„Es iſt den Weiſen und Klugen verbor-
gen, und den Unmuͤndigen geoffenbaret.


354. Es

*)


[69]Vom Himmel.

354. Es iſt mir gegeben worden, mit ſehr
vielen Gelehrten nach ihrem Hintritt aus der Welt,
mit einigen, die einen groſſen Ruf hatten, und
durch ihre Schriften in der gelehrten Welt be-
ruͤhmt waren, auch mit einigen, die nicht ſo be-
ruͤhmt, dennoch aber verborgene Weisheit in ſich
E 3hatten,
*)
[70]Vom Himmel.
hatten, zu ſprechen. Jene, die im Herzen das
Goͤttliche gelaͤugnet, ob ſie Es gleich mit dem
Munde bekannt hatten, wurden ſo dumm, daß ſie
kaum etwas buͤrgerliches Wahre, vielweniger etwas
geiſtliches Wahre begreifen konnten: ich habe ver-
nommen und auch geſehen, daß ihr Jnneres, ſo
das Gemuͤth ausmachet, ſo verriegelt war, daß
es wie ſchwarz ausſahe, (ſo wird es in der geiſt-
lichen Welt zu ſehen dargeſtellet) und daß es alſo
nicht das mindeſte himmliſche Licht vertragen, mit-
hin nicht den allergeringſten Einfluß aus dem Him-
mel einlaſſen konnte: dieſe Schwaͤrze, worinnen
ihr Jnneres erſchien, war bey denen, die ſich wi-
der das Goͤttliche durch das Wiſſenſchaftliche
ihrer Gelehrſamkeit befeſtigt hatten, noch groͤſſer
und ausgebreiteter. Solche nehmen im andern
Leben alles Falſche, daß ſie einſaugen wie ein
Schwamm das Waſſer, mit Luſt an, und trei-
ben alles Wahre zuruͤck, als wie die prallende
Kraft eines beinernen Koͤrpers das darauf fallende
zuruͤck treibet: es heißt auch, daß das Jnnere
derer, die ſich wider das Goͤttliche befeſtigt ha-
ben, und fuͤr die Natur eingenommen ſind, ver-
beinert oder beinhart ſey: ihr Haupt erſcheinet
auch harthaͤutig als wie von Ebenholz welches hart-
haͤutige bis an die Naſe geht, eine Anzeige, daß
ſie von gar keiner Empfindung mehr ſind. Die
nun ſo beſchaffen, die werden in Schluͤnde, die
wie Stuͤmpfe ausſehen, verſenkt, worinnen ſie
von den Phantaſien, worein ſich ihre Falſchhei-
ten verwandeln, hin und her getrieben werden:
ihr
[71]Vom Himmel.
ihr hoͤlliſches Feuer iſt die Begierde nach Ruhm
und einem groſſen Namen, aus dieſer Begierde
faͤhrt immer einer auf den andern los, *) und quaͤlt
aus hoͤlliſchen Eifer diejenigen allda, ſo ſich nicht
wie Gottheiten verehren, ja einmal uͤber das an-
dere peinigt einer den andern. Jn dergleichen
nun wird alles Gelehrſamkeitliche der Welt, das
nicht das Licht aus dem Himmel durch die Erkaͤnnt-
nis des Goͤttlichen in ſich faſſet, verwandelt.


355. Daß es mit dieſen in der geiſtlichen Welt,
wenn ſie nach dem Tod dahin kommen, eine ſolche
Bewandnis hat, kann blos allein daraus geſchloſ-
ſen werden, daß alsdenn alle Dinge, die in dem
natuͤrlichen Gedaͤchtnis, und unmittelbar mit dem
Sinnlichen des Koͤrpers verbunden ſind, als wie
eben das erſt oben erwaͤhnte Wiſſenſchaftliche iſt,
ruhen, und nur das aus denſelben herruͤh-
rende Vernuͤnftige
zum Denken und zum Re-
den daſelbſt dienet: denn der Menſch nimmt ſein
E 4ganzes
[72]Vom Himmel.
ganzes natuͤrliches Gedaͤchtnis mit ſich, aber die
darinnen befindlichen Dinge ſind nicht vor ſeinen
Augen, und kommen auch nicht in ſeine Gedan-
ken, als wie, da er noch in der Welt lebte, er
kann nicht das allergeringſte aus demſelben heraus
nehmen, noch ſolches an das geiſtliche Licht bringen,
darum, weil es nicht von dieſem Lichte iſt, ſon-
dern nur das Vernuͤnftige oder Ver-
ſtaͤndliche,
das ſich der Menſch, da er im
Leibe lebte, aus den Wiſſenſchaften zuwege ge-
bracht hat, ſchicket ſich zu dem Licht der geiſtlichen
Welt; in ſo viel dahero der Geiſt des Menſchen
durch die Kenntniſſe und Wiſſenſchaften in der
Welt vernuͤnftig geworden iſt, in ſo viel iſt er
auch nach der Aufloͤſung vom Leibe vernuͤnftig;
denn ſodann iſt der Menſch ein Geiſt, und der
Geiſt iſt es, der in dem Koͤrper denkt.


356. Die ſich aber durch die Kenniſſe und
Wiſſenſchaften einen Erkaͤnntnisvollen Verſtand
und Weisheit zuwege gebracht haben, welches
naͤmlich die ſind, ſo alles auf den Nutzen des Le-
bens angewendet, und zugleich das Goͤttliche
erkannt, das Wort geliebet, und ein geiſtlich
ſittliches Leben, wovon Num. 319 geredet wor-
den, gefuͤhrt haben, denen haben die Wiſſenſchaf-
ten zu Mitteln gedienet, weiſe zu werden, und
auch das, was des Glaubens iſt, zu beſtaͤrken;
deren ihr Jnneres, naͤmlich des Gemuͤths, iſt von
mir als wie eine Durchſcheinung vom Lichte, in
weißer, flammender oder himmelblauer Farbe,
als
[73]Vom Himmel.
als wie die durchſichtigen Diamante, Rubine und
Saphire ſind, bemerkt und geſehen worden, und
dieſes Durchſcheinen verhielte ſich ſo, wie ſie aus
den Wiſſenſchaften das Goͤttliche und die goͤtt-
lichen Wahrheiten beſtaͤtigt hatten; ſo erſcheinet
die wahre Erkaͤnntnis und Weisheit, wenn ſie
in der geiſtlichen Welt zu ſehen gegeben wird;
dieſes hat ſie vom Lichte des Himmels an ſich, wel-
ches das vom Herrn ausflieſſende goͤttliche Wahre
iſt, woraus alle Erkaͤnntnis und Weisheit kommt,
wie man Num. 126-133 nachleſen kann: die
Grundlage dieſes Lichts, auf welchen mannigfal-
tige Veraͤnderungen, als wie von allerhand Far-
ben zum Vorſchein kommen, ſind das Jnnere
des Gemuͤths, und durch die durch ſolche Dinge,
ſo in der Natur, alſo in den Wiſſenſchaften ſind,
geſchehene Beſtaͤtigungen der goͤttlichen Wahrhei-
ten werden jene mannigfaltige Veraͤnderungen
hervorgebracht; *) denn von dem innern Gemuͤth
des Menſchen werden die Sachen des natuͤrlichen
Gedaͤchtniſſes in Betrachtung gezogen, und die
allda befindlichen beſtaͤtigende Dinge durch das
Feuer der himmliſchen Liebe gleichſam ſublimiret,
abgezogen und gereiniget bis ſie geiſtliche Begriffe
werden; daß es ſo zugehet, das weis der Menſch
nicht, ſo lange er im Leibe lebt, weil er allda ſo
E 5wohl
[74]Vom Himmel.
wohl geiſtlich als natuͤrlich denket, was er aber da
auf geiſtliche Weiſe denket, deſſen iſt er ſich nicht
bewußt, ſondern nur deſſen, was er auf natuͤr-
liche Weiſe denket; aber wenn er in die geiſtliche
Welt kommt, ſo iſt er ſich alsdenn deſſen, was
er auf natuͤrliche Weiſe in der Welt gedacht hat,
nicht bewußt, ſondern nur deſſen, was er auf
geiſtliche Weiſe gedacht hat; ſo wird der Zuſtand
veraͤndert: hieraus erhellet, daß der Menſch durch
die Kenntniſſe und Wiſſenſchaften geiſtlich wird,
und daß ſie Mittel ſind zum weiſe werden, aber
nur bey denen, welche mit dem Glauben und mit
Belebung das Goͤttliche erkannt haben. Dieſe
ſind auch im Himmel vor andern angenehm, und
allda unter denen, ſo ſich in der Mitte befinden,
Num. 43, weil ſie vor den uͤbrigen im Lichte ſind;
dieſe ſind nun die Erkaͤnntnisvolle und Weiſen
im Himmel, die wie vom Glanz des ausgebrei-
teten Himmels glaͤnzen, und wie die Sterne
leuchten ſollen; aber die Einfaͤlltigen daſelbſt ſind
ſolche, die das Goͤttliche erkannt, das Wort
geliebet, und ein geiſtlich ſittliches Leben gefuͤh-
ret, aber ihr Jnneres, ſo das Gemuͤth ausmacht,
nicht ſo durch Kenntniſſe und Wiſſenſchaften aus-
gebauet haben: das menſchliche Gemuͤth iſt wie
Erde, die ſo beſchaffen iſt, wie man ſie bauet.



Geſamm-
[75]Vom Himmel.

Geſammelte Stellen aus den
himmliſchen Geheimniſſen, be-

treffend die Wiſſenſchaften.


Der Menſch muß Wiſſenſchaften und Kennt-
niſſe erlernen, weil er dadurch denken, hernach
einſehen, was wahr und gut ſey, und endlich weiſe
werden lernet, man leſe daſelbſt Num. 129.
1450. 1451. 1453. 1548. 1802. Die wiſſen-
ſchaftlichen Dinge ſind das erſte, worauf des Men-
ſchen Leben, ſo wohl das buͤrgerliche und ſittliche,
als auch das geiſtliche, gebauet und gegruͤndet wird,
und ſie muͤſſen wegen des damit zu ſtiftenden Nu-
tzens, als des Endzwecks, erlernet werden, Num.
1489. 3310. Die Kenntniſſe eroͤffnen den Weg
zum innern Menſchen, und hernach verbinden ſie
ihn nach Beſchaffenheit des Nutzens mit dem aͤuſ-
ſern Menſchen, Num. 1563. 1616. Das Ver-
nuͤnftige wird durch die Wiſſenſchaften und Kennt-
niſſe erzeugt, Num. 1895. 1900. 3086. Aber
nicht unmittelbar durch die Kenntniſſe, ſondern
durch die aus ſelbigen herruͤhrende Zuneigung oder
Luſt zum Nutzen, Num. 1895.


Es giebt wiſſenſchaftliche Dinge, ſo die goͤtt-
lichen Wahrheiten bey ſich einlaſſen, und giebt
welche ſo ſelbige nicht einlaſſen, Num 5213.
Das leere Wiſſenſchaftliche muß zerſtoͤret und ver-
nichtet werden, Num. 1489. 1492. 1499. 1580.
Das ſind leere wiſſenſchaftliche Dinge, die die
Selbſtliebe und die Liebe zur Welt zum Zweck ha-
ben, und die, weil ſolche den innern Menſchen
verrie-
[76]Vom Himmel.
verriegeln, ſo gar, daß der Menſch hernach nicht
das mindeſte vom Himmel aufnehmen kann, von
der Liebe zu Gott und gegen den Naͤchſten abzie-
hen, Num. 1563. 1600. Die wiſſenſchaftlichen
Dinge ſind theils Mittel zum weiſe werden, theils
aber auch Mittel zum dumm und unvernuͤnftig
werden, und der innere Menſch wird durch ſelbige
entweder eroͤffnet oder verſchloſſen, und alſo wird
dadurch das Vernuͤnftige entweder gebildet oder
zerſtoͤret, Num. 4156. 8628. 9922.


Durch das Wiſſenſchaftliche wird der innere
Menſch eroͤffnet, und nach und nach vollkommen
gemacht, wenn anders der Menſch den guten Nu-
tzen zum Zweck hat, vornehmlich den, der auf
das ewige Leben abzwecket, Num. 3086. Als-
denn kommt dem Wiſſenſchaftlichen, ſo in dem na-
tuͤrlichen Menſchen iſt, das Geiſtliche und Himm-
liſche aus dem geiſtlichen Menſchen entgegen, und
machet ſichs zur Zuſammenſtimmung ſchicklich, N.
1495. Der auf das himmliſche Leben abzweckende
Nutzen wird alsdenn aus dem Wiſſenſchaftlichen,
ſo in dem natuͤrlichen Menſchen iſt, vermittelſt
des innern Menſchen vom Herrn herausgezogen,
verfeinert und erhoͤhet, N. 1895. 1896. 1900.
1901. 1902. 5871. 5874. 5901. Und das
nicht zuſammen ſtimmende und zuwiderlaufende
wird auf die Seite geworfen und ausgetrieben,
Num. 5871. 5886. 5889.


Das Sehen des innern Menſchen bringt aus
dem Wiſſenſchaftlichen des aͤuſſern Menſchen nichts
anders
[77]Vom Himmel.
anders heraus, als was ſeiner Liebe gemaͤß iſt,
Num. 9394. Was der Liebe gemaͤß iſt, das
iſt gerade vor dem Geſichte des innern Menſchen
in der Mitte und in Klarheit, was aber der Liebe
nicht gemaͤß iſt, das iſt auf den Seiten, Num.
6068. 6085. Das zuſammenſtimmende Wiſ-
ſenſchaftliche wird nach und nach ſeiner vielerley
Liebe eingepflanzt, und wohnet gleichſam darin-
nen, Num. 6325. Der Menſch wuͤrde in die
Erkaͤnntnis geboren, wenn er in die Liebe gegen
den Naͤchſten geboren wuͤrde, weil er aber in die
Selbſtliebe und in die Liebe zur Welt geboren wird,
ſo wird er auch ganz und gar in die Unwiſſenheit
geboren, Num. 6323. 6325. Das Wiſſen, das
Erkennen und die Weisheit ſind Kinder der Liebe
zu Gott und der Liebe gegen den Naͤchſten, Num.
1226. 2049. 2116.


Ein anders iſt weiſe ſeyn, ein anders iſt ver-
ſtehen, ein anders iſt wiſſen, ein anders iſt thun,
dem ungeachtet aber folgen ſie bey denen, ſo im
geiſtlichen Leben ſind, ordentlich auf einander, und
ſind in dem Thun oder in den Thaten beyſammen,
Num 10331. Wiſſen, erkennen, und Glau-
ben beymeſſen ſind auch von einander unterſchie-
den, Num. 896.


Das Wiſſenſchaftliche, ſo zum aͤuſſern oder
natuͤrlichen Menſchen gehoͤret, iſt im Lichte der
Welt, aber die Wahrheiten, ſo zum Glauben
und zur Liebe geworden, und alſo das Leben er-
langt haben, ſind im Lichte des Himmels, Num.
5212.
[78]Vom Himmel.
5212. Die Wahrheiten, ſo das geiſtliche Leben
erlangt haben, werden durch die natuͤrlichen Be-
griffe gefaſſet, Num. 5510. Es gehet von dem
innern oder geiſtlichen Menſchen ein geiſtlicher
Einfluß in das Wiſſenſchaftliche, ſo in dem aͤuſ-
ſern Menſchen iſt, Num. 1940. 8005. Die
wiſſenſchaftlichen Dinge ſind die Behaͤltniſſe und
gleichſam die Gefaͤſſe des Guten und Wahren,
ſo zum innern Menſchen gehoͤret, Num. 1469.
1496. 3068. 5489. 6004. 6023. 6002.
6071. 6077. 7770. 9922. Die wiſſenſchaftli-
chen Dinge ſind gleichſam Spiegel, worinnen das
Wahre und Gute des innern Menſchen wie im
Bilde erſcheinet, Num. 5201. Jn dem Wiſſen-
ſchaftlichen iſt dieſes Wahre und Gute als wie in
ſeiner aͤuſſerſten Grundlage beyſammen, N. 5373.
5874. 5886. 5901. 6004. 6023. 6052. 6071.


Es findet nur der geiſtliche Einfluß, nicht aber
der phyſicaliſche oder natuͤrliche ſtatt, das iſt, es
gehet ein Einfluß von dem innern Menſchen in
den aͤuſſern, alſo in deſſen Wiſſenſchaftliches, nicht
aber von dem aͤuſſern Menſchen in den innern,
und alſo nicht von dem Wiſſenſchaftlichen des aͤuſ-
ſern Menſchen in die Glaubens Wahrheiten, Num.
3219. 5119. 5259. 5427. 5428. 5478. 6322.
9110. 9111. Die Wahrheiten der aus dem
Wort hergenommenen Lehre der Kirche muͤſſen
zuvoͤrderſt zum Grunde liegen, und ſelbige zuerſt
erkannt werden, und hernach darf man das Wiſ-
ſenſchaftliche zu Rathe ziehen, Num. 6047. Sol-
chergeſtalt duͤrfen diejenigen, denen es um die Be-
ſtaͤtigung
[79]Vom Himmel.
ſtaͤtigung der Glaubens Wahrheiten zu thun iſt,
ſolche durch das Wiſſenſchaftliche mit Verſtand
bekraͤftigen, die aber aufs Verneinen umgehen,
die duͤrfen nicht, N. 2568. 2588. 4760. 6047.
Der die goͤttlichen Wahrheiten nicht glaubt, wo-
ferne nicht das Wiſſenſchaftliche ihn davon uͤber-
zeugt, der glaubt ſie nimmermehr, Num. 2094.
2832. Von dem Wiſſenſchaftichen in die Glau-
bens Wahrheiten gehen, das iſt wider die Ord-
nung, Num. 10236. Die das thun, die wer-
den in Anſehung der Dinge, ſo den Himmel und
die Kirche anbetreffen, wahnſinnig, Num. 128.
129. 130. Sie fallen in die Falſchheiten des
Boͤſen, Num. 232. 233. 6047. Und werden
im andern Leben, wenn ſie uͤber geiſtliche Dinge
denken, gleichſam wie trunken, Num. 1072. Wie
ſie weiter beſchaffen ſind, leſe man N. 196. Die
Exempel, die naͤmlich erlaͤutern, daß die geiſt-
lichen Dinge, wenn man durch das Wiſſenſchaft-
liche in ſelbige eindringt, nicht koͤnnen gefaſſet
werden, leſe man Num. 233. 2094. 2196. 2203.
2209. Viele Gelehrten ſind in geiſtlichen Din-
gen duͤmmer als die Einfaͤltigen, aus der Urſache,
weil ſie aufs Verneinen umgehen, das ſie durch
die wiſſenſchaftlichen Dinge, die ſie beſtaͤndig und
in Menge vor den Augen haben, bekraͤftigen,
N. 4760. 8629. Die aus den Wiſſenſchaftlichen
wider die Wahrheiten des Glaubens vernuͤnfteln,
die vernuͤnfteln ſcharſſinnig, weil es aus den ſinnli-
chen Betruͤglichkeiten geht, die, weil ſie ſchwerlich
vertrieben werden koͤnnen, einnehmend und uͤberre-
dend
[80]Vom Himmel.
dend ſind, Num. 5700. Welche und welcher-
ley die Betruͤglichkeiten der Sinne ſind, leſe man
Num. 5084. 5094. 6400. 6948. Die, ſo nichts
Wahres verſtehen, wie auch die, ſo im Boͤſen
ſind, koͤnnen zwar uͤber das Wahre und Gute des
Glaubens vernuͤnfteln, ſolches aber dennoch nicht
verſtehen, Num. 4213. Blos einen Satz be-
kraͤftigen, das heißt noch nicht: einſehen, ſon-
dern vorher ſehen, ehe er bekraͤftigt wird, ob er
wahr oder nicht wahr ſey, das heißt: einſehen,
Num. 4741. 6047.


Nach dem Tod machen die Wiſſenſchaften nichts
aus, ſondern nur dasjenige, was der Menſch
durch die Wiſſenſchaften dem Verſtand eingepraͤgt
und belebt hat, Num. 2480. Dem ungeachtet
bleibet nach dem Tod alles Wiſſenſchaftliche, aber
es ruhet, Num. 2476. 2479. 2481-2486.


Bey den Boͤſen ſind die naͤmlichen wiſſen-
ſchaftlichen Dinge, weil ſie auf das Boͤſe ange-
wendet werden, Falſchheiten, bey dem Guten aber
ſind ſie, weil ſie aufs Gute angewendet werden,
Wahrheiten, Num. 6917. Die wiſſenſchaftli-
chen Wahrheiten ſind bey den Boͤſen, weil inwen-
dig in ihnen das Boͤſe iſt, keine Wahrheiten, ob
ſelbige gleich, indem ſie von ihnen ausgeſprochen
werden, den Anſchein als Wahrheiten haben,
Num. 10331.


Was die Geiſter fuͤr eine Wißbegierde haben,
davon leſe man ein Beyſpiel Num. 1993. Bey
den
[81]Vom Himmel.
den Engeln iſt ein unbeſchreibliches Verlangen
zu wiſſen und weiſe zu werden, weil das Wiſ-
ſen, das Verſtehen und die Weisheit die geiſt-
liche Speiße ſind, Num. 3114. 4459. 4792.
4976. 5147. 5263. 5340. 5342. 5410. 5426.
5576. 5582. 5588. 5656. 6277. 8562. 9003.
Die Wiſſenſchaft der Alten iſt eine Wiſſen-
ſchaft von den Uebereinſtimmungen und Vor-
ſtellungen geweſen, wodurch ſie ſich in die
Kenntnis der geiſtlichen Dinge eingefuͤhret ha-
ben, allein, dieſe Wiſſenſchaft iſt heutiges
Tages voͤllig verloſchen, Num. 4844. 4749.
4964. 4965.


Die geiſtlichen Wahrheiten koͤnnen nicht
begriffen werden, wofern man nicht dieſe ſol-
gende Hauptpunkte weis, naͤmlich I. Daß
alle Dinge in der ganzen Welt ſich auf das
Gute und Wahre, und auf die Verbindung
des Guten mit dem Wahren, ſo daß ſie etwas
und kein Nichts ſeyn, mithin auf die Liebe und
den Glauben und auf deren Verbindung be-
ziehen. II. Daß bey den Menſchen Verſtand
und Wille iſt, und daß der Verſtand der Auf-
nehmer des Wahren, und der Wille des Be-
haͤltnis des Guten iſt; und daß ſich alles auf
den Verſtand und Willen und auf deren Ver-
bindung beziehet, ſo wie ſich alle Dinge auf
das Wahre und Gute, und auf deren Ver-
bindung beziehen. III. Daß ein innerer und
ein aͤuſſerer Menſch iſt, und daß die von ein-
Sw. Sch.II.Th. Fander,
[82]Vom Himmel.
ander, als wie Himmel und Welt, unterſchie-
den ſind, dennoch aber Eins ausmachen muͤſſen,
damit der Menſch wahrhaftig ein Menſch ſey.
IV. Daß es das Licht des Himmels iſt, wor-
innen ſich der innere Menſch befindet, und daß
der aͤuſſere im Lichte der Welt iſt, und daß das
Licht des Himmels unmittelbar das Goͤttliche
Wahre iſt, woraus alle Erkaͤnntnis kommt.
V. Daß zwiſchen den Dingen, ſo im innern,
und zwiſchen denen, ſo im aͤuſſern Menſchen
ſind, eine Uebereinſtimmung iſt, und daß ſie
daher, ſie moͤgen ſeyn, wo ſie immer wollen,
unter einer andern Geſtalt erſcheinen, ſo gar,
daß ſie ſonſt nicht, als durch die Wiſſenſchaft
der Uebereinſtimmungen von einander zu unter-
ſcheiden ſind. Woferne man dieſe Punkte, und
noch andre mehr, nicht weis, ſo kann es auch
nicht anders kommen, als daß man ſich von
den geiſtlichen und himmliſchen Wahrheiten
lauter ungereimte Begriffe machet und einbil-
det, und daß alſo die wiſſenſchaftlichen Dinge
und die Kenntniſſe, ſo dem natuͤrlichen Men-
ſchen zukommen, ohne dieſe Hauptpunkte dem
natuͤrlichen Menſchen wenig oder gar nicht zur
Bildung des Verſtands und zum Wachsthum
dienen. Hieraus erhellet nun, in wie ferne
das Wiſſenſchaftliche noͤthig iſt.



Von
[83]Vom Himmel.

Von den Reichen und Armen
im Himmel.


357. Was das: in den Himmel kommen,
anbetrift, giebt es mancherley Meinungen;
einige meinen, daß nur die Armen, nicht aber
die Reichen, einige, daß die Reichen eben ſo
wohl, als die Armen, in den Himmel kaͤmen;
einige ſtehen in der Meinung, daß die Reichen,
wofern ſie nicht ihrem Vermoͤgen entſagten,
und wie Arme wuͤrden, nicht hinein kommen
koͤnnten; ein jeder bekraͤftigt ſeine Meinung
aus dem Wort: allein, die zwiſchen den Rei-
chen und Armen in Anſehung des Himmels
einen Unterſchied machen, die verſtehen das
Wort nicht; das Wort iſt in ſeinem Jnwen-
digen geiſtlich, aber in dem Buchſtaben natuͤr-
lich, die dahero das Wort nur nach dem buch-
ſtaͤblichen, nicht aber nach einigem geiſtlichen
Sinn faſſen, die irren in vielen Stuͤcken, vor-
nehmlich in Anſehung der Reichen und Armen,
daß es naͤmlich bey den Reichen eben ſo ſchwer
halte, in den Himmel zu kommen, als ein
Kameel durch ein Nadeloͤhr gehe, und daß es
bey den Armen leichter ſey, weil ſie arm waͤren,
denn es hieß ja, „ſelig ſind die Armen,
denn das Himmelreich iſt ihr,“
Luc. 6.
20. 21; diejenigen aber, ſo etwas von dem
geiſtlichen Sinn des Worts wiſſen, denken
ganz anders; die wiſſen wohl, daß der Him-
F 2mel
[84]Vom Himmel.
mel fuͤr alle diejenigen iſt, welche ein Leben
des Glaubens und der Liebe fuͤhren, ſie moͤgen
nun reich oder arm ſeyn: welche es aber ſind,
ſo eigentlich in dem Wort durch die Reichen
und durch die Armen verſtanden werden, das
will ich im folgenden zeigen. Aus vielem Re
den und Umgang mit den Engeln iſt mir ge-
geben worden, fuͤr gewiß zu wiſſen, daß die
Reichen eben ſo leicht in den Himmel kommen,
als die Armen; und daß der Menſch nicht des-
wegen, weil er vielen Reichthum hat, von
dem Himmel ausgeſchloſſen, auch nicht darum,
weil er in Armuth iſt, in den Himmel aufge-
nommen wird; allda ſind ſo wohl Reiche als
Arme, und viele Reichen in groͤſſerer Herrlich-
keit und Gluͤckſeligkeit, als die Armen.


358. Es ſey mir vergoͤnnt, zum Voraus
zu gedenken, daß der Menſch Reichthum er-
werben, und Vermoͤgen zuſammenbringen
koͤnne, ſo viel als moͤglich, wenn es nur nicht
mit Liſt und boͤſen Raͤnken geſchiehet; daß er
gut eſſen und trinken koͤnne, nur muß ers nicht
zum Zweck des Lebens machen; daß er nach
ſeinem Stand praͤchtig wohnen, mit andern,
als wie andre Leute, umgehen, Schauſpielen
beywohnen, und uͤber weltliche Dinge ſchwatzen
koͤnne; und daß nicht noͤthig ſey, mit gezwun-
gener Heiligkeit, mit einem traurigen und
ſeufzenden Geſichte, und mit Kopfhaͤngen ein-
herzugehen, ſondern freudig und froͤlich; daß
er
[85]Vom Himmel.
er auch nicht noͤthig habe, das Seinige den
Armen zu geben, außer in ſo viel ihn der gute
Wille dazu bringt: mit einem Wort, er kann
aͤuſſerlich gaͤnzlich wie ein Welt-Menſch leben;
und daß dieſe Dinge gar im geringſten nicht
hinderlich ſeyen, daß der Menſch nicht in den
Himmel kommen ſollte, wenn er nur innerlich
in ſich geziemend an Gott denket, und gegen
den Naͤchſten aufrichtig und gerecht handelt;
denn der Menſch iſt ſo, wie ſeine Neigung und
ſein Denken, oder wie ſeine Liebe und ſein
Glaube; davon hat alles, was er aͤuſſerlich
thut, ſein Leben, denn das Thun iſt das Wol-
len, und das Reden iſt das Denken, denn
aus dem Willen thut er, und aus dem Den-
ken redet er; dahero wird dadurch, daß es in
dem Wort heißt: der Menſch ſollte nach ſei-
nen Thaten gerichtet, und ihm nach ſeinen
Werken vergolten werden, verſtanden: nach
ſeinem Denken und nach ſeiner Neigung, aus
welchen die Thaten herkommen, oder welche
in den Thaten mit begriffen ſind, denn die
Thaten ſind keinmal ohne dieſelben, und ſind
gaͤnzlich ſo, wie ſelbige beſchaffen. Hieraus
e[r]hellet, daß das Aeuſſerliche des Menſchen
nichts ausmachet, ſondern nur ſein Jnneres,
wovon das Aeuſſerliche herkommt. Jch will
die Sache erlaͤutern; wer aufrichtig handelt,
und den andern nicht betriegt, blos allein dar-
um, weil er die Geſetze, den Verluſt des guten
Namens und der daher ruͤhrenden Ehre oder
F 3des
[86]Vom Himmel.
des Gewinnſtes befuͤrchtet, und wenn ihn dieſe
Furcht nicht zuruͤck hielte, ſo wuͤrde er den
andern, ſo viel er immer koͤnnte, betriegen;
ſein Denken und der Wille iſt da der Betrug,
und doch ſcheinen ſeine Thaten in der aͤuſſer-
lichen Geſtalt aufrichtig zu ſeyn; ein ſolcher,
weil er innerlich nicht aufrichtig, ſondern be-
truͤglich iſt, hat die Hoͤlle in ſich: wer aber
aufrichtig handelt, und den andern nicht be-
triegt, darum, weil es wider Gott, und wider
den Naͤchſten iſt, der wuͤrde, wenn er auch
gleich den andern betriegen koͤnnte, es dennoch
nicht wollen, da iſt ſein Denken und ſein Wil-
le das Gewiſſen, und ein ſolcher hat den Him-
mel in ſich: bey beyden ſcheinen die Thaten in
der aͤuſſerlichen Geſtalt einander gleich zu ſeyn,
aber in der innern ſind ſie ganz und gar un-
gleich.


359. Weil der Menſch in der aͤuſſerlichen
Geſtalt wie ein andrer leben, reich werden,
herrlich ſpeißen, nach ſeinem Stand und Be-
dienung praͤchtige Wohnung und Kleidung
haben, Luſt und Freude genießen, und die
weltlichen Dinge wegen der ihm obliegenden
Verwaltungen und Geſchaͤfte, und wegen des
Lebens der Seele und des Leibes verrichten
kann, wenn er nur innerlich das Goͤttliche
erkennet, und dem Naͤchſten wohl will, ſo iſt
offenbar, daß es nicht ſo ſchwer ſey, als wie
von vielen geglaubt wird, den Weg des Him-
mels
[87]Vom Himmel.
mels zu gehen; die Schwierigkeit iſt blos al-
lein, der Eigenliebe und der Liebe zur Welt
widerſtehen, und ihnen verwehren koͤnnen, daß
ſie nicht beherrſchen, denn von dieſen kommt
alles Boͤſe her: daß es nicht ſo ſchwer ſey, als
wie man glaubt, das wird durch dieſe Worte
des Herrn verſtanden. „Lernet von Mir,
denn Jch bin ſanftmuͤthig, und von Her-
zen demuͤthig, ſo werdet ihr Ruhe finden
fuͤr eure Seelen: denn Mein Joch iſt ſanft,
und meine Laſt iſt leicht,“
Matth. 11,
29. 30; daß das Joch des Herrn ſanft, und
die Laſt leicht iſt, iſt darum, weil, in ſo viel
der Menſch dem Boͤſen, ſo aus der Eigenlie-
be und der Liebe zur Welt quillt, widerſtehet,
er in ſo viel vom Herrn, aber nicht von ſich
ſelber, gefuͤhret wird; und weil auf ſolche
Art der Herr bey dem Menſchen dieſem Boͤ-
ſen widerſtehet, und es entfernet.


360. Jch habe mit einigen nach ihrem Tod
geſprochen, die, da ſie noch in der Welt ge-
lebt haben, der Welt entſagt, und, damit ſie
durch Abziehung der Gedanken von den welt-
lichen Dingen andaͤchtigen Betrachtungen ob-
liegen moͤchten, ſich faſt einem einſiedleriſchen
Leben ergeben, und geglaubt hatten, daß ſie
ſolchergeſtalt auf dem Himmels-Weg einher
giengen; ſie ſind aber im andern Leben von
trauriger Gemuͤthsart, verachten andre, die
nicht eben ſo ſind, wie ſie, ſind unwillig, daß
F 4ihnen
[88]Vom Himmel.
ihnen nicht weit eher, als andern, die Gluͤck-
ſeligkeit zu Theil wird, indem ſie ſich einbil-
den, ſie haͤtten ſolche verdient, machen ſich aus
andern nichts, und von Liebesdienſten, wodurch
man eben mit dem Himmel verbunden wird,
wollen ſie gar nichts hoͤren; ſie wollen vor an-
dern den Himmel haben, wenn ſie aber dahin,
wo die Engel ſind, erhoben werden, ſo verur-
ſachen ſie Beaͤngſtigungen, die die Gluͤckſelig-
keit der Engel beunruhigen; dahero werden
ſie von einander getrennt, und nach der Tren-
nung begeben ſie ſich in wuͤſte Oerter, wo ſie
eben ein ſolches Leben fuͤhren, wie in der Welt.
Der Menſch kann nicht anders zum Himmel
bereitet werden, als durch die Welt, allda
ſind die letzten Wuͤrkungen, worein ſich eines
jeglichen Neigung endigen muß, die, wenn ſie
ſich nicht in Handlungen aͤuſſert oder hervor-
thut, welches eben in Geſellſchaft mehrerer ge-
ſchieht, ſo wird ſie erſtickt, und es kommt end-
lich ſo weit, daß der Menſch nicht mehr auf
den Naͤchſten, ſondern blos allein auf ſich ſel-
ber ſiehet: hieraus erhellet, daß ein Leben der
thaͤtigen Liebe gegen den Naͤchſten, welches dar-
innen beſtehet, in allen Werken und in allen
Verrichtungen gerecht und rechtſchaffen han-
deln, aber nicht ein Leben der Froͤmmigkeit oh-
ne daſſelbe, zu den Himmel fuͤhre; daß folg-
lich das Ausuͤben der thaͤtigen Liebe und das
Wachsthum dieſes Lebens in ſo viel ſtatt fin-
den, in ſo viel der Menſch in Geſchaͤften ver-
wickelt
[89]Vom Himmel.
wickelt iſt; und daß ſie in ſo viel nicht ſtatt
finden, in ſo viel er ſich denſelben entziehet.
Hiervon will ich nun aus der Erfahrung reden;
ſehr viele von denen, die in der Welt Kauf-
und Handelſchaft getrieben haben, und auch
dadurch reich geworden ſind, ſind im Himmel;
ſehr wenige aber von denen, ſo durch Aemter
zu Ehren erhoben und reich geworden ſind, be-
finden ſich daſelbſt; aus der Urſache, weil die-
ſe durch ihr Einkommen und durch ihre Ehren-
ſtellen, die man ihnen wegen Verwaltung der
Gerechtigkeit und des Rechts, wie auch wegen
Austheilung der Einkuͤnfte und der Ehrenaͤm-
ter gegeben hat, verleitet worden ſind, ſich ſel-
ber und die Welt zu lieben, und dadurch ihre
Gedanken und Neigungen von dem Himmel
zu entfernen, und zu ſich ſelber zu kehren;
denn in ſo viel der Menſch ſich ſelber und die
Welt liebt, und in allen Dingen nur auf ſich
und die Welt ſiehet, in ſo viel trennet er ſich
von dem Goͤttlichen, und entfernt ſich von
dem Himmel.


361. Das Loos der Reichen im Himmel iſt
ſo beſchaffen, daß ſie vor den uͤbrigen im Reich-
thum ſind, einige von ihnen wohnen in Pallaͤ-
ſten, wo inwendig alles wie Gold und Silber
funkelt; *) ſie haben an allen Dingen, die
F 5zum
[90]Vom Himmel.
zum Nutzen des Lebens ſind, einen Ueberfluß;
ſie haͤngen aber ihr Herz im geringſten nicht an
ſolche, ſondern lediglich an den zu ſtiftenden Nu-
tzen, dieſen ſehen ſie im hellen Schein und wie im
Lichte, das Gold und Silber aber in Dunkelheit
und in Ruͤckſicht auf daſſelbe wie im Schatten:
die Urſache iſt, weil ſie in der Welt hauptſaͤchlich
den zu ſtiftenden Nutzen, das Gold und Silber
hingegen nur wie Mittel und Dienſtbarkeiten ge-
liebt haben: es iſt lediglich der Nutzen, der im
Himmel ſo funkelt, das Gute des Nutzen funkelt
wie Gold, und das Wahre des Nutzens wie Sil-
ber: wie demnach der Nutzen, den ſie in der Welt
geſtiftet haben, beſchaffen geweſen, alſo haben ſie
auch Reichthum, und alſo auch Luſt und Gluͤck-
ſeligkeit im Himmel. Der Nutzen des Guten
iſt, ſich und die Seinigen mit Lebens Nothduͤrf-
tigkeiten verſehen; einen Ueberfluß an allem ha-
ben
*)
[91]Vom Himmel.
ben wollen um des Vaterlandes, und auch um des
Naͤchſten willen, weil ein Reicher dem Naͤchſten
weit eher, als ein Armer, auf vielerley Arten
wohlthun kann; und weil er auf ſolche Weiſe das
Gemuͤth von dem unthaͤtigen Leben, das ein ver-
derbliches Leben iſt, entfernet, denn bey einem
ſolchen Leben denkt der Menſch boͤſe aus dem ihm
eingepflanzten Boͤſen. Der Nutzen iſt in ſo viel
gut, in ſo viel er das Goͤttliche in ſich hat, das
iſt, in ſo viel der Menſch auf das Goͤttliche
und auf den Himmel ſiehet, und hierauf ſein
Wohl bauet, den Reichthum aber nur als das
dazu dienende Wohl anſiehet.


362. Das Gegentheil aber iſt das Loos der
Reichen, die das Goͤttliche nicht geglaubt, und
die Dinge, ſo den Himmel und die Kirche anbe-
treffen, von dem Gemuͤthe weggeſtoſſen haben,
dieſe ſind in der Hoͤlle, wo Unflaͤtereyen, Elend
und Armuth iſt; in dergleichen wird der Reich-
thum, den man als den Endzweck liebet, ver-
wandelt; und nicht allein der Reichthum, ſon-
dern auch deſſen Nutzen ſelbſt, welcher darinnen
beſteht, daß ſie entweder ihrer angebornen Nei-
gung nachleben, und den Wolluͤſten nachhaͤngen,
und damit ſie das Gemuͤth den Schandthaten deſto
haͤufiger und ausgelaſſener hingeben koͤnnen, oder
damit ſie uͤber andre, die ſie verachten, hervor-
ragen moͤgen: dieſer Reichthum, und dieſer Nu-
tzen, weil er nichts Geiſtliches, ſondern Jrdi-
ſches in ſich haͤlt, wird ſtinkend; denn das Geiſt-
liche
[92]Vom Himmel.
liche in dem Reichthum und in deſſen Nutzen ver-
haͤlt ſich eben ſo, wie die Seele in dem Koͤrper,
und wie das Licht des Himmels im ſeuchten Erd-
reich; und er faͤngt auch an zu faulen, als wie
der Koͤrper ohne die Seele, und wie feuchtes Erd-
reich ohne das Licht des Himmels: dieſe ſind es
alſo, die der Reichthum verfuͤhret, und vom
Himmel abgezogen hat.


363. Einem jeden Menſchen bleibt nach dem
Tod ſeine Neigung oder herrſchende Liebe, dieſe
wird in Ewigkeit nicht ausgerottet, weil des Men-
ſchen Geiſt gaͤnzlich ſo iſt, wie ſeine Liebe, und,
welches ein Geheimnis iſt, eines jeden Geiſtes
und Engels Leib iſt eben die aͤuſſerliche Geſtalt
ſeiner Liebe, die mit der innern Geſtalt, die ſeinem
Gemuͤth und ſeiner Seele zukommt, voͤllig uͤber-
einſtimmet; daher kommt es, daß die Geiſter aus
dem Angeſicht, aus den Geberden, und aus der
Sprache erkannt werden, wie ſie beſchaffen ſind;
auch wuͤrde der Menſch, da er noch in der Welt
lebt, nach ſeinem Geiſt erkannt werden, wenn er
nicht gelernet haͤtte, mit dem Angeſichte, mit den
Geberden und mit der Sprache ſich anders zu ſtel-
len, als wie er wuͤrklich beſchaffen iſt: hieraus
kann nun offenbar ſeyn, daß der Menſch in Ewig-
keit ſo bleibt, wie ſeine Neigung oder herrſchende
Liebe iſt. Es iſt mir gegeben worden, mit eini-
gen, die vor ſiebenzehn Jahrhunderten gelebt ha-
ben, deren Leben aus den zu damaliger Zeit her-
ausgekommenen Schriften bekannt iſt, zu ſpre-
chen,
[93]Vom Himmel.
chen, und ich habe erfahren, daß ihre Liebe, die
damals bey ihnen geherrſchet, ſie noch immer da
hin reiſſet. Hieraus kann auch offenbar ſeyn,
daß die Liebe zu dem Reichthum und zu dem Nu-
tzen von ſelbigem einem jeden in Ewigkeit bleibt
und gaͤnzlich ſo beſchaffen iſt, wie er in der Welt
erworben worden; jedoch mit dem Unterſchied,
daß der Reichthum bey ſolchen, denen er zu guten
Nutzſtiſtungen gedienet hatte, in Ergoͤtzlichkeiten
nach Beſchaffenheit des geſtifteten Nutzens ver-
wandelt wird, und daß ſich hingegen der Reich-
thum bey ſolchen, denen er zum boͤſen Nutzen ge-
dienet hatte, in Unflaͤtereyen verkehret, woran ſie
ſich auch alsdenn eben ſo ergoͤtzen, als wie ſie ſich
in der Welt an den Reichthum des boͤſen Nutzens
halben ergoͤtzt hatten: daß ſie ſich alsdenn an
Unflaͤtereyen ergoͤtzen, kommt daher, weil die gar-
ſtigen Wolluͤſte und Schandthaten, die eben der
Nutzen von ſelbigem geweſen ſind, wie auch der
Geitz, der die Liebe zum Reichthum ohne Nutzen
iſt, mit den Unflaͤtereyen uͤbereinſtimmen; die
geiſtlichen Unflaͤtereyen ſind nichts anders.


364. Die Armen kommen nicht der Armuth
halben in den Himmel, ſondern wegen des ge-
fuͤhrten Lebens; einem jeden, er mag arm oder
reich ſeyn, folgt ſein Leben nach; es findet da nicht
etwa fuͤr den einen mehr als fuͤr den andern beſon-
dere Barmherzigkeit ſtatt: *) wer ein gutes Le-
ben
[94]Vom Himmel.
ben gefuͤhret, der wird angenommen, und wer boͤſe
gelebt, wird verworfen. Ueber dieſes verfuͤhret den
Menſchen die Armuth eben ſowohl, und ziehet ihn
eben auch von dem Himmel ab, als wie der Reich-
thum; es giebt ſehr viele unter den Armen, die
mit ihrem Schickſal nicht zufrieden ſind, die nach
V[ie]lheit ſtreben, und ſich einbilden, Reichthum
waͤre ein Segen, *) wenn ſie dahero ſolchen nicht
bekommen, ſo erzuͤrnen ſie ſich, und machen ſich
uͤber die goͤttliche Vorſehung boͤſe Gedanken; ſie
mißgoͤnnen auch andern ihre Guͤter; uͤber dieſes
betriegen ſie eben auch andre, wenn ſie Gelegen-
heit
*)
[95]Vom Himmel.
heit haben, und leben eben auch in unflaͤtigen
Wolluͤſten. Ein anders aber iſt es mit denen
Armen, die mit ihrem Schickſal zufrieden, in
ihrer Verrichtung emßig und fleißig ſind, die
Arbeit dem Muͤßiggang vorziehen, aufrichtig
und treu handeln, und alsdenn zugleich ein chriſt-
liches Leben ſuͤhren. Jch habe etlichemal mit
ſolchen, die aus dem Bauervolk und aus dem
Poͤbel waren, die aber, da ſie in der Welt
gelebt, an Gott geglaubt, und in ihren Werken
gerecht und rechtſchaffen gehandelt hatten, gere-
det; weil nun dieſe die Neigung hatten, das
Wahre zu wiſſen, ſo fragten ſie, weil ſie in der
Welt viel vom Glauben, im andern Leben aber
viel von der Liebe gehoͤrt hatten, was eigentlich
Liebe und Glaube ſey: dahero wurde ihnen geſagt,
die Liebe ſey alles dasjenige, was dem Leben, und
der Glaube alles das, was der Lehre eigen; mit-
hin beſtehe die Liebe darinnen, in allen Werken
gerecht und rechtſchaffen wollen und thun, der
Glaube aber ſey, gerecht und rechtſchaffen denken;
und daß ſich der Glaube und die Liebe, als wie die
Lehre und das Leben nach ſolcher, oder wie das
Denken und der Wille, mit einander verbinden;
und daß der Glaube, wenn der Menſch dasjenige,
was er gerecht und rechtſchaffen denket, auch will
und thut, zur Liebe werde, und daß ſie, wenn
dieſes geſchiehet, alsdenn nicht zwey, ſondern ein
Einziges ſeyn: dieſes verſtunden ſie gar wohl,
freueten ſich, und ſagten, ſie haͤtten in der Welt
nicht begriffen, daß glauben etwas anders
waͤre, als leben.


365.
[96]Vom Himmel.

365. Hieraus kann nun offenbar ſeyn, daß
die Reichen eben ſo wohl, als die Armen, in den
Himmel kommen, und einer ſo leicht, als der
andere. Daß man glaubt, die Armen kaͤmen
leichte, und die Reichen ſchwerlich in den Him-
mel, iſt daher, weil das Wort, wo Reiche und
Arme vorkommen, nicht verſtanden worden iſt;
durch die Reichen daſelbſt werden im geiſtlichen
Sinn diejenigen verſtanden, die einen Ueberfluß
an Erkaͤnntniſſen des Guten und Wahren haben,
die alſo innerhalb der Kirche ſind, wo das Wort
iſt; und durch die Armen diejenigen, die an die-
ſen Erkaͤnntniſſen einen Mangel, jedoch nach ſol-
chen ein ſehnliches Verlangen haben, die alſo auſ-
ſerhalb der Kirche ſind, wo das Wort nicht iſt.
Durch den reichen Mann, der ſich mit Purpur
und koͤſtlicher Leinewand kleidete, und in die Hoͤlle
geworfen wurde, wird das juͤdiſche Volk verſtan-
den, das, weil es das Wort, und daher einen
Ueberfluß an Erkaͤnntniſſen des Guten und Wah-
ren hatte, reich genennet wird, auch werden durch
die Purpur-Kleider die Erkaͤnntniſſe des Guten,
und durch die Kleider von koͤſtlicher Leinewand
die Erkaͤnntniſſe des Wahren angedeutet; *) aber
durch
[97]Vom Himmel.
durch den Armen, der vor ſeiner Thuͤre lag, und
von den Broſamen, die von des Reichen Tiſche
fielen, ſich zu ſaͤttigen begehrete, und von den
Engeln in den Himmel getragen wurde, werden die
Voͤlker verſtanden, ſo keine Erkaͤnntniſſe des Gu-
ten und Wahren hatten, aber doch ſolche verlang-
ten, Luc. 16, 19. 31. Durch die Reichen, die
zum groſſen Abendmahl geladen wurden, ſich aber
entſchuldigten, wird ebenfalls das juͤdiſche Volk
verſtanden, und durch die Armen, die ſtatt der-
ſelben hereingefuͤhrt wurden, werden die Voͤlker
verſtanden, ſo auſſerhalb der Kirche ſind, Luc. 14,
16, 24. Welche es ſind, ſo durch den Reichen,
von dem der Herr ſagt: „Es iſt leichter,
daß ein Kameel durch ein Nadeloͤhr gehe,
denn das ein Reicher ins Reich Gottes
komme,
Matth. 19. 24. verſtanden werden, das
ſoll nun auch geſagt werden; durch den Reichen all-
da werden Reiche in beyderley Sinn, ſowohl im na-
tuͤrlichen, als geiſtlichen, verſtanden; Reiche im na-
tuͤrlichen Siñ, die einen Ueberfluß an Guͤtern haben,
und ihr Herze daran haͤngen; aber Reiche im geiſt-
lichen Sinn, die einen Ueberfluß an Keñtniſſen und
Wiſſenſchaften haben, denn dieſe ſind geiſtlicher
Reichthum, und ſich durch ſelbige aus ſelbſt eige-
ner
*)
Sw. Sch.II.Th. G
[98]Vom Himmel.
ner Erkaͤnntnis hinein in die Dinge, ſo den Him-
mel und die Kirche anbetreffen, fuͤhren wollen,
weil nun dieſes wider die goͤttliche Ordnung iſt, ſo
heißt es, es ſey leichter, daß ein Kameel durch
ein Nadeloͤhr gehe; denn in dieſem Sinn wird
durch das Kameel die Kenntnis und das Wiſſen-
ſchaftliche uͤberhaupt, und durch das Nadeloͤhr
das geiſtliche Wahre angedeutet: *) daß durch
das Kameel und durch das Nadeloͤhr dieſes ver-
ſtanden werde, weis man heutiges Tages nicht,
weil bisher die Wiſſenſchaft, die da lehret, was
durch die Dinge, ſo in dem Wort im buchſtaͤb-
lichen Sinn geſagt worden, im geiſtlichen Sinn
angedeu-
[99]Vom Himmel.
angedeutet werde, nicht eroͤffnet oder aufgeſchloſ-
ſen war; denn in jedem Ausdruck des Worts
iſt ein geiſtlicher, und auch ein natuͤrlicher Sinn,
denn das Wort, damit eine Verbindung des
Himmels mit der Welt, oder der Engel mit den
Menſchen, nachdem die unmittelbare Verbindung
aufgehoͤret, wiederum ſehn moͤchte, iſt durch lau-
ter Uebereinſtimmungen der natuͤrlichen Dinge mit
den geiſtlichen, geſchrieben worden: hieraus erhel-
let, wer die ſind, ſo durch den Reichen daſelbſt
inſonderheit verſtanden werden. Daß durch die
Reichen in dem Wort, im geiſtlichen Sinn, die-
jenigen, welche in den Erkaͤnntniſſen des Wahren
und Guten ſind, und durch den Reichthum die Er-
kaͤnntniſſe ſelbſt, die auch geiſtlicher Reichthum
ſind, verſtanden werden, kann man aus verſchie-
denen Stellen des Worts offenbar erſehen, die
man nachſchlagen kann Eſai. 9 Cap. v. 12. 13. 14.
Cap. 30, 6. 7. Cap. 45, 3. Jerem. 17 Cap.
v. 3. Cap. 47, 7. Cap. 50, 36. 37. Cap. 51,
13. Dan. 5 Cap. v. 2. 3. 4. Ezech. 26 Cap. v.
7. 12. Cap. 27, vom 1. Vers an bis zu Ende.
Zachar. 9 Cap. v. 3. 4. Pſalm 40, 13. Hoſ.
12 Cap. v. 9. Offenb. 3. 17. 18. Luc. 14 Cap.
v. 33; und noch aus andern mehr: und daß
durch die Armen im geiſtlichen Sinn diejenigen
angedeutet werden, welche die Erkaͤnntniſſe des
Guten und Wahren nicht haben, und doch nach
ſolchen ein Verlangen tragen, erhellet aus dieſen
Stellen, Matth. 11 Cap. v. 5. Luc. 6 C. v. 20.
21. C. 14, 21. Eſ. 14 C. v. 30. C. 29, 19. C.
G 241,
[100]Vom Himmel.
41, 17. 18. Zephan. 3 Cap. v. 12. 18. Alle
dieſe Stellen ſind nach dem geiſtlichen Sinn in den
himmliſchen Geheimniſſen, Num. 10227
ausgelegt worden, die man nachleſen kann.


Von den Ehen im Himmel.


366. Weil der Himmel aus dem menſchlichen
Geſchlechte iſt, und daraus allda Engel von bey-
derley Geſchlecht ſind; und weil vermoͤge der
Schoͤpfung das Weib fuͤr den Mann, und der
Mann fuͤr das Weib, alſo eins des andern iſt;
und weil beyden dieſe Liebe eingepflanzt iſt, ſo fol-
get, daß in den Himmeln eben ſo wohl, als auf
Erden, Ehen ſind; aber die Ehen in den Him-
meln ſind von den Ehen auf Erden ſehr unter-
ſchieden. Wie demnach die Ehen in den Him-
meln beſchaffen, und worinnen ſie von den Ehen
auf Erden unterſchieden ſind, und worinnen ſie
mit einander uͤbereinkommen, das ſoll nun im
folgenden geſagt werden.


367. Die Ehe in den Himmeln iſt eine Ver-
bindung zweyer in ein einziges Gemuͤth; was es
mit dieſer Verbindung fuͤr eine Bewandnis hat,
das ſoll zuerſt ausgelegt werden: das Gemuͤth be-
ſtehet aus zwey Theilen, davon der eine der Ver-
ſtand, der andere der Wille genennet wird; wenn
dieſe zwey Theile ein Einziges ausmachen, ſodann
heißen ſie ein einziges Gemuͤth; der Mann macht
daſelbſt
[101]Vom Himmel.
daſelbſt den Theil aus, ſo man den Verſtand nen-
net, und das Weib den, ſo der Wille genennet
wird; wenn dieſe Verbindung die eigentlich
ihrem Jnnern zukommt, in das Untere, ſo ihren
Leib zugehoͤret, herab kommt, alsdenn wird ſie
wie Liebe empfunden und gefuͤhlet, dieſe Liebe nun
iſt die eheliche Liebe. Hieraus erhellet, daß die
eheliche Liebe von der Vereinigung zweyer in ein
einziges Gemuth entſpringe; dieſes wird im Him-
mel Beywohnung genennet; und heißt, daß nicht
zwey, ſondern ein einziger ſey; weswegen im Him-
mel zwey Eheleute nicht zwey, ſondern ein einzi-
ger Engel genennet werden.


368. Daß auch eine ſolche Verbindung des
Mannes und Weibes in dem Jnnerſten, *) ſo den
Gemuͤthern zukommt, iſt, das kommt lediglich
von der Schoͤpfung her; denn der Mann wird
dazu geboren, daß er Verſtand habe, daß er alſo
G 3aus
[102]Vom Himmel.
aus dem Verſtand denke, das Weib aber, daß
ſie wollend ſey, daß ſie alſo aus dem Willen den-
ke; dieſes kann man auch aus der Zuneigung oder
angebornen Art, wie auch aus der Geſtalt offen-
bar ſehen; aus der angebornen Art, daß
naͤmlich der Mann aus der Vernunft das Weib
aber aus der Neigung handelt; aus der Ge-
ſtalt,
daß naͤmlich der Maun ein rauheres und
unſchoͤneres Geſichte, eine ernſthaftere Sprache,
und einen haͤrtern Koͤrper, das Weib aber ein
ſanſteres und ſchoͤneres Geſichte, eine zaͤrtlichere
Sprache, und einen weichlichern Koͤrper hat: eben
ein ſolcher Unterſchied iſt zwiſchen dem Verſtand
und Willen, oder zwiſchen der Denkungsart und
Neigung; eben ein ſolcher iſt auch zwiſchen dem
Wahren und Guten, und auch eben ein ſolcher
zwiſchen dem Glauben und der Liebe, denn das
Wahre und der Glaube gehoͤren fuͤr den Verſtand,
und das Gute und die Liebe fuͤr den Willen. Da-
her kommt es, daß in dem Wort durch Juͤng-
ling
und Mann im geiſtlichen Sinn der Ver-
ſtand im Wahren, und durch Jungfrau und
Weib die Neigung zum Guten verſtanden wird;
wie auch, daß die Kirche von der Neigung zum
Guten und Wahren Weib und auch Jungfrau
heiſſet, ingleichen, daß alle die, ſo in der Nei-
gung zum Guten ſind, Jungfrauen genennet
werden, als wie Offenb. 14, v. 4.


369. Jeder, ſo wohl der Mann, als das
Weib, hat Verſtand und Willen, gleichwohl
aber
[103]Vom Himmel.
aber hat bey dem Mann der Verſtand, und bey
dem Weibe der Wille die Oberherrſchaft, und der
Menſch verhaͤlt ſich nach dem, was hauptſaͤchlich
herrſchet; aber bey den Ehen in den Himmeln iſt
nicht die geringſte Oberherrſchaft; denn da iſt der
Wille des Weibes auch der Wille des Mannes,
und der Verſtand des Mannes iſt auch der Ver-
ſtand des Weibes, weil der eine gerne wollen und
denken will, wie der andere, und alſo untereinan-
der und beyderſeitig; daher kommt ihre Verbin-
dung in ein Einziges. Dieſe Verbindung iſt eine
wuͤrkliche Verbindung, denn der Wille des Wei-
bes gehet in den Verſtand des Mannes, und die-
ſes hauptſaͤchlich, wenn ſie ſich von Angeſichte zu
Angeſicht ſehen; denn in den Himmeln, wie oben
oftmals gemeldet worden, iſt eine Vergemeinſchaf-
tung der Gedanken und Neigungen, wie vielmehr
des Ehegattens mit der Ehegattin, weil ſie ſich
untereinander lieben. Hieraus kann nun offen-
bar ſeyn, was es mit der Verbindung der Ge-
muͤther, die eben das Eheband ausmachet, und
die eheliche Liebe in den Himmeln hervorbringet,
fuͤr eine Bewandnis hat, daß ſie naͤmlich darinnen
beſtehe, daß der eine wolle, daß dasjenige, was
ihm eigen, auch dem andern eigen, und alſo
wechſelsweiſe ſey.


370. Es wurde mir von den Engeln geſagt,
daß, in ſo viel zwey Ehegatten in einer ſolchen
Verbindung ſtehen, ſie in ſo viel in der ehelichen
Liebe, und zugleich in ſo weit in Erkaͤnntnis,
G 4Weis-
[104]Vom Himmel.
Weisheit und Gluͤckſeligkeit ſind, aus der Ur-
ſache, weil das Goͤttliche Wahre und Goͤttliche
Gute, wo alle Erkaͤnntnis, Weisheit und Gluͤck-
ſeligkeit herkommt, hauptſaͤchlich in die eheliche
Liebe einfließt, daß mithin die eheliche Liebe un-
mittelbar die Grundlage des goͤttlichen Einfluſſes
iſt, weil ſie zugleich das Eheband des Wahren und
Guten iſt; denn ſo wie der Verſtand und Wille
mit einander verbunden ſind, alſo iſt auch die Ver-
bindung des Wahren und Guten, weil der Ver-
ſtand das Goͤttliche Wahre empfaͤngt, auch von
den Wahrheiten gebildet wird, und der Wille das
Gute aufnimmt, und von dem Guten auch gebil-
det wird; denn was der Menſch will, das iſt bey
ihm Gutes, und was er verſtehet, das iſt bey
ihm Wahrheit; daher kommt es, daß es einerley
iſt, ob man ſage, die Verbindung des Verſtan-
des und Willens, oder ob man ſage, die Ver-
bindung des Wahren und Guten. Die Ver-
bindung des Wahren und Guten macht einen En-
gel, und auch ſeine Erkaͤnntnis, Weisheit und
Gluͤckſeligkeit aus, denn der Engel iſt ſo beſchaf-
fen, wie bey ihm das Gute mit dem Wahren und
das Wahre mit dem Guten verbunden iſt; oder
welches gleich viel, der Engel iſt ſo, wie bey ihm
die Liebe mit dem Glauben, und der Glaube mit
der Liebe verbunden iſt.


371. Daß das vom Herrn ausflieſſende Goͤtt-
liche hauptſaͤchlich in die eheliche Liebe einfließt, iſt
darum, weil die eheliche Liebe aus der Verbindung
des
[105]Vom Himmel.
des Guten und Wahren entſpringt, denn, wie
oben gemeldet worden, ob man ſage, die Ver-
bindung des Verſtandes und Willens, oder
die Verbindung des Guten und Wahren, das
iſt gleichviel: die Verbindung des Guten und
Wahren hat ihren Urſprung aus der goͤttlichen
Liebe des Herrn gegen alle, ſo in den Him-
meln, und auf Erden ſind: von der goͤttlichen
Liebe kommt das Goͤttliche Gute her, und das
Goͤttliche Gute wird von den Engeln und von
den Menſchen in den goͤttlichen Wahrheiten
erlangt, denn das Wahre iſt blos allein das
Behaͤltnis des Guten; weswegen keiner, der
nicht in den Wahrheiten ſtehet, etwas vom
Herrn und von dem Himmel aufnehmen kann;
in ſo viel demnach bey dem Menſchen die
Wahrheiten mit dem Guten verbunden ſind,
in ſo viel iſt der Menſch mit dem Herrn und
mit dem Himmel verbunden: hieraus kommt
nun ſelbſt der Urſprung der ehelichen Liebe,
weswegen ſie unmittelbar die Grundlage des
goͤttlichen Einfluſſes iſt. Daher kommt es,
daß die Verbindung des Guten mit dem Wah-
ren in den Himmeln die himmliſche Ehe heiſ-
ſet, und daß in dem Wort der Himmel mit
der Ehe verglichen, und auch die Ehe genen-
net wird; wie auch, daß der Herr der Braͤu-
tigam und Mann, und der Himmel mit der
Kirche die Braut und auch das Weib heiſſet.


G 5372. Daß
[106]Vom Himmel.

372. Daß Gute und Wahre, wenn ſie
bey dem Engel und bey dem Menſchen mit ein-
ander verbunden ſind, ſind nicht zwey, ſondern
ein Einziges, weil alsdenn das Gute dem
Wahren und das Wahre dem Guten eigen iſt:
dieſe Verbindung verhaͤlt ſich, alswie wenn
der Menſch dasjenige, was er will, denket,
und was er denket, will, ſodann macht das
Denken und das Wollen ein Einziges, und al-
ſo ein einziges Gemuͤth aus, denn das Denken
bildet oder ſtellet dasjenige, was der Wille ge-
wollt hat, in der Geſtalt dar, und der Wille
macht es zur Luſt; daher kommt es auch, daß
im Himmel zwey Ehegatten nicht zwey, ſon-
dern ein einziger Engel heiſſen. Dieſes iſt es
auch, was durch die Worte des Herrn ver-
ſtanden wird: „Habt ihr nicht geleſen,
daß Der von Anfang
(den Menſchen) ge-
macht, Der hat ſie ein Maͤnnlein und
Weiblein gemacht? und ſprach: darum
wird ein Menſch Vater und Mutter ver-
laſſen, und an ſeinem Weibe hangen, und
werden die zwey ein einiges Fleiſch ſeyn;
ſo ſind ſie nun nicht mehr zwey, ſondern
ein einiges Fleiſch; was nun Gott zuſam-
men gefuͤget hat, das ſoll der Menſch
nicht ſcheiden: nicht alle faſſen dieſes
Wort, ſondern diejenigen, welchen es ge-
geben iſt,“
Matth. 19, 4. 5. 6. 11. Marc.
10, 6. 7. 8. 9. 1. B. Moſ. 2, 24; hier wird
die himmliſche Ehe, worinnen die Engel ſind,
und
[107]Vom Himmel.
und zugleich das Eheband des Guten und Wah-
ren beſchrieben; und dadurch, daß der Menſch
nicht ſcheiden ſoll, was Gott zuſammen geſuͤgt
hat, wird verſtanden, daß das Gute nicht ſoll-
te vom Wahren getrennet werden.


373. Hieraus kann man nun ſehen, wo-
her die wahre eheliche Liebe komme, daß ſie
naͤmlich in den Gemuͤthern derer, die im Ehe-
bande ſind, zuerſt gebildet werde; und daß ſie
von daher in den Leib uͤbergehe und uͤberflieſſe,
und allda wie Liebe empfunden und gefuͤhlet
werde; denn was in dem Leibe gefuͤhlt und
empfunden wird, das hat ſeinen Urſprung aus
dem Geiſtlichen des Menſchen, weil es aus
dem Verſtand und Willen kommt; Verſtand
und Wille machen den geiſtlichen Menſchen
aus: was von dem Geiſtlichen Menſchen in
den Leib uͤbergeht, das kommt allda unter ei-
ner andern Geſtalt zum Vorſchein, dennoch
aber iſt es aͤhnlich und einſtimmig, alswie
Seele und Leib, und wie die Urſache und Wuͤr-
kung iſt, wie man aus dem, was in den zwey
Artikeln von den Uebereinſtimmungen geſagt
und gezeigt worden, offenbar ſehen kann.


374. Jch hoͤrte einen Engel die wahre
eheliche Liebe und ihre himmliſche Ergoͤtzungen
folgender Geſtalt beſchreiben; ſie ſey das Goͤtt-
liche des Herrn in den Himmeln, ſo das Goͤtt-
liche Gute und das Goͤttliche Wahre iſt, in
zweyen
[108]Vom Himmel.
zweyen vereinigt, ſogar, daß ſie nicht zwey,
ſondern ein Einziges ſeyn; er ſagte, im Him-
mel waͤren zwey Ehegatten dieſe Liebe, weil
ein jeder ſein Gutes und ſein Wahres iſt, ſo
wohl dem Gemuͤthe, als auch dem Leibe nach,
denn der Leib iſt die Abbildung des Gemuͤthes,
weil er darnach gebildet iſt; hieraus brachte er
mit bey, daß das Goͤttliche in zweyen, die in
der wahren ehelichen Liebe ſind, abgebildet ſey;
und weil das Goͤttliche darinnen abgebildet ſey,
ſo waͤre auch der Himmel, weil der geſammte
Himmel das vom Herrn ausflieſſende Goͤttli-
che Gute und Goͤttliche Wahre iſt, darinnen
abgebildet, und daher komme es, daß dieſer
Liebe alle Dinge des Himmels, ja, ſo viele
Seligkeiten und Ergoͤtzungen eingeſchrieben
ſeyn, daß ſie nicht zu zaͤhlen waͤren; er druck-
te die Anzahl durch ein Wort aus, das Mil-
lion Millionen enthielte: er wunderte ſich, daß
ein Menſch der Kirche davon nichts wiſſe, da
doch die Kirche der Himmel des Herrn auf
Erden, und der Himmel das Eheband des
Guten und Wahren ſey: er ſagte, er erſtaune,
wenn er bedaͤchte, daß innerhalb der Kirche
mehr, als auſſerhalb derſelben, Ehebruͤche be-
gangen, und auch bekraͤftigt wuͤrden, deren
Luſt im geiſtlichen Sinn und daher in der geiſt-
lichen Welt doch an ſich ſelbſt nichts anders ſey,
als die Luſt der mit dem Boͤſen verknuͤpften
falſchen Liebe, welche Luſt eine hoͤlliſche Luſt
iſt, weil ſie dem Vergnuͤgen des Himmels, ſo
das
[109]Vom Himmel.
das Vergnuͤgen der mit dem Guten verbundnen
wahren Liebe iſt, voͤllig entgegen ſtehet.


375. Ein jeder weis, daß zwey Eheleute,
die einander lieben, innerlich mit einander ver-
einigt ſind, und daß das Weſentliche der Ehe
in der Vereinigung der Herzen oder Gemuͤther
beſtehet; hieraus kann man auch wiſſen, daß,
wie nun die Herzen oder Gemuͤther in ſich be-
ſchaffen ſind, auch ſo die Vereinigung, und
auch ſo die Liebe unter ihnen ſey; das Gemuͤth
wird lediglich von dem Wahren und Guten
gebildet, denn alle Dinge, ſo in der ganzen
Welt ſind, beziehen ſich auf das Gute und
Wahre, und auch auf deren Verbindung, da-
hero iſt die Vereinigung der Gemuͤther voͤllig
ſo wie das Wahre und Gute, wovon ſie ge-
bildet worden ſind, beſchaffen iſt, folglich iſt
die Vereinigung der Gemuͤther, die aus dem
aͤchten Wahren und Guten gebildet worden
ſind, die allervollkommenſte. Es iſt zu wiſ-
ſen, daß ſich nichts mehr unter einander lie-
bet, als das Wahre und Gute, weswegen aus
dieſer Liebe die wahre eheliche Liebe entſpringt:
das Falſche und Boͤſe lieben einander auch,
dieſe Liebe aber wird hernach in die Hoͤlle ver-
wandelt.


376. Aus dem nun, was vom Urſprung
der ehelichen Liebe bereits geſagt worden, kann
geſchloſſen werden, welche denn eigentlich in
der
[110]Vom Himmel.
der ehelichen Liebe ſind, und welche nicht dar-
innen ſind: daß naͤmlich diejenigen in der ehe-
lichen Liebe ſeyn, welche aus dem Goͤttlichen
Wahren in dem Goͤttlichen Guten ſtehen; und
daß die eheliche Liebe nur in ſo viel aͤcht ſey,
in ſo viel das Wahre, das mit dem Guten
verbunden wird, deſto mehr aͤcht iſt: und weil
alles Gute, das mit dem Wahren verbunden
wird, vom Herrn iſt, ſo folger, daß keiner
in der wahren ehelichen Liebe ſeyn kann, wenn
er den Herrn und Sein Goͤttliches nicht er-
kennet, denn ohne dieſe Erkaͤnntnis kann der
Herr nicht einflieſſen, noch ſich mit dem Wah-
ren, das bey dem Menſchen befindlich iſt, ver-
binden.


377. Hieraus erhellet, daß die, ſo im Fal-
ſchen ſtehen, nicht in der ehelichen Liebe ſind,
und die vollends nicht, ſo im Falſchen aus dem
Boͤſen ſtehen: bey denen, die im Boͤſen und
in dem daher ruͤhrenden Falſchen ſind, iſt auch
das Jnnere, ſo dem Gemuͤthe zukommt, ver-
riegelt; weswegen in ſelbigen nicht der aller-
geringſte Urſprung der ehelichen Liebe ſtatt fin-
den kann, ſondern es findet unterhalb des Jn-
nern im aͤuſſerlichen oder natuͤrlichen Menſchen,
der von dem Jnnern getrennt iſt, die Verbin-
dung des Falſchen und Boͤſen ſtatt, welche
Verbindung das hoͤlliſche Eheband genennet
wird. Es wurde mir zu ſehen gegeben, wie
die Ehe zwiſchen denen, die im Falſchen aus
dem
[111]Vom Himmel.
dem Boͤſen ſind, ſo die hoͤlliſche Ehe heißet,
beſchaffen iſt; ſie reden unter einander, und
verbinden ſich auch aus Geilheit mit einander,
innerlich aber brennen ſie vor toͤdtlichen Haß
wider einander, der ſo groß, daß er nicht zu
beſchreiben iſt.


378. Es findet auch keine eheliche Liebe
zwiſchen zweyen ſtatt, die aus verſchiedner Re-
ligion ſind, weil das Wahre des einen nicht
mit dem Guten des andern zuſammenſtimmet,
und zwey ungleiche und mißhellige Dinge koͤn-
nen unmoͤglich aus zweyen ein einziges Ge-
muͤth machen, weswegen der Urſprung ihrer
Liebe nicht das geringſte vom Geiſtlichen an ſich
hat; wenn ſie ja beyſammen wohnen und zu-
ſammen ſtimmen, ſo kommt es blos allein aus
natuͤrlichen Urſachen. Aus dem Grunde wer-
den in den Himmeln nur diejenigen, ſo inner-
halb einer Geſellſchaft ſind, weil ſie ſich im
gleichen Guten und Wahren befinden, nicht
aber die, ſo auſſerhalb der Geſellſchaft ſind,
unter einander verehlichet: daß alle die, ſo in-
nerhalb einer Geſellſchaft ſind, im gleichen
Guten und Wahren ſtehen, und von denen,
ſo ſich auſſerhalb derſelben befinden, unterſchie-
den ſind, leſe man die 41ſte und die darauf
folgenden Nummern. Dieſes iſt auch bey dem
Jſraelitiſchen Volk dadurch vorgeſtellet wor-
den, daß ſie in die Staͤmme, und inſonderheit
in die Familien heyratheten, ſich aber mit de-
nen
[112]Vom Himmel.
nen auſſerhalb denſelben nicht verheyrathen
durften.


379. Auch findet keine wahre eheliche Lie-
be zwiſchen einem einzigen Mann und mehre-
ren Weibern ſtatt; denn dieſes zerſtoͤrt den
geiſtlichen Urſprung dieſer Liebe, welcher dar-
innen beſteht, daß aus zweyen ein einziges Ge-
muͤth gebildet werde, mithin zerſtoͤret es die
innere Verbindung, ſo eine Verbindung des
Guten und Wahren iſt, waraus eigentlich
ſelbſt das Weſen dieſer Liebe kommt; eine
Verehlichung mit mehreren, als mit einer ein-
zigen, iſt eben ſo, wie ein in mehrere Willen
vertheilter Verſtand; und wie ein Menſch,
der ſich nicht zu einer, ſondern zu mehreren
Kirchen bekennt, denn auf ſolche Art wird ſein
Glaube von einander geriſſen, bis er endlich
zunichte wird. Die Engel ſprechen: mehrere
Weiber auf einmal nehmen, ſey gaͤnzlich wi-
der die goͤttliche Ordnung; *) und dieſes wuͤß-
ten ſie aus ſehr vielen Urſachen, und auch da-
her, daß ſie, ſo bald ſie ſich eine Verehlichung
mit
[113]Vom Himmel.
mit mehreren daͤchten, ſogleich von der innern
Seligkeit und himmliſchen Gluckſeligkeit ent-
fernt, und alsdenn wie betrunken wuͤrden,
weil ſich bey ihnen das Gute von ſeinem Wah-
ren trennete; und weil das Jnnere ihres Ge-
muͤths blos allein von dem nur einigermaſſen
darauf gerichteten Gedanken in einen ſolchen
Zuſtand kaͤme ſo wuͤrden ſie deutlich inne,
daß eine Verehlichung mit mehreren, als mit
einer, ihr Jnwendiges verſchlieſſe, und mache,
daß ſtatt der ehelichen Liebe ſich die Liebe der
Geilheit, welche Liebe von dem Himmel ab-
fuͤhret, einſchleiche. Ferner ſagen ſie, der
Menſch begreife dieſes ſchwerlich, weil wenige
in der aͤchten ehelichen Liebe ſind, die nun in
ſolcher nicht ſind, die wiſſen von der innern
Ergoͤtzung, ſo in dieſer Liebe iſt, ganz und gar
nichts, ſondern nur von der Luſt der Geilheit,
welche Luſt nach einer kurzen Beywohnung ſich
in Unluſt verkehret; hingegen die Ergoͤtzung
der wahren ehelichen Liebe dauert nicht allein
bis ins ſpaͤte Alter in der Welt, ſondern wird
auch nach dem Tod zur Ergoͤtzung im Himmel,
und
*)
Sw. Sch.II.Th. H
[114]Vom Himmel.
und wird alsdenn mit der innern Anmuth er-
fuͤllt, die in Ewigkeit vollkommener wird.
Sie ſagen auch, es koͤnnten der Seligkeiten
der wahren ehelichen Liebe auf viele tauſend
gezaͤhlt werden, davon dem Menſchen nicht
einmal eine einzige bekannt iſt, noch von einem,
der nicht in dem vom Herrn herruͤhrenden
Eheband des Guten und Wahren iſt, mit dem
Verſtand begriffen werden kann.


380. Die Liebe der Herrſucht des einen
uͤber den andern hebt die eheliche Liebe, und
ihre himmliſche Ergoͤtzung voͤllig auf, denn die
eheliche Liebe, und ihre Ergoͤtzung beſtehet, wie
oben gemeldet worden, darinnen, daß des ei-
nen Wille des andern ſey, und dieſes unterein-
ander und beyderſeitig; dieſe Herrſuchts Lie-
be in der Ehe iſt eine Zerſtoͤrerin, denn der
Herrſchende will, daß ſein Wille ganz allein
in dem andern, aber von Seiten des andern
in ihm gar keiner ſey, daher faͤllt das wechſels-
weiſe oder beiderſeitige weg, mithin wird we-
der einige Liebe, noch deren Vergnuͤgen, unter-
einander vergemeinſchaftet; da doch die Ver-
gemeinſchaftung und die daher ruͤhrende Ver-
bindung lediglich die innere Ergoͤtzung, oder
die ſo genannte Seligkeit in der Ehe iſt; die
Herrſchſuchts Liebe loͤſchet dieſe Seligkeit, und
nebſt ſolcher alles Himmliſche und Geiſtliche
der ehelichen Liebe aus, ſo gar, daß man nicht
weis, daß es vorhanden ſey, und wenn man
es
[115]Vom Himmel.
es ſagen wuͤrde, ſo wuͤrde man es fuͤr ſo ge-
ringſchaͤtzig halten, daß man zur bloſſen Er-
waͤhnung der aus der ehelichen Liebe herruͤh-
renden Seligkeit entweder lachen oder zornig
werden wuͤrde. Wenn eins das will oder lie-
bet, was das andere will, alsdenn iſt bey al-
len beyden Freyheit, denn alle Freyheit iſt der
Liebe eigen, wo aber Herrſchſucht iſt, da iſt
bey keinem von beyden Freyheit, eins iſt ein
Sclav, auch der Herrſchende iſt einer, weil
er von der Begierde zu herrſchen als ein Sclav
gefuͤhret wird; allein dieſes begreift man ganz
und gar nicht, wenn man nicht weis, was die
Freyheit der himmliſchen Liebe iſt: dennoch
aber kann man aus dem, was ich oben vom
Urſprung und Weſen der ehelichen Liebe ge-
ſagt habe, wiſſen, daß, in ſo viel die Herrſch.
ſucht einreißt, auch in ſo viel die Gemuͤther
nicht vereinigt, ſondern getheilt werden, die
Herrſchſucht bringt unter das Joch, und ein
unter das Joch geſtecktes Gemuͤthe iſt entweder
von gar keinem Willen, oder von einem Wi-
derwillen; wenn es von gar keinem Willen iſt,
ſo hat es auch keine Liebe, wenn es von einem
Widerwillen iſt, ſo iſt Haß anſtatt der Liebe
vorhanden. Das Jnnere derer, die in einer
ſolchen Ehe leben, laͤuft und ſtreitet wider
einander, als wie es zwey einander entgegen
ſtehende Dinge zu machen pflegen, wenn auch
gleich das Aeuſſere, der Ruhe halben, an ſich
haltend und friedlich iſt; das Widereinander-
H 2laufen
[116]Vom Himmel.
laufen und der Streit dieſes Jnnern offen-
baret ſich nach ihrem Tod, da kommen ſie ge-
meiniglich hinter einander, und ſodann ſtrei-
ten ſie unter einander wie Feinde, und zerflei-
ſchen einander, denn ſie handeln alsdenn nach
dem Zuſtand ihres Jnnern; ihre Streite und
Zerfleiſchungen ſind mir etlichemal zu ſehen
gegeben worden, und mancher ihre waren vol-
ler Rache und Wuth: denn im andern Leben
wird das Jnnere eines jedweden in die Frey-
heit gelaſſen, und iſt nicht mehr von dem
Aeuſſerlichen weltlicher Urſachen wegen einge-
ſchraͤnkt; denn ein jeder iſt alsdenn ſo, wie
er innerlich beſchaffen iſt.


381. Es giebt bey manchen ſo etwas der
ehelichen Liebe Aehnlichſcheinendes, gleichwohl
aber iſt es keine eheliche Liebe, wenn ſie nicht
in der Liebe des Guten und Wahren ſind, es
iſt eine Liebe, die aus vielerley Urſachen den
Anſchein der ehelichen hat, naͤmlich damit ſie
zu Hauſe bedienet werden, unbekuͤmmert, oder
ruhig, oder in Gemaͤchlichkeit ſeyn, oder wenn
ſie krank und alt werden, Pflegung haben oder
damit die Kinder, die ſie lieben, gewartet wer-
den moͤgen; bey einigen iſt es Zwang aus
Furcht fuͤr den Ehegatten, fuͤr den guten Na-
men, und fuͤr uͤble Folgen, einige bringt die
Geilheit dazu. Auch iſt die eheliche Liebe bey
den zwey Eheleuten unterſchieden, bey dem ei-
nen iſt derſelben mehr oder weniger, bey dem
andern
[117]Vom Himmel.
andern wenig oder gar keine, und weil ſie un-
terſchieden iſt, ſo kann eins den Himmel, das
andere die Hoͤlle haben.


Die aͤchte eheliche Liebe iſt im innerſten
Himmel,
weil die Engel allda in dem Ehe-
band des Guten und Wahren, und auch in der
Unſchuld ſind; die Engel der untern Him-
mel
ſind auch in der ehelichen Liebe, aber nur,
in ſo viel ſie in der Unſchuld ſind, denn die
eheliche Liebe iſt an und fuͤr ſich betrachtet der
Zuſtand der Unſchuld dahero iſt zwiſchen zwey
Ehegatten, die in der ehelichen Liebe ſtehen,
himmliſches Vergnuͤgen, vor ihren Gemuͤ-
thern ſind faſt eben ſolche Unſchulds-Spiele,
wie unter den Kindern denn alles moͤgliche ver-
gnuͤget ihre Herzen, weil der Himmel mit ſei-
ner Freude in ihr ganzes Leben einflieſſet: wes-
wegen [i]m Himmel die eheliche Liebe durch die
allerſchoͤnſten Dinge vorgeſtellet wird; ich ſa-
he ſie auch durch eine mit einer weiſſen Wolke
umgebene Jungfrau von unbeſchreiblicher
Schoͤnheit vorſtellen: es wurde geſagt, die
Engel im Himmel haͤtten alle Schoͤnheit von
der ehelichen Liebe: die von ihr herruͤhrende
Neigungen und Gedanken werden durch dia-
mantne Scheine, alswie gleichſam von Car-
funkelſteinen und blinkenden Rubinen, und
dieſes mit Ergoͤtzungen, die das Jnnere der
Gemuͤther reitzen, vorgeſtellet. Mit einem
Wort, in der ehelichen Liebe ſtellet ſich der
Himmel dar, weil der Himmel bey den En-
H 3geln
[118]Vom Himmel.
geln in der Verbindung des Guten und Wah-
ren beſtehet, und dieſe Verbindung die eheliche
Liebe ausmachet.


382. Die Ehen in den Himmeln ſind von
den Ehen auf Erden darinnen unterſchieden,
daß die Ehen auf Erden die Fortpflanzung des
Geſchlechts zum voraus haben, aber nicht in
den Himmeln; ſtatt dieſer Fortpflanzung iſt
in den Himmeln die Fortpflanzung des Guten
und Wahren; daß dieſe Fortpflanzung ſtatt
derſelben iſt, iſt die Urſache, weil ihre Ehe
das Eheband des Guten und Wahren iſt, wie
ich oben gezeigt habe, und in dieſer Ehe wird
das Gute und Wahre, und deren Verbindung
uͤber alles geliebet, dieſe ſind es dahero, die
von den Ehen in den Himmeln fortgepflanzt
werden: daher kommt es, daß in dem Wort
durch Geburten und Zeugungen geiſtliche Ge-
burten und Zeugungen maͤmlich des Guten
und Wahren, angedeutet werden, durch Mut-
ter
und Vater wird das mit dem Guten ver-
einigte Wahre, ſo da zeuget, durch Soͤhne
und Toͤchter das Wahre und Gute, ſo gezeu-
get werden, und durch Eidame und Schnuͤ-
re
die Verbindungen des Wahren und Guten
angedeutet, *) und ſo weiter. Hieraus er-
hellet,
[119]Vom Himmel.
hellet, daß die Ehebuͤndniſſe in den Himmeln
nicht ſo ſind, wie die Ehebuͤndniſſe auf Erden;
in den Himmeln ſind geiſtliche Vermaͤhlungen,
die nicht Heyrathen, ſondern Verbindungen
der Gemuͤther aus dem Eheband des Guten
und Wahren, zu nennen ſind; auf Erden
aber ſind Heyrathen, weil ſie nicht nur den
Geiſt, ſondern auch das Fleiſch angehen: und
weil keine Heyrathen in den Himmeln ſind,
ſo heiſſen dahero zwey Ehegatten nicht Mann
und Weib, ſondern des andern Gatte wird
aus dem engliſchen Begriff der Verbindung
zweyer Gemuͤther in ein einziges mit einem
Wort benennet, das ſo viel bedeutet, als ſein
wechſelsweiſe beyderſeitiges (ſuum mutu-
um viciſſim
). Hieraus kann man nun wiſ-
H 4ſen,
*)
[120]Vom Himmel.
ſen, wie die Worte des Herrn Luc. am 20.
Cap. v. 35. 36. von dem Heyrathen, zu ver-
ſtehen ſind.


383. Wie die Verehlichungen in den Him-
meln geſchehen, das iſt mir auch zu ſehen ge-
geben worden; allenthalben im Himmel wer-
den die, ſo einander gleich ſind, zuſammen ge-
fuͤgt, die aber einander ungleich ſind, von ein-
ander geſchieden, daher beſtehet eine jede Ge-
ſellſchaft des Himmels aus ſolchen, die einan-
der gleich ſind; die Gleichen werden nicht von
ſich ſelber, ſondern vom Herrn zu ihres Glei-
chen gebracht, man leſe Num. 41. 43. 44. ꝛc.;
desgleichen wird auch ein Ehegatte zur Ehegat-
tin gefuͤget, deren Gemuͤther naͤmlich in ein
einziges koͤnnen verbunden werden; weswegen
ſie beym erſten Anblick einander innigſt lieben,
und als Eheleute einander anſehen, und ſich
verehlichen; daher kommt es, daß alle Ehen
des Himmels blos allein vom Herrn ſind: ſie
feyern auch ein Freudenfeſt, und dieſes geſchie-
het in Zuſammenkunft mehrerer; die Feſte ſind
auch in den Geſellſchaften unterſchieden.


384. Weil die Ehen auf Erden Pflanzſtaͤt-
te des menſchlichen Geſchlechts, und auch der
Engel des Himmels ſind, denn der Himmel,
wie oben in ſeinem Artikel gezeigt worden, iſt
aus dem menſchlichen Geſchlecht, ferner, weil
ſie aus einem geiſtlichen Urſprung, naͤmlich
aus dem Eheband des Guten und Wahren
ſind,
[121]Vom Himmel.
ſind, und das Goͤttliche des Herrn hauptſaͤchlich
in dieſe Liebe einfließt, ſo ſind ſie dahero in den
Augen der Engel des Himmels hoͤchſt heilig; und
im Gegentheil werden von ihnen die Ehebruͤche,
weil ſolche der ehelichen Liebe entgegen und zuwider
ſind, als unheilig angeſehen: denn, ſo wie die
Engel in den Ehen das Eheband des Guten und
Wahren erblicken, welches der Himmel iſt, alſo
ſehen ſie in den Ehebruͤchen das Eheband des Fal-
ſchen und Boͤſen, welches die Hoͤlle iſt: wenn ſie
dahero Ehebruch nur nennen hoͤren, ſo wenden ſie
ſich weg: dieſes iſt auch die Urſache, daß, wenn
der Menſch Ehebruch aus Wolluſt begehet, ihm
der Himmel zugeſchloſſen wird; wenn nun dieſer
verſchloſſen, ſo erkennet er nicht mehr das Goͤtt-
liche,
noch etwas von dem, was des Glaubens
der Kirche iſt. Daß alle, die ſich in der Hoͤlle
befinden, wider die eheliche Liebe ſind, das iſt mir
von einem aus der Hoͤlle ausgedampften Umkreis,
der wie ein beſtaͤndiges Beſtreben war, die Ehen
zu zerreiſſen und zu entheiligen, zu empfinden ge-
geben worden: hieraus wurde mir klar, daß die
herrſchende Luſt in der Hoͤlle die Luſt des Ehebruchs
ſey, und daß die Luſt des Ehebruchs auch noch in
dieſer Luſt beſtehe, die Verbindung des Guten und
Wahren, welche Verbindung den Himmel aus-
machet, zu zerſtoͤren: hieraus folget, daß die Luſt
des Ehebruchs eine hoͤlliſche Luſt ſey, die der Luſt
des Eheſtands, welches eine himmliſche Luſt iſt,
voͤllig entgegen ſtehet.


H 5385. Es
[122]Vom Himmel.

385. Es waren gewiſſe Geiſter, die, wie ſie
es bey Leibes Leben im Gebrauch gehabt, mit ganz
beſonderer Emßigkeit, und dieſes durch einen ganz
gelinden gleichſam flieſſenden Einfluß, wie der
Einfluß von guten Geiſtern zu ſeyn pflegt,
an mich ſetzten, ich empfande aber, daß in ihnen
lauter Luſt und dergleichen ſteckte, mich zu fangen
und zu hintergehen; endlich redete ich mit einem
von ihnen, und mir wurde geſagt, er waͤre, da
er noch in der Welt gelebt, ein General geweſen;
und weil ich bemerkte, daß in ſeinen Gedanken-
Bildern Geilheit war, ſo redete ich mit ihm von
der Ehe in der mit Vorſtellungen (cum repræ-
ſentativis
) begleiteten geiſtlichen Sprache, die die
Gedanken, und in einem Augenblick noch mehre-
res, vollkommen ausdruck[t]; er antwortete, er
haͤtte bey Leibes Leben die Ehebruͤche wie nichts
geachtet: es wurde ihm aber geſagt daß die Ehe-
bruche Schandthaten waͤren, ob ſie gleich denen,
die welche begangen, von der erſchmeckten Luſt,
und der daherruͤhrenden Ueberredung, vorkaͤmen,
als waͤren ſelbige nicht ſo beſchaffen, auch wohl
gar erlaubt; dieſes koͤnnte er auch daraus erken-
nen, daß die Ehen Pflanzſtaͤtte des menſchlichen
Geſchlechts, und daher auch Pflanzſtaͤtte des
himmliſchen Reichs
waͤren, und daß ſie dahero
nimmermehr duͤrften verletzet, ſondern heilig muͤß-
ten gehalten werden; ingleichen auch daraus, daß,
weil er im andern Leben, und im Zuſtand der Em-
pfindung waͤre, er eigentlich wiſſen ſollte daß die
eheliche Liebe vom Herrn durch den Himmel hin-
durch
[123]Vom Himmel.
durch herab komme, und daß von dieſer Liebe,
als von der Urquelle, die wechſelsweiſe Liebe, ſo
die Grundveſte des Himmels iſt, entſpringe; und
endlich auch daraus, daß die Ehebrecher ihren uͤb-
len Geſtank empfinden, wenn ſie ſich den himm-
liſchen Geſellſchaften nur naͤhern, und ſich daher
gegen die Hoͤlle ſtuͤrzen; zum wenigſten haͤtte er
wiſſen koͤnnen, daß die Verletzung der Ehen wider
die goͤttlichen Geſetze, und wider die buͤrgerlichen
Geſetze aller Reiche, wie auch wider das aͤchte Licht
der Vernunft ſey, weil ſie ſo wohl wider die goͤtt-
liche als menſchliche Ordnung iſt, und was der-
gleichen mehr war: er gab aber zur Antwort, ſol-
ches haͤtte er bey Leibes Leben nicht gedacht; nun
wollte er vernuͤnfteln, ob ſich die Sache auch ſo
verhalte, es wurde ihm aber geſagt, die Wahrheit
lieſſe keine Vernunftſchluͤſſe zu, denn dieſe ver[t]hei-
digten nur die Ergoͤtzlichkeiten, und alſo das Boͤſe
und Falſche, und erſt muͤßte er uͤber dasjenige, was
ihm geſagt worden, weil es Wahrheiten waͤren,
oder auch uͤber den in der Welt hoͤchſtbekannten
Grundſatz denken, daß keiner dem andern thun
ſoll, was er nicht will, daß es ihm der andere thue,
wenn nun alſo ſein Weib, daß er geliebet haͤtte,
welches bey allen Ehen anfangs geſchieht, auf ſolche
Weiſe von einem waͤre angefuͤhret worden, ob er
da, wenn er in dem Zuſtand des Grimms dar-
uͤber, und in dieſem Zuſtand in Worte ausgebro-
chen waͤre, nicht auch ſelber die Ehebruͤche wuͤrde
verabſcheuet, und ſich ſodann, weil er einen guten
Verſtand haͤtte, weit ſtaͤrker, als andre, wider
ſolche
[124]Vom Himmel.
ſolche wuͤrde befeſtiget, ja, ſolche bis in die Hoͤlle
wuͤrde verwuͤnſcht haben?


386. Es wurde mir gezeigt, wie die Ergoͤtzung
der ehelichen Liebe zum Himmel, hingegen die Luſt
des Ehebruchs zur Hoͤlle ſchreitet: die Fortſchrei-
tung der von der ehelichen Liebe herruͤhrenden Er-
goͤtzungen gen Himmel zu geht unaufhoͤrlich in
mehrere bis in unzaͤhlige und unausſprechliche Se-
ligkeiten und Gluͤckſeligkeiten, und je tiefer ſie
hinein kommt, in deſto unzaͤhligere und unaus-
ſprechlichere kommt ſie, bis ſelbſt in die Seligkei-
ten des innerſten Himmels oder des Himmels
der Unſchuld, und dieſes mit der groͤßten Freyheit;
denn alle Freyheit iſt aus der Liebe, und alſo kom̄t
die groͤßte Freyheit aus der ehelichen Liebe, die un-
mittelbar die himmliſche Liebe iſt, Aber die Fort-
ſchreitung des Ehebruchs gieng auf die Hoͤlle zu,
und ſtufenweiſe bis zu dem Unterſten, wo nichts
als Grauſamkeit und Schrecken vorhanden: ein
ſolches Loos haben die Ehebrecher nach Verlauf
ihres Lebens in der Welt zu erwarten. Durch
Ehebrecher werden diejenigen verſtanden, die zwar
eine Luſt an den Ehebruͤchen, aber keine Ergoͤtzung
an den Ehen empfinden.


Von den Amtsverrichtungen der
Engel im Himmel


387. Die Amtsverrichtungen in den Himmeln
ſind nicht zu zaͤhlen, noch inſonderheit zu beſchrei-
ben,
[125]Vom Himmel.
ben, ſondern es kann von ihnen nur etwas uͤber-
haupt geſagt werden, denn ſie ſind unzaͤhlig, und
auch nach den Aemtern der Geſellſchaften mancher-
ley; denn eine jede Geſellſchaft begleitet ein beſon-
deres Amt; denn ſo wie die Geſellſchaften nach
dem Guten unterſchieden ſind, wie man Num.
41 nachleſen kann, alſo ſind ſie auch nach den
Nutzſtiftungen unterſchieden, weil das Gute bey
allen in den Himmeln das durch die Werkthaͤtig-
keit ausgewuͤrkte Gute iſt, ſo eben die Nutzlei-
ſtungen ſind: ein jeder ſtiftet daſelbſt Nutzen,
denn das Reich des Herrn iſt ein Reich der
Nutzſtiftungen.


388. Jn den Himmeln, ſo wie auf Erden,
ſind vielerley Verwaltungen, es ſind daſelbſt
kirchliche, buͤrgerliche, und haͤusliche; daß daſelbſt
kirchliche ſind, erhellet aus dem, was Num. 221-
227 vom Gottesdienſt daſelbſt geſagt und gezeigt
worden; daß es buͤrgerliche giebt, iſt aus dem zu
ſehen, was ich Num. 213-220 von den Regie-
rungen im Himmel geſagt und gezeigt habe; und
daß es allda haͤusliche giebt, kann aus dem, was
Num. 183-190 von den Wohnungen und Auf-
enthalt der Engel, wie auch, was von den Ehen
im Himmel, Num. 366-386 geſagt und gezeigt
worden, erſehen werden: hieraus erhellet, daß
vielerley Amtsverrichtungen und Verwaltungen
innerhalb einer jeden Geſellſchaft ſind.


389. Alle Dinge in den Himmeln ſind nach
der goͤttlichen Ordnung angeordnet, woruͤber allent-
halben von den Engeln vermittelſt der Verwal-
tungen
[126]Vom Himmel.
tungen gehalten wird; die weiſern Engel halten
uͤber die, ſo das gemeine Wohl oder den gemei-
nen Nutzen betreffen, die weniger weiſen uͤber die,
ſo das beſondere Wohl anbelangen, und ſo weiter:
die Dinge ſind untergeordnet, voͤllig ſo, wie in
der goͤttlichen Ordnung die Nutzſtiftungen unter-
geordnet ſind: daher iſt mit einem jeden Amt auch
Wuͤrde, nach Beſchaffenheit der Wuͤrde des ge-
ſtifteten Nutzens, verknuͤpfet; dem ungeachtet
aber maßet ſich der Engel keine Wuͤrde an, ſondern
raͤumt ſie alle dem geſtifteten Nutzen ein, und weil
der Notzen das vom Engel geſtiftete Gute iſt, und
alles Gute vom Herrn kommt, ſo eignet er da-
hero allen geſtifteten Nutzen dem Herrn zu: wer
dahero erſt auf die Ehre fuͤr ſich und von da her-
nach auf die Ehre fuͤr die Nutzſtiftung, nicht aber
zuerſt auf die Ehre fuͤr die Nutzſtiſtung und von
da hernach auf die Ehre fuͤr ſich bedacht iſt, der
kann im Himmel unmoͤglich ein Amt verwalten,
weil er ruͤckwaͤrts vom Herrn hinweg, und zu-
voͤrderſt auf ſich, auf die Nutzſtiftung aber zuletzt
ſiehet: wenn vom Nutzen geredet wird, ſo wird
auch darunter der Herr verſtanden, weil der Nu-
tzen, wie kurz zuvor gemeldet worden, das Gute,
und das Gute vom Herrn iſt.


390. Hieraus kann man nun ſchlieſſen, wie
die Unterordnungen in den Himmeln beſchaffen
ſeyn, naͤmlich, wie einer die Nutzſtiftung liebet,
ſchaͤtzet und ehret, alſo liebet, ſchaͤtzet und ehret
er auch die Perſon, mit welcher die Nutzſtiftung
verknuͤ-
[127]Vom Himmel.
verknuͤpfet iſt; wie auch, die Perſon wird in ſo
viel geliebet, geſchaͤtzet und geehret, in ſo viel ſie
nicht ſich, ſondern dem Herrn die Nutzſtiftung zu-
eignet; denn in ſo viel iſt ſie weiſe, und in ſo viel
ſtiftet ſie den Nutzen, welchen ſie ſchaff[e]t, aus
dem Guten: die geiſtliche Liebe, Hochachtung
und Ehre iſt nichts anders, als die Liebe, Hoch-
achtung und Ehre des Nutzens in der Perſon, und
die Ehre der Perſon von der Nutzſtiftung, aber
nicht die Ehre der Nutzſtif ung von der Perſon:
wer aus dem geiſtlichen Wahren die Menſchen
betrachtet, der betrachtet ſie auch nicht anders;
denn er ſiehet, daß ein Menſch eben ſo gut wie
der andre iſt, er mag nun in groſſer, oder gerin-
ger Wuͤrde ſeyn, ihren Unterſchied aber ſiehet er
blos allein in der Weisheit, und Weisheit heißt:
die Nutzſtiftungen, und alſo das Gute des Mit-
buͤrgers, der Geſellſchaft, des Vaterlandes und
der Kirche lieben. Darinnen beſtehet auch die
Liebe zum Herrn, weil alles Gute, ſo das Gute
der Nutzſtiftung iſt, vom Herrn kommt; dar-
innen beſtehet auch die Liebe gegen den Naͤchſten,
weil der Naͤchſte das Gute iſt, das man in dem
Mitbuͤrger, in einer Geſellſchaft, in dem Va-
terland und in der Kirche lieben, und ihnen lei-
ſten muß.


391. Alle Geſellſchaften in den Himmeln ſind
nach den Nutzſtiftungen unterſchieden, weil ſie
nach dem Guten unterſchieden ſind, wie ich Num.
41 ꝛc. geſagt habe, und das Gute iſt das durch
die
[128]Vom Himmel.
die Werkthaͤtigkeit ausgewuͤrkte Gute oder das
Gute der thaͤtigen Liebe, welches die Nutzſtiftun-
gen ſind: es giebt Geſellſchaften, deren Verrich-
tungen beſtehen in Wartung der kleinen Kinder;
andrer Geſellſchaften ihre Verrichtungen ſind, ſel-
bige, wenn ſie groß werden, zu unterrichten und
zu erziehen: es giebt andre, die die Knaben und
Maͤgdlein, ſo von der Auferziehung in der Welt
guter Art ſind, und daher in den Himmel kom-
men, ebenfalls unterrichten und erziehen: andre
belehren die einfaͤltigen Guten von der Chriſten-
heit, und fuͤhren ſie auf den Weg zum Himmel:
andre unterrichten ebenfalls mancherley Voͤlker:
andre beſchuͤtzen die neuen Geiſter, die erſt neu-
lich aus der Welt kommen, fuͤr den Anfaͤllen der
boͤſen Geiſter: es giebt auch welche, die denen,
ſo ſich auf der untern Erde befinden, beyſtehen:
es ſind auch welche, die bey den in den Hoͤllen
befindlichen ſind, und Ziel und Maas halten, da-
mit ſie nicht uͤber die vorgeſchriebene Schranken
einander peinigen; auch ſind einige bey denen, ſo
von den Todten auferwecket werden. Ueberhaupt
werden die Engel einer jeden Geſellſchaft zu den
Menſchen geſandt, damit ſie ſolche beſchuͤtzen, von
den boͤſen Neigungen und den daher ruͤhrenden boͤ-
ſen Gedanken abziehen, und ihnen gute Neigun-
gen, in ſo viel ſie deren freywillig annehmen, ein-
geben moͤgen, wodurch ſie auch der Menſchen Tha-
ten und Werke regieren, indem ſie die boͤſen Ab-
ſichten, ſo viel moͤglich, entſernen: die Engel,
wenn ſie bey den Menſchen ſind, wohnen gleich-
ſam
[129]Vom Himmel.
ſam in den Neigungen derſelben, und um ſo viel
wohnen ſie nahe bey dem Menſchen, um ſo viel
er in dem Guten aus dem Wahren iſt, um ſo
viel aber wohnen ſie entfernter von ihm, um ſo
viel die Belebung von dem Wahren entfernt iſt.
Allein, alle dieſe Verwaltungen der Engel ſind
Verwaltungen des Herrn durch die Engel, denn
die Engel verrichten ſolche nicht aus ſich, ſondern
aus dem Herrn: daher kommt es, daß durch die
Engel in dem Wort, in deſſen innern Sinn,
nicht Engel verſtanden werden, ſondern etwas
Goͤttliches vom Herrn; und daher kommt es
auch, daß die Engel in dem Wort Goͤtter ge-
nennet werden. *)


392. Dieſe Verrichtungen ſind ihre gemeine
Verrichtungen, es hat aber ein jeder noch ſein ge-
wiſſes Amt inſonderheit; denn jeglicher gemeine
Nutzen beſtehet aus unzaͤhlig andern, die man Ver-
mittelungs, Verwaltungs und Bedienungs Nutz-
ſtiftungen
Sw. Sch.II.Th. J
[130]Vom Himmel.
ſtiftungen nennet; alle und jede ſind nach der
goͤttlichen Ordnung zuſammen und untergeordnet,
und alle zuſammen genommen machen den gemei-
nen Nutzen, der das gemeine Wohl iſt, aus und
vollkommen.


393. Die in der Welt nicht um der Ehre
oder des Gewinnſtes willen, ſondern wegen des
Nutzens zum Leben, ſo wohl zu dem ihrigen, als
zum Leben andrer, das Wort geliebet, und aus
Ver angen den darinn befindlichen Wahrheiten
nachgeforſchet haben, die ſtehen im Himmel im
Kirchenweſen; dieſe ſind allda, nach Beſchaffen-
heit ihrer Liebe zu dem Nutzen, und ihres Ver-
langens nach ſelbigem, in Erleuchtung und im
Lichte der Weisheit, worein ſie auch, vermoͤge
des Worts in den Himmeln, kommen, welches
Wort nicht natuͤrlich wie in der Welt, ſondern
geiſtlich iſt, wie man Num. 259 nachleſen kann:
dieſe verwalten das Predigtamt, und die, ſo an
Weisheit aus der Erleuchtung vor andern einen
Vorzug haben, ſtehen allda in einer obern Stelle.
Die, ſo in der Welt das Vaterland und deſſen
gemeines Wohl lieber, als das ihrige gehabt, und
aus Liebe zur Gerechtigkeit und zum Rechte ge-
recht und rechtmaͤßig gehandelt haben, ſtehen im
buͤrgerlichen Weſen; in ſo viel nun dieſe aus Ver-
langen der Gerechtigkeitsliebe die Geſetze der Ge-
rechtigkeit durchforſchet, und ſich dadurch einen
Einſichtsvollen Verſtand zuwege gebracht haben,
in ſo viel ſind ſie vermoͤgend, Aemter im Himmel
zu
[131]Vom Himmel.
zu begleiten, die ſie auch alsdenn in derjenigen
Stelle oder in demjenigen Grad, in welchem ihre
Einſicht iſt, verwalten, dieſe Einſicht iſt auch in
eben dem Grad, in welchem die Liebe zum Nu-
tzen fuͤr das gemeine Wohl ſtehet. Ueberdieſes
ſind im Himmel ſo viele Aemter, Verwaltungen
und Muͤhwaltungen, daß ſie der Menge wegen
nicht zu zaͤhlen ſind, in der Welt ſind ihrer, ge-
gen die zu rechnen, wenig: alle Engel, ſo viel
ihrer ſind, thun ihre Verrichtung und Arbeit aus
Liebe zum Nutzen mit Vergnuͤgen, und keiner ver-
richtet ſie aus Liebe zu ſich ſelber oder zum Gewinn;
auch iſt bey keinem einzigen die Liebe zum Gewinn
wegen Lebens Unterhalt anzutreffen, weil ihnen
alle Lebens Nothduͤrftigkeiten umſonſt geſchenket
werden, denn ſie wohnen umſonſt, werden um-
ſonſt gekleidet, und eſſen umſonſt: *) hieraus er-
hellet, daß die, ſo ſich und die Welt lieber gehabt
haben, als den Nutzen, im Himmel gar keine
Amtsſtelle haben: denn die Eigenliebe oder die
Neigung zu ſich ſelber bleibt einem jeden nach ge-
endigten Leben in der Welt, und wird in Ewig-
keit nicht ausgerottet, man leſe oben N. 363.


394. Ein jeder im Himmel iſt in ſeiner Ver-
richtung nach der Uebereinſtimmung, es iſt aber
keine Uebereinſtimmung mit der Verrichtung, ſon-
dern mit dem Nutzen einer jeden Verrichtung,
J 2man
[132]Vom Himmel.
man leſe Num. 112, und alle Dinge haben eine
Ueberenſtimmung, Num. 106: wer im Himmel
eine Verwaltung oder Verrichtung hat, die mit
ihrem Nutzen uͤbereinſtimmet, der iſt gaͤnzlich in
eben den Lebens Zuſtand, worinnen er in der Welt
geweſen iſt, denn das Geiſtliche und Natuͤr-
liche machen durch die Uebereinſtimmungen ein Ein-
ziges aus, doch mit dem Unterſchied, daß er im
innern Vergnuͤgen iſt, weil er ſich im geiſtlichen
Leben, ſo das innere Leben, und daher faͤhiger
iſt, die himmliſche Seligkeit aufzunehmen, befindet.


Von der himmliſchen Freude und
Gluͤckſeligkeit.


395. Kaum einer weis heut zu Tage, was der
Himmel und die himmliſche Freude ſey; diejeni-
gen, welche ſich den Himmel und dieſe Freude
gedacht haben, haben ſich einen ſo gemeinen und
ſo groben Begriff davon gemacht, daß er ſo viel,
als nichts iſt: ich konnte von den Geiſtern, die
erſt aus der Welt ins andere Leben kommen, am
beſten erfahren, was ſie ſich fuͤr einen Begriff
vom Himmel und von der himmliſchen Freude ge-
macht haben, denn, wenn ſie ſich ſelbſt uͤberlaſſen
werden, gleich als wenn ſie noch in der Welt waͤ-
ren, ſo denken ſie eben alſo. Die Urſache, daß
man nicht weis, was die himmliſche Freude ſey,
iſt dieſe, weil die, ſo daruͤber gedacht, nach den
aͤuſſerlichen Freuden, die dem natuͤrlichen Men-
ſchen
[133]Vom Himmel.
ſchen zukommen, geurtheilet, und nicht gewußt
haben, was der innere oder geiſtliche Menſch,
und alſo auch nicht, was deſſen Freude und Se-
ligkeit ſeyen; wenn demnach die, ſo in der geiſtli-
chen oder innern Froͤhlichkeit geweſen ſind, geſagt
haͤtten, was und welcherley die himmliſche Freude
ſey, ſo haͤtten ſie nicht begriffen werden koͤnnen,
denn ſie waͤre in den Begriff der Unwiſſenheit,
und alſo nicht in die Empfindung gefallen, dahero
waͤre ſie mit unter den Dingen geweſen, die der
natuͤrliche Menſch verworfen haͤtte. Jedoch aber
kann ein jeder ſo viel einſehen, daß der Menſch,
wenn er den aͤuſſern oder natuͤrlichen Menſchen
verlaͤßt, in den innern oder geiſtlichen komme,
hieraus kann man nun wiſſen daß die himmliſche
Freude eine innere und geiſtliche Freude, nicht aber
eine aͤuſſere oder natuͤrliche Freude ſey; und daß ſie
auch, weil ſie innerlich und geiſtlich iſt, reiner
und ausnehmender ſey, und das Jnnere des Men-
ſchen, das iſt, ſeine Seele oder ſeinen Geiſt, reitze
oder ergoͤtze. Ein jeder kann aus dem allein den
Schluß machen, daß er eine ſolche Freude habe,
wie die Freude ſeines Geiſtes geweſen, und daß
die Luſt des Leibes, ſo die Fleiſches Luſt genennet
wird, in Ruͤckſicht auf jene, nicht himmliſch ſey;
was auch in dem Geiſt des Menſchen iſt, wenn
er den Leib verlaͤßt, das bleibt nach dem Tod uͤbrig,
denn ſodann lebt der Geiſt-Menſch.


396. Alle Freuden entſtehen von der Liebe,
denn was der Menſch liebet, daruͤber empfindet er
J 3Freude,
[134]Vom Himmel.
Freude, die Freude kommt bey einem nicht anders
woher; folglich, wie die Liebe iſt, ſo iſt auch die
Freude; alle Luſt des Leibes oder des Fleiſches
entſtehet von der Eigenliebe und von der Liebe zur
Welt, daher kommen auch die Begierden und de-
ren Wolluͤſte; aber alle Freuden der Seele oder
des Geiſtes entſtehen von der Liebe zum Herrn
und von der Liebe gegen den Naͤchſten, daher
kommen auch die Zuneigungen zum Guten und
Wahren, und die innere Gluͤckſeligkeiten: dieſe
beyderley Liebe mit ihrer Freude flieſſet vom Herrn
und aus dem Himmel durch einern innern Weg
von oben her ein, und reitzet das Jnnere; jene
zweyfache Liebe aber mit ihrer Luſt flieſſet von dem
Fleiſch und von der Welt durch einen aͤuſſern Weg
von unten her ein, und reitzet das Aeuſſere. Jn
ſo viel demnach dieſe beyderley Liebe des Himmels
aufgenommen wird und in ſo viel ſie reitzet, in ſo
viel nun wird das Jnnere, ſo der Seele oder dem
Geiſt zukommt, eroͤffnet, und ſchauet von der
Welt weg und auf den Himmel; in ſo viel aber
jene zweyfache Weltliebe aufgenommen wird, und
in ſo viel ſolche reitzet, in ſo viel wird das Aeuſ-
ſere, ſo dem Leib oder dem Fleiſche zukommt, er-
oͤffnet, und ſiehet von dem Himmel auf die Welt:
ſo wie die beyderley Liebe einfließt und aufgenom-
men wird, alſo flieſſet auch zugleich ihre Freude
ein, in das Jnnere flieſſen die Freuden des Him-
mels, und in das Aeuſſere die Welt-Freuden,
weil alle Freude, wie ich geſagt habe, von der
Liebe herruͤhret.


397. Der
[135]Vom Himmel.

397. Der Himmel iſt an ſich ſo beſchaffen,
daß er voll von Freuden, ja ſogar, daß er in ſich
betrachtet nichts anders, als Seligkeit und Freude
iſt, weil das Goͤttliche Gute, das von der goͤtt-
lichen Liebe des Herrn ausflieſſet, den Himmel ins-
gemein
und insbeſondere bey einem jeden allda
ausmachet, und die goͤttliche Liebe beſtehet in dem
Wollen, daß alle und jede die innigſte und voll-
kommene Seligkeit und Gluͤckſeligkeit genieſſen:
daher kommt es, daß, ob man ſage, der Himmel
oder die himmliſche Freude, ſolches einerley iſt.


398. Die Freuden des Himmels ſind unaus-
ſprechlich und auch unzaͤhlich, von den unzaͤhligen
aber kann derjenige welcher blos allein in der Luſt
des Leibes oder des Fleiſches iſt, nicht eine einzige
wiſſen noch glauben, weil ſein Jnneres, wie oben
gemeldet worden, von dem Himmel zur Welt,
und alſo ruͤckwaͤrts ſiehet; denn wer ganz und
gar in der Luſt des Leibes oder des Fleiſches, oder
welches einerley, in der Eigenliebe und in der Liebe
zur Welt iſt, der ſpuͤhret weiter keine, als nur
die Freude uͤber die Ehre, uͤber den Gewinn und
uͤber die leiblichen und ſinnlichen Wolluͤſte, ſo die
innerliche Freuden des Himmels dergeſtalt aus-
loͤſchen und erſticken, daß man gar nicht glaubt,
daß es welche giebt; man wuͤrde ſich dahero ſehr
verwundern, wenn man nur ſagte, daß nach Ent-
fernung der Freuden uͤber die Ehre und den Ge-
winn, andre Freuden vorhanden waͤren, und man
wuͤrde ſich noch mehr wundern, wenn man ſagte,
J 4daß
[136]Vom Himmel.
daß die Freuden des Himmels, die an deren
Stelle erſolgen, unzaͤhlig und ſo beſchaffen
waͤren, daß die Freuden des Leibes und des
Fleiſches, die hauptſaͤchlich von der Ehre und
dem Gewinn herruͤhren, mit jenen nicht ver-
glichen werden koͤnnten: hieraus erhellet nun
die Urſache, warum man nicht weis, was die
himmliſche Freude ſey.


399. Wie groß die Freude des Himmels
iſt, das kann blos allein daraus erkannt werden,
daß ſich alle die, ſo allda ſind, ein Vergnuͤgen
daraus machen, ihre Freuden und Seligkeiten
dem andern mitzutheilen, und weil ſie in den
Himmeln alle ſo beſchaffen ſind, ſo iſt offenbar,
wie unbeſchreiblich groß die Freude des Him̄els
iſt; denn in den Himmeln, wie N. 268 gezeigk
worden, theilen alle einem jeden; und jeder
theilet allen mit. Dieſes gemeinſchaftliche
Mittheilen kommt von der zweyerley Liebe
des Himmels her, die, wie ich geſagt habe,
die Liebe zum Herrn und die Liebe gegen den
Naͤchſten iſt; dieſe zweyerley Liebe nun theilet
ihre Freude mit: daß die Liebe zum Herrn ſo
beſchaffen iſt, kommt daher, weil die Liebe des
Herrn eine ſolche Liebe iſt, die alles das Jh-
rige allen mittheilet, denn ſie will, daß alle
gluͤckſelig ſeyn ſollen; eben eine ſolche Liebe iſt
auch in allen denen, die Jhn lieben, weil der
Herr in ihnen iſt, daher kommt es, daß die
Engel ihre Freuden unter einander wechſels-
weiſe
[137]Vom Himmel.
weiſe mittheilen; daß die Liebe gegen den Naͤch-
ſten eben auch ſo beſchaffen ſey, wird man im
folgenden ſehen: hieraus kann nun klar ſeyn,
daß dieſe zweyerley Liebe ihre Freude mitthel-
let: ein anders iſt es mit der Eigenliebe und
der Liebe zur Welt; die Eigenliebe entziehet
und benimmt andern alle ihre Freude, und
ziehet ſie auf ſich, denn ſie will ſich alleine
wohl; und die Weltliebe will, daß dasjenige,
was dem Naͤchſten zugehoͤret, ihr eigen ſey;
dieſe beyderley Liebe dahero zerſtoͤret bey an-
dern die Freuden; wenn ſie ja mittheilbar iſt,
ſo geſchiehet es nur ihrentwegen, aber nicht
um der andern willen, dahero iſt ſie in Ruͤck-
ſicht auf die andern, wo nicht deren ihre Freu-
den um ſo viel bey ihr oder in ihr ſind, nicht
mittheilbar, ſondern zerſtoͤrend. Daß die Ei-
genliebe und die Liebe zur Welt, wenn ſie herr-
ſchen, ſo beſchaffen ſind, daß iſt mir oͤfters
durch die lebendige Erfahrung zu empfinden
gegeben worden; ſo oft die Geiſter, die, da ſie
noch als Menſchen in der Welt gelebt, in die-
ſer beyderley Liebe geſtanden haben, ſich zu
mir heran naheten, ſo oft vergieng und ver-
ſchwand meine Freude; und es wurde mir auch
geſagt, daß, wenn dergleichen Geiſter nur auf
eine himmliſche Geſellſchaft zu giengen, gleich
bey ihrer Annaͤherung die Freude derer, die
ſich in der Geſellſchaft befinden, vermindert
werde, und welches wunderbar, daß dieſe Boͤ-
ſen alsdenn in ihrem Vergnuͤgen ſeyn: hier-
J 5aus
[138]Vom Himmel.
aus wurde mir klar, daß der Zuſtand des Gei-
ſtes des Menſchen ſo iſt, wie er in dem Leibe
beſchaffen geweſen, denn er iſt eben ſo, als wie
er nach der Trennung vom Leibe iſt, daß er
naͤmlich das Vergnuͤgen oder das Wohl des
andern begehret oder ſich darnach geluͤſten laͤßt,
und daß, in ſo viel er davon erlangt, er auch
in ſo viel Freude hat: hieraus kann mann nun
ſehen, daß die Eigenliebe und die Liebe zur
Welt die Freuden des Himmels zerſtoͤren, und
alſo der zweyerley himmliſchen Liebe, die da
mittheilbar iſt, voͤllig zuwider ſind.


400. Es iſt aber zu wiſſen, daß die Luſt
derer, die in der Eigenliebe und in der Liebe
zur Welt ſtehen, wenn ſie ſich einer himmli-
ſchen Geſellſchaft naͤhern, eine Luſt ihrer Be-
gierde iſt, und alſo auch dem Vergnuͤgen des
Himmels entgegen ſtehet; ſie kommen in die
Luſt ihrer Begierde dadurch, daß ſie denen, die
im himmliſchen Vergnuͤgen ſind, ſolches rau-
ben und entziehen: wenn aber die Beraubung
und Benehmung wegfaͤllt, da geht es ganz an-
ders zu, alsdenn koͤnnen ſie nicht herannahen,
weil, in ſo viel ſie ſich naͤhern, ſie in ſo viel
in Angſt und Schmerzen gerathen; daher
kommt es, daß ſie ſich ſelten unterſtehen, nahe
zu kommen; dieſes iſt mir ebenfalls durch ſehr
viele Erfahrungen zu wiſſen gegeben worden,
von denen ich nun auch etwas anfuͤhren will.
Die Geiſter, die aus der Welt ins andre Leben
uͤber-
[139]Vom Himmel.
uͤbergehen, begehren nichts mehr, als in den
Himmel zu kommen, faſt alle wollen ihn durch-
aus haben, indem ſie in der Einbildung ſte-
hen, der Himmel ſey weiter nichts, als hinein-
gelaſſen und aufgenommen werden; weswegen
ſie auch, weil ſie es verlangen, zu einer Ge-
ſellſchaft des aͤuſſerſten Himmels gebracht
werden; die in der Eigenliebe und in der Lie-
be zur Welt ſtehen, die fangen an, wenn ſie
zum erſten Eingang dieſes Himmels kommen,
beaͤngſtigt, und innerlich dermaſſen gemartert
zu werden, daß ſie mehr die Hoͤlle, als den
Himmel in ſich fuͤhlen, dahero ſtuͤrzen ſie ſich
von da gaͤhling herab, und ruhen nicht eher,
als in den Hoͤllen bey ihres Gleichen. Oftmals
geſchahe es auch, daß dergleichen Geiſter ger-
ne wiſſen wollten, was die himmliſche Freude
ſey, und da ſie hoͤrten, das ſie in dem Jnnern
der Engel ſey, ſo begehrten ſie, mit derſelben
vergemeinſchaftet zu ſeyn, dahero geſchahe es
auch, denn was ein Geiſt, der noch nicht im
Himmel und auch noch nicht in der Hoͤlle iſt,
verlangt, das wird ihm auch, wenn es rath-
ſam iſt, gegeben; nach geſchehener Vergemein-
ſchaftung fiengen ſie an, gequaͤlet zu werden,
ſo heftig, daß ſie vor Schmerzen nicht wußten,
wie ſie den Leib zuſammen preſſen ſollten; ich
habe geſehen, daß ſie das Haupt bis zu den
Fuͤſſen ſtieſſen, ſich auf die Erde warfen, und
ſich allda, als wie die Schlangen, in Kreiſe
zuſammen kruͤmmten, und dieſes von der in-
nern
[140]Vom Himmel.
nern Qual; eine ſolche Wuͤrkung hatte die
himmliſche Freude bey denen, die ſich in der
von der Eigenliebe und der Liebe zur Welt her-
ruͤhrenden Luſt befanden; die Urſache iſt, weil
dieſe beyderley Liebe entgegen ſtehet, und wenn
eine entgegenſtehende Kraft in eine andre ent-
gegenſtehende wuͤrket, ſo wird dergleichen
Schmerzen verurſachet; und weil die himmli-
ſche Freude durch einen innern Weg eingehet,
und in die entgegenſtehende Luſt einflieſſet, ſo
drehet ſie das Jnnere, das in dieſer Luſt iſt,
ruͤckwaͤrts, und alſo in das ihm Entgegenſte-
hende, daher ruͤhren dergleichen Peinigungen.
Daß jene beyderley Liebe entgegenſtehet. iſt die
Urſache, wie ich oben geſagt habe, dieſe, weil
die Liebe zum Herrn und die Liebe gegen den
Naͤchſten alles das Jhrige andern mittheilen
wollen, denn das iſt ihre Freude, hingegen
die Eigenliebe und die Liebe zur Welt wollen
andern das Jhrige entziehen, und an ſich brin-
gen, und in ſo viel ſie dieſes koͤnnen, in ſo viel
ſind ſie im Vergnuͤgen. Hieraus kann man
nun wiſſen, woher es kommt, daß die Hoͤlle vom
Himmel getrennt iſt, denn alle, die ſich in der
Hoͤlle befinden, ſind, da ſie in der Welt gelebt,
blos allein in den von der Eigenliebe und der
Liebe zur Welt herruͤhrenden Freuden des Lei-
bes und des Fleiſches geweſen, aber alle, die
in den Himmeln ſind, haben ſich, da ſie in der
Welt gelebt, in den von der Liebe zum Herrn
und von der Liebe gegen den Naͤchſten herruͤh-
renden
[141]Vom Himmel.
renden Freuden der Seele und des Geiſtes be-
funden; weil nun die Eigenliebe und die Liebe
zur Welt der Liebe zum Herrn und der Liebe
gegen den Naͤchſten entgegenſtehen, ſo ſind da-
hero auch die Hoͤllen und die Himmel gaͤnzlich
von einander geſchieden, und zwar dergeſtalt,
daß ein Geiſt, der in der Hoͤlle iſt, es nicht
einmal wagt, einen einzigen Finger von da
heraus zu ſtrecken, oder den Scheitel des
Haupts zu erheben, denn wenn er nur ein
klein wenig davon heraus ſteckt oder erhebet,
ſo wird er gequaͤlet und gepeiniget: dieſes ha-
be ich auch oftmals geſehen.


401. Ein Menſch, der in der Eigen-
liebe und in der Liebe zur Welt iſt, empfindet
bey ſolchen, und auch bey allen und jeden da-
von herruͤhrenden Wolluͤſten, ſo lange er in
dem Leibe lebt, ein Vergnuͤgen: ein Menſch
aber, der in der Liebe zu Gott und in der Liebe
gegen den Naͤchſten iſt, empfindet bey ſolchen,
und bey den davon herruͤhrenden guten Nei-
gungen, ſo lange er in dem Leibe lebt, keine
offenbare Freude, ſondern nur eine beynah un-
merkliche Seligkeit, weil ſie in ſeinem Jnnern
verborgen liegt, und von dem Aeuſſern, das
dem Leib zukommt, verhuͤllt, und durch die
weltliche Sorgen gleichſam ſtumpf gemacht
iſt: nach dem Tode aber werden die Zuſtaͤnde
ganz und gar veraͤndert; die Luſt der Eigen-
liebe und der Liebe zur Welt werden alsdenn
in
[142]Vom Himmel.
in das Schmerzhafte und grauſame verkehret,
weil ſie in dergleichen, ſo man das hoͤlliſche
Feuer nennet, und manchmal ins Unflaͤtige
und Garſtige, ſo mit ihren unreinen Luͤſten
uͤbereinſtimmet, verwandelt werden, woran ſie
alsdenn, welches zu verwundern iſt, ihre Luſt
haben: aber die dunkle Freude und die bey-
nah unmerkliche Seligkeit, welche bey denen
in der Welt geweſen iſt, die in der Liebe zu
Gott und in der Liebe gegen den Naͤchten ge-
ſtanden haben, wird alsdenn in die Freude
des Himmels verwandelt, die mehr als zu
merklich und fuͤhlbar wird; denn jene Selig-
keit, die, da dieſelben in der Welt gelebt, in
ihrem Jnnern verborgen gelegen, wird als-
denn aufgedeckt und heraus ins offenbare Ge-
fuͤhl gelaſſen, weil ſie ſodann im Geiſte ſind,
und weil ihrem Geiſt jene Freude eigen geweſen.


402. Alle Freuden des Himmels ſind mit
den Nutzſtiftungen verknuͤpft, und darinnen
befindlich, weil die Nutzſtiftungen das Gute
der Liebe und der Liebthaͤtigkeit ſind, in wel-
chem die Engel ſtehen; dahero hat ein jeder
ſolcherley Freuden, welcherley die Nutzſtiftun-
gen ſind, und die Freude iſt auch ſo groß, als
die Neigung zu Nutzſtiftungen iſt. Daß alle
Freuden des Himmels Freuden des Nutzens
ſeyn, das kann aus der Vergleichung mit den
fuͤnf Sinnen des menſchlichen Leibes erhellen;
es iſt jeder Sinn nach Beſchaffenheit ſeines
Nu-
[143]Vom Himmel.
Nutzens mit Vergnuͤgen verſehen, es iſt dem
Geſichte, dem Gehoͤr, dem Geruch, dem Ge-
ſchmack, und dem Gefuͤhl ſein Vergnuͤgen ge-
geben worden; das Sehen bekommt ſein Ver-
gnuͤgen von der Schoͤnheit und von dem Wohl-
geſtalteten, das Gehoͤr von den Harmonien
oder wohllautenden Zuſammenſtimmungen, der
Geruch von dem Wohlriechenden, und der
Geſchmack von dem Wohlſchmeckenden; den
Nutzen, den jeder Sinn leiſtet, ſehen diejeni-
gen, welche Nachdenken haben, gar wohl ein,
und diejenigen noch beſſer, welche die Ueber-
einſtimmungen verſtehen; daß das Sehen ein
ſolches Vergnuͤgen hat, das kommt von dem
Nutzen her, den es dem Verſtand leiſtet, der
das innerliche Sehen iſt; daß das Hoͤren ein
ſolches Vergnuͤgen hat, kommt von dem Nu-
tzen her, den es ſo wohl dem Verſtand, als
auch dem Willen durch das Aufmerken leiſtet;
daß das Riechen ein ſolches Vergnuͤgen hat,
kommt von dem Nutzen her, den es dem Ge-
hirn und auch der Lunge leiſtet; daß das
Schmecken ein ſolches Vergnuͤgen hat, kommt
von dem Nutzen her, den es dem Magen und
von daher dem ganzen Koͤrper leiſtet, dadurch,
daß er ſolchem Nahrung giebt; das eheliche
Vergnuͤgen, das ein reineres und vortreffliche-
res Vergnuͤgen des Gefuͤhls iſt, iſt des Nu-
tzens halben, der in der Fortpflanzung des
menſchlichen Geſchlechts und der daher ruͤhren-
den Engel des Himmes beſteht, vorzuͤglicher,
als
[144]Vom Himmel.
als alle dieſe Ergoͤtzungen. Jn dieſen ſinnli-
chen Werkzeugen ſind dieſe Ergoͤtzungen aus
dem Einfluß des Himmels, wo alles Vergnuͤ-
gen in dem Nutzen beſteht, und ſich nach Be-
ſchaffenheit des Nutzens verhaͤlt.


403. Gewiſſe Geiſter hatten nach der in
der Welt eingeſogenen Meinung geglaubt, die
himmliſche Gluͤckſeligkeit beſtuͤnde in einem
mußigen Leben, worinnen ſie von andern be-
dienet wuͤrden, aber es wurde ihnen geſagt,
nimmermehr beſtuͤnde eine Gluͤckſeligkeit dar-
innen, daß ſie ruhen und von daher Gluͤckſe-
ligkeit haben wollten, denn alſo wuͤrde ein je-
der die Gluͤckſeligkeit der andern fuͤr ſich allei-
ne haben wollen, und wenn ſie ein jeder fuͤr
ſich haben wollte, ſo wuͤrde ſie keiner haben;
ein ſolches Leben wuͤrde kein thaͤtiges, ſondern
ein traͤges Leben ſeyn, worinnen ſie erſtarren
wuͤrden; da ihnen doch bekannt ſeyn koͤnnte,
daß ohne ein thaͤtiges Leben kein gluͤckſeliges
Leben ſtatt finde, und daß das Mißigſeyn des
Lebens nur um der Erholung willen ſey, damit
man deſto munterer zur Thaͤtigkeit des Lebens
zuruͤck eilen koͤnne: hernach wurde weitlaͤuftig
gezeigt, daß das engliſche Leben in Leiſtung
des Guten der thaͤtigen Liebe beſtehe, welches
eben der Nutzen iſt, und daß die Engel alle ih-
re Gluͤckſeligkeit in dem Nutzen, aus dem Nu-
tzen, und nach Beſchaffenheit des Nutzens ha-
ben. Die nun eine ſolche Einbildung gehabt,
daß
[145]Vom Himmel.
daß naͤmlich die himmliſche Freude in einem muͤ-
ßigen Leben beſtuͤnde, indem ſie im Muͤßigſeyn
die ewige Freude einathmeten, denen wurde zur
Beſchaͤmung zu empfinden gegeben, wie ein ſolches
Leben beſchaffen ſey, und ſie empfanden es, daß
es das allertraurigſte Leben war, und daß ſie, weil
auf ſolche Art alle Freude verloren gieng, nach
kurzer Zeit deſſen uͤberdruͤßig wurden und einen
Eckel dafuͤr hatten.


404. Diejenigen Geiſter, die beſſer als die
andern unterrichtet zu ſeyn glaubten, ſagten: ihr
Glaube in der Welt waͤre der geweſen, daß die
himmliſche Freude blos allein darinnen beſtehe,
Gott zu loben und zu preiſen, und daß dieſes das
wuͤrkſame Leben ſey; allein, es wurde ihnen ge-
ſagt, Gott loben und preiſen, waͤre nicht ein ſol-
ches wuͤrkſames Leben, und Gott habe auch kei-
nes Lobes und Preiſes noͤthig, ſondern er wollte
haben, daß ſie Nutzen ſtiften, und alſo das Gute,
ſo das Gute der thaͤtigen Liebe genennel wird, lei-
ſten ſollten: ſie konnten ſich aber bey dem Guten
der thaͤtigen Liebe nicht den allergeringſten Begriff
einer himmliſchen Freude machen, ſondern ſie
machten ſich den Begriff einer Dienſtbarkeit; die
Engel dargegen bezeugten, daß bey dieſer Stif-
tung des Guten die groͤßte Freyheit ſey, weil ſie
aus der innern Zuneigung kommt, und mit un-
auſprechlichem Vergnuͤgen verbunden iſt.


405. Faſt alle, die ins andere Leben kommen,
ſtehen in den Gedanken, daß die Hoͤlle des einen
Sw. Sch.II.Th. Kder
[146]Vom Himmel.
der Hoͤlle des andern, und der Himmel des einen
dem Himmel des andern gleich ſey, da doch auf
beyden Seiten unendliche Mannigfaltigkeiten und
Verſchiedenheiten ſind, und nimmermehr einer
eine gaͤnzlich gleiche Hoͤlle, wie der andere, auch
nimmermehr einer einen gaͤnzlich gleichen Himmel,
wie der andere hat; ſo wie nimmermehr ein
Menſch, Geiſt und Engel dem andern voͤllig gleich
iſt, auch nicht einmal dem Geſichte nach; da ich
nur den Gedanken hatte, daß ihrer zwey einan-
der ganz aͤhnlich oder gleich waͤren, ſo entſatzten
ſich die Engel dafuͤr, und ſagten, jedwede Einheit
wuͤrde aus der einhelligen Zuſammenſtimmung
mehrerer formiret, und die Einheit waͤre ſo, wie
dieſe Zuſammenſtimmung beſchaffen; und auf ſol-
che Art mache eine jede Geſellſchaft des Himmels
ein Einziges aus, und alle Geſellſchaften des Him-
mels auch ein Einziges, und dieſes nur allein vom
Herrn durch die Liebe. Die Nutzſtiftungen in
den Himmeln ſind ebenfalls von aller moͤglichen
Mannigfaltigkeit und Verſchiedenheit, und nim-
mermehr iſt die Nutzſtiftung des einen der Nutz-
ſtiftung des andern gleich, und alſo iſt auch das
Vergnuͤgen des einen nicht mit dem Vergnuͤgen
des andern einerley; ja, noch mehr, die Freuden
von einer jeglichen Nutzſtiftung ſind unzaͤhlig, und
dieſe unzaͤhlige ſind eben auch mancherley, dennoch
aber mit einander in einer ſolchen Ordnung ver-
bunden, daß eins aufs andere ſiehet, ſo wie die
Nutzleiſtungen eines jeglichen Gliedes, Werkzeu-
ges und Eingeweides im Koͤrper, und noch mehr,
wie
[147]Vom Himmel.
wie Nutzleiſtungen eines jeden Gefaͤßes und Faͤ-
ſerleins in jedwedem Glied, Werkzeug und Ein-
geweide, deren alle und jede dergeſtalt unter ein-
ander verbunden ſind, daß ſie ihr geleiſtetes Gute
in dem andern, und alſo ſolches in allen, und alle
ihr Gutes in jedem erblicken; durch dieſes allge-
meine und beſondere Aufeinanderſehen machen ſie
gleichſam ein Einziges aus.


406. Jch habe mit den Geiſtern, die aus der
Welt erſt angekommen waren, von dem Zuſtande
des ewigen Lebens etlichemal geſprochen, daß es
naͤmlich darauf ankomme, zu wiſſen, wer der
Herr des Reichs, wie die Regierung, und was
fuͤr eine Regierungsform ſey; gleichwie es denen,
ſo in der Welt in ein andres Reich kommen, um
nichts mehr zu thun ſey, als zu wiſſen, wer der
Koͤnig, und wie er, und ſeine Regierung beſchaf-
fen, und noch mehrere Dinge, ſo zu dieſem Rei-
che gehoͤren; um deſto mehr muͤßten ſie ſich in
demjenigen Reich, worinnen ſie in Ewigkeit leben
ſollten, darum bekuͤmmern; ſie muͤßten demnach
wiſſen, daß es der Herr ſey, Der den Himmel,
und auch die ganze Welt regiere, denn wer eins
regiere, regiere auch das andere, und daß alſo das
Reich, worinnen ſie anitzo waͤren, des Herrn
ſey, und daß die Geſetze dieſes Reichs ewige
Wahrheiten ſeyn, die ſich alle auf dieſes einige
Geſetz, den Herrn uͤber alles, und den Naͤch-
ſten wie ſich ſelber zu lieben,
gruͤndeten; ja,
itzt muͤßten ſie um ſo mehr, wenn ſie anders wie
K 2die
[148]Vom Himmel.
die Engel ſeyn wollten, den Naͤchſten mehr lieben,
als ſich ſelber. Da ſie dieſes gehoͤret hatten, ſo
konnten ſie nichts darauf antworten, weil ſie bey Lei-
bes Leben wohl ſo was gehoͤret, aber nicht gelaubet
hatten; ſie verwunderten ſich, daß eine ſolche Liebe
in dem Himmel ſey, und daß es moͤglich ſey, daß ei-
ner den Naͤchſten mehr liebe, als ſich ſelber; ſie wur-
den aber belehret, daß im andern Leben alles Gute
immer hoͤher ſteige, und daß hingegen das Leben in
dem Leibe ſo beſchaffen, daß ſie nicht weiter kommen
koͤnnten, als den Naͤchſten wie ſich ſelber zu lieben,
weil ſie ſich im Leiblichen befaͤnden; wenn aber dieſes
aus dem Wege geraͤumt ſey, ſo werde die Liebe als-
dann reiner und endlich engliſch, welches darinnen
beſteht, den Naͤchſten mehr lieben, als ſich ſelber,
denn in den Himmeln iſt dieſes eine Luſt, dem an-
dern wohl zu thun, aber ſich ſelber wohl zu thun,
wofern es nicht dem andern zum Beſten, und alſo
um des andern willen geſchiehet, iſt eine Unluſt; und
das heißt, den Naͤchſten mehr lieben, als ſich ſel-
ber. Daß es eine ſolche Liebe geben koͤnne, das
haͤtte man, wurde geſagt, aus einiger Perſonen
ehelicher Liebe erſehen koͤnnen, daß ſie lieber ha-
ben ſterben wollen, als ſehen, daß der Ehegatte
verletzet werde; ferner aus der Liebe der Eltern
gegen die Kinder, daß die Mutter lieber Hunger
leidet, als ihr Kind hungrig zu ſehen; wie auch
aus einer aufrichtigen Freundſchaft, daß man ſich
fuͤr Freunde in Gefahr begiebt; auch aus der
hoͤflichen und verſtellten Freundſchaft, die eine
aufrichtige nachaͤffen will, daß man naͤmlich de-
nen,
[149]Vom Himmel.
nen, bey welchen man Wohlwollen vorgiebt, groſſe
Dinge anbietet, wie auch, daß man dergleichen
im Munde hat, ob es einem gleich nicht ums Herz
iſt; endlich aus der Natur der Liebe, welche von
der Art iſt, daß es ihr eine Freude iſt, andern
zu dienen, nicht um ihrentwegen, ſondern um
der Freude willen. Allein dieſes konnten dieje-
nigen, welche ſich mehr als die andern liebten,
und die, ſo bey Leibes Leben gewinnſuͤchtig gewe-
ſen, nicht faſſen; am allerwenigſten aber die
Geitzigen.


407. Es hat ein gewiſſer, der bey Leibes Le-
ben vor andern maͤchtig geweſen, dieſes im andern
Leben beybehalten, daß er auch herrſchen wollte;
es wurde ihm aber geſagt, daß er nun in einem
andern Reich ſey, welches ewig waͤhre, und daß
ſein Herrſchen auf Erden abgeſtorben ſey, und daß
einer nunmehro nicht anders, als nach dem Gu-
ten und Wahren, wie auch nach der Barmherzig-
keit des Herrn, darinnen er, nach ſeinem Leben
in der Welt, ſtehe, geſchaͤtzet werde; ferner, daß
dieſes Reich ſich verhalte wie auf der Erde, wo
man nur um der Guͤter, um der Gnade bey dem
Fuͤrſten willen hochgehalten werde; hier aber
ſeyen die Guͤter das Gute und Wahre, und die
Gnade bey dem Fuͤrſten ſey die Barmherzigkeit
bey dem Herrn, in welcher der Menſch, nach
Beſchaffenheit ſeines Lebens in der Welt, ſtehe;
wenn einer anders herrſchen wollte, ſo ſey er ein
Rebelle, denn er ſey hier in eines andern Reich:
da er dieſes gehoͤret, wurde er ganz beſchaͤmt.


K 3408. Jch
[150]Vom Himmel.

408. Jch redete mit Geiſtern, die in den Ge-
danken ſtunden, der Himmel und die himmliſche
Freude beſtehe darinnen, daß ſie die Groͤßten
ſeyen; ſie wurden aber berichtet, daß in dem
Himmel derjenige der Groͤßte ſey, welcher der
Kleinſte iſt, denn der Kleinſte heißt der, ſo nichts
vermag und nicht weiſe iſt, und aus ſich ſelber
nichts vermoͤgen, auch nicht aus ſich ſelber weiſe
ſeyn will, ſondern aus dem Herrn; der auf ſol-
che Weiſe der Kleinſte iſt, der hat die groͤßte
Gluͤckſeligkeit; und weil er die groͤßte Gluͤckſelig-
keit hat, ſo folget daraus, daß er der Groͤßte ſey,
denn auf ſolche Art vermag er vom Herrn alles,
und iſt vor allen andern weiſe; und was iſt wohl
der groͤßte ſeyn anders, als der Gluͤckfeligſte ſeyn?
dieſe groͤßte Gluͤckſeligkeit ſuchen die Maͤchtigen in
ihrer Macht, und die Reichen in ihrem Reichthum:
Ferner wurde geſagt, der Himmel beſtehe nicht
darinnen, daß einer verlange der Kleinſte zu ſeyn
deswegen, damit er der Groͤßte ſey, denn da be-
ſtrebt er ſich und begehret der Groͤßte zu ſeyn, ſon-
dern darinnen, daß er von Herzen andern mehr
als ſich ſelber wohl will, und andern um ihrer
Gluͤckſeligkeit willen, nicht aber in Abſicht auf
ſich ſelber wegen Wiedervergeltung, ſondern aus
Liebe dienen will.


409. Die himmliſche Freude an und fuͤr ſich
ſelbſt, ſo wie ſie in ihrem Weſen iſt, kann un-
moͤglich beſchrieben werden, weil ſie in dem Jn-
nerſten des Lebens der Engel, und von daher in
allen
[151]Vom Himmel.
allen ihren Gedanken und Neigungen, und von
dieſen in allen ihren Reden und in allen ihren
Handlungen iſt; es iſt, als wenn das Jnnere
voͤllig eroͤffnet und aufgeſchloſſen ſey, um Wonne
und Seligkeit zu empfangen, die ſich durch alle
und jede Faſern, und alſo durch und duꝛch aus-
breitet, daher iſt die Empfindung und das Ge-
fuͤhl davon ſo beſchaffen, daß es nicht beſchrieben
werden kann; denn was beym Jnnerſten anfaͤngt,
das flieſſet in alles dasjenige, was aus dem Jn-
nerſten hergeleitet iſt, und ruͤcket immer mit neuen
Zuwachs auf das Aeuſſere zu. Wenn die guten
Geiſter, die noch nicht in dieſer Freude ſind, weil
ſie noch nicht in den Himmel erhoben worden,
ſolche von einem Engel aus dem Umkreis ſeiner
Liebe empfinden, ſo werden ſie dermaſſen mit
Wonne erfuͤllt, daß ſie gleichſam in eine ſuͤße Ohn-
macht fallen: ſo gieng es denen etlichemal, welche
gern wiſſen wollten, was die himmliſche Freude ſey.


410. Einige Geiſter verlangten auch zu wiſ-
ſen, was die himmliſche Freude ſey, dahero wurde
ihnen geſtattet, ſolche *) bis auf denjenigen Grad,
K 4daß
[152]Vom Himmel.
daß ſie nichts mehr ertragen konnten, zu empfin-
den; aber es war doch noch keine engliſche Freu-
de, kaum war es, wie das allergeringſte Engli-
ſche, welches mir durch die Mittheilung ihrer
Freude deutlich zu empfinden gegeben worden; es
war ſo gering daß es beynah etwas froſtiges war,
und dieſes nenneten ſie doch hoͤchſt himmliſch, weil
es ihr Jnnerſtes war: hieraus erhellet nicht al-
lein, daß es Grade der himmliſchen Freude giebt,
ſondern auch, daß des einen ſein Jnnerſtes kaum
zu dem Aeuſſerſten oder Mittlern des andern hin-
anreicht; ferner daß, wenn man einen ſein Jn-
nerſtes fuͤhlen laͤßt, er in ſeiner himmliſchen Freude
iſt, und daß er das noch Jnnerlichere nicht er-
tragen kann, und ihm ſchmerzhaft wird.


411. Einige eben keine boͤſe Geiſter fielen in
eine Ruhe, als wie in einen Schlaf, und wurden
in Anſehung des Jnnern, ſo ihrem Gemuͤthe ei-
gen, in den Himmel verſetzt; denn die Geiſter
koͤnnen, ehe ihr Jnneres eroͤffnet worden, in den
Himmel verſetzt, und in Anſehung deſſen, was
die Gluͤckſeligkeit der allda befindlichen betrifft,
unterrichtet werden; ich habe geſehen, daß ſie ſo
eine halbe Stunde lang ruheten, und hernach in
das Aeuſſere, worinnen ſie zuvor waren, wieder
fielen, wie auch, daß ſie ſich alsdenn deſſen, was
ſie geſehen hatten, wieder erinnerten; ſie ſagten,
ſie waͤren unter den Engeln im Himmel geweſen,
und haͤtten allda erſtaunliche Dinge geſehen und
vernommen, die alle wie von Gold, Silber und
Edel-
[153]Vom Himmel.
Edelgeſteinen glaͤnzten, in Verwundernswuͤrdi-
gen Geſtalten, die ſich wunderbar veraͤnderten;
die Engel aber haͤtten ſich nicht ledig lich an dem
Aeuſſerlichen dieſer Dinge, ſondern an dem er-
goͤtzet, was ſie vorſtellten, welches unausſprech-
liche goͤttliche Dinge, und unendliche Weisheiten
waͤren, und daruͤber haͤtten ſie eine Freude ge-
habt; auſſer unzaͤhlig andern Dingen, wovon
nicht einmal der Millionſte Theil durch menſchliche
Sprachen auszudruͤcken waͤre, noch in die Be-
griffe, worinnen etwas Materielles oder Koͤrper-
liches ſey, fallen koͤnnte.


412. Faſt alle, welche in das andere Leben
kommen, wiſſen nicht, was die himmliſche Selig-
keit und Gluͤckſeligkeit ſey, darum, weil
ſie nicht wiſſen, was die innerliche Freude,
und wie ſie beſchaffen ſey; ſie haben blos allein
von den leiblichen und weltlichen Freuden und
Froͤhlichkeiten eine Empfindung; des wegen mey-
nen ſie, das, was ſie nicht wiſſen, ſey ein Nichts,
da doch die leibliche und weltliche Freuden gar
nichts dagegen ſind; damit nun die Frommen,
welche nicht wiſſen, was die himmliſche Freude ſey,
ſolches wiſſen und erkennen moͤgen, ſo werden
ſie zuerſt zu den paradieſiſchen Dingen gebracht,
die alle Bilder der Einbildungskraft uͤbertreffen;
alsdenn meynen ſie, ſie ſeyen in das himmliſche
Paradies gekommen, ſie werden aber belehret, daß
dieſes noch nicht die wahre himmliſche Gluͤckſelig-
keit ſey; deswegen werden ihnen die innern Freu-
K 5dens
[154]Vom Himmel.
dens Zuſtaͤnde zu erkennen gegeben, die ſie bis
in ihr Jnnerſtes hinein empfinden koͤnnen: von
da werden ſie hernach in den Zuſtand des Frie-
dens gebracht bis in ihr Jnnerſtes hinein, und
ſodann bekennen ſie, daß nichts davon jemalen
auszudrucken ſey, noch ſich denken laſſe: und
endlich werden ſie in den Zuſtand der Unſchuld,
auch bis in ihr innerſtes Gefuͤhl, verſetzt: hier-
aus nun wird ihnen zu erkennen gegeben, was ein
wahrhaftig geiſtliches und himmliſches Gut ſey.


413. Damlt ich aber wiſſen konnte, was,
und wie der Himmel und die himmliſche Freude
beſchaffen iſt, ſo wurde mir vom Herrn oft und
lange Zeit durch gegoͤnnet, die Lieblichkeiten der
himmliſchen Freuden zu empfinden, weil ichs nun
aus der lebendigen Erfahrung habe, ſo kann ichs
wohl wiſſen, aber niemals beſchreiben: damit
man aber nur ein Gedankenbild davon haben
moͤge, ſo will ich nur etwas weniges gedenken:
es iſt ein Eindruck von unzaͤhligen Annehmlich-
keiten und Freuden, welche etwas Allgemeines
auf einmal darſtellen, in dieſem Allgemeinen,
oder in dieſem allgemeinen Eindruck ſind Zuſam-
menſtimmungen von unzaͤhligen Eindruͤcken,
welche ſich nicht deutlich, ſondern nur dunkel em-
pfinden laſſen, weil es die allgemeinſte Empfin-
dung iſt; dennoch wurde mir zu empfinden ge-
geben, daß unzaͤhlige Dinge darinnen ſeyen, die
alſo geordnet ſind, daß ſie nimmermehr beſchrie-
ben werden koͤnnen; dieſe unzaͤhligen Dinge,
welcher-
[155]Vom Himmel.
welcherley ſie auch ſeyn, flieſſen aus der Ordnung
des Himmels: eine ſolche Ordnung iſt in allem
und jedem auch in dem Geringſten des Eindrucks,
welches nur als ein allgemeinſtes Einzige darge-
ſtellt und nach der Faͤhigkeit deſſen, welcher der
Gegenſtand iſt, empfunden wird: mit einem
Wort, in einem jeden Allgemeinen ſind unendlich
viele Dinge in der ordentlichſten Geſtalt, und
nichts iſt, das nicht lebe, und reitze, und zwar
alles von dem Jnnerſten heraus, denn die himm-
liſche Freuden kommen aus dem Jnnerſten. Jch
habe auch empfunden, daß die Freude und Won-
ne gleich als wie vom Herzen kam, und ſich ſehr
ſanft durch alle innerſte Faſern, und von daher
in die ſich zuſammen ſammlende Faſern ausgoß,
mit einem ſolchen innerſten Gefuͤhl der Annehm-
lichkeit, daß eine Faſer nichts als Freude und
Wonne war, und eben ſo war auch alle daher
ruͤhrende Empfindung und Gefuͤhl, und lebte aus
der Gluͤckſeligkeit; die Freude uͤber die leiblichen
Wolluͤſte verhaͤlt ſich zu jenen Freuden, wie ein
grober und ſtechender Erdſcholl zu der reinen und
ſanfteſten Luft. Jch habe bemerkt, daß, wenn
ich alle meine Freude in den andern uͤberfloͤßen
wollte, an deren Stelle eine innerlichere und
vollkommenere Freude, als die vorige war, un-
aufhoͤrlich einfloß; und in ſo viel ich dieſes woll-
te, in ſo viel floß ſolche ein; ich empfande auch,
daß dieſes vom Herrn kam.


414. Welche im Himmel ſind, die gehen
beſtaͤndig dem Fruͤhling ihres Lebens entgegen;
und
[156]Vom Himmel.
und je mehr Jahrtauſende ſie leben, deſto lieb-
licher und gluͤckſeliger ihr Fruͤhlingszuſtand wird,
und dieſes in Ewigkeit mit beſtaͤndigen Wachs-
thum, nach dem Fortgang und den Graden der
Liebe, der Liebthaͤtigkeit und des Glaubens. Die-
jenigen von dem weiblichen Geſchlecht, welche in
einem hohen Alter, und vom Alter ausgezehrt
geſtorben ſind, aber in dem Glauben an den
Herrn, in der thaͤtigen Liebe gegen den Naͤch-
ſten, und in gluͤckſeliger ehelicher Liebe mit dem
Mann gelebt haben, kommen mit den Jahren
immer mehr und mehr in die Bluͤte der zarten,
und erwachſenen Jugend, und in eine ſolche
Schoͤnheit, die alle Gedankenbilder von einer
Schoͤnheit, die man ſich jemalen durch das Se-
hen eindruͤcken mag, uͤberſteigt; denn die Guͤte
und thaͤtige Liebe iſt es, welche ſo bildet, und
ihres gleichen darſtellet, und macht, daß das An-
genehme und Schoͤne der Liebe aus den beſonder-
ſten Theilen des Angeſichts heraus leuchtet, ſo
daß jene ſelbſt Geſtalten der thaͤtigen Liebe ſind;
einige haben ſie geſehen, und ſind daruͤber er-
ſtaunt: die Geſtalt der thaͤtigen Liebe iſt ſo be-
ſchaffen, daß man im andern Leben ganz lebhaft
ſiehet, daß es ſelbſt die thaͤtige Liebe iſt, die da
bildet und abgebildet wird, und zwar alſo, daß
der ganze Engel, inſonderheit das Angeſicht,
gleichſam thaͤtige Liebe iſt, die ſich offenbar ſehen
laͤßt und bemerkt wird; wenn dieſe Geſtalt ge-
ſehen wird, ſo iſt es eine unausſprechliche Schoͤn-
heit, welche unmittelbar das innerſte Leben des
Ge-
[157]Vom Himmel.
Gemuͤths mit thaͤtiger Liebe uͤberſtroͤmt: mit ei-
nem Wort, alt werden im Himmel, heißt jung
werden: die in der Liebe zum Herrn und in der
thaͤtigen Liebe gegen den Naͤchſten gelebt haben,
die werden im andern Leben ſolche Geſtalten, oder
ſolche Schoͤnheiten; alle Engel ſind dergleichen
Geſtalten, und zwar mit einer unzaͤhligen Man-
nigfaltigkeit; aus dieſen beſteht der Himmel.


Von der unermeßlichen Groͤße
des Himmels.


415. Daß der Himmel des Herrn unermeß-
lich groß iſt, das kann aus ſehr vielem, was in
den vorhergehenden Artikeln geſagt und gezeigt
worden, offenbar erſehen werden, hauptſaͤchlich
daraus, daß der Himmel aus dem menſchlichen
Geſchlechte, wie oben Num. 311-317. nachge-
leſen werden kann, und nicht allein aus demjeni-
gen Geſchlechte, welches innerhalb der Kirche,
ſondern auch aus demjenigen, welches auſſerhalb
derſelben geboren, Num. 318-328, und alſo
aus allen denen iſt, die von der erſten Entſte-
hung dieſes Erdballs an geweſen, und in dem
Guten gelebt haben. Was fuͤr eine groſſe Men-
ge Menſchen auf dieſem ganzen Erdkreis ſey,
das kann ein jeder, der von den Theilen, Laͤndern
und Reichen etwas weis, von ſelbſt ſchlieſſen;
wer eine Berechnung anſtellt, wird inne werden,
daß aus dieſer Erde jeden Tag auf viele tauſend,
und
[158]Vom Himmel.
und alſo innerhalb einem Jahr auf etliche My-
riaden oder Millionen Menſchen ſterben, (und
dieſes von den erſten Zeiten an, da inzwiſchen
etliche tauſend Jahre verfloſſen ſind) die alle
nach ihrem Tod in die andere Welt, ſo die
geiſtliche Welt genennet wird, gekommen ſind,
und unaufhoͤrlich kommen. Wie viel ihrer
aber davon Engel des Himmels geworden ſind,
und werden, das kann ich nicht ſagen; ſo viel
iſt mir geſagt worden, daß es deren zu den al-
ten Zeiten. ſehr viel geworden ſind, weil die
Menſchen damals innerlicher und geiſtlicher
gedacht haben, und daher in himmliſcher Nei-
gung geweſen ſind; hingegen in den folgenden
Zeiten waͤren es ihrer nicht ſo viele geworden,
weil der Menſch mit dem Erfolg der Zeit aͤuſ-
ſerlicher wurde, und anfieng, natuͤrlicher zu
denken, und daher in irdiſcher Neigung zu ſte-
hen. Hieraus kann nun zuerſt erhellen, daß
der Himmel blos allein ſchon von den Ein-
wohnern dieſer Erde groß ſey.


416. Daß der Himmel des Herrn unend-
lich groß ſey, das kann blos allein daraus er-
ſehen werden, daß alle Kinder, ſie moͤgen in-
nerhalb oder auſſerhalb der Kirche geboren
ſeyn, von dem Herrn angenommen, und En-
gel werden, deren Anzahl ſich bis auf den vier-
ten oder fuͤnften Theil des ganzen menſchlichen
Geſchlechts auf dem Erdboden belaͤuft. Daß
jedes Kind, es mag, wo es immer wolle, es
mag
[159]Vom Himmel.
mag innerhalb der Kirche, oder auſſerhalb der-
ſelben, es mag von frommen oder von gottlo-
ſen Aeltern geboren ſeyn, wenn es ſtirbt, von
dem Herrn aufgenommen, und im Himmel er-
zogen, wie auch nach der goͤttlichen Ordnung
unterrichtet, und zu den Neigungen zum Gu-
ten, und durch dieſe zu den Erkaͤnntniſſen des
Wahren angewieſen, und hernach, ſo wie es
an Erkaͤnntnis und Weisheit vollkommener
wird, in den Himmel eingefuͤhret, und ein En-
gel werde, das leſe man Num. 329-345;
wie groß demnach die Menge der Engel des
Himmels, vom Anfang der Schoͤpfung her,
bis auf die heutige Zeit, nur allein von den
Kindern geworden ſey, kann man leicht ſchlieſſen.


417. Wie unermeßlich groß der Himmel
des Herrn ſey, das kann auch daraus erhellen,
daß alle Planeten, die in unſrer Sonnen Welt
unſern Augen ſichtbar ſind, Erdbaͤlle ſeyen,
und daß noch uͤberdieſes unzaͤhlige in dem Welt-
all, und alle voller Einwohner ſeyen, von wel-
chen ich in einem beſondern Tractat, betittelt:
von den Erdbaͤllen in unſrer Sonnen-
Welt,
gehandelt habe; woraus ich nun die-
ſes folgende anfuͤhren will.

„Daß mehrere
„Erdbaͤlle, und auf ihnen Menſchen, und da-
„her Geiſter und Engel ſeyen, iſt in dem an-
„dern Leben mehr als zu wohl bekannt; denn
„es wird einem jeden daſelbſt, der es aus Lie-
„be zur Wahrheit und um des daher ruͤhren-
„den
[160]Vom Himmel.
„den Nutzens willen verlangt, zugelaſſen, mit
„den Geiſtern andrer Erdbaͤlle zu reden, und
„ſich daraus von der Vielheit der Welten zu
„uͤberzeugen, und ſich zu unterrichten, daß naͤm-
„lich das menſchliche Geſchlecht nicht nur aus
„einem einzigen, ſondern aus unzaͤhligen Erd-
„baͤllen ſey. Jch habe etlichemal davon mit
„den Geiſtern unſrer Erde geredet, und ſie
„ſagten, daß ein Menſch, der Verſtand hat,
„aus vielen Dingen, die er weis, auch wiſſen
„koͤnne, daß es noch mehrere Erdbaͤlle, und auf
„ihnen Menſchen gebe; denn man kann aus
„der Vernunft ſchlieſſen, daß ſo groſſe Laſten,
„wie die Planeten ſind, deren einige an Groͤſ-
„ſe dieſe Erde uͤbertreffen, nicht leere Klum-
„pen, noch blos allein dazu erſchaffen ſeyen,
„daß ſie ſich um die Sonne waͤlzen, und mit
„ihrem geringen Lichte fuͤr eine einzige Erde
„leuchten, ſondern daß ihr Nutzen weit herr-
„licher, als ſo einer ſeyn muͤſſe. Wer nun
„glaubt, wie es auch ein jeder glauben ſoll,
„daß Gott dieſes Weltall zu keinem andern
„Endzweck erſchaffen habe, als daß ein menſch-
„liches Geſchlecht daſey, und von dieſem
„der Himmel entſtehe, weil das menſchliche Ge-
„ſchlecht eine Pflanzſtatt des Himmels iſt, der-
„ſelbe kann nicht anders, er muß glauben,
„daß es Menſchen gebe, wo nur irgend eine
„Erde iſt. Daß die Planeten, welche unſern
„Augen ſichtbar ſind, weil ſie innerhalb den
„Grenzen dieſer Sonnenwelt ſind, Erdbaͤlle
„ſeyen,
[161]Vom Himmel.
„ſeyen, kann man daraus offenbar einſehen, daß
„ſie Koͤrper von einer erdigten Materie ſind,
„weil ſie das Licht der Sonne zuruͤck werfen,
„und wenn man ſie durch optiſche Glaͤſer betrach-
„tet, gar nicht wie die Sterne von einer blin-
„kenden Flamme, ſondern wie Erden dunkelfaͤr-
„big ausſehen; man kann es auch daraus wiſ-
„ſen, weil ſie eben ſo, wie unſre Erde, um die
„Sonne laufen, und in dem Thierkreis fortge-
„hen, und daher Jahre und Jahrs. Zeiten, als
„da ſind Fruͤhling, Sommer, Herbſt und Win-
„ter machen; desgleichen, daß ſie ſich eben ſo,
„wie unſre Erde, um ihre Are drehen, und daher
„Tage und Tags-Zeiten, als Morgen, Mittag,
„Abend und Nacht, machen; und daß noch uͤber-
„dieſes einige von ihnen Monden haben die man
„Trabanten nennet, und die ſich nach geſetzen Zei-
„ten um ihre Erden drehen, wie ſich der Mond
„um die unſrige drehet; und daß der Planet
„Saturn, weil er am weiteſten von der Sonne
„entfernt iſt, eben auch einen groſſen leuchtenden
„Ring hat, der dieſem Erdball vieles, obwohl
„zuruͤckprallendes Licht, zuwirft. Wie kann
„wohl jemals einer, der dieſes weis, und ver-
„nuͤnftig bedenkt, vorgeben, daß dieſes leere
„Koͤrper ſeyen? Ueberdieſes habe ich mit den
„Geiſtern geredet, daß ein Menſch daraus glau-
„ben koͤnne, daß in dem Weltall mehrere Erden
„als eine einzige ſeyn, weil der geſtirnte Him-
„mel ſo unermeßlich groß, und ſo unzaͤhlig viele
„Sterne darinnen ſeyen, deren ein jeder an ſei-
Sw. Sch.II.Th. L„nem
[162]Vom Himmel.
„nem Ort oder in ſeiner Welt eine Sonne iſt,
„wie unſere Sonne, in verſchiedener Groͤſſe:
„wer es recht bedenkt, der ſchließt, daß dieſes
„ſo unermeßliche Ganze nichts anders, als ein
„Mittel zum letzten Endzweck der Schoͤpfung
„ſeyn koͤnne, welcher Endzweck das himmliſche
„Reich iſt, worinnen Gott mit den Engeln und
„Menſchen wohnen kann; denn die weite ſicht-
„bare Welt, oder der Himmel, der von ſo vie-
„len unzaͤhligen Sternen erleuchtet iſt, welches
„eben ſo viele Sonnen ſind, iſt nur ein Mittel,
„daß Erdbaͤlle, und auf ihnen Menſchen da ſeyn,
„aus welchen das himmliſche Reich beſtehet.
„Hieraus kann ein vernuͤnftiger Menſch nicht an-
„ders denken, als daß ein ſo unermeßliches Mit-
„tel zu einem ſo groſſen Endzweck nicht fuͤr das
„menſchliche Geſchlecht einer einzigen Erde ge-
„macht ſey; was waͤre dieſes auf Seiten Got-
„tes, des Unendlichen, vor dem tauſend, ja
„Millionen Erdbaͤlle, und noch dazu alle voller
„Einwohner, wenig oder gar nichts ſind? Es
„giebt Geiſter, deren einzige Bemuͤhung dahin
„gehet, ſich Erkaͤnntniſſe zu erwerben, weil ſie
„lediglich daran ein Vergnuͤgen haben, derowe-
„gen iſt es dieſen Geiſtern erlaubt, herum zu
„ſchweifen, und auch auſſerhalb dieſer Sonnen-
„Welt in andre zu gehen, und ſich Kenntniſſe
„zu verſchaffen: dieſe ſagten, daß nicht allein
„in dieſer Sonnen-Welt, ſondern auch auſſer
„derſelben, in dem Sternen-Himmel, Erd-
„baͤlle, auf welchen Menſchen ſind, in unermeß-
„lich
[163]Vom Himmel.
„lich groſſer Anzahl ſeyen: dieſe Geiſter ſind aus
„dem Planeten Mercur. Man hat ausgerech-
„net, daß, wenn zehnmal hundert tauſend Erd-
„baͤlle in dem Weltall waͤren, und auf einem
„jeden Erdball drey hundert tauſendmal tauſend
„oder drey hundert Millipnen Menſchen, und
„zwey hundert Generationen innerhalb ſechs
„tauſend Jahren, und wenn einem jeden Men-
„ſchen oder Geiſt drey cubiſche Ellen Raum an-
„gewieſen wuͤrde; ſo wuͤrde die Anzahl ſo vieler
„Menſchen oder Geiſter, wenn ſie in eine einzige
„Summe gebracht wuͤrde, doch nicht den Raum *)
„unſers Erdballs, und kaum etwas mehr, als
„den Raum eines Trabanten um die Planeten,
„erfuͤllen, welches in dem Weltall ein Raum
„von einer unmerklichen Kleinheit waͤre, denn
„ein Trabant iſt vor dem bloßen Augen kaum
„ſichtbar: was iſt demnach dieſes fuͤr den Schoͤ-
„pfer des ganzen Weltalls, dem es noch lange
„nicht genug ſeyn wuͤrde, wenn auch das ganze
„Weltall voll waͤre, denn er iſt unendlich. Hier-
„von habe ich mit den Engeln geredet, welche
„ſagten, daß ſie ein gleiches Gedankenbild von
„der Wenigkeit des menſchlichen Geſchlechts in
L 2„Ruͤck-
[164]Vom Himmel.
„Ruͤckſicht auf die Unendlichkeit des Schoͤpſers
„haͤtten, daß ſie aber dennoch nicht aus den Raͤu-
„men, ſondern aus den Zuſtaͤnden daͤchten, und
„daß nach ihrem Gedankenbild ſo viel Millionen
„Erdbaͤlle, als man irgend denken koͤnnte, den-
„noch gar nichts gegen den Herrn ſeyen.“


Von den Erdbaͤllen in dem Weltall, und von
ihren Einwohnern und den daher ruͤhrenden Gei-
ſtern und Engeln, leſe man in obgedachten
Tractat:
die Dinge, ſo darinnen ſind, ſind mir
geoffenbaret und gezeigt worden, zu dem Ende,
damit man wiſſen moͤge daß der Himmel des Herrn
unermeßlich groß, und ganz und gar aus dem
menſchlichen Geſchlechte ſey; wie auch, daß unſer
Herr allenthalben fuͤr den Gott des Himmels
und der Erde
erkannt werde.


418. Daß der Himmel des Herrn unermeß-
lich groß ſey, kann auch daraus erhellen, daß der
Himmel im ganzen Jnbegriff einen einzigen
Menſchen
vorſtellet, und auch mit allen und
jeden Theilen des Menſchen uͤbereinſtimmet, und
daß dieſe Uebereinſtimmung nimmermehr voll wer-
den kann, weil nicht nur mit allen Gliedern, Werk-
zeugen und Eingeweiden des Leibes uͤberhaupt,
ſondern auch insbeſondere mit allen und jeden al-
lerkleinſten Eingeweiden und Werkzeugen, welche
innerhalb denſelben befindlich, ja mit allen Gefaͤſ-
ſen und Faſern eine Uebereinſtimmung iſt; und
nicht nur mit denen, ſondern auch mit den we-
ſentlichen werkzeuglichen Theilen, welche von in-
nen
[165]Vom Himmel.
nen den Einfluß des Himmels empfangen, wo-
her bey dem Menſchen die innere Wuͤrkſamkei-
ten kommen, die zu den Wuͤrkungen ſeiner Seele
dienen; denn was innerlich in dem Menſchen
entſteht, das entſteht in den weſentlichen For-
men oder Geſtalten, denn was nicht in dieſen
weſentlichen Geſtalten, als den Unterlagen, das
Daſeyn hat, das iſt ein Nichts: alle dieſe Un-
terlagen ſtimmen mit dem Himmel uͤberein, wie
man aus dem Artikel erſehen kann, wo von der
Uebereinſtimmung aller Dinge des Himmels mit
alle dem, was zum Menſchen gehoͤret, Num.
87-102 gehandelt worden: dieſe Uebereinſtim-
mung kann nimmermehr voll gemacht werden,
denn je mehr es engliſche Vergeſellſchaftungen
giebt, die mit einem gewiſſen Glied uͤbereinſtim-
men, deſto vollkommener wird der Himmel; denn
alle Vollkommenheit in den Himmeln waͤchſet
nach der Vielheit: die Urſache, daß die Voll-
kommenheit in den Himmeln nach der Vielheit
waͤchſet, iſt dieſe, weil allda ein einziger End-
zweck auf alle geht, und alle einmuͤthig auf dieſen
Endzweck ſehen; dieſer Endzweck iſt das allge
meine Wohl, wenn dieſes regieret, ſo flieſſet
auch von dem allgemeinen Wohl allen und jeden
Gutes zu, und von dem Wohl aller und jeder
fließt Gutes auf das allgemeine; dieſes geſchie-
het, weil der Herr alle die, ſo im Himmel
ſind, zu Sich kehret, man leſe im 1ſten Theil
Num. 123, und weil er dadurch machet, daß
L 3ſie
[166]Vom Himmel.
ſie in Jhm ein Einziges ſeyen. Daß durch
die Einmuͤthigkeit und Eintracht mehrerer, die
aus einem ſolchen Urſprung, und in einem ſol-
chen Band iſt, die Vollkommenheit herfuͤrge-
bracht werde, kann ein jeder aus der Vernunft,
wenn ſie nur einigermaßen erleuchtet iſt, gar
wohl einſehen.


419. Mir iſt auch die Ausbreitung des be-
wohnten, und auch des unbewohnten Himmels
zu ſehen gegeben worden, und ich ſahe, daß die
Ausbreitung des unbewohnten Himmels ſo groß
war, daß ſie in Ewigkeit nicht voll werden koͤnn-
te, wenn auch viele Millionen Erdbaͤlle, und
auf jedem Erdball eine ſo groſſe Menge Menſchen,
als auf unſerem, waͤren; hiervon kann auch in
der obgedachten Abhandlung von den Erd-
baͤllen
in dem Weltall Num. 168 nachgele-
ſen werden.


420. Es ſtehen einige in der Meinung, der
Himmel ſey nicht groß, ſondern klein; dieſes
kommt aber daher, weil ſie einige Stellen in
dem Wort blos nach deſſen buchſtaͤblichen Sinn
verſtanden haben, als wie diejenigen Stellen,
wo es heißt, daß nur die Armen; wie auch,
daß weiter keine, als die Auserwaͤhlten; und daß
nur allein die, ſo ſich innerhalb der Kirche be-
finden, nicht aber die, ſo auſſerhalb derſelben
ſind; ingleichen, daß nur allein diejenigen, fuͤr
welche
[167]Vom Himmel.
welche der Herr Fuͤrſprache thaͤte, in den Him-
mel kaͤmen; ferner, daß der Himmel, wenn er
voll ſey, zugeſchloſſen werde, und daß dieſe Zeit
voraus beſtimmt worden ſey: allein, daß der
Himmel nimmermehr zugeſchloſſen wird, und
daß gar keine Zeit voraus beſtimmt, auch keine
Menge beſtimmt worden iſt; und daß diejenigen,
welche in dem Leben des Guten und Wahren ſind,
Auserwaͤhlte heißen; wie auch, daß diejenigen,
ſo nicht in den Kenntniſſen des Guten und Wah-
ren ſind, aber doch nach ſolchen ein Verlangen
haben, Arme heißen, und auch aus dieſem Ver-
langen Hungrige genennet werden, von dem al-
len, ſage ich, wiſſen jene obgedachte nichts. Die
alſo aus dem Wort, das ſie nicht verſtanden,
die Meinung gefaſſet haben, der Himmel ſey
klein, die wiſſen auch nicht anders, als ſey der
Himmel an einem einzigen Ort, wo der Sam-
melplatz fuͤr alle ſey, da doch der Himmel aus
unzaͤhligen Geſellſchaften beſtehet, wie man im
erſten Theil Num. 41-50 nachleſen kann; ja ſie
wiſſen auch nicht anders, als daß ein jeder den
Himmel aus unmittelbarer Barmherzigkeit be-
komme, und daß er alſo weiter nichts ſey, als
aus Wohlgefallen hineingelaſſen und aufgenom-
men werden; ſie ſehen auch gar nicht ein, daß
der Herr aus Barmherzigkeit einen jeden fuͤhre,
der Jhn aufnimmt, und daß Jhn nur derjenige
aufnehme, welcher ein Leben nach den Geſetzen
der goͤttlichen Ordnung fuͤhret, welches die Ge-
bote der Liebe und des Glaubens ſind, und daß
L 4von
[168]Vom Himmel.
von der Kindheit an, bis zum letzten Le-
bensziel in der Welt, und hernach in
Ewigkeit vom Herrn auf dieſe Weiſe
gefuͤhret werden,
ſolches dieſe Barmherzigkeit
ſey, welche hier verſtanden wird: ſie muͤſſen dem-
nach wiſſen, daß ein jeder Menſch zum Himmel
geboren wird, und daß derjenige, welcher in der
Welt den Himmel inwendig in ſich aufnimmt,
auch in den Himmel aufgenommen, derjenige
aber, welcher ihn nicht inwendig in ſich aufnimmt,
von ſelbigem ausgeſchloſſen wird.


Ende
des Abſchnitts vom Himmel.



Von
[[169]]

Von der
Geiſterwelt

und von dem
Zuſtand des Menſchen
nach dem Tod.


Frankfurt am Mayn,

zu finden bey dem Commercienrath Daniel
Chriſtian Hechtel,
1776
.


[[170]][171]

Was die Geiſterwelt ſey.


421.


Die Geiſterwelt iſt nicht der Himmel, und
iſt auch nicht die Hoͤlle, ſondern ſie iſt
der mittlere Ort oder Zuſtand zwiſchen beyden;
denn dahin kommt der Menſch nach dem Tod
zuerſt, und wird hernach, wenn die Zeit ſeines
Aufenthalts allda, die ſich nach Beſchaffenheit
ſeines in der Welt gefuͤhrten Lebens verhaͤlt,
vollendet iſt, entweder in den Himmel erho-
ben, oder in die Hoͤlle geworfen.


422. Die Geiſterwelt iſt der mittlere
Ort zwiſchen Himmel und Hoͤlle, und iſt
auch der mittlere Zuſtand des Menſchen
nach dem Tod;
daß ſie der mittlere Ort ſey,
iſt mir daraus offenbar worden, daß die Hoͤl-
len unten, und die Himmel oben ſind; und
daß ſie der mittlere Zuſtand ſey, daraus, daß
der Menſch, ſo lange er daſelbſt iſt, noch nicht
im Himmel, und auch nicht in der Hoͤlle iſt.
Der himmliſche Zuſtand des Menſchen iſt die
bey ihm befindliche Verbindung des Guten mit
dem Wahren, und der hoͤlliſche Zuſtand iſt
die bey ihm befindliche Verbindung des Boͤſen
mit dem Falſchen: wenn alſo bey dem Geiſt-
M 2Men-
[172]Von der Geiſterwelt.
Menſchen das Gute mit dem Wahren verbun-
den iſt, ſo kommt er alsdenn in den Himmel,
weil dieſe Verbindung, wie ich geſagt habe,
ſein Himmel iſt; wenn aber bey dem Geiſt-
Menſchen das Boͤſe mit dem Falſchen verbun-
den iſt, ſo kommt er alsdenn in die Hoͤlle, weil
dieſe Verbindung ſeine Hoͤlle iſt; dieſe Ver-
bindung geſchiehet in der Geiſterwelt, weil der
Menſch ſodann in einem mittlern Zuſtand iſt.
Es iſt gleich viel, ob man ſage, die Verbin-
dung des Verſtandes mit dem Willen, oder
ob man ſage, die Verbindung des Wahren
mit dem Guten.


423. Zu allererſt ſoll hier etwas von der
Verbindung des Verſtandes mit dem Willen,
und von gleicher Verbindung derſelben mit
dem Guten und Wahren, weil dieſe Verbin-
dung in der Geiſterwelt geſchiehet, geſagt wer-
den. Der Menſch hat einen Verſtand und
hat einen Willen, der Verſtand empfaͤngt
das Wahre, und wird aus ſolchem gebildet,
und der Wille empfaͤngt das Gute, und wird
auch aus dieſem gebildet; was dahero der
Menſch verſtehet und von daher denket, daß
heißt er Wahrheit, und was der Menſch will
und von daher denket, das nennet er gut:
aus dem Verſtand kann der Menſch denken,
und daher deutlich inne werden, was wahr
ſey, und auch was gut ſey; dennoch aber den-
ket er aus dem Willen kein Gutes, wofern er
nicht
[173]Von der Geiſterwelt.
nicht das Wahre will und ſolches thut; wenn
er das Wahre will aus dem Wollen ſolches
thut, ſo iſt alsdenn ſowohl im Verſtand als
im Willen, und mithin in dem Menſchen Gu-
tes, denn weder der Verſtand allein, noch der
Wille allein, machet einen Menſchen aus, ſon-
dern der Verſtand und Wille auf einmal zu-
gleich; was dahero in deyden iſt, das iſt in
dem Menſchen, und iſt ihm eigen worden;
was nur im Verſtand iſt, das iſt zwar bey dem
Menſchen, aber nicht in ihm, es iſt nur etwas
von ſeinem Gedaͤchtnis, und etwas von ſeiner
Wiſſenſchaft im Gedaͤchtnis, woran er denken
kann, wenn er nicht in ſich, ſondern auſſer ſich
bey andern iſt, wovon er alſo reden und dar-
uͤber vernuͤnfteln, und wornach er auch ſeine
Neigungen und Geberden verſtellen kann.


424. Daß der Menſch aus dem Verſtand,
und nicht zugleich aus dem Willen denken
kann, iſt zu dem Ende vorgeſehen worden, daß
er wieder umgebildet werden koͤnne, denn der
Menſch wird durch das Wahre umgebildet,
und das Wahre iſt, wie ich geſagt habe, fuͤr
den Verſtand: denn der Menſch wird, was
den Willen betrift, in alles Boͤſe geboren, da-
her will er aus ſich ſelbſt keinem, als nur ſich
ſelber wohl, und wer ſich allein wohl will, der
hat an dem Boͤſen, das andern, infonderheit
ſeinetwegen geſchieht, ein Vergnuͤgen; denn
er will die Guͤter aller andern, es ſeyen gleich
M 3Ehren-
[174]Von der Geiſterwelt.
Ehrenſtellen oder Vermoͤgen, an ſich bringen,
und ſo viel er dieſes bewerkſtelligen kann, hat
er eine innerliche Freude: damit nun dieſes
Wollen verbeſſert und umgeſchmolzen werde,
ſo iſt dem Menſchen gegeben, daß er das Wah-
re verſtehen, und dadurch die Neigungen zum
Boͤſen, die aus dem Willen herflieſſen, baͤndi-
gen koͤnne: daher kommt es, daß der Menſch
aus dem Verſtand das Wahre denken, und
ſolches auch reden und thun kann, dennoch aber
kann er ſolches nicht eher aus dem Willen den-
ken, als bis er ein ſolcher iſt, daß er es aus
ſich, das iſt, aus dem Herzen will und thut:
wenn nun der Menſch ein ſolcher iſt, ſo iſt
alsdenn dasjenige, was er aus dem Verſtand
denket, ſeinem Glauben, und was er aus dem
Willen denket, ſeiner Liebe eigen, weswegen
ſich alsdenn bey ihm Glaube und Liebe, gleich-
wie Verſtand und Wille, mit einander verbinden.


425. Um ſo viel demnach das Wahre des
Verſtandes mit dem Guten des Willens ver-
bunden iſt, um ſo viel alſo der Menſch das
Wahre will und aus dem Wollen ſolches thut,
in ſo viel hat der Menſch den Himmel in ſich,
weil die Verbindung des Guten mit dem Wah-
ren, wie oben gemeldet worden, der Himmel
iſt; um ſo viel aber das Falſche des Verſtan-
des mit dem Boͤſen des Willens verbunden iſt,
in ſo viel hat der Menſch die Hoͤlle in ſich,
weil die Verbindung des Falſchen mit dem Boͤ-
ſen
[175]Von der Geiſterwelt.
ſen die Hoͤlle iſt; um ſo viel aber das Wah-
re des Verſtandes nicht mit dem Guten
des Willens verbunden iſt, in ſo viel iſt
der Menſch in dem mittlern Zuſtand:

heut zu Tage iſt faſt ein jeder Menſch in einem
ſolchen Zuſtand, daß er das Wahre weis, und
aus dem Wiſſen und auch aus dem Verſtand
ſolches denket, und entweder viel, oder wenig,
oder gar nichts davon ausuͤbt, oder wohl gar
aus Liebe zum Boͤſen und aus dem daher ruͤh-
renden Glauben an das Falſche, darwider han-
delt; damit er nun entweder den Himmel oder
die Hoͤlle habe, ſo wird er nach dem Tod zuerſt
in die Geiſterwelt gefuͤhret, und allda geſchie-
het bey denen, ſo in den Himmel zu erheben
ſind, die Verbindung des Guten mit dem
Wahren, hingegen bey denen, ſo in die Hoͤlle
zu werfen ſind, die Verbindung des Boͤſen mit
dem Falſchen: denn es darf weder einer im
Himmel, noch einer in der Hoͤlle ein zertheil-
tes Gemuͤth haben, naͤmlich anders denken
und anders wollen, ſondern was einer will,
das muß er verſtehen, und was einer verſtehet,
das muß er wollen; wer dahero im Himmel
das Gute will, der muß das Wahre verſtehen,
und wer in der Hoͤlle das Boͤſe will, der muß
das Falſche verſtehen; derohalben wird in der
Geiſterwelt bey den Guten das Falſche aus dem
Wege geraͤumt, und ihnen das Wahre gegeben,
das mit ihrem Guten uͤbereinkommt und ſol-
chem gemaͤß iſt, bey den Boͤſen aber wird da-
ſelbſt
[176]Von der Geiſterwelt.
ſelbſt das Wahre weggeſchaft, und ihnen das
Falſche gegeben, das ſich zu ihrem Boͤſen ſchi-
cket und ſolchem gemaͤß iſt. Hieraus erhel-
let, was die Geiſterwelt ſey.


426. Jn der Geiſterwelt iſt eine groſſe An-
zahl, weil da der erſte Sammelplatz fuͤr alle
iſt, und allda alle ausgeforſchet und zubereitet
werden: ihr Aufenthalt allda iſt von keinem
feſtgeſetzten Ziel; einige kommen kaum hinein,
und werden gleich entweder in den Himmel er-
hoben, oder in die Hoͤlle hinabgeworfen; eini-
ge bleiben nur etliche Wochen da; einige auf
viele Jahre, aber nicht uͤber dreyßig: die Ver-
ſchiedenheiten des Auffenthalts kommen daher,
daß das Jnnere und Aeuſſere des Menſchen
entweder uͤbereinſtimmet oder nicht uͤbereinſtim-
met. Wie aber der Menſch in der Geiſterwelt
von einem Zuſtand in den andern gefuͤhret,
und zubereitet werde, ſoll nun im folgenden
gemeldet werden.


427. So bald die Menſchen nach dem Tod
in die Geiſterwelt kommenn, ſo werden ſie
vom Herrn ſehr wohl unterſchieden, die Boͤ-
ſen werden gleich mit einer hoͤlliſchen Geſell-
ſchaft verknuͤpft, als wie ſie in der Welt in
Anſehung der herrſchenden Liebe in einer gewe-
ſen ſind, und die Guten werden alsbald mit
einer himmliſchen Geſellſchaft verbunden, als-
wie ſie auf der Welt in Anſehung der Lieb-
thaͤtig-
[177]Von der Geiſterwelt.
thaͤtigkeit und des Glaubens in einer gelebt ha-
ben. Ob ſie aber gleich alſo unterſchieden
ſind, ſo kommen ſie doch in dieſer Geiſterwelt
zuſammen, und alle, die gute Freunde und Be-
kannte bey Leibes Leben geweſen, vornehmlich
Weiber und Maͤnner, und auch Bruͤder und
Schweſtern, reden mit einander, wenn ſie es
begehren: ich habe geſehen, daß ein Vater mit
ſechs Soͤhnen geredet, und ſie gekannt hat;
und viele andre mit ihren Schwaͤgern und
Freunden; weil ſie aber aus dem Leben in der
Welt unterſchiedliche Gemuͤther hatten, ſo
wurden ſie nach einer kurzen Zeit von einander
getrennt. Welche hingegen aus der Geiſter-
welt in den Himmel, und welche in die Hoͤlle
kommen, die ſehen hernach einander nicht mehr,
und kennen einander nicht, auſſer wenn ſie glei-
chen Gemuͤthes aus gleicher Liebe ſind; die
Urſache, daß ſie in der Geiſterwelt, aber nicht
im Himmel und in der Hoͤlle einander ſehen,
iſt dieſe, weil die, ſo in der Geiſterwelt ſind,
in eben die Zuſtaͤnde, die ſie bey Leibes Leben
gehabt haben, und zwar von einem in den an-
dern, gebracht werden; hernach aber werden
alle in einen beſtaͤndigen oder dauerhaften Zu-
ſtand gebracht, der dem Zuſtand ihrer herrſchen-
den Liebe gleich iſt, in welchem einer den andern
nur aus der Gleichheit der Liebe kennet, denn
die Gleichheit, wie N. 41-50. gezeigt worden,
verbindet und die Ungleichheit zertrennet.


Sw. Sch.II.Th. N428. Gleich-
[178]Von der Geiſterwelt.

428. Gleichwie die Geiſterwelt der mittle-
re Zuſtand zwiſchen Himmel und Hoͤlle bey dem
Menſchen iſt, alſo iſt ſie auch der mittlere Ort;
unten ſind die Hoͤllen, und oben ſind die Him-
mel. Gegen dieſe Geiſterwelt zu ſind alle
Hoͤllen verſchloſſen, ſie ſtehen nur durch Loͤcher
und Ritze als wie Felſenritze, und durch Oeff-
nungen in der Breite hin offen, welche aber
bewahret ſind, damit keiner heraus gehen moͤ-
ge, es ſey denn, daß es ihm erlaubt worden,
welches auch geſchiehet, wenn es einige Noth-
wendigkeit, von welcher im folgenden wird ge-
redet werden, erfordert. Der Himmel iſt auch
allenthalben verſchloſſen, und es iſt zu keiner
himmliſchen Geſellſchaft ein offener Zugang,
auſſer durch einen engen Weg, deſſen Eingang
auch bewahret iſt: jene Ausgaͤnge und dieſe
Eingaͤnge ſind es, welche in dem Wort
Pforten und Thuͤren der Hoͤlle und des Him-
mels genennet werden.


429. Die Geiſterwelt erſcheinet wie ein
Thal zwiſchen Bergen und Felſen, das hie
und da Vertiefungen und Erhoͤhungen hat.
Die Pforten und Thuͤren zu den himmliſchen
Geſellſchaften ſind ſonſt keinen, als nur denen
ſichtbar, welche zum Himmel zubereitet ſind,
und werden auch von keinen andern gefunden;
zu einer jeden Geſellſchaft geht von der Gei-
ſterwelt ein einziger Eingang heraus, hinter
dieſem ein einziger Weg, der ſich aber auf-
waͤrts
[179]Von der Geiſterwelt.
waͤrts in mehrere zertheilet. Die Thoren und
Thuͤren zu den Hoͤllen ſind auch ſonſt keinen,
als nur denen ſichtbar, welche hinein gehen
ſollen, denen werden ſie ſodann eroͤffnet, und
wenn ſie eroͤffnet ſind, ſo erſcheinen ſchwarz-
dunkele und gleichſam rußige Hoͤhlen, die ſchief
abwaͤrts in die Tiefe gehen, wo wieder mehre-
re Thuͤren ſind: durch dieſe Hoͤhlen werden
abſcheuliche Geruͤche und Geſtank ausgeduͤnſtet,
welche die guten Geiſter fliehen, weil ſie ihnen
zuwider ſind, die boͤſen Geiſter hingegen ſind
hoͤchſt begierig darnach, weil ſie ſich daran er-
goͤtzen; denn gleichwie ſich ein jeder an ſeinem
Boͤſen in der Welt ergoͤtzet hat, alſo ergoͤtzet
er ſich auch nach dem Tod an dem Geſtank, mit
welchem ſein Boͤſes uͤbereinſtimmet; dieſe koͤn-
nen hierinnen den Voͤgeln und Raubthieren
verglichen werden, als den Raben, Woͤlfen
und Schweinen, die, ſobald ſie den Geſtank
der Luderaͤſer und des Unflats vermerken, ſol-
chen nachfliegen und nachlaufen: ich hoͤrte ei-
nen uͤberlaut ſchreyen gleichwie aus der innig-
ſten Pein, da ihn ein aus dem Himmel aus-
fließender Hauch getroffen; hiengegen rief er
Ruhe und Freude aus, da ihn ein aus der
Hoͤlle einfließender Dunſt getroffen hatte.


430. Es ſind auch bey einem jeden Men-
ſchen zwey Pforten, davon eine gegen die Hoͤlle
zu offen ſtehet, und dem Boͤſen und dem daher
ruͤhrenden Falſchen eroͤffnet iſt, die andere
N 2Pforte
[180]Von der Geiſterwelt.
Pforte ſtehet gegen den Himmel zu offen, und
iſt dem Guten und dem daher ruͤhrenden Wah-
ren eroͤffnet; die Pforte der Hoͤlle iſt denen er-
oͤffnet, welche in dem Boͤſen und in dem daher
ruͤhrenden Falſchen ſtehen, und es fließet nur
durch Ritze von oben her etwas Licht aus dem
Himmel ein, durch welchen Einfluß der Menſch
denken, ſchließen und reden kann; die Pforte
des Himmels aber iſt denen eroͤffnet, welche
in dem Guten und in dem daher ruͤhrenden
Wahren ſind: denn es ſind zwey Wege, die
zu den vernuͤnftigen Gemuͤth des Menſchen
fuͤhren, der obere oder innere Weg, durch
welchen das Gute und Wahre von dem Herrn
eingehet, und der untere oder aͤuſſere Weg,
durch welchen das Boͤſe und Falſche von der
Hoͤlle mit unter eingehet; das vernuͤnftige Ge-
muͤth ſelber iſt in der Mitte, und zu dieſem
zielen die Wege; um ſo viel es daher des Lich-
tes aus dem Himmel bey ſich einlaͤßt, in ſo
viel iſt der Menſch vernuͤnftig, um ſo viel es
aber deſſelben nicht einlaͤßt, in ſo viel iſt er
nicht vernuͤnftig, er mag ſich ſelber vorkom-
men, wie er will. Dieſes habe ich deswegen
geſagt, damit man auch wiſſen moͤge, wie der
Menſch mit dem Himmel und mit der Hoͤlle
uͤbereinſtimmet; ſo lange ſein vernuͤnftiges
Gemuͤth noch gebildet wird, ſtimmet es mit
der Geiſterwelt uͤberein; was uͤber dieſem
Gemuͤth iſt,
ſtimmet mit dem Himmel uͤber-
ein, und was unter ihm iſt, mit der Hoͤlle;
bey
[181]Von der Geiſterwelt.
bey denen, ſo zum Himmel zubereitet werden,
wird dasjenige, was uͤber dem vernuͤnftigen
Gemuͤth iſt,
eroͤffnet, und was unter ihm
iſt,
wird fuͤr den Einfluß des Boͤſen und Fal-
ſchen verſchloſſen; hingegen bey denen, ſo zur
Hoͤlle zubereitet werden, wird dasjenige, was
unter dem vernuͤnftigen Gemuͤth iſt, er-
oͤffnet, und was uͤber ihm iſt, wird fuͤr den
Einfluß des Guten und Wahren verſchloſſen;
dieſe koͤnnen daher nicht anders, als unter ſich,
das iſt, zur Hoͤlle ſehen, jene aber koͤnnen nicht
anders, als uͤber ſich, das iſt, gen Himmel
ſehen: uͤber ſich ſehen, heißt: auf den Herrn
ſehauen, weil Er der allgemeine Mittelpunkt
iſt, auf welchen alle Dinge des Himmels ſe-
hen; aber unter ſich ſehen, heißt: ruͤckwaͤrts
von dem Herrn weg und auf den entgegenſtehen-
den Mittelpunkt ſehen, wohin alle Dinge der
Hoͤlle ſehen und wohin ſie ſich neigen, man le-
ſe Num. 123-124.


431. Jn dem vorhergehenden (Abſchnitt
vom Himmel) habe ich da, wo von Geiſtern
die Rede iſt, diejenigen, welche in der Gei-
ſterwelt ſind, aber da, wo von Engeln die
Rede iſt, diejenigen verſtanden, ſo im Him-
mel ſind.



N 3Daß
[182]Von der Geiſterwelt.

Daß ein jeder Menſch in Anſe-
hung ſeines Jnnern ein Geiſt ſey.


432. Wer recht auf ſich Acht giebt, kann wiſ-
ſen, daß nicht der Leib denket, weil er materiell
iſt, ſondern die Seele, weil ſie geiſtlich iſt;
die Seele des Menſchen, von deren Unſterb-
lichkeit ſehr viele geſchrieben haben, iſt ſein
Geiſt, denn dieſer iſt in Anſehung alles deſſen,
was ihm zukommt, unſterblich; dieſer iſt es
auch, der in dem Leibe denket, denn er iſt
geiſtlich, und das Geiſtliche nimmt Geiſtliches
an, und lebet geiſtlich, welches denken und
wollen iſt; alles vernuͤnftige Leben alſo, das
an dem Leib zum Vorſchein kommt, kommt dem
Geiſt, dem Leib aber gar keins zu; denn der
Leib, wie kurz vorher gemeldet worden, iſt
materiell, und das Materielle, ſo das Eigen-
thuͤmliche des Leibes iſt, iſt dem Geiſt zugege-
ben und ihm faſt wie beygefuͤgt, deswegen da-
mit der Geiſt des Menſchen in der natuͤrlichen
Welt, in welcher alle Dinge materiell und an
ſich ſelbſt leblos ſind, leben und Nutzen wuͤr-
ken koͤnne; und weil das Materielle gar nicht
lebet, ſondern nur allein das Geiſtliche, ſo
kann nun offenbar ſeyn, daß alles, was bey
dem Menſchen Leben hat, ſeinem Geiſt zukom-
me, und daß der Leib blos allein dem Geiſte
diene, gaͤnzlich ſo, als wie ein Werkzeug einer
lebendigen bewegenden Kraft dienet: man ſagt
zwar
[183]Von der Geiſterwelt.
zwar von einem Werkzeug, daß es wuͤrke, be-
wege, oder ſchlage, aber zu glauben, daß die-
ſes dem Werkzeug, und nicht demjenigen zu-
komme, welcher durch ſolches wuͤrket, beweget
und ſchlaͤgt, das waͤre eine Betruͤglichkeit.


433. Weil alles, was in dem Leibe lebt,
und aus dem Leben wuͤrket und ein Gefuͤhl
hat, einig und allein dem Geiſt, dem Leib aber
gar nichts zukommt, ſo folget, daß der Geiſt
der Menſch ſelber ſey; oder welches gleich viel
iſt, daß der Menſch in ſich betrachtet ein Geiſt
ſey, und auch in gleicher Geſtalt, denn alles,
was in dem Menſchen lebet und empfindet,
kommt ſeinem Geiſt zu, und in dem Menſchen,
von ſeinem Haupt an bis zu ſeiner Fußſole,
iſt nicht das mindeſte, das nicht Leben und
Gefuͤhl habe, daher kommt es nun, daß, wenn
der Leib von ſeinem Geiſt getrennet wird, wel-
ches man ſterben nennet, der Menſch dennoch
ein Menſch bleibet, und lebet. Jch habe aus
dem Himmel gehoͤret, daß einige Geſtorbene,
wenn ſie auf der Todtenbahre liegen, noch ehe
ſie auferwecket worden, in ihrem kalten Leibe
auch noch denken, und nicht anders wiſſen, als
lebten ſie noch, aber mit dem Unterſchied, daß
ſie nicht ein einziges materielles Theilgen, das
dem Leib zugehoͤret, bewegen koͤnnen.


434. Der Menſch kann unmoͤglich denken,
und wollen, wofern er nicht die weſentliche
N 4Unter-
[184]Von der Geiſterwelt.
Unterlage iſt, aus welcher und in welcher er
denket und will; was ohne weſentliche Unter-
lage das Daſeyn haben ſoll, das iſt ein Nichts:
dieſes kann daraus erkannt werden, daß der
Menſch ohne das Werkzeug, welches die Unter-
lage ſeines Sehens iſt, nicht ſehen, und ohne
das Werkzeug, welches die Unterlage ſeines
Gehoͤrs iſt, nicht hoͤren kann. Das Sehen
und Hoͤren ohne dieſe Werkzeugliche Unterla-
gen iſt ein Nichts, und eine Unmoͤglichkeit;
alſo koͤnnte auch das Denken, ſo das innerli-
che Sehen iſt, und das Empfinden, ſo das
innerliche Gehoͤr iſt, ganz und gar kein Daſeyn
haben, wenn nicht dieſes Sehen und dieſes
Hoͤren in weſentlichen werkzeuglichen Geſtal-
ten, welches die Unterlagen ſind, waͤre und
daraus herkaͤme; hieraus kann nun offenbar
erhellen, daß der Geiſt des Menſchen, wenn
er von dem Leibe getrennt iſt, eben auch in ei-
ner Geſtalt ſey, und daß er in menſchlicher
Geſtalt ſey, und eben ſo wohl ſinnliche Werk-
zeuge und Sinnen habe, als wie, da er in dem
Leibe geweſen; ferner, daß alles Leben der Au-
gen, und alles Leben der Ohren, mit einem
Wort, alles Leben der Sinne, die der Menſch
hat, nicht ſeinem Leib, ſondern ſeinem Geiſt
zukomme, der in dieſen Sinnen, ja in den al-
lerbeſonderſten Theilgen derſelben iſt; daher
kommt es, daß die Geiſter eben ſo wohl, als
die Menſchen, ſehen, hoͤren und fuͤhlen, aber
nach der Trennung von dem Leibe nicht in der
natuͤr-
[185]Von der Geiſterwelt.
natuͤrlichen, ſondern in der geiſtlichen Welt; daß
der Geiſt, da er in dem Leibe geweſen, auf na-
tuͤrliche Weiſe empfunden hat, geſchahe durch das
ihm zugegebene Materielle, dennoch aber hat er
damals auch zugleich auf geiſtliche Weiſe empfun-
den, naͤmlich durch das Denken und Wollen.


435. Dieſes iſt deswegen geſagt worden, da-
mit der vernuͤnftige Menſch uͤberzeugt werden
moͤge, daß der Menſch an und fuͤr ſich betrachtet
ein Geiſt ſey, und daß das Leibliche, welches ihm
nur wegen der Verrichtungen in der natuͤrlichen
und materiellen Welt zugegeben worden, nicht
der Menſch, ſondern nur das Werkzeugliche
ſeines Geiſtes ſey. Allein die Beſtaͤtigungen
aus der Erfahrung haben einen ſtaͤrkern Nach-
druck, weil das Vernuͤnftige von den mehreſten
nicht gefaſſet, und von denen, welche ſich im Ge-
gentheil beſtaͤrkt haben, durch die von den Be-
truͤglichkeiten der Sinnen herruͤhrende Vernunft-
ſchluͤſſe in Zweifel gezogen wird. Die ſich im
Gegentheil befeſtiget haben, die denken gemeinig-
lich, die unvernuͤnftigen Thiere haͤtten ebenfalls
Leben und Sinne, und alſo haͤtten ſie auch eben
ſo etwas Geiſtliches, wie der Menſch, und doch
ſterbe ſolches mit dem Koͤrper; allein, das Geiſt-
liche der Thiere iſt nicht ſo beſchaffen, wie das
Geiſtliche des Menſchen; denn der Menſch, nicht
aber das Vieh, hat etwas Jnnerſtes, worein
das Goͤttliche einfließt, und es zu ſich er-
hebet, und es dadurch mit ſich vereiniget, daher
N 5hat
[186]Von der Geiſterwelt.
hat der Menſch vor den Thieren dieſes voraus
daß er an Gott, und an die goͤttliche Dinge, ſo
zum Himmel und zur Kirche gehoͤren, denken,
und aus ſolchen und in ſolchen Gott lieben, und
er alſo ſich mit Jhm verbinden kann, und was
mit dem Goͤttlichen verbunden werden kann,
das kann nicht zerfallen oder zunichte werden;
was aber mit dem Goͤttlichen nicht verbunden
werden kann, das zerfaͤllt und wird zunichte;
von dem Jnnerſten, das der Menſch vor den
unvernuͤnftigen Thieren voraus hat, habe ich N.
39 gehandelt, dieſes muß aber hier wiederum er-
waͤhnt werden, weil daran gelegen iſt, daß die
Betruͤglichkeiten ausgetrieben werden, die man in
Anſehung dieſes Jnnerſten eingeſogen hat, als
wie es von den meiſten geſchiehet, die keine Wiſ-
ſenſchaften und keinen eroͤffneten Verſtand haben,
und alſo, was daſſelbe anlangt, nicht vernuͤnftig
ſchlieſſen koͤnnen; die Worte in der gedachten 39.
Nummer lauten alſo: „Jch will eines gewiſ-
„ſen Geheimniſſes von den Engeln der dreyen
„Himmel gedenken, welches vorher keinem in den
„Sinn gekommen iſt, weil man die Grade oder
„Stufen, von welchen Num. 38 geredet wor-
„den, nicht verſtanden hat; daß naͤmlich bey ei-
„nem jeden Engel und auch bey einem jeden Men-
„ſchen ein innerſter oder hoͤchſter Grad, oder et-
„was Jnnerſtes und Hoͤchſtes ſey,
„worein das Goͤttliche des Herrn zuerſt oder zu-
„naͤchſt einfließet, und woraus es das uͤbrige Jn-
„nere einrichtet, welches nach den Graden der
„Ordnung
[187]Von der Geiſterwelt.
„Ordnung bey denſelben folget: dieſes Jn-
„nerſte
oder Hoͤchſte
kann der Eingang
„des Herrn zu dem Engel und zu dem Menſchen,
„und unmittelbar Seine Wohnung bey ihnen,
„genennet werden: durch dieſes Jnnerſte
„oder Hoͤchſte
iſt der Menſch ein Menſch,
„und von den unvernuͤnftigen Thieren unterſchie-
„den, denn dieſe haben es nicht: daher kommt
„es, daß der Menſch anders, als die Thiere, in
„Anſehung alles Jnnern, das ſeinem Gemuͤth
„und ſeiner Seele zukommt, von dem Herrn
„zu Jhm erhoben werden kann, an Jhn glau-
„ben, Jhn lieben, und alſo Jhn ſehen, und
„folglich auch Erkaͤnntnis und Weisheit empfan-
„gen, und aus der Vernunft reden kann; daher
„kommt es auch, daß er in Ewigkeit lebet. Was
„aber von dem Herrn in dieſem Jnnerſten
„veranſtaltet und vorgeſehen wird, fließet nicht
„offenbar in den Begriff eines Engels, weil es
„uͤber ſeine Denkungskraft iſt, und ſeine Weis-
„heit uͤberſteigt.“


436. Daß der Menſch in Anſehung ſeines
Jnnern ein Geiſt ſey, das iſt mir durch vielfaͤl-
tige Erfahrung zu erkennen gegeben worden, wenn
ich aber alle dieſe Erfahrungen anfuͤhren wollte,
ſo wuͤrden, wie man zu ſagen pflegt, ganze Buͤ-
cher voll werden: ich habe mit den Geiſtern als
ein Geiſt geredet, und habe auch mit ihnen gere-
det wie ein Menſch im Leibe, und da ich mit ih-
nen als ein Geiſt geredet, haben ſie nicht anders
gewußt,
[188]Von der Geiſterwelt.
gewußt, als ſey ich lediglich ein Geiſt, und auch
in menſchlicher Geſtalt, gleich wie ſie; ſo iſt mein
Jnneres vor ihnen erſchienen, weil, da ich mit
ihnen geredet habe als ein Geiſt, mein materiel-
ler Leib nicht erſchienen iſt.


437. Daß der Menſch in Anſehung ſeines
Jnnern ein Geiſt ſey, kann auch daraus erhellen,
daß, nachdem der Leib von ihm geſchieden iſt,
welches geſchiehet, wenn er ſtirbt, der Menſch
hernach dennoch lebet, wie vorhero: um mich
darinnen zu beſtaͤrken, wurde mir gegeben, faſt
mit allen zu reden, die ich jemals bey ihres Leibes
Leben gekannt habe, mit einigen Stunden lang,
mit einigen Wochen und Monate lang, und
mit einigen Jahre lang, und dieſes vornehmlich
darum, damit ich beſtaͤrket wuͤrde, und es be-
zeugen moͤchte.


438. Ueber dieſes darf ich noch hinzufuͤgen,
daß ein jeder Menſch, ſo lange er im Leibe lebt,
auch in Anſehung ſeines Geiſtes mit den Geiſtern
in Geſellſchaft iſt, ob er es gleich nicht weis; durch
ſie iſt der Gute in einer englichen Geſellſchaft, und
der Boͤſe in einer hoͤlliſchen Geſellſchaft; und daß
er auch nach dem Tod in eben eine ſolche Geſell-
ſchaft kommt; dieſes iſt denen, die nach dem Tod
unter die Geiſter gekommen ſind, oͤfters geſagt
und gezeigt worden. Jn ſolcher Geſellſchaft er-
ſcheinet zwar der Menſch, da er in der Welt lebt,
nicht wie ein Geiſt, aus der Urſache, weil er da
auf
[189]Von der Geiſterwelt.
auf natuͤrliche Weiſe denket, diejenigen aber, welche
von dem Leibe abgezogen denken, erſchei-
nen bisweilen, weil ſie ſodann im Geiſte ſind, in
ihrer Geſellſchaft, und wenn ſie erſcheinen, ſo
werden ſie von den Geiſtern, die in der Geſell-
ſchaft ſind, gar wohl unterſchieden und erkannt,
denn ſie gehen in Gedanken, erſtummen, und
ſehen die andern nicht an, ſie thun, als ob ſie
ſolche nicht ſaͤhen, und ſo bald ſie ein Geiſt an-
redet, verſchwinden ſie.


439. Jch will, um es zu erlaͤutern, daß der
Menſch in Anſehung ſeines Jnnern ein Geiſt ſey,
aus der Erfahrung melden, wie es zugehet, wenn
der Menſch von dem Leibe weggefuͤhret, und wie,
wenn er von dem Geiſt in einem andern Ort
gebracht wird.


440. Was das erſte anbetrift, naͤmlich von
dem Leibe weggefuͤhret werden,
ſo verhaͤlt
ſich dieſes alſo; der Menſch wird in einen gewiſ-
ſen Zuſtand gebracht, der ſo ein mittlerer Zuſtand
iſt zwiſchen ſchlafen und wachen, wenn er nun
in dieſem Zuſtand iſt, ſo weis er nicht anders,
als daß er voͤllig wachſam ſey, alle Sinnen ſind
ſo ſehr wachſam, als wie bey der groͤßten Wach-
ſamkeit des Leibes, ſo wohl das Geſicht als das
Gehoͤr, und welches wunderbar iſt, auch das Ge-
fuͤhl, das alsdenn vortreflicher iſt, als jemalen
eins bey der Wachſamkeit des Leibes vorhanden
ſeyn kann: ich habe auch in dieſem Zuſtand die
Geiſter
[190]Von der Geiſterwelt.
Geiſter und Engel auf das lebhafteſte geſehen,
auch gehoͤret, und welches wunderbar, auch an-
geruͤhret, und damals war faſt gar nichts von
dem Leibe dabey: dieſes iſt der Zuſtand, da es
heißt, daß man vom Leibe weggefuͤhret
werde, und nicht wiſſe, ob man in dem
Leibe oder auſſer dem Leibe ſey.
Jn die-
ſem Zuſtand bin ich nur drey oder viermal verſetzt
worden, damit ich nur wiſſen moͤchte, wie er be-
ſchaffen, und zugleich, daß die Geiſter und Engel
alle Sinnen beſitzen, daß ſie auch der Menſch
in Anſehung ſeines Geiſtes habe, wenn er von
dem Leibe weggefuͤhret worden.


441. Was das andere anbelanget, naͤmlich
von dem Geiſt an einen andern Ort ge-
bracht werden,
ſo iſt mir durch die lebendige
Erfahrung gezeigt worden, was es ſey, und wie
es zugehe, aber dieſes nur zwey oder dreymal; ich
will die bloße Erfahrung anfuͤhren: indem ich
durch die Gaſſen einer Stadt, und durch die Straſ-
ſen im Feld ſpatzierte, auch damals im Reden mit
den Geiſtern begriffen war, ſo wußte ich nicht
anders, als daß ich ſo wachſam ſey und ſaͤhe, wie
zu andern Zeiten, ich gieng alſo, ohne mich zu
verirren, und war inzwiſchen in einem Geſichte,
und ſahe Haine, Fluͤſſe, Pallaͤſte, Haͤuſer, Men-
ſchen und andres mehr; nachdem ich aber etliche
Stunden alſo gegangen, war ich ploͤtzlich im Ge-
ſichte des Leibes, und wurde gewahr, daß ich an
einem andern Ort ſey, als ich nun hieruͤber ſehr
erſtaun-
[191]Von der Geiſterwelt.
erſtaunte, wurde ich inne, daß ich in einem ſol-
chen Zuſtand geweſen, wie deren ihrer iſt, von
welchen man ſagt, daß ſie von dem Geiſt in
einen andern Ort gefuͤhret worden;
denn
ſo lange es waͤhret, denket man nicht auf den
Weg, und wenn es auch viele Meilwegs waͤre,
man denket auch nicht auf die Zeit, wenn es auch
viele Stunden oder Tage waͤren; es wird auch
keine Muͤdigkeit empfunden; man wird auch ſo-
dann durch Wege gefuͤhret, die man ſelbſt nicht
weis, bis an den beſtimmten Ort, ohne ſich zu
verirren.


442. Aber dieſe beyden Zuſtaͤnde des Men-
ſchen, welches ſeine Zuſtaͤnde ſind, wenn er in ſei-
nem Jnnern, oder welches gleich viel, wenn er
im Geiſte iſt, ſind auſſerordentlich; ſie ſind mir
nur zu dem Ende gezeigt worden, damit ich wiſ-
ſen moͤchte, wie ſie beſchaffen ſind, weil ſie in-
nerhalb der Kirche bekannt ſind; mir iſt aber auch
gegeben worden, bey voͤlliger Wachſamkeit des
Leibes, und dieſes nun ſchon viele Jahre lang,
mit den Geiſtern zu reden, und bey ihnen zu ſeyn,
wie einer unter ihnen.


443. Daß der Menſch, ſo viel ſein Jnne-
res betrifft, ein Geiſt ſey, das kann noch weiter
aus dem beſtaͤtiget werden, was ich oben Num.
311. 317 geſagt und gezeigt habe, allwo davon
gehandelt worden, daß der Himmel und die Hoͤlle
aus dem menſchlichen Geſchlecht ſey.


444. Daß
[192]Von der Geiſterwelt.

444. Daß der Menſch in Anſehung ſeines
Jnnern ein Geiſt ſey/ dadurch verſtehe ich, in
Anſehung deſſen, was zu ſeinem Denken
und Willen gehoͤret,
weil dieſe lediglich das
Jnnere ſind, welches machet, daß der Menſch
ein Menſch iſt, und zwar ein ſolcher Menſch, wie
er in Anſehung des Jnnern beſchaffen iſt.


Von des Menſchen Auferweckung
von den Todten, und von ſeinem

Eingang in das ewige Leben.


445. Wenn der Leib ſeine Verrichtungen, die
mit den Gedanken und Neigungen ſeines Geiſtes,
welche er aus der geiſtlichen Welt hat, uͤberein-
ſtimmen, in der natuͤrlichen Welt nicht mehr thun
kann, alsdenn ſagt man, der Menſch ſterbe: die-
ſes geſchiehet, wenn die Athemsbewegungen der
Lungen und die Pulsbewegungen des Herzens
aufhoͤren; dennoch aber ſtirbt der Menſch nicht,
ſondern wird nur von dem Leiblichen geſchieden/
das ihm in der Welt zum Gebrauch gedienet hat;
denn der Menſch ſelber lebt: ich ſage, daß der
Menſch ſelber lebe, darum, weil der Menſch
nicht aus dem Leibe, ſondern aus dem Geiſt ein
Menſch iſt, darum, weil es der Geiſt iſt, der
in dem Menſchen denket, und die Denkungskraft
nebſt der Neigung einen Menſchen ausmacht.
Daraus erhellet, daß der Menſch, wenn er ſtirbt,
nur
[193]Von der Geiſterwelt.
nur von einer Welt in die andere uͤbergehe: da-
her kommt es, daß in dem Wort, und zwar
in deſſen innerlichen Sinn, durch den Tod die
Auferſtehung und die Fortfuͤhrung des Lebens an-
gedeutet wird.


446. Der Geiſt iſt mit dem Athemholen und
mit der Bewegung des Herzens innigſt verge-
meinſchaftet, ſein Denken mit dem Athemholen,
und ſeine Neigung oder Liebe mit dem Herzen;
wenn dahero dieſe beyde Bewegungen in dem Koͤr-
per aufhoͤren, ſo iſt gleich ſobald die Trennung
da: dieſe zwey Bewegungen, naͤmlich das Athem-
holen der Lungen, und die Pulsſchlagung des Her-
zens ſind lediglich das Band, wenn dieſes zerriſ-
ſen worden, ſo iſt der Geiſt ſich ſelbſt uͤberlaſſen,
und der Leib, weil er ſodann ohne das Leben ſeines
Geiſtes iſt, wird kalt und faͤngt an zu faulen.
Daß der Geiſt des Menſchen mit dem Athemho-
len und mit dem Herzen innigſt vergemeinſchaf-
tet iſt, iſt daher, weil alle Lebensbewegungen,
nicht nur im ganzen Koͤrper, ſondern auch in je-
dem Theil, davon abhaͤngen.


447. Der Geiſt des Menſchen bleibt nach der
Trennung noch ein klein wenig in dem Leibe, aber
nicht laͤnger, als bis das Herz ſich zu bewegen
voͤllig aufhoͤret, welches mit Verſchiedenheit, nach
Beſchaffenheit der Krankheit, woran der Menſch
ſtirbt, geſchhiehet, denn die Bewegung des Her-
zens haͤlt bey manchen noch lange an, bey man-
Sw. Sch.II.Th. Ochen
[194]Von der Geiſterwelt.
chen aber nicht lange; ſo bald dieſe Bewegung
aufhoͤret, wird der Menſch auferwecket; dieſes
aber geſchiehet vom Herrn allein: durch die Auf-
erweckung wird verſtanden die Ausfuͤhrung
des Geiſtes des Menſchen aus dem Leibe,
und die Einfuͤhrung deſſelben in die
geiſtliche Welt,
dieſes nun wird uͤberhaupt die
Auferſtehung genennet. Daß der Geiſt
des Menſchen von dem Leibe nicht eher geſchieden
wird, als wenn die Bewegung des Herzens auf-
gehoͤret hat, iſt die Urſache, weil das Herz mit
der Neigung oder Liebe uͤbereinſtimmet, die un-
mittelbar das Leben des Menſchen iſt, denn aus
der Liebe hat ein jeder ſeine Lebens Waͤrme: ſo
lange dahero dieſe Verbindung waͤhret, ſo lange iſt
auch die Uebereinſtimmung, und von daher das
Leben des Geiſtes in dem Koͤrper vorhanden.


448. Wie die Auferweckung geſchiehet, das
iſt mir nicht allein geſagt, ſondern auch durch die
lebendige Erfahrung gezeigt worden; die Erfah-
rung ſelber geſchahe an mir, deswegen, damit ich
vollkommen wiſſen moͤchte, wie es zugehet.


449. Jch bin in einen Zuſtand der Unem-
pfindlichkeit, was die leiblichen Sinne betrifft,
und alſo faſt in den Zuſtand der Sterbenden, ge-
bracht worden, doch ſo, daß das innere Leben,
mit dem Denken, unverſehrt blieb, damit ich das-
jenige, was vorgehen wuͤrde, und was mit denen
vorgeht, die von den Todten auferwecket werden,
vernehmen und in Gedaͤchtnis behalten moͤchte:
ich
[195]Von der Geiſterwelt.
ich empfande, daß mir die Athemholung des Lei-
bes beynahe benommen war, und nur die innere
Athemholung des Geiſtes, die mit einem gerin-
gen und ſtillen Athemholen des Leibes verknuͤpft
war, uͤbrig blieb. Da wurde mir zuerſt, in
Anſehung des Herzenspuls, die Vergemeinſchaf-
tung mit dem himmliſchen Reich gegeben, weil
dieſes Reich mit dem Herzen des Menſchen uͤber-
einſtimmer; ich ſahe auch Engel aus dieſem Reich,
einige von ferne, und zwey bey dem Haupt, bey
welchem ſie ſaſſen: daher wurde mir alle eigene
Neigung weggenommen, dennoch aber blieb die
Denkungskraft und die Empfindung; in dieſem
Zuſtand war ich etliche Stunden lang. Alsdenn
zogen ſich die Geiſter, die um mich herum gewe-
ſen waren, zuruͤck, indem ſie meinten, ich ſey
geſtorben; ich ſpuͤhrte auch ein Gewuͤrz-Geruch,
wie von einem einbalſamirten Leichnam, denn wenn
die himmliſchen Engel zugegen ſind, ſo wird
alsdenn der todte Leichnam wie Gewuͤrze gerochen,
und wenn dieſen Geruch die Geiſter ſpuͤhren, ſo
koͤnnen ſie nicht herannahen; auf dieſe Weiſe wer-
den auch die boͤſen Geiſter von dem Geiſt des
Menſchen, ſo bald er in das ewige Leben einge-
fuͤhret wird, weggetrieben. Die Engel, welche
bey meinem Haupte ſaſſen, waren ganz ſtille, in-
dem ſie mir nur ihre Gedanken mittheilten, wenn
nun dieſe ihre Gedanken aufgenommen werden,
ſo wiſſen die Engel, daß der Geiſt des Menſchen
in einem ſolchen Zuſtand ſey, daß er koͤnne aus
dem Leibe heraus gefuͤhret werden. Die Mit-
O 2theilung
[196]Von der Geiſterwelt.
theilung ihrer Gedanken geſchahe durch ihr An-
ſchauen in mein Angeſicht; denn alſo geſchehen
im Himmel die Mittheilungen der Gedanken.
Weil mir die Denkungskraft und die Empfindung
gelaſſen worden, und zwar deswegen, damit ich
wiſſen, und mich erinnern koͤnnte, wie die Aufwe-
ckung geſchehe, ſo empfand ich, daß dieſe Engel zu-
erſt erforſcheten, was meine Gedanken waͤren, ob
ſie eben ſo waͤren, wie die Gedanken derer, welche
ſterben, die gemeiniglich an das ewige Leben den-
ken, und daß ſie mein Gemuͤth in dieſem Denken
erhalten wollten: hernach wurde geſagt, der Geiſt
des Menſchen wuͤrde in ſeinen letzten Gedanken,
wenn der Leib ſtirbt, ſo lange erhalten, bis er
wieder auf die Gedanken komme, die aus ſeiner
Hauptneigung oder die bey ihm in der Welt ge-
herſchet, herflieſſen. Jnſonderheit iſt mir zu
empfinden, und auch zu fuͤhlen gegeben worden,
daß das Jnnere oder mein Gemuͤth, und alſo
mein Geiſt aus dem Koͤrper gezogen und gleich-
ſam heuausgeriſſen wurde, und es wurde geſagt,
daß dieſes vom Herrn ſey; und daß daher die
Auferſtehung komme.


450. Wenn die himmliſchen Engel bey
dem Auferweckten ſind, ſo verlaſſen ſie ihn nicht,
weil ſie einen jeden lieben, wenn aber der Geiſt
ſo beſchaffen iſt, daß er in der Geſellſchaft der
himmliſchen Engel nicht mehr ſeyn kann, ſo
ſehnet ſich ſodann der Auferweckte von ihnen hin-
weg; wenn dieſes geſchiehet, ſo kommen die En-
gel
[197]Von der Geiſterwelt.
gel aus dem geiſtlichen Reich des Herrn,
und geben ihm den Genuß des Lichts, dann vor-
her hat er nichts geſehen, ſondern nur gedacht:
es iſt mir auch gezeigt worden wie dieſes geſchie-
het: es ſchien, als ob dieſe Engel das Haͤutlein
des linken Auges gegen der Scheidewand der Naſe
zu gleichſam auseinander wickelten, damit das
Auge eroͤffnet und ihm das Sehen gegeben wuͤrde;
der Geiſt iſt ſich auch nichts anders bewußt, als
geſchehe es wirklich alſo, es ſcheint aber nur ſo:
wenn es nun geſchienen, als ob ſie das Haͤutlein
auseinander gewickelt haͤtten, ſo erſcheinet etwas
Helles, aber noch dunkel, gleichſam als wenn ein
Menſch beym erſten Auſwachen durch die Augen-
lieder ſiehet; dieſe noch dunkle Helle ſchiene mir
von einer himmliſchen Farbe zu ſeyn; es wurde
aber hernach geſagt, daß dieſes auf mancherley
Weiſe geſchehe: nachgehends fuͤhlt man, daß aus
dem Angeſichte etwas gelind ausgewickelt wird,
und wenn dieſes geſchehen, ſo wird das geiſtliche
Denken eingefloͤſſet; dieſe Auswickelung aus dem
Angeſichte iſt auch nur ein Anſchein, denn es wird
dadurch vorgeſtellet, daß man von dem natuͤrli-
chen Denken in das geiſtliche Denken komme;
die Engel verhuͤten mit der groͤßten Sorgfalt, daß
von dem Auferweckten kein anders Gedankenbild
komme, als welches nach der Liebe ſchrecket: als-
denn ſagen ſie ihm, daß er ein Geiſt ſey. Nach-
dem die geiſtlichen Engel dem neuen Geiſt den
Genuß des Lichts gegeben, ſo le ſten ſie ihm alle
Dienſte, die er in ſolchem Zuſtand jemals begeh-
O 3ren
[198]Von der Geiſterwelt.
ren kann, und geben ihm von den Dingen, die
im andern Leben ſind, Unterricht, aber nur ſo
viel, als er faſſen kann: iſt er aber nicht ſo be-
ſchaffen, daß er ſich will unterrichten laſſen, ſo
begehret alsdenn der Auferweckte von der Geſell-
ſchaft dieſer Engel hinweg; dennoch aber verlaſſen
ihn die Engel nicht, ſondern er trennet ſich ſelber
von ihnen; denn die Engel lieben einen jedwe-
den, und haben nach nichts ein groͤſſeres Verlan-
gen, als Dienſte zu leiſten, zu unterrichten, und
in den Himmel zu bringen, hierinnen beſtehet
ihre groͤßte Ergoͤtzung. Wenn ſich nun der Geiſt
auf dieſe Weiſe von denſelben trenuet, ſo wird
er von den guten Geiſtern aufgenommen, und
wenn er in deren Geſellſchaft iſt, ſo leiſten ſie ihm
auch alle Dienſte: wenn aber ſein Leben in der
Welt ſo beſchaffen geweſen, daß er in der Geſell-
ſchaft der Guten nicht hat ſeyn koͤnnen, ſo begeh-
ret er auch ſodann von dieſen guten Geiſtern hin-
weg, und dieſes begehret er ſo lange und ſo oft,
bis er ſich zu ſolchen geſellet, die mit ſeinem in der
Welt gefuͤhrten Leben gaͤnzlich uͤbereinkommen,
bey welchen er nunmehro ſein Leben findet, und,
welches zu verwundern iſt, alsdenn eben ein ſol-
ches Leben fuͤhret, wie vorhero in der Welt.


451. Allein, dieſer allererſte Anfang des Le-
bens des Menſchen nach dem Tod waͤhret nicht
laͤnger, als etliche Tage; wie er aber nachgehends
von einem Zuſtand in den andern, und endlich
entweder in den Himmel, oder in die Hoͤlle ge-
fuͤhret
[199]Von der Geiſterwelt.
fuͤhret wird, das ſoll im folgenden geſagt werden;
denn dieſes iſt mir eben auch durch viele Erfah-
rung zu wiſſen gethan worden.


452. Jch habe mit einigen am dritten Tag
nach ihrem Tod geredet, und da iſt dasjenige,
was kurz vorher Num. 449 und 450 gemeldet
worden, vorgegangen; ich redete auch mit dreyen,
die mir in der Welt bekannt geweſen, und er-
zaͤhlte ihnen, daß man itzt zu ihrem Leichenbe-
gaͤngnis Anſtalt mache, damit ihr Leib begraben
wuͤrde, ich hatte naͤmlich geſagt, damit ſie be-
graben wuͤrden,
da ſie nun dieſes gehoͤret hat-
ten, uͤberfiel ſie ein gewiſſes Entſetzen, und ſag-
ten, das ſie leben, das aber moͤchte man immer
beerdigen, was ihnen in der Welt gedienet haͤtte;
nachgehends wunderten ſie ſich ſehr daß ſie, ſo
lange ſie in der Welt gelebt, ein ſolche [...] Leben nach
dem Tod nicht geglaubt haͤtten, und hauptſaͤchlich
daruͤber, daß es faſt alle innerhalb der Kirche
nicht glaubten. Wenn diejenigen, welche in der
Welt kein Leben der Seele nach geendigten Leben
des Leibes geglaubt haben, wahrnehmen, daß ſie
leben, ſo ſchaͤmen ſie ſich ſeht: diejenigen aber, ſo
ſich hierinnen ſo gar beſtaͤrkt haben, werden zu
ihres Gleichen geſellet, und von denen, ſo es ge-
glaubt haben, abgeſondert; mehrentheils werden
ſie, weil ſolche auch das Goͤttliche gelaͤugnet,
und die Wahrheiten der Kirche verachtet haben,
mit einer hoͤlliſchen Geſellſchaft verbunden; denn
um ſo viel ſich einer wider das ewige Leben ſeiner
O 4Seele
[200]Von der Geiſterwelt.
Seele befeſtiget, in ſo viel befeſtiget er ſich auch
wider die Dinge, ſo den Himmel und die Kirche
anbetreffen.


Daß der Menſch nach dem Tod
in vollkommener menſchlicher

Geſtalt ſey.


453. Daß die Geſtalt des Geiſtes des Men-
ſchen eine menſchliche Geſtalt ſey, oder daß der
Geiſt auch der Geſtalt nach ein Menſch ſey, kann
ſchon aus dem offenbar und bekannt ſeyn, was
ich oben in vielen Artikeln gezeigt habe, vornehm-
lich in denen, wo gezeigt worden, daß ein jeder
Engel in vollkommener menſchlicher Geſtalt ſey,
Num. 73-77; und daß ein jeder Menſch nach
ſeinem Jnnern ein Geiſt ſey, Num. 432-444;
wie auch, daß die Engel im Himmel aus dem
menſchlichen Geſchlecht ſeyen, Num. 311-317.
Noch klaͤrer aber kann es daraus erſehen werden,
daß der Menſch ein Menſch iſt vermoͤge ſeines
Geiſtes, aber nicht vermoͤge ſeines Leibes; und
daß die leibliche Geſtalt dem Geiſt lediglich nach
ſeiner Geſtalt zugegeben worden iſt, nicht aber um-
gekehret, denn der Geiſt iſt nach ſeiner Geſtalt
mit einem Leib angezogen worden; weswegen
der Geiſt des Menſchen in alle und jede, ja in
die beſonderſten Theilgen des Leibes wuͤrket, ja
ſo gar, daß derjenige Theil, worein der Geiſt
nicht wurket, oder worinnen kein wuͤrkender Geiſt
iſt,
[201]Von der Geiſterwelt.
iſt, auch. kein Leben hat: daß ſich die Sache
ſo verhalte, kann ein jeder blos allein daraus
wiſſen, daß das Denken und das Wollen le-
diglich auf ſeinen Wink alle und jede Theilgen
des Leibes antreibet, dermaſen, daß alles mit-
einander herbey eilet, und was nicht herbey
eilet, gar kein Theil des Leibes iſt, denn er
wird auch heraus geworfen, als wie ein Theil,
worinnen kein Leben iſt; das Denken und Wol-
len iſt dem Geiſt des Menſchen eigen, nicht
aber dem Leib. Daß der Geiſt, nach geſche-
hener Trennung vom Leibe, und der, ſo in dem
Nebenmenſchen iſt, von dem Menſchen nicht
in menſchlicher Geſtalt geſehen wird, iſt die
Urſache, weil das Werkzeug des leiblichen Ge-
ſichts oder das Auge des Leibes, um ſo viel es
in der Welt ſieht, materiell iſt, und das Ma-
terielle oder Koͤrperliche ſiehet nichts anders,
als was materiell oder koͤrperlich iſt, hingegen
das Geiſtliche ſiehet das, was geiſtlich iſt; da-
hero, wenn das Materielle des Auges verhuͤllt
und ſeines Mitwuͤrkens mit dem Geiſtlichen
beraubt wird, alsdenn werden die Geiſter in
ihrer Geſtalt, die eine menſchliche iſt, geſehen,
und zwar nicht allein die Geiſter, welche in
der geiſtlichen Welt ſind, ſondern auch der
Geiſt, der in dem Nebenmenſchen iſt, wenn
er noch in ſeinem Leibe iſt.


454. Daß die Geſtalt des Geiſtes eine
menſchliche Geſtalt iſt, kommt daher, weil der
O 5Menſch
[202]Von der Geiſterwelt.
Menſch in Anſehung ſeines Geiſtes nach der
Geſtalt des Himmels geſchaffen iſt, denn der
ganze Himmel und deſſen Ordnung iſt in das,
was zum Gemuͤthe des Menſchen gehoͤret, ge-
legt worden; *) von daher hat er das Ver-
moͤgen, einen Erkaͤnntnisvollen Verſtand und
Weisheit zu bekommen: ob man ſage, das
Vermoͤgen, einen Erkaͤnntnisvollen Verſtand
und Weisheit zu bekommen, oder das Vermoͤ-
gen, den Himmel zu bekommen, iſt gleich viel;
wie aus dem erhellen kann, was ich oben ge-
zeigt habe von dem Licht und von der Waͤrme
des Himmels, Num. 126 140: von der Ge-
ſtalt des Himmels, Num. 200-212: von der
Weisheit der Engel, Num. 265-275; und
in dem Artikel, daß der Himmel ſeiner Geſtalt
nach im Ganzen und in den Theilen einen Men-
ſchen vorſtelle Num. 59 77; und dieſes ver-
moͤge des Goͤttlich Menſchlichen des Herrn,
aus Welchem der Himmel und deſſen Geſtalt
herkommt, Num. 78-86.


455. Das, was bereits geſagt worden,
kann der vernuͤnftige Menſch verſtehen, denn
er
[203]Von der Geiſterwelt.
er kann es aus dem Zuſammenhang der Ur-
ſachen, und der Wahrheit in ihrer Ordnung
einſehen; aber der Menſch, der nicht vernuͤnf-
tig iſt, verſtehet es nicht: daß er es nicht ver-
ſtehet, ſind vielerley Urſachen; die vornehmſte
iſt, daß er es nicht verſtehen will, weil es wi-
der ſein Falſches laͤuft, das er ſich zur Wahr-
heit gemacht; und wer es deswegen nicht ver-
ſtehen will, der hat ſich den Weg des Himmels
zu ſeinem vernuͤnftigen Theil verſchloſſen,
welcher dennoch auch eroͤffnet werden kann,
wenn ſich nur der Wille nicht widerſetzet, man
leſe Num. 424: daß der Menſch die Wahr-
heiten verſtehen, und vernuͤnftig ſeyn koͤnne,
wenn er nur den Willen dazu hat, das iſt mir
durch vielfaͤltige Erfahrung gezeigt worden;
oftmals wurden boͤſe Geiſter, die dadurch, daß
ſie in der Welt das Goͤttliche und die Wahr-
heiten der Kirche gelaͤugnet, und ſich darwi-
der befeſtigt hatten, unvernuͤnftig worden ſind,
durch eine goͤttliche Kraft zu denen gewendet,
die in dem Licht der Wahrheit waren, und als-
denn begriffen ſie alles, gleichwie die Engel,
und bekannten, daß es Wahrheit ſey, und
daß ſie auch alles wohl begreiffen; ſo bald ſie
aber wieder in ſich ſelber verfielen, und ſich
zu der Liebe ihres Willens kehrten, begriffen
ſie gar nichts, und redeten das Gegentheil;
ich hoͤrete auch einige hoͤlliſche Geiſter ſagen,
ſie wuͤßten und wuͤrden es inne, daß dasjeni-
ge, was ſie thaͤten, boͤſe, und was ſie daͤchten,
falſch
[204]Von der Geiſterwelt.
falſch ſey, ſie koͤnnten aber der Luſt ihrer Lie-
be, und alſo dem Willen nicht widerſtehen,
und dieſer reiſſe ihre Gedanken dahin, daß ſie
das Boͤſe alswie etwas Gutes, und das Fal-
ſche alswie etwas Wahres anſaͤhen; hieraus
erhellete, daß dieſe, als welche in dem Falſchen
ſind, auch ſogar aus dem Boͤſen verſtehen, und
mithin vernuͤnftig ſeyn konnten, aber nicht
wollten; und die Urſache, daß ſie nicht wollten,
war dieſe, weil ihnen das Falſche lieber gewe-
ſen, als das Wahre, darum, weil das Falſche
mit dem Boͤſen, in welchem ſie waren, zuſam-
menſtimmete: lieben und wollen, iſt einerley,
denn was der Menſch will, das liebet er, und
was er liebet, das will er. Weil nun der Zu-
ſtand der Menſchen ſo beſchaffen iſt, daß ſie
die Wahrheit, wenn ſie nur den Willen dazu
haben, verſtehen koͤnnen, ſo iſt mir erlaubt
worden, die geiſtlichen Wahrheiten, die zur
Kirche und zum Himmel gehoͤren, auch durch
das Vernuͤnftige zu befeſtigen; und alſo des-
wegen, damit das Falſche, das bey ſehr vielen
den vernuͤnftigen Theil verriegelt hat,
durch das Vernuͤnftige vertrieben, und auf
ſolche Weiſe das Auge vielleicht ein wenig auf-
gethan werden moͤchte; denn die geiſtlichen
Wahrheiten durch das Vernuͤnftige zu befeſti-
gen, iſt allen denen, die in dem Wahren ſte-
hen, erlaubt; *) wer wuͤrde jemals das Wort
aus
[205]Von der Geiſterwelt.
aus deſſen buchſtaͤblichen Sinn verſtehen, wenn
er nicht die darinnen befindliche Wahrheiten
aus dem erleuchteten vernuͤnftigen Theil ſaͤ-
he? woher kaͤmen denn ſonſt ſo viele Spaltun-
gen oder Ketzereyen aus eben dieſem Wort?


456. Daß der Geiſt des Menſchen nach
der Aufloͤſung vom Leibe ein Menſch, und in
eben der Geſtalt ſey, davon bin ich durch die
taͤgliche Erfahrung vieler Jahre her offenbar
uͤberzeugt worden, denn ich habe ſie tauſendmal
geſehen, gehoͤret, und mit ihnen geredet, auch
davon, daß die Menſchen in der Welt nicht
glaubten, daß ſie ſo beſchaffen ſeyen, und daß
diejenigen, welche es glauben, von den Ge-
lehrten fuͤr einfaͤltig gehalten wuͤrden: es that
den Geiſtern herzlich leid, daß noch immer der-
gleichen Unwiſſenheit auf dem Erdkreis, und
ſonderlich innerhalb der Kirche ſey; ſie ſagten
aber, dieſer Unglaube waͤre hauptſaͤchlich von
den Gelehrten hergekommen, die aus der leib-
lichen Sinnlichkeit uͤber die Seele gedacht,
und ſich aus dieſer Sinnlichkeit von ihr keinen
andern Begriff gemacht haben, als ſey ſie blo-
ſes Denken, wenn nun dieſes bloſe Denken,
ohne einige Unterlage, worinnen es iſt, und
woraus es herkommt, betrachtet wird, ſo iſt es
eben ſo, wie etwas Fluͤchtiges von der reinen
Himmel-
*)
[206]Von der Geiſterwelt.
Himmelluft, welches, wenn der Leib ſtirbt,
nothwendig verfliegen muͤßte; weil aber die
Kirche die Unſterblichkeit der Seele aus dem
Wort glaubt, ſo konnten die Gelehrten nicht
anders, ſie mußten ihr etwas Lebhaftes, als
wie das Lebhafte des Denkens iſt, zuſchreiben,
dem ungeachtet aber raͤumen ſie ihr das Sinn-
liche, ſo wie es der Menſch hat, nicht eher
ein, als bis ſie wiederum mit dem Koͤrper ver-
bunden waͤre; auf dieſe Meinung nun wird
ihre Lehre von der Auferſtehung, und der
Glaube, daß dieſe Verbindung vor ſich gehen
werde, wenn das juͤngſte Gericht komme, ge-
gruͤndet; daher kommt es eben, daß, wenn
einer nach dieſer Lehre und zugleich aus dieſer
willkuͤhrlich angenommenen Meinung, uͤber
die Seele denkt, er ganz und gar nicht begreif-
fen kann, daß ſie ein Geiſt, und dieſer in
menſchlicher Geſtalt ſey: hierzu kommt noch,
daß kaum jemand heut zu Tage weis, was das
Geiſtliche ſey, und noch weniger, daß diejeni-
gen, ſo geiſtlich ſind, alswie alle Geiſter und
Engel ſind, einige menſchliche Geſtalt haben.
Daher kommt es auch, daß faſt alle, die aus
der Welt kommen, ſich hoͤchſtens verwundern,
daß ſie leben, und daß ſie Menſchen ſind, eben
ſo, wie vorhero, daß ſie ſehen, hoͤren und re-
den, daß ihr Leib ein Gefuͤhl habe, wie vor-
hero, und daß ganz und gar kein Unterſchied
ſey, man leſe oben Num. 74: wenn aber ihre
Verwunderung uͤber ſich ſelber aufhoͤrt, ſo
wundern
[207]Von der Geiſterwelt.
wundern ſie ſich hernach daruͤber, daß die
Kirche von einem ſolchen Zuſtand der Menſchen
nach dem Tod nichts weis, und alſo auch nichts
vom Himmel und von der Hoͤlle, da doch alle,
ſo viel ihrer in der Welt gelebt haben, in dem
andern Leben ſind, und als Menſch leben: und
weil ſie ſich auch verwunderten, warum dieſes
dem Menſchen, weil es ein weſentliches Stuͤck
des Glaubens der Kirche iſt, nicht durch Ge-
ſichter ſey offenbaret worden, ſo wurde ihnen
aus dem Himmel geſagt, dieſes haͤtte wohl ge-
ſchehen koͤnnen; weil nichts leichter iſt, als
das, wenn es dem Herrn wohlgefaͤllt, den-
noch aber wuͤrden es diejenigen, welche ſich im
Falſchen darwider befeſtigt haͤtten, nicht glau-
ben, wenn ſie es auch ſchon ſelber ſehen wuͤr-
den; uͤber dieſes waͤre es auch gefaͤhrlich, bey
denen, welche in dem Falſchen ſind, etwas
durch Geſichter zu bekraͤftigen, weil ſie es auf
ſolche Weiſſe zwar anfangs glauben, hernach
aber wieder laͤugnen wuͤrden, und alſo wuͤrden
ſie dieſes Wahre an ſich ſelber entheiligen;
denn entheiligen,*) heißt: etwas glauben
und
[208]Von der Geiſterwelt.
und hernach laͤugnen, und diejenigen, welche
das Wahre entheiligen, werden in die aller
unterſte und haͤrteſte Hoͤlle hinabgeſtoſſen. Dieſe
obgedachte Gefahr iſt es, welche durch die Worte
des
*)
[209]Von der Geiſterwelt.
des Herrn verſtanden wird: „Er hat ihre
Augen verblendet, und ihre Herzen ver-
haͤrtet, daß ſie mit den Augen nicht ſehen,
noch mit dem Herzen vernehmen, und ſich
bekehren, und ich ſie heilen moͤchte”
Joh.
12, 40: und daß diejenigen, welche im Falſchen
ſind, dennoch nicht glauben wuͤrden, das wird
durch dieſe Worte verſtanden: „Abraham
ſprach zu den Reichen in der Hoͤlle: ſie ha-
ben Moſen und die Propheten, laß ſie die-
lelbigen hoͤren; er aber ſprach: Nein, Va-
ter Abraham, ſondern wenn einer von
den Todten zu ihnen kaͤme, ſo wuͤrden ſie
ſich bekehren; Abraham aber ſagte zu ihm:
hoͤren ſie Moſen und die Propheten nicht,
ſo werden ſie auch nicht glauben, wenn
gleich einer von den Todten auferſtehen
wuͤrde,„
Luc. 16, 29. 30. 31.


457. Anfaͤnglich, wenn der Geiſt des
Menſchen in die Geiſterwelt eingehet,
welches kurz nach ſeiner Auferweckung
geſchiehet,
von welcher oben geredet worden,
ſo
*)
Sw. Sch.II.Th. P
[210]Von der Geiſterwelt.
ſo hat er eben das Angeſicht und eben den Ton
des Redens, die er in der Welt gehabt; die
Urſache iſt weil er alsdenn noch im Zuſtand ſei-
nes Aeuſſern ſtehet, und ſein Jnneres noch nicht
aufgedeckt iſt; dieſer Zuſtand iſt der erſte Zu-
ſtand der Menſchen nach dem Tod: her-
nach
aber wird das Angeſicht veraͤndert, und
wird ganz und gar anders, und wird ſeiner
Neigung oder herrſchenden Liebe gleich, als
worinnen das Jnnere oder ſein Gemuͤth in der
Welt geweſen, und worinnen ſein Geiſt in dem
Leibe geweſen iſt; denn das Angeſicht des Gei-
ſtes des Menſchen iſt von dem Angeſicht ſeines
Leibes ſehr unterſchieden, das Angeſicht des Lei-
bes kommt von den Aeltern, aber das Ange-
ſicht des Geiſtes kommt von ſeiner Neigung
her, deren Bild es iſt; in dieſes kommt der
Geiſt nach geendigten Leben in dem Leibe, wenn
nemlich das Aeuſſere entfernt, und das Jnnere
offenbar wird; dieſer Zuſtand iſt der dritte
Zuſtand des Menſchen.
Jch habe einige,
die aus der Welt neu angekommen waren, ge-
ſehen, und ſie aus dem Angeſicht und aus der
Rede erkannt, wenn ſie mir aber nachgehends
erſchienen ſind, ſo habe ich ſie nicht gekannt;
diejenigen, welche in guten Neigungen gewe-
ſen ſind, ſind mir in einem ſchoͤnen Angeſicht
erſchienen; die aber in boͤſen Neigungen gewe-
ſen, die erſchienen mir in einem ungeſtalten
oder heßlichen Angeſicht; denn der Geiſt des
Menſchen, in ſich betrachtet, iſt weiter nichts,
als
[211]Von der Geiſterwelt.
als ſeine Neigung, deren aͤuſſerliche Geſtalt
das Angeſicht iſt. Die Urſache, daß die An-
geſichter veraͤndert werden, iſt auch dieſe, weil
im andern Leben keinem verſtattet iſt, Neigun-
gen vorzugeben, die nicht ſein eigen ſind, und
alſo keiner ein Angeſicht annehmen darf, das
ſeiner Liebe, worinnen die Neigungen ſind,
nicht gemaͤß oder zuwider waͤre; alle, ſo viel
ihrer daſelbſt ſind, werden ſchlechterdings in
den Zuſtand gebracht, ſo zu reden, wie ſie den-
ken, und mit dem Geſicht und mit den Geber-
den zu zeigen, wie ihr Wille geneigt iſt; daher
kommt es nun, daß die Angeſichter aller und
jeder im andern Leben Geſtalten und Abbildun-
gen ihrer Neigungen werden: und daher kommt
es auch, daß alle, die in der Welt einander
gekannt haben, auch in der Geiſterwelt einan-
der kennen, nicht aber im Himmel, noch in der
Hoͤlle, wie oben Num. 427 gemeldet worden.


458. Die Angeſichter der Heuchler werden
ſpaͤter veraͤndert, als die Angeſichter der andern,
aus der Urſache, weil ſie ſich aus der Gewohn-
heit die Fertigkeit zugezogen haben, ihr Jnne-
res zur Nachahmung guter Neigungen anzu-
ſchicken, weswegen ſie lange Zeit nicht unſchoͤn
ausſehen; weil ihnen aber das verſtellte Weſen
nach und nach ausgezogen wird, und das Jn-
nere, das dem Gemuͤthe zukommt, ſich zur Ge-
ſtalt ſeiner Neigungen bequemen muß, ſo wer-
den ſie hernach heßlicher, als andre. Heuch-
P 2ler
[212]Von der Geiſterwelt.
ler ſind diejenigen, die da geredet, wie die En-
gel, innerlich aber nur allein die Natur, und
alſo nicht das Goͤttliche erkannt, mithin auch
dasjenige, was zur Kirche und zum Himmel ge-
hoͤret, gelaͤugnet haben.


459. Es iſt zu wiſſen, daß die menſchliche
Geſtalt eines jeden Menſchen nach dem Tod
deſto ſchoͤner iſt, je innerlicher er die goͤttliche
Wahrheiten gtliebet, und darnach gelebt hat,
denn das Jnnere eines jeglichen wird nach Be-
ſchaffenheit der Liebe zu ihnen, und des darnach
gefuͤhrten Lebens ſo wohl eroͤffnet als gebildet,
je innerlicher dahero die Neigung iſt, deſto
mehr iſt ſie dem Himmel gleichfoͤrmig, und
daher auch das Angeſicht deſto ſchoͤner: daher
kommt es, daß die Engel des innerſten Him-
mels
die allerſchoͤnſten ſind, weil ſie Geſtalten
der himmliſchen Liebe ſind: diejenigen aber,
welche nur aͤuſſerlich die goͤttliche Wahrheiten
geliebet, und alſo aͤuſſerlich darnach gelebt ha-
ben, die haben auch weniger Schoͤnheit, denn
aus ihrem Angeſichte leuchtet nur das Aeuſſere,
und die innere himmliſche Liebe leuchtet nicht
durch das Aeuſſere hindurch, mithin lenchtet
auch die Geſtalt des Himmels, wie ſie an ſich
ſelber iſt, nicht durch daſſelbe heraus; aus de-
ren ihrem Angeſichte kommt, in Ruͤckſicht auf
das ſchoͤne Angeſicht derſelben, nur etwas Dun-
keles zum Vorſchein, das von der Durchleuch-
tung des innern Lebens nicht belebt iſt: mit ei-
nem
[213]Von der Geiſterwelt.
nem Wort, alle Vollkommenheit waͤchſet ge-
gen das Jnnere zu, und gegen das Aeuſſere
zu nimmt ſie ab, wie nun die Vollkommenheit
zu- und abnimmt, alſo auch die Schoͤnheit.
Jch habe die Angeſichter der Engel des dritten
Himmels
geſehen, die ſo beſchaffen waren,
daß ein Mahler mit aller ſeiner Kunſt ſeinen
Farben nimmermehr ein ſolches Licht geben
koͤnnte, daß es nur dem tauſendſten Theil des
Lichts und Lebens, das in ihrem Angeſichte zu
ſehen war, gleich kaͤme: aber den Angeſichtern
der Engel des aͤuſſerſten Himmels koͤnnen ſie
einigermaſen aͤhnlich gemacht werden.


460. Letztens will ich ein gewiſſes noch nie-
mand bekanntes Geheimnis herſetzen, welches
darinnen beſteht, daß alles Gute und Wahre,
das von dem Herrn ausgehet, und den Him-
mel ausmacht, in menſchlicher Geſtalt iſt, und
dieſes nicht nur im Ganzen und Groͤßten, ſon-
dern auch in allen, ja in den kleinſten Theilen;
und daß dieſe Geſtalt auf einen jeden, der das
Gute und Wahre von dem Herrn aufnimmt,
einen Eindruck hat, und machet, daß ein je-
der im Himmel, nach Beſchaffenheit dieſes
Aufnehmens, in menſchlicher Geſtalt iſt: da-
her kommt es, daß der Himmel, ſo wohl im
Allgemeinen als in dem Beſondern, ſich ſelber
gleich iſt, und daß der ganze Himmel, eine jede
Geſellſchaft, und ein jeder Engel eine menſch-
liche Geſtalt hat, wie ich in den vier Artikeln
P 3von
[214]Von der Geiſterwelt.
von der 59ſten Nummer an, bis zur 86ſten,
gezeigt habe, denen noch hinzu gefuͤgt werden
muß, daß alle und jede aus der himmli-
ſchen Liebe herruͤhrende Gedanken der En-
gel eine menſchliche Geſtalt haben.
Allein,
dieſes Geheimnis faͤllt ſchwerlich in den Ver-
ſtand eines Menſchen, aber ganz klar in den
Verſtand der Engel, weil ſie im Lichte des Him-
mels ſind.


Daß ſich der Menſch nach dem
Tod in allen Sinnen, in dem Gedaͤcht-
nis, wie auch in den Gedanken und Neigun-
gen befinde, die er in der Welt gehabt; und
daß er nichts zuruͤck laſſe, als ſeinen
irdiſchen Leib.


461. Dß der Menſch, wenn er aus der na-
tuͤrlichen Welt in die geiſtliche uͤbergehet, wel-
ches bey ſeinem Sterben geſchiehet, alles das
Seinige, oder was ihm als Menſchen zukommt,
ausgenommen ſeinen irdiſchen Leib, mit ſich neh-
me, davon bin ich aus vielfaͤltiger Erfahrung
uͤberzeugt worden; denn, wenn der Menſch in
die geiſtliche Welt, oder in das Leben nach dem
Tod eingehet, ſo iſt er in einem Leib, wie in
dieſer Welt, dem Anſchein nach iſt gar kein Un-
terſchied, denn er fuͤhlet und ſiehet keinen Un-
terſchied; aber ſein Leib iſt geiſtlich, und alſo
von den irdiſchen Theilen geſchieden oder gerei-
niget
[215]Von der Geiſterwelt.
niget, und wenn das Geiſtliche fuͤhlet und ſiehet,
ſo iſt es voͤllig ſo, als wie wenn das Natuͤr-
liche fuͤhlet und ſiehet; daher weis der Menſch,
wenn er ein Geiſt worden, nicht anders, als
daß er in ſeinem Leibe ſey, in welchem er in
der Welt geweſen, und weis alſo nicht, daß
er geſtorben ſey. Der Geiſt-Menſch beſitzet
auch alle aͤuſſerliche und innerliche Sinnen, die
er in der Welt gehabt hat, er ſiehet wie vor-
her, hoͤret und redet wie vorher, riechet und
ſchmecket auch, und fuͤhlet es, wenn er ange-
ruͤhret wird, wie vorher; er laͤßt ſich auch ge-
luͤſten, verlanget, begehret, denket, uͤberlegt,
wird geruͤhret, liebet und will, wie vorher;
und der ſich an den Studien ergoͤtzet, der lieſt
und ſchreibet, wie vorher; mit einem Wort,
wenn der Menſch von einem Leben in das an-
dere, oder aus einer Welt in die andere uͤber-
gehet, ſo iſt es, als wenn er von einem Ort
in den andern gieng, und nimmt alles mit ſich,
was er in ſich als Menſch beſitzet, ſo, daß man
nicht ſagen kann, der Menſch habe nach dem
Tod, welcher blos allein den irdiſchen Leib be-
trift, etwas von dem Seinigen verloren: er
nimmt auch ſein natuͤrliches Gedaͤcht-
nis
mit ſich, denn alles, was er in der Welt
gehoͤret, geſehen, geleſen, gelernt, und von
der erſten Kindheit an, bis an das Ende ſei-
nes Lebens gedacht hat, das behaͤlt er; weil aber
die natuͤrlichen Vorwuͤrfe oder Dinge, die
in dem Gedaͤchtnis ſind, in der geiſtlichen Welt
P 4nicht
[216]Von der Geiſterwelt.
nicht wieder hervorgebracht werden koͤnnen, ſo
ruhen ſie, gleichwie es bey dem Menſchen geht,
wenn er nicht daran denket; ſie werden aber
dennoch wieder hervorgebracht, wenn es dem
Herrn wohlgefaͤllt; aber von dieſem Gedaͤcht-
nis, und von deſſen Zuſtand nach dem Tod, ſoll
gleich im folgenden ein mehreres geſagt werden.
Daß ein ſolcher Zuſtand des Menſchen nach
dem Tod ſey, kann der ſinnliche Menſch ganz
und gar nicht glauben, weil er es nicht faſſet;
denn der ſinnliche Menſch kann nicht anders,
als natuͤrlich denken, und alſo auch von den
geiſtlichen Dingen; weswegen er von dem, was
nicht in ſeine Sinne faͤllt, das iſt, was er
nicht mit den Augen ſeines Leibes ſiehet, und
nicht mit ſeinen Haͤnden greifet, zu ſagen pflegt,
es ſey nicht vorhanden, gleichwie man von Tho-
ma lieſt Joh. 20, v. 25. 27. 29.: wie der ſinn-
liche Menſch beſchaffen iſt, leſe man oben in
der 267ſten Nummer, und in der allda befind-
lichen Anmerkung.


462. Es iſt aber dem ungeachtet zwiſchen
dem Leben des Menſchen in der geiſtlichen Welt,
und ſeinem Leben in der natuͤrlichen Welt, ſo
wohl in Anſehung der aͤuſſerlichen Sinne und
ihrer Eindruͤcke, als auch in Anſehung der in-
nerlichen Sinne
und ihrer Eindruͤcke, ein groſ-
ſer Unterſchied; diejenigen, ſo im Himmel ſind,
haben viel ſchaͤrfere Sinnen, das iſt, ſie ſehen
und hoͤren viel vortreflicher, und denken auch
viel
[217]Von der Geiſterwelt.
viel weislicher, als da ſie in der Welt geweſen
ſind; denn ſie ſehen aus dem Lichte des Himmels,
welches um ſehr viele Grade das Licht dieſer Welt
uͤbertrifft, man leſe Num. 126; ſie hoͤren
durch den geiſtlichen Luftkreis, welcher den irdi-
ſchen eben auch um ſehr viele Grade uͤbertrifft,
man leſe Num. 235; der Unterſchied zwiſchen
den aͤuſſerlichen Sinnen die ſie im Himmel be-
ſitzen, und den aͤuſſerlichen Sinnen, die ſie in
der Welt gehabt, iſt eben ſo, wie der Unterſchied
des hellen Wetters und des dunkeln Regenwet-
ters in der Welt, und wie des Lichtes am Mit-
tage und des Schattens am Abend; denn, weil
das Licht des Himmels das Goͤttliche Wahre iſt,
ſo giebt es dem Sehen oder Geſicht der Engel eine
ſolche Schaͤrfe, daß ſie auch die allerkleinſten
Dinge erkennen, und unterſcheiden; ihr aͤuſſer-
liches Sehen
ſtimmet auch mit ihrem inner-
lichen Sehen oder dem Verſtand
uͤberein,
denn bey den Engeln fließt ein Sehen in das an-
dere, damit ſolche ein Einziges bewirken, daher
haben ſie eine ſo groſſe Schaͤrfe; auf gleiche Weiſe
ſtimmet auch ihr Gehoͤr mit ihrer Empfindung
uͤberein, die ſo wohl dem Verſtand, als auch den
Willen zukommt, daher werden ſie aus dem Ton
und aus den Worten des Redenden auch das al-
lergeringſte von ſeinen Neigungen und Gedanken
inne, an dem Ton erkennen ſie, was der Nei-
gung, und an den Worten, was dem Denken
zukommt, man leſe Num. 234-245; aber die
uͤbrigen Sinnen bey den Engeln ſind nicht ſo vor-
P 5treflich,
[218]Von der Geiſterwelt.
treflich, als wie die Sinnen des Sehens und
Hoͤrens, aus der Urſache, weil das Sehen und
Hoͤren zu ihrer Verſtandes-Erkaͤnntnis und Weis-
heit dienet, nicht aber die uͤbrigen Sinnen, denn
wenn dieſe in gleichem Grad vortreflich waͤren,
ſo wuͤrden ſie das Licht und das Vergnuͤgen ihrer
Weisheit wegnehmen, und die Luſt ihres Wil-
lens einſtreuen, die den mancherley Begierden
und dem Leibe zukommt, welche den Verſtand
um ſo viel verdunkeln und ſchwaͤchen, um ſo viel
ſie den Vorſprung haben; gleichwie es auch bey
den Menſchen in der Welt gehet, die in Anſeh-
ung der geiſtlichen Wahrheiten um ſo viel dumm
und ſtumpf ſind, um ſo viel ſie den Geſchmack
und den Reitzungen des leiblichen Kuͤtzels nach-
haͤngen. Daß auch die innern Sinnen der
Engel des Himmels, die ihren Gedanken und
Eindruͤcken eigen ſind, viel vortreflicher und voll-
kommener ſeyen, als ſie in der Welt welche ge-
habt haben, das kann bereits daraus offenbar er-
ſehen werden, was ich in dem Artikel von der
Weisheit der Engel des Himmels Num. 265-
275 geſagt und gezeigt habe. Was aber den
Unterſchied zwiſchen dem Zuſtand derer, ſo in der
Hoͤlle ſind, und ihrem Zuſtand in der Welt an-
betrifft, ſo iſt er eben auch groß; denn ſo groß
die Vollkommenheit und Vortreflichkeit der aͤuſ-
ſerlichen
und innerlichen Sinnen bey den En-
geln im Himmel iſt, ſo groß iſt die Unvollkommen-
heit bey denen, die in der Hoͤlle ſind; von deren
Zuſtand aber ſoll im folgenden gehandelt werden.


Daß
[219]Von der Geiſterwelt.

Daß der Menſch, wenn er aus dieſer Welt
geht, auch ſein ganzes Gedaͤchtnis bey ſich habe,
iſt mir durch vieles gezeigt worden; ich habe, was
das Gedaͤchtnis anbetrifft, viel Merkwuͤrdiges ge-
ſehen und gehoͤret, davon ich einiges in der Ord-
nung vortragen will: Es waren einige, die ihre
Verbrechen und Schandthaten, die ſie in der
Welt veruͤbt, laͤugneten; deswegen wurde, da-
mit ſie nicht fuͤr unſtraͤflich moͤchten gehalten wer-
den, aus ihrem Gedaͤchtnis alles mit einander von
ihrem erſten Alter an, bis zum letzten, der Ord-
nung nach entdeckt und erzaͤhlet; es waren vor-
nehmlich Ehebruche und Hurereyen. Es waren
einige, die durch boͤſe Kunſtgriffe andre betrogen,
und einige, die geſtohlen hatten, deren Liſt und
Diebereyen auch der Reihe nach her erzehlt wur-
den, worunter ſehr viele waren, die kaum jemand
anders in der Welt, als ihnen allein, bekannt
waren; ſie erkannten auch dieſe Liſt und Diebe-
reyen, weil ſie, wie im Lichte, geoffenbaret wur-
den, mit allen Gedanken, Abſichten, Vergnuͤ-
gen und Furcht, die damals in ihren Gemuͤthern
zugleich mit vorgegangen. Es waren einige die
Ehrenaͤmter erhalten, und mit dem Gericht Wu-
cher getrieben hatten, dieſe wurden ebenfalls aus
ihrem Gedaͤchtnis ausgeforſchet, und aus dieſem
wurde ihnen alles, von der erſten Zeit ihres Am-
tes an, bis auf die letzte, her erzaͤhlt; jeder Um-
ſtand, wie viel und was ſie erwuchert, ſamt der
Zeit, ihrem Gemuͤthszuſtand und Abſicht, ja,
alle dieſe Umſtaͤnde, deren mehr, als viele hundert
waren
[220]Von der Geiſterwelt.
waren, wurden ihnen zugleich mit in Erinnerung
gebracht, und ſichtbarlich gezeigt: dieſes iſt mit
einigen vorgegangen, und, welches wunderbar,
ſelbſt ihre Memorial- oder Gedaͤchtnisbuͤcher,
worinnen ſie dergleichen Dinge aufgeſchrieben,
ſind eroͤffnet, und von Seite zu Seite vor ihnen
geleſen worden. Es waren einige, welche die
Jungfrauen zur Unzucht angelocket, und die die
Keuſchheit verletzet hatten, die wurden vor eben
dieſes Gericht gefordert, und es wurde aus ihrem
Gedaͤchtnis alles und jedes heraus genommen und
erzaͤhlet; ſelbſt die Angeſichter der Jungfrauen
und Weiber wurden auch wie gegenwaͤrtig darge-
ſtellet, ſamt den Oertern, Reden und Gemuͤ-
thern, und dieſes ſo ſchnell, als wie wenn etwas
vor das Geſichte kommt; etlichemal dauerten die
offenbare Bekanntmachungen etliche Stunden.
Es war einer, der ſich nichts daraus gemacht
hatte, andre zu ſchelten; ich hoͤrte ſeine Schel-
tungen, wie auch ſeine Laͤſterungen mit ſeinen ei-
genen Worten, von welchen Perſonen, und vor
welchen er ſie ausgeſtoſſen hatte, der Ordnung
nach her erzaͤhlen; dieſes alles wurde hervorge-
bracht und zugleich auf das lebhafteſte dargeſtellt;
und doch war von ihm, da er in der Welt ge-
lebt, alles mit Fleiß verborgen worden. Es war
einer, der ſeinen Schwager unter einen betruͤg-
lichen Vorwand ſeiner Erbſchaft beraubt hatte;
dieſer wurde auch eben ſo uͤberzeugt und gerichtet,
und welches zu verwundern, ſo wurden die Briefe
und Zettel, die ſie einander geſchrieben, vor mei-
nen
[221]Von der Geiſterwelt.
nen Ohren geleſen, und geſagt, daß nicht ein
Wort fehle. Eben dieſer hatte auch, kurz vor
ſeinem Tod, ſeinen Nachbar heimlich mit Gift
vergeben, dieſes wurde auf folgende Weiſe ent-
deckt; er ſchien unter den Fuͤſſen eine Grube auf-
zugraben, da ſie nun aufgegraben war, gieng
ein Mann heraus, als wie aus einem Grab, und
ſchrie ihm an: was haſt du an mir veruͤbt! und
ſodann wurde alles offenbar, wie naͤmlich der
Vergifter mit ihm freundlich geredet, und ihm
einen Becher gereicht, wie auch, was er vorher
gedacht, und was ſich nachgehends zugetragen
hatte; nachdem nun dieſes alles entdeckt worden,
wurde er zur Hoͤlle verurtheilt. Mit einem
Wort, alle Bosheiten, Schandthaten, Mord-
thaten, Kunſtgriffe und Betruͤgereyen werden
einem jeden boͤſen Geiſt offenbar gemacht, und
unmittelbar aus ſeinem Gedaͤchtnis heraus ge-
nommen, und er wird davon uͤberfuͤhret; es fin-
det auch kein Laͤugnen ſtatt, weil zugleich alle
Umſtaͤnde mit zum Vorſchein kommen. Jch habe
auch aus eines Geiſtes Gedaͤchtnis, das von den
Engeln beſehen und beſichtiget worden, gehoͤret,
was er innerhalb einem Monat von einem Tag zum
andern gedacht hatte, ohne, daß etwas daran
fehlte, ja, dieſe Dinge wurden wieder ſo in Er-
innerung gebracht, wie er an dieſen Tagen dar-
innen begriffen geweſen. Aus dieſen Beyſpielen
kann nun offenbar erhellen, daß der Menſch ſein
ganzes Gedaͤchtnis mit ſich bringe: und daß in
der Welt nichts ſo verborgen ſey, das nicht nach
dem
[222]Von der Geiſterwelt.
dem Tod offenbar werde; und dieſes bey einem
Haufen ſehr vieler, nach den Worten des Herrn:
Es iſt nichts verdeckt, das nicht ſoll ent-
deckt werden; und nichts verborgen, das
nicht ſoll erkañt werden: der ohalben, was
ihr im Finſternis geſagt habt, das wird
man im Lichte hoͤren; und was ihr ins
Ohr geredet, das wird auf den Daͤchern
ausgerufen werden,
Luc. 12, 2. 3.


463. Wenn dem Menſchen nach dem Tod
ſeine Thaten wieder entdeckt werden, ſodann ſe-
hen ihm die Engel, denen das Amt der Unter-
ſuchung gegeben iſt, in ſein Angeſicht, und die
Unterſuchung faͤhret durch den ganzen Leib, indem
ſie bey den Fingern der einen und der andern
Hand anfaͤngt, und alſo durch den ganzen Leib
fortfaͤhret: weil ich mich nun verwunderte, woher
ſolches kommen muͤſſe, ſo wurde mirs entdeckt;
naͤmlich, gleichwie alles Denken und alles Wol-
len dem Gehirn eingeſchrieben iſt, denn allda ſind
die Gru[n]danfaͤnge des Denkens und Wollens,
alſo ſey ſolches auch den ganzen Leib eingeſchrie-
ben, weil alles Denken und Wollen von ſeinen
Anfaͤngen hin in den Leib gehet, und ſich allda,
als in ſeinem Aeuſſerſten endiget; daher kommt
es, daß dasjenige, was aus dem Willen und aus
ſeinem daher ruhrenden Denken dem Gedaͤchtnis
eingeſchrieben iſt, nicht nur dem Gehirn, ſondern
auch dem ganzen Menſchen eingeſchrieben iſt, und
daſelbſt in einer Ordnung nach der Ordnung
der Theile des Leibes entſtehet: hieraus erhellet,
daß
[223]Von der Geiſterwelt.
daß der Menſch im Ganzen ſo beſchaffen ſey, wie
er in ſeinem Willen und in dem daher ruͤhrenden
Denken beſchaffen iſt, ſo gar, daß ein boͤſer Menſch
ſein Boͤſes ſey, und ein guter ſein Gutes *) Hier-
aus kann nun auch offenbar ſeyn, was durch das
Lebens-Buch des Menſchen, wovon in dem
Wort geredet wird, verſtanden werde, naͤmlich
dieſes, daß ſowohl alle Thaten, als alle Gedan-
ken, dem ganzen Menſchen eingeſchrieben ſind,
und daß ſolche, wenn ſie aus dem Gedaͤchtnis
heraus gerufen werden, welches geſchiehet, wenn
der Geiſt in dem Lichte des Himmels beſehen wird,
eben ſo zum Vorſchein kommen, als waͤren ſie in
einem Buche geleſen, und wie im Bilde geſehen
worden. Dieſem will ich noch von dem Ge-
daͤchtnis des Menſchen, welches nach dem Tod
uͤbrig
[224]Von der Geiſterwelt.
uͤbrig bleibt, eine Merkwuͤrdigkeit beyfuͤgen, wo-
durch ich beſtaͤrket worden bin, daß nicht nur die
allgemeinen, ſondern auch die allerbeſonderſten
Dinge, die ins Gedaͤchtnis gekommen ſind, dar-
innen bleiben, und nunmermehr ausgeloͤſchet wer-
den; ich habe Buͤcher mit den darinnen ſtehen-
den Schriften geſehen, wie in der Welt, und
ich wurde belehret, daß ſie aus dem Gedaͤchtnis
derjenigen ſeyen, die welche geſchrieben haben,
und daß in ſelbigen nicht das allergeringſte Wort,
welches in denen Buͤchern geſtanden, die von eben
denſelben in der Welt geſchrieben worden, man-
gele; und daß alſo aus dem Gedaͤchtnie eines je-
den die allerbeſonderſten Dinge, auch die, ſo er
ſelber in der Welt vergeſſen hat, koͤnnen hervor-
gebracht werden: die Urſache davon wurde mir
auch entdeckt, daß naͤmlich der Menſch ein aͤuſ-
ſerliches
und ein innerliches Gedaͤchtnis habe,
das aͤuſſerliche komme ſeinem natuͤrlichen Men-
ſchen, und das innerliche ſeinem geiſtlichen Men-
ſchen zu; und daß alles, was der Menſch gedacht,
gewollt, geredet, gethan, auch was er gehoͤret
und geſehen hat, ſeinem innerlichen oder
geiſtlichen Gedaͤchtnis
eingeſchrieben
ſey; wie auch, daß die darinnen eingeſchriebenen
Dinge nimmermermehr ausgeloͤſchet werden, weil
ſie zugleich unmittelbar dem Geiſt, und den Glie-
dern ſeines Leibes, wie kurz vorher gemeldet wor-
den, eingeſchrieben ſind; und daß auf ſolche
Weiſe der Geiſt nach den Gedanken und Hand-
lungen ſeines Willens gebildet ſey: ich weiß zum
voraus,
[225]Von der Geiſterwelt.
voraus, daß dieſes widerſinnig zu ſeyn ſcheinet,
und daher kaum geglaubt wird, gleichwohl aber
iſt es die Wahrheit. Der Menſch glaube dem-
nach nicht, daß etwas, welches er bey ſich ge-
dacht, und im Verborgenen gethan hat, nach
dem Tod verborgen bleibe, ſondern er glaube,
daß alles und jedes alsdenn ſo offenbar werde,
wie am hellen Tag.


464. Ob nun gleich das aͤuſſerliche oder
natuͤrliche Gedaͤchtnis
nach dem Tod noch
in dem Menſchen iſt, ſo werden dem ungeachtet
die blos natuͤrlichen Dinge, ſo darinnen ſind, in dem
andern Leben nicht wieder zum Vorſchein gebracht,
ſondern nur die geiſtlichen Dinge, die den na-
tuͤrlichen durch die Uebereinſtimmungen mit bey-
gefuͤgt ſind; jedoch, wenn ſich dieſe geiſtlichen
Dinge vor das Geſicht ſtellen, ſo erſcheinen ſie
voͤllig in eben der Geſtalt, wie in der natuͤrlichen
Welt; denn alle Dinge, die in den Himmeln
er cheinen, erſcheinen eben ſo, wie in der Welt,
ob ſie gleich in ihrem Weſen nicht natuͤrlich, ſon-
dern geiſtlich ſind, als wie ich in dem Artikel von
den vorſtellenden Dingen und Erſcheinungen im
Himmel, Num. 170-176 gezeigt habe, die man
nachleſen kann. Allein, das aͤuſſere oder natuͤr-
liche Gedaͤchtnis, ſo viel naͤmlich die darinnen
befindlichen Dinge anbetrifft, die von dem Ma-
teriellen, wie auch von der Zeit und vom Raum,
und vom uͤbrigen, das der Natur eigen iſt, an
ſich haben, dienet dem Geiſt nicht zu demjenigen
Sw. Sch.II.Th. QGe-
[226]Von der Geiſterwelt.
Gebrauch, wozu es ihm in der Welt gedienet
hatte, darum, weil der Menſch in der Welt, da
er aus der aͤuſſerlichen Sinnlichkeit, und nicht zu-
gleich aus dem innerlichen Sinnlichen oder
aus dem verſtaͤndlichen Theil
gedacht, nur
natuͤrlich aber nicht geiſtlich gedacht hat; hinge-
gen aber in dem andern Leben, da der Geiſt in
der geiſtlichen Welt iſt, denket er nicht natuͤrlich,
ſondern geiſtlich; geiſtlich denken, heißt: aus dem
verſtaͤndlichen oder vernuͤnftigen Theil
denken; daher kommt es, daß das aͤuſſerlich oder
natuͤrliche Gedaͤchtnis, in Anſehung der mate-
riellen oder koͤrperlichen Dinge, alsdenn ruhet,
und nur dasjenige zum Gebrauch kommt, was
der Menſch, durch dieſe materiellen Dinge, in der
Welt gefaßt, und wodurch er ſeinen vernuͤnf-
tigen Theil
vollkommener gemacht hat: daß
das aͤuſſerliche Gedaͤchtnis, in Anſehung der ma-
teriellen Dinge, ruhet, iſt die Urſache, weil ſie
nicht wieder zum Vorſchein gebracht werden koͤn-
nen, denn die Geiſter und Engel reden aus den
Neigungen und aus den daher ruͤhrenden Gedan-
ken ihres Gemuͤths, dahero koͤnnen ſie dasjenige,
was ſich nicht dazu ſchicket, auch nicht ausſprechen,
wie bereits daraus offenbar ſeyn kann, was ich
von der Sprache der Engel im Himmel, und von
ihrer Sprache mit dem Menſchen, Num. 234-
257 geſagt habe: daher kommt es, daß, um ſo
viel der Menſch durch Sprachen und Wiſſenſchaf-
ten in der Welt vernuͤnftig worden iſt, er auch
in ſo viel nach dem Tod vernuͤnftig iſt, aber
keines-
[227]Von der Geiſterwelt.
keinesweges, ſo viel er Sprachen und Wiſſen-
ſchaften verſtanden hat. Jch habe mit ſehr vielen
geredet, die in der Welt geglaubt hatten, ſie waͤ-
ren Gelehrte, dadurch, daß ſie die alten Spra-
chen, als die Hebraͤiſche, Griechiſche und Latei-
niſche koͤnnten, aber durch dasjenige, was in die-
ſen Sprachen beſchrieben worden, ihren vernuͤnf-
tigen Theil
nicht ausgebildet hatten, und ich
ſahe, daß einige von ihnen ſo einfaͤltig waren, als
wie die, ſo von dieſen Sprachen nichts verſtun-
den, einige aber waren dumm, dennoch aber
blieb bey ihnen der Hochmuth, als ob ſie viel wei-
ſer, als andre waͤren. Jch habe auch mit eini-
gen geredet, die in der Welt geglaubt, der Menſch
waͤre um ſo viel weiſe, in ſo viel er mit dem Ge-
daͤchtnis merke, und die auch mit vielen Sachen
ihr Gedaͤchtnis bereichert, und faſt aus dieſem
allein, und alſo nicht aus ſich, ſondern aus dem
Munde anderer geredet, und durch die Gedaͤcht-
nis-Sachen nicht das mindeſte von ihrer Ver-
nunft vollkommener gemacht hatten; einige von
ihnen waren dumm, einige naͤrriſch, indem ſie
etwas Wahres ganz und gar nicht begreiffen, ob
es naͤmlich wahr oder nicht wahr ſey, hingegen
aber alles Falſche, das von denen, welche ſich ge-
lehrt nennen, fuͤr Wahrheit ausgeſchrien wird,
begierig ergreifen, denn ſie koͤnnen aus ſich ſelber
nicht das allergeringſte einſehen, ob es naͤmlich
alſo ſey, oder nicht, und mithin koͤnnen ſie, wenn
ſie andre hoͤren, eben auch nichts vernuͤnftiger
Weiſe ſehen. Jch habe auch mit einigen geſpro-
Q 2chen,
[228]Von der Geiſterwelt.
chen, welche in der Welt viel und zwar in allen
Arten der Wiſſenſchaften geſchrieben, und die da-
her weit und breit einen groſſen Ruhm der Ge-
lehrſamkeit gehabt hatten; einige von ihnen konn-
ten zwar uͤber das Wahre vernuͤnfteln ob es
wahr, oder nicht wahr ſey; einige haben, wenn
ſie ſich zu denen gewendet, welche im Licht der
Wahrheit waren, zwar verſtanden, daß es wahr
ſey, aber ſie wollten es dennoch nicht verſtehen,
weswegen ſie es, wenn ſie in ihrem Falſchen und
alſo in ſich ſelber waren, laͤugneten; einige wa-
ren nicht viel weiſer, als der gemeine ungelehrte
Poͤbel; alſo immer einer vor den andern auf ver-
ſchiedene Weiſe, ſo wie er durch die wiſſenſchaft-
lichen Dinge, die er zuſammen- und von andern
ausgeſchrieben hatte, ſeinen vernuͤnftigen Theil
ausgebildet hat: diejenigen aber, welche wider
die Wahrheiten der Kirche geweſen, und aus dem
Wiſſenſchaftlichen gedacht, auch ſich dadurch in
dem Falſchen beſtaͤrkt haben, die haben ihren ver-
nuͤnftigen Theil
nicht ausgebildet, ſondern nur
das Vermoͤgen zu vernuͤnfteln, welches Vermoͤ-
gen in der Welt fuͤr das Vernuͤnftigſeyn
gehalten wird, es iſt aber einer von dem Ver-
nuͤnftigſeyn
abgeſondertes Vermoͤgen, es
iſt ein Vermoͤgen, zu bekraͤftigen, was man nur
will, und aus den eingeſogenen Saͤtzen und den
Betruͤglichkeiten das Falſche, nicht aber das Wah-
re, zu ſehen; die nun ſo beſchaffen ſind, die koͤn-
nen nimmermehr dahin gebracht werden, das
Wahre zu erkennen, weil das Wahre nicht aus
dem
[229]Von der Geiſterwelt.
dem Falſchen, wohl aber aus dem Wahren das
Falſche eingeſehen werden kann. Die Vernunft
des Menſchen iſt gleich einem Garten und Blu-
menbeete, wie auch einen Brachacker, das Ge-
daͤchtnis iſt die Erde, die wiſſenſchaftliche Wahr-
heiten und die Kenntniſſe ſind der Saame, das
Licht und die Waͤrme des Himmels bringen den
Keim hervor, ohne dieſelbe ſchlaͤgt nichts aus;
ſo geht e[s] auch, wo nicht das Licht des Himmels,
welches das Goͤttliche Wahre iſt, und die Waͤrme
des Himmes, oder die goͤttliche Liebe eingelaſſen
werden; aus dieſen allein kommt das Vernuͤnf-
tige.
Es iſt den Engeln hoͤchſt leid, daß die
Gelehrten, groͤßten Theils, alles der Natur zu-
ſchreiben, und ſich dadurch das Jnnere, das ih-
rem Gemuͤthe zukommt, verriegelt haben, ſo,
daß ſie nicht das allermindeſte Wahre aus dem
Lichte der Wahrheit, welches das Licht des Him-
mels iſt, ſehen koͤnnen: ſie werden dahero auch
in dem andern Leben des Vermoͤgens, zu ver-
nuͤnfteln, beraubt, damit ſie durch ihre Vernunft-
ſchluͤſſe das Falſche nicht unter die einfaͤltigen Gu-
ten ausſtreuen, und ſolche nicht verfuͤhren moͤ-
gen; ſie werden auch in oͤde und wuͤſte Oerter
geſchickt.


465. Ein gewiſſer Geiſt wurde unwillig,
daß es ſich vieler Dinge, die er bey Leibes Leben ge-
wußt, nicht erinnerte, und beklagte ſich daruͤber,
daß er das Vergnuͤgen, woran er ſich hoͤchſtens
ergoͤtzet, verlohren haͤtte; es wurde ihm aber ge-
Q 3ſagt:
[230]Von der Geiſterwelt.
ſagt: er habe nicht das mindeſte verlohren, und
wiſſe noch alles und jedes; aber in derjenigen
Welt, wo er anitzo ſey, waͤre es ihm nicht er-
laubt, dergleichen Dinge hervor zu bringen, und
es waͤre ja genug, daß er itzt viel beſſer und voll-
kommener denken und reden koͤnne, und ſeinen
vernuͤnftigen Theil nicht, wie vorhero, in
dicke Dunkelheiten, in materielle und koͤrperliche
Dinge verſenken duͤrfte, als welche in demjeni-
gen Reich, worein er anitzo gekommen, zu nichts
nutzen; und anitzo habe er alles, was zum Ge-
nuß des ewigen Lebens zutraͤglich ſey, und ſo,
und nicht anders koͤnne er ſelig und gluͤckſelig
werden; es waͤre alſo eine Unwiſſenheit, zu glau-
ben, daß in dieſem Reich, dadurch, daß die ma-
teriellen Dinge im Gedaͤchtnis bey Seite gelegt
waͤren, und ruheten, die Verſtandes-Erkaͤnnt-
nis zum Verſchein komme; da ſich doch die Sache
alſo verhalte, daß, um ſo viel das Gemuͤth von
den ſinnlichen Dingen, die dem aͤuſſerlichen Men-
ſchen oder dem Leib zukommen, abgezogen werden
koͤnne, es in ſo viel zu den geiſtlichen und himm-
liſchen Dingen empor geſchwungen werde.


466. Wie die Gedaͤchtniſſe beſchaffen ſind,
wird in dem andern Leben bisweilen zu ſehen ge-
geben, in Geſtalten, die nur allein da erſchei-
nen, (es werden allda viele Dinge vor das Ge-
ſicht geſtellt, die ſonſt bey den Menſchen nur in die
Gedankenbilder fallen); das aͤuſſere Gedaͤcht-
nis
kommt zum Vorſchein wie eine Schwiele, das
inne-
[231]Von der Geiſterwelt.
innere wie markiges Weſen, dergleichen in des
Menſchen Gehirn iſt; hieraus wird auch zu er-
kennen gegeben, wie die daſelbſt befindlichen be-
ſchaffen ſind. Die bey Leibes Leben blos allein
dem Gedaͤchtnis obgelegen, und alſo ihren ver-
nuͤnftigen Theil
nicht ausgebildet haben, deren
Schwiele erſcheinet hart, und inwendig wie
Striemen von Sennen oder Flechſen. Die ihr
Gedaͤchtnis mit Falſchheiten angefuͤllt haben, de-
ren ihres erſcheinet wie haaricht und ſtruppicht,
und dieſes kommt von der unordentlichen Zuſam-
menraffung der Dinge. Die um der Eigenliebe
willen und wegen der Liebe zur Welt dem Ge-
daͤchtnis obgelegen, deren ihres erſcheinet wie zu-
ſammengeleimt und verbeinert. Die durch das
Wiſſenſchaftliche, inſonderheit durch das Philo-
ſophiſche in die goͤttliche Geheimniſſe eindringen,
und nicht eher glauben wollten, als bis ſie durch
daſſelbe uͤberzeugt wuͤrden, bey denſelben ſiehet
das Gedaͤchtnis ſtockfinſter aus, und hat eine
ſolche Eigenſchaft, daß es die Lichtſtrahlen ver-
ſchlingt, und in Finſternis verwandelt. Die
betruͤgeriſch und Heuchler geweſen, bey denen er-
ſcheinet es beinhart wie von Ebenholz, welches
die Lichtſtrahlen zuruͤck prallt. Die aber in dem
Guten der Liebe und in dem Wahren des Glau-
bens geweſen, bey denen kommt keine ſolche
Schwiele zum Vorſchein, weil ihr inneres Ge-
daͤchtnis die Lichtſtrahlen heruͤber in das Aeuſſere
wirft, in deſſen Vorwuͤrfen oder Bildern ſich die
Strahlen, als wie in ihrer Grundlage oder wie
Q 4in
[232]Von der Geiſterwelt.
in ihrer Erde endigen, und daſelbſt angenehme Be-
haͤltniſſe antreffen; denn das aͤuſſere Gedaͤchtnis
iſt das Aeuſſerſte der Ordnung, in welches Aeuſ-
ſerſte die geiſtlichen und himmliſchen Dinge, wenn
naͤmlich allda Gutes und Wahres befindlich iſt,
ſich ganz ſanft verlieren, und niederlaſſen.


467. So lange die Menſchen, die in der
Liebe zum Herrn, und in der thaͤtigen Liebe gegen
den Naͤchſten ſind, in der Welt leben, ſo haben
ſie engliſche Verſtandes Erkaͤnntnis und Weis-
heit bey und in ſich, aber in dem Jnnerſten ihres
innern Gedaͤchtniſſes verborgen; dieſe Ver-
ſtandes Erkaͤnntnis und Weisheit kann bey ihnen
niemals eher zum Vorſchein kommen, als bis ſie
das Koͤrperliche ausziehen; alsdenn wird das na-
tuͤrliche Gedaͤchtnis eingeſchlaͤfert, und ſie wer-
den in das innere Gedaͤchtnis, und darauf
nach und nach in das engliſche, aufgewecket.


468. Auf welche Art der vernuͤnftige Theil
ausgebildet werde, das ſoll auch mit wenigen ge-
ſagt werden; das aͤchte Venuͤnftige beſtehet
aus Wahrheiten, und nicht aus Falſchheiten; was
aus Falſchheiten beſteht, das iſt kein Vernuͤnfti-
ges: es giebt dreyerley Arten von Wahrheiten,
als buͤrgerliche, ſittliche, und geiſtliche;
die buͤrgerliche Wahrheiten beziehen ſich auf
das Gericht, und auf die Regierung iu den Rei-
chen, uͤberhaupt aber auf die Gerechtigkeit und
Rechtmaͤßigkeit daſelbſt: die ſittliche Wahr-
heiten
[233]Von der Geiſterwelt.
heiten beziehen ſich auf das Leben eines jeden
Menſchen, in Ruͤckſicht auf die Geſellſchaften
und Gemeinſchaft, uͤberhaupt auf die Aufrich-
tigkeit und Rechtſchaffenheit, insbeſondere aber
auf die Tugenden von allerley Arten: aber die
geiſtliche Wahrheiten beziehen ſich auf den
Himmel und auf die Kirche, uͤberhaupt auf
das Gute, das der Liebe zukommt, und auf das
Wahre, welches zum Glauben gehoͤret. Es
ſind bey einem jeden Menſchen drey Grade oder
Stufen des Lebens, man leſe oben Num. 267;
das Vernuͤnftige wird durch die buͤrgerliche
Wahrheiten bis zum erſten Grad eroͤffnet;
durch die ſittliche Wahrheiten bis zum andern
Grad;
und durch die geiſtliche Wahrheiten bis
zum dritten Grad. Man muß aber wiſſen,
daß von dieſen Wahrheiten das Vernuͤnftige
nicht etwa dadurch gebildet und eroͤffnet werde,
daß der Menſch ſelbige weis, ſondern dadurch,
daß der Menſch nach denſelben lebt; und nach die-
ſen Wahrheiten leben, dadurch verſtehe ich: ſie
aus geiſtlicher Zuneigung lieben;
und ſie aus
geiſtlicher Zuneigung lieben, heißt: die Gerech-
tigkeit und Rechtmaͤßigkeit lieben, weil es Ge-
rechtigkeit und Rechtmaͤßigkeit iſt, die Aufrich-
tigkeit und Rechtſchaffenheit, weil es Aufrich-
tigkeit und Rechtſchaffenheit iſt, und das Gute
und Wahre, weil es gut und wahr iſt; hinge-
gen aber aus leiblicher Zuneigung nach dieſen
Wahrheiten leben, und ſie lieben, heißt: ſie
um ſein ſelbſt, ſeines guten Namens, Ehre
Q 5oder
[234]Von der Geiſterwelt.
oder Gewinnſtes willen lieben; um ſo viel da-
hero der Menſch aus leiblicher Zuneigung dieſe
Wahrheiten liebet, in ſo viel wird er nicht ver-
nuͤnftig, denn er liebet nicht die Wahrheiten,
ſondern ſich ſelber, ja, ſie dienen ihm, alswie
die Diener ihrem Herrn; und wenn die Wahr-
heiten zu Dienſtbarkeiten werden, ſodann gehen
ſie nicht in den Menſchen ein, und eroͤffnen kei-
nen einzigen Grad ſeines Lebens, auch nicht ein-
mal den erſten, ſondern halten ſich nur in dem
Gedaͤchtnis auf, als wiſſenſchaftliche Dinge un-
ter einer materiellen Geſtalt, und verbinden
ſich allda mit der Eigenliebe, welche eine leib-
liche Liebe iſt. Hieraus kann nun offenbar er-
ſehen werden, wie der Menſch vernuͤnftig wer-
de, daß er es naͤmlich im dritten Grad wird
durch die geiſtliche Liebe zum Guten und Wah-
ren, welches dem Himmel und der Kirche zu-
kommt; im andern Grad durch die Liebe zur
Aufrichtigkeit und Rechtſchaffenheit; und im
erſten Grad
durch die Liebe zur Gerechtigkeit
und Rechtmaͤßigkeit; dieſe letztere beyderley
Liebe wird von der geiſtlichen Liebe zum Guten
und Wahren eben auch geiſtlich, weil dieſe geiſt-
liche Liebe in jene zweyerley Liebe einfließt, und
ſich mit ihnen verbindet, und in ihnen gleichſam
ihre Angeſichter bildet.


469. Die Geiſter und Engel haben eben ſo
wohl ein Gedaͤchtnis, als die Menſchen; denn
alles, was ſie nur hoͤren, ſehen, denken, wol-
len
[235]Von der Geiſterwelt.
len und thun, bleibt bey ihnen, und dadurch
wird auch ihr Vernuͤnftiges unaufhoͤrlich aus-
gebildet, und dieſes in Ewigkeit; daher kommt
es, daß die Geiſter und Engel durch die Er-
kaͤnntniſſe des Wahren und Guten, eben ſo
wohl, als die Menſchen, an Verſtandes-Er-
kaͤnntnis und Weisheit vollkommener gemacht
werden. Daß die Geiſter und Engel ein Ge-
daͤchtnis haben, das iſt mir auch durch vielfaͤl-
tige Erfahrung zu wiſſen gethan worden; denn
ich habe geſehen, daß aus ihrem Gedaͤchtnis
alles heraus gerufen wurde, was ſie, wenn ſie
bey andern Geiſtern geweſen, gedacht und ge-
than hatten, ſo wohl frey und oͤffentlich als im
verborgenen; wie auch, daß diejenigen, welche
aus einem einfaͤltigen Guten in einigem Wah-
ren geweſen, mit Kenntniſſen, und dadurch mit
Verſtandes-Erkaͤnntnis begabt, und hernach in
den Himmel erhoben worden. Es iſt aber zu
wiſſen, daß ſie nicht mit mehrern. Kenntniſſen,
und dadurch nicht mit mehrerer Verſtandes Er-
kaͤnntnis begabt werden, als der Grad ihrer Zu-
neigung zum Guten und Wahren iſt, in welcher
ſie in der Welt geweſen, nicht aber uͤber dieſen
Grad; denn es bleibt einem jeden Geiſt und
Engel eine ſo große und eine ſolche Zuneigung,
als ſo groß und wie er eine in der Welt gehabt,
und dieſe wird hernach durch die Vermehrung
vollkommener gemacht, welches auch in Ewigkeit
geſchiehet, denn es iſt nichts, das da nicht in
Ewigkeit angefuͤllet oder vermehret werden koͤn-
ne,
[236]Von der Geiſterwelt.
ne, denn ein jegliches Ding kann unendlich ver-
aͤndert, alſo durch mancherley bereichert, und
mithin vermehret und fruchtbar gemacht werden,
und ein gutes Ding hat kein Ende, weil es
von dem Unendlichen herkommt. Daß die Gei-
ſter und Engel durch die Kenntniſſe des Wah-
ren und Guten an Verſtandes-Erkaͤnntnis und
Weisheit unaufhoͤrlich vollkommener gemacht
werden, leſe man in den Artikeln, von der Weis-
heit der Engel des Himmels, Num. 265 275;
von den Heiden oder Voͤlkern im Himmel, ſo
auſſerhalb der Kirche geweſen, Num. 3 [...]8 328;
und von den Kindern im Himmel, Num 329-
345; und daß ſich dieſes Vollkommenwerden
nach dem Grad der Zuneigung zum Guten und
Wahren, in welcher ſie in der Welt geweſen
ſind, verhalte, aber nicht uͤber dieſen Grad, das
leſe man oben in der 349ſten Nummer.


Daß der Menſch nach dem Tod
ſo beſchaffen ſey, wie ſein Leben
in der Welt geweſen.


470. Daß einen jeden nach dem Tod ſein Leben
erwarte, iſt jedem Chriſten aus dem Wort be-
kannt, denn allda heißt es in vielen Stellen, daß
der Menſch nach ſeinen Thaten und Werken ge-
richtet, und ihm nach ſolchen vergolten werden
ſoll; es ſiehet auch ein jeder, der aus dem Gu-
ten und unmittelbar aus dem Wahren denket,
nichts
[237]Von der Geiſterwelt.
nichts anders, als daß, wer ein gutes Leben
fuͤhret, in den Himmel komme, und wer boͤſe
lebt, in die Hoͤlle. Hingegen aber, wer in dem
Boͤſen iſt, der will nicht glauben, daß, ein Zu-
ſtand nach dem Tod ſich nach Beſchaffenheit ſei-
nes Lebens in der Welt verhalte, ſondern er
denket, welches vornehmlich geſchiehet, wenn
er krank iſt, daß ein jeder aus lauter Barmher-
zigkeit den Himmel habe, er moͤchte gelebt haben,
wie er wolle, und daß er ihn nach ſeinem Glau-
ben habe, den er doch gleichwohl von dem Leben
trennet oder abſondert.


471. Daß der Menſch nach ſeinen Thaten
und Werken gerichtet, und ihm nach ſolchen
vergolten werden ſoll, das wird in vielen Stel-
len des Worts geſagt, von denen ich einige
hier anfuͤhren will, „Des Menſchen Sohn
wird kommen in der Herrlichkeit ſeines
Vaters mit ſeinen Engeln, und alsdenn
wird er einem jeglichen nach ſeinen Wer-
ken vergelten,
“ Matth. 16, 27. „Selig
ſind die Todten, die in dem Herrn ſter-
ben; ja, der Geiſt ſpricht, daß ſie ruhen
von ihren Arbeiten, denn ihre Werke fol-
gen ihnen nach,
“ Offenb. 14, 11. „Jch
werde geben einem jeglichen nach ſeinen
Werken,
“ Offenb. 2, 23. „Jch ſahe die
Todten, kleine und große ſtehen vor Gott,
und die Buͤcher wurden aufgethan, und
die Todten wurden gerichtet nach dem,

was
[238]Von der Geiſterwelt.
was in den Buͤchern geſchrieben war,
nach ihren Werken: das Meer gab die
Todten die darinnen waren, und der Tod
und die Hoͤlle gaben die Todten, die dar-
innen waren; und ſie wurden gerichtet,
ein jeglicher nach ſeinen Werken,
“ Offenb.
20, 13. 15. ”Siehe, Jch komme, und Mein
Lohn mit Mir, zu geben einem jegli-
chen nach ſeinen Werken,
” Offenb. 22, 12.
Wer meine Worte hoͤret und thut ſie, den
vergleiche ich einem klugen Mann, und
wer meine Worte hoͤret und thut ſie nicht,
der iſt einem thoͤrichten Mann gleich,

Matth. 7, 24. 26. ”Es werden nicht alle,
die zur mir ſagen: Herr, Herr, in das
Reich der Himmeln kommen, ſondern die
den Willen thun meines Vaters, der in den
Himmeln iſt: es werden viele zu mir ſagen
an jenem Tage: Herr, Herr, haben wir
nicht in deinem Namen geweiſſaget? ha-
ben wir nicht in deinem Namen Teufel
ausgetrieben? haben wir nicht in deinem
Namen viel Thaten gethan? aber alsdenn
werde ich ihnen bekennen, ich habe euch
noch nie erkannt, weichet von mir, ihr
Uebelthaͤter,
” Matth. 7, 21. 22. 23. So
werdet ihr denn anfangen, zu ſagen: wir
haben vor Dir gegeſſen und getrunken, und
auf unſern Gaſſen haſt Du gelehrt, und er
wird ſagen: Jch ſage euch, Jch kenne euch
nicht, ihr Uebelthaͤter,
” Luc. 13, 25. 26.
27.
[239]Von der Geiſterwelt.
27. ”Jch will ihnen vergelten nach ihren
Thaten, und nach den Werken ihrer Haͤn-
de,
” Jerem. 25, 14. ”Jehovah, deine Au-
gen ſtehen offen uͤber alle Wege der Men-
ſchenkinder, daß du einem jeglichen gebeſt
nach ſeinem Wandel, und nach der Frucht
ſeiner Werke,
” Jerem. 32, 19. ”Jch will
ihr Thun heimſuchen, und ihnen nach ih-
ren Werken vergelten,
” Hoſ. 4, 9. ”Je-
hovah handelt mit uns nach unſern Wan-
del, und nach unſern Werken,
” Sachar
1, 6. Jn dem 25ſten Capitel Matth. von den
32ſten Vers an, bis zum 46ſten, wo der Herr
das letzte Gericht verkuͤndigt, redet Er von wei-
ter nichts, als von den Werken, und daß dieje-
nigen in das ewige Leben eingehen ſollen, die da
gute Werke gethan haben, diejenigen aber in die
Verdammnis, die da boͤſe Werke gethan haben;
und noch in vielen andern Stellen, wo von der
Seligkeit und Verdammnis des Menſchen die
Rede iſt. Es iſt offenbar, daß die Werke und Tha-
ten das aͤuſſerliche Leben des Menſchen ſeyen, und
daß durch dieſelben ſein innerliches Leben, wie es
naͤmlich beſchaffen iſt, offenbaret werde.


472. Allein, durch die Thaten und Werke
werden nicht nur die Thaten und Werke verſtan-
den, wie ſie ſich aͤuſſerlich zeigen, ſondern auch,
wie ſie innerlich beſchaffen ſind; denn ein jeder
weis, daß jede That und jedes Werk aus dem
Willen und aus dem Denken des Menſchen her-
kommt,
[240]Von der Geiſterwelt.
kommt, denn wenn es nicht daraus herkaͤme, ſo
waͤre es nur eine Bewegung, alswie die Selbſt-
bewegung eines Uhrwerks und einer Gauckel pup-
pe; dahero iſt die That oder das Werk, in ſich
betrachtet, nur die Wuͤrkung, die gleichſam ihre
Seele und ihr Leben von dem Willen und dem
Denken bekommt, ſo gar, daß der Wille und das
Denken in der Wuͤrkung iſt, mithin daß die Wuͤr-
kung der Wille und das Denken in aͤuſſerlicher
Geſtalt iſt: hieraus folget, daß, wie der Wille
und das Denken, die eine That oder ein Werk
hervorbringen, beſchaffen iſt, alſo auch die That
und das Werk ſey; wenn das Denken und der
Wille gut ſind, ſodann ſind auch die Thaten und
Werke gut; wenn aber das Denken und der Wille
boͤſe ſind, ſo ſind auch die Thaten und Werke boͤß,
ob ſie gleich in der aͤuſſerlichen Geſtalt jenen aͤhn-
lich zu ſeyn ſcheinen moͤchten: es koͤnnen tauſend
Menſchen ein Gleiches thun, das iſt, eine gleiche
That herſtellen, und zwar eine ſo gleiche, daß
ſie der aͤuſſerlichen Geſtalt nach nicht von einan-
der zu unterſcheiden ſind, und doch iſt eine jede
That, an ſich ſelbſt betrachtet, der andern un-
gleich, weil ſie aus ungleichem Willen herkommt:
ich will ein Beyſpiel geben: aufrichtig und
gerecht handeln an dem Nebenmenſchen:
da
kann einer aufrichtig und gerecht an ihn handeln
in der Abſicht, daß er um ſein ſelbſt und ſeiner
eignen Ehre willen aufrichtig und gerecht zu ſeyn
ſcheine; der andere um der Welt und des Gewin-
ſtes willen; der dritte um der Wiedervergeltung
und
[241]Von der Geiſterwelt.
und des Verdienſtes willen; der vierte um der
Freundſchaft willen; der fuͤnfte deswegen, weil
er das Geſetz, den Verluſt des guten Namens
und des Amtes befuͤrchtet; der ſechſte, damit er
einen auf ſeine Seiten bringe, auch auf die boͤ-
ſen; der ſiebende, damit er betriegen koͤnne;
und ſo die andern auf eine andre Weiſe; allein,
ob gleich die Thaten von allen denen gut zu ſeyn
ſcheinen, (denn aufrichtig und gerecht handeln
an dem Nebenmenſchen, iſt etwas Gutes) ſo ſind
ſie dennoch boͤſe, weil ſie nicht um der Aufrich-
tigkeit und Rechtſchaffenheit willen oder aus Lie-
be zu ſolchen geſchehen, ſondern aus Liebe zu ſich
ſelbſt und der Welt, welcher Liebe die Aufrich-
tigkeit und Rechtſchaffenheit dienen, als wie
Knechte einem Herrn, die der Herr gering ach-
tet und fortſchicket, wenn ſie ihm nicht dienen wol-
len. Diejenigen hingegen handeln aͤuſſerlich
auch nach eben einen ſolchen Anſchein mit dem
Nebenmenſchen aufrichtig und gerecht, welche
aus Liebe zur Aufrichtigkeit und Rechtſchaffen-
heit handeln, deren einige aus dem Wahren des
Glaubens oder aus Gehorſam handeln, weil es
in dem Wort alſo vorgeſchrieben iſt; einige aus
dem Guten des Glaubens oder aus dem Gewiſ-
ſen, weil es nach der Religion iſt; einige aus
dem Guten der thaͤtigen Liebe gegen den Naͤch-
ſten, weil man auf ſein Wohl muß bedacht ſeyn;
einige aus dem Guten der Liebe zum Herrn, weil
man das Gute um des Guten willen, und alſo
das Aufrichtige und Rechtſchaffene um der Auf-
Sw. Sch.II.Th. Rrichtig-
[242]Von der Geiſterwelt.
richtigkeit und Rechtſchaffenheit willen thun
muß, und es wird von ihnen geliebet, weil es
vom Herrn kommt, und weil das vom Herrn
aus flieſſende Goͤttliche darinnen iſt, und dahero
das Gute, Aufrichtige und Rechtſchaffene, in
ſeinem Weſen ſelbſt betrachtet, goͤttlich iſt: de-
ren ihre Thaten und Werke ſind innerlich gut,
wes wegen ſie auch aͤuſſerlich gut ſind, denn die
Thaten oder Werke, wie ich kurz vorher geſagt
habe, ſind voͤllig ſo, wie das Denken und Wol-
len, woraus ſie herkommen, und ohne das Den-
ken und Wollen ſind es keine Thaten und Werke,
ſondern nur unbeſeelte Bewegungen. Hieraus
iſt nun offenbar, was durch die Werke und Tha-
ten
in dem Wort verſtanden wird.


473. Weil die Thaten oder Werke dem Wil-
len und dem Denken zukommen, ſo kommen ſie
dahero auch der Liebe und dem Glaubenzu, mit-
hin ſind ſie ſo, wie die Liebe und der Glaube be-
ſchaffen iſt; denn ob man ſage, die Liebe oder der
Wille des Menſchen, das iſt gleich viel, und ob
man ſage, der Glaube und das Denken aus der
Gewisheit, das iſt eben auch einerley, denn was
der Menſch liebt, das will er auch, und was der
Menſch glaubt, das denket er auch; wenn der
Menſch das liebet, was er glaubt, ſodann will
er es auch, und thut es, ſo viel er kann: ein je-
der kann wiſſen, daß die Liebe und der Glaube
in des Menſchen Willen und Gedanken ſeyen,
und daß ſie nicht auſſerhalb ſolchen ſeyen, weil
es
[243]Von der Geiſterwelt.
es der Wille iſt, der von der Liebe entzuͤndet
wird, und weil es das Denken iſt, das in Glau-
bens Sachen erleuchtet wird, derowegen ſonſt
keine, als nur diejenigen, welche weislich den-
ken koͤnnen, erleuchtet werden, und nach Be-
ſchaffenheit der Erleuchtung das Wahre denken
und das Wahre wollen, oder welches einerley
iſt, welche das Wahre glauben und das Wahre
lieben.


474. Es iſt aber zu wiſſen, daß der Wille
den Menſchen ausmache,
das Denken aber
nur in ſo ferne, in ſo weit es aus dem Willen
herruͤhret, und daß die Thaten oder Werke aus
beyden herkommen; oder, welches einerley iſt,
daß die Liebe den Menſchen ausmache, und der
Glaube nur in ſo ferne, in ſo ferne er aus der
Liebe herkommt; und daß die Thaten oder Werke
aus beyden herkommen; daraus folget, daß der
Wille oder die Liebe der Menſch ſelbſt ſey, denn
was hervorkommt, das kommt demjenigen zu,
von welchem es herkommt; hervorkommen iſt
eben ſo viel, als in einer anſtaͤndigen Geſtalt her-
vorgebracht und dargeſtellet werden, damit es
wahrgenommen werde und zum Vorſchein kom-
me. Hieraus kann nun erhellen, was der Glau-
be ſey, der von der Liebe getrennt iſt, daß er
naͤmlich gar kein Glaube ſey, ſondern nur ein
Wiſſen, das kein geiſtliches Leben in ſich hat;
desgleichen, was eine That oder ein Werk ohne
die Liebe ſey, daß es naͤmlich nicht eine That oder
R 2ein
[244]Von der Geiſterwelt.
ein Werk des Lebens, ſondern eine That oder ein
Werk des Todes ſey, worinnen nur ein Anſchein
des Lebens iſt aus der Liebe zum Boͤſen und aus
dem Glauben an das Falſche; dieſer Anſchein
des Lebens iſt es, den man den geiſtlichen Tod
nenuet.


475. Weiter iſt zu wiſſen, daß in den Tha-
ten oder Werken der ganze Menſch dargeſtellt
werde, und daß ſein Wollen und Denken, oder
ſeine Liebe und ſein Glaube, welche das Jnnere
des Menſchen ſind, nicht eher erfuͤllet ſeyen, als
bis ſie in den Thaten oder Werken vorhanden,
die das Aeuſſere des Menſchen ſind; denn die
Thaten oder Werke ſind das Aeuſſerſte, worein
ſich das Wollen und Denken, oder die Liebe und
der Glaube endigen, und ohne die Endigungen
ſind ſie, wie ungeendigte Dinge, die noch nicht
da ſind, die alſo noch in dem Menſchen ſind:
denken und wollen ohne es zu thun, wenn man
es doch kann, iſt wie eine in ein Gefaͤß einge-
ſchloſſene Flamme, welche ausloͤſchet; und wie
ein in den Sand geworfenes Saamenkorn, das
nicht aufgeht, ſondern mit ſeiner Fruchtbrin-
genden Kraft verdirbt; aber denken und wollen
und daher auch thun, iſt wie eine Flamme, die
um und um Waͤrme und Licht giebt; und iſt wie
ein Saamenkorn in der Erde, das zu einem
Baum oder zu einer Blume waͤchſt, und hervor-
kommt; ein jeder kann wiſſen, daß das Wol-
len, es aber nicht thun, wenn man doch kann,
ſo
[245]Von der Geiſterwelt.
ſo viel iſt, als nicht wollen; und daß Gute lie-
ben, ſolches aber nicht thun, wenn man doch
kann, ſo viel iſt, als nicht lieben, alſo, daß es
nur ein Denken iſt, daß man wolle und liebe,
daß es alſo ein abgeſondertes Denken iſt, wel-
ches verſchwindet und zerſtreuet wird: die Liebe
und der Wille iſt unmittelbar die Seele einer
That oder eines Werks, und bildet ihren Leib in
dem Aufrichtigen und Rechtſchaffenen, daß der
Menſch thut; der geiſtliche Leib, oder der Leib
des Geiſtes des Menſchen kommt von nichts an-
ders her, das iſt, er wird aus nichts anders ge-
bildet, als aus demjenigen, was der Menſch aus
der Liebe oder aus dem Willen thut, man leſe
oben Num. 463; mit einem Wort, der ganze
Menſch und ſein ganzer Geiſt iſt in ſeinen Tha-
ten oder Werken.


476. Hieraus kann nunmehro offenbar ſeyn,
was durch das Leben, welches den Menſchen nach
dem Tod erwartet, verſtanden wird, daß es
naͤmlich ſeine Liebe und ſein daher ruͤhrender
Glaube ſey, nicht nur dem Vermoͤgen nach,
ſondern auch in der Thaͤtigkeit, daß es alſo die
Thaten oder Werke ſeyen, weil dieſe alle Liebe
und allen Glauben des Menſchen in ſich ent-
halten.


477. Die herrſchende Liebe iſt es, welche dem
Menſchen nach dem Tod bleibt, und in Ewig-
keit nimmermehr veraͤndert wird; ein jeder hat
R 3vieler-
[246]Von der Geiſterwelt.
vielerley Arten der Liebe, dennoch aber beziehen
ſich alle Arten derſelben auf ſeine herrſchende Lie-
be, und machen mit ſolcher ein Einziges aus, oder
alle zuſammen machen dieſe herrſchende Liebe aus;
alle Dinge, die dem Willen eigen ſind, und mit
der herrſchenden Liebe zuſammenſtimmen, wer-
den genennet: vielerley Liebe, weil ſie geliebt
werden; dieſe vielerley Arten der Liebe ſind in-
nere
und aͤuſſere, es giebt welche, die unmit-
telbar verbunden ſind, es giebt naͤhere und ent-
fernetere, und giebt welche, die auf mancherley
Weiſe dienen; alle zuſammen genommen ma-
chen gleichſam ein Reich aus, denn alſo ſind ſie
bey dem Menſchen geordnet, obgleich der Menſch
von ihrer Ordnung ganz und gar nichts weis, es
wird ihm aber etwas davon im andern Leben of-
fenbaret, denn nach der unter ihnen gemachten
Ordnung hat er daſelbſt eine Ausbreitung der
Gedanken und Neigungen; wenn die herrſchen-
de Liebe aus der vielerley Liebe des Himmels be-
ſteht, ſo hat er eine Ausbreitung in die himmli-
ſche Geſellſchaften; wenn aber die herrſchende
Liebe aus der vielerley Liebe der Hoͤlle beſteht, ſo
hat er eine Ausbreitung in die hoͤlliſche Geſell-
ſchaften. Daß alle Gedanken und Neigungen
der Geiſter und Engel eine Ausbreitung in die
Geſellſchaften haben, leſe man oben in dem Artikel
von der Weisheit der Engel des Himmels, und
in dem Artikel von der Geſtalt des Himmels,
nach welcher die Zuſammengeſellungen und Ver-
gemeinſchaftungen daſelbſt geſchehen.


478.
[247]Von der Geiſterwelt.

478. Allein dieſes, was bisher geſagt wor-
den, hat nur einen Eindruck auf das Denken des
vernuͤnftigen Menſchen, damit es aber auch vor
den Sinnen zur Wahrnehmung dargeſtellt wer-
de, ſo will ich die Erfahrungen anfuͤhren, die
eben daſſelbe erlaͤutern und beſtaͤtigen ſollen.
Erſtlich, daß der Menſch nach dem Tod ſeine
Liebe oder ſein Wille ſey. Zum andern, daß
der Menſch in Ewigkeit ſo bleibe, wie er in An-
ſehung ſeines Willens oder ſeiner herrſchenden Liebe
beſchaffen iſt. Zum dritten, daß derjenige
Menſch, welcher eine himmliſche und geiſtliche
Liebe hat, in den Himmel komme, derjenige aber
in die Hoͤlle, der eine leibliche und weltliche Liebe
hat ohne die himmliſche und geiſtliche. Zum vier-
ten,
daß dem Menſchen der Glaube nicht blei-
be, wenn er nicht aus der himmliſchen Liebe iſt.
Zum fuͤnften, daß es die Liebe in der Thaͤtig-
keit ſey, welche bleibet, daß es alſo das Leben
des Menſchen ſey, daß ihn erwartet.


479. Daß der Menſch nach dem Tod
ſeine Liebe, oder ſein Wille ſey,
davon bin
ich aus vielfaͤltiger Erfahrung uͤberzeugt worden.
Der ganze Himmel iſt in Geſellſchaften unterſchie-
den nach den Unterſchieden des Guten der Liebe,
und ein jeder Geiſt, der in den Himmel erhoben,
und ein Engel wird, wird in die Geſellſchaft
gebracht, wo ſeine Liebe iſt, und wenn er dahin
gekommen; ſo iſt er, wie bey ſich, und wie zu
Hauſe, wo er gleichſam geboren; dieſes merket
R 4der
[248]Von der Geiſterwelt.
der Engel, und geſellet ſich zu ſeines Gleichen:
wenn er von da weggehet, und anders wohin
kommt, ſo iſt ein unablaͤßiges Widerſtreben, und
eine Neigung des Verlangens, wieder zu ſeines
Gleichen, und alſo zu ſeiner herrſchenden Liebe zu
gehen: auf dieſe Weiſe geſchehen die Zuſammen-
geſellungen im Himmel; und auf gleiche Weiſe
auch in der Hoͤlle, wo ſie eben auch nach der vie-
lerley Liebe zuſammengeſellet ſind, die der vieler-
ley himmliſchen Liebe entgegeu und zuwider iſt:
daß es die Geſellſchaften ſeyen, die den Himmel,
und auch die Hoͤlle ausmachen; und daß alle Ge-
ſellſchaften nach den Unterſchieden der Liebe unter-
ſchieden ſeyen, leſe man Num. 41-50, und Num.
200-212. Daß der Menſch nach dem Tod ſeine
Liebe ſey, konnte auch daraus erhellen, daß als-
denn dasjenige, was nicht mit ſeiner herrſchenden
Liebe Eins ausmachet, weggeraͤumt und ihm gleich-
ſam weggenommen wird; bey dem Guten wird
alles dasjenige aus dem Wege geraͤumt und ihm
gleichſam weggenommen, was nicht einſtimmig,
ſondern mishellig iſt, und alſo wird er in ſeine
Liebe verſetzt; gleiche Bewandnis hat es auch mit
dem Boͤſen, aber mit dem Unterſchied, daß dem
Boͤſen die Wahrheiten weggenommen werden,
aber dem Guten werden die Falſchheiten genom-
men, bis daß endlich ein jeder ſeine Liebe wird;
dieſes geſchiehet, wenn der Geiſt-Menſch in den
dritten Zuſtand gefuͤhret wird, von wel-
chem im folgenden geredet werden ſoll. Wenn
dieſes geſchehen, ſo wendet er alsdenn ſein Ange-
ſicht
[249]Von der Geiſterwelt.
ſicht ſteif und feſt auf ſeine Liebe, die er beſtaͤn-
dig vor den Augen hat, er mag ſich herumwen-
den, wie er will, man leſe Num. 123-124.
Alle Geiſter koͤnnen hin gefuͤhret werden, wohin
ſie nur wollen, nur muͤſſen ſie in ihrer herrſchen-
den Liebe gehalten werden, ſie koͤnnen auch nicht
widerſtehen, wenn ſie auch gleich wiſſen, daß es
alſo geſchehe, und den Gedanken haben, daß ſie
widerſtreben wollen; es wurde vielmals verſucht,
ob ſie etwas wider die herrſchende Liebe etwas un-
ternehmen koͤnnten, aber umſonſt; ihre Liebe iſt
wie ein Band oder wie ein Strick, mit welchem
ſie gleichſam um und um gebunden ſind, durch
den ſie koͤnnen gezogen werden, und von dem ſie
ſich nicht los machen koͤnnen: eben ſo geht es auch
mit den Menſchen in der Welt, die eben auch
von ihrer Liebe gefuͤhret, und durch ihre Liebe von
andern gefuͤhret werden; noch mehr aber, wenn
ſie Geiſter werden, weil alsdenn nicht verſtattet
wird, zum Anſchein eine andre Liebe vorzuziehen,
um die ſeinige zu verlaͤugnen. Daß der Geiſt
des Menſchen ſeine herrſchende Liebe ſey, wird in
einer jeden Vergeſellſchaftung im andern Leben
offenbar, denn um ſo viel einer nach der Liebe des
andern handelt und redet, um ſo viel kommt der
andere ganz und gar, mit dem voͤlligen, froͤhli-
chen und lebhaften Angeſicht zum Vorſchein; um
ſo viel aber einer wider die Liebe des andern han-
delt und redet, um ſo viel faͤngt das Angeſicht
des andern an, veraͤndert, und verdunkelt zu wer-
den, und nicht zu erſcheinen, und endlich ver-
R 5ſchwindet
[250]Von der Geiſterwelt.
ſchwindet er ganz und gar, als ob er nicht da ge-
weſen waͤre. Daß es alſo geſchehe, daruͤber habe
ich mich oͤfters verwundert, weil ſo etwas in der
Welt ſich nicht eraͤugnen kann; es wurde aber ge-
ſagt, daß mit dem Geiſt in dem Menſchen ein
Gleiches geſchehe, der, wenn er ſich von dem an-
dern abwendet, nicht mehr unter deſſen Augen iſt.
Daß der Geiſt ſeine herrſchende Liebe ſey, erhellet
auch daraus, daß ein jeder Geiſt alles, was mit
ſeiner Liebe uͤbereinkommt, ergreift und ſichs zu-
eignet, hingegen alles, was nicht mit ihr uͤber-
einkommt, wegwirft und von ſich entfernet; ei-
nes jeden Liebe iſt wie ein ſchwammigt und loͤche-
richtes Holz, das ſolche Feuchtigkeiten in ſich ſchlu-
cket, die zu ſeinem Wachsthum zutraͤglich ſind,
die andern aber von ſich ſtoͤßt; ſie iſt auch wie
die Thiere von allerley Arten, die ihr Futter ken-
nen, und dasjenige begehren, was mit ihrer Na-
tur zuſammenſtimmet, hingegen aber das verab-
ſcheuen, was ihr zuwider iſt; denn eine jede Liebe
will von ihres Gleichen genaͤhret ſeyn, die boͤſe
Liebe von den Falſchheiten, und die gute Liebe von
den Wahrheiten: es iſt mir etlichemal zu ſehen
gegeben worden, daß einige einfaͤltige Gute die
Boͤſen im Wahren und Guten unterrichten woll-
ten, daß aber dieſe Boͤſen ſchon von weiten fuͤr
den Unterricht ausriſſen, und ſobald ſie zu ihres
Gleichen kamen, das ihrer Liebe gemaͤße Falſche mit
groſſer Wolluſt ergriffen: wie auch, daß die guten
Geiſter unter einander von dem Wahren redeten,
welches die Guten, ſo gegenwaͤrtig waren, mit Ver-
langen
[251]Von der Geiſterwelt.
langen anhoͤreten, daß hingegen die Boͤſen, ſo eben
auch zugegen waren, auf gar nichts Achtung gaben,
gleich als ob ſie es nicht gehoͤrt haͤtten. Es er-
ſcheinen in der Geiſterwelt Wege, deren einige zum
Himmel, einige zur Hoͤlle fuͤhren, ein jeder Weg
aber fuͤhret zu einer gewiſſen Geſellſchaft; die gu-
ten Geiſter gehen keine andre Wege, als die, ſo
zum Himmel, und zu einer Geſellſchaft fuͤhren,
die in dem Guten ihrer Liebe iſt, aber die Wege,
die anders wohin leiten, ſehen ſie nicht; hinge-
gen die boͤſen Geiſter gehen keine andre Wege,
als die, ſo zur Hoͤlle, und zu einer ſolchen Ge-
ſellſchaft allda fuͤhren, welche in dem Boͤſen ihrer
Liebe iſt, und die Wege, die anders wohin zie-
len, ſehen ſie nicht; wenn ſie ſolche ja ſehen, ſo
wollen ſie doch ſolche nicht gehen. Dieſe Wege
in der geiſtlichen Welt ſind wuͤrkliche oder weſent-
liche Erſcheinungen, die ſich entweder auf das
Wahre oder auf das Falſche beziehen; dieſes wird
dahero durch die Wege in dem Wort angedeu-
tet. Aus dieſen Beweiſen der Erfahrung iſt nun
beſtaͤtiget worden, was ich vorher aus Gruͤnden
geſagt habe, daß naͤmlich ein jeder Menſch nach
dem Tod ſeine Liebe, und ſein Wille ſey: der
Wille, ſage ich, weil ſelbſt der Wille eines jed-
weden ſeine Liebe iſt.


480. Daß der Menſch in Ewigkeit ſo
bleibe, wie er in Anſehung ſeines Willens
oder ſeiner herrſchenden Liebe beſchaffen
iſt,
das iſt mir auch durch vielſaͤltige Erfahrung
beſtaͤti-
[252]Von der Geiſterwelt.
beſtaͤtiget worden: es wurde mir verſtattet, mit
einigen zu reden, die vor zwey tauſend Jahren
gelebt haben, deren Leben in den Geſchichtſchrei-
bern beſchrieben worden, und daher bekannt iſt;
dieſe befand ich, daß ſie ſich noch ganz gleich wa-
ren, und voͤllig ſo, wie ſie beſchrieben worden,
ſo viel alſo ihre Liebe betrifft, aus welcher ihr Le-
ben herkommt, und nach welcher ſich ſolches ver-
haͤlt. Es wurde mir auch gegeben, mit andern
zu reden, die vor ſiebenzehn hundert Jahren ge-
lebt haben, und aus den Geſchichtſchreibern eben-
falls bekannt ſind; auch mit denen, ſo vor vier
hundert, und mit einigen, die vor drey hundert
Jahren gelebt haben, und ſo weiter; und ich
befande, daß noch eben eine ſolche Neigung bey
ihnen herrſchete, und kein andrer Unterſchied war,
als daß die Luſt ihrer Liebe ſich in dasjenige ver-
kehrt hatte, was mit ihrer Liebe eine Ueberein-
ſtimmung hat. Die Engel ſagten, daß das
Leben der herrſchenden Liebe bey keinem einzigen in
Ewigkeit nimmermehr veraͤndert werde, weil ein
jeder ſeine Liebe iſt, dieſe dahero bey dem Geiſt
zu aͤndern, ſey eben ſo viel, als ihn ſeines Lebens
berauben, oder ihn vertilgen. Sie ſagten auch
die Urſache, naͤmlich der Menſch koͤnnte nach dem
Tod nicht mehr durch Unterweiſung umgeſchmol-
zen werden, als wie er in der Welt haͤtte anders
gemacht werden koͤnnen, darum, weil die aͤuſ-
ſerſte Grundlage, die aus natuͤrlichen Kenntniſ-
ſen und Eindruͤcken beſteht, alsdenn ruhete, und
nicht
[253]Von der Geiſterwelt.
nicht eroͤffnet werden koͤnnte, weil ſie nicht geiſt-
lich iſt, man leſe oben Num. 464, und das Jn-
nere, das der Seele oder dem Gemuͤth zukommt,
bexuhete auf dieſer Grundlage, als wie ein Haus
auf ſeinem Grund, und daher komme es, daß
der Menſch in Ewigkeit ſo bleibe, wie ſein Leben
der Liebe in der Welt geweſen: die Engel ver-
wundern ſich ſehr, daß der Menſch nicht weis,
daß ein jeder ſo beſchaffen ſey, wie ſeine herr-
ſchende Liebe iſt, und daß viele glauben, ſie koͤnn-
ten aus unmittelbarer Barmherzigkeit, und aus
dem Glauben allein, ſelig werden, ſie moͤchten
uͤbrigens in Anſehung des Lebens beſchaffen ſeyn,
wie ſie immer wollten; und daß ſie nicht wiſſen,
daß die goͤttliche Barmherzigkeit mittelbar ſey,
und darinnen beſtehe: vom Herrn ſo wohl in
der Welt, als hernach in Ewigkeit gefuͤh-
ret werden,
und diejenigen werden aus Barm-
herzigkeit gefuͤhret, welche nicht im Boͤſen leben;
wie auch, daß ſie nicht wiſſen, daß der Glaube
die aus der himmliſchen Liebe des Herrn
herruͤhrende Zuneigung zum Wahren ſey.


481. Das derjenige Menſch, welcher
eine himmliſche und geiſtliche Liebe hat,
in den Himmel komme; derjenige aber
in die Hoͤlle, der eine leibliche und welt-
liche hat ohne die himmliſche und geiſt-
liche,
das habe ich von allen denen, die ich in
den Himmel erheben, und in die Hoͤlle werfen
ſahe, offenbar abnehmen koͤnnen. Die, ſo in
den
[254]Von der Geiſterwelt.
den Himmel erhoben wurden, hatten ein Leben aus
der himmliſchen und geiſtlichen Liebe gehabt, die-
jenigen aber, ſo in die Hoͤlle geworfen wurden,
hatten ein Leben aus der leiblichen und weltlichen
Liebe gehabt: himmliſche Liebe heißt: das
Gute, Aufrichtige, und Gerechte lieben, weil
es gut, aufrichtig, und gerecht iſt, und aus die-
ſer Liebe es auch thun, von daher haben jene ein
gutes, aufrichtiges und gerechtes Leben, welches
das himmliſche Leben iſt; die nun das Gute, Auf-
richtige und Gerechte um des Guten, Aufrichti-
gen und Gerechten willen lieben, es auch thun
oder darnach leben, die lieben auch den Herrn
uͤber alles, weil es von Jhm kommt, ſie lieben
auch den Naͤchſten, weil das Gute. Auf-
richtige und Gerechte eben der Naͤchſte
iſt, den man lieben ſoll:
leibliche Liebe aber
heißt: das Gute, Aufrichtige und Gerechte nicht
um des Guten, Aufrichtigen und Gerechten wil-
len, ſondern um ſein ſelbſt willen lieben, weil ſie
durch ſolches nach einem groſſen Namen, Ehre
und Gewinn ſtreben; dieſe ſehen bey dem Guten,
Aufrichtigen und Gerechten nicht auf den Herrn
und den Naͤchſten, ſondern auf ſich ſelber und die
Welt, und empfinden noch bey den Betrug den
ſie ſpielen, ein Vergnuͤgen; aber das Gute, Auf-
richtige und Gerechte, ſo ſie aus Betrug lieben,
iſt das Boͤſe, Unaufrichtige und Ungerechte, wel-
ches von ihnen in dem Guten, Aufrichtigen und
Gerechten geliebet wird. Weil alſo die vielerley
Liebe das Leben eines jeden entſcheidet, ſo werden
dahero
[255]Von der Geiſterwelt.
dahero alle, ſo bald ſie nach dem Tod in die Gei-
ſterwelt kommen, ausgeforſchet, von welcher Art
ſie ſeyen, und mit denen verbunden, die in glei-
cher Liebe ſtehen; die in der himmliſchen Liebe
ſtehen, werden mit denen verbunden, ſo im Him-
mel ſind, und die in der leiblichen Liebe ſtehen,
mit denen, ſo in der Hoͤlle ſind; und werden
auch, nach vollendeten erſten und andern
Zuſtand,
dergeſtalt von einander geſchieden,
daß ſie einander nicht mehr ſehen, noch einander
kennen; denn ein jeder wird ſeine Liebe, nicht nur
in Anſehung des Jnnern, das dem Gemuͤthe ei-
gen, ſondern auch in Anſehung des Aeuſſern,
welches dem Angeſicht, dem Leib und der Rede
zukommt, denn ein jeder wird die Abbildung ſei-
ner Liebe, auch in dem Aeuſſerlichen: diejenigen,
ſo lauter leibliche Liebe ſind, erſcheinen plump,
dunkel, ſchwarz und ungeſtalt; diejenigen aber,
ſo lauter himmliſche Liebe ſind, erſcheinen mun-
ter, leuchtend, weiß und ſchoͤn: ſie ſind auch ein-
ander an Gemuͤthern und Denkungsarten ganz
und gar ungleich; die lauter himmliſche Liebe ſind,
die ſind auch verſtaͤndig und weiſe; die aber lau-
ter leibliche Liebe ſind, die ſind dumm und gleich-
ſam naͤrriſch. Wenn das Jnnere und Aeuſſere
der Gedanken und Neigungen derjenigen, welche
in der himmliſchen Liebe ſind, zu beſehen verſtat-
tet wird, ſo erſcheinet das Jnnere wie ein Licht,
und bey einigen, wie ein flammendes Licht, und
das Aeuſſere erſcheinet in mancherley ſchoͤnen Far-
ben, als wie die Regenbogen; hingegen ſiehet
das
[256]Von der Geiſterwelt.
das Jnnere derer, ſo in der leiblichen Liebe ſind,
wie ſchwarz aus, weil es verſchloſſen iſt, und
bey einigen erſcheint es dunkel feurig, naͤmlich
bey denen, welche innerlich in boshaften Betrug
geweſen ſind; ihr Aeuſſeres aber erſcheinet in
einer ſcheußlichen Farbe von einem traurigen An-
blick; (das Jnnere und Aeuſſere, welches der Seele
und dem Gemuͤth zukommt, wird in der geiſtli-
chen Welt zu ſehen gegeben, ſo oft es dem Herrn
wohlgefaͤllt.) Diejenigen, ſo in der leiblichen
Liebe ſind, ſehen gar nichts in dem Lichte des Him-
mels, ihnen iſt das Licht des Himmels eine Fin-
ſternis, hingegen das Licht der Hoͤlle, welches
eben ſo iſt, wie das Licht von gluͤenden Kohlen,
iſt ihnen wie ein helles Licht; in dem himmliſchen
Licht wird auch ihr inneres Sehen oder Geſicht
dermaßen verfinſtert, bis das ſie unſinnig wer-
den, weswegen ſie daſſelbe fliehen, und ſich in
Gruben und Hoͤhlen verbergen, ja, ſich ſo tief
verbergen, als ſo tief bey ihnen das aus dem Boͤ-
ſen herruͤhrende Falſche iſt: bey denen aber, ſo
in der himmliſchen Liebe ſind, iſt gerade das Ge-
gentheil, je innerlicher oder hoͤher ſie in das Licht
des Himmels kommen, deſto heller ſehen ſie al-
les und auch alles deſto ſchoͤner, und deſto ver-
ſtaͤndlicher und weiſer begreiffen ſie die Wahrhei-
ten. Diejenigen, welche in der leiblichen Liebe
ſind, koͤnnen durchaus nicht in der Waͤrme des
Himmels leben, denn die Waͤrme des Himmels
iſt die himmliſche Liebe, ſondern ſie koͤnnen nur
in der Hitze der Hoͤlle leben, welches eine Liebe
iſt,
[257]Von der Geiſterwelt.
iſt, gegen andre, die ihnen nicht wohl wollen,
zu wuten; Verachtung andrer Feindſchaſten,
Haß und Rache ſind das Vergnuͤgen dieſer Liebe,
und wenn ſie darinnen ſind, ſo ſind ſie in ihrem
Leben, und wiſſen ganz und gar nicht, was das
ſey: andern Guts thun lediglich aus dem
Guten, und unmittelbar um des Guten
willen,
ſondern ſie wiſſen nur Gutes zu thun
aus dem Boͤſen und um des Boͤſen willen. Die
nun in der leiblichen Liebe ſind, die koͤnnen im
Himmel nicht Athem ſchoͤpfen; wenn ein boͤſer
Geiſt dahin gebracht wird, ſo ziehet er die Seele,
alswie einer, der in den letzten Todeszuͤgen lieget;
die aber in der himmliſchen Liebe ſind, die ſchoͤ-
pfen deſto freyer Athem, und leben deſto vollkom-
mener, je innerlicher ſie im Himmel ſind. Hier-
aus kann nun offenbar erhellen, daß die himm-
liſche und geiſtliche Liebe der Himmel bey dem Men-
ſchen ſey, weil dieſer Liebe alle Dinge des Him-
mels eingeſchrieben ſind; und daß die leibliche
und weltliche Liebe ohne die himmliſche und geiſt-
liche die Hoͤlle bey dem Menſchen ſey, weil dieſe
zweyerley Liebe alle Dinge der Hoͤlle eingeſchrie-
ben ſind. Hieraus erhellet, daß der, ſo eine
himmliſche und geiſtliche Liebe hat, in den Him-
mel komme, derjenige aber in die Hoͤlle, der eine
leibliche und weltliche Liebe hat ohne die himm-
liſche und geiſtliche.


482. Daß dem Menſchen der Glaube
nicht bleibe, wenn er nicht aus der himm-

Sw. Sch.II.Th. Sliſchen
[258]Von der Geiſterwelt.
liſchen Liebe iſt, das iſt mir durch ſo viele
Erfahrungen offenbaret worden, daß wenn alle[s],
was ich hiervon geſehen und gehoͤret habe, ſollte
angefuͤhret werden, es ein ganzes Buch auf[uͤ]llen
wuͤrde: das kann ich bezeugen, daß bey denen,
ſo in der leiblichen und weltlichen Liebe ohne die
himmliſche und geiſtliche ſind, gar kein Glaube
ſey, auch keiner ſtatt finden koͤnne, und daß er
nur ein Wiſſen ſey, oder eine Ueberredung,
daß es Wahrheit ſey, weil es ſeiner Liebe diener;
es wurden auch ſehr viele von denen, die ſich ein-
gebildet hatten, ſie haͤtten im Glauben geſtan-
den, hin zu denen gefuͤhret, die wuͤrklich im Glau-
ben waren, und da wurden ſie, nach verſtatteter
Vergemeinſchaftung, inne, daß ſie gar keinen
Glauben hatten; ſie bekannten auch nachgehends,
daß blos allein das Wahre und das
Wort glauben,
kein Glaube ſey, ſondern
daß das der Glaube ſey, aus himmliſcher
Liebe das Wahre lieben, und es aus in-
nerer Zuneigung wollen und thun:
es wurde
mir auch gezeigt, daß ihre Ueberredung, die ſie
den Glauben nannten, nur war, wie das Licht
des Winters, und weil darinnen keine Waͤrme
iſt, ſo frieret alles auf Erden zuſammen, er ſtar-
ret, und liegt unter dem Schnee; ſobald dahero
das Licht ihres in der Einbildung beſtehenden
Glaubens von den Strahlen des himmliſchen
Lichts zuſammen gedruͤckt wird, nicht nur aus-
loͤſchet, ſondern auch wie eine dicke Finſternis
wird, worinnen ſich niemand ſehen kann; und
ſodann
[259]Von der Geiſterwelt.
ſodann wird zugleich ihr Jnneres dermaßen fin-
ſter, daß ſie ganz und gar nichts verſtehen, und
endlich von dem Falſchen gar unſinnig werden.
Derowegen werden bey ſolchen alle Wahrheiten,
die ſie aus dem Wort und aus der Lehre der
Kirche gewußt, und fuͤr ihren Glauben ausgege-
geben hatten, weggenommen, und ſtatt derſelben
werden ſie von allem Falſchen, das mit dem Boͤ-
ſen ihres Lebens zuſammenſtimmet, eingenommen;
denn ſie werden alle in ihre vielerley Liebe, und
nebſt ſolcher in das damit zuſammenſtimmende
Falſche verſenkt; ſie haſſen und verabſcheuen als-
denn das Wahre, und ſtoſſen es alſo von ſich
weg, weil es dem aus dem Boͤſen herruͤhrenden
Falſchen, worinnen ſie ſind, zuwider iſt. Das
kann ich aus allen Erfahrungen, die ich von den
Dingen des Himmels und der Hoͤlle gehabt habe,
bezeugen, daß alle diejenigen, welche aus der
Lehre nur den Glauben allein zugeſtanden ha-
ben, und in Anſehung des Lebens in dem Boͤſen
geweſen ſind, in der Hoͤlle ſeyen; ich habe geſe-
hen, daß ihrer viele tauſend dahin geworfen wur-
den; von welchen ich in dem kleinen Tractat:
von dem lezten Gericht und dem zerſtoͤr-
ten Babel,
gehandelt habe.


483. Daß es die Liebe in der Thaͤtig-
keit ſey, welche bleibet, daß es alſo das
Leben des Menſchen ſey,
das folget als ein
Schluß aus alle dem, was ich anitzo aus der Er-
fahrung gezeigt habe, und aus dem, was oben
S 2von
[260]Von der Geiſterwelt.
von den Thaten und Werken geſagt worden; die
Liebe in der Thaͤtigkeit
iſt eben das Werk
und die That.


484. Es iſt zu wiſſen, daß alle Werke und
Thaten zum ſittlichen und buͤrgerlichen Leben ge-
hoͤren, und daß ſie ſich dahero auf die Aufrichtig-
keit und Rechtſchaffenheit, wie auch auf die Ge-
rechtigkeit und Billigkeit beziehen; das Aufrich-
tige und Rechtſchaffene gehoͤret zum ſittlichen Le-
ben, und das Gerechte und Billige zum buͤrger-
lichen Leben; die Liebe, wodurch ſolches gethan
wird, iſt entweder eine himmliſche oder eine hoͤl-
liſche; wenn die Werke und Thaten des ſittlichen
und buͤrgerlichen Lebens aus himmliſcher Liebe ge-
than werden, ſo ſind ſie himmliſch, denn was
aus himmliſcher Liebe gethan wird, das geſchiehet
aus dem Herrn, und was aus dem Herrn ge-
ſchiehet, das alles iſt gut: wenn aber die Thaten
und Werke des ſittlichen und buͤrgerlichen Lebens
aus hoͤlliſcher Liebe gethan werden, ſo ſind ſie hoͤl-
liſch, denn was aus dieſer Liebe geſchiehet, wel-
ches die Eigenliebe und die Liebe zur Welt iſt, das
geſchiehet unmittelbar aus dem Menſchen, und
was unmittelbar aus dem Menſchen geſchiehet,
das alles iſt an ſich boͤſe; denn der Menſch an
ſich betrachtet, oder ſein Eigenes, iſt nichts als
Boͤſes.



Daß
[261]Von der Geiſterwelt.

Daß ſich die Ergoͤtzlichkeiten des
Lebens, die ein jeder gehabt, nach
dem Tod in uͤbereinſtimmende
verkehren.


485. Daß die herrſchende Neigung oder herr-
ſchende Liebe bey einem jedem ewiglich bleibe, iſt
im vorhergehen Artikel gezeigt worden; daß aber
die Ergoͤtzlichkeiten dieſer Neigung oder Liebe ſich
in uͤbereinſtimmende verkehren, ſoll anitzo gezeigt
werden: daß ſie ſich in uͤbereinſtimmende verkeh-
ren, dadurch verſtehe ich, in geiſtliche Ergoͤtzun-
gen, die mit den natuͤrlichen uͤbereinſtimmen: daß
ſie ſich in geiſtliche verkehren, kann daraus offen-
bar ſeyn, daß der Menſch, ſo lange er in ſeinem
irdiſchen Leib iſt, ſich in der natuͤrlichen Welt
befindet, wenn er aber dieſen Leib verlaͤßt, in die
geiſtliche Welt kommt, und einen geiſtlichen Leib
anziehet. Daß die Engel in vollkommener menſch-
licher Geſtalt, und daß auch die Menſchen nach
dem Tod in ſolcher ſeyen; und daß ihre Leiber,
mit welchen ſie umgeben ſind, geiſtlich ſeyen, leſe
man Num. 73-77: und Num. 453-460: und
was die Uebereinſtimmung der geiſtlichen Dinge
mit dem natuͤrlichen ſey, leſe man N. 87-115.


486. Alle Ergoͤtzlichkeiten, die der Menſch
hat, ruͤhren von ſeiner herrſchenden Liebe her,
denn der Menſch ergoͤtzet ſich an nichts anders,
als an ſolchen Dingen, die er liebet, und alſo
S 3haupt-
[262]Von der Geiſterwelt.
hauptſaͤchlich an ſolchen, die er uͤber alles liebet;
ob man ſage, die herrſchende Liebe, oder das, was
man uͤber alles liebet, das iſt einerley. Dieſe
Ergoͤtzungen ſind mancherley, uͤberhaupt ſind
ihrer ſo viel, als ſo vielerley Arten der herrſchen-
den Liebe ſind, mithin, ſo viel der Menſchen,
Geiſter und Engel ſind, denn die herrſchende Liebe
des einen iſt nimmermehr des andern ſeiner durch-
aus gleich; daher kommt es, daß das Angeſicht
des einen nimmermehr des andern ſeinem gaͤnz-
lich gleich iſt, denn das Angeſicht iſt das Bild ei-
nes jeden Gemuͤths, und in der geiſtlichen Welt
iſt es das Bild einer jeden herrſchenden Liebe; die
Ergoͤtzlichkeiten eines jeden inſonderheit ſind
auch von unendlicher Mannigfaltigkeit, und es
wird bey einem nicht eine einzige Ergoͤtzung ge-
funden, die der andern durchaus gleich oder daß
eine wie die andere ſey, ſowohl die, ſo hinter-
einander folgen, eine nach der andern, als auch
die, ſo bey einander ſind, eine an der andern;
es kann unmoͤglich eine wie die andre ſeyn; jedoch
aber beziehen ſich dieſe Ergoͤtzungen eines jeden
inſonderheit auf eine einzige Liebe bey ihm, ſo
die herrſchende Liebe iſt, weil ſie ſelbige zuſammen
ausmachen, und alſo machen ſie mit derſelben ein
Einziges aus. Auf gleiche Weiſe beziehen ſich
auch alle Ergoͤtzungen uͤberhaupt auf eine ein-
zige Liebe, die hauptſaͤchlich herrſchet, naͤmlich im
Himmel auf die Liebe zum Herrn, und in der
Hoͤlle auf die Eigenliebe.


487. Wel-
[263]Von der Geiſterwelt.

487. Welche und welcherley die geiſtliche Er-
goͤtzungen ſeyen, worein die natuͤrliche Ergoͤtzun-
gen eines jeden nach dem Tod verkehret werden,
kann man nicht anders woher wiſſen, als aus der
Wiſſenſchaft der Uebereinſtimmungen; dieſe lehret
uͤberhaupt, daß nichts Natuͤrliches vorhanden
ſey, womit nicht etwas Geiſtliches uͤbereinſtimme,
und lehret auch inſonderheit, was und welcher-
ley das Uebereinſtimmende ſey; wer dahero dieſe
Wiſſenſchaft inne hat, der kann ſeinen Zuſtand
nach dem Tod erkennen und wiſſen, wenn er nur
ſeine Liebe kennet, und wie ſolche in der haupt-
ſaͤchlich herrſchenden Liebe ſey, worauf ſich alle
Arten der Liebe beziehen, wie ich kurz vorher ge-
ſagt habe. Diejenigen aber, welche in der Ei-
genliebe ſind, koͤnnen ihre herrſchende Liebe un-
moͤglich wiſſen, weil ſie das Jhrige lieben, und
ihr Boͤſes gut heiſſen, auch zugleich das Falſche,
das ſie hegen, und wodurch ſie ihr Boͤſes bekraͤf-
tigen, Wahrheit nennen; gleichwohl aber koͤnn-
ten ſie ſelbige von andern, die weiſe ſind, kennen
lernen, wenn ſie wollten, weil dieſe ſehen, was
jene nicht ſehen; aber auch das geſchiehet nicht
bey denen, die mit der Eigenliebe dermaßen uͤber-
laden ſind, daß ſie vor allen Lehren der Weiſen
einen Eckel haben. Die aber in der himmliſchen
Liebe ſind, die nehmen den Unterricht an, und ſo
bald ihnen ihr Boͤſes, worein ſie geboren ſind,
zu Gemuͤthe gefuͤhret wird, ſogleich ſehen ſie es
aus dem Wahren, denn dieſes machet das Boͤſe
offenbar: denn ein jeder kann aus dem Wahren,
S 4das
[264]Von der Geiſterwelt.
das aus dem Guten kommt, das Boͤſe und deſ-
ſen Falſches ſehen, keiner aber kann aus dem Boͤ-
ſen das Gute und Wahre ſehen; die Urſache iſt,
weil das Falſche des Boͤſen eine Finſternis iſt,
und auch damit uͤbereinſtimmet; dahero ſind die-
jenigen, ſo in dem aus dem Boͤſen herruͤhrenden
Falſchen ſind, wie Blinde, die das, was im Lichte
iſt, nicht ſehen, und es auch wie die Nachteulen
fliehen: hingegen das Wahre aus dem Guten iſt
ein Licht, und ſtimmet auch mit dem Lichte uͤber-
ein, man leſe Num. 126-134; weswegen die-
jenigen, ſo in dem aus dem Guten herruͤhrenden
Wahren ſind, ſehen und eroͤffnete Augen haben,
und das, was im Lichte iſt, von dem, was im
Schatten iſt, zu unterſcheiden wiſſen. Hierin-
nen bin ich auch durch die Erfahrung beſtaͤrket
worden; die Engel in den Himmeln ſehen nicht
nur, ſondern empfinden auch das Boͤſe und Fal-
ſche, das manchmal in ihnen aufſteiget, wie auch
da Boͤſe und Falſche, worinnen ſich die Geiſter
befinden, die in der Geiſterwelt an die Hoͤllen ge-
bunden worden ſind, aber die Geiſter ſelbſt koͤn-
nen ihr Boͤſes und Falſches nicht ſehen; was das
Gute der himmliſchen Liebe, was das Gewiſſen,
was das Aufrichtige und Gerechte ſey, wenn es
nicht um ſein ſelbſt willen geſchiehet, und was das
ſey: vom Herrn gefuͤhret werden, das alles faſ-
ſen ſie nicht, und ſprechen, es ſey unmoͤglich, mit-
hin ſey es ein Nichts. Dieſes iſt zu dem Ende
geſagt worden, damit ſich der Menſch pruͤfen, und
aus ſeinen Ergoͤtzlichkeiten oder Vergnuͤgen ſeine
Liebe
[265]Von der Geiſterwelt.
Liebe erkennen, und hieraus, ſo viel er naͤmlich
von der Wiſſenſchaft der Uebereinſtimmungen
faſſen kann, den Zuſtand ſeines Lebens nach dem
Tod wiſſen moͤge.


488. Wie ſich die Ergoͤtzlichkeiten des Lebens,
die ein jeder gehabt, nach dem Tod in uͤberein-
ſtimmende verkehren, das kann man zwar aus
der Wiſſenſchaft der Uebereinſtimmungen wiſ-
ſen, weil aber dieſe Wiſſenſchaft noch nicht be-
kannt gemacht worden, ſo will ich dieſe Sache
durch einige Beyſpiele der Erfahrung Einiger-
maſſen ins Licht ſetzen. Alle die, ſo in dem Boͤ-
ſen ſind und ſich in dem Falſchen wider die Wahr-
heiten der Kirche feſtgeſetzt, zumahl diejenigen,
welche das Wort verworfen haben, fliehen das
Licht des Himmels, und verkriechen ſich in Gruͤf-
te, die bey den Oeffnungen ſtockfinſter ausſehen,
und in Felſen-Loͤcher, und verſtecken ſich allda;
und dieſes darum, weil ſie die Falſchheiten gelie-
bet, und die Wahrheiten gehaßt haben; denn
dergleichen Gruͤfte, wie auch Felſen-Loͤcher, in-
gleichen auch die Falſchheiten ſtimmen mit der
Finſternis, die Wahrheiten aber mit dem Lichte
uͤberein; es iſt ihre Luſt, ſich daſelbſt aufzuhal-
ten, und eine Unluſt, in offenen Feldern zu woh-
nen. Eben machen es ſo diejenigen, deren Luſt
geweſen, andern heimlicher Weiſe nachzuſtellen,
und im verborgenen mit liſtigen Anſchlaͤgen um-
zugehen; dieſe befinden ſich eben auch in ſolchen
Gruͤften, und gehen in ſo finſtere Kammern, daß
S 5nicht
[266]Von der Geiſterwelt.
nicht einmal einer den andern ſehen kann, und
liſpeln in den Winkeln einander in die Ohren;
hierein verkehret ſich die Luſt ihrer Liebe. Die den
Wiſſenſchaften obgelegen, und dabey keinen an-
dern Zweck gehabt, als ſich Gelehrte nennen zu
laſſen, aber ihren vernuͤnftigen Theil durch
dieſelben nicht ausgebildet, und an den Gedaͤcht-
nis-Sachen ein von dem daher ruͤhrenden Hoch-
muth verurſachtes Vergnuͤgen gehabt haben, die
lieben die ſandigte Oerter, die ſich weit lieber, als
die Felder und Gaͤrten erwaͤhlen, weil das San-
digte mit dergleichen Studien uͤbereinſtimmet.
Welche die Lehrpunkte ihrer Kirche und andrer
gewußt, aber nicht das geringſte davon aufdas
Leben angewendet haben, die erwaͤhlen ſich felſig-
te Oerter, und wohnen zwiſchen Steinhaufen,
die gebauten Oerter aber fliehen ſie, weil ſie ihnen
zuwider ſind. Diejenigen ſo alles der Natur, wie
auch die, ſo alles ihrer ſelbſt eigenen Klugheit
zugeſchrieben, und durch allerley Kunſtgriffe ſich
zu Ehren geſchwungen, und Reichthuͤmer er-
wuchert haben, die legen ſich im andern Leben auf
zauberiſche Kuͤnſte, welche ein Misbrauch der
goͤttlichen Ordnung ſind, und bey dieſen em-
pfinden ſie die groͤßte Ergoͤtzung ihres Lebens.
Diejenigen, welche das goͤttliche Wahre auf ihre
vielerley Liebe gezogen, und es alſo verfaͤlſcht
haben, lieben den Urin, weil der Urin mit den
Ergoͤtzlichkeiten dieſer vielerley Liebe uͤberein-
ſtimmet. Diejenigen, welche garſtig geitzig ge-
weſen, wohnen in Kellern, und lieben den Un-
flath
[267]Von der Geiſterwelt.
flath der Schweine, wie auch das Stinkende,
als wie es von den unverdaueten Speiſen im
Magen ausduͤnſtet. Die in lauter Wolluͤſten
ihr Leben zugebracht, koſtbar oder niedlich ge-
lebt, und der Gurgel und dem Bauch was zu
gut gethan haben, indem ſie dieſes alswie das
hoͤchſte Gut des Lebens liebten, die lieben im an-
dern Leben den Koth und die heimlichen Ge-
maͤcher, das iſt ſodann ihre Ergoͤtzung; aus der
Urſache, weil dergleichen Wolluͤſte geſtliche Un-
flaͤtereyen ſind; die reinen Oerter, wo kein Un-
flat iſt, fliehen ſie, weil ſie ihnen unangenehm
ſind. Diejenigen, welche an den Ehebruͤchen
ihre Luſt gehabt, halten ſich in Hurenhaͤuſer
auf, wo alles unſauber und unflaͤtig iſt; dieſe
haben ſie gerne, aber die zuͤchtigen oder ehrlichen
Haͤuſer fliehen ſie; ſobald ſie zu dieſen kommen,
fallen ſie in Ohnmacht; nichts iſt ihnen ange-
nehmer, als die Ehen zu brechen. Diejenigen,
welche rachgierig geweſen, und ſich daher eine
grimmige und grauſame Natur zugezogen ha-
ben, lieben die Oerter der Todtenaͤſer, und ſind
auch in dergleichen Hoͤllen. Und ſo die andern
auf eine andere Weiſe.


489. Aber die Ergoͤtzlichkeiten des Lebens
derjenigen, welche in himmliſcher Liebe in der
Welt gelebt haben, werden in ſolche uͤbereinſtim-
mende Dinge verwandelt, dergleichen in den
Himmeln ſind, welche aus der Sonne des Him-
mels, und aus dem daher ruͤhrenden Licht ent-
ſtehen
[268]Von der Geiſterwelt.
ſtehen, welches Licht ſolche Dinge vor das Ge-
ſichte bringt, die das goͤttliche in ſich verborgen
haben; dasjenige, was daraus zum Vorſchein
kommt, hat einen Eindruck auf das Jnnere der
Engel, das ihrem Gemuͤthe zukommt, zugleich
auf das Aeuſſere, das ihrem Leib zugehoͤret; und
weil das goͤttliche Licht, ſo das vom Herrn aus-
gehende Goͤttliche Wahre iſt, in ihre Gemuͤ-
ther einfließt, die durch die himmliſche Liebe ge-
oͤffnet ſind, ſo ſtellet es dahero im Aeuſſerlichen
ſolche Dinge dar, die mit den Ergoͤtzungen ih-
rer Liebe uͤbereinſtimmen: daß die Dinge, die
in den Himmeln vor dem Geſichte erſcheinen,
mit dem Jnnern der Engel, oder mit ihrem
Glauben und ihrer Liebe, und mit ihrer daher
ruͤhrenden Verſtandes-Erkaͤnntnis und Weis-
heit uͤbereinſtimmen, iſt in dem Artikel von den
vorſtellenden Dingen und Erſcheinungen im
Himmel, Num. 170-176 gezeigt worden; wie
auch in dem Artikel von der Weisheit der Engel
des Himmels Num. 265-275. Weil ich nun an-
gefangen habe, aus den Beyſpielen der Erfah-
rung dieſe Sachen zu beſtaͤtigen, um naͤmlich
dasjenige, was ich vorher aus den Urſachen der
Dinge geſagt habe, zu erlaͤutern, ſo will ich
auch etwas von den himmliſchen Ergoͤtzungen
vorbringen, worein die natuͤrlichen Ergoͤtzlich-
keiten derer, ſo in der Welt in himmliſcher Liebe
gelebt haben, verwandelt werden, Diejenigen,
welche die goͤttliche Wahrheiten und das Wort
geliebet haben aus innerer Zuneigung, oder aus
der
[269]Von der Geiſterwelt.
der Neigung zum Wahren, weil es Wahrheit
iſt, die wohnen im andern Leben im Lichte, auf
erhabenen Orten, die da wie Berge ausſehen,
und ſind allda beſtaͤndig im Lichte des Himmels;
ſie wiſſen gar nicht, was die Finſternis, alswie
ſie in der Welt des Nachts iſt, ſey; und leben
auch in einem temperirten Fruͤhling; vor ihrem
Geſichte ſtellen ſich gleichſam Aecker und Erndten
und Weinberge dar; in ihren Haͤuſern glaͤnzt
alles und jedes, wie von Edelgeſteinen; ihr
Schauen durch die Fenſter iſt wie lauter Cryſtall;
dieſe Dinge ſind die Ergoͤtzungen ihres Geſich-
tes, aber eben dieſe Dinge ſind auch, vermoͤge
der Uebereinſtimmungen mit dem himmliſch
Goͤttlichen, innerliche Ergoͤtzungen, denn die
Wahrheiten aus dem Wort, die ſie geliebet ha-
ben, ſtimmen mit den Erndten, Weinbergen,
Edelgeſteinen, Fenſtern und Cryſtallen uͤberein.
Diejenigen, ſo die Lehrpunkte der Kirche, die
naͤmlich aus dem Wort ſind, gleichſobald aufs
Leben angewendet haben, befinden ſich im in-
nerſten Himmel,
und ſind vor den uͤbrigen in
der Ergoͤtzung der Weisheit; in allen und jeden
Gegenſtaͤnden erblicken ſie das Goͤttliche; ſie ſe-
hen zwar die Gegenſtaͤnde, aber das damit uͤber-
einſtimmende Goͤttliche flieſſet alsbald in ihre
Gemuͤther ein, und erfuͤllen ſolche mit Selig-
keit, von welcher alle ihre ſinnliche Empfindun-
gen einen Eindruck bekommen; daherkommt es,
daß alles vor ihren Augen gleichſam lachet, ſpie-
let und lebet; hiervon leſe man oben Num. 270.
Die
[270]Von der Geiſterwelt.
Die die Wiſſenſchaften geliebet, und durch ſolche
ihren vernuͤnftigen Theil ausgebildet, und ſich
von daher einen Erkaͤnntnisvollen Verſtand zu-
wege gebracht, und zugleich das Goͤttliche er-
kannt haben, deren Luſt an den Wiſſenſchaften,
und deren vernuͤnftiges Vergnuͤgen, verwan-
delt ſich im andern Leben in ein geiſtliches Ver-
gnugen, welches ein Vergnuͤgen an Erkaͤnnt-
niſſen des Guten und Wahren iſt; ſie wohnen
in Gaͤrten, wo Blumenreiche und gruͤne Plaͤtze
erſcheinen, die in Beete ſchoͤn eingetheilt ſind,
und umher Reihen von Baͤnmen mit Lauben und
Spatziergaͤngen; die Baͤume und Blumen wer-
den von Tag zu Tag mannigfaltiger; der An-
blick aller dieſer Dinge veurſachet uͤberhaupt
ihren Gemuͤthern Ergoͤtzungen, und die Man-
nigſaltigkeiten erneuern insbeſondere dieſel-
ben fuͤr und fuͤr; und weil dieſe Dinge mit dem
Goͤttlichen uͤbereinſtimmen, und ſie die Uebe -
einſtimmungen verſtehen, ſo werden ſie immer
mit neuen Erkaͤnutniſſen erfuͤllet, und durch
ſolche wird ihr geiſtlich vernuͤnftiger Theil
vollkommener; dieſe Ergoͤtzungen haben ſie da-
her, weil die Gaͤrten, die Blumenreiche und
gruͤne Plaͤtze, wie auch die Baͤume mit den Wiſ-
ſenſchaften, Kenntniſſen, und mit der daher
ruͤhrenden Verſtandes Erkaͤnntnis uͤbereinſtim-
men. Die, ſo Gott alles zugeſchrieben, die Na-
tur aber, in Ruͤckſicht auf ihn, wie fuͤr tod an-
geſehen, als welche nur den geiſtlichen Dingen
diene, und ſich hierinnen beſtaͤrket haben, die
befin-
[271]Von der Geiſterwelt.
befinden ſich in dem himmliſchen Lichte, und alle
Dinge, die vor ihren Augen erſcheinen, bekom-
men von dieſem Lichte die Eigenſchaft, daß ſie
durchſichtig ſind, und in dieſer Durchſichtigkeit
erblicken ſie unzaͤhlige mannigfaltige Veraͤnde-
rungen des Lichts, die ihr inneres Geſicht gleich-
ſam unmittelbar ſich eindruͤcket; daher empfin-
den ſie die innern Ergoͤtzungen: die Dinge, ſo
in ihren Haͤuſern zum Vorſchein kommen, ſind
gleichſam wie von Diamanten, worinnen eben
ſolche mannigfaltige Veraͤnderungen ſind; ich
habe geſagt, daß die Waͤnde ihrer Haͤuſer gleich-
ſam cryſtalliſch, und alſo ebenfalls durchſichtig
ſeyn, und an dieſen Waͤnden erſcheinen gleich-
ſam flieſſende Geſtalten, welche himmliſche Din-
ge vorſtellen, eben auch mit unaufhoͤrlicher Man-
nigfaltigkeit: und dieſes darum, weil derglei-
chen Durchſichtigkeit mit dem Verſtand uͤberein-
ſtimmet, der vom Herrn erleuchtet worden,
nachdem der Schatten, der von dem Glauben
und der Liebe zu dem Natuͤrlichen herruͤhret, ver-
trieben iſt: ſolche, und noch endlich viele andre
Dinge ſind es, wovon diejenigen, welche im Him-
mel geweſen ſind, ſagen, daß ſie Dinge geſehen
haͤtten, die kein Auge jemals geſehen,
und
aus der ihnen mitgetheilten Empfindung, die ſie
von dem aus dieſen Dingen herruͤhrenden Goͤtt-
lichen gehabt, ſprechen, daß ſie Dinge gehoͤ-
ret haͤtten, die kein Ohr jemals gehoͤret.

Diejenigen, welche nichts heimliches gethan, ſon-
dern gewollt haben, daß alle ihre Gedanken, of-
fenbar
[272]Von der Geiſterwelt.
fenbar ſeyn moͤchten, ſo viel es naͤmlich das buͤr-
gerliche Leben zuließ, dieſe weil ſie nichts anders,
als das Aufrichtige und Gerechte aus dem Goͤtt-
lichen
gedacht haben, leuchten im Himmel mit
dem Angeſicht, und vermoͤge dieſes Lichtes kom-
men in ihrem Angeſicht alle und jede Neigun-
gen und Gedanken, als in einer Geſtalt, zum
Vorſchein, und in Anſehung der Rede und Hand-
lungen ſind ſie gleichſam Abbildungen ihrer
Neigungen; daher hat man ſie lieber, als an-
dre; wenn ſie reden, wird ihr Angeſicht ein we-
nig dunkel, wenn ſie aber ausgeredet haben, ſo
kommt das naͤmliche, was ſie geredet, zugleich
in dem Angeſicht zum Vorſchein, daß man es
voͤllig ſehen kann: auch alles, was um ſie herum
iſt, weil es mit ihrem Jnnern uͤberein ſtimmet,
erſcheinet ſolchergeſtalt, daß es von andern ganz
genau erkannt wird, was es vorſtelle und zu
bedeuten habe: die Geiſter, deren Luſt geweſen,
alles heimtuͤckiſch zu thun, reiſſen ſchon von wei-
ten vor ihnen aus, und kommen ſich vor, als
ob ſie wie Schlangen von ihnen weg kriechen.
Die die Ehebruͤche fuͤr Schandthaten gehalten,
und in keuſcher ehelicher Liebe gelebt haben dieſe
ſind vor den uͤbrigen in der Ordnung und Ge-
ſtalt des Himmels, und daher in aller Schoͤn-
heit, und beſtaͤndig in der Jugend Bluͤte; die
Ergoͤtzungen ihrer Liebe ſind unausſprechlich, und
vermehren ſich in Ewigkeit; denn in die keuſche
eheliche Liebe fließen alle Ergoͤtzungen und Freu-
den des Himmels ein, weil dieſe Liebe aus der
Ver-
[273]Von der Geiſterwelt.
Verbindung des Herrn mit dem Himmel und
mit der Kirche, und uͤberhaupt aus der Verbin-
dung des Guten mit dem Wahren entſpringt,
welche Verbindung der Himmel ſelber insge-
mein,
und bey einem jeden Engel insbeſon-
dere
iſt, man leſe oben Num. 366-386: ihre
aͤuſſerliche Ergoͤtzungen ſind ſo beſchaffen, daß
ſie mit menſchlichen Woͤrtern unmoͤglich beſchrie-
ben werden koͤnnen. Das iſt aber das wenigſte,
was ich von den Uebereinſtimmungen der Ergoͤtz-
lichkeiten bey denen, ſo in der himmliſchen Liebe
ſind, geſagt habe.


490. Hieraus kann man nun wiſſen, daß
die Ergoͤtzungen aller und jeder nach dem Tod
in uͤbereinſtimmende verwandelt werden, doch
ſo daß die Liebe ſelber dennoch in Ewigkeit bleibe,
als die eheliche Liebe, die Liebe zur Gerechtigkeit,
Aufrichtigkeit, und zum Guten und Wahren,
die Liebe zu den Wiſſenſchaften und Kenntniſſen,
die Liebe zur Verſtandes Erkaͤnntnis und Weis-
heit, und die uͤbrigen Arten der Liebe; die Din-
ge nun, ſo hieraus flieſſen, alswie Baͤche von
ihrer Quelle, ſind die Ergoͤtzungen, welche eben
auch fortdauern, aber hoͤher ſteigen, wenn ſie von
den natuͤrlichen zu den geiſtlichen kommen.


Von dem erſten Zuſtand des
Menſchen nach dem Tod.


491. Es ſind drey Zuſtaͤnde, die der Menſch
nach dem Tod durchgehen muß, ehe er entweder
Sw. Sch.II.Th. Tin
[274]Von der Geiſterwelt.
in den Himmel oder in die Hoͤlle kommt; der
erſte Zuſtand iſt der Zuſtand ſeines Aeuſſern;
der andere Zuſtand iſt der Zuſtand ſeines Jn-
nern;
und der dritte Zuſtand iſt der Zuſtand
ſeiner Vorbereitung: dieſe Zuſtaͤnde durchgehet
der Menſch in der Geiſterwelt. Es ſind aber
einige, die dieſe Zuſtaͤnde nicht durchgehen, ſon-
dern gleich nach dem Tod entweder in den Him-
mel aufgenommen werden, oder ſich in die Hoͤlle
werfen; diejenigen, welche alsbald in den Him-
mel aufgenommen werden, ſind ſolche, die
wiedergeboren ſind,
*) und ſich alſo in der
Welt zum Himmel vorbereitet haben; die nun
dergeſtalt wiedergeboren und vorbereitet ſind,
daß ſie nur noch noͤthig haben, mit dem Leib
das natuͤrliche Unreine abzulegen, die werden
von den Engeln gleichſobald in den Himmel ge-
tragen; ich habe geſehen, daß einige nach einer
Stunde ihres Abſterbens dahin erhoben wur-
den. Die aber innerlich boshaft, und aͤuſſerlich
dem Anſchein nach gut geweſen, die alſo ihre
Bosheit mit Betrug angefuͤllt, und das gute zu
einem betruͤglichen Mittel gebraucht haben, die
ſtuͤrzen ſich alsbald in die Hoͤlle; ich habe geſehen,
daß ſich etliche dergleichen gleich nach dem Tod
in die Hoͤlle ſtuͤrzten; einer, der den groͤßten
Be-
[275]Von der Geiſterwelt.
Betrug geſpielt hatte, mit dem Kopf abwaͤrts
und mit den Fuͤſſen in die Hoͤhe; und andre auf
eine andre Weiſe. Es ſind auch einige, die
gleich nach dem Tod in die Hoͤhlen geworfen,
und alſo von denen, die in der Geiſterwelt ſind,
abgeſondert, und von da heraus genomm, und
manchmal wieder hineingelaſſen werden; dieſe
ſind es, die unter einem hoͤflichen Vorwand
an dem Naͤchſten boshaftig gehandelt haben.
Aber dieſer und jener ſind wenig gegen die zu
rechnen, ſo in der Geiſterwelt behalten, und
allda nach der goͤttlichen Ordnung entweder zum
Himmel, oder zur Hoͤlle vorbereitet werden.


492. Was den erſten Zuſtand anbetrift,
welches der Zuſtand des Aeuſſern iſt, ſo kommt
der Menſch gleich nach dem Tod in denſelben;
der Geiſt eines jeden Menſchen hat etwas Aeuſ-
ſeres
und etwas Jnneres; das Aeuſſere des
Geiſtes iſt dasjenige, wodurch er den Leib des
Menſchen in der Welt, vornehmlich ſein Ange-
ſicht, Rede und Geberden, zum geſellſchaftli-
chen Leben bequem macht; aber das Jnnere des
Geiſtes iſt ſein ſelbſteigenes Wollen, und ſein
daher ruͤhrendes Denken, welches ſelten an dem
Angeſicht, an der Rede und an den Geberden
offenbar wird; darum, weil ſich der Menſch,
ſchon von der Kindheit an, dazu gewoͤhnt,
Freundſchaft, Wohlwollen und Aufrichtigkeit
vor zu geben, und die Gedanken ſeines eigenen
Willens zu verhehlen; aus der daher ruͤhrenden
T 2Fer-
[276]Von der Geiſterwelt.
Fertigkeit nun nimmt er ein ſittliches und buͤr-
gerliches Leben im Aeuſſern an ſich, er mag in-
nerlich beſchaffen ſeyn, wie er wolle: aus die-
ſer Fertigkeit kommt es nun, daß der Menſch
ſein Jnneres kaum kennet, wie auch, daß er
nicht darauf Achtung giebt.


493. Der erſte Zuſtand des Menſchen nach
dem Tod iſt eben ſo, wie ſein Zuſtand in der
Welt, weil er ſich ebenfalls in dem Aeuſſerlichen
befindet; er hat auch eben das Angeſicht, eben
die Sprache, und eben das Gemuͤth, und alſo
eben das ſittliche und buͤrgerliche Leben; daher
kommt es, daß er alsdenn nicht anders weis, als
ſey er noch in der Welt, zumal, wenn er nicht
Achtung giebt auf das, was ihm begegnet, noch
auf das, was ihm die Engel, da er auferwecket
worden, geſagt haben, daß er naͤmlich ein Geiſt
ſey man leſe oben Num. 450. Auf ſolche Weiſe
wird ein Leben in das andere fortgeſetzet, und der
Tod iſt nur ein Uebergang.


494. Weil der neu angekommene Geiſt des
Menſchen nach geendigten Leben in der Welt ſo
beſchaffen iſt, ſo kennen ihn alsdenn die Freunde,
und die, ſo er in der Welt gekannt hat, denn die-
ſes werden die Geiſter nicht nur aus ſeinem An-
geſicht und aus ſeiner Sprache inne, ſondern
auch aus dem Umkreis ſeines Lebens wenn ſie ihm
nahe kommen; im andern Leben ſtellet ein jeder,
ſobald er an den andern denket, ſich auch deſſen
Ange-
[277]Von der Geiſterwelt.
Angeſicht, und zugleich noch mehreres von deſ-
ſen Leben in Gedanken vor, und indem er das
thut, wird der andre Gegenwaͤrtig, alswie her-
bey gezogen und gerufen; dieſes kommt in der
geiſtlichen Welt daher, daß allda die Gedanken
mitgetheilt werden, und daß allda keine ſolche
Raͤume ſind, wie in der natuͤrlichen Welt, man
leſe oben Num. [1]91-199; daher kommt es, daß
alle, ſobald ſie in das andere Leben kommen, von
ihren Freunden, Verwandten und einigermaſen
bekannt geweſenen, gekannt werden, und daß
ſie auch mit einander reden, und ſich hernach ſo
zuſammen geſellen, wie die Freundſchaften in
der Welt geweſen: vielmals hoͤrete ich, daß
die, ſo aus der Welt ankamen, ſich erfreueten,
ihre Freunde wieder zu ſehen, und hinwiederum
die Freunde, daß ſie wieder zu ihnen kamen.
Gemeiniglich kommt ein Ehegatte zu dem an-
dern, und preiſſen einander gluͤcklich; ſie halten
ſich auch bey einander auf, aber laͤnger oder kuͤr-
zer, je nachdem ſie in der Welt mit Vergnuͤgen
beyſammen geweſen; gleichwohl aber, wenn ſie
nicht die wahre eheliche Liebe, welche Liebe die aus
der himmliſchen Liebe herruͤhrende Vereinigung
der Gemuͤther iſt, mit einander verbunden hat,
ſo trennen ſie ſich von einander, nachdem ſie eine
kleine Weile beyſammen geweſen. Wenn aber
die Gemuͤther der Ehegatten unter einander un-
einig geweſen ſind, und einen innerlichen Ab-
ſcheu vor einander gehabt haben, ſo brechen ſie
in offenbare Feindſchaſten aus, und ſtreiten bis-
T 3weilen
[278]Von der Geiſterwelt.
weilen mit einander, und deſſen ungeachtet tren-
nen ſie ſich doch nicht eher, als bis ſie in den an-
dern
Zuſtand eingehen, von welchem nun gleich
im folgenden geredet werden ſoll.


495. Weil das Leben der neuen Geiſter eben
ſo iſt, wie ihr Leben in der natuͤrlichen Welt, und
weil ſie nichts von dem Zuſtand ihres Lebens nach
dem Tod, auch von dem Himmel und von der
Hoͤlle ſonſt nichts wiſſen, als was ſie aus dem buch-
ſtaͤblichen Sinn des Worts, und aus den daher
genommenen Predigten gelernet haben, ſo
kommt ihnen dahero, nachdem ſie ſich verwun
dert haben daß ſie in einem Leibe ſind, und in allen
Sinnen, die ſie in der Welt gehabt, und daß ſie
eben dergleichen Dinge ſehen, ein Verlangen an,
zu wiſſen, wie der Himmel und wie die Hoͤlle be-
ſchaffen, und wo ſolche dann ſeyen; derohal-
ben werden ſie von ihren Freunden vom Zuſtand
des ewigen Lebens unterrichtet, und auch herum-
gefuͤhret an mancherley Oerter, und im mancher-
ley Geſellſchaften, einige von ihnen werden in
Staͤdte, wie auch in Gaͤrten und Paradieſe, ge-
meiniglich aber zu praͤchtigen Dingen gefuͤhret,
weil dergleichen Dinge das Aeuſſerliche, worin-
nen ſie ſtehen, ergoͤtzen: ſie werden ſodann manch-
mal auf ihre Gedanken gebracht, die ſie bey Lei-
bes Leben vom Zuſtand ihrer Seele nach dem Tod,
wie auch vom Himmel und von der Hoͤlle gehabt
haben, und dieſes ſo lange, bis ſie unwillig wer-
den, daß ſie von dergleichen Dingen gar nichts
gewußt
[279]Von der Geiſterwelt.
gewußt haͤtten, und daß auch die Kirche davon
nichts wiſſe. Faſt alle ſind begierig, zu wiſſen,
ob ſie in den Himmel kommen werden; die mei-
ſten glauben, ſie kaͤmen in den Himmel, weil
ſie in der Welt ein ſittliches und buͤrgerliches Le-
ben gefuͤhret haͤtten, und bedenken nicht, daß
die Boͤſen aͤuſſerlich eben ein ſolches Leben fuͤh-
ren, wie die Guten, eben auch andern Gutes
thun, und ebenfalls in die Kirche gehen, die
Predigten anhoͤren, und beten; indem ſie ganz
und gar nicht wiſſen, daß es nicht die aͤuſſer-
liche Handlungen und der aͤuſſerliche Gottes-
dienſt ausmachen, ſondern das Jnnerliche, wo-
raus das Aeuſſerliche herkommt: von etlichen
tauſenden weis kaum ein einziger, was das Jn-
nerliche
iſt, und daß der Menſch den Himmel
und die Kirche innerlich hat; und noch weniger
wiſſen ſie, daß die aͤuſſerliche Handlungen ſo be-
ſchaffen, wie die Abſichten und Gedanken, und
in dieſen die Liebe und der Glaube ſind, woraus
ſelbige eben her kommen: und wenn ſie belehret
werden, ſo wollen ſie gar nicht begreiffen, daß
es das Denken und Wollen ausmache, ſondern
glauben, das Reden und Thun mache es aus:
ſo ſind die meiſten beſchaffen, die heut zu Tage
aus der Chriſtenheit in das andere Leben kommen.


496. Gleichwohl aber werden ſie von den gu-
ten Geiſtern gepruͤft, von welcher Art ſie ſeyn,
und dieſes geſchieht auf mancherley Weiſe, weil
in dieſem erſten Zuſtand die Boͤſen eben ſo wohl
T 4das
[280]Von der Geiſterwelt.
das Wahre reden, und das Gute thun, alswie
die Guten; aus der obgedachten Urſache, weil
ſie aͤuſſerlich eben auch ein ſittliches Leben gefuͤh-
ret haben, weil ſie unter den Regierungen und
unter den Geſetzen ſtunden, und weil ſie durch
daſſelbe den Namen eines Gerechten und Auf-
richtigen erhaſcheten und die Gemuͤther an ſich
locketen, und alſo zu Ehren kamen, und Reich-
thuͤmer konnten zuſammen ſcharren. Es unter-
ſcheiden ſich aber die boͤſen Geiſter von den guten
vornehmlich dadurch, daß die boͤſen, wenn die
Rede von dem Aeuſſerlichen iſt, begierig aufmer-
ken, hingegen wenig Achtung geben, wenn von
dem Jnnerlichen, ſo das Wahre und Gute der
Kirche und des Himmels iſt, geredet wird; die-
ſes hoͤren ſie zwar mit an, aber nicht mit Auf-
inerkſamkeit und Freude: ſie unterſcheiden ſich
aber auch dadurch, daß ſie ſich oftmal[s] zu gewiſ-
ſen Gegenden kehren, und ſobald ſie ſich ſelber
uͤberlaſſen ſind, die dahin zielende Wege gehen;
aus der Wendung zu den Gegenden, und aus dem
Hingang auf den Wegen, erkennet man, von was
fuͤr einer Art der Liebe ſie gefuͤhret werden.


497. Alle Geiſter, die aus der Welt ankom-
men, ſind zwar entweder an eine gewiſſe himmli-
ſche Geſellſchaft, oder an eine gewiſſe hoͤlliſche Ge-
ſellſchaft gebunden, aber nur in Anſehung des
Jnnern, das Jnnere aber wird bey keinem einzi-
gen, ſo lange er ſich in dem Aeuſſern befindet, of-
fenbar, denn das Aeuſſerliche bedecket und ver-
birget
[281]Von der Geiſterwelt.
birget das Jnnerliche, hauptſaͤchlich bey denen,
welche in dem innnern Boͤſen ſich befinden; her-
nach aber kommt das Jnnere offenbar zum Vor-
ſchein, wenn ſie in den andern Zuſtand kommen;
weil ſodann ih Jnneres eroͤffnet, und das Aeuſ-
ſere
eingeſchlaͤfert wird.


498. Dieſer erſte Zuſtand des Menſchen nach
dem Tod dauert bey einigen etliche Tage, bey eini-
gen etliche Monate, und bey einigen ein Jahr
lang, ſelten aber bey einem uͤber ein Jahr; bey al-
len und jeden aber mit einem ſolchen Unterſchied,
je nachdem das Jnnere mit dem Aeuſſern entwe-
der zuſammen, oder nicht zu ſammen ſtimmet: denn
es muß bey einem jeden das Aeuſſere und Jnnere
ein Einziges ausmachen und mit einander uͤber-
einſtimmen, weil keiner in der geiſtlichen Welt
anders denken und wollen, und anders reden und
handeln darf, ein jeder allda muß die Abbildung
ſeiner Neigung oder ſeiner Liebe ſeyn, wie er nun
in dem Jnnern beſchaffen iſt, ſo muß er auch in
dem Aeuſſern ſeyn; dahero wird das Aeuſſere des
Geiſtes zu erſt entdeckt und in Ordnung gebracht,
damit es dem Jnnern zu einer uͤbereinſtimmen-
den Grundlage dienen moͤge.


Von dem andern Zuſtand des
Menſchen nach dem Tod.


499. Der andere Zuſtand des Menſchen nach
dem Tod wird der Zuſtand des Jnnern genennet,
T 5weil
[282]Von der Geiſterwelt.
weil er alsdenn in das Jnnere, das ſeinem Ge-
muͤth, oder Willen und Denken zukommt, ver-
ſetzt, und das Aeuſſere, worinnen er in ſeinem
erſten Zuſtand geweſen war, eingeſchlaͤfert
wird. Ein jeder, der auf des Menſchen Leben
und deſſen Reden und Handlungen Achtung
giebt, kann erkennen, daß bey einem jeden ein
Aeuſſeres und ein Jnneres iſt, oder aͤuſſere und
innere Gedanken und Abſichten; dieſes kann er
folgendermaſen erkennen: wer hoͤflich lebt, der
denket von andern ſo, wie er es entweder aus dem
gemeinen Ruf, oder aus Umgang, von ihnen
gehoͤret und vernommen hat, er redet aber doch
nicht mit ihnen ſo, wie er es denket, und ob ſie
gleich boͤſe ſind ſo betraͤgt er ſich doch hoͤflich gegen
ſie: daß dem ſo ſey, iſt hauptſaͤchlich von denen
bekannt, die ſich verſtellen und ſchmeicheln, die
da ganz anders reden und thun, als ſie denken
und wollen: und von den Heuchlern, die von
Gott, vom Himmel, von der Seelen Seligkeit,
von den Wahrheiten der Kirche, von dem Beſten
des Vaterlandes, und von dem Naͤchſten, als-
wie aus dem Glauben und der Liebe reden, da
ſie doch im Herzen etwas anders glauben, und
nur ſich allein lieben. Hieraus kann nun offen-
bar erhellen, daß zweyerley Denken iſt,
das eine ein aͤuſſeres und das andere ein inne-
res,
und daß ſie aus dem aͤuſſern Denken re-
den, und aus dem innern Denken etwas anders
im Sinn haben, wie auch, daß dieſes zweyfache
Denken von einander abgeſondert iſt, denn man
nimmt
[283]Von der Geiſterwelt.
nimmt ſich in acht, daß das innere nicht in das
aͤuſſere fleiße, und nicht einigermaßen zum Vor-
ſchein komme. Der Menſch iſt von der Schoͤ-
pfung her ſo beſchaffen, daß das innere Denken
mit dem aͤuſſern durch die Uebereinſtimmung ein
Einziges ausmache; und bey den Guten macht
es auch Eins aus, denn dieſe denken nichts, als
Gutes, und reden auch Gutes; bey den Boͤſen
hingegen macht das innere Denken mit dem aͤuſ-
ſern nicht Eins aus, denn dieſe denken Boͤſes und
reden Gutes; bey denen iſt die Ordnung verkeh-
ret, denn das bey ihnen befindliche Gute iſt aͤuſ-
ſerlich, und das Boͤſe innerlich; daher kommt es,
daß das Boͤſe uͤber das Gute herrſchet, und ſich
dieſes, alswie einen Sclaven, unterwuͤrfig macht,
damit es ihnen zu einem Mittel dienen moͤge, die
Endzwecke ihrer Liebe zu erreichen; und weil in
dem Guten, das ſie reden und das ſie thun, dieſe
Endzwecke ſind, ſo iſt offenbar, daß ihr Gutes
nicht gut, ſondern mit dem Boͤſen angeſteckt iſt,
ob es gleich denen, die von dem Jnnern nichts
wiſſen, vorkommt, als waͤre es gut: bey den
Guten aber hat es eine ganz andre Bewandnis;
bey dieſen iſt die Ordnung nicht verkehrt, ſondern
das Gute aus dem innern Denken fließet in das
aͤuſſere, und alſo in die Rede und in die Hand-
lungen; dieſes iſt die Ordnung, worein der Menſch
geſchaffen worden iſt; denn auf ſolche Weiſe iſt
das Jnnere derſelben im Himmel und in dem Lichte
allda, und weil das Licht des Himmels das vom
Herrn ausgehende Goͤttliche Wahre, und mithin
der
[284]Von der Geiſterwelt.
der Herr ſelbſt im Himmel iſt, N. 126-140,
ſo werden ſie dahero vom Herrn gefuͤhret. Die-
ſes habe ich nun deswegen angefuͤhrt, damit man
wiſſen moͤge, daß ein jeder Menſch ein inneres
Denken und ein aͤuſſeres Denken habe, und daß
ſolche von einander unterſchieden ſeyen. Wenn
ich Denken ſage, ſo verſtehe ich auch das Wol-
len,
denn das Denken kommt aus dem Willen,
denn niemand kann ohne Willen denken. Hier-
aus erhellet, was bey dem Menſchen der Zuſtand
des Aeuſſern und der Zuſtand des Jnnern ſey.


500. Wenn ich ſage: Wollen und Denken,
ſo verſtehe ich durch das Wollen auch die Neigung
und Liebe, wie auch alles Vergnuͤgen und alle
Luſt, die der Neigung und der Liebe zukommen,
weil ſich dieſe auf den Willen, als auf ihre Un-
terlage, beziehen, denn was der Menſch will,
das liebet er und hat ſein Vergnugen und ſeine
Luſt daran, und umgekehrt, was der Menſch liebt,
und woran er ſein Vergnuͤgen und ſeine Luſt hat,
das will er: aber alsdenn verſtehe ich durch das
Denken auch alles dasjenige, wodurch er ſeine Nei-
gung oder ſeine Liebe beſtaͤrket, denn das Denken
iſt nichts anders, als die Geſtalt des Willens oder
damit dasjenige, was der Menſch will an das Licht
komme; dieſe Geſtalt zeiget ſich durch mancherley
vernuͤnftige Auseinanderſetzungen, die ihren Ur-
ſprung aus der geiſtlichen Welt haben, und eigent-
lich dem Geiſt des Menſchen zukommen.


501. Es iſt zu wiſſen, daß der Menſch gaͤnz-
lich ſo iſt, wie er in Anſehung ſeines Jnnern be-
ſchaffen,
[285]Von der Geiſterwelt.
ſchaffen, aber nicht, wie er in Anſehung des Aeuſ-
ſern beſchaffen, das von dem Jnnern getrennt iſt;
aus der Urſache, weil das Jnnere ſeinen Geiſt
zukommt, und das Leben des Menſchen iſt das
Leben ſeines Geiſtes, denn aus dieſem lebt der
Leib, derowegen auch der Menſch in Ewigkeit ſo
bleibt, wie er in Anſehung ſeines Jnnern beſchaf,
fen iſt; das Aeuſſere aber wird nach dem Tod da-
von geſchieden, weil es auch zum Leib gehoͤret,
und dasjenige, was von dem Aeuſſern dem Geiſt
noch anklebet, wird eingeſchlaͤfert, und dienet dem
Jnnern nur zu einer Grundlage, wie ich oben gezrigt
habe, da ich von dem Gedaͤchtnis des Menſchen,
welches nach dem Tod uͤbrig bleibt, gehandelt habe.
Hieraus erhellet, was dem Menſchen eigen ſey,
und was nicht ſein eigen ſey, daß naͤmlich bey
den Boͤſen alles aͤuſſere Denken, woraus ſie re-
den, und alles aͤuſſere Wollen, woraus ſie han-
deln, nicht ihr eigen ſeyen, ſondern ihr inne-
res Denken und Wollen.


502. Nach vollendeten erſten Zuſtand, wel-
ches der Zuſtand des Aeuſſern iſt, wovon ich im
vorhergehenden Artikel gehandelt habe, wird der
Geiſt-Menſch in den Zuſtand ſeines Jnnern
verſetzt, oder in den Zuſtand des innern Willens
und des daherruͤhrenden Denkens, worinnen er
in der Welt begriffen geweſen, wenn er ſich ſel-
ber uͤberlaſſen ſrey und ohne Zwang gedacht hatte;
in dieſen Zuſtand verfaͤllt er, ohne daß er es weis,
eben ſo, als wenn er in der Welt die Gedanken,
die er ſchon auf der Zunge hat, oder die er eben
ausſpre-
[286]Von der Geiſterwelt.
ausſprechen will, zuruͤck ziehet gegen die innerli-
chen, und in ſolchen ſtehen bleibt: ſobald dem-
nach der Geiſt-Menſch in dieſem Zuſtand iſt, ſo
iſt er in ſich ſelber, und unmittelbar in ſeinem
Leben, denn freywillig denken aus ſelbſteigener
Neigung, das iſt unmittelbar das Leben des Men-
ſchen, und er ſelber.


503. Jn dieſem Zuſtand denket der Geiſt
unmittelbar aus ſeinem Willen, und alſo unmit-
telbar aus ſeiner Neigung, oder unmittelbar aus
ſeiner Liebe, und ſodann machet das Denken mit
dem Wollen ein Einziges aus, ja, ein ſolches
Eins, daß er kaum zu denken, ſondern nur zu
wollen ſcheinet: eben ſo iſt es beynahe, wenn er
redet; doch mit dem Unterſchied, daß es mit ei-
niger Furcht geſchiehet, die Gedanken des Wil-
lens moͤchten ſich bloß geben, weil dieſes eben auch,
vermoͤge des geſellſchaftlichen Lebens in der Welt,
ſeinem Willen eigen geworden.


504. Alle Menſchen, ſo viel ihrer ſind, kom-
men nach dem Tod in dieſen Zuſtand, weil dieſer
Zuſtand ihrem Geiſt eigen iſt; der vorige Zu-
ſtand iſt ſo, wie der Menſch in Anſehung des Geiſtes
in dem geſellſchafilichen Umgang beſchaffen geweſen,
welcher Zuſtand, oder der Zuſtand nicht ſein eigen
iſt: daß dieſer Zuſtand des Aeuſſern, worinnen der
Menſch nach dem Tod zuerſt iſt, und wovon in
dem vorhergehenden Artikel gehandelt worden,
nicht ſein eigen ſey, das kann aus mehreren Um-
ſtaͤnden
[287]Von der Geiſterwelt.
ſtaͤnden erhellen; als zum Exempel daraus, daß
die Geiſter nicht nur denken, ſondern auch aus
ihrer Neigung reden, denn ihr Reden kommt
aus derſelben, wie bereits aus dem, was ich in
dem Artikel von der Sprache der Engel Num.
234-245 geſagt und gezeigt habe, bekannt ſeyn
kann; auf gleiche Weiſe hat auch der Menſch in
der Welt gedacht, wenn er bey ſich oder in ſich
ſelber geweſen, denn ſodann hat er nicht aus dem
Reden ſeines Leibes gedacht, ſondern nur ſolche
Dinge, und zugleich noch mehrere innerhalb ei-
ner Minute geſehen, als er hernach in einer hal-
ben Stunde ausſprechen konnte; daß der Zuſtand
des Aeuſſern nicht dem Menſchen oder ſeinem
Geiſt eigen ſey, erhellet auch daraus, daß, wenn
er in der Welt in Geſellſchaft iſt, er ſodann nach
den Geſetzen des ſittlichen und buͤrgerlichen Lebens
redet, und daß ſodann das innere Denken das
aͤuſſere regieret, alswie einer den andern, damit
das aͤuſſere die Grenzen des Wohlſtandes und der
Ehrbarkeit nicht uͤberſchreite: es erhellet auch dar-
aus, daß, wenn der Menſch bey ſich denket, er
auch bedenket, wie er reden und handeln will, daß
er gefalle, und Freundſchaft, Wohlgewogenheit
und Gunſt erwerbe, und dieſes geſchiehet auf eine
fremde Weiſe, und alſo ganz anders, als wenn
es aus eigenem Willen geſchehen ſollte. Hieraus
erhellet, daß der Zuſtand des Jnnern, worein
der Geiſt verſetzt wird, ſein eigener Zuſtand ſey,
und alſo auch der eigene Zuſtand des Menſchen
geweſen ſey, da er in der Welt gelebt.


505. So-
[288]Von der Geiſterwelt.

505. Sobald nun der Geiſt in dem Zuſtand
ſeines Jnnern iſt, ſodann weiſet ſichs offenbar
aus, wie der Menſch, da er in der Welt gelebt,
in ſich oder innerlich beſchaffen geweſen, denn er
handelt alsdenn aus dem, was ihm eigen iſt;
wer in der Welt innerlich gut geweſen, der han-
delt alsdenn vernuͤnftig und weislich, ja, alsdenn
noch weislicher, als in der Welt, weil er von
dem Zuſammenhang mit dem Leibe, und mit dem
daherruͤhrenden Jrdiſchen, welches eine Verdun-
kelung gemacht und gleichſam eine Wolcke dar-
zwiſchen geſchoben hatte, los und ledig iſt. Wer
aber in der Welt boͤſe geweſen, der handelt als-
denn thoͤricht und unſinnig, ja, noch unſinniger,
als in der Welt, weil er in der Freyheit iſt, und
nicht im Zwang gehalten wird; denn da er in der
Welt lebte, war er im Aeuſſerlichen wohl bey
Sinne, denn durch daſſelbe ſtellte er ſich, als ob
er ein vernuͤnftiger Menſch ſey; wenn ihm da-
hero das Aeuſſere benommen iſt, ſo werden ſeine
Unſinnigkeiten offenbar. Ein Boͤſer, der im
Aeuſſerlichen einen guten Menſchen vorſtellet,
kann mit einem Gefaͤß verglichen werden, das
aͤuſſerlich glaͤnzend und polirt und mit einem De-
ckel zugedecket iſt, worinnen aber allerley Unflaͤte-
reyen verborgen ſind; nach dem Ausſpruch des
Herrn,Jhr ſeyd den uͤbertuͤnchten Graͤ-
bern gleich, welche auswendig huͤbſch ſchei-
nen, aber inwendig voller Todtenbeine
ſind, und alles Unflates,
“ Matth. 23, 27.


506. Alle
[289]Von der Geiſterwelt.

506. Alle diejenigen, ſo in der Welt in dem
Guten gelebt, und nach ihrem Gewiſſen gehan-
delt haben, welches naͤmlich diejenigen ſind, ſo
das Goͤttliche erkannt, und das Goͤttliche Wahre
geliebet, vornehmlich die, ſo es auf das Leben
angewendet haben, kommen ſich vor, wenn ſie
in den Zuſtand ihres Jnnern verſetzt werden, als
wie ſolche, die vom Schlaf aufwachen und mun-
ter werden, und wie die, ſo aus dem Schatten
in das Licht kommen; ſie denken auch aus dem
Lichte des Himmels und alſo aus der innern Weis-
heit, und handeln aus dem Guten, mithin aus
der innern Neigung; in ihre Gedanken und Nei-
gungen flieſſet auch der Himmel mit innerer Se-
ligkeit und Freude ein, wovon ſie vorhero nichts
wußten; denn ſie haben eine Vergemeinſchaftung
mit den Engeln des Himmels; alsdenn erkennen
ſie auch den Herrn, und ehren Jhn unmittel-
bar aus ihrem Leben,
denn ſie ſind in ihrem
ſelbſteigenen Leben, wenn ſie in dem Zuſtand ih-
res Jnnern ſind, wie ich kurz vorher in der 505.
Nummer geſagt habe; ſie erkennen und ehren
Jhn auch freywillig, denn der freye Wille iſt der
innern Zuneigung eigen; auf ſolche Weiſe gehen
ſie auch von der aͤuſſerlichen Heiligkeit ab, und
kommen in die innerliche Heiligkeit, worinnen der
wahre Gottesdienſt lediglich beſtehet; ſo iſt der
Zuſtand derjenigen, die nach den Geboten in dem
Wort ein chriſtliches Leben gefuͤhret hatten.
Hingegen iſt der Zuſtand derer, die in der Welt
boͤſe gelebt, und die gar kein Gewiſſen gehabt, und
Sw. Sch.II.Th. Udaher
[290]Von der Geiſterwelt.
daher das Goͤttliche gelaͤugnet haben, gerade
das Gegentheil; denn alle die, ſo ein boͤſes Leben
fuͤhren, laͤugnen das Goͤttliche innerlich in ſich,
wenn ſie auch gleich, wenn ſie in dem Aeuſſerli-
chen ſind, meynen, ſie laͤugneten es nicht, ſon-
dern erkennten es, denn das Goͤttliche erken-
nen und ein boͤſes Leben fuͤhren, ſind zwey ein-
ander entgegenſtehende Dinge; diejenigen nun,
welche ſo beſchaffen ſind, erſcheinen im andern Le-
ben, ſobald ſie in den Zuſtand ihres Jnnern kom-
men, wenn man ſie reden hoͤret und ihr Thun
ſiehet, als wie Narren; denn aus ihren boͤſen
Begierden brechen ſie in gottloſe Dinge aus, in
die Verachtungen andrer, in Verſpottungen und
Laͤſterungen, in Haß und Rache, gehen mit Raͤn-
ken um, ja, einige von ihnen ſind von einer ſol-
chen Argliſt und Bosheit, daß es kaum zu glau-
ben iſt, daß dergleichen in einem Menſchen inwen-
dig verborgen geweſen ſey; denn, weil ſie von
dem Aeuſſerlichen, das ſie in der Welt im Zwang
und im Zaum hielte, getrennt ſind, ſo ſind ſie
ſodann in einem freywilligen Zuſtand, nach den
Gedanken ihres Willens zu handeln: mit einem
Wort, ſie ſind des Vernuͤnftigſeyns beraubt, weil
das vernuͤnftige Weſen, das ſie in der Welt ge-
habt, nicht in ihrem Jnnern, ſondern nur in ih-
rem Aeuſſern ſeinen Sitz gehabt hatte: gleichwohl
aber duͤnken ſie ſich annoch weiſer zu ſeyn, als
andre. Weil ſie nun ſo beſchaffen ſind, ſo wer-
den ſie dahero, wenn ſie in dieſen andern Zu-
ſtand ſind, manchmal wieder in den Zuſtand ih-
res
[191[291]]Von der Geiſterwelt.
res Aeuſſern, und ſodann in das Andenken ihrer
Handlungen, die ſie in dem Zuſtand des Jnnern
gethan hatten, eine kleine Weile verſetzt; einige
ſchaͤmen ſich ſodann; einige werden unwillig, daß
ſie nicht beſtaͤndig in dem Zuſtand ihres Aeuſſern
ſeyn durfen; aber dieſen wird gezeigt, was aus
ihnen werden wuͤrde, wenn ſie beſtaͤndig in die-
ſem Zuſtand waͤren, daß ſie naͤmlich auf eben der-
gleichen Tucke umgehen, und durch den Anſchein
des Guten, der Aufrichtigkeit und Gerechtigkeit,
diejenigen, ſo einfaͤltigen Herzens und Glaubens
ſind, verfuͤhren, ſich ſelber aber vollends ins Ver-
derben ſtuͤrzen wuͤrden, denn das Aeuſſere wuͤrde
endlich eben ſo in Brand gerathen, wie das Jn-
nere, welcher ihr ganzes Leben verzehren wuͤrde.


507. Wenn die Geiſter in dieſem andern
Zuſtand ſind, ſo erſcheinen ſie voͤllig ſo, wie ſie
in der Welt in ſich oder innerlich beſchaffen
geweſen, und dasjenige, was ſie in Verborge-
nen gethan und geredet haben, wird auch offen-
bar, denn, weil ſie das Aeuſſere nicht zuruͤckhaͤlt,
ſo reden ſie alsdenn dergleichen Dinge oͤffentlich,
und unterſtehen ſich auch, dergleichen zu thun, und
fuͤrchten den boͤſen Ruf nicht, wie in der Welt:
ſie werden auch alsdenn in noch mehrere Zuſtaͤnde
ihrer Bosheiten gebracht, damit ſie auch von den
Engeln und guten Geiſtern geſehen werden, wie
ſie beſchaffen ſind: auf ſolche Weiſe wird das Ver-
borgene eroͤffnet, und das Heimliche aufgedeckt,
nach den Worten des Herrn,Es iſt nichts
U 2ver-
[292]Von der Geiſterwelt.
verborgen, das nicht ſoll entdeckt werden,
noch heimlich, das nicht ſoll erkannt wer-
den: was ihr im Finſternis geſagt habt,
das wird man im Lichte hoͤren, und was
ihr ins Ohr geredet in den Kammern, das
wird man auf den Daͤchern ausrufen,

Luc. 12, 2. 3. Und Matth. 12. 36: „Jch
ſage euch, daß die Menſchen von einem
jeden unnuͤtzen Wort, daß ſie geredet ha-
ben, muͤſſen Rechenſchaft geben am Tage
des Gerichts.


508. Wie es aber in dieſem Zuſtande mit den
Boͤſen ausſieht, das kann ich nicht mit wenigem
beſchreiben, denn ein jeder raſet ſodann nach ſei-
nen Begierden, und dieſe ſind mancherley, dero-
wegen will ich nur einige beſondere Umſtaͤnde an-
fuͤhren, woraus man auf das uͤbrige ſchlieſſen
kann. Diejenigen, welche ſich ſelber uͤber alles
geliebet, und bey ihren Aemtern und Verrichtun-
gen auf ihre ſelbſteigene Ehre geſehen, und Nu-
tzen geſtiftet, nicht um der Nutzſtiftung willen,
noch ſich an ſolchen ergoͤtzet haben, ſondern um
des Rufes willen, damit ſie durch ſolche fuͤr wuͤr-
diger gehalten wuͤrden, als andre, und ſich alſo
an den Ruf ihrer Ehre ergoͤtzen moͤchten, dieſe
ſind, wenn ſie ſich in dieſem andern Zuſtand be-
finden, weit duͤmmer, als andre; denn, um ſo
viel ſich einer liebet, um ſo viel entfernt er ſich
vom Himmel, und um ſo viel er ſich vom Himmel
entfernt, um ſo viel entfernt er ſich auch von der
Weis-
[293]Von der Geiſterwelt.
Weisheit. Die aber in der Eigenliebe, und zu-
gleich argliſtig geweſen ſind, und ſich durch Kunſt-
griffe zu Ehren erhoben haben, die geſellen ſich
zu den allerruchloſeſten, und lernen Zauberkuͤnſte,
die ein Misbrauch der goͤttlichen Ordnung ſind,
und wodurch ſie alle diejenigen, die ihnen keine
Ehre erweiſen, anfechten und anfallen; ſie gehen
auf hinterliſtige Nachſtellungen um, hegen Haß,
brennen vor Rachgier, und wollen gegen alle, die
ſich nicht unterwerfen, wuͤten und toben; und in
alle dieſe Bosheiten fallen ſie ſo tief, als ſo viel
ihnen ein boshaſter Haufe guͤnſtig iſt, und end-
lich gehen ſie in ihrem Gemuͤthe gar darauf um,
wie ſie gen Himmel ſteigen moͤgen, um ihn zu
zerſtoͤren, oder aber, um daſelbſt als Goͤtter vereh-
ret zu werden; ſo weit wird ihre Tollkuͤhnheit getrie-
ben. Diejenigen, welche aus der paͤbſtlichen Reli-
gion dergleichen geweſen ſind, die ſind noch weniger,
als die andern, bey Sinne; deñ ſie hegen in ihrem
Gemuͤthe, daß Himmel und Hoͤlle in ihrer Ge-
walt ſeyen, und daß ſie nach Gutduͤnken die Suͤn-
den vergeben koͤnnten; dieſe maßen ſich alles
Goͤttliche an, und geben ſich fuͤr Chriſtum aus;
ihre Ueberredung, daß dem ſo ſey, iſt ſo beſchaf-
fen, daß, wo ſie Eingang findet, ſie die Gemuͤ-
ther verwirret, und mit Finſternis uͤberziehet bis
zum Schmerzen; in beyden Zuſtaͤnden ſind ſie faſt
gleich, aber in dem andern Zuſtand ſind ſie ohne
alle Vernunft; aber von ihren Unfinnigkeiten,
und von ihrem Loos, das ſie nach vollbrachten an-
dern Zuſtand haben, ſoll inſonderheit etwas ge-
U 3ſagt
[194[294]]Von der Geiſterwelt.
ſagt werden in dem kleinen Tractat: vom letz-
ten Gericht und von dem zerſtoͤrten Ba-
bel.
Diejenigen, welche der Natur die Schoͤ-
pfung zugeſchrieben, und daher mit dem Herzen,
obgleich nicht mit dem Munde, das Goͤttliche,
und mithin alles, was zur Kirche und zum Him-
mel gehoͤret, gelaͤugnet haben, die geſellen ſich in
dieſem andern Zuſtand zu ihres Gleichen, und
legen einem jeden, der an Argliſtigkeit was zum
Voraus hat, den Namen: Gott bey, und er-
weiſen ihm auch goͤttliche Ehre; ich habe geſehen,
daß etliche dergleichen in einer Zuſammenkunft ei-
nen Zauberer anbeteten, und ſich uͤber die Natur
berathſchlagten, und ſich naͤrriſch betrugen, gleich
als ob ſie unvernuͤnftige Thiere unter menſchlicher
Geſtalt waͤren; unter dieſen waren auch einige,
die in der Welt in Wuͤrde oder Anſehen geſtan-
den hatten, und einige, die in der Welt fuͤr Ge-
lehrte und Weiſe gehalten worden. Und ſo die
andern auf eine andre Weiſe. Aus dieſem we-
nigen kann man ſchlieſſen, wie diejenigen beſchaf-
fen ſind, deren Jnneres oder Gemuͤth gegen den
Himmel zu verſchloſſen iſt, wie es bey allen denen
iſt, die dadurch, daß ſie das Goͤttliche nicht er-
kannt, und nicht nach dem Glauben gelebt, kei-
nen Einfluß aus dem Himmel empfangen haben:
ein jeder kann von ſich ſelber urtheilen, was aus
ihm werden wuͤrde, wenn er ſo einer waͤre, wenn
er, ohne das Geſetz und den Verluſt des Lebens
zu befuͤrchten, und ohne aͤuſſerliche Bande han-
deln duͤrfte, welche Bande eben die Furcht ſind,
er
[295]Von der Geiſterwelt.
er moͤchte in Anſehung des guten Namens ver-
letzet, und der Ehre, des Gewinnſtes, und der
daher ruͤhrenden Wolluͤſten beraubt werden.
Dennoch aber haͤlt der Herr ihre Unſinnigkeit in
Schranken, damit ſie nicht die Grenzen des Nu-
tzens uͤberſchreite, denn ein jeder von dergleichen
Art ſchaffet gleichwohl einen Nutzen; die guten
Geiſter ſehen an ihnen, was das Boͤſe ſey, und
wie ſolches beſchaffen, und wie der Menſch be-
ſchaffen ſey, wenn er nicht vom Herrn gefuͤhret
wird; auch iſt der Nutzen der, daß durch dieſe
die Boͤſen, die einander gleich ſind, zuſammen
geſammlet, und von den guten abgeſondert wer-
den; wie auch, daß den Boͤſen das Wahre und
Gute, das ſie aͤuſſerlich vorgegeben, und vorge-
logen haben, genommen wird, und ſie in ihr ſelbſt
eigenes boͤſes Leben und in das aus dem Boͤſen
herruͤhrende Falſche gebracht, und alſo zur Hoͤlle
vorbereitet werden; denn es kommt einer nicht
eher in die Hoͤlle, als bis er in ſeinem Boͤſen und
in ſeinem aus dem Boͤſen herruͤhrenden Fal-
ſchen iſt; weil daſelbſt keiner ein zertheiltes Ge-
muͤth haben darf, naͤmlich etwas anders zu den-
ken und zu reden, und etwas anders zu wollen;
ein jeder in der Hoͤlle befindliche Boͤſe, muß allda
das Falſche aus dem Boͤſen denken, und aus dem
Falſchen des Boͤſen reden, beydes aus dem Wil-
len, und alſo aus ſeiner ſelbſteigenen Liebe, und
aus der daher ruͤhrenden Ergoͤtzung und Luſt, eben
ſo, wie er in der Welt gedacht hat, wenn er in
ſeinem Geiſt, das iſt, wie er in ſich oder bey ſich
U 4gedacht
[296]Von der Geiſterwelt.
gedacht hat, wenn er aus innerer Neigung dachte:
aus der Urſache, weil der Wille der Menſchen
ſelber iſt, nicht aber das Denken, auſſer um ſo
viel ſolches von dem Willen an ſich hat, und weil
der Wille unmittelbar die Natur oder die Eigen-
ſchaft des Menſchen iſt; daher kommt es nun,
daß in ſeinen Willen verſetzt werden, ſo viel iſt,
als in ſeine Natur oder Eigenſchaft, wie auch,
in ſein Leben verſetzt werden; denn durch das Le-
ben ziehet der Menſch eine Natur an; und der
Menſch bleibt nach dem Tod ſo, wie er ſich durch
das Leben in der Welt einen Natur zuwege ge-
bracht hat; dieſe nun kann bey den Boͤſen nicht
mehr durch den Weg zu denken oder das Wahre
zu verſtehen, gebeſſert und geaͤndert werden.


509. Wenn die boͤſen Geiſter in dieſem an-
dern
Zuſtand ſind, ſo werden ſie gemeiniglich,
weil ſie in alle Arten der Bosheit fallen, oft-
mals und nachdruͤcklich geſtraft; in der Geiſter-
welt ſind die Strafen vielfaͤltig; es gilt auch kein
Anſehen der Perſon, es mag einer in der Welt
ein Koͤnig oder ein Knecht geweſen ſeyn; alles
Boͤſe bringt ſeine Strafe mit ſich, das Boͤſe und
und die Strafe ſind mit einander verknupft, wer
dahero in dem Boͤſen iſt, der iſt auch in der Strafe
des Boͤſen; dennoch aber wird einer daſelbſt nicht
wegen des Boͤſen geſtraft, das er in der Welt
gethan, ſondern wegen des Boͤſen, das er als-
denn thut;
doch kommt es auf eins hinaus,
und iſt gleichviel, ob man ſage, ſie leiden Strafe
fuͤr
[297]Von der Geiſterwelt.
fuͤr ihr Boͤſes, das ſie in der Welt gethan, oder
ob man ſage, ſie leiden Strafe fuͤr das Boͤſe, das
ſie in dem andern Leben thun, weil ein jeder nach
dem Tod wieder in ſein Leben, und alſo in eben das
Boͤſe kommt; denn der Menſch iſt ſo, wie er bey
ſeines Leibes Leben beſchaffen geweſen, man leſe
Num. 470.-484. Daß ſie geſtraft werden, iſt
darum, weil die Furcht vor der Strafe das einzige
Mittel iſt, in dieſem andern Zuſtand das Boͤſe
zu baͤndigen oder zu bezaͤhmen. Ermahnung, Un-
terricht, Furcht vor dem Geſetz und dem ublen
Ruf helfen da nichts mehr, weil ein jeder nach
ſeiner Natur handelt, die nicht anders zuruͤckge-
halten noch gebrochen werden kann, als durch die
Strafen. Die guten Geiſter hingegen werden
nimmermehr geſtraft, ob ſie gleich in der Welt
Boͤſes gethan, denn ihr Boͤſes kommt nicht wie-
der, und es wird auch zu wiſſen gethan, daß ihr
Boͤſes von einer andern Art oder Natur geweſen
ſey, denn es iſt nicht aus Vorſatz wider das Wahre,
und aus keinem andern boͤſen Herzen gekommen.
als aus dem, welches ihnen von den Aeltern an-
geerbt war, und worzu ſie, wenn ſie ſich in dem
Aeuſſern befunden haben, das vom Jnnern ge-
trennt war, von einem blinden Vergnuͤgen hinge-
riſſen wurden.


510. Ein jeder kommt zu ſeiner Geſellſchaft,
in welcher ſein Geiſt in der Welt geweſen iſt, denn
es iſt ein jeder Menſch, ſeinem Geiſte nach, mit
einer gewiſſen Geſellſchaft, entweder mit einer hoͤl-
U 5liſchen,
[298]Von der Geiſterwelt.
liſchen, oder mit einer himmliſchen verbunden, der
Boͤſe mit einer hoͤlliſchen Geſellſchaft, und der Gute
mit einer himmliſchen; daß ein jeder nach dem Tod
wieder zu ſeiner gehoͤrigen Geſellſchaft komme, leſe
man Num. 438; der Geiſt wird ihr nach und
nach zugefuͤhret, und endlich tritt er in ſolche ein;
wenn der boͤſe Geiſt in dem Zuſtand ſeines Jnnern
iſt, ſo wird er Stufenweiſe zu ſeiner Geſellſchaft,
und endlich, ehe noch dieſer Zuſtand geendigt iſt,
gerade zu ihr gekehret; und wenn dieſer Zuſtand
zu Ende iſt, ſo ſtuͤrzet ſich ſodann der boͤſe Geiſt
ſelber in die Hoͤlle hinein, wo ſeines Gleichen ſind;
die Hineinſtuͤrzung ſelber ſiehet vor dem Geſichte
aus, alswie wenn einer ruͤcklings faͤllt mit dem
Kopf abwaͤrts und mit den Fuͤſſen in die Hoͤhe;
die Urſache, daß ſie ſo ausſieht, iſt dieſe, weil der
boͤſe Geiſt in der verkehrten Ordnung iſt, denn er
hatte die hoͤlliſchen Dinge geliebet und die himmli-
ſchen verworfen: einige Boͤſen gehen in dieſem an-
dern
Zuſtand manchmal in die Hoͤllen, und auch
wieder heraus, dieſe Boͤſen aber haben alsdenn
nicht das Anſehen, ruͤcklings zu fallen, alswie ſie
es haben, wenn ſie voͤllig abgeſtreift ſind. *) Die
Geſell-
[299]Von der Geiſterwelt.
Geſellſchaft ſelber, worinnen ſie, in Anſehung ih-
res Geiſtes, in der Welt geweſen ſind, wird ih-
nen, wenn ſie noch in dem Zuſtand ihres Aeuſſern
ſtehen, eben auch gezeigt, damit ſie daraus wiſſen
ſollen, daß ſie auch ſchon bey Leibes Leben in der
Hoͤlle, aber in eben einem ſolchen Zuſtand gewe-
ſen ſeyn, wie der Zuſtand derer iſt, die ſich in der
Geiſterwelt befinden; von deren Zuſtand in Ruͤck-
ſicht auf deren ihren, ſo in der Hoͤlle ſind, ſoll im
folgenden geredet werden.


511. Jn dieſem andern Zuſtand geſchiehet
die Abſonderung der boͤſen Geiſter von den guten
Geiſtern, denn in dem erſten Zuſtand ſind ſie
beyſammen, weil da der Geiſt in ſeinem Aeuſſern
ſtehet, er iſt da eben ſo, wie er in der Welt ge-
weſen, und alſo iſt allda der Boͤſe bey dem Gu-
ten, und der Gute bey dem Boͤſen; ein anders
aber iſt es, wenn er in ſein Jnneres gebracht,
und ſeiner Natur oder ſeinem Willen uͤberlaſſen
iſt. Die Abſonderung der Guten von den Boͤſen
geſchiehet auf mancherley Weiſe, gemeiniglich da-
durch, daß ſie herum gefuͤhret werden zu ſolchen
Geſellſchaften, mit welchen ſie in dem erſten Zu-
ſtand
*)
[300]Von der Geiſterwelt.
ſtand durch gute Gedanken und Neigungen waren
vergemeinſchaftet geweſen, und alſo zu ſolchen, de-
nen ſie durch aͤuſſerlichen Schein weis gemacht hat-
ten, ſie waͤren nicht boͤſe: mehrentheils pflegt man
ſie in einem weiten Kreis herum zu fuͤhren, und
allenthalben den guten Geiſtern zu zeigen, wie ſie
in ſich oder innerlich beſchaffen ſind; bey deren An-
blick ſodann ſich die guten Geiſter wegkehren, und
ſo wie ſich dieſe wegwenden, alſo werden auch die
boͤſen Geiſter, die herum geſuͤhret werden, mit dem
Angeſicht von jenen weg, und zu einer Gegend ge-
kehret, wo ihre hoͤlliſche Geſellſchaft, in die ſie
kommen ſollen, befindlich iſt. Andre Arten der
Abſonderung, deren noch viele ſind, zu geſchweigen.


Von dem dritten Zuſtand des
Menſchen nach dem Tod, in welchem
Zuſtand diejenigen unterrichtet werden, ſo
in den Himmel kommen.


512. Der dritte Zuſtand des Menſchen nach
dem Tod, oder ſeines Geiſtes, iſt der Zuſtand der
Unterrichtung; dieſer Zuſtand iſt fuͤr die, ſo in den
Himmel kommen, und Engel werden; nicht aber
fuͤr die, ſo in die Hoͤlle kommen, weil dieſe nicht
koͤnnen unterrichtet werden, weswegen deren ihr
anderer Zuſtand auch der dritte iſt, der ſich da-
mit endiget, daß ſie ganz und gar zu ihrer eige-
nen Liebe,
und alſo zu einer hoͤlliſchen Geſell-
ſchaft, die in eben dieſer Liebe iſt, gekehret ſeyen.
Wenn
[301]Von der Geiſterwelt.
Wenn dieſes geſchehen, ſodann wollen und denken
ſie aus dieſer Liebe; und weil dieſe Liebe hoͤlliſch iſt,
ſo wollen ſie nichts, als Boͤſes, und denken nichts,
als Falſches, dieſes ſind ihrer Ergoͤtzungen, weil
es die Ergoͤtzungen ihrer Liebe ſind; und daher
kommt es, daß ſie alles Gute und Wahre, das ſie
angenommen hatten, weil es ihrer Liebe zu gewiſ-
ſen Mitteln dienete, von ſich wegſtoſſen. Die gu-
ten Geiſter hingegen werden von dem andern Zu-
ſtand in den dritten gefuͤhret, welches der Zu-
ſtand ihrer Vorbereitung zum Himmel iſt, die
durch Unterricht geſchiehet: denn es kann einer nicht
anders zum Himmel vorbereitet werden, als durch
die Kenntniſſe des Guten und Wahren, und alſo
nicht anders, als durch Unterricht; denn niemand
kann wiſſen, was das geiſtliche Gute und Wahre,
und was im Gegentheil das Boͤſe und Falſche
ſey, wofern er nicht davon unterrichtet wird. Was
das buͤrgerliche und ſittliche Gute und Wahre ſey,
welches man Gerechtigkeit und Aufrichtigkeit nen-
net, kann man in der Welt wiſſen, weil allda buͤr-
gerliche Geſetze ſind, welche lehren, was gerecht ſey,
und weil auch allda Geſellſchaften ſind, und der
Menſch mit ſolchen nach den ſittlichen Geſetzen, die
ſich alle auf das Aufrichtige und Rechtſchaffene be-
ziehen, zu leben lernet: hingegen das geiſtliche
Gute und Wahre lernet man nicht von der Welt,
ſondern aus dem Himmel; man kann es zwar aus
dem Wort, und aus der aus dem Wort her-
genommenen
Lehre der Kirche wiſſen, aber dem
ungeachtet kann es nicht in das Leben einflieſſen,
woferne
[302]Von der Geiſterwelt.
woferne nicht der Menſch nach ſeinem Jnnern,
das dem Gemuͤthe zukommt, im Himmel iſt; und
ſodann iſt der Menſch im Himmel, wenn er das
Goͤttliche erkennet, und zugleich gerecht und auf-
richtig handelt, darum, weil man alſo handeln muß,
weil es in dem Wort befohlen iſt; auf ſolche Weiſe
lebt er gerecht und aufrichtig um des Goͤttlichen
willen, und nicht um ſein ſelbſt und der Welt willen,
ſich und die Welt ſiehet er keines Weges als End-
zwecke an: allein, ſo zu handeln, das kann keiner,
wenn er nicht zuvor unterrichtet worden iſt, daß
naͤmlich ein Gott ſey, daß Himmel und Hoͤlle
ſeyen, daß ein Leben nach dem Tode ſey, daß man
Gott uͤber alles lieben muͤſſe, und den Naͤchſten
wie ſich ſelber, und daß man glauben muͤſſe, was
in dem Wort geſchrieben ſtehet, weil das Wort
goͤttlich iſt; ohne dieſe Dinge zu wiſſen und zu er-
kennen, kann der Menſch unmoͤglich geiſtlich den-
ken, und ohne daran zu denken, will er ſie nicht,
denn was der Menſch nicht weis, das kann er auch
nicht denken, und was er nicht denket, das kann
er auch nicht wollen: ſobald demnach der Menſch
jene Dinge will, ſodann flieſſet der Himmel ein,
das iſt, der Herr flieſſet durch den Himmel in das
Leben des Menſchen, denn Er flieſſet in den Wil-
len, und durch ſolchen in das Denken, und durch
beyde in das Leben ein, denn alles Leben des Men-
ſchen kommt von Jhm: hieraus erhellet, daß man
das geiſtliche Gute und Wahre nicht von der Welt,
ſondern aus dem Himmel lernet, und daß einer
ſonſt nicht, als nur vermittelſt des Unterrichts zum
Him-
[303]Von der Geiſterwelt.
Himmel zubereitet werden kann. Um ſo viel auch
der Herr in das Leben eines jeden einflieſſet, um
ſo viel unterrichtet Er ihn, denn um ſo viel zuͤndet
Er den Willen mit Liebe an, die Wahrheiten ger-
ne wiſſen zu wollen, und um ſo viel erleuchtet Er
das Denken, damit es dieſelben wiſſen moͤge; und
um ſo viel dieſes geſchiehet, um ſo viel wird das
Jnnere des Menſchen eroͤffnet, und demſelben der
Himmel eingepflanzt; und noch mehr, um ſo viel
hat das Goͤttliche und Himmliſche in die Aufrich-
tigkeit des ſittlichen Lebens, und in die Gerechtig-
keit des burgerlichen Lebens des Menſchen einen
Einfluß, und machet ſie geiſtlich, weil der Menſch
alsdenn das Aufrichtige und Gerechte aus dem
Goͤttlichen thut und ausuͤbt, daher, weil es um
des Goͤttlichen willen geſchiehet: denn die von
dem Menſchen aus dieſer Urquelle ausgeuͤbte Auf-
richtigkeit und Gerechtigkeit des ſittlichen und buͤr-
gerlichen Lebens iſt unmittelbar die Wuͤrkung des
geiſtlichen Lebens; und die Wuͤrkung hat alles das
Jhrige von ihrer wuͤrkenden Urſache her, denn wie
dieſe iſt, ſo iſt auch jene.


513. Die Unterweiſungen geſchehen von den
Engeln vieler Geſellſchaften, hauptſaͤchlich von
denen, die in der mitternaͤchtlichen und mittaͤ-
gigen Gegend ſind, denn dieſe engliſche Geſell-
ſchaften ſtehen in der Verſtandes. Erkaͤnntnis
und Weisheit aus den Kenntniſſen des Guten
und Wahren: die Oerter der Unterweiſung ſind
gegen Mitternacht, und ſind mancherley, ſie
ſind
[304]Von der Geiſterwelt.
ſind nach den Arten und Gattungen des himm-
liſchen Guten geordnet und unterſchieden, da-
mit daſelbſt alle und jede nach ihrer Eigenſchaft
und Faͤhigkeit, Unterricht aufzunehmen, unter-
wieſen werden moͤgen: dieſe Oerter erſtrecken ſich
ringsherum auf eine groſſe Weite. Dahin wer-
den die guten Geiſter, die, nach Vollendung
ihres andern Zuſtandes in der Geiſterwelt, zu
unterrichten ſind, vom Herrn gebracht; aber
doch nicht alle; denn diejenigen, welche in der
Welt unterrichtet worden ſind, ſind auch in der
Welt vom Herrn zum Himmel zubereitet wor-
den, und werden durch einen andern Weg in den
Himmel aufgenommen; einige davon gleich nach
dem Tod; einige nach einem kurzen Aufenthalt
bey den guten Geiſtern, allwo naͤmlich das Gro-
be ihrer Gedanken und Neigungen, das ſie von
der Ehre und dem Reichthum in der Welt an
ſich hatten, weggeſchaffet wird, und alſo ſel-
bige gereiniget werden: einige werden vorher
abgeſtreift, und dieſes geſchiehet an den Oertern
unter den Fußſolen, welche Oerter die untere
Erde genennet werden; allwo einige etwas Har-
tes auszuſtehen haben; dieſe ſind es, welche ſich
in dem Falſchen feſtgeſetzt, und gleichwohl ein
gutes Leben gefuͤhret hatten; denn das bekraͤf-
tigte Falſche haͤngt ſehr ſtark an, und ehe es aus-
getrieben worden, kann man das Wahre nicht
ſehen, und alſo auch nicht annehmen: aber von
den Abſtreiffungen, und von der Art und Weiſe,
wie ſie geſchehen, iſt in dem Werk: himmliſche
Geheim-
[305]Von der Geiſterwelt.
Geheimniſſe betittelt, gehandelt worden, wor-
aus ich, des Nachleſens wegen, die hier unten in
den Anmerkungen befindliche Nummern gezogen
und angefuͤhret habe.


514.


Sw. Sch.II.Th. Xauch
[306]Von der Geiſterwelt.

514. Alle diejenigen, welche an den Oer-
tern der Unterweiſung ſind, wohnen von einan-
der unterſchieden; denn alle und jede ſind in An-
ſehung
54
halten
[307]Von der Geiſterwelt.
ſehung ihres Jnnern mit denen Geſellſchaften
des Himmels, zu welchen ſie kommen ſollen, ver-
knuͤpfet; weil dahero die Geſellſchaften des Him-
X 2mels
55

[308]Von der Geiſterwelt.
mels nach der himmliſchen Geſtalt geordnet ſind,
wie man oben Num. 200-212. nachleſen kann,
ſo ſind auch die Oerter, wo die Unterweiſungen
geſchehen, alſo geordnet; wenn nun dieſe Oer-
ter von dem Himmel aus angeſchauet werden,
ſo ſehen ſie allda aus wie der Himmel in einer
kleinern Geſtalt: ſie erſtrecken ſich allda in die
Laͤnge von Morgen bis gen Abend, und in die
Breite von Mittag bis gen Mitternacht; aber
die Breite iſt dem Anſchein nach kleiner, als die
Laͤnge. Die Ordnungen uͤberhaupt ſind fol-
gender Geſtalt eingerichtet; vorwaͤrts ſind die-
jenigen, welche als Kinder geſtorben und im
Himmel bis an das erſte Jugend Alter erzo-
gen worden, und welche nach Vollendung des
Zuſtandes ihrer Kindheit, den ſie bey den Auf-
erzieherinnen zugebracht hatten, vom Herrn
dahin gebracht und unterrichtet werden. Hinter
dieſen ſind Oerter, wo diejenigen unterrichtet
werden, die als Erwachſene geſtorben, und die
in der Welt in der aus dem Guten des Lebens
herruͤhrenden Zuneigung zum Wahren geweſen
ſind. Hinter dieſen aber ſind diejenigen, wel-
che der Mahometaniſchen Religion zugethan ge-
weſen, und in der Welt ein ſittliches Leben ge-
fuͤhret, ein einziges goͤttliches Weſen, und
den Herrn fuͤr den Propheten ſelbſt erkannt ha-
ben; ſobald nun dieſe von dem Mahomet abgehen,
weil er nicht die allergeringſte Huͤlfe leiſten kann,
ſogleich nahen ſie ſich zum Herrn, und verehren
Jhn lediglich, und erkennen ſeine Gottheit,
und
[309]Von der Geiſterwelt.
und werden ſodann in der chriſtlichen Religion
unterrichtet. Hinter dieſen mehr gegen Mitter-
nacht ſind die Unterweiſungs Oerter mancherley
Heiden, die ein ihrer Religion gemaͤſes gutes Le-
ben in der Welt gefuͤhret, und von daher eine Art
des Gewiſſens an ſich genommen, und gerecht
und rechiſchaffen gehandelt haben, alſo nicht we-
gen der Geſetze ihrer Regierungsart, ſondern we-
gen der Geſetze ihrer Religion, und geglaubt ha-
ben, daß dieſe heilig muͤßten beobachtet, und un-
verbruͤchlich und unverletzt gehalten werden; alle
dieſe werden, wenn ſie unterrichtet worden ſind,
leichtlich dazu gebracht, daß ſie den Herrn erken-
nen, weil ſie im Herzen haben, daß Gott nicht
unſichtbar, ſondern unter menſchlicher Geſtalt
ſichtbar ſey: deren Anzahl iſt weit groͤſſer, als
die Anzahl der andern; die beſten unter denſelben
ſind aus Africa.


515. Allein, es werden nicht alle auf gleiche
Weiſe, auch nicht von gleichen Geſellſchaften des
Himmels unterwieſen: diejenigen, welche von der
Kindheit an im Himmel erzogen worden ſind, wer-
den von den Engeln der innern Himmel unter-
richtet, weil ſie kein Falſches aus falſchen Reli-
gions Lehrſaͤtzen eingeſogen, und ihr geiſtliches Leben
nicht mit den Hefen von weltlichen Ehren und
Reichthuͤmern beflecket haben. Die als Erwach-
ſene geſtorben ſind, die werden mehrentheils von
den Engeln des aͤuſſerſten Himmels unterrichtet,
weil ſich dieſe Engel beſſer zu ihnen ſchicken, als die
X 3Engel
[310]Von der Geiſterwelt.
Engel der innern Himmel, denn dieſe ſind in der
innern Weisheit, welche von denſelben noch nicht
aufgenommen werden kann. Die Mahometaner
aber werden von ſolchen Engeln unterwieſen, die
zuvor in der naͤmlichen Religion geweſen waren,
ſich aber zur chriſtlichen gekehret hatten. Die Hei-
den eben auch von den Engeln, die ihres Gleichen
ſind.


516. Alle Unterweiſungen daſelbſt geſchehen
aus der Lehre, die aus dem Wort iſt, nicht aber
aus dem Wort ohne die Lehre: die Chriſten wer-
den aus der himmliſchen Lehre unterrichtet, welche
mit dem innern Sinn des Worrs voͤllig zuſam-
men ſtimmet. Die uͤbrigen, als die Mahometa-
ner, und Heiden, werden aus Lehren unterwieſen,
die ihrer Faßlichkeit angemeſſen, und die von der
himmliſchen Lehre nur darinnen unterſchieden ſind,
daß das geiſtliche Leben durch das ſittliche gelehret
wird, welches den guten Lehrſaͤtzen ihrer Religion
gemaͤß iſt, und aus welchem ſie ihr Leben in der
Welt gefuͤhret haben.


517. Die Unterweiſungen in den Himmeln
ſind von den Unterweiſungen auf Erden darinnen
unterſchieden, daß die Kenntniſſe nicht dem Ge-
daͤchtnis, ſondern dem Leben eingepraͤgt werden;
denn das Gedaͤchtnis der Geiſter iſt in ihrem Le-
ben; denn alles, was mit ihrem Leben zuſammen
ſtimmet, nehmen ſie an und drucken ſichs ein, was
aber nicht damit zuſammen ſtimmet, nehmen ſie
nicht
[311]Von der Geiſterwelt.
nicht an, noch weniger druͤcken ſie ſichs ein, denn
die Geiſter ſind Neigungen, und daher in menſch-
licher Geſtalt, die ihren Neigungen gleich iſt. Weil
ſie nun ſo beſchaffen ſind, ſo wird ihnen die Nei-
gung zum Wahren wegen der Nutzanwendungen
aufs Leben unaufhoͤrlich eingeben; denn der Herr
thut Vorſehung, daß alle und jede die mit ihrer
Beſchaffenheit uͤbereinkommende Nutzanwendun-
gen lieben moͤgen; welche Liebe durch die Hoffnung,
daß ſie Engel werden ſollen, auch noch hoͤher ſteigt:
und weil alle Nutzſtiſtungen des Himmels ſich auf
den gemeinen Nutzen beziehen, der auf das Reich
des Herrn geht, welches im Himmel das Vater-
land dieſer engliſchen Geiſter iſt, und weil alle be-
ſondere und einzelne Nutzleiſtungen um ſo viel lei-
ſtend ſind, um ſo viel ſie naͤher und mehr auf den
gemeinen Nutzen abzwecken, ſo ſind dahero alle be-
ſondere und einzelne Nutzleiſtungen, die unzaͤhlig
ſind, gut und himmliſch; weswegen bey einem je-
den die Neigung zum Wahren mit der Neigung
zur Nutzanwendung verbunden wird, ſogar, daß
dieſe beyde ein Einziges ausmachen: dadurch wird
das Wahre dem Nutzen eingepflanzt, ſo, daß die
Wahrheiten, die ſie lernen, Nutzſtiftungs Wahr-
heiten ſind: alſo werden die engliſchen Geiſter un-
terrichtet, und zum Himmel vorbereitet. Die Nei-
gung zu der mit der Nutzſtiftung uͤbereinkommen-
den Wahrheit wird durch mancherley Mittel ein-
gefloͤßt, die meiſtentheils in der Welt unbekannt
ſind; ſie wird vornehmlich durch die Nutzſtiftungs
Vorſtellungen beygebracht, die in der geiſtlichen
X 4Welt
[312]Von der Geiſterwelt.
Welt auf tauſenderley Weiſe, und mit ſolchen
Ergoͤtzungen und Annehmlichkeiten dargeſtellt
werden, daß ſie den Geiſt von dem Jnnern ſei-
nes Gemuͤths, bis zum Aeuſſern ſeines Leibes
durchdringen, und ganz und gar ein ehmen; da-
her kommt es daß der Geiſt gleichſam ſeine Nutz-
ſtiftung wird: ſobald er dahero in ſeine gehoͤri-
ge Geſellſchaft kommt, zu welcher er durch den
Unterricht eingeleitet wird, ſo iſt er in ſeinem
Leben da er in ſeiner Nutzſtiftung iſt. Hieraus
kann nun offenbar erhellen daß es nicht die
Kenntniſſe, welches aͤuſſerliche Wahrheiten
ſind, ausmachen, daß einer in den Himmel kom-
me, ſondern unmittelbar das Leben das da ein
durch die Kenntniſſe eingepraͤgtes Nutzſtiftungs
Leben iſt.


518. Es waren Geiſter, die nach ihrer Den-
kungsart in der Welt ſich eingebildet hatten,
ſie wuͤrden in den Himmel kommen, und vor
andern aufgenommen werden, weil ſie Gelehrte
geweſen, und aus dem Wort und aus den Leh-
ren der Kirche vieles gewußt, indem ſie alſo
glaubten, daß ſie weiſe waͤren, und daß ſie
durch diejenigen waͤren verſtanden worden, von
welchen es heißt: ſie glaͤnzeten, wie der
Glanz des ausgebreiteten Himmels, und
wie die Sterne
Dan. 12. Cap. v. 3: allein,
ſie wurden gepruͤfet, ob ihre Kenntniſſe in dem
Gedaͤchtnis, oder ob ſie in dem Leben ihren Sitz
haͤtten: diejenigen nun, welche ſich in aͤchter
Nei-
[313]Von der Geiſterwelt.
Neigung zur Wahrheit befanden, naͤmlich um
der Nutzſtiftungen willen, die von den leiblichen
und weltlichen abgeſondert, und die an und fuͤr
ſich geiſtliche Nutzſtiſtungen ſind, dieſe wurden
auch, nachdem ſie unterrichtet waren, in den
Himmel aufgenommen, und alsdenn wurde ih-
nen zu wiſſen gethan, was eigentlich im Him-
mel glaͤnzet, daß es naͤmlich das in dem Nutzen
befindliche Goͤttliche Wahre ſey, welches da-
ſelbſt das Licht des Himmels iſt, dieſer Nutzen
alſo iſt die Grundlage, welche die Strahen die-
ſes Lichtes aufnimmt oder empfaͤngt, und in
mancherley Glanz verwandelt. Diejenigen aber,
bey denen die Kenntniſſe nur im Gedaͤchtnis ſich
aufhielten, und die von daher das Vermoͤgen
erlangthatten, uͤber die Wahrheiten zu vernuͤnf-
teln und dasjenige, was ſie als Grundſaͤtze an-
genommen, zu bekraͤftigen, die haben ſolches,
ob es gleich falſch war, nach geſchehener Be-
kraͤftigung fuͤr Wahrheit angeſehen; weil nun
dieſe in keinem Lichte des Himmels waren, und
doch aus Hochmuth, der einem ſolchen Ver-
ſtaͤndnis mehrentheils anklebt, den Glauben
hatten, daß ſie gelehrter waͤren, als andre und
das ſie alſo in den Himmel kommen, und daß
ihnen die Engel dienen wuͤrden; ſo wurden ſie
dahero; um ſie von ihren naͤrriſchen Glauben
abzubringen, bis zu dem erſten oder aͤuſſerſten
Himmel erhoben, damit ſie in eine gewiſſe eng-
liſche Geſellſchaft eingefuͤhret wuͤrden, allein,
da ſie im Hineingehen, begriffen waren, fiengen
X 5ſie
[314]Von der Geiſterwelt.
ſie an, bey dem Einfluß des himmliſchen Lich-
tes an den Augen verblendet, und hernach in
dem Verſtand verwirret zu werden, endlich
aber die Seele zu ziehen, als wie Sterbende;
und als ſie die Waͤrme des Himmels fuͤhlten,
welche die himmliſche Liebe iſt, fiengen ſie an,
innerliche Qual zu leiden; weswegen ſie aus ob-
gedachten Himmel herab geſtoſſen wurden; her-
nach aber wurden ſie belehret, daß nicht die
Kenntniſſe einen Engel ausmachen, ſondern
das Leben ſelbſt, das ſie durch die Kenntniſſe er-
langt haͤtten; weil die Kenntniſſe an ſich und fuͤr
ſich betrachtet auſſerhalb des Himmels ſind, aber
das durch die Kenntniſſe erlangte Leben inner-
halb des Himmels iſt.


519. Nachdem die Geiſter an obgemeldten
Orten durch die Unterweiſungen zum Himmel
vorbereitet worden ſind, welches in kurzer Zeit
geſchiehet, aus der Urſache, weil ſie in geiſtli-
chen Denkbildern ſind, die ſehr vieles auf ein-
mal zugleich begreiffen; ſo werden ihnen als-
denn engliſche Kleider angezogen, die mehren-
theils weiß ſind, wie von koͤſtlicher Leinewand,
und ſo werden ſie auf den Weg, der aufwaͤrts
gen Himmel gehet, gebracht, und den Schutz-
Engeln auf dem Weg uͤbergeben, und hernach
von andern Engeln aufgenommen, und in die
Geſellſchaften, und in viele Gluͤckſeligkeiten all-
da eingefuͤhret: nachgehends wird ein jeder in
ſeine gehoͤrige Geſellſchaft vom Herrn gebracht;
dieſes
[315]Von der Geiſterwelt.
dieſes geſchiehet auch durch mancherley Wege,
bisweilen durch Umwege: die Wege, die ſie
gefuͤhret werden, weis kein Engel, ſondern
nur allein der Herr: wenn ſie zu ihrer gehoͤ-
rigen Geſellſchaft kommen, ſo wird alsdenn
ihr Jnneres eroͤffnet, und weil es dem Jnnern
derer Engel, die in dieſer Geſellſchaft ſind,
gleichfoͤrmig iſt, ſo werden ſie dahero den Au-
genblick erkannt, und mit Freuden aufgenom-
men.


520. Hier will ich noch etwas Merkwuͤrdi-
ges hinzufuͤgen von den Wegen, die aus jenen
Oertern zum Himmel fuͤhren, und auf welchen
die neuen Engel hineingefuͤhret werden: es ſind
acht Wege, von einer jeden Gegend der Unter-
weiſung gehen zwey Wege aus, der eine gehet
aufwaͤrts gegen Morgen oder Aufgang, und
der andere gegen Abend oder Niedergang: die
in das himmliſche Reich des Herrn kommen,
die werden auf dem Weg gegen Aufgang hin-
eingefuͤhret; die aber in das geiſtliche Reich
kommen, auf dem Weg gegen Niedergang.
Die vier Wege, die zum himmliſchen Reich des
Herrn fuͤhren, erſcheinen mit Oelbaͤumen und
andern fruchtbaren Baͤumen mancherley Art ge-
zieret; die vier Wege aber, die zum geiſtlichen
Reich des Herrn fuͤhren, erſcheinen mit Wein-
bergen und Lorbeerbaͤumen gezieret: dieſes
kommt von der Uebereinſtimmung her, weil die
Weinberge und Lorbeerbaͤume mit der Neigung
zur
[316]Von der Geiſterwelt.
zur Wahrheit und zu deren Nutzſtiftungen uͤber-
einſtimmen und die Oelbaͤume und Fruͤchte
eine Uebereinſtimmung mit der Neigung zum
Guten und zu deſſen Nutzleiſtugen haben.


Daß kein einziger aus unmittelba-
rer Barmherzigkeit in den Him-
mel komme.


521. Diejenigen, welche von dem Himmel,
und von dem Weg zum Himmel, wie auch
von dem Leben des Himmels bey dem Menſchen
keinen Unterricht haben, ſtehen in der Mei-
nung, daß, in den Himmel aufgenommen wer-
den, nur allein aus Barmherzigkeit geſchehe,
welche fuͤr diejenigen ſey, die in dem Glauben
waͤren, und fuͤr die der Herr Fuͤrſprache thaͤte,
daß es alſo nur ein Hineinlaſſen aus Gnaden
ſey; folglich, daß alle Menſchen, ſo viel ihrer
ſind, nach Wohlgefallen ſelig werden koͤnnten;
ja einige meinen, daß auch alle in der Hoͤlle ſe-
lig werden koͤnnten. Die aber in ſolcher Ein-
bildung ſtehen, die wiſſen nicht das geringſte
von dem Menſchen, daß er naͤmlich gaͤnzlich ſo
iſt, wie ſein Leben, und ſein Leben ſo, wie ſeine
Liebe, nicht nur in Anſehung des Jnnern das
ſeinem Willen und Verſtand zukommt, ſondern
auch in Anſehung des Aeuſſern, das ſeinem
Leib zugehoͤret, und daß die leibliche Geſtalt nur
eine aͤuſſerliche Geſtalt iſt, in welcher das Jn-
nere
[317]Von der Geiſterwelt.
nere ſich in der Wuͤrkung darſtellet, und daß da-
her der ganze Menſch ſeine Liebe iſt; wie man
oben Num. 363 nachleſen kann; ſie wiſſen auch
nicht, daß der Leib nicht aus ſich ſelber, ſondern
aus ſeinem Geiſt lebet, und daß der Geiſt des
Menſchen unmittelbar deſſen Neigung iſt, und
daß ſein geiſtlicher Leib nichts anders iſt, als des
Menſchen Neigung in menſchlicher Geſtalt, in
welcher er auch nach dem Tod erſcheinet, man leſe
oben N. 453 460. So lange dieſes unbekannt
iſt, kann ſich der Menſch weis machen laſſen, das
Seligwerden beſtuͤnde in nichts anders, als in
dem goͤttlichen Wohlgefallen, oder in der ſoge-
nannten Barmherzigkeit und Gnade.


522. Was aber eigentlich die goͤttliche Barm-
herzigkeit ſey, ſoll zuerſt geſagt werden: die goͤtt-
liche Barmherzigkeit iſt eine lautere und reine
Barmherzigkeit gegen das ganze menſchliche Ge-
ſchlecht, um es ſelig zu machen, und iſt auch in
einem fort bey einem jeden Menſchen, und weichet
nimmermehr von einem, wer dahero ſelig werden
kann, der wird ſelig: es kann aber einer ſonſt
nicht, als nur durch die goͤttliche Mittel, ſelig
werden, welche Mittel vom Herrn in dem Wort
geoffenbart worden ſind; die goͤttliche Mittel ſind
die ſogenannten goͤttliche Wahrheiten; dieſe leh-
ren, wie der Menſch leben ſoll, daß er ſelig wer-
den koͤnne; durch dieſe fuͤhret der Herr den Men-
ſchen zu dem Himmel, und durch dieſe giebt Er
ihm auch das Leben des Himmels ein; dieſes thut
der
[318]Von der Geiſterwelt.
der Herr bey allen; aber das Leben des Himmels
kann ſonſt keinem eingegeben werden, als nur ei-
nem ſolchen, der vom Boͤſen abſtehet, denn das
Boͤſe ſtehet im Wege; um ſo viel demnach der
Menſch von dem Boͤſen abſtehet, um ſo viel fuͤh-
tet ihn der Herr durch ſeine goͤttliche Mittel aus
reiner Ba mherzigkeit, und dieſes von der Kind-
heit an, bis an das Ende ſeines Lebens in der
Welt, und hernach in Ewigkeit: das iſt die goͤtt-
liche Barmherzigkeit, die ich eigentlich verſtan-
den haben will: Hieraus erhellet, daß die Barm-
herzigkeit des Herrn eine lautere und reine
Barmherzigkeit ſey, aber keines Weges eine un-
mittelbare, das iſt, daß alle nur aus Wohlge-
fallen ſelig wuͤrden, ſie moͤchten gelebt haben, wie
ſie wollten.


523. Der Herr thut nimmermehr etwas wi-
der die Ordnung, weil Er Selbſt die Ordnung
iſt; das vom Herrn ausgehende Goͤttliche Wahre
iſt es eben, welches die Ordnung machet, und
die goͤttliche Wahrheiten ſind die Geſetze der Ord-
nung, nach ſolchen fuͤhret der Herr den Men-
ſchen; den Menſchen dahero aus unmittelbarer
Barmherzigkeit ſelig machen, iſt wider die goͤtt-
liche Ordnung, und was wider die goͤttliche Ord-
nung iſt, das iſt wider Gott. Die goͤttliche Ord-
nung iſt der Himmel bey dem Menſchen, dieſe
hatte der Menſch durch ein Leben wider die Ge-
ſetze der Ordnung, welches die goͤttliche Wahr-
heiten ſind, bey ſich verkehret; in dieſe Ord-
nung
[319]Von der Geiſterwelt.
nung wird der Menſch vom Herrn aus der lau-
tern oder reinen Barmherzigkeit durch die Geſetze
der Ordnung wieder gebracht, und um ſo viel er
wieder darein gebracht wird, in ſo viel nimmt er
den Himmel in ſich, und wer den Himmel in ſich
oder innerlich aufnimmt, der kommt in den Him-
mel. Hieraus erhellet wiederum, daß die goͤtt-
liche Barmherzigkeit des Herrn eine lautere und
reine Barmherzigkeit ſey, aber keine unmittel-
bare. *)


524. Wenn
[320]Von der Geiſterwelt.

524. Wenn die Menſchen aus unmittelbarer
Barmherzigkeit haͤtten koͤnnen ſelig werden, ſo
wuͤrden alle ſelig geworden ſeyn, auch die, ſo in
der Hoͤlle ſind, ja, es wuͤrde keine Hoͤlle ſeyn,
weil der Herr die Barmherzigkeit ſelber, die Liebe
ſelber, und das Gute ſelber iſt; derowegen iſt es
ſchnurſtracks wider die Gottheit des Herrn, zu
ſagen, daß Er alle unmittelbar ſelig machen koͤn-
ne, und doch nicht alle ſelig mache: es iſt aus
dem Wort bekannt, daß der Herr will, daß alle
ſelig werden, und keiner verdammt werden moͤge.


525. Die

*)


[321]Von der Geiſterwelt.

525. Die meiſten, die aus der Chriſtenheit
in das andre Leben kommen, bringen dieſen Glau-
ben mit ſich, daß ſie aus unmittelbaren Barm-
herzigkeit ſelig werden muͤßten, denn ſie rufen
ſolche an; ſobald ſie aber gepruͤfet wurden kam es
heraus, daß ſie geglaubt hatten, daß in den Him-
mel kommen, nur ſo viel ſey, als hineingelaſſen
werden, und daß die, ſo hineingelaſſen werden,
in himmliſcher Freude ſeyen, indem ſie gar nicht
wußten, was der Himmel, und was die himm-
liſche Freude eigentlich ſey; derohalben wurde ih-
nen geſagt daß der Herr keinem einzigen den Him-
mel verſagte, und daß ſie, wenn ſie es verlang-
ten, hineingelaſſen werden, und allda eine Weile
bleiben
*)
Sw. Sch.II.Th. Y
[322]Von der Geiſterwelt.
bleiben koͤnnten; diejenigen nun, ſo dieſes ver-
langten, wurden auch hinzugelaſſen, allein, da
ſie nur bey den erſten Eingang waren, wurden ſie
bey dem Anhauch der himmliſchen Waͤrme, welche
die Liebe iſt, worinnen die Engel ſind, und bey
dem Einfluß des himmliſchen Lichtes, welches das
Goͤttliche Wahre iſt, von einer ſolchen Herzens-
angſt uͤberfallen, daß ſie ſtatt der himmliſchen
Freude eine hoͤlliſche Pein in ſich empfanden, von
welcher ſie zerruͤtet wurden, und ſich ſelber aus
dem Himmel herabſtuͤrzten; alſo wurden ſie durch
die lebendige Erfahrung belehret, daß der Him-
mel keinen einzigen aus unmittelbarer Barmher-
zigkeit gegeben werden koͤnne.


526. Jch habe bisweilen mit den Engeln
hiervon geredet, und geſagt, das die meiſten in
der Welt, die ein boͤſes Leben fuͤhren, und mit
andern vom Himmel und vom ewigen Leben ſpre-
chen, nicht anders redeten, als daß, in den Him-
mel kommen, nur ſo viel ſey, als aus bloſſer
Barmherzigkeit hineingelaſſen werden; und daß
es vornehmlich diejenigen glaubten die den Glau-
ben zum einzigen Mittel der Seligkeit machen,
denn dieſe ſehen aus einem gewiſſen Scheingrund
ihrer Religion nicht auf das Leben, noch auf die
Werke der Liebe, die das Leben ausmachen, und
alſo auch auf keine andre Mittel, wodurch der
Herr dem Menſchen den Himmel einfloͤſſet, und
ihn der himmliſchen Freude theilhaftig machet;
und weil ſie auf ſolche Art alle werkthaͤtliche Ver-
mittelung
[323]Von der Geiſterwelt.
mittelung verwerfen, ſo ſind ſie vermoͤge ihres
Scheingrundes genoͤthiget, zu behaupten, daß
der Menſch blos allein aus Barmherzigkeit in den
Himmel komme, und zu glauben, daß dazu Gott
der Vater durch die Fuͤrbitte des Sohnes bewo-
gen werde: hierauf antworteten die Engel, ſie
wuͤßten wohl, daß eine ſolche Lehre aus dem an-
genommenen Satz, betreffend den Glauben al-
lein,
(de ſola fide) nothwendiger Weiſe folgen
muͤſſe, und weil dieſe Lehre der Hauptpunkt von
allen uͤbrigen iſt, und in welche, weil ſie nicht
wahr iſt, nicht das geringſte Licht aus den Him-
mel einflieſſen kann, ſo komme eben daher die Un-
wiſſenheit, worinnen die Kirche heutiges Tages
iſt, daß ſie naͤmlich vom Herrn, vom Himmel,
vom Leben nach dem Tod, von der himml ſchen
Freude, von dem Weſen der Liebe und thaͤtigen
Liebe, und uͤberhaupt von dem Guten, und von
deſſen Verbindung mit dem Wahren, und mit-
hin von dem Leben des Menſchen, woher es ei-
gentlich kommt, und wie es beſchaffen iſt, nicht
das allergeringſte weis da doch bey einem das Le-
ben nicht aus dem Denken, ſondern aus dem Wil-
len und aus den daher ruͤhrenden Thaten kommt,
und daß es nur um ſo viel aus dem Denken kom̃t,
um ſo viel das Denken von dem Willen an ſich
hat, daß es alſo nicht aus dem Glauben kommt,
auſſer um ſo viel der Glaube von der Liebe an ſich
hat: die Engel bedauren, daß eben die obgedachte
nicht wiſſen, daß der bloße Glaube oder der
Glaube allein bey einem gar nicht ſtatt finden
Y 2koͤnne,
[324]Von der Geiſterwelt.
koͤnne, weil der der Glaube ohne ſeinen Urſprung,
welcher die Liebe iſt, weiter nichts, als ein Wiſ-
ſen und bey einigen nur ſo etwas Ueberredendes iſt,
das den Glauben vorluͤget, man leſe oben Num.
482, weiche Ueberredung nicht in dem Leben des
Menſchen, ſondern auſſer dem Leben iſt, denn
der Glaube faͤllt bey dem Menſchen weg, wenn
er nicht mit der Liebe zuſammen haͤnget. Ferner
ſagten die Engel, daß diejenigen, welche einen
ſolchen Scheingrund von dem weſentlichen Mit-
tel der Seligkeit des Menſchen haben, nicht an-
ders koͤnnten, als eine unmittelbare Barmherzig-
keit glauben, weil ſie aus dem natuͤrlichen Lichte,
und auch aus augenſcheinlicher Erfahrung inne
werden, daß der Glaube allein keinesweges das
Leben des Menſchen ausmachet, weil diejenigen,
welche ein boͤſes Leben fuͤhren, eben ſo denken und
ſich eben ſo uͤberreden koͤnnen: daher kommt es,
daß man glaubt, die Boͤſen koͤnnten eben ſo wohl
ſelig werden, als die Guten, wenn ſelbige nur
in der Todes-Stunde von der Fuͤrbitte und von
der dadurch zu erlangen ſeyenden Barmherzigkeit
zuverſichtlich redeten. Die Engel bekannten auch
daß ſie noch keinen einzigen geſehen haͤtten, der boͤ-
ſe gelebt, und aus unmittelbarer Barmherzigkeit in
den Himmel waͤre aufgenommen worden, er moͤchte
nun in der Welt aus Vertrauen oder Zuverſicht,
die durch den Glauben im erhabenen Sinn verſtan-
den wird, geredet haben, wie er gewollt. Auf
die Frage: wie es denn mit Abraham, Jſaac,
Jacob, und David, und mit den den Apoſteln waͤre,
ob
[325]Von der Geiſterwelt.
ob denn nicht dieſe aus unmittelbarer Barmher-
zigkeit in den Himmel waͤren aufgenommen wor-
den? antworteten die Engel: keiner von ihnen;
und ein jeder waͤre nach Beſchaffenheit ſeines in
der Welt gefuͤhrten Lebens aufgenommen worden;
und ſie (die Engel) wuͤßten wohl, wo dieſelben
ſeyen; und da waͤren ſelbige nicht in hoͤhern An-
ſehen, als andre: daß in dem Wort ihrer mit
Ehrerbietung ſey gedacht worden, ſey die Urſache,
weil durch ſelbige im innern Sinn des Worts
der Herr verſtanden werde; naͤmlich durch Abra-
ham, Jſaac und Jacob der Herr nach dem Goͤtt-
lichen und Menſchlich Goͤttlichen; durch David
der Herr nach dem Koͤniglich Goͤttlichen; und
durch die Apoſtel der Herr nach dem Goͤttlichen
Wahren; und ſie (die Engel) wuͤrden von ih-
nen ganz und gar nichts inne, wenn das Wort
von dem Menſchen geleſen wuͤrde, weil ihre Na-
men nicht in den Himmel eindringen; ſondern ſie
(die Engel) vernaͤhmen ſtatt ſolcher Namen den
Herrn, wie ich bereits geſagt habe; und deswe-
gen wuͤrde in dem Wort, das im Himmel iſt,
wovon Num. 259 geredet worden, derſelben nir-
gends gedacht, weil dieſes Wort der innere
Sinn des in der Welt vorhandenen Wortes
iſt. *)


Y 3527.
[326]Von der Geiſterwelt.

527. Daß es unmoͤglich iſt, das Leben des
Himmels denen zu geben, welche in der Welt ein
dem Leben des Himmels entgegenſtehendes Leben
gefuhret haben, kann ich aus vieler Erfahrung
bezeugen; denn es waren einige, die geglaubt
hatten, ſie wuͤrden nach dem Tod die goͤttliche
Wahrheiten, wenn ſie ſolche von den Engeln hoͤ-
reten, leichtlich annehmen und glaͤuben, und da-
her ein andres Leben fuͤhren, und alſo in den Him-
mel aufgenommen werden koͤnnen: allein, dieſes
wurde mit ſehr vielen verſucht, aber nur mit ſol-
chen, die eben dieſes geglaubt hatten, und denen
wurde dieſes erlaubt, aus der Urſache, damit ſie
wiſſen moͤchten, daß nach dem Tod keine Buſſe
ſtatt
*)
[327]Von der Geiſterwelt.
ſtatt findet: einige von denen, mit welchen ein
Verſuch gemacht worden, verſtunden die Wahr-
heiten, und ſchienen ſolche anzunehmen, ſobald
ſie ſich aber zu dem Leben ihrer Liebe gewendet
hatten, ſogleich verwarfen ſie ſelbige, und rede-
ten ſogar darwieder; einige verwarfen die Wahr-
heit den Augenblick, und wollten gar nichts da-
von hoͤren: einige wollten, daß ihnen das Leben
der Liebe, das ſie ſich in der Welt zugezogen hat-
ten, weggenommen, und an deſſen Statt das
engliſche Leben, oder das Leben des Himmels
eingefloͤßt wuͤrde; dieſes geſchahe auch mit ihnen
aus Erlaubnis, ſobald ihnen aber das Leben ihrer
Liebe war benommen worden, lagen ſie wie tod
Y 4da,
*)
[328]Von der Geiſterwelt.
da, und waren ihrer nicht mehr maͤchtig. Hier-
aus und aus andern Erfahrungen wurden die ein-
faͤltig Guten belehret, daß das Leben eines jeden
nach dem Tod keinesweges geaͤndert werden koͤnue,
und daß nimmermehr das boͤſe Leben in ein gutes,
oder das hoͤlliſche in ein engliſches koͤnne verſetzt
werden; weil ein jeder Geiſt von dem Haupt bis
zur Fußſole ſo iſt, wie ſeine Liebe, und mithin
wie ſein Leben, und dieſes in ein entgegenſtehen-
des veraͤndern, eben ſo viel iſt, als den Geiſt
gaͤnzlich zernichten: die Engel ſagen frey heraus,
daß es leichter ſey, eine Nachteule in eine Taube,
oder einen Uhu in einen Paradiesvogel zu verwan-
deln, als einen hoͤlliſchen Geiſt in einen Engel des
Himmels. Daß der Menſch nach dem Tod ſo
bleibe, wie ſein Leben in der Welt geweſen, leſe
man oben in dem gehoͤrigen Artikel Num. 470-
484. Hieraus kann nun offenbar ſeyn, daß kein
einziger aus unmittelbarer Barmherzigkeit in den
Himmel aufgenommen werden koͤnne.


Daß es nicht ſo ſchwer ſey, als
man glaubt, ein Leben zu fuͤhren,
das in den Himmel fuͤhret.


528. Es glauben einige, ein Leben zu fuͤhren,
das in den Himmel fuͤhret, welches naͤmlich das
geiſtliche Leben genennet wird, waͤre ſchwer, aus
der Urſache, weil ſie gehoͤret hatten, daß der
Menſch
[329]Von der Geiſterwelt.
Menſch der Welt entſagen, und ſich der ſoge-
nannten Luͤſte des Leibes und des Fleiſches berau-
ben, und geiſtlich leben muͤſſe; wovon ſie ſich kei-
nen andern Begriff machen, als daß ſie die welt-
lichen Dinge welches vornaͤmlich Reichthumer und
Ehrenſtellen ſind von ſich ſtoſſen beſtaͤndig in gott-
ſeliger Betrachtung von Gott, von der Seligkeit,
und vom ewigen Leben einhergehen und ihr geben im
Gebet, in Leſung des Worts und gottesfuͤrchtiger
Buͤcher zubringen ſollten; dieſes, meynen ſie, heiſſe
der Welt entſagen, und nach dem Geiſt, nicht aber
nach dem Fleiſche leben: allein, daß ſich die Sache
ganz anders verhalte, daß iſt mir aus vielfaͤlti-
ger Erfahrung und aus Unterredung mit den En-
geln zu wiſſen gegeben worden; ja, es wurde
mir zu wiſſen gethan, daß diejenigen, welche auf
dieſe Weiſe der Welt entſagen und auf dieſe Art
nach dem Geiſte leben, ſich ein trauriges Leben zu
wege bringen, welches der himmliſchen Freude
nicht theilhaftig iſt, denn es bleibt einem jeden ſein
gefuͤhrtes Leben; damit aber der Menſch (wurde
mir geſagt) das Lebens des Himmels bekomme,
ſo muͤſſe er ſchlechterdings in der Welt, und
allda in Aemtern und Geſchaͤften leben, und als-
denn bekomme er durch das ſittliche und buͤrger-
liche Leben das geiſtliche, und das geiſtliche Leben
des Menſchen koͤnne auf keine andre Art gebildet,
oder ſein Geiſt zum Himmel zubereitet werden;
denn ein innerliches Leben fuͤhren und nicht zugleich
ein aͤuſſerliches, iſt eben ſo, als in einem Hauſe
wohnen, das keinen Grund hat, das alſo nach
Y 5und
[330]Von der Geiſterwelt.
und nach entweder ſich ſenket, oder Riſſe bekommt
und von einander ſpaltet, oder aber wanket, bis
es gar einfaͤllt.


529. Weñ man das menſchliche Leben durch eine
vernuͤnftige Betrachtung anſiehet und durchgehet,
ſo findet man, daß es dreyfach iſt, naͤmlich ein
geiſtliches Leben, ein ſittliches Leben und ein
buͤrgerliches Leben, und daß dieſes dreyfache
Leben unterſchieden iſt; denn es giebt Menſchen,
die ein buͤrgerliches Leben fuͤhren, und doch nicht
ſittlich noch geiſtlich leben; und giebt welche, die
ein ſittliches Leben fuͤhren, und doch kein geiſtli-
ches; und giebt auch welche, die ſowohl ein buͤr-
gerliches, als ſittliches, aber auch zugleich
ein geiſtliches Leben fuͤhren;
dieſe ſind es,
die ein Leben des Himmels fuͤhren, jene aber fuͤh-
ren ein weltliches Leben, das von dem Leben des
Himmels getrennt oder abgeſondert iſt. Hier-
aus kann nun zuerſt erhellen, daß das geiſtliche
Leben gar nicht von dem natuͤrlichen oder weltli-
chen Leben getrennet, ſondern daß jenes mit die-
ſem, als wie die Seele mit ihrem Leib, verbun-
den ſey, und daß, wenn es getrennt wuͤrde, es
eben ſo waͤre, wie das Wohnen in einem Hauſe,
das keinen Grund hat, wie ich kurz vorher geſagt
habe. Denn das ſittliche und buͤrgerliche Leben
iſt die Auswuͤrkung des geiſtlichen Lebens; denn
dem geiſtlichen Leben kommt zu, das Gute zu
wollen,
und dem ſittlichen und buͤrgerlichen Le-
ben gebuͤhret, das Gute zu thun, wenn dieſes
von
[331]Von der Geiſterwelt.
von jenem getrennt wird, ſo beſtehet das geiſt-
liche Leben nur im Denken und Reden, der Wille
aber bleibt zuruͤck, weil er keine Stuͤtze hat,
und doch iſt der Wille unmittelbar das Geiſtliche
des Menſchen.


530. Daß es nicht ſo ſchwer ſey, als man
glaubt, ein Leben zu fuͤhren, das in den Him-
mel fuͤhret, kann aus dem, was nun folget,
erſehen werden. Wer iſt wohl, der nicht ein
buͤrgerliches und ſittliches Leben fuͤhren koͤnne,
da ein jeder von der Kindheit an dazu ange-
wieſen wird, und es vermoͤge des Lebens in der
Welt zu fuͤhren weis; auch fuͤhret ein jeder,
ſo wohl der Boͤſe als Gute ein buͤrgerliches
und ſittliches Leben, denn wer will nicht gerne
aufrichtig und gerecht genannt ſeyn? faſt alle
uͤben die Aufrichtigkeit und Gerechtigkeit aͤuſ-
ſerlich
aus, ja ſogar, daß ſie den Anſchein ha-
ben, als waͤren ſie von Herzen ſowohl aufrichtig
als gerecht, oder als handelten ſie unmittelbar
aus der Aufrichtigkeit und Gerechtigkeit: eben
ſo muß auch der geiſtliche Menſch leben, und
dieſes kann er eben ſo leicht, als der natuͤrliche
Menſch, aber nur mit dem Unterſchied, daß
der geiſtliche Menſch das Goͤttliche glaubt und
daß er aufrichtig und gerecht handelt nicht al-
lein deswegen, weil es nach den buͤrgerlichen
und ſittlichen Geſetzen iſt, ſondern auch darum,
weil es nach den goͤttlichen Geſetzen iſt; denn
ein ſolcher, weil er an das Goͤttliche denket,
wenn
[332]Von der Geiſterwelt.
wenn er eine Handlung begeht[,] iſt mit den
Engeln des Himmels vergemeinſchaftet, und
in ſo viel er dieſes thut, in ſo viel wird er mit
ihnen verbunden, und alſo ſein inwendiger
Menſch, der in ſich betrachtet ein geiſtlicher
Menſch iſt, eroͤffnet und aufgeſchloſſen; wenn
der Menſch ſo beſchaffen iſt, ſo wird er alsdenn,
ohne daß er es weis, von dem Herrn ange-
nommen und gefuͤhret, und ſodann wird von
ihm das zum ſittlichen und buͤrgerlichen Leben
gehoͤrende Aufrichtige und Gerechte welches er
thut, aus einem geiſtlichen Urſprung gethan;
und daß Aufrichtige und Gerechte aus einem
geiſtliichen Urſprung thun, heißt: ſolches un-
mittelbar aus der Aufrichtigkeit und Gerech-
tigkeit, oder es aus Herzensgrunde thun. Deſ-
ſen ſeine Gerechtigkeit und Aufrichtigkeit ſchei-
net in der aͤuſſerlichen Geſtalt mit der Ge-
rechtigkeit und Aufrichtigkeit der natuͤrlichen
Menſchen, ja, der boͤſen und hoͤlliſchen, eine
voͤllige Gleichheit zu haben, aber in der inner-
lichen Geſtalt
iſt ſeine Gerechtigkeit und Auf-
richtigkeit deren ihrer ganz und gar ungleich;
denn die Boͤſen handeln gerecht und aufrichtig
blos allein ihrentwegen und um der Welt willen,
derohalben, wenn ſie nicht die Geſetze und
Strafen, wie auch den Verluſt des guten Na-
mens, der Ehre, des Gewinnſtes und des Le-
bens befuͤrchteten, ſo wuͤrden ſie ganz und gar
unaufrichtig und ungerecht handeln, weil ſie
weder Gott noch ein goͤttliches Geſetz fuͤrchten,
und
[333]Von der Geiſterwelt.
und alſo kein innerliches Band vorhanden iſt,
das ſie abhielte, weswegen ſie alsdenn, ſo viel
ſie nur koͤnnten, andre betriegen, berauben und
beſtehlen wuͤrden, und dieſes mit Luſt; daß ſie
innerlich ſo beſchaffen ſind, ſiehet man augen-
ſcheinlich an ihres Gleichen im andern Leben,
allwo einem jeden das Aeuſſerliche weggenom-
men, und das Jnnerliche eroͤffnet wird, worin-
nen ſie endlich in Ewigkeit leben, man leſe oben
Num. 499-511, und weil ſie alsdenn ohne
aͤuſſerliche Bande handeln, die, wie ich oben
geſagt habe, in der vielerley Furcht vor dem
Geſetz, und vor dem Verluſt des guten Namens,
der Ehre, des Gewinnſtes und des Lebens be-
ſtehen, ſo handeln ſie unſinnig, und haben uͤber
die Aufrichtigkeit und Gerechtigkeit ihr Gelaͤch-
ter. Die aber wegen der goͤttlichen Geſetze auf-
richtig und gerecht gehandelt haben, die han-
deln, nachdem ihnen das Aeuſſerliche wegge-
nommen, und ſie ihrem Jnnerlichen uͤberlaſſen
worden ſind, weislich, weil ſie mit den Engeln
des Himmels verbunden ſind, von welchen ih-
nen Weisheit mitgetheilet wird. Hieraus kann
nun zuerſt offenbar erhellen daß der geiſtliche
Menſch eben ſo handeln koͤnne, wie der natuͤr-
liche Menſch in Anſehung des buͤrgerlichen und
ſitt[t]lichen Lebens handelt, wenn dieſer nur in
Anſehung des innerlichen Menſchen, oder in
Anſehung des Willens und Denkens mit dem
Goͤttlichen vereiniget iſt, man leſe oben Num.
358. 359. 360.


531. Die
[334]Von der Geiſterwelt.

531. Die Geſetze des geiſtlichen Lebens, die
Geſetze des duͤrgerlichen Lebens, und die Geſetze
des ſittlichen Lebens werden auch in den zehn
Geboten vorgeſchrieben; in den drey erſten die
Geſetze des geiſtlichen Lebens, in den vier fol-
genden
die Geſetze des buͤrgerlichen Lebens,
und in den drey letzten die Geſetze des ſittli-
chen Lebens: der blos natuͤrliche Menſch lebet
in der aͤuſſerlichen Geſtalt nach den naͤm-
lichen Geboten eben ſo, wie der geiſtliche Menſch,
denn er verehret ebenfalls des Goͤttliche, ge-
het in den Tempel, hoͤret die Predigten an,
faltet ſein Angeſicht zur Andacht; toͤdtet nicht,
begehet keine Ehebruͤche, ſtiehlet nicht, giebt
kein falſches Zeugnis, und betrieget andre Ne-
benmenſchen nicht um ihre Guͤter; aber dieſes
thut er blos allein ſeinetwegen und um der Welt
willen, damit er ein Anſehen gewinne; hinge-
gen iſt eben dieſer in der innern Geſtalt voͤl-
lig das Gegentheil von dem, was er aͤuſſerlich
zu ſeyn ſcheinet, weil er im Herzen das Goͤtt-
liche
laͤugnet, und auf ſolche Art bey ſeinem
Gottesdienſt ſich zum Heuchler machet, und
wenn er ſich ſelbſt uͤberlaſſen denket, uͤber die
Heiligthuͤmer der Kirche lachet, und glaubt,
ſie dienten nur dazu, den einfaͤltigen Haufen
zu baͤndigen; daher kommt es, daß er vom
Himmel gaͤnzlich getrennt iſt, dahero iſt er auch,
weil er nicht geiſtlich iſt, weder ein ſittlicher,
noch ein buͤrgerlicher Menſch; denn ob er gleich
nicht toͤdtet, ſo haſſet er doch einen jeden, der
ſich
[335]Von der Geiſterwelt.
ſich ihm widerſetzet, und aus Haß brennet er
vor Rache, derohalben, wofern ihn nicht die
buͤrgerlichen Geſetze, und die aͤuſſerlichen Ban-
de, die in der vielerley Furcht beſtehen, zuruͤck
hielten, er denſelben toͤdten wuͤrde, und weil
dieſes ſein Begehren iſt, ſo folget, daß er be-
ſtaͤndig toͤdtet: ob er gleich keine Ehebruͤche be-
gehet, ſo iſt er dem ungeachtet, weil er ſie fuͤr
erlaubt haͤlt, beſtaͤndig ein Ehebrecher, denn ſo
viel er nur kann, und ſo oft er darf, begehet
er welche: und wenn eben der ſchon nicht ſtieh-
let, ſo macht er ſich dennoch, weil er andrer Leute
Guͤter begehret, und die Betruͤgereyen und
boͤſe Kunſtgriffe nicht wider die Rechtsgelahrt-
heit zu ſeyn glaubt, durch ſeine Gemuͤthsgeſin-
nung beſtaͤndig zum Dieb; gleiche Bewandt-
nis hat es auch in Anſehung der Gebote
des ſittlichen Lebens, die da ſind: kein falſch
Zeugnis zu reden, und andrer Leute Guͤter
nicht zu begehren: ſo ſind nun alle diejenigen
Menſchen, welche das Goͤttliche laͤugnen, und
gar kein Gewiſſen aus der Religion haben:
daß ſie ſo beſchaffen ſeyn, das ſiehet man offen-
bar an ihres Gleichen im andern Leben; denn
wenn ſolche, nachdem ihnen das Aeuſſerliche be-
nommen worden, in ihr Jnwendiges verſetzt
werden, ſo machen ſie alsdenn, weil ſie vom
Himmel abgeſondert ſind, mit der Hoͤlle ein
Einziges aus, weswegen ſie mit denen, ſo ſich
allda befinden, vergeſellſchaftet werden. Ein
anders iſt es mit denen, die im Herzen das
Goͤtt-
[336]Von der Geiſterwelt.
Goͤttliche erkannt, und bey den Handlungen
ihres Lebens auf die goͤttlichen Geſetze geſehen,
und nach den drey erſten Geboten ſowohl, als
nach den uͤbrigen gethan haben, dieſe ſind, wenn
ſie nach Ablegung des Aeuſſerlichen in ihr Jn-
wendiges verſetzt werden, viel weiſer, als in
der Welt; wenn ſie in ihr Jnwendiges kommen,
ſo iſt es eben ſo, als ob ſie vom Schatten ins
Licht, von der Unwiſſenheit in die Weisheit,
und von einem traurigen Leben in ein ſeliges
kaͤmen, darum, weil ſie in Gott, und alſo im
Himmel ſind. Dieſes habe ich deswegen geſagt,
damit man wiſſen moͤge, wie der eine und det
andere beſchaffen iſt, obgleich beyde ein gleiches
aͤuſſerliches Leben gefuͤhrt haben.


532. Ein jeder kann wiſſen, daß die Ge-
danken nach den Abſichten gehen und ſich dar
nach richten, oder dahin zielen, worauf der
Menſch ſein Abſehen hat; denn das Denken
iſt das innerliche Geſicht des Menſchen, das ſich
eben ſo verhaͤlt, wie das aͤuſſerliche Geſicht,
daß ſichs naͤmlich dahin wendet, und da ſtehen
bleibt, wo man hindenket und ſein Abſehen hin
hat: wendet ſich nun das innerliche Geſicht oder
das Denken zur Welt, und bleibt allda ſtehen,
ſo folget, daß das Denken weltlich wird; keh-
ret ſichs zur Selbſtheit und zu der ſelbſt eigenen
Ehre, ſo folget, daß es leiblich wird; wendet
ſichs aber zum Himmel, ſo folget, daß es himm-
liſch wird; mithin, wenn ſichs zum Himmel
wendet,
[337]Von der Geiſterwelt.
wendet, ſo ſchwingt ſich empor; wenn ſichs
zur Selbſtheit kehret, ſo ziehet ſichs vom Him-
mel ab, und verſinket ins Leibliche; und wenn
ſichs zur Welt kehret, ſo neiget ſichs eben auch
vom Himmel ab, und zerſtreuet ſich in ſolche
Dinge, die vor den Augen ſind. Die Liebe des
Menſchen verurſachet die Abſicht, und beſtim-
met, dem innerlichen Geſicht des Menſchen oder
dem Denken ſeine Gegenſtaͤnde; die Eigenlie-
be alſo beſtimmet die Selbſtheit und das Selbſt-
eigene, die Welt Liebe das Weltliche, und die
himmliſche Liebe das Himmliſche: hieraus kann
man wiſſen, in was fuͤr einem Zuſtand das Jn-
nere des Menſchen, das ſeinem Gemuͤthe zu-
kommt, eigentlich ſtehet, ſobald man naͤmlich
ſeine Liebe erkennet, daß naͤmlich das Jnnere
eines ſolchen, der den Himmel liebet, gen Him-
mel emporgeſchwungen, und von oben her eroͤff-
net iſt; und daß das Jnnere deſſen, der die Welt
und ſich ſelber liebet, von oben her verſchloſſen,
und von auſſen eroͤffnet iſt: daraus kann man
ſchlieſſen, daß, wenn das Obere des Gemuͤthes
von oben her verſchloſſen iſt, der Menſch die Ge-
genſtaͤnde des Himmels und der Kirche nicht mehr
ſehen koͤnne, und daß ſolche bey ihm in Finſter-
nis ſeyen, und was in der Finſternis iſt, das
wird entweder gelaͤugnet oder nicht eingeſehen;
daher kommt es, daß diejenigen, welche ſich ſelber
und die Welt uͤber alles lieben, weil bey ihnen
das Obere des Gemuͤthes verſchloſſen iſt, in ihren
Herzen die goͤttliche Wahrheiten laͤugnen, und
Sw. Sch.II.Th. Zwenn
[338]Von der Geiſterwelt.
wenn ſie ja etwas davon aus dem Gedaͤchtnis re-
den, ſie es doch nicht verſtehen; ſie ſehen auch die
goͤttlichen Wahrheiten nicht anders an, als wie
ſie die weltlichen und leiblichen Dinge anſehen;
und weil ſie ſo beſchaffen ſind, ſo koͤnnen ſie ſich
in ihrem Gemuͤthe mit nichts anders beſchaͤfftigen,
als mit ſolchen Dingen, welche durch die erblichen
Sinne eingehen, und an welchen ſie ſich auch ledig-
lich ergoͤtzen; worunter auch viele garſtige, unflaͤ-
tige, unheilige und ruchloſe Dinge ſind, wovon
ſie auch nicht abzubringen ſind, weil bey ihnen kein
Einfluß aus dem Himmel in ihre Gemuther ſtatt
findet, weil ſolche von oben her verſ[chl]oſſen ſind,
wie ich bereits geſagt habe. Die Abſicht des Men-
ſchen, von welcher ſein innerliches Geſicht oder
ſein Denken die Beſtimmung bekommt, iſt ſein
Wille, denn was der Menſch will, das hat er
zur Abſicht, und worauf er ſein Abſehen hat,
darauf denket er; derohalben, wenn er den Him-
mel zur Abſicht hat ſo wird ſein Denken, und nebſt
ſolchem ſein ganzes Gemuͤth dahin beſtimmet, wel-
ches auf ſolche Art in dem Himmel iſt, von da aus
ſiehet er hernach die Dinge, die zur Welt gehoͤren,
unter ſich, gleichwie einer von dem Dach die Haͤu-
ſer; daher kommt es, daß derjenige Menſch, dem
das Jnnere ſeines Gemuͤthes eroͤffnet iſt, das bey
ihm befindliche Boͤſe und Falſche ſehen kann, denn
ſodann iſt das Boͤſe und Falſche unterhalb ſeines
geiſtlichen Gemuͤthes; und umgekehrt, daß ein
Menſch, dem das Jnnere nicht eroͤffnet iſt, ſein
Boͤſes und Falſches nicht ſehen kann, weil er mit-
ten
[339]Von der Geiſterwelt.
ten in dem Boͤſen und Falſchen, und nicht uͤber
ſolchem iſt: hieraus kann man nun ſchlieſſen, wo-
her bey dem Menſchen die Weisheit, und woher
bey ihm die Unſinnigkeit komme desgleichen, wie
der Menſch nach dem Tod werde beſchaffen ſeyn,
wo ihm ſodann frey ſtehet, nach ſeinem Jnnern zu
wollen und zu denken, wie auch, zu handeln und zu
reden. Dieſes habe ich auch deswegen geſagt, da-
mit man wiſſen moͤge, wie der Menſch innerlich
beſchaffen iſt, er mag nun aͤuſſerlich einem andern
gleich zu ſeyn ſcheinen, oder nicht.


533. Daß es nicht ſo ſchwer ſey, als man
glaubt, ein Leben des Himmels zu fuͤhren, erhellet
nunmehro daraus, daß, wenn ihm etwas vorfaͤllt,
wovon er weis, daß es etwas Unaufrichtiges und
Ungerechtes ſey, ſein Gemuͤth aber dazu hingeriſ-
ſen wird, er nur noͤthig hat, zu denken, daß er es
nicht thun duͤrfe, weil es wider die goͤttlichen Ge-
bote iſt; wenn ſich der Menſch gewoͤhnet, ſo zu
denken, und aus der Gewohnheit eine gewiſſe Fer-
tigkeit an ſich nimmt, ſo wird er ſodann nach und
nach mit dem Himmel verbunden; und um ſo viel er
mit dem Himmel verbunden wird, um ſo viel
wird das Obere ſeines Gemuͤthes eroͤffnet, und um
ſo viel es eroͤffnet wird, um ſo viel ſiehet er, was
unaufrichtig und ungerecht iſt, und um ſo viel er
dieſes ſiehet, um ſo viel kann es vertrieben werden,
denn eine Bosheit kann nicht eher vertrieben wer-
den, als bis ſie eingeſehen wird: in dieſen Zuſtand
kann der Menſch freywillig treten, denn wer kann
nicht freywillig alſo denken? wenn er aber einmal
den Anfang gemacht hat, ſo wuͤrket bey ihm der
Z 2Herr
[340]Von der Geiſterwelt.
Herr alles Gute, und machet, daß er (der Menſch)
nicht nur das Boͤſe ſiehet, ſondern auch, daß er
es nicht will, und end ich, daß er es verabſcheuet:
dieſes wird verſtanden durch die Worte des Herrn:
Mein Joch iſt ſanft, und meine Laſt iſt
leicht,
” Matth. 11, 30. Allein, man muß wiſſen,
daß die Schwierigkeit, auf obbeſagte Weiſe zu den-
ken, und auch dem Boͤſen zu widerſtehen, um ſo
viel zunimmt, um ſo viel der Menſch das Boͤſe
mit Willen thut; denn in ſo viel gewoͤhnt ſich der
Menſch das Boͤſe an, ſogar, daß er es endlich gar
nicht ſiehet, und hernach, daß er es liebet, und
aus dem Vergnuͤgen ſolcher Liebe es entſchuldiget,
und durch allerley Betruͤglichkeiten es betraͤftiget,
und fuͤr erlaubt und gut ausgiebt: dieſes geſchie-
het aber bey denen, welche in den Jugend. Jahren
gleichſam Zuͤgellos in die Bosheiten rennen, und
alsdenn zugleich in ihrem Herzen die goͤttlichen Din-
ge verwerfen.


534. Einsmals wurde mir ein Weg vorge-
ſtellet, der zum Himmel, und zur Hoͤlle fuͤh-
rete;
es war ein breiter Weg, der ſich auf die lin-
ke Seite oder gegen Mitternacht zu erſtreckte; es
erſchienen viele Geiſter, die dieſen Weg giengen;
allein, ich ſahe von weiten einen ziemlich groſſen
Stein, allwo der breite Weg ſich endigte; von die-
ſem Stein giengen hernach zwey Wege aus, ei-
ner zur Linken, und einer gegen uͤber zur Rechten;
der Weg zur Linken war eng und ſchmal, und fuͤhr-
te durch die Abend. Gegend gegen Mittag, und
alſo
[341]Von der Geiſterwelt.
alſo in das Licht des Himmels; der Weg zur Rech-
ten war breit und weit, und fuͤhrte ſchraͤg ab-
waͤrts auf die Hoͤlle zu. Anfangs ſahe ich, daß alle
den obgedachten breiten oder einerley Weg giengen,
bis zu dem groſſen Stein im Scheideweg, da ſie
aber dahin kamen, ſcheideten ſie ſich von einander,
die Guten lenkten ſich zur Linken, und giengen den
ſchmalen Weg, der zum Himmel fuͤhrete; die Boͤ-
ſen hingegen ſahen den Stein im Scheideweg
nicht, und fielen uͤber denſelben, und wurden ver-
letzet, wenn ſie aber wieder aufgeſtanden waren,
liefen ſie den breiten Weg zur Rechten, der auf die
Hoͤlle zugieng. Nachgehends wurde mir erklaͤret,
was dieſes alles bedeutete; daß naͤmlich durch den
erſten Weg, der breit war, und den viele, ſo-
wohl die Guten als die Boͤſen zugleich giengen,
und mit einander alswie gute Freunde redeten,
weil dem Anſehen nach kein Unterſchied unter ih-
nen zu ſehen war, diejenigen vorgeſtellet wurden,
welche im Aeuſſerlichen auf einerley Art auf-
richtig und gerechtleben, und welche dem Anſehen
nach nicht von einander zu unterſcheiden ſind:
durch den Stein im Scheideweg oder in dem
Winkel,
uͤber den die Boͤſen fielen, und von dem
aus ſie den zur Hoͤlle fuͤhrenden Weg liefen, wur-
de das Goͤttliche Wahre vorgeſtellet, welches von
denen, die gegen die Hoͤlle ſehen, gelaͤugnet wird;
im hoͤchſten Sinn wird durch eben dieſen Stein
das Goͤttlich Menſchliche des Herrn
ange-
deutet: die aber das Goͤttliche Wahre, und
zugleich das Goͤttliche des Hernn erkannten,
Z 3die
[342]Von der Geiſterwelt.
die giengen den Weg, der zum Himmel fuͤhrete.
Hieraus erhellet wiederum, daß die Boͤſen eben ſo
wohl, als die Guten, aͤuſſerlich einerley Leben fuͤh-
ren, oder einerley Weg gehen, und alſo einer ſo
leicht, als der andere, und daß dem ungeachtet die-
jenigen, welche im Herzen das Goͤttliche erken-
nen, vornehmlich diejenigen innerhalb der Kirche,
welche das Goͤttliche des Herrn erkennen, in
den Himmel gefuͤhret, die es aber nicht erkennen,
in die Hoͤlle gebracht werden. Die Gedanken des
Menſchen, die aus der Abſicht oder aus dem Wil-
len herkommen, werden im andern Leben durch
Wege vorgeſtellet; es werden auch allda dem An-
ſchein nach Wege dargeſtellet, die gaͤnzlich ſo ſind,
wie die Gedanken der Abſicht, und ein jeder gehet
auch dahin, wo ſeine aus der Abſicht herruͤhrende
Gedanken hin zielen; daher kommt es daß die
Geiſter aus ihren Wegen erkannt werden, wie ſie,
und ihre Gedanken beſchaffen ſind: hieraus wurde
auch klar, was eigentlich durch die Worte des Herrn
verſtanden werde: „Gehet ein durch die enge
Pforte; denn die Pforte iſt weit, und der
Weg iſt breit, der ins Verderben fuͤhret,
und ihrer ſind viel, die darauf wandeln;
die Pforte iſt eng, und der Weg iſt ſchmal,
der zum Leben fuͤhret, und wenig ſind,
die ihn finden,
” Matth. 7, 13. 14; daß der
Weg, der zum Himmel fuͤhret, ſchmal iſt, das
iſt nicht des wegen, als ſey er beſchwerlich, ſondern
darum, weil ihrer, wie es heißt, wenig ſind, die
denſelben finden. Aus jenem Stein, den ich in
dem
[343]Von der Geiſterwelt.
dem Winkel, wo der breite und allgemeine
Weg ſich endigte, geſehen hatte, und von dem
aus ich zwey Wege in einander entgegenſtehen-
de Gegenden ſich erſtrecken ſahe, wurde offen-
bar, was durch dieſe Worte des Herrn ange-
deutet wird: „Habt ihr nicht geleſen, was
geſchrieben iſt; der Stein, den die Bau-
leute verworfen haben, der iſt zum Haupt
oder zur Spitze des Winkels (des Ecks)
geworden;
*)ein jeder, der auf dieſen
Stein faͤllt, wird zerſchmettert werden,

Luc. 20, 17. 18; der Stein bedeutet das Goͤtt-
liche Wahre, **) und der S[t]ein Jſraels bedeu-
tet den Herrn in Anſehung des Goͤttlich Menſch-
lichen; die Bauleute ſind die von der Kirche;
das Haupt oder die Spitze des Winkels (des
Ecks) iſt da, wo der Scheideweg angeht; fal-
len und zerſchmettert werden, heißt laͤugnen und
umkommen.


535. Es
Z 4
[344]Von der Geiſterwelt.

535. Es wurde mir verſtattet, mit einigen
im andern Leben zu reden, die ſich von den welt-
lichen Geſchaͤften entfernt hatten, um fromm
und heilig zu leben; und auch mit einigen, die
ſich mancherley Schmach angethan hatten, weil
ſie geglaubt, das heiſſe: der Welt entſagen,
und die Begierden des Fleiſches baͤndigen; al-
lein, weil ſich dadurch die meiſten von denſelben
ein trauriges Leben zugezogen, und ſich von dem
Leben der thaͤtigen Liebe, welches Leben ſonſt
nicht, als in der Welt gefuͤhret werden kann,
entfernt haben, ſo koͤnnen ſie unmoͤglich mit
den Engeln vergeſellſchaftet werden, weil das
Leben der Engel vermoͤge der Seligkeit ein froͤ-
liches Leben iſt, und in Leiſtung des Guten be-
ſtehet, welches eben die Werke der Liebe ſind:
uͤber dieſes brennen diejenigen, welche ein von
den weltlichen Dingen abgezogenes Leben ge-
fuͤhret haben, gleichſam vor Verdienſt, und
wollen daher beſtaͤndig den Himmel haben, und
denken ſich die himmliſche Freude als eine Be-
lohnung, indem ſie ganz und gar nicht wiſſen,
was eigentlich die himmliſche Freude iſt; und
wenn ſie unter die Engel, und in deren ihre
Freude gelaſſen werden, die ohne Verdienſt iſt,
und in den Ausuͤbungen und offenbaren Liebes-
dienſten, wie auch, in der Seligkeit beſtehet,
welche aus dem Guten herruͤhret, das die En-
gel durch ſolch Liebesdienſte leiſten, ſo verwun-
dern ſie ſich, gleichwie die, ſo unglaubliche
Dinge ſehen; weil ſie nun dieſer Freude nicht
faͤhig
[345]Von der Geiſterwelt.
faͤhig ſind ſo gehen ſie weg, und geſellen ſich
zu ihres Gleichen, die in der Welt in eben einem
ſolchen Leben geweſen ſind. Diejenigen aber,
welche aͤuſſerlich heilig gelebt, beſtaͤndig in
den Tempeln, und allda im Gebet begriffen ge-
weſen ſind, ihre Seele beaͤngſtigt, und zugleich
unaufhoͤrlich ſich in den Gedanken gehabt haben,
als waͤren ſie auf ſolche Art weit mehr, als an-
dre, hoch zu ſchaͤtzen und zu ehren, und endlich
nach dem Tod fuͤr heilige zu halten, die ſind im
andern Leben nicht im Himmel, weil ſie derglei-
chen Dinge nur um ihrentwillen gethan haben;
und weil ſie die goͤttliche Wahrheiten mit der Ei-
genliebe, womit ſie dieſelben uͤberſchwemmten,
verunreiniget und beflecket haben, ſo ſind eini-
ge von ihnen ſo unſinnig, daß ſie denken, ſie
waͤren Goͤtter; weswegen ſie ſich unter ſolchen
in der Hoͤlle befinden; einige ſind liſtig und be-
truͤgeriſch, und befinden ſich in den Hoͤllen der
Betruͤger, welches naͤmlich diejenigen ſind, die
die obgedachten Dinge durch Kunſtgriffe und
Raͤnke aͤuſſerlich gethan, und durch dieſe Raͤn-
ke und Kunſtgriffe dem gemeinen Volk weis ge-
macht haben, als waͤre in ihnen goͤttliche Hei-
ligkeit. So ſind viele von den Heiligen im
Pabſtthum; es wurde mir auch verſtattet, mit
einigen zu reden, und da wurde mir ihr Leben,
wie es in der Welt geweſen war, und wie es
nachgehends iſt, offenbar beſchrieben. Dieſes
iſt deswegen geſagt worden, damit man wiſſen
moͤge, daß das zum Himmel fuͤhrende Leben,
Z 5nicht
[346]Von der Geiſterwelt.
nicht ein von der Welt abgezogenes, ſondern
ein in der Welt zu fuͤhrendes Leben ſey; und
daß ein frommes Leben ohne das Leben der thaͤ-
tigen Liebe, welches nur allein in der Welt moͤ-
glich iſt, nicht in den Himmel fuͤhre, ſondern das
Leben der thaͤtigen Liebe, welches Leben darin-
nen beſteht: in allen Verrichtungen, in
allen Geſchaͤften, und in allen Werken
aufrichtig und gerecht handeln, und zwar
aus dem Jnwendigen und alſo aus einer
himmliſchen Urquelle,
welche Urquelle in dem
Leben der Liebthaͤtigkeit befindlich iſt, ſobald der
Menſch deswegen aufrichtig und gerecht handelt,
weil es den goͤttlichen Geſetzen gemaͤß iſt: ein
ſolche Leben iſt nicht ſchwer, ſondern das Leben
der Froͤmmigkeit, die von dem Leben der thaͤti-
gen Liebe abgezogen iſt, das iſt ſchwer, und ein ſol-
ches Leben fuͤhret noch dazu ſo weit vom Himmel
ab, als man glaub daß es zum Himmel fuͤhre. *)
und
[347]Von der Geiſterwelt.
und thut, Num. 8124. Das Leben der thaͤ-
tigen Liebe iſt ein Leben nach den Geboten des
Herrn, Num. 3249. Nach den Geboten des
Herrn leben, heißt: den Herrn lieben, Num.
10143. 10153. 10310. 10578. 10648. Die
aͤchte thaͤtige Liebe iſt nicht verdienſtlich, weil
ſie aus innerer Zuneigung, und aus dem da-
her ruͤhrenden Vergnuͤgen kommt, Num.
2340. 2373. 2400. 3887. 6388. 6393. Der
Menſch bleibt nach dem Tod ſo, wie er in der
Welt ein Leben der thaͤtigen Liebe gefuͤhret hat,
Num. 8256, Die himmliſche Seligkeit flieſſet
vom Herrn in das Leben der thaͤtigen Liebe ein,
Num. 2363. Es wird einer nicht etwa dadurch
in den Himmel eingelaſſen, daß er blos allein
das Gute denke, ſondern dadurch, daß er zu-
gleich das Gute wolle und thue, Num. 2401.
3459. Wenn nicht mit dem Gutes wollen und
mit dem Gutes denken das Gute thun ver-
knuͤpft iſt, ſo findet kein Seligwerden ſtatt,
und auch keine Verbindung des innern Men-
ſchen mit dem aͤuſſern, Num. 3987.


Ende des Abſchnitts
von der Geiſterwelt.



Jnnhalt
[[348]][[349]]

Jnnhalt
des zweyten Theils:

vom
Himmel und von der Geiſterwelt.



  • Daß Himmel und Hoͤlle aus dem menſchlichen
    Geſchlechte ſeyn. Seite 5
  • Von den Heyden oder Voͤlkern im Himmel, die
    auſſerhalb der Kirche geweſen ſind. 17
  • Von den Kindern im Himmel. 31
  • Von den Weiſen und Einfaͤltigen im Him-
    mel. 52
  • Geſammelte Stellen, aus den himmliſchen Ge-
    heimniſſen, betreffend die Wiſſenſchaften 75
  • Von den Reichen und Armen im Himmel. 83
  • Von den Ehen im Himmel. 100

Von
[[350]]Jnnhalt.
  • Von den Amtsverrichtungen der Engel im Him-
    mel. 124
  • Von der himmliſchen Freude und Gluͤckſelig-
    keit. 132
  • Von der unermeßlichen Groͤſſe des Himmels.
     157


  • Was die Geiſterwelt ſey. 171
  • Daß ein jeder Menſch in Anſehung ſeines Jn-
    nern ein Geiſt ſey. 128
  • Von des Menſchen Auferweckung von den Tod-
    ten, und von ſeinem Eingang in das ewige
    Leben. 192
  • Daß der Menſch nach dem Tod in vollkomme-
    ner menſchlicher Geſtalt ſey. 200
  • Daß ſich der Menſch nach dem Tod in allen
    Sinnen, in dem Gedaͤchtnis, wie auch in
    den Gedanken und Neigungen befinde, die
    er in der Welt gehabt; und daß er nichts
    zuruͤck laſſe als ſeinen irrdiſchen Leib. 214
  • Daß der Menſch nach dem Tod ſo beſchaffen ſey,
    wie ſeyn Leben in der Welt geweſen. 296

Daß
[[351]]Jnnhalt.
  • Daß ſich die Ergoͤtzlichkeiten des Lebens, die ein
    jeder gehabt, nach dem Tod in uͤbereinſtim-
    mende verkehren. 261
  • Von dem erſten Zuſtand des Menſchen nach dem
    Tod. 273
  • Von dem andern Zuſtand des Menſchen nach
    dem Tod. 281
  • Von dem dritten Zuſtand des Menſchen nach
    dem Tod. 300
  • Daß kein einziger aus unmittelbarer Barmher-
    zigkeit in den Himmel komme. 316
  • Daß es nicht ſo ſchwer ſey, als man glaubt,
    ein Leben zu fuͤhren, daß in den Himmel
    fuͤhret. 328


[[352]][[1]]

Von
der Hoͤlle
.


[figure]


Frankfurt am Mayn,
zu finden bey dem Commercienrath
Daniel Chriſtian Hechtel, 1776.


[[2]][3]

Daß es der Herr ſey, der die
Hoͤllen regieret.


536. Oben, in dem Abſchnitt vom Himmel,
habe ich uͤberall gezeigt, insbeſon-
dere Num. 2 - 6, daß der Herr der Gott des
Himmels ſey, daß alſo dem Herrn die gan-
ze Regierung der Himmel zukomme; und
weil eine ſolche Ruͤckſicht des Himmels auf
die Hoͤlle, und der Hoͤlle auf den Himmel iſt,
alswie zwiſchen zwey einander entgegenſte-
henden Dingen, die gegen einander wuͤrken,
aus deren Wuͤrkung und Widerſtand das
Gleichgewicht entſteht, worauf alles beruhet,
ſo iſt dahero auch, damit alles und jedes im
Gleichgewicht gehalten werde, noͤthig, daß
der, ſo das eine regieret, auch das andere re-
giere; denn, wenn nicht eben dieſer Herr
die Anfaͤlle, die von den Hoͤllen geſchehen,
zuruͤckhalten, und die Raſereyen in denſel-
ben bezaͤhmen wuͤrde, ſo wuͤrde das Gleich-
gewicht zu Grunde gehen, und mit dem Gleich-
gewicht das Ganze.


537. Zuerſt aber ſoll hier etwas von dem
Gleichgewicht geſagt werden; es iſt bekannt,
daß, wenn ihrer zwey wider einander wuͤr-
Sw. Sch.II.Th. a 2ken
[4]Von der Hoͤlle.
ken, und wenn der eine ſo viel entgegen wuͤr-
ket und widerſtehet, als der andere wuͤrket
und antreibet, ſodann beyde keine Krafft
haben, weil auf beyden Seiten eine gleiche
Macht iſt, und daß alsdann beyde von einem
dritten nach Belieben behandelt werden koͤn-
nen; denn wenn ihrer zwey wegen eines
gleichen Widerſtands keine Kraft haben, ſo
wuͤrket die Kraft eines dritten alles, und zwar
ſo leicht, als ob gar kein Widerſtand vorhan-
den waͤre. Ein ſolches Gleichgewicht iſt zwi-
ſchen Himmel und Hoͤlle; aber, es iſt nicht
ein ſolches Gleichgewicht, als wie zwiſchen
zweyen, die mit dem Koͤrper wider einander
ſtreiten, und deren des einen Kraft der Kraft
des andern gewachſen iſt, ſondern es iſt ein
geiſtliches Gleichgewicht, naͤmlich des Fal-
ſchen wider das Wahre, und des Boͤſen wi-
der das Gute; die Hoͤlle hauchet beſtaͤndig das
aus dem Boͤſen herruͤhrende Falſche, und der
Himmel beſtaͤndig das aus dem Guten herruͤh-
rende Wahre aus; dieſes geiſtliche Gleichge-
wicht machet, daß der Menſch in der Freyheit
iſt, zu denken und zu wollen; denn alles,
was der Menſch denket und will, das beziehet
ſich entweder auf das Boͤſe und auf das daher
ruͤhrende Falſche, oder auf das Gute und auf
das daher ruͤhrende Wahre, mithin, wenn
er in dieſem Gleichgewicht iſt, ſo iſt er in der
Freyheit, entweder das Boͤſe und das daher
ruͤhrende Falſche aus der Hoͤlle bey ſich einzu-
laſſen
[5]Von der Hoͤlle.
laſſen und aufzunehmen, oder das Gute und
das daher ruͤhrende Wahre aus dem Himmel
bey ſich einzulaſſen und zu empfangen; in
ſolchem Gleichgewicht haͤlt der Herr einen je-
den Menſchen, weil Er beydes, ſo wohl den
Himmel, als die Hoͤlle regieret. Warum aber
der Menſch durch das Gleichgewicht in die-
ſer Freyheit gehalten, und ihm nicht von der
goͤttlichen Macht das Boͤſe und Falſche be-
nommen, und ihm dafuͤr das Gute und Wah-
re beygebracht werde, ſoll im folgenden in
dem gehoͤrigen Artikel geſagt werden.


538. Es iſt mir etlichemal der aus der Hoͤl-
le ausflieſſende Umkreis des Falſchen, das
aus dem Boͤſen herruͤhret, zu empfinden ge-
geben worden, er war, wie ein beſtaͤndiges
Beſtreben, alles Gute und Wahre zerſtoͤren
zu wollen, welches Beſtreben mit Zorn und
gleichſam mit Wuth verknuͤpft war, daß ſie
es nicht vollziehen konnten; vornehmlich gieng
das Beſtreben dahin, die Gottheit des Herrn
vernichten und zerſtoͤren zu wollen, und dieſes
darum, weil alles Gute und Wahre von
Jhm Selber kommt. Aus dem Himmel
aber wurde der Umkreis des aus dem Guten
herruͤhrenden Wahren empfunden, durch wel-
chen die Wuth des aus der Hoͤlle aufſteigen-
den Beſtrebens zuruͤck gehalten wurde: daher
kommt nun das Gleichgewicht: dieſer aus dem
Himmel empfundne Umkreis kam blos allein
a 3vom
[6]Von der Hoͤlle.
vom Herrn, ob er gleich aus den Engeln im
Himmel her zu kommen ſchiene; daß er vom
Herrn allein kam, und nicht von den Engeln,
war die Urſache, weil ein jeder Engel im Him-
mel erkennet, daß von ihm ſelber nichts Gu-
tes noch Wahres komme, ſondern daß alles
Gute und Wahre vom Herrn ſey.


539 Jn der geiſtlichen Welt hat das aus
dem Guten herruͤhrende Wahre alle Macht,
und das Falſche aus dem Boͤſen hat ganz
und gar keine Macht; daß das aus dem Gu-
ten herruͤhrende Wahre alle Macht hat, iſt
die Urſache, weil das Goͤttliche an ſich
ſelbſt
im Himmel das Goͤttliche Gute und
das Goͤttliche Wahre iſt, und das Goͤttli-
che
alle Gewalt hat: daß das aus dem Boͤ-
ſen herruͤhrende Falſche ganz und gar keine
Macht hat, iſt darum, weil das aus dem
Guten herflieſſende Wahre alle Macht hat,
und in dem Falſchen aus dem Boͤſen kein
Wahres aus dem Guten vorhanden iſt: da-
her kommt es, daß im Himmel alle Macht
iſt, in der Hoͤlle aber keine; denn ein jeder
im Himmel befindet ſich in dem aus dem Gu-
ten herflieſſenden Wahren, und ein jeder in
der Hoͤlle ſtehet in dem aus dem Boͤſen her-
ruͤhrenden Falſchen: denn es wird einer nicht
eher in den Himmel eingelaſſen, als bis er
ſich in dem aus dem Guten herflieſſenden Wah-
ren befindet; auch wird einer nicht eher in
die
[7]Von der Hoͤlle.
die Hoͤlle hinabgeworfen, als bis er in dem
aus dem Boͤſen herruͤhrenden Falſchen iſt;
daß dem ſo ſey, leſe man in den Artikeln,
wo von dem erſtern, andern und dritten
Zuſtand des Menſchen nach dem Tod, Num.
491-520 gehandelt worden: und daß das
aus dem Guten herflieſſende Wahre alle Macht
habe, leſe man in dem Artikel von der Macht
der Engel des Himmels, Num. 228-233.


540. Dieſes iſt nun das Gleichgewicht
zwiſchen Himmel und Hoͤlle; diejenigen, wel-
che ſich in der Geiſterwelt befinden, ſind in
dieſem Gleichgewicht, denn die Geiſterwelt
iſt das Mittlere zwiſchen dem Himmel und
der Hoͤlle; und durch die Geiſterwelt werden
auch alle Menſchen in der Welt in eben ei-
nem ſolchen Gleichgewicht gehalten, denn
die Menſchen in der Welt werden vom Herrn
durch die Geiſter regieret, welche in der Gei-
ſterwelt ſind, und davon ſoll weiter unten
in dem gehoͤrigen Artikel gehandelt werden.
Ein ſolches Gleichgewicht kann nicht ſtatt
finden, woferne der Herr nicht beydes, ſo
wohl den Himmel, als die Hoͤlle regierete, und
auf beyden Seiten Maas und Ziel hielte;
ſonſt wuͤrde das aus dem Boͤſen herruͤhren-
de Falſche das Uebergewicht bekommen, und
auf die einfaͤltig Guten, die ſich am Aeuſſer-
ſten des Himmels befinden, und die viel leich-
ter, als die Engel ſelbſt, verkehret werden
a 4koͤnnen,
[8]Von der Hoͤlle.
koͤnnen, einen Eindruck haben, und alſo wuͤr-
de das Gleichgewicht, und mit dem Gleich-
gewicht die Freyheit bey den Menſchen zu
Grunde gehen.


541. Die Hoͤlle iſt eben ſo in Geſellſchaf-
ten unterſchieden, als wie der Himmel, und
auch in ſo viel Geſellſchaften, als in ſo viel
Geſellſchaften der Himmel unterſchieden iſt;
denn eine jede Geſellſchaft im Himmel hat
ihre entgegenſtehende Geſellſchaften in der
Hoͤlle, und dieſes um des Gleichgewichtes
willen. Aber die Geſellſchaften in der Hoͤlle
ſind nach dem Boͤſen und dem daher ruͤhren-
den Falſchen unterſchieden, weil die Geſell-
ſchaften im Himmel nach dem Guten und
dem daher flieſſenden Wahren unterſchieden
ſind: daß jegliches Gute ſein entgegenſtehen-
des Boͤſe, und jegliches Wahre ſein entge-
genſtehendes Falſche habe, kann man daher
wiſſen, daß nichts vorhanden iſt, welches
ſich nicht auf ſein Gegentheil beziehe, und
daß man aus dem Gegentheil erkennet, wie
es beſchaffen iſt, und in welchem Grad es
ſtehet, daß auch von daher alle Empfindung
und alles Gefuͤhl kommt. Deswegen thut
der Herr beſtaͤndig Vorſehung, daß eine jede
Geſellſchaft des Himmels ihren Gegentheil
an einer Geſellſchaft der Hoͤlle habe, und daß
zwiſchen den beyden Geſellſchaften ein Gleich-
gewicht ſeyn moͤge.


542. Weil
[9]Von der Hoͤlle.

542. Weil die Hoͤlle in ſo viel Geſell-
ſchaften unterſchieden iſt, als der Himmel,
ſo ſind dahero auch eben ſo viel Hoͤllen, als
Geſellſchaften des Himmels ſind, denn eine
jede Geſellſchaft des Himmels iſt ein Himmel
in einer kleinern Geſtalt man leſe oben Num.
51 - 58, alſo iſt eine jede Geſellſchaft der Hoͤl-
le ebenfalls eine Hoͤlle in einer kleinern Ge-
ſtalt. Weil nun uͤberhaupt drey Himmel
ſind, ſo ſind dahero auch uͤberhaupt drey
Hoͤllen;
; die unterſte, die dem innerſten oder
dritten Himmel entgegenſtehet, die mittlere,
die dem mittlern oder andern Himmel entge-
genſtehet, und die obere, die dem aͤuſſerſten
oder erſten Himmel entgegenſtehet.


543. Wie aber die Hoͤllen vom Herrn re-
gieret werden, will ich auch kuͤrzlich melden;
insgemein werden die Hoͤllen durch den all-
gemeinen Zufluß
des aus den Himmeln her-
ruͤhrenden Goͤttlichen Guten und goͤttlichen
Wahren regieret, durch welchen Zufluß das
aus den Hoͤllen ausflieſſende allgemeine Be-
ſtreben im Zaum und in Schranken gehalten
wird; ſie werden auch durch den beſondern
Zufluß
aus jedwedem Himmel, und aus jeg-
licher Geſellſchaft des Himmels regieret. Jns-
beſondere
werden die Hoͤllen durch die Engel
regieret, denen verſtattet wird, hinein in die
Hoͤllen zu ſehen, und den Raſereyen und Em-
poͤrungen allda Einhalt zu thun; bisweilen
a 5werden
[10]Von der Hoͤlle.
werden auch Engel dahin geſandt, durch deren
Gegenwart dieſe Raſereyen gemaͤßigt werden.
Ueberhaupt aber werden alle, ſo in den Hoͤllen
ſind, durch vielerley Furcht regieret, einige durch
die von der Welt eingepflanzte und angeartete
Furcht, weil aber dieſe Furcht nicht hinlaͤng-
lich iſt, und auch allgemach nachlaͤßt, ſo werden
ſie auch durch die vielerley Furcht vor den
Strafen regieret, durch welche Furcht ſie
hauptſaͤchlich von Ausuͤbung der Bosheiten
abgeſchreckt werden; die Strafen in den Hoͤl-
len ſind vielfaͤltig, gelindere und haͤrtere, je
nachdem die Bosheiten beſchaffen ſind: mei-
ſtentheils werden Boshaftigere uͤber ſie ge-
ſetzt, die an Verſchlagenheit und Kunſtgrif-
fen was zum Voraus haben, und die andern
durch Strafen und durch die daher ruͤhren-
de Schrecken im Gehorſam und Knechtſchaft
halten koͤnnen; dieſe Vorgeſetzten aber duͤr-
fen ſich nicht unterſtehen, die ihnen vorge-
ſchriebene Grenzen zu uͤberſchreiten. Es iſt
zu wiſſen, daß die Furcht vor der Strafe
das einzige Mittel iſt, die Gewaltthaͤtigkei-
ten und Naſereyen derer, ſo in der Hoͤlle ſind,
in Schranken zu halten; ſonſt iſt kein ander
Mittel vorhanden.


544. Man hat bisher in der Welt ge-
glaubt, es waͤre ein gewiſſer Teufel, der uͤber
die Hoͤllen geſetzt ſey, und der waͤre als ein
Engel des Lichts erſchaffen worden, nachdem
er
[11]Von der Hoͤlle.
er aber ein Rebelle geworden ſey, waͤre er mit
ſeinem Haufen herab in die Hoͤlle geworfen
worden: daß man ſo geglaubt hat, iſt daher,
weil in dem Wort der Name Teufel und
Satan, und auch Lucifer vorkommt, und
das Wort da, wo die Namen vorkom-
men, nach dem buchſtaͤblichen Sinn verſtan-
den worden iſt, da doch in dem Wort durch
Teufel und Satan die Hoͤlle verſtanden wird,
durch Teufel diejenige Hoͤlle, welche hinter-
waͤrts iſt, und wo die allerruchloſeſten ſind,
die da boͤſe Gemi*) genennet werden; und
durch Satan diejenige Hoͤlle, welche vorwaͤrts
iſt, und wo ſich die befinden, die nicht ſo bos-
haftig ſind, und boͤſe Geiſter genennet wer-
den; und durch Lucifer werden diejenigen
verſtanden, welche aus Babel oder Babylon
ſind, welches naͤmlich die ſind, deren Herrſch-
ſucht ſich bis in den Himmel erſtrecket. Daß
kein gewiſſer Teufel vorhanden ſey, dem die
Hoͤllen unterworfen waͤren, erhellet auch dar-
aus, daß alle, die ſich in den Hoͤllen, gleich-
wie auch alle, die ſich in den Himmeln befin-
den, aus dem menſchlichen Geſchlechte ſind,
man leſe Num. 311 - 317, und daß vom
An-
[12]Von der Hoͤlle.
Anfang der Schoͤpfung an, bis auf dieſe
Zeit, viele Millionen Millionen in den Hoͤl-
len ſind, und daß ein jeder von ihnen ein ſol-
cher Teufel iſt, wie er ſich in der Welt dem
Goͤttlichen widerſetzet hatte; hiervon leſe
man oben Num. 311 und 312.


Daß der Herr keinen einzigen in
die Hoͤlle werfe, ſondern daß lediglich
der Geiſt ſich ſelber hineinſtuͤrze.


545. Einige ſind ſtark der Meinung gewe-
ſen, daß Gott ſein Angeſicht von dem Men-
ſchen abwende, ihn von Sich verſtoſſe, und
in die Hoͤlle werfe, und daß Er zornig auf
ihn ſey wegen des Boͤſen; einige gehen in ih-
rer Meinung noch weiter, daß Gott den Men-
ſchen ſtrafe, und ihm Boͤſes thue; in dieſer
Meinung beſtaͤrken ſie ſich aus dem buchſtaͤb-
lichen Sinn des Worts, wo dergleichen
Ausdruͤcke vorkommen, indem ſie gar nicht
wiſſen, daß der geiſtliche Sinn des Worts,
der eben den Sinn des Buchſtabens erklaͤret,
ganz anders iſt, und daß daher die aͤchte Lehre
der Kirche, welche aus dem geiſtlichen Sinn
des Worts genommen iſt, etwas anders leh-
ret; daß naͤmlich Gott ſein Angeſicht nim-
mermehr von dem Menſchen abwende, noch
ihn von Sich ſtoſſe, und daß Er keinen ein-
zigen
[13]Von der Hoͤlle.
zigen in die Hoͤlle werfe, noch viel weniger zor-
nig ſey. Dieſes wird auch ein jeder, deſſen
Gemuͤth erleuchtet iſt, wenn er das Wort
lieſet, blos allein daraus inne, weil Gott das
Gute ſelber, die Liebe ſelber, und die Barmher-
zigkeit ſelber iſt; und daß das Gute ſelber kei-
nem einzigen etwas Boͤſes thun kann, und die
Liebe ſelber und die Barmherzigkeit ſelber kei-
nen Menſchen von ſich ſtoſſen kann, weil es
ſchnurſtracks wider das Weſen der Barmher-
zigkeit und der Liebe, und alſo wider das
Goͤttliche ſelber iſt; derowegen werden die-
jenigen, welche aus einem erleuchteten Gemuͤ-
the denken, wenn ſie das Wort leſen, klar
und deutlich inne, daß ſich Gott nimmermehr
von dem Menſchen abwendet, und weil Er
ſich nicht von ihm abwendet, Er aus dem Gu-
ten, aus der Liebe und Barmherzigkeit mit
ihm handelt, das iſt, daß Er es mit ihm gut
meinet, daß Er ihn liebet, und daß Er ſich
ſeiner erbarmet. Hieraus ſehen ſie auch, daß
unter dem buchſtaͤblichen Sinn des Worts,
in welchem die obgedachten Ausdruͤcke vor-
kommen, ein geiſtlicher Sinn verborgen
liege, und nach dieſem Sinn muß dasjenige
ausgelegt werden, was in dem buchſtaͤblichen
Sinn dergeſtalt ausgedruͤckt worden iſt, daß
es der Faßlichkeit des Menſchen angemeſſen,
und ſeinen erſten und gemeinen Begriffen ge-
maͤß ſey.


546. Die-
[14]Von der Hoͤlle.

546. Diejenigen, welche erleuchtet ſind,
ſehen ferner, daß das Gute und Boͤſe zwey
einander entgegenſtehende Dinge ſind, und
daß ſie dermaſſen einander entgegenſtehen, als
wie Himmel und Hoͤlle, und daß alles Gute
aus dem Himmel iſt, alles Boͤſe aber aus der
Hoͤlle; und daß, weil das Goͤttliche des
Herrn den Himmel ausmacht, wie Num.
7-12. zu leſen iſt, vom Herrn nichts, als
Gutes in den Menſchen einfließt, von der
Hoͤlle aber nichts, als Boͤſes; und daß auf
ſolche Art der Herr den Menſchen beſtaͤndig
vom Boͤſen abziehet, und zum Guten fuͤhret,
daß aber die Hoͤlle den Menſchen beſtaͤndig
zum Boͤſen verleitet: wenn der Menſch nicht
zwiſchen beyden waͤre, ſo wuͤrde er kein Den-
ken, und kein Wollen, vielweniger einige
Freyheit, noch einige Wahl haben; denn al-
les dieſes hat der Menſch von dem Gleichge-
wicht zwiſchen dem Guten und Boͤſen: wenn
ſich nun der Herr abwenden wuͤrde, und der
Menſch dem Boͤſen lediglich und allein uͤber-
laſſen waͤre, ſo wuͤrde er nicht mehr Menſch
ſeyn. Hieraus erhellet, daß der Herr mit
ſeinem Guten bey einem jeden Menſchen, bey
dem boͤſen ſowohl, als bey dem guten ein-
fließt, aber mit dem Unterſchied, daß Er ei-
nen boͤſen Menſchen beſtaͤndig vom Boͤſen ab-
ziehet, und einen guten Menſchen beſtaͤndig
zum Guten fuͤhret; und daß die Urſache die-
ſes Unterſchiedes an dem Menſchen liegt,
weil
[15]Von der Hoͤlle.
weil er entweder das Boͤſe oder das Gute er-
greift.


547. Hieraus kann nun offenbar ſeyn,
daß der Menſch das Boͤſe aus Antrieb der
Hoͤlle, und das Gute aus Antrieb des Herrn
thue; allein, weil der Menſch glaubt,
daß er alles, was er thut, aus ſich ſelber
thate, ſo klebt ihm dahero das Boͤſe,
das er thut, ſo an, als ſey es ſein ſelbſt-
eigenes;
daher kommt es nun, daß der
Menſch Urfach an ſeinem Boͤſen iſt, keines-
wegs aber der Herr: das Boͤſe bey dem
Menſchen iſt des Menſchen ſeine Hoͤlle,

denn ob man ſage, das Boͤſe oder die Hoͤlle,
das iſt einerley: weil nun der Menſch Urſach
an ſeinem Boͤſen iſt, ſo fuͤhret er ſich auch ſel-
ber in die Hoͤlle, und nicht der Herr, ja, das
ſey ferne, daß der Herr einen Menſchen in
die Hoͤlle fuͤhren ſollte, vielmehr ſuchet Er
den Menſchen von der Hoͤlle zu befreyen, in
ſo ferne der Menſch nicht in ſeinem Boͤſen
ſeyn will, und es nicht liebet; aller Wille
und alle Liebe des Menſchen bleibt ihm nach
dem Tod, wie Num. 470-484. zu leſen iſt,
wer in der Welt das Boͤſe will und liebt, der
will und liebt das nemliche Boͤſe auch im an-
dern Leben, alsdenn laͤßt er ſich nicht mehr
davon abbringen; daher kommt es, daß ein
boͤſer Menſch an die Hoͤlle gebunden, und
auch wuͤrklich ſeinem Geiſte nach in der Hoͤl-
le
[16]Von der Hoͤlle.
le iſt, und nach dem Tod nichts mehr begeh-
ret, als da zu ſeyn, wo ſein Boͤſes iſt:
weswegen der Menſch nach dem Tod ſich ſel-
ber in die Hoͤlle ſtuͤrzet, und keineswegs vom
Herrn hineingeworfen wird.


548. Wie dieſes geſchiehet, ſoll nun auch
geſagt werden; wenn der Menſch ins andere
Leben eingeht, ſo wird er zuerſt von den En-
geln aufgenommen, die ihm alle Dienſte lei-
ſten und auch mit ihm vom Herrn, vom Him-
mel, und vom engliſchen Leben reden, und
ihn im Wahren und Guten unterrichten:
wenn aber der Menſch der ſodann ein Geiſt
iſt, ſo beſchaffen iſt, daß er in der Welt der-
gleichen Dinge zwar gewußt, im Herzen aber
gelaͤugnet, oder verachtet hatte, ſo begehret er
nach einer kurzen Unterredung von den En-
geln hinweg, und ſuchet auch wegzugehen;
ſobald die Engel dieſes inne werden, ſo laſſen
ſie ihn gehen; nachdem er nun wieder mit an-
dern eine Weile vergeſellſchaftet geweſen, ſo
geſellet er ſich endlich zu denen, welche eben
ſo Boͤſe ſind, wie er, man leſe oben Num.
445-452; ſobald dieſes geſchieht, ſo wen-
det er ſich vom Herrn ab, und kehret das An-
geſicht zur Hoͤlle, mit welcher er ſchon in der
Welt war verbunden geweſen, und wo ſich
diejenigen befinden, die in gleicher Liebe zum
Boͤſen ſind. Hieraus erhellet, daß der Herr
durch die Engel, und auch durch den Einfluß
aus dem Himmel, einen jeden Geiſt von der
Hoͤlle
[17]Von der Hoͤlle.
Hoͤlle ab, und zu Sich fuͤhret, daß aber die-
jenigen Geiſter, welche im Boͤſen ſind, gaͤnz-
lich widerſtreben, und ſich vom Herrn gleich-
ſam losreiſſen, und von ihrem Boͤſen, und
alſo von der Hoͤlle wie von einem Strick ge-
zogen werden, und weil ſie ſo gezogen wer-
den, und aus Liebe zum Boͤſen gerne nachfol-
gen wollen, ſo iſt offenbar, daß ſie ſich frey-
willig in die Hoͤlle ſtuͤrzen. Daß ſichs ſo ver-
halte, kann man in der Welt nicht glauben,
das kommt aber von der Einbildung her, die
man ſich von der Hoͤlle machet; ja, es ſcheint
auch im andern Leben vor den Augen derer,
die auſſer der Hoͤlle ſind, nicht anders, als
wuͤrden ſolche hineingeſtuͤrzt, denen aber, die
ſich hinein ſtuͤrzen, ſcheint es nicht ſo; denn
ſie gehen von ſich ſelber hinein, und diejeni-
gen, welche aus bruͤnſtiger Liebe zum Boͤſen
hineingehen, ſehen aus, als wuͤrden ſie mit
dem Kopf abwaͤrts und mit den Fuͤſſen auf-
waͤrts hinein geworfen; aus dieſem Anſchein
kommt es, daß es ſcheinet, als ob ſie von der
goͤttlichen Gewalt in die Hoͤlle geworfen wuͤr-
den; hiervon wird man unten in der 574
Nummer ein mehreres leſen. Hieraus kann
nun erſehen werden, daß der Herr keinen
einzigen in die Hoͤlle ſtuͤrze, ſondern ein jeder
ſich ſelber, nicht allein, wenn er in der Welt
lebt, ſondern auch nach dem Tod, wenn er
unter die Geiſter kommt.


Sw. Sch.II.Th. b549. Das
[18]Von der Hoͤlle.

549. Daß der Herr, vermoͤge ſeines goͤtt-
lichen Weſens, welches das Gute, die Liebe,
und die Barmherzigkeit iſt, mit einem Men-
ſchen nicht eben ſo, wie mit dem andern han-
deln koͤnne, iſt die Urſache, weil das Boͤſe
und das daher ruͤhrende Falſche im Weg ſteht,
und Seinen goͤttlichen Einfluß nicht nur
ſtumpf machet, ſondern auch von ſich ſtoͤßt:
das Boͤſe und die daher ruͤhrende Falſchhei-
ten ſind wie ſchwarze Wolken, die ſich zwi-
ſchen die Sonne und das Auge des Menſchen
legen, und das klare und helle Licht wegneh-
men, indem aber bey der Sonne dennoch ein
beſtaͤndiges Beſtreben bleibt, die im Weg ſte-
hende Wolken zu zerſtreuen, denn ſie iſt hin-
ter ſolchen und wuͤrket, und laͤßt inzwiſchen
durch verſchiedene Oeffnungen rings umher
ein wenig ſchwaches Licht in das Auge des
Menſchen einfallen: in der geiſtlichen Welt
iſt es eben ſo; die Sonne allda iſt der Herr
und die goͤttliche Liebe, man leſe Num. 116-
140; das Licht daſelbſt iſt das Goͤttliche Wah-
re, Num. 126-140; die ſchwarzen Wolken
daſelbſt ſind die aus dem Boͤſen herruͤhrenden
Falſchheiten; das Auge daſelbſt iſt der Ver-
ſtand; um ſo viel einer daſelbſt in den aus
dem Boͤſen herruͤhrenden Falſchheiten iſt, in
ſo viel iſt eine ſolche Wolke um ihn herum,
die ſchwarz und dick iſt, je nachdem der Grad
des Boͤſen iſt: aus dieſer Vergleichung kann
erſehen werden, daß die Gegenwart des Herrn
bey
[19]Von der Hoͤlle.
bey einem jeden unaufhoͤrlich ſey, aber auf
verſchiedene Weiſe aufgenommen werde.


550. Die boͤſen Geiſter werden in der Gei-
ſterwelt ſehr geſtraft, damit ſie durch die Stra-
fen von Ausuͤbung des Boͤſen abgeſchreckt
werden; dieſes hat eben auch den Anſchein,
als wuͤrden ſie vom Herrn geſtraft; gleich-
wohl aber kommt gar keine Strafe von dem
Herrn, ſondern ſie kommt von dem Boͤſen
ſelber; denn das Boͤſe iſt mit ſeiner Strafe
dermaſſen verknuͤpft, daß ſie nicht von ein-
ander zu trennen ſind; denn der hoͤlliſche
Haufe begehret und liebet nichts mehr, als
Boͤſes zu thun, inſonderheit Strafen aufzu-
legen und zu peinigen, und einem jeden, der
nicht vom Herrn beſchuͤtzt wird, thun ſie
auch Boͤſes an und legen ihm Strafen auf;
derohalben, wenn aus boͤſem Herzen Boͤſes
gethan wird, ſo fallen ſodann die hoͤlliſchen
Geiſter, weil dieſes Boͤſe allen Schutz des
Herrn von ſich weg ſtoͤßt, denjenigen an, der
dieſes Boͤſe thut, und ſtrafen ihn. Dieſes
kann einigermaſſen aus den weltlichen Bos-
heiten und deren Strafen erlaͤutert werden,
weil in der Welt ſolche eben auch mit einan-
ander verknuͤpft ſind; denn die Geſetze allda
ſchreiben einer jeden Bosheit die Strafe vor,
wer dahero in eine Bosheit rennt, der rennt
auch in die Strafe der Bosheit; der Unter-
ſchied iſt blos allein dieſer, daß in der Welt
b 2das
[20]Von der Hoͤlle.
das Boͤſe kann verborgen werden, im andern
Leben aber nicht. Hieraus kann nun offen-
bar ſeyn, daß der Herr keinem einzigen Boͤ-
ſes thut; und daß es auch eben ſo iſt, wie in
der Welt, daß weder der Koͤnig noch der Rich-
ter, noch das Geſetz Urſach ſeyen, daß der
Schuldige geſtraft wird, weil ſie nicht Urſach
ſind an der Bosheit des Uebelthaͤters.


Daß alle, die in den Hoͤllen ſind,
ſich in dem von der Eigen- und Welt-
liebe herruͤhrenden Boͤſen und in den dar-
aus herfließenden Falſchheiten
befinden.


551. Alle, die in den Hoͤllen ſind, befinden
ſich in dem Boͤſen und in den daher ruͤhren-
den Falſchheiten, und es iſt daſelbſt keiner
anzutreffen, der in dem Boͤſen und zugleich
in der Wahrheit ſtuͤnde: die meiſten Boͤſen
in der Welt wiſſen die geiſtlichen Wahrhei-
ten, welche die Wahrheiten der Kirche ſind,
denn ſie haben ſolche von Kindheit auf, und
aus den Predigten und aus Leſung des Worts
gelernet, und nachgehends aus ſelbigen gere-
det; einige haben auch andern weis gemacht,
zu glauben, ſie waͤren im Herzen gute Chri-
ſten, weil ſie von den Wahrheiten mit einer
verſtellten Neigung zu reden, und auch als
wie
[21]Von der Hoͤlle.
wie aus einem geiſtlichen Glauben aufrichtig
zu handeln gewußt haben; aber diejenigen von
ihnen, welche in ſich oder innerlich wider
die Wahrheiten gedacht, und nach ihren Ge-
danken nur allein der buͤrgerlichen Geſetze we-
gen, und um des guten Namens, der Ehrenſtel-
len und der Vortheile willen ſich der Ausuͤbung
der Bosheiten enthalten haben, dieſe alle ſind
im Herzen boͤſe, und ſtehen nur dem Leibe nach,
nicht aber dem Geiſte nach in den Wahrheiten
und im Guten; wenn ihnen dahero im andern
Leben das Aeuſſerliche benommen, und das Jn-
nere, welches ihrem Geiſt zugehoͤrte, aufgedeckt
wird, ſo befinden ſie ſich im Boͤſen und Fal-
ſchen, aber in keinem Wahren und Guten;
und dann iſt offenbar, daß die Wahrheiten und
das Gute ſich nur in ihrem Gedaͤchtnis, nicht
anders, als wie wiſſenſchaftliche Dinge, aufge-
halten, und daß ſie ſelbige aus dem Gedaͤchtnis
hergenommen hatten, wenn ſie geredet, und ſich
geſtellet haben, als kaͤme ihr Gutes aus geiſtli-
cher Liebe und Glauben. Wenn nun ſolche
ihr Jnwendiges, folglich in ihr Boͤſes verſetzt
werden, ſo koͤnnen ſie alsdenn nichts Wahres
mehr reden, ſondern nur Falſches, weil ſie
aus dem Boͤſen reden, denn aus dem Boͤſen
Wahrheit reden, iſt eine Unmoͤglichkeit, weil
alsdenn der Geiſt weiter nichts, als ſein Boͤ-
ſes iſt, und das Falſche aus dem Boͤſen her-
kommt. Ein jeder boͤſer Geiſt wird in dieſen
Zuſtand gebracht, ehe er in die Hoͤlle geworfen
b 3wird,
[22]Von der Hoͤlle.
wird, man leſe oben Num. 499-512; das
heißt, in Anſehung des Wahren und Guten
abgeſtreift werden; und die Abſtreifung iſt
weiter nichts, als eine Verſetzung in das Jn-
wendige, alſo in das Eigenthuͤmliche des Gei-
ſtes, oder in den Geiſt ſelber; hiervon leſe man
auch oben Num. 425.


552. Wenn nun der Menſch nach dem Tod
von einer ſolchen Beſchaffenheit iſt, ſo iſt als-
denn der Geiſt Menſch nicht mehr ſo, wie er
in ſeinem erſten Zuſtand beſchaffen iſt, von
welchem oben Num 491-498. geredet wor-
den, ſondern er iſt wahrhaftig oder wuͤrk-
lich
ein Geiſt; denn der wuͤrkliche Geiſt hat
ein Angeſicht und einen Leib, der mit ſeinem
Jnwendigen, oder mit ſeinem Gemuͤthe uͤber-
einſtimmet, und alſo eine aͤuſſerliche Geſtalt,
die der Abdruck oder die Abbildung ſeines Jn-
wendigen iſt; ſo iſt der Geiſt beſchaffen nach
vollendeten erſten und andern Zuſtand, von
welchem oben gehandelt worden; derowegen
wird er alsdenn, wenn er mit Augen geſehen
wird, gleichſobuld erkannt, von welcher Art
er iſt, und das nicht nur aus dem Angeſicht,
ſondern auch aus dem Leib, und noch uͤber-
dieſes aus der Rede, und aus den Geberden;
und weil er alsdenn in ſich ſelber iſt, ſo kann
er ſonſt nirgends ſeyn, als da, wo ſeines Glei-
chen ſind: denn in der geiſtlichen Welt iſt ei-
ne durchgaͤngige Vergemeinſchaftung der Nei-
gungen und der daher ruͤhrenden Gedanken,
wes-
[23]Von der Hoͤlle.
weswegen der Geiſt gleichſam von ſich ſelbſt
zu ſeines Gleichen gebracht wird, weil es aus
ſeiner Neigung und der daher ruͤhrenden Luſt
geſchiehet; ja, er kehret ſich auch zu ſeines
Gleichen, denn ſo faͤngt er erſt recht an zu le-
ben, oder frey Odem zu ſchoͤpfen, nicht aber,
wenn er ſich anders wohin wendet: es iſt
zu wiſſen, daß in der geiſtlichen Welt die Ver-
gemeinſchaftung mit andern ſo geſchiehet, wie
einer das Geſicht wendet, und daß vor eines
jeden Angeſicht diejenigen beſtaͤndig ſind, wel-
che in eben einer ſolchen Liebe ſtehen, wie die
ſeinige iſt, und dieſes bey jeder Wendung des
Leibes, wie man oben Num. 151. nachleſen
kann. Daher kommt es, daß alle hoͤlliſche
Geiſter ſich ruͤckwaͤrts vom Herrn weg und
zu der Dunkelheit und Finſternis kehren, wel-
che daſelbſt ſtatt der Sonne und ſtatt des Mon-
des der Welt ſind, daß aber alle Engel des
Himmels ſich zum Herrn als zur Sonne des
Himmels und zum Mond des Himmels wen-
den, wie oben Num. 123. 143. 144. 151. zu
leſen iſt. Hieraus kann nun offenbar ſeyn,
daß alle, die in den Hoͤllen ſind, ſich in dem
Boͤſen und in den daher ruͤhrenden Falſchhei-
ten befinden, und daß ſie auch zu ihrer vieler-
ley Liebe gekehret ſind.


553. Alle Geiſter in den Hoͤllen, wenn ſie
in einigem Lichte des Himmels beſehen wer-
den, erſcheinen in der Geſtalt ihres Boͤſen,
weil ein jeder die Abbildung ſeines Boͤſen iſt,
b 4denn
[24]Von der Hoͤlle.
denn das Jnnere und Aeuſſere eines jedweden
machet Eins aus, und das Jnnere laͤßt ſich
in dem Aeuſſern, das iſt, in dem Angeſicht, an
dem Leib, an der Rede und an den Geberden
augenſcheinlich ſehen; auf ſolche Art werden
ſie beym erſten Anblick erkannt, wie ſie eigent-
lich beſchaffen ſind: uͤberhaupt ſind ſie Ge-
ſtalten der Verachtung andrer; Geſtalten
feindſeliger Minen, die ſie auf diejenigen wer-
fen, welche ihnen keine Ehre erweiſen; Ge-
ſtalten des Haſſes von mancherley Art; Ge-
ſtalten des Rache eben auch von mancherley
Art; aus ihrem Jnnern kommen Unbarm-
herzigkeiten und Graufamkeiten durch dieſe
Geſtalten zum Vorſchein; wenn aber andre
ſie loben, verehren und gleichſam anbeten, ſo
bekommt ihr Angeſicht andre Zuͤge, und ſiehet
gleichſam froͤlich aus vom Vergnuͤgen; wie
aber alle dieſe Geſtalten ausſehen, kann nicht
mit wenigem beſchrieben werden, denn es iſt
keine der andern gleich; nur zwiſchen denen,
die ſich in einerley Bosheit, und daher in ei-
nerley hoͤlliſchen Geſellſchaft befinden, iſt eine
allgemeine Aehnlichkeit, aus welcher, alswit
aus einer Ableitungs Grundlage die Angeſich-
ter aller und jeder, die in den Hoͤllen find, ei-
nige Aehnlichkeit zu haben ſcheinen: uͤber-
haupt ſind ihre Angeſichter ſo greulich und
leblos, alswie bey Todtenkoͤrpern; bey eini-
gen ſind ſie ſchwarz; bey einigen feurig, bey-
nahe wie Fackeln; bey einigen ſind ſie von
Blat-
[25]Von der Hoͤlle.
Blattern, Knoten und Geſchwuͤren ganz ab-
ſcheulich; bey den meiſten iſt gar kein Ange-
ſicht zu ſehen, ſondern ſtatt deſſelben etwas
ſtruppichtes, oder etwas beinernes, und bey ei-
nigen ſtehen nur die Zaͤhne heraus; ihre Lei-
ber ſind eben auch ungeſtalt und unfoͤrmlich;
und ihr Reden iſt wie aus Zorn, oder aus Haß
oder aber aus Rache, denn ein jeder redet aus
ſeinen Falſchheiten und toͤnet aus ſeinem Boͤ-
ſen; mit einem Wort, alle mit einander ſind
Bildniſſe ihrer Hoͤllen; was die ganze Hoͤl-
le ſelber fuͤr
eine Geſtalt hat, iſt mir nicht zu
ſehen gegeben worden; mir iſt nur geſagt wor-
den, daß, wie der ganze Himmel in einem Jn-
begriff einen einzigen Menſchen vorſtelle,
Num. 59-67., alſo ſtelle auch die ganze
Hoͤlle
in einem Jnbegriff einen einzigen Teu-
fel vor, und daß ſie auch in dem Bildniß ei-
nes einzigen Teufels koͤnne dargeſtellt wer-
den, man leſe oben Num. 544.; was aber
die einzele Hoͤllen, oder die hoͤlliſchen Geſell-
ſchaften fuͤr eine Geſtalt haben, iſt mir oͤfters
zu ſehen gegeben worden, denn bey ihren Oeff-
nungen, die man Thuͤren oder Pforten der
Hoͤlle nennet, erſcheinet meiſtentheils ein Un-
menſch, welcher die Geſtalt derer, ſo inwen-
dig ſind, uͤberhaupt vorſtellet; alsdenn wer-
den die Unmenſchlichkeiten der daſelbſt befind-
lichen auch zugleich mit vorgeſtellet durch grau-
ſame und greuliche Dinge, die ich unberuͤhrt
laſſen will. Man muß aber wiſſen, daß die
b 5hoͤlli-
[26]Von der Hoͤlle.
hoͤlliſchen Geiſter nur in dem Lichte des Him-
mels alſo ausſehen, aber unter einander ſelbſt
haben ſie den Anſchein als Menſchen, und die-
ſes aus der Barmherzigkeit des Herrn, damit
ſie unter einander nicht auch ſolche Greulich-
keiten ſeyn moͤgen, alswie ſie vor den Engeln
erſcheinen. Dieſer Anſchein aber iſt ein Blend-
werk, denn ſobald nur ein wenig Licht aus
dem Himmel in ihre Hoͤllen faͤllt, ſo verwan-
deln ſich ihre menſchliche Geſtalten in un-
menſchliche, ſo wie ſie in ſich ſelber ſind, und
von welchen weiter oben geredet worden, denn
in dem Lichte des Himmels erſcheinet alles ſo,
wie es in ſich ſelber iſt: daher kommt es auch,
daß ſie das Licht des Himmels fliehen, und ſich
in ihr gehoͤriges Licht hinabſtuͤrzen, welches
Licht ſo iſt, wie das Licht von gluͤhenden Kohlen,
und anderswo wie vom brennenden Schwe-
fel; aber auch dieſes Licht verwandelt ſich in
lauter Finſternis, ſobald aus dem Himmel ein
wenig Licht dahin einflieſſet; daher kommt es,
daß es heißt, die Hoͤllen ſeyen in der Dun-
kelheit und Finſternis; und daß die Dunkel-
heit u. Finſternis die aus dem Boͤſen herruͤh-
rende Falſchheiten andeuten, dergleichen in
der Hoͤlle ſind.


554. Aus den von mir betrachteten un-
menſchlichen Geſtalten der Gerſter in den Hoͤl-
len, welche Geſtalten alle mit einander, wie
geſagt, Geſtalten der Verachtung andrer, Ge-
ſtalten feindſeliger Minen, die ſie auf ſolche
wer-
[27]Von der Hoͤlle.
werfen, von denen ſie nicht geehret noch ge-
ſchaͤtzet werden, wie auch Geſtalten des Haſ-
ſes und der Rachbegierde ſind, die ſie gegen
diejenigen hegen, welche ihnen keine Gunſt er-
wieſen, wurde mir klar, daß alle uͤberhaupt
Geſtalten der Eigenliebe und Weltliebe wa-
ren; und daß die Bosheiten, deren beſondre
Geſtalten ſie ſind, aus dieſer zweyerley Liebe
ihren Urſprung haben: es iſt mir auch aus
dem Himmel geſagt, und ich bin auch durch
vielfaͤltige Erfahrung uͤberzeugt worden, daß
dieſe zwey Arten der Liebe, naͤmlich die Eigen-
liebe und die Liebe zur Welt, in den Hoͤllen
herrſchen, und auch die Hoͤllen ausmachen;
und daß die Liebe zum Herrn und die Liebe
gegen den Naͤchſten in den Himmeln regieren,
und auch die Himmel ausmachen: wie auch,
daß jene zweyerley Liebe, ſo die zweyerley Lie-
be der Hoͤlle iſt, und die ſe zweyfache Liebe, ſo
die zweyfache Liebe des Himmels iſt, einander
ſchnurſtracks entgegenſtehen und zuwider ſind.


555. Anfangs verwunderte ich mich, wo-
her es komme, daß die Eigenliebe und die Lie-
be zur Welt ſo teufliſch, und daß diejenigen,
welche in dieſer zweyerley Liebe ſtehen, ſolche
Unmenſchen oder Ungeheuer im Anblicke ſind,
weil man in der Welt die Eigenliebe wenig
oder gar nicht in Erwegung ziehet, ſondern
nur die Erhebung des Gemuͤths im Aeuſſerli-
chen, oder den ſogenannten Hochmuth, der,
weil er in die Augen faͤllt, lediglich fuͤr die
Eigen-
[28]Von der Hoͤlle.
Eigenliebe gehalten wird; und uͤber dieſes
glaubt man in der Welt, die Eigenliebe, die
ſich nicht ſo ſehr bruͤſtet, waͤre ein Lebens
Feuer, von welchem der Menſch aufgemun-
tert wuͤrde, ſich um Aemter zu beſtreben, und
Nutzen zu ſchaffen, wofern nun der Menſch
nicht Ehre und Ruhm dabey ſehen ſollte, ſo
wuͤrde er den Muth ſinken laſſen; man ſpricht:
hat wohl einer etwas wichtiges, nuͤtzliches und
denkwuͤrdiges aus einer andern Abſicht ge-
than, als aus einer ſolchen, damit er von an-
dern, oder in den Gemuͤthern andrer Leute ge-
ruͤhmt und geehret werde? und woher kaͤme
dieſes, wenn es nicht aus der fuͤr den Ruhm
und fuͤr die Ehre, und folglich fuͤr die Selbſt-
heit eingenommenen Eigenliebe an ſich betrach-
tet, eine ſolche Liebe iſt, die in der Hoͤlle herr-
ſchet, und die Hoͤlle des Menſchen ausmacht.
Weil nun die Sache ſich ſo verhaͤlt, ſo will
ich zuerſt beſchreiben, was die Eigenliebe ſey,
und hernach, daß dieſe Liebe die Quelle aller
Bosheiten und der daher ruͤhrenden Falſch-
heiten ſey.


556. Die Eigenliebe iſt: ſich ganz allein
wohl wollen, und andern ſonſt nicht, als nur
um ſeinetwillen, auch nicht einmal der Kir-
che, dem Vaterland, oder einiger menſchlichen
Geſellſchaft; wie auch ihnen Gutes thun blos
allein um ſeines eignen Namens, Ehre und
Ruhms willen, und wofern einer bey dem
Nu-
[29]Von der Hoͤlle.
Nutzen, den er ihnen leiſtet, dieſe Dinge nicht
ſiehet, ſodann in ſeinem Herzen ſpricht: was
liegt daran, warum ſollſt du das thun, und
was hab ich davon? und es alſo unterlaͤßt:
hieraus erhellet, daß der, ſo in der Eigenliebe
iſt, weder die Kirche, noch das Vaterland,
noch eine Geſellſchaft, noch einige Nutzſtif-
tung liebet, ſondern blos allein ſich ſelber:
ſein Vergnuͤgen iſt nur das Vergnuͤgen der
Eigenliebe, und weil das Vergnuͤgen, welches
aus der Liebe kommt, das Leben des Menſchen
ausmacht, ſo iſt dahero ſein Leben ein Leben
um ſein ſelbſt willen, und das Leben um ſein
ſelbſt willen iſt ein Leben aus der Eigenheit
des Menſchen, und das Eigene des Menſchen
iſt weiter nichts, als Boͤſes. Wer ſich lie-
bet, der liebet auch die Seinigen, welche in-
ſonderheit ſeine Kinder und Enkel ſind, und
uͤberhaupt alle, die mit ihm Eins ausmachen,
und die er ſeine Angehoͤrigen nennet; dieſe
und jene lieben, heißt auch, ſich ſelbſt lieben,
denner erblickt ſie gleichſam in ſich, und ſich
in ihnen; unter denen, welche er ſeine An-
gehoͤrigen nennet, ſind auch alle diejenigen mit
begriffen, die ihn loben, ehren und gleichſam
anbeten.


557. Wie die Eigenliebe beſchaffen iſt,
kann aus Vergleichung derſelben mit der himm-
liſchen Liebe erhellen; die himmliſche Liebe be-
ſtehet darinnen: den Nutzen oder das Gute,
ſo
[30]Von der Hoͤlle.
ſo man der Kirche, dem Vaterland, der menſch-
lichen Geſellſchaft und dem Mitbuͤrger leiſtet,
um des Nutzens willen, oder um des Gu-
ten willen lieben,
denn dieſes heißt, Gott
und den Naͤchſten lieben, weil alle Nutzbar-
keiten und alles Gute von Gott kommen, und
auch der Naͤchſte ſind, den man lieben muß:
hingegen, wer dieſe Nutzſtiftungen und dieſes
Gute nur um ſein ſelbſt willen liebet, der lie-
bet ſolche nicht anders, als Dienſtbarkeiten,
weil ſie ihm dienen; daraus folget, das der,
ſo in der Eigenliebe iſt, nur will, daß die Kir-
che, das Vaterland, die menſchliche Geſell-
ſchaften und die Mitbuͤrger ihm dienen ſollen,
er aber nicht ihnen; er ziehet ſich ihnen vor,
und ſie ſetzet er hinten an: daher kommt es,
daß, um ſo viel einer in der Eigenliebe iſt, er
ſich um ſo viel vom Himmel entfernt, weil
er von der himmliſchen Liebe entfernt iſt.


Ferner, um ſo viel einer in der himmliſchen
Liebe iſt, die darinnen beſteht, die Nutzſtiftun-
gen und das Gute lieben, und eine herzliche
Freude haben, wenn man um der Kirche, des
Vaterlands, der menſchlichen Geſellſchaft
und des Mitbuͤrgers willen Nutzen und Gu-
tes leiſtet, um ſo viel wird er vom Herrn ge-
fuͤhret, weil dieſe Liebe es eben iſt, in wel-
cher der Herr ſelbſt iſt, und welche von Jhm
kommt: hingegen, um ſo viel einer in der
Eigenliebe iſt, welche Liebe darinnen beſteht,
nur
[31]Von der Hoͤlle.
nur um ſein ſelbſt willen Nutzen und Gutes
leiſten, in ſo viel fuͤhret er ſich ſelber, und um
ſo viel er ſich ſelber fuͤhret, in ſo viel wird er
nicht vom Herrn gefuͤhrt; daraus folgt auch,
daß um ſo viel einer ſich ſelbſt liebet, er ſich
in ſo viel von dem Goͤttlichen, und alſo auch
vom Himmel entfernet. Sich ſelber fuͤhren,
heißt: ſich von der Eigenheit fuͤhren laſſen,
und das Eigene des Menſchen iſt weiter nichts,
als Boͤſes; denn das Eigene iſt ſein ererbtes
Boͤſe, welches darinnen beſteht, ſich mehr lie-
ben, als Gott, und die Welt lieber haben, als
den Himmel. Der Menſch verfaͤllt ſo oft in
ſeine Eigenheit, und alſo in ſein ererbtes Boͤ-
ſe, ſo oft er in dem Guten, das er thut, ſich
ſelber erblickt, denn er ſiehet von dem Guten
weg und auf ſich ſelber, aber nicht von ſich
weg und auf das Gute, weswegen er in dem
Guten ſein ſelbſteigenes Bild darſtellet und
blicken laͤßt, aber nichts vom Ebenbild des
Goͤttlichen: daß dem ſo ſey, bin ich auch
durch die Erfahrung beſtaͤrket worden; es
giebt boͤſe Geiſter, deren Wohnungen in der
mittlern Gegend ſind zwiſchen Mitternacht
und Abend unter den Himmeln, und die die
Kunſt wiſſen, die guten Geiſter in ihre Eigen-
heit, und alſo in das Boͤſe von allerley Art zu
verſetzen, welches ſie dadurch bewerkſtelligen,
daß ſie die guten Geiſter entweder durch of-
fenbare Lobeserhebungen und Ehrenbezeugun-
gen, oder durch heimliche Beſtimmung oder
Rich-
[32]Von der Hoͤlle.
Richtung ihrer Neigungen auf ſich ſelber, da-
hin bringen, ſich lediglich in den Gedanken
zu haben, und um ſo viel ſie dieſes zuwege
bringen, um ſo viel wenden ſie die Angeſich-
ter der guten Geiſter von dem Himmel ab, und
in ſo viel verfinſtern ſie auch ihren Verſtand,
und locken aus ihrer Eigenheit das Boͤſe her-
aus.


558. Daß die Eigenliebe der Liebe gegen
den Naͤchſten entgegen ſtehe, kann man aus
dem Urſprung und Weſen dieſer beyderley
Liebe ſehen; die Liebe des Naͤchſten eines ſol-
chen, der in der Eigenliebe iſt, faͤngt bey
ſich ſelber an, denn er ſpricht, ein jeder ſey
ſich ſelber der Naͤchſte, und von ihm, als
wie von dem Mittelpunkt aus, gehet ſie auf
alle diejenigen, welche mit ihm ein Einziges
ausmachen, und verringert ſich, je nachdem
ſolche durch einen geringern Grad der Liebe
mit ihm verbunden ſind, diejenigen aber, wel-
che auſſer dieſer geſellſchaftlichen Verbindung
ſind, werden fuͤr gar nichts geachtet, und
die, ſo wider jene, und wider ihre Boshei-
ten ſind, fuͤr Feinde gehalten, ſie moͤgen ſeyn,
wer ſie wollen, ſie moͤgen nun Weiſe oder
Rechtſchaffene, Aufrichtige oder Gerechte ſeyn.
Aber die geiſtliche Liebe gegen den Naͤchſten
faͤngt vom Herrn an, und gehet von Jhm,
als von dem Mittelpunkt aus, auf alle, die
durch die Liebe und den Glauben mit Jhm
verbunden ſind, und zwar gehet ſie nach Be-
ſchaf-
[33]Von der Hoͤlle.
ſchaffenheit ihrer Liebe und ihres Glaubens.
Hieraus erhellet, daß die Liebe des Naͤchſten,
die bey dem Menſchen anfaͤngt, der Liebe
gegen den Naͤchſten, die vom Herrn anfaͤngt,
entgegen ſtehe, und daß jene von dem Boͤ-
ſen herkomme, weil ſie aus dem Eigenen des
Menſchen iſt, dieſe hingegen von dem Gu-
ten herruͤhre, weil ſie vom Herrn kommt,
Der das Gute ſelber iſt: es iſt auch offen-
bar, daß die Liebe des Naͤchſten, welche von
dem Menſchen und von ſeiner Eigenheit her-
kommt, leiblich ſey, hingegen die Liebe gegen
den Naͤchſten, die vom Herrn herkommt,
himmliſch ſey. Mit einem Wort, die Ei-
genliebe machet bey dem Menſchen, in wel-
chem ſie iſt, das Haupt aus; und die himm-
liſche Liebe, auf welcher er ſtehet, machet
ſeine Fuͤſſe aus, und wenn ſie ihm nicht die-
net, ſo tritt er ſie mit Fuͤſſen; daher kommt
es, daß ſichs anſehen laͤßt, als wuͤrden die,
ſo in die Hoͤlle hinab geworfen werden, ruͤck-
lings mit dem Kopf abwaͤrts auf die Hoͤlle
zu, und mit den Fuͤſſen aufwaͤrts gen Him-
mel zu hinunter geſtuͤrzt, man leſe oben
Num. 548.


559. Die Eigenliebe iſt auch von der Be-
ſchaffenheit, daß, um ſo viel man ihr den
Zuͤgel ſchießen laͤßt, das iſt, ſo viel die aͤuſ-
ſerlichen Bande entfernt werden, die da ſind
die vielerley Furcht vor dem Geſetz und deſ-
Sw. Sch.II.Th. cſen
[34]Von der Hoͤlle.
ſen Strafen, und vor dem Verluſt des gu-
ten Namens, der Ehre, des Gewinnſtes, des
Amts und des Lebens, in ſo viel reißt ſie um
ſich, bis daß ſie endlich nicht nur uͤber den
ganzen Erdkreis, ſondern auch uͤber den gan-
zen Himmel, und uͤber das Goͤttliche ſelbſt
herrſchen will, kurz, ſie hat nirgends keine
Grenzen oder ein Ende; dieſes liegt in einem
jeden verborgen, der in der Eigenliebe ſtehet,
ob es gleich vor der Welt, wo die gedachten
Bande ihn zuruͤck halten, nicht offenbar iſt.
Daß dem alſo ſey, ſiehet jedermann an den
Maͤchtigen und Koͤnigen, welche in keinen ſol-
chen Zaͤumen und Banden ſind, wie ſie um ſich
reiſſen, Laͤnder und Koͤnigreiche unter das
Joch bringen, ſo weit es ihnen gelingt, und
nach Gewalt und Herrlichkeit uͤber die Maa-
ſen ſtreben: daß ſichs mit der Eigenliebe ſo
verhalte, iſt noch klaͤrer an dem heutigen Ba-
bal zu ſehen, wie deſſen Herrſchſucht ſich bis
in den Himmel erſtreckt, und wie es alle goͤtt-
liche Gewalt des Herrn an ſich geriſſen hat,
und beſtaͤndig weiter um ſich greiffen will.
Daß ſolche, wenn ſie nach dem Tod ins an-
dre Leben kommen, gaͤnzlich wider das Goͤtt-
liche
und wider den Himmel, fuͤr die Hoͤlle
aber eingenommen ſeyn, leſe man in der Ab-
handlung: vom letzten Gericht und dem
zerſtoͤrten Babel.


560.
[35]Von der Hoͤlle.

560. Man ſtelle ſich einmal eine Geſell-
ſchaft von ſolchen Leuten vor, welche alle nur
ſich allein lieben, andre aber weiter nicht,
als in ſo ferne ſie mit ihnen Eins ausmachen,
und man wird ſehen, daß ihre Liebe keine
andre ſey, alswie die Liebe der Straßenraͤu-
ber unter einander, welche, in ſo ferne ſie
gemeinſchaftlich handeln, einander kuͤſſen,
und einander Freunde nennen, in ſo fern
ſie aber nicht gemeinſchaftlich handeln, und
ſich nicht mehr regieren laſſen, einander an-
fallen und ermorden: wenn man ihr Jnne-
res oder ihr Gemuͤth pruͤfet, ſo wird man
ſehen, daß ſie voll von feindlichen Haſſes
ſind, einer wider den andern, und daß ſie
im Herzen uͤber alle Gerechtigkeit und Auf-
richtigkeit lachen, und auch uͤber das Goͤtt-
liche,
welches ſie wie nichts verwerfen; die-
ſes kann noch beſſer erſehen werden aus ih-
ren Geſellſchaften in den Hoͤllen, von wel-
chen weiter unten geredet werden ſoll.


561. Die innern Gedanken und Neigun-
gen derer, die ſich uͤber alles lieben, ſind zu
ſich ſelber und zu der Welt gekehrt, und alſo
vom Herrn und vom Himmel abgewendet;
daher kommt es, daß ſie mit allerley Boshei-
ten beſeſſen ſind, und daß bey ihnen das Goͤtt-
liche nicht einflieſſen kann, weil es den Au-
genblick, als es einfließt, in die Gedanken
der Selbſtheit verſenkt, und damit verun-
c 2rei-
[36]Von der Hoͤlle.
reiniget, und auch mit dem aus ihrer Eigen-
heit herruͤhrenden Boͤſen vermiſcht wird:
daher kommt es, daß dieſe alle im andern
Leben ruͤckwaͤrts vom Herrn weg, und gegen
die Finſternis ſchauen, die daſelbſt ſtatt der
Sonne der Welt iſt, und der Sonne des
Himmels, welche der Herr iſt, ſchnurſtracks
entgegen ſtehet, man leſe oben Num. 123:
die Finſternis bedeutet auch das Boͤſe, und
die Sonne der Welt bedeutet die Eigenliebe.


562. Die Bosheiten, ſo bey denen be-
findlich ſind, welche in der Eigenliebe ſtehen,
ſind uͤberhaupt Verachtung andrer, Neid,
Feindſchaft gegen alle, die ihnen nicht guͤn-
ſtig ſind, und die daher ruͤhrende Todfeind-
ſeligkeit, Haß von allerley Art, Rachſucht,
Liſt, Betrug, Unbarmherzigkeit und Grau-
ſamkeit; und in Anſehung der Religion, iſt
bey ihnen nicht nur eine Verachtung des
Goͤttlichen und der goͤttlichen Dinge, die
das Wahre und Gute der Kirche ſind, ſon-
dern auch eine Verbitteruug gegen dieſelben,
die ſich auch in Haß verwandelt, wenn der
Menſch ein Geiſt wird, und alsdenn mag
er nicht allein gar nichts von ihnen hoͤren,
ſondern er brennet auch vor Haß gegen alle
diejenigen, welche das Goͤttliche erkennen
und anbeten. Jch habe mit einem gewiſſen
geredt, der in der Welt maͤchtig gewefen war,
und ſich ſelbſt im hoͤchſten Grad geliebet hat-
te,
[37]Von der Hoͤlle.
te, derſelbe, wenn er nur das Goͤttliche
nennen hoͤrete, und vornehmlich, wenn er
den Herrn nennen hoͤrete, wurde von dem
aus dem Zorn herruͤhrenden Haß dermaſen
aufgebracht, daß er vor Begierde brannte,
Jhn zu toͤdten; er begehrte auch, wenn ſei-
ner Liebe die Zuͤgel nachgelaſſen wurden, der
Teufel ſelber zu ſeyn, damit er aus der Eigen-
liebe den Himmel beſtaͤndig anfechten koͤnn-
te: dieſes begehren auch viele, die aus dem
Pabſtthum ſind, wenn ſie im andern Leben
inne werden, daß der Herr alle Gewalt habe,
und ſie gar keine.


563. Jn der Abend-Gegend gegen die Mit-
tags-Gegend zu erſchienen mir etliche Geiſter,
die ſagten, ſie haͤtten in der Welt in groſſer
Wuͤrde geſtanden und verdieneten, andern vor-
gezogen zu werden, und uͤber ſie zu herrſchen;
dieſe wurden von den Engeln gepruͤft, wie ſie
innerlich beſchaffen waͤren, und es kam her-
aus, daß ſie bey ihren Amtsverrichtungen in
der Welt nicht auf die Nutzſtiftungen, ſon-
dern auf ſich ſelber geſehen, ſich alſo den Nutz-
ſtiftungen vorgezogen hatten; weil ſie aber
darnach trachteten und heftig darauf beſtun-
den, Vorgeſetzte zu werden, ſo wurde ihnen
auch verſtattet, denen, die ſich uͤber Sachen
von hoher Ausfuͤhrung berathſchlagten, bey-
zuwohnen; allein, man wurde gewahr, daß ſie
gar im geringſten nicht auf die Ausfuͤhrun-
c 3gen
[38]Von der Hoͤlle.
gen worauf es eben ankam, Achtung geben,
noch die Sachen innerlich in ſich anſehen konn-
ten, und daß ſie nicht aus dem Nutzen der Sa-
che, ſondern aus dem Eigennutz redeten, daß
ſie auch aus Gutduͤnken nach Gunſt handeln
wollten, weswegen ſie aus dieſer Amtsſtelle
gejagt, und verlaſſen wurden, damit ſie an-
derswo Dienſte ſuchen moͤchten; ſie giengen
demnach weiter in die Abend Gegend hinein,
wo ſie hie und da aufgenommen wurden, aber
uͤberall wurde ihnen geſagt, ſie waͤren ſolche,
die weiter nichts, als ſich ſelber in Gedanken
haͤtten, und auf eine Sache ſonſt nicht, als
aus Eigennutz bedacht waͤren, ſie waͤren alſo
dumm, und nur wie ſinnlich leibliche Geiſter;
derohalben wurden ſie allerwegen, wo ſie nur
hinkamen, wieder abgewieſen: nach einiger
Zeit ſahe ich, daß ſie an den Bettelſtab gera-
then waren, und Almoſen ſuchten. Hieraus
wurde mir auch klar, daß, obgleich diejenigen,
welche in der Eigenliebe ſind, in der Welt aus
dem Feuer ihrer Liebe wie weislich zu reden
ſcheinen, ſolches dennoch nur aus dem Ge-
daͤchtnis und aus keinem Vernunftlicht her-
kommt; weswegen ſie im andern Leben, wo
die in dem natuͤrlichen Gedaͤchtnis befindli-
chen Dinge nicht mehr hervorgebracht wer-
den duͤrfen, duͤmmer ſind, als andre, und das
aus der Urſache, weil ſie vom Goͤttlichen
getrennt ſind.


564.
[39]Von der Hoͤlle.

564. Es giebt zweyerley Arten der Herrſch-
begierde, die eine iſt die Herrſchbegierde der
Liebe gegen den Naͤchſten, die andere iſt die
Herrſchſucht der Eigenliebe; die zwey Arten
der Herrſchbegierde ſind in ihrem Weſen ein-
ander gaͤnzlich entgegen: wer aus Liebe ge-
gen den Naͤchſten herrſchet, der will allen und
jeden wohl, und liebet nichts mehr als die
Nutzſtiftungen, und alſo andern zu dienen,
(andern dienen, dadurch verſtehe ich, andern
wohl wollen und Nutzen ſchaffen, es ſey gleich
der Kirche, oder dem Vaterland, oder der Ge-
ſellſchaft, oder dem Mitbuͤrger) das iſt ſeine
Liebe und ſeines Herzens Luſt: um ſo viel ein
ſolcher zu Ehrenſtellen uͤber andre erhoben wird,
in ſo viel erfreuet er ſich auch, aber nicht we-
gen der Ehrenſtellen, ſondern wegen der Nutz-
barkeiten, die er alsdenn in groͤſſerer Menge
und in hoͤherem Grad leiſten kann; ſo iſt die
Herrſchbegierde in den Himmeln beſchaffen:
hingegen, wer aus der Eigenliebe herrſchet, der
will keinem einzigen wohl, ſondern nur ſich
allein; bey den Nutzbarkeiten, die er ſchaffet,
iſt es ihm um ſeine ſelbſteigene Ehre und
Ruhm zu thun, Ehre und Ruhm ſind bey ihm
lediglich die Nutzleiſtungen: dienet er ja an-
dern, ſo geſchiehts bey ihm nur aus der Abſicht,
damit man ihm wieder diene und Ehre erwei-
ſen, und er herrſchen moͤge; er beſtrebet ſich
um Ehrenſtellen nicht um des Guten willen,
das dem Vaterland und der Kirche zu leiſten
c 4iſt,
[40]Von der Hoͤlle.
iſt, ſondern darum, damit er in Hoheit und
Herrlichkeit ſeyn, und von daher ſeines Her-
zens Luſt haben moͤge. Die Liebe zu herr-
ſchen bleibt auch einem jeden alsdenn noch,
wenn ſein Leben in der Welt ein Ende hat;
denen aber, welche aus Liebe gegen den Naͤch-
ſten geberrſchet haben, wird zwar auch in den
Himmeln eine Herrſchaft anvertraut, aber als-
denn herrſchen ſie keinesweges, ſondern die
Nutzſtiftungen, die von ihnen geliebet werden,
und wenn die Nutzſtiftungen herrſchen, ſo
herrſchet der Herr: diejenigen hingegen, wel-
che in der Welt aus der Eigenliebe geherrſchet
haben, befinden ſich, wenn ihr Leben in der
Welt ein Ende hat, in der Hoͤlle, und ſind all-
da veraͤchtliche leibeigene Sclaven: ich habe
geſehen, daß welche, die in der Welt maͤchtig
geweſen waren, und aus der Eigenliebe geherr-
ſchet hatten, unter die allerſchlechteſten gewor-
fen wurden, und einige unter diejenigen, wel-
che ſich in den heimlichen Gemaͤchern der Hoͤl-
le aufhalten.


565. Was aber die Welt-Liebe anbetrift,
ſo ſtehet dieſe Liebe der himmliſchen Liebe nicht
in einem ſolchen Grad entgegen, weil nicht ſo
groſſe Bosheiten in ihr verborgen ſind. Die
Welt-Liebe beſtehet darinnen: wenn man an-
drer Leute Guͤter durch alle nur moͤgliche Kunſt-
griffe an ſich bringen will, und das Herz an
den Reichthum haͤnget, und geſchehen laͤßt,
daß einen die Welt von der geiſtlichen Liebe,
ſo
[41]Von der Hoͤlle.
ſo die Liebe gegen den Naͤchſten iſt, und alſo
vom Himmel und von dem Goͤttlichen zu-
ruͤckziehe und abbringe. Allein, die Welt-Lie-
be iſt vielerley; ſie iſt die Liebe zum Reichthum,
damit man zu Ehren moͤge erhoben werden,
die man alſo lediglich liebet; die Liebe zu Eh-
renſtellen und Wuͤrden, um Reichthum zu er-
werben; die Liebe zum Reichthum, um man-
cherley Gebrauch davon zu machen, woran
man ſich in der Welt ergoͤtzet; die Liebe zum
Reichthum, blos allein um des Reichthums
willen, eine ſolche Liebe iſt bey den Geitzigen;
und ſo weiter: der Endzweck um deſſen wil-
len man den Reichthum liebt, wird der Ge-
brauch genennet, und der Endzweck, oder der
Gebrauch iſt es, von welchem die Liebe ihre
Beſchaffenheit hat; denn die Liebe iſt ſo be-
ſchaffen, wie der Endzweck iſt, um deſſentwil-
len man liebet, weil ihr das uͤbrige als Mit-
tel dienet.


Was das hoͤlliſche Feuer, und
das Zaͤhnklappern ſey.


566. Was das ewige Feuer, und das
Zaͤhnklappern ſey, welche Ausdruͤcke in dem
Wort von denen geſagt werden, die in der
Hoͤlle ſind, iſt noch keinem einzigen bekannt,
aus der Urſache, weil man ſich die Dinge, wel-
che in dem Wort ſtehen, materiell oder irdiſch
gedacht, und von dem geiſtlichen Sinn des
c 5Worts
[42]Von der Hoͤlle.
Worts nichts gewußt hat, derowegen haben
einige durch das Feuer ein materielles oder irr-
diſches Feuer verſtanden, einige eine Quaal
uͤberhaupt, einige die Gewiſſensbiſſe, einige
etwas nur ſo geſagtes, um den Boͤſen ein
Schrecken einzujagen! und durch das Zaͤhn-
klappern haben einige ein ſolches Klappern
der Zaͤhne verſtanden, einige aber nur ei-
nen Grauen, wie der iſt, wenn man ein
ſolches Aneinanderſtoſſen der Zaͤhne hoͤret.
Wer aber den geiſtlichen Sinn des Worts
verſteht, der kann wiſſen, was das ewi-
ge Feuer, und was das Zaͤhnklappern iſt,
denn in einem jeden Wort, und in einem je-
den Sinn der Worte in dem Wort liegt ein
geiſtlicher Sinn, weil das Wort in ſeinem
Jnwendigen geiſtlich iſt, und das Geiſtliche
kann vor dem Menſchen nicht anders, als auf
eine natuͤrliche Weiſe ausgedruckt werden,
weil der Menſch in der natuͤrlichen Welt iſt,
und aus den Dingen, die allda befindlich ſind,
denket. Was nun das ewige Feuer, und das
Zaͤhnklappern eigentlich ſey in welches die boͤ-
ſen Menſchen, in Anſehung ihrer (ſelbſteige-
nen) Geiſter, nach dem Tod kommen, oder
welches ihre (ſelbſteigene) Geiſter, die alsdenn
in der geiſtlichen Welt befindlich ſind, leiden,
das ſoll itzt im folgenden geſagt werden.


567. Es ſind zweyerley Urquellen der Hi-
tze, die eine iſt aus der Sonne des Himmels,
welche der Herr iſt, und die andere aus der
Son-
[43]Von der Hoͤlle.
Sonne der Welt; die Hitze aus der Sonne
des Himmels oder aus dem Herrn, iſt eine geiſt-
liche Hitze, welche in ihrem Weſen die Liebe
iſt, man leſe oben Num. 126-140; aber die
Hitze aus der Sonne der Welt iſt eine natuͤr-
liche Hitze, die in ihrem Weſen nicht die Liebe
iſt, ſondern der geiſtlichen Hitze oder Liebe zu
einem Behaͤltnis dienet: daß die Liebe in ih-
rem Weſen eine Waͤrme oder Hitze ſey, kann
man deutlich abnehmen von der Erhitzung des
Gemuͤths, und von der daher ruͤhrenden Erhi-
tzung des Leibes, welche aus der Liebe entſteht,
und ſich nach dem Grad und nach der Be-
ſchaffenheit der Liebe verhaͤlt, und dieſes bey
dem Menſchen im Winter ſowohl, als im
Sommer, ingleichen kann man es auch von
der Erhitzung des Bluts abnehmen; daß die
natuͤrliche Hitze, die aus der Sonne der Welt
entſteht, der geiſtlichen Hitze zu einem Behaͤlt-
nis diene, ſiehet man offenbar aus der Hitze
des Leibes, die von der Hitze ſeines Geiſtes an-
gereitzt, und von ihr unterſtuͤtzt wird; vor-
nehmlich wird es offenbar aus der Fruͤhlings-
und Sommers-Hitze bey allen Arten der Thie-
re, die von Jahr zu Jahr eben zu der Zeit wie-
der in ihre Liebe kommen; nicht etwa, als ob
es dieſe Hitze mache, ſondern weil ſie die Koͤr-
per der Thiere bequem macht, die Hitze aus
der geiſtlichen Welt aufzunehmen, welche auch
auf die Thiere einen Einfluß hat, denn die
geiſtliche Welt fließt in die natuͤrliche ein, als
wie
[44]Von der Hoͤlle.
wie die Urſache in die Wuͤrkung. Wer da
glaubt, daß die natuͤrliche Hitze die Liebe der
Thiere hervorbringe, der betriegt ſich ſehr, denn
es findet nur der Einfluß der geiſtlichen Welt
in die natuͤrliche Welt ſtatt, nicht aber der
Einfluß der natuͤrlichen Welt in die geiſtli-
che, und alle Liebe, weil ſie unmittelbar zum
Leben gehoͤrt, iſt geiſtlich; desgleichen, wer da
glaubt, daß in der natuͤrlichen Welt etwas
ohne den Einfluß der geiſtlichen Welt entſte-
he, der betriegt ſich eben auch, denn das Na-
tuͤrliche iſt und beſtehet ſonſt nicht, als nur
aus dem Geiſtlichen; und ſo haben auch die
Dinge im Gewaͤchsreich ihr Wachsthum von
dem aus der geiſtlichen Welt herruͤhrenden
Einfluß her, die natuͤrliche Waͤrme zur Fruͤh-
lings- und Sommers- Zeit bringt nur die
Saamenkoͤrner in ihre natuͤrliche Geſtalten,
durch das Ausbreiten und Aufſchlieſſen, da-
mit der Einfluß aus der geiſtlichen Welt in
denſelben das Seinige thun kann. Dieſes
habe ich deswegen angefuͤhrt, damit man wiſ-
ſen moͤge, daß zweyerley Waͤrme oder Hitze
ſey, naͤmlich die geiſtliche und die natuͤrliche,
und daß die geiſtliche Hitze aus der Sonne des
Himmels, und die natuͤrliche Hitze aus der
Sonne der Welt komme, und daß der Ein-
fluß und hernach die Mitwuͤrkung die Wuͤr-
kungen darſtellen, welche in der Welt vor den
Augen erſcheinen.


568.
[45]Von der Hoͤlle.

568. Die geiſtliche Waͤrme oder Hitze des
Menſchen iſt die Hitze ſeines Lebens, weil ſie
in ihrem Weſen, wie ich oben geſagt habe, die
Liebe iſt; dieſe Hitze iſt es, welche in dem
Wort durch den Ausdruck: Feuer, verſtan-
den wird; durch das himmliſche Feuer wird
die Liebe zum Herrn, und die Liebe gegen den
Naͤchſten, und durch das hoͤlliſche Feuer die
Eigenliebe und Weltliebe verſtanden.


569. Das hoͤlliſche Feuer oder die hoͤlli-
ſche Liebe entſtehet aus eben dem Urſprung,
aus welchem das himmliſche Feuer oder die
himmliſche Liebe entſtehet, naͤmlich aus der
Sonne des Himmels oder aus dem Herrn;
allein, diejenigen, welche es aufnehmen,
machen es eben hoͤlliſch;
denn aller Ein-
fluß aus der geiſtlichen Welt leidet eine Ver-
aͤnderung nach Beſchaffenheit des Aufneh-
mens, oder nach Beſchaffenheit der Geſtal-
ten, in welche er einfließt; nicht anders, als
wie die Waͤrme und das Licht aus der Son-
ne der Welt, die Waͤrme aus ſolcher, wel-
che in die Baͤumenvolle und Blumenreiche
Oerter einfließt, bringet das Ausſchlagen
hervor, und locket einen angenehmen und
lieblichen Geruch heraus; wenn aber eben
dieſe Waͤrme in Oerter einfließt, wo Koth
und Todtenkoͤrper ſind, ſo bringt ſie Faͤul-
niſſe hervor, und ziehet einen uͤblen Geruch
und Geſtank heraus: ingleichen bringet das
Licht
[46]Von der Hoͤlle.
Licht aus eben dieſer Sonne in dem einen
Ding ſchoͤne und liebliche Farben hervor, in
dem andern heßliche und unangenehme: eben
ſo iſt es mit der Waͤrme und dem Licht aus
der Sonne des Himmels, welche die Liebe
iſt; wenn die Hitze oder Liebe aus der Son-
ne des Himmels in das Gute einfließt, als-
wie bey den guten Menſchen und Geiſtern,
und bey den Engeln, ſo macht ſie das bey ih-
nen befindliche Gute fruchtbar, wenn aber
die Hitze oder Liebe aus der Sonne des Him-
mels bey den Boͤſen einfließt, ſo giebt ſie ei-
ne widerwaͤrtige Wuͤrkung von ſich, denn
die Bosheiten erſticken entweder, oder ver-
kehren dieſe Hitze oder Liebe; eben ſo iſt es
mit dem Lichte des Himmels, wenn es in die
Wahrheiten des Guten einfließt, ſo giebt es
Verſtandes-Erkaͤnntnis und Weisheit, wenn
es aber in die Falſchheiten des Boͤſen ein-
fließt, ſo wird es in Unſinnigkeiten und al-
lerhand Phantaſien verkehrt. Alſo uͤberall
nach Beſchaffenheit des Aufnehmens.


570. Weil das hoͤlliſche Feuer die Eigen-
liebe und Welt-Liebe iſt, alſo iſt es auch je-
de Begierde, die dieſer zweyerley Liebe eigen
iſt, weil die Begierde eine anhaltende Liebe
iſt, denn was der Menſch liebet, das begeh-
ret er beſtaͤndig, und hat auch eine Luſt dar-
an, denn was der Menſch liebet oder begeh-
ret, daruͤber empfindeter, wenn er es erlanat,
ein
[47]Von der Hoͤlle.
ein Vergnuͤgen, und das Vergnuͤgen des Her-
zens kommt bey dem Menſchen nicht anders
woher; das hoͤlliſche Feuer alſo iſt die Be-
gierde und die Luſt, welche aus der Eigenlie-
be und Welt-Liebe, als aus ihren Quellen,
herausflieſſen: die Bosheit derer, ſo in die-
ſer zweyerley Liebe ſtehen, ſind: Verachtung
andrer, Feindſchaft und Todfeindſeligkeit,
die ſie gegen diejenigen hegen, ſo ihnen nicht
guͤnſtig ſind; es iſt bey ihnen Neid, Haß und
Rache, und die daher ruͤhrende Wuth und
Grauſamkeit; und in Anſehung des Goͤtt-
lichen
iſt bey ihnen Verlaͤugnung, und die
daher ruͤhrende Verachtung, Verſpottung
und Laͤſterung der heiligen Dinge, ſo zur
Kirche gehoͤren, und dieſe Verachtung, Ver-
ſpottung und Laͤſterung verwandelt ſich nach
dem Tod, wenn der Menſch ein Geiſt wird,
in Zorn und Haß wider dieſelben, man leſe
oben Num. 562. Und weil dieſe Bosheiten
beſtaͤndig vor Begierde ſchnauben, diejenigen,
welche von ihnen fuͤr Feinde gehalten werden,
und gegen welche ſie in Haß und Rache ent-
brannt ſind, zu vertilgen und zu ermorden,
ſo iſt dahero die Luſt ihres Lebens, daß ſie
vertilgen und ermorden wollen, und daß ſie,
in ſo ferne ſie dieſes nicht bewerkſtelligen koͤn-
nen, Schaden zu fuͤgen, toben und wuͤten
wollen. Dieſes iſt es, was in dem Wort
durch Feuer, wenn von den Boͤſen und von
den Hoͤllen die Rede iſt, verſtanden wird; zur
Beſtaͤ-
[48]Von der Hoͤlle.
Beſtaͤtigung will ich einige Stellen aus dem
Wort anfuͤhren: „Sie ſind allzumal
Heuchler und Boͤſe, und aller Mund re-
det Thorheit, denn das gottloſe Weſen
brennet wie Feuer, verzehret Dornen
und Hecken, und zuͤndet das dicke Ge-
ſtraͤuche des Waldes an, und ſie verſtaͤu-
ben mit hohem Rauch, und das Volk
iſt wie eine Speiſe des Feuers worden,
keiner ſchonet des andern,
” Jeſai. 9, 17.
18. „Jch will Wunderzeichen geben
im Himmel und auf Erden, naͤmlich
Blur, Feuerund Rauchdampf, die Son-
ne ſoll in Finſternis verwandelt werden,

Joel 3, 3. 4. „Die Erde wird zu bren-
nenden Pech werden, das weder Tag
noch Nacht verloͤſchen wird, ſondern
ewiglich wird Rauch von ihr aufgehen,

Jeſai. 34, 9. 10. „Siehe, es kommt
ein Tag, der brennen ſoll, wie ein Ofen,
da werden alle Veraͤchter und Gottlo-
ſen Stroh ſeyn, und der kommende Tag
wird ſie anzuͤnden,
” Malach. 3, 19.
Babylon iſt eine Behauſung der Teu-
fel worden, ſie ſchrieen, da ſie den Rauch
vom ihrem Brande ſahen, der Rauch
gehet auf ewiglich,
” Offenb. 8, 2. 18.
Cap. 19, 2. „Er that den Brunn des
Abgrunds auf, und es gieng auf ein
Rauch aus dem Brunnen wie ein Rauch
eines groſſen Ofens, und es wurde ver-

fin-
[49]Von der Hoͤlle.
finſtert die Sonne, und die Lufft vom
Rauch des Brunnens,
” Offenb. 9, 2.
Aus dem Munde der Roſſe gieng Feuer,
Rauch und Schwefel; von dieſen wur-
de getoͤdtet das dritte Theil der Men-
ſchen, von dem Feuer, und Rauch, und
Schwefel,
” Offenb. 9, 17. 18. „So je-
mand das Thier anbetet, der wird von
dem Wein des Zorns Gottes trinken,
der eingeſchenkt iſt in ſeines Zorns Kelch,
und wird gequaͤlet werden mit Feuer
und Schwefel,
” 14, 9. 10. „Der vierd-
re Engel goß aus ſeine Schaale in die
Sonne, und ihm ward gegeben, den
Menſchen mit Feuer eine brennende Hitze
zu machen, und den Menſchen ward
heiß vor groſſer Hitze,
” 16, 9. „Sie
wurden in den feurigen Pful geworfen,
der mit Schwefel brannte,
” Offenb. 19,
20. Cap. 20, 14. 15. Cap. 21, 8. „Wel-
cher Baum nicht gute Fruͤchte bringet,
wird abgehauen, und ins Feuer gewor-
fen,
” Matth. 3, 20. Luc. 3, 9. „Des
Menſchen Sohn wird ſeine Engel ſen-
den, und ſie werden ſammlen aus ſeinem
Reich alle Aergerniſſe, und diejenigen,
die da unrecht thun, und werden ſie
in den Feuerofen werfen,
” Matth. 13,
41. 42. 50. „Der Koͤnig wird ſagen
zu denen zur Linken: gehet hin von mir,
ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das

Sw. Sch.II.Th. dbe-
[50]Von der Hoͤlle.
bereitet iſt dem Teufel und ſeinen Engeln,
Matth. 25, 4. „Sie werden in das ewi-
ge Feuer geworfen, in das hoͤlliſche Feu-
er, wo ihr Wurm nicht ſterben und ihr
Feuer nicht verloͤſchen wird,
” Matth. 18,
8. 9. Marc. 9, 43-49 „Der Reiche in
der Hoͤlle ſagte zu Abrabam, er leide
Pein in der Flamme,
” Luc. 16, 24; in
dieſen und noch in vielen andern Stellen wird
durch das Feuer die Begierde verſtanden,
die der Eigenliebe und Welt-Liebe eigen iſt,
und durch den Rauch aus demſelben wird
das aus dem Boͤſen herruͤhrende Falſche ver-
ſtanden.


571. Weil durch das hoͤlliſche Feuer die
Begierde, die aus der Eigen- und Welt-Lie-
be herruͤhrende Bosheiten aus zu uͤben, ver-
ſtanden wird, und weil allen denen, ſo in
den Hoͤllen ſind, dieſe Begierde eigen iſt, wie
man im vorhergehenden Artikel nachleſen
kann, ſo kommt dahero auch, wenn die Hoͤl-
len eroͤffnet werden, gleichſam etwas Feuri-
ges mit Rauch zum Vorſchein, ſo wie es bey
Feuersbruͤnſten zu ſeyn pflegt; aus denen
Hoͤllen, wo die Eigenliebe herrſchet, kommt
etwas dick Feuriges, und aus denen Hoͤllen,
wo die Welt-Liebe herrſchet, etwas Flam-
michtes zum Vorſchein. Wenn ſie aber ver-
ſchloſſen ſind, ſo laͤßt ſich dieſes Feurige nicht
ſehen, ſondern an deſſen Statt gleichſam et-
was
[51]Von der Hoͤlle.
was vom Rauch dick gewordenes Dunkele;
jedoch hat jenes Feurige eine innerliche Glut,
und das bin ich auch aus der daraus ausge-
duͤnſteten Hitze inne geworden, welche Hitze
ſo iſt, wie aus verbrannten Haufen nach ei-
ner Feuersbrunſt, und anderswo wie aus
einem erhitzten Ofen, und wieder anderswo
wie aus einem warmen Bad; wenn dieſe
Waͤrme bey dem Menſchen einfließt, ſo er-
weckt ſie bey ihm Begierden, und bey den
Boͤſen Haß und Rache, bey den Kranken
aber Unſinnigkeiten. Ein ſolches Feuer oder
eine ſolche Hitze haben diejenigen, welche in
der obgedachten zweyerley Liebe ſtehen, weil
ſie in Anſehung ihrer (ſelbſteigenen) Geiſter
an ſolche Hoͤllen gebunden ſind, auch ſchon,
wenn ſie im Leibe leben. Allein, man muß
wiſſen, das diejenigen, ſo ſich in den Hoͤllen
befinden, in keinem Feuer ſind, ſondern daß
das Feuer nur ein Anſchein iſt; denn ſie fuͤh-
len daſelbſt kein Brennen, ſondern nur eine
Hitze alswie ſie vorher in der Welt eine fuͤhl-
ten, daß Feuer zum Vorſchein kommt, iſt
aus der Uebereinſtimmung, denn die Liebe
ſtimmet mit dem Feuer uͤberein, und alle
Dinge, welche in der geiſtlichen Welt erſchei-
nen, erſcheinen nach Uebereinſtimmungen.


572. Es iſt zu merken, daß ſich dieſes
Feuer die hoͤlliſche Hitze in eine heftige Kaͤlte
verwandelt, wenn die Hitze aus dem Himmel
d 2in
[52]Von der Hoͤlle.
in die Hoͤllen einfließt, und ſodann bekom-
men diejenigen, ſo allda ſind, einen Schauer,
alswie die, ſo mit dem kalten Fieber behaf-
tet ſind, und leiden auch eine innerliche Qual;
und dieſes aus der Urſache, weil ſie ſich dem
Goͤttlichen gaͤnzlich widerſetzen, und die Hi-
tze des Himmels, welche die goͤttliche Liebe iſt,
vertilget die hoͤlliſche Hitze, welche die Eigen-
liebe iſt, und mit dieſer hoͤlliſchen Hitze auch
das Feuer ihres Lebens, daher kommt nun
dergleichen Kaͤlte, und der daher ruͤhrende
Schauer, und auch die Qual; es entſteht
auch alsdenn in den Hoͤllen eine Finſternis,
und eine daher ruͤhrende Bethoͤrung und Ver-
blendung. Aber dieſes geſchiehet ſelten, und
nur, wenn ungeſtuͤme Anfaͤlle, ſobald ſie uͤber
die Maaſen heftig werden, zu ſtillen ſind.


573. Weil durch das hoͤlliſche Feuer je-
de aus der Eigenliebe herflieſſende Begierde,
Boͤſes zu thun, verſtanden wird, ſo wird da-
her auch durch eben dieſes Feuer die Qual
verſtanden, ſo wie ſie in den Hoͤllen iſt; denn
die aus dieſer Liebe herruͤhrende Begierde iſt
eine Begierde, allen denen ſchaͤdlich zu ſeyn,
von welchen ſie nicht geehret, hochgeſchaͤtzet
und gleichſam angebetet werden, und um ſo
viel ſie ſich daruͤber erzuͤrnen, und um ſo viel
ſie aus dem Zorn den Haß und die Rache bey
ſich einreiſſen laſſen, ſo groß iſt die Begierde,
wider ſelbige zu wuͤten: und ſobald eine ſol-
che
[53]Von der Hoͤlle.
che Begierde bey einem jeden innerhalb einer
Geſellſchaft iſt, wo ſie keine aͤuſſerliche Ban-
de zuruͤckhalten, als da ſind die vielerley Furcht
vor dem Geſetz, und vor dem Verluſt des
guten Namens, der Ehre, des Gewinnſtes,
und des Lebens, ſodann faͤllt ein jeder aus
ſeiner Bosheit den andern an, und ſo viel er
vermag, uͤberwaͤltigt er ihn auch, und macht
auch die uͤbrigen ſeiner Herrſchaft unterwuͤr-
fig, und wider diejenigen, die ſich nicht un-
terwerfen, laͤßt er mit Luſt ſeine Wuth aus:
dieſe Luſt iſt mit der Luſt zu hertſchen voͤllig
verknuͤpft, ja ſogar, daß ſie in gleichem Grad
ſind, weil die Luſt, Schaden zuzufuͤgen, in
der Feindſchaft, in dem Neid, in dem Haß
und in der Rache befindlich iſt, dieſe aber die
Bosheiten der Eigenliebe ſind, wie ich oben
geſagt habe. Alle Hoͤllen ſind dergleichen Ge-
ſellſchaften, weswegen ein jeder allda in ſei-
nem Herzen einen Haß gegen den andern traͤgt,
und aus Haß in Wuth ausbricht, ſo viel er
kann und weis. Dieſes Wuͤthen und die
daher ruͤhrende Peinigungen werden eben auch
durch das hoͤlliſche Feuer verſtanden, denn
ſie ſind die Wuͤrkungen der Begierden.


574. Jch habe oben Num. 548. gezeigt,
daß ein jeder boͤſe Geiſt ſich von ſelbſt in die
Hoͤlle ſtuͤrze, deswegen ſoll auch mit weni-
gem geſagt werden, woher dieſes komme, da
doch in der Hoͤlle ſolche Peinigungen ſind,
d 3Aus
[54]Von der Hoͤlle.
Aus jedweder Hoͤlle wird ein Umkreis der
Begierden ausgehaucht, welche bey denen
ſind, ſo ſich allda befinden; wenn nun dieſer
Umkreis, von einem, der in eben einer ſol-
chen Begierde iſt, empfunden wird, ſo wird
er im Herzen gereitzt, und mit Luſt angefuͤl-
let; denn die Begierde und die Luſt derſelben
machen Eins aus; denn was einer begehret,
daran hat er auch eine Luſt; daher kommt
es, daß ſich der Geiſt hin zur Hoͤlle wendet,
und aus der Luſt ſeines Herzens dahin begeh-
ret; denn er weis noch nicht, daß daſelbſt
ſolche Peinigungen ſind, und der, ſo es weis,
begehret dennoch dahin; denn in der geiſtli-
chen Welt kann kein einziger ſeiner Begier-
de widerſtehen, weil die Begierde ſeiner Liebe
eigen, und die Liebe ſeinem Willen eigen, und
der Wille ſeiner Natur eigen iſt, und ein
jeder in der geiſtlichen Welt nach ſeiner Na-
tur handelt. Wenn nun der Geiſt von ſich
ſelber oder aus ſeinem eigenen freyen Willen
bey ſeiner Hoͤlle anlangt, und hinein tritt,
ſo wird er ſodann zuerſt freundlich aufge-
nommen, und er glaubt alſo, daß er unter
gute Freunde gekommen ſey, aber dieſes waͤh-
ret nur etliche Stunden; inzwiſchen wird er
ausgeforſchet, von was fuͤr einer Schalkheit
er ſey, und was er daher vermoͤge; wenn
er nun ausgeforſchet worden, ſo fangen ſie
an, ihn anzufechten, und das auf mancher-
ley Weiſe, und nach und nach immer ſtaͤrker
und
[55]Von der Hoͤlle.
und heftiger, welches dadurch geſchiehet, daß
ſie ihn immer weiter und tiefer hinein in
die Hoͤlle fuͤhren, denn je weiter und tiefer
es hinein geht, deſto boshaftiger ſind die
Geiſter: nach den Anfechtungen fangen ſie
an, durch Strafen wider ihn zu wuͤten, und
das ſo lange, bis er mit Gewalt zum Scla-
ven geworden iſt. Weil aber daſelbſt beſtaͤn-
dig aufruͤhriſche Empoͤrungen entſtehen, weil
ein jeder daſelbſt der Groͤßte ſeyn will, und
gegen die andern in Haß entbrannt iſt, ſo
entſtehen daraus immer neue Anfaͤlle; auf
ſolche Art wechſelt immer ein Auftritt mit
dem andern ab, dahero werden diejenigen,
welche zu Sclaven gemacht worden, heraus
genommen, damit ſie einem andern neuen
Teufel Beyſtand leiſten moͤgen, um andre
unter das Joch zu bringen, alsdenn werden
die, ſo ſich nicht unterwerfen, und nicht auf
den Wink dienen, wiederum auf mancher-
ley Art gepeiniget, und ſo gehts in einem
fort. Jn dergleichen Peinigungen beſtehet
die Hoͤllen-Pein, welche das hoͤlliſche Feu-
er
genennet wird.


575. Das Zaͤhnklappern aber iſt ein
beſtaͤndiger Zank und Streit der Falſchhei-
ten unter einander, mithin derer, die in den
Falſchheiten ſtehen, und dieſer Zank und
Streit iſt auch mit Verachtung andrer, mit
Feindſchaft, Verſpottung, Verhoͤnung und
d 4Laͤſte-
[56]Von der Hoͤlle.
Laͤſterung verknuͤpft, die auch in allerhand
Zerfleiſchungen ausbrechen; denn ein jeder
ſtreitet fuͤr ſein Falſches, und giebt es fuͤr
Wahrheit aus. Dieſe Zaͤnkereyen und Strei-
tigkeiten werden auſſerhalb jenen Hoͤllen wie
ein Zaͤhnklappern gehoͤrt; und werden auch,
wenn die Wahrheiten aus dem Himmel da-
hin einflieſſen, in ein Zaͤhnklappern verwan-
delt. Jn obgedachten Hoͤllen befinden ſich
alle diejenigen, welche die Natur erkannt,
und das Goͤttliche gelaͤugnet haben, in de-
nen Hoͤllen, die immer tiefer hinein geben,
ſind diejenigen, welche ſich darinnen beſtaͤrkt
haben: weil nun dieſe Gottes-Laͤugner gar
kein Licht aus dem Himmel aufnehmen, und
daher innerlich in ſich nichts ſehen koͤnnen,
ſo ſind derohalben die meiſten koͤrperlich Sinn-
liche, naͤmlich ſolche, die nichts glauben, als
was ſie mit den Augen ſehen und mit Haͤn-
den greifen; daher halten ſie alle Blendwer-
ke oder Betruͤglichkeiten der Sinnen fuͤr
Wahrheiten, und aus dieſen Betruͤglichkeiten
zanken ſie auch: daher kommt es nun, daß ihre
Zaͤnkereyen wie ein Zaͤhnklappern gehoͤret
werden, denn alle Falſchheiten klappern in
der geiſtlichen Welt, und die Zaͤhne haben
mit dem Aeuſſerſten in der Natur, und auch
mit dem Aeuſſerſten des Menſchen, welches
das koͤrperlich Sinnliche iſt, eine Ueberein-
ſtim-
[57]Von der Hoͤlle.
ſtimmung. *) Daß in den Hoͤllen ein Zaͤhn-
klappern ſey, leſe man Matth. 8, 12. Cap.
13, 42. 50. Cap. 22, 13. Cap. 24, 51.
Cap. 25, 30. Luc. 13, 28.


Von der Bosheit und den ruch-
loſen Kunſtgriffen der hoͤlliſchen
Geiſter.


576. Was fuͤr einen hohen Grad der Vor-
treflichkeit die Geiſter vor den Menſchen ha-
ben, das kann ein jeder, der innerlich denkt,
und etwas von der Wuͤrkung ſeines Gemuͤths
weis, ſehen und begreiffen: denn der Menſch
kann in ſeinem Gemuͤthe innerhalb einer
Minute mehr durchgehen, auseinander wi-
d 5ckeln
[58]Von der Hoͤlle.
ckeln und ſchlieſſen, als er in einer halben
Stunde ausſprechen und durch das Schrei-
ben ausdruͤcken kann; hieraus erhellet, um
wie viel der Menſch vortreflicher ſey, wenn
er in ſeinem Geiſte iſt, mithin, um wie viel
er vortreflicher ſey, wenn er ein Geiſt wird,
denn der Geiſt iſt es, der da denket, und der
Leib iſt dasjenige, wodurch der Geiſt ſeine Ge-
danken durch das Reden und Schreiben aus-
druͤckt. Daher kommt es, daß ein ſolcher
Menſch, welcher nach dem Tod ein Engel
wird, in unausſprechlicher Verſtandes-Er-
kaͤnntnis und Weisheit iſt, gegen die Er-
kaͤnntnis und Weisheit zu rechnen, die er
bey ſeinem Leben in der Welt gehabt; denn
ſo lange ſein Geiſt in der Welt lebte, war
er an dem Leib gebunden, und durch ſolchen
war er in der natuͤrlichen Welt; was er da-
hero alsdenn auf geiſtliche Weiſe gedacht hat,
das iſt in die natuͤrlichen Jdeen oder Denk-
bilder
*)
[59]Von der Hoͤlle.
bilder eingefloſſen, die, gegen die geiſtlichen
Denkbilder zu rechnen, gemein, grob und
finſter ſind, und unzaͤhlige Dinge, welche
dem geiſtlichen Denken zukommen, nicht faſ-
ſen koͤnnen, und ſolche auch in das von den
weltlichen Sorgen herruͤhrende Truͤbe ver-
huͤllen: ein anders iſt, wenn der Geiſt von
dem Leibe los iſt, und in ſeinen geiſtlichen
Zuſtand kommt, welches geſchiehet, wenn
er aus der natuͤrlichen Welt in die geiſtliche
Welt, die ihm eigen iſt, uͤbergehet; daß als-
denn ſein Zuſtand in Anſehung der Gedan-
ken und Neigungen, auf eine unermeßliche
Weiſe vortreflicher ſey, als ſein voriger Zu-
ſtand, erhellet aus dem, was ich bereits ge-
ſagt habe; daher kommt es nun, daß die En-
gel unausſprechliche Dinge denken, ja ſolche,
die nicht auszudruͤcken ſind; mithin ſolche
Dinge, die gar nicht in die natuͤrlichen Ge-
danken des Menſchen kommen koͤnnen; da
doch ein jeder Engel als ein Menſch geboren
worden iſt, und als ein Menſch gelebt hatte,
und ſich damals nicht weiſer vorgekommen
iſt, als ein andrer Menſch von ſeines Gleichen.


577. So groß bey den Engeln der Grad
der Weisheit und der Verſtandes-Erkaͤnnt-
nis iſt, ſo groß iſt bey den hoͤlliſchen Geiſtern
der Grad der Bosheit und Argliſt; denn es
iſt einerley Sache; weil der Geiſt des Men-
ſchen, wenn er von dem Leib aufgeloͤſet iſt,
entwe-
[60]Von der Hoͤlle.
entweder in ſeinem Guten, oder in ſeinem
Boͤſen iſt, der engliſche Geiſt in ſeinem Gu-
ten, und der hoͤlliſche Geiſt in ſeinem Boͤſen;
denn ein jeder Geiſt iſt entweder ſein Gutes
oder ſein Boͤſes, weil er ſeine Liebe iſt, wie
ich ſchon vorher oftmals geſaat und gezeigt
habe; ſo wie nun der engliſche Geiſt aus
ſeinem Guten denket, will, redet und han-
delt, alſo denket, will, redet und handelt
auch der hoͤlliſche Geiſt aus ſeinem Boͤſen;
und unmittelbar aus dem Boͤſen denken, wol-
len, reden und thun, heißt, aus allem Boͤ-
ſen handeln; ein anders war es, da er noch
in dem Leib lebte, da war das Boͤſe des Gei-
ſtes des Menſchen in den Feſſeln, die einem
jeden Menſchen von dem Geſetz, von dem
Gewinn, von der Ehre, von dem guten Na-
men, und von der vielerley Furcht, dieſe
Dinge zu verlieren, angelegt ſind, derowe-
gen konnte das Boͤſe ſeines Geiſtes damals
nicht ausbrechen noch ſich ſo offenbaren, wie
es in ſich ſelber war; uͤber dieſes lag auch da-
mals das Boͤſe des Geiſtes des Menſchen
umhuͤllt und verdeckt mit aͤuſſerlicher Froͤm-
migkeit, Aufrichtigkeit, Gerechtigkeit und
Neigung zum Wahren und Guten, welche
aͤuſſerlichen Dinge ein ſolcher Menſch um
der Welt willen mit dem Munde vorbrachte
und vorgab, und worunter ſein Boͤſes der-
geſtalt verborgen und im Dunkeln verſteckt
lag,
[61]Von der Hoͤlle.
lag, daß er ſelber kaum wußte, daß in ſei-
nem Geiſt eine ſo groſſe Bosheit und Argliſt
vorhanden, und daß er alſo in ſich oder in-
nerlich ein ſolcher Teufel ſey, wie er nach
dem Tod einer wird, wenn ſein Geiſt in ſich
ſelber, und in ſeine Natur kommt: alsdenn
offenbaret ſich eine ſolche Bosheit, daß es
kaum zu glauben iſt; aus der Bosheit ſelber
brechen ſodann tauſenderley Dinge aus; wor-
unter auch ſolche Dinge ſind, die unmoͤg-
lich mit Woͤrtern einer Sprache koͤnnen aus-
gedruckt werden; wie dieſe Dinge beſchaf-
fen ſind, iſt mir durch vielfaͤltige Erfahrun-
gen zu wiſſen, und auch zu vernehmen gege-
ben worden; weil mir der Herr die Gabe
gegeben hat, in der geiſtlichen Welt zu ſeyn
meinem Geiſte nach, und auch zugleich in
der natuͤrlichen Welt zu ſeyn dem Leibe nach:
das kann ich bezeugen, daß die Bosheit der
hoͤlliſchen Geiſter ſo groß iſt, daß von tau-
ſenden kaum eine einzige kann beſchrieben
werden: und daß auch der Menſch, wofern
ihn nicht der Herr beſchuͤtzet, ſich niemals
der Hoͤlle erwehren kann, denn bey einem je-
den Menſchen ſind ſowohl Geiſter aus der
Hoͤlle, als auch Engel aus dem Himmel, man
leſe oben Num. 292. 293; der Herr aber
kann den Menſchen nicht beſchuͤtzen, wofern
nicht der Menſch das Goͤttliche erkennet,
und wofern er nicht ein Leben des Glaubens
und der thaͤtigen Liebe fuͤhret, denn wenn er
das
[62]Von der Hoͤlle.
das nicht thut, ſo wendet er ſich vom Herrn
ab, und kehret ſich zu den hoͤlliſchen Geiſtern,
und ſo wird er ſeinem Geiſte nach von eben
einer ſolchen Bosheit eingenommen; dennoch
aber ziehet der Herr den Menſchen von den
Bosheiten, die er aus der Vergeſellſchaftung
mit dieſen Geiſtern ſich zueignet und gleich-
ſam ſich zuziehet, beſtaͤndig ab, wo nicht
durch die innerlichen Bande des Gewiſſens,
welche er gar nicht annimmt, wenn er das
Goͤttliche laͤugnet, doch aber durch die aͤuſ-
ſerlichen Bande, welche ſind, wie ich oben
geſagt habe, die vielerley Furcht vor dem Ge-
ſetz und vor deſſen Strafen, wie auch vor
dem Verluſt des Gewinnſtes, und vor der
Beraubung der Ehre und des guten Namens;
ein ſolcher Menſch kann zwar durch das Ver-
gnuͤgen ſeiner Liebe, und dadurch, daß er den
Verluſt und die Beraubung dieſer Dinge be-
fuͤrchtet, von dem Boͤſen abgezogen werden,
allein, er iſt nicht in das geiſtliche Gute zu
bringen, denn um ſo viel er in dieſes gebracht
wird, in ſo viel gehet er bey ſich mit Liſt und
Betrug um, indem er das Gute, Aufrich-
tige und Gerechte faͤlſchlich vorgiebt und vor-
luͤget, in der Abſicht zu uͤberreden und alſo
zu hintergehen; dieſe Argliſt fuͤget ſich zu
dem Boͤſen ſeines Geiſtes, und geſtaltet es,
und machet, daß es ein ſolches Boͤſe ſey, wie
es in ſeiner Natur iſt.


578. Die
[63]Von der Hoͤlle.

578. Die allerſchlimmſien ſind diejenigen,
die in den aus der Eigenliebe herruͤhrenden
Bosheiten geweſen, und zugleich innerlich
in ſich mit Tuͤcken umgegangen ſind, weil
die Tuͤcke immer tiefer in die Gedanken und
Abſichten eindringen, ſolche mit Gift anſte-
cken, und alſo alles geiſtliche Leben des Men-
ſchen zerſtoͤren: die meiſten von denſelben
ſind in den hintern Hoͤllen, und werden Ge-
nii
genennet, und daſelbſt iſt ihre Luſt, ſich
unſichtbar zu machen, und um die andern
alswie Geſpenſter herum zu flattern, und im
Verborgenen Boͤſes zuzufuͤgen, welches ſie
umherſtreuen, wie die Ottern das Gift: die-
ſe werden grauſamer gepeinigt, als die an-
dern Diejenigen hingegen, welche nicht
tuͤckiſch, und nicht mit boshaften Raͤnken
ange fuͤllt, und doch in den aus der Eigen-
liebe herflieſſenden Bosheiten geweſen ſind,
befinden ſich auch in den hintern Hoͤllen, aber
nicht in ſo tiefen. Diejenigen aber, welche
in den aus der Welt-Liebe herruͤhrenden
Bosheiten geweſen ſind, befinden ſich in den
vordern Hoͤllen, und werden Geiſter (Spiri-
tus
) genennet; bey dieſen ſind keine ſolche
Bosheiten, das iſt, kein ſolcher Haß und kei-
ne ſolche Rachſucht, alswie bey denen, wel-
che in den aus der Eigenliebe herruͤhrenden
Bosheiten geweſen ſind, mithin iſt bey ihnen
auch keine ſolche Schalkheit und Argliſt; da-
hero ſind auch ihre Hoͤllen gelinder.


579. Es
[64]Von der Hoͤlle.

579. Es iſt mir durch die Erfahrung zu
wiſſen gethan worden, von was fuͤr einer Bos-
heit die ſo genannten Genii ſind; die Genii wuͤr-
ken und flieſſen nicht in die Gedanken ein,
ſondern in die Neigungen; auf dieſe haben
ſie ihr Augenmerk, und riechen ſie, wie die
Hunde in den Waͤldern das Wild; ſobald ſie
gute Neigungen inne werden, ſo verkehren ſie
dieſelben den Augenblick in boͤſe, indem ſie ſel-
bige durch das Vergnuͤgen des andern wun-
derbar leiten und lenken, und dieſes auf ei-
ne ſo heimliche Weiſe, und mit ſolchen ruch-
loſen Kunſtgriffen, daß der andere nichts
davon inne wird, indem ſie ſorgfaͤltig verhuͤ-
ten, daß nicht etwas in das Denken komme,
weil ſie ſich auf ſolche Art verrathen; ſie
ſitzen bey dem Menſchen unter dem Hinter-
haupt. Dieſe ſind in der Welt ſolche
Menſchen geweſen, die auf eine heimtuͤ-
ckiſche Weiſe die Gemuͤther der andern ge-
fangen haben, indem ſie ſolche durch das
Vergnuͤgen ihrer Neigungen oder Be-
gierden geleitet und uͤberredet hatten. Sie
werden aber durch den Herrn von einem
jeden Menſchen, bey dem noch einige Hoff-
nung der Beſſerung uͤbrig iſt, abgehalten,
denn ſie ſind ſolche, daß ſie nicht nur das
Gewiſſen zerſtoͤren, ſondern auch bey dem
Menſchen ſein ererbtes Boͤſe aufwecken koͤn-
nen, welches ſonſt verborgen liegen bliebe;
damit nun der Menſch nicht darein gebracht
werde,
[65]Von der Hoͤlle.
werde, ſo thut der Herr Vorſehung, daß die-
ſe ihre Hoͤllen gaͤnzlich verſchloſſen ſeyen; und
ſobald ein Menſch, der ein ſolcher Genius iſt,
nach dem Tod ins andre Leben kommt, ſo
wird er augenblicklich in ihre Hoͤllen gewor-
fen; wenn man ſie nach ihren Tuͤcken und
Argliſtigkeiten anſiehet, ſo ſehen ſie wie Ottern
aus.


580. Was fuͤr eine Bosheit bey den hoͤl-
liſchen Geiſtern ſey, kann man von ihren ruch-
loſen Kunſtgriffen abnehmen; deren ſo viel
ſind, daß mit Erzaͤhlung derſelben ein ganzes
Buch, und mit Beſchreibung derſelben viele
Buͤcher angefuͤllt werden koͤnnten; dieſe
Kunſtgriffe ſind faſt alle unbekannt in der
Welt: die eine Art beziehet ſich auf die Mis-
braͤuche der Uebereinſtimmungen: die ande-
re,
auf die Misbraͤuche der aͤuſſerſten Din-
ge der goͤttlichen Ordnung: die dritte, auf
die Vergemeinſchaftung und auf den Einfluß
der Gedanken und Neigungen, durch Verkeh-
rungen, durch Anblicke, durch andre Geiſter
auſſer ihnen, und durch von ihnen ausge-
ſandte Geiſter: die vierte, auf Wuͤrkungen
durch die Phantaſien: die fuͤnfte, auf die Aus-
ſchuͤttungen auſſer ſich, und auf das daher
ruͤhrende Gegenwaͤrtigſeyn an ganz andern
Orten, als ſie wuͤrklich mit dem Leibe ſind:
die ſechſte, auf die Verſtellungen, Ueberre-
dungen und Vorluͤgungen. Jn dieſe Kunſt-
Sw. Sch.II.Th. egriffe
[66]Von der Hoͤlle.
griffe kommt der Geiſt eines boͤſen Menſchen,
wenn er von ſeinem Leibe aufgeloͤſet iſt, von
ſich ſelber, denn ſie liegen in der Natur ſei-
nes Boͤſen, in welcher er alsdenn iſt. Durch
dieſe Kunſtgriffe peinigen ſie einander in den
Hoͤllen: weil aber alle dieſe Kunſtgriffe, auſ-
ſer denen, ſo durch Verſtellungen, Ueberre-
dungen und Vorluͤgungen geſchehen, in der
Welt unbekannt ſind, ſo will ich ſie hier nicht
insbeſondere beſchreiben, ſowohl deswegen,
weil ſie nicht begriffen werden, als auch,
weil ſie ſchaͤndlich ſind.


581. Daß der Herr die Peinigungen in
den Hoͤllen zulaͤßt, iſt die Urſache, weil die
Bosheiten auf keine andre Weiſe zuruͤckge-
halten und bezaͤhmet werden koͤnnen; das ein-
zige Mittel, ſie in Schranken und im Zaum
zu halten, und den hoͤlliſchen Haufen zu baͤn-
digen, iſt die Furcht vor der Strafe; ſonſt
iſt kein ander Mittel vorhanden; denn wenn
keine Furcht der Strafe und der Qual waͤre,
ſo wuͤrde die Bosheit in Raſereyen verfallen,
und das Ganze zerſtreuet werden, gleichwie
ein Reich auf Erden, wo kein Geſetz und kei-
ne Strafe waͤre.


Von der Erſcheinung, Lage und
Vielheit der Hoͤllen.


582. Jn der geiſtlichen Welt, oder in der
Welt, wo die Geiſter und Engel ſind, kom-
men
[67]Von der Hoͤlle.
men eben ſolche Dinge zum Vorſchein, wie
in der natuͤrlichen Welt, oder wo die Men-
ſchen ſind, ja ſie erſcheinen voͤllig ſo, daß dem
aͤuſſerlichen Anſehen nach kein Unterſchied iſt;
es erſcheinen daſelbſt Ebenen, Berge, Huͤgel
und Felſen, und zwiſchen denſelben Thaͤler,
uͤberdieſes auch Waſſer, und andre Dinge
mehr, die auf dem Erdboden befindlich ſind;
gleichwohl aber ſind alle dieſe Dinge aus ei-
nem geiſtlichen Urſprung; weswegen ſie nur
vor den Augen der Geiſter und Engel erſchei-
nen, nicht aber vor den Augen der Men-
ſchen, weil die Menſchen in der natuͤrlichen
Welt ſind; und die ſo geiſtlich ſind, ſehen die
Dinge, die einen geiſtlichen Urſprung haben,
diejenigen aber, ſo natuͤrlich ſind, ſehen die
Dinge, die einen natuͤrlichen Urſprung ha-
ben: derohalben kann der Menſch die Dinge,
welche in der geiſtlichen Welt ſind, ſchlechter-
dings nicht ſehen, es ſey denn, daß ihm die
Gabe verliehen wuͤrde, im Geiſte zu ſeyn, oder
nicht eher, als nach dem Tod, wenn er ein
Geiſt wird; dagegen kann auch der Engel
und der Geiſt ganz und gar nichts in der na-
tuͤrlichen Welt ſehen, wenn ſie nicht bey ei-
nem Menſchen ſind, der die Gabe bekommen
hat, mit ihnen zu reden; denn die Augen des
Menſchen ſind zum Empfang des Lichts der
natuͤrlichen Welt eingerichtet, und die Augen
der Engel und Geiſter ſind dazu eingerichtet,
das Licht der geiſtlichen Welt zu empfangen,
e 2und
[68]Von der Hoͤlle.
und doch haben ſie beyderſeits dem Anſehen
nach voͤllig einerley Augen. Daß die geiſtli-
che Welt ſo beſchaffen ſey, kann der natuͤrli-
che Menſch nicht begreiffen, und am allerwe-
nigſten der ſinnliche Menſch, naͤmlich ein ſol-
cher, der weiter nichts glaubt, als was er mit
ſeinen leiblichen Augen ſiehet, und mit ſeinen
leiblichen Haͤnden greiffet, mithin was er
durch das Sehen und Fuͤhlen eingenommen
hat, daraus denket er nun, dahero iſt bey ihm
nur ein materielles oder irdiſches Denken,
aber kein geiſtliches. Weil nun zwiſchen der
geiſtlichen Welt und der natuͤrlichen Welt ei-
ne ſolche Gleichheit iſt, ſo weis dahero der
Menſch nach dem Tod nicht anders, als ſey
er in derjenigen Welt, in welcher er geboren,
und aus welcher er ausgegangen iſt; darum
nennen ſie auch den Tod eine Verſetzung aus
einer Welt in eine andere dergleichen. Daß
zwiſchen der geiſtlichen Welt und der natuͤr-
lichen eine ſolche Gleichheit ſey, leſe man oben
in dem Artikel von den vorſtellenden Dingen
und Erſcheinungen im Himmel Num. 170-
176.


583. An den erhabenen Oertern in der
geiſtlichen Welt ſind die Himmel; an den
niedrigen Oertern daſebſt iſt die Geiſterwelt;
unter dieſen und unter jenen Oertern ſind
die Hoͤllen. Die Himmel erſcheinen den Gei-
ſtern, die in der Geiſterwelt ſind, nicht eher,
als
[69]Von der Hoͤlle.
als wenn ihr inneres Sehen oder Geſicht er-
oͤffnet wird; doch erſcheinen ſie manchmal
wie truͤbe, oder wie weiße Wolken; die Ur-
ſache iſt, weil die Engel des Himmels in einem
innerlichern Zuſtand in Anſehung der Ver-
ſtandes-Erkaͤnntnis und Weisheit, und alſo
in einem hoͤhern Grad ſind, als diejenigen ſe-
hen koͤnnen, welche ſich in der Geiſterwelt be-
finden. Diejenigen Geiſter aber, welche auf
den Ebenen und in den Thaͤlern ſind, ſehen
einander, wenn ſie aber in der Geiſterwelt
von einander abgeſondert worden ſind, wel-
ches geſchieht, wenn ſie in ihr Jnneres ver-
ſetzt werden, ſodann ſehen die boͤſen Geiſter
die guten nicht mehr, aber die guten Geiſter
koͤnnen die boͤſen ſehen, allein ſie wenden ſich
von ſolchen ab, und die Geiſter, welche ſich
abwenden, werden unſichtbar. Die Hoͤllen
hingegen kommen nicht zum Vorſchein, weil
ſie verſchloſſen ſind, nur die Eingaͤnge laſſen
ſich ſehen, oder die ſo genannten Pforten,
wenn ſie eroͤffnet werden, um andre boͤſe
Geiſter hinein zu thun. Von der Geiſter-
welt aus ſtehen alle Pforten zu den Hoͤllen
offen, und von dem Himmel aus gar keine.


584. Die Hoͤllen ſind allenthalben, ſo
wohl unter den Bergen, Huͤgeln und Felſen,
als auch unter den Ebenen und Thaͤlern:
die Oeffnungen oder Thuͤren zu den Hoͤllen,
die unter den Bergen, Huͤgeln und Felſen
ſind, ſehen aus, wenn man ſie zu Geſichte
e 3bekom-
[70]Von der Hoͤlle.
bekommt, als wie Loͤcher und wie Felſenritze,
einige erſtrecken ſich in die Breite und Weite,
einige ſind enge und ſchmal, und die meiſten
rauh oder holpericht; ſie ſehen alle mit ein-
ander, wenn man hineinblickt, dunkel und
finſter aus; aber die hoͤlliſchen Geiſter, die
inwendig darinnen ſind, befinden ſich in ei-
nem ſolchen Licht, als wie die gluͤhenden Koh-
len eines von ſich geben; ihre Augen ſind
zum Empfang dieſes Lichts zugerichtet; und
dieſes aus der Urſache, weil ſie, ſo lange ſie
in der Welt lebten, in Anſehung der goͤtt-
lichen Wahrheiten, dadurch, daß ſie ſolche
laͤugneten, in dicker Finſternis geweſen, und
hingegen in Anſehung der Falſchheiten, in-
dem ſie ſolche behaupteten, gleichſam im Lich-
te geweſen ſind, daher kommt es eben, daß
das Sehen ihrer Augen alſo zugerichtet wor-
den; daher kommt es auch, daß ihnen das
Licht des Himmels eine dicke Finſternis iſt,
weswegen ſie, wenn ſie aus ihren Hoͤhlen her-
aus gehen, gar nichts ſehen koͤnnen: hieraus
nun wurde mir mehr, als zu klar, daß der
Menſch ſo weit in das himmliſche Licht kom-
me, als ſo viel er das Goͤttliche erkennet,
und in den Dingen, die zum Himmel und
zur Kirche gehoͤren, ſich befeſtiget; und daß
er ſo tief in die hoͤlliſche Finſternis gerathe,
als ſo viel er das Goͤttliche laͤugnet, und
ſtch in denen Dingen befeſtiget, die wider den
Himmel und die Kirche laufen.


585. Die
[71]Von der Hoͤlle.

585. Die Oeffnungen oder Pforten zu
den Hoͤllen, welche unter den Ebenen und
Thaͤlern ſind, erſcheinen im Anblick auf ver-
ſchiedene Weiſe, einige ſind eben ſo anzuſe-
hen, wie die, ſo unter den Bergen, Huͤgeln
und Felſen ſind, einige ſehen aus, wie Hoͤh-
len und Gruben, einige wie groſſe Kluͤfte
und Schluͤnde, einige wie Suͤmpfe, und ei-
nige wie Seen. Sie ſind alle zugeſchloſſen,
und ſtehen nicht eher offen, als wenn boͤſe
Geiſter aus der Geiſterwelt dahinein gewor-
fen werden; und wenn ſie offen ſind, ſo geht
entweder gleichſam Feuer mit Rauch, ſo wie
es bey Feuersbruͤnſten in der Luft zu ſehen
iſt, oder gleichſam eine Flamme ohne Rauch,
oder gleichſam ein Rus-Dampf, als wie aus
einem entzuͤndeten Camin, oder gleichſam
ein Sturm und eine dicke Wolke heraus; ich
habe gehoͤrt, daß die hoͤlliſchen Geiſter dieſe
Dinge gar nicht ſehen, und gar nicht empfin-
den, weil, wenn ſie darinnen ſind, ſie gleich-
ſam in ihrem Luftkreis, und alſo in dem Ver-
gnuͤgen ihres Lebens ſind, und dieſes aus der
Urſache, weil jene Dingẽ mit ihren Boshei-
ten und Falſchheiten, worinnen ſie ſtehen,
uͤbereinſtimmen, naͤmlich das Feuer ſtimmet
mit dem Haß und mit der Rache, der Rauch
und der Rus-Dampf mit den aus dem Haß
und der Rache herruͤhrenden Falſchheiten,
die Flamme mit den Bosheiten der Eigenlie-
be, und der Sturm und die dicke Wolke mit
e 4den
[72]Von der Hoͤlle.
den daraus herruͤhrenden Falſchheiten uͤber-
ein.


586. Es iſt mir auch gegeben worden, h[i]-
nein in die Hoͤllen zu ſchauen, und zu ſehen
wie ſie inwendig beſchaffen ſind, denn, wenn
es dem Herrn gefaͤllt, ſo kann der oben be-
ſindliche Geiſt und Engel mit ſeinem Geſicht
in die unterſten Hoͤllen eindringen, und ſol-
che beſehen, wie ſie beſchaffen ſind; ohne
daß ihm die Verſchlieſſungen im Weg ſeyen,
auf ſolche Weiſe wurde mir auch verſtattet,
in die Hoͤllen zu ſchauen: einige Hoͤllen ſahen
vor meinen Augen aus, wie Felſen-Loͤcher
und Felſen Hoͤhlen, welche hineinwaͤrts,
und daher auch entweder ſchraͤg, oder gerade
durch, in die Tiefe giengen. Einige andte
Hoͤllen ſahen vor meinem Geſichte aus, wie
Schlupfloͤcher und verborgene Hoͤhlen, der-
gleichen die wilden Thiere in den Waͤldern
haben: einige, wie unterhoͤhlte Gruben und
Gruͤfte, dergleichen in den Erzgruben ſind,
mit Hoͤhlen gegen die untern Hoͤllen zu; die
meiſten Hoͤllen ſind dreyfach, das obere Theil
ſiehet inwendig finſter aus, weil die allda be-
findlichen in den Falſchheiten der Bosheit
ſind, das untere aber ſiehet feurig aus, weil
die allda befindlichen in den Bosheiten ſelber
ſind; denn die Finſternis hat mit den Falſch-
heiten der Bosheit, und das Feuer mit den
Bosheiten ſelber eine Uebereinſtimmung; denn
in
[73]Von der Hoͤlle.
in denen Hoͤllen ſo tiefer ſind, befinden ſich dieje-
nigen, welche mehr innerlich boͤſe gehandelt ha-
ben, in denen aber, ſo nicht ſo tief ſind. beſinden
ſich ſolche, die mehr aͤuſſerlich, naͤmlich aus
den Falſchheiten der Bosheit gehandelt ha-
ben. Jn einigen Hoͤllen erſcheinen gleich ſam
zerfallene Mauern von abgebrandten Haͤuſern
und Staͤdten, worinnen die hoͤlliſchen Gei-
ſter wohnen, und ſich verbergen. Jn den
gelindern Hoͤllen erſcheinen gleichſam elende
Huͤtten, und anderswo aneinander hangen-
de in Form einer Stadt, mit Straſſen und
Gaſſen; inwendig in den Haͤuſern allda ſind
hoͤlliſche Geiſter, wo beſtaͤndig Zaͤnkereyen,
Feindſchaften, Schlaͤgereyen und Zerſleiſchun-
gen ſind; auf den Gaſſen und Straſſen ge-
hen Moͤrdereyen und Raͤubereyen vor. Jn
einigen Hoͤllen ſind lauter Hurenhaͤuſer, wel-
che ſcheußlich anzuſehen, und mit allerhand
Unflat und Koth angefuͤllt ſind. Es giebt
auch dunkle Waͤlder, worinnen die hoͤlliſchen
Geiſter als wie die wilden Thiere herumſchwei-
fen, und allda ſind auch unterirrdiſche Hoͤh-
len, worein diejenigen fliehen, welche von an-
dern verfolget werden. Es giebt auch Wuͤ-
ſteneyen, wo weiter nichts vorhanden, als
ein unfruchtbarer und ſandigter Boden, und
anderswo holperichte Felſen, worinnen Hoͤh-
len ſind, und wieder anderswo auch Huͤtten;
diejenigen nun, welche in der Hoͤlle das Aeuſ-
ſerſte gelitten, hauptſaͤchlich die, ſo in der
e 5Welt
[74]Von der Hoͤlle.
Welt an Argliſt, Kunſtgriffe und Betruͤge-
reyen zu erſinnen und zu ſpielen, was zum
Voraus gehabt haben, werden aus den Hoͤl-
len heraus geworfen und in jene Wuͤſteney-
en gejagt; ihr Letztes iſt ein ſolches Leben.


587. Was die Lage der Hoͤllen insbeſon-
dere
betrifft, ſo kann ſolche niemand wiſſen,
auch nicht einmal die Engel im Himmel, ſon-
dern nur allein der Herr: aber ihre Lage uͤber-
haupt
iſt bekannt aus den Gegenden, wor-
innen ſie ſind: denn die Hoͤllen ſind eben
auch, wie die Himmel, nach Gegenden un-
terſchieden, und die Gegenden in der geiſtli-
chen Welt ſind nach den Arten der Liebe be-
ſtimmt, denn alle Gegenden im Himmel fan-
gen vom Herrn, als von der Sonne an,
Welcher der Aufgang oder Morgen iſt;
und weil die Hoͤllen den Himmeln entgegen
ſtehen, ſo fangen ihre Gegenden von dem Ge-
gentheil, und alſo von dem Untergang oder
Abend an, hiervon leſe man in dem Artikel
von den vier Gegenden im Himmel Num.
141-153: daher kommt es nun, daß die
Hoͤllen in der Abend-Gegend unter allen die
ſchlimmſien und erſchrecklichſten, ja deſto
ſchlimmer und erſchrecklicher ſind, je weiter
ſie vom Aufgang oder Morgen entfernt ſind,
und alſo Stufenweiſe nach und nach: in
dieſen Hoͤllen ſind diejenigen, welche in der
Eigenliebe geweſen ſind, und in der daher
ruͤhren-
[75]Von der Hoͤlle.
ruͤhrenden Verachtung andrer, und in Feind-
ſchaft gegen die, ſo ihnen keine Gunſt erwie-
ſen, wie auch in Haß und Rache wider die-
jenigen, von welchen ſie nicht hochgeſchaͤtzet
und gleichſam angebetet worden; in deuen
Hoͤllen daſelbſt, die vom Aufgang am weite-
ſten entfernt ſind, befinden ſich die, ſo aus
der ſo genannten catholiſchen Religion gewe-
ſen ſind, und dabey als Goͤtter haben wollen
verehrt ſeyn, und daher gegen alle diejenigen,
welche ihre Gewalt uͤber die Seelen der Men-
ſchen und uͤber den Himmel nicht haben er-
kennen wollen, in Haß und Rache entbrannt
geweſen ſind; dieſe haben eben eine ſolche Ge-
muͤthsgeſinnung, das iſt, eben einen ſolchen
Haß und Rachſucht wider die, ſo ſich ihnen
widerſetzen, als wie ſie in der Welt eine ge-
habt haben; ihre groͤßte Luſt iſt, zu wuͤten;
dieſes Wuͤten aber wird im andern Leben wi-
der ſie ſelber gekehrt; denn in ihren Hoͤllen,
mit welchen die Abend-Gegend angefuͤllt iſt,
raſet einer wider den andern, der ihm die
goͤttliche Gewalt abſpricht; aber von dieſen
ſoll ein mehreres geſagt werden in der Ab-
handlung vom letzten Gericht und dem
zerſtoͤrten Babel.
Wie aber die Hoͤllen in
dieſer Gegend geordnet ſeyn, kann ich nicht
wiſſen, nur ſo viel, daß die graͤßlich ſten Hoͤl-
len von dieſer Art auf den Seiten gegen die
mitternaͤchtliche Gegend ſind, die weniger
graͤßlichen aber gegen die mittaͤgige Gegend
zu;
[76]Von der Hoͤlle.
zu; alſo nimmt die Graͤßlichkeit der Hoͤllen
von der mitternaͤchtlichen Gegend an, gegen
die mittaͤgige zu, und auch Stufenwiſe ge-
gen Aufgang oder Morgen ab: gegen Mor-
gen daſelbſt ſind diejenigen, welche ſtolz ge-
weſen, und das Goͤttliche nicht geglaubt
haben, doch aber in keinem ſolchen Haß und
Rachſucht, und in keinem ſolchen Betrug ge-
lebt haben, wie diejenigen, ſo daſelbſt tiefer
in der Abend-Gegend ſind. Jn der Mor-
gen-Gegend ſind heut zu Tage keine Hoͤllen
mehr; die allda geweſen ſind, ſind in die A-
bend-Gegend vorwaͤrts verſetzt worden. Die
Hoͤllen in der mitternaͤchtlichen und mittaͤgi-
gen Gegend ſind vielerley; in dieſen befinden
ſich diejenigen, welche, da ſie in der Welt
gelebt, der Welt-Liebe ergeben geweſen, und
den daher ruͤhrenden Bosheiten von mancher-
ley Art, als da ſind Feindſchaft, Todfeind-
ſeligkeit, Diebereyen, Moͤrdereyen, Tuͤcke,
Geitz und Unbarmherzigkeit; die aͤrgſten Hoͤl-
len von dieſer Art ſind in der mitternaͤchtli-
chen Gegend, die gelindern in der mittaͤgigen;
die Grauſamkeit dieſer Hoͤllen nimmt zu, ſo
wie ſie naͤher bey der Abend-Gegend, und
auch weiter von der Mittags-Gegend ent-
fernt ſind, und nimmt ab gegen die Morgen-
Gegend, und auch gegen die Mittags-Ge-
gend zu. Hinter den Hoͤllen, die in der
Abend-Gegend ſind, ſind dunkele Waͤlder,
in welchen die boshaften Geiſter wie wilde
Thiere
[77]Von der Hoͤlle.
Thiere herumlaufen; ingleichen auch hinter
den Hoͤllen in der mitternaͤchtlichen Gegend.
Hinter den Hoͤllen aber in der mittaͤgigen Ge-
gend ſind Wuͤſteneyen, die ich ſchon oben er-
wehnt habe. So viel von der Lage der Hoͤllen.


588. Was die Vielheit der Hoͤllen anbe-
trifft, ſo ſind ſo viele Hoͤllen, als engliſche
Geſellſchaften in den Himmeln ſind, weil
einer jeden himmliſchen Geſellſchaft eine hoͤl-
liſche Geſellſchaft entgegen ſtehet; daß die
himmliſche Geſellſchaften unzaͤhlig, und al-
le nach dem Guten der Liebe, der thaͤtigen Lie-
be und des Glaubens unterſchieden ſeyen, le-
ſe man in dem Artikel von den Geſellſchaf-
ten, aus welchen die Himmel beſtehen, Num.
41-50; und in dem Artikel von der uner-
meßlichen Groͤſſe des Himmels, Num. 415-
420; eben ſo iſt es nun auch mit den hoͤlli-
ſchen Geſellſchaften, dieſe ſind nach dem Boͤ-
ſen unterſchieden, das dem Guten entgegen
ſtehet. Jegliches Boͤſe iſt von unendlicher
Mannigfaltigkeit, gleichwie jegliches Gute;
daß dem alſo ſey, koͤnnen diejenigen nicht
faſſen, die von einer jeden Bosheit, als zum
Exempel von der Verachtung, von der Feind-
ſchaft, von dem Haß, von der Rache, von
dem Betrug, und von andern dergleichen Bos-
heiten nur einen einfachen Begriff haben, ſie
muͤſſen aber wiſſen, daß eine jede Art dieſer
Bosheiten ſo viele beſondere Unterſchiede in
ſich
[78]Von der Hoͤlle.
ſich enthaͤlt, und daß dieſe wiederum ſo vie-
le beſondere Unterſchiede haben, daß, um ſie
alle zu zaͤhlen, ein ganzes Buch nicht hin-
laͤnglich waͤre; die Hoͤllen ſind nach den Un-
terſcheidungen einer jeden Bosheit ſo ordent-
lich unterſchieden, daß nichts ordentlichers
und nichts genauer unterſchieden ſeyn kann:
hieraus kann nun offenbar erſehen werden,
daß ſie unzaͤhlig ſind, daß eine nahe an der
andern, und eine weit von der andern iſt,
nach den Unterſchieden der Bosheiten uͤber-
haupt, insbeſondere und einzel genommen.
Es giebt auch Hoͤllen unter Hoͤllen; einige haben
eine Vergemeinſchaftung mit einander durch
Gaͤnge, und viele ſind durch Aushauchungen
mit einander vergemeinſchaftet, und dieſe
Vergemeinſchaftung verhaͤlt ſich gaͤnzlich ſo,
wie naͤmlich eine Art und eine Gattung der
Bosheit mit der andern verwandt iſt. Wie
groß die Anzahl der Hoͤllen ſey, iſt mir daraus
zu wiſſen gethan worden, daß unter allen
Bergen, Huͤgeln und Felſen, und auch unter
allen Ebenen und Thaͤlern Hoͤllen ſeyen, und
daß ſie ſich unter denſelben in die Laͤnge, Brei-
te und Tiefe erſtrecken; mit einem Wort,
der ganze Himmel, und die ganze Geiſter-
welt ſind gleichſam ausgehoͤhlt, und unter
denſelben eine Hoͤlle an der andern. Soviel
von der Vielheit oder Menge der Hoͤllen.


Von
[79]Von der Hoͤlle.

Von dem Gleichgewichte zwi-
ſchen Himmel und Hoͤlle.


589. Es muß zwiſchen allen Dingen ein
Gleichgewicht ſeyn, wenn etwas entſtehen
ſoll; ohne Gleichgewicht findet keine Wuͤr-
kung und keine Gegenwuͤrkung ſtatt, denn
das Gleichgewicht iſt zwiſchen zwey Kraͤften,
davon die eine wuͤrket und die andere entge-
gen wuͤrket; der Stillſtand aus gleicher Wuͤr-
kung und Gegenwuͤrkung heißt das Gleich-
gewicht. Jn der natuͤrlichen Welt iſt ein
Gleichgewicht zwiſchen allen und jeden Din-
gen, uͤberhaupt zwiſchen den Lufftkreiſen ſel-
ber, in welchen das Untere um ſo viel entge-
gen wuͤrket und widerſtehet, um ſo viel das
Obere wuͤrket und druͤcket: in der natuͤrli-
chen Welt iſt auch ein Gleichgewicht zwiſchen
Hitze und Kaͤlte, zwiſchen Licht und Schat-
ten, und zwiſchen Trockenheit und Feuchte,
die Mittelmaͤßigkeit iſt das Gleichgewicht:
es iſt auch ein Gleichgewicht zwiſchen allen
Dingen der drey Reiche der Welt, naͤmlich
des mineraliſchen, Gewaͤchs- und Thier-
Reichs; denn ohne Gleichgewicht entſtehet
und beſtehet in denſelben nichts: es iſt uͤber-
all gleichſam von der einen Seite ein wuͤrken-
des und von der andern ein entgegen wuͤrken-
des Beſtreben. Alles Entſtehen oder alle
Wuͤrkung geſchiehet in dem Gleichgewicht,
ſie
[80]Von der Hoͤlle.
ſie geſchiehet aber dadurch, daß eine Kraft
wuͤrket, die andere aber die Wuͤrkung leidet,
oder daß eine Kraft mit ihrer Wuͤrkung ein-
fließt, die andere aber ſolche annimmt und
gehoͤrig nachgiebt. Jn der natuͤrlichen Welt
nennet man das Wuͤrkende und das Entge-
genwuͤrkende eine Kraft und auch ein Be-
ſtreben; aber in der geiſtlichen Welt wird das
Wuͤrkende und das Entgegenwuͤrkende das
Leben und der Wille genennet; das Leben
daſelbſt iſt eine lebendige Kraft, und der Wil-
le iſt ein lebendiges Beſtreben, und das Gleich-
gewicht ſelber heißt die Freyheit oder der freye
Wille: das geiſtliche Gleichgewicht demnach
oder die Freyheit entſtehet und beſtehet zwi-
ſchen dem Guten, das von der einen Seite
wuͤrket, und dem Boͤſen, das von der andern
Seite entgegen wuͤrket, oder aber zwiſchen
dem Boͤſen, das von der einen Seite wuͤr-
ket, und dem Guten, das von der andern
Seite entgegen wuͤrket; das Gleichgewicht
zwiſchen dem wuͤrkenden Guten und dem ent-
gegen wuͤrkenden Boͤſen findet bey den Gu-
ten ſtatt, aber das Gleichgewicht zwiſchen
dem wuͤrkenden Boͤſen und dem entgegen wuͤr-
kenden Guten findet bey den Boͤſen ſtatt:
daß zwiſchen dem Guten und Boͤſen ein geiſt-
liches Gleichgewicht iſt, kommt daher, weil
alles Leben des Menſchen ſich auf das Gute
und auf das Boͤſe beziehet, und der Wille
das Behaͤltnis deſſelben iſt: es iſt auch zwi-
ſchen
[81]Von der Hoͤlle.
ſchen dem Wahren und Falſchen ein Gleich-
gewicht, aber dieſes haͤngt von dem Gleichge-
wicht zwiſchen dem Guten und Boͤſen ab:
das Gleichgewicht zwiſchen dem Wahren und
Falſchen iſt ſo, wie das zwiſchen dem Licht
und Schatten, die um ſo viel in die Dinge
des Gewaͤchsreichs wuͤrken, um ſo viel in
dem Licht und Schatten Hitze und Kaͤlte iſt;
daß das Licht und der Schatten aus ſich ſel-
ber nichts wuͤrken, ſondern daß es die Hitze
ſey, die durch ſelbige wuͤrket, kann man ab-
nehmen von eben dem Licht und Schatten
zur Winters- und Fruͤhlings-Zeit. Dieſe
Vergleichung des Wahren und Falſchen mit
dem Licht und Schatten kommt aus der Ue-
bereinſtimmung, denn das Wahre ſtimmet
mit dem Licht, das Falſche mit dem Schat-
ten, und die Hitze mit dem Guten der Liebe
uͤberein, auch iſt das geiſtliche Licht das Wah-
re, der geiſtliche Schatten iſt das Falſche,
und die geiſtliche Hitze oder Waͤrme iſt das
Gute der Liebe; hiervon leſe man in dem
Artikel von dem Licht und der Waͤrme im
Himmel Num. 126-140.


590. Zwiſchen Himmel und Hoͤlle iſt ein
immerwaͤhrendes Gleichgewicht; aus der Hoͤl-
le duͤnſtet und ſteiget das Beſtreben, Boͤſes
zu thun, beſtaͤndig auf, und aus dem Him-
mel duͤnſtet und ſteiget das Beſtreben, Gutes
zu thun, beſtaͤndig herab; in dieſem Gleich-
fgewicht
[82]Von der Hoͤlle.
gewicht iſt die Geiſterwelt, welche mitten zwi-
ſchen Himmel und Hoͤlle iſt, wie man oben
Num. 421-431 nachleſen kann. Daß die
Geiſterwelt in dieſem Gleichgewicht iſt, iſt
die Urſache, weil ein jeder Menſch nach dem
Tod zuerſt in die Geiſterwelt kommt, und
allda in eben dem Zuſtand gehalten wird, in
welchem er in der Welt geweſen, welches
nicht geſchehen koͤnnte, wenn nicht daſelbſt
das genaueſte Gleichgewicht waͤre, weil eben
dadurch alle und jede gepruͤft werden, wie
ſie eigentlich beſchaffen ſind, denn in der Gei-
ſterwelt ſind ſie ihrem freyen Willen uͤberlaſ-
ſen, als wie ſie in der Welt einen gehabt ha-
ben: das geiſtliche Gleichgewicht iſt die Frey-
heit oder der freye Wille des Menſchen und
des Geiſtes, wie ich kurz vorher in der 589 ſten
Nummer geſagt habe. Wie der freye Wil-
le eines jedes beſchaffen iſt, wird in der Gei-
ſterwelt von den Engeln des Himmels
durch die Vergemeinſchaftung der Neigungen
und der daher ruͤhrenden Gedanken erkannt;
ja, dieſes koͤnnen die engliſchen Geiſter au-
genſcheinlich ſehen durch die Wege, welche
die Geiſter gehen; denn die guten Geiſter ge-
hen die Wege, ſo zum Himmel fuͤhren, hin-
gegen die boͤſen Geiſter gehen die Wege, ſo
zur Hoͤlle fuͤhren: in der Geiſterwelt erſchei-
nen wuͤrklich Wege; und das iſt auch die Ur-
ſache, daß, wenn in dem Wort von Wegen
die Rede iſt, durch ſolche die Wahrheiten an-
gedeu-
[83]Von der Hoͤlle.
gedeutet werden, ſo zum Guten fuͤhren, und
im entgegenſtehenden Sinn die Falſchheiten,
ſo zum Boͤſen fuͤhren: und daher kommt es
auch, daß in dem Wort durch gehen, wan-
deln
und reiſen die Fortgaͤnge des Lebens an-
gedeutet werden *): dieſe Wege ſind mir
oͤfters zu ſehen gegeben worden, und auch,
wie die Geiſter auf denſelben freywillig nach
ihren Neigungen und den daher ruͤhrenden
Gedanken giengen und wandelten.


591. Daß aus der Hoͤlle das Boͤſe beſtaͤn-
dig ausgehaucht wird und aufſteiget, und aus
dem Himmel das Gute beſtaͤndig ausgehaucht
wird und herabſteiget, kommt daher, weil ei-
nen jeden ein geiſtlicher Umkreis umgiebt, und
dieſer Umkreis aus dem Leben der Neigungen
und der daher ruͤhrenden Gedanken ausflieſſet
und ausbricht; und weil ein ſolcher Umkreis
des Lebens aus einem jeden ausfließt, ſo flieſ-
ſet er dahero auch aus einer jeden himmliſchen
Geſellſchaft und aus einer jeden hoͤlliſchen Ge-
ſellſchaft, folglich aus allen zugleich, das iſt,
aus dem ganzen Himmel, und aus der ganzen
Hoͤlle aus: daß aus dem Himmel das Gute
ausfließt, iſt darum, weil alle die, ſo ſich all-
f 2da
[84]Von der Hoͤlle.
da befinden, in dem Guten ſind; und daß aus
der Hoͤlle das Boͤſe ausfließt, kommt daher,
weil alle die, ſo ſich allda befinden, in dem
Boͤſen ſtehen Alles Gute aus dem Himmel
kommt vom Herrn, denn alle Engel in den
Himmeln werden von ihrem Eigenen abgezo-
gen, und in dem Eigenen des Herrn gehalten,
welcher das Gute ſelber iſt; aber alle Gei-
ſter in den Hoͤllen ſind in ihrer Eigenheit, und
das Eigene eines jeden iſt weiter nichts, als
Boͤſes, weil es nichts, als Boͤſes iſt, ſo iſt
es die Hoͤlle. Hieraus kann nun erhellen, daß
das Gleichgewicht, worinnen die Engel in den
Himmeln, und die Geiſter in den Hoͤllen ge-
halten werden, nicht ſo beſchaffen iſt, wie das
Gleichgewicht in der Geiſterwelt; das Gleich-
gewicht der Engel in den Himmeln verhaͤlt ſich
ſo, um ſo viel ſie naͤmlich in dem Guten ha-
ben ſeyn wollen, oder um ſo viel ſie in der
Welt in dem Guten gelebt, und alſo auch,
um ſo viel ſie das Boͤſe verabſcheuet haben;
aber das Gleichgewicht der Geiſter in der Hoͤl-
le verhaͤlt ſich ſo, um ſo viel ſie in dem Boͤſen
haben ſeyn wollen, oder um ſo viel ſie in der
Welt im Boͤſen gelebt, und alſo auch, um
ſo viel ſie ſich im Herzen und im Geiſt dem
Guten widerſetzt haben.


592. Wofern nicht der Herr ſowohl die
Himmel, als die Hoͤllen regierete, ſo wuͤrde
kein Gleichgewicht ſeyn, und wenn kein Gleich-
gewicht
[85]Von der Hoͤlle.
gewicht waͤre, ſo wuͤrde weder Himmel, noch
Hoͤlle ſeyn; denn alle und jede Dinge in dem
Weltall, das iſt, ſo wohl in der natuͤrlichen
Welt, als in der geiſtlichen Welt beſtehen aus
dem Gleichgewicht; daß dem alſo ſey, kann
ein jeder vernuͤnftiger Menſch begreiffen; man
gebe einmal auf einer Seite ein Uebergewicht,
und auf der ander keinen Widerſtand, wuͤrde
da nicht beydes zu Grunde gehen? alſo wuͤr-
de es auch in der geiſtlichen Welt ſeyn, wenn
nicht das Gute dem Boͤſen widerſtehen, und
deſſen Ueberſprung unaufhoͤrlich zuruͤckhalten
wuͤrde; wenn dieſes nicht einzig und allein
das Goͤttliche thaͤte, ſo wuͤrde ſowohl der
Himmel, als die Hoͤlle, und nebſt ſolchen das
ganze menſchliche Geſchlecht untergehen: ich
ſage, wenn dieſes nicht einzig und allein das
Goͤttliche thaͤte, ſo wuͤrde, weil das Eigene
eines jeden, ſo wohl des Engels, als des Gei-
ſtes, und des Menſchen weiter nichts, als
Boͤſes iſt, wie oben Num. 591. gezeigt wor-
den, weder die Engel, noch die Geiſter dem
Boͤſen, das aus den Hoͤllen ausgehaucht wird,
nimmermehr widerſtehen koͤnnen, weil ſie al-
le aus dem Eigenen zur Hoͤlle zielen. Hier-
aus erhellet, daß, wenn nicht der Herr al-
lein
ſowohl die Himmel, als die Hoͤllen regie-
rete, ſo wuͤrde kein einziger jemalen ſelig wer-
len. Ueber dieſes machen alle Hoͤllen ein Ein-
ziges aus, denn alles Boͤſe in den Hoͤllen iſt
mit einander verknuͤpft, ſo wie auch das Gu-
f 3te
[86]Von der Hoͤlle.
te in den Himmeln; und allen Hoͤllen, wel-
che unzaͤhlig ſind, und zuſammen gegen den
Himmel, und gegen alle diejenigen wuͤrken,
ſo darinnen ſind, Widerſtand zu thun, ver-
mag ſonſt niemand, als allein das Goͤttliche,
welches lediglich vom Herrn ausgehet.


593. Das Gleichgewicht zwiſchen den
Himmeln und Hoͤllen nimmt ab und zu, je
nachdem die Anzahl derer, die in den Himmel
kommen, und derer, die in die Hoͤlle kommen,
klein oder groß iſt, und taͤglich kommen ihrer
viele tauſend hinein, dieſes aber zu wiſſen und
inne zu werden, gleichſam in den wagerech-
ten Stand zu richten und in die Gleichheit
zu bringen, vermag kein Engel, ſondern der
Herr allein, denn das vom Herrn ausgehen-
de Goͤttliche iſt allgegenwaͤrtig, und ſiehet uͤber-
all, wo etwas wanken will; der Engel ſiehet
nur, was nahe bey ihm iſt, und wird nicht
einmal bey ſich inne, was in ſeiner Geſell-
ſchaft vorgeht.


594. Wie alles in den Himmeln und Hoͤl-
len alſo geordnet ſey, daß alle und jede, wel-
che darinnen ſind, in ihrem Gleichgewicht ſey-
en, das kann einigermaſſer aus dem erhellen,
was ich oben von den Himmeln und von den
Hoͤllen geſagt und gezeigt habe, daß naͤmlich
alle Geſellſchaften des Himmels nach dem Gu-
ten, und nach deſſen Arten und Gattungen
auf
[87]Von der Hoͤlle.
auf das ordentlichſte unterſchieden ſeyen; und
alle Geſellſchaften der Hoͤlle nach dem Boͤſen,
und deſſen Arten und Gattungen; und daß
unter einer jeden himmliſchen Geſellſchaft ei-
ne hoͤlliſche Geſellſchaft befindlich iſt, die ſich
vermoͤge des Gegentheils auf ſelbige beziehet,
aus welcher entgegen ſtehenden Beziehung das
Gleichgewicht entſpringt; derowegen wird
vom Herrn ohne Unterlaß Vorſehung gethan,
daß nicht die unter der himmliſchen Geſell-
ſchaft befindliche hoͤlliſche Geſellſchafft das Ue-
bergewicht bekomme; und ſo fern ſie anfaͤngt,
Uebergewicht zu bekommen, wird ſie durch man-
cherley Mittel im Zaum gehalten und zum wa-
gerechten Stand des Gleichgewichts gebracht:
dieſer Mittel giebt es vielerley, davon ſollen aber
nur etliche beruͤhrt werden; einige Mittel bezie-
hen ſich auf eineſtaͤrkere Gegenwart des Herrn;
einige, auf eine genauere Vergemeinſchaftung
und Verbindung einer oder mehrerer Geſell-
ſchaften mit andern; einige, auf die Auswerfung
der uͤberfluͤßigen hoͤlliſchen Geiſter in die Wuͤſte-
neyen; einige, auf die Verſetzung einiger Gei-
ſter aus einer Hoͤlle in die andre; einige dar-
auf, daß diejenigen, welche in den Hoͤllen
ſind, in die Ordnung gebracht werden, und
dieſes geſchiehet auf mancherley Weiſe; eini-
ge, auf die Verbergung einiger Hoͤllen unter
dichtere und ſtaͤrkere Verſchlieſſungen oder Be-
deckungen; wie auch, auf die Hinablaſſung
in tiefere Hoͤllen; auſſer andern Mitteln,
f 4auch
[88]Von der Hoͤlle.
auch in den Himmeln, welche uͤber den Hoͤl-
len ſind. Dieſes iſt deswegen geſagt worden,
damit man einigermaſſen inne werde, daß der
Herr allein Vorſehung thue, daß uͤberall zwi-
ſchen dem Guten und Boͤſen, und alſo zwi-
ſchen Himmel und Hoͤlle ein Gleichgewicht ſey;
denn auf einen ſolchen Gleichgewicht beruhet
das Heil aller, die in den Himmeln, und al-
ler, die auf Erden ſind.


595. Es iſt zu wiſſen, daß die Hoͤllen
den Himmel beſtaͤndig anfallen, und ſich
beſtreben, ihn zerſtoͤren zu wollen, und daß
der Herr die Himmel beſtaͤndig beſchuͤtze,
indem Er diejenigen, welche darinnen ſind,
von dem Boͤſen, das aus ihrem Eigenen
iſt, abziehet, und in dem von Jhm aus-
gehenden Guten haͤlt: es wurde mir oftmals
gegeben, den aus den Hoͤllen ausflieſſenden
Umkreis zu empfinden, welcher voͤllig ein Um-
kreis der Beſtrebungen war, das Goͤttliche
des Herrn, und alſo den Himmel zerſtoͤren
zu wollen: es wurden auch etlichemal die
Aufwallungen einiger Hoͤllen von mir em-
pfunden, dieſe Aufwallungen waren Beſtre-
bungen, ausbrechen und zerſtoͤren zu wol-
len; hingegen aber greifen die Himmel nie-
mals die Hoͤllen an, denn der vom Herrn aus-
gehende goͤttliche Umkreis iſt ein beſtaͤndiges
Beſtreben, alle ſelig machen zu wollen; und
weil diejenigen, welche in den Hoͤllen ſind,
nicht
[89]Von der Hoͤlle.
nicht ſelig werden koͤnnen, darum, weil alle,
ſo ſich darinnen befinden, in dem Boͤſen und
wider das Goͤttliche des Herrn ſind, ſo wer-
den dahero in den Hoͤllen, ſoviel moͤglich, die
Anfaͤlle gebaͤndiget, und die Wuth in Schran-
ken gehalten, damit ſie nicht gegen die daſelbſt
befindlichen unter einander ſelber uͤber die
Maaſen ausbreche; welches auch durch un-
zaͤhlige Mittel der goͤttlichen Macht geſchiehet.


596. Die Himmel ſind in zwey Rei-
che unterſchieden, naͤmlich in das himmli-
ſche Reich und in das geiſtliche Reich, von
denen man oben Num. 20-28. nachleſen
kann; eben ſo ſind auch die Hoͤllen in zwey
Reiche unterſchieden eins von dieſen Rei-
chen ſtehet dem himmliſchen Reich, und das
andere dem geiſtlichen Reich entgegen; das-
jenige, ſo dem himmliſchen Reich entgegen
ſtehet, iſt in der Abend-Gegend, und die,
ſo darinnen ſind, werden Genii genennet;
dasjenige aber, ſo dem geiſtlichen Reich ent-
gegen ſtehet, iſt in der mitternaͤchtlichen und
mittaͤgigen Gegend, und die, ſo darinnen
ſind, werden Geiſter (Spiritus) genennet. Al-
le diejenigen, die in dem himmliſchen Reich
ſind, ſtehen in der Liebe zum Herrn, und
alle die, ſo in denen Hoͤllen ſind, welche
dieſem Reich entgegen ſtehen, ſind der Ei-
genliebe ergeben; aber alle die, ſo in dem
geiſtlichen Reich ſind, ſtehen in der Liebe
f 5gegen
[90]Von der Hoͤlle.
gegen den Naͤchſten, hingegen alle diejenigen,
ſo in denen Hoͤllen befindlich ſind, welche
dieſem Reich entgegen ſtehen, ſind der Welt-
Liebe ergeben; hieraus wurde mir offenbar,
daß die Liebe zum Herrn und die Eigenlie-
be einander entgegen ſtehen; desgleichen auch
die Liebe gegen den Naͤchſten und die Welt-
Liebe. Der Herr thut ohne Unterlaß Vor-
ſehung, daß nicht das geringſte aus denen
Hoͤllen, die dem himmliſchen Reich entgegen
ſtehen, gegen diejenigen ausflieſſe, welche im
geiſtlichen Reich ſind, denn wenn dieſes ge-
ſchehen wuͤrde, ſo wuͤrde das geiſtliche Reich
zu Grunde gehen, die Urſache davon leſe
man oben Num. 578. 579. Dieſe zwey
allgemeinen Gleichgewichte werden vom Herrn
beſtaͤndig unverruͤckt erhalten.


Daß der Menſch durch das
Gleichgewicht, das zwiſchen Himmel
und Hoͤlle iſt, in der Freyheit ſey.


597. Jch habe oben von dem Gleichgewicht,
das zwiſchen Himmel und Hoͤlle iſt, gehandelt
und gezeigt, daß dieſes Gleichgewicht zwiſchen
dem aus dem Himmel ausflieſſenden Guten, und
dem aus der Hoͤlle ausflieſſenden Boͤſen ſey,
daß es alſo ein geiſtliches Gleichgewicht ſey,
welches
[91]Von der Hoͤlle.
welches in ſeinem Weſen die Freyheit oder
der freye Wille iſt. Daß das geiſtliche
Gleichgewicht in ſeinem Weſen die Frey-
heit ſey, iſt die Urſache, weil es zwiſchen
dem Guten und Boͤſen, und zwiſchen dem
Wahren und Falſchen iſt, dieſe aber geiſt-
lich ſind; das Gute nun, oder das Boͤſe
wollen zu koͤnnen, und das Wahre oder
das Falſche denken zu koͤnnen, und eins
vor dem andern erwaͤhlen zu koͤnnen, das
iſt die Freyheit, von welcher hier die Rede
iſt. Dieſe Freyheit wird vom Herrn ei-
nem jeden Menſchen gegeben, und ihm nie-
mals genommen; ſie iſt zwar vermoͤge ih-
res Urſprungs nicht dem Menſchen, ſon-
dern dem Herrn eigen, weil ſie vom Herrn
kommt, ſie wird aber dennoch dem Men-
ſchen mit dem Leben geſchenkt, als waͤre ſie
ſein eigen; und dieſes aus der Urſache, da-
mit der Menſch umgebildet und ſelig wer-
den koͤnne, denn ohne die Freyheit findet
keine Umbildung und kein Seligwerden
ſtatt. Ein jeder kann durch eine vernuͤnf-
tige Betrachtung einſehen, daß es in des
Menſchen Freyheit oder freyen Wille ſte-
he, boͤſe oder gut, aufrichtig oder unaufrichtig,
gerecht oder ungerecht zu denken; und daß er
auch gut, aufrichtig und gerecht reden und han-
deln koͤnne, aber nicht boͤſe, unaufrichtig und
ungerecht wegen der geiſtlichen, ſittlichen und
buͤrgerlichen Geſetze, wodurch ſein Aeuſſer-
liches
[92]Von der Hoͤlle.
liches in Banden gehalten wird. Hieraus
erhellet, daß der Geiſt des Menſchen, der
es eben iſt, der da denket und will, in der
Freyheit ſey, aber nicht alſo das Aeuſſerli-
che des Menſchen, welches redet und thut,
dieſes aber ſonſt nicht, als nach obgemeld-
ten Geſetzen.


598. Daß der Menſch nicht umgebildet
werden koͤnne, wenn er nicht einen freyen
Willen hat, iſt die Urſache, weil er in das
Boͤſe von allerley Art geboren wird, wel-
ches doch aus dem Weg geraͤumt werden
muß, damit er ſelig werden koͤnne; es kann aber
nicht aus dem Weg geraͤumt werden, wofern er
es nicht in ſich ſiehet und erkennet, und hernach
es nicht will, und endlich verabſcheuet, alsdenn
erſt wird es aus dem Weg geraͤumt: dieſes
kann nicht geſchehen, wofern nicht der Menſch
ſowohl im Guten, als im Boͤſen iſt, denn
aus dem Guten kann er das Boͤſe ſehen,
aber nicht aus dem Boͤſen das Gute; das
geiſtliche Gute, welches der Menſch denken
kann, lernet er von Kindheit an aus Leſung
des Worts, und aus der Predigt; und das
ſittliche und buͤrgerliche Gute lernet er aus
dem weltlichen Leben; das iſt die erſte Ur-
ſache, warum der Menſch in der Freyheit
ſeyn muß. Die andere Urſache iſt, daß
dem Menſchen ſonſt nichts zugeeignet wird,
als was er aus der von der Liebe herruͤh-
renden
[93]Von der Hoͤlle.
renden Zuneigung thut; das uͤbrige kann
zwar in ihm eingehen, aber nicht weiter,
als in das Denken, keineswegs aber in den
Willen, und was nicht bis in den Willen
des Menſchen eingeht, das wird nicht ſein
eigen, denn das Denken nimmt das Seini-
nige aus dem Gedaͤchtnis, der Wille aber
unmittelbar aus dem Leben her: nimmer-
mehr iſt etwas in Freyheit, wenn es nicht
aus dem Willen, oder welches einerley iſt,
aus der von der Liebe herruͤhrenden Zunei-
gung kommt; denn was der Menſch will
oder liebet, das thut er freywillig; daher
kommt es, daß die Freyheit des Menſchen,
und die Zuneigung, die aus ſeiner Liebe oder
aus ſeinem Willen entſteht, Eins ſind; der
Menſch hat demnach die Freyheit deswe-
gen, damit er von dem Wahren und Gu-
ten einen Eindruck bekommen, und es lie-
ben koͤnne, und damit es alſo wie ſein ei-
gen werden moͤge: mit einem Wort, was
nicht bey dem Menſchen in Freyheit ein-
geht, das bleibt nicht bey ihm, weil es ſei-
ner Liebe oder ſeinem Willen nicht eigen
iſt, und was nicht der Liebe oder dem Wil-
len des Menſchen eigen iſt, das iſt auch
ſeinem Geiſt nicht eigen; denn das Seyn
oder Weſen des Geiſtes des Menſchen iſt
die Liebe oder der Wille; Liebe oder Wille,
ſage ich, weil der Menſch das, was er lie-
bet, auch will. Dieſes iſt nun alſo die
Urſache,
[94]Von der Hoͤlle
Urſache, daß der Menſch ſonſt nicht, als
in der Freyheit, umgeſchmolzen werden kann.
Aber von der Freyheit des Menſchen leſe
man ein mehreres in den himmliſchen Ge-
heimniſſen,
und zwar kann man die ange-
fuͤhrten Stellen nachſchlagen, welche am
Ende dieſes Artikels befindlich ſind.


599. So wie nun der Menſch in der
Freyheit ſeyn muß, aus der Urſache, da-
mit er koͤnne geaͤndert werden, ſo wird er
dahero auch ſeinem Geiſte nach mit dem Him-
mel und mit der Hoͤlle verbunden: denn
bey einem jeden Menſchen ſind Geiſter aus
der Hoͤlle, und Engel aus dem Himmel;
durch die Geiſter aus der Hoͤlle iſt der Menſch
in ſeinem Boͤſen, aber durch die Engel aus
dem Himmel iſt der Menſch in dem vom
Herrn ausgehenden Guten; und alſo in
einem geiſtlichen Gleichgewicht, das iſt, in
der Freyheit oder im freyen Willen. Daß
einem jeden Menſchen Engel aus dem Him-
mel, und Geiſter aus der Hoͤlle zugefuͤgt
ſeyen, leſe man in dem Artikel von der
Verbindung des Himmels mit dem menſch-
lichen Geſchlecht Num. 291-302.


600. Es zu wiſſen, daß der Menſch
mit dem Himmel und mit der Hoͤlle nicht un-
mittelbar, ſondern mittelbar durch die in
der
[95]Von der Hoͤlle.
der Geiſterwelt befindliche Geiſier verbun-
den werde; dieſe Geiſter ſind bey dem Men-
ſchen, aber keine aus der Hoͤlle ſelber, und
keine aus dem Himmel ſelber; durch die in
der Geiſterwelt befindliche boͤſe Geiſter wird
der Menſch mit der Hoͤlle verbunden, und
durch die daſelbſt befindliche guten Geiſter
wird er mit dem Himmel verbunden: weil
ſich nun die Sache alſo verhaͤlt, ſo iſt da-
hero die Geiſterwelt mitten zwiſchen Him-
mel und Hoͤlle, und in der Geiſterwelt iſt
das Gleichgewicht ſelber. Daß die Geiſter-
welt das Mittlere zwiſchen Himmel und
Hoͤlle ſey, leſe man in dem Artikel von der
Geiſterwelt, Num. 421-431; und daß das
Gleichgewicht zwiſchen Himmel und Hoͤlle
unmitttelbar in der Geiſterwelt ſey, leſe
man in dem kurz vorhergehenden Artikel
Num. 589-596. Hieraus erhellet nun,
woher bey dem Menſchen die Freyheit oder
der freye Wille komme.


601. Jch will auch noch etwas von de-
nen Geiſtern ſagen, die dem Menſchen zu-
gefuͤgt ſind: es kann eine ganze Geſellſchaft
durch einen von ſich ausgeſandten Geiſt ei-
ne Vergemeinſchaftung haben mit einer an-
dern Geſellſchaft, und auch mit einem andern
allein, er mag ſeyn, wo er will; dieſer aus-
geſandte Geiſt wird genannt der Unterhaͤnd-
ler
[96]Von der Hoͤlle.
ler von vielen (Subjectum plurium:) eben
ſo verhaͤlt ſichs mit der Verbindung des Men-
ſchen mit den Geſellſchaften im Himmel,
und mit den Geſellſchaften in der Hoͤlle,
vermittelſt der Geiſter, die dem Menſchen
aus der Geiſterwelt zugefuͤgt werden. Hier-
von leſe man auch in den himmliſchen Ge-
heimniſſen
diejenigen Stellen, welche ganz
am Ende angefuͤhrt worden.


602. Zuletzt muß ich noch etwas geden-
ken von dem Eingepflanzten, welches der
Menſch aus dem Einfluß des Himmels hat,
in Anſehung ſeines Lebens nach dem Tod:
es waren einige aus dem einfaͤltigen Poͤbel,
die in der Welt und im Guten des Glaubens
gelebt hatten; dieſe wurden in eben den Zu-
ſtand gebracht, in welchem ſie in der Welt
geweſen waren, (dieſes kann einem jeden wie-
derfahren, wenn es der Herr zulaͤßt) und
ſodann zeigte ſichs, was ſie vom Zuſtand des
Menſchen nach dem Tod fuͤr einen Begriff
gehabt hatten: ſie ſagten, es haͤtten ſie eini-
ge Klugen in der Welt gefragt, was ſie denn
von ihrer Seele nach geendigten Leben in der
Welt daͤchten? worauf ſie geantwortet, ſie
wuͤßten nicht, was die Seele ſey; ſie haͤt-
ten ferner gefragt, was ſie denn von ihrem
Zuſtand nach dem Tod glaubten? worauf
ſie geantwortet, ſie glaubten, daß ſie nach
dem
[97]Von der Hoͤlle.
dem Tod als Geiſter leben wuͤrden; alsdenn
haͤtten ſie wieder gefragt, was ſie denn vom
Geiſt glaubten? worauf ſie geantwortet, er
ſey ein Menſch; ſie haͤtten weiter gefragt,
woher ſie dieſes wuͤßten? worauf ſie geant-
wortet, ſie wuͤßten es, weil es alſo ſey: die-
ſe Klugen hatten ſich nun gewundert, daß
die Einfaͤltigen einen ſolchen Glauben haͤt-
ten, und ſie nicht. Hieraus wurde mir of-
fenbar, daß bey einem jeden Menſchen, der
mit dem Himmel in Verbindung ſtehet, et-
was Eingepflanztes, in Anſehung ſeines Le-
bens, nach dem Tod, vorhanden ſey: dieſes
Eingepflanzte kommt nicht anderswoher, als
von dem Einfluß aus dem Himmel, das iſt,
durch den Himmel vom Herrn, vermittelſt
der Geiſter, welche aus der Geiſterwelt dem
Menſchen zugefuͤgt ſind, und diejenigen ha-
ben es, bey welchen das freywillige Den-
ken
nicht erſtickt worden iſt, durch eingeſoge-
ne und mit mancherley Vorurtheilen bekraͤf-
tigte Scheingruͤnde in Anſehung der Seele
des Menſchen, indem die meiſten vorgeben,
ſie ſey bloſſes Denken, oder ein lebhaftes
Weſen, (principium animatum) deſſen Sitz
ſie in dem Koͤrper aufſuchen; da doch die
Seele nichts anders iſt, als das Leben des
Menſchen, der Geiſt aber iſt der Menſch
ſelber, und der irrdiſche Leib, den er in der
Welt herumtraͤgt, iſt nur ein dienſtbares
Sw. Sch.II.Th. gWerk-
[98]Von der Hoͤlle.
Werkzeug, wodurch der Geiſt, welcher der
Menſch ſelber iſt, in der natuͤrlichen Welt
ſeine gehoͤrige Wuͤrkung thut.


603. Was ich nun in dieſem Werk vom
Himmel, von der Geiſterwelt und von der
Hoͤlle, geſagt habe, wird denen dunkel
ſeyn, welche keine Luſt haben, geiſtliche
Wahrheiten zu wiſſen, denen aber wird
es klar und deutlich ſeyn, welche Luſt
dazu haben, hauptſaͤchlich denen, wel-
che eine Neigung zur Wahrheit haben
um der Wahrheit willen, das iſt, wel-
che die Wahrheit lieben, weil ſie Wahr-
heit iſt; denn was man liebet, das drin-
get mit dem Licht in die Begriffe des
Gemuͤthes ein, vornehmlich, wenn man
die Wahrheit liebet, weil alle Wahr-
heit im Lichte iſt.



Geſamm-
[99]Von der Hoͤlle.

Geſammelte Stellen aus den
himmliſchen Geheimniſſen,

betreffend die Freyheit des Menſchen,
den Einfluß, und die Geiſter, durch
welche die Vergemeinſchaftun-
gen geſchehen.


Von der Freyheit. Alle Freyheit kommt
von der Liebe oder Zuneigung her, weil
der Menſch dasjenige, was er liebt, frey-
willig thut, man leſe daſelbſt Num. 2870.
3158. 8907. 8990. 9585. 9591. Weil
die Freyheit der Liebe eigen iſt, ſo iſt ſie das
Leben eines jedweden, Num. 2873. Es
ſcheinet dem Menſchen ſonſt nichts eigen
zu ſeyn, als was aus der Freyheit herkommt,
Num. 2880. Es giebt eine himmliſche und
eine hoͤlliſche Freyheit, Num. 2870. 2873.
2874. 9589. 9590.


Die himmliſche Freyheit entſteht von
der himmliſchen Liebe, oder von der Liebe
zum Guten und Wahren, Num. 1947.
2870. 2872. Und weil die Liebe zum Gu-
ten und Wahren vom Herrn kommt, ſo
beſtehet die Freyheit ſelber darinnen, daß man
g 2ſich
[100]Von der Hoͤlle.
ſich vom Herrn fuͤhren laſſe, Num. 892.
905. 2872. 2886. 2890. 2891. 2892.
9096. 9586. 9587. 9589. 9590. 9591.


Der Menſch wird vom Herrn durch die
Wiedergeburt in die himmliſche Freyheit
eingefuͤhrt, Num. 2874. 2875. 2882. 2892.
Der Menſch muß Freyheit haben, damit er
koͤnne wiedergeboren werden, Num. 1937.
1947. 2876. 2881. 3145. 3146. 3158.
4031. 8700. Sonſt kann dem Menſchen
die Liebe zum Guten und Wahren nicht ein-
gepflanzt, noch ihm ſcheinbarer Weiſe als die
ſeinige zugeeignet werden, Num. 2877. 2879.
2880. 2888. Was aus Zwang geſchieht,
das kann unmoͤglich mit dem Menſchen ver-
bunden werden, Num. 8700. 2875. Wenn
der Menſch aus Zwang gebeſſert werden
koͤnnte, ſo wuͤrden alle ſelig werden, Num.
2881. Der Zwang bey der Beſſerung iſt
ſchaͤdlich, Num. 4031. Aller Gottesdienſt,
der aus Freyheit geſchieht, iſt ein Gottes-
dienſt, nicht aber der, ſo aus Zwang geſchieht,
Num. 1947. 2880. 7349. 10097. Die
Buſſe oder Sinnesaͤnderung muß im frey-
willigen Zuſtand geſchehen, die aber im ge-
zwungenen Zuſtand geſchiehet, taugt nichts,
Num. 8392. Welches die gezwungenen
Zu-
[101]Von der Hoͤlle.
Zuſtaͤnde ſeyen, iſt Num. 8392. gezeigt
worden.


Es iſt dem Menſchen gegeben worden,
aus der Freyheit ſeiner Vernunft zu han-
deln, damit fuͤr ſein Gutes Vorſehung ge-
than werde, und dahero iſt der Menſch in
der Freyheit, auch ſogar das Boͤſe zu den-
ken und zu wollen, und auch zu thun, ſo
viel es die Geſetze nicht verbieten, Num.
10777. Der Herr haͤlt den Menſchen
zwiſchen Himmel und Hoͤlle, und alſo im
Gleichgewicht, damit er der Umbildung we-
gen in der Freyheit ſeyn moͤge, Num.
5982. 6477. 8209. 8907. Was in der
Freyheit eingepflanzt wird, das bleibt, was
aber im Zwang eingepflanzt wird, das bleibt
nicht, Num. 9588. Dahero wird keinem
die Freyheit genommen, Num. 2876.
2881. Daß der Herr keinen einzigen zwin-
ge, leſe man Num. 1937. 1947.


Sich ſelber zwingen, geſchiehet aus Frey-
heit, aber gezwungen werden, geſchiehet
nicht aus Freyheit, Num. 1937. 1947.
Der Menſch muß ſich zwingen, um dem
Boͤſen zu widerſtehen, Num. 1937. 1947.
7914. Und auch, um das Gute zu thun,
als wie von ſich ſelber, dennoch aber zu
erkennen, daß es vom Herrn ſey, Num.
g 32883.
[102]Von der Hoͤlle.
2883. 2891. 2892. 7914. Der Menſch
hat bey dem Kampf der Verſuchungen,
worinnen er uͤberwindet, eine ſtaͤrkere Frey-
heit, weil da der Menſch ſich innerlich
zwinget, Widerſtand zu thun, ob ſichs
gleich anders anſehen laͤßt, Num. 1937.
1947. 2881.


Die hoͤlliſche Freyheit beſtehet darinnen,
wenn man ſich von der Eigenliebe und
Weltliebe, und von den Luͤſten derſelben
fuͤhren laͤßt, Num. 2870. 2873. Die in
der Hoͤlle ſind, die wiſſen von keiner an-
dern Freyheit, Num. 2871. Die himm-
liſche Freyheit iſt von der hoͤlliſchen Frey-
heit ſo weit entfernt, als der Himmel von
der Hoͤlle, Num. 2873. 2874. Die hoͤl-
liſche Freyheit die darinnen beſteht, daß
man ſich von der Eigen- und Weltliebe
fuͤhren laͤſſet, iſt keine Freyheit, ſondern
eine Knechtſchaft, Num. 2884. 2890.
Denn, von der Hoͤlle gefuͤhret werden, das
iſt knechtiſch, Num. 9586. 9589. 9590.
9591.


Von dem Einfluß. Daß alles, was
der Menſch denket und will, vom Einfluß
herkomme, habe ich aus Erfahrung gezeigt
Num. 904. 2886. 2887. 2888. 4151.
4319.
[103]Von der Hoͤlle.
4319. 4320. 5846. 5848. 6189. 6191.
6194. 6197. 6198. 6199. 6213. 7147.
10219. Daß der Menſch die Sachen be-
trachten, denken und auseinanderſetzend
ſchlieſſen kann, kommt von dem Einfluß
her, Num. 1288. 4319. 4320. Daß der
Menſch nicht einen Augenblick leben koͤnn-
te, wenn ihm der Einfluß aus der geiſtli-
chen Welt entzogen wuͤrde, habe ich aus
der Erfahrung gezeigt Num. 2887. 5849.
5854. 6321. Das vom Herrn einflieſſen-
de Leben wird nach dem Zuſtand des Men-
ſchen, und nach Beſchaffenheit des Auf-
nehmens veraͤndert, Num. 2069. 5986.
6472. 7343. Bey den Boͤſen wird das
vom Herrn einflieſſende Gute in das Boͤſe
verkehret, und das Wahre in das Falſche;
dieſes habe ich aus Erfahrung gezeigt Num.
3643. 4632. Das Gute und Wahre,
welches vom Herrn beſtaͤndig einfließt, wird
um ſo viel aufgenommen, um ſo viel das
Boͤſe und Falſche nicht im Weg ſteht,
Num. 2411. 3142. 3147. 5828.


Daß alles Gute vom Herrn einflieſſe,
alles Boͤſe aber von der Hoͤlle, leſe man
Num. 904. 4151. Heut zu Tage glaubt
der Menſch, daß alles in ihm, und aus
ihm ſey, da es doch in ihm einfließt, und
dieſes weis er ja aus dem Lehrpunkt der
g 4Kir-
[104]Von der Hoͤlle
Kirche, welcher lehret, daß alles Gute von
Gott komme, alles Boͤſe aber vom Teufel,
Num. 4249. 6193. 6206. Wenn aber
der Menſch nach dieſem Lehrpunkt glaub-
te, alsdenn wuͤrde er ſich das Boͤſe nicht
zueignen, noch das Gute zum ſeinigen ma-
chen wollen, Num. 6206. 6324. 6325.
Wie gluͤckſelig wuͤrde nicht der Zuſtand des
Menſchen ſeyn, wenn er glaubte, daß al-
les Gute vom Herrn einflieſſe, alles Boͤſe
aber von der Hoͤlle! Num. 6325. Die
den Himmel laͤugnen, oder nichts davon
wiſſen, die wiſſen auch nicht, daß aus dem
Himmel ein Einfluß komme, Num. 4322.
5649 6193. 6479. Was der Einfluß
ſey, habe ich durch Vergleichungen erlaͤu-
tert Num. 6428. 6480. 9407.


Daß alles Leben von der erſten Quelle
des Lebens einflieſſe, weil es daraus her kommt,
und daß es beſtaͤndig, und alſo vom Herrn
einflieſſe, leſe man Num. 3001 3318 3237.
3338. 3344. 3484. 3619. 3741. 3742.
3743. 4318. 4319. 4320. 4417. 4524.
4882. 5847. 5986. 6325. 6468. 6469.
6470. 6479. 9276. 10196. Daß ein geiſt-
licher Einfluß ſey, und kein phyſicaliſcher,
daß alſo der Einfluß aus der geiſtlichen Welt
in die natuͤrliche, nicht aber aus der natuͤr-
lichen Welt in die geiſtliche gehe, habe ich
bewie-
[105]Von der Hoͤlle.
bewieſen Num. 3219. 5119. 5259. 5427.
5428. 5477. 6322. 9110. 8111. Der
Einfluß geht durch den innern Menſchen
in den aͤuſſern, oder durch den Geiſt in den
Leib, nicht aber umgekehrt, weil der Geiſt
des Menſchen in der geiſtlichen Welt iſt,
der Leib aber in der natuͤrlichen Welt, Num.
1702. 1707. 1940. 1954. 5119. 5259.
5779. 6322. 9380. Daß der innerliche
Menſch in der geiſtlichen Welt ſey, der aͤuſ-
ſerliche aber in der natuͤrlichen Welt, habe ich
gezeigt Num. 978. 1015. 3628. 4459. 4523.
4524. 6057. 6309. 9701-9709. 10156.
10472. Es ſcheint ſo, als gieng der Ein-
fluß von dem Aeuſſerlichen des Menſchen
in das Jnnerliche, allein, es iſt ein Blend-
werk, wie Num. 3721. zu leſen iſt, bey
dem Menſchen geht der Einfluß in ſeinen
vernuͤnftigen Theil, und durch dieſen in ſein
Wiſſenſchafftliches, nicht aber umgekehrt,
Num. 1495. 1707. 1940. Wie die Ord-
nung des Einfluſſes gehe, leſe man Num.
774. 880. 1096. 1495. 7270. Der Ein-
fluß iſt unmittelbar vom Herrn, und auch
mittelbar durch die geiſtliche Welt oder
durch den Himmel, Num. 6063. 6307.
6472. 9682. 9683. Der Einfluß des
Herrn gehet in das Gute des Menſchen,
und durch das Gute in das Wahre, nicht
aber umgekehrt, Num. 5483. 5649. 6027.
g 58685.
[106]Von der Hoͤlle.
8685. 8701. 10153. Das Gute giebt
das Vermoͤgen, den vom Herrn herruͤhren-
den Einfluß aufzunehmen, nicht aber das
Wahre ohne das Gute, Num. 8321. Daß
dasjenige, was in das Denken einfließt, nicht
ſchaͤdlich ſey, ſondern dasjenige, was in den
Willen einfließt, weil ſich der Menſch die-
ſes zu eigen macht, leſe man Num. 6308. *)


Daß
[107]Von der Hoͤlle.

Daß ein allgemeiner Einfluß ſey, leſe
man Num. 5850. Dieſer Einfluß iſt ein
immerwaͤhrendes Beſtreben, nach der Ord-
nung zu wuͤrken, Num. 6211. Dieſer
Einfluß gehet in das Leben der Thiere, Num.
5850. Und auch in die Dinge des Ge-
waͤchs-Reichs, Num. 4648. Auch gehet
nach dem allgemeinen Einfluß das Denken
in das Reden uͤber, und der Wille in die
Handlungen und Geberden des Menſchen,
Num. 5862. 5990. 6192. 6211.


Von den Unterhaͤndlern. Daß die-
jenigen Geiſter, welche von Geiſter-Geſell-
ſchaf-
*)
[108]Von der Hoͤlle.
ſchaften ausgeſandt werden zu andern Ge-
ſellſchaften, wie auch zu, einzelnen Geiſtern,
Unterhaͤndler (Subjecta) genennet werden,
leſe man Num. 4403. 5856. Die Verge-
meinſchaftungen im andern Leben geſchehen
durch dergleichen ausgeſandte Geiſter, Num.
4403. 5856. 5983. Der ausgeſandte
Geiſt, welcher zu einem Unterhaͤndler, dienet,
denket nicht aus ſich ſelber, ſondern aus
denen, von welchen er ausgeſandt worden,
Num. 5985. 5986. 5987. Von dieſen
Geiſtern kann in der 5988ſten und 5989ſten
Nummer ein mehreres nachgeleſen
werden.


Ende des letzten Abſchnitts
von der Hoͤlle.



Jnn-
[[109]]

Jnnhalt
von der Hoͤllen

des Herrn von Swedenborg.



  • Daß es der Herr ſey, der die Hoͤllen
    regieret. Seite 3
  • Daß der Herr keinen einzigen in die
    Hoͤlle werfe, ſondern daß lediglich der
    Geiſt ſich ſelber hineinſtuͤrze. 12
  • Daß alle, die in den Hoͤllen ſind, ſich
    in dem von der Eigen- und Welt-
    liebe herruͤhrenden Boͤſen und in den
    daraus herflieſſenden Falſchheiten be-
    finden. 20
  • Was das hoͤlliſche Feuer, und das
    Zaͤhnklappern ſey. 41

Von
[[110]]Jnnhalt von der Hoͤllen.
  • Von der Bosheit und den ruchloſen
    Kunſtgriffen der hoͤlliſchen Geiſter. 57
  • Von der Erſcheinung, Lage und Viel-
    heit der Hoͤllen. 66
  • Von dem Gleichgewicht zwiſchen Him-
    mel und Hoͤlle. 79
  • Daß der Menſch durch das Gleichge-
    wicht, das zwiſchen Himmel und
    Hoͤlle iſt, in der Freyheit ſey. 90
  • Geſammelte Stellen aus den himmli-
    ſchen Geheimniſſen,
    betreffend die
    Freyheit des Menſchen, den Einfluß,
    und die Geiſter, durch welche die
    Vergemeinſchaftungen geſchehen. 98

Ende des Zweyten Theils.


[[111]]
Notes
*)
Anmerkung des Ueberſetzers.
Hier beruft ſich der Verfaſſer auf etliche Num-
mern in den himmliſchen Geheimniſſen,
als
*)
als unter andern auf Num. 634; allda heißt
es: „Die meiſten wiſſen heutiges Tages nicht,
daß bey einem jeden Menſchen etwas Jn-
neres,
etwas noch Jnnerlicheres,
und etwas Jnnerſtes ſey; und daß ſein
Leibliches und Sinnliches das Aeuſſerſte
ſey; die Begierden und Gedaͤchtnisſachen ſind
das Jnnere; die Neigungen und das Ver-
nuͤnftige ſind das Jnnerlichere; und der
Wille zum Guten und der Verſtand im Wah-
ren ſind das Jnnerſte; und die ſind von ein-
ander hoͤchſt unterſchieden. Num. 3632 heißt
es: „Die goͤttliche und daher die himmliſche
Ordnung endigt ſich bey dem Menſchen in ſei-
nem Leiblichen, naͤmlich in ſeinen Geberden,
Handlungen, Geſichtszuͤgen, in ſeiner Spra-
che, in ſeinem aͤuſſerlichen Gefuͤhl, und in deſ-
ſen Annehmlichkeiten; dieſes iſt das Aeuſ-
ſerſte
der Ordnung. Num. 6451 heißt es:
„Es iſt ein Jnnerſtes, ein Jnneres
unter dem Jnnerſten,
und ein Aeuſ-
ſeres
in dem Menſchen; dieſe ſind ganz ge-
nau von einander unterſchieden, ſie gehen nach
der Ordnung, alſo vom Jnnerſten bis
zum Aeuſſerſten; nach eben der Ordnung,
wie
*)
wie ſie auf einander folgen, flieſſen ſie auch
ein; daher kommt es, daß das Leben durch
das Jnnerſte in das Jnnere, und
durch das Jnnere in das Aeuſſere,
alſo, nach der Ordnung, wie ſie gehen, ein-
fließt, und daß es nicht eher ſtille ſteht als in
dem Aeuſſerſten der Ordnung, allwo es
ſtehen bleibt; und weil das Jnnere der
Ordnung nach bis hin in das Aeuſſerſte
einflieſſet, und allda ſtehen bleibt, ſo iſt offen-
bar, daß alles Jnnere in dem Aeuſ-
ſerſten
beyſammen iſt, aber in dieſer Ord-
nung: das Jnnerſte, ſo eingefloſſen iſt,
behaͤlt in dem Aeuſſerſten den Mittel-
punkt, das Jnnere, welches unter dem
Jnnerſten ſteht, geht um dem Mittelpunkt
herum; und das Aeuſſere macht die Pe-
ripherie oder den Umpfang aus; weil alles
Jnnere auch zugleich in dem Aeuſſer-
ſten
iſt, ſo hat es dahero den Anſchein, als
ob das Leben in dem Aeuſſerſten, das
iſt, in dem Leibe beſtehe, da es doch in dem
Jnnern iſt, wiewohl auch nicht da, ſon-
dern in dem Hoͤchſten, das iſt, in dem Herrn,
von welchem alles Leben kommt.“
*)
Anmerkung des Verfaſſers.
Die erſte und alleraͤlteſte Kirche auf dieſer
Erde iſt die geweſen, ſo in den erſten Capiteln
des erſten Buchs Moſe beſchrieben wird, und
dieſe Kirche iſt himmliſch geweſen, mithin un-
ter allen die vorzuͤglichſte, man leſe in den
himmliſchen Geheimniſſen Num. 604.
895. 920. ꝛc. Nach der Suͤndfluth ſind man-
cherley Kirchen geweſen, ſo man die alten Kir-
chen nennet, davon l[e]ſe man N. 1125. 1126.
ꝛc. Der Herr iſt es, welcher Gott von der
alleraͤlteſten und auch von der alten Kirche ge-
weſen, und Jehovah genennet worden iſt, hier-
von leſe man, Num. 1343. 6846.
*)
Anmerkung des Ueberſetzers.
Der Verfaſſer hat in den himmliſchen Ge-
heimniſſen,
Num. 2290, allwo eben davon
die Rede iſt, noch hinzu geſeßt: „Die Kin-
der, welche kurz nach der Geburt
ſterben“
*)
Anmerkung des Ueberſetzers.
Der Verfaſſer hat in den himmliſchen Ge-
heimniſſen,
Num. 2299, allwo er eben die-
ſes erzaͤhlt, dieſe Worte noch hinzu geſetzt:
„da ſie den Herrn bey den Gefangenen
auf der untern Erde vorſtellten,“
ſo
lieſſen ſie ꝛc.
*)
Anmerk. des Ueberſetzers.
Jn den himmliſchen Geheimniſſen, N.
2291. heißt es: „Da ich das Gebet des Hrn.
betete, und ſie alsdenn in die Bilder meines
Denkens aus ihrem verſtaͤndlichen Theil ein-
floſſen, welcher ſo zart war, daß ſie kaum et-
was mehreres, auſſer den Sinn der Worte,
faßten; ſo lieſſen ſich aber dem ungeachtet ihre
Begriffe in dieſer Zartheit bis zum Herrn eroͤff-
nen, das iſt, ſie wurden vom Herrn eroͤffnet.“
*)
Hiervon redet der Verfaſſer weiter unten
Num. 343.
*)
Anmerkung des Ueberſetzers.
Der Verfaſſer weiſet hier auf Num. 4792
in den himmliſchen Geheimniſſen; allda
heißt es: „Die Speiſe und Nahrung hat eine
Uebereinſtimmung mit der geiſtlichen Speiſe
und Nahrung: die geiſtliche Speiſe iſt das
Wiſſen, das Erkennen und die Weisheit; denn
davon leben die Geiſter und Engel, und davon
naͤhren ſie ſich auch. Und welches wunderbar,
ſie erwachſen auch von dieſer Speiſe.“ Er
weiſet auch auf Num 681, allwo es heißt:
„Was die geiſtliche und himmliſche Speiſe ſey,
das kann man am beſten im andern Leben wiſ-
ſen; das Leben der Engel und Geiſter wird
nicht etwa durch einige Speiſe, wie ſie in der
Welt iſt, unterhalten, ſondern von einem
jeden Wort, das aus dem Munde des
Herrn gehet,
wie der Herr ſelbſt lehret
Matth. 4, 4.
*)
Anmerkungen des Ueberſetzers.
Der Verfaſſer hat in den himmliſchen Ge-
heimniſſen,
Num. 2294, allwo er eben die-
ſes ſagt, noch hinzugeſetzt: im andern Leben.
**)
Jn den himmliſchen Geheimniſſen, N.
2293 heißt es alſo: „Vor allen Dingen wer-
den die Kinder dahin angewieſen, das ſie kei-
nen andern Vater wiſſen und hernach erken-
nen, als nur allein den Herrn, und daß ſie
von Jhm allein das Leben haben. „Dieſes iſt,
geneigter Leſer! eine goͤttl. Wahrheit: denn der
Herr Jeſus ſagte zu Philippo: Philippe,
wer Mich ſiehet, der ſiehet den Vater.
Wie ſprichſt du denn, zeige uns den
Vater?
Joh. 14, v. 7. 8. 9. 10.
*)
Anmerkungen des Ueberſetzers.
Weiter unten in dem Abſchnitt von der Gei-
ſterwelt
Num. 461 heißt es: Wenn der
Menſch von einem Leben ins andre uͤbergeht,
ſo nimmt er auch ſein natuͤrliches Gedaͤchtnis
mit ſich, aber die natuͤrlichen Vorwuͤrfe
oder Dinge, die darinnen ſind,
die ru-
hen, als wie es bey einem Menſchen iſt, wenn
er nicht darauf denket, die Urſache, daß ſie
ruhen, iſt dieſe, weil ſie in der geiſtlichen Welt
nicht wieder hervorgebracht werden koͤnnen,
ſondern es werden nur, wie es Num. 463
heißt, die geiſtlichen Dinge, ſo den na-
tuͤrlichen durch die Uebereinſtimmun-
gen mit beygefuͤgt ſind,
hervorgebracht.
Das aͤuſſere natuͤrliche Gedaͤchtnis (von
dem innern geiſtlichen Gedaͤchtnis leſe man in
eben dieſer Nummer) dienet demnach, in ſo
viel die darinnen befindliche Dinge anbetrift,
ſo von dem Materiellen, wie auch von der Zeit
und
*)
Man leſe weiter unten in dem Abſchnitt von
der Geiſterwelt Num. 480; allda heißt es:
Der Menſch kann nach dem Tod nicht mehr, wie
in der Welt, durch Unterweiſung anders gemacht
werden, weil die aͤuſſere Grundlage, die aus
natuͤrlichen Erkaͤn̄tniſſen und Neigungen beſteht,
alsdenn ruhet, und nicht eroͤffnet werden kann,
weil ſie nicht geiſtlich iſt; auf dieſer Grund-
lage aber ruhet das Jnnere, ſo zum Ge-
muͤthe gehoͤret,
als wie ein Haus auf ſei-
nem Grund; daher kommts, daß der Menſch
in Ewigkeit ſo bleibt, wie ſein Leben, in An-
ſehung der Liebe, in der Welt geweſen.
*)
und Raum an ſich haben, dem Geiſt nicht zu
dem Gebrauch, wozu es ihm in der Welt gedie-
net hatte, ſondern es ruhet, und nur dasje-
nige kommt zum Gebrauch, was der Menſch
vermittelſt deſſelben in der Welt gefaſ-
ſet, und ſolches venuͤnftig gemacht hat.
*)
So heißt es eigentlich nach der Grundſprache.
*)
Anmerkung des Verfaſſers.
Das Licht der Welt iſt fuͤr den aͤuſſerlichen Men-
ſchen, das Licht des Himmels fuͤr den innern,
man leſe in den himmliſchen Geheimniſſen
Num. 3222. 3223. Das Licht des Himmels
flieſſet in das natuͤrliche Licht, und der natuͤr-
liche Menſch iſt nur um ſo viel weiſe, um ſo
viel er vom Lichte des Himmels aufnimmt, N.
4302. 4408. Aus dem Lichte der Welt, ſo
das natuͤrliche Licht heißt, kann das, was im
Lichte des Himmels iſt, nicht geſehen werden,
Num. 9754. Die dahero blos allein in dem
Lichte der Welt ſtehen, die begreifen dasjenige
nicht, was im Lichte des Himmels iſt, Num.
3108. Das Licht der Welt iſt den Engeln
Finſternis, Num. 1521. 1783. 1880.
*)
Anmerkung des Verfaſſers.
Das Verdienſt und die Gerechtigkeit des Herrn
iſt das Gute, welches im Himmel regieret, man
leſe in den himmliſchen Geheimniſſen N.
9486. 9986. Ein Gerechter und Gerechtfer-
tigter iſt der, dem das Verdienſt und die Ge-
rechtig-
*)
rechtigkeit des Herrn zugeeignet wird; und
ein Ungerechter iſt ein ſolcher, der ſich ſelbſt ei-
gene Gerechtigkeit und ſelbſt eigenes Verdienſt
zuſchreibet.
*)
Man leſe im 1ſten Theil pag. 295 die Anmer-
kung des Verfaſſers, worinnen er den ſinnli-
chen Menſchen abgeſchildert hat.
*)
Anmerkung des Verfaſſers.
Die ſinnlichen Menſchen vernuͤnfteln ſcharf
und geſchickt, weil ſie auf ihr Reden aus dem
leiblichen Gedaͤchtnis alle ihre Erkaͤn̄tnis bauen,
man leſe in den himmliſchen Geheimniſſen
Num. 195. 196. Die ſinnlichen Menſchen
ſind vor andern liſtig und boshaft, N. 7693.
Daß die Alten dieſe ſinnliche Menſchen Schlan-
gen genennet haben, leſe man N. 195. 196.
Num.
*)
Num. 195 heißt es: „Die Alleraͤlteſten ha-
ben alles, was in dem Menſchen iſt, nicht mit
den Thieren und Voͤgeln verglichen, ſondern
damit benennet; ſo war ihre Sprache; ſo iſt
ſie auch in der alten Kirche nach der Suͤndfluth
geblieben, und eben ſo auch bey den Prophe-
ten aufbehalten worden: die Sinnlichkeiten des
Menſchen haben ſie Schlangen genennet, weil,
wie die Schlangen der Erde am naͤchſten, alſo
auch die Sinnlichkeiten dem Leibe am naͤchſten
ſind; daher haben ſie die aus den Sinnlichkei-
ten herruͤhrende Vernunftſchluͤſſe uͤber die Ge-
heimniſſe des Glaubens Schlangengift, und
ſelbſt die Vernuͤnftler Schlangen genennet;
weil nun dieſe aus den Sinnlichkeiten, oder aus
dem Sichtbaren, als wie das Jrdiſche, Leib-
liche, Weltliche und Natuͤrliche iſt, viel ver-
nuͤnfteln, ſo hieß es: die Schlange war liſti-
ger, denn alle Thiere auf dem Felde; eben ſo
heißt es beym David: „Sie ſchaͤrfen ihre
Zunge, wie eine Schlange, Ottergift
iſt unter ihren Lippen,“
Pſ. 140, 4. 5. 6.
allwo von denen, ſo durch Vernunftſchluͤſſe die
Menſchen verfuͤhren, die Rede iſt. Und im
E 258. Pſ.
*)
58. Pſ. v. 4. 5. 6: Die Luͤgner irren von
Mutterleibe an, ſie haben einen Gift
der gleich iſt wie der Schlangengift, wie
eine taube Otter die ihr Ohr zuſtopfet ꝛc.

hier werden die Vernunftſchluͤſſe Schlangen-
gift genennet, und welche ſo beſchaffen ſind, daß
ſie nicht einmal die Stimme des Weiſen hoͤren,
daher kommt die Redensart bey den Alten:
die Schlange verſtopfet das Ohr. Jngleichen
Amos 5, 19. 20. ꝛc.
Und Num. 196 heißt es: „Zu den alten Zei-
ten
ſind alſo diejenigen, welche ſich mehr auf
das Sinnliche, als auf das Geoffenbarte ver-
lieſſen, Schlangen genennet worden, heut zu
Tage aber iſt es noch aͤrger, denn es giebt nicht
allein ſolche, die nichts glauben, wenn ſie es
nicht ſehen und hoͤren, ſondern auch ſolche, die
ſich durch das Wiſſenſchaftliche, wovon die Al-
leraͤlteſten
nichts wußten, beſtaͤrkt haben, und
ſich alſo noch weit mehr verfinſtern: und weil
ſie aus dem Sinnlichen, Wiſſenſchaftlichen und
Philoſophiſchen uͤber himmliſche Dinge ver-
nuͤnfteln, ſo verfinſtern ſie ſich ſo ſehr, daß
ſie
*)
ſie hernach ganz und gar nichts ſehen, noch hoͤ-
ren, und ſind nicht nur taube Schlangen, Pſ.
58, 4. 5. 6. ſondern auch fliegende Schlangen,
die viel ſchaͤdlicher ſind, und von denen auch in
dem Wort geredet wird.
Num. 197 heißt es: „Bey den Alleraͤlteſten,
welches him̄liſche Menſchen geweſen ſind, wur-
de durch die Schlange die Vorſichtigkeit,
alſo ebenfalls der Sinnliche Theil wodurch ſie
ſich vorſahen, damit ihnen von den Boͤſen kein
Schaden zugefuͤgt werden moͤchte, angedeutet;
dieſes erhellet aus den Worten des Herrn zu
ſeinen Juͤngern: „Siehe, ich ſende euch,
wie Schaafe, mitten unter die Woͤlfe;
darum ſeyd klug wie die Schlangen und
einfaͤltig wie die Tauben,“
Matth. 10,
16. Desgleichen wurde auch durch die eherne
Schlange, die in der Wuͤſte erhoͤhet wurde, das
Sinnliche Theil des Herrn angedeutet, Welcher
einzig und allein der himmliſche Menſch iſt, und
fuͤr alle Vorſehung und Vorſorge thut, wes-
wegen die, ſo Jhn anſahen, erhalten wurden.
*)
Als wie ſie es hier in der Welt gemacht haben,
und die meiſten es noch taͤglich ſo machen, wie
man aus ihren Schriften, ja, leyder! aus man-
chen Theologiſchen ſehen kann, worinnen ſie mit
ſtolzer Zunge auf einander losziehen, und ein-
ander durchhecheln; und weil der Menſch nach
dem Tod ſo iſt, wie er in der Welt geweſen,
ſo iſt es kein Wunder, daß ſie auch alsdenn
noch gleichſam einander in den Haaren liegen,
Der Ueberſetzer.
*)
Von den im Himmel erſcheinenden Farben kann
man im 1ſten Theil pag. 255 die Anmerkung
nachleſen. Der Ueberſetzer.
*)
Anmerk. des Ueberſetzers.
Man kann damit dasjenige vergleichen, was
in der geiſtlichenFama, im 20ſten Stuͤck,
*)
Pag. 71 geleſen wird; es hatte naͤmlich einer
Namens Stephan Koch in Creyveld, den 9ten
Dec. 1732 ein himmliſches Geſichte, und wurde
im Geiſte unter andern von einem Engel in
verſchiedene ſchoͤne himmliſche Gegenden gefuͤh-
ret; als ſich nun der Engel zu erkennen gab, daß
er naͤmlich ehmalen einer von den Roſenkreu-
tzeriſchen Adeptis in Alt-England geweſen,
ſagte er ganz freundlich zu Kochen, er ſollte
mit ihm gehen, um ſein Haus zu ſehen, welches
ungemein ſchoͤn, und inwendig von Gold
und Edelgeſtein war.
*)
Anmerkung des Verfaſſers.
Es findet keine unmittelbare, ſondern eine mit-
telbare Barmherzigkeit ſtatt, das iſt, bey denen,
*)
Anmerkung des Verfaſſers.
Wuͤrde und Reichthum ſind kein weſentlicher
Segen, weswegen ſolche ſo wohl die Boͤſen
als Gute haben; dieſes habe ich in den himm-
liſchen Geheimniſſen
Num. 8939. 10775.
10776. bewieſen. Der weſentliche Segen iſt
die Annehmung der Liebe und des Glaubens
vom Herrn und die dadurch erfolgende Verbin-
dung mit Jhm, denn da kommt die ewige
Gluͤckſeligkeit her, man leſe allda Num. 1420.
1422. 2846. 3017. 3408. 3504. 3514.
3530. 3565. ꝛc.
*)
ſo nach den Geboten des Herrn leben, die ſind
es, die Er aus Barmherzigkeit beſtaͤndig in
der Welt, und nachgehends in Ewigkeit fuͤh-
ret und leitet, man leſe in den himmliſchen
Geheimniſſen
Num. 8700. 10659.
*)
Anmerkung des Verfaſſers.
Daß die Kleider die Wahrheiten, und alſo
die Erkaͤnntniſſe andeuten, leſe man in den
himmliſchen Geheimniſſen Num. 1033.
2576. 5319. ꝛc. Daß der Purpur das himm-
liſche
*)
liſche Gute bedeute, ſehe man Num. 9467.
Daß die koͤſtliche Leinewand das Wahre aus
einem himmliſchen Urſprung zu bedeuten habe,
leſe man Num. 5319. 9469. 9744.
*)
Anmerkung des Verfaſſers.
Daß das Kamel in dem Wort die Kennt-
nis und das Wiſſenſchaftliche uͤberhaupt andeu-
te, leſe man in den himmliſchen Geheim-
niſſen
N. 3048. 3071. 3143. 3145. Was
die Nadel bedeute, leſe man Num. 9688. Aus
dem Wiſſenſchaftlichen in die Wahrheiten des
Glaubens dringen, iſt wider die goͤttliche Ord-
nung, Num. 10236. Man muß aus dem
geiſtlichen Wahren in das Wiſſenſchaftliche des
natuͤrlichen Menſchen gehen, nicht aber umge-
kehrt, weil der geiſtliche Einfluß in das Natuͤr-
liche, nicht aber der natuͤrliche Einfluß in das
Geiſtliche ſtatt findet, N. 3219. Es muͤſſen erſt
die Wahrheiten des Worts und der Kirche er-
kannt werden, und hernach darf man das Wiſ-
ſenſchaftliche zu Rathe ziehen, nicht aber um-
gekehrt, Num. 6047.
*)
Anmerkung des Ueberſetzers.
Jn den himmliſchen Geheimniſſen Num.
2732 heißt es: „Jch redete mit den Engeln,
wie naͤmlich das wechſelsweiſe beſchaffen
waͤre, und ſie ſagten, daß das Bild des einen
in dem Gemuͤthe des andern ſey, und daß ſie
alſo nicht nur in allem und jedem, ſondern auch
in dem Jnnerſten des Lebens beyſammen
wohnen, und daß die Liebe und Barmherzig-
keit des Herrn in dieſes Eins mit Gluͤckſelig-
keit einflieſſen koͤnne.
*)
Anmerkung des Verfaſſers.
Daß es dem Jſraelitiſchen Volk zugelaſſen
worden, mehrere Weiber auf einmal zu neh-
men, und zu den Weibern auch noch Kebs-
weiber hinzu zu ſuͤgen, ſolches aber den Chri-
ſten nicht erlaubt iſt, war die Urſache, weil
dieſes Volk in dem Aeußerlichen ohne das Jn-
nere
*)
nere war, die Chriſten hingegen koͤnnen in
dem Jnnern, und alſo in dem Eheband des
Guten und Wahren ſeyn, man leſe in den
himmliſchen Geheimniſſen Num. 3246.
4837. 8809., allwo dieſes weitlaͤuftig aus-
gefuͤhret und bewieſen iſt.
*)
Anmerkung des Verfaſſers.
Durch Mutter wird die Kirche in Anſehung
des Wahren, und alſo auch das Wahre der
*)
Kirche, durch Vater die Kirche in Anſehung
des Guten, und alſo auch das Gute der Kirche
augedeutet, man leſe in den himmliſchen
Geheimniſſen
Num. 2691. 2717. Die
Soͤhne bedeuten die Neigungen zum Wah-
ren, und alſo die Wahrheiten ſelbſt N. 489.
491. ꝛc. Die Toͤchter bedeuten die Neigungen
zum Guten, und alſo das Gute ſelbſt, Num.
489. 490. ꝛc. Durch Eidam wird das
Wahre angedeutet, das mit der Neigung zum
Guten in Verbindung ſtehet, Num. 2389.
Die Schnur deutet das Gute an, das mit
ſeinem Wahren verbunden iſt, man leſe da-
ſelbſt Num. 4843.
*)
Anmerkung des Verfaſſers.
Daß durch die Engel in dem Wort etwas
Goͤttliches vom Herrn angedeutet werde, leſe
man in den himmliſchen Geheimniſſen N.
1925. 2821. 3039. ꝛc. Die Engel werden in
dem Wort Goͤtter genennet, daher, weil ſie
das Goͤttliche Wahre und Gute vom Herrn
aufnehmen, man leſe daſelbſt Num. 4295.
4402. 8301. 8192.
*)
Von der Speiſe der Engel leſe man oben Pag.
43 die Anmerkung des Ueberſetzers.
*)
Anmerkung des Ueberſetzers.
Jn den himmliſchen Geheimniſſen Num.
543, allwo der Verfaſſer eben dieſes geſagt
hat, heißt es alſo: dahero wurde ihnen ge-
ſtattet, ihr Jnnerſtes bis auf denjenigen
Grad zu empfinden, daß ſie nichts mehr ertta-
gen konnten. ꝛc.
*)
Anmerk. des Ueberſetzers.
Jn dem Tractat ſelber, Num. 126 heißt es:
nicht den Raum des taudſenſten Theils
dieſer Erde, alſo etwa den Raum eines
Trabanten ꝛc.
*)
Anmerkung des Verfaſſers.
Jn ſo viel der Menſch nach der goͤttlichen
Ordnung lebt, um ſo viel erſcheinet er im an-
dern Leben als ein vollkommener und ſchoͤner
Menſch, man leſe in den himmliſchen Ge-
heimniſſen,
Num. 4839. 6605. 6626.
*)
Man leſe pag. 78. von der 25ſten Linie an,
*)
bis zur 5ten Linie 79; wie auch pag. 98. die
Anmerkung des Verfaſſers.
*)
Anmerkung des Verfaſſers.
Die Entheiligung iſt eine bey dem Men-
ſchen befindliche Vermiſchung des Guten mit
dem Boͤſen, wie auch des Wahren mit dem
Falſchen; dieſes habe ich in den himmliſchen
Geheimniſſen
Num. 6348 bewieſen. Sonſt
keine
*)
keine andre koͤnnen das Wahre und Gute,
oder das Heilige des Worts und der Kirche
entheiligen, als nur diejenigen, welche es an-
fangs erkennen, ja noch mehr, wenn ſie dar-
nach leben, nachgehends aber von dem Glau-
ben abweichen, es wieder laͤugnen, und ſich
ſelber und der Welt leben, man leſe daſelbſt
N. 593. 1008. 1010. ꝛc. Wenn der Menſch
nach geſchehener Buſſe des Herzens wieder in
das vorige Boͤſe verfaͤllt, ſo entheiliget er,
und ſodann wird ſein nachmaliger Zuſtand weit
ſchlimmer, als ſein voriger, N. 8394 Die-
jenigen, ſo das Heilige nicht erkannt haben,
koͤnnen es nicht entheiligen, noch vielweniger
diejenigen, ſo es nicht wiſſen, N. 1008. 1010.
1059. Die He[i]den koͤnnen es nicht entheiligen,
weil ſie auſſerhalb der Kirche ſind, und das
Wort nicht haben, N. 1327. 1328. 2051.
2081. Dahero iſt den Juden das innere Wahre
nicht entdeckt worden, denn wenn es ihnen
waͤre entdeckt und von ihnen erkannt worden,
wuͤrden ſie es entheiligt haben, N 3398. 3489.
6963. Jm andern Leben iſt das Loos der Ent-
heiliger unter allen das ſchlimmſte, weil ihnen
ſo wohl das Gute und Wahre, das ſie erkannt
haben,
*)
haben, als auch das Boͤſe und Falſche bleibt;
und weil es an einander haͤngt, ſo geſchiehet
eine Zerreiſſung des Lebens, N. 571. 582.
6348. Deswegen wird vom Herrn die groͤßte
Vorſehung gethan, daß keine Entheiligung
geſchehen moͤge, Num. 2426. 10384.
*)
Anmerkung des Verfaſſers.
Ein guter Menſch, Geiſt und Engel iſt ſein
Gutes und ſein Wahres, das iſt, er iſt ganz und
gar ſo, wie ſein Gutes und Wahres iſt, man
leſe in den himmliſchen Geheimniſſen N.
10298. 10367. Die Urſache iſt, weil das
Gute den Willen, und das Wahre den Ver-
ſtand ausmacht, und Wille und Verſtand ma-
chen das ganze Leben aus bey dem Menſchen,
Geiſt, und Engel, N. 3332. 3623. 6065.
Ob man ſage, der Menſch, Geiſt, und En-
gel iſt ſeine Liebe, das iſt gleichviel, Num.
6872 10177. 10284.
*)
Hier koͤnnen diejenigen aufmerken, die ſich
zwar Theologen nennen laſſen, aber nichts
von der Wiedergeburt wiſſen wollen, noch we-
niger etwas davon verſtehen; der Ueberſ.
*)
Das iſt, wenn bey ihnen das Wahre wegge-
ſchaft, und ihnen das Falſche gegeben worden,
das ſich zu ihrem Boͤſen ſchicket und ſolchem ge-
maͤß iſt, wie der Verfaſſer in der 425ſten und
479ſten Nummer geſagt hat; oder, wie es in
der 508ten Nummer heißt: wenn den Boͤſen
das
*)
das Wahre, das ſie aͤuſſerlich vorgegeben und
vorgelogen haben, genommen iſt, und ſie in
ihr ſelbſteigenes Boͤſe, und in das aus dem Boͤ-
ſen herruͤhrende Falſche gebracht, und alſo zur
Hoͤlle vorbereitet worden. Der Ueberſetzer.
53
Daß in dem andern Leben Abſtreiffungen
geſchehen, das iſt, daß die, ſo aus der Welt
dahin kommen, abgeſtreift werden, leſe man
Num. 698. 7122. 7474. 9763. Die From-
men werden in Anſehung des Falſchen, und die
Boͤſen in Anſehung des Wahren abgeſtreift,
Num. 7474. 7541 7542. Daß auch Ab-
ſtreiffungen bey den Frommen geſchehen, iſt
darum, damit ihnen das Boͤſe und Falſche, das
ſie ſich zugezogen haben, da ſie in der Welt
lebten ausgezogen werde, Num. 7186. 9763.
Und damit das Boͤſe und Falſche aus dem
Wege geraͤumt, und alſo dem aus dem Him-
mel vom Herrn einflieſſenden Guten und
Wahren Platz gegeben werde, und ſie das
Vermoͤgen oder die Faͤhigkeit bekommen, daſ-
ſelbe aufnehmen zu koͤnnen Num. 7122.
9331. Sie koͤnnen nicht eher in den Him-
mel erhoben werden, als bis das Jrdiſche
und Weltliche, und das Boͤſe und Falſche
aus dem Wege geraͤumt iſt, weil ſolches dem
Himmliſchen entgegen ſtehet und nicht damit
zuſammenſtimmet, Num. 6928. 7122. 7136.
7541. 7542 9763. Auf ſolche Weiſe werden
54
auch diejenigen, ſo in den Himmel zu erhe-
ben ſind, zubereitet, Num. 4728. 7090.
Daß es fuͤr ſie, ehe ſie zubereitet worden,
gefaͤhrlich ſey, in den Himmel zu kommen,
leſe man Num. 537. 538. Von dem Zuſtand
der Erleuchtung, und von der Freude derer,
die aus der Abſtreiffung kommen, und in den
Himmel erhoben werden, und von ihrer Auf-
nehmung allda, leſe man Num. 2699. 2701.
2704. Daß die Gegend, wo dieſe Abſtreif-
fungen geſchehen, die untere Erde heiſſe,
leſe man Num. 4728. 7090. Daß dieſe
Gegend unter den Fußſolen, und mit Hoͤllen
umgeben ſey, und wie ſie beſchaffen, das wird
Num. 4940-4951. 7090. beſchrieben; Num.
699. habe ich es aus Erfahrung beſchrieben.
Welche Hoͤllen es ſeyn, die vornehmlich an-
fechten und abſtreifen, leſe man Num. 7317.
7502. 7545. Daß diejenigen, welche die
Frommen angefochten und abgeſtreift haben,
ſich nachgehends vor ihnen fuͤrchten, ſie fliehen,
und verabſcheuen, leſe man Num. 7768.
Daß dieſe Anfechtungen und Abſtreiffungen
auf verſchiedene Weiſe geſchehen, je nachdem
das Boͤſe und Falſche anklebet, und daß ſie
nach Beſchaffenheit und Groͤſſe deſſelben an-
55
halten, leſe man Num. 1106-1113. Ei-
nige wollen gerne abgeſtreift ſeyn, Num.
1107. Einige werden durch Furcht abge-
ſtreift, Num 4942. Einige dadurch, daß
ſie von ihrem Boͤſen, das ſie in der Welt ge-
than, und von ihrem Falſchen, das ſie in
der Welt gedacht haben, angefochten wer-
den, wovon eben die Angſt und die Schmer-
zen des Gewiſſens herkommen, Num. 1106.
Einige durch eine geiſtliche Gefangenſchaft,
die in der Unwiſſenheit und Entbehrung des
Wahren beſteht, und mit einem ſehnlichen
Verlangen, das Wahre gerne wiſſen zu
wollen, verbunden iſt, Num. 1109. 2694.
Einige durch den Schlaf; einige durch einen
mittlern Zuſtand zwiſchen Wachen und Schla-
fen, von welchem Zuſtand Num. 1108. ge-
handelt worden. Diejenigen, welche in den
Werken ein Verdienſt geſucht, kommen ſich
vor, als ſpalteten ſie Holz, man leſe Num.
1110; dieſe ſind es, (wie der Verfaſſer
in dieſer Nummer ſpricht) welche in der
Juͤdiſchen Kirche durch die Holzhauer
vorgeſtellet wurden,
Joſ. 9, 23. 27. An-
dre auf eine andre Weiſe mit ſehr vielerley
Unterſchied.
*)
Anmerkung des Verfaſſers.
Das vom Herrn ausgehende goͤttliche Wahre
iſt es, von welchem die Ordnung herkommt,
und das Goͤttliche Gute iſt das Weſentliche der
Ordnung, man leſe in den himmliſchen Ge-
heimniſſen
N. 1728. 2258. 8700. 8988.
Mithin iſt der Herr die Ordnung, N. 1919.
2011. 5110. 5703. 10336. 10619. Die
goͤttliche Wahrheiten ſind die Geſetze der Ord-
nung, Num. 2247. 7995. Der geſammte
Himmel iſt vom Herrn nach ſeiner goͤttlichen
Ordnung eingerichtet, Num. 3038. 7211.
9128. 9338. 10125. 10151. 10157. Da-
her iſt die Geſtalt des Himmels eine Geſtalt
nach der goͤttlichen Ordnung, Num. 4040-
4043. 6607. 9877. Um ſo viel der Menſch
nach der goͤttlichen Ordnung lebt, um ſo viel
er alſo nach den goͤttlichen Wahrheiten in dem
Guten lebt, in ſo viel bekommt er den Him-
mel
*)
mel in ſich oder innerlich, Num. 4839. Jn
den Menſchen iſt alles, was zur goͤttlichen Ord-
nung gehoͤret, zuſammen gelegt worden, und
er iſt von der Schoͤpfung her die goͤttliche Ord-
nung in der Geſtalt, weil er das Behaͤltnis
derſelben iſt, N. 4219. 4220. 4223. 4523-
4524. 5114. 5368. 6013. 6057. 6605 6626.
9706. 10156. 10472. Der Menſch wird
nicht in das Gute und Wahre, ſondern in das
Boͤſe und Falſche, alſo nicht in die goͤttliche
Ordnung, ſondern in das Gegentheil der Ord-
nung geboren, und daher kommt es, daß er
in lauter Unwiſſenheit geboren wird, und da-
her muß er nothwendig von neuen geboren,
das iſt, wiedergeboren werden, welches durch
die goͤttliche Wahrheiten vom Herrn geſchiehet,
damit er wieder in die Ordnung gebracht werde,
Num.
*)
N. 1047. 2307. 2308. 3518. 3812. 8480.
8550. 10283. 10284. 10286. 10731. Wenn
der Herr den Menſchen von neuen bildet, das
iſt, wiedergebaͤret, ſo richtet Er bey ihm alles
nach der Ordnung, das iſt, in die Geſtalt des
Himmels wieder ein, N. 5700. 6690. 9931.
10303. Das Boͤſe und Falſche iſt wider die
Ordnung, und dennoch werden diejenigen, die
in demſelben ſtehen, vom Herrn nicht. nach
der Ordnung, ſondern aus der Ordnung regie-
ret, Num. 4839. 7877. 10778. Es iſt un-
moͤglich, daß der Menſch der im Boͤſen lebet,
aus bloßer Barmherzigkeit ſelig werden koͤnne,
weil dieſes ſchnurſtracks wider die goͤttliche Ord-
nung iſt, man leſe Num. 8700.
*)
Anmerkung des Verfaſſers.
Daß durch Abraham, Jſaac und Jacob im
innern Sinn des Worts der Herr nach dem
Goͤtt-
*)
Goͤttlichen ſelbſt und Goͤttlich-Menſchlichen
verſtanden werde, leſe man in den himmli-
ſchen Geheimniſſen
Num. 1893. 4615.
6098. 6185. 6276. 6804. 6847. Daß man
im Himmel von dem Wort Abraham, nichts
wiſſe, leſe man Num. 1834. 1876. 3229.
Daß durch David der Herr nach dem Koͤnig-
lich Goͤttlichen verſtanden werde, leſe man N.
1888. 9954. Die zwoͤlf Apoſtel haben den
Herrn in Anſehung alles deſſen, was zur Kir-
che gehoͤret, und alſo in Anſehung des Glau-
bens und der Liebe vorgeſtellet, Num. 2129.
3354. 3488. 3858. 6397. Petrus ſtellte den
Herrn in Anſehung des Glaubens, Jacob in
Anſehung der Liebe, und Johannes in Anſeh-
ung
*)
ung der Werke der Liebe vor, Num. 3750.
10087. Daß die zwoͤlf Apoſtel auf zwoͤlf
Stuͤhlen ſitzen, und die zwoͤlf Geſchlechter Jſ-
raels richten ſollen, dadurch wird angedeutet,
daß der Herr nach dem Wahren und Guten
des Glaubens und der Liebe richten will, Num.
2129. 6397. Die Namen der Perſonen und
Oerter, die in dem Wort vorkommen, kom-
men nicht in den Himmel, ſondern werden in
weſentlichen Sachen und Umſtaͤnde verwandelt;
und es koͤnnen auch im Himmel die Namen
nicht ausgeſprochen werden, N. 1876. 5225.
6516. 10216. 10282. 10432. Auch die En-
gel denken abgezogen (abſtracte) von den Per-
ſonen, Num. 8343. 8945. 9007.
*)
Dieſe Stelle lieſt man auch Matth. 21, 42.
44. Mare. 12, 10. Apoſt. Geich. 4, 11; und
im Grundtexte ſtehet allemal: ἐγενηϑη εἰς κε-
φαλὴν γωνίας, das heißt: er iſt zum Haupt
oder zur Spitze des Winkels (des Ecks) ge-
worden. Der Ueberſ.
**)
Daß der Stein die Wahrheit bedeute, leſe man
ein den himmliſchen Geheimniſſen Num.
114. 643. ꝛc. Dahero iſt das Geſetz auf ſtei-
nernen Tafeln geſchrieben geweſen, Num.
10376. Der Verf.
*)
Anmerkung des Verfaſſers.
Daß ein frommes Leben ohne das Leben der
thaͤtigen Liebe zu nichts tauge, ſondern mit
dieſem verknuͤpft zu allem nuͤtzlich ſey, das habe
ich auch in den himmliſchen Geheimniſſen
Num. 8252. 8253. bewieſen. Die thaͤtige
Liebe gegen den Naͤchſten beſtehet darinnen: in
allen Werken, und in allen Verrichtungen das
Gute, Gerechteund Rechtſchaffene thun, man
leſe Num. 8129. 8121. 8122. Die thaͤtige
Liebe gegen den Naͤchſten erſtrecket ſich auf alle
und jede Dinge, die der Menſch denket, will,
*)
Von den Geniis kann man Pag. 136. und
137. die Anmerkung nachleſen; ſie werden
auch weiter unten in der 578 ſten und 579.
Nummer beſchrieben.
*)
Anmerkung des Verfaſſers.
Von der Uebereinſtimmung der Zaͤhne
leſe man in den himmliſchen Geheim-
niſſen
Num. 5565-5568. Daß dieje-
nigen, welche blos ſinnlich ſind, und kaum
noch etwas vom geiſtlichen Lichte haben,
mit den Zaͤhnen uͤbereinſtimmen, leſe man
Num. 5565. Daß diejenigen, die da
glauben, die Natur ſey Alles, und das
Goͤttliche ein Nichts, in dem andern Le-
ben mit den Zaͤhnen klappern, wenn ſie
reden,
*)
reden, leſe man Num. 5568. — — —
Er weiſet auch auf die 9052ſte Nummer,
allwo er mit vielen Stellen aus dem Wort
bewieſen hat, daß durch die Zaͤhne das
natuͤrliche Wahre, welches dem aͤuſſerli-
chen Verſtand zukommt, und im entge-
genſtehenden Sinn das Falſche angedeu-
tet wird, ſo dieſes Wahre zerſtoͤret. Man
kann zugleich in ſeiner Apocalypſi Revela-
ta
Num. 435. nachleſen.
*)
Mit dem Herrn gehen und wandeln,
heißt: ein geiſtliches Leben aufnehmen,
und mit Jhm leben.
Der Verf.
*)
Anmerkung des Ueberſetzers.
Allda heißt es unter andern: „Der
(beſondere) Einfluß aus der geiſtlichen
Welt geſchiehet durch Geiſter und Engel:
die Ordnung des Einfluſſes iſt dieſe, daß
die boͤſen Geiſter zuerſt einflieſſen, und
daß die Engel ſolches zu zerſtreuen ſu-
chen. Aber das Boͤſe, das von den boͤ-
ſen Geiſtern in das Denken einfließt,
ſchadet dem Menſchen gar im gering-
ſten nicht, wenn er es nicht aufnimmt;
denn, wenn er dieſes Boͤſe aufnimmt,
und von dem Denken in den Willen
uͤber-
*)
uͤbertraͤgt, alsdenn macht er ſichs zu ei-
gen; und ſodann nahet er ſich zu den
hoͤlliſchen Geiſtern, und weichet von
den Engeln des Himmels ab: dieſes iſt
es, was der Herr beym Marco lehret,
daß dasjenige, was in den Menſchen
hinein gehet, ihn nicht unrein ma-
che, ſondern das, was aus dem
Menſchen herausgehet, weil die-
ſes aus dem Herzen oder Willen
kommt,
Cap. 7, v. 14 23.“

Dieses Werk ist gemeinfrei.


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Kolimo+

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TextGrid Repository (2025). Collection 3. Auserlesene Schriften. Auserlesene Schriften. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bpp3.0