Georg Rodolf
Weckherlins
Gaiſtliche
und
Weltliche
Gedichte.
Amsterdam
: Bey Iohan IanſſonAo. 1641.
[][]

An den freindlichen Leſern.


Lieber Leſer/

WEil neben andern meinen guͤttern/
welche durch den vnmenſchlichen
Krieg in meines brudern Ludwigs
ſeeligen haͤnden (zu Stutgart vnd
Blochingen) mit allem dem ſeini-
gen/ ja jhme ſelbſten/ vnd vnſerm Vatterland zu
grund gegangen/ auch meine hinderlaſſene
ſchrifften verlohren: Alß hab etlicher meiner
gutten Freinden begehren Jch deſto baͤlder ſtat
geben/ vnd etliche auß vielen andern/ mehrer-
theils von mir/ ſydher Jch Teutſchland verlaſ-
ſen/ geſchriebnen Poëſyen (weil Jch zwiſchen
meinen wichtigern vnnd ſtehtigen geſchaͤfften
kaum einige angenehmere/ dan dieſe/ mir natuͤr-
liche/ ergoͤtzung) zuſamen klauben/ vnd hiemit
an das Liecht kommen laſſen wollen. Denen
Jch jung bekant geweſen/ die wiſſen wol/ daß
Jch ſchon vor dreyſſig jahren vnſerer Sprach
reichthumb vnnd zierlichkeit den Frembden in
meinen Gedichten fuͤr augen geleget: Deren
die zwey Buͤchlein meiner Oden vnd Geſaͤnge
A 2vor
[] vor langem durch den Druck zu Stutgart an
das liecht: die vbrige aber (darunder mich allein
meine in vielen Sonneten vnd andern Geſaͤngen
vnd Staͤnden beſchriebene Buhlſchafft (Myrta
genant) ſchier noch betriebet vnd verliebet) in des
ellenden Teutſchlands fewer vnd aſchen gerah-
ten; vnd alſo als meiner jungen thorheit funcken
zu nichts worden. Jnmaſſen dan gewiß daß

Gleichwie Wir menſchen dahin ſterben/

Alſo auch vnſre Werck verderben.


Waferꝛ nu diſe wenig ſtuͤcke auch dir wie andern
meinen freinden angenehm ſeyn/ So moͤgen ſi[e]
vielleicht aͤlter dan jhre gedachte aͤltere geſchwi [...]
ſtrigte werden. Zwar ob ich wol glaube/ daß ſi[e]
nicht Allen gefallen: So berede ich mich doch [...]
daß ſie auch vielen nicht mißfallen werden.


Nichts iſt leichter vnd gemeiner/ dan andr[e] [...]
Leut arbeit zu tadlen. Gleichwol deſſen vng[e] [...]
ſchewet/ wage ich dieſe ſtuͤck an das liecht/ weil ic[h]
weyß/ daß mich viel hohe vnd fuͤrtreffliche Pe [...]
ſonen/ (ja auch gute Poeten) in Engellan[d]
Franckreich/ Jtalien/ Hiſpanien/ vnd ande [...]
Landen/ ſo wol als in Teutſchland/ geliebet vn [...]
noch lieben. Welches ich allein fuͤr die jeni[g]
melde/ welche jhnen ſelbs/ mehr dan andere [...]
diſer Kunſt zuwiſſen/ einbilden vnd ſich ſelbs [...]
ſchrayen doͤrffen.


Die Freyheit die ich einem jeden ſeine eig [...]
We [...]
[] Werck herauß zu ſtreichen goͤnne/ Jſt auch mir
verhoffentlich nicht zu vergoͤnnen. Die zwaite/
vierte/ ſechſte/ achte ꝛc. Syllaben allzeit lang/
vnd alſo die Verſe auß lauter Spondæen oder
Jamben (wie ſie zu nennen) zu machen/ er-
achte ich (erwegend einer jeden Sprach eygen-
ſchafft) nicht ſo bequem in andern/ als in der
Engellaͤndiſchen vnd Niderlaͤndiſchen Spra-
chen. Jedoch wer es auch in der Teutſchen hal-
ten will/ vnd zierlich fortbringen kan (dann die
vbrige vorberuͤhrte Sprachen laſſen es jhnen
nicht gern einzwingen) der mag es thun vnnd
gelobet werden. Doch wuͤnſche ich/ daß er nicht
zu gleich die Sprach den Frembden ſchwer vnd
vnangenehm mache: Viel weniger auch viel
ſchoͤne/ vnd inſonderheit die vielſyllabige/ vnd
zuſamen vereinigte Wort von einander abſchai-
de/ oder jaͤmerlich zuſamen quetſche/ oder gar
verbanne/ vnd in das ellend vnd die ewige Ver-
geſſenheit verſtoſſe: Vnd alſo dem ſo lieblich
fallenden/ vnd (meiner meinung nach) gantz
kuͤnſtlichen Abbruch in der mitten der langen
Verſen/ ſein merckliches wehrt vielleicht gar
benehme. So kan ich auch allhie zugeſtehen
nicht vmbgeben/ daß indem vor vielen jahren
viel Frembde/ doch vnſerer Teutſchen Sprach
gantz kuͤndige vnd erfahrne Herꝛen/ mir vnſerer
Poeſy mangel vnd vnmoͤglichkeit fuͤrgeworfen;
A 3An-
[] Andere aber (auch vnſere Sprach zu lernen be-
gihrig) daß ſie von vnſern zuſamen gezognen
Worten/ vnd vieler Syllaben/ ſtummer vnd
mitſtimmer zuſamen zwingung/ davon abge-
ſchroͤcket wurden angedeutet vnd bekennet: Je-
ne/ jhnen jhre vbel gegruͤndete Meinung zu wi-
derloͤgen/ Vnd daß wan Wir Teutſche vns vn-
ſere Mutterſprach ſo wol als frembde Sprachen
gefallen lieſſen/ vnd dieſelbige (als die Frembde
die Jhrige) pur vnnd zierlich zu reden vnd zu-
ſchreiben befleiſſigten/ Wir keinen Voͤlckern [...]
nach zu gehen/ durch meine aigne Gedichte [...]
alßbald zu beweiſen: Dieſe aber/ Sie mit mei-
ner außfuͤhrlichen vnd vngezwungenen ſchrei-
bung vnſerer Worten (dadurch jhnen ſich vbe[r]
die harte Außſprach vnſerer Sprach zubeklage[n]
benommen/ in dem ſie leichtlich geſaget/ vnnd
gar nicht gſagt außſprechen koͤnden) gleichſam
zu vns zu gaſt zu laden/ die Gelegenheit zuneh[-]
men mich gezwungen.


Wie aber verliere ich mich? Beduncke[n]
nicht einem jeden Affen ſeine Jungen die hip [...]
ſcheſte? Vnd warumb ſolten auch nicht vn[-]
ſerm Vatterland (wie ſunſten ſchier einem jede[m]
Land) ſeine aigne Sprach/ vnnd derſelbige [...]
Blumen vnd Fruͤchten ſchoͤn/ lieblich vnd lie [...]
ſeyn. Die meinige/ welche dir hie fuͤrgetrage[n]
werden/ wie ſie jmmer ſeind/ kommen allei[n]
herfuͤ[r]
[] herfuͤr/ dir/ wie fleiſſiglich vnd getrewlich Jch
Mein Vatterland/ meine Freunde vnd Lands-
leut zu ehren vnd zu bedienen begehre/ offentlich
zu bezeugen; Vnd mich/ wafern ſie freindlich
empfangen vnd gehalten werden/ den andern
Theil meiner Gedichten dir bald nach dieſem
mit zu thailen/ zu vermoͤgen. Gegeben an dem
Koͤniglichen Hofe in Engelland den letzten Tag
Herbſtmonats.


G. Rodolf Weckherlin.


Jn-
[]

Jnhalt diſes Erſten Theils.
Gaiſtliche ſtuͤcke/ darunder ſeind dreyſſig Pſal-
men Davids. Nemlich.

DEr Erſte Pſalm. Beatus vir qui non abiit.
Der 2. Pſalm. Quare fremuerunt.
Der 3. Pſalm. Domine quid.
Der 4. Pſ. Cum invocarem.
Der 5. Pſ. Verba mea auribus.
Der 6. Pſ. Domine in furore tuo.
Der 8. Pſ. Domine Dominus noſter.
Der 9. Pſ. Confitebor tibi Domine.
Der 11. Pſ. In Domino confido.
Der 13. Pſ. Vſque quò Domine.
Der 30. Pſ. Exaltabo te Iehova.
Der 34. Pſ. Deus auribus noſtris.
Der 46. Pſ. Deus noſter refugium.
Der 52. Pſ. Quid gloriaris in malitia.
Der 54. Pſ. Deusin nomine tuo.
Der 57. Pſ. Miſerere mei Deus.
Der 74. Pſ. Vt quid Deusrepuliſti.
Der 90. Pſ. Domine refugium factus es.
Der 91. Pſ. Qui habitat in adjutorio.
Der 93. Pſ. Dominusregnavit.
Der 104. Pſ. Benedic anima mea.
Der 113. Pſ. Laudate pueri Dominum.
Der 119. Pſ. Beati immaculati.
Der 123. Pſ. Ad te levavi oculos.
Der 127. Pſ. Niſi Dominus.
Der 134. Pſ. Ecce nunc.
Der
[] Der 136. Pſalm. Laudate Dominum
Der 137. Pſ. Super flumina Babylonis.
Der 142. Pſ. Voce mea ad Dominum.
Der 148. Pſ. Laudate Dominum.
Dan volgen vier andere gaiſtliche
Gedichte.

Die Weltliche Gedichte ſeind
abgetheilet.

1. Jn Heroiſche vnd andere ſtuͤcke.
2. Etliche Epigrammaten.
3. Buhlereyen vnd Liebgedichte.
4. Oden vnd Geſaͤnge.
5. Drincklieder vnd
6. Gedichte fuͤr Auffzuͤge/ Turnier vnd’
Balleth. ꝛc.


ADel
[]

Del Sig’. Angelo Trono
SONETTO



DOppo ’l quint’ anno, che dal patrio hoſtello

Movendo i paſſi a glorioſo ſegno,

Scorſi più d’un paeſe, e più d’un regno,

E mirai ogni di popol novello:

Al fin ritrovo in te (Rodolfo) quello,

Che non può compartirsi a humano ingegno,

Onde l’acquiſto mio ſtimo più degno

Che de Colchidi Heroi l’aurato vello.

Il mondo cieco; onde è virtù ſbandita,

Mentre à l’occaſo ogn’hor fugge e ſ’imbruna,

Dal tuo ſoccorſo attende e lume e aita:

Tu giongi à tempo. Invidia indarno impruna

A tuoi paſſi d’honorla via espedita,

E ſerva al tuo valor ſcorgo Fortuna.

Kling-
[]

Kling-Gedichte/
An dieſes Buch. 1638.


WJllkom verlangtes Buch/ das vns wirt wider-

bringen

Was lang verloren war/ was jederman veracht/

Seid man ſo manche ſprach ins Teutſchland hat

gebracht;

Nu muſt du dich mit macht durch Teutſch-

Welſch-Franckreich zwingen.

Der Hofman wirt auf dich/ als einen Ketzer/ dringē/

Der Newe Cantzeliſt iſt auff die ſchmach bedacht/

Dieweil jhm wirt ein Que in ſein conceptgemacht/

Dan man bey dir nicht hoͤrt die frembde Woͤrter

klingen.

Willkom gewuͤnſchtes Buch/ laß dich nu froͤlich

blicken/

Dan deinen aufgang kan kein Neider je erſticken/

Dein Maiſter ſchuͤtzet dich bey Hof vnd Cantzeley:

Vnd du/ auch ſelber du; du macheſt dich ſchmachfrey.

Wie kans auch anderſt ſein? dich hat derſelb ge-

macht

Der erſtlich vnſre ſprach widrumb in gang gebracht.

Johan Kuͤeffer.


Gaiſt-
[]

Regiſter.


Gaiſtliche Gedichte.


  • Pſalm Blat.
  • ACh! daß der ſchwere ſchmertz. 139.
  • 54. Ach Got/ mein hoͤchſter Hort 54.
  • Ach Herꝛ/ ach hoͤchſter Got. 147.
  • 5. Ach laß mich dir mein ellend. 14.
  • 137. Alß wir an dem Geſtad 123.
  • 113. Dem Hoͤchſten Allweyß/ gut 90.
  • 30. Demnach du gnaͤdig Dein 35.
  • 46. Der einig ſchirm/ ſchantz. 48.
  • 90. Du/ Herꝛ/ als vnſer Hayl. 68.
  • 57. Erbarme dich Herꝛ vber mich. 57.
  • Es ſey gleich daß jhr noch 134.
  • 9. Jch will/ O Got/ dein Lob. 24.
  • 8. Jehova/ hoͤchſter Got. 21.
  • 44. Jetzund bedencken wir. 39.
  • 142. Jn meiner hoͤchſten noht 126.
  • 52. Jſt es/ Tyran/ dan noch 51.
  • 3. Mein Got/ wie ſehr vermehren 8.
  • Menſch kanſt du wol 133.
  • 136. Nu lobet Got mit mund. 117.
  • 134. Nu lobet/ ehret/ ruͤhmet. 117.
  • 4. O der du wilſt vnd kanſt. 11.
  • 148. O Engeliſche ſchaar. 128.
  • 1. Recht ſeelig iſt der menſch. 1.
  • 119. Recht ſelig ſeind gewiß 92.
  • 6. Verzieh/ Herꝛ/ deinen ſchweren 18.
  • 93. Vmbſunſt der ſtoltze. 78.
  • 91. Wan alle maur/ ſchantz. 73.
  • 127. Wa der Hoͤchſt nicht mit. 115.

11. Wan
[]
  • 11. Wan ich zugleich in ſicherheit. 32
  • 74. Warumb/ Herꝛ vnſer Got/ 60.
  • 2. Was weſens machen doch 3.
  • 13. Wie lang/ O hoͤchſter Herꝛ 34.
  • 104. Wolan/ ermunder dich. 80.
  • 123. Zu dir/ O hoͤchſter Got. 114.

Weltliche Gedichte.


  • ALs Arria das ſchwert 177.
  • An farben biſt du gleich. 181.
  • An ſchoͤn vnd rawheit kan. 227.
  • Auß vilen andern mehr. 154.
  • Botz kreutz/ wie iſt. 180.
  • Das auß vndanckbarkeit. 211.
  • Das glick iſt allen gleich. 192.
  • Das gold des Morenlands. 206.
  • Daß jhn das alter nicht. 183.
  • Das praͤchtigſte Kriegsſchif. 205.
  • Dein anſchlag iſt zu frech 165.
  • Dein aigner muht/ O Held. 159.
  • Demnach mich Amor. 215.
  • Der haß hat all ſein gelt. 180.
  • Der Leib des groͤſten Reichs 170.
  • Der Luſtich wolt mich. 186.
  • Der menſchen wohn iſt. 175.
  • Der Knoͤbel gehend nachts 183.
  • Der Schaͤfer Filodor. 194.
  • Der Schlund gieng. 181.
  • Der wahren Tugent. 174.
  • Der Zimpferlin/ dem. 182.
  • Die Lilla ſey ſchoͤn/ wie. 179.

Die
[]
  • Die Natur hat ein jedes. 249.
  • Du biſt keines weyſen. 183.
  • Du biſt/ O zart ſchnee- 224.
  • Du biſt Weltwehrter. 163.
  • Du hatteſt vier Zaͤhn. 186.
  • Er kan mit ſolcher krafft. 168.
  • Es iſt nicht ſeltzam. 182.
  • Es iſt kein maͤdlein in der ſtat 185.
  • Euch will ich dienen. 279.
  • Fey/ Teufel/ ſpricht der. 184.
  • Franckreich/ dein iſt der Sig. 166.
  • Fratz/ Ewer buhl ſich ſtehts. 189.
  • Friſch auff/ jhr dapfere ſoldaten 244.
  • Geburth iſt ſchlechter ruhm. 193.
  • Gedrucknet durch die frewd 178.
  • Georg ſchweiget vnder. 187.
  • Gleichwie ein armer menſch. 209.
  • Glickſeelig bin Jch wol. 217.
  • Groß billich iſt ſein Nam. 160.
  • Hanß laufft dear. 179.
  • Hie ſchlafet/ vnd Got ſey. 189.
  • Ja/ Briſſach dein verluſt. 164.
  • Ja/ Spanniſch biſt du Neyd. 162.
  • Jch brenn auß lieb vnd luſt. 213.
  • Jch dicht/ ich ſag/ ich ſing. 202.
  • Jch ſah als jhr geſicht. 214.
  • Jch ſah in meinem ſchlaf. 173.
  • Jch weiß nicht was doch. 185.
  • Jn dem mein ohr/ hand. 171.
  • Jn diſer erden iſt ein. 191.
  • Jn lieblichem geruch. 212.
  • Jhr augen die jhr mich. 210.

Jhr
[]
  • Jhr Goͤttin zart. 280.
  • Jhr Nymfen/ deren blick. 273.
  • Jhr Nymfen diſer welt 274.
  • Kom Myrta der Lieb wohn 229.
  • Koͤnt jhr mich dan ſunſt 252.
  • Man findet kein geſtirn. 167.
  • Menſch/ biſt du klug. 192.
  • Merck/ Glotz/ weil du. 190.
  • Mit Tugent vnd mit ehr. 188.
  • Muß es geſchaiden ſein. 218.
  • Nein. Es iſt nicht mehr noht. 284.
  • Nein. Jhr ſeit noch nicht alt. 219.
  • O der Lieb liebſte garn. 216.
  • O der Lieb wahrer hort. 222.
  • O deſſen wehrte werck. 272.
  • O jhr krumme/ ſchlimme ſehlen 238.
  • O Koͤnig/ deſſen haupt. 158.
  • Pfaff/ die vergleichung. 187.
  • Printz/ deſſen verdienſt. 161.
  • Printzeſſin/ deren ehr. 278.
  • Printzeſſin gleichloß an. 275.
  • Recht tauget Breutigam. 181.
  • Roß deine ſchoͤnheit. 184.
  • Roß ewer Controfeht. 190.
  • Seind es haar oder garn 221.
  • Sie iſt ſchoͤn vnd Er weyß 186.
  • Tod iſt Guſtav der. 169.
  • Verfolgung/ muͤh vnd layd. 156.
  • Vil nennen dich/ hoͤr Jch. 191.
  • Wan man hie keinen. 177.
  • Was alt vnd ſeltzam. 187.
  • Warumb jhr frawen vnd. 272.

Warumb
[]
  • Warumb hat man die. 157.
  • Was kan vns/ Amor. 208.
  • Was tadlet man doch. 189.
  • Was dienet deine brunſt. 220.
  • Welchen der Goͤtter ſchatz. 204.
  • Weil nu der lufft gantz 258.
  • Wer iſt doch jmmer ſo. 250.
  • Wer ſein betruͤbets aug. 203.
  • Wie ſunſt ein Potentat. 281.
  • Wie vnverhinderlich. 247.
  • Wie vns die Lieb ein liecht. 178.
  • Wie bitter/ Dido/ war. 178.
  • Wild biſt du nicht. 188.
  • Wir muſten geſtern. 185.
  • Wir kommen nicht. 277.
  • Witzloß war die fuͤrwitz 207.
  • Yar hipſcha Meaza 292.
  • Zerbrich das ſchwere. 155.


Der Leſer wird gebetten folgende Fehler
(Da die erſte Zahl das Blat/ die ander den Vers
bedeutet) alſo zu verbeſſern.


  • 22. 17. DAs Zaichen (?) iſt vn-
    noͤthig.
  • 26. 3. Liß/ vnſrer
  • 28. 5. Liß/ vnſre.
  • 29. 22. rund.
  • 41. 2. frommem
  • 45. 18. fewr.
  • 48. 7. vnſre.
  • 63. 22. vns fuͤr vnd.
  • 65. 3. widrumb.
  • 85. 12. vngejaget.
  • 97. 11. ſchew.
  • 99. 6. trit.
  • 103. 6. Diener.
  • 105. 14. meinen.
  • 131. 6. dem.

  • 136. 15. war.
  • 137. 18. den menſchen.
  • 169. 7. vnſern.
  • 173. 11. bilds.
  • 176. 10. ſeine nacht.
  • 186. 1. Der Luſtich.
  • 201. 7. verwundrung
  • 205. 12. die augſtern.
  • 242. 14. gefaͤhrlich.
  • 244. 7. freyhem.
  • 251. 18. brauſend.
  • 254. 4. Schweizer.
  • 255. 5. woͤllen.
  • 269. 6. vergeſſen.
  • 279. 18. Ob ich wol mehr gefan[-]
    gen nicht.

Gaiſt-
[1]

Gaiſtliche Poëſyen.


Der erſte Pſalm.
Beatus vir, qui non abiit.

1.



REcht ſeelig iſt der Menſch/ der fromb

vnd frey zu leben

So fleiſſig Gottes ſchul

Beſuchet/ daß er (Got ergeben)

Sich weder in den Raht/ noch auff

die Straß/ noch Stul/

Des volcks/ ſo mit boßheit/ ſchand vnd ſpot ſich er-

goͤtzet/

Achtloß/ fre ch/ ſicherlich/ verfuͤget/ ſtoͤllet/ ſoͤtzet.

2.
Ja/ ſeelig iſt der menſch/ der der welt vngeachtet

Allein Gottes geſatz

Stets lobet/ liebet vnd betrachtet/

Als den ſuͤſſeſten luſt/ als den reicheſten ſchatz:

Vnd es in frewd vnd laid ſo lernet/ vnd ſo lehret/

Daß es jhn tag vnd nacht bewahret vnd bewehret.

3.
Einem fruchtbaren baum von guter hãd gepflantzet

Jn wolgeſchlachtem grund

Mit waſſerbaͤchen wol verſchantzet/

Daß er zu ſeiner zeit erquicket aug/ naß/ mund/

Ja/ der den gaͤrtner ſtets erfrewet vnd bereichet/

Gruͤn/ bluͤhend vnd fruchtreich/ ein ſolcher menſch

ſich gleichet.

B4. Sein
[2]Gaiſtliche
4.
Sein arm/ ſein mund/ ſein hertz/ verꝛichtet/ redet[/]

tichtet/

Was goͤtlich/ wahr/ gerecht/

Vnd wie jhn Got ſelbs vnderꝛichtet/

Alſo gehorchet er/ als ein getrewer knecht/

Daß jhm in allem thun/ von Got reichlich geſegnet[/]

Gluͤcklich gelinget ſtehts/ vnd kein vngluͤck begoͤgne[t]

5.
Ein vil andre geſtalt hat es nun mit den boͤſen/

Ob ſie ſchon groß/ ſtarck/ reich:

Ein fluch iſt der gottloſen weſen/

Obſchon jhr vberfluß des Herꝛen ſeegen gleich:

Sie hoffen ohn beſtand/ ohn grund ſie ſich erfrewen

Dan die wind hin vnd her wie ſprewer ſie zuſtroͤwe[n]

6.
Auch wirt/ wan alles flaiſch ſoll wieder aufferſtehe[n]

Fuͤr des Hoͤchſten gericht/

Der boͤſen jamer recht angehen/

Da jhrer keiner wirt auffhoͤben ſein geſicht:

Kein ſuͤnder wirt ja dañ d’ from̃en wohn befloͤcke[n]

Noch ſich vnder die zunfft der gerechten verſtoͤcke[n]

7.
Dañ ja der groſſe Got/ dem aller menſchen hande[l/]
Hertz vnd gedancken kund/
Seiner erwoͤhlten weeg vnd wandel
Erkennend/ nimmet ſie zu ſich in guter ſtund:
Hingegen ſtuͤrtzen ſich in ewiges verderben
Die boͤſen/ da ſie dann (vnſterblich) allzeit ſterben.

D[er]
[3]Gedichte.

Der ander Pſalm.Quare fremuerunt.


1.
WAs weſens machen doch die Haiden?

Was ſchwirmen doch mit ſolcher wuht

Die ſich auß thorheit vnd hochmuth

Von Got vnd ſeinem volck ſelbs ſchaiden?

Sie bilden jhnen ſelbs nichts fuͤr

Dann eytelkeit vnd vngebuͤhr/

Von ſchwerem krieg vnd groſſen ſchlachten

Jſt all jhr dichten vnd jhr trachten.

2.
Die Potentaten hoch vnd maͤchtig

Vnd groß/ als wann fuͤr ſie die welt

Nicht groß gnug: Die durch gut vnd gelt

Dick/ auffgeblaſen/ frech vnd praͤchtig/

Verſamblet gehen fruͤh vnd ſpaht

(Gantz ſchwirig doch geheimb) zu raht/

Zugleich Gott vnd Chriſt/ der hernider

Vns zu erloͤſen kam/ zu wider.

3.
Wa wir vns (ſprechen dieſe thoren)

Nicht freyhen von der heuchlerey

Laſt vnd geſatz/ ſo ſchwer als new/

So ſeind wir vnd das volck verlohren:

So laſſet vns/ daß vnſer will

Regier/ vnd ſich allzeit erfill/

Alsbald die newe ſtrick zerreiſſen/

Vnd diſes ſchwere Joch zerſchmeiſſen.

B 24. So
[4]Gaiſtliche
4.
So ſagen die/ die (gantz vermeſſen)

Nicht Goͤtter ſondern koht fuͤr Got;

Auch lachet jhrer ſchon mit ſpott

Der jhnen weit zu hoch geſeſſen:

Der Herꝛ/ der herꝛſcher aller welt

Verlachet ſie/ jhr gold vnd gelt/

Der Herꝛ/ der helffer aller deren/

Die jhn anrufen/ lieben/ ehren.

5.
Daher mit jhrer laſtern laſten

Beſchweret/ gantz ſchwach/ ſchlecht vnd ſchlim

Wird ſie der Herꝛ mit groſſem grim

Vnd gantz troſtloſem zorn antaſten;

Alſo daß jhnen/ wann jhr hertz

Verzaget/ vnd ein blaicher ſchmertz

Verſtoͤllet jhr haupt vnd geberden/

Die welt erſt recht zu eng wirt werden.

6.
Jch/ der ich mein recht wol zu rechen/

Die feind zu daͤmpffen/ vnd den ſchweiß

Der armen zu vergelten/ weiß

(Wirt Er als dann zu jhnen ſprechen)

Hab meinen Koͤnig in Syon

Mit meiner gnaden oͤhl vnd Cron

(Euch vnanruͤhrlich) ſelbs gezieret/

Dadurcher ewiglich regieret.

7. Mei[n]
[5]Gedichte.
7.
Mein mund die Satzung nicht verſchweiget

(Spricht ſolcher Koͤnig) dadurch mich

Der Hoͤchſt verſichert/ ſagend/ Dich

Hab Jch heut ſeliglich gezeuget:

Mein einig lieber Sohn biſt Du/

Darumb heiſch vnd erfordre nu

Was von mir jmmer zu begehren/

Vnd deſſen will ich dich gewehren.

8.
Die/ welche noch zur zeit frey leben/

Die heiden/ deren groſſer muth

Nichts dann was ſie gut duͤncket thut/

Will ich dir fuͤr dein erbthail geben:

Ja alle voͤlcker/ alle ſtaͤnd

Von einem zu dem andern end

Des Erdreichs/ fuͤrhin zu verwalten

Solt eigenthuͤmblich Du behalten.

9.
Du ſoltmit einem ſtab von eyſen

Nichtſp aren deren vngebuͤhr/

Die ſich/ auffleynend gegen Dir/

Vnwuͤrdig deiner huld erweiſen:

Ja/ wie gefaͤß von thon vnd ſand/

Gedichtet durch des Toͤpffers hand/

Zerſchmaͤttert/ ſollen ſie als ſcherben

Fuͤr dir verfallen vnd verderben.

B 310. Wol-
[6]Gaiſtliche
10.
Wolan/ darumb jhr Potentaten

Ohn laͤngern ſchaͤdlichen verzug

Ermundert Euch/ vnd werdet klug

Vnd laſſet euch nunmehr recht rathen:

Jhr Richter/ die jhr andre leut

Wie jhr wolt/ richtet/ Es iſt zeit

Euch recht zu laſſen vnderꝛichten

Von dem/ der Euch ſelbs recht wird richten.

11.
Die Weyßheit/ die allein vonnoͤthen/

Wie auch die allein beſte Lehr/

Jſt/ daß man geb allein die ehr

Dem/ der beleben kan vnd toͤdten:

Dann ja kein menſch/ groß oder klein/

Der diſen Got/ (der Got allein)

Nicht gern bedienet/ ehret/ preiſet

Sich recht in ſeinem ampt erweiſet.

12.
Nu ewer ampt recht zu vertretten

So muͤſſet jhr von hochmuht frey/

Gantz fridlich/ freundlich vnd getrew/

Gott allein dienen vnd anbeten/

Vnd auch mit purer lieb/ luſt/ frewd

(Die zwar ohn zittern/ forcht vnd laid/

Gefahren halben/ nicht zu haben)

Jn ſolchem dienſt euch ſelbs erlaben.

13. Au[ch]
[7]Gedichte.
13.
Auch ſeinen Sohn (der mit verlangen

Sich ſelbs freywillig gnaden-reich

Darſtoͤllet/ vnd (barmhertzig) euch

Vmbfanget) danckbarlich vmbfangen:

Vnd fallend forchtſamb jhm zu fuß

Mit wahrer demuth/ rew vnd buß/

Vnd mit geluͤbt/ fuͤrhin gefliſſen

Jhm zugehorſamen/ jhn kuͤſſen.

14.
Dann ſunſt moͤcht ſein Zorn ewer pochen/

Vnd eigenſinnigen fuͤrſatz/

Vnd anſchlag wider ſein geſatz

Nicht laͤnger laſſen vngerochen;

Vnd ſein mißfallen vnd verdruß

Euch ſtuͤrtzen in die finſternuß

(Mit aller ewrer witz/ weyß/ weſen)

Davon euch niemand kan erloͤſen.

15.
Ohn ſeine gnad kan nichts gedeyhen/

Die welt iſt ſeines worts gemaͤcht/

Vnd wie zu ſtraffen er gerecht/

So gnaͤdig iſt Er zu verzeihen:

So iſt nu ſeelig deren wahl/

Ja/ Seelig/ ſeelig ſeind dreymahl

Die/ ſo auff diſen felſen bawen

Vnd vnſerm Got allein vertrawen.

B 4Der
[8]Gaiſtliche

Der dritte Pſalm.Domine quid, \&c.


1.
MEin Got/ wie ſehr vermehren ſich

Die welche mich

Verfolgen vnd befahren!

Die anzahl deren/ die Gottloß

Vnd toll/ ſich wider mich verfahren/

Jſt nu/ wie meine forcht/ ſehr groß.

2.
Vil/ vil erhoͤben jhre ſtim

Mit ſpot vnd grim

Mein hertz vnd gaiſt zu blinden;

Vnd ſchreyhen frech/ Er ſoll in Got

Nu wederhilff noch zuflucht finden/

Noch (klug) entfliehen dieſer noht.

3.
Du aber biſt/ vnd ſein du wilt

Mein ſchirm vnd ſchilt/

O Got/ mich zu beſchuͤtzen:

Wie du mein ruhm vnd ehr in frewd/

So pflegeſt du zu vnderſtuͤtzen

Mit troſt mein haupt in allem layd.

4.
Vertrawend Gottes ſtarcker hilff

Zu jhm ich gilff/

Zu jhm hab ich geſchryhen/

Mit lauter ſtim vmb ſeinen ſchutz/

Als Er mir ſein gehoͤr verliehen/

Mich troͤſtend/ meinem ſeind zu trutz.

5. Mein
[9]Gedichte.
5.
Mein Herꝛ/ mein helffer/ mein heyland

Mit ſtarcker hand

Zu helffen gantz genaiget/

Von dem berg ſeiner Heyligkeit

Hat (gnaͤdig) mir alsbald erzaiget

Sein hail/ hilff/ gnad vnd miltigkeit.

6.
Auch hoffend/ wann der tag dahin

Allzeit auff jhn

Loͤg ich mich muhtig nider:

Vnd weil er fuͤr mich auff der wacht/

Genieſſen meine muͤde glider

Nach luſt der ruh die gantze nacht.

7.
Wan dan der Sonnen ankunfft klar

(Der ſternen ſchar

Vertreibend) mich erwoͤcket:

Dem Hoͤchſten billich lob ich ſag/

Dan wie Er mich zu nacht bedoͤcket/

So fuͤhret er mich auch den tag.

8.
Es kan vnd will auff ſeine hut

Allzeit mein muth

Sich billich gern verlaſſen;

Wan ſchon mit liſt/ gewalt/ macht/ ſchmach/

Vilhunderttauſſend mir auffpaſſen/

So frag ich jhnen doch nicht nach.

B 59. Steh
[10]Gaiſtliche
9.
Steh auff mein Got/ mein Herꝛ/ mein Hort/

Wann ja dein wort

Vnd deine hilff nicht fehlet:

So ſtraff/ ſchlag/ ſchmeiß/ das neyd vnd haß/

Weil haß vnd neyd den feind beſehlet/

Mit ſeiner ſehl den feind verlaß.

10.
Jn ſeinem hertzen/ red vnd ſchrifft

Gar nichts dann gifft

Hat diſes vngezyfer;

Darumb zerreiß/ Herꝛ/ jhren bund/

Zerſchmaͤtter gaͤntzlich jhren kyfer/

Zertrimmer jhr haͤupt/ zaͤhn vnd mund.

11.
Alßdan ſoll ſich jhr ſpott vnd ſchimpf/

Vnd falſcher glimpf

Mit jhrem pracht verkuͤrtzen/

Wann dein zorn (jhrer thorheit lohn)

Sie tieff wird in den abgrund ſtuͤrtzen/

Erfillend vns mit danck vnd wohn.

12.
So hat nu dein volck vrſach gnug

Stets fromb vnd klug

Von dir niemahl zu wancken/

Als welches dir/ vnd niemand ſunſt

Fuͤr ſein hail/ Herꝛ/ allein zu dancken/

Als die frucht deiner gnad vnd gunſt.

13.
[11]Gedichte.
13.
Es iſt ja deine eigenſchafft

Mit ſuͤſſer krafft

Vnd gnad auff vns zu regnen:

Durch deinen ſeegen/ Herꝛ/ ohn maß/

Ohn ablaß wir dich billich ſegnen/

Geſegnet von dir ohn ablaß.


Der vierdte Pſalm.Cum invocarem \&c.

1.
ODer du wilt vnd kanſt bewahren/

Mein Got/ voll gnad wie voll allmacht/

Jn tauſendt aͤngſten vnd gefahren

Hab ich bald deine huͤlff erfahren/

Wann ich dir mein laid fuͤrgebracht:

Darumb mich auch jetzund zufreyhen

Von aller forcht/ gefahr vnd ſchand/

Laß meine vnſchuld mir gedeyhen/

Vnd kom/ O Got/ mir zu verleyhen

(Barmhertzig) dein gehoͤr vnd hand.

2.
Jhr menſchen/ die die menſchen ehren

Mitwahrer lieb vnd falſcher ſprach/

Wie lang ſol diſe torheit wehren/

Wie lang wolt jhr noch wol verkehren

Mein lob vnd ehr in ſchimpff vnd ſchmach?

B 6Jſt/
[12]Gaiſtliche
Jſt/ dan zu heuchlen vnd betriegen/

Sunſt keine kunſt in ewrer bruſt?

Vnd wolt jhr ewre red ſtets biegen

Nach dem gewin? Als ob zu liegen

Waͤr allein ewre lieb vnd luſt.

3.
Bedencket/ daß der/ der regieret

Jn dem geſternten Himmels ſahl/

Mit reichen gaben mich gezieret/

Vnd in die herꝛſchung eingefuͤhret

Durch ſeiner lieb vnd gnaden wahl:

Darumb dann wird der Herꝛ mein klagen/

Jn dieſer meiner ſchweren noht/

Nicht in den wind (erzuͤrnet) ſchlagen/

Noch ſeinen beyſtand mir verſagen/

Weil Er allein mein Herꝛ vnd Got.

4.
So laſſet euch nu mehr bewoͤgen/

Ja laſſet euch bald durch verdruß/

Durch buß/ durch ſcham vnnd forcht vermoͤge[n/]

Was boͤß iſt von euch abzu loͤgen/

Vnd haſſet alle aͤrgernuß:

Verſaumet ja nicht/ diſen ſachen

Wol nach zu dencken ſpaht vnd fruͤh/

Auff ewrem laͤger ſtill zu wachen/

Vnd ewre hertzen frey zu machen

Von aller vnruh/ ſorg vnd muͤh.

5. D[arnach]
[13]Gedichte.
5.
Darnach/ den Hoͤchſten zu erwaichen/

Solt jhr jhm danckbar vnd getrew/

Als ewrer bußfertigkeit zaichen

Lob vnd danckopffer vberꝛaichen/

Von eytelkeit vnd meinayd frey:

Vnd mit fuͤrſatz das boͤß zu haſſen

Koͤnt vnd ſolt jhr alsdann forchtloß

Euch auff den hoͤchſten Got verlaſſen/

Vnd jhn als ewren ſchilt erfaſſen

Jn allem truͤbſal vnd anſtoß.

6.
Gemeinglich die Weltkinder pflegen

Zuforſchen/ wa doch gold vnd gelt

Zu haben/ als der beſte ſeegen;

Sunſt nichts iſt jhnen angelegen

Noch angenehm in dieſer welt:

Da doch/ O Hoͤchſter hoͤchſtgeehret/

Dein einig reicher gnadenglantz

Vns/ was von vns wird recht begehret

Vnd vns von noͤthen/ ſtehts gewehret

Auß deiner all-reich-vollen ſchantz.

7.
Auch moͤgen Sie nach wunſch vnd willen

Jn fruchtbarer Ernd vnd Herbſt-zeit/

Mit vilem wein/ getraͤyd/ muhtwillen

Die keller/ ſchewren/ hertzen fuͤllen/

Verachtend andre arme leut:

Jch
[14]Gaiſtliche
Jch aber ſoll vnd will geſtehen/

O Got/ daß mit vernuͤgtem muht

Jch jhnen allen kan vorgehen/

Vnd vielmehr troſt/ Herꝛ/ in dir ſehen/

Dann ſie mit allem jhrem gut.

8.
Wan dan mich allzeit zu erlaben/

Wan mit was mir von noͤthen iſt

Mich allzeit reichlich zu begaben/

Vnd ſicherlich auch hand zuhaben/

Du/ O mein Got/ ſo foͤrtig biſt:

So will ich nu die ruh nicht fliehen/

Noch mit der ſorgen ſchweren macht

Fuͤrhin mein hirn vnd hertz bemuͤhen/

Noch einzuſchlaffen mehr verziehen;

So geb vns Got ein gute nacht!


Der fuͤnffte Pſalm.Verba mea
auribus. \&c.


1.
ACh! laß mich dir mein ellend klagen/

Mein Herꝛ/ mein hayl/ vnd ſey nicht fern:

Naig dein gehoͤr/ vernimb doch gern

Was meinem gaiſt/ dir fuͤr zutragen/

Dein wort wird ſagen.

2. Wa[n]
[15]Gedichte.
2.
Wan du mein Koͤnig mich regieren/

Wan du mein Got mich ſchuͤtzen wilt:

So laß/ mein Herꝛ/ mein ſchirm vnd ſchilt/

Mein Layd (mich bald darauß zu fuͤhren)

Dein Ohr beruͤhren!

3.
Haſt du mich/ Herꝛ/ offt fruͤh vernommen/

So ſolt du mit dem fruͤhen tag

Auch jetzund hoͤren meine klag;

Vnd mein layd ſoll zu meinem frommen

Fruͤh fuͤr dich kommen.

4.
Alsbald der tag ſich laͤſſet ſehen/

Da ſollen mit der morgenſtund

Fuͤr dir/ O Herꝛ/ mein hertz/ mein mund/

Ja meine augen vnd mein flehen

Zugleich auffgehen.

5.
Fruͤh wil ich mich zu dir/ Herꝛ/ ſchicken;

Vnd achtend deine gnad vnd gunſt

Vilmehr dann aller menſchen kunſt/

Bitt Jch/ mit deinen gnadenblicken

Mich zu erquicken.

6.
Zwar wann die/ deren wort erſchallen

Mehr dann dein wort: vnd die mit ſpott

(Muhtwillig) brechen dein gebott/

Vnd (frech) in alle laſter fallen/

Dir gantz mißfallen:

7. Wan
[16]Gaiſtliche
7.
Wan fuͤr dir/ die ſich ſelbs erhoͤhen/

Wann die fuͤr vns (ruhmraͤhtig) ſich

Selbs heilig machen/ ſchaͤndend dich/

Die (gleißner) jhre red verdraͤhen/

Gar nicht beſtehen:

8.
Vnd wann du pflegeſt/ die ſich laſſen

Verfuͤhren/ die auß vbermuth/

Auß fuͤrwitz/ torheit oder wuht/

Was recht vnd billig iſt/ verlaſſen/

(Gerecht) zu haſſen:

9.
So wirſt du kaum Herꝛ (mich zu freyhen)

Der luͤgenmaͤuler liſt vnd luſt/

Noch auch der blutgierigen bruſt/

Ab denen du/ Got/ ein abſchewen/

Jemahls verzeyhen.

10.
Ja/ Got/ mein ſtewrmann in gefahren/

Wirt die gottloſe freylich nicht/

Seines gerechten zorns gericht

Fuͤr aller welt zu offenbahren/

Zu ſtraffen ſparen.

11.
Jch aber/ Herꝛ/ von allem ſchaden

Erꝛoͤttet/ vnd von truͤbſal frey/

Durch deine ſuͤſſe lieb vnd trew

Erquicket/ vnd mit deinen gnaden

Reichlich beladen:

12 W[ill]
[17]Gedichte.
12.
Will mich bald in dein hauß begeben/

Vnd mit der hayligen Gemein

Durch deiner forcht vnd frewden ſchein

Erleuchtet/ vnd mit troſt vmbgeben/

Dein lob beleben.

13.
O deſſen werck dein lob außſpraitten/

Handhaber der Gerechten ſach/

Geruhwe mir/ der ich zu ſchwach

Vnd hilffloß/ den weeg zuberaitten/

Vnd mich zu laitten!

14.
O Gott/ geruhwe mich zu fuͤhren/

Daß nicht der Widerſacher zunfft/

Die jhre kunſt/ witz vnd vernunfft

Zu ſchaden richten/ mich verfuͤhren

Vnd mehr prachtieren.

15.
Dan ob ſie ſchon ſuͤß ſchmaichlend liegen:

Jſt doch jhr hertz/ mund/ zung vnd ſchlund/

Gleich wie ein grab/ gifft/ ſarch/ abgrund/

Stehts foͤrtig vns laid zu zufuͤgen/

Vnd zu betriegen.

16.
Wan ſie dan nichts dan vbels dichten/

Wan ſie boͤß zu thun allein klug/

Vnd wan kein vbel jhnen gnug/

So kom/ O Got/ ſelbſt ſie zu richten/

Vnd zu vernichten!

C17. Dein
[18]Gaiſtliche
17.
Dein vrtheil vber Sie zu faͤllen

Verzeuch nicht/ Herꝛ/ Gib/ daß jhr raht

Schaͤnd Sie mit vnflat vnd vnraht!

Stuͤrtz die ſich wider dich geſoͤllen

Tieff in die hoͤllen!

18.
Alsbald du dieſes wirſt vollbringen/

So werden alle/ welche dir/

O Gott/ vertrawen/ nach gebihr

Sich frewend deine werck erklingen/

Vnd dir lobſingen.

19.
Dann weil Sie fromb vnd vnbefloͤcket/

Seind Sie/ O Herꝛ gerecht vnd milt/

Mit deiner gnad als einem ſchilt

(Geſegnet/ ſicher/ vnerſchroͤcket)

Allzeit bedoͤcket.


Der ſechſte Pſalm.
Domine, ne in furore \&c.


1.
VErzieh/ Herꝛ/ deinen ſchweren grim

Außgieſſend vber mich/ in diſer vngeſtim

Dich wider mich zu rechen!

Verzieh dein vrtheyl/ Herꝛ/ biß die Gerechtigkeit

Zuvor mit der Barmhertzigkeit

Rahtſchlaget/ außzuſprechen.

2. Ach
[19]Gedichte.
2.
Ach mein Got! ſchaw an die trangſal

Vnd meines leibs vnd gaiſts vnleydenliche qual/

Daß Sie einander haſſen:

Gedenckend wie ſchwach Jch/ wie ſchmertzlich mei-

ne noht/

Wie ſchroͤcklich/ maͤchtig Du O Got/

Vergiß mein thun vnd laſſen!

3.
Ach weh! mein leib/ geſicht vnd mund/

Schier gantz lahm/ blind vnd ſtum (von deinen pfei-

len wund)

Bezeugen meine ſchmertzen:

Vnd meiner ſuͤnden heer/ mit mir in ſtehter ſchlacht/

Hat leyder! weder tag noch nacht

Anſtand in meinem hertzen.

4.
Ach! bring mich nicht fuͤr dein gericht/

Betracht/ Herꝛ/ deiner Trew/ nicht meiner ſchuld

gewicht/

Vnd vergiß meiner pflichten:

So wirſt du vilmehr/ Herꝛ/ durch gnad des men-

ſchen fehl/

Dan vns/ dan mich/ mit leib vnd ſehl

Durch vngnad gar vernichten.

5.
Kein lob iſt fuͤr dich in der baar/

Darumb hilff/ eh Jch ſterb/ Reiß mich auß der

gefahr/

Herꝛ/ laß mich nicht verſchmachten!

C 2Thu
[20]Gaiſtliche
Thu thraͤnen/ ſeuftzen/ layd/ ſo mein aug/ mund

gemuͤht/

Mit meinem laͤger/ lufft/ gebluͤht/

Vermiſchet/ nicht verachten!

6.
Ohn ablaß wehret meine pein;

Der tag/ gleich wie die nacht/ hat fuͤr mich keine[n]

ſchein/

Vnd nichts kan mich ergoͤtzen:

Jch ſchwim in meinem beth/ wan nicht der vberflu[ß]

Der ſeuftzen drucknet mit verdruß/

Was meine zehern noͤtzen.

7.
Ach Herꝛ! mein leib vnd glieder ſeind

Numehr (als ob Jch alt) ſo ſchwach/ daß mein[e]

freind

Mehr/ dan mich troͤſten/ trawren:

Hingegen meine feind ſeind froͤlich/ als Ob Sie

Faiſt machte mein layd/ hunger/ muͤh/

Vnd laſſen ſich nichts dawren.

8.
Doch fort/ fort/ jhr gotloſe leut:

Dan wan euch allein lieb was mir laid/ ſo ſoll heut

All ewre frewd ſich enden/

Dieweil ich nu mehr ſpuͤr/ daß Got (mein hayl vn[d]

hort)

Sein angeſicht/ nach ſeinem wort

Will wider zu mir wenden.

9. D[er]
[21]Gedichte.
9.
Der Hoͤchſt/ ohn deſſen gnad vnd lieb

Kein leben wehren kan/ Ohn deſſen liecht wir (truͤb

vnd finſter) all verderben:

Der Hoͤchſt/ mein Herꝛ vnd Hayl/ erhoͤrend meine

klag/

Vnd nu vertreibend meine plag/

Wil mich nicht laſſen ſterben.

10.
Laß vns/ O Got/ von deiner hand

Zu meiner ſehlen ruhm/ vnd meiner feinden ſchand/

Zugleich gnad vnd ſtraff ſehen!

Daß danckbar Jch beſteh mit deinem volck fuͤr dir/

Hingegen meine feind fuͤr Mir

Zu grund (gantz hilfloß) gehen!


Der Achte Pſalm.
Domine, Dominus noſter \&c.


1.
JEhova/ Hoͤchſter Got/ Herꝛ vnſer hayl vñ macht/

Wie herꝛlich in der welt iſt deines Namens pracht!

Dein thron/ O Hoͤchſter/ hoͤchſt erhoͤhet

Jn ſolcher klarheit voͤſt beſtehet/

Daß gegen dir/ Herꝛ/ wir (dein volck) bekennen

gern/

Daß finſter die Sonn ſelbs/ vnd nidrig ſelbs die

ſtern.

C 32. Der
[22]Gaiſtliche
2.
Der zarten ſaͤugling ſtim/ vñ noch ſprachloſer mund/

Durch deren ſchwachheit Vns/ Herꝛ/ deine krafft

recht kund/

Wan Sie gleich ſchreyhen oder ſchweigen/

Erklaͤren Sie doch/ vnd bezeugen

Der boͤſen faſchen wohn/ vñ deiner feinden ſchmach/

Als deren raach vnd ſchand verdienet deine raach.

3.
Wan Jch des tags erblick des hohen himmels zier[/]

Vnd deines fingers werck zu hertzen ernſtlich fuͤhr

Wan mir die nacht/ die Vns ergoͤtzet/

Mit wunder fuͤr die augen ſoͤtzet

Des wanckelbaren Mohns vnwanckelbaren glantz

Der Sonn vnd Sternen ſchein/ gleich vnd vnglei[-]

chen dantz.

4.
Was iſt d’ arme menſch/ alßdan bey mir ſprich Jch

Mit ſolchen gnaden Jhn/ der ſtoltz vnd frech an di[ch]

Niemahls gedencket/ zu bedencken/

Vnd deine gaab jhm zu verſchencken/

Der gleichloß an vndanck! Jſt nicht/ Herꝛ/ ſein g[e-]

ſchlecht?

Vnwuͤrdig alles hayls/ zu vngerecht/ zu ſchlecht?

5.
Haſt du/ All weiſer Got/ auß reicher mildigkeit

Des menſchen ſehl/ verſtand vñ ſtand an wuͤrdigke[eit]

Den Engeln nicht gantz gleich begluͤcket:

So hat Jhn gleichwol noch geſchmuͤcket

(Vn [...]
[23]Gedichte.
(Vñ danck hab deine gnad) dein all-miltreiche hãd

Mit der Vnſterbligkeit Cron/ Scepter vnd gewand.

6.
Ja/ vber deine werck/ auß purer lieb vnd trew

Haſt du/ ſein Lehenherꝛ/ von aller aufflag frey

Als jhren Herꝛen jhn geſoͤtzet:

Vnd daß ſein hertz werd mehr ergoͤtzet/

So iſt voll lehr/ frucht/ frewd/ der weitten welt vmb-

kraiß

Des menſchen gaiſts/ munds/ leibs/ betrachtung/

nahrung/ raiß.

7.
Was Er begehren kan zu ſeiner auffenthalt/

Vnd daß Er ſicher ſey von hunger/ durſt vnd kalt/

Das haſt du Vatter jhm gegeben:

Vnd allein fuͤr ſein leben leben

Des Meers/ des luffts/ des felds/ der erden (ſchatz

vnd zier)

Fiſch/ voͤgel/ kraͤutter/ frucht/ auch zam vñ wilde thier.

8.
Darumb wan Jch bedenck/ mein Schoͤpffer vnd

mein Got/

Wie wunderbar dein werck/ wie wuͤrcklich dein gebot:

So kan ich billich nicht abſtehen

Mit danck vnd wunder zu verjaͤhen:

Johova/ Hoͤchſter Got/ Herꝛ vnſer hayl vnd macht

Wie herꝛlich in der welt iſt deines Namens pracht!

C 4Der
[24]Gaiſtliche

Der Neunte Pſalm.
Confitebor tibi Domine. \&c.


1.
JCh will/ O Got/ dein lob vnd Dich

Von gantzem hertzen ſingen;

Die wunder deiner werck will Jch

Fuͤr aller welt erklingen.

Jch will (O Hoͤchſter) mit gebihr

Stehts deinen Namen preyſen/

Vnd (frey durch dich/ vnd fro in dir)

Dein lob auch andern weyſen.

2.
Dan deiner gnad troſtreichen frucht

Erwartend vnverdroſſen/

Hab Jch durch des feinds forcht vnd flucht

Mit hoͤchſtem troſt genoſſen:

Ja meiner feinden groſſe macht

Verzagend zu grund gehen/

Vnd zu nichts werden jhren pracht

Hab (muhtig) Jch geſehen.

3.
Du hoͤchſter Richter/ haſt gerecht

Mein ſchwaches hertz erlabet/

Jn dem du wider Sie mein recht

Vnd handel handgehabet:

Jn dem von deinem Richter thron

Dein vrtheil außgegangen/

Hat meine ſehl bald troſt vnd wohn/

Mein feind den fall empfangen.

4. Der
[25]Gedichte.
4.
Der heyden tollen vbermuth

Haſt du alſo geſcholten/

Vnd alſo jhren grim vnd wuht

Mit wuht vnd grim vergolten;

Daß Sie vnd all die groſſe macht/

Die jhnen angehangen/

Mit jhres namens ruhm vnd pracht

Gleich wie ein dampff vergangen.

5.
Du haſt/ das haͤufflein (dem dein bund

Lieb vnd wehrt) zu erloͤſen/

Vertilget von der erden grund

Der boͤſen lob vnd weſen:

Dan wan jhr Nam auß ehrgeitz ſchon

Jn der geſchicht platz ſuchet/

Wird Er doch/ wie Sie ſelbs/ mit hohn

Von moͤniglich verfluchet.

6.
So iſt numehr der feinden heer/

Das außzog vns zu ſtraffen/

Mit allem ruͤſtzeug vnd gewoͤhr/

Staͤt/ voͤſtungen vnd wafen/

Ja auch mit aller beut vnd raub

Die er von vns genommen/

Mit ſeinem Namen in den ſtaub/

Vnd zu dem end gekommen.

C 57. Gleich
[26]Gaiſtliche
7.
Gleich wie nu Got der armen layd

Stehts zu dem beſten wendet/

Vnd nu mit vnſer feinden frewd

Auch vnſer noht geendet:

Alſo will Er allzeit gerecht

(Sein voͤlcklein zu beſchuͤtzen)

Die welt regieren/ vnd mit recht

Den Richterſtul beſitzen.

8.
Der Herꝛ will mit gerechtigkeit/

Das Vnrecht zu vernichten/

Die gantze welt mit billichkeit

Regieren/ vnd ſelbs richten:

Es ſollen die betruͤbte leut

Nicht hilffloß allzeit leyden:

Noch die Tyrannen auch allzeit

Jhr ſchwere ſtraf vermeyden.

9.
Der Herꝛ wirt/ als ein ſtarcker ſchutz

Den armen ſo bedoͤcken/

Daß jhn des feinds zorn/ grim vnd trutz

Nicht weitter ſoll erſchroͤcken:

Zu guter zeit iſt ſeine hand

Berait vns bey zuſtehen/

Vnd vns zu vnſrer feinden ſchand

Auß dem Koth zu erhoͤhen.

10. Da[umb]
[27]Gedichte.
10.
Darumb auch billich alle die

Die dein wort/ Herꝛ/ betrachten/

Vnd die daſſelbig mehr allhie

Dan gold vnd ſilber achten:

Ja denen dein wort vnd gericht

Der wahre troſt aufferden/

Auff dich/ Herꝛ/ jhre zuverſicht

Vnd hoffnung gruͤnden werden.

11.
Sie werden billich/ weil allein

Du/ Herꝛ/ die zu dir fliehen/

Auß aller noht/ gefahr vnd pein

Wilt vnd kanſt leichtlich ziehen/

Mit ſtarcker zuverſicht/ Herꝛ/ dich

Als jhren ſchilt erfaſſen;

Vnd wie du ſie niemahlen/ Sich

Auff dich allein/ verlaſſen.

12.
Wolan ſo laſſet nu mit wohn

Vns vnſerm Got lobſingen/

Ja laſſet vns mit lauttem thon

Vnd luſt ſein lob erklingen:

Er iſt ja Got/ Gut vnd Gerecht/

Der jederman belohnet/

Der vnder Vns (ſeinem Geſchlecht)

Jn Syon allzeit wohnet.

13. So
[28]Gaiſtliche
13.
So laſſet vns ſein lob vnd ehr

Mit danckbarem gefallen

Fuͤr aller frembden welt gehoͤr

Erzoͤhlen vnd erſchallen:

Auff daß Sie hoͤrend vnſer ſtim/

Was er gethan/ vermehren/

Moͤg auch Sich (foͤrchtend ſeinen grim)

Bekehren/ vnd jhn ehren.

14.
Allwiſſend was ein jeder thut

Er aller thun bedencket/

Vnd daher der ellenden blut

Vergoſſen/ niemand ſchencket:

Vnd (dan es ſeine eygenſchafft

Sich vnſer zu erbarmen)

Er fordert gute rechenſchafft

Von den moͤrdern der armen.

15.
Sein Ohr iſt zu der armen klag

Vnd ſeufftzen nicht beſchloſſen;

Vnd jhre thraͤnen nacht vnd tag

Seind vmbſonſt nicht vergoſſen:

Sein hertz barmhertzig (haſſend die

So boͤß zu thun vermeſſen)

Kan der ellenden layd vnd muͤh

Zu rechen/ nicht vergeſſen.

16. Da-
[29]Gedichte.
16.
Darumb ſo ruff Jch nu zu dir/

O Herꝛ/ von gantzem hertzen:

Der du vor offt geholffen mir

Auß vielen ſchweren ſchmertzen:

Der du mich auß der finſternuß

Des tods/ vnd des grabs thoren

(Erꝛoͤttend von forcht vnd verdruß)

Erhoͤbet vnd erkohren.

17.
Erbarm dich vber mich/ O Got/

Laß mich dein hayl erwerben!

Laß mich/ Herꝛ/ nicht in dieſem ſpot/

Als mein feind will/ verderben!

Betrachtend in wie hartem ſtand

Mich meine haͤſſer ſoͤtzen/

Stroͤck auß/ vnd laß dein rechte hand

Sie ſtraffen/ mich ergoͤtzen!

18.
Auff daß Jch mit danckbarem fleiß

Fuͤr aller frommen ſcharen

Moͤg deiner gnaden wahren preiß

Wuͤrdiglich offenbahren:

Vnd weil Sie mich mit groſſem luſt

Zu hoͤren vnd einſchlieſſen/

Daß Jch moͤg auß danckbarer bruſt

Deiner hilff lob außgieſſen.

19. Die
[30]Gaiſtliche
19.
Die hayden/ vnd die/ deren hertz

Recht zu thun kein gefallen/

Vnd denen Gottes wort ein ſchertz/

Die ſeind nu ſelbs gefallen:

Sie ſelbs nu ſehen wir mit ſchmach

Verſuncken oder hangen

Jn der grub/ in dem ſtrick/ auß raach

Gerichtet vns zu fangen.

20.
Dabey Wir dan gantz ſonnenklar

Des Herꝛen vrtheil ſehen/

Vnd muͤeſſen es gantz recht vnd wahr/

Vnd Jhn gerecht beſtehen:

Wan die boͤßwichte/ welche ſunſt

Kein recht kan vberwinden/

Durch jhr ſelbs aigne witz/ macht/ kunſt

Sich ſelbs erdappet finden.

21.
Zwar alſo ſollen all zu mahl

Die boͤſen von der erden

Jn die verdiente hoͤllen-qual

Schroͤcklich geſtuͤrtzet werden:

Vnd keine voͤlcker/ die das wort

Vergeſſen/ vnd nicht leyden/

Die ſollen (findend keinen hort)

Der hoͤllen ſtraf vermeyden.

22. Hin-
[31]Gedichte.
22.
Hingegen/ wie der boͤſen ſchuld

Vnd ſtraf einander jagen:

So wirt der ellenden gedult/

Nicht in den wind geſchlagen:

Dan Got/ der ein geringe Zeit

Die armen mag bekraͤncken/

Mit ſeiner hilf/ die niemahls weit/

Weiſt jhrer zu gedencken.

23.
O Herꝛ/ du hoͤchſter Got/ ſteh auf/

Vnd widerſteh den boͤſen:

Steh auf/ Ach Herꝛ/ ſchlag ſelbs darauf/

Verſtoͤr jhr loſes weſen!

Ach! laß doch nicht den menſchen zu

Die vberhand zu kriegen/

Vnd dein wort (vnſern troſt vnd ruh)

Vertilgend/ zu verliegen!

24.
Verleyh vilmehr daß alle die

Die deinen dienſt verlaſſen/

Die deinet wegen alle muͤh/

Dich/ dein wort vnd vns haſſen/

Hochmuͤhtig bleiben laͤnger nicht

Beſchwerlich diſer erden/

Sondern fuͤr deinem angeſicht

Gerichtet zu nichts werden!

Der
[32]Gaiſtliche

Der ailfte Pſalm.
In Domino confido. \&c.


1.
WAn Jch zugleich in ſicherheit vnd noht

Ohn ſtoltz vñ forcht auf nichts hoff dan auf Got;

Was ſprechet jhr (torꝛecht) zu meiner ſehlen?

Nu muſt du dich durch ſchnelle flucht vnd flug

Jn das gebuͤrg von deines feinds betrug/

Macht vnd gewalt verſtehlen vnd verhaͤlen.

2.
Zwar ſih! der feind gantz gotloß/ ſtoltz/ weltweiß/

(Zu vnſerm layd berait auf alle weiß)

Der ſpannet an vnd zihlet loß zu ſchieſſen:

Er ziehlet ſchon/ der armen frommen blut/

Die noch bißher enttrunnen ſeiner wuht/

(Sein falſches ſpihl beſchlieſſend) zu vergieſſen.

3.
Wan ſeine liſt nu vnſrer freinden bund/

Wan ſeine haͤnd des Reichs pfeiler vnd grund

Nach ſeinem wunſch zertrennen vnd verſtoͤren;

Wan diſes boͤß Got-trutzendes geſchlecht

Außrotten will/ Herꝛ/ dein geſatz vnd recht/

Wie kan zu letzt ſich der gerecht erwoͤhren?

4.
Jedoch der Hoͤchſt beſitzend ſeinen thron

Ob dem geſtirn; der ſeiner kirchen wohn/

Dem ſeine kirch ein tempel auſſerloͤſen/

Hat alle ding fuͤr ſeinem angeſicht;

Vnd ſeine blick mit ernſtlichem gericht

Erwegen ſtehts der menſchen kinder weſen.

5. D[er]
[33]Gedichte.
5.
Der Hoͤchſt/ ſprich Jch/ dem das hertz wie der mund/

Vnd dem das hirn wie die ſtirn klar vnd kund/

Der pfleget nu die frommen zu bewehren:

Vnd wie lieb jhm der gerechtigkeit freind/

So ſehr vnd mehr der gerechtigkeit feind

Sein hertz mit haſſz vnd grewel ſtehts beſchweren.

6.
Auch auff jhr haupt/ als aller ſchalckheit ſitz/

Wirt er von bech/ glut/ ſchwefel/ dunder/ plitz/

Ein wetter ſtarck/ Sie zu verzoͤhren/ regnen:

Vnd er wirt noch des feinds gemaͤſten haut

Durch einen ſturm vnd brennende windsbraut

Seiner herd blut/ ſo Sie geſoffen/ ſegnen.

7.
Dan wan der Hoͤchſt/ alſo gerecht als groß/

Liebend allein was gut/ gerecht/ ſchuldloß/

Die/ ſo gerecht/ nicht laſſet vndergehen:

So wirt ja auch der gerechten geſicht

Nach jhrem wunſch (ob es wol ſpaht geſchicht)

Jn guter Zeit noch recht geſchehen/ ſehen.

DDer
[34]Gaiſtliche

Der dreyzehende Pſalm.
Uſquequo Domine. \&c.


1.
WJe lang/ O Hoͤchſter Herꝛ/ wie lang

Soll ſich mein hertz bekraͤncken/

Vnd/ das du nicht in diſem zwang

An mich gedenckeſt/ ſchier gedencken?

Wie lang verbirget ſich fuͤr meiner ſchweren pein/

Herꝛ/ deiner gnaden fuͤſſer ſchein?

2.
Wie lang ſol meiner ſorgen heer

Mein hirn bey tag verſtoͤren?

Vnd meiner angſt vnd vbeln Meer

Mein ſchwaches hertz zu nacht bethoͤren?

Wie lang ſoll ſich noch wol durch deines knecht

deemuht

Auffblaſen des feinds vbermuht?

3.
Kehr dich zu mir/ O Herꝛ/ mein Got/

Sih vnd betracht mit gnaden

Mit wie vil jamer/ layd vnd ſpot

Mein leib/ mein hertz vnd ſehl beladen!

Erleuchte mein geſicht/ verkuͤrtze deine ſtraf/

Daß Jch nicht in den tod entſchlaf!

4.
Erꝛoͤt du/ Herꝛ/ mich deinen knecht

Von deiner feinden haͤnden;

Au[ff]
[35]Gedichte.
Auff das/ als ob jhr toben recht/

Sie ſich nicht ruͤhmen/ vnd dich ſchaͤnden:

Das nicht mein layd vnd fall des boͤſen frewd vñ ehr

Erhoͤb (vnbillich) vnd vermehr.

5.
Jch zwar in meines leydens ſtand

Hab an dir kein mißtrawen:

Mein hertz iſt froh/ auff deiner hand

Beyſtand/ ſein zu verſicht zu bawen:

Vnd dein hayl/ das Jch ſpuͤhr in meines hertzens

grund/

Soll ſingen mein danckbarer mund.


Der dreyſſigſte Pſalm.
Exaltabo te Iehova. \&c.


1.
DEmnach du (gnaͤdig) dein geſicht/

Herꝛ widrumb gegen Mir gewendet/

Daß meiner feinden luſt/ wie mein layd/ laͤnger nicht

Gewehret/ ſondern ſich geendet:

So fuͤg Jch nu/ zu dancken Dir/

Auch die begird mit der gebuͤhr.

2.
Vnd wie mit truͤbem gaiſt vnd mund

Jch zu dir (Herꝛ) in angſt geſchryhen:

So danck Jch (muhtig) dir/ dieweil du zu der ſtund

Troſt vnd geſunheit mir verlyhen;

D 2Vnd
[36]Gaiſtliche
Vnd Jch ſo foͤrtig deine hand

Zu hailen/ als zu ſtrafen fand.

3.
Mein leib erꝛoͤttet auß dem grab/

Vnd meine ſehl auch auß der hoͤllen/

Durch dein geſantes hayl von deinem thron herab

Zuſamen laͤnger ſich geſoͤllen;

Vnd mit der lebendigen ſchar

Dein lob/ Herꝛ/ machen offenbahr.

4.
So ſinget nu des Hoͤchſten preiß

Mit vns Jhr heyligen zuſamen!

Betrachtend das der Hoͤchſt All-heylig/ maͤchtig

weiß/

Lobſinget mit vns ſeinem Namen!

Das ſich des Herꝛen ruhm vnd ehr/

Wie ſeine gnad/ allzeit vermehr!

5.
Ja/ ſeine gnad (Jhm gleich) endloß/

Vns zu erhalten/ voͤſt beſtehet:

Hingegen vns zu troſt ſein zorn/ wie jmmer groß/

Jn einem augenblick vergehet:

Vnd ſeiner gunſt lieb reicher ſchein

Verzoͤhret des tods forcht vnd pein.

6.
Kan vns nu troſtreich ſeine lieb

Erquicken/ troͤſten/ vnd beleben:

So mag der abend wol/ wie vnſre augen/ truͤb/

Vns zu beklagen vrſach geben:

Jedo[ch]
[37]Gedichte.
Jedoch der frewd-gebaͤhrend tag
Verjaget alles layd vnd klag.

7.
Alß lang geſundheit/ jugent/ gut/

Vnd wamit ſunſt das glick begabet

(Aufblaſend/ wie der wind die ſeegel/ meinen muht)

Mein hertz ermundert vnd erlabet:

Nu ſteh Jch (ſprach Jch) als der beſt/

Zugleich forchtloß/ fall frey/ gantz voͤſt.

8.
Dan deine fauſt/ Herꝛ/ deren macht

Mit deiner guͤte ſtehts verbunden;

Vnd deiner milten gnad vnd ſuͤſſen lieb Obacht/

Davon dein’ Allmacht vberwunden/

Bevoͤſtigend mein hohes hauß

Bewahrten mich fuͤr allem grauß.

9.
Als aber du von meiner ſchantz/

Darin Jch ſicher lag ohn ſorgen/

Abwendend dein geſicht/ Herꝛ/ deiner gnaden glantz

Fuͤr mir verfuͤnſtert vnd verborgen:

Alßdan anfechtung/ angſt vnd ſchmertz

Beſchwerten meinen gaiſt vnd hertz.

10.
Damahlen zittrend fuͤr dem grim

Den Jch in dir/ Herꝛ/ angezuͤndet/

Ernidrigend mein hertz/ erhub Jch meine ſtim/

Vnd zuverſicht/ auf dich gegruͤndet:

D 3Mit
[38]Gaiſtliche
Mit lautter ſtim ſchryh Jch zu Dir/
Vnd mein gebet bracht Jch dir fuͤr.

11.
Ach Herꝛ! Ach Got! wan deine ruht/

Wan deine ſtraf mich ſolt vmb bringen/

Was kan mein leyden doch/ was kan mein leib vnd

bluht

Dir/ Herꝛ/ fuͤr luſt vnd nutzen bringen?

Herꝛ/ haſt du mehr haab oder gaab/

So du mich ſtoſſeſt in das grab?

12.
Jſt nicht der tod ſtumb/ blind vnd taub/

O Got/ der du ein Got des lebens?

Jſt dan nicht/ Herꝛ/ das grab; Jſt nicht/ Herꝛ/ alle[r]

ſtaub/

Zu deinem preiß vnd ruhm vergebens?

Von aſchen haſt du gar kein Lob/

Noch deine warheit jhre prob.

13.
Ach! naig zu mir (Herꝛ) dein geſicht/

Eroͤfne numehr deine Ohren!

Hoͤr vñ verſteh mein layd/ verlaß mich laͤnger nicht

Sunſt gantz verlaſſen vnd verlohren!

Zu dir/ mein Got/ Jch ſeuftz/ ſchrey/ gilf/

Du biſt mein hayland/ ſend mir hilf.

14.
Auf diſes mein gebet haſt du

(Barmhertzig) meine ſuͤnd verzihen;

Vnd miltrung meinem leib/ vnd meinen augen ru[h/]

Vnd meiner ſehlen troſt verlyhen:

Ve [...]
[39]Gedichte.
Verkehrend meine klag/ ſtreit/ layd/

Jn ein gelaͤchter/ fried vnd frewd.

15.
Die haut an meines leibs gebein/

Den ſack an meine haut anklebend/

Haſt du veraͤndert/ Herꝛ/ durch deinẽ gnaden-ſchein/

Vnd du haſt mich widrumb belebend

(Verſtoſſend all mein layd zu ruck)

Gezieret mit der frewden ſchmuck.

16.
Darumb will Jch/ von hertzen grund

Dir danckend/ dein lob nicht verſchweigen:

Ja/ wie mein gaiſt mit danck/ So ſoll mit ſchall

mein mund/

Mein Got/ dein ehr vnd preiß bezeugen:

Vnd Jch will deiner Miltigkeit

Lobſingen/ Herꝛ/ in ewigkeit.


Der vier vnd viertzigſte Pſalm.
Deus auribus noſtris. \&c.


1.
JEzund bedencken wir in dieſem layd vnd ſpot

(Herꝛ/ vnſer Got)

Was vnſre vaͤtter vns/ wie du Sie außerwoͤhlet/

Was du fuͤr Sie gethan/ Sie auß gefahr vnd noht

Erꝛoͤttet/ offt erzoͤhlet.

D 42. Die
[40]Gaiſtliche
2.
Die Hayden/ jre feind/ vertrieb mit ſchmach vñ ſchãd

Dein aigne hand:

Vnd wie du jren ſtoltz vñ macht zu nichts verkehret;

Alſo haſt du dein volck einſetzend in jhr land

Geſegnet vnd vermehret.

3.
Dan ja dein volck das land gar nicht durch eine

ſchlacht

Zu wegen bracht/

Vil weniger durch ſterck darinnen ſich erhalten:

Sondern dein aug/ arm/ fauſt/ voll gnad/ krafft vnd

allmacht/

Muſt es allein verwalten.

4.
Auch hat weder jhr thun (von ſuͤnden niemahls frey)

Noch jhre rew/

Noch bußfoͤrtiges hertz Sie alſo hand-gehabet:

Sondern Du haſt Sie/ Herꝛ/ auß lauter lieb vñ tre [...]

So vaͤtterlich begabet.

5.
Wie du nu/ Herꝛ/ allzeit der ſturm-leydenden port/

Vnd ſchwachen hort;

So biſt du/ So wirſt du mein Koͤnig/ Herꝛ/ Hay

bleiben:

Du ſelbs biſt ja mein Got/ deſſen wuͤrckliche wort

Jacobs leyden vertreiben.

6. W[ie]
[41]Gedichte.
6.
Wie oft doch haben wir/ erhoͤbend vnſer horn

Mit frommen zorn/

An vnſern feinden Vns mit deiner hilf gerochen?

Vnd der anſpruͤnger muht ſampt jhrem ſpoͤr vnd

ſporn

Wider den grund zubrochen?

7.
Dan Jch hab ja niemahls auff bogen vnd geſchoß/

Klein oder groß/

Sondern nur Herꝛ/ auf dich mein zuverſicht geſoͤtzet:

Vnd meine Woͤhr kont mich nicht mehr dan ſo Jch

bloß

Erhalten vnverloͤtzet.

8.
Als offt ja vnſer ſchwert/ vnd vnſre ſtarcke ſtraich/

Wie wetterlaich/

Richteten zu der forcht vnd flucht des feinds gedan-

cken;

Als offt wir ja ſigreich/ vnd der feind kalt vnd blaich/

Hatten wir dir zu dancken.

9.
Auch dancken wir dir/ Herꝛ/ vnd vnſer mund ſoll

dir

Nach der gebihr/

Fuͤr deine lieb vnd gnad von hertzen grund lobſingen:

Dein lob/ ruhm/ ehr vnd preiß wollen wir fuͤr vnd fuͤr

Betrachten vnd erklingen.

D 510. Nu
[42]Gaiſtliche
10.
Nu aber weiſend vns ein vngnaͤdiges ſtuck/

Haſt du zu ruck

Vns ſtoſſend/ vnſer heer mit forcht vnd ſchand be-

floͤcket:

Vnd ſparend deine hilf all vnſern ſig vnd ſchmuck

Mit ſchmach vnd ſpot bedoͤcket.

11.
Dan das heer ziehend nu ohn deinen ſchutz hinauß/

Jn allem ſtrauß

Wirt (zaghafft/ traͤg vnd ſchwach) bald in die flucht

geſchlagen;

Vnd des feinds grimmer muht kan vns durch vn-

ſern grauß

Mehr/ dan durch ſein ſchwert jagen.

12.
Gleichwie du nu/ Herꝛ/ vns: So muͤſſen wir zugleich/

Arm oder reich/

Hauß vnd hof/ haab vnd gut/ vnd was vns lieb/ ver [...]

verlaſſen:

Jhrem muhtwillen nach verdoͤrben nu dein Reich

Die/ welche dein volck haſſen.

13.
Wie hund/ wie ſchwein/ wie woͤlf/ vol gailheit/ wuſ [...]

vnd wuht

Mit vbermuht

Erfuͤllen Sie an Vns/ als ſchafen/ jhren willen:

Erfuͤllen? Nein. Kein layd/ qual/ marter/ tod noch [...]

blut

Kan jhren luſt erfuͤllen.

14. Zu [...]
[43]Gedichte.
14.
Zuſtroͤwet werden Wir/ vnd wie leibaigne knecht/

Ohn hilff/ ohn recht/

Erbaͤrmlich hin vnd her geſchloͤppet vnd gerauffet:

Wir werden wie das vih/ vñ nicht wie dein geſchlecht

Vertauſchet vnd verkauffet.

15.
Man fanget/ kauffet vns/ man luͤfert vns dahin/

Vnd kein gewihn

Von ſolcher loͤſung/ Herꝛ/ kan dir zu nutzen ruͤhren:

Dein layd vnd vnſern ſpot die feind gantz ſtoltz vnd

kuͤhn

Mit vnſerm wehrt ſummieren.

16.
Vnd diſe ſcharpfe ſtraf/ als ein verdienter lohn

Durch ſchimpf vnd hohn

Wird in der Nachbarſchafft vnd rund vmb vns

vermehret:

Vnd jhr mitleyden bald durch liegen vnd argwohn

Jn ſchimpf vnd ſchmach verkehret.

17.
Die/ denen weder du/ noch deine warheit kund

Ohn allen grund/

Ein beyſpihl/ ein ſprichwort/ vnd boſſen von vns

machen:

Vnd ſchitlend jhren kopf/ vnnd kruͤmmend jhren

mund/

Ab vnſerm weinen lachen.

18. Ab
[44]Gaiſtliche
18.
Ab dieſer ſchweren ſchand/ in dieſer tieffen noht/

Wir gantz ſchamroht/

(Betruͤbet) koͤnden nichts dan ſeufzen/ zagen/ klagen:

Der toͤdliche ſpot mehr dan der ſpoͤtliche tod

Machet Vns ſchier verzagen.

19.
Darumb auch vnſre feind zu dopplen jhre raach

Mit vnſrer ſchmach

Jn ſchaͤndung vnd ſchmaͤhwort ſtehts jhre kurtzweil

ſuchen:

Durch jhr verbubtes thun/ durch jr verꝛuchte ſprach

Verfluchet Sie vns fluchen.

20.
All diſen heiſſen ſturm/ vnd brennendes blutbad/

Ohn alle gnad/

Haſt du/ Herꝛ/ vber vns erzuͤrnet außgegoſſen:

Daß vnſers jamers flut/ ſchier der hofnung geſtad

Verſinckend vberfloſſen.

21.
Jedoch (Herꝛ/ dir ſey lob) kont vnſer feind noch

nicht

Die zuverſicht

So wir (getrew) zu dir/ auß vnſerm hertzen jagen:

Wir haben deinen bund/ vnnd vnſer ſchuld vnd

pflicht

Nicht in den wind geſchlagen.

22. Ja
[45]Gedichte.
22.
Ja (lob ſey dir/ O Got) wir haben fahrend fort

Nach deinem wort/

Biß wir von dir durchauß bekehret vnd gewehret/

Die ſeegel vnd geſicht nach keinem andern port

(Verzweyflend) vmbgekehret.

23.
Ja (dir ſey lob/ O Herꝛ) kein layd/ ſchmach oder

ſchmertz

Kont vnſer hertz

Von ſeines anckers grund vertreiben oder ziehen:

So ſuchten vnſre fuͤß auch niemahls anderwerts

Jrꝛweeg/ dir zu entfliehen.

24.
Gleichwol verhaͤngeſt du/ das doͤrfer ſtaͤt vnd feld/

Wie oͤde waͤld/

Der Raͤuber laͤger/ nein/ der Drachen luͤger bleiben:

Vnd das vns ſolche feind/ als herꝛen aller welt

Vmbtreiben vnd aufreiben.

25.
Gleichwol verhaͤngeſt du/ daß ſtehts ein zeherguß/

Stehts ein blutfluß/

Mit hunger/ peſt/ ſchwert/ fewer/ ohn ablaß vns er-

ſchroͤcket;

Daß der tod vnſer hertz mit ſchmertzlichem verdruß

Vnd fuͤnſternuß bedoͤcket.

26. Haͤt
[46]Gaiſtliche
26.
Haͤt vnſer mund/ hand/ hertz/ voll ſpot/ blut/

heuchlerey/

Dein lob/ ehr/ trew/

Vnd namen/ Hoͤchſter Got/ vergeſſen vnd verlaſſen:

Vnd von der Warheit dienſt zu der Abgoͤtterey

Sich ja vermoͤgen laſſen.

27.
So koͤnt/ ſo ſolt vns Got/ dem das hertz wie der mund

Gantz klar vnd kund/

Der die gedancken ſelbs er gruͤndet/ wol auß finden:

So ſolten billich wir/ an leib vnd ſehl gantz wund/

Die ſchuld vnd ſtraf empfinden.

28.
Groß zwar iſt vnſre ſchuld: Jedoch du vnd dein

wort

(Herꝛ/ vnſer Hort)

Jſt nu die groͤſte ſchuld daß Vns die feind hin-

ſchlachten:

Dein wort/ Herꝛ/ machet nu vnſicher allen Ort/

Das Wir ſchier gar verſchmachten.

29.
Ach! Herꝛ/ wach auff/ O Herꝛ/ verlaſſe deinen

ſchlaf/

Laß deine ſchaf

Von diſen Woͤlfen nicht gaͤntzlich zerꝛiſſen werden

Treib deinen ſchlummer ab/ Treib von Vns diſ [...]

ſtraff/

Erhalt vns noch auff erden.

30. Wa[rumb]
[47]Gedichte.
30.
Warumb iſt deines augs troſtreicher gnadenſchein

Vns/ die wir dein/

Verborgen nu ſo lang/ Als wan dir vnſre ſorgen/

Als wan dir des feinds ſtoltz/ vnd vnſer layd vnd

pein/

Wie dein troſt vns/ verborgen.

31.
Sih/ Herꝛ/ gantz hoffnung-loß/ vnd zittrend wie

das laub

Biß in den ſtaub

Hat vnſre ſehlen ſchon das ſchwere Creutz gezwun-

gen:

Von dem nie-ſatten grab (der peſt/ ſchwerts/ hun-

gers raub)

Schnell werden wir verſchlungen.

32.
Mach dich doch auff/ O Herꝛ/ vnd ſtewrend der

gefahr/

Erꝛoͤt/ bewahr/

Vns wenig/ welche noch der muͤde tod geſparet:

Erhalt vns/ daß dein lob werd durch die kleine ſchar

Endlich geoffenbaret.

Der
[48]Gaiſtliche

Der Sechs vnd viertzigſte Pſalm.
Deus noſter refugium \&c.


1.
DEr einig ſchlrm/ ſchantz/ ſchutz iſt Got/

Darauff wir vns verlaſſen:

Got koͤnden wir in aller noht

Als vnſern ſchilt erfaſſen:

Ja/ vnſer ſterck iſt Gottes hand

Vns freyhend von gefahren;

Jn allem laydigen zuſtand

Wir ſeine hilf erfahren.

2.
Vnd wan wir vnſre zuverſicht

Beſtaͤndig zu jhm tragen;

So doͤrfen wir vns foͤrchten nicht/

Wir koͤnden auch nicht klagen:

Wan ſchon das erdreich vnd das Meer

Vermiſchend ſich erhoͤben

Vnd gleichſam als zway wilde heer

Die gantze welt erboͤben.

3.
Fortfahren mag das Meer mit macht

Zu toben/ wuͤten/ wallen/

Das auch der bergen hoͤchſter pracht

Solt vmbgeſtuͤrtzet fallen:

So bleibet doch des Hoͤchſten ſtat

Mit baͤchlein friſch genoͤtzet/

Durch jhn/ der ſie gebawen hat/

Troſtreich allzeit ergoͤtzet.

4. D[ie]
[49]Gedichte.
4.
Die Heyligen/ des Hoͤchſten knecht/

Mit wohn darinnen wohnen:

Der Heyligſt ſelbs/ allzeit gerecht/

Zu ſtrafen vnd zu lohnen/

Hat auß lieb ſeinen gnaden-thron

Bey jhnen eingenommen;

Vnd will zu jhrer feinden hohn

Jhr zeitlich zu hilff kommen.

5.
Wan ſchon vil Koͤnig ſtarck/ kuͤhn/ groß/

Jhr vbel zuzufuͤgen/

Mit voͤlckern forchtfrey vnd gotloß

Sie kommen zu bekriegen:

Muß doch/ alß bald des Hoͤchſten ſtim

Gehoͤret wirt auff erden/

Die erd mit jhrer macht vnd grim

Verzagend zu nichts werden.

6.
Mit vns iſt allzeit vnſer Got/

Got/ der Herꝛ der heerſcharen;

Er iſt mit vns/ in aller noht

Vns ſchadloß zu bewahren:

Auff jhm/ als deſſen gnadenfrucht

Jacob allzeit ergoͤtzet/

Verbleibet vnſer troſt/ zuflucht

Vnd hoffnung voͤſt geſoͤtzet.

E7. So
[50]Gaiſtliche
7.
So wach nur auff/ O volck/ vnd merck/

Laß vns ja wol beſehen

Des Herꝛen wunderliche werck

Zu vnſrer zeit geſchehen;

Was fuͤr verwuͤſtung in dem land

Hat der Herꝛ angerichtet!

Der krieg durch hunger/ peſt/ ſchwert/ brand/

Hat leut/ ſtaͤt/ land vernichtet.

8.
Der Herꝛ/ als deſſen ſtraf vnd raach

Nu jhren lauff vollendet/

Will/ daß das vbel laſſe nach/

Vnd der krieg werd geendet:

Er/ der zuvor mit vngehewr

Vnd jamer vns geſchlagen;

Verzoͤhret numehr durch das fewr

Schwert/ ſpoͤr/ geſchoß vnd wagen.

9.
Damit ſein volck in frid/ frewd/ ruh

Kom nu widrumb zuſamen/

Erkennet (rufet Er jhm zu)

Vnd ehret meinen namen:

Nu ſtehet ab von fernerm ſtreit/

Jch will/ Jch kan euch ſchaiden;

Mich ſollen auch zu aller zeit

Erhoͤben hoch die hayden.

10. D[ie]
[51]Gedichte.
10.
Die hayden/ welche ſich mit buß

Zu meinem wort bekehren/

Die ſollen (fallend mir zu fuß)

Mein Lob vnd Ehr vermehren:

Vnd die in jhrer ſtoltzen wuht

Zu loͤſtren mich fortfahren/

Die ſollen durch jhr aigen blut

Vnd tod mich offenbaren.

11.
Mit vns iſt allzeit vnſer Got/

Got/ der Herꝛ der heerſcharen;

Er iſt mit vns/ in aller noht

Vns ſchadloß zu bewahren:

Auff jhn/ als deſſen gnadenfrucht

Jacob allzeit ergoͤtzet/

Verbleibet vnſer troſt/ zuflucht

Vnd hoffnung voͤſt geſoͤtzet.


Der zwey vnd funfzigſte Pſalm.
Quid gloriaris in malitia, \&c.


1.
JSt es/ Tyran/ dan noch nicht gnug?

Darff dein mund (eben ſo vnklug/

Als dein hertz grewlich) dein thun ruͤhmen?

Kanſt du dan deine wuhterey

Auch fuͤr Got/ deſſen ſuͤſſe trew

Stehts vnſer ſuͤſſer troſt/ verbluͤmen?

E 22. Du
[52]Gaiſtliche
2.
Du dichteſt wol in deinem raht

Noch newe duͤck/ dein boͤſe that

Fuͤr frembden augen zu beſchoͤnen;

Vnd deine zung mit ſcharpffer ſchmach/

Vnd ſcharſchach-gleichen falſchen ſprach

Darff die vnſchuldige verhoͤnen.

3.
Warheit/ frombkeit vnd redlichkeit

Wirt von dir (der du voll ſchalckheit)

Mehr dan vnbillichkeit gehaſſet:

Ja/ liſt/ betrug/ gewalt vnd macht

Jſt dein geſatz/ recht/ reichtumb/ pracht/

Darauff ſich dein hochmuht verlaſſet.

4.
Vnd wie ſich dein verſtand vnd mund

Des Hoͤchſten kinder mit vngrund

Fuͤr der welt zu verleuͤmbden/ vben:

Alſo kan dein hertz vnd gehoͤr

Nichts mehr dan falſcher zungen maͤhr

Vnd boͤſer hertzen falſchheit lieben.

5.
Doch thuſt du ſolches nicht vmbſunſt.

Des Hoͤchſten zorns gerechte brunſt

Wirt/ dich bezahlend/ bald verzoͤhren.

Mit deiner haab auß allem land

Wirt dich des Hoͤchſten ſtarcke hand

Anßrotten gaͤntzlich vnd verſtoͤren.

6. A[lß-]
[53]Gedichte.
6.
Alßdan der fromb vnd ſein geſchlecht/

So deines ſchweren ſchwerts vnrecht

An vilen glidern nu verloͤtzet/

Soll werden/ deinen letzten ſpot

Anſchawend/ von dem ſtarcken Got

Zugleich entſetzet vnd ergoͤtzet:

7.
Vnd ſprechen: Sih/ das iſt der groß/

Der ſich ſtehts ruͤhmend/ ſtoltz/ gotloß/

Nichts auff des Herꝛen ſterck gehalten:

Sondern wolt mit verkehrtem muht

(Haltend fuͤr ſeinen Got ſein gut)

Durch wuͤhterey die welt verwalten.

8.
Jch aber den des Hoͤchſten wort/

Als mein ewiger troſt vnd hort/

Getroͤſtet ſtehts in layd vnd flehen/

Werd/ einem gruͤnen oͤhlbaum gleich/

Alßdan frey/ fridlich/ frewdenreich

Jn Gottes weinberg bluͤhend ſtehen.

9.
Auch billich froh zu aller ſtund

Will Jch dir/ Herꝛ/ mit hertz vnd mund

Lobſingend/ deine gnad erklaͤren;

Vnd in der heyligen gemein/

Als deren lieb dein Nam allein/

Vertrawend dir/ dein lob vermehren.

E 3Der
[54]Gaiſtliche

Der Vier vnd funffzigſte Pſalm.
Deus in nomine tuo. \&c.


1.
ACh Got/ mein hoͤchſter hort/ dem mein layd an [...]

gelegen/

Kom nu/ weil mein gefahr ſehr groß

Hilff mir ſunſt gantz hilffloß/

Hilff/ Herꝛ/ von deines Namens wegen!

Vnd weil Jch durch gewalt/ verfolgung vnd vnrec [...]

Nu ſchier muß vndergehen/

Kom du mit recht vnd macht mir/ deinem arme [...]

knecht

Auch bey zuſtehen!

2.
Hoͤr mich/ der du zuvor ſtehts mein gebet erhoͤret/

Vnd mich als mein getrewer Got

Jn aller forcht vnd noht

(Barmhertzig) deiner hilff gewehret:

Ach! naige dein gehoͤr/ hoͤr doch was dir mein mu [...]

Mit flehen/ ſeufftzen/ klagen/

Fuͤr deinen Richterſtul auß meines hertzen grund

Hat fuͤr zu tragen!

3.
Die/ denen dein wort frembd/ die daran kein gefall [...]

An denen du/ Herꝛ/ keinen luſt/

Voll neyd in jhrer bruſt

Erhoͤben ſich mich an zu fallen:

D[ie]
[55]Gedichte.
Die/ deren gaiſt vnd hertz von frechem vbermuth

Vnd hochfart auffgeblaſen

(Als meine tod-feind) mich mit tyranney vnd wuht

Zu toͤdten/ raſen.

4.
Zwar ſeltzam iſt es nicht/ daß leut/ die jhrem willen

Allein gehorchen; vnd/ gotloß/

Sich machen reich vnd groß/

Das land mit vbel zu erfuͤllen;

Vnd daß die/ welche Got/ ſein wort/ all ehr vnd trew

Zu ſchmaͤhen/ ſich vermeſſen/

Je ſolten Gottes volck layd/ vnrecht/ buberey

Zu thun vergeſſen.

5.
Doch ſih! mein Herꝛ/ mein hayl/ zu helffen nicht ver-

ziehet/

Berait empfind Jch ſeinen ſchutz

Vnd meinem feind zu trutz

Sein troſt in meinem hertzen bluͤhet.

Ja/ mein Got/ deſſen ſchirm mich freyhet von dem

feind/

Vertreibend die gefahren/

Zugleich bewahret mich vnd die/ ſo mich als freind

Freindlich bewahren.

6.
Got wirt die/ die mit liſt nach meinem leben ſtoͤllen

Durch jhre ſtraich/ in jhre ſtrick

Jn einem augenblick

Mit ſcharpff-gerechter ſtraff ſelbs foͤllen:

E 4Ach
[56]Gaiſtliche
Ach Got! laſſz/ daß dein wort vnd zuſag niemahl lang

Schwach vnd krafftloß zu nennen/

Durch jhren ſchnellen fall/ vnd ſchweren nidergang

Die welt erkennen.

7.
Alßdan will hertzlich gern Jch dir/ O Got/ lobſingen

Vnd (meine hoffnung/ glauben/ trew

Vnd lieb bezeugend frey)

Lob vnd danckopffer dir fuͤrbringen:

Alßdan will Jch/ O Got/ billich vnd muhtiglich

Mein hertz danckreich erweyſen/

Vnd deinen Namen/ Herꝛ/ groß vnd gut/ offentlich

Erklingend/ preyſen.

8.
Weil mich mein Got vnd Herꝛ/ gantz gut/ gerecht/

allmaͤchtig/

Erꝛoͤttet mit genaigter hand

Von layd/ gefahr vnd ſchand

Vnd allen feinden ſtoltz vnd praͤchtig:

Vnd weil Er (troͤſtend mich) mit wunder mein ge-

ſicht

An denen/ die vns haſſen/

Vnd nu mit angſt vnd ſpot verzweifflen/ ſein gericht

Hat ſehen laſſen.

Der
[57]Gedichte.

Der ſiben vnd fuͤnffzigſte Pſalm.
Miſerere mei, Deus \&c.


1.
ERbarme dich/ Herꝛ/ vber mich/

Herꝛ/ vber mich erbarme dich/

Dan (Herꝛ) dein hayl allein mein gaiſt allzeit be-

gehret:

Vnd wan Jch nur auf dich in meiner wolfahrt trutz/

So nem nu ruffend mich in deiner fluͤgeln ſchutz/

Als lang auch diſes ellend wehret.

2.
Jn aller noht ruff Jch zu Got/

Zu Got ruff Jch in diſer noht/

O hoͤchſter Got zu dir mein aug/ hand/ hertz ſich

wenden:

Dan ja nur deine hand (wie Jch wol weiß vñ merck)

Vollendet was ſie will/ kan auch vnd wirt dein werck

Jn mir vnd fuͤr mich ſchon vollenden.

3.
Ja der Herꝛ/ dem Jch laß die raach/

Wirt mich von allem laid vnd ſchmach

Zufreyhen/ ſeine hilff herab von himmel ſchicken:

Ja ſenden wirt der Herꝛ/ was die welt nicht vermag/

Als naͤmlich ſeine gnad vnd warheit/ nacht vnd tag

Mich in anfechtung zu erquicken.

4.
Verzeihend meine ſuͤnd vnd fehl
Wirt Er erꝛoͤtten meine ſehl

E 5Von
[58]Gaiſtliche
Von der gotloſen wuht/ die mich rings vmb beſetzen;

Wie brenner/ moͤrder/ thier/ toll/ grewlich/ vngehewr/

Mit zaͤhnen/ zungē/ mund/ als woͤhren/ pfeilen/ fewr/

An ehr/ leib/ ſehl mich zu verloͤtzen.

5.
Darumb/ O Got/ beweiß nu mehr/

Daß du haſt dein wort/ macht/ gnad/ ehr/

Hoch vber das gewoͤlb des himmels zu beraittet:

Daß deine herꝛlichkeit durch deiner feinden fall/

Vnd deines volcks beſtand mit angenehmen ſchall

Werd durch den weltkraiß auß geſpraittet.

6.
Sih/ wa Jch meine trit hinſetz

Befind Jch daß ſie ſtrick vnd netz

Mir richten/ vnd mein hertz mit forcht vnd angſt be-

laden:

Sie ſparen weder liſt/ gewalt/ ſchalckheit noch muͤh/

Sie richten fallen zu/ ja gruben graben Sie/

Die doch nur jhrem leben ſchaden.

7.
Vorſehend jhren fall vnd ſpot

Beraittet ſich mein hertz/ O Got/

Mein hertz beraittet ſich/ dich/ mein hayl zu bekennen;

Ja/ mein hertz ſehnet ſich/ ſich ſelbs auß danckbarkeit

Mit ſtim vnd ſaitten thon fuͤr deine guͤtigkeit

Als ein Lobopfer zu verbrennen.

8.
Wolan mein mund vnd meine haͤnd/

Wolauff harpff/ Jnſtrument behend

Ver
[59]Gedichte.
Vermaͤhlet ſpihl vnd ſtim anmuhtiglich zuſamen:

Fruͤh/ fruͤh eroͤffne ſich ein jedes augenltd/

Wach du fruͤh auff mein gaiſt/ daß ja ein jedes glid

Hoͤr vnd vermehr des Hoͤchſten Namen.

9.
Dich will Jch allzeit loben/ Herꝛ/

Nicht nur hie/ ſondern weit vnd ferꝛ/

Daß auch die heyden ſelbs mich hoͤren vñ dich ehren:

Vnd Jch will noch die werck vnd wunder deiner

hand/

Mit danck das volck zu buß in manchem frembden

land

Zu bringen/ danckbarlich vermehren.

10.
Dan deine guͤtigkeit/ die ſich/

So weit des himmels vmbgang dich/

Erklaͤret/ kan allein was du wilt bald ergaͤntzen:

Vnd keiner wolcken lauff/ noch winds behendigkeit

Kan deiner warheit liecht/ troſt vnd beſtaͤndigkeit

Verduncklen/ hindern/ oder graͤntzen.

11.
Darumb (O Got) erzaig numehr/

Daß du dein wort/ macht/ gnad vnd ehr/

Hoch vber das gewoͤlb der himmeln zuberaittet:

Daß deine herꝛlichkeit durch deiner feinden fall/

Vnd deines volcks beſtand mit ſuͤſſem widerhall

Werd durch den vmbkraiß außgebraittet.

E 6Der
[60]Gaiſtliche

Der Vier vnd Sybenzigſte Pſalm.
Ut quid Deus repuliſti \&c.


1.
WArumb/ Herꝛ vnſer Got/ ohn welchen vnſer

leben

Ohn lieb/ vnd vnſer leib ohn krafft/

Hat dein zu ſchwerer grim vns/ deines bunds erb-

ſchafft

Der feinden hochmuht dargegeben?

Verſtoſſeſt du dan vns in ein ewiges layd?

Haſt du dan deines bunds vnd vnſers ruhms ver-

geſſen?

Verlaſſeſt du dan gantz vns/ die herd deiner wayd/

Den woͤlfen auffzufreſſen?

2.
Wan vnſre ſuͤnden ſchon (Herꝛ) deinen zorn an-

zuͤnden/

Wan vnſrer ſchulden laſt ſo groß/

Daß vnſre thraͤnen jhn zu loͤſchen ſchier fruchtloß/

Daß wir billich die buͤrd empfinden:

Bedenck du doch daß wir/ als dein volck/ dir einmahl

So lieb vnd angenehm/ daß es dein luſt geweſen/

Vns von der dienſtbarkeit vnd jrꝛthumb ſchweren

qual

Gantz thewer zu erloͤſen.

3.
Gedenck an dein erbland/ vnd deines dienſts beloh-

nung/

Jetz vnſrer feinden boßheit lohn:

Sih
[61]Gedichte.
Sih doch wie nu jhr pracht der Edel berg Syon/

Einſt vnſer wohn/ vnd deine wohnung:

Vnd fuͤhrend zu gemuͤht/ wie ſehr dein volck/ bund/

feind/

Hilffloß/ verachtet/ ſtoltz/ vergiß was wir begangen;

Vnd ſey zu helffen vns ſo foͤrtig/ als Sie ſeind

Argliſtig vns zu fangen.

4.
Auff/ Herꝛ/ ſtraf vnſern feind/ auff daß Er (recht be-

lohnet)

Nicht laͤnger aͤrgerlich ſtoltzier;

Straf/ Herꝛ/ ſtraf deinen feind/ d’ als ein wildes thier

Nicht deines heyligthuͤmbs verſchonet:

Vnd deſſen grober zorn in deinem aignen hauß/

Dir/ Got/ vnd vns zu ſpot/ getobet vnd gebruͤllet/

Vnd ſolches mit hohn/ ſchimpff/ wuht/ ſchelmerey

vnd grauß

Halßſtarꝛiglich erfillet.

5.
An ſtat deiner geſaͤtz/ als jhn ſein gaift anhoͤtzet/

Hat Er des Abgots mißgebot/

Vnd an ſtat deines worts hat Er zu deinem ſpot

Bildſtoͤck vnd goͤtzen aufgeſoͤtzet:

Die taflung/ das gewoͤlb vnd allen andern pracht

Hat er mit groͤſſerm ernſt verdoͤrbet vnd verſtoͤllet/

Dan wan ein hauff holtzleut mit vngeſtim vñ macht

Baͤum in den waͤlden foͤllet.

6.
Nach ſeines Abgots wort/ andeutung vnd exempel
Jn deinem tempel vnd vmbhang

Zu-
[62]Gaiſtliche
Zubrach Er vnd zerꝛiß mit ſchmach/ mord/ ſchand

vnd zwang/

Herꝛ/ deines gaiſts ehr-reiche tempel:

Vnd nach dem ſein (mehr muͤd dan vernuͤgter)

muhtwill

Mit wuht vnd wuſt den Ort gotsloͤſterlich befloͤcket/

Hat Er es/ daß er ja gantz ſein gebot erfill/

Gar in den brand geſtoͤcket.

7.
Ja/ diſes iſt nicht gnug. Die ſchnoͤd-verkehrte hertzẽ/

Nach jhrer pfaffen raht vnd lehr/

Erfinden/ deinem Wort (ſo vnſre groͤſte ehr)

Noch zu vnehren/ newe ſchmertzen;

Sie brauchen newe liſt zu moͤrden; vnd ohn ſchew

Frey ſchreiben/ ſchreyhen Sie: Nu ſoll auf diſer erden

Nicht eines ketzers kind/ geſchlecht/ buch noch gebaͤw

Vbergelaſſen werden.

8.
Auch (ſtoͤrꝛig) martern Sie/ verſtoͤren vnd verzoͤhren

Durch den ſtrang/ pfal/ rad/ ſchwert vñ brand/

Herꝛ/ deine knecht/ dein volck/ die tempel/ ſchulē/ land/

Ja dein wort kan ſich nicht erwoͤhren:

Sondern gleich wie ſie nu/ mit vnerhoͤrter ſchmach

Gern wolten alle die Vns vnderꝛichten/ richten:

Alſo will auch jhr ſtoltz vnd jhr torꝛechte raach

Dein wort vnd recht vernichten.

9.
Alſo wir ohn dein wort/ ohn Koͤnig/ ohn Propheten/

(Weil Sie tod oder in der Acht)

Erſe-
[63]Gedichte.
Erſehen/ layder! mehr kein zaichen deiner macht

Vnd gnad in diſen vnſern noͤhten.

Vnd weil vns kein menſch mehr mit troͤſtlichem be-

ſchaid

Kan oder darff des layds vñ ellends end fuͤrbringen/

Will vns noch der Tyran/ ab dem Joch/ vnſerm layd/

Nicht zu beklagen/ zwingen.

10.
Ach wie lang wilt du noch nicht allein vns verlaſſen?

Sondern wie lang/ Got vnſer hort/

Wilt du den feinden auch dich ſelbs/ dein recht vnd

wort

Zu loͤſtern (vngerecht) zu laſſen?

Soll dan vnſtraͤflich ſtehts jhr naͤrꝛiſcher hochmuht

(Vermehrend taͤglich ſich durch diſes dein ſtill-

ſchweigen)

Dein ehr vnd vnſer lehr/ Jhr vnd der hoͤllen wuht

Geſpoͤt zu ſein/ bezeugen?

11.
Ach! was verzieheſt du Vns ſchuͤtzend zu bedoͤcken/

Vnd dein gerechte rechte hand/

Die vnſers glaubens troſt/ vnd deiner gnadenpfand/

Zu vnſerm beyſtand auß zuſtroͤcken?

Du biſt ja vnſer Got/ Herꝛ/ Hayl/ vnd zuverſicht/

So vns von anbegin fuͤr ſein volck angenommen/

Vnd ſunſt in aller noht/ fuͤr aller welt geſicht

Vnd ſtehts zu hilf gekommen.

12. Du/
[64]Gaiſtliche
12.
Du/ du haſt/ als dein volck/ gantz trawrig/ dich be-

tawret

(Verhindrend des Meers hindernuß)

Gleich wie Meergruͤne ſtein der wellen ſchnellen fluß

Zu beeden ſeitten auffgemawret:

Vnd fuͤhrend Jſrael gantz wunderlich dardurch

Haſt du der Drachen ſtoltz (ſtehts wider dich erhabē)

Mit jhrer macht vñ pracht/ recht mitten in der furch

Des Meers anlaufs begraben.

13.
Jhr haupt ſelbs/ daß kein blut/ froͤſch/ fliegen/ laͤuß/

ſeucht/ dunder/

Hewſchrecken/ finſternuß/ beul/ tod/

Halßſtoͤrꝛig lehren kont/ damahls durch gleiche noht

Wurd der Meerwunder groͤſtes wunder;

Du haſt ſein heer vnd jhn (dem an betrug/ meinayd/

Hochmuht vnd wuͤhterey die grobe feind gleich leben)

Den thieren fuͤr jhr aaß/ dē volck fuͤr ein ſchaw-wayd

Jn der einoͤd gegeben.

14.
Dein volck (durch deine gnad reichlich allzeit begabet

Wie arm es auch an danckbarkeit)

Haſt du durch eine quell/ ſo dir die haͤrtigkeit

Des drucknen felſen gab/ erlabet.

Dein allmaͤchtige gnad/ vnd gnaͤdige allmacht

Hat deinem volck zu lieb des Jordans ſtrom zuſpaltē [...]

Vnd jhm biß daß du es/ ſchutz reich/ hindurch ge [...]

bracht/

Den zaum zu ruck gehalten.

15. Es
[65]Gedichte.
15.
Es iſt dein gnaden-werck wunderlich zu erzaigen

Dem Tag die Welt/ der Welt den Tag;

Vnd wiederumb durch die nacht/ nach der muͤh/ plag

vnd klag

Der ſterblichen mund zu geſchwaigen:

Der Sonnen glantz vnd gang/ ſo mit liecht/ luſt vnd

frucht

Die erd/ das hertz vnd aug/ erfuͤllet vnd ergoͤtzet/

Hat die krafft deines worts/ ſo deines volcks zuflucht

Vns zu dienſt auffgeſoͤtzet.

16.
Du haſt in dem vmbkrayß (ein Werckſtuͤck rund er-

gaͤntzet)

Verbraͤmend mit dem Meer das land/

Verbluͤmend auch das Meer mit des lands gruͤnem

rand

Das ein vnd ander land gegraͤntzet:

Vnd daß ein jeder ſich ab ſeinem gut vnd ſitz

Froͤlich vernuͤgen moͤcht/ haſt du die Zeit geaͤndert/

Vnd in vier thail/ mit kaͤlt die hitz/ die kaͤlt mit hitz

Zu lindern/ abgeſoͤndert.

17.
Wan es dir dan ſo leicht vns wider zu ergoͤtzen/

Ach! ſo gedenck doch deines bunds;

Gedenck doch/ hoͤchſter Herꝛ/ des loͤſterlichen munds

Damit dich vnſre feind verloͤtzen:

FVnd
[66]Gaiſtliche
Vnd waferꝛ du dein volck ja nicht bedencken wilt/

Ach! ſo bedenck doch/ Herꝛ/ wie hoch Sie (Rieſen)

ſteigen/

Wie jhre torheit noch ſtehts deinen Namen ſchilt/

Vnd mach ſie doch ſtillſchweigen!

18.
Ach! Got/ kanſt du dich wol enthalten/ anzuſchawe[n] [...]

Wie der Raubvogel/ Loͤw vnd Drach/

Vnd andre wilde thier dein turteltaͤublein ſchwac[h] [...]

Zu toͤdten oͤffnen jhre klawen?

Ach Vatter! hoͤr/ ſih/ merck/ ſein ſeufzen/ klag/ ge [...]

fahr/

Erroͤtt/ Herꝛ/ ſeine ſehl auß dieſer thieren rachen;

Laß die feind laͤnger nicht/ vergeſſend dein volck ga[r] [...]

Ab ſeinem weinen lachen!

19.
Eroͤfne dein geſicht/ vnd ſehend wie die armen/

Die ohn dich weder muht noch gut/

Gantz vberwaͤltiget durch dieſer raͤuber wuht/

Laß dein hertz jhrer ſich erbarmen!

Ach! ſih numehr zu ruck auff deiner buͤndnuß

trew/

Weil in der finſtern welt ja nichts dan fluchen/

ſchmaͤhen/

Verꝛaͤhterey/ betrug/ ſchand/ mord vnd zaubere [...]

Zu hoͤren vnd zu ſehen.

20. Ac[h]
[67]Gedichte.
20.
Ach! laß/ Herꝛ/ deine knecht; laß/ Vatter/ deine

kinder/

Wund/ ellend/ ſchwach/ ohn hilff/ ohn ehr/

Ja gar verzagen nicht: Sondern mach Sie vilmehr

Noch jhrer Siger vberwinder!

Daß/ wie jetz vnſre feind/ ſo ſtatlich/ ſtoltz vnd groß/

Dir/ Herꝛ/ vnd Vns zu ſpot jhr aigen lob erklingen;

Wir alß dan jhm zu ſchimpff/ deemuͤhtig/ ſchlecht

vnd bloß/

Dir/ vnſerm Got/ lobſingen.

21.
Erwach/ O Herꝛ/ ſteh auff/ vnd zeuch ſelbs auß zu-

ſtreitten/

Es iſt ja gantz dein aigne ſach/

Es iſt dein aigen Wort/ das diſer ſtoltze Drach

Will durch ſein gift vnd macht außreuͤttẽ:

Darumb gedenckend nu mit wie gnadloſer hand

Mit wie giftvollem mund/ vnd moͤrderiſchen wa-

fen/

Die arg vnd ſtoltze feind ſtehts ſuchen deine ſchand/

Vergiß nicht Sie zu ſtrafen!

22.
Dieweil ja dein ſanfftmuht der feinden ſtoltz ver-

mehret/

So ſchweig darzu nicht langer ſtill;

Sondern erweiß numehr/ daß jhr pracht vnd muht-

will

Dich ſelbs ſo wol als vns beſchweret:

F 2Er-
[68]Gaiſtliche
Er weiß/ daß du jhr Feind/ wir aber dein geſchlecht/

Daß ſie/ die wider Dich ſich mehr vñ mehr verbindē/

Jhren Raht falſch/ Vns froh/ dein wort wahr/

Dich gerecht/

Befinden vnd empfinden.


Der Neuͤnzigſte Pſalm.
Domine refugium factus es, \&c.


1.
DV/ Herꝛ/ als vnſer hayl/ wohn/ wohnung/ ſchir [...]

vnd ſchutz/

Jn ellend/ layd/ gefahren/

Haſt vns bewahret ſtehts/ vnd (vnſeꝛm feind zu tru [...]

Kanſt vnnd wilt du vns auch noch fuͤrhin ſtehts b [...]

wahren.

2.
Dan eh die Welt des tags/ der tag der erden prac [...]

Vnd ſtoltze berg geſehen;

Beſtund vor aller zeit ohn anfang deine Macht/

Vnd die wirt auch ohn end nach aller zeit beſtehen [...]

3.
Zermalmet wirt der menſch (zwar deiner haͤnd [...]

werck)

Von dir in ſtaub vnd erden:

Man ſihet/ wie du wilt/ der menſchen kinder ſterck

Vnd leben auff dein wort friſch oder zu nichts wer [...]

4. D[em]
[69]Gedichte.
4.
Dem ſchnell-verlofnen tag/ der der verfloſſnen nacht

Durch ſeine flucht muſt weichen/

Ja des tags viertem thail/ der naͤchtlichē ſchiltwacht

Fuͤr deinē augen/ Herꝛ/ ſich tauſent jahr vergleichen.

5.
Gleichwie ein waſſerſtrom/ mit ſchneller vngeſtim

Abflieſſend/ ſich verlieret:

Gleichwie ein kurtzer traum/ oder ein ſuͤſſe ſtim

Ein kleine weil den gaiſt/ oder das Ohr beruͤhret:

6.
Gleichwie ein friſches graß/ oder ein zarte blum/

So mit dem tag auffgehet/

Wirt/ ſich veraͤndrend bald/ ohn krafft/ geruch vnd

ruhm/

Vor abend von dem wind welck vñ dirꝛ hingewehet:

7.
Alſo wan vnſer thun vnd laſſen deinen Zorn

Vnd ſchweren grim erwoͤcket/

Empfindet vnſer hertz alßbald den ſcharpffen Dorn

Vnd ſchnellen ſtrahl des tods/ der ploͤtzlich vns auß-

ſtroͤcket.

8.
Zwar billich iſt dein grim/ gerecht iſt dein gericht/

Weil vnſre miſſethaten

Dir nicht verborgen ſeind/ weil deinem angeſicht

Sich vnſre ſuͤnden ſelbs (wie heimlich auch) verꝛahtē.

F 39. Da-
[70]Gaiſtliche
9.
Daher (wan du vnwuͤrſch) mit dem tag vnſer tag

Vertrieben dahin flieſſet;

Vnd vnſers lebens zeit wie ein geſpraͤch/ red/ klag/

Sich/ eh wir es gewahr vñ foͤrtig/ ſchnell beſchlieſſet.

10.
Kan auß vnſrer vnzahl durch der gefahren ſchaar

Nur einer ſich durchdringen/

So kan er in ſein grab ſyben mahl zehen jahr/

Wie ſybenzig jahr jhn zuletzt in ſein grab bringen.

11.
Jſt einer ſtaͤrcker noch/ vnd laſſet ſich ſo alt

Noch von dem tod nicht fangen:

So machen jhn zuletzt (alßdan ſchwach/ alt vnnd

kalt)

Die viermahl zweinzig jahr zu ſeiner bahr gelangen.

12.
Vnd alle ſeine Zeit/ durch die mit pracht vnd macht

Er ſpreiſſend ſich geriſſen/

Jſt in der warheit nichts/ dan daß jhn tag vnd nacht

Muͤh/ truͤbſal/ arbeit/ ſorg/ zerreiſſend ſtehts gebiſſen.

13.
Doch wie lang ſeine muͤh/ ſo kurtz iſt auch ſein tag/

Damit Er ſich betrieget:

Dan ſeines lebens flucht (er lach gleich oder klag)

Wie eines vogels flug/ beſtandloß/ dahin flieget.

14. War-
[71]Gedichte.
14.
Warumb iſt dan der menſch ſo ſicher/ blind vnnd

ſchlim/

Sein ellend nicht zu ſehen?

Wer vnder allen will/ wie er ſolt/ deinen grim/

Vnd deine macht/ O Got/ verſtehen vnd geſtehen?

15.
Wen vermag doch dein zorn/ Herꝛ/ vnd ſein aigner

ſchmertz

Dich nicht mehr zu verloͤtzen?

Vnd gehend in ſich ſelbs hinfuͤr ſein newes hertz/

Mit wahrer buß/ forcht/ ehr/ auff dich allein zu ſoͤtzen?

16.
Darumb der du/ O Got/ allwiſſend vnd allweiß

Vns alles kanſt gewehren/

Geruhwe vns dein wort/ dein vrtheil/ deinen preyß/

Vnd vnſers ſtands ſchwachheit vnnd vnbeſtand zu-

lehren!

17.
Gib vns die wiſſenſchafft (deines Gaiſts lehr vnd

gaab)

Recht vnſre tag zu zoͤhlen/

Daß vnſer hertz allein mit weißheit ſich erlab/

Vnd moͤg allein was noht vnd gut allzeit erwoͤhlen!

18.
Ach/ wie lang ruffen wir/ wie lang ſoll vnſer klag

Dich/ O Got/ nicht bewoͤgen?

Ach! wuͤrdige numehr/ barmhertzig/ vnſre plag

Zugleich ſampt deinem zorn vñ vrthail bey zu loͤgen!

F 4.19. Ach!
[72]Gaiſtliche
19.
Ach! wende dich zu vns/ Vns/ die wir (dein geſchlecht)

Dich vmb verzeyhung bitten/

Vnd ob wir ſchon kein nuͤtz/ ſeind wir doch deine

knecht;

So troͤſt nu wider Vns/ die wir ſo viel erlitten!

20.
Kom/ du hayl-reiche Sonn/ durch deinen gnaden-

glantz

Fruͤh wiedrumb/ vns zu woͤcken!

Vnd mit troſt-reichem hayl/ gewand vnd frewden-

krantz/

Nu widrumb vnſer hertz/ leib vnd haupt zu bedoͤcken!

21.
Vnd wie du ſchon vil jahr in truͤbſal/ kreutz vnd layd

Vns/ gleichſam tod/ begraben:

So kom Vns/ vnſre tag mit newem troſt vnd frayd/

O helfer/ hayl vnd Herꝛ/ begabend zu erlaben!

22.
Wan dein ellendes volck von noth/ verfolgung/ ſchãd

Zufreyhen vnd erhalten/

Ein werck iſt/ das allein die allmacht deiner hand

(Nach deiner Lieb zuſag) kan/ will vnd wirt verwaltẽ:

23.
Wan es/ daß es dein ruhm/ den armen hilff vñ recht

Zuthun/ nicht zu verneinen:

Laß deinen dienern/ Herꝛ/ vnd vber jhr geſchlecht

Fuͤr aller welt geſicht dein werck vñ wehrt erſcheinen!

24. Ge-
[73]Gedichte.
24.
Geruhwe/ hoͤchſter Gott/ Vns deiner gnaden ſchatz

Nu wider zu verleyhen!

Das deine herꝛlichkeit in vnſerm thun/ fuͤrſatz/

Vnd wandel ſich erzaig/ vnd wir durch dich gedeyhē!

25.
Der du Vns/ wie du wilt/ Allweiß/ Allgroß/ Allgut/

Kanſt fuͤhren/ ziehen/ wenden/

Regiere vnſre hand/ vnd vnſern mund vnd muht

Daß wir nichts ohn dich/ Herꝛ/ anfangen noch vol-

lenden!


Der Ein vnd Neuͤnzigſte Pſalm.
Qui habitat in adjutorio, \&c.


1.
WAn alle maur/ ſchantz/ voͤſtung/ ſchloß/

Gebruͤchlich/ als die ſo ſie bawen:

Wan keinem man/ nein heer/ wie jmmer ſtarck vnd

groß

Ohn zweyfel zu vertrawen:

So wohnet nur der/ Gott getrew/

Sich vnder ſeinen ſchutz verborgen/

Als in dem ſchatten/ froh vnd frey/

Ohn forcht/ gefahr vnd ſorgen.

F 52. Darumb
[74]Gaiſtliche
2.
Darumb ſo ſprich ich meines thails/

Jch will zuruck nu nicht mehr ſehen:

Dan ja auff dir/ mein Got/ kan vñ wirt meines hayls

Gewißheit wol beſtehen.

Du/ Herꝛ/ biſt mein ſchirm/ zuflucht/ port/

Die ich vnd welche mich erfaſſen;

Auff dich will ich/ nach deinem wort

Stehts hoffend mich verlaſſen.

3.
So ſey getroſt/ O meine ſehl/

Wan dich der vogler zu ergreiffen

Durch ſeine kunſt vnd liſt/ durch deine luͤſt vnd fehl

Schon brauchet netz/ ſtrick/ pfeiffen:

So will doch Gottes aug vnd hand

Zugleich dir wachen/ dich bewahren/

Daß weder gifft/ peſt/ ſeucht noch ſchand

Jemahls dich ſoll befahren.

4.
Got will/ wan des feinds wuht vnd glut

Die welt erſchroͤcken vnd befloͤcken/

Mit ſeiner federn ſchirm/ mit ſeiner fluͤgeln hut

Dich ſicherlich bedoͤcken.

Frey/ ſicher biſt du/ ſo du wilt/

Wan Jchzit dich ja wolt verloͤtzen/

Der warheit ſtehts wehrhafften ſchilt

Des vngluͤcks ſtoß fuͤrſetzen.

5. Der
[75]Gedichte.
5.
Der nacht froſt/ feuchte/ fuͤnſternuß/

Dardurch ſich layd vnd leyden mehren/

Die ſtriemen/ druͤckne/ hitz/ ſo mit ſchnellem verdruß

Den leib bey tag beſchweren:

Der ſeuchten macht/ der boͤſen that/

Des wuͤrgers pfeil/ der weltling rechten/

Der haͤſſer fluch/ anſchlaͤg vnd raht/

Soll dich niemahls anfechten.

6.
Jn hilffloß/ allſchroͤckender noht

Mag wol zu deiner lincken ſeitten

Schwert/ hunger/ peſtilentz/ dem niemahl-ſatten tod

Ein tauſſend ſeelen beutten:

Der tod ſoll zehen tauſent noch

Auff deiner rechten hand hinfuͤhren

Zu ſeinem alldaͤmpffenden joch;

Dich aber nicht beruͤhren.

7.
Du ſolt gantz frey vnd ohn gefahr

Jn allgemeiner noht beſtehen:

Vnd Gottes lieb vnd zorn/ gnad vnd ſtraff offenbahr

Jn dir vnd andern ſehen:

Jn dir zwar ſeine gnad mit wohn/

Vnd ſeine ſtraff in dem verderben

Der boͤſen: dan ſein zorn der lohn/

Den Sie (torꝛecht) erwerben.

8. Zwar
[76]Gaiſtliche
8.
Zwar ſolches ſoll ſein wahr vnd kund/

Dieweil du/ der welt vngeachtet/

Des Herꝛen hayl allein in deines hertzens grund

Geruͤhmet vnd betrachtet:

Weil du dich nicht wie die Erd-wuͤrm

Jn dem Jrꝛgarten haſt verlohren/

Sondern des Hoͤchſten hoͤchſten ſchirm

Fuͤr deinen ſitz erkohren.

9.
Darumb will dich mit ruh vnd frayd

Dein groſſer ſchutzherꝛ alſo ſegnen/

Daß dir an leib vnd ſeel kein vnfall/ ſturm noch layd

Beſchwerlich ſoll begegnen;

Verzweiflung/ zagheit vnd gericht/

Die den haylloſen vnd vnfrommen

Getroͤwet werden/ ſollen nicht

Zu deiner wohnung kommen.

10.
Dan daß du moͤgeſt ja das heer.

Vnd auffſatz alles layds vermeyden;

Vnd nicht auff diſer welt gantzvngeſtuͤmmem Meer

Gefahr/ ja Schiffbruch leyden:

So hat Er außlieb/ fuͤrſorg/ gnad/

Den guten Engeln ſelbs/ dein leben

Zufuͤhren recht auff ſeinem pfad/

Beſelch ernſtlich gegeben.

11. Ge-
[77]Gedichte.
11.
Gehorſamb werden Sie mit fleiß

Jhr laͤger vmb dich (ruhend) ſchlagen;

Vnd in deinem beruff dich wandlend gleicher weiß

Auff jhren haͤnden tragen:

Das kein Jrꝛthumb/ ſchwachheit/ verdruß

Soll deinen gaiſt/ leib/ hertz/ beſchweren;

Kein ſtein noch grub ſoll deinen fuß

Verhindern noch verſehren.

12.
Von ſchaden vnd gefahr gantz frey

Solt du durch wilde thier paſſieren/

Dich ſollen gifft/ betrug/ verklagung/ wuͤhterey/

Vnd ſchmaichlen nicht vexieren:

Dir ſoll kein Loͤw/ Wolff/ Otter/ Schlang

Layd oder ſchaden vervrſachen;

Schadloß ſoll ſein dein ſtand vnd gang

Auff Loͤwen vnd auff Drachen.

13.
Weil/ ſpricht Got/ Seiner lieb inbrunſt

Wahr vnd klar gegen mir zuſehen/

So will ich gnaͤdig Jhm mit gleicher lieb vnd gunſt

Jn aller noht beyſtehen;

Vnd weil Er meines Namens lehr

Vnd erkantnuß ſo trew gehalten/

Will Jch jhn auch in ruh vnd ehr

Erhoͤben vnd erhalten.

14. Alß-
[78]Gaiſtliche
14.
Alßbald Er ruffet/ ſoll mein Ohr

Berait ſein ſeine bitt zu hoͤren;

Ja meine hand ſoll auch (kommend ſeiner bitt vor)

Jhn meiner hilff gewehren:

Mit foͤrtiger gnad vnd allmacht

Von aller macht will ich jhn freyhen;

Vnd meinen ſeegen vber nacht

Gantz reichlich jhm verleyhen.

15.
Mit wolfahrt/ alter/ ehr vnd wohn

Soll Er nach ſeinem wunſch ſatt werden;

Vnd endlich nemend jhn zu dem ewigen thron

Des himmels von der erden;

Will ich/ das kein ohr/ mund/ aug/ hertz/

Kan hoͤren/ melden/ ſehen/ dencken/

Da kein geſchray/ klag/ thraͤnen/ ſchmertz/

Mein hayl jhm gaͤntzlich ſchencken.


Der Drey vnd Nuͤnzigſte Pfalm.
Dominus regnavit. \&c.


1.
Vmbſunſt der ſtoltze triumfieret/

Der Hoͤchſt/ als Herꝛ allein/ die gantze welt regieret:

Jn ſeiner Weißheit ſchmuck/ mit ſeiner Warheit Crõ/

Mit ſeiner allmacht heer/ vnd Gerechtigkeit wafen/

Beſitzet (ewig) Er/ als richter/ ſeinen thron/

Der Frommen feind zu ſtrafen.

2. Du
[79]Gedichte.
2.
Du haſt den vmbkraiß diſer erden

Bevoͤſtiget/ daß er nicht kan bewoͤget werden;

Ja/ wie du/ hoͤchſter Got/ ein Herꝛ von ewigkeit:

Alſo daß dein volck werd durch hoffnung ſtehts er-

goͤtzet

Hat deine Rechte hand den thron der herꝛligkeit

Voͤſt ewiglich geſoͤtzet.

3.
Es moͤgen die feind jhr vermoͤgen/

Vnd jhr gantz ſtoltzes heer zu vnſerm tod bewoͤgen;

Gleichwie ein ſtarcker fluß mit ſchaumendē gethoͤß/

Mit rauſchend-lauttem lauff die leut vnd thier er-

ſchroͤcket/

Mit tobendem außbruch zugleich was gut vnd boͤß

Fuͤr eine zeit bedoͤcket:

4.
Wie das Meer mag der feind ſtarck brauſen/

Wie ein ſturm vnd windsbraut laut durch die wellen

ſauſen;

Die lufft/ die erd/ die hoͤll mag hagel/ dunder/ plitz

Glut vñ wuht wider vns auß gieſſen/ ſchieſſen/ ſpeyhẽ;

So kan doch vnſer Got/ von ſeinem hoͤchſten ſitz

Durch ſeine ſterck vns freyhen.

5.
Dan vnſerm Got nichts zu vergleichen/

Vnd aller menſchẽ macht muß ſeinē dunder weichẽ/

Fuͤr jhm der herꝛen ſtoltz vergehet wie ein dunſt/

Fuͤr jhm wird jr gewalt ſelbs dẽ gewalt beſchwerlich/

So iſt der fuͤrſten zorn fuͤr ſeinem zorn vmbſunſt/

Sein ruhm iſt vnvermehrlich.

6. Wan
[80]Gaiſtliche
6.
Wan himmel vnd erd ſchon vergehen/

Soll doch/ O Got/ dein wort vnd warheit ſtehts be-

ſtehen:

Wie dan auch deine Kuͤrch/ als die von deiner hand

Den ſchmuck der heyligkeit/ die kleynot deiner lehren

Empfangen/ ſoll mit ruhm zu jhrer feinden ſchand

Fuͤr vnd fuͤr (ſeelig) wehren.


Der Hundert vnd Vierte Pſalm.
Benedic anima mea, \&c.


1.
WOlan ermundre dich/ mein hertz vnd meine ſehl/

Dem hoͤchſten meinen danck/ Sein lob der welt

zu weiſen:

Haſſz vñ verlaſſz zugleich der welt luſt/ vndanck/ fehl/

Des Hoͤchſten wort vnd werck/ weißheit vnd macht

zu preiſen.

2.
Wie aber/ hoͤchſter Herꝛ/ allweiß/ allgut/ gleichloß/

Kan Jch gebuͤrlich dich vnd deine werck nur nennen?

Wan deine krafft/ macht/ ehr/ ſo ſtarck/ ſo hoch/ ſo

groß/

Daß aller menſchen ſinn zu ſchwach ſie zu erkennen.

3. Wie
[81]Gedichte.
3.
Wie maͤchtig biſt du/ Herꝛ/ wie praͤchtig ſeind die

werck

Der allmaͤchtigen hand/ die den vmbkraiß regieret!

Mit herꝛlichkeit vnd ruhm/ mit macht/ mit krafft/ mit

ſterck/

Biſt du gantz herꝛlich/ Herꝛ/ als einem klayd gezieret!

4.
Der Ehrē pomp vñ ſchein/ gantz vnvermehrlich klar/

Sich mit ewigem tag vmb deinen thron außſtroͤcket:

Des liechts ewiger glantz iſt gleichſam der thalar/

Der deine Mayeſtet mit ſchmuck vnd preiß bedoͤcket.

5.
Als mit einem gantz ſchoͤn laſur-farben vmbhang/

Mit zwitzerendem gold ſtern-weiß reichlich geſticket/

Hat mit den him̃eln rund den weltweitten vmbgang

Dein mayſterliche hand bedoͤcket vnd geſchmuͤcket.

6.
Fuͤr deine hoffſtat/ Herꝛ/ iſt dein pallaſt von eyß/

Vnd von gewaͤſſers glaß/ als ein gewoͤlb/ gegoſſen:

Die zimmer vnd die ſaͤhl ſeind gantz durch ſcheinend

weiß/

Mit gebognem Criſtall gefuͤget vnd beſchloſſen.

7.
So du wilt/ dz gewuͤlck ſchwartz/ fewrig/ dunckel/ hell/

Gebraucheſt du/ Monarch/ fuͤr deinen triumfwagen:

Vnd deinem willen nach die wind ſtarck/ ſtuͤrmig/

ſchnell/

Muͤſſen deinen befelch vnd dich durch die luͤft tragẽ.

GGei-
[82]Gaiſtliche
8.
Geiſter/ die gut vnd rein gehorſamlich dein wort

Vollbringen/ pflegeſt du/ als botten/ auß zu ſenden:

Plitz/ dunder/ ſtralen/ fewr/ zu ſeiner zeit vnd ort/

Seind deine diener auch dein vrtheil zu vollenden.

9.
Mit gantz fruchtreicher art/ in vollkomner geſtalt

Haſt du des erdreichs grund fuͤr vns ſo voͤſt geleget/

Daß weder der zeit ſaͤg/ noch des alters gewalt

Verꝛingert ſeinen pomp/ noch ſein gewicht bewoͤget.

10.
Der Erden junger leib hat als ein waiches klaid

Die tieffin aller See zuvor vmbſich getragen:

Da dan ſo wol die berg/ als auch die thal ohn wayd/

Ohn thier/ ohn frucht/ ohn baum vnter den waſſern

lagen.

11.
Stracks aber auff dein wort/ war jres bleibens nicht/

Sie flohen alßbald hin/ vnd zogen ſich zuſamen:

Auff deines dunders ſtim/ fuͤr deines gaiſts geſicht

Die wellen jhre flucht ſchnell in den abgrund namen.

12.
Alßdan auff dein gebot hat ſein haupt ſtoltz vnd hoch

Auffrichtend in den lufft ein jeder berg erzaiget;

Vnd die thal jhres thails/ gleichſam vnder das joch

Sich ſtroͤckend/ auff den grund/ gehorſamlich ge-

naiget.

13. Vnd
[83]Gedichte.
13.
Vnd daß fuͤrhin das Meer in ſeiner graͤntzen rand

Verbleib/ vnd laß die erd ſicher/ vnuͤberfloſſen/

Haſt du mit des geſtads vnverbruͤchlichem band

Vnd mit des vfers zihl ſolches wol einbeſchloſſen.

14.
Brunquellen/ baͤch vnd fluͤß/ hell/ friſch/ geſund/

vnd ſuͤß/

Entſpringend auß dem grund ſchlanglecht fort-

ſchleichend flieſſen;

Vnd wendend durch die thal/ der thal vnd baͤumen

fuͤß

Mit rauſchendē getoͤß/ gleichſambleckend/ begruͤeſſen.

15.
Dahin verfuͤgen ſich die thier/ ſo auff dem feld

Durch zug/ laſt/ oder pracht muͤh fuͤr die menſchen

haben:

Die herden auff der wayd/ vnd der einoͤd vnd waͤld

Jnwohner/ jhren durſt loͤſchend/ ſich zu erlaben.

16.
Dort vmbher pfleget ſich die ſchnell fliegende ſchar

Mit freyhem wohn vnd thon zu noͤſten vnd zu ſetzen;

Vñ auff den zweigen gruͤn mit ſtimlein rein vñ klar/

Luft vnd erd vmb vnd vmb ergoͤtzend/ zu ergoͤtzen.

17.
Durch regen vnd durch taw/ wan dz erdreich ſaftloß/

Wirt des trucknen gebuͤrgs goͤhnender durſt geſtillet/

Der guͤpfeln bruſt mit milch/ des thals fruchtbare

ſchoß

Mit frucht/ der erden leib mit ſafft vnd krafft erfillet.

G 218. Dan-
[84]Gaiſtliche
18.
Dannenher wirt das feld mit blum-reich gruͤnem

klaid

Vnd lieblichem geruch bereichet vnd gezieret/

Dannenher wirt dz Vih durch new-wachſende waid

Genoͤhret/ vnd das hew in die ſchewren gefuͤhret.

19.
Dannenher ſaht/ ſtoͤck/ baͤum/ das aug/ die naß/ den

mund/

Mit korn/ weintrauben/ obs beladen frey anlachen;

Dannenher brod/ wein/ oͤhl/ wolgeſchmack/ friſch/

geſund/

Des menſchen leib/ hertz/ haupt/ ſtarck/ froͤlich/ glaͤn-

zend machen.

20.
Des Hoͤchſten hoͤchſte baum/ mit wiſperendem luſt

Mit erquickendem ſafft belebet/ friſch beſtehen;

Der Cedern ſtam/ aͤſt/ zweig/ voll ſafft/ voll laub/

voll bluſt/

Durch jhre hoͤhin Got jhren pflantzern verjaͤhen.

21.
Vnd neben frucht vnd holtz erthailen jhre aͤſt

Dem fliegenden geſchlecht freyheit ſicher zuwohnen;

Die hohe Tannenbaͤum erhoͤben hoch das neſt

Der voͤgeln die mit lieb der elter lieb belohnen.

22.
Gaiß/ gembſen vnd ſteinboͤck finden zuflucht vñ ſpeiß

Hoch auff den wolckengleich vñ erſchroͤcklichē bergē [...]

Jgell vnd koͤniglein auff gantz widrige weiß

Sich tieff vnder den grund der ſteinkluͤfften verbergē [...]

23. Di[e]
[85]Gedichte.
23.
Die zeit in arbeit/ ruh/ tag/ wochen/ monath/ jahr/

Durch liecht/ nacht/ hitz vñ kaͤlt/ gethailet/ zu vertreibē/

Wilt du/ Herꝛ/ daß der Mohn gantz/ halb/ ſchwartz

oder klar/

Mit beſtaͤndigem lauff ſoll vnbeſtaͤndig bleiben.

24.
Wã ſich die ſchwartze nacht (ſetzend mit ſtillem gang

Des himmels liechter auff) vns zu ſtillen bemuͤhet/

Vnd auff deinen befelch jhren dunckeln vmbhang

Mit ſchlaͤferiger hand vmb der welt laͤger ziehet:

25.
Alßdan kommet herfuͤr der wilden thieren hauff/

Ohn forcht ſich auff den raub nahrung halben zu-

wagen:

Die junge Loͤwen auch wachen nu hungrig auff/

Vnd nemen diſe zeit vngezaget zu jagen.

26.
Doch/ weil ohn deine hilff nichts lebet/ pflegen Sie

Vmb vrlaub/ HErꝛ/ zu dir gantz erſchroͤcklich zu

bruͤllen/

Vnd dan das ſchwache wild mit forcht/ mit flucht/

mit muͤh/

Vnd mit blutiger ſpeiß leztlich ſich ſelbs/ zu fillen.

27.
Wan dan die Morgenroͤht mit perlein laub vñ graß/

Mit roſen das gewuͤlck/ mit kaͤlt die luͤfft verehret;

Wan die ſoñ/ ſpieglend ſich in des Meers klarē glaß/

Die berg/ die welt des ſcheins vnd liechts wider ge-
wehret.

G 328. Alß-
[86]Gaiſtliche
28.
Alßdan die wilde thier/ deren wuht vnd betrug/

Als jhrer ſicherheit das liecht des tags zu wider/

Stoͤllen jhr ſtraiffen ein/ nemen jhren abzug

Dem holtz vnd loͤchern zu/ vnd loͤgen ſich dort nider.

29.
Alßdan der arme menſch entmuͤdet/ munder/ friſch/

Sich in ſeinem beruff vnd arbeit gern bemuͤhet/

Daß er zier/ fill/ bedoͤck/ ſein hauß/ ſchewren vnd tiſch/

Biß jhn der abend-ſtern zu der ruh widerfuͤhret.

30.
Wie vnderſchidlich ſchoͤn/ wie wunderꝛeich/ O Herꝛ/

Seind deiner Weißheit werck/ die kein menſch kan

erfaſſen!

Jn dem weitten weltkraiß haſt du/ Herꝛ/ nah vñ ferꝛ/

Hoch vnd tieff/ an reichtumb vnd frucht nichts oͤd

gelaſſen!

31.
Wie vnerſchoͤpflich groß/ tieff vnd brait iſt das Meer/

Darinnen ſich an art vnd zahl die fiſch vermehren/

Alſo das wimlend voll/ als ſonderbahre heer/

Sie/ wie des Meers anlauff vnd ablauff/ vns be-

thoͤren.

32.
Da ſihet man die ſchiff mit ſchmalem fordern thail

Jn nicht wehrende furch den waichen marber ſpaltē;

Vnd ſtoltz mit manchem maſt/ ſchraub/ ſeegel/ an-

cker/ ſail/

Oftmahls mit gleichē wind vngleiche ſeeglũghalten.

33. Der
[87]Gedichte.
33.
Der Walfiſch/ deſſen leib/ wellenreich/ wellengleich/

Mit hohem waſſerguß die luft vnd Meer vermiſchet/

Regieret als ein Printz in dem vnſtehten reich/

Vnd ſchertzend/ die boßknecht erſchroͤcket/ ſich er-

friſchet.

34.
Alſo was leben hat/ mit ſchupen/ federn/ haar/

Beklaidet/ burger iſt des Meers/ luffts vnd der erden/

Das wartet/ Herꝛ auff dich/ dem jhr muht offenbar/

Zu rechter zeit mit ſpeiß geſaͤttiget zu werden.

35.
Die gaaben/ welche du zu waſſer oder land

Darꝛeicheſt/ ſamlenſie jhren hunger zu ſtillen:

Offneſt du dan (miltreich) dein allgebende hand/

So kommen ſie nach luſt mit guͤttern ſich zu fillen.

36.
Wendeſt du dein geſicht von jhnen anderwerts/

(Wan jrgend deiner ſie/ vnd jhrer Du vergeſſen)

Befindet ſich alßbald jhr aug/ jhr leib/ jhr hertz

(Beraubet alles troſts) mit macht/ qual/ angſt be-

ſeſſen.

37.
Wan jhres ahtems gang vnd jhres lebens trumb

Geſpoͤrꝛet auff dein wort vnd abgebrochen werden/

So fallen ſie dahin/ vnd luͤfern wiederumb

(Als jhrer ſchulden zinß) der erden jhre erden.

G 438. Sen-
[88]Gaiſtliche
38.
Sendeſt du Herꝛ dan (milt) deinen gaiſt wider auß/

So werden alle ding erſchaffen vnd erquicket:

Vnd was zuvor war oͤd/ holtz/ feld/ ſtat/ baum vnd

hauß/

Wirt bald mit wild/ graß/ volck/ frucht vnd kindern

beglicket.

39.
O daß des Hoͤchſten ruhm/ vnd ſeines Namens ehr

Durch alle ſeine werck allzeit vermehret wehren!

O daß des Hoͤchſten frewd ab vnſers lebens lehr/

Vnd ſeiner wercken frucht ſtehts wehrend moͤg ver-

mehren!

40.
Dan ja der Herꝛ ſo groß/ daß der grund vñ abgrund

Ab ſeines anblicks zorn forchtſam zittert vnd zaget;

Vnd daß das hoͤchſt gebuͤrg mit rauchend-ſchwar-

tzem mund/

So es beruͤhret wirt (als ſeuffzend) ſich beklaget.

41.
Darumb will ich allzeit/ ſo lang des Herꝛen hand

Beſtimmet meinen mund/ des Herꝛen namen ſin-

gen;

Vndmeinen Got/ ſo lang durch diſes lebens band

Mein gaiſt vnnd leib alhie verbunden/ ſtehts er-

klingen.

42. Ach!
[89]Gedichte.
42.
Ach! daß nu mein geſang/ Ach! daß doch mein gedicht

Moͤg meinem lieben Got allzeit ſo wol gefallen/

Als hertzlich ich begehr daß Er mich vnderꝛicht/

Sein lob vnnd meinen danck fruchtbarlich zu er-

ſchallen!

43.
O daß die/ welche dir/ O Got/ vnd deiner lehr/

Vnd denen darumb du zuwider/ zu nichts werden!

O werden alle die/ deren ehr deiner ehr

Zuwider/ ohn außflucht vertilget ab der erden!

44.
Du aber laß nicht ab/ mein hertz vnd meine ſehl/

Dem Hoͤchſten meinen danck/ Sein lob der welt zu

weyſen!

Ja laſſet vns doch all/ verlaſſend allen fehl/

Schand/ ſuͤnden vnd vndanck/ den Hoͤchſten allzeit

preyſen!

G 5Der
[90]Gaiſtliche

Der Hundert vnd Dreyzehende Pſalm.
Laudate pueri Dominum.


1.
DEm Hoͤchſten all-weyß/ gut/ gerecht/

Lobſinget nu zuſamen;

All jhr des Hoͤchſten wahre knecht

Lobſinget ſeinem Namen.

2.
Des Herꝛen Nam/ ſo fuͤr vnd fuͤr

Geſegnet heylig wehret/

Werd in vnd von Vns nach gebuͤhr

(Vnvermehrlich) vermehret.

3.
Von Oſt zu Weſt/ vnd wa man mehr

Die Sonn kan ſehen glaͤntzen/

Soll nichts das wehrte lob vnd ehr

Des Hoͤchſten Namens graͤntzen.

4.
Billich wirt der Herꝛ/ deſſen hand

Kan (mangelloß) begaben

Mit frewd vnd frucht das volck vnd land/

Mit lieb vnd lob erhaben.

5.
Zwar vmb des Erdreichs haͤrtigkeit

Des himmels ſchmuck ſich ſtroͤcket;

Aber des Hoͤchſten herꝛlichkeit

Die himmel ſelbs bedoͤcket.

6. Wer
[91]Gedichte.
6.
Wer iſt dem Hoͤchſten/ vnſerm Got/

Dem alle Goͤtter weichen/

Fuͤr deſſen ruhm jhr Ruhm ein ſpot

(Stehts gleichloß) zuvergleichen?

7.
Hoch/ da ein vnſaͤglicher wohn

Die ſeel (ſeelig) ergoͤtzet/

Hat er ſein all-herꝛſchenden thron

Beharꝛlich auffgeſoͤtzet.

8.
Doch diſes nidrig Element

Thut er auch wol verſorgen/

Nichts iſt jhm in dem Firmament/

Auff erden nichts verborgen.

9.
Er iſt berait/ ſich vnſrer noht

Vnd truͤbſaal zu erbarmen/

Den ſchwachen zeucht Er auß dem koht/

Vnd auß dem ſtaub den armen.

10.
Er bringet ſie herfuͤr ohn muͤh

Bey Fuͤrſten ein zufuͤhren′;

Zu Fuͤrſten befuͤrdert Er Sie/

Daß ſie ſein volck regieren.

11. Das
[92]Gaiſtliche
11.
Das oͤde hauß/ das proͤge weib/

Die jhm jhr layd fuͤrbringen/

Mit kindern vnd fruchtbarem leib

Erfrewet/ jhm lobſingen.

12.
Darumb Got/ der Allgroß/ gut/ weyß/

Lobſinget nu zuſamen/

Lob/ ſeegen/ ehr/ danck/ ruhm vnd preyß

Sey Got dem Hoͤchſten/ Amen.


Der Hundert vnd Neuͤnzehende Pſalm.
Beati immaculati.

Aleph.



1. REchtſeelig ſeind gewiß die auff des Hoͤchſten

pfad/

Seinem geſatz gemaͤß/ auffrichtig ſtehts fortwan-

dlen:

2. Ja ſeelig/ deren hertz die zeugnuß ſeiner gnad

Bewahret/ vnd die gern nur mit vnd in jm hãdlen.

3. Sie gehen (recht vnd ſchlecht) ohn gleißnerey

fromb fort/

Als auff dem rechten weeg ſeiner gerechten lehren/

4. Auff welchen vns du ſelbs/ O Hoͤchſter/ durch

dein wort

Gewiſen/ mit verbot davon vns abzukehren.

5. O
[93]Gedichte.
5. O daß du meine fuͤß (O einig wahrer Got)

Auff deiner warheit weeg anweiſeſt fort zugehen!

6. Daß mein hertz vnd geſicht zugleich ohn forcht

vnd ſpot

Gehorſamb vnd getrew auff deinen willen ſehen!

7. Alßdan/ wan ich verſteh dein gerechtes gericht/

Soll mein auffrechtes hertz dein lob mit luſt er-

ſchallen:

8. Dein will ſoll ſein mein will/ verlaß du mich

nur nicht/

Vnd daß ich dir wol folg/ ſo laß mich ja nicht

fallen!

Beth.
9. Was anders dan dein wort/ vnd ein genaigter

muht

Vermag der jugent lauff von fehl vnnd fall zu

freyhen?

10. Darumb verlanget mich nach dir/ mein Got/

mein gut/

O laß mich kein gut ſunſt võ diſem gut abſcheyhẽ!

11. Der ſchatz deiner geſaͤtz hab ich/ daß wider dich

Jch keine ſuͤnd begeh/ in mein hertz wolbeſchloſſen:

12. Darumb lobſing ich dir/ dã ja du ſelbs/ nicht ich/

Haſt deiner ſatzung lieb in meine bruſt gegoſſen.

13. Gib/ Herꝛ/ daß deines munds befelch/ recht/

ſatzung/ lehr/

Durch meinen mund allzeit mit frucht erklaͤret

werden!

14. Dan dein geſatz der ſchatz/ vnd deine lehr die ehr/

Die mir viel lieber ſeind dan alles gut der erden.

15. Ver-
[94]Gaiſtliche
15. Verleyh/ Herꝛ/ daß mein hertz mit eyfer/ ernſt

vnd fleyß

Moͤg deine wort vnd weeg erwegen vnd ermeſſen!

16. Daß deiner lieb vñ trew (getrew dir/ in dir weyß)

Mit frewden/ lob vnd danck ich niemahl moͤg ver-

geſſen!

Gimel.
17. Daß ich gehorſamb leb/ vnd andre dir gewinn/

Jn deinem ſchwachen knecht laß deine ſterck Sie

ſehen;

18. Erleuchte mein geſicht/ erleicht all meine ſinn/

Die wunder deiner lehr zu ſehen/ zu verſtehen!

19. Verbuͤrge nicht fuͤr mir/ der ich ja kein welt-

kind/

Sondern ein frembdling bin/ dein recht/ gefallen/

willen;

20. Dan biß ich deines worts geheimbnuß recht

außfind/

Kan ſich mein ſchwacher gaiſt nicht ſtillen/ nicht

erfillen.

21. Wan die/ ſo auß hochmuht/ verachtend dein

gebot/

Verlaſſen deinen pfad/ geſtuͤrtzet vnd verfluchet:

22. So wend du von mir ab der boͤſen ſchimpff/

ſchmach/ ſpot/

Der ich ſtehts dein gericht geliebet vnd geſuchet.

23. Ob ich ſchõ wider mich mit worten/ raht vñ that

Die Fuͤrſten ſelbs erfahr/ will ich doch nit ablaſſen/

24. Die zeugnuß deiner lehr/ als meinen beſten raht/

Als meine lieb vnd luſt mehr vnd mehr zuerfaſſen.

Da-
[95]Gedichte.
Daleth.
25. Dein gaiſt woͤll meinen gaiſt in angſt/ in qual/

in ſtaub/

Als tod/ nach deinem wort beleben vnd erlaben:

26. Dein Ohr zu meiner beicht vnd bit war niemahl

taub/

So wirſt du mich auch jetz mit deinẽ troſt begabẽ.

27. Verſtand in deinem recht/ beſtand auff dei-

nem weeg

Verleyh mir/ deine gnad vnnd wunder zu ver-

mehren!

28. Den gaiſt gantz kranck vnnd ſchwach/ den leib

gantz bloͤd vnd traͤg/

Kom du/ Herꝛ/ deines hayls vnd ſtaͤrcke zu ge-

wehren!

29. Laß mich abgoͤtterey vnd falſchheit nimmer-

mehr/

Doch deiner wortten trew allzeit getrewlich glau-

ben!

30. Laß deiner warheit glantz/ vnd deiner ſatzung ehr/

Die mir erkohren ſeind/ mich gar kein ding be-

rauben!

31. Laß mich/ dem dein geſatz als ein klaid/ ſchmuck

vnd pracht/

Jn keine ſchmach/ ſchand/ ſpot vnd aͤrgernuß ein-

fallen:

32. Erquick mit deiner gnad/ erfriſch durch deine

macht

Mein hertz/ daß ich ſchnell lauff nach deinem wol-

gefallen!

He.
[96]Gaiſtliche
He.
33. Herꝛ/ lehr vnd laitte mich auff deines willens

pfad/

Vnd laß mich nichts davon biß in das end ab-

naigen:

34. Verleyh/ daß meine ſinn/ wort vnd werck deine

gnad/

Vnd meines hertzens lieb bezeugen vnd erzaigen!

35. Herꝛ/ fuͤhre meine fuͤß/ daß ſie (behend auß luſt)

Auff deiner ſatzung weeg nicht ſtrauchlen/ fallen/

jrꝛen:

36. Zu deiner zeugnuß lieb/ Herꝛ/ oͤffne meine bruſt/

Laß weder ſorg noch geitz dieſelbe lieb verwirꝛen!

37. Mach meiner augen liecht zu aller eytelkeit

Gantz fuͤnſter/ aber klar was recht vnd gut zuſehē:

38. Gib/ Herꝛ/ krafft deinem wort/ daß ich in ewig-

keit

Moͤg als ein guter knecht voll lieb vnd forcht be-

ſtehen!

39. Vnd wan du ja zugleich barmhertzig vnd ge-

recht/

So freyh mich von der ſchmach/ damit der feind

mir traͤwet;

40. Vnnd wie ich jnniglich lob/ lieb/ vnnd uͤb dein

recht/

Alſo werd mein gemuͤht nach deinem wort er-

frewet!

Vau.
[97]Gedichte.
Vau.
41. Herꝛ/ der barmhertzigkeit/ durch welche vns

dein bund

Verſichert deines hayls/ laß mich alßbald ge-

nieſſen/

42. Daß trawend deinem wort ich aller ſpoͤtter mund

Moͤg ſelbs durch deine werck zu deiner ehr be-

ſchlieſſen!

43. Herꝛ/ deiner warheit wort von mir doch nicht

entzieh/

Dan dein gericht gerecht d’warheit nach gerichtet/

44. Zuſehen ſehnet mich; O Herꝛ gib daß ich flieh/

Bewahrend ſtehts dein wort/ was menſchen witz

erdichtet!

45. Gib daß mein hertz vnd fuß in deinem wort

vnd pfad/

Erweittert vnd behend/ froͤlich vnd frey fortfahren!

46. Daß ich moͤg ohn gefahr vnd ſchaw/ durch deine

gnad/

Die wunder deiner werck fuͤr Fuͤrſten offenbaren!

47. Alßdan/ Herꝛ/ nach gebuͤhr will ich auß luſt/

lieb/ trew/

Dir meine haͤnd/ mund/ hertz/ auff hoͤben/ oͤffnen/

uͤben/

48. Der Warheit wort/ hayl/ troſt/ begihrig/ danck-

bar/ frey/

Mit andacht/ eyfer/ fleiß/ zu fordern/ ruͤhmen/

lieben.

HZain.
[98]Gaiſtliche
Zain.
49. Ach Herꝛ/ laß deines bunds gedaͤchtnus vnd

beſtand/

So meiner hoffnung grund/ nichts jemahl wider-

ſtreben;

50. Dan deines munds verſpruch/ das oͤhl/ der gaiſt/

die hand/

Die mich in layd/ noht/ angſt/ mit troſt/ trew/ hayl

beleben.

51. Dein wort verlaß ich nicht/ ob ſchon mit

ſchimpff vnd ſchmach/

Boͤß/ ſtoltz/ torꝛechte leut deßhalben mich verachtẽ:

52. Jch empfind troſt/ ruhm/ ehr/ dein recht/ gericht

vnd raach/

Die dein volck allzeit ſah/ andaͤchtig zubetrachten.

53. Zwar muß ich/ wan ich ſih das leben vnd den

lohn

Der ſuͤnder/ die dein wort verwerffen/ mich ent-

ſoͤtzen:

54. Doch ſingend deine werck kan ich alßbald mit

wohn

Jn meiner walfahrt/ raiß vnd herberg mich er-

goͤtzen.

55. Die ſtille ruh der nacht (ſunſt noͤtig fuͤr den

ſchlaff)

Ermundert mich/ dein wort zu lernen/ dich zu

preyſen:

56. Das hab ich/ weil ich mich/ vermeidend deine

ſtraff/

Vnd ſuchẽd deine gnad/ pfleg glaͤubig zuerweiſẽ.

Heth.
[99]Gedichte.
Heth.
57. Herꝛ/ deſſen lieb vnd trew mein kleinoth vnd

erbthail/

Jch ſprich/ verſprich/ gelob/ dein wort allzeit zu

halten:

58. Jch ſuch inbruͤnſtiglich dein antlitz/ gaiſt/ vñ hail/

Laß deiner gnaden hitz in mir ja nicht erkalten!

59. Betrachtend meinen weeg erweg ich meinen

gang

Stehts meiner fuͤſſē tret auff deine ſpur zu wendẽ;

60. Auff deiner ſatzung bahn gantz willig vnd ohn

zwang

Begehr ich meinen lauff leicht vnd ſchnell zu vol-

lenden.

61. Jch flieh zu deinem wort/ wan mich mit liſt

vnd macht

Der feind/ die welt/ das fleiſch/ will fangen/ halten/

rauben:

62. Dir/ der du meine ruh/ danckſag ich vmb mit-

nacht

Fuͤr dein gerechtes Recht/ vnnd ruff dich an vmb

glauben.

63. Bey tag beſuch ich die/ in deren hertz vñ mund

Jch deine forcht vnd lob find friedlich/ fruchtbar

bluͤhen:

64. Herꝛ/ deine guͤttigkeit/ dem gantzen vmbkraiß

kund/

Wirſt du auch nicht von Mir/ der Jch ſie lieb/

entziehen.

H 2Teth.
[100]Gaiſtliche
Teth.
65. Herꝛ/ deinen worten nach/ ſo nicht wort ſon-

dern werck/

Haſt du ſo freindlich mich geſegnet vnd verſehen/

66. Daß ich mehr nichts begehr/ in dem ich dein [...]

wort merck/

Dan was recht/ nuͤtzlich/ gut/ weiß/ vnd wahr zu [...]

verſtehen.

67. Vndanckbar/ fruchtloß/ proͤg erfand mich [...]

deine ruht/

Doch hat mich jhre zucht bald gegen dir bekehret [...]

68. Daß/ weil du gegen mir gantz gnaͤdig/ milt vnd

gut/

Jch ſtehts bit/ daß ich werd noch mehr vnd meh[r]

gelehret.

69. Ja/ dein gebot/ mein Got/ halt ich in meine [...]

bruſt/

Wan ſchon der ftoltzen red ſich wider mich ver [...]

bluͤmet:

70. Vnd deiner zeugnuß lehr iſt meines hertzens luſt [...]

Wan ſchon jhr hertz vnnd mund faiſt/ falſch vn [...]

voll ſich ruͤhmet.

71. Layd zeuget in mir frayd/ vnnd ſtraff gebaͤr [...]

rew/

Rew zeuget trew vnnd fleyß dein wort wol zu e [...]

faſſen:

72. Darumb wolt ich dein wort/ ſo koͤſtlich/ ſuͤſ [...]

getrew/

Vmb alles ſilber/ gold vnnd ſchaͤtz der welt nich [...]

laſſen.

Iod.
[101]Gedichte.
Jod.
73. Herꝛ/ meines leibs gebaͤw iſt deiner hand ge-

maͤcht/

Send du weiß heit vnd lehr darinnen zu regieren:

74. Daß meines glaubens frucht auch andre from-

me knecht

Anſchawen/ vnd mit mir dich lobend jubilieren.

75. Weil dein gericht gerecht; vnd ich in deiner

ſchul

Vil zu fahrlaͤſſig war wuͤrd ich billich geſchlagen;

76. Doch kom ich nu vmb troſt zu deinem gnaden-

ſtul/

Vnd bit/ nach deinem wort/ geſchwaig nu/ Herꝛ/

mein klagen!

77. Ach! raich mir wider/ Herꝛ/ der barmhertzigkeit

hand/

Sih/ dein geſatz lieb ich/ So friſt mir nu mein lebẽ!

78. Dein recht betracht ich/ Herꝛ/ die ſtoltze ſtraff mit

ſchand

Die meiner vnſchuld ſtehts mit liegen widerſtrebẽ.

79. Gib mir fuͤr meine freind die/ welche recht vnd

ſchlecht/

Bezeugen dein geſatz in reden/ thun/ geberden:

80. Gib daß ich ſelbs allzeit von hertzen ſchlecht vnd

recht/

Voll hoffnung/ glauben/ lieb/ nicht moͤg zu ſchan-

den werden!

H 3Caph.
[112]Gaiſtliche
Caph.
81. Mein gaiſt nach deiner hilff zu gilfen (tag vnd

nacht

Gewartend deines troſts) mit ſchwachheit wirt

beſchweret:

82. Auch mein geſicht vnnd leib verlieret krafft vnd

macht/

Zu fragen/ wan werd ich erhoͤret vnd gewehret?

83. Dan ja mein ſchwacher leib/ ſo nichts dan

haut vnd bein/

(Zwar deiner ingedenck) verwaͤlcket/ krafftloß/

drucken;

84. Wie vil/ Herꝛ/ moͤgen wol der truͤbē tag noch ſein?

Wan wilt du/ Herꝛ/ die mich hart drucken/ vnder-

drucken?

85. Zorn vñ liſt brauchen ſie mein leben in die bahr

Zufoͤllen/ ſtoltz vnd arg deinem befelch zuwider:

86. Wan nu jhr fuͤrſatz falſch/ vnd dein geſatz/ Herꝛ/

wahr/

So kom/ vnd richt nu/ Herꝛ/ hilff mir auff/ ſchlag

ſie nider!

87. Eyl/ Herꝛ/ dan in dem ich in deinem wort

mich uͤb/

So hat mich jhre wuht ſchier gaͤntzlich auffge-

freſſen:

88. Erquick (barmhertzig) mich durch deine ſuͤſſe lieb/

Vnd Jch wil deines bunds vnd hayls niemahls

vergeſſen!

La-
[87]Gedichte.
Lamed.
89. Des Himmels klarer pomp mit ſtehtem gang

vnd fleyß

Erklaͤret tag vnd nacht daß dein wort ſtehts be-

ſtehet;

90. Der erden ſchoͤner ſchmuck/ gruͤn/ gelb/ falb oder

weyß/

Bewehret fuͤr vnnd fuͤr daß dein wort nicht ver-

gehet:

91. Mit beſtaͤndigem lauff/ mit lauffendem be-

ſtand/

Als deiner gantz getrew thun ſie ſtehts deinen

willen;

92. Vnd ſolche lehr allein/ voll luſt wie voll verſtand/

Erꝛoͤttend meinen gaiſt/ kan jhn in vnruh ſtillen.

93. Darumb weil ich dardurch ein newes leben

hab/

Soll dein wort nimmermehr auß meinem hertzen

fahren:

94. Dan weil darinnen ich mich uͤb/ beſih/ erlab/

So bin ich aigen dein/ vnnd du wirſt mich be-

wahren.

95. Ja/ der gotloſen zunfft verfolgēd toͤdlich mich/

Soll von deinem geſatz mich nimmermehr ab-

ſchroͤcken;

96. Dan auch die beſte ding aͤndern vnd enden ſich/

Vnd nichts dan dein befelch kan ſich endloß er-

ſtroͤcken.

H 4Mem.
[104]Gaiſtliche
Mem.
97. Wie lieblich/ lieb vnd wehrt/ iſt mir dein wort/

O Got/

Jch pfleg den gantzen tag darinnen zu ſtudieren:

98. Darumb auch meine feind/ verachtend dein ge-

bot/

Seind nicht ſo weiß als ich/ der ich nicht kan ver-

lieren.

99. Durch deiner zeugnuß lehr/ die ich mit ernſt

erlern/

Bin ich gelehrter ſelbs dan welche mich gelehret:

100. Ja kluger bin ich auch/ alßlang ich dein wort

gern

Verꝛicht/ dan die ſo man von alters wegen

ehret.

101. Zwar enthalt ich die fuͤß von alles vbels

pfad/

Daß ich nicht wider dich moͤg vngebuͤhrlich

handlen:

102. Doch daß ich nicht verjrꝛ/ ſo lehret deine gnad/

So laittet deine hand mich richtig fort zu wan-

dlen.

103. Der ſuͤſſeſt honigſamb iſt nicht ſo ſuͤß/ gut/

pur/

Als deiner warheit red/ die meine ſeel er-

labet:

104. Darumb acht ich ſie hoch/ vnd haß der falſch-

heit ſpur/

Dan jene mit verſtand/ die mit betrug begabet.

Nun.
[105]Gedichte.
Nun.
105. Dein wort als eine lamp vnnd liecht/ Herꝛ/

leuchtet mir/

Die fuͤnſternuß vnd ſturm der welt durch zu-

paſſieren:

106. Jnmaſſen ich mich/ Herꝛ/ in meiner kindheit dir

Verpflichtet/ ſchwoͤr auch noch daß mich

nichts ſoll verfuͤhren.

107. Gedenckend deines worts bedenck nu auch

mein layd/

Hilff mir/ vnd ſtewre/ Herꝛ/ denen die mich be-

truͤben!

108. Laß dir mein lobgeſang/ gebett/ geluͤbd vnd ayd

(Erhoͤrend/ lehrend ſtehts mein hertz) allzeit be-

lieben!

109. Sih Herꝛ/ mit deiner lehr ich mich allein er-

quick/

Ob ſchon auff meiner hand mein gaiſt gleich-

ſamb vmbſchwebet:

110. Wan mir der gotloß ſchon gerichtet ſeine ſtrick/

Hab deinem willen ich doch nicht gewider-

ſtrebet:

111. Sondern dein will vnd wort/ mein reichtumb

vnd erbthail

Stehts meinem gaiſt mit troſt/ mein hertz mit

wohn bereichen;

112. Darumb ergib ich mich dir gantz/ mein Herꝛ/

mein hail/

Vnd will in ewigkeit von deinem wort nicht

weichen.

H 5Sa-
[106]Gaiſtliche
Samech.
113. Auff einmahl lieb vnd haſſz beſitzen meinen

muht/

Jch lieb dich vnd dein wort; Jch haſſz der boͤſen

weſen:

114. Die boͤſen/ wanckelhafft in boßheit/ thũ kein gut/

Du biſt mein ſchirm/ ſchilt/ ſchutz/ darunder ich

geneſen.

115. So weich nu ferꝛ von mir/ verꝛucht/ ver-

fluchte ſchar/

Daß der Herꝛ ſeinen knecht moͤg gut vnd emb-

ſig finden:

116. Vnd du/ Herꝛ/ kom herbey/ mach deine zufag

wahr/

Vnd meiner hoffnung nach freyh mich von

ſchand vnd ſuͤnden!

117. Vnd weil mein flaiſch ja ſchwach/ ſo hail vnd

ſtaͤrcke mich/

Mach ſicher vnnd geſund mich dein gebot er-

wegen:

118. Dan billich tritteſt du zu grund die/ welche (dich

Verlaſſend/) wandern fort auff jhren eyteln

wegen:

119. Vmbſunſt iſt jhr betrug fuͤr dir/ Herꝛ: Dan

dein zorn

Schmettert ſie all/ als ſchaum der nichts

wehrt/ zu der erden;

120. Es grauſet meiner ſeel/ vñ ich fihl tauſſent dorn/

Gedenckend wie ſchwer ſie geſtrafet ſollē werden.

Ain.
[107]Gedichte.
Ain.
121. Wan ich vrthail vnnd richt nach billichkeit

vnd recht

So laſſz meiner vnſchuld die loͤſtrer nicht ob-

ſigen:

122. Herꝛ/ der du mir ſtehts gut/ ſey gut fuͤr deinen

knecht/

Laſſz mich nicht jhrem ſtoltz vnd vnrecht vnden-

ligen!

123. Herꝛ/ mein geſicht/ gaiſt/ hertz/ wirt dunckel/

ſchwach/ zaghafft/

So lang nach deiner hilff zu ſehnen vñ zu ſehẽ:

124. Erzaig nach deiner guͤt in mir dein hayl vnnd

krafft/

Vnd mach mich mehr vnd mehr dein wort vnd

werck verſtehen!

125. Jn deinem Diener/ Herꝛ/ vermehre den ver-

ſtand/

Jn allem deinem werck vñ wort dich zuerkeñen:

126. Es iſt ja hohe zeit/ O Got/ das deine hand

Verhindre deine feind dein wort vnd volck zu

trennen.

127. Darumb lieb ich dein wort mehr dan das

pureſt gold/

Durch der verfolgung fewr ſo wol vnd offt be-

wehret:

128. Darumb als meinem ſchatz bin ich jhm hertzlich

hold/

Vnd aller falſchheit feind/ als dein geſatz mich

lehret.

Pe.
[108]Gaiſtliche
Pe.
129. Mein gaiſt betrachtet ſtehts wie deine werck

als wort/

Wie deine wort als werck die welt mit wunder

fillen:

130. Vnd kein menſch fahret ein in dieſes lebens port/

Dem dein wort als ein liecht nicht weiſe deinen

willen.

131. Die kinder lehret es: Darumb ich mit begihr

Hab deine lehr in mich als mit dem mund ge-

ſogen:

132. So wend (barmhertzig) nu dein antlitz gegen mir/

Sey mir/ wie du dan ſtehts den frommen/ wol-

gewogen!

133. Setz allzeit meine tritt auff deiner ſatzung

wacht/

Von uͤbel vnd vnrecht freyh mein thun/ red/

gedancken!

134. Vnd widerſetz fuͤr mich den loͤſtrern deine

macht/

Daß meine ſinn (dir ſtehts gehorchend) nie-

mahls wancken!

135. Laß mich Herꝛ deiner lehr: O Herꝛ/ mein

Got/ laß mich

Des ſcheins deines geſichts/ milt vnd troſtreich/

genieſſen!

136. Wan meine augen truͤb/ weil die gotloſen dich

Verachten/ trawriglich zween zaͤherbaͤch auß-

gieſſen!

Tsa-
[109]Gedichte.
Tsadde.
137. Du aller Goͤtter Got/ Monarch allein ge-

recht/

Thuſt mit gerechtigkeit die gantze welt regieren:

138. Befehlend daß auch wir/ vermeydend was vn-

recht/

Ein leben deinem wort vnnd warheit gemaͤß

fuͤhren.

139. Darumb iſt mein hertz ſchwer von eyfer/ zorn

vnd pein/

Das die feind deines worts nicht achten/ nicht

gedencken;

140. Vnd nichts dan deine red/ gantz koͤſtlich/ pur

vnd rein/

Entzuͤndend mich mit lieb/ kan mein gemuͤht

entkraͤncken:

141. Wan mich die ſpoͤtter ſchon als forchtſam/

ſchlecht/ gering/

Verachten/ ſoll mich doch jhr ſpot davon nicht

treyben:

142. Dan dein gericht vñ lehr/ wan all jrꝛdiſche ding

Vergehen/ ewiglich gerecht vñ wahr verbleibē.

143. Wan ich fihl muhts/ leibs/ gaiſts/ angſt/

kranckheit/ trawrigkeit/

So pfleget mir dein wort troſt/ hilff vnd frewd

zu geben:

144. Dan endloß iſt die quell deiner barmhertzigkeit/

Erfriſch mich/ Herꝛ/ damit verſtaͤndiglich zu

leben!

Coph.
[110]Gaiſtliche
Coph.
145. Erhoͤr/ gewehr mich/ Herꝛ/ der ich mit hertz

vnd mund

Zu dir ſchrey/ vnd will mich in deinem dienſt

nicht ſparen:

146. Hoͤr mich/ Herꝛ/ derich dich anruff von hertzen

grund;

Daß ich dein wort bewahr/ eyl du mich zu be-

wahren!

147. Erwartend deiner trew mit traͤhnen/ ſeufftzen/

klag/

Pfleg ich dem morgen thaw/ lufft/ roͤhtin vor

zu kommen:

148. Vnd meine augen/ Herꝛ/ haſt du offtmahls

vor tag

Wachtſamer dan die wacht ob deinem wort

vernommen.

149. So hoͤr nach deiner gnad/ mein Got/ nu

meine ſtim/

Mach meinen leib vnd gaiſt durch deine ſtaͤrcke

bluͤhen!

150. Dan ſih/ es nahen ſich vmb mich voll liſt/ macht/

grim/

Verfolger/ welche (ſtoltz) von deiner lehr weit

fliehen:

151. Doch wie weit ſie davõ/ ſo nah biſt du bey mir/

Dā ſich ja kein betrug in deinem wort befindet;

152. Alß ich ſchõ langſt erkant/ daß es von dir/ mit dir

Jn alle ewigkeit zu wehren/ voͤſt gegruͤndet.

Resh.
[111]Gedichte.
Resh.
153. Herꝛ ſchaw mein ellend an/ hilff mir/ weil ich

mit fleiß

Allzeit nach deiner lehr gerichtet meinẽ wandel:

154. Herꝛ mit troſtreicher hand auß aller noht mich

reiſſz/

Verthaͤdigend dein wort zugleich vnd meinen

handel.

155. Fern von der boͤſen zunfft iſt hail vñ ſeeligkeit/

Je ferner ſie ſich ſelbs võ deinem willen wenden:

156. Doch vnermeßlich iſt/ Herꝛ/ die barmhertzigkeit

Die/ hoff ich/ will vnd wirt mein laid mit frew-

den enden.

157. Darumb je groͤſſer auch meiner verfolger

hauff/

Vnd je mehr laids ſie thun/ je mehr will ich

dir trawen;

158. Zwar ſehend wie ſie ſich wider dich leynen auff/

So pfleget hertzlich mir ab jhrer ſchand zu

grawen.

159. Daß alſo meine lieb/ dir gnugſam offenbahr/

Erwarttet deines troſts mein uͤbel zu ver-

treiben:

160. Der vrſprung deines worts iſt ja gerecht vnd

wahr/

Vnd ſoll in ewigkeit gerecht vnd wahr ver-

bleiben.

Schin.
[112]Gaiſtliche
Schin.
161. Printzen verfolgen mich/ wie ohn ſchuld ſo

vmbſunſt/

Dan mein hertz foͤrchtet mehr dein wort dan

all jhr troͤwen:

162. Ja jhr trefliche beut/ geſchenck/ ehr/ gunſt vnd

kunſt

Kan mich nicht wie dein wort befreinden noch

erfrewen.

163. Jch haſſz/ verwirff/ verfluch/ betrug/ liſt vnd

vngrund/

Vnfalſche lieb vnd trew zu deiner lehr zutragē:

164. Vnd all tag ſyben mahl pfleg ich mit hertz

vnd mund

Fuͤr dein gericht vnd recht dir lob vnd danck zu

ſagen.

165. Wan ich auch find das die/ ſo ſuchen dein ge-

ſicht/

Die beſte ſicherheit vnd wahren frieden haben;

166. So wirſt du mich/ der ich deinē befelch verricht/

Durch deine hilff vnd hayl/ darauff ich wart/

erlaben.

167. Dan ja mein gaiſt/ hertz/ hand/ khuͤn/ eyferig/

getrew/

Herꝛ/ dein wort/ lehr/ gebot/ betrachtet/ lernet/

haltet:

168. Vnd (wie ich noch thun will) hab ich mit ſtehter

trew

Fuͤr dir (zwar durch dich/ Herꝛ) meinen beruff

verwaltet.

Thau.
[113]Gedichte.
Thau.
169. Ach Herꝛ! hoͤr mein geſchray/ ſend mir lehr

vnd verſtand/

Die wunder deines worts/ wercks/ willens zu-

verſtehen:

170. Ach Herꝛ! hoͤr mein gebet/ ſend mir hilff/ troſt/

beſtand/

Jn allem zufall recht zu ſtehen vnd zu gehen.

171. Alßdan ſoll dir mein mund auff new-erlernte

weyß

Mit gantz lehrꝛeicher kunſt ein lobgeſang fuͤr-

ſingen:

172. Alßdan ſoll meine zũg/ zu deines namens preyß

Mit wunderꝛeicher lehr dein wort vnd recht

fuͤrbringen.

173. Wolan Herꝛ/ deine hand ſtroͤck auß zu mei-

ner hilff/

Hilff mir/ Herꝛ/ dein geſatz/ ſo mein ſchatz/ zu

bewahren!

174. Herꝛ/ hilff mir/ der ich ſtehts fuͤr dein hayl zu dir

gilff/

Wuͤrcklich/ daß deine lehr mein luſt/ zu offen-

bahren!

175. Alſo fro/ fridlich/ frey/ ſoll mein mund/ hertz

vnd ſeel/

Dich/ Herꝛ/ dein wort/ vnd dir/ ſtehts loben/ lie-

ben/ leben:

176. Vnd ſo ich als ein ſchaff auß einfaͤltigem fehl

Solt jrꝛen/ ſo kõ du/ mein hirt/ mir hilff zugeben!

JDer
[114]Gaiſtliche

Der Hundert vnd drey vnd Zweinzigſte Pſalm.
Ad te lcvavi oculos \&c.


1.
ZV dir/ O hoͤchſter Got/ Herꝛ deſſen hoͤchſter thron

Hoch vber Sonn vnd Mohn

Wird ewiglich beſtehen;

Zu dir/ mein ſchoͤpffer/ Herꝛ/ mein vatter/ zuverſicht

Erhoͤb ich nu mit flehen

Mit dem geſicht des leibs/ auch meines gaiſts geſicht.

2.
Wie auff der herꝛen haͤnd vmb beyſtand/ raht vnd

recht

Die augen guter knecht

Vnderthoͤniglich ſchawen;

Vnd wie getrewe maͤgd durch jhrer augenblick

Die haͤnde jhrer Frawen

Erſuchen fleiſſiglich vmb gunſt vnd beſſer glick:

3.
Alſo Herꝛ/ pflegen wir mit ernſtlichem gemuͤht

Auff dein endloſe guͤt

Der ſehlen aug zu ſetzen:

Nach dir/ Herꝛ/ ſehnet vns; vnnd du (Herꝛ Got)

allein

Kanſt vnd wirſt vns ergoͤtzen

Durch demer gnaden brunſt/ vnd barmhertzigkeit

ſchein.

4. Er
[115]Gedichte.
4.
Erbarm dich vber vns/ Jehova hoͤchſter Got/

Ach ſih doch an den ſpot

Damit wir vberladen;

Erbarm dich vber Vns/ vnd bleibend ja nicht ferꝛ/

Nah dich zu vns mit gnaden/

Die wir mit forcht zu dir vns nahen/ hoͤchſter Herꝛ!

5.
Ach Herꝛ Got! vnſre ſeel von vnſrer feinden wuht/

Spot/ ſchimpff vnd vbermuht

Biß auff den tod verſehret/

Erwartet kaum daß nu durch dein gerechte hand

Werd auff einmahl verkehret

Jhr reichtumb/ pracht vnd ruhm in armut/ ſchimpff

vnd ſchand.


Der Hundert vnd ſyben vnd Zweinzigſt Pſalm.
Niſi Dominus \&c.


1.
WA der Hoͤchſt nicht mit aigner hand

Das hauß auffbawet vnd erhaltet:

Wa der Hoͤchſt die ſtaͤtt vnd das land

Nicht ſelbs bewachet vnd verwaltet:

So iſt der bawlent muͤh/ fuͤrſorg/ arbeit vnd kunſt/

Der Obrigkeit weißheit/ der Landsknecht ſterck vmb.

ſunſt.

J 22. Vmb-
[116]Gaiſtliche
2.
Vmbſunſt ſeit jhr auff ſpaht vnd fruͤh/

Jhr wuͤrm/ liebhaber diſer erden/

Vnd laſſet euch fuͤr angſt vnd muͤh

Das harte brot kaum zu lieb werden:

Jn dem die/ deren lieb vnd troſt iſt allein Got/

Außruhwen (frey) ohn layd/ vnnd leben (fro) ohn

noht.

3.
Vnd daß kein arbeit/ fuͤrſorg/ pein

Ohn Gottes ſeegen euch gedeyhet/

Jſt vnlaͤugbar/ weil er allein/

Was vnd wem er nu will/ verleyhet:

Ja auch die kinder ſelbs ſeind ſeiner lieb erbſchafft/

Vnd des leibs liebe frucht iſt ſeines ſeegens krafft.

4.
Wie wan ſtarck vnd ſcharpff die geſchoß

Jn eines weyſen helden haͤnden

Jhn machen dapffer vnd forchtloß

Vnd gegen ſeinem feind ſich wenden:

So groß vnd groͤſſern troſt gebaͤhren junge Soͤhn/

Jn Gotsforcht/ arbeit/ lehr/ geuͤbet/ ſtarck vnd ſchoͤn.

5.
Der deſſen koͤchern Gottes gnad

Mit ſolchen pfeylen wol verſehen/

Der gehet ſtarck auff rechtem pfad/

Vnd iſt gluͤckſeelig zu verjaͤhen:

Dan ohn verluſt vnd hohn kan Er fuͤr dem Gericht/

Anſchawend ſeinen feind/ auffhoͤben ſein geſicht.

Der
[117]Gedichte.

Der Hundert vnd Dreyſſig vierte Pſalm.
Ecce nunc. \&c.


1.
NV lobet/ ehret/ ruͤhmet/ preyſet

Got allweiß/ gut/ gerecht/

All jhr/ die jhr zu nacht euch/ als getrewe knecht/

Jn ſeinem hauß erweyſet.

2.
Mit ewern haͤnden hoch-erhaben/

Froͤlich zugleich vnd fromb/

Lobſingend dancket jhm in ſeinem Heyligthumb/

Fuͤr ſeiner gnaden gaben.

3.
Der Herꝛ auß Syon/ Syons wegen/

Der deſſen wort allein

Erſchuff was in der welt je wahr/ iſt/ vnd wirt ſein/

Verleyh dir ſeinen ſeegen!


Der Hundert vnd Dreyſſig ſechſte Pſalm.
Laudate Dominum \&c.


1.
NV lobet Got mit mund vnd muht

Weil Er ſo gut/

Das ſeine guͤte ſtehts vermehret

Ewiglich wehret.

J 32. Lo-
[118]Gaiſtliche
2.
Lobet ohn heucheley vnd ſpot

Der Goͤtter Got;

Alß deſſen guͤtte hoͤchſt geehret

Ewiglich wehret.

3.
Lobſinget Jhm der nah vnd ferr

Der Herren Herr

Dan ſeine guͤte weit bewehret

Fuͤr vnd fuͤr wehret.

4.
Seiner hand werck allein (ich merck)

Seind wunderwerck;

Vnd ſeine guͤte ſtehts vermehret

Ohn ablaß wehret.

5.
Vns machen ſeine weiß heit kund

Die himmel rund/

Dan ſeine guͤte ſtehts vermehret

Ewiglich wehret.

6.
Vermaͤhlet hat ſein ſtarcke hand

Das Meer vnd land/

Dan ſeine guͤte weit vermehret

Fuͤr vnd fuͤr wehret.

7. Auch
[119]Gedichte.
7.
Auch liechter ließ Er manglen nicht

Vnſerm geſicht/

Dan ſeine guͤte hoͤchſt geehret

Ohn ablaß wehret.

8.
Zu tag die Sonn vns fillet gantz

Mit frucht vnd glantz/

Dan ſeine guͤte ſtehts bewehret

Ewiglich wehret.

9.
So zaigen ſtern vnd Mohn zu nacht

Jhr liecht vnd pracht/

Dan Gottes guͤte weit vermehret

Fuͤr vnd fuͤr wehret.

10.
Egypten durch der kinder tod

Zuͤchtiget Got/

Dan ſeine guͤte ſtehts bewehret

Ewiglich wehret.

11.
Vnd Jſrael dienend mit grauß/

Bracht Er darauß/

Dan ſeine guͤte/ die vns lehret/

Ewiglich wehret.

J 412. All-
[120]Gaiſtliche
12.
Allmaͤchtig bracht ſie ſeine hand

Jn beſſern ſtand/

Dan ſeine guͤte weit vermehret

Ohn ablaß wehret.

13.
Das rohte Meer zu ſeiner ehr

Zuthailet Er/

Dan ſeine guͤte hoͤchſt geehret

Fuͤr vnd fuͤr wehret.

14.
Er fuͤhret als durch eine furch

Sein volck hindurch/

Dan ſeine guͤte all vermehret

Ewiglich wehret.

15.
Doch Pharao mit ſeinem heer

Starb in dem Meer/

Dan Gottes guͤte ſtehts geehret

Ohn ablaß wehret.

16.
Durch die einoͤd hat ſeine macht

Sein volck gebracht/

Dan ſeine guͤte ſtehts vermehret

Ewiglich wehret.

17. Die
[121]Gedichte.
17.
Die ſtoltze koͤnig nicht ohn ſpot

Schlug er zu tod/

Dan ſeine guͤte wol bewehret

Fuͤr vnd fuͤr wehret.

18.
Vnd groſſe Printzen die vnfromb/

Die bracht Er vmb/

Dan ſeine guͤte ſtehts geehret

Ohn ablaß wehret.

19.
Der Amoriter Fuͤrſt Sihon

Hat gleichen lohn/

Dan Gottes guͤte hoͤchſt vermehret

Ewiglich wehret.

20.
Auch Og/ der Koͤnig von Baſan

Nicht mehr gewan/

Dan Gottes guͤte hoͤchſt geehret

Fuͤr vnd fuͤr wehret.

21.
Vnd andern gab Er zu Erbſchafft

All jhr herrſchafft/

Dan ſeine guͤte wohl bewehret

Ohn ablaß wehret.

J 522. Er
[122]Gaiſtliche
22.
Er gab Jſrael ſeinem knecht

Erbſchafft vnd recht

Dan ſeine guͤte hoͤchſt vermehret

Ewiglich wehret.

23.
Jn vnſerm layd hat ſeine macht

Vnſrer gedacht/

Dan ſeine guͤte ſtehts bewehret

Fuͤr vnd fuͤr wehret.

24.
Er machet vns nach ſeiner trew

Von feinden frey/

Dan ſeine guͤte hoͤchſt geehret

Ohn ablaß wehret.

25.
Er raichet allem flaiſch mit preyß

Gedranck vnd ſpeyß/

Dan ſeine guͤte ſtehts bewehret

Ewiglich wehret.

26.
So lobet nu in frewd vnd noth

Den hoͤchſten Got.

Dan ſeine guͤte ſtehts geehret

Fuͤr vnd fuͤr wehret.

Der
[123]Gedichte.

Der Hundert vnd ſyben vnd Dreyſſigſt Pſalm.
Super flumina Babylonis.


1.
ALs wir an dem geſtad der waſſer Babylon

Gantz trawrig/ troſtloß ſaſſen/

Gedenckend wie doch in Syon

Das land verſtoͤret war vnaußſprechlicher maſſen:

Alßdan vermehrten wir auß doppeltem verdruß

Den fluß mit vnſerm zeherfluß.

2.
Die harpffen/ darauff wir mit ſuͤſſem thon vnd wohn/

Vor vnſerm ſchweren leyden/

Erhuben zu des hoͤchſten thron

Sein lob vnd vnſre lieb/ wir hiengen an die weyden;

Durch welche dan des winds mit ſeufftzender durch-

gang

Gab einen mit-leydigen klang.

3.
Damahls der ſtoltze feind/ der mit torꝛechter wuht

Vns alles boͤß zufuͤget/

Vnd deſſen ſpoͤttiſcher hochmuht

Ab vnſerm ellend/ angſt vnd muͤh ſich nicht vernuͤget/

Jn vnſrer bittern qual ſuchend ein ſuͤſſe fraid/

Fordert ein lied von vnſerm layd.

4.
Hola! ruff Er vns zu/ jhr fromb kunſt-reiche leut/

Laſſt vns die Pſalmen hoͤren/

Dadurch jhr in Sig-reicher zeit

Jn Syon ewern Got gepfleget zu vermehren;

Vnd
[124]Gaiſtliche
Vnd ſtillet nu zumahl durch ewer ſpihl vnd ſtim

Jn euch das layd/ in vns den grim.

5.
Ach weh! gedachten wir/ durch diſen newen ſpot

Voll eyfer/ zorn vnd ſchmertzen/

Wie ſolten wir in diſer noht

Euch ſingen mit dem mund/ Got klagen mit dem

hertzen?

Ach weh! ſolt diſes volcks vnehrliches gehoͤr

Entehren des heyligſten ehr?

6.
Ferꝛ/ ferꝛ/ Jeruſalem/ ſey von vns diſe ſchand

Daß deiner wir (vermeſſen)

Nu ſolten hie in frembdem land

Gedencken aͤrgerlich/ oder gaͤntzlich vergeſſen:

Nein. Daß eh vnſre fauſt zu dē ſpihl/ zu der ſchlacht/

Vergeß die kunſt/ verlier die macht.

7.
Daß vnſre zungen ſich ohn krafft/ geſchmack vnd

ſprach

An vnſre rachen hencken/

Wa wir nicht in der hoͤchſten ſchmach/

Als in der hoͤchſten ehr an dich trewlich gedencken:

Wa nicht/ wie jetz dein ſchmertz iſt vnſer ſchmertz vnd

pein/

Dein troſt ſtehts vnſer troſt ſoll ſein.

8. Du
[125]Gedichte.
8.
Du aber/ hoͤchſter Got/ der du das layd/ vnrecht/

Verfolgung/ ſpotten/ ſchmaͤhen/

Damit auch des Edoms geſchlecht

Deinem vnd vnſerm feind beygeſtanden/ geſehen;

Gedenck wie ſie gethan/ die vns ſo nah verwant/

Als ob wir jhnen nicht bekant.

9.
Verhoͤrget/ ſchryhen ſie/ vnd ſchlaiffet auff den grund

All die bild-loſe tempel/

Vnd machet nu dem vmbkraiß kund

Ewrer gleichloſen macht ein gnadloſes exempel:

Daß keines ketzers leib/ weib/ ſaͤugling/ kind/ vih/

hauß/

Bleib-uͤber/ rottet alles auß.

10.
Overkehrtes geſchlecht! vnerhoͤrter ſchalckheit

Vnd frembdem geitz ergeben/

Der Herꝛ wirt deiner haͤrtigkeit

Jn kurtzem gleiche maaß/ als du vns gabeſt/ geben;

Vnd mit gerechter raach diſe gewiſſe lehr/

Daß ſein zorn langſamb aber ſchwer.

11.
Du Babylon/ ein ſitz vnd pfitz der hurerey/

Schul vnd pful aller ſuͤnden/

Seelig iſt/ der die wuͤhterey/

Dadurch dein hertz ſo ſtoltz/ dein hertz machet em-

pfinden!

Ja/ ſeelig/ deſſen fauſt wirt ſchmaͤttern an die ſtein

Deiner Saͤugling blut/ hirn/ gebein!

Der
[126]Gaiſtliche

Der Hundert vnd Viertzig zwayte Pſalm.
Voce meâ ad Dominum \&c.


1.
JN meiner hoͤchſten noht/

Jn meiner ſeelen hoͤchſten ſchmertzen/

Schryh ich zu meinem Got

Mit deemuͤhtigem mund vnd hertzen;

Jn hoͤchſter angſt/ gefahr/ trangſahl

Got ich zu gnaden mich befahl.

2.
Fuͤr ſeinem angeſicht/

Als daß allein gerecht zu richten/

Verbarg ich mein layd nicht/

Noch meine ſinn/ gedancken/ dichten;

Sondern entdoͤckend jhm mein layd

Mein hertz fand in jhm troſt vnd frayd.

3.
Zwar war ſchon von gefahr

Mein gaiſt ſchier gaͤntzlich uͤberkommen;

Doch als kein hoffen war/

Haſt du/ Herꝛ/ meiner war genommen:

Des feinds mir nah gelegte ſtrick

Entdoͤckte mir dein gnadenblick.

4.
Vmbſunſt nach einem freind

Sah ich mich vmb zu beeden ſeitten;

Dan keiner vor dem feind

Mich kennen wolt/ noch fuͤr mich ſtreitten:

Ohn
[127]Gedichte.
Ohn außflucht/ ohn zuflucht mein ſtand

Fand zu hilff keines menſchen hand.

5.
Zwar mich verlangte ſehr

Mit haiſſem ſehnen meiner ſeelen/

Mein leben/ leib vndehr

Jn deinen ſchutz/ Herꝛ/ zu befehlen:

Du biſt/ ſprach ich/ allein mein hayl/

Vnd vnverlierliches erbthail.

6.
Erhoͤr/ Herꝛ/ meine ſtim/

Verlaß mich nicht ſunſt gantz verlaſſen/

Hilff mir von deren grim/

Die mich vnd dein wort zugleich haſſen:

Erweiß dich ſtaͤrcker/ wie du biſt/

Dan der Tyrannen wuht/ macht/ liſt.

7.
Ach! richt vnd halt mich auff

Laſſz meine ſeel nicht vndergehen:

Daß der gerechten hauff

(Fro mich froͤlich vnd frey zu ſehen)

Seh an mir deiner gnaden prob/

Sing mit mir dein preiß/ ehr vnd lob!

Der
[128]Gaiſtliche

Der Hundert vnd acht vnd Vierzigſte Pſalm.
Laudate Dominum. \&c.


1.
OEngeliſche ſchaar/ jhr himmels Legionen/

O die jhr vber ſchand vnd ſuͤnden gantz ſigreich/

Vnd ſeelig/ ſchon mit Got (durch Gottes gnad) zu

wohnen/

Erſchallet Gottes reich!

2.
Sonn/ deren glantz die welt mit frucht vnnd frewd

belebet:

Mohn/ deſſen khuͤler ſchein iſt der nacht klarer pracht/

Vnd jhr groͤſſere ſtern/ die jhr hin vnd her ſchwebet/

Erweyſet Gottes macht.

3.
Gewoͤlb võlaſurfarb mit gold ſternweiß geſchmuͤcket/

Hochſchwimmendes gewuͤlck/ davon das druckne

land

Wirt auff des Herꝛen wort mit ſafft vnd krafft er-

quicket/

Lobſinget Gottes hand.

4.
Lobſinget Gottes hand/ dan Sie (allein allmaͤchtig)

Erſchuff was in der welt/ erhelt alles geſchlecht;

Vnd was die welt der welt kan ſchawen reich vnnd

praͤchtig/

Jſt ſeines worts gemaͤcht.

5. Er
[129]Gedichte.
5.
Er hat der Natur ſelbs die ordnung eingegraben/

Die ſie erfillen muß gefliſſen vnd getrew:

Kein Scepter/ Cron noch macht (wie jmmer hoch

erhaben)

Von ſeiner macht iſt frey.

6.
Darumb auch jhr geſchoͤpff/ des Meers/ der lufft

vnd erden/

Bewoͤget durch den flug/ das ſchwimmen vnd den

gang/

Die jhr auß ſtaub gemacht zu ſtaub ſolt wider werdē/

Erklinget ſein geſang.

7.
Jhr groſſe wunderthier/ jhr ſchroͤcklich boͤſe Drachen/

Vnd jhr landgleiche fiſch/ verlaſſet den abgrund/

Mit Meer verſchlingendem/ Meer-auß gieſſendem

rachen/

Sein lob zu machen kund.

8.
Jhr dunder/ plitz vnd ſtrahl/ die jhr mit fewerflam̃en/

Vnd boͤbendem getoͤß des Herꝛen ſtraff vnd grim

Erweiſet aller welt/ Lobſinget ſeinem Namen

Mit dunderender ſtim.

9.
Schnee die von dē gebuͤrg abgehēd brauſend rauſchē/

Huͤpffende hagelſtein/ froſt vnd ſteinhartes eyß/

Deßhalben wir dz ſchiff offt vm̃ ein pferd vertauſchē/

Vermehret Gottes preyß.

K10. Jhr
[130]Gaiſtliche
10.
Jhr ſturmwind vnd windsbraut/ die durchſauſendes

toben

Die zagende ſchiffleut offt lehret (zwar zu ſpaht)

Zu betten/ vnd mit rew die ackerleut zu loben/

Bezeuget Gottes that.

11.
Jhr deren hohes haupt mit wolcken (ſtoltz) gekroͤnet/

Als Koͤnig in dem land/ gantz hoch kluͤfftige berg;

Jhr huͤgel mit geſtaͤud vnd Cedern wol beſchoͤnet/

Erhoͤbet Gottes werck.

12.
Jhr gaͤrten/ weinberg/ foͤrſt/ jhr aͤcker/ halden/ hayden/

Die Got allein mit frucht/ laub/ kraͤuttern/ trauben/

graß/

Mit broñen/ blumen/ korn/ kan jaͤhrlich new beklaydē/

Jhn lobet ohn ablaß.

13.
Was lebet in der welt/ was flieget/ kriechet/ gehet/

Jhr voͤgel/ wuͤrm vnd thier/ in allem thun/ zeit/ ort/

Jn leben/ tod/ geburt/ lobſingend laut verjaͤhet

Des Hoͤchſten ſtarckes wort.

14.
Jhr Fuͤrſten/ deren pomp/ gericht/ raht vnd geberden

Seind (wie jhr wolt) dem volck ein joch leicht oder

ſchwer/

Die jhr erden fuͤr Got/ vnd Goͤtter hie auff erden

Vermehret Gottes ehr.

15. Jhr
[131]Gedichte.
15.
Jhr voͤlcker gegen Oſt/ Suͤd/ Weſt vnd Nord ge-

legen/

Mit ſonderbarer ſprach/ man vnd weib/ jung vnd alt/

Fruͤh/ mittags/ abends/ nachts/ ſtehts ſegnet Gottes

ſeegen/

Vnd ſeines Worts gewalt.

16.
Den Glentzen/ Sommer/ Herbſt vnd Winter ewrer

jahren

Solt jhr/ die jhr noch friſch wie auff bem feld die

blum/

Solt jhr/ die jhr ſchier dirꝛ/ gleich wie das hew/ nicht

ſpahren

Zu Gottes lob vnd ruhm.

17.
Kuͤrtzlich all jhr geſchoͤpff/ den Schoͤpffern ſtehts zu

ehren

Bezeuget all zu mahl/ von hertzen/ ſehl/ gemuͤht/

Was die ſtim/ was der mund nicht gnugſamb kan

erklaͤren/

Des Hoͤchſten macht vnd guͤt.

18.
Dan Er iſt Herꝛ allein/ der ewiglich regieret/

Vnd vber himmel/ lufft/ erd/ meer iſt ſeine Cron/

Der himmel vnd abgrund (mit ehr vnd forcht be-

ruͤhret)

Zittert fuͤr ſeinem thron.

K 219. Ja
[132]Gaiſtliche
19.
Ja/ Er iſt Gott allein/ Got/ welcher vnſre ſchmertzen

Jn frewd veraͤndern will: Vnd in noht/ ſchmach

vnd ſpot

Beweiſet ſeinem feind (erquickend vnſre hertzen)

Daß Er ein ſtarcker Got.

20.
Darumb was war/ was iſt/ was ſein wirt ſoll ver-

mehren/

Sein Reich/ krafft/ Mayeſtet/ gnad/ macht vnnd

herꝛlichkeit/

Als die allein ohn zahl/ ohn maß/ ohn anfang wehren

Jn alle ewigkeit.

Etliche
[133]Gedichte.

Etliche andere Gaiſtliche
Gedichte.


Ermahnung.
Wachſende Reymen.


1.
MEnſch kanſt du wol dein thun ohn weh vnd ach

Erwegen? Nein: Darumb ſo bet vnd wach/

Daß dich nicht find der boͤſe gaiſt zu ſchwach.

2.
Huͤt dich/ daß nicht hart als ſtein oder ertz

Der feind erfind dein hoffnung loſes hertz/

Vnd dan hernach ab demem Verluſt ſchertz.

3.
Wan recht zuthun dir allzeit frembd vnd and/

Vnd wan fuͤr Got dein beſtes thun ein tand/

So biſt du/ Menſch/ in einem boͤſen ſtand.

4.
Begehreſt du daß Chriſt zeuch bey dir ein/

So mach dein hertz von allen ſuͤnden rein/

So iſt es jhm ein angenehmer ſchrein.

5.
Eroͤffne doch Got deines hertzens aub/

Vnd merck/ weil ja dein leben wie ein laub/

Daß fuͤr dein hayl das mittel iſt der glaub.

K 36. Dem-
[134]Gaiſtliche
6.
Demnach von Got beruffen werden all

Durch ſeines Worts welt-weit erhoͤrten hall/

So ſing auch du ſein lob mit lauttem ſchall.

7.
Bett tag vnd nacht/ auff daß er dich (zwar ohn

Verdienſt) auß gnad mach weiſſz wie ſchnee vnnd

rohn/

Vnd endlich bring mit wohn fuͤr ſeinen Thron.


Lobgeſang.
Vber Vnſer Erloͤſers/ Jeſu Chriſts

Gebuhrt.


1.
ES ſey gleich daß jhr noch in ewern coͤrpern lebet/

Oder dz jhr bandloß mit andern Engeln ſchwebet/

Jhr Sehlen/ die fuͤr ewern pfad

Jhr (ſeelig) Gottes wort erkoren/

Vnd deren troſt iſt Gottes gnad/

Erſchallet froͤlich/ heut iſt des Tods tod geboren.

2.
Heut hat d’ hoͤchſt Monarch/ d’ Fuͤrſt him̃els vñ erdē/

Gewuͤrdiget/ wie wir/ geborner menſch zu werden;

Vnd zugleich die bahn/ die artzney/

Die loͤſung/ das hayl/ ja das leben/

Vns/ die wir jrꝛend/ wund/ nicht frey/

Verlohren/ ja gantz tod/ barmhertzig dargegeben.

3. Heut
[135]Gedichte.
3.
Heut iſt die ſuͤſſe blum gantz lieblich auffgegangen/

Welche das erdreich hat von der welt liecht empfan-

gen;

Die vnverwelcklich ſchoͤne blum/

Deren blaͤtter mit blut befeuchtet/

Haben das firmament mit ruhm/

Die lufft mit lieblichkeit/ die welt mit hayl erleuchtet.

4.
Heut hat Got/ der zuvor ob dem geſtirn geſeſſen/

Gedenckend vnſers layds des himmels frewd ver-

geſſen:

Der/ dem allzeit der Engeln ſchaar

Zu dienen ſich gantz ſeelig achtet/

Jn hunger/ kummer vnd gefahr

Vns armen ſuͤndern hie zu dienen nicht verachtet.

5.
Jetzmahl/ weil vnſer flaiſch mit ſeinem Got ver-

bunden/

Befinden wir vns frey/ die hoͤll ſich vberwunden;

Nu haben wir (O ſuͤſſe haab!)

Weil das geſchoͤpff/ weil der gefangen/

Den Schoͤpffern/ den Erloͤſern gab/

Des lebens ſuͤſſe frucht von des Tods baum em-

pfangen.

6.
Bedenck/ O Sehl/ wie ſchwach von deiner ſuͤnden

wegen

Der/ der allſtarck vñ Got/ in der krippen gelegen!

K 4Da
[136]Gaiſtliche
Da deiner augen bloͤdigkeit

Durch ſeinen ſchein nicht zu erſchroͤcken/

Er ſeiner allmacht herꝛlichkeit

Mit deines leibs beſchwerd vnd ellend wolt bedoͤcken!

7.
O haiſſer Liebe werck/ das ſich zu troſt vns hayden

Das ewig klare liecht mit finſternuß wolt klaiden!

Vnd daß Got wuͤrd des menſchen ſohn/

Mit menſchen lebend hie auff erden/

Damit Sie in des himmels thron

Moͤchten leben mit Got/ vnd Gottes kinder werden.

8.
Du/ menſch/ entſetz dich nicht/ in zehern/ klagen/ flehē/

Jn armut/ kaͤlt vnd noht der welt Hayland zu ſehen:

Er iſt noch Got/ vnd ewig zwar/

Der deine menſcheit gern empfangen;

Allein was er zuvor nicht wahr/

Das hat Er (dir zu troſt) zu ſein jetz angefangen.

9.
Menſch fieng er an zu ſein (doch thut er Got ſtehts

bleiben)

Mit ſeiner allmacht krafft dein fleiſch ein-zu verleibē;

Vnd ſchwach hat Er ſich gern gemacht

Daß er fuͤr dich leyd des Tods noͤhten/

Behaltend gleichwol ſeine macht/

Daß/ als ein ſtarcker Got/ Er den tod ſelbs moͤcht
toͤdten.

10. Wel-
[137]Gedichte.
10.
Welche ſtirn/ welche ſtim/ kan verſtehen/ kan ſingen/

Was wunderwerck Er that (ſuͤnd vnnd hoͤll zu be-

zwingen)

Da man von eines ſternleins ſchein

Der Sehlen klare ſonn auffgehen/

Ein keuſche Jungfraw ſchwanger ſein/

Des Ewigen ſohn (Got) menſch werden hat geſehen?

11.
Got ſah man werden menſch/ von vns menſchen

verachtet/

Man ſah fuͤr vns vor Got jhn von vns ſelbs ge-

ſchlachtet;

Der doch vns menſchen ſein erbgut/

Ja/ als ein Pelican/ ſein leben

(Belebend vns mit ſeinem blut)

Auff daß durch ſeinen tod wir ſigeten/ gegeben.

12.
Wie groß iſt deine gnad/ wie gar nicht zuermeſſen!

Wie groß iſt deſſen ſuͤnd/ der jhrer kan vergeſſen!

Du machteſt dich der menſchen knecht/

O Got/ vns menſchen frey zu eroͤnen;

Vns groß zu machen biſt du ſchlecht/

Vnd durch den tod mit Got dem menſchen zuver.

ſoͤhnen.

13.
Warumb/ O hoͤchſter Got/ haſt du vns ſo beglicket/

Vnd deinē aignen ſohn fuͤr vnſre ſchuld verſtricket!

K 5Wirt
[138]Gaiſtliche
Wirt nicht/ Herꝛ/ die gerechtigkeit

Durch vngerechte gnad vernichtet/

Wan zu groſſe barmhertzigkeit

Freyhet den Dieb mit ehr/ vnnd den ſchuldloſen

richtet?

14.
Ach Herꝛ Got/ das ſey fern: dein recht/ mit gnad

vnd guͤten

Vereiniget/ will ſtehts deine geſchoͤpff behuͤten:

Wie aber in deinem geſatz

Sich kein fehl noch vnordnung findet:

Alſo iſt dein raht vnd fuͤrſatz

So tieff/ dz jhn kein hirn/ keine vernunfft ergruͤndet.

15.
Zwar ſcheinet es gar nicht vnſrer vernunfft zugegen/

Daß der da wolt fuͤr vns vnſre hauptſchuld ablegen/

Sey beedes Got vnd Menſch zumahl;

Der (vnſterblich) willig zu ſterben

Solt vnd kont vns durch des Tods qual

Was allein Got vermoͤcht/ der Menſch verlohr/

erwerben.

16.
Er kont nicht/ purer Menſch/ der menſchen ſchmer-

tzen wenden/

Er kont nicht/ purer Got/ fuͤr Vns ſein leben enden:

Darumber Got vnd Menſch zugleich

Vns kont/ vns wolt vnd ſolt entfaͤhren:

Als Got allein weyß/ maͤchtig/ reich/

Solt eine Jungfraw jhn/ als Menſch ein Weib ge-

baͤhren.

17. Wan
[139]Gedichte.
17.
Wan deine geburth dan fuͤr vns an vns verlohren/

Wan wir nicht widrumb new werden in dir gebohrē:

So nem fuͤr deine krippen mich/

O kind/ quell/ vrſprung meiner frayden;

Daß du in Mir/ vnd durch dich ich

Gebohren new/ von dir mich nichts moͤg jemahls

ſchaiden!


Beicht vnd Buß.


1.
ACh! daß der ſchwere ſchmertz/ damit ich nu ge-

ſchlagen/

Vnd der mein hertz/ aug/ mund/ mit trawren/ thraͤ-

nen/ klagen/

Erfuͤllet/ vilmehr meine ſchuld

Bezeuget dan was ich erduld!

2.
Von meinen ſuͤnden/ Herꝛ (die du mir wirſt ver-

zeyhen)

Vnd nicht von deiner ruht gezwungen muß ich

ſchreyhen:

Dem vbel/ Herꝛ/ gib maaß vnd zihl

Daß ich begeh/ nicht daß ich fihl!

3. Dan
[140]Gaiſtliche
3.
Dan wie tieff jmmer mich/ Herꝛ/ deine hand verloͤtzet/

Halt ich dir doch gern ſtill/ vnd bit (zwar gantz ent-

ſoͤtzet)

Gib mir (Herꝛ) mehr gedult vnd pein/

Daß was dir/ moͤg auch mir lieb ſein!

4.
Jch kan O Got (ſo groß ſeind meine miſſethaten)

Nu weder deiner hilff noch deiner ſtraff entrahten:

Zwar wie die groͤſte ſtraff zu ſchlecht/

So deine hilff iſt kaum gerecht.

5.
Dan wie freygebig du den menſchen zubegaben/

Vnd durch der erden frucht vnnd reichthumb zu er-

laben/

Vnd wie jhn gantz barmhertzig du

Beruffeſt in dein Reich vnd ruh:

6.
Alſo vnd noch vilmehr vndanckbar vnd vergeſſen

Jſt der menſch/ ja bin ich; ich ſelbs (gantz boͤß/ ver-

meſſen)

Verdoͤrb/ vergiſſz/ verwirff/ veracht/

Herꝛ/ deine gaab/ liecht/ gnad/ allmacht.

7.
Darff ſich mein ſchlim̃es hertz nur zu bedenckēwagē/

Wie ich/ Herꝛ/ dein geſatz ſtehts in dē wind geſchlagē:

So grauſſet mir/ O Got/ daß ich

(Jch koht vnd ſtaub) erzuͤrnet dich:

8. Dich/
[141]Gedichte.
8.
Dich/ Got/ d’ du allein was war/ iſt/ wirt/ verwalteſt/

Der du ohn auffenthalt die gantze Welt auffhalteſt;

Durch deſſen wort/ ja blick allein

Kont alles nichts/ nichts alles ſein.

9.
Ja/ billich grauſet mir/ dich alſo zuverachten/

Daß ich ſchier muß auß angſt verzweiflen vnd ver-

ſchmachten;

Weil mich bedoͤcket dein gebot

Zumahl mit forcht/ grauß/ ſchãd vñ ſpot.

10.
Herꝛ/ dein geſatz mich ja ſo ſcheuzlich conterfehet/

Daß alle hoffnung mich zu ſaͤubern mir entgehet/

Jch find in mir nichts dan vnluſt/

Jch bin voll vnflat/ grewel/ wuſt.

11.
Mein gaiſt/ den du/ O Got/ ſelbs deines gaiſts ge-

wehret/

Hat ſeinen ſchoͤnen ſchmuck entehret vnd verkehret/

Vnd ſchwirmend auß des himmels pfad

Verachtet deine ſtim vnd gnad.

12.
Ja meine ſehl/ die du vnſterblich mir gegeben/

Hab (moͤrdor) ich gebracht vmb jhr liecht/ hayl vnd

leben:

Wan/ wie der leib ohn die ſehl tod/

Die ſehl auch tod ohn jhren Got.

13. Mein
[142]Gaiſtliche
13.
Mein hertz/ dein tempel/ Herꝛ/ ward von mir ſo ver-

ſaumet/

Daß auch dem Loͤſtergaiſt ich ſolches eingeraumet/

Der fillet es durch ſeinen brand

Mit luſt/ zorn/ gifft vnd aller ſchand.

14.
Die augen/ die du mir der Weltbuch zu beſchawen

Verlyhen/ erhub ich hin vnd her/ wie die pfawen/

Zu boͤſem ſtehts klar vnd geſchwind/

Fuͤr deine werck vnd wort gantz blind.

15.
Die Ohren/ die ich hat/ Herꝛ/ dein gebot zu hoͤren/

Williglich lieſſen ſich mit affterꝛed bethoͤren:

Taub fuͤr dein wahre lehr vnd wort/

Fuͤr falſcheit ein ſtehts offner port.

16.
Mein mund/ an ſtat dein lob zu lehren vnd zu ſingen/

Pflag vnwuͤrdiger leut thũ vñ ruhm fuͤr zubringen:

Stum zu des Schoͤpffers ehr vnd preyß/

Zu des geſchoͤpfs lob faͤlſchlich weyß.

17.
Die haͤnde/ die du dir zu dienen/ vnd mein leben

Mit arbeit/ fleiß vnd muͤh zu ſchalten/ mir gegeben/

Kein nuͤtze werckzeug des wolluſts

Seind zeugen meines troſts verluſts.

18. So
[143]Gedichte.
18.
So pflagen meine fuͤß/ wan ſie mich ſolten tragen

Auff deinem rechten weeg/ dem boͤſen nach-zujagen;

Fern von dir lieffen ſie allzeit/

Gern lieffen ſie zu krieg vnd ſtreit.

19.
Nach dem des Luͤgners ſchulich (torꝛecht) zugeloffen/

Hab ich bald in der kunſt den Maiſtern vbertroffen:

Ein abgot war ich durch hochmuht/

Vnd mißgunſt machte boͤß was gut.

20.
Durch geitz empfand ich auch mein hertz ſo tieff ver-

gifftet/

Das/ haſſend frey zu ſein/ es ſeinen dienſt ſelbs ſtifftet:

Jch hoͤret offt mit vngedult

Andrer leut nohtdurfft vnd vnſchuld.

21.
Kurtz/ alle meine ſiñ/ mein trachten vnd mein dichtē:

Befuͤrdrend dz vnrecht/ wolten was recht vernichtē:

Auch iſt ſo grewlich mein geſtalt

Taß ich ſchier keinen troſt behalt.

22.
Zwar was erzoͤhl ich dir/ O mein Got/ meine ſuͤnden/

Dir/ dem ſie gantz bekant/ der du mein hertz ergruͤn-

den/

Vnd mich durch meiner ſuͤnden zahl

Kanſt ſtuͤrtzen in der hoͤllen quahl.

23. Dan
[144]Gaiſtliche
23.
Dan wie kan jmmer ich dich (hoͤchſter Got) erwaichē/

Wan ich ab deinem ernſt auß ſchroͤcken muß ver-

blaichen?

Wan ich ab deiner gnad ſchamroht?

Wan ich fuͤr deinem zorn gantz tod?

24.
Jedoch erzoͤhl ich dir/ Herꝛ/ meine miſſethaten/

Auff daß du mein Fuͤrſprech mir armen moͤchteſt

rahten/

Vnd mir/ ſchier tod/ ein Artzt getrew

Herꝛaichen deines hayls artzney.

25.
Jch/ legend ſie dir fuͤr/ will jhrer nicht vergeſſen/

Daß (weil wie deine gnad/ Sie gar nicht zuermeſſen)

Sie/ O mein Vatter/ weitter nicht

Betruͤeben dein hertz noch geſicht.

26.
Ach! darff ich ſchlechter wurm dich/ Richter/ Vatter

nennen?

Ach! darff dir/ groſſer Got/ ich mein ellend bekennen?

Watſſz ich nicht/ daß ich ſo todkranck/

Daß ich fuͤr dir nichts dan geſtanck?

27.
Ja freylich waiß ich wol/ daß meine alte ſuͤnden/

Mu newen ſuͤnden ſich vermehrend/ ſtehts entzuͤn-

den

Des Hoͤchſten billichen verdruß

Daß er (gerecht) mich ſtraffen muß.

28. Jch
[145]Gedichte.
28.
Jch hab (ich ſuͤnden-ſtock) in ſuͤnden grob empfangē/

Mit dencken/ reden/ thun/ ſuͤnd vber ſuͤnd begangen:

Zu leben in mir iſt allein

Vbel zu thun vnd boͤß zu ſein.

29.
Vnd gleichwol leb ich noch/ gleichwol kan ich noch

ſchlafen/

Jch/ den fuͤr meinen lohn tod vnd hoͤll ſolten ſtrafen!

Vnd gleichwol ſih ich noch den tag/

Den tag/ dem ich ein laſt vnd plag!

30.
Was dienet doch dem ſtrahl/ was fallet doch dein

dunder

Auff felſen oder baͤum? wan mein hertz ſelbs (O wun-

der!)

Jſt waicher oder beſſer kaum

Dan ein felß oder dirꝛer baum?

31.
Ja billich ſolt du/ Herꝛ/ (mein leben zu verkuͤrtzen)

Mich in der hoͤllen grũd ſtehts zu verbreñen/ ſtuͤrtzen:

Wan dein hertz nicht ſo gnaden reich/

Vnd dein will deiner Macht waͤr gleich.

32.
Daher/ durch deine lieb vnd gnad/ O Got/ behaget/

Sich mein betruͤbter gaiſt buß foͤrtiglich nu waget

Zu ſchreyhen auß pein/ angſt vnd noht

Jch hab geſuͤndiget/ O Got!

L33. Ge-
[146]Gaiſtliche
33.
Geſuͤndiget hab ich/ ich ſchandfleck diſer erden/

Vnd bin nicht wuͤrdig/ Herꝛ/ dein kind genant zu-

werden!

Ach! laß mich (Ob ich wol zu ſchlecht)

Nur ſein deinen geringſten knecht!

34.
Erbarm dich/ Herꝛ/ vnd hilff/ daß ich doch moͤg ge-

neſen/

Vnd weil mir hertzlich layd/ daß ich ſo boͤß geweſen/

Vnd weil ich layder! auch fuͤrhin

Recht zu thun gantz vnnuͤtzlich bin:

35.
So laß du deine ſtaͤrck in meiner ſchwachheit ſehen/

Vñ kom/ O ſtarcker Got/ mir ſchwachen beyzuſtehē/

Belebend meinen leib vnd ſehl

Behuͤt ſie frey von weitterm fehl!

36.
Hilff meinem gaiſt/ mund/ ohr/ ſehl/ hertzen/ hand vnd

fuͤſſen/

Daß jhrer keines dich moͤg durch vnrecht verdrieſſen!

Daß jedes dir werd angenehm/

Vnd ſich nach deinem wort bequehm!

37.
Hilff mir in deinem wort vnd dienſt mich gern zuuͤbē/

Vñ meinen Nechſten auch/ gleich wie mich ſelbs/

zu lieben!

Hilff daß ich dir mich gantz ergeb/

Vnd ſtehts fuͤr dich vnd mit dir leb!

Amen.

Be-
[147]Gedichte.

Betrachtung
Des 23. 24. vnd 25. verſ: des 10. Cap.
Jerem.


1.
ACh Herꝛ/ ach hoͤchſter Got/ wir wiſſen/ wir be-

kennen/

Daß wir gantz arm vnd ſchwach/

Vñ daß jemehr die leut vns hoch vñ maͤchtig neñen/

Je groͤſſer vnſre ſchmach.

2.
Wir koͤnden vns ja nicht fuͤr hitz/ kaͤlt/ hunger freyhē/

Wie jmmer ſtoltz/ toll/ laut;

Wan vns die voͤgel/ thier vnd fiſch nicht allzeit leyhen

Flaiſch/ federn/ wollen/ haut.

3.
Vnwiſſend was vns mag in einer ſtund begoͤgnen/

Waher auch blaß der wind/

Wie lang es ſchoͤn mag ſein/ vnd wie lang es mag

regnen/

Jſt vnſer gaiſt gantz blind.

4.
Jn einem augenblick wirt/ was vns lieb/ beſchwer-

lich/

Vnd boͤß die beſte waid:

Vnd ohn des Hoͤchſten glait iſt aller weeg gefaͤhr-

lich/

Vnd keine frewd ohn laid:

L 25. Ja
[148]Gaiſtliche
5.
Ja ſicher iſt/ ohn Got/ kein ſchloß/ ſtat/ land noch

laͤger/

Kunſtloß iſt alle kunſt;

Niemand verlaſſe ſich auff bruͤder/ freund noch

ſchwaͤger/

Noch keines fuͤrſten gunſt.

6.
Kan ſich dan kein menſch ſelbs regieren noch er-

halten/

Weil all blind/ ſchwach/ lahm/ arm;

So muß ja alle welt allein allzeit verwalten/

O Got/ dein ſtarcker arm.

7.
O Got/ dein ſtarcker arm (zu helfen vnd zu ſtrafen

So maͤchtig als gerecht)

Jſt numehr gar zu ſchwer/ zu ſcharpff ſeind deine

wafen

Auff deines bunds geſchlecht.

8.
Wie lang ſoll vnſer feind ſein boͤſe ſach verbluͤmen!

Wie lang ſoll doch ſein ſpot

Sich (dir vnd vns zu trutz) vnuͤberwindlich ruͤhmen/

Als ob du Got nicht Got?

9.
Ach ſih nicht langer zu/ daß er (dich zuverſpotten)

Dein wort vnd vns vertreib:

Ach! laß jhn langer nicht vns vñ dein wort außrottē/

Biß niemand vberbleib.

10. Dan
[149]Gedichte.
10.
Dan eyleſt du nicht/ Herꝛ/ alßbald zu widerſtehen

Der boͤſen raht vnd that/

So iſt es (dan es ſchier jetzund) mit vns geſchehen/

Vnd alle hilff zu ſpaht.

11.
Dan alſo wan dein zorn durch vnſre ſuͤnd genoͤhret

Die werck deines gerichts

Der welt erweyſen will/ wirt dein volck bald ver-

zoͤhret/

Vnd wirt gar bald zu nichts.

12.
O Schoͤpffer/ Vatter/ Herꝛ/ laß nach vns all zu

toͤdten/

Spahr dein werck/ kinder/ knecht;

Vnd endend deinen Zorn zugleich mit vnſern noͤhtē/

Erhalt dein aigen Recht!

13.
Wan aber ſtaͤrcker iſt/ dan der ſtrom vnſrer thraͤnen/

Der ſuͤnden dicker ruß;

Vñ wir ja von der welt noch nicht gar zuentwoͤhnen

Durch diſe bittre buß:

14.
Wan vnſer groſſe noht/ layd/ klagen/ weinen/

ſchreyhen/

Von deiner hand die ruht/

Vnd von der ſtraff das land kan ja nicht gaͤntzlich

freyhen/

Noch daͤmpffen deine wuht.

L 315. Ach
[150]Gaiſtliche
15.
Ach! ſo bedenck doch/ Herꝛ/ dz du vns/ wir dir thewer/

Bedenck dein wort/ volck/ hauß!

Vnd wendend deine hand von vns/ wirff nu dein

fewer/

Vnd geuß die hoͤffen auß!

16.
Ja/ ſtoß auß allen zorn auff die trewloſe hayden/

Die/ deren aberglaub

Will dein volck/ Herꝛ/ von dir vnd deinem wort ab-

ſchaiden/

Als zu dem ſie gantz taub.

17.
Verzoͤhꝛ die/ welche dich nicht ehren/ kennen/ ſuchen/

Vnd deren mund vnd hertz/

Dich niemahl neñen will ohn ſpot/ trutz oder fluchen/

Vnd denen Got ein ſchertz.

18.
Dan ſeitenmahl jhr ſtoltz vnd boßheit all-vermeſſen

(Verwerfend alle klag)

Dein armes volck/ O Herꝛ/ numehr gantz auffge-

freſſen

Mit vnmenſchlicher plag:

19.
Vnd jhre pferd vnd ſich geſchwimmet vñ gewaſchen

Jn deines volcks blut-ſee/

Begrabend haͤuſer/ ſtaͤt/ vnd kirchen in die aſchen/

Die lufft in ach vnd weh:

20. Nach
[151]Gedichte.
20.
Nach dem ſie das gewuͤlck/ land/ waſſer/ gar bedoͤcket

Mit rauch/ gebein vnd blut/

Vnd ſchier den himmel ſelbs/ gleichwie die erd/ be-

floͤcket

Durch jhrer ſuͤnden wuht:

21.
Bereden ſie ſich noch auff einmahl zuverſchlingen

Jn jhr welt-weitte bruſt

Die gantze weitte welt: Ja (torꝛecht) auch zu zwingen

Got ſelbs nach jhrem luſt.

22.
Darumb du/ ſtarcker Got/ dich ſelbs vnd vns zu-

rechen

Erweiß nu deine macht/

Vnd laß ſie jhre zaͤhn vnd kuͤferbein zubrechen/

Vernichtend jhren pracht!

23.
Ja! du Gerechter Got/ auff daß ſie ſchnell empfinden

Die werck deines gerichts/

Mach jhren raht wie kaht/ vnnd kunſt wie dunſt ver-

ſchwinden/

Vnd ſie ſelbs gantz zu nichts!


[[152]][[153]]

Weltliche Poeſyen


Durch
Georg Rodolf Weckherlin.


L 5He-
[[154]]

Heroiſche/
Vnd andere Gedichte.


An den Leſern.


AVß vilen andern mehr wag ich hie dieſe ſtuͤck/
Befindet man ſie boͤß/ So iſt/ wie ſie/ jhr glick
Kurtz. Seind ſie aber gut/ vnd als gut angenom̃en/
So ſeind ſie vil: vnnd mehr ſoll bald nach jhnen
kommen.


Son-
[515]Gedichte.

Sonnet.
An das Teutſchland.


ZErbrich das ſchwere Joch/ darunder du gebunden/

O Teutſchland/ wach doch auff/ faß wider einen

muht/

Gebrauch dein altes hertz/ vnd widerſteh der wuht

Die dich/ vnd die Freyheit durch dich ſelbs vber-

wunden.

Straff nu die Tyrañey/ die dich ſchier gar geſchũden/

Vnd loͤſch doch endlich auß die (dich verzoͤhrend)

glut/

Nicht mit dein aignem ſchwaiß/ ſondern dem boͤ-

ſen blut

Flieſſend auß deiner feind vnnd falſchen bruͤder

wunden.

Verlaſſend dich auff Got/ folg denen Fuͤrſten nach/

Die ſein gerechte hand will (ſo du wilt) bewahren/

Zu der getrewen troſt/ zu der trewloſen raach:

So laß nu alle forcht/ vnd nicht die zeit hinfahren/

Vnd Got wird aller welt/ daß nichts dan ſchand

vnd ſchmach

Des feinds meynaid vnd ſtoltz gezeuget/ offen-

bahren.

Son-
[156]Weltliche

Sonnet.
Gemachet in dem Jahr. 1619.


VErfolgung/ muͤh/ vnd layd iſt allein das bannier/

Darunder durch die welt ſich Gottes kinder

ſchlagen;

Vñ der Hoͤchſt (General) hat acht wie mã ſie fuͤhr/

Vnd wie ein jeder ſich begehr fuͤr jhn zu wagen.

Offtmals erlaubet Er/ daß der feind triumfier/

Doch laſſet Er ſein volck gaͤntzlich niemahls ver-

zagen;

Sondern damit ſein feind nicht gar zu vil ſtoltzier/

Verkehret (maͤchtig) Er ſein jauchzen bald in

klagen.

Darumb jhr deren will (des Teufels willen gleich)

Vnd deren luſt allein iſt Gottes volck zu ſchaden/

Wie ewer zorn/ grim/ wuht/ ſein wort/ ſein volck/

das Reich/

Mit ſchmach/ mit qual/ mit ſchãd/ verbrant/ verbant/

beladen:

Alſo in ewerm blut zu ſtehter ſchand ſoll Euch

Noch zwingen mein Marggrav Georg Fride-

rich zu baden.

Vber
[157]Gedichte.
Vber den Tod
\&c.Herꝛen/ Johan Ernſten Hertzogen
zu Sachſen
\&c.
Vnd
Herꝛen Ernſten Graven von Manßfeld.
\&c.
WArumb hat man die/ welche ſeind

Der Freyheit vnd der Warheit feind

So raſend/ doll vnd fro geſehen

Zu Pfaffen ſtat vnd anderſtwa?

Weil jhnen nu zu widerſtehen

Kein rechter Ernſt mehr da.

Von
[158]Weltliche
Von dem Koͤnig von Schweden.

OKoͤnig/ deſſen haupt/ den Weltkraiß zu regieren/

Vnd deſſen fauſt die welt zu ſigen/ allein gut;

O Herꝛſcher/ deſſen hertz/ Herꝛ/ deſſen groſſen muht

Gotsforcht/ Gerechtigkeit/ ſtaͤrck/ maaß vnd weiß-

heit zieren;

O Held/ fuͤr deſſen ſchwert die verfolger die wuht/
Jhr klagen/ forcht/ gefahr die verfolgte verlieren;
Mars/ goͤtlichen geſchlechts/ võ der Erꝛoͤtter blut/
Wehrt vber Tyranney vnd ſtoltz zu triumfieren.

Des Feinds zorn/ hochmuht/ haſſz/ durch macht/ be-

trug/ vntrew/

Hat ſchier in dienſtbarkeit/ Vnrecht/ Abgoͤtterey/

Des Teutſchlands freyheit/ Recht vnd Gottes-

dienſt verkehret;

Als ewer haupt/ hertz/ hand/ gantz weiß/ gerecht/ be-

wehret/

Die Feind bald jhren wohn vnd pracht in hohn

vnd rew/

Die Freind jhr layd in frewd zuverkehren/ gelehret.

Vber
[159]Gedichte.
Vber den Tod
Hoͤchſtermelter Jhrer Koͤnigl: Mayt:
Des Koͤnigs von Schweden.

DEin aigner muht/ O Held/ weil Gotsforcht/ Ehr

vnd Recht

Dein hertz vñ ſchwerd allein geſtoͤrcket vñ gewoͤtzet/

Weil auch der erdenkraiß fuͤr dich zu eng vnnd

ſchlecht/

Hat in den himmel dich (zu fruͤh fuͤr vns) verſoͤtzet.

Dan gleichwie deine fauſt der glaͤubigen geſchlecht/

Als es in hoͤchſter noht/ erꝛoͤttet vnd ergoͤtzet:

Alſo hat durch dein haupt die kugel (layder!) recht

Der Teutſchen Freyheit hertz vnd Tugent haupt

verloͤtzet.

Sigreich vnd ſeelig zwar hat dich/ weil in der ſchlacht

Du frey fuͤr Gottes wort dein thewres blut ver-

goſſen

Jn die endloſe frewd vnd ehr dein end gebracht:

Jedoch in layd vnd noht ſeind deine bunds-genoſſen/

Weil deine herꝛſchung du mit ſig/ triumff vnd

pracht

Dort in dem himmelreich anfangend/ hie be-

ſchloſſen.

Von
[160]Weltliche
Von Hoͤchſtermelter Koͤnigl. Mayt.
Guſtav dem Groſſen.

GRoß billich iſt ſein Nam/ als deſſen wehrt ſo

groß/

Daß Fridenszeit ſein haupt zu herſchen vnd zu

rahten/

Daß Kriegszeit ſeine fauſt durch groſſe Helden-

thaten

Der Helden Phoenix jn bewehrten ſtehts gletchloß.

Kein wehrters haupt noch hand/ gewafnet oder bloß/

Trug jemahls Scepter/ Cron/ ſchwert/ zierd der

Potentaten;

Von keinem edlern blut/ belebend die Soldaten/

Sah man jemahls ſchamroht der erden blaiche

ſchoß.

Auch kont kein andrer Held/ wz Er gethan/ verwaltē/

Noch vnnachthunlich ſein in ſicherheit vnd noht/

Daß weder Sig noch fall ſein Kriegsheer kont

erkalten.

O wonder! Er allein ſigreich durch Got/ fuͤr Got

Vergieſſend nu ſein blut/ hat vor/ in/ nach dem

Tod/

Stehts vnvergleichlich Groß den Sig/ die

Cron erhalten!

An
[161]Gedichte.
An Jhre Fuͤrſtl: Gnad:
\&c.Herꝛen Bernhard Hertzogen
zu Sachſen
\&c.
PRintz/ deſſen verdienſt doch noch groͤſſer dan dein

preyß/

Wiewol dein wahres lob die himmel ſelbs kaum

graͤntzen;

Fahr fort/ O groſſer Held/ vñ vnſerm feind beweiß

Daß die plitz deines ſchwerts mehr dan des Ad-

lers glaͤntzen.

Je mehr der dolle feind auff alle grobe weiß

Will ſeinen Sig vnd pracht durch vnſern fall er-

gaͤntzen;

Jemehr lehr du ſie/ Held/ gerecht/ ſtarck/ fromb

vnd weiß/

Daß nur dein haupt allein wehrt jhrer Lorbeer-

Craͤntzen.

Jedoch/ weil vnſre forcht/ als dein muht/ billich groß/

So hoͤr auch vnſern Raht Dich vnd Vns zube-

wahren/

Vnd foͤrcht mit Vns dein hertz/ vil zu groß/ vil

zu bloß.

Dan wer erkennet nicht/ wan du ſtehts mit gefahren

Erquickeſt deinen muht/ daß du an muht gleich-

loß

Kanſt keinen groͤſſern feind dan dein hertz ſelbs

erfahren?

MVon
[162]Weltliche
Von Hochermelten Seinen Fuͤrſtl. Gn.
\&c.Hertzog Bernharden\&c.
JA/ Spanniſch biſt du Neyd/ vnd torꝛecht du

Mißgunſt/

Jhr koͤnt ſo wenig ſchmach an Hertzog Bernhard

finden/

Als wenig als der Riß mit aller macht vnd kunſt/

Nach ſeinem falſchen wohn; den Weltkraiß vber-

winden.

Dan er gedencket/ thut vnd redet nichts vmbſunſt/

Sein gaiſt kan des feinds liſt vnd fuͤrſatz bald er-

gruͤnden/

So loͤſchen ſeine wort d’ ſchnoͤden auffruhr brunſt/

Vñ ſeiner wafen plitz den Adler ſelbs verblinden.

Koͤnt er weyß/ khuͤn/ vnnd ſtarck/ des feinds liſt/

macht/ betrug/

Entdoͤckend/ jhn zuruck nicht ſchlagen vnd ver-

treiben/

So haͤtten wir laͤngſt nichts/ vnd doch der feind

kaum gnug.

Jedoch ohn deren ſchand kan man ſein lob nicht

ſchreiben/

Die (Stiefſoͤhn des Teutſchlands) traͤg/ forcht-

ſam vnd vnklug/

Durch ſeinen raht vnd hilff gefreyhet/ nicht frey

bleiben.

An
[163]Gedichte.
An Hoͤchſt ermelten Helden/
ꝛc. Herꝛen Bernhard Hertzo-
gen zu Sachſen
\&c.
DV biſt/ Welt-wehrter Held/ wuͤrdiglich hochge-

achtet/

Der wahren Dapferkeit ein wahrer Erb vñ Sohn:

Du biſt die blum/ der ruhm der Teutſchen Nation/

Nur von dem/ der Got ſelbs verachten darff/ ver-

achtet.

Dein ſchwerd/ ſo wie der ſtrahl vnd des tods ſaͤgis

ſchlachtet

Was dir zu wider iſt/ iſt der Gotloſen lohn/

Der angefochtnen troſt/ vnd der vertribnen wohn/

Ja auch der pracht des Reichs/ das ſunſt auß

ſcham verſchmachtet.

Wan Cæſar ſehen ſolt von deinen ſtraichen ſchwer

Die Donaw vnd den Rhein ſo offt in ſcharlach

ſlieſſen/

Vnd deinen gaiſt/ hertz/ mund ſo reich an ehr/

macht/ lehr:

Wuͤrd Er/ ſich naigend bald zu ſeines Sigers fuͤſſen/

Bekennen/ daß dir/ held/ nichts Kayſerliches mehr

Ermanglet dan der Nam/ vnnd dich ſelbſt Cæſar

gruͤſſen.

M 2An
[164]Weltliche
An Briſſach von Hoͤchſtermeltem Helden
\&c.Bernhard Hertzogen zu
Sachſen
\&c.
Eingenommen.
JA/ Briſſach/ dein verluſt iſt dein gewin vnd preyß;

Du haſt/ in dem du dich verloren/ dich gefunden;

Du haſt/ von diſem ſchwert erobert/ vberwunden;

Vnd vneinnehmlich nu wirſt du auff diſe weiß.

Dan diſer Fuͤrſt/ Held/ Mars (dein Siger) iſt ſo weiß/

So guͤtig/ maͤchtig/ groß/ daß dein verdruß ver-

ſchwunden/

Alßbald dich ſeine fauſt zu ſeinem dienſt verbun-

den/

Darumb mit frewd vnd danck gehorſam dich er-

weiß.

Sih doch/ bedenck vnd merck/ wie herꝛlich Er dich

zieret/

Vñ du mit nichten Jhn; wie durch jhn Got in dir/

Als durch Got vber dich Er (ſigreich) triumfieret!

So lern nu ſeine lehr (vnd gib jhm danck darfuͤr)

Weil Got den Fuͤrſten ſelbs/ wie der Fuͤrſt dich/

regieret/

Daß jhm allzeit der Sig/ vnd Got die ehr/ gebihr.

Von
[165]Gedichte.
Von Hoͤchſt ermeltem Helden/
Hertzog Bernhard ꝛc.
An Briſſach vnd Landscron.

DEin anſchlag iſt zu frech/ zu ſchwach dein wider-

ſtand/

O torꝛecht ſtoltzer feind. Die warheit dir zuſagen/

Muß diſes Helden lieb vnd dein layd dir behagen/

Weil ſeine gnad dein troſt/ wie ſein zorn deine

ſchand.

Mit weißheit/ muht vnd macht ſein wehrtes haupt/

hertz/ hand

Gezieret/ krieg vnd ruh/ ſig vnd gnad zugleich

tragen;

Mit jhm iſt nur ein werck zu ſigen vñ zuſchlagen/

Nichts kan vnmuͤglich ſein fuͤr ſein ſchwert vnd

verſtand.

So ſoll nu billich ſich dz Reich mit Briſſach naigen/

Mit wahrer huld vñ bitt: O du der Tugent Sohn

Nem vns (glickſeelig) auff/ dieweil wir nu dein

aigen!

Du biſt ja vnſer Herꝛ/ wie der Hoͤchſt dein Patron/

Vnd da iſt/ da muß ſich/ wa du dich wilt/ erzaigen/

Der Welt Wohn/ des Rechts Thron/ des Reichs

vnd Teutſch Lands-Cron.

M 3Von
[166]Weltliche
Von dem Cardinal
De Richelieu. \&c.
FRanckreich/ dein iſt der Sig. Du biſt der Reicheſt

Ort/

Das beſte Reich der Welt/ gleichloß durch Got-

tes ſeegen;

Zwar nicht/ weil fruchtreich du der frembden troſt

vnd hort/

Auch nit weil deine leut/ wie du/ gut zuthũ pflegen:

Nicht weil du der Lieb ſitz; der ſturmleydenden port/

Nicht deines weiſen Rahts/ vnd dapfern Adels

wegen;

Noch weil dein Koͤnig groß durch ſeine werck vnd

wort

Bezeuget/ dz jhm nichts dan dein hayl angelegen.

Nein. Sondern weil dir wehrt ein ſolcher Cardinal/

Daß jhm auch an verdienſt ſunſt kein menſch

gleich zu finden/

Wan in der weitten welt dir Got ſchon geb die

wahl.

Darumb laß weder forcht noch hoffnung dich ver-

blinden/

Dieweil gantz ſeelig du/ durch Got vñ jhn zu mahl

Kanſt/ ſo du wilt/ die welt/ dich kein feind vber-

winden.

Von
[167]Gedichte.
Von Herꝛen Achſeln Oxenſtiern\&c.
Schwediſchen Reichs Cantzlern.\&c.

MAn findet kein geſtirn/ das mit ſo klarem brand

Vnd ſtarckem gegenſchein als diſer Nord-

ſtern ſcheinet/

Stracks wider die zu weit vnd hart greiffende

hand/

Darunder dz numehr gejochte Teutſchlãd weinet.

Man findet keine Stirn/ darunder mehr verſtand/

Erfahrung/ weißheit/ kunſt/ des Riſen/ der ver-

meinet

Daß jhm gehorchen ſolt ein jedes Meer/ Volck/

Land/

Zu weit-goͤnenden munds welt-weitten luſt ver-

neinet.

Hat ſchõ dein Hercules (Guſtav der Groß) mit muht

Sich durch der Riſen heer den Goͤttern zuge-

ſchlagen/

So foͤrcht/ O frommer hauff/ du doch nicht jhre

wuht.

Dan ſolt der himmel ſich vil foͤrchten oder klagen/

Alßlang des Hoͤchſten hand/ Allmaͤchtig vnnd

allgut/

Bewahret diſe ſeul vnd Achſel jhn zu tragen.

M 4Von
[168]Weltliche
Von Wolermeltem Herꝛn\&c.
H. Reichs Cantzlern.
ER kan mit ſolcher krafft/ vnd wunderreichẽ ſchein

Die forcht in vnſerm feind/ den muht in Vns

vermehren/

Dz jn als eine Soñ/ nicht einen Stern gemein/

Mit wunder moͤniglich muß ſehen/ ſegnen/ ehren.

Zufluͤchtig ſuchen jhn reich vnd arm/ groß vñ klein/

Die pleget ſeines rahts vñ troſts Er zugewehren;

Daß Er als der Welt Stirn/ nein hirn vnd

haupt zu ſein

(Allfaͤhig) allein wehrt zu ruͤhmen/ zu begehren.

Darumb verbleibet Er (ein wunder aller zeit)

Durch ſeiner Gotsforcht/ Trew vnnd Weißheit

edle thaten/

Der inhalt aller lehr; der probſtein weyſer leut;

Des Fridens lehr vnd lieb; ein beyſpil der Soldaten;

Der Spiegel guter Raͤht; Sigweyſer in dem

ſtreit;

Der Tugent gantze Sum; Lehrbuch der Poten-

taten.

Wider-
[169]Gedichte.
Widerumb
An Wolermelten Herꝛen. ꝛc.

TOd iſt Guſtav der Groß/ Sigreich/ vnuͤber-

wunden/

Er/ deſſen ſtarcke fauſt/ Er deſſen groſſer muht

Ein ſchrecken ſeines feinds/ vnnd ſeiner freinden

huht/

Jhm jene mit zagheit/ diſe mit lieb verbunden.

Tod iſt Guſtav der Groß; von Vns iſt Er ver-

ſchwunden/

Nach dem fuͤr ſein haupt/ hand vnd hertz (ſtehts

weiß/ ſtarck/ gut)

Er vnſerm vndanck groß/ zu ſchlecht der feinden

wuht/

Vnd dan die gantze welt zu ſchlim vnd eng be-

funden.

Auch alßbald diſer Held/ ſein jrdiſches gewand

Beyloͤgend/ in den ſaal des himmels eingetretten/

Empfand es Atlas ſelbs/ vnd hielt kaum ſeinen

ſtand.

Darumb von vndergang den Weltkraiß zuerꝛoͤtten/

Hat mit gemeiner ſtim man Euch/ ewern verſtãd

Vnd Achſel (Oxenſtern) darzu leyhen erbetten.

M 5An
[170]Weltliche
An Herꝛen Theodorde Mayerne
Rittern vnd Koͤnigl: Raht vnd Artzt/\&c.
Meinen (der Groſſen vnd Kleinen Welt kundigen)
Hochgeehrten freind.
DEr leib des groͤſten Reichs des menſchen leib ſich

gleichet/

Jn beeden ſihet man/ wie mit muͤſſigkeit ſchand/

Durch ſchand vneinigkeit/ Durch zertrennung

auffſtand/

Durch entpoͤrung ſchwachheit/ durch ſchwachheit

der Tod ſchleichet.

Doch wã durch Gottes gnad dz boͤß dē guten weichet

Auff gutē raht vñ hilff des haupts vñ auch d’ hãd/

Alßdan geſundheit/ frid vnd frewd zugleich dz lãd/

Wie auch des menſchē leib lieblich wider bereichet.

Ach nem das Teutſche Reich/ das jtzt in ſeinem blut

Gantz zaghafft/ troſtloß/ ſchwach mit des tods

band vmbfangen/

Mayerne deinen Raht allein getrew/ weiß/ gut;

So ſolt es nicht allein troſt/ hilff vñ hail empfangen/

Sondern ſein hertz/ hand/ hirn/ von zagheit/

ſchwachheit/ wuht/

Gefreyhet/ ſolten noch Vnſterblichkeit erlangen.

An
[171]Gedichte.
An Herꝛen Martin Opitzen
Fuͤrtrefflichen Teutſchen Poeten.

JN dem mein Ohr/ hand/ mund ſchier muͤd/ die

ſchwere plagen

Die diſer groſſe Krieg mit hunger/ ſchwert/ peſt/

brand/

Vnd vnerhoͤrter wuht auff vnſer Vatterland

Auß gieſſet/ ohn ablaß zu hoͤren/ ſchreiben/ klagen/

Da ward mit wunder mir vnd mit wohn fuͤrgetrage:

Mein Opitz/ deiner lieb vnd freindſchafft wehrtes

pfand/

Pfand/ welches mir alßbald die feder auß der hãd/

Vnd auß dem mund vnd gaiſt die klag vnd layd

geſchlagen.

Dan ja dein Orgelſtraich/ vnd deiner Harpfen klang

So lieblich das gehoͤr vnd hertz zugleich beruͤhren/

Daß (wer ſiñreich) mit mir erforſchet jhrē zwang/

Der kan nichts dan dein werck vnd wehrt zu hertzen

fuͤhren/

Vnd ſein mund muß dich bald mit einem lobge-

ſang/

Vnd ſeine hand dein haupt mit Lorboͤrzweigen

zieren.

An
[162]Weltliche
An Herꝛen Hanß Jacob Grob\&c.
Meinen alten werthen vnd gelehrten
Freind.

ODeſſen wehrte werck vnd weißheit wol bezeugen/

Daß nichts dan nur dein Nam an dir zu neñen

Grob/

Grob waͤr ich ſelbs vnd boͤß/ lang vor der welt

dein lob/

Welches der Muſen zunfft vermeldet/ zu ver-

ſchweigen.

Zwar dein verdienſt bedarff nu weitter keine zeugen/

Weil Landgraff Moritz ſchon (den zwar/ wie ich

dich lob

Durch jhn/ ich mit dir ehr) auff vnfehlbare prob

Dein haupt gekroͤnet hat mit ſeinē gnaden-zweigē.

Darumb ſehr grob gewiß iſt deren vnverſtand/

Die auß deines beruffs (dir noch vngleichen) ehren

Nicht abnemen den ſchmuck/ den dir gab Gottes

hand;

Noch groͤber ſeind/ die dich zu ehren nicht begehren;

Vnd groͤbeſt/ deren hertz nicht wuͤnſchet dem

Teutſchland/

Daß deines lebens trumb moͤg/ zart vnd ſtarck/

lang wehren.

Traum
[173]Gedichte.
Traum.
JCh ſah in meinem ſchlaff ein bild gleich einem

Got/

Auff einem reichen thron gantz praͤchtiglich er-

haben/

Jn deſſen dienſt vñ ſchutz zugleich auß luſt vñ noht

Sich die Torꝛechte leut ſtehts hauffen weiß begabē.

Jch ſah wie dieſes bild dem wahren Got zu ſpot

Empfieng (zwar niemahl ſat) geluͤbd/ lob/ opfer-

gaben;

Vnd gab auch wem es wolt das leben vnd dē tod/

Vnd pflage ſich mit raach vnd boßheit zuerlaben.

Vnd ob der him̃el ſchon offtmahl des bilds vndanck

Zuſtrafen/ ſeine ſtern verſamlete mit wunder;

So war doch des bildes ſtim noch lauter dan der

dunder:

Biß endlich/ als ſein ſtoltz war in dē hoͤchſten ſchwãck/

Da ſchlug ein ſchneller plitz das ſchoͤne bild her-

vnder/

Verkehrend ſeinen pracht in koht/ wuͤrm vnd ge-

ſtanck.

Vber
[174]Weltliche
Vber den fruͤhen tod der Jungfrawen
E. T. Staͤnde.

DEr wahren Tugent glantz/ der klar in dem auff-

gang

Dich mehr dan der Mittag in andern wolte zieren/

Bezeugte/ daß dein lauff gantz loͤblich vñ nit lang

Solt/ wie ein ſchoͤner tag/ ſchnellfluͤchtig fort paſ-

ſieren.

Die blumen/ welche ſich erzaigen reiff zu fruͤh/

Die werden von dem froſt bald welck/ vnd weg-

genommen:

Vñ kein zufruͤhe frucht kã/ wã man ſchõ mit muͤh

Sie lang behalten wolt/ den Winter vberkommen.

Dan der Natur geſatz/ das der menſch halten muß/

Gebeut/ dz nichts alhie gluͤck ſeelig lang ſoll wehrē;

Vnd das was herꝛlich iſt/ gleichſam zu einer buß

Soll (die welt nicht zu lang zuehren) bald auff-

hoͤren.

So deine Jugent zart mit arbeit/ ehr vnd zucht/

Mit Weißheit vnd Gotsforcht/ wiſſenſchafft viler

zungen/

Mit deiner Schoͤnheit bluſt/ mit deines verſtands

frucht/

Zog dich bill ich herfuͤr bey alten vnd bey jungen.

Daher der freche tod/ ſehend wie deine ſehl

War mit vernunfft vnd kunſt des alters ſelbs ge-

ſchmuͤcket/

Hat als ein reiffe frucht dich (frey von allem fehl)

Mit gãtz gnadloſer hãd/ noch bluͤhend/ abgezwicket.

Ob
[175]Gedichte.
Ob aber wol der Tod dir/ vnbefloͤckte blum/

Durch ſeiner ſichel ſtraich den fall zu fruͤh gegebẽ;

So bluͤhet allzeit doch friſch deiner tugent ruhm/

Weil die lang leben gnug/ die recht vnd wol gnug

leben.

Wan dan/ O ſuͤſſe ſeehl/ dein leben vnd dein Tod

Vns deines hayls gewin/ vnnd vnſern verluſt

weyſen/

So moͤgen billich wir Got klagen vnſer noht

Doch alſo/ dz wir jhn auch fuͤr dein leben preyſen.

Ode.
DEr Menſchen wohn iſt falſch/ betruͤglich die ver-

jaͤhung/

Als ob des Glicks allmacht/ der ewigkeit verſehung/

Vnd des himmels geſatz (mit zwang der Goͤtter

hand

Verkuͤrtzend) ohn jhr ſchuld veraͤnderten den ſtand

Der Menſchen vnd der Welt. Das werck recht zube-

ſehen

So muß der Menſch/ daß er die vrſach ſelbs/ geſtehē.

Dã ja ein jeder menſch/ dem groͤſten Koͤnig gleich/

Hat der Anmuhtungen vnd der begirden reich

(Die ſeine vernunfft ſtehts ſolt maiſtern) zu regieren:

Vnd Sie/ was farb vnd ſchein Sie auch in dem

ſchilt fuͤhren/

Zu buͤſſen jhren luſt (als ſchmaichler) jhres thails

Vergeſſen offt des Reichs vnd jhres Fuͤrſten hayls.

Da
[176]Weltliche
Da wil des menſchen hertz der Schoͤnheit ſich er-

geben;

Dort ein kraußlechtes haar kan ſeine ſeel verweben;

Hie eines augs anblick/ mehr dan ein ſcharpfer plitz

Dort eine weiſſe hand beraubet jhn der witz;

Ja/ ein geſchmoͤll/ ein wort/ ein ſeuftz kā nach gefallen

Der Vernunfft Mayeſtet zu fuß jhm machen fallen.

Bald hochmuht/ hoffnung/ luſt/ frewd/ ehrgeitz/

ſchimpff vnd ſchmach/

Bald kleinmuht/ forcht/ neyd/ haſſz/ verdruß/ layd/

zorn vnd raach

Verfuͤnſtern ſeinen tag/ als jhres Herꝛens Mayſter/

Vnd fewren ſeine macht/ als vngehewre gayſter/

So daß der arme Menſch (torꝛecht vnd vngerecht)

Ein Koͤnig von geburt/ wird ſeiner knechten Knecht.

Vñ wie Er auch ſein lob vermeinet zuverbluͤmen/

So hat doch billich Er vollkom̃en nichts zuruͤhmen.

Ein hagel/ ein ſturmwind/ ein wogen in dem Meer/

Ein ſchuß/ ſtraich/ ſtich/ fall/ thier/ ſo leichtlich als ein

heer/

Ja des hofs vberfluß/ der Staͤtt vñ Doͤrffer ſuͤnden

(Die nach luſt wider vns bald einen vortheil finden)

Dem Ackerman die ernd/ dem Kauffmã all ſein gut

Dẽ Hofmã ſeinen pracht/ dẽ Kriegsmã ſeinen muht/

Dem Buͤrgern ſeine ruh/ vnd jedem noch das leben

Beraubend/ Sollen vns vnd jedem die lehr geben

Daß wer von groſſem layd/ von ſorg/ anfechtũg/ pein

Begehret/ wa nicht frey doch etwas loß zu ſein/

Das beſte mittel iſt/ Sich zu dem kreutz zubiegen/

Vnd mit der armut ſich verbindend zuvernuͤegen.

Epi-
[177]Gedichte.

Epigrammaten.


1.
Von vnd zu Mir ſelbs.

WAn man hie keinen fort will fuͤhren/

Dan nur wer ſchmaichlen kan vñ ſchmieren;

Vnd wan du anderſtwa in gunſt/

Was bleibeſt du dan hie vmbſunſt/

Mit Herꝛen groß ohn lehr vnd kunſt?

Zu ruͤck/ fort mit dir hinweg Herꝛlin.

Dan wan der Fuhrman ſelbs vnnd Satler den

Raht geb/

Wird Er ſein/ daß nicht lang der Weckherlin hie leb [...]

So zeuh nu wider hin weg kherlin.

2.
Arꝛia.


ALs Arꝛia das ſchwert von jhrem hertz blut roht

Suͤß-trawrig jhrem Man darꝛaichet/

Ab diſer wund/ ſprach Sie/ mein antlitz nicht ver-

blaichet/

Sondern die ewrig/ Herꝛ/ iſt mein ſchmertz/ layd vnd

tod.

N3. Nio-
[178]Weltliche

3.
Niobe.


GEdruͤcknet durch die frewd vnd pein

Der Kinder/ welche ich geboren/

Vnd wider durch den tod verloren/

Bin Jch ſelbs mein Grab vnd Grabſtein.

4.
Leander vnd Hero.


WJe vns die Lieb ein Liecht/ ein Lufft das leben

gab/

Vnd wie ein Fewr (vns beed verliebend) vns er-

leuchtet:

So hat ein Waſſer auch erdrenckend vns befeuchtet/

Vnd nu von einer Erd bedoͤcket Vns ein Grab.

5.
Dido.


WJe bitter/ Dido/ war die frucht

Der beeden Maͤnner lieb denen du beygewohnet:

Des Einen tod hat dich mit flucht/

Des andern flucht mit tod belohnet.

Des
[179]Gedichte.

6.
Des CatullenCinthia formoſa
eſt \&c.


DJe Lylla ſey ſchoͤn/ wie mit fleiſſz

Vil ruͤhmen kan ich nicht geſtehen:

Sie iſt (ohn witz/) lang/ auffrecht/ weiſſz/

Recht wie ein ſchoͤnes Bild zu ſehen:

Da meine Myrta hipſch/ ſuͤß/ weyß

Vnd gantz holdſeelig zubekennen/

Verdienend aller hertzen preyß/

Die Schoͤnheit ſelbs allein zu nennen.

7.
Von dem Schwaben/
Hanß Latzen.


HAnß laufft dear Graita noh ell tritt/

Vnd wills haun: Jſt Er nit gſcheid gnuog,

Grait will da Hanßa kurtz vmb nitt/

Jſcht Suy nit gſcheider/ liebar luog!

N 2Von
[180]Weltliche

8.
Von H: Haßen.


DEr Haß hat all ſein gelt verloren/

Vnd darff es gleichwol niemand klagen:

Dan die/ die Er/ die Jhm/ geſchoren/

Wirt/ jhm zu ſpot/ es ſchon gnug ſagen.

9.
An die Fraw A. Hahnin.


BOtz Creutz/ wie iſt (O ſchand/ O ſchmach!)

Der Heurat ein verdoͤcktes eſſen!

O Hertzlayd nimmer zu vergeſſen!

Mit ſeuftzen die Fraw Hanin ſprach:

Jch hoffet/ als man jhn mir gab/

Daß einen Hanen Jch genommen/

So hab ich/ (ach weh daß ich hab!)

Nur einen Copaunen bekommen.

10. An
[181]Gedichte.

10.
An die Witfraw Leicht.


AN Farben biſt du gleich den Hetzen/

Vnd an geberden/ gailen Metzen.

11.
Vberdes H. Schlunds Tod.


DEr ſchlund gieng nuͤchter nachts zu beth/

Darauff Er den gaiſt auffgegeben:

Wan Er ſich voll geſoffen het/

Wer Er/ ohn zweifel/ noch bey leben.

12.
Von eines Metzgers vnd
einer Gerberin Hochzeit.


REcht tauget Breutigam vnd Braut/

Das Flaiſch vermehlet mit der Haut.

N 313. Von
[182]Weltliche

13.
Von dem Zimpferlin.


DEr Zimpferlin/ dem mit anſtreichen

Mit falſchen haaren krauß vnd lang

Die Huren von Rom muͤſſen weichen/

Vnd deſſen Ey-ſparender gang

Recht einer Braut gang zuvergleichen/

Hat mit der Kaͤtt in den ehſtand

Zu tretten/ jhme fuͤrgenommen.

Alß Er jhr nu gleich an gewand/

Vnd gleichem Huren-augen brand/

Mit jhr fuͤr den Altar gekommen;

Vnd der Pfaff ſah jhr beeder hand/

Jhr haar/ geſicht vnd alles gleich/

Thet Er (boſſierig) Sie anreden:

Wer doch (ſprach Er zu jhnen beeden)

Jſt wol der Breutgam vnder euch?

14.
An die Fraw M: Stinckerin.


ES iſt nicht ſeltzam/ daß dein hund

So leckerhafft nach allen Dr—

Dan wer dich kennet/ dem iſt kund/

Daß er dein maul ſelbs offt kan lecken.

15. Von
[183]Gedichte.

15.
Von H: Glaͤtzlin.


DAß jhn das alter nicht graw mach/

Weiſſt Glaͤtzlin ein bewehrte ſach/

Ein artzney voll geheimer tugent:

Er iſt kahl worden in der jugent.

16.
Von H: Knoͤbeln.


DEr Knoͤbel/ gehend nachts zu hauß/

Gedacht daß jhm ein gaiſt begoͤgnet/

Zu dem/ nach dem er ſich geſegnet/

Sprach Er alſo/ zwar nicht ohn grauß:

Biſt du von Got/ ſo wirſt du die leut lieben

Biſt du dan boͤß/ wirſt du mich nicht betrieben;

Dan (zweifels ohn) du mir verſchwaͤgert biſt/

Jn dem mein Weib ein wahrer Teufel iſt.

17.
An Herꝛen Witzlehren.


DV biſt keines Weyſen freind/

Weil du ſelbs keiner:

Vnd den Narꝛen biſt du feind/

Weil du ſelbs einer.

N 418. Von
[184]Weltliche

18.
Von dem Welſchen Morian.


FEy Teifel/ ſpricht der Morian/

Wan ſein weib zancket vnd laut ſchreyet:

Jch bin der Weib/ du biſt die Man/

Laß mich/ groß Foſſz/ doch vngeeyet;

Wan aber Sie zu zeiten lachet/

Spricht Er/ du biſt mein kleiner Foſſz;

Jſt alſo allzeit wahr der boſſz/

Daß Er ſich Knecht/ Sie Maiſter machet.

19.
An die alte Roß.


ROß/ deine ſchoͤnheit iſt dahin/

Dein aug glaͤntzet wie alte ſcherben;

Kein Knecht will deine haut mehr gerben/

Er wiſſz dan vor/ was ſein gewin:

Vnd ſolt ſich einer ja verfahren/

Vnd ſtoͤllen/ als ob Er dir hold/

Glaub du/ Er lieb nicht deiner haaren/

Sondern nur deines beuttels gold.

20. Von
[185]Gedichte.

20.
Von H: Witzlehren.


ES iſt kein Maͤdlin in der ſtat

Das Witzlehr nicht wehrt vnd lieb hat/

Spricht Er/ ob wahr/ kan ich nicht wiſſen:

Das aber kan ich wol vergwiſſen/

Daß keine Jungfraw in der ſtat

Lieb vnd wehrt den Witzlehren hat.

21.
Von demſelbigen.


JCh waiß nicht was doch der Witzlehr

Den hipſchen Maͤgdlin hin vnd her

(Als Er ſich ruͤhmet) wol zuſchreibet:

Jedoch das waiß ich wol/ daß Er

Von jhrer aller newen mehr/

Gruß vnd briefen gantz ſicher bleibet.

22.
Von Doctor Schlechten.


WJr muſten geſtern ſo ſtarck ſauffen/

Daß mein Pferd vnd Jch vbern hauffen

Gefallen/ ſprach der Doctor Schlecht:

Vnd Jch vermein/ Er redet recht

(Als der die warheit wolt bekennen)

Den Eſel nach dem Pferd zu nennen.

N 523. Der
[186]Weltliche

23.
Der Hofe.


DEr luſtig wolte mich gern lehren/

Daß der Hof gleich dem Paradiß:

Dem Greuͤner (den ſpruch zuverkehren)

Jſt der Hof wie die Hoͤll gewiß/

Weil da kein vnderſchid (ſprechen Sie) der perſonen.

Jch ſag/ der Hof iſt Hof/ nicht Hoͤll noch Himmel-

reich;

Da man/ weil ſuͤnd der tugent gleich/

Was boͤß nicht ſtrafen will/ Noch auch/ was gut/

belohnen.

24.
Von Herꝛen vnd Frawen R.


SJe iſt ſchoͤn vnd Er weyß/ doch dz ſie zu bezahlen

Man jhr fuͤr jhre liebſte that/

Man jhm fuͤr ſeinen beſten Raht

Geb kaum eine Nußſchalen.

25.
An die Zahnloſe Maͤgerin.


DV hatteſt vier zaͤhn vor zway jahren/

Von denen ſtoß dir auß der huſt das letzte jahr

Ein paar/ vnd dieſes Jahr ein paar/

Daß numehr weder zaͤhn noch huſten du zuſpahren.

26. An
[187]Gedichte.

26.
An Herꝛen K. der Antiqui-
teten Liebhabern.


WAs alt vnd ſeltzam iſt thuſt du mit muͤh vñ fleiſſz

Jn dein Studier-ſtuͤblein auffhencken:

Darumb dein Weib (iſt Sie ja weiß)

Mag jhr gewiſſen wol bedencken.

27.
Georgen des Trometers
Grabſchrift.


GEorg ſchweiget vnder diſem Waſen/

Weil Er ſein letztes außgeblaſen.

28.
An den Pfarꝛern Schand-
flecken.


PFaff/ die vergleichung deiner haaren

Mit deinen ſuͤnden muſt du ſparen:

Dan jene nemen ab/ die zu/ mit deinen jahren.

Von
[188]Weltliche

29.
Von der ſchoͤnen Jungfra-
wen E. Wilde.


WJld biſt du nicht/ du zartes bild/

Doch darff ich dich auch nicht zahm nennen:

Allein muß jederman bekennen/

Daß der/ der dich nicht liebet/ wild.

30.
Der Frawen Lob.


MJt tugent vnd mit ehr die Fraw iſt wol gezieret

Wer darff doch ſagen daß ſie wirt boͤß vnd ver-

fuͤhret

Taͤglich Sie kommet (fromb) mit dem gebet fuͤr Got

Selten auß jhrem Man Sie machet einen ſpot

Allzeit dem Man will Sie wol dienen vnd gefallen

Niemahls das gantze hauß muß võ jhr widerſchallē

Tag vnd nacht jhr gemuͤht gleichet ſich jhrem mund

Nicht weiß iſt der die Fraw nur liebet eine ſtund.

Außloͤgung vnd Entſchuldigung.


VOn dem geſchlecht wehrt aller ehren

Wol vnderſchaiden iſt wol lehren.

31. Von
[189]Gedichte.

31.
Von der Jungfraw Liebwelt.


WAs tadlet man doch die Liebwelt/

Als ob nicht jhre haar jhr aigen;

Wan ich bezeugen will vnd zaigen/

Wa ſie dafuͤr gab gut paar gelt.

32.
Grabſchrifft
Der Frawen Sch:


HJe ſchlafet (vnd Got ſey gedancket)

Ein weib/ das tag vnd nacht gezancket;

Ach trettet nicht hart/ liebe Leut/

Sunſt woͤcket jhr ein newen ſtreit.

33.
An Herꝛen Fratzen.


FRatz/ ewer buhl ſich ſtehts beklaget/

Daß jhr den Huren gern nachjaget;

So rund zu reden iſt fuͤrwahr

Gar frembd/ Ob es ſchon ſonnenklar.

34. An
[190]Weltliche

34.
An die Roß.


ROß/ ewer Conterfeht iſt Euch

(Zwar ſchoͤner dan jhr/ jedoch) gleich

Jn dem/ daß jhr beed hipſch gemahlet/

Vnd man auch fuͤr Euch beed bezahlet.

35.
An Herꝛen G.
MErck/ Glotz/ weil du wilt daß ich dir

Soll einen guten Raht fuͤrſchreiben/

Den ſtarcken geruch/ welcher Mir

Vnd andern nicht lieb/ zuvertreiben.

Wilt du/ wan du ja Lauch muſt eſſen/

Daß man es riechend nicht erfahr/

So ſolt du darauff zwibel freſſen/

So wirt man jenes nicht gewahr.

Knoblauch/ die zwibel zu vertragen/

Vertreibet den geruch hinweg;

Des Knoblauchs geruch zu verjagen/

Friſſz (ſunſt waiß ich nichts) einen Dr —

36. An
[191]Gedichte.
36.
An Herꝛen Burern.
VJl nennen dich (hoͤr ich) Hanß Hurer/

Jch aber/ weil du nu alt/ Vhrer:

Auch ruͤhmet deine alte Hur

Dein angeſicht jhr Sonnen vhr;

Weil dein mund ſeine Zaͤhn offt bloͤcket/

Den dein Naß Zaiger-gleich bedoͤcket.

So oͤffnend deinen weitten mund

(Jn dem acht oder ſechs zaͤhn ſtehen)

Kan man gar leichtlich des tags ſtund

Bey deiner Naſen ſchatten ſehen.

37.
Der Sp: Soldaten
Grabſchrifft.

JN diſer erden iſt ein ſaht

Des gebeins deren Raht vnd that

Befuͤrdert des Lands krieg vnd plagen.

Solt nu der grund ſo fruchtbar ſein

Daß er fuͤr eins ſolt hundert tragen/

So verleyh Got/ daß ſtehts darein

Der hagel/ plitz vnd dunder ſchlagen!

38. All
[192]Weltliche

38.
All Glick gut.


DAs Glick iſt allen gleich vnd gut/

Ja auch beſtaͤndig heut vnd morgen.

Den Reichen gibt es forcht/ muͤh/ ſorgen;

Den Armen hofnung/ ſinn vnd muht.

39.
Leben/ Nebel.
MEnſch/ biſt du klug/

Vnd wilt recht wiſſen was dein Leben;

So merck das woͤrtlein Leben eben/

Da haſt du gnug;

Liß es zu ruck/ ſo wirſt du ſehen/

Was es vnd wie es thut vergehen.

40. Nichts
[193]Gedichte.
40.
Nichts Jrꝛdiſches
Wehrhafft.

GEburt iſt ſchlechter Ruhm/

Ehr wie ein plitz vergehet/

Schoͤnheit iſt eine Bluhm/

Reichthumb nicht lang beſtehet/

Herꝛlichkeit iſt ein glantz/

Ruhm wie ein rauch verflieget/

Wolluſt iſt nur ein Dantz/

Die welt allzeit betrieget.

Auff erden/ Herꝛ/ bleib du bey Mir/

Jm Himmel laß mich ſein mit Dir!

OBuhlereyen.
[194]Weltliche

Buhlereyen.
Oder
Lieb-Gedichte.


Eine Eclog oder Huͤrten gedicht.


DEr Schaͤfer Filodor hat ſchon durch ſeine tugent/

Durch ſeine lieb vnd trew/ die ehr vnd lehr der

jugent/

Der Lieblichkeit geſtirn/ der holdſeeligkeit blum/

Der Zucht vnd Keuſchheit form/ vnd aller Schoͤn-

heit Ruhm/

Der Jnſul Albion wohn vnd Cron ſo bewoͤget/

Daß andrēr Schaͤfer dienſt vnd lieb ſie beygeloͤget:

Vnd wie Er/ Dein bin Jch/ O Myrta/ jhr zuvor/

So ſagte Sie nun jhm/ Dein bin Jch/ Filodor/

Als Er mit Corydon/ den Cloris hielt gefangen

Jn jhrer haaren ſtrick/ zu jhnen kam gegangen.

Daher/ als Myrta nu vnd Filodor mit luſt

Empfunden gleiche hitz vnd lieb in jhrer bruſt/

(Wie Cloris anders thails wolt/ ſtoltz vnd hart/ eh

ſterben/

Dan daß Er Corydon ſolt jhre huld erwerben)

Sprach
[195]Gedichte.
Sprach Myrta/ Filodor/ gantz glicklich iſt dein

gang/

Dieweil (wie Jch verhoff) du vns nu ein geſang

Mit Corydon/ der auch wol ſingen kan/ wilt lehren.

Er/ der nichts dan was Sie begehret/ kan begehren/

Beredet Corydon/ der von dem angeſicht/

Darinnen ſeine ſehl/ ſich kan abwenden nicht/

Sich zu den Nymfelein mit jhm alßbald zuſoͤtzen/

Vnd (wan es moͤglich wer) Sie vnd ſich zuergoͤtzen.

Da alßdan Filodor auß groſſer lieb vnd fraid/

Da alßdan Corydon auß groſſer lieb vnd layd/

Durch ein ſchier gleiches lied/ doch mit vngleichem

willen/

Fieng an auff diſe weiß der Myrt bit zu erfillen:

O 2Filo-
[196]Weltliche
Filodor.
OZartes Liebelein/

O ſuͤſſes Diebelein/

Dein hertz thut ſich erwaichen/

Jch mag nicht mehr verblaichen

Durch hofnung-loſe pein.

Darumb ſo laß vns hoͤren

Wie meiner Liebe lehr/

Wie deiner Schoͤnheit ehr

Die Waͤld vnd Feld vermehren.

Corydon.
ODu Cometen ſchein/

O harter Kiſelſtein/

Nichts kan dein hertz erwaichen/

Vnd Jch muß tods verblaichen

Durch hofnung-loſe pein:

Darumb ſo laß vns hoͤren

Wie meiner ſchmertzen ehr/

Vnd deiner Rawheit lehr

Die Wald vnd Feld vermehren.

Filo-
[197]Gedichte.
Filodor.
Hoͤr/ wie der Widerhall/

Hoͤr/ wie die Nachtigall

(Als die die Lieb auch fihlen)

Von deiner Schoͤnheit ſpihlen

Mit zwitzerendem ſchall:

Hoͤr/ mit wie ſuͤſſem ſingen

Die praͤchtig-ſuͤſſe macht/

Den maͤchtig-ſuͤſſen pracht

Der Lieb Sie vns fuͤrbringen!

Corydon.
Hoͤr/ wie der widerhall/

Hoͤr/ wie die Nachtigall

Von deinem hochmuht ſpihlen/

Bezeugend das ſie fihlen

Mein ſchweres layd vnd fall:

Hoͤr/ wie wir beed ſie zwingen/

Mir/ der verzweiflung macht/

Dir/ der grewlichkeit pracht

Beklagend/ fuͤrzubringen!

O 3Filo-
[198]Weltliche
Filodor.
SChaw/ Lieb/ wie diſer Fluß

Mit rauſchendem auß guß

Die macht der lieb bekennet;

Vnd weil er auß lieb brennet

Fort rauſchet ohn verdruß:

Schaw wie ſein ſanfftes rauſchen

Vermehrend ſeine brunſt/

Begehrend deine gunſt/

Wolt auch gern kuͤß vertauſchen.

Corydon.
SChaw/ Cloris/ wie der Fluß

Durch meiner Zeher guß

Zunemend/ dir bekennet

Das wider dich er brennet

Vnd rauſchet von verdruß:

Schaw wie ſein ſtarckes rauſchen

Verſuchend meine brunſt

Verfluchend deine kunſt

Wolt gern ſein layd vertauſchen.

Filo-
[199]Gedichte.
Filodor.
SJh/ wie frey diſe ſchaf

Von aller forcht vnd ſtraf

Ab deiner jugent Mayen

Vnd Schoͤnheit ſich erfrewen

Mehr dan durch wayd vnd ſchlaf:

Hoͤr/ wie die Laͤmblein bloͤcken/

Vnd jauchtzen auß wolluſt/

Daß deine tritt die bluſt

Vnd blumen hie erwoͤcken.

Corydon.
SJh/ wie ſchnell diſe ſchaf

Durch deiner Rawheit ſtraf/

Durch deiner anblick troͤwen

Sich fliehend ſelbs zerſtroͤwen

Von jhrer wayd vnd ſchlaf:

Hoͤr wie die Laͤmblein bloͤcken

Vnd klagen auß vnluſt/

Weil der ſchnee deiner bruſt

Vnd deine blick ſie ſchroͤcken.

O 4Filo-
[200]Weltliche
Filodor.
DAmit wir nu die Zeit

Nach langem layd vnd ſtreit

Mit lieb vnd luſt vertreiben;

So will ich/ Myrta/ ſchreiben

Die Zeugnus vnſrer beut:

All mein layd iſt geſtorben/

Weil der Lieb ſuͤſſen lohn/

Die ſuͤſſe Myrten Cron/

Jch Filodor erworben.

Corydon.
WEil Jch nicht mehr die Zeit

Nach langem layd vnd ſtreit

Verzweiflend kan vertreiben/

So muß Jch/ Cloris/ ſchreiben

Die zeugnuß meiner beut;

Dieweil ich nichts erworben

Von Euch dan haſſz zu lohn/

Bin Jch hie Corydon

Auß lieb vnd layd geſtorben.

Alß-
[201]Gedichte.
Alßdan der arme Huͤrt/ beſchlieſſend ſeinen mund/

Sunck mit dem haupt gantz blaich vnd ſprachloß zu

dem grund;

Als Cloris ſolches ſah/wolt ſie gar nicht verziehen/

Sondern fieng an davon/ ſchnell wie ein Reh/ zu

fliehen/

So voll zorn/ ſtoltz vnd haſſz/ Als Sie den Filodor

Vnd ſeine Myrt verlieſſz/ voll lieb vnd luſt zuvor/

Vnd voll verwunderung jetz/ vnd als voll des tods

zaichen

Sie ſahen Corydon auß lieb vnd layd verblaichen/

Vnd ſterben/ wa ſie nicht mit fleiß/ mit troſt/ mit

macht/

Jn ſeinen ſchwachen leib den gaiſt zu ruck gebracht.

O 5Etliche
[202]Weltliche

Etliche Sonnet oder Kling geſeng
von ſeiner Liebſten.


1.
Vorꝛede vnd bitt an Seine
Liebſte.

JCh dicht/ Jch ſag/ Jch ſing: Ach nein/ Jch ſeuftz/

ſchrey/ klag/

Die lieb/ dz layd/ damit mein junges hertz geſtrittē/

Verlierend allen troſt vnd hofnung mit dem tag/

Verwundet durch vnd durch endlich den tod er-

litten.

Kein ſoldat in der ſchlacht vnd groͤſten niderlag

War jemahls/ als mein hertz/ zerhacket vnd zer-

ſchnitten;

Vnd bittend vmb quartier kont ich weder vertrag/

Noch meiner feindin gnad erbeutten noch erbitten.

O grewliche Schoͤnheit/ die mit ernſt oder ſchertz/

Nach ewerm aignen luſt/ den ſehlen widerſtrebet/

Erkeñet doch wie groß ewer ſtoltz vñ mein ſchmertz!

O die Jhr/ wan jhr wolt/ den tod/ das leben/ gebet/

Verleyhet das durch Euch/ weil ja durch Euch

mein hertz

Getoͤdtet/ mein Geſang hingegen werd belebet!

Jhrer
[203]Gedichte.
2.
Jhrer Schoͤnheit wunderliche
Wuͤrckung.

WEr ſein betruͤbtes aug ab aller Goͤtter pracht/

Vnd ab der Natur kunſt zu erquicken begehret/

Der kom vnd ſchaw die ſonn/ die mit goͤtlicher

macht

Mich/ ja die fuͤnſtre welt des liebē liechts gewehret.

Doch kom Er (ſeelig) bald: Dan mit zu fruͤher nacht

Der tod/ ſparend was boͤß/ dz beſt allzeit beſchweret:

Vnd diſe Goͤttin wirt mit eyfer vnd obacht

Der Goͤtter/ als die zierd des himmels/ ſchon ge-

ehret.

Ein wunderꝛeiches werck/ da lieblichkeit mit ehr/

Da tugent mit ſchoͤnheit/ in einem leib vermaͤhlet

Soll ſegnen ſein geſicht mit luſt/ ſein haupt mit

lehr;

Daß Er geſtehen muß/ daß mein geſang weit fehlet/

Jn dem (beſtutzet) ich jhr lob nicht gnug vermehr/

Weil mich jhr aug zugleich entſehlet vnd beſehlet.

3. Jhr
[204]Weltliche
3.
Jhr Lob iſt vnaußſprechlich.
WElchen der Goͤtter ſchatz/ der Natur beſte kunſt/

Des himmels koͤſtlichkeit allhie zu ſehen ſoͤhnet/

Der ſegne ſein geſicht durch die Schoͤn/ deren

gunſt

Erquicket meinen gaiſt/ vnd dieſe welt beſchoͤnet.

Doch kommet Er nicht bald/ ſo kom̃et Er vmbſunſt/

Dan ſchon ein jeder Got begihrig nach jhr goͤhnet/

Damit in purer lieb vnd gantz hayliger brunſt

Er werd mit ehr von jhr/ vnd ſie von jhm gekroͤnet.

Der tugent ſuͤſſe krafft/ der Lieb vn̄ Schoͤnheit prob/

Mit der holdſeeligkeit vnd goͤtlichen geberden

Jn eines Engels leib er ſehen wird auff erden/

Bekennend/ daß allein des ſuͤſſen Engels lob

Von eines Engels mund kan recht geſungen

werden/

Vnd daß ohn Sie die welt gantz ellend/ arm/ vnd

grob.

Sie
[205]Gedichte.
4.
Sie iſt die groͤſte Reichtumb.
DAs praͤchtigſte Kriegs ſchiff/ dem je das Meer

war kund/

Hat keinen maſt ſo hoch/ als hoch iſt mein begehrẽ;

Kein aͤncker halb ſo ſtarck vñ beiſſend in den grũd/

Als meine lieb vñ trew/ die vnauffhoͤrlich wehren.

So knuͤpfet auch kein ſayl noch leyn ein ſolchen bund/

Als die zart krauſe haar/ die meinen gaiſt be-

ſchweren;

Kein wind bließ jemahl auff die ſeegel ſtoltz vnd

rund

Als mich die ſuͤſſe lufft des rohten munds bethoͤrē.

Kein Schiffmā hat jemahls in einer ſchwartzē nacht

Ein halb ſo klares liecht oder geſtirn erblicket

Als hell ſeind de augſtern/ mein troſt vnd Amors

pracht:

So hat auch noch kein ſchiff/ nach langer fahrt be-

glicket/

Ein Kleinoth ſo viel wehrt zu vns võ Oſt gebracht/

Als diſes Kleinoth iſt das alle welt erquicket.

Sie
[206]Weltliche
5.
Sie iſt gantz lieblich vnd loͤblich.
DAs gold des Morenlãds/ wie pur es auch kã ſein/

Muß jhres krauſen haars koͤſtlichem ſchimmern

weichen:

Der rohteſte Coral/ des ſchoͤnſten Rubins ſchein

Jſt jhres Roſenmunds reichtumb nicht zuver-

gleichen:

Vnd keine perlein ſeind ſo weiſſz/ ſo gleich/ ſo rein/

Als die/ die jhres munds red vnnd geſchmoͤll be-

reichen:

So kan auch die Natur vñ Kunſt kein helfenbein/

Das ſo zart/ glat vnd weiſſz/ wie jhr leib/ herauß

ſtreichen.

Kurtz/ meine Nymff Myrt iſt ein Kunſt-ſtuͤck der

Natur/

Der hertzenbrunſt vnd wunſch/ die herꝛſcherin der

ſeelen/

Der holdſeeligkeit quell/ der lieblichkeit figur/

Der augen ſuͤſſe wayd/ die todte zu beſehlen/

Der Schoͤnheit gantze ſum/ der Tugenten Richt-

ſchnur;

Wie kan ich jm̃er dan/ Sie liebend/ lobend/ fehlen?

Venedig
[207]Gedichte.
6.
Venedig gegen ſeiner Liebſten
verglichen.

WJtzloß war die fuͤrwitz/ aufſaͤtzig der fuͤrſatz/

Creutz-geitzig der ehrgeitz/ die mich ſo ſehr be-

thoͤret/

Daß eines Fuͤrſten will/ der Schoͤn vnd Liebgeſatz

Zuwider/ mich gleichwol gehorſamen gelehret.

Dan wz ſeind doch die Brent/ Galleen/ Marxenplatz/

Die ſtatliche pallaͤſt/ der ſchatz ſo weit vermehret/

Gegen der haaren ſtrom võ purem gold bewehret/

Vnd gegen der Schoͤnheit vnd tugend groͤſſerm

ſchatz?

Was iſt des Hertzogs/ Rahts/ vñ Curtiſanen prangē

Jn purpur/ ſcharlach/ gold/ in beſtem ſaal vnnd

mahl/

Verglichen mit dem ſchmuck der lippen vnd der

wangen:

Was ſeind die Muͤntz/ Zeughauß/ geſchuͤtz vnd Ar-

ſenal/

Gegen dem ſchoͤnen aug/ dz billich (mein verlangẽ

Zuſtrafen) ſo weit ab mich toͤdet wie ein ſtrahl?

Sie
[208]Weltliche
7.
Sie iſt ſteinin.
WAs kan vns/ Amor/ doch vor jhrem ſtoltz be-

wahren?

Vmbſunſt ſeind deine pfeil/ vmbſunſt iſt mein

Vnfall/

Je mehr Jch vnſre ſchand mit jhrem lob erſchall/

Je weniger Sie mich vermeinet zu entfahren.

Dem blaichen Agſtein gleich iſt der ſtrom jhrer haarẽ/

Jhr runde kehl vnd halß iſt pur als ein Criſtall/

Ein Marber jhre bruſt/ das waͤrtzlein ein Corall/

Ein alabaſter glat die haͤnde offenbahren:

Vnd jhre zween augſtern ſeind funckende Saphir/

Ein lachender Rubin auff jhrem mũd prachtieret/

Von harteſtem deemant hat Sie ein hertz in jhr.

Jſt es ein wunder dan/ daß Sie (ſtoltz) triumfieret/

Amor/ vnd iſt ſo hart ſtehts gegen dir vnd Mir/

Wan Sie die Natur ſelbs gantz ſteinin gefor-

mieret?

Jhr
[209]Gedichte.
8.
Jhr Hertz iſt gefroren.
GLeich wie ein armer menſch/ auß jrꝛdiſchem ver-

ſtand/

Vermeinet/ horchend zu des Aberglaubens lehren/

Ein ſchoͤn-gemahltes bild/ als ſeines gaiſts hay-

land/

Mit bitten/ opfern/ lob vnd anderm dienſt zu ehren:

Alſo/ vñ mehr fehl Jch (witzloß) durch mein begehren/

Wan ich fuͤr euch erhoͤb mein hertz/ geſicht vñ hãd/

Wan ich mich darff ab euch beklagen vnnd be-

ſchwehren/

Da ſchuldig doch allein mein aigner vnverſtand.

Ja. Goͤttin/ deren gnad mich koͤnt allein erlaben/

Euch klag ich an vmbſunſt/ vmbſunſt hoff ich den

luſt/

Daß ewer hertz mit lieb werd meine lieb begaben.

Dan/ ſolt ich/ als ich ſah ewrer ſchnee-weiſſen bruſt

Bezauberende buͤhl/ nicht (kluͤger) gedacht haben/

Daß vnder ſolchem ſchnee ein hertz von eyß ſein

muſt?

PVon
[210]Weltliche
9.
Von jhren vberſchoͤnen augen.
JHr augen/ die jhr mich mit einem blick vnd plitz

Scharpf oder ſuͤß nach luſt koͤnt ſtrafen vnd be-

lohnen;

O liebliches geſtirn/ Stern/ deren liecht vnd hitz

Kã/ zuͤchtigend den ſtoltz/ der zuͤchtigen verſchonen:

Vnd jhr/ der Lieb werckzeug/ kundſchaffter vnſrer

Witz/

Augbrawen/ ja vilmehr triumfbogen/ nein/ Cronē/

Darunder lieb vnd zucht in vberſchoͤnem ſitz

Mit brauner klarheit ſchmuck erleuchtet/ leuch-

tend wohnen!

Wer recht kan ewre form/ farb/ weſen/ wuͤrckung/

krafft/

Der kan der Engeln ſtand/ ſchein/ ſchoͤnheit/ thun

vnd gehen/

Der kan der wahren lieb gewalt vñ aygenſchafft/

Der Schoͤnheit ſchoͤnheit ſelbs/ der ſeelen frewd vnd

flehen/

Vnd der Glickſeeligkeit vnd Tugenten freind-

ſchafft/

Jn Euch (der Natur kũſt beſehend) wol verſtehen.

Der
[211]Gedichte.
10.
Der Schoͤnen wunderliche Kunſt.
DAß auß vndanckbarkeit/ oder auß mißverſtand/

Sie mein lob/ lieb vnnd layd als einen ſchimpf

verlachet/

Jſt mir nicht wunderbar; Dieweil des himmels

hand

Sie alſo raw als ſchoͤn zu meiner qual gemachet.

Vnd daß nach dem verluſt/ ohn alles gegenpfand/

Von ſeiner hofnung traum mein gaiſt noch nicht

aufwachet/

Jſt mir kein wunder auch: Dan meines gaiſts

beſtand

Verliebet ſich in dem/ was ſein laid verurſachet.

Das aber iſt mir frembd/ daß jhr ſo ſchoͤner mund

Die/ deren hertzen Sie durch jhre blick verſehret

So leichtlich lehren kan der hitzigſten lieb grund.

Dan alle meine witz mit wunder wirt beſchweret/

Wan Sie ſo ſchnell vnd wol das was jhr ſelbs

nicht kund/

Was Sie nicht lernen will/ die dolleſte koͤpff lehret.

P 2Jhre
[212]Weltliche
11.
Jhre Schoͤnheit von Roſen vnd
Gilgen.

JN lieblichem geruch auff friſchem gruͤnem thron/

Den tau ſent Liebelein (auffwartend) allzeit zieren/

Erhube ſich die Roß/ mit laͤchlend-ſuͤſſem wohn/

Als blumen-Kayſerin froͤlich zu triumfieren.

Jn reicher Mayeſtet/ gleichloß in jhrem wohn/

Mit vnbefloͤcktē pracht ließ ſich die Gilg auffuͤhrẽ/

Vermeinend/ demnach jhr allein gebuͤhr die Cron/

Als Koͤnigin das land der blumen zu regieren.

Alßbald bewoͤgte ſich beeder Princeſſin ſchoß

Durch eyfer vnd hochmuht/ der offt die Schoͤn-

heit quaͤlet/

Sie fangen an den ſtreit/ vnd ſparen kein geſchoß:

Jedoch jhr haſſz in lieb (weil Amors raht nicht

fehlet)

Verkehret/ hat zu letzt zugleich die Gilg vnd Roß

Auff ewerm angeſicht zu prachtieren/ vermaͤhlet.

Vn-
[213]Gedichte.
12.
Vnendliche Liebs pein.
JCh brenn auß lieb vnd luſt/ doch kan der brunſt

verdruß

Meines haupts feuchtigkeit vnd thraͤnen nicht

verzoͤhren:

Jch wein auß lieb vnd layd/ doch kan mein zeher-

fluß

Meiner bruſt groſſen brunſt vnd flammen gar

nicht woͤhren.

Ja/ vilmehr pfleget ſtehts meiner brunſt vberfluß

Den quellen meines layds die nahrũg zu beſchoͤrẽ:

Ja/ vilmehr pfleget ſtehts meines layds zeherguß

Die flam̃en meiner Lieb zu ſtoͤrcken vñ zu noͤhren.

Jn dem mein weinen nu/ in dem nu meine brunſt

Einander jhre hilff zu wechſlen nicht verneinen/

So leyd ich diſe lieb/ vnd lieb das layd vmbſunſt.

Dan findend in dem fewr/ das ewiglich muß ſcheinē/

Vnd in dem ſtehten fluß der zehern keine gunſt/

So muß (O ſchmertz!) mein hertz ſtehts brennen

vnd ſtehts weinen.

P 3Jhrer
[214]Weltliche
13.
Jhrer Schoͤnheit vbernatuͤrliche
Wuͤrckung.

JCh ſah/ als jhr geſicht/ der Morgenroͤhtin gleich/

Als jhre zwilling bruſt/ ſo weiß als ſchnee zu ſehen/

Vnd jhren glatten hals vil tauſſent ringlein reich

Von jhrem krauſen gold vmbgaben/ Sie auff-

ſtehen.

Auffſtehen ſah ich Sie/ ſo kunſtloß als liebreich/

Mit ſolcher ſchoͤnheit ſchatz ohn muͤh/ ohn ſorg

verſehen/

Daß Sie ſo ſchoͤn/ ſo fruͤh/ in der Lieb Koͤnigreich

Kont andern vmb mittag gezieret weit vorgehen.

Alßbald ich Sie erſah/ O wunder/ ſchryh ich bald/

Was kan von diſer brunſt vnd diſem band mich

freyhen/

Wan goͤtlich Sie an macht/ vñ goͤtlich an geſtalt;

Vnd wan/ als ſie mir wolt jhr angeſicht verleyhen/

Je bloſer jhre bruſt/ je ſtaͤrcker jhr gewalt/

Je freyher jhre haar/ je mehr ſie mich entfreyhen.

Lieb
[215]Gedichte.
14.
Lieb gegen lieb.
DEmnach mich Amor ſelbs nu mehr ein lange

Zeit

Gezuͤchtiget/ vnd recht zu kriegen vnderꝛichtet/

Hat endlich ſich mein muht/ mein lang-erwuͤnſch-

te beut/

Oder den ſchoͤnſten tod zuerwerben/ verpflichtet.

Darumb als in dem feld ſich Myrta/ nicht mehr weit

Von mir/ forchtloß befand/ vn̄ newe liſt erdichtet/

Hab/ wie ſie wider mich/ ich wider Sie (den ſtreit

Anfangend) die geſchoß d’ anblick ſtracks gerichtet.

Das treffen war ſehr groß. Dan jhrer augen blick

Nicht nur wie pfeil vnd plitz/ ſondern wie groſſe

ſtuͤck/

Zerſchmetterten mein hertz/ vorhin voll tauſſent

wunden.

Endlich hat meine kunſt vn̄ muͤh den weeg gefunden/

Daß/ wie Mein/ ſo jhr hertz/ numehr mit gleichem

glick

Verwundet/ ſich ergab/ ſigreich vnd vberwunden.

P 4Schoͤne
[216]Weltliche
15.
Schoͤne haar.
ODer Lieb liebſte garn/ der Schoͤnſten ſchoͤnſte

haar/

Wan ſchertzend in dem lufft jhr ſchon bandloß

vmbflieget/

Befind ich doch alßbald/ daß jhr mein hertz be-

trieget/

Vnd daß je freyer jhr/ je groͤſſer mein gefahr.

O goldfluß blaich vnd reich/ Goldſtriemen wahr

vnd klar/

Wan euch jhr weiſſe hand in tauſſent ringlein

bieget/

Befind ich auch alßbald/ daß jhr mein hertz be-

krieget/

Vnd je mehr ewre knoͤpff/ je mehr ich ſtrick erfahr.

Zwar wie ſolt diſes garn doch meine ſehl verdrieſſen?

Jſt ein hertz in der welt das diſem ſchatz nicht hold?

Wer wolt nicht einen ſtrom von gold gern ſehen

flieſſen?

O reiche haar/ zugleich der Freyhet ſtrick vnd ſold/

Wie jhr/ als der Lieb ſtrick/ mich pfleget zu be-

ſchlieſſen/

Alſo belohnet jhr mich auch mit beſtem gold.

Schoͤne
[217]Gedichte.
16.
Schoͤne Haͤnde.
GLickſeelig bin ich wol/ weil ſie mir jhre hand/

Hand vnſers vertrags zeug/ vnd vnſers fridens

zaichen/

Auch jhrer gunſt vnd lieb vnverwuͤrfliches pfand

Numehr/ nach meinem wunſch zu kuͤſſen/ will

darꝛaichen.

O hand/ die du zuvor mein hertz mit tauſſent ſtraichē

Gefoltert/ du biſt nu fuͤr meine wund ein band;

O hand/ ab deren ſchnee man mich oft ſah ver-

blaichen/

Zuvor ein brãd der lieb/ du biſt nu mein wolſtand.

Wan du dan ſo wol kanſt beleben vnd entleiben/

Vnd kanſt den Goͤttern ſelbs der Lieb vnd Ehr

geſatz

Fuͤrſchreibend/ frewd vnd layd mitthailen vnd

vertreiben:

So ſchwoͤr ich dir/ O hand/ ich ſchwoͤr bey diſem

ſchmatz/

Du ſanfftes helfenbein ſolt fuͤrhin ſtehts mein

ſchatz/

Vnd meines lebens hand/ band/ brand/ pfand/

wolſtand bleiben.

P 5Schai-
[218]Weltliche
17.
Schaiden vnd Lieb vnſterblich.
MVß es geſchaiden ſein? Jſt diſes dan die ſtund/

Die ſtund/ ach nein/ die wund/ die vns will haben

ſchaiden?

Wie! ſchaiden muß ich dan? Ach nein/ Jch muß

verſchaiden/

Dan ja zu groß mein ſchmertz/ vnd zu tieff meine

wund.

Zwar nicht mein aigen laid/ ſondern/ mein Roſen-

mund

(Mund/ deſſen ſuͤſſe kuͤß mein hertz gantz goͤtlich

waiden)

Dein ſeuftzen/ weinen/ klag mich zu dem tod be-

ſchaiden/

Vnd machen deinen tod mir/ meinen tod dir/ kũd.

So laß mich nu von dir/ thu du von mir/ empfangen

Den letzten letzin-kuß. O ſuͤſſer tod! Ach nein/

O newe lebens-krafft/ die wir zu gleich erlangen!

Dan meine ſehl in dich/ in mich dein ſehlelein

(Verwechßlend) haben ſich durch diſen kuß ver-

gangen/

Daß vnſer tod vnd lieb nu muß vnſterblich ſein.

An
[219]Gedichte.
18.
An eine/ ſich alt zu werden beklagende/
Schoͤnheit.

NEin. Jhr ſeit noch nicht alt. So zart/ ſo ſchoͤn/

ſo klar/

Pfleg ich ſtehts ewer flaiſch/ farb vnd aug zuer-

fahren/

Dz jhr mir billich jung. friſch/ hurtig/ ſuͤß iſt zwar

Der glatten jugend Lieb/ vñ Fruͤling vnſrer jahren.

Daß vnſer Som̃er auch gantz liebreich ſey/ iſt wahr;

Doch iſt die hitz ſo groß/ daß ſein gedranck zu

ſpahren

Jhm kaum kan moͤglich ſein: Daher er matt vnd

bahr

Durch der Lieb ſtarcke brunſt in tauſſenten ge-

fahren.

Wan nu/ weil noch zu jung/ fruchtloß die Fruͤhlings

zeit;

Der Sommer vil zu heiſſz: Jſt weder zu ver-

ſchweigen/

Noch zu erhoͤbẽ gnug des Herbſts luſt-reiche beut.

Dan Er ergoͤtzet Vns mit ſo Lieb-reiffen Feigen/

Mit ſolcher Wolluſts frucht/ daß er ohn allen

ſtreit

Die ander vbertreff/ jhm gnug an zweyen Zeugen.

An
[220]Weltliche
19.
An eine alte vppige Fraw.
WAs dienet deine brunſt/ dein muhtwill vnd ver-

langen?

Dein Som̃er iſt dahin/ dein Herbſt iſt eingebracht/

Dein Winter auff dem halß: vmbſunſt iſt diſer

pracht/

Nim doch hinweg den buſch/ laſſz ab von deinem

prangen.

Was reich vnd ſchoͤn vmb dich mag einen geitzhalß

fangen/

Wa deines leibs geſtaͤud/ wa deiner augen nacht/

Wa deines munds ſaphir/ vnd deines athems

macht/

Deiner bruſt Corduan/ vñ das gold deiner wangē/

Wa dein von bein vnd haut/ flaiſchloſes angeſicht

Nicht dein Jch waiß nicht was/ vnd ehr ſo wol

bewahren/

Daß ſeine Lieb gewiß/ wie dein lob/ ein gedicht.

Doch wan er ſeine lieb/ dir ſich zu offenbahren

(Meinaydig) ſchwoͤrẽ ſolt/ So liebet er doch nicht

Wie deines benttels gold das ſilber deiner haaren.

Von
[221]Gedichte.
Von jhrer Schoͤnheit Wundern-
Staͤnde.

1.
SEind es haar oder garn das kraußlecht/ reine

gold/

Nach deſſen purem ſchatz die Goͤtter ein verlangen?

Ach! Es ſeind zarte haar/ meiner lieb wehrter ſold:

Nein. Es ſeind ſtarcke garn/ da ſich die ſehlē fangen.

2.
Ein geſtirn oder ſtirn iſt dan das helfenbein/

Darauff ſich Mayeſtet/ weiß heit vnd zucht erfrewet?

Es iſt ein glatte ſtirn/ die hofnung meiner pein:

Nein. Es iſt ein geſtirn/ das die freche betroͤwet.

3.
Seind es blick oder plitz der ſchnell vnd helle glantz/

Darab wir vns zugleich entſoͤtzen vnd ergoͤtzen?

Ach! Es ſeind ſuͤſſe blick auß Amors ſtarcker ſchantz:

Nein. Es ſeind ſcharpfe plitz/ ſo die hertzen verloͤtzen.

4.
Jſt ein bruſt oder bluſt der zwirig-boͤbend thron/

Darauff die Charites den Liebelein liebkoſen?

Es iſt ein voͤſte bruſt/ da wohnet all mein wohn:

Es iſt ein edle bluſt von erdboͤr-gilg-vnd-roſen.

5. Jſt
[222]Weltliche
5.
Jſt ein hand oder band der fuͤnffgezincket aſt/

Deſſen ſchneeweiſſer pracht das aug vnd hertz ver-

blindet.

Es iſt ein zarte hand/ erleuchtend der Lieb laſt:

Es iſt ein hartes band/ das die Freyheit verbindet.

6.
Wie ſeelig bin ich doch/ O haar/ ſtirn/ blick/ bruſt/

hand/

So koͤſtlich/ freindlich/ klar/ anmuhtig vnd beglicket!

Daß ich durch ſolches garn/ geſtirn/ plitz/ bluſt vnd

band/

Gefangen bin/ freyh/ wund/ erquicket vnd verſtricket!

Ode oder Geſang/
Von Vberſchoͤnen augen.

1.
ODer Lieb wahrer hort vnd port/

Jhr meiner ſchoͤnen Myrten augen/

Wan anderſt ein ſo ſchlechtes wort

Kan euch zu nennen gnugſam taugen!

Zwar augen kan man euch/ weil jhrem angeſicht

Jhr klare augen ſeit/ zu ſein verlaͤugnen nicht:

Doch darff man euch kaum augen nennen/

Weil jhr ſo ſchoͤn vnd tugenthafft/

Sondern von wegen ewrer krafft

Muß man euch himmeliſch bekennen.

2. Zwar
[223]Gedichte.
2.
Zwar mit ſo wunderꝛeichem pracht/

Damit ſich dieſe augen zieren/

Kan (es ſey gleich tag oder nacht)

Der himmel ſelbs niemahls prachtieren:

Wan ſchon dem himmel gleich jhr haitter glatte ſtirn

Erleuchtet diſe welt durch Euch/ als ein geſtirn:

So iſt jedoch in euch vermiſchet

Das braun vnd liecht mit ſolchem ſchein/

Daß es ja muß ein wunder ſein/

Wie jhrer jedes Vns erfriſchet.

3.
So darff auch mein warhaffter mund

Euch mit der Sonnen nicht vergleichen/

Weil jhr glantz (wie dem Vmbkraiß kund)

Muß ewerm glantz vnd wuͤrckung weichen:

Vnd zwayer Sonnen ſchein bedeutet krieg vnd layd/

Da ewer Zwilling liecht erwoͤcket frid vnd frayd;

Die Sonn durch jhre brunſt beſchweret/

Die ſie anſchawen/ mit verdruß:

Da jhr mit ſuͤſſem luſts einguß

Durch das geſicht das hertz verſehret.

4.
Wer ſich (glickſeelig) kan in Euch

Beſehen/ wirt reichlich geſegnet/

Dan jhr gantz wunderlich liebreich

Sein hertz mit frewden vberꝛegnet.

Die ſtrahlen ewers liechts/ vnd ewers anblicks glantz

Seind zugleich der Lieb pfeil/ vnd auch der keuſchheit

ſchantz;

Dan
[224]Weltliche
Dan Sie mit lieb vnd luſt entleben/

Vnd dan mit ſuͤſſer forcht vnd ehr

Widrumb belebend/ Vns die lehr/

Den Engeln gleich zu leben/ geben.

5.
Daher/ O augen braun vnd klar/

Schwartzlecht vnd hell/ wie plitz vnd dunder;

Der Schoͤnheit vnd Lieb wieg vnd bahr/

Der Natur ſchatz vnd groͤſtes wunder/

Gantz vbermenſchlich ſchoͤn muß ich mit layd vnd

wohn

Bekennen Euch zugleich der Goͤtter ſtraff vnd lohn:

Dan jhr koͤnt ja mit ewern blicken

(Der Schoͤnheit/ Lieb vnd Tugent ſitz)

Wie durch geſchuͤtz/ hitz/ ſpitz vnd plitz

Das hertz zerſtuͤcken vnd erquicken.

Ode oder Geſang.
Von Schoͤnen Haͤnden.

1.
DV biſt/ O zart ſchnee-weiſſe hand/

Der beſte Zeug die lieb zu weben;

Du biſt der Trew erwuͤnſchtes pfand/

Damit man kan vernuͤget leben;

Wan auff der Lieb bit oder frag

Du wilt zu fridlichem vertrag

Stillſchweigend deine Zuſag geben.

2. Du
[225]Gedichte.
2.
Du kanſt/ O hand/ bald den verdruß

Bald das gefallen verurſachen;

Bezeugend zwayer lieb beſchluß

Biſt du die vrſach daß ſie lachen:

Gleichwie wan du der buhler ſchoß

Zuruck verſtoſſeſt hofnung-loß

Du ſie kanſt leichtlich weinen machen.

3.
Schnell/ lauffend/ zittrend/ vnd kunſtreich/

Kanſt du das Jnſtrument beruͤhren;

Vnd der wolredenheit recht gleich

Jn das gehoͤr die hertzen fuͤhren:

Vnd mit ſchneeweiſſem hellen glantz/

Vnd deiner fingern leichtem dantz/

Den thon/ die ſtim/ die ſaitten zieren.

4.
Was jmmer vns der Natur gunſt

Verleyhet/ kanſt du bald vergleichen/

Vnd es mit farbenreicher kunſt

Bald vber kuͤnſtlich herauß ſtreichen:

Du kanſt mit des verſtands geſatz/

Vnd der gedancken groſſem ſchatz

Getrewlich das papier bereichen.

5.
Jn meiner hand (O ſuͤſſer lohn!)

Wan du/ O ſchoͤne hand/ gefangen/

Gedrucket druckeſt du mit wohn

Vnd luſt mein hertz/ hand vnd verlangen:

QGe-
[226]Weltliche
Gefangen fanget deine Zucht

Alſo/ daß niemahls durch die flucht/

Der dich gefangen/ dir entgangen.

6.
Gehalten biſt du ſtoltz vnd frey/

Du vberwindeſt mich gebunden:

Du biſt getrew vnd vngetrew

Als triumfierend vberwunden:

Du pflegeſt mit vnruh vnd ruh

Je ſanffter vnd je bloſer du/

Je tieffer mein hertz zu verwunden.

7.
O zartes/ glattes Helfenbein/

Welches die Roſen etwas faͤrben!

O von der Morgen roͤhtin ſchein

Gezierter ſchnee/ ſchwer zu erwerben!

Auff deiner lieblichkeit bericht

Gib Jch dir hiemit meine pflicht

Bey dir zu leben vnd zu ſterben.

Ode
[227]Gedichte.
Ode oder Geſang.
Von ſeiner Lieb vnd jhrer Rawheit
Beſtand.

1.
AN Schoͤn vnd Rawheit kan man euch/

O Myrta/ keine Nymff vergleichen:

An Lieb iſt mir auch keiner gleich/

Vnd an Trew will ich keinem weichen:

Dan hertzen haben wir von ſtein/

Wie/ Myrta/ moͤniglich mag ſehen/

Jch/ außzuſtehen ſolche pein/

Jhr/ meine pein nicht zu verſtehen.

2.
Dan wir ja laͤngſt/ ohn widerſtand/

Beed weichend weren vberwunden;

Jhr/ Myrt/ von meiner Lieb beſtand/

Jch/ von vnzaͤhlich ſchweren wunden:

Alſo daß die ſelbs ſtoͤck vnd ſtein/

Die zu halßſtarrig vns nicht ſehen/

Mich/ auß zuſtehen ſolche pein/

Euch/ ſolche pein nicht zu verſtehen.

3.
Gantz ſteinin iſt gewiß mein hertz

Gequaͤlet ſtehts/ euch ſtehts zu lieben:

Das ewrig auch/ dieweil mein ſchmertz

Euch (gnadloß) gar nicht kan betruͤben:

Q 2Alſo
[228]Weltliche
Alſo muß man vns beede ſtein/

Ja harte felſen ſein/ wol ſehen/

Mich wegen groſſer lieb vnd pein/

Euch meine pein nicht zu verſtehen.

4.
Jch hab beſtaͤndig meine trew/

Alßbald Jch Euch ſah/ Euch geſchworen:

Bey Euch beſtaͤndig ſtoltz vnd frey/

Jſt all mein laid vnd lieb verloren:

Daß alſo ich an trew ein ſtein/

Vnd jhr an ſtoltz ein felß zuſehen;

Jch/ ohn ablaß ſo ſchwere pein/

Jhr/ mein laid ohn laid außzuſtehen.

5.
Wan dan/ O felß an haͤrtigkeit/

Mein weinen Euch nicht kan erwaichen:

Wan ich felß an beſtaͤndigkeit

Durch vndanck nicht kan tods verblaichen;

So ſeind wir ja zween harte ſtein/

Jch/ ſolche marter außzuſtehen;

Jhr/ ewer macht vnd meine pein

Vnd vnſern verluſt nicht zu ſehen.

Die
[229]Gedichte.
Die Roß.
Philodor.
KOm/ Myrta/ der Lieb wohn vnd wohnung/

Der Schoͤnheit pracht/ der Tugent Cron/

Vnlangſt meiner trew werther wohn/

Jetz meiner wehrten trew belohnung:

Kom/ Myrta/ diſes fruͤlings ruhm/

Vnd aller blumen ſchoͤnſte blum/

Dich zu mir auff das gruͤn zuſoͤtzen;

Daß du dich in der blumen zier/

Daß Jch der blumen zier in dir

Beſehend/ wir Vns beed ergoͤtzen.

Myrta.
Weil Amor nu allein zu gegen/

Der ſtehts durch deine augen Mich/

Der ſtehts durch meine augen Dich

Kan allein halten vnd bewoͤgen:

So will Jch/ ja ſo kan ich nicht

Wendend mein/ fliehen dein geſicht;

Sondern der bluͤmelein zu ehren/

Die als ſtern diſes Element

Machen ein blumen-firmament/

Begehr ich dein geſang zu hoͤren.

Q 3Φ.
[230]Weltliche
Φ.
Solt ich zu ſingen mich bemuͤhen

Von andern/ dan den bluͤmelein/

Die vnder deiner augen ſchein

Jn dir friſch/ vnverwelcklich bluͤhen?

Die gilg vnd roſen/ die gewiß

Ein wahres blumen paradiß

Auff deinem leib vns mahlen/ zwingen

Mich auch/ der Natur gunſt vnd kunſt

Jn dir betrachtend/ nichts mehr ſunſt

Dan dich der blumen ruhm zu ſingen.

M.
Vnnoͤhtig/ Lieb/ iſt dein liebkoſen/

Weil wir nu vnder einem joch;

Wan ich dir dan lieb/ ſo ſing doch

Jetzund von dieſen ſuͤſſen Roſen:

Sing von den Roſen/ edler ſchatz/

Vnd ich will dich mit einem ſchmatz

(Vnd nicht zuvor) reichlich belohnen:

Vnd wie lieb du mir auch/ ſolt du

(Enthaltend deine hand in ruh)

Jhn vor zu haben/ mir verſchonen.

Φ.
O Roſen/ die kein froſt kan toͤdten/

Durch welche ich widrumb geſund;

O Roſen/ die den ſchoͤnſten mund

Vnd wangen/ liebfaͤrblich/ beroͤhten;

Euch
[231]Gedichte.
Euch Roſenmund/ vnd allein Euch

Gebuͤhret in der Schoͤnheit Reich

Auff der Lieb thron befelch zugeben:

Mir aber Euch/ die jhr gleichloß/

Vnd aller Roſen ſchoͤnſte Roß/

Dienſtlich gehorſamend zu leben.

Wie in dem Himmel/ ſo auff erden

Kan nichts (dan deine herꝛlichkeit)

An ſchoͤnheit vnd an ſuͤſſigkeit

Der Roſen gleich gefunden werden:

Daher dan/ wan die Fruͤlings zeit

Die welt zu der Lieb ſtreit vnd beut

Behertzet/ vnd das erdreich zieret/

Erhebet ſich die Roß mit wohn/

Allda/ weil Sie der blumen Cron/

Sie vnder allen triumfieret.

Die Morgenroͤhtin/ new-geboren/

Der Sonnen kind/ von thraͤnen naſſz/

Doch ſchmollend/ bald durch lieb vnd haſſz

Von jhr verfolget vnd verloren/

Wan ſie ſich will mit hoͤchſtem pracht

Vnd in der neweſt ſchoͤnſten tracht

Beklaiden/ muß ſie alle morgen/

Sich zu beſchoͤnen/ zwar ohn ſcham/

Auß dem lieblichen Roſen-kram

All jhre anſtreich-faͤrblein borgen.

Q 4Dan
[232]Weltliche
Dan fruͤh alßbald wir nur erwachen

Vnd fuͤr dem jungen Sonnenglantz

Die ſtern vns jhren ſchein vnd dantz

Verbergen/ vnd vnſichtbar machen:

Mit lieblichen pomp vnd geruch

Gleichſam des Blumen-tags anbruch/

Die Roß/ den Lufft vnd vns ergoͤtzet/

Vnd vns des himmels friſche ehr/

Als ob ſie himmeliſch ſelbs wer/

Mit wunder fuͤr die augen ſoͤtzet.

Der rohte morgen muß verblaichen

(Verliebet) ab der Roſen Zier/

Vnd kuͤſſend laſſet er auff jhr

Der ſuͤſſen kuͤſſen feuchte Zaichen:

Verbuhlet auch der Lufft vnd Wind/

Durch lieb vnd eyfer taub vnd blind/

Mit jhr offt jhre kuͤſſz vermiſchen/

Vnd (frech) ſich ſelbs vnd andre auch

Mit jhrem gleichſam ſuͤſſen rauch

Zu mahl erfrewen vnd erfriſchen.

Alßbald entknoͤpfend Sie auffſtehet

Auß jhrem laͤger gruͤn vnd new/

Alßbald Sie jmmer friſch vnd frey

Als eine kleine Sonn auffgehet:

Da ſihet man ſie bald von zorn

(Beſchuͤtzet zwar von manchem dorn

So
[233]Gedichte.
So jhre quardy wol zu nennen)

Warnemend daß jhr/ wie dem gold

Schier jederman gefaͤhrlich hold/

Schamroht vnd zuͤchtig gleichſam brennen.

Jn jhrem vrſprung war vorzeitten

Die Roß ſo weiſſz/ daß mit jhr kaum

Des ſchnellen waſſers friſcher ſchaum

Noch auch des Morgens froſt koͤnt ſtreitten;

Noch koͤnt des ſilbers purer ſchein/

Der Milchrohn/ noch das helfenbein/

Bey jhrer weiſſin wol beſtehen:

Ja/ weiſſer war die ſuͤſſe Roß

Dan auff der kalten erden ſchoß

Der new-gefalne ſchnee zu ſehen.

Als aber Venus hie auff erden

Durch jhrer ſchoͤnheit gegenwart/

Mit jhren bruͤſtlein zart vnd hart/

Mit hertz-entzuͤndenden geberden/

Mit ſeel-ergruͤndend ſuͤſſer gunſt/

Mit gaiſt-verblindend gailer kunſt/

Mit kuͤſſen Nectar-gleich befeuchtet/

Mit jhrer augen liebem glantz/

Mit froͤlich-muͤdend-jungem dantz

Das volck bereichet vnd erleuchtet:

Q 5Da
[234]Weltliche
Da ſah man ſich die menſchen naigen/

Vnd (lieb zu ſein) auff alle weiß

Sich freindlich/ hoͤflich/ ſitſam/ weyß/

Auch wacker/ ſtatlich/ kuͤhn erzaigen:

Bald ſah man diſe fro auß lieb/

Vnd durch lieb jene kranck vnd truͤeb;

Die eine ſah man/ jhre ſchmertzen

Beklagend/ ohn troſt/ hofnung/ hail:

Vnd andre friſch/ kurtzweilig/ gail/

Sich hertzend/ mit einander ſchertzen.

Die Goͤttin ſelbs/ ſich zuergoͤtzen/

Zog mit Adonis/ der jhr hertz/

Jhr kurtzweil/ wolluſt/ ſchimpff vnd ſchertz/

Hinauß zu jagen vnd zu hoͤtzen:

Ohn ſchew/ damit Sie jhre brunſt

Moͤcht daͤmpfen durch des Jaͤgers gunſt/

Sah man Sie netz vnd garn auffſtoͤllen/

Nicht wegen eines thiers gewin/

Sondern vilmehr begihrig jhn

Darnach in jhre arm zu foͤllen.

Einmahl/ als Sie jhm nach zu lauffen

Zu hitzig vnd vnachtſam war/

Vnd ließ die hoͤcken jhre haar/

Die ſtauden das gewand hinrauffen;

Daher ein jedes laub/ graß/ kraut/

Aſt vnd gewaͤchs/ jhr ſchoͤne haut

Zu
[235]Gedichte.
Zu kuͤſſen/ gleichſam ein verlangen:

Da doͤrft ſich auch ein Roſenſtock

Sich wagen vnder jhren rock/

Vnd ſie zu fangen vnderfangen.

Alßbald ſich da die Roß ergoͤtzet

Beruͤhrend jhren weiſſern fuß/

So bald mit beeder ſeits verdruß

Ein dorn jhr zartes fleiſch verloͤtzet:

Die Goͤttin zugleich blaich vnd wund/

Vnd roht die Roß wurd zu der ſtund;

Die Roſen vnd der Goͤttin wangen/

Schamroht ab jhrem Roſen-blut/

Zu mahl mit newem pracht vnd gut

Bald wider mit einander prangen.

Dan Venus war bald wol vernuͤget/

Vnd achtet wenig jhrer pein/

Als jhres bluts ſchamrother ſchein

Sich lieblich auff die Roß verfuͤget:

Vnd daß man der Roß ſuͤſſigkeit/

Durch jhr goͤtliche lieblichkeit

Vermehret/ moͤchte hoͤher ſchaͤtzen/

Verlyh ſie jhr der Schoͤnheit krafft/

Des edlen geruchs aygenſchafft

Mit hundert tauſſent ſuͤſſen ſchmaͤtzen.

Dich
[236]Weltliche
Dich (ſprechend) will ich nu beſtoͤllen

Als meine blum/ der erden ehr/

Mit dir ſoll ſich die Schoͤnheit mehr

Dan ſunſt mit keiner blum geſoͤllen:

Du biſt fuͤrhin der blumen Cron/

Vnd der Liebhaber erſter lohn/

Die groͤſte zier in einem garten/

Mit dir die Schoͤnheit zieret ſich/

Vnd du/ wie die Schoͤnheit auff dich/

Solt auff die Schoͤnheit allzeit warten.

Der Nymfen ſuͤſſer mund vnd wangen

Vnd jhre glaich/ an ſchoͤnheit reich/

Die ſollen ſein den Roſen gleich/

Ja ſollen mit den Roſen prangen:

Loſieren ſie dan auff die bruſt

Dich/ ſuͤſſe Roß/ ſolt du den luſt

Durch eines Buhlers augen baitzen;

Vnd bald mit deinem falſchen brand

Sein ſchnoͤd-gekuͤtzlet-gaile hand

Zu einem falſchen griff anraitzen.

Der gleichen wuͤrckung ſolt du haben/

Wan eine Nymff dich auff jhr haar

Solt ſtoͤcken: dan du ſolt/ wie klar

Auch ſolches gold/ das aug erlaben:

Ein zarte hand/ ein gruͤner krantz

Soll deine ſuͤſſigkeit vnd glantz/

Wie
[237]Gedichte.
Wie du die jhrige/ vermehren:

Ja/ moͤniglich/ alt/ jung/ klein/ groß/

Geſund vnd kranck/ ſoll dich/ O Roß/

Stehts lieben/ loben/ vnd begehren.

Myrta.
Mein Schatz/ der mich/ den ich erkoren/

Wie ſchnell doch hat ſich dein geſang

Der Roſen friſchheit/ vnd der gang

Dieſes ſo ſchoͤnen tags verlohren?

Ein end hat dein lied vnd der tag/

Die Roß iſt welck. Wie kan/ wie mag

Sich ruͤhmen doch der Menſch bedencklich?

Wan ſeine kunſt/ wolluſt/ lob/ ruhm/

Vnd Schoͤnheit/ wie ein zarte blum/

Nicht wehrhafft/ ſondern ſchnell zergaͤnglich?

Philodor.
Wan dan die jahr/ die tag/ die ſtunden/

Wan alle menſchen/ alle ding/

Wie jmmer koͤſtlich vnd gering/

Von der zeit werden vberwunden:

Wan vnſer leben/ frewd vnd glick/

So leicht in einem augenblick

Kan aͤndern/ oder muß verflieſſen:

Warumb/ mein edles hertz vnd ſeel/

Solt ich ohn allen weittern fehl

Nicht deiner Roſen bald genieſſen?

Ode.
[238]Weltliche
Ode.

Der Menſch betruͤb ſich oder lach/
Er iſt ſtehts eytel/ ſchlecht vnd ſchwach.


OJhr krumme/ ſchlimme ſehlen/

Wolt jhr euch

Laſter-reich

Nu mit dieſer welt vermaͤhlen?

Bochet nicht auff ewre ſtoͤll/

Dan die welt nur eine Hoͤll/

Euch zu martern vnd zu quaͤlen.

Wollet jhr ein weil nu leben

Nach gebuͤhr/

So ſolt jhr

Alß bald nach dem himmel ſtreben:

Jſt der himmel euch nicht lieb/

So ſeit jhr nicht wehrt/ jhr dieb/

Daß er euch ſein liecht gegeben.

Laſſet euch zu hertzen gehen

Was fuͤr frayd/

Was fuͤr layd

Jmmer in der welt zuſehen:

Kan ein menſch auff diſem Meer

Jn ſo vieler vbeln heer

Sicher vnd forchtloß beſtehen!

Biß
[239]Gedichte.
Biß in das grab von der wiegen

Muß alhie

Vnder muͤh

Vnd ellend der menſch ſich biegen:

Dan anfechtung/ Creutz vnd noht

Jhn biß in den bittern tod

Stehts verfolgen vnd bekriegen.

Auch iſt ſein geburth ſo klaͤglich

Daß die plag/

Mit dem tag

Gleich anfangend/ kaum ertraͤglich:

Seine ſchwachheit vnd der ſchmertz/

Toͤdtend ſeiner Mutter hertz/

Seind empfindlich vnd vnſaͤglich.

Wan durch ſchmertzen tieff empfunden

Er voll pein

Schwach vnd klein

Die geburth nu vberwunden:

Wirt Er ſeinem ſtand gemaͤß/

Als ein vbelthaͤter boͤß

Eingewicklet vnd gebunden.

Wie offt muß/ jhn zugeſchwaigen/

Jhm mit fug

Ohn verzug

Seine Saͤugam hilff erzaigen;

Vnd den ſaͤugling von dem wuſt

Reinigend/ mit bloſer bruſt

Jn der groͤſten kaͤltin ſaͤugen.

Ne-
[240]Weltliche
Nemend jhn bald auff bald nider/

Sunſt hilffloß/

Auff der ſchoß

Wieget ſie jhn hin vnd wider:

Biß Er/ weil jhr ſorg vnd muͤh

Reibet ſeine bein vnd knuͤe/

Stoͤrcket ſeine ſchwache glider.

Fanget Er dan an zugehen/

Auch die ſprach

Nach vnd nach

(Bloͤd vnd liſplend) zuverſtehen:

Jſt ſein gang vnd ſeine bitt

Halbe wort vnd halbe tritt/

Schwach zu reden/ ſchwach zu ſtehen.

Seine kraͤfften mit den jahren/

Seine witz/

Seine hitz/

Seine arbeit/ muͤh/ gefahren/

Nemen mit einander zu/

Allein nimmet ab die ruh/

Nichts kan jhn fuͤr layd bewahren.

Alßbald ſeine tag nu bluͤhen

Kan ſein muht

Sich der wuht

Seiner jugent nicht entziehen;

Groß iſt dan ſein vnbeſtand/

Vnd er felt in diſe ſchand

Wan er will von jener fliehen.

Spih-
[241]Gedichte.
Spihlend mag Er ſich wol vben

Weil Er noch

Ohn ein joch;

Aber jhn mehr zu betrieben

Reuttet jhm auff einmahl auff

Aller laſtern groſſer hauff

Biß daß er ſich muß verlieben.

Alßdan vnder Amors wafen

Taub vnd blind

Wie ein kind

Koͤnden jhn zway augen ſtrafen:

Hofnung/ troſt/ wolluſt/ genuß/

Forcht/ verzweyflung/ zorn/ verdruß/

Wollen jhn nicht laſſen ſchlafen.

Kan er diſes vberwinden/

Findet Er

Noch vil mehr

Truͤbſal vnd vnglick dahinden:

Ehrgeitz/ geltgeitz/ vbermuht/

Hader/ haͤndel/ zanck vnd wuht

Wollen jhn zu ſchinden binden.

Kommet Er dan fortgegangen

Daß das glick

Vnd die ſtrick

Aller laſter jhn nicht fangen:

Wirt Er auß der jugent ſaal

Jn der alten leut ſpital

Schlim vnd liederlich empfangen.

RDan
[242]Weltliche
Dan da kommen auffgezogen

Kalte Fluͤſſz

Fuͤr die kuͤſſz

Die jhn vnlangſt jung betrogen:

Zittrend werden haͤnd vnd fuͤß/

Das gicht/ zipperlin vnd gruͤß

Machen jhn krumb vnd gebogen.

Vnd wan ſchon das Alter ehrlich/

Jſt die ehr

Jhm doch ſchwer/

Weil jhm alles gantz beſchwerlich:

Seine zaͤhn nu fallen auß/

Haupt vnd hertz voll ſchnee vnd grauß

Mahlen alle ding gefoͤhrlich.

Ach wie langſam Er nu ſchreittet/

Weil die buß

Auff dem fuß

Folgend allzeit jhn beſtreittet:

Alle hofnung iſt dahin/

Ach vnd weh iſt ſein gewihn/

Biß daß jhn der Tod erbeuttet.

Wa/ wie/ wan er auch mag leben

Jung vnd alt/

Warm vnd kalt/

Jhn die kranckheiten vmbgeben:

Schwachheit/ ſorgen/ falſche freind/

Luͤgen/ neyd/ verleumbdung/ feind/

Jhm verdruͤßlich wider-ſtreben.

Wie
[243]Gedichte.
Wie ein vogel durch ſein fliegen

Wie ein pfeyl

Jn der eyl

Leichtlich kan das aug betruͤegen:

So ſchnell iſt des menſchen haab/

Vnd ſein ſchrit zu ſeinem graab

Jſt nicht weit von ſeiner wiegen.

Endlich muß er ſein vermoͤgen

Als den raub

Jn den ſtaub

Mit dem coͤrper niderloͤgen:

Alſo endet nu das ſpihl/

Daß weder luͤtzel noch vihl

Kan jhn/ kan er nu bewoͤgen.

Wan man dan nicht kan verneinen

Daß allhie

Tauſſent muͤh

Wider vns ſich ſtehts aufleynen:

Solten wir von hertzen grund

Vnſer ellend alle ſtund

Nicht beklagen/ vnd beweinen?

Kan vns aber nichts klug machen/

Sondern wir

Ohn gebihr

Wollen lachen diſer ſachen:

Ach! ſo lachet reich vnd arm/

Lachet/ daß es Got erbarm/

Ewers ellends ſelbs zu lachen!

R 2Ode.
[244]Weltliche
Ode.

Wie die Soldaten man vorzeiten
Laut mit dem mund:
So Sie jetzund

Ermahnet der Poët zu ſtreitten.


FRiſch auff/ jhr dapfere Soldaten/

Jhr/ die jhr noch mit Teutſchem blut/

Jhr/ die jhr noch mit fruͤhem muht

Belebet/ ſuchet groſſe thaten!

Jhr Landsleut/ jhr Landsknecht friſch auff/

Das Land/ die Freyheit ſich verlieret/

Wa jhr nicht muhtig ſchlaget drauff/

Vnd vberwindend triumfieret.

Der iſt ein Teutſcher wolgeboren/

Der von betrug vnd falſchheit frey/

Hat weder redlichkeit noch trew/

Noch glauben/ noch freyheit verlohren:

Der iſt ein teutſcher ehren wehrt/

Der wacker/ hertzhafft/ vnverzaget/

Fuͤr die Freyheit mit ſeinem ſchwert

Jn die groͤſte gefahr ſich waget.

Dan wan jhn ſchon die feind verwunden/

Vnd nemen jhm das leben hin/

Jſt doch ruhm vnd ehr ſein gewin/

Vnd Er iſt gar nicht vberwunden:

Ein
[245]Gedichte.
Ein ſolcher tod iſt jhm nicht ſchwer/

Weil ſein gewiſſen jhn verſuͤſſet;

Vnd Er erwirbet lob vnd ehr/

Jn dem er ſein blut ſo vergieſſet.

Sein Nahm vnd ruhm allzeit erklingen

Jn allem land/ in jedem mund:

Sein leben durch den tod wird kund/

Weil ſein lob die Nachkoͤmling ſingen:

Die edle freyheit iſt die frucht/

Die er dem Vatterland verlaſſet;

Da der hertzloß durch ſeine flucht

Wirt gantz verachtet vnd gehaſſet.

Alſo zu leben vnd zu ſterben

Gilt dem redlichen Teutſchen gleich:

Der Tod vnd Sig ſeind ſchoͤn vnd reich/

Durch beed kan er ſein hayl erwerben:

Hingegen fliehen allen danck

Die fluͤchtige vnd der verꝛaͤhter/

Vnd jhnen folget ein geſtanck/

Weil ſie verfluchte vbelthaͤter.

Wolan derhalb/ jhr wehrte Teutſchen/

Mit Teutſcher fauſt/ mit kuͤhnem muht/

Daͤmpfet nu der Tyrannen wuht/

Zu brechet jhr joch/ band vnd beutſchen:

Vnuͤberwindlich ruͤhmet ſie

Jhr titul/ torheit vnd ſtoltzieren:

Aber jhr Heer mit ſchlechter muͤh

Mag (vberwindlich) bald verlieren.

R 3Ha!
[246]Weltliche
Ha! fallet in ſie: jhre fahnen

Zittern auß forcht: Sie trennen ſich/

Jhr boͤſe ſach helt nicht den ſtich/

Drumb zu der flucht ſie ſich ſchon mahnen:

Groß iſt jhr heer; Klein iſt jhr glaub/

Gut iſt jhr Zeug/ boͤß jhr gewiſſen:

Friſch auff/ ſie zittern wie das laub/

Vnd weren ſchon gern außgeriſſen.

Ha! ſchlaget auff Sie/ Liebe bruͤder/

Jſt die muͤh groß/ ſo iſt nicht ſchlecht

Der ſig vnd beut: vnd wol vnd recht

Zuthun/ ſeind ſie dan jhr viel muͤder:

So ſtraff/ O Teutſches hertz vnd hand/

Nu die Tyrannen/ vnd die boͤſen;

Die Freyheit vnd das Vatterland

Muſt du auff diſe weiß erloͤſen.

Ode.
[247]Gedichte.
Ode.

Horatianiſch.Eheu fugaces. \&c,


WJe vnverhinderlich ein Jahr

Schnell nach dem andern dahin fliehet!

Wie vnempfindlich vnſer haar

Sich graw zu faͤrben nicht verziehet!

Vmbſunſt die Frombkeit ſelbs/ die ſtirn

Von ruͤntzeln/ vnd von ſorg das hirn

Zu freyhen ſich bemuͤhet.

Lauff alle tag der Kirchen zu/

Vnd dien dem/ der allein Allmaͤchtig;

Vnd ohn erquickung/ nahrung/ ruh/

Erweiß dich tag vnd nacht andaͤchtig

Vnd Chriſtlich: So wirt endlich doch

Das vnvermeidenliche Joch

Des Tods auch durch dich praͤchtig.

Die ſuͤnd/ die alle menſchen gleich

Gemachet/ machet ſie fortgehen/

Vnd laſſet weder arm noch reich

Sich laͤnger ſpreiſſen vnd ſtillſtehen:

Ein Juncker/ Herꝛ/ Graff vnd Monarch

Wirt wie ein baur mit einem ſarch

Vnd einem grab verſehen.

R 4Vmb-
[248]Weltliche
Vmbſunſt der forchtſam fuͤr ein weil

Dem Meer/ dem Krieg/ der Peſt entfliehet/

Dan ja der Tod/ der dan in eyl/

Dan langſam iſt/ nicht lang verziehet:

Gleich iſt jhm der klein vnd der groß/

Vnd der gewafnet vnd der bloß/

Der welck/ vnd der noch bluͤhet.

Vmbſunſt ſich ſetzet vngedult

Forcht vnd geheul dem Tod entgegen:

Es muß ein jeder diſe ſchuld

Auff die beſtimpte zeit abloͤgen:

Nichts kan den Tod/ vnſer geſchlecht

(Von ſtaub vnd aſchen ein gemaͤcht)

Zu ſparen je bewoͤgen.

Da muͤſſen wir dan alles gut

So wir begehret vnd erfaſſen/

Was vns mit hochmuht vnd vnmuht

Jemahls zu lieben vnd zu haſſen

Beliebet/ mit dem lieben leib/

Hauß/ hoff/ ſpil/ kurtzweil/ kinder/ weib/

Vnd freind dahinden laſſen.

Hat einer (nichts mehr dan geſtanck)

Verlaſſend alles dan beſchloſſen/

Erfolget dafuͤr ſchlechter danck

Vermiſchet mit ſpot/ ſchmach vnd boſſen;

Wan Er erꝛungen vil alhie

Fuͤr andre leut mit ſorg vnd muͤh/

Vnd (Narꝛ) ſelbs nicht genoſſen.

Ode.
[249]Gedichte.
Ode.

Anacreontiſch.


DJe Natur hat ein jedes thier

Mit ſonderbarer gaab vnd zier

Sorgfaͤltiglich ſo wol veꝛſehen/

Daß jhrer jedes mag (billich

Vernuͤget) deſſen ruͤhmen ſich/

Vnd neben andern wol beſtehen.

Ein horn dem Einhorn auff das hirn

Dem Stier zwey hoͤrner auff die ſtirn/

Dem Hirſch ein geweyh iſt geſoͤtzet:

Die Voͤgel hat ſie durch den flug/

Vnd die Fuͤchs mit liſt vnd betrug

Zu jhrer ſicherheit ergoͤtzet.

Der Fiſch kan ſchwimmen/ vnd das Pferd

Jſt wegen guten hufs mehr wehrt/

Die Loͤwen haben zaͤhn vnd klawen;

Das lauffen iſt der Haſen pfand/

Der Man hat goͤtlichen verſtand;

Was haben dan die zarte Frawen?

R 5Die
[250]Weltliche
Die Frawen ſeind mit der Lieb pracht/

Vnd mit der Schoͤnheit hoͤchſten macht

So vnvermeydenlich gezieret/

Daß jhr holdſeelige geſtalt

Allein regierend/ ohn gewalt

Vber die hertzen triumfieret.

Ode.

Oder Drincklied.
Anacreontiſch.


WEr iſt doch jmmer ſo geſchoſſen/

Daß ab dem lieben rebenſafft

(Der vnſers hertzens troſt vnd krafft)

Er vnwuͤrſch ſein ſolt vnd verdroſſen?

Dan was kan doch ohn drincken wehren?

Vnd iſt nicht vnder dem gedranck

Der Wein das beſt/ mit lob vnd danck

Vor allem/ was naſſz/ hoch zu ehren?

Beſehet doch (freind) wan es regnet

Wie durch den ſtarcken regenguß/

Bißweilen auch durch einen fluß

Das erdreich ſich vollſauffend ſegnet?

Die
[251]Gedichte.
Die Kraͤuter vnd gewaͤchß der erden/

Ja alle baͤume klein vnd groß/

Verſchmachten troſtloß vnd fruchtloß/

Wan ſie nicht oft bezechet werden.

Den durſt die thier vnd voͤgel ſtillen

Nach luſt mit wolluſt: vnd die Fiſch

Die ſuchen ſtehts was naſſz vnd friſch/

Damit (begihrig) ſie ſich fillen.

Das Meer will auch den rauſch nicht fliehen/

Sondern es pfleget ohn ablaß

Brait tieffe fluͤſſz vnd baͤch ohn maß

Garauſſend in den wanſt zu ziehen.

Jſt es dan durch den drunck getroffen/

So fahet es ein weſen an/

Als ob es auch wolt jederman

Erſaͤuffen/ weil es ſelbs beſoffen.

Vnd warumb fallen offt zuhauffen

Die tobend-krauſend-lautte wind?

Weil ſie/ zu bauſen ſehr geſchwind/

Das Meer gern wolten gar außſauffen.

Jn dem Meer vnd in allen Bronnen

Die Sonn ſelbs loͤſchet jhren durſt;

Vnd der Mohn wer ſchon ein Bratwurſt/

Wan Er nicht voll wuͤrd von der Sonnen.

Drumb
[252]Weltliche
Drumb ſoll Vns fuͤrhin niemand woͤhren

(Wan nichts will vnbeſoffen ſein)

Auch miteinander bey dem Wein

Frolockend tag vnd nacht zu zoͤren.

Dan wer vnwuͤrſch iſt vnd verdroſſen

Ab diſem guten Rebenſafft/

Der vnſers hertzens troſt vnd krafft/

Der iſt/ zwar nuͤchtern/ doch geſchoſſen.

Ode.
Drunckenheit.

Koͤnt jhr mich dan ſunſt gar nichts fragen/

Jhr Herꝛen/ meine gute Freind?

Dan was ich euch koͤnd newes ſagen/

Wie ſtarck vnd wa jetzund der Feind?

Jch bit (doch wollet mir verzeyhen)

Mit fragen nicht zu fahren fort/

Dan ſunſten will ich euch verleyhen

Kein einig wort.

Jch red nicht gern von ſchmaͤhen/ troͤwen

Von raub/ brunſt/ krieg/ vnglick vnd noht/

Sondern allein/ Vns zuerfrewen/

Von gutem wildbret/ wein vnd brot.

Den Man der wein mit lieb entzuͤndet/

Vnd das brot ſtaͤrcket jhm den leib

Daß Er das wildbret beſſer findet

Bey ſeinem Weib.

So
[253]Gedichte.
So lang zu reden/ leſen/ hoͤren/

Vnd mit dem haupt/ hut/ knuͤ/ fuß/ hand

Geſanten/ Herꝛen/ Koͤnig ehren/

So lang zu ſprachen an der wand;

So lang zuſchreiben vnd zu reden

Von Gabor/ Tilly/ Wallenſtein/

Von Franckreich/ Welſchland/ Dennmarck/

Schweden/

Jſt eine pein.

Darumb fort/ fort mit ſolchem trawren/

Daß man alßbald bedoͤck den tiſch/

Vnd keiner laß die muͤh ſich dawren/

Wan wein/ brot/ flaiſch vnd alles friſch;

Der erſt bey tiſch ſoll der erſt drincken/

So/ Herꝛen/ wie behend? wolan/

Schenck voll/ die Fraw thut dir nicht wincken/

Nu fang ich an.

Ho! Toman/ Lamy/ Sering/ Rumler/

Es gilt euch diſer muß herumb/

Jch waiſſz/ jhr ſeit all gute Tumler/

Vnd liebet nicht was quad vnd krumb/

Dan nur das/ ſo man kaum kan manglen/

Die weiber wiſſen auch wol was

Gedenckend alßbald an das anglen/

Auß iſt mein glaß.

Nim
[254]Weltliche
Nim weg von meinem Ohr die Feder/

Gib mir dafuͤr ein Meſſer her;

Ho/ Schweitzer/ kotz Kreutz/ zeuch von leder/

Vnd Schwaitzer gleich ſtreb nu nach ehr:

Wolan/ jhr dapfere ſoldaten/

Mit vnverzagtem friſchem muht/

Waget zu newen/ freyen thaten

Nu flaiſch vnd blut.

Feind haben wir gnug zu beſtreitten

Jn dem Vortrab vnd dem Nachtrab/

Nu greiffet an auff allen ſeitten/

Vnd ſchneidet koͤpff vnd ſchenckel ab:

Jn dem ſich ſtraich/ ſchnit/ biſſz vermiſchen/

Vnd der Nachtrab mag hitzig ſein/

So ruff ich ſtehts euch zu erfriſchen/

Ho! ſchenck vns ein.

Sih/ wie mit brechen/ ſchneiden/ beiſſen/

Dem lieben Feind wir machen grauß!

Laß mich das Spanfaͤhrlein zerꝛeiſſen/

Stich dem Kalbskopff die angen auß:

So/ ſo/ wirff damit an die Frawen/

Die wan ſie ſchon ſo ſuͤß vnd milt

Doch koͤnden hawen vnd auch klawen;

Es gilt/ es gilt.

Wan
[255]Gedichte.
Wan die ſoldaten vor Roſchellen/

Wan die ſoldaten vor Stralſun d/

Die Mawren koͤnten ſo wol faͤllen/

Wie hertzhafft wir in diſer ſtund

Nu ſtuͤrmen waͤllen die Paſteyen/

Jch ſag die ſtarck wildbret paſtet/

So wuͤrden ſich nicht lang mehr freyhen

Die beede Staͤt.

Friſch auff/ wer iſt der beſte treffer?

Ha/ ha/ friſch her! ho/ ich bin wund/

Das pulver iſt von ſaltz vnd pfeffer/

Ho! die brunſt iſt in meinem mund:

Doch ſih/ es hat euch auch getroffen;

Zu loͤſchen muß es nicht mehr ſein

Gedruncken/ ſondern ſtarck geſoffen/

So ſchenck nur ein.

Durch diſen becher ſeind wir Siger;

So ſauff herumb knap/ munder/ doll/

Drinck aus/ es gilt der alten Schwiger/

Jch bin ſchon mehr dan halb/ gar/ voll:

Darumb ſo laſſz den Kaͤß herbringen;

Kom kuͤſſz/ ſo kuͤß mich artlich/ ſo;

Laß vns ein lied zuſamen ſingen/

Hem hoſcha ho!

Die
[256]Weltliche
Die Schwaͤblein/ die ſo gar gern ſchwaͤtzen

Jn Thuͤringen dem dollen land/

Fraſſen ein Rad fuͤr eine bretzen

Mit einem Kaͤß auß Schweitzerland:

Jn vnſrer hipſchen Frawen namen/

Schwab/ Schweitzer/ Thuͤringer/ Frantzoß/

So ſinget froͤlich nu zu ſamen/

Kom kuͤß mich Roß.

O daß die Schweitzer mit den laͤtzen/

Die Schwaben mit dem Leberlein

Die Welſchen mit den friſchen Metzen

Die Thuͤringer mit bier vnd wein

Jn jhrer hipſchen Frawen namen

Ein jeder froͤlich/ friſch herumb

Sing/ ſpring vnd drinck: vnd allzuſamen/

Kuͤſſz mich widrumb.

Nu ſchenck vns ein den groſſen becher/

Schenck voll/ So/ ho! Jhr liebe freind/

Ein jeder guter Zecher/ Stecher/

So offt als vil Buchſtaben ſeind

Jn ſeines lieben Stechblats namen

Hie diſen gantz abdrincken ſoll/

Jch neunmahl/ rechnet jhr zuſamen/

Es gilt gantz voll.

Wol/
[257]Gedichte.
Wol/ hat ein jeder abgedruncken/

Drey/ fuͤnff/ ſechs/ ſieben/ zehen mahl?

Jſt diſes kaͤß/ fiſch oder ſchuncken?

Jſt diſes pferd graw oder fahl/

Darauff ich ſchwitz? gib her die flaſchen/

Es gilt Herꝛ Grey/ Herꝛ Gro/ Gro/ groll/

So. diſe waͤſch wirt wol gewaſchen/

Seit jhr all doll?

Ho/ ſeind das Reutter oder Muͤcken?

Buff/ buff/ es iſt ein hafenkaͤß:

Zu zucken/ ſchmucken/ ſchlucken/ drucken/

Warumb iſt doch der A. das gſaͤß?

Pfuy dich/ kiß mich/ thuſt du da ſchmoͤcken?

Wer zornig iſt der iſt ein Lump/

Hey ho/ das ding die Zaͤhn thut bloͤcken

Bumb bidi bump.

Ha/ duck den kopff/ ſcheiß/ beiß/ Meerwunder.

Nu brauſet/ ſauſet laut das Meer;

Ein regen/ hagel/ blitz vnd dunder/

Hey/ von Hayſchrecken ein Kriegsheer;

Ho! ſchlag den Elefanten nider/

Es iſt ein ſtorck/ ha nein/ ein lauß/

Glick zu/ gut nacht/ kom kuͤſſz mich wider/

Das liecht iſt auß.

SAlß-
[258]Weltliche
Alß dan vergeſſend mehr zu trincken

Sah man die Vier/ wie fromme ſchaf

Zu grund vnd auff die baͤncke ſincken/

Beſchlieſſend jhre frewd mit ſchlaf:

Vnd in dem Sie die zeit vertriben/

Hat diſen ſeiner Freinden Chor

Alsbald auff diſe weiß beſchriben

Jhr Filodor.

Ode.
Oder
Paraneſiſch/ Bacchiſch vnd Saty-
riſches Gemuͤß.

WEil nu der lufft gantz vngeſtim

Mit ſchnee vnd regen ſich vermiſchet/

Vnd nu der wind mit nichten ſtum

Das erdreich gleichſam ſaiffend waſchet:

So laſſet Vns auch/ Liebe Freind

(Was ſprachen wir auch jmmer reden)

Den tiſch bedoͤcken zu der ſtund

Mit flaſchen/ ſchuncken/ Kaͤß vnd Fladen.

Bring
[259]Gedichte.
Bring her die glaͤſer/ vnd ſchenck ein/
Wem kan zutrincken doch miß fallen?
Der Wein hat gleichſam den rock an/
Alsbald wir jhn in ein glaß fillen:
Jedoch das rein Criſtallin glaß
Des weins leib/ nicht die farb/ bedoͤcket/
Alſo (O wunder vber groß)
Den wein vnd vnſer aug erquicket.

Dan er kaum ruͤnnet auß dem loch
Der ſchwangern Kanten oder Flaſchen/
Daß wie er ſchmollet Jch auch lach
Begehrend mich bald zu erfriſchen:
Halt Jch jhn dan in meiner hand
Daß auß dem glaß er werd gefreyet/
Merck Jch daß er mein hertz vnd mund/
Eh daß Jch jhn verſuch/ erfrewet.

Darumb wer doppeltes gut will

Anſchawen/ riechen/ ſchmoͤcken/ ſpiren/

Der muß nu einen becher voll

Des edlen rebenſaffts nicht ſparen:

So nem ein jeder ſein geſchuͤtz/

Vnd eh wir es zugleich hinrichten/

Muß er mit mir den reichen ſchatz

Zu loben/ ſingend nicht verachten.

S 2Die-
[260]Weltliche
Dieweil nu diſes ein Rhein-wein/

Oder dem Rheinwein zuvergleichen;

So ſchenck jhn in den becher ein/

Jhn mit gold noch mehr zu bereichen:

Er iſt klar/ lieblich/ friſch vnd reich/

Darumb muß er herumb paſſieren:

Jhr Herꝛen diſen bring Jch euch/

Daß keiner moͤg die zeit verlieren.

Jſt jener roht wein ein Frantzoß/

So thut er wol zu vns zu kommen:

Er laͤchlet wie ein rohte Roß/

Vnd wirt von Vns gern angenommen:

Jch hoͤr nicht mehr des winds getoͤß/

Sydher wir mit dem wein parlieren/

Beuvons. Meſſieurs, a vos ſantez,

So laſſet vns all garauſſieren.

Ho! wein her/ den vns das Welſchland

Ohn des Bapſts ſig vnd ſegen ſendet/

Ein ſchalen voll in meiner hand

Davon/ wirt bald wol angewendet:

Die farb iſt angenehm Jch ſih/

Vnd ſein geruch thut excellieren:

Signori, facciam brindiſi,

Er kan nicht dan euch aggradieren.

Ein
[261]Gedichte.
Ein ander Welſchland weiß ich noch/

Da man auch zechend froͤlich lebet

Mit Brot vnd Kaͤß/ vnd ohn den Koch

(Schier Schweitzer gleich) nach ehren ſtrebet:

Raich her das volle Kraͤußlein da/

Es gilt den Herꝛen vnd den Frawen:

M’y fato chwi (Ho!) miy fa,

So das iſt artlich gnewch in llawen.

Jſt Engelland ſchon ohn Weinwachs/

Hat man doch gute wein darinnen/

Vnd mancher drincket als ein Sachs/

Wan er die ſchlacht gern wolt gewinnen:

Drinck mir ein glaß des beſten zu/

Mit welchem die Juſuln prachtieren:

Then lett us drink, J’le drink to you,

Kan ein wein diſen ſurpaſſieren?

Die Nider-Teutſche friſche Fiſch/

Die gern lang hinder dem tiſch ſitzen/

Lieben den wein der ſtarck vnd friſch/

Vnd zechen gern biß daß ſie ſchwitzen:

So gib auch jhretwegen nu

Den groſſen Kelch damit zu zehren:

Myn Heeren, ho, ick brengh het u,

So. diſes haiſſet recht laveeren.

S 3Seit
[262]Weltliche
Seit jhr den Spaniern hie feind/

So langſamb jhrer zugedencken?

Seind ſie doch aller Laͤnder freind/

Wan ſie den wein ſchon nicht verſchencken:

Gib jhres weins das glaͤßlein da

Damit Jch beſſer moͤg hablieren/

A ſu ſalud, O, alla va,

Wer will mag emborraciarſieren.

Jn Jrland war ich auch einmahl/

Vnd ſah dort manche ding verwirꝛen/

Doch wiſſend wol die rechte wahl

Ließ ich mich billich nicht verjrꝛen:

Schenck ein ein wenig Vſquebagh

Jn Jrland vberall geliebet:

Sho fed tuorim; den go ſugagh,

So/ diſes haiſſet wol geuͤbet.

Hoͤr ich nicht Fratzen/ den Dickkopff/

Der/ witzloß/ jederman will lehren?

Vnd welcher/ ein recht grober Knopff/

Ohn ſich ſelbs niemand ſunſt will ehren?

Es gilt hie ſechs/ in einem ſuff/

Herꝛ Fratz/ jhr muͤſſet das auß ſauffen/

Es gilt/ Fratz/ Curly/ Murly/ Buff/

Biß alle fallen vbern hauffen.

Jch
[263]Gedichte.
Jch glaub/ jhr liebe Domini,

Daß jhr das Latein gar verſchworen/

Vnd auch das Griechiſch/ alß ich ſih/

Jſt nu verachtet vnd verloren:

Doch weil ein Chriſtliches Raͤuſchlein

Nicht kan (ut credo) offendieren:

Bring ich euch/ Monſier, das glaͤßlein/

Vnd wolt euch jetzt nicht gern turbieren.

Ho! Herꝛ Fratz/ was bedeuten doch

Schmorotzer/ Blacken vnd Bachanten/

Die ſo verhaſſet von dem Koch/

Als Schulfuͤchs/ Penalen/ Pedanten?

Warumb darff ohn ein Narꝛenkapp

Ein Narꝛ halb welſch vñ halb Teutſch glotzen?

Warumb doch will ein jeder lapp

Fuͤr gut Teutſch a la mode kotzen?

Jſt es nicht eines bloͤden hirns

Vnd eines Haſenkopfs merck-zaichen/

Der wol wehrt eines langen horns

Vnd gar nicht wehrt mit Vns zu zechen?

Mit Vns/ die wir dem guten wein

Allein zu ehren welſch gegecket/

Vnd doch mit groͤſſerm fleiß vnd wohn

Jn der welt groſſes buch gegucket.

S 4Glick
[264]Weltliche
Glick zu du ohn ein G. geſel/

Hat mich der Dominus verſtanden?

Er glaub mir/ daß dem Monſieur ſoll

Jch auffwarten in wenig ſtunden:

Dan certè wan Jch jhn recht ken/

So hat er ſehr gevoyagieret.

Der Teufel hol Euch (ohn ein N.

Herꝛ Hanß) weil jhr vns all vexieret.

Wer Teutſch iſt der red auch gut Teutſch/

Wie der Welſch will gut welſch parlieren;

Zu fuß geh wer ohn pferd vnd gutſch/

Vnd wer ein Narꝛ/ kan nicht vil lehren:

So ſprechet nu ein Vrthail auß

(Vnd maͤniglich mag es wol hoͤren)

Gleich iſt ein halb-Welſch-Teutſcher Haß

Den angeſtrichnen krancken Huren.

Vnd gleich wie der ein ſchwein/ ganß/ kalb/

Der gut vnd boͤſen wein vermiſchet;

So dem gehoͤrt ein Narꝛen-kolb/

Der Teutſch vnd Welſch zuſamen waſchet:

Sein hirn vnd red ſeind gelb/ weiß/ ſchwartz/

Gruͤn/ roht/ vnd blaw/ ein ſchneider kuͤſſin/

Ein alter ſchurtz/ ein lamer ſchertz/

Vnd gantz vnwuͤrdig mehrer boſſen.

Kom
[265]Gedichte.
Kom (ſchenckend das glaß wider ein)

Vns des luſts wider zu begaben:

Daß drinckend/ ſingend/ redend/ rein/

Wir Vns vnd andre auch erlaben:

Doch drinck wer will: Jch hab zuvil/

Wer will mag drincken/ dantzen/ ſpringen/

Frey bleibet jedem alles ſpihl/

Vnd wer will mag nu mit mir ſingen:

Friſch auff/ friſch auff/ ſeit wol zu muht

Herumb das glaͤßlein bald muß fahren:

Boͤß iſt das wetter/ der wein gut/

Vnd jhrer keines nu zu ſpahren.

Der wein ſparet zwar die witz

Mit nichten/

Weil er mit zu ſtarcker hitz

Druͤcknet vnſer dichten.

Jch waiß zwar noch wol wa Jch bin/

Darff aber wol fuͤr etlich ſchwoͤren/

Daß ſie ſehr gern jhr hertz vnd ſin

All tag verbauſen vnd verzoͤhren:

Bleibet jhr verſtand ohn wein

Dahinden/

Koͤnden ſie/ als ſtoͤck vnd ſtein

Drinckend jhn nicht finden.

S 5Sih
[266]Weltliche
Sih da/ wie weiß der Dominus

Sich vnder Vns allhie erzaiget/

Er beiſſz mir doch auff diſe nuſſz/

Sprach Fratz mit drincken nicht geſchwaiget:

Vnd profecto ich will nu

Selbs reymen

Beſſer dan jhr/ Ja dan du/

Vnd das loch verleymen.

Jch hab die laͤnder diſer welt

Schon vil Jahr her gedurch-marſchieret/

Vnd hab auch per dio vilmehr gelt

Dan all jhr welſche verſpendieret;

Kan ich aber nicht vil welſch

Parlieren/

So kan ich doch (gar nicht falſch)

Meinen becher loͤhren.

Jhr Herꝛen Jch brauch keine Liſt/

Jch drinck vnd hab nichts zu bedencken:

Zu drincken iſt allein mein luſt/

Es gilt/ vnd ſolt mir keiner dancken:

Will dan ewer keiner mir

Antworten/

Sollet jhr auch biß ich mehr

Euch hofiere/ warten.

Wie
[267]Gedichte.
Wie offt hab ich mit einem wort

Verjaget manche dolle Katzen?

Wie offt hab ich mit meinem ſchwert

Zerhacket manchen tollen Kautzen?

Diſe fauſt hat ſo vil blut

Vergoſſen/

Daß ohn blut kein ſtein/ baum/ blat/

Keine waͤld/ feld/ gaſſen.

So bin ich auch offt auff dem Meer

Schier in der Sonnen ſelbs erſoffen:

Daher ich auch ſchwartz als ein Mohr

Hat mit der Venus offt zuſchaffen:

Vnd durch manchen haiſſen ſchmatz

Verliebet/

Hat der Proſerpina ſchmotz

Offt mein hertz erlabet.

Was hat ſie vnder jhrem Boͤltz/

Daß ſie ſich ließ ſo gern auffſchuͤrtzen?

Jch waiß nicht was fuͤr Plutons boltz/

Der pflag gar Teufeliſch zu ſchertzen.

Ha. Er iſt ein arger Fuchs

Ohn zweifel/

Er iſt alles vbels Dux,

Vnd ein rechter Teufel.

Er
[268]Weltliche
Er hat zway hoͤrner als ein Ochs/

Vnd ſeine ſeuftzen ſeind fewrflammen;

Dem Dunder gleich iſt ſeine Vox,

Weil er von allen ſtrahlen ſtammen:

Seine augen/ wan es nox

Klar brennen:

Jſt es tag/ ſo iſt er mox

Fuͤnſternuß zu nennen.

Die Strix verehrte mir die puͤchs/

Dabey mein hertz an ſie gedencket/

Dieweil zuvor der hipſche Phryx

Dieſelbig jhr auß lieb geſchencket:

Wie Er/ hab ich mit jhr fuͤchs

Gejaget/

War es regen oder nix,

Hab ich es gewaget.

Gleich wie ein doppelt klare fax

Die anblick jhrer augen leuchten:

Vor jhrem Man ein Tuͤrck vnd Thrax

Muß zittern/ ſtincken vnd bald beuͤchten;

Jhre Magd/ die wie ein Dachs

Sich bucket/

War auch vrſach/ daß ſich pax

Zwiſchen Vns offt drucket.

Wer
[269]Gedichte.
Wer iſt begihrig jhres ſpecks/

Dem will ich bald ein bißlein ſchneiden;

Sehr groß iſt jhrer grillen grex,

Die koͤnt ich lieber dan Euch leyden:

Dan ich mag nicht ewers Dr …

Vergiſſen:

Drinck da/ drinck/ das iſt das lex,

Welcher nicht will eſſen.

Fuͤr meine witz iſt hie kein lux,

Fuͤr mein geſicht kein liecht zu ſehen;

Fuͤr meine hand kein Kelch/ kein crux,

Fuͤr meine fuͤß kein ſtand zu ſtehen;

Ho! wer hat mich bey dem haar

Gerauffet:

Mord/ raub/ raub/ mord/ O gefahr/

Alles rund vmblauffet.

Ach wie kam ich in dieſes ſchiff?

Es grauſet mir; ich kan nicht ſchwimmen:

Hilff/ hilff/ ein ſail/ ſtoß oder griff;

Ach weh! nu hab ich auch das grimmen:

Alles layder! iſt vmbſunſt/

Wir ſincken.

Was? Ja wol in diſer brunſt

Brennen wir/ vnd ſtincken.

Ho!
[270]Weltliche
Ho! helffet/ raichet das geſchirꝛ;

Es iſt vmbſunſt/ es iſt geſchehen.

Jch bin gantz naſſz; Jch bin gantz dirꝛ/

Stum/ lahm/ kan ich nichts hoͤren/ ſehen:

Ach/ die hagelſtein/ plitz/ ſtrahl

Vnd dunder

Kammend auff mich auff ein mahl

Schlagen mich hinunder.

Wa iſt mein fuß/ wa meine ſtirn/

Oh/ mein kopff waltzet auff der erden/

Halt/ ich verlier ſunſt all mein hirn/

Was wird doch endlich auß mir werden?

Jſt kein hilff in diſer noht

Zu haben?

Got erbarm es. Jch bin tod

Vnd auch ſchon begraben.

Der volle Narꝛ/ der wuͤſte Fratz/

So wol beſoffen als geſchoſſen/

Hat als ein ſtinckend naſſer Ratz

Sein abenthewer nu beſchloſſen:

Vnd zu gedechtnus ſeiner that

Soll Er hie ſeine Grabſchrifft ſehen/

Wan von dem Rauſch der grob Vnflat

Soll wider-wachend aufferſtehen:

Fratz
[271]Gedichte.
Fratz liget vnder diſer banck/

An leib vnd ſeel ſehr wuͤſt beſudlet/

Der mancherlay gedranck/ geſtanck

Vnd ſprach vermiſchet vnd verhudlet.

Ach Leſer/ wuͤnſch/ daß jhm/ dir/ mir/

Got das gedeyhen wolle geben/

Daß vnſer jeder nach gebihr

Moͤg beſſer reden/ drincken/ leben!

Gedichte
[272]Weltliche

Gedichte
Fuͤr Auffzuͤge/ Balleth vnnd
Maſcaraden gemachet.


Lied

Bey der Spiegler Balleth zu Stutgart
gehalten. 1616.


WArumb jhr Frawen vnd Jungfrawen

Spieglet jhr euch ſo williglich/

Wan die Sonn jhren glantz zu ſchawen

Pfleget in euch zu ſpieglen ſich;

Vnd wan die klarheit ewrer augen

Kan wol fuͤr einen ſpiegel taugen?

Jhr wahre Spiegel aller ehren

Pfleget mit durchdringendem ſchein

Die Goͤtter vnd menſchen zu lehren

Wie tugenthafft ſie ſollen ſein/

Dieweil die klarheit ewrer augen

Kan beſſer dan kein ſpiegel taugen.

Darumb die Goͤtter mit verlangen

Als Spiegelmacher gar voll glantz/

Zu ehren Euch kommen gegangen/

Zu ſpieglen ſich in jhrem dantz/

Dieweil die ſtriemen ewrer augen

Fuͤr ſpiegel jhren ſpiegeln taugen.

Fuͤr
[273]Gedichte.
Fuͤr ermeltes Balleth.

Sonnet.


JHr Nymfen/ deren blick mit wunderbarem ſchein

Kan vnſer hertz zugleich erlaben vnd verſehren/

Vnd deren angeſicht/ ein ſpiegel aller ehren/

Erfuͤllet Vns mit forcht/ mit hofnung/ luſt vnnd

pein:

Wir bringen vnſern Kram von Spieglen klar vnd

rein/

Mit bit/ jhr wollet euch zu ſpieglen nicht beſchwerē;

Die ſpiegel/ die ſo klar Vns ewre ſchoͤnheit lehren/

Die lehren euch zumahl barmhertziger zu ſein.

Wol. So belieb es Euch mit lieblichen anblicken

Erleuchtend freindlich Vns vnd vnſern leichten

Dantz

Vnd ſpieglend Euch zumahl in Vns/ Vns zu

erquicken;

Solt aber vngefehr Vns ewrer Schoͤnheit glantz/

Vnnd ewrer haaren ſchein verblinden vnnd ver-

ſtricken/

So troͤſte beederſeits Euch der Krantz/ Vns die

Schantz.

TBey
[274]Weltliche

Bey einem Auffzug fuͤr ein Ring-
rennen. 1616.


Lucidor.
An das Frawen Zimmer.

JHr Nymfen diſer welt der einig wehrte pracht

Mit deren lieblichkeit die himmel ſich erlaben;

Die Goͤtter haben ſich ſchier mangelhafft gemacht

Euch reichlich zu begaben.

Auch iſt das lob ſo groß von der vollkommenheit

Dadurch die Helden jhr der freyheit gern beraubet/

Daß es das grobe Volck fuͤr eine eytelkeit

Schier haltend vngern glaubet.

Weil aber ich nu ſih daß ewer angeſicht

Mit ſo liebreicher brunſt das beſte hertz verſehret/

Sprich Jch daß ewer lob mit einigem gedicht

Die warheit nicht vermehret.

Dan ewrer augenſchein iſt ſo ſuͤß/ keuſch vnd klar

Daß wer ſich jmmer Euch zu loben wolt bemuͤhen/

Der kan/ wie weiß er auch/ mit ſeiner witz gefahr

Kaum ſeiner ſchand entfliehen.

Jch
[275]Gedichte.
Jch meines theils kam nu weit vber Meer hieher/

Euch allen nach gebuͤhr ehr vnd dienſt zu erzaigen:

Venus iſt fro vor Euch (als jhrer herſchung ehr)

Gebuͤhrlich ſich zu naigen.

Wolan ſo laſſet nu mich Ewrer augen glantz/

Vil klarer dan die Sonn/ inbruͤnſtiglich erquicken!

Nur ein liebreicher blick kan mit dem Lorboͤr-Krantz

Mich alſobald beglicken.

Venus an das Frawen Zimmer.
PRin ceſſin/ gleichloß an geſtalt/

Vermehrend meines Sohns gewalt/

Jhr deren haar/ ſtirn vnd augbrawen

(Darunder himmeliſche blick

Entdoͤcken aller hertzen glick)

Wie Triumfbogen anzuſchawen.

Jhr/ deren ſchoͤnheit/ ehr vnd zucht

Jſt nu mein troſt/ ſchutz vnd zuflucht

(Weil niemand Euch kan widerſtreben)

Zu Euch kom ich mit meinem Sohn/

Euch vnſern Apfel/ Scepter/ Cron

Vnd Schoͤnheit ſelbs zu vbergeben.

T 2Dan
[276]Weltliche
Dan ja ein jede vnder euch/

So goͤtlich ſchoͤn/ ſo weiß/ ſo reich/

Den guͤldin Apfel kan begehren:

Jch/ Juno vnd Pallas zu mahl

Schamroht ab dem ſtreit vnſrer wahl

Euch alle nu mehr billich ehren.

Darumb jhr Nymfen keuſch vnd rein/

Jhr deren hertz-leuchtender ſchein

Kan alle hertzen bald enttruͤben/

Vermehret mein vnd ewer lob/

Vnd fahret fort mit ſuͤſſer prob

Keuſch vnd beſtaͤndiglich zu lieben.

Jhr/ deren augen klarer preiß

Den ſehlen pfleget jhre ſpeyß

Mit lieb zu nemen vnd zu geben/

Verkuͤndet/ daß das groͤſte layd

Verkehret ſich durch lieb in frayd

Vnd das recht lieben iſt recht leben.

Jhr/ deren hertzen noch gantz frey

Mit vnverſprochner freyer trew

Sich hin vnd widerfliegend vben;

Wiſſet daß alle frewd vmbſunſt/

Wa man nicht hat der Liebe gunſt/

Vnd das wol leben iſt wol lieben.

Cartel
[277]Gedichte.
Cartel

Des Ehrwerbenden Teutſchen
Adels/ auffgefuͤhret
Bey H. Achilles Friderichen Hertzo-
gen zu Wirtemberg/ ꝛc.
1616.


WJr kommen nicht hieher Vns ſelbſten vil zu

ruͤhmen/

Oder durch frembde ſprach die warheit zuverbluͤmē/

Als ob wir kaͤmen her auß einem End der Welt/

Oder wider belebt von Eliſiſchem Feld.

Nein. Teufel ſeind wir nicht/ noch Riſen/ noch halb-

Goͤtter/

Noch Helden/ noch Wildleut/ noch vnſers Lands

verſpoͤtter;

Das edle Teutſche Reich iſt vnſer Vatterland

Teutſch ſeind wir von geburt/ von ſtammen/ hertz vnd

hand;

Was dient es frembden preiß vnd Namen zu ent-

lehnen?

Teutſchland bedarff ſich nicht mit Außlaͤndern be-

ſchoͤnen:

Wie dan die welt wol weiſt/ daß Teutſchland alle zeit

Hat leut fuͤrtrefflich gnug zum friden vnd zum ſtreit.

T 3Darumb
[278]Weltliche
Darum̃ ob wir wol jung nicht ſonders vil erfahrē/

Begehrē wir doch nicht die haut noch fauſt zu ſpahrē:

Sondern erſcheinen nur in vnſer Teutſchen tracht

Mit redlich-Teutſchem muht/ vmb vnſer erſte macht

An diſen Rittern hie (die ſo hoch triumfieren)

Jhrer begird gemaͤß/ gewafnet zu probieren;

Verhoffend/ zweifels frey/ daß diſe erſte prob/

Vollendend jhren ruhm/ anfangen ſoll das lob/

So man von nunan wirt durch die ſtraich vnſrer

woͤhren

Vnder dem Firmament taͤglich erſchallen hoͤren.

Die gefangne Venus.
An das Frawen Zimmer.

PRinceſſin/ deren ehr vnd liebliche geberden/

Vnd deren Tugent pracht ein Paradis auff erdẽ/

Jhr deren leib vnd ſehl an allen gaben reich

Seind vnvergleichlich gleich.

Jhr/ deren ſuͤſſe blick liebreich/ nach ewerm willen/

Die ſehlen kan mit troſt oder mit forcht erfillen:

Jhr deren angeſicht der hertzen ſuͤſſe waid

Kan ſtewren meinem layd:

Jhr Goͤttin/ duldet nicht dz mein Kind da ſoll hangẽ/

Noch dz Jch (Goͤttin) ſelbs bleib ſpoͤtlich hie gefangẽ:

Dan groͤſſer meine Rew/ wan meine ſchuld iſt groß/

So ſprechet mich nu loß.

Mein
[279]Gedichte.
Mein weinen ſoll (hoff ich) bald ewer hertz erwarmen;

Weil der ellenden ſich die Frawen gern erbarmen:

Die hohe Goͤtter ſelbs auff eines ſuͤnders rew

Der ſtraff jhn laſſen frey.

Jch ſchwoͤr bey ewrem haar/ darein die ſehlē ſchwebē/

Ewerm exempel nach fuͤrhin ſtehts keuſch zu leben/

Vnd vbergib zugleich in ewre wehrte hand

Mein Reich vnd macht zu pfand.

Danckſagung fuͤr jhre erledigung.
EVch will ich dienen/ loben/ ehren/

O Nymfen/ der welt beſtes glick/

Weil (gnaͤdig) hoͤrend mein begehren

Jhr Vns gefreyhet von dem ſtrick

Sich bey euch in dienſt zu begeben

Vil beſſer iſt dan frey zu leben.

Mein Richter war bald vberwunden

Als Er ſah ewer angeſicht.

Doch bin ich noch ſo hart verbunden

Ob ich wol gefangen nicht:

Zwar ſich in ewern dienſt begeben

Jſt ein glickſeelig-freyes leben.

T 4Fuͤr-
[280]Weltliche
Fuͤrhin ſolt jhr mein Reich regieren/

Damit die welt glickſeelig ſey/

Die laſter auch den ſchwanck verlieren

Vnd moͤniglich auß frewden ſchrey:

Jn ewern dienſt ſich zu begeben/

Jſt das glickſeeligiſte leben.

Der Pilger Geſang
Fuͤr die Hertzloſe Ritter.

JHr Goͤttin zart/ jhr deren herꝛlichkeit

Die Goͤtter ſelbs nicht koͤnden widerſtreben/

Ach ſtehet ab von ewrer haͤrtigkeit

Vnd laſſet doch den Rittern hie das leben.

Jhr junges hertz ließ ſich durch der Lieb brunſt/

Die ewer aug erwoͤcket/ ſchnell verzoͤhren:

Jedoch nach luſt durch eines anblicks gunſt

Koͤnt jhnen jhr ein newes hertz beſchoͤren.

So troͤſtet ſie mit einem ſuͤſſen blick

Damit ſie nicht hie laͤnger hertzloß ligen:

Dan ewer iſt das Lob/ vnd Jhr das Glick

Wan ſie durch Euch behertzet/ muhtig ſigen.

Neptu-
[281]Gedichte.
Neptunus an das Frawen Zimmer.

Fuͤr ein Fuͤrſtlich Wirtembergiſches
Balleth. 1618.


WJe ſunſt ein Potentat/ der weit vñ brait regieret/

So wol daß Er erzaig ſeine leutſeeligkeit/

Als auch daß er ſein volck/ in friden/ einigkeit/

Vnd gutter lieb erhalt/ dieſelbe viſitieret:

Alſo thaͤt ich auch laͤngſt (vñ billich zwar) beſchlieſſen/

Die quellen/ ſee/ vnd fluͤß/ die mit ſtandhaffter trew/

Von anbegin von Mir jhr lehen halten frey

Durch diſer welt vmbkraiß einſt freindlich zu be-

gruͤſſen.

Demnach Jch mich numehr auff diſe raiß begeben/

Traf (vngefehr) Jch an auff meinem naſſen Reich

Jn diſer Jnſul gruͤn zwoͤlf Ritter (die ſehr gleich

An dapferkeit vñ muht) forchtloß hin vñ herſchwebē.

Gantz fro traf ich ſie an/ als die ich offt geſehen/

Vnd Sie mit gleicher frewd mir machten alßbald

kund/

Daß mein Alſiſche Nymff den ſuͤſſeſten Liebs-bund

Mit meinem Neckar hie begehrte zu begehen.

T 5Als
[292]Weltliche
Als ſolches Jch vernam/ wolt ich ſie ſelbs herfuͤhren/

Zu Euch/ O ſchoͤne ſchar/ nach deren augenblick

Sich richtet auff dem Meer vnd auff dem Land das

glick/

Mit jhnen eweꝛ Feſt/ jhr feſt mit Euch zu zieren.

So nemet ſie nu auff zu ſtehts lieb-reichen frayden/

Dan wie gleichloß in euch der Lieb holdſeeligkeit/

So groß iſt jhre Lieb/ ſterck vnd beſtaͤndigkeit/

Daß nichts ſoll ſie von euch/ Nichts euch von jhnen

ſchaiden.

Ein Schwaͤbiſch Lied.
Jm Taun: Was ſott Jſinga.

Der Schwaͤbiſchen Bawren. Bey
einem Fuͤrſtlichen Auffzug.


YEr hipſcha Meatza luogat zuo

Mar wettat gaun mit Vy a kuo

(Mit gaunſt vnd guotan ayhro)

Mar dumlat as reacht/

As depfere kneacht/

Mit diena grauſſa hayra jo hayro.

Wem mara wenga bſoffa ſend/

Vnd das mar aunſarn Spilman hend/

Dear
[293]Gedichte.
Dear aß kan zdanza pfeiffo:

So ſem mar ſchaun fraw/

Vnd kennat gaun aw

Dmedla depfar angreiffa jo greiffo.

Was derfs vil weaſas do/ botz bleach/

Lend aß ſien wear verduot duy zeach/

Lend aß gaund’ſtanga leyho:

So muoß aß gaun ſain

Vm mar ſtoͤckats nain

Sotts ſchaun dia gſella kheya jo kheyo.

Nan ſo gend aß an healla blick

Den Vyar gſicht iſcht lauttar glick/

Vnd macht aß dſtang erſchittlo:

Vyr hor des iſcht aw

As glitzig aß ſchtraw/

Wie raun ſend uyra ditla jo ditlo.

Vnd vyra goſcha ſend ſo rawt/

Aw ſuͤſſar wedar kaͤß at brawt

Wen ar dzaͤn froindly bloͤckot:

Ar frayata gaun

Aß wem mar dſchtang ſchaun

Hettat mitta nein gſchtoͤckat/ jo gſchtoͤckot.

Staͤnde
[284]Weltliche
Staͤndevber die Wirtembergiſche
Auffzuͤge vnd Ritterſpihl/ ꝛc.

NEin/ es iſt nicht mehr noht ſich ab dem groſſen

pracht

Des Roͤmiſchen triumfs ſtehts alſo zu entſetzen:

Teutſchland hat wol nu mehr dergleichen fuͤrge-

bracht

Daß man damit gnug kan geſicht vnd ſehl ergoͤtzen.

Nein/ es iſt nicht mehr noht/ mit welſch-vermiſchter

ſprach

Außlaͤndiſche wolluͤſt vnd frewden zu erzoͤhlen;

Teutſchland empfacht dardurch weder geſpoͤt noch

ſchmach/

Sondern hat in ſich ſelbs noch frewd gnug zu er-

woͤhlen.

Nein/ es iſt nicht mehr noht der frembden kunſt vnd

witz

Erfindungen vnd ſpihl vnnachthunlich zuachten:

Dan Teutſchland/ welches ſelbs der erfindungen ſitz/

Erweyſet vil mehr kunſt den frembden zu betrachten.

Eben alhie ſah man die Printzen mit wolſtand

Verꝛichten jhre laͤuff wie herꝛſchende Planeten:

Dazu die Nymfen dan durch jhrer angen brand

Mit ſuͤſſer Jnfluentz leuchteten wie Cometen.

Got/
[285]Gedichte.
Got/ welcher geber iſt vnſers vnd alles guts/

Geb daß die Teutſchen auch (folgend jhren Vor-

fahren)

Wie freygebig ſie ſeind jhrer reichthumb vnd bluts/

Begihrig bleiben ſein vnd jhr ehr zubewahren!

ENDE.



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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2025). Weckherlin, Georg Rodolf. Gaistliche und Weltliche Gedichte. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). https://hdl.handle.net/21.11113/4bpj8.0