Schriften.
zu finden bey dem Commercienrath
Daniel Chriſtian Hechtel,
1776.
Vorrede.
Hier uͤbergebe ich dem Leſer etwas ſelte-
nes zur Pruͤfung deſſen, was GOtt fuͤr
die gegenwaͤrtige Zeit hat laſſen kund
werden.
Es iſt nuͤtzlich, auch ungewohnte Dinge mit
gewohnten zu vergleichen. Aber dabey iſt noͤ-
thig, mit ſeinem Urtheil zuweilen ſtill zu ſte-
hen, bis man die ganze Sache uͤberſiehet.
Der Unglaube der Welt hat GOtt bewegt,
einen beruͤhmten Philoſophum zu einem Ver-
kuͤndiger himmliſcher Nachrichten zu machen.
Dieſer Philoſoph hat ſeiner Jmagination
durch die Mathematik Einhalt gethan.
Man ſage demnach nicht, daß es bloſe Ein-
bildungen ſeyen. Standhafte Erfahrungen
ſind keine Einbildungen.
Dieſe Erfahrungen ſind aus einem Ein-
fluß himmliſcher Jntelligenzen durch des
HErrn Befehl gefloſſen.
Sagt man: Wir haben Moſen und die
Propheten, ſo hat man die Wahl, es nicht
zu leſen.
A 2Je-
[4]Vorrede.
Jedoch ſolle ein lehrbegieriger Menſch nichts
vorbey laſſen, was ihme neue Aufſchluͤſſe der
Wahrheit anbietet.
Swedenborg, ein vornehmer Berg-Aſſeſ-
ſor in Schweden, hat ein groſſes Buch in
Folio, ſo ſehr koſtbar iſt, geſchrieben. Dieſe
Philoſophie nenne ich irrdiſch, im Gegenſatz
gegen der folgenden, welche himmliſchen Ur-
ſprungs iſt, welche er in 13. noch theurern
Buͤchern edirt.
Findet man nicht nur unglaubliche, ſon-
dern auch dem Schein nach widrige Saͤtze, ſo
bedenke man, wie die 12. Epheſer, Act. 19, 2.
welche nie gehoͤrt, daß ein Heil. Geiſt ſey,
gleichwohl ſo bald gewuͤrdiget worden, den
Heil. Geiſt zu empfahen, ungeachtet ſie in ei-
nem Hauptgrund unwiſſend, und der Schrift
entgegen waren.
Daher ich dieſe ganze Sache als eine Phi-
loſophie, nicht als eine Theologie anzuſehen
bitte. Eine Philoſophie kan auf mancherley
zweifelhafften und wahren Seiten angeſehen
werden.
Paulus als er himmliſche Offenbarungen
vorgab, ſagte: Nimmt mich an als einen
Thoren. Er wollte aber doch gepruͤft und er-
wogen haben, was er geſchrieben. So neh-
me der Leſer auch dieſe Schrift an:
Doch halte er ſie gegen die Heil. Schrift.
Preißt nicht Swedenborg die Heil. Schrift
hoͤher
[5]Vorrede.
hoͤher als jemand an? will er nicht nach der-
ſelben ſeine Erfahrungen gerichtet wiſſen?
Hangt nicht alles wohl zuſammen? Beruft
er ſich nicht auf viele Zeugen?
Man durchgehe ſeine Hauptſaͤtze, z. E. vom
Sterben eines Menſchen: Kommt es nicht
mit Heil. Schrift uͤberein, daß die Engel da-
bey ihren Dienſt thun?
Ferner von der Natur eines Geiſtes, daß er
Geruch, Geſicht und Gehoͤr habe ohne ſeinen
Leib, iſt diß nicht Luc 16 gemaͤß? JEſus aber
tribuirt dem reichen Mann auch den Geſchmack
Von den 3. Himmeln ſagt er, wie Paulus
2 Cor. 12, 2. die Seelen kommen erſt ins Pa-
radies, als einen nidrigen Ort. Das ſagt
Chryſoſtomus auch mit H. Schrift, ungeach-
tet unſer ſeel. Bengel es anderſt deutet in der
Stelle 2 Cor. 12, 2. bey Paulo, nicht bey
dem Schaͤcher.
Die Engel ſind Bilder des ganzen Himmels,
in geſellſchaftlicher Vereinigung mit den Kin-
dern, nach Matth. 18, 10. Sie ſehen uns, ob
wir bekehrt ſeyen oder nicht, nach Luc. 15, 7.
Der Himmel iſt lauter Liebe des Ganzen.
Die Hoͤlle wird von Swedenborg beſchrie-
ben nach dem Vergeltungsrecht, Luc. 16. da die
Unſelige die, welche ſie in dieſem Leben verach-
tet, ſehen, wie der reiche Mann den Lazarum.
Die Strafen der Hoͤlle ſind nach ihme zur
Beſſerung, wann ſchon die Seele in der Hoͤlle
eine Verderbniß leidet. Luc. 12, 2. 3.
A 3Nie-
[6]Vorrede.
Niemand wird in der Hoͤlle geſtraft um an-
geerbter Suͤnden willen, das iſt Heil. Schrift
ſehr gemaͤß. Strafen iſt GOtt ein fremdes
Werk, er plagt nicht von Herzen die Menſchen.
Daß alle Wochen eine Million Menſchen-
Seelen in die Ewigkeit uͤbergehen, kommt mit
Herrn Suͤßmilch ziemlich uͤberein.
Die, welche als Gezuͤchtigte ſterben, 1 Cor.
11, 30. heiſſen Entſchlafene, ſie ſind in der
Abſtreifung oder Vaſtation.
Die Herrlichkeit GOttes wird durch die Be-
ſchreibung des himmliſchen Lichts ſchoͤn beſtaͤ-
tigt.
Denen Unſeligen, ſagt Swedenborg, ſeye
das Licht GOttes unertraͤglich. Das iſt das:
O ihr Berge fallet uͤber uns! und 2 Theſſ.
1, 9. NB. ſie meynen, ſie ſeyen wie auf der
Welt mit Bergen umgeben, eben wie Swe-
denborg ſagt.
Siehe, mein Leſer! wie viel Uebereinkunft
giebt es in kurzer Reyhe mit Heil. Schrift,
und zwar in wichtigen Dingen. Es finden
ſich weit mehrere.
Tümmius ſagt, durch Beſchreibung der
kuͤnftigen Dinge ſey die gemeine Moral vom
Evangelio unterſchieden. Folglich iſt Swe-
denborgs Lehre keine gemeine Moral, doch
aber auch noch kein Evangelium.
Jm Evangelio fehlt nichts. Jn Sweden-
borg iſt vieles unberuͤhrt. Z. E. von der Auf-
erſte-
[7]Vorrede.
erſtehung und von dem Feuer des groſſen Tags,
1 Cor. 5. und Marc. 9.
Zur Pruͤfung dieſes Buchs gehoͤrt alſo,
was der ſolide Schriftforſcher Launay, ein
Staatsmann in ſeiner Vorrede uͤber ſeine
Remarques ſur le Texte de la S. Bible ſagt:
nemlich in Heil. Schrift giebt es zweyerley
Objecta: Taͤglich Brod und Perlenfiſcherey.
Das letzte wuͤrde, wie mich duͤnkt, manchen
zu naß machen, daher iſt hierinn die Pruͤfung
nicht ſo leicht.
Zweifelt man in ſolcherley Factis, ſo hoͤre
man, was hohe Standesperſonen davon ſa-
gen, nicht nur was der beruͤhmte Erneſti ſpricht
in ſeiner Theol. Bibliothec.
Zuletzt erinnere ich noch diß, und darinn
wird mir Herr D. Erneſti Beyfall geben: Al-
le Weiſſagung auſſer Heil. Schrift iſt einiger
Gefahr der Worte unterworfen, nemlich
- I. Wann man mit ſeiner Particulargabe
ſich wagt, das Ganze der Heil. Schrift zu be-
ſchrenken, wie es J. Bœhm, Guion und Bou-
rignon zuweilen gemacht. - II. Jndem man unausſprechliche Dinge,
Simultanea, oder Dinge, die zumal zu Geſicht
kommen, nach und nach ausſpricht, wie die
Perceptiones centrales ſimultaneæ ſeyn, ſo kan
man viele Fehler machen, daher ſind ἄρρητα
ρηματα nicht wohl auszureden.
A 4III.
[8]Vorrede.
- III. Jndem man nicht gleich weiß, in wel-
chen verborgenen Stellen Heil. Schrift die
Richtſchnur liege. - Diß iſt ſchon zur Apoſtel Zeit dasjenige ge-
weſen, welches die Prophetiſche Ausſagen hat
veraͤchtlich gemacht. 1 Theſſ. 5, 20. - Paulus aber fagt: Pruͤfet, pruͤfet, behal-
tet das Gute; Er ſagt nicht: Verwerffet
das andere, weil man es kann dem HErrn ſte-
hen laſſen, weil man ſein Urtheil auffchieben
kann, ehe man verachtet Phil. 3, 15. - Diß iſt, was ich zur Vorrede noͤthig finde,
zu ſchreiben: Jn dem Buch ſelbſt wird man
noch manches finden, wie man pruͤfen muß.
Nicht nur die Worte GOttes, ſondern auch
die Werke GOttes muß man darzu nehmen,
wann man pruͤfen will, wie ich in der Vorre-
de des von mir edirten Buchs, Diviſch Theo-
rie der Electricité, beruͤhrt. - Leſer, merke wohl, was auf den Titul ſie-
het, zur Pruͤfung des Beſten, nicht zur Secti-
rerey.
Herrenberg, in Wuͤrtemberg,
geſchrieben den 1. Sept.
1765.
der AUCTOR.
[[9]]
Swedenborgs
und anderer
Jrrdiſche und
himmliſche Philoſophie,
zur Pruͤfung des Beſten,
aus Licht geſtellt
von
Friederich Chriſtoph Oetinger,
Special-Superintendenten in Herrenberg,
Wuͤrtemberger Lands.
[[10]][[11]]
Das Syſtem
der
irrdiſchen Philoſophie.
Emanuel Swedenborg,Aſſeſſor Colle-
gii Metallici in Schweden, ein ſehr ge-
lehrter Edelmann, hat ein neues ſehr
begreifliches Syſtema erſonnen, darinnen er die
bißher bekannte Experimente mit dem Mag-
neten, desgleichen Keplers Reglen von den
Geſchwindigkeiten, periodiſchen Zeiten und
den viribus centripetis der Planeten in den
verſchiedenen Entfernungen von ihrer Son-
ne und ihrer Excentricitaͤt, vermittelſt ſeines
Syſtems à priori erwieſen. Das Syſtem lauft
da hinaus. Der Auszug iſt gemacht aus dem
Buch in Folio,Swedenborgsprincipia re-
rum naturalium.
Aus dem Invinito iſt entſtanden der erſte
Punkt, und in dieſem iſt der Kraft nach al-
les gelegen: Es iſt als ein ſimplex ſecundum
quid zu concipiren. Jn dieſem Simplici iſt
ein
[12]Das Syſtem
ein innerlicher Zuſtand zu einer *) Schrau-
benfoͤrmigen Bewegung, und folglich auch
ſolcher-
[13]der irrdiſchen Philoſophie
ſolcherley Bemuͤhung zur Bewegung. Aus
dieſem iſt entſtanden das erſte Finitum, und
in dieſem alſo auch eine Schraubenfoͤrmige
Bewegung der Theile: Daraus entſtehet ein
motus internus progreſſivus im Ganzen, ein
motus um die Axe, und endlich der motus lo-
calis, wenn nichts im Weg ſtehet. Der Mo-
tus localis bringt ein Activum mit ſich, und
aus dieſem entſtehen mehrere Activa, da eins
dem andern aͤhnlich iſt. Aus den Finitis und
Activis entſtehet das elementare, eins dem an-
dern aͤhnlich; nur daß ſie im Grad und in
der Abmeſſung unterſchieden ſind, woraus
erhellet, daß Swedenborg drey Grundan-
faͤnge annimmt, Finita, Activa und Elemen-
taria. Sie bringen alle wieder andere her-
vor; nemlich Finita von der erſten, andern,
dritten, vierten Generation; Das zweyte
iſt dem Simplici am gleichſten. So auch die
Activa, ſo auch die Elementaria, welche aus
Finitis
*)
[14]Das Syſtem
Finitis und Activis entſtehen, dabey die Finita,
die Superficiem, die Activa aber den innerli-
chen Jnnhalt ausmachen. Wer nun eines
der Finitotum, Activorum und Elementarium
weißt, der weißt alle, und auf dieſe Art kann
man zur wahren Erkaͤntnis der Dinge kom-
men. Jn jedem iſt eine dreyfache Bewegung,
eine innerliche, in den ſpiraliter bewegten
Theilen, und heißt Motus progreſſivus, eine
aͤuſſerliche um ſich ſelbſt, und heißt Motus
axillaris, und eine Local-Bewegung. Swe-
denborg glaubt nicht, daß es andere Arten
der Bewegung gebe: er glaubt, daß alle die-
ſe Bewegungen nur einen Urſprung haben,
nemlich die Spiral-Bewegung: Jedennoch,
wenn mir vergoͤnnet iſt, gleich hier etwas ent-
gegen zu halten, ſo denke ich, es gebe viel Be-
wegung, die nicht per pulſum primi ſimplicis,
ſondern aus der inneren verkehrten Activité,
durch Erhebung der Imagination entſtehen.
Wahr iſt es, wenn alle Bewegung gleich im
Anfang mechaniſch und geometriſch iſt, wie
Swedenborg ſagt, ſo iſt eine Nothwendig-
keit in allen Geburten und Entſtehungen:
Aber in dem Principio activo iſt ein groſſer
Ueberfluß von Selbsbewegung; dieſe Selbs-
bewegung kan durch falſche Vorſtellung wie-
der ruckwaͤrts in die erſten Principia gehen,
und dadurch eine Verkehrung und Abirrung
des Geſchoͤpfs verurſachen: Darinnen beſte-
het eigentlich die Suͤnde, die Verkehrung und
der
[15]der irrdiſchen Philoſophie.
der Abfall, daß eine Creatur nicht in der
Wahrheit beſteht, ſondern etwas erregt, das
wider GOttes Ordnung iſt, wie der erſte En-
gel oder der erſte Menſch.
Swedenborg ſetzt alle Bewegun-
gen als mechaniſch, geometriſch und auf ſol-
che Art hypotheticé nothwendig: nur die Be-
wegung des erſten Simplicis kann er nicht me-
chaniſch machen; denn weil da keine vis iner-
tiæ, keine Reſiſtenz, kein Mittel und kein Ve-
hiculum von anderer Art, kein Finitum, kein
Activum, kein Elementare kann gedacht wer-
den, ſondern lauter Bemuͤhung aus gleicher
in gleiche Bewegung, ſo iſt alſo alle Mecha-
nic der Seele eine pure Selbsbewegung
ohne Mechanic. Hier ſiehet man den Defect
in aller Philoſophie! Es laͤßt ſich nicht ohne
groſſen Sprung gedenken, und kann man von
dem Urſprung des Boͤſen wenig tuͤchtiges
philoſophiren, es ſeye dann, ich nehme an,
das erſte Finitum ſeye in ſich ſehr chaotiſch
und itregular, werde aber regulair, wenn es
fuͤr ſich nicht hinter ſich bewegt wird. Fuͤr
ſich wird etwas aus der Finſterniß ins Licht
bewegt; hinter ſich aus dem Licht in die Fin-
ſterniß; alles Tohu und Bohu, alles Wuͤſte
und Leere, iſt nach Heil. Schrift Finſterniß,
diß ſehnet ſich regular zu werden: Wenn der
erſte Menſch mit dem erſten chaotiſchen Fini-
to waͤre fuͤr ſich gegangen, ſo waͤre alles ſehr
gut
[16]Das Syſtem
gut geblieben; Nachdem er aber die Principia
ruckgaͤngig gemacht hat, und mit dem Activo
die Finſterniß als den Grund des Finiti er-
regt, ſo iſt die Suͤnde und Fall durchaus
entſtanden. Diß ſeye geſagt per parentheſin.
Nun wieder zu Schwedenborgs Syſtem.
Aus der Bewegung der erſten Finitorum
um die Axe, welche die Finita ſecunda mit in
Bewegung bringen, wenn ſie ſich in plano
eclipticæ, wo das Centrum gravitatis iſt,
durchſchneiden, entſtehet eine ſuperficies ap-
parens: Durch die Geſchwindigkeit der Be-
wegung erlangen ſie eine Vim; Gleichwie in
Menſchen und Thieren die Bewegung von
den Muſculis kommt, der Muſculorum Be-
wegung aus andern Organis, die Organa
von der Seele erregt werden, und alle dieſe
Bewegungen eine einige ganze Bewegung zu
ſeyn ſcheinen. Jn dieſer Bewegung beſtehet
nun das Activum, welches mit dem Finito
primo coexiſtirt; daraus entſtehet nun auch
ein agens und ein patiens; wenn die vis
finitorum in aggregato gehemmet und zuſam-
men gebunden iſt, ſo iſt ein patiens da; wenn
ſie aber in wuͤrklich freyer Bewegung iſt,
ein agens. pag. 70. 74. 78. Princip. rerum
naturalium.
Nun kommt erſt etwas elementariſches
zum Vorſchein, etwas, das da Natur kann
genen-
[17]der irrdiſchen Philoſophie.
genennet werden. Die Natur iſt ein Drit-
tes aus Zweyen, aus Activis und Paſſivis,
denn die Natur iſt eine Kraft in die Koͤrper
zu wuͤrken und zu lenken, vereinigt mit ei-
ner Potenz und mit einer vi inertiæ. Aus
den Finitis ſecundis und Activis der erſtern
finitorum entſtehet ein Element, welches eine
ſehr elaſtiſche Superficiem hat. Die Activa
haben nur eine ſcheinbare Superficiem, und
ſind innerhalb der finitorum, als welche den
Raum einſchlieſſen. Die Activa der erſten
machen das innere Spatium, die Finita beſchlieſ-
ſen das Aeuſſere, welche aber alle per conti-
guam ſeriem an einander druͤcken. Jn die-
ſem Element ligt nun alles, was dazu noͤthig
iſt, der erſte Punct, das erſte finitum, dieſes
finiti ſein activum, und das zweyte finitum:
Da hat alſo Swedenborg dreyerley Din-
ge zum Grund, finita, activa, und aus die-
ſen die elementaria.
Nun beweißter, daß das groͤſte und klein-
ſte in der Welt aus ſolchen Sachen beſtehe,
ſolche Polos, ſolche Bewegung in ſich ſelbs
und wieder aus ſich habe: Die Mannigfal-
tigkeit der zuſammen geſetzten Dinge zu er-
klaͤren, zeigt er, daß die finita prima die ſe-
cunda, und dieſe tertia, quarta, u. ſ. fort
generiren, und daß ſie alle einander aͤhnlich;
daß, wer eines wiſſe, auch die andern wiſſe,
weil ſie nur gradu und dimenſione differiren:
Sw. Sch.IV.Th. BSo
[18]Das Syſtem
So auch die activa prima, ſecunda, tertia
werden von einander generirt: Die Elemen-
taria ſeyn vielerley, das erſte, andere, drit-
te, vierte ſeyn einander aͤhnlich, wer eines
wiſſe, wiſſe alle.
Das erſte Element beſteht ex ſecundo fini-
to und activo primi finiti: Die activa in der
Mitte verurſachen die groͤſte Elaſticitæt an
den Enden; daher wenn es gedruckt wird,
reſtituirt es ſich gleich wieder in den vorigen
Stand: ihre Wirbelfoͤrmige Bewegung ent-
ſtehet von der bewegenden Kraft im Centro;
der geringſte Schall geht Wirbelfoͤrmig fort
in der Luft, das Waſſer gehet Wirbelfoͤrmig
aus einander: Auch iſt in dem ganzen Volu-
mine eben die Elaſticitæt, die im jeden Theil-
gen iſt; ſie premiren unter und uͤber ſich
æqualiter ſecundum Altitudinem; ſiehe
pag. 96.
Das zweyte Element iſt der Magnet, ſo
aus finitis tertiis und activis ſecundis \& pri-
mis entſtehet. Er beweiſet, daß dieſes Ele-
ment den Wirbel der Sonnen ausmacht;
auch beweißt er die Urſache und den Mecha-
niſmum der magnetiſchen Kraͤfte weitlaͤufig,
pag. 125. Mit einem Wort: Alle Bewe-
gung unter den Elementar-Theilen, die mag-
netiſch genennt werden, laufft durch eine
Schraubenfoͤrmige Figur aus, um ein ge-
wiſſes
[19]der irrdiſchen Philoſophie.
wiſſes Centtum, und kommt zur Ruhe durch
einen Situm rectilineum, und gehet wieder
von eben demſelben aus mit der Lage der ru-
henden Theile; Es koͤnnen auch ſo viel aggre-
gationes ſpirales oder Vortices ſeyn, ſo viel
centta motus es gibt, und die Vortices koͤn-
nen auch in ihren Centris zuſammen lauffen
oder zuſammen gebunden werden.
Das dritte Element iſt der Æther, ſo aus
finitis quattis beſtehet. Dieſe aͤtheriſche Par-
ticuln ſind viel weiter, als die des erſten und
zweyten Elements. Jhr Spatium internum
ſind keine Activa, ſondern Elementaria, ſie
ſind ganz rund, aber die des erſten und an-
dern Elements ſind mit Kegelfoͤrmigen Poris
begabt Die Bewegung, welche durch die
aͤtheriſche Particuln von einem Centro aus-
geſtreuet wird, bringt das Licht hervor. Denn
durch dieſelbe Bewegung wird von einem je-
den Vorwurf der Æther reflectirt, und alſo
wird die Jdee derſelben Sache den Augen
ſichtbar. Die centrale Bewegung der aͤthe-
riſchen Theile verurſacht nicht nur der harten
Theile ſtaͤrkere Ausdehnung, ſondern auch
die Waͤrme, und, wenn ſie vom Centro zur
Peripherie getrieben wird, wuͤrkt ſie das
Licht und Waͤrme; wenn ſie aber von den
Centris gegen die Peripherien getrieben wird,
ohne centrale Umwaͤlzung jedes Theils, ſo
entſtehet ein Licht in dem Kalten. Etliche
B 2Aus-
[20]Das Syſtem
Ausduͤnſtungen ſind ſo klein, daß ſie allein
den Æther bewegen, nicht die Luft; abſon-
derlich wenn eine zitternde Bewegung in
electriſchen Dingen vorgeht; diß Element
umgibt die Planeten und unſere Erde.
Das vierte Element iſt die Luft. Die-
ſe beſteht nach der Superficie aus finitis quar-
ti [...], welche auch dem Feuer ihr Element ge-
ben; inwendig beſtehen ſie aus dem erſten
und zweyten Element. Sie iſt vom Æther
nur gtadu unterſchieden. Was das Aug
vom Æther empfindet, das empfindet das
Ohr von der Luft. Es iſt auch zu wiſſen,
daß alle Finita koͤnnen wuͤrkſam werden und
Actu werden, wenn ſie einen Raum haben,
worinnen ſie ihre Circul machen koͤnnen, und
wenn keine Elementaria ſie in andere Arten
verwandlen. Daher koͤnnen die finita quar-
ta und quinta in dem erſten und andern Ele-
ment nicht wuͤrkſam ſeyn, ohne gleich in
aͤtheriſche und kuͤnftige Theile verwandelt zu
werden. Die Activa des vierten Finiti geben
das ſubtile elementariſche Feuer ab; die fini-
ta quinta, wenn ſie activ werden, geben ge-
mein Feuer.
Das Waſſer iſt ein finitum materiale,
das ſich nicht wuͤrkſam macht, wie die an-
dern: daß aber das Waſſer ſo fluͤßig iſt, das
hat es von dem Æther, der dazwiſchen fließt.
Das
[21]der irrdiſchen Philoſophie.
Das fuͤnfte Element ſind die waͤſſerige
Duͤnſte, welche aus der Oberflaͤche des war-
men Waſſers aufſteigen in die Luft; indem
der Æther ſie in ſich nimmt, und ſich mit
Waſſer bekleidet, eben wie die aͤtheriſche Thei-
le von den Elementiſchen erſten in den Æther
und von den Elementiſchen zweyten in Luft
verwandelt worden ſind.
Nun kommt er auf das Patadoxon, daß
die Erde anfangs naͤher an der Sonne gewe-
ſen, und in Wirbelfoͤrmiger Bewegung um
dieſelbe geloffen, anfangs in kleine Circuln,
hernach in groͤſſern: Daß alſo der Alt-Vaͤt-
ter Jaͤhre kuͤrzer haͤtten ſeyn muͤſſen, wel-
ches mir nicht glaublich iſt.
Was die Seele des Menſchen in dem
Leib betrift, ſo glaubt er, weil er nichts fin-
den kann, das nicht nach mechaniſchen Reguln
wuͤrkt, und weil kein Finitum ohne Exten-
ſion concipirt werden kann, auch die Seele
kein purum ſimplex ſeyn koͤnne, ſondern al-
lerdings bey der Activitæt der Seele auch ein
Paſſivum ſeyn muͤſſe, ſo muͤſſe auch die See-
le nach mechaniſchen Reglen wuͤrken. Die
Seele ſeye zwar aus andern Gruͤnden un-
ſterblich, gleichwohl ſeye ſie dem contiguo na-
turali zugeordnet, d. i. es werde immer eines
vom andern bewegt, biß endlich die Bewe-
gung in die Seele reiche. Er glaubt, es
B 3gebe
[22]Das Syſtem
gebe eine ſubtilere Welt in der groben-
die auch ihre Elemente habe, weil wir
ſo vielPhænomenaſehen, welche weder
der Luft, noch demÆther,noch dem
Magneten zuzuſchreiben, und dieſe ſub-
tile Elemente koͤnnen in einemMoment
ſo viel Geſchwindigkeit des Laufs ha-
ben, als die grobe in laͤngerer Zeit.*)
Es ſeye ein Nexus der Bewegungen, wie ein
Nexus der Theile ſelbſt, oder ein Nexus mo-
dorum, wie ein Nexus ſubſtantiarum. Er
ſetzt daher, das die Membranulæ dieſe Motus
aller Elemente muͤſſen recipiren, daß es groͤ-
bere und ſubtilere Membranas gebe, welche
ihre gehoͤrige Spannung haben, und daß die
Membranæ craſſiores geſpannt gehalten wer-
den durch die eingeſchloſſene Fluida oder Ele-
menta: Daß das allerfluͤßigſte oder beweg-
lichſte verurſache, daß die Membranulæ in
ihrer Spannung harmoniren; daß die em-
pfangene Bewegungen koͤnnen gleichfoͤrmig
ausgebreitet und propagirt werden; daß die
regulæ motus in den Elementis aͤhnlich ſeyen
denen regulis motus in den Membranis und
menſchlichen Organis: endlich, daß die See-
le das Centrum aller ſolchen Bewegungen
ſeye; ſie ſeye nicht uͤberall gleich im Leib, ſon-
dern da, wo die Membranæ in die ſubtileſte
aus-
[23]der irrdiſchen Philoſophie.
ausgehen, da werde die Seele nach und nach
formirt und gewohnt nach dem motu mem-
branarum.
Das Hirn ſeye in allen Theilen mit Mem-
branis bekleidet: Die gemeinſte Theile wer-
den lax bekleidet von der dura meninge; meh-
rere Theile von der pia meninge, welche ſich
in tieffe Gaͤnge des Hirns einſenken, und
in die Spinam dorſi auslauffen, und die
Nerven bedecken, endlich aber dem anatomi-
ſchen Aug unſichtbar werden. Jm Hirn
lauffe pia meninx oder mater mit Blut-Ge-
faͤſſen in Aeſte aus, und gehe in Subſtantiam
corticalem, hernach in medullarem, endlich
ins cerebellum und in die ganze modullam
oblongatam; allwo wir Spuren ſehen, daß
die Membranæ ſich ramificiren; und weil
aͤhnliche Weſen faſt das ganze Hirn einneh-
men, auch das Cerebellum und die Spinam,
ſo ſchließt Swedenborg, die Seele reſidi-
re in der Subſtantia corticali und medullari,
wo ein Nexus ſolcher Haͤutlein von Theilgen
zu Theilgen ſeye, oben und um und um und
innerhalb jedes Theilgens. Die Subſtantia
corticalis iſt den Meningibus genau angebun-
den, und zwar zwey Linien dick, und kriecht
Schlangen-weiß herum, geht auch ins Hirn
ſelbſt hinein, im Cerebello aber iſt die Rami-
fication noch haͤuffiger, ſo auch in der glan-
dula pineali, deren Fortſetzung medullariſch
B 4iſt:
[24]Das Syſtem
iſt: Die Medulla oblongata, welche beyden
Hirn-Theilen untergeſetzt iſt, iſt nemlich
Aſchenfarbig, und ſonſten medullaris. Die
Medullaris ſubſtantia iſt nicht von der Seele
entaͤuſſert; denn ſie erſcheint durch Fibras
und Tubulos, und iſt mit Arterien gemiſcht.
Daraus iſt zu ſchlieſſen, die Seele ſeye an
allen Orten, wo die Membranæ ſich in klei-
nere und kleinere ausbreiten, und wo ſie ih-
ren fixen Urſprung haben. Endlich ſagt er,
ſie ſeye der letzte Terminus aller mittleren
Bewegungen; doch ſey darinnen nichts paß-
ſives, nichts elementariſches, ſondern im Cen-
tro lauter actives: wenn aber die Action der
Seele abgetrennt von den membranis con-
cipirt werde, ſo koͤnne man keinen gewiſſen
Ort von ihr ſagen. Es koͤnnen aber die Acti-
va in ihrer Nachbarſchaft nicht bleiben ohne
Raum und ohne membranulis: Sie ſelbs ſeye
wohl im Centro das activeſte, aber ſie muͤſſe
doch mit etwas endlichem oder paßivem um-
geben ſeyn.
Status Integer.
Dieſem nach betrachtet er den Menſchen
im Stand der Unſchuld alſo: Der Menſch
war im Centro, worinnen er alle Periphe-
rien ſeiner Welt gleichſam in einem Blick
durchmeſſen konnte: Was er anſahe, drang
ungehindert durch alle Werkzeugliche Ner-
ven gleich zu der Seele. Es hieng alles or-
dent-
[25]der irrdiſchen Philoſophie.
dentlich an einander, und das Contiguum na-
turale war ununterbrochen: Er wurde von
den regulaireſten Bewegungen der Gewaͤchſe,
der Farben, des Geruchs, in der groſſen Har-
monie durchdrungen, nach der Aehnlichkeit
ſeiner kleinen Welt mit der groſſen: Alle
Philoſophie hatte er in ſich ſelbſt; nichts war
in nexu cauſarum, das er nicht durch ein rei-
nes Gefuͤhl im Augenblick, ohne raiſonniren,
ohne lange Schluͤſſe vernahme. Die Seele
mit einem ſo regulairen Leib konnte ſich ohne
Lehrmeiſter bloß durch die Sinnen inſtrui-
ren.
Status Lapſus.
Der Menſch kan jetzo nichts forſchen,
als durch viele Mittel und Kuͤnſte. Nichts
dringet zu dem letzten Activo, nemlich der
Seele, als durch viele Erfahrung und Ge-
geneinander-Haltung des Vergangenen mit
dem Gegenwaͤrtigen. Der Weg zur Wahr-
heit iſt faſt verſchloſſen: denn der Menſch iſt
voll von andern als vernuͤnftigen Bewegun-
gen; Seine Sinnen werden beſtaͤndig davon
turbirt. Was die Bewegungen von der Wol-
luſt und von den Begierden in den zarten
Nerven-Haͤutlein zuruͤck laſſen, iſt klar: denn
zutheuerſt das Angeſicht wird davon verſtellt;
die Membranæ bringen es in die Meninges,
und dieſe in die Seele. Wenn nun die Mem-
branæ von den Begierden der Wolluſt beruͤhrt
B 5werden,
[26]Vergleichung dieſer Philoſophie
werden, ſo werden die Meninges im Hirn auch
davon voll. Daraus wird eine Gewohnheit,
und die Gewohnheit macht einen fremden
eigenwilligen Trieb; Die Begierden machen
alſo das Licht in der Seele finſter: Was der
Menſch will, das wird von den Begierden,
und nicht vom Licht, regieret. Dieſe Ge-
wohnheit diſponirt die Glieder des Leibes in
die Aehnlichkeit ſolcher boͤſen Bewegungen,
und eine ſolche Structur der bewegten Glie-
der wird von den Eltern den Kindern zur
Erbſchaft uͤberlaſſen. Alſo wird der Menſch
der wahren Harmonie ganz fremd; er kann
die natuͤrliche Contiguité nicht genieſſen.
Status Damnatorum.
Die Seele wird mit ihren Bewegungen
dergeſtalt an den groben Leib und deſſen Ob-
jecta gebunden, daß, wenn ſie vom Leib loß
iſt, ihr die heiligſte Ordnung ein Abſcheu iſt,
wie es denn hier ſchon ſo iſt. Nur die Be-
wegungen der unreinen Welt fuͤhlt ſie mit
Luſt; das Himmliſche bringt ihr Schmerzen
und Unluſt.
Vergleichung dieſer Philoſophie
mit Jac. Boͤhmens.
Swedenborg hat ſeine Seele, (wie er
ſelbſt ſagt, daß ſie erſt gebildet werde,)
ganz
[27]mit Jac. Boͤhmens.
ganz in die Geometrie und Mechanic transfor-
mirt: Darum ſtellt er ſich auch die Seelen-Sa-
chen ſo mechaniſch vor. Er iſt zwar kein Mate-
rialiſt, weil er die Seele im innerſten Centro
ohne elementariſche Eigenſchaften concipirt,
deren Natur in lauter Activitæt beſteht: Er
muß aber gleichwohl in der Seele eine Spi-
ral-Bewegung ſtatuiren, weil er in primo
ſimplici eine ſolche annimmt. Wie er nun
in das erſte ſimple Weſen, ſo aus Gott aus-
gegangen, eine Wirbelfoͤrmige Spiral-Be-
wegung ſetzt, ſo iſt mir nicht zu verdenken,
wenn ich in der erſten Einheit oder in dem
aus der ſubſtantiellen Weisheit ſchiedlich ge-
machten puncto diffuſivo ſui einen ſolchen in-
nern Statum eines in ſich ſelbſt lauffenden
Feuers concipire, welches in der hoͤchſten
Concentration ſich in Activa und Paſſiva ver-
mittelſt einer Decuſſation oder blitzenden
Durchkreutzung zertheilt, und aus der Zer-
theilung ſich wieder in den Circular-Lauf be-
gibt, daß die Paſſiva zu Activis werden, bis
endlich eine foͤrmliche Species ſubſtantialis
hervor kommt, darinn die Materie mit dem
activeſten Geiſt-Weſen ein Individuum aus-
macht, wie ich diß Herrn Prof. Ploucquet in
meiner Philoſophie der Alten entgegen gehal-
ten.
Ueberhaupt aber nimmt der Herr Swe-
denborg an, es gebe kein endliches Ding,
welches
[28]Vergleichung dieſer Philoſophie
welches nicht nach mechaniſchen Regeln wuͤr-
ke Allein die Subordination der Motuum
naturalium und Voluntatiorum, welche im
menſchlichen Leib ohne Schaden der Ord-
nung im Ganzen, taͤglich an allen Affecten
wahrzunehmen, zeigt an, daß dieſer Saz von
dem Herrn Auctore ſeinem Syſtem zu lieb
angenommen worden. Es gibt in der Na-
tur manches ens penetrabile, das den mecha-
niſchen Reglen nicht unterworfen, das nicht
diviſible iſt, wie die Materie, und doch auch
kein einfaches Ding iſt. Auf dieſe Jdee hat
der Herr Auctor keine Attention gemacht,
weil ſeine Seele ſchon in dieſe Denkungs-
Art figirt ware. Zwar geſtehe ich, daß die-
ſes Syſtem recht ſchoͤn laͤßt, ſehr begreiflich
iſt, und vor allen andern durch ſeine Intelligibi-
lité ſich legitimirt: allein an ſtatt der Conti-
guité ſo vieler Activorum, Finitorum und
Elementarium wird die wahre Jdee eines en-
tis penetrabilis genug ſeyn, ſein Syſtem zu
widerlegen. Die Transmutation des Eiſens
in Kupfer, des Bleyes in Silber, des Mer-
curii in Gold verwirft er aus eben dem Prin-
cipio, weil es wider die Contiguitæt ſeye,
welche Herr Prof. Ploucquet Legem continui-
tatis heißt. Er ſagt in ſeinen Miſcellaneis
Obſervationibus pag. 117. (darinn ſonſten
recht ſchoͤne Obſervationes ſind,) wenn ein
unaͤcht Metall ſollte in Gold verwandelt wer-
den, ſo muͤßte ſolches Metall zuruͤck gebracht
werden
[29]mit Jac. Boͤhmens.
werden in ſeine urſpruͤngliche Materie, nem-
lich Salz: Nun habe das Salz oder die
Cryſtalliſation des Silbers eine andere Figur,
des Eiſens eine andere, des Bleyes eine an-
dere, u. ſ. w. ſo haben auch die Solutiones
einen ganz verſchiedenen Geſchmack; des Mer-
curii Geſchmack ſeye hoͤchſt herb und ekelhaft,
des Silbers hoͤchſt bitter, andere ſeyen ſuͤß,
andere ſauer, welches von der verſchiedenen
Figur der Particuln komme. Nun waͤre es
uͤbernatuͤrlich, ja ganz wider alle Mechanic,
wider alle Contiguitæt, wenn durch eine ſub-
tile Materie die Figur der Particuln, der
Geſchmack, das Gewicht, die Farb und die
Ziehbarkeit ſollten ſo bald veraͤndert und in
ganz andere verwandelt werden. Auch habe
kein Metall groͤſſere Particuln als das Gole,
und die Interſtitia des Golds muͤſſen groͤſſer
ſeyn als des Waſſers, der Diameter eines
Gold-Theilgens muͤſſe zehenmal groͤſſer ſeyn,
als eines Waſſer-Theilgens, darum werde
das warme Waſſer durch die potos auri durch-
gezwungen in einem goldenen Gefaͤß mit ei-
nem Stempel.
Aber alle dieſe mechaniſche Urſachen be-
weiſen nichts. Was das letzte betrifft, ſo
beweißt ſich nur ſo viel, daß das Gold eine
nachgebende penetrable Form im innerſten
habe, und daß es am meiſten von dem ente
penetrabili \& in omnes formas mutabili par-
ticipi-
[30]Vergleichung dieſer Philoſophie
ticipire. Was aber das erſte betrift, ſo iſt
nicht noͤthig, daß die Transmutation ſo mecha-
niſch per contiguitatem geſchehe: Die Trans-
mutation geſchieht durch eine blizende Deeuſ-
ſation, welche dem erſten Weſen von GOTT
eingeſenket iſt, wie man an dem Schlag-
Gold und an dem Stoß der Electricitæt ſie-
het. Die Electricité beweißt ſchon genug,
daß er ein ens penetrabile gebe, welches auf
einmal ohne Contiguité durch alles dringt,
und ſich nicht an die Reglen der Contiguité
bindet. Hieraus ſiehet man, daß Herr Swe-
denborg aus bloſem Raiſonnement, nicht
aus Experimenten die Transmutation fuͤr
unmoͤglich haͤlt. Uebrigens geſtehe ich, daß
ſeine Nachſinnungen uͤber die Elementen koͤn-
nen gebraucht werden, vieles in Jac. Boͤhm
verſtaͤndlich zu machen.
Was nun das ens penetrabile betrift, ſo
verweiſe ich den Leſer auf die Demonſtration,
welche der Auctor der Recherches Philoſo-
phiques ſur la neceſſité de s’aſſurer par ſoi-
même de la verité, pag. 451. wo er beweißt, daß
wo Coͤrper und Bewegung ſeye, da ſeye Materie
und das Leere nothwendig; die Seele ſey unter-
ſchieden von der Materie, die Seele habe ei-
ne Extenſion; es gebe extenſionem materia-
lem, ſpiritualem, penetrabilem, \& immen-
ſam vel divinam: Das Vacuum ſeye ein
ens penetrabile; ein ſolches Ens ſey ein We-
ſen,
[31]mit Jac. Boͤhmens.
ſen, das, ohne etwas von dem zu verliehren,
was es iſt, ſich dargibt, in ein anderes ein-
zugehen ohne materielle Zertheilung oder Se-
paration der Theile pag. 444. Es gebe ſol-
che penetrable Dinge, und ſie gehoͤren zu den
andern, welche impenetrable ſind, nach dem
Vers Horatii: Alterius ſic altera poſcit opem.
Nun iſt die ſubtile Tinctur-Materie der
Adeptorum ein ſolches ens penetrabile und
dergleichen etwas herrſchet uͤber die ſeriem
elementorum. Man merke alſo:
- 1) Das Schwedenborgiſche Syſtem iſt
zu viel auſſer GOtt. Nach H. Schrift iſt
GOTT uͤber alles, durch alles, in allem;
GOTT iſt nicht το παν, ſondern alles in al-
lem. Man muß alſo das univerſum nicht
ſo weit auſſer GOtt ſetzen, als die Erde vom
Himmel. Das Univerſum iſt in GOtt.
GOtt iſt deſſen Centrum, aber nicht phyſi-
cum. Er gehoͤrt nicht zur Geburt der Na-
tur, ſondern bleibt und wohnet in ſich ſelbſt,
ob er ſchon die Natur uͤberall durchdringt.
GOtt iſt ſelbſtſtaͤndig, die Natur nicht. - 2) Das Swedenborgiſche Syſtem iſt
zu wenig, den Abfall der Natur zu erklaͤren.
Alle philoſophiſche Syſtemata verſtummen all-
hier: Nur Jacob Boͤhms Syſtem allein
reicht hin, den Abfall und Wiederbringung
verflaͤndlich zu machen. Der Haupt, Begrif
in
[32]Vergleichung dieſer Philoſophie
dem Syſtem Jac. Boͤhms iſt der, der allen
Philoſophen fehlt, nemlich das ens penetrabi-
le, das nicht materiell und auch nicht pur
geiſtlich iſt, ſondern indifferent zum Geiſt und
zur Materie.
Nun vermehre der Leſer den
Unterſchied Swedenborgs und Jac.
Boͤhms.
Swedenborg ſagt, aus dem Infinito
ſeye das erſte einfache Weſen gekommen,
und aus dieſem erſt das Finitum activum und
Elementare mit denen Wirbelfoͤrmigen Be-
wegungen, welche innerlich à centro anfan-
gen und circuliren, und aͤuſſerlich um die
Axe ſich drehen: Aus dem Finito und Activo
ſeyen die vielerley Elementaria entſtanden,
welche alle, ohne einander zu durchdringen,
mit mechaniſcher Contignitaͤt auf einander
folgen.
Jac. Boͤhm lehrt uns ganz anderſt, nem-
lich ſo, wie die Adepti, beſonders Eugenius
Philalethes, aus Erfahrung ſchreiben: Filii
filius eſt, qui filii pater fuit: peperit natura
filios lucidos, \& hi generant matrem.
GOtt iſt eine ewige Freyheit, und doch
auch die ewige Guͤte, die ſich mittheilt, und
in
[33]mit Jac. Boͤhmens.
in die Creatur einfuͤhrt. GOtt ſprach aus
ſich die attrahirende und repellirende Kraͤfte
als den Grund der ringenden Natur mit zwey
Grund-Eigenſchaften: Unmoͤglich wars,
daß GOtt der Creatur eben die Indiſſolubili-
ré oder Temperatur mittheilte, die er ſelbſt
hatte; alſo mußte die Creatur mit dem Ge-
genſatz des Lichts ihre Endlichkeit an ſich tra-
gen, und geſchaffen werden mit der Eigen-
ſchaft der Potential-Finſterniß.
Jn dem Buch von der Menſchw. cap. 2.
§. 4. redet J. B. alſo:
„GOTT als der
„urſpruͤngliche Schoͤpfer hat in ſich ſieben
„Muͤtter, daraus die prima materia entſte-
„het; Alle ſieben ſind ein einig Weſen;
„Keine iſt die erſte, keine die letzte; ſie ha-
„ben keinen andern Anfang, als die Eroͤf-
„nung des ewigen Willens. Der ewige
„Wille muß attrahirend ſeyn, ſonſt koͤnnen
„ſich die ſieben Muͤtter nicht offenbahren;
„iſt er aber attrahirend, d. i. begehrend, ſo
„geſchieht diß durch Jmaginirung in ſich
„ſelbſt, (nicht nur durch ſpiegelhafte Re-
„praͤſentation) dadurch findet er in ſich die
„ſieben Geſtalten, da keine die andere, auch
„keine ohne die andere iſt; jede gebiehrt die
„andere, wir aber muͤſſen ſie getheilt betrach-
„ten in der Zahl Sieben.“
Weil nun
das letzte das erſte gebiehrt, ſo iſt filius, qui
filii pater fuit. Es iſt ein Rad der Geburt,
Sw. Sch.IV.Th. Cmit
[34]Vergleichung dieſer Philoſophie
mit welchem ſich GOtt offenbahret: J. Boͤhm
redet davon in Aurora Cap. 13. §. 71. ſo
deutlich, als Ezechiel, nemlich: aus der At-
traction und Repulſion entſtehet ein drehend
Rad im heiligen Feuer, der Eſch mitlakachat
ein in ſich ſelbſt laufendes Feuer nennt.
Das Centrum in dieſem Rad iſt der feſte
Fuͤrſatz des Willens GOttes, ſich der Crea-
tur mitzutheilen, zu offenbahren, ja ſelbſt
zum Theil ſich creatuͤrlich zu machen, ſo viel
es moͤglich, damit GOtt alles in allem wer-
den koͤnne. Die Axe des Rades, daran
die Speichen oder Radii befeſtigt ſind, iſt
das attrahirende Begehren: Die Speichen
oder ausgehende Strahlen ſind die ſcharfe
Eſſentien, ſo aus der Axe ausgehen. Die
Urſache der umdrehenden ſchnellen Bewegung
iſt der Geiſt GOttes, mit welchem ſich GOtt
aus der Freyheit in etwas creatuͤrliches ein-
ſchließt und einfaßt, und doch nicht kann
gefaßt bleiben; daher entſtehet die Figur ei-
nes Creuzes im innerſten, nemlich: Einſchieſ-
ſen macht, daß der bewegende Geiſt einen
geradlinichten Strahl formirt, mit welchem
er alles durchdringt; und hingegen aus der
Einſchlieſſung wieder ausdringen, das macht
dieſen penetrirenden Strahl queer, daß eine
Durchkreuzung des Strahls entſteht. Die
unendliche Vermehrung ſolcher Strahlen in
die Figur des Creutzes in der aͤuſſerſten Beweg-
lichkeit gebiehrt endlich eine Theilung der Eſ-
ſentien.
[35]mit Jac. Boͤhmens.
ſentien. Dadurch macht der Unendliche den
Anfang der Schoͤpfung, und zwar nicht oh-
ne Feuer, der alles in ſein Nichts verzehren
will, aber auch nicht ohne Lebens Licht, der
der Verzehrung wehrt, und alſo die drey An-
faͤnge in Selbſt-Bewegung ſetzt, nemlich
1) Finſterniß, 2) Licht, und mit dieſen 3)
die Zeit der ſichtbaren Welt.
Da GOtt zur ſichtbaren Welt durch Fin-
ſterniß und Licht einen greiflichen Stoff be-
reiten wollte, ſo hat er ſie im Feuer vorher
zur Spititualité gebracht; Da wurden vier
penetrable Weſen, nemlich 1) Chaos men-
tale, ein Jnnbegriff aller Kraͤften in einan-
der, 2) eine himmliſche Leiblichkeit, die ge-
gen den Dingen hier unten lauter Geiſt iſt,
und alles haͤlt und fix macht, ein Oel, dar-
aus der Glanz der Herrlichkeit ſcheint, 3)
ein Element, d. i. eine webende Kraft, ſo
aller Dinge Stoff iſt, und 4) die obere Waſ-
ſer, welche die Verzehrung im Feuer tempe-
riren. Dieſes ſind vier penetrable Weſen:
aber keines iſt ohne das andere allein, wie
in Swedenborgs Syſtem jedes auſſer dem
andern iſt. Vorzuͤglich iſt das H. Element,
wie Swedenborgoprimum ſimplex, gewe-
ſen; das hat in ſich gehabt alle Kraͤften, ab-
ſonderlich die Decuſſations-Kraft, wodurch
die Elemente entſtanden. Man zehlt ins-
gemein vier Elementen, aber es iſt nur durch
C 2Men-
[36]Vergleichung dieſer Philoſophie
Menſchen alſo in den Gang gekommen: Aus
dem einzigen erſten Element iſt durch Anzuͤn-
dung des Feuers, welches der gefallene En-
gel erweckt, mancherley Art von Stoff chao-
tiſch entſtanden, Luft, Finſterniß in der
Luft, Waſſer und Erde, und noch mehrere;
daraus hat GOtt das Boͤſe von dem Guten
geſchieden, und, mit den 6. Tagwerken, das
Licht, den Himmel, das Trockene, die feuri-
ge Geſtirne, und die Arten und Geſchlechter
der Dinge formirt: Da herrſcht nun die
Tinctur oder der Spiritus rector, die treiben-
de, bildende und ſelbſt alle Geſtalten anneh-
mende Kraft darinnen. Dieſe Kraft wird
von den Philoſophis nicht erkannt: Jſaac
Holland aber zeigt in ſeinem opere vegeta-
bili, wie die Dinge zu ſcheiden; allda ſiehet
man die wahre Principia handtaſtlich, und
damit ſollte man Jacob BoͤhmsGeneral-
Principia individualiſiren. Aus dem incom-
pleten Tinctur-Weſen, welches man durch
Geruch, Geſchmack und mancherley Mani-
pulation entdeckt, wird endlich die wahre
Tinctur ausgearbeitet: denn die Tinctur, ob
ſie wohl in allem iſt, kann doch auſſer der
Alchemie nicht geſehen werden; ſie iſt zer-
theilt in magnetiſchen, aͤtheriſchen, luͤftigen,
waͤſſerigen Erſcheinungen, und muß durch
Handgrife des Arbeiters von den Befleckun-
gen des Fluchs entledigt werden; denn die
Tinctur und das H. Element iſt ſo nachge-
bend,
[37]mit Jac. Boͤhmens.
bend, daß ſie auch von dem Fluch eingenom-
men wird.
Ein mehrers moͤchte bey dieſer Verglei-
chung des Swedenborgiſchen Syſtems diß-
mal uͤberfluͤßig ſeyn: Nun noch eins ziehe
ich an aus der Memoire des Mſr. le Cat, pag.
13.
„Eure Vibrationen, ihr Phyſici, ge-
„hen durch eine Continuité in das Senſori-
„um commune; aber dieſe Continuité iſt
„eine bloſſe Suppoſition, den Factis zuwi-
„der.
Jn Jac. Boͤhms Schriften iſt ausfuͤhr-
lich zu leſen, was die wuͤrkende Urſach und
der Quell-Bronn ſeye der vier Elementen,
warum ſie aus Einem ausgegangen, was ih-
re Wuͤrkungen ſeyen, wie ſie im Streit und
Ringen ſtehen, und dermaleins wieder verei-
nigt werden ſollen? Nur noch eine Stelle
will ich hier zum Beſchluß einruͤcken, aus
Tab. Princ. 52. 53.
„Die vier Elementen
„urſtaͤnden von den vier Eigenſchaften der
„ewigen Natur; als die Erde und Grob-
„heit von der ſinſtern Begierde, da allezeit
„die ſechs andere Eigenſchaften mit mate-
„rialiſch worden ſind, wie an den Metal-
„len zu ſehen; aber die finſtere Begierde
„hat ſie alle coagulirt: Die Luft urſtaͤndet
„von der Bewegniß der magnetiſchen Jm-
„preßion durchs Feuer im zerſprengten Mer-
C 3curio,
[38]Vergleichung dieſer Philoſophie
„curio, daraus das Waſſer kommt. Das
„Waſſer iſt der zerſprengte Mercurius, da
„die feurige Art getoͤdtet iſt; das Waſſer
„iſt das Weiblein des feurigen Mercurii,
„darinn er wuͤrket, davon Hitze und Kaͤl-
„te, ſowohl Dicke als Duͤnne im Streit
„ſind; Das Feuer urſtaͤndet vom geiſtlichen
„Feuer des innern Grundes; Die Kaͤlte
„verſtehet man in der magnetiſchen zuſam-
„menziehenden Schaͤrfe, als in der rechten
„Wurzel zum Feuer.“
Es ſind freylich dieſe Begriffe ſchr com-
plicat und nicht ſo ordentlich auseinander ge-
ſetzt, als die mechaniſche Elementen des Swe-
denborgs: allein es iſt nicht moͤglich, ſie ſo
aus einander zu ſetzen, eben darum, weil
ſie nicht mechaniſch, ſondern penetrable
ſind, da immer eine Kraft in der andern iſt,
und da ſie alle im Ringen der ſieben Geſtal-
ten ſtehen. Eben darum nennt ſie J. Boͤhm
Geſtalten, weil ſie nicht ſo mechaniſch ſtehen
bleiben, wie die Theile einer Uhr, ſondern
weil ſie ſich alle Moment anderſt geſtalten,
in einander gehen, und in continuo fieri be-
griffen ſind. Es waͤre noch viel zu ſagen,
wie aus der Sonne und Sternen die Ele-
mente qualificirt werden, und wie durch die
Sonne und Sternen das Salz der Erden ei-
nen Geiſt empfangt, ſo daß der Geiſt der
Aſpecten Qualitaͤt bekommt, ſiehe Auror.
cap. 4. §. 32. ferner, wie die aͤuſſere Elemen-
tiſche
[39]Die himmliſche Philoſophie
tiſche Welt mit dem Geſtirn eine Figur iſt
der innern Kraͤfte der geiſtlichen Welt, und
wie die ſiebende Geſtalt eigentlich keine Ge-
ſtalt mehr iſt, ſondern die Offenbarung der
ſechs erſten Geſtalten; denn was die ſechſe
im Geiſt ſind, das iſt die ſiebende im begreif-
lichen Weſen: Es iſt aber zur Vergleichung
mit Swedenborgs Syſtem diß ſchon ge-
nug Waͤre es moͤglich, penetrable und in
ringenden Geſtalten wallende Weſen ſo zu
beſtimmen, wie die mechaniſche, ſo wuͤrden
ſich ſchon Leute gefunden haben, die es in
dieſer Ordnung vorgetragen haͤtten; ich weiß
aber niemand, und Jac. Boͤhm geſteht ſelbſt,
daß dieſe Ordnung ſehr ſchwer zu treffen:
Ohne ein Collegium von ihrer etlichen ſehr
unpartheyiſchen Maͤnnern wird es ſchwerlich
zu Stande kommen. Es muͤſſen aber er-
fahrne, alte, wiedergebohrne, treue und un-
uͤberwindlich ſtandhafte Leute ſeyn, die diß
unternehmen ſollen.
Die himmliſche
Philoſophie
Emanuel Swedenborgs
Jch habe allbereits geſagt, es muͤſſen erfahr-
ne, alle, wiedergebohrne und unuͤber-
C 4wind-
[40]Emanuel Swedenborgs.
windlich ſtandhafte Maͤnner ſeyn, welche die
Concepte, welche man aus der ſichtbaren Na-
tur nimint, mit den Perceptionen der unſicht-
baren Welt nach denen in Heil Schrift herr-
ſchenden Grundzuͤgen, vergleichen wollen.
Da ich nun ſchon vor 15. Jahren die Swe-
denborgiſche Philoſophie zuſammen gezogen,
und A. 176; in einer ſchweren Krankheit,
vor der Pforten der Ewigkeit, dieſer wichti-
gen Vergleichung nachzuſpuͤren bin angetrie-
ben worden, ſo iſt mir erſt A. 1765. bekannt
worden, daß dieſer groſſe mechaniſche Philo-
ſoph Swedenborg ſchon 1749. ein anders
Buch habe in Latein ausgehen laſſen, darin-
nen er, was er im Himmel geſehen und ge-
hoͤrt, beſchreibt: Tit. Arcana Cœleſtia in Ver-
bo Domini detecta, una cum mirabilibus quæ
viſa ſunt in Mundo Spirituum \& in Cœlo An-
gelorum. Das Buch hat 13. Tomos, in
groß Quarto, und koſtet etlich dreyßig Thaler.
Jch wunderte mich, daß die Gelehrte diß
Buch ſo wenig ihrer Pruͤfung wuͤrdigen, und
daß es ſo unbekannt geblieben, ſo daß durch
hohe Haͤupter mehr davon bekannt worden,
als durch die Gelehrte. Baron von Velt-
heim, Graf von Schulenburgs Schwaͤhr
hat mir kuͤrzlichſt erzehlt: Er habe es aus dem
Munde, Jhro Hoheit der Herzogin von Braun-
ſchweig, was Sie von Jhro Majeſtaͤt der
Koͤni-
[41]Die himmliſche Philoſophie ꝛc.
Koͤnigin in Schweden, betreffend Sweden-
borg, gehoͤret.
Jch tractire dieſe Dinge als eine philoſo-
phiſche Sache, weil alle neue Weiſſagung der
Gefahr unterworfen iſt, daß ſich im Aus-
druck der Worte eigene Gedanken einſchlei-
chen, darum ſoll man ſie nicht verachten,
ſondern pruͤfen, 1 Theſſ. 5, 20. 21.
Meine Theologia ex idea vitæ deducta ka-
me A. 1765. aus Licht, und weilen die Grund-
ideen der Theologie eben auch die Grundideen
ſeyn von dieſem Buch, ſo dachte ich genug
berechtigt zu ſeyn, eine Vergleichung ſeiner
himmliſchen Philoſophie mit ſeiner irrdiſchen
anzuſtellen.
Dieſes zu bewerkſtelligen wollte ich vorher
die hiſtoriſche Erzehlungen in einen Auszug
bringen, damit es nicht nur Gelehrte die La-
tein koͤnnen, ſondern auch andere leſen koͤn-
nen. Jch ziehe aber nur aus dem erſten
Theil die wichtigſten Dinge heraus.
Ehe ich alſo die letzte Notionen z. E. von
dem Seyn und Geſtaltung eines Geiſts, von
der todten Materie, von der lebendigen Kraft
der himmliſchen Leiblichkeit, von dem Exten-
ſo aus dem Intenſo, von dem Licht, worinn
GOtt wohnt, von dem Ort der Geiſter ꝛc.
aus dieſen Erfahrungen Schluͤſſe heraus ziehe,
ſo laſſe ich vorher die hiſtoriſche Nachrichten
der Geiſterwelt und des Himmels aus Swe-
denborgs Urkunden Part. I. voran gehen.
Dieſe ſind wie folget.
C 5Von
[42]Von der H. Schrift oder dem Wort,
Von der H. Schrift oder dem
Wort, wie es den goͤttlichen Sinn auf-
ſchließt, der den guten Geiſtern und
Engeln offenbar iſt.
Wenn ein Menſch, der das Wort des HErrn
liebt, und ſonſt in der Liebe lebt, oder,
der aus einfaͤltigem Herzen glaubt, was ge-
ſchrieben iſt, und ſich nicht ſelbſt eigene Grund-
ſaͤtze wider die im innern Sinn verborgene
Glaubenswahrheit macht, daſſelbe ließt, ſo
wird es von dem HErrn vor den Engeln in
einer ſolchen Schoͤnheit und Lieblichkeit dar-
geſtellt, auch wohl mit perſpectiven Vorſtel-
lungen, und mit einer unbeſchreiblichen Ver-
ſchiedenheit, die ſich allemal nach ſeinem da-
maligen Zuſtand richtet, daß es ſich gleich-
ſam empfinden laͤßt, als ob alles darinn ein
Leben haͤtte, nemlich ein ſolches Leben, das in
dem Wort iſt, und woraus das Wort, da es
aus dem Himmel herunter kam, gebohren
worden. Deswegen iſt das Wort des HErrn
ſo beſchaffen, daß es, ob man es gleich nach
dem Buchſtaben vor todt anſiehet, doch im-
mer innerlich geiſtliche und himmliſche Din-
ge aufſchlieſſet, welche vor den guten Gei-
ſtern und Engeln klar da liegen, indem man
es ließt. *)
Hiezu
[43]wie es den goͤttl. Sinn aufſchließt.
Hiezu will ich einige Erfahrungen anfuͤh-
ren: Es kam ein Geiſt zu mir nicht lange
nach ſeinem Tod, (welches ich daraus abnahm,
weil er meynte, er ſeye noch im Leben des
Leibes.) Jch wurde belehrt, er ſeye den Stu-
dien ergeben geweſen, woruͤber ich auch mit
ihm redte. Er wurde aber ſodann ploͤtzlich
in die Hoͤhe erhaben. Jch meynte, es wie-
derfahre ihm deßwegen, um ihm die Nichtig-
keit einer Phantaſie, welche er ſich bey Lei-
bes-Leben machte, auf dieſe Art Erfahrungs-
maͤßig darzuthun; erfuhre aber ſogleich, er
ſeye zu den Engeliſchen Geiſtern aufgenom-
men worden. Von da aus redte er ſodann
mit mir, und ſagte, er ſehe hoͤhere Dinge,
als irgendwo ein menſchlicher Verſtand er-
reichen koͤnne. Zu dieſer Zeit laſe ich das
erſte Cap. des 5ten Buch Moſ. Er bezeug-
te mir, er vernehme nichts von dem, was
ſich nach dem buchſtaͤblichen Verſtand ergiebt,
ſondern den geiſtlichen Verſtand, und ſolche
wunderbare Dinge, die man nicht beſchreiben
koͤnne. Dieſes war an dem aͤuſſern Theil
des Himmels der Engliſchen Geiſtern. Wie
wird es nicht in dem Himmel ſelbſt, ja in dem
Engliſchen Himmel ſeyn?
Einige
[44]Von der H. Schrift oder dem Wort,
Einige Geiſter, die damalen um mich wa-
ren, und vormals von ſolchem geiſtlichen Ver-
ſtand nicht viel hielten, fiengen an, ihren Un-
glauben zu bereuen, und ſagten, ſie glauben
es jetzt, weil ſie von jenem hoͤren, daß er es
ſo erfahren habe.
Andere Geiſter beharrten noch in ihrem Un-
glauben, und gaben es vor Phantaſien aus.
Sie wurden aber ploͤtzlich in die Hoͤhe geriſ-
ſen, redeten von dannen mit mir, und be-
kannten, nun empfinden ſie es auf eine reelle
Weiſe, und dieſe Empfindung ſeye viel herr-
licher, als man bey Leibes-Leben irgend eine
haben koͤnne.
Unter andern ſahe ich auch einen, den ich
im Leben wohl kannte, der eben diß bezeugte,
und ſagte, er koͤnne vor Erſtaunen die Herr-
lichkeit dieſes innern Verſtands des Worts
nicht genugſam ausſprechen. Er bedaure die
Menſchen, daß ſie nichts davon genieſſen. Er
ſagte, er koͤnne von da aus meine Gedanken
und Neigungen vollkommen ſehen, worinnen
er mehr empfinde als ers ausſprechen koͤnne,
nemlich deren Urſachen, was und wer einen
Einfluß in dieſelbe habe, wie in den Begrif-
fen noch eine Miſchung vom irrdiſchen und
himmliſchen ſeye, welche geſchieden werden
muͤſſen, u. ſ. w.
Nachmals ſahe ich zu zweymal andere Gei-
ſter in den andern Himmel erhaben. Dieſe
ſagten
[45]wie es den goͤttl. Sinn aufſchließt.
ſagten mir, indem ich das dritte Capitel Deut.
laſe, ſie haben allein den innern Verſtand des
Worts, worinn ihnen alles biß auf das ge-
ringſte Puͤnctlein, auch ſo gar die Namen
ſelbſt als Sachen, nach dem geiſtlichen Sinn
erklaͤret werden. Alſo wurden ſie in ihrem
Unglauben uͤberzeugt, daß alles und jedes von
GOtt eingegeben ſeye, ſo, daß ſie es auch vor
andern mit einem Eyd betheuren wollten,
wenn es ihnen waͤre zugelaſſen worden.
Andere, welche auch nach dem Tod noch in
ihrem Unglauben verharrten, wurden bloß
durch meine Vorleſungen einiger Pſalmen
Davids, ohne in den zweyten Himmel erha-
ben zu werden, von dem innern Sinn des
Worts ſo durchdrungen, daß ſie ſagten, ſie
haben noch nie nichts dergleichen geglaubt.
Dieſes Wort hoͤrten auch noch andere Gei-
ſter, welche es nach ihrer verſchiedenen Be-
ſchafenheit und Faͤhigkeit verſchiedentlich em-
pfunden.
Bey einigen, welche damals nichts von dem
innern Sinn faßten, wurde das Wort als
ein todter Buchſtab aufgenommen, zum Be-
weiß, daß der Buchſtab lebloß ſey, wenn er
nicht von dem HErrn belebt werde. *)
Oefters
[46]Von der H. Schrift oder dem Wort,
Oefters wurde es mir auch geſchenkt, das
Wort nach ſeinem innern Sinn, nicht nach
allen Reden und Woͤrtern, ſondern uͤberhaupt
alles auf einmal in ſeiner ganzen Schoͤnheit
zu ſehen; wovon man ſagen kann, es ſeye
aus dem irrdiſchen Paradieß in das himm-
liſche hinein geſehen.
Diejenige Geiſter, welche ſich in dieſem Le-
ben an dem Wort ergoͤtzt haben, empfinden
dort eine gewiſſe angenehme himmliſche Waͤr-
me, die ich auch erfahren habe. Die Waͤr-
me derjenigen, die ſich hier nur ein wenig am
Wort ergoͤtzt haben, empfand ich, als waͤre es
eine Fruͤhlingswaͤrme. Sie fieng an um die
Gegend der Lippen, dehnte ſich aus um die
Wangen, von da an biß zu den Ohren und
Augen, und hoͤrte ungefehr um die Mitte
der Bruſt auf.
Die ſich aber mehr an dem Wort ergoͤtzten,
hatten, wie es mir communicirt wurde, eine
mehr innere Waͤrme, die ſich anfieng von der
Bruſt, gegen das Kinn hinauf, und gegen die
Lenden herab ſtieg.
Die
[47]wie es den goͤttl. Sinn aufſchließt.
Die noch ein groͤſſeres Vergnuͤgen daran
hatten, in denen ware dort auch die Waͤrme
weit innerlicher und angenehmer von den Len-
den hinauf gegen die Bruſt, und von da an
durch den linken Arm gegen die Haͤnde, aber
ſo, daß ſie dieſe Waͤrme nicht merkten, weil
ſie in ihnen war, wie ein Juͤngling in dieſer
Welt ſeine innerliche Hitze nicht ſpuͤhrt.
Die ſich wohl an dem Wort ergoͤtzt, aber
um den Verſtand deſſelben nicht bekuͤmmert
waren, hatten die Waͤrme nur im rechten
Arm.
Es giebt auch eine ſolche Waͤrme, welche
boͤſe Geiſter mit ihren Kuͤnſten nachmachen,
und mittheilen koͤnnen; ſie iſt aber nur aͤuſ-
ſerlich und vergaͤnglich.
Solche Leute, die den innern Verſtand des
Worts nicht faſſen wollen, haben in dieſer
Welt vornemlich in Werken ein Verdienſt
geſucht, und welche dieſe Werke nicht um Got-
tes Willen, ſondern um Ehre oder Reichthum
ꝛc. gethan haben: Solche wollen dort vor
andern in Himmel eingehen, weilen ſie ſich
aber den innern Sinn nicht gefallen laſſen,
ſo koͤnnen ſie nicht.
Mit einigen Geiſtern habe ich auch geredt
von der Nothwendigkeit einer Offenbarung.
Dieſe ſagten mir, ſie ſeye ein allgemeines Ge-
faͤß, welches geiſtliche und himmliſche Din-
ge
[48]Von der H. Schrift oder dem Wort,
ge in ſich enthalte, und welches den Men-
ſchen die Reguln und Ordnungen des zukuͤnf-
tigen Lebens beybringe, ohne welches die Er-
de von dem Himmel getrennt bleiben und
alles verlohren gehen wuͤrde.
Es koͤnnte einem ungereimt vorkommen,
wenn ich nicht zuverlaͤßig davon verſichert
worden waͤre, daß die Engel mehr von dem
innern Sinn des Worts empfinden, wenn
es junge Knaben und Maͤgdlein, die noch
in der Liebe und Unſchuld ſtehen, als wenn
es Alte leſen. Denn es koͤnnen ihre noch
zarte Gefaͤſſe ſo von dem HErrn geſtellt wer-
den, daß die Engel die groͤſte Lieblichkeit em-
pfinden, wovon die Kinder nichts fuͤhlen,
auſſer etwas, welches ihren Schutzengeln
angemeſſen iſt.
Es wurde mir auch gezeigt, wie vieles in
einem Wort der Schrift liege, indem mir die
Begriffe eines Gedanken aufgeſchloſſen wur-
den. Dieſes kann zum Wunder in jenem Le-
ben ſo lebendig geſchehen, daß man die Be-
griffe als gemahlte Bilder ſichtbar vor ſich
da liegen hat. Jch ſah alſo die Begriffe ei-
nes, der in dieſem Leben in der Liebe und in
dem Vergnuͤgen am Wort lebte. Jch erblick-
te da unzaͤhlig viele ſchoͤne und ergoͤtzliche
Dinge. Man ſagte mir, das, was mir hier
alſo ſichtbar worden ſeye, koͤnnte weiter er-
oͤffnet werden, da ich ſodann noch weit an-
geneh-
[49]wie es den goͤttl. Sinn aufſchließt.
genehmere und ſchoͤnere Dinge ſehen wuͤrde.
Und ſo iſt es mit den Jdeen der Engliſchen
Geiſtern. Dieſes verhaͤlt ſich eben ſo, wie
man in der Natur durch immer beſſere Mi-
croſcopia immer neue und kleinere Dinge ent-
deckt.
So drucken auch in dem Wort jede Wor-
te ihre Jdeen aus, denn ein jedes Wort iſt
ein alſo gebildeter Begriff, daß man einen
Verſtand davon empfindt. Darinn liegen
nun unzaͤhlige Dinge, welche nicht zum Ge-
fuͤhl des Menſchen kommen koͤnnen. Wenn
nun dieſes von dem HErrn eroͤffnet wird, ſo
ſtellen ſich die innere Geſtalten der Empfin-
dung durch liebliche und ſelige Dinge, dem
Geſicht aber durch perſpectiviſch vorſtellende
und Paradiſiſche Dinge dar. Jenes kommt
von dem himmliſchen und geiſtlichen der Lie-
be des HErrn, dieſes aber von den Strahlen
des davon ausgehenden Lichts her. Und ſo
haben jede Buchſtaͤblein etwas von der Eigen-
ſchaft und dem Leben, das in dem ganzen
Wort iſt, und das auf alle beſondere Um-
ſtaͤnde des ganzen Zuſammenhangs auf das
genaueſte paßt.
Wenn man das Wort, beſonders das Pro-
phetiſche z. E. ließt, ſo ſcheinet es etwas un-
ordentliches zu ſeyn; wenn es aber von ei-
nem Kind geleſen wird, ſo wird es Stuffen-
weiß immer ſchoͤner, und endlich ſtellt es ſich
Sw. Sch.IV.Th. Dvor
[50]Von der H. Schrift oder dem Wort,
vor dem HErrn dar als das Bild eines Men-
ſchen, worinn und wodurch der ganze Him-
mel abgebildet wird, ſo, wie ihn der HErr ha-
ben will, nemlich, daß er ſein Bild ſeye.
Jch redte mit guten Geiſtern, es ſeye vie-
les in dem Wort nach dem Schein und Be-
trug der Sinnen geſchrieben, z. E. wenn es
von GOtt heißt, er entbrenne im Zorn wi-
der die Gottloſe. Es iſt aber darum alſo ge-
ſchrieben, auf daß die Einbildungen und Nei-
gungen der Menſchen nicht mit Gewalt zer-
brochen, ſondern gelenkt wuͤrden. Denn
anders reden, als der Menſch es faßt, nem-
lich nach dem Schein und Betrug der Sin-
nen, waͤre eben ſo viel, als ſaͤete man den
Saamen ins Waſſer, oder man ſagte etwas
unnuͤtzliches. Es kann vielmehr ſtatt allge-
meiner Gefaͤſſe geiſtlicher Dinge dienen, denn
dadurch kann einem beygebracht werden, daß
alles vom HErrn herkomme, eben ſo, daß er
das Boͤſe nur zulaſſe, dann diß ſeye eigent-
lich nur den boͤſen Geiſtern zuzuſchreiben,
hernach aber ſorge er davor, es ſo zu lenken,
daß das Boͤſe in Gutes verwandelt wird,
und endlich komme in der That ſonſt nichts
als lauter Guts von dem HErrn. So geht
der buchſtaͤbliche Sinn, wie er aufſteigt, ver-
lohren, und wird zuerſt geiſtlich, hernach
himmliſch und denn goͤttlich.
Die
[51]wie es den goͤttl. Sinn aufſchließt.
Die Namen der Maͤnner, Staͤdte, Laͤn-
der, die in der Schrift vorkommen, verlie-
ren ſich wie die Stimmen der menſchlichen
Sprache ſelbſt, ſo weit ſie aufſteigen, immer
mehr. Denn ſie ſind grob, irrdiſch und coͤr-
perlich. Man weiß bey den Engeln nichts
von den Nominibus propriis, dieſe Namen
werden in ihren Jdeen zu Sachen, und be-
deuten alſo Sachen, wovon ich ſehr oft mit
den Engeln geredt. Jndem die Geiſter mit
einander reden, ſprechen ſie kein einiges Wort
der menſchlichen Sprache und alſo auch kei-
nen Namen aus. Sie koͤnnen es auch nicht
ausſprechen, jo ſehr ſie ſich auch bemuͤhen,
ſondern je hoͤher die Worte zu den Geiſtern,
den Engliſchen Geiſtern und den Engeln auf-
ſteigen, deſto geiſtlicher werden ſie von ihnen
empfunden.
Es gibt auch dorten einige, die das Wort
verachtet haben, andere, welche einen Spott
damit getrieben, wieder andere, welche es
vor einen bloſſen Zaum des Poͤbels gehalten,
noch andere, welches es gar gelaͤſtert und ent-
heiliget haben; dieſe haben in jenem Leben
ein erbaͤrmliches Looß, je nachdem ſie es auf
einen groſſen oder geringen Grad der Ver-
achtung, der Spoͤtterey, Laͤſterung oder der
Entheiligung getrieben haben. Dann das
Wort iſt im Himmel ſo ſelig, daß es gleich-
ſam der Himmel ſelbſt iſt. Deswegen koͤn-
D 2nen
[52]Von der H. Schrift oder dem Wort,
nen ſie, weil man einander alle Gedanken
mittheilet, nicht in Geſellſchaft ſeyn, ſon-
dern ſie muͤſſen ſich entfernen.
Da ich im Bett lag, erfuhr ich, es haͤt-
ten ſich boͤſe Engel wider mich verſchworen,
mich umzubringen. Weil ich aber unter
dem Schutz des HErrn war, ſo achtete ich
wenig darauf, und ſchlief wieder ein. Um
Mitternacht wachte ich wieder auf, und
ſpuͤrte, ich athme nicht von mir ſelbſt, ſon-
dern aus dem Himmel. Man ſagte mir da-
mahls, es ſtuͤnden mir Geiſier nach, welche
den innern Sinn des Worts, d. i. die Glau-
bens-Wahrheiten ſelbſt haßten, und diß deß-
wegen, weil er ihren Neigungen und Per-
ſuaſionen, denen der buchſtaͤbliche Sinn noch
das Wort reden koͤnnte, zuwider waͤre.
Weil dieſer ihre Bemuͤhung fruchtloß abge-
loffen, ſo verſuchten die vornehmſte derſel-
ben in die Eingeweyde des Leibs biß an das
Herz hinein zu dringen. Es wurde ihnen
auch geſtattet, wie ich es denn ſtets mit ei-
ner merklichen Empfindung gewahr wurde.
Jch bin aber ſogleich in einen himmliſchen
Zuſtand verſetzt worden, welcher darinnen
beſtunde, daß ich ſie auf keinerley Weiſe be-
gehrte zuruͤck zu treiben, vielweniger mich an
ihnen zu raͤchen. Sie ſagten, diß ſeye fried-
fertig gehandelt. Sie wurden aber bald wie
aller Vernunft beraubt, voll Rach-Begier-
de
[53]wie es den goͤttl. Sinn aufſchließt.
de und Eyfer, ihr Vorhaben ins Werck zu
ſetzen, aber vergebens.
Was uͤberhaupt die Geiſter und Engel
betrift, welche alle Menſchen-Seelen ſind,
ſo haben ſie viel ſchaͤrfere Sinnen als die
Menſchen, nemlich das Geſicht, Gehoͤr, Ge-
ruch, Gefuͤhl, nicht aber den Geſchmack.
Die Geiſter aber, und noch viel weniger die
Engel koͤnnen niemalen etwas mit ihren ei-
genen Augen ſehen, was in der Welt iſt,
denn ſelbſt das Sonnen-Licht iſt ihnen die
dickſte Finſierniß; eben wie der Menſch mit
dem Auge ſeines Leibes auch nichts von je-
ner Welt ſehen kan, denn das Licht GOttes
iſt vor ihn die dickſte Finſterniß. Doch aber
koͤnnen die Geiſter und Engel beſtaͤndig, ſo
oft es dem HErrn gefaͤllt, vermittelſt der
Augen eines Menſchen in dieſe Welt herein
ſehen, der HErr aber erlaubt es ihnen bey
keinem andern, als welcher die Gnade hat
mit den Engeln zu reden, und bey ihnen zu
ſeyn.
Durch meine Augen und Ohren haben
ſie koͤnnen andere Menſchen eben ſo klar als
ich ſelbſten ſehen und reden hoͤren.
So haben einige durch mich mit groſſem
Erſtaunen ihre Anverwandte, Ehmaͤnner und
Kinder eben ſo deutlich geſehen, als bey Lei-
bes-Leben.
D 3Da
[54]Von der H. Schrift oder dem Wort,
Da mir ein innerer Sinn aufgeſchloſſen
wurde, und die Geiſter und Engel durch mei-
ne Augen die Welt und weltliche Dinge ſa-
hen, ſo ſind ſie ſo ſehr daruͤber erſtaunet, daß
ſie ſagten, es ſeye etwas ſehr wunderbahres,
und haben ſich aufs neue gefreuet, daß es
auf ſolche Weiſe eine neue Communication
zwiſchen der Erde und Himmel gebe, allein
dieſes Vergnuͤgen waͤhrete nur einige Mona-
the, denn nachdeme es etwas gewohntes wur-
de, ſo verwundern ſie ſich jetzo nimmer.
Jch habe erfahren, daß die Geiſter und
Engel bey andern Menſchen nicht das ge-
ringſte von der Welt ſahen, ſondern nur die
Gedanken und Gemuͤths-Verfaſſungen de-
rer bey welchen ſie ſind, erkennen.
Hieraus erhellet, der Menſch ſeye dazu
erſchaffen, damit er, indem er auf Erden
neben den Menſchen lebt, zugleich unter den
Engeln im Himmel leben ſollte, und hinwie-
derum, ſo, daß Himmel und Erde beyſam-
men waͤren und eines ausmachten, daß die
Menſchen wuͤßten, was im Himmel, und
die Engel, was auf Erden vorgienge, und
daß die Menſchen, wenn ſie aus dieſer Welt
giengen, aus dem Reich des HErrn auf Er-
den in das Reich des HErrn im Himmel uͤber-
giengen, nicht als in ein verſchiedenes Reich,
ſondern in eben dasjenige, worinn ſie waren,
ſo lang ſie im Leib lebten; weil aber der Menſch
ſo
[55]wie es den goͤttl. Sinn aufſchließt.
ſo leiblich worden iſt, hat er ſich den Him-
mel zugeſchloſſen.
Die Geiſter nehmen es ſehr uͤbel, und
zuͤrnen, wenn man ihnen ſagt, die Menſchen
glauben nicht, daß ſie ſehen, hoͤren, fuͤhlen,
riechen, da doch die Menſchen wiſſen ſollten,
daß bey einem jeden Leben auch Sinnen ſeyen,
und daß dieſe Sinnen deſto fuͤrtreflicher ſeyen,
je herrlicher das Leben, daß die Vorwuͤrfe
ihrer Sinnen eben ſo vortreflich als die Sin-
nen ſelbſien ſeyen, und daß die, welche vom
HErrn ſind, reelle Dinge ſeyen; ja (dieſes
ſind ihre eigene Worte) ſie haben noch viel
beſſere und vortre flichere Sinnen als die
Menſchen ſelbſt.
Jch habe auch zwey auſſerordentliche Ar-
ten von Geſichtern, welche im Wort vorkom-
men, erfahren.
- 1) Jn den Himmel entzuͤckt, und vom
Leibe hinweg gefuͤhrt werden, wie Paulus,
ſagt: Wenn der Menſch in einen gewiſſen
Mittel-Stand zwiſchen Wachen und Schla-
fen verſetzt wird, worinnen er nichts anders
weißt, als daß er ganz wache. Alle Sinnen
ſind ſo wach ſam, als es bey der hoͤchſten Wach-
ſamkeit des Koͤrpers jemalen ſeyn kann, ſo-
wohl das Geſicht, als auch das Gehoͤr, und
was das wunderbarſte iſt, das Gefuͤhl, wel-
ches ſodann viel ſchaͤrfer iſt als ſonſten.
D 4Jn
[56]Von der H. Schrift oder dem Wort,
- Jn dieſem Zuſtand ſahe ich auch Geifter
und Engel ſehr lebhaft, ich hoͤrte ſie auch,
und ich fuͤhlte ſie ſelbſt, und damals war
auch faſt nichts coͤrperliches dabey. Von
dieſem Zuſtand heißt es, man werde von dem
Leibe hinweg gefuͤhrt, und man wiſſe nicht,
ob man in oder auſſer dem Leibe ſeye, 2. Cor.
12, 2. 3. Jn dieſen Zuſtand wurde ich 3.
oder 4. mal verſezt, nur um zu wiſſen, wie
er beſchaffen ſeye. - 2) Bin ich auch 2 biß 3 mal vom Geiſt
in einen andern Ort hingefuͤhrt worden, wie
Philippus. Jch wandelte einsmal durch die
Gaſſen und Felder, und war damals auch
im Geſpraͤch mit den Geiſtern, ich wußte
nichts weiters, als ich waͤre eben ſo wach
und ſehend als zu andern Zeiten. So wan-
delte ich fort ohne ſtrauchlen, und war in-
deſſen in einem Geſicht, da ich Hayne, Fluͤſ-
ſe, Pallaͤſte, Haͤuſer, Menſchen ꝛc. ſahe.
Nachdem ich aber alſo Stunden-lang fort-
lief, ware ich ploͤzlich wieder im Gefuͤhl des
Leibes, und wurde gewahr, ich ſeye in ei-
nem andern Ort. Hieruͤber erſtaunte ich,
und wurde verſichert, ich ſeye in einem ſol-
chen Zuſtand geweſen, worinnen diejenige,
von denen es heißt, daß ſie vom Geiſt in ei-
nen andern Ort gefuͤhrt werden, ſich befin-
den. Denn ſo lang es waͤhrt, denkt man
weder an den Weg noch an die Zeit, man
ſpuͤrt
[57]wie es den goͤttl. Sinn aufſchließt.
ſpuͤrt auch keine Ermuͤdung, und der Menſch
wird durch ihm ſelbſt unbekannte Wege an
ſeinen beſtimmten Ort gefuͤhrt. - Dieſes ſind aber auſſerordentliche Geſich-
ter, da hingegen andere meiner Geſichter or-
dentliche ſind, (Viſa nicht Viſiones) welche
ich ſchon ſeit mehrern Jahren wachend ge-
habt habe.
Von der Sprache der Geiſter
und der Engel.
Es iſt bekannt aus dem Wort des HErrn,
daß ehmalen viele Menſchen mit Gei-
ſtern und Engel geredt haben, und daß ſie
vieles vom andern Leben gehoͤrt und geſehen
haben: Nachhero aber ſeynd die Himmel gleich-
ſam aufgeſchloſſen worden, ſo daß man heut zu
Tag kaum noch glaubt, es gebe Geiſter und En-
gel; noch vielweniger aber, daß jemand mit
ihnen reden koͤnne, weil man meynt, es ſeye
unmoͤglich, daß man mit ſolchen, welche man
nicht ſieht, und die man in ſeinem Herzen
laͤugnet, rede. Weil es mir aber durch die
goͤttliche Barmherzigkeit des HErrn geſchenkt
worden iſt, daß ich ſchon einige Jahre her
faſt in einem beſtaͤndigen Umgang und Ge-
ſpraͤch mit ihnen bin, ſo will ich etwas von
ihren Geſpraͤchen unter einander erzaͤhlen.
D 5Jch
[58]Von der Sprache der Geiſter
Jch habe das Geſpraͤch der Engel mit
mir ſo deutlich gehoͤrt und vernommen, als
es irgend bey einem Menſchen geſchehen kann,
ja wann ich mitten unter der Geſellſchaft
der Menſchen mit ihnen redete, ſo nahm ich
wahr, daß ich ſie eben ſo gut laut als die
Menſchen hoͤrte, ſo daß ſie ſich manchmalen
daruͤber verwundert, daß nicht auch andere
ihr Geſpraͤch mit mir gehoͤrt haben; Dann
was das Gehoͤr betrift, ſo iſt gar kein Un-
terſchied zu machen; weil aber ein anderer
Einfluß in die innerliche Gehoͤr-Werkzeuge
da iſt, als bey einer Unterredung mit andern
Menſchen, ſo konnte ich es nur allein hoͤ-
ren. Dann die menſchliche Rede kommt
durch einen Weg von auſſen hinein vermit-
telſt der Luft durch das Ohr in den Menſchen,
die Geiſter Sprache aber dringt weder durchs
Ohr noch vermittelſt der Luft, ſondern durch
einen inneren Weg in eben die Werkzeuge
des Haupts oder des Gehirns; daher iſt es
ein aͤhnliches Gehoͤr, zur Geiſter-Sprach.
Wie ſauer es den Menſchen ankomme,
Geiſter- und Engel- und noch mehr eine Gei-
ſter-Sprache mit den Menſchen zu glauben-
iſt, aus folgendem Exempel klar: Es waren
einige Geiſter, welche bey Leibes-Leben un-
ter die Gelehrten gerechnet wurden, und mir
im Leben bekannt waren: (dann ich habe faſt
mit allen denjenigen, welche ich bey Leibes-
Leben
[59]und der Engel.
Leben kannte, geſprochen, mit einigen etliche
Wochen lang, mit andern ein Jahr lang,
als lebten ſie im Leibe.) Dieſe wurden ein-
mal in eine aͤhnliche Stellung der Gedanken
verſetzt mit denen, welche ſie in der Welt
hatten, wie es dann leicht nach dem Tod ge-
ſchehen kann. Man brachte ihnen die Fra-
ge bey, ob ſie glauben, daß ein Menſch mit
den Geiſtern reden koͤnne? Sie ſagten in
ihrem damaligen Zuſtand, es ſeye eine Ein-
bildung dieſes zu glauben, und behaupteten
es feſt; daraus merkte ich, wie ſchwer es
hergehe, biß der Menſch glaube, man koͤnne
mit den Geiſtern reden, weil man keine Gei-
ſter glaubt, und noch viel weniger, daß man
nach dem Tod unter dieſelbe kommen werde,
woruͤber ſie ſich eben damals ſehr verwun-
derten. Dieſes waren Leute, welche in die-
ſer Welt vor Gelehrte gehalten wurden, und
es oͤfters von Canzeln und Cathedern herab
bewieſen, es gebe noch ein anderes Leben, ei-
nen Himmel und Engel.
Es iſt etwas wunderbares, daß die Gei-
ſter mit einem Menſchen in ſeiner Mutter-
Sprache und zwar ſo fertig und geſchickt re-
den, als waͤren ſie in dieſer Sprache geboh-
ren und erzogen worden, er mag hernach aus
einem Theil der Welt her ſeyn, aus welchem
er will, ja die Geiſter moͤgen auch vor tau-
ſend oder mehr Jahren, ehe die Sprache auf-
gekom-
[60]Von der Sprache der Geiſter
gekommen, gelebt haben. Die Geiſter wiſ-
ſen es nicht anders, als daß die Sprache,
worinn ſie mit einem Menſchen reden, ihre
eigene Sprache ſey, und ſo gehet es auch mit
andern Sprachen, die der Menſch kann, auſ-
ſer dieſem aber koͤnnen ſie nicht ein Woͤrt-
lein einer andern Sprache hervor bringen,
wann es ihnen nicht gegeben wird: Selbſt
die Kinder, welche geſtorben ſind, ehe ſie ei-
ne Sprache erlernt, reden alſo. Die Ur-
ſache iſt dieſe, weil die Sprache, die den Gei-
ſtern eigen iſt, eine Jdeen-Sprache der Ge-
danken iſt, welches eine Univerſal-Sprache
iſt: Wenn ſie nun bey einem Menſchen ſind,
ſo flieſſen die Begriffe ihrer Gedanken in die
Worte, die bey dem Menſchen ſind, ein,
und zwar ſo ſchicklich und angemeſſen, daß
es die Geiſter nicht anders glauben, als die-
ſe Worte ſeyen ihre eigene Worte, und ſie
reden in ihrer eigenen Sprache, ob ſie gleich
in des Menſchen Sprache reden. Hieruͤber
habe ich mich oft mit den Geiſtern beſpro-
chen. Dieſe Gabe, die Sprachen aller Men-
ſchen auf dem ganzen Erdboden ſo vollkom-
men zu verſtehen, erlangen alle Seelen, die
in jenes Leben hinuͤber kommen: Denn ne-
ben andern Eigenſchaften, welche noch viel
vortreflicher ſind, vernehmen ſie alles, was
der Menſch denkt: daher kommts, daß die
Seelen nach dem Tod des Leibs mit allen
Menſchen reden und umgehen koͤnnen.
Die
[61]und der Engel.
Die Worte, womit ſie reden, oder viel-
mehr, welche ſie aus dem Gedaͤchtniß des
Menſchen hervor nehmen und erwecken, und
ſichs zueignen, ſind auserleſen und deutlich,
haben einen vollen Verſtand, ſind vernehm-
lich ausgeſprochen, laſſen ſich zur Sache ge-
brauchen, ja ſie wiſſen auch eine beſſere Wahl
der Worte zu treffen, als ein Menſch, ſie
wiſſen die vielerley Bedeutungen der Woͤr-
ter, welche ſie dem Menſchen in einem Au-
genblick beybringen, ohne darauf zu denken,
deßwegen, weil die Begriffe ihrer Sprache
nur in diejenige Worte, welche ſich ſchicken,
einflieſſen. Die Sache verhaͤlt ſich faſt eben
ſo, wie wenn der Menſch redt, und ſich
nicht auf die Worte befinnt, ſondern ſich nur
nach ſeiner Empfindung ausdruckt, alsdann
fallen die Gedanken nach demſelben ſchnell
und von ſelbſten in Worte: Dann das in-
nere Gefuͤhl iſt es, das die Worte anbringt.
Und in einem ſolchen innern, noch viel ſub-
tileren und beſſeren Gefuͤhl beſteht die Spra-
che der Geiſter, durch welches Gefuͤhl der
Menſch unwiſſender Weiſe eine Gemeinſchaft
hat.
Demnach iſt die Wort-Sprache die ei-
gentliche Sprache der Menſchen und des
leiblichen Gedaͤchtniſſes derſelben, die Jdeen.
Sprache aber iſt die Geiſter-Sprache, und
zwar des inneren Gedaͤchtniſſes des Geiſtes.
Die-
[62]Von der Sprache der Geiſter
Dieſes Gedaͤchtniß beſitzen die Menſchen un-
wiſſender Weiſe, weil das Gedaͤchtniß be-
ſonderer oder materieller Dinge alles wuͤrkt,
und das innere Gedaͤchtniß benebelt, da doch
der Menſch ohne ſein inneres Geiſtes-Ge-
daͤchtniß nichts denken kann. Aus dieſem
innern Gedaͤchtniß habe ich oft mit den Gei-
ſtern nach ihrer Weiſe oder durch die Jdeen-
Sprache geredt, welches eine ſehr reiche und
allgemeine Sprache iſt: Denn ein jedes Wort
hat eine Jdee von groſſer Ausdehnung, und
man kann ſehr viel reden, biß es ganz er-
klaͤrt iſt. *)
Jch habe nicht nur dasjenige, was die
Geiſter mit mir geredet, deutlich vernom-
men, ſondern auch wo ſie damalen waren,
zur rechten oder zur lincken, neben oder
in meinem Leib ꝛc. dann-ſie haben aus
ſolchen verſchiedenen Stellungen mit mir
geredt. Jch konnte auch vernehmen, wann
ſie kamen und weg giengen, wohin und wie
weit, ob es viel oder wenige waren ꝛc. aus ihrer
Sprache merkte ich auch, was es fuͤr Geiſter
ſeyen: Dann aus der Sprache und aus ih-
rer Sphaͤre erhellt es deutlich, was ſie fuͤr ei-
ne Art und Genium haben, was ſie vor Per-
ſuaſio-
[63]und der Engel.
ſuaſionen und Neigungen haben. So wann
ſie tuͤckiſch ſind, merkt man in allen ihren
Reden und Ausdruͤcken ihre Tuͤcke an, und
ſo druͤcken ſich alle uͤbrige Bosheiten und Luͤ-
ſten in jeden Worten und Jdeen offenbar
aus. Man merkt auch, ob die Jdee ihrer
Sprache verſchloſſen oder eroͤffnet ſey, was
ſie aus ſich, von andern oder von dem HErrn
reden, ſo wie man aus dem bloſſen Angeſicht
des Menſchen ohne ſeine Reden leſen kann,
ob es etwas verſtelltes, etwas tuͤckiſches, et-
was heiteres, etwas froͤliches durch Natur
oder durch Kunſt, etwas von Herzen freund-
ſchaftliches, etwas ſchamhaftes oder auch et-
was wahnwitziges bey ihm iſt, manchmalen
ſieht man auch ſo etwas aus den Reden der
Menſchen. Wie wird dieſes nicht in jenem
Leben ſo deutlich zu erkennen ſeyn, da die
Perception viel groͤſſer iſt als die Appercep-
tion: Ja man kan es einem Geiſt anmerken,
ehe er noch redet, aus dem bloſſen Gedanken,
was er reden will, dann der Gedanke ſenkt
ſich baͤlder in den Menſchen als in die
Sprache.
Die Geiſter im andern Leben reden mitein-
ander, wie die Menſchen auf Erden, und
zwar die gute Geiſter in aller Vertraulich-
keit und Liebe. Sie koͤnnen in einer Mi-
nute mehr ausdruͤcken, als ein Menſch in
einer ganzen Stunde, dann ihre Sprache iſt
eine
[64]Von der Sprache der Geiſter
eine Univerſal Sprache, vermittelſt der Pri-
mitiv-Begriffe der Worte. Sie reden von
den Sachen ſo ſcharfſinnig und einſichtsvoll
durch eine ſolche Reihe von auf einander fol-
genden Gruͤnden und Beweiſen, daß ein
Menſch erſtaunen wuͤrde, wann er es hoͤ-
ren ſollte: Sie bringen auch Beweggruͤnde
dabey an, und laſſen ihre Zaͤrtlichkeit ſo ſehr
in ihre Rede mit einflieſſen, daß ſie damit
ganz beſeelt wird. Manchmalen ſtellen ſie
die Sache auch ganz lebhaft vor die Augen
dar, z. E. wann ſie von der Schamhaftig-
keit reden wollen, ob ſie ohne Ehrerbietung
beſtehen koͤnne, ſo kan der Menſch anders
nicht als durch viele Gruͤnde, Exempel und
Schluͤſſe davon reden. Bey den Geiſtern
aber werden in einer Minute alle Gemuͤths-
Verfaſſungen in der Schamhaftigkeit und
Ehrfurcht nach der Ordnung, und ſo auch
die Uebereinſtimmungen und Widrigkeiten
dieſer Gemuͤths-Stellungen dargeſtellt, daß
ſie gleichbalden daruͤber ſchluͤßig werden.
Dieſe Eigenſchaften erlangen die Seelen
nach dem Tod: da machen ſich die guten Gei-
ſter aus nichts mehr Freude, als daß ſie die
neue Ankoͤmmlinge und Unwiſſende unter-
richten. Die Geiſter wiſſen ſelbſt nicht, daß
ſie eine ſo vortrefliche Sprache und Gabe ha-
ben, wann es ihnen nicht der HErr ſchenkt,
daruͤber zu reflectiren.
Die-
[65]und der Engel.
Dieſes iſt nun die Sprache der Geiſter:
aber die Sprache der Engliſchen Geiſter
iſt noch univerſeller und vollkommener, wie
dann auch dieſe durch die Sprache der En-
gel weit uͤbertroffen wird. Die Vollkom-
menheiten derſelben ſteigen neben dem Ver-
haͤltniß, wie ſich das aͤuſſere zum innern
verhaͤlt, oder wie ſich das Gehoͤr zum Ge-
ſicht, und das Geſicht zum Denken verhaͤlt:
Dann worzu das Gehoͤr eine Stunde
braucht, das ſieht man in einem Augenblick,
und wozu das Aug mehrere Stunden noͤthig
hat, das kann man in einer Minute uͤber-
denken. So begreifen die Engliſche Geiſter
in einer Vorſtellung der Sprache oder des
Gedankens etwas viel deutlicher als die Gei-
ſter mit etlich tauſend, und die Engel gleich-
falls in der Gleichung mit den Engliſchen
Geiſtern. Wie wird es nicht bey dem HErrn
ſelbſt ſeyn?
Die Sprache der Engliſchen Geiſter iſt
unbegreiflich, die Sache ſelbſt ſtellt ſich auf
eine wunderbare Weiſe, die von denen Ge-
genſtaͤnden der Sinne abſtrahirt iſt, perſpe-
ctiviſch dar, und wird durch die allerange-
nehmſte und ſchoͤnſte Abbildungen durch un-
zaͤhlige Arten veraͤndert mit einem beſtaͤndi-
gen Einfluß der Gemuͤthsneigungen (affectu-
um) der allgemeinen Liebe, welche von dem
HErrn oben herab fließt, aus welchem Ein-
Sw. Sch.IV.Th. Efluß
[66]Von der Sprache der Geiſter
fluß alles lebt. Es iſt nicht moͤglich, nur
eine einige ſolch perſpectiviſche Vorſtellung
(repræſentativum) verſtaͤndlich zu beſchreiben,
die Geiſter ſelbſt vernehmen dieſes noch nicht
deutlich.
Es giebt viele innere (interiores) boͤſe Gei-
ſter, welche zwar nicht reden, wie die Gei-
ſter, doch aber in den Principiis der Jdeen
ſtehen, und alſo ſubtiler ſind, als die Geiſter.
Dieſe ſind von den Engliſchen Geiſtern ganz
abgeſondert, und koͤnnen ſich nicht zu ihnen
hinnahen. Dieſe boͤſe Geiſter verbinden
zwar auch ihre Jdeen abſtract an Gegenſtaͤn-
de und Sachen, aber an garſtige, und ſtellen
ſich da vieles vor, aber garſtig. Sie ſind
gleichſam, wie toll. Jhre Sprache iſt mir
auch bekannt worden, ſie wurde mir da-
bey vorgeſtellt durch die unreine Heffen aus
einem Gefaͤß, das verſtaͤndliche aber in ihrer
Sprache durch das Hintertheil eines Pferds,
deſſen Vordertheil man nicht ſahe: Dann
das Verſtaͤndliche wird in der Geiſter-Welt
durch Pferde vorgeſtellt, hingegen die Spra-
che der Engliſchen Geiſter wurde vorgeſtellt
durch eine Jungfrau in einem weiſſen Kleid,
welches ſich zierlich uͤber ein Bruſtkleid ſchick-
te, zierlich angezogen, und in einer anftaͤndi-
gen Leibesgeſtalt.
Die Sprache der Engel iſt unausſprechlich.
Sie iſt den Menſchen, ſo lange ſie leben, und
ſelb-
[67]und der Engel.
ſelbſten den Geiſtern, unbegreifllich. Jhre
Sprache gehet nicht auf Sachen, welche man
ſich durch gewiſſe Jdeen vorſtellt, wie bey
den Geiſtern und Engliſchen Geiſtern, ſon-
dern auf die Endzwecke und den Gebrauch,
welche das weſentliche und vornehmſte in al-
len Dingen ſind, deßwegen auch die Engel,
die bey den Menſchen ſind, auf nichts an-
ders merken, als auf die Endzwecke und den
nuͤtzlichen Gebrauch, und ſonſt alles andere
aus den Gedanken der Menſchen verbannen;
um das uͤbrige, was ideel und materiel iſt, be-
kuͤmmern ſie ſich nicht viel, weil es unter ih-
rem Wuͤrkungs-Crays iſt. Die Sprache
der Engel wird bisweilen in der Geiſterwelt
bekannt, und faͤllt vor ihrem inneren Geſicht
alſo auf, wie das Blanken des Lichts oder
einer glaͤnzenden Flamme, und zwar beedes
mit einer groſſen Verſchiedenheit nach dem
Zuſtand der Bewegungen ihrer Sprache.
Der himmliſchen Engel iſt unterſchieden von
der Sprache der geiſtlichen Engel, und iſt un-
ausſprechlicher, und laͤßt ſich weniger aus-
druͤcken, ſie iſt auch viel reicher.
Die Sprache der guten und der Engliſchen
Geiſter, eſt ſimultanea plurium, hat auf ein-
mal ſehr viel in ſich, beſonders in ihren Cir-
culgaͤngen gyris und Choͤren. Die Sprache,
welche ſie in Choͤren gebrauchen, habe ich oft
gehoͤrt, ſie iſt wie ſchoͤn ausfallende Reimen.
E 2Sie
[68]Von der Sprache der Geiſter
Sie denken nicht viel an Worte oder Jdeen,
die empfundene Sachen flieſſen von ſelbſt in
Worte, keine ſolche Worte oder Jdeen kom-
men darein, welche den Sinn uͤberhaͤuffen
oder auf Nebenſachen ziehen, oder welches et-
was ausgekuͤnſteltes beſagt, oder welches ſich
ſelbſt ſeiner Zierde halber aus Eigenliebe ge-
faͤllt; ſie wuͤrden diß gleichbald zernichten.
Sie halten ſich bey keinem woͤrtlichen Aus-
druck auf, nulli voci inhærent, ſie drucken
nur den Sinn aus, der Ausdruck ergibt ſich
ſelbſt, deſinunt in unitates, ut plurimum ſim-
plices, dum in compoſitas, per accentum vol-
vunt ſe in ſequentem.*) Jndem ſie ihren
Sinn in zuſammengeſetzten Ausdruͤcken en-
digen, ſo bringen ſie die Einheiten, welche
mehrentheils einfach ſeyn, mit zum ſchlieſ-
ſenden Sinn, durch den Ton und Accent fal-
len ſie vom vorhergehenden in den Verſtand
des folgenden.
Dieſes kommt daher, weil ſie in der Ge-
ſellſchaft denken und reden, deßwegen faͤllt
auch ihre Art zu reden nach der Verbindung
und Einmuͤthigkeit der Geſellſchaft aus. Die-
ſes war die Art der ehemaligen Geſaͤnger der
Pſalmen Davids.
Man
[69]und der Engel.
Man muß ſich wundern, daß dieſe Rei-
menweiß lauffende oder harmoniſche Redart
der Geſaͤnger denen Geiſtern natuͤrlich iſt;
ſie reden alſo untereinander, ob ſie es gleich
nicht wiſſen. Die Seelen bekommen gleich-
balden nach dem Tod ein Geſchick ſo zu reden.
Jch ſelbſt bin in ein gleiches Geſchick verſetzt,
und endlich iſt es mir ganz gelaͤuffig und ge-
wohnt worden. Jhre Redart iſt deswegen
ſo beſchaffen, weil ſie in der Geſellſchaft re-
den, welches ſie gemeiniglich nicht wiſſen. Jſt
dieſes nicht das klatſte Anzeigen, daß ſie alle
in gewiſſe Geſellſchaften eingetheilt ſind, und
daß daher alles aus dem Bild gewiſſer For-
men der Geſellſchaft fließt.
Die Unterredungen der Geiſter mit dem
Menſchen geſchehen vermittelſt der woͤrtlichen
Stimmen (per voces) da hingegen die Spra-
che der Geiſter untereinander durch Jdeen,
welche von den Worten urſpruͤnglich ſind (ori-
ginarias vocum) geſchieht, ſie ſind aber nicht
ſo undeutlich wie bey dem Menſchen, ſo lang
er in dem Leib lebt, ſondern ſo deutlich wie
die Reden. Die Gedanken der Menſchen
werden nach dem Tod deutlicher und klaͤrer,
und die Jdeen der Gedanken kommen zu groͤſ-
ſerer Unterſcheidung, ſo, daß ſie als deutli-
che Formen der Sprache dienen: Dann das
dunkele iſt mit dem Leib *) zerſtreut worden,
und
[70]Von der Sprache der Geiſter
und alſo iſt die denkende Kraft gleichſam von
ihren Schlaiffen, womit ſie beſtrickt war, als
von Schatten, worein ſie eingewickelt war,
frey worden. Sie bringt alles mehr in einem
Augenblick zu Stand, daher iſt auch der An-
blick beſonderer Umſiaͤnde und Theile heller
und praͤſenter, und eben ſo auch das Bewußt-
ſeyn, (apperceptio) und die Ausſprach.
Die Sprache der Geiſter iſt nach den ver-
ſchiedenen Claſſen oder Familien der Geiſter
auch unterſchieden: man kan ſie an der
Sprache unterſcheiden lernen, ja es hat ſelbſt
ein jeder Geiſt ſeine beſondere Sprache wie
die Menſchen. Dieſer Unterſchied kommt
nicht nur von den Affectionen, welche das Le-
ben der Sprache ausmachen, und welche die
Woͤrter gleichſam ausfuͤllen und fortfuͤhren,
noch allein von dem Aceent, ſondern auch
von dem verſchiedenen Schall und andern
Zeichen her.
Die
[71]und der Engel.
Die Sprache der himmliſchen Geiſter
kann nicht leicht in die vernehmliche Toͤne
oder Stimmen bey dem Menſchen einflieſſen:
denn ſie ſchickt ſich wuͤrklich in keine Stim-
me, in welcher etwas knarrends (ſtridulum)
oder eine etwas harte Verdopplung der Con-
ſonanten iſt, oder worinn auch eine Jdee aus
dem wiſſenſchaftlichen Denken liegt; deßwe-
gen flieſſen ſie ſelten anders in die Sprache
ein, als durch zarte Anregungen des Herzens
(Affectiones),*) welche die Worte gleich ei-
nes Fluſſes oder der Luft zaͤrtlich und ſanft
flieſſend machen. Die Sprache derjenigen
Geiſter, welche in der Mitte ſind zwiſchen
den himmliſchen und geiſtlichen, iſt flieſſend
wie die ſanfteſte Athmoſphaͤre, ſie erquickt
die Werkzeuge, worein ſie kommt, und macht
ſelbſten die Stimmen ſanft, ſie iſt auch ſchnell,
und gewiß, ihr flieſſendes und liebliches We-
ſen entſteht daher, weil das himmliſche Gut
in den Jdeen derſelbigen, und weil die Spra-
che mit ihren Gedanken aufs beſte uͤberein-
ſtimmt. Alles harmoniſche Angenehme in
jenem Leben kommt von der Guͤte und Liebe
her. Die Sprache der niedrigen Geiſtern iſt
E 4auch
[72]Von der Sprache der Geiſter
auch flieſſend, aber nicht ſo ſanft und gelind;
dieſe ſind es welche hauptſaͤchlich reden.
Es giebt auch eine Sprache der boͤſen En-
gel, (geniorum) welche flieſſend iſt, aber nur
aͤuſſerlich zum Gehoͤr, innerlich aber iſt ſie
knarrend, weil ſie uns einer Verſtellung zum
Guten und aus keiner inneren Bewegung
darzu entſtehet, es giebt auch eine Sprache
ſolcher Geiſter ohne etwas flieſſendes, in wel-
cher man die Widrigkeit der Gedanken ver-
nimmt als ein heimliches kriechendes Thier.
Es gibt Geiſter, welche nicht auf eine Fluß-
artige Weiſe einflieſſen, ſondern durch ſchwin-
gende und hin und her gezogene Bewegungen,
wie wenn aus einer Linie eine Flaͤche wird,
mehr oder weniger ſcharf. Dieſe flieſſen nicht
allein mit der Sprache, ſondern auch mit der
Antwort ein. Dieſes ſind ſolche, welche das
innerſte des Worts aus vielfaͤltigen Urſachen
verwerfen, welche andere Menſchen vor ihr
bloſſes Werkzeug und vor nichts halten, und
nur ſich ſelbſten ſuchen.
Es giebt Geiſter, welche nicht reden, ſon-
dern nur durch vielerley Geſtalten und Ver-
aͤnderungen, welche ſie in meinem Angeſicht
hervorgebracht haben, ihre Geſinnungen aus-
druckten, und die Jdeen ſo lebhaft hingeſtellt
haben, daß man darum ihre Gedanken gleich-
ſam
[73]und der Engel.
ſam im Bild ſahe: dieſes geſchah durch Ver-
aͤnderungen um die Gegend der Lippen, ſo-
dann uͤber das Geſicht, und hernach um die
Augen herum, indem ſie nur ihre innerſte
Geſinnungen mittheilten, und zwar geſchah
es um das linke Aug, wann ſie mir Wahr-
heiten und Anregungen zu Wahrheiten, um
das rechte aber, wann ſie mir gute Dinge
und Anregungen zum Guten beybrachten.
Jch hoͤrte auch mehrerer Geiſter-Spra-
chen zugleich, ſie war Wellenweiß fortflieſ-
ſend, und floſſe in das Gehirn mit verſchie-
dener Beſtimmung. Andere Geiſter redten
ſo, daß es ſich vierfach endigte, als lautete
es nach dem Schall und Ton der Dreſcher.
Dieſe Geiſter ſind von andern ganz abgeſon-
dert, ſie bringen dem Haupt einen Schmer-
zen bey, wie wenn man mit der Sprize etwas
zuruͤck zieht; andere hoͤrte ich, welche zwar ei-
ne helle Stimme hatten, aber ſo, als red-
ten ſie in ſich innerlich, doch immer, daß
man ſie hoͤren konnte. Andere redeten, als
muͤßten ſie alle ihre Worte aus dem Bauch
heraus holen, dieſes ſind ſolche, welche gar
nicht viel auf den Verſtand der Sache acht
geben, ſondern von andern zum Reden ge-
zwungen werden. Jch hoͤrte andere, welche
mit einem haiſchen Schall, als waͤre er in
2. Theile geſpalten, redeten, dieſe machen
ſich an die linke Seite unter dem Vorder-
E 5theil
[74]Von der Sprache der Geiſter ꝛc.
theil des Arms oder auch an das linke Ohr.
Wieder andere konnten nicht laut reden,
ſondern ſind wie ſolche, die einen Huſten
und Catharr haben. Einige derſelben locken
die Heimlichkeit anderer heraus, in der Ab-
ſicht zu ſchaden, indem ſie ſich durch ſolche
Dinge, womit ſie ſich ergoͤtzen, bey ihnen be-
liebt zu machen ſuchen. Es gibt kleine Gei-
ſter, obgleich nicht viele, welche reden, als
hoͤrte man eine ganze Menge wie Donnernd,
ich hoͤrte ſie uͤber meinem Haupt, und meyn-
te, es waͤre eine ganze Menge; es kam aber
einer zu mir an meiner linken Seite unter
dem Arm, und redte auf eine aͤhnliche Wei-
ſe mit einer donnernden Stimme, er ſchied
ſodenn von mir, und machte nach ſeiner
Weiſe fort. Doch ſind ſolche Arten zu re-
den etwas ſelten; wem ſeine innere Gehoͤr-
Werkzeuge geoͤfnet ſind, der hoͤrt dieſes ſo
deutlich und laut, gleich denen Geiſtern, als
man die Sprache der Menſchen und den
Schall auf dieſer Erden hoͤrt.
Einmal redeten auch Geiſter mit mir
durch bloſſe bildliche Vorſtellungen vor den
Augen: ſie ſtellten mir Flammen von vie-
lerley Farben, Lichter, auf- und abſteigen-
de Wolken, verſchiedene Haͤußlein und Puͤl-
ter, Gefaͤſſe, verſchiedentlich gekleidete Per-
fonen und andere Dinge vor: dieſes alles
hatte ſeine beſondere ſymboliſche Bedeutung,
wor-
[75]Von dem Licht, wor. die Engel leben.
woraus man abnehmen konnte, was ſie
wollen.
Von dem Licht, worinnen
die Engel leben.
Daß die Geiſter und Engel alle Sinne
auſſer dem Geſchmack *) in einer groͤſ-
ſeren Schaͤrfe und Vollkommenheit heſizen,
als irgend ein Menſch, iſt mir vielfaͤltig ge-
zeigt worden. Sie ſehen nicht nur einan-
der, und gehen miteinander um, beſonders
die Engel leben in der groͤſten Gluͤckſeligkeit
vermittelſt der gemeinſchaftlichen Liebe, ſon-
dern es gibt auch noch viel mehr Dinge, wel-
che ſie dort ſehen, als es ein Menſch glau-
ben kann. Es gibt eine Geiſter-Welt, und
es gibt ganze Himmel voll abbildender Dar-
ſtellungen, dergleichen die Propheten geſehen
haben, und welche ſo groß ſind, daß ein
Menſch, wann ihme das Geſicht ſollte geoͤf-
net werden, und er einige Stunden lang
hinein ſchauen doͤrfte, anders nicht als er-
ſtaunen muͤßte. Das Licht in dem Himmel
iſt ſo beſchaffen, daß es den mittaͤglichen
Glanz der Sonnen-Welt auf eine unglaub-
liche
[76]Von dem Licht,
liche Weiſe uͤbertrift, hingegen die Geiſter
haben kein Licht in der Welt, weil ſie ent-
weder uͤber oder unter der Sphaͤre dieſes
Lichts ſind, ſondern allein von dem HErrn,
der ihre Sonne iſt. Auch das mittaͤgliche
Licht der Welt iſt den Engeln wie eine dichte
Finſterniß: wenn es ihnen gegeben wird,
in dieſes Licht hinein zu ſchauen, ſo iſt es
ihnen, als ob ſie in lauter Finſterniß hinein
ſchauten: So ſehr iſt das Licht des Himmels
von dem Licht der Welt unterſchieden.
Das Licht, worinn die Geiſter und En-
gel leben, habe ich ſo oft geſehen, daß es mir
endlich ganz gewohnt worden iſt. Jch will
einiges von meinen Erfahrungen anfuͤhren.
Damit ich wußte, was es fuͤr ein Licht
ſeye, bin ich einigemal in die Wohnungen
der guten und der Engliſchen Geiſter hinge-
fuͤhrt worden, und habe da nicht nur ſie,
ſondern auch alles, was dorten iſt, geſehen.
Jch ſahe auch unmuͤndige Kinder und Muͤt-
tern, in einem hellglaͤnzenden und ſchim-
mernden Licht, daß es nichts hellers geben
kann.
Unvermuthet fiel etwas ſtarkflammen-
des (flammeum intenſum) vor mein Aug
hin, welches es ſehr blendete, nicht nur das
Geſicht des aͤuſſeren, ſondern auch des inne-
ren
[77]worinnen die Engel leben.
ren Auges. Bald darauf erſchien mir et-
was dunkeles, als eine ſchattichte Wolke,
worinnen gleichſam etwas irrdiſches war.
Da ich mich hieruͤber wunderte, wurde ich
innen, ſo groß ſeye das Licht bey den En-
geln im Himmel, in Vergleichung mit dem
Licht in der Geiſter-Welt, ob ſie gleich ſchon
im Licht leben, und daß ſich eben ſo der Ver-
ftand und Weisheit der Engel und alles, was
zu dieſem gehoͤrt, und davon abhangt, nem-
lich die Sprache, die Denkungskraft, die
Freude und Gluͤckſeligkeit derſelben gegen
die Geiſter verhalte. Wie groß mag nicht
der Unterſchied zwiſchen Engeln und Men-
ſchen ſeyn, welche doch nur gegen die Gei-
ſter ſchon im Dunkeln ſind?
Es wurde mir gezeigt das Licht, worin-
nen diejenige leben, die ungefaͤhr zu einer
inneren Gegend des Angeſichts gehoͤren. Es
war ein Licht, mit ſchoͤnen Veraͤnderungen
von guͤldenen Lichter-Strahlen, welches vor
diejenige gehoͤrte, welche in denen Neigun-
gen zum Guten ſtehen, und ein anderes Licht
von mancherley Abwechslungen ſilberner
Lichts-Strahlen, worinnen diejenige ſtehen,
die in Neigungen zur Wahrheit ſind. Biß-
weilen ſehen ſie auch den Himmel, nicht den,
welchen wir ſehen, ſondern einen vor ihnen
dargeſtellten mit Sternlein aufs ſchoͤnſte ge-
ſchmuͤckten Himmel. Der Unterſchied kommt
daher,
[78]Von dem Licht,
daher, daß alle Geiſter und Engel in allen
drey Himmeln in Himmliſche und Geiſtliche
eingetheilt ſind: Jene ſind es, die in der
Liebe zum Guten, dieſe aber, die in der Lie-
be zur Wahrheit ſtehen.
Jch bin von dem Particulair-Jdeen oder
von dem Leib hinweg gefuͤhrt worden, ſo
daß ich in geiſtlichen Jdeen erhalten wurde,
da erſchien mir ein lebendiges Fuͤnklein ei-
nes Diamantenen Lichts (dann anders kann
ich es nicht beſchreiben) und zwar ziemlich
lang. So lang ich darinnen war, ſah ich
die Particulair-Dinge als etwas Weltliches
und Coͤrperliches, als unter mir, und ent-
fernt an. Daher erkannte ich, in welchem
Licht diejenige ſeyen, die von den materiellen
Jdeen zu den Geiſtlichen erhoben ſind.
Manchmahlen erſcheinen die gute Gei-
ſter vor andern, und vor ſich, als leuchten-
de Sterne, welche nach dem Grad ihrer
Liebe und des Glaubens ſchimmern: Die
boͤſe Geiſter hingegen als Kuglen eines Koh-
len-Feuers.
Den boͤſen Geiſtern kommt bißweilen
das Leben der Luͤſten oder der Wolluͤſten als
ein Kohlen-Feuer vor: in dieſes gleichſam
feurige Weſen wird das Leben der Liebe und
der Barmherzigkeit des HErrn, welches bey
ihnen
[79]worinnen die Engel leben.
ihnen einfließt, verkehrt, hingegen das Leben
ihrer Phantaſien erſcheint ihnen, als ein da-
her entſtandenes Licht, welches aber ſehr dun-
kel iſt, und ſich auf keine Weite erſtreckt:
Wenn ſich aber das Leben der gemeinſchaft-
lichen Liebe annaͤhert, ſo loͤſcht das Feurige
aus, und kehrt ſich in Kaͤlte, und das dun-
kele Licht in Finſterniß. Denn die boͤſen
Geiſter leben in Finſterniß, und es iſt kein
Wunder, daß auch einige die Finſterniß
lieben, und das Licht haſſen.
Jm Himmel (in der Geiſter-Welt aber
nicht eben ſo) iſt es ganz bekannt, daß das
Licht vom HErrn herkommt, und im dritten
Himmel erſcheint der HErr denen himm liſchen
Engeln als die Sonne, denen geiſtlichen aber
als der Mond.
So viel aber die Engel himmliſches und
geiſtliches Weſen haben, ſo viel Licht haben
ſie, und wie dieſes himmliſche und geiſtliche
beſchaffen iſt, ſo iſt auch das Licht beſchaffen.
Dieſes kann man aus der Verklaͤrung
des HErrn, da ſein Angeſicht wie die Son-
ne, und ſeine Kleider, wie das Licht glaͤnz-
ten, Matth. 17. C. v. 2. ſehen, da wurde
den Juͤngern ihr inneres Aug aufgethan, ſo
wird eben dieſes bey den Propheten Jeſ. C.
30. v. 26, und bey Joh. Apocal. 21. v. 23.
C. 22. v. 5. und bey Moſe Num. 24. v. 10.
beſtaͤt-
[80]Von dem Licht,
beſtaͤtigt. Weil alſo das himmliſche und geiſt-
liche Weſen des HErrn vor dem aͤuſſeren
Aug der Engel als die Sonne und der Mond
erſcheint, ſo bedeutet die Sonne im Wort
das Himmliſche, und der Mond das Geiſt-
liche. Den Mond ich habe alſo geſehen, aber
die Sonne nicht.
Aus dem Licht des HErrn im Himmel fieht
man unzaͤhlige Wunderdinge. Sie ſtellen
beſtaͤndig den HErrn, und ſein Reich bildlich
dar, wie bey den Propheten, und den Apoc.
Sobald dem Menſchen ſein inneres oder ſein
Geiſtes-Aug geoͤfnet wird, ſo kan er ſolches
ſehen, wie Johannes den guͤldenen Leuchter.
Apoc. C. 1. v. 12. 13. und andere Dinge C.
21. v. 2. 10. Jch konnte von denen unzaͤh-
ligen Dingen, welche in dem andern Leben
erſcheinen, ehe miꝛ dieſes Licht aufgegangen
iſt, keinen anderen Begriff bekommen, als
andere haben, nemlich daß das Licht, und
was neben dem ſinnlichen aus demſelben her-
vor kommt, keineswegs in dem andern Leben
ſeyn koͤnne, und dieſes aus der gefaßten Mei-
nung der Gelehrten von dem Jmmateriellen,
welches ſie hauptſaͤchlich denen Geiſtern zu-
ſchreiben, und von allem, was in jenem Leben
iſt, woraus man ſich keinen andern Begriff
bilden kan, als daß, weil es immateriel, es
entweder ſo dunkel, daß man keinen andern
Begriff faſſen koͤnnte, oder gar nichts waͤre,
dann
[81]Von den Parad. u. Woh. der Engel.
dann etwas immaterielles beſagt dergleichen
etwas, da doch das Gegentheil offenbar an-
genommen werden muß, dann wann die
Geiſter nicht organiſch, und die Engel orga-
niſche Subſtanzen waͤren, ſo koͤnnten ſie
weder reden noch ſehen, noch denken. *)
Von den Paradieſen und Woh-
nungen der Engel.
Was man in der Geiſter-Welt und im
Himmel ſehen kan, iſt ſo unzaͤhlbar,
daß man es nicht ausreden kan. Hier will
ich von einigen Dingen, welche unmittelbar
aus dem Licht ſind, etwas melden, nemlich
von den Athmoſphaͤren, paradiſiſchen Ge-
genden, Regenbogen-Farben, Palaͤſten und
Wohnungen, welche dort vor dem aͤuſſern
Aug der Geiſter und Engel ſo licht und le-
bendig ſind, und zugleich mit allen Sinnen
genoſſen werden koͤnnen, daß ſie ſagen, die-
ſe Dinge ſeyen allein reell, hingegen diejeni-
ge, welche in der Welt ſind, ſeyen in Ver-
gleichung mit denſelbigen, nur Schatten
und nichts reelles.
Die
[82]Von den Paradieſen u. Wohnungen
Die Athmoſphaͤren des Lichts, welche
aus dem Licht entſtehen, worinn die Seeli-
ge leben, ſind unzaͤhlbar, und unbeſchreib-
lich ſchoͤn und angenehm. Es gibt diaman-
tene Atmoſphaͤren, welche in allen ihren
kleinſten Theilchen gleich als von diamante-
nen Kuͤgelein blitzen: Andere Athmoſphaͤren
ſind ihrem Schimmer nach allen koſtbaren
Steinen gleich. Wieder andere ſind, als
waͤren ſie von Perlen, welche in ihren Mit-
tel-Puncten einen halben Schein von ſich ge-
ben, und mit denen zierlichſten Farben be-
ſtrahlt. Noch andere ſind flammend als von
Gold oder Silber, auch aus diamantenem
Gold und Silber. Es gibt noch andere
Athmoſphaͤren von vielerley faͤrbigen Blu-
men, welche in ſehr kleinen und unſichtba-
ren Formen ſind; ſolche erfuͤllen den Him-
mel der unmuͤndigen Kinder mit einer groſ-
ſen Verſchiedenheit; ja es gibt auch Athmoſ-
phaͤren gleich als von ſpielenden Kindern,
in unſichtbaren kleinen Formen, welche
aber nur mit der innerſten Jdee vernehmlich
ſind, woraus die Kinder den Begriff be-
kommen, es lebe alles um ſie herum, und
ſie ſeyen im Leben des HErrn, welches ihr
innerſtes mit Seeligkeit durchdringet.
Die Paradiſiſche Vorſtellungen ſind er-
ſtaunlich, es ſtellen ſich da vors Geſicht pa-
radiſiſche Gaͤrten von unermeßlicher Aus-
deh-
[83]der Engel.
dehnung aus allerley Baͤumen, ſo ſchoͤn und
lieblich, daß es alle menſchliche Vorſtellung
uͤberſchreitet. Sie ſehen es nicht nur mit
ihrem aͤuſſeren Aug, ſondern ſie empfinden
auch einzele Dinge viel lebhafter, als ein
Aug auf Erden. Jch habe es ſelbſten geſe-
hen, da ich vorwaͤrts weiter hinauf gegen
dem Winkel des rechten Augs zu denen ge-
fuͤhrt wurde, welche ein paradiſiſches Leben
fuͤhren. Hier erſcheint alles in ſeinem
ſchoͤnſten Fruͤhling und Bluͤte, mit groͤſſe-
ſter Pracht und Verſchiedenheit, alles und
jedes lebt aus Abbildungen des Himmliſchen
und Geiſtlichen. Einige Seelen, welche
noch neue Ankoͤmmlinge aus der Welt ſind,
und nach ihren gefaßten Grundſaͤzen im Le-
ben zweifleten, ob es auch dergleichen etwas
im andern Leben geben koͤnnte, wurden
dorthin erhaben, und redten von da aus er-
ſtaunend mit mir: Es iſt, ſagten ſie, etwas
unausſprechliches, und es laͤßt ſich dieſe
Sache, die groſſe Lieblichkeit und Gluͤckſee-
ligkeit, und die auf einander folgende Ver-
ſchiedenheiten mit keiner Jdee vorſtellen.
Die Seelen, welche in den Himmel einge-
fuͤhrt werden, kommen gemeiniglich zuerſt
in dergleichen paradiſiſche Oerter; die Engel
aber ergoͤtzen ſich nicht an dieſen Paradieſen,
ſondern an denen abbildenden Vorſtellungen.
1. Petr. 1, 12.
F 2Was
[84]Von den Paradieſen u. Wohnungen
Was die Regenbogen-artige Erſcheinun-
gen betrifft, ſo gibt es gleichſam einen Himmel
von Regenbogen, wo die gantze Athmoſphaͤre
als von kleinen aneinander hangenden Re-
genbogen beſtehend, erſcheint. Dort beſteht
die ganze Athmoſphaͤr- oder Luft-Gegend
aus ſolchen blitzenden Bewegungen, ſie iſt
auf dieſe Art gleichſam in allen ihren Um-
faͤngen ſtrahlend, um dieſe herum iſt die Ge-
ſtalt des groͤſten Regenbogens ſehr ſchoͤn aus
gleichen kleinern zuſammen geſetzt, welche
die allerpraͤchtigſte Bilder des groͤſſern ſind.
Eine jede Farbe beſteht alſo aus unzaͤhligen
Strahlen, ſo, daß ganze Myriaden mit
einander Ein empfindliches Weſen ausma-
chen, welches gleichſam eine Modification
der Lichts-Quellen vom Himmliſchen und
Jrrdiſchen iſt. Es gibt aber ungemein viele
Verſchiedenheiten und Veraͤnderungen dieſer
Regenboͤgen.
Jch ſahe eine etwas groͤſſere Geſtalt eines
Regenbogens, daß ich daher wiſſen koͤnnte,
wie ſie in ihren kleinſten Formen beſchaffen
ſeyen. Es war das allerhellſte Licht mit ei-
nem gewiſſen Umfang umringt, um deſſen
Mittel-Punct gleichſam etwas dunkeles,
irrdiſches mit dem allerlichteſten Weſen um-
goſſen, welches ſich beſtaͤndig veraͤnderte,
und durch ein anderes lichtes Weſen mit
feuergelben Puͤnctlein als Sternen unter-
ſchie-
[85]der Engel.
ſchieden wurde, neben anderen Verſchieden-
heiten, welche durch die vielfaͤrbige Blumen,
die in das allerlichteſte Weſen hinein gien-
gen, deren Farben nicht von dem weiſſen
ſondern von dem flammenden Licht ausfloſſen,
welches alles Vorſtellungen vom Himmli-
ſchen und Geiſtlichen waren. Die Farben
aus dem flammenden bilden ab, was zur Lie-
be und Neigung zum Guten gehoͤrt. Die
aus dem hellen Licht aber, was zum Glau-
ben und zur Neigung nach Wahrheit gehoͤrt.
Daher kommen alle Farben im andern Leben.
Es gibt auch noch Farben, die man in dieſer
Welt nicht ſieht.
Ueberdiß ſieht man auch Staͤdte mit
praͤchtigen, nahen, mit ſchimmernden Far-
ben gezierten, uͤber alle architektoniſche
Kunſt erhabenen Pallaͤſten. Solche Dinge
haben ſchon die Propheten und Johannes
Apoc. 21, 10. 12. 18. 19. 20. mit ihrem
inneren Auge geſehen. Unzaͤhlige ſolche
Dinge ſehen die Engel und Engliſche Geiſter
am hellen Tag, und empfinden es mit allen
Sinnen; Niemand aber, der ſeine geiſtliche
Jdeen durch die Kunſt-Woͤrter, Erklaͤrun-
gen und Schluͤſſe der menſchlichen Philoſo-
phie ausgeloͤſcht hat, kan es glauben, da es
doch ſchon die Heilige geſehen haben.
F 3Jch
[86]Von den Paradieſen u. Wohnungen
Jch durfte auch manchmalen Auszie-
rungen. z. Ex. von Stuffen und Pforten
ſehen, ſie bewegten ſich, als waͤren ſie le-
bendig, und veraͤnderten ſich mit immer neuer
Schoͤnheit und Symmetrie. Jch wurde
belehrt, es koͤnnte in Ewigkeit alſo fortwaͤh-
ren, ſo daß die Folge von Veraͤnderungen
ſelbſt eine Harmonie darſtellen wuͤrde. Und
dieſes ſeyen noch Kleinigkeiten.
Alle Engel haben ihre Wohnungen, wo
ſie ſind, welche praͤchtig ſind. Jch war da,
und ſahe ſie einigemal mit Verwunderung,
und redte mit ihnen: dann ſie fallen gar of-
fenbar ins Geſicht. Die Wohnungen auf
Erden kommen kaum in eine Vergleichung
damit, ſie nennen auch die irrdiſche Dinge
todt, und nicht reell: die Baukunſt iſt ſo
beſchaffen, daß die Kunſt daraus hervor
leuchtet mit unglaublicher Abwechslung.
Sie ſagten, wann ſie alle Pallaͤſte auf der
ganzen Erden bekommen ſollten, ſo moͤch-
ten ſie das ihrige dagegen nicht verwechſeln.
Was von Stein und Holz iſt, iſt ihnen
todt: Was aber vom HErrn iſt, iſt leben-
dig, und deſto mehr, weil ſie es mit allen
Sinnen genieſſen: Dann was dort iſt,
daß ſchickt ſich vollkommen zu den Sin-
nen der Geiſter und Engel: Dann das
Geiſtliche paßt zu den geiſtlichen Ge-
ſchoͤpfen eben ſo wohl zuſammen, wie
ſich
[87]der Engel.
ſich das Koͤrperliche zum Koͤrperlichen
reimt.
Die Wohnungen der guten und Engli-
ſchen Geiſter haben gemeiniglich Spatzier-
Gaͤnge oder lange Vorhoͤfe, gewoͤlbt, auch
manchmalen verdoppelt, deren Waͤnde mit
vieler Verſchiedenheit gebildet, auch mit
Blumen und ſehr wunderbar zuſammen ge-
wundenen Blumen-Kraͤnzen geziert ſind,
neben vielen andern Zierlichkeiten, welche
ſie bald in hellerm bald in geringerem Licht
ſtets mit innerer Luſt erblicken. Jhre Woh-
nungen verwandeln ſich auch in ſchoͤnere,
wie die Geiſter ſelbſt vollkommener werden:
Wann ſie ſich verwandlen, ſo erſcheint ih-
nen etwas, welches ein Fenſter vorſtellt,
zur Seite, dieſes erweitert ſich immer mehr,
innerlich wird es dunkeler, und es iſt gleich-
ſam etwas vom Himmel mit Sternen offen,
und eine Wolke, ſodann wird ihre Woh-
nung in eine lieblichere verwandelt.
Denen Geiſtern thut es ſehr wehe, daß
ſich die Menſchen ſolche wunderliche Gedan-
ken von ihnen machen, als waͤren ſie in
einem dunkelen, leeren und betruͤbten Zu-
ſtand. Einige Seelen, welche neu in jenes
Leben ankamen, wurden, um in ihrem Un-
glauben beſchaͤmt zu werden, zu den Woh-
nungen der Engel hingefuͤhrt, da redten ſie
F 4mit
[88]Von den Parad. u. Woh. der Engel.
mit ihnen, und ſahen alles an; nachhero
ſagten ſie, ſie haben es erfahren, daß es ſo
ſeye, und jenes ſeye erſt reell; es ſeye etwas
wunderbares; aber es iſt eine Erfahrung der
inneren Sinne, und es iſt ungereimt, deß-
wegen zu zweiflen, weil man es nicht faßt:
Dann ſo muͤßte man alles, was eine innere
Natur hat, und was zum ewigen Leben ge-
hoͤrt, verwerfen. Daher kommt der Unſinn
unſerer Zeit.
Die in dieſer Welt reich waren, und in
praͤchtigen Pallaͤſten wohnten, dieſes vor ih-
ren Himmel hielten, ohne Gewiſſen und Lie-
be lebten, und andere unter allerley Schein
um ihre Guͤter brachten, werden nach ihrem
Tod zuerſt in ihr nemliches voriges Leben ge-
fuͤhrt, manchmalen haben ſie auch dorten ei-
nen aͤhnlichen Pallaſt, wie in dieſer Welt,
(dann alle Menſchen ſind dort anfangs Gaͤ-
ſte und neue Ankoͤmmlinge, denen die En-
gel manches zu gut thun von dem HErrn)
aber die Scene veraͤndert ſich, die Pallaͤſte
verſchmelzen nach und nach, und werden zu
Haͤußlein, immer ſchlechter, und endlich zu
nichts, ſodann gehen ſie herum wie die
Bettler, und bitten ſie auch aufzunehmen,
weil ſie aber ſolche Leute ſind, ſo werden ſie
ausgeſtoſſen, und endlich werden ſie Aus-
wuͤrflinge, und hauchen eine ganze Sphaͤre
vom Geſtank der Zaͤhne aus.
Jch
[89]Von den Wuͤrk.-Crayſ. der Geiſter.
Jch redte mit den Engeln uͤber die Vor-
ſtellungen, daß nemlich alles im wachsthuͤm-
lichen Reich dieſer Erden etwas von dem
Reich des HErrn abbildet, ſie ſagten, alles,
was ſchoͤn darinnen ſey, urſtaͤnde durch den
Himmel vom HErrn, und indem das Himm-
liſche und Geiſtliche von dem HErrn in die
Natur einflieſſe, ſo entſtehe ſolches in der
That: Daher komme die wachsthuͤmliche
Seele. Dieſes nannten ſie ein himmliſches
Geheimniß. Ein ſolcher Einfluß findt auch
bey dem Leben der Thiere, welche nach dem
Tod ſaͤmtlich zerſtoͤrt werden, ſtatt.
Von den Wuͤrkungs-Crayſen
der Geiſter.
Der Wuͤrkungs-Crayß der Geiſter breitek
ſich in eine Weite aus, und wird auch,
wann es der HErr zulaͤßt, an andern em-
pfindlich. Jch bin unterrichtet worden,
wie dieſe Wuͤrkungs-Crayſe, die in jenem
Leben ſo empfindlich ſeyn, zu vergleichen
ſeyen. Es ſeye zum z. Ex. wer von ſich
und ſeiner Vortreflichkeit vor andern, eine
Meynung eingeſogen, der wird endlich mit
einer ſolchen Art uͤberzogen, daß, wo er geht
und andere anſiehet, und mit ihnen redt, er
ſich ſelbſt beſehe; dao geſchieht zuerſt offen-
barlich, hernach nicht offenbarlich, alſo daß
F 5er
[90]Von den Wuͤrkungs-Crayſen
er es ſelbſt nicht weiß, aber es herrſcht im-
merhin, wie in jeden Theilen der Neigungen
und Gedanken, ſo in jeden Theilen der Ge-
berden und der Rede; das koͤnnen die Men-
ſchen an andern ſehen; und dergleichen etwas
iſt, was den Wuͤrkungs-Crayß in jenem
Leben ausmacht, welcher empfunden wird,
doch je und je nicht oͤfters als ſo oft es der
HErr erlaubt.
So verhaͤlt es ſich mit andern angewohn-
ten Neigungen, daher gibt es ſo viel Wuͤr-
kungs-Crayſe als angewohnte Neigungen
ſeyn, und der angewohnten Neigungen ihre
Verbindungen, als welche unzaͤhlbar ſeyn.
Es iſt nemlich der Wuͤrkungs-Crayß gleich-
ſam ein auſſer der Seele ausgebreitetes Bild,
und zwar von allem, was in ihm iſt; Was
nun im Reich der Geiſter zu ſehen und zu
empfinden dargeſtellt wird, iſt nur etwas all-
gemeines; Die beſondere Dinge darinn,
werden in hoͤhern Ausſichten des Himmels
erkannt; die eigentlichſte und innerſte Dinge
weiß niemand als der HErr allein.
Damit man wiſſe, was fuͤr Art die Wuͤr-
kungs-Crayſe ſeyen, davon kan ich etwas
aus einiger Erfahrung beybringen: Ein ge-
wiſſer Geiſt, der mir bekannt war, als er
noch im Leib lebte, nachdem ich mit ihm ge-
redt, iſt mir nachher oft erſchienen unter boͤ-
ſen;
[91]der Geiſter.
ſen; weil er nun groſſe Meynung von ſich
hatte, hat er ſich einen hochtragenden Wuͤr-
kungs-Crayß vor andern zugezogen, und
weil er ein ſolcher war, ſo flohen die Geiſter
ploͤtzlich von ihm, ſo daß keiner ſich ſehen
ließ, als er allein, der damal den ganzen
Crayß um und um erfuͤllt, in welchem er
ſich beſchauete; bald hernach, als er von de-
nen ihm geſelligen Geiſtern ganz entaͤuſſert
war, iſt er in einen ganz andern Zuſtand
verfallen; da derjenige, welcher von ſeiner
Geſellſchaft in jener Welt verlaſſen wird,
wird anfaͤnglich wie halb todt, ſein Leben
wird alsdann nur unterhalten von dem Ein-
fluß des Himmels in ſein Jnneres, da hat
er angefangen zu wehklagen und Pein zu
fuͤhlen: Hernach haben andere Geiſter ihm
geſagt, daß ſie ſeine Gegenwart, weil er
groͤſſer ſeyn wolle als andere, nicht haben
ertragen koͤnnen. Endlich hat er andere
Mitgeſellen bekommen, und iſt in die Hoͤhe
erhaben worden, da ihme vorgekommen,
daß er allein die Welt regiere, dann wann
einer ſich ſelbſt uͤberlaſſen wird, ſo blaͤßt ihm
die Eigenliebe ſo groſſe Dinge ein; nach der
Hand iſt er unter die hoͤlliſche Rotte gewor-
fen worden: Ein ſolches Loos bleibt denen,
welche ſich groͤſſer als andere duͤnken; die
Eigenliebe iſt vor aller andern Liebe der ge-
genſeitigen Liebe zuwider, welche im Leben
des Himmels iſt.
Ein
[92]Von den Wuͤrkungs-Crayſen
Ein anderer, der ſich vorher groß und
weiſe geduͤnkt, dabey aber uͤbrigens guter
Art, als der andere nicht ſo verachtete, ſich
aber in ſeiner Hoheit dannoch, weil er im
Anſehen war, einen ſolchen Wuͤrkungs-
Crayß zugezogen, iſt zu mir gekommen, hat
lange nichts geredt, aber ich nahm wahr,
daß er gleich als mit einem wolkichten Duft
umgeben war, der von ihm ausgieng, und
die Geiſter zu umwoͤlken anfieng; von die-
ſem ſind die Geiſter in Bedraͤngniß gerathen,
daher, als ſie mit mir geredt, ſprachen ſie,
ſie koͤnnen gar nicht da ſeyn, ſie werden al-
ler Freyheit beraubt, ſo daß ſie nicht ſo keck
ſeyen, etwas zu ſagen; Derſelbe hat auch
angefangen zu reden, und zwar mit ihnen,
die er ſeine Soͤhne nennte, zuweilen lehrend,
und zwar mit Auctoritaͤt, die er ſich zugezo-
gen: Daher kan man erkennen, was der
Wuͤrkungs-Crayß des Anſehens zu ſagen
habe in jenem Leben.
Jch habe oft wahrgenommen, daß die in
der Welt in hohen Ehren geſtanden, nicht
haben anderſt als ſich einen Wuͤrkungs-
Crayß des Anſehens zuziehen, und alſo ſol-
chen weder verbergen noch ablegen koͤnnen in
jener Welt. Welche nun unter denſelben
mit Glauben und Liebe begabt waren, deren
Wuͤrkungs-Crayß der Auotoritaͤt wird mit
dem Wuͤrkungs-Crayß der Guͤte wunder-
bar
[93]der Geiſter.
bar vereinbahrt, daß er einem nicht be-
ſchwehrlich faͤllt. Ja es wird ihnen auch ei-
ne Art der Unterthaͤnigkeit von wohlgeſitte-
ten Geiſtern eingeraͤumt, aber ſie begehren
nicht zu herrſchen, ſondern es iſt ihnen als
natuͤrlich, weil ſie ſo gebohren waren, ſie
legen auch ſolche Sphaͤre mit der Zeit ab,
weil ſie gutes Sinnes ſeyn, und ſolche ab-
zulegen ſich befleiſſen.
Es waren bey mir einige Tage lang ſol-
che Geiſter, welche ſo lange ſie in der Welt
gelebt, nichts zum Nutzen der Geſellſchaft,
ſondern ſich allein zu lieb alles gethan, un-
tuͤchtig zu den Aemtern in dem gemeinen
Weſen; die allein zum Zweck gehabt haben,
niedlich zu leben, praͤchtig ſich zu kleiden,
reich zu werden, ſich einzuſchmeichlen, Hof-
Manieren anzunehmen. Deren Wuͤr-
kungs-Crayß war, daß ſie mir allen Ernſt
zum Nachdenken benahmen, mir Verdruß
machten ernſthafte Sachen zu thun, ſo daß
ich nicht mehr wußte, was ich thate, ſolche
bringen den Geiſtern gleichen Verdruß zu al-
lem Ernſt bey, ſind unnuͤtze Glieder der an-
dern Welt, und werden uͤberall zuruͤck ge-
ſtoſſen.
Ein jeder Geiſt und noch mehr eine jede
Geſellſchaft der Geiſter hat ihre Wuͤrkungs-
Crayſe aus denen angenommenen Grund-
Saͤzen
[94]Von den Wuͤrkungs-Crayſen.
Saͤzen und Beredungen, und diß iſt ihre
Ueberzeugungs-Sphaͤre, die boͤſe Geiſter ha-
ben einen Wuͤrkungs-Crayß von Begier-
den. Die Ueberzeugungs-Sphaͤre iſt ſo,
daß wann einer in den andern wuͤrkt, er
es dahin bringt, daß ihm das wahre als
falſch vorkommt, und daß er alles, was ihn
darinn beſtaͤrken kan, aufſucht, ſo daß er
ſich die Gewohnheit zuzieht, daß das Falſche
wahr ſeye, und daß das Boͤſe gut ſeye; da-
her kan man erkennen, wie leicht ein Menſch
im Falſchen und Boͤſen koͤnne beſtaͤrkt wer-
den, wo er nicht der Wahrheit, die vom
HErrn kommt, Glauben zugeſtellt hat: Es
erhellet auch daher, woher ſo viel falſche
Beredungen bey den Menſchen kommen, es
geſchiehet nicht ohne Einfluß ſolcher Geiſter.
Dergleichen Wuͤrkungs-Crayſe, wann
ſie geſehen werden, erſcheinen wie Wolken,
mehr oder weniger dicht, nach der Beſchaf-
fenheit der Phantaſien, wie unten von den
Nephilim wird geſagt werden. Solche
Sphaͤren ſind gifftig.
Einer von denen, welche lau genennt
werden, iſt zu mir gekommen, welcher ſich
auffuͤhrte als haͤtte er ſich gebeſſert, und ich
habe den Betrug nicht gemerkt, ob ich wohl
gedachte, daß er inwendig verborgen liege;
Es haben aber die Geiſter geſagt, daß ſie
ſeine
[95]der Geiſter.
ſeine Gegenwart nicht ertragen koͤnnen, und
daß ſie bey ſich etwas ſolches ſpuͤren, wie
wann einer ſpeyen muͤſte, und daß ſie un-
ter ſolchen ſeyen, welche ausgeſpeyet werden
muͤſſen. Derſelbe hat hernach abſcheuliche
Dinge geredt, und konnte nicht ablaſſen,
wie ſehr man ihn auch uͤberreden wollte, daß
man nicht ſo reden muͤſte.
Die Wuͤrkungs-Crayſe werden auch
empfindlich gemacht durch den ausflieſſenden
Geruch, welchen die Geiſter viel genauer
empfinden als die Menſchen: Dann denen
Wuͤrkungs-Crayſen ſeyn die ruchbare Aus-
fluͤſſe gemaͤß. Der Heuchler Geruch, den
ihr Wuͤrkungs-Crayß von ſich gibt, iſt ein
zum Brechen einfallender Dunſt. Der pra-
lenden Redner Ausduͤnſtung iſt wie gebrannt
Brod, der Wolluͤſtigen Dunſt iſt wie ein
Secret, der Ehebrecher ihrer riecht noch uͤb-
ler. Der Gehaͤßigen Ausduͤnſtung iſt ein
Todten-Geruch, der Geitzigen iſt wie der
Maͤuſe, die welche Unſchuldige verfolgt ha-
ben, haben eine Ausduͤnſtung wie Laͤuſe.
Dergleichen Ausduͤnſtungen koͤnnen von kei-
nem gefuͤhlt werden, als von dem, welchem
die innere Fuͤhl-Kraͤfften eroͤffnet ſeynd, ſo
daß er mit Geiſtern umgehe.
Der Dunſt-Crayß, der von einem
Weibsbild empfunden worden, welche her-
nach
[96]Von den Wuͤrkungs-Crayſen
nach ſich zu den Sirenen-Geſtalten geſellt,
hat etliche Tage einen Geſtank von ſich ge-
geben, wo ſie hinkam. Die Geiſter ſagten:
Dieſer Dunſt ſey wie toͤdtlich. Das Weibs-
bild ſelbſt aber hat nichts von dem Geſtank
gefuͤhlt.
Der Geſtank dieſer Sireniſchen Weibs-
bilder iſt eben ſo, weil ihr innerſtes voll Wuſt
iſt, aber uͤberzogen mit aͤuſſerlichen Schoͤn-
heiten.
Dieſe Schwaͤtzerinnen nehmen in jener
Welt alles an was zugegen iſt, und wiſſen
vor andern, wie eine Sache zugehe, abſon-
derlich in Lehr-Sachen, aber ſie haben den
Zweck es in Zauber-Kraͤfte zu verwandlen
und zu herrſchen. Die Lehr-Gebaͤude ſind
nichts werth, wann man nicht ſo werden
will im Leben, wie man denkt.
Es ſind viele in der Hoͤlle, welche die
Lehr-Sachen vor andern gewußt, die aber,
welche ihr Leben in Liebe gefuͤhrt, ſind alle
im Himmel.
Jch habe mit den Geiſtern von dem Ge-
ſchmack geredt, ſie ſagten, daß ſie den nicht
haben, ſondern etwas, woraus ſie gleich-
wohl erkennen, was fuͤr ein Geſchmack es
ſeye, den haben ſie dem Geruch verglichen,
der Geſchmack und Geruch kommen in etwas
uͤber-
[97]der Geiſter.
uͤberein, wie denn gewiſſe Thiere mit dem
Geruch vernehmen, ob ihnen eine Speiſe
gut ſeye.
Jch habe einen warmhaften Geruch ein-
genommen, und bin informirt worden, daß
er von denen ſeye, welche aus Freundſchaft
und erlaubter Liebe ſchmeichelhaft thun, ſo
daß bey den Schmeichei-Reden noch etwas
wahres zu ſeyn im Himmel geurtheilt wird:
Dieſer Geruch iſt von vieler Mannigfaltig-
keit, und er iſt aus der Sphaͤre des wuͤrk-
lich ſchoͤnen.
Die Wuͤrkungs-Crayſe derer, die im
Glauben und Liebe gelebt, wann ſie als Aus-
duͤnſtungen des Geruchs empfunden werden,
ſeynd ſehr lieblich. Sie ſind wie der Blu-
men und gewuͤrzhaften Gewaͤchſe mit unbe-
ſtimmter Verſchiedenheit. Ueberdiß werden
auch die Sphaͤren der Engel zuweilen ſicht-
bar als Luͤfte und Atmoſphaͤren, deren Schoͤn-
heit und Kraft nicht zu beſchreiben.
Was aber hier von dem empfindlichen
Gefuͤhl des Jnnerſten der Geiſter durch ihre
ausgebreitete und in alle Weite gehende, auch
durch den Geruch ſich offenbarende Wuͤr-
kungs-Crayſe geſagt worden, das aͤuſſert
ſich nicht zu aller Zeit. Der HErr tempe-
rirt ſie, damit die Geiſter nicht allezeit offen
ſtehen vor andern.
Sw. Sch.IV.Th. GVon
[98]Von der Empfindung der Geiſter
Von der Empfindung (percep-
tione) der Geiſter und Engel: und
von den Wuͤrkungs-Crayſen, (Sphæ-
ris) in jenem Leben.
Unter den wunderſamen Dingen in jenem
Leben ſind die Empfindungen, deren 2.
Arten ſeyn. Eine iſt die Engliſche, daß ſie
empfinden, was wahr und was gut iſt, und
was vom HErrn und was von ihnen ſelbſt
ſeye, auch was ſie denken, reden und thun,
wann es von ihnen ſelbſt iſt, woher und von
was Art es ſeye?
Die andere Art iſt, die allen gemein iſt,
denen Engeln in hoͤchſter Vollkommenheit,
und den Geiſtern nach der Beſchaffenheit
deſſen, daß ſie bey der erſten Ankunft des
andern gleich wiſſen, was vor einer er iſt.
Von der erſten Art iſt mir gegeben wor-
den mit den Soͤhnen der aͤlteſten Gemeine
zu reden. Sie haben geſagt, daß ſie nichts
von ſich ſelbſt thun oder denken koͤnnen, und
nichts von ſich ſelbſt wollen, ſondern daß ſie
in allem was ſie denken und wollen, em-
pfinden und vernehmen (percipiant) was
vom HErrn und was anders woher komme,
und vernehmen nicht nur, wie viel vom
HErrn und wie viel von ſich, ſondern auch
wann
[99]und Engel ꝛc.
wann gleichſam als von ſich, woher, von
welchem Engel es komme, und was es vor
Engel ſeyn, was ihre Geſinnungen ſeyn,
mit allem Unterſchied, auch welche Einfluͤſſe
da ſeyen, und unzaͤhlige andere Dinge.
Die Empfindungen dieſer Art ſind mit
groſſer Verſchiedenheit. Bey den himmli-
ſchen Engeln (von hoher Art) die in der Lie-
be zum HErrn ſtehen, iſt eine Empfindung
des Guten, und daraus alles deſſen was
wahr iſt, und weil ſie aus dem Guten das
Wahre empfinden, ſo nehmen ſie keine Spra-
che (Loquelam) an, noch weniger Schluͤſſe
vom Wahren, ſondern ſagen, ſo iſt es, ſo
iſts nicht. Aber die Engel von niedriger
Art, Spiritualis, welche auch die Empfin-
dungs-Kraft haben, aber nicht wie die von
hoͤherer Art, reden vom wahren und vom
Guten, vernehmen auch immer mehr, aber
mit Unterſchied, denn unzaͤhliche Verſchie-
denheiten dieſer Perception gibt es. Die
Verſchiedenheiten gehen dahin, daß ſie ver-
nehmen, ob vom Willen des HErrn, ob aus
Erlaubniß, ob aus Zulaſſung etwas geſche-
he, als welche ſehr von einander unterſchie-
den ſeyn.
Es gibt Geiſter, die zur Gegend der ſchup-
pichten Haut gehoͤren, welche von allem wol-
len Schluͤſſe machen, nichts vernehmen, was
G 2(ur-
[100]Von der Empfindung der Geiſter
(urſpruͤnglich) gut und wahr ſeye, und die,
je mehr ſie aus Gruͤnden ſchlieſſen, deſto we-
niger empfinden, welche die Weisheit allein
in Schluͤſſen ſetzen und angeſehen ſeyn wol-
len, denſelben iſt geſagt worden, daß der Eng-
liſchen Weisheit zukomme, etwas ob es gut
oder wahr ſeye, zu vernehmen ohne Schluß-
Gruͤnde, aber dieſelbe faſſen nicht, daß eine
ſolche perceptio centralis moͤglich ſeye, das
ſind dieſelbe, welche bey Leibes-Leben das
Wahre und Gute durch wiſſenſchaftliche
und Philoſophiſche Einſichten unter einander
verwirrt haben, und daher geglaubt, ſie
ſeyen gelehrter als andere, und doch aus dem
Wort GOttes die Gruͤnde der Wahrheit
nicht vorher gefaßt haben, die daher weniger
Senſum Communem haben; So lange die
Geiſter meynen, daß ſie ſich ſelbſt fuͤhren,
aus ſich ſelbſt denken, aus ſich ſelbſt wiſſen,
ſo koͤnnen ſie keine wahre Perception haben,
ſondern halten es fuͤr Fabeln.
Jch habe etlichemahlen von der Empfin-
dung mit denen im andern Leben geredt, wel-
che geglaubt, ſo lange ſie gelebt, ſie koͤnnen
alles durchdringen und verſtehen, was die
Engel vernehmen, denken und reden, wollen
und thun vom HErrn, aber ſie haben nicht
koͤnnen begreiffen, was eine fuͤhlende Em-
pfindung (perceptio) ſeye, meynend, wann
alles in ſie von auſſen hinein kaͤme, ſo waͤ-
ren
[101]und Engel ꝛc.
ren ſie alles Lebens beraubt, weilen ſie nichts
aus eigenem Grund daͤchten, darinn haben
ſie gemeint, beſtehe das Leben, und wann
diß nicht waͤre, ſo wuͤrden nicht ſie, ſondern
ein anderer gedenken, und daß ihre Den-
kungs-Werckzeuge von keinem Leben waͤren.
Es iſt ihnen aber geſagt worden, daß ein
ſolcher Lebens-Unterſchied ſeye zwiſchen Em-
pfindung haben und nicht haben, als zwi-
ſchen Licht und Finſterniß, und daß ſie als-
dann erſt (in) ſich leben, wenn ſie derglei-
chen Perception empfangen, dann ſie leben
alsdann vom HErrn, und haben doch ihr
Eigenes, das ihnen gegeben iſt mit ſeligem
und angenehmen Umfang. Es iſt ihnen
auch gezeigt worden mit vieler Erfahrung,
wie es ſich mit der Perception verhalte, da
haben ſie erkannt, daß es eine gebe, aber
nach einiger Weile der Zeit haben ſie es wie-
der nicht gewußt, gezweifelt und verlaͤugnet,
daraus kann man ſehen, wie ſchwer ein
Menſch faſſen koͤnne, was perceptio ſeye.
Die andere Art der fuͤhlenden Empfindung
iſt, wie geſagt, welche allen gemein iſt, En-
geln in der hoͤchſten Vollkommenheit und
den Geiſtern nach der Beſchaffenheit deſſen,
daß ſie nemlich gleich bey der erſten Ankunft
eines andern wiſſen, was fuͤr einer er ſeye,
ob er ſchon nichts redt; Er offenbahrt ſich
gleichbald durch einen wunderſamen Einfluß:
G 3Ein
[102]Von der Empfindung der Geiſter
Ein guter Geiſt wird erkannt nicht nur von
was fuͤr einer Guͤte er iſt, ſondern auch von
was Glauben er iſt, und wann er redt, wird
er erkannt aus allen Worten. So auch
ein boͤſer Geiſt wird erkannt, von welchem
Grad der Bosheit, und von welchem Un-
glauben er iſt, und auch wann er redt, aus
allen Worten, und diß iſt ſo offenbar, daß
es niemahl fehlt. Dergleichen etwas iſt auch
bey uns Menſchen, welche auch aus der an-
dern Geberden, Geſicht, Rede zuweilen wiſ-
ſen koͤnnen, was er denkt, ob et ſchon mit
der Rede es anderſt bezeugt, welche Wiſſen-
ſchaft bey dem Menſchen natuͤrlich iſt, und
hat ihren Urſprung von der Geiſter Natur,
und eben auch von des Menſchen geiſtlichem
Weſen und ſeiner gemeinſchaftlichen Mit-
theilung mit der Geiſter-Welt; Dieſe mit-
theilende Empfindungs-Kraft hat ihren Ur-
ſprung daher, weil der HErr will, daß alles
Gute mittheilbar ſeyn ſolle, und daß alle
aus gegenſeitiger Liebe beruͤhrt werden, und
ſolchergeſtalten ſelig ſeyn: Daher eine ſolche
fuͤhlende Empfindung bey den Geiſtern durch-
gehends herrſchet.
Die Seelen, welche in jenes Leben ge-
kommen, haben ſich gewundert, daß es eine
ſolche Mittheilung der Gedanken gebe, und
daß ſie ploͤtzlich wuͤßten, nicht nur was fuͤr
ein Gemuͤth, ſondern auch, was fuͤr einen
Glau-
[103]und Engel ꝛc.
Glauben der andere habe, aber es iſt ihnen
geſagt worden, daß die Geiſter viel hoͤhere
Faͤhigkeiten erlangen, wann ſie vom Leib ab-
geſondert ſeyn. Die viele Bewegungen des
Gemuͤths wegen der leiblichen Dinge ſind
nicht mehr da, eben die Vermoͤgenheiten ha-
ben ſie, aber viel freyer und lichter, beſon-
ders bey denen, welche in Liebe und Glau-
ben in dem HErrn und in Unſchuld gelebt,
deren Faͤhigkeiten wachſen unermeßlich weit
uͤber die, welche ſie im Leib gehabt haben,
bis in die Engliſche des dritten Himmels.
Aber es gibt nicht nur eine Mittheilung der
Gedanken und Neigungen, ſondern auch dor
Wiſſenſchaft, ſo gar daß der andere Geiſt
meynt, er habe gewußt, was der andere
weiß, ob er ſchon nichts davon gewußt, al-
ſo wird alle Wiſſenſchaft des andern mitge-
theilt, etliche Geiſter behalten ſie, etliche nicht.
Die Mittheilungen geſchehen ſowohl durch
ihre Sprache unter ſich, als durch Jdeen
und zugleich durch Vorbildungen, denn die
Jdeen ihres Gedenkens ſind repraͤſentirend
als im Spiegel von vielen zugleich, daher al-
les in Menge dargeſtellt wird, durch eine
Jdee koͤnnen ſie mehr vorſtellen als durch
tauſend Worte ausreden. Aber die Engel
vernehmen, was inwendig in der Jdee ſey,
was fuͤr eine Art, was fuͤr ein Urſprung,
G 2was
[104]Von der Empfindung der Geiſter
was fuͤr ein Endzweck, und noch mehrere
innere Dinge.
Die liebliche Ergoͤtzungen und ſelige Er-
gieſſungen pflegen in jenem Leben auch von
einem auf viele mitgetheilet zu werden durch
wuͤrkliche Transmißion, welche wunderſam
iſt, als durch welche ſie eben ſo durchdrun-
gen werden, als derjenige ſelbſt, der ſie in
andere ergießt, dergleichen Transmißionen
geſchehen ohne Verringerung bey dem, der
ſie mittheilet: Es iſt mir ſelbſt gegeben wor-
den liebliche Ergoͤtzungen auf ſolche Art an-
dern mitzutheilen: Daher kann daraus er-
kannt werden, was fuͤr eine Seligkeit derer
ſeye, die den Naͤchſten mehr lieben als ſich
ſelbſt, und die nichts mehr wuͤnſchen, als
ihre Gluͤckſeligkeit auf andere zu bringen,
welches ſeinen Urſprung vom HErrn hat,
der auf ſolche Art die Seligkeiten in die En-
gel bringet: Die Mittheilungen der Selig-
keiten ſind ſolche beſtaͤndige Transmißionen,
aber ohne Reſlexion, welches herkommt von
ſolchem activen Urſprung, und von einer
Beſtimmung, die willkuͤhrlich und offenbar iſt.
Die Mittheilungen geſchehen auch wun-
derbar durch Wegraͤumung, welche von den
Menſchen nicht koͤnnen vernommen werden,
wie ſie geſchehen. Es werden die verdruͤßli-
che Sachen im Augenblick weggenommen,
und
[105]und Engel ꝛc.
und ſo werden die annehmliche und ſelige
Dinge dargeſtellt ohne Hinderniß, dann wann
dieſelbe weggeraͤumet ſeyn, ſo influiren die
Engel, und theilen ihre Seligkeiten mit.
Weilen die fuͤhlende Empfindung ſo iſt,
daß einer im Augenblick wiſſen kann, was
der andere iſt in Anſehung der Liebe und des
Glaubens, daher kommts, daß ſie nach der
Uebereinkunft in der Geſellſchaft zuſammen
geſammlet werden, und nach der Widrigkeit
von einander getrennet werden, und diß ſo
genau, daß nicht der geringſte Unterſchied
bleibt zwiſchen dem, was nicht diſſocirt, was
nicht entgegen ſteht oder zuſammen trift; da-
her ſind die Geſellſchaften im Himmel ſo deut-
lich unterſchieden, daß nichts deutlichers
kann gedacht werden, und diß nach allen
Unterſcheidungen der Liebe und des Glau-
bens an den HErrn, welche unzaͤhlig ſeyn;
daher die himmliſche Form ſo iſt, daß ſie zu-
ſammen einen einigen Menſchen vorſtellt,
welche Form immer voͤlliger wird.
Wie ſich die Art dieſer fuͤhlenden Em-
pfindung verhalte, iſt aus vieler Erfahrung
mir gegeben worden zu wiſſen, welches zu
erzaͤhlen zu weitlaͤufig waͤre: Es iſt oft (von
mir) gehoͤrt worden, als Betruͤger geredet
haben, und iſt empfunden worden, nicht
allein, daß ein Betrug darunter ſeye, ſon-
G 5dern
[106]Von der Empfindung der Geiſter
dern auch was fuͤr ein Betrug und was fuͤr
eine Bosheit im Betrug ſeye, es iſt gleich-
ſam in jedem Schall das Bild des Betrugs;
ſo iſt auch empfunden worden, ob der Be-
trug von ihm oder von andern gekommen,
die durch ihn geredt haben. Eben ſo verhaͤlt
es ſich mit denen, welche im Haß ſind: es
wird ploͤzlich empfunden, was fuͤr ein Haß
es ſeye, und viel mehrere Dinge ſind im Haß,
als irgend ein Menſch zu glauben kann bewegt
werden: Wann die Perſonen gegenwaͤrtig
dargeſtellt werden, wider welche ſie Haß ge-
habt haben, daher entſtehet ein lamentabler
Zuſtand, dann es ſtehet alles da, was man
wider einen andern gedacht hat, oder wor-
auf man umgegangen.
Ein gewiſſer Geiſt, der ſich aus ſeinen
Handlungen und Lehre einen Verdienſt an-
maſſen wollte, da er noch in der Welt lebte,
iſt linker Seits geſchritten zu denen, die
nicht ſo waren, er ſagte: Es ſeye nichts,
und er wolle ihnen dienſtbar ſeyn; aber ſie
haben gleich bey der erſten Ankunft vernom-
men, wer er ſeye, ſie ſagten ſogleich, daß
er derjenige nicht, ſondern groß ſeyn wolle,
und, daß er auf ſolche Art nicht mit denen
uͤberein kommen koͤnne, welche klein ſeyn,
daher iſt er beſchaͤmt zuruͤck gegangen, mit
Verwunderung, daß ſie es ſchon von ferne
wuͤßten.
Wei-
[107]und Engel, ꝛc.
Weilen die Empfindungen ſo ſcharf ſeyn,
ſo koͤnnen die boͤſe Geiſter nicht in den Cir-
cul oder Geſellſchaft kommen, wo gute Gei-
ſter in gegenſeitiger Liebe ſeyn, ſo bald ſie
ſich annaͤhern, fangen ſie an Angſt zu haben,
zu klagen und zu winslen. Es war einer
von boͤſer Art, der ſo kuͤhn und ſelbſtver-
trauend war, und ſich in eine Geſellſchaft
eingewagt, welche an der erſten Schwelle
des Himmels war, aber ſo bald er daher ge-
kommen, hat er kaum athmen koͤnnen, und
hat den Leichenartigen todten Geruch ſeiner
ſelbſt gefuͤhlt, daher iſt er zuruͤck gewichen.
Es waren viele, nicht gute, Geiſter,
bey mir: Es kam ein Engel, und ich ſahe,
daß ſie deſſen Gegenwart nicht ertragen
konnten, dann ſie entfernten ſich mehr und
mehr, je naͤher er herbey geruͤckt, woruͤber
ich mich gewundert, aber es iſt mir gegeben
worden zu wiſſen, daß die Geiſter in dem
Umfang oder Sphaͤre, die er mit ſich gehabt,
ſich nicht koͤnnen aufhalten; daher ich auch
erkannt worden, wie auch aus einer andern
Erfahrung, daß ein Engel Myriaden von
boͤſen Geiſtern abtreiben koͤnne, dann ſie
koͤnnen die Sphaͤre oder die ausgehende Kraft
der gegenſeitigen Liebe nicht ertragen: aber
\<supplied\>es\</supplied\> iſt dabey noch zu verſtehen gegeben wor-
den, daß ſeine ausgehende Kraͤften ſind ge-
maͤßigt worden durch eine Vergeſellſchafftung
mit
[108]Von der Empfindung der Geiſter ꝛc.
mit andern, dann wann ſie nicht waͤre ge-
maͤßigt worden, wuͤrden ſie alle zerſtreuet
worden ſeyn.
Ein jeder Geiſt hat mit dem innern und
innerſten Himmel Gemeinſchaft, welches er
ſelbſt durchaus nicht weiß, ſonſt koͤnnte er
nicht leben; was er nun nach dem innerſten
ſeye, das wird von den Engeln erkannt,
welche im innerſten ſind, und durch ſie wird
er im innerſten regiert. Demnach gibt es
im Himmel eine gemeinſchaftliche Mitthei-
lung der innerſten Dinge, gleichwie in der
Geiſter-Welt eine gemeinſchaftliche Mitthei-
lung der Vergleichungs-weiß mehr aͤuſſerli-
chen Dinge: Durch die innere Mittheilun-
gen wird er geſchickt gemacht zu den gewiſſen
nuͤzlichen Verrichtungen, worzu er geleitet
wird, ohne daß er es weiß. (præter quod
ſciat.) So verhaͤlt es ſich auch mit dem
Menſchen, er hat durch die Engel Theil am
Himmel, das weiß er aber nicht, er koͤnnte
aber ohne diß nicht leben, ſein Leben iſt mit
dem Himmel im innerſten vereinigt, was
davon in die Gedancken einfließt, iſt nur un-
ter den lezten Wuͤrkungen, Vom Himmel
iſt des Menſchen Leben, und dorther werden
alle Bemuͤhungen ſeines Lebens regiert.
Von
[109]Von dem Raum und Ort der Geiſter.
Von dem Raum und Ort der
Geiſter.
Die Seelen werden von den Engeln in vie-
le Wohnungen getragen, welche ſind
beſondere Geſellſchafften, (kommt mit Abra-
hams Schoos uͤberein) und von dannen wie-
der in andere auf einige Zeit, biß ſie in die
Geſellſchafft kommen, worinn ſie geweſen,
als ſie noch im Leib waren, und da bleiben
ſie, allwo ein neuer Anfang ihres Lebens an-
gehet.
Ein Heuchler, ein Betruͤger, wird zu-
weilen von guten Geiſtern aufgenommen,
und nach kurzer Zeit wieder abgeſendet, als-
dann irrt er herum ohne Engel, begehrt zwar
aufgenommen zu werden, aber er wird zu-
ruͤck geſtoſſen und geſtraft, und endlich unter
die hoͤlliſche Geſellſchafft geſtoſſen.
Die, welche nach den Abſtreifungen un-
ter die Engel kommen, veraͤndern auch die
Geſellſchafften, und gehen zu andern uͤber,
biß ſie zu der Engliſchen Geſellſchafft kom-
men, welche mit der Art ihrer Liebe und
Froͤmmigkeit uͤbereinkommt.
Jch bin durch Wohnungen gefuͤhrt wor-
den, ſie haben mit mir geredt, damit ich
wuͤßte,
[110]Von dem Raum und Ort
wuͤßte, wie es ſich da verhalte, da wurde
mir gegeben uͤber die Veraͤnderungen des Orts
zu ſinnen, daß ſie nur apparent oder ſchei-
nend ſeyen, und daß ſie nur Veraͤnderun-
gen, gegen dem Leib, der an einem Ort bleibt,
ſeyen.
Unter die ſeltene Dinge der andern Welt
gehoͤrt:
- I. Daß der Geiſter Geſellſchafften unter-
ſchieden vorkommen der Lage und Situ
nach, wann ſchon Situs, Entfernung,
nichts ſind, als Veraͤnderungen des
Status.- (Er definirt nicht, was er unter Statu
verſteht. Status iſt ein Bezug des
Veraͤnderlichen auf das Beſtaͤndige.)
- (Er definirt nicht, was er unter Statu
- II. Daß die Lagen und Abſtaͤnde ſich Bezie-
hungsweiſe auf den menſchlichen Leib ver-
halten, ſo daß wer zur Rechten iſt, auch
erſcheine zur Rechten. - III. Daß die Geiſter, deren andere Bekann-
te gedenken, im Augenblick da ſeyn, wann
es der HErr erlaubt, zum Ohr oder zur
Beruͤhrung, wann ſie auch tauſend Mei-
len weg waͤren, weil die Diſtanz in jenem
Leben, nil facit, nichts ausmacht.
IV.
[111]der Geiſter.
- IV. Daß bey den Engeln kein Begriff der
Zeit ſeye, nulla indea temporis ſit. - Alles und jedes iſt dem HErrn gegenwaͤrtig.
(Das hat ſchon David geſagt, ſolch Er-
kaͤnntnis iſt mir zu hoch.)
Wegen der Lage zur Rechten, Linken,
uͤber ſich, unter ſich, iſt es alſo: Zur Rech-
ten des HErrn ſind die Engel, zur Linken,
die boͤſe Geiſter, fuͤr ſich ſind die mittlere
Sorte, hinter dem Rucken ſind die Maligni,
die giftig Boͤſe.
Ueber dem Haupt ſind die, welche hohen
Dingen nachgeſtrebt, unter den Fuͤſſen ſind
die Hoͤllen, und correſpondiren denen, wel-
che uͤber dem Haupt ſind.
Alſo ſind alle in ihrer Lage Beziehungs-
weiſe auf die (Menſchheit) des HErrn nach
allen Gegenden, horizontaliter, eben und
verticaliter, aufrecht und ſchief. Dieſe La-
ge iſt beſtaͤndig. Das Beſtaͤndige iſt dem-
nach die Figur des Menſchen. Die Himmel
ſind in menſchlicher Figur, auf den aller Be-
zug iſt, was bey dem Menſchen iſt. Daher
bey jedem Engel gleicher Situs, gleiche Lage
aller iſt, ſimilis Situs omnium, und bey je-
dem Menſchen, dem der Himmel eroͤffnet
wird, das bringt die Gegenwart des HErrn
mit
[112]Von dem Raum und Ort
mit ſich, und wann der HErr im Himmel
nicht allgegenwaͤrtig waͤre, wuͤrde es nicht ſo
ſeyn.
So ſind alle Seelen der Menſchen an ei-
ne Geſellſchafft gebunden, haben ihre Lage
nach ihrer Gemuͤths-Art, und Statum.
Wann ſie in der Welt tauſend Meilen weg
waͤren, koͤnnten ſie doch in einer Geſellſchafft
ſeyn.
Die Menſchen, welche tauſend Meilen
auf Erden weg find, wann ſie im ſenſu in-
terno erſcheinen, ſind einander nahe.
Wann viele waͤren auf Erden, denen
ſenſus internus eroͤffnet waͤre, koͤnnten ſie
doch unter einander reden, wann der eine in
Aſien, der andere in Europa waͤre. Alſo
ſind alle unter den Augen des HErrn.
Es iſt unter allen Begriffen keiner ſchwe-
rer als der Begriff des Raums und Orts.
Swedenborg hat offt mit den Geiſtern
geredt von der Jdee des Orts und der Diſtanz,
daß es nichts reales ſey, ſondern nur eine
Relation, ein ſcheinender Bezug. Eigentlich
iſt es ein Stand (Compræſenz der denkenden
und neigenden Krafft der Seele gegen dem
Urſprung, dem HErrn) der bildenden Krafft
der
[113]der Geiſter.
der Seele, ſo ſich zu etwas neigt, (cogita-
tionis \& affectionis.)
Status cogitationis \& affectionis werden
veraͤndert, und werden zu ſehen ſo dargeſtellt
in mundo ſpirituum, aber im Himmel bey
den Engeln iſts nicht ſo, als welche nicht ſind
in der Jdee des Orts und der Zeit, ſondern
in der Idea ſtatuum. Die Geiſter, denen
die irrdiſche Jdeen anhangen, faſſen das
nicht, ſie glauben nicht, daß ſie Geiſter ſeyen,
ſie meynen, ſie leben im Leib, da es doch
nur eine Erſcheinung iſt, und ein Betrug
der Sinnen. Es iſt ihnen offt gezeigt wor-
den, daß die Veraͤnderung des Orts (die Be-
wegung) nur ſeye eine Apparenz und Betrug
der Sinnen. Dann es ſind zwey Arten der
Ort-Veraͤnderung in jenen Leben. Die ei-
ne, daß alle Geiſter in einem Bezug auf die
Form des groͤſten Menſchen ſtehen, und
darinn beſtaͤndig Lage oder Stellung haben,
welches doch nur dem Schein nach eine Ap-
parenz iſt.
Die andere iſt, daß die Geiſter in einem
gewiſſen Ort erſcheinen, da ſie doch allda ei-
gentlich nicht ſeyn, welches ein Betrug der
Sinnen iſt.
Daß Ort, Veraͤnderung des Orts, und
Abſtand von einem Ort, in der Welt der
Sw. Sch.IV.Th. HGei-
[114]Von dem Raum und Ort
Geiſter nur eine Erſcheinung ſeye, kan dar-
aus erklaͤrt werden, daß, ſo viel auch See-
len von der erſten Schoͤpfung an geweſen,
beſtaͤndig an ihrem Ort erſcheinen, und nie-
mahlen den Ort veraͤndern, als wann ihr
Stand (Status) veraͤndert wird, und wie der
Stand veraͤndert wird, ſo veraͤndert ſich auch
der Ort und die Diſtanz.
Aber weil jeder einen gemeinſamen Sta-
tum hat, der vorzuͤglich beſtehet, und weil
die beſondere Veraͤnderungen des Status ſich
auf den gemeinſamen (Communem) beziehen,
ſo kommt es daher, daß nach ſolchen Veraͤn-
derungen ſie ſich wieder in ihre Stellung be-
geben.
Jch bin unterrichtet worden, ſowohl
durch Geſpraͤche mit den Engeln, als durch
lebendige Erfahrung, daß Geiſter, als Gei-
ſter, nach den werckzeuglichen Theilen, die
ihre Leiblichkeit ausmachen, nicht ſind in
dem Ort, wo ſie geſehen werden, ſondern
daß ſie weit entfernt ſeyn, und doch allezeit
da erſcheinen. Jch weiß, daß die, welche
ſich von betruͤglichem Schein abfuͤhren laſſen,
es nicht glauben werden, aber die Sache iſt
doch immer alſo. Das iſt vor denſelbigen
Geiſtern erklaͤrt worden, welche nichts ge-
glaubt haben wahr zu ſeyn, was ſie nicht
mit Augen geſehen, ob es ſchon ein bloſer
Be-
[115]der Geiſter.
Betrug mit dem Schein ware, durch das,
daß dergleichen etwas bey den Menſchen auf
der Welt dargeſtellt werde, zum Ex. wann
der Menſch nicht durch Unterſcheidungen,
ſo er gelernt zu machen, wuͤßte, daß ein
Schall von weitem her kaͤme, und wann er
ihn nicht abſtehend vor ſich ſaͤhe, ſo wuͤrde
er glauben, er ſeye allein nahe in ſeinen
Ohren. So iſt es auch mit dem Geſicht:
wann man entfernte Sachen ſiehet, ſo wuͤr-
de man ſie am Aug nahe zu ſeyn glauben,
wann man nicht die darzwiſchen liegende Sa-
chen ſaͤhe, und daraus den Abſtand eines
vom andern durch einen Schluß des Ver-
ſtands abnaͤhme. Das Geſicht der Geiſter
iſt vielmehr ſo, dann es iſt von aller groben
undurchdringlichen Coͤrperlichkeit frey, das
Gehoͤr der Geiſter eben alſo, alles was ferne
iſt, alles was an einem Ort iſt, verhaͤlt ſich
nicht wie bey uns, es erſcheint an einem
Ort, iſt aber nicht dahin determinirt. Es
ſind viele Sachen in der Welt, welche ſchei-
nen, aber nicht ſind, viele Sachen, die das
innerſte der Natur ausmachen, ſind nicht,
wo ſie ſind, ſie ſind durch alles und in allem,
(die ſieben Geiſter Zachariaͤ, die alle Lande
durchziehen, diß iſt nach der Apparenz ge-
redt.) Ein groberes Exempel iſt, die Schif-
fahrt um die runde Erde, wer dem Schein
glaubt, meint, daß der Schiffer und das
Schiff, weil ſie dem Aug gegen uͤber ſeyn,
H 2hinab
[116]Von dem Raum und Ort
hinab ſinken, und daß die Gegen-Fuͤßler
nicht aufrecht ſtehen. Mit ſolchen Exem-
peln hat Swedenborg die unglaubige Gei-
ſter uͤberredt, daß in jenem Leben viele Din-
ge denen betruͤglichen Sinnen entgegen ſeyen,
und doch wahr ſeyen, abſonderlich, daß der
Menſch nicht habe das Leben von ſich, ſon-
dern vom HErrn.
Daraus iſt klar, daß Verſetzungen und
Fortgaͤnge der Geiſter in jener Welt, welche
oft geſehen werden, nichts ſeyn, als Veraͤn-
derungen ihres Status, das iſt, daß, wie ſie
als Veraͤnderungen des Orts erſcheinen in
dem Reich der Geiſter, als im erſten Him-
mel, ſo ſeyen ſie Veraͤnderungen des Stands
im andern Himmel und in hoͤheren Wohnun-
gen. (Paulus ſagt daher, ich weiß nicht,
ob er im Leib oder auſſer dem Leib geweſen.)
Daß Ort, Veraͤnderung des Orts, und
Abſtand des Orts, in jenem Leben nur eine
ſcheinbare und betruͤgliche Vorſtellung ſeye,
kan daraus erkannt werden, daß die Geiſter
durch bildende Gedanken und phantaſtiſche
Stellungen im Augenblick ſich verſetzen in
die Hoͤhe, und in eben dem Augenblick in die
Tieffe, und gleichſam von einem End des
ganzen Univerſi zu einem andern. Ja die
Magi und Tauſend-Kuͤnſtler wollen in jenem
Leben durch ihre bildende Seelen-Kraft an-
dere
[117]Von dem Raum und Ort der Geiſter
dere bereden, daß, indem ſie in einem ge-
wiſſen Ort ſeyen, ſo ſeyen ſie zugleich auch
in einem andern, und in vielen, luͤgen alſo
eine Gegenwart uͤberall. Die, welche hohen
Dingen nachgetrachtet im Leben des Leibs,
und welche Betrug geſpielt, erſcheinen oft
oberhalb des Haupts, und ſind doch in der
Hoͤlle unter den Fuͤſſen; ſo bald ihnen der
Hochmuth benommen iſt, fallen ſie herab in
ihre Hdlle, welches mir gezeigt worden.
Das iſt keine Apparenz, ſondern eine Falla-
cia, dann wie geſagt, es ſind zwey Arten
der Veraͤnderung des Orts: daß alle Geiſter
beſtaͤndig ihre Stellung haben, iſt eine Ap-
parenz, und daß ſie in einem gewiſſen Ort
erſcheinen, da ſie doch ihren Situm oder Lage
nicht da haben, iſt eine Fallacia.
Die Seelen, welche noch keinen gewiſſen
Situm in der Figur des groͤſten Menſchen er-
langt haben, werden an verſchiedene Oerter
gebracht, bald dahin bald dorthin, bald oben
bald unten, dieſe werden genennt irrende
Geiſter.
Die Menſchen koͤnnen nicht anderſt als
das Unendliche GOttes (Neutons ſenſorium
Divinum) mit der Unendlichkeit des Raums
verwirren, dieſes koͤnnen ſie nur als ein
Nichts gedenken, alſo glauben ſie auch das
Unendliche GOttes alſo. So begreiffen ſie
H 3das
[118]Von der aͤlteſten Gemeinde, ꝛc.
das Ewige GOttes auch nur als eine ewige
Zeit, ærernum temporis, die Jdee der Un-
endlichkeit GOttes wird den Engeln dar-
durch inſinuirt, daß ſie den Augenblick im
Geſicht des HErrn ſind, ohne Zwiſchen-
raum, und die Jdee des Ewigen durch das,
daß tauſend Jahr ihnen nicht als Zeit er-
ſcheinen, beydes dadurch, daß ſie in ihrem
Gegenwaͤrtigen Vergangenes und Kuͤnftiges
haben. Darum ſie vom Zukuͤnftigen keine
Sorge haben, haben auch keine Jdee vom
Leben, alſo iſt in ihrem Gegenwaͤrtigen
allem GOttes Ewiges und Unendliches al-
lein.
Von der aͤlteſten Gemeinde,
Menſch oder Adam genannt.
Engel und Geiſter, oder Menſchen nach
dem Tod, koͤnnen alle, die ſie in der Welt
gekannt, und von denen ſie gehoͤrt haben,
welche ſie wollen, antreffen, ſie als gegen-
waͤrtig ſehen, und mit ihnen reden, wann
es der HErr zulaͤßt; ſie ſind in einem Au-
genblick da. So kan man nicht allein mit
Freunden reden, die einander gemeiniglich
antreffen, ſondern auch mit andern, die
man aͤſtimirt hat. Jch konnte nicht nur
mit denen reden, die ich in der Welt gekannt
habe,
[119]Menſch oder Adam genannt.
habe, ſondern auch mit denen, welche im
Wort (GOttes) vor andern beruͤhmt ſind.
Die von der aͤlteſten Gemeinde, ſo himm-
liſche Menſchen waren, ſind ſehr hoch uͤber
dem Haupt, und wohnen da bey einander in
groͤſter Gluͤckſeeligkeit; ſelten kommen ande-
re, ſagten ſie, zu ihnen, auſſer zuweilen ei-
nige anderswoher, ex univerſo; daß ſie ſo
hoch oben ſeyen, komme nicht aus Hochmuth
her, ſondern daß ſie die, welche dort ſind,
gouverniren.
Jch ſahe die Wohnungen derer, die von
der andern und dritten Nachkommenſchaft
dieſer aͤlteſten Gemeinde waren: Sie ſind
praͤchtig, ſehr lang, von allerley ſchoͤnen
Farben, purpurfaͤrbig und blau; Dann die
Engel haben die praͤchtigſten Wohnungen,
die man nicht beſchreiben kan: Jch ſahe ſie
oft vor ihren Augen ſo lebhaft, daß man ſich
nichts natuͤrlicher vorſtellen kan. Sie leben
ſo zu ſagen, in der Lufft eines Lichts, das
wie Perlen und bisweilen wie Diamant
glaͤnzt: Dann in der andern Welt gibt es
wunderbare Luͤfte von unzaͤhlicher Mannig-
faltigkeit. Es irren diejenigen ſehr, welche
meynen, daß es nicht dergleichen gebe, da
es doch noch weit mehr daſelbſt gibt, als man
ſich hat bisher einbilden koͤnnen. Zwar ſind
es Vorſtellungen (repræſentativa) dergleichen
H 4auch
[120]Von der aͤlteſten Gemeinde,
auch die Propheten ſahen, aber doch ſo Be-
ſtandhaltend und reel, daß die, welche in der
andern Welt ſind, ſie fuͤr wuͤrkliche halten,
und die Sachen auf der Welt fuͤr nichts
Beſtandhaltendes. Sie leben in groͤſtem
Licht, das Licht der Welt iſt nichts dagegen:
Jenes ſahe ich durch ein flammendes Licht,
welches vor meinen Augen gleichſam herab
fiel, und die von der aͤlteſten Gemeinde ſag-
ten, daß ſie ein ſolches und noch ſtaͤrkeres
Licht haͤtten.
Mir wurde durch einen gewiſſen Einfluß,
den ich nicht beſchreiben kan, gezeigt, wie
ihre Rede geweſen, da ſie noch auf der Welt
lebten, nicht ſylbenhaft (articulata) wie heut
zu Tag, ſondern ſtill (tacita) nicht durch aͤuſ-
ſerliches, ſondern innerliches Athmen. Die-
ſes gieng von dem Nabel gegen dem Herzen zu,
und ſo fort durch die Lippen, ohne etwas
thoͤnendes: es kam auch dem andern nicht
durch einen aͤuſſerlichen Weg zu Ohren, und
ſchlug auch nicht an dem Trommelhaͤutlein
des Ohrs an, ſondern es gieng durch einen
innern Weg innerhalb des Mundes, und
zwar durch etwas, das heut zu Tag die Roͤh-
re Euſtachii heißt. Durch ſolche Rede konn-
ten ſie ihre Gedanken viel vollſtaͤndiger aus-
druͤcken, als es durch die vernehmliche Stim-
men oder ſchallende Worte geſchehen kan,
nach welchem ſich zwar auch die Reſpiration,
aber
[121]Menſch oder Adam genannt.
aber nur die aͤuſſerliche, richtet. Dann es
iſt nichts in einem Wort, wobey nicht das
Athmen applicirt wird; Bey jenen aber war
es weit vollkommener, weil es durch die in-
nere Athmung gehet, eben deßwegen, weil
ſie eine innere, vollkommener und den Jdeen
der Gedanken gemaͤſſer iſt. Ueber dieß gehet
es auch durch einige kleine Bewegungen der
Lippen, und ſchickliche Veraͤnderungen des
Geſichts: Dann, weil es himmliſche Leute
waren, ſo leuchtete das, was ſie gedachten,
aus ihrem Geſicht und Augen heraus, wel-
ches ſich nach Beſchaffenheit der Sache ver-
aͤnderte; ſie konnten nicht anders ausſehen,
als wie ihre Gedanken waren; Verſtellung
und noch mehr ein tuͤckiſches Weſen war bey
ihnen ein groſſes Laſter.
Jch ſahe deutlich, wie ihr inneres Ath-
men ſtill in ein aͤuſſerliches, und darauf in
eine ſtille Rede, deren der andere in ſeinem
innern Menſchen gewahr worden, den Ein-
fluß hatte. Die ſagten, daß dieſe Reſpira-
tion ſich veraͤndert habe, je nachdem ihre
Liebe und Glaube an den HErrn beſchaffen
war; zur Urſache wurde angegeben, daß,
weil ſie mit dem Himmel Gemeinſchaft hat-
ten, es nicht habe anderſt ſeyn koͤnnen, dann
ſie reſpirirten mit den Engeln, in deren Ge-
ſellſchaft ſie ſtunden. Die Engel athmen
auch, womit das innere Athmen uͤberein
H 5kommt,
[122]Von der aͤlteſten Gemeinde,
kommt, und diß veraͤndert ſich ebenfalls bey
ihnen: Dann wann ihnen etwas vorkommt,
das der Liebe und dem Glauben zuwider iſt,
ſo wird ihnen eng, und werden beklemmt;
wo ſie aber in der ſeeligen Liebe und Glauben
ſind, da haben ſie eine freye und leichte Re-
ſpiration. Bey einem jeden Menſchen iſt
auch etwas dergleichen, aber nach ſeiner coͤr-
perlichen und weltlichen Liebe, und nach ſei-
nen Grundſaͤzen: Streitet etwas datwider,
ſo kommt die Reſpiration ins Gedraͤnge; ge-
het es aber nach denſelben, ſo iſt ſie leicht.
Allein diß gehoͤrt zum aͤuſſerlichen Athmen.
Mir wurde auch gezeigt, daß die innere
Reſpiration der aͤlteſten Menſchen, welche
vom Nabel an gegen die innere Gegend der
Bruſt gieng, ſich mit der Zeit, oder bey den
Nachkommen, veraͤnderte, und ſich mehr
gegen der Gegend des Ruͤckens, und dem un-
tern Leib zu, und alſo mehr aus- und unter-
waͤrts zuruͤck zog, und daß endlich bey der
lezten Nachkommenſchaft, die kurz vor der
Suͤndfluth war, kaum etwas von derſelben
uͤbrig blieb; und da ſie endlich bey der Bruſt
ganz aufhoͤrte, ſie von ſich ſelbſt zergieng.
Allein darauf fieng bey einigen die aͤuſſerliche
Reſpiration an, und mit dieſer die vernehm-
liche Stimme oder Rede mit Worten. Al-
ſo verhielt es ſich mit den Reſpirationen bey
den Menſchen vor der Suͤndfluth nach dem
Zu-
[123]Menſch oder Adam genannt.
Zuſtand ihrer Liebe und Glaubens, und da
dieſe ſich verlohren, und das Falſche ergrif-
fen wurde, hoͤrte auch das innere Athmen
auf, und mit dieſem die unmittelbare Com-
municatio und Perceptio (Begriffe) mit den
Engeln.
Jch wurde auch durch die aͤlteſte Men-
ſchen von dem Zuſtand ihrer Perception be-
lehret; ſie hatten nemlich Begriffe von al-
lem, was zum Glauben gehoͤrt, faſt wie die
Engel, mit denen ſie Gemeinſchaft hatten,
aus der Urſache, weil ihr innerer Menſch
oder Geiſt, auch vermittelſt der innerlichen
Reſpiration, mit dem Himmel verbunden
war, und weil die Liebe gegen GOtt und den
Naͤchſten es ſo mit ſich bringt; dann auf ſol-
che Weiſe wird der Menſch mit den Engeln
durch ihr eigentliches Leben, welches in einer
ſolchen Liebe beſtehet, verbunden. Jn ihnen
war, wie ſie ſagten, das Geſetz beſchrieben,
weil ſie in der Liebe wandelten: und da kam
mit ihrer Perception uͤberein, was die Ge-
fetze angeben, ihr zuwider aber war, was
die Geſetze verbieten. Sie zweifelten auch
nicht, daß nicht alle menſchliche Geſetze, wie
die Goͤttlichen, in der Liebe gegen GOtt und
den Naͤchſten gegruͤndet ſeyen: weil ſie nun
den Grund in ihnen von dem HErrn hatten,
ſo muͤßten ſie auch folglich alles erkennen,
was daher ruͤhrte: Sie glaubten auch, daß
alle
[124]Von der aͤlteſten Gemeinde,
alle die jezt in der Welt leben, und GOtt
und den Naͤchſten lieben, auch das Geſetz in
ihnen beſchrieben haben, und uͤberall auf der
Erden liebe Buͤrger ſeyen, wie ſie es in dem
andern Leben ſind.
Ferner vernahm ich, daß die aͤlteſte Men-
ſchen ſehr ergoͤtzliche Traͤume, und uͤberdiß
Geſichte gehabt haben, und daß ihnen zu-
gleich die Bedeutung mitgetheilt worden:
Daher ihre paradiſiſche Vorſtellungen und
dergleichen mehr kamen. Deßwegen mach-
ten ſie aus dem, was von irrdiſchen und
weltlichen Dingen in die aͤuſſerlichen Sinne
fiel, nichts, empfanden auch nichts ange-
nehmes darinn, ſondern nur in dem, was
ſie anzeigten und vorſtellten; und das war
ihnen das Lieblichſte, dann es war derglei-
chen etwas, das im Himmel iſt, woraus ſie
den HErrn ſelbſt ſehen.
Jch habe mit dem dritten Geſchlecht der
aͤlteſten Gemeinde geredet, welche ſagten,
daß ſie zu ihrer Zeit, als ſie in der Welt leb-
ten, den HErrn erwartet haben, welcher
das ganze menſchliche Geſchlecht ſeelig ma-
chen ſollte, es ſey bey ihnen eine gemeine
Sage geweſen, daß des Weibes Same der
Schlange den Kopf zertreten wuͤrde. Sie
ſagten, daß von der Zeit an ihnen das Lieb-
ſte in ihrem Leben geweſen ſey, Kinder zu
zeu-
[125]Menſch oder Adam genannt.
zeugen, ſo daß es ihre groͤſte Luſt war, den
Ehegatten um der Kinder willen zu lieben:
Sie nannten es die angenehmſten Ergoͤzlich-
keiten, und die ergoͤzlichſten Annehmlichkei-
ten, *) und fuͤgten hinzu, daß die Empfin-
dung davon von einem Einfluß aus dem
Himmel hergekommen, weil der HErr ſollte
gebohren werden.
Es waren auch bey mir ſolche, welche
von der Nachkommenſchaft waren, die vor
der Suͤndfluth gelebt hat, nicht von denen,
welche umkamen, ſondern die etwas beſſer
als ſie waren. Anfaͤnglich influirten ſie ſehr
gelinde und unempfindlich: allein ich konnte
merken, daß ſie innwendig boͤſe waͤren, und
von innen gegen die Liebe handelten. Von
ihnen dunſtete ein Todten-Geruch aus, ſo
daß die Geiſter, die um mich waren, davon
flohen; ſie meyneten, ſie ſeyen ſo ſubtil, daß
niemand ihre Gedanken einſehen koͤnnte.
Jch redete mit ihnen von dem HErrn, ob ſie
nicht auch wie ihre Vaͤter auf ihn gewartet
haben? Sie ſagten, ſie haͤtten ſich Jhn vor-
geſtellt als einen alten heiligen Mann mit ei-
nem
[126]Von der aͤlteſten Gemeinde, ꝛc.
nem grauen Bart, und daß ſie von Jhm hei-
lig und gleichfalls bartig wuͤrden; daher bey
ihren Nachkommen die Baͤrte ſo heilig gehal-
ten wurden; ſie fuͤgten hinzu, daß ſie Jhn
jezt auch, aber nur von ſich ſelbſt, anbeten
koͤnnten: Allein es kam alsdann ein Engel,
deſſen Ankunft ſie nicht ertragen konnten.
Jch durfte auch reden mit denen, die
von der Gemeinde Enoſch genannt waren,
wovon 1. Moſ. 4. v. 26. ſtehet. Jhr Ein-
fluß war gelind, die Rede modeſt; ſie ſag-
ten, daß ſie bey einander in Liebe lebten,
und andern, die zu ihnen kommen, die Pflich-
ten der Freundſchaft erzeigten: Es erhellete
aber, daß ihre Liebe eine freundſchaftliche
Liebe waͤre. Sie leben ruhig, wie gute Buͤr-
ger, und thun niemand etwas zu Leyd.
Jch ſahe ein enges Gemach, und als die
Thuͤre eroͤfnet wurde, ſahe ich einen langen
Mann, weiß angezogen, die Weiſſe war
ſehr ſtark: ſie ſagten, daß er diejenigen be-
deute, welche Noach hieſſen, oder welche die
allererſten von der alten Gemeinde waren, ſo
die Kirche nach der Suͤndfluth iſt, und daß
ſie ſich ſo praͤſentirten, weil es wenige waren.
Jch konnte mit denen reden, welche von
der alten Gemeinde waren, Schem genannt:
Sie influirten gelind durch die Gegend des
Haupts
[127]Von denen, welche vor der Suͤnd- ꝛc.
Haupts in die Gegend der Bruſt dem Her-
zen zu, aber nicht biß aufs Herz: Aus ih-
rem Einfluß kan man wiſſen, wer ſie ſind.
Jch ſahe einen gleichſam mit einer Wol-
ke bedeckt, und auf ſeinem Angeſicht viele
Jrrſterne, welche die Falſchheiten bedeuten.
Man ſagte, daß die Nachkommenſchaft der
alten Kirche ſo geweſen, als ſie anfieng ver-
lohren zu gehen, inſonderheit bey denen,
welche den Gottes-Dienſt durch Opfer und
Bilder anſtelleten.
Von denen/ welche vor der
Suͤndfluth lebten, und umkamen.
Ueber dem Haupt waren in einiger Hoͤhe
viele, welche in meine Gedanken influir-
ten, und ſie gleichſam gebunden hielten, daß
ich ſehr im Dunkeln war; ſie ſezten mir ſehr
ſtark zu; die Geiſter um mich wurden eben-
falls von ihnen als wie gefeſſelt gehalten, ſo
daß ſie wenig gedenken konnten, auſſer was
von ihnen influirte, und das noch darzu mit
Unwillen. Man ſagte, es ſeyen die, wel-
che/ vor der Suͤndfluth gelebt haben, aber
nicht von denen, ſo Nephilim hieſſen, und
umkamen, dann ſie hatten ſo keine ſtarke
Einbildung, (Perſuaſivum.)
Die,
[128]Von denen, welche vor der Suͤnd-
Die, welche vor der Suͤndfluth lebten
und umkamen, ſind in einer Hoͤlle unter dem
Ferſen des linken Fuſſes, und mit einem
ſtuͤrmiſchen Felſen bedeckt, der aus ihren
grauſamen Phantaſien und Einbildungen
hervor raget, wodurch ſie von den uͤbrigen
Hoͤllen getrennet, und von der Geiſter Welt
abgehalten werden; Sie beſtreben ſich be-
ſtaͤndig, ſich heraus zu winden, aber ſie koͤn-
nen nicht; dann ſie ſind ſo beſchaffen, daß,
wann ſie in die Geiſter-Welt kaͤmen, ſie mit
ihren graͤulichen Phantaſien und giftigem
Athem ihrer Einbildungen allen Geiſtern,
die ſie antraͤfen, die Guten ausgenommen,
das Vermoͤgen zu Denken benehmen wuͤrden;
und wo nicht der HErr durch ſeine Zukunft
ins Fleiſch die Welt der Geiſter von dieſem
loſen Haufen befreyet haͤtte, ſo waͤre das
menſchliche Geſchlecht zu Grunde gegangen,
dann es haͤtte kein Geiſt bey dem Menſchen
ſeyn koͤnnen, und es kan ja kein Mrnſch ei-
nen Augenblick leben, wo nicht Geiſter und
Engel bey ihm ſind.
Diejenige von ihnen, welche es eigen-
ſinnig wagen, ſich aus der Hoͤlle heraus zu
machen, werden von ihren Geſellen grauſam
mißhandelt; dann ſie haben einen Tod-Haß
gegen jedermann, auch gegen ihre Camera-
den. Das, was ihnen noch am angenehm-
ſten iſt, beſiehet darinn, daß ſich einer den
andern
[129]lebten, und umkamen.
andern unterwuͤrfig mache, und gleichſam
ermorde.
Die, welche noch feſter darauf beharren,
heraus zu kommen, kommen noch tiefer un-
ter den ſtuͤrmiſchen Felſen hinab: dann es
iſt ihnen eine unſinnige Begierde eingepflanzt,
alles zu Grund zu richten, welche ſie verlei-
tet ſich hervor zu machen: dann welche ſie
antreffen, die wickeln ſie in ein Tuch ein,
fuͤhren ſie als Gefangene weg, und werffen
ſie in ein Meer, wie ſie duͤnket, oder gehen
ſonſt grauſam mit ihnen um.
Jch wurde wohl beſchuͤzt jenem ſtuͤrmi-
ſchen Felſen zugefuͤhrt, (diß geſchiehet nicht
von einem Ort zum andern, ſondern durch
die Geſellſchafften der Geiſter und Engel,
die dazwiſchen ſind, ſo daß ein Menſch an
Einem Ort bleibt, es ihm aber doch ſo vor-
kommt, als wann er hinab gelaſſen wuͤrde.)
Da ich nahe bey dem Felſen war, kam mit
eine Kaͤlte entgegen, welche den untern Theil
des Ruͤckens einnahm. Darauf redete ich
mit ihnen von ihren Einbildungen, und was
ſie bey Leibes-Leben von dem HErrn geglau-
bet haben; Sie antworteten, daß ſie viel
an GOtt gedacht, aber ſich eingebildet haͤt-
ten, es gebe keinen GOtt, ſondern die Men-
ſchen ſeyen Goͤtter, ſie ſeyen alſo Goͤtter ge-
weſen, und daß ſie ſich darinnen aus ihren
Traͤumen beſtaͤrket haͤtten.
Sw. Sch.IV.Th. JDamit
[130]Von denen welche v. d. Suͤndfluth
Damit ich aber noch beſſer wuͤßte, wie
ſie beſchaffen waͤren, durften einige aus Zu-
laſſung des HErrn in die Geiſter-Welt her-
auf kommen; Ehe diß geſchahe, ließ ſich
ein ſchoͤner Knab in einem weiſſen Kleid ſe-
hen, hernach in einer offenen Thuͤre ein an-
derer in einem gruͤnen, bald darauf auch zwey
Maͤgdlein weiß um den Kopf: was ſie aber
anzeigten, wurde mir nicht entdeckt.
Es wurden bald einige aus der Hoͤlle her-
aus gelaſſen, der HErr fuͤgte es aber durch
die Geiſter und Engel, daß ſie mir nichts
ſchaden konnten: Sie kamen aus der
Tiefe vorwaͤrts, und machten ſich, wie es
ſchien, einen Weg durch die Hoͤhlen des Fel-
ſen, und ſo hinaufwaͤrts: ſie erſchienen end-
lich oben zur Linken, um in mich alſo in der
Ferne zu influiren. Man ſagte mir, ſie duͤrf-
ten in den rechten Theil des Haupts, nicht
aber in den Linken, und von dem rechten
Theil des Haupts in die linke Seite der Bruſt,
aber nicht in die rechte des Haupts influiren,
dann wann diß waͤre, wuͤrde es um mich
geſchehen ſeyn, dann alsdann wuͤrden ſie mit
ihren graͤulichen und toͤdtlichen Einbildungen
influiren: Waͤre es aber auf die rechte Sei-
te des Haupts, und von da auf die linke der
Bruſt, ſo wuͤrde es durch die Begierden ge-
ſchehen: Und ſo verhaͤlt ſichs mit ihrem Ein-
fluß. Jhre Perſuaſionen ſind ſo, daß ſie
alles,
[131]lebten, und umkamen.
alles, was wahr und gut iſt, vertilgen, ſo
daß die, in welche ſie influiren, nichts begreif-
fen, und hernach auch nicht denken koͤnnen:
deßwegen wurden auch die Geiſter beyſeit
gethan.
Als ſie anfiengen zu influiren, fiel ich in
einen Schlaf, darauf influirten ſie im Schlaf
durch die Begierden, und zwar ſo ſtark, daß
ich auch wachend ihnen nicht haͤtte widerſte-
hen koͤnnen. Jm Schlaf fuͤhlte ich eine
Schwere, die ich nicht beſchreiben kann,
auſſer daß ich mich hernach beſann, daß ſie
mich durch ihr erſtickendes Anhauchen, wel-
ches wie ein graͤulicher Alp war, haben toͤd-
ten wollen. Als ich aber darauf erwachte,
nahm ich wahr, daß ſie nahe bey mir waͤren,
da ſie aber merkten, daß ich wachte, flohen
ſie oben hinauf an ihren Ort, und influirten
von dar. Als ſie da waren, kamen ſie mir
vor, als wann ſie in ein Tuch gewickelt waͤ-
ren; ich meynte, ſie waͤren es ſelbſt, es wa-
ren aber andere, welche ſie einwickelten: Diß
geſchiehet durch die Phantaſien, die Geiſter
aber, wider welche ſie ſo wuͤrken, wiſſen
nichts anderſt, als daß ſie verhuͤllet werden:
Dieſe, welche ſie ſo einwickelten, waͤlzten ſie
einen abſchuͤßigen Felſen hinab, allein die
Verhuͤllten wurden dadurch loß und befrey-
et, es waren die Geiſter, welche nicht wei-
chen wollten, alſo von dem HErrn erhalten,
J 2ſon-
[132]Von denen welche v. d. Suͤndfluth
ſonſten waͤren ſie erſtickt, ob ſie gleich wieder
aufgelebet haͤtten, aber nach der Qual. Sie
wichen darauf den Felſen hinab zuruͤck, von
dannen man einen Ton hoͤrte, als wann es
viele groſſe Baͤren waͤren, und man wurde
innen, daß es ihre graͤuliche Phantaſien ge-
gen den HErrn waren: Nachgehends wur-
den ſie in die finſteren Loͤcher unter dem ſtuͤr-
miſchen Felſen in ihre Hoͤlle geſtuͤrzt. Da
ſie in der Geiſter-Welt waren, aͤnderte ſich
dorten die Sphaͤre.
Es waren auch hernach einige Geiſter
tuͤckiſch, welche wollten, daß ſie ſich herauf
machten, und ihnen eingaben zu ſagen, ſie
ſeyen nichts, damit ſie ſo von unten hinzu
kommen koͤnnten: Darauf hoͤrte man in der
Hoͤlle ein Geraͤuſch, wie eine groſſe unruhige
Rolle, (Volumen) diß kam von der Bewe-
gung derer her, die heraus wollten. Deß-
wegen wurde wiederum einigen geſtattet, her-
aus zu kommen, und man ſahe ſie an dem
nemlichen Platz, wo die erſten waren. Sie
wollten mir darauf eine toͤdtliche Einbildung
beybringen, und wurden von den tuͤckiſchen
Geiſtern unterſtuͤzt, es war aber vergeblich,
weil ich von dem HErrn beſchuͤtzt wurde, ich
merkte deutlich, daß ihre Beredung etwas
erſtickendes ſey. Sie meynten, ſie koͤnnten
alles, und einem jeden das Leben nehmen:
Weil ſie aber meynten, ſie koͤnnten alles, ſo
war
[133]lebten, und umkamen.
war es nur ein Kind, das ſie hinab ſtieß,
vor deſſen Gegenwart ſie zitterten und ſchryen,
daß es ihnen angſt ſey, und zwar ſo ſehr,
daß ſie zu demuͤthigen Bitten ihre Zuflucht
nahmen. Die Tuͤckiſchen wurden auch ge-
ſtraft, erſtlich von ihnen faſt erſtickt, hernach
zuſammen gefuͤgt, damit ſie von dergleichen
abſtuͤnden, nachgehends aber befreyet.
Jch ſahe auch hernach, wie ihre Weiber
gekleidet waren, um das Haupt hatten ſie
einen runden ſchwarzen lang ausgeſtreckten
Huth, der vorwaͤrts gleichſam wie ein Thurn
war, ſie hatten ein klein Angeſicht: Die
Maͤnner waren rauh und haarig. Mir
wurde gezeigt, wie ſie ſich wegen der Menge
ihrer Kinder ſo groß machten, weil, wo ſie
hingiengen, ſie ihre Kinder bey ſich, hatten,
die in einer eingebogenen Linie voraus gien-
gen. Man ſagte ihnen aber, daß alle un-
vernuͤnftige Thiere, auch die ſchlimmſten, ei-
ne Liebe zu ihren Jungen haͤtten, und daß
das kein Beweis ſey, daß etwas Gutes bey
ihnen ſeyn moͤchte: Wann ſie aber ihre Kin-
der geliebt haͤtten, nicht um ihre Liebe und
Ruhms willen, ſondern daß die menſchliche
Geſellſchaft um des gemeinen Beſten willen
vermehrt, und noch mehr, daß der Himmel
dadurch vermehrt wuͤrde, und alſo um des
Reichs des HErrn willen: So ſey ihre Liebe
zu den Kindern rechter Art geweſen.
J 3Von
[134]Von den Abſtreifungen.
Von den Abſtreifungen.
(Vaſtationibus.)
Es giebt viele, die, als ſie auf der Welt
lebten, aus Einfalt und Unwiſſenheit
falſche Dinge in Anſehung des Glaubens
eingeſogen, und einen Schein des Gewiſſens
nach ihren Glaubensſaͤtzen gehabt, und nicht
wie andere in Haß, Rache und Ehbruch ge-
lebt haben, die koͤnnen in der andern Welt,
ſo lange ſie im Jrrthum ſind, in die himm-
liſche Geſellſchaften nicht aufgenommen wer-
den, dann ſie wuͤrden ſolche verunreinigen:
Deßwegen muͤſſen ſie auf einer unten liegen-
den Erde eine Zeitlang hatten, daß ſie daſelbſt
ihre falſche Grundſaͤtze fahren laſſen. Die
Zeiten, die ſie da bleiben, ſind laͤnger oder
kuͤrzer, je nachdem ihr Jrrthum beſchaffen,
und das Leben darnach gefuͤhrt, auch die
Grundſaͤtze bey ihnen beſtaͤrket worden. Eini-
ge haben da einen harten Stand, andere
aber nicht: und diß heißt man Abſtreifun-
gen, davon in dem Wort zum oͤftern Mel-
dung geſchiehet. Wann die Zeit verfloſſen,
werden ſie in dem Himmel aufgenommen,
und als Novitii in den Wahrheiten des Glau-
bens unterrichtet, und zwar von den Engeln,
von welchen ſie aufgenommen werden.
Einige ſind willig, ſich abſtreifen zu laſ-
ſen, und wollen gern ihre falſche Saͤtze, die
ſie
[135]Von den Abſtreifungen.
ſie mit ſich aus der Welt genommen haben,
fahren laſſen: (dieſelben kann in dem andern
Leben niemand anderſt ablegen, als bis einige
Zeit vorbey iſt, und durch die Mittel, die
der HErr darreicht:) Dieſe werden, ſo lang
ſie auf der untern Erden harren, von dem
HErrn in der Hoffnung, daß ſie frey wer-
den, und in dem Gedanken, daß es ein Ende
nehme, unterhalten, daß ſie auf ſolche Wei-
ſe gebeſſert, und zubereitet werden, die himm-
liſche Seligkeit zu empfahen.
Andere befinden ſich in einem mittlern
Stand zwiſchen Wachen und Schlaffen, und
denken ſehr wenig, ſie wachen gleichſam nur
Wechſelsweiſe auf, und erinnern ſich deſſen,
was ſie bey Leibes-Leben gedacht und gethan
haben, und fallen wieder in ihren Stand zu-
ruͤck, und werden alſo abgeſtreift. Sie ſind
unter dem linken Fuß ein wenig vorwaͤrts.
Diejenigen, welche ſich in ihren falſchen
Grundſaͤtzen ganz verhaͤrtet haben, gerathen
in eine voͤllige Unwiſſenheit, und ſind als-
dann in einer ſolchen Dunkelheit und Ver-
wirrung, daß, wann ſie nur an das, worinn
ſie ſich geſteift haben, gedenken, ſie innwen-
dig Schmerzen haben; Wann aber die Zeit
vorbey, werden ſie gleichſam von neuem ge-
ſchaffen, und in den Wahrheiten des Glau-
bens unterwieſen.
J 4Die-
[136]Von den Abſtreifungen.
Die, welche die Gerechtigkeit durch gute
Werke haben verdienen wollen, und alſo die
Kraft ſelig zu machen ſich, und nicht dem
HErrn und ſeiner Gerechtigkeit und Verdienſt
zugeſchrieben, auch ſich in ihren Gedanken
und Leben darinn verhaͤrtet haben: Deren
falſche Principia werden in dem andern Le-
ben in Phantaſien verkehrt, daß es ſie be-
duͤnkt, ſie ſpalten Holz; ſo kommt es ihnen
gaͤnzlich vor. Jch habe mit ihnen geredet.
Wann ſie in ihrer Arbeit begriffen ſind und
gefragt werden, ob ſie nicht muͤde ſeyen?
ſo antworten ſie, ſie haͤtten noch nicht ſo
viel gearbeitet, daß ſie den Himmel verdie-
nen koͤnnten. Wann ſie Holz hauen, ſcheint
es, als wann gleichſam etwas von dem HErrn
unter dem Holz waͤre, alſo daß das Holz ein
Meritum ſey; je mehr von dem HErrn in
dem Holz iſt, deſto laͤnger muͤſſen ſie harren,
wann aber diß ſich anfangt zu verlieren, ſo
gehet es mit ihrer Abſtreifung zu Ende. End-
lich werden ſie ſo, daß ſie auch in die gute
Geſellſchaften koͤnnen aufgenommen werden,
ſie ſchweben aber noch lange zwiſchen dem
Wahren und Falſchen. Fuͤr die, welche
fromm gelebt haben, ſorget der HErr gar
ſehr, und ſchicket ihnen immer die Engel zu.
Dieſe ſind es, welche in der Juͤdiſchen Kir-
che durch die Holzhauer vorgeſtellet wurden,
Joſ. 9, 23. 27.
Wel-
[137]Von den Abſtreifungen.
Welche ein ehrbares, ſittlich gutes Leben
gefuͤhrt, ſich aber durch Werke den Himmel
zu verdienen eingebildet, und geglaubt haben,
es ſey genug, wenn ſie einen einigen GOtt
den Schoͤpfer der Welt erkennen, deren fal-
ſche Grundſaͤtze werden in der andern Welt
in ſolche Phantaſien verwandelt, daß es ſie
duͤnkt, ſie maͤhen Gras ab, und werden
Gras-Maͤder genennt. Sie ſind kalt, und
wollen ſich durch diß Maͤhen warm machen,
fragen auch bey denen, die ſie antreffen, ob
ſie ihnen einige Waͤrme mittheilen moͤchten,
welches auch die Geiſter thun koͤnnen: Aber
die Waͤrme die ſie erhalten, richtet nichts
bey ihnen aus, weil ſie eine aͤuſſerliche iſt,
und ſie eine innerliche haben wollen; deßwe-
gen kehren ſie wieder zu ihren Saͤgen um,
und machen ſich alſo mit Arbeiten warm.
Jch habe ihre Kaͤlte gefuͤhlet: ſie hoffen
immer, in den Himmel aufgenommen zu wer-
den, zuweilen berathſchlagen ſie ſich, wie ſie
aus eigener Kraft ſich hinein ſchwingen moͤ-
gen. Dieſe, weil ſie gute Werke gethan ha-
ben, ſind unter denen, welche abgeſtreift wer:
den, und werden nach Verfluß der Zeit in
die gute Geſellſchaften eingelaſſen und un-
terrichtet.
Diejenigen aber, welche guten und wah-
ren Glaubens-Lehren gefolget, und daher
ein gut Gewiſſen und Leben in der Liebe uͤber-
J 5kommen
[138]Von der Hoͤlle.
kommen haben, werden gleich nach dem Tod
von dem HErrn in den Himmel erhoben.
Es gibt Maͤdgen, welche zur Hurerey ver-
fuͤhret und beredt worden ſind, daß es nichts
Boͤſes ſey, ſonſt aber von guter Art ſind;
dieſe, weil ſie noch nicht in das Alter gekom-
men, da ſie ein ſolches Leben haͤtten verſtehen
und beurtheilen koͤnnen, haben einen Lehrer
bey ſich, der ſehr ſtreng iſt, und ſie zuͤchtiget,
ſo oft ſie in ihren Gedanken in ſolchen Muth-
willen ausbrechen: Dieſen fuͤrchten ſie gar
ſehr, und ſie werden auf ſolche Weiſe abge-
ſtreift. Erwachſene Weibsbilder aber, wel-
che Huren geweſen, und andere verfuͤhrt ha-
ben, kommen nicht in die Abſtreifung, ſon-
dern ſind in der Hoͤlle.
Von der Hoͤlle.
Der Menſch hat wie von dem Himmel ſo
auch von der Hoͤlle nur einen gemeinen
Begriff, welcher ſo dunkel iſt, daß er faſt
nichts iſt Gleichwie etwa die, welche nicht
vor ihre Wald-Huͤtten hinaus gekommen
ſind, einen Begriff von der Erde haben koͤn-
nen, und nichts wiſſen von Kayſerthuͤmern
und Koͤnigreichen, noch weniger von den
Regierungs-Formen, am wenigſten aber von
den Geſellſchaften und geſellſchaftlichen Le-
ben,
[139]Von der Hoͤlle.
ben, ehe ſie dieſes wiſſen, koͤnnen ſie nur ei-
nen ſehr gemeinen Begriff von der Erde ha-
ben, welcher faſt keiner zu nennen iſt: Alſo
verhaͤlt ſichs auch bey Himmel und Hoͤlle;
da es doch beederſeits unzaͤhliche und weit
mehr gibt, als auf einem Erden-Crays. Wie
ſie nicht zu zehlen, kann man daraus erſehen,
daß, gleichwie nirgends einer einen aͤhnlichen
Himmel hat, alſo auch niemand eine aͤhnli-
che Hoͤlle, und daß alle Seelen, welche von
der erſten Schoͤpfung an in der Welt gewe-
ſen ſind, dahin kommen und bey einander
verſammlet werden.
Gleichwie die Liebe zu dem HErrn und
dem Naͤchſten, und die daher ruͤhrende Freu-
de und Gluͤckſeligkeit den Himmel ausmacht:
Alſo beſtehet auch die Hoͤlle in dem Haß gegen
den HErrn und den Naͤchſten, und in der darauf
folgenden Strafe und Qual. Vom Haß gibt
es unzaͤhlige Geſchlechte: und noch mehrere
Arten: So viele Hoͤllen ſind!
Gleichwie der Himmel von dem HErrn
gleichſam Einen Menſchen und Eine Seele
durch die Liebe zu einander ausmacht, und
auf Einen Zweck zielet, welcher dahin gehet,
alle in Ewigkeit zu erhalten und ſelig zu ma-
chen: Alſo ſtellt im Gegentheil die Hoͤlle von
ihrem eigenen durch die Liebe zu ſich und zu
der Welt, das iſt, durch den Haß, Einen
Teufel
[140]Von der Hoͤlle.
Teufel und Einen Geiſt (animum) vor, und
gehet auf Einen Zweck, nemlich jedermann
zu verderben und in Ewigkeit zu verdammen.
Jch babe viel tauſendmal wahrgenommen,
daß ſie ſich dahin beſtreben; Wenn nicht de-
rohalben der HErr jedermann auch ſogar die
kleinſten Augenblicke erhielte, jedermann ver-
lohren gehen wuͤrde.
Es hat aber der HErr eine ſolche Form
und Ordnung in den Hoͤllen eingefuͤhrt, da-
mit ſie alle von ihren Begierden und Phan-
taſien, worinn ſelbſt ihr Leben beſtehet, ge-
feſſelt und gebunden gehalten werden. Diß
Leben, weil es (ein Leben) des Todes iſt,
wird in ſchroͤckliche unbeſchreibliche Plagen
verwandelt. Denn das liebſte in ihrem Le-
ben beſteht darinn, daß einer den andern ſtraf-
fen, plagen und martern kann, ſo gar durch
die auf der Welt unbekannteſten Kuͤnſte, wo-
durch ſie ſehr heftige Einpfindungen, eben
als wann ſie in dem Leibe waͤren auch ſchroͤck-
liche und graͤßliche Phantaſien neben dem
Schrecken und Grauſen einzufuͤhren wiſſen,
und dergleichen mehr. Diß erweckt bey dem
hoͤlliſchen Haufen ein ſo groß Vergnuͤgen,
daß, wenn ſie die Schmerzen und Plagen ins
unendliche vermehren und vergroͤſſern koͤnn-
ten, ſie auch alsdann nicht einmal ſich zur
Ruhe geben, ſondern vielmehr noch ins un-
endliche entbrennen wuͤrden: Allein der HErr
hebt
[141]Von der Hoͤlle.
hebt ihre Unternehmungen auf, und mildert
die Plagen.
Bey allen und jeden iſt in der andern
Welt ein ſolches Gleichgewicht, daß das Boͤ-
ſe ſelbſt ſich ſtraft, ſo daß in dem Boͤſen die
Strafe der Boͤſen iſt: eben ſo verhaͤlt es ſich
auch mit dem Falſchen, welches auf den zu-
ruͤck faͤllt, der im Jrrthum ſteckt. Daher
bringt ein jeder die Strafe und Marter ſelbſt
uͤber ſich, und lauft alsdann in den teufeli-
ſchen Haufen, welcher dergleichen thut, hi-
nein. Der HErr wirft niemals jemand in
die Hoͤlle, ſondern er will jedermann aus der
Hoͤlle herausfuͤhren, noch weniger fuͤhrt Er
jemand in die Qual hinein, ſondern weil der
boͤſe Geiſt ſelbſt hinein rennt, ſo wendet der
HErr alle Strafe und Plage zum Guten
und zu einigem Nutzen. Es kann keine
Strafe jemals geben, wo nicht der HErr ſein
Abſehen auf einen Nutzen haͤtte, denn das
Reich des HErrn iſt ein Reich der Endzwecke
und der Nutzbarkeiten. Aber der Nutzen,
den die in der Hoͤlle geben, iſt ſehr gering,
und wenn dieſes geſchiehet, ſo ſind ſie nicht
ſo in der Qual, ſie werden aber, wenn der
Nutzen aufhoͤrt, wieder in die Hoͤlle verſetzt.
Bey einem jeden Menſchen ſind zum we-
nigſten zween boͤſe Geiſter und zween Engel:
Durch die hoͤſen Geiſter hat der Menſch Ge-
mein-
[142]Von der Hoͤlle.
meinſchaft mit der Hoͤlle, und durch die En-
gel mit dem Himmel; ohne die Gemeinſchaft
zu beeden Seiten kann der Menſch keine Mi-
nute leben. Demnach iſt ein jeder Menſch
in einer Gemeinſchaft mit denen in der Hoͤlle,
welches er gar nicht weiß; er hat aber kei-
nen Theil an ihren Plagen, weil er in der
Zubereitung zum Ewigen Leben ſtehet. Jh-
me wird zuweilen die Geſellſchaft, in welcher
er war, in dem andern Leben gezeigt, dann
er kommt wieder zu ihr, und folglich in das
Leben, das er in der Welt gehabt: darauf
er entweder der Hoͤlle zu gehet, oder er kommt
in den Himmel. Alſo iſt ein Menſch, wel-
cher nicht in dem koͤſtlichen Ding der Liebe
lebt, und ſich nicht von dem HErrn fuͤhren
laͤßt, einer von denen aus der Hoͤlle, und
wird nach dem Tod auch ein Teufel.
Auſſer der Hoͤlle gibt es auch Abſtreifungen,
wovon vieles im Wort ſtehet: denn der Menſch
nimmt aus den wuͤrklichen Suͤnden unzaͤh-
lich viel Boͤſes und Falſches mit ſich in das
andere Leben, er haͤufet und verbindet es mit-
einander: bey denen, die fromm gelebet ha-
ben, iſt es eben ſo; ehe dieſe in den Himmel
aufgenommen werden koͤnnen, muß vorher
ihr Boͤſes und Falſches zerſtreut werden, eine
ſolche Zerſtreuung wird eine Abſtreifung (va-
ſtatio) genennet: dergleichen es vielerley Ar-
ten gibt, auch ſind ihre Zeiten groͤſſer und
kleiner:
[143]Von der Hoͤlle.
kleiner: Einige kommen in einer etwas kuͤr-
zeren Zeit in den Himmel, andere gleich nach
dem Tod.
Damit ich ſowohl die Plage derer, die in
der Hoͤlle ſind, als auch die Abſtreifungen
derer, die auf der untern Erde ſind, ſehen
konnte, bin ich etlich mal hinunter gelaſſen
worden: (in die Hoͤlle hinunter gelaſſen wer-
den iſt nicht von einem Ort zum andern ver-
ſetzt werden, ſondern es iſt eine Einlaſſung
in eine hoͤlliſche Geſellſchaft, ſo daß der Menſch
an Einem Ort bleibt.) Jch kann aber allein
dieſe Erfahrung hie erzehlen: Jch empfand
offenbarlich, daß gleichſam eine Saͤule mich
umgab, dieſe Saͤule wurde merklich groͤſſer,
und ich wurde belehret, daß dieſe die eherne
Mauer waͤre, wovon in dem Wort ſtehet,
die aus engliſchen Geiſtern formirt worden,
damit ich ſicher zu den Unſeligen hinab ge-
laſſen werden konnte: Als ich da war, hoͤrte
ich erbaͤrmliches Wehklagen, und zwar diß:
ach GOtt, ach GOtt! erbarme ſich unſer,
erbarme ſich unſer! und das lang. Jch durf-
te auch mit dieſen Elenden reden, und zwar
ſehr viel: ſie klagten inſonderheit uͤber die
boͤſen Geiſter, daß ſie nichts anders ſuchten
mit brennender Begierde, als ſie zu quaͤlen;
ſie ſtacken in der Verzweiflung, und ſagten,
ſie glauben, daß ihre Marter ewig ſeyn wer-
de: allein ich konnte ſie troͤſten.
Weil
[144]Von den Hoͤllen der Feindſeligen,
Weil es, wie geſagt, ſo viele Hoͤllen
gibt, ſo muß in der Ordnung davon gehandelt
werden.
1) Von den Hoͤllen derer/ die
ihr Leben in Haß, Rache und Grau-
ſamkeit zugebracht haben.
Die, welche eine Todfeindſchaft haben, und
daher vor Rache ſchnauben, auch nach
nichts anders trachten, als den andern umzu-
bringen, und nicht eher ruhen, halten ſich in
der tiefſten Todtenhoͤlle auf, wo ein uͤbel ſtin-
kender Geruch wie von Todtencoͤrpern iſt.
Man muß ſich wundern, daß ſie ſich an die-
ſem Geſtank ſo ſehr delectiren, daß ſie ihn auch
dem lieblichſten Geruch vorziehen. So wuͤſt
iſt ihre Natur und Phantaſie. Aus dieſer
Hoͤlle duftet ſolcher Geſtank wuͤrklich heraus,
wann ſie eroͤffnet wird, welches ſelten, und
nur ein wenig geſchiehet; ſo wallet ein ſol-
cher Geſtank heraus, daß die Geiſter in der
Naͤhe nicht bleiben koͤnnen. Es wurden ei-
nige Geiſter oder vielmehr Furien, damit ich
wuͤßte, wer ſie ſind, herausgelaſſen: Sie ſteck-
ten die Sphaͤre mit einem ſo giftigen und pe-
ſtilenziſchen Dampf an, daß die Geiſter, die
um mich waren, nicht bleiben konnten; Es
hatte auch zugleich eine Wuͤrkung auf meinen
Magen, daß ich mich brechen mußte. Sie
offen-
[145]Rachgierigen und Grauſamen.
offenbarten ſich durch ein Kind von einem nicht
unfeinen Geſicht mit einem verborgenen
Dolch; dieſes ſchickten ſie zu mir, es trug ein
Gefaͤß in der Hand. Daraus konnte ich ihr
Vorhaben abnehmen, mich entweder mit dem
Dolch oder mit dem Gifft unter dem Schein
der Unſchuld zu toͤdten. Sie ſelbſt hatten
einen bloſen ſehr ſchwarzen Leib, wurden aber
bald wieder in ihre Todtenhoͤlle geſtuͤrzt. Als-
dann konnte ich wahrnehmen, wie ſie hinun-
ter fielen; Sie giengen links auf der Ebene
des linken Schlafs, und zwar ſehr weit, ohne
hinab zu fahren. Darauf aber fielen ſie hin-
unter, erſtlich in ein Feuer, welches erſchien,
nachgehends in einen feurigen Rauch, als
wie von einem Ofen, bald darauf drangen
ſie niederwaͤrts unter dem Ofen gegen die vor-
dere Seite, wo viele ſehr finſtere Hoͤhlen ſind:
Unterwegs dachten und ſannen ſie auf lau-
ter Boͤſes, und zwar hauptſaͤchlich gegen die
Unſchuldigen ohne Urſach; als ſie durchs Feuer
fielen, lamentirten ſie ſehr. Damit man ſie
auch kennen moͤge, woher und wer ſie ſind,
ſo haben ſie, wann ſie herausgelaſſen worden,
etwas rundes, woran gleichſam eherne Sta-
chel gemacht ſind, welche ſie mit den Haͤnden
drucken und zuſammen kruͤmmen.
Diejenigen, welche ein ſolches Vergnuͤgen
an dem Haß und Rache haben, daß ſie ſich
nicht begnuͤgen laſſen, den Leib zu verderben,
Sw. Sch.IV.Th. Kſon-
[146]Von den Hoͤllen der Feindſeligen,
ſondern auch nach der Seele, die doch der HErr
erloͤſet hat, ſtreben, fahren durch ein ſehr fin-
ſteres Loch gegen die unterſten Oerter der Er-
de, tief hinunter nach dem Grad ihrer Feind-
ſeligkeit und Rachſucht: darauf kommt ſie
ein groſſer Schrecken und Grauen an, ſie
werden auch in der Rachbegierde gelaſſen, und
wie dieſe zunimmt, deſto tiefer kommen ſie
hinab. Hernach werden ſie auf einen Platz
unter der heiſſen Feuerhoͤlle geſchickt, wo graͤu-
liche groſſe Schlangen mit weiten Baͤuchen
zu ſehen ſind, und zwar ſo nach dem Leben,
als wann es gaͤnzlich waͤren, von deren Biſ-
ſen, die bey ihnen gleichfalls einſchneiden, ſie
gemartert werden. Diß fuͤhlen die Geiſter
auf das empfindlichſte, es trift auch mit ih-
rem Leben uͤberein, ſo wie das coͤrperliche bey
denen die im Leibe ſind. Unterdeſſen leben ſie
da in wuͤſten Phantaſien ganze Jahrhunderte
lang, biß ſie nicht mehr wiſſen, daß ſie Men-
ſchen geweſen ſind: Anderſt kann ihr in Haß
und Rache gefuͤhrtes Leben nicht verloͤſchen.
Weil es unzaͤhlig viel Arten und unzaͤhlig
mehrere Gattungen von Haß und rache gibt,
und eine Art nicht eine gleiche Hoͤlle wie die
andere hat, es alſo unmoͤglich iſt, ein jedes in
der Ordnung anzufuͤhren, ſo will ich erzaͤh-
len, was ich geſehen habe. Es kam einer zu
mir, der ſahe wie ein Edelmann aus: (Sie
erſchienen mir wie am hellen Tag, und noch
heller
[147]Rachgierigen und Grauſamen
heller, aber vor dem innerlichen Geſicht, weil
ich aus goͤttlicher Barmherzigkeit des HErrn
unter den Geiſtern ſeyn durfte:) Er gab mir,
ſo bald er auf mich zukam, verſtellter Weiſe
durch Winke zu verſtehen, daß er mir vieles
zu ſagen haͤtte, und fragte mich, ob ich ein
Chriſt ſey, ich antwortete mit ja, er ſagte, er
ſey auch einer, und bath mich, daß er allein
bey mir ſeyn duͤrfte, er wolle mir etwas er-
zaͤhlen, das andere nicht hoͤren duͤrften: Jch
antwortete aber, daß ſie in dem andern Leben
nicht allein ſeyn koͤnnen, wie die Menſchen
es meynen auf der Erde zu ſeyn, und daß
mehrere Geiſter da waͤren: Er aber machte
ſich naͤher herbey, und ſchlich gegen das Hin-
tertheil des Haupts auf den Ruͤcken zu; ich
merkte alsdann, daß er ein Meuchelmoͤrder
war, und als er da war, fuͤhlte ich als wie
einen Stich durchs Herz, und gleich darauf
im Hirn, an welchem Stich ein Menſch leicht-
lich ſterben muͤßte: weil ich aber von dem
HErrn beſchuͤtzt wurde, hatte ich nichts zu be-
fuͤrchten; was er fuͤr eine Liſt dabey gebraucht,
weiß ich nicht. Er meynte, ich ſey todt, und
ſagte zu andern: Er komme eben von einem
Menſchen her, den er ſo ermordet haͤtte, und
zwar hinterwaͤrts durch etwas toͤdtliches. Er
gab auch vor, die Kunſt zu koͤnnen, daß es
der Menſch nicht wuͤßte, ehe er todt hinfiele,
und daß man nicht anders von ihm glaubte,
als er ſey unſchuldig. Jch konnte nachge-
K 2hends
[148]Von den Hoͤllen der Feindſeligen,
hends erfahren, daß er erſt neulich geſtorben,
nachdem er eine ſolche That begangen hatte.
Jhre Beſtraffung iſt graͤulich: wann ſie die
hoͤlliſche Martern ganze Jahrhunderte hin-
durch ausgeſtanden haben, wird ihr Geſicht
ſcheußlich und ſehr ungeſtalt, ſo daß es kein
Geſicht mehr, ſondern etwas iſt als wie von
Abwerg, ſchwarz-gelb. Demnach legen ſie
alles Menſchliche ab, und wer ſie ſiehet, ent-
ſetzt ſich vor ihnen: Deßwegen ſchweiffen ſie
wie die wilden Thiere an ſchattigen Orten
herum.
Es kam einer aus einer hoͤlliſchen Cammer,
die auf der linken Seite liegt, zu mir, und re-
dete mit mir: Jch konnte merken, daß er un-
ter den Laſterhaften iſt. Was er auf der Welt
begangen hatte, wurde alſo entdeckt: Er wur-
de auf die untere Erde etwas vorwaͤrts ein
wenig links hinunter gelaſſen, biß es tief ge-
nug war, und da fieng er an eine Grube aus-
zuwerffen, wie die, welche ſie fuͤr die Todten
machen, die man begraben muß: Daraus ent-
ſtund der Verdacht, daß er einen Mord bey
Leibes Leben begangen haben muͤſſe: darauf
erſchien eine Todenbaar mit ſchwarzem Tuch
umhaͤngt, ſogleich ſtund einer von denſelben
auf, kam zu mir, und erzaͤhlte mit einer from-
men Mine, er ſeye geſtorben, in der Meynung,
daß er ihn mit Gift vergeben, und daß er diß
um die Stunde des Todes gedacht habe, aber
doch
[149]Rachgierigen und Grauſamen
doch nicht wiſſe, ob es ein Argwohn ſeyn moͤch-
te: wie der boͤſe Geiſt dieſes hoͤrte, bekannte
er, daß er es gethan. Auf die Bekaͤnntniß
folgte ſeine Beſtrafung; Er wurde zweymal
in die ſchwarze Grube, die er gegraben hatte,
geworffen, er wurde ſchwarz gemacht, wie die
Egyptiſchen Mumien ſowohl im Geſicht als
am Leib, und ſo wurde er in die Hoͤhe geho-
ben, und vor den Geiſtern und Engeln herum-
getragen, man ſchrye auch, was er fuͤr ein
Teufel ſey, er wurde auch kalt gemacht, wie
es unter denen kalten in der Hoͤlle iſt, und in
die Hoͤlle verſtoſſen.
Unter den Hinterbacken iſt eine greßliche
Hoͤlle, wo die, welche da ſind, auf einander
mit Meſſern zu ſtechen ſcheinen, ſie zielen mit
den Meſſern den andern auf die Bruſt wie
die Furien, allein das Meſſer wird ihnen im-
merzu in waͤhrendem Stich weggenommen.
Es ſind die, welche in Haß gegen andere ſo
entbrannt ſind, daß ſie dieſelben auf eine grau-
ſame Art umzubringen getrachtet haben, wo-
von ſie auch eine ſo graͤßliche Natur bekom-
men haben. Dieſe Hoͤlle wurde mir eroͤffnet,
aber nur ein wenig, um ihrer ſchroͤcklichen
Grauſamkeiten willen, damit ich ſehen konn-
te, was es mit dem Tod-Haß fuͤr eine Be-
ſchaffenheit hat. Links auf einer Ebene mit
den Untertheilen des Leibs, iſt ein See, der
groß, und laͤnger iſt als breit. Um ſein vor-
K 3deres
[150]Von den Hoͤllen der Feindſeligen,
deres Ufer herum, erſcheinen denen, welche
dort ſind, ungeheure Schlangen, dergleichen
in Suͤmpfen ſind, mit einem peſtilenziſchen
Hauch: Am linken Ufer etwas weiter weg,
ſind die zu ſehen, welche Menſchenfleiſch und
ſich unter einander freſſen, ſie hangen mit ih-
ren Zaͤhnen andern an den Schultern; noch
weiter weg zur linken erſcheinen groſſe Fiſche,
ungeheure Wallfiſche, welche einen Menſchen
verſchlingen und ausſpeyen: Am weiteſten
weg, oder an dem gegenſeitigen Ufer, ſiehet
man ſehr heßliche Geſichter, beſonders alter
Weiber, die ſo ungeſtalt ſind, daß man es nicht
beſchreiben kann, ſie laufen herum wie unſin-
nig: An dem rechten Ufer ſind die, welche mit
grauſamen Jnſtrumenten einander umzubrin-
gen trachten, es ſind mancherley Werkzeuge,
nach den Verwilderungen ihres Herzens: Jn
der Mitte des Sees iſt es uͤberall ſchwarz,
wie Waſſer, das lang ſtille ſtehet. Jch ſahe
etlichemal einige an dieſem See ankommen
und verwunderte mich daruͤber, es belehrten
mich aber einige die daher kamen, und ſagten,
daß es ſolche waͤren, die einen innerlichen
Groll gegen den Naͤchſten geheget haben, und
daß der Haß, ſo offt ſich die Gelegenheit er-
eignete, ausgebrochen ſey, ſo ihr groͤßtes Ver-
gnuͤgen geweſen; es haͤtte ſie nichts mehrers
gefreuet, als den Naͤchſten vor Gericht zu for-
dern, und zu machen, daß man ihn ſtrafte,
auch ihn umzubringen, wenn ihnen nicht die
Straf-
[151]Rachgierigen und Grauſamen.
Straffen des Geſetzes noch Einhalt gethan
baͤtten. So lauft es endlich mit den Feind-
ſeligkeiten und Grauſamkeiten der Menſchen
ab nach dem Leben des Leibes: Jhre daher ent-
ſtehende Phantaſien ſind gleich als lebten ſie.
Diejenigen, welche bey Leibes-Leben Raͤu-
bereyen zu Land und auf dem Waſſer getrieben
haben, lieben vor andern fluͤßigen Dingen den
ſtinkenden und ſtark riechenden Urin, nach ih-
rem Beduͤnken wohnen ſie auch in dergleichen
Dingen und ſtinkenden Pfuͤtzen. Es kam
ein Raͤuber zu mir, der knirſchte mit den Zaͤh-
nen, der Laut davon wurde zum Wunder ſo
ausdruͤcklich gehoͤrt, als wie von einem Men-
ſchen, ob ſie gleich keine Zaͤhne haben. Er be-
kannte, daß er viel lieber in wuͤſten Dingen
von Urin leben moͤchte, als in dem klareſten
Waſſer, und daß es der Geſtank vom Urin
ſey, woran er ſich delectirt; er ſagte, er wol-
le lieber vor andern in Tonnen von Urin ſich
aufhalten, und da ſeine Wohnung haben.
Es giebt einige, welche von auſſen ein ehr-
lich Geſicht und ein ehrbares Leben zu haben
ſcheinen, ſo daß ſie honnet ſeyen: ſie befleißi-
gen ſich auf alle Art, ein ſolches Anſehen zu
haben, aus der Urſache, weil ſie gerne moͤch-
ten zu Ehren ſich empor ſchwingen, und ohne
Abbruch ihrer Reputation Gewinn machen:
Darum thun ſie es auch nicht offentlich, ſon-
dern ſie nehmen andern ihr Gut durch andere
K 4mit
[152]Von den Hoͤllen der Feindſeeligen,
mit liſtigen Raͤnken, und bekuͤmmern ſich
nichts, wann die Familien, die ſie auspluͤn-
dern, vor Hunger umkaͤmen; Wann es nicht
vor der Welt offenbar wuͤrde, ſo wuͤrden ſie
ſelbſt es wuͤrklich ohne Gewiſſen thun. Es
ſind die heimlichen Diebe, und die Art ihres
Haſſes iſt mit Hochmuth, Gewinnſucht, Un-
barmherzigkeit und Liſt verknuͤpfet. Solche
wollen in dem andern Leben unſchuldig ſeyn,
und ſagen, ſie haͤtten nichts Boͤſes gethan,
weil es nicht heraus gekommen iſt, und damit
ſie ſich als unſtraͤflich erzeigten, ziehen ſie ihre
Kleider aus, und ſtellen ſich nackend hin, und
bezeugen dergeſtalten ihre Unſchuld: Wann
ſie examinirt werden, ſo merkt man wohl aus
einem jeden Wort, und aus einer jeden Jdee
ihrer Gedanken, wer ſie ſind, welches ſie nicht
wiſſen. Dieſe ſuchen in dem andern Leben,
ihre Cameraden, es gilt gleich, welche ſie an-
treffen, ohne Bedenken zu ermorden; ſie ha-
ben eine Axt bey ſich, und einen Hammer in
der Hand, und es ſcheint, ſie haben einen Geiſt
bey ihnen, dem ſie ruͤcklings einen Streich
verſetzen, aber nicht daß Blut vergoſſen wird,
weil ſie des Todes wegen beſorgt ſind; ſie koͤn-
nen auch dieſe Jnſtrumente nicht aus der Hand
werffen, wiewohl ſie ſich deßhalber alle erſinn-
liche Muͤhe geben, damit ihr wilder Sinn vor
Geiſtern und Engeln offenbar ſeyn moͤchte:
Sie ſind in einer mittlern Entfernung unter
den Fuͤſſen gegen die vordere Seite.
Es
[153]Rachgierigen und Grauſamen.
Es gibt eine Art von Haß gegen den Naͤch-
ſten, da es einiger ihre Freude iſt, Unrecht zu
thun, und jedermann zu verunruhigen, und
je mehr ſie Schaden thun koͤnnen, deſto groͤſ-
ſer iſt auch ihr Vergnuͤgen; dergleichen gibt es
viele unter dem gemeinſten Poͤbel; es gibt
auch einige, die zwar nicht von dem gemeinen
Hauffen ſind, jenen aber dem Sinn nach gleich
kommen, wiewohl ſie dem aͤuſſerlichen nach
geſitteter ſind, indem ſie zur Hoͤflichkeit auf-
erzogen worden, und die Straffen der Geſetze
ſcheuen: Dieſe erſcheinen nackend nach dem
Tod an dem obern Theil des Leibs, mit um-
herfliegenden Haaren; ſie rennen auf einan-
der loß, ſtellen die Haͤnde dem andern auf die
Achſeln, und fallen ihn alſo an, ſie ſpringen
dem andern auf den Kopf, ſie kehren etliche mal
um, und kommen gleich wieder, und ſchlagen
mit Faͤuſten drein: Diejenigen, welche, wie
gemeldt, geſitteter geweſen ſind, machen es
auch alſo, ſie gruͤſſen aber vorher einander,
ſchleichen ſich hintenhinum, und verſetzen ih-
nen eines mit der Fauſt; wann ſie aber im
Geſicht ſehen, ſo gruͤſſen ſie freundlich, und
gehen wieder hinten hinum, und ſchlagen mit
der Fauſt darem; alſo erhalten ſie den Schein.
Sie werden links in einer mittlern Hoͤhe auf
einige Weite geſehen.
Alles was ein Menſch bey Leibes-Leben ge-
than hat, das kommt wieder nach und nach in
dem andern Leben, ja auch was er gedacht hat.
K 5Wenn
[154]Von den Hoͤllen der Wolluͤſtigen
Wenn die Feindſeeligkeit, Haß und Betrug
ſich wieder aͤuſſern, ſo ſtellen ſich auch die Per-
ſonen die man angefeindet und heimlich verfol-
get hat, als gegenwaͤrtig, und zwar in einem
Augenblick. Alſo verhaͤlt es ſich in dem an-
dern Leben, und die Gedanken, die man wider
ſie gehabt hat, werden offenbar, dann man kan
alle Gedanken empfinden; daher kommen die
lamentable Zuſtaͤnde; heimlicher Haß bricht
da oͤffentlich aus. Welche boͤſe ſind, deren
boͤſe Thaten und Gedanken leben alſo wieder
auf; welche aber gut ſind, bey denen iſt es nicht
alſo: Alle ihre Status ſind gut, in Freundſchaft
und Liebe, mit groͤſtem Vergnuͤgen und Gluͤck-
ſeligkeit.
2) Von den Hoͤllen derer, wel-
che ihr Leben in Ehebruch und Geil-
heit gefuͤhrt, und von den Hoͤllen der
Heimtuͤckiſchen und Hexen.
Unter der Ferſe des rechten Fuſſes iſt eine
Hoͤlle, wo die ſind, welche im Leben ihr groͤ-
ſtes Vergnuͤgen an Grauſamkeit und zugleich
an Ehebruch gehabt haben: Man muß ſich
wundern, daß die, welche bey Leibes-Leben
grauſam waren, auch vor andern Ehebrecher
geweſen ſind. Dieſe ſind in jener Hoͤlle: ſie
veruͤben da Grauſamkeiten auf unſaͤgliche
Weiſe. Sie machen ſich durch Phantaſien
Gefaͤſſe, gleichſam als wie die, womit man
etwas,
[155]und Falſchen.
etwas, z E. Kraͤuter zerreibt, und Dreſchin-
ſtrumente, womit ſie alſo zermalmen und quaͤ-
len, wen ſie koͤnnen. Sie machen ſich auch
gleichſam breite Beile, wie der Scharfrichter
ihre, und Bohrer, womit ſie grauſam mit ein-
ander verfahren, ohne andere graͤuliche Din-
ge mehr. Daſelbſt ſind einige von den Ju-
den, welche ehmalen ſo grauſam mit den Hey-
den umgegangen ſind. Dieſe Hoͤlle wird noch
heut zu Tag groͤſſer, inſonderheit von denen,
welche aus der ſogenannten Chriſtenwelt ſind,
und im Leben alle ihre Freude an Ehebrechen
gehabt haben, die dabey meiſtens grauſam ſind.
Zuweilen verkehrt ſich ihre Annehmlichkeit in
einen Geſtank von Menſchenkoth, welcher,
wann dieſe Hoͤlle aufgemacht wird, haͤufig aus-
duͤnſtet, man empfand ihn in der Geiſterwelt,
ich fiel davon faſt in eine Unmacht. Dieſer
wuͤſte Geſtank erfuͤllet Wechſelsweiſe die Hoͤl-
le, hoͤret auch manchmal auf: Das, was ihnen
im Ehebrechen angenehm iſt, wird in einen ſol-
chen uͤblen Geruch verwandelt. Mit der Zeit
werden ſie, wann ſie ihr Alter in dergleichen
Dingen zugebracht haben, allein gelaſſen, ſie
ſitzen in der Quaal, werden wie heßliche Tod-
tengerippe, ſie leben aber noch.
Auf der Flaͤche der Fußſohlen vorwaͤrts in
einer zimlichen Weite iſt eine Hoͤlle, die heiſſe
Feuerhoͤlle (Gehenna) genannt, wo die unzuͤch-
tige Weibsbilder ſind, welche all ihr Vergnuͤ-
gen in das Ehebrechen geſetzt, und die Ehebruͤ-
che
[156]Von den Hoͤllen der Wolluͤſtigen
che nicht allein fuͤr erlaubt, ſondern auch fuͤr
ehrlich gehalten, und die Unſchuldigen unter
allerley Schein der Ehrbarkeit zu dergleichen
verleitet haben. Daſelbſt iſt es, als wann man
etwas feuriges ſaͤhe, wie es in der Luft bey ei-
ner groſſen Feuersbrunſt zu leuchten pflegt; es
iſt auch eine Hitze dabey, welches ich an der Waͤr-
me ſpuͤren konnte, die ſich davon in mein Ge-
ſicht verbreitete: Es gehet auch daſelbſt ein Ge-
ſtank auf, wie von verbrennten Knochen und
Haaren: Da moͤchten ſie gerne todt ſeyn, ſie
koͤnnen aber nicht ſterben. Einige wurden
herausgelaſſen, und als ſie zu mir kamen, ſagten
ſie, daß eine groſſe Hitze da ſey, und daß dieſe
Hitze, wann ſie zu einer Geſellſchaft guter Gei-
ſter hinzu nahen duͤrffen, in eine groſſe Kaͤlte
verwandelt werde, und alsdann walle bey ih-
nen Hitze und Kaͤlte von einem aͤuſſerſten Grad
zu dem andern, wovon ſie auch erbaͤrmlich ge-
quaͤlt werden. Sie haben aber noch ihre (In-
terſtiria) Zwiſchen-Raͤume, darinn ſie in der
Brunſt ihrer heiſſen Luſt ſind, es veraͤndern
ſich aber, wie geſagt, ihre Umſtaͤnde.
Es waren einige von beyderley Geſchlecht
aus der ſogenannten Chriſten-Welt, welche
bey Leibes-Leben geglaubt haben, daß ihr
Ehebrechen nicht nur erlaubt, ſondern auch
heilig ſey, und alſo gemeinſchaftliche Ehen,
wie ſie es nenneten, unter dem Schein der
Heiligkeit gehabt haben: Jch ſahe, daß ſie
in die heiſſe Feuerhoͤlle verſetzt wurden, wie
ſie
[157]und Falſchen.
ſie aber da ankamen, geſchahe eine Veraͤn-
derung, das feurige Weſen in der Hoͤlle, wel-
ches mehr ins rothe faͤllt, wurde von ihrer
Ankunft weiß-gluͤender, und man merkte,
daß ſie ſich nicht mit einander vereinigen
konnten; deßwegen wurde dieſer ſchaͤndliche
Haufe von da weggethan, und in die Gegend
von hinten zu gebracht, man ſagte, daß ſie
in eine andere Welt kaͤmen, wo ſie in Suͤm-
pfe verſenkt werden, und von dar in eine
Feuerhoͤlle, die fuͤr ſie ſey Man hoͤrte in
der Feuethoͤlle etwas ziſchendes, welches
man nicht beſchreiben kann, es war aber das
Geziſch oder Geraͤuſch ſtaͤrker als bey denen,
welche die Heiligkeit mit Ehebruch beflecket
haben.
Welche die Liſt gebrauchen, als wenn
ſie eine ehliche Liebe, auch eine Liebe zu Kin-
dern haͤtten, und ſich ſo auffuͤhren, daß der
Mann keinen Verdacht hat, daß es nicht keu-
ſche unſchuldige Gaͤſte und liebe Freunde ſey-
en, und welche alſo unter dieſem und noch
vielfaͤltig anderm Schein deſio ſicherer einen
Ehbruch begehen: Dieſe ſind in einer Hoͤlle
unter dem Hintern in einem ſehr garſtigen
Unflath und werden da verwuͤſtet, bis ſie
wie Knochen werden, weil ſie unter den Be-
truͤgern ſind. Sie wiſſen nicht einmal, was
das Gewiſſen iſt; ich habe mit ihnen geredet,
und ſie haben ſich verwundert, daß jemand
ein Gewiſſen hat, und daß man ſagt, der Ehe-
bruch
[158]Von den Hoͤllen der Wolluͤſtigen
bruch ſey wider das Gewiſſen. Jhnen wur-
de geſagt, daß es ſolchen Ehbrechern ohne
Gewiſſen ſo unmoͤglich ſey in den Himmel zu
kommen, als wenig ein Fiſch in die Luft,
und ein Vogel in die ſubtile Himmelsluft
(æther,) weil, wann ſie nur nahe kommen, ſie
gleichſam eine Erſtickung fuͤhlen. Eine ſol-
che Luſt endigt ſich endlich in einen uͤbeln Ge-
ſtank. Sie muͤſſen nothwendig in die Hoͤl-
le verſtoſſen und endlich wie beinern werden,
ſie haben wenig Leben, weil ſie ſich ein ſol-
ches Leben zugezogen haben; wann ſie es ver-
liehren, bleibt ihnen ſo gar wenig von einem
wahrhaftig menſchlichen Leben uͤbrig.
Welche nichts mehr begehren, als die
Jungfrauen um ihre Jungfrauſchaft zu brin-
gen, und darinn ihr groͤßtes Vergnuͤgen ha-
ben, ohne alle Abſicht auf die Ehe oder Kin-
der, und ſie hernach im Stich laſſen, verab-
ſcheuen und beſchimpfen; Dieſe, welche ein
ſolches Leben gefuͤhrt, werden in dem andern
Leben ſehr hart beſtraft, weil es wider die na-
tuͤrliche, geiſtliche und himmliſche Ordnung
iſt, und weil es nicht nur mit der ehlichen
Liebe, welche in dem Himmel ſehr heilig ge-
halten wird, ſondern auch mit der Unſchuld,
die ſie verletzen und niederreiſſen, ſtreitet, in-
dem ſie die Unſchuldigen, denen eine eheliche
Liebe eingefloͤßt werden koͤnnte, zu einem hu-
riſchen Leben verfuͤhren; (es iſt bekannt,
daß die erſte Bluͤte der Liebe die iſt, welche
die
[159]und Falſchen.
die Jungfrau in eine keuſche ehliche Liebe ein-
leitet, und die Gemuͤther der Ehegatten ver-
bindet;) auch weil die Heiligkeit des Him-
mels in der ehlichen Liebe und Unſchuld ge-
gruͤndet iſt, und jene alſo innerliche Moͤrder
ſind. Es beduͤnket ſie, ſie ſitzen auf einem
raſenden Pferd, welches ſie in die Hoͤhe wirft,
ſo daß ſie, gleichſam mit Lebensgefahr, von
dem Pferd ſtuͤrzen, ſo ihnen einen groſſen
Schrecken einjagt; nachgehends duͤnkt es ih-
nen, als ob ſie unter dem Bauch des wilden
Pferds waͤren, und gleichbalden durch den
Hintertheil des Pferds in ſeinen Bauch
ſchlupften, ſogleich kommt es ihnen vor, als
ob ſie bey einer garſtigen Hure ſeyen, welche
ſich in einen groſſen Drachen verwandelt:
Daſelbſt bleiben ſie in ihrer Quaal zugedeckt:
Dieſe Strafe kommt innerhalb hundert und
tauſend Jahren gar oft wieder, bis ihnen vor
ſolchen Begierden grauet. Von ihren Kin-
dern wurde mir geſagt, daß ſie ſchlimmer
ſind als andere Kinder, weil ſie etwas an ih-
nen haben, das ſie von ihrem Vater geerbet,
deßwegen werden auch aus ihrer Vermiſchung
Kinder gebohren, und die gebohren werden,
bleiben nicht lang im Leben.
Welche bey Leibes-Leben geile Gedanken
haben, und alles was andere reden, auch
heilige Dinge, nach ihrem Muthwillen dre-
hen, und zwar wann ſie ſchon erwachſen und
alt ſind, und von Natur keinen Trieb zur
Geil-
[160]Von den Hoͤllen der Wolluͤſtigen
Geilheit haben: Dieſelben hoͤren auch in dem
andern Leben nicht auf, ſo zu denken und zu
reden, und weil daſelbſt ihre Gedanken an-
dern mitgetheilt werden, und bißweilen bey
andern Geiſtern in ſchaͤndliche Vorſtellungen
ausſchlagen, woraus Aergerniſſe kommen;
ſo iſt ihre Strafe, daß ſie vor den Geiſtern,
die ſie beleidiget haben, den langen Weg aus-
geſtreckt, und wie eine Rolle von der Linken
zur Rechten ſchnell herum gewaͤlzet werden,
hernach uͤberzwerch in einer andern Lage, und
ſo wieder in einer andern, ſie ſind entbloͤßt
vor jedermann, oder halb nackend, nach der
Beſchaffenheit ihrer Leichtfertigkeit, und es
wird ihnen zugleich eine Schaam eingeflantzt;
Sie werden auch vom Kopf und Fuͤſſen wie
eine Axe in die Ouere herum gewaͤltzt, und
man macht, daß ſie ſich ſperren, und zu-
gleich Schmerzen haben: Dann es wuͤrken
zweyerley Kraͤften, die eine herumwaͤrts,
und die andere wieder zuruͤck: Dabey gehet
nun eine ſchmerzhafte Verdrehung vor. Wann
nun diß vorbey iſt, ſo darf ſich einer von
den Geiſtern entfernen, und man macht ihn
ſchamhaft; es ſind aber noch immer einige,
die ihn probiren, ob er noch auf ſolchen Din-
gen beharre, ſo lang er ſich aber ſchaͤmt und
Schmerzen hat, huͤtet er ſich davor. Auf
ſolche Weiſe iſt er ſich ſelbſt unbekannt, ob
man gleich weiß, wo er iſt. Dieſe Strafe
war vorwaͤrts in einiger Weite zu ſehen.
Es
[161]und Falſchen.
Es gibt auch Buben und Juͤnglinge, wel-
che aus Unverſtand ihres Alters und nach ih-
rem Kuͤtzel die ſchaͤndliche Principia geheget
haben, daß die Weiber, inſonderheit die jun-
ge und ſchoͤne, nicht dem Mann ſondern ih-
nen und ihres gleichen ſeyn ſollten, ſo daß
der Mann allein der Haus-Vater bleiben
und die Kinder auferziehen ſollte: Dieſe
werden in dem andern Leben auch an ihrer
kindiſchen Stimme erkannt; ſie ſind hinten
in einiger Hoͤhe. Diejenigen von ihnen,
welche ſich in ihren Principiis verhaͤrtet, und
darnach ihr Leben wuͤrklich gefuͤhret haben,
werden in dem andern Leben von den Gei-
ſtern, welche ihnen durch Kunſt die Phanta-
ſie des Leibes, und zugleich die leibliche Em-
pfindung des Schmerzens beybringen koͤnnen,
erbaͤrmlich abgeſtraft, indem ſie hin und her
verrenket, oder zuſammen geſchraͤnket und
wieder zuruͤck gedrehet werden:
Von welchem hin und her werfen, dar-
wider ſie ſich ſperren, ſie ſo zerfetzt werden,
daß es ſie neben einem grauſamen Schmer-
zen beduͤnket, ſie ſeyen gleichſam in kleine
Stuͤcklein zerriſſen. Und das geſchiehet ſo
oft, biß es ihnen vor ſolchen Principien grau-
et, und ſie von dergleichen Gedanken abſtehen.
Welche mit einer ſubtilen Liſt die Leute
betruͤgen, ſich in dem Angeſicht und in der
Rede freundlich anſtellen, in ihrem innern
Sw. Sch.IV.Th. Laber
[162]Von den Hoͤllen der Wolluͤſtigen
aber mit giftig boͤſen Streichen umgehen,
und ſo die Leute in der Abſicht ſie ungluͤcklich
zu machen, einnehmen: deren Hoͤlle iſt noch
grauſamer als der andern, auch ſelbſt als die
Hoͤlle der Todtſchlaͤger. Es iſt ihnen, als
lebten ſie unter den Schlangen; und je ſchaͤd-
licher ihre Tuͤcken waren, deſto graͤulichere
und giftigere, auch deſto mehr Schlangen er-
ſcheinen ihnen, welche ſie umgeben und quaͤ-
len, ſie meynen nicht anders, als daß es
Schlangen ſeyen, ſie fuͤhlen aͤhnliche Schmer-
zen und aͤhnliche Marter, welches vielleicht
wenige glauben werden, es iſt aber doch wahr:
Es ſind diejenigen, welche mit gutem Vor-
bedacht ſolche Streiche ſpielen, und daran
ihr Vergnuͤgen im Leben haben. Die Stra-
fen der Heimtuͤckiſchen ſind verſchieden, bey
einem jeden nach der Natur der Argliſt. Ue-
berhaupt werden ſie bey den Geſellſchaften
nicht gedultet, ſondern vertrieben. Dann al-
les was ein Geiſt denkt, wiſſen und merken
ſogleich die benachbarten, alſo auch wann ein
Betrug darbey, und was es fuͤr eine Liſt iſt.
Wann ſie nun aus den Geſellſchaften ver-
ftoſſen worden, ſo ſitzen ſie allein, und er-
ſcheinen mit einem breiten Geſicht, ſo breit
als 4. biß 5. andere, und breiten fleiſchfar-
bigen Hut, ſo weiß wird, ſie ſitzen in der
Qual wie Todtenbilder. Es ſind auch ande-
re, welche von Natur und nicht mit Vorbe-
dacht, auch nicht heimlich verſtellter Weiſe
tuͤckiſch
[163]und Falſchen.
tuͤckiſch ſind, dieſe kennet man gleich, und
ihre Gedanken merkt man wohl; ſie ruͤhmen
ſich auch deßhalb, gleichwie die andern, daß
ſie wollen fuͤr verſchlagen angeſehen ſeyn;
dieſe haben keine ſolche Hoͤlle.
Es gibt einige, welche nach ihrem Genie
gelebet, nur ſich und der Welt zu gefallen
getrachtet, und in ihrem ganzen Leben nichts
anders gethan haben, als ſich nach dem aͤuſ-
ſerlichen Wohlſtand zu richten, ſo ihr groͤſtes
Vergnuͤgen war, und weßwegen ſie auch in
der buͤrgerlichen Geſellſchaft vor andern aͤſti-
mirt worden; daher ſie auch eine ſolche Fer-
tigkeit bekommen, daß ſie ſich durch Galan-
terien in anderer ihre Begierden und Neigun-
gen haben inſinuiren koͤnnen, unter dem Vor-
wand der Ehrbarkeit, aber in der eigentlichen
Abſicht, ſich uͤber ſie hervor zu ſchwingen,
deren Leben folglich gleißneriſch und faͤlſchlich
geweſen iſt: Eben ſo als wann andere oft
in die Kirche kommen zu keinem andern En-
de, als daß ſie fuͤr brav und fromm angeſe-
hen werden; die noch uͤber diß kein Gewiſſen
gehabt haben, und zu den Laſtern und Ehe-
hruͤchen in ſo ferne ſie verborgen bleiben konn-
ten, ſehr geneigt geweſen ſind. Dieſe den-
ken in dem andern Leben eben alſo, ſie wiſſen
nicht, was das Gewiſſen iſt, ſie verlachen
die, welche das Gewiſſen nennen; Sie ſchlei-
chen ſich in anderer ihre Neigungen ein, in-
dem ſie ſich ehrbar, fromm, barmherzig, un-
L 2ſchul-
[164]Von den Hoͤllen der Wolluͤſtigen
ſchuldig anſtellen, welches eben die Mittel
ſind, wodurch ſie andere hintergehen; Sie
rennen, ſo oft ſie von ihren aͤuſſerlichen Feſ-
ſeln loß werden, in die ſchaͤndlichſten Laſter
hinein. Dieſe ſind es, welche in dem an-
dern Leben Hexen oder Zauberinnen werden,
einige davon werden Sirenen genennet: Sie
legen ſich daſelbſt auf Kunſtgriffe, die auf
der Welt unbekannt ſind; Sie ſind wie
Schwaͤmme, welche ſchaͤndliche Kuͤnſten in
ſich ſchlucken, und haben ein ſolches Genie,
daß ſie dieſelben fertig treiben. Die auf der
Welt unbekannten Streiche, welche ſie da-
ſelbſt lernen, ſind: Daß ſie reden koͤnnen,
als wie anderswo, ſo daß man eine Stimme
als wie von guten Geiſtern hoͤret, an einem
andern Ort; daß ſie zugleich gleichſam bey
mehrern ſeyn koͤnnen, indem ſie andere ſo be-
reden, daß ſie uͤberall gleichſam zugegen ſeyn
koͤnnen; daß ſie reden als wie mehrere zu-
gleich, auch auf einmal an mehr Orten; daß
ſie das, was von guten, auch ſo gar von Eng-
liſchen Geiſtern influirt, abtreiben, und auf
der Stelle zu ihrem Vortheil auf verſchiedene
Weiſe anwenden koͤnnen; daß ſie eine aͤhn-
liche Vorſtellung von einem andern beybrin-
gen koͤnnen durch Jdeen, welche ſie auffan-
gen und ausbilden; ſich bey einem jeden be-
liebt machen, indem ſie ſich bey dem andern,
ſelbſt nach dem Zuſtand ſeiner Neigungen in-
finuiren, daß ſie koͤnnen ſich ploͤtzlich weg-
ſchlei-
[165]und Falſchen.
chen und unſichtbar werden; vor den Geiſtern
eine weiſſe Flamme um das Haupt darſtellen,
und diß vor vielen, welches ein Engliſches
Zeichen iſt; ſich auf mancherley Art unſchul-
dig anſtellen, indem ſie ſo gar Kinder vor-
ſtellen, welche ſie kuͤſſen: Sie geben auch
andern, auf die ſie einen Haß geworfen, ein,
ſie ſollen ſie umbringen, weil ſie wiſſen, daß
ſie nicht ſterben koͤnnen: Hernach klagen ſie
dieſelben als Moͤrder an, und ruffen ſie aus;
ſie haben aus dem Gedaͤchtniß heraus gelocket,
was ich Boͤſes gedacht und begangen hatte,
und das auf das liſtigſte; da ich ſchlief, ha-
ben ſie mit andern, ſo daß ſich die Geiſter be-
reden lieſſen, voͤllig, als wann es von mir
waͤre, geredet, und zwar falſche und wuͤſte
Dinge, und was dergleichen mehr. Sie koͤn-
nen von Natur ſo gut uͤberreden, daß man
meynt, es ſey nicht zu zweifeln: Daher wer-
den ihre Jdeen nicht, wie bey andern Gei-
ſtern, andern beygebracht, und ſie haben Au-
gen als wie Schlangen, wie man ſagt, ſie
ſind mit ihrem Geſicht und Jdeen allenthal-
ben zugegen. Dieſe Zauberinnen oder Sire-
nen werden hart beſtraft; einige in der heiſſen
Feuerhoͤlle, einige in einem Hof (curia) un-
ter den Schlangen, andere durch Verdrehun-
gen und Zerquetſchungen, mit ſehr groſſen
Schmerzen und Qual; mit der Zeit werden
ſie von einander getrennet, und werden wie
Seelete von oben an bis unten aus.
L 33) Von
[166]Von den Hoͤllen der Geitzigen,
Von den Hoͤllen der Geitzigen/
von dem unſaubern Jeruſalem und
von den Moͤrdern in der Wuͤſten, deß-
gleichen von den unflaͤtigen Hoͤllen
derer, welche in lauter Wolluͤ-
ſten gelebt haben.
Die Geitzigen ſind die Garſtigſten, und ge-
denken am allerwenigſten an das Leben
nach dem Tod, an die Seele, und an den in-
nern Menſchen, ſie wiſſen nicht einmal, was
der Himmel iſt, weil ſie am allerwenigſten
ihre Gedanken empor ſchwingen, ſondern ſie
gaͤnzlich in leibliche und irrdiſche Dinge ver-
ſenken, derowegen wenn ſie in das andere
Leben kommen, wiſſen ſie lange nicht, daß
ſie Geiſter ſind, ſondern ſie meynen, ſie ſeyen
noch voͤllig im Leib; Die Jdeen in ihren Ge-
danken, welche von dem Geitz gleichſam leib-
lich und irrdiſch worden, werden in graͤuliche
Phantaſien verkehrt; und was unglaublich,
aber allezeit wahr iſt, ſo kommt es den ſchaͤnd-
lich Geitzigen vor, als ob ſie ſich in Kellern,
wo ihr Geld iſt, aufhielten, und daſelbſt von
den Maͤuſen angefallen wuͤrden, es mag ih-
nen aber zugeſetzt werden, wie es will, ſo ge-
hen ſie doch nicht weg, bis ſie muͤde ſind, und
ſo winden ſie ſich endlich aus dieſen Graͤbern
heraus.
Was fuͤr wuͤſte Phantaſien aus den Jdeen
der filtzigten Geitzhaͤlſe werden, erhellet aus
ihrer
[167]und v. d. unſaubern Jeruſalem ꝛc.
ihrer Hoͤlle, welche unter den Fuͤſſen tief liegt.
Es ſteigt davon ein Dampf auf, wie der
Dampf von geſchundenen Saͤuen im Trog,
daſelbſt haben die Geitzigen ihre Wohnungen.
Die, welche dorthin kommen, erſcheinen zu-
erſt ſchwartz, und es iſt ihnen, als ob ſie da,
durch das Abſchaben der Haare, wie es bey
den Schweinen zu geſchehen pflegt, weiß ge-
macht werden; Alſo kommen ſie ſich alsdann
vor; Es bleibt ihnen aber immer ein Merk-
mal, daß ſie ſolche ſeyen, davon zuruͤck, wo-
hin ſie irgend kommen. Ein gewiſſer ſchwar-
tzer Geiſt, welcher noch nicht in ſeine Hoͤlle
gebracht worden, weil er noch in der Geiſter-
welt bleiben wollte, wurde dort hinunter ge-
laſſen, er war nicht ſo geitzig geweſen, ſon-
dern er hatte, ſo lang er lebte, boßhaftig an-
dern nach ihrem Gut getrachtet: wie er nun
ankam, flohen die Geitzigen davon, und ſag-
ten, er ſey ein Raͤuber, weil er ſchwartz waͤ-
re und ſie alſo toͤdten wollte; Dann die Gei-
tzigen fliehen vor ſolchen, weil ſie wegen ih-
res Lebens in Sorgen ſtehen: endlich als ſie
erfuhren, daß er kein ſolcher Moͤrder ſey,
ſagten ſie zu ihm: wenn er wollte weiß wer-
den, ſo muͤßte man ihm die Haar, wie den
Schweinen, die ſie vor ihnen ſahen, abſtrei-
fen, und ſo wuͤrde er weiß werden: er woll-
te aber dieſes nicht, und wurde unter die
Geiſter erhoben.
L 4Jn
[168]Von den Hoͤllen der Geitzigen,
Jn dieſer Hoͤlle ſind groͤßten theils Juden,
welche garſtige Geitzhaͤlſe geweſen ſind, deren
Gegenwart man auch, wenn ſie zu andern
Geiſtern kommen, an den Geſtank nach Maͤu-
ſen wahrnimmt. Weil von den Juden die
Rede iſt: ſo will ich erzehlen, wie mtſerable
ihr Zuſtand nach dem Tod ſey, derjenigen
nemlich, welche filzige Geitzhaͤlſe geweſen ſind,
und andere neben ſich aus angebohrnem Stolz,
daß ſie meynten, ſie ſeyn allein diejenigen,
welche erwaͤhlet worden, verachtet haben;
Auch will ich Meldung thun von ihren Staͤd-
ten, und von den Straſſenraͤubern in der
Wuͤſte. Weil ſie ſich bey Leibes-Leben ein-
gebildet, und ſich in der Phantaſie verhaͤrtet
haben, daß ſie nach Jeruſalem und in das
heilige Land, welches ſie beſitzen ſollten, kom-
men wuͤrden, und nicht haben wiſſen wol-
len, daß durch das neue Jeruſalem das Reich
des HErrn in den Himmeln und auf den Er-
den verſtanden werde, ſo erſcheinet ihnen,
wann ſie in das andere Leben kommen zur
linken der heiſſen Feuerhoͤlle, ein wenig vor-
waͤrts, eine Stadt, in welcher ſie Hauffen-
weiß ankommen, es iſt aber eine kothige und
ſtinkende Stadt, deßwegen ſie auch das un-
ſaubere Jeruſalem heißt, daſelbſt laufen ſie
auf den Gaſſen im Schlamm und Koth bis
uͤber die Knoͤchen herum, klagen und heulen.
Es erſchien mir einer, der finſter ausſahe,
und aus dieſem wuͤſten Jeruſalem kam; es
wurde
[169]und v. d. unſaubern Jeruſalem ꝛc.
wurde gleichſam als wie ein Thor aufgemacht,
um ihn herum waren Jrrſterne, inſonderheit
zu ſeiner linken, die Jrrſterne um einen Geiſt
bedeuten in der Geiſter-Welt die Unwahr-
heiten, anderſt iſts, wenn es keine Jrrſterne
ſind; er naͤherte ſich mir, und machte ſich
oben zu meinem linken Ohr, welches er gleich-
ſam mit dem Mund beruͤhrte, daß er mit mir
reden moͤchte, er redete aber nicht mit einer
laut toͤnenden Stimme wie andere, ſondern
inwendig in ſich hinein, doch ſo, daß ichs
hoͤrte und verſtund. Er ſagte, er ſey ein Juͤ-
diſcher Rabbiner, und ſchon lange in dieſer
kothigen Stadt, er ſagte auch, daß die Gaſ-
ſen allda nichts als Schlamm und Koth waͤ-
ren, wo man gehen muͤßte, und daß man nichts
als Koth zu eſſen haͤtte. Jch fragte, woher
er kaͤme, weil er ein Geiſt ſey, daß er zu eſſen
verlangte: Er ſagte daß er eſſe, und wann
er eſſen wolle, ihm nichts anders als Koth
gegeben werde, deßwegen er ſehr lamentirte:
Nun fragte er, was zu thun ſey, er finde
Abraham. Jſaac und Jacob nicht? von die-
ſen erzaͤhlte ich ihm einiges, und ſagte, daß
man ſie vergeblich ſuchte, ſie auch, wann
man ſie findet, gar nichts helfen koͤnnen;
neben andern Dingen mehr, die noch gehei-
mer ſind; ich ſagte, daß man niemand an-
ders zu ſuchen habe als allein den HErrn,
welcher iſt der Meßias, den ſie im Leben ver-
achtet haben, und daß er den ganzen Himmel
L 5und
[170]Von den Hoͤllen der Geitzigen,
die ganze Erde regiere, und man bey niemand
anders Huͤlfe zu ſuchen habe. Er fragte forg-
faͤltig und etlichemal, wo iſt Er? ich ſagte,
Er ſey uͤberall zu finden, und hoͤre und ken-
ne jedermann: allein alsdann zogen ihn eini-
ge Juden-Geiſter zuruͤck.
Es iſt auch eine andere Stadt zur Rechten
der heiſſen Feuerhoͤlle, oder zwiſchen der Feu-
erhoͤlle und dem See, wo diejenigen von den
Juden die noch beſſer ſind, wohnen, wie es
ſie beduͤnkt: Allein dieſe Stadt veraͤndert ſich
bey ihnen nach ihren Phantaſien, bald in
Doͤrfer, bald in einen See, bald wiederum
in eine Stadt: Sie fuͤrchten ſich da vor den
Spitzbuben, und ſo lange ſie in der Stadt
ſind, ſind ſie ſicher. Zwiſchen zweyen Staͤd-
ten iſt gleichſam ein dreyeckigter finſterer Platz;
allda ſind Spitzbuben, welches Juden ſind,
aber die ſchlimmſten von ihnen, dieſe martern
jedermann, den ſie antreffen, erbaͤrmlich.
Dieſe Spitzbuben heiſſen die Juden aus Furcht
den Herrn, und die Wildniß, wo ſie ſind,
nennen ſie die Erde. Damit ſie ſicher vor
den Straſſenraͤubern in die Stadt zur Rech-
ten kommen moͤgen, iſt auf der Graͤntze im
Eck ein guter Geiſt, welcher die Ankommen-
de empfaͤngt; wann ſie zu ihm kommen, buͤ-
cken ſie ſich auf den Boden, und werden un-
ter ſeinen Fuͤſſen hinein gelaſſen. Diß iſt
der Gebrauch, wann man in dieſe Stadt ein-
gelaſ-
[171]und v. d. unſaubern Jeruſalem ꝛc.
gelaſſen wird. Ein gewiſſer Geiſt kam ge-
ſchwind zu mir, ich fragte, woher er komme,
er ſagte, daß er vor den Straſſenraͤubern, welche
die Menſchen umbringen, ſchlachten, verbren-
nen und ſieden, fliehe, und ſich fuͤrchte, und
ſuche, wo er ſicher ſeyn koͤnnte. Jch fragte,
woher er dann waͤre, und aus was fuͤr einem
Land, er war aber nicht ſo keck aus Furcht
etwas anders zu antworten, als daß die Er-
de des Herrn ſey, dann ſie nennen die Wuͤ-
ſte Erde, und die Moͤrder den Herrn. Es
kamen auch hernach Moͤrder, welche ſehr
ſchwarz waren, in einer Baßſtimme, wie
die Rieſen, redeten, und bey ihrer Ankunft
einen ſeltſamen Schrecken und empfindliches
Grauſen einjagen: Jch fragte, wer ſie waͤ-
ren, ſie ſagten ſie gehen auf Raub aus; ich
ſagte, wo ſie ihre Beute hin thun wollten,
ob ſie nicht wiſſen, daß ſie Geiſter waͤren,
und die Beute weder wegnehmen noch ſamm-
len koͤnnten, auch daß dergleichen Dinge
Phantaſien der Boͤſen waͤren; Sie antwor-
teten, ſie ſeyen in der Wuͤſten, gehen auf
Raub aus, und plagen, wen ſie antreffen:
Sie haben endlich erkannt, als ſie bey mir
waren, daß ſie Geiſter waͤren, aber doch nicht
dahin gebracht werden koͤnnen, anders zu
glauben, als daß ſie im Leibe lebten. Es ſind
Juden, die ſo herum ſchwaͤrmen, und denen
man es im Geſicht anſehen kann, daß ſie
umbringen, ſchlachten, verbrennen, ſieden,
und
[172]Von den Hoͤllen der Geitzigen,
und das gegen jedermann, wann es auch Ju-
den oder Freunde waͤren: Daraus hat man
ihre Geſinnung kennen lernen, ob ſie es gleich
auf der Welt nicht wagen, dergleichen an
den Tag zu geben.
Nicht weit von dem unſaubern Jeruſalem
iſt auch eine andere Stadt, welche das Gericht
der heiſſen Feuerhoͤlle heißt: Allda ſind die,
welche ſich aus eigener Gerechtigkeit den Him-
mel zueignen, und welche andere verdammen,
die nicht nach ihren Phantaſien lebten. Zwi-
ſchen dieſer Stadt und der heiſſen Feuerhoͤlle
ſiebet es aus, wie eine Bruͤcke, die ziemlich
ſchoͤn und von blaſſer oder grauer (griſei) Far-
be iſt: wo ein ſchwarzer Geiſt, den ſie ſcheuen,
wehret, daß ſie nicht hinuͤber gehen: dann auf
der andern Seite der Bruͤcke erſcheint die Feu-
erhoͤlle.
Diejenigen, welche bey Leibes Leben lauter
Wolluͤſte zum Zweck gehabt, und nur gute
Tage und praͤchtig und koͤſtliches Leben gelie-
bet, ſich allein und der Welt zu gefallen be-
muͤhet, und goͤttliche Dinge fuͤr nichts gehal-
ten haben, ohne Liebe und Glauben: die wer-
den nach dem Tod erſtlich in ein Leben, ſo dem-
jenigen, das ſie in der Welt gehabt haben, gleich
iſt, eingefuͤhret: Der Ort iſt vorwaͤrts zur
Linken etwas tief, wo nichts iſt als Luſtbar-
keiten, Spiele, Taͤnze, Schmauſen, Geſchwaͤ-
tze. Dergleichen Leute kommen dahin, und
da
[173]und v. d. unſaubern Jeruſalem ꝛc.
da meynen ſie nicht anders, als daß ſie auf der
Welt ſind: Es aͤndert ſich aber der Schau-
platz; nach einiger Zeit werden ſie in die Hoͤlle
unter dem Hintern verſenket, welcher lauter
Unflath iſt: dann dergleichen Wolluſt, welche
pur leiblich iſt, verkehrt ſich in dem andern Le-
ben in das unſtaͤthige. Jch habe ſie da geſe-
hen Miſt tragen und lamentiren.
Die Weibsbilder, welche aus einer wuͤſten
und ſchlechten Lebensart reich und darauf ſtolz
worden ſind, und ſich gaͤnzlich der Wolluſt und
einem deſicaten und muͤßigen Leben ergeben
haben, indem ſie wie Koͤniginnen auf ihren
Betten liegen, an Tafeln und Tiſchen ſitzen,
und ſich um nichts anders bekuͤmmern, prel-
len und ſtoſſen in dem andern Leben, wann
ſie zuſammen kommen, erbaͤrmlich an einan-
der an, zerreiſſen einander, ziehen einander bey
den Haaren herum, und werden wie Furien.
Anderſt aber iſt es mit denen bewandt, wel-
che zu der Luſt, oder zu den Annemlichkeiten
dieſes Lebens gebohren, und die zu dergleichen
von Kindheit an auferzogen worden ſind, als
wie die Koͤniginnen und andere aus vornehmen
Geſchlecht, wie auch die Reichen: Dieſe, ob
ſie gleich in Luſtbarkeiten, Koſtbarkeiten und
Pracht lebten, wann ſie nur im Glauben an
den HErrn und in der Liebe gegen den Naͤch-
ſten zugleich gelebet haben, ſind in dem andern
Leben unter den Gluͤckſeligen: Dann ſich der
Froͤ-
[174]Von den Hoͤllen der Geitzigen, ꝛc.
Froͤlichkeiten des Lebens, der Macht und des
Reichsthums begeben, und durch Elend den
Himmel verdienen, das iſt falſch: aber das
wird in dem Wort verſtanden, ſowohl die Luſt
als auch die Macht und Reichthum fuͤr nichts
halten in Abſicht auf den HErrn, und das Le-
ben der Welt gegen das himmliſche Leben fuͤr
nichts achten.
Jch habe mit den Geiſtern davon ge-
ſprochen, daß vielleicht wenige glauben
werden, daß es ſo viel und ſolcherley Din-
ge in dem andern Leben gebe, aus der Ur-
ſache, weil ein Menſch von ſeinem Leben
nach dem Tod keinen andern Concept hat,
als einen ſehr gemeinen dunkeln, welcher
nichts iſt, worinn ſie ſich daraus beſtaͤrket
haben, daß ſie eine Seele oder einen Geiſt
nicht mit Augen ſehen; und daß die Ge-
lehrten, ob ſie gleich ſagen, daß es eine
Seele und Geiſt gebe, deowegen weil ſie
an erdichteten Woͤrtern undTerminis,
welche das Verſtaͤndniß der Sachen mehr
verdunkeln, ja gar ausloͤſchen, hangen,
und weil ſie, ſich und der Welt zu gefal-
len, ſelten das allgemeine und den Him-
mel ſtudiren, noch weniger als die ſinn-
liche Menſchen glauben: ſo haben ſich die
Geiſter mit denen ich redete, verwundert,
daß es einen ſolchen Menſchen gebe, da
er doch wiſſe, daß es ſelbſt in der Natur
und in einem jeden Reich von ihr, ſo viel
und
[175]Von andern Hoͤllen, ꝛc.
und mancherley Dinge gebe, die er nicht
weiß, wie z. E. nur bey dem innerlichen
menſchlichen Ohr, wovon man ein gan-
zes Buch mit erſtaunlichen und unerhoͤr-
ten Dingen anfuͤllen koͤnnte, denen ein je-
der Glauben zuſtellt; wann aber von
der geiſtlichen Welt, woraus alles was
in den Reichen der Natur iſt, entſteher,
etwas geſagt wird, ſo glaubt es kaum je-
mand, aus Urſache, wie geſagt, einer vor-
gefaßten und verhaͤrteten Meynung, daß
es nicht ſey, weil ers nicht ſiehet.
4) Von andern Hoͤllen/ welche
von den vorigen unterſchieden ſind.
Diejenigen, welche heimtuͤckiſch ſind, und
meynen, alles durch liſtige Streiche er-
halten zu koͤnnen, ſich auch darinn bey Leibes-
Leben deswegen verhaͤrtet haben, weil ihnen
dergleichen gelungen iſt, duͤnket es, daß ſie in
einer Tonne zur Linken wohnen, welche die
hoͤlliſche Tonnen (Tonna infernalis) heißt;
oben darauf iſt eine Decke, und auswendig
auf einem Kegelfoͤrmigen Geſtell eine Schei-
be, welche ſie fuͤr das univerſum, das ſie im-
mer beſchauen und regieren ſollen, halten.
Diejenigen aus ihnen, welche die Unſchuldi-
gen tuͤckiſch verfolget haben, ſind daſelbſt Jahr-
hunderte hindurch: Es iſt mir geſagt worden,
daß einige allda ſchon 20. Secula lang geblie-
ben
[176]Von andern Hoͤllen,
ben ſeyen. Wann ſie heraus gelaſſen werden,
haben ſie eine ſolche Phantaſie, daß ſie mey-
nen, die ganze Welt ſey eine Scheibe, ſie ſpa-
ziren um dieſelbe herum, und treten ſie mit
Fuͤſſen, in der Meynung, ſie ſeyen Goͤtter
der Welt. Jch habe ſie etlichmal geſehen und
mit ihnen von ihrer Phantaſie geſprochen, weil
ſie aber auf der Welt ſo beſchaffen waren,
konnte ich ſie nicht davon abbringen. Jch
habe auch einige mal wahrgenommen, mit was
fuͤr einer ſubtilen Liſt ſie die Gedanken ver-
kehren, und in einem Augenblick anderswo-
hin drehen, auch andere Dinge ſubſtituiren
konnten, ſo daß man kaum hatte erkennen koͤn-
nen, daß es von ihnen ſey: Darzu haben ſie
eine ſolche Natur, daß man es nicht glauben
kann. Dieſe werden, weil ſie ſo beſchaffen
ſind, nirgends zu den Leuten gelaſſen; dann
ſie koͤnnen ſo heimlich und verborgen Gifft bey-
bringen, daß man es nicht wohl merken kann.
Es iſt auch zur Linken eine andere Tonne, ſo
kommt es ihnen vor, darinnen ſind einige, wel-
che bey Leibes-Leben gemeynt haben, daß, wann
ſie Boͤſes gethan, ſie Gutes gethan haͤtten, und
ſo im Gegentheil, daß ſie alſo das boͤſe fuͤr gut
gehalten haben: Dieſe harren da eine Zeit-
lang, und werden alsdann ihrer Vernunft be-
raubt: Wann ſie dieſelbe verlohren haben,
ſind ſie gleichſam im Schlaf und wird ihnen
das, was ſie alsdann thun, nicht zugerechnet;
Sie meynen aber immer, ſie wachen. Wann
ihnen
[177]welche von vorigen unterſchieden.
ihnen der Verſtand wieder gegeben wird, ſo
kommen ſie wieder zu ſich ſelbſt, und ſind wie
andere Geiſter.
Zur Linken vorwaͤrts iſt eine Kammer, wo
nichts von Licht, ſondern lauter Finſterniß iſt,
weßwegen ſie die finſtere Kammer heißt: da-
ſelbſt ſind diejenigen, welche auf anderer ihr
Gut, worauf ihr Sinn beſtaͤndig geſtanden,
gelauret, und es auch, ohne ſich ein Gewiſſen
daraus zu machen, weggeſchleppet haben, ſo
oft ſie es unter einem ſcheinbaren Vorwand
haben thun koͤnnen. Es ſind allda die, wel-
che in ziemlich groſſem Anſehen, als ſie auf
der Welt gelebt haben, geſtanden ſind, und die
Ehre der Klugheit in die Hinterliſt geſetzt ha-
ben. Jn dieſer Kammer berathſchlagen ſie
ſich untereinander, als wie ſie im Leibe lebten,
wie liſtig ſie andere hintergehen wollen: Die
Finſterniß allda nennen ſie eine Luſt. Mir
wurde ihr Bild, welches ich, wie am hellen Ta-
ge ſahe, gezeigt, wie die, welche daſelbſt ſind,
und mit Betrug umgegangen ſind, endlich wer-
den, daß nemlich ihr Geſicht aͤrger als ein Tod-
ter, und ſchwarzgelb wie die todten Coͤrper
wird, auch graͤßlich einfaͤllt: Alſo muͤſſen ſie
in quaͤlender Angſt ſchweben.
Es fuhr ein Schwarm Geiſter auf der Sei-
te der heiſſen Feuerhoͤlle in die Hoͤhe vorwaͤrts
herauf, aus deren Sphaͤre man wahrgenom-
men hat, (dann ſobald die Geiſter ankommen,
kann man allein aus ihrer Sphaͤre abnehmen,
Sw. Sch.IV.Th. Mwas
[178]Von andern Hoͤllen,
was es fuͤr welche ſind) daß ſie den HErrn ge-
ring ſchaͤtzten, und allen Gottesdienſt verach-
teten; Sie redeten auf eine Wellenfoͤrmige
Art; (undu atorie) einer davon redete aͤrger-
lich wider den HErrn, welcher augenblicklich
gegen eine Seite der Feuerhoͤlle hinab geſtuͤrzt
wurde: Sie ſchwebten vorne her uͤber den
Kopf, mit dem Vorſatz andere zu beleidigen,
zu welchen ſie ſich geſelleten, und unter ſich zu
bringen; ſie wurden aber auf dem Weg zu-
ruͤckgehalten, und es wurde ihnen geſagt, ſie
ſollten davon ablaſſen, ſie blieben alſo ſtill;
alsdann ſahe man ſie: ſie waren im Geſicht
ſchwarz, und hatten um das Haupt eine weiſe
Binde, wodurch bedeutet wird, daß ſie den
Dienſt GOttes als ſchwarz anſehen, und ſo
auch das Wort des HErrn, ſo nur dazu diene,
das gemeine Volk in dem Gewiſſenszwang zu
halten. Jhre Behauſſung iſt nahe bey der hei-
ſen Feuerhoͤlle, wo fliegende nicht vergifftete
Drachen ſind, daher ſie auch die Drachenwoh-
nung heißt: Weil ſie aber nicht heimtuͤckiſch
ſind, ſo iſt ihre Hoͤlle nicht ſo ſchwer. Solche
ſchreiben ſich und ihrer Klugheit alles zu, und
prahlen damit, daß ſie ſich vor niemand fuͤrch-
ten; aber es iſt ihnen gezeigt worden, daß nur
das Ziſchen ſie in den Schrecken und in die
Flucht jage: Wie ſie ein Geziſch hoͤrten, meyn-
ten ſie vor Angſt, es komme die ganze Hoͤlle
herauf, ſie fortzunehmen, und wurden ploͤtz-
lich aus Helden als wie die Weiber.
Die,
[179]welche von vorigen unterſchieden.
Die, welche ſich bey Leibes-Leben fuͤr heilig
gehalten haben, ſind auf der untern Erde vor
dem linken Fuß: Daſelbſt kommt es ihnen
vor, daß ſie zuweilen im Geſicht leuchten, wel-
ches aus den Jdeen ihrer Heiligkeit herkommt,
es laufft aber bey ihnen ſo ab, daß ſie allda in
der groͤßten Begierde gelaſſen werden, in den
Himmel aufzuſteigen, welchen ſie meynen in
der Hoͤhe zu ſeyn: ihre Begierde wird groͤſſer,
und ſchlaͤgt je laͤnger je mehr in eine Aengſt-
lichkeit aus, welche unermeßlich zunimmt, biß
ſie erkennen, daß ſie keine Heilige ſind: Wenn
ſie da heraus kommen, koͤnnen ſie einen Ge-
ſtank von ſich empfinden, welcher beſchwerlich
iſt.
Ein gewiſſer hat auf der Welt geglaubt, er
habe heilig gelebt, aus der Urſache, daß er von
den Leuten fuͤr heilig gehalten wuͤrde, und alſo
den Himmel verdienete; Er ſagte, er habe ein
frommes Leben gefuͤhrt, fleißig gebetet, und
meynete, es ſey genug, daß ein jeder auf ſich ſe-
he, und auf ſeinen Nutzen bedacht ſey; er ſag-
te auch, daß er ein Suͤnder geweſen, und daß
er habe leiden wollen, ſo gar, daß er ſich von
andern unter den Fuͤſſen treten ließ, welches
er die chriſtliche Gedult nennete, und daß er der
Kleinſte ſeyn wollte, damit er der Groͤſte in
dem Himmel wuͤrde. Als er examinirt wur-
de, ob er auch einem etwas Gutes oder Werke
der Liebe gethan habe, oder habe thun wollen,
ſagte er, er wiſſe nicht, was ſie ſagen, ſondern
M 2nur
[180]Von andern Hoͤllen,
nur, daß er heilig gelebt habe: Weil er nun den
Vorzug ſeiner ſelbſt vor andern, die er alſo fuͤr
geringer als ſich hielte, zum Zweck gehabt, ſo
wurde er, er ſtlich weil er ſich fuͤr heilig gehalt-
ten, in einer menſchlichen weiſſen Geſtalt biß
auf die Lenden geſehen, aber zuerſt in eine dun-
kel-blaue, und hernach in eine ſchwarze ver-
wandelt, und weil er uͤber andere hinaus ſeyn
wollte, und ſie neben ſich verachtete, wurde er
noch ſchwaͤrzer.
Von denen, welche die Groͤßſten im Him-
mel ſeyn wollen, ſehe man unten.
Jch wurde durch einige Wohnungen des
erſten Himmels gefuͤhret, von dar konnte ich
von ferne ein groſſes ungeſtuͤmmes Meer mit
groſſen Wellen ſehen, ſo ich aber auf einer
Graͤnze nicht erblicken konnte, und es wurde
mir geſagt, daß diejenigen ſolche Phantaſien
haben, und ein ſolches Meer, in Furcht, hinein
verſenket zu werden, ſehen, welche auf der Welt
haͤtten groß ſeyn wollen, und ſich nichts dar-
um bekuͤmmerten, ob es mit Recht oder Un-
recht geſchaͤhe, wann ſie ſich nur einen Ruhm
erwerben koͤnnen.
Die Phantaſien, die man bey Leibes Leben
gehabt hat, werden in dem andern Leben in an-
dere verwandelt, welche ſich aber doch nach je-
nen richten: Zum Exempel, welche auf der
Erden gewaltthaͤtig und unbarmherzig geweſen
ſind; deren Gewaltthaͤtigkeit und Unbarmher-
zigkeit ſchlaͤgt in eine unglaubliche Grauſam-
keit
[181]welche von vorigen unterſchieden.
keit aus, und es iſt ihnen, als ob ſie ihre Mit-
geſellen, welche ſie antreffen, ſie moͤgen ſeyn,
wer ſie wollen, umbraͤchten, und auf unter-
ſchiedliche Arten quaͤlen, woran ſie ſich ſo ſehr
delectiren, daß ihnen dergleichen das groͤſte
Vergnuͤgen iſt. Welche Blutduͤrſtig geweſen
ſind, die quaͤlen mit Luſt die Geiſter, (dann
ſie meynen, die Geiſter ſeyen Menſchen, ſie
wiſſen es nicht beſſer,) biß aufs Blut, und
wann ſie dieſes ſehen, (dann ihre Phantaſie iſt
ſo beſchaffen, daß ſie gleichſam Blut ſehen,) ſo
iſt es ihnen ein ſehr groſſes Vergnuͤgen. Aus
dem Geitz brechen Phantaſien aus, daß es ſie
beduͤnket, als ob ſie von den Maͤuſen, und der-
gleichen, je nachdem ihr Geitz beſchaffen, an-
gefallen wuͤrden. Welche an lauter Wolluͤ-
ſten ihre Freude gehabt, und ſich dieſelben zu
ihrem letzten Endzweck gemacht, und ſie fuͤr
das hoͤchſte Gut, ja gleichſam fuͤr ihren Him-
mel gehalten haben, halten ſich am liebſten in
beimlichen Gemaͤchern auf, wo ſie die ange-
nehmſte Empfindungen haben; einige in uri-
noſen und ſtinkenden Seen, andere in mora-
ſtigen und ſo weiter.
Es giebt uͤber diß verſchiedene Strafen, wo-
mit in dem andern Leben die Boͤſen ſehr hart
beſtraft werden, ſie rennen in dieſelben hinein,
wann ſie wieder auf ihre ſchaͤndliche Begier-
den verfallen, wodurch ſie ſich in Scham,
Schrecken und Grauen vor ſolchen ſetzen, daß
ſie endlich gar davon ablaſſen. Die Strafen
M 3ſind
[182]Von andern Hoͤllen,
ſind verſchieden, uͤberhaupt ſind es Strafen
einer Zerfetzung, Strafen einer Zerreiſſung,
Strafen unter Tuͤchern, u. a. m.
Welche ſehr rachgierig ſind, und welche ſich
groͤſſer als alle andere zu ſeyn duͤnken, und an-
dere gegen ſich fuͤr nichts achten, die werden mit
der Strafe der Zerfetzung belegt, welche alſo
beſchaffen iſt: Sie werden am Leib und Ge-
ſicht ungeſtalt, daß kaum noch etwas menſch-
liches uͤbrig zu ſeyn ſcheinet, das Angeſicht
wird wie ein runder Kuchen breit, die Aerme
ſehen aus wie Lumpen; dieſe ſtreckt man einem
aus, und treibt ihn in der Hoͤhe wie ein Rad
um, beſtaͤndig gegen dem Himmel zu, und man
ruft vor allen aus, daß er ein ſolcher ſey, biß
er ſich in ſeinem Jnnerſten ſchaͤmt: Alſo bringt
man ihn dahin, daß er eine demuͤthige Abbitte
thut, und thut einen Spruch uͤber ihn: Her-
nach wird er in den moraſtigen See, welcher
nahe bey dem unſaubern Jeruſalem iſt, ge-
bracht, und da gewaͤlzt und eingetunkt, daß er
wie Koth wird: und diß geſchiehet etlichmal,
biß ihm dergleichen Begierden vergehen. Jn
dieſem moraſtigen See ſind boͤſe Weiber aus
der Gegend der Harnblaſe.
Welchen es bey Leibes-Leben zur Natur ge-
worden, anders zu reden und anders zu den-
ken, inſonderheit die, welche unter dem Schein
der Freundſchaft andern nach ihrem Gut ge-
trachtet haben, die vagiren herum, und fragen,
wo ſie hinkom men, ob ſie da bleiben koͤnnen,
ſagen
[183]welche von vorigen unterſchieden.
ſagen ſie ſeyen arm, und wann ſie aufgenom-
men werden, lauren ſie nach ihrer angebohrnen
Luſt auf alles: wann man ſie nun kennen ler-
net, werden ſie mit einer Sirafe ausgetrieben,
und bißweilen erbaͤrmlich zerrupft auf unter-
ſchiedliche Weiſe nach der Natur ihres tuͤcki-
ſchen verſtellten Weſens, das ſie angenommen
haben, einige an dem ganzen Leib, einige an den
Fuͤſſen, einige an den Lenden, einige an der
Bruſt, einige an dem Kopf, andere allein an
der Gegend des Mundes: Sie werden mit
Gewalt hin und her geſchmiſſen, daß ſie zu-
ruͤck prallen. Was diß ſey, kann man nicht
beſchreiben, es beſtehet in einem gewaltſamen
Zerſchmettern der Theile, und alſo in einem
Auseinanderziehen, daß ſie glauben, ſie ſeyen
in kleine Stuͤcke zerriſſen; Sie werden auch
aufgebracht, daß ſie ſich darwider ſtraͤuben, da-
mit es ſie deſto mehr ſchmerze. Solche Stra-
fen des Zerreiſſens ſind von mancherley Arten,
und werden nach einiger Friſt ſo oft wieder-
holet, biß ihnen ein Schrecken und Grauen
vor ihren Betruͤgereyen durch Unwahrheiten
eingejaget wird. Eine jede Beſtraffung nimmt
etwas hinweg. Die, welche ſie zerzerreten,
ſagten, ſie haͤtten ein ſo groſſes Vergnuͤgen,
jene alſo zu ſtrafen, daß ſie nicht aufhoͤren wol-
len, wann es auch in Ewigkeit waͤhren ſollte.
Es gibt Schaaren von Geiſtern, welche her-
um ſchwaͤrmen, und vor denen ſich die Geiſter
gar ſehr fuͤrchten, ſie machen ſich von unten an
M 4den
[184]Von andern Hoͤllen,
den Ruͤckentheil, ſie quaͤlen durch ſchnelle hin
und her Wendungen, (reciprocationes) denen
niemand Einhalt thun kann, und die einen
Laut von ſich geben, ſie richten die ſich zuſam-
men und wieder zuruͤck ſtrickende Bewegung
(motum conſtrictorium \& reſtrictorium) hin-
aufwaͤrts nach Art eines oben zugeſpitzten Ke-
gels: Wer nun innerhalb dieſen Conum hin-
ein, beſonders wer gegen ſeine Spitze kommt,
der wird an allen und jeden Theilgen der Glie-
der erbaͤrmlich zerſtuͤckelt. Es ſind die tuͤcki-
ſchen Gleißner, welche hineingeſchickt und ſo
abgeſtrafft werden.
Jch wachte des Nachts aus dem Schlaf auf,
und hoͤrete Geiſter um mich, die mir im Schlaf
nachſtellen wollten, als ich aber gleich wieder
einſchlief, hatte ich einen traurigen Traum:
Jch erwachte aber, und alsbald waren die Plag-
geiſter da, woruͤber ich mich verwunderte, und
beſtraften die Geiſter, die auf mich im Schlaf
laureten, erbaͤrmlich, indem ſie dieſelben gleich-
ſam mit Koͤrpern, die man ſahe, uͤberzogen,
und leibliche Empfindungen beybrachten, und
ſie alſo durch gewaltſame Zerquetſchungen der
Theile vor- und ruͤckwaͤrts quaͤleten mit vie-
len Schmerzen, welche davon, daß ſie ſich ſper-
reten, herruͤhreten. Diejenigen, welche ſie ab-
ſtraften, hatten ſo gar Luſt, ſie, wann ſie haͤtten
koͤnnen, umzubringen, daher thaten ſie es mit
groͤſter Gewaltſamkeit. Es waren meiſten-
theils Sirenen, wovon oben; die Beſtrafung
daure-
[185]welche von vorigen unterſchieden.
daurete lang, und man ſchritte damit um mich
herum zu mehreren Hauffen; zu meiner Ver-
wunderung fand man Alte, die nachgeſtellet
hatten, ob ſie gleich ſich verbergen wollten.
Weil es Sirenen waren, ſo probirten ſie viele
Streiche, der Straffe zu entgehen, aber ſie
konnten nicht: Bald wollten ſie ſich in ihre
innere Natur hinein ſchleichen, bald anfuͤhren,
daß es andere ſeyen, bald die Strafe uͤber an-
dere durch Uebertragungen der Jdeen bringen;
bald gaben ſie ſich als Kinder, die ſie quaͤlen
wollten, aus, bald als gute Geiſter, bald als
Engel, u. a. m. es war aber vergebens. Jch
verwunderte mich, daß ſie ſo beſtraft wuͤrden,
wurde aber innen, daß dergleichen aus der
Weiſe ſey, und aus Noth geſchehe, daß ein
Menſch ſicher ſchlaffen ſoll, dann wann die-
ſes nicht geſchaͤhe, wuͤrde das menſchliche Ge-
ſchlecht zu Grunde gehen, dahero eine ſo groſſe
Straffe nothwendig ſey. Jch merkte, daß
auch dergleichen um andere Menſchen herum
geſchehe, die ſie in dem Schlafe hinterliſtiger
Weiſe anfallen wollen, ob es gleich der Menſch
nicht weiß: Dann wem es nicht gegeben iſt,
mit den Geiſtern zu reden, und nach einem in-
nerlichen Sinn bey ihnen zu ſeyn, der kann
auch nichts dergleichen hoͤren, noch weniger
ſehen; da doch immer dergleichen um andere
vorhanden iſt. Der HErr behuͤtet hauptſaͤch-
lich einen Menſchen, wann er ſchlaͤfft.
M 5Es
[186]Von andern Hoͤllen,
Es gibt einige heimtuͤckiſche Geiſter, welche,
als ſie in dem Leibe lebten, heimlich mit Tuͤ-
cken umgegangen ſind, und einige von ihnen,
welche ſich durch ſchaͤdliche Kunſtgriffe als En-
gel, um Betrug zu ſpielen, angeſtellet haben:
dieſe lernen in dem andern Leben ſich in eine
ſubtilere Natur einziehen, und ſich aus ande-
rer ihren Augen wegzuſchleichen, in der Mey-
nung, ſie ſeyen alſo von aller Strafe ſicher:
Allein ſie muͤſſen nicht nur wie andere die Stra-
fe der Zerquetſchung, nach der Natur und Bos-
heit ihres tuͤckiſchen Weſens ausſtehen, ſon-
dern ſie werden auch zuſammen geleimet, je
mehr ſie nun, wann dieſes geſchiehet, ſich loß
zu machen, oder von einander wegzureiſſen
ſuchen, deſto feſter werden ſie angebunden:
ihre Strafe iſt mit einer heftigern Marter be-
gleitet, weil ſie ſich nach ihren heimlichen Tuͤ-
cken richtet.
Einige gebrauchen aus Gewohnheit, andere
aus Verachtung in ihren gemeinen Reden, um
einen Spaß zu machen, oder ihr Geſpoͤtt da-
mit zu treiben, Redensarten aus der Heiligen
Schrift, in der Meynung, daß es ſchoͤn heraus
komme: Allein ſolche Gedanken und Reden
fuͤgen ſich zu ihren coͤrperlichen und unreinen
Jdeen hinzu, und bringen ihnen in dem an-
dern Leben vielen Schaden; dann ſie kommen
mit den weltlichen wieder. Dieſe fallen auch
in die Strafe der Zerreiſſung, biß ſie ſich der-
gleichen abgewoͤhnen.
Es
[187]welche von vorigen unterſchieden.
Es giebt auch eine Strafe der Zerreiſſung
in Abſicht auf die Gedanken, alſo daß die inne-
re Gedanken mit den aͤuſſerlichen ſtreiten, wel-
ches mit einer innerlichen Pein geſchiehet.
Unter denen Beſtrafungen kommt auch die-
ſe haͤufig vor, daß ein Tuch uͤber ſie geworfen
wird; diß gehet alſo zu, daß es ihnen durch die
Phantaſien, die ſie ſich gemacht haben, vor-
kommt, als ob ſie unter einer weit ausgebrei-
teten Decke ſeyen: Es iſt als wie eine an ein-
ander hangende Wolke, welche ſich nach ihrer
Phantaſie verdicket: unter derſelben laufen ſie
da und dorthin, vor heiſſer Begierde von dar
auszubrechen, in unterſchiedener Geſchwin-
digkeit, biß ſie muͤde ſind; dieſes pflegt eine
Stunde lang zu dauren, mehr oder weniger,
und geſchiehet mit verſchiedener Pein, nach
dem Grad ihrer Begierde ſich heraus zu wickeln.
Es iſt eine Decke vor denen, welche, ob ſie gleich
die Wahrheit ſehen, ſie doch nicht, aus Liebe zu
ſich, erkennen wollen, und beſtaͤndig murren,
daß dem alſo iſt. Einige haben unter der De-
cke eine ſolche Angſt und Schrecken, daß ſie
zweifeln, ob ſie jemals wieder koͤnnen loß wer-
den, welches mir einer ſagte, der davon frey
worden iſt.
Es gibt auch noch eine andere Art von De-
cke, daß ſie gleichſam in ein Tuch eingewickelt
werden, ſo daß es ihnen iſt, als ob ſie an Haͤn-
den, Fuͤſſen und Leib gebunden ſeyn, und man
macht
[188]Von andern Hoͤllen,
macht ſie hitzig, ſich heraus zu wickeln; weil
nun einer ein einiges mal eingerollet iſt, ſo
meynt er, er werde leichtlich heraus gewickelt
werden, wann er aber anfangt ſich heraus zu
winden, ſo faͤhrt er in die Laͤnge, und die Aus-
wicklung bleibt beſtaͤndig, biß er die Hofnung
aufgiebt.
So viel von den Hoͤllen und von ihren
Straffen. Die hoͤlliſchen Plagen ſind nicht,
wie einige dafuͤr halten, Gewiſſensbiſſe;
Dann die in der Hoͤlle ſind, haben kein Ge-
wiſſen gehabt, deswegen koͤnnen ſie auch an
demſelben nicht gequaͤlet werden: Welche
ein Gewiſſen gehabt haben, ſind unter den
Seligen.
Es iſt anzumerken, daß niemand in dem
andern Leben einige Strafe oder Marter um
ſeiner Erbſuͤnde willen zu leiden hat, ſondern
um ſeiner wuͤrklichen Suͤnden willen, die er
ſelbſt gethan hat.
Wann die Boͤſen beſtraft werden, ſind
die Engel allezeit dabey, welche die Straffe
maͤßigen, und die Schmerzen der Erbar-
mungs-wuͤrdigen lindern, aber nicht weg-
nehmen koͤnnen, weil in dem andern Leben
bey allen ein Gleichgewicht iſt, daß das Boͤ-
ſe ſelbſt ſich beſtraft; und wann dieſes nicht
durch die Beſtraffungen weggeſchaft wuͤrde,
ſo muͤßten ſolche nothwendig in einer Hoͤlle
in Ewigkeit aufbehalten werden, dann ſonſt
wuͤr-
[189]welche von vorigen unterſchieden.
wuͤrden ſie die Geſellſchaften der Guten be-
unruhigen, und ſich an der von dem HErrn
eingefuͤhrten Ordnung, in welcher das Wohl
der ganzen Welt beſtehet, vergreiffen.
Einige haben aus der Welt mit ſich dieſe
Jdee genommen, daß man mit dem Teufel
nicht reden, ſondern ihn fliehen ſoll: Sie
ſind aber belehret worden, daß es denen, wel-
che der HErr beſchuͤtzt, nicht das mindeſte
ſchade, wann ſie auch von der ganzen Hoͤlle
ſowohl aus-als innwendig umgeben wuͤrden,
welches ich aus vieler und wunderbarer Er-
fahrung lernen konnte, ſo daß ich mich end-
lich vor nichts fuͤrchtete, auch ſelbſten nicht
vor den ſchlimmſten aus dem hoͤlliſchen Heer,
daß ich vielmehr mit ihnen redete; weil ich
auch wiſſen konnte, was es fuͤr waͤren. De-
nen, welche ſich wunderten, daß ich mit je-
nen redete, konnte ich ferner ſagen, daß die-
ſes mir nicht allein nichts ſchade, ſondern
auch, daß diejenige Teufel ſeyen in dem an-
dern Leben, welche Menſchen geweſen ſind,
und welche, da ſie auf der Welt lebten, ihr
Leben in Haß, Rache und Ehebruch gefuͤh-
ret haben, und zwar dazumal vor andern aͤſti-
mirt worden; ja daß einige unter ihnen ſey-
en, welche ich bey Leibes-Leben gekannt ha-
be: und daß der Teufel nichts anders bedeu-
te als einen ſolchen Hoͤllenhaufen; und noch
uͤber das, daß die Menſchen, indem ſie auf
der Welt leben, zum wenigſten zween Geiſter
aus
[190]Von andern Hoͤllen,
aus der Hoͤlle bey ſich haben, aber auch ne-
ben dieſen zween Engel aus dem Himmel,
welche hoͤlliſche Geiſter bey den Boͤſen regie-
ren, bey den Guten aber unter das Joch ge-
bracht ſind und dienen muͤſſen: Es ſey alſo
falſch, daß ſie meynen, es ſey ein Teufel
von Anfang der Schoͤpfung ein anderer ge-
weſen als Menſchen, welche ſo waren. Wie
ſie das hoͤreten, erſtaunten ſie und bekann-
ten, daß ſie eine ganz andere *) Meynung
von dem Teufel und dem teufeliſchen Heer
gehabt haben.
Jn einem ſo groſſen Reich, wo alle See-
len von der erſten Schoͤpfung an, und von
dieſer Erde faſt tauſendmal tauſend in einer
jeden Woche verſammlen, und alle eine be-
ſondere von andern unterſchiedene Art und
Natur haben, wo auch ein jeder ſeine Jdeen
andern gemein machen kann, und alles und
jedes
[191]welche von vorigen unterſchieden.
jedes in Ordnung, und zwar diß beſtaͤndig,
zu bringen iſt, kann es nicht anders ſeyn,
als daß unſaͤglich vieles da vorhanden ſeyn
muß, welches niemal in eines Menſchen Jdee
gekommen iſt, und weil einer von der Hoͤlle,
ſo wie von dem Himmel, kaum einen als
nur einigen dunklen Vegriff ſich gemacht hat,
ſo kann es nicht anders ſeyn, als daß ihm
dieſes fremd und wunderſam vorkommen
wird, inſonderheit deß wegen, weil man meynt,
die Geiſter haben keine Empfindung (Senſum)
da ſie doch eine ſtaͤrkere als die Menſchen ha-
ben; auch von den boͤſen Geiſtern wird ih-
nen, durch auf der Welt unbekannte Kunſt-
griffe, ein Senſus beygebracht, faſt wie ein
leiblicher, der aber viel groͤſſer iſt.
Von dem Himmel und von der
himmliſchen Freude.
Was der Himmel und die himmliſche Freu-
de ſey, weiß noch niemand: Diejeni-
gen, welche daran gedacht haben, haben ſich
einen ſo gemeinen und ſo groben Begriff ge-
macht, daß es kaum einer iſt: Von den Gei-
ſtern, welche erſt aus der Welt in das ande-
re Leben kommen, habe ich am beſten erfah-
ren koͤnnen, was ſie ſich fuͤr einen Begriff
von dem Himmel und der himmliſchen Freu-
de gemacht haben; Dann wann ſie ſich ſelbſt
uͤberlaſſen werden, gleich als wann ſie auf
der
[192]Von dem Himmel
der Welt waͤren, ſo denken ſie eben alſo:
Jch will nur einige Exempel anfuͤhren.
Einige, welche auf der Welt vor andern
fuͤr ſehr erleuchtet in dem Wort gehalten wur-
den, haben ſich eine ſo falſche Jdee von dem
Himmel gemacht, daß ſie meynten, ſie ſeyen
in dem Himmel, wann ſie in der Hoͤhe waͤ-
ren, und daß ſie von da das, was unten iſt,
regieren koͤnnten, demnach lauft es auf eige-
ne Ehre und Vorzug vor andern hinaus:
Weil ſie nun ſolche Phantaſie hatten, ſo ſind
ſie, damit ſie auch wuͤßten, daß ſie irrig dar-
an waͤren, in die Hoͤhe erhoben worden, und
es wurde ihnen geſtattet, uͤber etwas in der
Tieffe zu regieren; ſie merkten aber zu ihrer
Schande, daß dieſes ein Himmel in der Phan-
taſie waͤre, und daß der Himmel nicht in der
Hoͤhe beſtuͤnde, ſondern wo nur irgend einer
in der Liebe und in dem Glauben ſtehet, oder
in dem Reich des HErrn iſt, und der nicht
uͤber andere hinaus ſeyn will: dann groͤſſer
ſeyn wollen als andere, iſt nicht ein Himmel,
ſondern eine Hoͤlle.
Es hat ein gewiſſer, der bey Leibes-Le-
ben vor andern gewaltig war, diß in dem an-
dern Leben beybehalten, daß er auch herrſchen
wollte; ihm wurde geſagt, daß er in einem
andern Reich ſey, welches ewig: und daß
ſein Herrſchen auf Erden abgeſtorben ſey;
und daß man jetzo einen nicht anders ſchaͤtze,
als nach dem Guten und nach der Wahrheit,
wie
[193]und von der himmliſchen Freude.
wie auch nach der Barmherzigkeit des HErrn,
darinn er ſtehe; Ferner, daß dieſes Reich ſich
verhalte wie auf der Erde, wo man niemand
als nur um des Reichthums, und um der
Gnade bey dem Fuͤrſten willen aͤſtimirt: Hier
aber ſind die Guͤter das, was gut und wahr
iſt, und die Gnade bey dem Fuͤrſten iſt die
Barmhertzigkeit des HErrn: Wann einer an-
derſt herrſchen wollte, ſo iſt er ein Aufruͤh-
rer, dann er iſt in eines andern ſeinem Reich;
als er das hoͤrete, ſchaͤmte er ſich.
Jch redete mit Geiſtern, welche meyne-
ten, der Himmel und die himmliſche Freude
beſtehe darinn, daß ſie die groͤſten ſeyen; ſie
wurden aber berichtet, daß in dem Himmel
der, welcher der kleinſte iſt, der groͤſte ſey;
Dann der, welcher der kleinſte ſeyn will, iſt
der gluͤcklichſte, und weil der kleinſte der gluͤck-
lichſte iſt, ſo folget daraus, daß er der groͤſte
ſey; Was iſt wohl der groͤſte ſeyn anders als
der gluͤcklichſte ſeyn: nach dieſem ſtreben die
Gewaltigen durch ihre Gewalt, und die Rei-
chen durch ihren Reichthum. Es wurde auch
ferner geſagt, der Himmel beſtehe nicht dar-
inn, daß einer verlange der kleinſte zu ſeyn
deswegen, damit er der groͤſte ſey, dann da
beſtrebt er ſich, und ſucht der groͤſte zu ſeyn,
ſondern darinn, daß er es mit andern beſſer,
als mit ſich meyne, und andern diene, um
ihr Gluͤck zu befoͤrdern, nicht aus eigenen
Abſichten, ſondern aus Liebe.
Sw. Sch.IV.Th. NEi-
[194]Von dem Himmel
Einige haben einen ſo groben Begriff von
dem Himmel, daß ſie meynen, es ſey nur
eine Audienz, ja es ſey ein Zimmer, in wel-
ches ſie durch eine Thuͤre, die eroͤffnet wer-
de, eingelaſſen, und von denen, die dazu
beſtellt ſind, hinein gefuͤhret werden.
Einige meynen, er beſtehe in einem muͤß-
ſigen Leben, worinn ſie von andern bedienet
werden, man bedeutete ihnen aber, eine Gluͤck-
ſeligkeit beſtehe nirgends darinnen, daß ſie
ruhen, und daher Gluͤck haben. Ein ſolches
Leben wuͤrde nicht activ, ſondern muͤßig ſeyn,
darinnen ſie verliegen wuͤrden, da ihnen doch
bekannt ſeyn koͤnnte, daß das Leben ohne
Wuͤrkſamkeit nicht gluͤcklich zu nennen ſey.
Das Engliſche Leben beſiehet in Ausuͤbung
der Liebe und in dem Guten, daß ſie bey ſich
fuͤhret: Dann ſie empfinden keine groͤſſere
Gluͤckſeligkeit als die, daß ſie die Geiſter die
aus der Welt ankommen informiren und leh-
ren; daß ſie den Menſchen dienen, und die
boͤſe Geiſter bey ihnen regieren, damit ſie nicht
die Graͤnzen uͤberſchreiten; und daß ſie je-
nen Gutes einfloͤſſen; ferner, daß ſie die Tod-
ten in das Leben der Ewigkeit auferwecken,
und hernach, wann ſie es koͤnnen, daß die
Seelen ſo beſchaffen ſind, in den Himmel
einfuͤhren. Weßwegen ſie ſich viel gluͤcklicher
ſchaͤtzen, als man ſagen kann. So ſind ſie
Bilder des HErrn: ſo lieben ſie den Naͤch-
ſten mehr als ſich ſelbſt; deßwegen iſt es der
Him-
[195]und von der himmliſchen Freude.
Himmel: Darum beſtehet die Engliſche Gluͤck-
ſeligkeit in Uebung der Liebe, ſie entſiehet
aus derſelben, und wird auch nach ihr abge-
meſſen. Welche einen ſolchen Begriff, als
ob die himmliſche Freude darinn beſtuͤnde,
daß ſie muͤßig waͤren, gehabt, und ſich in gu-
ter Ruhe nach der ewigen Freude geſehnet ha-
ben, denen bedeutete man, daß ſie ſich ſchaͤm-
ten, und man ließ ſie von einem ſolchen Le-
ben die Probe machen, ſie wurden aber in-
nen, daß es ein ſehr betruͤbres Leben ſeyn
wuͤrde, und daß ſie daſſelbe, weil es auf ſolche
Weiſe um alle Freude geſchehen waͤre, ver-
abſcheuen und einen Grauen dafuͤr haben
wuͤrden.
Ein gewiſſer unter den Gelehrteſten im
Wort hat, als er auf der Welt lebt, einen
ſolchen Begriff von der himmliſchen Freude
gehabt, daß ſie in dem Glanz der Herrlich-
keit, wie das Licht, wann die Sonnenſtrah-
len guͤlden erſcheinen, und alſo auch in ei-
nem unwuͤrkſamen Leben, beſtuͤnde; Damit
er nun ſeinen Jrrthum einſehen moͤchte, wur-
de ihm ein ſolches Licht gegeben, und er de-
lectirte ſich auch mitten in dem Licht alſo,
als wann er, wie er auch ſagte, in dem Him-
mel waͤre; er konnte aber nicht lang darinn
ſubſiſtiren, dann er wurde allmaͤhlich uͤber-
druͤßig, und hatte darzu keine Freude mehr.
Die, welche eine ſehr groſſe Kaͤnntniß
gehabt haben, ſagten, die himmliſche Freude
N 2beſtehe
[196]Von dem Himmel
beſtehe in einem Leben, ohne daß man einander
Liebes und Gutes erweiſe, ſondern nur den
HErrn lobe und preiſe; und daß eben dieſes
das wuͤrkſame Leben ſeye: Allein es wurde
geſagt, daß den HErrn loben und preiſen,
nicht ein ſolches actives Leben, ſondern eine
Wuͤrkung jenes Lebens ſey: Dann der HErr
hat das Lob nicht vonnoͤthen, ſondern er will,
daß ſie einander Liebe erzeigen, nach dieſem
empfangen ſie von dem HErrn die Seligkeit.
Dem ohnerachtet konnten ſich doch dieſe ſehr
erfahrne bey jenen Liebeserweiſungen keinen
Begriff von einer Freude, ſondern vielmehr
von einer Dienſtbarkeit machen; Es haben
aber die Engel bezeuget, daß es etwas ſehr
freywilliges, und mit einer unausſprechlichen
Gluͤckſeligkeit verbunden ſey.
Faſt alle, die aus der Welt in das andere Le-
ben kommen, meynen, daß bey einem jeden die
Hoͤlle gleich ſey, und ſo auch der Himmel,
da doch die Verſchiedenheiten und Mannig-
faltigkeiten auf beyden Seiten nicht zu be-
ſtimmen ſind, und nirgends einer eine voͤllig
gleiche Hoͤlle und Himmel wie der andere hat.
Gleichwie es auch nirgends einen Men-
ſchen, Geiſt oder Engel gibt, der einem an-
dern ganz gleich waͤre. Als ich nur gedachte,
daß je zwey und zwey einander ganz aͤhnlich
oder gleich waͤren; entſatzten ſich die dafuͤr,
welche in der Geiſter-Welt und in dem Eng-
liſchen Himmel waren, und ſagten, daß ein
jedes
[197]und von der himmliſchen Freude.
jedes Eins aus der Harmonie vieler formirt
werde, daß das Eins ſo ſey, wie die Harmo-
nie iſt, und daß das Eins nicht abſolute be-
ſtehen koͤnne, ſondern das harmoniſche Eins.
Alſo formirt eine jede Geſellſchaft in den Him-
meln Eins, und alle Geſellſchaften zugleich,
oder der ganze Himmel auch Eins; und diß
allein von dem HErrn durch die Liebe. Ein
gewiſſer Engel zehlete nur die allgemeineſte Ar-
ten von der Freude der Geiſter, ohngefaͤhr
biß auf 478. Daraus konnte man ſchlieſ-
ſen, wie viel unzaͤhliche Arten, die nicht ſo
univerſell ſind, auch wie viel unzaͤhlige Gat-
tungen ſeyn muͤſſen, die eine jede Art unter
ſich hat; und da deren eine ſo groſſe Menge
iſt, wie viel unbeſtimmte Arten von Gluͤckſe-
ligkeiten in dem Himmel der Engliſchen Gei-
ſter, und noch mehr in dem Himmel der En-
gel ſeyen.
Die boͤſe Geiſter haben einige mal ge-
meynt, es gebe noch einen andern Himmel
als des HErrn, denen auch erlaubet wurde
zu ſuchen, wo ſie nur koͤnnten; ſie wurden
aber beſchaͤmet, und fanden nirgends einen
andern Himmel; Dann die boͤſe Geiſter ren-
nen ſowohl aus Haß gegen dem HErrn als
auch von Hoͤllen-Schmerzen getrieben, in
Unbeſonnenheit dahin, und fangen derglei-
chen Phantaſien auf.
Es ſind drey Himmel: Der erſte iſt, wo
gute Geiſter, der andere, wo Engliſche Gei-
N 3ſter,
[198]Von dem Himmel
ſter, der dritte, wo die Engel ſind: Sowohl
die Geiſter, als die Engliſche Geiſter und En-
gel werden in Himmliſche und Geiſtliche ein-
getheilt Die Himmliſche ſind, welche durch
Liebe den Glauben von dem HErrn empfan-
gen haben, als wie die, welche aus der aller-
aͤlteſten Gemeine ſind. Die Geiſtliche ſind,
welche durch Erkaͤnntniſſe des Glaubens die
Liebe von dem HErrn erhalten haben, aus
welcher ſie angenehme Dinge thun.
Es machte ſich ein gewiſſer Geiſt auf
meine linke Seite, und fragte mich, ob ich
wuͤßte, wie er in den Himmel eingehen koͤnn-
te: dem mußte ich antworten, daß in den
Himmel eingelaſſen werden, allein dem
HERRN zuſtehe, welcher allein weiß, wie
er beſchaffen iſt. Dergleichen kommen ſehr
viele aus der Welt, welche nichts anders ſu-
chen, als in den Himmel zu kommen, und
wiſſen gar nicht, was der Himmel und die
himmliſche Freude ſey, daß der Himmel eine
Liebe unter einander, und daß die himmliſche
Freude eine Freude ſey, die aus jener entſte-
he. Die es nun nicht wiſſen, werden zuerſt
unterrichtet, was der Himmel und die himm-
liſche Freude ſey, auch durch eine lebendige
Erfahrung: Als wie ein gewiſſer Geiſt, der
auch erſt aus der Welt kam, und gleichfalls
in den Himmel wollte, damit er einſehen
moͤchte, was es fuͤr eine Beſchaffenheit mit
dem Himmel habe. Sein Jnneres wurde
aufge-
[199]und von der himmliſchen Freude.
aufgeſchloſſen, damit er etwas von der himm-
liſchen Freude erfuͤhre: wie er es empfand,
fieng er an zu lamentiren und ſich zu kruͤm-
men, bate, man moͤchte ihn befreyen, und
ſagte, er koͤnne vor Angſt nicht leben: Dar-
auf wurde ſein Jnnwendiges gegen dem
Himmel wieder zugeſchloſſen, und er alſo
reſtituirt. Hieraus kann man ſehen, mit
was fuͤr Gewiſſensbiſſen und Angſt die ge-
quaͤlet werden, welche nur ein wenig hinzu
gelaſſen werden, wann ſie nicht rechter Art
ſind.
Es wollten einige auch in den Himmel,
und wußten nicht, was der Himmel iſt: Die-
ſen wurde geſagt, daß es ſo gefaͤhrlich ſey,
in den Himmel zu kommen, als wie in eine
Flainme, ſie verlangten aber doch hinein:
Wie ſie nun an den Vorhof oder in die un-
tere Sphaͤre der Engliſchen Geiſter kamen,
wurden ſie ſo ſtutzig, daß ſie ſich in groͤſter
Eil wieder zuruͤck zogen. Daraus wurden
ſie belehret, wie gefaͤhrlich es ſey, ſich nur
dem Himmel zu naͤhern, ehe ſie noch bereitet
ſind von dem HErrn die Eigenſchaften des
Gla ubens zu empfahen.
Es wurde ein gewiſſer, welcher bey Lei-
bes-Leben den Ehbruch fuͤr nichts gehalten
hat, auch, weil er es begehrte, zu dem erſten
Eingang des Himmels gelaſſen; wie er nun
dahin kam, fieng er an, eine Angſt zu bekom-
men, und einen Todtengeſtank von ſich zu
N 4em-
[200]Von dem Himmel
empfinden, bis ers nicht mehr ausſtuͤnde;
wann er weiter kommen waͤre, ſo waͤre es
ihm geweſen, als ob er umkommen muͤßte.
Darauf wurde er auf die untere Erde ver-
ſtoſſen, im Zorn, daß, da er kaum an die er-
ſte Graͤnze des Himmels anlangte, er in ſol-
che Pein kam, weil er nemlich in eine dem
Ehbruch entgegen geſetzte Sphaͤre gekommen
iſt: Er iſt unter den Unſeligen.
Faſt alle, welche in das andere Leben kom-
men, wiſſen nicht, was die himmliſche Se-
ligkeit iſt, weil ſie auch nicht wiſſen, was
die innerliche Freude, und wie ſie beſchaffen
iſt; ſie haben allein von leiblichen und welt-
lichen Freuden eine Empfindung, deßwegen
meynen ſie, das, was ſie nicht wiſſen, ſey
nichts, da doch die leiblich- und weltliche Freu-
den nichts dagegen und wie Koth ſind. Da-
mit nun die Frommen, welche nicht wiſſen,
was die himmliſche Freude iſt, es wiſſen und
erkennen moͤgen, ſo gelangen ſie zuerſt zu den
paradiſiſchen Dingen, die man ſich nicht ein-
bilden kann: Alsdann meynen ſie, ſie ſeyen
in das himmliſche Paradiß gekommen, ſie
werden aber belehret, daß das noch nicht die
wuͤrkliche himmliſche Seligkeit iſt: Deßwe-
gen wird ihnen eine Einſicht in die innere Be-
wandtniſſe (Status) der Freude, die ſie in
ihrem Jnnerſten empfinden koͤnnen, mitge-
theilt; hernach werden ſie in einen Stand
des Friedens, deſſen ſie in ihrem Jnnerſten
gewahr
[201]und von der himmliſchen Freude.
gewahr werden, verſetzt, und bekennen als-
dann, daß ſich nichts davon ſagen oder ge-
denken laſſen; endlich gelangen ſie in einen
Stand der Unſchuld, der auch bis auf ihre
innerſte Empfindung gehet. Aus dieſem koͤn-
nen ſie erkennen lernen, was ein wuͤrklich
geiſtlich und himmliſch Gut ſey.
Einige, welche nicht wußten, was die himm-
liſche Freude iſt, ſind unverſehens in den Him-
mel erhoben worden; ſie wurden in den Zu-
ſtand verſetzt, daß ſie konnten erhoͤhet werden,
ſie wurden nemlich in Anſehung der leiblichen
Dinge und Phantaſien eingeſchlaͤffert: Dar-
auf hoͤrte ich einen zu mir ſagen, daß er nun
erſt empfaͤnde, was fuͤr eine groſſe Freude in
dem Himmel ſey, und daß er ſich ſehr darinn,
weil er eine andere Jdee gehabt, betrogen habe,
auch daß er jetzt ſein Jnnerſtes weit ſtaͤrker
fuͤhlete, als ehmals, wann eine Luſt bey Lei-
bes-Leben bey ihm aufs hoͤchſte geſtiegen, wel-
ches er garſtig nennte, woran man ſich delectirt.
Welche in den Himmel aufgenommen wer-
den, um zu wiſſen, was es fuͤr eine Bewandt-
nis damit habe, denen werden die leibliche Din-
ge und Phantaſien eingeſchlaͤffert, dann es kan
niemand mit leiblichen Dingen und Phanta-
ſien, die man mit ſich aus der Welt nimmt, in
den Himmel eingehen: oder ſie werden mit ei-
ner Sphaͤre Geiſter umgeben, durch welche das
was unrein iſt, und nicht zuſammen ſtimmt,
auf eine wunderbare Weiſe gemaͤßiget wird;
N 5Eini-
[202]Von dem Himmel
Einigen wird ihr Jnneres aufgeſchloſſen. Auf
ſolche und andere Weiſe gehet es zu, je nach-
dem ihr Leben beſchaffen war, und ſie daraus
dieſe oder jene Art angenommen haben.
Es verlangten einige zu wiſſen, was die
himmliſche Freude ſey: Deßwegen wurde ih-
nen geſtattet, ihr Jnnerſtes biß auf den Grad
zu empfinden, daß ſie es nicht mehr ausſtehen
konnten; aber es war doch noch keine Engli-
ſche Freude, kaum war es wie die kleinſte Eng-
liſche, welches ich durch Mitiheilung ihrer
Freude wahrnehmen konnte; Es war ſo ge-
ring, daß es gleichſam etwas froſtiges war,
und ſie nenneten es doch ſehr himmliſch, weil
es ihr Jnnerſtes betraf. Daraus erhellete,
nicht allein, daß es Grade giebt, ſondern auch,
daß des einen ſein Jnnerſtes kaum zu dem Aeu-
ſerſten oder Mittlern des andern hinanreicht;
ferner daß, wann man einen ſein Jnnerſtes
fuͤhlen laͤßt, er in ſeiner himmliſchen Freude
iſt, und daß er das Jnnwendigere nicht aus-
ſtehen kann, und ihm ſchmerzhaft wird.
Es wurden einige in den Himmel der Un-
ſchuld des erſten Himmels eingelaſſen, ſie re-
deten von daraus mit mir, und bekannten, es
ſey ein ſolcher Stand der Freude und Froͤlich-
keit, davon man ſich nirgends eine Jdee ma-
chen koͤnne. Allein dieſes war nur in dem
erſten Himmel, dann es ſind drey Himmel, und
in einem jeden iſt ein Stand der Unſchuld mit
ſeinen unzaͤhligen Varietaͤten.
Damit
[203]und von der himmliſchen Freude.
Damit ich aber wiſſen konnte, was und wie
der Himmel und die himmliſche Freude iſt, ſo
vergoͤnnete mir der HErr offt und lang die
Lieblichkeiten der Himmels Freude zu empfin-
den, deßwegen ich es zwar niemals beſchrei-
ben, aber doch wiſſen kann, weil es in einer le-
bendigen Erfahrung gegruͤndet iſt. Damit
man aber nur einen Begriff davon haben moͤ-
ge: ſo iſt es ein Eindruck (affectio) von unzaͤh-
lichen Annehmlichkeiten und Freuden. welche
etwas allgemeines zugleich und auf einmal
ausmachen; in dieſem allgemeinen Eindruck
ſind Harmonien von unzaͤhligen Eindruͤcken,
welche ſich nicht deutlich, ſondern dunkel em-
pfinden laſſen, weil es ein allgemeines Gefuͤhl
iſt: So viel habe ich merken koͤnnen, daß un-
zaͤhlige Dinge dabey ſeyen, die ſo geordnet ſind,
daß man es nicht beſchreiben kann: Jhre Be-
ſchaffenheit fließt aus der Ordnung des Him-
mels. Eine ſolche Ordnung iſt in einem je-
den auch den kleinſten Theilen des Eindrucks,
welche nur als ein ſehr allgemeines einiges
Ding dargeſtellt und empfunden werden nach
der Faͤhigkeit des Gegenſtandes: mit einem
Wort, unbeſtimmt viele Dinge ſind in der or-
dentlichſten Form bey einem jeden allgemeinen
(Gefuͤhl,) und nichts iſt, das nicht lebt und
afficirt, und zwar das Jnnerſte, dann die himm-
liſche Freude kommt von dem Jnnerſten her-
aus. Jch habe auch empfunden, daß die Freu-
de und Wonne gleich als wie vom Herzen kam,
und
[204]Von dem Himmel
und ſich ſehr ſanfft durch alle innerſte Fibern,
und von dar in die ſich zuſammen ſammlende
Fibern ausbreitete, mit einer ſolchen innerſten
Empfindung der Lieblichkeit, daß eine Fiber-
nichts als Freude und Wonne iſt: Die Freu-
de uͤber die leibliche Wolluͤſte verhaͤlt ſich zu
jenen Freuden, wie grobe und raue aufgewor-
fene Erde zu der reinen und gelindeſten Luft.
Damit ich wuͤßte, was es mit denen fuͤr ei-
ne Beſchaffenheit habe, welche in den Himmel
wollen, und doch nicht ſo beſchaffen ſind, daß
ſie da ſeyn koͤnnen: Als ich in einer himmli-
ſchen Geſellſchafft war, ſahe ich einen Engel
als ein Kind, um das Haupt hatte er ein Kraͤnz-
lein von blauen glaͤnzenden Blumen, um die
Bruſt war er umgeben mit Straͤuſſen von an-
dern Farben: Daraus konnte ich erkennen,
daß ich in einer Geſellſchaft war, worinn Liebe
iſt: darauf wurden in eben dieſe Gefellſchaft
einige fromme Geiſter gelaſſen, welche ſogleich
bey ihrem Eingang viel verſtaͤndiger wurden,
und wie Engliſche Geiſter redeten. Nach die-
ſem ließ man ſolche hinein, welche von ſich ſelbſt
unſchuldig ſeyn wollten, deren Zuſtand mir
durch ein Kind vorgeſtellt wurde, welches
Milch aus dem Mund ſpeyete: Auf ſolche
Weiſe verhalten ſich jene. Hernach wurden
die vorgelaſſen, welche von ſich ſelbſt verſtaͤn-
dig zu ſeyn meyneten; ihr Zuſtand wurde durch
ihre Angeſichter vorgeſtellt, welche ſpitzig und
ziemlich ſchoͤn ausſahen. Man ſahe auch ei-
nige
[205]und von der himmliſchen Freude.
nige mit einem ſpitzigen Hut verſehen, aus wel-
chem ein Pfeil gieng, ſie ſahen aber nicht wie
menſchliche Angeſichte von Fleiſch aus, ſon-
dern wie geſchnitzte Bilder ohne Leben: So iſt
der Zuſtand derer, welche glauben, ſie koͤnnen
von ſich ſelbſt geiſtlich ſeyn, oder aus ſich ſelbſt
den Glauben haben. Man ließ noch andere
Geiſter beykommen, welche nicht da bleiben
konnten, ſie wurden conſternirt, und in Angſt
geſetzt, deswegen ſie davon flohen.
Die Seelen, welche in das andere Leben
kommen, wiſſen alle nicht, was der Himmel und
die himmliſche Freude iſt; die meiſte meynen,
es ſey eine Freude, in welche ſie hinein gelaſſen
werden koͤnnen, ſie moͤgen gelebet haben wie ſie
wollen, auch die, welche in Haß gegen den Naͤch-
ſten, und in Ehebruch gelebet haben, und wiſſen
durchaus nicht, daß der Himmel eine Liebe un-
ter einander, und eine keuſche Liebe iſt, und daß
die himmliſche Freude die daher ruͤhrende
Gluͤckſeeligkeit iſt.
Jch habe mit Geiſtern, welche erſt aus der
Welt kommen ſind, etlich mal von dem Zuſtand
des ewigen Lebens geredet, weil ihnen nemlich
daran gelegen, zu wiſſen, wer der HErr des
Reichs, wie das Regiment, und was fuͤr eine
Regierungsform ſey: Gleichwie diejenige, wel-
che auf der Welt in ein anderes Reich kommen,
ſich zuerſt nichts mehr angelegen ſeyn laſſen, als
zu wiſſen, wer und wie der Koͤnig, wie ſeine Re-
gierung, und noch mehrers, was zu dieſem
Reich
[206]Von dem Himmel
Reich gehoͤre; deſto mehr werde es alſo ſeyn in
dem Reich, worinn ſie in Ewigkeit leben ſollen:
und es wurde geſagt, daß allein der HErr nicht
nur den Himmel, ſondern auch die ganze Welt
regiere, dann wer das eine regiert, wird auch
das andere regieren: ferner daß das Reich,
worinn ſie jetzt ſind, des HErrn ſey, und daß
die Geſetze dieſes Reichs ewige Wahrheiten
ſeyen, welche alle in dem einigen Geſetz ge-
gruͤndet ſind, den HErrn uͤber alles zu lieben,
und den Naͤchſten als ſich ſelbſt, und zwar jetzt
um ſo mehr, wann ſie wie die Engel ſeyn wol-
len, daß ſie den Naͤchſten mehr als ſich ſelbſt zu
lieben hatten. Als ſie das hoͤrten, konnten
ſie nichts antworten, weil ſie bey Leibes-Leben
etwas dergleichen gehoͤret, aber nicht geglaubet
haben; ſie verwunderten ſich, daß eine ſolche
Liebe in dem Himmel ſey, und daß es eine ſol-
che gebe, daß ein jeder den Naͤchſten mehr als
ſich ſelbſt liebe, da ſie doch gehoͤret haben, daß
ſie den Naͤchſten lieben ſollten als wie ſich: ſie
wurden aber belehret, daß alles Gute in dem
andern Leben unbeſchreiblich wachſe, und daß
das Leben in dem Leib ſo beſchaffen, daß ſie nicht
weiter thun koͤnnen, als den Naͤchſten lieben
wie ſich ſelbſt, weil ſie in coͤrperlichen Dingen
ſind, wann aber dieſes hinweg faͤllt, ſo wird die
Liebe alsdann reiner und endlich Engliſch, wel-
ches iſt den Naͤchſten mehr als ſich ſelbſt lieben.
Daß es eine ſolche Liebe geben koͤnne, hat man
aus einiger Perſonen ehlicher Liebe erſehen koͤn-
nen
[207]und von der himmliſchen Freude.
nen, daß ſie lieber haben ſterben wollen, als
den Ehgatten beleidigen: ferner aus der Liebe
der Eltern gegen die Kinder, daß die Mutter
eher Hunger leidet, als ihr Kind hungerig zu
ſehen; ſo auch bey den Voͤgeln und Thieren;
wie auch von einer aufrichtigen Freundſchaft
daß man ſich fuͤr Freunde in Gefahr begiebt;
auch aus der hoͤflichen und verſtellten Freund-
ſchaft, welche eine aufrichtige nachaͤffen will,
daß man denen das beſte offerirt, denen man
wohl will, und dergleichen mit dem Mund vor-
geben, ob es ihnen gleich nicht ums Herz iſt;
endlich aus der Natur der Liebe, welche von der
Art iſt, daß es ihr eine Luſt iſt, andern zu die-
nen, nicht um ſein ſelbſt, ſondern um des an-
dern willen. Allein dieſes konnten ſie nicht
faſſen, welche ſich vor andern liebten, und die,
welche bey Leibes-Leben gewinnſuͤchtig waren,
am allerwenigſten die Geitzige.
Der Engliſche Zuſtand iſt alſo beſchaffen,
daß ein jeder ſeine Seligkeit und Gluͤck dem
andern communicirt; dann in dem andern Le-
ben giebt es die feinſte Gemeinſchaft und Em-
pfindung von allen Eindruͤcken und Gedanken:
Deswegen theilet ein jeder ſeine Freude allen
mit, und alle einem jeden, ſo daß ein jeder
gleichſam der Mittelpunct von allen iſt; wel-
ches die himmliſche Form iſt: je mehrere es
nun ſind, welche das Reich des HErrn aus-
machen, deſto groͤſſer iſt die Gluͤckſeligkeit, dann
ſie nimmt in einer Verhaͤltniß von mehreren
zu:
[208]Von dem Himmel
zu: Daher kommts, daß die himmliſche Se-
ligkeit unausſprechlich iſt. Eine ſolche Ge-
meinſchaft haben alle mit jeden, und jede mit
allen, wann einer den andern mehr als ſich
ſelbſt liebt: Wann aber einer mehr auf ſich
als den andern ſieht, alsdann herrſchet die Lie-
be ſeiner ſelbſt, welche dem andern nichts aus
ſich mittheilet als eine ſehr garſtige Jdee von
ſich, ſo bald man ſie vermerket, gehet eine
Scheidung und Verwerfung vor.
Gleichwie in dem menſchlichen Leib all- und
jedes zu dem allgemeinen und beſondern Nu-
tzen fuͤr alle concurrirt: Eben ſo verhaͤlt es
ſich auch in dem Reich des HErrn, welches als
wie Ein Menſch iſt, und auch der groͤſte Menſch
genennet wird: Daſelbſt concurrirt alſo ein
jeder auf vielfache Weiſe naͤher oder entfern-
ter zu eines jeden Gluͤckſeligkeiten, und das
nach der von dem HErrn allein eingefuͤhrten
und vor beſtaͤndig feſtgeſetzten Ordnung.
Weil der ganze Himmel ſich auf den HErrn
beziehet, und alle und jede auf Jhn allein in
dem allgemeinen und in den ſonderbareſten
Dingen; ſo entſtehet daher Ordnung, Verei-
nigung, Liebe zu einander, und daraus Gluͤck-
ſeeligkeit: Dann alſo ſiehet ein jeder auf die
Wohlfarth und Gluͤckſeligkeit aller, und alle
auf eines jeden.
Daß alle Freude im Himmel allein von dem
HErrn ſey, iſt mir durch viele Erfahrungen ge-
zeiget worden, davon ich hier Orts dieſe anfuͤh-
ten
[209]und von der himmliſchen Freude.
ten will. Jch ſahe, daß einige Engliſche Gei-
ſter mit groͤſtem Fleiß einen Leuchter mit ſei-
nen Lichtern und Blumen auf das zierlichſte
zur Ehre des HErtn formirten; ich konnte ein
und andere Stunde lang ſehen, wie ſehr ſie
ſich bemuͤheten, daß all, und jedes ſich ſchoͤn
praͤſentiren moͤchte, in der Meynung, daß es
von ihnen ſey: ich konnte aber deutlich wahr-
nehmen, daß ſie ſo gar nichts von ſich ihnen
ſelbſt erfinden konnten: Endlich ſagten ſie nach
einigen Stunden, daß ſie einen ſehr ſchoͤnen
Leuchter, der ſich wohl ſehen laſſe, zur Ehre des
HErrn verfertiget haͤtten, und freueten ſich
daruͤber in ihrem Jnnerſten. Jch ſagte aber,
ſie haͤtten nichts aus ſich jemals erfunden und
gemacht, ſondern allein der HErr: Diß woll-
ten ſie anfaͤnglich kaum glauben, weil es aber
Engliſche Geiſter waren, wurden ſie erleuchtet,
und bekannten, daß dem alſo ſey. Gleicher-
geſtalt verhaͤlt es ſich mit den uͤbrigen Vorſtel-
lungen, und mit allen und jeden Stuͤcken ei-
nes Eindrucks und Gedankens, und alſo auch
mit der himmliſchen Freude, daß das aller-
kleinſte davon allein von dem HErrn iſt.
Welche in der Liebe unter einander ſtehen,
die gehen ſtets dem Fruͤhling ihrer Jugend ent-
gegen, und je mehr Jahrtauſende ſie leben, de-
ſto lieblicher gruͤnen ſie, und das in Ewigkeit
unter ſtetem Wachsthum, nach den Progreſſen
und Graden der Liebe und des Glaubens. Die-
jenige von dem weiblichen Geſchlecht, welche
Sw. Sch.IV.Th. Oin
[210]Von den Himmel, ꝛc.
einem hohen Alter geſtorben ſind, und in einer
gluͤckſeligen ehlichen Liebe mit dem Mann ge-
lebet haben, gelangen mit den Jahren je laͤnger
je mehr in die Bluͤte der Jugend und werden
wieder ſo ſchoͤn, daß es alle Begriffe von ei-
ner Schoͤnheit, die man jemals geſehen, uͤber-
ſteigt. Dann die Guͤte und Liebe iſt es, welche
ſo bildet, und ihres gleichen darſtellt, und
macht, daß das angenehme und ſchoͤne der Lie-
be aus den beſonderſten Theilen des Geſichts
heraus leuchtet, ſo daß es ſelbſt Geſtalten der
Liebe ſind: Einige haben ſie geſehen, und ſind
daruͤber erſtaunt. So iſt die Geſtalt der Lie-
be, die man in dem andern Leben nach dem Le-
ben ſiehet, daß es ſelbſt die Liebe iſt, welche
bildet und ausgebildet wird, und zwar alſo,
daß der Engel ganz, inſonderheit das Angeſicht,
gleichſam die Liebe iſt, die man ausdruͤcklich
ſiehet und empfindet. Siehet man dieſe Ge-
ſtalt, ſo iſt es eine unausſprechliche Schoͤnheit,
welche in das innerſte Leben des Gemuͤths
Liebe einfloͤſet: Durch dieſe Schoͤnheit wer-
den in einem Bild, die Wahrheiten des Glau-
bens dargeſtellt, welche man auch daraus ge-
wahr wird. Diejenige, welche im Glauben an
den HErrn gelebt haben, d. i. im Glauben der
der Liebe, werden in dem andern Leben ſolche
Geſtalten; alle Engel ſind dergleichen Schoͤn-
heiten mit einer unzaͤhligen Mannichfaltig-
keit; aus dieſen beſteht der Himmel.
Von
[211]
Von den Geſellſchaften/ welche
den Himmel ausmachen.
Es ſind drey Himmel, der erſte, wo gute Gei-
ſter, der andere, wo Engliſche Geiſter, der
dritte, wo Engel ſind, und es iſt immer einer
innerlicher und reiner als der andere; ſie ſind
alſo unter einander ſehr unterſchieden. Alle
drey ſind in unzaͤhliche Geſellſchaften einge-
theilt, und eine jede beſteht aus vielen, welche
aus der Harmonie und Einmuͤthigkeit gleich als
wie eine Perſon ausmachen, und alle Geſell-
ſchaften zugleich als wie Einen Menſchen Die
Geſellſchaften ſind unter einander unterſchie-
den nach der Verſchiedenheit ihrer Liebe zu ein-
ander, und ihres Glaubens an den HErrn.
Dieſe Verſchiedenheiten ſind ſo unzaͤhlig, daß
man nicht einmal die allgemeineſte Arten an-
fuͤhren kann; ſo iſt auch bey einer Verſchie-
denheit nicht das geringſte, welches nicht auf
das ordentlichſte ſo gefuͤget worden, daß es auf
das einmuͤthigſte zu dem gemeinen Eins con-
ſpirire, und das gemeine Eins zu dem einmuͤ-
thigen eines jeden: und alſo zu der Gluͤckſe-
ligkeit, die alle von einem jeden, und ein jeder
von allen zu erwarten hat. Daher iſt ein je-
der Engel und eine jede Geſellſchaft ein Bild
des ganzes Himmels, und gleich als wie ein
kleiner Himmel.
Es gibt in dem andern Leben wunderbare
Vergeſellſchafftungen, ſie verhalten ſich Ver-
O 2glei-
[212]Von den Geſellſchaften,
gleichungs-weiſe wie die Anverwandſchaften
auf Erden, nemlich daß ſie erkannt werden
als wie Eltern, Kinder, Bruͤder, Blutsver-
wandte, Schwaͤger; nach ſolchen Verſchieden-
heiten geht die Liebe: Die Verſchiedenheiten
ſind nicht zu beſtimmen, und die Empfindun-
gen, die mitgetheilt werden koͤnnen, ſo fein, daß
man ſie nicht beſchreiben kann; es wird dabey
gar nicht geſehen auf die Eltern, Kinder, Bluts-
verwandten, Schwaͤger auf der Erden, noch
auf einige Perſon, ſie mag auch geweſen ſeyn
wer ſie will, und alſo auch nicht auf Wuͤrde,
Reichthum und dergleichen, ſondern allein auf
die Verſchiedenheiten der Liebe unter einander
und des Glaubens, welche zu empfangen ſie
das Vermoͤgen von dem HErrn bekommen ha-
ben, da ſie auf der Welt gelebt haben.
Es iſt die Barmherzigkeit des HErrn,
d. i. die Liebe gegen dem ganzen Himmel und
das ganze menſchliche Geſchlecht, alſo allein
der HErr, welcher alles und jedes zu Geſell-
ſchaften determinirt; dieſe Barmherzigkeit
iſt es, welche die ehliche Liebe hervor bringt,
und daraus die Liebe der Eltern zu den Kin-
dern, welches die fundamental- und vornehm-
ſte Arten der Liebe ſind, woraus alle uͤbrige
entſtehen, mit einer unbeſtimmten Varietaͤt,
die auf das genaueſte zu Geſellſchaften ver-
ordnet worden ſind.
Weil es nun mit dem Himmel eine ſol-
che Bewandtnis hat, ſo kann niemals ein
Engel
[213]welche den Himmel ausmachen.
Engel oder Geiſt einiges Leben haben, er ſey
dann in einer Geſellſchaft, und alſo in einer
Harmonie von mehreren. Eine Geſellſchaft
iſt nichts anders als eine Harmonie Vieler:
Dann niemand hat ein Leben, das von
dem Leben anderer getrennt waͤre; ja
es kann niemals ein Engel, oder ein
Geiſt, oder eine Geſellſchaft einiges Le-
ben haben, d. i. von dem Guten afficirt wer-
den, wollen, von dem Wahren afficirt wer-
den, denken, wo er nicht in einer Verbin-
dung durch mehrere von ſeiner Geſellſchaft
mit dem Himmel und mit der Geiſter-Welt
ſtehet: Desgleichen kann auch das menſchli-
che Geſchlecht, ein Menſch, er mag auch ſeyn
wer und was er will, nicht leben, d. i. von
dem Guten afficirt werden, wollen, von dem
Wahren afficirt werden, denken, er ſey dann
gleichfalls mit dem Himmel durch die Engel
die bey ihm ſind, und mit der Geiſter-Welt,
ja mit der Hoͤlle durch die Geiſter, die bey
ihm ſind, verbunden: Dann ein jeder iſt,
wann er in dem Leibe lebt, in einer Geſell-
ſchaft der Geiſter und Engel, ob er es gleich
gar nicht weiß, und wann er nicht durch
die Geſellſchaft, worinn er iſt, mit dem Him-
mel und mit der Geiſter-Welt verbunden
iſt, ſo kann er keine Minute leben. Es ver-
haͤlt ſich dieſes eben ſo wie bey dem menſchli-
chen Leib: welcher Theil von ihm nicht mit
den uͤbrigen durch die Faſern und Gefaͤſſe,
O 3und
[214]Von den Geſellſchaften,
und alſo durch die Verhaͤltniſſe des Dienſts
unter einander, verknuͤpfet iſt, der iſt kein
Theil des Leibes, ſondern wird ſogleich abge-
ſondert, und als ein ſolcher, der kein Leben
hat, weggeworfen. Selbſt die Geſellſchaf-
ten, in denen und mit denen die Menſchen
bey Leibes Leben geweſen ſind, wurden ih-
nen gezeigt, als ſie in das andere Leben ka-
men: Wann ſie in eine ſolche Geſellſchaft
nach dem Leben des Leibes kommen, ſo kom-
men ſie in ihr eigentliches Leben, welches ſie
im Leibe gehabt haben, und fangen von die-
ſem Leben ein neues an, und fahren alſo nach
ihrem Leben, das ſie im Leibe gefuͤhrt haben,
entweder in die Hoͤlle oder in den Himmel.
Weil nun eine ſolche Verbindung aller
mit einem jeden iſt, und eines jeden mit al-
len, ſo iſt es auch gleichmaͤßig mit den aller-
beſonderſten Theilgen eines Eindrucks und
Gedankens.
Daher entſtehet ein Gleichgewicht zwiſchen
allen und jeden in Anſehung der himmliſchen,
geiſtlichen und natuͤrlichen Dinge, daß keiner
denken, empfinden und agiren kann, auſſer
von mehreren, und doch meynet ein jeder,
daß es ganz frey von ihm ſelber ſey: Auf
gleiche Weiſe iſt nichts, das nicht von ſeinem
Gegenſatz und denen in der Mitte liegenden
Dingen des Gegenſatzes gleich abgewogen
wird, ſo daß ein jeder durch ſich und mehrere
zu-
[215]welche den Himmel ausmachen.
zugleich in dem vollkommenſten Gleichgewicht
leben. Darum kann auch keinem ein Uebel
wiederfahren, daß nicht ſogleich ein Gleich-
gewicht erfolge, und wann von dem Boͤſen
ein Uebergewicht vorhanden, ſo wird alsdann
das Boͤſe oder der Boͤſe nach dem Geſetz des
Gleichgewichts beſtraft, als wie von ſich ſelbſt,
aber niemals um eines andern Endzwecks
willen, als daß daraus Gutes entſtehe. Jn
einer ſolchen Form und Gleichgewichte beſte-
het die himmliſche Ordnung, welche allein
von dem HErrn gemacht, geſetzt, und in
Ewigkeit erhalten wird.
Man muß aber das wiſſen, daß niemals
eine Geſellſchaft der andern, auch nicht in
einer Geſellſchaft einer dem andern, ganz und
ſchlechterdings gleich ſey, ſondern es iſt eine
uͤbereinſtimmende und harmoniſche Mannig-
faltigkeit unter allen, welche Verſchiedenhei-
ten von dem HErrn ſo angeordnet worden
ſind, daß ſie auf Einen Zweck abzielen, wel-
ches geſchiehet durch die Liebe und Glauben
an Jhn, woraus die Vereinigung erfolget.
Daher wird auch niemals einem, wie dem
andern, ein ganz und ſchlechterdings gleicher
Himmel und himmliſche Freude zu Theil, ſon-
dern wie ſich die Verſchiedenheiten der Liebe
und des Glaubens verhalten, ſo iſt auch in
ihnen der Himmel und die Freude.
Diß habe ich uͤberhaupt von den Geſell-
ſchaften, aus einer vielfachen und langen Er-
O 4fah-
[216]Auferweckung des Menſchen
fahrung, anfuͤhren wollen, insbeſondere iſt
davon in dem vorhergehenden gehandelt
worden.
Von der Auferweckung des
Menſchen von den Todten, und von
ſeinem Eingang in das ewige Leben.
Wie dieſes zugehe, habe ich nicht bloß gehoͤ-
ret, ſondern es durch eine lebendige Er-
fahrung geſehen. Jch bin in einen Stand
der Unempfindlichkeit, was die leibliche Sin-
ne betrift, gerathen, alſo faſt in den Zuſtand
der Sterbenden, doch ſo, daß das innere Le-
ben, mit dem Denken, unverſehrt blieb, da-
mit ich das, was denen begegnet, welche ge-
ſtorben ſind und wieder auferwecket werden,
erfahren, und im Gedaͤchtniß behalten moͤch-
te, mit einer dem Leben gemaͤſſen, und her-
nach mit einer ſtillen Reſpiration.
Es waren himmliſche Engel zugegen, wel-
che die Gegend des Herzens beſetzten, ſo daß
ich dem Herzen nach mit ihnen vereinigt zu
ſeyn ſchien, endlich alſo, daß kaum noch et-
was von mir uͤbrig, als ein Gedank und ein
Gemerk (Perceptio) daraus; und diß etliche
Stunden lang.
Von der Gemeinſchaft mit den Geiſtern
in der Geiſter-Welt wurde ich alſo wegge-
bracht, welche meyneten, daß ich nicht mehr
in dem Leibe lebe.
Auſſer
[217]und Eingang in das ewige Leben.
Auſſer den himmliſchen Engeln um die
Gegend des Herzens, ſaſſen auch zween En-
gel bey dem Haupt, und ich nahm wahr, daß
es einem jeden ſo ergehe.
Die Engel um das Haupt waren die ſtil-
leſten, und theilten nur ihre Gedanken dem
Angeſicht mit, ſo daß ich merkte, daß ich
gleichſam ein anderes Geſicht bekam, und
zwar ein doppeltes, weil es zween waren.
Wann die Engel merken, daß ihr Geſicht
empfangen werde, ſo wiſſen ſie alsdann, daß
der Menſch geſtorben ſey.
Nachdem ſie ihr Geſicht erkannt haben,
fuͤhreten ſie um die Gegend des Munds ei-
nige Veraͤnderungen ein, und theilen ſo ihre
Geſinnungen mit: Dann durch die Gegend
des Mundes reden, das iſt dem himmliſchen
gemein: Jch konnte ihre Gedankenſprache
vernehmen.
Jch empfand einen wuͤrzhaften Geruch,
als wie von einem einbalſamirten Leichnam;
Dann wann himmliſche Engel zugegen ſind,
fuͤhlet man einen Todtengeruch wie von Ge-
wuͤrz, und wann dieſen boͤſe Geiſier empfin-
den, ſo koͤnnen ſie ſich nicht naͤhern.
Unterdeſſen war ich der Gegend des Her-
zens nach mit denen himmliſchen ziemlich ge-
nau vereinigt, welches ich merkte, und auch
an dem Puls fuͤhlete.
O 5Mir
[218]Auferweckung des Menſchen
Mir wurde inſinuirt, daß die Gedanken,
welche ein Menſch in dem Punct des Todes
hat, und gottſelig und heilig ſind, von den
Engeln erhalten werden, wie auch daß die
Sterbende gemeiniglich an das ewige Leben,
ſelten an ihr Wohl und Gluͤckſeligkeit geden-
ken, darum unterhalten ſie die Engel in den
Gedanken von dem ewigen Leben.
Jn dieſem Gedanken werden ſie von
den himmliſchen Engeln ziemlich lang unter-
halten, ehe ſie weichen, und den geiſtlichen
Engeln uͤbeꝛlaſſen werden, denen ſie hernach
zugeſellet werden: Unterdeſſen meynen ſie
nicht anders, wiewol dunkel, als ſie leben
noch im Leib. Die Lebensſubſtanzen werden,
ſo bald das innwendige leibliche erkaltet, von
dem Menſchen geſchieden; ſie moͤgen ſeyn
wo ſie wollen, und wann ſie auch in tauſend
Jrrgaͤnge eingeſchloſſen waͤren: Dann die
Barmherzigkeit des HERRN iſt von einer
ſo groſſen Kraft, welche ich zuerſt innen
wurde, als wie eine lebendige und ſtarke At-
traction, ſo daß nichts zum Leben gehoͤrig
uͤbrig bleiben kann.
Die himmliſchen Engel, welche bey dem
Haupt ſaſſen, ſind, nachdem ich gleichſam
wie auferweckt war, einige Zeitlang bey mir
geweſen, und haben nicht anderſt als ſtill ge-
redet, ich merkte dieſes aus ihrer Gedanken-
ſprache, daß ſie alles betruͤgliche und falſche
We-
[219]und Eingang in das ewige Leben.
Weſen fuͤr nichts hielten, es zwar nicht als
ein Geſpoͤtt verlachen, ſondern als nichts ach-
teten. Jhre Gedankenſprache iſt ohne etwas
ſchallendes, in welcher ſie auch anfangen mit
den Seelen zu reden, bey denen ſie zuerſt ſind.
Wenn nun der Menſch alſo von den
himmliſchen (Engeln) auferweckt worden,
ſo iſt er noch in einem dunkeln Leben, wann
aber die Zeit vorhanden iſt, daß er den geiſt-
lichen Engeln uͤbergeben werden ſoll, ſo wei-
chen alsdann nach einiger Zeit die himmli-
ſchen, wann die geiſtlichen herbey gekommen,
und es iſt mir gezeiget worden, wie dieſe zu
Werke gehen, daß einer das Licht ‒ Komme,
und nutzen kann.
Wann die himmliſche Engel bey einem
Wiederauferweckten ſind, ſo verlaſſen ſie ihn
nicht, dann ſie lieben einen jedweden: Wann
es aber mit einer Seele ſo weit gekommen,
daß ſie in der Geſellſchaft der Himmliſchen
nicht mehr ſeyn kann, ſo ſehnet ſie ſich von
ihnen hinweg: wann dieſes geſchiehet, ſo
kommen die geiſtlichen Engel, welche ihr zum
Licht verhelfen, dann vorher hat ſie nichts
geſehen, ſondern allein gedacht.
Jch ſahe, wie die Engel es bewerkſtelli-
gen: Es ſchiene, als ob ſie die Haut des lin-
ken Augs gegen der Naſe zu aufwickelten, da-
mit ſich das Aug oͤffnete, und ſie das Licht
ſehen koͤnnten: der Menſch meynt nicht an-
ders,
[220]Auferweckung des Menſchen
ders, als es geſchehe wuͤrklich alſo, es ſcheint
aber nur ſo.
Wann ſich das Haͤutlein entwicket hat,
erſcheint etwas Leuchtendes, aber noch dun-
kel, gleich als wann ein Menſch beym er-
ſten Auf wachen durch die Augenlieder ſieht;
er iſt in einem ruhigen Stand, und wird
noch beſchuͤtzet von den himmliſchen Engeln:
Darauf erſcheint etwas Schattichtes von
einer himmliſchen Farbe mit einem Stern-
lein: ich nahm aber wahr, daß dieſes auf
mancherley Weiſe geſchahe.
Nach dieſem ſcheint es, als ob ſich etwas
von dem Angeſicht gelind auswickelte, und
es wird ihm eine Empfindung beygebracht:
Darauf tragen die Engel ſehr groſſe Sorge,
daß keine andere Jdee, als eine etwas ſanfte
oder liebreiche bey ihm entſtehe; und es wird
ihm zu erkennen gegeben, daß er ein Geiſt
iſt. Alsdann fangt er an zu leben, welches
Leben zuerſt gluͤckſelig und froͤlich iſt, dann
es iſt ihm, als ob er in das ewige Leben ge-
kommen ſey: Dieſes praͤſentirt ſich durch ein
weiſſes Licht, das ſchoͤn gelb wird, wodurch
ſein erſtes Leben bedeutet wird, daß er nem-
lich das Himmliſche mit dem Geiſtlichen
verwechsle.
Daß er nachgehends in die Geſellſchaft
guter Geiſter aufgenommen wurde, wurde
durch einen Juͤngling vorgeſtellt, welcher auf
einem
[221]und Eingang in das ewige Leben.
einem Pferd ſaß, und es gegen die Hoͤlle rich-
tete, das Pferd kann aber keinen Schrirt
thun: Gleichwie ein Juͤngling ſich praͤſen-
tirt, weil er, ſobald er in das ewige Leben
kommt, unter den Engeln iſt: Alſo duͤnkte
es ihn, er ſey gleichſam in der Bluͤthe der
Jugend.
Das folgende Leben wurde damit vorge-
ſtellt, daß er von dem Pferd herab ſtieg, und
zu Fuß gieng, weil er das Pferd nicht von
der Stelle bringen kann; und es wird ihm
inſinuirt, daß er in der Erkaͤnntnis deſſen,
was wahr und gut iſt, unterrichtet wuͤrde.
Nachgehends ſahe ich ſchiefe Fußſteige,
welche allmaͤhlig aufwaͤrts fuͤhreten, und be-
deuteten, daß man durch Erkaͤnntnis des
Wahren und Guten, und durch Erkaͤnnt-
nis ſeiner ſelbſt nach und nach dem Himmel
zugefuͤhret wuͤrde: Dann ohne Erkaͤnntnis
ſeiner ſelbſt, und deſſen, was wahrhaftig
und gut iſt, kann niemand dahin gebracht
werden.
Wann einem Wiederauferweckten oder
einer Seele zu dem Licht, damit ſie ſich um-
ſehen kann, verholfen worden, ſo erweiſen
ihm die geiſtlichen Engel allen Dienſt, den er
nur in dieſem Zuſtand verlangen kann, und
belehren ihn von denen Dingen, welche in
dem andern Leben vorhanden ſind, ſo viel er
nemlich faſſen kann: Sie zeigen ihm auch,
wann
[222]Auferweckung des Menſchen
wann er im Glauben geweſen iſt, und es ver-
langt, das Wunderbare und Praͤchtige des
Himmels.
Wann er aber nicht will unterrichtet ſeyn,
ſo begehret der Wiederauferweckte oder die
Seele von der Geſellſchaft der Engel hinweg:
welches die Engel genau merkten; dann in
dem andern Leben gibt es eine Gemeinſchaft
aller Jdeen und Gedanken; und wann er von
ihnen hinweg verlanget, ſo verlaſſen ſie ihn
alsdann nicht, ſondern er trennet ſich von
ihnen. Die Engel lieben einen jeden, und
ſehnen ſich nach nichts ſo ſehr, als wie ſie
Liebes-Dienſte erzeigen, unterrichten und in
den Himmel erheben moͤgen: Darinn beſte-
het ihr groͤſtes Vergnuͤgen.
Wann die Seele ſich alſo trennet, wird
ſie von den guten Geiſtern aufgenommen,
und wann ſie in ihrer Geſellſchaft iſt, wer-
den ihr auch alle Dienſte erwieſen. Wann
aber ihr Leben auf der Welt ſo beſchaffen
war, daß ſie in der Geſellſchaft der Guten
nicht hat beſtehen koͤnnen, ſo begehrt ſie als-
dann von ihnen hinweg, und das ſo lang und
ſo oft, bis ſie ſich zu ſolchen geſellet, welche
mit ihrem Leben auf der Welt ganz uͤberein
kommen, bey denen findet ſie gleichſam ihr
Leben, und fuͤhret mit ihnen ein gleiches Le-
ben, wie in dem Leib. Wann ſie aber in
dieſes Leben wieder gekommen ſind, ſo gehet
darauf
[223]und Eingang in das ewige Leben.
darauf ein neuer Anfang des Lebens an, bey
einigen ſpaͤter, bey andern eher, ſie werden
darauf gegen die Hoͤlle gebracht. Diejenigen
aber, welche im Glauben an den HErrn ge-
ſianden ſind, werden von jenem neuen An-
fang des Lebens an durch Grade zu dem Him-
mel gefuͤhrt.
Es kommen aber einige langſamer, andere
ſchneller in den Himmel; ich habe ſo gar ge-
ſehen, daß einige unmittelbar nach dem Tod
in den Himmel aufgenommen worden ſind:
Jch will nur zwey Exempel anfuͤhren.
Es kam einer zu mir, und redete mit mir:
daß er erſt kuͤrzlich geſtorben, hat man aus
einigen Zeichen abnehmen koͤnnen; anfaͤng-
lich wußte er nicht, wo er war, und meynte,
er ſey auf der Welt: Und als man ihm zu
wiſſen gethan hatte, daß er in dem andern
Leben ſey, und nun nichts mehr z. Ex. Haus,
Guͤter, und dergleichen haͤtte, ſondern daß
er in einem andern Reich ſey, wo er alles,
was er auf der Welt gehabt, vermiſſen muͤſ-
ſe; ſo wurde ihm darauf bange, und er wuß-
te nicht, wo er ſich hinwenden und wo er
wohnen ſollte; man ſagte ihm aber, daß al-
lein der HErr ihn und alle verſorge. Er
wurde darauf ſich ſelbſt uͤberlaſſen, daß er
wie auf der Welt ſich Gedanken machte, und
er dachte nach, (man kann aber in dem an-
dern Leben offenbarlich wiſſen, was ein jeder
denkt
[224]Auferweckung des Menſchen ꝛc.
denkt) was er nun anfangen ſollte, weil et
von alle dem nichts mehr haͤtte, wovon er
haͤtte leben koͤnnen. Als er aber in der Angſt
war, wurde er unter die himmliſchen Geiſter
verſetzt, welche aus der Gegend des Herzens
waren: Dieſe erzeigten ihm alles Gute, was
er nur immer verlangte, darauf wurde er
wiederum ſich ſelbſt uͤberlaſſen, und er fieng
an nach der Liebe zu denken, wie er eine ſo
groſſe Gnade wieder vergelten koͤnnte. Da-
raus erhellete, daß er bey Leibes-Leben im
Glauben und in der Liebe geſtanden, darum
wurde er gleich in den Himmel aufgenommen.
Jch ſahe auch, wie ein anderer unmittelbar
in den Himmel von den Engeln verſetzt, und
von dem HErrn aufgenommen, und ihm die
Herrlichkeit des Himmels gezeiget wurde. Jch
habe auch ſonſt vielmals erfahren, wie dieſes
andern erſt nach einiger Zeit wiederfahren iſt.
Wie das Leben einer Seele oder
eines Geiſts beſchaffen.
Was uͤberhaupt das Leben der Seelen oder
neuen Geiſter nach dem Tod betrifft, ſo
wurde mir durch viele Erfahrungen bekannt,
daß ein Menſch, wann er in das andere Leben
kommt, nicht weiß, daß er in einem andern
Leben iſt, ſondern meynet, er ſey noch auf der
Welt, ja gar in ſeinem Leib; ſo gar, daß wann
man ihm ſagt, er ſey ein Geiſt, er ſich daruͤber
ver-
[225]und Eingang in das ewige Leben.
verwundert und entſetzt, ſowohl aus der Ur-
ſach, weil er durchaus wie ein Menſch iſt nach
den Sinnen, Begierden und Gedanken, als
auch deßwegen, weil er, da er auf der Welt
lebte, nicht geglaubt hat, daß ein Geiſt ſey, und
ein anderer, daß es mit einem Geiſt eine ſol-
che Bewandtniß haben koͤnne.
Das andere iſt, daß ein Geiſt viel fuͤrtreff-
lichere ſinnliche Kraͤfften und weit herrlichere
Gaben zu denken und zu reden hat, als da er
im Leibe lebte, ſo daß man ſie nicht damit ver-
gleichen kann; obgleich dieſes die Geiſter nicht
wiſſen, ehe ihnen von dem HErrn die Refle-
xion gegeben wird.
Man huͤte ſich vor der falſchen Meynung,
daß die Geiſter kein Vermoͤgen zu empfinden,
das noch weit fuͤrtreflicher, als bey Leibes-
Leben iſt, haben, ich weiß das Gegentheil
aus tauſend, und aber tauſend Erfahrungen;
und wann man es wegen ſeiner untergelegten
Grundſaͤtze vom Geiſt nicht glauben will,
ſo mag man zuſehen, wann man in das an-
dere Leben kommt, wo die Erfahrung machen
wird, daß man es glaubt. Sie haben nicht
allein ein Geſicht, dann ſie leben im Licht,
und zwar leben die gute Geiſter, die Engli-
ſchen und die Engel in einem ſo groſſen Licht,
daß das Licht am Mittag auf der Welt kaum
damit verglichen werden kann. Sie haben
ein ſo ſcharfes Gehoͤr, daß das Gehoͤr im Lei-
Sw. Sch.IV.Th. Pbe
[226]Auferweckung des Menſchen ꝛc.
be nichts dagegen iſt; ſie haben mit mir nun
ſeit einigen Jahren faſt beſtaͤndig geredet; ſie
haben auch einen Geruch, und ſehr ſeines
Gefuͤhl, daher die Schmerzen und Qual in
der Hoͤlle kommen, dann auf das Gefuͤhl be-
ziehen ſich alle Empfindungen, als welche
nur verſchiedene Arten und Abaͤnderungen
des Gefuͤhls ſind; ſie haben Begierden und
werden afficirt: Sie denken viel ſcharfſichti-
ger und deutlicher, als ſie bey Leibes-Leben
gedacht haben; wann ſie denken, ſo faſſen
ſie in einer Jdee weit mehr, als ſonſt in tau-
ſend, wann ſie bey Leibes-Leben gedacht ha-
ben. Sie reden mit einander ſo hell, ſubtil,
ſchlau, und deutlich, daß, wann ein Menſch
nur etwas davon inne wuͤrde, er daruͤber er-
ſtaunete. Jn Summa, ſie haben gar nichts
verlohren, daß ſie nicht noch wie Menſchen
ſeyn ſollten, aber vollkommenere, ohne Bein,
Fleiſch und andere Unvollkommenheiten Sie
erkennen und werden gewahr, daß es, wie
ſie auf der Welt lebten, der Geiſt gewe-
ſen, welcher empfunden hat, ob es gleich ſich
an dem Leib aͤuſſerte, ſo gieng es doch eigent-
lich nicht den Leib an: Wann ſie demnach
den Leib abgelegt haben, ſo leben die Empfin-
dungen (Senſationes) weit ſeiner und voll-
kommener. Das Leben beſtehet in der Em-
pfindung, dann ohne Empfindung iſt kein
Leben, und wie die Empfindung ſo iſt auch das
Leben, welches einem jeden bekannt ſeyn kann.
Einige
[227]
Einige Exempel von Geiſtern,
was ſie bey Leibes-Leben von der
Seele oder Geiſt gedacht haben.
Jn dem andern Leben kann man offenbahr-
lich merken, was ſie fuͤr Mennungen,
da ſie im Leibe lebten, von der Seele, vom
Geiſt, vom Leben nach dem Tod gehabt ha-
ben: Dann da ſie in einem Zuſtand, als
wann ſie im Leibe waͤren, gelaſſen werden,
ſo denken ſie eben alſo, und ihr Gedank wird
ſo deutlich gemein gemacht, als wann ſie of-
fenherzig redeten. Jch habe von einem, der
vor kurzer Zeit geſtorben war, erfahren, wel-
ches er auch bekannte, daß er zwar einen Geiſt
geglaubt habe, aber daß er ein obſcures Leben
haben werde. Deßwegen weil, wann das
Leben des Leibes wuͤrde entzogen werden, et-
was dunkles uͤbrig bleiben wuͤrde: Dann er
hat das Leben in den Leib geſezt; darum hat
er auch vom Geiſt eine Jdee gehabt, als wie
von einem Geſpenſt; und hat ſich darinn
beſtaͤrket, weil er ſehe, daß die unvernuͤnf-
tigen Thiere auch ein Leben faſt wie die Men-
ſchen haͤtten. Er verwunderte ſich jetzt, daß
Geiſter und Engel in groͤſtem Licht, groͤſtem
Verſtand, Weisheit und Gluͤckſeligkeit, mit
einem ſolchen Gemerk leben, daß man es
kaum beſchreiben kann, und alſo gar nicht
in einem dunkeln, ſondern in einem klaren und
deutlichen Leben.
P 2Jch
[228]Exempel von Geiſtern,
Jch habe mit einem geredt, welcher als
er auf der Welt lebte, geglaubet hat, ein
Geiſt ſeye kein ausgedehntes Weſen, vermoͤ-
ge dieſes Grundſatzes wollte er kein Wort
gelten laſſen, welches ein ausgedehntes We-
ſen in ſich faßte: Jch fragte, was er jetzt
von ſich, da er eine Seele oder Geiſt ſey,
empfinde, daß er ein Geſicht habe, ein Ge-
hoͤr, Geruch, ein zartes Gefuͤhl, Begierden,
Gedanken, ſo gar, daß er meynet, er ſey gaͤnz-
lich im Leib; Er beharrete auf der Jdee, in
welcher er war, da er alſo auf der Welt dach-
te: Darauf ſagte er, Geiſt ſey ein Gedank;
ich konnte ihm aber antworten, als wie er
auf der Welt geweſen waͤre, ob er nicht wiſ-
ſe, daß das leibliche Geſicht ohne ein Werk-
zeug des Geſichts oder Aug nicht ſeyn koͤnne,
wie ſollte nun das innerliche Geſicht oder der
Gedank ohne eine organiſche Subſtanz ſeyn
koͤnnen. Er erkannte alsdann, daß er ſich
bey Leibes-Leben mit einer ſolchen Phantaſie
geſchleppt habe, daß er meynte, Geiſt ſey nur
ein Gedank ohne alles organiſche oder ausge-
dehnte Weſen. Es wurde hinzu gefuͤgt, daß,
wann Seele und Geiſt nur ein Gedank waͤ-
re, der Menſch ſo kein groſſes Hirn vonnoͤ-
then haͤtte, da das ganze Hirn das organiſche
Weſen von den innerlichen Sinnen ſey:
Wann das nicht waͤre, ſo haͤtte die Hirnſcha-
le ausgehoͤlt ſeyn, und der Gedank eben an
dem Ort auf den Geiſt wuͤrken koͤnnen. Hier-
aus
[229]was ſie von der Seele gedacht.
aus allein, wie auch aus der Wuͤrkung der
Seele in die Muskeln, ſo daß ſo groſſe Be-
wegungen entſtehen, konnte er erſehen, daß
der Geiſt organiſch oder eine organiſche Sub-
ſtanz ſey. Deßwegen bekannte er ſeinen Jrr-
thum, und verwunderte ſich, daß er ſo naͤr-
riſch geweſen.
Ferner wurde geſagt, die Gelehrten glau-
ben nichts anders, als daß die Seele, welche
nach dem Tod leben ſoll, oder der Geiſt, ein
abſtracter Gedank ſey, welches daraus offen-
barlich erhellet, daß ſie das Wort ausgedehnt
nicht annehmen wollen, deßwegen, weil ein
Gedank, wann man von dem Subjecto ab-
ſtrahirt, nicht ausgedehnt, ſondern nur das
Subject und die Objecta (Gegenſtaͤnde) des
Gedankens ausgedehnt ſind; und welche Ge-
genſtaͤnde nicht ausgedehnt ſind, dieſelbe
ſchraͤnken die Menſchen ein, und machen ſie
ausgedehnt, damit ſie es faſſen. Hieraus iſt
offenbar zu erſehen, daß die Gelehrten durch
Seele oder Geiſt nichts anders verſtehen, als
allein das Denken, und daß ſie alſo niemal
anderſt glauben koͤnnen, als daß es verſchwin-
den werde, wann ſie ſterben.
Jch redete mit Geiſtern von der Meynung
der Menſchen, welche heut zu Tag leben, daß
ſie keinen Geiſt glauben, weil ſie es nicht
mit Augen ſehen, und auch durch die Wiſſen-
ſchaften nicht faſſen, und daß ſie alſo nicht
P 3allein
[230]Exempel von Geiſtern,
allein laͤugnen, daß ein Geiſt ausgedehnt ſey,
ſondern auch, daß er eine Subſtanz ſey, weil
ſie daruͤber ſtreiten, was eine Subſtanz ſey;
und weil ſie das ausgedehnt ſeyn laͤugnen,
und uͤber der Subſtanz mit einander zanken,
ſo laͤugnen ſie auch, daß der Geiſt an einem
Ort, folglich alſo in dem menſchlichen Leib
ſey, da doch der Einfaͤltigſte wiſſen kann, daß
ſeine Seele oder Geiſt in ſeinem Leib iſt. Als
ich dieſes ſagte, verwunderten ſich die Geiſter,
die unter den etwas einfaͤltigen waren, dar-
uͤber, daß die Menſchen heutiges Tages ſo
thoͤricht ſind; und wie ſie Woͤrter, woruͤber
man ſtreitet, als Theile auſſer Theilen und
dergleichen, hoͤreten, nenneten ſie dieſes un-
gereimte, kurzweilige und theatraliſche Din-
ge, welche ihnen niemals in den Sinn kom-
men ſollten, weil ſie den Weg zum Verſtaͤnd-
nis verſchlieſſen.
Es redete ein gewiſſer neu angekommener
Geiſt mit mir. Wie er hoͤrte, daß ich vom
Geiſt redete, ſagte er, was iſt ein Geiſt, in
Meynung, er ſey Menſch; als ich ihm ſag-
te, daß Geiſt in einem jeden Menſchen ſey,
und daß der Menſch nach dem Leben Geiſt
ſey, und ihm der Leib nur diene auf Erden
zu leben, und daß Bein und Fleiſch, oder
der Leib gar nicht gelebt und gedacht habe,
fragte ich, da er ſtutzte, ob er jemalen von
der Seele gehoͤrt habe: darauf ſagte er, was
Seele! ich weiß nicht, was die Seele iſt.
Als-
[231]was ſie von der Seele gedacht.
Alsdann wurde mir gegeben, ihm zu ſagen,
daß er nun eine Seele oder Geiſt ſey, wel-
ches er daher wiſſen koͤnnte, daß er uͤber mei-
nem Haupt ſey, und nicht auf dem Erdreich
ſtehe, ob er das nicht merken koͤnnte: Er
aber erſchrack, flohe davon und ſchrye, ich
bin ein Geiſt, ich bin ein Geiſt. Ein gewiſ-
ſer Jud meynte, er lebe noch ganz im Leibe,
und ſteifte ſich ſo darinn, daß er kaum konn-
te von dem Gegentheil uͤberzeuget werden;
da man ihm zeigte, daß er Geiſt ſey, behar-
rete er noch darauf und ſagte, daß er Menſch
ſey, weil er ſehe und hoͤre. Eben ſo ſind die
alle, welche auf der Welt coͤrperlich im Fleiſch
gelebt haben. Es haͤtte noch ſehr viel ange-
fuͤhret werden koͤnnen, es iſt aber dieſes nur
zur Beſtaͤttigung geſchrieben, daß es der Geiſt
im Menſchen ſey, welcher empfindet, und
nicht der Leib.
Jch habe mit vielen geredet, die mir im
leiblichen Leben bekannt waren, und zwar
lange, Jahr und Tag, mit ſo heller aber in-
nerlichen Stimme, als wie mit Freunden
in der Welt; mit welchen auch einige Ge-
ſpraͤche von dem Zuſtand des Menſchen nach
dem Tod untergeloffen ſind. Sie wunder-
ten ſich ſehr daruͤber, daß niemand bey Lei-
bes-Leben wiſſe oder glaube, daß er nach dem
Leben des Leibes alſo leben werde, da es noch
eine Fortſetzung des Lebens ſey, und zwar
eine ſolche, daß er aus einem dunkeln Leben
P 4in
[232]Exempel von Geiſtern, ꝛc.
in ein ſolches uͤbergehe, und bey denen, die
im Glauben an den HErrn geſtanden, in ein
noch helleres. Sie wollten, ich ſollte es ih-
ren Freunden ſagen, daß ſie leben, und daß
ich ihnen ſchreiben ſollte, wie ihr Zuſtand
ſey; ich erzaͤhlte ihnen auch vieles von dem
Zuſtand ihrer Freunde, meldete aber dabey.
daß wann ich es ſagen oder ſchreiben wuͤrde,
ſo wuͤrden ſie nicht glauben, ſondern es vor
Einbildungen halten, verlachen, Zeichen, und
Wunder fordern, ehe ſie glauben: Jch wuͤr-
de mich alſo ihrem Geſpoͤtt bloß geben. Daß
diß wahr ſey, werden vielleicht wenige glau-
ben, dann ſie laͤugnen im Herzen, daß ſie Gei-
ſter ſeyn, und die, welche es nicht laͤugnen,
wollen nichts davon hoͤren, daß jemand mit
Geiſtern reden koͤnne. Zu den alten Zeiten
hat man von dem Weſen der Geiſter nicht
ſo geglaubt, aber heut zu Tag, da ſie aus ei-
genen Hirnſchluͤſſen erforſchen wollen, was
Geiſter ſeyen; ſie berauben dieſelbe aller Em-
pfindungskraft durch ihre Erklaͤrungen, und
Erfindungen; und je gelehrter ſie ſeyn wol-
len, je mehr ſie ſo halten; (ſagende: Geiſt
ſey ein einfach Weſen, das keine Bewegung,
keine Figur, keine Ausdehnung, keine ſinn-
liche Eigenſchaften habe.)
An-
[233]
Anhang
Aus Hans Engelbrechts Nachrichten
vom Himmel und der Hoͤlle.
Gleichwie ich in der Hoͤlle roch einen greuli-
chen Geſtank, alſo roch ich auch im Him-
mel wieder einen uͤber alle maſſen lieblichen Ge-
ruch: Und wie ich auch fuͤr der Hoͤllen ſahe eine
groſſe Finſterniß, alſo ſahe ich auch im Himmel
dargegen ein groß Licht und Klarheit. Wer es
nun zwar nicht glauben will, was ich da geſe-
hen habe, der mag es laſſen, das verdammet nie-
mand, und macht auch niemand ſelig. Das iſt
mir nun vornemlich geoffenbart, und habe es
geſehen um der Bekuͤmmerten willen, daß ſie
dabey lernen ſollen, ein Quentlein Creutz, das
ſie in der Welt leiden, werde ihnen wieder mit
hundert tauſend Centner himmliſcher Freude
aus Gnaden vergolten werden. Da gilt kein
Verdienſt. Wer aber das nicht glauben will,
was ich jetzo beſchreiben werde, das ſind wahr-
haftig verdammte Menſchen. Dann ich habe
es von keinem Menſchen auf der Welt gelernt,
und auf keiner hohen irrdiſchen Schule, ſon-
dern allein auf der himmliſchen hohen Schule
von dem Heil. Geiſt durch den H. Engel. Dar-
um merket alle wohl auf, was ich jetzo beſchrei-
ben werde: Dann hie gehet das ganze Werk
hin, was ich ſonſten rede und ſchreibe, das an-
dere mag einer glauben oder mag es laffen; das
P 5ver-
[234]Aus Hans Engelbr. Nachrichten
verdammt niemand, und macht niemand ſeelig.
Aber wer das nicht glauben will, was ich jetzo
ſchreiben werde, der verdammt ſich ſelbſt. Das
vernuͤnftige glauben hilft wenig, es muß im
Herzen ſey. Mir iſt befohlen von GOtt durch
ſeinen Heil. Engel, ich ſollte wieder in die Welt,
und es den Leuten ſagen, und verkuͤndigen, was
ich geſehen und gehoͤrt haͤtte fuͤr der Hoͤlle, den
Gottloſen zur Warnung, und was ich in dem
Himmel hoͤrte und ſahe, den Betruͤbten zum
Troſt: Und der Befehl lautet eigentlich alſo
im Verſtand, wie ich den himmliſchen Verſtand
die Engliſche Sprache in meiner Sprache fuͤr
den Tag gebe. Jhr muͤßt es aber nicht alſo
verſtehen, daß es mir ſo raͤumlicher Weiſe
von Worten zu Worten alſo geſagt, wie ich
es auf die Weiſe raͤumlicher Weiſe von Wor-
ten zu Worten ſage und an den Tag brin-
ge: Nein, auf ſolche Weiſe iſt es mir nicht ge-
offenbahret und geſagt. Es iſt mir durch ei-
nen hohen Engliſchen Verſtand geſagt mit Eng-
liſcher Sprach. Was das aber vor eine Stim-
me iſt, die die Engel im Himmel reden mit GOtt,
und einer dem andern, das iſt mir jetzt unmoͤg-
lich, daß ich die Sprache beſchreiben koͤnnte in
der Zeit. Dann es hat mich der Heilige Geiſt
durch einen Engel den ganzen Verſtand der gan-
zen Bibel gelehrt im Augenblick, und da hat mir
der Engel befohlen, was ich in der Welt ſagen
ſoll. Ja ich habe da im Augenblick mehr ge-
lernt als kein Doctor auf der irrdiſchen hohen
Schu-
[235]vom Himmel und der Hoͤlle.
Schule kan ſtudieren und lernen, wann er auch
etlich tauſend Jahr darauf ſtudirte und lernte,
ja in alle Ewigkeit koͤnnte er das auf der irr-
diſchen hohen Schule nicht lernen.
Nun ſo ward mir da im Engliſchen Ver-
ſtand geoffenbaret, ich ſollte den Leuten ſagen,
wer nun wollte in das Reich der Herrlichkeit
kommen, der ſollte dieſe Regul in acht nehmen:
An JEſum Chriſtum ſoll er glauben, einen le-
bendigen Glauben haben, ſeinen Glauben in
der Liebe darthun und beweiſen, von Herzen
Buſſe thun, und ſich bekehren, dann GOtt kan
und will die Heucheley und die Scheinheiligkeit
nicht mehr leiden, die in der Welt im Schwang
geht. Dann es iſt alſo beſchloſſen im Rath
der Heil. Dreyeinigkeit, daß kein Menſch in je-
ner Welt Chriſtum ſoll anſchauen von Ange-
ſicht zu Angeſicht leiblich in alle Ewigkeit, er
ſoll ihn dann erſtlich anſchauen in der Zeit im
Glauben, im Geiſt, im Herzen; Aber ſo ward
mir da geſagt: Wenig, wenig Menſchen ſchau-
en ihn jetzo an in der Zeit im Glauben, im
Geiſt, im Herzen, in der That und Wahrheit;
aber viele im Fleiſch, in der Wiſſenſchaft, in
der Vernunft, weil keine Liebe in der Welt iſt,
ſondern lauter Heucheley.
- Conf.aus Hans Engelbrechts Leben
vom Arnold beſchrieben.p. 644. ſeqq.
Nachdeme Hans Engelbrecht in dem Pa ra-
dieß, wohin er verſetzt worden, viel Wunder
geſehen und gehoͤrt hatte, wie die Heilige GOtt
lobe-
[236]Aus Hans Engelbr. Nachrichten
lobeten, auf allerhand Weiſe wunderſchoͤn ſin-
gende und ſpielende, ſagte der HErr Chriſtus zu
ihm: Nun gehe wieder hin in die Welt, und
ſage denen Menſchenkindern, was du hier ſie-
heſt und hoͤreſt, und ſage ihnen, wann ſie nun
hieher wollen in das Paradieß, ſo ſollen ſie von
Herzen wahre Buſſe thun, und den Heil. Geiſt
nicht mit wiſſentlichen Suͤnden wider ſtreben,
damit derſelbe in ihren Herzen wuͤrken koͤnne
den Glauben an mich, dadurch ſie ſelig werden,
und daß derſelbe ihre Seelen erſt in der Zeit
koͤnne verklaͤren; dann keines Menſchen Leib
ſolle in Ewigkeit verklaͤret werden, deſſen See-
le nicht in der Zeit verklaͤret worden. Wann
aber nan ihre Seelen erſt in der Zeit verklaͤ-
ret werden, ſo ſollen hernach auch ihre Leiber in
der Ewigkeit verklaͤret werden. So aber ihre
Seelen nicht erſt in der Zeit verklaͤret werden
von dem H. Geiſt, ſo ſollen ihre Leiber auch nicht
verklaͤret werden in der Ewigkeit, ſondern ſol-
len ſamt der Seelen ewig unverklaͤrt bleiben.
Und als Engelbrecht auf dieſen Befehl Chri-
ſti im Paradieß zu bleiben begehrte, ſprach Chri-
ſtus zu ihm: Gehe du nur hin, und thue, was
ich dir befehle. Obſchon viele in der Welt
ſind, die mein goͤttlich Werk, dieſe goͤttliche
Offenbarung laͤſtern, ſo werden ſich doch auch
wieder einige finden, die es mit Freuden hoͤren
werden, was ich dir hier offenbare. Jeb will
aber die Spoͤtter wohl zu finden wiſſen, wann
meine Zeit kommt, darum, daß ſie mein goͤtt-
lich
[237]vom Himmel und der Hoͤlle.
lich Werk verlaͤſtern, das ſie doch nicht verſte-
hen. Daß du es aber hoͤren mußt, und deß-
wegen ſehr geaͤngſtigt wirſt, wann ſie mein
goͤttlich Werk laͤſtern, das leide gedultig, dann
je mehr du um meinetwillen leideſt in der Zeit,
deſto mehr ſolleſt du in der Ewigkeit an Leib
und Seele wieder ewiglich erfreuet werden.
- Hieraus lerne, Leſer, daß jeder andere Figu-
ren und Geſtaltungen vom Himmel und
Hoͤlle in Geſichtern ſiehet. Wie noͤthig
iſt demnach die Regel der Schrift, deren
Ausſicht von A bis O iſt, nicht wie En-
gelbrechts oder Swedenborgs iſt.
Goͤttliche Offenbarungen/
Lorenz Pſcherers, eines Schul-
meiſters im Flecken Altſtadt,
Von der Lehre Lutheri.
Anno 1627. den 13. Jan. als ich Morgens
zur Kirchthuͤre eingieng, kam ein klein
ſchneeweiſſes Knaͤblein zu mir, hatte in der lin-
ken Hand ein Buͤchlein, und in der rechten ei-
nen Kelch, und ſagte zu mir: Das Buͤchlein
das ich habe, bedeutet den Evangeliſch-Luthe-
riſchen Glauben, dann er iſt der rechte in Got-
tes Wort gegruͤndet, und ſtimmet mit demſel-
ben uͤberein, deßwegen thun die groß Unrecht,
welche um des zeitlichen Guts willen von dem-
ſelben
[238]Beſtaͤttigung der Lehre Lutheri.
ſelben abfallen. Der Kelch, ſagte es ferner, be-
deutet das Heil. Abendmahl in beyder Geſtalt.
Alle, die ſolches aͤndern, begehen eine groſſe
Suͤnde, als die Chriſti Wort verdrehen, und
nur die eine Geſtalt vor recht ſprechen. Und
ſprach weiter zu mir: Was ich dir jetzo geſagt
habe, das ſollt du am allermeiſten den vertrie-
benen Exulanten, Geiſtlichen und Weltlichen
anzeigen, daß ſie in ihrem Gebet fortfahren
und fleißig beten.
Als ich aber darauf antworete: Jch ſeye
ein ſchlechter Mann, die Leute wuͤrden mir
nicht glauben, ſondern meiner ſpotten, ſagte
es zu mir: Du mußt es offenbahren. Weiſt
du nicht, daß GOtt immer etwas durch ſchlech-
te und verachtete Leute hat offenbahren laſſen,
die Frommen werden dein nicht lachen; ſage
es nur fleißig den Exulanten, die werden ſchon
wiſſen, wie ſie ſich gegen dir verhalten ſollen.
Den 4. Febr. kamen wieder nach und nach
4. Knaͤblein zu mir, als ich Morgens zur Kir-
che gieng, und ermahneten mich ſtark, ich ſolle
alles ſagen, was ich geſehen und gehoͤrt, da-
mit die Leute Buſſe thun. Dann man muͤſſe
GOtt mehr gehorchen dann den Menſchen.
Den 5. Martii kamen Morgens wieder 4.
Knaͤblein in der Kirche zu mir, alle ſchneeweiß,
und ſagten zu mir: Weil du verrichtet, was
dir befohlen worden, wird der Friede des HErrn
mit dir ſeyn, und du wirſt ſtets beſchuͤtzet wer-
den;
[239]Wie man das Buch zu pruͤfen habe.
den; und ſagten zum Ende noch zu mir: Daß
alle diejenige, welche mit eifrigem Herzen bey
der reinen Evangeliſchen Wahrheit beſtaͤndig
bleiben, auch um derſelben willen gerne Ver-
folgung leiden, ſollen einen ſolchen Lohn im
ewigen Leben haben, den keine Menſchenzun-
ge auszuſprechen vermoͤge, und daß A. 1631.
die Verfolgung werde ein Ende haben; wel-
ches auch geſchehen iſt.
Nachricht,
wie man das Buch zu pruͤfen habe.
Der gelehrteſte unter den Koͤnigen der Erden,
der Philoſoph de Sans Souci erfordert in
ſeinen Carmen an den Marquis d’Argens, mit
dem ich ehmals viel Umgang gehabt, zu uͤber-
ſinnlichen Dingen ein uͤberſinnliches Senſo-
rium.
Diß hat nun, welches wunder iſt, der Me-
chaniſche Philoſoph Emanuel Swedenborg
von oben empfangen, aus dieſem gehet ſeine
himmliſche Philoſophie.
Er gibt zwar ſehr wenige Definitionen de
Spiritibus, Angelis, Cœlo primo, ſecundo, ter-
tio, de Loco \& Statu, de perceptionibus Spi-
rituum, de Sphæra activitatis Spirituum; man
kann aber dieſe Definitionen leicht heraus hoh-
len. Und dieſe gehoͤren darzu, wenn man
diß
[240]Wie man das Buch zu pruͤfen habe.
diß Buch ſolle pruͤfen koͤnnen. Eben dieſe
muͤſſen auch in Heil. Schrifft liegen.
Wer die Heil. Schrift nicht mit Philoſo-
phiſchen Jdeen benebelt, ſondern als ein Kind
ohne Vorurtheile ließt, der ſiehet bey dem er-
ſten durchleſen, daß GOtt ſein Contrefait durch
den Heil. Geiſt im heiligen Feuer, im gewiſſen
Ort des Throns, mit einer Lage zur Rechten
und zur Linken, aber auch fahrend auf den Fit-
tichen des Windes dargeſtellt.
Daß die Engel und Geiſter als ausgedehnte
Spiracula oder Winde und Feuerflammen ge-
zeichnet werden.
Daß der Menſch den Odem der Leben un-
mittelbar aus GOttes Mund empfangen.
Daß GOtt den Geiſt, wie das Licht, in der
Mitte des Menſchen bilde, Zachar. 12, 1.
Daß die Geiſter nach dem Tod, wann der
Leib im Grab liegt, Augen, Ohren, Zunge und
dergleichen wahrhaftig an ſich haben, kurz, daß
die Freude des Himmels in keinen andern, als
lebendig und geiſtlich coͤrperlichen Ausdehnun-
gen, nicht todt materiellen Geſtalten beſchrie-
ben werde.
Diß kommt den Gelehrten allzu imaginativ
vor, ſie wollen dieſe grobe Concepte von aller
coͤrperlichen Indecenz reinigen, ſo, daß endlich
alles auf ein bloſes incogitables weiß nicht
was binaus lauft.
Diß iſt das Fundament des Unglaubens
dieſer Welt.
Aber
[241]Wie man das Buch zu pruͤfen habe.
Aber die, welche die Heil. Schrifft auf ſol-
che Art leſen, daß ſie ſich ihre Gedanken von
dem klar ausgedruckten Wort bilden laſſen,
kehren es gerade um.
Sie verſtehen es, wie es da liegt, ſie murren,
und diſputiren nicht viel, ſie begnuͤgen ſich mit
Ueberſetzungen Heil. Schrift, ſie ſchlagen nicht
viel Commentarios auf in Sachen, da das klare
Wort ſchon genug von den Grundbegriffen
der Maͤnner GOttes angiebt, und alſo finden
ſie in kurzem den leichteſten, nothwendigſten
und nuͤtzlichſten Verſtand, ohne viel Ausle-
gungsregeln, welche vorhin aus jedem Brief
bekannt ſeyn: Da iſt Gnade und Friede in ih-
rem Herzen, hingegen tauſend Unruhe und tau-
ſend Zweiffel in den Herzen der philoſophiſchen
Schriftausleger.
Mein, warum hat D.Young zuletzt ſeine
Manuſcripten ſo veraͤchtlich angeſehen?
Es iſt ihnen nicht unglaublich, daß auſſer
dieſer coͤrperlichen Welt eine andere ſeye; dann
ſie leſen 2 Koͤn. 6, 17. als dem Gehaſi die Au-
gen geoͤffnet worden, daß er alles voll feuriger
Roſſe und Wagen geſehen, und Joas C. 13.
ſahe diß auch v. 14-19. und wer dieß mit
Reſpect ließt, ſiehet weit hinaus uͤber die coͤr-
perliche Welt, weit uͤber die mechaniſche Noth-
wendigkeit in die Freyheit der Geiſter.
Es iſt eine Zeit wie zu Elias Zeiten. Die
Zeugen GOttes, die Philadelphiſche Geſell-
ſchaft in Engelland, Hans Engelbrecht in
Sw. Sch.IV.Th. QBraun-
[242]Wie man das Buch zu pruͤfen habe.
Braunſchweig und andere hat man wenig an-
gehoͤrt.
Nun tritt auf ein groſſer Philoſoph, und
ſagt uns, daß die Sachen ſo ſeyn, wie es die
Heil. Schrift ohne verbluͤmte Auslegung in
kurzen Anzeigen vorſtellt. Da heißt es wohl:
ſeelig iſt, der ſich nicht an mir aͤrgert.
Es gehoͤret aber nicht bloſes Nachdenken,
ſondern eine Gemeinſchaft mit dem Vater und
Sohn im Heil. Geiſt darzu, um dieſe erhabene
Dinge recht zu pruͤfen, und die Weisheit GOt-
tes zu rechtfertigen, wie es JEſus, der HErr
alles Fleiſches, haben will, Luc 7, 35.
Jch habe mit einem Mann GOttes in Calw,
Praͤceptor Schill, ſeel. Andenkens, als mit
meinem Gevatter und Taufzeugen, ſchon An.
1739. viel von dieſen Dingen geſprochen, er
hatte auch wie Swedenborg mit den Geiſtern
geredt, und mit ſeinem Zeugniß kommt alles
das uͤberein, was Swedenborg ſchreibt. Er
hat aber nichts davon in den Druck geben wol-
len. D.Weißmann und Praͤlat Oechslin
waren ſeine Adhaͤrenten in dieſen Dingen.
Jedannoch haben dieſe nicht viel davon geredt,
wegen des Unglaubens der Zeit.
Es kommt aber allem ſeine Zeit. Es iſt
nichts heimliches, das nicht offenbar werde,
ſpricht der Groͤſte unter den Weiſen, Luc. 12.
Diß iſt vor einen jeden Layen zur Pruͤfung
genug, aber vor die Gelehrte gehoͤrt die Ver-
glei-
[243]Wie man das Buch zu pruͤfen habe.
gleichung der himmliſchen Philoſophie, mit
Swedenborgs irrdiſcher.
Swedenborgs Philoſophie, ſo mechaniſch
ſie auch iſt, hat doch, wie ein jeder ſelbſt aus
meinem Auszug ſehen kan, ſehr geſunde und mit
Heil. Schrift viel uͤberein ſtimmende Begriffe.
Er glaubt, die Seele ſey ein Extenſum. Er
glaubt, in der ſichtbaren Welt liegt eine unſicht-
bare, ob er aber auch glaubt, daß alles per con-
tiguitatem elementorum geſchehe, zweifle ich
ſehr.
Mich duͤnkt, da er ſogar das erſte Cap. Ge-
neſeos blos geiſtlich auf die Wiedergeburt zieht,
und den Phyſicum Senſum uͤbergeht, er ſehe nicht
mehr zuruͤck auf ſeine irrdiſche Gedenkungsart.
Alles und in allem Chriſtus, hieß es bey ihm.
Er wird nach der allererſten Verheiſſung JE-
ſu Joh. 1. influirt von der Himmelsleiter, auf
welcher die Engel hinauf und hinab ſteigen.
Er ſiehet nach JEſu Verheiſung den Himmel
offen, und vergißt, was dahinten iſt, er be-
gnuͤgt ſich, daß ſich GOtt aus dem Munde der
Kinder und Saͤuglinge ein Lob zugerichtet;
der Sterne, und wie unſere Erde ehemals ſo
nahe an der Sonne geweſen, gedenkt er im er-
ſten Theil nicht, er denkt etwa, er werde dort
ſehen die Himmel ſeiner Finger Werk, den
Monden und Sterne, die GOtt bereitet.
Nun wollen wir ſehen, was zur himmli-
ſchen Philoſophie fuͤr Grundbegriffe gehoͤren,
und erſtlich
Q 2Von
[244]
Von dem Wort Heil. Schrift.
Was nun dieſes betrift, ſo muß ich erſtlich
den Einwurf, den alle Welt macht aus
den Wort: Sie haben Moſen und die
Propheten, beantworten.
Dieſe Antwort des Abrahams an den rei-
chen Mann ſagt nicht, daß GOtt keine Nach-
richten aus der unſichtbaren Welt mehr mit-
theilen wolle, ſondern nur ſo viel, 1) daß,
wann man Moſen und die Propheten nicht
betrachte, ſo helfen auch keine Nachrichten aus
Himmel oder Hoͤlle nichts.
2) Es ſchicke ſich nicht vor die Hoheit GOt-
tes, und vor die Einfoͤrmigkeit ſeiner Wege,
daß er einem in der Quaal gepeinigten Ver-
aͤchter der Wahrheit zu lieb, auf ſeine Einfaͤl-
le, einen Geſandten zu ſeinen Bruͤdern ſende.
3) So zeigt JEſus, daß alle, die das Wort
GOttes verachtet haben, noch in jener Welt
keine Achtung dafuͤr haben, daß es eine Stra-
fe ihrer vorigen Gedenkungsart ſeye, daß ſie
auſſerordentliche Wege wuͤnſchen, weil ſie nie-
mal Moſen und die Propheten und Apoſtel
ordentlich geleſen.
4) Daß, wann man Moſen und die Pro-
pheten wohl inne habe, man auch deſto beſſer
glaube, daß es Fruͤchten der Auferſtehung in
viel Arten gebe.
Nun will alle Welt ſich der Verbindung
entledigen, wann GOTT fuͤr gut haͤlt, durch
ſeine
[245]Von dem Wort Heil. Schrift.
ſeine Heilige uns Nachrichten zur Erlaͤuterung
der dunklen und kurzen Schriftworte aus der
unſichtbaren Welt zu ſchenken. Was GOtt
dem reichen Mann verweigert, das verweigert
er ſeinen Glaubigen nicht. Nein, ſie doͤrffen
und ſollen zu der Menge vieler Tauſenden,
und zu den Geiſtern der Vollendeten kommen,
Ebr. 12. Sie ſollen aus ihrer Gemeinſchaft
Nachrichten mittheilen. Es iſt ihr Privilegi-
um, ſie ſollen den Himmel offen ſehen, und
die Engel GOttes ſollen mit ihnen nach den
Stuffen der Himmelsleiter, aus Befehl des
ſouverainen HErrn, umgehen, Joh. 1.
Es hat noch niemal aufgehoͤrt, was GOtt
ſchon durch Joel Act. 2, 17. auf die NB. gan-
ze Zeit des neuen Teſtaments verheiſſen. Die
Unglaubige ſagen, Petrus habe es nur an den
Pfingſttag gebunden, es habe nach der Hand
aufgehoͤrt, aber ſagt GOtt nicht auf die letzte
Zeit des neuen Teſtaments? Jch will ſie Wun-
der ſehen laſſen, wie zur Zeit in Egypten, Mich.
7, 17. ſagt er diß nicht auf unſere und folgen-
de Zeiten?
Diejenige, welche ſich ſo ſehr gegen die
Weiſſagungen und Prophetiſche Ausſpruͤche,
dergleichen Hans Engelbrechts und Swe-
denborgs ſeyn, wehren, kommen mir fuͤr, wie
bey Jeremia die Schriftgelehrte, da ihnen Je-
remias etwas mehrers, als in Moſe ſtund, auf
GOttes Befehl gepredigt, da ſagten ſie, was
haben wir dich einen neuen Propheten noͤthig,
Q 3wir
[246]Von dem Wort Heil. Schrift.
wir haben Moſen, wir haben die Schrift vor
uns, Jer 8, 8. Wie moͤgt ihr Unglaubige
doch ſagen: Wir wiſſen ſchon, was recht iſt,
wir ſind die Weiſe und Ausleger (anachnu
chachamim,) wir haben die Heil. Schrifft
vor uns, ſo ſagt Jehovah ſelbſt zu dieſen Un-
glaubigen, und antwortet ihnen: achen, fuͤr-
wahr hinneh, ſiehe doch, o Gemeine mit dei-
nen Augen, leſchækær, zum Eitlen, Aſah, hat
er (GOtt) es gemacht. Æth der Stylus, Schæ-
kær Sophrim iſt Luͤgen der Gelehrten.
v. 9. Die Weiſen ſind zu Schanden wor-
den, ſie ſind gefangen (in ihren Widerſpre-
chungen gegen einander.) Siehe, ſie haben das
Wort des HErrn verachtet, und die Weis-
heit? wie ſolle ſie ihnen zu Theil werden?
Wann die Schriftgelehrte den Ausſpruch:
Sie haben Moſen und die Propheten fuͤr
ſo allgemein ausgeben, daß er alle noch jetzo
moͤgliche Prophetiſche Anzeigen ausſchlieſſe, ſo
muͤſte auch Merlini Weiſſagung, welches der
Adler in Apocalypſi iſt, der die hundert und
eilf Paͤbſte voraus beſchrieben, fuͤr fanatiſch
oder untauglich gehalten werden.
Merkwuͤrdig iſt, daß GOtt die Reforma-
tion Lutheri mit einer Erſcheinung beehrt. Als
die Pfalz gegen hundert Jahr nach der Refor-
mation Lutheri von den Kayſerlichen verheert
worden, und wegen der Religion viel Verfol-
gung entſtanden, da hat GOtt fuͤr gut gefun-
den, durch Erſcheinungen der Engel die in der
Pfalz
[247]Von dem Wort Heil. Schrift.
Pfalz Verfolgte zu troͤſten, davon ein kleiner
Auszug oben pag. 237. gegeben worden. Nun
haben die Engel einem Schulmeiſter in Alt-
ſtadt im Sulzbachiſchen, Namens Pſcherer,
ſchon A. 1628. zum Troſt vorher geſagt, A.
1631. ſolle ſich das Blatt wenden. Traf es
nicht ſchoͤn zu, daß die Kayſerliche bey Leip-
zig geſchlagen, und der erſte Grund zur Reli-
gionsfreyheit gelegt worden? Seynd nicht
die Schweden und Sachſen damahl Meiſter
worden?
Gehet, gehet, ihr Unglaubige, laßt euch an-
derſt berichten, es hat eine groſſe Folge in die
Ewigkeit, was ihr euch fuͤr eine Gedenkungsart
erwaͤhlet. Seyd ihr weiſe, ſo ſeyd ihr es euch,
ſeyd ihr Spoͤtter, ſo werdet ihr es tragen, ſo
wie es Swedenborg nach ſeiner Art vormahlt.
Moͤchte einer aber ſagen: Es iſt ein bloſes
Phantasma wann einer auftritt, und auf GOt-
tes Befehl vorgiebt, Dinge geſehen zu haben,
davon die Heil. Schrift kein Exempel giebt.
Z. E. Engelbrecht gibt vor, er habe Voͤgel flie-
gen geſehen im Himmel: So antworte ich wie
beym Ehegeſetz, da ſind acht Caſus conſangui-
nitatis, und ſieben Caſus affinitatis ausdruͤck-
lich gemeldet, es ſind aber darunter alle Caſus
begriffen, die die Generalregul auf ſimiles ca-
ſus in eodem gradu conſ. \& affinitatis verſtan-
den haben will. Es wird keiner Voͤgel im
Himmel gedacht, aber der weiſſen Pferde wird
gedacht, Apoc. 19. die im Himmel ſeyn muͤſ-
Q 4ſen,
[248]Von dem Wort Heil. Schrift.
ſen, alſo ſind uͤberhaupt auch Thiere im Him-
mel, und diß iſt richtig gedacht und geſchloſſen,
alſo iſt es kein Phantasma, kein Traum, keine
nur uͤbergehende Vorſtellung, ſondern eine
bleibende Sache.
Man lerne doch richtig denken uͤber die
Heil Schrift, ſonſt werden unſere unrichti-
ge Schluͤſſe erſt dorten mit laͤngeren Gegen-
Erkaͤnntniſſen abgethan werden. Man
kann zu allen Sachen, die Swedenborg vor-
bringt, etwas dergleichen in Heil. Schrift fin-
den, wohl nicht in extenſo, ſondern in intenſo.
Der beruͤhmte D. Erneſti beſchuldigt Swe-
denborg des Coccejanismi oder, daß die Heil.
Schrift vielerley Sinn haben koͤnne. Aber,
o wie wenige haben aus Cocceji Lexico Ebra-
ico, und aus dem ganzen Zuſammenſchluß
ſeiner tiefen Einſichten die Summe ſeiner Be-
griffe eingeſehen. Gewiß nach Petri Grund-
ſatz wird alle Weiſſagung Heil. Schrift nicht
verſtanden durch eigene Auslegung, ſondern
wie die H. Maͤnner GOttes geredt, und ge-
trieben worden vom Heil. Geiſt, ſo muͤſſen
auch die Schluͤſſe aus Heil. Schrift einen
ſolchen Antrieb haben, und da gibt es frey-
lich in einem Spruch unzehlige abgetheilte
partial Senſus, die zuſammen den ganzen Sinn
ausmachen, den der Heil. Geiſt ſchon von
Ewigkeit im Geſicht gehabt.
Man muß die Fehler, die manche da nicht
wider die Hauptſache machen, nicht in die
Rech-
[249]Von dem Wort Heil. Schrift.
Rechnung bringen. Ubi plura nitent in Car-
mine, non ego paucis offendar maculis.
Jeder wahrer Schriftforſcher, derglei-
chen Cocoejus im hohen Grad war, muß glau-
ben, daß die Stellen Heil. Schrift nach Matth.
5. v. 18. uͤberreich und voll Geiſtes ſeyen,
erſtlich intenſive, nach der zuſammen gezogenen
Kraft; Zweitens, extenſive, nach der Aus-
breitung; Drittens, protenſive, nach der per-
ſpectiviſchen Ausſicht auf alle Zeiten, und end-
lich ſpiritualiter, auf alle geiſtliche Staͤnde:
Daher kann jeder Heyls-begieriger etwas dar-
innen mit Grund ſehen, welches ein anderer
nicht ſiehet, der eine ſieht nach der Kraft, der
andere nach der Ausbreitung, und ſo ferner.
Durch Senſum intenſum, extenſum, proten-
ſum wird der geiſtliche Sinn am meiſten erzielt.
Hans Engelbrecht ſagt, er habe im Augen-
blick durch einen Engliſchen Verſtand, ohne
raͤumliche Worte, der ganzen Heil. Schrift
Sinn ergriffen. Er hat alſo Senſum inten-
ſum und Senſum ſpiritualem zumahl erblickt,
aber nicht allen Senſum literalem aller Stellen.
Jn jedem Spruch liegt etwas davon, ja in je-
dem liegt auch das ganze, wann es pur und
geiſtlich genommen wird, alſo ſeynd ſo viel
geiſtliche Sinn, als ohne Widerſpruch dar-
innen koͤnnen gefunden werden. Aber con-
traire Senſus koͤnnen es nicht ſeyn, es kann
wohl contrair ſcheinen, aber es iſt nicht. Z Ex.
im Luca ſagt JEſus: Die Weisheit ſeye von
Q 5allen
[250]Von den Elementen,
allen ihren Kindern erkannt und gerechtfertigt
worden. Dieſer iſt Lutheri Verſion contrair:
die Weisheit muß ſich meiſtern laſſen. Dieſe
zwey Sinn koͤnnen nicht in einem und eben
demſelben Spruch ſeyn: ſpiritualiter per
conſequentiam endlich wohl, nemlich von den
Kindern der Weisheit wird ſie gerechtfertigt,
von den Thoren gemeiſtert. Die Kraft, die
Ausbeitung, die Ausſicht auf viele Zeiten muß
die Senſus dirigiren, einſchraͤnken und ausdeh-
nen, damit alles Grund habe
Diß iſt wohl Cocceji und Swedenborgs
Sinn. Man richtet aber beyden viele ethi-
ſche, nicht logiſche Conſequenzien an.
Diß ſind meine Gedanken zur Pruͤfung
deſſen was Swedenborg von dem Wort
GOttes ſchreibt. Wir kommen auf den
zweyten Punct.
II. Von den Elementen, wor-
aus alles geworden.
Von den Elementen, die Swedenborg in
ſeiner irrdiſchen Philoſophie angiebt, iſt
mein Sentiment dieſes, daß er in ſeiner himm-
liſchen Philoſophie ſich nicht mehr getrauen
werde, wiederum die Anzahl der Elemente,
aus welchen alles entſtanden, zu beſtimmen,
noch auch die Wuͤrkung und Gegenwuͤrkung
derſelben auszuſprechen. Es ſcheint nicht ſei-
ne Gabe zu ſeyn, die Origines rerum in ſeiner
himm-
[251]woraus alles geworden.
himmliſchen Philoſophie zu erkennen. Diß
war Jacob Boͤhmens Gabe, aber weil es
unausſprechliche, meiſtens zumahl in einan-
der fallende Dinge ſind, ſo deſiderirt man auch
an J. Boͤhm ſelbſt, daß er in Annehmung
dreyer Principien, und der ſieben Geiſtesge-
ſtalten ſich nicht verſtaͤndlich genug habe erklaͤ-
ren koͤnnen. Man wird in der Ewigkeit diß
nicht ſeine erſte Lection ſeyn laſſen, aus was
fuͤr Elementen die Dinge beſtehen, und wie
die Art der Zuſammenſetzung ſeye, ſo wenig
man in einem Kaufladen die Faͤden und
Urſtoffe der Zeuge zuerſt unterſucht. Man
wird diß ſeine erſte Lection ſeyn laſſen,
ob man an dem Goͤttlichen Element des Flei-
ſches und Bluts Chriſti Theil habe, weil da-
von abhangt, die ſchnelle und geſchwinde
Perceptiones des Gegenwaͤrtigen, Vergange-
nen und Kuͤnftigen zu haben, ſo daß die Hei-
lige werden die boͤſe Engel richten. So muͤſ-
ſen ſie demnach das Protocoll nicht auf ſolche
ſucceſſive Art erlernen, ſondern εν στιγμῆ, im
Centro, ſo wie der Teufel im Centro, im
Augenblick der Zeit und Raums, JEſu alle
Reiche der Welt gezeigt.
Dieſe Art der Perception iſt denen Phi-
loſophen unbekannt, aber die Heilige, als der
aͤltere Helmont, Boͤhm, Bromley, En-
gelbrecht, Thereſe von Bourdeaux, und
andere haben ſie in verſchiedenen Graden be-
ſeſſen: wie weit man aber dadurch die Origi-
nes
[252]Von den Elementen,
nes rerum hier in der Welt ſehe, iſt nicht zu
beſtimmen.
Jch habe deßwegen der Philoſophen ihre
wahrſcheinliche Muthmaſſungen hinten ange-
haͤngt, und mit Ezechiel und Boͤhm verglichen,
damit man ſehe, wie weit die irdiſche Philo-
ſophie der himmliſchen nahe komme. Jch
glaube, die Dinge in ihrer lezten Figur und
Bewegung (microſcopice) zu ſehen, gehoͤrt
nicht vor die Welt, auch nicht vor den naͤchſt-
folgenden \<supplied\>Ac\</supplied\>on, ſondern erſt alsdann wird
man diß ſehen, wann GOtt ſeyn wird alles
in allem. Alsdann werden wir kein Raiſon-
nement noͤthig haben, und unſere Vorberei-
tungen in dieſer Zeit werden auch uns nicht
geſchickter machen, zu erkennen, wie wir von
GOTT erkannt ſeyen, 1. Cor 13, 15. Dann
wir erkennen jezt Stuͤckweiß, dort aber nicht
mehr ſo, ſondern wie wir von GOtt erkannt
ſeyn. Welch ein Grund der Liebe muß in
dem Geiſt verborgen liegen!
Wir koͤnnen uns begnuͤgen, daß wir aus
Heil. Schrift erſehen, es ſeye alles Geiſtliche
mit einer himmliſchen Extenſion und unzer-
ſtoͤrlichen Leiblichkeit umgeben. Jch habe in
meiner Vorrede uͤber die Theologiam ex idea
vitæ deductam, und in der Lehrtafel Antoniaͤ,
Prinzeßin von Wuͤrtemberg mich genugſam
uͤber die erſte Definitionen vom Licht und Fin-
ſterniß, Geiſt und Coͤrpern, Materie und
Leben, Herrlichkeit GOttes, Seele, Geiſt
und
[253]woraus alles geworden.
und Leib erklaͤrt. Die lezte Begriffe, die ich
da aus Heil. Schrift erwieſen, ſind auch
Swedenborgs lezte Begriffe.
Die H. Schrift hat zwey Elemente, Waſ-
ſer und Erde, 2 Petr. 3, 5. in der Erde iſt
Feuer, und im Waſſer iſt Licht. Die Ele-
mente ſind nicht mechaniſch zuſammengeſetzt,
ſondern ſie ſind in einer unverwirrten pene-
trabilité. Democritus ein uralter Philoſoph
und Vorgaͤnger Neutons hat auch nur zwey,
nemlich ſolida und ſpirabilia. Aus den So-
lidis gehen unendliche imagines ſpirabiles, und
das iſt der Grund, warum die Geiſter aus
ihrer centralen Jntenſion, ſolche Luͤfte, ſol-
che Lichter, ſolche Geruͤche, ſolche Farbenhal-
tende extenſible Bilder von ſich werfen.
Um Chriſti Menſchheit willen hat GOtt
die Anordnung der Elemente ſo gemacht, wie
ſie ſind. Es ſind atomi opacæ \& ſpirabiles,
ſo daß zwar eine mechaniſche Ordnung in
dem Coͤrper dieſer Erden iſt, wo aus der Plump-
heit und todten Materie ein ſolcher Raum,
Ort, Zeit und Apparenz entſtehet, aber im
innerſten Grund iſt eine unerſchoͤpfliche Um-
geſtaltungskraft, und dabey eine Contingen-
tia infinita, ſo daß in einem atomo, wie es
Paſcal in der Connoiſſance generale de l’hom-
me beſchreibt, dieganze Welt liegt, Geiſt und
Stoff iſt in einem beyſammen, Stoff ſind
atomi molis, Geiſt iſt ens penetrabile, wo al-
les in einem und eins in allem iſt. Darum
iſt
[254]Von den Elementen,
iſt es ſpitabile, und in unzaͤhlige Formen ex-
tenſibel, ſo, daß dem Gebet eines Manns
GOttes die Elementa muͤſſen unterworfen
ſeyn, wie wir es 2 Koͤn. 13. v. 14-18. deut-
lich ſehen.
Jn meinem Buch, Philoſophie der Alten
habe ich aus dem juͤngern Helmont gezeigt,
pag. 150. daß alles aus einer feurigen Erde
und Waſſer beſtehe, daß das Leben jeder Crea-
tur ein Geiſt ſeye, oder eine Lebensflamme,
welche ſich nach denen ihm gegebenen Kraͤften
einen Leib bildet, daß das Salz ſeinen Ur-
ſprung aus dem Feuer habe, und das auch
alles mit Feuer muͤſſe geſalzen werden, (und
daß aus dieſem Grund der H. Geiſt ſelbſt uns
mit Feuer tauffen werde, wie Johannes der
Taͤufer geſprochen)
Daß aber auch das Waſſer ein geiſtliches
Weſen ſey, aus weichem durch die Kraft der
feurigen Geiſter alle Coͤrper gebildet werden,
daß ein Coͤeper nicht bloß eine Extenſion in
die Laͤnge, Breite und Hoͤhe ſeye, ſondern
ein empfindlich oder ſenſibles Weſen, aus
Waſſer gebohren, welches nach ſeines bilden-
den Geiſtes Kraͤfte allerley Geſtalten an-
nimmt.
Weil nun eine jede Creatur einen leben-
digen feurigen Geiſt zum Zeuger hat, ſo muß
ſie auch eine receptive Kraft oder Mutter ha-
ben, nemlich Waſſer, dabey muß jeder zeu-
gende
[255]woraus alles geworden.
gende Geiſt noch viel andere Geſtaltungskraͤf-
ten in ſich und unter ſich haben, welche zu-
ſammen ins Ganze mitwuͤrken. Aus allem
dieſem folgt, daß das Lebensfeuer, durch deſ-
ſen Wuͤrkſamkeit ein Leib gebildet wird, muͤſ-
ſe ein Geiſt ſeyn, dann kein Leib als Leib
kann wieder einen Leib hervor bringen, und
ohne ſeinen Lebensgeiſt im geringſten etwas
geſtalten.
Jede Creatur hat demnach einen Lebens-
geiſt, der ihm eigen iſt, von welchem alles,
was eine Nahrung nimmt, in ſeine Natur
verwandelt wird, dieſer bildende Geiſt iſt ei-
nes jeden Leibes innerſtes Ding, worinn ſeine
Einheit ſtehet. Daher wann die Pflaumen
im dieſem 1765 ſten Jahr meiſtens abfallen,
und ohne Stein ſeyn, ſo muß ja der Lebens-
geiſt, der den Stein bildet, durch eine boͤſe
Witterung ausgeloͤſcht worden ſeyn.
Da nun jeder Leib ſeinen ſaͤmtlichen Ur-
ſprung oder Geiſt hat, ſo iſt noͤthig, daß er
auch ſeinen Leib muͤſſe erhalten.
Die Unterhaltung geſchieht, wann jedes
Ding die Nahrung nach ſeiner Art empfaͤngt;
und die Nahrung in ſich verwandelt, nach
der Art des Spiritus rectoris, welcher, wie ich
in angezeigtem Buch Tom. II. p. 3. bewieſen,
intenſive oder der Kraft nach die ganze Figur
in forma Liquida der Pflanze in ſich haben muß.
Der
[256]Von den Elementen,
Der Geiſt muß eine anziehende Kraft ge-
gen allem in der Welt haben.
Weil aber jede Creatur ihre Nahrung von
auſſen an ſich nimmt, ſo muß ſie auch ihr in-
nerſtes oder ihre Geſtalt von ſich geben, dann
wann ihr nichts abgienge, ſo doͤrfte ſie nicht
von auſſen erhalten werden, damit ſie aber
nicht in ihrer Art zu groß werde, ſo muß ſie
wieder etwas von ſich geben.
Weilen die Coͤrper ohne Geiſt nicht beſte-
hen koͤnnen, und der Menſch ſeine Geſtalt
immer von ſich gibt, ſo muß er auch ſeinen
Geiſt von ſich auslaſſen, wie er dergleichen
auch von auſſen in ſich zieht, und da das We-
ſentliche, das die Form ausmacht, ein Geiſt
iſt, ſo muß jeder Leib und Glied ein geiſtlich
Bild von ſich auslaſſen, eben wie jeder Menſch
durchs Geſicht unzaͤhlige Bilder nimmt, ſo
laͤßt er auch unzaͤhlige von ſich aus.
Da aber die Bilder in uns aus den Vor-
wuͤrfen erweckt werden, und dieſe von auſſen
eingenommene keinen Raum einnehmen, und
doch gleichwohl etwas ſeyn, ſo muͤßten ſie
entweder Geiſter oder Coͤrper ſeyn: coͤrper-
lich koͤnnen ſie nicht ſeyn, weil ſie keinen
raͤumlichen Platz einnehmen, alſo muͤſſen ſie
geiſtlich ſeyn, welche dem Gemuͤth eben die
Form darſtellen, welche ſie in dem Leib gebil-
det haben.
Die
[257]woraus alles geworden.
Dieſe Grundbegriffe hat ſchon Democritus
gehabt, und Hippocrates hat ſie von Demo-
crito erlernt. Daher Hippocrates dieſes zum
Grund aller ſeiner Philoſophie annimmt, daß
alles aus feuriger Erde, und aus Geiſtwaſ-
ſer beſtehe, und daß vermoͤg deſſen im ganzen
univerſo alles zuſammen rinne, in Anſehung
der transformablen Erde; und alles zuſam-
men athme, in Anſehung der Pſyche oder der
ſpirablen Elemente; und alſo eine Wuͤrkung
und Gegenwuͤrkung oder Sympathie aller
Dinge gegen einander ſeye.
Hierzu braucht man keine Mathematie,
dann diß gehoͤrt ad cognitionem vulgarem \&
Philoſophicam.
III. Von den Wuͤrkungs-Cray-
ſen aller Geiſter.
Aus obigem folgt, daß alles, es ſey Geiſt
oder Coͤrper ſeinen Wuͤrkungs-Crayß
habe. Unerachtet diß aus Swedenborg oh-
ne alle Mathematik klar iſt, ſo kann es doch
aus heutigen inventis electricis und muſicis
verſtaͤndlicher gemacht werden.
Die Geiſter influiren in einander durch
die von ihnen ausgehende Bilder, daher ent-
ſtehen perceptiones centrales, d. i. Empfindun-
Sw. Sch.IV.Th. Rgen,
[258]Von den Wuͤrkungs-Crayſen
gen, wo der Vorwurf in das Weſen ſelbſt
eingeht, das heißt Helmont intelligere intel-
lectualiter, wie ich es von der Centralerkaͤnnt-
niß in dem Leben der Maria de la S. Thereſe
bewieſen.
Einen ſolchen Verſtand hat Swedenborg
von den himmliſchen Dingen gehabt, und
Helmont hat ihn gehabt von dem Weſen der
Kraͤuter und anderer chemiſchen Vorwuͤrfe.
Nun auf SwedenborgsSphæram acti-
vitatis zu kommen, ſo waͤre zwar faſt unnoͤ-
thig, etwas mathematiſches hier einzuruͤcken,
weil aber die ganze gelehrte Welt nunmehr
ſich durch die Mathematik oder Beſtimmung
der Groͤſſe verſichern will, ob etwas gewiß
und intelligibel ſeye, ſo will ich mich hier auch
in der Pruͤfung himmliſcher Philoſophie nach
dem Geſchmak dieſes Zeitlaufs richten.
Es hat Herr Diviſch aus Maͤhren, von
deſſen Electricité ich ein Buͤchlein edirt, Tit.
Theorie der meteorologiſchen Electricité, mit
ſeiner electriſchen Machine dem Wetter auf
zwey und drey Stunden weit ſeine Feuer-
kraft entzogen, daß es, wann es vom Hori-
zont heraufſtieg, und in die Naͤhe ſeiner Ma-
chine kam, ohne Blitz und Donner reſolvirt
wurde, und in ſtarken Regenguͤſſen ſich ge-
endigt.
Hier-
[259]aller Geiſter.
Hieraus folgt, daß die Wetterwolken in
einer ziemlichen Weite des Luft-Crayſes ih-
ren Einfluß haben, und auch Einfluͤſſe an
ſich ziehen: dann die Schwaͤchung der blitzen-
den Kraft von feuchten Ausduͤnſtungen iſt bey
der Electricité etwas bekanntes.
Beſonders zeigt Herr Diviſch durch ein
Experiment, daß ein leichtes an einem Sei-
denfaden hangendes Kuͤgelgen von Metall in
einer Weite von 4. Schuhen von der Machi-
ne ſo attrahirt wird, daß es ſeinen verticalen
Stand im hangen verlaͤßt, auch daß es ſo-
dann in der Weite von 3. Schuhen ungefaͤhr
ſchon zu leuchten anfaͤngt; Er macht daher
einen Unterſchied unter der Sphæra attractio-
nis, accenſionis \& reſolutionis.
Viel weiter aber als alle, verbreitete ſich
die Sphaͤre des Geruchs bey der Electricitaͤt,
welches nicht nur das Zimmer, ſondern oͤf-
ters das Haus einnimmt; hieraus iſt klar,
daß die electriſche Ausfluͤſſe nicht nur wie der
Magnet, in einer gewiſſen Weite vom Coͤr-
per, der ſie hergibt, Wuͤrkungen haben, ſon-
dern daß ſie in beſondern Diſtanzen oder Aus-
breitungen, auch beſondere Arten von Wuͤr-
kungen verurſachen.
Wie fern aber die Seele als ein geiſtlich
Weſen mit ihren Kraͤften ſich ausbreite, das
R 2muß
[260]Von den Wuͤrkungs-Crayſen
muß am eigentlichſten aus der Theorie der
Muſic erklaͤrt werden koͤnnen, wie davon aus-
fuͤhrlich in meiner Inquiſitione in ſenſum com-
munem demonſtrirt worden. Dann es iſt
unmoͤglich, daß die Seele von der wahren
innern Zuſammenſtimmung der Toͤne etwas
fuͤhlen oder bemerken koͤnnte, wann ſie nicht
auf doppelte Art in ihrem Gehoͤr bey der Mu-
ſie beſchaͤftigt waͤre, nemlich das eine mal ſo,
daß ſie die rationes Geometricas, welche durch
Multiplication und Diviſion ausgedruckt
werden, nach der genaueſten Reſolution in
ultimas unitates oder numeros primos vor-
nimmt, und daher z Ex. von der Lieblichkeit
der Terzen und Sexten, welche alle und al-
lein von der Meſſung der Zahl 5 mit den an-
dern Primzahlen dependiren, ein Urtheil faͤl-
len kann; das andere mal aber, daß ſie alle
die melodiſche Wendungen und Bewegungen
auf der Scala, ja alle Regulmaͤßige Tonver-
ſtaͤrkungen, die Unreinigkeit, ferner die Rau-
higkeit des Tons, die Art, wie der Schall in
der Luft erregt worden, durch ſtoſſen, reiben,
blaſen u. d. g. ja die Weiche oder Zaͤrte des
Jnſtruments, ſeiner Peripherie, oder inner-
ſten Zitterung ſpuͤret, und manchmal von
ſolchen Nebendingen, welche bey der Harmo-
nie gar keine Hauptſache ſeyn, hingeriſſen
wird.
Da muß nothwendig zum Grund gelegt
werden, daß ſie gleichſam 2. oder 3. Atmos-
phætas
[261]aller Geiſter.
phæras oder Wuͤrkungs-Crayſe habe; die in-
nerſte zum Verſtaͤndniß des verborgenen Be-
zugs aller Haupttoͤne unter einander, oder
zum intellectivo harmonico; die andere zur
Bewegung in das afficirende oder hinreiſſen-
de, oder zum poteſtativo in das aͤuſſerlich ſub-
til anreizende, oder zum Vol\<supplied\>i\</supplied\>tivo-Senſitivo:
Nicht allein aber das, ſondern es muͤſſen die
Seelenkraͤften, ſo z Ex. in das Intellectivum
wuͤrken, alles, was der Seele vorgehalten
wird, aufs ſchnelleſte durchlaufen und pene-
triren, und muß die Gegeneinanderſtellung
der 2 Kraͤften 2 und 3 in ihrer Erhoͤhung
3 2
2:3=8:9. der Seelen das erſte interval-
lum toni zur Beobachtung aller Bewegungen
in Scala an Hand geben.
Wie kann nun dieſes anders erklaͤrt wer-
den, als daß der Radius der intellectiven
Kraft 2 dreymal, und der poteſtativen 3 zwey-
mal ſpiraliter aus dem Centto der Seele aus-
laufe, da ſie in der Begegnung einander hal-
ten, und mit Abſchneidung der Lineolæ, ſo
zwiſchen das Octuplum und Noncuplum des
Radii faͤllt, (Sc. 9-8=1) die Menſur zum
Tono der Seele von auſſen her vorhalten;
ſo haͤtte dann die Seele in ſolcher Diſtanz ex
Centro Sc. 9:8. ihre ordinaire Termina-
tion, hingegen ihre Sphæra activitatis lauft
kraft muſicaliſcher Experienz, uͤber ſolchen
2
Terminum, bis in 6=64. hinaus.
R 3IV. Von
[262]Von den Wuͤrkungs-Crayſen
IV. Von den Geiſtern und
Engeln.
Die Geiſter ſeyn von unterſchiedener Art,
hoͤherer und niedriger Stufe. Die
Niedrigere nennt Swedenborg ſchlechthin
Geiſter, weil ſie von der materiellen Plump-
heit loß ſeyn, die Hoͤhere heiſſen Engel. Alle
haben in ſich die 3. Himmel, d i. dreyerley
concentrirte Kraͤften, *) und wie es inwen-
dig iſt, ſo kommt es auch aͤuſſerlich zur Of-
fenbarung. Von der Natur der Geiſter ſte-
het wenig in Heil. Schrift. Pſ. 102. iſt zu
leſen: Er machet ſeine Engel zu Geiſtern,
und ſeine Diener zu Feuerflammen; wann
man aber aus allen Geſchichten alle Eigen-
ſchaften zuſammen leſen wuͤrde, ſo waͤre doch
ſchwerer auf eben die Nachrichten zu kommen,
die Swedenborg aus beſondern Gaben mit-
theilt. Geiſter werden auch genannt die in
der
[263]aller Geiſter.
der Suͤndfluth in jenen Stand uͤbergegange-
ne Seelen, deren Leiber im Meer verſunken
oder verſteinert worden, dergleichen Swe-
denborg in ſeinen principiis rerum naturalium
einen Stein in Kupfer zeigt. Dieſe Geiſter
wurden in ihren Behaͤltniſſen und Gefaͤng-
niſſen aufbehalten, biß Chriſtus nach ſeinem
Tod im Geiſt zu ihnen gekommen. Dieſe heiſ-
ſen Geiſter, weil ſie von der groben Materie
entledigt ſeyn. Allem Anſeben nach ſeyn es
ſolche, die ſich ſehr verſchulder, ob es die Ne-
philim geweſen, weiß man nicht. Es iſt
dieſelbe Stelle deſto koſtbarer zu halten, weil
ſie nur einmal qnaſi in tranſitu vorkommt.
Die Saͤchſiſche Theologi, als der beruͤhm-
te Teller und dergleichen, ſcheuen ſich, es
nach dem klaren Ausdruck zu verſtehen. Jch
habe es anderer Orten ſchon gethan, abſon-
derlich in der Abhandlung von dem Zuſam-
menhang der Rechtfertigung mit den lezten
Dingen, welche der Herr Paſtor Freund in
Ludwigsdorf edirt hat.
Was nun Swedenborg vor beſondere
Eintheilung der Geiſter des erſten, andern
und dritten Himmels macht, als welche mit
den drey innern Kraͤften oder Himmeln uͤber-
ein ſtimmen, das iſt der Analogie Heil. Schrift
nicht zuwider, doch kann man es auch aus
Heil. Schrift allein nicht folgern. Aber diß
R 4iſt
[264]Von den Wuͤrkungs-Crayſen
iſt gewiß ſchriftmaͤßig, daß ſowohl Geiſter
als Engel, die im Ezechiel beſchriebene leibli-
che Senſoria oder Fuͤhlkraͤften, Verſtands-
kraͤften, Sprachen, Geruch, und andere
Vermoͤgenheiten haben. Jhre Leiber kann
man wohl materiel nennen, aber ſie ſind im-
materiel, nemlich ſie haben [...],
geiſtliche Leiber, ſie muͤſſen ihre eigene Auf-
erſtehung ſchon erlangt haben, nach Geiſter-
art, wie wir ſie als Soͤhne der Auferſtehung,
als Glieder des Leibs Chriſti erwarten.
Die Anzeigen im Ezechiel gehoͤren unter
die Perlen Heiliger Schrift, welche zu fiſchen
wenige Theologi ſich bemuͤhen. Daher koͤn-
nen ſie auch Swedenborgs Vorgeben mit
keiner Analogie Heil. Schrift rechtfertigen.
Man leſe aber, was ich am Ende dieſes
Buchs uͤber Ezechiel Cap. 1. und 10. fuͤr No-
ten gegeben, ſo wird man mehr von der Sub-
ordination der Geiſter unter den Thron
GOttes und Chriſti erlernen.
Jn dem 103ten Pſalmen werden die En-
gel v. 20. 21. eingetheilt in die, welche das
Wohlgefallen GOttes, und in die, welche
das Wort GOttes ausrichten. Dieſes iſt
eine andere Benennung als Swedenborgs,
ſagt aber vielleicht eben das. Die Engel des
Wohlgefallens ſind an nichts gebunden, als
nach dem Wink des HErrn ſich ſenden zu
laſſen,
[265]aller Geiſter.
laſſen, zum Dienſt der Erben der Seligkeit,
ſie ſehen allezeit das Angeſicht GOttes, wann
ſie auch hier unten bey den Kindern ſeyn,
Matth. 18. Sie tragen die Seelen in Abra-
hams Geſellſchaft, die das Wort ausrichten,
nemlich Engel.
Es gibt aber Engel der Winde, der Waſ-
ſer, des Feuers, dieſe ſind an gewiſſe Ord-
nungen der geiſtlichen oder leiblichen Natur
gebunden, davon habe ich in meiner Theo-
logia ex idea vitæ pag. 356. 357. gehandelt.
Dieſe nennt Swedenborg mit Nahmen
Geiſter, dann ſie haben ihren Dienſt nach der
geſezten Ordnung in der Ewigkeit, wie Swe-
denborg bey dem Ausgang eines Sterben-
den, und Eingang in jene Welt es beſchreibt.
Swedenborg gedenkt keiner Fuͤrſtenthuͤmer
und Herrſchaften, wie Epheſ. 3, 10.
Da uͤbrigens an der Gemeine erſt die
mannigfaltige Weisheit GOttes in geſezten
Zeiten [...] denen Fuͤrſtenthuͤmern
im Himmel d. i. den hoͤchſten Engeln ſolle kund
werden, ſo iſt nicht glaublich, daß ſie jetzo
ſchon wiſſen, wornach ſie geluͤſtet einzuſchau-
en. Es moͤgen demnach noch ſo wichtige Er-
zehlungen durch Schwedenborgs Nachrich-
ten auf uns kommen, ſo macht diß die groſſe
Sache der ganzen Heiligen Schrift noch nicht
aus. Man muß es auch nicht zur Maaßre-
gel des ganzen Senſus interni machen.
R 5An
[266]Von den Wuͤrkungs-Crayſen
An der Auferſtehung Chriſti hangen die
folgende Auferſtehungen in ihren gewiſſen
Ordnungen, davon ich in obangezogener Ab-
handlung etwas beruͤhrt. Paulo iſt das Gan-
ze zu uͤberſehen gegeben worden. Mich duͤnkt,
dem Herrn Swedenborg ſeye daſſelbe παν
nicht offenbahr, ſondern nur, was den Zu-
ſtand nach dem Tod betrift.
Die Auserwaͤhlte ſollen ισαγγελοι En-
geln gleich werden. Mich duͤnkt, diß ſeye
alſo: Engel haben das Fleiſch und Blut JEſu
nicht eigenthuͤmlich an ſich; Sie ſind dem
Leib Chriſti nicht immediate ſubordinirt, wie
die durchs Blut Chriſti erkaufte Menſchen-
Seelen, daher Paulus die den Corinthern ei-
gene Ceremonie des Hauptbedeckens wegen
dieſer groſſen Subordination GOttes, Chri-
ſti, des Manns, des Weibs eingeſezt, und
ſagt: Die Weiber ſollen keine Decke auf dem
Haupt haben um der Engel willen, weil nem-
lich die Engel nicht dieſelbe eigene Subordi-
nation an Chriſti Leib, wie die Menſchen ha-
ben, da das Weib dem Manne, der Mann
Chriſto, Chriſtus GOtt ſubordinirt iſt. Um
der Engel willen heißt, wie mich duͤnkt: Da-
mit die Difinition der Subordination des
Menſchen unter das Haupt Chriſti und GOttes
in der Corinthiſchen Kirche offentlich erhelle
zum Unterricht der Engel. Dann die Engel
ſind
[267]aller Geiſter.
ſind von einer andern Subordination. Die
Menſchen ſind mit den Elementen des Waſ-
ſers, Bluts und Geiſts JEſu bekleidet, und
ſcheinen eine ganz andere Reyhe darzuſtellen,
an welchem GOtt erſt den Engeln etwas zei-
gen will, das ſie nicht wiſſen.
Engeln gleich ſollen die Menſchen wer-
den, nemlich darinn, daß ſie weder Mann
noch Weib ſeyen, was aber GOtt in dem
Ganzen einmal fuͤr einen Rang ſetzen werde,
weiß jetzo noch niemand.
VI. Von
[268]Vom Raum, Ort und Diſtanz
V. Von dem Raum, Ort und
Diſtanz der Geiſter, nach dem Ori-
ginal der Menſchheit Chriſti.
Hievon iſt die Beurtheilung ſchwer. Herr
Auctor ſagt wohl, die Geiſter ſeyen in
Statu, aber nicht in dem Ort, wo ſie ſeyen.
Es heiſt hier auch: Die Seele ſeye, wo
liebt, nicht wo ſie iſt. Ein Status kann
ſchwerlich ohne Ort, ohne Raum begrif-
fen werden. Status oder Zuſtand iſt nicht
ein bloſer Bezug zuſammen geordneter Din-
ge, ſondern ein Bezug veraͤnderlicher Din-
ge zu den Fixen. Diß iſt die wahre De-
finition von einem Statu. Das Fixe und
Beſtaͤndige iſt bey der Geiſter-Welt, die
Stellung der Oerter des Himmels und der
Hoͤlle nach dem Haupt, Bruſt, Haͤnden,
Fuͤſſen einer Figur des Menſchen, welche
auch die Seele vor ſich ſelbſt hat, nach
dem Original der menſchlichen Geſtalt Chri-
ſti, nach welchem die Erfuͤllung aller in
allem ſich richtet, Epheſ. 1, 23. Das
Veraͤnderliche ſeynd die Apparentien der
Geiſter, davon Swedenborg ſo viel neues
ſagt. Paulus ſagt von dem Raum und
Ort ſeines Geiſtes, der in das Paradiß
verſetzt war, in den dritten Himmel, er
wiſſe nicht, ob er in oder auſſer dem Lei-
be
[269]der Geiſter ꝛc.
be geweſen. Das zeigt an, daß es ſehr
ſchwer zu verſtehen, oder mit etwas be-
kannteres zu vergleichen ſeye. Was zu
Pauli Zeiten nicht beſtimmt war zu wiſ-
ſen, kommt vielleicht unſern Zeiten mehr
zu, dann GOTT will in den kommenden
Zeiten den uͤberſteigenden Reichthum ſeiner
Gnade immer mehr offenbahren. Ueber-
ſinnliche Dinge des Raums in den Him-
meln gehen uns jetzo ſo nahe noch nicht
an. Viele Dinge ſind unnoͤthig zu wiſſen,
wann man ſich nicht in gehoͤrigem Wachs-
thum in Chriſto weiß. Paulus wußte oh-
ne Zweifel viel, das Petrus nicht wußte,
und Petrus wußte aus der 40taͤgigen Er-
zehlung JESU vom Reich manches, das
Paulus nicht wußte. Laßt uns in dieſen
Dingen Salz und Frieden beweiſen, nichts
auſſen laſſen, was zur ganzen Proportion
und Aehnlichkeit der unſichtbaren Dinge
gehoͤrt, aber auch nichts vor der Zeit zu
weit treiben. Wie viel zankten die Refor-
mirte mit den Lutheranern wegen des Raums
in dem Leib Chriſti? Man leſe das Collo-
quium zu Moͤmpelgart zwiſchen Beza und
Praͤlat Andreæ. Dieſer blieb bey den heili-
gen Ausdruͤcken GOttes. Jener ſtuͤtzt ſich
auf die Reglen aus dem ſichtbaren Raum ge-
nommen. Wir wiſſen gar nicht, was eine
wahre Leiblichkeit iſt. Von Plato kommt her,
daß wir Corpus vor eine Unvollkommenheit
hal-
[270]Vom Raum, Ort und Diſtanz
halten, aber die Heil. Schrift lehrt uns, daß
GOtt ſeine vollkommene Fuͤlle im Leib dar-
ſtellen wolle, aus freyem Wohlgefallen, nicht
aus der Ewigkeit der Eſſentien, davon die
Philoſophi ſich ſelbſt nicht verſtehen. War-
um uns alles in heiliger Schrift ſo grob
und maßiv vorkommt, kommt von dem
Platoniſchen Begrif von den Coͤrpern, als
bloſen Erſcheinungen her, wie wann man
ein optiſch Bild per microſcopium ſolare
an die Wand wirft.
Leiblich ſeyn iſt keine Erſchejnung, ſon-
dern etwas bleibendes. Alles lebt in jener
Welt leiblich, auch ſogar der Altar, Apoc.
17, 7. und die ſieben Donner, dann ſie
fuͤhren eine Rede. Es giebt aber Leiber,
die zwar eine Subſiſtenz haben, aber doch
durchdringlich ſeyn, wie alles in dem
Raum des Himmels iſt.
Wir ſchlieſſen falſch, wann wir die Ei-
genſchaften eines impenetrablen Leibs mit
den Eigenſchaften eines durchdringlichen
verwirren. Wir wiſſen, daß ein un-
durchdringlicher Leib Laͤnge, Breite, Tieffe
und Hoͤhe hat, wie es auch im neuen Je-
ruſalem ſeyn wird, aber es giebt auch
geiſtliche Leiber, die die fuͤnfte Dimenſion
in
[271]der Geiſter ꝛc.
in ſich haben, das ſind Intenſa, wie vier
lebendige Weſen vor dem Thron GOttes:
auch die zwoͤlf Engel auf den Thoren des
neuen Jeruſalems werden dieſe Eigenſchaft
haben. Die rechte Geometrie iſt uns noch
unbekannt. Man kann einiges im neuen
Jeruſalem nach 12000. Stadien meſſen,
aber es giebt dorten Dinge die keine con-
ſtante Figur und Maas haben. Was
ſtreiten wir uͤber dieſen Dingen; Swe-
denborg iſt in ſeinen Principiis retum na-
tutalium ſehr modeſt, pag 384. Man leſe
was er da von Archimede ſagt: Wir ſind
Kinder, und reden wie Kinder: Laßt
uns warten, bis wir dorten Maͤnner oder
maͤnnliche Jungfrauen werden.
Das halte ich fuͤr merkwuͤrdig, daß,
gleichwie alle Elementa nach dem Vorſatz
der Ewigkeiten in Chriſto als Spitabilia
per preces \& fidem mutabilia angeordnet
und erwaͤhlt worden, ſo auch der Raum
in der kuͤnftigen Welt nach dem Original-
Bild der Menſchheit Chriſti, in welchem
alle Fuͤlle der Gottheit ſollte leibhaftig
wohnen, und alle Figuren der Geſchlech-
ter und Arten der Dinge ſollten ihren
Grund haben, ſollte geſtellt werden, zwar
nach dem Tod in einer Beweglichkeit, aber
in der Vollendung aller Dinge in einem
unver-
[272]Von d. aͤuſſern u. innern Menſchen.
unverruͤcklichen, unbeweglichen Zuſtand,
Ebr. 12, 27.
VI. Von dem aͤuſſern und
innern Menſchen.
Jn dem Capitel von der aͤlteſten Gemeine
gibt Herr Anctor zu verſtehen, daß der
aͤuſſere Menſch von den Zeiten Adams und
Seths an, wenigſtens der Sprache, der Re-
ſpiration und Athmung, und ſilbenhaften Aus-
ſprache nach anderſt beſchaffen geweſen, als
nach der Suͤndfluth. Die bildende Kraft des
Geiſtes, welche mit Glauben und Liebe in dem
HErrn inniger gewurzelt war, muß eine uns
unbegreifliche Kraft gehabt haben, den ganzen
Bau des aͤuſſern Menſchen etwas anderſt zu
geſtalten, wie wir an der bildenden Kraft ei-
nes ſchwangeren Weibs noch die Ueberbleib-
ſel erfahren. Die Tuba Euſtachiana muß
auch etwas dahin austragen. Der Geiſt des
innern Menſchen muß nicht ſo begriffen wer-
den, als waͤre der aͤuſſere Menſch nur eine
bloſe Schale des innern geweſen, ſondern der
Spiritus inſitus, der eingepflanzte Geiſt mag
die Spiritus influos in ſenſoria (in Fuͤhlungs-
Kraͤfften) formirt haben, und die erſte Zu-
ſammenſetzung Adams, welche nach dem Fall
noch geblieben, muß noch viele werkzeugliche
Gaͤnge gehabt haben, wordurch Adam mit den
Geiſtern und Engeln hat koͤnnen Gemeinſchaft
haben.
[173[273]]Von d. aͤuſern u. innern Menſchen
haben. Herr Auctor hat ja die Geiſterſprach
noch mit gewiſſen in dem aͤuſſern Menſchen
noch uneroͤffneten Empfindungskraͤfften im
Hirn vernommen. Jch getraue mir nicht viel
aus H. Schrift von Beſtimmung des innern
Menſchen im aͤuſſern zu entwicklen. Der
Glaubige iſt ein Tempel des Heil. Geiſtes, der
Geiſt kan turbirt, in die Enge gebracht, nieder-
geworffen, ausgebreitet und erweitert werden.
Man kann davon die Stellen in der Lehrtafel
Antoniæ nachſchlagen, vielleicht findet man da
mehr, als ich jetzt zur Pruͤfung angeben kann.
Merkwuͤrdig iſt, daß GOtt nahe vor der Suͤnd-
fluth hat klagen muͤſſen, es reue ihn, den Men-
ſchen gemacht zu haben, ohne Zweifel, weil er
nach und nach eine ganz fleiſchliche, dem Geiſt
undurchdringliche Art, bekommen. Mein
Geiſt, ſagt der HErr 1 B. Moſ. 6. kann nicht
mehr ſtraffen, uͤberzeugen den Menſchen, aus
Urſach (beſchaggam) weilen ſo gar er ſelber
Fleiſch worden, das muß bey Seths Zeiten
nicht ſo geweſen ſeyn, daß ſich das Jezær oder
die bildende Krafft der Gedanken des Herzens
ſo weit verſchlimmert hat. Es iſt zu glauben,
daß die meiſte, die in der Suͤndfluth erſoffen,
und denen der HErr nach ſeinem Tod im Geiſt
gepredigt, ſehr arge und zum Geiſt GOttes
gleichſam verſteinerte Menſchen geweſen, in
denen nichts von der erſten Bildungskraft aus
dem Glauben und Liebe uͤbrig geblieben.
Sw. Sch.IV.Th. SVon
[174[274]]Von d. aͤuſern u. innern Menſchen
Von den erſten Menſchen ließt man nicht,
daß ihnen Engel erſchienen, wie zur Zeit Ab-
rahams, Jſaacs und Jacobs. Es iſt aber glaub-
lich, daß ihnen der Himmel noch offen geweſen.
in einer mehreren Connexion der Himmelslei-
ter, worauf die Engel zuerſt aufgeſtiegen, aber
nicht in ſo individueller Figur, ſondern in ei-
nem Umgang mit der ganzen Herrlichkeit der
unſichtbaren Welt. Der HErr ſelbſt in Be-
gleitung ſeiner Heiligen, Myriaden, hat mit ih-
nen geredt. Judaͤ v. 14.
Nun iſt es mit dem innern Menſchen ein
anders: ſo ſehr wir dem Leibe des Todes nach
verderbt ſind, ſo groß iſt die Aeſtimation und
Anrechnung GOttes in den letzten Zeiten, Jeſ.
59. wann ein Glaubiger das verborgene Leben
Chriſti durch den Glauben in ſich hat, und im
Glauben die Dinge der unſichtbaren Welt, und
die Verrichtungen (πραγματα) oben im Hei-
ligthum des HErrn ſtandhaft und bleibend vor
ſich hat, und ſich in der Hoffnung ſeelig achtet:
dann gleichwie Er war im aͤuſſern Menſchen,
ſo ſeynd auch wir in dieſer Welt. 1 Joh. 4, 17.
VII. Von
[175[275]]Von d. aͤuſern u. innern Menſchen
VII. Von der Perception und
Sprache der himmliſchen Geiſter.
Paulus hoͤrte unausſprechliche Worte im
dritten Himmel, 2 Cor. 12, 4. und 1 Cor.
13, 2. ſagt er von Zungen und Sprachen der
Engel. Demnach hat man Grund in der
Schrift, daß es Engelſprachen gebe. Es iſt
aber wunderbar, daß auch Kinder, die noch kei-
ne Sprache gewußt, nachdem ſie in jene Welt
uͤbergangen, ſogleich die Sprache der Geiſter
koͤnnen. Dieß kommt her von dem allgemei-
nen influxu des HErrn in alle Geiſter. Das
ewige Wort beruͤhrt und durchdringt ſie alle;
Sie leben, ſie bewegen ſich, ſie ſeyn aledann ei-
gentlich in ihm. Was haben wir noͤthig, weiter
zu wiſſen? Die Sprach der Geiſter iſt eine
Jdeenſprache, weil alle Jdeen in dem Wort,
das von Anfang war, liegen, und weil die Weis-
heit, wie ſie ſelbſt von Ewigkeit als der Anfang
der Wege GOttes ausgegoſſen war, niſchach-
ti, ſich noch in alle die Goͤttliches Geſchlechts
ſeyn, ergießt. Was wollen wir einwenden?
Waſſer, Blut, und Geiſt iſt in erhabenſtem
Sinn in Chriſto, der zur Rechten GOttes iſt,
was richtet diß nicht aus in den Geiſtern? wie
wollen wir uns unterſtehen zu concipiren, wie
es zugehe, da wir in Vegetabilien, Animalien
und Mineralien das wenigſte erklaͤren koͤnnen?
Jch habe in der Ueberſetzung des Lebens der Ma-
ria de la S. Thereſe von der Perceptione centrali
S 2oder
[176[276]]Von d. aͤuſern u. innern Menſchen
oder vere intellectuali der Heiligen etwas aus
heiliger Schrift und Erfahrungen der Auser-
waͤhlten geſchrieben. Dahin verweiſe ich den
Leſer, wann er Swedenborgs Erfahrungen
von der Perception pruͤfen oder nach etwas ver-
gleichen will Helmont hat davon ſchoͤn ge-
ſchrieben, Jacob Boͤhm noch ſchoͤner in ſeiner
Signatura rerum. Hoͤret ſie, dann meine Ga-
be iſt nicht [...],
ſondern [...]. 1
Cor. 12, 8. Hoͤret demnach die, deren Gabe es
iſt. Hoͤret Boͤhm 1 Cap Sign. rerum. §. 4.
Mit dem Hall oder Sprache zeichnet ſich die
Geſtalt in eines andern Geſtaltnis ein, ein
gleicher Klang fangt und bewegt den andern,
und im Hall zeichnet der Geiſt ſeine eigene Ge-
ſtaltnis, welche er in der Welt geſchoͤpft hat,
und hat ſie aus dem urſpruͤnglichen Grund
zur Form gebracht, daß man ein Wort ver-
ſtehen kann, worinnen ſich der Geiſt geſchoͤpft
hat im Boͤſen oder Guten, und mit derſelben
Bezeichnung gehet er in eines andern Men-
ſchen Geſtaltnis, und wecket in einem an-
dern auch eine ſolche Form in der Signatur,
auf daß alſo beyder Geſtaltnis in einer Form
mit einander zuſammen flieſſen, alsdann iſt
Ein Begriff, Ein Wille, Ein Geiſt, Ein
Verſtand in beyden. Diß erklaͤrt das, was
der Auctor auf andere Weiſe ausſpricht, von
der Sprache und Perception der Engel.
Aus
[177[277]]Von d. aͤuſern u. innern Menſchen
Aus dieſem allem moͤgen wir ſchlieſſen, wie
wir des Auctoris neue Erfahrungen nach der
Aehnlichkeit der in heiliger Schrift unſichtba-
ren Vorwuͤrfe pruͤfen moͤgen.
Die Liebe, die im Himmel regiert, ſolle
auch in Beurtheilung dieſer Lehren zum Grund
liegen. Die Engel ſchaͤtzen alles nach der
Hauptabſicht eines Menſchen, nicht nach den
Zufaͤlligkeiten.
Nun lerne hieraus nach Engliſcher Art
menſchlich richten und urtheilen, welche Glau-
bensarticul die erſte ſeyn, deren Nutzen wir
in jenem Leben genieſſen ſollen. Jch ver-
muthe, daß es die nicht ſeyen, woruͤber die
Concilia, Streit und Kriege verlanlaßt, ſon-
dern die, welche zur υποστασει oder Grund-
ſtellung des Glaubens im Geiſt gehoͤren, die,
welche uns die zukuͤnftige Dinge durch Er-
kaͤnntniß der Herrlichkeit GOttes in dem An-
geſicht JEſu Chriſti erfreulich und lebendig
machen, daß uns die Luͤſte im Jrrthum ver-
gehen.
Die Liebe lehret uns, beydes ſcharff und
nachſehend handlen, weil ſich die Liebe der
Wahrheit freuet.
Diejenige Punkten der Religion, welche
uns von der Furcht des Todes frey machen,
S 3ſeynd
[178[278]]Von d. aͤuſern u innern Menſchen
ſeynd die wichtigſte, eben dieſe muͤſſen es ſeyn,
welche uns von Tilgung der Suͤnden durch
das Anſchauen Chriſti vergewiſſern.
Eben die muͤſſen es ſeyn, welche uns die
Sectirerey, da man ſich der Menſchen
ruͤhmt, geringſchaͤtzig machen, und uns das
Ganze der Religion in Chriſto vorhalten.
Man haͤlt das vor keine Grundſachen,
welche davon triftige Einſichten geben, wie
behend boͤſe Geiſter ſeyen, uns in unſern
Temperamentsſuͤnden einzuſchlaͤffern, auch
die haͤlt man nicht dafuͤr, welche verweh-
ren, daß uns die unſichtbaren Dinge nicht
als Phantaſien oder Maͤhrlein vorkommen.
Es iſt nicht etwas geringes, daß den Juͤn-
gern JESU die Auferſiehung als ein
Maͤhrlein war, da ſie am meiſten ſich dar-
an halten ſollten. Durch welche Articul
oder Glaubens-Vorwuͤrfe helffen wir die-
ſem Schlummer ab?
Practiſche Jrrthuͤmer ſind ſo gefaͤhrlich
als die Theoretiſche: Wann man an ei-
nes andern Religions-Jrrthuͤmern ſich ſelbſt
fromm macht, ſo verzeiht man ſich gern
die ſchlimmſte Weltfoͤrmigkeiten. Man ent-
ſchuldigt ſie durch tauſend Vorwaͤnde, da-
von die Theologi billig das Buch leſen ſol-
len: Melodii Einfluß der Wahrheiten in
den Willen.
Der
[179[279]]Von d. aͤuſern u. innern Menſchen
Der wahre Glaube iſt eine υποστασις,
eine Darſtellung der unſichtbaren Dinge,
Ebr. 11. v. 1. Wann dieſer Glaube in
uns gewurzelt waͤre, ſo wuͤrden wir nicht
nur mehr im Geiſt wandeln, nicht nur ge-
troſt auf unſers Leibes Erloͤſung warten,
ſondern die von dem Geiſt GOttes in ver-
ſchiedenen Zeiten ausgegangene Zeugniſſe,
dergleichen Hans Engelbrechts, Bromleys
und anderer ſeyn, beſſerer Achtung gewuͤr-
digt haben.
Auch wuͤrden wir uns beſſer beſcheiden,
wie wir die Jrrthuͤmer und Fehler der
Weiſſagungen ſollten entſchuldigen, wann
wir etwa dergleichen entweder dem Schein
oder auch dem Seyn nach antreffen ſollten.
Hymenæus und Philetus gaben irrig vor,
die Auferſtehung der Todten ſeye ſchon ge-
ſchehen; Es kan leicht dergleichen etwas
aus den Schriften unſers Auctoris gefol-
gert werden, aber man muß vorher alles
pruͤfen und ſehen, wie die erſte Auferſte-
hung zu verſtehen, dieſe iſt freylich an vie-
len ſchon geſchehen, aber es iſt noch eine
andere bevor. Hier gehoͤrt groſſe Modera-
tion darzu.
Lieber
[180[280]]Von d. aͤuſern u. innern Menſchen.
Lieber Leſer, dieß Buch iſt nicht ge-
ſchrieben, daß du alles glaubeſt, ſondern,
daß du pruͤfeſt. Alle Heilige neuerer Zeit
haben in ihren Geſichten Traͤume einge-
miſcht. Behalte das Gute, das wenig
iſt, laß das Jrrige ſtehen, das
viel iſt.
Vom[]
Principia und ein Principiatum zum
Grund aller Dinge ſetzt, eben wie Jac.
Boͤhm. Es muß in der Creatur etwas
ſeyn, das finirt, einſchließt und zuſam-
men haͤlt. Das iſt das erſte Principi-
um in Jac. Boͤhm, die erſte Bewe-
gungsquelle zum einſchlieſſen, zum con-
trahiren der Jrregularitaͤt. Es muß fer-
ner ein Activum da ſeyn, das ſich aus-
dehnt; es muß in beyden ein Anfang
oder Centrum dieſer contrahirenden Be-
wegungen ſeyn, und daraus wird ein
Principiatum elementare, welches doch
hernach ein eigen Principium iſt. Wei-
len nun ein jedes alles in ſich hat, und,
wer eines kennt, alle kennt, ſo muß auch
die Spiralbewegung in allen ſeyn. Mit
viel groͤſſerem Recht ſetzt Jacob Boͤhm
die Circularbewegung mit der blitzenden
Decuſſation, davon das Ebraͤiſche Aleph
\<supplied\>N\</supplied\> eine Figur iſt, gleich in die erſte An-
faͤnge, in die Materiam primam, in das
ringende Rad der urſpruͤnglichen Kraͤf-
ten und Qualitaͤten. Da iſt ratio ſuffi-
ciens zu allen Geburten, zu allem, was
entſteht und hervor gebracht wird; da
hin-
biß auf die Ultima kann erklaͤrt werden.
Eine Wolfiſche Monade generirt nichts.
Aus dem unendlichen Aggregat der Ein-
heiten ſolle das Corpus nur als eine Er-
ſcheinung werden; wie iſt da ſo wenig
vom principio rationis ſufficientis? Jch
ſage aber darum nicht, daß die generatio
rerum durchaus nach ſolchem principio
gehe.
himmliſchen Philoſophie.
gende muß gepruͤft werden; der innere
Sinn
widerſprechen, ſonſt nuͤtzt alles diß we-
nig.
wird, ſo muß Statt GOttes auch im
geiſtli-
bleiben.
Leſer, behalte wohl was JEſus ſpricht
Matth. 5, 18 ſonſt nuͤtzt alles diß wenig.
der Heil. Schrift vor allen behalten.
Von ihrer Sprache ließ 1. Cor. 13, 1.
gethan, was wir gekonnt.
E 3an
gibt er gemeiniglich als die Hinderniß,
welche den Geiſt des Menſchen zuruͤck
haͤlt in das Himmliſche aufzuſteigen,
und ſich mit den himmliſchen Geiſtern
zu vereinigen, als die Urſache der boͤſen
Perſuaſionen und Neigungen an.
haben es durch Bewegungen, Neigun-
gen, Affectionen uͤberſetzt, es ſcheint das
παϑος in einer Rede auszudruͤcken.
tum reſurrectionis aufbehalten.
himmliſche Philoſophie von ſeiner irr-
diſchen weit unterſchieden iſt.
Sw. Sch.IV.Th. F
weit entfernt geweſen ſeyn, und dem
verderbten Trieb im aͤuſſern Menſchen
ungleich beſſer als jezt haben widerſtehen
koͤnnen.
andere geſagt wird, welche poͤbelhafte Be-
griffe vom Teufel mit ſich genommen,
ſo muͤßte der Auctor vorher gefragt wer-
den, ob er ſchlechterdings laͤugne, daß
der Morgenſtern gefallen, oder, ob er
nur glaube, daß von Anfang der Schoͤ-
pfung gewiſſe Menſchen zu Teufeln wor-
den; Denn daß alle Teufel vorher Men-
ſchen geweſen, iſt nicht. Leſer, pruͤfe
Geiſter.
breitung oder Sphaͤren der Wuͤrkſam-
keit faͤhig ſeyn: Himmel heißt in Heil.
Schrift Rakia, und Schamajim.
Dieſe haben viele Kraͤften in ſich, wie
JEſus aus Jeſaia 34, 4. ſagt: Sie
koͤnnen zerflieſſen und wieder ausgebrei-
tet werden, Zachar. 12, 1. Sie zerge-
hen im Salz, Jeſ. 51, 6.
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- Zitationsvorschlag für diese Edition
- TextGrid Repository (2025). Swedenborg, Emanuel. Auserlesene Schriften. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). https://hdl.handle.net/21.11113/4bpc5.0