ſo viel deren von ihme bißhero an
Tag gegeben worden.
etlichen neuen Tractaten vermehret/ vnd vmb mehrer
Bequemlichkeit willen/ in dieſe Form zuſammen getragen/ ſampt
ein darzu verfertigten vollkommenen Regiſter.
Jn Verlegung Thomæ-Matthiæ Goͤtzens.
Jm Jahr M DC LVIII.
Regiſter der Tractaͤtlein/ in dieſem Erſten
Theil.
- I.
Erſter Theil.
PHarmacopœæ Spagyricæ,wie man
auß denenVegetabilien, Ammalien
vndMineralienArtzney bereiten
ſoll. p. 1 - II.
Ander Theil/ Pharm. Spag.
Daß dasNitrumalleVegetabilia, A-
nimaliavndMineralia, ſolvire, corri-
gire,vnd ihre ſchaͤdliche Eygen-
ſchafften in heilſameMedicamen-
ten transmutire. 33 - III.
Dritter Theil/ Pharm. Spag.
Wie das Saltz vnd Feuer dieVege-
tabilien, AnimalienvndMineralien
in die ſchnellwuͤrckenſteMedica-
menten verſetze. 94 - IV.
Warhafftige Beſchreibung auß
Weinhefen einen guten Wein-
ſtein in groſſer Menge zuextrahi-
ren. 116 - V.
Miraculum Mundi,oder Beſchꝛeibung
deß GroßmaͤchtigenSubjectivon
den AltenMenſtruum Univerſale,o-
derMercurius Philoſophorumge-
nand. 127 - VI.
Explicatio miraculi Mundi. 171 - VII.
Continuatio miraculi mundi. 202 - VIII.
De Medicina Univerſali ſive auro pota-
bili. 259 - IX.
Erſter Theil/Operis Mineralis,Gold
auß Kißlingſteinen/ Quaͤrtzen/
Sand/ Erden/per ſpiritum ſaliszu
extrahirenvndcorporaliſch zu ma-
chen/ vnd wie außAntimonioei-
nePanaceaſolle gemacht werden.
293 - X.
Ander TheilOperis Mineralis,vom
Vrſprung vnd Herkommen aller
Metallen/ vnd Mineralien/ wie
dieſelbe durch dieAſtragewir-
cket/ auß Waſſer vnd Erden ihrē
Leib nehmen/ vnd in vielerley
Geſtalt formlert werden. 337 - XI.
Dritter Theil/Operis Mineralis,dar-
innen vnter derExplication,uͤber
deßParacelſiBuͤchlein/Cœlum
PhiloſophorumoderLiber Vexatio-
numgenand/Metallorum transmu-
tationes in generegelehrt wird/
vnd andere dergleichen Arbeiten.
366 - XII.
Tractatus de natura Salium,darinnen
von einem abſonderlichen Saltz/
alleſubjectain harte vnverbrenn-
liche Coͤrper zu verwandeln. 441 - XIII.
De Signatura Salium, Metallorum \amp; Pla-
netarum. 512 - XIV.
Troſt der Seefahrenden. 538
[]
Regiſter aller nuͤtzlichen Sachen/ welche in dieſem Erſten
Theil eingefuͤhrt werden.
A.
- A/ ſeine Geſtalt. 517
- Abtreiben/ bey Metallen zubeobachten. 437
- Adamas.426
- Ægyptiſche Schulen haben die Signatur
der dinge wol in acht genommen. 516 - Alaun. 489
- Kan auß gemein Saltz werden. ibid.
Schieſſt dem gemeinen Saltz gleich/
doch nicht ſo zierlich. 525
- Kan auß gemein Saltz werden. ibid.
- Alchimiæ Natura.224. 370
- Recepten.412. 413
- Materie vnd Werckzeug. 421
- Thun. 425
- Alkaheſt, wz es ſey. 26. 27. 316. 317. 319. 321
- Deſſen Tugenden. ib.
- welche er in metallicis beweiſet. 323
- Solviret alle Mineralien. ib.
- Die Metallē ſcheidet er voneinander. ib.
- Amaus.384. 398. 399
- Arbeit. ib.
- Welche reducirt.399
- Amethyſtes.427
- Anæſarcam zuvertreiben. 556
- Anatomia der Vegetabilien/ Animalien
vnd Mineralien. 319- Wordurch ſie verrichtet werde? ib.
- Angeſicht ſchoͤn zu machen. 557
- Anima Metallorum.362
- Animalia, was ſie ſeynd/ vnd was darunter
vnd darmit ſol verſtanden werden. 35- Kraͤfftiger als die vegetabilia.36
- Solvirt vnd corrigirt das menſtruum
univerſale.44 - Der liquor nitri fixi ſolvirt vnd corri-
girt ſie. 46 - Durch Huͤlffe der Saltzgeiſter in reine
medicamenten zubringen. 98 - Zu anatomiren. 319
- Animaliſchē Medicamenten Bereitung. 45
- Gebrauch/ Krafft vnd Wuͤrckung. 55. 56
- Antimonii Panaceæ Tugend. 10
- Stillet ſauſen der Ohren. 10
- uͤbrige Fluͤſſe. 10
- Hertzklopffen. 10
- Epilepſiam.10
- Melancholiam.10
- Panaceæ Bereitung. 62
- Panaceæ Wuͤrckung. 63
- Panaceæ doſis.63
- Gebrauch. 63. 6
- Panacea curirt die Waſſerſucht. 65
- Panaceæ doſis in der Waſſerſucht. ib.
- Panacea gut contra podagram.65
- Panaceæ doſis fuͤrs podagram.65. 66
- Panacea gut zu Heylung der Wundē. 67
- Heilet alle fiſtulirte Schaͤden. 67
- Doſis in forma pillularum.67. 70
- Flores.309
- Wieder zugebrauchen. ib.
- Schlacken/ geben ein Medicin.311
- Dero Bereitung. ib.
- Dero Wirckung. 313
- Tinctura.313
- Antimonium das edelſte vnter den Mi-
neralien. 61. 400. 401 - Primum Ens auri. ib.
- Jſt ein Gifft/ ehe es bereitet. 61
- Macht dz Gold auß Kißlingſteinē fix 279
- Daß Gold vnd Silber darvon zubekom-
men. 385. 386
Aphtha,
[]Regiſter
- Aphtha, wie es curirt wird. 557
- Apoſtel ſeynd Philoſophi geweſen. 450
- Apoſtemata zuvertreiben 550
- Apothekeꝛn dienet das Menſtruum Univer-
ſale.134 - Appetit zur Speiſe machen. 555
- Aqua Vitæ Philoſophorum.266
- Jſt die hoͤchſte Medicin aller Vegetabili-
en. ib. - Deſſen Krafft/ Tugend vnd Eigen-
ſchafft. 265 - Wie mans probiren ſoll. 266
- permanens.324
- Jſt die hoͤchſte Medicin aller Vegetabili-
- Arbeit der Amauſen. 384
- Der Weiber. 433
- Arſenicum, daß es ſein Silber vnd Gold
von ſich gebe. 385. 386- Ein groſſes Gifft. 497
- Wird zur Compoſition deß Vitriols
vnd Salpeters genommen/ Gradir-waſ-
ſer darbey zu machen. 497
- Artzneyen Bereitung. 243
- Art der Metallē/ wird vielerley gefundē. 353
- Die Vrſach. ib.
- Aſari Radices.318
- Aſelli.40
- Aſtra, ſeynd an Statt deß Vatters/ oder
Saamens bey den Metallen. 356 - Athem/ der ſtincket/ zuvertreiben. 141
- Der ſchwer gehet/ zu helffen. 555
- Augen/ was ihnen dienlich. 557
- Felle vnd Fluͤſſe zu vertreiben. ib.
- Waſſer zu machen. 557
- Auri anima.252
- uͤberauß geiſtlich. 256
- Solut o.501
- Per aquam Regis.506
- Jſt corroſiviſch. 507
- Allen dingen ein Gifft. ib.
- Vncorroſiviſch. 502
- Per ſal mirabile. ib.
- Oleũ macht ſtarck vñ geſund Fleiſch. 569
- aurificum ſal bringt ſolariſche Kraͤuter her-
fuͤr. 508 - auripigmentum, daß es ſein Silber vnd
Gold von ſich gebe. 386- Verurſacht unleidliche vomitus, vnd
ſtarcke ſedes.497
- Verurſacht unleidliche vomitus, vnd
- aurum potabile verum. 259. \amp; ſeqq.560
- Seine Geſtalt. 265
- Deſſen Medicin. 277
- Weiß vnd roth. 500
- Seine Art vnd Eigenſchafft. 265
- aurum potabile zu probiren. 266
- aqua vitæ Philoſophorum.266
- Gebrauch bey Mineralien. 272
- Gebrauch in Medicina.277
- aurum potabile im naſſen Weg zu verſu-
chen/ ob es ein wahres Philoſophiſches
volatiliſch ☉ ſey. 273- im truckenen Weg/ ob es die vnvolkom-
mene Metallen gradire.274 - Verbirget in ſich das Drachenblut. 289
- im truckenen Weg/ ob es die vnvolkom-
- Außſatz zu heilen. 557
- azoth Philoſophorum.316
B.
- B/ ſeine Geſtalt. 517
- Backert. 359
- Balneum ſecretum autoris.316
- Reiniget Vegetabilia, animalia, vnd
Metallen. 317
- Reiniget Vegetabilia, animalia, vnd
- Baſiliſcus.318
- Mineralis. ib.
- Bauchgrimmen. 556
- Baumfruͤchte. 152. 196. 197
- Bauren ein nuͤtzliches Stuͤcklein. 151. 196.
203. 204. 205. 206. 215. 216 - Berge von lautern Schwefel. 345
(:) iijBerg-
[]Regiſter.
- Bergwerck zu verſuchen 144. 173
- Bezoarticum minerale.52
- Seine doſis. ib.
- Bierbraͤuern dienlich. 193
- Bier. 534. 535
- Safft. ib.
- zumachen. 552
- Bildſchnitzer koͤnnen ihre Jnſtrumenten
haͤrten. 288 - Biscoctum.535
- Blaſen-Tartarum treibet auß die Panacea
antimonii.13 - Bley. 182
- Trucknet. 498. Kuͤhlet. ib.
- Blitz/ warumb er ein Schwert in der Schei-
den zerſchlage/ vnd die Scheiden gantz
laſſe/ \amp;c.344- Schlaͤget offt in die Erden/ vnd macht
die Gaͤnge offenbahr. 352
- Schlaͤget offt in die Erden/ vnd macht
- Bocken Curirung. 550
- Botsknechten dienlich. 554
- Brandtewein/ wie ihn der autor macht. 120
124 - Brauſen der Ohren zu vertreiben. 557
- Brey. 535. Zu eſſen. ib.
- Brief von Zin. 520
- Brod hat ein fluͤchtig ☉ bey ſich. 455
- Jſt ein Nutrimentum. ib.
- Kan ein Medicamentum werden. ib.
- Vnd Saltz nehmen/ vnd darbey ſchwe-
ren/ wo es auffkommen/ vnd was es auff
ſich habe. 462 - Auff die Schiff zu backen. 535
- Wird zu Bier. ib.
- Bruͤche zu heilen. 556. 564
- Bruchzin. 182
- Bruͤſte zu heilen/ ſonderlich die erkaͤltet. 555
- die breſthafft vnd außgeſchlagē ſeynd. 557
- Bruñen/ die Holtz zu Eiſen machē. 491. 492
- Buchdruckern dienet das Menſtruum U-
niverſale.189 - Buͤchſenmachern/ was ihnen dienlich. 189
- Buchſtaben/ auß dem Circul vnd Qua-
dranten gemacht. 517 - Buͤttern oder Butter machen. 397
C.
- C/ ſeine Geſtalt. 517
- Calcedonius426
- Calculum zu vertreiben. 546
- Calculoſis bekommet die Panacea antimo-
nii wol. 11 - Caput Corvi.324
- Cantharides.39. 318
- Carbunculus.426
- Cataputia.318
- Cauda pavonis.324
- Ceræ Oleum.88. 89
- Chirurgis dienet das Menſtruum Univer-
ſale.134 - Choleriſchen Natur Eigenſchafften. 519
- Chryſopaſſus.427
- Chymia hat die Kunſt im Nitro fanden. 159
- Chymici, die Alten vnd dero Nachfolgere
wunderliche Grillen. 395. 396 - Chymiſche Medicamenten. 8
- Cimentiren. 437
- Circulus was er bedeute. 513
- Vnd wie er in Acht zunehmen. ib.
- bedeut das himliſche/ vnbegreiffliche. ib.
- Vnd der Quadrant macht alle Geſtalten
der Vegetabilien, animalien, vnd Mine-
ralien.517 - Vnd Quadrant ein Vrſprung deꝛ Buch-
ſtaben. 517
- Circulatio ſanguinis in microcoſmo.443
- Citri oleum zu figiren. 494
- Cocculi de Lede.318
- Cœlum Philoſophorum.370
Coleri-
[]Regiſter.
- Colericos, die zu hitzig/ zu moderiren.569
- Colicam paſſionem zu ſtillen. 556
- Concentrirung der Metallen. 243
- Wird gemacht per Nitrum.244
- Deß Korns. 534
- Deß Waſſers. 540
- Confortativum in groſſen Krãckheiten. 80
- Corallus.426
- Cordiale in groſſen vnd langwuͤrigen
Schwachheiten. 80 - Corroſiven ſoll man võ Metallē laſſen. 413
- Cryſtall. 427
- Cryſtall in Waſſer zu bringen. 541
- Wormit. ib.
- pulveriſirt ſtaͤrcken den Magen. 545
- Beſchweren/ daß man alle dinge darinn
ſehen kan. 419
- Curirung der Kranckheiten auff dē Schif-
fen. 535. \amp; ſeqq. der Bocken. 550
D.
- D/ ſeine Geſtalt. 517
- Darmgicht zu vertreiben. 556
- Deſtillation reiniget die Mineralien.105
- Reiniget die Vegetabilien vnd anima-
lien.110 - Macht die Metallen geiſtlich. 111
- Reiniget die Vegetabilien vnd anima-
- Diuretica treiben Urin vnd calculum.76
- Wie ſie hertzſtaͤrckend koͤnn en gemacht
werden. 76
- Wie ſie hertzſtaͤrckend koͤnn en gemacht
- Diureticum Nephriticum auß Wuͤrmen/
durch Huͤlffe eines Spiritus appropriati
vegeta bilium.74 - Draconis ſanguis.324
- Durſt zu leſchē. 540. 546. 556. mit Saltz. 542
E.
- E/ ſeine Geſtalt. 517
- Edelgeſteine auß Steinen/ wer ſie habe ma-
chen koͤnnen. 450. 451- Farb vnd Tugenden. 426. 427
- Eiſen in Kupffer zu gradiren. 126
- Jn einen Vitriolum zu ſolviren.126
- Wie Stahl/ ſo hart zu machen. 188
- Wann es Gold haͤlt/ mit groſſem Nutz
außzuſeigern. 327 - Ziehet der Magnet an ſich. 353
- Hat viel corroſiviſchen oder vitrioliſchen
Sulphur.389 - Hat viel corroſiviſch Saltz. ib.
- Laͤſſet ſich nicht mit Bley auff einer Cu-
pellen abtreiben. 520
- Electuarium autoris. 539. \amp; ſeqq.
- Minerale549
- Deſſen doſis.549
- Operation.549. 550
- Electuarium de Juniperis.555
- Element wuͤrcket eines in das ander. 460
- Eliæ vnd Eliſæ Hiſtoria.509. 510
- Emplaſtra auß denen Vegetabilien.101
- Ens primum auri, worinnen zu finden. 286.
287 - Epilepſiam zu curiren. 10. 64. 315. 555. 138
- Erdgeiſter. 347
- Erdmaͤnnlein. 346. 347
- Ertz zu probiren. 144. 173
- So fluͤchtig/ innerhalb drey Stunden
zu figiren. 145. zu ſchmeltzen. 437
- So fluͤchtig/ innerhalb drey Stunden
- Eſſentia quinta.379
- Eſſentias ſoll man mit Verſtand eingeben.
17. 18- Auß außlaͤndiſchen duͤrren Vegetabili-
bus zu bereiten. 19. 20 - Tabaci braucht man in Mutter Kranck-
heiten. 24 - Vini gut fuͤr Gifft. 30
- Wie man dieſelben bewahren ſoll. 30
- herbarum wie man ſie ſoll gebrauchē. 31
- Vegetabilium.538. 539
- Deren Gebrauch vnd Operation. ib.
- Auß außlaͤndiſchen duͤrren Vegetabili-
Eſſig
[]Regiſter.
- Eſſig/ wie er in Holland/ Franckreich vnd
Italia gemacht wird. 118. 119- Vnd Brandwein zu machen/ auff deß
autoris Weiſe. 120. auß Holtz. 209 - Worzu er gut. 215
- Vnd Brandwein zu machen/ auff deß
- Eſula.318
- Etzwaſſer zubereiten. 187
- Exceſſ im Eſſen vnd Trincken/ was er ver-
vrſache. 66 - Excrementa haben in ſich die groͤſte Krafft
der Thiere. 58- Der Menſchen. 561
- Extractum der Vegetabilien.538. 539
- Deſſen Nutz. ib.
F.
- F/ ſeine Geſtalt. 517
- Farbe/ die geſund am Menſchen/ zu erhal-
ten. 555 - Farben zu machen. 187
- Faͤulnuͤß zu wehren. 554
- Der Zaͤhne zu wehren. 557
- Feiſten Weibern zu helffen. 557
- Felle der Augen zu vertreiben. 557
- Feuchte bey bey allē dingē/ das patiens.362
- Feuchtigkeit/ ſo uͤbrig bey den Menſchen/ zu
vertreiben. 555- Der Zaͤhne zu vertreiben. 557
- Fewer-Geiſter. 347
- Fewer iſt allezeit vnveraͤnderlich vnd irret
nicht. 519- Stellet den Menſchen der Metallen ver-
borgne Natur vnd Eigenſchafftē vor. 519 - Hat ein groß Geheimnuß. 542
- corrigirt das Saltz. 543
- Stellet den Menſchen der Metallen ver-
- Fieber curirt die Panacea antimonii.10
- curirt deß autoris Electuarium.539
- Zu curiren.556
- Fiſch kochen. 546
- Fiſtulirte Schaͤden zu heilen. 67. 315
- Flechten zu vertreiben. 557
- Fleiſch hat ein fluͤchtig Gold bey ſich verbor-
gen. 455- Jſt ein nutrimentum.455
- Wird ein medicamentum. ib.
- Einſaltzen. 546
- Flores antimonii.309
- Wieder zu gebrauchen. 309. \amp; ſeqq.
- Fluͤſſe zu curiren.539. 555
- Der Augen zu curiren.557
- Fluß zur Arbeit. 332
- Frawen/ die ſchwanger ſeynd/ was ihnen
dienlich. 555- Bruͤſte zu heilen. 557
- Froͤſche wachſend machen. 466
- Fruchtbarkeit zu befoͤrdern. 557
- Fulmen Jovis.248
G.
- G/ ſeine Geſtalt. 517
- Gaͤnge der Metallen verrathen ſich durch
Witterung. 352- Entzuͤnden ſich in der Nacht von der
warmen Lufft. ib. - Laſſen einen Streich hinauß lauffen/ als
ein blau Feuer. ib.
- Entzuͤnden ſich in der Nacht von der
- Gaͤnſe fuͤttern vnd maͤſten. 545
- Gaͤnſekoth/ worzu er zu gebrauchen. 454
- Gaͤrtnern dienet das Menſtruum Univer-
ſale.149. 192. 203. 204. 205. 206 - Galmey/ daß es ſein Gold von ſich gebe. 303
- Geburt der Weiber leichtern. 555
- Geheimnuͤſſe/ wie ſie von den Alten hinter-
laſſen worden. 517 - Gelbſucht zu vertreiben. 556
- Geſchwaͤr deß Mundes zu heilen. 557
- Geſchwulſt zu vertreiben. 556
- Geiſtlichmachung der Metallen. 404
- Geſtalt der Schlangen. 513
- Was ſie vor Bedeutnuß habe. ib.
Ge-
[]Regiſter.
- Gewuͤ[rm]/ ſo gifftig/ ihre Verwandlung in
ſichere Medicamenten.42. 43 - Gifft wideꝛſtehet die Panacea antimonii.10
- So geiſtlich/ ſtaͤrcker als der corporali-
ſche. 16 - Vnterdruckt Spiritum Vitalem vnd das
humidum radicale.56 - So corporaliſch/ kan per Vomitum
wieder herauß geſtoſſen werden. 16 - So geiſtlich/ erſticket den Spiritum Vi-
talem.16
- So geiſtlich/ ſtaͤrcker als der corporali-
- Gifftige Schwaͤmme/ wann man ſie geſſen
hat/ was gut darfuͤr ſey. 556 - Glaßmahlern dienet das Menſtruum Uni-
verſale.188. 189 - Gold auß vnvolkommenen Metallen zu
bringen. 186- So unrein durch das antimonium zu
gieſſen/ ſeigern vnd fein zu machen. 306 - Von de antimonio zuſcheiden. 308. 309
- Geben die unvollkommene Metallen. 331
- Mit Regulo antimonii außziehen. 335
- Soll nicht mit gemeinem Bley außge-
zogen werden. ib. - Leicht vnd geſchwind zu machen. 371. 373
- Wie mans ſoll machen. 379
- Sein innerſtes. 405
- Sein Art vnd Eigenſchafft 405
- Jn dreyerley Stand. 407
- Kan zur plusquamperfection gebracht
werden. 408 - Auß Staͤben vnd Ruthen/ wer es habe
machen koͤnnen. 450. 451 - Auß Holtz machen. 452
- Der Metallen treibt am rundeſten. 520
- Jm Saltz. 542
- recht aufzuſchlieſſen. 560
- So unrein durch das antimonium zu
- Gomeſii Explication/ uͤber das Woͤrtlein
ἃλς, oder Sal.526. 527. 528. 529. 530 - Gott iſt allein perfect.525
- Allein kan ichts auß nichts machen. 416
- Grind zu vertreiben. 557
- Gruͤne Loͤw. 500
- Deſſelben Tugenden. 499. 500. 503
- Erfrewet allein durchs Anſchawen. 503
- Staͤrcket das humidum radicale.503
- Balſamirt den Menſchen inwendig. ib.
- Liquor auriſicus.504
- Safft. ib.
- Gummi Guttæ.318
- Gur.357
- Wird in ein Metalldurch laͤnge der Zeit
gebohren. 357
- Wird in ein Metalldurch laͤnge der Zeit
H.
- Haͤckern ein nuͤtzliches Stuͤcklein. 151. 194.
195. 203. 204 - Halchimia.542
- Halßknollen/ ſo geſchwollen/ zu zertheilen.
557 - Hauptwehe zu curiren.539
- Haut im Angeſicht ſchoͤn zu machen. 557
- Hecken-Fruͤchte. 152
- Helleborus.318. 538
- Darmit haben die Alten ihr Leben ver-
laͤngert. 538
- Darmit haben die Alten ihr Leben ver-
- Herd-Bereitung. 277
- Herkommen der Metallen. 337. \amp; ſeqq.
- Hermetis verba Secretorum.164
- Hertzklopffen zu vertreiben. 555
- Hertzzittern. 498
- Hirnkranckheiten zu helffen. 82. 83
- Hiſtoria vom Elia vnd Eliſa.509. 510
- Vom Gifft. 16
- Von einem Koͤnige/ der der Truncken-
heit zu ſehr ergeben. 571 - Von einer Frawen/ die von einem trun-
ckenen Koͤnige verurtheilet/ zũ nuͤchtern
appelliret. ib.
- Hitze deß Mercurii.419. 420
- Holtz-Eſſig. 209
(:) (:)Wor-
[]Regieſter.- Worzu er dienlich. ib.
- Holtz in Gold zu verwandeln. 452. 453. 454
- Holtz-Oehl. 209
- Zu Stein machen. 491. 492
- Nutz. 215. 216
- Preſſe. 207. \amp; ſeqq.
- Holtz-Safft zum Salpetermachen dienlich.
207- Wie er herauß zu preſſen. 205. \amp; ſeqq.
- Worzu er mehr dienlich. 209
- Honig den uͤbeln Geſchmack zubenemē. 552
- Hornuͤſſen-Stiche zuheilen. 557
- Huͤner eſſen Sand vnd Kißling. 546
- Warumb. ibid.
- Humidum radicale zu ſtaͤrcken. 281
- Hundskoth. 454
- Worzu er dienet. 454
- Hunger ſtillen. 535
- Huren-Kranckheit zu curiren.139
- Huſten zu vertreiben. 555
- Hyacinthus.426
- Hypochondriacam Melancholiam zu cu-
riren.556
J.
- Inceriren vnd inceration, was die Philoſo-
phi darmit meynen. 398 - Inſtrumenten zu haͤrten. 288
- Johannes der Evangeliſt hat koͤnnen auß
Staͤben Gold vnd auß Steinen Edel-
geſteine machen. 451 - Joſeph hat Saltz bey ſich gehabt. 465
- Jovialiſche Kraͤuter zeugen. 508
- Aus Metallen. ib.
- Jovis fulmen.248
- Junge Kinder/ welche Geſchwer im Mun-
de haben/ zu heilen. 557 - Jungfran-Milch der Philoſophorum.289
- Jupiter.381. 382
- Seine Art. ib.
- Juriſten dienet das Menſtruum Univer ſa-
le.134
K.
- Kalbfleiſch einzuſaltzen. 546
- Kefer-Schroͤter. 37
- Kießling pulveriſiret/ ſtaͤrcken den Magen.
545. 546- Welche Gold halten. 300
- Jn allerhand Farben zu ſehen. 282
- Den ſulphur darinnen zu gutem Golde
transmutiren. 282 - Geben ein Waſſer/ amauſen zu machen.
399 - Jn Waſſer zu bringen. 541
- Wormit. ib.
- Kind zu ſtein gemacht in der Schweitz. 491
- Welches Geſchwer im Munde hat/ zu
heilen. 557
- Welches Geſchwer im Munde hat/ zu
- Kindsbetterinnen dienlich. 555
- Knollen deß Halſes zu zertheilen. 557
- Kobolten außſeigern. 327
- Kan figirt werden. 355
- Wie ſein Gold vnd Silber zubekom̃en.
385. 386
- Kochen. 546. 547
- Kochſaltz. 456
- Von feiner terreſtritaͤt zu ſaͤubern. 523
- Kohlen geben einen rothen feurigen Stein.
241 - Koͤnige vom antimonio ſchmeltzen. 308
- Koth/ worzu er zu gebrauchen. 454
- Vnd was er iſt. ib.
- Der Menſchen. 455. 456
- Worzu er in der Artzney nutzet. ib.
- Kornfruͤchte. 151. 152
- Safft. 534
- Korn/ wormit anzufeuchten. 196
- Wachſend zu machen. 196. 197
- Jn Fiſchkoͤpffe pflantzen. 465
- Seine concentrirung. 534. \amp; ſeqq.
- Kraͤtze zu curiren. 64. 557
- Kraͤuter/ ſo in warmer Lufft wachſen/ nicht
ſehr gifftig. 59- Jn finſtern/ ſchattichten Orten/ ſehr giff-
tig. ib. - mitten im Winter gruͤnen vnd wachſen
machen. 267 - Auß Sand wachſend zu machen. 268
- Jn verfault Holtz zu pflantzen. 283
- Jn Segeſpaͤhne zu pflantzen. 283
- Von Metallen zeugen. 507. 508
- Jn finſtern/ ſchattichten Orten/ ſehr giff-
- Kranckheiten im Hirn zu curiren. 82
- Auf den Schiffen zu curiren. 535. 536. 537
- Vrſprung. 135
- Kriegsleut en dienet das Nitrum.193
- Krimmen machen. 498
- Kroͤtten wachſend machen. 466
- Kuͤhemiſt/ worzu er zu gebrauchen. 454
- Kunſt der Alchimy. 370. 430
- Kupffer gibt Silber von ſich. 183
- Solviren.125
- Kupfferſtechern dienet das Menſtruum u-
niverſale.147- Koͤnnen ein Etzwaſſer durch das Nitrum
erlangen. 187
- Koͤnnen ein Etzwaſſer durch das Nitrum
L.
- Lac Virginis.324
- Lapides, ſo bereitet in calculo zu gebrau-
chen. 53 - Lapis Philoſophorum, worvon er ſolle be-
reitet werden. 511- Mutirt nit das gantze corpus der vnvoll-
kom̃enē Metallē in Gold vnd Silber. 416
- Mutirt nit das gantze corpus der vnvoll-
- Laterinum oleum.88. 89
- Lathon, materia lapidis.84
- Leber-Verſtopffungen zuoͤffnen. 556
- Leinenwebern dienlich. 190
- Leo rubeus.324
- Viridis.324. 504
- Lepram curit die Panacea antimonii.64
- Was ihn ferner curirt.139. 539
- Liber Vexationum Philippi Theophraſti
Paracelſi.370 - Liquor, ſo feurig. 46
- Deß Salpeters. 46
- Seine Bereitung. 46
- Sein Gebrauch in Bereitung der Me-
dicamenten. 46. 47 - Fixus Nitri.49. 50. 524
- in der gewaltfamen Kaͤlte zeucht ſein in-
nerſtes vnd beſtes zuſammen bey ſich in
die Mitten. 376 - Der gruͤn iſt. 503
- Vnd der gruͤne Loͤw genennet wird. 503
- treibt den den calculum in Nieren. ib.
- Loͤwe. 500
- Der Gruͤne. 499. 500
- conſumirt die Podagriſche Fluͤſſe. 505
- vertreibet cholicam. ibid.
- heilt den Außſatz. ib.
- Kombt zu Huͤlff den apoplecticis. ib.
- Vnd Epilepticis. ib.
- Præſervirt vor Peſt. ib.
- Verurſacht ein geſund vnd langes Leben
ib. - Heilt die Wunden. ib.
- Erhaͤlt das Gebluͤth fuͤr corruption. ib.
- Lues venerea.318
- zu curiren. ib.
- Lufft empfehet den Samen von den aſtris.
460- Fuͤhret den ins Waſſer. ib.
- Temperirt, deß Spiritus vitalis erhalter/
Bewahrer vnd ernehrer. 15 - vntemperirt, deſſelbigen Erſticker vnd
Erwuͤrger. ib. - Welche inficiret iſt/ thut dem Menſchen
(:) ijmehr
[]Regiſter.
mehr Schaden/ als ein corporaliſch
Gifft. 16
- Lu Wenn ſie inficiret iſt 555
- Lufft. Geiſter. 347
- Lunæ Art vnd Eigenſchafft. 402
- Lunam zu figiren.174. 180
- Wormit? ib.
- Kan von allen Zuſaͤtzen gereiniget wer-
den. 180. 181 - Von Sole zu ſcheiden. 184. 185
- Wormit? 184. 185
- Lunariſche Kraͤuter zeugen. 508
- Von Metallen. ib.
- Lungenſucht zu vertreiben. 556
- Lunificum ſal, bringt Lunariſche Kraͤuter
herfuͤr. 508 - Luſt zur Speiſe machen. 555
M.
- Maͤler im Geſicht zu heilen. 557
- Maͤuſekoth/ worzu er zu gebrauchen. 454
- Magen zu ſtaͤrcken. 545. 546. 555
- Magiſteria zu gebrauchen in Calculo.53
- Magnes.426
- Mahler koͤnnen durchs Nitrum ihre Farben
machen. 187. 188 - Mandeln/ ſo geſchwollen/ zu zertheilen. 557
- Marchaſiten außſeigern. 327
- Wie ſie ihr Gold vnd Silber von ſich ge-
ben. 385
- Wie ſie ihr Gold vnd Silber von ſich ge-
- Marckſchreyer zu Pariß in Franckreich. 16
- Toͤdet den andern mit Gifft. ib.
- Margarita.426
- Mars fuͤhrt mit ſich ein maͤchtig Sulphur
Narcoticum.73- Seine Natur vnd Eigenſchafft. 386. 387
- Ein grober Geſell. 386
- Gibt durch Saturnum Gold. 392
- Materia prima metallorum.404. 453. 454
- Materia Univerſalis.262
- Lapidis.84
- Materie zur Alchimey. 431
- Matrix metallorum.362
- Mayenwuͤrme. 318
- Dienen in Reſolvirung der Tartariſchē
humorum. ib.
- Dienen in Reſolvirung der Tartariſchē
- Medicamenten Bereitung. 243
- Chymicorum.8
- Fuͤr Hunger. 533. \amp; ſeqq.
- Durſt. ib.
- Seekranckheiten. ib.
- Medicina in calculo.23
- Scarabei cornuti.37
- Vom Roß-Keffer. 38
- Gifftiger Thiere. 42. 43
- Gifftiger Gewuͤrme. 42. 43
- Metallorum per Nitrum.82
- Deren Gebrauch. ib.
- Univerſalis, wie ſie zu erlangen ſey. 252.
259 - aller Vegetabilien.266
- Die vornehmeſte der gruͤne Liquor.504
505 - auri potabilis veri.277
- Wider die Trunckenheit. 568
- Medicinæ Bereitung auß den Schlacken
deß antimonii.311 - Medicinæ Univerſalis Tugenden. 137. 138.
139- Mit dem gruͤnen Loͤwen ſchoͤne Tugen-
den vnd groſſen Kraͤffte. 502. 503. 504.
505. 506
- Mit dem gruͤnen Loͤwen ſchoͤne Tugen-
- Medicis dienet das Menſtruum Univerſa-
le.134 - Medicus iſt zu loben. 155
- Warum? ib.
- Meer hat gruͤne Farbe. 505
- Wo es am meiſten Saltz hat. ib.
- So viel zu ſagen als vermehr. 506
- Ohne daſſelbe keine Vermehrung. ib.
- Melancholiam Hypochondriacam zu cu-
riren.556 - Melancholicos zu ermuntern. 569
- Wormit? ib.
- Melancholiſchen Natur Eigenſchafft. 519
- Meliorandi metalla modus.244
- Menſch hat ſieben Haupt-Glieder. 351
- Menſchen-Koth macht die Blumen wol
wachſend/ aber uͤbel-riechend. 108 - Worzu er dienlich. 454
- Setzet Paracelſus ſeinen Gaͤſten vor. 456
- Menſtrui univerfalis Krafft. 132
- Solvirt Vegetabilien, animalien, Mi-
neralien vnd metallen.132 - Bereitung. 137
- Gebrauch. 137
- Doſis.138
- Nomina.158
- Solvirt Vegetabilien, animalien, Mi-
- Menſtruum Univerſale.44. 127
- Solvirt vnd corrigirt die Vegetabilien,
animalien, vnd mineralien.44 - Dienet den Kupfferſtechern. 147. 187
- Mahlern. 147. 187
- Bildſchnitzern. 147. 188
- Seidenſtickern. 147. 188
- Glaßmahlern. 147. 188
- Wachspoſirern. 147. 189
- Buchdruckern. 147. 189
- Vhrmachern. 147. 189
- Schloßmachern. 147. 189
- Buͤchſenmachern. 147. 189
- Klein vnd Großſchmiden. 147
- Zinngieſſern 147. 189
- Schreinern. 148. 190
- Kuͤrſchnern. 148
- Federfaͤrbern. 148. 190
- Schneidern. 148. 190
- Schuhmachern. 148. 190
- Leinwebern. 148. 190
- Wollen vnd Tuch faͤrbern. 148. 190
- Haͤfnern. 148. 190
- Soldaten. 148. 191
- Fiſchern. 148
- Fuhrleuten. 148
- Tapetzerey-machern. 148
- Weibern. 148. 191
- Maͤgden. 148
- Jungen Weibern. 148. 191
- Alten Weibern. 149. 192
- Gaͤrtnern. 149. 192
- Beckern. 149. 192
- Bierbraͤwern 149. 193
- Maͤtmachern. 149. 193
- Kamm-vnd Meſſerhefftmachern. 149.
193 - Schleiffern. 149. 193
- Vogelfaͤngern. 149. 193
- Pulvermachern. 149. 194
- Conneſtabeln. 149
- Fewerwerckern. 149
- Haͤckersleuten. 149. 194
- Weinziehlern. 149
- Secretum autoris.316
- Reiniget auch die Metallen. 316
- Solvirt vnd corrigirt die Vegetabilien,
- Mercurius Philoſophorum.127
- Kan in beſtaͤndig Gold verwandelt wer-
den. 268. Vivus.409
- Kan in beſtaͤndig Gold verwandelt wer-
- Mercurii Univerſalis Kennzeichen. 166
- anima uͤberauß geiſtlich vnd ſubtil. 256
- Mercurius Hermaphroditus.157
- Univerſalis.157
- Philoſophorum.127. 165
- Was er ſey. 357
- nicht der gemeine/ der Metallen Anfang.
360 - Vulgi, kan ein jedweder Metall in mer-
curium currentem bringen. 361 - Art. 378
- Eygenſchafft. ib.
- Laͤſt ſich nicht coaguliren.379
- Warumb? ib.
- Zu coaguliren, wie ſich in der Jugend
der Autor vnterſtanden habe. 380 - Nicht von Kaͤlte/ ſondern von Hitz vnd
Fewer Lebendig. 407 - Raucht im Fewer weg. 520
- Sein innerſtes/ weñ er coaguliret wird/
iſt lauter ☉ vnd ☽. ib. - muß aber durch kein corroſiv geſchehē. ib
- wie er muͤſſe coagulirt werden. 411
- Mercurii Hitze. 419. 420
- Metalla macht die Deſtillation geiſtlich. 111
- Welche fix/ geben in der Deſtillation ihr
beſtes von ſich. 113 - So vnvollkommen/ innerhalb einer
Stunden lang/ durch das ſecrete Fewer
zu zeitigen. 145 - Jn Form vnd Geſtalt der vegetabilien
wachſend zu machen. 146 - concentrandi per Nitrum.244
- Meliorandi per Nitrum. ib.
- So vnvollkommen zu gradiren.274
- Vrſprung vnd Herkommen. 337. 338. \amp;
ſeqq. - Haben ihren Vrſprung alle auß einem
Samen. 354 - Wie auch mit ihnen die Mineralien. ib.
- Jhre vnterſchiedliche Arten kommen
accidentaliter. ib. - Wachſen nicht/ da alles trucken. 356. 357
- Anfang. 360
- Welche fix/ geben in der Deſtillation ihr
- Metallen zu ſcheiden. 183. 184. 185
- Geben gute Artzneyen. 52
- So vnvollkommen/ zeitigen. 185
- Metallen wachſend machen. 185. 186
- Daß ſie kein ☉ noch ☽ geben/ ligt an vns/
vnd nicht an ihnen. 331 - Ohne alle corroſiv, in aquam viſcoſam
zu reduciren.361 - matrix.362
- die ſichtlich/ verbergē die vnſichtlichē. 382
- Von ihrer Vnvollkommenheit zu ver-
wandeln in eine Vollkommenheit.
ib. - Soll man mit corroſiviſchen ſpiritibus
ungemartert laſſen. 388 - Koͤnnen durch corroſiviſche Spiritus vnd
Salien nicht verbeſſert werden. 390 - Veraͤndern ſich/ wann ſie von ihrer me-
talliſchen Geſtalt gebracht ſind. 396 - muß ohne corroſiv geſchehen. ib.
- Mit ſeines gleichen aufgeloͤſt. ib.
- Guͤldiſche vnd Silberiſche Muͤntz. 397
- materia prima.404
- Geiſtlichmachung. ib.
- In Vegetabilia zu veraͤndern. 452
- Deren Verwandlung natuͤrlich. 453.
454. 455. - Tod vnd Teuffel. 458
- Perfection zu erkennen. 514. 515. 516
- Signatur auß dem Fewer zu erlernen.
518. 519. - Jſt gruͤndlicher/ dann die ihnen von Phi-
loſophis gegeben wird. ib.
- Metalliſchen medicamentorum Berei-
tung. 52- per Nitrum.82
- Metalliſche Kraͤuter zeugen. 507. 508
- Metalliſche Baͤume wachſend zumachen.
562 - Metalliſche Weiber zwey. 258
- Milch der Metallen. 397
- millepedes318
- Miltzes Verſtopffungen/ ſo tartariſch/ zu
oͤffnen. 556 - minerale Bezoarticum.52
Ele-
[]Regiſter- Electuarium.549
- Doſis \amp; Operation.549. 550
- Mineralien ſolvirt vnd corrigirt das men-
ſtruum univerſale.44- Durch Huͤlffe der Saltzgeiſter in ſichere
Medicamenten zu bringen. 98 - Durch die Sublimation zu reinigen. 105
- Durch die rectiſication per Spiritum
acidum zu ſaͤubern. 105 - Lieben das Saltz zu ihrem Wachsthum.
162 - zu anatomiren.319
- Wordurch. ib.
- Vnd Metallen iſt nur ein Samen. 354
- Durch Huͤlffe der Saltzgeiſter in ſichere
- Mineraliſchen Medicamenten Gebrauch/
Krafft vnd Wuͤrckung. 55. 56- Waſſer der Metallen beſte Milch zu
ſcheiden vnd zu bekommen. 397. 398. 399
- Waſſer der Metallen beſte Milch zu
- Miraculum mundi.127
- Miſt der Philoſophorum.239
- Von Schafen. 454
- Worzu er nutzbar. ib.
- Von Kuͤhen. 454
- Worzu er zu gebrauchen. ib.
- Von Gaͤnſen. 454
- Sein Gebrauch. ib.
- Moͤnch laͤſſet an einer Eiſern Ketten einen
Keſſel in einen Fewerberg/ in Hoffnung/
Gold zu ſchoͤpffen. 348- Entdeckt das Silber-Bergwerck auff
dem Kuttenberg in Boͤhmen. 352
- Entdeckt das Silber-Bergwerck auff
- Monatzeiten der Weibesbilder zu befoͤr-
dern. 141 - Morbus Gallicus wird curirt durch die Pa-
naceam Antimonii.64. 65- Wormit ſie ferner curirt wird. 139. 539
- Moſt theuer zu verkauffen. 149
- Muͤffel/ auff die Herde zu machen. 228
- Mundgeſchwer zu heilen. 557
- Mutter der Weiber von Feuchte vñ Schlei-
migkeit zu reinigen. 557
N.
- Napellum zu corrigiren.318
- Natur deß Saltzes. 446
- Thut nichts vergeblich. 409. 410
- Nieren-Tartarum vertreibt die Panacea
Antimonii.13 - Nitri laus.44. 239
- Fixi liquor ſolvirt vnd corrigirt Ani-
malia vnd Vegetabilia.46
- Fixi liquor ſolvirt vnd corrigirt Ani-
- Nitri fixus liquor.49. 524
- Spiritus acidus.49. 50. 524
- Jſt ein Fewer. 78
- Spiritus in ſeinem innerſten lauter Few-
er. 104 - Jn ſeinem enſſerſten lauter Kaͤlte. ib.
- Nitrum fixum bringt die Animalia vnd Ve-
getabilia zu Medicamenten.49. 50- Jſt ein Fewer. 78
- Wie es von denen Alten genennet wor-
den. 91. 92 - Gibt das wahre ſolvens Univerſale.158
- Gebaͤhrung aller vegetabiliſchen/ ani-
maliſchen vnd mineraliſchen dingen. 161
- Nitrum ſulphuratum, eine warhaffte Me-
dicin. 242- Wahres augmentum der vegetabilien,
animalien vnd mineralien. ib.
- Wahres augmentum der vegetabilien,
- Nitrum concentrirt vnd verbeſſert die Me-
tallen. 244. 245- Jſt materia Univerſalis.262
- figirt ſich bey dem Eiſen. 390
- Warumb? 389. 390
O.
- Obſtructionibus der Miltz zu widerſtehen
140- Der Leber zu widerſtehen. ib.
Ochſen-
[]Regiſter.
- Ochſenfleiſch einzuſaltzen. 546
- Ofen. 228. 229
- Ohnmachten vertreibet die Panacea anti-
monii.20- Was ferner gut darfuͤr. 141. 555
- Ohren-Sauſen vnd Brauſen zu ſtillen. 557
- Schwaͤren zu vertreiben. ib.
- Olea der Vegetabilien nimmer ohne Waſ-
ſer. 90- Auß allen vegetabiliſchen Gewaͤchſen in
copia zu erlangen. 99 - zu figiren.494
- Auß allen vegetabiliſchen Gewaͤchſen in
- Oleum auri.564
- Tugend vnd Gebrauch. ib.
- Oleum ceræ.88. 89
- Oleum incombuſtibile.324
- Oleum laterinum.88. 89
- Ligni.209
- Oleum ſalis.555.
- Gebrauch vnd Wuͤrckung. ib.
- Oleum vini zu erlangen. 28. 29
- Gut fuͤr Gifft. 30
- Olitaͤten/ ſo ſubtil/ in noch ſubtilere zu con-
centriren.89. 90
P.
- Panacea, was es fuͤr ein Name. 8. 69
- Panacea antimonii gelb. 9
- Leibfarb vnd guͤldiſch. 9
- Macht vomitus vnd ſedes.9
- Jn Fiebern zu gebrauchen. 10
- Heilet Scharbock. 10
- Miltzwehe. 10
- Seitenſtechen. 10
- Ruͤck-vnd Lendenwehe. 10
- Welche guͤldiſch vnd leibfarb/ iſt deꝛ gel-
ben weit vorzuziehen. 10 - Gut contra Podagram.11. 65
- contra Calculum.11
- contra Tartarum in Nieren vnd
Blaſen. 13
- Gut fuͤr die Waſſerſucht. 65
- Dienet zu Heilung der Wunden. 67
- Heilet offene/ fiſtulirte/ ſtinckende Schaͤ-
den. 67
- Paracelſus, wo er begraben. 367
- Seine Grabſchrifft. 368
- Setzt eine Kunſt Gold zu machen gar
leicht vnd geſchwind. 371. 373 - Setzet denen medicis einen Menſchen-
Koht vor. 456
- Paralyſis.555
- Zu curiren. ib.
- Perfectionem metallorũ zu erlernen. 514.
515. 516 - Peſt curirt die Panacea antimonii.10. 64
- Zu curiren.138. 555. 556
- Pfauenſchwantz bey Metallen zu ſehen 276
- Pharaonis Traum. 465
- Philoſophus, wer er ſeyn ſolle. 451. 452. 462
- Philoſophiſche Fewer macht die Diuretica
hertzſtaͤrckend. 76 - Philoſophorum Azoth.316
- Phlegmaticis nuͤtzbar. 555
- Phlegmaticus kan ein Sanguineus werden.
569 - Phlegmatiſchen Naturen Eigenſchafften.
519 - Pillulæ Antimonii.67. 70
- Doſis. ib.
- Podagra wird curirt.11. 65. 139. 140. 210.
539 - Podagricis bekommt die Panacea Antimo-
nii wol. 11. 65 - Potaſche brennen. 118. 119. 120
- Preſſe/ dē Safft deß Holtzes zubekom̄en. 207
- Præſervativ fuͤr Kranckheiten. 555. 556
- Fuͤr Peſt. 556
- Principia tria der drey Reichen. 290
- Proceſſus die Animalia vnd Vegetabilia
durchs
[]Regiſter.
durchs Nitrum fixum zu ſolviren vnd
corrigiren.46- Die Mineralien durch die Deſtillation
zu reinigen. 105 - Die Rectification per ſpiritum acidum
zu ſaͤubern. 105 - Fuͤr reiche Kauffleute/ ihr Geld zuver-
mehren. 223. 224. 225. 226. 227. - Metalla concentrandi \amp; meliorandi
per Nitrum.244 - Jm naſſen Weg/ ob deß Autoris Aurum
potabile ein wahres Philoſophiſches vo-
latiliſch ☉ ſey. 273. 274 - Jm truckenen Weg deß Autoris Aurum
potabile zu verſuchen. 274. 257 - Auß Kißlingſteinen/ Sand/ Leimen/
ſchwartzen vnd rothen Talck Gold mit
ſpiritu ſalis zu extrahiren.296 - Das Gold auß Steinen per ſpiritum
ſalis zu ziehen. 304 - Wir man die Arbeit in erdenen oder glaͤ-
ſernen Trichtern verrichten ſoll. ib. - Wie Sal enixum aurum ſolvire.502
- Daß er ein graßgruͤne Solution gebe. ib.
- Auß ☉/ Saltz vnd Wein eine hohe Me-
dicin zu bereiten. ib. - Aurum uncorroſiviſch zu ſolviren.502
- Per Sal mirabile ſive enixum.502
- Deß Salpeters Signatur herfuͤr zu
bringen. 524 - Das Korn zu concentriren.534. 535
- Saltz durch Fewer vmbzukehrē. 544. 545
- Das geſaltzen Waſſer ſuͤß zu machen.
547. 548 - Durch ♄auß den vnvollkommenen Me-
tallen gut ☉ vnd ☽ zu ſeigern. 432
- Die Mineralien durch die Deſtillation
- Pulver. 318
- Pulvermachern zu wiſſen dienlich. 194
- Purgantien zu corrigiren, daß ſie nicht
ſchaden. 318
Q.
- Quadrant was er bedeute. 513
- was daraus zu lernē. 513. 514. 515. \amp;ſeqq.
- Vnd Circul zugleich/ was ſie zu bedeuten
haben. 513. 514
- Queckſilber gegen das feine Silber viel vn-
perfecter zu rechnen. 514- Wird auch mit einem geringern ſigno
ſignirt. ib.
- Wird auch mit einem geringern ſigno
- Quinta Eſſentia.378. 379
- Was ſie ſey. ib.
- Verurſacht deß Mercurii Fluß. ib.
- Wird ihr der Name der wahren Philo-
ſophiſchen Tinctur/ damit projection
gethan wird/ beygelegt. ib.
R.
- Radicale humidum zu ſtaͤrcken. 281
- Radicaliſche Vermiſchung der Metallen/
was ſie ſey. 388 - Radices Aſari.318
- Raͤude zu vertreiben. 557
- Recepten der Alchymey. 412. 413
- Rectification per ſpiritum acidum ſaͤubert
die Mineralien.105 - Regenwuͤrmer. 40. 41
- Regulus auß den Floribus vnd Schlacken
deß Antimonii.326- Antimonii ein Wurtzelſafft der Metal-
len. ib. - Antimonii ein Bley. 329
- waͤſcht die vnreine Metallen. ib.
- Deſſen Gebrauch. ib.
- Antimonii vereiniget widerwertige Me-
tallen vnd Mineralien. 377
- Antimonii ein Wurtzelſafft der Metal-
- Ribben-Wehetage zu vertreiben. 556
- Roſinen einweichen. 547
- Roſe zu vertreiben. 140
- Roß-Kefer. 38
- Rubin. 426
(:) (:) (:)Von
[]Regiſter.- Von deß Autoris Auro potabili zu ha-
ben. 285
- Von deß Autoris Auro potabili zu ha-
- Rundigkeit der Metallen zeiget an ihre per-
fection.520 - Ruthe Metallen zu finden. 353
S.
- Saͤugenden Kindern den Mund zu heilen.
557 - Safft. 504
- Der gruͤn iſt. ib.
- Vom Bier. 534. 535
- Zu ſolviren vnd corrigiren.57
- Salamander, der fix vnd Fewer-beſtaͤndig.
324 - Sal ex ſale zumachen. 554
- Salenixum Paracelſi.493. 494
- enixum Autoris. ib.
- Die Prob darauf. ib.
- Fixans \amp; omnia ſolvens.494
- in alchymia.495
- in Medicina. ib.
- Wunderbar. ib.
- Bereitung. ib.
- Geſtalt/ Farb/ Geſchmack vñ Geruch. ib.
- Euſſerliche vnd innerliche Gebrauch.
495. 496 - nutrirt.486
- mehret den Gifft. ib.
- acuit ingenium \amp; depravat. ib.
- vermiſcht mit hertzſtaͤrckenden Sachen/
exaltirt ihre Natur. 497 - Ein Fuͤhrer aller Dinge. 500
- Zweyerley. 525
- Salis mirabilis Gebrauch in Solvirung der
Metallen. 501- Jn Bereitung guter Medicin. ib.
- Salis olcum.555
- Gebrauch vnd Wirckung. ib.
- Saltz generiret die Mineralien. 504
- Dadurch verſtehen die Philoſophi die
Fettigkeit. ib. - Jſt zweyer Naturen theilhafftig. 541
- Leſchet den Durſt. 542
- Hat ein groß Geheimnuß. ib.
- Dadurch verſtehen die Philoſophi die
- Schmeltzung/ der alten Philoſophorum
Kunſt. ib.- Welches vmbgekehrt. 543
- Seine Tugenden. ib.
- pręcipitirt das Saltz im Merwaſſer. 548
- Sal ſymbolum æternitatis.459
- Muß ſulphuriſch gemacht werden/ wann
es univerſaliter nutriren ſoll. 465 - Fons philoſophandi. ib.
- mirabile.494
- Muß ſulphuriſch gemacht werden/ wann
- Salien ſigiren ſich bey dem Eiſen. 390
- Geben ein Waſſer/ Amauſen zu machen
399
- Geben ein Waſſer/ Amauſen zu machen
- Sal nitrum ein Wachsthumb aller vegeta-
biliſchen/ animaliſchen vnd mineraliſchē
dingen. 161- aurificum zeugt ſolariſche Kraͤuter. 508
- Lunificum zeugt lunariſche Kraͤuter. ib.
- Venercum bringt veneriſche Kraͤuter
herfuͤr. ib.
- Salpeter.524
- Salpeters feurigē Liquoris Bereitung. 54
- Sein Gebrauch in Bereitung der Me-
dicamenten. 45. 243 - Jſt Sal, augmentum oder Nutrimentum
Univerſale.236 - Gebrauch in concentrirung der Metal-
len/ vnd Bereitũg der medicamentē. 243 - Circul/ vnd Signatur. 522. 523
- Seine Signatur herfuͤr zu bringen. 524
- Zu reinigen. ib.
- Anſchieſſen zu laſſen. ib.
- Zu Verbeſſerung der Metallen/ wie er
koͤnne angewendet werden. 224
- Sein Gebrauch in Bereitung der Me-
Sal
[]Regiſter.
- Sal tartari machet Saturnum hartfluͤſſig. 392
- Saltz auß Marte zu bereiten/ welches ohne
corroſiv dem Gold ſeine animam extra-
hirt. 393. 394 - Saltz-Geiſter bringen die Vegetabilien, a-
nimalien, Mineralien in gute Medica-
menten durch die Deſtillation.98 - Saltzes Vrſprung. 443
- Natur. 446
- Ein Schatz. 459. 468
- Ein Leben der Welt. 461
- Jn der fermentation dem Wein beyge-
than/ macht ihn edler vnd ſtaͤrcker. 464 - extrahiret animam auri.466
- Hat mehr Krafft vnd Staͤrcke/ als alle
Elementen. ib. - Jſt centrum concentratum Elemen-
torum. ib. - Erlanget durchs Fewer eine Feurigkeit
oder ſulphuritaͤt. 468 - Ein Fundament vnd Baſis aller vnbe-
kandten Salien.489 - Kan durch ſeinen eigenen Spiritum ge-
reinigt werden. ib. - Cruduꝛn. ib.
- Enixum.490
- Mirabile Autoris. ib.
- Seine Tugenden. 490. 491
- Vnd Sonne/ durch den Quadrantem
vnd Circulũ von dē Alten fuͤꝛgemahlt. 516
- Saltz ein Anfang vnd Ende aller dinge. 462
- Vnd Brot nehmen/ vnd darbey ſchweh-
ren/ was es bedeute. 462
- Vnd Brot nehmen/ vnd darbey ſchweh-
- Sal volatile auß allen vegetabiliſchen Ge-
waͤchſen in copia zu erlangen. 99. 100- Vini mundert die Menſchen auf. 519
- Salbe fuͤr die Maͤler im Geſicht. 557
- Sapo ſapientum.316
- Sand
- / wormit er in Waſſer zu bringen.
541 - Maͤſtet vnd fuͤttert die Gaͤnſe. 545
- machet Waſſer/ Wein vnd Bier ſuͤß/
rein. 548 - Sand vnd Saltz haben groſſe Gemein-
ſchafft zuſammen. 548 - Sandlaͤnder fruchtbar zu machen. 465
- / wormit er in Waſſer zu bringen.
- Sanguis Draconis.324
- Sanguinis circulatio in Microcoſmo.443
- Sanguiniſchen Natur Eygenſchafften. 519
- Saphyrus.426
- Satan/ warumb er in die Schlange gefah-
ren. 449 - Saturnus kan die vnvollkommenen Metal-
len waſchen. 387. 415- Von ihrem uͤberfluͤſſigen ſulphure rei-
nigen. ib. - Jſt vor andern Metallen der weichfluͤſ-
ſigſte. ib. - Wird hartſtuͤſſig/ durch die ſalia fixa.392
- Seine Art vnd Eigenſchafft. 400
- Bad. 400
- ſeine ſolutio præcipitiret das Saltz im
Meerwaſſer. 548
- Von ihrem uͤberfluͤſſigen ſulphure rei-
- Sauerbrunn machen. 553
- Sauſen der Ohren zu vertreiben. 557
- Scammonea.318
- Scarabcus cornutus.37
- Schaffleiſch einzuſaltzen. 546
- Schaafsmiſt/ worzu er zu gebrauchen.
454 - Scheiden der Metallen. 437
- Schiffleuthen dienlich. 554
- Schießpulver. 318
- Schild-Kroͤten/ wo ſie gerne wohnen.
492- Wie man ſie zurichtet/ vnd iſſet. 493
- Schorbock im Munde zu reinigen. 557
- Schlacken. 238
- antimonii geben eine Medicin.311
(:) (:) (:) ijSchlag
[]Regiſter.
- Schlag/ was dafuͤr gut einzunehmen. 555
- Schlangen wachſend machen. 466
- Gifft zu widerſtehen. 557
- Schloſſern/ wz ihnen bedienet/ zu findē. 189
- Schoͤne zu vertreiben. 140
- Schorbock zu curiren.539. 546
- Schwan der Philoſophorum.244
- Singt ein Liedlein zum Valete. ib.
- Schwangern Frawen dienlich. 555
- Schwartz/ iſt eine Haupt-Farbe/ darinnen
ſind alle Farben concentrirt.561 - Schweinskoth/ worzu er zu gebrauchē. 454
- Seefahrenden Troſt. 531. \amp; ſeqq.
- Schaͤden/ welche ſchon ſtincken vnd ſehr alt
ſeynd/ zu heilen. 67 - Schmirgel/ daß er ſein Gold von ſich gebe.
303 - Schmincke. 148. 149
- Schneider/ was ihnen bedienlich. 148. 149
- Schreinern dienet das menſtruum Uni-
verſale.148. 149 - Schuſtern dienlich. 190
- Schwefel muß man kennen lernen. 521
- Wie er bindet. ib.
- Schwefelberge. 345
- Secretorum verba Hermetis.164
- Seiden. 188
- Seidenſticker ihre Seiden. 188
- Seife die fruchtbar machet. 209
- Seifenzin. 358
- Seiger-Arbeit. 418
- Signatur der Gewaͤchſen wol in Acht zu
nehmen. 20- Scarabei cornuti.37
- Deß Roßkeffers. 38
- Der Metallen/ auß dem Fewer zuerler-
nen. 518. 519 - Jſt gruͤndlicher/ als die von den Philoſo-
phis ihnen gegeben wird. ib. - Der Berge/ Waͤlder vnd Land ſchafften.
521 - Deß Saltzes. 521. 522
- Vitrioli.525
- Alauns. ib.
- Deß Kochſaltz oder gemeinē Saltzes. ib.
- Silber auß dem alten Kupfer zu ſcheidē. 183
- zu gradiren in wenig Stunden. 183. 184
- Durch das Nitrum auß vnvollkomme-
nen Metallen zu bringen. 186. 187. - Von dem Antimonio zu ſcheiden vnd
rein zu machen. 308 - Geben die vnvollkommenē Metallen. 331
- machen. 379
- Sein innerſtes. 405
- Smaragdus.426
- Sodomitiſche Meer fuͤhret vitriol.465
- Jſt ſonder Fiſche. ib.
- Sol wird fix. 174. 180
- Wormit. ib.
- Durch Huͤlff deß Menſtrui univerſalis
wird ſie von allen Zuſaͤtzen rein. 180 - Durch was Huͤlffe es von Luna geſchie-
den werde. 184. 185 - Mit Luna promoviren. 400
- Seine Art vnd Eigenſchafft. 406
- Kan ohne Salien nichts wuͤrcken. 459
- Wanns in die Gruͤne gehet/ wie es die
Philoſophi nennen? 459 - Der Sonnen Kind. 459
- Von Sonn vnd Saltz gebohren. 500
- vnd Sal Anfang vnd Ende aller Ding.
517. 518 - vnd Sal, wie weit ſie von einander ſeyn.
525
- Solvens Univerſale.44
- Corrigirt die Vegetabilia, Animalia
vnd Mineralia.44
- Corrigirt die Vegetabilia, Animalia
- Solutio Auri per aquam Regis iſt corroſi-
viſch. 507
Allen
[]Regiſter.- Allen dingen ein Gifft. ib.
- Saturni præcipitirt das Saltz im Meer-
Waſſer. 548
- Sonn ſencket ihre Kraͤffte vnd radios in
das centrum terræ.349- Brellet wieder zu ruͤck. ib.
- Zerbreitet ſich in dē gantzen Eꝛdboden. ib.
- Schwaͤngert die Erde mit vielen wun-
derbarlichen Gewaͤchſen. 349 - Generirt die Mineralien. 504
- Vnd Saltz von den Alten durch Circu-
lum vnd Quadrantem vorgemahlet. 516 - Jſt nicht gantz rein. 525
- Wie mans koͤnne wiſſen. ib.
- Sonnen-Strahlen/ in die Eng gebracht/
ſchmeltzen Metallen. 342 - Spinnen-Gifft zu widerſtehen. 557
- Spiritus ardens vegetabilium mundert die
Menſchen auf. 519 - Spiritus vini kan zu einem Saltz figiret weꝛ-
den. 493- Vnd auf was Weiſe. ib.
- Jſt den Philoſophis der warme Frucht-
bare Regen. 504
- Spiritus auß allen vegetabiliſchen Gewaͤch-
ſen in copia zu erlangen. 99. 100 - Spiritus acidus Nitri.49. 50
- Jſt ein Fewer. 78
- Daß er Gold angreiffe. 52
- Solvirt alle Metallen. ib.
- Auch die Mineralien. ib.
- Spiritus acidorum Salium, der vegetabili-
liſchen vnd animaliſchen ſubjectorum
per ſpiritum Salis zu reinigen. 100. 101.
102 - Spiritus ligni.215
- Spiritus falis iſt in ſeinem innerſten lauter
Fewer. 104- Jn ſeinem euſſerſten lauter Kaͤlte. ib.
- Salis armoniaci gut in obſtructionibus.
280 - Salis extrahirt dz Gold auß Stein[e]n. 297
- coagulatus.546
- Auf den Schiffen zu gebrauchen. ib.
- Wider den Schoꝛbock vnd den Durſt. ib.
- Staͤrckt die Wein. 551
- Reiniget den Honig. 552
- Wuͤrckung. 555
- Gut fuͤr die Trunckenheit. 568
- Spiritus vitalis, wie er koͤnne geſtaͤrcket wer-
den. 281- Deß Menſchen/ wird durch einen reinen
Weingeiſt erquicket. 519
- Deß Menſchen/ wird durch einen reinen
- Spiritus volatilis communis oder vitrioli
thun viel gutes in obſtructionibus.280 - Spiritus volatilis tartari crudi gut in ob-
ſtructionibus, muͤſſen aber ohne corro-
ſiv ſeyn. 280 - Spiritus Urinæ.88. 89
- Gut in obſtructionibus, der ohne Cor-
roſiv iſt. 280
- Gut in obſtructionibus, der ohne Cor-
- Sprachen/ wie ſie von den Alten vfgezeich-
net worden. 517 - Staar der Augen zu vertreiben. 557
- Steine/ daß ſie ☉ von ſich geben. 298
- Steinkohlen geben ein Oehl. 109
- Stercora.456
- Der Menſchen. ib.
- Selbe ſetzet Paracelſus denen Medicis
vor. ib.
- Sternlein vom liquore nitri fixi.524. 525
- Stiche der Hornuͤſſen vnd Weſpen zu
heilen. 557 - Sublimation reiniget die Mineralien. 105
- Succi violarum.555
- Suͤß Waſſer machen. 547. 548
- Sulphur Narcoticum in vitriolo verborgen
72
(:) (:) (:) iijSul-
[]Regiſter
- Sulphur, wie vnd wormit er ſolvirt werde.
53 - Sulphur, der gemeine. 360
- Jſt nicht der Metallen Anfang. ib.
- Comburens.458
- Der Metallen Tod vnd Teuffel. ib.
- Symbolum mortis.459
- Sulphuriſches Saltz ein Herkommen der
Kraͤuter vnd Metallen. 452- Nutrirt univerſaliter.465
T.
- Taback. 538
- Tauben/ warumb ſie von den Mauren pi-
cken. 162 - Theologis dienet das Menſtruum Uni-
verſale.134 - Thiere/ ſo gifftig/ ihre Bereitung zu Medi-
camenten. 42 - Tinctura Antimonii.313
- Jhre Wirckung vnd Tugend. 313
- Uſus.314
- Doſis.314. 315
- Tingiren.379
- Tod deß Menſchen/ was er ſey. 18
- Topaſus.427
- Transmutatio metallorum.404
- Transplantatio Medicinæ Univerſalis in
Vegetabilia \amp; Animalia.268 - Troſt der Seefahrenden. 531
- Trunckenheit. 566. 567. 568
- Dargegen eine Medicin. ib.
- Tuch faͤrbern/ was ihnen dienlich/ zu finden.
190 - Turff. 359
V.
- Vegetabilien/ was ſie ſeyn/ vnd was damit
verſtanden werde. 4. 5. 6. 7 - Vegetabiliſcher eſſentiẽ bereitũg. 13. \amp; ſeqq
- Vegetabilien ſolvirt vnd corrigirt das
Menſtruum Univerſale.44- Durch den liquorem nitri fixi zu ſolvi-
ren vnd corrigiren.46 - Durch Huͤlffe der Saltzgeiſter in gute
Medicamenten zu bringen. 96 - In olea zu bringen. 101
- In Spiritus vnd Emplaſtra. ib.
- zu anatomiren.319
- Jn Metallen zuveraͤndern. 452
- Durch den liquorem nitri fixi zu ſolvi-
- Vegetabiliſche Medicamentē Bereitũg. 45
- Gehrauch/ Krafft vnd Wirckung. 55
- Venena in primam materiã zu bringen. 320
- Veneris Eigenſchafft. 394
- Veneriſche Kraͤuter herfuͤr zu bringen. 508
- Venus von Poeten fuͤr eine Goͤttin der Lie-
außgeruffen. 505- Jhr wird die gruͤne Farb zugeeignet.
ib. - Ex ſpuma maris generirt.505. 506
- Jhr wird die gruͤne Farb zugeeignet.
- Verbeſſerung der Metallen per Nitrum.
244- Der Mineralien/ durch Gebrauch deß
auri potabilis.272
- Der Mineralien/ durch Gebrauch deß
- Verhartungen im Leibe zu helffen. 556
- Verletzungen der Hornuͤſſen vnd Weſpen
zuvertreiben. 557 - Vermiſchung der Metallen geiſtlich/ was
ſie ſey. 388 - Verwandlung der Metallen natuͤrlich.
452. 453. 454 - Vhrmachern/ was ihnen dienlich zu finden.
189 - Vnflat der Zaͤhne zu benehmen. 557
- Vini oleum zu erlangen. 28. 29
- Gut fuͤr Gifft. 30
- Vinum ſalutis.291
- Vitriol/ worinnen er beſtehe. 72
- Haͤlt in ſich ein Sulphur Narcoticum.72
- Der Philoſophorum Rechte. 114
- Waſſer. 126
- Dem Leben der Fiſche ein Tod. 465
- Allen vegetabiliſchen Gewaͤchſen ein
Gifft. ib.
- Vitrum, welches roth/ von deß Autoris au-
ro potabili zubekommen. 285- Kan aus gemeinem Saltz werden. 489
- Schießt knoppicht/ vnd dem gemeinen
Saltz gleich/ doch nicht ſo zierlich. 525 - Waſſer. 126
- Vomitivum Antimonii taſtet an die fixen
humores.12 - Vomitus machen. 498
- Univerſale ſolvens.44
- Corrigirt vnd ſolvirt die Vegetabilien,
Animalien vnd Mineralien.44
- Corrigirt vnd ſolvirt die Vegetabilien,
- Vrin treiben durch Spiritum Salis.568
- Vrſprung der Metallen. 337. \amp; ſeqq.
- Kranckheiten. 135
- Uterinum, ſo bewaͤhrt. 85. 210
W.
- Wachspoſirern dienet das Menſtruum u-
niverſale.289 - Waͤrme bey allen dingen das agens.362
- Wandlaͤuſe. 40
- Waſchgeld. 25
- Waſchwerck. 433
- Waſſer auß der Lufft. 26
- Auß der heiſſeſten Sonnenhitz. 26
- Jſt an Statt der Baͤhrmutter bey Me-
tallen. 356 - Darinnen Saltz oder Oehl ſolviret/ in
der groſſen Kaͤlte/ ziehet das Oehl oder
Saltz zu ſich ins Centrum.376 - Deß Saltzes Fuͤhrer. 461
- welches concentrirt vnd coagulirt.540
- Wofuͤr es helffe. ib.
- So geſaltzen/ ſuͤß zu machen. 547. 548
- zwiſchen Fell vnd Fleiſch zu vertreibē. 556
- Sucht zu vertreiben. ib.
- Waſſergeiſter. 347
- Waſſerſucht curirt die Panacea antimō.65
- Vnd auf was Weiſe. ib.
- Wird ferner curirt.139
- Zu curiren.556
- Weiber-Arbeit. 433
- Weibsbildern dienet das Menſtruum U-
niverſale.148- Die feiſt ſeynd/ zu helffen. 557
- Wein mit Kraͤutern zu ſtaͤrcken. 30
- Vnderſchiedlich zu machen. 31
- Jſt kraͤfftig. 501
- Warumb? ib.
- Der gut ſpiritualiſch/ ermuntert den me-
lancholiſchen Geiſt. ib. - Lieblich zu machen. 552
- zu machen. ib.
- Weinhefen/ darauß guten Eſſig. 122
- Vnd Weinſtein zu machen. ib.
- Weinſtein in groſſe Stuͤcke machen.
122 - Weinſteins Natur. 118
- Wie er vom autore gemacht wird. 120.
121
- Wie er vom autore gemacht wird. 120.
- Weintrauben verguͤldet gewachſen. 271.
272- Wo? ib.
- Wermuth-Saltz. 556
- Werckzeug zur Alchimey. 421
- Weſpen-Stiche zu heilen. 557
- Wißmuth. 182. 183. 401
- Kan figirt werden. 355
- Wuͤrme/ geben ein diureticum nephriti-
cum, durch Huͤlffe eines Spiritus appro-
priati vegetabilium.74- Zu vertreiben. 556
- Wund-Artzney. 66. 67. 155. 315
- Wunderdinge zu ergruͤnden durch die Si-
gnatur. 521
Zaͤh-
[]Regiſter.
Z.
- Zaͤhne/ die unflaͤtig ſeynd/ zu reinigen. 557
- Vor Faͤule vnd Anbruͤchigkeit zu præ-
ſerviren. ib.
- Vor Faͤule vnd Anbruͤchigkeit zu præ-
- Zahnfleiſch/ welches faul vnd offen iſt/ zu
heilen. 557 - Zahnwehe zu benehmen. 557
- Zinck außſeigern. 327
- Kan figirt werden. 355
- Zin ſchoͤn hart vnd weiß zu machen/ daß es
klingt wie Silber. 148- Solchem zu helffen. 189
- macht geſchmeidige Metallen zu Schla-
cken. 377 - Seine Natur vnd Eigenſchafft. 383
- Hat einen corrumpirlichen Sulphur. ib.
- Wie ihm ſein verbrennlicher Schwefel
kan benommen werden. 384 - Daß es Gold vnd Silber gebe. 386
- Duͤnn gieſſen/ wie Pappier. 520
- Laͤſſet ſich nicht mit Bley auff der Cupel-
len abtreiben 520
- Zingieſſern dienet das Menſtruum Uni-
verſale.147. 189 - Zitrachten zu vertreiben. 557
- Zunge/ die vnrein/ zu ſaͤubern. 557
- Zwieback. 535
ENDE deß Regiſters.
[1]
PHARMACOPÆÆ SPAGYRICÆ
Oder
Gruͤndliche Beſchreibung/ wie man auß den
Vegetabilien, AnimalienvndMineralien,auff eine be-
ſondere vnd leichtere Weiſe/ gute/ kraͤfftige vnd durchdringende
Artzneyen zurichten vnd bereiten ſoll.
Erſter Theil.
Guͤnſtiger vnd geneigter Leſer.
DJe Vrſach dieſer meiner Pharmacopææ Spagyricæ Be-
ſchreibung moͤchte mancher vielleicht gern wiſſen/ indeme zu-
vorn der Chymiſchen Medicamenten Bereitung nicht al-
lein von mir ſelber/ in meinen publicirten Schrifften vieler-
hand beſchrieben/ ſondern auch von Alters her/ biß auff dieſe
Stund/ von dergleichen handelnten Buͤchern/ vnzehlich-vie-
len/ ſowol tuͤchtig (deren am wenigſten) als vntuͤchtigen/ (deren eine groſſe
Anzahl) an Tag geben worden/ vnd vermeinen/ daß es gar vnnoͤhtig waͤre/
mehr Pappier dadurch zuverderbē/ ſondern man ſich genugſam mit denen be-
reits gegenwaͤrtigen behelffen/ vnd keiner andern mehr noͤhtig haͤtte. Deme
muß ich zu gefallen allhier beweiſen/ daß es nicht allein ſehr gut/ ſondern auch
hochnothwendig ſey/ den Vnterſcheid der guten vnd bewaͤhrten Medica-
menten/ von den Vnbewehrten zu vnterſcheiden/ in Wiſſenſchafft zu ha-
ben/ nicht darumb/ als wann ich anderer guter Leute Schrifften verachten/
corrigiren/ verwerffen vnd vnterdrucken/ meine aber dagegen ruͤhmen/ her-
vorziehen vnd groͤſſer achten wolte/ gantz nicht; dann ich wol weiß/ daß nie-
Amand
[2]Vorrede
mand mehr geben kan als er hat. Wann jemand etwas ſeinem Nechſten
zum Beſten auffrichtig heraus gibt/ ſo gering es auch iſt/ billich zu Danck ſoll
angenommen werden: Darumb niemand ſo ſtoltz ſeyn ſoll/ vnd eines andern
Muͤh vnd Fleiß verachten/ ſondern ſelbe vielmehr loben vnd preiſen/ ob ſchon
ers beſſer haͤtte geben koͤnnen. Wil alſo hiemit verſtanden haben/ daß ich
dieſes Tractaͤtlein darumb allein meine eigene Inventiones, dem menſchli-
chen Geſchlecht zu Troſt/ in Kranckheiten darmit eine huͤlffliche Hand zu rei-
chen/ vnd nach dem Willen vnd Gebot Gottes Chriſtlicher Weiſe ihme zube-
gegnen/ heraus zugeben verurſachet. Vnd wiewol ich allbereit viel gute
Medicamenten/ ſowolen aus den Vegetabilien vnd Animalien als Mine-
ralien zu bereiten/ in meinen Furnis Philoſophicis beſchrieben/ damit man
ſich im Fall der Noth in allen heilbaren Kranckheiten genugſam behelffen vnd
retten koͤnte: So habe ich doch noch dieſes Tractaͤtlein/ vnter 3. Theilen/ je-
des Theil von beſondern Medicamentis tractirende (als der Erſte Theil
von ſolchen/ welche auß den Vegetabilien/ der andere von denē/ ſo ex Anima-
libus, der dritte/ ſo aus den Mineralibus bereitet) beſchreiben wollen/ vnd
fonderlich auch darumb/ ein jedwedes Geſchlecht der Medicamenten in ein
beſonder Tractaͤtlein/ auff daß die neidiſche Kluͤgling/ vnd nichtwiſſende
Spoͤtter vnd Veraͤchter der Kunſt/ welche die Mineraliſche Medicamen-
ten (deren Eigenſchafft ihnen doch verborgen) allzeit/ als vnſichere Medica-
menten/ weilen dieſelbe nicht aus heilſamen Vegetabilien deren Gebrauch
vnd Tugend vor viel hundert Jahren allbereit bekant/ ſondern gifftigen Mi-
neralibus vnd Metallis, denen man nicht trauen doͤrffte/ vnd ihr Gebrauch
noch ſehr vngemein/ vnd die Wirckung gar zu ſtarck/ gezogen waͤren/ ver-
werffen. Denen nun ein Genuͤgen zu thun/ auff daß ſie auch ſehen vnd be-
kennen muͤſſen/ daß mir die Kraͤfften der Vegetabilien vnd ihre ware Berei-
tungen auch bekant/ vnd ſolche zu purificiren/ fundamentaliter zu anato-
miren/ vnd in die allerheilſamſte vnd ſicherſte Medicamenten zu bereiten
verſtehe vnd wiſſe: habe ich mir vorgenommen/ in dem erſten Theil dieſer
meiner Pharm. Spag. von nichts anders/ als allein von ſolchen Medica-
mentis, welche ohn allen Zuſatz anderer animaliſchen oder mineraliſchen
Dingen/ ſondern allein auß den bekanten. vegetabiliſchen Gewaͤchſen/ als
Kraͤutern/ Blumen/ Wurtzeln/ Fruͤchten vnd Saamen/ durch die Kunſt ſe-
parirt, vnd in eine annemliche Geſtalt vnd Form gebracht werden. Jm an-
dern
[3]Vorrede.
dern Theil aber ſoll auch nur von ſolchen Dingen tractiret werden/ welche
von dem Menſchen vnd andern/ ſo wol vierfuͤſſigen als kriechenden Thieren
vnd Gewuͤrmen/ wie auch auß den fliegenden/ vnd in der Lufft ſchwebenden/
vnd in den Waſſern ſich ernehrenden Geſchoͤpffen/ herkommen vnd bereitet
werden. Jm dritten Theil aber werde ich nicht laſſen/ ſowoln meine zuvorn
beſchriebene (auß den Mineralibus bereitete Medicamenten) zu verthedi-
gen vnd beweiſen/ daß dieſelben im geringſten nicht zu ſcheuen/ wann ſie recht-
maͤſſig bereitet vnd gebraucht/ denen jetzt vorher angezogenen auß den Vege-
tabilien vnd Animalien weit vorzuziehen ſeyn vnd ble[i]ben. Darneben ich
auch noch mehr anderer ihrer Bereitung vnd Gebrauch/ deren ich noch nie-
malen gedacht/ hinbey ſetzen werde. Zweiffele gantz nicht/ es werden den
Blinden die Augen einmal auffgethan/ daß ſie die Warheit erſehen/ beken-
nen vnd lieben/ darzu vns Gott/ als das ewige/ beſtaͤndige vnd vnver-
gaͤngliche Liecht/ Vatter vnd Schuͤtzer der Warheit/ auß
Gnaden vnd Barmhertzigkeit verhelffen wolle/
AMEN.
[4]Erſter Theil
WasVegetabilienſeyn/ oder vnter dem Namen
derVegetabilienverſtanden werden.
ERſtlich iſt zu mereken/ daß vnter dem NamenVege-
tabile, alles dasjenige/ ſo auß der Erden ſich nehret/ waͤchſet/
vnd zunimbt/ es ſeyen gleich Kraͤuter/ Hecken vnd groſſe
Baͤum/ mit ihrem Anhang/ als Wurtzel/ Stamm/ Blaͤtter/
Blumen/ Saamen vnd Fruͤchte derſelben/ ſo wol zahme als
wilde/ inlaͤndiſche als außlaͤndiſche/ bekandte vnd heilſame/
als vnbekandte vnd ſchaͤdliche/ wie ſie auch Namen haben
moͤchten/ deren Geſtalt/ Form/ Eigenſchafft/ Tugend/ Kraft/
bey vielen alten vnd neuen Philoſophis vnd Medicis genug-
ſam zu finden/ vnd keiner weitern vnd vnnoͤhtigern Wiederholung beduͤrfftig: ſondern al-
lein allhier vor mich genommen/ wie auß denſelben/ nach der allerbeſten Weiſe/ ihre von
Gott gegebene vnd eingepflantzte Tugend/ Wuͤrckung vnd Krafft/ durch Geſchicklichkeit
vnd Fleiß der Menſchen/ von den krafftloſen todten fecibus vnd Huͤlſen koͤnnen vnd
ſollen extrahirt, ſeparirt, concentrit, vnd in den Kranckheiten zu gebrauchen in bequeme
Form/ liebliches vnd annehmliches Weſen gebracht werden. Moͤchte mancher ſagen/
wozu iſt es noͤhtig/ ſo viel Muͤh vnd Fleiß anzuwenden/ die beſte Krafft auß den Kraͤutern
zu ziehen/ ſelbige in die Enge zu bringen/ vnd als dann erſt in Kranckheiten zu gebrauchen/
iſt es nicht eben ſo viel/ wann man derſelben Natur/ Krafft vnd Eigenſchafft nur weiß/
wie dann in vielen der alten vnd jungen Medicorum Buͤchern weitlaͤufftig beſchrieben
iſt/ ſo kan man hernach die Kraͤuter gruͤn oder duͤrꝛ/ nach dem man ſie haben kan/ nehmen/
vnd entweder Wein/ Bier/ Waſſer/ oder andere gewoͤhnliche Tiſchtraͤnck darauff gieſſen/
vnd entweder zuvor darin kochen/ oder alſo vngekocht daruͤber eine Zeitlang trincken/ vnd
alſo der Huͤlffe erwarten/ ob es nicht gleich ſo wol das jenige thun wuͤrde/ als eine wolbe-
reitete/ zarte/ reine/ liebliche/ vnd kraͤfftige Eſſentia? Deme gib ich zu wiſſen/ daß freylich
durch ſolches uͤbergieſſen deß Weins/ Biers/ oder dergleichen Getraͤnck/ die Krafft etli-
cher maſſen auß den Kraͤutern gezogen/ vnd mit dem Wein in den Leib getruncken wird/
vnd auch das ſeinige wol thut/ ſonderlich wann nicht viel zu verrichten iſt; daß aber die
Krafft derſelben/ wann ſie zuvor außgezogen/ vnd in die Enge gebracht worden/ mit einem
Loͤffel
[5]Pharmacopææ Spagyricæ.
Loͤffel voll Weins oder Bier eingenommen/ nicht ſchneller wircken/ lieblicher zu nehmen/
vnd beſſer operiren ſolte/ als das Gekoͤch/ da man wegen etlicher Tropffen Krafft/ ſo in ei-
ner Hand voll Kraͤuter iſt/ ſo viel Maß Wein oder Bier (ſo von den Kraͤutern gantz vn-
lieblich worden iſt/) mit eintrincken muß/ wird niemand laͤugnen koͤnnen/ welches die al-
ten Medici gemercket/ vnd vor viel hundert Jahren her geſucht/ wie ſie auff vnterſchiedli-
che Weiſe die Kraͤuter/ auffs beſt ſie konten/ zurichteten/ daß ſie annehmlich zu genieſſen/
vnd in ihrer Krafft verbeſſert wuͤrden/ dahero ſo mancherley præparationes in die Apo-
theken gelangt/ welche noch biß auff dieſe Stund gebraͤuchlich: als da ſind/ diſtillirte Waſ-
ſer/ Olea, Balſama, Unguenta, Safft/ Latwergen/ Conſerven/ vnd was dergleichen mehr
iſt/ welche ich auch gantz nicht verachte/ ſondern allein anzeige/ wie man die Krafft der
Kraͤuter in einer viel lieblichern Geſtalt den Krancken beybringen moͤge. Jch mag gar
wol leiden/ daß man bey den oberzehlten Bereitungen der Kraͤuter verbleibe/ hindert mich
gantz nichts/ vnd wann ich ſolcher vonnoͤhten/ (dafuͤr mich Gott bewahren wolle/) vnd
nichts beſſers wuͤſte/ wuͤrde ich Gott darumb danckſagen/ daß er mich noch ſolche zuberei-
tete Kraͤuter haͤtte theilhafftig werden laſſen/ daß ich nicht die Kraͤuter alſo rohe/ wie die
Kuhe das Gras/ haͤtte gebrauchen muͤſſen: wann ich aber etwas beſſers haben kan/ wuͤrde
mich auch niemand verdencken/ daß ich daſſelbe gebrauche/ vnd auß Liebe vnd Schuldig-
keit meinem Nechſten ſolches auch mittheile. Es iſt ja niemand gezwungen anderſt zu
thun/ als wie er ſelber wil. Einer kan Wein oder Bier uͤber die Kraͤuter trincken/ ein an-
derer ſelbe in dem Salat mit Eſſig/ Saltz vnd Oehl eſſen/ ein anderer kan dieſelbe gruͤn
klein hacken/ mit Zucker vermiſchen/ vnd wann ſie duͤrꝛ ſeyn/ zu Pulver ſtoſſen/ vnd mit ei-
ner Bruͤh einſchwelchen/ ein anderer kan ſie mit Zucker oder Honig kochen/ außpreſſen/
vnd alſo gebrauchen/ iſt nichts angelegen/ wie es einjedwedeꝛ haben kan/ vnd zu ſich nemen
mag; dann mancher kan gantz kein Pulver einnehmen/ weilen ihm daſſelbe in dem Hals
hangen bleibet/ vnd nicht hinunter wil/ ein anderer kan keine Pillen ſchlucken; wieder/ ein
anderer kan keine ſuͤſſe Dinge/ als Honig oder Zucker vertragen; mancher/ vnd deren gar
viel/ koͤnnen keinen Wein oder Bier trincken/ darinnen Kraͤuter uͤber Nacht gelegen
ſeynd. Diß iſt die Vrſach/ daß die lieben Alten ſo viel vnd mancherley Bereitungen der
Kraͤuter erdacht/ wann jemanden eine Weiſe/ Kraͤuter zugebrauchen/ nicht annehmlich/
der Medicus ihme auff eine andere Weiſe daſſelbe beybringen koͤnte/ wie dann die Men-
ſchen von Jahr zu Jahren mehr Fleiß angewendet/ lieblichere Medicamenten zu bereiten/
vnd allgemach von Tag zu Tag die Apotheken vermehret vnd verbeſſert: als jetzunder
nur von den Vegetabilien zu reden/ hat man jetzunder in allen wolgeruͤſten Apotheken
auch die Spiritus Ardentes, ſo per deſtillationem auß den fermentirten Kraͤutern uͤber-
gezogen ſeyn/ wie auch die Salia, ſo auß den verbrandten Kraͤutern gezogen/ vnd wieder
coagulirt worden. Item, die Extracta vnd mit Spir. Vini außgezogene inſpiſſirte Saͤff-
te/ die Olea diſtillata, vnd coagulata in Balſama, vnd was dergleichen gute Bereitungen
mehr ſeyn/ die doch ſo gar lang nicht im Gebrauch geweſen/ ſondern nach vnd nach von
verſtaͤndigen Medicis ſeyn zugeſetzt worden/ welche alle das ihrige thun/ vnd niemand
A iijver-
[6]Erſter Theil
verwerffen vnd verachten kan. Wann man aber deß Krauts Krafft außziehen/ vnd in die
Enge zu bringen weiß/ daß ein einiger Tropff ſo viel Krafft in ſich hat/ als ein Becher voll
deſtillirt Waſſer/ oder Loͤffel voll Pulver/ Safft/ Syrup oder onſerva, warumb dann
nicht lieber einen einigen Tropffen/ als ein gantzen Becher oder Loͤffel voll eingenommen?
Was man mit wenig verrichten kan/ ſoll man nicht in der Viele ſuchen. Ja moͤchte
mancher ſagen/ wie bin ich verſichert/ daß mehr Krafft in etlich wenig Tropffen guter Eſ-
ſentiæ ſeyn/ als in einem gantzen Loͤffel voll duͤrꝛ gemachte vnd gepulverte oder gruͤn mit
Zucker gehackte eingemachte Kraͤuter/ oder ein Tiſchbecher voll diſtillirt Waſſer? An der
Krafft/ Geruch vnd Geſchmack muß vnd kan man es gewahr werden/ nemlichen/ wann
man etliche Tropffen dieſer Eſſentien in einen Becher gemein Brunnenwaſſer fallen
laͤſt/ vntereinander ſchuͤttelt/ daß das gemeine Waſſer eben ſo ſtarck nach dem Kraut
reucht vnd ſchmeckt/ als ſonſten ein ſolches Waſſer/ welches per deſtillationem von dem
gruͤnen Kraut abſtrahirt worden/ iſt nun der Geruch vnd Geſchmack da/ ſo kan die Kraft
nicht weit ſeyn/ auch ſpuͤret mans bald im Gebrauch/ wann man beyde gegen einander
probiret: welches nun nicht zu widerlegen/ vnd jederman vor Augen ſehen kan/ daß eine
ſolche Eſſentia hundert-ja tauſendmal kraͤfftiger iſt/ nach ſeiner Quantitaͤt vnd Groͤſſe/
als das Kraut/ es ſey gleich duͤrꝛ oder gruͤn. Dabey man auch dieſen Vortheil hat/ daß
ein ſolche Eſſentia, wie viel Jahr ſie ſtehen ſolte/ nichts an ihren Kraͤfften verlieret/ wie
andere Bereitungen/ vnd ſonderlich das deſtillirte Waſſer/ welches leichtlich ſchimlich
vnd ſtinckend wird; wann die Eſſentia aber nur wol verwahrt wird/ uͤber 10. oder 100.
Jahren immer ſo gut ſeyn kan/ als den erſten Tag da ſie bereitet. Wann nun das vn-
widerleglich/ ſo iſt an deme/ daß man lieber etwas weniges/ das lieblich vnd viel Krafft in
ſich hat/ einnehme/ als viel/ das vnlieblich vnd auch wenig Krafft hat. Niemand kan
laͤugnen/ daß die Kraͤfften der Kraͤuter ſehr weit zerſpreitet vnd außgetheilt/ in dem Kraut
verſtecket ſeyn/ vmb welcher Krafft willen man das gantze Kraut/ das iſt den todten Leib
vmb der wenigen lebendigen Krafft willen einnehmen muß/ gleich als wann man vmb
deß Brods willen das rauhe Korn mit dem Stroh eſſen muͤſte/ welches fuͤrwar vnſern
Maͤgen nicht wolbekommen/ ſondern neben dem Hunger ſtillen/ auch dieſelben verderben
und zu der Concoction vntuͤchtig machen wuͤrde. Seind denn nun die Bauren/ als
die allerungeſchickteſte vnd groͤbſte geachte Leut/ durch lange Zeit ſo weiß vnd geſchickt
worden/ vnd haben erfahren/ daß das Korn/ gleich wie es auß der Erden gewachſen/ mit
Huͤlſen vnd Spreyern/ dem Menſchen zu genieſſen gantz vnbequem vnd vntuͤchtig ſeye/
vnd wol wiſſen/ wann ſie erſtlich das Korn auß den Aehren klopffen/ klein mahlen/ die Huͤl-
ſen oder Kleyen davon ſcheiden/ das reine Maͤhl mit Waſſer/ Saltz vnd Sauerteig an-
mengen/ gehen oder heben laſſen/ vnd als dann erſt gar im Offen backen/ ſolches beſſer iſt/
als das rauhe Korn/ warumb ſolte man dann nicht auch fleiſſig ſeyn/ das reineſte auß den
medicinialiſchen Kraͤutern zu ziehen/ vnd daſſelbe dem Krancken dargeben/ als das vn-
bereitete Kraut/ wie es auß der Erden gewachſen? Dieſes iſt nur Gleichnuͤßweiſe vor-
geſtellet/ auff daß man ſehen moͤge/ daß eine gute præparation ein Ding verbeſſere vnd ed-
ler
[7]Pharmacopææ Spagyricæ.
ler mache/ als es zuvor geweſen: welches man mit vielen Exempeln beweiſen koͤnte/ aber
nicht noͤhtig/ dann niemand ſo grob vnd vnverſtaͤndig/ welcher dargegen ſich legen doͤrffte.
Wann dann deme nun alſo iſt/ daß eine außgezogene reine vnd durchdringende Medicin
beſſer/ geſchwinder vnd ſicherer wuͤrcke/ als eine ſchlecht-bereitete/ ſo waͤre es nicht recht/
daß man ſolchen modum verſchwiege/ vnd ſeinem Nechſten zu Lieb vnd Frommen damit
nicht dienen ſoltē: Stehet doch einem jedwedern frey/ ſolches zu thun oder zu laſſen/ vnd
wird keiner darzu gebeten/ oder gezwungen/ ſolches anzunehmen/ wann er nicht ſelber
merckt vnd ſpuͤret/ daß es gut ſeye. Jch habe von allem meinen ſchreiben nichts anders
noch zur zeit gehabt/ als Vnruhe/ wann ich nicht wuͤſte/ daß ichs von Gottes wegen/ die
gebuͤhrende Liebe gegen meinem Nechſten zu erzeigen ſchuldig waͤre; wuͤrde es auch wol
bleiben laſſen/ vnd nicht ſelber ſpoͤttiſche Menſchen/ welche der Kunſt vnwiſſend/ vnd ſelbe
haſſen/ mir dardurch auff den Hals laden: weilen ich aber auch das weiß/ daß Gott ſtaͤr-
cker als der Teuffel/ vnd die Warheit wol ſchuͤtzen kan/ ſo wage ichs deſto kuͤhner/ vnd bin
verſichert/ daß es mir an einem andern Ort wird belohnet werden. Gott ſey mein Zeug/
daß ich dieſes nicht ſchreibe/ mich etwan beruͤhmt dardurch zu machen/ vnd meinen eigenen
Nutz darinn zu ſuchen/ gantz nicht/ dann ich wol weiß daß es meiner Seelen nichts helffen
kan/ wann der Leib Ruhm hat vor den Menſchen/ vnd auch ihr nichts ſchadet/ wann der-
ſelbe verachtet wird/ ſondern allein das gilt/ wie wir bey Gott ſtehen. Jch weiß gewiß vnd
bin verſichert/ daß dieſes mein ſchreiben manchen neidiſchen Menſchen in die Naſen kitzeln
wird/ vnd mich darumb anfeinden/ nicht daß er etwas dagegen zu ſagen/ oder beyzubrin-
gen haͤtte/ dann die Warheit ſich nicht vnterdrucken laͤſt/ ſondern allein darumb/ weilen
ers nicht eher gewuſt/ vnd ſelber an Tag hat geben koͤnnen. Daß aber dieſe Invention
die Eſſentias herbarum zu bereiten/ eben von mir ſolte herkommen/ kan ich nicht ſagen/
dann ich nicht weiß was ein anderer hat oder kan: Das weiß ich aber/ daß noch niemand/
weder in Schrifften/ oder ſonſten/ dieſer Bereitung gedacht/ noch dergleichen biß dato nir-
gends bekant/ oder im Gebrauch geweſen. Es ſeye deme nun wie ihm wolle/ es wiſſens
gleich andere jetzund neben mir/ oder wiſſens nicht/ oder habens vor mir gewuſt/ oder nicht
gewuſt/ ſo iſt es doch gut/ daß ichs an den Tag bringe/ vielen Krancken darmit zu dienen:
Haͤtte es jemand anders vor mir offenbaret/ waͤre es mir deſto lieber geweſen/ vnd haͤtte
ichs jetzunder nicht thun doͤrffen. Das weiß ich aber gewiß/ daß ich der Welt Lohn bey
vielen gegen meine gutmeinende Entdeckung empfangen werde: Dann/ ſeynd ſchon
Chriſtliche Gemuͤhter/ welche gern ſehen/ daß es ihrem Nechſten wol ergehe/ ſo findet ſich
auch ſtracks darbey der Sathan vnd ſein Anhang/ welcher nicht leiden kan/ daß dem Men-
ſchen etwas gutes wiederfahre/ ſuchen vnd trachten Tag vnd Nacht/ wie ſie das Gute vn-
terdrucken moͤchten. Was ich allbereit fuͤr Neider durch meine Schrifften/ (welche
doch keinem Menſchen zu nahe/ ſondern jederman zu Nutzen geſchrieben) auff mich gela-
den iſt nicht genugſam zu beklagen: Dem einen/ ſo geitzig/ vnd niemand als ihm ſelber al-
les guͤnnet/ habe ich zu klar vnd offenbar geſchrieben/ verdrenſt ihn/ daß andere auch etwas
neben ihm wiſſen ſollen: Andern/ die nichts wiſſen/ vnd gern wiſſen wolten/ habe ichs zu
dunckel
[8]Erſter Theil
dunckel gemacht: Denen/ die nichts wiſſen/ vnd auch nichts lernen wollen/ muß ich lauter
Traͤume/ erdichtete Phantaſeyen vnd Luͤgen geſchrieben haben/ allein darumb/ weilen ſie
ſich ſchaͤmen/ wann ſie gefragt werden/ was ſie von Glaubers Schrifften halten/ ſie ſa-
gen ſolten/ viel/ vnd ſie es doch nicht wiſſen ſolten/ die doch ſonſten von vielen fuͤr ſo groß-
wiſſend geacht vnd gehalten ſeynd/ darumb muͤſſen ſie ſagen/ ſie halten nichts darvon/ auff
daß ſie nicht vor vnwiſſend geſchaͤtzt werden. Etliche begehren Explicationes uͤber dun-
ckele ſenſus, ſetzen groſſe Brieffe voll/ ſo man ihnen nicht alſobald auffhupfft/ alles ligen
vnd ſtehen laͤſt/ vnd den Brey vorkaͤuet vnd einſtreicht/ ſo hat man ſie auch an Hals vnd zu
Feinden gemacht. Andere begehren bereitete Medicamenten/ ſolche zu verſuchen/ wie
ſie anſchlagen/ wann ſie ihnen gut thun/ als dann danckbar dargegen zu ſeyn; wann man
ſie nicht alſobalden ſchickt/ hat die Freundſchafft auch ein End. Etliche werden meine
Feinde/ wann ſie ſehen/ daß etwan einer neben ihnen meine Schrifften geleſen/ eine oder
andere Medicin daraus bereiten/ vnd beſſere Curen thun/ als andere/ vnd ſie deme nicht
zukommen koͤnnen/ auff den Glauber fluchen vnd wuͤnſchen/ der ſolche Dinge geſchrie-
ben hat/ vnd kom̃t es ohngefaͤhr/ daß einem ein Patient vnter der Cur ſtirbet/ ſo habens die
Chimiſche Medicamenten gethan/ wan ſchon der Krancke viel eher geſtorben waͤre/ wann
er andere gebraucht haͤtte. Werden alſo offtmahls gute treuhertzige Medici, welche ihr
beſtes thun/ ihrem Nechſten zu helffen/ in die Bruͤe geſaltzen/ vnd bey Groſſen vnd Klei-
nen faͤlſchlich angegeben/ gleich als wann ſie mit lauter Gifft vmbgiengen/ vnd man ihnen
nicht trauen moͤchte. Solcher Menſchen findet man an allen Orten/ welche nicht leiden
koͤnnen/ daß jemand etwas mehr wiſſe/ als ſie/ darumb verkleinern vnd verachten ſie die
Kunſt. Dieſes aber muß ich auch bekennen/ wann ſchon bisweilen ein erfahrner Chy-
micus eine gute Medicin zurichte/ ſelbe andern auff ihr Begehren zuſchicket/ ſie dann vn-
vorſichtig darmit vmbgehen/ vnd nicht rechtmaͤſſig gebrauchen/ gantz nicht wol thun/ ſon-
dern der Medicin einen Tadel oder Flecken anhaͤngen/ wann ſie ſchon iſt/ wie ſie ſeyn ſoll/
wann man außdruͤcklich erinnert/ vnd gewarnet wird/ behutſam mit kraͤfftigen Medica-
mentis vmbzugehen/ ſie aber ſolches nicht achten/ der Sachen zu viel thun/ vnd der Medi-
cin hernach ſolches faͤlſchlich zurechnen wollen. Auch thun alle diejenige ſehr uͤbel vnd
vnrecht/ welche andern in meinem Namen dieſe oder jene Medicin verkauffen/ gleich als
wann ſie ſolche von mir haͤtten/ vnd doch lauter Betrug iſt/ darfuͤr ſich ein jedweder wird
zu huͤten wiſſen/ von weme er dergleichen Dinge nehme/ oder nicht. Wann dann durch
uͤbelbereitete Medicamenten/ welche von vielen faͤlſchlich fuͤr die Meinigen außgegeben
werden/ etwan bey einem oder andern nicht gluͤcken ſolten/ wolle mans meiner beſchriebe-
nen Medicin nicht/ ſondern der falſchen Medicin ſolches zuſchreiben/ vnd ſchuld geben.
Wann aber jemand ſo vermeſſen ſeyn wuͤrde/ ſich zu vnterſtehen/ meine beſchriebene Me-
dicamenten zu tadeln/ vnd ſonderlich meine Panaceam Antimonii, als wann ich derſel-
ben zu viel zugeſchrieben haͤtte/ vnd ſie dem Namen gleich zu thun nicht vermoͤchte/ derſel-
be redet mehr/ als daß er verſtehet vnd verantworten kan/ dann der Name Panacea ſo viel
ſagen wil/ eine Medicin, welche in allen Kranckheiten mit Nutzen kan gebrauchet werden/
welches
[9]Pharmacopææ Spagyricæ.
welches dieſe meine Mineraliſche zugerichtete Medicin, ſo wol die gemeine gelbe auß dem
Antimonio, als leibfarbe ſo guͤldiſch iſt/ deren ich den Namen Panaccam gegeben/ verrich-
tet: daß aber ſelbe alle Kranckheiten/ ohne Vnterſcheid/ vertreiben ſolte/ iſt ihr vnmuͤg-
lich/ vnd derſelben von mir auch niemalen ſo viel zugeleget worden. Was ich aber ihr
zugelegt habe/ das thut ſie zu allen Zeiten/ vnd fehlet nimmer/ wanns Gott nicht ſonder-
lich hindert/ ſie operiret ſichtlich vnd auch vnſichtlich/ nachdeme man dieſelbe haben will
oder noͤhtig hat; dann wann man nur ein wenig davon gibt/ ſo thut dieſelbe zwar bey der
Kranckheit das jhrige/ wird aber keine ſichtliche operation gemerckt; gibt man ſie ſtaͤr-
cker/ ſo ſpuͤhrt man im Leib eine alteration 2. 3. Stund lang; gibt man ſie noch ſtaͤrcker/
ſo macht ſie ein Nauſeam; gibt man ſie aber gantz ſtarck/ ſo machet ſie vomitus vnd ſedes,
vnd fuͤhret auf einmal alle boͤſe vnd ſchaͤdliche humores, die ſie/ innerhalb 2. oder 3. Stun-
den lang Zeit/ verſamlen vnd zu ſich ziehen kan/ auß dem Leib. Weilen aber nicht ein
jedweder das vomiren vertragen kan/ vnd etliche Kranckheiten ſolches nicht noͤhtig/ oder
aber außſtehen koͤnnen/ ſo ſoll man einen Vnterſcheid zu machen wiſſen/ vnd dem
Schwachen nicht ſtaͤrcker geben/ als daß ſeine Wuͤrckung eben ein wenig im Leib gemer-
cket wird/ vnd gantz vnd gar zu keinem vomitu kommen laſſen/ vnd deſto oͤffter lieber etli-
che Tage nacheinander geben/ ſo thut ſie eben das jenige/ durch das oͤfftere wiederholen/
gantz lind vnd vnvermerckt/ als wann ſie ſonſten durch das vomiren vnd purgiren/ auff
einmal/ ſichtlich vnd empfindlich gethan haͤtte. Darumb es auch rahtſamer iſt/ bey ſtar-
cken Leuten/ die boͤſe humores auff einmal durch vomitus vnd ſedes außzufuͤhren/ wann
ſie es vertragen koͤnnen/ als ſolches durch oͤfftere Wiederholung in kleinerm doſi, welcher
nur vnſichtbar wircket/ vnd allemal nur ein wenig deß Boͤſen hinweg nimt/ vnd nach vnd
nach die Geſundheit erſt folgen kan/ die doch ſonſten alſobalden da iſt/ wann die opera-
tion deß ſichtbaren purgirens geſchehen iſt: es waͤre dann der Leib gar zu ſehr mit ſolchen
boͤſen humoribus erfuͤllet/ ſo koͤnte eine einig Purgans nicht genug thun/ ſondern muͤſte/
nach Gelegenheit der Zeit vnd Kranckheit/ auch wiederholet werden. Vnd iſt das zu
mercken/ daß ein jedweder vomitivum in der operation kranck macht/ es ſey gleich von
Vegetabilibus Animalibus oder Mineralibus bereitet; doch kan eine Natur ſolches vor
der andern beſſer vertragen vnd außſtehen/ als die andere. Was aber die Vrſach ſey/
daß meine Panacea Antimonii vomitus vnd ſedes mache/ wann ſelbe in ſtarcker doſi ge-
geben wird/ iſt dieſe/ wiewol ich zuvorn in meinen andern Schrifften daſſelbe allbereit ge-
than/ dennoch zur Nachrichtung noch einmal wiederholen wil: Seine Natur iſt attra-
hirend vnd zu ſich ziehend/ wann dann ſelbe in den Magen kommt/ ſie alsbalden anfaͤngt
zu arbeiten/ vnd ihre Krafft zu beweiſen/ zeucht auß allen viſceribus die ſchaͤdliche humo-
res zu ſich in den Magen: iſt nun der Medicin wenig/ ſo zeucht ſie auch wenig/ vnd kan
der Magen daſſelbe allgemach vnvermerckt in die Daͤrm ſchicken/ dadurch es dann mit
andern excrementis außgehet/ vnd den Patienten nichts zu thun giebt; iſt aber der Me-
dicin mehr/ ſo zeucht ſie auch mehr zu ſich/ vnd endlich ſo viel vnd ſchnell/ daß der Magen
ſolche durch die Medicin zu ſich gezogene vnd verſamlete boͤſe humores nicht Zeit oder
BPlatz
[10]Erſter Theil
Platz genug hat/ ſolche vnter ſich allgemach in die Daͤrme (andern excrementis gleich)
zu ſchaffen vnd außzujagen/ ſondern ſuchet den nechſten Weg/ nemlich uͤber ſich per vomi-
tum, welche Außjagung dann der Natur ſo annemlich nicht/ als durch die Darme/ vnd
ſich derohalben bey dem vomiren gemeiniglich in wahrender operation Mattigkeiten
finden/ aber nicht laͤnger/ biß die operation geſchehen/ alsdann ſich die Kraͤfften alſobal-
den wieder verſamlen: vnd iſt dieſer Weg am bequenꝛſten zugebrauchen bey allen Kranck-
heiten/ welche von boͤſen uͤberfluͤſſigen humoribus entſtanden/ vnd keine ſonderbare Mat-
tigkeit darbey iſt/ als in allen Fiebern/ wie ſie auch moͤgen genennet werden/ das ſchnelle-
ſte/ gewiſſeſte vnd vnfehlbarſte remedium, Item in Peſte, ſo wol/ wann man ſelbe allbe-
reit am Hals hat/ als wann man ſich dafuͤr beſorget/ nechſt Gott/ nichts ſicherers vnd ge-
wiſſers: Dann es fuͤhret vnd zeucht nicht allein gantz behend die Gifft von dem Hertzen
vnd dem gantzen Leib in den Magen/ welcher dieſelbe entweder per vomitum oder ſedes
außtreibet; ſondern ſie treibet auch zugleich die boͤſe Gifft/ ſo allbereit im gantzen Leibe
ſich außgetheilet/ durch den Schweiß hinauß/ alſo daß nichts im Leibe bleibet/ ſo der Na-
tur entgegen/ vnd der Geſundheit zu wider/ welches nicht außgetrieben wuͤrde/ wie die
Erfahrung allbereit genugſam gezeuget vnd noch zeugen wird. Deßgleichen kan dieſer
Gebrauch deß vomirens in allen Kranckheiten nutzen/ die von Verſtopffungen deß Mil-
tzes/ vnd andern innerlichen Gliedern entſprungen/ als da ſeyn/ der Scharbauch/
Schurmund/ Miltzwehe/ Seitenſtechen/ Ruͤck- vnd Lendenwehe/ vnd Sauſen der Oh-
ren/ welche von uͤbrigen Fluͤſſen entſtanden/ auch Hertzklopffen/ Ohnmachten/ Erſchre-
cken/ vnd Auffſtehen im Schlaff/ Epilepſia oder fallende Suͤchte/ mit aller melancholia
vnd traurigen Gemuͤt/ ſo von auffſteigenden boͤſen gifftigen Duͤnſten entſtanden/ gluͤck-
lich außtreibt/ ſo wol bey Alten als bey den allerkleinſten Kindern/ von 3. oder 4. Wochen
alt/ gluͤcklich vnd ohne Gefahr zu gebrauchen/ nur daß man es vorſichtig gebrauche/ vnd
nicht mehr gebe/ als daß eben ein einiger Vomitus gemerckt werde/ welches ein Viertel
von einer Gran wol thun kan/ ſo wol in acht zu nehmen/ daß man nicht zu viel gebe/ beſſer
zu wenig/ vnd ſolches zweymal nacheinander gebraucht/ als zu ſtarck auff einmahl: dar-
umb ich auch nicht rahte/ daß ſich ein jedwederer ſolcher kraͤfftigen medicin vnterſtehe/ an-
dern zu geben/ wann er keinen guten Verſtand hat ſeiner Wuͤrckung. Gewiß iſt es/
daß ich ſehr viel jungen Kindern in der gemeinen Kinderkranckheit/ welche eine Art der
Epilepſia oder Freſchlin iſt (wie mans in Deutſchland heiſt/) erſchrecken im Schlaff/
fahren ſchnell auff/ halten die Daͤumlein feſt in den Haͤndlein/ verwenden die Aeuglein/
werden bleich im Angeſicht/ vnd ſonderlich die Lippen/ ziehen das Muͤndlein krumb/ jun-
tzeln mit Haͤnden vnd Fuͤſſen/ etliche aber gantz als todt ſtille ligen/ etliche aber nur allein
Tag vnd Nacht ſchreyen/ vnd nimmer ruhen koͤnnen: Solcher Kinder Kranckheiten iſt
nechſt Gott vor allen andern Artzneyen darmit vorzukommen vnd zu helffen/ nur ſage ich/
daß man zuſehe/ daß man dem Guten nicht zuviel thue/ vnd werden nicht allein die Kin-
der friſch vnd geſund darauff/ ſondern von dem erſten Sauerteig/ welchen ſie von Mut-
terleibe gebracht/ alſo gereiniget/ daß ſie hernach ſelten die Durchſchlechten vnd Kinder-
blattern/
[11]Pharmacopææ Spagyricæ.
blattern/ welche manchem das Angeſicht ſehr verſtellen/ vnd ſcheußlich machen/ bekom-
men: wie ich dann mit Warheit ſagen kan/ ſeither ich dieſe medicin gehabt/ mir ſieben
Kinder von einer Mutter geboren ſeyn/ welchen ich darvon gegeben/ vnd noch alle ſieben
bey Leben vnd guter Geſundheit ſeyn/ auch keines weder die Kinderblattern oder rohte
Flecken biß dato gehabt/ vnd verhoffentlich auch nicht bekommen werden. Dieſes erzehle
ich nur darumb/ auff das man ſehen koͤnne/ daß dieſe Panacea auch den neugebornen Kin-
dern/ mit groſſem Nutzen koͤnne gegeben werden/ vnd ihnen nichts ſchade/ was ſolte ſie
dann alten vnd ſtarcken Menſchen ſchaden koͤnnen/ wann ſie mit Verſtand gebraucht
wird? Daß ich aber rahten ſolte/ dieſelbe auch ohne Vnterſcheid/ gantz ſchwachen vnd
abgelebten Menſchen zu ſtarck zu geben/ daß dardurch vomitus erꝛegt wuͤrden/ das thue
ich nicht/ denn ſolche krafftloſe Menſchen ſelbe nicht wuͤrden außſtehen koͤnnen/ haben
auch einer ſolchen Cur nicht noͤhtig/ ſondern iſt genug/ daß man ihnen gute hertzſtaͤrcken-
de Eſſentias beybringe/ darvon bald ſoll gehandelt werden. Auch iſt es nicht noͤhtig/ daß
man denen vomitiva gebrauche/ welcher Kranckheit nicht von boͤſen humoribus entſtan-
den/ oder noch darin beſtehet/ welche von dieſer medicin ſich nicht mit Gewalt wollen auß-
treiben laſſen/ ſondern empfinden allgemach etwas Linderung/ wann ſie taglich nur ein
gar wenig darvon gebrauchen/ dardurch die humores von dem innerſten Theil deß Lei-
bes vnd Gliedern zuruͤck gezogen werden/ doch alſo/ daß keine ſichtbare Wuͤrckung ge-
mercket wird/ vnd ſonderlich/ wann die Panacea auß einer guͤldiſchen mineral gezogen/
die leibfarbig oder purpur ſeyn wird/ der gemeinen gelben auß dem Antimonio in allen
Kranckheiten weit vorzuziehen iſt/ vnd billich den jungen Kindern/ alten/ ſchwachen vnd
bethlaͤgerichten Perſonen/ an ſtatt der gemeinen ſolte gebraucht werden. Den Poda-
gricis vnd Calculoſis bekom̃t ſie auch gar wol/ treibet durch den Vrin ſichtiglich viel
Schleim/ Sand vnd boͤſes Geſuͤcht auß dem Leibe/ ſtillet vnd mindert nicht allein die
Schmertzen/ ſondern wanns nicht gar zu weit eingewurtzelt/ gaͤntzlich davon liberiret/
welches ich dieſer Medicin mit Warheit wol zuſchreiben mag/ vnd vor der gantzen Welt
beweiſen kan. Habe dieſe Erinnerung allem darumb thun muͤſſen/ auff daß man ſich
darnach zu richten habe/ vnd dieſelbe von einer ſolchen/ welche fuͤr die me nige von etlichen
faͤlſchlich gegeben wird/ zu vnterſcheiden wiſſe. Der nun die wolbereitete hat/ vnd den
rechten Gebrauch bey Jungen vnd Alten weiß/ vnd verſtehet/ der mag ſie ohne Schen
in obbeſchriebnen wie auch andern mehr Kranckheiten/ gluͤcklich (doch daß er vorſichtig
damitvmbgehe) gebrauchen/ vnd Ehre mit einlegen: Wer ſie aber nicht gut hat/ vnd auch
nicht zu gebrauchen weiß/ der gehe ihr muͤſſig/ auff daß er nicht uͤbels mit anrichte/ dann
dieſe Panacea, auß dem Antimonio ſonderlich/ iſt ſie wie ein ſpitzig ſcharff Meſſer/ mit
welchem ein verſtaͤndiger Mann viel gutes außrichten/ ein Narꝛ oder Kind aber/ ſo wol
ihme als andern damit Schaden zufuͤgen kan. Dieſes habe ich in parentheſi ein wenig
vermelden muͤſſen/ vmb derentwillen/ welche/ auß Neid vnd Mißgunſt/ dieſelbe ſuchen zu
tadeln; ein mehrers darvon (geliebtes Gott) bald an einem andern Ort ſoll gemeldet
werden. NB. NB. Dieſes iſt allhier auch noͤtig anzuzeigen/ daß dieſe Panacea von
B 2Antim.
[12]Erſter Theil
Antim. ſolcher maͤchtigen zu ſich ziehenden Natur iſt/ daß dieſelbe/ wann ſie nicht in ver-
ſchloſſenen Glaͤſern verwahret wird/ auß den aſtris daſſelbe/ ſo ihme durch das Feuer be-
nommen iſt/ wieder zu ſich ziehet/ vnd animiret/ ja auch ſo veraͤndert/ daß ſolcher ein eini-
ger Gran ſtaͤrcker operirt, als ſonſten 3. Gran/ wann ſie erſt zugerichtet iſt/ oder in Glaͤ-
ſern bewahret geweſen: welches wol in acht zunemen/ daß man ſeine doſes darnach an-
zuſtellen wiſſe/ oder vor der Lufft bewahre/ ſo bleibet ſelbe im erſten Grad. Dienet denen
zur Nachricht/ welche ſelbe haben/ oder hinfuͤrter bekommen moͤchten.
Allhier moͤchte mancher einwerffen vnd ſagen/ wann deine Panacea ihre Wuͤrckung
alſo verbringet/ die boͤſe humores in den Viſceribus reſolvirt, zu ſich in den Magen zeucht
vnd außfuͤhret/ welches alle Purgantien auch thun/ was darff man dann derſelbigen/ ſo
kan man nur Purgantien gebrauchen/ ſelbe zuverrichten? Deme gib ich zur Antwort: ob
wol alle Purgantien die Eigenſchafft haben/ die boͤſe humores auß dem Leib zu fuͤhren; ſo
geſchicht es doch auff eine viel andere Weiſe/ als durch dieſe meine Panaceam, welche
auch die fixe hu mores angreifft/ das andern Purgantien vnmuͤglich iſt/ vnd werde dieſel-
bige gleich geben/ wie ſie wolle/ ſie operire gleich ſichtlich oder nicht/ ſo thut ſie das ihrige:
die vegetabiliſchen Purgantien aber/ wann ſelbe zu leiß geben werden/ daß ſolche nicht
ſichtlich operiren/ ſondern ligen bleiben/ vnd dem Leib mehr Schaden als Nutzen zufuͤ-
gen/ welches jedermaͤnniglich bekant iſt; dieſe aber das Contrarium beweiſet. Derhal-
ben kein purgans vegetabile in rerum natura zufinden/ welches dieſer Panacea im gering-
ſten zu vergleichen. Auff daß man aber deſto beſſer mercken vnd verſtehen moͤge/ was
ich allhier berichte/ ſo wil ich eine einige Hiſtori hieher ſetzen/ wie ich meiner Panaceæ wun-
derliche Wuͤrckung erfahren habe/ nemlichen alſo:
Es hat ſich vor etlichen Jahren zugetragen/ daß eines fuͤrnehmen Mannes Kind/
von zehen Jahr en ſeines Alters/ auff der Zungen viel kleine Loͤchlein bekommen/ welche
Tag vnd Nacht groſſe Schmertzen verurſacht: ſolches zu remediren/ die Eltern keine
Koſten vnd Fleiß geſparet/ ſondern vnterſchiedliche benachbarte Medicos conſulirt/ wel-
che auch ihr Beſtes gethan/ aber alles vergeblich/ vnd ſeynd die Loͤchlein immer groͤſſer
vnd boͤſer worden/ vnd haben mit dem Schmertzen zugenommen/ woruͤber das Kind gantz
abgenommen/ vnd niemand Raht zu gewuſt. Endlich hat man auch meines Rahts
gepflogen/ vnd erzehlt/ wie viel fuͤrnehme vnd ſonſten beruͤhmte Medici ihr euſſerſtes nun
in 2. Jahren herdaran verſucht/ vnd doch endlich das Kind huͤlffloß verlaſſen. Da ich
den Schaden ſahe/ merckte ich/ das es nichts anders/ als ein Corroſiviſcher von boͤſem
Gebluͤt entſtandener Fluß waͤre/ welcher ſich in die Zungen geſetzet/ ſelbe durchloͤchert/
vnd einen ſolchen brennenden/ vmb ſich freſſenden Cancroſiſchen Schaden verurſachet/
welcher biß dahin keine Heilung annehmen wollen: gabe dem Vatter zur Antwort/ daß
nach meiner Meinung dem Vbel nicht zu wiederſtehen waͤre/ als durch mineraliſche Pur-
gantien/ welche auch die fixe humores antaſten vnd außfuͤhren/ vnd ſonderlich ein wolbe-
reitetes Vomitivum Antimoniadum. Welchs ſeine Eltern eingegangen vnd begeh-
ret/ daß ich darmit einen Anfang machen ſolte/ welches ich gethan/ vnd einen gar leifen
doſin
[13]Pharmacopææ Spagyricæ.
doſin von meiner Panacea Antimonii geben/ in Meinung/ doch ſelbige auffs wenigſte
einen Vomitum zu geben: welches aber nicht geſchehen/ ſondern gantz keine ſichtbare Ope-
ration vollbracht. Darauff ich den folgenden Tag ſelbigen doſin wieder geben/ welcher
auch nicht ſichtbarlich gewuͤrcket/ aber gleichwol aller Schmertzen dadurch geſtillet wor-
den/ vnd das Kind die Zunge wider hat bewegen vnd gebrauchen koͤnnen/ auch Speiſe zu
eſſen begehret/ welches in keinem Jahr geſchehen/ ſondern ſieh mit Suppen (weilen die
Zunge nichts hartes leiden koͤnte/) behelffen muͤſſen. Den folgenden dritten Tag habe
ich noch einmal den doſin widerholet/ darauff die Loͤcher wieder angefangen zu heilen/ vnd
iſt alſo die Zung innerhalb acht Tagen gantz vnd gar geheilet/ alſo/ daß man kaum hat
ſehen koͤnnen/ wo die Loͤcher geweſen/ vnd hat das Kind von Tag zu Tag wieder zuge-
nommen/ ſeine natuͤrliche Farbe wieder erlanget/ daruͤber ſich jederman neben mir ſehr
verwundert. Durch welche Cur die Krafft meiner Panacea mir alſo iſt bekandt wor-
den/ welches ich zuvor nicht gewuſt/ vnd auch nicht geglaubt haͤtte/ wann keine ſichtbare
Wuͤrckung darbey waͤre geſpuͤhret/ daß das Gebluͤt in ſo kurtzer Zeit durch ſo wenige
Medicin, welche nur 6. Gran in allem geweſen/ ſo viel thun ſolte: Hernach habe ich auf
ſolche Weiſe auch in andern Kranckheiten ſelbige zu thun befunden/ vnd geſpuͤhret/ daß
ein taͤglicher Gebrauch dieſer medicin, nicht allein den noch nicht coagulirten Tartarum
in Nieren vnd Blaſen/ ſondern auch den allbereit erharteten Sand vnd Stein/ allge-
mach zertreibe/ vnd mit langer Zeit außtreibe: Desgleichen auch die Podagriſche hart
eingewurtzelte humores mit langer Zeit reſolvire vnd außjage. Welches allein auß dieſer
Vrſach kom̃t/ weilen dieſe medicin vor allen andern Medicamenten (ſonderlich die pur-
pur- oder Leibfarbe) welche darneben guͤldiſch iſt/ das Gebluͤt im gantzen Leib/ bey Jungen
vnd bey Alten/ auff den hoͤchſten Grad reinige/ vnd dieſe boͤſe ſcharffe vnd tartariſche hu-
mores allgemach/ nach rechtem Gebrauch genoſſen/ ſolvire vnd außtreibe/ vnd vor allen
zufaͤlligen Kranckheiten/ vnd ſonderlich der Peſt vnd gifftigen Fiebern præſervire/ auch
ſonſten ohne aͤuſſerliche Huͤlfe alle innerliche vnd aͤuſſerliche offene Schaͤden augenſchein-
lich curire, vnd in allen Kranckheiten ohne Schaden vnd Gefahr ſicherlich zugebrauchen.
Auff daß ich aber nicht zu weit auß der Bahn ſchreite/ ſondern wieder zu meinem
Propoſito komme/ ſo wil ich einen Anfang machen/ kurtz/ doch deutlich/ zu beſchreiben/
wie die Kraͤfften vnd Tugenden der Kraͤuter herauß zu ziehen/ vnd in die Enge zu brin-
gen ſeyn/ damit man mehr in Kranckheiten außrichten/ vnd ſelbe auch fuͤglicher admini-
ſtriren moͤge/ als die Kraͤuter alſo vnbereit an ſich ſelber thun oder verrichten/ welches auf
dieſe Weiſe geſchicht.
Bereitung der Vegetabiliſchen Eſſentien.
NImb deß Krauts/ welches von der Erden vnd faulen vnreinen Blaͤttern gerei-
niget iſt/ mit Wurtzel/ Stengel/ Blaͤtter: vnd Saamen/ wann du es haben
kanſt/ ſo viel du wilt/ doch daß deſſen auffs wenigſte 50. Pfund ſeye/ dann wann
die quantitaͤt gar zu gering/ will es nicht ſo gerne jaͤhren/ als wann ſelbigen viel auff ein-
B 3mahl
[14]Erſter Theil
mahl angeſetzt wird; hacke es klein/ vnd uͤbergieſſe daſſelbe mit Waſſer/ vnd fuͤlle eine
kuͤpfferne veſicam damit an/ biß auff eine gute zwerche Hand breit/ treib zimlich warm/
ſo geht ein klar vnd riechend Waſſer/ ſampt etwas Oel heruͤber/ welches man durch ein
ſpitzig Scheidglaß von dem Waſſer ſcheiden/ vnd beyſeits in ein Glaͤßlein hinſetzen ſoll/
das jenige Kraut/ ſo im Keſſel geblieben/ thue herauß/ fuͤlle wieder anders hinein/ vnd
deſtillir das Waſſer vnd Oehl heruͤber/ ſo lange/ biß all dein Kraut deſtillirt iſt/ vnd alle-
zeit ſcheide das Oel vom Waſſer/ vnd behalts beſondern/ das Waſſer aber ſchuͤtte wieder
auff die deſtillirte Kraͤuter/ vnd menge ein Loͤffel voll oder 2. jung Biergeſt darunter/ laß
in einem hoͤltzern zugedeckten Geſchirꝛ 3. oder 4. Tag jaͤhren/ darnach wann das Kraut ſich
ſencket/ ſo hat es lang genug geſtanden/ vnd iſt bequem/ ſeine reinſte Theilen/ als Sal vnd
Sulphur volatile, in der deſtillation von ſich zu laſſen: ruͤhre in dem Faß mit einem Holtz
das duͤcke mit dem duͤnnen vntereinander; vnd ſchoͤpffe deinen deſtillir-Keſſel voll an/ gib
Feuer fein allgemach/ daß die Kraͤnter in dem Keſſel nicht anbrennen/ vnd der Spiritus
brentzlicht wird/ deſtillire durch ein Refrigeratorium, ſo lang was gutes außgeht/ wel-
ches man offt verſuchen kan; wann nichts kraͤfftigs/ ſondern ein vngeſchmackt Waſ-
ſer kompt/ ſo hoͤre auff zu deſtilliren: bewahre das jenige/ ſo uͤbergangen iſt/ in Glaͤſern/
leere den Keſſel auß/ vnd fuͤlle denſelben mit den gegornen Kraͤutern/ wann du deren mehr
haſt/ wieder an/ biß auff eine gute querchen Hand/ vnd deſtillire wieder den Spiritum
darvon/ das thue ſo offt/ biß alle deine angeſetzte Kraͤuter deſtillirt ſeyn: darnach reinige
den Keſſel vnd das Refrigeratorium, vnd fuͤlle alle die uͤbergangene Spiritus darein/ vnd
rectificire dieſelbe/ fange nur die ſtarcke Spiritus, das vngeſchmacke Waſſer im Keſſel
ſchuͤt hinweg/ vnd rectificire den Spiritum noch einmal in Balneo per alembicum, ſo
laͤſt er wieder vngeſchmackt Waſſer zuruck/ vnd ſoll dieſe rectification in glaͤſern Kolben/
wann es noͤhtig/ noch einmal wiederholet werden/ auff daß der Spiritus gantz ſtarck vnd
ſubtil worde/ mit welchem man weiter procedirn ſoll/ daß die inwendige Krafft gantz in
die Enge gebracht werde/ nemlich alſo: Nimb das Kraut/ davon das Oel vnd Spir. ge-
zogen/ mach Ballen darauß/ vnd truckne ſolche an der Sonnen oder Feuer/ verbren-
ne dieſelbe auff einem Herd zu Aſchen/ auß welcher du mit den vngeſchmackten Waſ-
ſern/ ſo in der rectification deß Spir. zuruck geblieben/ das Saltz außlaugen vnd coagu-
liren ſolſt/ welches Saltz mit friſchem Waſſer noch einmal ſolvirt, filtrirt/ vnd coagulirt
werden muß/ ſo iſt es rein genug: auff welches einem Theil man 2. Theil deß zuvor recti-
ficirten Spiritus gieſſen/ vnd in Balneo fein lind darvon abſtrahiren ſoll/ ſo zeucht der Spi-
ritus ſo viel ihm noͤhtig/ von dem ſale fixo zu ſich/ vnd fuͤhrets mit ſich uͤber/ das ſal fixum
aber behaͤlt das Phlegma, ſo noch bey dem Spiritu geweſen/ vnd wann man ſolches naſſe
Saltz wieder außgluͤet/ ſo iſt es wieder ſo gut als in der erſt. Zu dieſem auffs allerſubtileſte
concentrirten Spiritu ſchuͤtte halb oder den dritten Theil ſo viel deß zuvor auß dem Kraut
deſtillirten Olei, ſchuͤttel ſie beyde vntereinander/ ſo wird der concentrirte vnd alcoſirte
Spir. in momento ſein eigen Oehl in ſich ſchlucken/ vnd eine klare/ kraͤfftige vnd liebliche
Eſſentia werden/ darin deß Krauts Sal vnd Sulphur volatile mit dem Sale fixo conjun-
girt
[15]Pharmacopææ Spagyricæ.
girt iſt/ vnd billich fuͤr eine liebliche/ durchdringende/ ſchnellwuͤrckende/ vnd der Natur
annehmliche Krafft oder Eſſentia zu halten/ welche ſich in allen liquoribus vermiſcht/
vnd fuͤglich einnehmen oder beybringen laͤſt/ deſſen etliche wenige Tropffen mehr Krafft
beweiſen/ als deß groben Krauts eine gantze Handvoll. Vnd wirckt dieſe Eſſentia nicht
allein in ſolchen Kranckheiten/ darzu ſonſten das Kraut/ vnd andere Bereitung gebraucht
wird/ in Leib zu nehmen/ viel kraͤfftiger; ſondern ſie beweiſet auch eine ſchnelle operation,
wegen ihrer ſubtielen Reinigkeit: aͤuſſerlich applicirt, daran gerochen/ ſtaͤrcket das Hertz/
vnd Hirn/ vor allem andern lieblichen Rauchwerck/ von inſpiſſirten Olitaͤten/ Zibet/ Bi-
ſem oder Ambra gemacht/ welche gegen dieſe Eſſentiam gleichſam als todte Coͤrper zuver-
gleichen: denn bey dieſer Eſſentia das ſal volatile welches mit dem Oleo conjungirt iſt/
daſſelbe mit ſich ſchnell einfuͤhrt/ vnd ſubtil macht/ alſo daß man ſich druͤber ſehr verwun-
dern muß/ vnd dient alſo dieſelbe ſo wol innerlich als aͤuſſerlich zur medicin zugebrauchen.
Vnd iſt gewiß daß bißweilen ein lieblicher Geruch eines Krauts/ durch welches das
Hertz in einem Augenblick geſtaͤrcket wird/ mehr außrichte/ als eine hertzſtaͤrckende medi-
cin inwendig gebraucht/ dann das Hertz im Menſchen lebet von der Lufft: gleich wie ein
Fiſch im Waſſer/ vnd wann dieſelbe geſund vnd gut iſt/ dem Hertzen auch wol darbey iſt/
vnd im Gegentheil uͤbel. Warumb reucht der Menſch eine Blume ſo gern/ wann ihme
der liebliche Geruch ſein Hertz vnd Hirn nicht ſtaͤrckte/ vnd ſeine Geiſter dardurch erqui-
cket wuͤrden? Thut das eine Blum oder Kraut/ darin der wolriechende vnd hertzſtaͤrcken-
de Geiſt noch mit ſeinem todten Coͤrper vmbfaſſet/ verwickelt vnd weit darin zertheilet
vnd gebunden; was ſoll dann nicht ein ſolcher Geiſt thun/ wann er von dem Leib geſchie-
den/ auffs hoͤchſte gereiniget/ vnd wieder iſt concentrirt worden? Auſſer der taͤglichen
vnd jederman bekanten Erfahrung/ daß eine liebliche Lufft das Hertz ſtaͤrcke/ vnd eine boͤ-
ſe inficirte (wie bey Peſtzeiten zuſehen) hergegen daſſelbige ſchwaͤche vnd gantz erſticke/
waͤren viel Hiſtorien/ ſolches zu beweiſen/ anzuziehen/ welches nicht noͤhtig/ eine ſolche
Weitlaͤufftigkeit einzufuͤhren: doch kan ich nicht laſſen/ eine oder zwey nachdenckliche
hieher zu ſetzen/ meine Meinung deſto beſſer damit zu ſchuͤtzen. Es ſchreibet ein tieffſin-
niger vnd ſehrer fahrner Philoſophus, Joſephus de Acoſta, Jeſuiter Ordens/ ein Buch
von Gelegenheit vnd Eigenſchafft der neuerfundenen Weſtindiſchen Jnſulen/ vnter
andern/ in ſeinem dritten Buch am 9. Capitel/ vnglaubliche vnd doch warhafftige Din-
ge/ von Eigenſchafft etlicher Winde/ ſo uͤber ſehr hohe Gebuͤrg vnd Wuͤſten/ in etlichen
Provintzien hinter Chili gelegen/ wehen ſollen: nemlich daß ſelbige Winde/ wegen ſo groſ-
ſer durchdringenden Kaͤlte/ die Menſchen ſo daruͤber gereiſet/ vnd ſich nicht darfuͤr be-
wahret/ vnd ſelbiger Winde Natur nicht gewuſt/ nicht allein gantz todtkranck gemacht/
ſondern viel gar erwuͤrget hat/ allein wegen einer uͤberauß ſubtielen Kaͤlte/ welche deß
Menſchen Geiſt vnd Leben entgegen vnd groͤſter Feind geſchehen iſt. Dann/ gleich wie
eine liebliche temperirte Lufft deß Spiritus vitalis ein Erhalter/ Bewahrer vnd Erneh-
rer; alſo dargegen ein untemperirter kalter Lufft deſſelben Erſtuͤcker vnd Erwuͤrger iſt/
welches man auch auff der See erfaͤhret/ wann man ſolcher rauhen Lufft/ welche durch
die
[16]Erſter Theil
die Bewegung deß geſaltzen Waſſers die Lufft inficiret, nicht gewohnet hat/ vnd dar-
uͤber faͤhret/ gantz entſtellt vnd ſehr kranck darvon wird/ vnd ſonderlich das Hirn/ Hertz
vnd Magen/ wie oben geſagt/ der kalte Wind auff der Wuͤſten bey Chili auch thun ſoll/
alſo daß die Menſchen alles auß dem Magen geben/ gleich als wann ſie ein ſtarck vomi-
tivum genommen/ thut ihnen der Kopff vnd Hertz wehe/ koͤnnen nicht eſſen oder trincken/
ſo lang biß ſie ſolcher Lufft gewohnen/ vnd ſelbige alsdann vertragen koͤnnen. Noch ei-
ne andere auch denckwuͤrdige Hiſtori muß ich erzehlen/ vnd darmit beweiſen/ daß eine in-
ficirte Lufft mehr Schaden deß Menſchen Leben zufuͤgen kan/ als ein corporaliſch Gifft/
welches erſtlich nur den Magen antaſt/ der dann/ durch Huͤlffe der Natur ſeiner Freun-
de/ ſelbe leichtlich wieder kan außſtoſſen; deren Hiſtorien allenthalben mehr als zuviel ge-
ſchchen vnd bekandt ſeyn/ daß mancher eine beygebrachte Gifft per vomitum wieder
außgeſtoſſen/ die ihme nichts geſchadet hat; hergegen aber eine geiſtliche Gifft alſobalden
dem Hertzen zueilet/ den Spiritum vitalem zu erſtuͤcken/ wann er nicht dargegen ſtarck ge-
wapnet genug iſt/ wie dieſe Hiſtori bezeuget.
Vor 30. Jahren vngefehr ſeynd zween Marcktſchreyer zu Pariß in Franckreich/
nicht weit voneinander geſtanden/ den Bauersleuten Theriak verkaufft/ vnd jeder ſei-
nen auffs beſte gelobet/ als er gekont/ dem andern ſeine Nahrung zu entziehen/ vnd ih-
me zuzulocken. Nachdeme aber ſie beyde miteinander einig worden/ einer deß andern
Gifft zu nehmen/ vnd mit ſeinem Theriak ſelbige ſchadlos zu machen/ vnd zu bezeugen/
daß ſeine Artzney gut waͤre; ſo hat der Eine eine groſſe Krotten in der mitten voneinander
geriſſen/ die Helffte gutes Muths hinein geſſen/ vnd dem Andern auch die Helffte zu eſſen
vorgereicht/ welcher dann ebenmaͤſſig ſelbige Helffte zu ſich genommen/ vnd beyden nichts
geſchadet hat. Den folgenden Tag hat dieſer ſeinen Gegentheil auch zu Gaſt geladen/
vnd eine boͤſe Viper oder Schlange mit einer Krotten in eine Trummel gethan/ eine
Hand voll Saltz darzu geworffen/ vnd eine weile mit den Schlaͤgeln darauff trummeln
laſſen; durch welches vngewoͤhnliche Getoͤß/ ſo wol die Schlange/ als die Krot ein ſpiri-
tualiſch Gifft von ſich geben/ vnd die Trummel damit erfuͤllt: wie ſolches geſchehen/ hat
der eine ſeinen geladenen Gaſt zu dem kleinen Loch/ ſo die Trummeln in der Mitte ha-
ben/ da der Reſonantz außgehet/ ſeine Naſe halten laſſen/ welcher alſobalden/ nachdeme
er die Spiritualiſche Gifft empfunden/ zuruͤcke gefallen/ vnd todt geblieben iſt/ der dann
ſich vor einem ſolchen Streich nicht verſehen/ vnd nur gemeint/ daß ein Gifft muͤſſe Cor-
poraliſch ſeyn/ vnd nicht verſtanden/ daß ein Spiritus, er ſeye gleich gut oder boͤß/ mehr
Macht habe/ als ein Coͤrper.
Dieſe beyde Hiſtorien habe ich nicht hieher geſetzt/ das Pappier damit zu verderben/
nein/ gantz nicht/ ſondern damit beweiſen wollen/ daß die Geiſter/ in jhrer Krafft vnd
Wuͤrckung/ wann ſie von ihrem Leib geſcheiden vnd frey ſeynd/ hundertfaͤltiger ſtaͤrcker
vnd maͤchtiger/ als die Leiber/ obwolen ſie ihre Geiſter noch bey ſich haben/ ſeyn koͤnnen.
Vnd iſt ſolches ſo wolen bey heilſamen/ vnd der menſchlichen Natur annehmlichen vnd
geſunden/ als gegenwaͤrtigen ſubjectis zuverſtehen. Wie viel vnd mancherley gute ſub-
tile
[17]Pharmacopææ Spagyricæ.
tile Spiritus, den Krancken zu gefallen/ Jch in meinem andern Theil Furnorum beſchrie-
ben/ iſt bekant genug; gleichwol ihr noch wenig funden/ die ſo viel Muͤhe anlegen wollen/
vnd ſelbe zurichten laſſen: vnter welchen der Spiritus Salis Armoniaci der geringſte nicht
iſt/ derowegen ſeiner temperirten vnd durchdringenden Waͤrme/ ſowolen innerlich als
aͤuſſerlich/ wunderſchnelle Wirckung beweiſet/ welche man billich kennen/ vnd in allen
Apotheken wolbereit finden ſolte/ da ich denſelben doch bey niemand geſehen/ obwolen ich
ſolchen zu præpariren einen leichten vnd kurtzen Weg vorgeſchrieben habe/ davon/ ge-
liebts Gott/ ein mehrers im Andern folgenden Theil/ da von den Medicamentis ſol ge-
handelt werden/ welche auß den Thieren bereitet/ als da ſeyn ihre Salia volatilia \amp; fixa,
darinnen groſſe Kraͤfften ſtecken/ vnd in etlichen Faͤllen denen/ ſo auß den Vegetabilien
bereitet/ vorzuziehen.
Dieſes muß ich aber noch erinnern/ daß man gute vnd ſubtile/ durchdringende Me-
dicameten vorſichtig gebrauchen/ vnd nicht in groͤſſerer quantitaͤt/ als die Natur erleiden
kan/ den Krancken beybringen ſoll. Es kan ein guter geſunder Wein dem einen/ ſo ihn
rechtmaͤſſig gebrauchet/ ſein Hertz/ Hirn vnd gantzen Leib ſtaͤrcken/ vnd bey Geſundheit
erhalten: Einem andern aber/ der ihn zu grob einſchuͤttet/ kan er Lungen vnd Leber verhi-
tzen/ auſtecken/ den Kopff zum Narꝛen/ die Haͤnde zitterend/ die Fuͤſſe lahm vnd con-
tract, die Augen tunck el machen/ vnd Blaſen vnd Nieren voll Stein fuͤllen/ zu welchem
Ende er doch nicht von Gott gegeben/ oder mit ſo groſſer Muͤhe geziehlet/ ſondern allein
darumb erſchaffen/ daß er dem Menſchen zu ſeiner Geſundheit dienen ſoll. O! wie viel
ſchoͤne Secreten ſtecken allein hinter dem Weinſtock/ deß lieben Korns vnd anderer Fruͤch-
te zu geſchweigen/ darvon die Welt nichts weiß/ vnd auch nichts wiſſen wil/ welche ich
in willens geweſt/ in meinem Opere Vegetab. zu entdecken/ ſtehet aber bey Gott/ ob ers
zulaſſen wird/ oder nicht. An dem Wein allein kan man genugſam ſehen/ daß der Miß-
brauch ſchadet/ vnd nicht das ſubjectum: Alſo auch von andern durchdringenden Artz-
neyen zu verſtehen/ welche/ nachdeme man ſie gebrauchet/ dieſelbe auch ihre Wuͤrckung
vollbringen. Einem Kind vnd Narren/ welche beyde keinen rechten Verſtand haben/
gibt man keine ſpitzige oder ſcharffe Meſſer in die Haͤnde/ vmb der Furcht willen/ daß ſie
ihnen vnd andern damit Schaden thun moͤchten: Ein verſtaͤndiger Mann aber greifft
daſſelbige recht an/ vnd gebraucht es auch mit Verſtand/ zu ſeinem vnd anderm Nutzen.
Jſt alſo ein Meſſermacher nicht zubeſchuldigen/ daß er ein ſcharff Meſſer gemacht/ damit
einer den andern beſchaͤdiget; ſondern dieſer/ welcher das ſcharffe Meſſer vngebuͤhrlich
gebrauchet hat.
Dieſes habe ich ein wenig erinnern muͤſſen/ auff daß/ wann etwan der eine oder an-
dere gegen dieſe meine beſchriebene Eſſentias vnweißlich vrtheilen wuͤrde/ als wann ſie zu
hitzig waͤꝛen/ man wiſſe/ wie ſolchen zu begegnen: dann ich geſtehe/ daß eine allzugroſſe Hitz
den Spiritum vitalem eben ſo wol verſticken kan/ (da doch eine temperirte Waͤrme deſſen
Nahrung vnd Leben) als eine kalte/ welche von Natur ſein Feind iſt: darumb man auch
nicht lehret/ daß man ſolche feurige Eſſentias, gleich wie Waſſer/ einſchuͤtten/ ſondern
Cmit
[18]Erſter Theil
mit Verſtand/ auff einmal/ nach Gelegenheit deß Patienten/ 1. 2. 3. 4. oder mehr Tropf-
fen/ mit einem Loͤffel voll Wein/ Bier oder andern vehiculo miſchen vnd eingeben/ ſo
gehet die Medicin durch den Leib/ vnd thut das jenige/ wozu ſie von Gott verordnet iſt.
Vnd iſt das zuwiſſen/ daß aller guten vnd geſunden Kraͤuter ihre Krafft oder Eſſentia in
einer Waͤrme beſtehet/ vnd je weiter ſie in dem Kraut zertheilet vnd außgeſpreitet iſt/ je
weniger man ſolche vermercket: vnd je naͤher ſie zuſammen gezogen/ je empfindlicher vnd
ſichtlicher ſie iſt. Alles mas eine temperirte Waͤrme gibt/ iſt der Natur angenehm vnd
geſund; Hergegen alles/ ſo zuviel kaͤltet/ deß Lebens Feind vnd Tod: welches ein jedwe-
der/ deme die Natur nur einwenig bekant iſt/ geſtehen muß.
Der Tod vnd Verderben deß Menſchlichen Lebens iſt nichts anders/ als eine Vn-
gleichheit oder contrarium, dadurch das gleiche vnd temperirte zerſtoͤret vnd zertrennet
wird/ es geſchehe gleich durch zuviel Hitze oder Kaͤlte/ doch auf beyderley weis: Eine groſſe
Hitze zeucht dem Menſchen ſeine Krafft auß dem Leib an ſich/ gleich wie ein groſſes Feuer
ein kleines an ſich ziehet: Eine groſſe Kaͤlte aber treibet deß Menſchen Geiſt vnd Leben zum
Centro deß Hertzens/ vnd iſt aͤrger als die Hitze/ aber nicht ſo empfindlich: welches auch
an dem Wein zu ſehen/ wann man ſolchen in ein Geſchirꝛ an die Sonne/ zum Feuer/ oder
ſonſten an einen warmen Ort ſetzet/ daß die Hitz den Spiritum, Geiſt vnd Leben deß
Weins zu ſich zeucht/ vnd ein vngeſchmacktes vnd todtes Weſen liegen laͤſt: dann gleich
liebet und begehret ſeines gleichen. Wann man aber ein Geſchirꝛ/ mit Wein angefuͤllt/
an eine groſſe Kaͤlte ſetzet/ ſo zeucht die Kaͤlte den Geiſt nicht zu ſich/ wie das Feuer gethau/
ſondern haſſet denſelben/ als ein vngleiches/ vnd treibet denſelben in das Centrum deß
Geſchirres gantz eng zuſammen/ vnd wann man das Geſchirꝛ zerſchlaͤgt/ vnd das Eys
voneinander bricht/ der Spiritus vnverletzt gefunden wird; da jener durch die Hitze uͤber-
ſich ſteiget vnd gefangen wird/ wann man ein receptaculum vorgelegt/ alſo der Spir. ſo
wol durch die Kaͤlte/ als uͤberfluͤſſige Hitze bezwungen wird/ ſeinen Leib oder Wohnung
zu verlaſſen/ vnd dem Tod eigen zu geben.
Allhier waͤre viel zu ſagen von Natur der Hitze vnd Kaͤlte/ welches wenig gruͤndlich
verſtehen/ ſtecken groſſe Geheimnuͤſſe darhinder/ welche den Spoͤttern zu wiſſen nicht
gebuͤhren. Eine warme temperirte Lufft vnd Tagslicht iſt ein weitzertheilte vnd aus-
gelaſſene Gnad vnd Krafft Gottes. Ein concentrirte warme Lufft vnd Tagesliecht
kan nichts anders ſeyn/ als Gott in ſich ſelbſten/ eine Wohnung der reinen Geiſter; Ein
finſtere vnd kalte Nacht iſt nichts anders/ als ein ausgelaſſener vnd weitzertheilter Fluch
vnd Zorn Gottes: Eine concentrirte finſtere Nacht iſt nichts anders/ als eine ewig todt-
machende Krafft vnd Centrum alles Boͤſens/ vnd eine Wohnung der boͤſen Geiſter/ da
Heulen vnd Zaͤhnklappern ſeyn wird. Man betrachte nur/ was eine Handvoll concen-
trirte Sonnenhitz fuͤr eine Hitze gibet/ da man in einem Augenblick ein Holtz darmit kan
anzuͤnden/ Zinn vnd Bley zerſchmeltzen; was wuͤrde 2. oder 3. Schritt breit concentrir-
te Sonnen wol thun/ gar Kupffer vnd Eiſen ſchmeltzen koͤnnen; was dann einer Meil-
wegs groß Sonnen/ iſt vnbegreifflich/ ſondern augenſcheinlich/ daß in einem Augenblick
der
[19]Pharmacopææ Spagyricæ.
der gantze Erdboden im Rauch auffgehen wuͤrde/ wann die Sonne allein darauff fallen
ſolte. Dieſes kan man durch die Concentrirung der Sonnen/ welche durch einen holen
Spiegel oder Glas geſchicht/ beweiſen. Kan man das Liecht/ ſo nur von einem wenig
durch ein Inſtrument zuſammen getrieben Sonnen nicht anſehen/ vnd einem das Ge-
ſicht wegen deß groſſen Glantzes vergehet; wer wird dann bey der Sonnen ſelbſt/ die nur
eine außgangene Krafft Gottes iſt/ will geſchweigen bey Gott/ als einem Centro deß
Liechtes/ ſeyn koͤnnen? Wann man die Finſternuͤß auch alſo concentriren koͤnte/ gleich
wie das Liecht/ was wuͤrde man fuͤr ein vnbegreiffliches/ abſchaͤuliches monſtrum, als
Tod/ Teuffel vnd hoͤlliſchen Abgrund ſehen/ darfuͤr vns GOtt gnaͤdig bewahren wolle;
Dann je ſchoͤner vnd herꝛlicher vnd vnaußſprechlicher das concentrirte Liecht/ als die
Gegenwart vnd Klarheit Gottes/ je graͤulicher vnd ſchroͤcklicher die concentrirte Fin-
ſternuͤs ſeyn wird/ niemand an zweiſſeln darff/ dann es ſeynd duo contraria. Es laufft
mir die Feder ſchier zu weit hinein/ iſt aber zu bedencken noͤhtig/ auff daß man ſehe/ wie
die Extrema oder Centra, ſowolen der Waͤrme als Kaͤlte/ der menſchlichen Natur nicht
zu vertragen/ ſondern ihr Gifft vnd Tod/ die Temperatur aber ſein Leben ſeyn. Weilen
dann ein Medicus nohtwendig ein Philoſophus vnd Spagyrus, der die Natur in der
Hand vnd Gewalt hat/ ſeyn ſolte/ vnd ers auch iſt/ ſo iſt es ihme nicht ſchwer/ die rech-
te Temperatur zu finden/ vnd der Natur das jhrige zu geben/ wie ſie es haben will/ vnd
bedarff. Wird alſo hiemit bewieſen/ daß dieſe meine Eſſentiæ Vegetabilium nicht zu
ſcheuen/ weilen ſie alſo an ſich ſelbſten hitzig ſeyn/ muͤſte ſonſten auch Gott geſcheuet wer-
den/ der ein lauter verzehrend Feuer iſt/ an ſich ſelber; ſondern ſtehet in des Medici Haͤn-
den/ ſolche hitzige Eſſentiam mit bequemen vehiculis zu temperiren vnd maͤſſigen/ nach-
deme ers noͤhtig findet/ dem Patienten nuͤtzlich zu ſeyn.
Weiter ſo ſeynd dieſe Eſſentiæ auch nuͤtzlich zu gebrauchen aͤuſſerlich/ in kalten Ge-
ſuͤchten der Glieder/ thun augenſcheinliche Huͤlffe/ dann der Spir. volatilis fuͤhret das
Oleum vnd Sal volatile ein: auch ſeynd ſolche Eſſentiæ ſehr bequemlich zu gebrauchen/
ein Schwaͤmlein darein genetzt/ bey ſich getragen vnd offt daran gerochen/ vnd ſonderlich
bey boͤſer inficirter Lufft/ erquicket vnd ſtaͤrcket die Geiſter/ vnd præſervirt das Hertz vor
boͤſer Lufft/ vnd anſteckendem Schwaden; auch corrigiren vnd verbeſſern ſie die Lufft
in den geſchloſſenen Gemaͤchern/ wann man nemlich ein Glaͤslein offen darein ſetzet/ dar-
aus die ſubtile Eſſentia allzeit in die Lufft ſich zertheilt/ vnd eine hertzſtaͤrckende Lufft vnd
lieblichen Geruch in dem Gemach verurſachet/ alſo/ daß alles/ ſo darinnen iſt/ oder hin-
ein kombt/ mit einem annehmlichen Geruch angethan wird: vnd koſten nicht viel zu ma-
chen/ wann man den rechten Handel von hat/ vnd wol damit vmbzugehen weiß. Dieſer
obbeſchriebene Weg dienet aber allein auff ſolche Kraͤuter/ welche man in copia gruͤn bey
vns haben kan/ vnd nicht auff die auslaͤndiſche duͤrre Aromata, Hoͤltzer/ Saamen oder
Wurtzeln/ mit welchen man auff eine andere Weiſe procediren muß/ wie folgt.
Weilen man der auslaͤndiſchen wolriechenden Vegetabilien nicht ſo wol allenthal-
ben haben kan/ als der inlaͤndiſchen/ ſo muß man etwas genauer damit vmbgehen/ auff
C 2dieſe
[20]Erſter Theil
dieſe Weiſe/ nemlichen: Man pulveriſiret dieſelbe/ geuſt auff jedwedes Pſund 5. oder 6.
Pfund gemein Waſſer/ vnd laͤſt das vegetabile (es ſey gleich eine Wurtzel/ Holtz/ Kraut/
Saamen oder dergleichen) mit dem Waſſer an einem laulichten Ort 3. oder 4. Tag wei-
chen oder beitzen/ darnach thut mans in ein kuͤpferne Veſic, vnd deſtillirt nach der Kunſt
ein Theil Waſſer uͤber/ ſo ſteigt mit dem Waſſer zugleich auch des Holtzes oder Fruchtes
Oel mit uͤber/ welches du von dem Waſſer ſcheiden/ vnd ſo lang bewahren ſolt/ biß du
auch den Spir. oder Sal volatile haſt/ mit welchem du das Oel conjungiren/ vnd zu einer
lieblichen Eſſentia machen kanſt: das bleibende Waſſer mit dem Vegetabile, ſo in dem
Keſſel iſt/ nimb auß/ vnd thue es in ein hoͤltzern Geſchirꝛ/ darzu thue auch das Waſſer/ ſo
auß der Veſic uͤbergeſtiegen iſt/ vnd ſetze ſo viel Pfund Zucker bey/ als das Vegetabile
gewogen hat/ laß denſelben in dem Waſſer zergehen/ vnd miſche einen Loͤffel voll jungen
Bierjaͤſtes darunter/ ſtells an einen laulichten Ort/ ſo wird das aroma gaͤhren/ gleich
als ein gruͤn Kraut: wann es dann ſo lang geſtanden/ daß es auffhoͤret zu gaͤhren/ ſo thue
es in die Veſic, ſo gibt es ſeinem Spiritum wie ein gruͤn Kraut/ reucht vnd ſchmecket auch
ſtarck nach dem Saamen oder Holtz/ ſo du deſtillirt haſt/ welchen du rect ificiren muſt/
wie oben gelehrt; das bleibende muß zu Aſchen verbrant/ ſein Saltz außgezogen/ vnd der
Spir. daruͤber alcoliſirt werden/ mit welchem das Oleum nach beſchriebenem Gewicht
conjungirt wird. NB. Weilen man aber der außlaͤndiſchen Arom. nicht ſo viel auff
einmal einſetzet/ daß man auß dem Reſt das Saltz machen koͤnte/ ſo ſchadet es nicht/
wann man eines andern Krauts Saltz an ſtatt dieſes gebrauchet/ oder in mangelung
deſſen nur ein wolgereinigt Sal Tartari, thut auch gut/ doch wann man ſein eigen Saltz
haben kan/ iſt es ſo viel deſto beſſer.
Dieſes iſt der gruͤndliche Bericht/ wie man die Eſſent. ſowolen auß vnſern hielaͤn-
diſchen gruͤnen/ als außlaͤndiſchen duͤrren Vegetabilibus bereiten ſoll. Mangelt jetzun-
der allein noch zu beſchreiben der bereiteten Eſſentien Wurckung/ welches ich auch gar
wol thun koͤnte/ wuͤrde aber ein ſehr weitlaͤufftig Weſen geben/ wann man eines jedwe-
dern Krauts Krafft vnd Tugend beſchreiben ſolte. Weilen dann vorhin alle Buͤcher
voll deren Beſchreibungen ſeyn/ ſo achte ichs vnnoͤhtig/ daſſelbe zu wiederholen/ ſondern
wil den guͤnſtigen Leſer an ſolche Herbaria, welche von Kraͤfften der Kraͤuter handeln/
gewieſen haben. Dann/ was das Kraut ſonſten/ es ſey gruͤn oder duͤrꝛ/ fuͤr Tugenden
hat/ das hat auch ſeine Eſſentia, aber vielmal kraͤfftiger/ weilen ſie ſehr eng ineinander
gebracht/ oder multiplicirt, als ſonſten ein gut Theil deß Krauts/ ſonderlich der vnſeri-
gen/ ſo in Dentſchland wachſen/ darinn die Krafft ſehr weit zertheilet iſt/ vnd derohalben
gut/ daß man ſelbe in die Enge colligiren/ vnd deſto fuͤglicher gebrauchen moͤge. Es iſt
aber wol in acht zu nehmen die Signatur der Gewaͤchſen/ durch welche man aller Kraͤuter
Tugend viel beſſer erlernen kan/ als durch zuſammengeflickte Buͤcher der Scribenten/
vnd nicht allezeit auff die Schrifften der Alten zu gehen/ welche eben ſo wol nichts gruͤnd-
liches gewuſt/ als was jhnen Gott durch die Natur vnd Signatur gezeiget vnd gelchret
hat/ welcher Lehrmeiſter nimmer fehlt/ vnd ihm allezeit zu trauen iſt. Wolte Gott/ daß
wir
[21]Pharmacopææ Spagyricæ.
wir ſeine Schrifften vnd Zeichen/ dardurch er mit vns redet/ nur leſen vnd verſtehen koͤn-
ten/ ſo wuͤrden wir vns mit ſo vielen verfuͤhriſchen Buͤchern nicht ſchleppen doͤrffen.
Wer hat dem Moſe/ Daniel/ Joſeph/ Salomon/ wie auch vielen andern Philoſophis,
jhre Weißheit/ Kunſt vnd Geſchicklichkeit geben? niemand anders/ dann Gott/ welcher
noch lebt/ vnd zu allen Zeiten noch thun kan/ was er zuvor gethan hat. Wer ſolte daran
zweiffeln doͤrffen? Wann Gott einen erleuchten vnd mit guten Gaben begnaͤdigen wil/
ſo braucht er keine Buͤcher darzu/ ihn darauß zu vnterrichten/ diſputirt vnd zanckt auch
nicht mit jhme/ welchen Lehrmeiſter man ſuchen/ vnd von jhme lernen ſolte/ vnd nicht in
den zierlich beſchriebenen Arabiſchen/ Griechiſchen vnd Lateiniſchen Buͤchern. Die
Welt iſt aber jetzund ſo tieff durch den Hochmut in Jrthumb verſuncken/ daß ſie nicht
glauben vnd begreiffen kan/ daß jemand etwas gutes haben noch erfahren moͤge/ auſſer
der Schulen; da doch die allererfahrneſte vnd beruͤhmteſte Maͤnner/ ſo in der Welt ge-
lebt/ zu jhrer hohen Erkantnuͤß der Natur/ die ſie gehabt/ ohne die Schulen gelanget
ſeyn/ vnd was ſie geſchrieben/ auch in keiner andern frembden/ als in jhrer eigenen Mut-
terſprach gethan haben/ welches genugſam zu beweiſen. Jetzund aber ſagt man/ was
ſolte dieſer wiſſen koͤnnen/ hat er doch nicht auff Schulen ſtudiret/ habe jhn gekennet/ da
er noch ein Jung geweſen/ vnd nichts gehabt. Ey mein/ wie lautet das ſo hochweiß/
haſt du dann etwas mit dir auff die Welt gebracht/ mehr als ich? Biſt du nicht ſo wol ein
nackend Kind geboren/ als ich? Vnd was ein jedweder jetzund hat/ iſt es dann ein geerb-
tes Gut von Vatter vnd Mutter/ iſt es nicht ein lautere Gabe vnd Geſchenck Gottes/ es
ſey gleich viel oder wenig? Eine Kunſt beſtehet nicht in vielerhand frembden Sprachen/
ſondern in der Erfahrenheit.
Eine Kunſt iſt es/ viel frembde Sprachen verſtehen vnd reden koͤnnen; Eine andere
Kunſt iſt den Lauff der Sonnen/ Mond vnd Sternen außrechnen/ vnd Veraͤnderun-
gen der Zeit vnd Wetters darauß prognoſticiren koͤnnen; Eine andeꝛe Kunſt iſt/ aller
wachſenden Dinge Natur/ Eigenſchafft/ Krafft vnd Wuͤrckung/ ſelbe theils zum Vnter-
halt oder Nohtdurfft deß menſchlichen Lebens/ theils zu Abwendung der zufaͤlligen
Kranckheiten/ zu præpariren/ ſaͤubern vnd reinigen/ vnd nachdeme es ſoll genutzet werden/
anzuwenden wiſſen vnd verſtehen. Wieder ein andere Kunſt iſt/ der wunderbarlichen
Geſchoͤpf Gottes vnd Fruͤchten in der Erden/ als da ſeynd die vielerhand ſeltzame Arten der
Mineralien vnd Metallen/ zum Gebrauch deß Menſchen (zu welchem Ende ſie von Gott
erſchaffen ſeyn) deren man auch nicht entbehren kan/ ſelbe auß der Erden zu gewinnen/
durch das Feuer zu reinigen/ auß einer Geſtalt vnd Weſen in ein beſſers zu verwandeln/
Erkaͤntnuͤß/ Wiſſenſchafft vnd Erfahren heit haben. Noch ein andere Kunſt iſt/ eine
Hiſtori/ Geſchicht/ oder vorlaͤngſt geweſene Geſtalt mit vielerhand Farben auff ein Tuch/
Pappier oder Wand abmahlen/ oder reiſſen/ nach dem Leben/ vnd nicht anders/ als
wann das geſchehene vnd vergangene noch da/ vnd gegenwaͤrtig lebhafftig ſtuͤnde vnd
waͤre.
Dieſe vnd dergleichen Kuͤnſte vnd Wiſſenſchafften ſeynd viel vnd mancherley in der
C 3Welt/
[22]Erſter Theil
Welt/ welche allzumal von Gott dem menſchlichen Geſchlecht zu Nutzen vnd Dienſte
eingepflantzet/ vnd billich von jederman ſolten in Ehren gehalten/ vnd nicht ſo leichtfertig
von den Vnwiſſenden verſpottet/ oder gering geſchaͤtzt werden/ vnd nicht ein jedweder das
jenige/ ſo er weiß vnd verſtehet/ nur allein groß achten/ vnd deß andern ſeine Gaben/ die
er nicht hat vnd verſtehet/ verachten vnd verwerffen. Gott theilet ſeine Gaben wunder-
barlich auß/ einem gibt er zu dieſer/ einem andern zu jener Kunſt Erkantnuͤß vnd Ver-
ſtand/ vnd niemand alles allein/ darumb/ auff daß ſich niemand uͤber den andern erheben
vnd groͤſſer achten ſolte/ wann er alles wuͤſte/ ſondern immer einer dem andern durch ſei-
ne Gaben vnd Wiſſenſchafften mit Ehrerbietung vnd Huͤlffe/ nach der Ermahnung deß
heiligen Apoſtels Pauli (als ein Glied dem andern begegnen ſolte vnd koͤnte: Dann bey
der kleinen Welt/ am Menſchen/ nicht alles Haͤnd/ nicht alles Fuͤß/ nicht alles Kopff/
Augen/ Naſe/ Mund vnd Ohren iſt/ ſondern ein jedwedes Glied hat ſein Ambt zu ver-
richten/ vnd wann ein jeglichs das ſeinige thut/ ſo wird der Menſch/ als eine kleine Welt/
wol regirt vnd behalten. Alſo auch in der groſſen Welt ſolches ſeyn ſolte/ daß ein jed-
weder dasjenige verrichtete/ darzu er erſchaffen/ vnd das uͤbrige in ſeinem Werth bleiben
lieſſe; ſo wuͤrde mancher vnnuͤtzer Streit vermittelt/ vnd Einigkeit in der Welt ſeyn vnd
bleiben.
Welches aber der Teuffel/ als ein Meiſter vnd Anſtiffter deß Streits vnd Zancks/
nicht leiden kan/ ſondern ſo viel ihme muͤglich/ bey vnd in ſeinen Gliedern/ daruͤber er
herꝛſchet/ zuhetzet/ vnd anreget/ daß der Hochmut/ Ehrgeitz vnd Eigennutz die ſchlechte
vnd gerechte Einfalt vnd Vnſchuld neben jhme nicht leiden/ ſondern ſelbe haſſen/ verach-
tenvnd faͤlſchlich beſtreiten ſoll vnd muß; welches der jetzigen Welt Lauff iſt/ den niemand
aͤndern kan/ biß daß der Schoͤpffer aller Dinge/ zu ſeiner Zeit einmal/ die Frommen gnaͤ-
dig retten/ vnd die Gottloſen zu ſtraffen kommen wird/ als dann ein jedweder nach ſei-
nem Verdienſt/ einen Lohn zu empfangen hat: vnterdeſſen bleibet gleichwol die augen-
ſcheinliche Rach Gottes auch nicht auß/ ſondern warnet vnd ſtraffet allhier auch zeitlich/
alſo/ daß man hier vnd dort ſolcher neidiſchen vnd hochmuͤtigen Spoͤtter/ vnd Veraͤchter
der Kunſt vnd Warheit/ ligen vnd zappeln findet. Darumb/ der noch ſteht/ der ſehe zu/
daß er nicht falle/ dann Gott iſt gerecht/ vnd erhebet die Niedrigen/ vnd ſtuͤrtzt die Hoch-
muͤtigen.
Die Signatur der Kraͤuter nun betreffend/ durch welche vns Gott deroſelben ver-
borgene Kraͤfften zu erkennen gibt/ waͤre viel zu ſagen/ vnd zu wuͤnſchen/ daß ſolche Er-
kantnuͤß bey allen denen/ ſo mit der Medicin vmbgehen/ vnd ſich davon ernehren/ in acht
genommen wuͤrde/ ſo doͤrffte man ſeinen Kopff durch ſo vieler außlaͤndiſchen vnd inlaͤndi-
ſchen Scribenten Buͤcher/ da der eine dieſes/ vnd der ander das contrarium ſetzet/ nicht
verwirren/ vnd allzeit im Zweiffel leben muͤſſen/ vnd nicht wiſſen/ welchem Theil man
beyfallen/ oder Glauben zuſtellen ſoll/ ſondern wuͤrde auß der Signatur die Gewiß- vnd
Warheit leichtlich finden/ vnd von dem Jrꝛthumb vnterſcheiden/ vnd in allem Gebrauch
ſicherer gehen vnd beſtehen koͤnnen/ ja mit der Zeit/ durch die Zulaſſung Gottes/ in einen
viel
[23]Pharmacopææ Spagyricæ.
viel beſſern Stand kommen. Vnd wird allhie erinnert/ daß die Signatur der Kraͤuter
ihre Kraͤfften einem Medico zeigen/ vnd nicht die Buͤcher allein/ welche mehr auff Jrꝛ-
wege/ als zur ſichern Warheit fuͤhren. Vnd ſolte allhier die Signatur der Vegetabilien
ſich gar wol ſchicken beyzuſetzen: weilen ich aber ein beſonder Buͤchlein davon geſchrie-
ben/ vnd (geliebts Gott) bald herauß zu geben geſinnet bin/ ſo kan ſich der großguͤnſtige
Leſer ſo lang gedulten/ vnd ſelbige erwarten; wird Wunder/ vnd noch zur Zeit vnbekan-
te Dinge darin finden.
Anff daß aber allhie in dem Erſten Theil nur ein wenig Nachricht gegeben werde/
wie den Kranckheiten durch obbeſchriebene Eſſentias zu begegnen/ ſo habe ich nicht vn-
terlaſſen koͤnnen/ ein wenig Andeutung zu geben/ gegen die vornembſte vnd bekanteſte
Kranckheiten/ etliche ſpecifica zu benennen/ welche mir durch die Experientz vnd ſicher-
ſte Erfahrung bekant worden ſeyn: nemlich in Podagra den Helleborum, vnd ſonderlich
den Helleboraſtrum, als ein Geſchlecht deß Hallebori, Nicotianam der Deutſchen/ vnd
Tabacum der Weſt-Jndiſchen/ iſt ein ſonderliches Specificum vnd in allen podagri-
ſchen Schmertzen groſſe Linderung vnd Huͤlffe. Wie vnd auff was Weiſe der Helle-
borus vnd Nicotiana in ſolcher Kranckheit zu gebrauchen/ wird ein Medicus ſelber wiſ-
ſen/ vnd verſtehen. Jn calculo die Eſſentiam Seminis fraxini, welche uͤber alle ſtein-
brechende oder treibende Medicamenten den Preis biß dato erhalten/ dann gar viel da-
durch/ ſo viel Jahr kranck gelegen/ ſeynd errettet/ vnd vollkoͤmlich reſtituirt worden/ alſo/
daß man nach ihrem Tod/ in der Anatomia noch in Renibus noch in Veſica das gering-
ſte nicht gefunden/ da doch zuvorn/ ehe ſie dieſe Medicin gebrauchet/ taͤglich ein Calculus
von ihnen gangen/ vnd groſſe Schmertzen erlitten haben. Dieſes ſpecificum hat man
auß dem Saamen deß Eſchenbaums gemacht/ welcher gegen den Herbſt zeitig iſt/ zuvor
gemahlen/ vnd perveſicam mit Waſſer deſtillirt, das Oel von dem Waſſer ſepariret/
mit Zucker zu morſellis gemacht/ vnd taͤglich davon genoſſen: gibt aber ein Sack/ ſo
groß ein Mann tragen kan/ kaum ein oder zwey unciasolei, davon ein Vntz Olei 2.
Pfund Zucker zum Gebrauch ſtarck genug machen kan: dann wann mehr hinein komt/
ſo wird der Zucker gar zu vnlieblich/ dann das Oleum ex ſemine fraxini ſehr vnlieblich
vnd walgeriſch iſt/ alſo daß es leichtlich einen vomitum macht/ wann man zuviel auff ein-
mal gebrauchet; ſonſten thut es Wunder in dergleichen Faͤllen: Wann man aber auß
dem Reſt/ davon das Oleum gezogen iſt/ durch Huͤlffe eines fermenti einen Spiritum de-
ſtillirt vnd mit demſelben/ wann er concentrirt iſt/ das fixe Sal auß der Aſchen deß Hol-
tzes extrahirt vnd das Oleum mit conjungirt, ſo hat man eine vollkoͤmliche Medicin
vnd allerbeſte Specificum in Calculo. (Weil dieſer Erſte Theil nur allein von den Ve-
getabilien handelt/ ſo ſchicket es ſich nicht Animaliſche oder Mineraliſche Medicamenten
vnter zu miſchen/ ſondern wird im Andern Theil etwas von Animalien angezeigt/ das
den Calculum vnd Podagriſche humores gewaltig auß fuͤhret/ alſo/ daß ſolcher Vrin deß
Patienten/ nach Gebrauch ſelber Medicin, wann er auf einem Feuer warm gemacht wird/
ſich coaguliret/ als ein Kaͤß von Kuͤhmilch/ welches einem natuͤrlichen Kalch/ von Stein
gebrant/
[24]Erſter Theil
gebrant/ gleich iſt; vnter den Mineralien iſt auch eins/ welches den Calculum vnd Po-
dagriſche humores kraͤfftig treibt/ ſoll aber auch an ſeinem Ort/ nemlich in dem dritten
Theil/ davon geſagt werden)
Jn allen innerlichen Gebrechen/ der Leber/ Lungen vnd Miltzes/ wie auch allen ge-
ſtockten vnd geronnen Blut/ durch ſchlagen/ fallen/ oder anders entſtanden/ hat den Preis
die Eſſentia hypericonis, welche alle Schmertzen vertreibt/ das geronnen Blut reſolvi-
ret/ vnd den ſchadhafften Ort heilet/ wanns nicht gar zu weit kommen iſt.
Jn Mutter-Kranckheiten der Weiber/ wann ſelbe verkaltet/ verruckt/ vnd auß
ihrer Stell/ oder ſonſten ſchadhafft iſt/ welches den Weibern viel ſchwere vnd langwuͤri-
ge Kranckheiten verurſachet/ iſt die Eſs. Nicotianæ, Tabaci vnd Hyoſciami, in ein
Schwaͤmmlein durch ein Inſtrumentum uterinum appliciret/ ein gewiſſes ruhe-reme-
dium, bringet ſelbe wieder zur rechten Stelle vnd Ruhe/ vnd heilet ihre Maͤngel vnd Ge-
brechen. Bey allen ſchwachen/ abgematteten vnd krafftloſen Menſchen thut eine ve-
ra Eſſentia roſarum, \amp; Cinamomi Wunder/ offtermals davon eingenommen/ ſtaͤrcket
das Hertz vnd Hirn/ uͤber alle Medicamenten. Es muß aber eine ſolche Eſſentia alſo
bereitet/ vnd in die Enge concentriret ſeyn/ daß ein oder zwey Tropffen/ wann ſolche ein
Menſch auff die Zungen nimt/ oder nur vnter die Naſen ſtreicht/ der gantze Leib Huͤlff
vnd Krafft davon erlanget/ vnd die Vmbſtaͤnder deß lieblichen Geruchs ſich nicht gnug-
ſam verwundern koͤnnen. NB. Wann man eine ſolche Eſſentiam machen wil/ ſo muß
man das Oleum verum Roſarum zuvor haben/ welches auß den Knoͤpffen ſamt den
Blaͤttern/ daran die gelbe Bluͤmlein noch ſeyn/ vnd nicht von dem Ligno radio deſtilli-
ret worden/ vnd nur bloß mit Waſſer uͤbergetrieben/ vnd nicht eher fermentiren laſſen/
biß das oleum darvon iſt/ alsdann mit jungem Jaͤſt/ angeſetzet jaͤhren laſſen vnd den Spi-
ritum auch daraus getrieben: ohne dieſen Weg man nicht viel erlanget/ die Vrſach iſt
dieſe: Weileu nach der fermentation das Oleum, als das beſte vnd das kraͤfftigſte/ ſich
mit dem Spiritu vermiſchet/ vereiniget/ vnd in die Weite zertheilet wird/ vnd hernach
nicht wol wieder/ als mit groſſer Muͤhe zu concentriren iſt. Was iſts noͤtig/ ein mehrers
zu ſagen/ von Krafft vnd Tugenden der vegetabiliſchen Eſſentien/ weilen der Kraͤuter
Natur vnd ihre Kraͤfften vorhin genugſam bekant: Dieſes aber muß ich bekennen/ daß
ich all mein Lebtag nichts lieblichers/ annehmlichers/ noch kraͤfftigers von Kraͤutern ge-
macht geſehen/ als auff dieſe meine vorgeſchriebene Weiſe wolbereite Eſſent. Man kan
ſich nicht genug oder ſatt daran riechen/ wann ſie von wolriechenden Kraͤutern bereit
ſeyn/ als Roſen/ Violen/ Negelein/ Meliſſa, Camomillen, Poley vnd andern mehr. Es
koͤnnen auch auß den wolriechenden Gummis dergleichen Eſs. bereitet werden/ wann
derſelben oleum per Spiritum ſalis uͤbergetrieben wird/ damit ſie vor dem brentzeln be-
wahret/ vnd lieblich werden/ doch daß man einen wolriechenden Spiritum alcoliſatum
eines Krauts (welcher Geruch ſich mit dieſem vergleiche/) darzu gebrauche/ weilen die
Gum. keinen Spiritum geben/ inſonderheit Aſſa dulcis oder Genzoin, Storax, Maſtix,
Camphor ſuccinum, vnd dergleichen mehr. Es kan auch der Zibet/ Biſem/ vnd
Ambra
[25]Pharmacopææ Spagyricæ.
Ambra per ſpiritum alcoliſatum in ſchoͤne helle/ vnd klare Eſs. gebracht werden/ welche
viel lieblicher ſeyn/ als der gemeine Biſem/ Ambra oder Zibet/ dann das Salvolatile bey
dem Spiritu, macht das corpus fluͤchtig vnd geiſtlich/ alſo daß ein groſſes Gemach voll
liebliches Geruchs erfuͤllet wird/ wann ein Glaͤßlein ſolcher zugerichteten Eſſent. nur
darin auffgethan wird: davon ein mehrers in dem andern folgenden Theil/ da gelehret
wird/ wie auß vnſern Thieren in Deutſchland/ dem Zibet gleich ein lieblicher Geruch kan
gezogen werden. Was ſoll ich weiters ſagen? Vermeine den Sachen genug gethan
zu haben. Wer dieſes nicht verſtehet/ der wird auch weniger verſtehen/ wann ſubtilere
Ding beſchrieben wuͤrden/ wie ich dann ſolches wol thun/ vnd einen viel naͤhern Weg/
ſolche Eſſent. zubereiten/ zeigen koͤnte; iſt aber bey der vndanckbaren Welt dieſes zuviel:
diejenige/ ſo dieſes tadeln wollen/ geben zuvor etwas beſſers heraus/ welches ſie aber wol
laſſen werden/ dann derjenige/ ſo etwas weiß/ iſt auch ſo verſtaͤndig/ daß er eines andern
Muͤhe vnd Fleiß nicht verachten ſoll. Wird alſo die Warheit wol Warheit bleiben/
wie ſehr ſie auch angetaſtet wird. Gleich wie nun allhier gehoͤret/ daß auß den lieblichen
vnd wolriechenden vegetabilibus gute vnd kraͤfftige Eſſent. koͤnnen bereitet werden: Al-
ſo vnd gleicher Weiſe kan es auch geſchehen mit uͤbelriechenden Vegetab. vnd Animal.
welche bißweilen auch ihren Nutzen geben/ als in ſuffocatione matricis, da man insge-
mein die alleruͤbelriechenſte Dinge den Weibern vnter die Naſen haͤlt/ durch den ſtarcken
Geruch die Auffſteigung der Mutter zu legen/ oder zu wehren/ welches auch bißweilen
gut thut/ als da iſt aſſa fœtidia, caſtoreum, angezuͤndte wuͤllen Tuch/ Federn vnd derglei-
chen/ welche einen ſehr uͤbeln Geruch von ſich geben. So nun ein vnbereit Corpus, dar-
in der Geruch weit zertheilt/ eine merckliche operation thut/ was wuͤrde dann thun/ wann
man ſolcher uͤbelriechenden Dinge oleum, mit einem wolriechenden Spiritu volatile al-
coliſato conjungirte? nicht nur 10. ſondern 20. oder 30. mal ſo viel/ als das vnbereitete
Corpus. Vnter allen ſtinckenden vnd uͤbelriechenden Dingen/ welche doch der Natur
nicht ſchaͤdlich ſeyn/ habe ich dieſe befunden/ nemlich/ das ſchwartze oleum tartari ſo per
deſtillationem uͤbergehet: Item, dasjenige/ ſo auß den Bockshoͤrnern/ Schweinsklauen/
Vogelfedern/ vnd allen Haaren der Thiere deſtillirt worden/ welche uͤberauß uͤbel-rie-
chen/ vnd doch dem Menſchen keinen Schaden thun/ gleich wie ſolche ſtinckende Ding/
ſo von Faͤulnuͤß entſtanden/ als da ſind todte Thiere/ Fiſch/ faule Eyer vnd dergleichen/
welcher Geſtanck dem Spiritui vitali gantz zugegen/ vnd denſelben zuvertilgen ſuchet/ dar-
vor man ſich huͤten muß/ ſo viel muͤglich/ dann Hertz/ Hirn/ vnd gantzer Leib wird dar-
durch angeſteckt vnd geſchwaͤcht. Was aber die Vrſach ſey/ daß die ſtarckriechende Olea
auß den Hoͤrnern/ Haaren/ vnd Klauen der Thiere/ ſolches nicht auch thun/ ſoll in dem
folgenden Andern Theil geſagt werden/ da von Thieren/ vnd was darvon zur Medicin
kan gebraucht werden/ gehandelt wird. Will hiemit den Erſten Theil meiner Pharma-
copææ Spagyr. beſchlieſſen/ vnd darbey gutmeinend erinnert haben/ daß man zuſehe/
wann man dieſer meiner allhier beſchriebenen Eſſentien gebrauchen will/ von weme ſol-
che zugerichtet ſeyn/ vnd nicht einem jedwedern/ ſo kaum einmal oder zwey ein Feuer ſe-
Dhen
[26]Erſter Theil
he anmachen/ ſich doch vnter ſtehet Medicamenten zu machen/ vnd andern zu geben/ ver-
trauen ſoll/ dann ein groſſer Betrug mit vnterlauffen wird. Dann etliche vmbs eigenen
Nutzens willen ſo viel Muͤhe vnd Koſten nicht auffwenden werden/ die Eſs. auß guten
vnd friſchen Kraͤutern zu bereiten/ ſondern zuſammen raffeln/ wie ſie nur etwas machen/
ſo deß Krauts Geruch vnd Geſchmack hat. Vnd wann gleich ſolche Eſs. auß den beſten
Vegetabilibus bereitet wuͤrden/ vnd man auß Eigennutz die Bruͤe zu lang machet/ wel-
ches gar wol geſchehen kan/ wann man zu einem Theil Olei 5. 8. 10. oder 12. Theilen Spir.
nehme/ welchen man leichtlicher zeugen kan/ als das Oleum (da doch nach meiner Lehr
nur 2. oder 3. theil darzu ſolten genommen werden) ſo kan man leichtlich erachten/ daß
ſolche Eſs. auch ſo viel deſto geringer an Kraͤfften ſeyn wuͤrden/ dann die groͤſte Krafft das
Oleum hat/ welches durch den Spir. alcoliſatum volatiliſch vnd penetrirlich gemacht
vnd eingefuͤhrt wird. Auch kan dieſer Mißbrauch mit vnterlauffen/ wann etwan einer
oder der ander ſo viel Muͤhe nicht haben wolte/ ſeine Olea ſelber zubereiten/ ſondern ſolche
vmb deß Gewinnes halben bey den Materialiſten/ (welche bißweilen viel Jahr geſtan-
den/ da der reineſte Theil darvon exhaliret vnd verrochen/ das uͤbrige zaͤh vnd rantzigt
worden/) nehmen wuͤrden/ davon nichts guts werden kan/ wie jederman leichtlich be-
greiffen wird. Maſſen man ja keine friſche olea haben koͤnte/ vnd auch keine Gelegen-
heit haͤtte/ ſolche ſelber zu machen/ ſo kan man Olea nehmen/ wann ſie ſchon alt vnd zaͤh
ſeyn/ vnd ſelbige mit Spiritu ſalis per retortam deſtilliren/ oder rectificiren/ ſo gehen ſie
klar uͤber/ vnd laſſen ſich mit dem Spiritu alcoliſato ſolviren/ welches die alte Olea nicht
thun. Darumb ich dieſe Erinnerung habe hieher ſetzen muͤſſen/ auff daß nicht allein
der jenige/ ſo eine gute medicin vermeint zu haben/ in Ermanglung deß Effects die
Schuld auff mich werffen/ vnd die Eſſentia dardurch in Verachtung kommen moͤch-
te: wie dann ſolches allbereit bey andern meinen Medicamentis geſchehen/ vnd noch taͤg-
lich geſchicht/ daß ihrer viel an vnterſchiedlichen Orten ſich faͤlſchlich dafuͤr außgeben/ als
waͤren ihnen meine Secreten offenbaret/ welches doch lauter falſch vnd teuffliſcher Be-
trug/ geben anderen ihre vntuͤchtige Medicamenten fuͤr die meinigen/ vnd ſonderlich mei-
ne Panaceam vnd Tincturam Antimonii, welche doch gantz keine Gemeinſchafft mit
der meinigen haben; doͤrffen ſich noch darzu außgeben/ als wann ſolche Medicamenten
durch mein menſtruum univerſale (welches ſie doch nicht kennen/ noch zugebrauchen
wiſſen) bereitet waͤren. Weilen dieſes menſtrui gedacht/ muß ich ein wenig davon mel-
den/ was damit verſtanden werde/ weil ſo vielerley judicia daruͤber gefaͤllet: Es vermei-
net der mehren Theil/ es muͤſſe der Alkaheſt ein ſubtil Waſſer ſeyn/ entweder durch In-
ſtrumenten auß der Lufft gezogen/ oder ſonſten durch kuͤnſtliche deſtillation bereitet wer-
den; welches ein Jrꝛthumb iſt: daß aber nicht kraͤfftige Waſſer auß der Lufft/ ja gar auß
der heiſſeſten Sonnenhitz moͤgen gezogen werden/ verneine ich nicht/ dann ich ſelber der-
gleichen bereitet habe. Dieſes naſſe vnd truckene Menſtruum, welches ich Alkaheſt genen-
net/ betreffende/ ſo iſt daſſelbige nur ein Erdſaltz welches ſo wol in forma liquida als ſicca
zu gebrauchen/ vnd auch ſein Name ſich offenbaret/ was es ſeye/ wann man nur das Wort
recht
[27]Pharmacopææ Spagyricæ.
recht anſihet/ vnd lieſet/ als nemlichen/ Alkali vnd eſt, dann Alkaheſt iſt von zweyen Woͤr-
tern/ als Alkali vnd eſt, zuſam̃en geſetzet/ das l. vnd i. mit einem Zwergſtrichlein zuſam-
men gezogen/ darauß ein h. worden iſt/ vnd geleſen wird/ alkaheſt; ſo aber das Zwergſtrich-
lein davon bleibt/ ſo lieſet man alcali eſt. Da kan nun ein jedweder ſehen/ daß ich ſelbigem
menſtruo ſolchen Namen nicht vergeblich gebē/ ſondern das ſubjectum oͤffentlich genen-
net habe. Solte derohalben mancher nicht ſo geſchwind aufffahren/ ein blindes Vrtheil
uͤber etwas zu faͤllen/ davon er keine Erkaͤntnuͤß hat/ ſondern vielmehr gedencken/ wer
weiß ob ichs auch verſtehe/ ich moͤchte das Maul zu weit auffthun/ welches mir leichtlich
zu Spott geſtopfet wuͤrde/ welches allhier geſchicht. Dann mancher viel blerrens da-
von gehabt/ als wann ich vnbillicher Weiſe dieſem menſtruo einen ſolchen beruͤhmten
Namen geben haͤtte/ da es doch nur von einem Saltz herkaͤme: Ein Alcaheſt aber ein
ſubtil Waſſer ſeyn muͤſte: welches allbereit allhier bewieſen/ daß ich ihme keinen fremb-
den/ ſondern ſeinen eigenen Namen geben habe. Dieſes habe ich vmb der Streitenden
willen/ (auff daß ſie ſich wegen deß Namens Alcaheſt nicht laͤnger mit Kopffbrechen be-
muͤhen doͤrffen) anzeigen muͤſſen. Wie er aber zu obbeſchriebenen Secreten/ welche in
dem Miraculo Mundi begriffen/ zugebrauchen/ gehoͤret hieher nicht/ iſt genug/ daß ich
dem guͤnſtigen Leſer auffs neue noch einmal verſichere/ daß alles/ ſo darin vermeldet/ vn-
fehlbarlich durch dieſes einige Subjectum (nemlich das Erdenſaltz) koͤnne vnd moͤge ver-
richtet werden/ vnd derohalben ſelbiges Tractaͤtlein billich vnd rechtmaͤſſig ein Miracu-
lum Mundi genennet vnd intitulirt worden. Wil hiemit ſchließlichen nochmalen er-
innert haben/ wann etwan einer oder der ander dieſe Eſs. zu gebrauchen willens/ vnd ih-
me etwan dieſelbe uͤbel zugericht/ vnter handen kaͤme/ er dann nicht die Schuld auff mich/
als wann ich vntaugliche Dinge beſchrieben/ ſondern viel mehr auff denjenigen/ welcher
ſolche uͤbel bereitet/ legen wolle.
Es iſt aber kein Zweiffel/ es werden ihnen hohe vnd niedere Standsperſonen mit
der Zeit angelegen ſeyn laſſen/ ſolche Eſſent. bereiten zu laſſen/ vnd nicht allein wegen
einer lieblichen vnd kraͤfftigen Medicin, ſondern auch wegen ihres hertzſtaͤrckenden durch-
dringenden vnd uͤberauß annemlichen Geruchs/ dardurch nicht allein die grobe vnd kalte
Lufft in den Gemaͤchern/ da man ſich auffhaͤlt/ damit zu temperirn/ vnd der Natur an-
nemlich vnd vortraͤglich zu machen; ſondern auch bey in- vnd aͤuſſerlichen Faͤllen vnd
Kranckheiten/ nach derſelben Erforderung/ gluͤcklich vnd ſicherlich zugebrauchen/ dar-
auff verlaſſen koͤnnen. Wird alſo hinfuͤrter ein jedweder ſelber ſuchen/ wie er am fuͤg-
lichſten darzu gelangen moͤge. Die Bereitung iſt leicht/ vnd wol zu thun/ wann nur
Fleiß darbey angewendet wird/ kan man in kurtzem von allen den Vegetabilibus vnd
Aromatibus, ſo in den Apotheken gebraͤuchlich/ eine gute quantitaͤt ſolcher Eſſentien
zeugen.
Derjenige aber/ ſo Gelegenheit hat/ ſolche ſelber zu præpariren/ derſelbe weiß was
er hat/ vnd darff ſich darauff verlaſſen/ es wird ein ſehr groſſer Vnterſcheid darunter ge-
funden werden/ der eine wird dieſelbe gut/ ein anderer aber ſchlecht machen: welchen
D 2Vnter-
[28]Erſter Theil
Vnterſcheid aber man leichtlich mercken kan an der Krafft vnd an dem lieblichen vnd
ſtarcken Geruch. Dann/ wann die Eſs. wol nach obbeſchriebenem Gewicht vnd Por-
tion bereitet/ ſo muß ſie nothwendig uͤberauß ſubtil/ lieblich/ kraͤfftig/ vnd ſtarck von Ge-
ruch vnd Geſchmack ſeyn; wann ſie alſo nicht iſt/ ſo mangelt das Oleum, welches daran
iſt geſpart worden/ vnd kan fuͤr eine wolbereitete Eſſentia nicht beſtehen. NB. Dieſes
muß man aber alſo verſtehen/ wegen deß ſtarcken Geruchs vnd Geſchmacks/ den ſie ha-
ben ſollen/ wann dieſelbe von wolriechenden Vegetabilibus, als Roſen/ Majoran/ Roß-
marin/ Violen/ Camomillen, \amp;c. gemacht ſeyn/ ſie billich kraͤfftig vnd ſtarckriechend
ſeyn ſolten: Wann aber ſolche Eſſent. auß ſolchen Vegetab. bereitet ſeyn/ welche keinen
ſonderbaren Geruch haben/ ſo koͤnnen auch die Eſſent. ſo darvon bereitet/ keinen andern
Geruch haben/ als das Vegetabile zuvor gehabt/ wann ſie ſonſten ihre ſchnelle Krafft ge-
nugſam beweiſen: Als zum Exempel/ die Eſſent. vini, welche vor allen andern confor-
tantiis leichtlich den Vorzug haben kan/ vnd doch keinen ſonderbaren Geruch hat/ bey
nahe/ als wann im Fruͤling der Weinſtock bluͤhet/ derhalben ſeine Krafft erweiſet/ wann
ſie in den Leib genommen wird/ vnd nicht durch den Geruch/ wie dann auch der Wein
ſeine Krafft nicht durch den Geruch/ ſondern durch ſeinen Gebrauch/ wann er in den
Leib genommen wird/ erzeiget.
Allhier diente wol ein Bericht/ wie dieſe Eſſent. zu erlangen/ dann ſolche nicht/ wie
insgemein von den Vegetabilibus geſagt/ weilen deß Weins liebliches Oleum (ohne
welches doch keine Eſſent. ſeyn kan) ſchwer zu erlangen. Will derhalben auch ſelbige
zubereiten bekant machen/ aber nur allein den Schwachen vnd krafftloſen Alten/ wie
auch den armen Krancken zu Gefallen/ vnd nicht den naſenweiſen Spoͤttern/ welche es
nicht werth ſeyn/ vnd ich auch wol weiß/ daß mancher auß Ehrgeitz/ wann er dieſes Buͤch-
lein geleſen/ ſagen wird/ das iſt mir nichts neues/ das habe ich vor vielen Jahren gewuſt/
Glauber hats nicht von ſich ſelber/ ſondern von andern/ oder auß einem alten Buch
geſucht: vnd ſolches thut er nur darumb/ Mich vnd meine Schrifften/ auß Haß vnd
Neid/ dadurch zu verkleinern. Solchen neidiſchen Menſchen gebe ich zur Antwort/ daß
mir vnwiſſend/ ob jemand dieſes oder jenes Secretum, deſſen ich in meinen Schrifften
gedacht/ vor dieſem gehabt/ oder jetzunder noch habe/ kan gar wol ſeyn/ daß dergleichen
Secreten vor viel hundert Jahren auch geweſen/ vnd noch bey einigen jetzunder (mir vn-
wiſſend) geuͤbet werden/ hindert mich nichts. Daß ich aber dieſer/ ſo in dem Miraculo
Mundi oder in andern meinen außgegangenen Tractaͤtlein gedachten Secreten ein eini-
ges/ viel weniger etliche oder alle (nach meiner Mißgoͤnner falſchen außgeben) entweder
von andern/ oder auß alten Buͤchern ſolte genommen haben/ das iſt/ ſage ich/ eine offen-
bare Luͤgen/ ſondern habe dieſelbe durch vielfaͤltiges probiren vnd ſuchen/ mit groſſem Ko-
ſten/ Muͤhe/ vnd Arbeit/ auß Gnaden Gottes experimentirt vnd erlanget; welches mir
von vielen mißgoͤnnet wird/ vnd darinn hinterwerts ſolche Luͤgen auff mich außgieſſen/
welches in kurtzem (geliebts Gott) ſoll erwieſen werden. Geſetzet/ ich haͤtte alles dasje-
nige/ ſo ich beſchrieben/ von andern/ oder auß alten Buͤchern/ was wuͤrde oder koͤnte ſol-
ches
[29]Pharmacopææ Spagyricæ.
ches andern mehr nutzen oder helffen/ als wanns mein eigen waͤre? Jſt es nicht eben ſo
viel/ wann etwas gutes beſchrieben wird/ wer es thue/ oder von weme es herkomme/ wann
es nur da iſt/ vnd andere Nutzen davon haben moͤgen. Vmb ſolcher Mißgunſt vnd Nach-
reden willen/ welche ich von boͤſen Menſchen leiden vnd vertragen muß/ laſſe ich viel gutes
in der Feder/ welches ſonſten dem gemeinen Beſten heraus zu geben ich willens geweſt.
Kan dieſes nicht begriffen oder geglaubt werden/ was in dem Miraculo Mundi gedacht/
(welches doch ſo hohe vnd wichtige Dinge nicht ſeyn/ wie ihnen die Vnerfahrnen einbil-
den/) was wuͤrde man dann glaͤuben/ wann von groͤſſern Dingen ſolte geſchrieben wer-
den? Darumb beſſer/ nach der Alten Spruch: Die Secreten bey Secreten/ vnd Narren
bey Narren bleiben laſſen.
Folget der Proceß auß dem Wein ſein Oel zu præpariren/ vnd durch ſein eigen
Sal fixum vnd volatile in eine gute hertzſtaͤckende/ liebliche Eſſent. zu bringen. Niemand
wird laͤugnen koͤnnen/ daß bißhero noch bey jederman/ ſo mit der Deſtillation deß Weins
vmbgangen/ eines Olei gedacht ſey/ auſſer dieſen/ welche geſchrieben/ daß des Weines
Oleum in dem Tartaro oder Hefen muͤſſe geſucht werden. Wie dann bey allen Chy-
micis ein vhraltes Wiſſen iſt/ ein ſchwartz Oleum, ſo wol auß der trucknen Hefen/ als
Weinſtein/ zu deſtilliren/ welches aber einen ſolchen vnlieblichen Geruch durch dieſe
Weiſe zuerlangen bekom̃t/ daß mans auch derentwegen (ob es ſchon voller guten Kraͤff-
ten/) weder innerlich noch aͤuſſerlich gebrauchen darff: Vnd weiß ich auch kein uͤbelrie-
chenders Oleum vnter allen/ als allein dieſes auß dem Tartaro, damit man auch Men-
ſchen vnd Vieh verjagen koͤnte/ weilen ſein Geruch/ den es von ſich gibt/ gantz vnertraͤg-
lich. Dieſes aber/ davon allhier gedacht wird/ gantz lieblich vnd annehmlich/ hell vnd
klar/ vnd geſchicht alſo: Jm Herbſt/ wann die Trauben gepreſſt werden/ muß man zu-
ſehen/ daß keine ſonderbare Vnreinigkeit von Treſtern oder ſonſten in den Moſt komme/
ſolchen in ein Faß gaͤhren laſſen/ ſo lang/ biß der Moſt weiß wird/ vnd die meiſte feces
ſich geſetzet haben: als dann ſoll man davon anfangen zu deſtilliren/ vnd auß einer kuͤpf-
fernen verzienten Veſica oder Deſtillir zeug den Spiritum abziehen/ welches nicht viel
ſeyn wird: Wann dann kein Spiritus mehr gehet/ ſo nimb den Hut von dem Keſſel/ vnd
gieß die remanenz in reine Glaͤſer/ laß etliche Tag ſtehen/ ſo wird ſich oben darauff ein
weiſſes Oleum ſetzen/ thut bißweilen auch zu Boden fallen/ welches man von dem Moſt
ſcheiden/ vnd zu ob gedachter Eſs. gebrauchen ſoll. Der Moſt/ davon das Oleum vnd
Spiritus geſcheiden/ kan zum andern Moſt gethan werden/ gaͤhrt wieder auffs neue/ vnd
gibt wieder Wein. So du aber nicht darmit weiſt vmbzugehen/ ſo mache Eſſig davon.
Dieſes iſt nun der nechſte vnd leichteſte Weg/ ein liebliches Oleum Vini zu erlangen/ gibt
aber nicht ſehr viel. Vnd obwolen mir noch ein anderer Weg/ ſolches Oel auſſer der
Herbſt-Zeit zu erlangen/ auch bekant/ ſo befinde ich doch vnnoͤhtig/ alles auff einmal vn-
ter die Fuͤſſe zu werffen: Wird mancher genug zu thun haben/ daß er dieſes macht/ wel-
ches doch allhier deutlich beſchrieben iſt. Vnd iſt wol in acht zu nehmen/ daß man zu
dieſer Arbeit die rechte Zeit zu deſtilliren in acht nehme/ nemlichen/ wann oben der Moſt
D 3ſo
[30]Erſter Theil
ſo weit verjohren/ daß er noch halb ſuͤß iſt/ vnd zaͤngert: geſchicht es nicht/ ſo iſt die Schuld
nicht mein/ weilen ich alles vmbſtaͤndig gedacht. Faͤngeſt du zu fruͤh oder bald an zu de-
ſtilliren/ vnd der Moſt noch nicht entlaſſen iſt/ ſo gibt er kein Oel von ſich. Warteſt du zu
lange/ ſo faͤllt das Oleum mit den Hefen zu boden/ vnd erlangeſt wider keins: darumb du
alles zu rechter Zeit thun ſolt. Wie nun dieſes Oleum durch ſeinen eignen Spiritum,
Sal fixum vnd volatile zu einer Eſſentia zu bringen/ iſt allbereit oben geſetzt. Worzu
dieſelbe dienen/ darff keines Beſchreibens/ dann jederman bekant iſt/ was fuͤr ein leben-
digmachende vnd hertzſtaͤrckende Krafft in dem Wein ſtecke/ darin doch nicht viel Oleum
iſt/ welches der beſte Theil der Vegetabilien, wie oben geſetzt/ vnd darzu mit einer groſſen
Quantitaͤt vngeſchmackten Waſſer/ vnd Tartaro crudo noch vereiniget/ die Eſſentia
aber deſſen cruditaͤten/ nemlich deß Waſſers vnd Tartari ſie befreyet/ ſondern nach rech-
ter proportion auß den reinſten 3. Theilen/ oder tribus principiis, als Salis Sulphuris \amp;
Mercurii, zuſammen geſetzet/ vnd billich Quinta Eſſentia, oder Anima Vini mag genen-
net werden.
Der nun ſolche hat/ wird ſehen/ wozu ſie ihme diene/ vnd zu brauchen ſey. Dieſes
halte ich dafuͤr/ daß dieſelbe ſehr gut gegen Gifft ſeyn muͤſſe: Dann weilen die Alten ge-
ſchrieben/ daß keine Schlang/ oder ander gifftige Thier/ ſich in den Weinbergen auff-
halte/ wann der Weinſtock bluͤet/ vnd das Oleum oder Eſſentia Vini ſolches Geruchs
theilhafftig/ auch ſelbe nicht uͤbel in gifftigen Seuchen zu gebrauchen ſeyn ſolte.
Dieſes ſoll bey den Eſſentiis in acht genommen werden/ daß man ſelbige mit doppel-
ten Blaſen/ (vnd nicht mit Wachs/ welches davon ſchmeltzet) bewahre/ daß der Spiritus
volatilis nicht verrieche oder exhalire; wann ſolches geſchehe/ wuͤrde ſich das Oleum wie-
der von dem ſchwachen Spir. ſcheiden/ vnd die Eſſent. verderben.
Vnd weilen ich mir vorgenommen/ der Vegetabiliſchen Eſſent. Bereitungen/
vnd nicht von derſelben weitlaͤufftigem Gebrauch zu handeln/ ſoll es auff dieſes mal auch
darbey verbleiben/ vnd einem jedwedern ſeine Meinung gelaſſen werden. Wann es
aber dißmals meine Zeit haͤtte leiden wollen/ wolte ich gleichwol von etlichen ſpecificis
Meldung gethan haden/ kan aber auff ein ander mal geſchehen. Das ſage ich zur Nach-
richt/ daß ſehr viel in dem Wein verborgen ſtecket/ vnd doch wenigen bekant iſt: Wann
mans erzehlen ſolte/ ſich jederman daruͤber verwundern wuͤrde: Gehoͤret aber hieher
nicht/ ſondern in das Opus vegetabile, welches (wanns Gott zulaͤſſet) auch bald folgen
wird. Noch eines hieher zu ſetzen/ ich nicht vnterlaſſen kan/ weilen der Weine gedacht/
darzudie Eſſent. herbarum auch ſehr nuͤtzlich ſeyn/ wann man ſelbige im Vorrath in den
Apotheken allzeit finden kan/ nemblichen 1. 2. 3. oder mehr Tropffen/ nachdeme man die
Weine ſtarck haben will/ von guten Eſſeutiis in eine Kanne Wein gethan/ vmbgeſchuͤt-
telt/ daß der Wein die Eſſentiam annimbt/ ſo bekom̃t man alſobald einen lieblichen kla-
ren Wein/ nach Art vnd Natur der Eſſentiæ, die darein gethan iſt: vnd kan man alſo-
bald auß einem Faß vnterſchiedliche Weine laſſen/ zur recreation vnd contentement
ſeiner
[31]Pharmacopææ Spagyricæ.
einer Jaͤſte/ welches viel beſſer iſt/ als ſolches durch die bekanten Extracten zu thun
davon die Weine truͤb vnd vnklar werden/ auff dieſe Weiſe aber hell vnd klar ver-
bleiben. Darff man alſo nicht vielerley Weine in vielen Faͤſſern im Keller halten/
da der eine nach dem andern leichtlich abfaͤllt/ wann die Faͤſſer nicht allzeit voll gehal-
ten werden/ ſondern hat genug an einem Faß/ darauß er vielerley Art Weine neh-
men kan/ nach ſeinem belieben: welches ein ſehr nuͤtzliches Secretum iſt fuͤr groſſe
Herꝛn vnd andere/ welche viel Weine verſpeiſen muͤſſen. Es gebrauchte mancher offt
gerne Morgens einen Trunck Kraͤuterwein/ zu bewahrung fuͤr boͤſer Lufft/ oder ſtaͤrckung
eines ſchwachen Magens/ wann er ſolchen haben koͤnte; ſoll er ſelbigen genieſſen/
wie er insgemein von vielen Neigen vnd halb verdorbenen Weinen gemacht/ ſo iſt
keine Krafft darin/ vnd verderbet mehr darmit/ als er gut macht: Wann er aber die
Eſſentias herbarum hat/ kan er ſolche in einen guten ſtarcken Wein thun/ vnd einen
Kraͤuterwein darmit machen/ ſo weiß er was er hat/ vnd iſt verſichert/ daß er einen
geſunden Wein/ vnd nicht von vielen halbverdorbenen Neigen vnd Tropffweinen/
ſo man insgemein uͤber die Kraͤuter pflegt zu gieſſen/ vnd bittere Weine auß zu ma-
chen/ davon offtermals Grimmen vnd andere Vngelegenheiten entſtehen/ in ſeinen
Leib gieſſet. Dieſer aber/ welcher von einem guten vnd ſtarcken Wein/ vnd wolbe-
reiteter Eſſertia gemacht/ fuͤr einen geſunden Bitter- oder Kraͤuter-wein beſtehen
kan.
Will alſo hiemit den Erſten Theil meiner Pharmacopææ Spagyricæ beſchloſſen/
vnd den guthertzigen Leſer gebetten haben/ meine Muͤhe/ Fleiß vnd Wolmeinung
in gutem zu verſtehen/ vnd auffzunehmen. Jn den zweyen angehoͤrigen
Theilen ſoll (geliebts Gott) noch ein mehrers von guten
Medicamentis tractirt werden.
Ende deß Erſten Theils.
[32]
Bericht an den Leſer.
WEiters vnd zum Beſchluß/ habe ich hierbey maͤnniglich zuberich-
ten/ nicht vnterlaſſen ſollen/ wie daß ich zwar geſinnet/ mit neeh-
ſtem nicht allein das Miraculum Mundi (daran ſich bißhero viel
geſtoſſen/ vnd fuͤr vnmoͤglich gehalten) zu expliciren/ vnd vorzumachen:
ſondern auch ſonſten noch mehr andere Secreten herauß zu geben: Allein
derenthalben/ auff daß man mich jetzunder/ vnd auch ins kuͤnfftige mit
fragen vnd ſchreiben zu bemuͤhen/ keine Vrſach habe/ dann ich gaͤntzlich
beſchloſſen/ ſo wol die Medicinam, als Alchimiam einsmals zu vale-
diciren/ vnd die uͤbrige kleine Zeit/ ſo mir Gott zu leben noch vergoͤnnen
moͤchte/ zur Ehre GOttes/ vollends in Ruhe vnd Stille zuverſchlieſſen.
Wer Erkaͤntnuͤß in probieren oder ſchmeltzen der Ertzte ſuchet/ der kan
meine vnd auch anderer jhre Schrifften leſen/ Medicamenten aber ſel-
ber bereiten/ oder ſolche bey denen zu præpariren beſtellen/ denen ers ver-
trauet/ bey mir wird man nichts finden/ allein vmb deß Betrugs willen/
ſo einige gebrauchen/ welche andern in meinem Namen ſolche Medi-
camenten zuſtellen/ vnd durch ſolche Stuͤmplerey mir
Vnruhe auffladen.
[33]
PHARMACOPÆÆ SPAGYRICÆ
Ander Theil.
De Vegetabilium, Animalium, \amp; Mineralium præ-
paratione per Solvens Univerſale.
Jn welchem klaͤrlich bewieſen vnd außfuͤhrlich
beſchrieben wird/ daß dasNitrumdas wahreSolvens Univer-
ſale ſey/ vnd wie alle Vegetabilia, Animalia vnd Mineralia darmit
ſolvirt, corrigirt, vnd jhre gifftige Art vnd ſchaͤdliche Eigenſchafft in heilſame
Medicamenten/ gegen vieler ignoranten Meinung warhaff-
tig tranſmutirt werden.
An den guͤnſtigen Leſer.
DIe Vrſach/ warumb dieſer Ander Theil de Vegetabi-
libus, Animalibus \amp; Mineralibus, mein er Pharma-
copææ Spagyricæ, nicht ehender herauß kommen/ kan
der guͤnſtige Leſer leichtlich finden/ wann er betrachte/ was
fuͤr Vnruhe ich bißhero von meinen außgegebenen Schrif-
ten erlitten/ vnd Vrſach genug gehabt/ weiters nichts mehr
zu ſchreiben/ vnd mir ſelber mehr Muͤhe vnd Arbeit/ andern zu Nutzen/
vnd mir zu Schaden/ anzuthun.
Dieweilen aber von allen Orten/ vnter den Liebhabern/ viel Nachfra-
gens derentwegen geweſen/ vnd noch von vielen embſig darnach verlanget
wird/ als habe ich vmb der Krancken willen/ ſolchen nicht laͤnger verhal-
ten/ ſondern dem gemeinen Beſten/ vnd ſonderlich dem duͤrfftigen menſch-
lichen Geſchlecht zu lieb/ herauß geben wollen/ aber nicht weitlaͤufftig/ wie
Eichs
[34]Vorrede
ichs zwar vorgehabt/ ſondern auffs allerkuͤrtzeſte es auch immer ſeyn koͤn-
nen/ vnd auch nicht mehrers oder weiters/ als was durch das Menſtrum
oder Solvens Univerſale allein/ vnd ohne andere Huͤlff zu verrichten/
vnd ſolches darumb/ dieweilen allbereit viel Schnudelens uͤber mein Mi-
raculum Mundi, von groben vnerfahrnen Menſchen ergangen/ vnd bald
niemand begreiffen oder glaͤuben wollen/ daß das Vitrum ein ſolch edel Ge-
ſchoͤpff Gottes/ vnd das wahre Solvens Univerſale in jhme zu finden/
vnd obwolen ich allbereit in obgedachtem Miraculo Mundi, intitulirtem
Tractaͤtlein/ alldar inbegriffene Puncten/ von Stuͤcken zu Stuͤcken ex-
pliciret/ vnd die Muͤglichkeit bewieſen; So hat es doch biß dato noch nicht
viel gefruchtet/ ſondern den einen Weg als den andern viel Thomas-Bruͤ-
der vnd Widerſetzer der Warheit/ ſich gegen mich zu legen vnterſtanden.
Obwolen nun ich mich daran nicht kehren/ ſondern einem jedwedern ſeine
Meynung laſſen koͤnte/ vnd die vnuͤberwindliche Warheit/ ſich ſelbſten
ſchuͤtzen laſſen/ ſo gibt mir doch Vrſach vnd Anlaß ſolches nicht darbey
verbleiben zu laſſen/ ſondern klaͤrlicher als bißhero geſchehen/ davon zu
ſchreiben/ die wahre vnd allen Menſchen nothwendige Medicin vnd Huͤlf
der armen Krancken/ ſo damit wol vnd fuͤglich zu wegen zu bringen Vmb
derentwillen allein/ vnd ſonſten keiner andern Vrſach halben/ ich dieſe
Muͤhe auff mich genommen/ das waare Solvens Univerſale, vnd deſſen
edlen Gebrauch in Medicina, etwas klaͤrers zubeſchreiben/ vnd jederman vor
Augen zu legen/ wie grob vnd vnerfahren die jetzige boͤſe Welt im Licht
der Natur/ vnd wie arg vnd falſch dieſelbe in der Finſternuͤß lebet/ vnd
das Liecht auß zuloͤſchen ſich vnterſtehet; wil hoffen/ daß mancher ſeinen
ſtutzigen Kopff verlaſſen/ vnd die Warheit zu vieler Krancken Nutzen
vnd Troſt annehmen werde. Daß dieſes geſchehen moͤge/ wolle das e-
wige Licht/ vnſer aller allmaͤchtigſte Gott vnd hoͤchſte Artzt/ der See-
len vnd deß Leibs/ ſeine Gnad/ Segen vnd Gedeyen darzu verleihen/
AMEN.
Phar-
[35]
Was Animalia ſeyn/ vnd was darunter oder darmit ſoll
verſtanden werden.
VNter dem Wort Animalien ſoll allhier verſtanden
werden/ alles dasjenige/ ſo eines Lebens oder Bewegung
theilhafftig iſt/ als Menſchen/ allerhand groſſe vnd kleine
Thier/ auch Gewuͤrm in vnd auff der Erden/ auch die Fiſch
im Waſſer/ Voͤgel in der Lufft/ vnd alles Geſchoͤpff/ ſo ſich
reget/ beweget/ vnd ein ſichtiges Leben in ſich hat. Vnter
dieſen Animaliſchen Geſchoͤpffen/ ſoll wieder ein Vnterſcheid
gemacht werden/ von denen welche Medicinaliſch/ vnd den
andern ſo nicht Medicinaliſch ſeyn; Dann alle dieſe Animalia, ſo der Menſch
zu ſeiner Nahrung gebrauchet/ vnd den Leib nutriren/ ſeynd nicht Medicinaliſch/ ſon-
dern allein nutrirend/ vnd koͤnnen keine Medicamenten darauß bereitet werden/ dann
obwolen von etlichen Thieren/ als Ochſen/ Schaafen/ Ziegen/ Boͤcken/ auch Huͤnern/
Voͤgeln vnd dergleichen ein gute Eſſentia durch Kunſt zu extrahiren muͤglich/ die ſchwa-
che Leiber in Kranckheiten darmit zu laben oder zu ſtaͤrcken/ davon in meinem Kochbuͤch-
lein zu ſehen/ ſo gehoͤret doch eine ſolche Arbeit mehr in die Kuͤchen/ als in die Apotheken. Al-
hier aber ſoll von nichts anders tractiret werden/ als von ſolchen Thieren/ welches an ſich
ſelber nicht nutrirent; ſondern von Menſchen genoſſen gleichſam gifftig iſt/ vnd wann
man es durch die waare Spagyriſche Kunſt vmbkehrt/ erſt zu einer guten Medicin wird/
vnd ſonſten ſchaͤdlich iſt vnd bleibet; als da ſeynd Schlangen/ Krotten/ Moltwuͤrme/
Scorpionen/ Spinnen/ vnd dergleichen gifftiges Gewuͤrm/ welches/ ſo ihme ſein Gifft
benommen/ oder durch Kunſt vmbgekehret wird/ kraͤfftige vnd durchdringende Artzeneyen
geben. Es kan zwar eine Schlang/ Krott oder dergleichen gifftiges Thier/ nur mit ge-
meinem Waſſer/ darinnen es gekocht wird/ ſeinen Gifft verlieren/ vnd ohne Schaden ge-
noſſen werden/ weilen deroſelben Gifft nicht in dem Fleiſch/ ſondern vielmehr im Geiſt
beſtehet/ welcher im kochen hinweg gehet/ wie dann Exempel genug ſeyn/ daß an ſtatt Ahl/
bißweilen Schlangen gekocht/ vnd ohne Schaden geſſen worden ſeyn/ wie es dann nichts
fremb des iſt in Jndien/ daß man die groſſe Schlangen kocht/ vnd wie ander Fleiſch ver-
ſpeiſet. Es ſeynd aber hergegen wieder andere Thiere oder Vngezieffer/ als Mollen/
Scorpionen/ Tarantullæ vnd dergleichen/ welcher Gifft im Waſſerkochen nicht weg ge-
het/ ſondern allzeit Gifft verbleibet. So man aber ſolchen gifftigen Wuͤrmen ein ſtaͤr-
cker Waſſer zuſetzt/ vnd darinn digerirt/ ſo kehrt ſich ihr Gifft vmb/ vnd wird gegen an-
dere Gifft eine Medicin darauß/ wie hernach ſoll bewieſen werden; vnd iſt das gewiß/
E 2daß
[36]Ander Theil
daß Gott der Allmaͤchtige nicht ein einiges Wuͤrmlein vergeblich erſchaffen hat/ das nicht
zu etwas gut waͤre/ wie klein vnd vnachtſam es auch von groben Menſchen anzuſehen/
dieweilen aber faſt alle ſolche kleine Wuͤrm vnd Geziefer gifftig/ vnd gar ſelten zur Medi-
cin gebraucht werden/ auch ſchier niemand ihre verborgene Krafft/ an deroſelben von
Gott gegebener Signatur erkennen oder erlernen koͤnnen/ ſo iſt ihr Gebrauch vnbekand
geblieben/ vnd hat man auch ſehr wol gethan/ daß man ſolche (weilen man keine Corre-
ction ihre Gifft vmbzukehren/ vnd zu einer Medicin zu machen gewuſt) auß der Apothe-
ken gelaſſen hat. Gleichwol hat man nach/ vnd nach/ einige ſolcher gifftigen Wuͤrmen
gut gefunden/ vnd zur Medicin gebraucht. Als da ſeynd Scorpionen/ Meyenwuͤrm/
Cantharides vnd dergleichen/ die Scorpionen in Oel vertrenckt/ gegen Gifft gebraucht/
die Cantharides, Meyenwuͤrm vnd Regenwuͤrm/ Holtzwuͤrm (Milepedes genannt)
den Vrin zu treiben/ aber mit Gefahr/ wegen ihrer bey ſich fuͤhrenden Gifft/ ſolches ge-
wagt/ vnd zumoͤfftern gut befunden. Haͤtte man aber ſelbige zuvorn zu corrigiren gewuſt/
vnd alsdann in ſolchen Kranckheitengebraucht/ wehre mehr Ehr ohne ienige Gefahr ein-
gelegt worden. Dieweilen aber niemand ſolcher Thier-Gifft in eine ſichere Medicin zu
verwandlen gewuſt/ haben ſie ſolche bloß gedoͤrt/ vnd alſo Rauch in forma pulveris, den
Krancken eingeben/ vnd dannoch (aber mit groſſer Gefahr deß Patienten) bißweilen
wunderliche Curen darmit gethan/ wann man aber ſolcher Wuͤrmen Signatur wolbe-
trachtet/ vnd ihren Gebrauch zur Medicin darauß erlernet/ vnd hernach ſolche durch das
Solvens Univerſale vmbkehrt/ vnd zu einer ſicheren Medicin verwandelt/ ſo erlangt man
ſolche kraͤfftige Medicamenten/ gegen die allerſchwerſte vnd vnheilbar-gehaltene Kranck-
heiten/ dargegen die Vegetabilien gar nicht koͤnnen verglichen werden. Dann man
leichtlich glaͤuben kan/ daß die Animalia welche Gott mit einem Leben begabet hat/ viel
kraͤfftiger ſeyn muͤſſen als die Vegetabilia. Jn meinem Buͤchlein de Signatura Vege-
tabilium, Animalium \amp; Mineralium, welches geliebts Gott bald herauß kommen ſoll/
wird man wunder Dinge finden/ vnd neben der Signatur auch ihre ſo wolbekandte
als verborgene Kraͤfften angezeigt werden/ allhier aber nur die vornembſte Thier/ ſo in
Medicina gebraucht werden/ vnd wie dieſelbige durch das Solvens Univerſale zu corrigi-
ren/ vnd in gute vnd ſichere Medicamenten zu bringen/ ſoll angezeigt werden; deroſelben
Gebrauch vnd Kraͤfften/ wird der guͤnſtige Leſer auß anderer Scribenten Buͤcher erler-
nen koͤnnen/ dann ob ich ſchon wunderbarliche Wuͤrckung/ in etlichen vnachtſamen Ge-
wuͤrm gefunden/ vnd auch gern dem Nechſten zum Beſten beſchrieben haͤtte/ vnd auch
gaͤntzlich vorgenom̃en gehabt/ ſolches allhier außfuͤhrlich zu thun/ ſo hat mich doch wieder
davon gehalten/ die Liebe gegen meinem Nechſten/ welchen ich gar nicht in weitlaͤufftige
Jrꝛwege fuͤhren mag/ dann was in allen Vegetabilien vnd Animalien particulariter zer-
theilt/ das findet man in einem einigen Mineral concentrirt, vnd vollkoͤm̃lich beyſam-
men/ alſo/ daß man gar nicht noͤtig hat/ vieler abſonderlichen Vegetabiliſchen/ Animali-
ſchen oder Mineraliſchen Medicamenten/ dahin ich den guͤnſtigen Leſer wilgewieſen ha-
ben. Doch denjenigen auch genug zu thun/ welche nicht gern Mineraliſche Medicamenten
gebrau-
[37]Pharmacopææ Spagyricæ.
gebrauchen/ vnd vor ſolchen ſich gleichſam als vor Gifft foͤrchten/ ſo ſoll allhier etlicher der
vornembſten Medicinaliſchen Thier/ Krafft vnd Wuͤrckung entdecket werden.
Vnd erſtlich/ von dem groſſen Kefer-Schroͤter/ von vns Deut-
ſchen/ von Lateiniſchen Scarabeus Cornutus genant/ vnd
ſeiner Signatur, Krafft vnd Tugend in
Medicina.
ES iſt einer von den groͤſten fliegenden Kaͤfern der mir bekant iſt/ wigt vngefehr
ein oder zwey Loth auffs hoͤchſte/ von Farb/ Caſtanienbraun/ hat ſechs ſcharffe
Fuͤß/ damit er ſich faͤſt anhangen vnd halten kan/ doppelte Fluͤgel uͤber einander/
die oberſten hart vnd glat/ gleich als wann ſie von Horn gemacht waͤren/ darunter noch
ein paar duͤnne vnd durchſichtige/ wie ein auffgetrucknetes Magſamen-Blaͤtlein/ das
Maͤnnlein ſo insgemein etwas groͤſſer als das Weiblein iſt/ hat zwey Hoͤrner/ mit vielen
Zacken/ einem Hirſchhorn gantz an Geſtalt gleich/ glat vnd hart wie ein Horn/ doch in-
wendig holl/ ohne Marck/ damit kan er ſich wehren/ wann man ihn erzoͤrner auff einen
Tiſch ſetzet/ vnd mit einem kleinen Ruͤhtlein zum oͤfftern ſchlaͤgt/ ſo laufft er nicht davon
wie andere Thier/ ſondern geht mit aufgeſperten Gehoͤrn ſtarck auff ſeinen Feind dar/
gleich als wann er ſich an ihme rechen wolte oder koͤnte/ was man ihme darreicht das er-
greifft er mit ſeinen Hoͤrnern/ vnd haͤlt es ſo ſtarck/ daß mans nicht wol wieder von ihme
nehmen kan/ iſt es ſchwer/ ſo laͤſt ers ligen vnd geht davon/ iſt es leicht/ ſo traͤgt ers mit
ſich hinweg/ vnd laͤſt es dann wieder fallen; das Weiblein hat ſo groſſe Hoͤrner nicht/
ſondern zwey kleine krumme/ welche es wie eine Zange/ auff vnd zuthun kan/ vnd ſehr
ſtarck damit pfetzet/ wann man ihme etwas darreicht/ daß es mit den Hoͤrnern ergreiffet/
ſo laͤſt es nicht nach/ biß die Hoͤrner auff einander ſtehen/ wofern das Ding nicht zu hart
iſt/ wann man einen ſolchen Kefer einem Hund oder Katzen an ein Ohr haͤnget/ ſo pfetzt
er ſtracks durch/ vnd hencket ſich ſo ſtarck daran/ daß der Hund ſolches mit den Fuͤſſen
nicht kan abkratzen/ ſondern nicht weiß wie ihme geſchehen iſt/ laͤufft vnd ſchreyet vmb
Huͤlff/ ein ſolch boͤſes Thier dieſer Kefer iſt. Er nehrt ſich nicht von Gras oder Blaͤttern
von den Baͤumen/ gleich andern fliegenden Kefern/ ſondern allein von ſolchem Safft vnd
vnd weichem Hartz/ der Sommers-zeit auß ſolchen Baͤumen fleuſt/ welche Fruͤchten
mit Steinen tragen/ als da ſind Nußbaͤume/ Kirſchen/ Pflau men/ Pfirſing/ vnd der-
gleichen Stein-Fruͤcht tragende Baͤume/ daran man ſie findet/ ſaugen das außflieſſen-
de Hartz/ vnd leben davon/ iſt ein rechtes Martialiſch Thier/ gleichſam von Natur gehar-
niſcht/ vnd mit Gewehr verſehen/ die Hoͤrner brechen einige ab/ vnd tragen dieſelbe bey
ſich fuͤr ſchaͤdlichen wilden Thieren ſich darmit zu befreyen/ iſt aber ein Superſtitioſiſche
Waffen: ſonſten weiß ich vnd habs geſehen/ daß einige ſolche Hoͤrner/ wie auch die Fluͤgel
davon gepuͤlvert eingenommen/ gegen innerliche Schmertzen vnd Stechen deß Leibs/
wie auch in viertaͤglichen Fiebern gut gefunden/ haͤnckens auch an den Hals gegen alle
E 3Fieber/
[38]Ander Theil
Fieber/ ich halte aber mehr davon/ wann ſie bereitet eingeben werden/ von dem uͤbrigen
Theil deß Leibes habe ich nichts vernommen/ daß er jrgends zu waͤre gebraucht worden/
das aber weiß ich/ daß eine maͤchtige heilſame Krafft in ihme ſeyn muͤſſe/ weilen er nichts
als von ſolchen Hartzen oder Reſinoſiſchen Saͤfften/ die auß den kernfruͤcht-tragenden
Baͤumen flieſſen/ ſich nehret/ dahero ſein gantzer Leib balſamiſcher Natur iſt/ vnd wegen
der Signatur ich vrtheile/ daß ſeine Kraft ſeyn muͤſſe/ alle innerliche vnd aͤuſſerliche Schaͤ-
den von Stoſſen vnd Schlaͤgen/ Hauen/ Stechen/ Schieſſen/ vnd dergleichen herkom-
men/ wann zuvor nach meiner Art ſolches Thier in ſeine Eſſent. bereitet worden/ mit
ſonderbahrer Verwunderung koͤnne gebraucht werden/ die Hoͤrner vnd oberzehlte harte
Fluͤgel koͤnte man abſonderlich durch das Solvens Univerſale in ein Magiſterium zum
innerlichen Gebrauch/ der Leib aber ſo wol innerlich als aͤuſſerlich zu gebrauchen bereitet/
vnd gegen alle Schmertzen gebrauchet werden/ ohne Zweiffel werden auch noch viel mehr
verborgene Kraͤfften darin ſeyn/ welche mir vnd andern vnbekand.
Von dem Roß-Kefer.
ES ſeynd auch noch andere Kefer/ ſo in Medicina gebraucht werden/ als die ſchwaꝛ-
tze Roß-Kefer/ ſo ſich bey Pferds-Koth gemeiniglich auffhalten/ auch einige ſo
mehrentheils auff den Eichen-Baͤumen ſich nehren/ graufaͤrbig ſeyn/ die Huͤner
ſolche gern eſſen vnd viel Eyer von legen/ die Roß-Kefer aber laſſen ſie ligen/ ob dieſe letz-
tere Medicinaliſch/ iſt mir vnwiſſend/ doch ſeynd ſie alſo beſchaffen/ wann man einen zer-
quetſcht/ vnd bloß auff die Haut bindet/ Blaſen auffzieht/ wie auch gruͤne/ ſo mehren-
theils auff den Roſen vnd Hollunder-Bluͤt gefunden/ vnd Gold-Kefer genennet wer-
den/ ſolches auch thun/ vnd aͤuſſerlich wie auch innerlich ſolche Kraͤfften beweiſen/ gleich
wie die Spaniſchen Muͤcken Cantharides vnd ihres gleichen/ den Vrin ſehr vehement
treiben/ wann ſie aber durch die Kunſt vmbgekehrt/ vnd ihnen ihre Gifftigkeit benommen
wird/ hernacher in Calculo, Podagra vnd anderen ſchweren Kranckheiten/ das ihrige ſi-
cher vollbringen/ vnd viel gutes außrichten koͤnnen. Die ſchwartzen Roß-Kefer ſeynd
Martialiſch/ den Schroͤtern bald gleich/ die graue Saturniniſch/ die gruͤne Veneriſch/ die
rohte kleine Solariſch/ wie ſie auch Gold- vnd Herꝛgotts-Voͤgeln in vnſer Deutſchen
Sprach genennet werden/ auch ſich einige ruͤhmen/ gut Gold auff der Capellen darauß
gebracht haben ſolten/ welches ich nicht glaͤuben kan/ daß aber ein Cordiale darinnen
verborgen/ iſt wol zu glaͤuben/ doch daß zuvorn eine Correction hergehe/ ſonſten nicht
gern gebrauchen wolte. Vber dieſe erzehlte Sorten der Kefer iſt noch eine ander ſchwar-
tze Art/ ſo im Maͤyen vnd Junio auff dem Gras kriechend gefunden werden/ koͤnnen nicht
fliegen wie oberzehlte/ wiewol ſie auch kleine Fluͤgel haben/ kriechen ſehr langſam/ vnd
wann man ſie in die Haͤnd nimbt/ einen ſtarckriechenden gelben Liquorem von ſich ge-
hen laſſen/ dahero ſie Maͤy oder Schmaltz-wuͤrme/ in Latein Scarabei unctuoſi genen-
net werden/ ſeynd ſehr ſtarck wirckend/ vnd werden von vielen gebraucht gegen die aller-
ſchwerſte Kranckheiten/ als Podagram, Calculum, Lepram, Morbum Gaflicum, \amp;
Hydro-
[39]Pharmacopææ Spagyricæ.
Hydropem, nur gepuͤlvert/ zu ein/ zwey/ drey oder mehr Granen eingeben/ treibt ſehr ve-
hement per vomitum, Seceſſum vnd Urinam, alſo daß der Vrin/ welcher von den Poda-
gricis vnd Calculoſis wie auch Leproſis kombt/ in einem Erden-Topff auff Kohlen ge-
waͤrmet/ ſich coagulirt, wie eine gerunnen Milch/ vnd endlich gleich einem Stein zeh
vnd hart wird/ welches zu verwundern/ vnd weiß gar wol/ daß viel Podagrici damit re-
ſtituirt ſeyn/ iſt aber ſehr gefaͤhrlich damit vmb zu gehen/ weilen ſie ſo vehement wuͤrcken.
Wann aber dieſelbe zuvorn durch das Sal Univerſale corrigirt werden/ ſelbige hernach
gantz ſicherlich/ in obbeſchriebenen Kranckheiten zu gebrauchen ſeyn. Jhre Signatur
zeigt an/ daß ſie Saturniniſch ſeyn/ vnd neben obgedachten Kranckheiten/ alle boͤſe geſal-
tzene Feuchtigkeiten/ davon der Scorbutus, vnd offene fiſtulirte Schaͤden entſtehen/ auß-
fuͤhren muͤſſen. Es hat vor dieſem ein Medicus Wierus genant/ ein beſonder Tractaͤt-
lein gegen das lauffende Gicht/ oder fahren Arthritidem Vagam genant/ geſchrieben/
darinn er dieſen Wurm/ wie auch die Regen-wuͤrme ſehr recommendirt, vnd iſt nicht
ohn/ bey allen bekanten Medicinaliſchen Wuͤrmen/ dieſer an Kraͤfften allen vorgehet/ es
folgen aber dieſem Wurm nach die Cantharides, doch bey weitem nicht ſo gut/ als die
Schmaltz-Kefer/ nach dieſen folgen die blaue Fliegen/ ſo man nirgens/ als auff todten
Aſen ſitzende findet/ denen die Schmeisfliegen/ ſo ſich bey den Menſchen in Haͤuſern auf-
halten/ herumb ſchnurren/ ſo lang ſuchen/ biß ſie rohes Fleiſch finden/ darauff ſie ihr Ge-
ſchmeis/ als kleine Eyer hencken; ſo in einem Tag zu Wuͤrmen werden/ glaͤub nicht/ daß
ein lebendige Creatur einen ſolchen ſubtilen Geruch habe/ als eben dieſe Fliegen/ derohal-
ben in verborgenen Kranckheiten das ihrige wol thun moͤchten/ doch wil ichs niemand
rahten/ daß man folche vnbereit gebrauche/ dann ſo ein Menſch vngefehr an einem ge-
kochten Fleiſch/ darauff ſie ihre Geſchmeis gelaſſen/ etwas in den Magen koͤm̃t/ die Na-
tur ſolches nicht leiden kan/ ſondern alſobalden als ein Gifft per Vomitum, wieder von
ſich außſtoͤſſt. Halte dieſe Fliegen fuͤr Mercurialiſch. Es ſeynd auch die Regen- oder Erd-
wuͤrme Medicinaliſch/ treiben den Vrin vnd Schweiß ſtarck/ auch machen ſie Sedes vnd
Vomitus, alſo rauhe gebraucht/ wie bekant genug iſt/ ſo dieſelbe aber corrigirt, in ein
liebliche Eſſentiam durch das Solvens Univerſ. gebracht wuͤrden/ glaͤube ich/ daß ſolche
ein Specificum inſigne contra impotentiam ſeyn/ vnd den alten Reutern auff dem Sat-
tel helffen ſolten/ welches ihre Signatur anzeigt/ kan ſich bald lang/ bald kurtz/ dick oder duͤn
machen/ wann ſie wollen/ dergleichen ſonſten kein Thier thun kan/ auch weiß ich keines/
daß in ſeiner Vermiſchung mit dem Weiblein laͤnger anhaͤlt/ als eben dieſer Wurm/
dann ich zum oͤfftern in Fruͤhlings zeiten/ wann das Erdreich vom Froſt wieder auffgan-
gen/ geſehen/ daß ſelbige in der Erden ſich nicht paaren/ ſondern auſſer der Erden/ wann
nemblich die helffte von dem Wurm auß der Erden kriecht vnd der ander auch alſo/ ſie ſich
auff einander legen/ vnd alſo zuſammen arbeiten/ daß ſie gleichſam ſich daruͤber erſchlagen
laſſen/ ehe ſie ablaſſen/ vnd alsdann einjeder wieder zu ruckwerts in ſein Loch kriecht; wann
die Huͤner deren viel eſſen/ ſie viel Eyer legen/ auch bißweilen zwey in einem Tag/ welches
kein Korn thun kan/ iſt alſo der Erd-oder-Regenwurm einer Veneriſchen Art vnd Eigen-
ſchafft.
[40]Ander Theil
ſchafft. Vber dieſe Wuͤrm finden ſich noch andere/ die noch Veneriſcher ſeyn/ nemblich
kleine breite Thierigen/ mit ſechs Beinen ſchnellauffend/ haben zwar Fluͤgel/ brauchen
ſie aber nicht/ ſondern lauffen an den Mauren vnd faulen Brettern/ bey den Pferds oder
Schweins-ſtaͤllen haͤuffig bey ſammen/ hencken ihre Eyer an ein Holtz oder Mauer/ wer-
den nur bey gutem Wetter geſehen/ bey Regen vnd Kaͤlte verkriechen ſie ſich/ bey warmen
Wetter kommen ſie wieder/ vnd paaren ſich gantz vnordentlich/ wann das Maͤnnlein
auffſitzt/ laufft das Weiblein damit fort/ koͤm̃t ein ſtaͤrckerer/ wird er abgeſtoſſen/ alſo geht
es dieſem auch/ vertreibt einer den andern/ das wehret den gantzen Tag/ vnd ſiehet man
ſie nichts eſſen: Jch habe derſelben etliche zuſammen in ein Glas gethan/ daß ſie nicht auß
kriechen koͤnnen/ haben ſich alſo gefangen gepaaret/ vnd hungers auff einander geſtorben/
ehe ſie einander verlaſſen haben/ ſie ſeynd klein/ vñ gehen derſelben wol hundert auf ein Loth
haben rohte Fluͤgel mit ſchwartzen Flecken/ lauffen ſchnell/ habe nichts davon in Schrifften
geſehen. Jch aber ſolche den Hunden vnd Katzen eingeben habe/ vnd wunder Ding er-
fahren/ die Huͤner noch andere Voͤgel eſſen ſie nicht/ muͤſſen ihnen gar zu ſt arck ſeyn/
glaͤube daß was ſonderlichs darhinder ſtecken muͤſſe/ wer ſolche verſuchen wil/ kan es thun/
doch ohn corrigirt er ſie zu frieden laß/ iſt daß aller Veneriſchſte Geziefer/ vnter allen/ die
mir bekant ſeyn/ es ſind ſonſten noch vielerhand Wuͤrme/ die in Medicina gebraucht wer-
den/ als die Aſelli Eſelges/ nehren ſich von faulem Holtz/ wann man ſie antaſt/ rollen ſie
ſich zuſam̃en in ein Kuͤglein/ werden in Calculo mehrentheils gebraucht; die Wandlaͤuſe/
die die Menſchen bey Nacht plagen/ das Blut außſaugen/ in altem fichten Holtz/ wie auch
ſonderlichin alten Bethſtaͤtten ſich aufhalten/ an der Farb roht/ ſeynd zu ſcheuen/ weilen ſie
ſo ſtarcken uͤblen Geruch von ſich geben. Dergleichen iſt noch eine andere ſtinckende Art ſol-
cher Wuͤrmen/ die gruͤn vnd gar gifftig ſeyn/ auch uͤbler ſtincken als die rohte/ haben Fluͤ-
gel/ ſeynd viermahl ſo groß als die Wandlaͤuſe/ nehren ſich vom Gras/ vnd leben den
kalten Winter uͤber/ verkriechen ſich in holle Baͤum oder Kluͤffte der Mauren/ wann vn-
gefehr ein Rind-Viehe vnter dem Gras ein ſolches Vngeziefer in Leib bekom̃t/ ſchwellen
ſie davon auff/ vnd ſterben auch bißweilen davon/ das Vieh weiß ſich davor zu huͤten/ daß
es ſolche nicht bald im Leib bekom̃t/ ſteckt was ſonderlichs in dieſem Geziefer/ es kan ſeinen
Geſtanck verhalten/ vnd von ſich geben wann es wil/ welches ich gewiß probiert vnd er-
fahren habe/ ſeynd uͤberauß liſtig vnd betruͤglich/ davon ich ſeltzame Hiſtorien erzehlen koͤn-
te/ kan ſolche nicht beſſer vergleichen/ als allen argliſtigen/ huriſchen/ ſtinckenden/ vergiften/
beſtialiſchen Menſchen/ dafuͤr man ſich zu huͤten hat/ in dem Menſtruo Univerſali verlie-
ren ſie ihren Geſtanck alſobalden/ habe aber ſolche nicht weiters verſucht. Dieſer vnd der-
gleichen Vngeziefer/ werden vnzaͤhlich viel gefunden/ welche ohne Zweiffel nicht verge-
bens erſchaffen/ darunter immer das eine deß andern Feind iſt/ vnd ſolchen nach dem
Leben ſtellt. Vnter andern kenne ich einen kleinen Wurm/ welcher den Erden- oder
Regen-wuͤrmen ihre Krafft vnd Saft außſaͤugt/ vnd fett darvon wird/ in allen Stuͤcken
die Regen-Wuͤrme uͤbertreffende/ in Fruͤhlings zeiten iſt er ein mager Wuͤrmlein/ nicht
ſo groß als ein Maͤhl-Wurm/ den Sommer uͤber meſtet er ſich von den Regen-Wuͤr-
men/
[41]Pharmacopææ Spagyricæ.
men/ vnd wird ſo fett/ daß er kaum kriechen kan/ kohlſchwartz/ mit vielen kurtzen Beinen/
eines Schreibfeder Kils dick/ vnd etwan eines Glieds am Finger lang/ in der Erden
haͤngt er mit ſeinem ſcharffen Gebiß an den Regen-Wurm/ das beſte darauß zu ziehen/
welcher ſich ſeiner nicht erwehren kan/ ſondern vor Angſt vnd Schmertzen auß der Erden
kreucht/ daran der Wurm hangen bleibt/ vnd keines wegs ſich davon bringen laͤfft/ ſo
lang vnd viel/ biß daß er ſo voll iſt/ daß er ſelber davon faͤllt/ habe offt zugeſehen/ wie ſie ſich
mit einander uͤberwerffen/ alſo daß bißweilen der kleine Wurm den andern in der zwerge
von einander beiſt/ welches doch wieder zuſammen heilt/ wann er in die Erden kommen
kan/ wie dann gemeiniglich die alten Regen-Wuͤrme an viel Orten gebiſſen vnd wieder
zuſammen gewachſen gefunden werden/ ſo von dieſem Wurm geſchehen iſt/ dann ich
ſonſten keinen Feind auſſer den Moltwurff in der Erden weiß/ als eben dieſen Martiali-
ſchen ſchwartzen/ wann er mit dem einen fertig iſt/ er ſich an einen andern macht/ vnd
nur das beſte darauß zieht/ daß uͤbrige ligen laͤſſt; iſt voller Kraͤfften/ vnd uͤbertrifft an-
dere Wuͤrmen an Tugenden/ wann er wol zuvorn bereit wird. Von den Spinnen wird
viel geſagt/ daß ſie gifftig ſeyn ſollen/ habs aber nicht befunden/ bey denen/ welche in ei-
nem Jahr wachſen vnd wieder vergehen/ als da ſeyn dieſe/ ſo auff den Baͤumen/ Hecken
vnd Stauden ein Netz auffſpannen/ die Fliegen damit zu fangen/ Kreutz-Spinnen ge-
nandt/ weilen ſie ein Kreutz auff dem Suͤcken tragen/ ziehen alle Monat den alten Balch
ab/ welches auch dieſe thun/ ſo in den Loͤchern oder Winckeln in den Haͤuſern ihre We-
ben auffſpannen/ koͤnnen ohne Eſſen vnd Trincken drey Monat leben/ ehe ſie ſterben/ die-
ſe ſeynd zwar etwas boͤſer als die vorige/ doch ſo gifftig nicht/ als man ſie haͤlt; die vieler-
Art gruͤnen/ ſo von Laub vnd Gras leben/ ſeynd gar nicht gifftig/ eine einige Art darunter/
welche ſich allein in kalten vnd finſtern Orten/ als Kellern vnd feuchten Gewoͤlbern auff-
halten/ vnd von den Aſellis oder Eſelen ſich nehren/ ſchwartz vnd rauch wie ein Sammet
anzuſehen/ langſam daher gehen/ ſeynd ſehr gifftig/ als ein Koͤnig aller Spinnen zu hal-
ten/ beiſſen die andern Spinnen todt/ vnd freſſens auff/ wann ſie ſelbe erwiſchen koͤnnen.
Wann ſonſten die eine Spinn in der andern Neſt wirfft/ ſo treibt die ſtaͤrckſte die ſchwaͤch-
ſte auß/ dieſer ſchwartzen aber ſtehet keine Spinn/ fliehen alle von ihr/ vnd friſſt ſie keine
Amſel oder ander Gewuͤrm-freſſender Vogel/ ſeynd ſehr gifftig/ werden alt/ vnd leben viel
Jahr in Kellern/ weilen ſie vor Froſt bleiben koͤnnen/ werffen ihre Balch nicht ab wie die
andern. Es ſeynd auch dieſe gifftig/ welche in den Stuben Winters zeit ihre Nahrung
von den Fliegen/ oder auffs wenigſt von ſuͤſſen Duͤnſt oder Geruch deß Honigs/ Zuckers
oder dergleichen leben vnd alt werden/ werden allzumal wenig in Medicina gebraucht/
welche man auch wol entbehren kan/ weilen man andere vnd beſſere Medicamenten
ohne dieſes abſcheuliche Geziefer haben kan; das beſte daß ich von ihnen geſehen/ iſt
geweſen die krancke Huͤner darmit zu purgieren/ daß dieſelbe hernach bald zuneh-
men vnd feiſt werden. Die Ameiſen/ welche ſich von den Saͤfften oder Hartz der
Baͤumen nehren/ ſeynd auch im Gebrauch/ thun aber wenig Miracul. Die Haͤuſchre-
cken/ Grillen vnd dergleichen Geziefer/ ob dieſelbe gleich eine verborgene Krafft mit ſich
Ffuͤhren/
[42]Ander Theil
fuͤhren/ werden ſie doch nit geacht/ weilen ein einig Mineral mehr thun kan/ als alle groſſe
vnd kleine Thiere/ ſampt allem Gewuͤrm vnd Vngeziefer/ derohalben billich nicht gros
geacht werden. Von den groſſen Thieren pflegt man auch etwas zu der Medicin außzu-
nehmen/ als von den Woͤlffen den Magen vnd Daͤrme/ wie auch ihre Zaͤhn/ von den
Fuͤchſen ihre Lungen/ von etlichen ihre Gallen/ Haar/ Haut/ Koth/ Hoͤrner/ ꝛc. darmit
aber bißhero wenig außgerichtet iſt/ darumb/ weilen ſolche Dinge von ſolchen Thieren ge-
nommen/ die kein Gifft haben/ vnd von den Menſchen zur Speiß ohne Schaden koͤnnen
genoſſen werden; ſo man aber alterirenden oder gleichſam gifftigen Thieren ihre Zaͤhn/
Beiner/ Hoͤrner vnd Knochen vmbkehren vnd zu bequemen vnd ſicheren Medicamenten
zu bringen weiß/ alsdann iſt etwas darmit außzurichten/ vnd ſonſten nicht; als vnter die
erſten werden gerechnet die Zaͤhn von Hunden/ Woͤlffen/ Baͤren/ Loͤwen vnd dergleichen
Raub-Thieren; die Knochen vnd Hoͤrner vom Elend/ Ziegen/ Boͤcken/ Gemſen/ Hir-
ſchen/ Elephanten vnd dergleichen/ auch die Haar von Menſchen vnd allen Thieren.
Vnter die zweyte werden gezehlet die Beiner vnd Baͤlge an den Ottern/ Schlangen/
Vipperen/ Krotten/ Molchen vnd andern gifftigen Thieren. Vnter den dritten Grad
werden gerechnet/ die Zaͤhn vom Seehund vnd Braunfiſch/ die Hoͤrner von Walroſſen
vnd Hornfiſchen/ welche ins gemein Einhoͤrner genant werden/ vnd was dergleichen
See-Monſtra mehr ſein moͤchten/ deren Fleiſch gifftig/ ihre Hoͤrner vnd Zaͤhn Medici-
naliſch ſeyn muͤſſen/ wann ſie nem̃lich vmbgekehrt/ vnd zu einer bequemen Eſſentia ge-
macht werden. Es iſt ſonſten in allen Thiere Koth/ eine beſondere Krafft vnd Medicin,
auch iſt aller Thier Sal volatile nicht zu verachten/ vnd ſonderlich deren/ die gifftig ſeyn/
auch ihr Sal fixum in vielen Kranckheiten kraͤfftig genug/ davon aber dißmal mein Intent
nicht iſt zu handlen/ ſondern nur anzuzeigen/ wie daß alle Thier durch das Menſtruum
Univerſale zu ſolviren/ vnd auß Gifft eine Medicin zu machen muͤglich/ ihre Kraͤfften
ſeynd vorhin bekant genug/ mangelt allein an guter Bereitung/ welche ich allhier an Tag
zu geben vorgenommen. Es weiſſt ſich ſelber/ je gifftiger das Fleiſch von den Thieren/
je beſſer vnd kraͤfftiger gegen Gifft deroſelben Zaͤhn/ Hoͤrner/ Haut/ Haar vnd Klawen
ſeyn/ welches vns zu glaͤuben die Experientz gelehrt hat/ vnd wer von dergleichen giffti-
gen Thieren mehrers Nachrichtung begehrt zu haben/ der leſe mein Buͤchlein DeSignatu-
ra rerum, ſo wird er viel ſchoͤne nuͤtzliche nachdenckliche Dinge finden.
Folget nun die Bereitung vnd Verwandlung aller gifftigen
Thier vnd Gewuͤrm/ in ſichere vnd kraͤfftige
Medicamenten.
DIe Bereitung nun betreffend/ ſo beſtehet dieſelbe nicht in ſolcher Form vnd Art/
gleich wie bißhero die Thier/ vnd was denſelben anhaͤngig/ bey dem Medicina-
liſchen Gebrauch veruͤbet worden/ als da iſt Pulveriſiren/ oder in Balneo de-
ſtilliren/ in Spiritus, Waſſer vnd Oelen/ oder Calcinirung/ oder Verbrennung zu einer
Aſchen/
[43]Pharmacopææ Spagyricæ.
Aſchen/ davon das Sal fixum gezogen/ oder Sublimirung in ein Sal volatile, vnd was der-
gleichen Bereitungen der Thieren bißhero im Gebrauch geweſen/ welche ich zwar gar nicht
verachte/ vnd dieſelbe an ſich ſelbſten auch gut ſeyn/ weilen ich aber einen naͤhern vnd beſ-
ſern Weg gefunden/ ſolches zu verrichten/ habe ichs dem nothleidenden menſchlichen Ge-
ſchlecht zum beſten/ Huͤlff vnd Troſt der Kranck en/ nicht laͤnger verhalten wollen. Auff
daß aber der guͤnſtige Leſer auch ſehen vnd ſpuͤhren moͤge/ was zwiſchen meiner vnd der al-
ten Bereitung fuͤr ein Vnterſcheid; Wil ich ſolches kuͤrtzlich anzeigen vnd beweiſen. Biß
auff dieſe gegenwaͤrtige Zeit zu/ habe ich von keiner andern præparation gehoͤrt oder gele-
ſen/ als folgende: Entweder man hat die Thier oder ihre Theilen davon/ in der Lufft ge-
trucknet/ pulveriſiret/ vnd alſo in forma pulveris mit bequemen Vehiculis eingeben/ oder
man hat mit zuthun Honig oder Zuckers/ das Pulver in Form eines Electuari gebracht/
oder man hat die Thier noch friſch in Oel digerirt, exprimirt, vnd in Balſama bereitet/
ſo wol innerlich als aͤuſſerlich zu gebrauchen/ nach deme mans gut vnd noͤtig geſunden/
auch hat man ſelbige balſamirt, vnd exſiccirt, vnd zu ſeinen Gebrauch behalten/ etliche ha-
ben die Thier friſch in Balneo zu einem Waſſer deſtillirt, die Remanentia zu Aſchen ver-
braͤnd/ das Sal fixum durch das uͤbergeſtiegen Waſſer extrahirt/ etliche haben die Thier
trucken oder naß per retortam deſtillirt, vnd einen ſt[i]nckenden Spiritum, Oleum, vnd
ein Sal Volatile uͤbergetrieben/ die Theilen von einander geſchieden/ rectificirt/ vnd zum
Gebrauch bewahret/ etliche haben die gifftige Thier in ein Baum-Oel/ oder auch wol
Aromatiſchen Vegetabiliſchen deſtillirten oder exprimirten Oleo erſterben laſſen/ vnd
hernach das Oleum ſo wol in-als aͤuſſerlich gebraucht/ wie bey den Scorpionen zu ſehen/
dieſe vnd dergleichen Bereitungen der Animalien ſeynd bi[s]hero in der Medicin gebraͤuch-
lich geweſen/ vnd theils gut befunden worden/ dieweilen ich aber geſehen/ daß in ſolchen
Bereitungen die Animalia theils noch ſehr crud vnd gifftig/ wann ſelbige nur bloß gedoͤrt/
gepulvert vnd adminiſtrirt werden/ ohne Gefahr nicht wol zu gebrauchen/ weilen dieſelbe
gar zu vehement angreiffen/ wann ein geringer Exces bey der Adminiſtration gethan
wird/ vnd ſeynd auch ſolche pulveriſirte Thier/ weilen ſelbige nicht allein vnlieblich am
Geſchmack/ ſondern auch gar leicht/ papicht vnd walgeriſch/ uͤbel ein zunehmen/ die de-
ſtillirte Thier aber ſo wol derſelben Spiritus Oleum vnd Waſſer gemeiniglich ſehr nach
dem Brand riechen/ vnd der Natur auch ſehr zu gegen ſeyn. Das Sal Volatile wie auch
Fixum, darin auch der Thier meiſte Krafft beſtehet/ noch am fuͤglichſten zu genieſſen
ſeynd/ das Oleum vnd Spirit. aber wegen ſeines Geſtancks/ gar nicht innerlich zu gebrau-
chen iſt/ weilen nun dann zum oͤfftern/ in einer ſolchen deſtillation die beſte Kraͤfften ver-
brand vnd verderbt werden/ alſo daß das deſtillatum offt weniger nutzet/ als das rohe
Thier an ſich ſelbſten/ ſo kan eine ſolche bereitung auch nicht fuͤr die beſte beſtehen/ oder gel-
ten/ derohalben nach einer andeꝛn vnd beſſern ſol vnd muß getꝛachtet werden/ nemlich nach
einer ſolchen/ durch welche ein jedes Thier oder Theil deſſelbigen/ nach Gelegenheit der
Sach/ ohne einige ſeparation in gantzer ſubſtantz durch ein ſolvirend vnd corrigirend
Waſſer auffgeloͤſſt/ vmbgekehrt/ vnd das Gifft zu einer Medicin kan bereitet werden/
F 2welches
[44]Ander Theil
Welches Waſſer aber dardurch die Thier ſolvirt, corrigirt, vnd auß Gifft ein Medicin
gemacht wird/ alſo ſol vnd muß beſchaffen ſeyn/ daß es nach ſeinem Gebrauch fuͤglich
wieder von den corrigirten vnd zu bereiten Thier mag geſchieden werden/ auff daß das
corrigirte vnd gereinigte Thier entweder alſo per ſe, oder aber mit bequemen vehiculis
dem Duͤrfftigen kan beygebracht werden/ wie ſolches durch ein Exempel bald klaͤrlicher
ſol bedeutet werden.
Folget nun dasMenſtruum Univerſale,wodurch alleVe-
getabilien/ Animalien vnd Mineralien Solvirt, corrigirt, vnd in die
reinſte vnd ſicherſte Medicamenten gebracht
werden.
JN meinem Miraculo Mundi, habe ich das Nitrum fuͤr das wahre Solvens Uni-
verſale zu ſeyn gelehret/ vnd darbey berichtet/ daß ſolches ſeine operation in
dreyerley Geſtalten verrichte: Erſtlich wie es an ſich ſelber iſt/ zum Andern wann
es in einen fixen vnd feurigen liquorem gebracht/ zum Dritten/ wann es durch das Feuer
in einen Spiritum acidum iſt deſtillirt worden/ durch welche drey Geſtalten alles ſo in
rerum natura iſt/ kan ſolvirt, corrigirt vñ in ein beſſer vnd reiner Weſen verwandelt wer-
den/ wie ſolches nun hergehe/ ſoll allhier klaͤrlich gelehrt vnd angezeigt werden/ alſo daß
alle diejenige/ welche bißhero mein Miraculum Mundi entweder durch grobe Vnwiſſen-
heit oder vorwitzigen Hochmuth/ oder gar teuffeliſchen Haß vnd Neid/ wie Farner ge-
than/ verachtet/ verworffen/ vnd fuͤr vnmuͤglichkeit außgeruffen/ Schamroth ſtehen/ vnd
bekennen muͤſſen/ daß ſie entweder auß Vnerfahrenheit/ Hochmuth vnd Neid/ gegen
das helle Tages Liecht geſtritten/ vnd ſolches vertilgen/ außloͤſchen oder verfinſtern wol-
len. Obwol ich nun allbereit in meinem Miraculo Mundi vnd deſſen Explication, wie
auch erſter Apologia gegen den gottloſen Farner, von Bereitung vnd Gebrauch deß
Menſtrui Univerſalis geſchrieben/ ſo bilden ihnen doch viele ein/ als wann es noch gar
zu dunckel waͤre/ vnd man nicht wol ohne fernere Erlaͤuterung damit zu recht kommen
koͤnte/ denen nun den Brey zu kaͤuen/ vnd ins Maul zu ſtreichen/ auff daß ſie gar keine
Muͤhe vnd weiters Nach dencken darmit haben moͤchten/ ich allhier vor mich genommen
hab: Wil alſo hiemit im Namen Gottes vnd deſſen hoͤchſten Ehren/ wie auch dem gantzen
menſchlichen Geſchlecht zu nutzen/ einen Anfang machen/ vnd vollkoͤm̃lich beweiſen/ daß
durch das Nitrum, in obgedachten dreyen Geſtalten/ alles vnd nichts außgenommen/ ſo
in Rerum Natura zu finden ſeyn moͤchte/ warhafftig zu Solviren, Alteriren vnd Melio-
riren muͤglich. Biete hiemit allen Spoͤttern vnd Feinden der Warheit einen Kampff
an/ ſo dieſelbe ein anders Solvens Univerſale (als dieſes ex Nitro) bey zu bringen wiſ-
ſen/ ſie es dann thun/ oder ſo ſie es nicht vermoͤgen/ alsdann dieſes dafuͤr gelten vnd vn-
angefochten laſſen wolten. Steht einem jedwedern frey/ wann er etwas beſſers weiß/
ſolches zu den gemeinen Beſten herauß zu geben/ ſo er aber nichts beſſers vor zu bringen
weiß
[45]Pharmacopææ Spagyricæ.
weiß noch kan/ ſo laͤſt er billich die Warheit ſeinen Meiſter ſeyn vnd bleiben/ ſolte mir ſehr
lieb ſeyn/ wann jemand ein beſſers Solvons Univerſale herfuͤr braͤchte/ wolte meine be-
gangene Fehler in dieſer Materi gern bekennen/ vnd meine eigene Schrifften ſelber refu-
tiren/ foͤrchte mich aber gar nicht/ daß einer darmit herfuͤr kommen werde/ wann er kom̃t/
ſo wollen wir ihn ſehen vnd hoͤren/ auch wieder guten Beſcheid darauff ertheilen. Vnter-
deſſen aber Gott zu Ehren/ vnd zu Liebe deß Nechſten in Bereitung guter Medicamen-
ten/ allhier fortfahren/ die Verbeſſerung der Metallen, aber durch vielgedachtes Nitrum
zu wegen zu bringen/ wird in dem andern/ dritten vnd vierdten Theil deß Vaterlands
Wolfahrt außfuͤhrlich beſchrieben vnd dargethan/ vnd allhier von nichts anders/ als von
Medicinalibus zu handlen ich vorgenommen habe. Wie nun das Nitrum zu einem
fixen feurichen Liquore, vnd auch zu einem fluͤchtigen ſauren vnd feurigen Spiritu berei-
tet/ iſt zwar allbereit an andern Orten meiner Schrifften geſchehen/ vnd waͤre nicht noͤ-
tig/ ſolches allhier zu wiederholen/ dieweilen aber dem Kunſtliebenden beſſer damit gedie-
net wird/ wann er beyde Bereitungen beyſammen hat/ als habe ichs fuͤr nothwendig ge-
acht/ ſelbige zur Notturfft hieher zu ſetzen.
Proceſſuswie der Salpeter zu einem feurigen
Liquore bereitet wird.
℞. 1. ℔. Reinen vnd gelaͤuterten Salpeter/ ſetze denſelben in einen ſtarcken vnd
wolgebranten Tiegel/ verdeckt in ein Windoͤffelein/ ſo lang biß das Nitrum gefloſſen/
vnd gluͤend worden iſt/ darauff wirff ein wenig Kohlengeſtuͤb/ vnd laß es auf dem Salpe-
ter verbrennen/ dann wirf mehr darauf/ laß ſolches auch verbrennen/ vnd ſolches aufwerf-
fen deß Kohlengeſtuͤbs auf den geſtoſſenen Salpeter/ ſol ſo offt geſchehen/ biß daß die Kohlē
nicht mehr auff dem Salpeter brennen wollen/ vnd der Salpeter gruͤn vnd blaw worden
iſt/ ſelbigen gieſſe auß dem Tiegel in einen reinen Moͤrſel oder kuͤpffernen Becken/ laß er-
kalten/ ſo findeſtu ein Saltz auff der Zungen gantz feurig/ einem Salia Tartari gleich/ ſol-
ches ſetze zerſtoſſen in glaͤſern Schalen in einen feuchten vnd kuͤhlen Keller/ ſo wird dieſes
Saltz in wenig Tagen oder Stunden/ in ernen klaren vnd feurigen Liquorem flieſſen/
welchen du Filtriren/ vnd zum Gebrauch verwahren kanſt.
Folget nun ſein Gebrauch in Bereitung derAnimaliſchen/
oder auch Vegetabiliſchen Medicamenten.
WEilen allbereit der Gebrauch dieſes Menſtrui in meiner erſten Apologia gegen
Farnern beſchrieben/ vnd auch der Erſte Theil dieſer meiner Pharmacopææ
Spagyricæ darinnen der Kraͤuter Eſſentias zu bereiten gelehrt worden/ im
Druck iſt/ allhier in dieſem Tractaͤtlein aber/ nur der Animaliſchen Medicamenten zu
gedencken vorhabens/ alſo werde ich allhier einen Proceſs ſetzen/ wie ſo wol die Vegetabi-
F 3lien
[46]Ander Theil
lien als Animali[e]n verbeſſert/ vnd in ihre ſichere Medicamenten bereitet/ dieſes ſol allhier
in acht genommen werden/ daß mir in Verbeſſerung der ſtarckwirckenden/ vnd gleich-
ſam giftigen Kraͤutern vnd Thieren diſes Menſtruum zu gebrauchen/ ſelbige damit zu cor-
rigiren/ vnd ihnen ihre Vnart damit zu benehmen angeordnet iſt/ dann die Kuͤchen-Kraͤu-
ter/ welche an ſich ſelber gut vnd ſicher zu gebrauchen ſeyn/ doͤrffen einer ſolchen corre-
ction gantz nicht/ ſondern ſeynd an ſich ſelber gut vnd ſicher zu gebrauchen/ es waͤre dann/
daß man per Spir. Vini einen Extractum darauß machen/ oder dieſelbe deſtilliren/ vnd
auß ihnen einen Spiritum ardentem vnd Oleum, wie auch Sal Fixum bereiten/ vnd wie-
der nach der Kunſt conjungiren/ vnd in liebliche Eſſentias bringen wolte/ welche Arbeit
allbereit in dem Erſten Theil meiner Pharmacopææ Spagyricæ außfuͤhrlich beſchrieben
worden/ allhier aber nur tract irt wird/ wie die Vegetabilia, Animalia vnd Mineralia,
allein durch Huͤlfſe deß Salpeters/ in liebliche Medicamenten zu bereiten ſeyn/ an andern
Orten meiner Schrifften werden dieſelbe auch ohne dieſes Solvens Univerſale, durch an-
dere Weg zu bereiten/ vielfaͤltig gelehret/ dahin ich den guͤnſtigen Leſer wil gewieſen ha-
ben/ vnd allhie fortfahren/ vnd die Bereitung durch erwehntes feurige Solvens, ohne an-
deren additionen oder Huͤlffe/ zu verrichten lehren.
Proceſſus,wie dieAnimaliaoderVegetabiliadurch den
feurigen Liquorem Nitri fixi, zu ſolviren corrigiren/ vnd in heylſame
Medicamenten gebracht werden.
℞. Welches Thier oder Kraut du wilt/ iſt es friſch/ ſo hacke es klein/ iſt es duͤrꝛ/ ſo
pulveriſire es/ vnd uͤbergieſſe daſſelbe in einem ſtarcken Glas-kolben/ mit dem Liquore
Nitri fixi, alſo/ daß derſelbe das Thier oder Kraut wol befeuchte vnd allenthalben be-
decke/ ſetze des Glas in ein Balneum, vnd digerir das gifftige Kraut oder Thier ein Tag
vnd Nacht zuſammen/ ſo wird der Liq. Nitri in waͤhrender Zeit das gifftige Thier oder
Kraut zeitigen/ vmbkehren/ vnd die Gifft zu einer medicin machen/ laß erkalten/ nimb
das Glas auß dem Balneo, vnd gieſſe das corrigirte Kraut oder Thier mit dem Liq.
Nitri fixi auß dem Kolben in ein ander Glas mit einem langen Hals/ gieſſe deß beſten
dephlegmirten Spirit. Ardent. Vini vel frumenti darauff/ alſo/ daß derſelbe zwey zwergs
Finger daruͤber ſtehe/ NB. dann ſo wol der Liquor Nitri, als Spiritus Ardens, ſoll De-
phlegmirt ſeyn/ auff daß ſich der Spiritus Ardens nicht mit dem Liq. fixo conjungiren
koͤnne/ ſondern daruͤber ſtehen bleiben muͤſſe/ dann ſo bey beyden viel Waſſer waͤre/ wuͤr-
de ſich der Spiritus Ardens mit dem Liq. vereinigen/ vnd das Werck verdorben ſeyn/
welches wol in acht zu nehmen. Dieweilen nun der Spiritus Ardens ſich mit dem Li-
quore nicht vermiſchen kan/ ſo ziecht er in der warmen Degeſtion allein die wahre cor-
rigirte Eſſentiam deß Krauts oder Thiers zu ſich/ vnd laͤſſt den Liq. Vixum mit den vn-
achtſamen Huͤlſen deß Krauts oder Thiers zuruͤck/ wann das geſchehen/ vnd der Spiritus
Ardens nicht mehr extrahiren kan/ vnd voller Eſſents iſt/ ſo gieſſe ihn ab/ vnd wieder ei-
nen
[47]Pharmacopææ Spagyricæ.
nen friſchen darauff/ laß ihn auch extrahiren/ dieſes thue ſo offt es noͤhtig ſeyn moͤchte/
vnd alle Eſſentia auß dem Liq. gezogen iſt/ dieſe colligirte abgegoſſene Spiritus, darinn
die vmbgekehrte Gifft deß Krauts oder Thiers iſt/ gieſſe zuſammen in einen Kolben/ vnd
extrahire fein lind in einem Balneo den Spiritum Ardentem davon/ biß daß nur ein di-
cker braun-rohter Liquor. zuruͤck bleibe. NB. Man kan auch wol nur den beſten Spir.
Ardentem von dem Extracto in Balneo ſepariren/ vnd zu fernerem Gebrauch bewah-
ren/ vnd hernach den uͤbrigen ſchwachen Spiritum ſam̃t dem Extracto auß dem Balneo
nehmen/ vnd in glaͤſern Schalen uͤber einem Balneo Vaporoſo ad conſiſtentiam mellis
abdunſten laſſen/ ſo darff man ſich nicht beſorgen/ daß das Balneum zu heiß werde/ vnd
etwan die Eſſentia in dem Kolben verbrennen moͤchte/ welches wol in acht zu nehmen/ ſo
aber in glaͤſern Schalen uͤber einem Balneo Vap. gar nicht geſchehen kan; wann nun die
Eſſent. ſo weit gebracht iſt/ ſo ſol man von dem zu erſt uͤbergeſtiegenen Spiritu Ardente
wider in einem Koͤlblein etwas darauff gieſſen/ wol vntereinander ſchwencken vnd ſchuͤt-
telen/ ſo ziecht der ſtarcke Spiritus Ardens alſobalden wiederumb das reinſte Theil auß
der Eſs. vnd laͤſſt etwas wenigs feces ſam̃t etwas Nitri-fixi, ſo in der erſten Extraction
der Spiritus Ardens an ſich gezogen/ zuruͤck ligen/ davon man alſo bald den Spiritum
Ardentem mit der Eſſent. abg[i]eſſen ſol/ auff daß derſelbe/ wann er laͤnger darauff ſtehen
bliebe/ nicht auch das Saltz endlich zu ſich nehme/ vnd alſo die Eſſent. dardurch vnlieblich
werden moͤchte/ ſo man aber die Eſſentiam noch reiner vnd kraͤfftiger haben wil/ kan man
ſolche zu dreymal extrahiren/ wird allzeit etwas Saltz ligen laſſen vnd lieblicher werden:
wann man fleiſſig dieſes obſervirt, ſo bleibt gemeiniglich noch etwas Salis fixi bey der Eſs.
vnd macht dieſelbe vnl eblich zu nehmen/ darumb wol achtung auff dieſe Erinnerung zu
geben/ vnd fleiſſig alle Arbeit verrichten/ wann er etwas guts erlangen wil.
Dieſes iſt nun der gruͤndliche Bericht/ wie auß den aller gifftigſten Kraͤutern vnd
Thieren die kraͤfftigſte Medicamenten bereitet werden. Weiters ſol dieſes noch in acht
genommen werden/ nemblichen/ wann durch den Spiritum Ardentem, die Eſs. auß den
alcaliſirten Thier oder Kraut gezogen/ ſo ſol man den Reſt in einem Erden verglaſirten
Tiegel auff die truckne kochen/ vnd das truckne in einem Glut-feuer außgluͤhen/ ſo geht
alles vnreine durch das Feuer hinweg/ vnd bleibt das Nitrum fixum allein ligen/ welches
man in einen feuchten Keller legen/ vnd wieder zu einem Liquore flieſſen laſſen kan/ iſt
wieder ſo gut/ als es zuvorn geweſen/ vnd kan alſo zum oͤfftern/ wie auch der abſtrahirte
Spir. Ardens, zu dergleichen Arbeit gebraucht werden. Vnd obwol dieſer Modus per
Nitrum fixum, ſo wol die gifftige Mineralia vnd Vegetabilia vmbkehrt/ vnd deren Gifft
zu einer Medicin macht/ ſo dient er doch beſſer zu den ſulphuriſchen Vegetabilien, Ani-
malien vnd Mineral en/ als Mercurialiſchen; hergegen der Spiritus Acidus Citri, ob er
ſchon die ſulphuriſche Vegetabilien Animalien vnd Mineralien auch ſolvirt, corrigirt
vnd vmbkehrt/ er dann noch beſſer bey den Mercurialiſchen zu gebrauchen/ vnd ſonderlich
bey den Mineralien ſolches in acht zu nehmen iſt/ darbey die wunderbare Eigenſchafft vnd
veraͤnderente Krafft deß Feuers zu erlernen; dann das Nitrum, wie es an ſich ſelber iſt/
vnd
[48]Ander Theil
vnd mit den verbrennlichen Vegetabilibus vnd Animalibus vermiſchet vnd angezuͤndt
wird/ alles brennt/ vnd mit der Flam̃ wegtreibet/ daß nichts uͤbrig als das Sal fixum zu-
ruͤck bleibt/ vnd gar nicht bey dieſen Vegetabilien vnd Animalien dienet/ etwas gutes
darauß zu machen; bey den gifftigen Mineralien aber thut es das ſeinige deſto beſſer/ vnd
mehr als dem Nitro fixo, oder Spiritu volatili, corroſivo, accido zu thun muͤglich iſt/
wie hernach bey den Mineralien ſol bewieſen werden. Dieſes habe ich zu erinneren noͤh-
tig befunden/ auff daß der Kunſtliebende ſehen moͤge/ die vnterſchiedliche Wirckung deß
Nitri, daß Nitrum wie es an ſich ſelber iſt/ thut ſeine operation mit der Flam̃ bey den
gifftigen Mineralien/ vnd macht dieſelbe innerhalb wenig Stunden Medicinaliſch vnd
ſicher zu gebrauchen. So aber daſſelbe in einen Fixum Liquorem gebracht wird/ ſo ſol-
virt er alle ſulphuriſche Vegetabilien/ Animalien vnd Mineralien/ welches dem gemeinen
Salpeter/ noch ſeinem Spiritu jacido corroſivo vnmuͤglich zu thun iſt/ vnd gleich wie
nun dieſer Fixe Liquor Nitri, die Sulphuriſche Mineraliſche Subjecta gantz vnd gar auf-
ſolvirt, vnd nichts davon als die Huͤlſen oder feces ligen laͤſſt/ alſo ſolvirt ein Spiritus
Nitri acidus alle Mercurialiſche ſubjecta, vnd laͤſſt nichts davon ligen/ doch dieſes alſo
zu verſtehen/ daß ein jedwede Natur ſeines gleichen liebet/ vnd ſich gern damit vereinigt/
ſonderlich wann die Naturen rein vnd ſauber/ vnd mit andern nicht vermiſchet ſeyn. Es
noch beſſer zu verſtehen zu geben/ ſo iſt kein Kraut/ Thier/ oder Mineral, es beſtehet in ſei-
nen tribus principiis, ſcilicet: ſale, Sulphure \amp; Mercurio, aber ſehr vngleich/ dann bey
dem einem prædominirt das Saltz/ bey dem andern der Sulphur, bey dem dritten der ☿.
Wañ nun bey ſolchen in tribus principiis beſtehenden ſubjectis, die Vngelegenheit nicht
gar zu groß iſt/ vnd keines Principium zu ſehr prædominirt, ſo ſolvirt ſo wol der Spiritus
Acidus, als Sal Fixum Nitri dieſelbe auff/ wie zu ſehen bey dem mehrern Theil Vegetabi-
lien/ Animalien vnd Mineralien/ wann ſie in ihren Principiis temperirt ſeyn/ ſo wol von
dem Liq. fixo, als Spir. volatili acido ſich ſolviren vnd corrigiren laſſen/ als zum Exem-
pel/ ich nim̃ ein Kraut/ es ſey der N[a]pellus, Mandragora, oder Opium vnter den Thie-
ren/ eine Spiñ/ Seorpion/ oder Goldkefer/ procedire darmit wie oben gelehrt cum Ni-
tro fixo, ſo werden ſie ſich darinn gantz ſolviren/ verbeſſeren/ vnd zu ſichern Medicinen
verwandlen laſſen/ dann ihre principia ſeynd gleichmaͤſſig: Vnd ſo ich obgedachte Ve-
getabilia vnd Animalia mit einem Spiritu acido Nitri uͤbergieſſe/ werden ſich dieſelbe
auch darin ſolviren/ alteriren/ vnd zur Verbeſſerung bringen laſſen/ da doch beyde/ nem̃-
lich der Liquor fixus, vnd Spir. Acidus in ihrer Natur/ (obwolen ſie auß einer Wurtzel
entſtanden/) gantz vngleich vnd einander feind vnd zu gegen ſeyn/ vnd ſolches darumb/
dieweilen ſo wol der Liquor fixus als Spiritus Acidus noch etwas parteiſch vnd gleich ſam
nicht gaͤntzlich abſolut in einer Natur herſchet/ wie dann dieſelbe beyde auß einem/ nem̃lich
gemeinen Salpeter/ in zwey wiederwertige Theilen/ vnd in ſolche gegen einander ſtreit-
tende Feinde durchs Feuer gebracht worden/ vnd wann dieſelbe beyde wieder zuſammen
gebracht/ vnd ſolche ihre durchs Feuer empfangene Feindſchafft an einander veruͤbet/ vnd
der eine Theil den andern uͤberwunden vnd getoͤdtet hat/ ſo iſt weder ein feuriger Liquor
noch
[49]Pharmacopææ Spagyricæ.
noch Spir. Acidus bey ihren todten Leibern mehr zu ſpuͤhren/ ſondern daſſelbige wieder
darauß worden/ was beyde zuvoren geweſen/ vnd worauß ſie entſtanden/ nem̃lich ein
gemeiner Salpeter. Sagen derohalben die Philoſophi gar wol/ fac fixum volatile, \amp;
Volatile fixum. Auch ſagt Hermes, Draco noſter non moritur niſi cum frater \amp;
ſorore. Von dieſer Materi waͤr viel zu ſagen/ gehoͤrt aber hieher nicht; ſondern in den
vierdten Theil deß Vaterlands Wohlfahrt/ darin von der concentration deß ☉ vnd ☽
in tincturen gehandelt wird. So aber eines von den principiis zu ſehr prædominirt,
es ſey gleich der Sulphur oder ☿ (das Saltz hindert nichts) ſo koͤnnen beyde Solventia
ſolches ſubjectum nicht ſolviren/ ſondern allein dieſes/ deſſen Apropriatum es iſt. Als
zum Exempel. Der Saame eines Krauts/ obwolen auch ein mercurialiſch Saltz darbey
iſt/ ſo prædominirt doch darinn der Sulphur, vnd laͤſſt ſich derohalben lieber durch liquo-
rem Fixum, als Spiritum corroſivum ſolviren/ ſo aber das Oleum per expreſſionem
vel deſtillationem auß dem Saamen gezogen/ vnd das Sal Mercuriale davon geſchie-
den iſt/ ſo hat der Liquor deſto mehr Krafft in ſein gleiches zu wuͤrcken/ vnd ſolches gantz
vnd gar ohne hinderlaſſung einiger Theilen auff zu ſolviren; hergegen aber/ weilen dem
Spiritu acido ſein ingres, nemblich das mercurialiſche Saltz bey dem Oleo benommen/
hat er gar keine Macht mehr darein zu greiffen/ noch daſſelbige zu ſolviren/ da er doch auß
eben dieſem ſubjecto herkommen/ als ſein Bruder der Liquor Fixus, vnd doch daß nicht
thun kan/ was der Bruder thut; deßgleichen auch der Schweſter zu thun vnmuͤglich iſt/
was der Bruder wol thun kan; wann ſich aber dieſe beyde/ nemblich Bruͤder vnd Schwe-
ſter vermiſchen/ ſo gebaͤhren ſie wieder ihrer Eltern gleich/ Hermaphroditiſche Kinder/
davon ſie zuvorn auch herkommen ſeyn/ nemblich ein ſimplex Nitrum, darauß wieder
dergleichen Manns vnd Weibs-geburten entſtehen/ vnd ſolches infinitum, die eine Ge-
burt ſich in die andere verwandelt/ vermehret vnd verbeſſert. Wann man ihnen ihr
rechtes Ehebett zu geben weiß/ vnd more Philoſophico darmit procediret; deßgleichen
auch mit einem Animaliſchen/ wie auch Mineraliſchen Sulphure zu verſtehen iſt/ wann
nemlich der Sulph. ohne Sal vnd ☿ iſt/ der Spir. Acidus ſolches nicht ſolvirt/ aber der Liq.
fixus ſulphureus, ſolches gern thut/ wie dann der Liquor fixus einen gemeinen minerali-
ſchen Sulphur, gantz vnd gar auff ſolvirt/ vnd ein Spir. Acidus denſelben gantz vnd gar
ligen laͤſſt/ ſo aber ein ſubjectum, beyder Naturen/ nemlich ſulphuriſcher vnd mercuria-
liſcher theilhafftig iſt/ kan es auch von beyden Naturen/ nemlich Liq. fixo, vnd Spir. Aci-
do, ſolvirt werden/ vnd ſolches ſo wol bey den Vegetabilien/ Animalien/ als Mineralien/
muͤſſen alſo die extrema, der Anfang vnd das Ende/ das Primum Ens, oder ultimum
eſſe, das fluͤchtigſte vnd verbrenlichſte/ vnd fixeſte vnd beſtaͤndigſte gegen einander gehal-
ten werden: Den gemeinen/ wie auch bey allen Ertzen vnd metalliſchen Mineralien/ an-
hangenden ſulphur comburens wollen wir fuͤr den Anfang nehmen/ vnd das feine ☉
fuͤr das Ende der Sulphur crudum ſich mit dem Liq. fixo gantz vnd gar auff ſolviren/ das
zeitige Gold aber ſich davon gar nicht antaſten laͤſſt/ der Spir. Acidus aber das ☉ ſolvirt/
vnd den Sulphur gantz ligen laͤſſt/ die mittel ſubjecta aber/ welche beyder Naturen theil-
Ghafftig/
[50]Ander Theil
hafftig/ als da ſind ♄. ♃. ♂. ♀. ☿. ☽. ſich auch von beyden Naturen ſolviren laſſen/
alſo wol von dem Liq. fixo als Spiritu Acido, aber doch je naͤher das ſubjectum von dem
Sulph. participirt, je lieber der Liq. fixus ſolches auf ſolvirt/ als vnter den Mineralien den
Antimon. Auripigmentum Sulphur commune, Arſenicum rubrum, \amp;c. bey den Me-
tailen den ♂. ♀. ♃. ♄. ſchwerlich/ ☽ noch ſchwerlicher/ ☿ am allerſchwerſten/ ☉ als
das letztere vnd allerbeſte gar nicht. Welches weilen es von Sulphure ſuperfluo \amp; ex-
tranco comburenti gantz vnd gar von Natur gereinigt/ befreyet/ vnd die reinſte Mercu-
rialiſche ſubſtantz von Natur gewaſchen vnd gezeitiget worden. Hergegen ſolvirt auch
der Spir. Acidus, wann er ſtarck genug das oberſte Metal biß zu dem vnterſten Mineral
zu/ vnd das allerunterſte/ nemlich den Sulphur laͤſſt er ligen/ aber doch immer das eine
Metal lieber als das andere/ nachdeme es ihme in ſeiner Natur verwand vnd zugethan
iſt; kan alſo ein jedweder Chymicus, allein durch die ſolution dieſer beyden ſolvention
erfahren/ weſſen Natur vnd Eigenſchafften ein jedweder Metal vnd Mineral iſt. (NB.
Durch dieſes Mittel habe ich erfahren/ welche Metallen vnd Mineralien dem ☉ am
nechſten ſeyn/ geht ihm viel ſicherer/ als das Leſen auß den Buͤchern/ wuͤrde ihm auch
nicht ſchaden/ wann er die Signatur der Mineralien vnd Metallen verſtuͤnde/ vnd ihre
Naturen vnd Eigenſchafften darauß zu erlernen wuͤſte/ davon aber die Gelegenheit zu
tractiren jetzt nicht gibt/ ſondern in dem Andern Theil deß Vaterlands Wolfahrt/ da
von concentrirung der Mineralien in Metallen gehandelt/ ſolches außfuͤhrlich beſchrie-
ben wird/ vnterdeſſen bald vnten bey den metalliſchen Medicamenten auch etwas ſol ge-
ſagt werden. Auff daß ich aber nicht laͤnger mit diſcuriren von vnterſcheid der Metallen
mich auffhalte/ ſondern weiters fortfahre/ vnd auch beſchreibe/ wie die ſo wol Vegetab. als
Animaliſche gifftige ſubjecta mit dem Spir. Acido nitri ſolvirt/ gereinigt/ gezeitigt/ vnd
in ſichere Medicamenten verwandelt vnd vmbgekehrt werden/ weiſet dieſer folgende
Proceſs.
℞. Nucesvomicas, oder Krawen-Englein/ der gifftigen geſprechelten Krotten-
Schwein/ etliche Scorpionen/ Cantharides, oder dergleichen gifftige Vegetabiliſche
oder Animaliſche Geſchlechte; ſchneide die Vegetabilia zu ſtuͤcken/ die Animalia aber thue
gantz/ vnd lebendig hinein/ auff daß dieſelbe in dem ſie ſterben/ zuvorn ihr Gifft vermeh-
ren/ vnd darnach deſto groͤſſere vnd kraͤftigere Medicamenten geben Zum Exempel/ thue
ein oder zwo Vntzen Spir. Nitri rectificati in ein Glas mit einem engen Hals/ daß mans
zuſtopffen kan/ vnd thue deine Vegetabilia darein zu ſolviren/ wann ſolche zu ▽ worden
ſeyn/ thue mehr hinein/ laß auch zu ▽ werden/ vnd alsdann wieder Veg. hernach ge-
than/ ſo lang vnd viel biß der Spir. nicht mehr ſolviren kan/ vnd dicklicht worden iſt. Alſo
kanſtu auch mit den Animalien thun/ wann ſie todt ſeyn/ ſo ſie aber noch lebendig ſeyn/ ſo
thue ein theil ▽ zu dem Spiritu in das Glas/ [e]he du deine Wuͤrm hinein thuſt/ den Spir.
damit zu brechen/ daß er ſo gar ſtarck nicht mehr ſey; vnd wann die Wuͤrm lebendig hin-
ein gethan werden/ deſto laͤnger leben/ vnd nicht alſobalden ſterben/ ſondern ſich ſelber
vergifften muͤſſen; dann ſo man ſie in einem ſtarcken Spir. wirfft/ ſeynd ſie in einem huy
todt/
[51]Pharmacopææ Spagyricæ.
todt/ vnd wiſſen nicht wie ihnen geſchicht/ ſo aber der Spiritus ſo ſtarek nicht iſt/ leben ſie
noch eine weil darin/ vnd wann ſie ſehen daß ſie ſterben muͤſſen/ erzuͤrnen ſie ſich/ vnd ſte-
chen oder beiſſen ſich ſelber gifftiger weiß zu todt/ vnd wird ihre Gifft deſto groͤſſer/ davon
dann auch eine groͤſſere Medicin werden kan. Wann nun dieſe ſolvirt/ ſo thue nach
vnd nach mehr zu/ ſo lang vnd viel biß das Waſſer nicht mehr ſolviren kan/ vnd dick
worden iſt/ alsdann laß den Liquorem durch ein zart Tuͤchlein lauffen in ein Glas/ vnd
gieſſe allgemach von dem Liquore fixo nitri nach vnd nach/ immer ein wenig nach dem
andern zu der ſolutione Veget. vel Animalium, ſo toͤdtet der Liq. fixus den Spir. Acidum,
vnd verlieren beyde ihre Staͤrcke/ vnd werden auß beyden wieder ein Salpeter/ vnd laſ-
ſen das corrigirte Vegetabile oder Animale in forma pulveris fallen/ wann das geſche-
hen/ ſo gieſſe mehr ſuͤß ▽ darzu/ auff daß ſich der Salpeter wol auff ſolviren koͤnne/ als-
dann man alles zuſammen in ein rein zart Tuͤchlein/ ſo uͤber einem glaͤſern Truͤchter li-
gen ſol/ außgieſſen muß/ ſo laufft der Salpeter welcher zuvorn theils Spir. Acidus, theils
Liq. fixus nitri geweſen/ vnd durch die Zuſammengieſſung zu einem Nitro worden iſt/
mit dem ▽ ſolvirt durch das Tuͤchlein: die Veg. oder Animalia aber/ bleiben zuruͤck in
dem Tuͤchlein/ auff welche man zum oͤfftern ſuͤß ▽ gieſſen/ vnd dardurch lauffen laſſen
kan/ biß ſie genugſam abgeſuͤſſt ſeyn/ als dann man ſelbige mit dem Tuͤchlein auff ein viel-
faches doppelgefalten Maculatur-Pappier zu trucknen hinlegt/ ſo wird das Pappier alle
Feuchtigkeit an ſich ziehen/ vnd das Animal oder Vegetabile, wol corrigirt, in Form ei-
nes zarten Pulvers ligen bleiben/ welches dann zu medicinaliſchen Gebrauch kan ver-
wahrt/ entweder alſo per ſe in forma pulveris, oder in Pillen formirt/ gebraucht werden/
kan dasjenige gantz ſicher vnd kraͤfftig verrichten/ was ſonſten das Veg. oder Animale,
vnbereit/ vnſicher vnd gefaͤhrlich gethan haͤtte. Man kan auch auff eine andere Weiſe
die Animalien vnd Vegetab. durch den Spiritum Acidum vel Sal fixum nitri, in gute
Medicamenten bringen/ nemlich alſo: Man ſolvirt diejenigen Subjecta, ſo ſich mit
dem Liq. fixo nicht wollen ſolviren laſſen in Spiritu Acido, vnd præcipitirt das Solu-
tum cum Nitro fixo, oder man ſolvirt das Subjectum cum Nitro fixo, vnd præcipitirt
ſolches per Spiritum Acidum, vnd wann alles wol præcipitirt vnd das Solvens
genugſam getoͤdtet/ vnd das Solutum præcipitirt worden/ alsdann man etwas meh-
rers Liquoris Nitri fixi zugieſſt/ alſo daß das Nitrum fixum, das Acidum weit uͤber-
treffe/ alsdann zieht man das Phlegma davon in Balneo Vaporofo, ſo bleibt ein
Liquor, auff welchen man einen Spiritum Ardentem nach genugſamen Gewicht
gieſſet/ digerirt, extrahirt, ſo greifft der Spiritus Ardens nichts anders an/ vnd nimt
nicht mehrers zu ſich/ als allein die Eſſentiam deſſen Krauts oder Thiers/ ſo darmit dige-
rirt worden iſt/ vnd laͤſſt die ſolventia vnangetaſt zu ruͤck ligen/ welche Eſſentia nicht ge-
ringer an Tugend vnd Kraͤfften als vorige beſchriebene/ auch befunden worden. Dieſes
ſey dißmals genug von der Vegetabiliſchen Medicamentorum Bereitung geſchrieben/
wollen in Gottes Namen auch die Mineraliſche vnd Metalliſche vnter Haͤnden nehmen/
vnd ſehen/ was Gott der Allmaͤchtige darinn gutes beſchehren werde.
G 2Der
[52]Ander Theil
Der Metalliſchen Medicamentorum Bereitung durch das Solvens Univerſale
betreffende/ hat ſelbe bey nahe mit den vorigen Vegetabiliſchen vnd Animaliſchen gleiche
Verwandnuͤß/ auſſer dieſem daß die meiſte Mineralien vnd Metallen bloß mit dem Ni-
tro purgato ſolvirt/ corrigirt, in ſichere Medicamenten koͤnnen verwandelt werden/
wie dieſer modus angezeigt.
℞. Antimonii pulveriſati, Nitri purgati ana, miſche beyde vnter einander/ vnd
verpuffe ſie in einem verdeckten Tiegel/ auff daß die Maſſa nicht außſpruͤtze/ gieſſe es nach
der Verzinterung auß/ pulveriſir die Maſſam, vnd edulcorire das Nitrum wieder da-
von/ truckne das Antimonium welches ſeine Schwaͤrtze verlohren/ vnd weißlicht wor-
den iſt/ miſche wieder gleichſchwer Nitri darunter/ verzuͤndere es wieder/ ſuͤſſe es wieder
ab/ vnd repetir dieſe Arbeit zu dreymalen/ ſo verlieret das Antimonium ſeine Schwaͤrtze
vnd Gifft/ vnd wird weiß/ welches in allen Kranckheiten da ſchwitzens vonnoͤhten iſt/ ſi-
cherlich kan gebraucht werden/ von zwey/ drey/ vier/ biß ſechs Gran eingenommen. NB.
ſo man aber an ſtatt eines Antimonii crude, ſeinen regulum der per ſe gemacht wor-
den/ nimt/ ſo erlanget man das erſte mal ein weiſſes Diaphoreticum in gleicher Doſi mit
dem vorigen zu gebrauchen. Auff dieſe Weiß kan auch das gifftige Arſenicum, Auri-
pigmentum, vnd ihres gleichen/ von aller Gifft purgirt/ vnd in ſichere ſchweißtreibende
Gift-Pulver gebracht werden. Dieweilen aber ſolche Bereitung nicht jedermans Thun
iſt/ vnd der Vnwiſſende leichtlich ihme vnd andern dardurch Schaden zufuͤgen moͤchte/
alſo rahte ich/ daß man deren muͤſſig gehe/ vnd bey dem Antimonio verbleibe/ vnd ſelbi-
gen wol figire, ſo wird er ſicherer damit gehen/ wird allhier nur bewieſen vnd angezeigt/
daß auch die aller gifftigſten Subjecta, allein durch das Nitrum zu corrigiren, vnd in ſi-
chere Medicamenten zu bringen muͤglich/ ſo man aber noch beſſer vnd ſicherer damit vmb-
gehen wil/ ſo procedire man alſo: Man ſolvire obgedachtes durchs Nitrum figirte
Antimonium Diaphoreticum in einem ſtarcken Aqua Forti, gantz klar vnd hell auff
vnd præcipitire hernach ſolche Solution mit dem Liq. Nitri fixi, ſo faͤllt ein ſchneeweiſ-
ſes zartes Pulver zu Boden/ gieſſe die Naͤſſe davon/ laß abduͤnſten vnd ſchieſſen/ ſo haſtu
deinen Salpeter wieder/ das Pulver ſuͤſſe mit Waſſer rein ab/ vnd truckne ſolches/ ſo
haſtu eine ſichere Medicin in allen Kranckheiten da Schwitzen vonnoͤhten iſt/ vnd mit
Warheit Bezoarticum Minerale genant werden mag/ Doſis agran 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.
biß in 12. nach Gelegenheit der Kranckheit vnd Perſon/ davon in meinen andern Schrif-
ten weitlaͤufftiger tractirt worden/ vnd vnnoͤhtig allhier ſolches zu wiederholen. Auff die-
ſe dreyerley Weiß durchs Nitrum crudum, fixum, vnd Acidum, koͤnnen alle Metallen,
Mineralien, Lapides, vnd was in der Welt iſt/ ſolvirt/ corrigirt, vnd in ſichere Medica-
menten gebracht werden. Mit dem Spiritu Acido Nitri kanſtu alle Metallen ſolviren/
außgenommen das ☉ ſo du aber ein wenig Salmiac darzu thuſt/ oder den Spir. Nitri uͤber
gemein Kochſaltz rectificirſt, alsdann greifft er das ☉ auch an/ vnd ſolvirt es. Auch
koͤnnen alle Mineralien damit auffgeloͤſt werden/ auſſer dem gemeinen Schwefel/ vnd
wann ſie auffgeloͤſſt ſeyn/ kan man ſolche mit dem Liquore Nitri, præcipitiren/ edulco-
riren/
[53]Pharmacopææ Spagyricæ.
riren/ vnd zu der Medicin gebrauchen/ werden nach eines jedwedern Metals oder Mine-
rals Art vnd Eigenſchaften zarte Pulver darauß/ von ☉ ein gelbes ☉ fulminans genand/
von ☽ ein graues/ von ♀ ein gruͤnes/ von ♂ ein rohtes von ♄ vnd ♃ weiſſe/ vom Anti-
monio, wißmuth/ Zinck/ auch weiß von Galmey/ Tutia/ Kobolt graulicht/ ꝛc. den ge-
meinen Sulphur, wie auch alle edel vnd vnedel Steine greifft er gar nicht an/ ſondern ſein
Bruder der Liq. Nitri fixi, ſolches deſto lieber/ alſo/ was die Schweſter nicht kan/ das
vermag der Bruder/ vnd was der Bruder nicht vermag/ kan die Schweſter/ vnd was
beyde nicht koͤnnen/ das kan ihr Vatter oder Mutter das Nitrum crudum, alſo/ daß die-
ſem ſubjecto zu thun gar nichts vnmuͤglich iſt. Auff daß ich nun vollkoͤmlich beweiſe/
daß durch das Nitrum alles ſo in der Welt iſt/ koͤnne auff ſolvirt werden/ ſo fahre ich fort/
vnd zeige an wie diejenige ſubjecta ſo nicht per Spir. Acidum zu ſolviren/ per Nitrum
fixum gleichwol zu verrichten/ vnd erſtlich von dem gemeinen Sulphur.
℞. 1. Theil Sulphuris pulveriſati, vnd 2. Theil Nitri fixi, thue beyde zuſammen
in ein Kolben-Glas/ darzu zweymal ſo ſchwer/ als beyde gemein ▽ koche es in Arena vn-
gefehr ein Stund zuſammen/ ſo wird der Liq. Nitri fixi, den Sulphur auff ſolviren vnd
eine rohte ſolution geben/ welche ſo ſie filtrirt iſt/ mit dem contrario Spiritu acido kan
præcipitirt werden/ gibt nach der Abſuͤſſung ein weiß vnd zart Pulver in allen Lungen
Kranckheiten gut. Nun ſeynd noch uͤbrig die Kißling/ Sand/ Criſtallen/ vnd aller-
hand edel vnd vnedel Geſtein/ welche ein Spir. Acidus nicht ſolvirt/ derohalben mit dem
Nitro fixo koͤnnen/ ſollen/ vnd muͤſſen ſolvirt werden/ welches alſo geſchicht; gluͤhe den
Kißling/ Criſtall/ Marmor oder einen andern Stein/ welcher im Feuer zum Glas ſchmel-
tzet/ wol auß/ vnd leſche denſelben in kaltem Waſſer/ vnd truckne ihn wieder/ ſo laͤſſt er
ſich gern pulveren; dieſes pulveriſirten Steins nim̃ ein Theil/ vnd drey oder vier Theil
Nitri fixi, miſche ſolche vntereinander/ vnd thue es in einen Schmeltz-Tiegel/ laß im
Wind-Ofen verdeckt wol zuſammen flieſſen/ alſo daß ein durchſichtig hell Glas darauß
werde/ gieſſe es auß/ pulveriſirs vnd ſetz daſſelbe in glaͤſerne Schaalen/ in ein[ē] feuchten Kel-
ler; ſo zerflieſt der Stein in einen Liquorem, oder man gieſſe nur ein gemein ▽ darauff/
ſo ſolvirt ſich der Stein auch in ein klar △ welches/ wann man einen Spir. Nitri acidum
darauff gieſſt/ vnd das Nitrum fixum damit getoͤdtet wird/ ſo laͤſſt es den ſolvirten Stein
in Form eines zarten Pulvers fallen/ welches man zum oͤfftern mit ſuͤſſem ▽ abkochen/
vnd darnach trucknen ſol/ ſo hat man ein Magiſterium deſſen Steins ſo man begehrt.
NB. Es koͤnnen dieſe Steine auch wol nur in einem ſtarcken Glas mit dem Liquore
Nitri fixi uͤbergoſſen/ vnd im Sand digerirt vnd ſolvirt werden/ gehet aber etwas lang-
ſamer zu/ als der truckene Weg durchs ſchmeltzen/ auch halten die Glaͤſer ſolchen Liq.
nicht lang/ ſondern werden auch damit auffſolvirt. Dieſe Magiſteria oder bereitete
Lapides ſeynd nuͤtzlich zu gebrauchen/ in Calculo, ſelbigen ſo wol auß der Blaſen als
Nieren zu treiben/ wann er nicht allbereit gar zu hart worden iſt. So man aber dieſe
Medicin noch beſſer haben wil/ ſo thue man ihme alſo: Man nehme den Liquorem ſili-
cum vel Criſtallorum, wie er nach der Schmeltzung im Keller zerfloſſen iſt/ vnd gieſſe
G 3einen
[54]Ander Theil
einen wol dephlegmirten Spir. Vini darauff/ in einer Phiol mit einem langen Hals/
doch das deß Spir. Vini zweymal ſo viel ſey als deß Liquoris, vnd der Bauch von der
Phiol nur halb voll ſey/ gib es alsdann jemanden/ welcher das Glas mit dem Liquore
vnd Spir. Vini fuͤr vnd fuͤr vnter einander ſchwencke/ alſo daß der Spir. Vini an allen Or-
ten deß Liquoris kommen/ vnd das Nitrum fixum ſolviren/ vnd alſo den Liquorem ſuͤß
machen koͤnne: NB. Dieſe Bewegung iſt nothwendig/ dann der Spir. Vini ſonſten nur
eben auff dem Liquore ſtehen bleibt/ vnd das Nitrum fixum nicht außziehen kan/ vnd
wann der erſte Spir. Vini ſcharff genug worden/ ſo gieß einen andern darauff/ vnd pro-
cedire wie mit den erſten/ ſo offt vnd viel/ biß der Liquor lapidum ſuͤß worden iſt/ NB.
der Spir. Vini ſol gar wol dephlegmirt ſeyn/ wann ſolches nicht waͤre/ vnd noch ▽ dabey
ſeyn ſolte/ ſo wuͤrde das ▽ den Liquorem præcipitiren vnd zu einem Pulver machen/
ſo man aber wol damit procedirt/ wird man eine außerleſene Medicin contra calculum
microcoſmi erlangen. NB. nach Abſuͤſſung deß Liquoris, ſol man einen Spir. Vini dar-
uͤber gieſſen/ ſo bleibt der Liquor allzeit fluͤſſig/ ſo mans aber nicht thut/ wird er in wenig
Tagen zu einem Stein in dem Glas/ wann man ſelben gebrauchen wil/ ſo haͤlt man den
Daumen fuͤr deß Glaſes Mund/ ſo weicht der Spir. vnd der ſchwere Liquor gehet zu dem
Daumen/ welchen man ein wenig auffthut/ vnd ſo viel außlauffen laͤſſt/ als man noͤhtig
hat. Dieſe Præparation, habe ich mit Fleiß hieher ſetzen wollen/ auff daß man deſto we-
niger darin fehlen moͤchte/ dann dieſe Arbeit einen geuͤbten Laboranten/ vnd keinen ſtuͤmp-
leriſchen Farnern erfodert/ vnd findet ſich in der Experientz/ daß des Sandes/ Kißlings/
[Criſtalls]/ oder dergleichen Steinen/ Liquor, oder Magiſterium, einerley Wuͤrckung be-
weiſe/ es kan ihme doch ein jedwederer nach ſeiner Meinung nehmen/ was ihnen gefaͤllig/
ich recommendire die gemeine weiſſe Kißling/ ſo in den Baͤchen im Sand zu finden:
Dieſes Magiſt. ſilicum, iſt dem ſchwachen Magen auch ſehr gut/ vnd kan gar nichts da-
mit verderbt werden/ in welcher Kranckheit es gebraucht werde. Doſis von den pulvere
von gran. 48. 12. 20. in 30. deß Liquoris guttá 1. 2. 3. 4. in 10. dieſer Liquor wo er
hinkom̃t/ es ſey auff was Materi ſie wolle/ in der truckene zu einem natuͤrlichen durch-
ſichtigen Stein wird/ ins Menſchen Leib aber er ſeines gleichen zu ſich zieht/ vnd mit auß-
fuͤhret/ es ſtecken ſonſten noch gar viel guter Secreten hinder dieſem Liquore, ſo bey mei-
nen andern Schrifften zu finden/ vnd hieher nicht gehoͤren. Weiters ſo finden ſich auch
Steine/ welche weder von dem Liquor Nitri fixi, noch von dem Spir. Nitri corroſivo
auffgeloͤſſt koͤnnen werden/ dieſe nun auch zu bezwingen/ muß man alſo fortfahren/ man
pulveriſirt ſolchen Stein/ der ſich weder mit dem Liquore Nitri fixi, oder Spir. Acido
wil ſolviren laſſen/ vnd miſchet dreymal ſo ſchwer wolgelaͤuterten vnd getruckneten Sal-
peter darunter/ thut dieſe Mixtur in einen Tiegel/ doch daß derſelbe nur die Helfte voll ſey/
vnd faſſet mit einer Zangen eine laͤnglichte gluͤhende Kohlen/ vnd ſtecke ſolche in den Tie-
gel zu der mixtur, vnd haͤlt ſolche mit der Zangen darunter/ auff daß ſie von der Flam̃
nicht herauß geſtoſſen werde/ ſo entzuͤnd ſich das Nitrum mit dem Stein durch Huͤlff der
Kohlen/ vnd gibt ein ſolches ſchnelles vnd vehementes Feuer/ dardurch der Stein pene-
trirt
[55]Pharmacopææ Spagyricæ.
trirt vnd ſolvirt wird/ daß er ſich mit gemeinem Waſſer hernach auffloͤſen laͤſſt/ wann
ſolches geſcheyen/ muß man die Solution filtriren, vnd mit Spir. Acido præcipitiren/
ſo faͤllt der Stein in Form eines zarten Pulvers zu boden/ welches man außſuͤſſen/ druck-
nen/ vnd zu dem Gebrauch bewahren ſol. Alſo haben wir nun alle Metallen, alle La-
pides, Vegetabilia vnd Animalia ſolvirt/ vnd in ihre Medicamenten gebracht/ vnd ſo
noch etwas anders in rerum natura auſſer deſſen ſubjectis zu finden waͤre/ wolte ich gar
wol dieſelbige mit dieſem meinem Menſtruo Univerſali allhier zu ſolviren auch gelehrt
haben/ dieweilen ich aber auſſer den Vegetabilien/ Animalien vnd Mineralien/ wie auch
allerhand Steine/ ja das Glas ſelbſten/ nichts anders finde noch finden kan/ ſo bleibt es
billig ein ſolvens vnd Menſtruum Univerſale, trutz aller Spoͤtter/ Ignoranten vnd Fein-
den der Warheit beſtaͤndig/ vnuͤberwindlich/ vnd vnvergleichlich/ ſo lang die Welt ſtehet.
Was in verbeſſerung der Metallen damit außzurichten/ gibt der 2. 3. vnd 4. Theil deß
Vaterlands Wohlfahrts/ darinnen de Concentratione Mineralium \amp; Metallorum
gehandelt wird/ an deß Tages Licht/ vnd was ſonſten fuͤr uͤberauß groſſe Geheimnuͤſſen
in der wahren Hermet. Philoſophia, himliſchen vnd jrꝛdiſchen Geſchoͤpffen in dieſem ſub-
jecto Mirabili verborgen/ wird der guͤnſtige Leſer in meinem de Natura Dei \amp; Concen-
tratione Elementorum intitulirten Tractaͤtlein (darin ſich der Liebhaber goͤttlicher vnd
jrꝛdiſcher Wunderwercken erluſtigen kan/ außfuͤhrlich beſchrieben finden.
Nunmehr iſt allbereit bewieſen vnd dargethan/ daß das Nitrum ein Solvens vnd
Menſtruum Univerſale ſey/ weilen nichts in rerum Natura zu ſinden/ welches durch daſ-
ſelbe nicht ſolte koͤnnen ſolvirt werden/ vnd weilen dann ſonſten kein anders iſt/ noch muͤg-
lich ein ſolches zu finden/ ſo verbleibt es billich dasjenige/ ſo es in der That iſt/ vnd von mir
vnd allen erfahrnen Philoſophis vnd Chymicis dafuͤr gehalten wird. Daß aber man-
cher vielleicht ſagen moͤchte/ er koͤnte auß obangezeigtem Beweiß/ noch nicht genugſame
ſatisfaction erlangen/ daß dieſes Solvens auch zu dem wahren Philoſophiſchen Werck
dienſtlichwaͤre/ deme werde ich nicht antworten/ vnd mich gegen die Außforſchler zu bloß
geben/ wie Arnoldus dem Lullio gethan/ ſondern billich Secreta Secreten bleiben laſſen/
iſt genug allbereit geſchehen/ vnd geſchicht auch noch ein mehrers in ermeldten Tractaͤt-
lein de Concentratione Cœli \amp; Terræ, wer das nicht verſteht/ vnd ſolches noch darzu
verachtet/ mag ſich vnter die Adeptos vnd Filios Hermetis nicht zehlen/ ſondern billich
bey der Farneriſchen Geſellſchafft/ vnd aller Stuͤmpler Saͤukuͤbel verbleiben.
Folget nun der Gebrauch/ Krafft vnd Wuͤrckung/ deren oben
angezogenen Vegetabiliſchen/ Animaliſchen vnd Minerali-
ſchen Medicamenten.
DIe Vegetabiliſche betreffend/ ſo ſeynd derſelben nicht viel/ die deß corrigirens
durch das Solvens Univerſale bedoͤrffen/ dann was vor ſich ſelber geſund vnd
gut iſt/ bedarff keiner Artzney; dann Rosmarin/ Majoran/ Salbey/ Timian
vnd
[56]Ander Theil
vnd ihres gleichen/ doͤrffen keiner correction, vnd koͤnnen wie in dem Erſten Theil ge-
lehret/ in ihre liebliche Eſſentias bereitet werden/ diejenige aber/ welche ſtarck operiren/
vnd gefaͤhrlich zu gebrauchen/ als da ſeyn Hyoſcyamus, Cicuta, Mandragora, Opium,
Tabacum, Napellus, Cocculli de Lavande, Nuces Vomicæ, \amp;c. Dieſe bedoͤrffen ei-
ner guten correctur, oder ſie ſeynd vnſicher zu gebrauchen. So ſie aber wie oben gelehrt/
durch das feurige menſtruum ſolvirt vnd corrigirt ſeyn/ darff man ſolche gar wol vnd ſi-
cher in Leib nehmen/ thun Wunderdinge in Medicina, was zuvorn gifftig geweſen/ iſt
hernacher ein Antidotum oder medicin gegen die Giffte; als zum Exempel/ der Hyoſ-
cyamus, Mandragora vnd Opium, ſeynd an ſich ſelber ſtupefactiva, ſuprimiren vnd vn-
terdrucken den Spir. Vitalem, vnd inficiren das Humidum Radicale, machen ſchlaͤffe-
rig vnd todt/ ſo dieſelbe aber durch das feurige Waſſer corrigirt, vnd ihnen ihre Gifft be-
nommen/ ſo ſeynd ſie nicht mehr ſchaͤdlich/ ſondern legen alle innerliche vnd aͤuſſerliche
Schmertzen/ vnd ſtillen die erzoͤrnten vnd auß ihrer Ruhe gebrachten Spir. Vitales, brin-
gen alles ſo jrꝛ vnd vnruhig iſt/ wieder zu recht/ vnd an behoͤrliche Stelle/ machen einen
ſanfften vnd vnſchaͤdlichen Schlaf/ treiben die gifftige Humores, durch den Schweiß
auß dem Leib/ vnd ſtellen alles wieder in einen ruhigen Stand/ vnd gute Ordnung/ dar-
durch viel groſſe Kranckheiten vertrieben werden. Die Cicuta, der Napellus, Cocculli
de Lavande, vnd Nuces Vomicæ, machen nicht allein einen toͤdtlichen vnd gifftigen
Schlaf/ ſondern auch ſtarcke Vomitus, vnd reiſſen in dem Leib mit benehmung alles
Verſtands/ Siñ und Witz deß Menſchen/ vnd endlich/ wo deren zu viel in Leib kom̃t/ vnd
durch das vomiren nicht bald wieder darauß geholffen wird/ den Tod einfuͤhren/ ſo ſie a-
ber corrigirt, ihre Gifft vmbgekehrt/ vnd in eine Medicin verwandelt werden/ machen
ſie hernach nicht allein keine ſolche ſchreckliche ſchmertzhaffte vnd toͤdtliche Symptomata,
ſondern penetriren den gantzen Leib/ vnſchaͤdlich vnd vnempfindlicher Weiß/ vnd beneh-
men alle Obſtructiones, treiben alles Boͤſe durch den Schweiß vnd Vrin/ wie auch per
Sedes auß dem Leib/ reinigen die Viſcera, von vnreinen Humoribus, dadurch verborge-
ne Kranckheiten gluͤcklich vertrieben werden/ haben ſie vorhin das Haupt beſchwehrt/
doll vnd vnſinnig gemacht/ ſo reinigen vnd purgieren ſie jetzunder/ daſſelbige von ſchwe-
ren vnd ſchaͤdlichen Duͤnſten/ ſtaͤrcken das Hirn/ vnd machen ein gut Ingenium oder
Gedaͤchtnuͤß/ alſo daß ſie allzeit dasjenige was ſie vor der correction verderbt/ jetzunder
gut machen/ doch daß man dieſelbe/ den einen als den andern Weg/ vorſichtiglich gebrau-
che vnd wolzuſehe/ wie man damit vmbgehe/ auff daß der Sachen ja nicht zu viel gethan
werde/ dann mit ſolchen durchdringenden Artzneyen nicht zu ſchertzen iſt.
Die allerſtaͤrckſte purgirende Vegetabilien, als Eſula, Cataputia, Staphiſagriã,
Gummi, Gutra vnd dergleichen/ wann ſie in dieſem Menſtruo ſolvirt/ vnd præcipitiret/
dieſelbe ihre vehemente, vnd gleichſam gifftige Natur verlieren/ vnd in linde vnd ſichere
purgantia corrigirt werden. NB. Dieſes ſol man in acht nehmen bey dieſer Solution,
weilen das Semen Eſulæ, Cataputiæ, Staphiſagriæ, wie auch das Gummi Gutta, vnd
Scamoncum, einer fetten Reſinoſiſcher Natur vnd Eigenſchafft iſt/ derohalben mit dem
Spir.
[57]Pharmacopææ Spagyricæ.
Spir. Nitri acido nicht/ ſondern mit dem Liquore Nitri fixi, aber noch beſſer mit einem
Spir. Vini, welcher durch das Nitrum fixum acuirt vnd alcoliſirt iſt/ ſolvirt/ vnd mit
dem Spir. Acido præcipitirt werden ſol. Deßgleichen koͤnnen auch mit einem ſolchen
alcoliſirten Spir. Vini alle Gummi ſo fetter Natur ſeyn/ diemagere aber durch den Spir.
Acidum ſolvirt/ vnd mit dem Contrario præcipitirt werden. Auch koͤnnen alle bittere
Saͤffte/ als Aloæ, Myrrha, vnd ihres gleichen/ damit ſolvirt corrigirt/ auch lieblicher
vnd annehmlicher dadurch gemacht werden. Auch kan man alle ſtarckriechende Gum-
mi/ als da iſt Aſſafætidia, vnd dergleichen ſtinckende Animaliſche oder Vegetabiliſche
Dinge/ damit corrigiren/ ihnen ihrem ſtinckenden vnd wiedrigen Geruch benehmen/
vnd annehmlicher dadurch machen; alſo daß man auch etliche ſtinckende Dinge alſo
vmbkehren kan/ daß derſelben Geſtanck in einen lieblichen Geruch verwandelt wird. Ob
wolen von ſolcher Arbeit vor viel Jahren/ in dem Erſten Theil Furnorum bey dem Spir.
Salis zu thun/ geſchrieben/ ſo werde ichs doch nicht dabey verbleiben laſſen/ ſondern in dem
folgenden Dritten Theil Pharmacopææ Spagyricæ noch mehr vnd beſſere Compendia
ſolches zu thun beſchreiben. Dahin ich den Liebhaber guter lieblichen/ vnd kraͤfftigen
Medicamenten wil gewieſen haben.
Bey den Animalien bedarff das Rindfleiſch/ Hammel/ Schweinen/ Huͤner/ Gaͤn-
ſen/ oder anderer nutzbahren Kuͤchen-Thier/ Fiſch- vnd Voͤgel-Fleiſch/ keiner ſonderbah-
ren correction, als daß man die Jaͤhrige vnd Alte mit Waſſer/ Saltz/ Gewuͤrtz/ Wein
oder Eſſig wol abkoche oder ſtove/ die Jungen aber am Spies brate/ ſo ſchaden ſie ge-
ſunden Leuten gar nichts/ wann ſie es eſſen moͤgen/ vnd einen guten Trunck Wein oder
Bier darzu thun/ darmit auß der Kehl in den Magen zu ſpuͤlen/ das gifftige Gewuͤrm
vnd Vngeziefer aber/ wann mans ja zu der Medicin gebrauchen wil/ vnd daſſelbe bißwei-
len auch mehr thut als die Vegetabilien, wie die Erfahrung bezeuget/ ſol man billich oh-
ne vorhergehende correction nicht gebrauchen/ ich meine aber keine Kuͤchen-correction,
welche mit Wein/ Zucker vnd Gewuͤrtz geſchicht/ ſondern eine ſolche/ da alles beyſammen
bleibt/ vnd durch das feurige Menſtruum corrigirt vnd verbeſſert wird/ ohne einige zu-
thun frembder Dingen/ wie oben klaͤrlich gelehrt worden. Alſo dann man ſelbige nicht
allein ſicherlich/ ſondern mit groſſer Huͤlff vnd Troſt vieler Krancken/ in morbis deſpe-
ratis, ruͤhmlich gebrauchen vnd Huͤlff leiſten kan. Es iſt offenbar vnd bekand genug/
was bißweilen nur die Regen-wuͤrme/ Kaͤfer/ Cantharides, Aſelli oder Eſeln vnd der-
gleichen Vrin treibende Thierlein/ nur alſo rohe getrucknet/ gepuͤlvert eingeben/ verrich-
ten. Wann man nun die Regen wuͤrm ſucht/ vnd deren viel begehrt/ ſo ſticht man mit
einem Stab in die Erden/ vnd bewegt dieſelbe damit/ wanns die Wuͤrme fuͤhlen/ ſo ver-
meinen ſie daß der Moltwurff ſie freſſen wolle/ vnd kriechen mit Hunderten auß der Er-
den/ vnd laſſen ſich greiffen/ ſo man aber einen Ekel vor den Wuͤrmen haͤtte/ ſo darff
man nur die jenige Erden nehmen/ welche die Wuͤrme wann es ein Regenlein gethan/
Fruͤhlings Zeit auff die Erden außſpeien/ in viel kleine Haͤufflein/ als wann ſie gleichſam
ſagen wolten/ nim̃ dieſes vnd laß vns leben/ vnd extrahire darauß die Eſſentiam, wird
Hdir
[58]Ander Theil.
dir immer ſo viel thun/ als wann du vns ſelber nim̃eſt. NB. Dieſe Erden ſuchen die
Ambſeln/ bringens ihren Jungen in die Neſter/ wann nichts gutes darin waͤre/ wuͤrden
ſie ja lieber ihren Jungen Gewuͤrm ſuchen vnd bringen. Gott vnd die Natur thun nichts
vergeblichs: Wann ein Hund viel Beiner geſſen hat/ ſo ſucht er einen ſaubern Ort/ da er
ſeinen Koth aufflegt/ entweder auff einen glatten Stein/ oder ins Gras/ als wolt er ſa-
gen/ dieſes geb ich dir zur Danckſagung/ daß du mir Eſſen geben haſt/ verwahrs vnd
brauchs ſo gut du weiſt. NB. Die groͤſte Krafft der Thier beſtehet in ihren Excremen-
tis, das muß man wiſſen/ vnd nicht im Fleiſch/ nach den Excrementen in den ſuperfluis
naturæ, als bey Menſchen in den Zaͤhn/ Haar vnd Naͤgeln; bey den Thieren in ihren
Haaren/ Zaͤhn/ Klauen vnd Hoͤrnern; bey den Fiſchen in ihren Schuppen/ Zaͤhn vnd
Hoͤrnern; bey dem Gefluͤgel in den Klauen vnd Federn ꝛc. Wie viel ſeynd durch die auff-
getrucknete Meyen oder Schmaltz-wuͤrme/ am Podagra vnd calculo curirt worden.
Hat doch Doct. Wierus ein beſonder Tractaͤtlein von den lauffenden Fahren/ Gicht/
vnd Gliederſchmertzen/ wie auch inwendigen verborgenen Schnurbauch vnd dergleichen
ſchweren langwirigen vnheilbar geachten Kranckheiten geſchrieben/ vnd dieſelbe durch
Huͤlff der Regen-wuͤrm/ Meyen oder Schmaltz-Kefer/ zu vertreiben gelehrt/ iſt auch
nicht ohn/ daß durch ſolches vnachtſames Gewuͤrm/ bißweilen mehr guts verrichtet wird/
als mit den allertheurſten/ vnd grosgeachteſten Vegetabiliſchen compoſitionibus, vnd
ſolches nur alſo rauch vnd vncorrigirt/ ſo man aber die Regen-wuͤrme/ vnd ſonderlich ihre
Feinde die ſchwartze glatte vielfuͤſſige/ welche ihnen den Regen-wuͤrmen ihren Safft vnd
Krafft auß ſaugen/ wie auch die breite roht- vnd ſchwartz Geſpreckelte Veneriſche Wuͤrm-
lein/ davon oben Meldung gethan/ mit dem feurigen menſtruo corrigirte/ wuͤrden
nicht allein ſicherlich den Vrin vnd calculum vnſchaͤdlich fort treiben/ ſondern dabey die
Natur der Maͤnner kraͤfftig ſtaͤrcken/ vnd den alten Reutern zu Pferd helffen. Die cor-
rigirten Cantharides vnd gruͤne Kefer vnd Fliegen/ welche alle Veneriſch/ vnd auch ſo
wol Urinam als Calculum treiben/ ſondern auch in Podagra, Arthritite vaga, vnd an-
dern ſchweren eingewurtzelten Kranckheiten Wunder thun: Aber die ſchwartze langſam
kriechende Meyen oder Schmaltz-Kefer am kraͤfftigſten/ deren man auch im Majo vnd
Junio genugſam bekommen kan/ vnd beruhet allein darauff/ daß dieſelbige wol mit dem
Alkaheſt corrigirt vnd bereitet ſeyn/ ehe man dieſelbige gebrauche. Die groſſe gehoͤr-
nete Kefer (Schroͤter genand) welche ſich von den Saͤfften vnd Hartzen der Nuͤß/ Kir-
ſchen vnd Pflaumen Baͤumen ernehren/ vnd durchauß balſamiſch ſeyn/ recommendire
ich/ innerlich vnd aͤuſſerlich zu gebrauchen/ wann ſie corrigirtſeyn/ in Reiſſen/ Stechen/
vnd groſſen Schmertzen/ der innerlichen vnd aͤuſſerlichen Glieder. Die Ameiſen geben
auch einen heilſamen vnd ſehr kraͤfftigen Balſam/ gegen innerliche vnd aͤuſſerliche
Schmertzen vnd Schaͤden/ ſonderlich diejenigen/ welche in den Tannen- oder fichten
Hoͤltzern vnd Waͤldern/ ſo von dem Hartz der auß den Baͤumen rinnt/ ſich nehren vnd
auffhalten/ dieſe Ameiſen davon ich allhier Meldung thue/ eſſen kein Laub noch Gras/
wie ſonſten andere thun/ ſondern tragen ihnen im Sommer groſſe Hauffen voll kleine
Troͤpff-
[59]Pharmacopææ Spagyricæ.
Troͤpfflein oder Koͤrner hart geworden Terpentin/ auff den Winter zu ihrer Nahrung
ein/ welches die Jnwohner deren Waͤlder auch wiſſen/ vnd ſelbige ſuchen vnd wegneh-
men/ in die Staͤdte den Apothekern fuͤr Maſtix verkauffen/ welcher auch an Krafft/ Tu-
gend/ Geſtalt vnd Geruch demjenigen Maſtix ſo auß Jndia zu vns koͤm̃t/ gantz gleich iſt/
vnd vielleicht wir jenes nicht noͤhtig haͤtten/ wann wir dieſen kaͤnten/ ſuchten vnd zuge-
brauchen wuͤſten. Dieſer vnd dergleichen Gewuͤrm/ findet man mancherley/ ſo zu der
Medicin gar wolkoͤnten gebraucht werden/ weilen aber ſolche ſo haͤuffig nicht wie die Ve-
getabilia vnd Mineralia zu bekommen/ ſo bleibt ihr Gebrauch zuruͤck/ werden derſelben
ſehr wenig geſucht/ wie es dann auch nicht noͤhtig/ etwas in der ferne zu ſuchen/ daß haͤuf-
fig vor Augen ligt/ was ich allhier geſchrieben/ iſt mehrentheils geſchehen/ damit zu be-
weiſen/ daß das Solvens Univerſale auch Macht habe/ alle gifftige Vegetabilien vnd
Animalien zu corrigiren/ ihnen ihre Gifft zu einer Medicin zu verwandlen/ welches ich
dem Menſtruo zu Ehr vnd Ruhm beſchreiben muͤſſen. Daß es ſolches bey den gifftigen
Mineralien thue/ iſt bereit genugſam bekand/ vnd von andern gelehrt vnd beſchrieben
worden/ wie bey dem Antimon. zu ſehen/ wann er zu zwey oder dreymalen mit dem gemei-
nen Nitro verpufft wird/ er alle ſeine ſchwartze Farb/ vnd gifftige Natur verleuret/ vnd
zu einem weiſſen ſchweistreibenden medicinaliſchen Pulver wird/ vnd dieſes nicht allein
bey dem Antimonio, ſondern es kan auch das allergifftigſte Arſenicum vnd Auripig-
mentum in wenig Stunden dahin gebracht werden/ daß er hernacher ohne Schaden vnd
Gefahr in den Leib zu nehmen/ doch vnnoͤhtig/ daß man ſolche gifftige ſubjecta, weilen
man andere hat/ gebrauche/ ſondern genug/ daß man die Muͤglichkeit dabey erfaͤhret/
daß das Nitrum ein jedweder Vegetabiliſch/ Animaliſch/ oder Mineraliſch gifftiges ſub-
jectum, durchauß zu verbeſſern/ die Gifft in eine Medicin zu verwandlen macht habe.
Vnd weilen dann die Animalien vnd Vegetabilien in Kraͤfften vorgehen/ vnd doch bey
weitem ſo kraͤfftig nicht ſeyn als die Mineralia, ſo erwehlet man billich zur Medicin die
kraͤfftigſten/ anmuͤhtigſten/ vnd ſicherſten Mineralien/ darinnen alle Kraͤuter vnd Thier-
Kraͤfften vollkoͤm̃lich beyſammen zu finden/ vnd concentrirt ſeyn; doch die Vegetabi-
lien vnd Animalien in ihrem Werth vngeacht ſeyn vnd bleiben ſollen; Auff daß ich aber
meinen Nechſten recht diene/ vnd den Vnterſcheid zwiſchen den Vegetabilien vnd Ani-
malien darthue/ iſt noͤhtig etwas weitlaͤufftiger davon zu reden/ vnd ſol dieſes wol in acht
genommen werden/ daß eben alſo die Mineralien wie auch die Animalien vnd Vegeta-
bilien, je zeitiger dieſelbe ſeyn/ oder jemehr ſie an die Sonne kommen/ vnd ſich darin auf-
halten/ je ſicherer vnd vnſchaͤdlicher ſolche in den Leib zu nehmen ſeyn. Alle Kraͤuter/
Gewuͤrm vnd Thier/ ſo gern in warmer Lufft wachſen/ vnd ſich darin auffhalten/ nicht ſo
gifftig ſeyn/ wie diejenigen ſo in finſtern ſchattigen Oertern wachſen vnd zu finden ſeyn;
dann der Napellus, Mandragora, Cicuta vnd ihres gleichen/ nimmer oder gar ſelten
anders/ als in finſtern ſchattigen Oertern gefunden werden/ wie auch die allergifftigſte
Thier vnd Gewuͤrm/ ſich in den finſtern kalten Loͤchern der Erden auffhalten/ vnd weilen
ſie keine warme Lufft genieſſen/ vnd alſo gifftig verbleiben/ nothwendig dem menſchlichen
H 2Geſchlecht
[60]Ander Theil
Geſchlecht ſchaͤdlich ſeyn muͤſſen. Wann ſolche aber mit dem fenriſchen Liq. Nitri fixi
digerirt werden/ ſelbige ihre Gifft verliehren/ vnd zu einer Medicin werden/ beſtehet alſo
eine jedwedere Zeitigung in der Waͤrme/ vnd alles Gifft vnd vnzeitige in der Kaͤlte/ wie
an dem Wein-vnd Baum-Fruͤchten zu ſehen/ wann ſie gute Sonn gehabt/ ſelbige geſund
zu genieſſen ſeyn/ im wiedrigen/ wann ſie noch vnzeitig/ dem Magen ſchaͤdlich ſeyn. Vnd
was allhier von den vnzeitigen Vegetabilibus vnd Animalibus geſagt/ ſol auch von den
vnzeitigen Mineralibus vnd Metallis verſtanden werden. Je vnzeitiger dieſelben/ je
ſchaͤdlicher vnd bequemer zur Medicin ſolche zu gebrauchen vnd ſteigen die Metallen von
Grad zu Graden auff/ in ihrer Vnvollkommenheit zu der Vollkommenheit/ gleich wie
ein jung Kind zu vollkommenem Alter. Wie nun bey einem alten verſtaͤndigen Mann
ein viel mehrers zu finden iſt/ als bey einem kleinen Kind/ alſo auch mit den metallen es
eine Beſchaffenheit hat; dieweilen dann die ſicherſte/ lieblichſte vnd kraͤfftigſte Medica-
menten vnd Mineralien vnd metallen zu ſuchen/ alſo finde ich noͤhtig derſelben Grad vnd
dignitaͤt ein wenig zu entdecken/ vnd eine Scalam oder Leiter/ darauff die metallen ſtehen/
vnd auß deren Signatur ihre perfection erkand werden moͤge/ an zu weiſen. Jch ver-
gleiche das metalliſche Gewaͤchs einem Baum/ vnd die Wurtzel dem Saturno, den Stam̃
dem Marti, die graue Rinden vmb den Stam̃ den Jovi, den klaren Safft zwiſchen dem
Stam̃ vnd Rinden dem Mercurio, die gruͤne Blaͤtter der Veneri, die Bluͤht der Lunæ,
die zeitige vnd zu der perfection gebrachte Frucht dem Soli. Zu wiſſen/ daß die alte Na-
turkuͤndiger die ſieben vornemſte Metallen/ den ſieben Planeten verglichen/ welches dann
ſehr wol accordirt/ vnd ſich auch vergleichen mit denſelben/ vnd die Chymici auch das
Bley dem Saturno, das Zinn dem Jovi, das Eyſen dem Marti, das Kupffer der Veneri,
das Queckſilber dem Mercurio, das fein Silber der Lunæ, das Gold dem Soli zueignen/
vnd gleich wie die Planeten in ihrer Herꝛlichkeit einander uͤbertreffen/ alſo auch die Me-
tallen/ welches ihre Signatur klaͤrlich anzeigt/ vnd vns lehret ſolche zu vnterſcheiden. Vnd
iſt zu wiſſen daß die alten Philoſophi, wann ſie etwas perfectes haben andeuten wollen/
ſie einen runden Circkel gemacht/ vnd je unperfecter je weniger runde ſie ihme geben/
dem ☉ haben ſie einen runden Circkel geben/ vnd in der Mitte ein Puͤnctlein geſetzt/ der
Circkel bedent die perfection, vnd der Mittel-Punct/ den Vrſprung der perfection, die
☽ haben ſie mit zween halben Cirekeln gemahlet/ bedeut ſeine kaum halbe perfection, vnd
ſo fortan/ mit den andern metalliſchen Signaturen zu verſtehen/ haben die metalliſche Zei-
chen viel vnd groß Rundes bey ſich/ deſto naͤher ſie bey der perfection ſeyn/ vnd im Ge-
gentheil ſolches zu verſtehen iſt. Die Sonn iſt vnter allen Sternen der edelſte/ vnd wir-
cket auch das edelſte Metall, nemlich das Gold/ vnd ſo fortan bey den andern metallen,
vnd je perfecter die metallen ſeyn/ je beſſere Medicamenten darauß zu machen ſeyn; der
♄ taug nicht viel in den Leib/ als in Peſt vnd andern hitzigen Kranckheiten; aͤuſſerlich
trucknet er die naſſe Schaͤden/ vnd heilet die hitze vnd was davon herkom̃t. Der Jupi-
ter iſt ein wenig waͤrmer als der ♄ doch ſehr trucken dabey/ ♂ iſt heiß vnd trucken/ ♀
feucht vnd warm/ ☿ noch waͤrmer vnd feuchter/ ☽ mittelmaͤſſig feucht vnd kalt/ ☉ tem-
perirt
[61]Pharmacopææ Spagyricæ.
perirt warm vnd trucken/ wann nun etwas gutes auß dem ☉ gemacht wird/ ſo ſtaͤrcket
er das Hertz/ als das edelſte Glied deß Menſchen/ die ☽ das Hirn/ ☿ wird der Leber zu-
geeignet/ ♃ der Lungen/ ♂ der Gall/ ♄ der Miltz/ ♀ den Nieren. Dieſes haben
die Alten Philoſophi Medici alſo außgetheilt/ welches ich auch nicht vmbſtoſſen wil/ ob-
wolen ich noch einen Vnterſcheid bey etlichen machen wolte/ kan aber ſo lang verbleiben/
biß Eilas Artiſta kommet/ vnd vns Jrrenden auß dem Traum helffen wird. Vnter
den Mineralien iſt das Edelſte das Antimonium, ein wahres primum Ens Auri, darin-
nen aller Vegetabilium, Animalium vnd mineralium virtutes verſam̃let vnd concen-
trirt ſeyn/ welches ſeine Signatur bezeuget/ dann die Philoſophi daſſelbe mit einer runden
Kugel darauf ein Creutz ſtehet/ gleich wie man die Welt abmahlet/ gezeichnet haben/ ohne
Zweiffel darumb/ weilen die Welt kein beſſer ſubjectum zur medicin herfuͤr bracht/ wel-
ches auch alle wahre Philoſophi Chymici bekennen/ davon man ihre Schrifften leſen
kan/ vnd inſonderheit Baſilium Valentinum, welcher einen Triumph-Wagen dem An-
timonio zu Ehren beſchrieben hat; ſagt auch jener Philoſophus, daß gemeine ☉ vnd ☽
thut es nicht/ wanns nicht ihr primum Ens außricht/ daß das ♁ das wahre primum Ens
Auri ſey/ bozeugen nicht allein alle Philoſophi, ſondern auch die taͤgliche Erfahrung;
dann ſelten Antimonium anderswo gefunden wird/ als bey den beſten ☉ Gruben/ dazu
keines/ ſo nicht etwas ☉ doch daß eine mehr als das ander/ bricht zum oͤfftern daß ♁ zwi-
ſchen den ☉ Gaͤngen/ vnd iſt das ♁ gleichſam fuͤr ein vnzeitig ☉ zu rechnen/ wie ich dann
ein ſtuͤck ☉ Ertz geſehen/ ſo in Vugarn gebrochen/ von viel Pfunden/ daß auff der einen
Seyten gediegen ☉ mit Quartz vormiſcht geweſen/ auff der andern Seyten ein ſchwar-
tzes Antimonii Ertz. Es bricht auch bey Gold-Granach auff dem Fichtelberg/ da vor
dieſem viel ☉ gebaut worden/ nun aber nur Antimonium zwiſchen harten Felſen/ wel-
che mit einem ☉ kieß eingeſprengt ſeyn/ die davon geſchieden/ vnd bereitet/ eine uͤberauß
gute Medicin geben/ davon hernach ſol geſchrieben werden/ vnd wann vns die taͤgliche
Erfahrung ſolches nicht bewieſe/ ſo beweiſſt es doch die wahre Alchimia, daß nem̃lich auß
dem Antimonio Crudo durch die Kunſt gut ☉ kan gezogen werden. Vnd nicht allein die-
ſes bey dem Antimonio, daß es zu der perfection deß Goldes kan gezeitiget werden/ ſon-
dern auch das ☉ durch Kunſt wieder zuruͤck zu bringen (wann ihme nem̃lich ſein Ani-
ma entzogen) daß es kein ☉ mehr iſt/ ſondern von einem regulo Antimonii; an Geſtalt/
Fluͤchtigkeit/ Art vnd Weſen/ gar nicht zu vnterſcheiden iſt. Obwolen nun Tauſend
vnd noch zehen Tanſend dagegen ſtreiten ſolten/ ſo laß ich mich doch nicht jrꝛ machen/
dann was die Augen ſehen/ muß das Hertz bekennen/ diejenige welche dieſem zugegen
ſeyn/ haben keine andere Fundamenta, als von dem Leſen vnd hoͤren ſagen/ welches aber
mit der vnfehlbaren Experientz gar nicht zu vergleichen iſt; ich verbleibe dabey/ vnd wil es
beweiſen mit der That/ daß kein ſubjectum in rerum Natura zu finden/ ſo in Medicina
dem Antimonio ſolte in Warheit vorgezogen werden. Wann es wol in ſeine Eſſent.
gebracht wird/ wie es an ſich ſelber iſt/ bekenne ich daß es lauter Gifft ſey/ vnd gefaͤhrlich
zu gebrauchen/ wiewol etliche das gemeine Vitrum, vnd andere præparationes zur Medi-
H 3cin,
[62]Ander Theil
cin gebrauchen/ ſo ſie ſchaden damit thun/ nicht das ♁ ſondern ſie ſelber ſchuldig an ſeyn.
Jch habe in meinem Miraculo Mundi, wie auch Erſten Theil Pharmacopææ Spagyricæ
einer Medicin, auß dem Antimonio zu bereiten/ gedacht/ vnd Panaceam genennt/ wel-
ches vielen nicht in den Kopff gewolt/ daß auß einem ſolchen veraͤchtlichen ſubjecto, eine
ſo herꝛliche Medicin ſolte koͤnnen gemacht werden/ daß ſie des hohen Namens Panaceæ
wuͤrdig ſeyn koͤnte/ ſonderlich weilen einige Stuͤmpler an ſtatt ſolcher Panaceæ grobes
Antimonium, andern fuͤr meine Medicin, als wann ſie ſolche von mir haͤtten/ diebiſcher
Weiß verkaufft/ andere damit betrogen/ vnd meine wahre Medicin bey vielen verdaͤch-
tig dadurch gemacht haben. Darunter der vntrewe Farner mit ſeinem Anhang der
vornem̃ſte iſt/ vnd billig ein ſcandalum vnd Schandfleck mag genennet werden. Jch koͤn-
te es wol geſchehen laſſen/ daß jederman das Antimonium haſſete vnd verachtete/ diewei-
len ich aber allbereit daſſelbe gelobet/ vnd ſeine Tugenden beſchrieben/ vnd auch die Liebe
deß Nechſten daran haͤngt/ kan ich nicht vnterlaſſen/ ſondern muß ſein Lob noch weiters
außbreiten/ vnd mit der That beweiſen/ daß eine ſolche Medicin auß ihme zu bereiten/
gleich wie ich von geſchriben/ vnd ein jedwederer welcher nur vnparteiſch von der Sach
vrtheilen wil/ bekennen muß/ daß keine beſſere/ kraͤfftigere/ vnſchaͤdlichere/ (wann ſelbige
wol præparirt vnd adminiſtrirt wird) auch wolfeilere medicin fuͤr Reich vnd Arme/ zu
erlangen. Auff daß aber der Liebhaber guter Medicin gleichwol auch ſehe/ daß ich nicht
allein in dem Antimonio laborirt, ſondern mir andere ſubjecta auch bekand ſeyn/ ſo wil
ich neben dem Antimon. noch einige doch wenige gute Stuͤck auch beyfuͤgen/ vnd ihre præ-
paration ſam̃t Gebrauch vnd Wuͤrckung beſchreiben/ auch ſelbige præpariren, vnd dem
menſchlichen Geſchlecht zu Liebe/ vnd den verlaſſenen Krancken zum beſten verfertigen/
vnd vnter die Nothduͤrfftigen außtheilen laſſen/ damit wird mein Gewiſſen befreyet/ vnd
kan alſo nicht bezuͤchtiget werden/ als wann ich mein Pfund vergraben/ vnd auß Geitz oder
Neid dem Nechſten hinderhalten haͤtte. Hat jemand anders etwas gutes/ ſo gebe/ ers
auch herauß/ vnd diene ſeinem Nechſten/ vnd beweiſe Barmhertzigkeit an ihme/ ſo er aber
nichts hat/ noch beſſers weiß/ ſo verachte er auch dieſes nicht/ ſo er nicht kennt/ vnd nehme
den Armen Krancken das nicht/ was er ihnen nicht geben kan/ ſo thut er wie ein frommer
Mann. Diejenigen Medicamenten nun betreffend/ davon allhier ſol gehandelt wer-
den/ ſo beſtehen dieſelbige in wenig Stuͤcken/ welche aber gut ſeyn/ vnd man ſich nechſt
Gott darauff zu verlaſſen hat.
Die Panaceam vulgarem ex Antimonio betreffende/ ſo habe ich vor dieſem davon
geſchrieben/ vnd ſelbe zu machen gelehrt/ weilen aber die deſcription ſolcher Bereitung
in verſchiedenen Tractaͤtlein geſchehen/ vnd nicht ein jedwederer ſelbige beyſammen hat/
vnd auch etwas obſcur, alſo ſehe ichs fuͤr gut an/ ſelbige zu wiederholen/ vnd in dieſes
Tractaͤtlein zu ſetzen. Die Bereitung beſtehet mehrentheils in der Calcination ſo durch
das Nitrum geſchicht/ dadurch dem Antimonio ſein Gifft vnd vnzeitiges Weſen corri-
girt vnd vmbgekehrt wird/ hernacher cum Spiritu Vini das reinere Theil darauß gezo-
gen/ den Spir. Vini wieder davon abſtrahirt, ſo faͤlt ein zartes braun Pulver/ welches die-
ſes
[63]Pharmacopææ Spagyricæ.
ſes verrichten kan/ ſo ihme allhier zugeſchrieben wird. Vnd kan dieſes Pulver entwe-
der alſo per ſe nuͤchtern Morgens mit Wein/ Bier/ warmer Bruͤhe/ weichem Ey/ oder
gebraten Apffel eingenommen/ etliche Stund darauff gefaſtet/ vnd ſeine operation ver-
richten laſſen. Die Doſis iſt von ¼. ½. 1. 2. 3. biß 4. Gran auffs hoͤchſte/ nach Gelegen-
heit deß Patienten/ wie auch der Kranckheit/ auff einmal gebraucht/ vnd kan der guͤnſtt-
ge Leſer weiters davon leſen/ was in dem Erſten Theil dieſer Pharmacopææ Spagyricæ
beſchrieben/ wie auch in meinem Miraculo Mundi. So zur Nachricht vnd Dienſte
deß Patienten/ ich mit hieher ſetzen laſſen.
Vom Gebrauch dieſerMedicinins gemein.
DIeſe allgemeine Medicin kan ich allen natuͤrlichen Kranckheiten/ ſo wol bey den
neugebornen kleinen Kindern/ vnd abgelebten ſchwachen Alten/ als ſtarcken Per-
ſonen/ gluͤcklich vnd ſicherlich ohne alle Gefahr gebrauchet werden/ vnd gar in
einer kleinen Doſi, alſo daſſelbe niemand zu nehmen entgegen (wie insgemein gebraͤuch-
lich gantze groſſe Becher voll auff einmal) ſondern von 1. 2. 3. biß auffs hoͤchſte 4. gra-
nen ſchwer/ vnd auch womit man ſelber wil/ entweder mit einem Leffel voll warmer Bruͤ-
he/ Wein/ Bier/ Waſſer/ oder Milch/ nach Gelegenheit deß Patienten/ wie es ihme am
beſten beyzubringen iſt. Operiret oder vollbringet ſeine Wuͤrckung auff vnterſchied-
liche Weiß/ wie mans ſelber haben wil/ vnd der Patient es noͤhtig/ oder die Kranck-
heit erfordert: Dann wann man bey der rechten allhier vorgeſchriebenen Doſi verbleibt/ ſo
operiret dieſelbe gantz vnſichtbar/ ſtaͤrcket vnd reiniget das humidum radicale, treibt al-
les boͤſe wunderbarlicher Weiß allgemach auß dem Leib/ taͤglich oder uͤber 2. oder 3. Ta-
gen/ nur einmal genommen/ nachdeme es jedwedes Gelegenheit zulaſſen kan; bewahret
den Menſchen vor allen boͤſen Zufaͤllen vnd Kranckheiten/ vnd laͤſſt im geringſten keine
Gifft oder gifftige Lufft bey ihme einſchleichen/ wofern aber die Doſis groͤſſer genommen
wuͤrde/ operiret ſie auch ſichtbarlich entweder durch den Schweiß/ Vrin/ vnd Speichel/
oder aber bißweilen auch uͤberſich vnd vnterſich/ nachdeme man ſelber wil/ vnd mit der
Doſi auff oder abſteiget/ vnd die Kranckheit auch ſolches erfordert vnd haben wil: Dann
viel/ ja der mehrentheil Kranckheiten koͤnnen damit curirt werden/ in gar geringem Doſi,
vnd ohne ſichtbare operation, etliche aber als tieff eingewurtzelte/ erfordern darneben
auch eine ſichtbare Wuͤrckung/ wann ſie nemlichen durch eine geringe Doſim (welche vn-
ſichtbar wircket) nicht gaͤntzlich zu vertreiben ſeyn. Derentwegen ein jedweder welcher
dieſe Medicin zurichtet vnd andern adminiſtriret dieſes in acht zu nehmen hat/ auff daß
er den Sachen recht vnd nicht zu viel oder zu wenig thue/ vnd er Ehr vnd Lob davon tra-
gen moͤge.
Auff daß man aber ſich beſſer darein finden koͤnne/ ſo wil ich etwas vmbſtaͤndlicher/
bey etlichen der ſchwereſten Kranckheiten/ ſeinen Gebrauch/ gleich wie ich denſelben viel-
mal gut gefunden/ den Krancken zum beſten/ vnd man deſto weniger fehlen moͤge/ ent-
decken.
In
[64]Ander Theil
In Peſte oder andern hitzigen anſteckenden Fiebern præſervirt dieſe Medicin den
Menſchen (nechſt der Huͤlff Gottes) taͤglich nur ½. gran bey jungen Kindern/ bey mittel-
maͤſſigen Alter ein gantz gran, bey ſtarcken vnd vollwachſenen/ zu 2. biß in 3. granen, wo-
fern aber jemand die Kranckheit allbereit am Hals haͤtte/ ſo ſol er nach Gelegenheit deß
Alters die Doſim dupliren oder tripliren/ vnd ſich warm zudecken/ vnd wol darauff ſchwi-
tzen/ wird er die Kranckheit auff einmal nicht los/ kan er folgenden erſten oder andern Tag
ſolche wieder gebrauchen/ oder ſo lang biß er davon liberiret iſt.
Dieſer Modus zu præſerviren vnd curiren/ ſol nicht allein in Peſte/ ſondern bey al-
len anſteckenden/ mit Froſt oder Hitze ankommenden Kranckheiten/ (wie auch bey allen
gemeinen 1. 2. 3. oder viertaͤglichen Fiebern) obſerviret werden/ ſo darff man keiner an-
dern Medicamenten darneben/ dieſe iſt maͤchtig genug nechſt einem eifferigen Gebaͤt/ die-
ſer allerſchroͤcklichſten vnd abſcheulichſten Kranckheit/ der Peſt/ Seitenſtechen vnd an-
dern gemeinen Fiebern/ mit der Huͤlffe Gottes zu begegnen/ vnd kan ihr keine (wie gut ſie
ſonſten auch ſeyn moͤchten) vorgezogen werden.
Jn Epilcpſia bey den kleinen neugebornen Kindern/ deren eine groſſe Anzahl daran
Huͤlfflos hinweg ſterben/ iſt dieſe Panacea ein offtbewehrtes vnd aller gewiſſeſtes reme-
dium, nur nach der Geburt ⅛. oder ¼. eines grans, mit ein wenig Milch oder warmer vn-
geſaltzener Butter eingeſtrichen/ den 3. Tag wieder ⅛. gran, vnd uͤber 8. Tagen wieder ⅛.
ſo ſeynd ſie hernach davon befreyet. Wofern aber ja uͤber etliche Tage/ Wochen/ oder Mo-
naten/ ſich ein paroxyſmus wieder ſolte mercken laſſen/ kan die Doſis etwas ſtaͤrcker (wañ
es das Kind noͤhtig hat) wiederholet werden/ ſo offt vnd viel/ biß es auſſen bleibt. Dieſe
Medicin ſolten ihnen alle Muͤtter hoch laſſen befohlen ſeyn/ dann manches Kind ſo ſon-
ſten friſch vnd geſund iſt/ an dieſer Kranckheit Huͤlfflos hinweg ſtirbt/ vnd iſt ein groſſer
Mißbrauch etlicher Medicorum, welche bey ſolchen Faͤllen/ den kleinen Kindern groſſe
Glaͤſer voll Krafftloſes Perlen-Waſſer/ Bezoar-Stein mit Pæonien-Waſſer oder
Pulver/ ſam̃t andern vnnuͤtzlichen Dingen einſchuͤtten.
Bey den Alten aber ſol die Doſis alle Tag von 1. 2. biß 3. gran. gebraucht werden/
wann ſie dem Gebrauch abwarten koͤnnen/ wo nicht/ uͤber den 2. oder 4. Tag auffs we-
nigſte einmal/ ſo lange damit continuiren/ biß die Kranckheit ſich nicht mehr ſpuͤhren
laͤſſt/ vnd ſonſten nichts darneben gebrauchen/ ſondern allein den Tag/ da ſie genommen/
ſich vor kalter Lufft bewahren/ vnd drey oder vier Stunden auffs wenigſte darauff fa-
ſten.
Jn Lepra vnd all andern abſcheulichen Kraͤtzen/ wie ſie auch moͤchten genennet
werden/ iſt kein beſſer remedium zu finden/ dieſelbe ohne Muͤhe/ vnd leichtlich vom Grund
außzutreiben/ als allein durch dieſe Medicin, vnd wird nimmer fehlen/ wofern der Pati-
ent nur ſo ſtarck iſt/ daß er dieſelbige gebrauchen/ vnd die Cur außſtehen kan.
Jn der abſcheulichen vnd vergifften Huren-Kranckheit (Morbus Gallicus genant)
kan nichts ſicherers vnd gewiſſers gebraucht werden/ nur allein die Doſin ſo weit verſtaͤr-
cket/ biß daß es nicht allein einen ſtarckē Schweiß/ ſondern auch vomitus vnd ſedes errege/
immer
[65]Pharmacopææ Spagyricæ.
immer ein Tag vmb den andern davon gebrauchet/ vnd damit angehalten/ ſo lang vnd
viel/ biß der Krancke wieder geſund worden/ welches innerhalb 8. oder 14. Tagen geſche-
hen kan.
Jn der Waſſerſucht ſol der Patient taͤglich eine Doſim davon gebrauchen/ vnd et-
liche Stunden darauff faſten/ wie bey andern Kranckheiten auch noͤtig/ aber nicht ſtarck/
ſondern von einem gran auffſteigen/ ſo lang biß die Medicin gleichſam einen Vnwillen/
aber doch keine vomitus verurſache/ alsdann weiß man wie hoch die Doſis dem Patien-
ten diene/ vnd er ſolche vertragen koͤnne/ vnd dann hernach wieder ein gran, oder nach
Nothdurfft zwey weniger eingeben/ vnd ſo lang damit fortfahren/ biß das Waſſer bey
ihme alles durch den Schweiß/ Stuhl/ vnd Vrin außgangen/ vnd der Krancke ſeine vo-
rige Geſundheit wieder erlangt habe; vnd darff niemand zweiffeln/ daß nicht dieſer Mor-
bus gluͤcklich allein durch dieſe meine panaceam, (wofern es nicht gar zu weit mit dem Pa-
tienten gekommen) ſolte koͤnnen curirt werden.
Jn Podagra welche Kranckheit ſonſten neben dem Außſatz vnd Waſſerſucht von
den gemeinen Medicis vor vnheilbar gehalten wird/ thut dieſe Medicin gros Wunder
vnd in kurtzen Zeiten mehr als man ihr zugetrauet haͤtte/ wann nur recht damit procedi-
ret wird/ dann ſie zieht in kurtzer Zeit den Affluxum zuruͤck/ vnd fuͤhret denſelben vnſicht-
barlich auß dem Leib/ alſo daß allgemach von Tag zu Tag die Schmertzen nachlaſſen/ die
Geſchwulſt ſich mindert/ vnd der paroxyſmus vertraͤglicher wird/ langſamer wieder kom̃t
vnd endlich gar auſſen bleibt. Mit der Doſi ſol man procediren/ wie oben bey der Waſ-
ſerſucht gelehret/ vnd von 1. grán. auffſteigen/ biß der Patient einen nauſeam davon be-
kom̃t/ alsdann wieder 1. oder 2. granen minder nehmen/ ſo lang vnd ſo viel/ alle Tag
nuͤchtern gebraucht/ ſich in der Waͤrme gehalten/ vnd darauff 4. Stunden gefaſtet/ biß
daß mans nicht mehr noͤhtig hat. Allhier wird ſich mancher anſtoſſen/ vnd nicht glaͤu-
ben koͤnnen/ daß es muͤglich/ eine ſolche (ſchier von allen Menſchen vnheilbar geachte
Kranckheit) zu curiren/ deme kan ichs nicht verbergen. Dann ich ſelber noch vor wenig
Jahren/ ehe ich dieſer Medicin kraͤfftige Wirckung erfahren/ derſelben Meinung auch
geweſen/ da hernach aber die Experientz mich ein beſſers gelehret/ ich nun auch anders
von vrtheilen kan/ vnd ſage mit Warheit/ daß dieſe Kranckheit nicht vnheilbar/ ſondern
mit einer guten Medicin (wofern dieſelbe nicht allzuweit eingeriſſen/ vnd der Patient
vor Alter oder Schwachheit/ die Medicin zu gebrauchen nicht mehr vertragen kan) (vnd
auch ſonderlich Gott ſolches nicht verhindert) wo nicht radicitus, dannoch der groͤſſere
Theil davon außzutreiben muͤglich. Das aber mancher meinen moͤchte/ daß es gleich
guͤlte/ wann er ſich dieſer Panacea gebrauchte/ ob er ſich alle Tag mit vielerley verbottenen
vnd ſchaͤdlichen Speiſen anfuͤllete/ vnd einen guten Rauſch darzu trincke/ der gehet weit
jrꝛ/ vnd kan ihm keine Medicin helffen/ wanns auch der Lapis Philoſophorum ſelbſten
ſeyn ſolte/ dann was die Medicin vor Mittag gut machte/ das wuͤrde durch den Vber-
fluß vnd Exceſs im Eſſen vnd Trincken/ (davon gemeiniglich ſolche Kranckheiteu her-
kom̃en) den Nachmittag wieder verderbet. Daß aber deren viel ſich bereden laſſen/ wann
Jſie
[66]Ander Theil
ſie ſich nur vom Weintrincken enthielten/ ſie alſo mit der Zeit davon ſolten befreyet wer-
den/ iſt auch nichts. Dann nicht allezeit das Wein trincken ſolche Kranckheit gene-
riret/ wie dann genugſam beweißlich/ daß auch bißweilen ſolche arme Leut ſelbe bekom-
men/ welche niemalen Wein getruncken. Derohalben dem Weintrincken die Schuld
nicht allein muß zugelegt werden: Eine jedwedere Vberfuͤllung/ ſie geſchehe gleich mit
Wein oder Bier/ kan zwar Vrſach dazu geben/ vnd die Kranckheit vermehren/ aber nicht
allein machen. Es ſeynd mehr Vrſachen dardurch dieſer Morbus entſtehet/ vnd vnter
andern der Zorn/ wann man ſich zum oͤfftern damit uͤbermannen laͤſſt/ auch die Geilheit
oder uͤberfluͤſſiger Beyſchlaff/ (welcher gemeiniglich der Trunckenheit auff den Fuß
nachfolget/) nicht der geringſten Vrſachen eine; dann dadurch die Natur ſehr geſchwaͤ-
chet wird/ daß ſie die remanentz welche vom begangenen Exceſs, uͤberfluͤſſigen Eſſens vnd
Trinckens verbleiben/ außzutreiben nicht maͤchtig/ ſondern derſelben zu bleiben/ vnd
ſchwere Kranckheiten zu generiren gegen ihrem Willen/ vnd manglung natuͤrlicher
Kraͤfften/ nach gefallen darin zu handlen/ ſtatt geben muß. Dann/ wann vnd wo die
Natur am ſchwaͤchſten iſt/ der Feind ſich am allereheſten eindringet/ vnd Schaden zuthun
ſuchet/ wie das Sprichwort lautet. Wo der Zaun am niedrigſten iſt/ wil ein jed-
wederer uͤberſteigen. Alſo auch gemeiniglich in Gebaͤhrung dieſer Kranckheit zu-
gehet/ wann nemlichen der Leib durch uͤberfluͤſſiges Eſſen vnd Trincken am allermei-
ſten beſchwaͤret vnd angefuͤllet/ vnd durch den allzuviel von dem ſtarcken Wein an-
getriebenen veruͤbten Beyſchlaff auffs hoͤchſte verſchwaͤchet/ die Natur nicht maͤchtig
genug/ die reliquien außzutreiben/ ſondern zu groſſem Nachtheil vnd Schaden deß
gantzen Leibs ihr einem fixam ſedem zu machen/ zuſehen muß. Item ſo wiederſte-
het dieſe Medicin ſehr kraͤfftig (vor all andern Medicamenten,) allen obſtructionibus,
deß Miltzes vnd der Leber/ dadurch das Gebluͤt verderbet wird/ vnd ſchwaͤre Kranckhei-
ten/ als Schuͤrmund/ lauffende Gicht/ Roſen oder ſchoͤne/ langwierige Schmertzen deß
Haupts/ matte Glieder/ ſtinckender Athem/ bey den Weibern auffſteigen der Mutter/
vnd hinterbleibung ihrer Monatzeiten/ Hertzklopffen/ Ohnmacht/ Schwindel/ vnd was
dergleichen ſehr viel vnbekandte Kranckheiten mehr ſeyn/ nach Gelegenheit deß Patien-
ten vnd Kranckheit/ die Medicin offt oder wenigmal die Wochen gebraucht/ wird man
Wunder damit ſehen.
Weiters ſo recommendire ich dieſe Medicin auffs hoͤchſte/ allen denen/ welche mit
der Wundartzney vmbgehen/ als die groͤſſeſte Medicin, die ſie immer haben oder bekom-
men koͤnnen/ dann dieſelbe nicht allein taͤglich in kleiner Doſi innerlich gebrauchet/ alle
friſche Fleiſch-Wunden ohne zuthun innerlichen Wundtraͤncken oder aͤuſſerlichen Auff-
legung von vielen Stuͤcken zugerichteten Pflaſtern/ dann dieſe Medicin alle Zufaͤll hin-
dert/ vnd von innen herauß genug allein heilet/ vnd zuwachſen macht/ doch dieſes von
ſolchen Wunden zuverſtehen/ da kein Bein entzwey iſt/ dazu die Handgriff gehoͤren/ die
Roͤhren wieder auff einander zurichten vnd zuſammen zuſchinteln. Auch ſollen die tief-
fe Stich nach Gebrauch vnd Erforderung der Handgriffen gemeiſſelt werden/ ſonſten
darff
[67]Pharmacopææ Spagyricæ.
darff man aͤuſſerlich nichts weiters gebrauchen/ als taͤglich die Wunden mit eigenem
Vrin vnd Saltzwaſſer gereiniget/ vnd mit einem reinen Tuch/ ſo darin genetzet/ zugebun-
den/ vnd vor kalter Lufft bewahret werden.
Wofern aber die Wunde gefaͤhrlich vnd allzugroß waͤre/ koͤnte man dieſelbe mit ei-
nem guten Wundbalſam vnd Pflaſter/ von Mineraliſchen floribus, Wachs/ Terpen-
tin/ vnd Oel gemacht/ (deren ich in meinen andern Schrifften zumachen gelehrt/) darne-
ben verbunden werden/ vnd iſt gantz vnnoͤhtig/ daß man ſo vielerley Oel/ Salben/ Pfla-
ſter/ vnd ander Schmirwerck (wann man dieſe Medicin innerlich taͤglich geneuſt) zu ei-
ner friſchen Wunden gebrauche.
Jn offenen fiſtulirten faulen ſtinckenden Schaͤden/ thut dieſe Medicin das ihrige
auch mit verwunderung/ vnd bedarff man aͤuſſerlich anders nichts gebrauchen/ als al-
lein einen Mineraliſchen Balſam/ den Schadenrein zu halten/ vnd mit einem gemeinen
Pflaſter von Wachs vnd Terpentin gemacht/ vor der Lufft bewahret/ die Medicin thut
inwendig von Grund auß/ ſolche Schaͤden genugſam heilen vnd zuwachſen/ ohne zuthun
aller anderer in- oder außwendiger Mittel/ vollkoͤm̃lich.
Nachdeme ich aber betrachtet/ daß dieſe allhier beſchriebene Medicin nicht einem
jedwedern zu præpariren gegeben iſt/ vnd viel derſelben gern wolten/ theilhafftig ſeyn/ ſo
habe ich vor gut angeſehen/ allhier dieſe Erinnerung oder Ermahnung zu thun/ daß der-
jenig welcher dieſe Medicin weiß vnd bereiten kan/ andern die es nicht koͤnnen/ auch auß
Liebe wolte zukommen laſſen. Aber nicht alſo (nach der boͤſen Welt Gebrauch) ſein ei-
genes darin zu ſuchen/ reich damit zu werden/ ſondern alſo/ daß er eben ſeine angewandte
Koſten vnd Muͤhewaltung wieder davon haben moͤge. Vnd weilen die Medicin ſo wol
in forma pulve ris als in forma liquida (wann ſie ſolten verſchicket werden) nicht von je-
derman rechtmaͤſſig oder nach Gebuͤhr zu gebrauchen; indeme man in Abmeſſung der
Tropffen oder Abwegung der Granen fehlen/ (vnd der Sach entweder zuviel oder zu we-
nig leichtlich thun koͤnte) ſo habe ich vor gut eracht/ daß dieſelbe vmb der bequemheit wil-
len/ deſto weniger in der Adminiſtrirung zu fehlen/ in formam pillularum gebracht wuͤr-
de in ſolcher Manier/ daß eine Pillen fuͤr ein Gran zu rechnen/ 2. fuͤr 2. Gran/ vnd ſo fort-
an/ alſo daß der Patient keines weitern Abwegens bedarff/ ſondern nach Gelegenheit ſei-
ner Kranckheit vnd meiner Beſchreibung/ entweder 1. 2. 3. 4. mehr oder weniger auff
einmal einnehmen darff.
Dieſes ſeynd nun die vornehmſten Tugenden dieſer meiner Panaceæ Antimonii,
die andere welche ich vmb der Kuͤrtze willen zu ſchreiben allhier vnterlaſſen/ koͤnnen von
einem jedwedern verſtaͤndigen Menſchen auß dieſen beſchriebenen Vmbſtaͤnden erkandt
vnd verſtanden werden. Jſt auch in dem Erſten Theil dieſes Tractaͤtleins ſelber auch
gedacht. Bezeuge derohalben nochmalen das alles dasjenige/ ſo ich dieſer Medicin zu
geſchrieben vnd noch ein viel mehrers/ ſie vollkoͤm̃lich (wann ſie wol bereitet/ vnd mit Ver-
ſtand recht adminiſtriret wird) verrichten kan/ ſonderlich/ wann man das Gebaͤt vnd An-
ruffung zu Gott nicht dabey vergiſſet/ dann das Gebaͤt vnd vertrauen zu Gott ſegnet vnd
J 2verſtaͤr-
[68]Ander Theil
verſtaͤcket eine jedwedere Medicin, welches der Gottloſe nicht glaͤubet noch hoͤren wil/ de-
rentwegen einmal ſolches wird fuͤhlen muͤſſen. Eine Artzney kan zwar wol durch zulaſ-
ſung Gottes ohne Gebaͤt den Krancken geſund machen/ (vnd das Brod ohne Danckſa-
gung genoſſen/) den Hunger ſtillen/ wie es bey den vnvernuͤnfftigen Creaturen taͤglich
geſchicht/ iſt aber eine viehiſche vnd nicht menſchliſche Weiſe/ die Gaben Gottes zu genieſ-
ſen. Aber Chriſtlich/ zum vorderſten in Kranckheiten/ Gott vmb Huͤlff anruffen/ vnd
darnach die Medicin gebrauchen/ ſo wird vnzweiffelhafftig ein gluͤcklicher ſucceſs dar-
auff erfolgen. Daß du aber dir einbilden moͤchteſt/ als wann durch dieſe Medicin eine
jedwedere Kranckheit/ wie alt vnd eingewurtzelt ſie auch waͤre/ ohne Vnterſcheid vnfehl-
bar zu vertreiben ſey/ iſt nicht alſo zuverſtehen. Dann allhier nur von ſolchen Kranck-
heiten geſagt wird/ denen noch durch natuͤrliche Mittel zu begegnen/ vnd Gott auch mit
zu frieden iſt/ vnd zulaſſen wil daß ſie vertrieben werden. Dann bißweilen ſeynd bey
manchen Menſchen die innerliche Viſcera durch dicke humores alſo eingenommen vnd
tartariſiret, daß es nicht muͤglich durch Medicamenten wie kraͤfftig vnd gut ſie auch ſeyn
moͤchten/ ſelbe wieder zu recht zu bringen. Bißweilen ſeynd Lungen vnd Leber allbereit
ſchier gantz verfault/ ehe man am rechten Ort Huͤlff ſuchet/ wer kan andere wieder dafuͤr
darſetzen? Es wachſen die innerliche principal-Glieder/ wann ſie einmal verzehrt ſeyn/
nicht wieder/ wie den Krebſen vnd Spinnen die Fuͤß/ wann ſie ihnen abgebrochen. Deß-
gleichen hat bißweilen auch Gott dem Menſchen eine Kranckheit auffgelegt/ die er nicht
wil daß ſie ſol geheilet werden/ ſolche vnd dergleichen Kranckheiten ſeynd den Menſchen
mit natuͤrlichen Mitteln vnmuͤglich zu curiren. Gott aber ſeynd alle Ding muͤglich/ der
in ſolchen verzweiffelten Kranckheiten allein helffen kan wann er wil/ vnd ſonſt keiner.
Dieſes nun ſeynd vnheilbare Kranckheiten/ welche mit meiner Panacea nicht zu curiren/
vnd nicht Quartana, Lepra, Podagra, Epilepſia, vnd Hydropiſis, wie ihnender mehren-
theil einbildet/ vnd die Experientz hergegen das Contrarium bezeuget. Vnd obwoln alle
Kranckheitendes Menſchen von Jahr zu Jahr aͤrger vnd beſchwerlicher werden/ vnd ſich
mit den Suͤnden haͤuffen vnd vermehren/ ſo hat doch der allergnaͤdigſte Gott hergegen
auch dieſes gegeben/ daß auch je laͤnger je mehr kraͤfftigere natuͤrliche Mittel durch der
Menſchen Fleiß vnd eingebung Gottes erfunden werden/ alſo daß es nim̃er fehlet/ wann
Gott verwundet/ Er auch wieder heilen vnd ſeine Allmacht beweiſen kan. Es waͤre zu
wuͤnſchen/ daß doch einmal der vnnuͤtze Streit vnd eiteles diſputiren vnd Philoſophiren
der Gelehrten auffgehoben/ vnd die wahre Erkaͤntnuͤß Gottes dargegen eingefuͤhret wuͤr-
de/ es ſolte viel eine andere Welt ſeyn. Dann durch die wahre Erkaͤntnuͤß Gottes ge-
het den Menſchen ein ſonderbar Licht auff/ welcher ſo deſſelben mangelt/ ihme alles dun-
ckel vnd finſter iſt/ ja alle Geheimnuͤſſen der Natur verborgen bleiben. Die meiſte Sorg/
Muͤhe/ Arbeit vnd Fleiß der Menſchen iſt jetzunder allein/ ſeinen Nachſten haſſen/ verach-
ten/ befechten vnd beſtreiten/ ja gantz vnd gar verfluchen/ vnd mit Leib vnd Seel in die
Hoͤlle wuͤnſchen/ welches ja nicht ſeyn ſolte/ dann Gott nicht wil daß ein Menſch den an-
dern verdamme/ ſondern ihme allein das Vrtheil/ vnd die Rach wil vorbehalten haben.
Wo
[69]Pharmacopææ Spagyricæ.
Wo die Liebe deß Nechſten mangelt/ iſt auch keine Seeligkeit zu hoffen/ die opinion wer-
de gleich defendirt wie ſie wolle. Was nuͤtzet ein Baum ohne gute Fruͤchte? Mit vie-
lem ſchwaͤtzen vnd zierlichen diſputiren/ laͤſſt ſich Gott nicht contentirn, Er ſucht vnd be-
gehrt allein ein demuͤtlges gehorſames vnd reines Hertz/ auff daß ſein heiliger Geiſt darin
wohne/ vnd vns zu aller Warheit leiten moͤge/ wo Er dieſes nicht findet/ Er auch nicht
hinein koͤm̃t/ ſondern ein hoffaͤrtiges vnd zaͤnckiſches Hertz dem leidigen Satan/ als ei-
nem Vater der Luͤgen vnd Bewahrer der Finſternuͤß/ eigenthuͤmlich zu beſitzen einraͤu-
met. Dahero dann ſo viel Vnruh/ Zanck vnd Verfolgung vnter den Menſchen in die-
ſer boͤſen Welt gebohren/ vnd die wahre Erkaͤntnuͤß Gottes vnd der Natur (davon ſchier
nichts mehr uͤbrig) hergegen verlohren/ vnd die gantze Welt mehr durch das irrende
Meynen/ als warhafftiges Wiſſen regiert wird. Bleibt alſo wegen vieler Eitelkeit/ dar-
mit ſich die Gelehrten ſchleppen/ vnd die edle Zeit verſchwenden/ die Natur mit ihren
Heimlichkeiten zu groſſem Nachtheil der Menſchen verborgen vnd vnerforſcht.
Dieſes ſage ich iſt allein die Vrſach/ daß ſo wenig Erkaͤntnuͤß der Natur bey dieſen
Zeiten vnter den Gelehrten iſt/ welches Gott einmal aͤndern/ vnd in einen beſſern Stand
bringen wolle.
Dieſes ſey genug von der Vulgari Panacea Antimoniali, welcher Name Panacea
etliche Neidiſche in die Augen ſticht/ gleich als wann dieſe Medicin eines ſolchen Na-
mens nicht wuͤrdig waͤre/ weilen ſie auß einem veraͤchtlichen vnd darzu gifftigen ſubje-
cto bereitet/ vnd auch bißweilen/ wann man zu grob mit vmbgehet/ ſtarcke Vomitus
macht/ welches keiner Panaceæ zu thun gehoͤre. Dieſes zu beantworten/ ſo wil das
Woͤrtlein Panacea ſo viel ſagen vnd bedeuten/ eine Artzney ſo in allen Kranckheiten mit
Nutzen koͤnne vnd moͤge gebraucht werden/ welches die Panacea ex Antimonio auch
thut/ die taͤgliche Erfahrung auch bezeuget/ daß ſie aber auß einem vnachtſamen/ vnd
von vnwiſſenden ſubjecto bereitet/ mindert den Namen nicht/ wann die Medicin nur
ſolches verrichtet/ was ihme zugeleget wird. Was hat David den verachten Hirten-
Jungen befoͤrdert/ daß er zu einem Koͤnig worden iſt/ nicht ſein geringer Name/ alſo
auch bey dieſer Medicin zu verſtehen iſt. Seine Krafft vnd Wuͤrckung gibt ihr dieſen
Namen/ vnd nicht ſein herkommen/ auch hindert nicht/ daß ſie anfaͤnglich/ ehe ſie zur
Medicin bereitet worden/ Gifft geweſen/ da jetzunder die Gifft durch Kunſt vnd Feuer/
in eine Medicin verwandelt worden iſt/ daß dieſelbe Vehement wircke/ vnd ſtarcke Vo-
mitus mache/ wann man ſelbige zu ſtarck gibt/ iſt auch nicht der Medicin, ſondern dem
Mißbrauch zu zulegen/ iſt doch der edle Wein neben den allerbeſten hertzſtaͤrckenden A-
romatibus: dem Menſchen wann er ſie mißbrauchet/ eine Gifft/ die beſte Mèdicin kan in
Mißbrauch eine Gifft/ vnd die Gifft hergegen/ wieder durch Kunſt vnd Feuer eine Me-
dicin werden. Jch ſage des nochmalen vnd bezeugs mit Gott vnd der Warheit ſelb-
ſten/ daß ich kein ſubjectum gefunden/ ſo bequemer in eine gute Medicin zu verwandlen/
als eben das rechte Antimonium, werde es auch fuͤr die arme Krancken zurichten laſſen/
ihnen damit zu dienen/ den Reichen aber die Purpur-farbe Panaceam Auream recom-
J 3men-
[70]Ander Theil
mendiren/ welche gleiche Wuͤrckung hat mit der vorigen Antimoniali, doch daß dieſe
viel gelinder vnd empfindlicher wuͤrcket/ auch bey kleinen Kindern vnd Alten ſchwachen/
ſicherlich zu gebrauchen iſt/ vnd aber die Doſis in doppelten Gewicht genommen werden
ſol/ ſeynd innerhalb wenig Jahren/ viel hohe vnd niedrige Stands-Perſonen nicht allein
am Podagra/ ſondern auch andern ſchweren eingewurtzelten Kranckheiten/ gluͤcklich
dardurch curirt worden/ dann ſo lang ich ſolche bereitet/ vnd andern darmit gedient/ ich
niemalen gehoͤrt/ daß ſie vergeblich wehre gebrauchet worden/ vnd darff man ſich nicht
foͤrchten/ daß man leichtlich/ (wie bey der gemeinen Antimoniali, bey vnvorſichtigem
Gebrauch man ſich zu beſorgen hat) dem guten zuviel darmit thun moͤchte. Auch wird
dieſe guldiſche Medicin gar ſelten bey dem Patienten einen Vomitum verurſachen/ wann
ſie nicht muthwilliger Weiſe mißbraucht/ oder die Doſis gar zu hoch geben wird/ darumb
dieſe Guldiſche hinfuͤro allein in forma pulveris purpurei, vnd die Vulgaris Antimonia-
lis aber/ weilen ſelbe in Geſtalt eines rohten Pulveris, leichtlich durch boͤſe Leut nachgepo-
ſirt/ vnd faͤlſchlichs ein uͤbelbereitetes Antimonium an ſtatt meiner Panaceæ dem Kran-
cken zum Nachtheil moͤchte verkaufft werden/ gar nicht bey mir wird zufinden ſeyn/ auß-
genommen in forma Pillularum, in welcher Geſtalt/ wann eine jedweder Pillen fuͤr ein
Gran gerechnet wird/ der Patient keine Muͤhe in abwegung/ vnd keine Sorge zu der
adminiſtration, ob er der Sach zu viel oder zu wenig thun moͤchte/ haben darff. Auch
koͤnnen diejenigen ſo mittelmaͤſſiges Alters ſeyn/ dieſe in Geſtalt der Pillen nur gebrau-
chen/ kleine Kinder vnd Alte ſchwache Perſonen aber/ ich die Auream welche linder ope-
rirt, vnd ſicherer zu gebrauchen iſt/ recommendire, die Antimonialem in forma Pillula-
rum aber/ ſolte man am alleꝛfuͤglichſten/ auff den groſſen Schiffartennach Oſt-vnd Weſt-
Jndien/ da die Soldaten vnd Schiffleut mit dem Scharbuck ſchr geplaget/ vnd abge-
mattet/ vnd doch wenig Raht zu haben/ groſſe Huͤlff dardurch empfangen/ vnd mit beſſe-
rem Muth ihre Reiſe vollbringen koͤnnen; dann in rerum Natura iſt kein einiges ſubje-
ctum, weis noch kenne/ daß allen Faͤulnuͤſſen deß Gebluͤts/ vnd Verſtopffungen der in-
nerlichen Gliedern kraͤfftiger wiederſteht/ als dieſe Medicin, welche die Schiffknecht vnd
Soldaten auch/ weilen ſie nicht theuer iſt/ vnd auch nicht verderben kan/ leichtlich mitfuͤh-
ren/ vnd im Nothfall ſich derſelben gebrauchen koͤnnen/ iſt keine beſſere Medicin in der
gantzen Welt/ denen ſo auff der See fahren/ vnd auch denen Soldaten die zu Feld ligen/
allerhand Vngemach außſtehen/ vnd ein vnordentlich Leben fuͤhren/ zu gebrauchen: vnd
ſolten billich die Chirurgi, ſo mit auff den Schiffen fahren/ wie auch diejenige ſo mit zu
Feld gehen/ dieſe Medicin im vorrath bey ſich fuͤhren/ wuͤrden manchen guten Geſellen
beym Leben damit erhalten/ vnd ihnen guten Nutzen damit ſchaffen/ dann ein einige Vntz/
davon ſie etliche hundert Doſes machen/ vnd fuͤr einen kleinen Preis erzeugen koͤnnen/ ſie
leichtlich mehr gutes außrichten/ als ſonſten mit vnkraͤfftigen Medicamenten/ einer gan-
tzen Kiſten voll. Wann ein Medicus oder Chirurgus, in einem Feld-Laͤger/ nur etli-
che Vntzen bey ſich haͤtte/ wuͤrde er tauſend damit zu recht bringen koͤnnen/ die ſonſten
ins Gras beiſſen muͤſten/ iſt eine Medicin, welche man leichtlich bey ſich fuͤhren vnd be-
wahren
[71]Pharmacopææ Spagyricæ.
wahren kan/ vnd ſolte billich in obacht genommen werden/ daran einem Feld-Oberſten
auch viel gelegen/ wann vnter ſeine Soldaten etwan die Peſt/ Scharbauch/ rohte Ruhr/
Fieber vnd dergleichen Kranckheiten einreiſſen/ vnd die Soldaten/ wie die Fliegen bey
kaltem Wetter/ hauffenweis dahin fallen/ ſo doch durch eine ſolche Medicin gar leichtlich
zu erhalten waͤren. Werde auch (geliebts Gott) Anordnung thun/ daß dieſe Medicin
zum Vorraht wol bereitet/ vnd denen die ſie noͤhtig haben/ damit gedienet werden moͤch-
te: Dann/ ein jedweder Menſch iſt zu ſeines Nechſten Dienſte erſchaffen. Gleich wie
die eine Hand der anderen/ vnd ein Glied dem andern zu Huͤlff kommen muß/ (welches
wir billich beſſer als ins gemein geſchicht) behertzigen ſolten. Nach dieſer meiner Anti-
monialiſcher in forma Pillularum, wie auch der Purpurfarben Guͤldiſchen Panacea mein
Nepenthes (oder ſtillung aller Schmertzen) folget/ wird auß dem corrigirten Opio,
extrahirten Croco, vnd deſtillirten Sulphure Vitrioli Volatili bereitet. Daß das Opi-
um ein ſtupefactivum, vnd ein Schlaffbringend Weſen ſey/ iſt jederman genugſam be-
kand/ dann ſolches auff mancherley Weiſe von vielen zubereiten/ iſt gelehret vnd beſchrie-
ben worden/ vnd weilen ſie geſehen daß es bißweilen/ wann es vnvorſichtig gebrauchet
worden/ nicht allein ſchlaffend gemacht/ auch alſo/ daß mancher nicht wieder erwachen
wollen/ ſondern biß zum Juͤngſten Tag zu/ ruhen muͤſſen/ (das iſt wol eine ruhmachende
Artzney geweſen/) welche Gifft ſie nicht zu benehmen gewuſt/ darumb je laͤnger je mehr
Fleiß angewand haben das Opium zu corrigiren/ aber bißhero nicht weiters kommen/
als daſſelbige erſtlich gedoͤrt/ auff daß es ſich hart puͤlvern laſſen/ welches Pulver man
entweder mit Spiritu Vini, oder Aceti ſolvirt, oder extrahirt hat/ den Spiritum wieder
davon gezogen/ ad mellaginem, darunter ſie ein theil guten Saffran gemengt/ die giffti-
ge Natur dem Opio damit zu benehmen vnd zu corrigiren. Etliche haben das gepuͤlverte
Opium nur mit einem Oleo Aniſi, Storace liquida, oder Extracto Croci (welche ſim-
plicia ohne das auch ruhigmachen) angemengt/ vnd in eine maſſam gebracht/ vnd fuͤr die
beſte Correction gehalten/ wie dann ſolche Bereitung an allen Orten der Welt in den
Apotheken noch gebraͤuchlich/ vnd die Medici ſich derſelben in vielen ſchweren Kranckhei-
ten/ bißweilen gluͤcklich gebrauchen/ vnd weilen keine beſſere correction oder Bereitung
bekand geweſen/ man ſich billich damit hat behelffen muͤſſen/ nun es aber beſſer gefunden/
man auch billich das beſſere nimt vnd das geringere verlaͤſſt; zeithero mir der Uſus deß
Solventis Univerſalis, oder deß naſſen vnd kalten Feuers bekand geweſen/ ich vielerhand
ſubjecta dadurch verſucht/ anatomirt vnd corrigirt, vnter andern auch dieſes Opium
nach meiner Weis durch den Liquorem Nitri zugerichtet/ vnd uͤberauß guten effectum
geſpuͤhret/ ſonderlich wann ich ihme noch zugeſetzet habe/ den Sulphur Volatile Vitrioli,
welcher ohne das ein gewaltiges vnd vnvergleichliches ſomniferum vnd Ruhebringen-
des/ wie auch Schmertzenſtillendes Weſen iſt. Darzu ich auch genommen eine Eſſen-
tiam Croci wegen ſeiner hertzſtaͤrckenden Krafft. Das Opium vncorrigirt, iſt an ſich
ſelbſten ein ſtarckes Stupefactivum Saturnmum, dadurch die Spiritus Vitales gar zu vn-
maͤſſig gebunden/ vnd gleichſam verſtickt werden/ dahero diejenigen ſo es viel gebrauchen/
ihre
[72]Ander Theil
ihre natuͤrliche Farb verliehren/ vnd im Gebrauch gemeiniglich mit offenen Mund vnd
Augen ligen/ vnd ſchwerlich wieder zu erwecken/ biß daß es ſeine Wuͤrckung vollbracht
hat; dahero es billich von vielen geſcheucht worden iſt/ das zuthun deß Saffrans oder
Olei Aniſi, hat ihme zwar ſeine Wildigkeit ein wenig temperirt, aber nicht gar beneh-
men koͤnnen/ welches auff dieſe Weiſe wol geſchicht. Nemlich/ wann man das Opium
pulveriſatum, an ſtatt eines Spiritus Vini vel Aceti mit einem Spiritu Volatili Vitrioli
ſolvirt, filtrirt, cum contrario Liquore Nitri præcipitirt, edulccrirt, exiccirt, vnd in
eine Maſſam mit der Eſſentia Croci præparirt, alsdann der Sulphur Narcoticum Vi-
trioli ſich mit beyſchlaͤgt/ welcher ohne das beſſer iſt als das Opium, wegen deß Sulphuri-
ſchen Spiritus Acidi Vitrioli in der Solution auch genugſam corrigirt wird; daß dieſer
Spiritus Vitrioli gut darzu ſey/ wil ich den guͤnſtigen Leſer beweiſen. Das gemeine Vi-
triolum beſteht eigentlich in einem Sulphuriſchen Saltz/ Eiſen vnd Kupfferhaltenden
Erden/ wann nun ſolches durch ſtarckes Feuer deſtillirt wird/ der Spiritus Salis auch von
dem Marte einem fluͤchtigen Sulphuriſchen Geiſt mit uͤberfuͤhret/ welcher ſo er mit einem
contrario præcipitirt wird/ man einen zarten Narcotiſchen Sulphur erlangt/ aber in klei-
ner quantitaͤt/ doch ſehr kraͤfftig/ davon ich in meinem Andern Theil Furnorum Meldung
gethan/ wann man aber dem Vitriolo Calcinato gleiches Gewicht/ Eiſenfeilig oder Ham-
merſchlag mit halben Gewicht/ reinen Salpeter zu miſchet/ vnd alsdann ein Waſſer
darauß deſtillirt, ſo fuͤhret der Spiritus Nitri mehr von dem Marte mit ſich uͤber/ vnd nach
geſchehener deſtillation der Spiritus Volatilis Sulphureus von dem Spiritu Corroſivo
per rectificationem ſol geſchieden/ vnd zuvorn auch dem Spiritui in dem recipienten ein
Waſſer ſol vorgeſchlagen werden. Dieſer Spiritus Vólatilis, ſol zu ſolvirung vnd cor-
rigirung deß Opii gebrauchet werden/ vnd der corroſiviſche nicht/ ſo zuruͤck in der recti-
fication verbleibet/ obwoln nun vor dieſem einige fleiſſige Medici Chymici auch erfah-
ren/ daß in dem Vitriolo ein Sulphur Narcoticum verborgen/ ſo habe ich doch wie auch
viel andere in der Bereitung deſſelben wenig erlangt/ biß daß ich vngefehr einmal dem
Vitriolo calcinato Eiſenfeilig zugeſetzt/ mit etwas Salpeter/ ein ſtarck ▽ darauß zu de-
ſtilliren/ vnd mir zu allem Gluͤck der rotort in der groſſen Glut zerſprungen/ vnd die Ma-
teri in das △ gelauffen/ einen ſolchen uͤberauß groſſen Sulphuriſchen Rauch im Labo-
ratorio verurſacht/ daß ich nicht darinnen verbleiben koͤnnen/ ſondern in Eyl die Kohlen
auß dem Ofen gezogen/ vnd kaum die Thuͤr deß Laboratorii finden koͤnnen/ vor Angſt
vnd Schrecken/ ſo mir der Spirit. zugefuͤget; ſo bald ich auß dem Laboratorio geweſen/
vnd eine friſche Lufft geſchoͤpfft/ vnd wieder zu mir ſelber kommen bin/ habe ich vernom-
men/ daß allbereit das gantze Hauß voll Rauchs war/ derohalben alle Thuͤr vnd Fenſter
auffgeſpert/ ſelbigen hinauß zu laſſen/ indeme ich ſolches thue/ werde ich gewahr/ daß mei-
ne Kohlen ſo ich auß dem Ofen gezogen/ an einem hauffen anderer Kohlen kommen/ vnd
ſelbige auch angeſteckt hatten/ ſolche zu loͤſchen/ weilen kein ▽ bey handen/ vnd auch in
der Nacht war/ da alle Menſchen ſchlieffen/ ich zu ihnen in die Kammer lieffe ſelbige zu
erwecken/ daß ſie mir ▽ bringen vnd loͤſchen helffen wolten/ fande aber allzumal Groß
vnd
[73]Pharmacopææ Spagyricæ.
vnd klein ſo hart ſchlaffend/ daß ich keines davon mit ruffen oder ſchuͤtteln erwecken koͤnte/
muſte alſo allein meine angegangene Kohlen loͤſchen/ da es nun alles verrichtet/ gienge ich
wieder zu meinen Leuten/ zu ſehen was ſie machten/ vnd fande dieſelbige noch hart ſchlaf-
fend/ alſo daß ihnen der Schweis uͤber das Angeſicht lieffe/ wiewol es im kalten Winter
war/ vnd da es Tag worden/ vnd eins nach dem andern auffgewacht vnd herfuͤr kom-
men/ erzehlte ich ihnen mein Vngluͤck/ vnd daß ich niemand haͤtte erwecken koͤnnen/ da
bekanten ſie allzumal/ wie daß ihnen getraͤumet haͤtte/ wie daß ſie mit etwas ſchweres waͤ-
ren bedeckt geweſen/ vnd ſich nicht ruͤhren koͤnnen. Auß dieſen ich zwey Stuͤck erlernet/
erſtlich daß in dem Vitriolo vnd Marte ein maͤchtiger Sulphur Narcoticum ſtecke/ vnd
was die Vrſach daß bißweilen dem Menſchen/ vnd ſonderlich dem Melancholicis bey
Nacht traͤumt/ daß ſie durch etwas beſchwehrt werden/ vnd doch nicht daruͤber erwachen
koͤnnen/ daß es nur Sulphuriſche/ Martialiſche oder Saturniſche Duͤnſte ſeyn/ damit das
Gehirn vnd Hertzbenoͤhtiget/ vnd gleichſam die Spiritus Vitales darin gebunden werden/
hat mir alſo das Außlauffen deß Retorten eine gute Medicin, wie auch eine Kranckheit
zu erkeñen geben/ iſt alſo nichts ſo boͤß/ es iſt zu etwas gut. Dieſe Hiſtori habe ich zur Nach-
richtung dem Liebhaber guter Medicamenten hieher ſetzen muͤſſen/ wil nicht hoffen/ daß
es Verdruß einfuͤhren werde/ vnd dieſes noch bey zu fuͤgen/ nicht vndienſtlich ſeyn wird/
daß eins von den ſchlaffenden Kindern/ einen ſehr Phlegmatiſchen Kopff habende/ dar-
durch ihme die Catarri los wurden/ vnd einen geſunden Kopff darnach bekommen/ alſo
daß in dem Sulphure Vitrioli mehr ſteckt/ als man glaͤuben kan/ daher ich auch mit dem-
ſelben/ wann er mit dem Opio correcto vereiniget/ ſehr viel kleine Kinder in Epilepſia
zu recht gebracht habe/ wird auch ſehr gut befunden bey den Alten/ doch daß der Gebrauch
meiner Panacea Antimonialis bey den mittelmaͤſſigen/ vnd Pan. Aureæ bey gar Jun-
gen vnd Betagten zuvor hergehe/ alsdann dieſe Nepenthe deſto beſſer wuͤrcken kan/ ſon-
ſten legt dieſe Medicin alle innerliche Schmertzen/ vnd vnruhiges Gemuͤht/ ſtillt das
Toben vnd Wuͤten in hitzigen Kranckheiten/ bringt einen ruhigen vnd ſanfften Schlaff/
vertreibt die Wind vnd Schmertzen im Bauch der kleinen Kinder/ wie auch Alten Per-
ſonen/ macht einen guten Verſtand vnd froͤliches Gemuͤth/ toͤdtet/ bindet vnd heilet alle
wilde fligende vnd vnruhige Spiritus im Leib/ daß ſie weder Hertz noch Hirn betruͤben/ er-
loͤſet/ vnd macht frey von boͤſen Humoribus, den uͤberwaͤltigten vnd vnterdruͤckten Spiri-
tum Vitalem, bringt wieder vnd vermehret die verlohrne Leibs-Kraͤfften/ alſo/ daß gleich-
ſam eine augenſcheinliche Huͤlff dabey geſpuͤhrt wird/ ſonderlich wann das Opium, wol
durch den Spiritum Volatilem Vitriolì corrigirt iſt. Man ſolte zwar das Opium auch
mit dem Liquore Nitri fixi ſolviren/ corrigiren/ per Spiritum Vini extrahiren/ vnd in
eine Eſſentiam bereiten koͤnnen/ iſt aber dieſe correction mit dem Spiritu Acido zu dem
Opio beſſer/ als jene mit dem Nitro fixo. Darbey man einen Spiritum Vini, die cor-
rigirte Eſſentiam zu extrahiren/ gebrauchen muß/ welcher Spiritus Vini die Kraͤfften deß
Opii aber gar zu fluͤchtig vnd penetrirent macht/ ſo aber allhier nicht geſucht wird/ ſon-
dern beſſer iſt/ daß es langſam vnd nicht ſo ſtarck angreiffe/ welches die Experientz gut zu
Kſeyn
[74]Ander Theil
ſeyn geoffenbahret/ dieſe herꝛliche Medicin wann ſie wol bereitet/ fuͤr eine der vier Haupt-
ſaͤulen darauff die Medicin ruhet/ zu halten iſt/ oben bey der Panacca Antimonii haben
wir das allerbeſte vnd ſicherſte Purgans Univerſale, damit alle boͤſe Humores auß dem
Leib gezogen werden/ bey der Panacea Aurea, das allerbeſte Diaphoreticum vnd Sudo-
rificum, vnd allhier bey dem corrigirten Opio vnd Sulphure Vitriolato, das allerbeſte
vnd herꝛlichſte Somniferum.
Folget nun ein gutDiureticum, Nephriticum,welches
auß etlichen Wuͤrmen/ durch Huͤlff einesSpiritus appro-
priati Vegetabilium bereitet wird.
℞. ℥j. Cantharidum, ℥ij. Aſſellurum, thue dieſes in ein Phiol/ daruͤber gieſſe
℥iij. Spiritus Nitri, laß in linder Waͤrme die Wuͤrmlein darin ſolviren vnd zu ▽ wer-
den/ welches in wenig Stunden geſchicht/ oder laß es nur ein paar Tag in der Kaͤlte ſte-
hen/ ſolviren ſich gleichwol/ darnach thue in dieſe Solution ℥iij. Regen-wuͤrme/ vnd laß
dieſelbe auch ein paar Tag darin ſtehen vnd ſolviren/ darnach gieſſe die Solution in ein
zart vnd dicht leinen Tuͤchlein/ ſo uͤber einem glaͤſern Trichter ligt/ ſo laufft der Spir. Ni-
tri mit den ſolvirten Wuͤrmen durch das Tuͤchlein/ vnd ſo noch etwas dicklichs von den
Wuͤrmen in dem Tuͤchlein bliebe/ vnd nicht durchlauffen wolte/ ſo nim̃ daſſelbe von dem
Trichter ab/ vnd falte es zuſammen/ vnd preſſe mit den Fingern das naſſe ſo durchgehen
wil/ herauß/ zu dem durchgeloffenen/ die feces, ſo in dem Tuͤchlein bleiben/ wirff hinweg/
darnach gieſſe in einem weiten Zuckerglas ſo viel Liquoris Nitri fixi auff die ſolvirte
Wuͤrme/ ſo lang die Solutio noch ebullirt oder arbeit/ vnd wann es ſtill iſt/ vnd die ſol-
virte Wuͤrme zu boden des Glaſes gefallen/ vnd wol præcipitirt ſeyn/ alsdann gieſſe das
ſolvens allgemach von den Wuͤrmen/ ſetze es hin zu coaguliren/ ſo wiꝛd wiedeꝛ ein natuͤr-
licher Salpeter darauß/ welchen du wieder zu gebrauchen/ die niedergefaͤlte Wuͤrme aber
Edulcorire mit ſuͤſſem Waſſer wol ab/ vnd laß die Wuͤrme auf gelindere Waͤrme trucken
werden/ koͤnnen zu Pillen formirt, oder mit Zucker zu einem Electuario bereitet/ vnd in
Calculo renum \amp; veſicæ vnd deſſen Anhang/ wol vnd ſicherlich ohne alle Gefahr gebrau-
chet werden/ doſis a gran. 1. 2. 4. 6. 8. auff 12. nach Gelegenheit deß Patienten vnd Per-
ſon/ wird nicht allein den Vrin/ ſondern auch den Schleim/ vnd noch vnerharten Tar-
tarum in Nieren vnd Blaſen außfuͤhren. So man aber dieſe Medicin noch kraͤfftiger
haben wil/ ſo ſol man die ſolvirte/ corrigirte, præcipitirte vnd edulcorirte Wuͤrme/ noch
einmal mit einem Spir. Ardenti, welcher entweder ex Saxifrago, Petroſelino, Baccis
Juniperi, Fraxino oder dergleichen Steintreibenden Kraͤutern bereitet worden/ extra-
hiren, ſo bleiben wieder feces zuruͤck/ vnd zieht der Spir. die reinſte Eſſentz darauß/ von wel-
cher man im linden Balneo den Spir. wieder abſtrahiren ſol/ ſo bleibt in fundo die Eſſent.
als ein lieblicher rohter Balſam zuruͤck/ welcher dann in obigen Kranckheiten vnd Gebre-
chen viel anmuͤhtiger/ bequemer/ vnd lieblicher zu gebrauchen ſeyn wird/ als er vor der
Extra-
[75]Pharmacopææ Spagyricæ.
Extraction in forma Pulveris, Pillularum vel Electuarii geweſen. NB. Wil man
aber auß den Regen-wuͤrmen ein Venerum haben/ ſo ſol man die Cantharites vnd Eſe-
lein davon laſſen/ vnd halb ſo viel als der Regen-wuͤrme ſeyn/ der rohten breiten Veneri-
ſchen Wuͤrmlein/ welche Sommerszeit haͤuffig in den Gaͤrten an den faulen Brettern
vnd alten Gemaͤuer ſich auffhalten/ wie auch ein vierdten theil Hirſchbrunſt darzu neh-
men/ vnd alſo damit procediren/ wie gelehrt. Auch ſol man die Regen-wuͤrme ſamlen/
ſo bald das Erdreich offen/ vnd man hinein graben kan/ wann aber die Wuͤrme noch
nicht herauß geweſen vnd ſich gepaaret haben/ alsdann ſie noch am kraͤfftigſten ſeyn/ vnd
ſolche ſolvirte corrigirte/ præcipitirte vnd edulcorirte Wuͤrme/ endlich noch einmal
durch einen Spir. Ardentem der auß Knaben-kraut/ Hopffen vnd Spargen wurtzeln be-
reitet/ extrahiren/ vnd in eine liebliche Eſſentiam bringen/ ſo hat man fuͤr die Impoten-
tes eine ſichere vnd kraͤfftige Medicin.
Alle Diuretica, vnd ſonderlich die Regen-wuͤrme/ ſeynd Venera, wann ſie gezei-
tiget vnd corrigirt werden/ welche correction aber nicht beſtehet/ auff der Weiber-koͤchi-
ſche Weiß/ mit zuthun deß Weins/ Zuckers/ Gewuͤrtz/ vnd dergleichen/ das ſubjectum
damit zu corrigiren/ vnd annehmlich zu machen/ ſondern die correction ſol durchs Feuer
(der Natur nach ohne zuthun anderer Dingen Philoſophiſcher Weiß) geſchehen/ aber
auch nicht durch das bekandte gemeine Kuͤchen-feuer/ ſondern durch das naſſe Philoſo-
phiſche/ vaporiſche/ digerirende/ alterirende/ durch dringende/ zeitigmachende/ verbeſſe-
rende/ erhaltende/ vnd in gleichem Grad immerwehrend-beſtaͤndige Feuer geſchehen/
welches im Nitro muß geſucht werden. Es wird ein groſſer Fehler begangen bey den
Vegetabiliſchen Decoctionibus, in deme man die Kraͤuter/ Blumen/ Saamen vnd
dergleichen/ mit einigen Liquoribus, als Waſſer/ Wein/ Bier vnd dergleichen/ auf dem
Feuer kochet/ vnd das decoctum hernach/ in Meynung/ alle Kraͤfften dem Kraut ent-
zogen zu haben/ dem Krancken beybringt/ vnd doch nicht in acht genommen wird/ daß in
einer ſolchen Kochung/ das edelſte/ nem̃lich der durchdringende kraͤfftige Spir. ſampt dem
lieblichen Oleo dem Kraut entgehet/ vnd mit dem Waſſerdunſte hinweg gehet/ welches
man gar wol mercken koͤnte/ wann man wolte/ dann allezeit bey ſolchem Gekoch/ der Ge-
ruch/ ſo davon gehet/ lieblicher iſt/ als die romanentz die man gebrauchet/ welches niemand
laͤugnen kan; warumb werden die Kraͤuter-waſſer in den Apotheken/ da ſie haͤuffig ab-
gehen vnd gebraucht werden/ nicht mehr in Balneo per ſc, ſondern mehrentheils per ve-
ſicam, mit zuthun gemeinen ▽ auff daß dieſelbige nicht anbrennen/ deſtillirt, mit Vor-
wendung/ daß ſolche Waſſer eben ſo gut waͤren/ als diejenige/ ſo in Balneo per ſe, ohne
zuthun ▽ deſtillirt worden/ welches auch die Warheit iſt weilen in der deſtillation die
ſubtilſte Feuchtigkeit deß Krants nur uͤbergehet/ vnd das gemeine ▽ als das ſchwerſte zu-
ruͤck in dem Keſſel bleibt/ daran ſie auch ihre Zeichen haben/ wann das uͤbergehende ▽
nicht mehr nach dem Kraut ſchmeckt/ ſie alsdann auffhoͤren/ vnd den Reſt ▽ ſampt dem
Kraut wegſchuͤtten/ vnd wann ſie das Kraͤuter-waſſer noch lieblicher vnd kraͤfftiger ha-
ben wollen/ gieſſen ſie das uͤbergeſtiegene wieder auff friſche Kraͤuter/ vnd ziehens davon
K 2uͤber/
[76]Ander Theil.
uͤber/ welches dann das reinſte Theil des Krauts auch zu ſich zieht/ vnd mit ſich uͤberfuͤh-
ret/ vnd kraͤfftiger wird/ ein guter Modus die Kraͤuter ▽ in Copia zu bereiten. Auch iſt
bekand genug/ wann man auß den Vegetabilibus ihre Spir. vnd Olea ſuchet/ daß ſelbige
mit zuthun vielem Waſſer per Veſicam muͤſſen uͤbergetrieben werden/ wie oben im Er-
ſten Theil dieſes Tractaͤtleins gelehret. Alſo iſt es ja klar vor Augen/ daß die gemeine
Kochung der Kraͤuter im ▽ nichts tauge/ ſondern das beſte Theil deſſen ſo man kochet/
im kochen hinweg duͤnſtet/ vnd nur das vnlieblichſte Theil zuruͤck bleibt. Wiſſens doch
etliche erfahrne Koͤche/ welche das Gewuͤrtz nimmer ehender zu dem Fleiſch in den Pot
thun/ biß das Fleiſch zuvorn gar iſt/ vnd ſie ſolches bald auff den Tiſch geben wollen/ auff
daß der beſte Geruch vnd Geſchmack von den Aromatibus nicht durch das lange kochen
weg duͤnſte. Wann man bey einem Brauhauß vorbey gehet/ wann ſie ihren Hopffen
kochen/ vnd bey einer Apotheken/ wann ſie ihre Decocta bereiten/ riecht es viel annehm-
licher vnd gleichſam hertzſtaͤrckender/ als das jenige was zuruͤck bleibt/ vnd man trincken
muß/ vnd ſolches auch/ auß obangeruͤhrten Vrſachen nicht anderſt ſeyn kan/ weilen die
beſte Krafft im Kochen hinweg gehet. Darumb ſage ich nochmalen/ daß dieſes Gekoͤch
ſo per aquam univerſalem igneam, in der Kaͤlte geſchicht/ dem andern weit vorzuziehen/
iſt das meiſte alles was wir eſſen/ auff daß es der Magen verdaͤuen oder vertragen moͤge/
es ſey gleich Fleiſch/ Fiſch/ Kraut/ Ruͤben vnd dergleichen/ zuvorn in der Kuͤchen mit dem
▽ auff daß es nicht anbrenne/ durch das △ muß gekocht vnd gar gemacht werden/ iſt ja
bekand genug; warumb dann auch nicht die Medicamenten? Vnd obwolen bey kochung
deß Fleiſches/ der Fiſch/ deß Krauts vnd dergleichen/ auch etwas von ſeinen Kraͤfften
entgehet/ ſo hat es doch nichts zu bedeuten/ weilen man mit dem bleibendē/ dem gantzen
Leib voll anfuͤllt zur Speis vnd Nahrung dem Leib damit zu ſaͤtigen/ bey den medicina-
liſchen Decoctis aber man ſo viel nicht gebrauchet/ ſondern nur ein wenig auff einmal
davon eingibt/ dahero billich auch ſeine Kraͤfften ihme ſolten gelaſſen/ vnd nicht im kochen
weg geduͤnſtet werden/ welches aber nicht zu verwehren iſt/ wann es in offenen Geſchir-
ren/ mit gemeinem ▽ vnd △ gethan wird; Darumb dieſer mein modus per aquam i-
gneam, dem andern weit vorzuziehen iſt. Dann bey dieſer Kochung/ das geringſte von
deß Krauts oder Thiers Kraͤfften (weilen ſie in der Kaͤlte geſchicht) weg gehen kan. Son-
dern alles beyſammen in dem naſſen △ oder feuriſchen ▽ verbleiben/ ſich zeitigen/ ver-
beſſern/ vnd zu einer Medicin bereiten laſſen/ muß es/ wolle oder wolle nicht/ wenn auß-
zuweichen ihme kein Platz gegeben wird/ wie bey voriger Kochung/ da das Edelſte wegge-
het: Darumb billich alle gewiſſenhaffte Medici, ihnen ein ſolches digerirende, enthaltene/
zeitichmachende/ vnd verbeſſerende Feuer vnd Waſſer/ ihre Medicamenten damit zu be-
reiten/ befohlen ſeyn laſſen ſolten/ vnd wann es auch nur wegen etlicher Medicamenten/
die man ſonſt nicht erlangen kan/ geſchehen ſolte/ als bey den Diureticis zu ſehen/ welche
durch dieſes Philoſophiſche ▽ vmbgekehrt/ nicht allein viel ſicherer hernacher den Vrin
vnd Calculum, vnd alles was ihnen anhaͤngig/ treibet/ ſondern ſie werden auch Hertz-
ſtaͤrckend darbey/ wie alle warme vnd ſubtile durchdringende Natur theilhaftige ſimplicia
vnd
[77]Pharmacopææ Spagyricæ.
vnd Compoſita ſolches auch zu thun pflegen/ alſo/ daß ſie hinfuͤro den Vrin vnd Calcu-
lum nicht mehr mit Gewalt vnd Schmertzen/ ſondern fein ſanfft vnd lind befoͤrdern/ vnd
darbey noch die maͤnnliche Natur ſtaͤrcken/ in ihrem Weſen erhalten/ da die vnzeitige her-
gegen derſelben wegen ihrer Vnzeitigkeit vnd Wildigkeit noch ſchaͤdlich ſeyn/ vnd neben
dem Waſſertreib auch Schmertzen verurſachen/ welches die corrigirte nicht thun. Bey
dieſer Materi vnd gehaltenen Diſcurs wegen deß naſſen Feuers/ oder feurigen Waſſers/
damit ich die gifftige Vegetabilien/ Animalien vnd Mineralien in heilſame Medicamen-
ten zu bereiten/ gelehret habe/ moͤchten leichtlich ſtreitige Gedancken entſtehen/ vnd den
Vnerfahrnen fremb vorkommen/ daß ich den Liq. Nitri fixi, wie auch Spiritum Nitri
Corroſivum feurige ▽ oder waͤſſerige △ nenne/ da man doch an ihnen kein ſichtbarli-
ches △ ſiehet noch ſpuͤhret/ dieſen zweiffelenden Gedancken nun auch abzuhelffen/ finde
ich noͤtig allhier zu thun/ vnd beweiſe erſtlich daß das gemeine Nitrum an ſich ſelber nichts
anders ſey/ als ein lauter Feuer/ dann es auff einer gluͤhenden Kohlen gantz vnd gar hin-
weg brennt/ vnd das Buͤchſen-pulver ſolches auch genugſam bezeuget/ vnd wann es per
Calcinationem figirt, oder per deſtillationem in ein ſcharffes ▽ deſtillirt wird/ ſein
Feuer noch nicht verlohren/ ſondern vollkoͤmlich bey ſich habe/ beweiſet nicht allein/ wann
obgedachte beyde Liquores, nemlich deß Nitri fixi vnd Spiritus acidi zuſammen gegoſ-
ſen werden/ ſie beyde ihre durchs △ angenommene Naturen verliehren/ vnd in einen
natuͤrlichen Salpeter wieder werden/ darauß ja genugſam zu beweiſen/ daß beyde △ ſo
wol der Spiritus Acidus als Liq. Nitri fixi, feurige ▽ moͤgen vnd koͤnnen genennet wer-
den/ wie ſie es dann alle beyde mit der That erweiſen. Dann ſie ihr △ noch bey ſich ha-
ben/ weilen ſie alles zerſchmeltzen vnd zu Waſſer machen/ was ihnen beygefuͤgt wird. Die-
ſer Beweis verhoffe ich/ werde den Verſtaͤndigen/ ob ſie ſchon im Licht der Natur nicht
hoch erfahren/ dennoch Lichts vnd Zeugnuͤß genug ſeyn; Den gar vnerfahrneſten aber/
welche ins gemein das meiſte gethadel von Dingen haben/ die ſie nicht verſtehen/ muß ich
eben ſo wol auch begegnen/ vnd klaͤrlich vor Augen legen/ das obgedachte ▽ re ipſa lau-
ter Feuer ſeyn/ wollen ſie es nicht glaͤuben/ ſo nehmen ſie nur von welchem Theil ſie wol-
len ein klein troͤpfflein oder Koͤrnlein auff die Zungen/ ſo werden ſie ihr verborgenes Feuer
bald fuͤhlen/ nicht anderſt/ als wann mit einer gluͤhenden Kohlen ihnen die Zunge ange-
ruͤhrt waͤre/ wollen ſie es aber brennend oder flammend ſehen/ ſo koͤnnen ſie beyde/ oder
welches von beyden coaguliren oder concentriren. Entweder durch das Antimonium
oder Lapidem Calaminarem, davon ſich alle Corroſiven am liebſten concentriren/ vnd
ihr bey ſich fuͤhrendes ▽ gehen laſſen. Wann man nun eine Flam̃ ſehen wi[l]/ ſo muß
man einen reinen dephlegmirten Spiritum Vini auff den concentrirten Spiritum aci-
dum, vel liquorem Nitri fixi gieſſen/ ſo wird ſich alſobalden das verborgene Feuer des
Nitri concentrati offenbaren/ vnd den Spiritum Vini anzuͤnden vnd verbrennen/ oder
wann man auff andere Weiß ſolches erfahren wil/ ſo kan man das Nitrum per regulam
Antimoni Martialem figiren, vnd coaguliren zu einer feurigen Maſſam, vnd ſolche in
einem ſtarcken Erden-krug/ wol vermacht/ bewahren/ daß keine Lufft darzu koͤm̃t/ ſo ble[ib]t
K 3das
[78]Ander Theil
das △ ſo lang verborgen als man ſelber wil/ wann es aber warm werden ſol/ ſo geuſt man
ein wenig ▽ in den Krug zu dem verborgenen △ ſo faͤngt es alſobalden an ſich ſpuͤhren
zu laſſen/ vnd macht das Geſchirꝛ ſo heiß/ daß man keine Hand daran erleiden kan/ vnd
nachdeme du viel ▽ beythuſt/ ſo viel waͤrmer das Geſchirꝛ wird/ auch gar vor Hitze zer-
ſpringen moͤchte/ darumb man Ziel vnd Maß darin gebrauchen muß/ wann das △ lang
waͤren vnd Waͤrme geben ſolte. Jſt nicht allein eine ſchoͤne Curioſitaͤt/ die Wunder-
wercke der Natur dadurch zu erlernen/ ſondern es iſt auch nuͤtzlich denen/ welche Win-
terszeiten zu Wagen oder Schiff/ Tag vnd Nacht in groſſer Kaͤlte reiſen muͤſſen/ ſich bey
einem ſolchen △ im fall der Noth zu waͤrmen/ dann ein Geſchirꝛ da ein oder zwey Pfund
dieſes coagulirten △ eingehet/ wol 24. Stund lang die Hitze halten kan/ vnd im Noth-
fall man auch wol groͤſſere/ oder mehr Geſchtrꝛ mit auff die Reiſe nehmen koͤnte/ auff das
nimmer mangel an △ waͤre/ vnd wann in der groſſen Kaͤlte kein ▽ zu haben/ ſo kan man
an deſſen ſtatt/ ſeinen eigenen Vrin nehmen/ thut auch gut. So gering dieſes Stuͤck-
lein ſcheint zu ſeyn/ ſo ſteckt doch ein groſſes Geheimnuͤß darhinder zu der wahren Philo-
ſophia dienſtlich/ auch iſt es ein ſolches △ gleich wie bey den Maccabeern die Prieſter
ſollen begraben/ vnd hernacher uͤber etliche 100. Jahren wieder geſucht vnd gefunden
haben/ dann ein ſolches Feuer/ wann es nur vor Lufft wol bewahret wird/ ſich viel hun-
dert oder 1000. Jahre vnverdorben halten kan/ welches fuͤrwar Nachdenckens wehrt
iſt. Dieſes nun genug von dem Nitro fixato, daß es lauter △ ſey/ vnd ſich offenbare
wann mans haben wil; auch thut nicht minder der Spiritus acidus Nitri, vnd wiewol
derſelbe gar einer andern Natur vnd Eigenſchafft als das Nitrum fixatum iſt/ dannoch
eben ſo wol er ſein Feuer noch verborgen bey ſich hat/ vnd wieder ſehen laͤſſt/ wanns der
Kuͤnſtler haben wil/ nemlich alſo ſolvire ♂ oder Lap. Calaminarem damit auff/ laß dar-
nach die Feuchtigkeit auf dem Feuer gantz weg duͤnſten/ NB. wird aber nichts als ein vnge-
ſchmack ſuͤß ▽ davon gehen/ das feurige Theil/ aber wird bey dem Marte oder Lap. Ca-
lam. ſich concentriren/ vnd zu einer feurigen truckenen Erden werden/ welche man vor
Lufft bewahren muß/ auff daß ſie ſich nicht in ein ▽ ſolvirt. Dieſer in eine rohte Erden
concentrirte feurige Spiritus iſt ſo hitzig/ wann man eines Hauffkorns groß auf die Zun-
gen nim̃t/ nicht anders brennt/ als wann man mit einem gluͤhenden Eiſen ſolche ange-
ruͤhret haͤtte/ wann man dann Feuer darauß haben wil/ kan man einen Spiritum Vini
darauff gieſſen/ ſo wird die Flam̃ davon gehen/ wil man ſich aber dabey waͤrmen/ wie oben
bey dem Nitro fixo gelehret/ ſo muß man ein wenig ▽ darein troͤpffen laſſen/ ſo faͤngt das
verborgen vnd concentrirte Feuer an ſich zu erholen/ vnd zu brennen/ wie das Nitrum
fixum, vnd kan eine lange Zeit waͤren/ wann man nicht zu viel ▽ auff einmal bey thut/
vnd wan man wil/ daß es wieder außloͤſchen vnd kalt werden ſol/ muß man das Geſchirꝛ
zu machen/ vnd ſo man dann ſolches wieder wil warm haben/ ſelbige wieder geoͤffnet/ vnd
ein wenig ▽ bey muß gethan werden/ ſtehet alſo ſolches Feuer bereit zu dienen wann
mans begehrt. Sonſten kan auch darmit bewieſen werden/ daß der Spiritus Nitri aci-
dus ein kaltes vnd verborgenes Feuer ſey/ wann man nur ein ſtuͤcklein Eiſen oder Gal-
mei
[79]Pharmacopææ Spagyricæ.
mei darein legt/ daß der Spiritus daran arbeiten kan/ ſo wird er ſich entzuͤnden/ vnd das
Glas davon ſo heiß werden/ daß mans nicht in der Hand halten kan/ daher auch die war-
me Baͤder ihren Vrſprung haben/ wann nemlich ein Spiritus acidus Mineralis, zu einer
Waſſerquell in dem Gebirg koͤmt/ vnd ſolches impregnirte ▽ durch ♂ oder Calmei
Gaͤnge lauffet/ darin es ſich dann alſo erhitzet/ daß es Kochheiß auß der Erden laufft/ wird
auch nirgends kein warm Waſſer gefunden/ als bey den Eiſen vnd Galmey-Gebirgen/
wie an vielen Orten zu ſehen/ vnd ſonderlich zu Acken/ da die ſchoͤnſte Baͤder in Europa
zu finden/ vnd alles Gebirg vmb die Stadt voll Eiſen vnd Galmey ſtecket. Was ſon-
ſten fuͤr ſchoͤne vnd nuͤtzliche Secreten hinter dem concentrirten Feuer verborgen/ gehoͤrt
hieher nicht/ iſt genug Anleitung darzu geben/ wers darauß nicht erlernet/ ſoll es auch
nicht haben/ vnd iſt ihme nicht von Gott beſchehret/ deß Feuers vner gruͤndliche Eigen-
ſchafften wiſſen vnd kennen/ iſt eine Thuͤr zur wahren Philoſophia vnd Hermetiſchen
Medicin. Allhier ſiehet der Kunſtliebende/ was ein concentrirtes Feuer vermag/ vnd
wann es noch mit vieler Erden/ als Eiſen/ Galmey vnd Antimonio vmbgeben/ vnd
gleichſam an ſeiner rechten Krafft verhindert vnd gebunden iſt/ dann ein vnrein Corpus
auch die reine Seel ſo darin wohnet/ verunedlen vnd vergeringern oder gar toͤdtē kan/ wel-
ches ſo wol bey den Mineralien/ als Menſchen ſelbſten zuverſtehen iſt. Was aber dar-
mit außzurichten/ wann es gantz fein vnd von allen fecibus geſaͤubert/ kan man leichtlich
erachten/ vnglaͤubliche ja ſchier Goͤttliche Dinge damit wuͤrden gethan werden. Dann
das Feuer von Terreſtriſchen Holtz vnd Kohlen gemacht/ wann es concentrirt wird/
viel Wunders außrichten kan/ was wuͤrde eine concentrirte Sonne/ welche tauſendmal
reiner als das Holtzfeuer/ thun koͤnnen? Nechſt Gott iſt die Sonn/ nechſt der Sonn
das jrꝛdiſche Holtz-feuer/ das Edelſte in der gantzen Welt. Doͤrffte ich wegen der groben
Vnverſtaͤndigen/ recht meine Meynung vom Feuer herauß geben/ ſolte mancher finſte-
re Winckel erleuchtet werden. Dann die Elementiſche Sonn/ dadurch alles Licht vnd
Leben der Welt geben wird/ anders nichts als ein Kleid oder Vmbhang deſſen Ewigen
vnd Allmaͤchtigen Gottes iſt. Jſt nun das Kleid oder Vmbhang Gottes ſo herꝛlich/
traͤfftig/ vnd maͤchtig in ſeinem Weſen/ was wird denn Gott als das ewige Licht/ vnd
Centrum alles Lichts/ ſelber ſeyn? Koͤnnen wir doch das Kleid nicht anſehen/ noch deſſen
wunderbarliche Kraͤfften vnd Eigenſchafften/ durch all vnſer ſpeculiren vnd philoſophi-
ren ergruͤnden. Warumb vnterſtehen ſich die Narren ſo leichtfertig von Gott zu reden
vnd zu halten/ welche doch ſo gar nichts von ihme wiſſen/ noch ihn kennen; Dahero ſchier
ein jedwederer ihme einen beſondern Gott machet/ ihn ehret vnd anbetet/ welches vor dem
rechten einigen vnd wahren Gott ein Greuel iſt. Die alten Naturkuͤndiger haben die
Sonnen eine runde feurige Kugel/ die ihren Anfang von Gott habe/ zu ſeyn/ geſchrieben/
vnd ſelbiger mit einem Zeichen der perfection als einem runden Zirckel abgemahlet/ vnd
in der mitte deß Zirck els einen Punctum geſetzet/ als ein Centrum deß Circkels darmit an
zudeuten. Weilen dann das Centrum bey allen Dingen allzeit edler vnd beſſer iſt/ als
die Circumferentia, welche von dem Centro außgehet/ vnd je weiter die Circumferen-
tia
[80]Ander Theil
tia von dem Centro, je differenter vnd vngleicher ſie mit dem Centro iſt/ je naͤher aber
dem Centro, je gleicher es demſelbigen ſeyn muß; wann dann nun die Sonn als eine
Circumferentia deß Puncten darin/ ein ſolch uͤberauß edel Weſen iſt/ was wird dann der
Punct darinnen ſeyn? Vnd wie ſollen wir ihn nennen? Wer kans oder darff es thun
vor der boͤſen Welt? Muß alſo wieder meinen Willen davon weiters zu diſcuriren auf-
hoͤren/ vnd ſolches biß in mein Tractaͤtlein de Concentratione Cœli \amp; Terræ, verſchie-
ben vnd bewahren. Sage aber diß zum Vberfluß/ daß vnſer Terreſtriſch Feuer/ damit
wir taͤglich vmbgehen/ die erſte Staffel auff dieſer Leiter iſt/ auf welcher man zu Gott ſtei-
gen/ deſſen Allmacht begreiffen/ empfinden/ ergruͤnden/ lieben/ fuͤrchten/ ehren/ vnd end-
lich ſehen/ vnd ſeiner ewigen Herꝛlichkeit einmal auß Gnaden theilhafftig werden koͤn-
nen. So das gemeine vnd allen Menſchen bekandte Feuer ſage ich nochmalen/ die er-
ſte Sproſſel auff ſolcher Leiter iſt/ darauff man zu Gott vnd ſeinen Geheimnuͤſſen ſteigen
kan/ vnd doch vns Menſchen ſo vnbekand/ was wird die andere vnd dritte dann ſeyn/ da-
von wir noch weniger wiſſen/ vnd doch vns vergeblich ſo viel einbilden; bleibt alſo darbey/
daß all vnſer Wiſſen nur eitel Stuͤck-vnd Flickwerck ſey/ vnd vnter Hundertauſenden/
nicht einer die zweite Sproſſel/ wil geſchweigen die dritte/ welche zu den Geheimnuͤſſen
Gottes fuͤhret/ begreiffet/ noch anruͤhret/ das ſag ich allhier/ an einem andern Ort ein
mehrers/ hernach ſol geſagt vnd bewieſen werden.
Folget einCordialevndConfortativumin groſſen vnd
langwierigen Schwachheiten.
℞. Florum Majoranæ, Salviæ, Roriſmárini, Macis, ana ℥ij. Nucis Muſcá-
tæ, Cardamomi, Zeduariæ, Galangæ, ana ℥j. Cinamomi Electi ℥viij. Extrahire
per Spiritum Vini Tincturam, weiters ſolvire in ℥vj. Spiritus Salis rectificati, welcher
mit einem Nitro acuirt ſeyn ſoll ℥j. Auri, gieſſe dieſe Solutionem Auri in den Spiritum
Vini aromatiſatum, ſetze es zuſammen in einen glaͤſern Retorten in ein Balneum ſiccum
zu deſtilliren, ſo gehet erſtlich ein lieblicher Spiritus Vini aromatiſatus klar uͤber/ vnd
wann er anfaͤngt weislicht oder truͤb zu gehen/ ſo leg einen andern Recipienten vor/ vnd
laß alle Feuchtigkeit mit linder Waͤrme uͤber deſtilliren/ ſo lang biß daß kein Spiritus Vi-
ni mehr gehet/ ſondern ein vngeſchmackt ſauer Waſſer anfaͤngt zu kommen/ alsdann
man alles Feuer vnter dem Balneo wegnehmen/ vnd den Retorten kalt werden laſſen/
vnd außnehmen ſoll/ ſo wird man auff der Solutione Auri ein blutrohtes/ mit Tinctu-
ra Auri impregnirtes Oleum Aromatum finden/ welches man durch ein Scheidglas
von dem Spiritu Salis ſcheiden/ vnd ſo viel deſſen ſeyn wird/ zu dem uͤbergeſtiegenen Spir.
Vini aromatiſato thun/ welcher dann ſolches alſo balden zu ſich nehmen/ vnd ſchoͤn roht
davon werden wird. Auß dem zuruͤcke gebliebenen Spiritu Salis ſol man das uͤbrige
Gold/ ſo das Oleum aromatum nicht zu ſich genommen hat/ mit Nitro fixo in einen
zarten glaͤntzenden Calcem præcipitiren/ abſuͤſſen/ vnd zu dem Spiritu vnd Oleo aroma-
tiſato
[81]Pharmacopææ Spagyricæ.
tiſato thun/ mit ſo viel Candi Zucker/ als noͤhtig ſeyn moͤchte/ den Spiritum aromatum
damit lieblich zu machen/ ſo bekoͤmt man ein ſehr kraͤfftiges Aqua Vitæ in allen Schwach-
heiten/ zur Labung vnd Staͤrckung/ nuͤtzlich zu gebrauchen. Dieſe Præcipitation aber
ſol nicht geſchehen/ gleich wie man ins gemein die ſolvirte Metallen præcipitirt, in ſolche
Pulver/ welche die metalliſche Geſtalt verlieren/ als bey dem ☉ ein gelbes Pulver davon
wird/ das man Aurum fulminans nennet/ weilen es/ wanns auff einem Blech erwarmt/
ſchlaͤgt vnd knalt/ als wann man ein geladen Rohr los braͤndte/ doch ſehr hell vnd auch
vnter ſich/ alſo daß einer kleinen Erbes groß/ wann es wol gemacht iſt/ in einem ſilbern
Loͤffel ein Gruͤblein einſchlaͤgt. Sondern es ſol das Gold alſo niedergeſchlagen werden/
daß es ſeine metalliſche Geſtalt behalte/ aber ſo zart/ daß mans auch in einem Augleiden
koͤnte/ vnd ſol auch nicht alles ☉ nieder gefaͤllt werden/ ſondern allein das edelſte/ vnd
gleichſam deß Goldes Anima, viel hoͤher vnd ſchoͤner als ander Gold vnd Farb/ vnd den
geringern Theil von dem Gold beſonders niederſchlagen/ vnd wieder zuſammen ſchmel-
tzen/ wird bleich vnd ſchlecht Gold ſeyn/ welchem aber/ wann man wil/ durch das Anti-
monium vnd ♀ ſeine Farb wieder geben kan/ alſo/ daß man keinen Abgang oder Scha-
den leidet/ dann ſo das erſt-gefelte beſſer als ein gemein fein ☉ iſt/ ſo muß nohtwendig das
letztere gefaͤlte geringer ſeyn/ oder wann das letztere geringer iſt als gut fein ☉ ſo muß noth-
wendig das erſt-gefaͤlte beſſer ſeyn/ als gemein fein ☉ derohalben ſolches auch in Medici-
na nuͤtzlich zu gebrauchen/ weilen es ſich im Magen verzehrt/ ſeine Operation thut/ wel-
ches ſonſten gefeilt oder geſchlagen corporaliſch ☉ nicht thun kan/ welches ich mit Fleiß
verſuchet/ vnd alſo befunden habe/ ſo aber jemand daran zweifflen ſolte/ kan er den erſten
Niederſchlag (als das beſte Theil von ☉) ſo ich allhier mit bey zunehmen befehle/ mit ei-
nem wenig Borras zuſammen ſchmeltzen/ vnd gegen den letzteren Niederſchlag halten/ ſo
wird er einen ſolchen Vnterſcheid finden/ wie Tag vnd Nacht; das erſte wird viel hoͤher
vnd ſchoͤner an der Farb ſeyn als das beſte Ducaten- oder Roſenobel ☉ das letztere aber
vmb ſo viel geringer vnd ſchlechter als Ducaten/ vnd wann man dieſes Erſte wieder auffs
neu ſolvirt/ vnd More Philoſophico præcipitirt, vnd nur allein die erſte Helffte beſon-
ders felt/ ſo wird es noch Edler/ vnd laͤſſt wieder etwas bleich Gold zuruͤck/ welches fuͤrwar
ein Werck iſt/ daß nach denckens macht/ vnd ſolte endlich das Gold alſo concentrirt wer-
den/ daß es ſo hoch vnd edel an Farb/ Krafft vnd Tugend/ daß man damit andere Metal-
len faͤrben vnd verbeſſern koͤnte. Welches ich zwar noch nicht/ wegen Mangel der Zeit
gethan; geliebts Gott/ vermeine ich mit eheſtem ein ſolches ☉ dem Liebhaber goͤttlicher vñ
natuͤrlicher geheimnuͤſſen werde zeigen koͤnnen; vnd nur vmb einer guten Medicin willen
ſolche darauß zu bereiten; Wie ich dann von dieſer vnd dergleichen kuͤnſtlichen vnd Phi-
loſophiſchen Concentration deß Golds vnd Silbers in gute Medicamenten/ in mei-
nem Vierdten Theil des Vaterlands Wohlfahrt mir zu beſchreiben vorgenommen. Auf
daß aber gleichwol der Kunſtliebende allhier auch ein wenig Nachricht habe/ wie eine ſol-
che Præcipitation hergehe/ ſo berichte ich kuͤrtzlich/ daß ſolche ſo wol im trucknen als naſſen
Weg zu thun muͤglich. Allhier geſchicht es im naſſen Weg/ weilen es der Proceß bey
Lder
[82]Ander Theil
der Medicin Beſchreibung alſo mitbringet/ welche muͤheſam/ vnd auch ſorglich in der
Arbeit/ wann etwan ein Glas außlauffen ſolte/ das Gold zu verliehren/ im truckenen
Weg aber/ hat man ſolcher Gefahr ſich nicht zu beſorgen/ welches hieher nicht/ ſondern in
den Vierdten Theil deß Vatterlands Wohlfahrt gehoͤret. Jſt nur derentwegen all-
hier angeruͤhret/ auff daß man ſehen vnd ſpuͤhren koͤnne/ daß in dem Gold auch eine
Scheidung zu machen/ wie bey den geringern Metallen, dann/ wann man durch Kunſt
eine Scheidung eines Metalls, nemlich/ das beſſere von dem geringern Theil zu ſcheiden
weis/ der hat eine Verbeſſerung deß Metalls mit Nutzen: Wie dann in meinem Andern
Theil deß Vatterlands Wohlfahrt/ die fluͤchtige/ vnzeitige Mincralien, per Nitrum in
geſchmeidige Metalliſche Coͤrper/ in dem Dritten Theil aber dieſe gemeine vnperfecte
Metallen zu perfectem ☽ vnd ☉ im Vierdten/ das perfecte ☉ vnd ☽ in plusquam per-
fecta Corpora, der Medicin zugehoͤrig/ zu verwandlen gelehrt wird/ vnd allhier auch
bey nechſter Medicinaliſcher Bereitung ein mehrers von ſolcher Scheidung ſol geſagt
werden. Vnd wolle ſich niemand daran ſtoſſen/ daß ich allhier das gefelte zarte Gold
mit zu dieſer Medicin zu nehmen gelehret/ da doch ſonſten an andern Orten ich ſelber ge-
ſchrieben/ daß des Menſchen Magen ein corporaliſch ☉ zu verdaͤuen vnmuͤglich/ ſo ich
vielmal erfahren/ dieſes aber davon allhier Meldung geſchicht/ viel beſſer vnd Edler iſt
als ein gemein ☉ derohalben auch ſolches nicht fuͤr corporaliſch ☉ ſondern fuͤr ein Kern/
vnd gleichfam Animam deſſelben/ ſo ſich ins Menſchen Magen verdaͤuen laͤſſt/ vnd ſeine
Krafft von ſich gibt/ wil gehalten haben. NB. Wann man obgedachtes Aquam Vi-
tæ Auream gebrauchen wil/ ſo ſoll man das Glaͤslein zuvorn einwenig ſchuͤtteln/ auff
daß das in die allerſubtilſte Athamos gebrachte Gold ſich mit dem Aqua Vitæ vermiſche/
vnd alsdann etliche Tropffen nach Gelegenheit der Perſon vnd Kranckheit mehr oder
weniger mit bequemen Vehiculis dem Patienten moͤge beygebracht werden/ man kans
mit einem wenigen verſuchen/ ſo wird man befinden/ daß eine groſſe hertzſtaͤrckende Kraft
darin geſpuͤhret/ vnd fuͤglich ſolches bey allen Schwachheiten zu gebrauchen/ recomman-
dirt ſeyn ſolte.
Folget eine andere guteMetalliſcheMedicin_Bereitungper
Nitrum,ſo in allen Hirnkranckheiten nuͤtzlich zu gebrauchen/
vnd gehet auß einem ☽ haltenden ♄ Ertz.
℞. Ein ſolches Bley-Ertz daß viel Silber fuͤhret/ vnd gar nicht Kupfferig oder
Eiſenſchuſſig/ ſey ſo gut du es bekommen kanſt/ vnd je mehr Silber es fuͤhret/ je beſſer zu
dieſer Arbeit ſolches zu gebrauchen/ ſcheide allen Sulphuriſchen Geſtanck vnd ſchwartze
terreſtritaͤt per Nitrum ſecundum artem Spagyricam davon/ alſo/ daß dir nur die aller-
reinſte/ weiſte/ fluͤſſigſte/ vnd fluͤchtigſte mercurialiſche Theilen verbleiben/ ſuͤſſe das Ni-
trum auffs allerbeſte wieder davon/ ſo haſtu ein ſchwer glaͤntzend ſchneeweiſſes ſuͤſſes Pul-
ver. Welches der wahre leichtfluͤſſige vnd fluͤchtigſte ☿ Saturni iſt darvon 1. 2. 3. 4. 5.
in
[83]Pharmacopææ Spagyricæ.
in 12. granen ſchwer mit bequemen Vehiculis in allen Hirnkranckheiten kan gebraucht
werden: Auch fſt ſie in Peſte vnd Bauch-wuͤrme der Kinder ein gutes remedium, legt
alle innerliche Hitze/ auffſteigende vnd das Hirn beſchwerende Duͤnſte/ benim̃t die Ver-
ſtopffung deß Miltzes/ vnd was dieſem anhaͤngig/ erfreuet die ſchwermuͤhtigen Melan-
cholicos, vnd bringt die wahnſuͤchtige/ naͤrriſche/ vnd phantaſtiſche Koͤpff wieder zu
recht/ inſonderheit wann man zuvorn den Leib deß Patienten mit meiner Panacea An-
timonii reiniget/ vnd noch beſſer/ wann dieſe Medicin nach der erſten Bereitung/ noch
einmal per Nitrum gewaſchen/ vnd ſubtiler gemacht/ oder gar figirt wird/ alsdann ſie
auch kraͤfftiger wircken vnd ihre Macht erzeigen kan. Vnd noch beſſer wann dieſer ☿
Saturni, endlich per retortam in eine ſuͤſſe Milch uͤbergetrieben/ vnd alsdann figirt wird;
welches den Philoſophiſchen Spruch wahr macht/ Ignis \amp; azoth, abluunt Lathonem,
Nitrum iſt der wahre Azoth Philoſoph. vnd ſonſten kein anderer zu finden; Sapo Sapi-
entum, vnd Balneum Univerſale Metallorum. Vnd laͤſſt ſich die Jungfraw Milch per
ſe in einen durchdringenden fluͤſſigen Stein figiren, vnd coagulirt vnd figirt auch einen
gemeinen gereintgten Mercurium, ſo weit aber daß er die Cupellen beſtanden/ habe ich
ſelbigen noch nicht gebracht/ habe es aber vnter Haͤnden/ vnd verhoffe es auch mit der
Huͤlffe Gottes zu wegen zu bringen: Sonſten wann der Stein noch gantz fluͤchtig iſt/
penetrirt er die vnvollkommene Metallen/ als ♂ vnd ♀ vnd macht ſelbige leichtfluͤſſig
vnd fluͤchtig/ was er aber thun ſolte wann er figirt worden/ iſt leicht zu erachten. Moͤch-
te dem kleinen Bauren-werck vielleicht nicht vngleich ſeyn. Allhier dienet dieſes noch zu
ſagen/ weilen es die Materi mitbringt/ was eine Reinigung ſey/ vnd worin dieſelbe beſte-
he. Vnd weilen dann meine Schrifften vnd gute Erinnerungen allzumal dahin ge-
richtet/ das Reine von dem Vnreinen zu ſcheiden/ vnd auch dieſes Buͤchlein den Namen
davon hat/ vnd aber nicht jederman weiß wie ſolche Scheidung geſchehen/ ſo finde ich
rahtſam ein wenig zur Nachricht allhier davon zu ſagen/ dann alle Philoſophi dahin ge-
hen vnd einhellig ruffen/ fac fixum volatile, \amp; volatile fixum; Jn Ablegung der terre-
ſtritaͤt wird ein hartfluͤſſiges vnd fixes weſen fluͤſſig vnd fluͤchtig/ welches die erſte Schei-
dung oder Philoſophiſche Reinigung iſt/ darauff folget die ſublimation oder deſtillation,
durch welche das von dem groͤbſten fecibus allbereit geſchiedene/ noch einmal gereiniget
wird/ dann je oͤffter ein Weſen deſtillirt oder ſublimirt, je reiner daſſelbige wird/ vnd je
reiner es iſt/ je kraͤfftiger vnd durchdringender es auch ſeyn muß; wann nun das aller-
reinſte wieder figirt wird/ kan man leichtlich erachten was man erlangt/ vnd dieſes allhier
von einer metalliſchen vnd per artem Spagyricam gethaner Reinigung zu verſtehen.
Bey Vegetabilibus, Animalibus, vnd Mineralibus, kan eine dreyfache Waſchung ge-
ſchehen/ eine Durchwaſchung mit gemeinem Waſſer/ dardurch die Vnreinigkeit/ als
Sand/ Staub vnd Erden/ von dem Weſen abgeſpuͤhlt vnd gewaſchen wird. Die an-
dere geſchicht durch die deſtillation, wann nemlich die duͤnne vnd waͤſſerige Theilen/ von
den groben jrꝛdiſchen Theilen geſchieden werden. Bey den Metallis ſolches auch durch
die ſublimation etlicher maſſen geſchehen kan/ wie bekant genug iſt. Die dritte Reini-
L 2gung
[84]Ander Theil
gung geſchicht durchs Feuer/ wann nemlich das ſubjectum darin außgegluͤht wird/ daß
der verbrennliche Sulphur ſich anzuͤndt vnd verzehrt wird/ der ☿ aber im Rauch hinweg
gehet/ vnd nur die fixe Erden vnd Saltz zuruͤck bleibt: Vnd dieſes bey den Vegetabilien
vnd Animalien zu verſtehen. Bey den Metalliſchen aber es viel eine andere Beſchaffen-
heit hat/ deren tria principia die Natur gleichſam radicaliter in eine gleichmaͤſſigkeit oder
matoriam homogeneam verbunden vnd verknuͤpffet hat/ alſo hart/ daß ſolche Theilen
ſich nicht gern wieder ſchneiden laſſen/ entweder ſie gehen zu gleich uͤber/ nach vnd nach/
per Cohobia, oder ſie bleiben zuruͤck. Vnd wann ſchon ein ſchwartzes Metall durch
Gewalt deß Feuers/ entweder uͤber ſich in weiſſe Flores ſublimirt, oder in eine weiſſe A-
ſchen calcinirt worden/ ſo findet man nach der reduction, das vorige vnd alte Metall wie-
der in ſolcher Geſtalt/ Art vnd Eigenſchafft/ gleich wie es vor der Sublimation oder Cal-
cination auch geweſen iſt/ alſo dieſes gar keiner Philoſophiſchen Reinigung zu verglei-
chen. Wieviel haben vermeint vnd ſich ſelber betrogen/ wann ſie den Martem zu einemroh-
ten Croco bereitet/ die Lunam damit zu tingiren/ vñ nicht vermercket/ daß derſelbige Cro-
sus, wann er wieder Corporaliſch wird/ zu einem natuͤrlichen Eiſen ſich ſchmeltzet. Es
laͤſſt ſich der ☿ vulgi in ein ſchoͤn roht Pulver præcipitiren/ kan aber wieder in einen lauf-
fenden Mercurium revivicirt werden. Der ♄ kan mit Sale communi in eine rohte
Farb oder Minium calcinirt werden/ gibt aber in der reduction wider ein gemein ſchwar-
tzes Bley/ vnd heiſſt billich einem ſchwartzen Morian vergeblich gewaſchen: Wann auch
der ♄ durch einen Eſſig oder ander corroſiviſch Waſſer zu einer weiſſen Ceruſſa gemacht
wird/ ſo iſt es doch nur eine entlehnte Farb/ vnd gleichſam dem Saturno ein weiſſes Hem-
met uͤber den ſchwartzen Leib gezogen/ welche ihme der Vulcanus bald wieder außziehen
kan; von welcher Sophiſtiſchen Reinigung oder Waſchung die Philoſophi nichts hal-
ten/ weilen dann der Saturnus von den Philoſophis fuͤr ein ſchwartzes vnd leproſiſch ☉
gehalten wird/ vnd auch ſie allzumal ſagen/ daß in dem ♄ ſey was die Weiſen ſuchen/ ſo
leſe man Paracelſum was er in ſeinem Buͤchlein Vexatio Alchimiſtarum genant/ davon
ſchreibt/ vnd auch dieſes alte Symb nicht vmbſonſt gemacht worden. Ignis \amp; azoth ab-
luunt Lathonẽ. Azoth das Nitrum, vnd Lath. die Materiam lapidis bedeutende. Es wollẽ
zwar etliche das Wort Lathon, dem ♄ nicht zueignẽ/ welcher Lath. aber ob er den gemeinẽ
oder einen andern ♄ bedeute/ laͤſt man jetzo in ſeinem Wehrt verbleibē/ dieſesſol in acht ge-
nommen werden/ daß vnter dem Wort Lathon die Materia Lapidis (welche durch den A-
zoth, oder Eſſig der Philoſophen, id eſt Nitrum ſol gewaſchen werden) verſtanden wird.
Jch fuͤr meine Perſon weis gar wol/ daß noch ein anderer Saturnus auſſer dem gemeinen
vnd auch Antimonio ſey/ der ſich beſſer waſchen laͤſſt durch das Nitrum. Weilen aber
allhier von dem gemeinen Saturno, oder primo Ente Lunæ tractirt, vnd ſolchen zu einer
guten Medicin durchs Nitrum zubereiten gehandelt wird/ ſo verbleibt es billich dißmals
darbey/ vnd wird eine weitere Explication an einem andern Ort von dieſer Materi von
mir ins kuͤnfftige zu erwarten ſeyn. Was ich allhier in dieſem Philoſophiſchen Diſcurs
engezogen/ haͤtte ich wol koͤnnen verbleiben laſſen/ dann ich gar wol weis/ daß bey dem
Vnwiſ-
[85]Pharmacopææ Spagyricæ.
Vnwiſſenden Hopffen vnd Maltz verlohren iſt/ vnd ich mir nur ein hauſſen Ignoranten
vnd boßhafftige Farneriſche Geſellſchafft uͤber den Hals lade/ welche ich zwar gar
nicht achte/ ſondern als ein heroiſch Pferd an ſolcher vntuͤchtigen Hunden-bellen mich
gar nicht kehre; Kommen ſie vor den Tag/ ſeyn ſie ehrliche Leut/ vnd geben ein beſſers her-
fuͤr/ wann ſie etwas haben/ vnd laſſen ihr Paſquil machen/ Schaͤnden vnd Laͤſter-Schrif-
ten bleiben/ wann ſie aber nichts haben/ noch wiſſen/ daß gut iſt/ ſo ſollen ſie billich auch das-
jenige ſo ſie nicht verſtehen vnveracht laſſen. Jhre Luͤgenhaffte vnd Ehrenſchaͤndige
falſche Schriſſten/ werden ſie bald einmal verantworten muͤſſen/ wann anderſt noch
Recht im Lande iſt. Geſchicht es nicht/ vnd ſolte eine ſolche greuliche vnd vnmenſchliche
treuloß vnd Meineydigkeit/ Ehrendiebſtal/ Ertzluͤgen/ vñ vnverdiente Schmehungen/ deß
Gutthaͤters ehrlichen Namens vnd Guͤterberaubung/ mit wiederlegung der Luͤgen-vnd
Schmaͤhe-Schrifften der edlen vnd vnwiederbringlichen Zeit/ groſſen Verluſt verurſa-
chen/ wie auch vorſetzlicher Todſchlag vngeſtrafft verbleiben/ (wodurch ſie ſtoͤltzer/ ver-
meſſener/ vnd verwegener gemacht/ vnd ohne Zweiffel hernacher bey andern ſolches mehr
veruͤben wuͤrden. Welches ja nicht ſeyn ſolte/ ſo iſt es ein Zeichen/ daß Gott der All-
maͤchtige dieſen Ort/ da ſolche teuffliſche Boͤßwichten ihre Mordgruben haben/ gantz vnd
gar verlaſſen/ ſeine Gerechtigkeit davon entzogen hat/ vnd endlich die wenige Frommen/
ſo ſich noch daſelbſten auffhalten moͤchten/ wegfuͤhren/ vnd den teuffliſchen Reſt/ dem
Sodoma vnd Gomorra gleich verſencken werde. Sehet doch nur noch ein Jahr damit zu:
Es wird an den Tag kommen/ vnd wahr werden/ was lang von Frommen weit hinauß-
ſehenden Menſchen iſt vorgeſagt worden. Laß ſie aber nur machen/ wann kein Glaub
noch Bekehrung da iſt/ ſelbige das Feuer ploͤtzlich uͤberfallen/ vnd in aller verzweiffelter
Boßheit verderben wird. Jch verhoffe aber Gott werde denen die ſolchem Vbel vor-
kommen koͤnnen/ ihre Augen oͤffnen.
Folget nun ein bewehrtesUterinum.
WEilen nun allbereit etliche kraͤfftige Medicamenten durchs Nitrum zu bereiten
gelehret/ vnd von der Weiber Kranckheiten doch keine meldung gethan worden/
alſo finde ich rahtſam/ ſolchem ſchwachen Werckzeug/ das menſchliche Ge-
ſchlecht damit zu erhalten/ auch mit einem guten Stuͤcklein zu Huͤlffe zu kommen/ dann die
Weiber uͤber alle diejenige Kranckheiten denen die Maͤnner vnterworffen/ ſie noch einer
ſehr groſſen mehrers vnterworffen ſeyn/ nemlich derer an der Beermutter/ daran der
mehrentheils Weiber viel oder wenig an leiden/ vnd ſonderlich wann ſie Kinder gebohren/
entweder dieſelbe nach der Geburt nicht wol gereinigt/ davon vielerhand Vngemach/ als
Schmertzen/ Wind/ Blehungen/ auffſteigen boͤſer Duͤnſten zum Hertzen vnd Hirn/ die-
ſelbige Beſchwerende verurſacht/ oder ihre Monatszeiten ihnen verſtopffet vnd verhal-
ten bleiben/ davon ſie auffſchwellen/ Matt vnd Krafftloß werden/ viel Beaͤngſtigungen
deß Hertzens vnd Hirns/ ſam̃t groſſen Schmertzen außſtehen/ vnd endlich mit geſundem
L 3Hertzen
[86]Ander Theil
Hertzen ſterben muͤſſen. Oder es wird die Matrix in der Geburt auß ihrer Stelle ge-
bracht/ die Banden zerriſſen/ oder durch uͤbrige Feuchtigkeiten alſo angefuͤllt vnd ge-
ſchwaͤchet/ daß ſie ſo viel Macht nicht haben/ die Matricem wieder an ihre gebuͤhrliche
Stelle zu bringen/ vnd daſelbſten zu halten/ vnd faͤſt anzubinden/ ſondern ſelbige zu groſ-
ſem Schaden der Weiber dahin hangen laſſen muͤſſen/ alſo daß die arme Weiber ſehr
uͤbel damit geplagt ſeyn/ wann ihnen dieſelbe bey ſtarckem Gehen/ oder anderer Bewe-
gung auß dem Leib faͤllt/ vnd derenthalben darzu gemachte Ballen/ ſolche damit im Leib
zu halten/ ſtetig bey ſich tragen muͤſſen/ welches ihnen dann ſehr beſchwerlich faͤllt. Dieſer
vnd oberzehlten/ wie auch all andern ihren Zufaͤllen zu begegnen/ vnd abzuhelffen/ wann
ſie allbere[i]t damit beladen/ wil ich allhier zu thun beſchreiben. Was anbelangt der Beer-
mutter ihre Kranckheiten/ ſo nach der Geburt entſtehen/ als wann etwan dieſelbe ihre
rechte Reinigung nicht haͤtte/ wiſſen die Weiber gemeiniglich ſelber Raht darzu/ pflan-
tzen ihnen ſolche Kraͤuter in ihre Gaͤrten/ oder ſam̃len ſie ſonſten bey rechter Zeit/ vnd ver-
wahrens ihnen biß zur Zeit der Noht/ damit ſie alsdann die Reliquien nach der Geburt
auß der Matrice außfegen/ als da iſt Poley/ Mutterkraut/ Beyfuß/ vnd bißweilen auch
den Sebenbaum/ vnd andere ſtarcktreibende Kraͤuter/ vnd auch beſondere in den Apo-
theken darzu bereitete deſtillirte Waſſer zum Vorraht bereitet finden vnd gebrauchen/
davon allhier viel zu ſchreiben vnnoͤhtig/ als wolte man denen rahten/ daß ſolche Kraͤuter
vnd Species, welche ſonſten in dieſen Faͤllen gebraucht werden/ zuvorn ſubtiler durch die
Scheidung deß Reinen von den Vnreinen bereitet wuͤrden/ vnd alsdann deſto ſchneller
vñ beſſer wuͤrcken koͤnten/ vnd ſolten dieſelbe Kraͤuter am fuͤglichſten auf dieſe Manier in
ihre Eſſent. bereitet werden/ wie im vorhergehendem Erſten Theil dieſer Pharmacopææ
Spagyricæ beſchrieben vnd gelehrt worden iſt. Die Obſtructiones vnd verhaltene
Menſes aber derſelben wollen ſich ſo leichtlich nicht eroͤffenen durch bloſſe/ von oben einge-
gebene Medicamenten/ welche mit ihrer Krafft vnd Wuͤrckung ſo weit nicht gehen/ ſon-
dern wie die Erfahrung bezeuget/ viel leichter durch von vnten auff applicirten Medica-
menten zu eroͤffnen/ davon ich allbereit in ſecunda pa[r]te Furnorum bey dem Spiritu U-
rinæ geſchrieben/ vnd ein beſonder Inſtrumentum, damit die Medicin der Matrici infe-
riret vnd beygebracht wird/ offenbaret: Damit bißhero bey vielen gluͤckliche Curen ge-
ſchehen. Nachdeme ich aber ſeithero zu ſolchen Kranckheiten ein viel bequemer Inſtru-
mentum erfunden/ wil ich ſolches den frommen Weibern/ welche ihren Maͤnnern gehor-
ſam vnd getrew ſeyn/ vnd ihr Ehebett rein halten/ zu Huͤlff vnd Troſt ſolches zubereiten/
vnd wol zu gebrauchen beſchreiben. Man ſol von gutem Silber/ vnd nicht von Kupffer/
ein rundes/ vnd vorn zugewelbtes Roͤhrlein/ vngefehr ein wenig laͤnger als eines Manns
Finger/ vnd auch eines Fingers dick/ mit vielen Loͤchern/ bey einem Silberſchmied berei-
ten laſſen/ vnd noch eins ſo etwas weiters/ vnd uͤber dieſes raͤumlich gehen moͤge/ auch in-
wendig mit dreyen Leiſtlein verſehen ſeyn ſoll/ daß das innerſte an das aͤuſſerſte ſich nicht
anlegen moͤge/ ſondern an allen Orten eines Meſſerruͤcken dick/ davon bleibe/ auch ſol zu
hinderſt ein Deckelein gemacht ſeyn/ darmit das Inſtrumentum, wann die Medicin dar-
ein
[87]Pharmacopææ Spagyricæ.
ein gethan iſt/ zugeſchloſſen werden moͤge/ auff daß die ſpiritualiſche Krafft von der Me-
dicin nicht zuruͤck auß dem Leib/ ſondern durchs geloͤcherte Inſtrumentlein in die Matri-
cem wircken muͤſſe/ vnd ſol auch hinden an dem Inſtrumentlein/ ein Schnuͤrlein ange-
bunden ſeyn/ ſolches darmit zu faſſen/ vnd nach Gelegenheit der Sach/ außzunehmen.
Nachdeme nun die Kranckheiten beſchaffen/ nachdeme man eine beſondere Medicin, die
ſehr Spiritualiſch ſeyn ſoll/ in ein Schwaͤmlein getraͤncket/ vnd das innerſte Roͤhrlein da-
mit angefuͤllt/ vnd alsdann der Matrici applicirt; ſeynd es Verſtopffungen vnd hinter-
haltene Menſes, ſo iſt das allerbeſte vnd offtbewehrteſte Secretum, der Spiritus concen-
tratus Urinæ, welcher durch ſeine ſubtile/ durchdringende/ erwaͤrmende/ erweichende/
vnd eroͤffnende Krafft vnd Natur die Blutaͤderlein der Mutter eroͤffnet/ vnd den Men-
ſibus einen Gang machet. Mangelt aber der Mutter daran nichts/ ſondern iſt nur er-
kaltot vnd verſchleimt/ ſo gebraucht vnd applicirt man ein hitziges penetrirentes Oleum
Laterinum vel Ceræ ſubtiliſſimum rectificatum, in ein Shhwaͤmlein getraͤnckt durch
das Inſtrumentlein/ dadurch die kalte waͤſſerige Mutter erwaͤrmet/ getrucknet/ vnd von
uͤberfluͤſſigen Feuchtigkeiten geſaͤubert wird. Jſt die Matrix aber von ihrer Stelle/ die
Banden entweder zerriſſen/ oder ſonſten abgeledigt/ oder entlaſſen/ vnd die Mutter nicht
halten koͤnnen/ ſondern vor den Leib fallen laſſen/ ſo muß man abſtringentia gebrauchen/
dardurch die nachgelaſſene vnd außgehende Banden wieder zuſammen ſchrumpffen/
heilen/ vnd die Mutter an die rechte Stelle binden/ vnd feſt machen/ als da ſeynd das Oleñ
deſtillatum von Menſchen Haar/ Schaaf oder anderer Thiere/ Wollen/ Bocks-vnd
Ziegen-Hoͤrner/ wie auch die Klauen von wilden Thieren/ von wilden Voͤgeln die Fe-
dern/ vnd ſolche Ding/ wann ſie auff eine Glut gelegt/ ſich zuſammen kruͤmmen vnd
ſchrumpffen/ vns gleichſam weiſende/ wozu ſie dienen oder helffen koͤnnen. Wie nun
dieſe Olea deſtillirt vnd rectificirt werden/ iſt allbereit vmbſtaͤndig in meinem andern
Theil Furnorum beſchrieben vnd gelehret/ derohalben nicht noͤhtig/ allhier ſolches zu wie-
derholen; Sage mit Warheit/ daß durch dieſe drey Medicam. wann ſie durch obgedach-
tes Inſtrumentlein der Mutter rechtmaͤſſig applicirt vnd beygebracht werden/ Wunder
außrichten/ vnd manch frommes Weib bey ihren kleinen Kindern laͤnger leben koͤnte/
wann ſolche Huͤlff gethan wuͤrde; dann nicht muͤglich/ daß man der krancken vnd ver-
letzten Mutter durch oben eingegeben zu Huͤlff kommen kan/ oder die hyſteriſche waͤſſeri-
ge Gekoͤch/ wann ſie durch eine Spruͤtzen der Mutter beygebracht werden/ helffen koͤn-
nen; dann die oben eingegebene Medicamenten ihre Kraͤfften nicht ſo weit bringen/ daß
ſie der Mutter zu huͤlff kommen/ ſelbige eroͤffenen/ reinigen/ erwaͤrmen/ oder ihre zerbro-
chene Banden heilen koͤnnen: Vnd die von vnten applicirte Waſſer oder decocta ſtracks
wieder herauß lauffen/ vnd der Mutter wenig oder gar nichts helffen/ dieſe meine durch-
dringende Oliteten vnd Spiritus durch das Inſtrumentlein fuͤglich beygebracht werden/
vnd kraͤfftig das ihre verrichten koͤnnen: Noch eins iſt noͤhtig zu erinnern: Nemlich die-
ſes/ wann man den Spiritum Urinæ, Oleum Laterinum, oder Ceræ, wie auch die Olea
auß den Haaren vnd Hoͤrnern/ oder Federn/ zu obgedachten Mutterkranckheiten gebrau-
chen
[88]Ander Theil
chen wil/ daß man ſelbige ſelber zurichte/ oder durch jemand bereiten laſſe/ welcher in der
deſtillation erfahren ſey/ vnd ſolche Spiritus vnd Olea in die hoͤchſte ſubtilitaͤt zu recti-
ſiciren wiſſe. Dann/ wann er auß einer Apotheken ſolche kauffen wolte/ die er nicht weiß
wie ſie bereitet ſeyn/ ob nicht vielleicht ſolche allbereit verdorben/ vnd zu dieſem Gebrauch
vntuͤchtig/ weilen nicht genug iſt/ wann man etwas gebraucht/ daß blos den Namen hat/
vnd der Kraͤfften doch mangelt/ vnd nichts darmit außrichten kan/ vnd dieſe oberzehlte
Mutter kranckheiten nicht durch corporaliſche/ ſondern ſpiritualiſche admiſtration zu
curiren allhier gelehrt wird; ſo muͤſſen dann auch obgedachte Spiritus vnd Olea wol be-
reitet ſeyn/ daß ſie durch den bloſſen Geruch/ oder von ſich gebenden vnſichtbahren Kraͤff-
ten/ ihre Wirckung verrichten koͤnnen. Wann aber ſelbige nicht wol bereitet ſeyn/ wie
ſollen oder koͤnnen ſie dann etwas außrichten? Der Spiritus Urinæ muß ſo fluͤchtig vnd
ſubtil rectificirt ſeyn/ daß er in einem offenen Glas hinweg fliegt/ vnd iſt groſſer Fle[i]ß dar-
zu noͤhtig/ wie man ſelbigen in glaͤſern wol vermacht bewahre/ daß die Kraͤfften nicht weg
fliegen/ vnd ein todt vnd vntuͤchtig Waſſer zuruͤck bleibe; darzu ich beſondere Glaͤſer zu
machen gelehrt/ auß welchen er nicht verriechen kan/ wie im Zweyten Theil Furnorum zu
fehen/ vnd ſelbige bey dem Spiritu Urinæ abgeriſſen ſeyn. Deßgleichen ſollen auch er-
meldte Oliteten wol rectificirt vnd fluͤchtig gemacht werden/ alſo wann ſelbige an eine
warme Lufft offen geſetzet/ in wenig Stunden dahin fliegen/ ſo ſie das nicht thun/ werden
ſie auch allhier nichts wuͤrcken koͤnnen. Jch muß bekennen/ daß ich/ ſo lang ich gelebt/
noch keinen guten Spiritum Urinæ, noch ein wol rectificirtes Olcum Laterinum oder
Ceræ, wil geſchweigen dieſe auß den Haaren/ Hoͤrnern oder Federn deſtillirte, geſehen.
Ein bloſſes vnkraͤfftiges geſaltzenes Phlegma, habe ich wol bey vielen fuͤr einen Spiritum
Urinæ gefunden. Es wird auch das Oleum Laterinum vnd Ceræ zwar in allen Apo-
theken gefunden/ aber mehrentheils durch das lange Stehen/ veraltet/ verrochen/ dick/
roht vnd zaͤh/ ſehr ſtinckend vnd vnkraͤfftig/ dann ſolche Olea ſelten rectificirt, ſondern
nur alſo verkaufft werden/ wie ſie das erſte mal per retortam uͤbergehen/ darbey dann
noch eine geſaltzene ſchaͤrffe iſt/ welche erſt in der rectification zuruͤck bleibet/ vnd ſich von
dem Oleo ſcheidet/ ſolche vermeinte Olea taugen zu dieſer Arbeit nichts/ welches ich zu
erinnern nicht vnterlaſſen koͤnnen. Dann/ wann der Patient auß dieſem meinem Buͤch-
lein etwan geleſen/ daß ſolche Olea zu obgedachten Mutterkranckheiten gut zugebrauchen/
vnd er doch keine Huͤlffe nach dem Gebrauch ſpuͤhrte/ er dann ohne Zweiffel mir ehender
(als wannich die Warheit nicht geſchrieben) als dem uͤbelbereiteten Oleo ſolches zuſchrei-
ben doͤrffte. Derohalben ich dieſes zuvorn ſage/ wann die Olea nicht gut auch kein gutes
damit außzurichten iſt; woher kan der Patient wiſſen/ ob ſein Oleum gut oder boͤß gewe-
ſen/ der Verkaͤuffer wirds nicht ſagen/ daß es uͤbel bereitet/ alt vnd verrochen ſey/ muß al-
ſo bißweilen der Autor ſchuld haben/ als wann er vntuͤchtige Dinge beſchrieben vnd zu
gebrauchen gelehrt haͤtte. Es iſt aber an ſolchem Vnheil oder Jrꝛthum̃ niemand ſchul-
dig als die Obrigkeit/ welche zulaͤſſt/ gar zu viel Apotheken in einer Stadt zu ſeyn/ wann
dann ein jedweder alles haben ſol/ was bey einer Apotheken geſucht wird/ vnd er doch ge-
ringen
[89]Pharmacopææ Spagyricæ.
ringen Abgang hat/ die Waar bey ihm ligen bleibt/ veralten/ vnd verderben muß/ vnd
vngefehr deß Jahrs ein oder zweymal etwan dieſes oder jenes bey ihme begehrt wird/ er es
dann ſo gut gibt/ als ers hat/ hilfft es den Krancken nicht/ ſo hilfft es doch ſeinem Beutel/
iſt aber gar nicht recht/ vnd vergleichet ſich mit der Chriſtlichen Lieb gegen dem Nechſten
gar nicht/ es iſt ein Ding/ das das Gewiſſen beſchwehrt. Der Krancke verlaͤſſt ſich auff
Huͤlffe/ vnd getroͤſtet ſich der Medicin, ſo ihme zu gebrauchen gegeben wird/ wann ſie dann
nicht gut iſt/ er dadurch verſaͤumet/ vnd die Kranckheit uͤberhand nim̃t/ vnd endlich dar-
an ſterben muß/ da er doch haͤtte leben koͤnnen/ wann er gute vnd kraͤfftige Medicamenten
fuͤr die vntuͤchtige gebrauchet haͤtte. Mag alſo derjenige wol zuſehen/ wie ers verant-
worte bey Gott. Sage das nochmalen/ daß oberwehnter Spiritus Urinæ, wie auch O-
leum Laterinum, Ceræ, oder Haar/ Hoͤrnern vnd Federn/ uͤberauß kraͤfftig vnd gut ſeyn/
alle Mutterkranckheiten zu vertreiben/ wie ſie auch Namen haben moͤchten/ bey Jungen
vnd Alten/ mit groſſer Verwunderung zu gebrauchen. Derohalben billich in guten Apo-
theken ſelbige wol præparirt zu finden ſeyn ſolten. Dann/ ſolche nicht allein zu den Mut-
terkranckheiten gut/ ſondern auch in vielen andern Gebrechen vnd ſchweren Kranckhei-
ten/ wann ſie wol bereitet/ vnd rechtmaͤſſig in vnd aͤuſſerlich adminiſtrirt werden/ mira-
culosè wircken/ vnd vnglaͤubliche Dinge thun/ davon weitlaͤufftiger in dem Andern Theil
Furnorum von dieſer Oliteten Bereitung vnd Gebrauch gehandelt worden/ derohalben
vnnoͤhtig allhier ſolches zu wiederholen/ vnd kan ein jedweder Verſtaͤndiger leichtlich er-
meſſen/ daß ein lebendiger Spir. kraͤfftiger iſt/ als ein todter Leib/ darumb weitern Beweis
bey zu bringen gar nicht noͤtig iſt. Weilen dañ allhier gehoͤrt/ daß ſolche ſchwere vnd gleich-
ſam vnheilbar-geachte Kranckheiten der Mutter (daran ſo viel Weiber huͤlffloß dahin
ſterben) allein durch aͤuſſerliche application ſubtilere Geiſter muͤſſen curirt werden/ vnd
ſolche doch ſehr wenig zu bereiten wiſſen/ ſo wil ich dem ſchwachen weiblichen Geſchlecht zu
Lieb noch eine beſſere vnd kraͤfftigere Medicin zu bereiten lehren/ vnd zugleich durch ein
Exempel beweiſen/ wie das alle ſubtile Spiritus durch die Spagyriſche Kunſt zu concen-
triren/ vnd in ihren Kraͤfften zu vermehren muͤglich/ auch wie der eine concentrirte Spir.
einen andern zu concentriren Macht habe. Vnd weilen dieſes Tractaͤtlein vnd alle
diejenigen Medicamenten/ ſo darinn zu bereiten gelchret worden/ allein dahin zielet/ die
groſſe wunderbare Tugenden des Nitri zu entdecken/ vnd auch bißhero alle die obbeſchrie-
benen Medicamenta durch Huͤlff deſſelbigen/ zu bereiten gezeiget/ ſo ſol es allhier bey dieſer
Medicin auch gethan werden: Dieweilen ich aber vor dieſem in dem Andern Theil Fur-
norum, den Spiritum Urinæ, oder Salis Armoniaci, durch Huͤlf eines calcinirten Wein-
ſteins zubereiten gelehret/ ſo kan man jetzunder den concentrirten Vrin/ oder Sal Armo-
niacum mit doppeltem Gewicht Nitri fixi vermiſchen/ vnd in einen Spiritum treiben/
wird kraͤfftiger vnd ſtaͤrcker werden/ als durch den Weinſtein; vnd wann das Oleum
Laterinum vel Ceræ durch die deſtillation vnd zuthun der außgegluͤhten Erden in die
ſubtilitaͤt gebracht worden/ kan es hernacher noch einmal durch einen concentrirten
Spiritum ex Nitro auff das allerhoͤchſte geſubtiliſiret werden/ welches alſo geſchicht: Sol-
Mvire
[90]Ander Theil
vire in einem Pfund Spiritu Nitri 8. Loth Lapides Calaminaris, ſetze die ſolution in ei-
ner glaͤſern Schalen auff ein Balneum Vaporoſum vel Siccum, vnd laß das Phlegma
von der Solution allgemaͤchlich hinwegrauchen (dann der Galmey alle Spiritus bey ſich
haͤlt/ vnd das Phlegma gehen laͤſſt) ſo bleibt der Spiritus Nitri concentrirt, bey dem Gal-
mey/ einem dicken Oel gleich/ zuruͤck: Deſſen concentrirten Spiritus Nitri ℞. ein Theil
vnd ein halb Theil Olei Laterini vel Ceræ, thue beyde zuſammen in einen glaͤſern beſchla-
genen retorten, vnd deſtillire per Arenam das Oleum von dem concentrirten Spiritu
in einen weiten recipienten (dann dieſes Oel platz haben wil) ſo wird es einen gantzen
Grad ſubtiler/ vnd durchdringender werden/ als es zuvorn geweſen; dann der Spiritus
Nitri, weilen er bey der concentration durch den Galmey ſeyn Phlegma verlohren/ vnd
begierig oder attrahirend worden iſt/ an ſich zu ziehen/ vnd nichts anders findet/ ſo zieht er
auß dem Oleo ſeine verborgene Feuchtigkeit/ ſo ihme die deſtillation nicht benehmen
koͤnnen/ zu ſich/ dadurch dann das Oleum deſto ſubtiler vnd kraͤfftiger nothwendig wer-
den muß/ ja alſo uͤberauß penetrirent das Wunder damit/ vnd ſonderlich bey den Mut-
terkranckheiten/ da man nicht wol anders/ als durch ſubtile Spiritus beykommen vnd
helffen kan/ außzurichten iſt/ vnd in der gantzen Welt keine beſſere Medicin darzu ſolte
koͤnnen erfunden werden/ welches die concentrirte Geiſter zu wegen bringen. Wie
nun allhier bey dieſem Oleo geſchehen/ alſo kan man auch bey andern procediren. Daß
aber mancher Vnerfahrner Gedancken ſchoͤpffen moͤchte/ wie das Waſſer doch vnter
das Oel oder Wachs kommen waͤre/ welches ich allhier lehre durch den concentrirten
Spiritum Nitri davon zu ziehen/ der ſol wiſſen/ daß alle Fettigkeiten/ als ausgepreſte Olea
der Vegetabilien/ nimmer ohne Waſſer ſeyn/ wann man gleich ſolches nicht ſichtlich dar-
in ſpuͤhret/ das Feuer aber durch die deſtillation ſolches offenbar machet/ dann von einem
Pfund Baum-Oel/ gern 6. oder 7. Loth ſauer Waſſer in der deſtillation mit uͤbergehet/
welches bey andern Oelen/ Wachs/ Terpentin/ Hartz/ Gummi/ Pech/ Agtſtein vnd al-
len brennenden Fettigkeiten auch zu geſchehen pflegt/ vnd auch bey dem Spiritu Ardenti
ex Vino’, oder andern Vegetabilibus zu ſehen/ daß man ſelbige nimmermehr gaͤntzlich
dephlegmiren kan/ wann man nicht endlich dieſelbe noch einmal uͤber ein calcinirt Saltz
rectificirt. Darbey ſie dann ihre verborgene Waͤſſerigkeit laſſen/ vnd gantz ſubtil uͤber-
gehen. Vnd iſt zu wiſſen/ je truckner vnd an ſich zihender von Natur das Saltz iſt/ je
lieber es das verborgene Waſſer von dem Spiritu Vini zu ſich ziehe vnd behalte/ darumb
zu ſolcher rectification alle Calcinirte Kraͤuter/ Saltz/ gebrandter Weinſtein/ wie auch
Nitrum fixum, die beſte darunter ſeyn/ dann andere corroſiviſche Salia, als das Sal Ar-
moniacum Fixum, Vitriolum Calcinatum vnd dergleichen/ lieber das Phlegma von ih-
rem eigenen Spiritu Volatili extrahiren/ vnd ſelben dephlegmiren/ als einen Spiritum
Ardentem Vegetabilium. Dieſes ſey genug geſagt von den ſubtilen Oliteten/ ſelbige
in noch ſubtilere vnd allerſubtilſte Geiſter (damit viel Wunder in Medicina außzurichten)
zu concentriren. Nachdeme ich nun etliche von den nothwendigſten Medicamenten/
ſampt ihrem Gebrauch in Medicina durch das Nitrum zu bereiten/ in dieſem Zweyten
Theil
[91]Pharmacopææ Spagyricæ.
Theil meiner Pharmacopææ Spagyricæ beſchrieben/ damit man zur Nothdurfft/ durch
die Huͤlff Gottes ſich in den vornemſten Kranckheiten ſo wol præſerviren als curiren
kan. Jch zwar gar wol eine gute Anzahl mehr hieher ſetzen koͤnnen/ weilen aber der glei-
chen gute Medicamenten in meinen allbereit herauß gegebenen Schrifften/ als im 1. 2. 3.
4. vnd 5. Theil Furnorum, wie auch Miraculo Mundi vnd Opere Minerale, mehr zu fin-
den/ vnd deren auch in den folgenden Dritten Theil meiner Pharmacopææ Spagyricæ,
Opere Vegetabili, wie auch 2. 3. vnd Vierdten Theil deß Vatterlands Wohlfahrt ſol-
len beſchrieben werden/ alſo iſt es nicht noͤhtig/ mich allhier laͤnger bey dieſem Tractaͤtlein
auffzuhalten/ ſondern allein zum Schluß vnd Zugabe/ noch eine gute Medicin auß dem
Nitro hicher ſetzen muß/ welche von den Geringſten keine ſeyn wird. Dieweilen aber
dieſe Medicin kein gemein vnd bekandt Weſen iſt/ ſondern groſſe Geheimnuͤſſen darhiti-
der verborgen ſeyn/ ſo finde ich nicht rahtſam/ ſelbige Bereitung oͤffentlich allhier der boͤ-
ſen Welt vorzulegen. Sondern nur allein bekand zu machen/ daß das gemeine Nitrum,
welches vor vnſern Augen weiß anzuſehen/ in ſeinem innerſten/ eine blutrohte Seele ver-
borgen fuͤhret/ welche durch den kuͤnſtlichen Vulcanum auß ihme kan getrieben werden/
indeme er den alten Drachen an Ketten gebunden/ mit ſeinem eiſern vnd feurigen Ham-
mer beaͤngſtiget/ aber dennoch nicht gaͤntzlich ertoͤdten kan/ biß daß ihme Neptunus zu
huͤlff kom̃t/ dem Baſiliſco einen hellen Spiegel vorhaͤlt/ darin er ſich erſehnte/ ſeine Gifft
zuruͤck auff ihn ſelber geht vnd ertoͤdtet/ ſo bald er aber anfaͤngt zu ſterben/ vnd nicht mehr
Feuer außſpeyen kan/ ſo foͤrcht ſich Neptunus nicht mehr vor ihme/ ſondern gehet naͤher
zu/ vnd haͤlt ihme ein Schaafs-Fell vor dem Rachen/ ſein Blut vnd Seele damit auffzu-
fangen/ ſo bald er ſie hat/ ſolche in das geſaltzene Meer verſencket vnd vertraͤncket/ darin-
nen ſie alle Gifft vnd Vnreinigkeit ableget/ vnd zu einer ſehr ſchoͤnen vnd kraͤfftigen roh-
ten Medicin wird. Von welcher Anima Nitri ein einiger Tropff ein Trinck-Roͤmer-
lein Waſſers/ dem Gold gleich fãrben kan. Wer aber dieſes Drachen-Blut dahin brin-
gen koͤnte/ daß ein Feuer beſtaͤndiger Salmander darauß wuͤrde/ der waͤre dem gluͤcklichen
Jaſoni wol zu vergleichen/ weilen er groſſe Ehr-Schaͤtze/ vnd Reichthumb dadurch erwor-
ben. Hierauß kan der Kunſtliebende ſehen was fuͤr groſſe Geheimnuͤſſen in dem Nitro
verborgen. Dieſes/ was allhier beſchrieben/ nur ein klein Fuͤncklein davon iſt/ vnd ſol-
len in folgendem Dritten Theil Pharmacopææ Spagyricæ, wie auch im Vierdten Theil
deß Vatterlands Wohlfart/ ſolche vnd noch viel herꝛlichere metalliſche Medicamenten
per Nitrum zu bereiten/ beſchrieben werden. Alſo daß jederman ſehen moͤge/ was fuͤr
ein wunderbarliches vnd vnvergleichliches ſubjectum das Nitrum ſey/ welches die alten
Philoſophi in groſſer Geheim gehalten/ vnd niemalen mit ſeinem rechten Namen genen-
net/ ſondern nur Ænigmatiſcher Weiſe davon geſchrieben/ vnd ſolches von ihnen genand
worden ein Aqua Sicca, Manus non Madefaciens, Mercurius Hermaphroditus, Bal-
neum Regis, Sapo Sapientum, Draco Volans, Urina Puerorum, Sterquilinium, Azoth,
Lavacarum Lathonis, Acetum Acerrimum, Aqua Stygia, Mors Vivorum, Vita Mor-
tuorum, Purgatorium corporum imperfectorum, Baſiliſcus, Serpens Biceps, Vene-
M 2num
[92]Ander Theil
num Maximum, Kraͤmergifft// Menſtruum Mulierum, vnd dergleichen Namen ſie ihme
geben/ ſeinen Rechten dadurch zu verbergen/ welcher aber allhier geoffenbaret wird/ vnd
weiters in den drey reſtirenden Theilen deß Vaterlands Wohlfahrt/ ſeine uͤberauß groſ-
ſe Macht vnd Krafft/ welche er ſo wol in Verbeſſerung der Metallen, als in Bereitung
guter Metalliſchen Medicamenten beweiſet/ offenbart vnd bekand gemacht werden ſol.
Vnd dieſes nicht allein ſchrifftlich/ ſondern mit der Hand vnd That ſelbſten/ in einem
bequemen Laboratorio den Gebrauch aller meiner bißhero in den Druck gegebenen
Oefen/ ſam̃t Bereitung vieler herꝛlichen Medicamenten/ wie auch warhaffte Trans-
mutationes Metallorum (wann Gott wil) mit eheſtem publice zu demonſtriren/
ich gaͤntzlich beſchloſſen vnd vorgenommen habe. Vnd dieſes nicht/ zu meinem eige-
nen/ ſondern zu vieler tauſenden armen Krancken Nutzen vnd Dienſte/ geſchehen ſol.
Vnd daß auch die Tranſmutatio Metallorum warhafftig in der Natur/ vnd durch
das verachte Nitrum zu verrichten muͤglich ſey/ die gantze Welt ſehen/ glaͤuben/ vnd
bekennen muͤſſe. Dieweilen aber bey ſolcher Demonſtration, wann das Labora-
torium, auch nur ein einiges Jahr ſtehen/ vnd taͤglichs darin laborirt, vnd demon-
ſtrirt werden ſolte/ eine groſſe quantitaͤt von allerhand guten Medicamenten noth-
wendig bereitet werden muͤſſen. Vnd eine ſolche Menge der Medicamenten mir
nicht ſelber zuverbrauchen muͤglich/ vnd auch niemand damit gedient/ wann dieſelbi-
ge hingeſetzet vnd nicht zu Nutzen kommen ſolten. Alſo ſollen dieſelbe vor jederman
gegen einen geringen vnd billichen Preis/ zu ſeiner vnd anderer Krancken Nothdurft/
verkaufft werden/ nicht auß Geitz viel damit zuerwerben/ ſondern allein nur ſo viel was
dieſelbe an Materialien/ Kohlen/ Glaͤſern/ vnd andern angewandten Vnkoſten verur-
fachet/ wiederumb dadurch zu erſtatten. Werden alſo durch dieſes gute Werck/ nicht
allein die verborgene Geheimnuͤſſen der Natur zu GOttes Ehre/ der Welt bekand ge-
macht/ ſondern es werden die armen Krancken leichtlich zu guten Medicamenten/
troͤſtlicher Heilung/ vnd erlangung ihrer verlohrnen Geſundheit: Vnd auch mancher
Duͤrfftige durch den nuͤtzlichen Gebrauch deß Nitri, in verwandlung der geringen
Metallen in beſſere zu einer ruhigen Nahrung gelangen koͤnnen. Auff daß aber die
gantze Welt ſehen vnd ſpuͤhren moͤge/ daß ſolches Laboratorium nicht zum Wucher
oder eigenen Nutzen/ ſondern allein auß Chriſtlicher Lieb zu Dienſte deß Nechſten
angefehen/ ſo ſollen die Medicamenten taxirt vnd zu Ende deß Dritten Theils bey-
geſetzet werden; darauß dann jederman abnehmen vnd ſpuͤhren kan/ wann ſelbige ſo
wolfeil uͤbergelaſſen werden/ daß kein Gewin oder Nutzen geſucht/ ſondern bloß die
angewandte Vnkoſten damit wieder erſtattet/ welches dann auch billich/ vnd nie-
mand gern mit lehren vnd vnterweiſen/ Muͤhe auffwendet/ vnd noch Schaden da-
zu leidet. Vnterweiſen vnd lehren kan vnd wil ich gern/ aber Geld noch zugeben
kan ich nicht thun. Die Welt iſt groß/ der armen Krancken ſeynd viel/ vnd gebrau-
chen auch viel Huͤlffe/ derohalben dieſes Laboratorium publicum dem gantzen menſch-
lichen
[93]Pharmacopææ Spagyricæ.
lichen Geſchlecht/ viel gutes bringen kan/ vnd wird. Es ſollen auch in dieſem La-
boratorio (geliebts Gott/) alle diejenige Oefen vnd Inſtrumenten/ deren in meinem
herauß gegebenen Schrifften meldung geſchehen/ vnd bißhero auß manglung der Ge-
legenheit nicht abgeriſſen/ vnd den Schrifften haben beygefuͤgt koͤnnen werden/ wie
auch diejenige Oefen/ Preſſen vnd andere Inſtrumenten/ deren in dem 1. 2. 3. vnd
Vierdten Theil deß Vaterlands Wohlfahrt/ wie auch Opere Vegetabili vnd andern
meinen Schrifften gedacht wird/ allzumal zuſehen/ gezeiget werden. Welches dann
vielen/ wann ſie nur etwas thun wollen/ zu einer guten Nahrung helffen wird.
Auch ſollen alle meine bißhero herauß gegebene Schrifften/ welche hie vnd dort
von vielen ohne mein Wiſſen vnd Willen vnfleiſſig nachgedruckt/ vnd viel Fehler
dadurch eingeſchlichen ſeyn/ uͤberſehen/ corrigirt, verbeſſert/ vnd mit zubehoͤrigen
biß dato ermangelten Figuren verſehen/ gezieret vnd vermehret/ herauß geben wer-
den. Welches ich zu guter Nachricht dem Kunſtliebenden nicht verhalten ſollen.
Wil hiemit den Andern Theil meiner Pharm. Spagyr. ſchlieſſen/ vnd den reſtirrenden
Dritten Theil auch bald hernach ſchicken. Wuͤnſche von Hertzen/ daß dieſes
mein vorhabendes Werck zu vieler Krancken Huͤlff vnd Troſt
gereichen moͤge/ AMEN.
Ende deß Andern Theils.
[94]
PHARMACOPÆÆ SPAGYRICÆ
Dritter Theil.
Jn welchem beſchrieben vnd gelehret wird/ wie
durch das Saltz vnd Feuer dieVegetabilien/Animalien/
vnd Mineralien/ nach Spagyriſcher Manier vnd Weiß auffs hoͤchſte
gewaſchen/ vnd in die allerdurchdringenſte vnd ſchnellwuͤrckenſte
Medicamenten koͤnnen bereitet werden.
An den guthertzigen Leſer.
GVnſtiger Leſer; nach dem ich betrachtet/ in was fuͤr einen
elenden Stand die Suͤnde vnſere Vor-Eltern geſetzet/ vnd
wie alles eitel vnd vergaͤnglich in dieſer Welt iſt/ vnd wie vie-
lem Vngluͤck/ Schmertzen vnd Elend der Menſch vnter-
worffen; ſo kan ich mich nicht genug verwundern/ uͤber die
groſſe Blindheit der Menſchen/ daß ſie ſolches ſo gar nicht
behertzigen/ vnd nur durchs Satans Antreiben allein nach Geld vnd Gut
trachten/ die Tugend aber haſſen/ ſcheuen vnd verfolgen/ welches zwar nie-
mand geſtehet/ ſondern vielmehr ein jedweder ihme einbildet/ daß er gar wol
thue/ wann er bey dem groͤſſern Hauffen bleibe/ vnd deuſelben gleich lebe; da-
hero auch Suͤnd vnd Laſter Tugend worden/ die Tugend aber ſchier bey je-
derman nichts mehr gelten wil/ vnd ſolches bey Groß vnd Kleinen in der gan-
tzen Welt/ alſo daß ſich niemand verwundern darff/ warumb ſolche vieler-
hand Kranckheiten/ Sehmertzen/ Krieg vnd Theurung den Menſchen pla-
gen; ohne Zweiffel vmb der Suͤnden willen/ welches wir alle geſtchen muͤſ-
ſen/ vnd niemand ſolches laͤugnen oder ſich außnehmen kan: Jſt dann nun
die
[95]Vorrede
die Suͤnde allein die Vrſach ſolches vielen Vbels? Warumb ſchaffen wir
dann ſolche nicht ab? Sublata cauſa tollitur morbus, ſagen die Medici,
darauf folget die Antwort: Jch kans nicht laſſen/ es iſt mir vnmuͤglich anders
zu thun/ als wie ich gewont bin/ wann ich auch ſterbẽ ſolte/ wie ſolte ich anders
thun als dieſe/ was wuͤrden jene darzu ſagen/ ſolten meynen daß ich ein Geck
waͤre/ vnd einen guten Mann auß mir machen ließ/ das kan nicht gehen/ iſt
gegen reputation vnd jetziger Mode der Welt-weiſe zu leben/ wie es andern
gehet mags mir auch gehen/ wo ſo viel hinkommen/ da mag ich auch hinkom-
men; Nun/ dann wann es nicht anders ſein kan/ gluͤck zu auf den breiten Weg/
hoͤre aber auch was der weyſe Mann ſagt: Welcher ſuͤndiget/ der faͤllt dem
Artzt in die Haͤnde; hoͤrſtu das wol/ was die Vrſach deiner Kranckheit ſey?
Vnd gienge noch hin wann du Samaritaniſchen Aertzten in die Haͤnde fie-
leſt/ welehe auß Barmhertzigkeit dir deine Wunden verbinden ſolten; wir li-
gen aber leyder in dieſer boͤſen Welt an einem ſolchen Ort kranck/ da keine
Samariter/ ſondern nur Priſter vnd Leviten vorbey gehen/ vnd vns im Elen-
de ligen laſſen/ welches wir billich beobachten/ vnd vns ſelber ſo liederlich in
Kranckheiten nicht ſtuͤrtzen ſolten: Wann es aber geſchehen/ ſo ſol man die-
ſen Raht folgen/ welchen vns der weiſe Mann giebet/ da er ſagt: Mein Kind
ſuͤndige nicht/ ſo du aber ſuͤndigeſt/ ſo gedencke/ daß du dem Aꝛtzt in die Haͤn-
de fallen wirſt/ darumb bitte Gott/ daß Er dir deine Suͤnde vergeben wolle/
vnd nim̃ dir vor hinfuͤro nicht mehr zu ſuͤndigen/ alsdann gebrauche auch die
Artzney/ welche Gott darzu erſchaffen/ ſo wirſtu geſund; da ſicheſtu mein ar-
mer Krancker was du thun ſolſt/ das du bald geſund werdeſt; Arm ſage ich/
dann freylich iſt dieſer arm/ wann er kranck vnd ſchmertzhafft/ wie viel Guͤter
er gleich beſitze/ was hilfft ihm ſein groſſes Gut/ wann er ſolches nicht geniſ-
ſen kan? Ja moͤcht mancher ſagen: Jch bin arm vnd kranck/ darzu habe ich
nichts zu leben/ oder dem Artzte (daß er mir helffe) zu geben/ darumb ſeynd
meine Schmertzen groͤſſer/ als deſſen welcher noch Geld vnd Gut hat davon
zu leben/ vnd dem Medico zu geben. Ach nein mein lieber Freund/ du biſt
nicht vmb ein Haar aͤrmer als jener reiche/ vnd kanſt immer ſo bald geſund
werden als jener/ wann du nur ſelber wilt/ dann du kanſt ja baͤten daß dir Gott
deine Suͤnde verzeihe/ kanſt du es nicht/ ſo lerne es/ vnd gebrauch alsdann
dasjenige/ daß du haben kanſt in gutem Glauben vnd huͤlfflicher Zuverſicht
zu Gott/ ſo kanſt du immer ſo bald geſund werden als der allerreichſte/ Gott
kan
[96]Vorrede.
kan dir ein ſchlecht Kraͤutlein ſegnen daß es dir helffe/ beſſer als einem reichen
Gottloſen ein Aurum potabile: Darauff kan ſich der Arme vertroͤſten/
welcher keine theure Artzneyen bezahlen kan.
Dem Reichen aber wil ich auch troͤſten vnd guten Raht geben/ nem̃lich
daß er ſich mit Gott verſoͤhnen/ vnd ein Theil von ſemem Vberflus den Ar-
men vnd Krancken mittheilen/ vnd alsdann ſich guter Medicamenten ge-
brauchen wolle/ ſo kan er auch deſto ehender wieder ſeine verlohrne Geſund-
heit erlangen.
Worauß oder worin er nun ſolche zu ſuchen/ wird ihme ſein Medicus
wol anweiſen/ wann ers gut mit ihme meynet: Dann ein groſſer Vnterſcheid
iſt vnter Artzneyen/ theils ſeynd kraͤfftig/ durchdringend/ lebendig/ geiſtlich/
gezeitigt/ gereinigt/ ſubtil vnd heilend; theils vntuͤchtig/ plump/ todt/ jrꝛ-
diſch/ grob/ vnreiff/ vngereinigt vnd verderblich: Nachdeme du nun eine ge-
braucheſt/ nachdeme du auch Wirckung ſpuͤren wirſt. Jch verachte
niemand das ſeinige/ vnd gebe das meinige ſo gut ichs habe/ wer es verſucht/
wird den Vnterſcheid finden/ vnd das Werck den Meiſter ſelber loben.
Jch habe in den 5. Theilen meiner Furnorum, vnd auch in dem Erſten
vnd Andern Theil dieſer meiner Pharmacopææ Spagyricæ beſondere vnd
ſehr bequeme Manieren/ ſo wol die Vegetabilien vnd Animalien als Mi-
neralien in heilſame Artzneyen zu verwandlen/ gelehret/ alſo daß es nicht noͤ-
tig geweſen/ weitlaͤufftiger darin zu gehen/ gleichwol habe ichs nicht vnter-
laſſen koͤnnen noch doͤrffen/ den reſtirenden Dritten Theil dieſer meiner Phar-
macopææ Spagyricæ vollends herauß zu geben/ nicht allein darumb/ weil
vielen darnach verlangt/ vnd ſolcher herauß zu geben verſprochen/ ſondern
auch weiler wol werth iſt/ daß er dem krancken menſchlichen Geſchlecht zu
dienſte an deß Tages Licht kom̃t/ dann darinnen ein beſonderer vnd bißhero
vnbekanter Modus angewieſen wird/ wie die Vegetabilien/ Animalien/
vñ Mineralien/ gar leicht in heilſame Medicamenta gereinigt werden. Wil
derhalben hoffen vnd keinen Zweiffel tragen/ dieſe meine Muͤhe vnd Arbeit/
welche ich vmb der Krancken willen auff mich genommen/ bey allen frommen
vnd gewiſſenhaften Menſchen angenehm ſeyn werde/ vnd ſol ich dieſes Traͤc-
taͤtlein/ ſo viel muͤglich/ kurtz machen/ auff daß es dem Leſer nicht verdrießlich/
ſondern vielmehr angenehm ſeyn moͤchte. Vnd wofern ſich einige Spoͤtter
Idioten oder Ignoranten finden ſolten/ ſolches zu tadeln ſich vnterſtehen
wuͤr-
[97]Vorrede.
wuͤrden/ ſo bitte ich daß ſie ſolches bald thun/ weil ich noch beym Leben/ vnd
ſolches verthaͤtigen moͤge; weiln aber das Werck den Meiſter ſelber lobt/ die
Warheit die Luͤgen uͤberwindet/ vnd auch die Experientz die Vnwiſſenheit
uͤberzeuget/ alſo fuͤrchte ich gar nicht/ daß ſich einer darzu erkuͤhnen oder ver-
meſſen werde/ es muͤſte dann ein doppelter/ treuloſer/ vnd ehrvergeſſener Far-
ners-Bruder ſeyn/ welcher dann auch ſeinen Mann finden moͤchte/ dabey
es verbleibet.
Vnd weiln in dem Erſten Theil dieſer meiner Pharm. Spagyr. auß-
fuͤhrlich iſt gelehret worden/ wie die Vegetabilien durch die Fermentation
vnd Deſtillation in ſehr kraͤftige auch liebliche vnd ſchnellwuͤrckende Eſſent.
koͤnnen bereitet werden/ welche Bereitung niemand wie Naſeweis er auch
ſeyn ſolte/ wird verbeſſern/ viel weniger verwerffen koͤnnen/ vnd in dem An-
dern Theil klaͤrlich beweiſen/ daß das Nitrum, das wahre Solvens Univer-
ſale ſey/ dadurch alle gifftige Vegetabilien/ Animalien vnd Mineralien zu
corrigiren/ ihr Gifft vnd boͤſe Art in heilſame Medicin zu verwandlen ge-
lehret. So iſt nun weiter dieſes noch uͤbrig auch zu lehren/ wie nemlich alle
Vegetab. Animal. vnd Mineralien durch Huͤlff obgedachtes Menſtrui
Univerſalis, oder nur durch einen andern Concentrirten Saltz-Geiſt auff
eine beſondere Weiſe/ nemlich durch die Deſtillation vnd rectification
auffs hoͤchſte zu reinigen vnd in die kraͤfftigſte Medicamenten zu bereiten;
kan nun ein jedweder darauß nehmen was ihm dienet/ vnd das uͤbrige in ſei-
nem Werth verbleiben laſſen: Es iſt doch noch keiner geboren/ der allen vnd je-
den recht thun kan/ darumb man mir auch kein beſonders kochen wird/ wie es
andern vor mir ergangen/ vnd was ſie vor Danck vnd Lohn fuͤr ihr gutthun/
ſo ſie auß getreuen Hertzen gegen das Vatterland veruͤbet/ nemlich nichts an-
ders als Feindſchafft vnd Mißgunſten empfangen/ wird mir auch nicht auſ-
ſen bleiben: Jch getroͤſte mich aber dieſes/ daß einmal alles ſo wir vnſern Ne-
ben-naͤchſten erzeigen/ nach dem es gut oder boͤß geweſen/ von oben herab wie-
der geruͤttelt vnd geſchuͤttelt voll werde vergolten werden/ darauff ichs wage/
vnd zu Trutz allen boͤſen Neidern vnd Veraͤchtern der Kunſt/ ich in Gottes
Namen fortfahre/ Gott gebe daß es zu ſeinen goͤttlichen Ehren/ vnd vnſerer
aller Leib vnd Seelen Geſundheit gereichen moͤge/ Amen.
NAnbe-
[98]Dritter Theil
ANbelangend nun denModum,dieVegetabilien,A-
nimalien oder Mineralien durch die Deſtillation, durch Huͤlf-
fe der Saltz-geifter/ in gute vñ reine Medicamenten zu bringē/
geſchicht ſolches auf dieſe Weiß: Nemlichen das wann erſt das
Vegetabile, Animale, oder Minerale, alſo per ſe wie es an
ſich ſelber iſt/ auff gemeine Weiſe/ entweder in Balneo, arena,
oder aber frey im Feuer in ein Oleum, Spiritum vnd Sal vo-
latile uͤbertreibe/ welcher Modus, ob wol er vorlaͤngſt im
Brauch geweſen vnd noch iſt/ ſo kan ich doch denſelben nicht
allerdings loben/ weiln ſolche Spiritus, Olea vnd Salia volatilia, ſie kommen gleich von
den Animalien oder Vegetabilien allezumal uͤbel riechen/ vnd wie offt ſie gleich rectificirt
werden/ dennoch ihren uͤblen Geruch/ welchen ſie in der Deſtillation empfangen/ nicht
gaͤntzlich verlieren/ ſondern immer noch ein wiedriges Empireuma behalten/ derohalben
von den Patienten zu gebrauchen ſehr geſcheuhet werden/ vnd nicht vnbillich/ wiewol ſie
voller Kraͤfften vnd Tugenden ſtecken/ wie die Experientz beweiſet/ ſo man aber dieſelbe
durch den Spir. Salis rectificirt, wie allbereit in meinem Andern Theil Furnorum geleh-
ret/ ſo werden ſie klar vnd hell/ vnd verlieren ihren Geſtanck/ vnd werden lieblich zu ge-
brauchen/ vnd ohne dieſe rectification gar nicht. Weiln dann allen erfahrnen Spagy-
ricis bewuſt/ daß die groſſen Kraͤffte der Vegetabilien vnd Animalien in ihren Olitaͤten
vnd Sale volatile beſtehen/ NB. bey den Mineralien aber/ weil ihre mercurialiſche Thei-
len am kraͤfftigſten/ das Contrarium gefunden) vnd beyde/ nemlich das Oleum vnd auch
Sal volatile durch dieſe Deftillation per retortam brentzlicht uͤbergehen/ derentwegen ſie
zur Medicin vngebraͤuchlich ligen bleiben/ vnd niemand zu Nutzen kommen/ welches ja
zu beklagen/ dann alle diejenige welche ihre Olea Vegetabilium, durch Zuthuung gemei-
nen Waſſers auß kuͤpffern Keſſeln deſtilliren; garwol wiſſen/ wie wenig ſie auff ſolche
Weiſe erlangen/ vnd daß der groͤſte Theil davon zuruͤck in dem Keſſel bleibet/ vnd nie-
mand zu Nutzen koͤm̃t/ dann ein gemein Waſſer ſo warm nicht werden kan/ daß es alle
Fettigkeit auß dem Vegetabile uͤbertreiben koͤnte/ ſondern fuͤhret nur ein wenig davon
uͤber/ der Reſt wird bey dem Kochen zehe vnd dicke/ vnd bleibt bey dem Kraut zuruͤck/ dar-
umb auch etliche die ſolches wiſſen zu den Kraͤutern gemein Saltz vnd Weinſtein thun/
davon das Waſſer vmb einen Grad waͤrmer wird/ vnd auch etwas mehrers Oel uͤber-
windet/ welches zwar ein guter Modus, aber dennoch die Helffte von dem Oel nicht da-
durch kan uͤbergetrieben werden; dahero die Olea Deſtillata gemeinlich theuer ſeyn/ vnd
ſonderlich von theuren ſubjectis; wann ſie aber ihre Olèa auff dieſe meine Weiſe de-
ſtillirten/ ſo wuͤrden ſie ein viel mehrers davon erlangen/ vnd die armen Krancken ſolches
auch genieſſen. Jch wil nur ein einiges Gleichnuͤß geben/ darauß man vermercken kan/
was
[99]Pharmacopææ Spagyricæ.
was groſſer Nutzen geſchafft wird/ wann man die Olea auff meine Weiſe bereitet/ vnd
was es fuͤr ein Vnterſcheid zwiſchen meiner allhier beſchriebenen/ vnd der andern gemei-
nen Manier ſolche zu bereiten ſey: geſetzet/ ich trachte nach einer guten Medicin contra
Calculum, vnd bin verſichert/ daß dieſelbe vollkoͤm̃lich in dem Eſchen-Baum ſtecket/ da-
von ich oben in dem Erſten wie auch Andern Theil dieſer meiner Pharmacopææ Spagyr
allbereit genugſam bewieſen/ vnd weiß das deſſen deſtillirtes Oleum auß dem Saamen
allen andern ſtein-treibenden Artzneyen weit vorgehet/ wie die Experientz vielmal bewie-
ſen. Nun gibt der Eſchen-baum zwar zimlichen Saamen/ aber viel Saamen nur ein
wenig Oleum, weilen daſſelbige Hartz-artig/ vnd ſich mit dem Waſſer nicht wil uͤbertrei-
ben laſſen/ derohalben wenige ſolches bereiten/ vnd noch weniger beduͤrfftige Krancken
ſolches (weilen es koſtbar iſt) theilhafftig werden/ welches ja zu beklagen/ daß Gott der
Allmaͤchtige vns dieſer Medicin ſo viel vor Augen ſtellt/ vnd doch ſchier niemand ſolches
genieſſet/ vnd dieſes noch in acht zu nehmen: wann etwan ein fleiſſiger Medicus ein ſol-
ches Oleum uͤbertreiben laͤſſt/ vnd dieſen meinen Modum nicht weiß/ ſolches zu corrigi-
ren/ ſo thut er bißweilen mehr boͤſes darmit als gutes/ dann ſolches Oel ein Sal volatile
mit ſich uͤberfuͤhret/ welches die kupffern Blaſen/ darauß es deſtilliret wird/ vnd das kuͤpf-
ferne refrigeratorium dadurch es gehen muß/ angreiffet/ vnd gemeiniglich gruͤn oder
gelblicht von wird/ welches dann von vielen alſo (weilen ſie es nicht beſſer gewuſt) iſt ge-
brauchet worden/ vnd wegen deß Kupffers dem Patienten im Gebrauch einen Nauſeam
vnd krancken Magen verurſacht/ vnd alſo mehr verderbt als gut gemacht: Wann ſie
noch einmal mit Spir. Salis rectificirt, oder nur damit in einem Glas wol vntereinander
geſchuͤttelt/ auff daß der Spir. Salis das Kupffer auß dem Oel außgezogen/ haͤtten ſie wol
angethan/ vnd eine außerwehlte Medicin gehabt/ zwar noch etwas theuer/ dann ein Sack
Saamen daran ein Mann zu tragen hat/ kaum zwey Vntzen Oel gibt/ welches der arme
nicht wol bezahlen kan
Nun wil ich aber allen Krancken/ ſo wol den Armen als Reichen zu gefallen/ meinen
Modum hieher ſetzen/ die Olea, Spiritus vnd das Sal volatile, auß allen vegetabiliſchen
Gewaͤchſen in Copia zu erlangen/ durch gar geringe Koſten/ alſo daß alle Menſchen der
Gaben Gottes genieſſen/ vnd deren theilhafftig werden/ vnd Vrſach dem Schoͤpffer al-
les guten/ dafuͤr zu dancken bekommen moͤchten.
Nim im Namen Gottes welches Vegetabile du wilt/ vnd fuͤlle einen groſſen glaͤ-
ſern retorten davon voll/ vnd treibe per gradus alles ſo ubergaͤhrn wil heruͤber/ ſcheide
das Oleum von dem Spiritu, vnd den Spiritum per rectificationem von dem Salevo-
latile, das Sal volatile, wie auch den Spiritum rectificire uͤber ſein eigen Caput Mortuũ,
odeꝛ ein ander Aſchen Saltz/ wann es zuvorn außgegluͤet worden/ ſo werden ſie rein vnd
verlieꝛen ihren Geſtanck/ ſo ſie in der erſten deſtillation empfangen; vnd iſt eine rectifica-
tion nicht genug darzu/ ſo gebrauche deren 2. oder 3. vnd allzeit uͤber friſches Sal fixum deſ-
ſen Krauts/ davon der Spiritus bereitet/ das Oleum aber/ obwol ſich ſolches auch reinigen
laͤſſt durch die rectification uͤber das Caput mortuum, ſo iſt doch ſelbige rectification o-
N 2der
[100]Dritter Theil
der Reinigung dieſer Meinigen/ davon wir jetzt reden wollen/ gar nicht zu vergleichen/
derohalben wir billich dieſe der andern vorziehen/ welche alſo geſchicht.
Nim dein uͤbergangen ſchwartz ſtinckend Oleum, thue ſolches in einen reinen glaͤ-
ſern retorten oder Kolben mit 6. oder 8. mal ſo viel guten rectificirten Spiritu Salis, vnd
gib erſtlich lind Feuer/ vnd allgemach ſtaͤrcker wie es das Werck noͤhtig hat/ ſo gehet das
Oleum mit dem Spiritu Salis ſchoͤn hell vnd klar uͤber/ der Geſtanck mit der Schwaͤrtze
bleibet zuruͤck/ bey ein Theil Spiritu Salis. Wilt du nun das uͤbergangene Oleum noch lieb-
licher haben/ ſo rectificire es noch einmal mit friſchem Spiritu Salis, ſo offt biß es dir an
Geruch vnd Farb gefaͤllig iſt. Dasjenige Oleum ſo zuruͤck geblieben vnd nicht uͤberge-
ſtiegen iſt/ das ſcheide von dem Spiritu Salis, wird dicklicht ſeyn als ein ſchwartzer Bal-
fam/ welcher auch groſſe Krafft hat vnd bequemlich/ ſo wol aͤuſſerlich als innerlich zu ge-
brauchen ſeyn wird/ dann man es nicht noͤhtig hat innerlich zu gebrauchen/ weilen man
auff dieſe Weiß doch genug deß klaren erlangt; Auff daß ich aber meinem Nechſten recht
diene/ vnd er meine Meynung gruͤndlich verſtehen moͤge/ ſo wil ich zum Vberfluß dieſes
Gleichnuͤß hieher ſetzen: Geſetzt ich wolte ein Oleum Fraxim bereiten/ ſo nehme ich 4. 5.
oder 6. Pfund deß zeitigen Saamens/ ſo im Monat September oder October von den
Baͤumen genommen iſt/ fuͤlle damit einen guten Retorten voll/ vnd deſtillire uͤber was
gehen wil/ ſo bekomme ich vngefehr 1. oder 2. auch bißweilen wol 3. 4. 5. oder 6. ℥. ſchwar-
tzes Olei, vnd etzliche Vntzen Salis volatilis, vnd etliche Pfund Spiritus Acidi; Vnd
weiln ich nur das Oleum begehre/ ſo ſcheide ich ſolches von dem Spiritu, vnd rectificire
daſſelbige per Spiritum Salis, biß es ſchoͤn hell vnd klar worden iſt/ vnd bewahre es zum
Gebrauch/ mache entweder mit ſeinem eigenen Spiritu ardenti eine Eſſentiam darauß/
wie in dem Erſten Theil dieſer meiner Pharmacopææ gelehret/ oder ich mache mit Zucker
Morſellen davon/ oder wie michs am beſten duͤnckt zu ſeyn/ vnd werde ich von 5. oder 6.
Pfund Saamen mehr Oel auff dieſe Weiſe erlangen/ als ſonſten durch die veſic auß
100. Pfunden nicht haͤtte geſchehen koͤnnen/ vnd dient mir der Reſt ſo zuruͤck bleibt in der
rectification ſehr wol aͤuſſerlich/ nemlich wann es alſo bereitet vnd gebraucht wird wie
folgt.
℞. Dieſes dicke Oleum von dem Spiritus Salis geſchieden/ ſetze ihme ein wenig
Wachs zu/ daß es etwas dicker werde vnd ſich ſtreichen laſſe wie ein Pflaſter/ welches
man dann aͤuſſerlich auff die Nieren legen kan/ wann man das klare innerlich gebrauchet/
ſo thut es leicht ſo viel aͤuſſerlich/ als das klare innerlich/ vnd geſchicht durch ein ſubjectum
doppelte Huͤlff/ vnd wil man dreyfache Huͤlffe dadurch haben/ ſo kan man den Spiritum
Acidum wol rectificiren/ vnd das Sal volatile rein ſublimiren/ mit dem Spir. ſolviren/
vnd neben dem innerlichen Gebrauch deß reinen Olei auch zugleich dieſen Spiritum taͤg-
lich mit gebrauchen/ vnd auch zum oͤfftern warm gemacht Tuͤcher darein genetzet/ vnd
die Lenden oder Nieren damit gebaͤhet/ thut auch gute Huͤlffe/ vnd nach der Baͤhung die
naſſe Tuͤcher weg gethan/ vnd das Pflaſter darauff gelegt/ ſo kan es nicht fehlen/ wann es
Gott nicht ſonderlich hindert/ der Patient muß zuſehende Huͤlff erlangen.
NB. Man
[101]Pharmacopææ Spagyricæ.
NB. Man kan auff dieſe Weiſe auch andere Vegetabilien alſo bereiten/ in Olea
Spiritus vnd Emplaſtra, vnd ſelbige in dieſer Kranckheit gebrauchen/ als da iſt Stein-
brech/ Peterſill/ Koͤrbell/ Carubi, vnd andere dergleichen Kraͤnter oder Wurtzeln/ vnd
darff man eben das ſemen fraxini nicht haben/ wenn man nicht wil/ ſonderlich weil ſelbi-
ger Baum nicht allenthalben gern waͤchſt vnd gefunden wird/ auch nicht alle Jahr viel
Saamen bringt. NB. Nun moͤchte mancher einwerffen vnd ſagen/ weil ich einen pro-
ceſs vorgeſetzet das Oleum, Spiritum vnd Balſamum, oder Emplaſtrum auß dem Saa-
men zu bereiten; wann man dann auß den Kraͤutern ſelche Medicin machen wolte/ wo-
her man ſo viel Saamens nehmen ſolte? Deme gebe ich zur Antwort; daß man eben die
Saamen nicht haben muß/ wann ſolche nicht wol zu bekommen/ ſondern auß dem gan-
tzen Gewaͤchs/ als Wurtzel/ Stengel/ Blumen vnd Blaͤttern/ ſolche Medicin auch zu
bereiten iſt/ daß ich aber den Saamen allein genommen/ iſt darumb geſchehen/ weiln die
beſte Krafft bey allen Vegetabiliſchen Gewaͤchſen gemeiniglich am ſtaͤckſten in deren
Saamen verborgen vnd concentrirt ſtecket/ kan ſonſten (wie geſagt) das gantze Ge-
waͤchs darzu gebraucht werden/ gibt es eben ſo viel deß Olei nicht als der Saamen/ ſo be-
koͤm̃t man doch auch zimlich viel auff dieſe Weiſe/ vnd wann man auch gar keinen Saa-
men/ Blumen/ Blaͤtter oder Stengel bekommen koͤnte/ ſo gibt die Wurtzel allein viel
Oel/ vnd bey den Baͤumen/ als Eſchen/ Linden/ Nußbaͤumen/ Kirſchen/ Pfirſchen vnd
dergleichen/ das bloſſe Holtz auch ſehr viel gibt/ wenn man ſolches per deſcenſum oder i-
gnem ſuppreſſionis (von welchem Modo ich vor dieſem geſchrieben) treibet/ alſo daß ein
kleiner Eſchen-baum gern etliche Pfund Oel geben kan/ wann man wol damit vmbgehet/
alſo das nimmer mangeln kan/ wann man ſelber wil. Vnd iſt nicht zu verſtehen/ als
wann dieſer Modus die Olea in Copia auß den Vegetabilibus zu bereiten/ vnd per Spir.
Salis zu clarificiren/ allein dienſtlich zu dieſen Gewaͤchſen/ welche contra calculum, wei-
len ich ſolche ſubjecta allhier benennet in dieſem Exempel/ oder Proceß dieſelbige zu be-
reiten gar nicht/ ſondern es koͤnnen alle Vegetabiliſche Gewaͤchſe/ ſie dienen gleich zu was
Kranckheit als ſie wollen/ fuͤglich auff dieſe angezogene Weiſe in liebliche Medicamen-
ten bereitet werden. Vnd nicht allein die Vegetabilien/ ſondern auch die Animalien
vnd Mineralien/ doch etwas vnterſcheiden wie hernach folgen ſol. Noch eins muß ich
allhier bey den Vegetabiliſchen Olitaͤten vnd ihrer deſtillation gedencken vnd erinnern.
Wann etwan einer oder der ander Vnerfahrrne einwerffen moͤchte/ daß die Olea, ſo erſt-
lich per retortam oder deſcenſum bereitet/ vnd hernach durch den Spiritum Salis rectifi-
cirt vnd klar gemacht/ vielleicht nicht ſo gut an Kraͤfften ſeyn moͤchten/ als diejenige/ ſo
per veſicam durch Huͤlffe deß Waſſers uͤbergetrieben wuͤrden/ deme nun vor zu kommen/
vnd ihme ſeine vnnuͤtze Sorge zu benehmen/ geſchicht alſo/ vnd wird erſtlich gefragt/ wor-
in die Kraͤffte der Vegetabilien vnd Animalien beſtehen/ in der angebornen Natur vnd
verborgenen Eigenſchafft/ oder aber an dem Geruch oder Geſchmack? Antwort: Die
groͤſte Kraͤffte der mehrerntheil Kraͤutern vnd Thiere/ beſtehet mehrentheils in der ange-
bornen Natur vnd Eigenſchafft/ vnd nicht in dem Geruch oder Geſchmack derſelben;
N 3wie
[102]Dritter Theil
wie klaͤrlich zu ſehen bey etlichen Gewaͤchſen/ welche ſchier gar keinen Geſchmack vnd
Geruch haben/ vnd dennoch kraͤfftig in Medicina erfunden werden; vnd auch etliche
welche einen lieblichen Geruch vnd Geſchmack haben/ vnd dennoch nichts in Medicina
außrichten; auch etliche einen ſehr wiederlichen Geruch vnd Geſchmack haben/ vnd doch
gute Kraͤffte beweiſen/ vnd andere ſo von lieblichem Geruch vnd Geſchmack ſeyn/ vnd zu-
gleich auch in der Artzney gut/ nachdeme ſie von Gott darzu erſchaffen: Dennoch ſo muß
ich bekennen/ daß bißweilen der Geruch vnd Geſchmack annemlich/ vnd den Spir. vitalem
ſtaͤrcket/ wann ſchon ſonſten wenig Krafft darinnen iſt/ vnd was mehr iſt/ das Geſicht
vnd Anſehen eines Dings/ wann es lieblich vnd ſchoͤn iſt/ das Hertz ſtaͤrcken/ vnd ein haͤß-
lich Ding daſſelbige ſchwaͤchen kan. Wie bey einem freundlichen Menſchen vnd bey dem
Golde ein merckliches Exempel/ welches durch Anſehen das Hertz ermuntert/ ein zorni-
ger Menſch oder gifftiges Thier hergegen ſolches erſchrecket/ vnd gleichſam ſchwaͤchet/
vnd bißweilen gar toͤdtet; vnd nicht allein dieſes durch das Anſehen helffen vnd ſchaden
kan/ ſondern es ſchadet/ kraͤncket vnd toͤdtet nur eine bloſſe Stim̃ eines Menſchen oder
Thiers/ nach dem es geſchicht in boͤſer oder guter Geſtalt. Es kan auch wol nur eine bloſſe
Einbildung gutes vnd auch boͤſes thun/ kranck vnd geſund machen/ welches hieher nicht
gehoͤrt/ ſondern in mein Buͤchlein von natuͤrlichen vnd uͤbernatuͤrlichen Dingen/ darin
von dergleichen gehandelt wird; was allhier angeruͤhret/ iſt nur darumb geſchehen/ den
Vnwiſſenden zu lehren/ daß der Vegetabilien Kraͤffte mehr in ihrer angebornen Natur
als Geſchmack vnd Geruch beſtehe/ vnd das Oleum Vegetabilium auff dieſe oberzehlte
Weiß per retortam zu deſtilliren/ vnd per Spir. Salis zu rectificiren/ den Kraͤfften weder
ſchaden noch nutzen kan/ ſondern derſelben Krafft allzeit bleibt/ die Deſtillation geſchehe
gleich wie ſie wolle/ wann nur endlich das Deſtillatum wieder gereinigt/ vnd ihme ſolches
benommen wird/ was ihme wiederwertiges in der Arbeit beykommet. Als nemlich/ wann
die Olea in der Deſtillation per retortam brentzlend werden/ ſolcher Beyfall ihnen durch
die rectification per Spir. Salis wieder kan benommen werden/ welches ich vmb der Vn-
wiſſenden allhier anzeigen muͤſſen.
Gleich wie nun allhier bey den Vegetabilien/ alſo auch bey den Animalien mit der De-
ſtillation ihres Oels/ Saltz vnd Spiritus, ſol vnd muß procediret werden/ vnd nicht noͤtig
weitlaͤufftiger hierin zu gehen: Jhre Kraͤfften/ ſo wol der Vegetabilien/ als Animalien/ ſol
ein Medicus auß der Signatur nehmen vnd wiſſen/ vnd nicht auß Buͤchern der Scriben-
ten erlernen wollen/ dann die Signatur aller Dingen zeigt vns ihre Kraͤfften vnd Tugen-
den viel beſſer vnd richtiger/ als manche Scribenten/ welche nun von hoͤren ſagen viel ge-
ſchrieben/ ſelber in der That nichts oder wenig wiſſen. Darbey es dißmal verbleibet/
dann meine jetzige Gelegenheit gar nicht zulaſſen wil/ weitlaͤufftig zu ſchreiben: Was ich
aber thue/ geſchicht allein den nothduͤrfftigen Krancken dieſen meinen Modum, die Spir.
acidorum Salium, der Vegetabiliſchen vnd Animaliſchen ſubjectorũ per Spir. Salis zu rei-
nigen/ vnd zur Medicin bequem vnd gut zu machen/ welches ohne dieſes Mittel ſonſten
nicht ſo in Copia haͤtte geſchehen koͤnnen: Nun aber ſolches angewieſen/ ſo koͤnnens die
Armen
[103]Pharmacopææ Spagyricæ.
Armen auch genieſſen/ vnd den Apotheker bezahlen/ da zuvorn kaum die Reichen etwas
gutes haben konten. NB. Dieſes ſol allhier noch in acht genommen werden/ daß die
Animalia zwar erſtlich/ wie bey den Vegetabilien gelehrt/ per retortam muͤſſen deſtillirt
werden/ auff daß ihr Oleum, Spiritus vnd Salvolatile zu gleich uͤbergehe/ wie dann auch
der Spiritus vnd Sal volatile auff vorige weiß koͤnnen rectificirt vnd gereinigt werden/
das Oleum aber wildurch einen bloſſen gemeinen Spiritum Salis communis oder Nitri
alſo nicht uͤbergehen/ ſondern derſelbe Spiritus ſol zuvorn mit Galmey concentrirt wer-
den/ alsdann er die Olea Animalium uͤber fuͤhret/ vnd ſonſten nicht/ wie nun die Spiritus
Acidi concentrirt werden zu dieſer rectification, ſol bald folgen/ aber ehe ſolches ge-
ſchicht/ wil ich zu beſſerer Nachricht dem Krancken noch einen Proceß oder Modum de-
ſtillandi \amp; rectificandi hieher ſetzen/ auff daß man ja nicht irꝛen/ ſondern meine Mey-
nung wol verſtehen moͤge/ vnd ſolches alſo: Nim etliche Pfund Terpentin/ deſtillire dar-
auß ein Oleum, ſo bleiben die feces zuruͤck/ ſo bey dem Terpentin geweſen/ das Oleum nun/
ob es wol durch die Deſtillation reiner worden/ als es zuvorn geweſen/ hat es doch
auch eine andere Natur durchs Feuer an ſich genommen/ nemlich eine waͤrmere/ vnd da-
hero zu allen Dingen alſo hinfort nicht mehr zu gebrauchen/ wie zuvorn der Terpentin zu
gebrauchen war/ welcher nicht zu duͤñ noch zu dick/ auch nicht zu heiß noch zu kalt/ auch
nicht/ zu ſubtil noch zu grob/ ſondern in ſeinem Weſen einer temperirten Eigenſchafft
theilhafftig/ welcher er jetzunder aber nicht mehr/ ſondern wegen ſeiner Hitze vnd Subtil-
heit zu allem nicht mehr zu gebrauchen? Was Raht nun? Wenn ich dieſes Exempel nicht
hieher geſetzet/ ſo haͤtte mancher mir vorwerffen koͤnnen/ daß durch die Deſtillation die
Dinge zwar koͤnnen reiner vnd ſubtiler gemacht werden/ hergegen bekennen ſie aber eine
hitzigere Natur vnd Krafft/ vnd derohalben nicht bey allen ſubjectis gut ſelbige damit zu
reinigen; deme nun auch zu helffen/ vnd die Olea deſtillata wieder nach der Reinigung
in einem ſolchen gradu von dicke/ duͤnne/ Hitze oder Kaͤlte/ wie es zuvorn geweſen/ wieder
zu bringen/ vnd durch ihre durch die deſtillation empfaͤngene Reinigkeit zu behalten/ kan
leichtlich geſchehen auff dieſe Weiſe: Geſetzt/ der Terpentin iſt an ſich ſelber warm vnd
ſubtil im 1. Grad/ wann er uͤber deſtillirt worden/ erlangt er den 3. Grad/ vnd in der re-
ctification den 4. Grad/ nun muß ich bekennen/ daß ſolches ſubtile Oleum allein zu den
kalten Gebrechen/ vnd ſonſten nirgends beſſer zu gebrauchen/ da es doch zuvorn auch bey
andern Faͤllen zu gebrauchen war/ welches ihme jetzunder mangelt/ darauff antworte ich
vnd gebe es zu/ wann die Deſtillation nach gemeiner oder berandter Weiſe geſchicht/ auf
dieſe meine beſchriebene Weiſe aber hat es viel eine andere Beſchaffenheit als mit jener/
dann ob ſchon die Dinge durch die Deſtillation neben der Reinigkeit auch eine ſubtile
Hitze erlangen/ vnd in etlichen operationibus gar zu duͤñ vnd hitzig worden/ ſo werden
doch in der rectification durch den Spiritum Acidum ſolche qualitaͤten gebrochen/ zer-
theilet vnd geſcheiden/ alſo/ daß ſo wol ein Theil deſſelben wieder dick vnd zaͤhe wird/ wie
[es] zuvorn geweſen/ ein ander Theil ſubtil verbleibet/ daß man auß einem ſubjecto, duͤn-
ne vnd
[104]Dritter Theil
ne vnd warme/ wie auch dicke vnd temperirte Theilen haben kan/ vnd dennoch beyde
rein vnd ſauber/ wie dieſes Exempel beweiſet.
Der Spiritus Salis oder Nitri iſt in ſeinem innerſten wol ein lauter Feuer/ in ſeinem
aͤuſſerſten aber auch eine lautere Kaͤlte/ davon alle duͤnne Ding erſtarren/ vnd hart wer-
den/ wie allhier ſol bewieſen werden; wann dann die Deſtillation eine Hitze beyfuͤhrt/
vnd herauß wendet vnd verduͤnnert/ ſo treibt die rectification durch den Spiritum Aci-
dum ſolche wieder hineinwaͤrts/ erdickert vnd bringt es wieder in eine gleichmaͤſſige tem-
peratur, dann wie das Oleum erſtlich uͤbergehet/ ſo iſt es durchaus an einem Ort wie an
dem andern/ waͤrmer vnd duͤnner/ als es zuvorn geweſen/ wenn es aber per Spiritum Aci-
dum rectificirt wird/ ſo gehet erſtlich das allerſubtilſte/ vnd darnach das mittelmaͤſſige/
das groͤbſte vnd dickſte Theil bleibt zuruͤck/ welches dann in gleichem Grad an Waͤrme
vnd Dicke mit dem Terpentin/ vnd ſo wol innerlich als aͤuſſerlich zu gebrauchen/ als der
gemeine Terpentin ſeyn wird/ dabey habe ich noch das mittelmaͤſſige Oleum, vnd den
allerſubtilſten Spiritum ardentem \amp; penetrantem welchen ich dann zu ſolchen Affecten
da er ſubtil ſeyn ſol/ gebrauchen kan/ oder ſelbige wann ichs gut befinde mit ſeinem eige-
nen dicken/ doch gereinigter remanentz/ oder mit etwas anders bequemers wieder dicker
machen kan/ alſo daß ich auß einem ſubjecto, ſo viel Gradus machen kan/ als ich ſelber
wil/ da zuvorn der Terpentin doch nur in einem Grad geweſen/ da ſihet nun der guͤnſtige
Leſer was es fuͤr eine Beſchaffenheit habe mit dieſer meiner Deſtillation vñ rectification
per Spiritum Acidum, daß nicht allein ein viel mehrers an klarem lieblichem Oel/ ja wol
3. 4. 5. oder mehrmal ſo viel als per Veſicam erlangt wird/ ſondern man bekomt auch da-
bey von den Vegetabilien vnd Animalien noch ihre Salia volatilia, wie auch Spiritus vel
aceta acida, vnd noch darbey auch ein Theil dicken Oels/ ſo aͤuſſerlich gut zu gebrauchen/
welche ſonſten gar zuruͤck bleiben in der waͤſſerigen Deſtillation per veſicam. Beſtehet
alſo die Gutthat dieſer Deſtillation vnd rectification, nicht allein in Erlangung einer
viel groͤſſerern quantitaͤt reinen Oels/ ſondern auch darneben in Erlangung deß Salis vo-
latilis, welches an Kraͤfften dem Oleo zu ſeinem Gebrauch nichts bevor gibt/ deßgleichen
der Spiritus Acidus auch das ſeinige ſo wol innerlich als aͤuſſerlich genugſam verrichtet.
NB. Jch frage nun alle verſtaͤndige Spagyros (diejenige die nicht wiſſē was Feuer iſt/ darf
man nicht fragen) ob dieſe Deſtillation nicht andern vorzuziehen/ vnd in dem Gebrauch
(dem menſchlichen Geſchlechte zum beſten) zu bringen? Jch habe das meinige nun ge-
than/ ſeynd die Koͤpff hart vnd hartneckicht/ ſo wird es auff ſie vnd nicht auff mich
kommen/ mein Gewiſſen hab ich hiemit befreyet/ vnd einen guten Weg gezeiget leichtlich
zu guten Medicamenten zu kommen/ werde es auch nicht laſſen/ ſo lang ich lebe/ mit
meinem von Gott verliehenem Pfund meinem Nechſten weiter zu dienen/ wann Gott
will! Jch verhoffe/ es werde ſich der guͤnſtige Leſer darnach richten/ vnd auß dieſem eini-
gen Proceß ſo viel erlernen/ daß ihme hinfuͤro nicht ſchwer fallen ſolte/ ein jedwedes Oleũ
Deſtillatum durch Huͤlff eines Spiritus Acidi wieder in ſolche haͤrte zu bringen/ gleich wie
es vor der Deſtillationgeweſen. Man ſehe nur an/ vnd betrachte das Succinum, wie
ein
[105]Pharmacopææ Spagyricæ.
ein ſchoͤn durchſichtiger Stein an Geſtalt nach aͤuſſerlichem Anſehen es iſt/ welcher zuvor
auch weich vnd fluͤſſig geweſen/ wie ein ander Terpentin/ Oleum, oder duͤnnes Berg-
wachs/ welches von dem geſaltzen Waſſer ſo hart geworden iſt/ alſo/ daß es ſich zu Pulver
mahlen laͤſſt/ gleichwol kan ſolches deſtilliret, vnd von ſeiner irꝛdiſchen Natur durch die
Deſtillation geſchieden oder gereinigt/ ſolches gereinigte Oleum hernacher wieder zu vo-
riger Haͤrte gebracht werden/ vnd ſolches allein durch Huͤlff eines Saltz-geiſtes/ dann
durch das Saltz ſolches zuvorn/ weil es noch duͤnn auß dem Felſen ins Waſſer gefloſſen/
auch iſt gehaͤrtet worden/ davon dißmal genug/ ein mehrers geliebts Gott an einem an-
dern Ort.
Folget nun ein Proceß die Mineralien durch die Deſtillation oder Sublimation zu
reinigen/ vnd auffs hoͤchſte durch die rectification per Spiritum Acidum zu ſaͤubern/ vnd
zum Exempel den gemeinen Sulphur allhier genommen/ darnach andere Mineraliſche
Reinigungen auch muͤſſen gerichtet werden.
℞. Einen gemeinen gelben Schwefel/ ſublimire denſelben nach gemeinem Ge-
brauch in Flores, entweder alſo perſe in einem glaͤſern vnd beſchlagenen Kolben/ oder
mit geroͤſtem Saltz vermiſchet/ ſo reinigt ſich der Sulphur erſtlichen von ſeiner groͤbſten
Terreſtritaͤt/ vnd wird bequem weiters in dem Spiritu Acido ſich reinigen zu laſſen/ al-
ſo: Nim dieſer Schwefel-blumen 1. Pfund/ thue ſolche in einen ſtarcken glaͤſern beſchla-
genen Kolben/ vnd gieſſe 1. oder 2. Pfund Spiritus Nitri vcl Salis communis darauff/
ſetze dieſe in eine Sand-Capell/ vnd gib allgemach Feuer/ biß daß der Spir. Salis in dem
Kolben koche/ vnd der Schwefel ſchmeltze/ vnd oben auff dem Spir. Salis ſchwimme wie
ein Oel auff einem Waſſer. NB. Man muß einen Helm auff den Kolben ſetzen/ auff
daß der auffſteigende Spirit. Salis im Kochen nicht verrieche/ ſondern in dem Helm kalt
werde/ ſich condenſire vnd auffgefangen werde/ dieſe Kochung kan vngefehr in 5. oder 6.
Stunden geſchehen/ ſo reinigt ſich der Sulphur vnd wird gantz durchſichtig/ ſchoͤn/ hell vnd
klar/ als ein Glas/ dann der Spir. Salis zieht die metalliſche Theilen/ ſo bey dem Schwefel
geweſen/ es ſey gleich Kupfer/ Arſenicum, Auripigmentum, Vitriolum, oder derglei-
chen Vnarten/ welche gemeiniglich der Schwefel bey ſich fuͤhret/ gleichſam ſolvirende zu
ſich/ welche Vnart ſonſten bey dem Schwefel bliebe/ vnd mehr boͤſes thaͤte als gutes in
Medicina, welches Paracelſus auch gewuſt/ vnd ſich dafuͤr fuͤrzuſehen oder zu huͤtē gewar-
net; es iſt gewis das vnglaͤubliche Kraͤfften in dem Sulphur verborgen/ die gemeine Flo-
res aber werdens nicht beweiſen/ dann ſelbe noch ſehr mit mineraliſchen gifftigen Gei-
ſtern verunreiniget/ welche ihnen durch den Spir. Salis koͤnnen benommen werden/ als-
dann entweder Flores darauß ſublimirt, vnd mit Spir. Juniperi oder Terebenthinæ in
ein Balneũ ſolvirt/ oder ſonſten in formam liquidam gebracht/ alsdann kan er gutes auß-
richten in Medicina, vnd hat man ſich vor ſeiner gifftigen Vnart nicht mehr zu befoͤrch-
ten/ weil der Spir. Salis ihme ſolche benommeu hat. Jch koͤnte gar wol einige gute præ-
parationes deß gemeinen Sulphuris in bequeme Medicamenten zu bringen/ hieher ſetzen/
dieweil ich aber vorgenommen allhier mich nicht weiters einzulaſſen/ als allein die Reini-
Ogung
[106]Dritter Theil
gung durch den Spiritum ſalis bekand zu machen/ ſo verbleibt ſolches an einem andern
Ort außgeſtellt.
Gleich wie nun allhier bey dem Schwefel procedirt worden/ alſo kan man auch mit
andern mineraliſchen Erd-ſaͤfften verfahren/ ſelbige erſtlich per Retortam reinigen/ vnd
in ſchwartze Olea deſtilliren/ die Olea hernach mit ſpiritu ſalis clarificiren/ vnd in lieb-
liche Olea vnd Balſama bereiten/ vnd ſolte bald niemand glaͤuben/ was fuͤr Kraͤffte in den
Berg- vnd Erd-ſaͤfften verborgen/ aber wie geſagt/ innerlich in Medicina zu gebrauchen
vntuͤchtig/ wegen ihrer Arſenicaliſchen Natur die ſie bey ſich fuͤhren/ ſo aber leichtlich
durch den ſpirit. ſalis zu benehmen/ vnd hernacher ſicher in Medicina zu gebrauchen ſeyn.
Vnd wann ich dieſes nicht mit Fleiß verſuchet vnd erfahren haͤtte/ ich jetzo davon nicht zu
ſchreiben wuͤſte. Den Vnerfahrnen ein wenig beſſere Nachricht zu geben/ muß ich eine
Hiſtori beybringen/ darauß zu erſehen/ das ſolche Berg-ſaͤffte gemeiniglich boͤſe vnd giff-
tige arſenicaliſche ſpiritus mit ſich fuͤhren. Jn der Graffſchafft Erbach/ zwiſchen dem
Maͤyn vnd Necker gelegen/ in Franckenland/ findet ſich ein Sand mit groſſer Menge/
welcher von einem fluͤſſigen Erd-ſafft belauffen/ vnd davon an einander gewachſen/ zu
groſſen Klumpen oder kleinen Bergen/ etwas braͤunlicht am Anſehen/ wann man ſol-
chen Sand auff Kohlen legt/ geben ſie einen lieblichen Geruch von ſich/ in allem gleich
dem Succino, da ich dieſes geſehen/ habe ich einen Retorten damit gefuͤllet/ vnd ein Oel
davon getrieben/ iſt nach allem Anſehen vnd Geruch dem Oleo Succini gleich geweſen/
welches ich auch darfuͤr gebrauchet/ wann ich nicht bald ein anders erfahren haͤtte/ dann
weiln derſelbe Sand auff Kohlen gelegt/ einen ſehr lieblichen Geruch von ſich gabe/ habe
ich ſolchen zum Rauchwerck/ die Kammern damit zu berauchen/ gebrauchen laſſen/ aber
bey zeiten gemercket/ daß der Rauch nicht geſund/ ſondern gifftig war/ weilen er Haupt-
pein verurſachte/ vnd gleichſam einen Nauſeam, weiln der Magen ſolchen auch nicht lei-
den konte/ dahero ich Vrſach bekom̃en/ damit zu raͤuchern nachzulaſſen/ vnd mit Fleiß das-
jenige Oleum ſo ſich davon deſtillirt hatte/ mit Spiritu Salis zu rectificiren eingeſetzet/ vnd
ein ſchoͤn klar vnd lieblich Oel davon bekommen/ der Spir. Salis aber das Arſenicaliſche
Weſen an ſich gezogen/ vnd nach dem ich ſolchen wieder rein machen wollen/ vnd rectifi-
cirt, ſo iſt in fundo deß Kolbens/ ein natuͤrlich Arſenicum ſitzen blieben/ welches das
Berg wachs bey ſich gehabt/ darauß ich vernommen/ daß alle dieſe Erd-gewaͤchſe gar Ar-
ſenicaliſch/ vnd nicht ſicherlich/ innerlich zu gebrauchen/ es ſeyn dann ſolche zuvorn mit
dem Spir. Salis gereinigt worden; vnd werden ſolcher Erd-ſaͤfften gar vielerhand gefun-
den die man nicht achtet/ vnd auch nicht weis was es ſey/ bißweilen hart wie ein Stein/
bißweilen duͤnne/ vnd bißweilen auch gantz fluͤſſig wie ein Oel/ dergleichen Quell vnter
Bacherach in der mitte deß Rheins herauß prodelt/ vnd den gantzen Rhein auff vierthalb
Stund lang mit Fettigkeit bedecket/ vnd ſehr lieblich vnd ſtarck riecht/ doch etwas braun/
dann ich mit der Hand/ wann ich vorbey gefahren/ auß dem Nachen gegriffen/ vnd da-
von gefangen/ vnd gepruͤfft; vnd muß ſolche Quell gar ſtarck flieſſen/ weil ſie ſo weit man
ſehen kan/ den Rhein uͤberdecket/ fahren aber wol 100. vnd 1000. vorbey/ vnd merckt es
niemand/
[107]Pharmacopææ Spagyricæ.
niemand/ ohne Zweiffel hat dieſe Quell ihren Vrſprung auß den Neben-gebuͤrgen/ ſo
beiderſeits neben dem Rhein ligen/ wann ſelbe Quell auff dem Land ſeinen Außgang haͤt-
te/ ſie waͤre viel tauſend werth/ nun aber ſie tieff vnterm Waſſer herauß koͤm̃t/ iſt ſie nie-
mand nichts nuͤtze/ dann vnmuͤglich etwas davon zu fangen; wann curioſe Menſchen
daſelbſten wohneten/ ſolte man ſolche Quell wol finden koͤnnen/ dann auff dieſer ſeite deß
Rheins/ da die Stadt Bacherach ligt/ ſtehet ein hoher Berg/ darauff ein herꝛlicher Wein
waͤchſet/ welcher weit vnd breit verfuͤhret/ vnd theuer verkaufft wird/ weiln er nicht allein
eines ſehr lieblichen Geſchmacks/ ſondern auch einen annemlichen Geruch hat/ welchen
die Jnwohner Muſcateller nennen/ vnd gibt von Natur ſolchen wolriechenden Wein
allein dieſer einige Berg/ vnd die darneben ſtehen gar nicht/ welches mir eine Anleitung
gegeben zu glaͤuben/ daß dieſe Quell von Stein-oel/ ſo ſich bey Bacherach in den Rhein
gieſſt auß dieſem Berge/ da der gute Wein-wachs ſeinen Vrſprung haben muͤſſe; dieweil
aber dieſer Berg ſo viel Wein nicht bringen kan/ als man gern haͤtte/ ſo ſeynd die Ein-
wohner mit der Zeit klug worden/ vnd Conterfeiten ſolchen Geſchmack nach/ legen Schar-
ley in die gemeine Weine/ davon ſie dann bey nahe einen ſolchen Geſchmack erlangen/ als
der natuͤrliche Muſcateller/ ſo auß dem hohen Berg waͤchſet. Vnd wolle ihme dieſes nie-
mand ſo frembd vorkommen laſſen/ das der Weinſtock einen Geſchmack auß der Erden
zu ſich ziehen ſolte/ er thut es gewiß/ dann ich es wol in acht genommen/ vnd vielmal er-
fahren/ vnd weil es die Materi mit ſich bringt/ ſo kan ich nicht vnterlaſſen/ dieſe meine
Meynung noch deutlicher zu beweiſen.
Vnter Franckfurt/ vierthalb Stund von dem Maͤyn gelegen/ ligt ein Flecken Hoch-
heimb genant/ Chur Maͤyntz zugehoͤrig/ dabey ein Weinberg/ welcher einen uͤberauß gu-
ten Wein giebet/ zwar nicht eben von ſolchem Geſchmack wie der Bacheracher/ aber mit
einem andern lieblichen Geruch begabet/ alſo daß er alle Weine vmb ſelbige Gegend oder
am gantzen Rheinſtrohm an Guͤte uͤbertrifft/ vnd derohalben allezeit in hohem Wehrt ge-
halten wird/ die Vrſach dieſer Guͤte ſchreibe ich zu/ dem Grund/ worauff die Trauben
daſelbſt wachſen/ welcher Stein-kohlen gibt/ vnd vor dieſem viel daſelbſten außgegraben
worden/ vnd jetzunder wiederumb geſucht werden; daß die Stein-kohlen auch ein liebli-
ches Berg-oel in ſich haben/ werd ich bald beweiſen. Weiter dem Maͤyn hinauff ligt
ein ſehr hoher Berg bey der Stadt vnd Schloß Klingenberg genand/ zwiſchen den Oden-
walt vnd Speſſart gelegen/ da dieſe Erden gefunden wird/ davon ich jetzt oben geſagt/ daß
ſie ein liebliches Oleum geben in der Deſtillation, welcher Berg gleicher Weiſe einen ſol-
chen lieblichen vnd guten Wein herfuͤr gibt/ daß er den zweyen vorigen/ als den zu Ba-
cherach vnd Hochheimb nichts bevor gibet; ob nun die Vrſach dieſer Guͤte von gedach-
tem Stein-oel/ ſo nicht weit davon gefunden wird/ herkoͤm̃t/ kan ich eigentlich nicht ſagen/
doch fuͤr meine Perſon/ glaͤub ich das ſolches die Vrſach ſey/ ein anderer mag glauben
was er wil. Es gibt ſonſten der groſſe Berg zu Wuͤrtzburg am Stein genand/ auch ei-
nen beruͤhmten Wein/ doch am Geſchmack dieſen dreyen nicht gleich; dahero das Sprich-
wort iſt kommen/ Wuͤrtzburg am Stein/ Klingenberg am Maͤyn/ Hochheimb am Rhein/
O 2(das
[108]Dritter Theil
das iſt ein Huͤgel oder kleiner Berg zu ſagen) vnd Bacherach am Rhein/ wachſen die
vier beſten Wein.
Jch muß bekennen obwolen den gantzen Maͤynſtrohm hinauff allerhand gute Wei-
ne wachſen/ ſo uͤbertreffen doch dieſe vier die andern alle/ vnd meiſtes wegen ihres liebli-
chen Geſchmacks/ den ſie auß dem Grund nehmen/ darauff ſie wachſen. Dann dieſes ge-
wiß vnd ſicher iſt/ daß der Weinſtock vor allen andern Gewaͤchſen einen Geruch vnd Ge-
ſchmack auß der Erden ziehet/ davon er ſeine Nahrung hat/ alſo daß es einen Erfahrnen
in der Natur nicht ſchwer iſt/ den Wein-trauben einen ſolchen Geſchmack zu geben/ als
man ſelber wil/ oder nach deme man etwas zu den Wurtzeln deß Weinſtocks geleget;
Nun weiß ich gewiß das viel naſeweiſe Spoͤtter uͤber dieſen meinen Diſcurs wegen deß
lieblichen Geſchmacks deß Weins/ vnd woher er komme zu Bacherach/ Hochheimb vnd
Klingenberg/ da die Berg-ſaͤfften gefunden werden/ vnd darneben den Grund ſo gut
nicht geben wil/ ihren Griff erhecken/ vnd ſagen/ daß meine Meynung falſch ſey. Dieſes
muß ich alſo ſeyn laſſen/ ſie koͤnnen die gute Weine viel beſſer mit groſſen Kannen auß-
ſauffen/ vnd einander beſcheid thun/ als daß ſie einige rationes geben ſolten/ woher ſol-
cher Geſchmack ruͤhrte: Jch verbleibe aber dabey/ vnd ſage mit gutem Grund vnd Erfah-
renheit/ daß der Weinſtock einen ſolchen Geſchmack vnd Geruch auß der Erden ziehet/
vnd den Trauben einverleibt/ gleich wie er ſolchen in der Erden findet/ welches ich viel-
mals verſucht/ vnd alſo befunden habe.
Wiſſen doch die Gaͤrtner/ daß der Menſchen-koth die Blumen wol wachſend macht/
aber ihnen einen uͤblen Geruch giebet/ darumb ſie ſich huͤten ſolche bey die Wurtzel der
wolriechenden Blumen zu legen/ aber deſto lieber bey ſolchen die keinen Geruch haben/ als
Tullipanen vnd ihres gleichen/ damit ſchnell wachſen zu machen. Man kan es auch be-
ſcheidlich ſpuͤhren/ wann die Wurtzel von einem Weinſtock an einen ſolchen Ort geſetzt/
da Menſchen-miſt ligt/ ſo bekommen ſie einen uͤblen Geruch davon/ alſo daß man die
Trauben kaum eſſen mag/ vnd ſeynd auch fleiſſige Gaͤrtner allbereit in ſolche Erfahrung
kommen/ wann ſie Scharley vnd andere ſtarckriechende Kraͤuter dem Weinſtock zu der
Wurtzel legen/ er den Trauben ſolchen Geſchmack mittheile/ es wehret aber ſolche Krafft
nur ein Jahr/ ſo ſie aber ein ſtarck vnd wolriechindes Oleum der Wurtzel geben koͤnten/ ſo
wuͤrde der Weinſtock 10. oder mehr Jahr gute Muſcateller-Trauben herfuͤr bringen/ da-
von in meinem Operi Vegetabili außfuͤhrlich gehandelt/ was ich allhier gethan/ hat die
Materi Vrſach darzu gegeben/ daß nemlich in der Erden bißweiln das Berg-oel haͤuffig
ſtecket/ vnd den Gewaͤchſen/ vnd ſonderlich den Wein-reben ſolche einverleibet/ vnd kraͤff-
tige Fruͤchten verurſachet/ davon ihrer wenig wiſſen. Auff daß ich aber denen Vnglaͤu-
bigen oder Vnerfahrnen gleichwol beſſern Beweiß thue/ daß in den Erd-ſaͤfften eine groſ-
ſe Lieblichkeit verborgen/ vnd durch die Deſtillation vnd rectification per Spir. Salis koͤn-
ne herfuͤr gebracht werden/ dient dieſes Exempel; Bekant iſt es/ daß die Stein-kohlen/
welche man an vielen Orten haͤuffig auß der Erden graͤbet/ an ſtatt Holtzes zu gebrauchen/
im Brennen einen uͤblen Geruch von ſich geben/ dahero man in den Wahn kommen/
gleich
[109]Pharmacopææ Spagyricæ.
gleich als wann ſie gifftig ſeyn muͤſten; Nach dem aber die Menſchen an dieſen Orten
da ſie ſo haͤuffig gegraben/ ſolche taͤglich gebrauchen/ ihre Speiſe damit zu kochen/
vnd ihnen keinen Schaden zufuͤgen/ man endlich zugeben hat/ das ſolche an ſich
ſelber nicht uͤbel riechen/ ſondern allein im verbrennen das Feuer ſolches verur-
ſacht/ vnd die Fettigkeit ſo darin iſt/ an ſich ſelber ſehr lieblich am Geſchmack vnd
Geruch/ ja ſo lieblich als irgends ein Vegetabile ſeyn moͤchte/ wie ich dann beweiſen wer-
de. Nim ein Exempel an einer lieblichen Roſen oder anderen Vegetabile, deſtillirs
per retortam, ſo verliert es ſeinen lieblichen Geruch/ vnd koͤmt ſtinckend oder brentzlentzt
uͤber/ warumb ſolte es dann nicht auch thun der Erd-ſafft/ Stein-kohlen vnd ſeines glei-
chen; Jch muß bekennen/ wenn man per veſicam auß den Vegetabilien mit Waſſer ge-
nug Oel uͤberbringen koͤnte/ daß man dieſer Deſtillation per retortam vnd Rectification
per Spir. Salis, gar wol entbehren moͤchte/ weil Muͤhe vnd Arbeit darzu erfordert wird/
weiln aber vns nicht genug uͤbergehet/ ſo muͤſſen wir dieſen Modum gebrauchen. Jch
ſage wann es muͤglich waͤre/ auß den Stein-kohlen per voſicam ein Oel uͤber zu deſtilli-
ren/ es wuͤrde am edlen Geruch einem Aromatiſchen Oel nichts bevor geben/ dann ſo in
der Erden nicht ein Univerſal Sulphur oder Balſam verborgen waͤre/ woher wuͤrden ſo
vielerhand Kraͤuter ihren vnterſchiedlichen Geruch vnd Geſchmack hernehmen? Auff
daß ich aber einmal dieſen Diſcurs ein Ende mache/ vnd beweiſe daß die Stein-kohlen
ein liebliches Oel vnd koͤſtlichen heilſamen Balſamum in ſich haben/ welcher Tugenden
allen denen Balſamen vnd koͤſtlichen Oelen/ ſo auß Jndien zu vns gebracht werden/ das
geringſte nicht nachgeben/ beweiſſt dieſer Proceß.
Fuͤlle einen Retorten mit Stein-kohlen an/ vnd deſtillire ein ſchwartzes Oleum
davon/ ſcheide ſolches von dem ſauren Waſſer/ ſo mit uͤbergangen/ vnd rectificire es per
Spiritum Salis, ſo gehet erſtlich ein klar vnd hell Oel uͤber/ darnach ein gelbes/ ſo nicht gar
ſo lieblich wie das klare/ vnd ein dickes ſchwartzes bleibt zuruͤck/ ſo aͤuſſerlich vnter Empla-
ſtra zu gebrauchen/ dann es ſehr heilſam iſt wegen ſeiner angebornen truͤckne/ das gelbe
kan man noch einmal mit friſchem Spir. Salis rectificiren/ ſo wird es auch klar/ weiß vnd
lieblich/ wilſtu nun auß dieſen klaren Oelen noch eine Scheidung machen/ vnd wieder mit
friſchem Spiritu rectificiren/ ſo kanſtu erſtlich das allerreineſte Theil beſonders fangen/
welches an Hitze/ Subtile vnd Lieblichkeit dem natuͤrlichen Oleo Petri nichts nachgibt/
welches man auch beſonders bewahren vnd in kalten accidenten in vnd aͤuſſerlich ge-
brauchen kan/ vnd wird dieſes beweiſen/ vnd auch vielmehr vnd kraͤfftiger/ als was dem
wahren Oleo Petri zu geſchrieben/ vnd darff man ſich gar keiner Vngelegenheit darbey
befoͤrchten/ das ſolche Olea etwan Arſenicaliſch ſeyn ſolten/ gantz nicht/ dann in der recti-
fication der Spiritus Salis ihme ſolches benommen hat/ vnd wenn man wil/ kan man die-
ſes Oleum das nach dem ſubtilften folget/ zu allen Balſamis miſciren/ oder alſo per ſe in
vnd aͤuſſerlich in Medicina ſicherlich gebrauchen/ wird Wunder damit außrichten/ ja
vielmehr als man ihme einbilden moͤchte/ dann eine gewaltige balſamiſche Krafft in den
Stein-kohlen ſtecket; ſo man mit dieſem Oel/ dieſen gereinigten Sulphur wie oben gelehrt
O 3ſolvirt,
[110]Dritter Theil
ſolviret, vnd in einen Balſamum bringet/ ſo hat man eine ſolche Medicin, die wol ein Bal-
ſamus Univerſalis terreſtris mineralis mag geneñet werden/ vnd allen andern Balſamis
innerlich vnd aͤuſſerlich zu gebrauchen; an Krafft weit vorgehet; bin auch willens dieſen
Balſamũ in copia zurichten zu laſſen/ dem menſchlichen Geſchlecht damit zu dienen: Wañ
ich ſeine groſſe Tugend beſchreiben ſolte/ wuͤrde ich ein gantzes Buch davon machen
koͤnnen/ gehoͤret aber hieher nicht/ ſondern iſt genug/ daß ich dißmals angezeigt/ wie er zu
bereiten; An einem andern Ort ins kuͤnfftige geliebts Gott auch von ſeinen Kraͤfften vnd
Tugenden (neben andern meinen Medicamenten) gelehret werden ſoll.
Damit endige ich den Dritten Theil meiner Pharmacopææ Spagyricæ, vermeine
genug darinn angezeigt zu haben; obwolen nun das Buͤchlein klein im Anſehen/ ſo ſte-
cket doch viel groſſes darhinter verborgen/ welches vnter Tauſenden nicht einer verſtehet
noch begreiffen kan. Auff das aber der guͤnſtige Leſer mercken vnd ſpuͤhren moͤge/ was
fuͤr eine realitaͤt in dieſem kleinen Tractaͤtlein verborgen/ ſo wil ich zum Vberfluß vnd
Zugabe/ noch einen eintzigen Proceß hieher ſetzen/ darauß zu erlernen/ was fuͤr eine edele
Kunſt es ſey/ ein Ding per Deſtillationẽ zu reinigen; auß den Vegetabilien/ vnd Anima-
lien ſolches zu thun/ iſt allbereit bekand genug/ das allzeit vom dem ſubjecto, welches
man deſtillirt, das reinere erſtlich/ darnach das geringere folget/ vnd die vnnuͤtze grobe
Terreſtritaͤt ſam̃t dem fixen Saltz/ bey allen Dingen zu ruͤck bleibet/ bey den Metallen aber
iſt es noch ſo gemein nicht worden/ wird auch ſo bald noch nicht ſo gemein werden/ vnd
waͤre auch nicht gut daß es gemein ſeyn ſolte/ dann die teuffeliſche jetzige boͤſe Welt ſolches
nicht wuͤrdig iſt: Vnſere liebe Vor-Eltern haben ſolche Kunſt allzeit in groſſer Geheimb
gehalten/ vnd auch den Nachkoͤm̃lingen befohlen ſolches zu thun/ auff daß die Perlen
nicht fuͤr die Schweine geworffen wuͤrden/ ſondern allein den wuͤrdigen Kindern verblie-
ben. Vnd obwolen ich mich keiner groſſen Streichen außthue/ vnd ſchlecht vnd gerecht
meinem Nechſten mit meinem Pfuͤndlein gedienet/ vnd noch diene/ ſo wird mir doch von
vnterſchiedlichen Philoſophis gleichſam verwieſen/ als thaͤte ich groß vnrecht/ daß ich ſo
klar herauß gienge/ vnd die Perlein alſo fuͤr die Schweine wuͤrffe/ mich ernſtlich abmah-
nende/ hinfuͤhro ſo viel gutes dem Truck nicht zu vntergeben/ wie ich dann noch kuͤrtzlich
von einem Philoſopho Hermetico zwey dergleichen ſchreiben/ darinn er mich erinnert
hinfuͤhro ſecreter zu gehen/ empfangen/ darauff iſt auch verſprochen ſelbiger guten Er-
mahnung gehoͤr zu geben; dieweilen aber dieſes Tractaͤtlein ſolches gleichſam erfordert/
noch einen guten Beweiß der metalliſchen Reinigung herauß zu geben/ ſo geſchicht noch
dieſes in Gottes Namen/ es werdens doch nur die From̃en begreiffen/ vnd wird den Gott-
loſen verborgen bleiben/ wann ſchon noch ſo klar vnd hell geſchrieben; Dann der Gottloſe
iſt hoffaͤrtig/ vnd der Hoffaͤrtige blind/ vnd haͤlt nichts auff das vexachte vnd vnanſehnli-
che/ weilen dann die Warheit/ wie auch Gott ſelbſten/ vnd alles was gut iſt ſchlecht vnd
gerecht iſt/ ſo bleiben die Geheimnuͤſſen Gottes/ welche ſchlechtes Anſehens/ gar wol ſicher
vor der jetzigen hoffaͤrtigen/ boßhafften/ treuloſen Welt. Auff daß ich aber meinem Ver-
verſpre-
[111]Pharmacopææ Spagyricæ.
ſprechen genug thue/ vnd beweiſe daß durch die Deſtillation die Metallen geiſtlich ge-
macht vnd auffs hoͤchſte gereinigt werden/ ſo dient dieſes Exempel.
Jederman iſt bewuſt/ wann etwas trucknes durchs Feuer ſol uͤber ſich getrieben vnd
gereinigt werden/ das etwas feuchtes oder fluͤchtiges darbey ſeyn muß/ welches das dicke
vnd ſchwere in ſich faſſe/ vnd mit uͤberfuͤhre/ wie bey der gemeinen Kraͤuter Deſtillation
zu ſehen/ wann dieſelbe trucken ſeyn/ man Waſſer beyſetzet/ den Geruch vnd Krafft der-
ſelben damit uͤber zu fuͤhren/ vnd gehoͤret zu einem jedwedern trucknen ſein beſonder feuch-
tes/ welches feuchte mit dem trucknen eine Gemeinſchafft haben muß/ wann es das truck-
ne uͤberfuͤhren ſol/ dann gemein Waſſer kan wol den Geruch vnd Geſchmack der Kraͤu-
ter uͤberfuͤhren/ auch wol der Salien/ aber gar nicht harte ſulphuriſche oder mercurialiſche
Mineralien/ viel weniger fixe Metalla. Weilen dann die Metallen Homogenia vnd
durch keine Gewalt deß Feuers/ das reinere von dem vnreinern Theil/ (wann nicht zuvorn
dieſelbe durch behoͤrliche Menſtrua ſolvirt, vnd zur Deſtillation bequem gemacht wer-
den) zu ſcheiden muͤglich. Dann allzeit dasjenige/ ſo in Flores uͤbergehet/ wann es wie-
der reducirt wird/ wieder ein ſolches metalliſch Corpus gibet/ demjenigen gleich davon
es deſtillirt oder ſublimiret worden/ dahero die Opinion gekommen/ als wann vnmuͤg-
lich waͤre/ das reinere Theil von dem vnreinern bey den Metallen zu ſcheiden/ welches a-
ber falſch iſt. Den Vnwiſſenden vnd Vnerfahrnen/ ſeynd alle Ding vnmuͤglich
in ihren groben Koͤpffen/ bey denen man kein Judicium uͤber wichtige Secreta ſuchen/
noch ihr vngegruͤndtes Vrtheil achten muß; wie kan ein Blinder von Farben vrtheilen/
wann er ſolche nicht ſehen kan/ alſo auch hierin zu verſtehen; Auff daß ich aber zu meinem
Propoſito komme/ vnd beweiſe/ daß per Deſtillationem auch auß den groben Metallen
ein guͤldiſch Weſen koͤnne uͤbergetrieben oder geſchieden werden/ ſo wil ich ſolches gar mit
bekandten Dingen beweiſen/ nemlich alſo: Man ſolvire in einem gemeinen Aqua forti
von Salp. vnd Vitriol bereitet/ wie ins gemein gebraͤuchlich/ unciam unam fein Silber/
vnd wann das Silber alles wol ſolviret vnd zu einem klaren Waſſer worden iſt/ ſo gieſſe
man die ſolution fein gemach in einander Glaͤslein/ auff daß wann etwan das Silber
etwas Gold gehalten/ ſolches zuruͤck bleibe vnd nicht mit der ſolution komme/ auff daß
die Prob nicht falſch werde. Darnach ſol man ſo viel gemein Koch-Saltz/ als deß Sil-
bers geweſen/ in gemeinem Waſſer ſolviren/ vnd ſolches Saltz-waſſer zu der ſolution deß
Silbers von dem einen Glas in das ander zu etlich malen gieſſen/ auff daß ſich alles wol
vntermiſche/ darnach ſetzen laſſen/ das klare Waſſer abgieſſen/ ſo bleibt das Silber als
ein weiſſes Pulver ligen/ ſolches auffs neue man noch etliche malen mit ſuͤſſem Waſſer
abſuͤſſen ſol/ ſo offt vnd viel/ biß alle Corroſiv oder Saltzigkeit von dem Silber-kalch ge-
wichen/ alsdañ man ſolchen trucknē ſol/ ſo bekoͤmt man ein weiſſes zartes Pulver/ welches
gar fluͤchtig vnd fluͤſſig iſt/ vnd mit einer Kertzen-flam̃ ſich ſchmeltzen laͤſt/ welches einem
Mercurio zu vergleichen/ vñ gar wol Mercurius Lunæ moͤchte genennet werden/ aber ins
gemein von den Chymicis Luna Cornua genennet/ weilen ſolches geſchmoltzen/ einem
Horn ehnlich ſicht/ damit Wunder-Dinge in Medicina vnd Alchymia zu verrichten/
wel-
[112]Dritter Theil
welches hieher gar nicht gehoͤrt/ ſondern allein etwas angeruͤhrt wird. Vnd gleich wie
allhie von der Luna gelehret/ alſo wird auch mit dem Saturno procedirt, gibt auch ein
ſolches fluͤſſiges vnd fluͤchtiges weiſſes Pulver/ ſo immer ſo leicht oder leichter ſchmeltz/ als
der Mercurius Lunæ, vnd auch gar wol Mercurius Saturni koͤnte genennet werden. Die-
ſe beyde nehmen den dritten gern zu ſich/ ſcil. Mercurium vulgi, vnd figiren denſelben/
vnd wird alſo wahr der Philoſophorum Spruch/ wann ſie ſagen: Natura natura gau-
det. Natura naturam vincit. Natura naturam retinet. Es laſſen ſich dieſe beyde Mer-
curii deſtilliren/ vnd das reinere Theil von dem vnreinern ſcheiden/ wie ein Vegetabile:
auff welche Weiſe aber ſolches geſchicht/ iſt nicht noͤhtig zu ſchreiben/ ich habe laͤnger als
ein gantzes Jahr daran geſucht/ ehe ichs gefunden/ ein ander ſuche auch/ gibt es ihme
Gott ſo hat ers/ vnd wann ihme Gott ſo viel gibet/ ſo wird er ihme noch ſo viel Verſtand
geben/ wie ers weiters gebrauchen ſol/ iſt der Mercurius an ſich ſelber weiß/ fluͤſſig vnd
fluͤchtig/ wird durch die Deſtillation noch weiſſer/ ſo muß er auch nothwendig fluͤchtiger/
fluͤſſiger vnd reiner werdẽ/ davon auf dißmal genug geſagt. Auf daß ich nun weiter zu mei-
nem Vornehmen komme/ vnd beweiſe/ daß durch die Deſtillation die Metallen alſo zu
reinigen/ daß ſie guͤldiſch werden/ beweiſſt dieſes Exempel: Man nehme ein Loth obge-
dachter Lunæ Cornuæ, vnd reducire daſſelbige wieder zu einem Coͤrper oder geſchmeidi-
gem Silber/ vnd treibe es ab/ ſo iſt man verſichert/ daß nichts frembdes darbey iſt/ vnd
ſolvire das Cupellirte Silber wieder in einem gemeinen Aqua forti, ſo wird es zimlich
Gold-kalch ligen laſſen. Nun iſt die Frag/ woher dieſes Gold kommen? Auß dem Sil-
ber/ aqua fort, oder Saltz-waſſer/ welche drey Stuͤcke zu der Fellung gebrauchet werden?
Deme gebe ich zur Antwort/ daß der Spiritus Nitri in der Deſtillation, auß dem Eiſen
vnd Kupffer/ ſo bey dem Vitriol geweſen/ etwas guͤldiſch mit ſich uͤber gefuͤhret/ geiſtlicher
Weiſe/ welcher guͤldiſche Geiſt in der ſolution deß Silbers ſich bey dem Silber Corpo-
raliſch gemacht/ vnd ſeinen Leib auß der Luna genommen hat. Wil nun jemand anders
ſtatuiren vnd dafuͤr halten/ als wann obgedachtes Gold allein auß der Luna vnd nicht
auß dem Aqua forti kaͤme/ deme gebe ich zur Antwort/ warumb dann ein ſolches ſolvirte
Silber welches mit ſale tartari oder Kupffer-blechen auß dem Aqua fortigefaͤllet/ nicht
auch guͤldiſch wird/ wie dieſes ſo durch ein Saltz-waſſer nieder geſchlagen? So moͤchte
mancher wider ſagen/ das ſolches Gold allein auß dem Saltz kaͤme/ damit das Silber
niedergeſchlagen/ vnd nicht auß dem Aqua forti oder Silber/ weiln das Silber mit Waſ-
ſer auff ſolvirt/ vnd mit Kupffer-blechen oder liquori ſalis tartari præcipitirt, kein Gold
haͤlt/ ſondern allein dieſes/ welches mit dem Saltz-waſſer nidergeſchlagen guͤldiſch wird.
Deme nun vollends auß dem Traum zu helffen/ vnd klaͤrlich zu beweiſen/ das ſolches
Gold ſein herkommen/ nemlich die Farb allein auß dem Aqua forti, den Leib aber auß
dem Silber vnd nicht auß dem Saltz hat. Dann/ obwolen in einem jedwedern gemei-
nen Koch-ſaltz eine guͤldiſche Krafft verborgen/ vnd auch durch Kunſt kan offenbar ge-
macht werden/ ſo geſchicht es doch nicht auff dieſe/ ſondern auff eine andere Weiſe/ da-
von etwas Meldung gethan/ in meinem Troſt der Seefahrenden intitulirten Tractaͤt-
lein
[113]Pharmacopææ Spagyricæ.
lein/ dieſes Gold aber ſo ſich bey dem nidergeſchlagenẽ Silber befindet/ allein auß dem Vi-
triol vnd Silber/ vnd nicht auß dem Saltz-waſſer koͤmt/ ich verſichere/ welches noch beſſer
zu mercken/ wann man den Vitriol vnd Salpeter ein Kupffer-gruͤn/ ſo durch Schwebel
vnd Saltzbereitet/ zuſetzet/ ſo wird das Aqua fort noch zweymal ſo guͤldiſch als auß dem
Vitriol allein/ ratio iſt dieſe/ weiln dieſes Eiſen vnd Kupffer ſo bey dem Vitriol fix ſeyn/
vnd nicht gern etwas guͤldiſch von ſich geben/ ſo ſie aber beyde oder nur eins davon als das
Kupffer zuvorn durch Saltz vnd Schwebel in einen fluͤchtigen Calcem verwandelt/ vnd
dem Vitriol vnd Salpeter zugeſetzet werden/ alsdann wird ſolche Arbeit mit Nutzen ge-
than/ vnd ſonſten nicht. Was ich allhier ſchreibe iſt nur die Muͤglichkeit anzuzeigen.
Vnd ſo man den Vitriol vnd Salpeter/ oder Alaun vnd Salpeter/ andere ſpecies ſo
fluͤchtig Gold fuͤhren/ zuſetzet/ als Galmey/ Zinck vnd dergleichen/ ſo wird das Waſſer
deſto guͤldiſcher/ ſetzet man dem Salpeter vnd Vitriol ſpecies zu/ welche ein fluͤchtig Sil-
ber halten/ als Kobolt/ Wißmuth/ Arſenicum, ſo wird das Aqua fort Silberiſch/ vnd
gradirt ein Theil Kupffer in der ſolution in gut Silber/ gleich wie das guͤldiſche Aqua
fort in der ſolution deß Silbers/ ein Theil von Silber in Gold gradirt. Womit ſie
nun beweiſen/ daß die grobe Metallen durch die Deſtillation alſo zu reinigen vnd Vola-
tiliſch zu machen/ daß ſie in der ſolution Corporaliſch Gold vnd Silber an den Metal-
len niderſchlagen/ nachdeme das ſolvens auß guͤldiſchen oder ſilberiſchen ſubjectis berei-
tet worden. Dieſes Exempel vermeine ich fuͤr einen Beweiß kraͤfftig genug zu ſeyn/ daß
die groben Metallen durch die Deſtillation zu reinigen/ daß ſie guͤldiſch werden; Geſchicht
nun dieſes auß den groben vnd vnreinen Metallen/ was ſolte dann nicht geſchehen koͤn-
nen an den reinen/ wann dieſelbe durch die Deſtillation noch mehr gereinigt wuͤrden/ oh-
ne Zweiffel eine uͤberauß herꝛliche Medicin darauß werden muͤſte/ die beſſer als Sil-
ber vnd Gold zu achten. Derentwegen dieſer Diſcurs allhier darumb geben iſt/ dar-
auß zu ſehen/ daß auch die fixe Metallen wann ſie zuvorn debito modo aufgeſchloſ-
ſen vnd Volatiliſch gemacht ſeyn/ ihr beſtes von ſich geben/ vnd in der Deſtillation von
dem groͤbern Theil zu ſcheiden ſeyn. Dieſes Tractaͤtlein gehoͤret zur Medicin vnd nicht
zur Alchimia. Dennoch habe ich dieſen Beweiß ſetzen muͤſſen/ daß auß dem groben
Vitriol per Deſtillationem ein fluͤchtiges Gold außzutreiben/ welches bey dem Silber
oder Gold corporaliſch wird/ damit anzuzeigen/ vnd jederman zu verſicheren/ was gutes
durch die Deſtillation bey den Metallen außzurichten/ vnd wie eine reine ſubſtantz dar-
auß zu bringen/ welches wenigen bekand iſt/ welches die Philoſophi haben wollen zu er-
kennen geben/ wann ſie einhellig geruffen: Fac fixum volatile, \amp; volatile fixum. Vnd
der uͤberalte Vers de Vitriolo nicht vergeblich gemacht iſt: Viſitabis Interiora Terræ
Rectificando Invenies Occultum Lapidem Veram Medicinam: Hat doch der deut-
ſche Philoſophus Baſilius Valentinus außtruͤcklich geſchrieben/ daß auß dem gemeinen
Vitriol der Lapis Philoſophorum eben ſo wol/ vnd viel leichter auß dem Gold ſelbſten
zu bereiten ſey. Kan nun die allerhoͤchſte Univerſal Medicin, ſo wol auf Menſchen als
Metallen/ auß dem vnachtſamen Kupffer-waſſer bereitet werden/ warumb ſolte dann
Pſolches
[114]Dritter Theil
ſolches nicht auch zu thun moͤglich ſein auß reinern Metallen/ wann dieſelbe zuvorn in
Vitriola gebracht/ vnd ſich deſtilliren laſſen/ dadurch das reinere von dem vnreine-
ren geſchieden wird? Gibt nun ein gemeiner Vitriol von Kupffer vnd Eiſen in der De-
ſtillation ein fluͤchtiges Gold/ warumb ſolte dann nicht ein Vitriolum Lunæ ein meh-
rers vnd beſſers geben? Welcher der wahre Metalliſche eintzige Vitriolus Philoſoph-
iſt/ welchen Baſilius zum Werck zu nehmen befiehlet/ der auch mit Recht den Namen ei-
nes Vitriols fuͤhret: Dann zu dem gemeinen Vitriol, wann er faͤrben ſoll/ man Gall-
aͤpffel haben muß/ dieſer aber faͤrbet per ſe ohne Gallas alles kohlſchwartz. Man bilde
aber ihme nicht ein/ daß allhier eine ſolche Luna verſtanden werde/ welche durch ſolvirung
eines Aquæ fortis zu weiſſen Criſtallen gebracht/ oder durch ein Saltz-waſſer auß der
ſolution gefellet/ gantz nicht/ dann dieſe keinem Vitriolo moͤgen verglichen werden/ wei-
len ſie ſich reduciren laſſen. Der Philoſophorum wahre Vitriol, welcher ex Luna oh-
ne Aqua fort oder dergleichen corrofiviſchen Waſſern bereitet/ in ſtarckem Feuer ſich
gar nicht reduciren laͤſſt/ ſondern auch nach gelittenem Feuer noch ein Vitriol iſt vnd ver-
bleibet/ faͤrbet auff der Zungen/ aſtringiret/ vnd ein guͤldiſch liebliches Waſſer/ welches
Gold ſolvirt/ vnd ſich dabey figirt, von ſich gibet. Einen ſolchen Vitriolum wollen wir
in Medicina vnd Alchimia gebrauchen/ vnd den gemeinen/ den Tuch-faͤrbern laſſen.
Dann die Alten ihr Saltz wegen der Gleichnuͤß/ ſo es (nach aͤuſſerlichem Anſehen) mit
einem gemeinen Vitriol hat/ Vitriolum genand haben/ aber darumb ein gemein Kupf-
fer-waſſer gar nicht gemeint haben/ welches ihme ein Verſtaͤndiger leichtlich einbilden
kan. Laſſt dann Lunam die Erden/ vnd Aurum den Saamen/ vnd Mercurium das
Waſſer ſeyn/ (doch nicht den gemeinen) die Erden damit zu befeuchten/ vnd das uͤbrige
Gott vnd der Kunſt befohlen ſeyn. So weit gehet meine Meynung/ einem andern die
ſeine doch vnbenommen. Wann nun gleich alle Spoͤtter vnd Ignoranten ſich zuſam̃en
thaͤten ſo koͤnnen ſie doch dieſes Fundament nicht vmbſtoſſen/ vnd wird der fromme Phi-
loſophus Baſilius hiermit defendirt vnd wahr gemacht/ daß auch auß einem gemeinen
Vitriol etwas guͤldiſch zu bringen/ wie viel mehr iſt glaublich/ das auß einem Vitriol auß
reinern Metallen bereitet/ ein beſſers zu bringen ſey. Was ich allhier ſchreibe/ das mag
man wol glauben/ dann ich dieſer Proben mein Tag viel gemacht/ doch immer das eine
mal mehr Gold außgebracht als das ander mal/ nachdeme ich damit procedirt, vnd das
gefelte Silber reducirt habe. Dann dieſes ſoll man wiſſen/ daß ein ſolches Silber ſo
auß dem Aqua forti durch ein Saltz-waſſer præcipitirt wird/ gantz fluͤchtig iſt/ vnd ſich
wie ein ander Calx Lunæ nicht ſchmoͤltzen laͤſſt/ ſondern theils hinweg raucht/ vnd auch
theils ſich zu einem Horn-ſtein ſchmoͤltzet/ welcher durch eine ſonderliche Deſtillation
gantz vnd gar ſich uͤbertreiben laͤſſt/ davon auff dißmal genug. Darumb man ſolchen
fluͤchtigen Calce ein Sal Tartari zu ſetzen muß/ wann es nicht im Schmeltzen verriechen
ſoll/ dann Borras kan es nicht thun/ oder noch beſſer kan er geſchmoltzen werden/ wenn
man ſolchen mit dem ſchnellen Fluß von Salpeter/ Wein-ſtein vnd Schwefel gemacht/
vermiſchet/ vnd mit einem Koͤhlchen anzuͤndet vnd außbrennen laͤſſt/ ſo ſchmoͤltzet das
Silber
[115]Pharmacopææ Spagyricæ.
Silber nicht zuſammen/ etwas davon gehet im Rauch weg: NB. So man den Rauch
ſaͤngt/ wie dann ſolches wol zu thun iſt/ ſo bezahlet ſolcher Rauch/ welcher in Geſtalt eines
rohten Pulvers gefunden wird/ die Arbeit gar wol/ vnd heiſt allhier nicht vnrecht/ wie
Paracelſus ſagt: Verderben macht vollkommen Gut; weilen dieſe Flores vom Silber
nicht verderben/ ſondern mehr werth ſeyn/ als das Silber geweſen. Wer nun mit die-
ſer Arbeit wol weiß vmb zu gehen/ dazu die Vbung ein guter Lehrmeiſter iſt/ der thut keine
verlohrne Arbeit. Vnd wann er auß dieſen wenigen nichts lernen kan/ der wird auch
auß mehrern nichts finden/ dann in dieſem wenigen viel offenbaret iſt/ ja ſchier mehr als
ich verantworten kan. Welches wir alle zu vorderſt Gott/ vnd hernacher dem lie-
ben Nitro, welcher die Metallen ſo fluͤchtig machet/ zu zuſchreiben haben. Da ſiehet der
guͤnſtige Leſer daß der Salpeter nicht allein Macht habe alle fluͤchtige Mineralien vnd
Metallen zu figiren/ davon das zweyte Theil Teutſchlands Wohlfahrt handelt/ ſondern
auch gantz fluͤchtig zu machen/ daß ſich dieſelbe deſtilliren vnd reinigen laſſen/ wie bey ob-
erzehltem Exempel zu ſehen. Sonſten iſt noch ein anderer Modus die Metallen gantz
fluͤchtig zu machen/ gleicher Weiſe durch den Salpeter/ doch alſo/ daß dieſelbe gantz nicht
ſolvirt/ ſondern nur durch ein naſſes Nitroſiſches Feuer alſo dahin zu bringen/ daß ſie
ihre Form behalten/ wie ſie in das naſſe Feuer gethan werden/ vnd dannoch ſo fluͤchtig
dariñ werden/ daß ſie gantz vnd gar ſich deſtilliren oder ſublimiren laſſen. Vnd ebenfalls
in der Prob etwas Gold geben/ ſo das gradirte Waſſer darin gewirckt hat. Davon in
dem Vierdten Theil deß Teutſchlands Wohlfahrt/ ein mehrers. Wil hiemit alſo
den Dritten Theil meiner Pharmacopææ Spagyricæ beſchloſſen haben/ freundlich bit-
tende/ alle diejenigen/ welche verſtehen/ was darinn verborgen/ vnd etwan nicht gern ſe-
hen moͤchten daß ich ſo weit gangen/ nicht ſorgen wollen daß die Gottloſen die Suͤſſigkeit
riechen werden/ dann Gott wol darinn zu diſponiren wiſſen wird. Auch wollen die
Spoͤtter vnd Ignoranten doch dasjenige nicht tadelen/ daß ſie nicht verſtehen. Dann
bey den Verſtaͤndigen vnd Erfahrnen/ findet ihr Tadelen keinen platz; Bey ihres glei-
chen die nichts wiſſen/ ob es gleich einen Platz findet/ ſo muͤſſen ſie ſich allzumal ſchaͤmen/
wann es einmal bekand wird/ daß ſie alſo gegen die Warheit geſtritten. Wann ein
Ding an ſich ſelber nur gut iſt/ ſo wird das Verachten der Gottloſen Spoͤtter ſolches
nicht Boͤß machen. Auch wird durch ein falſches Lob das Boͤſe nicht gut gemacht/
ſondern das Werck muß ſelber ſprechen/ ſich vertheidigen vnd ſeinen Meiſter loben/ ſon-
ſten iſt es nichts nuͤtze. Darauff ſeynd meine Schrifften gebauet/ vnd werden von
boͤſen Winden ſo leichtlich nicht vmbgeſtoſſen werden. Da-
bey es dißmals bewenden ſoll.
ENDE.
PGruͤnd-
[116]
Gruͤndliche vnd warhafftige Beſchreibung/ wie
man auß den Weinhefen einen guten Wein-ſtein in
groſſer Menge extrahiren ſoll.
ERſtlich muß man wiſſen/ was Weinhefen ſeyn/ oder
in was fuͤr einem Weſen dieſelbige beſtehen/ ehe man ſolche
zerlegen/ vnd das nuͤtzliche vnd gute von dem vnnuͤtzlichen
ſcheiden koͤnne. Dann ohne Erkandnuͤß der Sachen kan
man kein Vrtheil faͤllen/ ſondern bleibt im Jrꝛthum̃. Jſt
derohalben noͤhtig/ daß man wiſſe/ was man vnter den Haͤn-
den habe/ auff daß man deſto ſicherer damit procediren koͤn-
ne. Was nun eigentlich Weinhefen ſeyn/ vnd wie das gute
darauß ſoll gezogen werden/ wil ich dem Vnwiſſenden all-
hier offenbaren/ auff daß hinfuͤro nicht mehr ſo viel gutes/ als bißhero geſchehen/ wegen
Vnerkantnuͤß der Dingen/ vnachtſamer Weiſe hingeworffen/ ſondern zu vieler tauſend
Menſchen Beſten moͤge behalten/ vnd zu Nutzen angelegt werden. Vnd iſt es alſo dar-
mit beſchaffen: Ein jedweder naſſes vnd truͤbes Weſen/ es ſey gleich Wein/ Bier/ Eſ-
ſig/ oder etwas anders/ wann es ſeine Zeit ſtill liget/ ſo ſetzet ſich auß eigener Krafft das
jrꝛdiſche/ ſchwerere vnd groͤbere Theil davon zu Boden/ welches man feces oder Hefen
nennet/ das klare Theil aber bleibet oben auff den fecibus ſtehen/ welches man ablaͤſſet/
vnd alſo von dem vnreinern Theil ſcheidet/ wie bey dem Wein/ Bier/ Meth vnd andern
Getraͤncken zu ſehen/ vnd jederman wol bekand iſt. Welche feces man bißhero zu nichts
anders hat wiſſen zu gebrauchen/ als das man ſolche deſtilliret, einen Brandtwein dar-
auß gemachet/ vnd das uͤbrige/ daß in dem Keſſel geblieben iſt/ hernach als ein vntuͤchtig
Weſen hinweg geworffẽ hat. Vnd iſt ſolches Hinwegwerffen vnd Verſchwendung vieles
guten/ welches noch darinnen war/ allein Vrſach geweſen der Menſchen Vnwiſſenheit/
weilen ihnen nicht bekand/ daß noch etwas gutes darinnen blieben/ vnd zugleich mit dem
vnnuͤtzen Schlam hinweg geworffen worden. Auff daß man aber ſehe/ daß nicht alles
vnnuͤtze ſey/ welches die Menſchen nicht kennen noch achten/ ſondern daß bißweilen in ei-
nem
[117]Beſchreibung der Weinhefen.
nem gantz veraͤchtlichen Weſen viel gutes verborgen ſtecke/ wil ich ſolches allhier bey den
Weinhefen beweiſen vnd zu erkennen geben.
Wann man auß den Weintrauben den Moſt außpreſſet/ vnd die Faͤſſer fuͤllet/ auff
daß er darin gaͤhre/ vnd ſeine Truͤbigkeit vnd feces von ſich werffe/ klar/ ſauber vnd rein
werde/ ſo geſchicht zugleich auch eine Scheidung deß uͤbrigen Saltzes/ welches der Moſt/
der von den Trauben gepreſſt iſt/ bey ſich gefuͤhret/ vnd haͤnget ſich zum Theil ringſt her-
umb an das Faß/ welches man Weinſtein nennet; aber der mehrentheil ſolches Saltzes
oder Weinſteins haͤnget ſich an die truͤbe feces, vnd faͤllt als ein Sand damit zu Boden/
dann ein jedwedes Saltz hat eine ſolche Eigenſchafft/ daß es fich in warmer Naſſigkeit
ſolviret/ vnd mit zu Waſſer wird; ſo bald aber die Naſſigkeit wieder erkaltet/ ſo kan ſie
nicht alles Saltz (welches das Waſſer in der Waͤrme an ſich genommen) halten/ ſon-
dern muß ſolches wiederumb fahren laſſen. Vnd indeme nun ein ſolches Saltz ſich von
dem Waſſer oder anderer Feuchtigkeit ſcheidet/ ſo ſuchet es einen Sitz/ daran es ſich bege-
ben vnd ruhen will/ legt man dann in eine ſolche ſolution uͤber zwerch oder in die Laͤnge
Hoͤltzerlein oder Schnuͤrlein/ ſo haͤnget ſich das Saltz geringſt herumb an die Hoͤltzer oder
Schnuͤre/ vnd candiſiret oder criſtalliſiret ſich daran ecket/ oder wuͤrflecht/ nachdeme deß
Saltzes Natur vnd Eigenſchafft iſt. So man aber keine daran haͤnget/ ſo ſchlieſſt ſol-
ches Saltz rings herumb an das Geſchirꝛ/ darin die ſolution iſt/ vnd coaguliret ſich in ein
hart ſaltzig Weſen/ nach Geſtalt ſeiner Natur vnd Eigenſchafft.
Weilen dann bekand genug iſt/ daß der Trauben-ſafft vor allen andern Vegetabi-
lien am allermeiſten Saltz fuͤhret/ welches Saltz aber nicht darin geſehen oder geſpuͤhret
wird/ es ſey dann/ daß ſolcher Trauben-ſafft oder Moſt zuvorn in ſich ſelber erwarme vnd
fermentire, in welcher fermentation die Natur eine Scheidung machet/ vnd behaͤlt das
reinere naſſe Theil (ſo viel Saltz allein bey ſich/ als es zu einem lieblichen Wein zu wer-
den vonnoͤhten hat/) das uͤbrige groͤbere Saltz aber wirfft es von ſich/ das ſich dann ſo
wol ringſt herumb an das Faß/ als an die Truͤbigkeit deß Moſts anhaͤnget/ vnd darmit
zu Boden faͤllt/ welches Weinhefen genennet wird/ vnd man Brandtewein darauß zu ma-
chen pfleget. Dieſe Wein-hefen iſt nun nicht lauter vnnuͤtzes Weſen/ wie ſie bißhero
darfuͤr iſt gehalten worden/ ſondern ſtecket viel gutes Weinſteins darin verborgen/ wel-
chen man herauß ziehen vnd gebrauchen kan. Welcher Weinſtein dann/ wann er her-
auß gezogen wird/ mehr werth iſt/ oder gelten kan/ als die Hefen zuvorn gekoſtet haben/
welches allein die Vrſach iſt/ daß man Eſſig vnd Weinſtein auß den Hefen ſo gut kauf-
fen/ zeugen/ vnd machen kan. NB. Wer den Sachen ein wenig nachdencket/ wird
leichtlich finden/ wie er ſolchen außgepreſten Wein erfriſchen/ vnd zu dem beſten Wein
wieder bringen koͤnne. Jn etlichen Laͤndern/ als in Franckenland/ Schwaben/ Elſa [...]/
Oeſterreich/ auch an dem gantzen Rheinſtrom/ da viel Wein waͤchſet/ werden die Wein-
hefen ſehr wenig geachtet/ ſondern an vielen Orten dem Horn-Vieh vnd auch Schwei-
nen in ihr trincken gethan/ davon ſie ſich/ wegen deß Weinſteins/ der darinnen iſt/ pur-
giren/ geſund/ vnd hernach darauff bald feiſt werden/ vnd offtermals ſo viel Muͤhe nicht
P 3dar-
[118]Beſchreibung der Weinhefen.
darauff gewendet wird/ den Brandtewein davon zu deſtilliren. Jn andern Laͤn-
dern aber/ da ſo viel Wein nicht waͤchſet/ vnd noch vielmer an ſolchen Orten/ da er von
weitem dahin gebracht wird/ vnd thener iſt/ werden ſolche Hefen in beſſern Ehren gehal-
ten/ vnd nicht allein fleiſſig beyſammen geſamlet/ Brandte-wein darauß zu machen/ ſon-
dern auch wol in viel kleine haͤnfene Saͤcke gefuͤllet/ Creutzweis auff einander in eine be-
ſondere dazu gemachte Preß geleget/ vnd der Wein davon gepreſſt/ mit andern Weinen
vermiſcht vnd verkaufft. Weilen aber ſolcher außgepreſſte Wein gemeiniglich ſchwaͤcher/
vnlieblicher/ vnd geringer an Krafft iſt/ als ein anderer/ der allezeit in vollen Faͤſſern wol
iſt bewahret geweſen/ als hat man geſucht Eſſig darauß zu machen/ dazu er dann am aller-
beſten zu gebrauchen iſt/ (doch ſo man damit weiß vmbzugehen/ vnd ihme ſolches wieder
geben kan/ welches er im Außpreſſen verlohren hat) ſo kan wieder ſo guter/ lieblicher vnd
ſtarcker Wein darauß werden/ als er zuvor jemalen geweſen iſt: Solches Stuͤcklein ge-
hoͤret aber hieher nicht/ ſondern wird nur deß Eſſig machens vnd Brandtewein deſtil-
lirens gedacht.
Jn Holland/ Franckreich vnd Jtalia iſt ſolches Außpreſſen auß den Hefen/ das Eſ-
ſigmachens gar gemein/ nehren ſich viel reichlich damit/ vnd thun nichts/ als daß ſie die
Weinhefen von den Wein-Laͤndern kauffen vnd außpreſſen/ vnd auß ſolchen außgepreſſ-
ten Weinen Eſſig machen. Das Dicke aber/ welches in den Saͤcken bleibet/ nemen
ſie auß/ trettens oder ſtoſſens hart in Faͤſſer zuſammen/ verkauffens an die Hutma-
cher/ welche ſolche gebrauchen vnter das Waſſer/ in welchem ſie die Filtze kochen/ vnd
dicht vnd gut damit machen/ dann die Wolle in heiſſem Waſſer zuſammen oder in ein-
ander laufft/ vnd je beſſer das Waſſer iſt/ je geſchwinder/ auch dichter/ vnd beſſer die Fil-
tze davon werden.
Weil dann der Weinſtein eine ſolche Natur hat/ daß er ein jedes Waſſer viel waͤr-
mer vnd heiſſer macht/ wann er darinn ſolviret iſt/ als es ſonſten vom Feuer werden kan/
vnd weil viel Weinſtein in den Hefen iſt/ auß welcher Krafft ſolches geſchicht/ doch den
Hutmachern vnwiſſend/ dann ſie vermeinen/ daß es der Schleim thue/ welcher doch kei-
ne Krafft hat/ ſondern allein der Weinſtein/ ſo darin verborgen iſt/ ſolches verrichtet/ als
thun ſie in einen jedwedern Keſſel Waſſers/ ſo viel Hefen als ſie zu dem Filtz haꝛt zu machen
von noͤhten haben/ vnd gebrauchens alſo zu ihrem Handwerck/ welches ſie denjenigen
abkauffen/ die den Wein zuvorn davon außgepreſſt haben.
Alſo vnd auff dieſe Weiß verbrauchen diejenige ſolche truckne Hefen/ welche zuvorn
den Wein davon außgepreſſet haben; wann ſie aber ſolcher außgepreſſten Hefen mehr
haben/ als ſie an die Hutmacher verkauffen koͤnnen/ ſo verdirbt ihnen bißweilen dieſelbi-
ge/ wachſen wuͤrmer darinnen/ vnd wird endlich zu einer ſchwartzen Erden/ die ſehr ſtin-
cket/ vnd zu nichts mehr zugebrauchen iſt: Wann ſie aber ſolche verkauffen koͤnnen/ ſo er-
langen ſie ſo viel Zubuß/ daß ihr Eſſig/ welchen ſie auß dem außgepreſſten Wein machen/
ſo viel deſtoweniger koſtet/ vnd alſo deſto mehr daran gewinnen; ſo ſie aber das Dicke den
Hutmachern nicht verkauffen koͤnnen/ vnd ihnen verdirbt/ ſo koͤnnen ſie nicht viel an dem
Eſſig
[119]Beſchreibung der Weinhefen.
Eſſig gewinnen. Dieſes iſt nun die Weiß/ wie in Niederland vnd Franckreich die He-
fen außgepreſſt/ der außgepreſſte Wein zu Eſſig gemacht/ vnd das Dicke den Hutma-
chern verkaufft wird. Auff was Manier aber ſolche Eſſigmacher den außgepreſſten
Wein zu Eſſig machen/ wil ich zur Nachricht hieher ſetzen. Solche Leute/ welche ſich
mit dieſer Arbeit nehren/ thun ihm alſo: Sie ſetzen an eine Reihe nach einander ſo viel
groſſe oder kleine Faͤſſer auff ein geruͤſt/ vngefehr eines Fuſſes hoch von der Erden/ al-
ſo daß man ein Becken oder Hand-Eimer/ den Eſſig davon zu zapffen/ wann es noͤhtig
iſt/ darunter ſetzen kan/ vnd thun den obern Boden auß dem Faß/ machen in der mitte deß
Faſſes ein Creutz/ vnd legen einen Boden darauff/ mit vielen Loͤchern/ auff welchem Bo-
den ſchuͤtten ſie Weintrebern/ davon der Wein außgepreſſet iſt/ biß oben zu/ voll/ legen
den obern Boden/ den ſie auß dem Faß genommen/ oder einem andern/ alſo daß nicht zu
viel Lufft darzu komme/ wieder darauff/ vnd laſſens alſo in einen warmen Ort ſtehen/ ſo
werden die Trebern an ſich ſelber warm: Wann ſie vngefehr 1. 2. oder 3. Tage geſtanden
haben/ vnd man eine Hand hinein ſtecket/ vnd empfindet/ daß dieſelben warm genug
ſeyn/ ſo ſchuͤttet man den außgepreſſten Wein darauff/ daß er uͤber die Trebern gehet/
vnd ſolche wol bedecket/ vnd legt den Boden beheb wieder darauff/ laͤſſt es alſo lang ſte-
hen/ biß daß ein ander Faß/ welches gegenuͤber ſtehet/ vnd mit Trebern gefuͤllt ſeyn ſoll/
auch warm worden iſt; alsdann zapffet man dieſen Wein/ der auff den warmen Tre-
bern 2. oder 3. Tag geſtanden hat/ ab/ vnd ſchuͤttet denſelben auff das ander Faß/ laͤſſt ſol-
chen auch ſo lang darauff ſtehen/ biß die Trebern im erſten Faß wieder warm ſeyn/ dann
gieſſt man den Wein darauff. Solches auff-vnd abgieſſen von einem Faß in das an-
der/ muß ſo offt vnd lang gethan werden/ biß er ſauer genug worden iſt/ welches vngefehr
in 14. Tagen oder drey Wochen/ nachdeme die Lufft warm iſt/ geſchehen kan. Darnach
zapfft man ſolchen rein von den Trebern/ vnd fuͤllet ſolchen in ein Faß/ leget es dahin/ iſt
guter ſaurer vnd beſtaͤndiger Eſſig: Darnach gieſſet man wieder andern Wein auff das
eine Faß/ laͤſſt ſolchen ſo lang darauff/ biß das ander Faß mit den Trebern warm worden
iſt/ alsdann zapffet man den Wein ab/ vnd gieſſet denſelben auff die warme Trebern/ vnd
procedirt alſo mit auff-vnd abgieſſen deß Weins/ von einem Faß in das ander/ ſo lang/
biß er zu Eſſig worden iſt/ welchen man auch ablaͤſſt/ in ein Faß fuͤllet/ vnd hinleget; alſo
kan man den gantzen Sommer durch eine groſſe quantitaͤt Eſſig machen/ ſonderlich wann
man der Faͤſſer mit Trebern gefuͤllt/ viel hat/ gegen einander ſtehen. Vnd ſo man den
Winter auch wolte Eſſig machen/ ſo muͤſten die Faͤſſer in einem ſolchen Gemach ſtehen/
welches man mit einem Kachelofen warm machen koͤnte. Alſo kan man Sommer vnd
Winter continuirlich Eſſig machen.
Dieſes iſt nun die Weyſe wie in Franckreich vnd Holland der Wein auß den
Hefen außgepreſſt/ vnd zu Eſſig gemacht wird/ damit ſich viel nehren vnd reich da-
bey werden.
Nun
[120]Beſchreibung der Weinhefen.
Nun wil ich auch meine Invention zum gemeinen Beſten vnd vieler Menſchen Nu-
tzen herſuͤr geben/ vnd offenbaren/ nicht zweiflende/ es werde von den Frommen/ als eine
Gabe Gottes angenommen/ vnd erkennet werden. Dann ich wol weiß/ daß in den
Weinlaͤndern ihme mancher/ da die Hefen haͤuffig zubekommen/ vnd wenig geachtet
werden/ einen guten Vorraht fuͤr die ſeinigen damit aufflegen wird koͤnnen. Welches
er dann Gott zum foͤrderſten/ vnd auch mir/ der ich ſolche Wiſſenſchafft durch viel Muͤhe
erſucht/ zu dancken hat/ vnd gegen die Nothduͤrfftigen/ wann ihn Gott dadurch geſegnet
hat/ vnd er den Zorn Gottes nicht auff ſich laden wil/ oder ihm der Segen nicht zum
Fluch werden ſoll/ ſich auch freygebig vnd behuͤlfflich erzeigen ſolte.
Folget nun meine Weiſe/ wodurch man ſo viel Eſſig/ vnd Brandtewein/ als man
machen kan/ gantz vnd gar vmbſonſt haben/ vnd viel damit gewinnen kan.
Erſtlich ſol man eine gute Preß haben/ welche mit einem langen Balcken/ daran
Gewicht hanget/ getrieben wird/ vnd auffs wenigſte 5. oder 6. Eymer zugleich in kleine
Saͤck gefuͤllet/ einlegen vnd außpreſſen/ wie die beygeſetzte Figur außweiſet. Wann
dann der Wein auß den Hefen außgepreſſt iſt/ ſo kanſt du denſelbigen auß den Trebern/
oder auff andere Weiß zu Eſſig machen; das dicke aber/ welches in den Saͤcken blieben
iſt/ ſchuͤttel darauß/ vnd thue ſo viel auff einmal in einen Brenn-keſſel/ mit ſeinem beharꝛ-
lichen Zuſatz Waſſers/ als ers leiden kan/ vnd in der Deſtillation nicht uͤberlauffe/ ſetze
den Helm darauff/ vnd accomodire ein refrigeratorium oder Schlang in ein Faß mit
kaltẽ Waſſer daran/ vñ fange an zu deſtilliren/ gleich als man ſonſtẽ Brandtewein deſtil-
liret/ ſo gehet ein guter Spiritus uͤber/ welchen man in einem Faß verſamlen ſoll/ biß man
deſſelben ſo viel hat/ daß man den Keſſel damit anfuͤllen/ vnd ſolchen darauß rectificiren
vnd laͤutern kan/ vnd ob ſchon ſo gar viel nicht von den trucknen Hefen koͤmt/ ſo gibt es
gleichwol ſo viel/ daß es alle Vnkoſten/ welche ſo wol zum Eſſig als Weinſtein machen
gehen/ bezahlen kan. Wann dann aller Brandtewein uͤbergangen/ vnd nnr vngeſchmackt
Waſſer folget/ ſo ziehe das Feuer vnter dem Keſſel herfuͤr/ vnd mache den Kranen/ wel-
cher an dem Keſſel iſt/ vnd fuͤr den Ofen außgehet/ auff/ laß die Hefen mit dem Waſſer
durch eine Rinne in einem groſſen Sack/ der in der Preß ligt/ lauffen/ ſtrick denſelben o-
ben mit einem ſtarcken Band wol zu/ vnd lege die Preß an/ vnd preſſe alſo warm das naſ-
ſe auß dem Dicken; das naſſe gieß alſo warm in ein beſonder Faß/ vnd laß es dann erkal-
ten/ ſo coaguliret ſich der Weinſtein/ vnd haͤnget ſich geringſt herumb an das Faß/ vnd
ein Theil deſſelben faͤllet zu Boden/ in Geſtalt eines Sandes. Das uͤbrige/ welches in
dem Sack geblieben iſt/ nim̃ herauß/ lege es auff den Solder/ in die warme Lufft vnter das
Dach/ biß es trucken worden/ vnd verbrenne es vnter dem Keſſel neben dem Holtz/ es
brennet zugleich mit dem Holtz/ vnd gibt eine ſehr ſcharffe Aſchen/ welche man Potaſchen
nennet/ vnd von den Tuchfaͤrbern gebraucht wird/ kan ſo theuer verkaufft werden/ das
auffs wenigſte ſo viel davon koͤmt/ damit das Außpreſſen vnd Weinſtein-machen beloh-
net wird. Vnd indem du den einen Keſſel voll außpreſſeſt/ kanſtu alſobalden den lehren
Keſſel wieder mit Waſſer vnd dicken Hefen fuͤllen/ vnd den Vrandtewein davon deſtilli-
ren
[121]Beſchreibung der Weinhefen.
ren; vnterdeſſen iſt das erſte außgepreſſt/ alſo/ daß man nach der Deſtillation alſobal-
den die Hefen mit dem Waſſer wieder in den Sack/ welcher in der Preß ligen ſoll/ wann
der erſte herauß genommen iſt/ kan lauffen laſſen/ vnd mit dem Außpreſſen/ wie zum er-
ſten geſchehen/ verfahren/ vnd ſo offt vnd vielmal taͤgliches/ als die Zeit leiden will:
Vnd ſoll das warme Weinſtein-waſſer/ welches auß der Preß laufft/ nicht zu den erſten/
ſondern in ein beſonders Faß gethan werden/ alſo daß man zu einem jedwedern Keſſel
voll Weinſtein-waſſers/ ein beſonder Faß haben ſoll. Den folgenden Tag aber kan man
das Waſſer von dem erſten Faß/ welches allbereit kalt worden/ vnd ſeinen Weinſtein
fallen laſſen/ abzapffen/ vnd an ſtatt eines andern Waſſers/ welches man ſonſten neh-
men muͤſte/ wann dieſes nicht waͤre/ mit den trucknen Hefen in den Keſſel thun/ vnd alſo
damit procediren/ wie mit dem erſten den vorigen Tag geſchehen/ vnd zu dem andern
Brand das Waſſer nehmen/ auß dem andern Faß/ da der andere Brand den vorigen
Tag iſt eingegoſſen worden/ vnd zu dem dritten Brand/ das Waſſer auß dem dritten Faß
vnd alſo fortan/ ſo wird kein Weinſtein verlohren/ ſondern allezeit derjenige/ welcher in
dem Waſſer blieben/ vnd ſich nicht coaguliret/ zu dem andern koͤmt/ vnd alſo zu gut ge-
halten wird. Sonſten wann man wil/ kan man ſolches ſauer Weinſtein-waſſer/ davon
der Weinſtein in der Kaͤlte ſich geſchieden/ vnd auff den Boden deß Faſſes gefaͤllet/ wie-
der animiren/ vnd mit einem geringen Koſten/ durch Korn/ oder Baumfruͤchten/ ein
Leben geben/ alſo/ daß wieder Wein darauß wird/ welcher dann gleicher maſſen/ dem
außgepreſſten gleich/ zu Eſſig kan gemacht werden/ dann die Saͤure hat es/ vnd mangelt
ihm nur ein Leben/ vnd fuͤr Verderben eine præſervirung. Kanſtu damit vmbgehen/ ſo
wirſtu groſſen Nutzen darvor haben/ wo aber nicht/ ſo thue ihm alſo/ gleich wie obẽ beſchrie-
ben iſt/ vnd gebrauche ſolches an ſtatt andern gemeinen Waſſers zu den dicken Hefen/ den
Weinſtein darmit herauß zu ziehen. Sonſten kan man das ſaure gebrauchte Wein-
ſtein-waſſer noch auff andre Weiſe mit Nutzen gebrauchen/ wie vnten ſol gelehret wer-
den. Siehe aber wol zu/ daß du erſtlich vnter dem Keſſel das Feuer nicht zu groß ma-
cheſt/ auff daß die Hef en nicht anbrennen/ den Brandtewein ſtinckend mache/ vnd den
Keſſel verderbe/ derentwegen man den Keſſel vnten auff dem Boden mit einer Speck-
ſchwarten ſchmieren ſoll/ ehe man die Hefen mit dem Waſſer hinein thue/ vnd den
Brandtewein davon deſtillire, ſo brennet es ſo leichtlich nicht an. Allhier koͤnte ich wol
einen Handgriff zeigen oder lehren/ wie das die Hefen nimmer anbrennen/ wann ſie
auch ſchon gantz trucken in den Keſſel gethan wuͤrden; ſolte aber zu weitlaͤufftig fallen im
beſchreiben/ vnd zu verdrißlich dem Leſer: Wann man nur dieſes/ ſo beſchrieben iſt/ wol
vnd recht thut/ ſo wird man genug damit gewinnen koͤnnen. Wann du nun auff dieſe
Weiſe eine gute quantitaͤt Weinſteins auß den Hefen gezogen haſt/ der dann klein
vnd nicht ſchoͤn fuͤr Augen/ ſondern als ein Schlam oder Sand anzuſehen ſeyn wird;
ſo muſtu ferner alſo damit zu Werck gehen/ vnd ſolchen entweder in groſſe ſchoͤ-
ne Cryſtallen/ oder dicke Stuͤcke an das Faß anwachſend machen/ daß er theu-
er kan verkauffet werden/ welches alſo geſchicht: Wann du ſolchen kleinen
QWein-
[122]Beſchreibung der Weinhefen.
Weinſtein in groſſe Stuͤcke machen wilt/ ſo fuͤlle deinen Breñ-Keſſel/ oder einen andern
der groͤſſer iſt/ wann du ſolchen haſt/ biß auff eine Spannen nahe voll/ mit reinen Waſſer
an/ vnd mache ſolches kochend/ wann es nun wol kochet/ ſo thue von dem kleinen Wein-
ſtein/ welcher auß dem außgepreſſten ſauren Waſſer gefallen iſt/ immer ein Theil nach
dem andern in das ſiedende Waſſer/ vnd laß ſolchen darin auf ſolviren/ oder ſchmeltzen/
vnd wann er darin zergangen iſt/ welches man mit einem Holtz/ ſo man damit auff dem
Boden ruͤhret/ gewahr werden kan/ ſo thue mehr hinein/ ſo lang vnd viel/ biß daß das
Waſſer nicht mehr darvon annehmen oder ſchmeltzen kan/ welches du alſo ſolt gewahr
werden. Schoͤpffe eine kleine kuͤpfferne oder zinnerne Schale voll auß dem Keſſel/ ſetze
es dahin/ waͤchſet alſobalden ein Haͤutlein oder Cremor von Weinſtein darauff/ ſo
iſts ein Zeichen/ daß das Waſſer Weinſtein genug bey ſich hat; wo aber nicht/ ſo
thue noch mehr hinein/ vnd laß es darin auff ſolviren/ ſo lang biß es eine ſolche Prob in
einem Schaͤlge von ſich gibt. Vnd du ſolt auch in waͤhrendem Kochen allezeit den
Schaum/ der ſich oben auff das Waſſer begibt/ mit einem kuͤpffern geloͤcherten Loͤffel ab-
nehmen/ vnd zu den außgezogenen Schlam thun/ vnd mit verbrennen/ dann er gibt
auch gute Potaſchen/ weilen noch Weinſtein darbey iſt: Wann dann der Sud die rech-
te Probe haͤlt/ ſo laß denſelben durch den Gran/ auff einer kuͤpffernen Rinnen/ in ein
rein Faß lauffen/ vnd darin erkalten/ ſo begibt ſich der Weinſtein im kalt werden auß dem
Waſſer/ vnd haͤnget ſich als groſſe Cryſtallen ringſt herumb an das Faß. Wañ dann das
Waſſer gantz kalt worden iſt/ ſo zapffe es ab/ vnd gebrauche es wieder zu dergleichen Arbeit.
NB. So du aber ſolches zu Wein oder Eſſig machen kanſt; thuſt du beſſer/ den Weinſtein
aber laß darin hangen/ vnd wann du wieder kleinen Weinſtein laͤutern vnd groß machen
wilt/ ſo laß ſolchen Sud auch darein lauffen/ vnd zu dem erſten Weinſtein anwachſen/ ſo
wird er deſto dicker/ groͤſſer/ anſehnlicher vnd verkaͤufflicher/ denn allezeit grober Wein-
ſtein theurer als kleiner kan verkaufft werden. Dieſe Arbeit kanſt du ſo offt wieder-
holen/ vnd den Weinſtein ſo dick machen/ als du ſelber wilſt: wann er dir dann grob
genug worden iſt/ ſo gieß die uͤbrige Suͤde/ die du noch thun wilſt/ in einander Faß/ vnd
las dieſes Faß/ darin der Weinſtein angewachſen iſt/ von ſich ſelber trucken wer-
den/ vnd ſchlage mit einem hoͤltzern Hammer außwendig hart daran/ ſo faͤllt der
Weinſtein in groſſen Stuͤcken darvon/ welchen du außnehmen/ vnd verkauffen kanſt/
vnd hernach in daſſelbige Faß wieder die Suͤde gieſſen/ vnd darin anwachſen laſſen/ vnd
alſo immer ein Faß nach dem andern zu dieſer Arbeit gebrauchen/ ſo lang als du wilt vnd
kanſt. Dieſes iſt nun der gruͤndliche Vnterricht/ wie du auß den vnachtſamen vnd ver-
wuͤrfflichen Weinhefen guten Eſſig/ vnd zu vielen Kuͤnſten nuͤtzlichen Weinſtein ma-
chen/ vnd einen Schatz mit Ehren fuͤr dich vnd die deinigen leichtlich erwerben kanſt.
Nun wil ich dich auch lehren/ wie du auß den Weinhefen guten Brandtewein de-
ſtilliren ſollſt/ welcher dich gantz nichts koſtet/ ſondern/ ſo viel du deſſen macheſt/ vmbſonſt
haben kanſt/ vnd geſchicht auff dieſe Weiſe:
Nim ſolche Hefen/ davon der Wein abgelaſſen iſt/ vnd thu derſelben ſo viel in einen
Brenn-
[123]Beſchreibung der Weinhefen.
Breñkeſſel/ mit ſo viel Waſſers/ als zu auf ſolvirung deß Weinſteins/ der dariñen noͤtig
iſt/ mache Feuer darunter/ vnd ruͤhre allzeit mit einem Ruͤhrholtz die Hefen auff dem
Boden deß Keſſels vmb/ auff daß ſolche nicht anbrennen/ ſo lang/ biß daß der Zeuch im
Keſſel ſo warm geworden iſt/ daß du die Hand nicht wol an dem Ruͤhrſcheid halten kanſt/
vnd der Spir. anfaͤnget mit zu gehen/ dann iſt es zeit/ daß du das Ruͤhrholtz außnehmeſt/
vnd den Helm oder Hut auff den Keſſel ſetzeſt/ vnd anfaͤngeſt zu deſtilliren/ gleich wie ge-
braͤuchlich iſt/ ſo lang/ biß das kein Spiritus oder Brandtewein mehr uͤbergehet. Dar-
nach ſolſt du einen groſſen Sack bereit in der Preß liegen haben/ darein du auß dem Keſſel
durch den Kranen auff einer Rinnen den Sud/ das iſt/ das Waſſer mit den Hefen ein-
lauffen macheſt/ welchen du zubinden/ außpreſſen/ vnd weiters damit verfahren ſolſt/
gleich wie oben allbereit iſt gelehret worden/ ſo erlangeſtu erſtlich den Brandtewein durch
die Deſtillation, vnd hernach den Weinſtein durch das Außpreſſen/ außſchieſſen/ vnd Cri-
ſtalliſirẽ/ alſo das man doppelten Nutzen dadurch erlangen kan/ wie dieſes folgende deut-
licher beweiſen wird/ vnd du verſichert dadurch werdeſt/ ehe du ein ſolch Werck vnter die
Haͤnde nimmeſt/ wie viel Nutzen oder Gewinn du darvon zu gewarten habeſt/ vnd nicht
auff ein vngewiſſes/ Koſten/ vnd Muͤhe anwenden doͤrffeſt/ ſondern zuvorn deine Rech-
nung machen koͤnneſt/ ob es dir thunlich/ oder nicht thunlich ſeyn werde. Als zum Exem-
pel/ ich kauffe 5. Eymer Hefen/ jeden fuͤr einen halben Thaler gerechnet/ machen die 5. Ey-
mer drithalb Thaler/ vnd preſſe 2. Eymer Wein darauß/ vnd bleiben 2. Eymer dicke He-
fen in den Saͤcken/ vnd gehet ein Eymer mit verſchuͤtten/ vnd anhangen der Geſchirren
verlohren/ welches doch nicht ſeyn kan/ daß ein Viertel davon ſolte verlohren gehen. Die
2. Eymer Wein mache ich zu Eſſig/ vnd die 2. Eymer mit dicker Hefen koche ich mit
Waſſer/ ziehe den Brandtewein davon/ vnd preſſe den Weinſtein darauß: Der Brand-
tewein aber/ der davon kom̃t/ vnd die Hefen/ darauß der Weinſtein gezogen/ vnd zu Pot-
aſchen gebrand iſt/ ſeyn ſo viel wehrt/ als die Arbeit den Wein zu Eſſig zu machen/ vnd
den Weinſtein herauß zu ziehen gekoſtet hat. Vnd geben die 2. Eymer vngefehr 40.
50. 60. bißweilen 100. Pfund Weinſtein/ nach deme die Hefen von ſauren oder ſuͤſſen
Wein kom̃t/ dann allezeit ſaure Weine mehr Weinſtein geben/ als zeitige/ vnd wann die
2. Eymer dicke Hefen nur 45. Pfund Weinſtein geben ſolten/ vnd das Pfund Wein-
ſtein fuͤr einen Batzen verkaufft wird/ ſo bezahlt der Weinſtein die Hefen/ der Brandte-
wein/ vnd Potaſchen das Feuer/ vnd hat man alſo die zwey außgepreſſte Eymer Wein
vmbſonſt/ welche man hernach zu Eſſig machen kan/ wie gelehrt wird. Oder Jch kauf-
fe zwey Eymer Hefen fuͤr 1. Thaler/ vnd deſtillire den Brandtewein davon/ auß dem
Reſt preſſe ich den Weinſtein/ welches vngefehr 18. Pfund ſeyn moͤchten/ vnd 18. Pfund
fuͤr ein Thaler gerechnet/ alſo hab ich meinen außgelegten Thaler wieder/ vnd iſt alſo aller
Brandtewein/ ſo davon iſt kommen/ lauter Gewinn. Welches fuͤrwar eine ſchoͤne vnd
nuͤtzliche Arbeit iſt/ in kurtzen einen ehrlichen Reichthumb darmit zu erlangen. Geſetzt/ der
Eymer Hefen koſtete einen Thaler/ vnd gebe nur neun Pfund Weinſtein (das Pfund
prozwey Batzen gerechnet) dann ob ſchon ein Hefen beſſer iſt als die andere/ ſo wird doch
Q 2ſelten
[124]Beſchreibung der Weinhefen.
ſelten eine gefunden/ die nicht ſo viel Weinſtein am Werth haben ſolte/ als ſie gekoſtet
hat; ja bißweilen iſt ſo viel darinnen/ vnd ſonderlich in den Rheiniſchen/ Fraͤnckiſchen/
Oeſterreichiſchen/ ꝛc. daß gern auß einem Eymer 50. oder mehr Pfund Weinſtein
kommen kan/ die doch nur 1. Thaler gekoſtet hat. Vnd iſt zu wiſſen/ wann die Hefen
theuer iſt/ daß auch der Eſſig/ Weinſtein/ vnd Brandtewein/ theuer ſeyn muß/ weilen
wenig Wein gewachſen/ vnd wenig Hefen vnd Weinſtein hat geben koͤnnen. Vnd wañ
ja eine ſolche Zeit waͤre/ da die Hefen theuer/ vnd Eſſig/ Brandtewein/ vnd Weinſtein in
gutẽ kauff ſeyn ſolten/ welches doch niemalen erhoͤret/ noch geſehen worden/ vñ auch gantz
nicht ſeyn kan/ vnd alſo ſo viel Weinſtein nicht ſolte koͤnnen darauß gezogen werden/
daß die Hefen vollkoͤm̃lich dadurch bezahlt wuͤrden/ vnd der Eſſig/ vnd Brandtewein
nicht gaͤntzlich frey/ vnd ohne Koſten ſolte erlanget werden; ſo haͤtte man gleichwol noch
ſo viel Vortheil vor andern/ welche ſich mit Eſſig vnd Brandtewein machen nehren/
daß man ſolchen Weinſtein vnd Potaſchen die auß dem Reſt/ wann der Brandtewein
abgezogen gemacht wird/ vnd andere als vntuͤchtig hinwerffen/ zu huͤlffe/ daß alſo der
Brandtewein deſto weniger gekoſtet zu machen/ vnd auch fuͤr andern deſto beſſer mit Nu-
tzen koͤnte verkaufft werden/ vnd alſo gleichwol mehr Gewinn davon zu erwarten haͤtte/
als ein anderer/ welcher allein den Brandtewein von den Hefen deſtilliret, vnd das
uͤbrige/ darin noch ſo viel guter Weinſtein ſtecket/ hinweg wirffet. Kan nun ein ſolcher
Reichthumb erwerben/ der allein auß den Hefen den Wein außpreſſet/ oder den Brand-
tewein davon deſtilliret, vnd das uͤbrige/ welches das beſte iſt/ nicht kennet oder zu Nu-
tzen machen kan/ ſondern hinweg werffen muß/ wie vielmehr wird dieſer koͤnnen gewin-
nen/ der all den Eſſig vnd Brandtewein/ den er auß der Hefen machet/ gantz vnd gar
vmbſonſt/ ohne alle Koſten frey haben kan?
Noch ein Exempel zur Prob vnd Beweiß/ daß es eine uͤber auß nuͤtzliche Kunſt ſey/
wil ich hieher ſetzen/ den Vnwiſſenden zur Nachrichtung.
Geſetzt/ ich kauffe acht Eimer Hefen fuͤr 4. Thaler/ die gemeiniglich vier oder ſechs
Eimer Eſſig/ oder einen Eimer Brandtewein geben/ ſo viel koſten mich die vier Eimer
Eſſig/ oder ein Eimer Brandtewein/ vnd ich kan die vier oder fuͤnff Eimer Eſſig/ oder ei-
nen Eimer Brandtewein/ ſo darvon koͤmt/ wieder fuͤr zehen oder zwoͤlff Thaler verkauf-
fen/ vnd hat mir die außgepreſſte oder deſtillirte Hefen nur funfftzig oder ſechtzig Pfund
Weinſtein geben/ welche dann allein bey nahe ſo viel werth ſeyn/ als mich die Hefen ge-
koſtet hat/ vnd wann auch ſchon ſo viel Weinſtein nicht darin waͤre/ ſo kaͤme gleichwol der
Eſſig oder Brandtewein bey nahevmbſonſt/ vnd koͤnte man vor andern beſſer beſtehen/
entweder den Eſſig oder Brandtewein beſſer machen/ vnd in ſolchem Preiß verkauffen/
als andere thun; oder aber auff gleiche Prob machen/ vnd im beſſern Kauff geben/ ſo wuͤrde
man vor andern gleichwol den beſten Marck haben koͤnnen.
Dieſes kanſtu ein wenig uͤberlegen vnd nachdencken/ ſo wirſtu befinden/ daß eine ſol-
che nuͤtzliche Wiſſenſchafft/ nemlich auß einem ſo verwerfflichem Weſen der Weinhefen/
in kurtzem ſo viel darmit zu gewinnen/ bißhero noch bey niemand geſehen/ oder davon ge-
gehoͤret
[125]Beſchreibung der Weinhefen.
gehoͤret iſt worden. Dieſes kanſt du nun annemen/ als einen Segen vnd Gabe Gottes/
vnd neben deſſen Ehre/ auch deines duͤrfftigen Nechſten nicht darbey vergeſſen/ ſo wirſtu
deſto mehr Gluͤck haben/ vnd dir zum ehrlichen Vnterhalt fuͤr die deinigen gereichen/ vnd
gedeyen/ welches ich dir von Hertzen goͤnne.
Allhier moͤchte jemand einwerffen vnd ſagen/ er muͤſte zwar bekennen/ daß derglei-
chen Kunſt noch niemand ans Licht haͤtte kommen laſſen/ (dadurch man ſo leicht eine ehr-
liche Nahrung haben koͤnte/) aber dieſes muſt du auch bekennen/ daß ſolche Kunſt nicht
jederman thunlich waͤre/ weilen man darbey mit kauffen vnd verkauffen muͤſte vmbge-
hen/ daß ein jedweder nicht gelernet/ oder aber nicht gerne damit wil zuthun haben/ wei-
len die Schrifft außdruͤcklich ſaget/ daß die Suͤnde zwiſchen den Kaͤuffern vnd Verkaͤuf-
fern ſtecke/ als ein Nagel in der Wand/ darumb mancher den Kauffhandel ſcheuet/ vnd
ſich nicht gern damit ſchleppen/ vnd ſein Gewiſſen beſchweren wil. Der ſoll wiſſen/ daß
einem frommen Chriſten zugelaſſen iſt eine ehrliche Handthierung zu treiben/ dadurch
er ſich vnd die ſeinigen vnterhalten/ vnd ſeinen Neben-Chriſten nicht beſchwerlich fallen
doͤrffe: Dann es niemand Schand iſt/ durch ſeiner Haͤnde Werck ſich durch einen oder
andern Weg zu nehren/ vnd ſeinen Vnterhalt zu ſuchen/ welches ſo wol vnſere Vor-eltern
im Alten vnd Neuen Teſtament gethan/ vnd ihnen zu Ehren/ vnd nicht zur Schand iſt
gerechnet worden.
Dieſes iſt der gruͤndliche Bericht/ wie der Wein auß den Hefen gepreſſt/ zu Eſſig
gemacht/ vnd der Brandtewein vnd Weinſtein darauß gezogen/ die remanentz zu Pot-
aſchen gebrant wird.
Jetzunder iſt noch uͤbrig zu lehren/ wie man das ſaure Waſſer/ ſo von dem Weinſtein
uͤber bleibt/ auch zu gut machen kan/ welches alſo geſchicht.
Erſtlich iſt zu wiſſen/ daß die Saͤure/ ſo in dem Waſſer/ nicht anders als ein ſolvirter
Weinſtein iſt/ welcher ſich nicht coaguliret oder hart an den Wenden deß Faſſes ange-
ſetzet hat/ kan alſo dasjenige darmit außgerichtet werden/ ſo ſonſtem mit anderm Wein-
ſtein vnd Waſſer zu verrichten/ wie dieſer folgende Proceß bezeuget.
Jederman iſt bekant/ daß ein Weinſtein-Waſſer/ mit oder auch ohne Saltz/ das
Kupfer ſolviret/ wie zu ſehen bey der weißkochung der geringhaltenden Moneten vnd an-
derm Silber-werck bey den Silber-ſchmieden/ damit ſie das Kupffer in dem aͤuſſern Theil
der Muͤntz oder Geſchmeides herauß kochen/ auff daß das Silber bleibe/ vnd das Werck
weiſſer ſcheine/ gleich als wann kein Kupffer darbey waͤre. Zu welcher Arbeit ein ſolches
uͤberbleibendes Waſſer wol koͤnte gebraucht werden/ an ſtatt andern Weinſteins. Weil
aber ſolches Waſſer ſehr viel in obbeſchriebener Arbeit (den Weinſtein auß den Hefen
zu ziehen) uͤberbleibet/ ſo kan mans auff keinerley Weiß vnd Wege beſſer anlegen/ vnd
zu Nutzen bringen/ als auff dieſe: Nemlich/ wann man das Kupffer auß den gar ar-
men Kupffer-Ertzen/ welche wegen deß geringen Haltes nicht mit Nutzen zu ſchmeltzen
(deren allenthalben genug am Tage ligen/ vnd uͤberfluͤſſig zu bekommen ſeyn) oder auch
auß den hinweggeworffenen Schlacken darmit herauß kocht/ alt Eiſen hinein gelegt/
vnd zu Kupffer gradiren/ oder das heraußgezogene Kupffer darmit præcipitiren laͤſſt/
Q 3vnd
[126]Beſchreibung der Weinhefen.
vnd nach geſchehener gradation deß Eiſens in Kupffer/ welches einem Schleim gleich
ſeyn wird/ wann es mit Waſſer abgeſuͤſſt vnd geſchmeltzet/ ein ſchoͤnes vnd geſchmeidiges
Kupffer gibt/ ſo gut/ als wann es auß dem beſten Ertz mit Gewalt deß Feuers geſchmol-
tzen waͤre. Dieſer Preceß kan mit groſſem Nutzen gethan vnd laborirt werden/ weilen
man das Weinſtein-Waſſer vmbſonſt allhier haben kan.
NB. Auff daß ſolches Waſſer das Kupffer deſto eher vnd lieber angreiffe/ vnd auß
dem Ertz ziehe/ ſo kan man in den Sud auch etwas Saltz werffen/ ſo greifft es deſto beſſer
an.
NB. Dieſes iſt zu mercken/ wann das Kupffer-Ertz ſehr ſchweflicht waͤre (welches die
arme Ertze doch ſonſt ſelten zu ſeyn pflegen) ſo waͤre noͤhtig/ daß man ſelbige erſtlich roͤſte-
te/ vnd den Schwefel davon brennete/ dann mahlte/ vnd mit dem Weinſtein-Waſſer
außkochte/ vnd mit Eyſen præcipitirtc: Vnd bekomt man auff dieſe Weiſe mehr Kupf-
fer/ als in dem Ertz geweſen/ dann es gradiret in der Niederfallung ein Theil Eyſen in
Kupffer/ vnd ſolviret darneben auch ein Theil Eyſen in einen Vitriolum, welcher aber
nicht gern anſcheuſſt/ vnd einem andern Berg-Vitriol gleich wird/ ſondern bleibt eine
gruͤne ſolution, damit man Wollen-vnd Leinen-Tuch eben ſo wol ſchwartz faͤrben kan/
als mit gemeinem Vitriol; auch koͤnnen ihn die Schuhmacher zu dem Lederſchwaͤrtzen
genugſam gebrauchen: Gibt auch mit Eichen Holtz eine ſchwartze Farbe/ damit man al-
lerhand Hoͤltzer ſchwartz beitzen oder faͤrben kan.
NB. So man aber ſolches Vitriol-Waſſer in einen eiſern Keſſel biß auff die
Trockene einkochen laͤſſt/ vnd das bliebene mit ſtarckem Geblaͤß ſchmeltzet/ ſo erlangt man
ein gantz fluͤſſig Eiſen/ wunderbarlicher Eigenſchafft/ ſo an ſeinem Werth dem Kupffer/
wo nicht vorzuziehen/ doch auffs wenigſte gleich zu achten. Es gibt auch ein gemeiner Ei-
ſenſtein/ doch beſſer Ham̃erſchlag oder Eiſenfeilung/ ſo mit einer Hefen/ davon der Brand-
tewein gezogen/ angemengt vnd zu Ballen gemacht wird/ im ſchmeltzen ein uͤber auß gut
fluͤſſig vnd geſchmeidig Eiſen/ welches zu mehr andern Haͤndeln kan gebrauchet werden/
als ein grobes vnd gemeines Eiſen.
Wer dieſe Arbeit anſtellen/ vnd wol damit wird vmbzugehen wiſſen/ wird keinen
geringen Nutzen davon haben.
Es haͤtte ſich allhier nicht uͤbel geſchickt/ dabey zu ſchreiben/ wie man auch den Wein-
ſtein vnd die Potaſchen ſelber verbrauchen koͤnte/ vnd nicht verkauffen doͤrffte/ ſolte aber
gar zu weitlaͤufftig werden/ welches hieher mehr hinderlich als foͤrderlich ſeyn wuͤrde.
Verbleibe alſo jetzund bey dieſem: Jns kuͤnfftige/ (wanns Gott zulaͤſſt)
moͤchte etwas beſſers folgen.
ENDE.
MIRA.
[127]
MIRACULUM MUNDI
Oder
Außfuͤhrliche Beſchreibung der wunderbaren Na-
tur/ Art vnd Eigenſchafft deß Großmaͤchtigen
SUBJECTI,
Von den Alten Menſtruum Univerſale
Oder
Mercurius Philoſophorum genant/
Dadurch dieVegetabilien/Animalien/ vndMineralien
gar leichtlich in die allerheilſambſteMedicamenten/ vnd die vnvollkomme-
ne Metallen realiter in beſtaͤndige vnd perfecte Metallen koͤnnen
verwandelt werden.
Guͤnſtiger Leſer.
ALlen denjenigen/ welche dieſes Buͤchlein/ ſo von Eigenſchaft/
Natur vnd Weſen/ eines gantz vnvergleichlichen ſubjecti:
(von den altẽ Philoſophis ſolvens ſive Menſtruũ Univer-
ſale genant) tractirend etwan zu Leſen vorkommen/ vnd uͤber
ſeine großmaͤchtige Tugend (deren allhier von mir gedacht
wird) ſich ſtoſſen/ oder ſolches nicht mit ihrem Verſtand be-
greiffen oder glaͤuben moͤchten/ wird hiermit zu wiſſen gethan/ daß alles ihme
zu thun muͤglich/ allhier zugeſchrieben/ fuͤr kein Gedicht/ Traͤume/ oder
bloßgefaſſte Meynung/ ſondern als fuͤr eine die (durch fleiſſige/ vielfaͤltige
Praxin erfundene vnverfaͤlſchte Warheit) anzunehmen ſey. Daß aber
darumb nicht mancher ſich daran ſtoſſen/ zweiffelen/ vnd gleichſam fuͤr eine
Vn-
[128]Vorrede.
Vnmuͤglichkeit halten werde/ kan ich mir leichtlich einbilden. Dann mir
nicht vnbekant/ wie vnerfahren/ in der Natur Heimblichkeiten/ die jetzige
Welt (leider Gott erbarms) lebet/ vnd zweiffele auch nicht/ es werde dieſes
mein Schreiben nicht jederman recht ſeyn/ dann denen/ die allbereit etwas in
der Natur verſtehen/ wird es nach ihrer Meynung gar zu klar vnd begreiff-
lich/ andern Vnerfahrnen aber/ bey denen nichts iſt/ als ein bloſſes Meynen/
wird es viel zu dunckel vnd vnbegreifflich vorkommen/ alſo/ daß dem einen zu
viel/ vñ dem andern zu wenig gethan wird/ weilẽ aber noch keiner geboren/ der
jederman recht gethan/ oder thun koͤnnen/ ſo troͤſte ich mich darbey/ vnd laß
ſolche der Menſchen eitele vnd veraͤnderliche Judicia, gleich als einen rauhen
Wind (der mich doch nicht niederwerffen kan) uͤber mich hinrauſchen/ vnd
erwarte meinen Lohn (welche mir die vergaͤngliche Welt nicht nehmen kan)
hernachmalen zu empfangen: Wann einer allen neidiſchen Spoͤttern das
Maul ſtopffen wolte/ muͤſte er (wie das gemeine Sprichwort lautet/) (mit
Ehren zu melden) auch viel Drecks haben/ hat doch die boͤſe Welt/ je vnd al-
le Wege/ den Frommen vnd Auffrichtigen niemalen anders/ als mit Vn-
danck gelohnet: Haben ſie Chriſtum vnſern Seeligmacher/ als die Froͤm-
migkeit vnd Warheit ſelber/ ſamt allen ſeinen lieben Apoſteln vnd Nachkoͤm̃-
lingen nicht verfolgt/ vnd endlich gar getoͤdtet? Haͤtten Jhn vnſere Schrift-
gelehrten (zum Theil) noch zu dieſer Stund/ ſie vnterlieſſens nicht Jhn noch
einmal zu toͤdten. Dann ſeine vielfaͤltig gethane Goͤttliche Wunderwerck
wuͤrden ſie fuͤr vnmuͤglich oder Teuffels-werck außruffen/ vnd zum Feuer
mit Jhme eilen. Solche groſſe Vndanckbarkeit der boͤſen Menſchen ver-
urſacht/ daß viel Gutes zuruͤck bleibt/ welches ſonſten dem menſchlichen Ge-
ſchlecht groſſen Nutzen bringen koͤnte. Dann/ indeme mancher ſein von
Gott empfangenes Talentum ſeinem Nechſten zum Beſten gern anlegen/
vnd nach Chriſti Befehlich damit wuchern/ oder ein anders gewinnen/ vnd
ſolches nicht zu ſeinem Fluch vergraben/ vnd vngebraucht ligen laſſen wolte/
ſo findet ſich alſobald das Phariſeiſche Ottergezuͤcht/ welches ihren Nech-
ſten nicht goͤnnet/ etwas gutes zu widerfahren/ neidet vnd ſtreitet gegen die
Warheit/ alſo daß niemand wie gut er es auch meynet/ von dem gottloſen
ſpoͤttiſchen Hauffen vnangefochten bleiben kan/ was hat man mehrers zu er-
warten/ wann man alle ſeine gute Inventiones oder Wiſſenſchafften ins
offenbar herauß gibt/ als wann man davon ſtill ſchweiget? Gantz nichts.
Dar-
[129]Vorrede.
Darumb ich allhier nicht weiters zu gehen geſinnet/ als bloß anzuzeigen/
was fuͤr Wunderwerck mit obgedachtem Menſtruo Univerſali außzurich-
ten. Ein jedweder kan nach ſeinem Gefallen ſo viel davon glauben als er ſel-
ber wil/ gibt mir keine Hindernuͤß/ vnd ſolte es auch gar von niemand ange-
nommen werden/ iſt mir gnug/ daß ich angezeigt/ wo vnd wie die Warheit
oder der Natur Heimlichkeiten zu finden oder anzutreffen ſeyn.
Dieſes Subjectum nun betreffend/ davon ich allhier etwas zu ſchrei-
ben vor mich genommen/ ſo iſt es demjenigen gleich/ deſſen ich in meinem
opere Minerali gedacht/ vnd ihme den Namen Alkaheſt gegeben/ welcher
Name ihm auch nicht ohne Vrſach zugeeignet iſt/ wie allbereit in ſelbigem
Tractaͤtlein erwehnet worden. Weilen dann vor dieſem von etlichen Philo-
ſophis ihre beſte Menſtrua auch alſo genennet/ mir aber nicht bewuſt/ ob
eben das meinige dem ihrigen/ oder das ihrige dem meinigen in Tugend/
Krafft/ Natur vnd Weſen gleichfoͤrmig ſey/ daran zwar nichts gelegen/ daß
vnterſchiedliche Menſtrua einerley Namen fuͤhren/ wann ſie ſchon nicht al-
lerdings in ihrem Weſen einander gleich ſind.
Dann gleich wie Wein Wein iſt/ er ſey gleich in Deutſchland/ Jtalia/
Franckreich oder Hiſpania gewachſen/ ſo iſt er doch Wein/ wann einer ſchon
ſtaͤrcker vnd licblicher als der ander befunden/ wañ er nur Weins Natur vnd
Eigenſchafft hat/ vnd in ſolchen Kraͤfften vnd Tugenden befunden/ die bey
einem Wein geſucht vnd erfordert werden: Alſo wil ich auch allhier mit die-
ſem Alkaheſt verſtanden haben/ nemlich/ wann ſeine Eigenſchafften mit
dem Namen uͤbereinkommen/ er ſey gleich gewachſen oder herkommen auß
welchem ſubjecto er immer wolle/ hindert gantz nichts/ er auch billich alſo
mag genennet werden. Beſſer aber zu verſtehen/ ſo wird vnter dem Namen
Alkaheſt verſtanden ein hitziges vnd feuriges/ druckenes vnd auch zugleich
naſſes Waſſer/ (doch ohne corroſiv) mit welchem die Vegetabilien/ Ani-
malien vnd Mineral en (doch nicht auff einerley Weis) ſine ſtrepitu ſol-
viret/ vnd in heilſame Medicamenten (wie in meinem erſten Theil Oper.
Miner. davon gedacht) gebracht werden: weil aber/ ſeithero ich davon ge-
ſchrieben/ ſich ihrer viel vnterſtanden/ ſolches Menſtruum zu bereiten/ vnd
einer ſolches auß dieſem/ ein anderer aber auß jenem ſubjecto zu verfertigen
vermeinet/ vnd etliche betriegliche Menſchen auch gantz corroſiviſche Waſ-
ſer andern darfuͤr gelanget/ vnd außgegeben/ daß ſie ſolches Secretum von
Rmir
[130]Vorrede.
mir haͤtten/ vnd eben dasjenige waͤre/ deſſen in meinem Oper. Miner. erweh-
net worden. Vnd es auch ſo weit darmit kommen iſt/ daß immer einer dem
andern ein ſolches vermeintes Solvens Univerſale theuer verkauffet/ da
doch dem Verkauffer im geringſten ſelber deſſen Vrſprung vnd Bereitung
noch nicht bekand/ alſo/ daß hier vnd dort ein Blinder den andern geleitet/
vnd in Jrꝛwege gefuͤhret/ welches/ da ichs erfahren/ nicht darbey habe laſſen
koͤnnen/ ſondern dem Liebhaber muͤſſen zu erkeñen geben/ was eigentlich mein
Alkaheſt fuͤr ein Weſen/ vnd was darmit außzurichten/ auff daß der Jr-
rende eine Richtſchnur habe/ ob ſein Alkaheſt der meinig ſey oder nicht.
Betreffende nun dieſes vnvergleichliche Subjectum, ſo mag es wol
vnd mit Recht ein Solvens Univerſale genennet werden/ dann vnglaubliche
Dinge in Bereitung guter Medicamenten vnd Verbeſſerung der Metal-
len damit zu verrichten. Daß ihm aber mancher einbilden wolte/ als wann
es die Metallen ſchnell vnd mit Gewalt (einem aqua fortis, aqua regis,
oder anderem corroſiviſchen Menſtruo gleich) ſolviren ſolte/ gantz nicht/
ſondern es verrichtet ſeine operation auff ein andere Weis. Die Vegeta-
bilien vnd Animalien werden in digeſtione ſolvirt durch den naſſen Weg/
vnd gibt ſolche ſolution eine Scheidung deß reinern von dem vnreinern
Theil deſſelbigen. Die Mineralien vnd Metallen aber koͤnnen zwar auch
durch den naſſen Weg darmit ſolviret/ vnd entweder in gute Medicamen-
ten gebracht/ oder in beſſere Metallen darmit gewaſchen/ gereiniget vnd ge-
zeitiget werden/ aber ſo wol vnd geſchwind nicht/ als durch den truckenen
Weg/ durch welche viel wunderbarliche vnd den Vnerfahrnen vnglaublicht
Veraͤnderungen der Metallen zu wege gebracht/ davon hernach ein mehrers
gedacht wird.
Vber dieſe beyderley Weis zu ſolviren (welche ich etlichen communi-
ciret/ vnd die Muͤglichkeit ſeiner Krafft gezeiget) befindet ſich noch ein viel
anderer modus ſolvendi, dadurch gantz geſchwind die Metallen vnd andere
Subjecta augenſcheinlich verbeſſert/ vnd in herꝛliche Medicamenten vnd
reinere Coͤrper (alſo daß man ſich nicht genug daruͤber verwundern kan) koͤn-
nen gezeitiget/ gereiniget vnd verwandelt werden. Wie aber dieſe ſolutiones
hergehen/ iſt nicht noͤhtig bey jedermann gemein zu machen/ ſonderlich weil
ein ſolche Arbeit einen erfahrnen Chymicum erfordert/ vnd wenig gefunden
werden/ welche der Natur Heimlichkeit zu erforſchen ſich befleiſſen/ ſondern
der
[131]Vorrede.
der mehrer Theil ſich nur mit vntuͤchtigen Proceſſen (Kunſt darinn zu fin-
den) vergeblich ſchleppet/ vnd ſonſten nichts gruͤndliches in Medicina vnd
Chymia verſtehet. Wann dann ſolche vermeynte Kuͤnſtler uͤber warhaffte
fundirte Schrifften kommen/ vnd nicht alsbald in ihren vngeuͤbten Koͤpffen
den Verſtand darauß nehmen koͤnnen/ ſo ſchmaͤhen ſie uͤber den Autorem,
vnd verachten ſeinen Fleiß/ Muͤhe vnd Arbeit/ welche er in Dargebung ſei-
nes Talents angewendet hat/ alſo/ daß derjenige/ ſo etwas gutes heraußgibt/
nichts anders als Vndanck zu gewarten hat/ derentwegen mancher ſein
Pfund lieber begraͤbet/ vnd gar mit ſich vnter die Erden nim̃t/ als daß er ſol-
ches zu ſeinem Schaden vnd Nachtheil heraußgeben thut. Dieſes nun iſt
allein die Vrſach/ daß ich allhier den uſum deſſen Menſtrui in Bereitung
der Medicamenten vnd Verbeſſerung der Metallen nicht von Wort zu
Wort auffſetze/ ſondern allein anzeige/ was darmit koͤnne verrichtet werden/
auff daß man ſehen moͤge/ was darvon zu halten/ vnd ob dasjenige/ ſo von
andern faͤlſchlich darfuͤr außgegeben/ deme (davon in meinem Oper. Min.
zuvorn gedacht/ vnd jetzunder wieder vnterhanden) auch gleich ſey odeꝛ nicht;
vnd zweiffelt mir nicht/ es werde manchem das Hertz in die Hoſen fallen/
wann er befinden wird/ daß ſein vermeinter Alkaheſt, darauff er ſo viel ge-
halten/ dasjenige/ welches ich allhier meinem Menſtruo zuſchreibe/ nicht
verrichten kan/ vnd ſpuͤren/ daß es ſo ein gering-erfindlich Ding (wie ihme
viel eingebildet) nicht ſey/ ſondern/ ob es ſchon auß einem vnachtſamen Sub-
jecto ſeinen Vrſprung hat/ dennoch ſeine Erfindung vnd rechter Gebrauch
ſchwer vnd muͤhſam zu erlangen ſey. Hat nun jemand ein ſolches Men-
ſtruum, darmit dieſe nachfolgende Stuͤck koͤnnen verrichtet werden/ ſo mag
er mit Warheit ſagen/ daß er ein Solvens Univetſale oder den Mercu-
rium Philoſophorum beſitze/ vnd ſich deſſen erfreuen/ dann ihme die Thuͤr
zur wahren Medicin vnd Alchymei dadurch eroͤffnet iſt. Wil alſo anfan-
gen/ den Kunſtſuchenden zur Nachricht/ ſeiner Tugend vnd Kraͤften (ſo weit
ſichs thun laͤſſt/ auf daß die Wunderwerck Gottes dadurch bekand werden)
etliche erzehlen/ vnd der Menſch/ dem Schoͤpffer vnd Vrſprung alles
Guten darfuͤr Lob vnd Danck zu ſagen Vrſach bekom-
men moͤchte.
R ijVon
[132]Von Tugend/ Krafft vnd Eigenſchafft
Von groſſer Tugend vnd Krafft/ auch wunderbar-
lichen Art vnd Eigenſchafft dieſesMenſtrui
Univerſalis.
ES iſt zu wiſſen/ daß insgemein dreyerley fuͤrnehme operæ-
tiones darmit koͤnnen verrichtet werden/ als nemlichen:
Erſtlich ſolvirtes alle Vegetabilien vnd Animalien in einen Li-
quorem, zeitiget dieſelbe/ benimbt ihnen ihr Gifft/ vnd verwandelt
ſolche in heilſame Medicin.
Zum Andern ſolvirt es auch die Mineralien vnd Metallen ſowol
durch den naſſen als druckenen Weg/ vnd corrigiret dieſelbe von ihrer Gifft vnd Vn-
art/ zeitiget vnd figiret ſolche/ daß fuͤrtreffliche gute Medicamenten darauß werden/
vnd dieſelbe auch nach der fixation gut vnd beſtaͤndig ☽ vnd ☉ von ſich geben.
Zum Dritten ſo ſolvirt es auch die Metallen/ Mineralien/ Lapides, vnd andere
compacta ſubjecta, welche durch die zwey erſten modos nicht zu ſolviren waren/ zeitiget/
reiniget vnd gradiret die Metallen in einer Stund mehr/ als die erſte vnd andere ſolu-
tion in einem gantzen Tag zu thun nicht vermoͤchten/ alſo/ daß man von Stunden zu
Stunden die Verbeſſerung derſelben ſpuͤren kan: ſolviret die Metallen vnd Mineralien
in eine penetrirliche Geiſtlichkeit/ daß man das Metall von dem Menſtruo nicht vnter-
ſcheiden/ ſondern auß beyden eine naſſe vnd truckene ſolution wird/ auß welcher das rei-
nere Theil deß Metalls (vnd ſonderlich wann deren etliche zugleich beyſammen ſolviret
ſeyn) durch die Kunſt kan præcipitiret werden/ es ſeye ☉ oder ☽/ nachdeme die zuvor-
hergehende fixation geſchehen/ alſo/ daß man dadurch genugſam kan ſehen/ daß in allen
vnvollkommenen Metallen gut ☉ vnd ☽ verborgen/ welches auff der gemeinen Cupel-
len Prob nicht haͤtte koͤnnen geſpuͤret werden; dieſe operation geſchicht allein durch das
groͤblich-bereitete Menſtruum. Jſt derowegen glaublich/ wann dieſer Mercurius Her-
maphroditus volatiliſch vnd ſpiritualiſch/ vnd hernach wieder fix vnd corporaliſch ge-
macht ſolte werden/ daß er zehenmal reiner/ ſubtiler/ penetrirlicher vnd kraͤfftiger die
corpora zu ſolviren/ alteriren/ vnd zu ihrer perfection zu bringen (als er zuvorn gewe-
ſen) ſeyn muͤſte.
Dieſes iſt nun ſein Gebrauch in genere. In ſpecie aber ſo iſt ſeine Wirckung vnd
Krafft mannigfaltig/ wie ins beſonder zum theil ſoll angezeigt werden: ehe daß aber ſei-
ne Wirckung und Krafft zu beſchreiben werde angefangen/ ſo iſt es noͤhtig zuvor zu of-
fenbaren/ wie ſolches Subjectum ins gemein in der Welt genennet/ oder wofuͤr es ins
gemein gehalten werde. Kuͤrtzlich nun davon zu reden/ ſo iſt es nichts anders als ein
bloſſes
[133]deßMenſtrui Univerſalis.
bloſſes Erdſaltz/ darauß der Salpeter gemacht: daß aber ein jedweder Erdſaltz oder ge-
meiner Salpeter ſolche Tugend vnd Kraͤfften/ welche dieſem meinem Subjecto allhier
zugeſchrieben/ beſitzen ſolte/ ſag ich nicht/ dann zu jedwederm Gebrauch zuvorher eine
beſondere præparation noͤhtig iſt/ vnd erfordert wird; vnd nach deme die præparation,
alſo auch die operation zu erwarten. Summariter davon zu reden/ ſo dienet dieſes Sub-
jectum, allen Menſchen in der gantzen Welt bekand zu ſeyn/ vnd von allen Standsper-
ſonen in Obacht genommen zu werden: dann es nicht allein allen Menſchen/ ſondern
allen Ereaturen/ nachdem es gebraucht wird/ nuͤtzlich vnd auch ſchaͤdlich ſeyn kan: ſol-
ches nun kuͤrtzlich zu beweiſen/ ſo wil ich anfangen/ (auſſer der hohen Oberkeit) jedwedem
Stand anzuzeigen/ was er ſich davon Gutes oder Boͤſes zu verſehen/ oder ſich daran
zu erinneru habe: Vnd erſtlich von den Geiſtlichen (wie ſie genant werden/ vnd billich
auch ſeyn ſolten) einen Anfang machen.
Jedermann/ deme das Weltweſen nur ein wenig bekand iſt/ wird nicht vnwiſſend
ſeyn/ was maſſen alle Theologi, ſowol dieſer als jener Religion/ auff der Cantzel oder
Predigſtul gegen ihre Pfarꝛkinder vnd Zuhoͤrer ein vnauffhoͤrliches ruffen vnd ſchreyen
fuͤhren/ daß ſie ſich doch alſo im Glauben vnd Leben verhalten ſolten/ gleich wie ſie wolten
geweſen ſeyn/ wann ſie ploͤtzlich einmal von dieſer Welt zu dem Juͤngſten Gericht vnd
letzten allgemeinen Vrtheil ſolten hingeriſſen werden: welches dann billich vnd recht iſt/
vnd ſo viel nicht davon kan geſagt werden/ noch ein mehrers zu ſagen/ vnd auch darnach
zu thun/ wann es geſchaͤhe/ noͤhtig vnd nuͤtzlich ſeyn wuͤrde. Wer iſt aber (wenig außge-
nommen) der es zu Hertzen nimbt? So wenig dieſer/ der davon ſagt/ als derjenige/ der
es anhoͤrt; wie ſolches gnugſam die That beweiſet/ wann Chriſti Ankunfft/ die Welt zu
richten/ (wie Er ſelber davon zeuget) vhrploͤtzlich vnd vnverſehens/ da man ſich am we-
nigſten darzu bereitet hat/ gleich wie der Blitz vnd Donnerſchlag der obern Elementen
(vnd einem Dieb in der Nacht gleich) kommen ſoll/ daran niemand im geringſten zu
zweiffeln hat/ ſo kan man ſolchen Blitz vnd Donner gar wol vnd nichts beſſer als mit die-
ſes Subjecti Krafft vnd Gewalt vergleichen/ dargegen gehalten/ vnd deſſen dadurch er-
innert werden. Dann der Menſch in einem Augenblick vnverſehens (wann zuvor die
compoſition deß ſchaͤdlichen Buͤchſenpulvers darauß gemacht wird) (davon allbereit
in meinem Zweyten Theil Furnorum ein mehres geſagt) daruͤber billicher weis ein jed-
weder Menſch erſchrecken/ ſich darvor entſetzen/ vnd darzu allzeit bereit erfunden wer-
den ſolte (kan hingenommen werden/) welches/ wann es nicht geſchicht/ der mehrer
Theil Geiſtlichen (denen ſolches zu thun von Gott anbefohlen/ vnd doch auß Hinlaͤſſig-
keit verſeumet wird) zuzurechnen iſt. Dann Gott nichts vergeblich vnd ohne Vrſachen
erſchaffen hat/ vnd/ gleich wie vns durch den hellen Tag vnd lieblichen lebendigmachen-
den Sonnenſchein das ewige vnd vnvergaͤngliche Licht vnd Leben; vnd durch die finſtere/
kalte/ vngeheuere/ forchtſame vnd abſcheuliche/ toͤdtende Nacht/ die aͤuſſerſte Finſternuͤß/
Verdamnuͤß/ nagende Wurm/ vnd ewige Tod vnd Plag der Gottloſen; alſo auch durch
den irdiſchen Blitz vnd Donner deß Salpeters die ſchnelle vnd ploͤtzliche Ankunft Chriſti
R 3vns
[134]Von Tugend/ Krafft vnd Eigenſchafft
vns vor Augen geſtellt wird/ welches die Theologi ihren anvertrauten Seelen vorlegen/
vnd ſelbe von boͤſem Leben darmit abzuſchrecken/ allhier gegeben vnd vnter Augen gelegt
worden/ nicht hoffende/ daß es mir in Argem (der ichs vmbs beſten willen gethan) ſoll
außgelegt werden.
Die Juriſten koͤnnen dieſes erſchroͤckliche Subjectum anſehen/ betrachten/ vnd ſich
darbey erinnern/ (wann ſie bißweilen Fuͤrſten vnd Herren zu vnnoͤhtigen Krieg rahten/
vmb ihres eigenen Nutzes willen/ ſo ſie darbey haben/ dadurch maͤchtige Staͤdte vnd
Veſtungen vmbgekehret/ Land vnd Leut verderbet vnd ins Elend gejagt werden: oder
auß Gunſt das Recht wenden vnd kruͤmmen wohin ſie es ſelber haben wollen/ den Ge-
rechten verurtheilen/ vnd dem Boͤſen die Hand bieten/ vnd ihme durchhelffen) daß noch
ein anderer Richter ſey/ welcher kein Geſchenck nimbt/ noch Anſehen der Perſon hat/
ſondern einmal ploͤtzlich kommen/ vnd aller Menſchen Thaten examiniren/ vnd nach ſei-
ner Gerechtigkeit ein Vrtheil vnd vnwiderrufflichen Sententz faͤllen werde.
Den Medicis, Chirurgis vnd Apothekern dienet dieſes Subjectum fuͤr alle natuͤr-
liche Kranckheiten deß Menſchen/ vnvergleichliche Medicamenten darauß oder darmit
zu bereiten/ alſo/ daß der Philoſophorum allgemeines Sagen dadurch wahr gemacht
wird/ daß auß dem allergroͤſſeſten Gifft die allerheilſamſte Artzney ſoll vnd muͤſte bereitet
werden: daß aber das Nitrum das allergroͤſte Gifft ſey/ iſt allbereit bewieſen in meinem
Andern Theil Furnorum, da ich ſolches dem Baſiliſco vorgezogen/ vnd daß auch auß
dem Nitro, vnd durch Huͤlff deſſelben/ auch die allerbeſte Medicin muͤſſe bereitet werden/
wird allhier bewieſen vnd angezeigt. Jn meinem Erſten Theil Operis Miner. hab ich
beſchrieben/ wie durch den Alkaheſt auß Vegetabilien/ Animalien vnd Metallen vieler-
hand gute Medicamenten/ welche andern weit vorzuziehen/ koͤnnen bereitet werden/
welches den Medicis, Apothekern/ Barbirern/ vnd andern/ ſo mit der Artzney vmbgehen
moͤchten/ zu Gefallen vnd guter Nachricht geſchehen iſt. Allhier aber mein Intent nicht
iſt/ viel von Medicamentis zu ſchreiben/ ſondern allein anzuzeigen die maͤchtige Tugend
vnd Krafft meines Menſtrui Univerſalis, vnd worzu es koͤnne gebraucht werden. Weil
ich aber im vorhergehenden gemeldet/ daß es allen Staͤnden/ groß vnd klein/ geiſtlich vnd
weltlich/ Edel vnd Vnedel/ Reichen vnd Armen dienſtlich ſeyn kan/ vnd der Medico-
rum ſtatus nicht fuͤr den geringſten billich ſolte gehalten werden. Dann wann man es
recht betrachtet/ ſo hat der Menſch zufoͤrderſt ſeine vnſterbliche Seel in acht zu nehmen/
darnach ſein Leib vnd Leben/ welches ihm nach der Seelen Seligkeit am liebſten; vnd
endlich ſein Haab vnd Gut/ als ein accidens, welches er nicht mit ſich auff die Welt ge-
bracht/ vnd auch nicht mit ſich hinwegnehmen kan/ ſondern ſolches/ als den geringern
Theil/ der Welt laſſen muß. Weil dann genugſam bekand/ daß die Geſundheit deß
Menſchen allem Reichthumb der Welt weit vorzuziehen/ ſo iſt es auch billich/ daß man
erſtlich lehre/ wie vnd auff was Weiſe durch dieſes Menſtruum ſolche zu erhalten/ vnd
wann ſolche verloren/ wiederumb dadurch zu erlangen/ vnd darnach erſt zu erkennen ge-
geben/ wie der Menſch auch ſeine ehrliche Nahrung dadurch erwerben koͤnne. Dann/
wann
[135]deßMenſtrui Univerſalis.
wann gleich ein Menſch Geldes vnd Guts die Fuͤlle vnd Vberfluß haͤtte/ vnd waͤre
kranck vnd ſchmertzhafft dabey/ was hilfft ihn ſein Gut/ deſſen er doch ohne geſunden Leib
nicht genieſſen kan.
Darumb zum allerfoͤrderſten der Seelen Heil/ vnd hernach die Geſundheit deß
Leibs/ vnd zum letzten erſt das Gut oder Nahrung in acht zu nehmen iſt. Wann ein
Menſch einen guten Glauben zu Gott/ vnd ein ruhig Gewiſſen gegen ſeinen Nechſten
hat/ alsdann mag er froͤlich auch die zeitliche Guͤter genieſſen/ vnd ſich derſelben maͤſſig
vnd mit Danckſagung zu Gottes Ehren wol gebrauchen. Die Leibs-Geſundheit vnd
ehrliche Nahrung wil ich auch/ mit der Huͤlffe Gottes/ mich vnterſtehen zu beweiſen/ daß
auß dieſem obgedachten Subjecto ſolche gnugſam allein zu erlangen; die Wolfahrt der
Seelen aber betreffend/ befehle ich dieſelbe denen/ welche von Gott darzu verordnet ſeyn/
die dann genug werden einmal zu thun haben/ wann ſie fuͤr die ihnen anvereraute See-
len/ die ſie auß Vnbedachtſamkeit/ Verwahrloſung/ oder aber wol gar Halsſtarrigkeit/
verſeumet/ vnd in Jrꝛwegen verfallen/ vnd dariñ verderben haben laſſen/ einmal Re-
chenſchafft geben muͤſſen.
Auff daß ich nun meinem Verſprechen ein Genuͤgen thue/ vnd anzeige/ was mit
dieſem Subjecto fuͤr Wunderdinge koͤnnen verrichtet werden/ ſo mache ich den Anfang
mit der Medicin/ welche allem vngluͤck-vnterworffenen Menſchen in allen natuͤrlichen
zufaͤllig en Kranckheiten (nechſt Gott) Huͤlffe vnd Troſt iſt.
Wann wir nun den Vrſprung vnſerer Kranckheiten betrachten/ ſo finden wir
anders keinen/ als die Suͤnden/ welche vns Adam vnd Eva/ vnſere erſte Eltern/ durch
Vngehorſam oder uͤbertrettung deß Gebots Gottes auffgeerbet haben: dem Allmaͤch-
tigen aber ſey Lob vnd Danck geſaget/ daß Er einen Mittler geſand/ nemlich Chriſtum
Jeſum/ welcher vns bey ſeinem him̃liſchen Vatter durch ſeinen Gehorſam biß zum Tod
deß Creutzes wiederumb verſoͤhnet/ den Vngehorſam vnſerer erſten Eltern gebuͤſſet/ vnd
vns vom Tod errettet/ vnd vns den Weg zum ewigen Leben gezeiget hat/ deſſen wir vns
zu troͤſten haben. Gleichwol iſt der Fluch uͤber vns geblieben/ alſo/ daß wir alle mit
Schmertzen geboren werden/ in ſtetiger Sorg vnd Elend fortwachſen/ mit Beſchwer-
nuͤß wieder abnehmen/ vnd endlich dem Tod (dafuͤr kein Kraut gewachſen iſt) zu eigen
werden. Vnd weil alles/ ſo das Leben hat/ den Tod ſo lang vnd viel meidet/ als es im-
mer kan vnd vermag/ die Kranckheit aber ein Vorbott deſſelben gehalten wird/ vnd auch
in der Warheit alſo iſt/ ſo iſt es auch kein Wunder/ daß man dieſelbe ſcheue/ vnd ſich ſo
lang dafuͤr beſchuͤtze als muͤglich iſt/ vnd Gott zulaſſen wil. Alles Geſchoͤpff/ ſowol das
in der Erden/ im Waſſer/ uͤber der Erden/ vnd in der Lufft/ ja kein Wuͤrmlein iſt ſo ge-
ring/ es wehret ſich vor dem Tod ſo lang es immer kan vnd mag; vnd hat die Natur ih-
nen eingepflantzt vnd gezeiget/ wie ſie ſich darvor/ biß zu ihrer beſtim̃ten Zeit/ huͤten ſol-
len; vnd wann ja etwan durch ein zufaͤlliges Vngluͤck entweder mit fleiß oder vngefehr
eines vom andern beſchaͤdigt worden/ es auch weiß/ was ſeine Artzney ſey/ vnd womit es
ihme wieder helffen ſoll/ wann es nur darzu kommen kan/ vnd nicht daran verhindert
wird;
[136]Von Tugend/ Krafft vnd Eigenſchafft
wird; Allein der Menſch weiß ſolches von Natur nicht/ ſondern muß es durch lange
Zeit/ durch viel Muͤhe vnd Fleiß ſuchen vnd erfahren; dahero auch vnter allen Thieren
keines mehr Kranckheiten vnd Jammer/ als der Menſch vnterworffen iſt/ welches allein
von der Suͤnden herkoͤm̃t.
Weilen dann nun gehoͤrt/ daß all vnſer Elend/ Schmertzen vnd Kranckheiten al-
lein die Suͤnd verurſacht/ ſo moͤchte mancher ſagen: Was duͤrfft ich dann der Medicin/
wann ich die Suͤnde hinweg thu/ auch die Kranckheit weichen muß/ welches ich leichter
thun kan/ als viel vnliebliche Gekoͤch einzunehmen? Es iſt wahr: Gott ſind alle Ding
moͤglich: wann wir nur einen rechten Glauben zu Gott haͤtten/ wir koͤnten ohne Medi-
cin gnugſam von allen Kranckheiten bewahret vnd auch erlediget werden: Aber wo iſt
ein ſolcher Glaub zu finden? Jſt doch bey deß HErꝛn Chriſti Zeiten allbereit ſchier keiner
mehr geweſen/ indeme Er geſagt: Wann wir Glauben eines Senffkorns groß haͤtten/
wir Berge von einem Ort zum andern wuͤrden verſetzen koͤnnen; nun aber koͤnnen wir
kein Sandkoͤrnlein darmit wegſtoſſen. Darauß abzunehmen/ daß aller Glaube vnd
Zuverſicht zu Gott ſchier gantz vnd gar bey den Menſchen verloren ſey.
Hat man doch Zeugnuͤß genug/ daß bißweilen ein ſtarcker vnd vngezweiffelter
Glaub zu Gott bey Menſchen gewircket/ vnd ſie uͤbernatuͤrliche Wunderwerck gethan
haben. Haͤtten die drey Knaben im feurigen Ofen keinen ſtarcken Glauben gehabt/ ſie
waͤren nicht ſicher vorm Feuer geweſen. Deßgleichen auch Daniel/ Moſes/ David/
vnd alle die lieben Apoſteln vnd andere Heiligen ſolches Glaubens (dadurch ſie ihre
Wunderwerck verrichtet) theilhafftig geweſen ſind. Jſt auch glaublich/ wann noch heu-
tigs tags bey vns boͤſen Menſchen einer einen ſtarcken/ zuverſichtlichen/ vnwanckelba-
ren/ beſtaͤndigen Glauben allein zu Gott haͤtte/ er nicht weniger als vor dieſem die Hei-
ligen gethan/ noch Wunder thun koͤnte. Bey weme wird aber jetzund ein ſolcher Glaub
gefunden? Darumb wir vns auch mit den natuͤrlichen Mitteln (welche auch ohne einen
Glauben wircken) behelffen muͤſſen/ wie dann die Medicin von Gott als ein natuͤrlich
Mittel iſt/ den Kranckheiten ohne Glauben zu begegnen; wann man aber neben einem
guten Glauben zu Gott die natuͤrliche Mittel gebraucht/ ſo wircken dieſelbe deſto beſſer/
vnd heiſſt nicht vnbillich/ ora \amp; labora, vnd nicht cura \amp; plora. Dieſes iſt allein dar-
umb geſagt vom Glauben/ auff daß man wiſſe/ daß der Glaub auch ohne Medicin/ wel-
ches Chriſtlich iſt/ vnd die Medicin auch ohne den Glauben/ welches viehiſch iſt/ helffen
koͤnne: wche aber deme/ der die Medicin nur als ein Vieh gebraucht/ vnd die Huͤlffe der
Medicin/ vnd nit allein Gott zuſchreibet. Sage alſo/ daß eine geringe Medicin bey einem
Rechtglaubigen mehr Gutes richten kan/ als ein excellirende Medicin bey einem Vn-
glaubigen: derentwegen einerley Medicin bey einerley Kranckheiten vnterſchiedliche
Wirckungen erzeigen kan/ vnd weiß bißweilen weder der Medicus noch Patient nicht/
woher es komme. Mancher/ der allein ſeine Kranckheit durch Medicin curiren wil/
trachtet nach thcuren Dingen/ ihme vor andern damit zu helffen/ findet ſich aber gemei-
nig ich dabey betrogen. Es wird von den Geitzigen/ welche nicht gern von ihrem Reich-
thum
[137]deßMenſtrui Univerſalis.
thum ſcheiden/ offtermals eine groſſe Quantitaͤt Perlen/ Edelgeſtein/ lapis Bezoar, ge-
mahlen Gold/ vnd andere theuere vnkraͤftige Dinge auß der Apotheken gefreſſen/ davon
ſie viel eher ſterben/ als wann ſie ein verachtetes Kraͤutlein gebraucht haͤtten/ allein dar-
umb/ weiln ſie ihre Huͤlff vnd Troſt in der koſtbaren Medicin/ vnd nicht bey Gott/ ge-
ſucht haben. Dieſe meine Medicin aber/ davon allhier gehandelt wird/ iſt nicht koſtbar/
ſondern uͤberauß kraͤfftig/ alſo/ daß ſowol die Armen als Reichen dieſelbe genieſſen/ vnd
(nechſt Gott) von allen natuͤrlichen curirlichen Kranckheiten damit erlediget werden
koͤnnen.
Folget ſeine Bereitung.
R. 2. oder 3. Pf. dieſes Menſtrui, kehre oder verwandele ſeine corroſiviſche Na-
tur durch deß Feuers Krafft in eine vncorroſiviſche/ ſo haſt du ein ſolches Menſtruum
fertig/ darmit dieſe Medicin bereitet wird/ nemlich alſo: Solvire in dieſem Menſtruo ſo
viel primi entis auri, welches an vielen Orten der Welt/ vnd gemeiniglich bey Gold-
Bergwercken/ gnugſam zu finden/ ſo viel es in der Waͤrme zu ſich nehmen wil/ vnd eine
rohte Solution darauß werde/ dieſelbe ſetze mit gebuͤhrlichem Gewicht Vini ſolventis
wiederumb etliche Tage ein zu digeriren/ ſo ſepariren ſich die reinere Theilen von den
vnreinern/ vnd fallen die feces von der Medicin zu boden/ welche man hinweg thun ſoll/
die Medicin aber durch eine gelinde Waͤrme concentriren/ ſo wird ein rohter durchſich-
tiger Stein/ einem ſolvirlichen Saltz gleich/ darauß/ welchen man außnehmen vnd be-
wahren ſoll. Jſt eine Medicin/ deren in rerum natura, auſſer dem Lapide Philoſoph.
keine gleich zu finden/ vnd uͤber 10. oder 100. Jahren eben ſo gut/ als am erſten Tag/ vnd
thut dasjenige alles mit groſſer Verwunderung/ was derſelben allhier zugeſchrieben
wird/ dafuͤr billich alle Menſchen dem lieben Gott nicht gnugſam danckſagen koͤnnen.
Vom Gebrauch dieſer Medicin ins gemein.
DIeſe allgemeine Medicin kan in allen natuͤrlichen Kranckheiten ſowol bey den new-
gebornen kleinen Kindern vnd abgelebten ſchwachen Alten/ als ſtarcken Perſonen/
gluͤcklich vnd ſicherlich/ ohn alle Gefahr/ gebraucht werden/ vnd gar in einer kleinen Do-
ſi, alſo/ daß ſelbe niemand zu nehmen entgegen (wie ins gemein gebraͤuchlich/ gantze
groſſe Becher voll einmal) ſondern von 1. 2. 3. 4. biß auffs hoͤchſte in 6. oder 8. Granen
ſchwer/ vnd auch womit man ſelber wil/ entweder mit einem Loͤffel voll warmer Bruͤh/
Wein/ Bier/ Waſſer oder Milch/ nach Gelegenheit deß Patienten/ wie es ihm am be-
ſten beyzubringen iſt: operiret oder vollbringet ſeine Wirckung auff vnterſchiedliche
Weiſe/ wie mans ſelber haben wil/ vnd der Patient es noͤhtig oder die Kranckheit erfor-
dert. Dann wann man bey der rechten allhier vorgeſchriebenen Doſi verbleibt/ ſo ope-
riret dieſelbe gantz vnſichtbar/ ſtaͤrcket vnd reiniget das humidum radicale, treibet alles
Boͤſe wunderbarlicher Weiſe allgemach auß dem Leib/ taͤglich/ oder uͤber 2. oder 3. Ta-
gen/ nur einmal genommen/ nachdeme eines jedwedern Gelegenheit zulaſſen kan; be-
Swahret
[138]Von Tugend/ Krafft vnd Eigenſchafft
wahret den Menſchen vor allen boͤſen Zufaͤllen vnd Kranckheiten/ vnd laͤſſt im gering-
ſten keine Gifft oder gifftige Lufft bey ihme einſchleichen: wofern aber die Doſis groͤſſer
genommen wuͤrde/ operiret ſie auch ſichtbarlich/ entweder durch den Schweiß/ Vrin
vnd Speichel/ oder aber bißweilen auch uͤberſich vnd vnterſich/ nachdem man ſelber wil/
vnd mit der Doſi auff- oder abſteiget/ vnd die Kranckheit auch ſolches erfordert vnd ha-
ben wil: dann viel/ ja der mehren Theil Kranckheiten koͤnnen damit curiret werden in
gar geringem Doſi, vnd ohne ſichtbare operation, etliche aber/ als tieff-eingewurtzelte/
erfordern darneben auch eine ſichtbare Wirckung/ wann ſie nemlich durch eine geringe
Doſin (welche vnſichtbar wircket) nicht gaͤntzlich zu vertreiben ſeyn. Derentwegen ein
jedweder/ welcher dieſe Medicin zurichtet/ vnd anderen adminiſtriret/ dieſes in acht zu
nehmen hat/ auff daß er den Sachen recht vnd nicht zu viel oder zu wenig thue/ vnd er
Ehr vnd Lob davon tragen moͤge.
Auff daß man aber ſich beſſer darein finden koͤnne/ ſo wil ich etwas vmbſtaͤndlicher
bey etlichen der ſchwereſten Kranckheiten ſeinen Gebrauch/ gleich wie ich denſelben viel-
mal gut gefunden/ den Krancken zum beſten/ vnd man deſto weniger fehlen moͤge/ ent-
decken.
In Peſte, oder anderen hitzigen/ anſteckenden Fiebern/ præſerviret dieſe Medicin
den Menſchen (nechſt der Huͤlff Gottes) taͤglich nur ein halb Gran bey jungen Kindern/
bey mittelmaͤſſigem Alter ein gantz Gran/ bey Starcken vnd Vollwachſenen zu 2. biß 3.
Granen: wofern aber jemand die Kranckheit allbereit am Hals haͤtte/ ſo ſoll er nach Ge-
legenheit deß Alters die Doſin dupliren oder tripliren/ vnd ſich warm zudecken/ vnd wol
darauff ſchwitzen; wird er die Kranckheit auff einmal nicht los/ kan er folgenden erſten
oder andern Tag ſolche wieder gebrauchen/ oder ſo lang/ biß er darvon liberiret iſt.
Dieſer modus zu præſerviren vnd curiren ſoll nicht allein in Peſte, ſondern bey
allen anſteckenden mit froſt- oder hitz-ankommenden Kranckheiten (wie auch bey allen
gemeinen 1. 2. 3. oder 4. taͤgigen Fiebern) obſerviret werden/ ſo darff man keiner andern
Medicamenten darneben/ dieſe iſt maͤchtig gnug/ nechſt einem eiferigen Gebaͤt/ dieſer
allerſchroͤcklichſten vnd abſcheulichſten Kranckheit der Peſt/ Seitenſtechen/ vnd andern
gemeinen Fiebern/ mit der Huͤlffe Gottes/ zu begegnen/ vnd kan ihr keiner (wie gut ſie
ſonſten auch ſeyn moͤchten) vorgezogen werden.
In Epilepſia bey den kleinen neugebornen Kindern/ deren ein groſſe Anzahl daran
huͤlfflos hinweg ſterben/ iſt dieſe Panacea ein offtbewaͤhrtes vnd allergewiſſeſtes Reme-
dium, nur nach der Geburt ein Viertel oder ein halbes Viertel eines Grans mit ein we-
nig Milch oder warmer vngeſaltzener Butter eingeſtrichen/ den dritten Tag wieder ein
halb Gran/ vnd uͤber acht Tagen wieder ein halbes/ ſo ſeynd ſie hernach davon befreyet.
Wofern aber ja uͤber etliche Tagen/ Wochen oder Monaten ſich ein paroxyſmus wieder
ſolte mercken laſſen/ kan die Doſis etwas ſtaͤrcker wiederholet werden ſo offt vnd viel/ biß
es auſſen bleibt. Dieſe Medicin ſolten ihnen alle Muͤtter hoch laſſen anbefohlen ſeyn/
dann manches Kind/ ſo ſonſten friſch vnd geſund iſt/ an dieſer Kranckheit huͤlfflos hin-
weg
[139]deßMenſtrui Univerſalis.
weg ſtirbt: vnd iſt ein groſſer Mißbrauch etlicher Medicorum, welche bey ſolchen Faͤllen
den kleinen Kindern groſſe Glaͤſer voll krafftloſes Perlenwaſſer/ Bezoarſtein mit Pæo-
nienwaſſer oder Pulver/ ſamt andern vnnuͤtzlichen Dingen/ einſchuͤtten. Bey den Al-
ten aber ſoll die Doſis alle Tag von 1. 2. 3. biß in 6. Gran gebraucht werden/ wann ſie dem
Gebrauch abwarten koͤnnen: wo nicht/ uͤber den dritten oder vierdten Tag auffs wenig-
ſte einmal/ ſo lange darmit continuiren/ biß die Kranckheit ſich nicht mehr ſpuͤren laͤſſt;
vnd ſonſten nichts darneben gebrauchen/ ſondern allein den Tag/ ſo ſie es genommen/
ſich fuͤr kalter Lufft bewahren/ vnd drey oder vier Stunden auffs wenigſte darauf faſten.
In Lepra, vnd all andern abſcheulichen Kraͤtzen/ wie ſie auch moͤchten genennet
werden/ iſt kein beſſer Remedium zu finden/ dieſelbe ohne Muͤhe vnd leichtlich von grund
auß zu vertreiben/ als allein durch dieſe Medicin; vnd wird nimmer faͤhlen/ wofern der
Patient nur ſo ſtarck iſt/ daß er dieſelbe gebrauchen/ vnd die Cur außſtehen kan.
Jn der abſcheulichen vnd vergifften Hurenkranckheit (Morbus Gallicus genant)
kan nichts ſicherers vnd gewiſſers gebraucht werden/ nur allein die Doſin ſo weit verſtaͤr-
cket/ biß daß es nicht allein einen ſtarcken Schweiß/ ſondern auch vomitus vnd ſedes er-
rege/ immer einen Tag vmb den andern davon gebraucht vnd damit angehalten ſo lang
vnd viel/ biß der Kranckewieder geſund worden/ welches in 8. oder 14. Tag geſchehen kan.
Jn der Waſſerſucht ſoll der Patient taͤglich eine Doſin davon gebrauchen/ vnd
etliche Stunden darauff faſten/ wie bey andern Kranckheiten auch noͤhtig/ aber nicht
ſtarck/ ſondern von einen Gran auffſteigen ſo lang/ biß die Medicin gleichſam einen Vn-
willen/ aber doch keine vomitus, verurſache/ als dann weiß man/ wie hoch die Doſis dem
Patienten diene/ vnd er ſolche vertragen koͤnne; vnd dann hernach wieder ein Gran/
oder nach Nohtdurfft zwey weniger eingeben/ vnd ſo lang damit fortfahren/ biß das
Waſſer bey ihm alles durch den Schweiß/ Stul vnd Vrin außgangen/ vnd der Kran-
cke ſeine vorige Geſundheit wieder erlangt habe; vnd darff niemand zweiffeln/ daß nicht
dieſer morbus gluͤcklich/ allein durch dieſe meine Panaceam, (wofern es nicht gar zu weit
mit dem Patienten gekommen) ſolte koͤnnen curiret werden.
Jn Podagra/ welche Kranckheit ſonſten neben dem Außſatz vnd Waſſerſucht von
den gemeinen Medicis fuͤr vnheilbar gehalten wird/ thut dieſe Univerſal-Medicin groß
Wunder/ vnd in kurtzen Zeiten mehr/ als man ihr zugetrauet haͤtte/ wann nur recht da-
mit procediret wird: dann ſie zieht in kurtzer Zeit den Affluxum zuruͤck/ vnd fuͤhret den-
ſelben vnſichtbarlich auß dem Leib/ alſo/ daß allgemach/ von Tag zu Tag/ die Schmer-
tzen nachlaſſen/ die Geſchwulſt ſich mindert/ vnd der paroxyſmus ertraͤglicher wird/ lang-
ſamer wiederkoͤm̃t/ vnd endlich gar auſſenbleibt. Mit der Doſi ſoll man procediren/
wie oben bey der Waſſer ſucht gelehret/ vnd von 1. Gran auffſteigen/ biß der Patient ei-
nen nauſeam davon bekoͤm̃t/ alsdanu wieder 1. oder 2. Granen minder nehmen/ ſo lang
vnd viel/ alle Tag nuͤchtern gebraucht/ ſich in der Waͤrme gehalten/ vnd darauff vier
Stunden gefaſtet/ biß daß maus nicht mehr noͤhtig hat. Allhier wird ſich mancher an
ſtoſſen/ vnd nicht glauben koͤnnen/ daß es moͤglich/ ein ſolche (ſchier von allen Menſchen
S 2vn-
[140]Von Tugend/ Krafft vnd Eigenſchafft
vnheilbar-geachte Kranckheit) zu curiren/ deme kan ichs nicht verargen: dann ich ſelber
noch vor wenig Jahren/ ehe ich dieſer Univerſal-Medicin kraͤfftige Wirckung erfahren/
derſelben Meynung auch geweſen/ da hernach aber die Experientz mich ein beſſers ge-
lehret/ ich nun auch anders darvon vrtheilen kan: vnd ſage ich mit Warheit/ daß die
Kranckheit nicht vnheilbar/ ſondern mit einer guten Medicin (wofern dieſelbe nicht all-
zuweit eingeriſſen/ vnd der Patient fuͤr Alter vnd Schwachheit die Medicin zu gebrau-
chen nicht mehr vertragen kan) (vnd auch ſonderlich Gott ſolches nicht verhindert) wo
nicht radicitus, dennoch der groͤſſere Theil davon außzutreiben muͤglich. Daß aber
mancher meynen moͤchte/ daß es gleich guͤlte/ wann er ſich dieſer Panacea gebrauchte/ ob
er ſich alle Tage mit vielerley verbotenen vnd ſchaͤdlichen Speiſen anfuͤllete/ vnd ein en
guten Rauſch darzu trincke/ der gehet weit irꝛ/ vnd kan ihm keine Medicin helffen/ wañs
auch der Lapis Philoſophorum ſelbſten ſeyn ſolte: dann was die Medicin vormittag
gut maͤchte/ das wuͤrde durch den Vberfluß vnd Exceſs im eſſen vnd trincken (davon ge-
meiniglich ſolche Kranckheiten herkom̃en) den nachmittag wieder verderbt. Daß aber
deren viel ſich bereden laſſen/ wañ ſie ſich nur vom Weintrincken enthielten/ ſie alſo mit
der zeit davon ſolten befreyet werden/ iſt auch nichts: dann nicht allezeit das Weintrin-
cken ſolche Kranckheit generiret; wie dann gnugſam beweißlich/ daß auch bißweilen ſol-
che arme Leut dieſelbe bekommen/ welche niemaln Wein getruncken. Derohalben dem
Weintrincken die Schuld nicht allein muß zugelegt werden. Eine jedwedere uͤberfuͤl-
lung/ ſie geſchehe gleich mit Wein oder Bier/ kan zwar Vrſach darzu geben/ vnd die
Kranckheit vermehren/ aber nicht allein machen. Es ſeynd mehr Vrſachen/ dadurch
dieſer Morbus entſtehet/ vnd vnter andern der Zorn/ wann man ſich zuntoͤfftern darmit
uͤbermannen laͤſſt; auch iſt die Geilheit oder uͤberfluͤſſiger Beyſchlaff (welcher gemeini-
glich der Trunckenheit auff dem Fuß nachfolget/ nicht der geringſten Vrſach eine; dann
dadurch die Natur ſehr geſchwecht wird/ daß ſie die Remanentz, welche vom begange-
nen Exceſs uͤberfluͤſſigen eſſens vnd trinckens verblieben/ außzutreiben nicht maͤchtig/
ſondern derſelben zu bleiben/ vnd ſchwere Kranckheiten zu generiren gegen ihrem Wil-
len/ vnd Mangelung natuͤrlicher Kraͤfften/ nach Gefallen darinn zu handeln/ ſtatt ge-
ben muß. Dann wann vnd wo die Mauer am ſchwaͤchſten iſt/ der Feind ſich am aller-
eheſten eindringet vnd Schaden zu thun ſuchet/ wie das gemeine Sprichwort lautet/
Wo der Zaun am niedrigſten iſt/ wil ein jedweder uͤberſteigen: alſo auch gemeiniglich in
Gebaͤrung dieſer Kranckheit zugehet/ wann nemblich der Leib durch uͤberfluͤſſiges eſſen
vnd trincken am allermeiſten beſchweret vnd angefuͤllet/ vnd durch den allzuviel von dem
ſtarcken Wein angetriebenen veruͤbten Beyſchlaff aufs hoͤchſte verſchwaͤchet/ die Natur
nicht maͤchtig genug/ die Reliquien außzutreiben/ ſondern zu groſſem Nachtheil vnd
Schaden deß gantzen Leibs ihr einen fixam ſedem zu machen zuſehen muß.
Item, ſo widerſtehet dieſe Medicin ſehr kraͤfftig (vor allen andern Medicamenten)
allen obſtructionibus deß Miltzes vnd der Leber/ dadurch das Gebluͤt verderbet wird/
vnd ſchwere Kranckheiten/ als Schuͤrmund/ lauffende Gicht/ Roſen oder Schoͤne/
lang-
[141]deßMercurii Univerſalis.
langwierige Schmertzen deß Haupts/ matte Glieder/ ſtinckender Athem; bey den Wei-
bern auffſteigung der Mutter vnd Hinterbleibung ihrer Monatzeiten/ Hertzklopffen/
Ohnmacht/ Schwindel/ vnd was dergleichen ſehr viel vnbekandte Kranckheiten mehr
ſeyn/ nach Gelegenheit deß Patienten vnd Kranckheit/ dieſe Medicin offt- oder wenig-
mal die Wochen gebraucht/ wird man Wunder damit ſehen.
Weiters ſo recommendire ich dieſe Medicin aufs hoͤchſte allen denen/ welche mit
der Wund-Artzney vmbgehen/ als die groͤſſeſte Medicin/ die ſie jmmer haben oder be-
kommen koͤnnen/ dann dieſelbe nicht allein taͤglich/ in kleiner Doſi innerlich gebrauchet/
alle friſche Fleiſchwunden/ ohne Zuthuung innerlicher Wundtraͤncken/ oder aͤuſſerlichen
Aufflegung von vielen Stuͤcken zugerichteten Pflaſtern/ dann dieſe Medicin alle Zu-
faͤlle hindert/ vnd von innen herauß gnug allein heilet/ vnd zuwachſen macht/ doch dieſes
von ſolchen Wunden zu verſtehen/ da kein Bein entzwey iſt/ darzu die Handgriffe gehoͤ-
ren/ die Roͤhren wieder auffeinander zu richten vnd zuſammen zu ſchindelen. Auch ſol-
len die tieffe Stich nach Gebrauch vnd Erforderung der Handgriffe gemeiſſelt werden/
ſonſten darff man aͤuſſerlich nichts weiters gebrauchen/ als taͤglich die Wunden mit ei-
genem. Vrin vnd Saltzwaſſer gereiniget/ vnd mit einem reinen Duch/ ſo darinn gene-
tzet/ zugebunden/ vnd fuͤr kalter Lufft bewahret werden. Wofern aber die Wunde ge-
faͤhrlich vnd allzugroß waͤre/ koͤnte man dieſelbige mit einem guten Wundbalſam vnd
Pflaſter von mineraliſchen floribus, Wachsoͤhl vnd Terpentin gemacht/ (deren ich in
meinen anderen Schrifften zu machen gelehret) darneben verbunden werden; vnd iſt
gantz vnnoͤhtig/ daß man ſo vielerley Oel/ Salben/ Pflaſter/ vnd ander Schmierwerck
(wann man dieſe Medicin innerlich taͤglich geneuſſt) zu einer friſchen Wunden ge-
brauche.
Jn offenen/ fiſtulirten/ faulen/ ſtinckenden Schaͤden thut dieſe Medicin das ihre
auch mit Verwunderung/ vnd bedarff man aͤuſſerlich anders nichts gebrauchen/ als al-
lein einen mineraliſchen Balſam den Schaden rein zu halten/ vnd mit einem gemeinen
Pflaſter/ von Wachs vnd Terpentin gemacht/ vor der Lufft bewahret: die Medicin thut
inwendig von grund auß ſolche Schaͤden gnugſam heilen vnd zuwachſen/ ohne Zuthun
all anderer in oder außwendiger Mittel/ vollkoͤm̃lich.
Auch iſt dieſes die geringſte Tugend nicht vielgedachtes Subjecti, nemlich/ daß die
Metallen vnd Mineralien leichtlich darmit in die hoͤchſte ſubtilitaͤt zu bringen/ welche
nicht allein innerlich zu gebrauchen zu vielen ſchweren Kranckheiten augenſcheinlich
groſſe Kraͤffte vnd Huͤlff erzeigen/ (wie im Andern Theil Furnorum bey den Spiritibus
volatilibus zu ſehen) ſondern weil dieſe præparation leicht vnd vnkoſtbar/ auch aͤuſſer-
lich kan Nutzen ſchaffen/ wann dieſelbe nur vnter warm Waſſer nach behoͤrlichem Ge-
wicht gemiſcht/ das gemeine Waſſer ſo kraͤftig dadurch wird/ daß es in ſchweren Kranck-
heiten viel mehrers außrichten kan/ als die natuͤrliche warme Baͤder. Dann die na-
tuͤrliche von mineraliſchen ſpiritibus oder corporibus imprægnirte warme Waſſer ſo
S 3kraͤfftig
[142]Von Tugend/ Krafft vnd Eigeſchafft
kraͤfftig nicht ſeyn koͤnnen als dieſe/ welche man nach Gelegenheit der Kranckheit ver-
ſtaͤrcken oder verſchwaͤchen kan/ welches bey den natuͤrlichen nicht iſt.
Nachdem ich aber betrachtet/ daß dieſe allhier beſchriebne Univerſal-Medicin nicht
einem jedwedern zu præpariren gegeben iſt/ vnd viel derſelben wolten gern theilhafftig
ſeyn/ ſo hab ich fuͤr gut angeſehen/ allhier dieſe Erinnerung oder Ermahnung zu thun/
daß derjenige/ welcher dieſe Medicin weiß vnd bereiten kan/ andern/ die es nicht koͤnnen/
auch auß Liebe wolte zukommen laſſen/ Aber nicht alſo (nach der boͤſen Welt Gebrauch)
ſein eigenes darinn zu ſuchen/ reich damit zu werden/ ſondern alſo/ daß er eben ſeine an-
gewandte Koſten vnd Muͤhewaltung wieder davon haben moͤge. Vnd weilen die Me-
diein ſowol in forma pulveris als in forma liquida (wann ſie ſolten verſchickt werden)
nicht von jederman rechtmaͤſſig oder nach Gebuͤhr zu gebrauchen/ indem man in Abmaͤſ-
ſung der Tropffen oder Abwegung der Granen fehlen/ (vnd der Sach entweder zu viel
oder zu wenig leichtlich thun koͤnte) ſo hab ich gut eracht/ daß dieſelbe/ vmb der Bequem-
lichkeit willen/ vmb deſto weniger in der adminiſtrirung zu fehlen/ in formam Pillularum
gebracht wuͤrde/ in ſolcher Manier/ daß eine Pillen fuͤr ein Gran zu rechnen/ zwey fuͤr
zwey Gran/ vnd ſo fortan/ alſo/ daß der Patient keines weitern Abwegens bedarff/ ſon-
dern nach Gelegenheit ſeiner Kranckheit vnd meiner Beſchreibung entweder 1. 2. 3. 4.
mehr oder weniger/ auff einmal einnehmen darff.
Alſo vnd auff dieſe Weis kan dieſe Medicin gar wol vnd ſicherlich verſchicket/ vnd
an vielen Orten den Krancken Huͤlff dadurch erzeiget werden. Auff daß aber/ in Ver-
ſchickung dieſer Medicin/ kein Betrug ſich vntermenge/ ſo ermahne ich jederman/ daß er
ſich wol fuͤrſehe/ von wem er ſolche empfange: dann kein Zweiffel/ es werden ſich boͤſe/ be-
triegliche Menſchen finden/ die ſich ruͤhmen werden/ dieſe ineine Medicin zu haben/ vnd
andern dieſelbe theuer zu verkauffen ſuchen; fuͤr ſolchen Leuten kan man ſich huͤten/ vnd
zuſehen/ mit wem man vmbgehe/ auff daß man nicht (wie mit meinem Alkaheſt geſche-
hen/ davon oben in der præfation gedacht worden) darmit betrogen werde.
Dieſes ſeynd nun die fuͤrnemſten Tugenden dieſer meiner Univerſal-Medicin;
die andere/ welche ich vmb der kuͤrtze willen zu ſchreiben allhier vnterlaſſen/ koͤnnen von
einem jedwedern verſtaͤndigen Menſchen auß dieſen beſchriebenen Vmbſtaͤnden erkant
vnd verſtanden werden. Bezeuge derhalben nochmal/ daß alles dasjenige/ ſo ich dieſer
Medicin zugeſchrieben/ vnd noch ein viel mehrers/ ſie vollkoͤm̃lich (wann ſie wol bereitet
vnd mit Verſtand recht adminiſtriret wird/ verrichten kan/ ſonderlich wann man das
Gebaͤt vnd Anruffung zu Gott nicht dabey vergiſſet: dann das Gebaͤt vnd Vertrauen
zu Gott ſegnet vnd verſtaͤrcket eine jedwedere Medicin/ welches der Gottloſe nicht glau-
bet noch hoͤren wil/ derentwegen wird fuͤhlen muͤſſen. Eine Artzney kan zwar wol/ durch
Zulaſſung Gottes/ ohne Gebaͤt/ den Krancken geſund machen/ vnd das Brod/ ohne
Danckſagung genoſſen/ den Hunger ſtillen/ wie es bey den vnvernuͤnfftigen Creaturen
taͤglich geſchicht/ iſt aber eine viehiſche vnd nicht menſchliche Weiſe/ die Gaben Gottes
zu genieſſen: Aber Chriſtlich/ zufoͤrderſt in Kranckheiten/ Gott vmb Huͤlff anruffen/
vnd
[143]deßMenſtrui Univerſalis.
vnd darnach die Medicin gebrauchen/ ſo wird vnzweifelhafftig ein gluͤcklicher Succeß
darauff erfolgen. Daß du aber dir einbilden moͤchteſt/ als wann du durch dieſe Medicin
ein jedwedere Kranckheit/ wie alt vnd eingewurtzelt ſie auch waͤre/ ohne Vnterſcheid vn-
fehlbar zu vertreiben ſey/ iſt nicht alſo zu verſtehen: dann allhier nur von ſolchen Kranck-
heiten geſagt wird/ denen noch durch natuͤrliche Mittel zu begegnen/ vnd Gott auch mit
zu frieden iſt/ vnd zulaſſen wil/ daß ſie vertrieben werden. Dañ bißweilen ſind bey man-
chem Menſchen die innerliche viſcera durch dicke humores alſo eingenommen vnd tar-
tariſiret/ daß es nicht muͤglich durch Medicamenten/ wie kraͤfftig vnd gut ſie auch ſeyn
moͤchten/ ſelbe wieder zu recht zu bringen. Bißweilen ſind Lung vnd Leber allbereit ſchier
gantz verfault/ ehe man am rechten Ort Huͤlff ſuchet; wer kan andere darfuͤr wieder dar-
ſetzen? Es wachſen die innerliche Principal-Glieder/ wann ſie einmal verzehret ſind/
nicht wieder/ wie den Krebſen vnd Spinnen die Fuͤß/ wann ſie ihnen abgebrochen.
Deßgleichen hat bißweilen auch Gott dem Menſchen eine Kranckheit aufgelegt/ die Er
nicht wil/ daß ſie ſoll geheilet werden. Solche vnd dergleichen Kranckheiten ſeynd den
Menſchen mit natuͤrlichen Mitteln vnmoͤglich zu curiren/ Gott aber ſeynd alle Ding
muͤglich/ der in ſolchen verzweiffelten Kranckheiten allein helffen kan/ wann Er wil/ vnd
ſonſt keiner. Dieſes nun ſeynd vnheilbare Kranckheiten/ welche mit meiner Panacea
nicht zucuriren/ vnd nicht Quartana Lepra, Podagra, Epilepſia vnd Hydropiſis, wie
ihnen dermehrer Theil einbildet/ vnd die Erfahrung hergegen das Widerſpiel bezeuget.
Vnd obwol alle Kranckheiten deß Menſchen von Jahr zu Jahr aͤrger vnd beſchwerlicher
werden/ vnd ſich mit den Suͤnden haͤuffen vnd vermehren/ ſo hat doch der allerguaͤdig-
ſte Gott hergegen auch dieſes gegeben/ daß auch je laͤnger je mehr kraͤfftigere natuͤrliche
Mittel durch der Menſchen Fleiß vnd Eingebung Gottes erfunden werden/ alſo/ daß
nimmer fehlet/ wann Gott verwundet/ Er auch wieder heilen/ vnd ſeine Allmacht be-
weiſen kan. Es waͤre zu wuͤnſchen/ daß doch einmal der vnnuͤtze Streit vnd eiteles dis-
putiren vnd philoſophiren der Gelehrten auffgehoben/ vnd die wahre Erkaͤntnuͤß Got-
tes dargegen eingefuͤhret wuͤrde/ es ſolte viel ein andere Welt ſeyn: dann durch die wahre
Erkaͤntnuͤß Gottes gehet dem Menſchen ein ſonderbar Licht auff/ welcher/ ſo deſſelben
mangelt/ ihme alles dunckel vnd finſter iſt/ ja alle Geheimnuͤſſen der Natur verborgen
bleiben. Die meiſte Sorg/ Muͤhe/ Arbeit vnd Fleiß der Menſchen iſt jetzunder allein/
ſeinen Nechſten haſſen/ verachten/ befechten vnd beſtreiten/ ja gantz vnd gar verfluchen/
vnd mit Leib vnd Seel in die Hoͤlle wuͤnſchen/ welches ja nicht ſeyn ſolte/ dann Gott nicht
wil/ daß ein Menſch den andern verdamme/ ſondern ihme allein das Vrtheil vnd die
Rache wil vorbehalten haben. Wo die Liebe deß Nechſten mangelt/ iſt auch keine Se-
llgkeit zu hoffen/ dieſe opinion werde gleich defendiret wie ſie wolle. Was nuͤtzet ein
Baum ohne gute Fruͤchten? Mit vielem ſchwaͤtzen vnd zierlichem disputiren laͤſſt ſich
Gott nicht contentiren/ Er ſucht vnd begehrt allein ein demuͤtiges/ gehorſames vnd rei-
nes Hertz/ auff daß ſein Heiliger Geiſt darinn wohne/ vnd vns zu aller Warheit leiten
moͤge; wo Er dieſes nicht findet/ Er auch nicht hinkoͤm̃t/ ſondern ein hoffaͤrtiges vnd
zaͤncki-
[144]Von der Tugend/ Krafft vnd Eigenſchafft
zaͤnckiſches Hertz dem leidigen Satan/ als einem Vatter der Luͤgen vnd Bewahrer der
Finſternuͤß/ eigenthuͤmlich zu beſitzen einraumet. Daher dañ ſo viel Vnruh/ Zanck vnd
Verfolgung vnter den Menſchen in dieſer boͤſen Welt geboren/ vnd die wahre Erkaͤnt-
nuͤß Gottes vnd der Natur (davon ſchier nichts mehr uͤbrig) hergegen verloren/ vnd die
gantze Welt mehr durch das irrende Meynen/ als warhafftiges Wiſſen/ regiret wird.
Bleibt alſo wegen vieler Eitelkeit/ damit ſich die Gelehrten ſchleppen/ vnd die edle Zeit
verſchwenden/ die Natur mit ihren Heimlichkeiten/ zu groſſem Nachtheil der Menſchen/
verborgen vnd vnerforſcht. Dieſes/ ſag ich/ iſt allein die Vrſach/ daß ſo wenig Erkaͤntnuͤß
der Natur bey dieſen Zeiten vnter den Gelehrten iſt/ welches Gott einmal aͤndern/ vnd
in einen beſſern Stand bringen wolle.
Nach Beſchreibung der wahren Medicin vnd ihrer Gebraͤuch/ dadurch die Ge-
ſundheit deß Menſchen erhalten; vnd wann ſie verloren/ wiederumb zu erlangen/ welche
allen Schaͤtzen der Welt weit vorzuziehen/ folget jetzunder/ was fuͤr andere Secreten/
dadurch die nohtduͤrfftige Nahrung der Menſch haben kan/ mit obgemeldtem Subjecto
weiters koͤnnen zuwegen gebracht werden. Vnd/ gleich wie oben in der Præfation ver-
meldet/ daß dieſes Subjectum allen Menſchen auff der Welt/ hohen vnd niedrigen
Standes/ Geiſt- vnd Weltlichen/ Edel vnd Vn-Edel/ Reichen vnd Armen/ entweder
dieſelbe etwas Gutes dadurch zu erinnern/ oder aber zu Huͤlff vnd Nutzen ihrer Profes-
ſion vnd Handthierung zur Wolfahrt gereichen koͤnne: Alſo wil ich nun anfangen/ et-
liche ſchoͤne vnd nuͤtzliche Gebraͤuch dieſes Subjecti zu entdecken/ auf daß jederman ſehen
moͤge/ daß es ein Subjectum Univerſale ſey/ dafuͤr ichs allzeit gehalten/ vnd andere hin-
fuͤro auch billich halten werden vnd muͤſſen.
Erſtlich koͤnnen durch Huͤlff dieſes Subjecti alle Ertz vnd Bergwercken funda-
mentaliter probiret vnd verſucht werden/ was ſie eigentlich fuͤr Metallen fuͤhren/ vnd
wie vielerley/ auch wie viel eines jedwedern deroſelben am Gewicht beyſammen/ darnach
man ſich im Bergwerckbauen vnd Ertzſchmeltzen richten kan/ auff daß nicht vergebliche
Vnkoſten auffgewendet werden. Dieſes iſt ein uͤberauß-ſchoͤnes Stuͤcklein/ geſchwind/
ohne groſſe Muͤh vnd Koſten/ vielerley Ertz bald zu erfahren/ allen denen nuͤtzlich zu wiſ-
ſen/ welche mit dem loͤblichen Bergwerckbaw ſich bemuͤhen/ vnd Nutzen darauß ſuchen;
wie dann zu dieſen boͤſen Zeiten vns Deutſchen wol noͤhtig waͤre/ viel gute Bergwercken
zu entdecken/ weil wir in vnſern langwierigen Kriegslaͤufften ſolcher den mehrern Theil
verloren haben/ vnd eins von den beſten Mitteln waͤre/ bald wieder einen groſſen Schatz
(in vorfallender Gelegenheit ſolchen gegen die Feinde deß Vatterlands zu gebrauchen)
zu erheben: wie dann allbereit ſchon reiche ☉ vnd ☽ Bergwercke/ welche ſonſten noch vn-
geacht oder vngebauet auff dieſe Stunde waͤren ligen blieben/ durch dieſe neue vnd ge-
ſchwinde Invention (die Ertze leichtlich zu probiren) bey vns erfunden vnd entdeckt ſeyn.
Deßgleichen alle ☽ vnd ☉ Ertze auff eine beſondere vnd bißhero vnbekande Weis
mit wenigen Koſten leichtlich in groſſer copia zu ſchmeltzen/ auff daß ein viel mehrers er-
halten werde/ als durch die gemeine Weis.
Alle
[145]deßMenſtrui Univerſalis.
Alle fluͤchtige vnd vnzeitige ☉ vnd ☽ Ertzen ſeynd darmit innerhalb drey Stund
lang zu figiren/ daß ſie noch einmal ſo viel gut Metall geben/ als ſie ſonſten ohne die figi-
rung haͤtten geben koͤnnen.
Dieſe fuͤnff Stuͤck ſind allen hohen Standsperſonen/ welche Bergwerck in ihren
Laͤndern haben/ ſehr noͤhtig vnd nuͤtzlich zu wiſſen/ dadurch dem Land ein groſſes damit
einzubringen.
Item, durch Huͤlff dieſes Subjecti kan auch alles ☉ vnd ☽/ ſo nicht fein auß den
Ertzen geſchmoltzen/ gantz geſchwind von allem Zuſatz geſaͤubert/ vnd das ☽ vom ☉ ge-
ſcheiden/ nur im Guß/ mit leichter Muͤhe/ wenig Koſten/ in groſſer quantitaͤt.
Von altem Bruch-Zin kan das zugeſetzte Bley/ ſam̃t bey ſich fuͤhrendes ☉ vnd ☽/
leichtlich durch dieſes Subjectum gezogen werden/ alſo daß man/ wann das ☉ vnd ☽ da-
von geſcheiden/ das Zin gleichwol wieder zu ſolcher Arbeit/ darzu ſonſten ander Zin ge-
braucht wird/ zu gebrauchen/ vnd demſelben ſehr wenig abgehet/ vnd beſſer heraußkoͤm̃t
nach der Scheidung/ (in welcher ihme ſein zugeſetztes Bley benommen wird) als daß es
vor derſelben geweſt iſt.
Gleicher weis kan darmit auß allem Wißmut viel ☽ geſchieden werden/ vnd doch
der Wißmut erhalten bleibt: iſt ein gut Stuͤcklein an ſolchen Orten/ da der Wißmut
haͤuffig bricht vnd vnwerth iſt.
Item kan auß dem alten Kupffer viel ☽ geſchieden werden/ alſo/ daß das Kupffer
nicht verloren gehet. Ein nuͤtzliche Arbeit an allen Orten zu thun/ da nur Kupffer zu be-
kommen iſt.
Ein jedweder gemein ☽ in wenig Stunden lang mit dieſem Subjecto zu gradiren
daß es guͤldiſch werde/ wann ſolche Arbeit zu 2. 3. 4. oder mehrmalen widerholet wird/
(welches in einem Tag geſchehen kan) ſo wird das ☽ ſo reich von ☉/ daß es die Muͤh vnd
Koſten zu ſcheiden reichlich außwirfft/ vnd man zur Nohtdurfft ſeine Koſt dadurch ha-
ben kan.
Das ☉ von ☽ vnd auch andern Zuſaͤtzen der gemeinen Metallen/ als Kupffer/
Zin/ Eiſen/ Bley/ Meſſing/ Antimonii, Arſenic, oder was ſonſten darzu moͤchte kom-
men ſeyn/ gantz leichtlich vnd geſchwind durch den Guß zu ſcheiden/ vnd ohne die Cupel-
len fein zu machen (allein durch dieſes Subjectum) alſo/ daß ein jedweder Metall beſonder
erhalten wird/ allen denen die Bergwerck bauen/ oder ſonſten mit ☽ vnd ☉ vmbgehen/
ſehr noͤhtig vnd nuͤtzlich zu wiſſen/ darinn in kurtzem/ wegen Erſparung vieler Muͤh vnd
Koſten/ die ſonſten auff das gemeine vnd bekandte ſcheiden gehen/ ein groſſes zu erhalten.
Ein jedweder vnvollkommen Metall innerhalb einer Stunden lang/ ohne zuthun
anderer Metallen/ allein durch dieſes ſecret Feuer zu zeitigen/ daß dieſelbe in dem exa-
mine gut ☉ vnd ☽ von ſich geben/ aber nicht mit beſonderm Nutzen/ ſondern allein zu
beweiſen/ daß die geringere Metallen durch die Kunſt zur perfection zu bringen ſeyn;
einem jedweden/ welcher mit Metallen vmbgehet/ vnd ſeine Nahrung darauß ſuchet/
zu einem groſſen Licht vnd guter Nachricht.
TEs
[146]Von Tugend/ Krafft vnd Eigenſchafft
Es wachſen auch alle Metallen darinn auf/ in Form vnd Geſtalt der Vegetabilien/
vnd folches zuſehend/ alſo/ daß die Gewaͤchs innerhalb zwo oder drey Stunden Fingers
oder wol Hand lang in viel Aeſte vnd Zacken fortſchieſſen/ aber ohne Nutzen/ ſondern
allein dabey zu ſehen/ daß dieſes Subjectum auch die Metallen (den Vegetabilien
gleich) wachſen mache.
Aber ein ander Wachsthum oder Vermehrung der vollkommenen Metallen auß
den vnvollkommenen/ ſo nuͤtzlich/ vnd einem vegetabiliſchen Wachsthum gleich iſt/ ge-
ſchicht alſo: Jndem ein jedweder vegetabiliſcher Saame/ wann er in die Erde geſaͤet
wird/ darinn keymet/ vnd in Kraut oder Baͤume waͤchſet/ vnd ſeine Vermehrung allein
wegen angeborner zu ſich ziehender Kraft auß der Erden nim̃t: Alſo auch dieſes Werck/
wann nemlich ☉ oder ☽ in dem Saturno, Jove, Venere oder Marte, als ihrer Erden vnd
Waſſer/ keymet/ waͤchſet/ vnd/ einem vegetabiliſchen Saamen gleich/ ſich darauß neh-
ret/ von Tag zu Tag zunimt vnd ſich vermehret/ der Natur Liebhabern ein nach denck-
liches Stuͤck.
Auß allen vnvollkommenen Metallen vnd Mineralien iſt auf vielerley Weis vnd
Wege durch dieſes Subjectum (welche doch ſonſten auff der Cupellen Prob nichts hal-
ten) gut vnd beſtaͤndig ☉ vnd ☽ zu bringen/ darbey die Muͤglichkeit zu beweiſen/ daß alle
vnvollkommene Metallen etwas vollkommenes in ihrem Jnnerſten verborgen haben/
welches/ wann ſie durch die Kunſt vmbgekehret werden/ ſelbe ſich erſt offenbaret; allen
denen/ die mit Metallen vmbgehen/ zu groſſer Nachricht.
Dieſes ſind die fuͤrnehmſten Stuͤck/ ſo ich in metalliſcher Arbeit (mit dieſem Sub-
jecto zu thun) erfahren habe/ ohn zweiffel wird noch ein viel mehrers damit zu thun ſeyn/
das mir noch vnwiſſend/ vnd vielleicht auch vnbekand bleibet/ vnd einem andern nach
mir (welcher einen guten Anfang auß meinen Schriften haben kan) moͤchte offenbaret
werden; dem ichs von Hertzen goͤnne/ auf daß mit der zeit die verborgene Geheimnuͤſſen
der natuͤrlichen Wunderwerck Gottes einmal/ dem menſchlichen Geſchlecht zum beſten/
herauß aus Tages Licht kommen moͤchten. Vnter dieſen oberzehlten Secreten/ ſo ge-
ring ſie dem Leſer gleich anzuſehen oder vorkommen moͤchten/ etliche vnter ſeyn/ durch
welche man ſeine Nahrung zur Nohtdurfft gnugſam in der Stille mit den ſeinigen ha-
ben kan/ wo man frey iſt/ vnd keines andern Sclav oder Schuhfeg ſeyn darff/ wann man
nicht ſelber gern wil. O wie edel iſt die Freyheit/ vnd weiß niemand was Freyheit iſt/
wann er niemaln ein Selav geweſen. Ein Biſſen Brod in Ruhe vnd Stille iſt einem
vernuͤnfftigen Mann lieber/ als bey Sorg/ Gefahr vnd Vnruhe eine koſtbare Mahlzeit.
Wol dem/ welcher mit Paracelſo ſagen kan: Alterius non ſit, qui ſuus eſſe poteſt; vnd noch
beſſer dieſem/ welcher die empfangene Gabe Gottes wol anlegt/ vnd ſeines Nechſtennicht
dabey vergiſſet/ auf daß ihn ſeine zeitliche Freyheit nicht zur ewigen Dienſtbarkeit fuͤhre.
Nachdem ich nun angezeigt/ wie daß vielgemeldtes Subjectum allen Standsper-
ſonen in der Welt nuͤtzlich ſeyn koͤnne/ aber bißhero nur ſeinen uſum zu den metalliſchen
laboribus beſchrieben/ welches nicht ein jedweder verſtehen oder thun kan/ vnd nur allein
denen
[147]deßMenſtrui Univerſalis.
denen kan nuͤtzlich ſeyn/ die Mittel haben Bergwerck zu bauen/ Ertze zu ſchineltzen/ vnd
dieſelbe voneinander zu ſcheiden/ Adel- vnd Vn Adelichen Perſonen/ auch Gelehrten/ ſo
wol Geiſt-als Weltlichen/ die nicht in Beſtallung oder Herrendienſten ſeyn/ auch Kauf-
leuten/ Rentenirers vnd dergleichen/ denen ſeynd die obbeſchriebenen Secreten nuͤtzlich/
vnd keinen Handwercksleuten/ Haͤckern vnd Bauern. Auff daß aber auch dieſen dar-
mit gedienet werde/ wil ich anzeigen/ wie daß ſowol dem Geringſten als dem Groͤſſeſten
vnter denſelben/ Nutzen dardurch kommen moͤchte.
Vnd erſtlich den Kunſt-Arbeitern/ als Kupfferſtechern/ Mahlern/ Bildſchnitzern/
Glasmahlern/ Sol vnd Lun. ſtickern vnd Wachspoſirern.
Die Kupfferſtecher koͤnnen ein gut Etzwaſſer darauß machen/ damit ſie auff kuͤpf-
ferne Platten/ wann dieſelbe zuvor mit einem Grund beleget/ vnd diejenige Bildnuͤſſen/
Conterfehten/ Landſchafften/ oder was ſie ſonſten darauff haben wollen/ mit einem
Griffel darauff gezeichnet ſeyn/ gar leichtlich/ vnd ohne groſſe Muͤhe vnd Koſten/ auff-
etzen/ welches ihnen ein groſſer Vortheil iſt/ daß ſie nicht die Figuren mit einem Grab-
ſtichel (darzu viel Zeit gehoͤret) darauff ſtechen doͤrffen.
Die Mahler koͤnnen ihnen vielerhand ſchoͤne Farben darmit leichtlich bereiten/ al-
ſo/ daß ſie dieſelbe nicht von weitem/ als auß Italia, Holland oder Franckreich entbieten/
vnd groß Geld darfuͤr geben duͤrffen/ als da iſt Ultramarin, ſchoͤne blaue Schmalta/
Carmaſin-Lacca/ Kupffergruͤn/ Bleyweiß/ vnd andere Farben mehr/ die ſie noͤtig haben.
Bildſchnitzer koͤnnen ihre Jnſtrumenten wol darmit haͤrten/ daß dieſelbe/ wann ſie
in harten Steinen arbeiten/ lang eine gute Schneiden behalten.
Seidenſticker koͤnnen ihre Seiden auff mancherley Farben beſtaͤndig darmit faͤr-
ben/ dann es fuͤhrt alle Farben wol ein.
Glasmahler koͤnnen ihre Schmeltzglaͤſer oder Amauſen ſehr fluͤſſig von allerhand
Farben leichtlich darmit zurichten vnd verfertigen/ alſo/ daß ſie dieſelben nicht von Ve-
nedig holen doͤrffen.
Wachspoſirer koͤnnen das Wachs ſchoͤn weiß damit bleichen/ vnd auch andre Far-
ben darmit einfuͤhren.
Die Buchdrucker koͤnnen ihre ſchwartze vnd rohte Farben darmit anmachen/ haͤlt
wol auff dem Pappier/ vnd ihre vnreine Buchſtaben oder Formen darmit reinigen.
Den kuͤnſtlichen kleinen Vhrmachern dienet es/ wann ein Waſſer darauß deſtil-
liret wird/ (das Eiſen oder Staal von ſubtiler Arbeit ohne Feuer darmit aneinander zu
loͤten) wann nemlich ein Troͤpfflein deß ſtarcken Waſſers darauff gefaͤllt/ alsbald das
Eiſen ſo heis davon wird vnd zuſammen ſchmeltzt/ gleich als wañ es im Feuer mit Kupf-
fer waͤre zuſammen geloͤtet worden.
Die Schloßmacher/ Buͤchſenmacher/ Klein- vnd Großſchmidt koͤnnen ihre Fei-
len/ Beitzel/ Haͤmmer/ vnd andere Werckzeug von Eiſen alſo darmit einſetzen vnd haͤr-
ten/ als wann ſie von gutem Staal gemacht waͤren.
Die Zingieſſer koͤñen ihr Zin ſchoͤn hart vnd weiß damit machen/ alſo/ daß es klingt
T 2wie
[148]Von Tugend/ Krafft vnd Eigenſchafft
wie Silber/ nicht leichtlich ſchmutzig wird/ ſondern wegen ſeiner Haͤrte viel laͤnger als
ein ander Zin waͤren kan.
Die Schreiner koͤnnen das Virnbaum-/ Pflaumen-/ Kirſchen-/ Buchs- oder
Nußbaumholtz/ vnd andere harte Hoͤltzer/ ſchoͤn kolſchwartz durch vnd durch/ mit Huͤlff
der Farben/ damit beitzen/ daß es an ſtatt eines Oſt-Jndiſchen Ebenholtzes (zierliche Ar-
beit davon zu machen) kan gebraucht werden.
Deßgleichen koͤnnen die Kuͤrſchner oder Beltzwercker ihre Marter/ Fuͤchs/ Woͤlff/
vnd ander Beltzwerck/ damit braun/ roht oder kolſchwartz faͤrben/ ſchoͤner als wann ſie
von Natur alſo gewachſen waͤren.
Deßgleichen koͤnnen die Federfaͤrber allerley Farben darmit geſchwind geben/ die
beſtaͤndig ſeynd.
Den Kleidermachern dienet es/ die Flecken auß dem Woͤllen-/ Leinen- vnd Sei-
dengezeug ſauber herauß zu machen/ vnd ihren verlornen Glantz wieder zu geben.
Den Schuhmachern dienet es/ alt Eiſen darein zu legen/ vnd ihr Leder darmit
ſchwartz zu faͤrben.
Den Leinenwebern dienet es/ ihr Garn von Flachs ſo zart vnd weich darmit zu ma-
chen/ als bey nahe Seiden/ welches fein Duch gibt.
Den Wollen- vnd Duchfaͤrbern dienet es/ den Farben auff das Duch einen guten
Grund zu machen/ daß dieſelbe/ wann Wein/ Eſſig/ Vrin oder Saltzwaſſer darauff
kom̃t/ nicht flecken/ oder in der Sonn oder Lufft die Farb verlieren.
Den Haͤfnern oder Toͤpffern dienet es/ ſchoͤne Glaſuren darmit zu machen/ dem
Oſt-Jndiſchen Porcellan gleich/ daß man ein Erdengeſchirꝛ glaſuren kan/ daß es anzu-
ſchen/ als wann es Sol. Lun. Ven. oder ein ander Metall waͤre/ vnd gleichwol Glas iſt/
das nicht abgehet; groſſen Herren ihre Tafel zu zieren. Jſt eine Raritaͤt/ vnd bißhero
noch vnbekandtes Secretum.
Den Kriegsleuten/ Kauffleuten/ Wanderslenten/ Fuhrleuten/ Fiſchern/ vnd an-
dern/ die viel im Regen/ Wind/ vnd andern boͤſen Wettern/ ihre Nahrung ſuchen muͤſ-
ſen/ dienet es/ wann ſie ein Firniß darmit machen/ leinen Duch darein duncken vnd
truckenen/ welches hernach keinen Regen/ Wind oder Naͤſſigkeit durchgehen laͤſſt/ vnd
ſie darvon vnter die Stieffel/ Mantel/ oder andere Kleider/ fuͤttern laſſen/ vnd alſo in
dem groͤſten Regen vnd boͤſſeſtem Wetter trucken darunter reiſen koͤnnen.
Den Tapezereymachern dienet es/ ihr Oel darmit zaͤhe zu machen/ daß es bald tru-
ckene/ vnd die Farben haͤlt/ ſo darauff gelegt werden.
Jn allen Haußhaltungen dienet es den Weibern/ eine gute Seiffen/ ihr leinen
Gewand darmit zu waſchen/ der Venediſchen Seiffen vorzuziehen/ darauß zu machen.
Den Maͤgden das Zin vnd Kupffergeſchirꝛ oder Hausraht darmit rein vnd glaͤn-
tzend zu machen.
Junge Weiber koͤnnen ihre gelbe/ bleiche oder braunſchwartze Farb im Angeſicht/
Haͤnden/ vnd andern Orten da es geſehen wird/ in ein glatte Weiſſe darmit veraͤndern.
Alte
[149]deßMenſtrui Univerſalis.
Alte Weiber koͤnnen ihre Runtzeln im Geſicht vnd Haͤnden/ vnd die Huͤner-Augen
an den Fuͤſſen leichtlich darmit vertreiben vnd wegnehmen/ vnd ihren Flachs ſo weich
vnd ſanfft darmit kochen/ daß er ſich ſo zart als ein Seiden ſpinnen laͤſſt.
Die Gaͤrtner koͤnnen alles Gewuͤrm vnd Vngeziefer auß den Gaͤrten bringen/
wann ſie ſolches mit Waſſer miſchen/ vnd an ſolche Oerter ſchuͤtten/ da ſich das Vnge-
ziefer aufhaͤlt; muͤſſen alle vergehen vnd ſterben/ oder herauß kriechen/ vnd ſich todtſchla-
gen laſſen/ dann ſie ſolches Feuer nicht vertragen koͤnnen. Auch dienets ihnen/ bald
zeitige Fruͤchte zu haben/ wann ſie von dieſem Menſtruo im Fruͤling etwas zur Wurtzel
deß Baums legen/ vnd wann ſie der Fruͤchten zu viel haben/ koͤnnen ſie dieſelbe zu gutem
beſtaͤndigen Wein/ Eſſig vnd Brandtewein machen.
Den Beckern dienet es/ ihren Teig machen zu heben/ wann Hopffen darin ſolvirt
iſt/ zu allen zeiten/ wann ſie gleich keine Bierhefen oder Sauerteig haben.
Den Bierbraͤuern dienet es/ wann Hopffen damit extrahiret iſt/ ihr Bier damit
jaͤhren zu machen.
Den Maͤhtmachern dienet es/ wann ihnen derſelbige ſaner worden/ bald wieder
trincklich darmit zu machen: deßgleichen kan auch ſauer Bier vnd Spaniſcher Wein/
wann er ſauer worden/ darmit zu recht gebracht werden.
Den Kam̃- vnd Meſſerhefftmachern dienet es/ ihr Horn weich darmit zu machen/
daß es ſich in Formen dem Wachs gleich preſſen oder drucken laͤſſt.
Den Schleiffern dienet es/ wann ſie die Hornos vnd allerhand Eiſenwaffen ge-
ſchliffen vnd polirt haben/ darmit anſtreichen/ daß ſie nicht leichtlich roſtig werden.
Vogelfaͤngern dienet es/ einen guten Leim darmit zu machen/ welcher Sommer-
zeit in der groͤſten Hitze nicht vertrucknet/ vnd in der Kaͤlte nicht gefrieret oder verdirbt.
Den Kriegsleuten/ vnd ſonderlich den Officirern dienet es/ auß dem ☉ ein Schlag-
pulver zu machen/ welches/ ſo darvon einer Erbiß groß auff einer Meſſerſpitz angezuͤn-
det wird/ (das Frauengezeug damit zu vexiren) haͤrter ſchlaͤgt oder knallt/ als ein halb
oder gantzes Pfund Schießpulver/ wann es auff einem Blech angeſteckt wird. Deß-
gleichen koͤnnen ſie auch ohne ☉/ nur mit zuthun ſalis tartari vnd Schwefels/ (wie ſol-
ches in meinem andern Theil Furnorum gelehrt) ein dergleichen Schlagpulver zu-
richten.
Es dienet auch den Pulvermachern/ Conſtabeln/ Feuerwerckern/ vnd dergleichen
Kuͤnſtlern/ vielerhand Feuerwerck damit zuzurichten.
Es koͤnten auch vielerhand neue vnd noch vnbekande manufacturen in vnſerem
Deutſchland dadurch zu wegen gebracht/ vnd in andere angraͤntzende Koͤnigreiche (Geld
dargegen ins Vatterland zu bringen) verſchickt werden.
Haͤckersleuten oder Weinziehlern dienet es/ wann ſie etwas davon zu der Wurtzel
der Weinſtoͤck legen/ davon ſie deſto eher zeitige Trauben bringen/ vnd vor andern zeit-
liche gute Moͤſte theuer zu verkauffen haben koͤnnen.
Vnd ohne dieſe Kunſt ſo kan der Moſt oder Wein in dem Faß auff ein andere
T 3Weis
[150]Von Tugend/ Krafft vnd Eigenſchafft
Weis gezeitiget werden/ alſo/ daß deme/ der ſolches weiß/ alle Jahr gute Wein wachſen
muͤſſen/ ſie gerahten gleich andern wie ſie wollen. Ein gut Stuͤck an ſolchen Orten oder
Laͤndern zu gebrauchen/ da gemeiniglich ſauere Wein wachſen/ denſelbigen darmit zu
helffen/ daß ſie deu beſten gleich werden. Auch dienet es an dieſe Orten/ da viel Wein
waͤchſt/ vnd wegen Mangelung gutes Wetters vnd Sonnenſcheins ſauer bleibt/ ihnen
darmit zu helffen/ daß ſie auf die Fuhr gehen/ und an den mann gebracht werden koͤnnen.
Weil aber der mehrer Theil Menſchen/ inſonderheit der gemeine Mann/ ſchwer-
lich zu ſolchen Dingen zu bereden/ die zuvor nichts geſehen noch darvon gehoͤret haben/
ſo weiß ich wol/ daß vnter hunderten nicht einer ſeyn wuͤrde/ wann man gleich dieſe Ver-
beſſerung der Weine auffs deutlichſte oder außfuͤhrlichſte von Wort zu Wort beſchrie-
ben haͤtte/ glauben/ ſondern vielmehr ſagen wuͤrden/ Jhre Eltern waͤren auch verſtaͤn-
dige Leut geweſen/ vnd groſſen Handel mit Wein getrieben/ vnd reich darmit worden/
vnd dieſe Kunſt doch nicht gehabt/ derentwegen ſie ſolche auch nicht zu wiſſen begehren;
wolte der Wein nicht von ſich ſelber gut werden/ ſo moͤchte er ſauer bleiben/ er wuͤrde
doch einmal (es geſchehe gleich von den Herren oder Knechten) außgetruncken werden.
Solchen Menſchen iſt gar nicht zu helffen/ wann man auch ſchon gern wolte. Alte Hun-
de ſind nicht leichtlich baͤndig zu machen; vnd die Jungen bekuͤmmern ſich gemeiniglich
wenig darumb/ wie ſie ihrem Haus froͤm̃lich fuͤrſtehen moͤchten/ alſo bleibt es bey dem
alten Stand. Auff daß aber gleichwol der Haͤcker ſehen moͤge/ daß die jetzige Welt er-
fahrner ſey/ als die vergangene/ ſo wil ich ihnen zur Nachricht ein einiges Exempel/ dar-
auß ſie den Vnterſcheid vernehmen koͤnnen/ vorſtellen.
Vnſere Vor-Eltern haben auß den Weinhefen nichts anders wiſſen zu machen
als einen Brandtewein/ vnd wann derſelbe davon gezogen/ haben ſie den Reſt hinweg
geworffen oder bißweilen dem Vieh geben vnter ihr Trincken/ oder zum theil (doch gar
ſelten) in der Sonn getrucknet/ vnd zu Pott Aſchen gebrant. Nun aber iſt es ſo weit
kommen durch meine Invention, daß auß der Hefen erſtlich ein viel mehrers an Brand-
tewein/ vnd hernach eine groſſe quantitaͤt Weinſtein außzuziehen/ vnd letztlich dannoch
die Pott Aſchen von dem uͤbrigen zu machen/ alſo/ daß der Gewinn dreyfach iſt. Vnd
wann man noch fleiſſiger darmit wil vmbgehen/ ſo kan man erſtlich von jedwederm
Fuder Hefen zum wenigſten ſieben oder acht Eimer guten Wein preſſen/ vnd wann ſol-
ches geſchehen/ gleichwol auß dem uͤberbliebenen Theil noch ſeinen Brandtewein vnd
guten Weinſtein/ vnd endlich noch die Pott Aſchen machen/ alſo/ daß der Gewinn vier-
faͤltig/ vnd ein zimliches darmit zu gewinnen iſt/ welches vnſere Vor-Eltern nicht ge-
wuſt oder thun koͤnnen. Wie viel hundert oder tauſend Centner Weinſtein werden in
einem Jahr allein in Francken vnd Schwaben/ Elſaß/ Pfaltz/ vnd am gantzen Rhein-/
Moſel- vnd Donawſtrom hinweg geworffen/ welcher dem Land Nutzen koͤnte bringen/
wann daſelbſt Leut waͤren/ die es zu Nutz zu machen verſtuͤnden? Was hilfft aber alles
lehren vnd ſagen/ wann niemand iſt/ der lernen oder zuhoͤren wil? Jſt alſo immer ſo gut/
oder beſſer/ den Athem behalten/ vnd den warmen Brey damit geblaſen/ als vnnuͤtzlich
in
[151]deßMenſtrui Univerſalis.
in den Wind gelaſſen. Das iſt aber gewiß/ daß nach meinem Tod ihrer viel erſt begreif-
fen werden/ wie gut ichs gemeinet/ meine Schrifften herfuͤr ſuchen/ die Warheit dariñ
finden/ vnd zu ihrem Nutzen groſſe Dinge darmit verrichten. Alles Ding wil ſeine Zeit
haben. Die Knoͤpff kommen vor den Roſen/ vnd nach den Roſen erſt die Fruͤchte.
Noch fuͤr die Haͤcker vnd Bauren ein ſehr nuͤtzliches Stuͤck/ viel darmit zu erwer-
ben/ nemlich/ wann ſie auß den Aepffeln vnd Birnen den Moſt außgepreſſt haben/ den-
ſelben durch Huͤlff dieſes Subjecti wol jaͤhren zu machen/ alſo/ daß ſo ſtarcke/ liebliche
vnd lang-beſtaͤndige/ geſunde Weine darauß werden/ deine/ ſo am Weinſtock gewach-
ſen/ nicht viel bevorgebende. Vnd ſo man ſo viel Muͤhe nicht auffwenden wil/ die Birn
oder Aepffel zu ſtampffen/ ſo kan man auch auff ein viel naͤhere Weiſe den Safft herauß-
bringen/ vnd guten Wein darauß machen. Jſt ein gut Stuͤcklein an ſolche Oerter zu ge-
brauchen/ da wegen Kaͤlte nimmer Wein wachſen kan/ vnd gemeiniglich das Obſt da-
ſelbſten uͤberfluͤſſig waͤchſt/ den Wein/ welcher an ſolchen Orten allzeit theuer iſt/ dadurch
zu erſetzen.
Allhier waͤre noch wol ein viel mehrers von Weinkuͤnſten zu ſagen/ weilen ich aber
allhier vor mich genommen/ von nichts anders zu handeln/ als was durch Huͤlff meines
Univerſal-Menſtrui geſchehen muͤſſe/ alſo gehoͤret es hieher nicht vnter zu mengen.
Dieſes ſeynd nun gar vngemeine Secreten/ glaube nicht/ daß auſſer mir noch jemand
davon weiß/ gleichwol iſt nicht daran zu zweiffeln: dann ich ſolches nur hieher geſetzt/ den
Vnwiſſenden fuͤr Augen zu ſtellen/ wie hoch die Welt allbereit gekommen/ vnd in Kuͤn-
ſten zugenommen; es werde gleich geglaubt oder nicht/ hindert nichts: wann ichs nicht
practieirt haͤtte/ wuͤrde ich vielleicht ſelber daran zweiffeln. Aber man ſolte billich nicht
alſo bald ein vnbeſonnen Vrtheil uͤber etwas faͤllen/ das ihme frembd vnd vnglaublich
vorkoͤm̃t/ ſondern gedencken/ daß nicht jederman geben ſey/ alles zu wiſſen/ Gott theilt
ſeine Gaben wunderbarlich auß/ denen ers guͤnnt/ vnd zu ſolchen Jnſtrumenten gebrau-
chen wil/ ſeine Wunderwerck den Menſchen bekand zu machen.
Den Bauren dienet es/ wann ſie ihr Korn damit befeuchten/ vnd in die Erden
werffen/ ſolches deſto eher reiff vnd zeitig wird/ vnd deſto voͤlliger Koͤrner bringt. Wann
dieſelbe zuviel gewinnen vnd nicht verkauffen koͤnnen/ ſo wil ich ihnen zu gefallen einen
Raht geben/ wie ſie zu allen Zeiten ihr Korn theuer anwenden koͤnnen/ nemlichen alſo:
Sie ſollen daſſelbe alſo gantz vnd vngemahlen mit warmen Waſſer vnd dieſem feurigen
Univerſal-Fermento anſetzen zu jaͤhren in einem behebenen Faß/ auff ſeine gewiſſe Zeit/
ſo wird das Waſſer auß dem gantzen Korn alle Krafft vnd Saft herauß ziehen/ vnd nur
die bloſſe Huͤlſen ligen laſſen/ die dem Schwein gut ſeyn/ welcher Extract die gantze Kraft
deß Korns ſeyn wird/ darauß man ein gut Bier machen kan/ wann man Hopffen darmit
jaͤhren laͤſſt: ſo man aber das Bier nicht begehrt/ kan man einen ſtarcken Brandtewein
darauß deſtilliren/ vnd auß dem Reſt/ der im Keſſel bleibt/ in wenig Tagen einen ſauren
Eſſig machen/ welchen/ wie auch den Brandtewein/ wann man nicht wil oder kan/ nicht
verkauffen darff/ ſondern denſelben (wann ers weiß) zu vielen andern Dingen anwen-
den
[152]Von Tugend/ Krafft vnd Eigenſchafft
den vnd mehr Nutzen davon haben kan/ als wann er ſie verkaufft haͤtte. Dieſes Stuͤck
kan an allen Orten gebraucht werden/ da man das Korn nicht verkauffen/ oder ſonſten
an den mann bringen kan.
Noch eins von Korn-/ Hecken- vnd Baumfruͤchten muß ich anzeigen/ welches das
beſte vnter allen dieſen Weinkuͤnſten iſt/ vnd von dem menſchlichen Geſchlecht als eine
groſſe Gabe Gottes mit hoher Danckbarkeit billich ſolte angenommen werden; nemlich
dieſes/ daß man durch Kunſt vnd Geſchicklichkeit ſo weit kommen iſt vnd erfahren hat/
daß auß Rocken/ Weitzen/ Haber/ Gerſten/ Hiers/ Reis; vnd auch auß Aepffel/ Birn/
Pfirſchen/ Kirſchen/ Pflaumen/ Schleen/ Quitten/ Miſpeln/ Feigen/ Zwetzſchken/ wie
auch auß Johannestraͤublein/ Saurachbeerlein/ Hinbeern/ Brombeern/ Heidelbeern/
Kreutzbeern/ Hollunderbeern/ Stichelbeern/ vnd was ſonſten noch andere Hecken-/
Baum- vnd Kornfruͤchten mehr ſeyn moͤchten/ einen ſolchen lieblichen vnd annehmli-
chen/ geſunden vnd beſtaͤndigen Tranck/ an Geſchmack/ Geruch vnd Guͤte einem na-
tuͤrlichen Wein gleich/ mit gar geringer Muͤh vnd Koſten zu bereiten iſt/ alſo/ daß man
in ſolchen kalten Laͤndern/ da kein Wein wachſen kan/ noch ſonſten zu bekommen iſt/ dem
gnaͤdigen vnd barmhertzigen Gott fuͤr ſeine mildreiche Guͤtigkeit nicht genugſam Ehre
vnd Danck beweiſen kan. Vnd ob ich zwar gar wol weiß/ daß vnter hunderten kaum
einer dieſes begreiffen wird/ ſo kehre ich mich doch gantz nicht daran/ dann ich die boͤſe
Welt allbereit hab erkennen lernen/ vnd freveler Menſchen vngezaumte Zungen nicht
achte/ ſondern zufrieden bin/ daß ich die beſtaͤndige Warheit geſchrieben/ vnd meine
Schrifften/ im fall der Noht/ genugſam defendiren vnd wahr machen kan.
Mancher moͤchte ſagen: Wie kan dieſes muͤglich ſeyn/ die Welt iſt ſo lang geſtan-
den/ vnd hat ſo viel tieffſinnige vnd hocherfahrne Maͤnner herfuͤr-geben/ vnter welchen
noch keiner geweſt/ der von dergleichen vnerhoͤrten Dingen geſchrieben haͤtte; es ſeynd
gewiß nur Traͤume vnd Einbildungen? Nein/ ſage ich/ es ſind keine Traͤume/ ſondern
offt-probirte vnd gewiſſe natuͤrliche Secreten. Was bildet ihm doch ein ſolcher grober
GEſell ein/ vnd vermeinet/ wann er nichts weiß/ daß darumb ein anderer auch nichts
wiſſen ſolte: Hat er ſeine junge Tage mit weltlichen Dingen/ als ſingen/ ſpringen/ pfeif-
fen/ dantzen/ freſſen/ ſauffen/ huren/ buben/ in Hoffart vnd andern uͤppigen vnd eitelen
Dingen/ dem Teuffel vnd der Welt zu Ehren/ verſchliſſen vnd zugebracht/ vnd nun je-
tzunder nichts in ſeinem Alter weiß/ ſeine Schande zu verbergen/ darumb ſagen wil/ die-
ſes iſt nicht muͤglich/ von dieſen Dingen habe ich noch niemal etwas gehoͤrt oder geſehen.
O du blinde/ verſtockte vnd verkehrte Welt/ waͤreſt du ſo eiferig/ die Ehre Gottes deines
Schoͤpffers vnd Liebe deines Nechſten/ als dein eigenes boͤſes Weltweſen/ als Geitz/
Hoffart/ Wucher/ Neid/ Fraaß vnd Luͤgen/ zu beobachten geweſt/ gewiß/ Gott wuͤrde
dir auch ein Fuͤncklein ſeines Goͤttlichen vnd natuͤrlichen Lichts erblicken laſſen/ vnd in
ſolcher weltlichen Finſternuͤß vnd fleiſchlicher/ verderblicher Eitelkeit nicht haben verſin-
cken laſſen. Es iſt nichts ſo groß vnd gut/ noch ſo klein vnd gering/ es iſt vor dieſem auch
geweſen/ wann wirs ſchon nicht wiſſen/ wann vnd zu welcher Zeit es geweſen iſt; vnd iſt
auch
[153]deßMenſtrui Univerſalis.
auch nichts jetzunder/ welches nicht ins kuͤnfftig vergehen vnd nicht mehr ſeyn wird.
Vnd geſetzt/ es waͤren dieſe jetziger Zeit vnbekandte Wiſſenſchafften vor dieſem noch
niemal im Brauch geweſen/ was hindert vns ſolches/ wann wir nur jetzunder ſelbe ha-
ben vnd genieſſen/ vnd Gott/ dem Gaͤber alles Guten/ dafuͤr danckſagen koͤnnen. War-
umb wiſſen wir jetzun der nicht auch/ was vor vnſeren Zeiten Adam/ Abraham/ Jſaac/
Jacob/ Noah/ Moſes/ Daniel/ Joſeph/ David/ Salomon/ vnd andere im Licht Gottes
vnd der Natur hochbegabte Maͤnner gewuſt haben/ davon jetzunder nichts mehr als ein
dimckeler Schatten uͤbrig geblieben iſt? Wer kan wiſſen was vor der Welt Ende noch
ſoll offenbar werden? Gott/ als ein alter Haushalter/ thut an ſeinen Kindern vnd Ge-
ſinde gar weißlich/ vnd ſchleuſſt nicht alle ſeine Schatzkammern zugleich auff/ vnd gibt
vns ſolche Guͤter vnnuͤtzlich zu verſchwenden auff einmal herauß/ ſondern immer ein
Theil nach dem andern/ nachdem ers gut befindet/ vnd vns nuͤtzlich iſt. Vielleicht iſt
jetzund eine ſolche Zeit fuͤr der Thuͤr/ als da Gott Noah das groſſe Schiff befahl zu ma-
chen/ vnd etliche/ die ihn zuvor gefuͤrcht hatten/ dadurch zu erhalten. Wer kan wiſſen/
was uͤber ein/ zwey/ drey oder mehr Jahren fuͤr ein Zuſtand in der Welt ſeyn wird.
Wol dann der frommen Wittwe zu Sarepta/ wann zu ſolcher theuren Zeit Elias/ oder
jemand anders zu ihr kaͤme/ vnd ihren Maͤhlkaſten vnd Oelkruͤge wieder fuͤllete/ vnd
ſelbe vor Hungersnoht erhielte. Wem iſt doch das kleine/ fromme Haͤufflein in dieſer
boͤſen Welt anders zu vergleichen/ als einer verachteten vnd von jederman verlaſſenen
vnd verſtoſſenen armen betruͤbten Wittfrauen? Solte Gottes Allmacht verkuͤrtzt ſeyn/
vnd er nicht die Seinigen ſowol jetzunder mit Loth von Sodoma außfuͤhren/ vnd uͤber
den Berg in ein ſicher Staͤdtlein/ auff daß ſie das Feuer nicht ſehen/ vnd das Elend ruͤh-
ren moͤge/ gleich wie Er vor dieſem den ſeinigen gethan hat/ begleiten koͤnnen? Wann
Gott jemand in hoͤchſten Noͤhten erhalten wil/ ſo gibt Er ſchon Mittel vnd Wege an die
hand/ dadurch man gerettet wird/ ob Er ſchon nicht ſelber perſoͤnlich herauß zeucht/ wie
der Engel dem Loth gethan hat. Die hochmuͤtige vnd ſtoltze Welt iſt aber ſo ſicher in ihrem
Sinn/ daß ſie keiner Mittel noͤhtig zu haben vermeinet/ ſondern ihr einbildet/ Gott wer-
de allzeit ſchlaffen/ vnd nimmermehr auffwachen/ ſein Recht ergehen laſſen/ vnd das
Boͤſe ſtraffen. Der jetzunder nur ein wenig mehr als ein Bauer iſt/ ſchaͤmt ſich/ ſeine
Kinder etwas lernen zu laſſen/ vermeinet/ er laſſe ihnen gnug Guͤter zuruͤck/ darvon ſie
reichlich leben koͤnten/ wann aber ſolche Zeit koͤm̃t/ (dafuͤr vns Gott bewahren wolle)
daß der Groſſe mit dem Kleinen lauffen/ vnd alles ſein Gut zuruͤck laſſen muß/ alsdann
ſieht man erſt/ wie reich man geweſen/ vnd wie arm man ſo bald werden kan; vnd wuͤn-
ſchet mancher/ daß er an deß Kleinen ſtatt ſeyn moͤchte/ vnd niemand ihn kennete noch
wiſte/ wer er zuvor geweſen. Es hilfft aber zu ſolcher Zeit kein wollen: dann wann das
Kalb ertruncken iſt/ vnd man erſt den Stall wil zumachen/ eine Thorheit vnd Verſeum-
nuͤß iſt. Ein einiger Ducat/ welchen man allzeit bey ſich tragen kan/ vnd ihme nicht kan
genommen werden/ iſt beſſer als ſonſt tauſend an Gold vnd Silber. Meinem Nechſten
zum beſten hab ich in dieſem Tractaͤtlein vnterſchiedlicher guter Wiſſenſchaften gedacht/
Vwelche
[154]Von Tugend/ Krafft vnd Eigenſchafft
welche manchem ein gutes Vade mecum oder Omni habile ſeyn koͤnten; daß ich aber
dieſelbe nicht hab hoch geruͤhmet/ hat ſeine gewiſſe Vrſachen/ vnd iſt nicht noͤhtig/ ein
mehrers davon zu ſagen: welcher die Epiſtel vnd Evangelium nicht hoͤret/ der bekuͤm-
mert ſich auch nicht vmb die Außlegung. Waun einer in der Lufft ein groſſes Donner-
vnd Regenwetter daher ſieht kommen/ vnd auß Hochmut daſſelbe nicht fleucht/ vnd ſich
in das ſichere begibt/ mit demſelben hat niemand Mitleiden/ wann er von der Fluht hin-
weg gefuͤhret wird.
Nun iſt noch uͤbrig ſein vielſaͤltiger guter Gebrauch in Medicina, welchen/ wann
man denſelben beſchreiben wolte/ allein ein groſſes Buch darauß werden ſolte/ ſo hieher
nicht gehoͤret/ kan auff ein andermal in einem beſondern Tractat geſchehen. Solte alſo
ſehr gut ſeyn/ daß dieſes Subjectum bey den wahren auffrichtigen Chymicis vnd Apo-
thekern beſſer bekand vnd im Gebrauch waͤre/ ſo duͤrffte man ſo vielerhand mit vnkraͤffti-
gen/ verdorbenen Kraͤutern angefuͤllte Schachteln/ oder gantze Keller voll krafftloſe/ ge-
brandte Waſſer/ in den Apotheken nicht zu kauff halten. Was ſolte doch dieſes helffen
koͤnnen/ wann deß Menſchen gantzes Gebluͤt entzuͤndet/ vnd der Leib allenthalben voll
vnleidlicher Hitze iſt/ wie in Peſte vnd andern boͤſen anſteckenden Fiebern zu ſchen/ daß
man das Haupt mit einem naſſen Roſenkuchen bedecket/ die Schlaͤff vnd Puls-Adern
an Haͤnden vnd Fuͤſſen mit Krafftwaſſern verbindet/ in Meynung/ die Kranckheit dar-
mit hinweg zu nehmen; gantz nichts: ſondern geſchicht zum oͤfftern nur Schaden da-
durch/ wie die Erfahrung noch taͤglich außweiſet. Es gemahnet mich eben/ als wann
eine Stuben zu warm eingeheitzet waͤre/ vnd die Magd im Haus ein Duch im kalten
Waſſer genetzt vmb den Kachel-Ofen ſchluͤge/ die Hitze darmit zu lindern/ wuͤrde nicht
jederman ſagen/ Du Naͤrrin/ laß dieſe vnnuͤtze vnd vergebliche Arbeit bleiben/ vnd gehe
hin/ vnd ziehe das Feuer auß dem Ofen/ ſo wird der Ofen von ſich ſelber ſchon kalt wer-
den. Alſo kan auch das gifftige Feuer in hitzigen Kranckheiten mit 1. 2. 3. oder 4. Granen
guter Medicin auß dem innerſten Gebluͤt deß Hertzens/ innerhalb wenig Stunden
lang/ herauß gezogen werden/ vnd darff der aͤuſſerlichen application kuͤlender oder hertz-
ſtaͤrckender uͤberſchlaͤge gantz nichts/ wie ich dann ſolches nicht nur bey einem/ ſondern
bey vielen experimentirt vnd gut befunden; ſobald ſolche hitzige Gifft von dem Hertzen
gezogen/ allgemach der Leib ſein natuͤrliches temperament wiederumb erlanget/ vnd
ſich die Kraͤfften recolligiren/ darauff dann die Geſundheit folget.
Wozu dienen doch ſo vielerhand Salben/ Pflaſter vnd Oelpotten/ wann man mit
wenig Medicin/ die gut iſt/ mehr außrichten kan. Man ſalbet vnd pflaſtert bißweilen an
einem geringen Schaden offt ein gantzes Jahr/ oder laͤnger/ vnd wird doch nur aͤrger
damit/ das macht/ daß man das Pferd bey dem Schwantz auffzaͤumet/ vnd der Kranck-
heit Vrſprung nicht gebuͤhrlicher weis begegnet. Es muͤſſen alle offene Schaͤden in-
wendig deß Leibs geſucht/ vnd ihr Vrſprung vnd Quell daſelbſten benommen/ vnd nicht
von auſſen durch Salben vnd Pflaſter/ ſolche zuzuſtopffen/ vnweißlich vnterſtanden
werden. Es iſt muͤglich/ ohn einige Pflaſter vnd Salben die offene Schaͤden mit einer
Bonen
[155]deßMenſtrui Univerſalis.
Bonen groß guter Medicin/ in wenig Wochen lang von Grund auß beſtaͤndig zu
curiren.
Wozu dienet dann das aͤuſſerliche Schmierwerck? Solche Medicin ſolte man
ſuchen/ vnd ſchaffen das vnnuͤtze Sudelwerck ab. Was Raht aber? Die Welt wil be-
trogen ſeyn/ ſie wils nicht anders haben. Dann/ wann ein Medicus ſchon eine gute Me-
dicin haͤtte/ vnd dieſelbe gern den Patienten an ſtatt groſſer Becher voll vnlieblichen Ge-
koͤchs adminiſtriren wolte/ ſo wirds nicht erkant noch bezahlet/ ſondern wann er etwas
dafuͤr begehret/ wuͤrde er zur Antwort bekommen/ was man ihm geben ſolte/ haͤtte er doch
nur zwey- oder dreymal etwan kaum einer Erbis groß Puͤlverlein gegeben/ welches ja
nicht viel werth ſeyn koͤnte. Derentwegen er lieber das gewiſſe fuͤr das vngewiſſe nim̃t/
vnd laͤſſt ihm ſeine Gaͤng oder Viſiten bezahlen/ gibt ihnen fein groſſe Flaͤſchen voll/ daß
ſie ein gute Zeit daran zu trincken haben/ vnd er deſto oͤffter Vrſach zu kommen hat/ vnd
die Zahl der Viſiten deſto mehr werden/ das traͤgt ihm dann mehr ein/ als wann er etwas
Gutes gaͤbe/ vnd nicht offt beſuchen doͤrffte.
Deßgleichen geſchicht auch bey der Wund-Artzney/ wann etwan ein erfahrner
vnd gewiſſenhaffter Chirurgus einen aͤuſſerlichen Schaden vnterhanden bekoͤm̃t/ er gute
Medicin darzu gebraucht/ vnd den Schaden bald zuheilet/ ſo wird er doch nicht darnach
bezahlt/ ſondern bekoͤm̃t zur Antwort: Haſtu mir doch kaum drey Pflaſter aufgelegt/ vnd
wilt ſo viel dafuͤr haben: muß alſo fuͤr ſeinen wolverdienten Lohn/ weiln er ſo bald zuge-
heilet/ nur Vndanck haben/ welches boͤs Gebluͤt ſetzet/ vnd derentwegen mancher/ der
ſonſten wol erfahren/ vnd ein beſſers thun koͤnte/ andern die nichts wiſſen/ gleich-thun
muß/ vnd vier oder ſechs Wochen uͤber einen Schaden gehen/ den er in dreyen Tagen
haͤtte heilen koͤnnen.
Dieſe vnd dergleichen Vrſachen machen/ daß ſchier niemand ſich guter Medicin
befleiſſet/ ſondern dem alten Gebrauch nach in die lange Metten gehet: hilfft es dem Pa-
tienten nicht/ ſo hilfft es doch ihme in den Beutel. Daran/ ſage ich/ ſeynd vndanckbare
Patienten Vrſach: wann aber ein Patient willig iſt/ dem Medico oder Chirurgo ſeine
Muͤhwaltung ehrlich zu bezahlen/ vnd er hergegen dannoch entweder auß Vnwiſſenheit
oder vorſetzlicher Nachlaͤſſigkeit denſelben verwahrloſet/ ſo hat ers ſchwer zu verantwor-
ten; welches aber von ſehr wenigen in Acht genommen wird.
Von ſolchen vnd dergleichen Mißbraͤuchen/ welche allgemach eingeſchlichen/ vnd
die wahre Medicin vertrieben haben/ waͤre viel zu ſagen/ vnd zu wuͤnſchen/ daß ſolche ab-
gethan/ vnd gute Medicin an ſtatt derſelben gebraucht wuͤrden/ alsdann ſolten ſo viel
Krancke vnd Bettſuͤchtige nicht allenthalben gefunden werden. Einen getreuen vnd
gewiſſenhafften Medicum ſoll man billich loben vnd preiſen/ wann er ſeine Medicin zu
Gottes Ehren vnd Liebe deß Nechſten uͤbet/ wird auch ſeinen Lohn von dem him̃liſchen
Medico mit dem barmhertzigen Samaritano einmal empfangen: wann er aber nur ſein
Eigenes dadurch ſuchet/ ſo mag er zuſehen/ wie ers einmal werde verantworten koͤnnen.
Was es fuͤr ein Greuel bey Gott ſey/ eines Menſchen vnſchuldig Blut zu vergieſſen/
V 2ſagt
[156]Von der Tugend/ Krafft vnd Eigenſchafft
ſagt vns die heilige Schrifft genugſam. Wann dann ein Krancker einem Medico ſeine
Geſundheit anvertraut/ ihm ſein Leben in den Schos leget/ er ſolches verwahrloſet oder
verſeumet/ iſt die Frag/ ob dieſer Greuel dem erſten nicht vorzuziehen ſey? So wenig ein
geitziger Reicher/ wann er den armen Beduͤrfftigen vor ſeiner Thuͤr huͤlfflos ligen laͤſſt/
vnd ihm nicht von ſeinem uͤberfluß (zu welchem Ende er ihme doch von Gott gegeben iſt)
ſaͤttiget vnd bekleidet/ einmal bey Gott wird verantworten koͤnnen: eben ſo wenig ein
vnfleiſſiger Medicus, wann er ein Glied Chriſti in Todesnoͤhten huͤlfflos ſtecken/ ſterben
vnd verderben laͤſſt/ demeer doch/ wann er gewolt/ das Leben haͤtte erhalten koͤnnen/ der
Straff Gottes entrinnen wird.
Wann eine Jungfraw fich an einen Mann vertraut/ allein vmb dieſer Vrſachen
willen/ muͤſſig zu gehen/ ſich auffzuſchmuͤcken vnd Hoffart zu treiben/ gute Bißlein zu
eſſen/ vnd allein in Wolluͤſten vnd Eitelkeiten ihr Leben bey ihme zu verſchlieſſen/ ſeines
aber dargegen zu verkuͤrtzen vorhabens/ welches doch dem Mann darumb zugegeben iſt/
ihme zu dienen/ ſeiner zu pflegen/ die Hand zu ſeinem Vorhaben zu bieten/ ſelben zu eh-
ren vnd zu fuͤrchten/ auch in allen billichen Dingen ihme zu gehorſamen vnd getrew zu
ſeyn/ vnd die Welt in Ehren mit ihme helffen zu mehren; Ob nicht ein ſolches Weib
vor Gott vnd der gantzen Welt groſſe Suͤnd vnd Vnrechtbegehe? Alſo auch von einem
Medico, wann er ſich zur Medicin begibt nur ſeinen Bauch darmit zu verſorgen vnd
gute Tag darbey zu haben/ vnd nicht auß Liebe gegen den Nechſten/ Wercke der Barm-
hertzigkeit dadurch zu beweiſen/ ſolches zu verſtehen iſt. Dieſes aber muß ich auch darne-
ben ſagen/ daß bißweilen dem Medico wird Vrſach gegeben/ vnd gleichſam auß Noht
oder Zwang parteyiſch bey ſeinen Patienten ſeyn muß; dem Reichen fleiſſiger auffwar-
ten als den Armen/ wann er entweder gar keine oder doch ſehr geringe Beſtallung oder
gewiſſes Jahrgeld von ſeiner Oberkeit oder der Stadt zu erwarten hat/ davon er ſich
ehrlich erhalten koͤnte: wann er dann nicht wil mit den Seinigen Mangel leiden/ ſo muß
er den Reichen vorziehen/ von welchen er etwas zu erwarten hat/ vnd den Armen ligen
laſſen; welches Vbel doch ſehr wol zu remediren waͤre/ wann man nemlich dem Medi-
co einen ehrlichen Vnterhalt verſchaffte.
Die jetzige Welt aber machts nicht anders: Wer ſtehet/ der ſteht/ wer liget/ der
ligt; da bekuͤmmert ſich niemand vmb; ein jedweder ſucht nur das ſeinige/ vnd leſcht kein
Feuer/ welches ihn nicht brennet. Der in der gantzen Welt beruͤhmte Tugend- vnd
Kunſtbefoͤrderer Alexander Magnus, welcher jaͤhrlich mehr als hundert tauſend Cro-
nen Ariſtoteli, ſeinem Philoſopho vnd Medico (die Natur der Vegetabilien/ Anima-
llen vnd Mineralien damit zu erforſchen) hat geben laſſen/ iſt geſtorben/ vnd lebet nicht
mehr. Was hat aber ſich koſten laſſen der hochverſtaͤndige Fuͤrſt Erneſtus Hertzog in
Baͤyern vnd Churfuͤrſt zu Coͤlln/ hochloͤblichſter Gedaͤchtnuͤß ſel. allein die Schrifften
deß vnvergleichlichen Deutſchen Medici vnd Philoſophi Paracelſi zu verſamlen/ vnd in
ein Corpus bringen zu laſſen? Solche vnd dergleichen gute Befoͤrderer hat es vor die-
ſem viel in vnſerm Deutſchland geben: ſobald aber Mars angefangen zu regiren/ hat ſich
Ju-
[157]deßMenſtrui Univerſalis.
Jupiter mit Mercurio verkriechen muͤſſen/ welche auch noch vnter den Fuͤſſen ligen.
Vnd iſt gewißlich wahr/ wann ſelbe nicht bald wieder erhoben/ vnd in vorige Dignitaͤt
geſtellet werden/ daß es vnſerer Deutſchen Nation zu groſſem Schaden/ Verderben
vnd Vntergang/ andern Außlaͤndiſchen aber hergegen zu groſſem Vortheil vnd Gluͤck
(davor vns Gott behuͤten wolle) gereichen moͤchte.
Dieſe kleine Erinnerung iſt nur darumb geſchehen/ auff daß man ſehen moͤge/ in
was fuͤr einer verkehrten Zeit wir jetzunder leben/ vnd wie erfahrne Maͤnner ſo gar nichts
mehr gelten vnd geachtet werden; wil es laͤnger alſo gut thun/ wil ichs gern ſehen: Jch
beſorge aber das/ wann die Hirten am allerſicherſten leben/ ligen vnd ſchlaffen/ daß ein-
mal viel wilde vnd zerreiſſende Thiere von dem rauhen Gebirge herauß kommen/ die
Schaafe zerſtreuen/ Milch vnd Butter auf-freſſen/ vnd die zuſammen-geſam̃lete Schaf-
felle zu einer Beut mit ſich hinweg fuͤhren moͤchten.
Allhier hat der guͤnſtige Leſer nun vernommen/ was fuͤr wunderbarliche vnd vn-
glaubliche Dinge mit dieſem einigen Subjecto zu verrichten; vnd iſt kein Zweiffel/ daß
ſolches nicht noch zu viel andern Dingen mehr (die mir vnbewuſt) auch zu gebrauchen
ſey/ weil es allen Menſchen in der gantzen Welt/ hohen vnd niedern Stands Perſonen/
Gelehrten vnd Vngelehrten/ Groſſen vnd Kleinen nuͤtzlich/ vnd zu ihren Geſchaͤfften/
Handthierungen oder Handwerckern dienſtlich ſeyn kan. Ja/ moͤchte jemand ſagen/
ich glaube wol/ daß viel darmit außzurichten/ aber weil du nicht auch davon meldeſt/ daß
damit eine Univerſal Medicin oder Tinctur, die geringe Metallen in ☉ zu verwandeln/
zubereitet ſey/ ſo zweiffel ich noch/ ob es der alten Philoſophorum geheimes Menſtruum
Univerſale oder Mercurius Hermaphroditus ſey/ davon ſie ſo viel geſchrieben/ der al-
lenthalben ſoll gefunden werden/ vnd/ als ein verhaſſt vnd verwuͤrfflich Ding/ im Miſt
muͤſte geſucht werden; welches Natur kalt vnd warm/ vnd die groͤſte Gifft ſey/ ſchnell
toͤdte vnd auch ſchnell geſund mache/ bey jederman zu finden/ vnd daß es der Arme ſowol
als der Reiche beſitze/ vnd Adam ſolchen mit ſich auß dem Paradeis gebracht habe/ vnd
was dergleichen Keñzeichen der Alten mehr ſind: darauf ich antworte/ daß gewißlich die
Alten (nach meiner Meynung) keinen andern Mercurium Univerſalem gehabt/ vnd
auch alle die Kennzeichen/ die ſie ihme zugeſchrieben/ allzumal vollkoͤm̃lich bey dieſem
Subjecto zu finden/ vnd darauff koͤnnen appliciret werden. Kennen es nicht alle Men-
ſchen/ wann ſie ihren Vrin anſehen/ darauß es generiret wird? Jſt es nicht das aller-
verwuͤrfflichſte Ding/ weilen man ſolches nicht im Hauſe leidet/ ſondern auff den Miſt
oder auff die Gaſſe geworffen wird? (wie die Philoſophi ſagen/ es im Miſt muͤſte ge-
ſucht werden) Jſt es nicht die groͤſſeſte Gifft/ wann Buͤchſenpulver darauß gemacht
wird? Hab ich allhier nicht eine Univerſal-Medicin darauß zu machen gelehrt? Jſt es
nicht ein lauter Feuer vnd auch lauter Kaͤlte vnd Eiß? Wann man es alſo haben wil/
vertritt es nicht mannliche vnd auch weibliche Wercke? Schwaͤngert es nicht die vn-
vollkommene Metallen in einer viertel Stunden lang/ daß ſie ☉ gebaͤren? Laͤſſt es ſich
nicht ſchwaͤngern durch deß Feuers Hitze/ daß es die Frucht bringt? Jſt es nicht das
V 3aller-
[158]Von Tugend/ Krafft vnd Eigenſchafft
allerfluͤchtigſte/ vnd bald das allerfixeſte? Jſt es nicht ein naſſes vnd truckenes Waſſer?
Jſt es nicht das allergroͤſſeſte Corroſiv, vnd doch aller Corroſiven groͤſſeſter Feind dar-
neben/ wann es zugerichtet wird? Jſt es nicht das allerſchwereſte/ vnd auch das aller-
leichteſte? Jſt es nicht das allerſchwaͤrtzeſte vnd auch das allerweiſſeſte? Worauff geht
dieſes Ænigma Philoſophorum anders/ als auff das Nitrum. Was ſchwaͤrtzer iſt als
ein Rab/ weiſſer als ein Schwan/ gifftiger als ein Schlang/ dadurch manchem wird
bang/ leichter als Wind/ vnd doch ſchwerer als Gold/ dem ſolſt du ſeyn hold; iſt es nicht
der rechte Kinderfreſſer der Metallen? Jſt es nicht der Philoſophorum wahre Azoth,
Sapo ſapientum, Urina puerorum, Sulphur vivum, Sal peregrinorum, Ignisſecretus
Philoſophorum, Aquila Jovis, Acetum acerrimum, Aquaſtygia, Cymba Charon-
tis, Lavacrum Lathonis, Balneum Regis \amp; Reginæ, Fontina Bernhardi, Chalybs
Sendivogii, Sepulchrum vivorum, Reſurrectio mortuorum, Purgatorium corpo-
rum imperfectorum, Omnium rerum mors \amp; vita, Ludus puerorum, Opus mu-
lierum?
Jſt das nicht alles warhafftig bey dem Nitro zu finden? Wie es aber darbey befind-
lich oder beweißlich iſt (darnach ohne zweiffel mancher zu wiſſen verlanget) vnd ich auch
ſolches gar wol anzeigen vnd darthun koͤnte/ ſtehet mir aber nicht zu/ ſolches allhier zu
thun/ ſondern iſt gnug/ daß ich angezeiget habe/ wo es zu ſuchen oder zu finden ſey/ wel-
ches zuvor noch niemand ſo treumeynend gethan hat. Darff alſo keines andern bewei-
ſens/ daß auß dem Nitro (bilde dir aber kein aqua fort ein) nicht das wahre Solvens
Univerſale zu erlangen. Kanſt du hierinn etwas dargegen ſagen/ oder ein ander Sub-
jectum anzeigen/ darinn oder darbey alle dieſe Kennzeichen vnd Tugenden beyſammen/
als allein bey dieſem? Jch weiß du wirſt es wol bleiben laſſen/ vnd keines finden/ wann
du ſchon die gantze Welt ſolteſt außſuchen. Ob ich ſchon nicht geſchrieben/ daß eine Tin-
ctur auff die vnvollkommene Metallen darmit koͤnne bereitet werden/ wie die alten Phi-
loſophi ihme zu thun ſolches zugeeignet/ ſo muſt du dencken/ daß ich ſo weit darmit nicht
kommen bin/ auch mich bißhero ſo weit einzulaſſen noch keine Zeit vnd Gelegenheit ge-
habt/ auch niemalen geſinnet geweſen/ nach ſo hohen Dingen zu ſtreben/ ſondern mich
allzeit begnuͤgen laſſen mit geringern/ wie ich dann noch nicht darnach zu trachten geſin-
net bin. Wie weit ich aber allbereit darmit gekommen/ kanſt du auß dem Andern Theil
Furnorum erſehen/ da ich viel nachdenckliche Proceſſen auff das grobe Nitrum beſchrie-
ben/ vnter welchen der geringſte keiner iſt/ da ich erzehle/ wie daß ich vor etlichen Jahren
einmal einen Calcem Solis in einem Tiegel habe wollen zuſammen ſchmeltzen/ vnd weil
es nicht wol hatte flieſſen wollen/ immer ein wenig Fluß (von Salien gemacht) nach dem
andern zugeworffen/ ſo lang vnd viel/ biß alles wol gefloſſen geweſen; nachdem ich aber
den Tiegel auß dem Feuer gehoben/ vnd außgoſſen/ vnd vermeynet/ mein ☉ wieder zu
finden/ ſo habe ich nur ein Bley an ſtatt deß Goldes gefunden/ vnd den Fluß blut-roht/
da er doch nur von weiſſen Salien gemacht war/ vnd alſo von der anima Auri, die er an
fich gezogen/ ſich gefaͤrbet/ vnd dem Gold alle ſeine Wuͤrdigkeit benommen hatte/ wel-
ches/
[159]deßMenſtrui Univerſalis.
ches/ da ichs geſchen/ vnd gemerckt/ daß ein groß Geheimnuͤß darhinder ſtecke/ wieder
alſo zu thun etlichmal ſeithero verſucht/ aber niemalen hat gelingen wollen/ daran das
Subjectum nicht/ ſondern ich ſelber/ der ich das Gewicht vnd den Grad deß Feuers nicht
behalten/ vrſach geweſen bin/ oder Gott es ſonderlich nicht hat zulaſſen wollen/ daß ich
weiters darmit kommen ſolte. Gewißlich/ ſo ichs wieder haͤtte thun koͤnnen/ wuͤrde ich
den Lap. Philoſoph. ſchon vorlaͤngſt gehabt haben/ der ich mich jetzunder mit geringen
Dingen noch ſchleppen/ vnd meine Haushaltung mit vieler Muͤhe vnd Arbeit ſtuͤckweis
annoch verſehen muß. Dieſes alles hindan geſetzt/ was ich allhier ſchreibe/ man beſehe
den hocher fahrenſten Philoſophum Paracelſum, was er nur vom groben Nitro ſchreibt
vnd ſaget/ die Chymia hat es gefunden im Nitro ſtecken: man beſehe Baſilium Valenti-
num vnd Sendivogium, vnd alle warhaffte alte Philoſophos, was ſie davon ſchreiben/
ſo wird man befinden/ daß ihre Spruͤche allzumal auff die operation dieſes Subjecti ge-
hen/ vnd glauben muͤſſen/ daß ich ihme nicht zuviel/ ſondern viel mehr zuwenig (weilen
mir noch viel vnbewuſt) allhier zugemaͤſſen habe. Jch koͤnte wol/ wann ich wolte/ aller
Philoſophorum terminos mit dieſem Subjecto vergleichen oder wahr machen; wozu
aber eine ſolche Weitlaͤufftigkeit? Der ſo weit einmal darmit kommen wird/ als ich ge-
kommen bin/ dem werden die verborgene Heimlichkeiten in der Philoſophorum Schrif-
ten klar genug vor Augen ligen/ vnd als dann geſtehen muͤſſen/ daß dieſes das wahre Sol-
vens Univerſale ſey/ vnd ſonſten gantz kein anders. Es habens ihnen zu allen Zeiten
viel eingebildet/ daß es auß dem Nitro muͤſte bereitet werden/ aber weilen ſie daran ge-
zweiffelt/ vnd nichts darmit experimentiret/ ſie auch nichts darinnen gefunden haben.
Viele ſeynd bey meinen Zeiten geweſen/ die vermeynet haben/ das gemeine Nitrum zu
ſigiren in eine Tinctur, hat ihnen aber gefehlet/ indem ſie daſſelbe alſo grob vnd vnbereit/
auch ohne ſeinen Gehuͤlffen/ allein eingeſetzet (welches ihnen dann ſo geblieben iſt/ gleich
wie es eingeſetzt worden) vielleicht/ wann ſie ein ſolches Subjectum haͤtten geben koͤmen/
damit es ſich gern vereiniget/ ſie nicht vnnuͤtze oder verlorne Arbeit gethan haͤtten. Baſi-
lius ſagt/ man ſoll ihm ein froͤliches Weib geben/ ſo werde er ſich darinn verlieben/ vnd
auß ihnen beyden Koͤnigliche Kinder geboren werden. Alle Philoſophi aber ſagen/ man
ſolle dem Mercurio ſein rechtes Gewicht (doch kein gemeines) Solis \amp; Lunæ, zuſetzen/
ſo werde auß beyden ein vnzertrennlich Weſen werden/ vnd indem das ☉ durch den
Mercurium ſolviret/ auch zugleich der Mercurius von dem ☉ coagulirt werde/ vnd ge-
ſchehe in einer operation deß corporis ſolutio, vnd auch deß Mercurii coagulatio. Ge-
wiß iſt es/ daß etwas vnter den Mineralien iſt/ welches ſich mit dem Nitro noſtro con-
jungiret/ vnd ſich mit ihme figiren laͤſſt/ auch in waͤhrender fixation durch alle Farben
geht/ was aber endlich dar auß wird/ iſt mir vnwiſſend/ weil ich ſolche Arbeit niemaln zu
ende bringen koͤnnen/ vnd der ich nunmehr alt vnd verdroſſen/ ſchwerlich etwas weiters
darinn zu verſuchen mich vnterſtehen werde; wil auch niemand rahten/ daß er ſich in ein
ſolche vngewiſſe Arbeit einlaſſen/ ſein Geld vergeblich dariñ zu conſumiren: der es aber
thun wil/ vnd ihme mißlingt/ der gebe mir die Schuld nicht/ als wann ich ihme durch
meine
[160]Von Tugend/ Krafft vnd Eigenſchafft
meine Schrifften ein Anlaß darzu geben haͤtte; darinn er mir vnrecht thun wuͤrde. Dañ
was ich allhier geſchrieben/ habe ich thun muͤſſen/ zu beweiſen/ daß ich dieſem Subjecto
den Namen Univerſal nicht vnbillich oder ohne gewiſſe Vrſachen zugceignet; es iſt auch
nicht noͤhtig/ daß ein ſolches wichtiges Werck in der boͤſen Welt gemein ſey oder werde;
der Menſch mag lcicht etwas haben/ damit er ſeine Geſundheit erhaͤlt/ vnd zur Noht-
durfft mit den ſeinigen lebet: Vberfluß macht nur hochmuͤtig/ vnd fuͤhret in Suͤnden/
weil aber Gott der Allmaͤchtige nicht vergebens ſolches groſſe Geheinmuͤß in die Natur
gelegt/ ſo iſt es auch nicht vnbillich oder vnrecht/ ſolches anzunehmen/ wann einem ein
Licht von oben herab darzu gegeben wird/ vnd niemand zu verdencken/ wann er rechtmaͤſ-
ſiger weis nach etwas Gutes trachtet: dann deme/ welcher ein Perlein oder Edelgeſtein
auff dem Wege findet/ vnd nicht auffhebet/ eben ſo viel Vnrecht kan zugelegt werden/
als deme/ der es von andern ererbet/ vnd vunuͤtzlich durchbringt oder verſchwendet. Es
ruffen ja alle Philoſophi einhellig von ihrem Mercurio, daß er wegen ſeines geringen
Herkommens (von denen die ihnen einbilden ſie wiſſen etwas) nicht geachtet/ oder fuͤr ein
Menſtruum Univerſale angenommen werde; vnd ermahnen/ daß man ſich an ſeiner
Veraͤchtlichkeit doch nicht ſtoſſen wolte; vnd ſagen darbey/ daß allein dieſes die Vrſach
ſey/ daß viel vergeblich darnach ſuchen/ weil ſie alſo hoch hinauß wollen/ das jenige/ was
ihnen dient/ mit Fuͤſſen treten/ vnd ſuchen das/ welches nirgends zu finden ſey/ da ihnen
doch allzeit das wahre Subjectum offen vor augen ligt. Was hilfft aber/ einem Blinden
ſchoͤne Farben zeigen/ oder einem Dauben/ auff der Lauten ſpielen? Eben ſo viel fruch-
tet es auch/ wann man Narren von Secreten der Natur prediget/ darzu ſie keine Adepti
ſeyn noch werden koͤnnen. Es hilfft kein lauffen noch ſorgen/ etwas zu erlangen/ ſondern
allein Gottes Erbarmen/ ſagt der heilige Apoſtel Paulus. Wie ſagt der Koͤnigliche
Prophet David? Vergeblich iſts/ daß ihr fruͤh auffſtehet/ vnd mit Sorgen ſchlaffen
geht/ vnd eſſet euer Brod mit Vngemach/ dann wems Gott goͤnnt/ gibt ers im Schlaf.
Daraus zu ſehen/ daß keinem Menſchen moͤglich/ durch ſeinen Fleiß/ Muͤhe vnd Arbeit
ein ſolches Kleinod zu erlangen/ ſondern eine Gab vnd Gnade Gottes (wie alle wahre
Philoſophi ſolches einhellig bekennen) iſt vnd bleibt: darbey es auch auff dißmal bewen-
den ſoll.
Moͤchte mancher gedencken oder ſagen: Wer hat dann dir eben geſagt/ daß dieſes
der Mercurius Philoſophorum ſey/ oder von wem haſt du ſolches hoͤren ſagen? dem gib
ich zur Antwort: Auß ſeiner Eigenſchafft/ Geſtalt/ Natur vnd Weſen/ wie er von den
Philoſophis beſchrieben/ hab ich ſelben erkant/ vnd ſonſt nirgends von. Wann du ihn
mit philoſophiſchen Augen anſieheſt/ wirſt du ihn auch kennen/ vnd ſonſten nicht: dann
er verbirgt ſich fuͤr den Hoffaͤrtigen/ vnd zeiget ſich denen/ ſo es Gott goͤnnet. Wann ein
erfahrner Deutſcher Gaͤrtner etwan vngefaͤhr in einen Garten kaͤme/ darinn das wun-
derbarliche Gewaͤchs Noli me tangere (welches auß Oſt-Jndien zu vns in Europam
gebracht/ vnd nunmehr an vielen Orten in groſſer Herren Gaͤrten mit Fleiß zur Ver-
wunderung fortgepflantzet wird) ſtuͤnde/ davon er ſo viel geleſen vnd gehoͤret haͤtte/ ſol-
ches
[161]deßMenſtrui Univerſalis.
ches anſichtig wuͤrde/ vnd es/ ſeiner Natur vnd Beſchreibung nach/ fuͤr ihm nieder zur
Erden fiele/ vnd ſich nicht wolte anruͤhren laſſen/ ob er ſolches ſchon niemaln geſehen/ er
dadurch nicht koͤnte vergewiſſert ſeyn/ daß es eben ſolches Kraut waͤre oder ſeyn muͤſte?
gewißlich wuͤrde er nicht anders glauben koͤnnen/ daſſelbe zu ſeyn/ dieweil ſolche Eigen-
ſchafften/ die ihme zugeſchrieben/ vollkoͤm̃lich bey ihme zu finden: Warumb ſolte man
dann nicht auch glauben doͤrffen/ wann Gott einem die Augen oͤffnete/ vnd er ein Sub-
jectum erſaͤhe/ welches mit ſolchen Eigenſchafften begabet waͤre/ die dem Mercurio
Univerſali zu haben/ von den Philoſophis zugeſchrieben worden/ ohne zweiffel wuͤrde
er ſich damit contentiren/ vnd nach keinem andern ſuchen.
Schließlichen ſo iſt das Sal Nitrum das einige Wachsthum/ Gebaͤrung vnd Ver-
mehrung aller vegetabiliſchen/ animaliſchen vnd mineraliſchen Dingen/ vnd auch hin-
wiederumb derſelben Zerſtoͤrung vnd Wiedergebaͤrung/ alſo/ daß ein immerwaͤhrende
circulation der Elementen in der Natur herꝛſchet oder regiret: dann auß welchem ein
Ding geworden/ in daſſelbige es wieder gehen muß. Daß das Nitrum auß den Vege-
tabilien in der Animalien Coͤrper durch die digeſtion vnd ſeparation zu einem minera-
liſchen Saltz generirt wird/ kan niemand leugnen; iſt alſo das Nitrum oder Sal terræ
vegetabiliſch/ animaliſch vnd mineraliſch/ welches man von keinem andern Subjecto,
als von der Materia Univerſ. ſagen kan. Vnd gleich wie es aller Vegetabilien/ Ani-
malien vnd Mineralien beſter Erhalter/ Bewahrer/ vnd fuͤr dem Tod ein Beſchirmer/
alſo hergegen auch derſelben Zerſtoͤrer oder Tod iſt/ vnd von ihnen geliebet vnd gehaſſet
wird. Die Vegetabilien lieben es/ wann ſie in der Erden wachſen vnd ihre Nahrung
davon nehmen: dañ ein todes oder ſaltzloſes Erdreich gibt dem Saamen keine Nahrung
oder Wachsthum/ welches Chriſtus ſelber bezeugt/ da Er ſagt: Wann die Erden kein
Saltz hat/ ſo iſt ſie dum̃/ vnd kan keine Frucht bringen. Der Vnwiſſende aber ſagt/ der
Miſt mache das Erdreich gut vnd fruchtbar; welches aber nicht alſo iſt: dann das Saltz/
ſo in dem Miſt iſt/ thut es/ vnd der Miſt ſelber nicht/ welches Saltz dann auch auß den
Vegetabilien nach ihrer putrefaction geworden/ vnd wieder ſich in dieſelbe verwandelt/
wann es in die Erden zu dem Saamen oder Wurtzel derſelben gethan wird. Die Ani-
malien lieben daſſelbe/ wann ſie ſolches in ihrer Speis genieſſen/ davon der Leib vor
Faͤulnuͤß erhalten vnd geſtaͤrcket wird. Dann niemand ſo grob vnd vnwiſſend iſt/ wel-
cher von der taͤglichen Erfahrung nicht ſo viel gemercket/ daß das Saltz eine Erhaltung
der Lebendigen vnd der Todten ſey. Moͤchte aber der Vuwiſſende einwerffen vnd ſa-
gen/ das Saltz præſervirt nicht allein/ ſondern es thuns auch noch andere Subjecten/
wie zu ſehen bey der Myrrha, Aloë, vnd andern balſamiſchen Saͤfften/ welche Fleiſch
vnd Fiſch fuͤr Faͤulnuͤß bewahren; deme gebe ich zur Antwort/ daß nicht das Aloë oder
Myrrha ſolches thun/ ſondern ihr Saltz das ſie haben/ ſolches verrichtet. Es præſervirt
auch Honig vnd Zucker/ moͤchte mancher ſagen/ vnd ſeynd doch keine Salia, deme ſage
ich/ daß er nicht verſiehet was Salia ſeynd: dieſes ſeynd ſuͤſſe Salien/ jenes aber bittere/
welche ſich auch in haͤndige oder ſauere Salien verwandeln/ wann ſie durch die putrefa-
Xction
[162]Von Tugend/ Krafft vnd Eigenſchafft
ction vmbgewendet werden. Es præſerviret auch ein jedweder von Wein oder an-
dern Vegetabilien deſtillirter Spiritus ardens, vnd iſt auch keinem Saltz gleich/ der doch
nichts anders iſt/ als ein rein Sal vini volatile, mit ſeinem Sulphure vermiſchet; wie
dann nimmer ein principium gantz rein gefunden/ darinn nicht von andern auch etwas
vntermiſchet waͤre. Es præſerviret auch der Eſſig/ der nichts anders als ein Saltz iſt/
welches weitlaͤufftiger zu beweiſen ich genugſam thun koͤnte/ aber allhier an dieſem Ort
keinen Platz hat. Der ſo grob iſt vnd nicht verſtehet/ daß durch die putrefaction immer
ein Weſen in ein anders verwandelt wird/ dem iſt nicht zu helffen/ wann man ſchon noch
ſo groſſe Buͤcher vorſchriebe/ auß einem ſuͤſſen Moſt/ Zucker oder Honig kan ein ſaurer
Tartarus, ſcharffer Eſſig vnd volatiliſcher Spiritus ardens werden/ vnd ſolches allein
durch die putrefaction vnd fermentation, vnd hernach der Tartarus, Eſſig oder Spiri-
tus ardens wieder zu einem nitroſiſchen Saltz werden; welches aber ſehr wenig verſte-
hen oder wiſſen/ ſonderlich diejenigen/ welchen am allermeiſten zu wiſſen zugetraut wird.
Nicht allein der Menſch liebet das Saltz/ vnd kan ohne daſſelbe nicht geſund leben/ ſon-
dern es begehren vnd ſuchens auch alle Thiere. Die Maͤus lauffen nach dem Saltz vor
andern Thieren; wann ſie es nicht finden/ ſolches von den außgeſchlagenen geſaltzenen
Mauren ablecken; wie dann ihr Vrin uͤber die maſſen nitroſiſch iſt. Die Dauben ſe-
tzen ſich gern auff alte von Saltz außgeſchlagene Mauren/ die Saltzigkeit herauß zu ſu-
chen. Die Huͤner leſen die einmal von den Pferden verdaͤute vnd mit Saltz imprægnirte
Haberkoͤrner auß dem Miſt/ vnd eſſen ſie viel lieber als friſchen Haber/ legen auch beſ-
ſer davon/ vnd hilfft ihnen das Saltz die Steinlein im Magen verdaͤuen/ dadurch ihnen
Schalen uͤber die Eyer wachſen/ wann ſie aber eingeſperꝛt ſeyn/ vnd zu keiner geſaltzenen
Erden kommen koͤnnen/ ſo iſt ihr Magen zu ſchwach/ daß er den Sand oder kleine Kieß-
lingſteine verzehren vnd Schalen darvon machen kan/ ſondern legen die Eyer ohne
Schalen/ oder freſſen von andern Huͤnern gelegte Eyerſchalen auff/ wann ſie daruͤber
kommen koͤnnen/ nur ihren eigenen Eyern oder Gebuͤrt Schalen dadurch zu machen/
auf daß ſie moͤchten gelegt oder geboren werden/ vnd nicht vmb deß inwendigen Dotters
oder Weiſſen willen. Die Mineralien lieben das Saltz in dem Gebirg zu ihrem
Wachsthum/ davon ſie corporaliſch werden/ vnd ſich davon nehren/ wie die Erfahrung
außweiſt/ vnd auſſer dem Berg oder Erden lieben ſie ſolche gleicher weis/ dadurch gezei-
tiget vnd verbeſſert zu werden; vnd ſonderlich vor allen Salien das Nitrum (wie oben all-
bereit bewieſen) groſſe Liebe vnd Gemeinſchafft zu den Metallen traͤgt: hergegen aber
werden die Salien ſowol von den Mineralien als Animalien vnd Vegetabilien gehaſſt/
wann ſie dadurch vnordentlicher weis tractiret/ oder auß ihrer Natur verſtoͤret oder ver-
derbt werden. Bleibt alſo darbey/ daß das Saltz (rechtmaͤſſiger weis appliciret) allein
der Vegetabilien/ Animalien vnd Mineralien ein Erhalter/ Ernehrer vnd Vermehrer
oder Verbeſſerer ſey/ welches alle warhaffte Philoſophi erkant vnd bekant haben/ vnd
ſonderlich Plato, der dem Saltz etwas Goͤttliches bey ſich zu haben zugeſchrieben hat/
welches auch ihre Nachkoͤm̃linge geglaubt/ vnd viel im Saltz/ ja gar den Lapidem Phi-
loſo-
[163]deßMenſtrui Univerſalis.
loſophorum ſelber darinn geſucht; weil ſie aber nicht gewuſt/ welches das rechte Saltz/
vnd wie es zu præpariren vnd zu appliciren/ haben ſie nicht weiters darmit fortkommen
koͤnnen. Sonſten iſt leicht zu erachten/ daß die alten Philoſophi ihre geheime Kunſt
nicht vergeblich Alchymiam, gleichſam als eine Tractirung oder Schmeltzung deß
Saltzes genennet/ vnd die Wort (in igne \amp; ſale magiſterium conſiſtit) gebraucht ha-
ben/ darmit anzuzeigen/ daß durch Saltz vnd Feuer die wahre Medicin ſowol zu deß
Menſchen Geſundheit als Verbeſſerung der Metallen muͤſſe bereitet werden/ darbey
wirs auff dißmal wollen beruhen laſſen: Wann mir aber Gott das Leben laͤnger friſten
wird/ vnd ich nicht daran verhindert werde/ ſo wil ich einmal dem menſchlichen Ge-
ſchlecht zum beſten herauß geben/ was Saltz vnd Feuer ſey/ auff daß man ſehen moͤge/
was fuͤr vnglaubliche Kraͤfften vnd Tugenden (welches der jetzigen boͤſen Welt noch
verborgen iſt) dieſe beyde beſitzen.
Noch eins dient zu ſagen: Wann die Alten Philoſophi die Materiam Univerſa-
lem obſcurè haben entdecken wollen/ haben ſie geſagt/ daß dieſelbe allenthalben zu fin-
den/ vnd daß ſie der Arme ſo wol als der Reiche habe/ vnd kein Menſch ohne dieſelbe leben
koͤnne: dahero man auff die Lufft/ Regenwaſſer/ Schnee der im Mertzen gefallen/ oder
Maͤyenthaw/ ſeine Gedancken geſetzt/ vnd die Materiam Univerſalem darinn geſucht:
aber wann ihre Arbeit auffs allerbeſte gerahten/ ſo haben ſie ein wenig Salis nitroſi ge-
funden/ vnd weiter nichts damit außrichten koͤnnen. Wahr iſt es/ daß die Aſtra die Luft
vnd Wolcken mit ihren allgemeinen Saamen ſchwaͤngern/ vnd dann hernach die Wol-
cken entweder in Geſtalt eines Regens/ Schuees oder Thaues herunterfallen/ das Erd-
reich fruchtbar vnd zum Wachsthum bequem machen: vnd wann ſchon der Regen oder
Thaw von der warmen Lufft wieder in die Hoͤhe gezogen wird/ gleichwol das Nitrum
bey der Erden laſſen/ ſich wieder von den Aſtris ſchwaͤngern laſſen/ wieder herunterfal-
len/ vnd die Erde befruchten/ vnd wieder hinauffgezogen vnd herabgeworffen werden/
fuͤr vnd fuͤr/ auff daß ja die Erden nimmer ohne den allgemeinen Saamen ſey/ ſondern
allzeit das Wachsthum aller Dingen befoͤrdert/ vnd die immerwaͤhrende circulation
der Elementen nicht auffgehoben werden. Daher Hermes geſchrieben: Idem eſſe ſu-
perius, quod eſt inferius: Aber darumb nicht geſagt/ daß wirs von oben bey den Aſtris
ſuchen oder herunter holen ſollen/ wann wirs auff eine leichtere Weiſe in der Naͤhe/ hier-
unten vor vnſeren Fuͤſſen/ ſolches genugſam haben koͤnnen; wie dann ſeine Wort alſo
lauten:
Verba ſecretorum Hermetis.
Verum eſt, \amp; ab omni mendaciorum involucro remotum, quodcunque inferius eſt.
ſimile eſt ejus, quod eſt ſuperius, per hoc acquiruntur \amp; perficiuntur mirabilia ope-
ris unius rei. Quemadmodum etiam omnia ex uno fiunt, per conſiderationem unius.
Ita omnia ex uno hoc facta ſunt per conjunctionem. Pater ejus Sol eſt, mater Luna,
ventus in utero geſtavit, nutrix ejus eſt terra, mater omnis perfectionis. Potentia
ejus perfecta eſt, ſimutatur in terram. Terram ab igne ſeparato, ſubtile \amp; tenue, à
X 2groſſo
[164]Von Tugend/ Krafft vnd Eigenſchafft
groſſo \amp; craſſo, \amp; quidem prudenter cum modeſtia \amp; ſapientia. In hoc à terra aſcen-
dit, in cœlum hoc à terra \amp; à cœlo rurſus in terram deſcendit, \amp; potentiam ac effica-
ciam ſuperiorum \amp; inferiorum recipit. Hoc modo acquires gloriam totius mundi.
Propulſabis igitur tenebras omnes \amp; cæcitatem, hæc enim fortitudo omni alii for-
titudini \amp; potentiæ palmam præripiens: omnia namque ſubtilia \amp; craſſa duraq́ue
penetrare ac ſubigere poteſt. Hoc modo mundus hic conditus eſt, \amp; hinc conjun-
ctiones ejus mirabiles, \amp; effectus mirandi, cùm hæc via ſit, per quam hæc mira effi-
ciantur, \amp; propter hæc Hermetis Triſmegiſti nomine me appellarunt, cùm habeam
partes tres ſapientiæ \amp; Philoſophiæ univerſi mundi. Conſummatum eſt verbum
meum, quo dixi de opere ſolarí. Dieſes ſeynd die Wort deß vhr-alten Philoſophi
Hermetis, welcher/ weil ihme vor andern die gantze Natur wol bekandt geweſen/ billich
als ein Vater aller Philoſophen gehalten wird/ mit welchen dieſen wenigen Worten er
vns gnugſam zu verſtehen gibt/ daß kein avicula ſine alis, welches Tag vnd Nacht fleucht/
vnd doch nimmer muͤde wird/ auch der obern vnd vntern Elementen/ wie auch der obern
groſſen vnd kleinen vntern Welt einiger Erhalter/ Geiſt vnd Leben in dem Nitro ver-
borgen ſey. Auff daß aber ſolches der Vnwiſſende noch beſſer verſtehe/ ſo betrachte er nur
die Lufft/ darinn der Spiritus Univerſalis, als ein primum Ens omnium rerum, wohnet/
ohne welchen kein Menſch oder ander Thier ein Viertelſtund das Leben erhalten/ noch
einiges Vegetabile oder Minerale herfuͤrwachſen/ ja die Sonn ſelber nicht ſcheinen oder
leuchten/ noch ein Feuer brennen kan; vnd gleich wie die Excrementen der Vegetabi-
lien/ Animalien vnd Mineralien wieder durch die immerwaͤhrende circulation zu Ali-
menten derſelben verwandelt werden/ vnd die Alimenten wieder zu Excrementen/ vnd
die Excrementen wieder zu Alimenten/ vnd alſo fuͤr vnd fuͤr ſolche Erneuerungen vnd
Veraͤnderungen geſchehen: aber allein bey den Menſchen ſolches nicht wil verſtanden
werden. Es weiß der Bauersmann ſo viel/ daß deß Baums jaͤhrlich abgefallen Laub
vnd Blaͤtter den Baum wieder erneuren/ vnd ihm eine ſonderbare Nahrung geben/ vnd
deß Viehes Excrementen/ wann ſie auff dem Felde gehen/ dadurch ein neues Gras
haͤuffig wachſen machen/ wie auch der Mineralien Abwurff/ davon das gute Metall ein-
mal geſchieden/ wieder durch die Aſtra in kurtzer Zeit geſchwaͤngert/ daß er wieder auffs
new ſolches Metall im ſchmeltzen von ſich gibt/ das ihme zuvor allbereit entzogen war.
Solches zu beweiſen: Wird nicht die Schlacken von den geſchmeltzten Ertzen an vielen
Orten wieder in die Gruben geworffen/ da es zuvor abgeholet worden? welches dann
einem Jahr lang ſich von dem Spiritu Univerſali per attractionem, ſeiner angebornen
Natur nach/ wieder erquicket vnd imprægniret, daß es hinfuͤrter wiederumb im ſchmel-
tzen Metall von ſich gibt. Wird nicht die Erden/ davon einmal der Salpeter gezogen iſt/
an die Lufft gelegt/ darinn ſie wieder Salpeter an ſich ziecht/ vnd uͤber etliche Monaten
wieder Salpeter gibt/ vnd ſolches ſo lang vnd offt man ſelber wil/ gleich als wann ihme
nichts benommen waͤre? Ziehen nicht alle Calcinaten/ als Calx viva von Steinen/
Muſcheln/ Holtz/ Kraͤutern/ ꝛc. gebrant/ von welchen das Feuer den Spiritum Univer-
ſalem
[165]deßMenſtrui Univerſalis.
ſalem getrieben/ auß groſſer Begierd nicht einen Spiritum Univerſalem wieder zu ſich/
vnd machen denſelben zu einem corporaliſchen Nitro? Jſt die Hitz vnd Kraft der Son-
nen nicht ihr Excrementum oder Superfluum davon ſie wieder ernehret vnd vnterhalten
wird? Wann kein warmer Sonnenſchein waͤre/ wuͤrde die Lufft nimmermehr mit einer
nitroſiſchen Eſſentia imprægniret werden/ vnd ſo ſolches fehlete/ wie wuͤrde die Erden/
wann kein fruchtbarer Regen darauff fiele (ſelbe zu erhalten) Frucht bringen/ vnd wieder
zu der Sonnen Vnterhaltung eine neue vnd immerwaͤhrende Nahrung gebaͤren koͤn-
nen. Muß alſo immer der Abwurff das Abwerffende vnterhalten vnd ernehren. Hîc
Plato jubet quieſcere. Davon ein mehrers (wanns Gott geliebt) hernachmalen.
Weil dann nun gehoͤret/ daß in dem Saltz/ vnd ſonderlich in dem Sal Nitro, ob es
ſchon von den Vnwiſſenden veracht vnd gering geſchaͤtzet wird/ ſowol zur wahren Medi-
cina als Alchymia dienſtlich/ maͤchtige Tugenden vnd Kraͤfften zu finden/ vnd man ſich
nicht darumb daran aͤrgern/ ſondern gedencken ſoll/ daß alles/ ſo vor der Welt vnd ver-
meynten Philoſophis gering/ bey Gott vnd warhafften Natur-Erkuͤndigern hergegen
groß iſt. Bleibt alſo darbey/ daß in rerum natura kein beſſers Subjectum (dadurch
wunderbarliche Dinge mit außzurichten) als das Sal Nitrum, zu finden ſey: Alſo ver-
bleibe ich auch dabey/ daß auß ihme der wahre Mercurius Philoſophorum koͤnne berei-
tet werden: daß ich aber mich dafuͤr außgeben ſolte/ als wann ich den Lapidem Philoſo-
phorum dadurch zu bereiten wuͤſte/ das laß ich wol bleiben/ dann ich niemaln darnach
getrachtet: was ich aber ſonſten/ in Verbeſſerung der Metallen vnd anderen nuͤtzlichen
Kuͤnſten/ von ihme allhier geſchrieben/ das hab ich durch die Erfahrung wahr zu ſeyn
gefunden/ darbey ich halte/ vnd ſolches (wann es die Noht erforderte/ vnd meinem Haus
eintraͤglich ſeyn ſolte) von Stuͤck zu Stuͤck zu beweiſen oder wahr zu machen/ ich im ge-
ringſten keinen Abſcheuen trage/ alſo/ daß man ſich wol vnd ſicherlich darauff zu verlaſ-
ſen/ daß alles/ ſo ich davon geſchrieben/ koͤnne præſtiret werden; daß es aber ein jedweder
ſolte thun koͤnnen/ iſt vnmuͤglich/ vnd auch nicht alſo gemeynet/ daß es ſo weit darmit
kommen ſolte: Wann ſolches darmit waͤre vermeynet geweſen/ haͤtte ich vmbſtaͤndlicher
oder außfuͤhrlicher davon geſchrieben/ welches aber vmb gewiſſer Vrſachen willen nicht
hat ſeyn koͤnnen/ ſoll alſo auff dißmal vnter den Freunden verbleiben Dann niemand
glauben kan/ was fuͤr Vnruhe vnd Verhindernuͤſſen mir meine außgegangene Schrif-
ten verurſachet/ indem der eine von hier- der ander von dort-auß mich mit weitlaͤufftigen
Schreiben uͤberfallen/ bald dieſes bald jenes von mir zu expliciren begehrt hat: etliche
haben ſich nicht geſcheuet/ groſſe Blaͤtter voll auffgeſetzte Quæſtiones, ſolche zu beant-
worten/ an mich geſandt; wann ich vnter zehen nur einem haͤtte darauff antworten ſol-
len/ mir nicht ſo viel Zeit uͤbergeblieben waͤre/ ein Stuͤck Brod mit Ruhe zu eſſen. Wañ
mancher gedaͤchte/ daß ich ſonſten mehr zu thun haͤtte/ als ihme auffzuwarten/ ſo wuͤrde
er etwas diſcreter darinn gehen. Dann gewiß iſt es/ vnd kan ſolches ein jedweder bey
ihme ſelber ermeſſen/ indem ich dem einen hier vnd dem andern dort ſeine Schreiben be-
antworte/ daß ich vnterdeſſen etwas anders nuͤtzlichers fuͤr die meinigen haͤtte verrichten
X 3koͤn-
[166]Von Tugend/ Krafft vnd Eigenſchafft
koͤnnen; dann die Zeit iſt zu edel/ daß man ſelbe ohne Frucht/ andern zu gefallen/ ver-
ſchlieſſen ſolte. Mancher koͤm̃t ſo vnbeſcheiden vnd ſagt: Was ſchadet es dir/ wann ich
dieſes auch weiß/ du behaͤlteſt doch die Kunſt noch bey dir; vermeynt alſo/ ein anderer ſey
darumb da/ ihme das Mus zu kochen vnd auch einzuſtreichen/ auff daß er keine Muͤhe
vnd Koſten/ etwas zu erfahren/ anwenden doͤrffte. Solcher Menſchen findet man viel.
Jch haͤtte es auch angenommen/ wann mir einer das ſeinige gegeben/ vnd mich muͤſſig
gehen laſſen/ iſt aber keiner geweſen/ der es gethan hat. Jch wolte freylich offtermals lie-
ber hinauß in das gruͤne Feld/ gleich als andere/ dem lieblichen Vogelgeſang anzuhoͤren/
gangen ſeyn/ als zu Haus bey groſſer Hitze vnd Geſtanck deß Feuers herumb geſudelt
haben/ wann ich auff andere Weis zu etwas rechtſchaffenes haͤtte kommen koͤnnen; nun
aber reuhet es mich nicht/ weil ich ſo weit/ mir der Huͤlffe Gottes/ kommen bin/ vnd die
Diſtel vnd Doͤrner außgereutet/ den Acker geſaͤet/ einmal auch die Fruͤchte zu genieſſen/
(wann mir Gott das Leben laͤnger goͤnnet) keinen Zweiffel trage; wil alſo der Zeit er-
warten/ vnd darneben meinem Nechſten zu dienen/ wann ers mit diſcretion ſuchet/
nicht vnterlaſſen.
Zum Beſchluß iſt noch dieſes zu erinnern/ wann etwan einer oder der ander geden-
cken oder ſagen moͤchte/ was mich dahin beweget haͤtte/ dieſes von allen Philoſophis
allzeit in hoͤchſter-geheim-gehaltenen Mercurii Univerſalis Kennzeichen ſo klar vnd ver-
ſtaͤndlich an tag zu geben/ welches die vndanckbare Welt doch nicht werth/ vnd auch nim-
mer vmb mich oder die meinigen verſchulden oder erkennen wuͤrde/ vnd nur die Perlein
fuͤr die Schwein geworffen waͤren; denen geb ich zur Antwort/ daß ich ſolches vorlaͤngſt
allbereit gewuſt vnd erfahren gehabt/ daß derjenige/ ſo der boͤſen Welt Gutes erzeiget/
ſeinen Lohn ſchon allhie empfangen vnd hinweg hat; derentwegen aber iſts darumb nicht
geſagt/ daß man das Gute vnterlaſſen/ vnd vmb der Boͤſen willen den Frommen ſolches
hinterhalten ſolte: Man muß Gott mehr fuͤrchten als die Menſchen/ welcher vns auß-
druͤcklich befohlen/ mit demjenigen Pfund/ ſo er vns verliehen/ zu wuchern/ vnd ſolches
zu vnſers Neben-Nechſten Erhaltung wol anzulegen/ vnd Frucht darmit zu ſchaffen.
Wann jederman ſein von Gott empfangenes Pfund hinderhalten wolte/ ſo wuͤr-
de zugleich auch Gottes ſelber vnd ſeiner Wunderwercken mit vergeſſen vnd verſchwie-
gen/ welches nicht ſeyn muß. Es ſind doch noch neidiſche Menſchen genug in der Welt/
welche ihnen ſelbſt nichts Gutes goͤnnen/ was ſolten die den andern zugefallen ſeyn? de-
nen man nicht nach folgen ſoll. Nichts haben wir mit vns auff die Welt gebracht/ vnd
nichts werden wik auch wieder mit vns von hinnen nehmen/ als allein ein gutes Gewiſ-
ſen. Jſt alſo nicht vnſer eigenes/ was wir beſitzen/ ſondern allein vns von Gott darumb
gelehnt/ daſſelbe wol anzulegen/ vnd redlich darmit haus zu halten; thun wirs aber nicht/
werden wir dafuͤr Rechenſchafft geben muͤſſen. Wie ſchaͤndlich es ſtehet/ wann ein Ar-
mer hoffaͤrtig iſt/ ſo viel ſchaͤndlicher ſtehet es/ wann ein Reicher geitzig iſt.
Weil mich dann Gott der HErꝛ/ als ein reicher Geber alles Guten/ mit guten
Wiſſenſchafften begabet/ vnd vor vielen andern Menſchen bereichert/ aber ohne zweiffel
nicht
[167]deßMenſtrui Univerſalis.
nicht darumb/ ſolches Pfund zu vergraben/ ſondern viel mehr dem Nechſten darmit zu
dienen/ vermeinet: Alſo wuͤrde ich auch nicht verantworten koͤnnen/ wann ich mich we-
gerte ein ſolches Inſtrument zu ſeyn/ darzu mich Gott erſchaffen vnd Mittel geben hat/
meinem Nechſten Gutes zu erzeigen. Gott der Allmaͤchtige theilet ſeine Gaben gar vn-
terſchiedlich auß; deme gibt Er groſſe Gewalt/ Staͤrcke/ Macht/ Reichthum/ vnd viel
Guͤter/ jenem aber Verſtand vnd Weißheit; einem andern aber Kunſt vnd Geſchick-
lichkeit/ vnd manchen laͤſſt er auch nur in viel Sorg/ Muͤhe vnd Arbeit ſtecken/ nachdem
er wol weiß/ was einem jedweden am beſten dienet. Vnd nach dem ein jedweder viel
Pfund empfaͤhet/ nach dem er auch wider fuͤr ſo viel wird Rechenſchafft geben muͤſſen.
Weil dann niemand ſicher iſt oder wiſſen kan/ wann einmal von dem Lehnherꝛn Rech-
nung von vnſerer Haushaltung wird genommen werden/ vnd wir allzeit in Sorgen le-
ben muͤſſen/ wann wir vnſer anvertrautes Pfund nicht wol angelegt/ uͤbel beſtehen moͤch-
ten: derentwegen ich auch gut eracht/ mit meinem Pfuͤndlein ein anders zu gewinnen/
vnd mich von obgedachter Sorge beyzeiten zubefreyen/ vnd die uͤbrige Tage meines Le-
bens (wann es Gott zulaſſen wil) ohne groſſe Arbeit/ Sorg vnd Vnruhe/ darinn ich
viel Jahr gelebt/ vollends zur Ehre Gottes vnd Dinſte meines Nechſten in Stille vnd
Ruhe zu verſchlieſſen; iſt es Gottes Wille/ ſo wird er zulaſſen vnd Anlaß geben/ daß ich
bald etwas beſſers heraußgebe/ wo nicht/ ſo muß der guͤnſtige Leſer den Willen fuͤr das
Werck nehmen. Es ſeynd mir ſonſten freylich noch mehr andere gute Wiſſenſchafften
bekandt/ darmit ich der Poſteritaͤt einen guten gebahnten Weg zu viel hoͤhern Secreten
zu kom̃en bereiten koͤnte: weil ich aber all mein Lebtag ſorgfaͤltig geweſen bin/ mein Haus
ohne meines Nechſten Beſchwerung/ ſondern durch meinen ſauren Schweiß allein ehr-
lich mit Nohtdurfft zu verſehen/ ſo kan ichs auch noch nicht laſſen/ vnd muß gegen meine
angeborne Natur die Haͤnd an ſolche Arbeit legen/ die ich vorlaͤngſt gewiſſt/ vnd alſo
weiters meinem Nechſten zum beſten durch Schrifften herauß zu gehen daran verhin-
dert werde.
Moͤchte mancher ſagen: Wann du etwas Gutes weiſſt/ kanſt du nicht andere
daſſelbe thun laſſen/ auf daß du ſelber die Hand nit anlegen/ ſondern nur allein das Werck
angeben vnd zuſehen doͤrffeſt? Dieſer/ welcher alſo redet/ gibt zu erkennen/ daß ihme die
jetzige boͤſe vnd vntreue Welt noch nicht bekandt ſey: wann ich dieſes haͤtte thun moͤgen/
vnd getreue Gehuͤlffen haben koͤnnen/ wolte ich die Meinigen ſchon vorlaͤngſt reichlich
verſehen/ vnd nicht biß hieher darmit gewartet haben. Es laͤſſt ſich aber alſo nicht thun/
wie mancher meynet; die Menſchen ſind jetziger Zeit gar zu falſch/ boͤs vnd vntrew; es
wird kein Verſprechen mehr gehalten; ein jeder ſucht nur ſein Eigenes/ es geſchehe
gleich mit Recht oder Vnrecht. Gutthat wird mit Boͤſem belohnet/ wie mir zum oͤfftern
widerfahren iſt/ wann ich bißweilen jemand zu mir genommen/ vnd vermeynet/ einen
getreuen Gehuͤlffen daran zu haben/ hat ſich das contrarium befunden: dann/ ſo bald
mancher etliche Stuͤcklein erlernet/ hat er ihme eingebildet/ ſchon mehr zu wiſſen als ich
ſelber/ vnd allerhand Vrſach geſucht/ wieder von mir zu gehen; hat es nicht oͤffentlich
oder
[168]Von Tugend/ Krafft vnd Eigenſchafft
oder mit guter Manier ſeyn koͤnnen/ iſt es heimlich geſchehen/ oder haben ſich ſo verkehrt/
halsſtarrig vnd muhtwillig angeſtellt/ daß ich Gott gedancket/ daß ich ihrer wieder los
worden bin/ vnd iſt alſo mein angewendte Muͤhe/ Arbeit vnd Fleiß allzeit verloren gan-
gen; bleibt alſo das alte Sprichwort wahr: Wer ſein Sachen wil gethan haben recht/
muß ſelbſten ſeyn Herꝛ vnd Knecht; welches ich wahr zu ſeyn erfahren hab/ wers aber
nicht glaubt/ mag es verſuchen vnd auch erfahren.
Man darff jetzunder ſchier niemand mehr auff ſein Wort vnd Verſprechen glau-
ben noch vertrauen/ der Teuffel iſt auß dem vnterſten vnd tieffſten Abgrund der Hoͤllen
abgeriſſen/ vnd in die Welt kommen/ die Menſchen zu regiren. Es geſchaͤhe aber offter-
mals ſo viel Vntrew nicht von den Dienſtboten/ wann nicht dieſelbe Teuffeliſcher Weis
von andern verhetzet/ verfuͤhret/ vnd darzu gebracht wuͤrden. Dann man ſolche Leut
findet/ welche Gelegenheit ſuchen/ wie ſie die Dienſtboten zu ſich bringen/ vnd gegen Ge-
ſchenck vnd Gaben/ was ſie im Haus geſehen vnd gehoͤrt/ von ihnen locken/ vnd dann
ſelbe weiters verhetzen and auffreckelen/ daß ſie hernach kein gut mehr thun wollen/ vnd
gedencken nicht/ daß ſolches Thun aͤrger dann ein Diebſtal ſey/ vnd ihnen doch nimmer
zur Wolfahrt gedeyen werde. Wann einer vom andern etwas das nicht ſeyn iſt/ vnd
er nicht Macht hat ſolches zu vergeben/ abſchwaͤtzet oder abnim̃t/ vnd ſolches verbirgt/
vnd gegen demjenigen/ deme es eigenthuͤmlich iſt/ zum Schaden heimlich oder oͤffentlich
gebrauchet/ als ein Heler deß Stelers zu halten iſt/ vnd bey keinen ehrlichen Leuten ſol-
ches verantworten kan/ vnd beſſer thaͤten/ wann ihnen ja von einem vngetreuen Diener
etwas angeboten wuͤrde/ daß ſie ſolches nicht annaͤhmen/ ſondern viel mehr ſich von ei-
nem ſolchen treuloſen Menſchen huͤteten/ vnd gedaͤchten/ thuſt du das deinem Herꝛn/
von dem du alles Gutes genoſſen/ was wuͤrdeſt du dañ mir thun/ wann du es vermoͤch-
teſt; ſo thun ſie aber gantz anders/ vnd ſagen: Schweige du nur/ ſo wil ich auch ſchwei-
gen/ wer wird vns dann koͤnnen uͤberweiſen; vnd dencken ſolche Leute nicht an das alte
Sprichwort:
Gleicher maſſen thun die jenigen eben ſo vnrecht/ denen man ein oder das ander
Secretum anvertrauet/ wann ſie ſolches bey ſich zu behalten verſprochen/ hernach ihr
Geluͤbde brechen/ ſolches andern wieder communiciren/ vnd alſo das Werck gemein
machen/ vnd dem Autori Schaden dadurch zufuͤgen. Dieſer vnd dergleichen Bos-
vnd Vntreuheiten der Menſchen iſt die Welt jetzund voll/ darumb ein jedweder/ wel-
cher etwas Gutes hat/ vnd Nutzen darmit fuͤr die ſeinigen thun wil/ ſich wol fuͤrzuſehen
hat/ was fuͤr Leut er zu ſich ins Hans nim̃t/ ob ihnen auch zu vertrauen oder nicht ſey.
Wol deme/ welcher ſeine Arbeit ſelber durch ſeine Eigene thun kan/ vnd nicht durch
Frembde verrichten darff/ dann kan er ſeine Nahrung ohne Sorgen in der Ruhe vnd
Stille ehrlich erwerben.
Vnd vor allen Dingen ſoll man Fleiß anwenden/ daß man mit Menſchen zu thun
habe/ welche Gott fuͤrchten; ob ſie ſchon nicht in allem nach Wunſch ſeyn/ ſo hat man
dan-
[169]deßMenſtrui Univerſalis.
dannoch gute Arbeiter; dann derjenig/ der Gott fuͤrchtet/ der fuͤrchtet auch die Menſchen/
vnd meydet die Suͤnd/ vnd ihr Thun wird von Gott geſegnet/ hergegen der Gottloſen
Arbeit fruchtet oder gedeyet nicht. Moͤchte jemand ſagen: Wobey erkenne ich dann die
auffrichtigen oder falſchen Menſchen? An ihrem Thun vnd Laſſen/ aber nicht an ihren
Worten? Ein boͤſer Baum kan keine gute Fruͤchte bringen/ vnd auch kein guter Baum
boͤſe. Gleich wie man nun an den Fruͤchten deß Baums ſeine Art erkennen vnd erfah-
ren kan/ alſo auch die Natur eines Menſchens erlernet wird. Nicht jederman/ der vor
Augen ſich freundlich vnd fleiſſig ſtellt/ muß man glauben: dann wann der Fuchs mit
dem Schwantz wedelt/ ſo meynet er die Huͤner: Es ſeynd auch gar boͤſe Katzen/ die forn
lecken vnd hinden kratzen: Wann deß Menſchen Thun mit ſeinen Worten uͤberein-
koͤm̃t/ als dann iſt zu trauen; es werden aber gar wenig ſolcher Menſchen gefunden/ aber
deren genug/ welche ſich heilig ſtellen/ vnd ihr Hertz voll Argeliſt iſt. Welchen das Feuer
gebrant hat/ der kennet daſſelbige/ meidet ſolches/ vnd warnet auch andere darvor; einer
aber/ der nichts verſucht hat/ muß mit Schaden erſt lernen vnd klug werden. Alles das
demuͤtig/ recht vnd ſchlecht iſt/ koͤm̃t von Gott/ wird aber vom Teuffel vnd der Welt ge-
haſſet. Ein jedweder Natur liebet ſeines Gleichen/ vnd haſſet ſein Vngleiches. Wann
der Menſch falſch/ hochmuͤtig/ luͤgenhafft/ trotzig/ neidiſch/ vnbarmhertzig vnd geitzig iſt/
ſo iſt er deß Teuffels Ebenbild/ vnd kan nicht zweyen Herren dienen/ ſondern muß den
einen lieben vnd den andern haſſen. An ihren Fruͤchten muß man ſie erkennen/ vnd nicht
an dem aͤuſſerlichen Schein vnd Anſehen. Wann man den Wein pruͤfet/ ſo kan man
davon vrtheilen/ ob er gut oder boͤs/ ſuͤß oder ſauer ſey. Ein Apffel hat bißweilen ein ſchoͤn
aͤuſſerliches Anſehen/ vnd iſt doch inwendig voller Wuͤrm vnd Bitterkeit. Die Alten
haben pflegen zu ſagen/ man koͤnne niemand gewiß vertrauen/ vnd ſich ſeines Thuns
verſichern/ man habe dann zuvor eine Metze Saltz mit ihme auffgeſſen; welches dann
wahr zu ſeyn auch alſo befunden wird. Welche Vntrew der Menſchen (nechſt meines
Alters vnd Vnvermoͤglichkeit gegen das verzehrende vnd außdruckende Feuer) die ein-
tzige Vrſach iſt/ daß viel Gutes von mir vnterlaſſen oder vngethan verbleibet. Zweiffele
aber nicht/ daß ſich bald einige anmelden/ mein Laboratorium vnter ſich theilen/ vnd wo
ich auffgehoͤrt/ anfangen/ der Natur Heimlichkeiten weiters nach ſuchen/ vnd durch Huͤlf-
fe meines gezeigten Wegs zum gewuͤnſchten Ende gluͤcklich kommen werden. Welches
mir dann auch viel lieber ſeyn wird/ daß meine durch viel groſſe Koͤſten/ Muͤhe vnd Arbeit
erlangte Secreten bekand/ als fruchtlos mit mir ſolten begraben werden: darzu ich dann
mit Raht vnd That beyzuſpringen (der Poſteritaͤt zum beſten) nach Moͤglichkeit nichts
werde ermangeln laſſen.
Schluß.
DEr guͤnſtige Leſer wird hiermit erſucht vnd freundlich gebeten/ wo-
fern ich in dieſem Tractaͤtlein etwan an einem oder dem andern Ort
(ſeiner Meynung nach) zu offen geredt/ daß er mir ja nichts in Ar-
Ygem
[170]Von Tugend vnd Krafft deßMenſtrui Univerſalis.
gem auffnehmen wolle. Dann was ich gethan habe/ iſt nicht vmb mein ſelbſt
eigenes/ ſondern vmb meines Nechſten Wolfahrt willen geſchehen/ wie ich
dann auch nicht zweiffel/ daß alle diejenigen/ welche eines Gottsfuͤrchtigen
vñ aufrichtigen Gemuͤts ſind/ uͤber meine wolmeynende Schriften viel mehr
ein beſonder Wolgefallen als Mißfallen tragen/ vnd auch vmb deß geringen
ſtyli willen/ die Warheit/ welche an ſich ſelber ſchlecht vnd gerecht iſt/ nicht
verachten/ ſondern viel mehr die gute Intention (derentwegen dieſes geſche-
hen iſt) beobachten/ defendiren vnd handhaben ſollen. Vnd wofern ja der
Teuffel/ welcher nicht leiden kan/ daß dem Menſchen etwas gutes geſchehe)
ſich vnterſtehen ſolte/ ſeinen Werckzeug gegen mich zu gebrauchen/ meine
Schrifften auß ſelben Eigen-Ehr vnd Hochmut zu tadeln oder zu verach-
ten/ derſelb iſt allbereit allhier/ wie auch ſonſten in meinen andern Schrifften/
ſchon gezeichnet/ dabey man ihn erkennen kan/ weſſen Kind er ſey/ oder durch
welches Trieb vnd Eingeben er ſeinen Hochmut beweiſe/ vnd gegen die be-
ſtaͤndige Warheit ſich lege vnd ſtreite: vnd der Alten vnfehlbares Sprich-
wort/ Ars non habet oſorem, niſi ignorantem, bey ihme wahr mache.
Weiters ſo bitte ich auch freundlich/ man wolle doch meiner mit allzuviel
vergeblichem ſchreiben verſchonen/ dann es mir vnmuͤglich iſt/ ohne meinen
Schaden/ jederman auff ſein Begehren Raht/ Red vnd Antwort zu geben:
wofern aber ja jemand meines geringen Rahts zu ſeinem guten Vorhaben
beduͤrfftig/ vnd mit Manier/ ohne meinen Schaden/ etwas von mir begeh-
ren wuͤrde/ demſelben zu dienen vnd in Billichkeit zu begegnen/ werde ich
nicht vnterlaſſen. Auch ſo offerire ich mich freywillig gegen alle diejenigen/
ſowol Groſſen als Kleinen/ von welchen mir von meiner Jugend an biß auff
dieſe gegenwaͤrtige Stunde irgends zu eine Gutthat/ wie gering dieſelbe auch
geweſen/ waͤre erzeiget worden/ vngeſcheut ſich bey mir anzumelden/ welches
ich dann nach beſtem Vermoͤgen alſo erkennen werde/ daß er ſagen muß/ daß
mein guter Raht (dann Geld vnd Gut zu geben hab ich nicht) ſeine mir er-
zeigte Freundſchafft vielfaͤltig uͤberwogen/ vnd auch ſchen vnd ſpuͤren moͤge/
daß das allerſchaͤndlichſte vnd abſcheulichſte von Gott vnd frommen Men-
ſchen auffs hoͤchſte verhaſſte vnd verfluchte Thier Ingratitudo nicht/ ſon-
dern viel mehr ein auffrichtiges Deutſches Gemuͤt vnd Chriſtliche Lieb ge-
gen Freunden vnd Feinden vnter meinem doch wohne vnd herꝛſche/
darbey es auff dißmal bleiben ſoll.
ENDE.
[171]
EXPLICATIO
Oder
Außfuͤhrliche Erklaͤrung uͤber das vorlaͤngſthin
vonJohan. Rudolpho Glaubero
außgegangenes (Miraculum Mundi) in-
titulirtes Tractaͤtlein.
Guͤnſtiger Leſer:
DIe Vrſach/ welche mich dahin bewogen/ dieſe Explication
uͤber mein Miraculum Mundi zu machen/ waͤre wol gut
geweſen/ ſelbe allhie anzuzeigen/ iſt auch allbereit vmbſtaͤnd-
lich vnd zur Nohtdurfft auf dem Pappier geweſen/ vnd hat
ſollen hierbey geſetzt werden: weil es aber vmb gewiſſer Vr-
ſachen dißmal nicht hat ſeyn koͤnnen/ iſt es auff eine beque-
mere Zeit verſparet vnd auffgeſchoben worden/ vnd wird zu ſeiner Zeit/
wanns Gott gefaͤllt/ auch ſchon heraußkommen. Doch obiter ein wenig
davon zu melden/ kan ich nicht vnterlaſſen.
Erſtlich denen damit zu begegnen/ welche meine Schrifften/ inſonder-
heit das Miraculum Mundi, bey hohen vnd niedrigen Standsperſonen
verachtet/ vnd faͤlſchlich vorgegeben/ als wann es nur bloſſe/ erdichtete vnd
vngegruͤndete opiniones waͤren/ die nicht ins werck koͤnten geſtellet wer-
den/ ꝛc. Wann nun hiemit die Warheit der gantzen Welt vorgelegt wird/
ſie ſich dann ſelber/ wann ſie alſo uͤberwieſen ſeyn/ auffs Maul ſchlagen vnd
bekennen muͤſſen/ daß ſie faͤlſchlich gegen mich gehandelt vnd mir vnbillicher
weis/ meine Ehre abgeſtolen haben/ ꝛc. Zum Andern hat mich auch darzu
bewegt die Argliſtigkeit vnd Falſchheit boͤſer Menſchen/ denen zum theil ich
auß guter Wolmcynung (weiln ich ſelbige fuͤr chrliche Leut angeſehen) gute
Secreten (mit Beding ſelbige nicht gemein zu machen) gutwillig commu-
niciret/ ſondern fuͤr ſich vnd mich Nutzen darmit zu ſchaffen: andere aber/
Y 2durch
[172]An den Leſer.
durch liſtige Falſchheit auß meiner Bewahrung/ ja ſchier gar auß meinem
Hertzen practiciret vnd entfuͤhret/ vnd jetzo fuͤr ihr Eigenes außgeben/ das
Meinige dargegen verachten/ ſich ſelber groß darmit zu machen/ vnd mir
Schaden zu thun/ ſo viel ihnen nur moͤglich/ ſuchen vnd trachten. Wañ dañ
nun allhier bewieſen wird/ daß es meine eigene Inventiones ſeynd/ ſolche
boͤſe vnd treuloſe Menſchen dann bey jedermann bekandt werden/ wie vn-
danckbarlich ſie mir Gutes mit Boͤſem bezahlen (kan nicht einen Jungen fuͤr
ſolchen boͤſen Menſchen/ wie durch Farnern bey Antoni Nieſen geſchehen/
behalten/ wann er nur eine Ertzprob machen kan/ er verhetzet vnd mir abge-
ſpannet wird) vnd vermeynen alſo durch ſolche Jungen alle Secreten auff
einmal zu erſchnappen/ iſt aber weit gefehlet/ wiewol ſie in ihrem Sinn ſtoltz
vnd hochmuͤtig werden/ vnd ſich nicht ſchaͤmen/ ſolche Luͤgen zu ſagen/ als
wann ſie alle meine Secreten weghaͤtten: iſt ihnen aber eine ſchlechte Ehre/
durch ſolche Hilpersgriffe vnd vnbilliche Weis ſich groß zu machen. Es iſt
aber gewiß/ vnd troͤſte mich darbey/ daß ſowol der Stehler als Hehler weder
Gluͤck noch Segen darbey haben/ Gott aber hingegen mich an einem andern
reichlicher ſegnen werde. Zum Dritten hat mir auch Anlaß darzu gegeben
mein Alter vnd Vnpaͤßlichkeit/ weilen ich das Feuer nicht mehr vertragen
kan/ vnd auch mit vngetreuen Menſchen mich nicht laͤnger ſchleppen mag:
wann dann die Secreten an Tag kommen/ man alsdann meiner hinfoͤrter
mit ſchreiben vnd fragen ſchonen wird: dann mir nicht moͤglich/ einem jed-
wedern auff ſein Schreiben zu antworten/ viel weniger in Perſon zu erſchei-
nen/ dann ich das Reiſen nicht mehr außſtehen kan. Zum Vierdten iſt die-
ſes die geringſte Vrſach nicht/ weil mir ein vntreuer Copiſt dieſes Tractaͤt-
lein vnter der Hand abgeſtolen/ vnd vielen gegen Gelde zu verkauffen außge-
boten/ vnd gemein gemacht/ welches/ ſo ichs gewahr worden/ fuͤr rahtſam
befunden/ ſelber in den Truck zu geben/ als andere vntreue Menſchen hinder
mir Kramerey darmit treiben zu laſſen/ durch welche communication auch
ich der gantzen Welt groſſen Dienſt zu thun/ vnd nur andern Nutzen zu
ſchaffen/ vermeine/ darnach aber mich der vndanckbaren Welt zu entaͤuſſern
vnd zur Ruhe zu begeben/ ich gaͤntzlich entſchloſſen: wornach man ſich zu
richten hat.
Anfaͤnglich vnd zuvor ich anhebe die Tugenden vnd Kraͤfften obge-
dachten Subjecti Univerſalis bey jedwedem Punct dasjenige/ ſo ich ihme
zu-
[173]Explicatio Miraculi Mundi.
zugeſchrieben/ zu beweiſen vnd wahr zu machen/ iſt noͤhtig zu berichten/ wie
vnd auff was Weiſe obernantes Sal terræ ſeine operation vollbringe/ auff
daß der guͤnſtige Leſer ſich nicht darinn confundire vnd ihm einbilde/ als
wann es ſeine Wirckung allein auff einerley weis vnd wege/ nemlich alſo ro-
he/ wie es an ſich ſelber iſt/ vollnbringe/ ꝛc. gar nicht/ ſondern es thut ſeine
Wirckung auff dreyerley Weis/ Form vnd Geſtalten/ nemlich: Erſtlich
wird es gebraucht zu vielen Handthierungen vnd Kuͤnſten/ wie es auß der
Erden gezogen/ purificiret vnd jederman bekandlich iſt. Zum andern Ge-
brauch muß es zuvorn durchs Feuer vnd calcination in eine andere vnd fixe-
re Subſtantz veraͤndert werden: wieder zum andern Gebrauch/ muß es zu-
vor durch die Hitze deß Feuers in ein fluͤchtiges Weſen oder ſtarck Waſſer
deſtilliret werden. Verbringt alſo diß Subjectum ſeine Wirckung in ge-
dachten drey Geſtalten/ als wie es an ſich ſelber iſt/ in Geſtalt eines Saltzes:
zum andern/ in geſtalt eines feurigen Liquoris fixi: zum dritten/ in geſtaltei-
nes fluͤchtigen/ ſcharffen/ corroſiviſchen Waſſers/ wie ſolches nach vnd
nach ſoll bewieſen werden/ als folgt:
Der erſte Punct laut alſo:
Erſtlich koͤnnen durch Huͤlff dieſesSubjectialle Ertze vnd Bergwercke
fundamentaliter probiret vnd verſucht werden/ was ſie eigentlich fuͤr
Metallen fuͤhren/ auch wie vielerley vnd wie viel eines jedwedern.
Dieſen erſten Punct nun wahr zu machen vnd zu beweiſen/ daß die Ertze fuͤglich
durch das Erden-Saltz zu probiren/ wil ich einen Anfang machen/ vnd anzeigen/ auff
was Weiſe ſolches geſchicht: Erſtlich ſo pulveriſire das Ertz gantz klein vnd zart/ es ſey
gleich ☉/ ☽ oder ♄ Ertz/ vnd miſche zu einem Centner deß Probirgewichts drey oder
vier Centner calcinirten oder figirten Salpeter/ miſche beydes vntereinander/ thue den-
ſelbén in einen guten Tiegel/ lege einen Deckel darauff/ ſetze den Tiegel auff ein Fuͤßlein
in einen ſolchen Schmeltz-Ofen/ wie er im vierdten Theil Furnorum beſchrieben/ laſſe
das Feuer allgemach angehen/ vnd laſſe das Ertz mit dem Fluß im Tiegel wol flieſſen/
wie Waſſer/ gieſſe es auß in ein groß Becken/ vnd laß erkalten/ vnd ſchlage den Koͤnig
davon; iſt es Gold/ ☽/ ♀ oder ♄/ ſo wege denſelben auff der Probierwaage/ ſo findeſt du/
wie viel ein Centner Ertz ☉/ ☽/ ♀ oder ♄ haͤlt. NB. ♂ vnd ♃ laſſen ſich auff dieſe
Weis nicht probiren/ dann das ♂ iſt zu vnfluͤſſig in einem ſolchen kleinen Feuer/ das
♃ aber verbrennt ſich zu Schlacken/ wegen deß Saltzes. NB. Kommen aber die ☉
vnd ☽ Koͤnige nicht fein herauß/ halten entweder ♀ oder ♄ bey ſich/ ſo muß man ſolche
auff einer Cupellen mit etwas wenig ♄ ablauffen laſſen/ biß ſie blicken/ ſo hat man das
Metall fein/ welches der rechte Halt iſt/ vnd man ſeine Rechnung darauff machen kan.
Y 3Die
[174]Explicatio Miraculi Mundi.
Die ♀ vnd ♄ Koͤnige beduͤrffen keines weitern verſuchs/ ſondern werden gewogen/ vnd
fuͤr den rechten Halt erkennet. NB. Wofern aber die Ertze ſehr wild waͤren/ vnd in
dem erſten ſchmeltzen keinen Koͤnig geben/ ſo muß man den Tiegel wieder in den Ofen
ſetzen (wann er noch gut iſt) ſo dann ein oder zwey Stuͤcklein Eiſen/ ſam̃t demjenigen
Ertz/ ſo keinen Koͤnig geben hat/ (verdeckt/ daß keine Kolen darein fallen) flieſſen laſſen/
ſo greifft der wilde Sulphur ſo in dem Ertze geweſen/ vnd das Metall in einen Koͤnig zu
fallen verhindert hat/ das Eiſen an/ vnd laͤſſt das ☉/ ☽/ ♀ oder ♄/ ſo im Ertz iſt/ fallen/
den gieſſt man auß in ein Gießbecken/ ſo faͤllt ein Koͤnig/ welchen man/ nach Erkaltung/
von der Schlacken abſchlaͤgt; faͤllt keiner/ ſo hat das Ertz auch kein Metall gehalten/ wil
man aber probiren/ ob das ☉ auch ☽/ vnd das ☽ ☉/ oder das ♀ oder ♄ ☽ oder ☉ hal-
ten/ ſo koͤnnen die Koͤnige auff Cupellen gepflickt/ vnd hernach mit Aqua forti geſchieden
werden/ ſo findet ſich/ wie viel eines jedwedern Metalls mit oder bey dem andern ver-
miſcht iſt.
Dieſe Scheidung weitlaͤufftig zu beſchreiben/ iſt nicht noͤhtig/ dann ſolches nun-
mehr allenthalben bekandt/ vnd bey dem Lazaro Erckher klaͤrlich beſchrieben/ welches kei-
nes wiederholens bedarff; wird allhier nur angezeigt vnd bewieſen/ daß durch das Ni-
trum die Ertze leichtlich vnd geſchwind zu probiren ſeynd. Jſt alſo hiermit (Gott Lob)
der erſte Punct bewieſen vnd wahr gemacht/ Gott helffe weiters.
II.
Deßgleichen auch alle ☽ vnd ☉ Ertze/ auff eine/ ꝛc.
Dieſen andern Punct betreffend/ iſt er vnter andern nutzbringenden nicht der ge-
ringſte/ ſondern einer von den beſten/ welchen ich auch allzeit in ſonderbarer Geheim ge-
halten; ſeynd mir zu vnterſchiedenenmalen viel gute Wort gegeben/ ſelbigen zu demon-
ſtiren/ darzu ich mich niemaln reſolviren wollen/ vnd ſolches nicht darumb/ als wann
ichs niemand goͤnnete/ vnd dieſe Kunſt mit mir vnter die Erden nehmen wolte; gantz
nicht/ ſondern nur darumb/ weil ſchier bey niemand Trew vnd Glauben mehr zu finden.
Es iſt jetzunder eine Ehre/ viel verheiſſen vnd wenig halten/ eine Schande aber ſolches zu
halten/ das man verheiſſen hat: bin etlichmal zu meinem Schaden gewitziget/ wann mir
einer honigſuͤſſe Wort gegeben/ vnd zehenmal mehr verſprochen/ als ich haͤtte begehren
doͤrffen/ habe mich uͤberreden laſſen/ manches Secretum von mir zu geben; ſo bald es
auß den Haͤnden geweſen/ hat man mir das contrarium bewieſen/ entweder meiner an
ſtatt deß verſprochenen Recompens eines mit mir gelachet vnd geſpottet/ oder aber gar
einen Zanck angefangen/ das Werck verachtet/ vnd alſo mir meine ihm erzeigte Gut-
thaten Gottlos belohnet.
Folget der Proceß.
Mache dir einen Ofen von guten vnd feuerbeſtaͤndigen Steinen/ ſo groß oder klein
du wilt/ oder deine Arbeit erfordert/ auff folgende Weiſe: Erſtlich ſolſt du ein ablangs
Ge-
[175]Explicatio Miraculi Mundi.
Gewoͤlb vngefehr/ von der Erden an/ einer Ehlen hoch zurichten/ ſelbige oben mit einer
eiſernen Blatten oder ſonſten ſtarcken feuerbeſtaͤndigen Steinen eben machen oder be-
legen/ welches der Fuß deß Ofens iſt. Es ſoll aber ſolcher Fuß viermal ſo lang ſeyn/ als
er breit iſt/ wie beygeſetzte Figur außweiſt; Neben dieſem Gewoͤlb oder Fuß deß Ofens
ſolſt du auch einen Ofen zurichten halb ſo weit/ inwendig als der Fuß deß langen Ofens
breit iſt/ vnd ſolchen vngefehr von dem Lufftfang zwo Elen hoch/ darinn man das Holtz
wirfft/ vnd auff ſelbigen Ofen ſoll an der Seiten/ da er an den Fuß deß Schmeltz-Ofens
ſtoͤſſt/ ein Loch haben/ dadurch die Flam̃ vom Holtze auf die Herde deß Ofens gehen/ vnd
ſelbe erwaͤrmen moͤge; oben ſoll ein eiſener Deckel ſeyn/ auff daß/ wann man Holtz ein-
geworffen/ der Ofen darmit koͤnne bedeckt vnd die Flam̃ gezwungen werden/ ſeitwarts
in den Schmeltz-Ofen zu gehen; der Schmeltz-Ofen aber/ wann der Herd gemacht/ ſoll
nach der Laͤnge in drey Theil oder Cammern getheilt werden/ alſo/ daß jedwedere Kam-
mer viereckicht/ oder die Breite vnd Laͤnge einander gleich werden/ vnd ſoll zwiſchen jed-
weder Kammer eine Wand ſeyn/ zu vnterſt mit einem Loch/ dadurch die Flam̃ ſeinen
Zug habe in die ander vnd dritte Kammer/ ꝛc. Zwiſchen der andern vnd dritten Cam-
mer ſoll ebenm̃aͤſſig auch ein Vnterſchied oder Zwerchwand mit einem Loch ſeyn/ wie
auch die dritte vnd hinderſte Kammer ſoll geſchloſſen/ vnd auſſer ſeiner Thuͤr nur ein Loch
haben/ dadurch die Flam̃ außgehen moͤge: auff der einen Seiten deß Ofens ſoll auch
in jedweder Kammer ein Loch gelaſſen werden/ dadurch man auff die Herde ſehen/ Ertz
vnd Metall auß- vnd einnehmen moͤge; vnd ſollen die Kammern uͤber ein oder andert-
halb Werckſchuh hoch nicht ſeyn; oberhalb derſelben ſoll von guter Erden ein wolbeſchla-
gener Deckel oder Hut alſo accommodiret werden/ daß er fuͤglich/ wann es noͤhtig/
durch eine Kranig oder Hebzeug von vnd wieder auff den Ofen moͤge gethan werden.
Wann alles ſo weit verfertigt/ ſo ſoll man von guter vnd feuerbeſtaͤndiger Erden nach
rechter Maaß/ nicht zu fett noch zu mager/ einen Herd in die erſte Kammer ſchlagen/ vnd
in die zweyte folgende einen Teſt von Laim oder Holtz-Aſchen/ in die dritte Kammer aber
einen Herd von guter Erden/ vnd alsdann in Gottes Namen das Feuer in dem Neben-
Ofen angehen vnd den Ofen ſam̃t den Herd wol außtrucknen laſſen: wann ſolches ge-
ſchehen/ ſo lege in die hinderſte Kammer dein gepuicht/ geſchleimt oder zu Schlicht gezo-
gen ☉ oder ☽ Ertz/ auff daß ſolches gemaͤchlich erwarme/ ſich abroͤſte/ aber nicht ſchmel-
tze/ welches man durch das Regiſter/ ſo daran iſt/ verhindern/ vnd das Feuer groß oder
klein machen kan/ nachdem es noͤhtig/ oder das Ertz erfordert oder erleiden kan; vnd ſol-
len die Ertze bißweilen mit einem Hacken beweget oder vmbgekehret werden/ auff daß ſie
allenthalben durchauß wol geroͤſtet. Jn die erſte Kammer ſoll man ſo viel ♄ legen/ als
der Herd tragen oder faſſen kan/ vnd wann daſſelbe wol treibt/ immer einen Loͤffel voll
deß geroͤſten Ertzes auß der hinderſten Kammer nach dem andern auff das treibende
Bley tragen/ ſolches mit einem eiſernen gluͤhenden Hacken vmbruͤhren/ vnd ſo lang dar-
auff ſtehen laſſen/ biß daß das Bley das Metall an ſich gezogen/ alsdañ man die Schla-
cken mit einem darzu gemachten eiſernen Hacken abziehen vnd beyſeits legen/ vnd wie-
derumb
[176]Explicatio Miraculi Mundi.
derumb ander geroͤſtet Ertz auff das treibende Bley tragen/ vnd mit ſchmeltzen/ vmbruͤhꝛ-
vnd Abziehung der Schlacken alſo verfahren/ wie zu erſt/ vnd ſolche Arbeit kan man ſo
lang treiben/ als man Ertz hat/ oder den Herd halten wil/ vnd wann das ♄ in waͤhren-
der Arbeit von dem Ertz zimlich ☽ oder ☉ haltig worden (welches man vernehmen kan/
wann man mit einem kleinen Loͤffelein eine Prob außnim̃t/ vnd ins klein probirt auf der
Cupellen) ſo ſoll man auff demſelben ein wenig Salpeter verbrennen/ vnd ſolches zu
zwey oder dreymalen thun/ ſo reiniget ſich das Bley/ wird weiß vnd geſchmeidig/ vnd
gehet gern hernach auff dem Teſt ab/ vnd raubet nicht/ welches ſonſten geſchaͤhe/ wann
es nicht durch den Salpeter waͤre gereinigt worden/ das ♄ darinn das ☽ vnd ☉ gezogen/
auß dem Herd mit einem groſſen Loͤffel außzuſchoͤpffen/ vnd den Herd/ ſo von Aſchen ge-
macht/ in der mittlern Kammer darmit anfuͤllen/ einen Balg darauff richten/ vnd die
Glut auff die eine Seiten blaſen/ vnd nach Gebrauch deß gewoͤhnlichen Abtreibens das
Bley zu Glett machen/ vnd hernach den Gold- oder Silber-Kuchen außnehmen/ vnd
folgends auff guten Teſten vnter den Muffeln fein vnd rein machen: kan alſo in dieſem
Ofen mit einem Feuer dreyerley Arbeit verrichtet werden/ wird viel mehr an Gold vnd
Silber erhalten/ als auf andere Weiſe: das Geblaͤs raubet viel Metall/ vnd verbrennet
ſolches auch zu Schlacken/ welches eine ſittſame Flamme von Holtz nicht thut; die ange-
zogene Schlacken laͤſſt man durch einen hohen Ofen gehen/ iſt noch etwas Bley darin-
nen/ ſo wird es erhalten/ vnd kan zu voriger Arbeit/ nemlich in der erſten Kammer (die
Ertze darmit anzuſieden/ ihnen ihr Gold vnd Silber zu benehmen) gebraucht werden/
gehet alſo auff dieſe Weiſe nichts verlohren/ ſondern wird nicht allein mehr an Gold vnd
Silber erhalten/ ſondern auch viel Kolen erſparet. Es ſollen aber dieſer Oefen allzeit
zween oder mehr (wann deß Ertzes viel iſt) in einem Laboratorio ſtehen/ damit/ wann
in einem laborirt wird/ man den andern verbeſſern oder neue Herde wieder einſetzen kan.
Dieſer modus iſt uͤberauß gut/ vnd foͤrderlich die ☉ vnd ☽ Ertze zu ſchmeltzen/ wie auch
☽ haltende Bley-Ertze/ vnd ſolches ohne Kolen vnd ſtarckes Geblaͤs/ ſondern allein
durch eine Holtzflam̃. A. iſt der Fuß deß Ofens/ B. C. D. die 3. Kammern/ E. F. G. die 3.
Thuͤr der Kammern/ dadurch man das Ertz vnd Metall ein- vnd außnehmen kan/ H.
der Deckel oder Hut deß Ofens/ I. die Lufftloͤcher oder Regiſter/ dadurch man die Flam̃
regiret/ K. die drey Loͤcher in den Zwerchs-Waͤnden oder Vnterſchieden der Kammern/
dadurch die Flam̃ gehet/ die Kammern vnd Herd zu hitzen/ L. der Neben-Ofen/ darein
man das duͤrre Holtz wirfft/ M. ſein Aſchenloch/ N. ſein Deckel/ O. das Neben-Loch/ da-
durch die Flam̃ in die Kammern gefuͤhret wird/ P. Hacken/ darmit man die Ertze im
roͤſten kehret/ vnd die Schlacken vom Bley zeucht/ Q. ein Loͤffel/ darmit man die geroͤſte
Ertze auff das treibende Bley traͤgt/ vnd das guͤldiſche oder ſilberige Bley auß dem er-
ſten Schmeltzherd auff den andern Treibherd ſchoͤpffet/ R. Zangen darmit man den
Blick ☉ oder ☽ Kuchen auß dem Treibherd hebet/ S. Ofen/ darinn man die ☉ oder ☽
Kuchen fein brennet/ T. die Teſten/ V. Muffel. NB. Es koͤnnen die Werck/ ſo auß
dem erſten Herd oder Kammern kommen/ auch gantz fein in der andern Kammer getrie-
ben
[177]Explicatio Miraculi Mundi.
ben werden/ wann man wil/ iſt aber doch beſſer auff beſondern Teſten vnter Muffeln.
NB. Dieſen Punct betreffend/ ſo iſt mehr daran gelegen/ als mancher ihme ein-
bilden moͤchte/ dann in vnſerm Vatterland an vielen Orten herꝛliche ☉ vnd ☽ Ertze
haͤuffig gefunden/ welche aber mehrern theils nicht zu recht gebracht werden/ theils weiln
ſie auff gemeine Weis vnd Art im ſchmeltzen zu wenig geben/ vnd die Vnkoſten nicht er-
tragen koͤnnen/ theils weiln ihr Halt noch nicht bekandt/ vnd alſo ligen bleiben/ welche
mit groſſem Nutzen auff dieſe Weis waͤren gut zu machen. Es ſeynd mir ſolche Ertze
an vielen Orten bekandt/ die ich nach gemeiner Prob gantz arm gefunden/ auff meine
Weis aber gantz reich. Hungarn/ Boͤheimb/ Kaͤrndten/ Steuermarck/ Saltzburg vnd
Tyrol was habt ihr fuͤr maͤchtige Schaͤtze in euren Landen/ die ihr nicht genieſſet/ vnd
doch leichtlich zu erlangen waͤren: Was hat Meiſſen/ Thuͤringen/ Braunſchweig vnd
Fichtelberg fuͤr verborgene Schaͤtze/ die niemand zu Nutzen kommen; ein jedweder Ver-
ſtaͤndiger wird leichtlich mercken koͤnnen/ was fuͤr ein groſſer Vnterſcheid zwiſchen dem
bekandten ſchmeltzen der Ertze vnd dem meinigen ſey/ wann ers wol betrachtet. Bley-
Ertz darff keiner groſſen Kunſt zu ſchmeltzen/ iſt auch das Metall nicht theuer/ vnd ge-
ſchicht ſo viel Schaden nicht/ wann etwas davon im ſchmeltzen mit dem Feuer verbrand
wird/ oder zuruͤck bleibt/ deßgleichen die ♀ Ertze zu ſchmeltzen auch ſehr gemein iſt durch
hohe Oefen vnd ſtarckem Geblaͤs/ ☉ vnd ☽ Ertze ſolte man billich nicht alſo verſchmie-
ren/ ſondern mit beſſerm Verſtand tractiren/ ſo wuͤrde man auch deſto groͤſſern Nutzen
darvon erlangen/ als bißhero geſchehen: dann alle ☉ Ertze/ wann ſie nicht gediegen in
einem Quartz- oder Hornſtein/ ſtehen gemeiniglich in einem Kies/ Eiſenſchuß/ oder an-
dern wilden Berg-Art/ darbey ſich auch offtermals Antimonium, rohter Schwefel vnd
Arſenicum mit dem Gold-Ertz vermenget/ bricht/ wie ſonderlich diejenige in Kaͤrndten
vnd angraͤntzenden Orten: Wie kan ein ſolches Ertz ohne Schaden/ auf bekandte Weis/
wann ſolches auff bloſſen Kolen geſchmeltzet wird/ das ſeinige geben/ was es hat oder
geben ſolte/ es ſey gleich geroͤſtet oder nicht: wann es auff die Kolen kom̃t/ vnd das ſtarcke
Geblaͤs darein gehet/ ſo fleucht das vnzeitige Theil davon/ vnd raubet das Gute mit ſich/
das uͤbrige wird zu Schlacken; dann wann man ſchon Bley vorſchlaͤgt/ Bley-Ertz oder
Glett zuſchlaͤgt/ ſo halten ſie doch nicht beyſammen/ ſondern das Bley ſchmeltzt leichtlich/
rinnet davon/ vnd laͤſſt das Ertz zuruͤckt/ welches mit ſtarckem Geblaͤs zu Schlacken wird/
welche viel Gold behalten/ ſo dann zu nichte wird mit demjenigen/ ſo im Rauch auffge-
gangen/ das wenigſte Theil nur in das vor- oder zugeſchlagen ♄ gehet vnd behalten wird.
NB. Auf meine Weis aber muß ſich das Ertz geben/ vnd ſein Gold von ſich laſſen/ wañ es
mit ♄ wol incorporirt/ vnd das fluͤchtige ſamt dem fixen behalten wird: dazu raubet eine
uͤberhinſtreichende Flam̃ auch nichts/ vnd kan auff ſolche Weis kein Metall zu nichte
werden; daß deme alſo ſey/ wil ich durch ein Gleichnuͤß beweiſen: Man verſuche oder
probire ein wild ☉ oder ☽ Ertz/ auff welche Weis man wil/ vnd mercke den Halt/ ver-
ſuche hernach ſolches Ertz ins groſſe auff den Kolen/ ſo wird er bey weitem nicht finden/
was in der kleinen Prob gefunden/ da er doch ein mehrers haͤtte bekommen ſollen/ weiln
Zein
[178]Explicatio Miraculi Mundi.
ein ſtarckes Feuer mehr Gewalt hat als ein kleines in die Ertze zu wircken/ welches allein
die Vrſach iſt/ weiln er ins groß einen andern vnd violentern modum (den wilden vnd
fluͤchtigen Ertzen zu wider) gebrauchen muß: Auff meine Weis aber wird er gewißlich
ſo viel/ wo nicht ein mehrers/ als er im kleinen geſunden/ erlangen. Noch einen andern
modum wil ich zum Beweis hieher ſetzen/ daß beyweitem auf das gemeine vnd bekandte
ſchmeltzen der Ertze nit alles Metall heraußkom̃e/ oder behalten werde/ ſondern bißweiln
kaum die Helffte oder dritte Theil erlanget wird/ thun ihm alſo: Nimb zu einem Cent-
ner kleingerieben Ertzes deß kleingranulirten ♄ (ſo durch Schwingung in einer hoͤltzern
Multer bereitet worden) 6. 8. 12. biß in 16. oder 18. Centner/ nachdem das Ertz es noͤhtig
hat/ miſche das Ertz wol vnter den Bleyſtaub/ trage ſolches mit einem kleinen Loͤffelein
auff eine wol-außgegluͤhete Cupellen/ die vnter einem Muffel ſteht/ gib ſtarcke Hitze/ ſo
zeucht das Bley alles Metall auß dem Ertze zu ſich/ vnd wirfft eine Schlacke von ſich/ die
ſich oben auff das treibende Bley ſetzet; wann ſolches geſchehen/ ſo ſolt du ein klein gluͤ-
hend eiſern Haͤcklein haben/ mit welchem du die Schlacken auff dem Bley wol vnter-
einander ruͤhren kanſt/ auff daß/ wann etwan noch etwas gutes in der Schlacken waͤre/
das Bley ſolches in dem uͤmbruͤhren auch begreiffen vnd in ſich nehmen koͤnte; darnach
laſſe die Schlacken noch ein wenig auff dem Bley heis werden/ auff daß dieſelbe wol zu-
ſammenflieſſen/ alsdann regier das Feuer etwas kaͤlter/ ſo werden die Schlacken dicker/
vnd laſſen ſich abziehen mit dem eiſernen Haͤcklein/ welches Haͤcklein aber voran etwas
breit vnd rundſcharff ſeyn ſoll/ auff daß man von der Cupellen allenthalben die Schla-
cken fein ſauber abnehmen kan/ welche man fleiſſig bewahren ſoll/ auff daß nichts davon
verloren/ vnd die Prob falſch werde. Wann dieſes geſchehen/ ſo laß das uͤbrige Bley
auff der Cupellen mit rechter Hitz abgehen/ ſo bleibt das Gold oder Silber/ ſo der Cent-
ner Ertz bey ſich gehabt/ darauff ſtehen/ welches Korn man auch abnimt vnd bewahret.
NB. Jndem du die Ertz-Prob macheſt/ ſo kanſt du zugleich noch ein andere Cupellen
gleicher groͤſſe vnd ſchwere auch einſetzen/ vnd ſo viel deß Bleyes/ ſo zu dem Ertz geſetzt
worden/ fuͤr ſich allein/ ohne Ertz/ abgehen laſſen; was dann fuͤr ein Korn darauff ſitzen
bleibt/ ſoll gegen das ander/ ſo auß dem Ertz kommen/ abgezogen werden/ der Reſt ſo
bleibt/ iſt der Halt deß Ertzes/ darnach ſolſt du die beyde Cupellen gegeneinander abwe-
gen/ vnd wie viel diejenige/ darauff das Ertz abgangen/ ſchwerer ſeyn wird als dieſe/
darauff das Bley allein abgangen/ ſo viel ♄ oder ♀ hat der Centner Ertz bey ſich/ vnd ſo
viel ☽ oder ☉ als das Korn wigt/ ſo auff der Cupellen geblieben/ vnd ſo viel Schlacken
als mit dem Haͤcklein abgezogen worden. NB. Moͤchte einer einwerffen vnd ſagen/ es
koͤnten die Schlacken von der Cupellen ſo gar nett vnd fein nicht abgenommen werden/
es bleibe noch etwas daran hangen? Antwort: Ob ſchon nicht ſolten auffs allerſaͤuber-
ſte die Schlacken von der Cupellellen koͤnnen abgenommen werden/ welches doch wol
ſeyn kan/ wann man fleiſſig darmit vmbgeht/ dann die Schlacken ſo man abziehet/ nicht
lauter Schlacken ſind/ ſondern auch noch etwas Bley halten/ welches leichtlich ſo ſchwer
vnd ſchwerer ſeyn kan als die Schlacken/ ſo auff der Cupellen haugen blieben/ vnd nicht
haben
[179]Explicatio Miraculi Mundi.
haben koͤnnen abgenommen werden/ vnd iſt dannoch die Prob richtig vnd gut. Wann
du nun in dem groſſen ſchmeltzen ſo viel ☽ oder ☉/ ♀ oder ♄/ (NB. ♂ vnd ♃ laſſen ſich
auff dieſe Weis nicht probiren) als wie die kleine Prob gezeigt hat/ nicht findeſt/ ſo mache
deine Rechnung/ daß du nicht recht ſeyeſt damit vmbgangen/ vnd der Abgang entweder
im Rauch weggangen/ oder in Schlacken verbrant ſey.
Weil nun an ſolcher Prob ſehr viel gelegen/ vnd das groſſe Schmeltzwerck darnach
muß angeſtellet werden/ ſo wil ich zum uͤberfluß ſelbige Arbeit beſſer erklaͤren: Geſetzt/
ich naͤhme 2. Cupellen/ welche in eine Form geſchlagen/ wige ſelbige gegeneinander/ iſt
die eine etwas ſchwerer als die andere/ ſo ſchabe ich mit einem Meſſer entweder oben oder
vnten ein wenig davon/ vnd mache ſie gleich ſchwer/ darnach ſetze ich beyde neben oder
hintereinander vnter die Muffel/ wann ſie gluͤhend/ ſo trage ich auff eine das Ertz/ mit
dem granulirten ♄ vermiſcht/ vnd auff die andere das granulirte ♄ allein/ laß beyde trei-
ben; von dieſer da das Ertz auff iſt/ ziehe ich die Schlacken zu rechter Zeit/ vnd laß bey-
de abgehen. Geſetzt/ ich habe zu einem Centner Ertz zwoͤlff Centner ♄ genommen/ vnd
auff der andern Cupellen auch zwoͤlff Centner ♄ laſſen abgehen/ vnd hat ein jedwedere
leere Cupellen drey Loht/ nach dem Pfundgewicht gewogen/ vnd finde auff dieſer Cupel-
len/ da das Ertz abgangen iſt/ ein Korn ☉ oder ☽/ ſo nach dem Probir-Gewicht ſchwer
iſt neun Loht/ vnd auff der andern Cupellen ein Korn ☽/ das drey Loht wiegt/ welches
die zwoͤlff Centner Bley geben haben. Weil ich dann zu dem Ertz auch zwoͤlff Centner
♄ geſetzet/ ſo haben dieſelbe zwoͤlff Centner ♄ auch drey Loht geben/ welche ich von den
neun Lohten abziehe/ ſo bleiben ſechs Loht ☽ oder ☉/ welches der Centner Ertz geben
hat. NB. Wann ich nun wiſſen wil/ ob das Ertz auch ♄ oder ♀ gehalten/ vnd wie viel/
ſo lege ich beyde Cupellen gegeneinander in die Waag/ vnd ſiehe/ wie viel diejenige/ dar-
auff das Ertz abgangen iſt/ ſchwerer wigt als dieſe/ darauff das ♄ allein abgangen/ ſo
viel kan ich ſagen/ daß an ♄ oder ♀ neben dem ☉ oder ☽ auch bey dem Ertz geweſen iſt.
Geſetzt/ diejenige/ darauff das Ertzabgangen iſt/ wigt dreiſſig Pfund (nach dem kleinen
Probgewicht) ſchwerer als diejenige/ darauff das ♄ allein abgangen iſt/ ſo bin ich verſi-
chert/ deß ſo viel ♄ oder ♀ in dem Ertz neben dem ☽ vnd ☉ geweſen iſt/ (dann ♂ vnd
♃ gehen nicht in die Cupellen/ ſondern geben Schlacken/ ☉ oder ☽ aber bleibt auff der
Cupellen ſtehen) das uͤbrige Gewicht/ nemlich die ſiebentzig Pfund beynahe alles in
Schlacken gefunden/ dann wenig im Rauch weggehet. Auff dieſe Weiſe kan man ge-
wahr werden/ wie viel ein jedweder Centner ♀ oder ♄ Ertz gut ♀ oder Bley halte/ es ſey
gleich auch ☉ oder ☽ darbey oder nicht/ darnach man ſeine Rechnung machen kan/ ob
es die Koſten ins Groß außtrage oder nicht/ vnd wie viel uͤberſchuß man haben moͤge:
Dieſes iſt ein ſehr curioſe Prob auff ☉ vnd ☽ zu gebrauchen/ was man in dieſer findet/
muß auch in groſſen heraußkommen/ oder es mangelt an der Arbeit. Zu ♀ oder ♄ Ertzen
iſt ſolches ins Groß nicht zu gebrauchen/ obwol man gewiß dadurch erſehen kan/ wie viel
im Centner ſey; dañ beyde Metallen ſich leichtlich im Feuer verbreñen/ vnd zu Schlacken
werden/ welches ☉ oder ☽ nicht thun/ wann man recht damit vmbgehet: Jſt nur allhie
Z 2an-
[180]Explicatio Miraculi Mundi.
angedeutet/ auff daß man gewiß wiſſen kan/ wie viel eigentlich ♀ oder ♄ in einem Cont-
ner ♀ oder ♄ Ertz ſtehet/ welcher Halt aber ins Groß vnmoͤglich auff die bekandte Weis
herauß zu bringen; dañ ſolche weiche vnd ſulphuriſche Metallen im groſſen Feuer einen
mercklichen Abgang leiden/ weil einen Theil das ſtarcke Geblaͤs wegjagt/ vnd ein Theil
zu Schlacken wird; auff meine Weis koͤm̃t man ſehr nahe bey/ vnd treibet wenig zuruͤck.
Sonſten iſt mir noch ein anderer vnd viel beſſerer modus bekandt/ die ☉/ ☽/ ♀ vnd ♄
Ertze mit ſonderbarem Vortheil zugut zu machen; weil aber in dem Miraculo Mundi
ſolcher Arbeit nicht gedacht worden/ alſo bleibe ich dißmal ſtill davon. Auch iſt mir be-
kandt/ auß den gantz armen ♀ Ertzen/ da allenthalben ſolcher genug zu finden/ welche
die Baukoſten nicht zahlen/ ohne ſonderbare Muͤhe vnd Koſten alles ♀ ſo darinn iſt/ rein
herauß zu ziehen/ vnd guten Nutzen darmit zu ſchaffen/ alſo/ daß kaum ein Pfund ♀ in
hundert Schlacken zuruͤck bleibt vnd zunichte wird.
III.
Alle fluͤchtige vnd vnzeitige ☉ vnd ☽ Ertze/ ꝛc.
Dieſe figirung iſt ein ſonderbares Secret, alle fluͤchtige/ gantz wilde Antimonialiſche/
Arſenicaliſche/ Koboltiſche Ertze/ ſo ins gemein wenig ☉ geben/ zurecht zu bringen: dañ
wann die Ertze viel Arſenici, Antimonii oder Auripigmenti fuͤhren/ vnd auff gemeine
Weiſe geroͤſtet werden/ ſo raubt der Arſen. oder Auripigm. viel von dem Gold im Rauch
hinweg; ſchmeltzt man dieſelbe ohne vorhergehende Roͤſtung/ ſo raubet das Geblaͤs noch
mehr/ zeucht man dann von ſolchem Ertz den gelben oder rohten Schwefel/ Arſenicum,
oder andere rauberiſche Subſtantzien in verſchloſſenen irdenen Geſchirren/ wie ihrer viel
thun/ ſo verbrennt ſich das Ertz auff ſolche Weis/ vnd verlieret ſeinen Fluß vnd Ingreſs
in das Bley/ daß viel ☉ zu Schlacken wird vnd verloren geht; deme nun vorzukommen/
habe ich dieſe Weis gut befunden: Man miſcht vnter ein Theil deß gepichten oder ge-
ſchlichten Ertzes einen halben Theil Salpeter/ zuͤndet ſolches mit feuergluͤhenden Kolen
an/ laͤſſt es verpuffen/ ſo verbrennet der Salpeter den meiſten Theil deß rauberiſchen
Schwefels/ vnd figiret den uͤbrigen/ daß er das ☉ ſo viel nicht mehr raubet/ vnd behaͤlt
ſeinen Fluß vnd ingreſs in das Bley/ wann es in dem vorhergehenden beſchriebenen
Ofen auffs Bley getragen vnd angeſotten wird/ vnd gibt alles ☉ vnd ☽ von ſich/ ſo es
in ſich gehabt/ gar gern/ vnd wird nichts verloren. Allhier moͤchte mancher einwerffen
vnd ſagen: Wann man auff dieſe Weiſe ſchon mehr ☉ erhalten ſolte/ ſo wuͤrde der
Salpeter das Werck vertheuren/ welches ich dann auch bekenne/ wann man den Sal-
peter theuer erkauffen ſolte; wann man aber ſolchen ſelber durch Kunſt zu zeugen weiß/ ſo
geſtehet er gar wenig/ vnd kan dieſe Roͤſtung oder figirung mit gutem Nutzen darmit
verrichtet werden.
IV.
Item,durch Huͤlff dieſesSubjectikan auch/ ꝛc.
Dieſer modus, das ☉ vnd ☽ von allen Zuſaͤtzen leichtlich vnd geſchwind rein zu
ma-
[181]Explicatio Miraculi Mundi.
machen/ iſt ein ſehr nuͤtzliche vnd noͤhtig-zuwiſſende Kunſt allen denen/ die mit Metallen
vmbgehen; geſchicht viel geſchwinder als durch das cupelliren oder abtreiben mit Bley/
koſtet aber etwas mehrers/ wegen deß Salpeters/ iſt aber eine luſtige Arbeit/ vnd ge-
ſchicht alſo: Man ſetzt einen Tiegel deß vnreinen ☉ oder ☽ in einen ſolchen Ofen/ wie
ich im vierdten Theil Furnorum beſchrieben/ laͤſſt es ſchmeltzen/ vnd wirfft etwas Re-
guli antimonii darein/ viel oder wenig/ nachdem das ☉ vnrein iſt/ vnd deſſen zu ſeiner
Waſchung viel oder wenig vonnoͤhten hat. Wann alles im Tiegel klar flieſſt/ ſo wirfft
man einen guten Salpeter nach vnd nach auch hinein zu dem Metall/ vngefehr ſo viel/
als Zuſatz bey dem ☉ iſt/ laͤſſt ſolchen wol mitflieſſen/ ſo ziecht der Salpeter den Regul.
antim. ſo dem ☉ zugeſetzt worden/ in ſich/ vnd wird alſo mit vnd durch den Reg. antim.
zugleich auch die andere Wildigkeit/ ſo das Gold bey ſich gehabt/ mit herauß gezogen/
vnd wird zu Schlacken/ vnd gehet dieſer Proceß nicht allein auf die vnreine vngeſchmei-
dige Gold vnd Silber/ ſondern laͤſſet ſich auch wol thun mit ſolchem ☉ vnd ☽/ darbey
Kupffer/ Eiſen/ Bley/ Zin/ Wißmut/ Meſſing oder andere metalliſche oder minerali-
ſche Dinge kommen ſeynd/ vnd ſonderlich das Zin/ welches ſich durchs Bley ſehr vngern
von ☉ vnd ☽ ohne Verluſt oder Schaden wieder ſcheiden laͤſſt. Auff dieſe Weiſe aber
geſchicht es gar leicht vnd geſchwind; auff daß man mich aber deſto beſſer verſtehe/ vnd
weniger in der Arbeit fehle/ wil ich den Proceß vmbſtaͤndig hierbey ſetzen: Geſetzt/ es
waͤre vnter einem Pfund ☉ oder ☽ zwey Loht Kupffer vnd drey Loht Zin/ welche ich gern
davon haben wolte/ vnd wann es mit dem Bley auff bekandte Weiſe geſchehen ſolte/
durch anſieden vnd abtreiben/ ſo muͤſte man auffs allerwenigſte dreiſſig oder viertzig
Loht Bley darzu haben/ vnd wuͤrde doch ein Theil ☉ oder ☽ verloren; auff meine Wei-
ſe aber ſetze ich den zwey Lohten ♀ vnd drey Lohten ♃ nur fuͤnff Loth Reguli Antimonii
zu/ vnd ziehe den Regul. antim. mit dem Zuſatz deß Kupffers vnd Zins durch/ oder mit
dem Salpeter davon/ welches in einem Tiegel innerhalb einer Stund geſchehen kan/
da doch auff gemeine Weiſe mit anſieden vnd abtreiben auff den Teſten/ ſolches kaum
in zehen oder zwoͤlff Stunden haͤtte geſchehen koͤnnen/ vnd wird von den Zuſaͤtzen gantz
nichts verloren/ bleibet alles in den Schlacken/ auß welchen man hernach ſowol das ♃
als ♀ vnd Regul. antim. wieder haben kan/ wann man nemlich die Schlacken/ darinn
das ♀/ ♃ vnd Regul. antim. iſt/ wieder in den Tiegel thut/ vnd ein klein Koͤlchen darzu
leget vnd verdeckt/ ein Viertelſtund flieſſen laͤſſt/ außgieſſet/ ſo findet ſich im Boden deß
Gießbeckens wieder ein klein Koͤniglein/ darinn das uͤbrige ☽ oder ☉ ſeyn wird/ ſo die
Schlacken geraubet/ muß auff einer Cupellen fein gemacht werden; wann es nicht fein
waͤre/ ſo wirff zu den geſchmoltzenen Schlacken wieder ein Koͤlchen/ vnd laß zuſammen
wol flieſſen/ ſo wird wieder ein Koͤnig fallen von ♀/ das ♃ vnd ♂ verbleibt in den Schla-
cken/ vnd laͤſſt ſich weder mit Kolen oder anderer Kunſt gantz nicht in einen Koͤnig fallen;
wann man aber ſolche Schlacken durch einen Stich-Ofen gehen laͤſſt/ ſo geben ſie auch
das ♃ herauß/ vnd viel beſſer als es zuvorn geweſt. Dieſes iſt nicht allein ein ſehr luſti-
ger/ kuͤnſtlicher vnd geſchwinder Proceß/ das ☉ vnd ☽ von allen Zuſaͤtzen bald fein vnd
Z 3rein
[182]Explicatio Miraculi Mundi.
rein zu machen/ vnd ſtecket ſonſten hinter dieſer Arbeit ein groß Geheimnuͤß/ weil ich aber
allhie vor mich genommen/ allein dasjenige zu beweiſen/ daß es wahr vnd natuͤrlich ſey/
ſo in dem Miraculo Mundi gedacht/ als hat es auch billich auff dißmal ſein verbleiben/
vnd was allhier abgekuͤrtzt/ bey den andern folgenden Proceſſen erklaͤret vnd gut gemacht
wird.
V.
Von altem Bruchzin das zugeſetzte Bley/ ꝛc.
Dieſer Proceß kan auch ſehr wol durch den Salpeter verrichtet werden/ nemlich
alſo: Man macht das ♃/ darinn ☉ oder ☽ iſt/ durch das ſchwingen/ in einer mit krei-
den-beſtrichener Moltern/ zu einer Aſchen/ gleich wie man das Bley zurichtet/ die Ertze
d[am]it anzuſieden/ vnd miſchet ſo viel klein-gepuͤlverten Salpeter darunter/ thut die
Mixtur in einen feuer-beſtaͤndigen ſtarcken Hafen/ ſetzt etliche Sublimir-Haͤfen darauf/
vnd zuͤndet die Mixtur in dem Hafen (welcher vnter den Sublimir-Haͤfen ein klein Loͤch-
lein haben ſoll) mit einem gluͤhenden Traht an/ ſo faͤngt die Maſſa an zu brennen/ vnd
gibt viel Flores von ſich in die Sublimir-Haͤfen/ das uͤbrige ♃ vnd Salpeter/ ſo in dem
Hafen geblieben/ nimb auß/ vnd ſchmeltze ſolches in einem Tiegel/ iſt viel Bley darbey
geweſt/ ſo wird es ſich ſam̃t dem ☉ vnd ☽ zu boden deß Tiegels ſetzen/ das ♃ aber ſam̃t
dem Salpeter zu Schlacken werden/ welche/ wann die geſchmoltzene Maſſa in einen
Gießpuckel goſſen wird/ ſich von dem Bley-Koͤnig ſcheidet/ vnd nach der Erkaltung da-
von kan geſchlagen werden/ welcher Bley-Koͤnig mit Zuthuung mehr anderes Bleyes
muß verſetzet/ vnd in einem guten Tiegel mit Salpeter geſchlacket werden/ ſo bleibt nur
ein kleiner Bley-Koͤnig/ welcher das ☉ vnd ☽ bey ſich hat/ ſo bey dem ♃ geweſen. Dieſe
letztere vnd auch erſtere Schlacken kan man durch das Geblas in einem Stich-Ofen re-
duciren/ ſo erlanget man wiederumb ſein Zin/ welches viel beſſer/ haͤrter vnd weiſſer iſt/
als es zuvor geweſen; das machts/ weil der Salpeter ein theil deß verbrennlichen Sul-
phurs verzehret hat/ vnd zugleich auch das Bley davon geſchieden worden. Dieſer Pro-
ceß/ ob er ſchon nicht mit groſſem Vortheil geſchicht/ ſo ſiehet man dannoch die Moͤglich-
keit; wer aber wol weiß darmit vmbzugehen/ wird keinen Schaden davon haben/ dann
die Flores, ſo mit der Zinderung ſich ſublimiren/ mehr werth ſeyn als der Salpeter vnd
das Zin/ dann ſelbige zu einer guten Medicin koͤnnen bereitet werden/ vnd auch bey den
allerſchoͤnſten Carmeſin-Farben viel werth ſeyn/ weil ſie die Conſinilli uͤber die maſſen
verhoͤhen/ vnd dem Duch einen beſtaͤndigen glaͤntzenden vnd feurigen Grund machen.
VI.
Gleicher weis kan darmit auß allem Wißmut/ ꝛc.
Dieſes Stuͤck iſt nicht ſo gering/ als man es vielleicht dafuͤr anſehen moͤchte; dann
noch niemand geweſen/ welcher ſolches ins werck gerichtet/ vnd doch leichtlich geſchehen
kan/ alſo: Man ſchmeltzet in einem Tiegel den Wißmut/ vnd wirfft den Salpeter nach
vnd nach darauf/ ſo viel biß aller Wißmut davon zu einer Schlacken oder gruͤnen Glas
wor-
[183]Explicatio Miraculi Mundi.
worden iſt/ gieß die Maſſam auß in einen Gießpuckel/ ſo ſetzt ſich das ☽ in einem Koͤnig
zu boden/ welches in dem Wißmut geweſen/ die Schlacken aber von dem Wißmut thut
man wieder in den Tiegel/ vnd legt eine Kolen darein/ laͤſſt es eine Stund zuſammen
flieſſen/ ſo wird der Wißmut meiſt wieder aller lebendig oder corporaliſch/ vnd leidet
man wenig Abgang. Wer nun den Salpeter ſelber machen kan/ vnd nicht theuer kauffen
darff/ der kan einen guten Nutzen darvon haben/ ſonſten nicht: wird allhier nur bewie-
ſen/ daß durch das Erd-Saltz ſolches kan verrichtet werden/ wie ihme zu thun zugelegt
worden.
VII.
Itemkan auß dem alten Kupffer viel Silber geſchieden/ ꝛc.
Dieſes wahr zu machen/ daß auß dem Kupffer durch das Erd-Saltz ☽ kan gezogen
werden/ wird alſo gethan: Man ſetzt dem Kupffer ſo ſchwer Reg. Antimonii zu/ als es
wigt/ ſchmeltzt beyde zuſammen/ vnd wirfft nach vnd nach ſo viel Salpeter zu/ biß alles
Kupffer ſam̃t dem Reg. Antimonii zu einer gruͤnen Schlacken worden iſt/ darnach gibt
man ſtaͤrcker Feuer/ ſo fleuſſt ſelbige Schlacken wie Waſſer/ vnd ſetzt einen Koͤnig von
ſich/ welcher/ ob er ſchon nicht gantz fein waͤre/ kan ſelbiger mit ein wenig Bley auf einer
Cupellen abgehen/ ſo gibt er das ☽/ ſo das ♀ bey ſich gehabt. NB. Dieſer Proceß iſt
warhafftig/ vnd wird nimmer fehlen; daß man aber darmit Reichthumb ſolte koͤnnen
erwerben/ ſage ich nicht/ ſondern beweiſe allein wahr zu ſeyn/ was ich dem Erd-Saltz in
dem Miraculo Mundi zugeſchrieben habe. NB. Wer aber die Schlacken/ das iſt/ das
♀ vnd Reg. Antim. mit dem Saltz figiren/ oder zu Amauhen ſchmeltzen kan/ auff daß
dieſelbe nicht verloren werden/ der thut keine vergebliche Arbeit; ſonſten kan man auff
die Schlacken/ davon das ☽ geſchieden/ eine Kole werffen/ vnd eine halbe Stund flieſ-
ſen laſſen/ ſo ſetzt ſich der Reg. Antimonii ſam̃t dem ♀/ ſo der Salpeter zu Schlacken
gemacht/ wieder in einen Koͤnig/ vnd kan wieder gebraucht werden; ſo man aber damit
weiß vmbzugehen/ kan auß beyden/ nemlich dem Reg. Antim. vnd Kupffer (nachdem
ſie abgeſuͤſt ſeyn) eine gruͤne Mahlerfarb gezogen werden/ bezahlt es auch die Muͤhe/ vnd
iſt der Gewinn deſto beſſer.
VIII.
Ein jedweder gemein Silber in wenig Stunden/ ꝛc.
Dieſe Arbeit oder gradation deß Silbers geſchicht durch Huͤlff eines minerali-
ſchen Sulphuris, nemlich des Martis vnd Antimonii, auff dieſe Weiſe: Man ſetzt dem
☽ ſo viel Reg. Antim. Martialis bey/ vnd ſcheidet den Regulum durch das Nitrum wie-
der davon/ (welche Arbeit vngefehr in einer Stund geſchicht) ſetzet dem bleibenden Sil-
ber wieder ſo viel Reg. bey/ vnd ziecht denſelben wieder davon/ thut ſolches zu 5. 6. 8. oder
zehenmal/ (welches alles in einem Tag geſchehen kan) loͤſt hernach das ☽ mit einem Aq-
fort. auff/ ſo bleibt das ☉ ligen/ welches das Nitrum durch Huͤlff deß Reg. Antimonii
hinein gebracht hat/ muß abgeſuͤſſt/ vnd mit Borras zuſammen gefloͤſt werden; gibt gut
☉/
[184]Explicatio Miraculi Mundi.
☉/ hoch am Grad; daß aber ſolches ☉ ſo viel werth ſeyn ſolte/ als der Regul. vnd Ni-
trum gekoſtet/ wird ſchwerlich ſeyn/ ſo man aber das Nitrum ſelber machen oder vmb-
ſonſt haben kan/ gibt es einen ehrlichen Nutzen; aber noch beſſer/ wann man die abgezo-
gene Schlacken weiters zu gebrauchen weiß/ welches allhier nicht geſucht/ ſondern allein
bewieſen wird/ daß das ☽ durch Huͤlff deß Reg. Antim. Martialis in ☉ kan gradiret
werden.
IX.
Das ☉ vom ☽ vnd auch andern Zuſaͤtzen/ ꝛc.
Dieſer modus, die Metallen von einander zu ſcheiden im Guß/ vnd ohne Cupel-
len fein zu machen/ iſt ein uͤber auß-ſchoͤnes vnd nuͤtzliches Secretum, dadurch man viel
Zeit vnd Koſten in Scheidung der Metallen erſparen kan/ vnd gantz kein Abgang dar-
bey zu befahren/ bißhero noch von niemand als von mir practiciret worden/ vnd verhaͤlt
ſich der Proceß alſo: Erſtlich muß man das gemiſchte oder von vielen Metallen oder
Mineralien zuſammengeſetzte Metall granuliren/ die Grana mit vierdtem Theil gepuͤl-
vertem Schwefel naß anmengen/ vnd in einem verlutirten Tiegel verzunderen/ nach
der Kunſt Gebrauch/ wann ſolches geſchehen/ den Deckel darvon thun/ das gezuͤnderte
Metall mit vierdtem Theil Antim bedecken. NB. So aber gar viel ♂/ ♀ oder ♃ dar-
bey waͤre/ muͤſte man auch mehr Antimon. darzu nehmen/ welches die vnvollkommene
Metallen zu ſich ziehen koͤnte. Wann nun die Maſſa mit dem Antim. wol gefloſſen/ ſo
wirfft man ein wenig truckenen vnd gepuͤlverten wolgelaͤuterten Salpeter darauff/ laͤſſt
ſolchen darmit flieſſen/ gieſſt die Maſſam in ein Gießpuckel/ laͤſſt ſie erkalten/ ſchlaͤgt den
Koͤnig davon/ wañ es einen geben hat/ dariñ das meiſte ☉ ſeyn wird/ ſo die Maſſa in ſich
gehabt. NB. Wofern aber kein Koͤnig gefallen waͤre/ ſo iſt es ein Zeichen/ daß deß Nitri
zu wenig/ vnd der Wildigkeit zu viel bey iſt/ welches alſo zu remediren: Thue die Maſ-
ſam wieder in den Tiegel/ vnd laſſe ſie flieſſen/ wann ſolches geſchehen/ ſo wirff noch et-
was von dem Nitro darzu/ vnd laß es auch wol darmit flieſſen/ darnach ſo wirff auch ſo
viel Eiſenfeilig bey/ als du vermuhteſt ☉ in der Maſſa zu ſeyn/ vnd ruͤhre daſſelbige mit
einem gluͤhenden eiſernen Hacken vnter die Maſſam, decke den Tiegel zu/ gib noch eine
Viertelſtund Fließfeuer/ gieß es auß in den Gießpuckel/ wanns erkaltet/ ſchlag den Koͤ-
nig von der Schlacken/ welcher ſo ſchwer vngefaͤhr ſeyn wird/ als das Eiſenfeilig gewo-
gen/ ſo du zum Niederſchlag gebraucht haſt/ mache den Koͤnig in einem kleinen reinen
Tiegel/ durch Zuwerffung deß Salpeters/ fein/ gibt er pur Gold ohne Silber/ ſo iſt es
ein Zeichen/ daß noch Gold in der Maſſa ſey/ derohalben noͤhtig/ noch einmal die gefloſſe-
ne Maſſam mit Eiſen zu præcipitiren/ wann der Koͤnig auch noch Gold waͤre/ muͤſte
derſelbe auch beſondern durch das Nitrum finiret vnd beyſeits gelegt werden: wann er
aber mehr Silber als Gold ſeyn ſolte/ waͤre es ein Zeichen/ daß alles Gold gefaͤllet; dar-
nach muß man die Maſſam wieder flieſſen laſſen/ vnd ſo viel Eiſenfeilig beywerffen/ mit
einem gluͤhenden Hacken vmbgeruͤhret/ vnd wol flieſſen laſſen/ ſo gibt es einen ſo groſſen
Silber-
[185]Explicatio Miraculi Mundi.
Silber-Koͤnig/ als man Eiſen zugeworffen hat. Darnach ſchlaͤgt man auch das ♀ nie-
der/ vnd zu allerletzte mit Salpeter die Schlacken/ noch einmalwol flieſſen laſſen/ ob noch
etwas Metall darinn waͤre. Die ☽ Koͤnige werden auch alſo mit dem Salpeter gerei-
niget/ wie die ☉ Koͤnige: das Kupffer/ ♃ vnd anderer Zuſatz muß durch das Geblaͤs
geſchmoltzen werden/ alſo/ daß nichts verloren geht. Dieſe Scheidung deß Golds vnd
Silbers im Guß von den geringern Metallen iſt lange Zeit her von vielen geſucht/ aber
(meines Behaltens) noch von wenigen gefunden. Es hat zwar Lazarus Erckher auch
geſchrieben/ wie das Gold von dem Silber koͤnne durch den Guß geſchieden werden/ hat
aber ſelbige Scheidung mit dieſer gantz keine Gemeinſchafft/ weil das Gold allhier nicht
allein vom Silber/ ſondern auch von allen andern Metallen zu ſcheiden im Guß/ geleh-
ret wird.
X.
Ein jedweder vnvollkommen Metall innerhalb/ ꝛc.
Dieſes Stuͤcklein geſchicht allein durch Krafft deß Salpeters/ dadurch das Me-
tall penetrirt/ gereinige/ vnd in ein beſſer Metall figiret oder gezeitiget wird/ aber nicht
mit Nutzen ins Groſſe zu thun/ ſondern allein zu bezeugen/ daß der Salpeter Macht ha-
be/ ein jedweder vnvollkommen Metall in ein vollkommenes zu verwandeln/ welches
alſo geſchicht: Man laminirt das Metall/ es ſey gleich ♀/ ♄ oder ♃/ gantz duͤnn; ♂ laͤſſt
ſich auff dieſe Weis zwar verbeſſern/ aber im Tiegel nicht ſchmeltzen; ☿ laͤſſt ſich auch
verbeſſern/ vnd in andere Geſtalten verwandeln/ aber nicht in Gold oder ☽. Mache in
einem Tiegel Stratum ſup. Stratum mit Saͤgſpaͤn/ Schwefel vnd Salpeter/ vnd dem
laminirten Metall/ davon im Andern Theil Furnorum gedacht/ zuͤnde die Mixtur mit
einer gluͤhenden Kolen oben auff an/ ſo gibt es ein ſchnell vnd ſehr ſtarckes Flammen-
Feuer/ dadurch das laminirte Metall penetrirt/ zum theil figirt vnd verbeſſert wird/ al-
ſo/ daß daſſelbige/ wann es auff einer Cupellen mit Bley abgetrieben wird/ etwas ☽ oder
Gold hinterlaͤſſt/ welches zuvor doch gantz nichts geben haͤtte/ daran man ſiehet/ daß die
Flam̃/ ſo durch deu Salpeter gemacht wird/ die Metallen verbeſſert. NB. Der ☿ muß
mit Schwefel zuvorn coagulirt/ der Wißmut aber pulveriſirt werden/ ehe er mit dem
ſchnellen Feuer deß Salpeters vermiſchet vnd angezuͤndet wird. Hinter dieſer Arbeit/ ſo
gering ſie auch moͤchte geachtet werden/ ſteckt ein groſſes Geheimnuͤß verborgen/ wann
es auch ſchon gantz klaͤrlich beſchrieben/ doch niemand etwas davon halten wuͤrde/ weil
der Proceß gering/ nicht viel koſtet/ vnd in einer Viertelſtund kan verrichtet werden.
XI.
Es wachſen auch alle Metallen darinn auff/ ꝛc.
Dieſer Punct iſt nur hieher geſetzt/ darbey zu ſehen/ daß das Nitrum Macht habe
wachſen zu machen/ den Vegetabilien gleich/ welches zwar auch der Liquor Silicum
thut/ davon im Andern Theil Furnorum geſchrieben; der fixe Liquor Nitri aber iſt beſ-
ſer/ welcher durch Kolengeſtib vnd Kißlingſteine durch das verpuffen bereitet iſt/ welcher
A amodus
[186]Explicatio Miraculi Mundi.
modus gleicher weis auch im Andern Theil Furnorum zu finden/ vnd nicht noͤhtig/ ſei-
bigen allhier zu wiederholen. Wann dann die præparirte Metallen in Geſtalt kleiner
Stuͤcklein hinein gelegt werden/ gruͤnen vnd wachſen ſie wie ein ander Gewaͤchs der
Kraͤuter/ ſehr ſchnell/ alſo/ daß ſolche innerhalb wenig Stunden Spannen hoch auff-
ſchieſſen/ luſtig anzuſehen; gibt auch ein ſonderbares Nachdencken/ woher ſolch ſchnelles
Wachsthum ſeine Vrſach. Es waͤre viel darvon zu ſchreiben/ weil ich aber an dieſem
Ort nicht mehr verſprochen/ als allein wahr zu machen/ was in dem Miraculo Mundi
dem Erdſaltz zugeſchrieben/ ſoll es auch darbey verbleiben.
XII.
Aber ein ander Wachsthum/ ꝛc.
Dieſes Wachsthum betreffend/ geſchicht ſolches auff eine viel andere Weiſe/ als
das vorhergehende; nemlich alſo: Man ſetzet ☉ vnd ☽ in Bley/ ♃ vnd ♀/ oder nur in
♄ allein/ laͤſſt ſolches ſeine Zeit darinn ſtehen/ ſo ziehet das Gold auß dem ♄ oder andern
vnvollkommenen Metallen das guͤldiſche Weſen zu ſich/ vermehret ſich/ vnd wird ſchwe-
rer. Der Proceß iſt alſo: ℞. 1. Loht Gold/ 8. oder 10. Loht Bley/ ſchmeltze es mit dem
Gold zuſammen/ (wilt du etwas ♃ oder ♀ darzu ſchmeltzen/ kauſt du es thun oder laſſen)
ſetze das Gold mit dem ♄ allein/ oder andern Metallen vermiſcht/ in einen ſtarcken Tie-
gel/ in eine temperirte vnd ſtetwaͤhrende Hitze/ alſo/ daß das ♄ mit dem Gold eben flieſ-
ſen kan/ aber nicht wol gluͤhe/ wirff darauff 1. Loht guten Salpeter/ decke den Tiegel wol
zu/ daß ja keine Kolen darein fallein/ laß ſolchen 24. Stund in einem ſteten vnd linden
Feuer ſtehen/ ſo wird in ſolcher Zeit das ♄/ ſam̃t andern Metallen ſo darbey geweſen/ zu
einem Vitro worden ſeyn/ das Gold aber allein fein vnd ſauber auff dem Boden deß Ti-
gels/ von dem Glas abgeſondert/ ligen bleiben/ welches/ ſo du den Tiegel zuſchlaͤgſt/ auß-
nehmen vnd waͤgen wirſt/ ſo wirſt du befinden/ daß dein Gold auß dem ♄ vnd anderen
Metallen gewachſen vnd zugenommen hat. Dieſe Arbeit/ ob ſie ſchon nicht Gewinn
gibt/ zeigt ſie gleichwol an/ wie der Metallen Natur erkennet werden. Auff eine andere
Weiſe kauſt du dieſes auch verſuchen/ nemlich alſo: Nimb 1. Loht Gold/ ſetze ihm 10. oder
12. Loht ♄ zu/ vnd treibe das ♄ auff einem guten Tiegel davon/ biß auff den Blick deß
Goldes/ ſo wirſt du finden/ daß dein Gold vmb ein gutes ſchwerer worden iſt/ als es zu-
vor geweſen/ welche Schwere es allein auß dem Bley gezogen.
XIII.
Auß allen vnvollkommenen Metallen/ ꝛc.
Wann man auß den vnvollkommenen Metallen Gold vnd Silber durch das Ni-
trum bringen wil/ ſo muß man demſelben gleich ſchwer Regulum Antimonii zuſetzen/
auff daß ſolche bruͤchig werden/ vnd ſich pulveriſiren laſſen/ vnd man dieſelbe mit dem
Salpeter vermiſchen vnd verpuffen kan/ wie dieſe Prob außweiſt: Nimb 2. oder 3. Loht
entweder ♀/ ♄/ ♃ oder Wißmut/ ſchmeltze ſo viel Reguli Antimonii darzu/ pulveriſire
die Mixtur/ vnd miſche auch ſo ſchwer guten Salpeter darunter/ thue dieſe Mixtur in
einen
[187]Explicatio Miraculi Mundi.
einen Tiegel/ zuͤnde ſie an mit einer gluͤhenden Kolen/ ſo verpufft ſich das Metall durch
das Nitrum, vnd wird zur Schlacken/ welche du mit ſtarckem Feuer in einem Wind-
Ofen ſchmeltzen ſollſt/ ſo ſetzt ſich das Metall in einen Koͤnig/ der Regulus aber bleibt in
der Schlacken/ welchen man durch Zuwerffung einer Kolen auch wieder fellen/ vnd zu
einem Regulo machen kan; den metalliſchen Koͤnig aber waͤge nach dem Centner-Ge-
wicht/ vnd treibe ihn (wann er ♄ iſt) alſo per ſe auff einem Tiegel/ ſo findeſt du/ daß er
Silber vnd Gold haͤlt/ welches das Metall vor dem verpuffen nicht gehalten hat. Jſt
das Metall ♀ oder Wißmut/ ſo muſt du ihme ſein Gebuͤhr ♄ zu ſetzen/ daß es auff der
Cupellen abgehet/ ſo laͤſſt es ☉ oder ☽ zuruͤck/ welches es ohne dieſe verpuffung nicht ge-
laſſen haͤtte. NB. Man kan auch dieſe Arbeit auff eine andere Weis verrichten/ nem-
lich alſo: Setze dem ♄ oder ♀ ſo viel Reg. Antim. zu/ als es wiget/ laß denſelben in ei-
nem Schmeltz-Ofen mit dem Metall wol flieſſen/ vnd wirff nach vnd nach ſo viel Sal-
peter darzu/ als beyde gewogen/ ſo wird ſich der Regulus mit dem Metall durch das Ni-
trum anzuͤnden/ etwas von dem Sulphure ſuperfluo verbrennen vnd zu Schlacken wer-
den/ darnach gib ſtarck Fener/ auff daß ſolche Schlacken wol ſchmeltzen/ ſo ſcheidet ſich
das Metall von dem Regulo, welches man abtreiben kan/ ſo findet man eine Verbeſſe-
rung deß Metalls/ durch das Nitrum geſchehen.
Dieſe dreyzehen metalliſche Labores betreffend/ ſeynd dieſelbige an ſich ſelbſten
ſehr gut/ vnd einem jedwedern/ der mit Metallen vmbgeht/ nuͤtzlich zu wiſſen/ darunter
etliche/ wann ſie wol getroffen/ vnd man in ſolcher Arbeit geuͤbet/ guten Nutzen geben
koͤnnen/ geſchehen alle durch Huͤlff deß Erdſaltzes: daß aber ſolche Labores nicht auch
auff andere Weiſe ſolten koͤnnen verrichtet werden/ darzu kein Nitrum vonnoͤhten/ ſage
ich nicht; iſt aber allhie mein Intent, nur allein zu beweiſen/ daß alle ſolche Secreten vnd
transmutationes durch das verachte Erdſaltz koͤnnen verrichtet werden.
In Mechanicis.
I.
Die Kupfferſtecher koͤnnen ein gut Etzwaſſer/ ꝛc.
Daß auß dem Salpeter durch die deſtillation ein ſtarck Etz- oder Gradirwaſſer
koͤnne bereitet werden/ darff keines beweiſens/ iſt bekandt genug; wie ſolches aber ge-
ſchehe/ iſt auch nicht noͤhtig zu beſchreiben/ weil ſonſten ſolches allenthalben gemein zu
thun iſt; wird nur allhier bewieſen/ daß dieſe Kunſt durch das Erdſaltz zu verrichten ſey.
II.
Die Mahler koͤnnen ihnen vielerhand ſchoͤne Farben/ ꝛc.
Daß durch das Erdſaltz ſchoͤne Mahlerfarben koͤnnen gemacht werden/ wil ich al-
ſo beweiſen: Die blaue Schmalte wird ſonſten bereitet von fluͤſſiger Sand-Pott-Aſche/
vnd zuthun Kobolt oder Kraupen von Wißmut-Ertz/ wann man aber an ſtatt der Pott-
A a 2Aſchen
[288[188]]Explicatio Miraculi Mundi.
Aſchen fixes Erdſaltz nim̃t/ wird die Schmalte nicht allein fluͤſſig/ ſondern auch reiner/
wegen deß Erdſaltzes/ ſo reiner iſt als die Pott-Aſchen. Die Carmeſin-Lacea wird ge-
meiniglich auß den Scherflocken/ welche von Carmeſin-Laken oder Duͤchern geſchoren/
durch eine ſonderbare Laugen/ darzu der Salpeter auch genommen/ die Farb außgezo-
gen/ præcipitiret/ abgeſuͤſſt/ vnd auff Brettern in der Sonn oder warmen Stuben ge-
truͤcknet. Kupffergruͤn vnd Bleyweiß werden ſonſten mit Huͤlff eines Eſſigs in erde-
nen Toͤpffen/ entweder in warmen Weintrebern oder Pferdemiſt geſetzt/ bereitet; ſo man
aber das ♀ oder das Bley mit Spiritu Nitri ſolviret/ vnd das ♀ mit lixivio Salis tartari,
das Bley aber mit Saltzwaſſer præcipitiret/ edulcoriret vnd truͤcknet/ ſo gibt das ♀
eine gruͤne Farb/ welche zu allem Gemaͤhl zu gebrauchen/ vnd andere Farben nicht zer-
beiſſt vnd verderbet/ gleich wie das gemeine Spaniſchgruͤn zu thun pflegt; das Bley-
weiß aber wird auch viel reiner/ weiſſer vnd ſaͤuberer als dasjenige/ ſo mit dem Eſſig ge-
macht/ da gemeiniglich viel Kreiden vntergemahlen wird/ ſolches zu vermehren/ vnd
nicht ſowol zum mahlen/ wie auch in den Apotheken zu gebrauchen als dieſes/ perſe ge-
macht.
III.
Bildſchnitzer koͤnnen ihre Jnſtrumenten/ ꝛc.
Daß die Salia das Eiſen in der cimentation hart machen/ daß es wie Staal kan
gebraucht werden/ iſt keine Heimlichkeit mehr; es muß aber das Eiſen oder Staal nicht
mit bloſſem gemeinen Saltz/ ſondern mit Kohlengeſtib vnd Aſchenſaltz vermiſchet/ vnd
ſeine Zeit in der cimentation gehalten werden/ ſo wird das Eiſen ſo hart wie Staal/ der
Staal aber viel haͤrter als er ſonſten iſt.
IV.
Seidenſticker koͤnnen ihre Seiden/ ꝛc.
Es iſt zu wiſſen/ daß der Salpeter/ als ein rein Saltz/ die Farben gerne einfuͤhret/
vnd beſtaͤndig halten macht/ auch ſelbige an ihrer Farb erhoͤhet/ welches vielen bewuſt/
vnd ſonderlich denen/ welche mit Conſinilli das Laken Carmeſin faͤrben/ wann ſie einen
geiſtreichen ſpiritum Nitri mit in den Sud thun/ zu alauniren/ (wie es die Faͤrber neñen)
ſolche Carmeſinfarb ſehr erhoͤhet vnd feurig macht/ vnd hernach theurer verkaufft wird
als gemein Carmeſin- vnd Scharlakenfarb. Es faͤrbet dieſer ſpiritus Nitri auch die
Haare/ Naͤgel/ Federn gantz goldfaͤrbig; wann das Nitrum aber durch die calcination
vmbgekehret/ vnd fix gemacht wird/ ſo erhoͤhet es die Farben zwar auch/ aber nicht zur
Roͤhte/ ſondern in eine Purpurfarbe. Zu ſolcher Arbeit gebrauchen die Faͤrber die Pott-
Aſchen; das Nitrum fixum aber iſt viel reiner/ vnd gibt es ſchoͤner als die vnreine Pott-
Aſchen.
V.
Glasmahler koͤnnen ihre Schmeltzglaͤſer/ ꝛc.
Es klagen bißweilen die Glasmahler/ daß ihnen ihre Schmeltzglaͤſer oder Amau-
hen
[189]Explicatio Miraculi Mundi.
hen gar zu vnfluͤſſig ſind/ vnd bald [eh]er das Glas ſchmeltzet/ darauff ſie gemahlet/ als die
Farb/ denen dienet das fixe Erdſaltz/ wann ſie ihre Farben nach rechtem Gewicht darmit
verſetzen vnd zuſam̃en ſchmeltzen/ wird ſo fluͤſſig als ſie ſelber begehren vnd haben wollen.
VI.
Wachspoſirer koͤnnen das Wachs/ ꝛc.
Daß die Salia mit Waſſer das gelbe duͤnn-gegoſſene Wachs/ in der Lufft ligende
zum oͤfftern darmit begoſſen/ bleichet/ vnd ſchneeweiß machet/ iſt bekandt genug/ vnd
darff keiner Zeugnuͤß/ aber kein Saltz beſſer als das Nitrum.
VII.
Die Buchdrucker koͤnnen ihre ſchwartze vnd rohte Farben/ ꝛc.
Daß die Salia fixa den Kienrus oder Schwaͤrtze mit dem Waſſer gern vereint-
gen/ iſt nicht vnbekandt/ keines aber beſſer/ als der fixe Salpeter/ welcher auch allen
ſcharffen Laugen (Bley/ Zin/ Kupffer oder andere Metallen darmit ſchoͤn zu machen)
vorgeht vnd reiner macht als ein andere ſcharffe Laugen.
VIII.
Den kuͤnſtlichen kleinen Vhrmachern/ ꝛc.
Wann man auß Salpeter vnd gebrandtem Vitriol ein ſtarck Waſſer deſtilliret/
(NB. ſoll aber dem ſpiritu kein Waſſer vorgeſchlagen werden) vnd mit demſelben zwey
Stuͤcklein Eiſen (darzwiſchen ein wenig klein Eiſenfeilig gethan) angefeuchtet werden/
entzuͤndet ſich das Eiſen durch das ſtarcke Waſſer/ ſo daran arbeitet/ vnd ſchmeltzet ein
Stuͤck an das andere/ gleich als wann es in dem Feuer geſchehen waͤre; dieſer aber/ ſo
darmit vmbgehet/ ſoll das Waſſer ſelber zu machen wiſſen/ dann er ſonſten ein ſolch ſtar-
ckes Waſſer nirgends zu kauffen findet.
IX.
Die Schloß- vnd Buͤchſenmacher/ ꝛc.
Daß die Salia fixa, wann ſie mit Aſchen vnd Kohlengeſtib auch Sand vermiſcht/
in einem 24. Stunden verdeckten Feuer geſtanden/ ſie das Eiſen dem Staal gleich hart
machen/ iſt oben bey dem dritten Punct bereits bezeugt worden.
X.
Die Zingieſſer koͤnnen ihr Zin/ ꝛc.
Wann man gefloſſen Zin zum oͤfftern in einer Salpeter-Laugen außleſchet/ wird
ſolches haͤrter als es zuvor geweſen/ oder wann man in zerlaſſenem Salpeter das ♃/ ſo
in Zeinen gegoſſen/ einhaͤlt/ vnd ſolches darinnen zerſchmeltzen laͤſſt/ auch haͤrter davon
wird. NB. So man aber das Zin mit Salpeter gar zu Schlacken macht/ vnd die
Schlacke wieder reducirt/ viel ſchoͤner wird als auff die erſte Weis.
A a 3IX.
[190]Explicatio Miraculi Mundi.
XI. XII. XIII.
Die Schreiner koͤnnen das Birnbaͤumenholtz/ ꝛc.
Wann man auß dem Salpeter vnd Vitriol ein ſtarck Waſſer deſtilliret/ vnd in
demſelben ein wenig Silber ſolviret/ gemein Regenwaſſer zuſchuͤttet/ das Aqua fort.
darmit zu brechen/ ſo ferbet hernach ſolches Waſſer nicht allein alle harte Hoͤltzer/ dem
Ebenholtz gleich/ ſondern auch das Beltzwerck vnd Gefeder kolſchwartz/ doch daß zuvor
den Federn/ Beltzwerck vnd dem Holtz ein Grund gemacht werde/ auff daß die Farben
hafften/ vnd beſtaͤndig daran bleiben. Seynd alſo hiermit der 11. 12. vnd 13. Punct zu-
gleich wahr gemacht vnd beantwortet.
XIV.
Den Kleidermachern dienet es/ ꝛc.
Wann das Nitrum figirt iſt/ ſo gibt es eine ſolche reine Seiffen/ vnd ſo zart/ da-
mit man alle Flecken auß dem Gewand ziehen kan.
XV.
Den Schuhmachern/ ꝛc.
Wann man Salpeter in Eſſig ſolviret/ vnd alt Eiſen lang darinnen ligen laͤſſt/
gibt es eine Schwaͤrtze/ ihr Leder darmit zu ſchwaͤrtzen/ iſt aber nicht noͤhtig/ eben dieſe
Schwaͤrtze darzu zu gebrauchen/ ſondern thut ihnen eben das/ wann ſie alt Eiſen in
Molcken oder Kaͤswaſſer legen: iſt nur darumb vermeldet in dem Miraculo Mundi, auf
daß man ſehe/ daß dieſes Subjectum Univerſale auch allen vnd jeden Kuͤnſtlern vnd
Handwerckern dienen kan.
XVI.
Den Leinenwebern/ ꝛc.
Daß ein jedwedere ſcharffe Laugen das Garn/ wann es darinn gekocht wird/ glatt
vnd zart macht/ iſt allen Menſchen bekand: weiln dann das Nitrum fixum noch beſſer
als ein ſcharffe Laugen/ alſo macht es das Garn auch linder vnd glatter/ als eine gemei-
ne Laugen.
XVII.
Den Wollen- vnd Duchfaͤrbern/ ꝛc.
Daß ein Spiritus Nitri, wann er mit Alaun vnd Weinſtein zu dem erſten Koch
vnd Sud gebraucht wird/ die wuͤllene Duͤcher darmit zu alauniren/ er einen beſtaͤndigen
Grund mache/ iſt oben beym vierdten Punct allbereit bewieſen.
XVIII.
Den Hafnern/ ꝛc.
Die Glaſierung der irdnen Geſchirren/ daß ſie werden vnd anzuſehen ſeyn gleich
einem natuͤrlichen Metall/ iſt eine ſchoͤne Wiſſenſchafft/ aber gluͤcket nicht allzeit/ dann
man
[191]Explicatio Miraculi Mundi.
man leichtlich die Farben verbrennen/ vnd durch zu ſtarcke Hitze ſolche verderben kan/
daß keine metalliſche Glaſur erſcheinet: Sollen derohalben die Geſchirꝛ nicht in einem
gemeinen Hafners-/ ſondern in einem beſondern darzu gemachten Ofen (daß man zum
oͤfftern darzu ſehen kan) glaſuret werden. Wann die Glaſur dem ☉ oder ♀ gleich ſeyn
ſoll/ ſo muß man auch ☉/ ☽ oder ♀ darzu nehmen/ auff dieſe Weis: Nimb ein Theil
☉/ ☽ oder ♀/ darzu Regul. Antim. 3. oder 4. Theil/ ſchmeltz den Regul. Antim. vnter
das Metall/ pulveriſire ſolches in einem ſtaͤhlern Moͤrſel/ vnd miſche gleich ſo ſchwer gu-
ten Salpeter darunter/ laſſe dieſe Mixtur in einem Tiegel verpuffen/ mit welcher Mix-
tur man das Erdengeſchirꝛ anſtreichen/ vnd in dem darzu gemachten Ofen brennen ſoll;
gehet man recht damit vmb/ ſo erlangt man ein uͤberauß-ſchoͤne Glaſur/ natuͤrlich als
wann das Erdengeſchirꝛ mit ☉/ ☽ oder ♀ uͤberzogen waͤre; gehet nicht ab/ vnd iſt viel
ſchoͤner als guͤldene/ ſilberne oder kuͤpfferne Gefchirꝛ/ welche mit der Zeit/ wann ſie ge-
braucht werden/ den Glantz verlieren/ dieſe aber nimmer/ ſo lang ein Stuͤck daran iſt.
XIX. XX.
Den Kriegs- vnd Kauffleuten/ ꝛc.
Allhier wird gedacht/ wie man einen Firniß machen ſoll/ wann man ein leinen
Duch darein ſtecket/ vnd trucknet/ ſolches hernach kein Waſſer durchgehen laͤſſet; ge-
ſchicht alſo: Dem Lein-Oel mangelt nichts/ als daß ihm ſeine Fettigkeit benommen wer-
de/ welche allzeit verhindert/ daß es nicht gerne trucknet: dieſes nun zu verrichten/ ſo iſt
meines erachtens kein beſſerer modus, als daß man ein Lein-Oel allgemach koche mit
den Floribus lapidis calaminaris oder Saturni, ſo durch den Salpeter ſublimiret ſeynd/
ſo lang biß das Lein-Oel zaͤh vnd hart genug worden/ zu dieſem Werck zu gebrauchen.
NB. Wann man wil/ ſo kan man auff das leinen Duch/ wann es auß dem Firniß ge-
zogen/ einen glaͤntzenden Talc oder duͤnn geblaſen gefaͤrbt Glas auffſtreichen/ bleibt veſt
daran hangen/ vnd kan gebraucht werden/ ſchoͤne Tapezereyen davon zu machen. Sind
alſo hiermit der 19. vnd 20. Punct beantwortet.
XXI. XXII.
Jn allen Haushaltungen dienet es/ ꝛc.
Daß ein Nitrum fixum uͤber alle andere Seiffen das leinen Gezeug reinige vnd
waſche/ wird niemand leugnen/ der es verſtehet; davon die Alten nicht vergeblich ſo viel
geſchrieben/ vnd das Nitrum Saponem Sapientum genennet haben/ aber nicht auff der
Weiber leinen Gezeug vermeynet/ ſondern auff die vnvollkommene Metallen/ welche
dadurch gereiniget werden innerlich/ die aͤuſſerliche Reinigung der Metallen kan auch
dadurch vollbracht werden/ wie der folgende 22. Punct auch hiermit zugleich erwieſen
wird.
XXIII.
Junge Weiber koͤnnen/ ꝛc.
Daß der Salpeter durch die calcination mit einem weißfaͤrbenden Talco nicht
zu
[192]Explicatio Miraculi Mundi.
zu einem guten Coſinetico (die braune Haut darmit weiß zu machen) ſolte koͤnnen ver-
wandelt werden/ darff niemand zweiffeln; kan es das Nitrum fixatum per Regul. An-
tim. allein thun/ was ſolte er dann nicht thun koͤnnen/ wann er mit einem weißfaͤrben-
den mineraliſchen Talco in der calcination vereinigt worden.
XXIV.
Alte Weiber koͤnnen ihre Kuntzeln/ ꝛc.
Dieſes wahr zu machen/ iſt leichtlich zu thun/ wann man nemlich das Nitrum mit
dem Regul. Antimonii figiret/ vnd in einem feuchten Keller zu einen oleo flieſſen laͤſſt/
ſo bekom̃t man einen ſehr feurigen liquorem, welcher/ ſo er auff die grobe Haut vnd Huͤ-
ner-Augen an den Fuͤſſen zum oͤfftern geſtrichen wird/ ſelbige gantz erweichet/ alſo/ daß
man mit einem Meſſer die grobe vnd harte Haut ohne Empfindlichkeit hinwegnehmen
kan/ vnd eine glatte hernachwaͤchſet.
XXV.
Die Gaͤrtner koͤnnen alles Gewuͤrm/ ꝛc.
Daß ein Nitrum fixum alles Gewuͤrm toͤdte in der Erden/ iſt nicht an zu zweiffeln;
ich habs vielmaln mit Nutzen verſucht/ da ichs erfahren/ iſt es alſo hergangen: Jch hab
vor viel Jahren einmal in einem Garten ein Beht mit Spargen beſetzt gehabt/ welche
ich Winterszeit mit Roßmiſt bedeckt/ ſelbige vor dem Froſt zu verſichern/ davon ſo viel
Wuͤrme in den zaͤſerichten Wurtzeln der Spargen gewachſen/ daß auch ſelbige gantz
klein verblieben/ vnd nicht auffkommen koͤnnen/ allein wegen der vielen Wuͤrme/ ſo die
Nahrung dem Gewaͤchs benommen; da ich aber ohngefaͤhr einmal ein Nitrum fixum,
ſo in der Lufft gelegen vnd zerfloſſen war/ zu dem Fenſter hinauß in den Garten geworf-
fen/ vnd eben auff das Beht/ da die Wuͤrmer haͤuffig vnter waren/ gefallen/ vnd ein Re-
gen darauͤff gefolgt/ hat ſich das Nitrum fixum ſolvirt/ vnd iſt mit dem Regen in die
Erden gangen/ davon die Regenwuͤrmer haͤuffig auß der Erden gekrochen/ weil ſie den
feurigen liquorem nicht leiden koͤnnen/ vnd iſt hernach an demſelben Ort das Gewaͤchs
vollkoͤm̃lich worden/ welches mir Anleitung geben hat/ hinfuͤrter an andern Orten mehr
dergleichen zu gebrauchen/ bin alſo in kurtzem alles Gewuͤrms in dem gantzen Garten
frey worden.
XXVI.
Den Beckern dienet es/ ꝛc.
Wann man einen reinen Salpeter mit dem Maͤhl/ ſo von dem geſchrotenen Maltz
kom̃t/ mit laulichtem Waſſer anfeuchtet/ vnd in der Waͤrme ſtehen laͤſſet/ ſo faͤngt es auß
eigner Krafft an zu jaͤhren/ ſonderlich wann auch Hopffen in dem Waſſer geſotten/ da-
mit das Mehl vom geſchrotenen Maltz/ angefeuchtet worden/ darmit man auch andere
Dinge kan zum jaͤhren bringen.
XXVII.
[193]Explicatio Miraculi Mundi.
XXVII.
Den Bierbraͤuern/ ꝛc.
Eben auff dieſe Weiſe kan auch das laulichte Bier zum jaͤhren gebracht werden.
XXVIII.
Den Maͤhtmachern/ ꝛc.
Wann man ein Getraͤnck/ es ſey gleich Spaniſcher Wein/ Maͤht oder Bier/
welche in dem Sommer gern ſauer werden/ wieder wil zurecht bringen/ ſo ſoll man nur
in eine Tonnen ohngefehr 4. 5. oder 6. Loht Nitri ſixi in ein Duͤchlein binden/ oben
zum Spund hinein hencken/ ſo wird das ſauer Bier/ Maͤht oder vergleichen Getraͤnck/
in kurtzem wieder trincklich werden.
XXIX.
Den Kam̃- oder Meſſermachern/ ꝛc.
Daß ein jedweder Horn oder Bein gantz weich wird/ wann es in einem figirten
Salpeter-Waſſer auffkocht/ kan man leichtlich begreiffen; thut es doch nur ein ſcharffe
Laugen/ welche beyweitem nicht ſo feuerlich als ein figirtes Salpeter-Waſſer iſt.
XXX.
Den Schleiffern/ ꝛc.
Daß ein fixes Salpeter-Waſſer das Eiſen vor Roſt bewahret/ kan man auch
wol glauben/ weil ſolches ein bloſſes Kalch-Waſſer thut/ ſo auch den Corroſiven ent-
gegen.
XXXI.
Vogelfaͤngern dient es/ ꝛc.
Wann man auß dem Salpeter einen Spiritum deſtilliret/ darmit einen Galmey
ſolvirt/ vnd den Spiritum wieder davon ziehet/ ſo bleibt ein dickes vnd ſchweres Oel; ei-
nen guten Holtz-Leim darmit angefeuchtet vnd zergehen laͤſſt/ gibt einen zaͤhen Leim/ wel-
cher in keiner Sonnenhitze vertrucknet/ ſondern allzeit klebricht bleibt. NB. Es thuts
auch ein ſpiritus Salis oder Vitrioli, wann ein Leim darinn ſolvirt wird.
XXXII.
Den Kriegesleuten/ ꝛc.
Dieſen Punct betreffend/ bedarff es keines beweiſens/ dann bekandt genug/ daß
auß dem ☉/ welches mit einem ſpiritu Nitri (darinn auch ein Sal Armoniacum ſolvirt
worden) ſolviret/ vnd mit dem Sale Tartari (oder beſſer/ Spiritu Urinæ) præcipitirt/
edulcorirt/ vnd exiccirt worden/ ein ſolches Pulver wird davon/ welches/ einer Erbiß
groß/ wann es auff einem eiſern/ kuͤpffern oder ſilbern Blech auff gelinder Waͤrme an-
gezuͤndet wird/ einen groſſen Schlag thut/ als ſonſten ein Pfund gemein Schieß-Pul-
vers; davon in meinen andern Schrifften weitlaͤufftiger gehandelt worden.
B bXXXIII.
[194]Explicatio Miraculi Mundi.
XXXIII.
Es dienet auch den Pulvermachern/ ꝛc.
Daß der gemeine Salpeter zum Pulvermachen vnd allen Feuerwercken gebrau-
chet wird/ darff gleicher weis keiner Zeugnuͤß/ dann ſolches allzu bekandt iſt.
XXXIV.
Es koͤnnen auch vielerhand/ ꝛc.
Was dieſen Punct angehet/ koͤnten freylich vielerhand ſchoͤne Manufacturen
durch obbenantes Subjectum zuwege gebracht werden/ daran niemand zweiffeln darff/
ſolches aber hieher zu ſetzen/ iſt nicht noͤhtig/ iſt genug/ daß ich mit der Huͤlffe Gottes das
jenige wahr gemacht/ ſo mit Namen genennet/ vnd an dieſem Ort zu expliciren habe
fuͤr mich genommen.
XXXV.
Haͤckersleuten/ ꝛc.
Der gemeine Mann/ Haͤcker/ Bauer/ Gaͤrtner vnd dergleichen/ die mit Fort-
pflantzung der vegetabiliſchen Gewaͤchſen vmbgehen/ ſagen vnd halten darfuͤr/ daß der
Miſt tuͤnge/ vnd mache die Gewaͤchſe fruchtbar vnd wachſend: ein Philoſophus aber/
dem die Natur bekand/ ſagt/ das Saltz ſo darinn verborgen/ thue es; wie es dann in der
Warheit alſo iſt: dann durch die digeſtion oder Thauung in deß Menſchen vnd Vie-
hes Magen wird das Sal eſſentiale ſowol der Animalien als Vegetabilien verwandelt
in eine ſalpeteriſche Art/ ſo mit den excrementis per alvum weggeht/ vnd von den Men-
ſchen zu aller Gewaͤchſen Fortpflatzung gebraucht wird; das uͤbrige Saltz aber/ welches
mit dieſem gantz keine Gemeinſchafft hat/ geht einen andern Weg/ nemlich mit dem
Vrin hinweg/ iſt mehrern theils ein Sal acidum, ſo allem Wachsthum der Vegetabi-
lien entgegen/ (obwol es auch etwas von einem Sale volatili mitfuͤhret) verderbt/ macht
abſterben/ vnd benim̃t ihnen ihr Wachsthum vnd Leben/ wann es offt darmit begoſſen
wird; dasjenige nitroſiſche Saltz aber/ ſo in den excrementis ſteckt/ macht hergegen alle
Gewaͤchs lebend/ wachſend/ gruͤnend vnd fruchtbar/ welches jederman bekand iſt. Wañ
dann beweißlich/ daß nicht der Miſt/ ſondern das Saltz ſo darinnen/ die Fruchtbarkeit
vnd Wachsthum verurſacht/ ſo iſt es dann moͤglich/ daß man mit einem ſolchen Saltz
das Wachsthumb bey allen Gewaͤchſen eben ſo wol zuwege bringen kan/ als mit dem
Miſt/ vnd noch beſſer/ dann gemeiniglich zu dem Miſt auch der Vrin koͤm̃t/ wann dann
derſelbe nicht zuvor ſeine Zeit in dem Wetter gelegen/ daß der Regen das ſcharffe Saltz
hat abgewaſchen/ ſo iſt der Miſt nicht gut zum tuͤngen/ welches die Bauren auch gemer-
cket/
[195]Explicatio Miraculi Mundi.
cket/ vnd nicht bald friſchen Miſt gebrauchen/ ſondern denſelben vor dem Winter auff
den Acker/ die Haͤcker aber bey die Weinberg fuͤhren/ den gantzen Winter ligen laſſen/
auff daß der Regen das ſchaͤdliche ſcharffe Saltz zuvor darvon ſpuͤle/ alsdañ ſie erſt ſel-
bigen eingraben/ vnd befinden/ daß er viel beſſer tuͤnge/ als wann ſie ihn alſo friſch/ wie
er auß den Staͤllen kom̃t/ vnd voller Vrin ſteckt/ gebrauchen. Wann ich dann weiß/
daß nur das nitroſiſche Saltz das Wachsthumb gibt/ welches nicht allein in den excre-
mentis der Menſchen vnd Thiere/ ſondern auch in dem Regenwaſſer vnd gemeiner Er-
den zu finden/ ſo kan ich mich deſſen gebrauchen au ſtatt deß Miſts/ (wann ich zuvorn
daſſelbe von ſeinem contrario acido wol gereinigt habe) vnd thut mir ein Pfund ſolches
mehr/ als hundert Pfund Miſts; doch iſt es gut/ wann man auch etwas von Schaaf-
miſt zugleich/ neben dem gereinigten Nitro, in dem Waſſer ſolvirt/ darmit man die
Wurtzel der Baͤume begieſſet/ oder den Saamen darinnen einweicht. Jſt alſo dieſes
nicht nur einmal von mir verſucht/ vnd befunden/ daß das Wachsthumb durch einen
wolgereinigten Salpeter maͤchtig vnd ſchnell befoͤrdert wird/ ja mehr als man glauben
moͤchte. NB. Man verſtehe mich aber wol/ vnd nehme keinen gemeinen Salpeter/
dann derſelbe hier nicht tauglich.
XXXVI.
Vnd ohne dieſe Kunſt/ ꝛc.
Dieſes iſt ein uͤberauß-ſchoͤne vnd nuͤtzliche Kunſt an ſolchen Orten/ da die Wei-
ne wegen der Kaͤlte nicht zeitig werden/ ſauer vnd vnkraͤfftig bleiben/ koͤnnen durch die-
ſes Mittel in dem Faß gezeitiget werden/ alſo/ daß auß einem ſauren vnd vngeſchlach-
ten Wein ein milder/ lieblicher vnd ſtarcker beſtaͤndiger Wein werden muß. Vnd ob
wol ich allhier nichts ſchreibe/ als was wahr iſt/ vnd ich vielmalen experimentiret vnd
gut befunden habe/ ſo weiß ich doch wol/ das wenig ſeyn werden/ die es glauben vnd be-
greiffen koͤnnen; daran zwar mir nicht viel gelegen: iſt genug/ daß ich nochmaln bezeu-
ge/ daß es koͤnne gethan werden/ was in dieſem Paragrapho geſchrieben.
XXXVII.
Noch fuͤr die Haͤcker vnd Bauren ein ſehr nuͤtzliches Stuͤck/ ſehr viel
damit zu gewinnen.
Dieſer Punct vermeldet/ wie der Safft von Aepffeln vnd Birnen durch Kunſt
koͤnne verbeſſert werden/ daß er gantz beſtaͤndig/ einem Wein gleich/ ſich viel Jahr auff-
halten vnd genieſſen laͤſſt. Jſt fuͤrwahr eine ſolche herꝛliche Kunſt vnd Wiſſenſchaft/ dar-
mit man groſſen Nutzen ſchaffen mag. Jch kan mich nicht genugſam verwundern uͤber
die Vnachtſamkeit der Menſchen; die Welt iſt jetzund alſo verderbt/ daß ſie nur Muͤſ-
ſiggang/ Freſſen/ Sauffen vnd andere Laſter uͤbet vnd liebet/ Kunſt vnd Tugend aber
gilt nicht mehr/ ſondern wird nur verachtet: Jch halte aber gaͤntzlich dafuͤr/ der gerechte
Gott werde vns einmal in vnſerer Sicherheit heimſuchen/ ehe wir vns verſehen/ dann
B b 2es
[196]Explicatio Miraculi Mundi.
es kan ein ſolch Gottlos Leben der Menſchen nicht laͤnger beſtehen: wann der Apffel reiff
iſt/ ſo faͤllt er: alle Ding hat ſeine Zeit. Was koͤnte doch durch dieſe Kunſt an vielen Or-
ten/ da das Obſt ſo haͤuffig waͤchſt/ fuͤr Nutzen geſchafft werden; waͤre es nicht beſſer/ als
daß man es verfaulen vnd verderben laͤſſt? Jch wil das meinige thun/ vnd mein Talent
nicht vergraben; wann aber meine Lehr nicht annehmlich/ bin ich gleichwol fuͤr Gott vnd
der Welt entſchuldigt/ vnd wird man ins kuͤnfftig nach meinem Tod erſt mercken vnd
gewahr werden/ was hinder meinen Schrifften verborgen ſtecket/ aber es wird dann zu
ſpat ſeyn. Sage derohalben nochmaln/ daß alles/ ſo in dieſem Punct begriffen/ die pur
lautere Warheit ſey/ vnd vollkoͤm̃lich koͤnne gethan werden.
XXXVIII.
Den Bauren dienet es/ wann ſie ihr Korn damit anfeuchten/ vnd in die
Erde werffen/ ꝛc.
Daß dieſes wahr ſey/ daß das Korn beſſer waͤchſet/ wamres vor dem ſaͤen in ob-
gedachtem Salpeter-Waſſer (doch nicht deß gemeinen) eingeweichet worden/ wird der
vorhergehende fuͤnff vnd dreiſſigſte Punct bekraͤfftigen: daß aber das uͤbrige auch wahr
ſey/ was von dem nuͤtzlichen Gebrauch oder anwenden deß Korns geſchrieben/ darff nie-
mand daran zweiffeln/ dañ ein viel mehrers darmit zu thun iſt/ als ich geſchrieben. Dañ/
man kan auch/ ohne ſonderbare Muͤhe vnd Koſten/ den beſten Kern vnd Subſtantz auß
dem Korn ziehen/ welcher ſich/ als ein Schatz vnd Vorraht/ auff viel Jahr lang bewah-
ren vnd auffhalten laͤſſet/ auß welchem man heruach zu allen Zeiten/ wann vnd wo man
wil/ mit zuthun eines Hopffenwaſſers/ ein gut geſund Bier/ wie auch Eſſig vnd Brand-
wein/ machen kan/ ſonſten kan ſolche Subſtantz/ als ein kraͤfftiges Brod/ im fall der
Noht/ gebraucht werden: thut ein Pfund dann mehr/ als ſonſten zwey oder drey deß
gemeinen Brods/ vnd kan ein ſolche Subſtantz in Veſtungen zum Vorraht behalten
werden. Auch kan man ſelbige auf den Schiffen/ ſo uͤber die weite See nacher Oſt- vnd
Weſt-Jndien gehen/ fuͤglich vnd mit groſſem Nutzen vnd Vortheil mitfuͤhren/ als ein
ſehr kraͤfftiges Brod/ welches/ wann man wil/ mit laulichtem Hopffenwaſſer anſetzen/
vnd ein gut Bier/ zuallen Zeiten deß Jahrs/ davon machen kan: dann es zerlaͤſſet ſich/
vnd zergehet gantz vnd gar im warmen Waſſer/ kan derohalben auch fuͤglich in den groſ-
ſen Feldzuͤgen mitgefuͤhret werden/ darauß man zu feld/ zu allen Zeiten/ Winters vnd
Sommers/ mit Hopffenwaſſer gut Bier machen kan/ vnd darff man das Waſſer ſo
weit nicht mitfuͤhren/ dieweil ſolches allenthalben zu finden; deßgleichen iſt der Hopffen
auch nicht ſchwer mitzufuͤhren; kan man alſo in einer Tonnen ſo viel obgedachter Sub-
ſtantz mitfuͤhren/ drauß man ſechs oder acht Tonnen Bier machen kan: Vnd hat man
noch dieſen Vortheil darbey/ daß man auch mitten in den Hundstagen/ ſowol zu fold
als in Staͤdten vnd Schiff-fahrten (da man ſonſten nicht wol Bier machen kan/ dieweils
vmb ſelbe Zeit pflegt ſauer zu werden) ohne Hindernuͤß vnd Beſorgung deß ſauerwer-
dens/ gut Bier machen kan: vnd kommen ſonſten auch noch mehr andere Nutzbarkeiten
darvon
[197]Explicatio Miraculi Mundi.
darvon/ welche allhier zu erzehlen nicht noͤhtig/ iſt genug an dieſem auff dißmal geſetzt.
Waͤre zu wuͤnſchen/ daß in einem jedwedern Land oder Herꝛſchafft ein ſolcher Pharao
waͤre/ wie bey den wolfailen Zeiten in Egypten/ der dem Joſeph Gehoͤr gaͤbe/ vnd das
jetzimder gantz vuwerthe Korn bewahrte/ vnd nicht alſo vnnuͤtzlich verderben lieſſe/ als-
dann wuͤrde es wolſtehen im Lande/ vnd Groß vnd Klein genug haben. Jch glaube
nicht/ daß in hundert Jahren her das liebe Korn durch das gantze Deutſchland wolfailer
oder vnwerther geweſen/ als daß es jetzunder iſt/ da man einen Sack Korn/ ſo ſchwer als
ein Mann tragen kan/ fuͤr einen halben Reichsthaler kaufft/ darzu ſich noch keine Kauff-
leut finden/ die es darfuͤr begehren/ dann allenthalben Korn genug iſt/ alſo/ daß der
Bauersmann nicht ſo viel darauß loͤſet/ daß er ſein Geſind vnd Dienſtbotten davon zah-
len koͤnte: bleibet ihm alſo nichts uͤbrig; iſt zu beſorgen/ wann der Sache nicht geholffen/
daß mancher Bauersmañ von Haus vnd Hof lauffen werde; dann er nichts der Ober-
keit geben kan/ wann er nichts hat oder erwerben mag. Darumb ſage ich/ ſolte man bil-
lich Sorge tragen/ wie den armen Bauren geholffen wuͤrde/ daß ſie bey Haus vnd Hof
verbleiben koͤnten: Nach meinem geringen Verſtand ſolte ich rahten/ daß man den ar-
men Leuten das Getraͤidig oder Korn vmb einen billichen Preis abnehmen/ vnd ſolches
durch darzu verordnete Leut concentriren oder in eine ſolche Subſtantz bringen laſſen/
die ſich bewahren lieſſe/ vnd hernachmaln/ wann es noͤhtig/ zum Vuterhalt der Men-
ſchen wiederumb vmb die Gebuͤhr heranßkangen vnd außtheilen laſſen/ darmit wuͤrde
den armen Vnterthanen geholffen/ vnd haͤtte die Herꝛſchafft auch keinen Schaden dar-
von; wuͤrde ja immer beſſer ſeyn/ als ſolches durch Vnachtſamkeit verderben zu laſſen/
welches fuͤr Gott eine groſſe Suͤnde/ die er auch nicht vugeſtrafft laſſen wird/ vnd leicht-
lich eine groſſe Theurung darauff ſchicken kan/ dieweil wirs verdienen/ vnd alſo haben
wollen: dafuͤr vns Gott bewahre.
XXXIX.
Noch eins vom Korn/ Hecken- vnd Baumfruͤchten muß ich/ ꝛc.
Jn dieſem Punct wird vermeldet/ daß man auß dem Korn/ Hecken- vnd Baum-
fruͤchten einen ſolchen klaren/ lieblichen vnd beſtaͤndigen Tranck machen kan/ welcher
einem guten Wein nicht vnaͤhnlich an Geſchmack/ Farb/ Tugend vnd Kraͤfften/ wel-
ches/ ob es ſchon den Vnwiſſenden gantz frembd vorkoͤm̃t/ ſo iſt es doch eine gruͤndliche
Warheit/ alles dasjenige/ ſo in dieſem Paragrapho geſchrieben/ alſo/ daß man ſolches
kuͤhnlich glauben darff: dann was wuͤrd es mich helffen ein ſolch ding zu ſchreiben/ das
ich nicht beweiſen koͤnte? ich thaͤte mir ja ſelber Schaden vnd Schand an! Darumb ich
auch willens/ vnd gaͤntzlich beſchloſſen/ ins kuͤnfftig ein ſolches Laboratorium fertig zu
haben/ darinnen ich nicht allein denen/ welche Bergwerck haben/ vnd ſolches begehren/
meinen new-erfundenen modum, die Ertze auff vnterſchiedliche Weiſe compendioſè
zu ſchmeltzen/ auff daß mehr Metall erhalten werde/ als auff die bekandte Weiſe/ ꝛc. ſon-
dern darneben auch noch andere nuͤtzliche Stuͤck zeigen koͤnne/ auff daß die Wunder-
B b 3werck
[198]Explicatio Miraculi Mundi.
werck Gottes bekandt werden/ vnd wir Vrſach haben/ dem Geber alles Guten darfuͤr
vnauffhoͤrlich danck zu ſagen; vnd ſolle obgedachtes Laboratorium ein gantzes Jahr of-
fen ſtehen/ hernach aber wieder abgehen: dann ich nicht all mein Lebtag mich mit groſſer
Muͤhe zu ſchleppen geſinnet/ ſondern einmal zur Ruhe zu begeben/ vorhabens/ darnach
ſich ein jeder wird wiſſen zu richten/ vnd mich hinfuͤrter mit muͤhſamen Schreiben ver-
ſchonen/ dann es mir vnmoͤglich/ jedem auff ſein Schreiben zu antworten/ darzu viel
weniger in Perſon zu erſcheinen/ dann ich nicht mehr das Reiſen vertragen kan/ was
ich aber zu Haus thun kan/ vnd in meinem Vermoͤgen ſtehet/ ſoll nicht abgeſchlagen
ſeyn. Dieſe vier letztere Puncten/ als den 36. 37. 38. vnd 39. betreffend/ ſo haͤtte es ſich
allhier nicht uͤbel geſchickt/ etwas außfuͤhrlicher zuerklaͤren/ dieweil aber ſolches in einem
Tractaͤtlein (deß Deutſchlands Wolfahrt genant) vmbſtaͤndig geſchehen/ iſt es vor vn-
noͤhtig geachtet/ ſolches allhier zu wiederholen; wird alſo der guͤnſtige Leſer/ was ihme
allhier mangelt/ in jenem deſto reichlicher finden/ dahin ich denſelbigen wil gewieſen
haben.
Alſo haſt du/ guͤnſtiger Leſer/ allhier eine gruͤndliche Explication deß Miraculi
Mundi, die Chymiſche vnd mechaniſche Stuͤck betreffend/ (die medicinaliſche Secre-
ten aber wird der guͤnſtige Leſer in dem 2. vnd 3. Theil meiner Pharmacopœæ Spagyricæ
expliciret finden) darbey jederman ſehen vnd mercken kan/ daß ich dem Erdſaltz/ als
einem Subjecto Univerſali nicht zuviel zugeſchrieben/ ſondern vor jedermaͤnniglich be-
wieſen/ daß alles dasjenige/ ſo ich ihme moͤglich zu thun/ zugeſchrieben/ warhafftig ſey:
daß aber diejenige Secreten/ welche ich durch das Erdſaltz zuverrichten bewieſen/ nicht
auch ſonſten durch andere vnd vielleicht auch naͤhere Weiſe ſolten koͤnnen verrichtet wer-
den/ leugne ich nicht/ ſondern muß bekennen/ daß ſowol die erwehnte metalliſche als
mechaniſche Stuͤcklein noch auff andere Weiſe auch zu verrichten; vnd iſt allein allhier
bewieſen/ daß das Erd-Saltz fuͤr ein Subjectum Univerſale beſtehen kan vnd mag/
welches niemand wird leugnen/ oder mit der Warheit vmbſtoſſen koͤnnen/ wie viel er
ihme auch einbilden moͤchte: darff ſich alſo an ſeiner Verachtſamkeit niemand aͤrgern
oder ſtoſſen. Jn geringſchaͤtzigen Dingen iſt gemeiniglich das beſte verborgen/ darumb
alle diejenigen fehlen/ welche das Gute bey der Anſehnlichkeit ſuchen/ darinnen es doch
nicht iſt/ ſondern allein bey dem Verwerfflichen ſoll vnd muß geſucht/ gefunden/ erhal-
ten vnd behalten werden; das merck vnd glaub es/ ſonſt wirſt du nimmermehr zu etwas
Gutes gelangen.
Dieſes aber muß ich noch erinnern/ vnd deme darmit begegnen/ welcher etwa
einwerffen vnd ſagen moͤchte/ wann das Nitrum ein Menſtruum Univerſale ſeyn ſolte/
darfuͤr ichs ruͤhmete/ ſo muͤſte nohtwendig auch der Lapis Philoſoph. darauß oder durch
daſſelbige kommen vnd zuwege gebracht werden/ davon ich doch nichts gedaͤchte? Die-
ſem zu begegnen/ kan leichtlich geſchehen/ wann ich nur geſtehe/ daß ich nicht weiters
darmit kommen ſey/ als ich beſchrieben habe; ohne Zweifel ſteckt noch mehr darhinter/
als mir vnd noch vielen bewuſt iſt. Jch hab einen guten Anfang gemacht/ ein anderer
folge
[199]Explicatio Miraculi Mundi.
folge nach/ vnd bringe es weiters/ wanns Gott ihme zulaͤſſt; Jch fuͤr meine Perſon be-
kuͤmmere mich nach ſolchen hohen Dingen nicht/ ſondern laſſe mich mit einem geringen
benuͤgen. Das muß ich aber doch bekennen/ wann ich noch etwas juͤnger waͤre/ wuͤrde
ich nicht vnterlaſſen/ auch mein Gluͤck daran zu verſuchen. Es iſt nicht ohne/ es haben
ihrer viel den Lapidem Univerſalem in dem Nitro geſucht/ was ſie aber erlangt/ wer-
den ſie am beſten wiſſen: So viel ich Nachrichtung habe/ hat ſich ihre Materi zu end deß
Wercks entzuͤndet/ vnd als ein Donnerſchlag vergangen. Dahero auch die alten Phi-
loſophi ihr Werck im Winter verrichtet/ auff daß ihnen der Blitz keinen Schaden an-
thun moͤchte. Gewiß iſt es/ vnd kan nicht fehlen/ ein ſolch edel Weſen/ das alle natuͤr-
liche Kranckheiten deß Menſchen zu vertreiben/ vnd alle vnvollkommene Metallen in
das bloſſe ☉ zu verwandeln Macht hat/ kan auß keinem vnreinen Metall vnd Mineral,
ja auß dem ☉ ſelber nicht/ wil geſchweigen auß andern geringern Subjectis, darinnen
ſich die Narren ſchleppen/ vnd ihr Geld vnd Gut vnnuͤtzlich verſchwenden/ bereitet wer-
den/ ſondern muß/ nach meiner einfaͤltigen Meynung/ nichts anders als ein concen-
trirtes vnd figirtes aſtraliſches Feuer ſeyn/ welches/ ohn allen frembden Zuſatz/ in for-
mam lapidis durch die Kunſt gebracht worden: dann kein reiner Weſen in der Natur
gefunden wird/ als das Feuer/ welches groſſe Macht hat in allen Dingen zu thun/
vnd fonderlich bey den Metallen: dann man ſehe nur an vnd betrachte doch/ wann wir
kein Feuer haͤtten/ muͤſten doch alle Kuͤnſte vnd Handwercker ſtill ligen: durch Feuer
ſeynd die Kuͤnſte erfunden/ vnd haben ihren Vrſprung vnd Anfang: wie wolten wir
die Metallen auß den Ertzen bringen/ vnd zum Gebrauch bereiten/ es waͤre ja ſolches
alles vumuͤglich; ſtecket alſo mehr in dem Feuer/ als ihrer viel ſich einbilden. Wer das
Feuer/ als das ſtaͤrckſte Element/ nicht erkennet/ der weiß nichts/ vnd wird auch ohne
daſſelbige nichts erfahren/ vnd kan ſich auch/ mit gutem Gewiſſen/ fuͤr keinen wahren
Philoſophum außgeben. Das Feuer allein/ ohne Zuſatz anderer Dinge/ iſt maͤchtig
genug/ auß den Steinen Metall zu machen/ vnd particulariter, auß geringen Me-
tallen beſſere/ ꝛc. wann mans nur zu gebrauchen weiß: univerſaliter aber wann es in
materiam lapideam concentriret iſt; welches letztere aber/ ob ichs zwar nicht erfahren/
aber gleichwol ſo viel gemercket/ wann GOTT einem die Gnade darzu geben wolte/
daß er ſo weit das Feuer braͤchte/ daß es corporaliſch vnd fix wuͤrde/ er gewißlich eine
Tincturam auff krancke Menſchen vnd vnvollkommene Metallen haben wuͤrde.
Wie kom̃t man aber darzu? moͤcht mancher ſagen: Nirgend anderſt/ als durch Ein-
gebung GOTTES/ dann ſolche groſſe Dinge laſſen ſich ſo leichtlich nicht finden/
vnd offenbaren ſich den Gottloſen nicht/ obwol die Welt voll toller Narren laufft/
welche Gold mit Gewalt in ſolchen Dingen ſuchen/ darinnen es nicht zu finden iſt.
Ein Erfahrener deß Feuers vnd der Metallen kan ſich nicht genugſam verwundern
uͤber die naͤrriſche labores, ſo die Goldgeitzigen/ vmb den Lapidem Philoſophorum
zu machen/ anwenden: Es ſuchet mancher die oberſte Treppe auff einer Leiter/ vnd
iſt noch nicht bey der vnterſten: Es gehoͤret mehr zum Dantz/ als ein new paar Schuh[e].
Jm
[200]Explicatio Miraculi Mundi.
Jm Feuer/ ſage ich nochmaln/ ſteckt gar viel/ ja wie etliche Philoſophiſchreiben/ vnd
ſonderlich Plato, im Saltz vnd Feuer laſſe ſich Gott am allerklaͤrſten ſehen vnd erken-
nen. Ein Feuer kan auß Finſternuͤß Licht machen/ vnd ſonſten niemand als Gott:
ohne Feuer iſt alles tod vnd finſter/ ohne Feuer kan nichts leben vnd wachſen. Jn Sum-
ma/ das Feuer iſt das edelſte vnd maͤchtigſte Geſchoͤpff Gottes der gantzen Welt/ wer es
nur recht zu gebrauchen wuͤſte/ der haͤtte keiner andern Kunſt mehr noͤhtig.
Alſo hat der guͤnſtige Leſer auch meine einfaͤltige Meynung von dem groſſen Stein
der Weiſen/ ein jedweder mag nun ſo viel davon glauben als er wil vnd begreiffen kan:
es iſt ein ſolches Werck eine lautere Gabe Gottes/ vnd laͤſſt ſich durch Menſchen-Ver-
ſtand nicht erlernen/ wann Gott nicht ſeine Huͤlffe vnd Eingeben darbey thut. Jch glau-
be aber dieſes/ daß Gott zu dieſen letzten Zeiten noch Leut erwecken/ ihnen die Heimlich-
keit der Natur eroͤffnen/ vnd/ zu ſeiner Goͤttlichen Ehr/ Wunderdinge werde an Tag
bringen laſſen/ welches ich den Nachkoͤm̃lingen von Hertzen wuͤnſche/ daß ſie es zu Gor-
tes Ehre vnd Lob anwenden/ gebrauchen vnd genieſſen moͤgen. Amen.
Schluß.
ES zweiffelt mir nicht/ daß mancher/ wann er hierauß ſiehet/ daß viel
Gutes durch den Salpeter zu verrichten/ gern wiſſen wolte/ wie ſol-
cher in Copia zu zeugen/ auff daß man ſelben ſo theuer nicht erkauffen
doͤrffte/ welches auch manchem/ der ein wenig mit Feuer vmbzugehen weiß/
leichtlich auff die Beine helffen koͤnte/ vnd ich allen frommen Chymicis,
auff daß ſie ihre fruchtlos-verbrandte Kolen wieder erwuͤrben/ ſolches von
Hertzen goͤnnete: dieweil aber von Zeugung oder Bereitung deß Salpeters
in einem beſondern Tractaͤtlein/ ſo von dem allgemeinen Schatz vnd Reich-
thumb der Welt handelt/ gedacht wird/ iſt es vnnoͤhtig/ allhier ein mehrers
davon zu ſchreiben: Dieſes aber wil ich prophetiren/ daß in kurtzer Zeit/
wann durch meine Schrifften der Salpeter ein wenig beſſer bekandt wird/
die wahre Alchymia oder Verwandelung der geringen Metallen in beſſere
ſo gemein werden wird/ gleich wie ſie geweſen in Egypten/ bey Zeiten deß
Roͤmiſchen Kaͤyſers Diocletiani, welcher die Egyptier nicht uͤberwaͤltigen
oder vnter ſein Joch bringen koͤnnen/ biß daß er ſie gepeiniget/ daß ſie ihre
Buͤcher herbey bringen muͤſſen/ die er verbrandt/ vnd dieſelbe durch dieſes
Mittel zum Gehorſam gebracht hat. NB. Es darff ſich niemand ver-
wundern/ daß eben bey den Egyptiern die Verwandelung der Metallen in
beſſere ſo gemein geweſen iſt: dann in Egypten der Salpeter allenthalben
haͤuf-
[201]Explicatio Miraculi Mundi.
haͤuffig in der Erden gefunden worden/ wie auch der groſſe vnd gewaltige
Fluß Nilus mit Salpeter impregnirt iſt/ vnd allein durch ſeinen Außlauff/
welcher jaͤhrlich zweymal geſchehen ſoll/ das gantze Land alſo tuͤnget oder
fruchtbar macht/ daß es hernach ohne einige Miſtung oder Tuͤngung reich-
lich Fruͤchte herfuͤrbringet: dann alſo reich von Salpeter der Nilus/ wie das
Meer von gemeinem Saltz: dann auch die Jnwohner dem Nilo zu gewiſ-
ſen Zeiten/ wann er groß wird vnd auffs Land geht/ groſſe Gruben machen/
der/ wann er wieder faͤllt/ darinn ſtehen bleibt/ vnd hernach das Waſſer von
der Sonnen außgetrucknet/ vnd alſo haͤuffig der Salpeter (wie in Spania
vnd andern hitzigen Laͤndern das gemeine Saltz) bereitet wird. Dieſes ha-
be ich dem guͤnſtigen Leſer noch zur Nachricht entdecken wollen: Jſt er weiß/
vnd goͤnnets ihm Gott/ ſo iſt ihme bereits genug geſagt: ſoll ers aber nicht
haben/ ſo wird es ihme auch nicht helffen/ wann man gleich zehenmal klaͤr-
licher davon ſchriebe/ darbey es vor dißmal verbleibt; ein mehrers in deß
Deutſchlandes Wolfahrt/ wie auch in dem allgemeinen Schatz vnd
Reichthum der Welt/ darinn der Liebhaber Goͤttlicher
Wunderwerck ſich erluſtigen wird/
verſparend.
[202]
MIRACULI MUNDI
CONTINUATIO.
Dariñen die gantze Natur entdecket/ vnd der Welt
nackend vnd bloß fuͤr Augen gelegt/ auch klaͤrlich vnd außfuͤhr-
lich bewieſen vnd dargethan wird/ daß auß dem Salpeter allerVegetabi-
lien/ Animalien vnd Mineralien hoͤchſte Medicin zu bereiten muͤglich: dahero billich
vnd rechtmaͤſſiger Weiſe das wahre Subjectum, Solvens oder Menſtruum Uni-
verſale (trotz allen FarneriſchenIgnoranten!) mag oder kan
genennet werden.
Vorrede an den Leſer.
GVnſtiger Leſer: Nachdem ich mein Miraculum Mundi,
wie auch den Erſten Theil Deutſchlandes Wolfahrt/ gegen
deß Gottloſen Farners Sehmaͤhkarten/ vnter dem Titel
Teſtimonium Veritatis, genugſamer maſſen defendiret/
vnd jederman gut vnd nuͤtzlich zu ſeyn erwieſen/ aber noht-
wendig etwas weitlaͤufftig (die Warheit deſto klaͤrer zu zeigen) machen muͤſ-
ſen: vnd nicht zweiffeln/ ſolche meine Verthaͤtigung (obwoln viel herꝛliche
Secreten darinn entdecket/ vnd deß Leſens genugſam wuͤrdig) dannoch viel-
leicht manchem zu leſen uͤberdruͤſſig geweſen ſeyn moͤchte. Dieſen Verdruß
nun wiederumb zu benehmen/ vnd in eine Luſt zu verwandeln/ habe ich gut
befunden/ etliche ſchoͤne Stuͤcklein/ zur Ergetzlichkeit/ als eine Zugabe oder
Verehrung/ vnter dem Titel/ Miraculi Mundi Continuatio, anzuhen-
gen/ vnd derſelben nur 4. an der Zahl/ nemlich/ eins fuͤr die Bauren/ Haͤcker
vnd Gaͤrtner/ ihnen einen ſonderbaren Weg zu zeigen/ ohne den bekandten
Schaaf-/ Kuͤhe- vnd Pferdemiſt ihre Felder fett vnd fruchtbar zu machen/
alſo/ daß dieſelbige alle Jahr reichlich Fruͤchte bringen/ vnd Nutzen geben
koͤnnen.
Das
[203]Continuatio Miraculi Mundi.
Das andere ſchenck ich allen reichen Buͤrgern/ Kauffleuten vnd Muͤſ-
ſiggaͤngern/ welche nicht wiſſen/ auff was Weiſe vnd Wege dieſelbe ihr ☉
vnd ☽ vermehren wollen/ vnd zeige ihnen einen Weg/ wie daß ſie ohne Wu-
cher vnd Schinderey/ oder Nachtheil ihres Nechſten/ dannoch ihr ☉ vnd ☽
auff eine viel beſſere Weiſe mit Ehren vermehren koͤnnen.
Das dritte Stuͤcklein verehre ich allen gewiſſenhafften vnd Gotts-
fuͤrchtigen Medicis, mit wenig Koſten vnd Arbeit in kurtzer Zeit ihnen kraͤf-
tige Medicamenten zu bereiten/ alſo/ daß dieſelbe den armen Krancken deſto
Chriſtlicher begegnen/ vnd ohne Beſchwerung derſelben ihre ehrliche Nah-
rung darneben haben moͤchten.
Das vierdte Stuͤck verehre ich allen hohen Standsperſonen/ als eine
Univerſal-Medicin, ihre gute Geſundheit dadurch zu erhalten/ vnd die
verlorne wieder zu erlangen.
Gott der Allmaͤchtige verleihe vns auß Gnaden/ daß wir ſeine Gaben
alſo anlegen vnd gebrauchen moͤgen/ daß ſeine Goͤttliche Ehre vnd die Liebe
gegen den Nechſten dadurch vermehret vnd befoͤrdert werde. Amen.
Fuͤr die Bauren/ Haͤcker vnd Gaͤrtner
eine Verehrung.
OBwol ich willens geweſt/ dieſe Preß in dem Dritten Theil
Deutſchlands Wolfahrt zu ſetzen/ dannoch aber weil ich ſehe vnd ſpuͤ-
re/ daß ihrer ſo viel ſind/ welche die Koͤpff daruͤber brechen/ was doch
dieſes fuͤr eine Preſſe/ dadurch die groſſen Baͤume/ davon in dem Er-
ſten Theil Deutſchlands Wolfahrt Meldung geſchehen/ gepreſſet/
ſeyn moͤchte/ als hab ich gut gefunden/ dieſelbe allhier zu beſchreiben/
vnd dem gemeinen Nutzen zum beſten ſolche heraußgeben wollen/ ſonderlich darumb/
weil mir GOTT der Allmaͤchtige noch andere Wege gezeiget/ auß allem Holtz in copia,
ohne dieſe Preſſe/ Salpeter zu machen/ vnd nicht allein auß dem Holtz/ ſondern auch
auß allen andern vegetabiliſchen/ animaliſchen vnd mineraliſchen Dingen gar leicht-
lich/ ohn einiges preſſen oder verfaͤulung/ vnd ſolches in gar kurtzer Zeit das Holtz vnd
Saltz vmbzukehren/ vnd zu Salpeter zu machen/ alſo/ daß man auch innerhalb dreyer
oder vier Stunden lang zeit/ ein jedes Vegetabile vnd Animale, wie auch alles Saltz
verwandeln kan/ daß es zu einem fetten/ hitzigen/ ſulphuriſchen Saltz wird/ welches her-
C c 2nacher
[204]Continuatio Miraculi Mandi.
nacher gar leichtlich durch die Lufft zu animiren vnd zu Salpeter zu machen; vnd iſt ſol-
ches Saltz allbereit ſo weit gebracht/ (wann es ſchon nicht brennt wie ein Salpeter) daß
es doch eben dasjenige thut in Tuͤngung der magern Laͤnder/ was ein jeder (von dem
Vieh gemachter) Miſt auch thut/ alſo/ daß man den klaren magern Sand darmit als-
bald tuͤngen vnd fett machen kan/ daß er/ einer guten fetten Erden gleich/ Fruͤchte bringt.
Es glaubt niemand was mit einem Saltz/ deme ſein corroſiv benommen/ außzurichten
ſey. Darumb der HErꝛ Chriſtus nicht vergeblich zu ſeinen Juͤngern ſagt: Jhr ſeyd das
Saltz der Erden: wo kein Saltz in der Erden iſt/ iſt ſie todt/ dum̃/ vnd kan keine Frucht
bringen. Dann dieſes vmbgekehrte Saltz nicht allein die ſandichte gantz vnfruchtbare
Felder/ darauff kaum ein wenig Heiden wachſen/ tuͤnget; ſondern es kan auch dienen
auff gute Felder/ ſelbige darmit noch beſſer zu machen/ daß ſie alle Jahr koͤnnen beſaͤet
werden/ vnd Fruͤchte bringen. Fuͤrwar eine groſſe Gabe Gottes/ deſſen die jetzige boͤſe
Welt gar nicht wuͤrdig iſt zu wiſſen. Es hat mancher Bauersmann viel Kornland/
welches er wegen mangelung deß Miſtes nicht tuͤngen kan/ muß es viel Jahr lang wuͤſt
vnd feyrend ligen laſſen/ ehe ers einmal beſaͤen kan; was nutzt es ihme? muß den einen
weg als den andern der Oberkeit ihre Gebuͤhr davon geben/ vnd geneuſſt es doch nicht;
waͤre es nicht beſſer/ daß er nur einen dritten oder vierdten Theil ſo viel haͤtte/ der ihme
alle Jahr Fruͤchte braͤcht? Koͤnnen alſo mit ſolchem Land/ das ein einiger Baner be-
ſitzet/ ihrer zehen genug daran haben/ wann es auff dieſe meine Weiſe durch das vmbge-
kehrte Holtz oder Saltz fruchtbar gemacht wuͤrde. Deßgleichen ſind auch die magere
Weinberge darmit zu tuͤngen/ daß ſie viel Wein tragen/ vnd nicht vergeblich gebauet
werden.
Es koͤnnen auch alle fruchtbringende Baͤume/ wie auch die magere Graslaͤnder/
Matten oder Wieſen/ daß ſie mehr vnd auch beſſer Gras bringen als ſonſten/ darmit
verbeſſert vnd tragend gemacht werden: Davon auff dißmal genug; ein mehrers (ge-
liebts Gott) ſoll in dem dritten Theil deß Vatterlands Wolfahrt gehandelt werden/ vn-
terdeſſen wird der uͤberfluß von Korn vnd Wein theils verzehret. Jch zweiffele aber
nicht/ dieſe herꝛliche Gabe Gottes werde von vielen guten Haushaltern geſucht vnd in
Ehren gehalten/ auch von dieſer Stund an/ biß zum Ende der Welt/ zu Befoͤrderung
der Ehren Gottes vnd vieler tauſend Menſchen Wolfahrt practiciret werden.
Dieſer modus, das Holtz durch ſein eigen Feuer in einen ſauren Eſſig zu preſſen/
vnd ſolchen ſauren Safft durch das zuruͤck-bleibende fixe Saltz von den verbrandten
Kolen wieder zu coaguliren vnd in ein gut Saltz zu bringen/ die vnfruchtbare Felder da-
mit zu tuͤngen/ oder aber durch die Lufft zu einem guten Salpeter zu machen/ iſt eine
herꝛliche vnd ſehr gute Kunſt/ das vnnuͤtze Holtz zu Nutzen zu bringen: dergleichen nutz-
bringende invention noch von niemand beſchrieben worden/ vnd freylich vielmal beſſer
iſt/ als auß dem Holtz nur eine Pott-Aſchen zu brennen/ da aller ſaure Holtzſaft im bren-
nen weggehet vnd zu nichte wird/ vnd von einer groſſen quantitaͤt Holtzes nur ein wenig.
Aſchen zuruͤck bleibt/ welche Aſchen zum tuͤngen oder ſalpetermachen noch kaum der ze-
hende
[205]Continuatio Miraculi Mundi.
hende Theil gut iſt: dann die Aſche nicht/ ſondern allein das Saltz darinnen/ das Erd-
reich tuͤnget/ oder zu Salpeter wird: darumb dieſe meine invention, den Holtzſafft zu
fangen/ vnd in ein gut Saltz zu coaguliren/ vielmal nuͤtzlicher vnd beſſer zu achten/ als
auß dem Holtze Pott Aſchen zu machen.
Es dieuet auch dieſe Feuer-Preſſe nicht allein den fruchtbaren Safft auß allem
Holtz damit zu preſſen/ ſondern ſie kan gleicher weis auch mit groſſem Nutzen an denen
Orten gebraucht werden/ da kein Holtz waͤchſet/ vnd groſſe Moraſten ſind/ darauß der
Torff (an ſtatt deß Holtzes zu gebrauchen) gegraben wird; vnd iſt derjenige Torffſafft
eben ſo gut zum Feldtuͤngen/ als der Holtzſafft. Hat ſich alſo kein einiges Land zu be-
klagen/ daß es von dem allgemeinen Schatz vnd Reichthumb der Welt nicht uͤberfluͤſſig
von GOTT ſey verſehen: dann auff hohen Landen hat man das Holtz uͤberfluͤſſig/ in
den niedrigen aber den Torff: Vnd gleich wie auff hohen Landen eine vnaußſprechliche
Menge Holtzes verfaulet/ oder ſonſten da ſtehet vnd niemand zu Nutzen kom̃t/ alſo ge-
ſchicht es auch mit dem Torff in niedrigen Landen; dann groſſe Stuͤcker Landes hier
vnd dort ligen/ das keinem Menſchen zu nutzen kom̃t/ vnd doch ein groſſer Schatz dariñ
verborgen ſteckt. Wann die Moraſten alſo beſchaffen/ daß Gras darauff waͤchſt/ vnd
man das Vieh darauff treiben kan/ ſo kommen ſie noch zu Nutzen; ſo aber der Moraſt ſo
feucht iſt/ daß er kaum einen Menſchen ohne fincken daruͤber gehen laͤſſt/ ſo kan er nie-
mand nuͤtzlich ſeyn. Etliche Moraſten tragen nur Moos/ vnd gar kein Gras fuͤrs Vieh/
vnd geben auch keinen Torff zum verbrennen; entweder er iſt zu ſandicht oder moſicht;
ſolcher Moraſt iſt dannoch gut einen fruchtbringenden Safft darauß zu preſſen/ vnd
dem angraͤntzenden Land/ welches gemein: glich ſandicht pflegt zu ſeyn/ groſſen Nutzen
darmit zu ſchaffen. Solche Moraſten ſind auch anders nichts als diejenige Fettigkeit/
welche vom Regen auß den angraͤntzenden hohen Sandlaͤndern außgezogen/ vnd in die
niedrige Thaͤler zuſammen gefuͤhrt/ vnd zu einem moſichten Weſen gewachſen/ darumb
billich ſolche fette Moraſten den magern Sandfeldern/ ſelbige darmit zu tuͤngen/ wieder-
umb gegeben werden ſolten: Koͤnte alſo auff dieſe Weis manch groſſes Land/ welches
jetzunder wuͤſt ligt/ vnd keinem Menſchen zu nutzen kom̃t/ fruchtbar gemacht werden.
Was ich geſagt/ das iſt die Warheit; mit der zeit moͤchte mans glauben/ vnd dem Land
groſſen Nutzen dadurch ſchaffen: jetzunder aber koͤm̃t es den Bauren vor wie Spani-
ſche Doͤrffer/ vnd wil ihnen nicht in die grobe Bierkoͤpffe. Gleich wie nun ein jeder fet-
ter Moraſt das angraͤntzende magere hohe Sand-Land tuͤngen/ vnd ſelbiges fruchtbar
machen kan/ alſo iſt auch das groſſe Meer eine Univerſal-Medicin oder Tuͤnge fuͤr alle
darangraͤntzende hohe magere Laͤnder/ ſelbige durch ſein inhabendes Saltz vollkoͤm̃lich
fruchtbar vnd tragend zu machen/ daran man die groſſe Vorſichtigkeit Gottes genug-
ſam ſpuͤren kan/ vnd billich alle Menſchen fuͤr dieſe vaͤtterliche vnd Goͤttliche Vorſorge
vnauffhoͤrlichen Danck ſagen/ vnd ſolche groſſe Gaben vnd Wolthaten Gottes nim-
mermehr auß dem Hertzen ſolten kommen laſſen. Wie oder auff was Weiſe aber das
Seeſaltz die ſandichte magere Laͤnder tuͤnge oder fruchtbar mache/ wird hernacher auß-
C c 3fuͤhr-
[206]Continuatio Miraculi Mundi.
fuͤhrlicher tractiret; allhier habe ich es bey meiner Holtzpreſſen in Parentheſi nur ein
wenig anruͤhren wollen. So vielmal nun beſſer iſt meine Invention den Safft zu fan-
gen vnd zu coaguliren/ als Pott-Aſchen zu machen/ ſo vielmal hergegen beſſer iſt mein
ſecreter modus, dadurch bey nahe das gantze Gewicht deß Holtzes (auſſer dem vntuͤchti-
gen Waſſer vnd phlegma ſo bey dem Holtz geweſen) behalten wird: Dann man ſeine
Rechnung bald machen kan/ wann das Holtz verbrennet/ der edle Sulphur darinnen mit
verbrennet/ weggehet/ vnd niemand zu nutz kom̃t: ſo mans aber alſo anſtellen kan/ daß
das Holtz nit brennen noch verbrennen kan/ ſondern ſich in ſich ſelber verzehren/ vnd bey
nahe ohne abgang zu einem fetten ſulphuriſchen Saltz werden muß/ der hat das Mittel
in der Scheiben getroffen/ vnd den gewuͤnſchten Zweck erlanget. Man ſehe an eine Ko-
len/ wann der Safft herauß iſt/ dieſelbige bey nahe noch ſo groß geblieben/ als das Holtz
geweſen/ davon ſie gebrant worden; vnd wann man ein Pfund von ſolchen Kolen zu
Aſchen verbrennet/ ſo erlangt man kaum 1. 2. oder 3. Loht Aſchen/ dieſe Aſchen gibt kaum
ein Viertel oder ein halb Loht Saltz/ das zum Salpetermachen oder Feldtuͤng gut iſt/
vnd der edle Sulphur, als der groͤſſere Theil derſelben/ geht im verbrennen weg/ vnd von
einem gantzen Pfund Kolen kaum ein Viertel oder halb Loht Saltz geblieben. Darumb
eine groſſe Kunſt iſt/ ſolchen Sulphur, deſſen Tugenden groß ſind/ zu behalten/ vnd in
ein edel Saltz zu bringen.
Welches herꝛliche Stuͤck ich dem Haͤckers- vnd Ackersmann zu einer Verehrung
(meiner im beſten dabey zu gedencken) gern mitgetheilet haͤtte: weiln ich aber die groſſe
Vndanckbarkeit der Welt je laͤnger je mehr ſpuͤre/ werde ich noch etwas darmit zuruͤck
halten/ dañ doch ſolches itzt nicht angenehm ſeyn wuͤrde/ dieweil noch zur zeit allenthalben
Wein vnd Korn genug vorhanden: wann aber einmal (wie leider zu beſorgen) der Zorn
Gottes kommen/ vnd alles uͤber einen Hauffen kehren ſolte/ (dafuͤr vns Gott bewahren
wolle) alles auffgefreſſen/ vnd die Fettigkeit der Erden verſchwunden/ alsdann moͤchte
eine ſolche Gabe Gottes angenehm ſeyn/ vnd wol zu paß kommen/ jetzunder aͤber waͤre
es nur ein uͤberfluß/ vnd wuͤrde vielleicht von den wilden Schweinen nur verſchwendet
werden. Dann wann ein Gefaͤß voll Wein oder Korn iſt/ vnd man mehr hinein ſchuͤt-
tet/ ſo kan es doch nicht darinn bleiben/ ſondern faͤllt wieder herauß: Alſo auch bey jetzi-
ger Zeit/ da allenthalben die Voͤlle/ vnd nirgends kein Mangel zu finden/ nur ein uͤber-
fluß waͤre/ wann man den vollen Tollen von fruchtbringenden Secreten predigen wolte/
die doch nicht geachtet/ ſondern vielmehr verſpottet wuͤrden; wie ſolches Farner allbereit
genugfam bewieſen/ vnd an ſtatt aller Gottloſen vnd Veraͤchter der groſſen Wunder-
wercken vnd reichen Gaben Gottes den Anfang gemacht/ vnd andern ſeines Gleichen
vndanckbaren Menſchen den Weg gezeiget. Darumb ſage ich/ iſt es nicht noͤhtig/ diß-
mals etwas von dergleichen herauß zu geben. Der Bauers- vnd Haͤckersmann kan
ſich vnterdeſſen mit dieſem behelffen/ was allbereit beſchrieben: dann der ſauere gepreſſte
vnd wieder in die ſuͤſſe-gebrachte Holtzſafft in Tuͤngung der mageren Felder mehr thut/
als man glauben kan. Jns kuͤnfftige wann ich ſpuͤre daß es noͤhtig ſeyn wird/ ſoll ein
meh-
[][]
B. Der deckel dar mit der Ofen geſchloſſen wirdt.
[...]iethűr an dem Ofen dardurch man die kohlen aus nimbt
Condenſirt vnd heraus rint.
E. Iſt ein fas darin der holtz eſſig laufft.
[207]Continuatio Miraculi Mundi.
mehrers vnd beſſers heraußkommen/ derenthalben ich entſchloſſen in Beſchreibung deß
Vatterlands Wolfahrt noch ein wenig zuruͤck zu halten/ vnd zu vernehmen/ wo es hin-
auß wil. Jch bin gewiß/ daß uͤber etliche Jahr meine Schrifften angenehmer als jetzun-
der ſeyn werden; die Vrſach iſt allbereit angezeigt. So vnwerth aber bey jetzigen vollen
Zeiten meine Schrifften von den Gottloſen Farneriſchen Spoͤttern gehalten/ ſo viel
werther ſelbe hernacher ſeyn werden. Doch ſoll auff dißmal die Preſſen vnd deren Ge-
brauch/ wie auch Nutzen deß gepreſſten vnd wieder coagulirten Holtz-Saltzes beſchrie-
ben werden.
Von Geſtalt/ Gebrauch vnd Nutzen der Preſſen/ mit welcher
auß dem Holtz der Safft zum Salpetermachen ohne ſonderbare
Muͤhe in groſſer Menge zu preſſen.
Die Form.
ERſtlich ſoll von Ziegelſteinen ein runder Ofen auffgeſetzt werden in ſolcher Ge-
ſtalt/ wie beygeſetzte Figur/ mit A. gezeichnet/ außweiſet/ wie man ſonſten die
Glas-oͤfen zu machen pfleget/ nemlich vnten breit vnd allgemach uͤber ſich zuge-
welbet/ doch daroben ein rund Loch eines Fuſſes breit/ dadurch man das Holtz
in den Ofen werffen moͤge/ vnd einen darzu gemachten ſteinern Deckel/ darmit das Loch
zu ſchlieſſen; auch ſoll zu vnterſt auff einer Seiten eine Thuͤr ſeyn/ dadurch die Kolen
außgezogen werden koͤnnen. Deßgleichen ſoll auf der andern Seiten deß Ofens ein Loch
ſeyn/ daran man erdene Roͤhren/ den ſauren Holtzſafft darinn zu condenſiren/ legen
moͤge; fuͤr die Roͤhren/ welche vngefehr drey oder vier Klaffter lang zuſammen ſeyn ſol-
len/ ſoll man ein hoͤltzern Faß legen/ den abrinnenden Holtz-Safft zu empfangen/
wann dieſes alles verfertigt/ vnd man den Safft auß dem Holtz preſſen wil/ ſo fuͤllet
man den Ofen voll Holtz an biß oben zu/ wann ſolches eben nicht duͤrꝛ/ ſondern noch
feucht iſt/ doch daß zu oberſt ein Buſch trockene Reiſer gelegt werden/ das gruͤne Holtz
damit in den Braud zu bringen. Wann nun das Holtz wol angezuͤndet vnd wol bren-
net/ ſo deckt man das Ober-Loch mit dem darzu gehoͤrigen Deckel beheb zu/ daß kein
Rauch daraußgehen kan/ ſondern gezwungen wird vnterſich zu gehen/ vnd das Neben-
loch/ daran die Roͤhren ligen/ zu ſuchen. Wann dann das Holtz allgemach fortgluͤ-
het/ vnd doch nicht flammen kan/ ſo preſſt die Hitz allen Safft auß dem Holtz/ vnd trei-
bet denſelben in die Roͤhren/ darinnen er zu einen ſauren Waſſer gerinnt/ vnd in das
vorgeſetzte Geſchirꝛ laufft. Wann dann alles Holtz in dem Ofen zu Kolen worden iſt/
vnd keinen Rauch mehr von ſich gibt/ ſo ſoll der Ofen an allen Orten/ da einige Lufft
eingehen moͤchte/ auch das Loch/ da die Roͤhren anſtehen/ mit naſſer Aſchen zugeſtri[-]
chen werden/ ſo daͤmpffen oder ſticken die Kolen auß/ vnd bleiben gantz. Wann ſie
in dem Ofen ſind erkaltet/ ſo nimbt man ſolche auß/ vnd gebraucht dieſelbige zu
anderer Arbeit/ worzu man ſie vonnoͤhten hat/ dann ſolche Kolen ſind eben ſo gut als an-
dere
[208]Cóntinuatio Miraculi Mundi.
dere Kolen/ welche in dem Wald von den Kolbrennern zum Verkauff verbrant werden.
NB. Dieſes iſt zu verſtehen von ſolchem Holtz/ das in dem Ofen gepreſſt wird/ das auch
bequem iſt Kolen zu geben/ als mittelmaͤſſiger Dicke; dann ſo klein Reiſig gepreſſt wuͤr-
de/ koͤnte man keine Kolen ſam̃len/ ſondern wuͤrde nur ein klein Gemuͤlb von Kolen fin-
den/ welches man in dem Ofen/ wann nemlich derſelbige/ nachdem der Safft auß dem
holtz-gepreſſten Ofen gelaſſen wuͤrde/ vollends zu Aſchen muͤſte gebrant werden/ welche
Aſchen man noͤhtig hat/ den ſauren Safft damit zu coaguliren/ wie bald folgen ſoll.
Kan alſo in dem Holtzpreſſen ein Vnterſcheid gemacht werden/ nemlich das kleine Ge-
ſtraͤuch nach der Außpreſſung zu Aſchen verbrennen/ das grobe Holtz aber nach dem Preſ-
ſen außgedaͤmpfft/ vnd Kolen bleiben laſſen. NB. So man aber die Kolen nicht noͤh-
tig/ vnd ſelbige auch nicht andern verkauffen koͤnte/ ſo lieſſe man dieſelbe auch zu Aſchen
verbrennen/ vnd wann man an ſolchen Ort/ da das Holtz gepreſſt wird/ Kalchſteine ha-
ben kan/ ſo ſo ſoll man immer einen Satz Holtz vnd Kalchſteine auffeinander legen/ vnd
alſo den Ofen außfuͤllen/ vnd preſſen; wann der Safft herauß iſt/ als dann den Ofen
oben auffmachen/ vnd die Kolen verbrennen laſſen: indem ſie nun verbrennen/ ſo cal-
ciniren ſie auch zugleich die Steine/ vnd machen einen Kalch darauß/ welche gebrante
Steine man an die Lufft legen/ vnd zu einem Pulver zerfallen laſſen ſoll/ doch daß es nicht
darauff regne: ſolchen zerfallenen Kalch miſcht man vnter die Holtz-Aſchen/ vnd gieſſt
den ſauren Safft darauff/ laͤſſt beyde widerwaͤrtige Naturen zuſammen arbeiten/ vnd
ſich wol vereinigen/ ſo verlieret der ſaure Holtzgeiſt ſeine Schaͤrffe/ vnd das fixe Holtz/
wie auch Steinſaltz/ wie dadurch alteriret/ vnd wird auß beyden widrigen Naturen eine
mittelmaͤſſige Natur vnd liebliches Saltz/ welches in der Lufft (wann es lang dar ligt)
ein Leben attrahirt/ vnd zu einen guten Salpeter verwamdelt wird. NB. Es ſoll aber
dieſer Satz vnter einem Dach ligen/ daß nicht darauff regnen koͤnne/ vnd wann es von
der Lufft außgetrocknet/ ſo ſoll man ſolchen mit Vrin der Menſchen oder Viehe begieſ-
ſen/ vnd wieder feucht machen/ alſo/ daß er nimmer gantz trocken werde/ ſo generiret
ſich in einem oder anderhalb oder auffs hoͤchſte zwey Jahren/ ein guter Salpeter darin-
nen/ welchen man außlaugen/ laͤutern/ kochen vnd ſchieſſen laſſen kan/ das außgelaugte
ſtuͤrtzet man wieder vnters Dach/ generirt ſich in 1. oder 2. Jahren wieder ein guter Sal-
peter darinnen/ welchen man auch außlaugen vnd zu Salpeter machen kan; der Satz
bleibt allzeit gut/ doch daß derſelbe/ wann er trocken worden/ allzeit mit Vrin begoſſen
werde/ NB. So man aber ehender Salpeter haben wil/ ſo kan man nach der conjun-
ction deß ſauren Holtzſaffts mit der Kalch-Aſchen/ wann eines das ander præcipitirt
vnd getoͤdtet hat/ mit Waſſer außlaugen/ biß auf ein Saltz einkochen/ vnd ſolches Saltz
mit Vrin ſolviren/ vnd durch die Circuliergefaͤß gehen vnd außbruͤten laſſen/ ſo wird in
einem Jahr guter Salpeter darauß. Dieſe Arbeit/ den Safft auß dem Holtz zu preſſen/
vnd zugleich auch Kalch zu brennen/ kan in allen Staͤdten vnd Orten gethan werden/
da das Holtz fuͤglich zu bekommen vnd beyzubringen iſt; ſo man aber eine ſolche Arbeit
in den Waͤldern thun wolte/ ſo iſt es nicht noͤhtig/ daß man einen Ofen von Steinen
auff-
[209]Continuatio Miraculi Mundi.
auffbane/ ſondern man kan nur das Holtz zuſammen auff Hauffen ſetzen/ vnd mit gruͤ-
nem Raaſen uͤberlegen vnd zudecken/ gleich wie die Kolen ſonſten gebrant werden/
doch daß auff der Seiten ein Loch gelaſſen werde/ daran die Roͤhren accommodirt wer-
den. Wann dann das Holtz gepreſſt/ ſo ſtopfft man den Hauffen wol/ daß keine Lufft
darbey kan/ ſo man die Kolen erhalten wil/ laͤſſt ſie erkalten/ vnd fuͤhret ſie in die Stadt/
vnd gebraucht dieſelbe/ darzu man ſie noͤhtig hat/ oder man verkaufft ſie an die Schmie-
de/ ſo koſtet der Holtzſafft gar nichts/ dann ſolcher ſonſten ohne das im Kolenbrennen im
Rauch hinweg gienge/ wann er nicht gefangen wuͤrde; ſo man aber die Kolen nicht noͤh-
tig/ vnd auch nicht verkauffen koͤnte/ ſo lieſſe man ſelbige zu Aſchen brennen/ den ſauren
Safft damit zu einem Saltz zu machen/ welches Saltz hernach zu gewiſſer Zeit durch
die Lufft zu guten Salpeter werden kan. NB. Es iſt zu mercken/ daß in dem preſſen ne-
ben den ſauren Eſſig auch ein ſcharffes/ hitziges/ braunes Oel mit uͤbergehet/ welches
man nicht wegthun/ ſondern mit in die Aſchen gieſſen ſoll/ daß es auch mit zu Salpeter
wird/ wann es bey den Salien verfaulet; ſo man aber ſolches zu andern Dingen gebrau-
chen wil/ kan mans auch thun/ dann ohne zu dem Salpetermachen noch anderer Nu-
tzen darmit kan gethan werden/ als nemlich: Alles Holtz/ ſo an dem Regen oder Waſſer
ſtehet/ vnd leichtlich faulet/ kan man darmit anſtreichen/ bewahret daſſelbe/ daß der Re-
gen nicht daran hafftet/ ſondern ablaufft vnd nicht ſo leichtlich verfaulet. Deßgleichen
koͤnnens die Bauren vor Wagenſchmier gebrauchen/ ſonderlich wann es mit Hartz
vnd Talch ein wenig dick gemacht wuͤrde: Sein beſter Gebrauch aber auſſer dem Sal-
petermachen/ der mir noch zur zeit bekandt/ iſt dieſer/ daß man auß dem verbrandten
Kalch vnd Aſchen eine ſcharffe Laugen mache/ darinn man dieſes hitzige Oel im kochen
ſolvirt/ daß eines das andere annehme/ vnd eine Seiffe darauß werde. Dieſe Seiffe
iſt ſehr warm vnd fruchtbarmachend/ wann nemlich die magere ſandichte Kornlaͤnder
darmit beſpruͤtzet oder beſaͤet werden/ macht ſolche ſehr fruchtbar vnd tragend; vnd nicht
allein die magere Kornlaͤnder/ ſondern auch die Baͤume vnd Weinſtoͤcke; vnd reicht
man mit einer Tonnen ſolcher Seiffen ſo weit im Tuͤngen/ als ſonſten mit zehen Wa-
gen Kuͤh- oder Pferdemiſt; iſt auch eine Tonne viel leichter dieſer Seiffen auff die
weit-abgelegene Kornlaͤnder oder Weinberge zu bringen/ als zehen Waͤgen Miſt/ wel-
cher ſonſten mit groſſer Muͤh auff die hohe Klippen vnd Steinberge/ den Wein damit zu
tuͤugen/ muß gebracht werden. NB. Wann man dieſe Seiffen zur Tuͤngung der
Weinberge gebrauchen wolte/ ſo muͤſte man auff einmal derer nicht zu viel gebrauchen/
auf daß der Weinſtock nicht gar zu fett/ vnd ſich zu ſehr uͤberwachſe; darumb man ſolches
maͤſſig gebrauchen ſoll: auff dem Kornland aber kan man nicht zu viel thun/ doch iſt der
uͤberfluß auch nicht nuͤtz/ dann man dem guten auch zu viel thun kan. Wann ein Wein-
ſtock oder Baum gar zu fett getuͤngt wird/ ſo uͤberwaͤchſt er vnd bringt mehr Frucht als
er tragen vnd zeitig machen kan; deßgleichen wird das Holtz gar zu frech vnd weich/ daß
ihme leichtlich im Winter hernach der Froſt ſchaden kan: darumb man in allen Dingen
Maaß zu gebrauchen wiſſen ſoll. Dieſe ſchwartze Seiffen/ auß dem Holtz-Oel bereitet/
D diſt
[210]Continuatio Miraculi Mundi.
iſt fuͤrwar an ſolchen Orten/ da der Boden ſandicht vnd vnfruchtbar/ eine groſſe Gabe
Gottes/ daran man Gottes weißliche Vorſehung genugſam ſpuͤren kan/ gleichſam als
wolte Er zu vns ſagen: Jhr vnverſtaͤndigen Menſchen! warumb laſſt ihr vngebaut die-
ſen Ort wuͤſt ligen? Weiln ihr dann nichts darauff ſaͤen koͤñt/ ſo hab ich Holtz darauff
wachſen laſſen/ damit ihr Materi habt/ dieſen Ort fett vnd tragend zu machen/ wann
ihr wolt. NB. Dann genugſam bekant/ wann Vegetabilien vnd Animalien verfau-
len/ daß ſie den mageren Boden tuͤngen vnd fett machen/ wie die Bauren jetzt auch ge-
lernt ohne die Faͤulnuͤß ſolches zu verrichten/ wann ſie nemlich ſolches Holtz/ ſo in vielen
Jahren her bey den Kriegszeiten auff den Kornlaͤndern gewachſen/ abhauen vnd ver-
brennen/ die Aſchen auff das Feld ſtrenen/ vnd ſolches fruchtbar damit machen; daß ſie
aber den ſauren Spiritum vnd hitziges Oel/ welches im brennen hinweggeht/ nicht zu fan-
gen vnd vmbzukehren/ vnd gleicherweis mit der Aſchen zum tuͤngen zu gebrauchen wiſ-
ſen/ iſt kein Wunder/ weiln es ihnen noch niemand geſagt: Jch glaube aber/ daß ſolcher
modus die Felder zu tuͤngen/ mit der zeit werde auffgebracht werden/ doch noch ſo bald
nicht/ weiln bey dieſen Friedenszeiten allenthalben Korn genug gebauet wird. Wann
aber ins kuͤufftige (welches Gott verhuͤten wolle) etwan neuer Krieg einreiſſen/ vnd viel
Jahr nacheinander wegen Mangelung der Menſchen/ Pferden/ vnd anders das Feld
vngebaut ligen bleiben vnd verderben ſolte/ alsdann moͤchte man ſolche Kunſt noͤhtig ha-
ben vnd herfuͤr ſuchen/ ehender aber nicht/ ꝛc.
Was ſonſten weiters mit gedachtem Holtzſafft zu verrichten/ wird vmb der kuͤrtze
willen allhier nicht beſchrieben: dieſes aber berichte ich zum uͤberfluß/ daß ſolcher ſaure
Spiritus, wann er rectificiret/ alles dasjenige in Bereitung vieler guten medicamen-
ten/ mechaniſchen Kuͤnſten/ als Bereitung vieler ſchoͤnen Farben vnd extrahirung der
Metallen auß den Steinen vnd Ertzen/ vnd was ſonſten mit Eſſig zu thun iſt/ fuͤglich
kan verrichtet werden/ vnd noch beſſer/ weiln dieſer Eſſig viel ſaͤurer iſt/ als ein gemei-
ner Wein- oder Bier-Eſſig: aber an ſich ſelber iſt er eine kraͤfftige Medicin fuͤr viel vn-
heilbare Kranckheiten/ nur mit gemeinem Waſſer gemiſcht/ vnd warm darinn gebadet/
thut mehr als die wilde Schwefelbaͤder/ ſonderlich in allen Kraͤtzen/ frantzoͤſiſcher Laͤh-
me/ offenen fiſtulirten ſtinckenden Schaͤden an den Schenckeln vnd andern Orten deß
Leibes/ in podagra, calculo, contractura Sciathica, paralyſi, morbis uterinis, vnd
allen ſolchen Kranckheiten/ die ſonſten durch Baͤder zu curiren geſucht werden/ dieſer
Holtz-Eſſig weit vorgehet/ vnd an heilſamen Kraͤfften uͤbertreffen thut.
Deßgleichen thut auch das hitzige Holtz-Oel/ ſo mit dem ſpiritu im preſſen uͤbergeht/
vnd heilet in allen aͤuſſerlichen Schaͤdengewaltig: darfuͤr billich alle diejenigen/ ſo mit
ſchweren Kranckheiten beladen ſeyn/ Gott dem Allmaͤchtigen fuͤr eine ſolche herꝛliche vnd
darzu allenthalben befindliche Medicin nicht genugſam danckſagen koͤnnen; vnd ſon-
derlich die Armen/ welche nicht viel Geld in die Apotheken zu bringen haben/ ihnen ſelber
eine ſolche herꝛliche vnd kraͤfftige Medicin auß dem Holtz preſſen koͤnnen. NB. Dieſes
kan auch in acht genommen werden/ wann man in dieſem Holtzſafft baden wil/ daß man
von
[211]Continuatio Miraculi Mundi.
von dem Eſſig allzeit etliche Loͤffel voll auch einnehme/ ehe daß man in das Bad gehet/ ſo
durchſuchet dieſer Eſſig innerlich den gantzen Leib/ treibt alles Boͤſe durch den Schweiß
darauß/ oͤffnet alle Verſtopffungen der Miltz/ Leber vnd Lungen/ ſonderlich wann der
Safft auß einem ſolchen Holtz oder Kraut bereitet/ welches ohne das zu dergleichen
Kranckheiten dienlich iſt/ als nemlich/ der ſaure Eſſig von den Weinreben/ Buchen/
Bircken/ vnd dergleichen gegen alle Verſtopffungen der innerlichen Glieder; von Ei-
chen/ vnd andern harten Hoͤltzern gegen alle innerliche Faͤulnuͤß deß Gebluͤts/ als Fran-
tzoſen/ Außſatz/ allerhand inn- vnd aͤuſſerliche Geſchwuͤr/ Kraͤtzen/ Fiſtein vnd offene
Schaͤden: item, in allen Contracturen/ Laͤhme/ Epilepſia, Apoplexia, Paralyſis, vnd
dergleichen von Eſchen/ Kirſchen/ Pflaumen/ Schlehen/ Miſpeln/ Hagdornen vnd an-
dern dergleichen ſteinfruchtbringenden Hoͤltzern/ gegen Podagram, Chiragram, Go-
nagram, Calculum in der Blaſen vnd Nieren. Von den balſamiſchen Kraͤutern/ als
Hypericon/ Salbey/ Ehrenpreis/ Sanickel/ Betonica/ Lungen- vnd Leberkraut/ Stein-
brech/ Hauhechel/ vnd was ſonſten andere heilbare Kraͤuter ſeyn/ gegen alle innerliche
Verletzung der Leber vnd Lungen/ wie auch andern innerlichen durch ſchlagen/ fallen
oder ſtoſſen entſtandenen Ouetztſchungen oder Verſehrungen/ alſo/ daß dieſer Holtz-
oder Kraͤuterſafft eine ſolche Medicin iſt/ deren manche theure vnd koſtbare Galeniſche
compoſitiones weichen/ vnd ihme Ehr vnd Preis laſſen muͤſſen. Man darff zu zehen
Maaß Waſſers vngefaͤhr ein Pfund dieſes ſauren Holtzſafts zum boden nehmen/ doch
nach Gelegenheit deß Patienten vnd Kranckheit man auch mehr oder weniger neh-
men kan.
Auch kan man vor vnd nach dem Bad mit dem ſauren ſpiritu etliche Tropffen
deß uͤbergeſtiegenen Oels mit einnehmen/ hilfft dem ſpiritui, daß er den Leib deſto beſſer
durchgehen/ vnd die Kranckheit antaſten vnd vertreiben kan: ſollen aber beyde/ als ſpi-
ritus vnd oleum (wann mans haben kan) rectificiret ſeyn/ zum baden ins Waſſer
duͤrffen ſie keiner rectification.
Deßgleichen koͤnnen die ſchmertzhaffte podagriſche Glieder vnd in calculo die
Nieren mit gemeldtem Oel vnd Spiritu gerieben werden/ thut auch ſeine Huͤlffe.
Jn Summa/ dieſer Holtz- oder Kraͤuterſafft/ wann er wol bereitet/ vnd recht-
maͤſſig gebraucht wird/ mauche ſchoͤne außgeſtaffirte Galeniſche Apotheken (wie ſchoͤn
ſie auch mit gemahlten vnd verguͤldeten Glaͤſern/ Buͤchſen vnd Schachteln gezieret) be-
ſchaͤmen koͤnte. Zweiffele aber nicht/ es werden gewiſſenhaffte Medici mit der zeit ein
theil deß vnnuͤtzen Sutelwercks abſchaffen/ vnd ein beſſers zu Gottes Ehren vnd Huͤlf-
fe der armen Krancken dargegen einfuͤhren. Dann dieſes ſauere Waſſer/ obwol es noch
die gantze Krafft deß Krauts nicht iſt/ dennoch fuͤr das recht kraͤfftige Kraͤuterwaſſer in
Medicina zu gebrauchen/ zu halten iſt: dañ dieſes/ wie es in den Apotheken im Gebrauch/
wenig Kraͤffte beſitzet/ ſo vns die taͤgliche Erfahrung genugſam beweiſet/ ſondern nur
ein bloſſes phlegma deß Krauts/ ob es ſchon ein wenig Geruch vnd Geſchmack in der
deſtillation mit uͤberfuͤhret/ ſo bleibt doch die rechte Krafft vnd Eſſentia deß Krauts zu
D d 2ruͤck.
[212]Continuatio Miraculi Mundi.
ruͤck. Man ſehe an ein trocken Kraut/ davon die Lufft oder Sonn das vngeſchmackte
Waſſer oder phlegma gezogen/ ob es nicht eben ſo wol noch deß Krauts Krafft Geruch
vnd Geſchmack beſitze; vnd wann es auch durch die lange Zeit allen Geruch vnd Ge-
ſchmack ſolte verlieren/ ſo ſtecket dennoch die beſte Krafft noch darinn verborgen; Vnd
wann auch durch die deſtillation der ſaure Eſſig auch davon gezogen/ vnd der Vner-
fahrne vermeinen moͤchte/ daß nun alle Kraͤffte herauß waͤren/ ſo iſt es doch noch weit
gefehlet/ dann in der zuruͤck-gebliebenen ſchwartzen vnachtſamen Kolen deß Holtzes oder
Krauts beſte Krafft geblieben/ nemlich ſein beſter Sulphur vnd Saltz/ welches die Bau-
ren auch wiſſen/ daß Krafft in den Kolen ſtecket/ wann ſie ſich Winterszeiten darbey
waͤrmen/ vnd ihre Speiſe darbey kochen vnd gaar machen; welches ſie durch das uͤber-
geſtiegene phlegma ja nimmermehr wuͤrden zu wegen bringen koͤnnen. Die von den
vnerfahrnen Menſchen verachtete ſchwartze Kolen beſitzen ſolche groſſe Krafft/ daß ſie
auch der edlen Sonnen ihre Tugend vnd Wirckung nachthun; darumb billich irdiſche
Sonnen moͤchten genant werden. Dann/ was die groſſe ſyderiſche/ aſtraliſche Sonn
im oberen Firmament thut/ das kan die vntere terreſtriſche Sonne/ nemlich die Kolen/
als der oberen groſſen Sonnen Vicarius, auch thun. Die obere Soñe gibt allen Dingen
Leben vnd Wachsthum: die vntere thut es auch. Wañ die obere Sonne Winterszeit ſo
weit von vns gangen/ daß alles von der Erden gleichſam tod worden/ vnd hernach Fruͤ-
lingszeiten ſich wieder zu vns nahet/ alles wieder vom Tod auffſtehet/ wieder lebendig
wird/ gruͤnet vnd ſich reget/ beweget/ waͤchſet/ vermehret vnd nehret. Das Gewuͤrm/
ſo ſich in die Hoͤlen vnd Kluͤfften der Erden fuͤr der Kaͤlte verkrochen vnd fuͤr tod gelegen
hat/ das koͤm̃twieder lebendig herfuͤr; welches alles die vntere Sonne auch thun kan:
dann wann gegen den Winter in einem Gemach die Fliegen/ Spinnen/ vnd ander G[e]-
wuͤrm ſich fuͤr der Kaͤlte in die Kluͤffte verkrochen/ vnd gleichſam todt darinn ſtecken/ vnd
man ein ſolches Gemach durch ein Feuer erwaͤrmet/ ſo werden die Fliegen vnd Spin-
nen wieder lebend/ vnd kriechen herauß auß ihren Naͤſtern/ nicht anders/ als wann die
liebe Sonne Fruͤhlingszeiten ſich wieder zu vns nahet/ vnd ſolche lebendig gemacht haͤt-
te; vnd ſo man in ſolches warme Gemach auch groſſe Wuͤrm/ als Froͤſche/ Schlangen/
Eidexen/ oder dergleichen/ wie auch vom Froſt abgeſtorbene Kraͤuter/ hineinſetzte/ wuͤr-
den dieſelbe nicht weniger/ als wann ſie von der groſſen elementiſchen Sonne waͤren
beſchienen worden/ wieder lebendig/ gruͤnend vnd wachſend werden. Kan nun das eine
verachte Kole thun/ welche/ nach der Vnerfahrnen Meynung/ alles Safts vnd Krafts
beraubet iſt/ was ſolte dann nicht thun koͤnnen eine ſolche Medicin/ die auß einer ſolchen
Kolen nach der Kunſt bereitet worden?
Moͤchte der vermeinte Philoſophus ſagen: Welcher kan eine Medicin auß einer
ſo duͤrren vnd abgeſchmackten Kolen ziehen/ ſie laͤſſt ſich doch nicht handeln/ weder durch
das allergroͤſte Corroſiv ſolviren/ noch allerſtaͤrckſte Feuer ſchmeltzen/ wann ſie vor der
Luft bewahret wird; vnd ſo im Feuer nur ein wenig Luft darzukom̃t/ ſo entzuͤndet ſie ſich/
vnd verbrennet bleibet mir alſo nichts uͤbrig/ als ein wenig mit Saltz vermiſchte Aſchen/
das
[213]Continuatio Miraculi Mundi.
das ander alles verſchwindet im brennen/ vnd fliegt weg. Glaube wol/ wann man ſolche
Krafft/ welche im brennen weggeht/ (denen alles Abgeſtorbene wieder lebendig/ vnd das
Lebendige erquickt wird) fangen koͤnte/ man ohne zweiffel eine groſſe Mediein erlangen
wuͤrde. Darauff ich zur Antwort gebe: Warumb man dann ſolche groſſe Krafft/ ehe ſie
im brennen weggeht vnd verſchwindet/ nicht halte/ vnd ſich deren zu einer guten Medi-
em bediene? Weiß der Philoſophus nicht ſo viel zu thun/ ſo iſt er fuͤrwar ein ſchlechter
Philoſophus, vnd ſolte ſich billich andern/ die mehr wiſſen als er/ auß lauterm Hochmut
nicht vorziehen/ vnd ſelbige verachten. Kan man dasjenige/ ſo begreifflich vnd coagu-
liret/ nicht gebrauchen/ ehe es im brennen weggehet vnd verſchwindet/ wie ſolte man dañ
ſolches auß dem chaos verſam̃len vnd concentriren koͤnnen? Daß aber nicht ein jed-
weder ſolchen edlen Sulphur, der mit vielen ſtarcken Banden vnd Waͤchtern bewahret
los machen kan/ iſt gar kein Wunder; dann er ſo leichtlich nicht gehorchet/ vnd zu einem
jedwedern heraußkoͤm̃t. Vnter allen Philoſophis hat keiner klaͤrer vnd offenbarer ge-
ſchrieben/ wie er ledig zu machen/ als der Sendivogius, welcher außdruͤcklich ſaget/ daß
dieſer Sulphur in einem finſtern Kercker vnd Stockhaus gefangen/ vnd mit ſtarcken
Huͤtern verwahrt/ gebunden vnd geſchloſſen laͤge/ vnd allein das Saltz ihme im Streit
eine vnheilbare Wunden geſchlagen. Klaͤrer als allbereit daſelbſten beſchrieben/ wirds
niemand geben koͤnnen noch doͤrffen. Der nun nicht weiß/ wie er eine ſolche Lebens-
krafft ledig machen/ vnd zur hoͤchſten Medicin gebrauchen ſoll/ der hoͤre obgedachten
Sendivogium, wird gute Nachricht bey ihm finden; vnd ſo ers darauß nicht finden kan/
ſo iſt thme auch nicht zu helffen.
Ein Gleichnuͤß muß ich geben: Der Menſch iſt von dreyen Stuͤcken zuſamm[e]n
geſetzt/ nemblich/ von Leib/ Geiſt vnd Seele: Der Leib iſt ſichtbar/ vnbeweglich/ grob/
tod/ irdiſch vnd verweſlich: der Geiſt vnſichtbar/ lebendig vnd beweglich/ doch ſterblich:
die Seele aber/ als das aller-edelſte Theil deß Menſchen/ vnſterblich.
Deßgleichen wird auch eine anima bey den Vegetabilien vnd Mineralien geſpuͤ-
ret/ deren aber wenig gefunden/ die ſolche heraußziehen koͤnnen. Gleich wie nun die
anima bey den Menſchen das edelſte Theil deſſelben/ der Geiſt aber geringer/ der Leib
noch geringer iſt; alſo auch bey den Vegetabilien vnd Mineralien zu verſtehen. Wann
man die Animam eines Krauts oder Mineralis erlangen wil/ ſo muß durch Kunſt der
grobe/ vntuͤchtige/ todte Coͤrper von der beſtaͤndigen Seele geſchieden werden: dann ſo
lang der grobe Leib der edlen Seelen noch anhangt/ vnd nicht davon geſchieden wird/ ſo
kan die Seele ſich nicht regen/ oder/ daß ſie eine edle Seele ſey/ beweiſen/ ſondern wird
durch den groben Leib gebunden vnd gefangen gehalten ſo lang vnd viel/ biß jemand
kom̃t/ welcher die Banden zerbrechen vnd die Seele ledig machen kan. Wann ſie nun
ledig worden/ vnd den todten/ hinderlichen/ groben Leib abgelegt/ alsdann ſie ihre Kraͤff-
ten beweiſen kan/ vnd ſonſten gar nicht. Darumb die Medici dahin trachten ſolten/ wie
ſie an ſtatt der krafftloſen todten Coͤrper der Vegetabilien ihre beſtaͤndige lebendigma-
chende animam erlangten/ in Kranckheiten zu gebrauchen/ ſo wuͤrden ſie ein viel anders
außrichten koͤnnen/ als daß ſie jetzunder thun.
Die-
[214]Continuatio Miraculi Mundi.
Dieſen Diſcurs habe ich allein zu dieſem ende beygebracht/ dadurch anzuzeigen/
daß der gantze Leib wenig tauge/ ſondern allein die darinn verborgene anima das edeiſte
Theil darinnen ſey/ etwas gutes in Medicina darmit außzurichten.
Gleich wie nun bey den Mineralien vnd Metallen ein verbrennlicher/ fluͤchtiger/
neben dem vnverbrennlichen fixen Sulphur gefunden wird: alſo auch bey den Vegetabi-
lien zu verſtehen/ wann man ſolche per retortam deſtilliret/ ſo geht neben dem phlegma-
te vnd ſpiritu acido auch ein fettes verbrennliches Oel mit uͤber/ welches zwar ſeine be-
ſondere Kraͤfften hat/ daß es aber dieſes thun ſolte/ was derjenige vermag/ der in einer
ſchwartzen Kolen Geſtalt zu ruͤck bleibet/ das iſt ihme vnmuͤglich; dann je fixer die Me-
dicin/ je fixere Kranckheiten ſie auch angreifft; vnd im Gegentheil/ wie fluͤchtiger dieſel-
bige/ je weniger.
Gleich wie nun bey den Vegetabilien ein fluͤchtiger Geiſt vnd beſtaͤndige Seele zu
finden: alſo auch von den Mineralien (welche neben dem verbrennlichen Schwefel auch
eine fixe/ beſtaͤndige animam haben) verſtanden werden ſoll. Der nun die animam Ve-
getabilium mit der anima Mineralium vereinigen kan/ derſelbe erlangt eine Medicin/
die animam deß Menſchen auffs hoͤchſte dadurch zu ſtaͤrcken; dann ſowol die anima Ve-
getabilium als Mineralium coagulirte Sonnenſtralen ſeyn. Weil dann die Sonne
allen Dingen ihr Leben gibt/ ſo muß nohtwendig auch eine Lebenskrafft in den coagu-
lirten Stralen ſeyn.
Gleich wie nun der Menſch/ wann er die liebe Sonne/ oder deſſen Vicarium die
irdiſche Sonne/ das Feuer/ nur anſieht/ ob er ſchon in einem tieffen kalten finſtern Kel-
ler waͤre/ vnd ihre warme lebendigmachende Krafft nicht empfinden ſolte/ dannoch durch
das bloſſe anſehen ihme ſein Hertz dadurch erquicket oder geſtaͤrcket wuͤrde; wie viel mehr
dann ſolte ers thun koͤnnen/ wann deß Weins oder eines andern Krauts anima mit ei-
ner anima auri conjungirt/ in deß Menſchen Leib (darmit ſie groſſe Gemeinſchafft ha-
ben) genommen wuͤrde. Dann Gleich liebt ſeines Gleichen) vnd erfreuet ſich mit dem-
ſelben eines zu werden. Darumb niemand fuͤr frembd halten wolle/ wann ich ſage/ daß
eine anima Vegetabilium ſowol ein augmentum auri als humidi radicalis corporis
humani ſeyn koͤnne: dann eine anima vegetabilium nichts anders iſt als ein ſal eſſen-
tiale univerſale, ſo in allen Dingen zu finden.
Wann dann die Philoſophi in der Turba bekennen/ daß dem Gold ſeine Roͤhte
vnd dem Silber ſeine Weiſſe durch ihr Univerſal-Saltz vermehret wuͤrde/ alſo wollen
wirs auch darbey verbleiben laſſen/ vnd ihre Meynung nicht vmbſtoſſen/ ſondern der-
ſelben allhier viel mehr beyfallen/ vnd ſolche gegen die Jrrende verthaͤtigen helffen: dañ
was die Augen ſehen/ vnd die Haͤnde taſten/ das muß das Hertz auch glauben. Daß
aber dieſer Diſcurs vielen gantz vnglaͤublich vorkommen werde/ kan ich mir wol einbil-
den/ aber nicht aͤndern; bin zu frieden daß ich die Warheit geſchrieben/ vnd meinem
Nechſten zu Gottes Ehren ein Licht angezuͤndet habe.
Der Heilige Geiſt wolle alle fromme menſchliche Hertzen/ ſo in dieſem finſtern
Pful
[215]Continuatio Miraculi Mundi.
Pful der ſtinckenden Welt mit irdiſcher Blindheit noch vmbgeben/ alſo erleuchten/ daß
ſie auß der dicken kalten Finſternuͤß ein Fuͤncklein Goͤttliches Lichtes erblicken/ vnd ihre
Seelen alſo dadurch laben vnd erquicken/ daß ſie der him̃liſchen vnd Goͤttlichen Klar-
heit endlich auch theilhafftig werden moͤchten. Amen.
Allhier habe ich nun auß dem vnachtſamen Holtz in einem Proceß den Krieges-
leuten guten Salpeter/ den Gaͤrtnern/ Weinzielern vnd Bauersleuten eine gute Tuͤn-
gung auff ihre Weinberge/ Obſtgaͤrten/ Kornlaͤnder/ Matten vnd Wieſen/ den Kran-
cken gute Baͤder/ den Apothekern vnd Chymicis ſtarcke Eſſige wolfeil zu bereiten/ ge-
lehret. Den Bergleuten auch etwas zu geben/ koͤnnen ſie den Calcem vivam, welcher
in der Preß zugleich gebrant worden/ mit dem uͤbergeſtiegenen ſauren Holtz-Eſſig imbi-
biren/ vnd/ einen guten Fluß darauß zu erlangen/ ihre ſtrenge vnd wilde Ertze leicht-
flieſſend darmit zu machen/ dann der ſaure Spiritus b’ey dem Calce viva figirt/ vnd zu ei-
nem fluͤſſigen Saltz wird. Doch waͤre dieſes Saltz noch nuͤtzlicher den Bauren/ ihre
vnfruchtbare Felder darmit zu tuͤngen/ als die Ertze zu ſchmeltzen/ denen zu gefallen ichs
auch meiſts beſchrieben habe. Die Medici koͤnnen ſich deß edlen vnd kraͤfftigen Holtz-
ſafftes zu vielen vnheilbaren Kranckheiten gluͤcklicher Cur (Ehr vnd Gut damit zu ge-
winnen) gebrauchen. Wann man dieſen Holtz-Eſſig in Faͤſſern im kalten Winter ge-
frieren laͤſſt/ ſo gefrieret nur das phlegma, vnd wird zu Eis/ der ſcharffe Spiritus mit dem
Oel geht hineinwarts/ vnd frieret nichts/ wird ſo ſtarck/ daß er die Metallen mit Gewalt
angreifft/ wie ein ▽. Wollen groſſe Fuͤrſten vnd Herren dasjenige Holtz/ ſo doch in
den Waͤldern ligt vnd verfaulet/ zu Salpeter machen laſſen/ koͤnnen ſie es thun/ wird
ſie nicht gereuen/ dann eine Zeit vorhanden/ daß man denſelben leichtlich noͤhtig haben
moͤchte.
Noch ein Stuͤcklein muß ich den Bauren zu gefallen beſchreiben/ welches ihnen
auch guten Nutzen bringen kan/ nemlich dieſes: Wann man die Stangen/ ſo zu den
Wein- oder Hopffenſtecken geſtecket werden/ zu vnterſt bey dem Feuer wol heiß vnd
ſchwartz werden laͤſſt/ vnd alsdann ſo heiß in das Oel ſteckt/ vnd ſo viel davon in ſich zie-
hen laͤſſt als ſie koͤnnen/ ſo ziehen ſie hernach/ wann ſie in die Erden geſteckt werden/ nicht
allein keine Feuchtigkeit an ſich/ davon ſie verfaulen/ vnd alle Jahr/ ſo tieff ſie in der Er-
den geſteckt/ kuͤrtzer werden/ ſondern ſie tuͤngen zugleich auch den Wein- oder Hopffen-
ſtock/ darzu ſie geſteckt werden; welches doppelter Nutzen iſt: Erſtlich/ daß die Stangen
vor Faͤulnuͤß dadurch præſerviret/ daß ſie nicht ſo bald verfaulen/ kuͤrtzer werden/ vnd
man andere zeugen muß: Zum Andern/ daß die Wurtzel gute Tuͤng- vnd Nahrung
davon hat zu wachſen; Vnd wann ja mit langer Zeit die mit Holtz-Oel eingetrenckte
Stangen vnten abfaulen/ ſo iſt doch das Oel nicht verloren/ ſondern thut den einen als
den andern weg noch ſein beſtes/ das Land zu tuͤngen/ wann nemblich die abgefaulten
Stuͤcke Stangen in die Erden bey den Wein- oder Hopffenſtoͤcken gelegt werden/ koͤn-
nen etliche Jahr der Wurtzel gute Nahrung mittheilen/ ſo gut oder beſſer als ein Kuͤh-
oder Schafmiſt.
Alſo
[216]Continuatio Miraculi Mundi.
Alſo koͤnte man durch Huͤlffe dieſes Holtz-Oels gute/ ſtarcke/ langwierige/ beſtaͤn-
dige Zaͤune hegen/ oder lebendige Mauren vmb die Wein-/ Hopffen- oder Obſtgaͤrten
zeugen/ die wilden Thiere/ wie auch Gaͤrtendiebe darauß zu halten/ nemlich alſo: Man
muͤſte die Zaunſtoͤcke zu vnterſt ins Feuer legen/ ſchwartz werden laſſen/ vnd alſo heiß in
das Oel ſtecken/ vnd ſich voll davon trincken laſſen/ darnach ſolche in die Erden ſtecken/
einen Zaun davon machen/ wie gebraͤuchlich/ aber allzeit zwiſchen zween Pfaͤlen einen
Fexer von Hagedorn ſetzen/ welche ſonſten gar langſam fortkommen/ vnd viel Jahre ſte-
hen muͤſſen/ biß ſie in die Hoͤhe kommen; durch die Fettigkeit deß Holtz-Oels aber erlan-
get die Wurtzel der jungen Saͤtzlinge eine gute Tuͤng- vnd Nahrung/ alſo/ daß dieſelbe
nicht halb ſo lang ſtehen doͤrffen/ ehe ſie groß werden/ ſondern auff dieſe Weiſe/ ehe die
Pfaͤle verfaulen/ einen dicken/ ſtarcken/ lebendigen Zaun geben. Auch wuͤrde man von
den wilden Thieren in den Gaͤrten keine Gefahr haben/ da ſolche oͤhlgetraͤnckte Stoͤcke
waͤren; dann das Wild allen ſtarcken Geruch ſehr meidet/ vnd bey weitem nicht zuna-
het/ wo es etwas ſtarck-riechendes mercket.
Auch koͤnte man in dieſem hitzigen Holtz-Oel Stricke von Werck/ Baſten oder
Stroh gemacht/ einduncken/ vnd vmb die fruchtbare Baͤume binden/ wuͤrden verhuͤten/
daß keine Spinnen/ Raupen/ Ameiſen/ oder ander Vngeziefer auff die Baͤume/ ſelbige
zu beſchaͤdigen/ kriechen koͤnten; dann uͤber ein ſolch feurig Oel kein Vngeziefer kriechen
darff.
Noch auff ein andere Weiſe den ſauren Holtzſafft zur Tuͤng- vnd Wachsthumb
mit groſſem Nutzen zu gebrauchen/ vnd nicht auff magere Sandfelder/ darzu man den
Viehmiſt (wann man ihn hat) auch gebrauchen kan/ ſondern auff klare harte Felſen/ da
kein einiges Sandkoͤrnlein oder Staͤublein Erden auff iſt.
Daß ich dieſes Kunſtſtuͤcklein beſchreibe/ vnd in den Druck fuͤr aller Welt gebe/
geſchicht nicht darumb/ als wann ich eben dadurch der Welt groſſen Nutzen verſchaffen
wolte/ gleich wie ich durch die communication die magere Sandfelder durch den Holtz-
ſafft zu tuͤngen gelehrt vnd beſchrieben habe: ſondern ich thue es allein darumb/ daß je-
derman ſehen vnd ſpuͤren koͤnne/ was fuͤr wunderbare Dinge durch das allenthalben be-
findliche vnnuͤtze Geſtraͤuch deß Holtzes Vberfluß zu wege zu bringen.
Wer wuͤrde jemand glauben/ wann er ſich hoͤren ließ/ daß er auff einen harten/
kahlen Felſen/ ohne einiges zuthun Erden oder Miſtes/ nicht allein gut Korn/ ſondern
auch allerley Baͤume vnd herꝛliche Weinſtoͤcke wolte oder koͤnte wachſen machen? Nie-
mand in der Welt/ glaube ich. Wie wuͤrde Farnar mit ſeiner Eſels geſellſchafft ein Ge-
laͤchter darauß machen/ ja viel aͤrger/ als er bey meinem Miraculo Mundi gethan hat:
gleichwol weil es muͤglich zu thun iſt/ kan ich/ ſolches Stuͤcklein bekandt zu machen/ nicht
vmbgehen; geſchicht allein darumb/ die Wunderwerck Gottes der blinden Welt vor
Augen zu legen/ vnd kan nicht fehlen/ es wird an vielen Orten noch guter Nutzen darmit
gethan werden/ ſonderlich an denen Orten/ da Wein waͤchſt/ vnd an oder neben den
Waſſerfluͤſſen/ als Maͤyn/ Moſel/ Necker/ Rhein/ Donaw/ vnd dergleichen/ oftermals
groſſe
[217]Continuatio Miraculi Mundi.
groſſe felſichte Bergen/ darauff man gern Weinſtoͤck pflantzete/ weiln ſie an guter Son-
ne gelegen/ wann man nur Erde vnd Miſt darauff zu bringen wuͤſte: dann der Wein-
ſtock ohne das nirgends lieber als auff felſichten Klippen waͤchſet: ſeine Wurtzeln krie-
chen zwiſchen die Kluͤfften vnd reiſſende Felſen/ vnd ziehen ihre Nahrung darauß/ wel-
ches ſonſten nicht viel Gewaͤchſethun. Vnd weil gemeinlglich bey ſolchen Klippen auch
ein Vberfluß von Holtz gefunden/ alſo koͤnte der Safft darauß gepreſſt/ vnd die harte
Felſen darmit erweichet/ zu kleinem Muͤlm gebracht/ vnd gute Weinſtoͤcke darauff ge-
pflantzet werden/ welches auff dieſe Weiſe geſchehen muͤſte: Es iſt zwar nicht noͤhtig/
daß man ſolches thun ſolte/ wann man nicht die mirabilia Dei bekandt machen/ oder
etwan bey den Vnwiſſenden die Muͤglichkeit weiſen/ vnd eine Wettung gewinnen wol-
te. Es muͤſte aber alſo zugehen: Wann man Weinſtoͤcke oder Baͤume/ die gern auff
Klippen wachſen/ als da iſt Kirſchen/ Pflaumen/ Pfirſchen/ Ouitten/ Miſpelen/ vnd
andere Kernfruͤchte/ pflantzen wolte/ man an dieſen Orten/ da ſie ſollen hingeſetzt wer-
den/ erſilich mit einem geſtaalten ſpitzigen Mauerhammer ein klein Loch/ vngefehr einer
guten Fauſt groß/ in den Felſen hauen/ darein einen ſcharffen Holtz-Eſſig gieſſen/ einen
breiten Stein auff das Loch legen/ daß es nicht darein regnen koͤnte; uͤber etliche Tage
muͤſte man darzu ſehen/ ob der Holtz-Eſſig in den Felſen gekrochen/ alsdann mehr Eſſig
nachgieſſen/ vnd das Loch wieder mit dem Stein zudecken. Dieſes eingieſſen deß Holtz-
ſafftes muͤſte ſo offt Sommerszeiten geſchehen/ biß daß viel Holtz-Eſſig darein gekro-
chen/ vnd der Felſen einer Ehlen breit vnd tieff/ gantz muͤrb davon worden/ alsdann man
ſolchen muͤrben Felſen leichtlich mit einem ſcharffen Hammer herauß hauen/ vnd ein
tieff Loch in den Felſen machen koͤnte. Wann dieſes geſchehen/ ſo muͤſte man den herauß
gehauenen Steinmuͤlm wieder in das Loch ſcharren/ vnd mit Holtzſafft uͤbergieſſen/ biß
oben zu voll; vnd alsdann mit breiten Steinen zudecken/ daß der Regen daruͤber hin-
ſchieſſen koͤnte/ vnd noch eine weil alſo ſtehen/ vnd den ſcharffen Holtzſaft an dem Stein-
muͤlm arbeiten laſſen/ biß alles Gemuͤlm ſo muͤrb worden/ daß mans zwiſchen den Fin-
gern zerreiben koͤnte/ alsdann muͤſte man nach dem Herbſte/ wann die Blaͤtter abge-
fallen/ oder Fruͤhlingszeiten im Mertzen/ ehe die Blaͤtter wieder kommen/ die Baͤume
oder Weinſtoͤcke in ſolche Loͤcher ſetzen/ vnd den Muͤlm wieder in das Loch zu der Wur-
tzel werffen/ mit Fuͤſſen fein dicht darein tretten/ vnd mit Waſſer begieſſen/ vnd das uͤbri-
ge Gott befehlen/ ſo wuͤrde der Weinſtock oder Baum/ den man darein geſetzet/ ſo wol
wachſen als auß einer fetten getuͤngten Erden/ vnd dieſes da her/ dieweil die Steinfel-
ſen (doch nicht von Sandſteinen/ ſondern gemeinen Kalchſteinen) ohne das viel Sal-
peter halten/ deßgleichen der ſaure Holtzſafft auch ſolcher Natur theilhafftig; vnd wann
der ſaure Holtz-Eſſig den Felſen zerbeiſſt/ ſo macht er den Salpeter in dem Stein ledig
vnd offenbar/ vnd verlieret zugleich ſeine Schaͤrffe an dem Kalchſteine/ daß er der Wur-
tzel nicht ſchaͤdlich/ ſondern viel mehr nuͤtzlich/ einem guten Kuͤhmiſt gleich/ oder auch
beſſer ſolche nehren vnd tuͤngen kan. Wann dann der Weinſtock oder Baum nur ein-
mal gruͤnet/ ſo gehet er hernach nicht auß/ ſondern die Wurtzel ſucht zwiſchen die Kluͤffte
E eder
[218]Continuatio Miraculi Mundi.
der Felſen zu kriechen/ vnd ihre Nahrung darauß zu ſuchen: Doch muͤſte man alle Jahr/
Winterszeit/ wann die Blaͤtter abgefallen/ etwas wenigs von dem Holtzſafft vmb den
Stam̃ deß Baums gieſſen/ ſo wuͤrde derſelbige den Winter uͤber von dem Stein wieder
ein theil muͤrb machen/ vnd die Wurtzel miſten oder tuͤngen/ alſo/ daß man alle Jahr
nur etwas von dem Holtzſafft zugieſſen/ vnd weder Erden noch Miſt darzu gebrauchen
doͤrffte/ dann die Steine ſelber Erden vnd Miſt durch den Holtzſafft werden.
Dieſes Stuͤcklein/ obwoln es vielen vnmuͤglich zu ſeyn vorkommen moͤchte/ ſo iſt
es doch die lautere Warheit/ welches ein jeder leichtlich erfahren kan/ nemlich alſo: Man
laſſe ihm ein Stuͤck Felſen von einem Kalch-/ aber nicht Sandſtein/ nach Haus brin-
gen/ vnd lege ſelbigen an die Sonn/ vnd begieſſe ihn mit gedachtem Holtzſafft/ laß den-
ſelben dareinziehen/ begieſſe ihn wieder/ vnd laß hineinziehen; ſolches thue ſo offt/ biß der
Stein ſo muͤrb worden/ daß man mit Fingern ſolchen außgraben kan/ alsdann ſaͤe wel-
chen Samen darein als du wilt/ wird darauß wachſen als auß einer guten Erden/ vnd
dieſes auß obangeregter Vrſachen/ nemlich/ dieweil der Stein zu einer Erden wird/
vnd ſeinen eigenen Salpeter oder Tuͤng bey ſich hat/ vnd darzu den Holtzſafft auch zu
Salpeter oder Tuͤng verwandelt.
Wer mich nun allhier recht verſteht/ vnd/ meiner Lehr nach/ fleiſſig darmit pro-
cediret/ derſelbe wird gutes contentement finden: ſo man aber auff einem Sandſtein
dieſe Kunſt verſuchen wolte/ ſo wuͤrde es kein gut thun: dann ein Sandſtein kein nu-
trimento ſiſch Saltz in ſich hat/ auch ſich durch den Holtzſafft nicht ſolviren laͤſſt/ viel we-
ger denſelben in ſich ziehet/ coaguliret/ vnd zu einem tuͤgenden Saltz machen kan.
Man kan es auch alſo beſehen vnd gewahr werden/ daß auß einem Kalchſtein vnd
Holtzſafft ein natuͤrlicher Salpeter werden kan/ nemlich: Man kan etliche Stuͤcklein
vngebrante harte Kalchſteine (gebrante weiß jederman/ daß ſie tuͤngen/ oder einen Eſ-
ſig in Salpeter coaguliren) darumb ſage ich/ vngebrante Kalchſteine/ in einen ſtarcken
Holtz-Eſſig traͤncken/ wieder bey der Sonnen oder andern warmen Orten laſſen tru-
cken werden/ weiter eintrencken/ vnd trucken werden laſſen/ vnd diß ſo offt gethan/ biß
der Stein gantz muͤrb worden/ vnd einer Erden gleich ſich zureiben laͤſſt/ auß welcher
Erden mit Regenwaſſer ſich ein Saltz extrahiren laͤſſt/ dem Salpeter gleich. Wird al-
ſo auß dem Stein eine Erden/ vnd auß dem Steinſaltz vnd Holtz-Eſſig ein Salpeter
oder tuͤngendes Saltz/ ſo gut als ein Kuͤh- oder Schafiniſt/ alle Vegetabilien darmit
wachſend zu machen.
Es iſt aber darumb nicht gemeint/ als wann man eben auf die Felſen durch Huͤlffe
deß Holtz-Eſſigs Weinſtoͤcke pflantzen muͤſte: gantz nicht! ſondern allein zu dieſem ende
beſchrieben/ daß man ſehen moͤge/ was der Holtzſafft vermag/ vnd durch Huͤlffe deſſelben
in einen harten Felſen eine Fruchtbarkeit vnd Wachsthum zu bringen/ welches bißhero
noch nicht bekand geweſen/ ſondern durch meine Vnterſuchung/ Fleiß vnd probiren
nunmehr erſt bekand gemacht worden.
Man wolle ihm ſo frembd nicht vorkommen laſſen/ daß der Holtz-Eſſig ſolche Kraft
haben
[219]Continuatio Miraculi Mundi.
haben ſolte; thut es doch ein gemeiner Wein-Eſſig/ vnd erweicht die harten Felſen/ da
doch dieſer Holtz-Eſſig noch einmal ſo ſtarck iſt/ als ein gemeiner Wein-Eſſig. Man
lieſet in Hiſtorien/ daß Hannibal durch die Jtalianiſche Alpes mit ſeinem Kriegsvolck
nicht kommen koͤnnen/ ſondern ihme/ durch Huͤlff eines Eſſigs/ die Felſen dadurch zu er-
weichen/ einen Weg bereitet habe. Was aber Hannibal fuͤr einen Eſſig gebraucht/ iſt
nicht bey geſchrieben; ohne Zweiffel wird es ein Wein-Eſſig geweſen ſeyn: haͤtte er et-
was von Holtz-Eſſig gewuſt/ wuͤrde er vielleicht ehender zu ſeinem Vorhaben kommen
ſeyn.
Dieſes Kunſtſtuͤcklein wird manchem Vrſach geben/ andere nuͤtzliche Dinge
durch Huͤlffe deß Holtz-Eſſigs zu erfinden. Jch habe den Weg gemacht/ kom̃ nun ein
anderer vnd mache ihn breiter/ vnd ſuche weiters/ ſo moͤchte man deſto ehender zur per-
fection gelangen/ dann viel Gutes in der Natur verborgen iſt/ welches wegen vnſerer
Vnachtſamkeit nicht geſucht/ vnd dem menſchlichen Geſchlecht zu Nutzen koͤm̃t. Jch
zweiffele aber nicht/ es werden ſich mit der Zeit fleiſſige Menſchen bemuͤhen/ dieſen Holtz-
ſafft in copia zu zeugen/ vnd viel nuͤtzliche Dinge darmit außrichten. Deß Gottloſen
Farnars Warnung wird bey ehrlichen vnd verſtaͤndigen Menſchen nichts gelten oder
hinderen koͤnnen/ ſondern es wird ſein Anhang mit ihme je laͤnger je mehr vor aller Welt
bekand vnd zuſchanden gemacht werden.
Es wird ſonſten auch eine beſondere Art Steine gefunden/ welche ins gemein zum
Bauwerck gebraucht werden/ ſeynd weich/ laſſen ſich gern hauen oder arbeiten/ darumb
man Quaterſtuͤcke/ Treppen vnd Fenſterſtuͤcke darauß zu machen pflegt; ſeynd an Farb
theils weiß/ graw vnd auch roͤhtlicht/ geben keinen Kalch im brennen vnd ſchmeltzen/ doch
auch nicht wie ein Sandſtein; ſeynd beyder Naturen theilhafftig/ halten viel Salpeter/
welcher aber weder mit brennen zu Kalch/ noch Außlaugung mit Waſſer darauß zu zie-
hen/ ſondern wollen zuvor erſt bereitet ſeyn/ che ſie den Salpeter dem gemeinen Waſſer
folgen laſſen: davon ich ein beſonder klein Tractaͤtlein geſchrieben/ ſoll (geliebts Gott) mit
naͤhſtem auch heraußgegeben werden: werden gantze Berge ſolcher Steine gefunden/
darinn ein uͤberauß-groſſer Schatz an Salpeter verborgen/ welches niemand bekand iſt.
Dieſes wenige/ von der Holtzpreſſen vnd deren Nutzen/ habe ich/ als eine Gabe
Gottes den Bauren zu verehren nicht vnterlaſſen wollen. Vnd ſonderlich darumb den
Bauren meines Vatierlandes/ weil ich dieſelbe der Wurtzel eines groſſen Baums/ den
Baum aber mit ſeinen Aeſten vnd Zweigen einem groſſen Kaͤyſer/ Koͤnig/ Fuͤrſten oder
Herꝛn mit ſeiner Hofhaltung/ Beambten vnd Dienern vergleiche. Dann dieſen Safft
vnd Krafft/ welchen ein Baum zum wachſen vonnoͤhten hat/ (gleich wie ein groſſer
Herꝛ ſeinen Tribut von den Vnterthanen) er allein auß der Wurtzel haben muß: die
Wurtzel zeucht ſolchen durch die viel kleine vnd groſſe Zafern auß der Tieffe der Erden/
vnd gibt es dem Stam̃/ gleichſam als eine ſchuldige Steuer oder Schatzung: der Stam̃
theilet ſolchen Safft vnter die Neben-Aeſte vnd Zweige (als ſeinen Beambten vnd Die-
nern) weiter auß. Wann nun die Wurtzel guten Safft in der Erden finder/ ſo zeucht
E e 2ſie
[220]Continuatio Miraculi Mundi.
ſie ſolchen herauß/ vnd gibt ihn gern dem Stam̃/ davon derſelbe ſchoͤn waͤchſet/ gruͤnet/
ſich weit außſpreitet/ liebliche Bluͤt vnd Fruͤchten bringet/ davon die Voͤgel in der Lufft/
vnd die Thier auff dem Felde ihr Leben vnd Zuflucht haben vnd ſuchen: So aber der
Baum auff einem mageren Boden ſtehet/ vnd deſſen Wurtzel mit Miſt oder Tuͤnge
nicht geholffen wird/ ſo iſt es der Wurtzel vnmoͤglich/ den gantzen Baum laͤnger zu vn-
terhalten/ ſondern muß denſelben verdorren laſſen. Es waͤren zwar die abfallenden
Blaͤtter dem Baum genug/ ſich uͤber Winter davon zu erquicken/ daß er kuͤnfftigen
Fruͤhling dem Baum weiter Safft vnd Krafft/ wann er in einem guten fetten Erdreich
ſtuͤnde/ geben koͤnte: ſo er aber in einem magern Sandgrund ſtehet/ vnd doch alle Jahr
den gantzen Baum gruͤnend vnd fruchtbar machen ſoll/ vnd hergegen nicht wieder et-
was gutes zu genieſſen hat/ ſo kan er nicht lang dem Baum ſeine behoͤrliche Contribu-
tion geben; muß alſo der Baum vom aͤuſſerſten Zipffel anfangen/ dieſes Jahr dieſen/
jenes Jahr einen andern Aſt verlieren/ vnd endlich biß auff den Grund verdorren/ wel-
ches nicht geſchehen/ wann der Wurtzel waͤre geholffen worden. Weil dann nun deß
gantzen Baums Wolfahrt/ Zierrat/ Schoͤne vnd Herꝛlichkeit einig vnd allein von der
Wurtzel herkommen ſoll vnd muß/ ſo iſt es ja nohtwendig/ daß man der Wurtzel helffe/
vnd ihre Nahrung gebe/ wann ſie den gantzen Baum gruͤn vnd herꝛlich machen ſoll
geſchicht es aber nicht/ vnd der gantze Baum ſtirbt ab vnd verdirbt/ ſo hat die Wurtzel
doch keine Schuld daran/ dieweil ſie nicht mehr geben koͤnnen/ als was ſie ſelber gehabtt
darumb billich der Wurtzel geholffen wird/ auff daß ſie deß gantzen Baums Laſt laͤnger
tragen/ ihme Nahrung vnd Speiſe geben koͤnne. So lang nun die Wurtzel dem Baum
Safft gibt/ ſo lang wird ſie auch weiter vom Baum geſchuͤtzet: beſtehet alſo beyder Thei-
len/ ſowol der Wurtzel als auch deß Stam̃s/ Wolfahrt allein in dieſem/ was der Wur-
tzel gutes gethan wird. Darumb hab ich gut befunden/ das nohtwendigſte von erſt zu
thun/ vnd deß herꝛlichen ſchoͤnen Baums Wurtzel zu helffen; es kan nicht fehlen/ daß die
Wurtzel den Stam̃ nicht Noht wird leiden laſſen/ nemlich vmb ihres eigenen beſten
halben/ wann ſie nur ſelber etwas hat vnd geben kan. Jſt nun ſo viel an deß Baums
Wurtzel gelegen/ dadurch der gantze Baum ſeine Nahrung empfaͤngt/ ſchoͤn vnd herꝛ-
lich davon wird/ vnd doch die Wurtzel auß eigener Krafft (wann ihr nicht von einem
fleiſſigen Gaͤrtner/ durch Beylegung der Tuͤng- vnd Nahrung/ zu huͤlffe kommen wird)
dem Stam̃ wenig helffen oder geben kan: wuͤrde dañ nicht auch an dem fleiſſigen Gaͤrt-
ner/ welcher zu deß Baums Wurtzel Tuͤng- vnd Nahrung getragen/ ein wenig gelegen
ſeyn/ vnd der Baum ſo vndanckbar erfunden/ daß er nicht etwan von Vberfluß ſeiner
Fruͤchten/ als ein klein Aepffelein/ ihme/ dem Gaͤrtner/ zuwerffen/ vnd ſeiner Fruͤchten
auch ein wenig genieſſen laſſen? Thuns doch die wilden vnverſtaͤndigen Thiere/ geben
zur Danckbarkeit dem Felde/ wieder ander Futter davon zu wachſen/ ihre excrementa;
der Baum wirfft alle Jahr ſeine Blaͤtter ab/ die Wurtzel wieder dadurch zu erfriſchen:
Warumb ſolte dann der Menſch vndanckbarer als die vnvernuͤnfftigen Thiere vnd
Creaturen erfunden werden?
Die-
[221]Continuatio Miraculi Mundi.
Dieweilen nun aber das liebe Vatterland/ als ein uͤberauß-ſchoͤner/ groſſer vnd
maͤchtiger Baum/ vor etliche Jahren rauhe Winde nacheinander ſtarck angewehet/
vnd die herꝛliche Fruͤchte deß ſchoͤnen Bauns zimlich abgeworffen vnd verderbet/ daß
auch ſehr wenig darauff (auſſer dieſem/ das etwan ſich zwiſchen den ſtarcken Aeſten ver-
borgen gehalten/ ſo der Wind abzuwerffen nicht vermochte) hangen geblieben iſt: Den-
noch weil nach dem kalten ſchaͤdlichen Wind ein warmes Luͤfftlein mit lieblichem Son-
nenſchein vnd fruchtbarem Regen erfolget/ ſo hat der Baum ſich alſo halbes wieder er-
holet/ vnd ſo ſchoͤne vnd herꝛliche Fruͤchte gebracht/ als er immer zu zuvorn getragen/ de-
ren guten Fruͤchten der Baum auff dieſe Stund noch geſchuͤttet voll hanget/ alſo/ daß
man auch bald mehr Fruͤchten als der gruͤnen Blaͤtter daran ſiehet.
Dieweil man aber nicht verſichert/ daß nicht etwan einmal wieder ein ſolcher rau-
her Wind uͤber vnſern Baum/ denſelbigen zu beſchaͤdigen/ kommen moͤchte: (dann/
wañ man am allerſicherſten zu ſeyn vermeynet/ ſo iſt offtmals die Gefahr am naͤheſten/
vnd/ wie das alte Spruͤch wort lautet/ Nichts vnbeſtaͤndiger als das Wetter) So haͤtte
ich gerne geſehen/ daß man den Vberfluß von den Fruͤchten deß Baums/ fuͤr eine Vor-
ſorge auf kuͤnfftige Zeiten/ bewahret haͤtte: habe auch guten Anlaß gegeben/ wie ſolche
Fruͤchte zu præſerviren/ aber bißhero noch wenig gefruchtet: ſondern viel mehr Farneri-
ſche boͤſe Buben/ dem Vatterland zu ſchaden/ meine gute Lehr vnd Vermahnung ver-
ſpottet/ vnd was ich gebaͤuet/ wieder zerbrochen: darumb zu beſorgen/ daß leichtlich gu-
ter Raht zu ſpaͤt kommen moͤchte. Derohalben ich von dem Vberfluß deß groſſen
Baums/ nemlich die verdorꝛte Aeſte vnd wilde Zweige/ wie auch andere wilde vnnuͤtze
Baͤume/ Hecken vnd Straͤuche abzuhauen/ vnd einen Safft darauß zu preſſen/ die
Wurtzel deß ſchoͤnen Baums damit zu begieſſen/ vnd bey gutem Safft vnd Krafft zu
erhalten/ gelehret/ auff daß/ wann ja weiter ein rauher Wind (alles Gruͤne auff vnſe-
rem ſchoͤnen Baum zu verderben/ welches Gott gnaͤdigſt verhuͤten wolle!) kommen ſol-
te/ die Wurtzel dennoch keinen Mangel habe/ ſondern dem gantzen Baum wieder neue
gruͤne Blaͤtter vnd ſchoͤne Fruͤchte geben koͤnnte. Vnd in allem fall/ da keine derglei-
chen ſchaͤdliche Wetter/ wie wir hoffen/ kommen wuͤrden/ ſo kan es doch dem Baum gar
nicht ſchaden/ wann die Wurtzel deſſelben getuͤnget iſt: dann/ je fetter die Wurtzel/ je
gruͤner vnd ſchoͤner der Baum; vnd je groͤſſer der Baum/ je mehr Voͤgel der Lufft dar-
auff niſten/ vnd auch je mehr klein vnd groſſe Thiere deß Feldes ſich darunter bergen/
nehren/ vnd Wohnung nehmen koͤnnen.
Dieſen wilden Holtzſaft/ vnd ſonſten nichts mehrers/ hab ich deß groſſen Baums
Wurtzel/ daran dem Baum ſo viel gelegen/ dißmal verehren wollen: mit naͤhſtem
aber/ wann Gott wil/ vermeyne ich auch vnter dieſen ſchoͤnen Baum vielerhand gute
Kraͤuter zu pflantzen/ davon nicht allein die Voͤgel/ ſo auff dem Baum niſten/ ſondern
auch die Thiere/ ſo darunter wohnen/ ihre Nahrung (beſſer als bißhero geſchehen) fin-
den moͤchten.
E e 3Gott
[222]Continuatio Miraculi Mundi.
GOTT der Allmaͤchtige gebe vns auß Gnaden/ daß dieſer ſchoͤne Baum von
boͤſem Sturm/ Winden/ Blitz/ Donner vnd Hagel nicht beſchaͤdiget werde; auch die
Voͤgel darauff fein einig vnd friedſam wohnen/ vnd einander nicht auß den Naͤſtern
vertreiben: deßgleichen die Thiere darunter einander nicht (wie die Hunde vmb ein fett
Bein) beiſſen vnd reiſſen/ ſondern wie die Schafe/ ein jedes mit ſeinem behoͤrlichen Theil/
ſich genuͤgen laſſen/ vnd ſaͤm̃tlich in Frieden vnd Ruhe beyſammen leben moͤgen.
Die Circulirgefaͤſſe/ darinn der Holtzſaft vnd alle Salia durch Huͤlffe der Lufft vnd
ſteter Bewegung animiret vnd zu Salpeter vmbgekehret werden/ ſoll noch etwas fuͤr
die Freunde verbleiben/ vnd dißmal nicht gemein gemacht werden. Doch ſoll vnterdeſ-
ſen ſolche herꝛliche Kunſt nicht ſtill oder vnfruchtbar ligen bleiben/ ſonden an vielen Or-
ten practiciret werden. Deme nun daran gelegen/ vnd eine ſolche herꝛliche Wiſſenſchaft
vonnoͤhten haͤtte/ derſelbe wird wiſſen/ was ihme darinn zu thun ſey; dann ich mir vor-
genommen/ meinem Nechſten damit zu dienen/ vnd nicht mit mir ins Grab zu nehmen.
Deßgleichen wird man auch bey mir zu ſehen finden meine kuͤnſtliche invention,
das gemeine Koch-Saltz innerhalb etlicher wenig Stunden vmbzukehren/ daß es dem
Salpeter (im Gebrauch die magere Felder darmit zu tuͤngen) in allem gantz gleich/ vnd
doch der Centner keinen Thaler zu koſten kom̃t. Jſt fuͤrwar in dieſen letzten Zeiten eine
ſonderbare Gabe Gottes/ dadurch an allen Orten der Welt allen Menſchen/ Groſſen
vnd Kleinen/ Reichen vnd Armen Gutes darmit geſchehen kan. Dann ſo allenthalben
der Wein- vnd Kornbaw durch dieſe Kunſt verbeſſert wird/ ſo muͤſſen es nohtwendig
alle Menſchen genieſſen/ vnd ihnen wol darbey ergehen/ welches vnfehlbar.
Dañ durch dieſe Kunſt nicht allein dieſe magere Kornlaͤnder/ welche allbereit ge-
tragen/ vnd noch bißweilen/ wann ſie gemiſtet/ oder etliche Jahr geruhet haben/ dadurch
verbeſſert werden/ daß ſie alle Jahr tragen koͤnnen: ſondern es koͤnnen auch andere gantz
vnfruchtbare Oerter/ welche niemaln etwas tragen wollen/ dadurch fruchtbar vnd tra-
gend gemacht werden/ alſo/ daß nicht ein Ort in der Welt/ wie mager oder vnfruchtbar
er auch ſeyn ſolte/ der nicht durch dieſes Mittel fruchtbar zu machen.
Vnd uͤber diß ſo iſt dieſe Kunſt hoch zu æſtimiren an dieſen Orten/ da kein Viehe
iſt/ Miſt davon zu machen/ dann bißhero niemand das Feld anders fruchtbar zu machen
gewuſt/ als durch den Kuͤh-/ Pferd- oder Schafmiſt. Auch an denen Orten/ welche von
der Menſchen Wohnungen weit entlegen/ dahin der Miſt oder Tuͤngung nicht wol zu
bringen/ dieſe Kunſt groſſen Nutzen ſchaffen kan/ ſonderlich wann der Miſt ohne das
uͤbel zu bekommen/ oder theuer muß erkaufft werden/ vnd noch darzu mit groſſem Vn-
koſten auff das weit-entlegene Feld ſolt muͤſſen gebracht werden/ iſt nicht moͤglich/ ſolches
Feld mit Nutzen zu gebrauchen/ ſondern muß nohtwendig vngebauet ligen bleiben:
durch dieſe meine Invention aber hat man die Tuͤngung nicht allein wolfeiler als den
Miſt/ ſondern er iſt auch (weiln eine einige Tonne weiter reichet/ als ſonſten etliche Wa-
gen voll Miſt) viel leichter auff die weit-entlegene Oerter zu bringen.
Dieſes aber ſoll auch darbey gemerckt werden/ wann das Feld mit dieſem Saltz
getuͤn-
[223]Continuatio Miraculi Mundi.
getuͤnget/ vnd man ſolche beſaͤen wil/ daß man den Samen zuvorn eine Nacht in einem
ſolchen Waſſer/ darinnen das vmbgekehrte Saltz zertrieben ſey/ einweiche/ ſo erlangt
der Srme davon auch ein beſondere Tuͤnge/ vnd waͤchſt viel ſchneller/ als wann er vn-
eingeweicht auff den Acker geworffen wuͤrde.
Man betrachte doch dieſes: Wann das Kriegsvolck die Pferde weggenommen/
an ihre Wagen geſpannet/ den Bauren-Schweiß darmit weggefuͤhret/ Kuͤhe/ Ochſen
vnd Schafe auffgefreſſen/ vnd alles Land wuͤſt geworden/ wovon ſollen ſie dann das wuͤ-
ſie Feld wieder zu recht bringen/ miſten oder tuͤngen/ daß es wieder tragen kan? Jſt
doch allezeit bey Friedenszeiten/ da Pferde vnd Ochſen (das Land darmit vmbzubauen/
vnd Kuͤhe vnd Schafe (Miſt darvon zu machen) genug vorhanden waren/ dennoch die
Miſtung oder Tuͤngung allzeit in gutem Werth geweſen/ daß man deſſen nimmer ge-
nug haben/ vnd dieſe meine herꝛliche invention vnd groſſe Gabe Gottes eben ſowol nuͤtz-
lich ſeyn koͤnnen: wie viel mehr dann wird vnd kan ſie nuͤtzlich ſeyn an denen Orten/ da
alles durch die Verhaͤngnuͤß Gottes von den Haͤuſchrecken auffgefreſſen vnd kahl ge-
macht worden? Solte dieſe herꝛliche Gabe Gottes nicht zu ſolchen Zeiten/ welche ſich
allgemach herzunahen/ angenehm ſeyn?
Der ſich nun von Farnarn vnd ſeinem Teuffeliſchen Anhang verfuͤhren vnd ab-
halten laͤſſt/ vnd beyzeiten/ als ein vorſichtiger Haushalter/ ſich vnd die ſeinigen mit gu-
ter Nohtdurfft nicht verſorget/ derſelbige wird es hernachmaln zu ſpaͤt bereuen muͤſſen;
das ſage ich. Je mehr nun ein jeder ihme die Sicherheit einbildet/ je mehr er ſich wird
betrogen finden.
Gott der Allmaͤchtige verleihe vns auß Gnaden alleſam̃t/ daß wir die zeitliche vnd
vergaͤngliche Sicherheit (als einen betrieglichen Fallſtrick deß Satans) meiden vnd
fliehen/ vnd die ewige/ beſtaͤndige vnd immerwaͤhrende dargegen von Hertzen ſuchen
moͤgen. Amen.
Erinnerung.
Niemand wolle mir dieſes in Argem auffnehmen/ daß ich dieſe meine Holtzpreſſe
den Bauren oder Ackersleuten verehre/ vnd doch in Beſchreibung derſelben den Holtz-
ſafft allen Krancken recommendire/ welches doch mit dem Acker- oder Feldbaw keine
Gemeinſchafft. Dann es nicht wol hat koͤnnen verſchwiegen werden/ weiln die Bau-
ren bey ihrer ſauren Arbeit vielen Kranckheiten bißweilen vnterworffen/ vnd offtermals
in der Naͤhe keine Medicos oder Apotheken haben/ Huͤlffe zu ſuchen/ das Holtz aber ſie
leichtlich preſſen/ vnd gegen viele ſchwere Kranckheiten/ welche ihnen begegnen moͤch-
ten/ ſowol innerlich als aͤuſſerlich zu gebrauchen/ den Safft vnd auch das Oel ihnen ſehr
nuͤtzlich oder huͤlfflich ſeyn kan. Auch ſollen vnter dem Namen Bauren oder Ackers-
leut eben nicht dieſe Menſchen verſtanden werden/ welche insgemein wenig Verſtand
haben/ vnd keine Buͤcher leſen/ ſondern es ſollen dieſe verſtanden werden/ welche Feld-
guͤter beſitzen/ Korn vnd Wein bauen/ darunter viel vornehme/ verſtaͤndige Maͤnner
ge-
[224]Continuatio Miraculi Mundi.
gefunden werden/ ſowol in den Doͤrffern/ als auch groſſen Staͤdten/ die nicht allein
Schrifften leſen/ der Sachen fleiſſig nach dencken/ ſondern bißweilen mit Verſtand vnd
Geſchicklichkeit gradirte Doctores uͤbertreffen/ vnd ihnen weit vorgehen; denen iſt dieſe
Holtz-Preſſe zu gefallen beſchrieben; vnd darff ſich keiner ſchaͤmen ein Ackersmann zu
ſeyn/ weiln der Ackerbaw bey Gott angenehmer iſt/ als keine andere Handtierung ſeyn
kan/ vnd auch billich von allen Verſtaͤndigen zu loben alle diejenigen/ welche ihre Nah-
rung darinnen ſuchen/ welche Nahrung die alten Patriarchen vnd Vornehmſten in der
Welt gepflogen/ vnd ſich dadurch genehret/ vnd noch bey der Roͤmer Zeiten der Feld-
baw in gutem Anſehen geweſen/ weiln der Magiſtrat zu Rom den L. Quintium Cincin-
natum von dem Pflug genommen/ vnd zu einen Buͤrgermeiſter erhoben; wie bey den
Roͤmiſchen Hiſtorien zu ſehen. Darumb billich bey dieſen Zeiten fleiſſige Maͤnner (ob
ſie ſchon nicht von groſſem Herkommen) den Muͤſſiggaͤngern ſolten vorgezogen werden.
Folget ein Proceß fuͤr reiche Kauffleute/ ihr Geld
vnd Gut ohne Wucher dardurch zu ver-
mehren.
OBwoln ich vorgehabt/ dieſes Stuͤck neben anderem nuͤtzlichen Gebrauch deß
Salpeters in metalliſcher Verbeſſerung/ in den dritten Theil deß Vatterlan-
des Wolfahrt zu bringen/ Vrſach vnd Anlaß dardurch zu geben/ den Salpeter
auß den vnachtſamen vnd allenthalben befindlichen Dingen deſto eiferiger zu zeugen/
vnd hernacher zu gutem nuͤtzlichen Gebrauch anzuwenden; ſo habe ich doch auß beweg-
lichen Vrſachen meine Gedancken geaͤndert/ vnd fuͤr gut angeſehen/ mit Fortfahrung
deß Vatterlandes Wolfahrts Beſchreibung noch ein wenig inn zu halten Dieweilen
aber allbereit an etlichen Orten meine nuͤtzliche inventiones, den Salpeter auß allem
Holtz vnd Saltzen zu bereiten/ angeſtellt/ vnd vermutlich mancher darnach trachten
wird/ ſolchen auff beſſere Weiſe/ als das ſchaͤdliche Buͤchſenpulver darauß zu machen/
anzuwenden; als habe ich einen einigen guten nuͤtzlichen Proceß/ den Salpeter zur
Verbeſſerung der Metallen anzuwenden/ allhier zu beſchreiben nicht vnterlaſſen koͤnnen.
Es ſteht einem jeden frey/ denſelben zu verſuchen: was ich allhier ſchreibe/ das iſt die lau-
tere Warheit. Wann man mich recht verſteht/ vnd auch etwas mit metalliſchen Arbei-
ten vmbzugehen weiß/ wird man keine verlorne Arbeit thun/ ſondern guten Nutzen da-
von haben/ alſo/ daß man in der Stille in ſeinem eigenen Hauſe/ ohne Beſchwerung
ſeines Nechſten/ ſein Stuͤck Brod reichlich haben vnd genieſſen kan. So man aber et-
wan gedencken wolte/ das Werck wuͤrde ſich ſelber thun/ vnd groſſe Klumpen Gold bey
dem Muͤſſiggang einbringen/ der irret ſehr; dann Hand anlegen vnd Fleiß gebrauchen
ſolches thun muß. Es bildet ihm mancher ein/ er koͤnte nichts beſſers anfangen/ bald
reich dadurch zu werden/ als die Alchimiam, weiln ſolche viel gutes verheiſſt/ vnter han-
den
[225]Continuatio Miraculi Mundi.
den zu nehmen: Alldieweil aber dieſe Kunſt eine ſehr groſſe Erfahrung vnd Fleiß erfor-
dert/ vnd der mehrer Theil Menſchen lieber muͤſſig ſeyn/ als die Haͤnde in die Kolen zu
ſtecken/ vnd das Werck mit gutem Verſtand anzugreiffen/ ſo bleibt die wahre Kunſt
derhalben vngethan/ vnd hengen ſich die geldgeitzigen Narren an vielerhand Sophiſti-
ſche Proceſſe/ welche ſie von den vmblauffenden/ betriegeriſchen Proceß-Kraͤmern mit
vielem Gelderkauffen: ſo man aber dem Grund der Natur nachtrachtete/ wuͤrde man
leichtlich auff guten Weg kommen/ vnd Nutzen ſchaffen koͤnnen; zu welchem ende ich
dieſen Proceß hieher ſetze/ vnd ſolchen klaͤrlich/ ohn einige Hinterhaltung/ beſchreibe/
verſicherende/ wann man wol nach meiner Lehr procediret/ daß ſich alles alſo finden
werde: Jrret man aber/ vnd verdirbt das Werck durch Vngeſchicklichkeit/ ſo rechne
man es ſich ſelber/ vnd mir nicht zu: dann/ wie geſagt/ alles/ ſo allhier geſchrieben/ dem
Buchſtaben nach zu verſtehen vnd nachzuthun iſt.
Folget der Proceß.
℞. ☉ 1. Theil/ ♀ 2. Theil/ Regul. Martis 3. Theil/ ſchmeltze dieſe zuſammen in
einem guten verdeckten Tiegel/ daß keine Kolen hineinfallen/ vnd wann es wol zuſam-
men geſchmoltzen/ ſo hebe den erdenen Deckel von dem Tiegel/ vnd ſiehe zu/ daß ja keine
Kole in den Tiegel falle/ welche das Werck verderben wuͤrde/ vnd trag mit einem Loͤffel
nach vnd nach ſo viel truckenen pulveriſirten Salpeter auff das gefloſſene Metall/ als
deß Reguli vnd ♀ geweſen/ lege den Deckel wieder auff den Tiegel/ vnd Kolen herumb/
aber nicht oben darauff/ auff daß man allezeit den Deckel/ wann es noͤhtig iſt/ mit der
Zangen ein wenig an einer Seiten auffheben/ vnd nach der maſſa im Tiegel ſehen moͤge:
dann wann das Feuer zu groß gemacht/ wuͤrde der Salpeter auß dem Tiegel lauffen/
vnd Schaden geſchehen/ welches gar leichtlich zu geſchehen pflegt/ weiln der Salpeter/
wann er an dem Reg. vnd ♀ arbeitet/ ebulliret/ vnd ſich hoch erhebet; darumb ſolche
Arbeit in einem ſolchen Ofen gethan werden muß/ wie ich im Vierdten Theil meines
Buchs der Oefen beſchrieben/ mit behebſchlieſſenden Thuͤren/ dadurch man das Feuer
regieren/ vnd ſolches ſtaͤrcker oder ſchwaͤcher machen kan. Wann nun der Salpeter
den Regulum mit dem ♀ zu ſich gezogen/ vnd zu einer braunen Schlacken gemacht hat/
welches ohngefehr in einer Viertel- oder halben Stund geſchehen kan/ ſo macht man die
Vnterthuͤr auf/ vnd die obere zu/ auff daß das Feuer deſto ſtaͤrcker werde/ vnd die Schla-
cken flieſſend mache wie Waſſer: wann das geſchehen/ (welches man erfahren kan/ wañ
man den Deckel ein wenig auffhebt/ vnd in den Tiegel ſiehet) alsdann nimbt man die
obern groͤbſten Kolen vmb den Tiegel mit einer Zangen herauß/ hebt den Deckel von
dem Tiegel/ vnd faſſt den Tiegel mit einer Zangen/ hebt ihn auß dem Ofen/ gieſſt die
geſchmoltzene maſſam in einen warmen mit wachs-beſtriecheuen Gießpuckel/ vnd laͤſſt
es erkalten/ ſo findet man das ☉ von allem Zuſatz fein/ als ein Koͤnig/ zu vnterſt im
Gießpuckel/ welchen man von der Schlacken abſchlaͤgt/ wird vmb ſo viel ſchwerer ſeyn/
F fals
[226]Continuatio Miraculi Mundi.
als er auß dem ♀ vnd Regulo zu ſich gezogen/ nemlich ohngefehr der funffzigſte Theil
vom Gewicht deß Goldes zugenommen haben. Die Schlacken ſind braun vnd feurig
auff der Zungen/ darinnen der gebrauchte Salpeter vnd das zerſchlackte ♀ vnd Regu-
lus Antimonii beyſammen; wann man das ♀ vnd Regulum wieder von dem Salpeter
ſcheiden wil/ ſo thut man ſolche Schlacken/ ſo bald der Koͤnig davon geſchlagen/ wieder
in den Tiegel/ der zuvorn nach dem außgieſſen wieder in den Ofen geſetzt worden/ vnd
legt ein Stuͤck Kolen zu der Schlacken in den Tiegel/ deckt denſelben zu/ vnd legt Kolen
vmb den Tiegel/ laͤſſt es angehen/ vnd eine Viertelſtund wol flieſſen/ ſo præcipitiren die
Kolen das Metall/ nemlich das ♀ vnd Regulum auß dem Salpeter/ vnd ſcheidet ſich
von einander; wann es zuſammen außgegoſſen wird/ ſo faͤllt das ♀ mit dem Regulo
vermengt zu boden in einen Koͤnig/ der figirte Salpeter aber bleibt beſonders/ welchen
man nach dem erkalten von dem Metall abſchlagen kan. Jſt man wol mit dem Werck
vmbgangen/ ſo erlangt man das Gewicht vom ♀ vnd Regulo bey nahe alles wieder:
dem Salpeter iſt auch nicht viel abgangen/ hat aber eine andere Natur angenommen/
vnd iſt fix worden/ einem Salitartari gleich. NB. Solche Schlacken/ dieweil ſie ſo gar
rein von ♀ vnd Regulo nicht zu ſcheiden/ ſondern allzeit noch etwas bey dem Nitro blei-
bet/ welches die Kolen nicht haben præcipitiren koͤnnen/ ſo kan man ſelbige an einem
warmen Ort verwahren/ daß ſie nicht zerflieſſen/ vnd wann man deren viel hat/ koͤnnen
ſie auff gluͤhenden Kolen reducirt werden/ ſo geben ſie wieder gut Metall: davon her-
nach ein mehrers ſoll geſagt werden.
Dieſe Arbeit/ wie frembd ſie einem Vnerfahrnen vorkommen moͤchte/ iſt dennoch
leicht zu thun/ wann man ein wenig mit ſchmeltzen vmbzugehen weiß. Die Handgriffe
muß man verſtehen/ welche vnmoͤglich ſo genaw alle zu beſchrieben/ daß ein Vngeuͤbter
ſie alsbald begreiffen vnd nachthun ſolte. Jch ſchreibe allhier die Warheit/ vnd zwar
ſo deutlich/ als ich immer thun kan: der es verſtehet/ wird fich hieruͤber erfreuen/ vnd
guten Nutzen darvon haben; der es aber nicht verſtehet/ oder nachthun kan/ der gebe
mir die Schuld nicht/ wann er ſchaden leidet: dann ich dieſen Proceß auch nicht ſchreibe
fuͤr die tyrones vnd gar Vngeuͤbte im Feuer/ ſondern fuͤr diejenigen/ die allbereit etwas
gethan haben/ vnd mit ſchmeltzen vmbzugehen wiſſen. Nun moͤchte man fragen/ woher
dann der Zuwachs dem ☉ kaͤme/ von ♀ oder vom Regulo Antimonii? Dem gebe ich
zur Antwort: Von allen beyden; doch mehr vom ♀ als vom Regulo: dann kein ♀ oder
Antimonium geſunden wird/ welches auff dieſe Weiſe nicht ☉ von ſich geben ſolte:
dann alles Antimonium, wie auch ♀/ ein vnſichtlich oder geiſtlich ☉ fuͤhret/ welche das
fixe ☉/ wann es mit dem ♀ vnd Regulo Antimonii geſchmoltzen/ zu ſich ziehet/ vnd cor-
poraliſch oder fix macht/ doch immer das eine ♀ vnd Antimonium mehr als das ander:
ſo offt nun das ♀ vnd Regul. Antimon. mit dem Salpeter von dem ☉ gezogen wird/
ſo offt das ☉ etwas Zuwachs erlanget: wann dann dieſe Arbeit taglichs zu acht- oder
zehenmal gethan wird/ nimbt das ☉ ein mercklichs zu/ alſo/ daß man uͤber alle auffge-
wandte Koſten taͤglichs mehr als 1. pro cento gewinnen kan/ welches einem/ der doch
Geld
[227]Continuatio Miraculi Mundi.
Geld ligen hat/ vnd darmit wuchern wil/ ein ehrlicher Gewinn iſt/ viel beſſer vnd ſicherer
als auff Zins außgeliehen/ da man nicht ſicher iſt/ ob man ſein Capital wieder haben
kan/ wann mans begehrt.
Dieweil aber dieſe Arbeit/ in Tiegeln zu thun/ ſehr muͤhſam iſt/ ſonderlich wann
man groſſe Tiegel voll einſetzen wolte/ welches auch geſchehen muͤſte/ wann Nutzen dar-
bey ſeyn ſolte: (dann wenig kan wenig geben) vnd wann man dieſes Werck in groſſen
Tiegeln thun ſolte/ wuͤrde man ſolches taͤglich uͤber vier oder fuͤnffmal nicht thun koͤnnen.
Jn kleinen Tiegeln iſt es muͤglich zehen- oder zwoͤlffmal zu thun/ koͤm̃t aber von den klei-
nen Tiegeln wenig Nutzen: derhalben ich einen modum ſetzen wil/ daß man zu dieſem
Werck gar keinen Tiegel noͤhtig hat/ ſondern auf Herden/ welche nicht allein nicht uͤber-
lauffen/ brechen oder durchlauffen laſſen/ wie die Tiegel/ ſondern auch allezeit in Oefen
ſtehen bleiben/ vnd ſo lang ſie noch gut ſeyn/ nicht auß vnd ein duͤrffen gehoben werden:
dann wann ein Tiegel noch ſo gut iſt/ vnd zum oͤfftern auß dem Feuer in die kalte Lufft/
vnd wieder auß der Lufft in die gehlinge Hitze gebracht wird/ er leichtlich brechen kan;
alſo/ daß dieſe Arbeit in groſſen Tiegeln zu thun gar muͤhſam/ vnd wegen deß außlauf-
fens (da man leichtlich ein Theil Goldes verlieren kan) gar gefaͤhrlich. Darumb/ wie
nuͤtzlich ſonſten dieſe Arbeit iſt/ dieſelbe/ wegen der Muͤhe vnd auch Gefahr/ in groſſen
Tiegeln nicht wol zu thun iſt: ſo man aber das Werck auff guten ſtarcken Herden ver-
richtet/ ſo hat man nicht allein wegen deß Vber- oder Außlauffens der maſſæ keine Ge-
fahr/ ſondern darff auch den Herd nimmer auß dem Ofen nehmen/ ſo lang man ſpuͤret/
daß er noch gut iſt. Wann ich dieſen modum auff Herden nicht gefunden/ wuͤrde ich
den Proceß zu beſchreiben vnterlaſſen haben. Der modus nun auff Herden dieſe Arbeit
zu thun/ iſt dieſer:
Von Bereitung der Herden.
MAn laͤſſt ihm einen eiſernen Ring oder Zargen machen/ rund oder viereckicht/ groß
oder klein/ nachdem man viel oder wenig darein thun wil/ eines Fingers dick/
vnd vier quer Finger hoch/ auff der einen Seiten etwas enger als auff der andern
Seiten/ daran zwo Handhaben/ vnd inwendig fein glatt gefeilet. Wann man nun
die Herde ſchlagen wil/ ſo muß man die zugerichtete Erde an einem Stuͤck/ welches
etwas groͤſſer iſt/ als zum Herd vonnoͤhten in den Ring/ welcher auff einem glatten
Stein ſtehen ſoll/ legen/ darnach mit einem breiten eiſernen Hammer die Erde fein
dicht vnd veſt in den Ring ſchlagen/ vnd oben mit einem langen Meſſer die uͤbrige Er-
de/ welche nicht in den Ring iſt gegangen/ abſchneiden/ ein wenig feinen Sand/ oder/
welches beſſer/ gebrante/ gepuͤlverte Tiegel-Erde auff den glatten Stein ſtreuen/ vnd
den Ring darauff vmbkehren/ alsdann auff der andern Seiten die Erde mit dem glat-
ten Hammer auch fein hart in den Ring ſchlagen/ alſo/ daß der Herd auff beyden Sei-
ten hart in die Form geſchlagen ſey. Darnach ſoll man ein krum̃ Meſſer haben/ mit zwo
F f 2Hand-
[228]Continuatio Miraculi Mundi.
Handhaben/ vnd den Herd auff der breiteſten Seiten biß auff die Helffte hinein rund
außſchneiden/ vnd zu oberſt den Ranfft ohngefehr eines Fingers dick verbleiben laſſen/
immer hinunterwarts enger zugefuͤhrt/ wie eine kugelrunde Schuͤſſel/ gleich wie man
ſonſten auff den Bergwercken vnd Muͤntzen die Teſten von Aſchen/ das Silber oder
Gold darauff abzutreiben oder fein zu brennen/ pflegt zu machen. Wann er nun ſo tieff
außgeſchnitten iſt/ als man ſelbigen haben wil/ ſo ſoll man denſelben inwendig mit einem
runden glatten Hammer fein glatt ſtreichen/ ſo iſt der Herd fertig/ welchen man mit der
Form vmbkehren/ vnd auff ein Bred fein ſanfft ſetzen ſoll: iſt der Ring inwendig mit
Oel geſchmieret/ ſo geht er gern von der Form. Den Herd ſoll man an die warme Lufft
ſetzen/ vmb allgemach trucknen zu laſſen; zu letzt ſetzt man ihn gar an die Sonne/ oder
zu einem warmen Ofen/ daß er durchauß trucken werde/ ehe man ihn brennt: dann/ ſo
er nicht recht trucken waͤre/ wuͤrde er im brennen reiſſen vnd verderben.
Wann der eine Herd auß dem Ring gethan/ vnd auff die Seiten geſetzt worden/
ſo ſchmiert man den Ring wieder mit einem fetten Laͤpplein/ vnd ſchlaͤgt einen andern
Herd darein/ vnd deren nacheinander ſo viel/ als man zugerichtete Erden hat. Die auß-
geſchnittene Erden gibt auch Herde/ wann man dieſelbige/ ehe ſie trucken worden/ alſo
Brockenweis fein hart zuſammen in den Ring ſchlaͤgt/ außſchneidt/ vnd mit dem run-
den Hammer glatt ſtreicht/ ſo wird alles verarbeitet/ vnd geht keine Erde verloren; oder
man kan dieſe außgeſchnittene Erden wieder zuſammen/ vnd Muͤffel uͤber die Herde
davon machen; iſt auch gut. NB. Man darff keiner zweyer Haͤmmer/ ſondern es kan
alles mit einem verrichtet werden/ ſoll aber auf der einen Seiten einer Hand breit glatt
oder eben/ vnd auff der andern Seiten rund gemacht ſeyn/ wie der Abriß anzeiget.
Folgt/ wie die Muͤffel auff die Herde gemacht
werden.
DJe Muͤffel ſollen alſo bereitet werden: Erſtlich ſoll man von Holtz eine Form ſchnei-
den laſſen ſo groß als der Herd iſt/ vnd nicht nur einen Hals daran/ gleich wie ſonſten
die Muͤffel auff die Teſten zu ſetzen/ darunter ☽ fein gebrant wird/ pflegen gemacht zu
werden/ ſondern es ſollen an demſelben zween Haͤlſe ſeyn; auch ſoll man den Muͤffel
nicht mit Zacken vnten außſchneiden/ wie ſonſten gebraͤuchlich/ ſondern ſollen gantz vnd
vnaußgekerbt bleiben.
Von Geſtalt vnd Form deß Ofens.
DEr Ofen ſoll alſo gebauet werden/ daß er inwendig ſo weit ſey/ daß/ wann der Herd
in der Mitten ſtehet/ rings herumb/ an allen Orten/ eine gute quere Hand auffs
wenigſte/ ſpacium fuͤr die Kolen zwiſchen dem Herd vnd Waͤnden deß Ofens verbleibe.
Jſt nun der Herd groß/ ſo muß auch der Ofen darnach ſeyn/ rund oder viereckicht/ wie
man wil/ iſt beydes gut. Es ſoll aber der Ofen von guten Ziegelſteinen mit wolbereit-
tem
[]
B Iſt der Vnderſtetheil des Ofens Wieer D der roſt in dem ofen Eder Herd
offen ohne die vor der Wand an niſehen F der Miſſel ſo auffden herdgehőret
Wann Kohlen dar in ſein vnd in voller arbeit
ſtehet. H das rauch fa̋nglein an dem Ofen
[][229]Continuatio Miraculi Mundi.
tem Laimen auffgeſetzt werden/ von dem Boden an eine gute Spannen hoch auffge-
fuͤhrt/ ehe man den Roſt ſetzet/ welcher auch nicht veſt in den Ofen ſoll gelegt werden/
ſondern die voͤrtere Wand deß Ofens ſoll vnten offen bleiben/ daß man den Roſt auff
vier Beinen darein thun/ vnd/ wann es noͤhtig/ wieder außnehmen kan. Darnach ſoll
der Ofen ringſt herumb einer guten Spannen hoch auffgefuͤhret werden/ gantz zu/ ohne
Thuͤren. Vber dieſer Spannen ſoll man vorn an dem Ofen ein Loch laſſen/ einer guten
queren Hand breit vnd hoch/ dadurch man auff den Herd ſehen/ die Metallen vnd Mix-
tur ein- vnd außzunehmen/ vnd auch das Feuer zu brennen ſeinen Zug dadurch haben
moͤge. (NB. So aber der Herd groͤſſer als einer Spannen breit uͤber zwerch ſeyn ſolte/
vnd der Ofen auch groͤſſer ſeyn muͤſte/ ſo waͤre dieſes Loch zu klein/ vnd koͤnte das Feuer
nicht genug Zug dadurch haben/ muͤſte derowegen nach proportion deß Herds/ wie
auch deß Ofens/ das Loch auch groͤſſer gemacht werden.) Vber dieſes Lufft-Loch ſoll der
Ofen noch zwo Spannen hoch auffgefuͤhret werden/ vnd auff den Ofen ſoll man einen
eiſernen Deckel machen/ welcher inwendig voller Naͤgel geſchlagen/ daran das lutum
hangen bleibt; mit welchem beſchlagenen Deckel der Ofen/ wann er mit Kolen gefuͤllt/
zugelegt wird. Auch ſoll oben auff dem Deckel eine Handhabe gemacht werden/ darmit
man denſelben/ wann die Kolen verbrant/ vnd wieder andere ſollen eingethan werden/
abheben vnd wieder auffſetzen kan. Wann nun alles wol verfertigt/ vnd man den Ofen
gebrauchen wil/ ſo ſoll man den Roſt vnten hineinſchieben/ vnd oben hinein einen Fuß
von Erden gemacht auff den Roſt legen/ auff den Fuß den gebranten Herd/ vnd auf den
Herd den Muͤffel ſetzen/ alſo/ daß der eine Hals deß Muͤffels das voͤrdere Loch/ wie auch
das hindere Theil im Ofen anruͤhre. Auch ſoll der Fuß/ darauff der Herd ſtehet/ einen
Hals haben/ welcher gleicher weiſe an den vorderſten Theil deß Ofens ſtoſſe/ vnd die-
ſen Platz oder ſpacium zwiſchen dem Herd vnd vorderen Wand deß Ofens außfuͤlle/
oder zumache; vnd wann deß Muͤffels Hals auff deß Bodems Hals/ wie auch an die
vordere Wand nicht fuͤglich ſchlieſſen ſolte/ ſo iſt es noͤhtig/ daß man mit einem Haar-
Laimen die Fugen zumache/ auff daß das Feuer im Ofen ſich nicht dadurch ziehen moͤ-
ge/ vnd gantz keinen andern Zug habe/ als allein vnter deß Muͤffels hinderen Hals auf
den Herd/ vnd uͤber dem Herd vnter dem Muͤffel zu dem vorderen Loch hinauß ſpielen
koͤnne: dann ſo dem Feuer andere Lufft als uͤber dem Herd zum vorderen Loch hinauß zu
gehen gelaſſen/ der Herd nicht Hitze genug/ das Metall zu ſchmeltzen/ haben wuͤrde:
darumb hierinn (als dem nohtwendigſten Stuͤck deß Ofens) wol in acht zu nehmen/
daß alles nach Gebuͤhr wol auffeinander accommodiret werde. Auch ſoll vnter dem
Roſt eine eiſerne Thuͤr ſeyn/ damit man das Feuer im Ofen regiren/ kleiner oder groͤſſer
machenkoͤnne; vnd ſoll dieſes Lufftloch vorn am Ofen/ dadurch das Feuer ſeinen Zug
hat/ vnd man dadurch die Metallen auff den Herd ſetzen/ vnd wieder davon nehmen
kan/ gleicher weiſe eine Thuͤr haben/ wann es noͤhtig/ das Feuer dadurch zu regiren/ vnd
darmit zuſtopffen oder zuſchlieſſen. Auch ſoll oben in gemeldtem Loch ein klein Rauch-
faͤnglein/ ſo weit das Loch iſt/ accommodiret werden/ alſo/ daß der gifftige Kolen- vnd
F f 3Me-
[230]Continuatio Miraculi Mundi.
Metallen-Rauch in der Arbeit ſich dareinziehe/ vnd in die Hoͤhe gefuͤhrt/ auff daß dem
Laboranten kein Schaden dadurch zugefuͤget werden moͤge. Wann nun alles alſo be-
ſtellet/ vnd der Ofen mit Kolen gefuͤllet vnd zugedeckt iſt/ ſo ſteckt man vnten auff den
Roſt ein paar lebendige Kolen/ macht alle Thuͤren zu/ vnd laͤſſt das Feuer fein langſam
angehen/ ſo hat man deſto weniger Sorge/ daß etwan der Herd oder Muͤffel vom gaͤh-
lingen Feuer brechen moͤchte; vnd wann der Ofen ſam̃t dem Herd vnd Muͤffel wol gluͤ-
hend worden/ ſo traͤgt man die Metallen/ als das ☉/ welches ſoll augmentiret werden/
vnd auch das ♀ vnd Regulum Antimonii, dadurch das ☉ ſeinen Zuwachs erlangt/ mit
einem eiſernen Loͤffel auff den Herd/ macht die vnterſte groſſe/ wie auch die mittlere klei-
ne Thuͤr auff/ vnd laͤſſt das Feuer ſpielen/ ſo ſchmeltzen die Metallen bald auf dem Herd;
wann ſie wol flieſſen/ ſo ſoll man mit dem eiſernen Loͤffel ein wenig truckenen gepuͤlver-
ten Salpeter auff die gefloſſene Metallen tragen/ ſo wird der Salpeter alſobald daran
arbeiten/ vnd einen theil davon zu Schlacken machen: wann dann der Salpeter nicht
mehr fleuſſt/ oder an dem Metall arbeitet/ ſondern als eine harte Schlacken ſtill darauff
liget/ alsdann ſoll man wieder einen Loͤffel voll andern Salpeter darauff thun/ vnd
auch arbeiten laſſen. Solches aufftragen deß Salpeters ſoll ſo lang geſchehen/ biß daß
die Schlacken nicht mehr hart ligen/ ſondern wie ein Waſſer flieſſend bleiben/ welches
ein Zeichen/ daß der Salpeter das ♀ vnd Regulum Antimonii von dem ☉ gezogen/
vnd ſeine operation gethan habe. Niemand ſoll aber ſo viel ♀ vnd Reguli Antimonii
zu dem ☉ auff den Herd thun/ daß mit dem zugehoͤrigen Salpeter der Herd voll biß
oben an werde/ vnd man die Kolen nicht vergeblich auff einem leeren Herd verbrennen
darff; kan alſo das mit Salpeter verſchlackte ♀ vnd Regulus Antimonii ſo lang auff
dem ☉ auff dem Herd treiben oder flieſſen/ ſo lang man vermeynt/ daß der Herd ſolches
vertragen koͤnne: dann je laͤnger das ☉ vnter dieſen Schlacken flieſſt/ je mehr geiſtlich
☉ es darauß ziehet/ vnd corporaliſch macht/ vnd ſich dadurch augmentiret: Wann
man aber deß gewiſſeſten ſpielen wil/ ſo kan man die Schlacken/ wann ſie etwan zehen
oder zwoͤlff Stund uͤber dem ☉ geſchmoltzen/ auß dem Herd nehmen/ vnd zuſehen/ ob
der Herd auch noch ſtarck genug ſey/ die Schlacken laͤnger zu halten/ dann dieſe Schla-
cken die Herde mit der zeit augreifft/ duͤnn macht/ vnd bißweilen Loͤcher darein bohret/
ſonderlich wann dieſelben nicht von guter beſtaͤndiger Erde bereitet ſind. Wann man
dann ſiehet/ daß der Herd noch ſtarck vnd dick genug/ vnd die Schlacken keine Gruben
darein gefreſſen/ ſo thut man dieſe Schlacken wieder hinein zum ☉/ vnd laͤſſt ſie noch ſo
lang darauff flieſſen/ als man vermeynt/ daß der Herd ſolche halten koͤnne: vnd wann
die Schlacken im waͤhrendem flieſſen dicker werden/ vnd nicht gern duͤnn flieſſen wollen/
ſo ſoll man ein wenig friſchen Salpeter darzu thun/ ſo flieſſen ſie wieder duͤnn/ vnd geben
ihre Nahrung oder Zuwachs dem Golde/ vnd iſt das Gold allhier an ſtatt eines Saa-
mens/ das ♀ vnd Regulus Antimonii aber an ſtatt der Erden/ daraus das ☉ ſich neh-
ret vnd vermehret/ vnd der Salpeter an ſtatt deß Regenwaſſers/ dadurch das Erdreich
befeuchtet vnd fruchtbar gemacht wird. Je laͤnger nun das ☉ in dieſem Erdreich ligt
vnd
[231]Continuatio Miraculi Mundi.
vnd waͤchſet/ je mehr es Zuwachs darauß ziehet. Wann man nun dem Herd nicht
laͤnger trauet/ oder ſonſten einmal das Feuer wolte außgehen laſſen/ von der Arbeit zu
ruhen/ ſo macht man die vntere Thuͤr zu/ vnd hebt den Deckel von den Ofen/ ſo ſchlaͤgt
die Hitze nicht mehr auff den Herd/ ſondern geht oben zum Ofen hinauß/ vnd wird die
Schlacken etwas dicker/ vnd geſteht das ☉ darunter/ welche Schlacken man dann mit
einem eiſern Hacken fein gemach abziehen kan/ daß das ☉ auff einem Stuͤck gantz bey-
ſammen in dem Herd ligen bleibt/ vnd ſich nicht Koͤrnerweiſe vnter die Schlacken ver-
miſche/ dadurch Schaden geſchehen moͤchte. Wann dann alle Schlacken außgenom-
men/ vnd das ☉ allein beyſammen noch darinnen auff dem Boden deß Herdes ligt/ ſo
ſticht man mit einem ſcharffen ſpitzigen Eiſen darunter/ vnd macht ſolches von dem
Herd ledig/ hebt es mit einer Zangen herauß/ vnd wigt es/ ſo findet man/ wie viel daſſel-
be zugenommen vnd ſich vermehret habe.
NB. Es iſt aber beſſer/ wann der Herd gut bleibt/ das man die maſſam nicht auß-
nehme/ ſondern continuirlich auff dem ☉ flieſſen laſſe. Man hat doch keine groſſe
Muͤhe darmit/ dann allein wieder Kolen nachzuwerffen/ wann die erſten verbrant ſind.
Kan alſo dieſes Werck (wann die Herde nur wol gemacht ſind) etliche Tage nachein-
ander ohne auffhoͤren getrieben werden; welches auch ſeyn muß/ wann guter Nutzen
davon kommen ſoll: wie dann an gutem Nutzen gar nicht zu zweiffeln/ wann man nur
wol darmit procediret/ ſonderlich auch/ wann man zu dieſer Arbeit ein gut Antimo-
nium, wie auch Eiſen (davon der Regulus gemacht iſt) haben kan. Dann je guͤldiſcher
das ♂/ Antimonium vnd ♀/ je mehr fluͤchtig ☉ das fixe vorgeſchlagene ☉ darauß
ziehet; vnd wann man auch gar kein guͤldiſch ♀/ ♂/ oder Antimonium haben koͤnte/
ſondern das Werck mit gemeinem ♀/ ♂ vnd Antimonio verrichten ſolte/ ſo wuͤrde
man doch noch ein guten Zuwachs finden: ſo man aber gute Metallen haben koͤnte/ waͤ-
re es deſto beſſer vnd nuͤtzlicher. NB. Vnd wann man der guͤldiſchen Metallen genug
haben koͤnte/ ſo doͤrffte man die erſte Schlacken nicht continuirlich auff dem ☉ flieſſen
laſſen/ ſondern ſo bald der Salpeter das ♀ vnd Regulum von dem ☉ gezogen/ vnd zu
Schlacken gemacht/ alſobalden auch mit einem Hacken dieſelbe von dem ☉ abziehen/
vnd wieder friſche Metallen darauff ſetzen/ vnd mit Salpeter verſchlacken koͤnte/ wel-
che Arbeit mit Aufftragung neuer Metallen vnd wieder Abnehmung der Schlacken
man continuirlich foͤrtfahren koͤnte/ es wuͤrde ein viel mehrers an ☉ erhalten werden/
dann das ♀/ ♂ vnd Antimonium bißweilen auch viel corporaliſch ☉ fuͤhren/ welches
alsbald in der Verſchlackung bey dem ☉ bleibt: wann dann die Schlacken abgezogen/
vnd zum oͤfftern wieder neue Metallen auffgetragen vnd geſchlacket werden/ nohtwen-
dig auch mehr ☉ heraußkommen muß/ als auß der erſten Schlacken/ da das geiſtliche
☉ mir corporaliſch bey dem zugeſetzten fixen ☉ werden kan. Kan alſo dieſe Arbeit mit
Zuſetzung neuer Metallen vnd der Schlacken Abnehmung taͤglichs gern 10. 15. biß in
20. mal gethan werden/ davon ja groſſer Zuwachs kommen muß/ wann die Metallen
guͤldiſch geweſen.
Die
[232]Continuatio Miraculi Mundi.
Die abgenommene Schlacken kan man in dieſem Ofen auf ſolchem Herde (wañ
man deren viel beyſammen hat) reduciren/ vnd das ♀ mit dem Regulo wieder davon
faͤllen/ vnd zu andern Nutzen anlegen vnd gebrauchen/ wie in meinen andern Schrifften
genugſam zu finden. Die Faͤllung geſchicht mit Zuwerffung deß Kolengeſtuͤbs/ oder
Auffſtrewung gepuͤlverten Antimonii; Ratio iſt dieſe/ weil der Salpeter die ſulphuri-
ſche Metallen/ als ♀ vnd Regulum Antimonii Martialem zu ſich genommen/ vnd zu
Schlacken gemacht. Wann man dieſer Schlacken einen andern Sulphur, welchen der
Salpeter lieber angreifft/ als das ♀ vnd Reg. beywirfft/ der Salpeter denſelben an-
nimbt/ vnd den angenommenen dargegen wieder fallen laͤſſt. Vnd wann der Reg. vnd
♀ davon gefaͤllt/ ſo bleibt dannoch noch etwas davon bey dem fixen Salpeter/ welche bey-
de man zuſammen figiren kan/ daß wieder ☉ darauß zu ſchmeltzen; oder man kan durch
Waſſer den fixen Salpeter von der Schlacken außlaugen/ vnd zu andern laboribus ge-
brauchen/ wie hernach folgen ſoll. Die bleibende Schlacken kom̃t auch noch zu Nutzen/
wann man dieſelbige zum Glaſuren der Erdengeſchirꝛ anwendet. NB. So man aber
Schlacken vnd Salpeter beyſammen laͤſſt/ man figire gleich dieſelbe/ oder gebrauche ſie
zum Salpetermachen/ oder Tuͤngung der Felder/ (davon bald ſoll geſagt werden) ſo iſt
mehr Nutzen dabey/ als wann ſie voneinander geſchieden werden; wie dann ein Proceß
nach dem andern beſchrieben werden ſoll. Zuvorn aber hab ich gut befunden/ eine Prob
zu machen/ dadurch man verſichert werde/ daß dieſe Arbeit nuͤtzlich/ vnd dem ☉ einen
Zuwachs gebe/ auff daß man deſto kuͤhner das Werck ins Groß anſtellen moͤge; welche
Prob vnd Verſicherung/ daß ſich das ☉ auß dem ♀ vnd Antimonio warhafftig ver-
mehre vnd zunehme/ alſo geſchicht:
Man nehme ein Stuͤcklein ☽/ davon das ☉ durch Aqua fort geſchieden/ auf daß
man verſichert/ daß das geringſte ☉ nicht mehr darinnen/ ſchmeltze ſo viel gemein ♀/
wie auch Reg. Antim. darzu/ vnd ziehe das ♀ mit dem Reg. Antim. durch den Salpe-
ter im Tiegel wieder davon/ alſo/ daß das ♀ mit dem Reg. durch das Nitrum zu Schla-
cken wird/ vnd das ☽ geſchmeidig ligen bleibe/ welches ☽ man in ein Aqua fort ſolviren
ſoll/ ſo bleibt dasjenige ☉/ ſo es auß ♀ vnd Antimonio gezogen/ als ein brannes Pul-
ver zuruͤck vnauffſolviret ligen: ſo viel nun deſſen iſt/ ſo viel/ vnd nicht mehr/ hat das ♀/
wie auch Reg. Antim. corporaliſch ☉ bey ſich gehabt/ welches bey dem ☽ geblieben: die
Schlacken aber halten weiters kein corporaliſch ☉ mehr/ aber doch viel geiſtliches ☉/
welches alſo zu verſuchen: Man nehme die Schlacken/ thue dieſelbe in einen neuen Tie-
gel/ vnd lege etwas Kolengeſtuͤb darauf/ ſetze den Tiegel in ein Wind-Oeflein zu ſchmel-
tzen/ ſo greifft der fixe Salpeter den Sulphur in der Kolen lieber an/ als die Metallen/ ver-
einigt ſich darmit/ vnd laͤſſt das ♀ vnd Regul. Antim. wieder fallen; wann dieſes ge-
ſchehen/ ſo gieſſt man die maſſam auß dem Tiegel in einen Gießpuckel/ vnd nach dem er-
kalten ſchlaͤgt man den Koͤnig von den Schlacken/ welcher Koͤnig dasjenige ♀ vnd Re-
gul. Antim. ſeyn wird/ darauß das ☽ das corporaliſch ☉ gezogen/ welches ich alſo be-
weiſe:
Man
[233]Continuatio Miraculi Mundi.
Man nehme ein Stuͤcklein geſcheiden ☽/ darinnen gar kein ☉ ſey/ ſchmeltze die-
ſen Koͤnig darmit/ vnd ziehe denſelben durch den Salpeter (wie bey den vorigen geſche-
hen) wieder davon/ gieß es auß/ mache das ☽ rein von den Schlacken/ vnd ſolvire es in
▽/ wie mit dem erſten ☽ gethan/ ſo wird ſich zwar das ☽ ſolviren/ aber keinen ſchwartz-
braunen ☉ Kalch (dem vorigen gleich) ligen laſſen. Darauß genugſam zu ſehen/ daß
das ♀ vnd Regul. Antim. ſein corporaliſch ☉ all/ in dem erſten ſchmeltzen/ bey dem ☽
gelaſſen hat/ welches aber gemeiniglich nicht viel iſt/ alſo/ daß kein Nutzen darvon zu er-
warten/ wann dieſe Arbeit nicht vielmal mit neuem Kupffer vnd Reg. Ant. wiederholet
wuͤrde. Weil dañ in ſolcher Wiederholung nicht allein viel ♀ vnd Regul. Ant. ſondern
auch viel Salpeter (ehe man das ☽ recht guͤldiſch machte) darzu muͤſte verbraucht wer-
den/ vnd nicht ein jeder das außgezogene oder gebrauchte ♀ vnd Reg. Ant. wieder an den
Mann zu bringen/ oder bey anderen laboribus anzuwenden weiß/ auch wann er den
Salpeter theurer kauffen muͤſte/ als wuͤrde wenig Nutzen von dieſer Arbeit zu gewarten
ſeyn: ſo man aber die gebrauchte Metallen/ als das ♀ vnd Reg. Ant. wie auch Salpeter
wiederumb nach dem außziehen deß corporaliſchen ☉ zu gebrauchen weiß/ (davon an
anderen Orten meiner Schrifften genugſam zu finden/ alsdann iſt guter Nutzen damit
zuthun; aber doch nicht ſo wol bey dem ☽/ als wann dieſe Metallen zu ☉ geſchmoltzen/
vnd durch den Salpeter wieder davon gezogen wuͤrden: dann dieſe Arbeit etwas wenig
von ☽ zerſtoͤret/ vnd ein kleiner Abgang deſſelben gefunden/ bey dem ☉ aber/ wann die
Tiegel nicht außlauffen/ der geringſte Abgang nimmer geſpuͤret wird. NB. Wann man
aber durch dieſe Arbeit guten Nutzen haben wolte/ welches auch wol geſchehen koͤnte/ ſo
muͤſte man nach guͤldiſchem ♂ wie auch Ant. vnd ♀ trachten/ vnd alsdann dieſelbe zum
oͤfftern von dem ☽ ziehen/ die gebrauchte Metallen auch vnd Salpeter wieder zu gut brin-
gen/ vnd wer den Salpeter ſelber zu zeugen wuͤſte/ deſto beſſern Nutzen er davon haben
wuͤrde. Dieſes iſt nur allhier beygebracht/ darmit zu erweiſen/ daß ein jedes ♀ vnd Reg.
Ant. Mart. etwas corporaliſch ☉ fuͤhre/ welches in der Verſchlackung bey dem zugeſetz-
ten ☉ oder ☽ verbleibet/ vnd iſt hernach keins mehr weiter herauß zu bringen/ es ſey dann
daß ſolche mit Nitro verſchlackte Metallen ein zeitlang uͤber dem ☉ oder ☽ (doch beſſer
☉) im Fluß ſtuͤnden/ alsdann wuͤrde das ☉ fuͤr vnd fuͤr ſich darauß vermehren vnd zu-
nehmen/ welches man im kleinen leichtlich verſuchen vnd gewahr werden kan/ alſo:
℞. Dieſes ♀ vnd Reg. Ant. davon allbereit ihr corporaliſch ☉ durch zugeſetztes
☉ gezogen worden/ vnd weiter keines mehr darinnen geblieben/ ſchmeltze ☉ darzu/ vnd
ſchlacke das ♀/ vnd Reg. mit dem Salpeter/ laß ſolche Schlacken 5. 6. 8. oder 10. Stun-
den lang auff dem ☉ flieſſen/ darnach gieſſe ſie zuſammen auß/ mach das ☉ von den
Schlacken rein/ vnd wiege es/ ſo wirſt du finden/ daß es vmb ein gutes zugenommen hat;
welcher Zuwachs auß beyden Zuſaͤtzen/ nemlich ♀ vnd Antim. Reg. Mart. herkommen/
doch mehr auß dem ♀ als Antim. welches ich hiermit beweiſe: Setze einem Ouintlein
☽/ das kein ☉ haͤlt/ 2. Quintlein Reg. Ant. Martialis zu/ vnd mache daſſelbe durch den
Salpeter wieder zu Schlacken/ gieſſe das ☽ mit den Schlacken wol geſchmoltzen in
einen laͤnglichten Einguß zu einem duͤnnen Staͤbgen/ laß das ☽ mit der Schlacken
G gdar-
[234]Continuatio Miraculi Mundi.
darauff in dem Einguß kalt werden/ nimb es auß/ vnd ſchlag mit einem Hammer die
harte Schlacken von dem ☽ ab/ ſo wird das ☽ ſchoͤn weiß/ geſchmeidig/ vnd fein ſeyn/
vnd im geringſten nichts guͤldiſch daran zu erſehen ſeyn. NB. So du aber zu dem ☽
vnd Reg. Antim. auch ♀ ſetzeſt/ vnd alsdann daſſelbe mit dem Reg. Antim. durch ben
Salpeter ſchlackeſt/ vnd das ☽ mit den Schlacken in einen Einguß gleſſeſt/ alſo/ daß die
Schlacken uͤber das ☽ hinflieſſen/ vnd nach dem erkalten ſolche Schlacken von dem ☽
abſchlaͤgſt/ oder mit Waſſer abweicheſt/ ſo wirſt du dein ☽/ da die Schlacken auffgeſtan-
den/ verguͤldet finden/ ſo hoch/ daß mans auch mit den Fingern ſchwerlich abwaſchen
mag/ welches ☉ mehrerntheils auß dem ♀ gekommen; dann ſo es mehr auß dem Regu-
lo kaͤme/ ſo muͤſte das ☽ darmit geſchmoltzen/ auch guͤldiſch werden/ welches aber nicht/
ſondern nur/ wann ♀ darbey iſt/ geſchicht. Daß man aber meynen moͤchte/ wellen das
☉ fuͤrnemlich auß dem ♀ koͤm̃t/ daß man den Reg. Antim. davon laſſen/ vnd das au-
gmentum allein durch das ♀ verrichten wolte/ der irret/ dann das ♀ ohne den Regul.
ſich durch den Salpeter zu einer fluͤſſigen Schlacken nicht bringen laͤſſt; muͤſſen alſo bey-
de beyſammen ſeyn/ wann etwas fruchtbarliches ſoll außgerichtet werden. Hat alſo der
guͤnſtige Leſer hiermit Proben genug/ ſich der Muͤglichkeit deß Wercks darauß zu ver-
ſichern; ſtehet nun einem jedwedern frey/ ſolches ins Groß anzuſtellen/ vnd guten Nu-
tzen dadurch zu machen. Jch hab es allein zu dieſem ende beſchreiben wollen/ denen
Geitzhaͤlſen vnd Wucherern (welche der armen Leute Schweiß vnd Blut in ſich ſauffen
wie Waſſerſtroͤme/ vnd doch nimmer davon ſatt werden) einen beſſern vnd ehrlichern
Weg zu zeigen/ ihr groſſes Geld vnd Gut (daran ihr Hertz/ Seel vnd Seligkeithanget)
dadurch zu vermehren: dann ich gar wol weiß/ wie es jetzunder vnter den Maul-Chri-
ſten pflegt herzugehen. Der Reiche trachtet je laͤnger je reicher zu werden/ es komme
gleich der Reichthum her wo er wolle/ bekuͤmmert ſich gar nicht drumb/ ob ers mit recht
oder vurecht habe/ da es doch eigentlich nicht ſein eigen/ ſondern von Gott ihm alleine
geliehen/ ſolches rechtmaͤſſig zu gebrauchen/ vnd zu Gottes Ehren vnd Troſt der Duͤrff-
tigen wol anzulegen/ da doch gemeiniglich dieſer Zeit das contrarium geſchicht: Dann
ſo ein Geitzhals vnd vermeinter Chriſt durch vnbillichen Wucher viel Geld zuſammen
geſcharꝛt/ vnd nicht weiß wie ers angreiffen ſoll/ daß er noch ein mehrers damit ſcha-
cheren moͤge/ Keller vnd Boͤden allbereit voll ſtecken/ vnd dennoch viel baar Geld noch
da ligt/ vnd nichts damit zu wuchern/ ſo langt mans den Juden als ein ſcharffes Meſſer
dar/ den Chriſten die Haut darmit abzuſchinden. Solten ſie den Chriſten etwas gegen
fuͤnff pro cento uͤberlaſſen/ ſie gedaͤchten/ daß ſie daruͤber verderben muͤſten; dann ein
mehrers als fuͤnff von hundert zu nehmen/ bey den Chriſten nicht gebraͤuchlich/ gebens
alſo den Juden/ vnd nehmen von ihnen zehen von hundert; die Jnden leihen den ver-
armten vnd nohtleidenden Chriſten ſolches wieder gegen zwantzig vom hundert/ muͤſſen
alſo die arme Chriſten der falſchen Chriſten Geld auß der Juden Haͤnde entlehnen/ vnd
zwantzig vom hundert geben. Alſo gehet es dieſer Zeit in der Welt zu. Waͤre es nicht
ehrlicher gethan von denjenigen/ welche viel ☉ vnd ☽ im Vorraht ligen haben/ vnd ja
gern
[235]Continuatio Miraculi Mundi.
gern noch ein mehrers damit gewinnen wolten/ daß ſie einen ſolchen Weg gebrauchten/
wie hier vorgeſchriben/ ſo wuͤrden ſie mit gutem Gewiſſen ihren uͤberfluß groͤſſer machen/
vnd weder Gott oder Menſchen dadurch beleidigen/ oder zu kurtz thun/ ſondern viel mehr
ein ehrliches exercitium haben/ dadurch niemand beſchwert/ vnd dennoch ſein Capital
(dem Duͤrfftigen zu helffen/ vnd in Noͤhten auß Chriſtlicher Liebe damit beyzuſpringen)
vermehret wuͤrde. Auch wuͤrde man auff dieſe Weiſe ſein Capital auff ein vngewiſſes
nicht hinauß leihen/ leichtlich durch Vngluͤck gantz davon beraubet zu werden/ ſondern
man behielte es im Hauſe/ vnd erlangte gleichwol mehr Nutzen davon/ als wann man
es den Juden (den Chriſten darmit den Garauß zu machen) geliehen. Habe darumb
dieſen Proceß beſchreiben muͤſſen/ ob etwan einer oder der ander ſolchen ins Werck zu
ſtellen belieben moͤchte; an dem guten Nutzen darff niemand zweiffeln/ es kan doch der-
jenige/ der Luſt darzu hat/ die Gewißheit auß obangeregten Proben zuvor erfahren/ ehe
er das Werck ins Groß anſtellt. Die Materialien ſind auch genugſam zu bekommen/
dann Vngarn vnd Fichtelberg das Antimonium haͤuffig geben/ das ♀ iſt auch allent-
halben zu finden/ vnd der Salpeter iſt allenthalben auß dem uͤberfluß deß Holtzes haͤuf-
fig zu zeugen. An Kolen mangelt es auch nicht/ ſondern allein anfleiſſigen vnd verſtaͤn-
digen Menſchen/ ſolches werckſtellig zu machen. Jch habe das meinige gethan/ ein meh-
rers wird Gott nicht von mir fordern. Sage nochmaln/ daß dieſer Proceß warhafftig
vnd reichen Nutzen geben kan/ wann man nur recht damit wird vmbzugehen wiſſen.
Der Salpeter iſt das fuͤrnehmſte Stuͤck vnter den Requiſiten/ wann man dieſen ſelber
wolfeil zeugen kan/ ſo darff man das werck kecklich angreiffen/ ſonſten ich nicht darzu
rahte/ dann viel Salpeter darmit verbrant wird/ hergegen wenig Antimonium vnd
Kupffer verloren geht. Vnd iſt dieſes augmentum Solis einem augmento Vegetabi-
lium zu vergleichen: dann wann man einen vegetabiliſchen Saamen in ein gemiſtet
oder getuͤngtes Erdreich ſaͤet/ derſelbe ſich darauß nehret vnd vermehret/ vnd ziehet auch
ein jedweder Saame nur dasjenige herauß/ das ihme zu ſeiner Vermehrung dienſtlich/
das uͤbrige laͤſſt er bleiben: Alſo auch hier bey der Vermehrung deß Goldes zu verſtehen.
Dann/ gleich wie die Erde alle Art der Kraͤuter geiſtlich in ihr verborgen hat/ vnd nichts
corporaliſch/ ſichtliches oder greiffliches herauß zu bringen vermag/ wann nicht durch
den Saamen/ welcher hinein geſaͤet/ magnetiſcher Weiſe ſolches an ſich gezogen/ vnd
durch Krafft/ Art/ Natuͤr vnd Eigenſchafft deß Saamens das verborgene geiſtliche
Weſen dadurch ſichtlich/ greifflich vnd corporaliſch gemacht wird: nachdeme nun der
Saamen geartet iſt/ ein ſolches Gewaͤchs er auch heraußziehet/ vnd kein anders. Gleich
wie nun dieſe vegetabiliſche Vermehrung nicht auß der Erden/ (welche eigentlich an
ſich ſelber todt iſt) ſondern auß dem darinn verborgenen Saltz/ als einem ſubjecto vnd
nutrimento univerſali herkoͤm̃t: Alſo auch bey der Vermehrung deß Goldes zu verſte-
hen: dann alle Metallen ein geiſtliches ☉ in ihnen verborgen haben/ welches fuͤglicher
nicht ſichtlich oder corporaliſch zu machen/ als wann ein corporaliſch ☉ ihnen beyge-
ſetzet/ ſolches geiſtliche von dem corporaliſchen gezogen/ vnd dadurch corporaliſch ge-
G g 2macht
[236]Continuatio Miraculi Mundi.
macht wird/ darzu allhier die Metallen (wie bey den Vegetabilien die Erden) an ſich
ſelber todt vnd vntuͤchtig/ etwas Gutes von ſich zu geben/ wann ſie nicht durch den mi-
neraliſchen Miſt (das iſt/ Salpeter) getuͤnget vnd lebendig oder fruchtbar gemacht wer-
den. Darauß dann abermal zu ſehen/ daß der Salpeter/ als ein Sal, Augmentum oder
Nutrimentum Univerſale) ſowol in dem Viehe-Miſt in der Erden die Vegetabilien/
als auch auſſer dem Miſt bey den geringen Metallen die beſſere vermehre/ welches letzte
bey wenigen bekand/ dahero auch ohne zweiffel von wenigen/ wahr zu ſeyn/ geglaubet
wird. Der aber hierauß nicht lernen noch glauben kan/ dem wird nicht geholffen/ ſon-
dern muß ein Eſel ſeyn vnd bleiben: vermeyne hiermit das augmentum Solis auß den
vnvollkommenen Metallen durch Huͤlffe deß Salpeters klar genug beſchrieben zu ha-
ben: der es verſteht/ kan es thun/ der es aber nicht verſteht/ deme iſt beſſer/ daß er es blei-
ben laͤſſt/ ſeine Zeit vnd Koſten erſparet/ vnd zu anderen Dingen aͤnleget/ die er beſſer
verſtehen kan. Auff daß aber die Schlacken/ ſo von dieſem Werck kommen/ nicht ver-
loren gehen/ ſondern zu Nutzen gebracht werden/ ſo wil ich auch anzeigen/ worzu ſie wei-
ters dienen/ oder was fuͤr Nutzen man davon haben moͤge. Vnd zwar dieſes ſoll man
wiſſen/ daß man in dieſer Arbeit viel vnd auch wenig Schlacken machen wird/ nach dem
man das Werck treibet: hat man gutes Antimonium, Eiſen vnd Kupffer/ die corpo-
raliſch ☉ halten/ vnd deſſen genug/ wie auch den Salpeter uͤberfluͤſſig/ ſo geht man einen
beſondern Weg/ vnd achtet ſo viel nicht/ wann etwas von ſolchen Materialien verloren
geht/ vnd nicht alles ſo wol zu Nutzen gebracht wird. Dañ wann man gedachte ſpecies,
als den Regul. Antim. Mart. guͤldiſch ♀/ vnd den Salpeter genugſam haben kan/ ſo
verſchlacket man dieſelbe uͤber ☉/ auff daß ſie ihr ☉ bey dem zugeſetzten ☉ laſſen/ vnd
achtet das fluͤchtige vnd ſpiritualiſche ☉ nicht darinn/ ſondern legt die Schlacken auff
eine Seiten/ vnd bringt ſolche auff andere Weiſe ſo gut zu Nutzen/ als man kan/ ſetzet
dem ☉ wieder friſches ♀ vnd Regul. bey/ ſchlacket ſolche mit friſchem Nitro, legt die
Schlacken auch hinweg/ vnd ſetzt dem ☉ wieder friſchen oder neuen Regul. vnd ♀ bey/
vnd ſchlacktes per Nitrum davon/ welche man in einem Tag gern zehen- oder zwoͤlffmal
thun kan; vnd wann das ☉ jedesmal einen guten Zuwachs erlangt/ ſo kan ſich daſſelbe
vorgeſchlagene ☉ in einem Tage vmb ein groſſes vermehren/ mehr als von dem geiſt-
lichen ☉ in acht oder vierzehen Tagen geſchehen koͤnte. Zu welcher Arbeit aber hergegen
wieder viel Regul. Antim. ♀ vnd Salpeter gehoͤret: wann man dieſelbige nicht guten
Kauffs haben kan/ ſo faͤllt ſolche Arbeit koſtbar/ darauff doch nicht zu ſehen/ wann die
Metallen nur ☉ halten/ wird alles reichlich dadurch erſtattet/ ſonderlich wann man die
Schlacken wieder zu Nutzen bringen kan/ wie hernach folgen ſoll. So man aber obge-
dachter guten Requiſiten die Menge nicht haben koͤnte/ ſondern allein das geiſtliche ☉
auß dem gemeinen ♀ vnd Antimonio ziehen wolte/ ſo muͤſte man ſo viel Schlacken
nicht machen/ ſondern koͤnte die erſte Schlacken immer auff dem vorgeſchlagenen ☉
oder ☽ flieſſen: ſo lang als ſie dem ☉ oder ☽ noch etwas augmenti folgen laſſen wolten/
doͤrffte weiters nichts mehr zugethan werden/ als ein wenig Salpeter/ wann die Schla-
cken
[237]Continuatio Miraculi Mundi.
cken hartfluͤſſig werden/ ſelbige dadurch wieder fluͤſſig zumachen. Wuͤrde alſo dieſe Ar-
beit nichts ſonderlichs koſten als die Kolen/ welche darbey verbrant werden: auch doͤrffte
man keine ſonderliche Arbeit oder Muͤhe damit haben/ ſondern nur alle zwo oder drey
Stunden einmal darnach ſehen/ dann das Feuer durch einen Jungen vnterhalten wer-
den koͤnte. Auch koͤnte man den Ofen alſo zurichten/ wie einen faulen Hentzen/ daß die
Kolen immer nachfielen/ vnd das Werck Tag vnd Nacht ohne zuſehens getrieben wuͤr-
de/ welches auch nohtwendig ſeyn muͤſte/ wann es rechtmaͤſſig ſolte getrieben werden.
So man aber ſolche Metallen zum Werck haben koͤnte/ welche corporaliſch ☉ gaͤben/
vnd man nach jedweder Schlackung die Schlacken abziehen/ vnd wieder neue Metal-
len aufftragen muͤſte/ ſo wolte auch mehr auffſehens darzu gehoͤren: dann alle Stunden
eine ſolche Schlackung/ Abziehung der Schlacken/ vnd Wieder-aufftragung der Me-
tallen geſchehen kan: nachdeme man nun gute Requiſiten hat/ nachdeme man auch
das Werck regirt vnd adminiſtrirt.
Weiters/ wann man kein guͤlden Antimonium ♀ oder ♂ haben koͤnte/ vnd allein
den Salpeter in abundantia zu zeugen wuͤſte/ ſo koͤnte man das Werck wieder auff eine
andere Weiſe adminiſtriren/ nemlich alſo: Wann man erſtlich das ♀ vnd Reg. uͤber
das ☉ per Nitrum verſchlacket/ vnd die Schlacken/ nemlich das ♀ vnd Regulum mit
dem Nitro ſonſten abziehen muͤſte/ ſo ziehet man ſolche nicht ab/ ſondern præcipitiret
das ♀ mit dem Regulo durch Kolengeſtuͤb auß dem Nitro, ſo nimbt das ☉ das einmal
geſchlackte vnd wieder gefaͤllte Metall zu ſich/ vnd haͤtte man nur das Nitrum fixum
abzuziehen/ vnd ſolches auff andere wege zu Nutzen zu bringen/ verbliebe alſo das ♀ vnd
Regulus bey dem ☉/ welches man mit friſchem Salpeter wieder verſchlackte/ durch Ko-
len auß der Schlacken wieder præcipitirte/ vnd die Schlacken abzuͤge. Blibe alſo im-
mer das ♀ vnd Regulus bey dem ☉ auff dem Herd/ vnd wuͤrde nur der gebrauchte
Salpeter abgezogen.
NB. Dieſe Arbeit wuͤrde zwar nicht ſo viel geben/ als wann man allemal neue
Metallen dem ☉ zuſetzen koͤnte/ dennoch aber ſolte ſie viel mehr geben als diejenige Ar-
beit/ da die erſte Schlacken allzeit auff dem ☉ flieſſet/ vnd nicht verneuert wird. Dann
ſo offt der Regulus vnd ♀ mit dem Nitro verpuffet/ ſo offt der Salpeter etwas wenigs
deß Sulphuris ſuperflui ♀ vnd Reguli verbrennet; je mehr nun deſſen verbrant/ je mehr
auch deß geiſtlichen ☉ darinn los gemacht wird/ ſich in das vorgeſchlagene ☉ zu bege-
ben/ vnd corporaliſch dabey zu werden.
Dieſes nun iſt der Vnterſcheid in der Procedur/ kan alſo ein jeder dieſen oder je-
nen Weg erwehlen/ der ihme am liebſten zu thun iſt/ oder viel mehr/ nachdeme er die
requiſita haben kan. Er thue nun welchen er wolle/ ſo kan er guten Nutzen davon ha-
ben/ ſonderlich wann er den Salpeter nicht zu theuer kauffen darff/ ſondern ſelber vmb
ein kleines zeugen kan.
G g 3Folget
[238]Continuatio Miraculi Mundi.
Folget nun/ wie die Schlacken/ ſo von dieſer Arbeit kom̃t/
zu Nutzen zu bringen.
ES ſoll der Kunſtliebende wiſſen/ daß ein Vnterſcheid ſey zwiſchen der abgezogenen
Schlacken: dann dieſe Schlacken/ welche abgezogen wird/ daß allein das ☉ auf dem
Herd verbleibt/ vnd mit dem Nitro auch das ♀ vnd Regulus mit abgezogen wird/ iſt
metalliſch/ vnd kan das metall/ nemlich ♀ vnd Regulus durch Zuwerffung der Kolen
oder Antimonii crudi wieder davon gefaͤllt werden.
Diejenige Schlacken aber/ davon auff dem Herd allbereit das Metall gefaͤllt
worden/ iſt nur ein Nitrum fixum. Deßgleichen iſt auch ein Vnterſcheid zwiſchen die-
ſen Schlacken/ davon der Regulus vnd ♀ durch Antimonium, oder aber Kolen gefaͤllt
worden; dann dieſe Schlacken/ davon das Metall mit Antimonio gefaͤllet/ ſehr ſul-
phuriſch iſt; dieſe aber/ ſo durch Kolen gefaͤllet/ nicht ſo viel ſulphuriſch/ weiln der Sul-
phur in den Holtzkolen eine andere Natur hat/ als dieſer in dem Antimonio, darumb
auch ein Vnterſcheid ſoll gemacht werden/ ſelbige Schlacken zu Nutzen zu bringen/ vnd
iſt dieſer Vnterſcheid in beyden Schlacken. Wann man das ♀ mit dem Reg. Martis
durch Zuwerffung der Kolen præcipitirt, ſo præcipitirt ſich zwar das ♀ ſam̃t dem Re-
gulo Antimonii, das Eiſen aber/ ſo in dem Regulo geweſen/ bleibt in der Schlacken/
vnd laͤſſet ſich durch die Kolen nicht præcipitiren/ darumb die Koͤnige nach dem faͤllen
leichter heraußkommen/ als ſie hineinkommen ſind: was dann dem gefaͤllten Koͤnig am
Gewicht ermangelt/ das muß nohtwendig in der Schlacken geblieben ſeyn/ dahero ſol-
che Schlacken mit Kolen gemacht/ hartfluͤſſiger vnd groͤber ſeyn als diejenigen/ ſo von
dem Antimonio kommen: dann wann man mit dem Antimonio præcipitirt/ ſo wirfft
man ohngefaͤhr auff ein Pfund Schlacken eine Vntz Antimoniũ, auch wol etwas meh-
rers/ welcher alles ♀ vnd auch Regul. ſo der Salpeter in ſich gezogen/ niederfaͤllt/ vnd
macht die Schlacken fluͤſſiger: den Vnterſcheid aber merckt man am beſten in der auß-
laugung/ dann dieſe Schlacken/ darbey Kolen ſeyn/ geben eine ſchaͤrffere Laugen/ vnd
auch heller/ als diejenige/ ſo mit Antimonio gemacht worden: hergegen ſeynd die anti-
monialiſche wegen deß verbrennlichen antimonialiſchen Sulphurs truckner Natur vnd
Eigenſchafft.
Das beſte das in beyden Schlacken iſt/ iſt das Nitrum fixum, wann man mit
Waſſer ſolches heraußziehet/ kan es zu vielen Dingen nuͤtzlich verbraucht werden.
Erſtlich kan man auß dieſer Schlacken per Spiritum Vini eine gute medicinaliſche
Tinctur extrahiren/ davon an vnterſchiedlichen Orten meiner Schrifften gehandelt/
vnnoͤhtig ſolches allhier zu widerholen. Deßgleichen iſt dieſe Schlacke eine ſonderbare
Medicin allen wachſenden Dingen/ dann ſie allem Miſt vnd gemeinem Salpeter vor-
gehet im tuͤngen der Vegetabilien/ doch daß ſolche zuvorn temperirt werde/ dann ſie gar
zu feurig iſt alſo per ſe zu gebrauchen: tuͤnget alſo vnd vermehret das Wachsthum nicht
allein
[239]Continuatio Miraculi Mundi.
allein deß Goldes/ wie allhier von den Vegetabilien gehandelt worden/ ſondern wann
das reineſte per Spiritum Vini darauß gezogen/ deß Menſchen Geſundheit/ vnd auch
nicht weniger aller Vegetabilien Wachsthumb kraͤfftig dadurch befoͤrdert wird/ welches
die pur lautere Warheit iſt/ dann ich einen ſchnellern vnd augenſcheinlichern Zuwachs
deß Goldes/ deß menſchlichen Leibs Geſundheit/ Fortpflantzung vnd Wachsthumb
aller Vegetabilien niemaln geſehen/ noch davon gehoͤret.
Dieſe Schlacken koͤnten wol ein philoſophiſcher Miſt genant werden/ weiln er in
den vegetabiliſchen/ animaliſchen vnd mineraliſchen Reich ein Wachsthumb/ Ver-
mehrung oder Verbeſſerung verurſachet/ deßgleichen ihme kein einiges Subjectum
nachthun wird.
Dieſe Schlacke hat natuͤrlich einen Geruch wie die excrementen deß Menſchen/
ſehen auch nicht viel anders/ aber in allem Gebrauch viel mehr kraͤfftiger.
Viel gutes habe ich darinn gefunden/ welches alles zu beſchreiben mir nicht gezie-
men wil: wer weiß was darhinder ſteckt/ daß mir vnd noch vielen nicht bekand iſt. Was
ich allhier geſchrieben/ iſt mir alles vielmal durch die Haͤnde gangen; dann ich nichts
vom Hoͤrenſagen/ oder Leſung anderer Buͤcher ſchreibe/ ſondern nichts anders geden-
cke/ als was mich die vnfehlbare experientz gelehret hat/ darumb man ſich kuͤhnlich
darauff verlaſſen darff.
Es hat ſonſten dieſes Nitrum fixum, ſo auß dieſer Schlacken gezogen/ ſolche
Kraͤffte/ als ſonſten ein ſtarck lixivium auch hat: doch in allen Dingen kraͤfftiger als ein
gemeine Laugen von Holtz/ weilen das Nitrum allbereit zeitiger iſt/ als ein fixes Holtz-
ſaltz. Das zuruͤckbleibende der Schlacken/ davon das lixivium gezogen/ iſt gut/ die Er-
dengeſchirꝛ braungelb zu glaſuren.
Wann ich alles beſchreiben ſolte/ worzu das lixivium zu gebrauchen/ wuͤrde allein
ein groſſes Buch geben.
Der ein mehrers von Tugend deß Nitri fixi wiſſen wil/ der leſe den Andern Theil
meiner Oefen/ wie auch den Zweyten Theil meiner Pharmacopœæ Spagyricæ, vnd ſon-
derlich die explication uͤber mein Miraculum Mundi, ſo wird er Wunderdinge finden:
vnd wann er von dem philoſophiſchen Miſt ein mehrers wiſſen wil/ ſo leſe er meine
Verthaͤtigung gegen Farnars Schmaͤhkarten/ uͤber den 35. Punct in der Explication
meines Miraculi Mundi; item, allhier in dieſem Tractaͤtlein die Beſchreibung meiner
Holtzpreſſen/ ſo wird er ſatſame Inſtruction vnd gutes contentement finden. Hat alſo
der guͤnſtige Leſer allhier in dieſem einigen Proceß eine Medicin auff die Vegetabilien/
Animalien vnd Mineralien vollkoͤm̃lich/ alſo/ daß billich alle Menſchen dem lieben Gott
nicht genugſam danckſagen koͤnnen/ fuͤr die Beſcherung deß wunderbarlichen vnd
vnvergleichlichen Subjecti Univerſalis. Deß vnachtſamen Salpeters/ davon mit
nechſten/ in dem Andern Theil meines Miraculi Mundi ein mehrers (geliebts Gott)
folgen ſoll.
Wird alſo mit dieſem einigen Proceß gedienet/ den Groſſen ihr ☉ darmit zu au-
gmen-
[240]Continuatio Miraculi Mundi.
gmentiren/ den Kleinen ihre Felder darmit zu tuͤngen/ vnd allen Menſchen ihre Ge-
ſundheit dadurch zu erhalten vnd zu bewahren: alſo daß jederman Nutzen davon haben
koͤnte.
Weiters muß ich noch etwas von dieſer Materi gedencken/ welches mir einmal
darmit begegnet: Wann man ♀ vnd Regulum Antimonii Martialem zuſammen
ſchmeltzet/ vnd per Nitrum zu Schlacken macht/ ſo bekoͤm̃t man eine wunderbarliche
Materi/ mehrentheils wie ein Pfauenſchwantz/ uͤberauß-ſchoͤnen Farben: da ich ſolches
geſehen/ hab ich mir Gedancken gemacht/ ob auch dieſe Materia dienen koͤnte/ eine Tin-
ctur (projection darmit zu thun) darauß zu machen; ſonderlich weiln ich vielmal bey
den Philoſophis geleſen/ daß ſie dem Eiſen vnd Kupffer mehr Tinctur zuſchreiben/ als
dem ☉ ſelbſten/ ob nicht dieſe conjunction der Poeten Martis \amp; Veneris Adulterium,
oder viel mehr das Vitriolum Philoſophorum ſeyn moͤchte: dann dieſe Materi ihre
ſchoͤne Gruͤne nicht allein im Feuer/ ſondern auch auſſer dem Feuer/ ſowol trucken als
naß behalten/ mir einbildende/ Mars muͤſte der Philoſophorum Sol, ♀ die Luna, vnd
Reg. Antim. der Mercurius ſeyn/ vnd Nitrum ihr Solvens oder Balneum, darinnen ſie
zuſammen ſolviret vnd digiriret wuͤrden; habe derhalben nach meiner Einfalt ſolches
verſucht/ vnd dieſe Stuͤcke zuſammen in ein Glas gethan/ ſolches per gradus gefeuret/
ſo iſt erſtlich alles kolſchwartz geworden/ darnach die ſchoͤne Gruͤne dem Pfauenſchwantz
gleich gekommen/ welche ich etliche Wochen alſo im Feuer gehalten: nach dem aber die-
ſer Pfauenſchwantz allzeit geblieben/ vnd ſich nicht in andere Farben veraͤndern wollen/
bin ich daruͤber verdruͤſſig worden/ vnd das Glas außgenommen/ die ſchoͤne Materi in
einen Tiegel gethan/ deſto weniger Muͤhe damit zu haben/ ſolchen Tiegel in einen Glas-
Ofen geſetzt/ uͤber drey Tag wieder außgenommen/ vnd gefunden/ daß mein gruͤner
Pfauenſchwantz zu einem blutrohten/ doch nicht durchſichtigen Glas/ gefloſſen; nach-
dem ich den Tiegel zerſchlagen/ habe ich ein Koͤniglein gefunden/ ſo von Farb einem Ei-
ſen gleich geweſen/ welches Koͤniglein ich mit Bley abgetrieben/ vnd ein weiſſes Silber
auf der Cupellen gefunden/ welches im Aqua fort kein ☉ fallen laſſen; daruͤber ich mich
verwundert/ woher ſolches ☽ moͤchte kommen ſeyn/ da ich doch viel mehr ☉ darauß er-
wartet haͤtte. Endlich habe ich die Vrſach auch gefunden/ vnd meine Gedancken ge-
habt/ daß auß dieſem Subjecto ſo wol auff weiß als auff roht/ oder auff beyde zugleich/
koͤnte laborirt werden/ aber ſeithero keine Zeit vnd Gelegenheit gehabt/ ein mehrers dar-
inn zu ſuchen/ werde auch vielleicht nimmer etwas weiters darinn vornehmen. Was
ich allhier geſchrieben/ iſt nur geſchehen/ andern die noch Luſt zu ſuchen haben/ eine Ma-
teri in die Haͤnde zu geben/ darinn wol zu ſuchen/ vnd auch Gutes darinn zu finden.
Dieſes aber muß ich darbey erinnern/ wann jemand etwas figiren wil/ daß er ſeine
Geſchirꝛ wol verwahre/ daß keine Lufft darzukomme/ dann eine groſſe Hindernuͤß da-
von kommen kan.
Zum Exempel: Eine Holtzkole beſtehet mehrentheils in einem fluͤchtigen vnrei-
nen Sulphure, mit wenigen fecibus vermiſcht: wann man ſelbige in einem offenen Tie-
gel
[241]Continuatio Miraculi Mundi.
gel in ein klein Feuer geſtellt/ ſolche alſobalden verbrennet/ alles weggeht/ vnd nur ein
wenig geſaltzene Aſche in dem Tiegel verbleibt; ſo man aber eine Kole in einen wolver-
ſchloſſenen Tiegel/ darzu gar keine Lufft kommen kan/ in die allergroͤſſeſte Gluht ſtellte/
vnd viel Jahre darinnen ſtehen lieſſe/ wuͤrde ſie das geringſte weder am Gewicht/ Farb
oder Geſtalt verlieren/ ſondern eine ſchwartze Kolen wieder heraußkommen/ aber doch
das geringſte daran nichts verbeſſert ſeyn.
So man aber einer ſolchen vnachtſamen Kolen ein Mercurialiſch Saltz nach
rechtem Gewicht zuſetzet/ vnd nur einen Tag verſchloſſen in der Gluht zu halten weiß/
der erlangt einen rohten/ feurigen/ ſchweren Stein/ mehr metalliſch als vegetabiliſch/
deſſen Steins wunderbarliche Krafft vnd Tugend nicht außzuſprechen. Kan nun auß
einem fluͤchtigen Vegetabile in ſolcher kurtzen Zeit/ durch Kunſt/ ein fixes Weſen ge-
macht werden/ warumb dann nicht beſſer auß einem Minerali oder Metallo, welches der
fixitaͤt ja viel naͤher iſt als ein Vegetabile.
Es wollen aber die Hoffaͤrtigen mir doch nicht vor uͤbel auffnehmen/ daß ich von
ſolchen vnachtſamen Dingen discurire. Ob ſchon die Kolen die Haͤnde ſchwartz ma-
chen/ ſo ſteckt doch ſo viel Gutes darinn/ wann mans weiß herauß zu bringen/ daß man
die Haͤnde gar wol wieder darmit weiß machen kan.
Auß dieſem Diſcurs/ obſchon er nicht von Sammet vnd Seyden/ Gold/ Silber/
Perlen oder Edelgeſtein tractiret; dennoch (weiln deß Menſchen Geſundheit daran
hanget) mehr werth als alles zeitliche vnd vergaͤngliche Gut der Welt. Was iſt doch
einem Menſchen ſein groſſes Geld vnd Gut nuͤtze/ wann er nicht geſund darbey ſeyn kan?
Geſundheit iſt fuͤrwar das edelſte Kleinod der gantzen Welt/ es glaubens gleich die Gei-
tzigen oder glaubens nicht/ ſo iſt es doch wahr/ vnd wird wahr bleiben biß zu Ende der
Welt.
Jch glaube wol/ daß mancher gern geſehen/ daß ich mich in dieſer Materi weiters
heraußgelaſſen/ vnd nicht ſo kurtz abgebrochen haͤtte; iſt aber nicht noͤhtig/ die Perlen
fuͤr die Schweine zu werffen. Anleitung genug hat der Fleiſſige. Einem Gelehrten iſt
gut predigen: an einem Vnfleiſſigen aber iſt doch alles vergeblich/ wie klar man auch
heraußgienge. Auch iſt es keines Menſchen Werck/ jemand die Secreta der Natur zu
eroͤffnen/ wann es Gott nicht haben wil: ſo es ihme aber Gott goͤnnt/ koͤm̃t ihme mehr
im Schlaaf ein/ als mancher durch viel muͤhſames ſtudiren nicht erlangen kan. Gott
theilet ſeine Gaben auß vnter die/ ſo er wuͤrdig darzu erkennet. Darumb Sanct Pan-
lus nicht vergeblich ſaget: Non eſt currentis neque volentis, ſed Dei miſerentis.
Deßgleichen David: Vergeblich iſt/ daß ihr fruͤh auffſteht/ vnd mit Sorgen ſchlaffen
geht/ vnd eſſet euer Brod mit Vngemach: dann wems Gott goͤñt/ gibt ers im Schlaaf.
Darumb ein jeder/ der etwas gutes haben wil/ muß es nicht von Menſchen zu erlangen
ſuchen/ ſondern allein von Gott erbitten. Es heiſſt: Ora \amp; labora. Es fleucht einem
Faulen keine gebratene Taube ins Maul/ er muß ſie erſt fangen/ darnach pfluͤcken/ dann
braten vnd eſſen. Wie viel ſeynd deren/ welche durch muͤſſiggehen zu groſſen Dingen
H hver-
[242]Continuatio Miraculi Mundi.
vermeynen zu kommen; was ſie aber erlangen/ weiſt ja der taͤgliche Augenſchein genug-
ſam auß/ daß Haus vnd Hof zum Schorenſtein hinaußfleucht; vnd nicht vnbillich/
dann ſolche Menſchen auß Geitz getrieben werden reich zu werden; wann ſie es erlang-
ten/ ſie nur Boͤſes damit thun ſolten. Derohalben Gott nicht vmbſonſt der Ziegen den
Schwantz ſo lang nicht wachſen laſſen/ als der Kuh/ ſolte ihr ſonſten die Augen ſelber
darmit außſchlagen.
Hat alſo der guͤnſtige Leſer durch dieſen einigen Proceß in dem Nitro ſulphurato
eine warhaffte Medicin oder augmentum auff die Vegetabilien/ Animalien vnd Mi-
neralien; nicht aber alſo zu verſtehen/ als wann ich hierauß erzwingen wolte/ als wann
ſonſten die Vegetabilien vnd Animalien keine andere Medicin/ vnd das ☉ kein ander
augmentum haben ſolte; gantz nicht; dann dieſe Medicin auff die Vegetabilien/ ſelbige
darmit wachſend zu machen/ gar zu theuer fallen wuͤrde: zu welchem ende ich ſolches
auch nicht geſchrieben/ ſondern allein nur anzeigen wollen/ daß ein Nitrum ſulphura-
tum der Vegetabilien/ Animalien vnd Metallen hoͤchſte Medicin ſey/ vnd den Anima-
lien vnd Metallen ſchwerlich eine beſſere vnd auch wolfeilere Medicin koͤnne gegeben
werden; den Vegetabilien aber thut es wol ein ſtinckender Kuͤh-/ Schaf- oder Pferde-
miſt ſelbige darmit zu tuͤngen; man wolte dann auß curioſitaͤt ſich in den Wunderwer-
cken Gottes erluſtigen/ vnd per Spiritum Vini auß dem Nitro ſulphurato eine Tinctur
extrahiren/ vnd einige Saamen darinnen einquellen/ vnd weiters in einer warmen
Stuben auff einem Tiſch in etlichen Stunden lang Zeit einige Kraͤuter herfuͤrwach-
ſend machen/ andern die nichts von Secreten wiſſen/ die Magnalia Dei dadurch auch
bekand zu machen.
Deßgleichen wird eine ſolche Tinctur bey allen Kranckheiten mehr thun/ als ein
gantze Galeniſche Apotheken. Vnd ſo jemand more Philoſophico ein geiſtliches Gold
mit dieſer Tinctur zu vereinigen weiß/ ſolches in digeſtione ſich darauß nehren vnd au-
gmentiren wird/ gleich wie ein Vegetabile auß einer gemiſtten Erden. Wie ſolte man
leichter zu einer Univerſal-Medicin gelangen koͤnnen? Univerſal kan vnd muß ſie ge-
nant werden/ weil ſie der Vegetabilien/ Animalien vnd Mineralien hoͤchſte Medicin iſt.
Daß aber mancher meynen moͤchte/ als wann ich eine ſolche Univerſal-Medicin (dar-
mit im Fluß die vnvollkommene Metallen in Gold zu verwandeln/ welches dem Lapidi
Philoſophorum zugeſchrieben wird) dadurch verſtehen wolte/ der irret; dann ich von ſo
groſſen Dingen nichts weiß/ ſondern laſſe mich genuͤgen/ vnd dancke Gott dem All-
maͤchtigen fuͤr dasjenige/ das er mir auß Gnaden mitgetheilet; welches ich auch gern
andern mitzutheilen geſinnet. Wie ich dann auch gaͤntzlichen entſchloſſen/ dieſen gegen-
waͤrtigen Winter eine Univerſal-Medicin auf die Vegetabilien, ſelbige dadurch wach-
ſend zu machen/ in groſſer Menge zu bereiten/ alſo/ daß man gut Korn auß lauter ma-
gern Sande herfuͤr zu wachſen machen kan/ auff daß durch dieſe herꝛliche vnd uͤberauß-
nuͤtzliche invention viel hundert tauſend Menſchen guten Nutzen davon haben werden;
zu verſtehen/ wann ſie es ſelber anſtellen vnd thun; dann ich fuͤr andere nicht arbeiten
kan/
[243]Continuatio Miraculi Mundi.
kan/ habe mit den meinigen zu thun: iſt genug/ daß ich andern Anleitung darzu gebe/
daß es zu thun moͤglich/ den modum aber/ ſolches zu thun/ wird man bey mir finden.
Auff daß ihme aber niemand einbilde/ als wann ich auff den Salpeter gienge/ welcher
zu einer ſolchen Tuͤngung gar zu theuer fallen wuͤrde; ſo berichte ich zu guter Nachricht/
daß man ein gemein Saltz in wenig Stunden lang zeit vmbkehren kan/ daß es ſeine cor-
roſiviſche Art vnd Natur gantz vnd gar verliere. Vnd obwol noch nicht brennend/ den-
noch an Geſtalt/ Geſchmack vnd Tugend einem Salpeter/ der auß den Viehſtaͤllen ge-
graben/ gantz gleich/ auch immer ſo gut/ oder beſſer/ als ein Kuͤh- oder Schaafmiſt/ dar-
mit zu tuͤngen vnd fruchtbar zu machen: alſo/ daß man ſich uͤber Gottes allmaͤchtige vnd
gnaͤdige Vorſorge in dieſen letzten Zeiten/ ſein Geſchoͤpff zu erhalten/ nicht genugſam
verwundern kan/ vnd billich alles was ſich reget/ Athem vnd Leben hat/ dem Gaͤber al-
les Guten vnauffhoͤrlichen Danck zu ſagen ſchuldig iſt. Auch wolle ihm niemand ein-
bilden/ als wann dieſe Vmbkehrung deß Saltzes etwan viel Muͤh vnd Arbeit erforderte/
vnd ſchwerlich dazu zu kommen; gantz nicht: dann der es einmal geſehen/ kan es ſtracks
begreiffen vnd nachthun. So nun jemand durch dieſe herꝛliche Kunſt Nutzen zu ſchaf-
fen vermeinet (wie dann ſolches nicht fehlen kan/ weiln allenthalben der vnfruchtbaren
Felder genug zu finden) derſelbe alsdann wiſſen wird/ wo ers zu ſuchen hat.
Habe alſo die Wunderwerck Gottes nicht verſchweigen koͤnnen/ ſondern zu ſeines
heiligen Namens Ehre vnd vieler tauſend Menſchen Nutzen der gantzen Welt hiermit
offenbar machen wollen. Wird alſo hinfuͤro kein Ort in der gantzen Welt ſich zu bekla-
gen haben/ als wann Gott daſelbſten ſeinen Segen verborgen. Dann da deß Holtzes
die Fuͤlle/ kan dieſe Medicin darauß bereitet werden/ wie bey meiner Holtzpreſſe zu ſehen;
vnd da kein Holtz iſt/ da mangelts am Seeſaltz nicht/ alſo/ daß Gott der Allmaͤchtige ſei-
ne groſſe Majeſtaͤt vnd Herꝛlichkeit an allen Enden der Welt ſehen vnd ſpuͤren laͤſſet.
So der Menſch nun ſo Gottlos/ daß er den Segen verwirfft/ ſo iſt er der groſſen Gna-
den Gottes theilhafftig zu werden nicht wuͤrdig/ ſondern waͤr ihm beſſer geweſen/ daß er
kein Menſch/ ſondern ein Schwein worden/ ſo haͤtte er hernachmaln von ſeinem viehi-
ſchen Leben vnd Weſen keine Rechenſchafft geben duͤrffen.
Verehrung an alle fleiſſigeMedicos.
Von nuͤtzlichem Gebrauch deß Salpeters/ in concentrirung
der Metallen/ vnd Bereitung guter Medicamenten.
OBwoln ich in dem Erſten Theil meines Miraculi Mundi vnterſchiedliche me-
talliſche concentrationes oder meliorationes, per Nitrum zu verrichten/ be-
ſchrieben/ ſo haben ſie doch mit dieſem/ ſo ich allhier zu beſchreiben vorgenom-
men/ gantz keine Gemeinſchafft: dann jene nur allein auff die Verbeſſerung der gerin-
H h 2gen
[244]Continuatio Miraculi Mundi.
gen Metallen: dieſe aber ſowol auff die Verbeſſerung der Metallen/ als auch vieler
herꝛlichen Medicamenten Bereitungen gerichtet. Derohalben alleu den andern Pro-
ceſſen weit vorzuziehen.
Modus Concentrandi \amp; Meliorandi
Metalla per Nitrum.
ERſtlich ſoll man einen eiſern Mann machen/ deſſen Haupt zwey weite Naſen habe;
der Mund aber zu oberſt auff dem Haupt ſey/ welchen man auffthun/ vnd wieder be-
heb ſchlieſſen moͤge. Wann man dann dieſen Mann zu concentrirung der Metallen
gebrauchen wil/ ſo ſoll man denſelben in einen andern eiſern oder ſteinern Mann ſte-
cken/ daß deſſen innerſten Haupt nur auß dem aͤuſſerſten vorgehe/ ſein Bauch aber in
dem aͤuſſeren ſtecke: vnd ſollen an deß Haupts Naſen weite glaͤſerne recipienten (daß
ſie die auffſteigende Dunſt auß dem hitzigen Magen empfangen) angelegt werden.
Wann man dann dieſen Mann gebrauchen wil/ ſo muß man denſelben mit Feuer ſan-
guiniſch machen/ daß er fein hungerig vnd begierig werde/ Speiſe zu ſich zu nehmen/
vnd wann er auffs allerhungerigſt geworden/ ſo muß man ſolchen mit einem weiſſen
Schwan ſpeiſen/ ſo ſteigt auß deß feurigen Mannes Magen ein wunderbarliches Waſ-
ſer hinauff in den Kopff/ vnd laufft durch die Naſen herauß in die vorgelegte recipien-
ten/ fuͤr dir Krancken ein kraͤfftiges Aqua vitæ. Der eiſerne Mann aber verdauet den
Schwan gantz vnd gar/ vnd verwandelt denſelben zu einer herꝛlichen Syeiſe deß Koͤni-
ges vnd der Koͤnigin/ davon ſie ſtarck werden/ zunehmen vnd wachſen. Eh aber der
Schwan ſeinen Geiſt fahren laͤſſt/ ſingt er zuvor ein Liedlein zum Valete: ſo bald das
Liedlein geſungen/ ſo faͤhrt deß Schwanen Seele mit einem ſtarcken Winde dahin/ vnd
laͤſſt dem Koͤnig ſeinen gebratenen Leib zur Speiſe zuruͤck/ ſeinen Geiſt vnd Seele aber
opffert ſie den Goͤttern wieder auff/ zu vieler krancken Menſchen vnd Metallen Nutzen/
einen Salamander darauß zu machen.
Dieſen Proceß/ die Metallen durch den Salpeter zu concentriren/ habe ich dar-
umb vnter dieſem ænigmate beſchreiben wollen/ auff daß man ſehen moͤge/ daß es keine
Fabel/ fondern andere Philoſophi vor mir ſolchen auch alſo beſchrieben haben/ wie beym
Baſilio in ſeinem ſochſten Schluͤſſel einen dergleichen Proceß beſchrieben/ daſelbſten
man nachſuchen kan/ ſo wird mans alſo finden. Auch kan man beym Baſilio leſen/ was
der Salpeter von ſich ſelber redet/ da er ſagt: Wann mir mein Ende beſcheret iſt/ ꝛc. ſo
wird man ſehen/ daß er dieſen Weg gangen/ particulariter vnd univerſaliter die Me-
talla zu verbeſſern/ vnd gute Medicamenten darauß zu bereiten. Weiln aber dieſes æni-
gma etwas obſcur fuͤr die Vnerfahrnen/ ſo wil ich daſſelbe von Worte zu Worten auß-
legen.
Der eiſern Mann iſt geſtalt wie mein beſchriebenes Deſtilliergefaͤß/ davon in dem
Andern Theil meines Tractats der Oefen weitlaͤufftig gehandelt; wird in einen eiſern
oder ſteinern Ofen geſetzt vnd angefeuert; an deß oberſten Theils Naſen werden etliche
reci-
[]
[][245]Continuatio Miraculi Mundi.
recipienten hinder einander gelegt/ alſo/ daß auffs wenigſte drey groſſe Glaͤſer/ welche
an den Baͤuchen Roͤhren oder Loͤcher haben/ hinder einander ligen/ vnd die Fugen mit
Pappier/ daß kein Rauch neben-auß gehen koͤnne/ verlutirt ſeyn. Der hinderſte reci-
pient ſoll offen bleiben/ dadurch in der deſtillation der vnſichtbare halitus gehen moͤge.
Der weiſſe Schwan iſt ein Amalgama von gleichem Gewicht fein ♃ vnd ♀ vivi, mit ſo
ſchwer als ſie beyde waͤgen/ reinem gelaͤuterten Salpeter vnter-einander gerieben/ daß
keines vor dem andern geſehen; welches Amalgama alſo bereitet wird: Man ſchmeltzt
ein theil fein ♃ in einem Tiegel/ vnd wann es geſchmoltzen/ ſo hebt man den Tiegel auß
dem Feuer/ vnd gieſſt das klare ♃ auß dem Tiegel in ein ander irden Geſchirꝛ; vnd die-
weil das ♃ noch flieſſt/ wirfft man den ☿ darzu/ ſo ſchlucket das ♃ denſelben alsbald in
ſich/ wird muͤrb vnd bruͤchich davon/ daß man auff einem Reibſtein ihn zu einem zarten
Pulver reiben kan; vnter welches Pulver/ ſo ſchwer guter Salpeter gerieben wird/ daß
man das Amalgama vnter dem Salpeter nicht erkennen kan/ ſondern auß beyden ein
weiſſes Pulver worden iſt. Dieſes Pulver iſt deß Baſilii ſein Schwan/ darauß er eine
Speiſe fuͤr den Koͤnig bereitet/ von mir aber das fulmen Jovis genant/ dadurch alle
Metallen auffs aͤuſſerſte ruiniret/ vnd ad nihilum gebracht werden; auß welchem ni-
hilo hernacher auffs new viel edelere vnd beſſere Metallen geboren werden; von welcher
Zerſtoͤrung vnd wieder neuer Gebaͤrung man Paracelſum in ſeinem Libro Vexatio-
num Alchymiſtarum/ oder meines Operis Mineralis Dritten Theil/ weiters beſehen
kan/ ſo wird man finden/ wie obſcur Paracelſus dieſen Proceß hinterlaſſen/ vnd Baſi-
lius nicht weniger ſolchen bey ſeinem ſechſten Schluͤſſel dunckel beſchrieben hat/ welcher
aber allhier ohne einige Hinderhaltung klar vnd offenbarlich heraußgegeben wird.
NB. Der Liebhaber dieſer edlen Scientz ſoll wiſſen/ daß der Jupiter allein/ mit Ni-
tro vermiſchet/ genugſam einen medicinaliſchen Geiſt in dieſer kuͤnſtlichen deſtillation
deß feurigen Manns/ ohne zuthun deß ☿ vivi, von ſich gibt/ vnd eine Speiſe oder au-
gmentum Solis \amp; Lunæ zuruͤcklaͤſſt. Daß aber die Alten/ vnſere Vor-Elltern/ den ☿
darzu genommen/ vnd ich auch ſolches gut gefunden/ geſchicht mehrentheils darumb/
den Jovem bruͤchich zu machen/ daß er ſich mit dem Nitro wol vermiſchen laͤſſt. Dann
es ſchwer vnd muͤhſam fallen wuͤrde/ wann man den Jovem klein feilen/ (wie Baptiſta
Porta in ſeiner Magia Naturali beſchreibet) vnd alsdann mit Nitro vermiſchen vnd
deſtilliren ſolte.
Dieſe Pulveriſirung durch den Mercurium geſchicht gar geſchwind/ vnd iſt dar-
zu noch der Arbeit befoͤrderlich/ dann der ☿ penetriret in der action den poroſen Jovem,
vnd macht ihn compact, ſo zuͤndt hingegen das fulmen Jovis dem ☿ ſeine Fluͤgel an/
vnd verbrennt ihm dieſelbe/ daß er bleibend wird. Hilfft alſo der Jupiter dem Mercurio,
vnd der Mercurius dem Jovi, daß ſie ſich beyde verderben/ doch alles durch Krafft vnd
Gewalt deß Salpeters. Dann der Jupiter viel anzuͤndlichen Sulphuris beſitzet/ welcher
aber auß eigener Krafft nicht brennet/ es werde dann ihme darzu geholffen/ darzu der
Salpeter der rechte Meiſter iſt/ vnd ihm ſonſten ſolches niemand nach thun kan: wie dañ
H h 3ſolches
[246]Continuatio Miraculi Mundi.
ſolches Baſilius auch weißlich beſchrieben/ da er ſagt/ daß deß Salpeters allerbeſte Freun-
din vnd auch aller-aͤrgſte Feindin der einige Schwefel ſey; welches wir dann in dieſem
Proceß auch wahr zu ſeyn befinden.
Wann das klein-gemaalen Zin mit gutem Salpeter vereinigt/ vnd warm zuſam-
men werden/ ſo entzuͤnden ſie ſich beyde zuſammen/ wie ein Buͤchſenpulver; das reinſte
ſpiritualiſche Theil geht davon in Geſtalt eines ſubtilen Spiritus, das fixere Theil bleibt
verbeſſert zuruͤck: dañ der ſchaͤdliche Sulphur ſuperfluum deß Zins in dieſer Arbeit durch
den Salpeter angezuͤndet vnd verbrant wird: wann dieſer von dem Zin geſchieden/ ſo
gibt das ♃ hernach in der reduction ein compacter vnd beſſer corpus.
Wañ man dann in dieſer Arbeit den ☿ mit bey gebraucht/ ſo gibt er ſein beſtes auch
zugleich mit herauß/ ſowol geiſtlich zur Medicin/ als auch corporaliſch zur augmenta-
tion deß ☉ oder ☽/ vnd viel mehr gutes erlanget wird/ als wann das ♃ allein mit dem
Nitro fulminirt. Es werden wenige glauben/ was hinder dem ♃ fuͤr ein edler Sulphur
ſteckt/ welchen der Salpeter offenbar machen kan; vnd kan der ☿ auf keinerley particular
weis beſſer betrogen oder uͤberwunden werden/ als durch das fulmen Jovis, dadurch alle
Goͤtter erſchreckt/ zitternd vnd bebend gemacht werden. Darumb huͤten ſie ſich fleiſſig
dafuͤr/ daß ſie von dem fulmine Jovis nicht ergriffen vnd ploͤtzlich getoͤdtet werden. Haͤt-
te Jupiter ſein kraͤfftiges fulmen nicht gehabt/ ſein Vatter Saturnus waͤre ihm nicht ge-
horſam/ noch Sol vnd Luna, die herꝛliche Goͤtter/ vnterthan; Mars vnd Venus mit
Mercurio wuͤrden ſeiner nur ſpotten vnd gar nichts achten; Mars wuͤrde ſein Schwerd/
Venus ihren anreitzenden ſchoͤnen Leib/ Mercurius, als aller ſchlaffenden Alchymiſten
Spottvogel/ davonfliegen/ vnd den Hindern weiſen: Sie muͤſſen ſich aber alle vor dem
fulmine Jovis fuͤrchten/ vnd darumb billich das hoͤchſte Regiment laſſen/ ſie wollen oder
wollen nicht. Der Jupiter iſt allen Metallen gefaͤhrlich/ wie ein groſſer Herꝛ ſeinen
Vnterthanen; vnd kan nicht beſſer dieſer Gefahr verglichen werden/ welcher Gefahr die
jenigen vnterworffen/ die an groſſer Herren Hoͤfen ſich auffhalten. Dann man gar
leichtlich einen Schmarotzer ohngefaͤhr ein wenig auff einen Fuß tretten kan/ der es bey
dem Koͤnig anbringet/ als wann mans mit Fleiß gethan/ vnd einem das fulmen Jovis
vnwiſſend (dafuͤr man ſich nicht verſehen) auff den Kopff bringen kan. Darumb die
alten Philoſophi allezeit gewarnet/ daß man die groſſen Hoͤfe meiden ſoll/ weil nichts
mehrers als Neid/ Mißgunſt/ hinterwaͤrtliches Nachreden/ Verkleineren/ vnd vieler-
hand Gefahr daſelbſten zu erwarten. Dann die allerfroͤm̃ſten vnd auffrichtigſten Ge-
muͤter am allerwenigſten dahin dienen/ vnd am aller-eheſten Gefahr haben/ wie bey S.
Johanni dem Taͤuffer zu ſehen/ da er die Warheit predigte/ er ſeinen Kopff hergeben
muͤſſen. Dahero das alte Spruͤchwortwol in acht zu nehmen: Procul à Jove, procul
à fulmine, Wer nicht zu nahe bey das Feuer kom̃t/ der verbrennet ſich auch nicht leicht-
lich. Ein frommer Menſch bey der groſſen Koͤnigen Hoͤfen iſt eben wie eine ſchlechte ein-
faͤltige Taube vnter vieler argliſtigen zerreiſſenden Sperbern vnd Falcken; oder wie der
jenige/ der einem Pulverthurn nahe wohnet/ dann er nicht weiß/ wann vngefehr ein
Wet-
[247]Continuatio Miraculi Mundi.
Wetter kom̃t/ der Blitz in das Pulver ſchlaͤgt/ ſolches anzuͤndt vnd alles das ihm nahe
iſt/ verderbet. Die gifftigen/ falſchen Zungen an den groſſen Herren-Hoͤfen/ was uͤbels
begehen ſie doch an den Frommen durch ihre Verkleinerung/ Luͤgen/ Feindſchafft/ Arg-
liſtigkeit: ſie ſtellen vnd legen ſo vielerley Stricke vnd Netze/ darmit ſie die Vnſchuͤldi-
gen fangen moͤchten: wann nicht Gott ſonderlich die ſeinigen bißweilen bewahrte/ wuͤr-
den ſie offtermals durch ſolcher Gottloſen Fuchsſchwaͤntzer Verkleinerung in Vngele-
genheit gerathen. Gott iſt aber ſtaͤrcker als aller boͤſen Menſchen argliſtiger Raht/ vnd
ſchaͤdlicher Vorſchlag. Darumb man auch ihrer nicht zu foͤrchten/ dann ſolcher boͤſen
Menſchen Thun nicht lang beſtehet/ vnd ehe mans meynet/ ihnen ſelber zu Schaden/
vnd denen ſie damit Boͤſes zu thun vermeyneten/ zu Nutzen gereichen kan. Man leſe
nur die Hiſtorien/ ſo wird man befinden/ daß allezeit/ allezeit ſage ich/ Vntrew ſeinen
eigenen Meiſter getroffen vnd gefaͤllet habe.
Auff daß ich aber zum Werck greiffe/ vnd außfuͤhrlich anzeige vnd beſchreibe/ auff
was Weiſe dieſer Proceß angeſtellet vnd vollendet werde/ ſo wiſſe der Kunſtliebende/
daß zu dieſer Arbeit ein fleiſſiger vnd erfahrner Laborant gehoͤret. Darumb ich warne/
daß man davon bleibe/ wann man vnerfahren im Feuer iſt/ auff daß keine vergebliche
Arbeit gethan/ vnd mir die Schuld hernacher (als wann ich nichts Gutes geſchrieben)
moͤchte gegeben werden. Die Kunſt iſt an ſich ſelber gewiß vnd gut/ ja ſo koͤſtlich vnd
herꝛlich/ daß ein jedweder/ der nur etwas verſtehet/ genugſam ſehen kan/ daß das Werck
auß einem guten fundament vnd Grund der Natur gehe. Dann derjenige/ ſo der Me-
tallen vnd Mineralien Natur vnd Eigenſchafft verſteht/ weiß wol/ daß die Guͤtigkeit der
beſten Metallen/ als ☉ vnd ☽ allein in einer reinen/ fixen vnd vnverbrennlichen Ma-
teri/ hergegen aller vnvollkommenen Metallen vnd Mineralien ihre Vnvollkommen-
heit allein in einem verbrennlichen/ ſtinckenden Sulphure ſuperfluo beſtehet/ welchen/
ſo er davon geſchieden/ auff waſerley Weiſe gleich ſolche Scheidung geſchehe/ das blei-
bende hernach reiner/ geſchmeidiger vnd beſtaͤndiger im Feuer nohtwendig ſeyn muß.
Es kan zwar das Sulphur ſuperfluum comburens Metallorum auff vielerley wege ge-
ſchieden werden/ davon in meinem opere Minerali, vnd auch Vierdten Theil Furno-
rum gehandelt: allhier aber bey dieſem Proceß derſelbe durch das anzuͤnden oder ver-
brennen deß Salpeters verrichtet wird. Bey der Continuation meines Miraculi Mun-
di werden auch noch andere Wege gezeiget/ ſolches dadurch zu verrichten/ doch alle durch
Huͤlffe deß Salpeters: dann der Salpeter auff vielerley Weiſe in die vnvollkommene
Metallen greifft/ vnd das reinere Theil von dem vnreinern ſcheidet/ wie ſolches hier vnd
dort in meinen Schrifften vielfaͤltig beſchrieben vnd angezeigt worden: daß aber allhier
neben dem Salpeter der ☿ auch mit gebraucht wird/ geſchicht/ wie allbereit erwehnet/
mehrentheils wegen der bequemen Pulveriſirung deß Zins/ vnd auch wegen der kraͤff-
tigen Medicin/ ſo neben dem augmento Solis vel Lunæ in dieſer Arbeit erlanget wird.
Wollen alſo im Namen Gottes das Werck in die Haͤnde nehmen/ vnd ſehen/ was dar-
auß werden/ oder Gott darinn beſcheren wil.
Die-
[248]Continuatio Miraculi Mundi.
Dieſes ſoll der Kunſtliebende wiſſen/ daß bey dieſem Proceß nicht allein das Sul-
phur ſuperfluum Jovis \amp; Mercurii verbrennt vnd geſchieden/ vnd beyde Metallen al-
lein concentriret vnd melioriret/ ſondern es koͤnnen auch dieſen beyden/ oder nur dem
Jovi alleine andere Metallen zugeſetzet vnd durch Huͤlffe deß Salpeters angezuͤndet/
fulminiret oder concentriret werden: dann das fulmen Jovis nicht allein ſein eigen
corpus, ſondern auch andere ihme zugeſetzte Coͤrper zugleich mit concentriret vnd ver-
beſſert. Vnd iſt kein anderer naͤherer Weg (ſo viel mir bewuſt) dadurch alle Metallen/
ja ☉ vnd ☽ ſelber/ in einem Augenblick durch das fulmen Jovis alſo zerſtoͤret werden/
daß dieſelbe alſo per ſe ohne ſonderbare Huͤlffe anderer Dinge durch keinerley Gewalt
deß Feuers/ wie maͤchtig vnd kraͤfftig daſſelbe auch ſeyn moͤchte/ weiter in ein geſchmei-
dig corpus zu bringen/ ſondern geben allein Glaſur/ ein jeder nach ſeiner Art vnd Ei-
genſchafft gefaͤrbet: Das ☉ gibt einen ſchoͤnen Rubin, das ☽ einen Chryſolitum, das
♀ einen rohten mit gruͤn vermiſchten Jaſpidem, wie auch der Mars nicht viel anders/
♃ vnd ♄ bleiben weiß. Vnd wann ſie hernach weiter durch Kunſt (dann durch ſtarcke
Feuer geſchicht es nicht) in ihre Coͤrper reducirt werden/ ſo haben ſie ſich vmb ein gutes
verbeſſert oder veredelt; wie ſolches der beruͤhmte Philoſophus Iſaacus Hollandus in ſei-
nem Buͤchlein de Amauſis klaͤrlich beſchrieben vnd bezeuget/ daß ein Amaus von ♂
vnd ♀ nach der reduction ☽ gebe/ daß Amaus von ☽ ☉ gebe/ daß Amaus von ☉ eine
Tinctur gebe; welches letztere ich noch nicht gethan/ ſondern allein dieſes befunden/ daß
allzeit die Metallen/ wann ſie durch das fulmen Jovis zerſtoͤret ſeyn/ verbeſſert herauß-
kommen.
Paracelſus ſagt/ daß ein jedes Metall der anderen ihr Verberger ſey/ vnd daß das
verborgene Gut nicht koͤnne offenbar werden/ wann nicht der Verberger (das iſt Sul-
phur ſuperfluum) davon gethan werde. Vnd ſo der Verberger davon gethan wird/ ſol-
ches durch eine Zerſtoͤrung oder Verderbung geſchehen muͤſſe; Verderben/ ſaget er/
macht vollkommenes gut/ vnd kan kein Metall beſſer oder veredelt werden/ wann es nicht
zuvorn verdorben wird/ welches allhier dieſer Proceß vollkoͤm̃lich beweiſet. Wer ſolte ge-
glaubet haben/ daß durch das fulmen Jovis in einem Augenblick das allerbeſtaͤndigſte
☉ irreducibel zu machen? Wer ſolte ihm einbilden koͤnnen/ daß dem Mercurio, als
dem allerfluͤchtigſten/ vnd aller Alchymiſten Spottvogel/ durch das fulmen Jovis in ei-
nem Augenblick theils ſeiner Federn abgebrandt/ vnd der Reſt medicinaliſch werden
koͤnte? Es iſt ſonſten der ☿ argliſtig genug/ muß jemand fruͤh auffſtehen/ der ihn fan-
gen vnd betriegen ſoll; das fulmen Jovis aber kan es thun/ kom̃t ihm gar vnverſchens
auff den Leib: ehe er durchgehen kan/ iſt er allbereit vom fulmine Jovis uͤberwunden/
vnd wird ihme ſo viel Zeit/ ſich zuvorn wol zu bedencken wohin er fliegen will/ nicht gelaſ-
ſen. Das fulmen Jovis ſchickt keinen Herold vorauß/ den Krieg anzukuͤndigen/ ſon-
dern es koͤm̃t vnverſehens/ wie der elementiſche Blitz/ vnd toͤdtet/ was ſich ihme entge-
gen ſetzt. Es geſchicht dem ☿ allhier ein artlicher Boß/ er weiß nicht wie ſtoltz er ſeyn
wil/ wann er ſich mit dem Jove amalgamiret vnd conjungiret hat/ vermeinet einen gar
guten
[249]Continuatio Miraculi Mundi.
guten Camerahten bekommen zu haben: weiß aber nicht/ daß ſeine Geſellſchafft ſeines
Gleichen nicht iſt/ vnd ihme einen Streich verſetzen kan/ daran er nicht gedencket: dann
die Geſellſchafft eines Geringen mit einem Maͤchtigen dem Geringen allzeit gefaͤhrlich
iſt: bleibt alſo das vnfehlbare Spruͤchwort wahr: Je weiter vom Feuer/ je ſicherer vom
Brand.
Paracelſus ſagt gar wol in ſeinem Vexirbuch der Alchymiſten/ daß kein Metall
das andere verbeſſern koͤnne/ wann ſie ſchon lange Zeit corporaliſch im Fluß beyeinan-
der ſtuͤnden/ ein jedes doch wieder herauß kommen wuͤrde/ ſo gut es darein gethan wer-
de: ſo aber die Metallen geiſtlich im Feuer mit einander leiden wuͤrden/ alsdann das
eine das ander zu verbeſſern Macht habe/ vnd ſonderlich der ☿ in ſolcher Arbeit das beſte
thue/ welches allhier wahr gemacht wird: dann indeme ♃ ſich mit dem Salpeter erzuͤr-
net vnd angehet/ ſo kan der ☿ ſolchem ſchnellen Feuer gar nicht entfliehen/ ſondern muß
heꝛhalten; indem er aber leiden muß/ ſo wehret er ſich/ vnd thut andern die neben ihm ſeyn/
auch Leiden an. Es kom̃t mir dieſes Nohtleiden vor/ als wann ein groſſer Feind einen
Herꝛu mit ſeinen Dienern augenblicklich vnverſehens uͤberfaͤllt/ mit Feuer vñ Schwerd
verfolget vnd beaͤngſtiget: der Knecht in ſolcher Beaͤngſtigung ſeinen Herꝛn nicht reſpe-
ctiret/ ſondern auß der Gefahr zu gehen ſein beſtes thut: wann er auch ſeinen Herꝛn auf
den Kopff tretten ſolte/ er ſolches nicht achtet/ wann er nur ſeine eigene Perſon retten
kan/ da jedem ſein Leben lieb iſt/ welches nirgends beſſer als bey der hoͤchſten Gefahr
in Feuer- oder Waſſersnoͤhten geſpuͤret wird. Kan alſo dem ☿ keine groͤſſere Gefahr
begegnen/ als ein ſchnelles fulmen, es geſchehe gleich per Jovem vnd Salpeter/ oder
aber durch Salpeter vnd andern Schwefel der Metallen/ Mineralien oder Vegetabi-
lien: dann wann ihme ein ſolch gaͤhling Feuer uͤber den Hals kom̃t/ ſo weiß er nicht wo
auß oder ein; es kom̃t ihm ſein Feind gar zu ploͤtzlich auff den Leib/ vnd wird ihm keine
Zeit gelaſſen ſich zu bedencken/ dahero nichts anders als der Tod zu gewarten. Der ☿
hat dieſe Natur vnd Eigenſchafft/ wann er eingeſpannt wird vnd allgemach Feuer lei-
den muß/ ſo findet er guten Raht/ wie hart er auch verwahret ſey/ dringet alle Metallen
durch/ vnd gehet davon: wird er aber in ſtarcken eiſern Gefaͤſſen wol bewahret/ vnd in
eine gehlinge groſſe Hitze geworffen/ daß ihme die Hitze keine Zeit laͤſſt/ die poros der Me-
tallen/ darinn er gefangen/ zu durchgehen/ ſo bleibt er doch nicht/ ſondern zerbricht mit
Gewalt ſein Gefaͤngnuͤß/ vnd geht mit einem groſſen Schlag davon/ gleich als wann
ein Rohr von Buͤchſenpulver los gebrandt wuͤrde/ vnd gehet vnverletzt in ſeiner Natur
hinweg/ daran die geringſte alteration nicht geſchehen. Deßgleichen achtet er auch nicht
die corroſiviſche Waſſer/ darinnen er von den vnverſtaͤndigen Alchymiſten vergeblich
geſotten vnd gebraten wird/ laͤſſt ſich allezeit weiter in das vorige Weſen reduciren ohne
einige Veraͤnderung/ welches mehr als zu viel bekand. Er achtet kein gemein Feuer noch
Waſſer/ ſondern ſpottet nur deren die ihn ſuchen zu binden oder zu halten/ entgehet ih-
nen vnter den Haͤnden/ wann ſie ſchon meynen/ daß ſie ihn gar gewiß haben: allein das
fulinen Jovis ihn zaͤumen vnd gehorſam machen kan. Es thut zwar der ſchnelle Fluß
J ivon
[250]Continuatio Miraculi Mundi.
von Salpeter/ Weinſtein vnd Schwefel auch das ſeinige/ wann der ☿ mit demſelben
vermiſchet/ vnd die maſſa von oben an mit einer Kolen angezuͤndet wird/ vnd alterirt ſich
zugleich/ davon in meinem Andern Ofen gehandelt; krachet uͤberlaut/ wann er in der
Flam̃ leiden muß/ ehe er ſich durch die Flam̃ arbeiten kan: ſo er aber von dem fulmine
Jovis ertappet/ wird ihme ſo viel Zeit nicht gelaſſen/ daß er ein wenig vor ſeinem Tod
ſchreyen kan/ ſondern muß augenblicklich ſterben vnd verderben. Doch ehe das fulmen
angehet/ vnd er allgemach die Hitze fuͤhlet/ ſinget er ein klein Liedlein/ darauff gehet das
fulmen an/ vnd macht ihm den Gar-auß. Dieſes ſingen nennet Baſilius einen Schwa-
nengeſang/ vnd ſolches vmb der Gleichnuͤß willen: Dann die Naturkuͤndiger ſchrei-
ben/ wann ein Schwan alt werde/ vnd ſterben wolle/ ſo ſingt er zuvorn ein Liedlein/ da-
mit gehe ihm der Geiſt auß; vnd wird ſolches von gemeinen Leuten geglaubt/ daß es auf
den Vogel Schwan gemeynet ſey/ iſt aber falſch: dann ich von niemand erfahren koͤn-
nen/ welcher einen ſterbenden Schwan haͤtte ſingen hoͤren/ ſondern es iſt von den alten
Philoſophis auff dieſen vnſeren metalliſchen Schwan gemeinet worden. Warumb/
moͤcht man fragen/ wird das Amalgama ♃ vnd ☿ einem Schwan verglichen? Dar-
umb/ ſage ich/ weil ſolches Amalgama an allen Orten/ wie mans bricht/ innen vñ auſſen/
allenthalben den Vogelsfedern im Anſehen zu vergleichen iſt: dahero es nicht vnbillich
ein Schwan von den Philoſophis genennet worden: ſein Geſang aber iſt nicht anders/
als wann man das Amalgama mit Salpeter vermiſcht/ vnd in Pappierlein gethan/
eines nach dem andern oben in den eiſern gluͤhenden Mann wirfft vnd zudecket/ ſo faͤngt
der ☿ bey dem ♃ an zu ſingen/ natuͤrlich einem leiſen Vogels-Geſang gleich/ ohnge-
fehr ſo lang als ein Han krehet/ darnach gehet es an/ vnd wird die Scheidung durch die
Flam̃ gemacht.
Auff daß man aber der Sach deſto gewiſſer ſey/ ſo wil ich den gantzen Proceß von
Wort zu Wort klaͤrlich beſchreiben. Mache ein Amalgama von 1. Pfund ♃/ vnd ein
Pfund ☿/ wie oben gelehrt/ vnd reibe 2. Pfund wolrefinirten Salpeter darunter/ daß
man mit den Fingern das Amalgama gar nicht mehr fuͤhlen kan/ ſondern alles zu einem
zarten Pulver worden iſt: von dieſem Pulver fuͤlle vngefehr ſechszig/ mehr oder weniger/
Briefflein/ wie man bey den Kraͤmern den Pfeffer einhuͤllet vnd verkauffet/ alſo/ daß
ohngefehr ein paar Loht in ein Briefflein komme/ vnd nicht mehr/ ſonderlich wann der
eiſern Mann/ vnd die recipienten nicht groß waͤren/ die Pappierlein auch deſto kleiner
ſeyn muͤſten: dann wann ein ſolches Pappierlein in dem gluͤhenden Geſchirꝛ ſich ent-
zuͤndet/ ſo gibt es einen zimlichen Blaſt/ vnd wird von ſich wie ein Buͤchſenpulver/ wañ
es angefangen mit einer Kolen angezuͤndet wird; koͤnte wol ein Weiberwerck vnd Kin-
derſpiel genennet werden: dann ſo bald das eine Briefflein ſich entzuͤndet/ vnd theils in
Rauch vnd Wind auffgeſtiegen/ uͤber in die recipienten gangen vnd ſich geſetzt hat/ ſo
wirfft man wieder ein anders hinein/ laͤſſt ſolches auch ſein Liedlein ſingen/ vnd rauch-
weis auffgehen. Dieſes Einwerffen wird ſo lang verfolget/ biß man alle die gefuͤllte
Briefflein eingetragen/ kan eine Stund uͤber zehen- oder funffzehenmal nicht wol ein-
getra-
[251]Continuatio Miraculi Mundi.
getragen werden: dann ſo man die Briefflein zu bald auffeinander einwirfft/ ſo kan ſich
der auffſteigende Spiritus Jovis \amp; Mercurii nicht ſetzen/ ſondern geht ein Theil durch
das Loch deß hindern recipienten verloren/ welches nicht ſeyn ſoll; darumb beſſer/ daß
man eine Stund laͤnger damit zubringe/ vnd nichts verliere/ als darmit eile/ vnd ein
theil verloren gehen laſſe. Wird alſo der feurige Mann durch den Schwanen nach vnd
nach geſpeiſet/ wie ein Weib ihren kleinen Kindern auch thut/ mit ſtuͤcklein-weiſe die-
ſelbe fuͤttert vnd ſpeiſet. Einem Kinderſpiel koͤnt es verglichen werden/ weiln die kleine
Jungen auff der Gaſſen bißweilen mit dem Buͤchſenpulver ſpielen/ wann ſie es haben
koͤnnen/ vnd immer ein wenig nach dem andern anzuͤnden vnd verbrennen/ ſich ſowol
an dem ziſchen/ wann es angehet/ als an dem auffſteigenden Rauch/ erluſtigen: Eben
alſo ſind die filii Hermetis/ wann ſie ihr Schwaͤnlein ſingen hoͤren/ vnd deſſen Geiſt
vnd Seele ſo ſchoͤn vom Leibe ſcheiden/ vnd in die vorgeleite recipienten gehen ſehen.
Wann nun alle Briefflein eingetragen/ ſo laͤſſt man das Feuer vnter dem eiſern
Mann außgehen/ vnd die uͤbergeſtiegene Spiritus ſich wol ſetzen/ darnach nimbt man
die recipienten einen nach dem andern hinweg/ darinnen die Anima Jovis, Mercurii
vnd deſſen Metall/ welches dieſen beyden in der Arbeit zugeſetzt worden/ zu finden/ an
Geſtalt weiß oder graw/ wann ☿ vnd ♃ allein gebraucht: ſo aber ☉ beygeſetzet/ ſchoͤn
purpur: ſo ☽ beygeſetzet/ gelb; ſo ♀ beygeſetzet worden/ rohtbraun/ vnd ſowol das uͤber-
geſtiegene als zuruͤckgebliebene zu verſtehen. Vnd hat Gott der Allmaͤchtige in dieſer
Arbeit ſonderlich der Natur zugelaſſen/ neben der Anima auch corporaliſche Flores mit
uͤberzutreiben/ darein ſich die Anima verbirgt/ vnd vielleicht wegen ihrer Subtile (wañ
keine Flores mit uͤbergiengen) ſchwerlich allein zu fangen waͤre. Darumb GOTT alle
Ding dem Menſchen zum beſten (ihn dadurch zu erkennen/ zu loben vnd zu preiſen) ge-
ſchehen laͤſſt. Wann man mit der Hand in die recipienten greiffen kan/ ſo nimbt man
die Flores, darein ſich die Anima Metallorum verborgen/ mit einem Loͤffel darauß/ ſo
aber die Loͤcher ſo groß nicht waͤren/ ſcharret man ſolche durch ein Haͤcklein/ oder man
ſchwencket ſolche mit Waſſer herauß/ vnd procediret hernach weiters darmit/ nun be-
hoͤrlich vnd bald folgen ſoll: daß Zuruͤckgebliebene nimbt man auß deß eiſern Mannes
Magen/ wann er kalt worden iſt/ wird eine fourige maſſa ſeyn/ von ♃/ ☿ vnd Nitro
weiß; ſo aber andere Metallen mit bey geweſen/ die maſſa auch eine Farb von ihnen er-
langet. Dieſe maſſa iſt vnmoͤglich mit Gewalt deß Feuers wieder zu einem Metall zu
ſchmeltzen/ ſondern gibt mit dem allerſtaͤrckſten Feuer kaum ein Vitrum. Es iſt aber
nicht noͤhtig/ daß man ſolche maſſam mit Gewalt deß Feuers ſchmeltze/ ſondern man
kan dieſelbe auff andere weiſe leichtlich wieder in ein metalliſch corpus bringen/ nemlich
alſo: Thue dieſelbe in einen ſtarcken Tiegel/ vnd ſetze denſelben verdeckt in einen Wind-
Ofen/ der wol ziehe/ wie ich ſolchen im vierdten Buch meiner Oefen beſchrieben/ laß
das Feuer wol angehen/ vnd wann die maſſa in dem Tiegel wol gluͤhet/ ſo hebe den
Deckel ein wenig von dem Tiegel/ vnd wirff ein wenig geſtoſſenen Schwefel/ Kolen-
geſtuͤb/ oder gepuͤlverten Antimonium darauff/ lege den Deckel auff den Tiegel/ vnd
Kolen uͤber demſelbigen hin/ vnd laß den Tiegel eine gute Viertel-Stund in ſtarckem
J i 2Feuer
[252]Continuatio Miraculi Mundi.
Feuer ſtehen/ ſo wird der verbrennliche Sulphur in das Nitrum fixum gehen/ ſelben von
dem fixen Metall ſcheiden/ alſo/ daß auß dem Nitro fixo vnd zugeworffenen gemeinem
Schwefel/ Antimonio oder Kolengeſtuͤb ein ſchwartz Schlacken wird: der Jupiter aber
ſam̃t dem Mercurio oder anderm beygeſetzten Metall/ das nicht im Rauch uͤbergangen
iſt/ ſich corporaliſch von den Schlacken ſcheidet/ vnd nach dem außgieſſen vnd erkalten
von den Schlacken geſchlagen wird/ allem anſehen nach das vorige ♃ wieder ſeyn/ doch
in der Prob eine Beſſerung gefunden wird. Die Schlacken/ ſo von dieſer Arbeit
kommen/ ſoll man bewahren/ dann eine herꝛliche Univerſal-Medicin darauß zu ma-
chen/ wie bald hernach gelehret werden ſoll. Den Koͤnig kan man ſchmeltzen/ vnd
weiter/ ſo viel als er wiegt/ Mercurii beythun/ das Amalgama mit Nitro vermiſchen/
vnd alſo darmit procediren/ wie allbereit gelehrt; die uͤbergeſtiegene Flores vnd Ani-
mam zu dem vorigen thun/ die zuruͤckgebliebene maſſam wie die erſte im Tiegel durch
den Sulphur præcipitiren; nach dem außgieſſen die Schlacken von dem Koͤnig ſchei-
den/ zu den vorigen thun/ den Koͤnig wieder mit dem Mercurio amalgamiren/ vnd
per Nitrum fulminiren ſo offt vnd vielmal/ biß die Helffte deß Koͤnigs verloren/ vnd zu
Schlacken vnd flores worden iſt; alsdann kan man dieſen Koͤnig abtreiben/ vnd was
in dieſer Arbeit fuͤr ☉ vnd ☽ darinn generiret/ fuͤr einen Vnterhalt (wieder andere Ko-
len vnd Metallen dafuͤr zu kauffen) achten vnd halten. Die uͤbergeſtiegene anima wird
die hoͤchſte Medicin geben/ vnd die Schlacken nicht viel geringer/ wie alles nacheinan-
der klaͤrlich ſoll gelehret vnd erwieſen werden/ alſo/ daß man durch dieſen einigen Pro-
ceß eine Univerſal-Medicin auff menſchliche vnd metalliſche Leiber erlangen/ vnd dar-
neben particulariter von der remanentz das verbeſſerte Metall zu einem Vnterhalt/
das groſſe Werck zum Ende zu bringen/ haben kan.
Wie nun particulariter guten Nutzen auß dem zum oͤfftern fulminirten Jove vnd
Mercurio zu haben/ werde ich klar beſchreiben/ dann ich ſolche Arbeit vielmal gethan.
Auch werde ich nicht vnterlaſſen anzuweiſen/ wie auß den Schlacken eine Medicin ge-
gen alle vnheilbare Kranckheiten zu bereiten/ welches ich auch etlich mal gethan habe.
Wie aber auß der uͤbergeſtiegenen Anima Metallorum eine ſolche Univerſal-Me-
dicin auff Menſchen vnd Metallen zu bereiten/ das kan ich nicht geben/ dann ich noch
niemaln das Gluͤck vnd die Zeit haben koͤnnen/ ein ſolch groſſes Werck auß zumachen/
ſondern etlichmal daran verhindert worden: zweiffele aber gar nicht/ daß darauß der
wahre Lapis Philoſophorum (wann Gott ſeinen Segen darzu geben wolte) ſolte koͤn-
nen zuwegen gebracht werden: So viel ich aber davon weiß/ vnd wie ichs vermeyne/
daß es geſchehen muͤſſe/ wil ich meiner Einfalt nach/ dem Liebhaber der Wunderwer-
cken Gottes/ nicht verhalten/ doch einem andern ſeine Meynung nicht benommen: was
ich gethan habe/ das kan ich fuͤr gewiß ſchreiben/ was ich aber nicht zum ende gebracht/
das laß ich in ſeinem Werth verbleiben. Der Anfang wird allhier von mir klar genug
gegeben/ der ein mehrers nicht darauß lernen kan/ als was ich allhier mit Namen nen-
ne/ derſelbe bleibe davon/ vnd laſſe ſolche Dinge ſtehen; dann Hopffen vnd Maltz an-
ihme
[253]Continuatio Miraculi Mundi.
ihme doch verloren: dann alles was man lehret an einem ſolchen Menſchen/ (welcher
zu nichts Gutes prædeſtiniret iſt) vergeblich angethan wird. Kan alſo ein frommer
Medicus (wann es ihme GOTT goͤnnet) durch dieſen Proceß leichtlich zu einer guten
Univerſal-Medicin gelangen/ vnd dabey particulariter ſo viel Abfall haben/ daß er zur
Nohtdurfft davon leben/ ſeinem Nechſten/ dem Krancken/ vmhſonſt (einem guten Sa-
maritaner gleich) dienen vnd helffen kan/ Gottes Gnad/ der Menſchen Huld/ vnd zeit-
liche Nahrung fuͤr den Leib ihme darauff gewißlich vnd vnfehlbar folgen muͤß.
Die Philoſophiruffen einhellig/ man ſolle das fixe fluͤchtig/ vnd fluͤchtige wieder
fix machen/ ſo habe man die wahre Univerſal-Medicin fextig: welches auch nicht fehlen
kan/ wann die Arbeit auß guten Subjectis gethan wird. Weil dann nun das allerrei-
neſte Corpus aller Metallen das ☉ durch dieſen Proceß volatiliſch gemacht/ vnd ihme
ſeine Seele von dem Leibe geſchieden wird/ ſo ſolte man ja glauben koͤnnen/ daß auß der
Anima Auri, wann die Anima Mercurii auch darzukoͤm̃t/ durch die digeſtion der fi-
xation ein fixer Salamander darauß zu bereiten. Jch wolte die Purpurfarbe/ uͤbergan-
gene Animam Auri \amp; Mercurii von den floribus Jovis, ſo darmit uͤbergangen/ allein
durch ein fuͤſſes vnd jederman bekandes Univerſal-Waſſer außlaugen/ filtriren/ coa-
guliren/ vnd in einem tingirenden Lapidem figiren; ich meinte es nicht wol fehlen koͤn-
te/ daß nicht etwas Gutes daraus werden ſolte: doch alles den Goͤttern vorbehalten;
dann nicht alles an vnſerem wollen/ lauffen vnd ſuchen/ ſondern viel mehr an Gottes
Erbarmen gelegen iſt/ deſſen allergnaͤdigſtem Willen wir vns vnd all vnſer Thun vnd
Vorſatz empfelen wollen.
Auß dem Schlacken aber/ welche von der reduction herkom̃t/ eine gute Medicin
zu extrahiren/ iſt auch nicht ſchwer zu thun: Aber dieſes iſt in acht zu nehmen/ daß dieſe
Schlacken/ welche von ſolcher Arbeit kommen/ vnterſchiedlich: dann dieſer/ ſo von dem
♃ vnd ☿ kommen/ ſchon einer andern Natur vnd Eigenſchafft als von der Arbeit/ da
etwan ☉ oder ☽/ oder ♂ vnd ♀ beygethan worden. Dann ein jedes Metall ſeine be-
ſondere Kraͤfften beſitzet/ vnd ſolche bey der extraction der Schlacken auch zugleich mit
herfuͤrgibt/ vnd das extractum entweder veraͤdelt oder vermindert: dann ☉ vnd ☽ einer
anderen Natur ſeyn als ♂ vnd ♀; doch ſeynd ♂ vnd ♀ ſo boͤs nicht bey den Schlacken/
dann ſie auch gute Kraͤffte beſitzen: die groͤſte Krafft aber/ ſo auß dem Schlacken gezo-
gen/ mehrentheils fuͤr eine tinctura Sulphuris zu halten.
Dann wann die fulminirte vnd zerſtoͤrte Metallen wieder reduciret vnd metal-
liſch gemacht werden/ dieſelbige den wenigern Theil bey den Schlacken laſſen/ ſondern
meiſt alles wieder metalliſch wird. Beflehet alſo dieſe Schlacken in einem Nitro fixo,
vnd ſolchem Sulphure, dadurch die zerſtoͤrte Metallen auß dem Nitro wieder reduciret
vnd metalliſch gemacht werden. Sind nun die fulminirte Metallen durch einen gemei-
nen Schwefel oder Kolengeſtuͤb præcipitirt/ ſo hat die Schlacken einerley Natur/ Kraft
vnd Tugend: iſt aber die reductio durch ein Antimonium geſchehen/ ſo ſind die Schla-
cken ſchon einer andern Natur theilhafftig/ vnd etwas rauher oder groͤber als dieſe/ ſo
J i 3durch
[254]Continuatio Miraculi Mundi.
durch einen gemeinen Schwefel oder Kolengeſtuͤb gemacht; vnd iſt das Extractum,
davon allzeit noch vomitiviſch/ von den andern aber gar nicht. Welches ich nohtwen-
dig erachtet anzuzeigen: dann das Antimonium hat noch viel vnzeitige arſenicaliſche
Kraͤfften bey ſich/ der gemeine Schwefel aber gar wenig/ die Holtzkolen aber gantz nichts/
derohalben fuͤr die allerſicherſte zu halten. Jch muß bekennen/ daß dieſe Schlacken/ wel-
che von dieſer Arbeit kommen/ noch etwas crud vnd vnzeitig/ dennoch per extractio-
nem cum Spiritu Vini eine herꝛliche Tinctur vnd gleichſam Univerſal-Medicin von
ſich geben: dann bekand genug iſt/ daß zu einer guten Medicin, auſſer dem ☉ vnd ☿/
ſchwerlich ein beſſer Subjectum zu finden/ als eben das Antomonium vnd gemeiner
Sulphur. Weiln dann die Holtzkolen eben einem ſolchen gemeinen mineraliſchen Sul-
phur an Natur/ Krafft vnd Tugend gantz gleich vnd theilhafftig: alſo recommendire
ich dieſe Schlacken/ darinn die Holtzkolen/ vnd ziehe ſolche den beyden andern/ nemlich
mineraliſchen gemeinen Schwefel/ vnd auch Antimonii vor/ nicht darumb/ als wann
eine groͤſſere Krafft in den Holtzkolen/ als gemeinem Schwefel vnd Antimonio ver-
borgen (welches gar nicht iſt) ſeyn ſolte/ ſondern darumb/ weiln die Holtzkolen/ wann
ſie alſo durch das Nitrum fixum ſolvirt vnd bequem gemacht/ ihre Kraͤfften einem Spi-
ritu vini folgen zu laſſen/ leichter zu extrahiren/ vnd auch der animaliſchen Natur etwas
angenehmer/ als der gemeine Schwefel oder Antimonium. Wann aber die Medicin
bereitet/ auß welcher Schlacken es auch ſey/ ſo iſt in allen operationibus, Krafft vnd
Wuͤrckung/ wie auch Geſtalt vnd Farbe wenig Vnterſcheid auſſer dieſem/ daß dieſe
Tinctur auß der antimonialiſchen Schlacken gezogen/ wann ſie zu ſtarck ſolten geben/
werden vor der fixation noch vomitiviſch erfunden/ vnd ſtaͤrcker operirt als die andern
beyden. Sonſt verguͤlden ſie alle drey/ nach ſulphuriſcher Art/ das Silber/ tuͤngen vnd
machen wachſend alle Vegetabilia, augmentiren vnd nutriren ein auffgeſchloſſen/ vnd
geiſtlich-gemachtes ☉ im naſſen Weg/ alſo/ daß dieſe Medicin/ weiln ſie den dreyen
Reichen/ als Vegetabilen, Animalien vnd Mineralien eine kraͤfftige Medicin iſt) bil-
lich Univerſal mag genennet werden. Vnd obſchon dieſelbe zu der transmutation der
Metallen mir noch nicht bekand/ ſo glaube ich doch/ daß dieſelbe/ wann ſie zuvorn figirt
vnd ihr ein Ingreſs gegeben wuͤrde/ ſolches auch zu thun/ nicht vnmoͤglich ſeyn ſolte:
wil es aber dißmal in ſeinem Werth ſeyn vnd bleiben laſſen. Es iſt genug/ daß ich an-
gezeiget/ wie eine gute Medicin gegen alle heilbare Kranckheiten auß den Schlacken zu
bereiten; der ein mehrers wiſſen wil/ mag die Hand anlegen/ vnd ein mehrers erfahren/
iſt ihme allbereit allhier ein guter Weg gezeiget: Wil er aber etwas beſſers haben/ ſo
muß er ſich an den uͤbergeſtiegenen Spiritum Mercurii \amp; Auri halten/ vnd darauß et-
was beſſers zu machen ſuchen. Goͤnnet es ihme Gott/ vnd erlanget er das von vielen
vnd doch wenigen gefundene Perlein/ ſo ſey er gegen Gott nicht vndanckbar/ ſondern
bedencke der Armen/ vnd helffe den Krancken/ meide die Hoffart/ vnd befoͤrdere die Eh-
re Gottes.
Die remanentz, als Flores Metallici, wie auch der noch lebendige mit uͤberge-
ſtiegene
[255]Continuatio Miraculi Mundi.
ſtiegene ☿/ davon die anima extrahiret/ betreffend/ ſo kan man den ☿ currentem von
den metalliſchen floribus ſepariren vnd zu dergleichen Arbeit den/ Jovem darmit zu
amalgamiren/ weiter gebrauchen; die flores aber mit den fulminirten Metallen redu-
ciren/ ſo kom̃t dasjenige ☉ oder ☽/ ſo darinnen iſt/ wieder zu gut/ vnd gehet gantz nichts
verloren/ vnd kan alſo fuͤr vnd fuͤr dieſe Arbeit fortgeſetzt werden/ wird neben der Anima
tingenti auch ein ſtetiges augmentum Solis \amp; Lunæ zu erwarten/ vnd aller Koſten
allein nur der Salpeter ſeyn: wann man dann ſolchen ſelber leichtlich zeugen kan/ dar-
zu ich gute Anleitung gegeben/ ſo kan man gar leichtlich/ ohne groſſe Arbeit/ Muͤh vnd
Koſten/ nicht allein ſeine ehrliche Nahrung haben/ ſondern auch den Armen mit noht-
duͤrfftigem Vnterhalt/ vnd den verlaſſenen Krancken mit einer guten Medicin/ zur
Ehren Gottes vnd Bekandmachung ſeiner groſſen Wunderwercke/ die huͤlffliche
Hand bieten/ vnd ihnen in Noͤhten beyſpringen. Was ſolte doch ein Menſch mehr
in dieſer boͤſen Welt/ als allein eine ehrliche Nahrung/ wie auch ſo viel Mittel vnd
Wege/ dem Nohtleidenden zu helffen/ vnd Gott zu dienen/ ſuchen oder begehren
doͤrffen? Wann man die Nohtdurfft hat/ ſo iſt es ſchon genug/ der Vberfluß brin-
get mehr Schaden als Nutzen zur Seel vnd Seligkeit/ welchen ein frommer Chriſt
auch nimmer von Gott begehret: vnd wann er ihn auch ohne begehren erlangen ſolte/
ſo achtet er ihn doch nicht mehrers/ als einen eitelen Rauch/ welchen ein klein Windlein:
verwehet/ daß man nicht mercken kan/ wohin er kommen iſt: die Tugend aber neben der
wahren Erkaͤntnuͤß Gottes allein beſtaͤndig iſt vnd bleibet/ vnd kan nimmermehr zu
ſchanden werden: davon das alte Verslein ſchoͤn lautet:
Wie ſchoͤn vnd auff was fuͤr herꝛliche Staffeln ſteigt man zu dem Allerhoͤchſten/ wann
Gott auß Gnaden dem Menſchen ein demuͤtig vnd tugendſam Gottsfuͤrchtig Hertz
gibt/ ſo hat er ſchon zwo Staffeln erſtiegen/ vnd iſt Gott am naͤchſten. Wann aber her-
gegen der Teuffel den Menſchen mit Hochmut vnd Vntugend beſitzt/ ſo iſt er blind/
vnd kan weder das Licht Gottes noch der Natur ſehen oder erkennen. Darumb billich
alle Menſchen allein vmb die Gnade Gottes (ſehend dadurch zu werden) bitten/ vnd
gar nicht nach dem vergaͤnglichen/ zeitlichen (dadurch die Finſternuͤß eingefuͤhret wird)
ſuchen oder ſtreben ſolten. Die Heyduiſche Philoſophi, welche von Chriſto nichts ge-
wuſt/ ſondern allein ihr Licht (GOTT zu erkennen) auß der Natur geſchoͤpffet/ haben
darfuͤr gehalten/ daß niemand zu der groſſen Univerſal-Medicin gelangen koͤnte/ als
allein der Gottsfuͤrchtige fromme Menſch; vnd wann auch der Gottloſe auß Gnaden
(davon doch niemaln gehoͤret worden) darzu gelaͤngen ſolte/ er nohtwendig ſeine Vn-
tugend verlaſſen/ vnd Gottsfuͤrchtig/ from̃ vnd tugendſam werden muͤſte. Wel-
ches ſie mit dieſen Worten zu erkennen geben: Ars noſtra ſive invenit, ſive
reddit hominem ſanctum. Darauß genugſam zu ſehen/ daß die Heyden zu ihren
Zeiten ohne Erkaͤntnuͤß Chriſti/ tugendſamer vnd Chriſtlicher gelebet haben/ als
der
[256]Continuatio Miraculi Mundi.
der mehrentheil jetziger Maul-Chriſten. Was ſoll der bloſſe Name/ wann keine That
dabey iſt? Chriſtum im Mund vnd den Satan im Hertzen haben/ iſt jetzund das ge-
meinſte vnter allen falſchen Chriſten: weiln aber Chriſtus nicht den Mund/ ſondern das
Hertz zur Wohnung haben wil/ ſo werden einmal ſolche Maul-Chriſten ſehr uͤbel beſte-
hen. Von welchem uͤbeln Zuſtand deß jetzigen Chriſtenthums in meinem Tractaͤtlein
de Concentratione Cœli \amp; Terræ ein mehrers (geliebts Gott) geſagt werden ſoll.
Ehe ich aber dieſen meinen Proceß de Concentratione Metallorum per Nitrum
beſchlieſſe/ finde ich noͤhtig noch einige (dem Laboranten zur guten Nachricht dienende)
Stuͤcklein hieher zu ſetzen.
Erſtlich berichte ich dieſes/ wann man die per fulmen zerſtoͤrte Metallen reducirt/
vnd die Schlacken ♃ zu lang auff dem ☉ ſchmeltzen laͤſſt/ vnd nicht zu rechter Zeit auß-
geuſſt/ daß die Schlacken magnetiſcher Weiſe die uͤbrige animam, ſo das fulmen bey
dem ☉ gelaſſen/ vollends heraußzieht/ vnd das ☉ gantz bleich ligen laͤſſt: vnd ſo mit ſol-
chem bleichen ☉ der ☿ auffs new wieder amalgamirt/ vnd durch das fulmen Jovis de-
animirt/ vnd ſolche Arbeit zu etlichmalen alſo repetirt wird/ die Anima Solis, welche
das fulmen Jovis in ſpiritualiſcher Geſtalt uͤbergetrieben/ durch die Schlacken vollends
heraußgezogen/ alſo/ daß das ☉ aller Farbe beraubet/ vnd die weiſſe Schlacken herge-
gen blutroht werden; auß welcher rohten Schlacken die Tinctur durch ſonderbare Ge-
ſchicklichkeit wieder geſchieden/ vnd ſo gut als man weiß/ gebraucht wird: das bleiche ☉
aber erlangt ſeine Farb leichtlich wieder auß dem ♂/ ♀ vnd Antimonio. Von wel-
chem Proceß Sendivogius meldet/ da er alſo ſagt: Eſt \amp; alius chalybs, ſi undecies coit
cum auro noſtro, aurum debilitatur ferè uſque ad mortem, \amp; chalybs concipiet \amp;
pariet filium patre clariorem. Der nun etwas hierinn zu thun ſucht/ derſelbe kan er-
meidten Sendivogium leſen/ wird gute Nachricht bey ihm finden.
Weiters dienet dieſes zu ſagen: Wann man per fulmen Jovis die animam Solis
\amp; ☿ in die recipienten getrieben/ daß man alsbalden nach Abnehmung derſelben die
flores, darinn die anima verborgen/ auß den recipienten nehmen/ vnd in Glaͤſern wol
bewahren ſoll; dann ermeldte anima Auri \amp; Mercurii uͤberauß-geiſtlich/ ſubtil vnd
fluͤchtig iſt/ vnd leichtlich das beſte Voͤgelein dir entfliehen/ vnd ein leeres Neſt zuruͤck
laſſen kan; welches ich erfahren/ ein anderer/ der es nicht glaubt/ kan es auch erfahren/
wird es alſo finden. Auff daß ich aber dem Liebhaber wahrer Hermetiſchen Medicin
etwas Anleitung gebe/ wie er dieſer Sachen kuͤndig werden kan/ ſo muß ich erzehlen/ wie
ichs ohngefehr gewahr worden bin. Da ich einsmals ex ☉ \amp; ☿ per fulmen Jovis die
Animam uͤbergetrieben/ vnd auß dem recipienten genommen/ vnd in dem einen nicht
alles ſo genaw außnehmen koͤnnen/ derohalben etliche Vntzen Regen-Waſſer in das
Glas gegoſſen/ die flores ☉ \amp; ☿ darmit außzuſpuͤlen: weiln mir aber etwas noͤhtigers
vorgefallen/ habe ich ſolchen recipienten/ darein ich das Waſſer gegoſſen/ dahin auff ei-
nen Tiſch im Laboratorio gegen das Fenſter gelegt/ vnd alſo etliche Tage daſelbſten ver-
geſſen ligen laſſen. Nachdeme aber zu ſelbiger Zeit eine groſſe Kaͤlte eingefallen/ vnd
etliche
[257]Continuatio Miraculi Mundi.
etliche Tage nach einander gewaͤret/ vnd ich ohngefehr in das Laboratorium kommen/
zuſehen/ ob nicht etwan Glaͤſer mit Waſſer ſtuͤnden/ welche zu Stuͤcken frieren koͤnten/
ſo finde ich einige/ die durchauß zu Eiß gefroren waren/ machte mir auch ſtracks meine
Rechnung/ da ich den recipienten ligen ſahe/ daß derſelbe gebrochen ſeyn muͤſte: da ich
aber darzu kam/ ſo befand ich/ daß das Waſſer darinnen noch nicht zu Eiß worden/ ſon-
dern gantz klar geblieben war/ erfreute mich daruͤber/ daß das Glas gantz geblieben/ vnd
war verwundert/ auß was Krafft ſolches geſchehen; konte alſo nichts anders finden als
den hitzigen Spiritum Auri \amp; Mercurii, deſſen doch im Glas kaum drey oder vier Gra-
nen ſeyn koͤnnen/ vnd dieſe kleine quantitas Animæ, doch etliche uncias Regenwaſſer
vorm Froſt erhalten koͤnnen/ von welcher Stunden ich der Sachen mehrers nachge-
dacht/ vnd endlich deren Animæ uͤberauß-groſſen/ ja vnglaͤublichen Hitze gewahr wor-
den bin: wie ich allhier ſchreibe/ alſo iſt es mir auch begegnet/ ein ander dencke ihm nach/
was mit einer ſolchen hoͤlliſchen Hitze außzurichten ſeyn moͤchte; ich weiß es wird mir ins
kuͤnfftige mancher fleiſſige Artiſt dieſer meiner treuen Nachricht halben billichen Danck
zu ſagen wiſſen. Dann man leichtlich glauben kan/ daß dieſer ſubtile vnd feurige Spi-
ritus ☿ vnd Auri ohne fixation alſobalden zu vielen verborgenen Kranckheiten/ ſelbige
zu vertreiben/ mit groſſem Nutzen zu gebrauchen weiß. Jn meinem 3. Theil Furno-
rum, wie auch 1. 2. 3. Theil Pharmacopœa Spagyrica habe ich gelehret/ wie gute Medi-
camenten durch ſubtile Kunſt vnd Geſchicklichkeit zu bereiten: allhier aber gehe ich per
force, gebrauche Feuer vnd Schwerdt/ vnd treibe mit Gewalt herauß/ was nicht gut-
willig heraußkommen wil.
Weiters iſt dieſes auch zu mercken: Wann man die Metallen/ es ſey gleich ☉/ ☽
oder ☿/ mit dem Amalgamate ♃ \amp; ☿ vereinigen wil/ daß das Metall zuvorn in einem
reinen glaͤntzenden Calcem ſoll gebracht werden/ auf daß der ☿ dieſelbe gern annehme
vnd in ſich faſſen moͤge; deßgleichen ſoll deß Calcis mehr nicht als ein Viertel oder ſech-
ſte Theil ♃ ſeyn/ auff daß der ♃ durch die viele deß Calcis nicht im fulminiren gehin-
dert werde: dann alles daran gelegen/ daß das fulmen recht geſchehe/ wann etwas gu-
tes darauß werden ſoll. Auff daß man aber in der Sach deſto weniger fehlen moͤge/ ſo
kan man probiren/ ob die Mixtur recht bereitet ſey/ nemlich alſo: Man thue ein Viertel
Lohts davon in ein rein Tiegelein/ ſetze daſſelbe auff oder uͤber ein Koͤligen/ daß der Tie-
gel warm werden kan/ vnd wann du meineſt/ daß die Mixtur bald angehen vnd blitzen
wolle/ ſo kehre die Augen nicht davon/ ſondern ſiehe wol darauff/ was fuͤr eine Farb der
Blitz hat. Wann der Blitz ſo weiß vnd hell iſt/ daß er die Augen verblendet/ gleich als
wann man in die Sonn geſehen haͤtte/ ſo iſt die Mixtur gut; der Rauch hat ſolche Far-
ben/ nachdem die beygeſetzte Metallen geweſen; als von ☉ purpur/ von ☽ blaue/ von ♀
gruͤn/ von ♃ vnd ☿ allein weiß. Deßgleichen kan man auch an dem verpufften zuruͤck-
bleibenden ſehen/ ob das fulmen recht geſchehen/ wann nemlich das todte Metall poros
vnd ſehr feurig auf der Zungen iſt. Die Farben ſind auch vnterſcheiden/ nachdem Me-
tallen beygethan werden; ♃ vnd ☿ allein hinterlaſſen eine weiſſe feurige maſſam.
K kNoch
[258]Continuatio Miraculi Mundi.
Noch eins muß ich erinnern/ daran nicht wenig gelegen: Wann man etwan
nur eine Vermehrung oder Verbeſſerung der Metallen/ vnd keine Medicin ſuchen
ſolte/ ſo iſt es nicht noͤhtig/ daß man einen ☿ bey gebrauchet/ ſondern es koͤnnen die Me-
tallen/ vnd ſonderlich ☉/ ☽ oder ♀ mit dem ♃ geſchmoltzen werden/ nemlich 1. Theil ☉/
☽/ oder ♀/ vnd 2. Theil ♃/ ſo geben ſie ein bruͤchich oder friabel Metall/ welches man
in einem Moͤrſel zu einem zarten Pulver machen kan/ welches Pulver mit gleich ſchwer
oder etwas ſchwerer Salpeter vermiſchet/ vnd in einem ſtarcken Topff gethan/ einen
Deckel darauff gelegt/ vnd ein Circkelfener darumb gemacht/ je laͤuger je naͤher gelegt/
daß die Mixtur in dem Tiegel allgemach warm werde/ endlich das Feuer ſo nahe gele-
get/ daß ſich dieſelbe entzuͤndet vnd verpufft/ ſo fliegen viel flores davon/ vnd eine feuri-
ge maſſa bleibt zuruͤck/ welche durch Zuwerffung eines Sulphuris comburentis in einen
ſtarcken Tiegel im Wind-Ofen reduciret wird/ dann wieder gepuͤlvert/ vnd mit neuem
Nitro vermiſchet/ vnd alſo verpufft/ vnd ſolches zu etlich malen gethan/ darnach abge-
trieben per Nitrum im Tiegel/ ſo findet man das ☉/ ☽ oder ♀ augmentirt auß dem ♃.
NB. Dieweiln in dieſer Arbeit viel Metall im Rauch wegfleugt/ ſo kan man den
Topff gegen eine Mauer ſtellen/ vnd darauff einige Sublimir-Toͤpffe ſtellen/ mit zim-
lich weiten Loͤchern/ vnd alsdann anzuͤnden/ ſo bleiben die Flores behalten/ vnd koͤnnen
wieder zu einem Metall/ reiner als es zuvorn geweſen/ reduciret werden. Vnd iſt dieſe
Arbeit deß Baſilii Proceß gleich/ da der Salpeter alſo ſpricht: Mein Buhlſchafft iſt ein
froͤlichs Weib/ wann ich mit den/ ꝛc.
Es ſeynd nur zwey metalliſche Weiber/ nemlich ☽ vnd ♀/ thut mit beyden gut/
doch beſſer mit ♀ als mit ☽. Es gibt aber auch dieſe Arbeit einen Zuwachs bey ☉/ ♂
vnd ♄/ die doch keine Weiber ſeyn. Wann ♃ zu ♀ oder ☽ geſchmoltzen wird/ ſo wer-
den die Weiber froͤlich/ ſingen/ klingen/ vnd laſſen ſich ſonſten auch handeln vnd gebrau-
chen wie man wil: darumb ſie froͤliche Weiber genant werden.
Dieſer Proceß iſt nicht boͤs/ vnd bezahlt die Muͤhe wol/ koſtet auch wenig auſſer
dem Salpeter/ vnd laͤſſt ſich ins Groß thun/ der vorige aber mit dem ☿ iſt beſſer.
Es ſteckt ſonſten hinder dieſem Werck noch viel Gutes/ finde es aber nicht noͤhtig
allhier zu beſchreiben/ wird ſich an einem andern Ort/ bey continuation meines Mira-
culi Mundi beſſer ſchicken/ als hier. Darumb der begierige Liebhaber mit dieſem weni-
gen dißmal vor lieb nehmen wolle; mit nechſtem (geliebts Gott) ſoll ein mehrers vnd
beſſers folgen.
Was ich allhier geſchrieben/ iſt die experimentirte Warheit/ darauff man ſich
wol verlaſſen darff; wann man darmit recht procediret/ ſo wird mans alſo finden: ſo
aber etwan ein Eſel auff der Lauten zu ſchlagen ſich vnterſtehen wolte/ vnd die grobe Fin-
ger den rechten Griff auff der Saiten nicht treffen/ vnd ein diſſonantz erfolgen ſolt/ ſo
mag er ihme ſelber vnd mir nicht die Schuld zurechnen. Dann alles was ich allhier ge-
ſchrieben/ dem bloſſen Buchſtaben nach zu laboriren iſt.
Auch iſt es niemand geweigert/ die Inſtrumenten/ wie auch den uſum derſelbigen/
bey
[259]Continuatio Miraculi Mundi.
bey mir zu ſehen/ wann es nur von frommen Menſchen vnd auch zu rechter Zeit vnd
Gelegenheit geſucht wird. Dann daß mancher meynen moͤchte/ daß ich juſt da bereit
ſitze/ vnd warte/ biß ein Muͤſſiggaͤnger daher kaͤme/ vnd mir Vnruhe machen wuͤrde;
gantz nicht. Jch wil wol gern frommen Menſchen thun was ich kan/ aber nicht mein
eigenes ligen laſſen/ vnd Frembden auffwarten. Jch habe es vielmal gethan/ bin aber
alſo gewitziget/ daß ich nicht mehr glaube vnd traue. Dann vielmal etliche zu mir kom-
men/ mir ihre Noht zu erkennen gegeben/ daruͤber ich auß Mitleiden zu helffen zugeſa-
get/ ſo bald ſie ihr Begehren gehabt/ der Danck auch bey mir ſchon empfangen gewe-
ſen. Jch hab mein Lebtag vielen gutes erzeiget/ aber wenig Trew gefunden/ welches
mich abſchrecket mit boͤſen vnd falſchen Menſchen vmbzugehen. Darumb ich auch vor-
genommen/ den mehrern Theil meiner Wiſſenſchafft/ vnd ſonderlich in Medicinali-
bus, dem offenen Druck zu vntergeben; laͤſſt mir Gott das Leben/ ſo ſoll alle halbe Jahr
etwas Gutes von mir herauß kommen/ vnd ſolches ſo lang ich lebe/ vnd die Feder in der
Hand fuͤhren kan; wann Gott wil.
Verehrung an alle hohe Stands-Perſonen/ wel-
che die edle vnd vnvergleichliche Geſundheit vnd langes
Leben eiferig lieben vnd ſuchen.
DE
MEDICINA UNIVERSALI,
SIVE
AURO POTABILI VERO.
DIeweilen ich nun mit der Huͤlffe Gottes in dieſer meiner Continuation Mi-
raculi Mundi drey herꝛliche Proceſſen beſchrieben/ vnd ſolche an vnterſchied-
liche Staͤnde verehret/ ihre Nahrung dadurch leichter vnd mit beſſerem Ge-
wiſſen zu vermehren: der hohen Standes-Perſonen aber darneben nicht vergeſſen/
ſondern denſelbigen auch ein nuͤtzliches Stuͤcklein/ ihre Geſundheit lange Zeit zu erhal-
ten/ vnd die verlorne wieder dadurch zu erlangen/ verehren wollen.
Weilen dann einer hohen Stands-Perſon am allermeiſten daran gelegen/ wie
dieſelbe bey guter Leibsgeſundheit verbleibe/ vnd ihre von Gott gegebene Vnterthanen
weißlich regiere/ die Frommen zu ſchuͤtzen/ vnd die Boͤſen zu ſtraffen/ Verſtand habe;
Der gute Verſtand aber auß einem geſunden Hertzen vnd Gehirn (nechſt Goͤttlicher
Gnaden) herkommen muß: dann ohne gute Geſundheit gluͤcklich vnd wol zu regiren/
vnmoͤglich/ welches die taͤgliche Erfahrung genugſam beweiſet/ vnd vor aller Welt
klar vnd offenbar genug iſt.
K k 2Weiln
[260]Continuatio Miraculi Mundi.
Weil dann eines gantzen Landes Wolfahrt an einem vernuͤnfftigen Regenten
vnd Ober-Herꝛn/ vnd im widrigen aller Vntergang vnd Verderben von demſelbigen
dependiret/ ſo iſt es ja noͤhtig dahin zu trachten/ daß das Haupt im Lande geſund/ friſch/
froͤlich vnd verſtaͤndig/ vnd ja nicht kranck/ traurig/ verdroſſen/ dum̃ oder vntuͤchtig zu
regiren erfunden werde. Darumb habe ich meinem Nechſten zu liebe/ vnd allen hohen
Haͤuptern zu guter geſunden vnd langwierigen gluͤcklichen Regirung eine dienende odeꝛ
helffende Univerſal-Medicin zu beſchreiben nicht vnterlaſſen koͤnnen noch wollen.
Dann auſſer der lieben Geſundheit niemand ein gantzer Menſch kan vnd mag ge-
nennet werden. Was iſt ein krancker Menſch ihme oder andern nutz? Gantz nichts;
ſondern iſt nur vielen hinderlich vnd ſchaͤdlich: Dann allzeit einem krancken Haupt viel
geſunde Glieder dienen vnd auffwarten muͤſſen; ein geſundes Haupt aber hergegen den
gantzen Leib gluͤcklich regiren kan. Was hilfft einem ſchmertzhafften Krancken/ all ſein
groſſes Haab vnd Gut/ welches er doch nicht genieſſen kan/ ſondern muß es mit Ver-
druß anſehen/ vnd ſchmertzlich verlaſſen: ein geſunder Leib aber billich allen Schaͤtzen
der Welt weit vorzuziehen iſt. Wann dann Geſundheit vnd Reichthumb/ als beyde
groſſe Gaben Gottes/ beyſammen ſeyn/ alsdann man erſt fuͤr gluͤckſelig kan geſchaͤtzet
werden: Kranckheit vnd Armut aber aͤrger als der Tod ſelber zu achten.
Man ſiehet bißweilen fromme/ Gottsfuͤrchtige Herren vnd Regenten an gar ge-
ringen Kranckheiten hinwegſterben/ welche dem Land noch lange Jahre (wann gute
Medicamenten vorhanden geweſen) haͤtten vorſtehen koͤnnen.
Der mehrer Theil Menſchen ſind aber alſo genaturt/ daß ſie gemeiniglich das
vergaͤngliche Gut hoͤher als das geſunde Leben/ vnd das zeitliche Leben groͤſſer als die
ewige Seligkeit achten. Darumb ſich wenige auff gute Medicin legen/ ſondern ſchlaͤf-
ferig vnd ſicher dahin leben/ ſo lang der Tod anklopffet: alsdann man erſt erfaͤhret/ was
die Geſundheit fuͤr eine vnvergleichliche Gabe Gottes/ die Kranckheit hergegen fuͤr eine
bittere Straffe der Suͤnden iſt. Wann dann mancher ſo weit kom̃t/ daß er dieſes mer-
cket vnd verſteht/ ſo iſt es gemeiniglich allbereit zu ſpaͤt/ die verſeumte vnd verwahrloſete
Geſundheit wiederumb zu erlangen/ ſondern muß dieſelbe (nolens volens) dem Tode
zum Raub laſſen.
Darumb billich jederman bey jungen vnd geſunden Tagen ſtetig an das ſchmertz-
haffte Alter/ Kranckheit vnd Tod gedencken/ vnd die von Gott darzu verordnete gute
Remedien beyzeiten ſuchen vnd darnach ſtreben ſolte. Gleich wie man einen Vogel im
eingeſchloſſenen Kefig gar leichtlich bewahren oder behalten kan; wann er aber außge-
flogen/ uͤbel wieder zu ſangen: Alſo auch die Geſundheit gar leichtlich zu erhalten; wann
ſie aber verloren/ muͤhſam wieder zu erlangen iſt. Was hilfft es/ wann das Kalb er-
truncken iſt/ vnd man dann erſt den Stall zumachen wil? Doch ſoll man den Muht
nicht fallen laſſen/ ſondern vor allen Dingen erſtlich vmb Vergebung der Suͤnden
Gott bitten/ darnach diejenigen Mittel rechtmaͤſſig gebrauchen/ welche Gott darzu er-
ſchaffen hat/ ſo kan es nicht fehlen/ wann das Gebaͤt eiferig/ vnd die Medicin gut iſt/
die
[261]Continuatio Miraculi Mundi.
die Kranckheit weichen/ vnd die Geſundheit dargegen folgen muß. Gottes Segen muß
darbey ſeyn/ wann eine Medicin etwas Gutes verrichten ſoll; ohne den Willen Got-
tes iſt alles vnſer Thun vergeblich/ welches gewiß vnd warhafftig. Es geſchicht nichts
ohne den Willen oder Zulaſſung Gottes/ es ſey gleich gut oder boͤs. Bey den Gotts-
fuͤrchtigen Frommen iſt alles gut/ wann es ſchon boͤs zu ſeyn von den Vnverſtaͤndigen
geachtet wird/ ſondern muß ihme alles/ wie boͤs es auch waͤre/ zu gutem gedeyen: herge-
gen bey den Gottloſen alles boͤs iſt/ wie gut es gleich vor der blinden Welt anzuſehen.
Jhre zeitliche vnd weltliche Gluͤckſeligkeit/ groſſes Gut vnd hohes Anſehen kan ohne die
Froͤmmigkeit im Feuer gar nicht beſtehen/ ſondern muß im Rauch auffgehen/ vnd als
eine lautere Eitelkeit verſchwinden; vnd iſt nichts beſtaͤndigers oder beſſers als die Got-
tesfurcht/ Froͤmmigkeit/ Tugend vnd Gutes thun/ alles andere iſt eitel vnd vergaͤng-
lich. Darumb billich ein jeder/ er ſey gleich groß oder klein/ reich oder arm/ ihme die
Furcht Gottes/ die Tugend vnd ſeine Geſundheit am hoͤchſten ſolte angelegen ſeyn laſ-
ſen. Wie nun Gott gefuͤrchtet vnd rechtmaͤſſig geehret/ vnd ohne Heucheley vnd Falſch-
heit gedienet/ vnd auch die Tugend erlanget wird/ iſt zu finden in der heiligen Schrifft
Altes vnd Neues Teſtaments. Die Geſundheit aber zu erhalten/ vnd die Verlorene
wieder zu erlangen/ wird allhier in dieſem kleinen Buͤchlein vollkoͤm̃lich beſchrieben ge-
funden/ dahin ich alle diejenigen/ welche ein geſundes Leben ſuchen/ gewieſen haben wil.
DE
MEDICINA UNIVERSALI,
SIVE
AURO POTABILI VERO.
WAnn eine Medicin den Namen Univerſal fuͤhret/ ſo muß dieſelbe auch univerſali-
ter auff die tria Regna, als Vegetabilien/ Animalien vnd Mineralien wircken/
vnd derſelben hoͤchſte Medicin ſeyn: So ſie mit ſolchen Tugenden vnd Kraͤfften aber
nicht begabet/ ſie auch deß Namens nicht wuͤrdig/ vnd ihr ein ſolcher Ehren-Titel nicht
gebuͤhret/ ſondern faͤlſchlich derſelben auffgelegt worden iſt.
Dieweil ich dann allhier von einer dergleichen Univerſal-Medicin zu ſchreiben
fuͤrgenommen/ ſo iſts auch noͤhtig/ daß ich mit der That beweiſe/ daß dieſelbe (dem Na-
men gemeß) dasjenige verrichte/ was von einer Univerſal-Medicin zu verrichten er-
fordert wird.
Vnd ſoll oder muß auch ein Univerſal-Medicin nicht allein univerſaliter den
dreyen Reichen/ als Vegetabilien/ Animalien vnd Mineralien zu Huͤlffe kommen/ vnd
deren allerbeſter Freund/ Medicin oder Helffer ſeyn: ſondern ſie ſoll vnd muß auch auß
aller dreyen Reichen/ als Vegetabilien/ Animalien vnd Mineralien/ ohne zuthun ande-
rer frembder Dinge/ auß jedwederem Reich abſonderlich/ vnd auch ohne ſonderbare
K k 3groſſe
[262]Continuatio Miraculi Mundi.
groſſe Muͤhe vnd Koſten ſo wol von den Armen als Reichen koͤnnen zugerichtet vnd be-
reitet werden. Darumb alle diejenigen irren/ welche ihnen naͤrriſcher weiſe einbilden/
es muͤſſe die Materia Medicinæ Univerſalis hier oder dort/ in dieſem oder jenem Lande/
mit groſſer Muͤhe vnd Koſten geſuchet vnd bereitet werden; welches alles ſchnur-recht
gegen aller Philoſophorum Meynunglaufft/ welche einhellig bekennen/ daß ihre Ma-
teria allenthalben zu finden/ vnd der Arme ſo wol als der Reiche habe vnd beſitze; welches
ja klar genug geſagt iſt. Dieweil aber die ſpitzfindige Welt in ihrem Hochmut nicht be-
greiffen noch glauben kan/ daß in veraͤchtlichen Dingen etwas gutes verborgen/ vnd
mit ihren Sinnen gar zu hoch hinauß wollen/ ſo laſſen ſie die Perlen vor Augen ligen/
vnd tappen nach der Huͤlſen oder leeren Schalen: Dahero die Philoſophi nicht vn-
recht geſchrieben/ wann ſie ſagen/ daß ihre Materia niemand achten ſolte/ wann ſie mit
Namen genennet wuͤrde: darumb ſie dieſelbe durch ſo viel vnd mancherley Ænigmata
verdunckelt haben/ vnd gar nicht nach dem Buchſtaben zu verſtehen ſind. Sendivogius
bekennet/ daß er vielmaln etlichen die Kunſt von Wort zu Worten erzehlet/ niemand
aber darnach gehorchet/ oder ſolches glauben koͤnnen/ weiln ihre Gedancken zu hoch in
die Lufft geſtiegen/ vnd nicht begreiffen koͤnnen/ daß ein ſolch edel Kleinod in einem ſol-
chen verachten Subjecto verborgen waͤre: ſagt darneben/ man ſolte die Kunſt vnd Ma-
teriam Univerſalem ehender mit der Hand taſten/ als mit dem Verſtand erſinnen oder
finden: Jch aber ſage dieſes/ daß die Kunſt vegetabiliſch/ animaliſch vnd mineraliſch
ſey/ vnd daß kein Menſch in der Welt iſt noch ſeyn kan/ welcher dieſe Materiam Uni-
verſalem nicht kennete oder gebrauchte/ ja ein neugeboren Kind ohne dieſelbige nicht
ſeyn noch leben kan: Dann allbereit an vielen Orten meiner Schrifften erwieſen/ daß
das Nitrum in allen Dingen der Welt/ nicht allein in allen Vegetabilien/ Animalien
vnd Mineralien/ ſondern auch in allen Elementen/ als Erden/ Waſſer/ Lufft vnd
Feuer/ zufinden; darumb billich Materia Univerſalis mag vnd kan genennet werden:
dann niemand ohne die Elementa leben kan. Wer es nun nicht glauben kan noch wil/
der mag es bleiben laſſen. Was geſagt iſt/ das iſt geſagt/ ein mehrers iſt nicht noͤhtig.
Vnd dieſes wenige ſey genug de Materia Univerſali.
Die Præparation aber betreffende/ habe ich an vielen Orten meiner Schrifften
klaͤrlich davon tractiret/ aber ſonderlich in meinem Miraculo Mundi, vnd was deme
angehoͤrig/ derohalben vnnoͤhtig ein mehrers davon zu ſagen.
Doch zum Vberfluß muß ich dieſes noch ſagen vnd bekennen/ obwoln ich eine
ſolche Univerſal-Medicin zu etlichmalen bereitet/ ſo iſt ſie mir doch nicht allemal wol
gerahten/ habe auch niemaln dieſelbe zur vollkommenen perfection oder fixation auß
Manglung der Zeit vnd Gelegenheit/ wie auch vieler Verhindernuͤß/ bringen koͤnnen.
So weit ich aber dieſelbe gebracht/ vnd noch innerhalb dreyen Tagen lang bringen kan/
vnd was ich damit außgerichtet/ vnd noch dieſe Stunde præſtiren kan/ ſoll der poſte-
ritaͤt zur ewigen Gedaͤchtnuͤß vnd guten Lehr vnd Nachricht nicht verhalten bleiben;
vnd
[263]Continuatio Miraculi Mundi.
vnd ſolches darumb/ auff daß Gottes Allmacht vnd Guͤtigkeit beſſer dadurch bekand/
ſein heiliger vnd Goͤttlicher Name geehret/ vnd viel tauſend armen Krancken darmit
geholffen wuͤrde.
Dieſes iſt die einige Vrſach/ welche mich dahin bewogen/ von ſolcher Univerſal-
Medicin zu ſchreiben: dann ich mein Gewiſſen nicht beſchweren wollen/ davon zu
ſchweigen/ vnd ſolche edle Gabe Gottes vnd allergnaͤdigſtes Talentum zu verbergen/
oder mit mir vnter die Erde zu nehmen.
Daß aber mancher meynen moͤchte/ durch ſuͤſſe Worte oder Verſprechung groſ-
ſer Geſchencken dieſer Univerſal-Medicin Bereitung von mir außzulocken oder abzu-
ſchwaͤtzen/ vnd hernach zu uͤppigem/ hoffaͤrtigem/ Gottloſen Leben/ dem armen menſch-
lichen Geſchlecht zum Schaden vnd Nachtheil gebrauchen wolte/ derſelbe bilde ihm gar
nicht ein/ daß ichs thun werde: dann ich auch nicht Macht habe ſolches zu thun/ weil es
eine Gabe Gottes/ vnd nicht deß Menſchen iſt; wuͤrde mich lieber toͤdten laſſen/ als einem
Gottloſen Menſchen zu offenbaren. Darzu wolle ihme auch niemand einbilden/ weiln
ich dieſe meine Medicin Univerſal nenne/ daß man mit groſſem Nutzen die vnvollkom-
mene Metallen damit in Gold verwandeln/ vnd groſſe Schaͤtze darmit ſamlen koͤnte/
wie ſonſten von den Philoſophis ihrer Medicin iſt zugeſchrieben worden: dann ich von
ſolcher Transmutation gar nichts weiß/ auch nichts zu wiſſen begehre/ noch jemaln dar-
nach getrachtet/ ſondern dancke Gott fuͤr feine Gnade/ daß ich eine Medicin habe/ da-
mit ich den armen Krancken auß Barmhertzigkeit in Schmertzen vnd Noͤhten zu Got-
tes Ehren beyſpringen vnd helffen kan. Auch bekenne ich warhafftig/ daß ich noch zur
zeit den geringſten Nutzen in Verbeſſerung der Metallen darmit nicht gehabt/ noch auch
zu haben ſuche/ ſondern contentire mich mit einer guten Medicin/ darbey das taͤgliche
Brod mir Gott verhoffentlich genugſam beſcheren wird: dann Vberfluß noch Reich-
thum begehre ich nicht/ Gott wolle mich nur vor Mangel vnd Armut behuͤten/ vnd auch
nicht zu ſatt werden laſſen/ auff daß ich mich nicht erheben vnd ſagen moͤchte: Wer iſt
der HErꝛ? Vnd wann ich auch ſchon mit dieſer Medicin groſſen Nutzen in Metallicis
zu thun wuͤſte/ ſo wuͤrde ich ſolches doch nicht thun/ vnd ein ſolche groſſe Gabe Gottes
an das irdiſche vnd vergaͤngliche hencken/ vnd ſolche den krancken Armen/ darzu ſie von
Gott erſchaffen/ dadurch entziehen vnd berauben.
Es moͤchte wol ſeyn/ daß dieſe meine Univerſal-Medicin mit der Zeit durch fleiſ-
ſiges ſuchen dahin zu bringen/ daß ſie auff die geringe Metallen/ dieſelbe mit Nutzen zu
verbeſſern/ operiren koͤnte/ welches in Gottes Haͤnden ſteht/ vnd ihme allein vorbehal-
ten iſt/ vnd mandaruͤber ſeine Gnade mit Gedult erwarten muß. Vnterdeſſen haben
wir die gute Medicin fuͤr die Krancken/ vnd die Warheit vnd Muͤglichkeit der Kunſt/
als eine genugſame Materiam allen Farneriſchen Ignoranten vnd Veraͤchtern ihre Luͤ-
gen- vnd Schmaͤhmaͤuler darmit zu ſtopffen.
Nun
[264]Continuatio Miraculi Mundi.
Nun moͤchte mancher Farneriſcher Eſel ſeinen giftigen Geiffer auß ſeinem Maul
fallen laſſen/ vnd vorwenden/ wie ich meine Medicin mit recht Univerſal nennen koͤn-
te/ da ich doch ſelber bekente/ keinen Nutzen in transmutatione Metallorum darmit zu
thun wiſſe/ ſondern dieſelbe nur fuͤr eine gute Medicin hielte vnd außgebe: Die Philo-
ſophi hergegen aber bezeugeten/ daß durch eine Univerſal-Medicin auch alle vnvollkom-
mene Metallen realiter mit groſſem Nutzen dadurch in das beſte Gold koͤnten verwan-
delt werden. Denen nun zu begegnen/ gebe ich dieſe Antwort/ vnd ſage: Daß dieſe
meine Medicin/ davon allhier gehandelt wird/ obwol ich noch zur zeit keinen Nutzen in
metalliſcher Verbeſſerung dabey gehabt/ dennoch in der That ſelbſten beweiſet/ daß ſie
Univerſal ſey/ vnd mit Warheit alſo moͤge genennet werden. Dann ich dieſe Medicin
noch niemaln zur vollkommenen perfection oder fixation (wie oben vermeldet) auß
Mangelung der Zeit vnd vieler Hindernuͤſſen bringen koͤnnen. Wer weiß/ was Gott
weiters darinn beſcheren oder geben wird. Man kan einem neugebornen Kinde nicht
verweiſen/ daß es keinen Mannsverſtand hat/ noch reden/ oder groſſe Dinge verrichten
kan/ vnd ſagen: Das iſt kein Mann/ hat keinen Bart/ kan nichts verſtehen noch thun/
ligt da/ vnd weiß ihme ſelber nicht zu helffen/ hat nichts als was man ihm gibt oder hilfft:
man laſſe aber das Kind nur alt werden/ gebe ihm ſeine behoͤrliche Speis vnd Tranck/
ſo wird es mit der zeit ſchon groß werden/ Verſtand vnd Staͤrcke bekommen/ vnd wei-
ter ſeines Gleichen generiren oder multipliciren koͤnnen. Dann/ wann erſtlich die
menſchliche Geſtalt einmal nur da iſt/ kan hernacher durch die Zeit nichts anders darauß
werden/ als ein vollkommener perfecter Menſch: Alſo es auch mit dieſer meiner Me-
dicin eine ſolche Beſchaffenheit hat/ vnd einem kleinen neugebornen Kindlein zu ver-
gleichen iſt/ wann dieſelbe Medicin more Philoſophico gepfleget vnd gewartet/ endlich
ohne Zweiffel zur perfection erwachſen wird: dasjenige aber/ was ſie allbereit thut/
Zeugnuͤß genug iſt/ daß mit der zeit etwas beſſers darauß werden kan vnd muß.
Gleich wie nun ein guter Vatter/ daß ſeine Kinder noch bey ſeinen Lebzeiten er-
wuͤchſen/ gute Heyrahten thaͤten/ vnd wieder ihres Gleichen den Stam̃ vnd Namen
zu vnterhalten/ vnd die Welt zu vermehren/ auf daß er ſich uͤber Kindeskinder erfreuen
moͤchte/ zwar gerne ſaͤhe/ ſo hat er doch keinen Buͤrgen oder Verſicherung/ daß er ſolche
Zeit erleben/ vnd dieſer gewuͤnſchten Gluͤckſeligkeit genieſſen moͤchte. Muß alſo alles
der Gnaden Gottes heimſtellen/ vnd zu frieden ſeyn/ was Gott mit ihme oder den ſel-
nigen zu verrichten vorgenommen oder beſchloſſen hat. Gott der Allmaͤchtige zeigete
zwar Moyſi das gelobte Land/ lieſſe es ihm aber nicht erleben/ daß er deſſen Fruͤchte ge-
nieſſen konte.
Eben alſo hat mir Gott auß Gnaden das gelobte Land gezeiget/ ob ich aber hinein
zu kommen/ vnd die geſegnete liebliche Fruͤchten darinnen zu pruͤfen wuͤrdig bin/ iſt
Gott allein bekand. Gott hat mir in meinem Alter ein ſchoͤn vnd wolgeſtaltes philoſo-
phiſches Kind beſcheret/ deſſen ich mich zwar erfreue; daß er mir aber das Leben ſo lang
goͤnnen wird/ daß ich ſolches Kindes Mannlichkeit erleben moͤchte/ ich gar nicht wiſſen
kan.
Gleich
[265]Continuatio Miraculi Mundi.
Gleich wie ſich nun ein Vatter/ wann ihme Gott zu Fortpflantzung ſeines Na-
mens einen jungen Erben in ſeinem Alter beſcheret/ obwolen er weiß/ daß er die Zeit
nicht erleben kan/ daß er ſeinen Erben mannbar ſehen moͤchte/ vnd ſein Kind anderen
(ſolches auffzubringen) hinterlaſſen muß/ dennoch ſich hoͤchlich erfreuet/ daß das Kind
ſeinen Namen hat/ vnd ihme nach ſeinem Tod in ſeine Fußſtapffen tretten moͤchte.
Gleicher weiſe erfreue ich mich uͤber mein junges medicinaliſch Kind/ wann ich
ſchon nicht erleben ſolte/ ſelbiges zu vollkommener perfection zu bringen/ ſo zweiffele
ich doch gantz nicht/ Gott werde dieſes junge Kindlein durch andere fromme Pflegvaͤt-
ter zu Gottes Ehren/ vnd vieler tauſenden armen Krancken/ auffziehen/ vnd zur Mañ-
barkeit/ groſſer Staͤrcke/ Krafft vnd Tugend auffbringen laſſen: wie ſolches nach mei-
ner einfaͤltigen Meynung am fuͤglichſten geſchehen moͤchte/ wird hier vnd dort an vn-
terſchiedlichen Orten meiner Schrifften ſtuͤckweis zu finden ſeyn/ vnd nicht noͤhtig/ ein
mehrers allhier davon zu ſchreiben.
Von Geſtalt/ Form/ Art vnd Eigenſchafft/ wie auch wunder-
barlichen groſſen Tugend vnd Krafft meines Auri
Potabilis veri.
DIe Geſtalt dieſes neugebornen Kindes betreffend/ ſo ſoll der guͤnſtige Leſer wiſſen/
daß es einem nackenden kleinen Kind gleich/ gantz vnanſehnlich mit einer einfaͤlti-
gen Weiſe angethan. Allerhand Farben aber die in der Welt ſeyn moͤchten/ verborgen
in ihme zu finden; vnd je aͤlter es wird/ je ſchoͤner es auch Farben erlanget. Das Feuer
iſt ſeine taͤgliche Speiſe/ vnd gibt ihme auch von mancherley Farben die Kleidung/
macht es ſtarck/ ſchoͤn/ ſtoltz vnd maͤchtig/ vnd mag mit recht ſein Vatter genennet wer-
den. Es iſt aber auß der Erden geboren/ liebet dieſelbige/ vnd gebrauchet ſie zu ſeiner
Wohnung/ ſo lang biß daß es zu gewuͤnſchtem Alter vnd voͤlligen Jahren gekommen/
vnd ſeinem Vatter/ dem Feuer/ gleich worden iſt/ alsdann es die Erden/ ſeine Mutter/
verlaͤſſet/ vnd als ein Herꝛ uͤber ſeine ererbte Guͤter herꝛſchet; alſo jung vnd vnerzogen/
aber alles noch kindiſch an ihme befunden wird/ dennoch genugſam zu ſehen/ was auß
ihme fuͤr ein ſtarcker Mann werden kan; wie das alte Spruͤchwort ſaget: Was zum
Dorn wil werden/ das ſpitzet ſich bald. Dann/ kan ein kleines neugeboren Kind ſo viel
Gutes verrichten/ was ſolte es dann nicht thun koͤnnen/ wann es zu vollkoͤm̃lichen Alter
gekommen. Wollen derohalben beſehen/ was es jetzunder in ſeiner Kindheit bey den
Vegetabilen, Animalien vnd Mineralien univerſaliter thun kan/ vnd erſtlich von den
Vegetabilien.
L lWie
[266]Continuatio Miraculi Mundi.
Wie vnd auff was Weiſe man probiren ſoll/ daß dieſes
Aurum Potabile oder Aqua Vitæ Philoſophorum die
hoͤchſte Medicin aller Vegetabilien ſey.
JEderman iſt bekand genug/ daß die Vegetabilien/ wann ſie wachſen vnd ſich ver-
mehren ſollen/ geſpeiſet werden muͤſſen/ welche Speiſe anders nichts als ein ſul-
phuriſch Saltz/ es komme gleich auß den Vegetabilien/ Animalien vnd Mineralien/ ſo
iſt es den Vegetabilien eben viel/ wann ſie mir ihre Nahrung davon haben/ wachſen
vnd ſich dadurch vermehren koͤnnen. Der Bauersmann gebraucht den Miſt von allem
Vieh/ vnd tuͤnget ſeine Felder damit/ daß der hineingeſaͤete Saamen das Saltz dar-
auß ziehe/ ſich davon nehre/ wachſe vnd vermehre/ vnd weiß ſonſten von keinem an-
dern tuͤngen.
Ein wahrer Naturkuͤndiger aber gebraucht zu ſolchem Tuͤng oder Nahrung auch
die Animalien vnd Mineralien; davon in meinen Schrifften/ vnd ſonderlich im Mira-
culo Mundi, weitlaͤufftig gehandelt/ vnd iſt nicht noͤhtig/ ſolches allhier zu repetiren.
Dieweiln dann dieſes mein Aurum Potabile auch ein Sal ſulphureum, doch viel ſtaͤr-
cker vnd kraͤfftiger als dasjenige/ ſo in dem gemeinen Viehmiſt ſteckt/ vnd gleichſam al-
ler Vegetabilien Wachsthumb vnd Vermehrung befoͤrdert/ alſo habe ich den Uſum
oder Gebrauch in Verbeſſerung derſelben kuͤrtzlich hieherſetzen wollen/ dadurch zu be-
weiſen/ daß dieſes mein Aurum Potabile aller Vegetabilien hoͤchſte Medicin ſey/ vnd
deroſelben Particular-Medicin auß dem Viehmiſt weit zuvor gehe/ vnd univerſaliter
ſeine operation verrichte. Dann ſo der Pferde-/ Kuͤh- oder Schafmiſt auch eine Me-
dicin fuͤr Menſchen vnd Metallen waͤre/ gleich wie er fuͤr die Vegetabilien iſt/ ſo koͤnte
man ſolche gleicher weiſe Univerſal neunen: dieweiln aber der Viehmiſt nur allein der
Vegetabilien Medicin iſt/ vnd mit den Animalien vnd Mineralien keine Gemeinſchaft
hat/ derſelbige billich nur fuͤr eine Particular-Medicin fuͤr die Vegetabilien zu halten.
Doch ſo das Saltz auß dem Viehmiſt gezogen/ vnd zu einen brennenden Salpeter ver-
wandelt wird/ (welches leichtlich zu thun iſt) alsdann es auch zu einer Univerſal-Medi-
cin zu bereiten/ aber ehender nicht/ ſondern allein vor eine Particular-Medicin der Ve-
getabilien ſoll vnd muß gehalten werden: dieſes mein Aurum Potabile aber ein wah-
res Univerſale. Dann es nicht allein der Vegetabilien/ ſondern auch der Animalien
vnd Mineralien hoͤchſte Medicin iſt; welches allhier vollkoͤm̃lich ſoll bewieſen werden/
nemlich alſo:
Laſſe dir machen etliche Geſchirꝛ von guter Erden/ welche ſich ſteinicht brennt/ als
da iſt die Coͤllniſche/ Siburger/ Waldenburger/ oder dergleichen/ die fein dicht iſt/ vnd
kein Waſſer in ſich ſchlncket; oder in Mangelung ſolcher Erden/ kan man die Geſchirꝛ
von Glas ſtarck blaſen laſſen: dann lockere Erden/ wann ſie gleich mit Bley glaſiret/
zu dieſem Werck gar nicht tauget. Darumb man gute Geſchirꝛ darzu haben ſoll/ welches
wol in acht ſoll genommen werden. Das Geſchirꝛ muß ohngefehr einer guten Span-
nen
[267]Continuatio Miraculi Mundi.
nen hoch oder tieff ſeyn/ vnd in der Weite auch nicht kleiner: am Boden ſoll man etliche
kleine Loͤchlein machen/ gleich wie ſonſten bey den Blumen-Toͤpffen auch zu geſchehen
pflegt: dieſe Toͤpffe ſoll man mit einem klaren/ mageren Sand biß oben an anfuͤllen/
vnd darein einige Saamen der Kraͤuter ſtecken/ doch deren nicht mehr als etwan drey
oder vier/ wann etwan die eine nicht auffgieng/ dennoch das ander fortkaͤme; vnd wann
ſie alſo eingeſteckt/ ſo ſoll man gedachten Sand mit nachbeſchriebenen Univerſal-Waſ-
ſer befeuchten/ an die Sonn vnd Lufft ſtellen/ vnd wachſen laſſen/ ſo wird der Saame/
wann er gut vnd nicht zu alt geweſen/ innerhalb wenig Tagen auß dem Sand herfuͤr-
wachſen/ gleich er ſonſten auß einem fetten Erdreich: So bald aber die Saͤmlein etwan
eines Fingers lang gewachſen/ ſo ſoll man zuſehen/ welche am groͤſten vnd ſtaͤrckſten
ſind/ vnd deren zwey ſtehen laſſen/ die andern aber ſoll man außrupffen/ auff daß eines
das ander in dem wachſen nicht hindere/ ſondern Raum genug im Topff zu wachſen
haben moͤge.
Auch ſoll man gedachtes Geſchirꝛ mit dem Sande in eine ſtarcke von gleicher gu-
ten Erden gebrandten Schuͤſſel oder Scherben ſtellen/ wann etwan gedachtes medici-
naliſch ▽ durch den Sand ruͤnne/ ſolches nicht verloren/ ſondern auffgefangen/ vnd
wieder in den Sand-Topff geſchuͤttet werden moͤchte. Auch ſoll man zuſehen/ daß kein
Regen darauff falle/ vnd gedachtes medicinaliſch ▽ auß dem Sand ſchwemme/ vnd
dem Kraut ſeine Nahrung entziehe. Vnd ſoll auch der Sand allzeit nur ein wenig
feucht ſeyn/ vnd nimmer gantztrucken werden/ ſondern in rechtmaͤſſiger temperatur er-
halten werden. Wann das geſchicht/ ſo wird das Kraut in kurtzer Zeit vollkoͤm̃lich Blu-
men vnd Fruͤchte bringen/ viel ehender vnd beſſer/ als wann es auß einem mit Viehmiſt
getuͤngtem Erdreich gewachſen waͤre. Die Farben werden ſchoͤner/ der Geruch ſtaͤrcker/
vnd ihre Kraͤfften groͤſſer/ auch werden ſolche Kraͤuter ihre Kraͤfften laͤnger behalten/
vnd vnverderblicher als andere dergleichen Kraͤuter ſeyn. Vnd wann durch lange Zeit
die erſte zugegoſſene Feuchtigkeit durch die Sonn vnd warme Lufft verdunſtet vnd ab-
genommen/ man hernacher mehr mit anderem Regenwaſſer/ darinnen ein wenig ob-
gedachtes Aurum Potabile ſolvirt/ wieder [d]en Sand befeuchten muß. Dann ſo lang
das Kraut waͤchſet vnd zunimbt/ ſo lang auch ihme Nahrung muß gegeben werden; dañ
auß bloſſem Sand vnd Regenwaſſer nichts wachſen oder ſich vermehren kan/ wie aller
Welt genugſam bekand iſt.
Deßgleichen kan man durch Huͤlffe dieſer Univerſal-Medicin alle Kraͤuter mit-
ten im Winter gruͤn vnd wachſend machen/ wann etwas davon zu deren Wurtzeln ge-
than wird/ vnd koͤnnen alle Gewaͤchs der Vegetabilien alſo dadurch verbeſſert werden/
daß ſie viel ehender herfuͤr wachſen/ Blumen vnd Fruͤchte bringen/ als andere Kraͤuter
auß einer gemiſteten Erden. Seynd auch dieſe den gemeinen in allen Tugenden vnd
Kraͤfften weit vorzuziehen. Vnd dieſes von einer Medicina Univerſali ſimplici zu ver-
ſtehen: So man aber die Kraͤuter noch beſſer vnd kraͤfftiger haben wolte/ ſo wuͤrde ſol-
ches geſchehen/ wann man dieſer Medicinæ Univerſali ein metalliſches fermentum
zuſetzte/ vnd alsdann gebrauchte. Jſt das fermentum von Gold/ ſo werden die
L l 2Kraͤuter
[268]Continuatio Miraculi Mundi.
Kraͤuter nicht allein guͤldiſche Kraͤfften im wachſen erlangen/ ſondern ſie werden auch
hie vnd dort an den Blaͤttern vnd Blumen guͤldene Flecken als kleine Sternlein bekom-
men/ welches ſchoͤn vnd mit Verwunderung anzuſehen: Jſt aber das fermentum von
☽/ ſo werden die Kraͤuter ſilberne Tugenden/ wie auch keine Kennzeichen im wachſen
bekommen. Darumb ſolche Kraͤuter/ welche ohne das dem Hertzen gut ſeyn/ durch ein
guͤldiſches fermentum, diejenige aber/ ſo dem Gehirn zugeeignet/ mit einem ſilbernen
fermento zum wachſen ſollen gebracht werden/ ſo erlanget man wunderbarlicher Kraͤff-
ten Kraͤuter/ welche Art Kraͤuter ein jeder groſſer Herꝛ/ deme ſeine Geſundheit lieb/ ihm
in ſeinen Garten zeugen ſolte/ vnd ſolches nicht allein wegen ihrer Schoͤne vnd Lieblich-
keit/ wie auch groſſer Krafft vnd Tugend/ damit ſie andern gemeinen Kraͤutern weit
vorgehen/ ſondern auch darumb/ wann ſie ſich etwan ſcheuen moͤchten/ dieſes mein Au-
rum Potabile alſo immediatè in Leib zu nehmen/ dargegen gemeiniglich vnerfaͤhrene
Medici viel plerrens machen/ vnd ihren Herren ſolche zu gebrauchen verbieten/ vnd als
Gifft zu ſcheuen vermahnen. Wann ſie dann dieſe Kraͤuter an ſtatt deß Auri Potabilis
gebrauchten/ ſie der vnnoͤhtigen Sorgen frey waͤren/ vnd dennoch deß Auri Potabilis
Kraͤfften mediatione Vegetabilium genieſſen koͤnten/ vnd nicht allein durch Huͤlffe oder
Mittel der Kraͤuter/ ſondern auch durch Mittel der Animalien ſolches Aurum Potab.
den Menſchen fuͤglich vnd bequemlich beyzubringen/ nemlich alſo: Man kan Haber/
Gerſten/ Weitzen/ oder ein ander Korn/ mit gedachtem medicinaliſchen Univerſal-
Waſſer anfeuchten/ vnd den Huͤnern zu eſſen geben/ ſie ein zeitlang damit nehren vnd
ſpeiſen/ ſo wird die medicinaliſche Krafft deß Waſſers von den Huͤnern verzehret/ vnd
in Huͤnerfleiſch verwandelt/ welches Huͤnerfleiſch dann viel edeler/ kraͤfftiger vnd ge-
ſuͤnder ſeyn wird/ als ein ander Huͤnerfleiſch. Die Stercora der Huͤner kan man ver-
ſam̃len/ vnd vnter Sand miſchen/ Kraͤuter darein ſaͤen vnd wachſen laſſen/ werden glei-
cher weiſe beſſer als gemeine Kraͤuter; dann was die Huͤner nicht verzehret/ oder zu et-
nem medicinaliſchen Huͤnerfleiſch verwandelt/ das thun hernach die Kraͤuter/ alſo/ daß
gar nichts von dem Auro Potabili verloren geht/ ſondern alles zu Nutzen kom̃t. Fuͤr-
war eine uͤberauß-ſchoͤne Transplantatio Medicinæ Univerſalis in Vegetabilia \amp;
Animalia, ſolche deſto ſicherer von zarten groſſen Herren zu genieſſen/ oder ſorgloſer zu
gebrauchen. Dann/ wann groſſe Herren ſehen/ daß dieſe meine Medicina Univerſalis
den zarten Kraͤuter-Saͤmlein/ wie auch jungen Huͤnern nichts ſchadet/ ſondern viel
mehr dieſelbige ſtaͤrcket vnd geſund wachſen macht/ ſo werden ſie ja ſo viel glauben vnd
verſtehen/ daß ſie auch dem Menſchen (der doch beyweitem ſo zart nicht iſt als ein kleines
Kraͤuter-Saͤmlein oder junges Huͤnlein) nichts ſchaden koͤnnen. Jſt die Medicin ſo
edel vnd kraͤfftig/ daß ſie ein gifftig Minerale, als den Mercurium (wie wir bald ſehen
vnd hoͤren werden) in wenig Stunden in ein beſtaͤndig Gold verwandeln kan/ ſo
muß ſie ja nicht gifftig oder boͤs ſeyn/ dann ein Boͤſes das ander Boͤſe nicht gut ma-
chen kan/ ſondern viel mehr aͤrger machen wuͤrde; darauß ja klar vor Augen/ daß gemeld-
tes Aurum Potabile nicht boͤs/ ſondern eine heilſame Univerſal-Medicin fuͤr die Vege-
tabilien/
[269]Continuatio Miraculi Mundi.
tabilien/ Animalien vnd Mineralien ſeyn muͤſſe. Wer dieſes nun nicht glauben oder
begreiffen kan/ dem kan ich nicht helffen; das meinige hab ich gethan/ vnd gut gemeynt/
der etwas beſſers weiß/ der gebe es herfuͤr/ vnd verachte dasjenige nicht/ das er nicht ver-
ſtehet/ auff daß er nicht dem verlogenen vnd uͤberwieſenen Farnar gleich geachtet werde.
Jch mag wol leiden/ daß alle Menſchen mehr wiſſen als ich/ ſcheme mich auch nicht deß
lernens/ wann ich eines beſſern berichtet werde: daß aber ein Ignorant kommen/ vnd
bloß auß Neid meine warhaffte Schrifften verachten/ vnd doch dargegen nichts beſſers
heraußgeben wolte/ den achte ich nicht beſſer als Farnarn. Jch vermeine aber/ es wer-
den ſich ſo leichtlich deß Farnars Bruͤder mit ihren Eſels-Ohren nicht herfuͤr thun: dañ
ihr Redelsfuͤhrer die Pfoten allbereit verbrand/ vnd andern dergleichen verwegene
Schelmſtuͤcke zu thun ein Schew geworden iſt.
Es muͤſſe dann ein neuer Farner oder Eroſtratus herfuͤr kommen/ vnd ihme durch
ſein Boͤſes thun einen vnſterblichen Namen machen wollen; deme es dann auch gelin-
gen wird/ wie es andern Gottloſen auch gelungen/ daß ſie Schand vnd Schaden ſelber
davon tragen werden. Es kom̃t mir Farner vnd Eroſtratus, welche durch ihr Vbel-
thun einen vnſterblichen Nanten geſucht haben/ vor/ wie derjenige ſchwartze viel-beini-
ge moͤrderiſche Wurm/ welcher ein groſſer Feind der Regenwuͤrme iſt/ davon ich in dem
Andern Theil meiner Pharmacopœæ Spagyricæ Meldung gethan. Selbiger Wurm
nehret ſich nicht von der Erden/ oder Kraut vnd Gras/ wie ſonſten andere Wuͤrme
thun/ ſondern er ſuchet in der Erden die fetten Regenwuͤrmer/ haͤnget ſich daran/ beiſſt
ein Loch hinein/ vnd ſauget ihnen den Safft auß dem Leib/ davon er ſo dick vnd feiſt wird/
davon er ſchwerlich kriechen kan/ wieviel er auch Beine hat. Vnd wird ſolcher Wurm
Fruͤhlingszeiten gantz mager geſehen/ den Sommer durch aber macht er ſich von den
Regenwuͤrmen ſo fett/ vnd kom̃t gar nicht weiter herfuͤr/ es ſey dañ/ daß er ſich an einen
Regenwurm hencket/ derſelbige von ihme gebiſſen/ vnd in der Erden ſich ſeiner nicht er-
wehren koͤnnen/ in Meinung/ ſeiner deſto beſſer quit vnd los zuwerden/ heraußkreucht;
der ſchwartze Wurm aber/ obwol er den zehenden oder dreiſſigſten Theil ſo groß nicht iſt
als der Regenwurm/ dennoch durch ſein ſcharffes Gebiß ſo veſt ſich anhaͤngt/ daß ihn
der Regenwurm auß der Erden ans Tageslichtſchleppen muß: So bald er aber auß
der Erden iſt/ vnd einen Menſchen erſichet/ ſo laͤſſt er von dem Regenwurm ab/ vnd
verbirgt ſich in die Erden/ vnd ſuchet weiter einen andern Wurm zu peinigen/ vnd ihm
ſein Blut außzuſaugen: der erloͤſte Regenwurm aber/ welcher bißweilen halb entzwey
gebiſſen iſt/ kreucht auch in die Erde/ vnd heilet ſeine Wunden auß eigener Kraftwieder.
Jch habe ſolchem Streit offtermals zugeſehen/ vnd den ſchwartzen Wurm ertapt vnd
getoͤdtet; dann wie geſagt/ werden ſie gar nicht geſehen/ wann ſie nicht von den Regen-
wuͤrmen/ daran ſie ſich hencken vnd ſelbigebeiſſen/ herauß gezogen werden.
Wann dann ſolcher vielfuͤſſige Wurm ſich wie ein ander Wurm auß der Erden
nehrete/ vnd die Regenwuͤrme zu frieden lieſſe/ wuͤrde niemand ſolchen kennen/ vnd
von ihm zu ſagen wiſſen: nun er aber durch ſeine boͤſe Natur den Regenwurm beiſſet/
L l 3wird
[270]Continuatio Miraculi Mundi.
wird er an deß Tages Licht gebracht/ vnd bekom̃t einen Namen/ vnd wird bekand/ der
doch ſonſten nimmer waͤre bekand worden/ wann er den Regenwurm nicht gebiſſen/
ſein Blut außgeſogen/ vnd alſo an das Licht gekommen waͤre. Was fuͤr einen Namen
nun dieſer Wurm hat (nemlich ein Blutſaͤuger) ſolchen man Farnern auch rechtmaͤſſig
geben koͤnte. Dann eben wie dieſer moͤrderiſche Wurm ohne gegebene Vrſach den Re-
genwurm in der Erden ſo lang peiniget/ biß daß er herauß zu kriechen gezwungen wird/
eben alſo Farner gegen mich procediret. Dann ſo ſich Farner ehrlich durch ſeiner Haͤn-
de Arbeit nehren wollen/ er ſich nicht an mich gehencket/ das Blut von mir außzuſaugen/
vnd ich ihn auß der Erden ans Tageslicht ſchleppen duͤrffen. Wer haͤtte erfahren wer
Farnar waͤre/ wann er mir nicht vntrew geweſen/ Schmaͤhkarten wider mich geſchrie-
ben/ vnd mir viel Schaden vnd Vnruhe zugefuͤget/ auß meinem Blut ſich fett zu ma-
chen. Gleich wie nun gedachter Blutſaͤuger in ſeiner boͤſen Natur der Welt bekand
wird/ daß man ihn hinfuͤro kennet/ vnd fuͤr einen moͤrderiſchen Blutſaͤuger haͤlt: Alſo
wird auch hergegen deß Regenwurms heilſame Natur zugleich darbey erkant vnd er-
lernet. Dann wer haͤtte erfahren/ daß der Regenwurm einen ſolchen heilſamen Safft
haͤtte/ wann er nicht von dem Blutſaͤuger verwundet/ vnd ſich ſelber wieder heilen koͤn-
nen. Haͤtte Farner nicht nach meinem Gut vnd Blut getrachtet/ vnd mich in Ruhe ge-
laſſen/ waͤre ſo wol er in ſeiner teuffeliſchen Art/ als auch ich in gutem vielleicht der Welt
nicht bekand worden. Niemand haͤtte erfahren/ daß er ein ſolcher treuloſer/ falſcher/
verlogener vnd betrogener Ehren-Dieb vnd Meuchel-Moͤrder waͤre: Auch wuͤrde nie-
mand diejenige Secreta bey mir zu ſeyn geſucht haben/ welche mir Farnar durch ſeine
Schmaͤhkarten allbereit außgepreſſt/ vnd ich der Welt zum beſten bekand gemacht ha-
be. Jſt alſo kein Ding in der Welt ſo boͤs/ es dienet noch zu etwas guts. Dann ob
ſchon gedachter Blutſaͤuger den Regenwurm zwar vnbilliger weiſe beiſſet/ dennoch
durch ſein boͤſes Thun er offenbaret/ vnd der Welt bekand macht/ daß der Regenwurm
einer heilſamen guten Natur ſey. Haͤtte Farner nicht Schmaͤhkarten vnd Paßquillen
gegen mich drucken laſſen/ haͤtte ich keine Vrſach gehabt/ mich dagegen zu verantwor-
ten; vnd indeme ich mich verantworte/ kommen viel ſchoͤne Secreta auß dem verborge-
nen an deß Tages Licht. Gewißlich wuͤrde ich nimmermehr mich haben mercken laſſen/
daß ich in dem Licht der Natur ſo weit gekommen/ ſondern wuͤrde mich in der Erden ſtill
(einem Regenwurm gleich) verborgen gehalten haben/ wann mich der Blutſaͤuger vnd
moͤrderiſche Farnar durch ſein gifftiges Gebiß nicht herauß getrieben haͤtte.
Dieſes Gleichnuͤß wolle mir niemand in Argem auffnehmen/ dann es ſich hieher
nicht uͤbel ſchicket/ weiln ich bey mir wol betrachten kan/ daß ihrer viel ſich verwundern
werden/ warumb ich ſo klar von ſolchen groſſen vnd vnerhoͤrten Dingen ſchreibe/ die
Vrſach aber allhier ſie vernehmen koͤnnen. Dann ſo ich mich nicht etwas bekand ge-
macht/ Farnar bey dem groſſen vnverſtaͤndigen Hauffen Poͤffels leichtlich ſich einer
Victori beruͤhmen moͤgen/ welche aber hierdurch ihme gantz vnd gar zu einer Schande
gemacht. Wird nun hinfuͤro jederman leichtlich vrtheilen koͤnnen/ wie vntrew vnd
Gott-
[271]Continuatio Miraculi Mundi.
Gottlos der Farner mich vnd meine Schrifften verachtet/ vnd wie auffrichtig ich es ge-
gen meinen Nechſten gemeynet/ welches ich in Parentheſi der gantzen Welt zur Nach-
richt nicht verſchweigen ſollen.
Vnd wird dieſes mein Aurum Potabile verhoffentlich vielen tauſenden frommen
Menſchen eine heilſame Medicin/ mir ein langer Arm vnd ſtarcke Hand gegen alle
meine Feinde/ Farnarn aber vnd ſeinem Teuffeliſchen Anhang eine toͤdtliche Gifft
ſeyn. Dann/ gleich wie ein Storch die Schlangen vnd Kroͤten/ vnd alles Vngeziefer
vertreibet vnd wegraͤumet/ alſo dieſe Medicin auch alles Farneriſche Ottergezicht in
kurtzem verſchlingen wird/ daß auch ihre Diebiſche Fußſtapffen nicht mehr werden zu
ſehen ſeyn.
Auff daß aber ihme niemand ſo frembde wolle vorkommen laſſen/ was ich ſchrei-
be/ daß alle Kraͤuter durch mein Aurum Potabile im wachſen darauß guͤldiſche Natu-
ren extrahiren ſolten/ ſo finde ich rahtſam/ die Moͤglichkeit durch warhaffte Hiſtorien
zu bekraͤfftigen; nemlich alſo: Man lieſet in den Hungariſchen vnd Siebenbuͤrgiſchen
Chronicken/ daß in denſelben Laͤndern/ da der Bodem auff dem Gebirg allenthalben
guͤldiſch iſt/ vnd durch die Berg-Leute vor tauſend Jahren her biß auff dieſe Stunden
zu/ jaͤhrlichen eine groſſe Quantitaͤt Gold außgegraben/ geſchmoltzen/ vnd vermuͤntzet
wird/ daß man an ſelbigen Oertern vielmals Weinſtoͤcke gefunden/ daran nicht allein
die Blaͤtter/ ſondern auch die Trauben ſelbſten/ mit Gold uͤberzogen geweſen/ gleich als
wann ſie von einem Mahler waͤren uͤberguͤldet worden; welches keine Fabel/ ſondern
warhafftig iſt/ dann ich ſolches von vielen/ die in ſolchen Laͤndern gewohnet/ vnd theils
noch wohnen/ muͤndlich habe confirmiren hoͤren. Wie dann mir vor ſechs Jahren/
da ich in Francken wohnete/ ein Weinſtock/ zu deſſen Wurtzel ich ein zuruͤck-gebrachtes
auffgeſchloſſen Gold geleget/ verguͤldte Beerlein an dem Trauben gebracht hat. Dieſe
Hiſtori habe ich in einem Tractaͤtlein (Troſt der Seefahrenden genant) außfuͤhrlich
beſchrieben/ vnd noch kuͤrtzlich von einem Hungariſchen vom Adel fuͤr warhafftig be-
richtet/ daß nicht weit von Cremnitz/ einer Hungariſchen Bergſtadt/ ein Bauer in
feinem Weinberg ein corporaliſch Gold/ mehr als einer Ehlen lang/ auß einem Stein
gewachſen/ ſich wie ein duͤnner Traht darumb geſchlungen/ gefunden: deſſen ein klein
Stuͤcklein von ermeldtem Hungariſchen von Adel mir zur raritaͤt iſt verehret worden.
Vnd wann dieſes auch nicht waͤre/ daß in Hungarn vnd Siebenbuͤrgen uͤberguͤldte
Weintrauben vielmals gefunden worden/ vnd noch bißweilen gefunden wuͤrden/ dar-
an doch das geringſte nicht zu zweiffeln/ ſondern als eine warhaffte vnd in aller Welt
bekandte Sache iſt/ ſo waͤre doch dieſes vnfehlbar/ was ich meinem Auro Potabili all-
hier zugeſchrieben.
Die Vrſach der verguͤldten Weintrauben vnd Blaͤtter in Hungarn iſt nichts an-
ders/ als daß der Erdboden daſelbſten von guͤldiſcher Witterung oder noch vnerhoͤrtem
primo Ente Auri imprægniret iſt/ vnd gleichſam als ein metalliſches guͤldiſch Waſſer
mit
[272]Continuatio Miraculi Mundi.
mit anderm gemeinen Regenwaſſer in die Wurtzel deß Weinſtocks kriechet/ vnd dar-
auß hinauff in die Reben vnd Trauben ſteiget/ ſich daſelbſten offenbar macht/ vnd ſicht-
bar wird.
Eben alſo geſchicht es auch allhier bey meinem Auro Potabili, welches einem
geiſtlichen ☉ zu vergleichen/ wann es mit gemeinem Regenwaſſer ſolviret vnd vermi-
ſchet/ Vegetabilien darein geſaͤet/ nohtwendig dieſelbe (wann ſie Nahrung auß dem
Sand ziehen) dieſes geiſtliche Gold mit zu ſich ziehen/ vnd alſo guͤldiſcher Natur Kraͤu-
ter werden muͤſſen/ welches nicht anders ſeyn kan/ vnd auch die experientz ſolches be-
zeugen wird.
Auß dieſem wenigen/ vermeyne ich/ jederman genugſam begreiffen kan/ daß mein
Aurum Potabile verum die hoͤchſte Medicin der Vegetabilien ſey: Vnd daß dieſelbe
gleicherweiſe bey den Mineralien ſolche auch ſey/ wir kuͤrtzlich/ doch klaͤrlich beweiſen
wollen.
Vom Gebrauch dieſes meinesAuri Potabilis,
in Verbeſſerung der Mineralien.
DEn Gebrauch nun betreffend durch ermeldtes Aurum Potabile in Verbeſſerung deꝛ
Mineralien/ hat es eine ſolche Beſchaffenheit darmit/ nemlich/ daß man ſowol im
naſſen als auch trucknen Weg die Proben der Muͤglichkeit nehmen vnd verſuchen koͤñe.
Erſtlich ſoll man wiſſen/ daß ermeldtes Aurum Potabile, wann es verfertigt vnd
vollkoͤm̃lich bereitet/ an ſich ſelber einem klaren ▽ gleich anzuſehen/ vnd am Geſchmack
ſehr hitzig vnd feurig auff der Zungen/ ſein Geruch aber ſulphuriſch/ doch lieblich erfun-
den wird.
Nun moͤchte mancher ſagen: Was kan fuͤr eine Krafft in dieſem klaren ▽ ſeyn?
Wie kan es ein Aurum Potabile genennet werden? da doch ein Aurum Potabile bil-
lich gelb oder roht ſeyn muͤſte: Dieſer ſoll wiſſen/ daß die Roͤhte in der Weiſſe verbor-
gen/ vnd nicht geſehen wird in der zarten Jugend/ ſo lang/ biß daß es etwas im Feuer
aͤlter worden/ alsdann von Tage zu Tage ſeine Roͤhte/ Staͤrcke vnd Krafft offenbar
wird/ vnd ſich mercken laͤſſt. Dann die Philoſophi alſo ſagen: Niſi aurum noſtrum
dealbaveritis, non rubefacere poteſtis. Auch wiederumb an einem andern Orte: Si
quis Aurum ſcit deſtruere, quod per amplius non erit Aurum, iſte ad maximum per-
venerit Arcanum. Ein anderer ſagt alſo: Aurum noſtrum non eſt Aurum vulgare,
ſed Aurum in potentia, non in forma. Deren Spruͤche die gantze Turba Philoſopho-
rum voll iſt/ vnd genugſam darauß bewieſen/ daß ein wahres Aurum Potabile nicht
eben roht ſeyn muß/ nach dem aͤuſſerlichen Anſehen/ wann nur die guͤldiſche rohte
Krafft darinnen verborgen/ vnd zu gelegener Zeit offenbar werden kan. Dann ſo in der
Weiſſe die Roͤhte nicht verborgen/ gewißlich nichts rohtes darauß werden koͤnte. Dañ
ſo man mein Aurum Potabile uͤber dem Feuer figiret/ oder nur coaguliret/ ſolches zu
einem blutrohten Stein ſich verwandeln laͤſſt/ auß welchem Stein durch ſchmeltzen kein
cor-
[273]Continuatio Miraculi Mundi.
corporaliſch ☉ herauß zu bringen/ wann ihme nicht ein metalliſches Subjectum vorge-
ſchlagen wird/ darein ſich das geiſtliche philoſophiſche ☉ begibt vnd corporaliſch wird.
Vnd iſt dieſes mein Aurum Potabile eine Jungfraw-Milch/ welche mit kleiner
Waͤrme ein Coagulum, vnd das Coagulum zu einem Drachenblut werden kan. Die-
ſes Drachenblut/ wann es coaguliret/ nohtwendig einen beſtaͤndigen Salamander
geben muß; welchen ich zwar niemaln bereitet/ auch noch keine Gelegenheit ſolches zu
verrichten habe/ ſondern bin mit meiner Jungfraw-Milch (als einer guten Univerſal-
Medicin) zu frieden/ vnd erwarte mit Gedult/ was mir Gott ins kuͤnfftige auß Gna-
den weiters darinn beſcheren werde.
Auff daß ich aber fortfahre vnd beweiſe/ daß mein Aurum Potabile auch den Mi-
neralien eine Medicin ſey/ vnd ſelbige verbeſſere vnd guͤldiſch mache/ finde ich gut/ etli-
che Exempel oder Proceſſen hieher zu ſetzen/ vnd erſtlich im naſſen Weg.
Wie man im naſſen Weg verſuchen ſoll/ ob meinAurum
Potabile ein wahres philoſophiſches volatiliſch
☉ ſey.
℞. darvon Unc. j. thue ſolches in ein ſtarck Glaͤslein/ alſo/ daß die Helffte deß
Glaͤsleins nur darmit erfuͤllet ſey/ vnd lege darein Scrup. j. vel Drach. ß. gemeinen ☿
vivi. NB. Das Glaͤslein ſoll vnten rund ſeyn/ entweder ein abgenommen Koͤlblein
oder Phiolchen/ auff daß der ☿ zuſammen rinne/ vnd beyſammen ligen bleibe/ ſetze die-
ſes Glaͤslein mit dem Auro Potabili vnd ☿ vulgari auff einen warmen Sand/ alſo/
daß das Glaͤslein ſo tieff in den Sand ſtehe/ als hoch es mit dem Auro Potabili erfuͤllet/
vnd laß es eine Stund darauf in zimlicher Waͤrme ſtehen/ auf daß das phlegma von
dem Auro Potabili verrauche/ vnd ein weiſſes Saltz auß dem Auro Potabili werde;
wann ſolches geſchehen/ ſo ſchuͤtte zu dem Saltz wieder ſo viel gemein Regenwaſſer/ als
dem Auro Potabili im kochen abgangen/ oder mache das Glaͤslein wieder ſo voll mit
Waſſer/ als es zuvorn mit dem̃ Auro Potabili geweſen/ laß es ein wenig ſtehen/ ſo ſol-
virt das Waſſer das Saltz auff/ vnd wird wiederumb ein ſolches Aurum Potabile dar-
auß/ an Farb/ Geſchmack/ Tugend vnd Kraͤfften in Medicina, gleich wie es zuvorn auch
geweſen: der ☿ aber wird auff dem Boden hart vnd fix ligen/ als das beſte Gold/ dar-
zu ſo groß geblieben ſeyn/ als er in das Glas gethan worden. NB. So man aber in der
Arbeit etwan verſehe/ daß der ☿ nicht genugſam durch das Aurum Potabile gradiret
oder tingiret/ vnd noch ſchwartz geblieben waͤre/ ſo ſoll man ſich doch daran nicht kehren/
ſondern denſelben auß dem Glaͤslein nehmen/ in ein klein rein Tiegelein thun/ vnd zwi-
ſchen Kolen wol außgluͤhen/ ſo erlanget das Gold im Feuer ſeine rechte Farb/ vnd wird
ſo ſchoͤn/ als das beſte Ducaten-Gold/ welches auch in allen Proben beſtehet. Das
Aurum Potabile kan man zu ſolcher coagulation ☿ mehrmals alſo gebrauchen/ der ☿
aber allzeit weniger am Gewicht ſoll genommen werden/ als das erſtemal/ dann das
Aurum Potabile in dieſer gradation deß ☿ viel Kraͤffte verlieret/ welches ich zur Nach-
richt vermelden muͤſſen.
M mGleich
[274]Continuatio Miraculi Mundi.
Gleich wie nun bey der coagulation Mercurii procediret/ alſo kan man auch mit
andern Mineralien vnd Metallen verfahren/ doch daß die Metallen/ ſo man darein le-
gen wil/ zuvorn duͤnn geſchlagen: dann wann ſie zu dick waͤren/ wuͤrde das Aurum Po-
tabile in ſo kurtzer Zeit nicht durchauß gradiren koͤnnen/ ſondern dieſelbe inwendig noch
crud verbleiben; welches wol in acht ſoll genommen werden. Vnd ſo die Arbeit wol ge-
than/ ſo werden die Metallen durchauß/ ſo groß ſie hinein gelegt/ neben behaltener Form
vnd Geſtalt/ zu klarem vnd beſtaͤndigem Gold; doch das eine lieber vnd ehender als das
ander. NB. Vnd ſo man das Metall nicht wol tractirte/ vnd ſolches noch ſchwartz
auß dem Auro Potabili kaͤme/ ſo ſoll man ſolches nur wol auß gluͤhen/ ſo wird er die ☉
Farbe erlangen; oder kan man daſſelbe mit ein wenig Bley auff einer Cupellen ablauf-
fen laſſen/ ſo iſt man verſichert/ daß man gut Gold hat: dann weder der ♄ noch Anti-
monium ihme nichts abnehmen werden/ welches die Prob beweiſen wird.
Folget nun/ wie meinAurum Potabileim truckenen Weg
(die vnvollkommene Metallen damit zu gradiren) muß probiret
vnd verſucht werden.
R. Unc. j. dieſer meiner Jungfrawen-Milch/ vnd ſetze dieſelbe in einem glaͤſernen
Schaͤlichen auff einen warmen Sand/ vnd laß die Waͤſſerigkeit oder vnnuͤtze Feuch-
tigkeit davon hinweg duͤnſten/ ſo wird ohngefehr Unc. ß. weiſſes Saltz ligen blieben/
dieſes thue in ein Tiegelein von guter Erden/ vnd lege Scr. j. vel Drach. ß. laminirt ☽/
♀/ ♂ darein/ ♃ vnd ♄ doͤrffen nicht laminiret werden/ vnd ſetze alſo dieſes Saltz mit
dem Metall zwiſchen ein Kolfeuerlein/ ſo fleuſſt das Saltz alſobalden wie ein Wachs/
vnd penetriret das Metall/ daß es durchauß zu Gold wird/ welches vngefehr innerhalb
einer Viertel- oder zum laͤngſten einer halben Stund geſchicht/ alsdann man das ge-
floſſene Saltz auß dem Tiegel gieſſen ſoll/ ſo bleibt die Lamina Metalli darinn ligen in
ſolcher Geſtalt vnd Form/ gleich wie es hinein gelegt/ vnd iſt durchauß zu gutem Gold
worden ♃ vnd ♄ aber/ weiln ſie ſo leichtfluͤſſig ſeyn/ bleiben nicht gantz/ ſondern ſeynd
zu einem Korn geſchmoltzen/ welches gleich erweiſe gut ☉ geworden iſt; vnd wann mans
uͤberſieht/ vnd der Tiegel mit dem Saltz zu warm ſtuͤnde/ auch das ☽/ ♀ vnd ♂ in ein
Korn wuͤrde geſchmoltzen ſeyn/ welches ich zur Nachricht vermelden muͤſſen.
Allhier hat nun der Kunſtliebende eine naſſe vnd truckene Prob auff mein Aurum
Potabile, welches/ wann er recht damit vmbgehet/ nim̃er fehlen wird; daß aber in oder
bey dieſer transmutation ein Gewiñ ſeyn ſolte/ ſage ich nicht/ habe ſolches allbereit oben
bekennt/ daß es nur die Moͤglichkeit dadurch zu beweiſen angezeigt ſey. Dann/ obwol
das Gold/ welches von dieſen Proben kom̃t/ auff allen Proben beſtaͤndig vnd gut Gold
iſt/ ſo iſt doch kein Nutzen dabey/ weiln das Aurum Potabile (biß es dahin gebracht/ daß
es ſolches præſtiret) mehr koſtet als dieſes Gold/ ſo davon gemacht wird/ werth iſt. Vnd
wann auch einiger Nutzen darbey zu haben ſeyn ſolte/ ſo waͤre es doch nicht recht gethan/
daß
[275]Continuatio Miraculi Mundi.
daß man eine ſolche Koͤnigliche Medicin vmb eines wenigen Goldes willen alſo dar-
mit verderben ſolte; dann auff vielerley andere Weiſe zu Gold zu kommen: vnd wuͤrde
Suͤnde vnd Schande ſeyn/ wann man dieſe vngemeine herꝛliche Medicin alſo jaͤmmer-
lich vmb deß wenigen Goldes willen verſchmieren ſolte: iſt auch zu dieſem ende nicht von
mir beſchrieben/ Gold dadurch zu machen/ ſondern allein darumb/ der gantzen Welt die
Muͤglichkeit vor Augen zu legen/ daß noch Menſchen gefunden/ denen Gott die Gnade
gegeben/ gute Medicamenta zu bereiten. Kan nun jemand etwas weiters hierauß er-
lernen/ vnd das Werck verbeſſern/ goͤnnet es ihme Gott/ werde ich es ihme nicht miß-
goͤnnen. Es darff ihm aber kein Gottloſer einbilden/ daß er ein Inſtrument erlangen
werde/ Boͤſes damit zu thun/ Gott weiß wol was er thut/ wird es vns nicht machen/
wie wirs gerne haͤtten. Was ich geſchrieben/ iſt die Warheit/ vnd kan zu allen Stun-
den bewaͤhret vnd probiret werden/ darbey es auff dißmal ſein verbleibens haben ſoll.
Daß aber nicht vielerhand Diſcurſe vnd Judicia hieruͤber ergehen ſolten/ kan ich
mir gar wol einbilden/ aber nicht aͤndern; bekuͤmmere mich auch nicht darumb/ ſondern
getroͤſte mich dieſes/ daß ich die vnfehlbare Warheit geſchrieben/ vnd ſelbige vor aller
Welt manuteniren kan. Was nun etwan dagegen moͤchte eingeworffen werden/ kan
ich auch leichtlich erachten; anders nichts als dieſes: daß etwan mancher gedencken oder
ſagen koͤnte/ es muͤſte mein Aurum Potabile etwan nur eine bloſſe ſolutio Auri com-
munis ſeyn/ welche in der digeſtion bey den beygelegten Metallen wieder corporaliſch
wuͤrde/ vnd im geringſten keine warhaftige transmutation ſeyn koͤnte. Deme nun ſol-
ches zu widerlegen/ ſo frage ich: Ob man dann ein gemein corporaliſch Gold ohne cor-
roſiv ſolviren kan/ dann dieſes mein Aurum Potabile gar nicht corroſiviſch/ ſondern
allein ein feuriges Waſſer/ allen corroſiven entgegen/ vnd anders nichts/ als ein Ni-
trum fixatum, oder Salſulphureum; welche Salia fixa doch keine Gemeinſchaft mit dem
corporaliſchen gemeinen ☉ haben/ vñ daſſelbe wol vnauff ſolvirt ligen laſſen. Vnd wañ
es je muͤglich/ ein corporaliſch gemein Gold in fixen Salien zu ſolviren/ vnd dieſes mein
Aurum Potabile eine ſolche ſolution waͤre/ ſo wuͤrde ſich das Gold darinnen doch nicht
verbergen koͤnnen/ ſondern nohtwendig die ſolution gelb oder roht ſeyn muͤſſen/ welches
ja nicht iſt/ ſondern ſo klar vnd hell/ daß ein Brunnenwaſſer nicht klaͤrer ſeyn koͤnte.
Darzu faͤrbet das corporaliſche Gold/ wann es ſolvirt iſt/ die Haͤnde/ Naͤgel/ Haar/
vnd andere Dinge/ braun vnd ſchwartz: dieſes mein Aurum Potabile aber thut ſolches
auch nicht; dahero billich fuͤr ein Aurum Philoſophorum ſoll vnd muß gehalten wer-
den. Dann alle Philoſophi, welche Medicinam Univerſalem gehabt/ außdruͤcklich
ſagen/ daß ihr Gold/ oder deſſen ſolution die Haͤnde nicht ferbe/ vnd ſolches das rechte
Kennzeichen oder Vnterſcheid zwiſchen einem gemeinen vnd philoſophiſchen ☉ waͤre.
Nun ferbet je mein Aurum Potabile die Haͤnde nicht: Ergo ſo muß es auß dem wahren
philoſophiſchen Gold bereitet ſeyn.
Geſetzt/ es waͤre nur eine ſolution deß gemeinen Goldes durch ein vncorroſiviſch
Menſtruum, da es doch nicht iſt/ ſo wuͤrde ſolche ſolution doch die vnvollkommene Me-
M m 2tallen
[276]Continuatio Miraculi Mundi.
tallen/ ſam̃t dem Mercurio vulgi in der digeſtion nicht durchauß tingiren oder gradi-
ren/ ſondern etwan nur verguͤlden/ wie ſonſten andere ſolutiones auch thun: wie man
dann auß dem gemeinen Gold ein Pulver bereiten kan/ davon bey meinen Schrifften
zu finden/ wann man eine Lunam damit anreibet/ ſelbige außwendig verguͤldet wird/
gleich als wann es durch den ☿ vnd ☉ waͤre gethan worden; inwendig aber bleibt das
☽ wie es geweſen/ vnd wird nicht durchauß zu Gold. Deßgleichen wann ☉ in Spiritu
Salis ſolvirt/ ſolche ſolution durch Huͤlffe eines Vitrioli Veneris alles Eiſen außwendig
verguͤldet/ inwendig aber es Eiſen iſt vnd bleibet. Vnd ſo man eine ſolutionem Auri
mit vielem ▽ vermiſcht/ vnd ☿/ ♃/ ♄/ ♂ oder Zinck darein leget/ das ☉ auß dem
corroſiviſchen ▽ ſich faͤllet/ vnd ſich an das Metall als ein lockeres Schwaͤm̃lein ſetzet;
ſo bald man aber das ▽ ruͤhret/ ſolches gefellte ☉ ſich zertheilet/ vnd ein truͤber Schleim
wird/ das hineingelegte Metall aber gantz nicht tingiret/ ſondern vnveraͤndert gefun-
den wird.
Vnd wann ja eine ſolutio Auri vulgaris die geringe Metallen tingiren koͤnte/
welches doch vnmuͤglich iſt/ ſo muͤſte eine ſolche ſolution nohtwendig die Metallen/ vnd
ſonderlich das feine ☽/ aͤuſſerlich angerieben oder geſtrichen uͤberguͤlden/ welches dieſes
mein Aurum Potabilc auch nicht thut/ ſondern wann ein Luna darmit angeſtrichen
wird/ alsbald allerley Farben/ einem Pfanenſchwantz gleich/ daran erſcheinen/ vnd
ſchwerlich wieder davon abzuwiſchen ſeyn; welches Zeichen genug/ daß es kein gemeines/
ſondern ein ſecretes Gold der Philoſophen ſeyn muͤſſe.
Dieſen vnd dergleichen Objectionibus ich gar leichtlich widerſtehen koͤnte/ wann
ſie mir ſolten fuͤrgelegt werden. Jch vermeyne aber/ niemand ſo keck ſeyn werde/ ſich
wider etwas zu legen/ das an ſich ſelber gut/ vnd er nichts beſſers dargegen beyzubrin-
gen hat.
Derjenige/ ſo etwas beſſers hat/ der erkenne auch was dieſes iſt/ vnd veracht es
nicht; der aber nichts hat/ dem iſt eben viel/ was er verachtet/ ob es gut oder boͤs ſey/
weiln er keinen Vnterſcheid zwiſchen Guten vnd Boͤſen machen kan. Wie klaͤrlich ge-
nug bey dem treuloſen vnd verlogenen Farnar zu ſehen; davon auff dißmal genug.
Wer es nicht glauben wil/ daß es eine gute Univerſal-Medicin ſey/ der mag es verſu-
chen/ ſo wird ers alſo finden/ wil ers aber nicht verſuchen/ ſo laſſe ers auch vngeurtheilt/
auff daß er ihme nicht ſelber ein Vrtheil faͤlle/ vnd zu erkennen gebe/ daß er ein Eſel ſey.
Jch haͤtte wol mehr Proben (daß mein Aurum Potabile univerſal ſey) hieher ſetzen koͤn-
nen/ finde es aber vnnoͤhtig. Dem Gelehrten iſt gut predigen/ einen Narren aber wird
niemand durch lehren vnd predigen weiſe machen.
Vnd wann auch noch ſo viel disputirens oder judicirens uͤber dieſes mein Au-
rum Potabile verum von den Vnerfahrnen fallen ſolte/ ſo ſage ich nicht mehr als dieſes
darzu/ Haſt du etwas beſſers/ ſo gibs herauß/ vnd laſſe es ſehen vnd probiren: haſt du
aber nichts/ ſo halte dein mißguͤnſtig Maul/ vnd verachte das jenige nicht/ das du nicht
verſteheſt noch beſſer geben kanſt.
Fol-
[277]Continuatio Miraculi Mundi.
Folget nun der Gebrauchin Medicinadieſes meines
Auri Potabilis veri.
WAs ſoll ich nun viel ſagen von groſſer Krafft vnd Tugend meines Auri Potabilis,
welche es in Medicina beweiſet? Solte ich ein groſſes Buch davon ſchreiben/ fin-
de ichs nicht noͤhtig/ dieweil ſolches weitlaͤufftige ſchreiben offtermals mehr hindern als
foͤrdern kan: dann der Mißbrauch in ſolchem ſchreiben gar zu ſehr uͤberhand genom-
men/ alſo/ daß mancher nur einen geferbten Brandtewein ſo hoch heraußziehet/ vnd
deme mehr an Kraͤfften faͤlſchlich zuleget/ als mancher ſeinem warhafften Auro Pota-
bili nicht thun wuͤrde. Nun iſt ſo viel daran gelegen/ daß bißweilen in einem gering-
ſchaͤtzigen Weſen mehr Tugend vnd Krafft verborgen/ als in theuren vnd koſtbaren
Perlen vnd Edelgeſteinen; dieweil aber nicht ein jeder vnterſcheiden kan/ was gut oder
boͤs iſt/ ſondern nur glauben muß/ was er hoͤret/ darumb mancher irret/ vnd das Boͤſe
fuͤr das Gute erwehlet vnd vorzeucht/ welches gar wol zu remediren/ wann das Werck
auff die Prob geſetzt wuͤrde.
Wann ich die Tugenden dieſes meines Auri Potabilis außfuͤhrlich beſchreiben
ſolte/ wuͤrde ein groß Buch davon werden/ welches ſich hieher nicht ſchicket/ ſondern ſoll
mit nechſten (geliebt es Gott) in einem Tractaͤtlein/ darinn noch anderer mehr meiner
beſten Medicamenten Tugenden beſchrieben/ vnd Pharmacopœa Glauberti intitulirt/
außfuͤhrlich geſchehen: allhier aber nur kuͤrtzlich ein wenig zur Nachricht/ wie dieſes mein
Aurum Potabile zu gebrauchen/ vermeldet werden ſoll.
Dieweil nun mein Aurum Potabile (wie offters erwehnet) ein concentrirtes vnd
wieder ad formam liquidam gebrachtes Feuer iſt/ vnd ſein gantzes Weſen anders nichts
als einem zarten/ durchdringenden (doch vnflammenden) Feuer zu vergleichen/ ſo kan
man leichtlich erachten/ worzu es diene/ vnd mit Nutzen in Medicina zu gebrauchen.
Vnter allen Elementen iſt das Feuer das reineſte/ ſubtileſte/ durchdringenteſte/
vnd auch kraͤfftigſte/ welches niemand widerreden kan. Dann deß Feuers Krafft/ nem-
lich die Waͤrme/ die aller compacteſte Coͤrper/ als Metallen vnd Glas/ penetriret/ vnd
ihme nichts ſeinen Weg oder Gang verhindern kan: hergegen Waſſer/ Erde vnd Lufft
wol heraußbleiben muͤſſen. Dieweil dann Gott der Allmaͤchtige ſelber einem Feuer
verglichen/ davon alles/ was da lebet/ ſeinen Geiſt vnd Leben empfangen muß/ vnd oh-
ne daſſelbe nichts leben/ ſich ruͤhren noch bewegen kan/ ſondern alles todt/ hart vnd kalt
iſt/ wie zu ſehen bey dem Menſchen/ oder einem andern Thier/ wann das Leben noch
darinnen/ ſolches allzeit warm/ im widrigen aber kalt erfunden wird.
So lang nun das Lebensfuͤncklein im Menſchen oder anderem Thier durch be-
hoͤrlichen Speis vnd Tranck genehret vnd vnterhalten wird/ ſo lang attrahiret daſſelbe
ſeine Nahrung/ vnd bleibt in gutem Eſſe: ſo bald aber ihme ſolche Nahrung entzogen/
oder nicht laͤnger geben wird/ ſo bald auch das Leben anfaͤngt ſchwaͤcher zu werden/
M m 3vnd
[278]Continuatio Miraculi Mundi.
vnd abzunehmen/ gleich wie eine brennende Lampe/ wann daran kein Oel nach geſchuͤt-
tet/ ſelbige endlich außleſchen muß. Weilen dann deß Menſchen Leben ein Feuer/ vnd
durch bequeme Speis vnd Tranck (gleich wie eine brennende Lampe durch Zugieſſung
deß Oels/ neben der Lufft/ ohne welche kein Feuer brennen/ noch das Bewegliche leben
kan) allein vnterhalten wird; ſo haͤtte man fragen koͤnnen/ woran es dann mangelte/
daß die Menſchen ſo leichtlich kranck wuͤrden vnd dahin ſtuͤrben/ denen doch an gutem
Eſſen vnd Trincken (das Leben bey ihnen dadurch zu vnterhalten) niemaln gemangelt?
Dem geb ich zur Antwort/ daß ſolchen der Zugang oder Weg zum Lebens-Punct durch
dicke/ grobe/ zaͤhe vnd kalte humores verſchloſſen/ vnd gleichſam das nutrimentum ent-
zogen/ vnd ſie deſſen beraubet ſind. Wie zu ſehen bey einer brennenden Lampen/ wann
das Oel nicht klar zugegoſſen wird/ leichtlich das Dacht von fecibus erfuͤllet/ alſo/ daß
kein Oel mehr dadurch zu der brennenden Flam̃/ ſelbige zu vnterhalten/ gehen kan/ ſon-
dern nohtwendig/ wann ſchon Oel genug vorhanden/ dennoch verleſchen vnd abſterben
muß. Wie auch bey einem alten Baum zu ſehen/ wann man ſelben ſchon genugſam
mit Miſt oder Tuͤng verſehen wolte/ er dennoch nicht ewig leben kan/ ſondern einmal
außgehen vnd abſterben muß; welches Kranckheit auch anders nichts iſt/ als grobe/ di-
cke/ zaͤhe Feuchtigkeiten/ dadurch die Wurtzel erfuͤllet/ vnd das nutriment dadurch dem
Baum entzogen/ wie allbereit bey dem Menſchen vnd brennenden Lampen zu geſchehen
pflegt/ geſagt worden iſt.
Dann alle Ding ihrenatuͤrliche Vrſachen haben/ vnd nichts ohngefehr geſchicht;
welches Gott ohne Zweiffel alſo geordnet/ vnd der Natur eingepflantzt in allem/ oder
bey allen Creaturen/ alſo zu verfahren/ auff daß nichts beſtaͤndiges/ ſondern alles dem
Tod vnd Verderben vnterworffen ſey/ dadurch vns ſeine Ewigkeit vnd alleine Goͤttli-
che Beſtaͤndigkeit bekand zu machen.
Wann nur ein klar Waſſer durch hoͤltzerne Roͤhren viel Jahre laufft/ vnd weit
gefuͤhret wird/ dieſelbe endlich durch den Schlam̃ zuwachſen/ enger werden/ vnd dem
Waſſer ſeinen Lauff benehmen/ vnd thut ſolches ein klar vnd kaltes Brunnenwaſſer:
durch warm Waſſer aber hergegen vielmal ehender ſolches geſchicht/ wie zuſehen bey den
natuͤrlichen warmen Waſſern zu Acken/ vnd anderen Orten/ daß man vielmalen die
Roͤhren oder Waſſergaͤnge oͤffnen/ vnd dem Waſſer einen Gang machen muß. Vnd
dieſes noch ehender bey ſolchen Waſſern/ welche warm ſind/ vnd wieder kalt werden/ ihre
feces den Gefaͤſſen anhaͤngen/ vnd ſelbige dadurch verſtopffen. Auch in offenen Ge-
ſchirren ſolches zu geſchehen pfleget/ wann nemlich ein klar Brunnenwaſſer in einem
kuͤpffernen Keſſel zum oͤfftern warm vnd wieder kalt wird/ endlich an den Keſſel ſich ein
zaͤher Schlam̃ anhaͤnget/ der endlich zu einem harten Stein wird. Thut dieſes ein klar
Brunnenwaſſer/ was ſolte dann nicht thun ein ſolches Waſſer/ das an ſich ſelbſten truͤb/
grob/ geſaltzen vnd ſchleimicht iſt? Dahero nicht allein der neue vnd truͤbe Wein feces
auf den Boden fallen laͤſſet/ vnd Weinſtein ringsherumb inwendig an die Faͤſſer wach-
ſen macht/ ſondern alte Weine/ doch weniger als die junge/ ſolches auch thun.
Die-
[279]Continuatio Miraculi Mundi.
Dieweil dann der Menſch von ſolchen truͤben Getraͤncken ſich nehret vnd ſpeiſet/
nohtwendig mit der zeit die viſcera deß Leibes darvon verſtopffet/ vnd dem Leben ſeine
Nahrung/ gleich wie einem Liecht das Oel/ dadurch entzogen werden muß. Dann al-
les/ was der Menſch iſſet vnd trincket/ mit langer zeit die innerlichen viſcera verſtopffet/
vnd dem Lebens Feuer ſeine Nahrung entzeucht: Jemehr nun dieſe Nahrung dem Le-
ben entzogen wird/ je ehender das Liecht oder Feuer-Leben außleſchet/ vnd der kalte fin-
ſtere Tod herbey nahet/ vnd die Oberhand gewinnet. Dahero das alte Spruͤchwort
faget: Jß das gahr iſt/ trincke das klar iſt/ vnd rede das wahr iſt/ ſo lebſt du lang. Moͤchte
mancher ſagen: Er wolte dann alle truͤbe Getraͤncke meiden/ vnd auch gute wolgekochte
Speiſen genieſſen/ auff daß er keinen Weg zur Kranckheit vnd Tod bereitete. Es iſt
zwar wol geſagt/ vnd kan viel helffen zur Geſundheit/ wann ſich der Menſch maͤſſig im
eſſen vnd trincken haͤlt/ ſchaͤdliche/ grobe/ rauhe Speiſen vnd truͤbe Getraͤncke meidet:
daß er aber darumb nicht endlich kranck werden vnd ſterben ſolte/ das iſt nichts. Dann
keine Speiſe ſo gahr/ vnd kein Tranck ſo klar/ der nicht noch ſeine verborgene feces mit
ſich fuͤhrte/ dadurch mit langer Zeit die innerliche viſcera deß Leibes verſtopffet/ vnd
Kranckheit eingefuͤhret wuͤrde; wie oben bey dem reinen Brunnenwaſſer (dadurch die
Gaͤnge mit langer Zeit verſtopfft) gehoͤret worden. Wie dann auch ein Baum auff
hohen Bergen ſich allein auß dem klaren Regenwaſſer nehret/ vnd dennoch endlich ſeine
Wurtzel verſtopfft/ vnd ihme die Nahrung entzogen wird/ daß er abſterben muß.
Daß aber eine Eiche/ oder ein ander wilder Baum im Wald/ welcher ſich allein
vom Regenwaſſer vnd ſeinen eigenen abfallenden Blaͤttern nehret vnd vnterhaͤlt/ nicht
viel laͤnger ſtehen ſolte/ als ein zahmer Baum im Garten/ welcher fleiſſig gewartet vnd
gemiſtet wird/ ſag ich nicht: dann ſolches bekand genug/ daß mancher Eichenbaum tau-
ſend/ der zahme aber kaum ein hundert Jahr ſtehen kan; welches alles wegen der vnglei-
chen Nahrung herkom̃t. Ein Hirſch im Wald/ oder ein Rab in der Lufft kan uͤber hun-
dert Jahr leben; ſo ſie aber gefangen/ vnd auffs allerbeſte geſpeiſet/ nicht funffzig Jahr
leben koͤnnen. Wann der Menſch nur von Brod vnd Waſſer lebte/ er ohne zweiffel viel
laͤnger leben wuͤrde/ als von guten Bißlein vnd Truͤncklein; welches offenbar genug iſt/
vnd dennoch nicht in acht genommen wird/ vnd dieſes allein dahero/ weil der Menſch
der guten Bißlein vnd Truͤncklein zuviel genieſſet/ die Natur uͤberladet/ davon obſtru-
ctiones entſtehen/ vnd den Kranckheiten ein Weg dadurch bereitet wird. Ein getuͤng-
ter Baum deßgleichen zu viel Fettigkeiten auff einmal zu ſich ziehet/ dadurch ſeine Wur-
tzel verſtopffet/ vnd mit der zeit die gebuͤhrliche Nahrung dem Stam̃ nicht mehr geben
kan/ dahero er endlich verdorren vnd abſterben muß. Was Raht dann/ moͤchte man-
cher ſagen/ ſind die obſtructiones bey den Menſchen oder Baͤumen die fuͤrnehmſte
Vrſachen der Kranckheiten oder Abſterben deß Lebens/ kan man dieſen nicht fuͤrkom-
men/ daß dergleichen obftructiones nicht uͤberhand nehmen/ vnd wann ſie ſchon uͤber-
hand genommen/ ſelbige wieder eroͤffnen? Darauff gebe ich zur Antwort/ daß beydes
muͤglich zu thun/ nemlich denſelben beyzeiten vorzukommen/ vnd wann es uͤberhand ge-
nom-
[280]Continuatio Miraculi Mundi.
nommen/ wieder zu remediren iſt/ vnd ſolches auff dieſe Weiſe/ nemlich durch ſolche
Medicamenten/ welche dieſen Dingen zugegen/ davon die obſtructiones, nemlich von
kalten/ zaͤhen/ vnreinen Waͤſſerigkeiten/ herkommen/ nohtwendig ſolche wieder durch
erwaͤrmende/ duͤnnmachende/ feurige penetrirende Medicamenten erduͤnnert/ erwel-
chet vnd eroͤffnet werden muͤſſen; wie ſolches die lange Erfahrung gelehret/ daß alle ob-
ſtructiones ohne erwaͤrmende vnd penetrirende Medicamenten vnmuͤglich zu beneh-
men. Je waͤrmer/ penetrirender vnd reſolvirender nun die Medicin iſt/ je ehender
vnd geſchwinder ſie operiret/ vnd die kalte Verſtopffung eroͤffnet. Dargegen die be-
waͤhrteſten Medicamenten befunden ſeyn/ ein Spiritus volatilis communis, oder Vi-
trioli; (ohne corroſiv) Item der Spiritus volatilis tartari crudi, Spiritus Urinæ vnd
Salis Armoniaci, vnd andere dergleichen feurige Spiritus viel gutes in ſolchen obſtru-
ctionibus verrichten. Dieweiln aber die volatiliſche Spiritus gemeiniglich nur die jun-
ge vnd noch vnveraltete obſtructiones angreiffen vnd reſolviren/ die fixere aber auß-
zutreiben nicht kraͤfftig genug ſeyn/ ſondern durch ihres Gleichen/ als durch fixere Me-
dicamenten außgetrieben ſeyn wollen. Wann dann deme alſo iſt/ vnd kein erfahrner
Medicus auch ſolches mit Warheit widerſprechen darff/ ſo beruhet es dann darauff/
wie man zu einer ſolchen Medicin gelange/ die nicht allein die new-entſtandene/ ſondern
auch veraltete obſtructiones wegnehme. Durch Kraͤuter vnd deren Anhang ſolches
zu verrichten/ iſt vnmuͤglich/ welches die gegenwaͤrtige Zeit augenſcheinlich beweiſet/
daß niemand an ſolchen Kranckheiten darmit curiret wird/ ſondern ſo lang vergeblich
geflicket vnd gepflaſtert wird/ biß endlich der Tod die Oberhand bekoͤm̃t/ vnd der Pa-
tient die vielerhand genoſſene Leckerbißlein mit der Haut bezahlen muß; welchem vn-
reiffen Tod man doch gar leichtlich mit guter Medicin haͤtte vorkommen koͤnnen. Wie
ſolte es koͤnnen muͤglich ſeyn/ daß eine kalte/ grobe vnbereitete Medicin auß den viſceri-
bus die kalte/ grobe humores erwaͤrmen/ erweichen vnd außfuͤhren koͤnnen? Eben als
wann einer mit einem kalten Stuͤck Eiß ein ander Stuͤck gefroren Waſſer zerſchmel-
tzen vnd fluͤſſig machen wolte/ das Feuer aber ſolches thun kan. Darumb in ſolchen kal-
ten/ zaͤhen obſtructionibus, ſelbe zu erwaͤrmen/ erduͤnnern vnd außzutreiben eine pe-
netrirende/ feurige/ lebendige/ gute Medicin/ vnd gar kein kalter/ todter/ ſchleimiger
Syrup/ Conſerva oder Julep gehoͤret.
Jch kan mich nicht genug verwundern/ wann ich daran gedencke/ wie daß doch
deß Menſchen Leben vnd Geſundheit ſo wenig geachtet/ ſo liederlich verſeumet/ vnd ſo
muhtwillig/ auß lauter ignorantz, verwarloſet wird/ ſo blind vnd obſtinat die jetzige
Welt jetzunder iſt/ daß ſie dieſes nicht ſehen noch glaͤuben wil/ wann auch mit Fingern
darauff gezeiget wuͤrde: niemand aber mehr Schaden darvon hat/ als die Vnſchuldi-
gen/ welche es nicht verſtehen/ ſondern was man ihnen vorſaget/ glauben muͤſſen. Die-
ſes aber dem Gluͤck vnd Zeit/ neben andern erroribus, befohlen/ durch welche (wanns
Gott geliebt) etwan einmal remedia gegen ſolche Mißbraͤuche moͤchten geſchafft wer-
den.
Die-
[281]Continuatio Miraculi Mundi.
Dieweil wir dann gehoͤret/ daß der vornehmſte Weg vnd Vrſach zu den Kranck-
heiten vnd Tod/ kalte/ zaͤhe vnd dicke humores ſeyn/ dadurch die innerliche viſcera deß
Leibs nach vnd nach eingenommen vnd verſtopffet/ vnd dem humido radicali der Vn-
terhalt oder Nahrung entzogen wird/ daß das Lebens-Feuer allgemach ſchwaͤcher/ vnd
endlich gar erſticken vnd außleſchen muß.
Deme nun zu begegnen/ kein beſſer oder ſicherer remedium zu finden iſt/ als er-
meldte innerliche viſcera oder Gaͤnge deß Leibes offen vnd ſauber zu halten; vnd wann
ſie ja allbereit verſtopffet/ wiederumb zu eroͤffnen/ vnd einen freyen Gang zu machen.
Welches dann dieſes mein Aurum Potabile vollkoͤm̃lich verrichten kan/ vnd
ſchwerlich eine beſſere Medicin/ alle obſtructiones deß menſchlichen Leibes zu beneh-
men/ gefunden wird. Dann gedachtes Aurum Potabile an ſich ſelber ein ſubtil vnd
durchdringendes/ feuriges Weſen iſt/ dadurch alles Kalte erwaͤrmet/ das grobe erduͤn-
nert/ vnd die ſchaͤdliche Feuchtigkeit verzehret vnd außgetrucknet wird/ alſo/ daß bey dem
Gebrauch dieſer Medicin keine obſtructiones ins Menſchen Leib generiret/ vnd wann
ſie auch allbereit ſchon vorhanden/ dennoch derſelben wieder weichen vnd Platz machen
muͤſſen. Darzu hat es die Krafft/ das humidum radicale oder ſpiritum vitalem vor al-
len andern Medicamenten zu ſtaͤrcken/ vnd bey gutem Weſen zu vnterhalten. Kan
alſo gaꝛ wolfuͤr ein Centrum concentratum omnium medicamentorum gehalten wer-
den: dann alle dieſe Kraͤfften/ welche ſonſten bey den Vegetabilien/ Animalien vnd Mi-
neralien einfach zu finden/ vnd bey den Kranckheiten particulariter operiren/ allhier
beyſammen concentriret ſeyn/ vnd univerſaliter wircken/ darumb auch billich eine
Medicina Univerſalis ſoll genennet werden: dann ſolche nicht allein bey den menſchli-
chen Coͤrpern allen andern medicamentis in groſſen ſchnell-wirckenden Kraͤfften vnd
Tugenden vorgehet/ ſondern ſie auch bey den Vegetabilien vnd Mineralien ſolches ge-
nugſam beweiſet/ alſo ihr billich der Vorzug/ Lob vnd Preis ſeyn vnd bleiben muß.
Dann wann dieſes Aurum Potabile ſchon noch viel kraͤfftiger vnd edeler in Me-
dicina gegen alle Kranckheiten der Menſchen ſolte erfunden werden/ als wie es jetzunder
iſt/ vnd doch darneben nicht auch eine Medicin der Vegetabilien vnd Mineralien waͤre/
ſo koͤnte ſie nicht fuͤr eine Univerſal-Medicin beſtehen/ ſondern allein fuͤr eine gute Par-
ticular-Medicin der Animalien gehalten werden. Dieweiln aber dieſes mein Aurum
Potabile (wie oben allbereit erwehnet) nicht allein dem ſchwachen menſchlichen Ge-
ſchlecht/ als dem animaliſchen Reiche/ ſondern auch dem vegetabiliſchen vnd minerali-
ſchen Reiche gleicher weiſe hoͤchſte Medicin iſt/ (dann auſſer dieſer dreyen Reichen/ nem-
lich der Vegetabilien/ Animalien vnd Mineralien in der gantzen Natur nichts weiters
zu finden) darumb billich eine Medicina Univerſalis zu nennen.
Es ſchreiben zwar die Philoſophi, daß ihre Medicina Univerſalis dem menſch-
lichen Geſchlecht gegen alle Kranckheiten die hoͤchſte Medicin waͤre/ vnd darneben alle
vnvollkommene Metallen in das beſte Gold verwandelte; daß ſie aber auch der Vegeta-
bilien hoͤchſte Medicin ſeyn ſolte/ melden ſie gar nichtes von. Was aber die Vrſach ſol-
N nches
[282]Continuatio Miraculi Mundi.
ches verhaltens/ ſolte ich wol ſagen koͤnnen/ aber nicht noͤhtig erachte/ ſolches zu eroͤff-
nen/ iſt genug/ daß ich ſo viel weiters gehe vnd bekand mache/ daß ſie es thun koͤnne.
Man wolle mich aber wol verſtehen/ vnd nicht ſo ſchlecht achten/ als wann ich die-
ſes mein Aurum Potabile dem gar groſſen Stein der Philoſophen/ dadurch ſie die vn-
vollkommene Metallen in groſſer Quantitaͤt per projectionem in das beſte Gold ver-
wandelt haben/ gleich achten wolte: Nein; dann eine ſolche groſſe Krafft ich dieſer mei-
ner Medicin nicht zuſchreibe/ welches auch nicht in ihr iſt; daß aber nicht mit der zeit ein
beſſers darauß ſolte koͤnnen gemacht werden/ als mir jetzunder davon bekand iſt/ kan ich
nicht ſagen/ dann ich ſo weit nicht darmit kommen bin/ vnd auch vielleicht nimmer ſo
weit kommen werde: dann ſolches nicht bey mir/ ſondern allein bey Gott ſtehet/ ob ers
zulaſſen werde/ oder nicht. Jch ſage aber Gott meinem him̃liſchen Vatter fuͤrs erſte
Lob vnd Danck fuͤr ſeine groſſe Gnade/ deren ich mich nicht wuͤrdig achte/ die er mir all-
bereit verliehen/ vnd ein ſchoͤnes kleines Koͤnigliches Kindlein beſcheret hat: ob er mir
aber ſeine Goͤttliche Gnade noch laͤnger verguͤnnen/ vnd behuͤlfflich ſeyn werde/ daß ich
gedachtes kleines Kindlein zu voͤlligen mannbaren Jahren bringen/ vnd eine Kron der
Ehren vnd Herꝛlichkeit auffſetzen moͤchte/ kan ich nicht wiſſen/ ſtehet alleine bey deme/
der alles geben vnd wieder nehmen kan.
Was ich aber allhier geſchrieben/ das iſt die pur lautere Warheit/ vnd zu keinem
andern Zweck geſchehen/ als allein Gottes Ehre vnd ſeine groſſe Wunderwercke da-
durch bekand zu machen/ wie auch dem armen duͤrfftigen menſchlichen Geſchlecht damit
zu dienen/ vnd mein von Gott empfangenes Talentum fruchtbar zu machen.
Weiters ſchreiben die Philoſophi ihrer Medicin zu/ daß man dadurch auß allen
Kißlingſteinen vielerhand Farben Edelgeſteine machen koͤnne/ den natuͤrlichen an der
Farbe gantz gleich/ welches dann mein Aurum Potabile/ weiln ich ſolches eine Medici-
nam Univerſalem nenne/ nohtwendig auch verrichten muͤſſe/ mancher ſagen koͤnte.
Darauff ich berichte/ wie auch allbereit zu etlich malen geſchehen/ daß mein Aurum Po-
tabile noch jung vnd vnvollkommen/ vielleicht wann es zur Feuerbeſtaͤndigkeit gebracht
wuͤrde/ es ſolches genugfam verrichten ſolte: Jetzunder aber gibt es per ſe innerhalb
dreyen Stunden lang in einem verdeckten Tiegel/ einem blut-rohten/ durchſichtigen
Stein/ einem Rubin gleich/ welcher/ ſo ein wenig davon auff ein geſchmoltzen Glas ge-
worffen/ daſſelbige gelb/ gruͤn/ blaw/ auch wol kolſchwartz ferbet/ nachdem viel oder we-
nig darauff geworffen/ oder es laͤnger im Fluß erhalten worden/ vnd dieſes/ da es noch
nicht fix oder zeitig iſt/ was es aber thun ſolte/ wann es zur voͤlligen fixitaͤt gebracht/ man
leichtlich erachten kan.
Auch tingiret es etliche Arten weiſſen Kießling in vielerhand Farben/ wann die-
ſelbe etliche Stunden in der Hitze ligen/ vnd transmutiret den Sulphur darinnen zu gu-
tem Gold/ welches mir fuͤr das wunderlichſte vorkoͤm̃t/ das ich all mein Lebtag gehoͤret/
vnd iſt die Warheit was ich ſage: wie ichs aber erfahren vnd gewahr worden/ nohtwen-
dig achte/ ſolches bekand zu machen: Jch habe einmal etliche Vntzen gemeldtes Auri
Po-
[283]Continuatio Miraculi Mundi.
Potabilis in einem Porcellanen Schuͤſſelein im Sand ſtehen gehabt/ das phlegmæ
davon zu verdunſten/ vnd ad formam Salis zu bringen: nachdem aber der Sand zu
warm worden/ der Liquor theils auß der Schalen gelauffen/ vnd in den warmen
Sand gekrochen/ vnd ich einmal darzu ſiehe/ vnd gewahr werde/ daß mein Aurum
Potabile in den Sand gelauffen/ vnd ſich darein verkrochen gehabt/ muſte ich es alſo ge-
ſchehen laſſen/ nahme ſolchen Sand/ der von dem Auro Potabili zuſammen gebacken/
auß der Sand-Cupellen/ legte ſelben in ein Glas/ goß ein Regenwaſſer darauff/ ſtellte
ſolches auff warmen Sand zu extrahiren/ ſo hat ſich alles Saltz in das Waſſer begeben/
vnd ſich darinn ſolviret/ darauff habe ich den Sand mit dem Waſſer in einen Trichter
von Filtrir-Pappier geſchuͤttet/ ſo in das imprægnirte Waſſer klar durchgelauffen/ an
der Farb vnd Geſtalt vnveraͤndert/ der Sand aber/ welcher weiß geweſen/ gantz braun-
roht geblieben/ daruͤber ich mich verwundert/ daß auch ein Sand ſich von gedachtem
Auro Potabili ferben ließ/ habe demnach ein wenig von gedachtem Sande auff einer
Cupellen probiret/ vnd gut Gold gefunden; welches eine wunderliche transmutation
iſt/ deßgleichen miꝛ niemaln zu Ohren kommen. Jch glaube/ man ſolte ein Stuͤck Cry-
ſtall durchauß in Edelgeſtein gradiren koͤnnen/ nur in digeſtione; welches ich nicht ver-
ſucht/ aber mit naͤhſtem/ ſo Gott wil/ ſolches zu verſuchen willens.
Nachdem ich dieſes geſehen/ hab ich mir alsbald einbilden koͤnnen/ daß derjenige
Sand/ darein ich Kraͤuter gepflautzt/ vnd mit dem Auro Potabili befeuchtet/ ihnen/ den
Kraͤutern/ nicht voͤllige guͤldiſche Kraͤfften vnd Qualitaͤten/ ſo dem Sand einverleibet/
gefolget wuͤrden/ ſondern der Sand die beſte Krafft zu ſich attrahiren/ vnd ſich ſelber
dadurch verbeſſern/ vnd den eingepflantzten Kraͤutern nur ein wenig von den guͤldiſchen
Kraͤfften folgen laſſen moͤchten; welches auch alſo befunden/ darumb der Sachen beſſer
nach zudencken mir Gelegenheit vnd Anlaß geben hat/ vnd hinfuͤro ſolche Kraͤuter/ wel-
che durch mein Aurum Potabile guͤldiſcher Qualitaͤten theilhafftig werden ſolten/ nicht
mehr in Sand/ ſondern nur in Segeſpaͤne von Holtz zu pflantzen vorgenommen: dann
das Holtz eine ſolche ſtarcke magnetiſche Krafft nicht hat/ auß dem Auro Potabili die
guͤldiſche Eſſentiam zu extrahiren/ als ein Sand. Wird alſo auff dieſe Weiſe in ver-
fault Holtz oder Segeſpaͤne gepflantzt viel beſſer ſeyn als in den Sand/ weiln derſelbe das
beſte fuͤr ſich ſelber heraußzeucht/ ſich dadurch verbeſſert/ vnd dem Vegetabili mehr nicht
zukommen laͤſſt/ als er ſelber wil: welches gar zu parteyiſch gehandelt iſt. Wann ich die-
ſes nicht vngefehr gemercket oder gewahr worden waͤre/ wuͤrde mir der Sand viel gutes
entzogen/ dem Vegetabili wenig gelaſſen/ ſondern ſich ſelber am beſten damit verſorget
haben.
Weiters dienet auch dieſes zu wiſſen/ daß alle Kraͤuter/ welche durch Huͤlffe mei-
nes Auri Potabilis gewachſen/ nicht allein groͤſſer vnd ſtaͤrcker am Gewaͤchs/ als ſonſten
gemeine Kraͤuter/ herfuͤr kommen/ ſondern dieſelbe auch viel herꝛlicher an Farben/ Ge-
ruch/ Geſchmack vnd allen Kraͤfften befunden werden: vnd ſolches dahero/ weilen ge-
dachte Medicina Univerſalis ein lauter Feuer/ vnd den Gewaͤchſen ſolches auch mit
N n 2ein-
[284]Continuatio Miraculi Mundi.
einverleibet: dann bekand genug iſt/ je waͤrmer die Laͤnder/ je kraͤfftigere Kraͤuter ſie
herfuͤrbringen. Jn dieſen feuchten Niederlanden haben die Kraͤuter ſchon keinen ſol-
chen guten Geruch/ Geſchmack/ vnd Kraͤffte/ gleich wie in Hoch-Deutſchland/ da der
Grund vnd Lufft truckener vnd waͤrmer iſt als hier. Deßgleichen werden die Kraͤuter
in Deutſchland nicht ſo kraͤfftig vnd groß gefunden als in Franckreich/ da die Lufft noch
waͤrmer vnd truckner iſt als in Deutſchland/ da man kaum ein Stoͤcklein Roſmarin
uͤber Winter behalten kan/ daß es nicht erfrieret: in Franckreich aber ſolcher auff den
Haͤyden vnd wilden Feld daher waͤchſet/ bißweilen groſſe Baͤume davon gefunden wer-
den/ daß man ſich trucken vorm Regen darunter verbergen koͤnte/ welches in kalten Laͤn-
dern gar nicht geſchicht. Darumb der allerbeſte vnd lieblichſte Honig auß Franckreich
vnd Marſilia (da die Bienen ſolchen auff der Haͤyden wachſenden Roſmarin-Bluͤht
außſaugen/ zu vns in Deutſchland vnd andere Oerter/ einen lieblichen Maͤht davon zu
machen/ oder ſonſten zu der Fruͤchten vnd Blumen conſervirung zu gebrauchen) ge-
bracht wird. Deßgleichen wird derjenige Honig/ ſo in Holland vnd Frießland/ da die
Bienen auff die Wieſen vnd feuchten Graslaͤnder fliegen/ ihr Honig darauß zu ziehen/
faſt ohne Geſchmack erfunden/ dahero viel beſſer als derjenige/ welchen die Bienen von
den wilden hart-riechenden Bluͤhten der Baͤume oder mageren Haͤyden geſogen haben.
Darauß genugſam zu ſehen/ daß ein groſſer Vnterſcheid zwiſchen der Kraͤuter Kraͤfften
zu machen/ vnd ſehr geirret wird/ daß man in Europa, vnd ſonderlich an den Nordli-
chen Orten/ als Dennemarck/ Schweden oder Polen/ die Kraͤuter ſo gut vnd kraͤfftig
haͤlt/ als diejenige/ davon die alten Medici viel geſchrieben/ vnd die jungen Galenici in
den kalten Laͤndern ſolches auch ihren feuchten Kraͤutern zumeſſen wollen/ welches weit
gefehlet; darumb ſie auch wenig darmit außrichten/ welches bekand genug iſt.
Avicenna, Averroës, Agnieta (darauß Galenus ſeine Schrifften colligiret) ſind
keine Deutſchen/ Schweden/ Daͤnen oder Polen geweſen/ haben in hitzigen Laͤndern
gewohnet/ da die Sonne von oben herab Tag vnd Nacht gewaltig operiret/ vnd von
vnten haben die Kraͤuter einen guͤldiſchen Grund gehabt/ da ſie nohtwendig kraͤfftig ha-
ben ſeyn muͤſſen: daß man aber dieſe in vnſern kalten Landen jenen an Kraͤfften gleich
halten wolte/ das iſt weit gefehlet; die Natur hat es alſo nicht verſehen/ durch Kunſt aber
ſolches zu thun wol muͤglich waͤre/ daß bey vns in Europa auch in den kaͤlteſten Laͤndern
ſolche kraͤfftige Kraͤuter (den Arabiſchen gleich) wachſen koͤnten. Dann wo die Natur
auffhoͤret/ ſagen die Philoſophi; muͤſſe der Artiſt anfangen; welches Hermes, als ein
Vatter aller Philoſophen/ in ſeiner Schmaragdiniſchen Tafel klar genug zu erkennen
gegeben/ da er ſaget: Verum, ſine mendacio certum \amp; veriſſimum, quod eſt inferius,
eſt ſicut quod eſt ſuperius, \amp; quod eſt ſuperius, eſt ſicut quod eſt inferius, ad perpe-
tranda miracula rei unius, \amp;c.
Obwol nun dieſe Worte vnterſchiedlich außgelegt vnd verſtanden/ ſo gehet doch
der gantze Jnnhalt derſelben allein auff die oͤbere vnd vntere Sonne/ dadurch alles ge-
neriret vnd zur perfection muß gebracht werden. Die obere Sonne koͤnnen wir mit
Ge-
[285]Continuatio Miraculi Mundi.
Gewalt nicht herunterziehen/ oder viel weniger derſelben gebieten/ daß ſie vns in Euro-
pa auch ſo warm ſcheinen vnd ſo kraͤfftige Kraͤuter wolte wachſend machen/ den Arabi-
ſchen gleich. Wir finden kein Gehoͤr bey derſelben/ ſie kennet vns nicht/ ſondern gehet
ihren Gang dahin/ wie ſie allzeit gewohnet/ vnd von Gott darzu verordnet worden.
Wollen wir aber etwas beſſers haben/ als die Natur vns zu geben gewohnet iſt/ ſo muͤſ-
ſen wir die Kunſt/ als eine Nachfolgerin der Natur/ anreden vnd ſehen/ ob ſie vns zu
huͤlff kommen wolte; welches ſie dann gar wol thun kan/ daß vns in Europa die Erde
immer ſo kraͤfftige Kraͤuter herfuͤrbringen muß/ als in Arabia, vnd mit wenigen Koſten
vnd Muͤhe; darff eben durch mein Aurum Potabile nicht geſchehen/ welches zu theuere
Kraͤuter geben wuͤrde: ſondern es koͤnte ſolches nur ein fluͤſſiges ſulphuriſch geſaltzen
Waſſer vollkoͤm̃lich verrichten: dann ſowol in dem Saltz/ als auch Schwefel/ die Son-
nenſtralen haͤuffig concentriret oder coaguliret zu finden/ welches vnſere irdiſche Son-
ne iſt. Wann wir dann ſolche nur gegen die vegetabiliſche Gewaͤchſe zu appliciren wuͤ-
ſten/ wuͤrden wir eben daſſelbige durch Kunſt darmit außrichten vnd zu wegen bringen/
was ſonſten die obere Sonne natuͤrlicher weiſe verrichtet. Der dieſes nicht verſtehet
noch begreiffen kan/ der gehoͤret gar nicht vnter die wahre Philoſophos, ſondern laͤſſt ſich
von den Blinden leiten/ vnd fuͤhret andere auch in die finſtere Gruben. Die Sonne
am Firmament gehet ihren Weg/ laͤſſt ſich weder kleiner noch groͤſſer machen: die vntere
Sonne haben wir in Haͤnden/ vnd koͤnnen dieſelbe vnſern Gewaͤchſen geben/ wann vnd
wie viel wir ſelber wollen: dahero die Kunſt der Natur weit bevor geht/ wann wir dieſel-
be nur haben vnd zu gebrauchen wiſſen. Dieſer Diſcurs faͤllet mir groͤſſer/ als ich ver-
meynet/ wollens darbey beruhen laſſen. Den Erfahrnen iſt genug geſagt/ einem Eſel
aber laſſen ſich ſeine lange Ohren nicht kuͤrtzer predigen/ vnd auch einen Morian weiß
zu waſchen vergeblich iſt. Dieſes in Parentheſi beyzubringen/ hab ich nicht vmb gehen
koͤnnen.
Auff daß man aber ſehen vnd ſpuͤren moͤge/ daß ich die Warheit ſchreibe/ vnd et-
wan einer oder der ander auß curioſitaͤt eine Probe davon machen wolte/ ſo berichte ich
dieſes/ daß man gemeldtes Aurum Potabile erſtlich nur in ein roht Saltz coaguliren
ſoll/ vnd deſſen auff ein Loht gefloſſen Cryſtallinen Glas/ ohngefehr 3. 4. 6. 8. 12. mehr
oder weniger Granen werffen vnd darauff ſchmeltzen laſſen ſoll/ ſo nimbt das gefloſſene
Glas alſobalden die Tinctur zu ſich/ vnd erlanget eine gelbe Hyacinthen-Farbe/ ſo ſchoͤn
als ein natuͤrlicher durchſichtiger Hyacinth immer ſeyn koͤnte. NB. So man aber die
Farb laͤnger im Feuer ſtehen laͤſſt/ ſo veraͤndert ſich die goldgelbe Farb in eine gruͤne oder
blaue/ vnd wann ſie noch laͤnger ſtehet/ endlich kolſchwartz wird. So man aber einen
Rubin davon haben wil/ muß man nichts frembdes zuſetzen/ ſondern das coagulirte
Aurum Potabile allein in einem reinen verdeckten Tiegel ein paar Stunden flieſſen
laſſen/ ſo wird es ein blutrohtes Vitrum geben/ ſo ſchoͤn/ daß auch durch bloſſes anſehen
einem Liebhaber/ welcher durch viel Sorgen/ Muͤhe vnd Arbeit ſeine gantze Natur ver-
ſchwaͤchet vnd gekraͤucket/ das Hertz im Leib erquicket wird.
N n 3Wie
[286]Continuatio Miraculi Mundi.
Wie einem vmbs Hertz iſt/ der ſo viel vergebliche Arbeit gethan/ den Segen Got-
tes ſo ſchmertzlich erwartet/ vnd endlich einmal eine Muͤglichkeit erblicket/ kan ein jeder
leichtlich erachten. Ohne Zweiffel da Moſes das Gelobte Land nur von weitem erſehen/
vnd doch nicht hineinkommen konte/ dennoch von Hertzen ſich wird erfreuet haben.
Wie erfreute ſich doch der alte Simeon/ als er durch Antrieb Gottes in den Tempel kam/
das Kindlein JESVS auff ſeine Arme nahm/ ſprechende: Herr/ nun laͤſſeſt du
deinen Diener im Friede fahren: dann meine Augen haben deinen Heyland geſehen.
Jch wil hoffen/ daß mir niemand werde vor uͤbel auffnehmen/ daß ich dieſes gleichnuͤß-
weiſe einfuͤhre: dann mein Kind nur Dreck vnd Koht/ jenes aber auff den Armen Si-
meonis ein Herr Himmels vnd der Erden war. Gleich wie aber das Kindlein JE-
SVS/ da es noch klein war/ vnd nicht reden oder predigen konte/ keine Wunderwerck
thate/ ſondern in allem aͤuſſerlichen Anſehen noch einem gemeinen Kinde gantz gleich
war/ vnd niemand daran ſehen konte/ was auß ihm werden wolte/ ſo lang vnd viel/ biß
es ſeine mannbare Jahre erreichte/ alsdann es nicht mehr kindiſch bliebe/ ſondern groſſe
Wunderwerck thun konte/ vnd dieſes dahero/ weiln das Goͤttliche Weſen von Ewig-
keit her in ihme verborgen/ vnd durch die Zeit allgemach an ihme offenbar werden muſte.
Wer kan an einem Saamen ſehen/ was fuͤr Farben vnd Geſtalten das Gewaͤchſe auß
ihme bekommen werde: wann aber derſelbe ins Wachsthumb gebracht/ vnd darinn be-
hoͤrlicher weiſe vnterhalten/ alsdann offenbar wird/ was zuvor verborgen war.
Dieweil dann nun das wahre primum Ens Auri vollkoͤm̃lich in meinem Auro
Potabili verborgen/ vnd nicht zu ſehen/ was durch die Kunſt darauß zu machen/ biß
daß es zur fixation gebracht: Alſo muß man die Gedult haben/ biß das Kind alt vnd
groß wird/ alsdann es reden/ vnd ſonſten maͤnnliche Thaten begehen wird/ ehender
aber nicht. Wer wuͤrde glauben koͤnnen/ daß in einem Ey das Weſen von einem
Vogel mit allen Gliedern/ Federn/ vnd was deme anhaͤngig/ verborgen/ wann es nicht
ſo gar bekand waͤre? Ein ſuͤſſer Weintrauben-Moſt/ wann deſſen zu viel getruncken
wird/ er dem Magen ſchaͤdlich iſt/ ſolchen verſchwaͤchet/ vnd Colicam verurſachet:
wann er aber alt/ klar vnd ſtarck worden/ er den Magen vnd gantzen Leib ſtaͤrcket/ vnd
dieſe Kraͤffte erſt beweiſet/ welche in dem ſuͤſſen Moſt verborgen waren: Deme aber
ein vegetabiliſcher Saame/ oder ein animaliſch Ey/ oder mineraliſch primum Ens
bekand iſt/ der weiß wol/ daß auß dem Saͤmlein ein Kraut/ auß dem Ey ein Vogel/
vnd auß dem primo Ente Mineralium eine hohe Univerſal-Medicin werden muß:
der es aber nicht weiß noch verſtehet/ vnd ein vnachtſam Saͤmlein/ Eylein/ oder vn-
anſehnlich primum Ens Mineralium als ein ſulphuriſch Saltz verwirfft/ der verwirfft
auch ein verborgen Kraut/ Vogel/ vnd Medicinam Univerſalem vnwiſſend. Dar-
umb niemand etwas verwerffen oder verachten ſoll/ das er nicht kennet. Soll alſo
hiemit verſtanden werden/ daß in dem primo Ente Auri eine wahre Univerſal-Medi-
cin verborgen/ vnd durch die Zeit/ Kunſt vnd Natur realiter dahin zu verwandelen
muͤglich. Darumb niemand mein Aurum Potabile verachten wolle/ weiln es noch ſo
jung/
[287]Continuatio Miraculi Mundi.
jung/ vnd nur einem gemeinen geſaltzenen Waſſer gleich anzuſehen/ ſondern gedencken/
daß es nur ein weiſſes Ey ſey/ ſeinen gelben Dotter aber/ darauß ein ſchoͤner Vogel
werden koͤnne/ inwendig in ihme verborgen trage.
Dieſes ſey nun genug von Natur/ Art vnd Eigenſchafft meines Auri Potabilis
gehandelt. Mit naͤheſtem ſoll ſein medicinaliſcher Gebrauch nebenſt anderen meiner
vornemſten Medicamenten außfuͤhrlich beſchrieben herauß gegeben werden. Welcher
es aber vnterdeſſen gebrauchen wolte/ der kan es ohne alle Sorgen vnd Gefahr gar wol
thun/ dann es nichts anders als gutes verrichten wird/ nemlich das ſchwache Humi-
dum radicale oder Spiritum vitalem darmit zu ſtaͤrcken/ vnd gleichſam wie durch Zu-
gieſſung deß Oehls eine brennende Lampen/ oder durch Zulegung deß Holtzes ein Feuer
erhalten/ vnd vor dem Außleſchen bewahret/ vnd in ſeinem Leben erhalten wird/ alſo
auch deß Menſchen Leben dadurch ernehret/ vermehret/ vnd lange Jahre bey geſundem
Zuſtand dadurch erhalten vnd behalten werden kan: doch daß mans mit Verſtand/ als
ein lauter Feuer/ maͤſſig gebrauche. Erſtlich kan man davon ein oder zwey Troͤpfflein
mit Wein/ Bier/ oder anderem Getraͤnck vermiſchen/ am allerbeſten mit dem Spiritu
Vini, vnd dem Patienten beybringen/ deß andern Tags ein Troͤpfflein mehr geben/
vnd alſo darmit auffſteigen ſo lang vnd viel/ biß daß es ſichtlich wircket/ den Schweiß
vnd Urin treibet/ vnd auch bißweilen linde ſedes verurſacht: vnd wann mans ſo weit
gebracht/ ſo kan man wieder zuruͤck gehen/ die Doſin mindern/ vnd nach gluͤcklicher
vollendeter Cur weiter innhalten/ vnd davon einzunehmen nachlaſſen/ ſo wird man
befinden/ daß alle boͤfe Kranckheiten/ auch die verborgene/ dadurch außgetrieben/ vnd
gleichſam conſumiret werden wie ein Holtz von einem brennenden Feuer/ daß nichts
als ein fixes/ beſtaͤndiges Saltz zuruͤck bleibet/ verzehret/ vnd ad nihilum gebracht wird.
Dann/ wie oben erwehnet/ alle Kranckheiten meiſten theils auß den feuchten hu-
moribus entſtehen/ vnd ihren Vrſprung haben/ dargegen kein beſſer Remedium zu
finden/ als dieſes mein Aurum Potabile: dann es allen uͤberfluͤſſigen Feuchtigkeiten
gewaltig widerſtehet/ ſolche verzehret/ außtreibet vnd conſumiret/ wie die Sonne ein
Geſchirꝛ mit Waſſer außduͤnſten macht: dahero Lepra, Morbus Gallicus, Quartana
vnd alle andere Febres, Scorbutus, Epilepſia, Apoplexia, Melancholia, Hypo-
chondriaca, Hydropiſis, Calculus in Nieren vnd Blaſen/ Podagra, alle bekande
vnd vnbekande Mutter-Kranckheiten der Weiber/ die erſchreckliche Peſtilentz/ vnd
was deren anhaͤngig/ gluͤcklich dadurch curiret vnd ſicherlich dafuͤr præſerviret werden.
Dann nichts mehrers der corruption vnd Verderben vnterworffen iſt/ als das uͤbrige
phlegma oder vnzeitige Feuchtigkeit/ dahero ein truckener Sanguineus ſchon geſuͤnder
als ein feuchter Phlegmaticus. Ein truckener Zucker kan viel Jahre vnverdorben
ligen/ wann er aber naß wird/ ſo wird er ſauer vnd ſchimlicht/ der doch ſelber ein Saltz
iſt/ vnd andere verderbliche Vegetabilien/ wann er darmit vernuſcht/ zu præſervi-
ren pflegt.
Daran
[288]Continuatio Miraculi Mundi.
Daran man genugſam ſehen kan/ daß die uͤbrige Feuchtigkeit bey allen Dingen
eine Thuͤr dem Tod zum Leben auffthut: die warme temperirte Truckene aber alles bey
gutem Stand vnd Weſen erhalte/ vnd aller corruption den Zugang verſchlieſſen thut.
Gleich wie ein ſchoͤn vnd wolgebautes Haus/ wann es am Tach nicht wol verſehen/ vnd
der Regen hinein laufft/ ſolches allenthalben anſtecket vnd verfaulend macht: wann
mann man aber die Loͤcher am Tach oder die Fenſter/ da es hinein geregnet/ hat zuge-
macht/ vnd andere Fenſter hergegen auffthut/ vnd die warme Lufft da durchziehen laͤſſt/
alsdann das angefangene Faule wieder außgetrucknet vnd gut erhalten wird/ welches
ſonſten in ſeiner Feuchtigkeit haͤtte verfaulen muͤſſen. Wie auch zuſehen bey denen/ wel-
che an feuchten/ moraſtigen Orten wohnen/ darzu von waͤſſerigen Speiſen vnd Getraͤn-
cken leben/ allzeit phlegmatiſch vnd vngeſund erfunden werden/ vnd ſehr mit Catharris
uͤberfallen/ auch gemeiniglich durch den Scorbutum geplagt werden: hergegen diejeni-
gen/ welche auff hohem Land vnd truckener Lufft wohnen/ auch geſunde Speiſen genieſ-
ſen/ von dergleichen waͤſſerichten Kranckheiten nichts wiſſen/ ſondern ſtarcke Leiber/
vnd hart geſund Fleiſch zu haben pflegen/ vnd nicht allein bey den Menſchen/ ſondern
auch bey allen andern Dingen dieſer Vnterſcheid geſpuͤret wird: dann nicht allein das
Brod/ Fleiſch/ Obſt/ vnd was man ſonſten zur taͤglichen Speiſe genieſſet/ viel ehender
an feuchten Orten ſchimlicht wird/ anlaufft vnd verdirbt/ ſondern die feuchte Luft greifft
auch die reine Metallen an/ als Eiſen/ Kupffer/ Zin/ vnd dergleichen/ vnd macht ſolche
dunckel/ anlauffen vnd roſtig/ welches bey truckener Lufft nimmer ſo leichtlich geſchicht.
Darauß dann genugſam zu ſehen/ daß die uͤbrige Feuchte allzeit bey allen Dingen
ſchaͤdlich/ vnd die corruption einfuͤhret/ dargegen niemand etwas wird beybringen
koͤnnen.
Weiln dann dieſes mein Aurum Potabile von allen andern Medicamenten/ wie
ſie auch Namen haben moͤchten/ aller corruption entgegen/ vnd/ præſervative wie cu-
rative ſicherlich zu gebrauchen/ ſo ſoll es auch fuͤr eine wahre Univerſal-Medicin, derer
keine bevorgeht/ allhier gehalten werden.
Dieſes wenige von Gebrauch/ Tugend vnd Krafft meines Auri Potabilis in cu-
rirung/ ſo wol der Vegetabilien vnd Mineralien/ als auch Animalien/ hab ich dißmals
allhier beſchreiben wollen/ ein mehrers (geliebts Gott) mit nechſtem bey Beſchreibung
deß Gebrauchs meiner vornemſten Medicamenten davon gehandelt werden ſoll.
Weiters iſt noch noͤhtig/ ein wenig zu gedencken der præparation obgedachtes
meines Auri Potabilis. Obwoln deſſen Bereitung an vielen Orten meiner Schrifften
allbereit genugſam geſchehen/ vnd klaͤrlich davon gehandelt worden/ zwar more philo-
ſophico, vnd kein Recipe geſetzt worden/ ſondern ſtuͤckweiſe an vnterſchiedlichen Or-
ten/ als Miraculi Mundi, wie auch deſſen Explication vnd Continuation klaͤrlich be-
ſchrieben/ vnd nicht noͤhtig waͤre einige Worte mehr davon zu machen: dennoch zum
Vberfluß dieſes noch berichten wollen/ nemlich/ daß ihme doch niemand einbilden wol-
le/ daß er ein ſolches Subjectum etwan auß frembden/ weit-entlegenen Orten durch viel
Koſten
[289]Continuatio Miraculi Mundi.
Koſten erkauffen muͤſte; gantz nicht: dann dieſe Materia, darauß man das Aurum Po-
tabile bereitet/ allenthalben zu finden/ vnd ſowol der Aller-aͤrmſte als der Reichſte ſol-
ches vmbſonſt genugſam haben kan; vnd auch in dreyen Tagen von Anfang biß zum
Ende vollkoͤm̃lich außzuwircken. Doch daß man mich recht verſtehe/ ſo weit die Jugend
vnd kindliche Jahre betreffen thut/ nemlich in eine Jungfraw-Milch/ oder klar medici-
naliſch Univerſal-Waſſer/ welches ich Aurum Potabile nenne/ darinnen deß Drachen
koſtbares Blut verborgen/ vnd erſtlich durch gewiſſer Zeit figirung in einen beſtaͤndigen
Salamander zu bringen; welches ich zwar ſo weit noch nicht gebracht/ davon auch we-
nig ſage/ ſondern allein bey meinem Auro Potabili verbleibe/ welches ich vielmal berei-
tet/ vnd allhier davon handele/ vnd von wichtigern vnd groͤſſern Dingen mich nicht be-
muͤhen thue. Doch ich auch gar nicht daran zweiffele/ wann man die Zeit vnd Muͤhe
anwenden wolte/ daß dieſes Aurum Potabile ſo wol im naſſen als truckenen Weg zu
figiren muͤglich ſeyn ſolte. Bekenne auch nochmaln/ daß dieſes mein Aurum Potabile
auß allen Dingen/ ſo in der Welt ſeyn/ zu machen/ doch auß dem einen Subjecto ehen-
der vnd leichter als auß dem andern. Vnd wird kein Kind ſo arm geboren/ es muß ein
ſolches Subjectum nohtwendig genieſſen/ vnd kan ohne daſſelbige gar nicht leben: dar-
umb etliche alte Philoſophi geſchrieben/ daß Adam vnd Eva die Materiam Lapidis
mit auß dem Paradeis getragen haben: Nun leſen wir/ daß ſie keine Kleider am Leib
gehabt/ ſondern mit Blaͤttern der Baͤumen ihre Schaam bedeckt haben/ nachdeme ſie
Gott reden hoͤreten/ vnd befunden/ daß ſie nackend waren; auſſer dem Paradeis hat
ihnen Gott erſt Kleider von Thierfellen bereitet.
Da der alte Eremita Morienus mit dem Koͤnige Kalid von dem Univerſal-Sub-
jecto discurirte/ vnd der Koͤnig von dem Philoſopho ſolches zu entdecken begehrte/ ſo
ſagte Morienus: Mein Koͤnig/ dieſes Subjectum haſt du ſelber bey dir. Vnd nachdem
er die Medicin zur perfection gebracht/ ſchrieb er vmb das Geſchirꝛ/ dariñ ſie war/ dieſe
Wort: Qui omnia ſecum portat, alieno auxilio non indiget: damit zu verſtehen ge-
bende/ daß er allenthalben wieder zu der Materia Univerſali gelangen koͤnte/ vnd keines
Menſchen Huͤlffe noch Verlag darzu vonnoͤhten haͤtte. Maria Prophetiſſa, Moſis
Schweſter/ nennet es ein Opus trium horarum: Ein ander Philoſophus ein Werck
von ſieben Tagen. Jch Glauber/ als noch ein junger anfangender Diſcipulus Herme-
tis, ſage dieſes mit Warheit/ daß dieſes mein Aurum potabile, davon allhier tractiret/
nicht allein in dreyen Tagen/ ſondern innerhalb dreyen Stunden lang zu verfertigen
muͤglich/ vnd auch auß ſolchen Subjectis, welche allenthalben zu finden/ auch jederman
ſolche kennet/ gebrauchet/ vnd ohne dieſelbe nicht leben kan. Welches die pur lautere
Warheit iſt/ vnd die geringſte Hinderhaltung oder Verbluͤmung nicht allhier gebraucht
worden. Auff daß aber ja niemand meynen moͤchte/ daß dieſe meine Schrifften nicht
nach dem bloſſen Buchſtaben zu verſtehen/ ſondern ein verborgener Sinn darhinder
ſtecke/ ſo ſage ich zum drittenmal/ daß ein ſolches Aurum Potabile, davon ich allhier ge-
ſchrieben/ ſo wol auß einem jedwedern Vegetabili vnd Animali, als auch Minerali zu
O over-
[290]Continuatio Miraculi Mundi.
verfertigen muͤglich/ doch/ wie geſagt/ auß dem einen Subjecto leichter als auß dem an-
dern. Dann ob ſchon auß einem jedwedern Stuͤck Brod oder Fleiſch/ auß einer Hand-
voll Stroh/ Laub oder Gras dieſe Medicin zu bereiten/ ſo iſt ſie doch leichter auß einer
Handvoll Saltz/ als einem Centro concentrato aller Vegetabilien vnd Animalien, zu
verfertigen; welches ich hiemit der gantzen Welt/ als eine vnfehlbare Warheit/ hinter-
laſſe. NB. Man wolle mich aber recht verſtehen/ was ich fuͤr ein Saltz meyne: Anders
keines/ als ein ſolches/ welches in allen Dingen gefunden wird.
Auff daß man mich noch beſſer verſtehe/ ſo ſoll zum Vberfluß noch ein kleiner/
doch fundamentalis Diſcurſus, eingefuͤhret werden. Der Kunſtliebende/ wann er zu
etwas Gutes gelangen wil/ ſo iſt es nicht genug/ daß er nur bloß dieſes oder jenes Phi-
loſophi Schrifften leſe/ vnd ihm einbilde/ alsbalden die Kunſt klar offenbar darinn zu
finden/ ſondern er muß der Sach ſelber nachdencken/ was dieſes ſey/ das er ſuche/ woher
es ſeinen Vrſprung vnd Herkommen habe/ vnd wie oder durch was Wege er darzu
kommen moͤchte. Wann wir dann alles wol beſehen/ vnd von dem aͤuſſerſten an zu dem
innerſten zu ſuchen/ ſo finden wir/ daß erſtlich Gott von Ewigkeit her allein geweſen iſt/
ſo lang biß daß es Jhm gefallen hat/ etwas ſichtliches zu ſchaffen/ ſeine Luſt daran zu ſe-
hen: vnd da Er ſolches thun wolte/ ſprach Er: Es geſchehe. So bald dieſes Fiat von
Gott geſprochen/ ſo fienge es alsbald an ſich zu regen vnd bewegen/ vnd in die vier Ele-
menten zu verwandeln/ auß welchen Elementen hernacher alles dasjenige/ was in der
gantzen Welt geſehen wird/ herkommen iſt/ vnd auch nicht das geringſte ohne die vier
Elementen ſeyn noch beſtehen/ auch die Natur auß ihr ſelber weiters gar nicht kommen
kan: So man aber etwas reiners oder beſſers als vns die Elementen gebaͤren/ haben
wolte/ ſo muͤſte man folches durch Kunſt verrichten/ welche der Natur bevor vnd da hin-
gehet/ da die Natur nicht hinkommen kan/ vnd ihr Werck daſelbſt anfahen/ da es die
Natur gelaſſen/ vnd nicht weiters bringen koͤnnen; alsdann man eine wahre Quintam
Eſſentiam erlangen wuͤrde/ welche Quinta Eſſentia eine Staffel hoͤher geſtiegen/ als
die Natur ſteigen koͤnnen; vnd weiter zu gehen/ iſt es auch der Kunſt vnmuͤglich. NB.
So man aber noch etwas beſſers als eine Quintam Eſſentiam haben wolte/ ſo muͤſte
man einen andern Weg ſuchen: dann/ wie gehoͤrt/ vorwarts zu gehen/ weiters nicht als
ad Quintam Eſſentiam zu kommen: darumb man wieder zu ruͤckwerts ad Centrum,
davon die Elementen ihren Vrſprung haben/ gehen muß; dieſes Centrum aber iſt das
Goͤttliche Fiat, oder Sal Univerſale Hermaphroditum, welches beyder Naturen theil-
hafftig; vnd hat dieſes Saltz/ oder primum Mobile, in ihme verborgen duo Contraria,
wann ſie ſich regen vnd bewegen/ oder gegeneinander agiren/ die tria Principia der drey
Reichen/ als Vegetabilien/ Animalien vnd Mineralien entſtehen/ vnd durch die vier
Elementen erhalten vnd multiplicirt werden/ welches der gemeine Lauff der Natur iſt.
Die Kunſt aber hergegen viel weiters gehet/ vnd die circumferentz ad Centrum re-
duciret/ vnd ſolchem Centro oder primo Mobili nicht zulaͤſſt/ daß es ſich bewege/ vnd
die darinn verborgene duo Contraria gegeneinander agiren laſſe/ daß das agens oder
patiens
[291]Continuatio Miraculi Mundi.
pariens uͤberwinde/ vnd in die tria Regna, nemlich Vegetabilien/ Animalien vnd Mi-
neralien/ als circumferentzien deß Centri, wiederumb kommen laͤſſt/ ſondern die Kunſt
bindet vnd zwinget das primum Mobile, daß es ſeine Kraͤffte nicht zertheilt/ oder in die
Weite bringet/ ſondern in ſich ſelber ſchlucket. Gleich wie ein Drach ſeinen eigenen gif-
tigen Schwantz abbeiſſt/ vnd ſich davon erhaͤlt/ wann er ſonſten nichts anders haben
kan/ vnd alſo auß der groͤſten Gifft die hoͤchſte Medicin werden muß. Darumb Hermes
gar wol geſagt: Draco noſter non moritur, niſi per F. \amp; S. Ein Feuer muß das an-
dere uͤberwinden/ toͤdten/ vnd wieder zu einem edlern Weſen lebendig machen. Ein
ſolches concentrirtes Feuer iſt mein ſecreter Alkaheſt oder Aurum Potabile verum,
dadurch Wunderdinge zu verrichten ſeyn/ vnd dieſes in Geſtalt eines hellen vnd klaren
Waſſers/ darinn deß Feuers Farb vnd Geſtalt verborgen/ oder hineinwarts gekehret
iſt: ſo mans aber offenbar oder ſichtlich haben wil/ ſo kan ſolches gar bald geſchehen/ ent-
weder mit einem truckenen oder naſſen Feuer. Jn truckener weiſe kan es durch die Hitze
eines gemeinen Holtzkolen-Feuers geſchehen: im naſſen kan es fuͤglich durch einen rei-
nen wol-rectificirten vnd dephlegmirten ſpiritum Vini geſchehen/ wann nemlich von
dem concentrirten truckenen Feuer Unc. j. in Unc. iij. ſpiritus Vini, als naſſen Feuers/
gelegt werden/ das naſſe Feuer das truckene in ſich ſchlucket/ vnd in wenig Stunden
lang Zeit/ wann beyde Feuer in einer Phiol mit einem langen Hals zuſammen warm
digeriren/ blut roht werden/ vnd alle verborgene vnd concentrirte Kraͤffte/ als ſchoͤne
Farben/ lieblicher Geſchmack vnd Geruch/ offenbar vnd ſichtlich werden/ alſo/ daß kein
aromatiſch Weſen an lieblichem Geſchmack vnd hertzſterckendem Geruch vnd ſchoͤnen
Farb dabey zu vergleichen iſt. Dann was zuvorn hineinwarts gekehret vnd verſchloſſen
war/ das kom̃t jetzunder wieder heraußwarts/ vnd wird ſichtlich vnd empfindlich/ vnd
wird auß einem vnanſehnlichen/ kleinen/ vnmuͤndigen/ weiſſen Kinde ein wolber edter
ſtarcker vnd verſtaͤndiger Mann; auß der zarten Jungfrauen-Milch ein kraͤftiges Dra-
chenblut/ ein wahres Aqua vitæ vnd Vinum ſalutis, (taͤglichs nur etliche Tropffen da-
von genoſſen) die Geſundheit vnd langes Leben dadurch zu erlangen. Welches Aqua
vitæ, wie auch offt-erwehntes Aurum Potabile verum, vnd deren wunderbarlichen
ſchnellen Wirckung/ vnd ſonderlich in Verwandelung der vnperfecten Metallen/ mit
groſſer Verwunderung bey mir viel ehrliche Maͤnner angeſehen haben.
Soͤlte aber etwan einer oder der ander/ der mit ſchweren Kranckheiten behafftet/
vnd ihme durch die gemeine vnd bekande Galeniſche Artzneyen nicht zu helffen/ dieſes
meines Auri Potabilis vonnoͤhten haben/ ſo ſoll demſelben auß Chriſtlicher Liebe/ ſo viel
er deſſen (ſeine Geſundheit dadurch zu erlangen) vonnoͤhten haben moͤchte/ gern vnd
willig gefolgt werden/ vnd meiſtes darumb/ auff daß in dieſer letzten Zeit vnd Grund-
ſuppen der boͤſen Welt die Wunderwercke Gottes bekand/ vnd auch den Gehaͤſſern die-
ſer edlen Kunſt/ welche alle warhaffte Philoſophos aus lauterem Neid vnd Ignorantz
verachten/ vnd fuͤr Luͤgener vnd Sophiſten außruffen/ ihre frevelhaffte Maͤuler ge-
ſtopffet werden moͤchten. Zweiffele gar nicht/ dieſes mein Aurum Potabile werde man-
O o 2cher
[292]Continuatio Miraculi Mundi.
cher trachten nachzumachen/ vnd mit der Zeit ſolches zu beſſerer perfection zu bringen
verſuchen/ welches ich jederman von Hertzen goͤnne/ wann es ihme Gott goͤnnen wil.
Ein mehrers/ aber als allbereit hier vnd dort in meinen Schrifften verſteckt zu finden/
wird niemand von mir erforchen; man laſſe ſich dißmal genuͤgen/ daß man die bereitete
Medicin bey mir findet/ welches der Hunderteſte nicht thun wuͤrde/ wann er ſolches haͤt-
te. Was aber mich darzu bewogen/ daß ich oͤffentlich davon geſchrieben/ vnd auch ein-
gewilliget allen Krancken ſolches zu Troſt vnd Labſal folgen zu laſſen/ iſt allbereit oben
bekand gemacht.
Sage nun zum Beſchluß nochmaln/ daß/ was ich dieſer meiner Medicin in Ver-
beſſerung der Vegetabilien/ Animalien vnd Mineralien zugeſchrieben/ es die purlau-
tere Warheit ſey. Darumb ſoll niemand ſo verwegen ſeyn/ vnd ſolches verachten/ oder
als ein vnmuͤglich Ding verwerffen wolle: darzu einem jedwedern frey ſtehet/ ſolches zu
verſuchen/ wann er ſelber wil/ weill die bereitete Medicin zu allen Zeiten/ ſo lang ich le-
be/ (geliebts Gott) bey mir zu finden ſeyn wird: Vnd nicht allein die bereitete Medicin
niemand geweigert ſeyn ſoll/ ſondern den Uſum derſelben/ ſo wol beyder Verbeſſerung/
der Vegetabilien vnd Mineralien, als auch warhafften transmutation der Mineralien/
die Wunderwercke Gottes vnd Muͤglichkeit der Kunſt dadurch bekand zu machen/ eini-
gen Freunden vor Augen zu zeigen/ ich mir gaͤntzlich fuͤrgenommen habe.
GOTT der Allmaͤchtige/ der Anfang vnd das Ende/ wolle vns ein erwaͤrmendes
Fuͤncklein ſeines heiligen/ ewigen/ vnendlichen vnd verbeſſerenden Lichtes in vnſere kalte
vnd verfinſterte Hertzen auß Gnaden einſaͤen vnd pflantzen/ auff daß es darinn ſeine
rechte Nahrung vnd Speiſe ſich wie ein klein Saͤmlein auß einer geſaltzenen ſulphuri-
ſchen Erden nehre/ vermehre/ vnd tauſendfaͤltige gute Fruͤchte zu vnſer aller Seelen
Seligkeit herfuͤrbringen moͤge. Amen.
Erinnerung an den Leſer.
Guͤnſtiger Leſer: Auf daß er ſich deſto beſſer in die Beſchreibung meinesAuri Potabiliszu rich-
ten/ vnd verſtehe/ was darin begriffen/ ſo hab ich gut erachtet/ den Jnhalt deſſen zu widerholen
Berichte alſo/ daß der gantze Jnhalt dieſes Buͤchleins vnd Tractirung allein darinn beſtehe
wie auß allenthalben-findlichenvegetabiliſchen/animaliſchen vndmineraliſchen Dingen eineMe-
dicina Univerſalisgar leichtlich zu bereiten/ vnd darumbUniverſalisgenant werde/ weiln dieſelbe
den dreyen Reichen/ alsVegetabilien/Animalien vndMineralien/ eine kraͤfftige Medicin ſ[e]y.
Dann alleVegetabilien durch Huͤlffe dieſer Medicin viel ſchueller vnd ſtaͤrcker wachſen/ viel li[e]b-
licher am Geruch vnd Geſchmack/ vnd herꝛlicher von Kraͤfften/ als ſonſten durch den Viehmiſt
herfuͤrwachſen. Deßgleichen dieanimaliſche Fruchtbarkeit/ ſowol bey Manns-als Frauens-
perſonen vermehret/ dasHumidum radicalegeſtaͤrcket/ vnd alleobſtructionesdeß gantzen Leibs
dadurch geoͤffnet werden. Weiters iſt ſie auch eine kraͤfftige Mediein den vnvollkommenen Me-
tallen/ ſelbige zu verbeſſern/ vnd einen jedwedernMercurium vivumzu beſtaͤndigem Golde zuco-
aguliren/ vnd die Kießlingſteine/ Cryſtall- vnd weiſſe Glaͤſer in ſchoͤne Rubinen vnd Hyacinthen/
der Farb/ (aber nicht der Haͤrte nach) damit zutingiren. Welche erzehlte Tugenden in erwehnter
Medicin oderAuro Potabili verovollkoͤm̃lich zu finden/ dahero billich eineMedicina Univerſalis
genant wird. Welches ich zum Vberfluß vnd guter Nachricht dem Liebhaber Goͤttlicher Wun-
derwercken vnd guter Medicin nicht habe verhalten ſollen/ ꝛc.
ENDE.
[293]
OPERIS MINERALIS,
Oder
Vieler kuͤnſtlichen vnd nuͤtzlichen
Metalliſchen Arbeiten Beſchreibung
Erſter Theil:
Darinn gelehret/ wie man das Gold auß den Kißlingſteinen/ Quaͤrtzen/
Sand/ Erden/ vnd andern armen Berg-Arten/ welche ſonſten mit Nutzen nicht zu
ſchmeltzen ſind/ durch den Spiritum Salis zu extrahiren vnd corpo-
raliſch machen ſoll:
Auch wie auß demAntimonioeinePanaceaoder allgemeine Medicin
werde/ vnd wie ſolche zu gebrauchen ſey.
Vorrede an den guͤnſtiger Leſer:
DEmnach ich vor etlichen Jahren vnterſchiedliche gute vnd
nuͤtzliche Tractaͤtlein/ meinem Nechſten zu gut/ in offenen
Truck habe kommen laſſen/ vnd darinnen noch anderer mehr
gedacht/ welche hernach folgen ſolten: weil aber ſolche theils
wegen meiner weitlaͤufftigen Reiſen/ theils wegen anderer
Verhinderungen/ bißhero zuruͤck geblieben/ doͤrfften wol etliche/ welchen
ich vnbekand/ ſich einbilden/ daß ein mehrers von mir/ als ich vielleicht præ-
ſtiren koͤnte/ waͤre verſprochen worden: Andere aber/ denen mein Zuſtand
vnd etlicher Vnverſtaͤndigen uͤber mich bißhero getriebene Schimpff-Re-
den bewuſt/ moͤchten vielleicht foͤrchten/ daß ich durch die vielfaͤltige/ vnver-
diente Laͤſterungen abgehalten/ mein propoſitum zu aͤndern/ vnd alle mei-
ne Wiſſenſchafft zu ſupprimiren beſchloſſen haͤtte. Damit nun dieſe ſehen/
daß mein Gemuͤt wegen ſolcher Laͤſtermaͤuler keines wegs veraͤndert ſey;
O o 3Je-
[194[294]]Vorrede
Jenen aber in der That bewieſen werde/ daß ich an dergleichen Materi kei-
nen Mangel/ vnd meinen Worten einen handgreifflichen Glauben geben
koͤnne/ Als hab ich mir fuͤrgenommen/ noch etliche meiner guten Wiſſen-
ſchafften zum gemeinen Beſten zu beſchreiben/ vnd ans Licht zu bringen.
Vnd ob ich ſchon Vrſach gnug gehabt haͤtte/ gaͤntzlich davon ſtill zu ſchwei-
gen/ vnd die vndanckbare Welt ſolches entgelten zu laſſen/ ſo hat mich doch
gleichwol mein Gemuͤt bewegt/ ja getrieben/ ſolches vmb der Boͤſen willen
nicht zu vnterlaſſen/ ſondern meinen Danck vnd Lohn an einem andern Ort
zu erwarten. Worzu dann/ neben obbenanten Vrſachen/ mich dieſe folgen-
de haben bewegen helffen/ daß nemlich etliche ruhmſuchende vnd ehrgeitzige
Leute gegen andere ſich haben vernehmen laſſen/ als wann ihnen viel von mei-
nen Secreten bekand waͤren/ vnd ſich alſo groſſer Wiſſenſchafften faͤlſchlich
geruͤhmet: wodurch ihrer viel der Meynung worden/ daß meine Schriff-
ten eines andern/ vnd nicht mein eigen Werck waͤren: Jſt mir alſo die Ehr/
welche mir darinnen gebuͤhren ſolte/ entzogen/ vnd andern gegeben worden.
Vnd iſt mir dieſes mehr dann einmal widerfahren/ daß einer oder der ander
ein Stuͤcklein mir abgebettelt/ welches er hernach bey andern fuͤr ſeine eigene
Erfindung auß gegeben/ vnd ſich groß damit hat machen wollen. So fin-
den ſich auch vnter andern etliche/ welche in meinen Buͤchern geleſen/ vnd
nachdem ſie eines oder das andere verſuchen wollen/ vnd nicht alsbald alles
haben treffen koͤnnen/ derohalben angefangen auff mich vnd meine Buͤcher
zu leſtern/ gleich als wann ich die Warheit nicht geſchrieben haͤtte; da doch/
daß ſie nichts thun koͤñen/ die Schuld ihnen ſelbſt/ vnd nicht mir/ deꝛ ich deut-
lich genug geſchrieben/ zuzumeſſen. Dieſe vnd andere Vrſachen waͤren
genug geweſen/ mich von weiterem ſchreiben abzuhalten/ habe aber gleichwol
vmb der Frommen willen ſolches nicht vnterlaſſen koͤnnen/ vnd wil hiermit
bezeugen/ daß alles dasjenige/ was allbereit in meinem Namen iſt auß ge-
gangen/ nicht allein wahr vnd nicht erlogen oder erdichtet/ ſondern auch mei-
ne eigene vnd keines andern Erfindung oder Schrifften ſeyn vnd bleiben.
Vnd ſo fern ſich deſſen jemand anders vermeſſentlich ruͤhmen ſolte/ (welches
ich doch nicht hoffe) ſo ſage ich/ daß er ein Luͤgner vnd vnwarhaffter Mann
ſey. Dabey ich es auch fuͤr dißmal wil beruhen laſſen/ wann ich den vnpar-
theyiſchen Leſer wegen gegenwaͤrtigen Buͤchleins ſchlechten ſtyli werde be-
richtet haben/ daß ich nicht wie die heutigen meiſten Scriptores geſinnet/ vnd
gleich
[[295]]An den Leſer.
gleich denſelben/ mehr auff die Zierlichkeit der Reden/ vnd guten Klang der
Woͤrter/ als auff die Sachen ſelbſten ſehe/ ſondern vielmehr den Nutzen vnd
Vortheil meines Nechſten betrachte. Daher ich dañ zu mehrerm Verſtand
vnd geſchwinderer Begreiffung deß Wercks in den Worten lieber einer den
ſubtilen Ohren vnangenehmen Weitlaͤufftigkeit/ als zu obſcurirung deſ-
ſelben einer kurtzen vnd wolklingenden Vorſetzung mich gebrauchen wollen/
weil mir wol bewuſt/ daß einem Kunſtbegierigen ein verſtaͤndlicher Vnter-
terricht/ ob er ſchon nach den Oratoriſchen Regeln nicht abgemeſſen/ allzeit
lieber iſt/ als ein obſcurer vnd kuͤnſtlicher Bericht/ den auch Cicero ſelbſten
auffgeſetzt haͤtte. Wil derowegen in dem Namen Gottes/ meines guten
vorhabenden Wercks/ damit der gantzen Welt gedienet wird/ einen Anfang
machen/ daſſelbe alſo/ wie ich es auff meiner waͤhrenden Reiſe zu Pappier
gebracht/ alles treulich communiciren/ vnd ſolches/ vnter dem Titel Opus
Minerale, in drey Theil verfaſſen: Jm erſten wil ich lehren/ wie man auß
den guͤldiſchen Kißlingſteinen vnd Sand ihr bey ſich fuͤhrendes Gold durch
den Spiritum Salis extrahiren vnd corporaliſch machen ſoll. Welches
Stuͤcklein/ ob es ſchon gering zu ſeyn ſcheinet/ ſo kan es gleichwol ſo viel ge-
ben (wann man nur die rechten Steine vnd Sand kennet vnd haben kan) daß
man ſeine ehrliche Nahrung davon haben/ vnd auch noch ſo viel uͤbrig blei-
ben wird/ die zwey folgende Theil dadurch zu verſuchen/ vnd etwas beſſers
damit zu finden.
Jm Andern Theil wil ich gruͤndlichen Vnterricht thun vom Vr-
ſprung/ Herkommen vnd Geburt/ auch Tod vnd Sterben der Mineralien
vnd Metallen.
Jm Dritten Theil wil ich auff vielerley Art beweiſen vnd wahr ma-
chen/ daß die transmutation der geringern Metallen in beſſere nicht falſch
oder erlogen/ ſondern der Natur vnd Kunſt zu thun moͤglich ſey. Welcher
Beweis/ der meines wiſſens noch von niemand gethan/ ein Fundament der
gantzen metalliſchen Philoſophy vnd aller meiner Sehrifften guͤldene Krone
ſeyn wird. Der liebe vnd getreue Gott/ welcher ein Vrſprung alles Gu-
ten iſt/ wolle mir ſeine Goͤttliche Gnade darzu verleihen/ daß ich es zu ſeiner
Ehr vnd meines Nechſten Nutzen wol anfangen vnd gluͤcklich vollenden
moͤge/ Amen.
Ein
[296]Operis Mineralis
Ein ſehr nuͤtzlicher Proceß/
Wie man auß den Kißlingſteinen/ Sand/ Laͤimen/ ſchwartzen
vnd rohten Talck/ wie auch auß viel andern Berg-Arten/ die ein zart/ leicht
vnd ſubtil angeflogen Gold halten/ vnd wegen deß wenigen ſo darinn iſt/ oder auch we-
gen der Vn-Art der Berg-Arten die Vnkoſten/ ſolches herauß zu ſchmeltzen/ nicht
bezahlen koͤnnen/ gar leichtlich mit einem Spiritu Salis darauß ziehen/
vnd zu gut machen koͤnne.
ERſtlich ſoll der guͤnſtige Leſer wiſſen/ daß nicht ein
jedweder Sand/ Letten/ Kißling/ Quartz/ Spaht/ Talck/
oder dergleichen Berg-Arten/ Gold bey ſich fuͤhren/ ſondern
nur ein Theil derſelben/ welche man ſoll vnterſcheiden vnd
erkennen lernen/ dann ohne ſolche Erkaͤntnuͤß iſt die Kunſt
nicht zu gebrauchen. Weil dann ſolches zu wiſſen hochnoͤh-
tig iſt/ ſo wil ich dem Kunſtliebenden zuvor bekand machen/
wie er die Steine/ Letten/ Sand/ vnd dergleichen Dinge/
probiren ſoll/ ehe er ſich vnterſtehe/ dieſelbe außzuziehen/ auff
daß er nicht vergebliche Arbeit thue/ vnd Schaden leide/ ſondern mit gutem Vortheil
ſein Werck anſtellen vnd treiben moͤge.
Vnd iſt zu verwundern/ daß der Menſch ſo thoͤricht iſt/ nach einem Vngewiſſen
ſucht/ das Gewiſſe aber vor Augen ligen hat/ vnd nicht achtet. Dann der mehrer Theil
ſolcher Menſchen/ welche in den Metallen eine Verbeſſerung ſuchen/ reich damit zu wer-
den/ arbeiten auff ein vngewiſſes/ weil vnter Tauſenden kaum Einer dasjenige findet/
das er ſuchet. Vnd obwol die vnvollkommene/ vnreine Metallen koͤnnen gezeitiget vnd
gereiniget werden/ daß beſtaͤndig vnd gut Gold vnd Silber davon kom̃t/ ſo iſt doch ſol-
che Wiſſenſchafft wenigen gegeben/ vnd iſt auch nicht ein jedweder bequem vnd verſtaͤn-
dig ſolche Arbeit zu verrichten/ ſondern wil durch wolgeuͤbte vnd der Metallen erfahrne
Kuͤnſtler (welche ſehr duͤnn geſaͤet) gethan ſeyn: das Gewiſſe aber kan mit geringer
Muͤhe vnd Koſten durch einen gemeinen Laboranten/ der nur ein wenig mit ſchmeltzen
vnd abtreiben vmbzugehen weiß/ gefunden werden/ wann man nur den Dingen etwas
nachdencket/ vnd nicht gar hoch hinauß vnd auff einmal reich werden wil.
Dieſes aber wil ich dabey erinnert haben/ daß man ja zuſehe/ damit man ſolche
Steine extrahire/ darinn auch Gold ſey. Dann wann du ſchon eine groſſe Quantitaͤt
Kißlingſteine oder Sand mit Spiritu Salis extrahirteſt/ vnd doch nichts darinnen waͤre/
ſo
[297]Erſter Theil.
ſo wuͤrdeſt du auch gewißlich nichts finden; deßgleichen/ wann es ſchon darinnen waͤre/
vnd du ſolches auch extrahiret haͤtteſt/ vnd nicht mit Antimonio zu ſeigern wuͤſteſt/ ſo
waͤre es auch nichts werth: dañ erſtlich die Erkaͤntnuͤß der Steine vnd hernach die Sei-
gerung durch das Antimonium dir vor allen dingen wol bekand ſeyn muͤſſen/ wann du
mit Nutzen laboriren wilſt: dann wann es dir an einem oder beyden Stuͤcken fehlen/
vnd der Arbeit kein ☉ außkommen ſolte/ ſo muſt du dir die Schuld ſelbſten zurechnen/
vnd nicht mir/ dann ich dir die Kunſt deutlich genug beſchrieben habe/ vnd wuͤſte auch
nicht daß etwas/ ſo darzu noͤhtig waͤre/ außgelaſſen worden. Darumb ich dirs zuvor
ſage/ auff daß du hernach deſto fuͤrſichtiger in deinen laboribus ſeyn/ vnd keine verlorne
Arbeit thun moͤgeſt. Dann gantz gewiß iſt es/ vnd nicht daran zu zweiffeln/ daß an vie-
len Orten guͤldiſche Kißling/ Sand vnd Letten gefunden werden/ die bißweilen zimlich
reich ſind/ vnd wann ſie ſchon ſo gar reich nicht waͤren/ ſo geben ſie gleichwol auch Nu-
tzen; doch iſts allzeit beſſer/ einen reichen Sand oder Kiß zu extrahiren/ als einen armen.
So werden auch bißweilen gantze Berge vnd Felſen gefunden/ welche durch vnd durch
mit ☉ angeflogen ſind/ deßgleichen auch groſſe Berge mit ☉ imprægnirten Sand vnd
Letten/ welche das ſeiffen oder Waſchwerck nicht bezahlen koͤnnen/ entweder weil zu we-
nig ☉ darinn/ oder zwar genug deſſelben/ aber zu leicht vnd ſtaͤmmicht iſt/ welches im
waſchen mit dem Sand hinweggeht.
Dar gegen aber ſolche Steine/ Sand oder Letten/ wie arm ſie auch ſind/ koͤnnen
mit dem ſpiritu Salis, wann du denſelben in copia haben kanſt/ extrahiret/ vnd mit groſ-
ſem Nußen durch das Antimonium rein vnd fix gemacht werden. Jn Summa/ es iſt
eine ſolche Arbeit/ dadurch kein Menſch dem andern hinderlich oder ſchaͤdlich iſt/ gleich
wie andere Handthierungen zu ſeyn pflegen/ vnd darff ſich derſelben niemand ſchaͤmen/
er ſey wer er wolle/ dann Gott hat vns darumb das ☉ in der Erden vnd Stein wachſen
laſſen/ auff daß wirs zu ſeinen Ehren vnd vnſers Nechſten Nutzen heraußziehen vnd ge-
brauchen ſollen/ vnd im geringſten nicht darmit vmbzugehen verboten/ wann wir es nur
nicht zu vnſerm verderben mißbrauchen.
Sage alſo mit Warheit/ daß ich allhier eine Kunſt beſchrieben habe/ welche/ ob
ſie ſchon bey den Vnverſtaͤndigen ein gering Anſehen hat/ gleichwol von ſehr groſſer Im-
portantz iſt/ vnd von wenigen kan begriffen werden. Dann dencke den Sachen ein we-
nig beſſer nach/ ſo wirſt du befinden/ daß groſſe Schaͤtze in der Welt hin vnd wieder ligen/
vnd wegen vnſerer Vnwiſſenheit vnerhoben bleiben/ vnd niemand zu Nutzen kommen.
Dann bekand genug iſt/ daß an vielen Orten guͤldiſche Sand vnd Letten gefunden/ vnd
doch wegen obangeregter Vrſachen nicht koͤnnen gebauet werden; durch dieſe meine
Inventiones aber gar leichtlich zu gut zu machen ſeyn.
Deßgleichen findet man auch bißweilen gantze Gebirge mit angeflogenem Sil-
ber/ welches aber/ wegen deß geringen Gewichts/ mit ſchmeltzen nicht darauß zu ziehen
iſt/ vnd alſo ligen bleibt.
Auch wird an vielen Orten eine gelbe oder roͤhtlichte Erde oder Laͤimen gefunden/
P pwelche
[298]Operis Mineralis
welche auch zimlich viel ☽ haͤlt/ aber gleichwol das ſchmeltzen nicht bezahlen kan/ auf dieſe
Weiſe aber mit guter Außbeut kan heraußgezogen werden/ doch nicht mit Spiritu Salis,
welcher kein ☽ angreifft/ ſondern mit einem andern Menſtruo, welches allenthalben
leichtlich in copia zu erlangen iſt/ aber allhier wegen gewiſſer Vrſach nicht gedacht wird.
Deßgleichen iſt dieſe Außlaugung gut zu gebrauchen auff arme ♀ Ertze/ welche
mit Nutzen nicht koͤnnen gearbeitet vnd gebauet werden/ das ♀ herauß zu ziehen/ wel-
ches aber auff dieſe Weis geſchehen kan/ vnd iſt hernach in ein beſſer Metall zu zeitigen/
oder auffs wenigſte ein ſchoͤner Gruͤnſpan/ wann man ſonſten nichts beſſers weiß/ dar-
auß zu machen/ welches auch die Haushaltung reichlich fuͤhren kan. Auch koͤnnen an
denen Orten/ da vor dieſem Bergwerck geweſen/ alle hingeworffene Schlacken von ☉/
☽/ ♀/ vnd anderen Ertzen/ noch eine reiche Außbeut dadurch zu erlangen/ außgezogen
werden.
Weil aber allhier nur fuͤrgenommen worden/ das ☉ auß den Steinen zu ziehen/
koͤnnen ſolche Menſtrua, welche man zu dem ♀/ ☽/ vnd andern Metallen braucht/ an
einem andern Ort herauß gegeben werden/ ſonderlich wann ich zuvor ſehe vnd ſpuͤre/
daß dieſes/ welches allbereit beſchrieben iſt/ angenehm ſeyn wird/ worauff ich dann noch
mehr andere nuͤtzliche Arbeiten zu beſchreiben willens bin. Wie dann allbereit etwas
beſſers vnterhanden iſt/ damit ich meinem lieben Vatterland einen allgemeinen guten
Dienſt zu thun/ mir vorgenommen/ darauß jederman ſehen moͤge/ daß Deutſchland
noch nicht gantz verarmet/ ſondern noch reich genug ſey/ wann es nur die Augen auff-
thun/ vnd den Reichthumb darinnen ſuchen vnd genieſſen wil. Man darff eben einem
den Brey nicht blaſen vnd auch einſtreichen/ ſondern iſt genug/ daß man ſolchen dar-
gibt; darzu iſt es auch nicht rahiſam/ daß man vnachtſamen Menſchen das Gute ein-
zwinge/ dann bey vndanckbaren Gemuͤtern auch die angebotene Dienſte vnangenehm
ſeyn. Darumb ich es auch darbey wil beruhen laſſen/ vnd anfahen die Kiſſelſteine ein
wenig zu erkennen/ vnd dieſelbe hernach zu extrahiren lehren; zweiffele gantz nicht/ wañ
ſchon etliche vngeuͤbte Laboranten dieſe Arbeit nicht begreiffen oder treffen wuͤrden/
daß gleichwol noch andere fleiſſige vnd im Feuer erfahrne Maͤnner guten Nutzen dar-
auß ziehen/ vnd Gott dafuͤr dancken werden.
Was nun anbelanget die Erkaͤntnuͤß der Steine/ auß welchen Gold herauß zu
ziehen iſt/ hats eine ſolche Beſchaffenheit darmit; NB. Gemeiniglich alle Kißlingſteine/
Ouaͤrtze vnd Hornſteine fuͤhren ein vnſichtig Gold mit ſich/ vnd etliche derſelben auch
ein ſichtiges vnd vnſichtiges/ fluͤchtiges vnd corporaliſches zugleich; NB. der mehrer
Theil aber ein vnreines/ eiſenſchuͤſſiges/ fluͤchtiges vnd auch zeitiges beyſammen; NB.
der weniger Theil aber ein kieſiges/ oder ſchwefelhafftes kuͤpfferiges.
Dieſe Quaͤrtze oder Hornſteine/ welche fein vnd corporaliſch Gold fuͤhren/ ob ſie
ſchon ſilber- vnd kupfferhaltig ſeyn/ koͤnnen geroͤſtet/ gemahlen/ vnd mit Mercurio auß-
gezogen/ vnd ſo ſie reich genug/ auch mit einem guten Fluß geſchmoltzen/ vnd das Gold
darauß geſchieden werden; welche beyde Arbeiten den Bergleuten genug bekand ſeyn/
vnd
[299]Erſter Theil.
vnd auch mein Fuͤrhaben allhier nicht iſt/ davon zu ſchreiben/ weil es andere vor mir ge-
than/ vnd auch gemein genug iſt; derhalben vnnoͤhtig ein mehrers darvon zu melden.
Diejenige Kißling/ Quaͤrtze oder Hornſteine/ welche faſt allenthalben gefunden/
vnd nur ein wenig angeflogen/ eiſenſchuͤſſig/ kiſſig/ es ſey gleich fix oder vnfix/ Gold bey
ſich haben/ koͤnnen weder mit dem Mercurio noch Fluß mit Nutzen zu gut gemacht wer-
den/ dannenhero es von den Bergleuten entweder wegen Vnaußtraͤglichkeit oder Vn-
wiſſenheit der Sachen vnverrichtet bleiben muͤſſen.
Weil ich dann befunden/ daß ſolche vnachtſame Steine/ ob ſie ſchon gantz wenig
Gold halten/ gleichwol mit groſſem Nutzen koͤnnen zu gut gemacht werden: NB. Alſo
habe ich nicht vnterlaſſen koͤnnen/ ſolche herꝛliche Wiſſenſchafft meinem Neben-Chri-
ſten zum beſten oͤffentlich an den Tag zu geben/ zweiffele gantz nicht/ es werde dieſe Of-
fenbarung viel hundert tauſenden auff die Beine helffen/ vnd einen ehrlichen Vnter-
halt geben koͤnnen: dann ich ſehr wol weiß/ daß mancher ehrlicher Mann/ gelehrt vnd
vngelehrt/ anſehenlich vnd vnanſehenlich/ Edel vnd Vnedel/ Geiſtlich vnd Weltlich/
entweder daß er durch den Krieg oder ander Vngluͤck vmb das Seinige kommen/ vnd
in Armut geſetzt iſt/ bißweilen nicht wol mit Ehren ſeinen Stand oder Haushaltung
fuͤhren kan/ vnd ſolches einem jedwedern nicht klagen darff/ ſondern ſich genaw behelffen
muß. Denen vnd andern die es noͤhtig haben moͤchten/ iſt dieſes Secretum zu gefallen
von mir offenbaret/ mit welchem/ ſo man fleiſſig vnd mit Verſtand weiß vmbzugehen/
ein zimliches jaͤhrlich kan gewonnen werden/ inſonderheit wann er an einem ſolchen
Ort wohnet/ da dergleichen Steine oder Berg-Arten genug zu bekommen ſeyn/ vnd den
Spiritum Salis darzu gehoͤrig machen kan/ welcher im erſten Theil meiner Philoſophi-
ſchen Oefen beſchrieben iſt/ vnd mit der zeit auch noch auff eine beſſere Weiſe zu machen/
wann es die Gelegenheit wird zulaſſen/ moͤchte beſchrieben werden. Vnterdeſſen man
ſich mit demjenigen/ was allbereit heraußgegeben iſt/ behelffen kan.
So aber vielleicht einer oder der ander in Bereitung deſſelben/ auß der Beſchrei-
bung gedachten Tractaͤtleins nicht ſolte koͤnnen zu recht kommen/ ſo iſt ihme nicht ge-
wehret/ darff ſich auch nicht ſchemen bey diejenigen zu kommen/ welche taͤglich darmit
vmbgehen/ vnd der Kunſt genugſam erfahren ſeyn/ bey ihnen die Handgriffe (darin-
nen die Kunſt beſtehet/ vnd nicht moͤglich ſo genaw zu beſchreiben ſeyn) zu erlernen/ vnd
die Zeit vnd Koſten ſo vnnuͤtzlich nicht verſchwenden doͤrffe.
Was nun ferner die Erkaͤntnuͤß ſolcher Steine/ ohne welche die Kunſt fruchtlos
iſt/ anbelanget/ thue ich dir dieſes zu wiſſen/ nemlich/ daß ſolcher Steine in vielen Orten
der Welt/ vnd ſonderlich in ſandichten vnd bergichten Laͤndern in groſſer Menge/ doch
an einem Ort mehr vnd beſſer als an dem andern zu finden ſeyn. Dann ſelten ein
Sand iſt/ welcher dergleichen Kißlingſteine nicht bey ſich hat/ vnd offtermals der
Sand ſelbſten/ wie klein er auch ſeyn moͤchte/ ſehr guͤldiſch iſt. Jnſonderheit aber koͤn-
nen ſolche Steine am allerfuͤglichſten geſucht vnd gefunden werden an den Vfern der
Fluͤſſe vnd Refieren/ da das Waſſer den Sand hinweg gefuͤhret/ vnd die Steine hat
P p 2ligen
[300]Operis Mineralis
ligen laſſen. Solche Steine aber/ welche an den flieſſenden Baͤchen vnd Fluͤſſen haͤuf-
fig ligen/ koͤnnen alſo leichtlich nicht wie diejenigen/ die man auß dem reinen Sand ſu-
chet/ aͤuſſerlich erkant werden/ weil ſie gemeiniglich mit Schlam̃ uͤberzogen/ jene aber
ſchoͤn rein ſind: derhalben man ſolche mit einem Hammer zerſchlagen muß/ ſo kan man
etlicher maſſen ſehen/ was darinnen iſt/ aber nicht ſo wol/ als wann man dieſelbige ins
Feuer legt/ außgluͤhet/ vnd in einem kalten Waſſer außleſchet/ ſo offenbaret ſich das ☉
beſſer darinn. NB. Bleibt der Stein nach dem außgluͤhen vnd außleſchen weiß/ ſo iſt
nichts darinn/ wird er aber roͤhter/ als er vor dem außgluͤhen geweſen/ ſo iſt er gut; vnd
je roͤhter/ je beſſer. NB. Doch ſoll es nicht verſtanden werden vom Sandſtein/ welche
auch im Feuer zum theil roht werden/ vnd doch kein Gold halten/ ſondern von Kißling-
ſteinen/ darauß man Feuer ſchlagen kan/ wann man ſolcher Stuͤck zwey hart zuſammen
ſchlaͤgt; vnd je reiner ſolche Kißlingſteine ſind/ je reiner Gold ſie auch geben: dann man
findet auch Kißlingſteine/ die Feuer ſchlagen/ im außgluͤhen roht werden/ vnd doch gantz
kein Gold halten/ ſondern nur allein Eiſen/ welche man daran kennen kan/ wann ſie
vor dem außgluͤhen ſchoͤn roht waren/ vnd nach dem außgluͤhen dunckelroht bleiben/
aber nicht glaͤntzender/ ſondern rauch; dieſe aber/ darinn Gold iſt/ behalten nach dem
außgluͤhen eine ſchoͤne/ glaͤntzende/ guͤldiſche/ gelbe oder roͤhtlichte Farb/ gleich als ſie
uͤberguͤldet waͤren/ vnd ſolches durch vnd durch/ ſo offt man ſolche zerſchlaͤgt/ allzeit uͤber-
guͤldet an allen Orten gefunden werden: dieſe geben ein rein vnd gut beſtaͤndig Gold/
jene aber geben zwar ein blutrohte extraction, aber kein corporaliſch Gold/ ſondern nur
ein rein vnd hochgradirt geſchmeidig Eiſen/ welches auch nicht zu verwerffen iſt/ weil es
mit Nutzen zu andern laboribus Chymicis (inſonderheit die ☽ damit zu cimentiren vnd
gradiren) kan gebraucht werden; Gold aber wird gemeiniglich nicht darinn gefunden/
darauff man wolachtung geben muß/ auff daß man an ſtatt Gold nicht Eiſen herauß
ziehe/ vnd vergebliche Arbeit thue.
Deßgleichen ſind auch dieſe Steine gut/ vnd geben viel Gold/ welche ſchoͤn hell/
klar vnd weiß ſind/ vnd doch hie vnd dort viel gruͤne/ rohte/ gelbe/ auch blaue vnd braune
Flecken vnd Striche haben/ vnd gleichſam durch vnd durch damit durchwachſen ſeyn.
Auch findet man kolſchwartze Kißling/ welche Feuer geben/ vnd zugleich Gold
vnd Eiſen halten/ die man auch mit Vortheil außziehen kan/ vnd bißweilen viel eiſen-
ſchuͤſſig Gold geben/ welches man durch die Seiger Arbeit/ die hernachfolgt/ ſcheiden kan.
Auch ſind ſolche Kißlingſteine gut/ die nach dem auß gluͤhen weiß bleiben/ vnd nur
mit gruͤnen/ blauen oder anderer Farben Adern allenthalben durchzogen oder durch-
wachſen ſind.
Deßgleichen ſind auch ſolche nicht zu verachten/ welche keine Adern/ ſondern nur
viel ſchwartze Flecken nach dem außgluͤhen behalten.
Die groſſe quartzichte Felſen- vnd Hornſteine aber/ ob ſie ſchon im außgluͤhen keine
ſonderbare Veraͤnderung der Farben erlangen/ wann man zuvor das angeflogene ☉
daran geſehen/ ſind gleichwol gut/ vnd geben viel Gold.
Aber
[301]Erſter Theil.
Aber aller Sand/ er ſey gleich grob oder klein/ wann er leicht vnd flammicht Gold
haͤlt/ gibt im außgluͤhen einen blauen Rauch/ vnd erlangt ein hoͤhere vnd braͤunere Farb
dadurch: ſo er ſich aber nicht veraͤndert/ iſt es ein Zeichen/ daß nichts darinnen ſey.
Wann man eine zarte/ gelbe oder rothe Erde findet/ welche durch einen reinen
Sand oder Felſen adern-weiſe hindurchſtreicht/ ſo haͤlt dieſelbe auch Gold/ aber gemei-
niglich fluͤchtig vnd vnzeitig/ welches im reduciren hinweggeht/ kan aber in die Lunam
oder ein ander Metall gebracht vnd behalten werden.
Zu weiterer Erkaͤntnuͤß der Steinen kan man dieſelbe auch durch das fluͤſſig weiß
Glas probiren/ was ſie halten; davon im vierdten Theil der Philoſophiſchen Oefen ge-
meldet worden. Auff daß man keine vergebliche Arbeit thue/ vnd mir die Schuld gege-
ben werde/ wann kein Gold darauß koͤm̃t/ darumb ich ſolches zuvor erinnere/ daß nem-
lich nicht alle Steine Gold halten/ oder daſſelbe durch den Spiritum Salis darauß koͤnne
extrahirt werden/ derowegen man ſolche zuvor erſt wol muß erkennen lernen/ ehe man
ſich vnterſtehet/ das Werck in die Hand zu nehmen.
Folget nun der Proceß/ wie man die Kißlingſteine bereiten/ vnd
mit Spiritu Salis ihr Gold extrahiren vnd corporaliſch
machen ſoll.
ERſtlich muß man die Kißlinge oder Quartzen gluͤhend machen/ in ein kalt Waſſer
werffen/ vnd darinn erkalten laſſen/ dann außnehmen/ wieder trucknen vnd klein
mahlen. NB. Wann man ſolche in einem Moͤrſel ſtoͤſſet/ ſo kan man eine Scheidung
deß beſten Theils von dem vnnuͤtzen leichtlich machen/ wann man nemlich dieſelbe klein
puͤlvert/ ſo gibt ſich allzeit mit erſt das beſte Theil in ein roht Pulver/ vnd der ſchlechteſte
Theil deß Steins/ darinn wenig oder gar nichts iſt/ bleibt groͤber wegen ſeiner Haͤrte-
NB. Wann man dann ſolche halbgepuͤlverte Steine durch ein eng haͤren Sieb gehen
laͤſſt/ ſo faͤllt das zarteſte Theil/ als ein roht Pulver/ durch/ vnd bleibt der vntuͤchtigſte
Theil deß Steins in dem Sieb weiß ligen/ welches man hinwegwerffen ſoll; So aber
noch eine Roͤhte darinn geſpuͤret wuͤrde/ kan man ſolche wieder in den Moͤrſel thun/ vnd
noch mehr oder kleiner puͤlvern/ ſo gibt ſich wieder der beſte Theil deſſelben mit erſt in ein
roht Pulver/ das uͤbrige aber/ welches in dem Sieb bleibt/ vnd weiß ſeyn wird/ ſoll man
hinſchuͤtten/ weil nichts gutes mehr darinnen iſt. Doch iſt dieſes auch in acht zu neh-
men/ daß nicht alle Kißling im puͤlvern ſich alſo ſcheiden laſſen: dann etliche laſſen ſich
gantz vnd gar in einer Farb puͤlvern/ vnd geben keine Scheidung deß beſſern von dem
geringern Theil/ welche dann auch gantz vnd gar muͤſſen klein gemacht vnd extrahiret
werden: diejenigen aber/ welche ſich im puͤlvern ſcheiden laſſen/ ſind beſſer zu extrahi-
ren/ weil man alles Gold/ ſo in einem Pfund iſt/ gemeiniglich in 6. oder 8. Loht bringen
kan/ vnd alſo den gantzen Stein nicht allzumal extrahiren darff/ welches ein groſſer
Vortheil iſt/ vnd auch viel Spiritus Salis kan erſparet werden.
P p 3Der
[302]Operis Mineralis
Der Sand vnd Letten aber darff keines vorbereitens/ gleich allhier bey den Stei-
nen gemeldet/ ſondern wird nur alſo uͤbergoſſen/ wie er an ihm ſelber iſt/ vnd extrahiret.
Wann du dann die Kißlingſteine oder Quaͤrtze klein gemahlen/ oder auff vorge-
dachte Weiſe den beſſern Theil von dem geringern geſchieden haſt/ ſo thue von demſelben
Pulver ohngefehr 2. 3. 4. oder 6. Pfund auff einmal in einen glaͤſern vnabgenommenen
Kolben/ vnd gieß ſo viel Spiritus Salis darauff/ daß er 3. oder 4. zwerch Finger daruͤber
gehe/ vnd ſetze denſelben auff einen warmen Sand oder Balneum, alſo/ daß der Spiritus
Salis dadurch wol warm werde/ vnd das Gold heraußziehen koͤnne/ laſſe ſolchen ohnge-
fehr 5. 6. oder mehr Stund/ oder ſo lang biß er ſich hoch roht gefaͤrbet/ vnd nicht mehr
Gold an ſich nehmen wil oder kan/ daruͤber ſtehen.
So fern er ſich aber in der erſten extraction, welches ſchwerlich oder gar ſelten ge-
ſchehen wird/ ſo hoch nicht faͤrben ſolte/ ſo nimbt man denſelben etlicher maſſen tingirten
Spiritum Salis von den Kißlingſteinen/ vnd gieſſt ſolchen auff ſolche zubereitete Steine/
welche in einem beſondern Kolben ſeyn ſollen/ laͤſſt denſelbigen auch noch etliche Stunde
in ziemlicher Waͤrme daruͤber ſtehen/ vnd mehr ☉ außziehen/ vnd gieſſet dann denſel-
bigen auch wieder ab auff andere friſche Steine zu etlichmalen/ oder ſo lang/ biß er ſo viel
Gold zu ſich genommen/ als er gekoͤnt hat/ welchen man alſo hinſetzen/ vnd ſo lang be-
wahren ſoll/ biß deſſen mehr darzukoͤm̃t/ auff daß hernach zugleich das Gold darauß ge-
ſcheiden werde/ wie folgen wird.
Auff die außgezogene Steine aber/ welche in dem erſten Kolben ſind/ geuß wieder
einen friſchen Spiritum Salis, laß ſolchen auch ſo lang darauff ſtehen/ biß er ſich gefaͤrbet/
vnd das uͤbrige Gold/ welches zum erſtenmal der Spiritus Salis nicht hat außziehen koͤn-
nen/ auch zu ſich genommen hat/ gieſſe denſelben ab/ vnd wieder auff die Steine in dem
andern vnd dritten Kolben/ auff daß er auch das uͤbrige Gold/ ſo der erſte Spiritus Salis
darinnen gelaſſen hat/ vollend außziehe; vnd wann ſolches geſchehen/ ſo gieſſe denſelben
auch auff friſche Steine ſo lang von einem Kolben zu dem andern/ biß er Gold genug zu
ſich genommen/ vnd nichts mehr halten kan/ welchen du auch abgieſſen/ vnd bey dem
vorigen bewahren ſollſt. Auff die außgezogene Steine aber muſt du allzeit wieder fri-
ſchen Spiritum Salis gieſſen/ vnd das uͤbrige auch außziehen laſſen/ auff daß kein Gold
darinnen bleibe. Letztlich ſolleſt du auch gemein Waſſer auf die außgezogene Steine in
die Kolben gieſſen/ vnd den Spiritum Salis, welcher daran iſt hangen blieben/ vnd auch
noch guͤldiſch iſt/ darmit außlaugen/ vnd zu gut bringen/ auff daß nichts verloren gehe.
Dieſe Arbeit mit Extrahirung deß Spiritus Salis vnd Außlaugung mit gemeinem
Waſſer kanſt du ſo lang continuiren/ als du Steine vnd Spiritus Salis haſt/ vnterdeſſen
aber allzeit die mit Spiritu Salis außgezogene vnd mit Waſſer außgelaugte Steine hin-
wegwerffen/ auff daß du die Kolben wieder mit friſchen Steinen fuͤllen vnd deine Arbeit
fortſetzen koͤnneſt.
Wann du aber/ deine noch uͤbrige zugerichtete Kißlingſteine außzuziehen/ keinen
Spiritum Salis mehr haſt/ ſo ſollſt du anfangen denſelbigen wieder von dem Gold zu ſchei-
den/
[303]Erſter Theil.
den/ vnd geſchicht ſolches auf dieſe Weiſe/ nemlich alſo: Erſtlich muſt du verſehen ſeyn
mit einem guten Theil Glaͤſern/ oder von guter Erden gemachten Retorten/ welche die
Spiritus halten/ vnd dieſelbe mit dem imprægnirten Spiritu Salis ſo weit anfuͤllen/ als ſie
es leiden/ vnd im abstrahiren nicht uͤber lauffen koͤnnen/ darnach dieſelbe in ein Balneum
ſiccum ſetzen/ vnd allgemach den Spiritum Salis von dem Gold abstrahiren/ welchen du
hernach zu dergleichen Arbeit wieder gebrauchen kanſt/ vnd beſſer iſt/ als er zuvor gewe-
ſen: das zuruͤck-gebliebene Gold aber kanſt du auß der Retorten/ derſelben zu beſſerem
Gebrauch zu verſchonen/ mit einem krummen eiſern Traht los machen/ vnd herauß-
ſchuͤttelen/ welches einer rohten Erden gleich ſeyn wird/ ſolches ſollſt du bewahren/ biß
du deſſen viel beyſammen haſt/ vnd hernach durch das Antimonium gieſſen/ vnd fein
machen/ als ich dich vnten lehren werde.
MB. Wann du aber mit Spiritu Salis einen rohten Talck/ ſchwartze oder roher
Granaten/ Schmirgel/ Galmey/ Marcaſiten/ oder dergleichen Berg-Arten/ welche ge-
meiniglich neben einem wenig fixen Gold viel vnzeitiges vnd fluͤchtiges halten/ extrahi-
ret haſt/ ſo muſt du in der abstraction zu der ſolution etwas Eiſen legen/ daran ſich das
fluͤchtige Gold halten vnd figiren kan/ welches ſonſten im ſchmeltzen weggeht/ vnd ver-
loren wird. Derenthalben man beſſer thut/ daß man ſolche extractiones oder ſolutio-
nes von Talck vnd dergleichen Berg-Arten/ welche ein vnzeitig Gold fuͤhren/ nicht in
Glaͤſern oder irdenen Retorten/ ſondern in eiſern Haͤfen oder Toͤpffen/ daruͤber ein ir-
dener Helm gemacht ſey/ abstrahire/ ſo nimbt das vnzeitige Gold von dem eiſern Hafen
ſelbſten ſo viel Eiſen zu ſich/ als es zu ſeiner Figirung vonnoͤhten hat/ welches Eiſen her-
nach durch die Seigerung deß Antimonii leichtlich von dem Gold geſcheiden wird/ als
bey derſelben Arbeit zu ſehen iſt.
Dieſes aber ſollſt du auch wiſſen/ daß nicht ein jedweder Granat ſich extrahiren
laͤſſt/ ob er ſchon noch ſo lang im Spiritu Salis kochte/ ſondern mit ſolcher Farb wieder her-
außkoͤm̃t/ als er hineingethan iſt worden/ derohalben man den Vnterſcheid muß erken-
nen lernen/ oder dieſelben zuvor zu bereiten wiſſen/ auff daß hernach der Spiritus Salis
dieſelbe antaſten/ vnd ihr bey ſich fuͤhrendes Gold zu ſich nehmen koͤnne.
Deßgleichen ſoll man auch den Talck nicht zu warm extrahiren/ auff daß er ſich
nicht gantz vnd gar in dem Spiritu Salis auffſolvire/ vnd Hindernuͤß gebe; dann wann
ſolches geſchaͤhe/ ſo haͤtte man keinen Vortheil an ſolcher Arbeit/ weil ſolche darumb an-
geſtellt iſt/ daß man das wenige Gold/ ſo in der groſſen Quantitaͤt deß Talcks iſt/ in die
Enge bringen/ vnd nicht den gantzen Talck zuſammen mit Fluͤſſen ſchmeltzen darff/ wel-
ches dir ſonſten die Koſten nicht bezahlen kan. Bey den Kiſſelſteinen aber hat man ſich
deſſen nichts zu beſorgen/ weil der Spiritus Salis dieſelbe nicht angreifft oder ſolvirt/ gleich
wie er bey dem Talck thut/ ſondern nur allein das Gold daraußzeucht/ vnd das ſteinichte
[c]orpus ligen laͤſſt.
Auch muß mit dem Galmey anders als mit dem Talck/ Granaten oder Kißling-
ſteinen im extrahiren oder figiren gehandelt werden/ dann er ſich ſonſten mit Spiritu
Salis ſchier gantz auffſolvirt; welche Arbeit aber hieher nicht gehoͤrt/ weil ſowol die extra-
ction
[304]Operis Mineralis
ction als fixation deſſelben auff ein beſondere Weiſe geſchehen muß (derhalben ich ſol-
ches an ſeinen Ort verſparen wil) vnd mir allhier eigentlich nur fuͤrgenommen habe/
das Gold auß den Kiſſelſteinen zu extrahiren/ welche an vielen Orten gefunden/ vnd
leichtlich koͤnnen bekommen werden.
Dieſes iſt nun der Weg vnd Weiſe/ das Gold auß den Kiſſelſteinen vnd Sand
zu extrahiren mit Spiritu Salis in der Waͤrme/ welches in glaͤſern Geſchirren geſchehen
muß. Weil mir aber noch ein anderer modus bekand iſt/ dadurch ſolche Arbeit eben ſo
wol in der Kaͤlte vnd auch ohne Glaͤſer geſchehen kan/ ſo hab ich fuͤr gut angeſehen/ die-
ſelbe auch hieher zu ſetzen/ auff daß ein jedweder nach ſeinem Gefallen/ eine/ die ihm am
beſten anſtehet/ von beyden außſuchen vnd erwehlen koͤnne/ vnd geſchiehet auff dieſe
Weiſe:
Zu dieſer Arbeit hat man nichts anders vonnoͤhten/ als ein gut Theil irdener Ge-
faͤſſe/ welche von guter Erden bereitet/ in Geſtalt eines Trichters/ vnd zimlich wol ge-
brant ſeyn/ auff daß ſie den Spiritum Salis nicht in ſich ſchlucken; vnd ſo man dergleichen
keine haben koͤnte/ ſo muͤſte man ſolche von Glas dick vnd ſtarck machen laſſen; zu wel-
chen Gefaͤſſen man eine Banck haben ſoll/ in welche viel Loͤcher nacheinander gemacht/
darein man die Trichter ſetzen koͤnne/ vnter welche auch glaͤſerne Schalen ſollen geſetzt
werden/ welche den durchlauffenden Spiritum Salis empfangen.
Folget nun diePraxis,wie man die Arbeit in den erdenen oder
glaͤſernen Trichtern verrichten ſoll.
WAnn man ſolcher Trichter ein gut Theil nacheinander auff das Bret geſetzt hat/
ſo legt man erſtlich grobe Stuͤcklein von den Kißlingen vnten in die Roͤhren oder
engſte Theil deß Trichters/ darnach andere kleinere/ dann wieder kleinere/ auff daß die
Enge deß Trichters alſo damit gefuͤllet werde/ darnach ſchuͤttet man den Trichter von
dem pulveriſirten Stein voll an/ biß auff 3. oder 4. zwerch Finger/ auff daß [der]Spiritus
Salis auch noch Raum habe daruͤber zu ſtehen. Alſo halten oder verhindern die grobe
Stuͤcklein Steins/ welche du zu vnterſt in den Trichter gelegt haſt/ daß das kleine Pul-
ver nicht durchlauffen kan/ wann der Spiritus Salis darauff geſchuͤttet wird; muß alſo
darinn ligen bleiben/ vnd ſich mit Spiritu Salis außlangen laſſen.
Wann nun alles alſo verfertigt iſt/ ſo fange von dem erſten an biß zu dem letzten/
vnd ſchuͤtte ſo viel Spiritus Salis drauff/ daß er 2. oder 3. zwerch Finger uͤber die pulveri-
ſirte Kißling gehe/ ſo wird er alsbald an denſelben anfangen zu arbeiten/ vnd das Gold/
ſo darinnen iſt/ zu ſich nehmen/ vnd gefaͤrbet durch den Trichter lauffen in die vnterge-
ſetzte Schalen. Vnd weil gemeiniglich erſtlich etwas von den pulveriſirten Kißlingen
mit dem Spiritu Salis durchlauffet/ ſo muſt du ſolchen truͤben Spiritum wieder auß der
Schalen in den Trichter gieſſen/ ſo offt/ biß daß er ſich geſtopfft hat/ vnd lauter durch-
laufft; alsdann ſollſt du dieſen Spiritum, welcher durch den erſten Trichter geloffen iſt/
auff
[305]Erſter Theil.
auff den andern gieſſen/ vnd wann er durchgeloffen/ auff den dritten/ vnd ſo fort an biß
zum letzten/ oder ſo lang vnd offt/ biß er hoch genug von Farb iſt; welchen du dann auff
eine Seite ſetzen vnd bewahren ſollſt/ biß deſſen ſo viel zuſammen koͤm̃t/ daß man durch
Retorten den Spiritum Salis von dem Gold ſcheide.
Wann nun der erſte Spiritus auff der Reihe nacheinander von einem Trichter
zum andern geſchuͤttet vnd gefaͤrbet durchgelauffen iſt/ ſo fange wieder von fornen an/
vnd ſchuͤtte auff den erſten Trichter einen friſchen Spiritum Salis, laß ſolchen auch auff
der Reihe nacheinander durch alle lauffen/ biß daß er ſich auch genug gefaͤrbet hat/ vnd
fange wieder an bey dem erſten/ vnd gieſſe friſchen darauff. So du aber ſieheſt/ daß der
Spiritus Salis, wann er durchgeloffen iſt/ keine Farb außgezogen/ ſondern klar durchge-
loffen iſt/ ſo iſts ein Zeichen/ daß kein Gold mehr darinnen/ ſondern alles ſchon extrahi-
ret vnd außgelauget worden; derohalben du keinen Spiritum Salis mehr darauff gieſſen
ſollſt/ ſondern nur gemein Waſſer/ vnd ſolches gleich dem Spiritu Salis auch durchſei-
gern laſſen/ ſo zeucht das Waſſer den Spiritum Salis, welcher an den Kißlingen iſt han-
gen blieben/ zu ſich/ vnd ſuͤſſet dieſelben ab/ alſo/ daß nichts von dem Spiritu Salis an den
Steinen hangen bleibe vnd verloren gehe; welches ſauer Waſſer du auch beſonder be-
wahren/ vnd zu dergleichen Arbeit gebrauchen ſollſt: die außgelaugte Kißling aber ſollſt
du auß dem Trichter thun/ vnd ſolche wieder mit friſchen Steinen fuͤllen/ wie zuvor ge-
ſchehen/ vnd alſo mit dem außlaugen fortfahren/ ſo lang du Stein vnd Spiritum Salis
haſt: Den Spiritum Salis aber/ welcher das letzte mal durchgelauffen/ vnd nicht hoch
genug gefaͤrbet iſt/ ſollſt du nicht bey die vorige gieſſen/ welche genugſam mit Gold im-
prægniret ſind/ ſondern allein behalten/ vnd auff die friſche Steine gieſſen/ vnd alſo von
einem zu dem andern/ biß daß er auch hoch genug iſt tingiret/ alsdann mit dem andern
durch die glaͤſerne Retorten von dem außgezogenen Gold abstrahiren/ vnd wieder zu
dergleichen Arbeit gebrauchen.
Alſo vnd auff dieſe Weiſe kanſt du mit hundert ℔. Spiritus Salis etliche tauſend ℔
Steine extrahiren/ vnd das Gold/ ſo darinn iſt/ heraußziehen/ vnd zu Nutzen bringen/
welches ſonſten vnmuͤglich waͤre durch das ſchmeltzen. Vnd beſtehet die groͤſte Kunſt
allein in dem Außlaugen/ wann man nemlich den Spiritum Salis wol darzu gebrauchet/
auf daß er nicht verloren gehe/ vnd mit wenig ℔ viel ℔ Steine damit extrahiren kan.
Dieſes aber iſt allhier bey dieſer Außlaugung zu mercken/ welche kalt geſchicht/
nemlich/ daß der Spiritus Salis ſtaͤrcker ſeyn ſoll/ als wann er in Kolben auff den Stei-
nen heiß wird/ ſonſten geht es viel langſamer zu als jenes; wann aber der Spiritus ſtarck
genug iſt/ ſo kan man auff dieſe Weiſe die Steine leichter außlaugen als durch die vori-
ge/ weil man ſo viel Arbeit vnd Sorg nicht tragen darff/ ob etwas moͤchte verſtuͤrtzet
werden/ wann man den tingirten Spiritum von einem Kolben in den andern gieſſen
muß/ vnd koſtet auch kein Feuer; der Spiritus Salis aber ſoll ſtaͤrcker ſeyn/ welches in acht
zu nehmen/ wann du auff dieſe Weiſe das Gold kalt heraußziehen wilt.
Dieſes iſt nun der gruͤndliche Bericht/ wie du die guͤldiſche Kißlingſteine oder
Q qandere
[306]Operis Mineralis
andere guͤldiſche Berg-Arten zurichten/ mit Spiritu Salis außziehen/ vnd denſelben wie-
der darvon ſcheiden ſollſt. Nun aber ſoll folgen/ wie du ſolches Gold/ welches in den Re-
torten geblieben/ rein vnd fein machen koͤnneſt.
NB. Wann deine Kißlingſteine/ welche du extrahiret haſt/ fein/ vnd kein eiſen-
ſchuͤſſig Gold gehalten haben/ ſo darffſt du keine ſonderbare Muͤhe vnd Arbeit darzu/
folches geſchmeidig zu machen/ ſondern kanſt daſſelbe mit gleich ſchwer Borras, oder die-
ſem Fluß/ von gleichem Gewicht/ Weinſtein vnd Salpeter gemacht/ zuſammen ſchmel-
tzen/ ſo erlangſt du dein Gold/ welches der Spiritus Salis auß den Steinen gezogen hat:
So aber die Kißlinge auch Eiſen gehalten/ wie ſie gemeiniglich thun/ ſo muſt du ſolches
nicht mit einem Fluß ſchmeltzen/ dann das Gold vngeſchmeidig vnd vnrein bleiben wuͤr-
de/ ſondern muſt ſolches mit Saturno abtreiben/ ſo reiniget es ſich/ vnd wird geſchmeidig.
Wann aber ſolches Gold neben dem Eiſen auch andere ſchwefelichte Vnart bey ſich haͤt-
te/ ſo iſt es auch nicht gut/ ſolches mit ♄ abzutreiben/ dann das Eiſen mit der andern Vn-
art machen das Gold zum theil zu Schlacken/ vnd wird viel darvon verloren; derohal-
ben man ſolches mit dreymal ſo viel Antimonii miſchen/ ſchmeltzen vnd ſergern ſoll/ ſo
wird alles behalten/ vnd gehet nichts verloren. Welches dann der beſte Weg iſt/ ſolches
eiſenſchuͤſſig Gold rein vnd fein zu machen/ auſſer welchem Weg ſolches ohne Verluſt
deſſelben nicht wol geſchehen mag.
Wie man vnrein Gold durch dasAntimoniumgieſſen/
ſeigern vnd fein machen ſoll.
WAs dieſe Arbeit anbelangt/ ſoll man wiſſen/ daß ſehr viel daran gelegen iſt/ vnd man
derſelben wol ſoll kuͤndig ſeyn/ wann man Nutzen davon zu haben ſucht: Dann/
wann man ſchon das Gold auß den Kißlingſteinen mit Spiritu Salis gezogen håtte/ vnd
hernach ſolches nicht wuͤſte zu ſchmeltzen/ vnd in ein corpus zu bringen/ was ſolte es nu-
tzen? oder worzu ſolte es gut ſeyn? Dann ſolches halbzeitige Gold nicht auff bekande
vnd gemeine Weiſe wil geſchmoltzen werden/ ſondern gehoͤret Verſtand darzu/ wie man
ſolches im ſchmeltzen vollends figire/ binde/ vnd von ſeinen ſulphuriſchen fecibus ſcheide/
alſo/ daß alles behalten werde. Dann man leichtlich erachten kan/ daß ein ſolch zart/
fluͤchtig vnd eiſenſchuͤſſig ☉ mit einem gemeinen Fluß ſich nit reduciren wuͤrde laſſen/
ſondern viel mehr zu einer Schlacken werden; wie dann zu beweiſen/ wann man ein fix
Gold in Spiritu Salis auffſolvirte/ vnd auch zugleich Eiſen/ oder ein ander ſulphuriſch
Metall oder Berg-Art/ vnd hernach den Spiritum Salis wieder davon abstrahirte/ vnd
mit einem Fluß von Weinſtein vnd Salpeter reduciren wolte/ ſo wuͤrde man befinden/
daß beyweitem nicht alles Gold wieder erlanget/ ſondern ſich zu einer Schlacken wuͤrde
verwandelt haben. Geſchiehet nun ſolches bey einem Gold/ welches vor der ſolution
fix/ corporaliſch vnd rein war/ warumb ſolte es nicht viel mehr geſchehen bey einem ſol-
chen Gold/ welches von Natur noch fluͤchtig vnd vnrein/ auch noch niemal ein corpus
gewe-
[307]Erſter Theil.
geweſen iſt? Dann weil ſolches Gold/ welches auß den Steinen gezogen/ gemeiniglich
eiſenſchuͤſſig iſt/ vnd das Eiſen zu dem Gold eine gewaltige Zuneigung vnd Gemein-
ſchafft traͤgt/ alſo/ wann ſolche beyſammen ſeyn/ keines das andere gern wil gehen oder
fahren laſſen/ ſondern ſtarck zuſammen halten/ alſo/ daß viel eher das Gold mit dem Ei-
ſen zu Schlacken wuͤrde/ als daß es ſich rein davon ſolte ſcheiden laſſen.
Jſt alſo noͤhtig/ daß man einen ſolchen Fluß darzu habe/ welcher nicht allein ſol-
ches vnreine Gold gern an vnd zu ſich nehme/ ſondern auch reinige vnd fein mache/ wel-
ches das Antimonium thut/ vnd ſonſten nichts beſſer: dann das Antimonium greifft/
wegen ſeines verbrennlichen vnd fluͤſſigen ſulphuris, ſolches eiſenſchuͤſſig Gold gern an/
vnd wegen ſeines Mercurii ziehet er das corporaliſche vnd gute Weſen deß Goldes zu
ſich/ reinigt vnd ſcheidet ſolches von aller Vnreinigkeit ohne Abgang/ alſo/ daß kein beſ-
ſerer Fluß darzu kan gefunden werden: gehoͤret aber Verſtand vnd Geſchicklichkeit dar-
zu/ wie man hernach das Antimonium wieder leichtlich von dem Gold ſcheide/ auff daß
nichts geraubet werde; welches alſo hergehet:
Erſtlich ſoll man ſolches eiſenſchuͤſſig vnd vnrein Gold/ ſo nach der abstraction
deß Spiritus Salis in den Retorten oder eiſern Haͤfen geblieben/ vnd einer rohten Erden
gleich ſeyn wird/ zu einem kleinen Pulver machen/ vnd zwey- oder dreymal ſo viel puͤl-
veriſirten Antimonii darunter miſchen/ einen guten beſtaͤndigen Tiegel davon voll ma-
chen/ zwiſchen die Kolen in den Ofen deß vierdten Theils ſetzen/ einen irdenen Deckel
darauff legen/ auff daß keine Kolen darein fallen/ vnd das Werck verhindern/ darnach
allgemach zuſammen ſchmeltzen laſſen/ vnd wann alles wol durcheinander/ einem Waſ-
ſer gleich/ geſchmoltzen iſt/ ſo muß man ſolches in einen warmgemachten vnd mit wachs-
geſchmierten Gießpuckel gieſſen/ vnd darinn erkalten laſſen/ vnd hernach den Koͤnig/
welcher das meiſte Gold wird bey ſich halten/ von der Schlacken mit einem Hammer
abſchlagen vnd beyſeits legen; das uͤbrige Antimonium aber/ welches einer Schlacken
gleich ſeyn/ vnd noch viel Gold in ſich halten wird/ ſollſt du wieder in den Tiegel thun
vnd flieſſen laſſen/ vnd dann ein wenig Eiſenfeilig darauff werffen/ mit einem eiſern Ha-
cken vntereinander ruͤhren/ ſo wird ſich der verbrennliche Sulphur deß Antimonii an
dem Eiſen todt freſſen/ vnd einen Regulum fallen laſſen/ welcher das uͤbrige Gold wird
mit ſich nehmen/ vnd nachdem du viel Eiſen zuwirffeſt/ je groͤſſer dein Koͤnig werden
wird/ vnd gemeiniglich ſo ſchwer/ als das Eiſen gewogen hat. Wann nun die maſſa
wol vntereinander gefloſſen iſt/ ſo gieß dieſelbe auß in einen warmen Gießpuckel/ gleich
wie zum erſtenmal/ vnd ſchlag nach der Erkaltung den Koͤnig davon/ vnd lege denſelben
beſonder/ die Schlacken ſchmeltze wieder/ vnd ſchlage dieſelbe mit Eiſenfeilig nieder/
gleich zuvor/ vnd mach wieder einen Koͤnig/ welcher auch noch Gold halten wird/ aber
gemeiniglich ſilberhafftig: dann das reineſte vnd feineſte Gold faͤllt zu erſt/ vnd hernach
allzeit das geringere/ vnd endlich nur allein Silber. Darumb man einen jedern Koͤnig
allein behalten vnd rein machen ſoll/ auff daß das feine Gold allein/ vnd das guͤldiſche
Silber auch allein komme. NB. Dieſes aber ſollſt du mercken/ wann das Antimo-
Q q 2nium
[308]Operis Mineralis
nium im ſchmeltzen wegen deß Eiſens/ welches du zum fellen gebraucht haſt/ vnfluͤſſig
wuͤrde/ vnd den Regulum nicht gerne wolte fallen laſſen/ ſo muſt du allzeit/ ſo oft du mit
Eiſen niederſchlaͤgeſt/ auch ein wenig Salpeter zuwerffen/ ſo wird der Zeug im Tiegel
fluͤſſig/ vnd ſcheidet ſich der Regulus gern von den Schlacken/ vnd wann du alles Gold
vnd Silber in 3. oder 4. Koͤnige gebracht haſt/ ſo lege die uͤbrige Schlacken zuruͤck/ biß
daß ich dich lehre/ wie du dieſelbe auch noch weiters gebrauchen/ vnd zu gut machen ſollſt/
als hernach zu ſehen iſt.
Folget nun/ wie man das Gold vnd Silber von demAntimo-
nio ſcheiden vnd rein machen ſoll.
DIeſe Arbeit/ ſolche Koͤnige/ welche von dem ſchmeltzen deß Antimonii kommen/ rein
zu machen/ kan auff vielerley weis geſchehen/ als nemlich alſo: Erſtlich kan man
ſolche auff einer flachen Scherben mit einem Balg verblaſen/ gleich die Goldſchmiede zu
thun pflegen/ wann ſie Gold durch das Antimonium gegoſſen haben; iſt aber ein muͤh-
ſelige vnd gefaͤhrliche Arbeit: dann nicht moͤglich iſt/ daß man ohne Schaden deß Le-
bens/ wann man viel darmit vmbgehet/ darvon kommen kan; darzu geht es auch ſehr
langſam zu/ vnd laͤſſt ſich nicht ins groſſe thun. Derhalben iſt nicht rahtſam/ wann man
einen beſſern Weg hat/ daß man dieſen gehe. Auch kan man ſolche Koͤnige auff einem
Teſt mit Bley anſieden vnd abtreiben/ welche Arbeit ins groſſe kan gethan werden/ ko-
ſtet aber viel Bley vnd Kolen/ vnd gehet auch alles Antimonium dadurch verloren; iſt
gleichwol mit gutem Vortheil zu thun/ vnd der erſten weit vorzuziehen/ wann man viel
zu ſcheiden hat.
Wem beliebet/ kan ſolche Koͤnige mit gemeinem Kochſaltz roͤſten/ vnd zu einer
Aſchen machen/ vnd hernach ſchmeltzen/ gibt das Gold vnd Silber auch gerne von ſich.
So kan man auch ſolche Koͤnige in einem Tiegel ſchmeltzen/ vnd mit Zuwerffung
etlicher Salien das Antimonium von dem Gold vnd Silber ziehen/ alſo/ daß nur allein
das Antimonium zu Schlacken wird/ vnd das Silber vnd Gold fein vnd geſchmeidig
ligen bleibt: Jſt zwar der beſte modus vnter allen vorerzehlten/ weil die Scheidung ſehr
bald dadurch geſchehen kan/ hergegen aber auch die ſorglichſte/ die Salien bißweilen/ wañ
man nicht wol darmit weiß vmbzugehen/ viel voñ dem Gold vnd Silber zu ſich nehmen
vnd rauben/ vnd das Gold offtermal noch vngeſchmeidig bleibt/ vnd die Arbeit auffs
new widerholet werden muß.
Wer aber mit Salpeter allein ſolches zu thun gelernet hat/ derſelbe kan mit Vor-
theil geſchwind ein groß Theil ſolcher Koͤnige rein machen/ vnd ohne Abgang deß Golds
vnd Silbers/ wie auch deß Antimonii, die Arbeit verrichten. Sonſten hat man auch
andere Fluͤſſe/ welche ſolches verrichten koͤnnen/ welches zu lang vnd auch vnnoͤhtig all-
hier davon zu melden: wil derohalben einen modum beſchreiben/ welchen ich am aller-
beſten befunden/ vnd auch denen am nuͤtzlichſten ſeyn wird/ welche viel ſolcher Koͤnige zu
ſchei-
[309]Erſter Theil.
ſcheiden haben/ vnd geſchiehet auff dieſe Weiſe: Erſtlich muß man ein beſonder Oefe-
lein zurichten/ darein man einen Herd ſchlagen kan/ faſt deme gleich/ welcher in dem er-
ſten Theil philoſophiſcher Oefen beſchrieben iſt/ Flores dadurch zu machen/ doch nicht
mit einem Roͤſter/ ſondern mit Windfaͤngen/ dadurch die Kolen angeblaſen/ vnd das
Antimonium von dem Gold gehoben/ vnd uͤber ſich in die Kammer oder Sublimir-Haͤ-
fen gefuͤhret vnd behalten werden.
Wann nun der Ofen in allem wol zugerichtet/ vnd mit Feuer erwaͤrmet iſt/ ſo
traͤgt man mit einem Loͤffel ſo viel deß Reguli auff den Herd/ als er tragen oder leiden
kan/ ſo wird er bald darauff ſchmeltzen/ vnd der Wind/ welcher zu den Lufftfaͤngen hin-
ein blaͤſet/ wird allgemach/ ohn einige Muͤhe vnd Arbeit/ den Regulum erheben/ vnd
uͤber ſich fuͤhren; wann dann ſolcher weg iſt/ vnd du mehr derſelben haſt/ ſo kanſt du
mehr zulegen/ ſo offt vnd lang/ biß ſolche alle verblaſen ſeyn/ vnd dein Gold vnd Silber
fein vnd geſchmeidig iſt/ ſitzen blieben/ welches du außnehmen ſollſt; vnd wann der Ofen
kalt worden iſt/ kanſt du die Flores auß den Kammern nehmen/ vnd zu weiterm Ge-
brauch/ wie hernach folgen ſoll/ anwenden vnd zu Nutz bringen/ alſo/ daß du nicht allein
auff dieſe Weis/ in wenig Stunden/ eine groſſe Quantitaͤt Reguli von dem Gold vnd
Silber ſcheiden/ ſondern darneben auch alles Antimonium behalten/ vnd zu vnterſchied-
lichen Arbeiten in Alchymia, wie auch in Medicina, gute Medicamenta darauß ma-
machen/ vnd mit groſſem Nutzen verbrauchen vnd anwenden kanſt. Welches fuͤrwar
eine herꝛliche Kunſt vnd Wiſſenſchafft iſt/ dadurch man nicht allein ſeine Nahrung
reichlich haben/ ſich vnd die Seinigen/ ohne Beſchwerung ſeines Nechſten/ verſorgen
vnd erhalten kan/ ſondern auch darneben viel tauſend armen Krancken/ wegen der fuͤr-
trefflichen Medicin/ ſo auß den Floribus gemacht wird/ kan geholffen werden: welches
eine ſonderbare Gabe Gottes iſt/ vnd wir billich dargegen danckbar ſeyn ſolten. Dieſes
iſt nun der naͤhere vnd beſſere Weg vnter denen/ welche mir bekand ſeyn/ das Antimo-
nium von dem Golde zu ſcheiden/ weil nicht allein ſolches in groſſer Quantitaͤt mit we-
nig Zeit vnd Koſten geſchehen kan/ ſondern auch alles Antimonium behalten/ vnd zu
fernerem guten Gebrauch kan angewendet werden.
Folget nun/ wie man dieFlores Antimonii
wieder gebrauchen ſoll.
ERſtlich kan man die allerweiſſeſte Flores, welche in der vnterſten Kammer außgezo-
gen werden/ beyſeit legen/ vnd eine allgemeine oder Univerſal-Medicin darauß be-
reiten/ wie bald hernach folgen ſoll. Die uͤbrigen aber/ welche auß den andern Kam-
mern genommen werden/ vnd ſo rein nicht ſind als die erſten/ kan man wieder zu einem
Regulo reduciren mit Sale Tartari, vnd zu vielen nuͤtzlichen Kuͤnſten anwenden/ wie
auch ſoll angezeigt werden; oder man kan dieſelbe mit gleich ſchwer gemeinem Schwefel
oder Antimonio miſchen/ vnd in verdeckten Tiegeln zuſammen ſchmeltzen/ gibt wieder
Q q 3ein
[310]Operis Mineralis
ein natuͤrliches Antimonium, damit man wieder Gold ſeigern vnd fein machen kan;
oder man kan dieſelbe mit andern Metallen vnd Mineralien miſchen/ vnd ſolche darmit
in ein beſſer Weſen transmutiren/ oder aͤuſſerlich in Chirurgia gebrauchen/ gibt die al-
lerbeſte Stich- vnd Wundpflaſter/ dergleichen keine gefunden werden. Jn Summa/
ſolche Flores, weil ſie gantz zart vnd ſubtil ſind/ laſſen ſich gern handeln vnd gebrauchen
zu vielen nuͤtzlichen Kuͤnſten vnd Wiſſenſchafften/ alſo/ daß man reiche Außbeut/ wann
man ſolche recht zu gebrauchen weiß/ dardurch erlangen kan.
Deßgleichen kan man auch die Schlacken oder uͤbriges Antimonium, davon die
Koͤnige geſchieden ſeyn/ in Flores ſublimiren/ vnd/ wie oben erzehlt/ gebrauchen/ haben
eine ſonderbare heimliche guͤldiſche Kraft/ wie auch dieſe/ welche man von den Koͤnigen
gemacht: dann weil ſolches Gold/ welches auß den Kieſelſteinen oder Talck gezogen/
darmit durchgegoſſen iſt/ vnd im durchgieſſen nur das zeitige vnd corporaliſche Gold
gefallen/ das vnzeitige vnd fluͤchtige aber bey der Schlacken geblieben iſt/ vnd hernach in
der ſublimation mit den Floribus auffſteiget/ alſo ſind dieſelbige viel kraͤfftiger vnd beſ-
ſer/ ſowol zur transmutation der Metallen/ als deß Menſchen Kranckheit zu gebrauchen.
So man aber wil/ kan man ſolches gebrauchte Antimonium mit altem Eiſen
verſetzen/ vnd in einem Schmeltz-Ofen reduciren/ gibt noch viel Reguli, der auch nicht
gar ohne Silber vnd Gold iſt; kan derohalben in andern laboribus Chymicis, da ein
Regulus darzu gebraucht wird/ verarbeitet werden/ wie ich hernach lehren werde. Die
Schlacken aber geben mit dem ſtaͤrckſten Feuer in einem beſondern Stich-Ofen noch
mehr Reguli, welcher kein Gold haͤlt/ kan aber gleichwol auch gebraucht/ vnd guter
Nutzen damit geſchafft werden/ als nemlich vnter ♃ geſchmoltzen/ gibt demſelben einen
guten Klang vnd Haͤrte; Auch kan man allerley Geſchirꝛ davon machen laſſen/ wird
nicht ſo bald dunckel vnd vnſauber als ander ♃: oder ſo man ſo viel Muͤhe nicht daran
wenden wil/ kan man Gewichte darauß gieſſen/ welche ſchoͤn ſind.
Bißhero iſt gehandelt worden/ wie man das Gold auß den Kiſſelſteinen außzie-
hen/ vnd mit dem Antimonio durchgieſſen vnd fein machen ſoll: Jetzunder ſoll auch
gelehret werden/ wie man das uͤberbleibende Antimonium ſo wol zur Verbeſſerung der
geringen Metallen/ als zur Erhaltung vnd Wiederbringung deß Menſchen Geſund-
heit gluͤcklich vnd nuͤtzlich anwenden vnd gebrauchen ſoll.
Weil nun allhier einer allgemeinen Artzney/ welche auß dem gebrauchten Anti-
monio ſoll koͤnnen gemacht werden/ gedacht worden/ als wolle ihm der Kunſtſuchende
nicht einbilden/ als wann es eine ſolche Artzney ſeyn ſolte/ damit man ohne Vnterſcheid
alle Kranckheiten alſobald ohnfehlbar/ welches allein dem Lapidi Philoſophorum zu-
geſchrieben wird/ curiren koͤnte; gantz nicht/ dann ich derſelben ſo viel nicht zuſchreibe/
ſondern nicht weiters gehe/ als ich durch die Experientz erfahren habe. Dieſes aber ſa-
ge ich mit Warheit/ daß ein ſolche Medicin darauß kan gemacht werden/ welche Wun-
der thun kan/ vnd deren gleiche ohne den Lapidem Philoſophorum ſchwerlich gefunden
wird: dann nicht allein dadurch deß Menſchen Leib von mancherley Kranckheiten be-
wah-
[311]Erſter Theil.
wahret vnd præſerviret/ ſondern auch/ wann derſelbe allbereit damit eingenommen/
wiederumb davon befreyet/ vnd zur vorigen Geſundheit gebracht wird/ alſo/ daß billich
ſolche Artzuey Allgemein oder Univerſal moͤchte genennet werden.
Folget die Bereitung der Medicin.
REcipe 1. ℔. ſolcher Blumen/ welche auß den Schlacken deß Antimonii gemacht/
durch welches das außgezogene Gold gegoſſen iſt/ die gemeiniglich gelb oder roht
ſind/ vnd viel vnzeitig oder fluͤchtig Gold bey ſich fuͤhren; in Mangelung aber derſelben
nimb dieſe/ welche von den Gold-Koͤnigen ſublimirt/ vnd weiß zu ſeyn pflegen/ thue ſol-
che in eine ſtarcke glaͤſerne Phiol mit einem langen Hals/ vnd gieſſe 3. oder 4. ℔ Spiritus
Vini tartariſati darauff/ ſchwencke die leichte vnd truckene Flores mit dem Spiritu Vini
wol vnter einander/ vnd ſetze noch eine andere krumme Roͤhr (in welcher Bauch etliche
Vntzen Mercurii vivi ligen/ gleich wie dieſelbe in meinem fuͤnfften Theil philoſophi-
ſcher Oefen beſchrieben iſt) darauff/ vnd binde die Fugen mit einer drey- oder vierfa-
chen naſſen Ochſenblaſen wol zuſammen/ vnd laß ſolche trucken werden/ darnach ſetze
ſolches Glas mit den Floribus vnd Spiritu Vini tartariſato in ein Balneum, vnd gib all-
gemach Feuer/ ſo lang vermehret/ biß daß der Spiritus Vini uͤber dem Antimonio ko-
che/ laß es zuſammen vier vnd zwantzig Stund lang alſo wol vnd ſtetig kochen/ hernach
laß das Feuer außgehen/ vnd nimb das Glas nach der Erkaltung auß dem Balnco,
gieſſe den Spiritum Vini, welcher roht worden iſt von den Floribus, ab/ vnd einen an-
dern wieder darauff/ laß ſolchen auch vier vnd zwantzig Stund daruͤber kochen/ welcher
auch roht werden wird/ vnd thue ſolches zum drittenmal/ oder ſo offt/ biß daß der Spiri-
tus Vini nicht mehr daruͤber faͤrben wil/ dann ſollſt du keinen andern mehr daruͤber gieſ-
ſen/ ſondern den gefaͤrbten durch ein graw Pappier lauffen laſſen/ vnd bewahren; die
uͤbrigen Flores aber/ welche in dem Glas geblieben/ ſind zu dieſer Arbeit nichts mehr
nuͤtz/ ſondern ſollen hingeſtuͤrtzt werden. Der gefaͤrbte Spiritus ſoll hingegen in einen
reinen glaͤſern Kolben gethan/ vnd die Helffte deſſelben uͤber den Helm von der Tinctur
abstrahiret/ vnd wieder zu dergleichen Arbeit gebraucht werden: die Tinctur aber/ wel-
che in dem Glas bleibt/ iſt die Medicin/ davon allhier Meldung geſchicht.
Weil ich eines Spiritus Vini tartariſati gedacht habe/ vnd vielleicht daruͤber moͤch-
te gezweiffelt werden/ was er eigentlich waͤre/ oder wie er muͤſte bereitet werden/ ſo wil
ich ſeine Bereitung auch hieher ſetzen/ auff daß ja nichts außgelaſſen/ vnd an einer ſol-
chen herꝛlichen Medicin etwas ſolte gehindert bleiben/ vnd verhaͤlt ſich alſo darmit:
Nimb zwantzig oder dreyſſig Pfund Weinſtein/ thue ſolchen in einen groſſen be-
ſchlagenen glaͤſern Retorten/ vnd deſtillier auß dem Sand den Spiritum fein gelind
davon. NB. So du das inſtrument zum Andern Theil philoſophiſcher Oefen gehoͤ-
rig/ haſt/ kanſt du geſchwinder damit fertig werden/ als mit der Retorten/ derhalben es
auch beſſer zu dieſem Werck/ als ein Retorten iſt. Vnd weil der Spiritus in der deſtil-
lation ſehr gen[a]w ſuchet/ vnd groſſe Recipienten haben wil/ ſo kan man erſtlich nur ein
kuͤpf-
[312]Operis Mineralis
kuͤpfferne oder zinerne Schlang/ welche in einem Faß mit kaltem Waſſer ſtehe/ an die
Retorten an ſtatt eines Recipienten accommodiren/ vnd den Spiritum darein trei-
ben/ ſo kuͤhlet er ſich fein wol ab/ vnd wird behalten. Darnach aber kanſt du denſelben
alſo per ſe in einen glaͤſern Kolben thun/ vnd per Alembicum die Helffte uͤbergehen
laſſen; die ander Helffte aber/ welche zuruͤck geblieben/ da das ſchwartze Oleum darbey
iſt/ kan zu dieſem Werck nicht dienen/ ſondern ſoll hinweggethan werden; den ſubtilſten
Theil aber/ welcher zu erſt iſt uͤbergeſtiegen/ ſollſt du in einen andern reinen Kolben
thun/ vnd auch die Helffte deſſen auff weiß calcinirten capitis mortui, davon der Spi-
ritus iſt deſtilliret worden/ darein mengen/ vnd den Helm wol mit dem Receptaculo
verlutiren/ vnd alſo fein lind in Balneo wieder nur die Helffte uͤbergehen laſſen/ ſo be-
haͤlt der calcinirte Tartarus den Geſtanck vnd phlegma bey ſich/ vnd ſteiget nur der rei-
neſte Theil uͤber/ welchen du noch einmal mit der andern Helfft Tartari calcinati auß
einem friſchen Alembico rectificiren ſollſt/ ſo iſt er fertig zu dieſer Arbeit: das caput
mortuum aber kan hernach/ zu Benehmung deß Geſtancks/ wieder außgegluͤhet/ vnd
zu dieſer oder einer andern Arbeit gebraucht werden.
Dieſes iſt nun der Spiritus Vini tartariſatus, mit welchem die eſſentia oder tin-
ctur auß den Floribus Antimonii gezogen wird/ vnd nicht allein auß dem Antimonio,
ſondern auch auß allen andern Metallen/ kan als der beſte Theil darmit extrahiret wer-
den/ daß es ihm kein anderer Spiritus gleich thun kan. Vnd wann es ſich thun lieſſe/
koͤnte ich wol ein mehrers ſchreiben von ſeiner gewaltigen Krafft/ welche er beweiſet in
Reinigung der geringeren Metallen/ dann er groſſe Gemeinſchafft darmit hat/ vnd das
vnreinere Theil von dem reineren ſcheiden kan; davon auff ein andermal ein mehrers.
Wann er aber in Verbeſſerung der Metallen ſoll gebraucht werden/ iſt einer ſolchen ho-
hen rectifrcation deſſelben/ als bey der extraction der metalliſchen Medicamenten er-
fordert wird/ nicht noͤhtig/ vnd kan in deſſen ſtatt derſelbe nur auß duͤrrer Weinhefen in
groſſer Quantitaͤt gemacht werden.
Weiters iſt auch noch ein anderer Spiritus Vini tartariſatus zu bereiten/ welcher
zu obgemeldter Medicin kan gebraucht werden/ vnd geſchicht alſo: Solvire in einem ℔
gemeinen Spiritum Vini 6. Loht Cryſtallorum Tartari, vnd extrahire damit/ wie oben
gelehrt.
Erinnerung.
NIemand wolle ſich daran ſtoſſen oder aͤrgern/ weil dieſer Artzney Bereitung ſo ge-
ring vnd ſchlecht allhier angegeben wird/ vnd gedencken oder ſagen/ was ſolle man
von einer ſolchen Medicin halten doͤrffen/ weil ſie auß einem ſolchen geringen vnd ver-
aͤchtlichen Subjecto bereitet/ vnd darzu auch keine groſſe Geſchicklichkeit oder Kunſt zu
derſelben erfordert wird; Wann dem alſo waͤre/ daß man ſo leichtlich zu einer ſolchen
guten annehmlichen vnd lieblichen Medicin koͤnte gelangen/ worzu iſt es dann noͤhtig/
daß man ſich mit ſo vielerley Arten Gekoͤchs/ die man theuer bezahlen/ vnd mit Wider-
willen
[313]Erſter Theil.
willen einſchuͤtten muß/ quaͤlet vnd martert/ waͤre es nicht beſſer/ daß man dieſe an den
Platz ſetzte/ vnd die andern abſchaffte? Ja freylich waͤre es beſſer/ vnd wuͤrde wol ſte-
hen. Wer darff ſich aber vnterſtehen ſolches zu thun/ vnd die groſſe Menge derjenigen/
welche ſolche Gekoͤche defendiren vnd vertheidigen/ zu Feinden machen? Niemand wil
gerne im Streit leben/ vnd wenig laſſen ſich von ihrer alten Gewonheit abtreiben. Blei-
bet alſo das alte Weſen/ ob es ſchon zu verbeſſern waͤre/ in dem ſchwang. Gut aber vnd
zu wuͤnſchen waͤre die Zeit/ in welcher einmal ſolche Menſchen herfuͤrkommen moͤchten/
welche vmb der Liebe gegen ihren Nechſten/ vnd nicht vmb der Bauchſorge willen/ ſich
der Medicin uͤbernaͤhmen/ dann wuͤrde es beſſer ſtehen/ vnd die Krancken kraͤfftigern
Troſt bey ihnen finden.
Was nun dieſer Medicin groſſe Krafft vnd Wirckung anbelanget/ wil ich den
Juͤngern/ die weniger als ich erfahren haben/ (vnd nicht den Aeltern/ die ein mehrers als
ich wiſſen) zu gefallen an Tag geben/ vnd doch weiter niemand ſeine Meynung darmit
benommen haben.
Von Krafft vnd Wuͤrckung der Medicin.
DIeſe tinctura Antimonii beweiſet ſeine Wirckung vnd Krafft in Außfuͤhrung alles
boͤſen auß deß Menſchen Leib gantz wunderlich/ reiniget vnd purgiret vnſichtlicher
weiſe das gantze Gebluͤt uͤber alle Medicamenten/ oͤffnet alle Verſtopffung der Leber/
Miltzes/ Nieren/ vnd aller innerlichen Theilen deß Leibs/ zeucht alles Boͤſe auß allen
Gliedern/ vnd fuͤhret ſolches gantz gelind auß/ vnd laͤſſt im geringſten nichts Vnreines
drinnen. Wegen ſeiner gewaltigen Blutreinigung geneſet ſie den Außſatz/ Frantzoſen/
Schurbauch oder Schurmund/ vñ dergleichen von faulem Gebluͤt entſtandene Kranck-
heit. Wegen ſeiner durchdringenden vnd duͤnnmachenden Krafft reſolviret ſie alle
tartariſche humores, vnd fuͤhret dieſelbe auß/ davon ſonſten das Podagra/ Nieren- vnd
Blaſenſtein entſtehet: ſo aber allbereit ſolcher tartarus gantz erhartet/ iſt es ihr vnmoͤg-
lich denſelben wieder zu ſolviren/ lindert gleichwol die Schmertzen/ vnd verhindert das
Zuwachſen; wofern aber derſelbe noch nicht coaguliret iſt/ ſo zeucht ſie denſelben gantz vñ
gar in kurtzer Zeit auß den Gliedern/ vnd laͤſſt hinfuͤrters ſolchen nicht mehr einwurtzeln.
Es muͤſſen ihr auch weichen alle Fieber/ wie ſie auch Namen haben; deßgleichen auch
alle Kranckheiten/ welche von uͤberfluß boͤſer humorum ihren Vrſprung haben. Bey
den Waſſerſuͤchtigen fuͤhret ſie das Waſſer gantz gelind durch den Stul vnd Vrin auß.
Summa/ ſie reiniget/ ſtaͤrcket vnd bewahret die fuͤrnehmſte innerliche Glieder deß Leibs
fuͤr allen boͤſen zufaͤlligen humoribus, alſo/ daß nicht leichtlich eine Kranckheit einſchlei-
chen koͤnne. Sie iſt auch die allerbeſte Præſervation in Peſtzeiten/ vnd andern anſte-
ckenden gifftigen Kranckheiten/ vnd wann der Menſch allbereit damit angegriffen waͤ-
re/ die aller-edelſte Cur; dann ſie zeucht das Gifft alſobald von dem Hertzen/ vnd treibt
ſolches auß dem Leib. Was ſoll ich viel ſagen? Sie iſt eine Univerſal-Medicin in allen
R rKranck-
[314]Operis Mineralis.
Kranckheiten/ was moͤglich einer guten Artzney zu thun iſt/ das beweiſt ſie vor allen an-
dern bey jungen vnd alten Perſonen/ vnd iſt im geringſten nicht zu ſcheuen; Doch ſoll
man verſtaͤndig damit vmbgehen/ dann ſeine Krafft iſt maͤchtig/ vnd gleich wie ein groß
verzehrend Feuer/ welches ein kleines außleſchen vnd zu nichts machen kan. Wie ſolte
man ein beſſere Medicin wuͤnſchen oder von Gott begehren doͤrffen/ als dieſe/ welche auß
ſolchen geringen vnd vnachtſamen Dingen/ mit ſo wenig Muͤhe vnd Koſteu/ in ſo kur-
tzer Zeit/ in copia kan bereitet werden. Jch bekenne von Grund meines Hertzens/ daß
mir dergleichen heilſame vnd uͤberauß-kraͤfftige Medicin niemaln vnter meine Augen
kommen iſt/ vnd zweiffele gantz nicht/ ſie werde auch die beſte ſeyn vnd bleiben. War-
umb ſolte man nach einer andern ſuchen/ weil dieſe alles/ das man von einer guten Real-
Medicin begehren kan/ genugſam verrichtet? Gleichwol weiß ich gewiß/ daß ihrer viel/
die auff Jrꝛwegen gehen/ ſich daran aͤrgern/ vnd ſolche verachten werden/ theils/ weiln
dieſelbe auß dem Antimonio, als einem veraͤchtlichen Weſen bey den Vnwiſſenden/
ihr Herkommen hat; theils wegen der kurtzen vnd vnkoͤſtlichen Bereitung: Jſt ſich aber
nicht daran zu kehren/ dann die Welt wil betrogen ſeyn/ ſuchet allezeit etwas Anſehnli-
ches/ vnd verachtet das Vnanſeheuliche/ da doch alles Gute/ ja Gott ſelbſten/ ſchlecht
vnd gerecht iſt/ darumb er auch bey den hoffaͤrtigen boͤſen Menſchen nichts geachtet wird.
Jſt aber allein der Suͤnden Schuld/ daß der Menſch eines ſolchen blinden vnd hoffaͤrti-
gen verſtockten boͤſen Hertzens iſt/ der das Gute fuͤr Augen hat/ vnd nicht kennet noch ken-
nen wil/ ſondern allein das Boͤſe ſuchet vnd liebet.
Von demUſuvndDoſiſolcher edlen Medicin.
WEil dieſe Medicin oder Tinctura Antimonii vor andern bekandten Artzneyen ſehr
kraͤfftig iſt/ alſo gehoͤret gut Auffſehens darzu/ wann man ſolche adminiſtriret/ auf
daß man dem Guten nicht zu viel thue; Jſt derohalben allzeit beſſer/ daß man die Doſin
zu klein als zu groß gebe/ vnd ſolche deſto oͤffter wiederhole/ welches wol in acht zu neh-
men in allen Kranckheiten/ bey alten vnd jungen Perſonen/ wie folget:
Den jungen Kindern von 2. 3. 4. biß auff 6. Monatalt/ wann ſie Wuͤrme ha-
ben/ kraͤtzig ſeyn/ Fieber oder Epilepſiam bekommen/ ſoll man nur ein halbes Troͤpfflein
mit bequemen vehiculis eingeben/ vnd/ nach Gelegenheit der Kranckheit/ ſolches uͤber
den andern oder dritten Tag/ wann es noͤhtig iſt/ wiederholen/ vertreibet das Fieber/
toͤdtet die Wuͤrme/ fuͤhret alles Boͤſe auß dem Magen/ vnd macht dieſelbe friſch/ huͤbſch
vnd geſund/ laͤſſet keine Kraͤtze oder andern Fluß einwurtzeln/ treibet auch ſolche boͤſe
Fenchtigkeit auß/ davon ſonſten die Maſern vnd Blattern herkommen/ alſo/ daß ſie ſol-
che allgemeine Kinderkranckheiten nimmermehr bekommen; nur uͤber alle Monat die
Doſin wiederholet. Kindern aber von 1. 2. oder 3. Jahren kan man einen gantzen Tropf-
fen geben; von 2. 3. 4. oder 5. Jahren anderhalb Tropffen; gewachſenen Menſchen von
15. biß in 24. Jahr 2. 3. oder 4. Tropffen; ſtarcken Menſchen von 25. biß auff 50. Jahr
4. 5. 6.
[315]Erſter Theil.
4. 5. 6. oder 7. Tropffen; doch allzeit nach Gelegenheit der Perſon vnd Kranckheit kan
die Doſis kleiner oder groͤſſer gegeben werden.
Jn Podagra vnd Calculo koͤnnen alle Tage nuͤchtern mit Wein oder Bier etliche
Tropffen genoſſen; ſo aber der Patient ſchwach waͤre/ uͤber den andern vnd dritten Tag
die Doſis wie derholet werden/ ſo lang/ biß aller Schmertzen vnd Kranckheit hinweg iſt.
Aber gute Maͤſſigkeit im eſſen vnd trincken iſt darbey in acht zu nehmen.
Jn Lepra, Morbo Gallico vnd Scorbuto alle Morgen eine Doſin genommen/
nimmet dieſelbige hinweg; ſo aber der Patient ſolches nicht alle Tage vertragen koͤnte/
muß ſolches nur uͤber den andern vnd dritten Tag wiederholet werden/ ſo lang es von
noͤhten iſt.
Jn Epilepſia alle Tage/ biß der paroxyſmus ein ende hat.
Bey den Waſſerſuͤchtigen alle Tage/ biß zur Beſſerung.
Jn allen Fiebern zwey oder drey Stund vor dem paroxyſmo.
Jn Peſte, ſo bald man die Kranckheit ſpuͤret/ vnd alle Tage biß zum Ende wie-
derholet: zur præſervirung aber allezeit uͤber acht Tage repetirt.
Jn allen innerlichen andern Kranckheiten ſoll auch dergleichen Ordnung gehal-
ten werden/ daß nemlich die Medicin anfangs taͤglich gebraucht werde/ ſo lang/ biß man
ſpuͤret/ daß die Kranckheit nach gelaſſen/ dann allgemach weniger/ vnd endlich gar
nichts mehr.
Jn allen aͤuſſerlichen Kranckheiten/ als friſchen Wunden/ Stichen/ Schuͤſſen/
Beinbruͤchen vnd dergleichen/ ſoll man taͤglich ſolche tinctur genieſſen/ ſo lang/ biß zur
gaͤntzlichen Heylung/ vnd aͤuſſerlich die Wunden mit bequemen Pflaſtern vor Luft vnd
Vnreingkeit darneben wol bewahren.
Bey alten fiſtulirten oder cancroſiſchen Schaͤden kan es auch taͤglich genoſſen/
vnd mit guten mineraliſchen Balſamen der Schaden ſauber vnd rein darbey gehalten
werden. So iſt auch kein alter Schad ſo arg vnd boͤs/ wie er auch ſeyn moͤge/ er kan
durch dieſes Mittel vollkoͤm̃lich von Grund auß vnd beſtaͤndig geheilet werden/ vnd ſol-
ches ohne einige Schmertzen oder Pein/ daruͤber ſich hoͤchlich zu verwundern/ vnd dem
lieben Gott dafuͤr zu dancken.
Aber ſo gut dieſe Medicin iſt/ daß ihr auch/ wie oben geſagt/ ſchwerlich eine wird
vorzuziehen ſeyn/ ſo findet ſich gleichwol in der Natur noch ein gantz wunderbarliches
Menſtruum ohne corroſiv, mit welchem nicht allein viel leichter/ als oben mit dem Spi-
ritu Vini tartariſato, auß dem Antimonio ſolche allgemeine Medicin/ die eben ſo groſſe
oder groͤſſere Kraͤfften in allen Kranckheiten beweiſen kan/ zuzurichten iſt/ alſo/ daß auch
mit einem Thaler werth ſo viel innerhalb drey Tagen bereitet werden kan/ damit mehr
als tauſend Perſonen wiederumb kan auffgeholffen werden/ ſondern es koͤnnen auch da-
mit alle Vegetabilia, Animalia, Mineralia vnd Metallen in wenig Stunden radicali-
ter auffgeloͤſet/ in primam materiam reduciret/ vnd alſo dadurch nicht allein die aller-
gifftigſte Simplicia vmbgekehret/ vnd in die allerheilſamſte Medicamenten gebracht
R r 2wer-
[316]Operis Mineralis
werden/ ſondern es verlieren auch die bittere Dinge dadurch ihre Bitterkeit/ ja die al-
lerſtaͤrckſte vnd gefaͤhrlichſte Purgantien werden damit alſo corrigirt/ daß ſie hinfuͤrters
nicht mehr vomitus oder ſedes machen/ ſondern in fuͤrtreffliche renovantia ſich verwan-
deln; auch verkehren ſich die ſtinckende Dinge darinnen in ein wolriechendes Weſen/
vnd ſolviret ſolches Menſtruum nicht allein die Vegetabilia, Animalia, Mineralia vnd
Metalla, ſam̃t allem demjenigen/ was eine Verwandnuͤß oder Herkommen von ihnen
hat/ ſondern auch/ welches das wunderbarlichſte iſt/ die Glaͤſer ſelbſten. Darumb man
ſtarcke vnd dicke Glaͤſer nehmen muß/ wann man etwas darinnen digeriren vnd ſolvi-
ren wil/ oder in Mangelung derſelben alle ſechs Stund ſolche erneuren. Vber dieſes
hat es auch dieſe groſſe Tugend/ daß es von denen corporibus, welche es vmbgekehret/
in primam materiam verwandelt/ vnd gute Medicamenta darauß gemacht/ im gering-
ſten keine alteration erlanget/ vnd auch nichts an ſeiner Krafft/ Farb vnd Geſtalt ver-
lieret/ ſondern es ſetzet ſich allezeit deß reducirten corporis beſter Theil oben auff/ vnd
die feces ſencken auff den Boden/ alſo/ daß allzeit das Menſtruum in der Mitte vnver-
aͤndert bleibt/ vnd hernach ſo offt man wil/ wiederumb kan gebraucht werden. Jn Sum-
ma/ es koͤnnen ſeine Tugenden/ die es in Bereitung der allerfuͤrtrefflichſten Medica-
menten beweiſet/ mit keiner Zungen außgeſprochen werden/ vnd vergleicht ſich mit deß
Baſilii Aqua Mercuriali, deß Paracelſi vnd Helmontii Alkaheſt; bey mir aber wird es
gehalten fuͤr das Feuer der Maccabeer/ welches ihnen/ nachdem ſie es in eine tieffe Gru-
ben verborgen/ nach ihrer Wiederkunfft zu einem dicken Waſſer worden iſt. Es iſt ein
immerwaͤhrendes Feuer/ vnd brennet doch nicht ſichtlich; ein bleibendes Waſſer/ vnd
netzet doch die Haͤnde nicht; Sapo Sapientum, Philoſophorum Azoth, vnd Koͤnigli-
ches Bad.
Vnd ob mir ſchon dieſes ſecretes Menſtruum allbereit etliche Jahr zum metalli-
ſchen Gebrauch iſt bekand geweſen/ viel darmit gekuͤnſtelt/ vnd manch ſchoͤnes Stuͤck-
lein dadurch gefunden habe/ ſo ſind doch meine Gedancken niemaln darauff gefallen/ ob
es auch zur Medicin dienſtlich ſeyn moͤchte/ biß ohngefehr ein Liebhaber deß Helmontii
Schrifften mich einmal gefraget/ ob ich nicht auch den Alkaheſt Paracelſi kennete/ oder
zu machen wuͤſte/ vnd mir ſeine Tugenden/ die er in Bereitung der Medicamenten ha-
ben ſolte/ etlicher maſſen erzehlet/ deme ich ein wenig nach gedacht/ vnd alſobald befun-
den/ daß es mein Balneum ſecretum, damit ich die Metallen reinigte/ ſeyn muͤſte/ vnd
alsbald etliche Proben mit Vegetabilien vnd Animalien eingeſetzt/ (dann ſeine Tugend/
die er bey den Metallen beweiſet/ war mir ſchon bekand) vnd Wunderdinge dadurch er-
fahren/ welches ich mein Lebtag nicht haͤtte glauben koͤnnen/ wann es meine Augen nicht
geſehen/ vnd meine Haͤnde nicht getaſtet haͤtten. Vnd bekenne hiermit rund auß/ daß
alle Medicamenten/ die von andern beſchrieben/ vnd mir ſind vnter Augen kommen/
vnd auch dieſe die ich ſelber gelehret/ wie viel Muͤhe/ Fleiß/ Kunſt vnd Koſten auch dar-
zu iſt angewendet worden/ mir jetzunder nur als lauter Kinderwerck vorkommen: dañ
es hat vns an dem allgemeinen Schluͤſſel gemangelt. Vnſere Vegetabilia, Animalia
vnd
[317]Erſter Theil.
vnd Metallen/ ob wir ſie ſchon noch ſo ſehr gequaͤlet haben/ ſind vnauffgeſchloſſen blie-
ben/ vnd haben nur ein Stuͤck oder Theil von ihren Kraͤfften von ſich geben koͤnnen.
Allhier aber darff es keine Kunſt/ Muͤhe oder Koſten/ das gantze corpus, ohn alle cor-
roſiv, in wenig Stunden in ſein primam materiam, in Geſtalt eines ſchoͤnen klaren vnd
lieblichen liquoris zu bringen/ welcher liquor dann ſeine terreſtritaͤt ſelbſten von ſich
wirfft/ vnd eine heilſame Medicin/ die in ihren tribus principiis puriſſimis beſtehet/ dar-
auß wird/ welches ohne dieſes Menſtruum nicht geſchehen kan. Dann was haben die
alten Medici auß den Kraͤutern anders machen koͤnnen/ als Syrupos, Electuaria, vnd
deſtillirte Waſſer oder Conſerven? welche Bereitungen die Kraͤuter gantz nicht ver-
beſſern/ ſondern nur allein durch Zuthun deß Honigs vnd Zuckers/ ſolche einzunehmen
etwas lieblicher machen/ vnd bleibet alſo Butzen vnd Stiel/ gut vnd boͤs beyeinander/
vnd geſchiehet keine Scheidung deß Guten von dem Boͤſen/ oder deß Reinen von dem
Vnreinen/ ſondern wird bey den Conſerven vnd Electuarien alles zugleich/ oder bey den
Syrupis vnd Aquis deſtillatis nur ein Theil deſſelben genommen: allhier aber wird das
Kraut in primam materiam gebracht/ gezeitiget/ gereiniget/ vnd in eine liebliche/ voll-
kommene/ heilſame vnd kraͤfftige Medicin bereitet. Was haben die gemeine Chymici
doch anders auß den Vegetalibus als Extracten vnd Salien machen koͤnnen? Die Ex-
tracten/ welche mit Spiritu Vini gemacht werden/ ſind noch gut zu gebrauchen/ wann ſie
wol bereitet ſind/ haben aber gleichwol nichts beſſers/ als das grobe Kraut zuvor ſelbſt
gehabt/ allein daß ſolche lieblicher zu gebrauchen ſeyn/ als Kraͤuter vor ſich ſelbſt; darzu
mangelt ihnen auch wieder das jenige/ was der Spiritus Vini auß dem Kraut nicht her-
auß gezogen/ vnd zuruͤck gelaſſen hat. Vnd ob man ſchon den Reſt/ davon das Extra-
ctum gemacht/ trucknet/ zu Aſchen brennet/ vnd das Saltz heraußzeucht/ vnd zu dem
Extracto menget/ ſo hat es doch auch keine Art/ dann das Feuer verſtoͤret vnd verbren-
net die Kraft die Kraͤuter/ wie wir ſolches genug erfahren/ daß die Salia fixa herbarum,
ob ſie ſchon noch ſo ſchoͤn cryſtalliſiret ſind/ nichts in Medicina thun wollen/ doch dieſe
außgenommen/ welche ohne Verbrennung deß Krauts allein auß dem Safft deſſelben/
wie in meinem Dritten Theil philoſophiſcher Oefen Meldung davon geſchehen/ ge-
macht ſind. Darzu darff ſich niemand vnterſtehen/ kraͤfftige Kraͤuter zu extrahi-
ren vnd zur Medicin zu gebrauchen/ weil dieſelbe in der Arbeit gantz nicht verbeſſert oder
corrigiret werden: allhier aber kan man die allerkraͤfftigſten Kraͤuter/ welche ohne phi-
loſophiſche Bereitung dem Menſchen ſchaͤdlich vnd Gifft ſind/ mit dem Alkaheſt zei-
tigen/ reinigen/ vnd dem Menſchen ohne Schew fuͤr die allerſchwereſten Kranckheiten
eingeben vnd gebrauchen. Dann/ meyneſt du/ daß Gott ſolche gifftige Kraͤuter/ wofuͤr
ſie von den Vnwiſſenden gehalten werden/ vmbſonſt erſchaffen habe? Gantz nicht.
Gott hat vns dieſelbe erſchaffen/ daß wir ſeine Wunderwercke darauß ſehen vnd erken-
nen ſollen/ vnd gezeiget/ daß es muͤglich ſey/ den Fluch wieder davon zu nehmen durch
einen ſolchen/ von welchem zuvor der HErꝛ Chriſtus den Fluch durch die Wieder geburt
genommen hat. Man ſehe an das Opium, Mandragoram, Cicutam, Hyoſcyamum,
R r 3vnd
[318]Operis Mineralis
vnd andere dergleichen duͤnnmachende Vegetabilien/ wie geſchwind ſie deß Menſchen
Leben/ wann ſie zu ſtarck beygebracht werden/ außleſchen vnd erſticken: hergegen aber/
wann man ſie durch dieſes Menſtruum vmbkehrt vnd verbeſſert/ das contrarium bewei-
ſen/ vnd fuͤr eine heilſame Medicin ohne Sorg vnd Gefahr koͤnnen gebraucht werden.
Wie gefaͤhrlich die Eſula, Scammonea, Cataputia, Helleborus, Radices Aſari, Gum-
mi Guttæ, vnd andere dergleichen ſtarckwirckende Purgantien (wann ſie zu groͤſſerem
Gewicht/ als behoͤrlich/ eingegeben worden) dem Menſchen zu gebrauchen ſeyen/ iſt je-
derman bekand genug/ vnd gleichwol kan derſelben Gifft hierdurch leichtlich corrigiret/
vnd in eine vnſchaͤdliche Medicin verwandelt werden. Wer iſt ſo keck/ der den Napel-
lum, giftige Schwaͤmme/ vnd andere ſchaͤdliche Vegetabilien in den Leib nehmen darff?
welche durch den Alkaheſt gleichwol zu corrigiren/ daß ſie nicht allein kein Gifft mehr
ſeyn/ ſondern auch wunderbarliche gute Kraͤfften in vnheilbaren Kranckheiten bewei-
ſen. Nuces vomicæ, Cocculi de Lede, vnd dergleichen truncken- oder tollmachende
Fruͤchte werden damit kraͤfftig vnd heilſam gemacht. Deßgleichen werden auch alle gif-
tige Animalien/ als Spinnen/ Kroͤten/ Schlangen/ Ottern/ vnd dergleichen Vngezie-
fer darmit corrigiret/ daß ſie nicht allein kein Gift mehr ſeyn/ ſondern auch anderm Gift
widerſtehen vnd daſſelbe vertreiben. NB. Man denck den Sachen ein wenig nach/ was
die Creutzſpinnen fuͤr eine ſignatur haben/ welche auch alle Monat ihren Balg abſtreif-
fen vnd ſich verneuren; der Eißvogel vnd Schlangen aber alle Jahr nur einmal; da-
von ich ein beſonder Buͤchlein geſchrieben habe. Was die Maͤyen- vnd Erdenwuͤrme
in reſolvirung der tartariſchen humorum, wie auch Luevenerea, alſo grob vnd nur
baͤueriſch bereitet/ verrichten/ iſt etlichen bekand; ſo ihnen aber ihre violente Kraft durch
dieſes Menſtruum corrigiret/ gebrochen vnd verbeſſert wird/ was meyneſt du/ daß ſie
hernach thun koͤnnen? Die Cantharides vnd Millepedes werden auch verbeſſert/ daß
ſie in Befoͤrderung deß Urins ſicher zu gebrauchen ſind. Vnd wann es auch muͤglich
waͤre/ den allergifftigſten Baſiliſcum zu haben/ davon gefabelt wird/ daß er mit ſeinem
Geſicht den Menſchen toͤdten ſolle/ (welches zwar wahr/ aber dem Buchſtaben nach
nicht muß verſtanden werden) ſo koͤnte man ſolchen durch dieſen Liquorem zu einer gu-
ten Medicin bereiten; wie dann der mineraliſche Baſiliſcus, das Schießpulver/ welcher
in einem Augenblick viel tauſend Menſchen toͤdten kan/ vnd andere ſchaͤdliche Minera-
lien/ als Arſenicum, Auripigmentum, Koboltum, vnd dergleichen/ ihr Gift leichtlich
dadurch ablegen/ vnd zu ſicheren vnd guten Medicamenten koͤnnen gebracht werden.
Jn Summa/ es iſt nicht moͤglich/ daß man ſeine wunderbarliche Kraͤfften beſchreiben
kan/ welche er in Bereitung der aller gifftigſten Simplicien beweiſet. Derhalber ein jeder
Medicus fleiſſig darnach ſtreben ſolte/ auff daß er dadurch gute Medicamenta erlangen
moͤchte/ vnd ſeine Patienten alſo jaͤmmerlich mit groſſen Bechern voll vnlieblichen vnd
dem Patienten ſchaͤdlichen Gekoͤchs nicht laͤnger quaͤlen vnd martern doͤrffe. Jch fuͤr
meine Perſon kan mich nicht genug uͤber ſeine lang-verborgene groſſe Kraͤffte verwun-
dern; Es iſt kein corroſiv, vnd ſolviret doch alle Ding/ wie ſie auch Namen haben moͤ-
gen;
[319]Erſter Theil.
gen; doch immer eines lieber vnd eher als das andere: Es verwandelt vnd verbeſſert
ihre natuͤrliche Kraͤfften/ alſo/ daß es einem fleiſſigen Nachſucher der Natur Heimlich-
keit/ welcher lange Zeit vergeblich nach guten Medicamentis geſtrebet hat/ eine groſſe
Freude vnd Ergetzlichkeit iſt/ darmit vmbzugehen/ vnd die Vegetabilien/ Animalien
oder Mineralien dadurch zu anatomiren/ vnd in kraͤfftige Medicamenta zu bringen.
Wil derhalben einen jedwedern gewiſſenhabenden Medicum darzu ermahnet haben/
daß er nach einem ſolchen allgemeinen guten Menſtruo, ſichere vnd kraͤfftige Medica-
menten dadurch zu bereiten/ eiferhafftig trachte vnd ſuche: dann ſein Herkommen iſt ge-
ring/ veracht vnd verworffen/ ſeine præparation leicht vnd vnkoͤſtlich/ ſeine Tugend vnd
Wirckung maͤchtig vnd kraͤfftig/ ſeine Erfindung vnd Gebrauch aber ſchwer vnd tieff
verborgen. Darumb wer darzu gelangen wil/ ſolchen allein von dem Gaͤber alles Gu-
ten von oben herab erbitten vnd erlangen muß. Aber niemand wolle ſich einbilden/ daß
Freſſen vnd Sauffen/ Hoffart/ Muͤſſiggang/ Luͤgen/ Verachtung ſeines Nechſten/
Geitz/ Neid/ vnd vn Chriſtliches Leben den Weg darzu weiſen werden; gantz nicht: ſon-
dern allein die Gnade vnd Barmhertzigkeit Gottes iſt der Schluͤſſel/ Thuͤr vnd Weg
darzu/ vnd ſonſten keiner/ darnach man ſich zu richten hat.
Auff daß man aber auch wiſſe/ weſſen man ſich zu dergleichen Medicamenten/
welche auß den gifftigen Simplicibus bereitet ſind/ zu troͤſten oder zu verſehen habe/ ſo wil
ich gleichnuͤßweiſe ſolches ein wenig erklaͤren/ vnd verhaͤlt ſich alſo darmit: Alle diejenige
Vegetabilia, Animalia vnd Mineralia, welche wir Gifft nennen/ vnd dem menſchlichen
Geſchlecht/ wann ſie beygebracht werden/ nach dem Leben ſtreben/ vnd derentwegen
nicht vnbillich von jedermaͤnniglich geſcheuet vnd gemeidet werden/ ſeynd anders nichts
als ein gewaltiger vnd vnuͤberwindlicher Feind/ welcher mit aller Macht ſeinen Gegen-
theil zu vnterdrucken vnd zu vertilgen ſucht; ſolcher aber/ wann er durch einen Mediato-
tem, der auch groſſe Macht hat/ ſeines uͤbelthuns erinnert/ vnd mit ſeinem Gegentheil
wieder verſoͤhnet wird/ ſo hat ſein Gegentheil/ welcher ihm/ als einem maͤchtigen Feind/
zu widerſtehen viel zu ſchwach war/ nach der Verſoͤhnung ſich nicht allein hinfuͤrters vor
demſelben nicht mehr zu befoͤrchten/ ſondern er hat auch darzu noch einen guten Freund
vnd Gehuͤlffen an ihm/ gegen andere dergleichen ſtarcke Feinde/ die ihn zu befechten vnd
zu vertilgen ſuchen/ vnd kan ihm beyſtehen/ ſtaͤrcken/ vnd ſeine Feinde außtreiben helf-
fem Alſo iſt es auch beſchaffen mit den gifftigen Vegetabilibus, Animalibus vnd Mine-
ralibus, welche dem Menſchen/ als ſtarcke vnuͤberwindliche Feinde/ zuſetzen/ vnd gewal-
tig verfolgen; nachdem ſie aber durch den Alkaheſt, als einen Beſtraffer deß Feindes
Boßheit vnd Mittler dahin gebracht werden/ daß ſie ihre angeborne Schaͤdlichkeit fah-
ren laſſen/ gut werden/ vnd ſich hernach gerne mit deß Menſchen Natur vereinigen/ ſo
ſind ſie nicht allein derſelben keine Gifft oder Feind mehr/ ſondern zu einem groſſen vnd
guten vertraulichen Freund worden/ auff welche ſich der Menſch gegen andere derglei-
chen gifftige Dinge/ als einen ſtarcken Gehuͤlffen gegen ſeine Feinde/ ſicherlich zu ver-
laſſen hat; vnd je groͤſſer der verſoͤhnte Feind geweſen/ je groͤſſerer Freund vnd Gehuͤlffe
er
[320]Operis Mineralis
er hernacher ſeyn kan. Jſt alſo in rerum natura ſeines gleichen nicht zu finden/ damit
wan ſo geſchwind alle venena vmbkehren/ in primam materiam bringen/ vnd in gute
Eſſentias bereiten kan; welches allen frommen vnd gewiſſenhabenden Medicis geſagt
ſey. Wil es hiemit bey dieſer kurtzen Erinnerung (welche ich nicht habe vmbgehen koͤn
nen) beruhen laſſen/ mit guter Hoffnung/ daß ſie bey denen/ welche auß dem Becher der
Hartnaͤckichkeit noch nicht getruncken haben/ zu Hertzen genommen/ vnd ihre Medicin
darnach angeſtellt werden ſolle. Dieſes laſſe mir einer/ wie ſie in der Warheit dafuͤr be-
ſtehen kan/ eine philoſophiſche correction ſeyn/ dadurch das Boͤſe nicht boͤs bleibet/
ſondern in ein Gutes verwandelt wird. Dann was ſoll man von ſolchen correctioni-
bus halten/ die durch Vermiſchung anderer Dinge geſchehen/ gleich als wann man vn-
ter die purgantien auch corroborantien miſchet/ worzu kan es helffen? Zu nichts an-
ders/ als deß purgantis Krafft dadurch zu hindern/ oder zu ſchwaͤchen. Vnd kan ja die
Natur nicht zugleich das purgans als ein Gifft außjagen/ vnd das confortans beſonder
hierauß ſuchen/ ſich darmit zu ſtaͤrcken. Dann/ wann ein purgans in Leib koͤm̃t/ ſo er-
zeigt es ſeine Feindſchafft/ dagegen aber thut die Natur alsbald ihre Gegenwehr/ ihren
Feind außzujagen/ vnd findet keine Zeit das corroborans als einen Freund auß dem
purgante oder Feind herauß zu ſuchen/ vnd zu ſich zu nehmen; ſo viel Zeit wird ihr nicht
gelaſſen/ vnd muß alſo der vermeynte Freund mit dem Feind ſeinen Weg gehen/ daher
er kommen iſt/ vnd keinen Danck darzu haben.
Deßgleichen geſchiehet auch/ wann man Zucker/ Honig oder andere liebliche vnd
ſuͤſſe Dinge mit bittern/ ſauern vnd vnlieblichen Dingen veemenget/ ſolche damit zu
corrigiren/ da doch die Bitter- oder Rauhigkeit im geringſten nichts dadurch verbeſſert
wird/ ſondern nur einen andern Geruch vnd Geſchmack ohne einige Eſſential-Veraͤn-
derung dadurch erlanget. Vnd gemahnet mich ſolche correction faſt alſo/ als wann
etliche Bauren bey einander in einer warmen Stuben ſitzen/ jung Bier oder ſauren
Wein trincken/ vnd davon einer dem andern zu gefallen ſeine Trompeten hoͤren laͤſſt/
vnd die Stuben alſo zuſammen einweihen vnd beraͤuchern/ die Wirthin aber dargegen
einen Buſch Wacholderhecken anzuͤndet/ vnd eine correction damit anſtellet; welches
zwar den Bauren wol gefaͤllet/ vnd mit Luſt ihren eigenen Geſtanck mit dem Wachol-
derrauch gleichſam corrigirt/ vnbewuſt einſchlucken/ vnd ſich damit ſtaͤrcken/ wegen ih-
rer Trunckenheit nicht anders wiſſende/ als einen lieblichen vnd geſunden Geruch em-
pfangen zu haben: ein anderer aber/ welcher auß der Schmierkann noch nicht truncken
worden/ ſondern nuͤchtern vnd eines geſunden Geruchs iſt/ kan ſolches bald mercken/
wann er in eine ſolche Apotheck kom̃t/ vnd haͤlt ſolchen Wacholderrauch/ wie billich/ fuͤr
ein rechte baͤueriſche vnd nicht medicinaliſche correction. Alſo/ vnd nicht viel anders/
werden jetziger zeit die ſimplicia corrigiret/ welches fuͤrwar nicht zu loben iſt. Ein wah-
re philoſophiſche correction aber ſoll/ ohne einigen Zuſatz anderer frembden Dinge/
allein durch das Feuer vnd Feuers Natur/ naſſer Geſtalt/ durch Zeitigmachung/ Ver-
beſſerung vnd Scheidung deß Boͤſen von dem Guten geſchehen/ wie allhier bey dem
wun-
[321]Erſter Theil.
wunderbarlichen Alkaheſt, wie ihn Paracelſus vnd Helmont genennet/ zu ſehen iſt.
Doch iſt dieſes dabey zu wiſſen/ daß mir nicht angelegen/ ob mein Menſtruum, davon
allhier Meldung geſchiehet/ eben deß Paracelſi oder Helmonts Alkaheſt ſey oder nicht/
ſondern bin zu frieden/ wann das meinige nur daſſelbe/ oder vielleicht ein mehrers (als
jene dem jhrigen zuſchreiben) thun oder verrichten kan.
Das Feuer vnd deß Feuers Eigenſchafft vermag viel zu thun/ aber nicht ſolches/
welches alles verbrennet/ deſtruiret vnd verderbet/ ſondern ein ſolches/ welches befeuch-
tiget/ erhaͤlt/ ernehret vnd zeitiget. Von ſolchem naſſen Feuer man Artephium, Bern-
hardum, Baſilium, Paracelſum, vnd andere Philoſophos hoͤren kan. Dann ſo etwas
ſoll verbeſſert oder gezeitiget werden/ ſo muß es nicht mit kalten/ ſondern mit warmen
Dingen geſchehen/ welche deß Wachsthums vnd Verbeſſerung Vrſach ſeyn. Vnd
was die Natur durch zufaͤllige Hindernuͤß bey den Vegetabilien/ Animalien oder Mi-
neralien in Zeitigung derſelben nicht hat thun koͤnnen/ das kan durch die Kunſt verrich-
tet werden/ darzu dieſer Alkaheſt Meiſter iſt vnd bleibet/ ſo lang/ biß vns die Zeit/ Kunſt
vnd Natur etwas beſſers einmal offenbaren moͤchte/ welches wir mit guter Hoffnung
zu erwarten/ vnd mitler weil dieſes vns allbereit offenbarte zu Gottes Ehre vnd vnſerer
Nohtduͤrfftigkeit zugebrauchen haben.
Dieſes ſind die Tugenden deß wunderbarlichen Menſtrui Alkaheſts, welche er in
Bereitung der Medicamenten beweiſet.
Weil aber oben gedacht worden/ daß ſolcher Alkaheſt auch Wunder in Metalli-
cis thun koͤnne/ alſo habe ich ihm ſein Lob/ welches ihm hierinn gebuͤhret/ nicht verhal-
ten/ ſondern dem Kunſtliebenden auch ein wenig entdecken wollen; welches doch nicht
alſo zu verſtehen/ gleich als wann allhier ſeine Tugenden alle erzehlet/ vnd offenbaret
wuͤrden/ vnd ſonſten zu nichts anders mehr ſolte koͤnnen gebraucht werden; gantz nicht.
dann ſolches keinem Menſchen/ wann er ſchon viel Jahr vnauffhoͤrlich ſchriebe/ muͤg-
lich zuthun iſt. Jch fuͤr meine Perſon/ ob ich ſchon denſelben laͤnger als vor zehen Jah-
ren durch Gottes Gnad vnd Anleitung deß Wundermanns Paracelſi Schrifften (wel-
cher an einem Ort denſelben mit wenig/ doch gantz deutlichen Worten/ ſo doch wegen
vnſerer Vnachtſamkeit nicht gemercket wird/ ſehr herꝛlich ruͤhmet/ heraußſtreichet/ vnd
mit ſeinem eigenen Namen nennet) erkennen zu lernen angefangen/ vnd hernach durch
ſtetig-fleiſſige Vbung von Tag zu Tag je laͤnger je weiter darmit kommen/ vnd ſo viel
experimentiret habe/ daß ich nicht glaube/ daß jemand ſo viel Fleiß/ Muͤhe/ Zeit vnd
Koſten deſſelben Tugend in metallicis zu erfahren/ als ich gethan/ angewendet habe/ ſo
muß ich doch darneben bekennen (ob ich ſchon auch vielleicht mehr/ als ein anderer/ dar-
inn moͤchte erfahren haben) daß mir doch nur ein kleiner Theil ſeiner gewaltig- vnd vn-
glaublichen Kraͤfften bekand worden vnd offenbaret ſeynd: ſehe vnd ſpuͤre auch ſo viel/
daß es einem Menſchen allein/ wegen Kuͤrtze ſeines Lebens/ ob er auch ſchon hundert
Jahr daran ſuchen koͤnte/ ſeine uͤberaus-groſſe Krafft vnd Tugend zu erfahren/ vnmuͤg-
lich ſey/ ſondern daß vnſer mildreicher vnd guͤtiger Gott vnd Vatter nur einem hier vnd
S ſdem
[322]Operis Mineralis
dem andert dort/ deme er es goͤnnet/ (deren doch ſehr wenig ſind) ein Fuͤncklein ſeiner
vnbegreifflich- vnd vnglaublichen Kraͤfften zu ſeines heiligen Namens Ehre vnd vieler
arm- vnd krancken Menſchen Huͤlff vnd Troſt/ zeige/ offenbare vnd dargebe/ vnd nicht
muͤglich ſey/ daß jemand/ wie ſpitzfuͤndig oder weltweis er auch jmmer ſeyn moͤchte/ mit
aller ſeiner boͤſen Weißheit/ Hoffart/ Geitz vnd Argliſtigkeit das geringſte darvon er-
ſcharren oder erkratzen moͤge. Dieweil dann vnſer guͤtiger Gott vnd Vatter nicht ver-
geblich oder ohne Vrſach ſolche groſſe Gaben etlichen ſeinen Kindern (doch ohne allen
Verdienſt/ ſondern auß lauter Gnaden) allbereit geſchencket vnd mitgetheilet hat/ alſo
glaub ich veſtiglich/ daß es auch ſein Wille ſey/ daß ſolche Offenbarung nicht verſchwie-
gen/ ſondern dem gantzen menſchlichen Geſchlecht weiters bekand gemacht/ vnd darmit
zu ſeines heiligen Namens Ehre/ vnd vnſerer Mitglieder Huͤlff/ gewuchert werde.
Derowegen mir auch laͤnger darvon zu ſchweigen nicht muͤglich geweſen/ ſondern
bin/ auß mitleidigem Hertzen gegen meinem Nechſten/ gleichſam darzu gezwungen
worden/ ein Theil deſſelben wenigen/ welches ich vmbſonſt empfangen/ wiederumb
vmbſonſt herauß zu geben: doch alſo/ auff daß ſolche groſſe Gaben vnd myſteria von
dem Gottloſen nicht erlanget vnd mißbrauchet/ ſondern allein von denen/ welchen es
Gott goͤnnet/ moͤge verſtanden vnd wol angeleget werden. Vnd bekenne hiemit rund
auß/ daß in rerum natura ſeines gleichen nicht zu finden ſey/ dieweil dadurch nicht allein
alle Vegetabilia, Animalia vnd Mineralia dem menſchlichen Geſchlecht zum beſten in
die vnvergleich lichſten medicamenta zu bereiten ſeyn: ſondern es koͤnnen gleicher Weis
alle Mineralien vnd Metallen dadurch in primam materiam reducirt/ purificirt/ ab-
luirt/ figirt/ vnd in beſſere vnd edlere corpora gebracht werden. Woruͤber ſich hoͤchlich
zu verwundern iſt/ daß in einem einigen vnd ſo veraͤchtlichen Subjecto ſolche vnerhoͤrte
Kraͤffte ſolten verborgen/ vnd dadurch von allen andern Wiſſenſchafften/ wie ſie auch
ſeyn moͤchten/ allein am leichteſten Ehr/ Gut vnd Geſundheit zu erlangen ſeyn. Was
hat doch der elende Menſch in dieſem Jammerthal anders vonnoͤhten/ als neben dem
heiligen Wort Gottes/ welches ein Troſt vnd Medicin der Seelen iſt/ einen nohtduͤrff-
tigen Vnterhalt ſeines Lebens/ geſunden Leib/ vnd einen ehrlichen Namen vor Gott
vnd der Welt? Dieſes alles kan dieſes Subjectum vor allen andern Geſchoͤpffen allein
reichlich vnd uͤberfluͤſſig geben/ alſo/ daß man keiner andern Kunſt/ Handthierung oder
Eitelkeit der Welt weiters vnterworffen ſeyn darff/ ſondern/ wie geſagt/ alles das einem
auff dieſer Welt noͤhtig iſt/ reichlich hierdurch erlangen kan. Vnd ſage mit Warheit/
daß die falſche/ betriegliche vnd Gottloſe Welt mit ihrem Hoffart/ Geitz vnd uͤbermut
dieſer herꝛlichen Gabe Gottes nicht wuͤrdig ſey/ vnd wir auch Gott dem HErꝛn/ davon
alles Gutes koͤm̃t/ mit vnſeren Kraͤfften vnd Vermoͤgen vnſer Lebenlang nicht genug
darfuͤr dancken koͤnnen. Darumb ich auch jedermaͤnniglichen/ er ſey gleich welches
Standes er wolle/ treulich wil erinnert haben/ daß/ wann ihme Gott zu einer ſolchen
vnergruͤndlichen Gabe vnd Geſchenck gelangen laͤſſet/ er ja ſolche nicht zu ſeiner Seelen
Verderben mißbrauche/ ſondern zur Danckbarkeit gegen dem reichen Gaͤber die Chriſt-
liche
[323]Erſter Theil.
liche Liebe an ſeinen Gliedern zu beweiſen/ nicht vergeſſen/ ſondern dieſelbe vnverdrieß-
lich uͤben wolle.
Folget nun ſeine Tugenden/ welche er in
Metallicisbeweiſet.
ERſtlich ſolviret dieſes Menſtruum Philoſophicum alle Mineralien vnd Metallen
ſine ſtrepitu, radicaliter, vnd bringt dieſelbe in liebliche vnd kraͤftige Medicamenta.
Auß dem ☉ wird dadurch ein ☉ potabile, auß der ☽ ein ☽ potabilis, welches gleicher
Weis von den andern uͤbrigen Metallen zu verſtehen. Dahero es mit recht Mercurius
Univerſalis moͤchte genennet werden.
Zum 2. hat dieſes geheime Waſſer die Natur vnd Eigenſchafft/ daß es alle Mi-
neralien vnd Metallen in der digeſtion reiniget/ waͤſchet/ vnd in beſſere Geſtalten ver-
wandelt/ vnd derhalben von den Philoſophis nicht vnbillich Sapo Sapientum iſt genen-
net worden/ vnd ihr Spruͤchwort wahr macht: Ignis \amp; Azoth abluunt Lathonem.
Zum 3. koͤnnen alle Mineralien vnd Metallen darmit gezeitiget vnd figiret wer-
den/ alſo/ daß dieſelbe hernach ihr einverleibt vnd angeboren fluͤchtig vnd vnzeitig ☽ vnd
☉ gerne auff der Cupellen laſſen/ vnd mit Nutzen koͤnnen gearbeitet werden/ daß es
nicht vnrecht dem Sigillo Hermetis verglichen wird.
Zum 4. macht es die Metallen geiſtlich/ vnd conjungiret dieſelbe radicaliter, al-
ſo/ daß ſie beyſammen halten vnd ſtehen/ eines in das ander im Feuer arbeitet vnd wir-
cket/ zerſtoͤret vnd renoviret/ toͤdtet vnd wieder lebendig macht/ vnd endlich neue Metal-
len gebieret; derowegen es dem Phœnici Philoſophico gleich iſt.
Zum 5. ſolviret, theilet vnd ſcheidet es die Metallen/ wann ihrer etliche beyſam-
men ſeyn/ ohne ſonderbaren Abgang derſelben/ gantz geſchwind voneinander: Aber
viel auff ein andere Weiſe/ als die Aquæ fortes, vnd andere corroſiviſche menſtrua zu
thun pflegen/ alſo/ daß man derſelben ein jedweders allein haben kan. Als zum Exem-
pel: Es waͤren ☉/ ☽/ ♀/ ♂/ ♃ vnd ♄/ oder deren nur 2. 3. oder 4. zuſammen in ein
Stuͤck geſchmoltzen/ vnd man wolte ſolche 4. oder 6. Metallen gerne ſcheiden/ vnd ein
jedweders beſonder haben/ vnd doch keines davon verlieren/ ſo darff man dieſelbe Mix-
tur nicht mit ♄ anſieden/ vnd darnach auff der Cupellen abtreiben/ dadurch alle Metal-
len verloren/ vnd nur allein das ☉ vnd ☽ erhalten werden.
Durch dieſen Scheider aber kan man immer eines nach dem andern auß der
Mixtur ziehen/ vnd auff die Seiten legen/ vnd wird alſo keines davon verloren/ ſondern
bleiben alle behalten/ vnd ſolches gar geſchwind/ wunderbarer Weis/ alſo/ daß man in
einer halben Stund eine ſolche kuͤnſtliche Scheidung verrichten kan/ welches ohne dieſen
Acetum acerrimum Philoſophorum ſonſten zu thun vnmoͤglich waͤre.
Zum 6. koͤnnen alle Metallen damit ſchnell vmbgewandt/ zerſtoͤret/ vnd nach ei-
nes jedwederen Metalls Geſtalt vnd Eigenſchafft zu einem durchſichtigen/ ſchoͤnen
S ſ 2ge-
[324]Operis Mineralis.
gefaͤrbten Glas/ den Amauſen gleich/ irreducibel gemacht werden; welche Amauſa in
der reduction gut vnd beſtaͤndig Silber vnd Gold von ſich geben/ auff daß der Philo-
ſophorum Spruch/ Unius corruptio eſt alterius generatio, bewieſen werde/ vnd deß
hocherfahrnen Philoſophi Paracelſi Spruch wahr gemacht. Jchts muß zu Nichts/
vnd Nichts wieder zu Jchts werden [...] Ferner beweiſet dieſes Oleum incombuſtibile,
ſeu Aqua permanens, daß der alten Philoſophorum. Schrifften wahr ſind/ wann ſie
einhellig ſagen vnd bekennen/ daß ihre Solutio, Putrefactio, Deſtillatio, Sublimatio,
Circulatio, Aſcenſio, Deſcenſio, Cohobatio, Inceratio, Calcinatio, Coagulatio,
Fixatio, Fermentatio, vnd andere Arbeiten zu ihrem Werck una vice, uno vaſe, \amp; una
via koͤnnen verrichtet werden/ vnd erzeigen ſich in einer einigen operation alle gradus
der Farben/ davon die Philoſophi ſchreiben/ als das caputcorvi, lac virginis, ſanguis
draconis, cauda pavonis, leo viridis vnd lco rubeus, \amp;c. So wird auch dadurch of-
fenbar/ daß da wahr ſey/ was Hermes ſchreibet/ wann er in ſeiner tabula Smaragdina
ſaget: Quod eſt inferius, eſt ſicut id, quod eſt ſuperius, \amp;c. So koͤnnen auch ſonſten
weiters mit dieſem geheimen Menſtruo viel wunderbarliche Dinge zu wegen gebracht
werden/ vnter welchen die geringſten nicht ſeyn/ der ſecrete Chalybs Sendivogii, vnd
langgeſuchte aber wenig gefundene wahre Oleum Talci.
So weit/ guͤnſtiger Leſer/ bin ich durch die Huͤlffe GOttes mit dieſem vnvergleichli-
chen vnd Koͤniglichen menftruo kommen/ vnd iſt nicht zu zweiffelen/ wenn GOtt ſeine
Gnade ferners geben wolte/ daß man mit der Zeit gar zu dem wahren Univerſal oder fix
vnd Fewer beſtaͤndigen Salamander dardurch ſolte gelangen koͤnnen.
Bekraͤftige alſo hiemit nochmahls/ daß dieſes/ was ich allhier geſchrieben/ die vn-
fehlbare Warheit ſey/ vnd man ſich kecklich darauff zu verlaſſen habe.
Wie ich nun ſolches/ als ein ſehr wichtiges vnd den Vnwiſſenden gantz vnglaubli-
ches Werck/ wegen ſeiner groſſen Kraͤfften zu Erlangung vnvergleichlicher Artzneyen/
der Welt/ zum gemeinen Beſten/ gerne offenbahret haben/ vnd nicht mit mir ſterben laſ-
ſen wolte; So habe ich doch nach vielfaͤltiger Betrachtung nicht fuͤr rathſam erachten
koͤnnen/ ſolches offentlich zu beſchreiben. Damit aber gleichwol ſolche herꝛliche Wiſſen-
ſchaften nicht gar mit vntergehen/ ſondern vielmehr die wahre vnd faſt gar erloſchene
Medicin zu denen bißhero von dem meiſten. Theil fuͤr vnheilbar gehaltenen Kranckhei-
ten zu der Nothleidenden Beſtem ferner fortgepflantzet/ vnd die Warheit der alten Phi-
loſophiſchen Schrifften bezeuget werde/ ſo habe ich daſſelbe zweyen vertrawten Perſo-
nen entdecket/ vnd offtgedachtes Menſtruum zu machen vnd zu gebrauchen gewieſen.
Daß ich aber allhier von ſo wichtigen Sachen zuſchreiben mich erkuͤhnet/ iſt nicht
darumb geſchehen/ als wenn ſolches ohne Vnterſcheid gemein gemachet werden ſolte/
ſondern allein auß dieſen Vrſachen/ damit der Kunſtſuchende/ der Warheit deſſelben
verſichert/ vnd durch deſſen vnaußſprechlichen Nutzen angeleitet werde/ dieſem geheimen
Werck/ fleiſſig nachzudencken/ vnd mit allem Ernſt darnach zu trachten: Wordurch ſie
nicht
[325]Erſter Theil.
nicht allein das jenige/ was allhier geſchrieben/ wahr befinden/ ſondern auch durch fleiſſt-
ge Vbung vnd Natur-gemeſſe Arbeitten zu einem hoͤheren gelangen koͤnnen.
Vnd weilen ich auß angebohrner Natur mich niemahlen vmb die weltliche Ehr/
Reichthumb oder Herꝛlichkeit/ als eine Eytelkeit/ habe zancken wollen/ auch noch deſſen
Sinnes nicht hoffe zu werden; Alſo habe ich mich leichtich darzu bequemen koͤnnen/ ſol-
che meine gethane ſaure Arbeit anderen/ welchen die boͤſe Welt noch nicht zuwider ge-
macht iſt/ zu uͤberlaſſen vnd jhr Contentement darinn zu ſuchen. Weilen ich allbereit
zu meinen Tagen kommen/ verdroſſen vnd nunmehr vnbequem bin/ die Hand ſelber an
ſchwer vnd muͤhſame Arbeit zulegen. Zu dem hat mir auch die Philoſophia einen an-
dern Weg gewieſen/ daß ich mir fuͤrgenommen/ ſolcher Eytelkeit ſo hoch mich nicht mehr
anzunehmen/ ſondern ein beſtaͤndigeres Gut vnd ruhigeres Leben allgemach zu ſuchen.
Doch was ich darneben mit meiner Wenigkeit einem oder dem andern helffen oder rah-
ten kan/ ſoll nicht vnterlaſſen bleiben.
Vber jetztgemeldte Vrſachen hat mich auch dieſes bewogen/ daß ich die Tage mei-
nes Lebens vnzehlich viel Laboranten vnd vermeynte Philoſophos, ſowol gelehrt/ als
vngelehrt/ geſehen/ welche unaufhoͤrlich mit groſſem Koſten vnd Muͤhe Tag vnd Nacht
geſuddelt/ vnd doch im geringſten kein Fuͤncklein der Warheit oder Muͤglichkeit gefun-
den/ daruͤber ſie zum Theil deſperiret/ vnd gaͤntzlicher Meynung worden/ als wenn keine
Warheit/ ſondern lauter Sophiſterey vnd Betrug in den Buͤchern vnd Schrifften der
Philoſophorum zu finden waͤre/ dadurch alſo ſolche Koͤnigliche Kunſt in Verachtung
kommen. Weil ich aber durch die Huͤlffe Gottes allbereit ſo weit kommen/ vnd ſo viel
geſehen habe/ daß in der Alten Schrifften die lautere Warheit ſeye/ vnd ihnen von den
groben/ vnverſtaͤndigen/ vnerfahrnen/ neidiſchen/ boͤſen Menſchen groſſe Gewalt vnd
Vnrecht gethan werde/ Alſo habe ich laͤnger darzu nicht ſchweigen koͤnnen/ ſondern ihre
Ehre/ welche ihnen gehuͤhret/ nach meiner Kleinheit handhaben/ vnd zu ihrer Schriff-
ten defenſion dieſes wenige erinnern muͤſſen/ nemlich daß die transmutation der Me-
tallen natuͤrlich/ warhafftig/ vnd der Kunſt zu thun muͤglich ſey; welches aber nicht alſo
zu verſtehen/ als wann ich hierdurch ſagen oder andeuten wolte/ daß ich dieſelbe lange
Zeit geuͤbet/ vnd mich darauß bereichert haͤtte? gantz nicht: dann ich bißhero noch nichts
anders darinn gethan/ oder thun koͤnnen/ als allein ins kleine die Muͤglichkeit zu erfah-
ren/ zwar vielerhand Proben gemacht/ aber keinen Nutzen davon haben koͤnnen. Vnd
dieſes iſt allein von der Particular-Arbeit zu verſtehen.
Jn dem Univerſali aber habe ich mich bißhero noch nicht eingelaſſen/ ſondern eine
ſolche wichtige Sach biß zu einer bequemeren Zeit auffgeſchoben vnd geſparet. Daß
aber ein ſolche Univerſal-Medicin nicht in rerum natura ſeyn ſolte/ leugne ich nicht/ ſon-
dern glaube es veſtiglich: dann ich allbereit ſo viel geſehen/ darauff ich meinen Glauben
fundiren vnd beſtaͤndigſetzen kan; werde auch einmal/ ſo es Gott geliebet zuzulaſſen/ vnd
ein Theil meiner Hausſorgen zuvor abgethan/ die Hand daran legen/ vnd mein Heil
verſuchen. Dann wer wolte daran zweiffeln/ wann man ſo vieler beruͤhmten vnd fuͤr-
S ſ 3nehmen
[326]Operis Mineralis
nehmen Maͤnner (darunter viel Koͤnige vnd andere hohe Stands-Perſonen geweſen)
einhellige Schrifften/ ſolches confirmirende/ lieſet? Was ſolte doch ſolche fuͤrnehme
Leute darzu beweget haben/ groſſe Buͤcher voll Luͤgen zu ſchreiben? ſie habens ja keinen
Gewinn gehabt/ vnd ſind fromme/ Gottsfuͤrchtige Leut geweſen. Ob ſchon ihrer zum
theil/ als die aͤltere/ bey den Heyden gelebet/ ſo ſind ſie doch keine Heyden geweſen/ ſon-
dern haben Chriſtum auß der Natur viel beſſer/ als ſolche Spoͤtter (welche ſich Chriſten
neñen wollen vnd jene verachtet) erkennet/ geehret vnd gefuͤrchtet; wie wir ſolches ge-
nugſam auß ihren Schrifften zu vernehmen. Moͤchte aber jemand ſagen/ haben ſie die
Warheit geſchrieben/ warumb kan dann niemand ſolche auß ihren Schrifften erler-
nen/ oder darzu kommen/ weil gemeiniglich alles/ ſo darnach verſucht wird/ nicht gelin-
get/ ſondern nur die Zeit vnd Koſten vergeblich angelegt/ vnd dadurch verloren wird?
Darauff antworte ich/ daß ihre Schrifften nicht nach dem Buchſtaben/ ſondern nach
der darinn verborgenen Meynung muͤſſen verſtanden werden/ vnd daß ſie die lautert
Waarheit geſchrieben/ die denjenigen/ welchen ein Licht auffgangen/ genugſam darauß
leuchtet vnd beweißlich wird.
Wie dann auſſer den transmutationibus dieſes Menſtruum allein aller Philo-
ſophorum Schrifften/ wie allbereit geſagt/ genugſam wahr machen vnd vertheidigen
kan. Halte auch gaͤntzlich dafuͤr/ daß jetzund ſchon die Zeit fuͤr der Thuͤr ſey/ daß GOtt
der Allmaͤchtige/ ehe er die Welt mit Feuer vertilge/ zuvor ſeine groſſe Allmacht/ durch
Offenbarung der natuͤrlichen Wunderwerck/ welche man vorher nicht hat begreiffen
noch glauben koͤnnen/ jederman werde ſehen vnd mercken laſſen; darunter die transmu-
tation der Metallen nicht von den geringſten/ ſondern von den allerfuͤrnehmſten vnd
frembdeſten Secreten eines ſeyn wird/ welche ich in dieſen letzten Zeiten/ ſo viel mir
Gott davon bekand gemacht/ meinem Nechſten zur Nachricht- vnd Bezeugung der
Philoſophiſchen Warheit/ in dem folgenden Dritten Theil dieſes Operis Mineralis
zu entdecken fur mich genommen/ dahin ich den guͤnſtigen Leſer wil gewieſen vnd daſſelbe
recommendiret haben. Laſſe es auff dißmal ſchließlich darbey beruhen/ mit guter Zu-
verſicht/ daß dieſe meine treuhertzige Erinnerung/ als eine vnfehlbare Warheit/ wie ſie
an ſich ſelbſten iſt/ vnd dafuͤr beſtehen kan/ in gutem verſtanden vnd auffgenommen
werden ſolle.
Wie man ſolchenRegulum,welcher auß denFloribusoder
Schlacken deß Antimonii geſchmoltzen iſt/ zur Verbeſſerung der geringen
Metallen gebrauchen ſoll/ wil ich jetzund auch gedencken/ doch alſo/ daß ſolche
Kunſt nicht zu einem Mißbrauch dardurch gereiche/ vnd verhaͤlt
ſich alſo darmit:
DEr Regulus Antimonii, als ein Wurtzelſafft der Metallen/ vermag ſehr viel/ vnd
ſind ſonderliche Dinge darmit außzurichten: dann/ wann er zu einem Waſſer ohne
corroſiv
[327]Erſter Theil.
corroſiv gemacht wird/ ſo ſolvirt er alle Metallen/ reiniget/ waͤſchet vnd zeitiget dieſel-
be in beſſerer Geſtalt/ alſo/ daß man guten Nutzen particulariter davon haben kan: wie
aber derſelbe in ein Waſſer/ vnd mit ſolchem Waſſer die Metallen ſolvirt/ geiſtlich vnd
wieder corporaliſch vnd fix dadurch gemacht werden/ hat Artephius, Baſilius vnd Pa-
racelſus allbereit genug zu verſtehen geben; vnd alſo nicht noͤhtig iſt/ daß ihre gute Lehr
vnd Schrifften allhier von mir wiederholet werden/ dahin ich den Kunſtſuchenden wil
gewieſen haben.
Sonſten kan auch ein ſolcher Regulus, wie auch ein jedweders Antimonium,
auff mancherley Weis in Seigerung der Metallen/ ihr verborgen Gold damit herauß
zu ziehen/ nuͤtzlich gebraucht werden/ welches ſonſten ohne das Antimonium vnmuͤglich
zu thun waͤre/ als folgendes Exempel beweiſet: Wann du eine wilde kieſſige oder eiſen-
ſchuͤſſige Berg-Art findeſt/ die Gold haͤlt/ vnd ſich mit dem gemeinen Bley nicht anſie-
den vnd abtreiben wil laſſen/ ſo ſetze derſelben dreymal ſo viel Antimonii zu/ miſche es
wol vntereinander/ vnd ſchmeltze es in einem verdeckten Tiegel wol zuſammen/ gieſſe es
auß in einen Gießpuckel/ laß es erkalten/ ſchlag den Koͤnig davon/ mache denſelben auff
dem Herd rein/ wie zuvor gelehrt iſt/ ſo findet ſich das Gold/ welches die wilde Berg-Art
bey ſich gehabt hat. Vnd wann dieſelbe zimlich guͤldiſch iſt geweſen/ ſo koͤm̃t nicht alles
Gold in den erſten Koͤnig/ ſondern muß noch einer mit Zuſatz Eiſen vnd Salpeter ge-
macht werden/ welcher auch noch guͤldiſch ſeyn wird. Vnd wann ſolche kieſſigte Berg-
Arten nicht eiſenſchuͤſſig ſeyn/ ſo muß man ihnen im erſten ſchmeltzen Eiſen vnd Salpe-
ter beyſetzen/ ſonſten gibt es keinen Koͤnig. Auß der Schlacken wird mit Zuthun viel ♂
mehr Regulus darauß geſchmoltzen/ welcher eben zu ſolcher Arbeit kan gebraucht wer-
den/ als jener/ welcher oben von dem durchgieſſen deß außgezogenen Golds gebraucht
wird/ vnd kan auß der Schlacken auch Gewicht gegoſſen werden.
Auff dieſe Weis koͤnnen die guͤldiſche Galmey/ Marchaſiten/ Kobolten/ Zincken/
Talcken/ vnd andere wilde Berg-Arten/ wann ſie Gold halten/ leichtlich vnd mit wenig
Koſten außgeſeigert werden.
Deßgleichen kan ein jedweder Eiſen/ wann es Gold haͤlt/ (als das Steyeriſche/
Kaͤrndtiſche/ Goldgranacher/ Siebenbuͤrgiſche vnd andere zu thun pflegen) mit groſſem
Vortheil außgeſeigert werden. Vnd wann man ſchon kein guͤldiſch Eiſen haben kan/
vnd nur allein Antimonium hat/ welches Gold haͤlt/ ſo kan man ſolches durch zuthun
Eiſen in kleine Koͤnige faͤllen/ vnd rein machen: das uͤbrige ♀ aber mit zuthun viel ♂
vnd wenig Salpeter zu einem Regulo ſchmeltzen/ vnd ſolchen zu folgender Arbeit ge-
brauchen/ vnd auß den Schlacken Gewicht gieſſen/ auff daß nichts verloren gehe/ ſo hat
man deſto mehr Gewinn an ſolcher Arbeit/ wie diß folgende Exempel beweiſen wird.
Geſetzt/ ich habe ein ſolches ♀/ deſſen der Centner zween Ducaten haͤlt/ vnd wil
das ☉ darauß ſeigern/ ſo nimb ich den Centner Antimonii, theile ſolchen in drey oder
vier Tiegel/ ſchmeltze nach der Kunſt mit zuthun ein wenig ♂ vnd Aſchenſaltz daſſelbe zu
kleinen Koͤnigen/ welche ohngefehr ein oder zwey Pfund ſchwer ſeyn werden: die Schla-
cken
[328]Operis Mineralis
cken ſchmeltze ich noch einmal mit halb ſo viel Eiſen in ſtarckem Feuer auff einem Her[d]
oder groſſen Tiegel/ ſo geben ſie noch funffzig oder mehr Pfund Reguli, vnd bleiben vn-
gefehr viertzig Pfund Schlacken/ darauß ich Gewicht oder andere groſſe Stuͤck gieſſe/
die uͤbrige acht oder neun Pfund ſind im Rauch hinweg gegangen. Alſo vnd auff dieſe
Weiſe haſt du ſolches ☉/ welches in den hundert Pfunden Antimonii geweſen/ in ein
oder zwey Pfund Reguli gebracht/ welche du auff dem Herd ſublimiren kanſt/ ſo bleibt
das ☉ auff dem Herd/ vnd der Regulus geht in Flores, welche hernach wieder zu ge-
brauchen ſeynd. Die funffzig oder ſechzig Pfund Reguli, welche mit viel ♂ hernach
gemacht ſeynd/ vnd kein oder aber ſehr wenig ☉ halten/ kauſt du gebrauchen/ ♃ hart
vnd ſchoͤn hell damit zu machen/ vnd ſolches damit zu vermehren/ allerhand ſchoͤne Ge-
faͤß darauß machen zu laſſen/ als Schuͤſſel/ Teller/ Schalen/ Saltzfaͤſſer/ Leuchter/ vnd
andern noͤhtigen Hausraht; wird ſchoͤn/ hart vnd weiß/ vnd klingt als Silber/ wird
nicht ſo bald leulicht oder dellicht/ gleich ander ♃ thut/ in welchem kein Regulus iſt/ vnd
haͤlt auch einen ſchoͤnen Glantz.
Nun wollen wir beſehen/ ob auch Nutzen darbey ſey/ wann das ♀ ſo arm an ☉
iſt/ vnd gleichwol geſeigert wird. Geſetzt/ hundert Pfund Antimonii koſten drey Reichs-
thaler (wie dann gemeiniglich das Polniſche zu gelten pflegt/ vnd ob ſchon das Vnga-
riſche/ Siebenbuͤrgiſch- vnd Gold granachiſche mehr koſtet/ ſo gibt es auch deſto mehr ☉)
darzu brauch ich ſechzig Pfund alt Eiſen/ gebe einen halben Reichsthaler dar fuͤr/ vnd
koſtet mich ohngefehr ſolche Arbeit mit Kolen vnd Tiegeln auch ein Reichsthaler; wel-
che Außgab zuſammen 4. Reichsthaler macht: hergegen erlange ich zween Ducaten
an ☉/ 60. ℔. Reguli, 80. ℔. Schlacken/ 1. oder 2. ℔. Flores. Die 60. ℔. Reguli
ſind werth ſo viel als ♃/ ein ℔. fuͤr einen Orths Thaler gerechnet/ machet 15. Reichs-
thaler/ 80. ℔. Schlacken/ wann Gewicht davon gegoſſen werden/ ſeynd werht 40.
Groſchen/ oder auffs wenigſte 24. oder ein Reichsthaler. Zuſammen gerechnet vnd
gegen einander abgezogen/ bleiben von einem Centner Antimonii Gewinn ſechszehen
Reichsthaler.
Vnd im fall/ das ♀ hielt nur 1. Ducaten/ vnd das ℔. Reguli ſolte nur eines hal-
ben Orths Thalers werth ſeyn/ ſo bleiben noch mehr als 6. Reichsthaler Gewinn uͤber:
vnd kan ein Kuecht mit einem Beylauffer oder Handreicher gar leichtlich 2. Centner ♀
deß Tages ſeigern.
Geſetzt/ das Antimonium hielte gantz kein Gold/ wie bißweilen ſolches gefunden
wird/ ſo kan er gleichwol noch reichlich 4. oder 5. Thaler deß Tages uͤbrig haben/ welches
noch ein ehrliches iſt: So man aber ♀ haben kan/ deſſen der Centner 3. 4. 5. oder mehr
Ducaten an Gold haͤlt/ vnd das ♂/ damit du ſeigerſt/ auch 1. oder 2. Ducaten/ dann
gibt es beſſere Außbeute. Darumb wer mit ſolcher Seigerung etwas gewinnen wil/
muß ſich vmb aut ♀ vnd ♂ vmbſehen/ ſo iſt leichtlich 20. 30. biß in 60. Thaler auffs
wenigſte in einem Tag damit zu erwerben/ welches dann beſſer klinget als das wenige/
auß dem gemeinen vnd armen ♀ vnd ♂.
NB.
[329]Erſter Theil.
NB. So man aber deß Reguli ſehr viel haͤtte vnd ſo viel ♃ nicht haben koͤnte/ ſol-
ches darmit hart zumachen/ den Regulum dardurch zu verarbeiten/ ſo ſind noch andere
Wege/ ſolchen Regulum an den Mann zu bringen/ alſo/ daß gerne das ℔ fuͤr einen
Orthsthaler Nutzen ſchaffen kan/ vnd gleichwol der taͤgliche Gewinn einer ſolchen Sey-
ger-Arbeit nicht geringer/ ſondern beſſer falle/ als folgendes Exempel beweiſet:
Der Regulus antimonii iſt von dem Geſchlecht deß Bleyes/ vnd haͤlt die Ober-
hand/ als das mannlichſte Theil deſſelben. Sein primum Ens iſt ein vnrein vnd vn-
zeitig ☉: Deß gemeinen Bleyes primum Ens aber iſt ein vnrein vnd vnzeitig ☽/wie die
Prob vnd Experientz mannigfaltig beweiſet. Dann allezeit das Antimonium nach ſei-
ner Figirung vnd Reinigung ☉/ das gemeine Bley aber nur ☽ gibt. Darumb weil es
beſſer iſt als das gemeine Bley/ habens die Philoſophi ihr geheimb ♄ genennet. Vie-
len genandt/ aber wenigen bekandt. Nicht darnmb/ als wenn daſſelbe ſo vnkenntlich
waͤre/ vnd niemand wuͤſte/ wo es herkaͤme/ oder verborgen gehalten wuͤrde: gantz nicht.
Sondern allein darumb/ weilen ſeine Krafft vnbekandt/ vnd geheim bey denenen die ſie
kennen/ gehalten wird. Sage derhalben hiemit/ daß es keinem Menſchen muͤglich ſey/
ob er gleich 100. Jahr daran ſuchen koͤndte/ ſeine wunderbahre Natur zu erfahren.
Dann er iſt vnergruͤndlich/ ja ein centrum aller Wunderwerck vnd Geheimnuſſen.
Wer nichts darvon weiß/ der mag ſich auch nicht ruͤhmen/ ſondern ſich deß Stillſchwei-
gens behelffen. Dann in ihm/ durch ihn/ vnd mit ihm wuͤrcket die Natur vnd Kunſt
zur Vollkommenheit. Davon ein mehrers auff ein andere Zeit.
Folget nun ſein Gebrauch.
WEilen allhier gedacht/ daß der Regulus ♁ auch ein Bley ſey/ vnd darzu ein beſſeres/
als das gemeine/ alſo ſoll vnd muß er auch Bleyes Natur vnd Eygenſchafft ha-
ben nemblich die vnreine Metallen darmit zu waſchen/ abzutreiben/ vnd ihr bey ſich
fuͤhrendes ☉ vnd ☽ davon zuſcheiden/ welches das gemeine Bley thun kan/ wann ihme
auff einer Cupellen dieſelben zugeſetzt werden/ ſo nimbt es das vnreinere Theil zu ſich/
machet ſolches zu Schlacken/ vnd fuͤhrets mit ſich in die luͤcke Aſchen/ das reinere Theil
aber laͤſt es gewaſchen/ rein vnd ſauber als ☉ vnd ☽ darauff ſitzen.
Weiln aber etliche Metallen/ als das ♃ vnd ♂ ihme dem gemeinen Bley nicht
gehorchen/ noch ſich von ihm wollen waſchen laſſen/ ſo kan ihr bey ſich gefuͤhrtes ☉ vnd ☽
nicht damit herauß gewaſchen werden/ ſondern bleibet allezeit beyſammen vermiſcht/
vnd iſt auch noch von keinem beſchrieben/ wie man ſolche beyde Metallen abtreiben vnd
ihr ☉ vnd ☽ davon ziehen ſoll. Lazarus Ercker vnd andere Probierer haben zwar ge-
ſchrieben vnd gelehrt/ wie man ♃ vnd ♂ auff ☽ probieren ſolle: Jſt zwar ein gute Lehr
wann ☽ accidentaliter darunter geſchmoltzen iſt/ ſo kan es alſo gefunden vnd herauß
gebracht werden: Wenn aber ſolches darinn generiret vnd noch radicaliter damit ver-
miſchet iſt/ ſo kan es auf dieſelbe Weiß nicht geſchieden werden/ ſondern gehoͤret ein
mehrers darzu/ nemblich/ ein ſolches Bley/ welches den Jovem vnd Martem gerne
empfaͤnget vnd annimpt/ welches allein der Regulus Antimonii thut vnd ſonſten kein
anders.
T tWei-
[330]Operis Mineralis
Weilen dann ♃ vnd ♂ gemeiniglich viel ☽ vnd ☉ halten/ vnd ſonderlich der ♃/
welches doch im gemeinen Abtreiben mit dem gemeinen ♄ nicht darinnen geſpuͤhret
wird/ vnd auch vnmuͤglich iſt/ damit herauß zu bringen: Alſo ſoll vnd muß man ein an-
der ♄ vnd auch ein ander Abtreiben darzu ſuchen vnd lernen. Dann jederman/ wel-
cher nur ein wenig Verſtand hat/ leichlich ſehen vnd mercken kan/ wann er ♃ vnd ♂
mit gemeinem ♄/ nach Lehr vnd Gebrauch der gemeinen Probierer vnd Bergleuth zu-
ſammen auff einer Scherben anſeudet/ daß der ♃ vnd ♂/ ſo bald er in dem ♄ zerſchmol-
tzen/ vnd recht warm worden iſt/ alſobalden ſich wild ſtellet/ auß eygener Krafft wegen
ihrer widerwertigen Naturen nicht darbey bleibt/ ſondern ſich herauß wickelt/ vnd als
ein verbrand Metall/ Aſchen oder Schlacken ſich oben darauff ſetzet/ ſo gut als ſie darein
kommen ſeyn. Außgenommen ihr ☽ vnd ☉/ welches accidentaliter darunter kommen/
ſo ſie zuruͤck bey dem Bley laſſen/ vnd ſonſten im geringſten ſolches nichts/ welches ſie
vnter ihren Hertzen verborgen tragen/ vnd ihnen von Natur einverleibet iſt.
Auff daß du aber ſehen vnd ſpuͤhren moͤgeſt/ daß ich dir die Warheit ſchreibe/ vnd
dich im geringſten nicht zur Finſternuß/ ſondern vielmehr ins Liecht zu fuͤhren ſuche/ ſo
will ich es dir durch ein Exempel beweiſen/ vnd wahr machen. Setze auff eine Treibſchir-
ben nach der Lehr der gemeinen Probierer 16. Theil Bley vnd 1. Theil ♃ gib ihnen nach
ihrer Lehr vnter einer Muffel ihr behoͤrliches Fewer/ alſo daß der ♃ darauff ſchlacken
koͤnne. So wird das ♃ alleſampt/ ohne was im Rauch hinweg gehet/ ſich auff dem
♄ allgemach anzuͤnden/ verbrennen/ vnd als eine Aſche ſich von demſelben ſcheiden/
vnd oben darauff ſetzen. Welche Aſchen/ ſo du ſie abnimbſt/ nichts an ihrem einver-
leibten ☉ vnd ☽ wird zuruͤck gelaſſen haben/ wie ich dir hernach durch ein ſichere vnd
vnfehlbare Prob beweiſen will.
Wann dann auff dem Bley alles ♃ auffgeſtiegen vnd ſich geroͤſtet hat/ vnd du
deine Schirben vnter der Muffel herfuͤr zeuchſt/ außgenſſeſt/ vnd das uͤbergebliebene
Bley auff einer Cupellen ablauffen laͤſſeſt/ ſo findeſtu nicht vielmehr ☽/ als ſonſten
ſolche 16. Theil Bley/ wenn ſie ohne ♃ waͤren abgetrieben worden/ auch geben haͤt-
ten. Vnd auch bißweiten noch weniger/ weiln das ♃ ein Theil deſſelben/ da es zu
Schlacken worden/ zu ſich genommen hat. Deßgleichen geſchicht auch bey dem ♂.
Vnd ob du ſchon auch ♀ mit einem Bleyglaß darzu ſetzeteſt/ in Meynung/ das ♃ oder
♂ damit vnterſich zu halten/ vnd zu zwingen/ daß es ſein ☉ vnd ☽ mit Gewalt von ſich
geben ſolte/ wie etliche meynen/ ſo kan es doch nichts helffen/ ſondern wann ja auff
ſolche Weiß/ nemblich mit Zuthun ♀ mehr ☽ außkaͤme/ ſolches nicht deß ♃ oder ♂/
ſondern vielmehr deß ♀ geweſen iſt. Daß alſo auff ſolche Weiß vnmuͤglich auß dem
♃ vnd ♂ Silber/ viel weniger Gold außzubringen. Sondern muß auff ein viel an-
dere Weiß gethan werden/ wie du hernach hoͤren wirſt.
Vnterdeſſen will ich dir zur groſſen Nachrichtung klaͤrlich zeigen vnd fuͤr An-
gen legen/ daß ein ſolch Abtreiben deß ♃ oder ♂ mit dem gemeinen ♄ zu Außbrin-
gung
[331]Erſter Theil.
gung ihres ☉ vnd ☽ bers gantz nichts tauge/ ſondern daß es noch darinn geblieben/
vnd mit zu Aſchen oder Schlacken worden ſeye.
Nimb ein Zinn/ was fuͤr eines du wilſt/ vnd mache daſſelbe entweder auff dem
Bley oder durch vmbruͤhren auff einem flachen erdenen Geſchirr zu einer Aſchen
(doch verſuche auch zuvor/ vnd probiere ſolches ♃ nach gemeiner vnd bekandter Weiß/
ob es ☽ halte oder nicht/ auff daß du hernach den Vnterſcheid deſto beſſer mercken
koͤnneſt) vnd calcinire dieſelbe ziemlich wohl/ auff daß das corporaliſche ♃/ wann
es noch Koͤrnlein weiß darunter waͤre/ auch zur Aſchen werde/ oder ſich zuſammen
ſchmeltze vnd von der Aſchen ſcheide. Darnach ſchmeltze mit ſtarckem Fewer deſſel-
ben ♃ Kalchs 1. Theil mit 6. oder mehr Theil deß nachfolgenden Fluſſes/ in einem
guten vnd beſtaͤndigen Tigel ſo lang/ biß der Fluß den ♃ Kalch gantz zu ſich genom-
men/ vnd keines vor dem andern zu erkennen/ ſondern ein durchſichtig gelb o-
der roth Glaß darauß worden iſt. Welches du vernehmen vnd gewahr werden kanſt/
wann du mit einem krummen Drath in den Tiegel greiffeſt/ vnd ein Prob davon
herauß nimbſt. Jſt es nicht alles klar vnd wol geſchmoltzen/ ſo lege den Deckel wie-
der auff den Tiegel vnd leg wieder Fewer zu/ vnd laß laͤnger in ſtarcker Hitze ſtehen/ ſo
lang/ biß es die Prob haͤlt/ welches gemeiniglich innerhalb einer haben Stund ge-
ſchicht.
Darnach gieß die Prob auß in einen kuͤpffernen Moͤrſel/ decke es zu/ biß es
erkaltet/ ſonſten wuͤrde es zu ſtuͤcken vnd auß dem Moͤrſel ſpringen.
Darnach ſtoß es zu einem Pulver vnd miſche vnter ſolches Vitrum ſo viel Ei-
ſenfeylich/ als der Calx ♃ gewogen hat/ ehe du denſelben mit dem Fluß geſchmol-
tzen. Thue es zuſammen in einen guten ſtarcken Tiegel (dann dieſer Fluß ſuchet
ſehr genaw vnd durchbohret ſie gerne) decke denſelben zu/ vnd laß es zuſammen
ohngefehr ein halbe Stund mit ſtarckem Fewer wohl zuſammen ſchmeltzen. Dann
gieß es auß/ ſo hat das Eiſen eine Scheidung gemacht/ vnd ein Theil ♄ auß dem
Fluß reduciret, welches ſich vnter den Fluß ſetzet/ vnd davon nach der Erkaltung
abgeſchlagen/ auff einer Scherben verſchlacket/ vnd hernach auff einer Cupellen
abgetrieben ſoll werden/ ſo findet ſich ein Korn ☉/ welches der ♃ geben vnd hat
ganß kein ☽.
Wenn du zuvor ♃ Kalch nach dem kleinen Centner-Gewicht gewogen haft/
vnd hernach das ☉ Korn auch dargegen wiegeſt/ ſo kanſt du gewahr werden/ wie
viel ☉ ein Centner ſolches ♃ Kalchs geben hat. Welches etliche Loth ſeyn werden/
als auffs wenigſte 3. 4. 5. 6. mehr oder weniger/ nach dem du wol darmit vmbgegan-
gen biſt.
Alſo ſieheſtu hierdurch klaͤrlich/ daß es an den Metallen nicht/ ſondern allein
an vns ſelber mangelt/ daß ſie vns nicht ☉ vnd ☽ geben wollen oder koͤnnen.
Daß du aber meynen moͤchteſt/ auff dieſe Weiß/ auß dem ♃ groſſen Reichthumb
zu erlangen/ iſt auch nicht: Dann ich ſolches derentwegen nicht angezeigt/ ſondern allein
T t ijdarumb
[332]Operis Minerelis
darumb gethan habe/ auff daß du die Muͤglichkeit dardurch ſeheſt. Doch ſo du einen
beſſern Fluß darzu zugebrauchen wiſſeſt/ moͤchte vielleicht auch noch eine ehrliche Nah-
rung darbey abfallen.
So du aber vielleicht Argwohn haben moͤchteſt/ ob auch vielleicht das ☉ entwe-
der auß dem ♂ oder dem Fluß kommen waͤre/ ſo kanſtu ſolchen auf dieſe Weiß ablegen.
Wann du nemblich ſo viel Eiſenfeilich vnter den Fluß ſchmeltzen/ ehe du den ♃ kalch
damit geſchmoltzen haſt/ ſo wirſtu befinden/ daß das ☉ nicht auß dem Fluß noch Eiſen/
ſondern allein auß dem ♃ Kalch kommen ſey.
Weilen du nun allhier verſichert wirſt/ daß das ☉ in dem̃ ♃ iſt/ ſo kanſtn hernach
deine Rechnung machen/ wie du am fuͤglichſten ſolches herauß bringen moͤchteſt. Nemb-
lich durch ein ander Bley vnd auch ein ander Abtreiben/ wie ich dich hernach lehren werde.
Doch ſollſtu nicht meynen/ als wenn nicht mehr ☉ im ♃/ als was dir dieſe Prob
gezeiget hat/ ſeyn ſolte: Mit nichten. Dann vielmehr darinnen iſt/ vnd auch ſeyn muß/
wann man es mit Nutzen vnd Vortheil darauß ziehen ſoll. Daß aber auch mit dieſem
Fluß nicht mehr ☉/ als allhier gethan iſt/ ſolte auß dem ♃ kalch koͤnnen gebracht wer-
den/ leugne ich auch nicht. Dann wenn man mehr Fleiß vnd Kunſt darzu thut/ auch
mehr außkommet. Vnd nicht allein durch dieſen Fluß/ ſondern auch durch noch ande-
re/ auff vnterſchiedliche Weiß vnd Manier vnterſchiedliches Gewicht am Gold dar-
auß zuziehen iſt. Welches aber hieher nicht gehoͤret/ ſondern an einem andern Orth
weiters davon ſoll gehandelt werden. Was aber allhier geſchrieben/ iſt nur allein da-
rumb geſchehen/ die Muͤglichkeit dem Vmglaubigem zu zeigen/ daß die vnvollkomme-
ne Metallen ☉ halten vnd auff ein ſecretes Abtreiben ſolches herauß geben.
Der Fluß zu ſolcher Arbeit.
NImb ein Theil ſchoͤnen weiſſen Sand oder Kißlingſtein/ der kein ☉ haͤlt/ vnd
doch fluͤſſig iſt/ miſche dreymahl ſo viel Bleygleit darunter/ vnd ſchmeltze ſolches in
einem ſtarcken Fewer wohl durcheinander/ alſo daß ein durchſichtig geel Glaß darauß
werde/ gieß es auß/ laß erkalten/ vnd machs zu Pulver/ damit du als oben gelehrt/
probieren kanſt. Daß nun mancher meynen moͤchte/ waß die Kißling oder Sand dar-
bey thun koͤndten/ weil ſie nicht metalliſch ſeyn. Der ſoll wiſſen/ daß ein ſolcher ♃ kalch/
wie auch alle andere gantz irrdiſche wilde Berg-Arten/ mit Bley allein nicht kan probiert
werden/ vmb folgender Vrſach willen.
Nemblich/ weil das ♃ in der calcination oder Aeſcherung ſeine metalliſche Ge-
ſtalt/ Natur vnd Weſen hineinwarts gekehret hat/ vnd derentwegen mit dem Bley o-
der andern Metallen im geringſten keine Gemeinſchafft mehr haben oder leyden will.
Es ſey dann daß dem Bley oder andern Metallen auch ſeine Theile verkehret ſeyn/
alsdann nimbt eines das andere gern an ſich eben ſo wol darmit/ als wann beyde Me-
tallen noch nicht vmbgekehrret waͤren.
Was nun ander er Metallen Vmbkehren anbelanget/ gehoͤret hieher nicht/ ſon-
dern
[333]Erſter Theil.
dern nur allein deß ♄ vnd ♃/ weilen dieſelbe zu dieſer Prob zugebrauchen/ gelehret
worden/ vnd iſt alſo damit beſchaffen: Das Bley/ wann es in ein Aſchen oder Glett
gebracht/ vnd geſchmoltzen/ an ſich ſelber allein vmbgekehret vnd auß metalliſcher Ge-
ſtalt gebracht wird/ gleichwol kan es zu dieſer Arbeit alſo per ſe, ohne Zuthun der Kiß-
lng oder Sand nicht gebraucht werden/ vmb folgender Vrſach willen: Das Bley o-
der Bley-Blaß welches per ſe gemacht/ iſt einer leichtfluͤſſigen vnd fluͤchtigen Natur/
der Calx ♃ aber einer gantz vnfluͤſſigen Eygenſchafft/ vnd wenn dieſe beyde calces ſchon
zuſammen gethan in einem Tiegel zuſchmeltzen eingeſetzet wuͤrden/ ſo bliebe doch ein
jedweder fuͤr ſich vnd koͤndte das ander nicht annehmen/ oder zuſch meltzen bringen/ we-
gen Vngleichheit ihrer Fluͤſſigkeit. Dann der Saturnus wuͤrde allein mit geringem
Fewer bald ſchmeltzen/ den Tigel durchgraben/ herauß lauffen/ vnd den vngeſchmeltz-
ten Calicem ♃ zu ruͤck liegen laſſen. Alſo vnd vmb derentwillen muß man einen Sand
dem Bley zu ſetzen/ ſolches hartfluͤſſig darmit zu machen/ auff daß er hernach gleiche
Hitz mit andern hartfluͤſſigen calcibus im Fewer vertragen/ außſtehen vnd ſolche zum
Fluß bringen koͤnne. Dann gleich liebet/ ſuchet vermiſchet ſich am liebſten mit ſei-
nes gleichen/ als Waſſer mit Waſſer/ Oel mit Oel/ Glaß mit Glaß/ Metallen mit
Metallen: Aber nicht Waſſer mit Oel oder Glaß mit Metallen/ ſondern Metallen mit
Metallen vnd Glaß mit Glaß/ es ſeye gleich von Sand oder Metallen gemacht.
Darumb haben alle die jenige ſehr geirret/ vnd irren noch/ welche ſolche gantz
vnfluͤſſige calces metallorum oder aller vnartige Berg-Arten mit Bley anſieden vnd
den Halt alſo darauß ziehen wollen/ vnd gedencken nicht/ daß das corporaliſch Bley
mit ſolchen calcibus oder Berg-Arten keine Gemeinſchafft habe. Bleiben alſo in ihrem
Jrrthumb ſtecken/ vnd dencken den Sachen im geringſten nichts nach/ derohalben ſie
auch zu nichts gutes gelangen koͤnnen. Wann aber die calces metallorum durch ein me-
dium als Sand oder Kißling/ mit dem Bley vereiniget/ vnd zuſammen in ein durch-
ſichtig Glaß geſchmoltzen worden/ ſo kan es nicht fehlen/ wenn hernach das Bley auß
ſolcher Mixtur durch einen Niederſchlag geſchieden wird/ daß es das Gold vnd Silber
ſo darinn geweſen/ nicht auch mit ſich nehmen ſolte. Welches eine rechte vnd auß der
Philoſophia enſtandene kuͤnſtliche Prob iſt/ vnd niemand dieſelbe ſo ſchlecht anneh-
men oder achten wolle. Dann viel gutes dardurch zuwegen kan gebracht werden.
NB. Dieſen aber kan ich auch nicht verſchweigen/ wenn man mit ſolchem Bley-
Glaß einen ♃ Kalch oder ander vnfluͤſſig metalliſch Weſen zuſammen geſchmoltzen hat/
vnd mit Eiſenfeilich das Gold darinn mit wenigem Bley in einen Koͤnig fallen will/
daß man bißweilen leichtlich der Sachen zu wenig oder zu viel thun kan/ vnd die Prob
nicht geraͤhtet vnd kein Gold gibt Dann wann man den Zeug oder Mixtur lang ohne
Fluß im Fewer ſtehen laͤſſet/ ſo verbrennt ſich derſelbe/ vnd will hernach keine rechte
Scheidung geben; laͤſt man aber ſolchen Zeug zu lang im Fluß ſtehen/ ſo ziehen die Schla-
cken wegen deß Eiſens/ ſo darinn iſt/ vnd groſſe Gemeinſchafft mit dem Gold hat/ das
Gold wieder zu ſich vnd gibet auch nichts. Darumb man wol zuſehen ſolle/ daß mans
T t iijrecht
[334]Operis Mineralis
recht treffe. Dann es eine kuͤnſtliche Arbeit iſt/ vnd ſehr vorſichtiglich will gethan ſeyn.
Darnach man ſich zu richten hat. Auch ſoll man dem Bley-Koͤnig im Verſchlacken
nicht zu heiß thun. Dann das Eiſen/ ſo darinn iſt/ eben ſo wol das Gold zu ſich ziehen
vnd mit ſich zu einer Schlacken machen wuͤrde. Vnd wiewohl ſolchem Vnfall durch
Kunſt vnd Geſchicklichkeit kan vorkommen werden/ auff daß das Eiſen/ das Gold nicht
an ſich ziehe vnd die Prob zu nichts mache. So iſt es doch nicht noͤtig jederman einen
Meiſter der Kunſt in einem Tag zu machen. Sondern es gehoͤret Fleiß vnd Zeit dar-
zu/ vnd nicht nur viel Leſens oder Hoͤrens/ wenn man etwas erfahren will. Doch ſoll
es an einem andern Orth hernach auch zu ſeiner Zeit geſchehen.
Weilen ich nun dieſe Warnung gethan vnd angezeiget habe/ wie man ſo leicht-
lich einen Fehler begehen vnd die Prob verderben koͤnne/ ſo will ich hoffen/ wann ja ei-
nem oder dem andern ein ſolche Prob mißgluͤcket/ er den Fehler ihme ſelber/ vnd nicht
mir/ als wann ich die Warheit nicht geſchrieben haͤtte/ zurechnen wolle/ vnd ſagen/ wie
kan es ſeyn/ daß das Eiſen das Gold/ ſo allbereit in dem ♄ iſt/ wieder herauß ziehen vnd
zur Schlacken machen ſolte/ welches ein wunderbarlicher Handel ſeyn muͤſte? Nein ge-
wiß. Mir iſt es kein wunder/ dir aber/ der du noch nichts erfahren haſt/ iſt es ein Wun-
der/ vnd kompt dir vnglaublich fuͤr. Deme aber/ der die Metallen kennet/ wird es leicht-
lich zubegreiffen vnd zu glauben ſeyn.
Auff daß du aber auch gleichwol verſichert ſeyeſt/ daß dem alſo ſeye/ ſo verſuche es
alſo vnd auff dieſe Weiß: Nimb gemeines Bleyes zween Centner/ deines kleinen Pro-
bier-Gewichts/ lege es auff eine Treib-Scherben vnter eine Muffel/ darauff trage
acht oder zehen Loth fein Gold/ vnd auch zwey oder drey ℔ ♃ auch ſechs oder acht ℔ ♂
nach dem kleinen Gewicht: Laß dieſe Metallen mit einander eine Stund lang treiben/
vnd wohl ſchlacken/ wie man ſonſten in Verſuchung der Proben thut/ vnd gieß es her-
nach zuſammen auß/ ſchlag das Bley von der Schlacken/ laß es auff einer Cupellen
abgehen vnd wiege dein Goldkorn/ welches dir bleibet/ ſo wirſtu finden/ daß die Schla-
cken bey nahe die Helfft darvon geraubet vnd zu ſich genommen haben. Geſchicht nun
dieſes bey einem ☉/ welches allbereit fix vnd corporaliſch iſt/ was meyneſtu/ ſolte es
nicht auch bey einem ſolchen geſchehen koͤnnen/ welches noch jung vnd erſt auß einem
vnvollkommenen Metall gezogen iſt?
Darumb ſiehe wol zu/ lerne vnd befleiſſige dich die Natur der Metallen zu durch-
ſuchen/ ſo wird dir hernach ein ſolcher Caſus deſto glaublicher vnd natuͤrlicher vorkom-
men.
Auß dieſen vnd andern Exempeln/ die ich dir fuͤrgemahlet habe/ wirſtu leichtlich
verſtehen/ vnd mercken koͤnnen (wann du nicht gantz ſtock blind biſt) daß dieſes Pro-
bieren/ welches auff Treibſcherben vnd Cupellen geſchicht/ das rechte vnd beſte/ dar-
auff man ſich verlaſſen moͤge/ nicht ſeye: ſondern nach einem andern muͤſſe getrachtet
werden/ wann man Nutzen in den Metallen ſuchen wolte. Dann in ſolchen Proben der
groͤſſeſte Theil deß ☉ vnd ☽ in die Schlacken gehet/ welches die Erfahrenheit zu glauben
ver-
[335]Erſter Theil.
verſichert hat. Dich aber/ daß dem alſo ſey/ deſto gewiſſer zu machen/ habe ich vor-
gehendes Exempel geſchrieben/ zu welchem auch noch dieſes folgende gehoͤret/ vnd zu
wiſſen dienet/ nemblich: wie man probieren ſoll/ wie viel Gold die Schlacken zu ſich
genommen/ vnd geſchicht alſo: Nimb ſolche ſchwartze Schlacken/ welche von dem
Anſieden kommen/ vnd reib zweymahl ſo ſchwer ſalis tartari darunter/ thue ſolche in
einen ſtarcken Tiegel/ doch daß er kaum halb voll ſey (dann dieſe Mixtur ſteiget ger-
ne uͤber) vnd decke ihn zu/ daß keine Kohlen darein fallen/ vnd laß es ein oder zwo
Stund vnter einer Muffel oder zwiſchen den Kohlen wohl zuſammen kochen/ gieß
es auß/ ſo wird ſich wieder ein Bley-Koͤnig geſetzet haben/ welchen du von den Schla-
cken abſchlagen/ vnd auff einer Cupellen abtreiben ſollſt/ ſo findet ſich wieder ein
Goldkorn/ welches das Eiſen in dem Schlacken zu ſich geraubet hatte/ vnd nun
durch Huͤlffe deß ſalis tartari, welches dem ♂ ſeine Wildigkeit vnd rauberiſche Art be-
nommen/ wieder herauß geſeygert oder geſchieden iſt.
Alſo haſtu nun auß zweyen Proben gelernet vnd verſtanden/ daß im anſieden
daß ♃ vnd ♂ das ☉ auß dem gemeinen Bley zu ſich ziehe/ vnd derentwegen noͤthig
ſey/ daß man das ☉ auß denſelben Metallen mit Regulo Antimonii vnd nicht mit
Bley außziehe oder abtreibe/ wann man den Halt erlangen vnd Nutzen darmit ſchaf-
fen ſoll.
NB. Es kan auch das Gold auß dem Bley-Glaß (wann zuvor ♃ Aſchen mit
geſchmoltzen iſt) mit Kohlen-Geſtuͤb/ welches man im Fluß darauff wirfft/ vnd mit
einem eiſern Drath wol durcheinander ruͤhret/ wie auch mit gemeinem Schweffel/ wel-
chen man darauff verbrennet/ nieder gefaͤllet werden. Welchen beyden aber jene mit dem
♂ weit vorzuziehen iſt/ weil der Schweffel ſo wol als das Kohlen-Geſtuͤb etwas von
dem Gold rauben. Derohalben man die Schlacken/ welche von ſolchem Probieren
kommen/ zuſammen halten/ vnd endlich/ wann man ſolcher viel hat/ durch einen Stich-
Offen/ mit anderem Gekraͤtz jagen/ ſo wird ſolches geraubte ☽ vnd ☉ auch erhalten/
vnd deſto weniger verlohren.
Dieſes alles dienet allein zum Beweiß/ daß ☉ in ♃ vnd ♂ ſeye/ welches mit Re-
gulo Antimonii vnd nicht mit gemeinem Bley/ wie oben gemeldet/ ſoll darauſz gezo-
gen vnd abgetrieben werden. Wie aber vnd auff was Weiſe nun ein ſolche Abtreibung
zugehen vnd geſchehen muͤſſe/ wirſtu hernach vnten in dem Dritten Theil bey dem
♄/ da Paracelſus in ſeinem Cœlo Philoſophorum expliciret. vnd anderer trans-
mutationen oder kuͤnſtlichen Metalliſchen Arbeiten mehr gedacht wird/ weitlaͤuff-
tig beſchrieben finden. Derohalben ſolches hieher nicht gehoͤret/ weilen es vnnoͤtig
einerley an zweyen Orthen zu ſetzen. Vnterdeſſen kanſtu dich in kleinen verſu-
chen vnd uͤben/ auff daß du hernach das groͤſſere/ wenn es herauß kompt/ deſto beſ-
ſer begreiffen vnd verſtehen moͤgeſt.
Nun wolle ſich niemand verwundern/ warumb ich doch ſo freygebig ſolche Secre-
ta in offenen Truck gebe/ weilen ich genugſame Vrſach darzu habe. Dann alles ſelber
zuthun/
[336]Operis Mineralis
zuthun/ iſt mir vnmuͤglig/ nur etlichen reichen Geitzigen allein vmbs Gelt zu commu-
niciren, taugt auch nichts. Dann ſie halten keinen Glauben. So bald ſie die Kunſt
haben/ geben ſie kein gut Wort/ will geſchweigen/ das verſprochene Geld/ ſondern wiſ-
ſen allerhand Außfluͤcht zu machen/ daß ſie ihr Geld behalten. Wie es mir dann all-
bereit von ſolchen boͤſen Menſchen widerfahren iſt. Habe derohalben mir fuͤrgenom-
men/ meine Secreten zum Theil der gantzen Welt zu Beſten ohne Vnterſcheid zu offen-
baren/ auff daß ſie von den Armen auch koͤnnen genoſſen werden.
Neben dieſem erkuͤhnet mich auch dieſes zu einer offentlichen Communication
daß ich wol weiß/ ob ich ſchon noch ſo deutlich alles beſchriebe/ daß gleichwol nicht ein jed-
weder ſolches alſobald treffen vnd nachthun werde. Dann der mehrertheil Menſchen
ſind ſehr vngeſchickt/ etwas kuͤnſtlich es nach zuthun/ ob ſie es ſchon vielmahl haben thun
ſehen. Vnd iſt bißweilen ein vnd anderer zu mir kommen/ meinen modum diſtil-
landi zu ſehen/ vnd wann ſie alle Notturſſt nach dem Augenſchein genugſam einge-
nommen/ haben ſie hernacher gleichwol nicht alſobalden ſolche Arbeit nachthun koͤn-
nen/ ſondern noch vielmahl darinnen geirret/ biß ſie endlich durch die Vbung auff
den rechten Weg kommen ſeyn vnd ſich daruͤber erfrewet. Andere aber/ wann ſie al-
ſobald nicht haben damit zu recht kommen koͤnnen/ haben das Werck liegẽ laſſen/ vnd ge-
meynet/ es waͤre ein ſchwer Werck vnd nicht wohl zu treffen. Jſt nun dieſes bey de-
nen/ welche mit ihren Augen geſehen/ daß es gute Inventiones waͤren/ ſchwer-
lich nach zuthun geweſen/ wie vielmehr/ kan ich erachten/ wird es bey denen geſche-
hen/ die niemals etwas davon geſehen/ vnd nur allein auß der Beſchreibung ſolches er-
lernen ſollen. Welches dann nothwendig ſo viel deſto ſchwerer fallen muß.
Darumb ſage ich/ vnd weiß gar wol/ wann ich alle meine Wiſſenſchafften ſchon
fuͤr jederman offentlich an den Tag gebe/ daß darumb ſolche nicht alſobalden allenthal-
ben werden nach gethan/ ſondern mir allzeit noch ſo viel Kohlen vnd Materialien/ als zu
meinem Vnterhalt noͤtig/ uͤberbleiben werden. Daher ich mich nicht ſchewe/ wenn es
mir Gott zulaͤſt/ mit nechſtem noch vnterſchiedliche nuͤtzliche Secreta, dardurch man viel
außrichten kan/ jederman zum beſten herauß zu geben.
Anbelangend die Bereitung deß ſpiritus ſalis zu dieſem gegenwaͤrtigen Werck/
wird der guͤnſtige Leſer in dem Erſten Theil Furnorum Philoſophicorum mit nechſtem
verbeſſert finden. Vnd wird zur Seygerung deß Antimonii der Vierdte Theil auch
Nachrichtung geben/ woſelbſten Er nach ſeinem Belieben nachzuſuchen.
Will hiemit dieſes Buͤchlein beſchlieſſen/ vnd meinem Nechſten damit gedienet
haben/ mit guter Zuverſicht/ daß es manchem frommen Mann/ welcher durch Vngluͤck
von dem Seinigen kommen/ wieder auff die Bein helffen werde. Vnd was allhier die-
ſes kleine Tractaͤtlein nicht verrichten moͤchte/ wird mit nechſtem ein anders/ welches all-
bereit vnterhanden/ vnd auch bald/ ſo es Gott geliebet/ folgen wird/ deſto vollkommlicher
thun. Darauff ſich der Kunſtliebende nechſt GOtt wird zu verlaſſen haben.
ENDE deß Erſten Theils.
Operis
[337]Ander Theil.
OPERIS MINERALIS
Ander Theil:
Vom Vrſprung vnd Herkommen aller Metallen
vndMineralien/ wie nemblich dieſelbige durch dieAſtra
gewircket/ auß Waſſer vnd Erden ihren Leib nehmen/ vnd in
vielerley Geſtalt formirt werden.
Vorrede an den guͤnſtigen Leſer:
NAchdem ich im andern zuvor von mir außgegebenen Buͤchlein
dieſes Tractaͤtleins de Generatione Metallorum erwehnet/
vnd aber ſolches wegen Mangelung der Zeit bißher noch nicht
hat koͤnnen zum Truck verfertigt werden/ vnd gleichwol daſſelbe
von hohen vnd niedern Standsperſonen bißher emſig iſt begehret worden:
Als hab ich von andern meinen Geſchaͤfften ſo viel Zeit abbrechen/ vnd ſol-
ches gemeinem Nutzen zum beſten/ herfuͤr geben wollen/ nicht zweiffelnde/
ob dieſe meine Meynung von Gebaͤrung der Metallen ſchon nicht mit allen
Philoſophis uͤbereinſtimmet/ gleichwol ſolche bey vielen verſtaͤndigen
Leuten Raum vnd Platz haben werde. Dann was ich allhier ſchreibe/
geſchicht nicht mit zierlichen Worten oder vielen Vmbſtaͤnden/ mit Bewaͤ-
rung anderer Scribenten/ ſondern auß lauter natuͤrlicher Einfalt/ in wel-
cher die Warheit beſteht: derentwegen ich auch dieſes Tractaͤtlein nicht groß
mache/ ſondern auffs kuͤrtzeſte als muͤglich/ meine Meynung darinn erklaͤre.
Vnd ſoll niemand meynen/ als wann ich hierdurch anderer Scribenten
opinion von Gebaͤrung der Metallen wolte zu nichte machen/ vnd die mei-
ne darfuͤr darſetzen; gantz nicht: Einem jedwedern ſtehet frey/ andere/ die da-
von geſchrieben/ zu leſen/ vnd gegen meine Schrifften zu beſehen/ welche
Meynung mit der Natur vnd Warheit am beſten uͤbereinkomme vnd bewie-
ſen werde. Jch fuͤr meine Perſon ſuche hierinn keine Ehre/ als etwas vor
V uan-
[338]Operis Mineralis
andern zu wiſſen/ habe auch im geringſten keinen Nutzen davon/ daß ich die-
ſes Tractaͤtlein ſchreibe/ ſondern geſchiehet nur darumb/ weil ich allbereit
ſchon von metalliſchen Dingen geſchrieben/ vnd ſonderlich auch der Gebaͤ-
rung der Metallen darinn gedacht habe/ hierdurch meine vorige Schrifften
deſto verſtaͤndiger vnd klaͤrer zu machen/ vnd ſolte mir von Hertzen leid ſeyn/
einen einigen Menſchen auff Jrꝛweg vnd Schaden durch meine Schriff-
ten zu fuͤhren/ ſondern wil hoffen/ daß manchem ein Licht darinn werde auf-
gehen/ hinfůrter die Metallen verſtaͤndiger zu tractiren/ als bißher geſche-
hen. Der guͤtige vnd barmhertzige Gott/ vnſer aller Vatter/ deſſen Wun-
derwerck Himmel vnd Erden voll ſeyn/ gebe vns/ ſeinen armen vnd duͤrffti-
gen Kindern/ was zu ſeines allerheiligſten Namens Ehre vnd vnſer aller
Seligkeit gereichen moͤge/ Amen.
Von dem Vrſprung vnd Herkommen
aller Metallen.
WAs anbelangt den Vrſprung der Metallen vnd Minera-
lien/ auß was fuͤr Materi dieſelben anfaͤnglich in der Erden gewach-
ſen/ vnd in eine ſolche Beſtaͤndigkeit kommen ſind/ iſt viel vnd man-
cherley Meynung jederzeit geweſen/ alſo/ daß ein angehender Diſci-
pulus dieſer hohen vnd groſſen Wiſſenſchafft nicht weiß/ welchem
Theil er Beyfall vnd Glauben geben/ vnd ſeine Philoſophiam dar-
nach anſtellen ſolle. Weil dann in der gantzen Welt/ vnter allen Nationen viel/ ſo wol
niedriges als hohen Standes Perſonen/ auch ſo wol gelehrte als vngelehrte Menſchen/
ſich auff den heutigen Tag bemuͤhen/ ihr Heil vnd Wolfahrt durch die Metallen zu ſu-
chen/ vnd ohne welche Erkaͤntnuͤß aber derſelben gar nichts fruchtbarliches darmit kan
außgerichtet werden: dann/ wie ſolte doch einer ein vnvollkommen Metall in ein beſſers
verwandeln koͤnnen/ wann er nicht weiß/ auß was Stuͤcken ſolches (in welche es zuvor
wieder muß zerlegt werden/ ſo es ein andere vnd beſſere Geſtalt erlangen ſoll) iſt zuſam-
men geſetzt worden. Weil dann die Gebaͤrung der Metallen zur Verbeſſerung derſel-
ben zu wiſſen hochnoͤhtig iſt/ als wollen wir ein wenig beſehen/ was von der Metallen
Geburt zu halten ſey.
Wiewol der mehren Theil Philoſophi darfuͤr halten/ (deren Schrifften aber
doch ſehr kurtz/ dunckel vnd vnklar ſind) daß die Metallen von oben herab durch die Aſtra
in die Erden gewircket werden/ ſo finden ſich doch etliche/ welche gantz vnweißlich fuͤrge-
ben/ als wann die Metallen keinen Saamen/ als andere Vegetabilien vnd Animalien
haͤtten/
[339]Ander Theil.
haͤtten/ vnd ſich fortpflantzen koͤnten/ ſondern alſo von Anfang bey Erſchaffung der
Welt von Gott dem HErꝛn in der Erden erſchaffen waͤren. Dieſes iſt nun ein ſehr
groſſer vnd greifflicher Jrꝛthumb vnd Fehler/ deme gar leichtlich kan widerſprochen
werden/ indem die taͤgliche Erfahrung klaͤrlich das Gegentheil bezeuget/ wann nemlich
die Metallen von den Bergleuten in der Erden geſucht vnd heraußgegraben werden/
genugſam vnd augenſcheinlich geſpuͤret wird/ daß ſolche noch auff den heutigen Tag
wachſen/ vnd auch nicht auffhoͤren/ es ſey dann/ daß ihnen ihre wachſende Krafft oder
Leben durch accidentia benommen vnd entzogen werde/ wie hernach weitlaͤufftiger ſoll
bewieſen werden; derhalben dieſe Meynung vntuͤchtig. Daß aber andere vorgeben/
daß Gott in Erſchaffung der Welt nicht die Metallen/ ſondern nur ihren Saamen in
die Erde zur Fortpflantzung derſelben gelegt habe/ iſt auch nicht beweißlich: dann/ ſo die-
ſes waͤre/ ſo haͤtte ſolcher Saame ſchon vorlaͤngſt muͤſſen ſeinen Wachsthumb voll-
bracht/ vnd wieder Saamen herfuͤrgegeben haben/ davon aber nichts geſpuͤret wird.
Jſt derhalben zu wiſſen/ daß es mit dem Saamen der Metallen viel ein andere Gelegeu-
heit habe/ als mit dem Saamen der Vegetabilien oder Animalien, welchen man ſehen
oder taſten kan. Sind derwegẽ die Metallen am Anfang der Erſchaffung der Welt nicht
mit geſchaffen/ gleich wie ſie jetzund gefunden werden/ ſondern hernach auß den Ele-
meuten erzeuget: Dann da Gott der Allmaͤchtige die Elementen erſchaffen/ hat Er
ihnen auch anbefohlen/ eingepflantzt oder Macht gegeben/ alles durch ihre Kraͤffte her-
fuͤr machen zu wachſen/ darzu keines deß andern entbehren kan: dann die Aſtra, oder
Element deß Feuers gibt der Metallen Saamen/ die Lufft fuͤhret ſolchen herunter ins
Waſſer/ da er eine greiffliche Geſtalt oder Leib annim̃t/ die Erde vmbgibt ſolchen Leib/
nehret vnd mehret denſelben von einer Geſtalt zu der andern/ biß endlich in ein vollkom-
men Metall/ welches ſie dann/ als eine Mutter ein außgetragen oder zeitig Kind/ ge-
bieret/ vnd hat ſolche Empfaͤngnuͤß vnd Geburt der Metallen von Anfang der Welt her
gewaͤhret/ vnd wird ohne Zweiffel auch waͤhren/ biß dieſelbe auch wieder vergehen wird:
dann durch die Elementen taͤglich neue Dinge generiret/ vnd hergegen auch wieder-
umb die Alten zerſtoͤret werden; vnd ſolches nicht allein bey den Metallen/ ſondern auch
bey den Vegetabilien vnd Animalien genugſam bekand iſt. Dann wer kan leugnen/
daß nicht vielerley Kraͤuter vnd Thiere ohne Fortpflantzung anderer Kraͤuter vnd Thie-
re Saamen/ ſondern allein durch Krafft der Elementen taͤglich herfuͤr gebracht werden?
welches ich mit vielen Vmbſtaͤnden weitlaͤufftig beweiſen koͤnte/ wann es noͤhtig waͤre/
weil aber ſolches jederman bekand genug iſt/ vnd vor vnſern Augen taͤglich geſchiehet/
warumb ſolte man dann nicht glauben wollen/ daß es mit den Metallen auch alſo ge-
ſchehen koͤnte? Gott hat dem Element deß Feuers oder dem Geſtirn eine lebendigma-
chende vnd ſaamen-gebaͤrende Krafft aller Dingen einverleibet/ welche Krafft ſolches
Element nicht bey ſich behaͤlt/ ſondern auß Goͤttlichem Geheiß dieſelbe durch die Lufft
vnd Waſſer in das centrum der Erden ſencket oder forttreibet. Vnd weil dann ſolche
feurige Stralen auß angebornem Trieb vnd Zwang nicht nachlaſſen fortzugehen/ ſo
V u 2lang
[340]Operis Mineralis
lang vnd ſo viel/ biß daß ſie an einen Ort gelangen/ da es ihnen vnmuͤglich iſt weiters
fortzukommen/ da ſie dann gleichwol auch nicht lange bleiben/ ſondern wiederumb zu-
ruͤck fahren/ vnd ſich durch den gantzen Erdboden vom centro an biß zur circumferen-
tia außtheilen/ das Erdreich erwaͤrmen vnd beſaamen; welches/ ſo es nicht geſchaͤhe/
vnd ſolche ſyderiſche Kraͤfften in dem centro terræ blieben/ vnd nicht wieder zuruͤck-
kaͤmen/ nichts auff Erden wachſen wuͤrde; weil aber die Hitze vnd alles was vom Feuer
koͤm̃t/ dieſe Natur hat/ daß ſie fortgehet ſo lang ſie kan vnd mag/ vnd wann ſie nicht wei-
ters kan/ brellet ſie zuruͤck/ vnd gehet wieder auß dem centro in die circumferentz, wie
bey einem Spiegel zu ſehen/ wann die Sonnenſtralen darauff fallen/ vnd durch das
compacte vnd polirte Metall nicht weiters koͤnnen/ fallen ſie wieder zuruͤck zerſtreuet.
Vnd wann ſie dann in ſolchem zuruͤckgehen in der poroſiſchen Erde eine fette Feuchtig-
keit antreffen/ haͤngen ſie ſich daran/ miſchen vnd coaguliren ſich zuſammen in ein greiff-
lich Weſen/ darauß dann/ nach Art deß reinen oder vnreinen Orts/ ein rein oder vnrein
Metall geboren; vnd zu ſolcher Gebaͤrung auch Zeit vnd Weil gehoͤret/ dann nicht als-
bald ein zeitig Metall darauß wird/ ſondern es nehret vnd vermehret ſich ſolcher Saame
der Metallen durch die immerwaͤhrende Waͤrme deß centraliſchen Feuers allgemach
in der Erden/ gleich wie auch bey Gebaͤrung der Vegetabilien vnd Animalien geſchie-
het/ welcher Saame/ ſo er auff ein bequeme Matricem faͤllet/ anfaͤnget auß derſelbigen
ſich allgemach zu mehren/ vnd (wann keine Hindernuͤſſen darzwiſchen kommen) ſeine
prædeftinirte vollkoͤm̃liche Geſtalt zu erlangen. Vnd nachdem nun ſolcher Saamen
ein rein Ort findet/ nachdem auch Metallen darauß wachſen; dann der Saamen iſt ei-
nerley/ darauß alle Metallen vnd Mineralien wachſen/ vnd iſt nur der Ort/ wie auch
die Zufaͤlle/ der Metallen Vngleichheit Schuld vnd Vrſach; welches hernach weiters
ſoll bewieſen werden. Vnd weil vielleicht etlichen moͤchte frembd vorkommen/ weil ich
ſage/ daß in der Mitte der Erden ein Ort ſeye/ da nichts durch oder vorbey paſſiren mag
oder kan/ ſondern ſich alles daſelbſt ſtoſſen/ vnd was ſchwer iſt/ bleiben/ das leichte aber
zuruͤck gehen muß/ als wil ich meine Meynung etwas deutlicher dargeben.
Vor Erſchaffung der Welt/ da die Elementen noch nicht geſchieden/ ſondern al-
les ein verwirꝛter chaos war/ vnd Gott der Allmaͤchtige eine Scheidung derſelben hatte
vorgenommen/ ſo hat er einen Ort beraumet/ da ſich das ſchwerſte Theil deß vermiſch-
ten chaos, als die Erde/ ſolte hinſetzen; welches dann auch geſchehen/ daß ſich alles
Schwere/ oder Erde/ an den von Gott darzu verordneten Punct gerings herumb (gleich
ein Bienſchwarm an ihren Koͤnig) hat angelegt/ darauß dann ein ſolcher Erdenklump/
darauff wir wohnen/ worden iſt; hernach hat ſich das ſchwereſte nach der Erden/ als
Waſſer/ auch geſchieden von den andern zweyen letzten Elementen/ vnd ſich oben auff
die Erde herumb geſetzt/ deſſen centrum auch das centrum der Erden iſt/ vnd ſo keine
Erde nicht waͤre/ wuͤrde ſich das Waſſer vmb den erſtgeſetzten Punctum oder Magne-
tem der ſchweren Dinge herumb ſetzen/ weil aber Erde iſt/ welche mit ihrer Schwere
das Waſſer uͤbertrifft/ behaͤlt hillich dieſelbe ihre zuverordnete Stelle/ vnd hernach das
Waſſer
[341]Ander Theil.
Waſſer darauff. Die zwey andere Elementen aber/ als erſtlich das allerleichteſte Ele-
ment/ Feuer/ hat Gott auch an ſeine verordnete Stelle/ weit uͤber der Erden vnd Waſ-
ſer/ gewieſen; das mittlere leichte zwiſchen Waſſer vnd Feuer geſetzt/ alſo/ daß ein Ele-
ment das andere ſtetig anruͤhret/ ſich durcheinander circuliren/ vnd eins das ander er-
haͤlt vnd ernehret/ ſo lang biß es Gott einmal wieder brechen/ vnd zu Nichts/ auß wel-
chem ſie worden ſind/ wiederumb machen wird. Dann das Feuer kan ohne die Lufft
nicht brennen/ die Lufft ohne das Waſſer nicht erhalten werden/ vnd das Waſſer kan
ohne die Erde keine Nahrung haben/ die Erde deßgleichen waͤre gantz todt/ vnd koͤnte
nichts herfuͤr bringen/ wann das Element deß Feuers nicht zuvor den Saamen geiſt-
licher Weiſe hineinſaͤete/ darinn er dann corporaliſch vnd greifflich zu allen Gewaͤch-
ſen noͤhtig gemacht wird. Daß aber manchem frembd moͤchte vorkommen/ weil ge-
ſagt wird/ daß die Erde einen Mittelpunct habe/ dadurch nichts paſſiren moͤge/ daran
ſich die ſyderiſche Stralen ſtoſſen/ vnd in eine Enge begeben/ ſich zuruͤck in den gantzen
Erdboden ſublimiren oder deſtilliren/ darauß allerley Metallen vnd Mineralien/ durch
Huͤlff der Erde vnd deß Waſſers/ darauß ſie ihr corpus nehmen/ geboren werden; ſo
iſt zu wiſſen/ daß ſolches keine Fabel oder Gedicht ſey/ ſondern durch gute vnd vnwider-
legte rationes kan bewieſen werden; vnd bin ich nicht allein ſolcher Meynung/ ſondern
ſind auch noch andere mehr/ inſonderheit der hochberuͤhmte Philoſophus Sendivogius,
welcher zeuget/ daß im centro terræ ein locus vacuus ſey/ da nichts ruhen koͤnne; wel-
ches dann auch nicht anders iſt oder ſeyn kan: Dann gewiß iſt es auch/ daß in dem Mit-
telpunct der Erden ein hooler Ort ſeyn muͤſſe/ darein ſich alle Kraͤfften deß obern Firma-
ments oder Geſtirns ergieſſen/ ſich durcheinander arbeiten/ vnd eine maͤchtige/ vnauß-
ſprechliche Hitz verurſachen/ welche Hitz dann auch nicht zulaͤſſt/ daß an demſelben Ort
etwas ſeyn oder bleiben kan/ ſondern von ſolchem Mittelpunct vnd Hoͤle die hineinge-
worffene Kraͤffte der ſyderum ſich allgemach wieder zuruͤck in die circumferentz bege-
ben/ daſelbſten ſich mit feuchter vnd reiner Erde conjungiren/ vnd ein metalliſches Ge-
waͤchs geben/ vnd iſt kein Wunder/ daß es an ſolchen Orten gewaltig haͤiß ſeyn muß/
alles Geſtirn/ als Sonn/ Mond/ vnd die andere Planeten vnd vnzehliche Stern ihre
Kraͤffte allzuſammen dahin werffen/ wann man nur allein der Sonnen ihre Groͤſſe be-
trachtet/ davon die Aſtronomi ſchreiben/ daß ſie vier vnd ſechszig mal groͤſſer ſeyn ſolle/
als der gantze Erdbodem/ wil geſchweigen anderer vnzehlicher groſſen Stern/ welche
alle ihre Kraͤffte zuſammen in das centrum der Erden werffen/ ſo kan man leichtlich
ermeſſen/ was fuͤr eine vnaußſprechliche vnd grauſame Hitze ſie zuſammen bringen:
dann im centro terræ werden ihre Kraͤffte geſam̃let/ offenbar vnd wircklich. Man
ſehe an/ was eine Handvoll Sonnenſtralen thun kan/ wann ſie durch einen hoolen
Spiegel/ metallenen polierten Ring/ oder ander Jnſtrument/ gefangen/ vnd in die
Enge gebracht werden; Dann ein Speculum concavum, wann er wol gemacht
iſt/ nur einer Spannen breit im Diametro, kan ein Holtz/ oder ſonſten ein ander ver-
brennlich Ding/ gantz leichtlich anzuͤnden/ ſo er aber zwo Spannen breit iſt/ kan er
V u 3Bley/
[342]Operis Mineralis
Bley/ Zin/ Wißmut/ vnd dergleichen leichtfluͤchtige Metallen in der Sonnen ſchmel-
tzen: ſo er aber vier oder fuͤnff Spannen breit iſt/ kan er Knpffer vnd Silber ſchmeltzen/
vnd Eiſen ſo weich machen/ daß mans auff einem Amboß ſchmieden kan. Jſt nun die-
ſes beweißlich/ daß eine Handvoll Sonnenſtrahlen/ wann ſie colligiret vnd in die Eng
gebracht werden/ ein ſolche Macht beweiſen/ neinlich Metallen ſchmeltzen/ Mercurium,
Antimonium, Arſenicum, Auripigmentum, Koboltum, vnd dergleichen fluͤchtige
vnd vnzeitige Metallen in einen Rauch verwandeln/ was ſolte dann wol thun koͤnnen
ein Stuͤck Sonnen von zehen oder zwantzig Klafftern groß? gewißlich wuͤrde es alle
Metallen/ außgenommen Gold/ gleich als ein Stroh verbrennen/ vnd in einem Rauch
machen auffgehen. Was iſt aber zehen oder zwantzig Klaffter gegen ſo viel tauſend
Meile Wegs/ als die Sonne allein groß ſeyn ſoll/ gedenck einmal/ wann ihre Hitz/ wil
geſchweigen vieler andern groſſen Sterne/ nur allein an einem Ort zuſammen getrieben
waͤre/ (wie dann ſolches im centro terræ geſchiehet) was doch fuͤr ein vnaußſprechliche
Hitz daſelbſt ſeyn ſolte? Gewißlich wuͤrde nichts ſo fix ſeyn/ daß es dargegen beſtehen
moͤchte/ wie dann auch nichts dargegen beſtehen kan; daher ſolches Punctum leer iſt/
vnd nichts daſelbſten ruhen oder bleiben kan. Moͤchte mancher ſagen: Du ſageſt zwar
viel/ beweiſeft aber wenig. Wer iſt jemaln dort geweſen/ vnd hat geſehen ein ſolche Hoͤ-
le/ davon du ſchreibeſt? Antwort: Ob ſchon niemand daſelbſt geweſen iſt/ vnd ſolches
wahr zu ſeyn bezeugen kan/ ſo iſt die natuͤrliche Philoſophia Zeugnuͤß genug/ darauß
ein ſolcher Ort zu ſeyn/ kan bewieſen werden: Dann leugnen kan niemand/ daß die
Sonn/ vnd andere Sterne/ mit ihrem Lauff rings herumb den Erdboden vmbgehen/
vnd ihre Stralen darein ſencken; gibt man ſolches zu/ (dargegen auch niemand ſich le-
gen kan) ſo muß auch zugeben/ daß ſolche warme vnſichtliche Stralen auch von natuͤr-
lichem Trieb ſo lang fortgehen/ biß daß ſie irgends auffgehalten/ vnd nicht weiters fort-
gehen koͤnnen/ (welches dann der Mittelpunct der Erden iſt) oder er muß alle Philoſo-
phos luͤgen ſtraffen/ die allzumal darfuͤr halten (vnd auch genugſam kan bewieſen wer-
den) daß die Hitze nicht zuruͤck/ ſondern allzeit fortgehe; wie dann auff dieſe Weiſe ſol-
ches leichtlich zu verſichern iſt/ nemlich: Lege auff ein eiſern oder kuͤpffern dick Blech ein
brennend Koͤlichen/ laß es ſo lang darauff ligen/ biß du auff der andern Seiten pruͤfen
kanſt/ daß die Waͤrme durchgangen/ vnd es auch anfange warm zu werden/ dann nimb
alsbald die Kole davon/ vnd greiffe mit der Hand darauff/ ſo wirſt du das Blech oben ſo
haͤiß finden/ daß du es nicht leiden kanſt; darnach greiff auch auff die vntere Seite deß
Blechs/ dargegen die Kole gelegen hat/ ſo wirſt du ſolches nur ein wenig warm finden/
laß ſolches Blech ein wenig ligen/ vnd fuͤhle darnach wieder auff beyde Seiten/ ſo wirſt
du befinden/ daß die Hitze iſt fortgangen/ vnd auff der vnterſten Seite das Blech viel
haͤiſſer iſt als oben/ darauff die Kole gelegen hat. Alſo kanſt du genugſam ſpuͤren vnd
ſehen daß es wahr iſt/ daß die Hitze nicht hinderſich/ ſondern allzeit fuͤrſich gehe. Wann
deme nun alſo iſt/ ſo muſt du auch geſtehen/ daß ſolche nicht auff Erden bleibe/ ſondern
durch dieſelbe biß zum centro dringe. So du aber ſagen moͤchteſt/ wie kan das ſeyn/
wann
[343]Ander Theil.
wann die Hitze der Sonnen durch den Erdboden biß zum centro gehen ſolle/ daß dann
nicht auch der gantze Erdboden davon warm wird/ oder auffs wenigſte nur ſo warm/ als
derſelbe oben auff iſt/ da doch allzeit die Erfahrung gibt/ wann man in die Erde graͤbet/
daß ſolche inwendig kalt gefunden/ vnd im geringſten keine warme Sonnenſtralen dar-
inn koͤnnen vermercket werden; der ſoll dieſes wiſſen/ daß die zerſtreute Sonnenſtralen
ihre Kraͤfften nicht beweiſen als an ſolchen Orten/ da ſie ſich ſam̃len vnd mercklich wer-
den/ welches dann etlicher maſſen oben auff dem Erdboden geſchicht/ welcher dieſelbe ſo
ſchnell nicht laͤſſt durchgehen/ ſondern durch ſeine Dichtigkeit/ wegen der harten Steine/
etwas verhindert vnd auffhaͤlt/ vnd alſo die Hitze verdoppelt/ vnd vielfaltig vermehret
wird/ alſo/ daß auch bißweilen an harten Felſen vnd Steinklippen ein ſolche groſſe Hitz
durch die ſtetig darauff-fallende vnd zuſammengedrungene Sonnenſtralen entſtehet/
daß auch Holtz vnd Stroh ſich davon entzuͤndet/ vnd brennet/ welches hergegen nimmer
in der poroſen Lufft/ welche ſolche Stralen nicht auffhalten vnd ſam̃len kan/ vnd doch
gleichwol naͤher der Sonnen iſt/ geſchiehet: Dann/ je hoͤher man in die Lufft koͤm̃t/ je
groͤſſer Kaͤlte man ſpuͤret; daher gantz hohe Gebirge/ ob ſie ſchon in gantz warmen Laͤn-
dern ligen/ allezeit oben auff Schnee/ Eiß vnd groſſen Froſt haben/ da doch vnten am
Gebirg das Erdreich ſehr warm iſt/ vnd vielerhand gute Fruͤchte herfuͤrbringt/ vnd doch
ſo viel weiters von der Sonnen ligt/ als die Spitzen oder Gipffel der hohen Berge; vnd
iſt ſolcher Kaͤlte auff den hohen Bergen vnd Hitze auff dem niedrigen Erdboden allein
Vrſach die reflexion der Sonnenſtralen/ welche daſelbſten ſich ſtoͤſſet/ geſam̃let vnd du-
pliret wird/ welches aber dort/ nemlich in der Lufft/ nicht geſchehen kan. Vnd ſo bald
ſolche warme Stralen ſich durch den Erdboden gedrungen/ werden ſie wieder allgemach
ſchwaͤcher/ weil ſie daſelbſt wieder einfach werden/ da ſie auff dem harten Erdboden viel-
fach geweſen ſind/ vnd iſt alſo der Erdboden/ welcher von dem warmen centro weit ab-
gelegen iſt/ nicht waͤrmer inwendig/ als die Lufft in der Hoͤhe; So man aber gantz hoch
vnd nahe zu der Sonnen kommen koͤnte/ wuͤrde ſich die Hitz allgemach wieder vermeh-
ren/ vnd je laͤnger je groͤſſer werden/ vnd am allergroͤſten bey der Sonn ſelbſten. Alſo
iſt es auch mit der Hitze in der Erden beſchaffen/ welche in ſuperficie am kaͤlteſten iſt/ vnd
je naͤher dem centro, je waͤrmer/ da ſolche Hitz ihren Sitz vnd Verſamlung hat; vnd iſt
alſo zwiſchen beyden/ nemblich zwiſchen der Sonnen/ da die Hitze außgehet/ vnd dem
centro, da die Hitze ſich endet vnd ſtoͤſſet/ am kaͤlteſten. Daß ſolches wahr ſey/ kan bey-
des leichtlich bewieſen werden: Dann ſo die Winde am haͤiſſen Sommer die waͤſſeri-
ge Wolcken etwas hoͤher in die Lufft treiben/ als in gemein/ werden dieſelbige von der
groſſen Kaͤlte zu lauterm kalten Eiß/ vnd fallen ſtuͤckweis groß vnd klein/ nachdem ſie
von der Lufft formiret ſind/ zu groſſem Schaden der Erdgewaͤchſe herunter/ welches wir
gehagelt nennen/ ſind ſo kalt/ daß man nicht lang eine Handvoll davon halten kan/ ja
ligen bißweilen im haͤiſſen Sommer etliche Tage/ biß daß ſie von der warmen Lufft zer-
ſchmeltzen/ vnd wieder zu Waſſer werden. Wann dann nun in der Mittel-Region
der Lufft keine groſſe Kaͤlte waͤre- wie ſolten die Wolcken alſo zu Eiß haben werden koͤn-
nen?
[344]Operis Mineralis
nen? Vnd wer weiß wie kalt es ſeyn moͤchte/ da die Lufft in ihrem Mittel am allerkaͤl-
teſten iſt/ ohne zweiffel ſo kalt/ daß auch kein lebendige Creatur einen Augenblick daſelb-
ſten lebendig bleiben koͤnte/ ſondern zu einem harten Stein werden muͤſte. Wie dann
vielmal geſchiehet/ daß/ wann die irdiſche exhalationes der Erden ſich hoch in die Mit-
tel-Region der kalten Lufft ſchwingen/ endlich daſelbſt coagulirt/ vnd in compacte har-
te Steine verwandelt werden/ vnd herabfallen/ vnd nicht allein Steine ſo viel Pfund
ſchwer/ ſondern auch Metallen/ vnd inſonderheit Eiſen mit groſſem Gewicht/ in Form
zuſammen-gewachſener vieler Tropffen/ daſelbſten in der kalten Lufft von den irdiſchen
Duͤnſten coagulirt vnd compact werden/ herab fallen; davon bey andern/ die davon
ſchreiben/ ein mehrers zu leſen iſt. Daher zu ſehen/ daß die Sonnenſtralen an denen
Orten/ da ſie frey vnd vnverhindert moͤgen dadurchgehen/ keine Hitze/ ſondern allein an
ſolchen Orten/ da ſie eine harte Materi finden/ vnd nicht alsbald durchgehen koͤnnen/
vnd je haͤrter die Materi/ je groͤſſere Hitze ſie verurſachen/ vnd wird ein Holtz/ oder ein
ander ſchwaͤmmicht Weſen beyweitem in der Sonne nicht ſo haͤiß/ als ein harter Stein/
vnd ein Stein nicht ſo haͤiß als ein Metall werden/ wann ſie ſchon beyſammen oder ne-
ben-einander in der Sonne gelegen haben/ vnd dieſes geſchiehet alles wegen ihrer po-
rorum, deren eins groͤſſere vnd mehr hat als das ander/ dadurch die Hitze auffgehalten
wird: dann ein jedweder Hitze iſt ſolcher Natur vnd Eigenſchafft/ daß ſie fuͤrwerts vnd
nicht gern wieder zuruͤckgehet/ wann ſie nur kan/ vnd nicht auffgehalten wird: wie dañ
ſolches ſowol bey einem Holtzfeuer als bey der Sonnenhitz oder fulmen der Lufft zu ſehen
iſt: Dann/ wann man bey einem Feuer ſitzt/ vnd etwan ein Metall bey ſich im Hoſen-
ſack/ als Meſſer/ Schluͤſſel oder Geld im Beutel traͤgt/ ſo gehet die Hitze gar leicht durch
die poroſe Kleider biß zu dem harten Metall/ an welchein ſie ſich vermehret/ vnd das
Metall ſo haͤiß machet/ daß mans offt nicht in der Hand leiden kan; da doch die Kleider/
welche dem Feuer naͤher geweſen/ bey weitem ſo haͤiß nicht ſind/ als das Metall iſt.
Deßgleichen thut auch der Blitz oder Doñerſchlag/ deſſen Feuer/ weil es gantz geſchwind
kom̃t/ vnd keine zeit hat/ die Poros derer Dinge/ die ihm zugegen ſeyn/ vnd es auffhal-
ten wollen/ zu ſuchen/ alles/ das hart vnd compact iſt/ zerſchmettert vnd zerſprenget/
hergegen aber poroſe Dinge gantz laͤſſet: Wie dann bißweilen ein ſolcher Blitz ein
Schwerdt in der Scheiden/ oder das Geld in dem Beutel ſchmeltzet/ vnd die Scheiden
oder den Beutel vnverſehrt laͤſſt; auch wol einem Menſchen oder Vieh die Roͤhren vnd
Knochen in dem Leib zerbricht/ vnd das Fleiſch doch gantz bleibt. Dieſes alles geſchiehet
vmb der Vrſach willen/ weil ſolches Feuer gantz geſchwind koͤm̃t/ vnd keine Zeit hat all-
gemach durch das compacte Metall zu gehen/ vnd auch gegen ſeine Natur nicht wieder
zuruͤck weichen wil/ ſo muß derohalben das ſchwaͤchere dem ſtaͤrckeren Elemend weichen:
dann das Feuer vnter allen Elementen das gewaltigſte vnd allerſtaͤrckſte iſt/ welches
den anderen dreyen nicht weichet/ ſondern dieſelbe ihme weichen muͤſſen/ welches ihm
auch von Natur mitgegeben iſt. Alſo ſage ich/ daß es auch zugehe mit der Sonnen/
Mondes/ vnd anderer Geſtirne Hitze vnd verborgenen Kraͤfften/ welche ſo lang fuͤr-
warts
[345]Ander Theil.
warts gehen vnd wircken/ biß daß ſie etwas finden/ dardurch ſie nicht koͤnnen gehen/
ſondern auffgehalten werden/ ſich ſamlen/ wieder zu ruͤck brellen/ vnd einen Ort ſuchen/
da ſie Ruhe finden/ vnd corporaliſch werden koͤnnen: dann in centro terræ laͤſt die
grewliche Hitze nicht zu etwas zu bleiben vnd Wohnung daſelbſten zu machen/ ſondern
treibets wieder fort zuruͤck in lucke feuchte Erden/ darinn ſich dieſelbe ſublimiren, ver-
kriechen/ einen greifflichen Leib nehmen/ vnd von einer Geſtalt zu der andern ſo lang
fortwachſen/ biß ſie endlich/ wann kein Hindernuß fuͤrfaͤllt/ zu perfecten Metallen
werden. Jm centro terræ aber wird nichts generirt/ iſt auch nicht muͤglich/ ſondern iſt
vnd bleibt ein fewrige Hoͤle/ da nichts beſtehen oder bleiben kan: Es wolle ihm aber nie-
mand einbilden/ als wann ich ſagen wolte/ daß in dem Mittelpunct der Erden ein ſol-
cher fewriger Ort ſeyn ſolte/ davon die Heilige Schrifft meldet/ da der Gottloſen See-
len darinn gequaͤlet vnd gepeiniget werden gantz nicht; dann ich von ſolchem Ort nichts
weiß/ vnd auch nicht begehre zu wiſſen: Dieſen Ort/ davon ich allhier ſchreibe/ gibt
vns die natuͤrliche Philoſophia zu erkennen; jenen aber die H. Schrifft/ welche ich den
Theologis befehle/ den groſſen gottloſen Hauffen der Menſchen damit zu betraw-
en/ auffdaß ſie ſich nicht muthwilliglich darinn ſtuͤrtzen; dann gewißlich die Straff
der gottloſen nicht auſſen bleiben/ ſondern ſie e nmahl ploͤtzlich vberfallen wird/ derhal-
ben man ſolche Warnung ſo leicht nicht in Wind ſchlagen ſolte; dann Gott iſt gerecht/
vnd laͤſt nicht mit ſich ſchertzen/ vnd wird einmal kommen/ wanns die boͤſe Welt am
allerwenigſten meynet/ vnd ihr den Garauß machen. Daß aber ſolcher fewrige Pfuel/
welcher den gottloſen von Ewigkeit her zu einer Straff bereitet iſt (wann er das cen-
trum terræ ſelber nicht iſt) doch nicht weit davon ſeyn muͤſſe/ iſt leichtlich zu erachten:
dann es allezeit von den heiligen Kirchenlehrern vnd andern Patribus darfuͤr iſt gehal-
ten/ vnd Abyſſus, Infernus vnd Hoͤlle von ihnen genennet worden. Gewißlich iſt es
eine Hoͤle/ ein Abgrund/ ein fewriger Pfuel vnd Boden der vnbußfertigen Suͤnder/
darfuͤr vns Gott gnaͤdig bewahren wolle. Weil allhier deß hoͤlliſchen Fewers gedacht/
kan ich nicht vnterlaſſen vieler vermeynten Gelehrten vngruͤndliche Meynung daruͤber
zu entdecken. Jn vielen Orten der Welt findet man Berge/ da groſſes Fewer/ vnd
viel Rauch/ Aſchen vnd Steine außgeworffen werden/ in Europa der Berg Ætna in
Sicilia, Heklas in Eißland hinter Norwegen gelegen/ Heſuvius bey Neapolis, vnd ſon-
ſten vnzehlich viel in andern Theilen der Welt/ welche zum Theil allzeit/ zum Theil auch
nur zu gewiſſen Zeiten brennen vnd rauchen/ vnd von vielen darfuͤr gehalten werden
als Rauchfang der Hoͤllen oder ſolchen Orts/ da Lucifer mit ſeiner Geſellſchafft we-
gen ſeiner Hoffart von Gott hingeworffen ſey/ vnd die verdampten daſelbſten gequaͤ-
let werden. Welches aber nicht ſeyn kan; dann dergleichen brennende Berge ihren na-
tuͤrlichen Anfang vnd Vrſprung zu brennen haben/ welches wenigen bekandt iſt. Dann
bißweilen gantze groſſe Berge von lauterm Schwefel gefunden werden/ welche ſo ſie
entweder durch das centraliſche oder euſſerliche Elementiſche Fewer durch einen Don-
nerſchlag oder ſonſten angezuͤndet/ nicht fehlen kan/ daß ſie nicht brennen ſolten; wann
X xdann
[346]Operis Mineralis
dann einmahl ein ſolcher Berg zu brennen angefangen/ wer kan ihn beſehen/ oder daͤm-
pffen? Niemand gewißlich/ dann das Fewer iſt zu groß vnd gefaͤhrlich. Brennet alſo
hernach ein ſolcher Schwefel-Berg immerfort tieffer hinein/ da er dann Matery zubren-
nen genug findet. Vnd ob man ſchon auß den Hiſtorien gewiß genug iſt/ daß derglei-
chen brennende Berge viel hundert/ oder auch wohl mehr als tauſend Jahr allbereit
ſchon gebraut haben/ vnd mancher ſich daruͤber verwundern moͤchte/ woher ſolcher
Brand ſo viel Jahr ſeinen Vnterhalt haͤtte hernehmen koͤnnen. Dieſer ſoll wiſſen/ daß
ſolches wohl ſeyn kan/ daß ein ſolcher Berg continuirlich ohne Außleſchen brennen kan/
nicht allein wegen der Groͤſſe deß Erdbodens/ darinn Bergwachs/ Schwefel vnd der-
gleichen brennende Materialien genug ſeyn/ ſolches Fewer zu vnterhalten/ ſondern auch
darumb/ weil die aſtra nicht auffhoͤren ihre Kraͤfften hinein iu die Erden zu ſencken/ vnd
neben den Mineralien ſolche brennende Dinge noch taͤglich zu generiren, vnd ſolches
Fewer zu ſchuͤren vnd zu vnterhalten nicht nachlaſſen. Daß aber etliche darauß bewei-
ſen wollen/ weil vorgeben wird/ als wenn man zu gewiſſen Zeiten bey ſolchen Bergen
ein groß vnd jaͤmmerliches Geſchrey hoͤren ſolte/ welches verdampte Seelen der Men-
ſchen zu ſeyn geglaubt wird/ iſt auch nichts gruͤndlichs; dann ſolches Geſchrey gemeini-
glich zu ſolchen Zeiten allein gehoͤret wird/ wann ſolche Berg anfangen wollen ein groß
Fewer außzuwerffen/ welches ſie ſonſt nicht allezeit thun/ ſondern gemeiniglich nur
ein wenig brennen vnd rauchen/ welches Geſchrey dann die vmbliegende Jnwohner/
wann ſie ſolches hoͤren/ wol kennen vnd wiſſen/ daß ſolche Berge bald anfangen wer-
den viel Fewer/ Aſchen vnd Steine außzuwerffen/ derentwegen ſich auch bereiten vnd
fertig halten/ im Nothfall zu weichen/ vnd dem Vngluͤck welches ihnen durch ſolchen
Brand begegnen moͤchte/ zu entrinnen. Dann gemeiniglich bey ſolchen Bergen viel
Schwefel gemacht wird/ da ſich dann arme Leut auffhalten/ ſolchen auß der Erden gra-
ben/ von ſeiner Vnreinigkeit laͤutern/ vnd zum Gebrauchen fertig machen vnd ver-
kauffen; vnd iſt ſolches Geſchrey/ wie ſie es nennen/ meines Erachtens nichts an-
ders/ als das Fewer/ welches mit Gewalt durch die enge Gaͤnge vnd harte Felfen vnd
Kluͤfften ſtreichet/ vnd alſo ein Gethoͤn oder grewlich Geleut machet/ welches die Jn-
wohner geheulet nennen. Es wird auch geſagt/ daß bey ſolchen Fewer-Bergen ſich viel-
mahl Geſpenſte vnd Geiſter ſehen laſſen/ welches auch natuͤrlich vnd wahr iſt/ aber da-
rauß nicht zu beweiſen/ daß es hoͤlliſche boͤſe Geiſter ſeyn muͤſſen; dann in der Erden ſon-
ſten auch vielerhand Geiſter gefunden vnd geſehen werden/ welches den Bergleuten
nichts frembds oder ein vngewohntes Ding iſt/ wie ſie dergleichen offt mit ihrem Scha-
den gewahr werden/ ihnen auch Schaden thun/ vnd ſie bißweilen gantz toͤdten/ oder
auffs wenigſte verlahmen oder vergifften; bißweilen auch kein Leyd thun/ ſondern nur
zuſehen/ vnd mit der Arbeiter Werckzeug ſpielen/ gleich als wann ſie auch arbeiten wol-
ten/ fuͤllet aber ihre Arbeit darumb den Kaſten nicht/ ob ſie ſchon noch ſo embſig arbei-
ten/ wie man meynet; vnd laſſen ſich ſolche Geiſter in mancherley Formen vnd Geſtal-
ten/ als ein Pferd/ Hund oder ander Thier/ bißweilen in Geſtalt kleiner gebuckelten
Maͤn-
[347]Ander Theil.
Maͤnlein/ vnd vielmahl mit einer geawen Munchskappen angezogen/ ſehen vnd fin-
den/ bringen bißweilen Gluͤck vnd groſſe reiche Gaͤnge mit ſich/ bißweilen au[c]h Vn-
gluͤck/ nemblich wann ſie die Bergknappen mit emem boͤſen gifftigen Athem verſticken/
oder von oben hinab in die tieffe Gruben werffen/ daß ſie alſo ihr Leben laſſen muͤſſen.
Wie dann viel reiche Ertz-Gruben vmb ſolcher boͤſer Geiſter willen/ welche dieſelbe ſo
ſtreng bewahren/ ungebawet muͤſſen ligen bleiben/ welches man Erdmaͤnnlein nen-
net/ vnd keine Teuffel oder Hoͤlliſche Geiſter/ wie ſie dann auch nicht/ ſondern allein
Erdgeiſter ſeyn/ vnd wunderbarliche Dinge in der Erden anſtellen; jene aber/ welche
bey den brennenden Bergen gefunden/ Fewer-Geiſter/ wie dann auch Waſſer-vnd
Lufft-Geiſter ſeyn ſollen: Daß ſich aber nicht auch bißweilen der hoͤlliſche Sathan vn-
ter ſolche Element-Geiſter einmiſchen/ vnd dem Menſchlichen Geſchlecht zu Schaden
nachſtellen ſolte/ kan man leichtlich erachten; dann der Sathan ruhet nicht/ ſondern ge-
het herumb als ein bruͤllender Loͤw/ vnd ſuchet welchen er verſchlinge/ deme man mit
Wachen vnd Beten wehren/ vnd vorkommen kan/ wie vns Petrus lehret. Dieſes ſey
in parentheſi von Geiſtern geſagt/ welche ſich vmb die brennende Berge/ vnd auch in
der Tieffe der Erden auffhalten/ vnd den Menſchen in vielerley Geſtalt erſcheinen. Auff
daß ich nun weiter zu meinem Vorhaben komme/ vnd beweiſe daß ſolche brennende
Berge keine Gemeinſchafft mit dem centraliſchen oder hoͤlliſchen Fewer haben/ ſondern
nur ein grob materialiſch Fewer ſeyen/ kan alſo geſchehen.
Erſtlich darauß/ weil ſolche Berge bißweilen auffhoͤren zu brennen/ vnd nur
allein rauchen/ vnd einmahl ſtaͤrcker als das andermahl/ auch bißweilen gantz außge-
hen vnd verleſchen/ wann ihnen nemblich die Matery zu brennen mangelt vnd abge-
het. Hergegen aber das centraliſche Fewer ſo lang die Sonn ſcheinet/ vnd die Sterne
leuchten/ vnd ihre fewrige Kraͤften hinunter in das centrum terræ werffen/ nicht auß-
gehen noch vermindern kan. Deßgleichen wird auch das Hoͤlliſche Fewer/ wie vns die
H. Schrifft lehret/ nicht außgehen oder verleſchen: darumb ſolche fewrige Berge/ wie
ſchroͤcklich ſie auch bißweilen brennen/ keines von beyden oberzehlten Fewren ſeyn koͤn-
nen/ ſondern allein fuͤr ein materialiſch Fewer/ (welches ab- vnd zunehmen/ vnd auch
in Mangelung der brennenden Matery/ gantz außleſchen vnd vergehen: jenes aber
im geringſten nicht abgehen noch vermindern kan) ſoll gehalten werden: Vnd auch
gemeiniglich ſolche brennende Berge kein ſonderbahr hitzig/ ſondern nur allein ein
dunckel vnd rauchendes Fewer machen/ doch wird auch das Erdreich etlich Mei-
len Wegs vmb die brennende Berge herumb gantz heiß/ alſo daß man nicht wohl
ohne Verletzung der Fuͤſſe lang darauff ſtehen oder gehen kan. Vnd die Waſſer/
welche daruͤber oder darauß lauffen/ gantz ſiedent heiß davon werden/ vnd ſehr
nach Schwefel ſtincken/ deſſelben auch ein gut Theil mit ſich herauß fuͤhren. A-
ber auſſer ſolchen brennenden vnd rauchenden Bergen/ finden ſich auch bißwei-
len noch andere Loͤcher vnd Kluͤffte/ dabey ein groſſe Hitz/ vnd doch kein Flamm
oder Rauch geſpuͤhret wird/ welches abermahln ein ander Arth von Fewer iſt/
X x ijwie
[348]Operis Mineralis
wie vns dvnn ſolches die Berg-Chronicken weltlaͤufftig zu erkennen geben/ vnd neben
andern vermeiden/ daß einmahl ſich ein Berg auſſgethan/ vnd ein groſſe Hitz darauß
gangen ſey/ vnd nur deß Nachts gegen den Himmel angeleuchtet/ deß Tags aber man
nichts als Hitze/ welche darauß gangen/ geſpuͤhret habe.
Daher ein curioſer Moͤnch einmahl emen Keſſel an eine eiſern Ketten gemacht/
vnd in das Loch/ da die Hitze herauß gangen/ geſencket habe/ in Meynung einen Keſſel
voll geſchmoltzen Goldes (welches er ihm eingebildet darunter ſeyn muͤſte) herauß zu-
ſchoͤpffen. Jn deme aber der kupfferne Keſſel ſo tieff hinab kommen/ daß er das Fewer
empfunden/ iſt er alſobald geſchmoltzen/ vnd der Moͤnch nur die Kerten wieder herauß
gezogen/ darbey er aber ſolches nicht hat bewenden laſſen/ ſondern einen eiſern Keſſel an
ein ſehr ſtarcke eiſerne Ketten gemacht/ auch auffs newe wieder in die Grube gelaſſen/
vnd ſein Heyl verſucht; in deine aber der eiſerne Keſſel ſo tieffhinunter kommen/ ſo iſt er
von der Gewalt deß groſſen Fewers zerſchmoltzen/ vnd ſampt einem ſtuͤck Ketten hinun-
ter in das Fewer gefallen/ vnd wegen ſolcher grewlichen Hitze in einem Augenblick
gleich Stroh oder Holtz verbrandt/ vnd mit groſſem Krachen vnd Gethoͤn als ein
Rauch oben wieder herauß gefahren/ vnd der Moͤnch mit groſſer Gefahr ſeines Lebens
kaum davon kommen koͤnnen/ vnd das Gold darinn hat muͤſſen bleiben laſſen. Was
nun dieſes Fewer/ welches in einem Augenblick einen eiſern Keſſel vnd Ketten in einen
Rauch verwandelt hat/ ſey geweſen/ iſt leichtlich zu erachten/ daß es nicht materialiſch/
weil es nicht geraucht/ ſondern vielme hr aſtraliſch geweſen ſeyn muͤſſe. Daß das cen-
traliſche vnd gehenniſche Fewer bißweilen durch Kluͤffte hoch her auff in die Berge ſtei-
ge/ dieſelben erwaͤrme/ vnd die Metallen darinn außbruͤthe vnd zeitige/ wiſſen die Berg-
leuthe wohl/ welche bißweilen ſo nah zu einem ſolchen warmen Schlund kommen/ wann
ſie den Metallen nachgraben/ der ſo heiß iſt/ daß ſie wegen der Hitze nicht weiters fort
koͤnnen/ ſondern das graben einſtellen muͤſſen. Welche Hitze (ob ſchon bißweilen
auch die Action der wachſenden mineraliſchen Geſchlechten ein groſſe Hitze verurſachet/
gleichwohl mehr entheils) von dem centraliſchen Fewer/ vnd das centraliſche Fewer von
den aſtris wie oben geſagt/ ſeinen Vrſprung hat. Wie vnd auff was Weiſe aber die
aſtra das centraliſche Fewer/ vnd das centraliſche Fewer die Mineralien vnd Metal-
len gebaͤhre/ will ich auffs kuͤrtzeſte es moͤglich iſt/ den vnwiſſenden offenbahren. Vnd
verhaͤlt ſich alſo damit.
Das die Elementen anfaͤnglich in Erſchaffung der Welt auß einem vermiſchten
Chaos ihren Anfang genommen/ vnd jedwederm von Gott ſeine gebuͤhrende Stelle
zugeeygnet/ vnd ſein Ambt zuverrichten befohlen ſey/ leſen wir bey Moſi im Buch Ge-
neſis am erſten Capitel. Wie aber hernachmahls dieſelbe biß hieherzu durch eine im-
merwaͤrende circulation erhalten/ vnd alles auß denſelben generiret vnd gebohren
worden/ lehret vns die natuͤrliche Philoſophia: Alſo daß es nicht noͤtig allhier weitlaͤuff-
tig davon zu diſcuriren; ſondern allein mein Vorhaben iſt/ auffs kuͤrtzeſte/ ſo viel mir
bewuſt/ von Vrſprung vnd Gebaͤhrung der Metallen zu handlen; nemblich wie durch
die-
[349]Ander Theil.
dieſelbe das Metalliſche Geſchlecht ſeinen Anfang/ Fortgang oder Verinehrung/ vnd
hernach wann ſie auffs hoͤchſte kommen/ wieder ihren Vntergang haben vnd erlangen.
Kurtz zuvor hab ich bew[i]eſen/ daß das oͤberſte Element Fewer/ als Sonn/ Mond
vnd alle Sterne ihre vnſichtbare Kraͤfften vnd fewrige radios in das centrum terræ ſen-
ckẽ ſich daſelbſt ſamblen/ vñ eine grauſame vñ vnglanbliche Hitze verurſachen; vnd auch
daſelbſt n[i]cht bleiben/ ſonde n wieder zu ruͤck brellen/ vnd ſich in dem gantzen Erdboden
zerbreiten vnd außtheilen/ vnd denſelben mit vielen wunderbarlichen Gewaͤchſen (wel-
che von den Philoſophis Mineralien genennet) ſchwaͤngern/ auch ſolche außbruͤten vnd
in mancherley Metalliſche Geſtalten zeitigen vnd formiren. Aber wie oder auff was
Weiſe ſolches geſchehe/ ſoll allhier kuͤrtzlich offenbahret werden.
Ein jedweder geiſtlich Weſen/ von welchem corpore es herkomme/ iſt vnſichtlich/
vnbegreiſlich/ vnd kan auß ihme allein nichts anders werden/ ſondern muß ein Geiſt
ſeyn vnd bleiben/ ſo lang biß daß ihm ein ſubjectum begegne/ darein er ſich ſetzen/ ver-
einigen/ vnd durch Huͤlff deſſelb gen wieder corporaliſch werden moͤge: Vnd nach dem
der Geiſt vnd ſubjectum rein/ nach dem auch corpora darauß werden. Vnd iſt gleich-
ſam der Geiſt an ſtatt deß Saamens/ vnd das ſubjectum an ſtatt der Erden oder Mut-
ter/ in welcher der Saame oder Geiſt zu einem begreiflichen Weſen/ nach ſeiner Art
vnd Geſtalt/ außgebruͤtet vnd gezettiget wird. Vnd iſt zu wiſſen/ daß es mit der Em-
pfaͤngnuͤß vnd Gebaͤhrung der Metallen viel ein andere Beſchaffenheit habe/ als mit
oder bey Empfaͤngnuͤß vnd Gebaͤhrung der vegetabilien vnd animalien: dann gleich
wie faſt bey allen vegetabiliſchen Gewaͤchſen/ wann ſie zu ihrer Vollkommenheit kom-
men/ die Natur einen Saamen/ zu weiterm Vnterhalt vnd Fortpflantzung/ als das
edelſte Theil derſelben herfuͤr bringt/ welcher Saame/ wann das Kraut verwelcket/
vnd den Winter verfaulet/ ſolcher Natur iſt/ wann er gegen den kuͤnfftigen Sommer
in ein bequem Erdreich geworffen/ er ſich darauß vermehre/ vnd wieder in ein ſolch
Kraut/ deme in allem gleich/ darauß er worden iſt/ wachſe vnd herfuͤr komme; alſo daß
allezeit wieder ein Saame zur Fortpflantzung deſſelben Krauts erhalten bleibet. Vnd
ob ſchon auch etliche Kraͤuter ſich nicht durch den Saamen/ ſondern durch ihre Wur-
tzel fortpflantzen/ ſo ſind doch derſelben ſehr wenig/ vnd wird alſo die Wurtzel fuͤr den
Saamen genommen vnd verſtanden. Wann aber bißweilen auch Kraͤũter auß einer
Erden/ darinn kein Saame noch Wurtzel gelegt worden/ herfuͤr wachſen/ ſo geſchie-
het daſſelbe auß Eygenſchafft der Elementen; welche noch Macht haben auß eygener
Krafft die leere Erden zu ſchwaͤngern/ vnd auß ihr Kraͤuter herfuͤr zu bringen; Gleich-
wie ſie auch dieſelbe von Anfang der Welt durch ſolche Weiß gezeuget vnd herfuͤr ge-
bracht hat. Ebener Maſſen haben auch die animalien zweyerley Herkommen/ als erſt-
lich ihren angebohrnen Saamen/ dardurch ſie fortgepflantzet werden/ vnd gleichwol
auch viel kleine Gethierlein durch die Putrefaction ohne Saamen/ vnd allein durch
Wirckung der Elementen/ gleich von den vegetabilien geſagt/ herfuͤr kommen. Welche
zweyerley Weiß bey Gebaͤhrung der Metallen auch gefunden wird; Nemlich die erſte all-
X x iijgemeine
[350]Operis Mineralis
gemeine Schwaͤngerung/ welche im Anfang der Welt durch die Aſtra geſchehen; die an-
dere aber, welche noch taͤglich geſchiehet. Vnd gleich wie die allererſte Gebaͤhrung der
vegetabilien vnd animalien viel maͤchtiger vnd groͤſſer zu achten/ als die noch taͤgliche
accidentaliſche/ alſo auch die mineraliſche: Vnd gleich wie vnter den vegetabilien im-
mer eins leichter vnd geſchwinder zu ſeiner Vollkommenheit kompt/ vnd auch wieder
vergehet/ als das ander; alſo auch die Metallen vnd Mineralien/ vnd je geſchwinder
ſie kommen/ je balder ſie auch wieder vntergehen/ \amp; contra. Vnd gleichwie ein verſtaͤn-
diges vnd bewegliches animale tauſendmahl edler vnd beſtaͤndiger iſt/ als ein vegeta-
bile; Alſo auch ein minerale, wegen ſeiner Beſtaͤndigkeit/ tauſendmahl edler als ein
animale (wann es kein vnſterbliche Seele hat) zu rechnen iſt. Vnd wann durch die
prædeſtinirte Zeit die vegetabilien, animalien vnd mineralien wieder vergehen vnd zu
nicht werden/ ſo ziehet ein jedweder elementum das ſeine/ was von ihm geweſen/ wie-
der zu ſich/ als nemblich die aſtra ziehen den ſpiritum, vnd die Erde behaͤlt das corpus,
welches ſie zuvor geben hatte; vnd gehen alſo die principia wieder zu ihren principiis,
davon ſie erſtlich herkommen ſeyn/ vnd geſchiehet alſo ein immerwaͤhrendes Sterben
vnd Wiedergebaͤhren aller Dinge/ wie vns die tagliche Erfahrung lehret. Jch rede a-
ber allhier auß der natuͤrlichen Philoſophia/ vnd will deß Menſchen vnſterbliche Seele/
welche ihm von Gott eingeſencket/ mit dieſem meinem diſcurs nicht vermenget haben/
ſondern gern geſtehen/ daß dieſelbe/ als etwas Goͤttlichs/ mit der ewigen Goͤttlichen
Vnſterblichkeit Gemeinſchafft habe/ vnd derentwegen vom Herkommen vnd wieder
Vntergang oder Sterben anderer Creaturen billich zu vnterſcheiden. Vnd gleich wie
alles von-vnd auß den Elementen herkompt/ alſo es auch wiederum b nach der Zer-
trennung vnd Abſterben ſeiner principien dahin gehet/ vnd endlich mit denſelben gaͤntz-
lich ver geben wird; allein die Seele deß Menſchen/ weil ſie von Gott kompt/ wieder von
GOtt gezogen/ vnd ewig ſeyn kan. Sonſt aber uͤbertreffen die Metalle wegen ihrer
Edelkeit vnd Beſtaͤndigkeit/ alle Creaturen die jemahl von den Elementen herkommen.
Wie dann zuſehen/ was bald kompt/ auch bald wieder vergehet/ vnd deſto vnbeſtaͤndi-
ger iſt/ die vegetabilien vnd animalien kommen bald/ vnd vergehen auch bald; herge-
gen die Metallen kommen langſam/ vnd vergehen auch langſam. Derohalben in
den dreyen Reichen/ als vegetabiliſch/ animaliſch- vnd mineraliſchem/ die Metallen
am beſtaͤndigſten vnd herrlichſten zu achten. Moͤchte jemand ſagen/ du haͤltſt gewal-
tig viel von den Metallen vnd macheſt viel darauß/ ſo halte ich doch die animalien fuͤr
edler/ weil ſie ſich bewegen/ vnd dem Menſchen am gleicheſten ſeyn. Das macht al-
lein/ weil du nicht weiſt/ was vegetabilien, animalien vnd mineralien ſeyn; ſo ches
zu berichten/ dient dieſes: nemblich daß der gantze Erdboden anders nichts iſt/ als ein
groſſes Thier/ wie er dann von den alten vnd juͤngern philoſophis allzeit magnum ani-
mal iſt genennet worden; vnd hat ſolches groſſe Thier/ welches auch macrocoſmus ge-
nennet/ eine Vergleichung mit dem Menſchen oder microcoſmo; Dann alles was
in dem Menſchen oder kleinen Welt befunden/ laͤſt ſich auch in der groſſen Welt ſehen/
wel-
[351]Ander Theil.
welches allbereit von vielen Philoſophis iſt bewieſen/ vnd nicht noͤtig weiters ſich dar-
mit auff zuhalten. Nur allein dieſes/ welches zu meinem propoſito dienet/ allhier nicht
habe vorbey gehen ſollen: Nemblich/ wann der Erdboden ein groſſes Thier iſt/ vnd ſich
mit dem Menſchen ſoll laſſen vergleichen/ ſo muß er auch lebend vnd beweglich ſeyn/
Thiers Eygenſchafften haben/ oder ihm gleich ſeyn; Jn einem Menſchen befinden ſich
erſtlich ſieben Haupt-Glieder; Als Hertz/ Hirn/ Leber/ Lung/ ꝛc. auch Blut vnd Sen-
adern/ harte vnd weiche Bein/ vnd auch vielerhand muſculen vnd ligamenten, wie
die Anatomia ſolches außweiſet vnd vns fuͤr Augen legt; außwendig iſt er mit Haar be-
wachſen/ darinn ſich kleine Thierlein/ als Laͤuß vnd Floͤhe auffhalten; welche Glieder
dann in dem Erdboden (wann er ein groſſes Thier ſeyn ſoll) ebener maſſen ſeyn muͤſ-
ſen/ welches genugſam zu beweiſen/ vnd ſchon von vielen bewieſen iſt/ derentwegen
allhier uͤbergangen/ ſondern allein gezeiget wird/ was die vegetabilien vnd animali-
en gegen die Metallen zuver gleichen ſeyn. Welcher Menſch ſolte das nicht wollen glau-
ben/ daß das edeiſte Gebluͤt/ welches ſich in den Adern deß Menſchen auffhaͤlt/ vnd ſein
Leben dar[i]nn beſtehet/ den Haaren auſſen an dem Leib/ vnd dem Vngezieffer/ als Laͤuß
vnd Floͤhen/ welche ſich darinn auffhalten/ nicht ſolte vorzuziehen ſeyn? Alſo auch nie-
mand laͤugnen kan/ daß die Metallen/ als der edelſte Theil deß Erdbodens von dem le-
bendigen Hertzen/ deß centraliſchen Fewers ſeinen Vhrſprung nehmende/ nicht edler
vnd beſſer als das Holtz vnd Geſtraͤuch mit allen vegetabiliſchen Gewaͤchſen/ darinn
alles Gethier wohnet/ ſeyn muͤſſen. Dann das centraliſche Fewer in dem Erdboden/
welches von dem oͤbern Geſtirn hinunter gewircket vnd angezuͤndet wird/ iſt wie das
Hertz in einem Thier zu rechnen/ welches auch allzeit warm iſt/ vnd durch ſeine war-
me vnd lebendig machende ſpiritus den gantzen Leib erhaͤlt; Vnd gleich wie ſich in ei-
nem Thier das Blut in Adern durch den gantzen Leib hin vnd her außtheilet/ ſolchen
zu erhalten: Alſo auch die Metallen in der Erden: Dann wann das centraliſche Hertz-
Fewer in der Erden nicht ſolche kraͤfftige warme Geiſter von ſich gebe/ vnd den Erdbo-
den darmit erwaͤrmete/ ſo wuͤrde alles todt vnd vnfruchtbar ſeyn/ vnd gantz nichts drauff
wachſen koͤnnen; Nun aber ſolches geſchiehet/ ſo iſt die Erde fruchtbar/ vnd bringet
Baͤume vnd Hecken/ Kraut vnd Graß/ zu Erhaltung der Thier/ reichlich herfuͤr; vnd
ſind alſo die vegetabilia, mit all den Thieren/ welche ſich darvon nehren/ nur dem euſ-
ſerſten vnd geringſten Theil deß groſſen Thiers oder gantzen Erdbodens/ die Metallen
aber dem beſten Gebluͤt deſſelben/ zuvergleichen: Dann eben alſo vnd auff ſolche Geſtalt/
wie die Blut-Adern in deß Menſchen Leib ſich außtheilen/ zu vnterſt einen dicken Stam̃
haben/ von welchem andere Staͤmme neben auß gehen/ welche duͤnner ſeyn/ vnd wie-
der duͤnnere von ſich geben/ vnd alſo biß zu den allerkleineſten Sproͤßlein oder Aeder-
lein einem Baum gleich ſich zerſpreiten vnd außtheilen; alſo auch die Metallen in
der Erden thun: Dann nach dem die ſyderiſche Kraͤfften von oben herab durch den gan-
tzen Erdboden vnſichtbarer Weiſe biß zu dem centro kommen/ vnd wegen der grawſa-
men Hitze daſelbſten nicht bleiben koͤnnen/ brellen ſie zuruͤck/ vnd gehen auß dem leeren
Ort/
[352]Operis Mineralis
Ort/ da nichts ruhen oder bleiben kan/ in die circumferentz/ vnd machen daſelbſt auß
einer bequemen Feuchtigkeit ein ſolidum vnd compactum corpus metallicum, auß
welchem dann vnzehlich viel Gewaͤchſe/ den Blut-Adern oder Baͤumen gleich/ rings
herumb außſchieſſen/ fortwachſen vnd ſich durch den gantzen Erdboden außbreiten/ alſo
daß auch die euſſerſte Gipffel ſolcher Metalliſchen Baͤumen oder Gewaͤchſen bißweilen
biß in das oͤberſte Theil der Erden ſich erſtrecken/ da ſie ſich dann den Menſchen offen-
bahren/ ſonderlich wann bißweilen an einem Gebirg ein groſſer Waſſer guß einfallt/ die
Erden weg ſchwemmet/ vnd alſo die Adern deß feſten vnd harten Metalls dardurch ent-
bloͤſt vnd dem Menſchlichen Geſchlecht zum beſten offenbahr werden; wiewohl ſich ſonſt
die metalliſchen Gaͤnge auch auff viel andere Wege offenbahren vnd an Tag geben/
als nemblich durch groſſe Fewerbrunſt/ wann vngefehr durch vnachtſame Hirten ein
Wald in den Brand kompt/ vnd dardurch der Erdboden wegen der groſſen Hitze ſich
auffthut/ vnda das geſchmoltzene Metall herauß flieſſer vnd ſich offenbahret Es oͤffnet
ſich auch gar offt die Erde durch ſtarcke Erdbeben/ vnd verraͤth das Metall. Auch findet
man die Metalliſchen Gaͤnge vnd Adern bißweilen wann man tieffe Keller vnd Brun-
nen graͤbet; vnd wird vielmahl auch das Metall auff dem Feld mit dem Pflug außge-
graben/ vnd dardurch die Gaͤnge bekandt gemacht; es ſchlaͤgt bißweilen auch der Blitz
in die Erden/ vnd macht die Gaͤnge offenbahr; wie dann auch die ſtarckflieſſende Baͤch
vnd Fluͤſſe zum oͤfftern die Erden vnd Sand hinweg fuͤhren/ vnd die Adern oder Gaͤn-
ge der Metallen entbloͤſſen/ welche man an den Vfern vnd Geſtaden derſelben Fluͤſ-
ſen findet/ vnd dem Metall nach zugraben Vrſach hat. Es haben auch die Thier offt
Metallen verrathen/ entweder daß ein Pferd mit ſeinen Fuͤſſen die Erden von dem
Gang geſtampffet vnd offenbahret hat/ wie auff dem Rammelsberg zu Goßlar ge-
ſchehen; die Schwein haben mit ihren Ruͤſſeln/ da ſie den Eycheln in dem Wald nach-
geſucht/ Gaͤnge eroͤffnet. Es waͤchſet auch bißweilen das Metall gediegen/ als ein Zinn
auß der Erden uͤber ſich in die Lufft hinein/ vnd wird alſo gefunden; Wie dann auff
ſolche Weiß das reiche Silber-Bergwerck auff dem Kuttenberg in Boͤhmen durch
einen Moͤnch an Tag kommen/ welcher in dem Wald ſpatzieren gangen/ vnd geſehen
daſz ein Zein Silber aus der Erden gewachſen/ er aber alſobald ſeine Kutten ausgezo-
daruͤber gedecket/ hinein ins Kloſter gangen/ vnd es angezeiget hat. Starcke Sturm-
winde werffen auch biſ [...]weilen groſſe Baͤume vmb/ reiſſen dieſelbe mit der Wurtzel aus/
vnd offenbahren Gaͤnge. Jns gemein aber verrathen ſich die Gaͤnge durch die Witte-
rung/ wann nemblich bey Nacht dieſelbe ſich von der warmen Lufft entzuͤndet/ vnd einen
Streich hinaus laufft/ als ein blaw Fewer. Auch kan man leichtlich mercken/ wann
die Gaͤnge der Metallen nicht gar zu tieff liegen/ wo ſie hinſtreichen/ wann man Ach-
rung darauf gibt; Dann wann ſolche ſeyn/ gebẽ ſie ſtaͤtig einen hitzigẽ ſnlphuriſchẽ Dunſt
vnd Bradẽ von ſich/ dardurch nit allein das Gras/ welches auff ſolchen Gaͤngẽ waͤchſet/
kleiner vñ magerer bleibt als ſonſt/ ſõdern es wachſẽ auch die Baͤume nit groſz/ bleibẽ kurtz
laſſen die Aeſt vnd Zweige vnterſich hangẽ/ haben magere vñ bleichere Blaͤtter als andere
ihres
[353]Ander Theil.
ihres gleichen/ welche nicht auff den Gaͤngen wachſen. Auch mercket man wo Gaͤnge
ſeyn/ wann der Thaw/ Reiff oder Schnee eher abgehet/ als an einem andern Ort; wel-
ches dann allein von den warmen Duͤnſten/ die von den Gaͤngen ſteigen/ verurſachet
wird. Auff ſolche vnd dergleichen viel andere Weiſen werden die Metallen gefunden.
Daß aber viele darfuͤr halten/ man koͤnne dieſelbe durch die Haͤſeler-Ruhten finden/ iſt
betrieglich/ vnd gehet nicht veſt; wie ich dann ſolches vielmal geſehen vnd erfahren habe.
Dieſes aber laß ich eine Kunſt ſeyn/ wann man zu gewiſſer conſtellation die Metallen
weiß im Feuer zu conjungiren vnd zuſammen zu ſchmeltzen/ vnd ein Electrum drauß
zu machen/ vnd auß ſolchem Electro eine Kugel gieſſet/ welche in der Mitten ein Loch
habe/ in welches man ein ſchwancke haͤſelere von einem Jahr gewachſene Ruhten/ die
keine Zacken habe/ hinein ſtecken moͤge/ vnd alſo dieſelbe recht vorſich vnd hinaußgeſtre-
cket gehalten/ damit an ſolche Oerter/ da Metallen vermuhtet werden/ fortgehe/ vnd
achtung drauff habe/ wann ſich die Ruhte biege/ vnd die metalliſche Kugel ſich nach der
Erden neige/ da dann gewißlich Metallen ſeyn muͤſſen/ vnd man nicht vergeblich eingra-
ben darff. Vnd geht dieſe Prob auß einem rechten natuͤrlichen vnd vnfehlbaren Philo-
ſophiſchen Grunde/ derentwegen ſie andern Kuͤnſten/ Metallen zu ſuchen/ weit vorzu-
ziehen iſt; vnd darff ſich niemand daruͤber verwundern/ es ſind vns noch gar viel Din-
ge verborgen/ die wir nicht wiſſen. Wer kan eigentlich anzeigen/ warumb der Magnet
das Eiſen an ſich ziehe/ vnd ein warmgemachter Succinum Stroh/ Gras/ Faͤden/ vnd
andere vegetabiliſche Dinge? Der gantze Erdboden iſt voll vnergruͤndlicher Wunder-
werck vnd Geheimnuͤſſen Gottes/ darauff man achtung geben ſolte.
Was nun die Vrſach ſey/ daß ſo vielerley Art der Metallen gefunden/ da keines
dem andern gleich iſt/ ſeynd bey den Philoſophis vnterſchiedliche opiniones. Der meh-
rer Theil derſelben ſtatuiren/ als wann der Metallen nur ſieben/ in Gezahl von den ſie-
ben Planeten/ gezeuget oder generiret wuͤrden; als das Bley von dem Saturno, das
Zin von Jove, das Eiſen von Marte, das Gold von der Sonnen/ das Kupffer von der
Venere, das Queckſilber von Mercurio, das Silber von dem Mond; welches aber
nach meiner Meynung nicht wol ſeyn kan: Dann/ wie ſolte eben die Sonn/ der Mond
oder ein ander Planet/ einen ſonderbaren Ort in der Erden ſuchen/ vnd ſeinen Saa-
men dahin werffen/ vnd nach ſeiner Art ein Metall gebaͤren/ da man doch ſiehet/ daß
nimmer ein Metall allein auß der Erden gegraben wird/ ſondern allzeit mit andern ver-
miſcht iſt: dann nimmer ein Bley gefunden/ welches nicht Silber halten ſolte/ doch ei-
nes mehr als das ander. Auch wird kein Zin gegraben oder gewaſchen/ welches kein
Silber oder Gold haͤlt. Deßgleichen fuͤhret auch alles Kupffer vnd Eiſen Silber bey
ſich/ vnd etlichs auch viel Gold/ welches aber die Bergleut ſelten erfahren oder glauben.
Auch findet man nimmer das Gold ohne Silber oder Kupffer/ vnd das Silber ſelten
ohne Gold vnd andere Metallen. Wann dann dein alſo waͤre/ daß ein jedweder Pla-
net ſein eigen Metall generirte/ wie kom̃t dann das ander darzu? Vnd dieſes von ſol-
chen Metallen geredet/ welche entweder in dem Gebirg gangweis allein fortſtreichen/
Y yoder
[354]Operis Mineralis
oder koͤrnerweis in der Erden vnd Sand/ ſo wol gediegen als mit Stein vermiſcht/ zer-
ſtreuet gefunden/ vnd heraußgewaſchen werden; vnd dieſe nicht darmit verſtanden/
welche bißweilen als zwey oder dreyerley Metallen in ihren eigenen Gaͤngen nebenein-
ander hergehen/ ſich miteinander ſchleppen/ wie es die Berg-Leute nennen/ oder uͤber-
werffen/ creutzweis uͤbereinander hinſtreichen/ vnd auch zuzeiten zuſammen fallen/ vnd
einen Gang machen/ auch ſich wieder voneinander thun/ vnd in viel kleine Adern auß-
ſpreiten vnd vertheilen; welches/ ſo es alſo waͤre/ daß ein jedweder Planet ſein beſonder
Metall generirte/ er auch ohne zweiffel einen beſondern Ort darzu erwehlen/ vnd nicht
leiden wuͤrde/ daß ihm ein anderer in ſein Neſt kaͤme/ vnd ſein Vorhaben verhinderte-
Vnd wann man ja darbey bleiben wolte/ daß ein jedweder Planet ſein eigen Metall ge-
baͤren thaͤte/ welchem Stern ſolte man dann dem Wißmut/ Kobolt/ Antimonio vnd
Zinck zueignen? welche von der Zahl der Metallen vnbillich außgeſtoſſen/ vnd doch
mehr als der Mercurius metalliſch ſind/ vnd ſich auch mit andern Metallen laſſen gieſ-
ſen vnd verarbeiten/ welches auch der Mercurius nicht thut. Vnd findet man etliche
Metallen allein gangweis/ als das Bley vnd Silber; das Gold aber wird an vielen
Orten gediegen oder geſchmeidig/ von allem Berg abgeſaͤubert/ rein auß dem Sand ge-
waſchen/ doch nimmer ohne Silber oder Kupffer: Zin vnd Eiſen aber wird auch auß
dem Sand vnd Erden koͤrnerweis gewaſchen vnd geſamlet/ aber niemaln fein oder ge-
diegen/ ſondern mit einem Stein vermenget; vnd geben ſolche Koͤrner das beſte Zin/
welches Seiffenzin genennet wird/ vnd gemeiniglich auch mehr Gold haͤlt/ als ein an-
ders/ welches auß den Gaͤngen gegraben iſt/ weil in dem waſchen deß koͤrnichten Zwit-
ters oder Zin-Kraupen auch Granaten/ die Gold halten/ beykommen/ vnd mit vnter
das Zin geſchmeltzt werden: deßgleichen geben auch ſolche Eiſenkoͤrner das geſchmei-
digſte Eiſen Den Mercurium findet man ſo wol lauffend/ als in einem rohten Stein/
von welchem mandenſelben außtreiben vnd lebendig machen muß. Kupffer wird biß-
weilen auch in kleinen Kraͤuplein als ein wuͤrfflichter Kies gefunden. Sonſten wach-
ſen alle Metallen in Kluͤfften vnd Gaͤngen in dem Gebirg/ welche man mit groſſer Muͤ-
he/ Koſten vnd Lebensgefahr heraußgraben/ vnd von ihrem Berg durch bauchen/ wa-
ſchen vnd ſchmeltzen rein oder geſchmeidig machen muß. Wie aber ein jedweder Metall
erkennet/ probiret/ auß dem Gebirg gegraben/ gebaucht/ gewaſchen/ geſchmoltzen/ ge-
ſeigert/ oder von ſeinem Zuſatz geſchieden wird/ iſt bey den alten vnd beruͤhmten Berg-
maͤnnern Georgio Agricola vnd Lazaro Erckern weitlaͤuftig beſchrieben. Bleibe der-
halben darbey/ vnd ſage/ daß alle Metallen/ vnd halbe Metallen oder Mineralien ihren
Vrſprung allein auß einem Samen oder Wurtzel haben/ vnd ihre vnterſchiedliche Arten
vnd Geſtalten allein accidentaliter verurſachet werden: Dann/ wann die Aſtra ihre
Kraͤffte zuſammen in das centrum terræ werffen/ ſo bleiben ſie nicht einſam/ ſondern
gehen durch einander vermiſcht wieder zuruͤck in die Kluͤffte der Gebirge/ ſuchen einen
Ort da ſie Ruhe haben/ vnd ein corpus an ſich nehmen moͤgen; finden ſie dann einen
reinen vnd bequemen Ort/ ſo wird auch ein rein Metall generiret/ finden ſie aber einen
vnrei-
[355]Ander Theil.
vnreinen Ort/ ſo wird auch ein grob vnrein Metall: vnd iſt ein ſolcher Ort/ da ſich die
ſyderiſche Kraͤffte/ welche von dem centro terræ zuruͤck gehen/ hinbegeben/ einer Baͤr-
mutter eines Thiers zu vergleichen/ welche den Saamen von dem maͤnnlichen Theil
empfaͤhet/ vnd ein corpus darauß formiret/ daſſelbe nehret/ vnd zur Vollkommenheit
außbruͤtet vnd zeitiget: Die aſtraliſche Geiſter aber ſind an ſtatt deß maͤnnlichen Saa-
mens/ welcher durch zuthun einer feuchten Erden in den Kluͤfften/ als ſeiner matrice,
angenommen/ geſpeiſet/ vnd in mancherley metalliſche Geſtalten vnd greiffliches We-
ſen/ nach Gelegenheit oder Reinigkeit deß Orts formiret werden: vnd werden alſo auß
einem Saamen accidentaliter vielerley Geſtalten der Metallen generiret; welches
auch darauß zu beweiſen/ weil in der Erden die Metallen/ wann ſie noch in ihrem
Wachsthumb ligen/ von Zeit zu Zeit zeitiger werden/ vnd ſich je laͤnger je mehr verbeſ-
ſern vnd veredelern/ wie die taͤgliche Erfahrung genug lehret; vnd nicht allein in der
Erden/ ſondern auch auß der Erden ſolche Verbeſſerung geſpuͤret wird. Dann wann
die Bergleut bißweilen ein vnzeitig Ertz/ als Wißmut/ Kobolt oder Zinck außgraben/
vnd auff Silber probiren/ vnd nichts finden/ ſagen ſie/ wir ſind zu fruͤh kommen/ legen
daſſelbe hin in die Lufft/ vnd wann es uͤber ein Jahr oder etliche wieder probiret wird/
finden ſie viel Silber darinn. Vnd wann der allgemeine metalliſche Saame allzeit ein
reine vnd bequeine matricem fuͤnde/ vnd kein accidentaliſche Hindernuͤß darzukaͤme/
nichts anders dann Gold/ als die hoͤchſte Vollkommenheit der Metallen/ davon gene-
riret wuͤrde; vnd daß der Natur intent ſey/ allzeit dasjenige/ was ſie angefangen/ zur
perfection zu bringen/ das Gold aber nur allein darzu gelanget/ vnd alle andere Me-
tallen imperfect geblieben/ aber gleichwol durch die gerechte Kunſt der Alchymia dahin
zu bringen ſeyen/ wird im folgenden dritten Theil klaͤrlich bewieſen; Vnd wann ſolches
nicht koͤnte bewieſen werden/ daß die vnvollkommene Metallen durch der Kunſt Ge-
ſchicklichkeit vnd Krafft deß Feuers zur perfection zu bringen/ ſo muͤſte man glauben/
daß ein jeder Metall ſeinen eigenen Saamen oder Planeten/ davon es generiret/ haben
muͤſſe: Dann/ ſo das gemeine Bley/ welches nach gemeiner Cupellen-Prob nur ein
wenig Silber haͤlt/ durch zeitigmachende Salien in kurtzer digeſtion dahin gebracht wer-
den/ daß es viel Silber/ vnd durch laͤngere digeſtion oder fixation auch Gold gebe/ wel-
ches doch zuvor nicht darinn geweſen/ ſo kan man genugſam ſehen/ daß die Natur nicht
zu frieden/ daß der Saturnus alſo bleiben/ ſondern zu Silber vnd Gold hat werden ſollen;
zu geſchweigen/ daß auch die andere vnvollkommene Metallen durch die digeſtion zu
zeitigen/ daß ſie beſtaͤndig Silber vnd Gold geben; ſo koͤnnen auch die Halb-Metallen
oder Mineralien/ als Antimonium, Kobolt/ Zinck/ Wißmut vnd dergleichen/ ebener
maſſen figiret werden/ daß ſie gut vnd beſtaͤndig Gold vnd Silber auff der Cupellen hin-
derlaſſen/ welches alles im folgenden dritten Theil ſoll offenbaret werden.
Alſo ſieheft du/ daß es der Natur Schuld nicht/ daß ſo viel vnvollkommene Metal-
len gefunden/ ſondern daß es der accidentaliſchen Verhindernuͤß zuzuſchreiben ſey:
Dann/ ſo in den vnvollkommenen Metallen kein Gold in potentia waͤre/ wie ſolte es
Y y 2durch
[356]Operis Mineralis
durch die Kunſt in actum koͤnnen gebracht werden? Die Kunſt kan kein Gold oder
Silber machen/ ſie kan aber der Natur zu huͤlff kommen/ die ſolches kan/ vnd auſſer der
Erde ſolches ohne der Kunſt Huͤlffe nicht vermoͤchte. Wann ein Gaͤrtner einen San-
men oder Wurtzel eines Gewaͤchſes verdorren laͤſſt/ vnd nicht in die Erde ſteckt/ daß es
zum wachſen komme/ ſo iſts nicht deß Saamens/ ſondern deß Gaͤrtners Schuld/ daß
nichts darauß wird/ ſondern gegen der Natur Willen verderben muß. Der Natur wil
bißweilen geholffen ſeyn/ wie bey den vegetabiliſchen vnd animaliſchen Gewaͤchſen zu
ſehen/ daß die Natur eben ſo begierig ſey auß den Mineralien vnd vnvollkommenen Me-
tallen Gold zu machen/ als auß einem Kind einen alten Mann/ oder auß einer Nuß
einen groſſen Baum; vnd wann ſolches nicht geſchiehet/ nicht ihr/ ſondern der zufaͤlligen
Hindernuͤß die Schuld zu geben ſey. Wil alſo hiermit bewieſen haben/ daß alle Metal-
len nur von einem Saamen oder Wurtzel herkommen/ vnd auch wieder in dieſelbe koͤn-
nen reduciret werden/ vnd daß die Mineralien den jungen erſt außgeſproſſenen vegeta-
biliſchen Sproͤßlein/ die imperfecte Metallen einem halbgewachſenen Kraut/ das
Gold aber einem vollkommenen vnd von der Natur zum end-gebrachten Saamen oder
Frucht zu vergleichen ſey. Welches aber allein von der allgemeinen Zeugung oder Her-
kommen der Metallen zu verſtehen/ dadurch der groͤſſere Theil derſelben generiret wor-
den/ vnd ihren Vrſprung in der Tieffe der Erden auß dem centraliſchen Saamen her-
nehmen/ in den Kluͤfften vnd Gaͤngen derſelben fortwachſen/ in vielerley Geſtalt erhaͤr-
ten/ vnd durch groſſe Koſten/ Gefahr vnd Sorgen darauß muͤſſen gegraben werden.
Die andere generation aber geſchichet auff ein viel andere Weiſe/ nemlich auſſer dem
centraliſchen vnd allgemeinen fortgepflantzten Saamen/ ſondern auff dem oͤberſten
Theil der Erden/ durch Wirckung deß oͤbern Geſtirns/ dadurch der wenigſte Theil ge-
boren wird: dann/ wie oben geſagt/ zweyerley Gebaͤrung der Vegetabilien vnd Anima-
lien die Natur gebrauche/ alſo auch bey den Metallen zu verſtehen: Die eine allzeit all-
gemein vnd bekandlich/ mercklich oder augenſcheinlich: die ander aber ſelten vnd vn-
mercklich. Die allgemeine bey den Vegetabilien durch Fortpflantzung ihres Saamens
oder Wurtzel: die andere durch influentz deß Geſtirns auffs neue durch Krafft der Ele-
menten/ als nemlich/ wann man eine Quantitaͤt Regenwaſſer in einem Geſchirꝛ an die
warme Sonn oder Lufft ſetzet/ vnd außtrucknen laͤſſet/ ſo bleibt eine Erde/ welche auß
eigener Krafft/ ohne zuthuung eines Saamens/ ſo wol vielerley Gewaͤchſe der Vegeta-
bilien/ als vnterſchiedene Thierlein/ Gewuͤrm vnd Fliegen herfuͤrbringt: Welches auch
mit Metallen geſchiehet/ nemlich/ wann die Sonne/ oder ein ander Geſtirn/ in eine
feuchte Erde ſeine Krafft wircket/ ſo ſamlen ſich die aſtraliſche Kraͤffte darinn/ vnd wer-
den corporaliſch/ vnd geben vnterſchiedliche Metallen vnd Mineralien/ nachdem die
feuchte Erde oder Matrix rein oder vnrein geweſen iſt: Dann das Waſſer iſt an ſtatt
der Baͤrmutter/ vnd die Aſtra an ſtatt deß Vatters oder Saamens; wie dann auch
im centro terræ, da alles trucken/ nicht muͤglich iſt Metallen zu wachſen/ ſondern
allein weit vom centro, da Waſſer ſeyn/ welche die Erde befenchten/ darein ſich die
cen-
[357]Ander Theil.
centraliſche Geiſter begeben/ corporaliſch werden/ vnd zu einem Metall wachſen koͤn-
nen: Dann ein truckener Geiſt kan ſich wegen ſeiner Subtilheit ſelber nicht coagu-
liren/ vnd zu einem corpore werden/ ſondern muß ein bequem Subjectum haben/
darein er ſich lege/ vnd davon ein corpus nehme; welches das Waſſer iſt: So bald
nun ein ſulphuriſcher Geiſt ſich mit dem Waſſer vermiſcht/ ſo iſt es kein gemein Waſ-
ſer/ ſondern allbereit ein Anfang metalliſcher Gebaͤrung/ vnd erlanget von den Phi-
loſophis den Namen Mercurium, aber nicht ſolchen zu verſtehen/ welcher laufft vnd
allbereit metalliſch iſt/ ſondern an Geſtalt eines viſcoſiſchen Waſſers/ von den Berg-
leuten Gur genant/ welcher/ ſo er in einem bequemen Ort ligt/ vnd mit gebuͤhrlicher
centraliſcher Waͤrme vnd Feuchtigkeit erhalten/ in ein Metall durch lange Zeit ge-
boren wird. Vnd geſchiehet ſolche Empfaͤngnuͤß vnd Gebaͤrung der Metallen nicht
allein durch die centraliſche vnd auffwarts ſteigende Geiſter in der Tieffe oder im
Bauch der Erden: Sondern es geſchiehet auch dergleichen Empfaͤngnuͤß vnd Ge-
baͤrung in ſuperficie terræ, wann nemblichen das Geſtirn ſeine vnſichtbare Radios
in eine zarte vnd fette Erden ſencket/ da ſie dann angenommen/ behalten vnd cor-
poraliſch werden: Dann das aſtraliſche Feuer am hoͤchſten Firmament nicht auff-
hoͤret ſeine Kraͤffte herunter in die Erde zu ſencken/ vnd dieſelbige mit vielerhand ſo
wol vegetabiliſchen vnd animaliſchen/ als mineraliſchen Gewaͤchſen/ nachdem ſie
eine Matricem antreffen/ ſchwaͤngert oder befruͤchtet: Vnd ſolches nicht allein in
der Erde/ welche am bequemſten zu metalliſcher Gebaͤrung/ ſondern auch in der Luft in
den dicken. Wolcken verrichtet; wie dann vielmal geſchehen/ daß auß der Lufft nicht
allein mancherley kleine Thiere/ als Kaͤfer/ Raupen/ Froͤſche/ vnd andere derglei-
chen inſecten vnd Vngeziefer/ welche darinnen empfangen vnd außgebruͤtet wor-
den/ hauffenweis mit einem Regen herunter auff die Erde gefallen: Sondern man
hat auch gewiſſe vnd glaubwuͤrdige Nachrichtung/ daß Steine/ faſt vnglaͤublicher
Groͤſſe/ etliche Centner ſchwer/ wie auch Klumpen Eiſen/ in Geſtalt vieler auff-
einander-gewachſener Tropffen/ welches ſich gleich wie ander Eiſen hat ſchmieden
vnd arbeiten laſſen/ auß der Lufft gefallen. Wie dann auch vielerley Art groſſe Co-
meten/ vnd andere feurige brennende Subſtantzen/ ſich in der Lufft verſamlen/ ent-
zuͤnden/ vnd ſo lang die brennende Materi waͤhret/ fortbrennen/ vnd darnach auß-
leſchen/ vnd als ein gifftiger arſenicaliſcher Rauch herunterfallen/ vnd den Erdbo-
den/ mit allem das darauff iſt/ vergifften; dadurch ſchaͤdliche Kranckheiten entſte-
hen/ vnd die Menſchen toͤdten. Es iſt auch der Blitz vnd Donner anders nichts/ als
ein ſubtiler Salpeter/ welcher/ wie auch die Steine/ die mit dem Knall herunter-
fallen/ in der Lufft geboren ſind.
Hierdurch iſt zu mercken/ daß nicht allein das centraliſche Feuer das innerſte
Theil der Erden ſchwaͤngere/ vnd mit Metallen erfuͤlle/ ſondern es ſucht auch das
aſtraliſche Feuer oben auff der Erden vnd gar in der Lufft ſeine Stelle/ Metallen zu
gebaren/ doch nirgends bequemer/ als in den Adern oder Speluncken der Erden.
Y y 3Daß
[358]Operis Mineralis
Daß aber vielerley Meynungen ſind wegen ſolcher Metallen/ welche nicht in der
Tieffe der Erden in ihren beſondern Gaͤngen/ ſondern oben darauff in der Erden vnd
Sand koͤrnerweis gefunden werden/ iſt mir nicht vnbekand/ vnd wird von vielen falſch
davon geurtheilt: Dann der mehrer Theil meynet/ daß ſolches Gold/ welches an den
Vfern der Refieren gefunden vnd darauß gewaſchen wird/ nicht daſelbſt gewachſen/
ſondern auß dem Gebirg durch die ſtarcke Waſſerquellen von den Goldgaͤngen abgeriſ-
ſen/ vnd alſo heraußgefuͤhret worden; welches zwar ſeyn koͤnte/ dieweil zu zeiten auß
dem Gebirg durch Waſſerquellen kleine Goldflitzen heraußgefuͤhret/ vnd mit rauhen
Haͤuten der Thiere/ darein ſich das Gold gehaͤnget/ auffgefangen vnd geſamlet worden:
daß aber alles Gold/ ſo in den Baͤchen oder Fluͤſſen gefunden wird/ alſo durch die Brun-
nen auß dem Gebirge ſolte geriſſen werden/ kan nicht ſeyn/ ſondern iſt daſelbſt generiret/
dann man bißweilen Gold waͤſchet an einem lauffenden Waſſer da doch weit davon
kein Bach oder Brunnquell darein faͤllt/ welche das Gold dahin fuͤhrete. Auch waͤſcht
man Gold in hohem Gebirg auß der Erden vnd Sand/ da niemaln Brunnen geweſen
ſind; wie dann auch faſt alles Gold/ ſo von der Hollaͤndiſchen Oſt-Jndiſchen Compa-
gnia jaͤhrlichs zu viel hundert oder tauſend Marcken von den Jndianern erkaufft/ oder
gegen andere Waaren oder Manufacturen vertauſchet/ zu vns herauß gebracht wird/
nicht in Brunnen oder Fluͤſſen/ ſondern mehrentheils auff hohen vnd vom Waſſer er-
habenen truckenen Orten im Sand geſamlet wird. Wie dann auch bey vns in Deutſch-
land dergleichen guͤldiſche auff der Hoͤhe vom Waſſer abgelegene Wercke geweſen/ da
man die Erde herunter zu den Baͤchen fuͤhren/ vnd das Gold darauß hat waſchen muͤſ-
ſen. Vnd noch heutiges tags bey den Zin-Seiffenwercken/ da die Zin-Kraupen oder
koͤrnichter Zwitter gewaſchen wird/ welche nicht in der Tieffe/ ſondern ſich vmb das Ge-
birge herumbſchlingen/ auch Goldkoͤrner gefunden/ vnd mit vnter das Zin geſchmeltzet
werden; daher ſolches Seiffenzin gemeiniglich ſehr reich von Gold pflegt zu ſeyn/ wie ich
ſolches vielmal erfahren/ vnd in der Prob befunden habe. Die Vrſach aber/ daß man
eher Gold an den Baͤchen vnd Fluͤſſen findet/ iſt allein dieſe/ weil die Fluͤſſe/ wann ſie
ſtarck lauffen/ den leichten Sand wegfuͤhren/ vnd die Goldkoͤrner/ welche ſchwerer ſind/
ligen laſſen/ alſo/ daß man deſto leichter den uͤbrigen Sand darvon waſchen/ vnd das
Gold in die Enge bringen kan. Es iſt auch gemeiniglich ſolches Waſchgold/ wie es bey
vns Deutſchen am Rhein vnd andern Fluͤſſen gewaſchen wird/ nicht fein/ ſondern mit
Silber vnd Kupffer vermiſcht/ vnd auch nicht allzeit gediegen in Geſtalt eines Metalls/
ſondern als ein ſchwartz vnd ſchweres kieſiches Gemuͤlm/ welches/ ſo ihm in dem ſchmel-
tzen ſein verbrennlicher Sulphur angezuͤndet vnd weggetrieben wird/ ſeine Goldfarb vnd
Geſchmeidigkeit erſt erlanget: Dasjenige Waſchgold aber/ welches auß Jndien zu vns
gebracht/ wird gemeiniglich gediegen in Geſtalt kleiner vnd groſſer Koͤrner/ doch nicht
fein/ ſondern immer an einem Ort hoͤher am Grad geſunden als am andern: Wie ich
dann bey einem Hollaͤndiſchen Kauffmann vnter ſolchem Walſchgold einmal ein Korn
geſehen/ welches beynahe fein oder 24. Grad haltend geweſen/ vnd etliche Loht gewogen
hat;
[359]Ander Theil.
hat: Jns gemein aber fallen die Koͤrner als ein mittelmaͤſſiger Sand in der Groͤſſ[e.]
Sonſten wird das Hungariſche vnd Siebenbuͤrgiſche Waſchgold fuͤr das feineſte ge-
halten/ wie ich dann ſelber ſolches probiret/ vnd am Halt den Ducaten gleich gefunden.
Wil hiermit angezeiget haben/ daß nicht alles Gold in der Tieffe der Erden in den Kluͤf-
ten vnd Gaͤngen durch das centraliſche Feuer/ ſondern auch auff vnd in dem oͤberſten
oder aͤuſſerſten Theil deß Erdbodens von dem obern Geſtirn gewircket werde; vnd nicht
allein Gold/ ſondern auch andere Metallen oder Mineralien/ vnd inſonderheit Eiſen
vnd Kupffer/ doch am allermeiſten Eiſen/ welches in vnd auſſer der Erden in runden
oder eckichten klein vnd groſſen Stuͤcken ſchier allenthalben haͤuffig gefunden wird/ vnd
ſind ſolche runde Eiſenſteine gemeiniglich guͤldiſch/ darauff man mercken ſolte/ wird
aber nicht in acht genommen; wie dann auch alle Kißlingſteine/ die innwendig braun
oder roht ſind/ Eiſen halten/ welches auch allezeit guͤldiſch befunden wird: dann Eiſen
vnd Gold hab[en] eine groſſe Gemeinſchafft/ vnd tragen eine ſonderbare Liebe zueinan-
der/ dahinder ein groſſes Geheimnuͤß verborgen iſt/ davon im folgenden Dritten Theil
mehrers ſoll gedacht werden. Auff daß ichs aber den Vnglaubigen noch Deutſcher be-
weiſe/ daß auch die Metallen ohne den centraliſchen Saamen von oben herab in die
feuchte Erde gewircket werden/ wird dieſes Exempel zu dienen: An naſſen vnd feuchten
Orten/ da es nimmer trucken wird/ hat das obere Geſtirn ein gut Subjectum, Metal-
len darinn zu wircken/ wie zu ſehen in Holland/ da man Jaͤhrlich ein beſondere Erde/
welche an ſtatt deß Holtzes zum brennen gebraucht/ vnd Turff genennet wird/ außgraͤ-
bet; daß dieſelbe neben dem Schwefel auch Arſenicum, Eiſen vnd Kupffer haͤlt/ doch
nicht ein jedwedere/ ſondern nur dieſe/ welche an den tieffeſten Suͤmpffen gegraben/ vnd
Backert genant wird; Andere aber/ welche ſie fœn nennen/ haͤlt ſelten etwas anders
als Schwefel vnd ſehr wenig Arſenici; jene aber ſehr viel Sulphuris vnd Arſenici, alſo
daß es auch ſehr vngeſund iſt denen/ welche ſolches Feuer nicht gewohnet/ ſich dabey
zu waͤrmen. Vnd wiewol ſolche Erdenbißweilen 20. 30. oder 40. Fuͤß tieff liget/ ſo gra-
ben ſie dieſelbe doch nicht tieffer/ als ohngefehr 5. 6. oder auffs hoͤchſte 10. Fuͤß tieff/ al-
leinderentwegen/ weil tieffer hinein ſolche Erde keinen Sulphur haͤlt/ vnd nicht brennen
wil. Vnd wann ſie bißweilen mir groſſen darzu gemachten Boͤhrern/ den Turff zu pro-
biren/ oder die Tieffe deß Moraſts zu meſſen/ vnd einen veſten Sandgrund zu ſuchen/
die Erde biß auff den Sand durchbohren/ vnd alſo mit dem hoolen Boͤhrer die Er-
den heraußziehen/ ſo befindet man/ daß je tieffer hinein/ oder je naͤher hinunter zu dem
Sand/ je weniger Sulphur ſich in der Erden erzeiget/ vnd zu vnterſt gar keiner. Dar-
auß zu ſehen/ daß ſolcher Sulphur, Arſenic, oder Mineral, welches die Erde fuͤhret/ nicht
von vnten/ ſondern von oben herab ſeinen Vrſprung vnd Herkommen habe: aber we-
nig Metallen in der Naͤhe oder Aeuſſerſtem/ vnd viel in dem innerſten Theil der Erden
geboren werden: dann derſelben Saame viel maͤchtiger in der Tieffe als cir cumferentz
befunden wird/ weil die aſtraliſche Kraͤffte immerfort nach dem centro eilen/ vnd weil
ſie nicht weiters koͤnnen/ daſelbſt durch einander ſtreiten/ ſich aͤngſtigen/ vnd eine gewal-
tige
[360]Operis Mineralis
tige Hitze verurſachen/ durch welcher Zuruͤckgehung der gantze Erdboden erwaͤrmet/
vnd mit vielerhand mineraliſchen Gewaͤchſen geſchwaͤngert wird. Alſo vnd auff dieſt
Weiſe werden alle Mineralien vnd Metallen/ ſo wol in der Tieffe als circumferentz
der Erden/ durch einen gantz ſubtilen aſtraliſchen Saamen/ durch Huͤlffe einer beque-
men Fenchtigkeit/ darinn der Saame corporaliſch wird/ geboren. Vnd darff ſich
niemand verwundern/ daß auß einem vnbegreifflichen vnd gantz ſubtilen/ warmen
Dunſt/ wann er ſich mit einer Feuchte conjungiret/ Metallen ſollen geboren werden
Die Metallen fallen nicht vom Himmel herunter/ als ein Stein von eines Hauſes
Tach/ ſie kommen geiſtlich/ vnd werden durch Huͤlffe deß Waſſers in einem bequemen
Ort der Erden erſt corporaliſch/ vnd nehmen ihr pondus oder Schwere auß der Er-
den/ gleich wie auch alle vegetabiliſche vnd animaliſche Saamen nur die Geſtalt/
Wachsthumb vnd Leben/ vnd nicht das corpus geben/ welches bekand genug iſt.
Falſch aber vnd vntuͤchtig iſt deren Fundament/ welche ſtatuir[en]/ daß die Me-
tallen ihren Anfang vom Mercurio vnd Sulphure haben/ vnd den gemeinen vnd bekan-
den lauffen den Mercurium, vnd brennenden Sulphur damit wollen verſtehen/ die doch
ſelber allbereit halbe Metallen ſeyn. Wahr iſts/ daß alle Metallen von Mercurio vnd
Sulphure herkommen/ aber nicht von den gemeinen/ ſondern von denen/ davon oben
Meldung geſchehen/ nemlich von einer aſtraliſchen/ ſulphuriſchen/ warmen vnd trucke-
nen ſpiritualiſchen anima, vnd einem terreſtriſchen viſcoſiſchen Waſſer/ auß welchen
beyden/ als Mann- vnd Weiblichen Saamens/ alle Metallen geboren werden. Dieſe
falſche Meynung hat viel ſuchens im Mercurio verurſacht/ alſo/ daß mancher ſein Haab
vnd Gut darmit verkuͤnſtelt hat. Wie viele haben ſich mit dem Mercurio vulgi, ſolchen
ohne oder mit Gold vnd Silber zu figiren/ geſchleppet? vnd hat noch kein Ende; alles
in der Hoffnung/ denſelben zu Gold vnd Silber/ weil er aller Metallen Anfang ſeyn
ſoll/ zu verwandeln; hat aber gefehlet; wie ich dann ſelber auch die Hoͤrner vor dieſem/
ehe ich ihn gekennet/ daran abgeſtoſſen habe/ wie weit ich aber damit kommen bin/ wird
im folgenden Dritten Theil zu ſehen ſeyn. Deßgleichen haben ſich auch viele bemuͤhet/
auß den Metallen einen Mercurium currentem zuwegen zu bringen/ in Hoffnung/
denſelben/ als ein primam materiam metallorum, in Gold oder Silber zu figiren/ hat
aber nicht gelingen wollen: dann wie der Anfang vntuͤchtig geweſen/ alſo auch das End
worden iſt. Vnd iſt ſonderlich der Mercurius Saturni vel Antimonii geſucht worden/
vielleicht weil die Philoſophi geſchrieben/ daß der Saturnus, als ein Vatter aller Me-
tallen/ wann er zuvor in Mercurium reduciret/ leichtlich in Gold koͤnne verwandelt
werden; haben aber keinen lauffenden Mercurium vermeynt/ ſondern allein ein aquam
viſcoſam, welches ſich/ als ein Anfang der Metallen/ handeln vnd regiren laͤſſet/ wie
mans ſelber haben wil. Jch weiß nicht warumb die Menſchen ſo thoͤricht ſind/ vnd den
Saturnum oder Antimonium wollen zuruͤck bringen in einen lauffenden Mercurium,
in Meynung/ denſelben deſto eher zu figiren/ da doch der Saturnus oder Antimonium
niemal ein Mercurius currens geweſen iſt/ vnd auch/ nach meiner Meynung/ nicht wer-
den
[361]Ander Theil.
den wird: Geſetzt/ er wuͤrde darauß/ wozu ſolte er beſſer ſeyn/ als der Saturnus ſelber?
indem er nicht fixer/ ſondern fluͤchtiger worden waͤre. Ja/ ſagt man/ der Mercurius iſt
ein reiner Weſen als der Saturnus, darumb laͤſſt er ſich deſto eher mit Gold oder Silber
amalgamiren vnd figiren: O Nein! Geſetzt/ es wuͤrde auß dem Saturno oder Antimo-
nio ein Mercurius gemacht/ welches ich doch nicht glaube/ was haͤtte man gewonnen?
Gar nichts. Dieſes aber glaube ich gern/ vnd habs auch erfahren/ daß der Saturnus
oder Antimonium, wann er more Philoſophico in einen Mercurium, id eſt, aquam
viſcoſam, gebracht iſt/ ſich gern mit dem Gold vnd Silber conjungirt/ vnd ſich darmit/
vnd auch ohne dieſelben/ figiren laͤſſt; habe aber niemal geſehen/ daß ein ſolcher ver-
meynter Mercurius Saturni etwas in Verbeſſerung der Metallen außgerichtet haͤtte.
Jch gebe zu/ vnd habe es auch zum oͤfftern ſelber verſucht/ daß mit zuthun eines Mercu-
rii vulgi ein jedweder Metall gar leichtlich koͤnne in einen Mercurium currentem ge-
bracht werden: was aber darmit außzurichten ſey/ mag man diejenigen fragen/ deren
genug zu finden ſeyn/ die es mit Schaden erfahren haben. Wann es wahr/ daß der
lauffende Mercurius ein principium metallorum waͤre/ ſo wuͤrde man bey allen Me-
tallen/ oder doch bey dem mehrern Theil derſelben/ da ſie gegraben werden/ etwas da-
von finden muͤſſen/ welches aber nicht geſchicht/ derhalben fuͤr ein vngruͤndliche opinion
ſoll gehalten werden. Dieſes aber wahr zu machen/ daß die Natur der Metallen erſten
Anfang auß einem aſtraliſchen Geiſt vnd terreſtriſchen Waſſer formire/ bekraͤfftigen
vnd beweiſen alle Philoſophi, welche einhellig ſagen/ daß ein jedweder Weſen wieder
durch Kunſt zuruͤck in daſſelbe koͤnne gebracht werden/ auß welchem es zu erſt worden iſt.
Vnd weil man dann die Metallen ohn alle corroſiv wieder in ein aquam viſcoſam re-
duciren/ vnd daſſelbe durch bequeme Waͤrme oder digeſtion in beſſere vnd reinere me-
talliſche Geſtalten verwandeln kan; ſo muß man vnzweiffelhafftig glauben/ daß ſie auch
davon herkommen ſind; vnd nicht allein die Metallen/ ſondern auch viel Steine vnd
Berg-Arten/ ſie halten gleich Metall oder nicht/ ſo in vnd auſſer der Erden gefunden/
erſtlich einen ſolchen Anfang genommen. Wie ich dann geſehen/ da man in Sand-
Bergen anderen Dingen nachgegraben/ vnd die Graͤber ohngeſehr eine ſolche Gur an-
getroffen/ vnd vermeynet/ es waͤre ein Stuͤck Fett/ vnd einer ſolche mit ſich nach Haus
getragen/ ſeine Schuhe damit geſchmieret/ welche den andern Tag davon Steinhart/
wie auch das uͤbrige/ davon er geſchmieret/ zu einem harten Stein worden iſt. Doch/
daß ſonſten die Steine auff andere Weiſe auch geboren werden/ iſt mir nicht vnbewuſt/
welches aber allhier nicht noͤhtig zu beſchreiben.
Wann nun ein Metall wieder in primam materiam einem Gur gleich gebracht
wird/ ſo iſt es in deß Kuͤnſtlers Hand/ welcher darauß machet was er wil; kan auch ein
Metall realiter verbeſſert werden/ wann es nicht zuvor in primam materiam gebracht
wird. An einem harten vnd compacten Metall kan man nicht ſehen/ auß was Stuͤ-
cken daſſelbige worden ſey/ wann mans aber zerleget/ wird es offenbar. Wann man
einem Metall ſeine Seele/ darinn ſein Leben vnd Edelheit beſtehet/ außziehet vnd benimt/
Z zſo
[662[362]]Operis Mineralis
ſo iſt es hernach kein Metall/ hat keinen metalliſchen Fluß oder Geſchmeidigkeit mehr/
ſondern iſt einer ſproͤten vnd vnachtſamen Erden gleich/ vnd beſtehet alſo der Metallen
Guͤtigkeit allein in einem ſehr kleinen Theil animæ oder aſtraliſchen mannlichen Saa-
men/ das uͤbrige gantze corpus hergegen iſt nichts anders/ als einer vnachtſamen todten.
Erde zu vergleichen. Zu beſſerer Bekraͤfftigung/ daß auch Metallen oben auff vnd
auſſer der Erde geborenwerden/ dienet noch dieſer Vnterricht/ welches ich in meinem
Tractaͤtlein/ ſo vom Auro Potabili handelt/ gedacht wird/ nemlich/ daß nicht allein die
Sonnenſtralen ſich in vnterſchiedlichen Subjectis fangen/ ſamlen/ vnd corporaliſch
werden/ ſondern auch die Hitze deß gemeinen Holtz- vnd Kolenfeuers ſolches gleicher
maſſen thut/ vnd mit der Cupellenprob/ davon auch an demſelben Ort gehandelt wird/
zu beweiſen iſt/ da der guͤnſtige Leſer nachſehen kan. Wircket doch die Sonne in naſſer
Erde Salpeter/ vnd andere Salien augenſcheinlich oder zuſehend/ welches nicht geſchie-
het an einer truckenen Erde: Wie dann auch die Philoſophi in ihren Schrifften/ da
ſie von Verbeſſerung der Metallen handeln/ der inceration allzeit gedencken/ vnd zum
Werck nohtwendig zu ſeyn ermahnen/ vnd iſt in ſolcher Arbeit die Feuchte das patiens,
vnd die Waͤrme das agens; vnd iſt ſolches ſo wol bey den Vegetabilien vnd Animalien/
als Mineralien in acht zu nehmen: dann ohne gebuͤhrliche Befeuchtigung nichts zur
Vollkommenheit gelangen/ oder die action der zeitigmachenden Waͤrme vertragen
vnd außſtehen kan. Vnd je viſcoſiſcher oder dicker das Waſſer/ je bequemer es iſt zu
einer matrice, vnd je lieber vnd geſchwinder der Saame darinn hafftet vnd fortkoͤm̃t;
vnd hergegen je duͤnner die Feuchtigkeit/ je vntuͤchtiger zur Forthelffung deß Saamens
ſie ſoll gehalten werden. Dann Waſſer koͤnte vor ſich allein kein Metall werden/ wann
die Aſtra daſſelbige nicht zuvor ſchwaͤngerten/ oder ihren Saamen darein trieffeten/
vnd ein wachſendes Leben beybraͤchten; welcher aſtraliſche Saamen aller Metallen
Vrſprung/ Seel vnd Leben iſt/ vnd nachdem ſie deſſelben viel oder wenig theilhafftig/
deſto edeler oder beſtaͤndiger ſie auch ſeyn muͤſſen. Bleibe alſo dabey/ daß alle Metallen
ihre Seel/ Geiſt vnd Leben von den Aſtris, als einem einigen allgemeinen Saamen/
ihren Leib aber von dem Waſſer/ als einer allgemeinen Mutter/ vnd nach Gelegenheit
vnd Bequemlichkeit oder Reinigkeit der Matrice oder Geburtsſtatt vnd accidentali-
ſcher Hindernuͤß/ ihre vnterſchiedliche Geſtalten der Leiber/ vnd Graden der Edelheit
empfangen vnd hergenommen haben/ vnd von den Menſchen/ welchen zu Gefallen al-
les erſchaffen/ als das edelſte Geſchoͤpff Gottes/ mit groſſem Eifer/ Begierde/ Koſten
vnd Gefahr ihres Lebens/ auß deß groſſen Thiers Bauch herauß gezogen/ vnd zu der-
ſelben nohtwendigem vnd nuͤtzlichem Gebrauch auff mancherley Weis angewendet
vnd verarbeitet werden.
Dieſes ſey genug von Gebaͤrung vnd Herkommen der Metallen geſagt; wie aber
dieſelbige/ wann ſie auffs hoͤchſte kommen/ oder ſonſt in ihrem Fortwachſen verhindert
worden/ wieder abnehmen vnd vergehen/ ſoll auch nicht verſchwiegen bleiben/ vnd ver-
haͤlt ſich alſo darmit;
Allen
[363]Ander Theil.
Allen Creaturen iſt ein gewiſſes Ziel geſetzt/ wie weit ſie kommen/ oder wie lang
ſie leben ſollen; daß aber ſolche beſtim̃te Zeit offtermals verkuͤrtzt wird/ vnd ihre præde-
ſtination nicht erreichet/ geſchiehet accidentaliter, daruͤber die Natur nicht anzuklagen
iſt; vnd ſolches auff vielerley Weis/ nachdem ein jedweders vnter ſeiner Feinde Haͤnde
kom̃t/ welche ihm den Garauß machen. Dann dem einen Ding wehret die kalte Lufft
das wachſen/ gleich wie bey den Metallen zu ſehen/ wann ſie von ihrem Stock abgeriſ-
ſen/ vnd in die Lufft gebracht/ hinfort nicht mehr wachſen/ ſondern alſo bleiben/ wie ſie
abgebrochen/ ſie ſeyen gleich zeitig oder vnzeitig; (doch wann ihnen wieder eine neue
Mutter gegeben wird/ wie eines Krauts Saamen die Erden/ ſie auch auffs neue wie-
der anfangen zu wachſen vnd zur perfection zu ſchreiten.) Andere aber hergegen von
der Lufft ihr Leben haben/ als die Vegetabilia vnd Animalia, wann ihnen ſolche entzo-
gen/ ſie ſterben vnd vergehen muͤſſen. Etlichen Creaturen/ als den Fiſchen/ iſt das
Waſſer ihr Leben vnd Fortkommen/ vnd die Lufft ihr Tod/ den zwey- vnd vierfuͤſſigen
Thieren aber/ wie auch allem Gefluͤgel/ iſt die Lufft ihr Leben/ vnd das Waſſer ihr Tod
vnd Sterben.
Gleich wie ein jedweder Element ſeine Fruͤchte hat/ die es zeuget vnd erhaͤlt/ vnd
derſelben Leben iſt/ alſo es auch etlicher Creaturen Tod iſt/ vnd Abſterben; wie dann
ſolches klaͤrlich bey der Metallen Vrſprung vnd Vntergang zu ſehen iſt: nemlich/ wann
dieſelbe erſtlich in der Erde empfangen/ vnd anfangen zu wachſen/ ſie einer Natur deß
Saltzes theilhafftig/ welche gleichſam derſelben matrix iſt/ darinn oder darauß hernach
die Metallen werden. So lang nun dieſelbe in ihrer matrice vnverhindert bleiben/ ſo
wachſen ſie fort vnd verbeſſern ſich in qualitate \amp; quantitate, ſo bald ihnen aber ein
contrarium begegnet/ welches die Lufft oder gemein Waſſer iſt/ ſo werden ſie in ihrer
Matrice weiters fortzuwachſen verhindert/ vnd gantz getoͤdtet. Dann die noch wach-
ſende Mineralien/ wegen ihres zarten Saltzes/ keine Lufft oder Waſſer leiden koͤnnen.
Dann/ wann ihnen ein ſolches begegnet/ ihr Leben/ welches in einem fluͤchtigen Saltz
beſtehet/ entweder von der Lufft erhaben/ vnd von den Aſtris wieder zu ſich gezogen/
oder von dem Waſſer ſolvirt/ weggewaſchen vnd hingeriſſen wird/ alſo/ daß keine Fort-
wachſung oder Zunehmen derſelben/ weil ihnen ihre Matrix durch contrari-Elementen
verſtoͤret worden/ erfolgen kan. Muͤſſen alſo ſolche metalliſche Gewaͤchſe/ die noch in
ihrem primo ente ligen/ vnd einem vngebornen Kinde gleich/ auch einer leichten Zer-
ſtoͤrlichkeit vnterworffen ſind/ vergehen/ vnd koͤnnen ihre Vollkommenheit/ darzu ſie
prædeſtiniret ſind/ wegen der accidentaliſchen toͤdtlichen Zufaͤlle/ nicht erreichen.
Solche Metallen aber/ welche allbereit ſchon halb zeitig/ vnd beynahe ihre Mannſchaft
erreichet/ koͤnnen mehr außſtehen/ vnd etlicher maſſen einer ſolchen accidentaliſchen
Hindernuͤß widerſtehen: dann bey denſelben das zarte Saltz allbereit zu einem Sulphur
worden/ welcher der Zerſtoͤrlichkeit der Lufft vnd Waſſers nicht mehr vnterworffen iſt/
vnd gleichſam als ein embryo davon geſchuͤtzet vnd bewahret wird. Die gantz zeitigen
vnd zur Vollkommenheit gelangte Metallen/ wann ſie nicht vom Stam̃ abgebrochen/
Z z 2vnd
[364]Operis Mineralis
vnd auß der Erden genommen werden/ weil dieſelbe keine Nahrung oder Vnterhalt
mehr davon haben/ den ſulphuriſchen Deckmantel abgelegt/ vnd ſich der beſchuͤtzenden
Natur allbereit geaͤuſſert/ ſind einer alten vnd krafftloſen Perſon/ bey der das humi-
dum radicale anfaͤngt zu vertrucknen/ zu vergleichen/ werden alſo von deme ſie zuvor
herkommen/ nemlich einem aſtraliſchen Saltz oder ſtarcken Witterung/ wieder ange-
griffen/ verzehret vnd zu Nichts gemacht/ alſo/ daß eben ſo wol bey den Metallen/ als
Vegetabilien oder Animalien eine immerwaͤhrende circulation der Geburt vnd Ab-
ſterben derſelben von der Natur gehalten wird. Vnd finden die Bergleute bißwei-
len die Ertze von dem central- oder aſtraliſchen Saltz alſo durchbohret/ als wann ſie
von den Bienen außgeſogen waͤren; da ſie dann ſagen: Wir ſind zu langſam kommen.
Vnd iſt alſo eine ſolche metalliſche Witterung der erſte Anfang vnd letztes Ende der
Metallen.
Wer aber der erſte Bergmann/ welcher Ertze gegraben/ Metallen geſchmoltzen/
vnd ſolche verarbeitet habe/ geweſen ſey/ ob wirs wiſſen oder nicht wiſſen/ nicht an gele-
gen iſt: Dieſes aber iſt gewiß/ daß Adam der erſte geweſen/ welchem es ohne zweiffel
GOTT/ weil ers nicht hat entrahten koͤnnen/ wird offenbaret haben; von welches
Nachkoͤm̃lingen biß auff Noe/ vnd von Noe an biß hieher/ ſolche Wiſſenſchafft immer
von einem zum andern fortgepflantzet vnd vnterhalten iſt worden/ welche auch ohne
zweiffel/ ſo lang die Welt ſtehet/ nicht vntergehen/ vnd wie billich/ weil wir der Metal-
len nicht entbehren koͤnnen/ hoch gehalten wird. Aber ſo edel vnd nohtwendig die Kunſt/
Bergwerck zu bauen/ ſo muͤhſam/ koſtbar/ ſorg- vnd gefaͤhrlich die Arbeit/ vnd vngewiß
das Gluͤck darbey iſt: welche aber darumb nicht zu verlaſſen/ vnd niemand abſchrecken
ſoll; dann es ein ehrlich vnd Gott wolgefaͤllige Arbeit iſt/ auch derentwegen vor Alters
von vielen heiligen Propheten vnd Koͤnigen exerciret/ vnd hernach auch von vns Chri-
ſten allzeit hoch vnd nohtwendig zu ſeyn iſt gehalten vnd behalten worden. Dieſer aber
moͤchte von zeitlicher Gluͤckſeligkeit zu ſagen wiſſen/ deme Gott ein ſolches Licht gaͤbe/
wie der Natur zu huͤlff zu kommen/ vnd das ſuperſluum bey den geringen vnd vnvoll-
kommenen Metallen/ die allenthalben als ein veraͤchtlich Weſen hingeworffen/ zu be-
nehmen/ vnd das man gelhafftige zu erſetzen waͤre/ derſelbe wuͤrde ein gutes/ reiches vnd
beſtaͤndiges Bergwerck haben/ vnd ſich nicht beſorgen doͤrffen/ daß ihn das Geſpenſt/
groſſe Waſſer quellen/ boͤs Wetter vnd gifftige Duͤnſte/ noch andere zufallende Hinder-
nuͤſſen/ davon abtreiben wuͤrden. Weil aber der Menſch durch ſein beharꝛliches vnd
Gott vngefaͤlliges boͤſes Leben zu ſolcher edlen Kunſt vnd Wiſſenſchafft zu kommen vn-
tuͤchtig gemacht/ ſo muß er vnter dem Fluch im Schweiß ſeines Angeſichts die Metal-
len auß der Tieffe der Erden ſuchen/ vnd/ wie billich/ ſein Leben in Sorgen vnd Muͤhe
verſchlieſſen.
Wil alſo hiermit dieſes Tractaͤtlein von Gebaͤrung der Metallen beſchlieſſen/ vnd
den großguͤnſtigen Leſer/ wann etwan allhier zu kurtz abgebrochen/ in dem folgenden
Dritten Theil ſich zu erholen/ gewieſen haben/ daſelbſten dann außfuͤhrlich ſoll gezeiget
wer-
[365]Dritter Theil.
werden/ was Metallen eigentlich ſeyen/ vnd wie ſie zu vnter ſcheiden/ auch wie dieſelbe
ohne corroſiv radicaliter auffzuſchlieſſen/ vnd wieder zuruͤck in primam materiam zu
reduciren/ vnd wie auß derſelben prima materia, durch Kunſt vnd Feuers-Huͤlffe wie-
der neue vnd beſſere Metallen geboren werden. Auch wie dieſelbe auff eine viel beſſere
Weiſe/ als bißher bekand geweſen/ ſollen probiret/ abgetrieben/ voneinander geſchie-
den vnd geſeigert/ vnd auch darneben Philippi Paracelſi, deß hocherfahrnen Philoſo-
phi Buͤchlein/ Cœlum Philoſophorum, oder Liber Vexationum genant/ ſo weit mir
zugelaſſen/ expliciret vnd wahr gemacht/ vnd alſo ihm dadurch ſeine gebuͤhrende/ von
vnerfahrnen neidiſchen Menſchen abgeſtolene Ehre wieder gerettet werden: Alſo/ daß
die gantze Welt wird ſagen vnd bekennen muͤſſen/ daß Paracelſus vor andern in der
Natur hoch erfahren geweſen/ treulich geſchrieben/ vnd vns ein groſſes Licht/ ob es
ſchon von wenigen geſehen wird/ hinderlaſſen habe. Solches nun zu vermehren/
fortzupflantzen/ vnd gegen ſeine Feinde zu verthaͤtigen/ ich im folgenden Theil/ meinem.
Nechſten zu nutze/ fuͤr mich genommen habe: darzu der Schoͤpffer aller Dinge/
vnd Schuͤtzer der Warheit mir behuͤlfflich ſeyn wolle/
Amen.
ENDE deß andern Theils.
[366]Operis Mineralis
OPERIS MINERALIS
Dritter Theil:
Darinnen vnter derExplicationuͤber deßParacelſi
Buͤchlein/ Cœlum Philoſophorum,oderLiber Vexa-
tionum genant/ der Metallen transmutationes in genere gelehret/ mit
einem Anhang vnd Zugab/ darinn auch derſelbe Special-Proceſs ſam̃t ihrer Sei-
gerung/ Abtreiben/ Scheidung vnd anderen darzu gehoͤrigen
Arbeiten begriffen.
Vorrede.
GVnſtiger Leſer/ was die Vrſach ſey/ daß ich Paracelſi Buͤch-
lein/ Cœlum Philoſophorum genant/ allhier in dieſem dritten
Theil meines Operis Mineralis zu erklaͤren fuͤrgenommen/ hab
ich dir nicht verhalten ſollen/ daß du dir nicht etwan einbilden
moͤchteſt/ als wann ich ſonſt kein andere Materi gehabt zu ſchreiben/ als mit
anderer Leut Schrifften mein Buch groß zu machen: dann was ich allhier
Gutes zu beſchreiben vorgenommen/ haͤtte ich gleich ſo wol thun koͤnnen/
vnd darumb Paracelſi Bůcher nicht darunter mengen doͤrffen. Jſt aber
eigentlich dieſes die Vrſach/ weil Paracelſus vor dieſem Seculo viel ſchoͤne
Buͤcher zum gemeinen beſten beſchrieben/ vnd herfuͤr geben hat/ welche aber/
weil ſie ziemlich obſcur, vnd den Vnverſtaͤndigen als vnwarhafftig vor-
kommen/ vnd alſo in Verachtung bey den Vnwiſſenden kommen ſind/ da
doch dieſelbe billich/ weil ſie voll groſſer Geheimnuͤſſen/ von jedermann in
groſſen Ehren ſolten gehalten werden. Alſo hat es mir/ nachdem ich die
Warheit darinn gefunden/ wehe gethan/ vnd mich ſehr verdroſſen/ daß ich
von eines ſolchen theuren Mannes Namen habe muͤſſen [ſchimpfflich] reden
hoͤren/ gleichſam als wann er nichts gewuſt/ vnd nur ein Vagant vnd Idiot
geweſen waͤre/ da doch ihm in der wahren Philoſophia, Medicina vnd Al-
chymia wenige ſind gleich gefunden worden. Vnd iſt allbereit ſo weit kom-
men/
[367]Dritter Theil.
men/ daß auch ein fleiſſiger Studioſus Medicinæ, welcher ſonſten gern die
Warheit liebte/ vnd ſelbe auß ſeinen Schrifften colligiren wolte/ ſich nicht
darff mercken laſſen/ daß er eine Beliebung darzu trage/ ſondern muß gegen
ſeinen Willen/ vmb neidiſcher boͤſer Leut willen/ ſich davon enthalten/ vnd
mit dem groͤſſern Hauffen in Finſternuͤß ſtecken bleiben. Jſt aber nicht zu
zweiffeln/ daß vorlaͤngſt von Paracelſo vns angezuͤndete Licht werde bald
wiederumb durch frommer Leut Schrifften erneuert/ vnd hernach von vie-
len geliebet werden. Zu dem Ende ich auch dieſes ſein kleines/ doch ſchweres
vnd nicht geringes Tractaͤtlein/ Cœlum Philoſophorum genant/ fuͤr mich
genommen zu expliciren/ vnd zu beweiſen/ daß nichts als Warheit vnd tief-
fer Verſtand darinn verborgen ſey/ auff daß alle ſeine Feinde ſehen vnd be-
kennen muͤſſen/ ſie wollen oder wollen nicht/ daß er ihr Meiſter bey ſeinem
Leben geweſen/ vnd auch noch derſelbige nach ſeinem Tod ſeyn vnd bleiben
werde. Wann dieſes geſchehen/ ſo zweiffele ich nicht/ es werde ſich mancher
ſelber auff ſeinen Mund ſchlagen/ vnd der Warheit/ die er zuvor widerſtrit-
ten vnd verleugnet hat/ zufallen muͤſſen/ vnd darauff vielem zweiffelhaffti-
gen Gezaͤnck ein Ende gemacht werden.
Warumb ſolte man eines ſolchen fůrtrefflichen Manues Namen in
Verachtung ſtecken laſſen/ der doch aller hohen Ehren werth iſt? Hat er
doch ſeine Schrifften zu keinem andern Ende herauß gegeben/ als zu Gottes
Ehren/ vnd ſeines Nechſten Dienſt. Er hat ja keinen Nutzen davon gehabt/
mit ſeinem Schreiben die Menſchen zu verfuͤhren/ vnd in Schaden zu brin-
gen/ wie ihm faͤlſchlich nachgegeben wird. Er iſt auch darumb kein Medi-
cus worden/ (gleich als ſeine Feinde vnd Verfolger) daß er ſich von ſeinen
Patienten bereichern wolte/ ſondern was er gethan hat/ iſt auß gutem Her-
tzen ohne Wiedergeltung geſchehen/ hat von niemand Geld genommen/ hat
es auch nicht noͤhtig gehabt: dann ſeine gute Wiſſenſchafften haben ihn/
ohne ſeines Nechſten Schaden/ erhalten koͤnnen. Er hat allen Menſchen/
vnd ſonderlich den Armen/ viel Gutes gethan/ davon Zeugnuͤſſe genug
ſeynd/ vnd auch ſeine Grabſchrifft ihm ſolchen Ruhm nicht entziehet/ welche
zu Saltzburg im Spital zu Sanct Sebaſtian/ darein er ſeine Guͤter ver-
macht/ vnd daſelbſten begraben ligt/ auff einem Marmelſtein mit groſſen
Buchſtaben gehauen/ vnd an eine Mauer auffgerichtet/ zu ſehen iſt/ wie
ich dann ſolches ſelber darauff geleſen habe/ welche Worte alſo lauten:
Con-
[368]Operis Mineralis
Conditur hîc Philippus Aureolus Paracelſus, inſi-
gnis Medicinę Doctor, qui dira illa vulnera Lepram,
Podagram, Hydropiſim, aliaq́ue inſanabilia corpo-
ris contagia, mirificâ arte ſuſtulit, \amp; bona ſua in
pauperes eroganda collocandaq́; honoravit. Anno
Domini 1541. die 24. Septembris vitam cum morte
mutavit.
Was ſagſt du nun darzu? Wann er derſelbe nicht geweſen waͤre/ da-
fůr ihn ſein Epitaphium ruͤhmet/ gewißlich die hohe Oberkeit daſelbſt wůr-
de ihm einen ſolchen Ehren- vnd Ruhm-Titel nicht geſtattet haben. Ja er
wird auff den heutigen Tag noch bey allen verſtaͤndigen vnd warheit-lieben-
den Menſchen dafůr gehalten/ daß ſeines Gleichen in der Welt nicht gewe-
ſen ſey: Daß er aber von etlichen boͤſen/ vnverſtaͤndigen Menſchen vnbilli-
cher weiſe auß Neid außgeſchriehen vnd verachtet wird/ ſchadet ihm darumb
nichts/ er bleibt doch Paracelſus, vnd jene vnwiſſende Spoͤtter/ welche nur
ihre Vngeſchickliehkeit dadurch an Tag geben/ vnd ſich ſelber zu ſchanden
machen/ nach dem alten Spruͤchwort: Ars non habet olorem, niſi igno-
rantem. Jch fuͤr meine geringe Perſon habe nur etwas weniges geſchrie-
ben/ vnd kan allbereit von neidiſchen Menſehen nicht wol hinderrucks vn-
angefochten bleiben/ wie ſolte dann dieſer/ welcher den Mißbraͤuchen ſo ge-
waltigentgegen geſchrieben/ leer davon außgehen koͤnnen? Es iſt aber der
boͤſen Welt Brauch/ deſſen man ſich getroͤſten muß; iſt es doch dem HErꝛn
Chriſto/ vnſerm Erloͤſer vnd Seligmacher/ ſelber alſo ergangen/ weil er den
Schrifftgelehrten vnd Phariſecrn die Warheit ſagte/ vnd ſie uͤber ihrem
Jrꝛthumb beſtraffte/ daß er von ihnen auffs alleraͤuſſerſte/ ja biß in den Tod
angeklagt vnd verfolgt worden. Darumb wer wolbey der Welt wil geach-
tet ſeyn/ der muß krum̃ gleich ſeyn laſſen/ vnd jederman Recht geben/ ſonſt
gilt er nichts/ vnd wird allenthalben außgebiſſen vnd verfolgt.
Weil dann der gute vnd fromme Paracelſus bißher ſo gewaltig hat
herhalten muͤſſen/ vnd niemand iſt geweſen/ der den Laͤſtermaͤulern das
Maul hat ſtopffen wollen/ ſo habe ich/ wann mir Gott das Leben goͤnnet/
etliche
[369]Dritter Theil.
etliche ſeiner fuͤrnemſten Buͤcher zu expliciren/ vnd zu beweiſen/ daß er kein
Luͤgner oder Verfuͤhrer/ ſondern ein warhafftiger vnd in dem Licht der Na-
tur hocherfahrner vnd frommer Mann geweſen/ vnd an ſeinem Buͤchlein/
welches er Cœlum Philoſophorum, oder Librum Vexationum nennet/
einen Anfang zu machten/ vor mich genommen: Aber nicht alſo wil oder kan
ich beweiſen/ daß er Gold vnd Silber in groſſer Menge haͤtte machen koͤn-
nen/ davon er auch nichts ſchreibet/ ſondern allein anzeiget/ daß es zu thun
moͤglich ſey; welches allein/ nemlich die Muͤglichkeit/ ich vorgenommen
habe zu beweiſen: Jns groſſe aber zu thun/ iſt es mir noch zur zeit auch nicht
bewuſt/ bekuͤmmere mich auch ſo ſehr nicht darumb/ ſondern laſſe mich be-
gnuͤgen/ daß ich die Warheit von der Luͤgen zu vnterſcheiden wiſſe/ vnd auch
andern Vnglaubigen ſolches beweiſen vnd uͤberzeugen koͤnne/ hoffende/ weil
den Nachkommenden/ durch vnſern treuen Vnterricht/ den Sachen fleiſſig
nachzuſuchen/ vnd zu einem gewuͤnſchten Ende zu kommen/ Vrſach geben
wird/ viel Gutes/ in vnſerm außgeſchoͤpfften vnd verderbten Deutſchland/
darmit außzurichten: Darzu mir der liebe Gott ſeinen Segen verleihen
wolle/ daß ichs zu ſeiner Ehre/ vnd viel tauſend armer Chriſten Huͤlff
vnd Troſt anfangen vnd vollenden moͤge/
Amen.
A a aCOE-
[370]Operis Mineralis
COELUM PHILOSOPHORUM,
Sive
LIBER VEXATIONUM
PHILIPPI THE OPHRASTI PARACELSI.
Kunſt vnd Natur der Alchimey/ vnd was darauff
zu halten ſey.
Durch ſieben gruͤndliche Regeln gegen den ſieben gemeinen
Metallen zugerichtet: ſam̃t einer Vorred/ mit etlichen zugetha-
nen Stuͤcken vnd Beſchluͤſſen abgefertigt.
Vorrede
THEOPHRASTI PARACELSI,
Zu allen Alchimiſten vnd Leſern dieſes Buͤchleins.
JHr Lieben vnd Erfahrnen der Kunſt Alchymiæ,
vnd alle die ihr durch groſſe Verheiſſuͤng reich zu
werden begierig ſeyd/ viel Gold vnd Silber zu
machen: wie dann die Alchimey vielfaͤltig lehret
vnd verheiſcht: Vnd auch die ihr euch noch damit uͤben werdent
vnd vexiren laſſen wollendt vnd nicht auſſetzen von dieſer Kunſt/
biß ihr erfahrt/ was ſie euch gibt/ vnd wie ſie jhr groſſes zuſa-
gen haͤlt: Das gibt die taͤgliche Erfahrentheit wol zu erkennen/
daß vnter tauſenden nicht einer ihrer Verheiſſung gewehret
wird.
[371]Dritter Theil.
wird. Ob aber ſolches ihr Kunſt vnd der Natur Schuld iſt/
ſag ich nicht: ſondern es iſt eigner Verhinderung Schuld/ vnd
deß Laboranten Vngeſchicklichkeit. Darumb wil ich diß Buͤch-
lein der Alchymiæ nicht alſo haben noch lernen/ wie die an-
dern gemeinen Alchimiſten ſchreiben vnd lernen/ groſſe ſchwere
Kuͤnſt vnd weitlaͤufftige Arbeit. (Nimb Antimonium, laß
flieſſen mit Salnitter vnd Weinſtein: deſſen nimb 1. Loht/ Gold
1. Loht/ Zinn 3. Quintlein/ Schlich 1. Quintlein/ Schwebel
2. Loht/ Vitriol 2. Loht: laß mit Silber im Scherben cum
Arſenico flieſſen.) Dieweil auch alle Zeichen deß Himmels/
deß Geſtirns vnd der Planeten Character/ mit ſam̃t ihren ver-
kehrten Worten vnd Namen/ auch allen Recepten/ Materien
vnd Werckzeugen den Kuͤnſtlern wol wiſſend vnd bekand ſind:
ſo wil dieſem Buͤchlein nicht vonnoͤhten ſeyn/ dieſelbigen Ding
auffs new herfuͤr zu tragen vnd lernen. Wiewol es ſich ſolcher
Zeichen/ Namen vnd Character auch zu gebrauchen nicht ver-
zeicht/ wann es ihm gelegen ſeyn wil.
Aber es wird allhie ein andere Weis der Alchimey darge-
geben/ durch ſieben Regeln/ auff die ſieben Metallen/ gruͤnd-
licher vnd natuͤrlicher Weis. Wiewol dieſe ſieben Regeln auff
das allerzierlicheſt mit Worten nicht ſeynd/ ſondern auff das
allereinfaͤltigeſt ſich hoͤren laſſen vnd erſcheinen: ſo ſeynd ſie doch
mit ihrer Nachgruͤndung vnd Außrechnung/ ſo viel ertraͤglicher
ſeyn mag/ Meiſterin genug/ vnd eine Hauptſumma der gantzen
Lehr der Alchimey/ darbey auch aller anderen Dingen Heim-
lichkeiten außzuſprechen/ abzunehmen vnd zu erkennen ſeynd:
A a a 2viel
[372]Operis Mineralis
viel neuer Speculirung Außrechnung/ darvon viel neuer Ge-
dancken entſpringen/ vnd wunderbarliche Werck durch Pro-
birung herfuͤr an Tag kommen: Alſo daß es an etlichen Orten
den Geſchrifften der alten weiſen natuͤrlichen Meiſtern vnd
Philoſophen widerwertig gegen ihren Opinionen geſehen/ vnd
in der Probirung gefunden wird.
Es iſt auch in dieſer Kunſt nichts warhafftigers/ dann das
am allerwenigſten erkant vnd glaubt wird. Vnd ſolches iſt nur
die Schuld vnd Vrſach aller Arbeit in der Alchymia, dar-
umb ſich viel verderben mit ihrer Vngeſchicklichkeit/ vnd vmb-
ſonſt arbeiten: Entweders daß der Materien zu viel oder zu
wenig iſt/ oder aber zu gleicher Maß. Auß ſolchem allen kom̃t/
daß ſich ein Ding entweder mehr in der Wirckung verderbt/ vnd
zu nichten wird/ oder aber wo das recht getroffen/ mehr ſich
veradelt/ vnd der Vollkommenheit ſich zunahet. Dann der
rechte Weg iſt leicht/ wird aber am wenigſten getroffen. Es
iſt auch befunden/ daß ihm wol ein jeder kuͤnſtlicher vnd phan-
tiſierender Menſch durch ſein delirament eine Alchimeiſche
Kunſt erdenckt vnd erdichten mag/ er mache dann darauß Jchts
oder Nichts. Nichts muß er machen/ auff daß er Jchts in
Nichts bringe/ vnd wieder Jchts auß Nichts geboren werde:
Vnd iſt doch der vnglaubliche Spruch/ der der doch wahr iſt.
Verderbung macht vollkommenes Gut: das Gut mag
nicht erſcheinen vor ſeinem Verberger. Es iſt auch angefangen
Gut/ dieweil es verborgen iſt. Der Verberger muß abgeriſſen
vnd verderbt werden/ ſo wird das Gut ledig vnd frey mit ſeiner
Klar-
[373]Dritter Theil.
Klarheit offenbar erſcheinen. Gloſſa:Der Verberger iſt der Verg/
Sand/ Erden oder Stein/ darinnen das Metall iſt gewachſen. Aber ein
jedes ſichtigs Metall iſt ein Verberger der andern ſechs Metallen.
Dieweil aber durch das Element deß Feuers die vnvoll-
kommene Ding zerſtoͤrt/ verbrent vnd gar hingenommen wer-
den/ als da ſind dieſe fuͤnff Metallen/ Mars, Jupiter, Mer-
curius, Venus, Saturnus: Aber die Vollkommene moͤgen
von dem Feuer nicht hingenommen werden/ als da ſind dieſe
zwey Metall/ Sol vnd Luna, darumb muͤſſen ſie in dem Feuer
da bleiben/ vnd auß den andern vnvollkommenen/ darinnen ſie
zerſtoͤrt werden/ ihren Leib zuſammen nehmen/ vnd ſichtiglich
erſcheinen. Wie vnd mit was Mitteln das geſchehen mag/ wird
in den ſieben Regeln verſtanden/ was Art vnd Eigenſchafft ein
jedes Metall hat vnd iſt/ was es mit den andern zu wircken hat
vnd vermag in Vermiſchung derſelben.
Auch ſoll man wiſſen/ daß dieſe ſieben Regeln in einem ge-
ringen verſtaͤndigen Menſchen im erſten leſen vnd anſehen nicht
im huy zu begreiffen ſind: Geringe Verſtaͤndnuͤß kan ſchweres
fuͤrgeben nicht ertragen/ darumb bedarff ein jede Regel wol diſ-
putirens. Auch ſind viel Auffgeblaßner/ Hoffaͤrtiger/ die ſich
laſſen beduͤncken/ ſie verſtanden es gar wol/ daß es nichts werth
ſey/ was in in dieſem Buͤchlein ſtehet/ ſie aber kuͤntens viel beſ-
ſer wiſſen/ vnd mehr/ vnd dieſes gar verachten.
DJeſe Vorred iſt an ſich ſelber klar vnd deutlich genug/ vnd be-
darff keiner ſonderlichen Außlegung/ hergegen aber dieſes Recept/ deſſen
darinn gedacht wird/ ſolches deſto mehr vonnoͤhten hat.
Nimb Antimonium, laß flieſſen mit Sa nitter vnd Weinſtein:
deſſelben nimb 1. Loht/ Gold 1. Loht/ Zin 3. Quintlein/ Schlich 1. Quint-
A a a 3lein/
[374]Operis Mineralis
lein/ Schwebel zwey Loht/ Vitriol zwey Loht/ laß mit Silber im Scherben cum [Ar]-
ſenico flieſſen.
Dieſes iſt nun ein Recept/ Gold vnd Silber zu machen/ welches Paracelſus an-
dern/ welche ſchwer zu thun/ vnd lange Arbeit erfordern/ nicht wil gleich geachtet haben/
ſondern meynet/ daß man dadurch mit geringer Arbeit/ Zeit vnd Koſten/ Gold vnd
Silber werde machen koͤnnen. Es iſt kein Zweiffel/ daß dieſes Recept von viel tauſen-
den verſucht/ vnd doch nichts darmit iſt außgerichtet worden; iſt aber nicht zu verwun-
dern: dann/ nach vieler Meynung/ vngereimte ſpecies darbey genommen werden.
Wie ich dann von vielen gehoͤret/ die ſolche Arbeit ins werck geſtellet oder verſucht/ daß
ſie geſagt: Was ſolte man Gold vnd Silber auß ſolchen Dingen machen/ die fluͤchtig
vnd rauberiſch ſind/ gleich das Antimonium, Schwefel/ Vitriol vnd Arſenicum iſt/
welche nicht allein kein Gold oder Silber geben/ ſondern auch/ wann ſie darzu geſetzet/
noch daſſelbe verderben/ im Rauch hinwegfuͤhren/ oder zum wenigſten zu einer Schla-
cken machen: wie ich dann ſolches ſelber verſucht vnd wahr befunden/ daß in ſolchem zu-
ſammen ſchmeltzen die mineraliſche ſpecies, als Schlich/ Vitriol/ Schwefel vnd Arſe-
nic das Gold vnd Silber zerſtoͤret/ auß der metalliſchen Natur gebracht/ vnd zu einer
Schlacken verwandelt haben. Welches aber Paracelſus alſo hat haben wollen/ vnd
man ſich nicht daran haͤtte kehren ſollen: dann er bald hernach ſich ſelber erklaͤret/ da er
ſaget: Jchts muß zu Nichts/ vnd Nichts wieder zu Jchts werden. Welches aber ein
Vnverſtaͤndiger dieſer Kunſt nicht glauben oder begreiffen kan/ daß ſich die Metallen/
wann ſie zerſtoͤret vnd zu Schlacken gemacht/ vnd darnach nach der Kunſt wieder re-
duciret/ in ſolcher Arbeit verbeſſern ſolten. Welches doch gleichwol wahr iſt/ aber/ wie
er darbey ſagt/ von wenigen geglaubt wird/ daß in der Kunſt am warhafftigſten ſey;
Wie dann dieſes gantze Capitel biß zu dem Mercurio dieſes Recept defendiret/ erklaͤrt
vnd außlegt/ vnd außdruͤcklich ſagt: Verderbung macht vollkommenes Gut/ das Gut
mag nicht erſcheinen vor ſeinem Verberger/ der Verberger muß abgeriſſen werden/
auff daß das Gut ledig vnd offenbar werde; vnd daß der erſte Verberger/ darinnen die
Metallen gewachſen/ der Berg/ Sand/ Stein oder Erde ſey/ welcher durch das ſchmel-
tzen davon geſchieden/ vnd das Metall rein davon geſaͤubert werde/ alſo daß ein geſchmei-
dig vnd gebraͤuchlich Metall davon komme. So weit laͤſſt ſich der Bergmann vergnuͤ-
gen/ vnd weiß von keinem andern verbergen: Paracelſus aber ſagt dabey/ daß ein jed-
weder Metall ein Verberger ſey der andern Metallen/ wie dann die ſieben Regeln weit-
laͤufftig davon handeln. Wil alſo zu verſtehen geben/ daß ein Chymicus nicht darbey
ſolle bewenden laſſen/ wann ihme die Bergleute ein verkaufflich Metall/ als Eiſen/
Kupffer/ Zin/ Bley auß den Ertzen ſchmeltzen vnd liefern/ ſondern ſoll weiters mit der
natuͤrlichen Philoſophia zu raht gehen/ vnd vernehmen/ ob auch ſolche vnvollkommene
Metallen rein genug ſeyen/ oder/ ob ihnen noch ein anderer Verberger anhange/ vnd
dieſelbe verunedele. Was fuͤr ein groſſer Vnterſcheid zwiſchen einem groben vnanſehn-
lichen Ertz/ darinn das Metall weit zertheilet/ vnd mit viel Steinen vnd Vnreinigkeit
vmb-
[375]Dritter Theil.
vmbgeben/ vnd einem geſchmeidigen Metall ſey/ darff man nicht viel fragen/ dann je-
der man ſolches genugſam ſehen kan: Eben ſo groß/ vnd auch groͤſſer iſt der Vnterſcheid
zwiſchen einem gemeinen vnvollkommenen Metall/ vnd deme darinnen verborgenen
Gold vnd Silber.
Weil aber auß den Ertzen die Metallen zu ſchmeltzen durch langer Zeit uͤbung nun-
mehr ſo gemein worden/ daß es auch fuͤr keine Kunſt gerechnet/ ſondern zu einem Hand-
werck worden/ vnd allenthalben offentlich gethan wird/ darumb ſich niemand uͤber ſolche
Arbeit verwundert/ welches doch von Anfang/ ehe ſolche Wiſſenſchafft gemein worden/
fuͤr ein groſſe Kunſt iſt gehalten/ wie ſie dañ auch an ſich ſelber iſt/ vnd billich noch dafuͤr
ſoͤlte gehalten werden/ welches aber/ weil es ſo gemein worden/ nicht geſchicht. Vnd iſt
kein Zweiffel/ daß auch nicht der ander Verberger/ welcher den vnvollkommenen Me-
tallen noch anhaͤngt/ eben ſo leicht abgethan/ vnd ihr innerſtes/ feineſt vnd beſtaͤndigſtes
Theil/ als Gold vnd Silber/ ſolte koͤnnen herauß gelaͤutert werden/ wann es nur be-
kand waͤre. Weil aber die Menſchen ſo viel Fleiß vnd Muͤhe/ weiters darinn zu ſuchen/
nicht anwenden/ vnd auch die gemeine Metallen ohne das zu gebrauchen/ vnd man der-
ſelben auch nohtduͤrfftig iſt/ ſo bleibt es vnterlaſſen/ vnd iſt man zufrieden/ daß man die-
ſelbe auß den groben Ertzen einmal herauß geſchmeltzet/ vnd geſchmeidig gemacht hat/
vnd ſolche zu gebrauchen oder zu verarbeiten weiß. Welches auch in einem Fall gut iſt/
dann man deß Eiſens/ Zins/ Kupffers vnd Bleyes weniger als deß Goldes entbehren
kan. Doch weil ſolcher vnvollkommenen Metallen je vnd allezeit ein Vberfluß geweſen/
vnd noch allenthalben vngeacht hingeworffen ligen/ koͤnte es auch nicht ſchaden/ daß ſich
verſtandige Leute darhinter maͤchten/ vnd den beſſern Theil derſelben/ als ihr innerſtes
guͤldenes Hertz/ durch die Kunſt vnd Krafft deß Feuers heraußzoͤgen/ vnd in die Enge
braͤchten/ dazu vns Paracelſus allhier Anleitung genug gibt/ iſt aber bißher auß Vnver-
ſtand der Menſchen nicht geachtet/ ſondern als eine Fabel verlacht vnd verworffen wor-
den. Welches allein der Zeit Schuld iſt/ welche alle Ding aͤndert/ verbeſſert oder ver-
boͤſert; iſt aber glaublich/ daß es noch darzu kommen werde/ daß beſſerer Fleiß in Durch-
ſuchung der Metallen werde angewendet/ als bißher geſchehen iſt. Paracelſus lehret vns
allhier/ daß alle vnvollkoͤmmene Metallen durch die Gewalt deß Feuers (welche ſie nicht
beſtehen koͤnnen) zerſtoͤret vnd hingenommen werden/ das Gute aber darumb/ als Gold
vnd Silber/ nicht koͤnne hingenommen oder verderbet werden/ ſondern in ſo groſſer
Noht vnd Feuersgewalt auß dem vnvollkommenen Theil ſich zuſammen halte vnd ver-
ſamle/ das vnreine Theil aber verzehrt vnd hingenommen werde. Welches dann na-
tuͤrlich vnd der Warheit gemaͤß iſt; doch allzeit wann vnterſchiedliche Naturen beyſam-
men ſeyn vnd noht leiden/ Gleich zu ſeinem Gleichen ſich begeben/ zuſammen halten/
vnd vor der Gewalt/ ſo viel ihnen moͤglich iſt/ defendiren oder beſchirmen/ auff daß ſie
moͤgen behalten bleiben: das uͤbrige aber/ welches nicht ihres gleichen/ ſie nicht achten
noch zu ſich nehmen vnd beſchuͤtzen/ ſondern dem Feind zu einem Raub folgen laſſen.
Vnd geſchicht ſolches nicht allein bey den Menſchen oder andern Animalien/ ſondern
auch
[376]Operis Mineralis
auch bey den Vegetabilien vnd Mineralien/ welches durch viel Exempel koͤnte bewieſen
werden/ wird aber vmb der Kuͤrtze willen allhier vnterlaſſen. Dieſes aber iſt nohtwen-
dig zu wiſſen/ was eines jedweden Dinges Feind oder Freund ſey: Dann etlichen Din-
gen iſt groſſe Hitze oder groſſe Feuersglut ein Feind/ andern aber groſſe Kaͤlte; wie zu
ſehen/ wann in dem gar kalten Winter/ wann es hart frieret/ ein Gefaͤß voll warm Bier
oder andern liquoris, da etwas feuriges oder ſubtiles darinn iſt/ hingeſetzt wird/ ſo muß
derſelbe nohtwendig durch die gewaltige Kaͤlte/ deren er nicht widerſtehen kan/ zerſtoͤret
vnd verderbet werden; ehe es aber darzu koͤm̃t/ ſo beſchuͤtzet ſich die Natur fuͤr ihrem
Feind/ ſo viel ſie kan/ vnd begeben ſich die reineſte vnd ſtaͤrckſte Theilen/ welche einer Na-
tur ſind/ zuſammen in die Mitte oder centrum deß Geſchirꝛs/ vnd laſſen die uͤbrige
Feuchtigkeit dem Feind zum beſten/ gefrieren vnd zu Eiß werden: die beſſere Theil aber/
welche ſich in die Mitte reteriret/ bleiben behalten; wie dann ſolches auch bey anderen
liquoribus zu ſehen/ da vngleiche Theil beyſammen ſind/ vnd Kaͤlte leiden muͤſſen/ ſich
allzeit das edelſte Theil von dem geringen abſcheidet/ vnd in das centrum begibt/ ſich da-
ſelbſt zu beſchuͤtzen. Gleich als wann in einem Waſſer auch ein Oel oder ein Saltz ſolvi-
ret waͤre/ ſo wuͤrde ſich das Oel oder Saltz/ welche beſſer vnd edeler als das Waſſer/ in
die Mitte begeben/ vnd das Waſſer gefrieren laſſen; wie dann ſolches vielmal verſucht/
vnd auch jederman genug bekand iſt. Wann eine Stadt von einem ſtarcken Feind/ dem
ſie keine Gegenwehr thun/ noch ſich dafuͤr bewahren kan/ belaͤgert wird/ ſo macht man
darumb nicht alsbald die Thor auff/ vnd laͤſſt den Feind hinein/ ſolchen nach ſeinem Ge-
fallen darinn zu hauſen/ was ihm geliebt/ ſondern man ſucht Gegenwehr ſo lang es nur
muͤglich iſt/ vnd iſt niemand/ der ſich mit erſten wil todtſchlagen laſſen/ ſondern reteriret
ſich ſo lang als er kan; vnd ſonderlich der fuͤrnemſte Theil derſelben/ welchem das Regi-
ment vertrauet iſt/ ob ſie ſchon gern die Buͤrgerſchafft beſchuͤtzen wolten/ daß keiner von
ihnen ſolte todt geſchlagen werden/ ſo iſt es ihnen doch nicht muͤglich/ ſondern geben die-
ſelbe allzeit noch lieber zum beſten/ als ihre eigene Leiber/ vnd verſam̃len ſich in das inner-
ſte vnd veſte Theil der Stadt/ ihr Leib vnd Leben daſelbſt zu ſchuͤtzen/ ſo lang biß endlich
die Buͤrgerſchafft uͤberwunden/ vnd ſie ſich dem Feind uͤbergeben muͤſſen. Alſo es auch
bey den vnvollkommenen Metallen zugehet/ wann dieſelbe durch ihren Feind/ als groſſe
Feuersgewalt/ beaͤngſtiget/ vnd zu verſtoͤren geſucht werden/ die Natur eine Scheidung
macht/ vnd der edelſte Theil derſelben/ als das Gold vnd Silber/ ſich von dem verbreñ-
lichen vnd ſtinckenden Theil/ damit es vermiſcht war/ ſcheidet/ ſich zuſammen begibt/ vnd
die zerſtoͤrlichſte Theile von ſich ſtoͤſſet/ vnd dem Feuer zu verderben zum beſten gibt.
Vnd weil die Metallen auß angeborner Natur ſtaͤrcker ſeynd/ als die Vegetabilien vnd
Animalien/ ſo gehoͤret auch ein groͤſſerer Feind darzu/ eine Scheidung darinn zu ma-
chen/ welches das ſtarcke Feuer thun kan; aber nicht allein/ ſondern durch Huͤlffe eines
Zuſatzes/ dadurch dieſelben auß ihrer Subſtantz gebracht/ ihnen ihr Band zerbrochen/
darmit ſie geſchuͤtzet vnd zuſammen gehalten worden; welches die Mineralien vnd Sa-
lien/ welche Gemeinſchafft mit ihnen haben/ verrichten koͤnnen. Dann gewiß iſt es/
wann
[377]Dritter Theil.
wann man ſchon die Metallen alſo allein/ entweder deren eines oder etliche zuſammen
geſchmoltzen/ lange Zeit wolte mit ſtarckem Feuer beaͤngſtigen/ eine Scheidung dadurch
zu wegen zu bringen/ ſo iſt es doch vergeblich: dann keines/ wann es noch corporaliſch
iſt/ in das andere zu wircken vnd ſolches zu veraͤndern Macht hat/ ſondern muͤſſen zuvor
von ihrer radicaliſchen conſtruction durch mineraliſche Salien entbunden/ vnd frey
gemacht ſeyn/ wann etwas darinn ſoll geaͤndert oder verbeſſert werden; davon ein meh-
rers bey andern Capiteln folgen wird.
Auff daß man aber die ſpecies vnd ingredientien dieſes Recepts verſtehe/ oder
was ſie ſeyen/ wiſſe/ iſt noͤhtig etwas davon zu melden/ vnd verhaͤlt ſich alſo darmit:
Allhier ſtehet geſchrieben: Nimb Antimonium, laß flieſſen mit Salnitter vnd
Weinſtein/ deſſelben nimb 1. Loht. Jſt darauß zu mercken/ daß er nicht ein Loht von der
gantzen maſſa, welche zuſammen gefloſſen/ ſondern entweder von dem obern/ als der
Schlacken/ oder vnterm Theil/ als dem Koͤnig/ welchen die mixtur im ſchmeltzen geſetzt
hat/ zu nehmen vermeynet. Welcher Theil aber es ſey/ kan auß den Worten nicht ge-
mercket werden. Weil aber Paracelſi Meynung allhier iſt/ das Gold vnd Silber durch
die zugeſetzte ſpecies zu verſtoͤren/ vnd zu Nichts zu machen/ auß welchem Nichts herna-
cher das zerſtoͤrte Gold auß dem Zuſatz eine Vermehrung oder Zuwachs in der redu-
ction erlangen ſolte: Alſo iſt es muhtmaſſig/ daß er den Regulum, vnd nicht die Schla-
cken/ von der mixtur zu nehmen vermeynet/ welcher das Zin/ Arſenicum vnd Schlich
deſto lieber antaſte/ vnd mit dem Gold vnd Silber vereinige. Dann ein Regulus An-
timonii hat eine ſolche Natur/ widerwertige Metallen vnd Mineralien zu vereinigen;
das Zin aber/ wann es geſchmeidigen Metallen beygeſetzet/ vnd Feuer bey ihnen leiden
ſoll/ dieſelbige zu Schlacken macht/ wie dann auch der Schwefel/ Vitriol vnd Schlich
ſolches zuwegen bringen/ vnd zu keinem andern ende von Paracelſo darzu allhier ge-
nommen werden/ als das Gold vnd Silber zu zerſtoͤren/ oder zu einer Schlacken zu ma-
chen. Was aber Paracelſus fuͤr ein Schlich meynet/ weil er nicht darzuſetzet Gold-/
Silber-/ Eiſen-/ Kupffer-/ Bley- oder Ziu-Schlich/ ſo kan mans nicht eigentlich wiſ-
ſen. Dann dieſes wird ſonſt von den Chymicis vnd Berg-Leuten Schlicht genennet/
wann ſie ein Ertz klein puͤlvern/ vnd mit Waſſer das leichtere Theil/ als den Berg oder
Stein/ davon hinweg waſchen/ vnd das ſchwerer vnd beſſere Theil deß Ertzes in dem
Geſchirꝛ ligen bleibt/ welches ſie hernach probiren/ vnd den Halt darauß nehmen; wel-
che Arbeit ſie geſchlichtet/ oder zu Schlicht gezogen/ oder geſichert heiſſen: Nun kan
man aller Metallen Ertze alſo in ein Schlicht ziehen/ derhalben das Wort Schlicht auf
alle Metallen kan gedeutet werden. Sonſten wird auch bey etlichen dieſer Schlamm/
welcher auff den Schleiffmuͤhlen/ da viel Eiſenwerck/ als Klingen/ Harniſch vnd ande-
re Waffen geſchliffen werden/ ſich vnter dem Schleiffſtein in darzu gemachten tieffen
Loͤchern oder hoͤltzern Kaſten ſammelet/ vnd den Schwartzfaͤrbern verkaufft wird/ ein
Schlicht genennet. Ob nun Paracelſus dieſen oder eines andern Metalls geſicherten
Crtzes Schlicht meynet/ kan niemand wiſſen/ iſt auch ſo viel nicht daran gelegen; dann
B b bGold
[378]Operis Mineralis
Gold vnd Silber ohne ſolcher Schlicht einen eben ſo wol zu Nichts/ vnd hernach wieder
vermehret auß dem Nichts zu Jchts kan gebracht werden; wie in folgenden Capiteln
bey der transmutation zu finden iſt.
Vergeblich aber iſt deren Hoffnung/ welche vermeynt/ wann ſie ſpccies zuſam-
men geſchmoltzen/ daß alles miteinander zu Gold vnd Silber ſolte worden ſeyn/ vnd ſie
doch nur auß allem ein gelb oder braune Schlacken/ welche keinem Metall gleich gewe-
ſen/ gegen alles vermuhten/ als einen traurigen Anblick erlanget haben. Gluͤcklich vnd
froͤlich aber iſt dieſer Anblick/ wann man das zerſtoͤrte vnd zu Nichts- oder Schlacken-
gebrachte Metall edeler oder beſſer/ als es zuvor geweſen/ durch die reduction erlanget.
Vnd iſt ſolche Zerſtoͤrung vnd Wieder-reducirung nicht nur einerley/ ſondern kan auf
vielerley Weis vnd Wege/ wie hernach in den folgenden Capiteln zu ſehen/ verrichtet
werden.
Item,die erſte Regel auff deßMercuriiArt/
vnd von ſeiner Eigenſchafft.
ALle Ding ſind in allen Dingen verborgen: Eins auß ihnen allen iſt
ihr Verberger vnd leiblichs Gefaß/ aͤuſſerlich/ ſichtlich vnd beweg-
lich. Die Fluͤſſe ſind alle offenbar in dieſem Gefaͤß/ dann dieſes Gefaͤß
iſt ein leiblicher Geiſt: darumb ſind allecoagulationesoder Starrungen
in ihm gefangen vnd beſchloſſen/ mit dem Fluß uͤberkommen/ vmbge-
ben vnd verfaſſet. Dieſem Fluß vnd ſein Vrſach kan man nicht einen
Namen finden/ damit er moͤchte genennet werden: vnd dieweil kein ſo
groſſe Hitz iſt/ die ihm moͤcht vergleicht werden/ ſo muß ihme die Hitz
deß hoͤlliſchen Feuers vergleicht werden. Darum̃ dieſer Fluß gar nicht
Gemeinſchaft hat mit andern Fluͤſſen/ ſo von deß elementiſchen Feuers
Hitz geſchmeltzet werden/ vnd durch die natuͤrliche Kaͤlte gefrierend/
coaguliret vnd ſtarrend werden. Solches moͤgen ſie demMercurionicht
thun/ ſind ihm viel zu ſchwach/ er gibt nichts vmb ſie. Darumb iſt zu
mercken/ daß die vier toͤdlichen elementiſchen Kraͤfften/ gegen den him̃-
liſchen Kraͤfften (welcheman auchquintam eſſentiamheiſſt/ dann dieEle-
mentamoͤgen derquintæ eſſentiænichts zufuͤgen/ noch nehmen) haben
auch keinen Eingriff zu wircken. Die him̃liſche vnd hoͤllifche Krafft
iſt den vier Elementen nicht gehorſam. Darauf ſoll man mercken/ daß
kein Element/ auch kein elementiſch Art/ es ſey trocken/ feucht/ Hitz/
Kaͤlte/ deren keines vermag zu wircken wider diequintam eſſentiamoder
Krafft/ ſondern ein jedes hat ſein Wirckung allein fuͤr ſich ſelbſt.
Jn dieſem Capitel oder erſter Regel von dem Mercurio braucht Paracelſus kurtze
aber doch deutliche Wort/ vnd ſaget/ daß deß Mercurii Fluß nicht auß den vier zerſtoͤr-
lichen Elementen/ ſondern auß der quinta eſſentia her entſtehe/ derentwegen keine Ge-
mein-
[379]Dritter Theil.
meinſchaft mit ſolchen elementiſchen Fluͤſſen habe. Was aber eigentlich quinta eſſentia
ſey/ davon Paracelſus allhier meldet/ waͤre viel von zu ſchreiben/ welches mein Vorhaben
jetzund nicht iſt; dann er ſelber/ wie auch andere Philoſophi, genug davon geſchrieben
haben/ dabey es verbleiben ſoll. Dieſes aber zum uͤberfluß/ ſo wil Paracelſus verſtanden
haben/ daß quinta eſſentia ein Weſen ſey/ welches den Elementen nicht vnterworffen/
ſondern beſtaͤndig vnd vnzerſtoͤrlich. Wil alſo darmit zu verſtehen geben/ weil deß Mer-
curii Fluß von der quinta eſſentia herkomme/ vnd nicht von dem elementiſchen Feuer/
daß auch deſſelben coagulation durch quintam eſſentiam, vnd nicht durch elementiſche
Feuer/ ſie ſeyen gleich warm oder kalt/ geſchehen muͤſſe.
Was aber das fuͤr ein quinta eſſentia, welche den Mercurium coaguliren/ vnd zu
Gold oder Silber machen koͤnne/ vnd daß dieſelbe nicht auß Vegetabilien oder Anima-
lien/ ſondern aus Metallen gezogen/ vnd darneben auch reiner/ fixer vnd fleiſſiger als die
Metallen (wann ſie tingiren ſoll) beſchaffen ſeyn muͤſſe/ iſt leichtlich zu erachten. Es hat
Paracelſus viel von der quinta eſſentia, vnd was dieſelbe ſey/ geſchrieben/ vnd ſolcher
groſſe Macht zugelegt/ wer Luſt darzu hat/ kan in ſeinen Buͤchern nachſuchen/ da ers fin-
den wird. Sonſt haben auch viel andere Philoſophi davon geſchrieben/ vnd bezeuget/
das quinta eſſentia ein Weſen ſey/ welches durch die Kunſt in die allerreineſte vnd hoͤch-
ſte Subſtantz gebracht ſey. Wie dann auch etliche der wahren philoſophiſchen tinctur,
damit projection gethan wird/ den Namen quintæ eſſentiæ zugelegt. Alſo/ daß je vnd
allzeit durch den Namen quintæ eſſentiæ das allerreineſte/ beſte vnd kraͤfftigſte Theil ei-
nes Dings iſt verſtanden worden. Es ſey ihm nun wie ihm wolle/ ſo iſts gewiß/ daß der
Mercurius ein wunderbarlicher Gaſt iſt/ vnd ſich ſo leichtlich nicht coaguliren oder figi-
ren laͤſſt/ als ihnen viel vergeblich eingebildet/ vnd das Gegentheil mit Schaden erfah-
ren haben. Glaube auch nicht/ daß mehr Kolen vnnuͤtzlich verbrant ſeynd/ als bey figi-
rung deß Mercurii geſchehen iſt/ vnd hat noch kein Ende; habe aber noch keinen geſehen/
der es getroffen haͤtte/ wie ich dann ſelber die Hoͤrner daruͤber abgeſtoſſen/ vnd vielmal
vergeblich darinn geſndelt habe: Vnd ob ich ſchon denſelben nicht beſtaͤndig figiren koͤn-
nen/ ſo ſind mir doch wunderliche Dinge damit begegnet/ deren etwas zu gedencken ich
nicht habe vnterlaſſen koͤnnen. Es ſteckt eine ſonderbare Krafft darinn/ welche er gegen
andere Metallen zu erzeigen hat: Er miſcht ſich am liebſten mit dem reineſten/ vnd am
allervnliebſten mit den vnreinſten Metallen: darauß zu ſpuͤren/ daß er einer ſehr reinen
Natur ſeyn muͤſſe. Vnd iſt auch kein Zweiffel/ wann er ſich wolte figiren laſſen/ daß ein
beſſer Weſen als Gold iſt darauß werden ſolte/ welches ich genugſam/ wann es noͤhtig
waͤre/ beweiſen koͤnte: dann es nimmer leer abgehet/ wann er mit andern Metallen ver-
miſcht/ vnd die Gewalt deß Feuers zu leiden gezwungen wird/ daß er dieſelbe in ſeiner
noch Fluͤchtigkeit nicht mercklich veraͤndern ſolte; was wuͤrde er dann thun/ wann er fix
gemacht mit ihnen lang im Fluß ſtehen ſolte? Derentwegen zur Nachrichtung dieſes
Exempel beyzubringen nicht vnterlaſſen ſollen:
Nachdem ich vor viel Jahren in meiner Jugend geſehen/ daß ihrer ſo viel durch
B b b 2amal-
[380]Operis Mineralis
amalgamiren mit Gold vnd Silber/ ſublimiren/ reſolviren/ coaguliren/ præcipitiren/
vnd mancherley andern Arbeiten/ denſelben zu figiren/ vnd zu Gold vnd Silber zu ma-
chen/ ſuchten/ ich mich auch einmal daran gemacht/ mein Heil darinn zu verſuchen; vnd
nachdem ich zuvor Paracelſum geleſen hatte/ welcher ſchreibet/ daß ſeine coagulation in
dem Saturno waͤre/ habe ich ſolches zu vnterſuchen alſo angefangen: Erſtlich habe ich 6.
oder 7. Theil Bley in einem kleinen Tiegel zerſchmeltzen laſſen/ vnd darnach ein Theil
Mercurii darein getragen/ welcher ſich dann alſobald darmit vereiniget vnd vermiſcht
hat: darnach habe ich in einem andern Tiegel/ der ſo groß war/ daß dieſer mit dem Bley
vnd Mercurio raumlich darinn ſtehen konte/ ein Salnitrum zerſchmoltzen/ vnd in das zer-
laſſene Nitrum den kleinen Tiegel mit dem Bley vnd Mercurio eingeſenckt/ alſo daß
das Nitrum daruͤber außgangen/ vnd denſelben gaͤntzlich bedeckthat. Vnterdeſſen habe
ich in einem andern groͤſſern Tiegel ein Bleyglas/ von vier Theilen Glett oder Mini, vnd
ein Theil Kißling gemacht/ ſchmeltzen laſſen/ vnd dieſen noch warmen Tiegel mit dem
Salpeter vnd Amalgama deß Bleys vnd Mercurii auch darein geſencket/ vnd das Glas
daruͤber herlaſſen flieſſen; welchen dreyfachen Tiegel ich wieder in einen andern groſſen
Tiegel ins Bleyglas geſencket/ vnd alſo vermeynet/ den fluͤchtigen Gaſt wol genug be-
wahr et zu haben. Nachdem ich aber ſolchen mit ſo vielfacher Mauer vmbgebenen Mer-
curium in eine Glut geſetzt/ in Meynung/ denſelben mit Gewalt das Feuer außzuſtehen
zu zwingen/ ſo hat er zwar gegen ſeine Natur vnd Willen halten muͤſſen/ dann es ihm
vnmuͤglich geweſen/ durch ſo viel harte vnd compacte Mauren zu brechen: nachdeme
aber das Feuer groͤſſer worden/ vnd das Vitrum vnd Salpeter weich worden vnd ge-
ſchmoltzen/ ſo hat er ſich durchgedrungen/ vnd mir ein leeres Neſt gelaſſen/ alſo/ daß ich
nichts als mein Gewicht deß eingeſetzten Bleyes gefunden: doch einmal mir im abtrei-
ben deß Bleyes ein Korn Silber geblieben/ ſchwerer als ein ander Silber/ welches ich
fuͤr einen figirten vnd coagulirten Mercurium gehalten: Nachdem ich aber ſolche Ar-
beit wieder gethan/ viel anders befunden habe/ nemlich gemercket/ daß nicht der Mercu-
rius ſich figiret/ ſondern daß derſelbe durch ſeine verborgene Krafft den Saturnum alſo
durchgangen vnd verbeſſert habe/ daß er etwas Silber hinterlaſſen/ vnd auch in ſelcher
Arbeit die gantze maſſa deß Bleyes gantz hartklingend/ als ein Zin/ doch ſchwartz davon
worden. Alſo daß ich geſehen vnd geſpuͤret/ daß ohn eine quinta eſſentia der Mercurius
nicht wol zu figiren iſt; dann er ein lauter feuriger Geiſt iſt/ vnd die Gewalt deß Feuers
nicht außſtehen wil. Dieſes aber kan er thun/ wann er mit andern Metallen vermiſchet/
vnd nur ſo lang kan behalten werden/ daß er die Glut mit ihnen außſtehen muß/ ob er
gleich darnach durchgeht/ daß er dieſelbe etlicher maſſen veraͤndert/ nicht daß er folche zu
verbeſſern/ ſondern allein durch ſeine Durchdringenheit dieſelbe bewege/ vnd ein Metall
in das ander zu wircken/ vnd ſolches zu verbeſſern Macht habe/ doch nicht mit groſſem
Nutzen/ ſo viel mir bewuſt/ ſondern allein die Muͤglichkeit ſeiner wunderbarlichen Natur
dadurch zu erklaͤren/ welche ſchier vnaußgruͤndlich iſt: dann er wol fuͤr ein Wunder der
Natur moͤchte gehalten werden. Er iſt ein lauter vnſichtlich Feuer/ ob er ſchon von den
Vn-
[381]Dritter Theil.
Vnwiſſen den fuͤr kalt außgeruffen wird/ ſo befindet ſich doch das contrarium: kan auch
durch die Kunſt noch feuriger vnd fluͤchtiger gemacht werden/ wie ich dann ſolcher Exem-
pel mehr als eines anzuzeigen wuͤſte/ wann es beforderlich waͤre/ daß er ſo ſubtil worden/
durch offtermals aufftragen auff ein groß Feuer/ vnd wiederfangen in Glaͤſern/ daß er
auch auß eigener Krafft ſich erhaben/ vnd ohne Trieb deß Feuers wieder in ſein chaos
gangen iſt. Jn Summa/ es ſind wunderliche Haͤndel darmit vorgenommen/ aber biß-
her wenig gluͤckliches außgerichtet worden/ davon hernach ein mehrers in ſeinem Ort
ſoll gehandelt werden.
Item,die ander Regel/ vomJupitervnd ſeiner Art.
WElches Ding offenbar iſt/ verſtehe den LeibJovis,in dem ſelben ſind
die andern ſechs leibliche Metallen alle geiſtlich in verborgen/ vnd
je eins tieffer vnd ferrer dann das ander.Jupiteriſt nicht derquintæ eſſen-
tiætheilhafftig/ ſondern der vier elementiſchen Natur: darumb wird
ſein Fluß durch eine kleine zufaͤllige Hitze deß Feners offenbar/ vnd ſei-
necoagulationauch durch eine kleine zufaͤllige Kaͤlte kan geſchehen: hat
auch Gemeinſchafft mit allen andern metalliſchen Fluͤſſen.
Darumb je naͤher ein Ding dem andern gleich iſt in der Natur/ je
lieber vereint es ſich mit ihm/ wo ſie aneinander ſtoſſend: Es iſt auch
ein Ding in der Naͤhen allwegen wircklicher vnd anruͤhrlicher: Dann
was fern hindan iſt/ das iſt nicht bedraͤnglich: Man foͤrcht auch nicht
dasjenig das fern iſt. Alſo hat man auch kein Luſt zum Himmelreich/
Vrſach iſt/ es iſt ferne von dannen/ vnd man hats nie geſehen: Deß-
gleichen fuͤrcht man die Hoͤll nicht ſehr/ dann ſie iſt weit hindan/ vnd
niemand weiß oder hat ihre Geſtalt geſehen/ vnd ihr Pein nicht em-
pfunden/ darumb ſie gleich fuͤr nichts geſchaͤtzt wird. Demnach ſeynd
die abweſenden Ding wenig achtſam/ ja gar verworffen/ wo ſie an ei-
ner groben ſtatt ſeynd. Dann durch die Eigenſchafft der ſtatt/ wird
ein Ding auch verboͤſert oder veradelt/ das moͤcht man durch viel Ex-
empel beweiſen.
Darumb je ferner derJupitervonMartevndVenereiſt/ vnd je naͤher
beySolevndLuna,je goͤldiger vnd ſilberiſcher iſt er in ſeinem Coͤrper/
groͤſſer/ ſtaͤrcker/ ſichtiger/ empfindlicher/ erſcheiniger/ oder lieblicher
vnd annehmlicher/ auch erkantlicher/ greifflicher vnd warhafftiger
erſehen/ dann in der Ferne.
Wiederumb je ferner ein Ding iſt/ je ſchlechter vnd vnachtſamer
es iſt in allen obgeſetzten Dingen: Das gegenwaͤrtige iſt allweg acht-
ſamer/ dann das abweſende Ding: Je naͤher das ſichtige iſt/ je ferner
das vnſichtige. Darumb iſt dir Alchimiſt fleiſſig zu gedencken/ wie dn
B b b 3Jovem
[382]Operis Mineralis
Jovemſolt bringen vnd ſetzen an die geiſtliche vnd ferne Statt/ daran
SolvndLunaſtehen/ vndSolemvndLunam,welche du wilt/ daſelbſt in
der ferne nehmen/ vnd herzu in die nahend ſetzen an die Statt/ daJupi-
terleiblich geſtanden iſt: Alſo/ daß auchSolvndLunaleiblich da ſind
vnd ſtehend vor Augen/ warhafftig in der Prob. Dann es iſt die Me-
tallen von ihrer Vnvollkommenheit zu verwandeln in die Vollkom-
menheit/ mancherley Recept vnd Arbeit.
Eins in das ander zu vermiſchen/ vnd wiederumb eines auß dem
andern lauter vnd rein zu ſcheiden/ iſt nichts anders/ dann ein Abwech-
ſelung vnd Vertauſchung/ durch die gerechte Arbeit der Alchimey.
Nota: Aurum multum Jupiter, \amp; non parum argentum habet. Saturnum \amp; Lunam
impone ei, \amp; augebitur Luna de reliquis.
Was eigentlich die Vrſach ſey/ daß Paracelſus erſtlich von dem Mercurio anfan-
ge/ vnd darnach zu dem Jove ſchreite/ ob man dieſelbe ſchon nicht eigentlich wiſſen kan/
gleichwol ein ſonderbarliches myſterium darhinden ſeyn muß: dann er vns etwas dar-
mit hat wollen zu verſtehen geben.
Allhier repetiret er ſeine vorige Meynung/ vnd ſaget/ daß ein jedweder ſichtlich
Metall ein Verberger der andern vnſichtlichen Metallen ſey/ vnd wann man etwas gu-
tes darauß machen wolle/ daß man auß denſelben das vnſichtliche vnd geiſtliche Gold/
welches in der Ferne ſey/ nehmen/ vnd in die Naͤhe oder Sichtlichkeit/ hergegen das
Sichtliche in die Ferne ſetzen/ vnd vnſichtlich machen muͤſſe. Wie aber ſolches geſche-
hen vnd zugehen ſolle/ ſagt er nicht/ ſondern berufft ſich auff die ſieben Regeln/ welche
daſſelbe lehren ſollen; da ſie doch einem geuͤbten/ wil geſchweigen einem anfangenden
Liebhaber der Kunſt zu verſtehen ſchwer genug vorkommen. Alſo/ daß es auch kein
Wunder (weil ihr ſo viel tauſend vergeblich darinn geſucht/ vnd ſolche zu verſtehen ſich
bemuͤhet) daß ſeine Schrifften veracht/ vnd der mehrer Theil nichts davon hat halten
wollen. Er hats ohne Zweiffel gut gemeinet/ vnd ihme eingebildet/ daß er gar deutlich
geſchrieben habe/ vnd ſeinen Diſcurs alſo geſtellet/ als wann er mit ſeines Gleichen/
dem die Natur der Metallen bekand/ zu thun haͤtte/ vnd nicht der Welt Blindheit vnd
Vngeſchicklichkeit in natuͤrlichen Dingen darneben betrachten/ darumb er auch ſolchen
Danck davon getragen. Was ſoll man aber darzu ſagen oder thun? Mit vnerfahrnen
hoffaͤrtigen Menſchen iſt es uͤbel vmbzugehen/ wann man ſchon noch ſo deutlich vnd vor-
ſichtig ſchriebe: vnd weil ſie in dergleichen Scientien nicht geuͤbet/ vnd nur einmal fehlen
ſolten/ man doch nichts anders als Verachtung von ihnen zu erwarten haͤtte. Derhal-
ben mancher lieber ſchweigt/ vnd den Narren ihre Schellen laͤſſt/ als daß er ihre Laͤſter-
maͤuler auff ſich ziehet. Wann mans aber wol betrachtet/ ſo findet ſich vnrecht zu ſeyn/
ſolches den Vnſchuldigen mit den Schuldigen entgelten zu laſſen. Soll derhalben der-
jenige/ deme Gott ein Pfund vor andern verliehen hat/ nicht neidiſch oder mißgoͤnniſch
ſeyn/ vnd ſein Pfund vmb der Boͤſen willen vergraben/ ſondern ſeinem Nechſten/ als
ein
[383]Dritter Theil.
ein vnparteyiſche Sonne/ er ſey gleich gut oder boͤs/ ſcheinen vnd guts thun/ vnd endlich
ſeinen Lohn von Gott erwarten/ welcher einem jedwedern geben wird/ nachdem er ver-
dienet hat.
Was nun deß Zines Natur vnd Eigenſchafft anbelanget/ ſo iſt daſſelbige vnter
den andern vnvollkommenen Metallen ein rein/ doch vnzeitig/ mit vielem anzuͤndlichen
vnd verbrennlichen Sulphur vmbgebenes Metall/ davon es ſeinen leichten Fluß vnd
Zerſtoͤrlichkeit im Feuer hat/ welches/ ſo ihm derſelbe genommen (wie es dann gar leicht-
lich durch ein klein Feuer geſchehen kan) ſo hat es ſeinen metalliſchen Fluß verloren/ vnd
iſt einer vnſchmeltzlichen Aſchen gleich; doch ſo man derſelben einen andern Sulphur ge-
ben kan/ dadurch ſolche Aſchen wieder zu einem Metall wird/ vnd ſolches Me tall wieder
zu einer Aſchen macht/ vnd reducirt/ vnd ſolche Arbeit ſo offt wiederholt/ biß daß dem
Zin all ſein anzuͤndlicher Sulphur verbrennet iſt/ vnd ſich nicht wieder zu einer Aſchen
wil calciniren laſſen; ſo laͤſſt es ſich hernach abtreiben/ vnd gibt ſein Gold oder Silber
gern von ſich: Dann daß es ſich in groſſem Feuer bey dem Bley nicht vertragen kan/
auffſteigt/ vnd zu einer Aſchen wird/ iſt allein der verbrennliche Sulphur Vrſach/ dahero
es auch andere Metallen/ als Gold/ Silber/ Kupffer vnd Eiſen/ wann es darunter ge-
ſchmoltzen wird/ bruͤchich vnd vngeſchmeidig/ einem Glas gleich machet/ wann ihm
aber ſolcher vnzeitige vnd corrumpirliche Sulphur, es ſey gleich durch roͤſten/ Aſcherung/
cementirung oder andere wege benommen wird/ ſo macht es hernach andere Metallen
nicht mehr bruͤchich/ (welches aber ſchwer zu thun iſt) ſondern laͤſſt ſich mit andern Me-
tallen ſchmeltzen vnd ſeigern; aber nicht lieber als durch die Venerem, welche durch ihre
freundliche vnd betriegliche Wort/ die beyde Alten/ als Saturnum vnd Jovem, vereini-
gen vnd zu Freunden machen kan/ alſo/ daß ſie hernach im Feuer einander leiden vnd
vertragen moͤgen. Gold vnd Silber ſolten ſolches eben ſo wol thun koͤnnen/ weil aber
dieſelbe koſtbar/ vnd leichtlich im Tiegel außlauffen/ vnd das Werck verloren gehen kan/
ſo iſt es beſſer/ ſolche theure Metallen/ die ſchon rein ſind/ nicht wieder in die vnreine zu
verſtecken/ vnd darein verſchmieren oder verlieren/ ſondern das Kupffer darzu gebrau-
chen/ welches dann auch zugleich ſein verborgen Gold vnd Silber von ſich gibt.
Es kan auch ſonſten der Sulphur ſuperfluum auff andere Weiſe von dem Zin ge-
bracht werden/ als durch ein nitroſiſch Feuer: wann man nemlich gefeilet Zin mit Sal-
peter/ Schwefel vnd Saͤgeſpaͤn miſchet/ anzuͤndet vnd verbrennet/ ſo ſublimirt ſich ein
Theil Zin in flores, das ander Theil bleibt zuruͤck/ welches man mit ſtarckem Feuer re-
duciren/ vnd wieder mit obgemeldtem Feuer ſublimiren ſoll/ ſo offt vnd vielmal repeti-
ret/ biß alles Zin zum theil in flores, vnd das ander Theil zu Aſchen worden iſt/ vnd ſeine
metalliſche Geſtalt vnd Natur gaͤntzlich verloren hat: als dann ſam̃let man die flores
auß den receptaculis, vnd die verbrennte Aſchen lauget man mit Waſſer auß/ vnd re-
ducirt dieſelbe mit einem guten Fluß wieder zu einem Metall/ daſſelbe feilet man wie-
der klein/ vnd ſublimiret vnd verbrennet ſolches mit dem nitroſiſchen Feuer abermal/
wie zu erſt geſchehen/ vnd repetiret dieſe Arbeit ſo offt/ biß das Zin nicht mehr ſublimiret/
ſon-
[384]Operis Mineralis
ſondern fix zuruͤck als ein Schlacken bleibt/ welche man mit Bley anſieden vnd abtrei-
ben kan/ ſo findet ſich das Gold vnd Silber/ welches das Zin bey ſich gehabt.
Auff eine andere Weiſe kan dem Zinn ſein verbrennlicher Schwefel benommen
werden/ wann man das gefeilet Zin mie dem Nitro fixo uͤbergieſſet/ vnd ſeine Zeit dar-
mit digeriret/ vnd allzeit/ wann von dem liquore Nitri fixi die Feuchtigkeit entgehet/
wieder mit anderer erſtattet/ auff daß der liquor allzeit feucht ſey/ aber nicht allzu duͤnn/
ſondern als ein dick Waſſer/ ſo ſolvirt vnd verzehrt derſelbe liquor Nitri den verbrenn-
lichen Sulphur deß Zines/ vnd figiret das andere vnverbrennliche/ vnd macht es fix vnd
feuerbeſtaͤndig/ alſo daß es ſich mit Bley anſieden vnd abtreiben laͤſſt/ vnd ſein Gold vnd
Silber von ſich gibt.
Auf ein andere Weis kan ſolche Scheidung geſchehen/ wann man das Zin mit ge-
meinem Bley oder Regulo Antimonii zu einem Vitro oder Amaus macht/ vnd lang in
ſtarckem Fluß erhaͤlt/ (doch daß man deß incerirens mit Nitro oder Sale tartari nicht
vergeſſe) ſo ſam̃len ſich in ſolcheꝛ Arbeit die reine Theil deß Zines zuſam̃en/ vñ geben einen
Koͤnig; die vnreine Theile aber gehen mit dem Bley vnd Sale in Schlacken. Der Koͤnig
wird abgetrieben/ ſo findt ſich das figirte vnd geſeigerte Gold vnd Silber auff dem Teſt.
Vnd iſt zu wiſſen/ daß dieſe vnd vorher-erzehlte Arbeiten ohne Zuthun deß Kupf-
fers zwar geſchehen koͤnnen/ aber mit zuthun deſſelben mehr Gold oder Silber geben/ als
ohne daſſelbe: doch nicht alſo zu verſtehen/ als wanns derentwegen mehr Gold gaͤbe/ weil
Kupffer darzukoͤm̃t/ vnd das ſeinige auch zugleich dargibt; gantz nicht: Dann/ ob ſchon
das Kupffer ſein Gold vnd Silber auch in ſolcher Arbeit dargibt/ ſo geſchiehet es doch
darumb/ weil das Zin ſein Gold vnd Silber alſo per ſe ohne zuthun deß Kupffers nicht
gern von ſich gibt/ bey dem Kupffer aber eine Zuflucht ſucht/ ſich auß der Schlacken dar-
ein ziehet vnd verbirget/ ſo lang biß die Arbeit vollendet/ vnd die Schlacken daſſelbe nicht
wieder zu ſich ziehen moͤgen; vnd iſt alſo das Kupffer an ſtatt eines receptaculi, darein
ſich das zuſammen-colligirte vnd von der maſſa außgeſonderte Gold vnd Silber ver-
ſam̃len vnd verbergen kan/ welches die Chymici ein Balneum nennen.
Von ſolcher Arbeit der Amauſen ſoll bey folgendem vierdten Capitel/ da vom
Kupffer gehandelt wird/ weitlaͤufftiger gedacht werden.
Noch auff ein andere Weis kan das Gold vnd Silber auß dem Zin geſeigert wer-
den/ als folget: Erſtlich ſoll man vnter einem Muffel auff einer Treibſcherben gemein
Bley flieſſen laſſen/ vnd wann es zimlich haͤiß iſt/ ein wenig Zin darauff tragen/ ſo wird
es bald eingehen/ aber auch nicht lang bey dem Bley bleiben/ ſondern auffſteigen/ vnd ſich
anzuͤnden/ vnd als brennende Funcken verzehren vnd zu einer Aſche werden/ welche man
mit einem krummen Haͤcklein abziehen/ vnd wieder ander Zin darauff tragen/ verzuͤn-
dern laſſen/ vnd abziehen ſoll/ ſo offt vnd vielmal/ biß daß alles Bley mit dem Zin zu einer
Aſchen worden iſt/ welche man in einer Treibſcherben vnter einem Muffel noch eine
Stund auffs wenigſte ſoll außgluͤhen laſſen/ auff daß/ wann noch Koͤrner Bley darun-
ter/ welche mit der Aſchen abgezogen waͤren/ ſie auch vollends zu Aſche verbrant wuͤrden/
vnd
[385]Dritter Theil.
vnd auch zugleich die Zin-Aſchen ſich deſto beſſer calciniret oder figirte: darnach ſoll man
dieſelbe bleyreiche Aſche reduciren/ ſo gibt ſie wieder ein Metall/ welches man wieder
auff einer Scherben vnter einem Muffel ſo lang ſoll gluͤhen laſſen/ biß alles zu Aſchen
worden iſt/ vnd ſolche reduciren; dieſe Arbeit ſoll ſo offt wiederholet werden/ biß alles
Bley vnd Zin zu Schlacken worden/ vnd im ſtarcken Feuer kein Metall mehr geben wol-
len/ ſondern ein Schlacken vnd verſtoͤret Metall verbleiben: welches man hernach in ei-
nem beſtaͤudigem Tigel mit einem Fluß/ von Weinſtein vñ Salpeter gemacht/ ſeine Zeit
muß flieſſen laſſen/ ſo ſetzt oder ſcheidet ſich das figirte Zin mit einem Theil Bley zu bo-
den in einen Koͤnig/ welchen man abireiben ſoll/ ſo findet ſich das Gold vnd Silber/ ſo
in dem Zin geweſen. Dieſes iſt eine herꝛliche vnd ſchoͤne Arbeit/ welche ſich leichtlich
thun laͤſſt/ vnd auch wenig koſtet/ ſonderlich wann man das Holtz vnd Kolen wolfeil ha-
ben kan. Die Schlacken/ davon ſich der figirte Koͤnig geſchieden/ ſind auch nicht verlo-
ren/ ſondern koͤnnen weiters verbraucht werden/ wie bald folgen ſoll. Daß aber jemand
meynen moͤchte/ auff ſolche Weis ins kleine auff Treibſcherben vnter den Muͤffeln et-
was mit Nutzen zu thun/ der irret; dann auff ſolche Weis nur zu probiren/ wie viel ein
Centner Zin Gold vnd Silber gibt/ vnd wie viel ſein Gold außzubringen koſtet/ darnach
er ſeine Rechnung machen kan/ wieviel taͤglichs ins groſſe darmit zugewinnen. Vnd
laͤſt ſich auch dieſe Arbeit vnter den Muͤffeln ſo wol nicht thun/ als ins groſſe/ da die Hitz
groͤſſer iſt/ vnd alſo mehr gibt/ als ins kleine. Wie aber ſolche Arbeit ins groſſe/ auff daß
man gute Außbeut davon haben moͤchte/ koͤnte angeſtellt werden/ ob ich es ſchon ſelber/
wegen vielfaͤltiger Verhindernuͤß/ noch nicht zu werck habe ſtellen koͤnnen/ ſo wil ich doch
meine Meynung daruͤber ein wenig entdecken. Nach Außrechnung der kleinen Prob
befindet ſich/ wann man wol damit vmbgehet/ daß ohngefehr zu einem Centner Zin ze-
hen oder zwoͤlff Centner Bley gehoͤren/ wann man dann das Bley vnd Zin/ ſam̃t den
Kolen vnd Arbeit rechnet/ vnd von dem Werth deß Goldes abziehet/ ein geringes uͤber-
bleibt/ vnd alſo ſcheinet/ als wann das Werck die Koſten nicht außtragen ſolte: Gleich-
wol wann man darneben betrachtet/ daß ſich ein ſolches Werck ins groſſe thun laͤſſt/ ſo
findet ſich/ daß es mit reichem Nutzen ſolte koͤnnen gearbeitet werden; vnd ſonderlich/
wann man noch dieſen Vortheil dabey gebraucht/ daß man zu ſolcher Arbeit erwehlet
ſolches Bley/ welches ohne das ſchon etwas Silber haͤlt/ doch nicht ſo viel/ daß mans
mit Nutzen fuͤr ſich allein abtreiben koͤnte; deßgleichen ſo man auch von ſolchem Zin ge-
brauchte/ welches von Natur guͤldiſch iſt: dann offtermal Zin gefunden wird/ deſſen der
Centner ſo viel an Gold haͤlt/ als er ſonſten verkaufft wird; wie auch oftmal ſolches Bley
gefunden/ welches ſo viel Silber haͤlt/ als es koſtet: daß aber die Berg Leut/ ob ſie ſchon
wiſſen/ daß ſo viel dariñ iſt/ ſolches nicht außbringen/ ſondern verkauffen/ iſt die Vrſach/
weil ſie von dieſer Seigerung nicht wiſſen/ vnd auff ihre gemeine vnd jedermañ bekande
Weiſe ſolches nicht mit Nutzen außzuziehen iſt. Vnd auff daß dieſe Arbeit noch profit-
licher ſey/ ſo kan man neben dem Zin auch ſilber- vnd goldhaltende Berg-Arten vnd Mi-
neralien/ als Marcaſita, Antimonium, Arſenicum, Auripigmentum, Koboltum vnd
C c caller-
[386]Operis Mineralis
allerhand Kieß/ welche ſonſten nicht/ wegen deß wenigen ſo darinn iſt/ mit Nutzen zu
ſchmeltzen ſind/ tragen/ vnd mit verfchlacken laſſen/ ſo geben ſie ihr Gold vnd Silber auch
mit darzu/ vnd wird alſo der Gewinn deſto beſſer; inſonderheit wann man mit Antimo-
nio die kieſiſche vnd ſulphuriſche-goldhaltende Berg-Arten zuvor ſchmeltzet/ vnd mit
Eiſen in einen Koͤnig/ oder das Gold dariñ in die Enge bringet/ vnd dann die Koͤnige
davon mit dem Zin auffs Bley traͤgt/ vnd mitverſchlacket/ ſo kom̃t daſſelbe Gold auch
ohne ſonderbare Koſten zu recht/ vnd wird durch das Zin fein gemacht. Es muß aber
ſolche Seigerung/ wann ſie Nutzen bringen ſoll/ nicht in Tiegeln/ ſondern auff groſſen
vnd ſonderbaren darzu gemachten geſchlagenen Herden/ daruͤber eine ſtarcke Flammt
ſpielen/ vnd das Metall erwaͤrmen moͤge/ vnd nach geſchehener calcination vnd Aſche-
rung oder Zunichtsmachung derſelbigen/ die reduction in Stich-Ofen gethan werden/
welches weitlaͤufftiger vnd deutlicher zu beſchreiben/ die Zeit jetzunder nicht zulaͤſſet/ iſt
genug/ daß man die Warheit in der kleinen Prob hierdurch erfahren moͤge/ vnd ſtehet
einem jedwedern frey/ weiters darinn zu ſuchen/ vnd zu ſehen/ wie wol ihm der Vulca-
nus geneigt ſey.
Vnd obſchon auß dem Zin auch noch auff andere Wege Gold vnd Silber zu brin-
gen/ ſo duͤncket mich doch genug auff dißmal Anleitung geben zu haben/ vnd werden
auch die folgende Capitel/ da von der andern Metallen Natur gehandelt wird/ was noch
noͤhtig zu offenbaren ſeyn moͤchte/ verrichten.
Die dritte Regel/ von demMartevnd ſeiner
Eigenſchafft.
DIe ſechs verborgene Metall haben das ſiebend Metall von ihnen
auß getrieben/ vnd leiblich gemacht: Sie haben ihm auch die aller-
ſchlechteſt Wirdigkeit gelaſſen/ auch die groͤbſte Haͤꝛtigkeit vnd Arbeit
auffgelegt. Jn dieſem haben ſie alle ihre Staͤrcke vnd Haͤrte dercoagu-
lationauß geſchoben vnd offenbar gemacht. Dargegen ihre Farben vnd
Fluͤſſe inbehalten mit ſam̃t ihrerNobilitaͤt. Es iſt ſchwer vnd bedarff
Muͤh/ auß einem vnwuͤrdigen gemeinen Mann einen Fuͤrſten oder Koͤ-
nig zu machen. AberMarsdurch ſeine Streitbarkeit erfichtet auch Herꝛ-
lichkeit/ vnd ſetzt ſich an die hohen Statt der Koͤnigen. Es bedarff
aber fuͤrſehens/ daß er nicht uͤbereilt gefangen werd. Es muß bsdacht
werden/ mit was MuͤglichkeitMarsan die Koͤnigliche Statt bracht/
vndSolvndLunaanMartisStatt/ mitSaturno,moͤge werden.
Nun ſchreiten wir zu dem Marte, welcher der dritte in dieſer Ordnung iſt/ wie er
dann ſonſt/ wann man von oben anfaͤngt/ bey den Aſtronomis auch iſt/ allhier aber hat
Paracelſus den Mercuriũ vnd nicht den Saturnum, wie die Aſtronomi zu thun pflegen/
mit erſt geſetzet/ vnd ohne Zweiffel nicht ohne Vrſach/ ſondern etwas ſonderlichs darmit
wollen zu verſtehen geben/ vnd ſaget/ daß der Mars ein grober Geſell ſey/ weil ihm die an-
dere
[387]Dritter Theil.
dere Metallen allein ihren vntuͤchtigſten Theil zugeſchoben/ wie dann ſolches in der
Warheit befunden wird: Er iſt von einem ſehr groben vnd vnd knortzichten Holtz gezim-
mert/ vnd wenig Gutes bey ihm zu finden. Er iſt gar ein rauher Gaſt/ vnd dem milden
vnd zarten edlen Jovi nicht zu vergleichen: doch wañ man ihm die harte Knoͤrtz behauet/
darzu er uͤbel zu bringen/ ſo er aber uͤbermannt iſt/ vnd ſich darein ergeben muß/ ſo erzeigt
er ſeine Danfferkeit/ vnd beweiſt/ daß er deß Koͤniglichen Gebluͤts auch etwas theilhaff-
tig ſey. Es lehret vns aber Paracelſus allhier/ daß Saturnus derjenige/ welcher ihm die
grobe Spaͤn benehmen/ vnd in einen hoͤhern Grad erheben koͤnne/ ſeyn muͤſſe. Die A-
ſtronomi aber haben nicht gern/ wann dieſe beyde am Firmament zuſammen komnien/
ſondern ſchreiben/ daß ſie alles Boͤſe zuſammen practiciren vnd anſtellen: derentwegen
ihnen der friedſame vnd guͤtige Jupiter zwiſchen geſetzt ſey; welches dann bekand genug
iſt. Wann dann der alte vnd lahme Saturnus den vnbeſtaͤndigen ſtarcken Martem ho-
belen ſoll/ gehoͤret Vorſichtigkeit darzu/ ſagt Paracelſus, daß er ſich nicht uͤbereile/ vnd
ſelber zu kurtz darbey komme; dann er ſich wehret/ vnd ſo leichtlich nicht gefangen gibt/
ſondern lieber andere faͤnget vnd haͤnget. Welches aber gleichwol muͤglich zu thun iſt/
wie vns Paracelſus lehret. Wollen derhaben ein wenig uͤberlegen/ wie es zugehen muͤſſe.
Der Saturnus iſt zwar ſonſt bequem/ die vnvollkommene Metallen/ wann ſie jhme
zugeſetzt werden/ zu waſchen/ vnd von ihrem uͤberfluͤſſigen Sulphure zu reinigen/ wann
ſie etwas Gutes bey ihnen haben/ das ihnen accidentaliter zukommen iſt: die radicali-
ſche vnd angeborne Vnreinigkeit aber kan er ihnen nicht benehmen/ vnd iſt allein nicht
Meiſter genug darzu/ wie bey dem cupelliren derſelben zu ſehen: Dann wann man dem
Bley ſchon Eiſen zuſetzet/ vnd auff einer Cupellen wil abgehen laſſen/ ſo hat doch das
Eiſen mit dem Bley keinen rechten ingreſs, ſondern wañ es mit Muͤhe darein gebracht/
es doch nicht darbey bleibt/ ſondern ſich alsbald wieder davon ſcheidet/ vnd oben auff ſe-
tzet/ als ein Schlacken/ vnd laͤſſt nicht mehr zuruͤck bey dem Bley/ als was es acciden-
taliter erlanget/ es ſelber aber gehet wieder ſo gut davon/ als es darzu kommen iſt; wie
dann auch das Zin ſolches thut: Die Venus aber/ ob dieſelbe ſchon nicht alſo auff dem
Bley auffſteiget/ vnd ſich davon ſcheidet/ ſo conjungiret ſie ſich doch auch nicht radicali-
ter, ſondern wird nur mit dem Bley zu einer fluͤſſigen Schlacken/ vnd gehet mit dem-
ſelben in die lockere Aſchen; (wie allbereit in meinem vierdten Theil Furnorum, vnd
Annotatione appendicis deutlich gehandelt iſt) derhalben das Bley allein das rechte
Bad der vnreinen Metallen nicht iſt/ ſondern muß ihm geholffen werden/ auff daß es
darauß werden moͤge. Vnd iſt ſolches leicht zu begreiffen/ wann man nur den Sachen
ein wenig nachdencken wil: dañ wie ſolte der Saturnus, welcher vor andern Metallen der
weichfluͤſſigſte/ ſich mit dem Allerhartfluͤſſigſten/ als dem Eiſen/ ſo leichtlich conjungiren
laſſen? Wahr iſts/ ſie nehmen einander an im ſchmeltzen/ doch gezwungen/ vnd auch nur
ſuperficialiter, vnd nicht radicaliter: Gleich als wañ man von Waſſer vnd Maͤhl einen
Brey kocht/ da das Waſſer von dem Maͤhl dicker/ vnd das Maͤhl von dem Waſſer duͤñeꝛ
wiꝛd/ vñ doch keins das andeꝛ recht angenom̃en/ ſondern das Waſſeꝛ ſich nur in das lockeꝛ
C c c 2Maͤhl
[388]Operis Mineralis
Maͤhl getrencket/ vnd daſſelbe zu einem Papp gemacht. Alſo es auch mit dem Eiſen vnd
Bley zu verſtehen/ welche ſich zwar im Feuer vermiſchen/ aber nicht alſo/ daß ſie deß
Feuers Gewalt gleicher weiſe außſtehen koͤnten: dann das Eiſen verlaͤſſt ſeine Natur in
einer ſolchen gemeinen Zuſammenſchmeltzung nicht/ ſondern bleibt ein hartfluͤſſiges
Metall; deßgleichen wird auch dem Bley ſeine Feuchtigkeit vnd Leichtfluͤſſigkeit da-
durch nicht geaͤndert/ ſondern bleibt ein jedwedes ſeiner Natur/ ob ſie ſchon zuſammen
in ein Stuͤck geſchmoltzen ſeyn: Wann man aber machen kan/ daß die beyde Metallen/
als das Bley vnd Eiſen/ gleiche Hitze zuſammen außſtehen koͤnnen/ ſo gibt ſich der Mars,
vnd laͤſſt dem Bley ſein bey ſich fuͤhrendes Gold folgen; deßgleichen wird durch deß Mar-
tis gradirten vnd hitzigen Sulphur das fluͤchtige verborgene Silber im Bley gezeitiget/
gradirt vnd corporaliſch gemacht/ alſo/ daß eines ſeine Guͤtigkeit vnd Kraft dem andern
folgen laͤſſt/ ſeinen Mangel erſtattet/ vnd alſo beyden dadurch geholffen wird. Dann/
ob man ſchon ein hartfluͤſſig Eiſen mit einem fluͤſſigen verbrennlichen Sulphure, oder
ſulphuriſchen Mineral, als Antimonio, Arſenico, oder Auripigmento zum Fluß ver-
meynt zu bringen/ ſo iſt es doch kein Fluß/ der eine Veraͤnderung macht/ ſondern bleibt
ein jedweders gleich wie es an ihm ſelber iſt/ ohn einige alteration. Gleich als wann
man Gold oder Silber mit einem Mercurio amalgamiret/ vnd vermeynen wolte/ man
haͤtte eine ſolution, ſo iſt es doch nichts/ dann der Mercurius hat ſich nur an das Gold
gehaͤnget/ vnd weichet auch gern wieder davon/ vnd laͤſſt das Gold ligen/ wie es zuvor
geweſen: wann man aber das Gold oder Silber mit dem Mercurio radicaliter wuͤſte
zu vereinigen/ ſo wuͤrde hernach keines das andere laſſen/ ſondern eines das andere im
ſtarcken Feuer verbeſſern vnd veredlern/ welches dann die andere Metallen auch thun/
wann ſie radicaliter vermiſcht ſeyn.
Moͤchte man fragen/ was dann ein radicaliſch oder geiſtliche Vermiſchung der
Metallen waͤre/ oder was ich dadurch verſtuͤnde? Deme gib ich zur Antwort/ daß die-
ſelbe alſo auß natuͤrlicher angeborner Liebe muͤſſen vereiniget ſeyn/ daß ſie gerne beyein-
ander bleiben/ Lieb vnd Leid zuſammen tragen vnd leiden/ auch keines vor dem andern
geſehen wird/ vnd zuſammen vnverhindert durch verſchloſſene Thuͤren vnd dicke Man-
ren gehen koͤnnen/ auch nicht das fluͤchtige im Feuer davon fliehe/ oder das Leichtfluͤſſige
ſich von dem Hartfluͤſſigen ſcheide/ durch das Geſchirꝛ krieche/ vnd das fixere oder hart-
fluͤſſigere zuruͤck/ als ein todte Schlacken/ ligen laſſe. Wie ſoll ich dann die Metallen
geiſtlich machen/ moͤchteſt du ſagen/ vnd radicaliter vereinigen? Soll ich dieſelben erſt-
lich in aqua fort, oder andern corroſiviſchen Spiritibus auffloͤſen/ vnd uͤber den Helm
treiben/ auff daß ſie fluͤchtig werden? Nein! gewiß ſolche Geiſtlichmachung iſt ein rech-
te verfuͤhriſche vnd Sophiſtiſche Arbeit/ welche viel tauſend Menſchen verderbt vnd ver-
hindert/ daß ſie zu nichts warhafftiges haben gelangen koͤnnen. Es widerrahtens doch
alle Philoſophi, daß man die Metallen mit corroſiviſchen Spiritibus ſolle vngemartert
laſſen/ dann dieſelbe durchauß nicht darmit verbeſſert/ ſondern in grund verderbet/ vnd
gantz getoͤdtet werden. Warumb ſoll man einem im Waſſer ertrunckenen Menſchen
noch
[389]Dritter Theil.
noch mehr Waſſer eingieſſen/ denſelben wieder dadurch lebendig zu machen? Jſt das
nicht dem Pferd den Zaum vnter den Schwantz gelegt? Es iſt ja kundbar genug/ daß
der vnvollkommenen Metallen ſuperfluum ein verbrennlicher vnd corroſiviſcher Sul-
phur ſey/ vnd je vnvollkommener vnd geringer dieſelben/ je mehr ſie ſolches Sulphuris
comburentis theilhafftig ſind. Wie dann allhier bey dem Marte genug zu ſehen/ daß
allein ſein Sulphur acidum ihn alſo degradirt/ vnd von aller Wuͤrde außgeſtoſſen hat:
Dann wann er nicht ſo viel ſolches groben vnd ſcharffen vitrioliſchen Sulphuris theil-
hafftig/ ſo wuͤrde er ſo leichtlich nicht roſtig/ vnd durch attrahirung eineꝛ gemeinen Feuch-
tigkeit in ſich ſelber zernaget vnd zerſtoͤret: vnd wann er nicht ſo leichtlich roſtig wuͤrde/
ſo waͤre er auch von jederman hoͤher gehalten/ vnd koͤnte zu beſſerm Gebrauch angewen-
det werden/ als nun. Ey moͤchteſt du ſagen/ ich glaube nicht/ daß ein ſolcher corroſivi-
ſcher Sulphur in dem Eiſen ſey/ wovon ſolte er ihm ſeyn herkommen? Man ſpuͤret ja
nicht/ daß ſolche Ertze oder Steine/ darauß das Eiſen geſchmeltzet wird/ mit ſolchem
Sulphure behafftet ſind/ wie iſt es dann ihm angeflogen? Wann ſchon das Ertz eines
ſolchen theilhafftig geweſen/ ſo haͤtte er doch im ſchmeltzen ſolche groſſe Hitze nicht außſte-
hen noch vertragen koͤnnen/ ſondern haͤtte ſich erheben vnd davonfliegen muͤſſen. O
Nein/ mein Lieber/ du verſteheſt der Metallen Natur vnd Weſen nicht/ vnd weiſt nicht
warumb die Natur dem Eiſen vnd auch andern vnvollkommenen Metallen einen ſol-
chen Sulphur gelaſſen; derſelbe iſt ihre Nahrung vnd dem beſſern Theil derſelben/ als ei-
nem embryoni gleichſam ihr involucrum vnd matrix, darinn ſich ein edele Geburt zei-
tigt/ vnd nach der Zeitigung heraußwickelt/ in Geſtalt eines reinen Metalls; dann die
Natur wil nicht/ daß das Eiſen ein Eiſen bleiben ſoll/ ſondern ihr intent iſt geweſen/
Gold darauß zu machen; weil aber der Bergmann darauff nicht warten kan/ vnd daſ-
ſelbige Eiſen alſo auch zu gebrauchen weiß/ ſo gibt er ihm ſolche Zeit nicht/ daß es Gold
werde/ ſondern gedenckt wie jener Fiſcher/ welcher ein klein vnd junges Fiſchlein fienge/
von welchem er gebeten wurde/ daß er es wieder ins Waſſer werffen/ vnd groͤſſer wolte
wachſen laſſen/ alsdann wieder fangen ſolte/ da es ihm die Schuͤſſel beſſer fuͤllen wuͤrde;
darauf der Fiſcher antwortet: Nein/ ich wil dich behalten ſo klein du biſt/ ich weiß nicht/
ob du mir an die Angel kommen moͤchteſt/ wann du groß worden biſt. Alſo thut auch der
Bergmann/ wartet nicht biß das Eiſen Gold wird/ ſondern gebraucht daſſelbe/ darzu es
jetzund nuͤtzlich iſt. Daß aber das Eiſen viel corroſiviſch Saltz bey ſich habe/ welches
das Schmeltzfeuer nicht verzehret/ iſt bekand genug/ vnd darffkeines weitern Beweiſes/
ſonderlich weil ich in annotationibus appendicis auch davon Meldung gethan. Auff
daß du aber ſeheſt/ daß ein Metall einen fluͤchtigen vnd verbrennlichen Sulphur in dem
groſſen Schmeltzfeuer defendiren vnd behalten koͤnne/ wil ich dirs hiermit deutlicher be-
weiſen. Das Gold/ welches allbereit zu ſeiner Vollkommenheit kommen/ vnd die Na-
tur einen ſolchen Sulphur comburens vnd Salacidum von ihme/ als einer zeitigen Ge-
burt/ abgeſondert hat/ ſuchet einen ſolchen verbrennlichen Sulphur oder Sal acidum vi-
triolatum nicht/ weil es deſſelben zu fernerem Vnterhalt auch nicht vonnoͤhten hat/ vnd
C c c 3wann
[390]Operis Mineralis
wann man ihm ſchon ſolches zuſetzt/ es doch denſelben nicht behaͤlt/ ſondern im Feuer
von ſich ſtoͤſſet/ vnd keine Gemeinſchafft mit ihm macht/ gleich wie die vnvollkomment
Metallen thun: Das Silber aber/ ob es ſchon noch nicht gantz vollkommen/ dennoch
vollkommener als die andere Metallen iſt/ derenthalen es noch mit einem ſolchen ſul-
phuriſchen Saltz Gemeinſchafft leidet/ alſo wann man ihm einen gemeinen Sulphur zu-
ſetzet/ es denſelben eine lange Zeit in groſſer Hitze defendiret vnd beſchirmet/ wie hernach
bey der Scheidung der Metallen weiters zu ſehen iſt. Thut nun dieſes das Silber/ als
beynahe ein zeitig Metall/ warumb ſolten dann nicht auch die andere Metallen/ die noch
vnvollkommener ſeyn/ ſolches lieber thun? Zu beſſerem Beweis/ ſo bringe ein ſulphu-
riſch Saltz in welches vnvollkommen Metall du wilt/ vnd ſetze es etliche Stunden in ein
groß Feuer/ ſo wirſt du befinden/ daß dein Metall denſelben bey ſich behalten/ vnd vor der
Gewalt deß Feuers beſchuͤtzt habe. Nimbt nun ein ſolches Metall/ davon allbereit ſol-
ches ſulphuriſch Saltz etlicher maſſen durch das Schmeltzfeuer von dem Bergmann
geſchieden/ wieder einen ſolchen an/ vnd beſchuͤtzet denſelben/ wie viel mehr ſchuͤtzet ein
Metall ſeinen ſelbſt eigenen/ dariñ es generiret worden: vnd ſonderlich vor allen andern
Metallen das Eiſen/ vnd traͤgt auch nicht allein groſſe Gemeinſchafft vnd Liebe zu den
ſulphuriſchen corroſiviſchen Saltzen/ wie geſaget/ ſondern auch zu den urinoſiſchen/
wann dieſelbe damit geſchmeltzet werden/ es dieſelbe/ wann es keine acida haben kan/ auß
einer magnetiſchen Krafft an ſich ziehet vnd beſchirmet: wie zu ſehen/ wann man mit
Eiſenfeilig ein Nitrum oder Sal tartari miſchet/ vnd in ein Schmeltzfeuer ſetzet/ daß die
Salien ſich bey dem Eiſen figiren/ vnd gegen das Feuer beſchuͤtzet haben. Welches in-
ſonderheit auffmerckens werth iſt/ vnd man billich auf ſolche Ding Achtung geben ſolte.
Auff daß ich nun wieder zu meinem Vorhaben ſchreite/ vnd beweiſe/ daß die vn-
vollkommene Metallen durch corroſiviſche Spiritus vnd Salien nicht allein nicht koͤnnen
verbeſſert/ ſondern viel mehr dadurch verderbet werden/ zeiget vns die taͤgliche Erfah-
rung/ vnd gegenwaͤrtiger friſcher Augenſchein/ daß nemlich alle diejenigen/ welche die
corroſiviſche Spiritus zu ihrer Arbeit in Verbeſſerung der Metallen gebraucht/ im ge-
ringſten nichts außgerichtet/ ſondern zu ihrem Schaden Zeit vnd Koſten vergeblich an-
gewendet haben. Hergegen diejenige/ welche andere menſtrua gebraucht/ die nicht cor-
roſiviſch geweſen ſind/ von Tag zu Tag weiters kommen/ vnd mehr gutes ſehen/ als ſie
geſucht; koͤnnen die Metallen ohne corroſiv auffloͤſen/ geiſtlich machen/ vnd dieſelbe
radicaliter vereinigen/ auff daß ſie im Feuer ineinander arbeiten/ vnd zu der Reinigkeit
vnd Vollkommenheit wircken vnd ſich veredlen: von welcher Geiſtlichmachung im fol-
genden ſechſten Capitel/ da Paracelſus derſelben auch gedencket/ ein mehrers ſoll gedacht
werden. Vnd wil hiermit ſchließlich von Marte geſagt haben/ daß derſelbe mit ſolchen
menſtruis muͤſſe gehandelt werden/ die nicht allein nicht corroſiviſch/ ſondern auch den
corroſiven zugegen/ vnd dieſelbige/ welche die Metallen im ſchmeltzen behalten haben/
toͤdten vnd abſcheiden/ auff daß ſie hinfuͤrter die Feuchtigkeit nicht mehr an ſich ziehen/
vnd dadurch roſtig werden vnd verderben/ ſondern viel mehr gegen alle corroſiven vnd
ver-
[391]Dritter Theil.
verbrennlichen Sulphur beſtehen/ vnd ſich defendiren koͤnnen. Daß ihm aber mancher
einbilden moͤchte/ wann man dem Eiſen durch ſolche Gegengifte ſeinen groben irdiſchen
vnd verbreñlichen corroſiviſchen Sulphur benommen/ daß er hernach mit ſeinem gan-
tzen Gewicht lauter gut Gold ſeyn ſolte/ das iſt auch nicht; dann deß guten in dem Marte
iſt ſehr wenig; vnd ſo viel edeler als das Gold gegen gemein Eiſen zu rechnen/ ſo viel ge-
ringer das uͤbrige Eiſen gegen dasjenige/ von welchem das Gold geſchieden/ zu rechnen
iſt/ vnd nichts anders als ein lautere vnachtſame Erden oder Schlacken/ deß metalli-
ſchen Fluſſes beraubet/ ſeyn kan. Ein Milch von einer Kuh oder anderem Thier/ wann
kein Waſſer darein geſchuͤttet wird/ iſt Milch/ vnd kan dafuͤr beſtehen/ gleichwol iſt ſie
bey weitem in ihrer Guͤte einer reinen vnd ſaubern außgearbeiten Butter nicht gleich zu
achten; vnd ſo viel als die beſte Milch gegen eine Butter geringer zu rechnen iſt/ ſo viel
geringer eine ſauere Milch/ wann ihr der Raam oben abgenommen/ gegen eine ſolche/
welche noch ſuͤß/ vnd denſelben noch bey ſich hat/ zu vergleichen iſt. Vnd wann man ei-
nem guten Wein ſeinen lieblichen vnd kraͤfftigen Spiritum per deſtillationem benimbt/
deſſen 1. Theil beſſer vnd edler iſt als 12. Theil deß Weins/ davon er gezogen/ ſo kan das
uͤbrige kein Wein mehr ſeyn/ ſondern muß nohtwendig ſo viel/ als ein gemeiner Wein
gegen deſſelben Spiritum zu rechnen iſt/ geringer ſeyn/ als ein anderer guter Wein. Alſo
ſoll es auch mit dem Eiſen vnd anderen vnvollkommenen Metallen zu verſtehen ſeyn/
daß dieſelbige/ wann man ihnen ihr Gold/ als eine animam, dadurch ſie ihre metalliſche
Geſtalt erlanget/ entziehet/ hernach kein geſchmeidig Metall mehr ſeyn koͤnnen. Dar-
umb man allezeit wol uͤberlegen ſoll/ wann man das Gold auß den vnvollkommenen/
geringen Metallen ſcheidet/ ob es auch ſo viel werth ſey/ als das Metall/ vnd andere
requiſita, welche zum Außziehen deſſelbigen gebraucht/ gekoſtet haben. Wann man
aber die geſeigerte Metallen hernach wieder zu anderen Dingen zu gebrauchen weiß/
ſo kan man deſto kecklicher ſein Vorhaben ins werck ſtellen/ vnd den Nutzen davon er-
warten.
Auff daß ich aber wieder auff Paracelſi Wort komme/ vnd wahr mache/ daß mit
Saturno der Mars zu Koͤniglichen Ehren ſteigen muͤſſe/ vnd ich aber im vorher gangenen
Diſcurs angezeiget/ daß dieſe beyde Metallen/ als das Weichfluͤſſigſte mit dem Hart-
fluͤſſigſten im ſchmeltzen keine Gemeinſchafft habe/ ſondern daß das Weichfluͤſſigſte eher
im Rauch hinweggehe/ als daß es das Hartfluͤſſigſte zum gleichen Fluß bringen ſolte.
Vnd weil man deß Bleyes zu eines ſolchen hartfluͤſſigen Metalls Seigerung/ als das
Eiſen iſt/ nicht wol entrahten kan/ ſo wollen wir die Sach ein wenig uͤberlegen/ vnd
ſuchen/ ob wirs finden moͤchten/ wie er darzu zu gebrauchen.
Der Saturnus iſt an ſich ſelber zwar ſehr leichtfluͤſſig vnd fluͤchtig/ kan aber auch
gar bald hartfluͤſſig vnd fix/ ohne Verlierung ſeines humidi radicalis oder metalliſchen
Natur/ gemacht werden/ alſo daß er gleiches Feuer mit dem Marte außſtehen moͤge;
wann er ſo weit gebracht/ ſo iſt er bequem/ eine Seigerung auff den Martem mit ihm
anzuſtellen Vnd ob man ſchon den Saturnum auff vielerley Weis hartfluͤſſig machen
kan/
[392]Operis Mineralis
kan/ ſo iſt doch dieſe die beſte/ welche durch fixa Salia geſchiehet/ ſonderlich weil dieſelbe
dem Sulphuri ſuperfluo im Marte zugleich entgegen ſeyn/ vnd auch ſich deſto lieber von
den Koͤnigen/ welche von dem Marte gefallen/ ſcheiden laſſen. Dann das Nitrum vnd
Sal tartari machen nicht allein den Saturnum hartfluͤſſig/ ſondern vereinigen auch an-
dere Metallen darmit/ vnd machen dieſelbe zugleich geiſtlich/ einem durchſichtigen vnd
ſolvirlichen Glas gleich/ welches/ wann es ſeine Zeit im Feuer außgeſtanden/ das agens
verzehret/ vnd das patiens genug gereiniget iſt/ ſich das reineſte Theil der geiſtlich-ver-
miſchten Metallen/ auß Krafft deß beyweſenden Saturni, zu boden ſetzet/ vnd von der
uͤbrigen vnnuͤtzen maſſa ſich ſcheidet/ alſo/ daß der gefallene Koͤnig/ wie hernach ſoll ge-
lehret werden/ leichtlich fein zu machen iſt/ vnd man nicht erſt die gantze maſſam durch
Niederſchlaͤge ſcheiden/ vnd in Koͤnige faͤllen darff/ ſondern der Saturnus allein auß ei-
gener Krafft/ wann es zeit iſt/ eine Scheidung oder Faͤllung deß reinen von dem vnrei-
nen bey den geiſtlich-vermiſchten Metallen zuwegen bringen kan.
Dieſes ſey nun genug geſagt/ wie durch den Saturnum auß dem Marte Gold
koͤnne geſchieden werden/ nemlich/ daß zuvor der Saturnus durch Salia figiret vnd hart-
fluͤſſig gemacht ſey/ auff daß er eine ſtarcke Feuersglut mit dem Marte außſtehen koͤnne/
vnd nicht muͤglich ſey/ daß man mit dem gemeinen Bley mit anſieden vnd abtreiben/
gleich bey Probirung der Ertz vnd Metallen gebraͤuchlich/ etwas darauß bringen moͤge;
dann der Mars, wie auch der Jupiter, bleiben im ſtarcken Feuer nicht bey dem gemeinen
Bley/ ſondern ſcheiden ſich davon/ vnd werden zu Schlacken/ wie ſolches allbereit im
1. Theil dieſes Buͤchleins auch erwehnet worden/ da der guͤnſtige Leſer nachſehen mag.
Weiters iſt zu wiſſen/ daß eine ſolche Seigerung/ auß dem Eiſen ſein verborgen
Gold zu ziehen/ auch mit dem Regulo Antimonii vnd Nitro geſchehen koͤnne/ vnd faſt
beſſer vnd fuͤglicher/ als mit dem gemeinen Bley. Daß aber allhier kein Recipe geſetzt/
vnd nicht der proceſs von Anfang biß zu Ende von Wort zu Wort beſchrieben wird/
wolle ſich niemand verwundern; dann wann ſolches geſchehen ſolte/ das Buch viel zu
groß werden/ vnd ich doch bey den Vndanckbaren nichts deſto mehr Lohn dafuͤr erlan-
gen wuͤrde; man laſſe ſich begnuͤgen/ daß ich ſo viel Anleitung gegeben/ auff was Weis
vnd Manier/ vnd durch welche Dinge ſolches zu thun muͤglich ſey: dann ich allhier den
Chymicis, die allbereit mit Feuer vnd Metallen wiſſen vmbzugehen/ vnd nicht den gantz
Vngeuͤbten/ oder gemeinen Waſſerbrennern/ dieſes Buͤchlein zu gefallen geſchrieben.
Doch ſoll es zu Ende der ſieben Regeln die vorhergangene Sachen beſſer zu erklaͤren/
vnd mit etlichen Proceſſen zu beweiſen/ nicht vnterlaſſen bleiben.
Vnd weil ich in dem 1. Theil dieſes Tractaͤtleins/ wie auch in andern Orten mei-
ner Schrifften/ dem Marti zugeſchrieben/ daß er nicht allein ſein Gold nicht gern von
ſich gebe/ ſondern auch die Natur vnd Eigenſchafft habe/ daß er das Gold/ ſo ihme im
Guß entweder mit Fleiß oder ohngefehr zugeſetzet/ verſchlucke vnd in ſich verberge/ alſo/
daß es ohne Verluſt nicht wieder darauß zu bringen: Alſo moͤchte mancher gedencken/
wie es dann muͤglich waͤre/ ſo leichtlich durch den Saturnum vnd Salien ſolches zuwegen
zu
[393]Dritter Theil.
zu bringen? Dieſer ſoll wiſſen/ daß eine ſolche Arbeit/ welcher allhier bey Außziehung
deß Golds auß dem Eiſen gedacht/ fuͤr kein gemeines Abtreiben/ ſondern fuͤr ein rechte
philoſophiſche Seigerung/ da der Mars durch den Saturnum vnd Salien wol auffge-
ſchloſſen/ wird zertheilet/ vnd gaͤntzlich von ſeinem harten vnd groben corpore entbun-
den zu halten ſey; Alſo daß ich dergleichen nach denckliche Proceſſen nirgends beſchrie-
ben geſunden. Vnd wiewol ich weiß/ daß ihrer hundert dieſes/ was ich allhier von Mar-
te geſchrieben/ leſen werden/ vnd nicht einer den Sachen weiters nachzudencken ſich be-
muͤhen wird; ſo ſage ich doch mit Warheit/ vnd bleibe darbey/ daß vnter dieſer meiner
beſchriebenen Arbeit etwas verborgen iſt/ daran viel gelegen/ vnd beſſer als Gold zu
achten iſt. Auff daß du aber deinen Kopff nicht daruͤber zubrechen/ vnd dich bekuͤmmern
moͤchteſt/ was ich hiermit wolte verſtanden haben/ ſo kan ich nicht vnterlaſſen/ daſſelbe
dir auch zu offenbaren: Nemlich wie ohn alle corroſiv auß dem Marte ein Saltz zu be-
reiten/ welches dem Gold ſeine Animam zu extrahiren Macht habe/ alſo/ daß es gantz
krafftlos vnd halb todt zuruͤck bleibe; der Mars aber alſo dadurch geſchwaͤngert/ daß er
hernach ein guͤlden Kind (wie ich mir einbilde) gebaͤren moͤge: das geſchwaͤchte Gold
aber hernach ſeine Farb vnd vorige Kraͤffte durch das Kupffer vnd Antimonium wieder
erlangen kan; davon andere Philoſophi auch geſchrieben/ nemlich/ daß Mars durch ſeine
groſſe Gewalt vnd Staͤrcke auch deß Koͤnigs nicht zu verſchonen/ vnd ihm auß ſeinem
innerſten Cabinett ſeine Kleinodien rauben/ vnd ſich damit ſtoltz zu machen vnterſtehen
doͤrffe. Wie dann auch der fuͤrnehme Philoſophus Sendivogius von ſolchem ſecreto
geſchrieben/ deſſen Worte alſo lauten: Noverunt Chymiſtæ ferrum in cuprum ſeu Vene-
rem ſine Sole mutare: Noverunt etiam è Fove facere Mercurium: Sunt \amp; aliqui, qui è
Saturno conficiunt Lunam: Sed ſi ſcirent his mutationibus Solis adminiſtrare naturam,
certè rem omni theſauro invenirent pretioſiorem. Propterea dico non ignorandum eſſe quæ
metalla invicẽ ſint conjungenda, \amp; quorum natura naturæ correſpondeat. Propterea unum
datur metallum, quod habet potentiam alià conſumendi; est enim ferè ut aqua eorum, \amp;
ferè mater: unica tantum res, humidum radicale, Solis videlicet \amp; Lunæ, reſiſtit ei, \amp; me-
lioratur per illud: Sed, ut detegam, Chalybs vocatur. Si undecies coit aurum cum eo, emit-
mittit ſuum ſemen, \amp; debilitatur ferè ad mortem uſꝙ concipit Chalybs, \amp; generat filium
patre clariorem: Postea cum ſemen jam nati imponitur in ſuam matricem, purgat illam,
\amp; facit milleſies aptiorem ad pariendum optimos fructus. Est \amp; alius Chalybs, qui aſſimi-
latur huic, per ſe à natura creatus, qui ſcit ex radiis Solis (mirabili vi \amp; virtute) elicere
illud, quod tot homines quæſierunt, \amp; operis noſtri principium est. Da ſieheſt du/ daß mit
dem Marte auch etwas Gutes außzurichten ſey/ wiewol er von jederman boͤs zu ſeyn ge-
halten wird/ wie er dann an ihm ſelber iſt/ wann er die Oberhand bekom̃t/ niemands/ ja
auch ſeiner hohen Oberkeit nicht/ verſchonet/ noch reſpectiret/ ſondern derſelben mit
Gewalt ihre langverborgene Schaͤtze abjaget/ vnd durch Buhlſchafft mit der Venere
wieder von ſich leget/ dadurch ſie in die Gemeine mit der zeit außgetheilet werden. Der
Koͤnig aber/ ob ihm ſchon durch die Gewalt deß Martis ſeine Schaͤtze abgezwungen/ vnd
D d der
[394]Operis Mineralis
er wegen Bekuͤmmernuͤß bleich vnd kranck dadurch wird/ wann er nur nicht gar getoͤd-
tet/ vnd noch das Leben behaͤlt/ darumb nicht alles verloren iſt; ſondern weil dieſelbe
(wann ſie nur nicht auß dem Land gefuͤhret worden) doch in ſeinem Reich bleiben/ vnd
vnter ſeine Vnterthanen diſpergiret werden/ von welchen er hernach ſich ſchon wieder
erholen/ vnd ſeinen vorigen Glantz vnd Herꝛlichkeit/ wann ſie ihm die gebuͤhrende Scha-
tzung bringen/ wieder erlangen/ vnd neue Schaͤtze ſamlen kan/ alſo/ daß er doch Koͤnig
iſt vnd bleibt.
Allhier weiß ich wol/ daß ich von den naſenweiſen Spoͤttern/ welche ihnen einbil-
den/ daß ſie viel verſtehen vnd wiſſen/ vnd doch deß geringſten im Licht der Natur nicht
theilhafftig/ werde herhalten vnd hoͤren muͤſſen/ als wañ ich deß Sendivogii Chalybem
auf das gemeine Eiſen vnbillich ziehen wolte/ welches Wort Chalybs doch nit nach dem
Buchſtaben ſolte verſtanden werden/ vnd Sendivogius etwas anders dadurch haͤtte
wollen zu verſtehen geben. Jſt aber nichts dran gelegen/ was geſchrieben iſt/ iſt geſchrie-
ben/ vnd nicht ohne Vrſach; dann ich wol weiß/ daß er kein gemein Eiſen dadurch/ wie
ich dann auch keines allhieꝛ verſtehe/ ſondern allein deß Eiſens innerſte vnd allerinnerſte/
ohne alle corroſiv bereitete/ vnd ſehr wenigen bekande magnetiſche Krafft vnd eſſentia,
welche vor allen andern Dingen die animam Solis liebet/ zu ſich ziehet/ vnd verwandelt/
damit wil verſtanden haben; dabey es auff dißmal beruhen ſoll.
Die vierdte Regel/ auff Veneris Eigenſchafft.
DIe andere ſechs Metallen habenVenerialle ihre Farben vnd Mittel
der Fluͤß mit Vnbeſtaͤndigkeit zu einem aͤuſſerlichen Leib gemacht.
Es waͤre aber Noht/ den Verſtand durch etliche Exempel zu bewei-
ſen/ wie man das ſichtige Ding durch das Feuer vnſichtbar/ vnd das
vnſichtbare ſichtbar vnd materialiſch machte. Alle verbrennliche Ding
ſind natuͤrlich durch das Feuer zu verwandeln/ auß einer Geſtalt in die
ander/ zu Kohl/ zu Rus/ zu Aſchen/ zu Glas/ zu Farben/ zu Stein vnd
zu Erden: Vnd die Erd iſt wieder zu bringen in viel neue metalliſche
corpora.Vnd ſo man ein verbrennt oder verlegens Metall find/ das
nimmer geſchmeidig/ ſondern ſproͤt/ vnd ſtaͤubt/ ſo mans ſchlaͤgt/ oder
bruͤchich iſt: Das ſoll man wol außgluͤhen/ ſo empfaͤhet es wieder ſei-
ne Geſchmeidigkeit.
Die Venus, ob ſie ſchon vor andern vnvollkommenen Metallen in vnd auſſer dem
Feuer geſchmeidig iſt/ vnd ſich arbeiten vnd handeln laͤſſt/ ſo iſt ſie doch deß verbrennli-
chen Schwefels nicht gantz frey/ ſondern radicaliter darmit verunreiniget/ alſo/ daß ſie
ohne Zuthun eines andern Sulphuris ſehr leichtlich mit kleiner Hitze zu einer ſcoria ſich
verbrennen vnd zerſtoͤren laͤſſt/ welche Zerſtoͤrung allein von dem verdreñlichen Sulphur,
deſſen ſie viel theilhafftig iſt/ verurſacht wird: Silber vnd Gold aber/ welche eines ſol-
chen verbrennlichen Sulphuris nicht theilhafftig/ hergegen wol ſicher ſeyn/ alſo/ daß die-
ſelbe/
[395]Dritter Theil.
ſelbe/ wie lang ſie auch in einer Glut ſtunden/ nicht zu Schlacken werden/ gleich als die
vnvollkommene Metallen: ſondern wann man dieſelben wolte zu einer Aſchen verbren-
nen/ man ihnen einen verbrennlichen Sulphur zuſetzen muͤſte: die vnvollkommene Me-
tallen aber/ weil ſie deſſelben allbereit mehr als zu viel bey ſich haben/ darumb ſie ſo leicht-
lich mit geringer Hitz zu Aſchen/ Pulver oder Schlacken werden/ welche Schlacken ſich
in durchſichtige vnd auch vndurchſichtige fluͤſſige (nach Art deß Metalls gefaͤrbte) Glaͤ-
ſer ſchmeltzen laͤſſt. Vnd ob ſchon ſolche Glaͤſer in geſchmeidige Metallen zu reduciren/
vnd das reducirte Metall ſo offt man wil wiederumb zu einer Aſche vnd Glas zu ſchmel-
tzen iſt/ ſo gehet dem Metall doch allemal in ſolcher Arbeit etwas ab/ welches ſich gantz
verbrennt/ vnd nicht wieder zu Metall hat werden koͤnnen/ alſo daß das Metall ohne ei-
nige Verbeſſerung verbleibt/ gleich als es von Anfang geweſen iſt: Wer aber die Me-
tallen durch zuthun ſolcher Dinge/ die nicht metalliſch/ aber doch Gemeinſchafft mit den-
ſelben haben/ als da ſind die Salien/ Sand vnd Steine/ in durchſichtige Glaͤſer ſchmel-
tzen kan/ der wird in der reduction allzeit ein beſſer Metall finden/ als er eingeſetzt hat.
Auff daß man mich aber recht verſtehe/ die Sach gruͤndlich begreiffen/ vnd ich meinem
Nechſten (zu welches beſten dieſes geſchiehet) recht dienen moͤge/ ſo wil ich es deutlicher
herfuͤrgeben. Paracelſus ſagt oben/ daß ein jedweders ſichtlich Metall ein Verberger
ſey der andern Metallen/ welche in ihme vnſichtlich verborgen/ vnd daß der Verberger
muͤſſe hinweg gethan werden/ wann die verborgene Metallen ſichtlich vnd greifflich wer-
den ſollen; welches uͤber die maſſen wol geſagt iſt/ vnd ich nicht wuͤſte/ wie mans einem
deutlicher fuͤrkeuen koͤnte: Die Wort ſind zwar kurtz/ aber doch deutlich vnd wol zu ver-
ſtehen/ vnd wird ihnen doch kein Glauben zugeſtellt; es leſens ihrer hundert/ vnd achts
oder glaubts doch kaum einer/ daß ſie etwas zu bedeuten haͤtten/ fahren alſo daruͤber hin/
als eine Gans/ welche mit kohtigen Fuͤſſen uͤber koͤſtliche Edelgeſteine hingehet/ dieſelbe
nicht kennet/ vnd in den Dreck tritt. Das macht der Menſchen Blindheit vnd Hoffart/
welche nicht zulaͤſſt/ die Warheit/ die ſo ſchlecht iſt/ zu erkennen. Haͤtte Paracelſus auff
Sophiſtiſche Weiſe lange vngruͤndliche Proceſſen/ da man etliche Monat daran zu la-
boriren gehabt/ dahin geſchrieben/ ſo haͤtte man vielleicht mehr darauff gehalten/ vnd
ſelbe zu verſuchen vnterſtanden: Weil er aber zu ehrlich geweſen ſeinen Nechſten auff
Jrꝛwege zu bringen/ vnd die Warheit mit wenig vnd deutlichen Woꝛten herfuͤr gegeben/
wird es nicht geacht. Jch habe mich offtermals nicht genug koͤnnen verwundern uͤber die
Thorheit vnd Blindheit der Menſchen/ wann ich ihre labores in ſolcher Kunſt habe an-
geſehen. Naͤrriſcher koͤnts einem nicht traͤumen/ als ſolche Leut mit den Metallen vmb-
gehen/ ſchreiben einander Proceſſen zu/ communiciren einander ihre vermeynte Secre-
ten/ welche zu beyderſeits nichts taugen/ vermeynt aber gleichwol immer einer von dem
andern auff ſolche Weis etwas zu erſchnappen/ vnd fuͤhret einer den andern in Schaden
vnd Koſten; halten laboranten/ die ihnen getreulich darzurahten/ vnd ſo viel in derglei-
chen Sachen wiſſen oder verſtehen/ als die Patronen/ vnd je laͤnger die Proceſſen/ je
lieber es ihnen iſt/ vnd je laͤnger ihnen ihre Sudel-Arbeit belohnet wird. Sie warnen
auch einander treulich/ daß ſie auch die rechte ſpecies zu dem Werck nehmen wolten/
D d d 2auff
[396]Operis Mineralis
auff daß nicht die Arbeit in Mangelung derſelben mißlingen moͤchte: Dann zu Gold-
machen gehoͤret ein rohter Weinſtein/ vnd auch ein Spiritus Vini, welcher von rohtem
Wein gemacht iſt/ vnd ja kein weiſſer; Zur Silber Arbeit darff man auch keinen rohten
nehmen ſondern muß allein weiſſer ſeyn; auch muß der Eſſig/ Brandtewein vnd Wein-
ſtein von Straßburg oder ſonſt von einem beſondern Ort kommen/ vnd iſt ſonſt keiner
tauglich. Wann dann die Kunſt nicht gluͤcken wil/ ſagen ſie: Der Eſſig iſt nicht vom
rechten geweſen/ vnd was dergleichen recht naͤrriſche Sachen mehr ſind/ die von dem
mehrern Theil Laboranten in ihrer Arbeit in acht genommen/ da ſie doch aller ſolcher
naͤrriſchen Dingen nicht noͤhtig/ wann ſie der Metallen Natur vnd Eigenſchafft ver-
ſtuͤnden; dann die Warheit in dieſer Kunſt/ ſagt Paracelſus, iſt ſchlecht vnd leicht zu
thun/ wird aber am allerwenigſten geglaubt vnd getroffen.
Die Metallen veraͤndern ſich nicht/ wann ſie nicht zuvor von ihrer metalliſchen
Geſtalt gebracht ſind: Dann wann ein Metall ſchon entweder fuͤr ſich allein/ oder mit
andern Metallen eine lange Zeit im Fluß gehalten wuͤrde/ ſo kan doch kein Metall alſo
corporaliſch dem andern zu huͤlff kommen/ oder daſſelbe verbeſſern; wann aber ein Me-
tall allein/ oder derſelben etliche zuſammen zerſtoͤret/ ein zeitlang das Feuer zu leiden ein-
geſetzt werden/ ſo kan es nicht fehlen/ es muß eine Verbeſſerung folgen. So lang das
Metall noch eine metalliſche Geſtalt behaͤlt/ ſo lang iſt ihme nicht zu helffen/ es muß ihm
ſein harter Leib zerbrochen/ vnd gleichſam zu Nichts gemacht werden/ wann eine Schei-
dung deß Reinen von dem Vnreinen folgen ſoll. Es muß nach rechter Chymiſcher
Art/ ohne corroſiv, mit ſeines Gleichen auffgeloͤſet/ vnd weit voneinander ze[r]theilt wer-
den/ auff daß ſich die beſſere vnd reinere Theile ſamlen/ vnd die Vnreinere abſcheiden
moͤgen. Wann ein Metall ſchon ein groſſe Hitze außzuſtehen gezwungen wird/ ſo halten
die Theile gleichwol beyſammen/ ſie bleiben entweder im Feuer/ wann ſie fix/ oder ſie rau-
chen davon/ wann ſie vnfix ſind/ weil der Natur Band dieſelbe haͤlt/ vnd vor einem ge-
meinen Feuer beſchirmet; ſo ihnen aber daſſelbe zerbrochen wird/ muͤſſen ſie ſich vnter die
Gewalt deß Vulcani ergeben/ vnd ihm gehorſam ſeyn/ wozu er ſie haben/ oder was er
auß denſelben machen wil/ zulaſſen. Es ſolten ſich ſolche Chymici, deren Arbeit ſo gar
nicht mit der Natur uͤbereinkoͤm̃t/ ſchemen/ vnd von den geringen Handwercksleuten
vnd Bauren lernen/ wie ſie zu ihrer Arbeit die Natur zu huͤlff nehmen vnd gebrauchen.
Ein Bauersmann/ wann er ſein Korn/ ſolches zu vermehren/ wil in die Erde ſaͤen/ ſo
iſt es ihm nicht gleich viel/ wie die Erde beſchaffen ſey/ ſondern er erwehlet zu einem jed-
wedern Korn einen wolgegrabenen vnd gemiſteten Acker/ vnd wirfft zu gewiſſer Zeit ſei-
nen Saamen darein/ auff daß es darinn verfaule/ zu nichts werde/ vnd dadurch ſich
multipliciren moͤge/ vnd laͤſſt darnach die liebe Sonn daſſelbe durch ihren warmen vnd
erquickenden Regen zur Vollkom̃enheit außzeitigẽ/ vnd weiß gar wol/ daß ſein Korn erſt
in der Erden verfaulen/ vnd ſeine Geſtalt verlieren muß/ ehe es ſich vermehren kan. Er
weiß auch wol/ daß er daſſelbe/ wann es zur vollkommenen Reiffe kommen/ nicht auff
dem Feld laſſen/ ſondern abſchneiden/ vnd durch die Wurffſchauffel das beſſere/ welches
am
[397]Dritter Theil.
am ſchwereſten vnd weiteſten hinaußfaͤllt/ von dem Leichtern vnd Geringern/ welches
zuruͤck am naͤhſten bey der leichten Sprew bleibt/ zu ſcheiden. Welches ihn die Erfah-
rung vnd langer Zeit uͤbung gut vnd nohtwendig zu ſeyn gelehret hat. Welches der
Chymicus in ſeiner Metall-Arbeit auch in Acht nehmen ſolte: Dann ein Metall deß
andern Acker ſeyn kan/ darinn es verfaulet/ vnd einen andern vnd beſſern Leib darauß
an ſich nimmet: wann ſolches geſchehen/ er auch den neuen Leib von den fecibus, auß
welchen er ſich colligiret vnd formiret hat/ davon zu ſcheiden/ vnd das Beſte/ nemlich
das Schwerſte/ von den leichten Spreuern/ durch deß Vulcani Wurffſchauffel zu ſe-
pariren/ Verſtand habe. Welche beyderſeits Verbeſſerung allein die vorhergehende
Faͤulnuͤß oder Zunichtsmachung der Leiber verurſachet. Eine Baͤuerin/ wann ſie den
beſten vnd reinſten Theil/ als die Butter/ von dem groͤbern/ als Waſſer vnd Kaͤß/ ſchei-
den wil/ ſo ſetzt ſie dieſelbe an einen warmen vnd ſtillen Ort/ auff daß ſich der beſſere Theil
oben auff/ vnd der geringere vnter ſich begeben koͤnne/ welche Theile ſie dann voneinan-
der ſcheidet; vnd weil der beſſere Theil noch nicht gantz rein/ braucht ſie ihre Kunſt wei-
ters/ vnd thut den Raam in ein beſonder Faß/ darinn ſie denſelben ſo lang beweget vnd
vntereinander klaͤppert/ biß eine Scheidung geſchehen/ vnd ſich wieder das Reinere von
dem Vnreinern ſepariret hat; welches dann Butter auß Milch gemacht heiſſt. Wann
nun die Baͤuerin ihre Hand vnd Kunſt nicht darzu gethan/ es haͤtte auß der Milch/ wie
lang ſie auch geſtanden/ keine Butter werden koͤnnen. Vnd wañ ſolches nicht ſo bekand
vnd gemein waͤre/ wer wolte glauben/ daß Butter in der Milch waͤre. Vnd geſchiehet
allhier ſolche Scheidung der Butter von der Waͤſſerigkeit allein wegen der ſchnellen
Bewegung/ dadurch ſich die Milch erwaͤrmet; vnd wann es ſich bißweilen nicht ſcheiden
wil/ ſo gieſſen ſie warm Waſſer darzu/ welches ſo wol wegen der Naͤſſe geſchiehet/ die
ſich mit der andern/ welche in der Milch iſt/ vermiſchet/ vnd zu der Scheidung befoͤrdert/
als durch ſeine Waͤrme/ welche der agitation zu huͤlff koͤm̃t/ vnd die Waͤrme vermehret/
dadurch die Scheidung deſto eher folge.
Daß dieſes grobe Exempel/ wie es von den Vnwiſſenden moͤchte angeſehen wer-
den/ nemlich das beſte Theil von der Milch zu ſcheiden/ allhier nicht vergeblich allegiret/
ſondern dadurch Anleitung gegeben/ wie auff dergleichen Weiſe auch auß den vnvoll-
kommenen Metallen ihre guͤldiſche vnd ſilberiſche Milch/ oder beſſere Theil derſelbigen/
durch zuthun eines mineraliſchen warmen Waſſers/ vnd deß Feuers agitation zuwegen
koͤnne gebracht werden/ wolle niemand zweiffeln. Gleich wie ſich das warme Waſſer/
wann es zu der Milch gethan wird/ mit der Waͤſſerigkeit die in derſelben iſt/ vermiſchet
vnd ſolcher zu huͤlff koͤm̃t/ daß ſie dasjenige/ was ihr nicht gleich iſt/ als die Butter/ von
ſich ſtoſſen moͤge; wie dann auch die Butter auß der Milch ohne agitation, ſondern
allein durch zuthun deß Waſſers vnd zuſammenkochens zu ſcheiden/ nicht vnbekand iſt:
Alſo auch auß den Metallen auff ſolche Weis/ wann ſie mit ihrem Waſſer lang bey dem
Feuer gekocht werden/ ihr beſter Theil kan geſchieden werden: Dann weiln ſolche an ſich
ſelber compacte corpora ſind/ vnd im Fluß (ob ſie ſchon noch ſo lang drinn erhalten
D d d 3wuͤr-
[398]Operis Mineralis
wuͤrden) eben ſo wol compact bleiben/ vnd auß eigener Krafft weder boͤſes noch gutes
von ſich werffen koͤnnen/ vnd man alſo nicht wiſſen kan/ ob Gold oder Silber darinn ſey/
ſo iſts von noͤhten/ daß man denſelben auch Waſſer zuſetze (wie bey der Milch geſchehen)
vnd dieſelbe lang darmit koche/ auff daß ſich das Metall darinn zertheile/ auß ſeiner
compacten metalliſchen Natur dadurch gebracht/ vnd durch deß Feuers agitation das
reinere Theil von dem vnreinern geſchieden werde; welches reinere Theil aber der Me-
tallen ſich nicht oben auff/ wie bey der Milch geſchehen/ ſondern nach metalliſcher Art/
als etwas Koͤnigliches zu boden ſetzet/ welcher Koͤnig/ wann die mixtur in Gießpuckel
gegoſſen/ vnd darinn erkaltet/ von der Schlacken muß ſepariret/ vnd auff der Cupellen
vollends rein vnd fein getrieben werden.
Was aber dieſes fuͤr Waſſer ſeyn/ die zu ſolcher Arbeit bequem/ vnd eine Schei-
dung in den Metallen verurſachen/ iſt noͤhtig zu wiſſen; vnd weil daſſelbe die Metallen
auffzuloͤſen ſoll Macht haben/ ſo muß es auch Gemeinſchafft mit deuſelben haben/ vnd
derſelben Freundſchafft vnd Verwandnuͤß/ oder auff daß ichs deutlicher gebe/ derſelben
aller Auffſchlieſſer vnd Probirer ſeyn/ welches der alte Saturnus bey ſich traͤgt/ vnd leicht-
lich darauß kan bereitet werden: Dann ein gemeiner Saturnus, ob er ſchon von allen
Philoſophis darfuͤr außgeruffen/ daß er der Metallen Waſcher ſey/ (vnd doch das ge-
meine Abtreiben auff der Cupellen nicht dadurch zu verſtehen) wie er dann auch in der
That ſolches beweiſen kan/ ſo taugt er doch alſo compact in metalliſcher Geſtalt gantz
nichts darzu/ ſondern ſoll vnd muß zuvor ſelber erſt ein Waſſer werden/ wann er andere
Metallen zu Waſſer machen ſoll; welches auch leichtlich ohne ſonderbare Koſten zuwe-
gen zu bringen/ alſo daß man in etlichen Stunden ein ſolche Arbeit/ nemlich denſelben zu
Waſſer zu machen/ vnd mit demſelben Waſſer die Metallen zu waſchen/ verrichten kan/
davon hernach bey dem Saturno in dem folgenden Capitel/ wie auch andern/ ein mehrers
ſoll geſagt werden. Vnd dieſes iſt noch noͤhtig dabey zu wiſſen/ wann man Kupffer mit
dem Bleywaſſer ſolviret/ vnd ſeine Zeit zuſammen digerirt/ daß das Waſſer mit der
Zeit durch die Hitze deß Feuers außtrucknet/ vnd das ſolvirte Metall hart wird/ oder
aber gar einen metalliſchen Leib wieder annimbt/ derowegen man allezeit die ſolution
in rechter Duͤnne/ durch Zuthun neues Waſſers/ erhalten muß/ (welches die Philoſo-
phi inceriren nennen) auff daß die action oder operation nicht verhindert werde. Vnd
wann es uͤberſehen wird mit der inceration, ſo iſt doch nicht alles verloren/ ſondern
bleiben ſchoͤne Amauſen oder gefaͤrbte Glaͤſer/ vnd ſonderlich gibt das Kupffer ein blut-
rohtes Glas/ damit man nicht allein irdene Geſchirꝛ ſchoͤn mahlen vnd glaſuren kan/
ſondern iſt auch den Glasmahlern gut zu gebrauchen/ welches vor dieſem auch iſt bekand
ge weſen/ wie man dann ſolcher rohten gemahlten Glaͤſer in alten Kirchen findet/ vnd ei-
ne lange Zeit darfuͤr iſt gehalten/ als wann ſolche Kunſt gaͤntzlich verloren/ vnd nicht
mehr zu finden waͤre; iſt aber ohne Zweiffel nicht ohngefaͤhr verloren/ ſondern mit Fleiß
verſchwiegen worden von denjenigen/ die darmit vmbgangen/ vnd befunden/ was wei-
ters darmit außzurichten iſt: dann ein ſolches rohtes Amaus, wann es ſeine Zeit in ſtar-
ckem
[399]Dritter Theil.
ckem Feuer erhalten wird/ einen Koͤnig von ſich ſetzet/ welcher im abtreiben gut Silber
iſt: doch iſt es beſſer/ wann man auß dem Kupffer Silber waſchen wil/ daß man kein
roht Amaus darauß werden laſſe/ ſondern allzeit mit dem inceriren anhalte/ auff daß es
nicht in die Roͤhte komme/ ſondern ein durchſichtige gruͤne ſolution verbleibe/ ſo lang
biß die Venus gewaſchen iſt.
Was ſonſten andere Philoſophi, vnd inſonderheit Joh. Iſaacus von den Amauſis
geſchrieben/ iſt nicht zu verwerffen/ ſondern ſehr nuͤtzlich vnd nachdencklich/ wie auß deß
Iſaaci Worten zu ſehen/ welche alſo lauten: Scies vitrum hoc quod na conficitur, ſimile
eſſe corpori glorioſo: quiafeces metalli vitrum fiunt, quæ prius nigrum, immundum, im-
purum corpus erant. Ac ſub eo corpore latet quinta eſſentia metalli, quæ incombuſtibilis
est, ac lucet per corpus vitreum, ſuo pretioſo colore: Quemadmodum anima die noviſſimo
in corpore gloriſicato lucebit, velut lucerna poſita in laterna cryſtallina: ac una anima
multo clarius lucebit quam alia, prout Deo placebit. Ac alius alio multò elegantius ac cla-
rius corpus habet. Vnd bald hernach ſchreibet er alſo von den reducirten Amauſen: Si
fuerit Mars aut Venus, munda ac puraſunt, ita ut non amplius ſitu aut rubigine infeſten-
tur, ac à ſuis focibus vacuaſunt.
Si verò Jupiter fuerit, fœtor ac ſtridor ei ademptus, estꝙ́ mundus ac fortis ut Luna.
Si Luna, fixa est: ſi Sol, medicina, ac ſi Saturnus fuerit Luna est.
Dieſes aber von ſolchen Amauſis zu verſtehen/ welche in Geſtalt durchſichtiger/
nach Art deß Metalls gefaͤrbter Glaͤſer; jene aber/ welche geiſtlich ſind/ vnd ſich in dem
Waſſer ſolviren/ davon oben Meldung geſchehen/ dieſen vorzuziehen ſind. Vnd iſt
auch dieſes allhier noch zu mercken/ daß nicht allein die Venus vnd andere Metallen
durch deß Saturni Waſſer zu ſolvirlichen vnd vnſolvirlichen Glaͤſern vnd Amauſen zu
machen/ ſondern es kan daſſelbe auch ſonſten durch zuthun reiner Kießling vnd Salien
geſchehen/ welche viel edler vnd ſchoͤner/ als jene die durch den Saturnum gemacht/ an
Farben vnd ſchoͤnem Glantz/ aber nicht ſo gut in Seigerung derſelben/ weil das ſolvens
nicht metalliſch iſt/ vnd nach der Reinigung ſo gar keinen Koͤnig ſetzen wil/ als mit dem
Bleywaſſer geſchiehet.
Es kan auch der Veneri ihr Sulphur ſuperfluum comburens auff noch andere
Weiſe/ ohne zuthun deß Bley- oder Kießlingwaſſers benommen/ vnd rein gewaſchen
werden/ nemlich durch den Salpeter: wann die Venus, oder ein ander vnvollkommen
Metall/ zum oͤfftern ſich darmit entzuͤndet vnd brennet/ ſich allemal das beſſere Theil
zuſammen begibt/ vnd der anzuͤndliche Sulphur in ſolcher Arbeit in Geſtalt einer Schla-
cken ſich davon ſcheidet.
Es kan auch ſolches Waſch- oder Seigerwerck durch andere fixe Salien geſche-
hen/ aber durch keine ſo wol/ als durch das Bleywaſſer. Zum Beſchluß ſoll der Kunſt-
ſuchende nachrichtlich wiſſen/ daß dasjenige/ was allhier von der Venere geſchrieben/
ob es ſchon nicht weitlaͤufftig mit zierlichen Worten dargegeben/ daß gleichwol viel gu-
tes darinn verborgen ſey/ wie die nachfolgende Capitel ſolches beweiſen ſollen.
Die
[400]Operis Mineralis
Die fuͤnffte Regel/ auff deßSaturniArt/ vnd
ſeine Eigenſchafft.
ALſo ſprichtSaturnusvon ſeiner ſelbs Natur: Sie haben mich fuͤr ih-
ren Probierer alle ſechs von ihnen außgemunſtert/ vnd von der geiſt-
lichen Statt geſtoſſen/ haben mir die Wohnung mit einem zerſtoͤrli-
chen Leibe zugeworffen. Dann was ſie nicht ſeyn/ noch haben wollen/
das muß ich ſeyn. Meine ſechs Bruͤder ſind geiſtlich/ darumb ſie mei-
nen Leib/ ſo offt ich fewrend bin/ durchgehen/ vnd ich in dem Fewer
vergeh/ alſo vergehen ſie auch mit mir: Ohne zwey die beſten/Solvnd
Luna,durch meine Waſſer ſaͤuberend ſich gar ſchoͤn/ vnd werden ſtoltz:
Mein Geiſt iſt das Waſſer/ das da auffweichet alle gefrorne vnd ſtar-
rende Coͤrper meiner Bruͤder: Aber mein Leib iſt der Erden ſo geneygt/
was ich in mich faſſe/ wird auch der Erden aͤhnlich/ vnd von vns zu ei-
nem Leib gemachet. Es waͤre nicht gut/ daß die Welt wuͤſte oder
glaubte/ was in mir iſt/ vnd was ich vermag. Viel beſſer waͤre es/ ſo
ſie ſolches mit mir thun koͤndte/ das mir můglich iſt/ ſie lieſſe alle andere
Kuͤnſt der Alchimey ſtehen/ vnd brauchte allein was in mir vnd mit
mir außzurichten iſt. Der Stein der Kaͤlte iſt in mir/ das iſt mein Waſ-
ſer/ mit dem ich geſtehen vnd erfrieren mach die Geiſte der ſechs Me-
tallen zu leiblichen Weſen deß ſiebenden/ das iſt/SolmitLuna promovirẽ.
Antimonium,Spießglaß/ das iſt zweyerley: Eins iſt das gemeine
ſchwartzeAntimonium,dadurch man das Gold laͤntert vnd reiniget/
wann man es darein vermenget vnd durchgehen laͤſſet: Vnd dieſer iſt
deß Bleyes nechſte Freundſchafft/ oder ſeines Geſchlechts. Das an-
der Spießglaß iſt das weiſſe/ vnd heiſt auchMagneſiaoder Conterfeyt/
Wißmuht/ das iſt deß Zinns nechſte Freundſchafft/ vndargumentiret
mit anderm Spießglaß vermengetLunam.
Allhier haben wir den Saturnum, darauß ein ſolches Bad gemacht/ deſſen im vor-
her gehendem Capitel gedacht/ darinn die Venus vnd andere Metallen gewaſchen wer-
den/ vnd iſt ſeiner zweyerley/ nemlich der gemeine vnd das Antimonium, davon ich all-
bereit in meinen andern Buͤchern geſchrieben/ da der guͤnſtige Leſer nachſuchen kan.
Welche beyderley Bley zu ſolchem Waſchwerck zu gebrauchen/ doch das eine beſſer zu
dem einen als zu dem andern Metall dienſtlich iſt.
Was die Venerem anbelangt/ die gern ins gemeine Bley gehet/ ſo kan ſie wol
mit dem gemeinen Bleywaſſer gewaſchen oder geſeigert werden; der Mars vnd Jupiter
aber gantz nicht; dann ſie nicht bey dem gemeinen Bley in ſtarckem Feuer bleiben/ ſon-
dern ſich oben auff ſetzen/ vnd als ein Schlacken vngewaſchen davon gezogen werden;
das Antimonium aber dargegen dieſelbe gern zu ſich nimbt/ bey ſich behaͤlt/ vnd in dem
Bad
[401]Dritter Theil.
Bad waſchet/ welches dem gemeinen Bley vnmuͤglich: Darumb ſehr gut/ daß auſſer
dem gemeinen Bley auch das ander iſt/ auff daß man diejenige Metallen/ die keine Ge-
meinſchafft mit dem gemeinen Bley haben/ auch waſchen vnd ſeigern moͤge.
Vnd iſt freylich wahr/ was Saturnus allhier ſaget/ daß die Welt nicht glaubet/
was in ihm verborgen/ auch nicht gut waͤre/ daß ſie es wuͤſte. Sein Leib iſt gar zerſtoͤr-
lich/ vnd wann ihm andere Metallen zugeſetzet werden/ er dieſelbe mit ihm der Erden
gleich macht/ außgenommen Gold vnd Silber/ die ihm widerſtehen/ vnd ſich durch ſein
Waſſer ſaͤubern/ wie bey dem Abtreiben der Metallen zu ſehen/ daß/ wann Kupffer/
Eiſen oder Zin damit auff die Cupellen geſetzt werden/ ſie mit dem Bley zu Glett oder
Schlacken werden/ vnd zugleich in die Lucke von Aſchen gemachte Cupellen einkriechen
vnd zu einer Erden werden: welches allein der verbrennliche Sulphur bey gedachten
Metallen/ welcher dem im Bley gleich iſt/ verurſachet. Das Gold vnd Silber aber/
weil ſie eines ſolchen verbrennlichen Sulphuris nicht theilhafftig/ wol von dem zer-
ſtoͤrlichen Sulphure deß Bleys vnangefochten bleiben/ vnd von ihme nicht zur Erden
oder Aſchen koͤnnen verwandelt werden/ vnd alſo auff der Cupellen ſtehen bleiben.
Sonſten wil Paracelſus allhier etwas anders zu verſtehen geben/ wann er von der
Verwandlung deß Saturni mit andern Metallen/ redet/ vnd iſt ein groſſes Geheimnuͤß/
ſo wol zur Univerſal (wie ich mir einbilde) als zur Particular-Transmutation der Me-
tallen durch den Saturnum, (welche mir etlicher maſſen bekand) darhinder verborgen.
Sonſten kan auch der Saturnus, gleich wie er der andern Metallen Waſſer iſt/ vnd die-
ſelben waͤſchet/ eben ſo wol von Salien/ die ſein Waſſer ſind/ welches ich hernach bewei-
ſen wil/ gewaſchen werden.
Es wolle ſich aber allhie niemand verwundern/ daß ich ſo kurtz abbreche bey dem
Saturno, vnd von ſeiner Natur vnd Weſen nicht weitlaͤufftiger ſchreibe/ der ich doch ſo
viel von ihm halte vnd zuſchreibe. Es iſt allbereit in den vorhergehenden Capiteln ſei-
ner Natur vnd Eigenſchafft ſchon etlichmal gedacht/ vnd wird auch derſelben in den
folgenden noch mehr gedacht werden/ darumb nicht noͤhtig/ ein Ding ſo vielmal zu wie-
derholen/ ſondern wird ein Capitel das ander außlegen vnd erklaͤren/ darzu auch meine
andere Tractaͤtlein (da ich vom Saturno geſchrieben) darneben koͤnnen geleſen werden;
vnd iſt kein Zweiffel/ durch oͤfftere Wiederholung derſelbigen Schrifften/ meine Mey-
nung genugſam werde verſtanden werden.
Was Paracelſus vom Vnterſcheid deß Antimonii (hinter dieſem Capitel an-
gehaͤngt) ſchreibet/ iſt an ſich ſelber klar vnd wol zu verſtehen/ vnd darff keines außle-
gens/ dann das gemeine Bley/ vnd das Antimonium ſchwartz Bley von den Philoſo-
phis, (wiewol ſie wegen ihres Sulphuris in ihrer Natur vngleich) Wißmuth aber/
graw vnd Zinweiß Bley von den alten Bergleuten ſind genennet worden; uͤber welche
Namen allhier nicht ſoll disputiret/ ſondern den Alten ihre Meynung davon gelaſſen
werden.
E e eDie
[402]Operis Mineralis
Die ſechſte Regel/ vonLunavnd ſeiner Art vnd
Eigenſchafft.
WOlte einerLunamzu Bley oder Eiſen machen/ ſo darffs gleich ſo
groſſe Muͤhe vnd Arbeit/ als du wilt mit groſſem Nutz vnd Reich-
thumb außMercurio, Jove, Marte, Venere, Saturno Lunammachen: dann
es iſt nicht noht/ auß den guten Dingen ſchlechte zu machen/ ſondern
auß ſchlechten Dingen gute zu machen. Auch muß man wiſſen/ was
doch fuͤr eine Matery dieLunaiſt/ oder von wem es kom̃t. So einer ſol-
ches nicht weiß zu bedencken oder zu erfragen/ iſt ihm vnmuͤglichLu-
namzu machen. Frage. Was iſt dannLuna?Es iſt auß den ſechs Me-
tallen/ die da geiſtlich in ihme verborgen ſeynd/ ſelbſt das ſiebend Me-
tall/ aͤuſſerlich/ leiblich vnd materlich. Dann allweg das ſiebend hat
die andern ſechs Metall geiſtlich in ihm verborgen/ wie offt gehoͤret
iſt; Auch die ſechs geiſtlichen Metallen moͤgen nicht ſeyn ohne ein aͤuſ-
ſerlichs materlichs Metall: So mag auch kein leiblichs Metall ohne
die ſechs geiſtlichen nicht ſeyn/ noch ſtatt haben mit ihrem Weſen.
Die ſieben leiblichen Metallen werden wol auch zuſammen gereimt
oder vermiſcht/ aber es dienet nicht zu Gold oder Silber zu machen.
Nach derſelbigen Vermiſchung bleibt ein jedes Metall nach ſeiner Art
beſtaͤndig/ oder fluͤchtig im Feuer; deß nimb ein Exempel: Vermiſch
wie du magſtMercurium, Jovem, Saturnum, Martem, Venerem, Solem, Lunam
alle zuſammen/ ſo wird darumbSolvndLunadie andern fuͤnff Metall
nicht in ſich verwandeln/ alſo daß ſie alle vonSolevndLunazuSolvnd
Lunawuͤrden: Ob ſie ſchon alle ſieben in ein Stuͤck gegoſſen ſind/ ſo
bleibt doch ein jedes das es iſt/ in ſeiner Natur: Solches iſt von der
leiblichen Vermiſchung zu verſtehen Von der geiſtlichen metalliſchen
Vermiſchung vnd Gemeinſchafft iſt das zu wiſſen/ daß keine Schei-
dung/ auch keine Toͤdtung der Geiſter iſt: dann es ſind Geiſter/ die da
nim̃ermehr ohn ein Leib ſeyn moͤgen. Vnd ob man ihnen in einer Stund
hundertmal den Leib naͤhme vnd toͤdtet/ ſo haͤtten ſie doch allwegen
wieder einen andern Leib/ vnd edler dann ſie vorhin gehabt haben.
Vnd dieſes iſt die uͤberſetzung der Metallen/ von einem toͤdten zu dem
andern/ das iſt/ von ſchlechtem Grad zum beſſern vnd hoͤheren/ das iſt
Luna,vnd vom beſſeren zu dem allerbeſten/ das iſtSol,das allerdurch-
leuchtigſte vnd Koͤniglichſte Metall.
Es iſt auch noch wahr vnd allwegen wahr/ wie vor offt geſagt iſt/
daß allwegen die ſechs Metallen das ſiebende gebaͤrend oder von ihnen
außgeben/ zum greifflichen vnd ſichtlichen Weſen.
Frag.
[403]Dritter Theil.
Frag.
So es nun alſo iſt/ daßLunavnd auch ein jedweders Metall allwe-
gen von den andern ſechſen geuhrſachet vnd gemacht wird: Was iſt
dann ſeine Eigenſchafft/ vnd wie iſt es genaturt?
Antwort: AußMercurio, Jove, Marte, Venere, Saturno, Solemag nichts
anders oder kein ander Metall gemacht werden dannLuna.Die Vrſach
kom̃t da her/ daß der andern Metall ſechs ſind/ vnd hat ein jedes zwo
guter Tugenden/ das werend in Summa zwoͤlff Tugend: Dieſe Tu-
genden ſind der Silbergeiſt/ das mit kurtzen Worten alſo zu erkennen
iſt. Das Silber iſt von den ſechs geiſtlichen Metallen vnd ihren Tu-
genden/ der jedes zwo hat/ vnd in Summa zwoͤlff ſind/ zuſammen in
ein leiblichs Metall geſetzt/ vnd iſt vergleicht den ſieben Planeten/
vnd zwoͤlff Zeichen deß Himmels. DannLunahat vom PlanetenMer-
curiovnd vom ♒ vnd ♓ den Fluß/ vnd ſeinen lichten weiſſen Glantz.
☿ ♒ ♓. Auch ſo hat ☽ vom ♃ ♂ ♉ die weiſſe Farb/ vnd eine groſſe Be-
ſtaͤndigkeit wider das Feuer. ♃ ♂ ♉. ☽ hat vom ♂ vnd vom ♋ vnd ♈
die Haͤrtigkeit vnd ſeinen guten Klang. ♂ ♋ ♈. ☽ hat vom ♀ vnd von
♊ vnd ♎ die Mas dercoagulationvnd Geſchmeidigkeit. ♀ ♊ ♎. ☽ hat
vom ♄/ ♑ vnd ♍ den gediegen Leib mit der Schwerichkeit. ♄ ♑ ♍.
☽ hat von ☉ vnd vom ♌ vnd der ♏ die lautere Reinigkeit vnd groſſe
Beſtaͤndigkeit wider die Macht deß Feuers. ☉ ♌ ♏. Jſt alſo natuͤrlich
erklaͤrt mit der Kuͤrtze/ was die Erhebung vnd Vrſach deß Silbergeiſts
vnd Leib iſt/ mit ſeiner zuſammen geſetzter Natur vnd Weſenheit.
Noch iſt das zu melden/ was die metalliſchen Geiſter anfaͤnglich
in ihrer Geburt/ ſo ſie erſtlich von deß Himmels Einfluß zu der Erden
kommend fuͤr ein Matery an ſich nehmen/ nemlich ein armes Koht/
ein Stein: dann ſo kom̃t der Bergmann oder Knapp/ der zerſchlaͤgt
vnd zerbricht den Leib deß Metall-Geiſts/ der Schmeltzer zerſtoͤret
vnd toͤdtet dieſen Leib gar mit dem Feuer: dañ ſo nimbt der metalliſch
Geiſt in ſolcher Toͤdtung einen andern beſſern Leib an ſich/ der gedie-
gen/ nicht bruͤchich/ ſondern geſchmeidig iſt: dann ſo kom̃t der Alchi-
miſt/ vnd zerſtoͤrt/ toͤdtet vnd bereitet ſolchen metalliſchen Leib kuͤnſt-
lich: ſo nimbt dann der metalliſch Leibgeiſt aber einen andern edlern
vnd vollkommenern Leib an ſich/ der ſich aͤuſſerlich erzeiget/ es ſey dañ
SoloderLuna,alsdann ſind beyde metalliſche Leib vnd Geiſt vollkom̃-
lich vereint/ vnd von dem zerſtoͤrlichen Element deß Feuers wol ſicher/
vnd vnverzehrlich darinn.
Jn dieſem ſechſten Capitel wiederholet Paracelſus ſeine in den vorhergehenden
E e e 2Ca-
[404]Operis Mineralis
Capiteln offterwehnte Wort/ nemlich/ daß ein jedweder ſichtlich Metall ein Verberget
der andern in ihme geiſtlich verborgenen Metallen ſey; vnd lehret vns/ daß es vnmuͤg-
ſey/ corporaliſche Metallen (wann ſie ſchon noch ſo lang beyſammen flieſſen) zu ver-
beſſern/ ſondern ſolches in geiſtlicher Geſtalt muͤſſe verrichtet werden: welches dann an
ihm ſelber dielautere Warheit iſt/ vnd ich zuvor auch ſchon etlichmal angezogen/ vnd
ſolches der rechte Weg zur Transmutation zu ſeyn/ geſchrieben habe. Wie oder auff
was Weiſe aber ein ſolche Geiſtlichmachung vnd Vermiſchung der Metallen geſchehe/
lehret er nicht von Wort zu Wort/ welches auch nicht noͤhtig/ daß man dem Faulen/
der nicht ſuchen wil/ alles kaͤue vnd einſtreiche. So viel aber ſage ich/ daß es mit der Me-
tallen Geiſtlichkeit/ davon allhier gedacht wird/ ein ſolche Beſchaffenheit habe/ nemlich
daß Paracelſus nicht haben wil/ daß man dieſelben in corroſiviſchen Spiritibus ſolvire/
vnd durch langer Zeit digeſtion den Spiritum wieder zum oͤfftern davon ziehe/ vnd das
Metall darmit uͤber den Helm ſuche zu fuͤhren; gantz nicht. Dieſe Geiſtlichmachung
die er meinet/ geſchicht nicht durch corroſiven/ dadurch die Metallen nur mehr verder-
bet/ vnd nicht verbeſſert werden; vnd auch nicht in Glaͤſern/ ſondern in Tiegeln/ inner-
halb wenig Stunden/ ohne corroſiv, alſo daß dieſelbe ſo rein vnd zart werden/ daß man
in vnd auſſer dem Feuer dadurch hin ſehen kan/ vnd in einem jedwedern Waſſer zer-
ſchmeltzen. Dieſes/ mein Lieber/ iſt die rechte Geiſtlichmachung der Metallen/ die mit
Nutzen geſchiehet/ wañ ſie dieſe oberzehlte Eigenſchafften hat/ welche ſonſt von andern
Philoſophis der Metallen prima materia genant/ aber zu vnſern Zeiten ſehr wenigen
bekand. Dann vnſere jetzige Laboranten von keinen anderen metalliſchen Geiſtern
wiſſen/ als von denen/ die ſich durch zuthun frembder vnd ſchaͤdlicher Dingen uͤber den
Helm vnd Retorten treiben laſſen/ die doch zur Metallen-Verbeſſerung gantz nichts
taugen/ wie die Erfahrung genug außweiſet bey denen/ die lang darinn geſudelthaben.
Vnd ob ſchon die aͤltere Philoſophi ſchreiben: Fac fixum volatile, \amp; volatile fixum;
ſo wollen ſie doch nicht verſtanden haben/ daß man die Metallen in die Hoͤhe auff ſubli-
miren ſoll/ von welcher ſublimation oder deſtillation ſie gantz nichts gewuſt haben/
ſondern haben ihre metalliſche Arbeiten/ als ſolutionem, putrefactionem, deſtillatio-
nem, ſublimationem, calcinationem, incerationem, cohobationem vnd fixationem
zugleich in einem irdenen Geſchirꝛ/ ohne zuthun corroſiviſcher Dingen/ zu verrichten
gewuſt/ vnd ſich mit ſo vielerley naͤrriſchen laboribus, die in Glaͤſern geſchehen/ vnd
zum Werck vntuͤchtig ſind/ nicht geſchleppet/ davon an einem andern Ort ein mehrers
ſoll gedacht werden.
Man leſe vnd uͤberleſe fleiſſig dasjenige/ was Paracelſus allhier zu End deß Ca-
pitels ſchreibet/ ſo wird man finden/ daß er vom ſchmeltzen vnd nicht vom deſtilliren in
Glaͤſern gedencket/ ſondern anweiſet/ wie der Metallen Geiſt erſtlich ſo ein geringe Ge-
ſtalt habe/ (als ein Stein oder Koht) wann er von dem Geſtirn herunter in die Erde ge-
wircket wird/ welche der Bergmann zerbricht/ vnd in einem ſtarcken Feuer zerſchmel-
tzet/ dadurch er ein beſſere Geſtalt erlanget/ vnd ein geſchmeidig Metall wird/ darbey ers
muß
[405]Dritter Theil.
muß beruhen laſſen/ weil er nicht weiters damit fort kan. Darnach aber/ ſagt Paracel-
fus, kommet der Alchymiſt/ vnd zerſtoͤret/ toͤdtet vnd bereitet denſelben metalliſchen Leib
kuͤnſtlich/ ſo nimbt dann der zerſtoͤrte vnd geiſtlich-gemachte Leib einen andern/ edlern
vnd beſtaͤndigern Leib in ſolcher Arbeit an ſich/ vnd wird dann Gold oder Silber genen-
net/ nach dem er ſeine Reiffe erlanget. Die Luna, ob ſie ſchon reiner vnd edeler als das
Kupffer/ Eiſen/ Zin vnd Bley/ ſo hat ſie doch ihre Reiffe noch nicht erlanget/ ſondern
iſt gegen das Gold zu rechnen als eine Blume/ die zwar edler vñ beſſer iſt als das Kraut/
gleichwol nicht ſo hoch vnd gut geachtet als der Saame deß Krauts/ welcher das voll-
koͤm̃lichſte Theil deß Gewaͤchſes iſt/ deme das Gold zu vergleichen. Vnd gleich wie bey
allen vegetabiliſchen Gewaͤchſen die Bluͤt oder Blume mit ſchoͤnerer Farbe begabet als
der Saame oder Frucht/ alſo auch die Luna viel mehr tincturæ bey ſich hat vnd gibt/ als
das Gold ſelbſten/ welches ich zum oͤfftern erfahren/ vnd auff vielerley Weiſe/ wann es
noͤtig waͤre/ darthun koͤnte. Hergegen aber/ ob ſchon eine Blume mit ihrer ſchoͤnen Ge-
ſtalt/ Farb/ vnd lieblichem Geruch dem Saamen oder der Frucht vorgehet/ ſo wird ſie
doch im uͤbrigen/ nemlich an der Guͤte vnd Beſtaͤndigkeit/ dem Saamen bey weitem
nicht gleich geachtet/ vnd billich; dann die Blume faͤllt von einem harten Wetter abe/
vnd vergehet; der Saame aber kan ſich halten/ vnd wann ihm geholffen/ wieder ein an-
der Kraut mit Blumen vnd Saamen fortbringen/ alſo daß durch ihn ſein Geſchlecht
erhalten vnd fortgepflantzt wird/ welches die Blume nicht thun kan. Vnd gleich wie
bey den vegetabiliſchen Gewaͤchſen allzeit deß groben Krauts ein groͤſſerer Theil iſt/ als
der Blumen/ vnd der Blumen mehr als deß Saamens; Alſo auch bey den minerali-
ſchen Gewaͤchſen die Natur ein ſolche Ordnung haͤlt/ welches alles wol vnd gut iſt; dañ
wann die Natur lauter Blumen vnd Saamen wolte herfuͤrbringen/ vnd kein grob
Gras/ womit ſolte man der Kuh den Bauch ſtopffen/ dadurch ſie dem Bauersmann
Miſt machen koͤnte/ den Acker zu tuͤngen/ ſeinen Saamen/ zur Fortpflantzung deß Ge-
waͤchſes/ darein zu ſaͤen.
Daß es aber wahr ſey/ daß in der Luna mehr Farb verborgen als im Gold/ iſt kein
Zweiffel/ dann ſein innerſtes ein lauter Roͤhte/ deß Goldes innerſtes aber ein gantz be-
ſtaͤndige vnd klare Blaue/ darauff zu mercken.
Was ſonſten deß Silbers andere Eigenſchafften ſind/ iſt nicht noͤhtig weiters da-
von zu ſchreiben/ dann jederman bekand iſt/ daß es nach dem Gold vnter den Metallen
das feineſte vnd beſtaͤndigſte/ vnd in den metalliſchen Gewaͤchſen der Bluͤht zu verglei-
chen ſey; iſt von der natur deß verbrennlichen vnd raͤuberiſchen Sulphurs gantz befreyt/
aber nicht gar zur Vollkommenheit außgezeitiget; iſt ein ſehr bequem vehiculum, auß
den fluͤchtigen vnd vnzeitigen Marcaſiten/ vnd andern guͤldiſchen Berg-Arten/ ihr Gold
darauff an ſich zu ziehen/ vnd corporaliſch zu machen; davon ich allbereit vor dieſem
geſchrieben/ vnd hernach auch ein mehrers folgen wird.
E e e 3Die
[406]Operis Mineralis
Die ſiebende Regel/ vonSolevnd ſeiner Art
vnd Eigenſehafft.
DAs ſiebende Metall auß den ſechs geiſtlichen/ iſt leiblich das Gold/
vnd iſt an ihm ſelbs nichts anders/ dann ein lauters Feuer. Daß es
aber aͤuſſerlich ein ſchoͤner/ gelber/ ſichtbarlicher/ greiff licher/ ſchwe-
rer/ kalter vnd gediegener Leib zu ſehen vnd zu empfinden/ iſt die Vr-
ſach/ daß es diecoagulationder andern ſechs Metallen in ihm hat/ da-
mit es verfaſſt vnd behafftet iſt zu einem aͤuſſerlichen Leib. Daß es
aber von dem elementiſchen Feuer geſchmeltzet wird/ iſt das die Vr-
ſach: Es hat den Fluß vonMercurio,vom Fiſch vnd Waſſermann in
ihm geiſtlich verborgen: Das ſpuͤret man auch darbey aͤuſſerlich/ daß
ſich derMercuriusam allerliebſten mit dem Gold verhafftet vnd vermi-
ſchet leiblich.
Daß aber das Gold nach der Schmeltzung/ ſo die Hitz ablaͤſſet/
vnd die Kaͤlte aͤuſſerlich zufaͤllt/ wieder hart/ das iſt/coagulirtvnd ſtar-
rend wird/ iſt der andern fuͤnf Metallen Art vnd Vrſach in ihm/ das iſt/
vonJove, Saturno, Marte, VenerevndLuna.Jn dieſen fůnff Metallen hat
man am meiſten die kalten Wohnungen mit ihrem Regiment/ darumb
mag das Gold auſſerhalb deß Feuers Hitz keinen Fluß haben/ von we-
gen der Kaͤlte. Es mag ihm auchMercuriusmit ſeiner Hitz/ Natur vnd
Fluß nicht helffen oder erretten wider die fuͤnff Metallen die kalt ſind/
daß die HitzMercuriigenugſam waͤre/ das Gold im Fluß zu erhalten.
Darumb muß das Gold den fuͤnff Metallen mehr Gehorſam leiſten/
dann dem einigen MetallMercurio.DerMercuriushat auch kein anders
Ampt in ihm ſelbſt/ dann daß er allweg im Fluß ſtehet: Darumb hat
er in dercoagulationder andern Metall nichts zu ſchaffen/ vnd iſt nicht
ſein Art/ hartſtehend oder ſtarrend zu machen/ ſondern zu flieſſen ma-
chen. Das Flieſſen-machen iſt eine Natur der Hitze vnd deß Lebens:
Aber kaͤlten iſt eine Natur der Haͤrtung/ der Erſtarrung vnd der Vn-
beweglichkeit/ vnd iſt dem Tod vergleicht.
Das Exempel iſt alſo: So man die ſechs Metallen die da kalt
ſeyn/ zu Fluß wil bringen/ es ſey denn ♃/ ♀/ ♄/ ♂/ ☽/ ☉/ ſo muß das mit
der Hitz deß Feuers geſchehen: dann mit Schnee vnd Eiß/ ſo kalt ſeyn/
mag man die Metall nicht ſchmeltzen/ ſondern haͤrten. Vnd ſo man die
Metall mit Feuer in Fluß bringt/ ſo bald dann das Feuer von ihnen ge-
than wird/ ſo faͤllt die Kaͤlte ein in das Metall/ vnd wird von Stund
an hart vnd ſtarrend darvon vnd todt/ vnd bleibt vnbeweglich. Weil
dann nunMercuriusallwegen im Fluß vnd lebendig iſt/ ſo ſag nun an/
ob
[407]Dritter Theil.
ob er von Hitz oder von Kaͤlte lebendig iſt? Wird er ſprechen/ er iſt kal-
ter vnd feuchter Natur/ vnd von Kaͤlte ſey er lebendig: ſo iſt er ein ſol-
cher/ der es ſagt vnd dafuͤr haͤlt/ nicht ein Erkenner der wahren Na-
tur/ ſondern wird mit dem gemeinen Poͤfel verfuͤhrt vnd betrogen.
Dann der gemeine Poͤfel haͤlt vnd glaubt nur falſch von allen Dingen/
darumb muß man ſich davon ziehen/ wil man die Warheit recht er-
ken nen. DannMercuriusiſt nicht von Kaͤlte/ ſonden von Hitz vnd Feu-
ers Natur lebendig/ vnd auch ein jedes lebendiges Ding iſt Feuer.
Dann die Hitze iſt deß Lebens/ vnd die Kaͤlte deß Tods Vrſachen. Daß
aber das Gold an ihm ſelbs ein lauter Feuer iſt/ vnd doch nicht leben-
dig/ ſondern hart/ vnd erzeigt allein die Farb deß Feuers/ als gelb vnd
roht vermiſcht in ihm: Vnd die fuͤnf kalte Metallen ſind dieſe/ ♃/ ♂/ ♄/
♀ vnd ☽/ die geben dem Gold ihre Tugend/ nach der Kaͤltin den Leib/
nach dem Feuer die Farben/ vnd nach der Troͤckne die Haͤrtung/ vnd
nach der Feuchtigkeit die Schwere/ vnd von Glantzigkeit den Klang.
Daß aber das Gold in dem Element deß irdiſchen Feuers nicht ver-
brennt/ noch zerſtoͤrt wird/ iſt das die Vrſach davon/ die Beſtaͤndig-
keit deß Golds. Es mag ein Feuer das ander nicht verbrennen oder
verzehren/ ſondern ſo Feuer vnd Feuer zuſammen kommen/ wirds nur
je groͤſſer vnd ſtaͤrcker in ſeiner Wirckung. Das him̃liſche Feuer/ das
von der Sonnen einfleuſſt bey vns/ oder im Erdreich gewircket wird/
iſt nicht ein Feuer/ wie es im Himmel iſt/ iſt auch nicht wie vnſer Feuer
auff Erden: Sondern das him̃liſche Feuer iſt bey vns ein kaltes/ ſtar-
rendes vnd gefrorens Feuer/ vnd diß iſt der Leib deß Goldes/ darumb
mag man dem Gold mit vnſerm Feuer nichts abgewinnen/ dann allein
daß man es darmit zertrennet vnd flieſſend macht/ gleich wie die Soñ
den Schnee/ vnd das gefroren Eiß vnd Waſſer auffweicht vnd flieſ-
ſend macht. Vnd darumb iſt dem Feuer nicht Gewalt gegeben/ Feuer
zu verbrennen/ dieweil Gold ſelbſt Feuer iſt. Jm Himmel iſtsreſolvirt,
aber bey vnscoagulirt.
Das Gold iſt in dreyerley Stand mit ſeinem Weſen:
- 1. Him̃liſch
- 2. Elementiſch
- 3. Metalliſch
- reſolvirt.
- fluͤſſig.
- leiblich.
Ende der ſieben Regeln.
NVn kommen wir zu dem alleredelſten vnd Koͤniglichen Metall dem Gold/ welches
Paracelſus einem lautern Feuer vergleicht/ wie es dann auch iſt/ vnd mans erfaͤh-
ret/ wann es anatomiret wird/ welches auch eines Saamens Natur iſt/ hitziger zu ſeyn
als
[408]Operis Mineralis
als das Kraut vnd Blumen. Was ſoll man aber von ſeiner Verbeſſerung ſchreiben/
deren es nicht von noͤhten hat/ weil es ſchon auffs hoͤchſte kommen iſt/ vnd die Natur
daſſelbe weiter zu bringen nicht vermag. Wann ja etwas beſſers darauß ſolte koͤnnen
gemacht werden/ ſo ſolte es eine Medicin werden muͤſſen; dann beſſer Metall von kei-
nem Menſchen niemal iſt geſehen worden. Wann ein Kraut vnverhindert in einem
fruchtbaren Erdreich durch die warme Sonn zur Vollkommenheit außgezeitiget wird/
vnd nunmehr der Saame reiff worden/ ſo bleibt es in ſolcher Geſtalt nicht ſtehen/ ſon-
dern das Kraut verdorret/ vnd der Saame faͤllt auß; wann man aber denſelben zu rech-
ter Zeit außmachet/ ſo kan derſelbe lange Zeit gut bleiben/ vnd nach Gefallen wieder in
die Erde geſaͤet/ vnd ſeines Geſchlechts gleichfoͤrmige Kraͤuter herfuͤrbringen/ oder er
kan zu deß menſchlichen Geſchlechts Geſundheit/ vnd ſonſt auſſer dieſem zu nichts ſon-
derlichs gebraucht werden. Alſo auch mit dem Gold zu verſtehen/ wann daſſelbe (weil
es aufs hoͤchſte kommen) weiters nutzen ſolte/ ſo muͤſte ſolches entweder ein medicinam,
oder als ein metalliſcher Saame wieder in ſein behoͤrlich metalliſches Erdreich geſetzet/
darinn verfaulen/ ſich darauß vermehren/ vnd endlich ein metalliſch Gewaͤchs geben
koͤnnen. Daß ein gute Medicin darauß auff vielerley Weiſe werden kan/ iſt bekand ge-
nug/ aber doch nicht gemein; daß aber daſſelbe (einem vegetabiliſchen Saamen gleich)
ſich auß den vnvollkommenen Metallen/ als ſeiner Erden/ vermehren koͤnne/ lehret
allhier Paracelſus, vnd bekennens noch viel andere Philoſophi auch; vnd nicht allein
dieſes zur Particular-Verbeſſerung/ daß es in ſolcher Arbeit ſeines Gleichen auß den
vnvollkommenen Metallen zu ſich ziehen/ vnd ſich darauß vermehren koͤnne/ geglaubt
wird; ſondern daß auch auß ihm ſein innerſte wachſende Krafft vnd reineſter Theil/ nach
Ablegung ſeiner Huͤlſen/ darmit es noch bekleidet iſt/ durch die Geſchicklichkeit eines er-
fahrnen Naturkuͤndigers der Metallen koͤnne ſepariret/ vnd zur pluſquamperfection
gebracht werden/ (ob es ſchon dem mehrern Theil hart vorkoͤm̃t/ dannoch wann man
nicht halsſtarriglich die gantze philoſophiſche Schaar luͤgenſtraffen wil) im geringſten
nichts daran zu zweiffeln.
Moͤchte jemand ſagen: Solte man an ſolchem Werck/ daran ſich ſo viel Men-
ſchen verbrant/ vnd vergebliche Muͤhe vnd Koſten verloren/ nicht zweiffeln; ja gar mit
dem groſſen Hauffen ſagen/ daß es nur Traͤume/ vnd ein falſches Vorbringen der Phi-
loſophen/ vnd keine Warheit waͤre. Solchen Thomas-Bruͤdern/ wann ihr Vnglau-
ben nur nicht auß einem neidiſchen vnd hoffaͤrtigen Hertzen herruͤhrete/ waͤre es wol zu-
zugeben/ weil ihr Talentum ſo weit nicht reichet/ ein ſolches groſſe Geheimnuͤß zu ver-
ſtehen. Wie kan ein Blinder von Farbenreden/ der ſein Lebtag keine geſehen? Woyer
koͤnte einer ſagen/ daß das Feuer warm vnd das Waſſer naß waͤre/ wann er dieſelbe nie-
maln angetaſtet haͤtte. Alſo koͤnnen auch diejenige nicht vrtheilen von Dingen die ihnen
vnbekand/ vnd nichts davon erfahren haben. Daß mancher vergebens darinn geſu-
delt/ ſolches zu erfahren/ kan die Warheit der Kunſt darumb nicht vmbſtoſſen. Es wird
da hin nimmermehr kommen/ daß ein jedweder/ der nur ein Feuer anblaſen kan/ zu ſol-
cher
[409]Dritter Theil.
cher vngemeinen Kunſt gelangen ſolte. Dieſer aber/ welcher mit groſſem Fleiß vnd
Koſten der Metallen Natur durchs Feuer zu vnterſuchen nicht geſcheuet/ ſolches wol
begreiffen vnd glauben kan: Wie ich dañ ſelber (der ich doch noch niemaln Hand an ein
ſolch wichtig Werck geſchlagen) ſolches in rerum natura zu ſeyn bekenne vnd vnzweiffel-
hafftig glaube: Dann ich in andern metalliſchen laboribus allbereit ſo viel geſehen/ daß
ein ſolche Medicin zu bereiten der Kunſt zu thun muͤglich ſey/ vnd auch/ wann mir Gott
das Leben wird friſten/ vnd nicht daran verhindert werde/ einmal mein Gluͤck daran zu
verſuchen mir vor genommen habe.
Was ſonſten deß Goldes Eigenſchafft ſey/ vnd wie daſſelbe zu guten Medicamen-
ten zu bereiten/ iſt allbereit an vnterſchiedlichen Orten meiner Schrifften gedacht/ vnd
davon gehandelt/ ſoll auch hernach an ſeinem bequemen Ort noch ein mehrers davon
gedacht werden; darbey es auff dißmal beruhen/ vnd das Buͤchlein von den ſieben Re-
geln der Metallen geendet.
Deus \amp; Natura nihil fruſtra faciunt.
DJe ewige Statt aller Dingen/ ohne Zeit vnd ohne Anfang vnd oh-
ne End/ iſt gantz weſentlich uͤberall: Es wircket dakein Hoffnung
auff iſt/ vnd das vnmuͤglich geſchaͤtzt wird/ das da nur vnverhofflich/
vnglaublich/ vnd gar verzweiffelt iſt/ wird wunderbarlich wahr
werden.
Nachdem nun Paracelſus ſeine ſieben Regeln von der Metallen Eigenſchaff-
ten geendiget/ faͤngt er wieder an ſeine Meynung etlicher maſſen zu wiederholen/ vnd
ſich noch beſſer zu erklaͤren/ vnd troͤſtet den Laboranten/ daß er darumb nicht zweiffeln
ſoll/ wann es ihm nicht alsbald in ſeiner Arbeit gluͤcket/ ſondern mit gutem Verſtand
darinn fortfahren; Dann die Natur thue nichts vergeblichs/ koͤnne am allererſten wahr
werden/ da man am allerwenigſten daran geglaubt/ wie dann ſeine Wort an ſich ſelber
deutlich genug ſeyn.
Item,nun mercket die Stuͤckſuper Mercurium
vivum.
ALles das/ was da weiß faͤrbt oder macht/ iſt deß Lebens Natur/
deß Lichtes Eigenſchafft vnd Krafft/ die das Leben verurſacht
vnd macht. Zu dieſer Bewegung iſt das Feuer mit ſeiner Hitz ſein Ge-
burt. Vnd alles das da ſchwartz faͤrbt oder macht/ iſt deß Todes Na-
tur/ der Finſternuͤß Eigenſchafft vnd Krafft/ die den Tod verurſacht.
Zu dieſer Erſtarrung iſt die Erden mit der Kaͤltin ſeinecoagulationvnd
fixation.Das Haus iſt allwegen todt/ aber der Einwohner iſt lebendig
Feuer. Findeſt du ſeine Exempel recht zu gebrauchen/ ſo haſt du ge-
wonnen.
F ffAllhier
[410]Operis Mineralis
Allhier redet Paracelſus von dem Mercurio, vnd gedencket deß Feuers/ welches
mit ſeiner Hitze deß Lichtes vnd Lebens/ das ſchwartzfaͤrbende aber deß Todes Vrſach
ſeyn ſolle/ dabey ersverbleiben laͤſſt; vnd alſobald darauff dieſe wenige vnd doch nach-
denckliche Wort ſetzet:
Pingues adole Verbenas.
Nimb 8. Loht Salniter/ 4. Loht Schwefel/ 2. LohtTartari,ver-
miſchs/ laß flieſſen.
Nun faͤngt ſich an das Klagen der Alchymiſten/ weil Paracelſus von einer ſo gu-
ten Materi ſchreibet/ vnd doch ſo bald davon abbricht/ darzu ein ſolches Recept dahin
ſetzet/ welches/ nach ihrer Meynung/ ſich gantz vnd gar nicht zu dem Mercurio ſchicket/
ſondern eben darzu reime/ gleich als eine Fauſt auff ein Aug. Er wil vns ja vexiren vnd
verfuͤhren/ ſetzet vns daher zum Mercurio ein gut Fließpulver/ darmit man ſonſten hart-
fluͤſſige Metallen zu reduciren pflegt/ welches er doch nicht noͤhtig/ weil er auß eigener
feuriger Krafft vnd angeborner Hitze vorhin allzeit flieſſt/ vnd wir dieſes ſeines Fluſſes
darzu nicht von noͤhten haben; haͤtte er vns darfuͤr hingeſetzet wie er zu coaguliren oder
zu figiren waͤre/ das wolten wir lieber gehoͤret/ vnd ihm ſein gut Fließpulver gerne ge-
laſſen haben. Solche Leute aber ſolten uͤber ihre Vnachtſamkeit/ vnd nicht uͤber Para-
celſum, der es gut gemeynet/ klagen. Es entſchuldigen ihn ſeine kurtz vorhergegangene
Wort/ da er ſagt/ daß Gott vnd die Natur nichts vergeblichs thue. Darmit er anzei-
gen wil/ daß man ſich nicht verwundern ſoll uͤber dieſes Fließpulver/ als wann es nicht
zum Mercurio gehoͤrte/ weil er vorhin flieſſt/ vnd deſſelben nit vonnoͤhten haͤtte/ vnd nur
dahin geſetzet/ die Alchymiſten darmit zu vexiren; welches doch nicht iſt/ ſondern Para-
celſus ſolchen ſchnellen Fluß vnd ſeine Wirckung auff die Metallen beſſer gekant/ als
derjenige/ welcher daruͤber geklaget; (dann er bey allen Metallen viel vnglaubliche Nu-
tzen ſchaffen kan/ wann man denſelben nur zu gebrauchen weiß) vnd darumb ſolchen
dahin geſetzet/ auff daß man ſeine gewaltige Krafft/ die er gegen die Metallen vermag/
erlernen ſolle; wie dañ ſeine vorne vorhergangene Wort vns darzu ermahnen. Er wir-
cket da kein Hoffnung auff iſt/ das vnmuͤglich geſchaͤtzet wird/ das da nur vnverhofflich/
vnglaublich/ vnd gar verzweiffelt iſt/ wird wunderbarlich wahr werden. Warumb ſol-
te Paracelſus dieſes vngeheure Feuer hieher geſetzet haben/ wann es nicht daher gedient?
Es hat ohne Zweiffel dem Mercurio ſeine Fluͤgel darmit abzubrennen/ vnd ihme das
wegfliegen zu wehren gewuſt: Dann dieſes Feuer/ ob ich ſchon den Mercurium nicht
weiß darmit zu figiren/ oder ihme das fliegen zu wehren/ ſo habe ich doch Wunderding
(ſowol bey andern Metallen/ als bey dem Mercurio) darmit außgerichtet vnd erfah-
ren: Dann wann die Metallen auff eine philoſophiſche Weis darmit conjungiret/
ſublimiret oder deſtillirt werden/ geben ſie wunderbarliche menſtrua, vnd ſonderlich der
Mercurius. Es ſtehet allhier: Pingues adole Verbenas. Dieſe Wort ſolt man alſo
vnachtſamlich nicht laſſen voruͤber gehen/ ſondern wol betrachten/ was Paracelſus dar-
mit habe andeuten wollen. Es iſt ja bekand genug/ daß der Sulphur ſuperfluum bey den
vnvollkommenen Metallen allein die Vrſach ſey ihrer Vnedelheit/ welchen dieſes Feuer
zu
[411]Dritter Theil.
zu verbrennen Macht hat. Daß aber darumb ein jedweder ſolches alsbald damit ſolte
thun koͤnnen/ iſt nicht muͤglich/ es gehoͤrt groſſer Fleiß vnd uͤbung darzu/ wann man
den Icarum (welcher mit ſeinem Vatter Dædalo wolte fliegen lernen/ vnd der Sonnen
zu nah kommen/ davon ihm die Fluͤgel verbrennt/ vnd er herunter in das Meer gefallen)
in dem Waſſer wil vertrincken ſehen. Hiermit genug; dem Gelehrten iſt gut predigen.
Laſt vns weiters fortſchreiten.
Was von dercoagulation Mercuriizu halten ſey.
ES iſt auch gar nicht/ daß man bedarffMercuriumtoͤdten vndcoagu-
liren/ vnd dann erſt zuLunammachen/ oder viel Arbeit daran legen
mitſublimiren vnd andern Sachen. Dann es iſt nur eine Verſchwen-
dungSolisvndLunædas in ihm iſt. Es iſt wol ein ander viel naͤherer
Weg/ darmitMercuriuszu ☽ wird/ gar mit kleinerm Koſten/ ohn alle
Muͤh dercoagulatz. Nun wolt doch ein jeglicher gern leſen in der Ge-
ſchrifft der Alchimey/ ſolche Stuͤck oder Kuͤnſtlin/ die da leicht vnd
gar ring zu brauchen waͤren/ dadurch er mit kurtzer Eil viel Golds vnd
Silbers machen koͤnt/ vnd hat einen Verdruß an viel andern Schriff-
ten vnd Worten/ die ihm nicht wollen flugs lauter vnd klar anzeigen
vnd ſagen/ wie er ihm thun ſoll: Alſo vnd alſo thu ihm/ (wolt er gern
hoͤren) ſo haſt du gutLunamvndSolem,davon du magſt reich werden.
Ey lieber beyt noch ein Weil/ biß man dirs mit kurtzen Worten/ gar
ohn alle Muͤh vnd Arbeit/ in gemein auffdecken wird/ daß du es nur
im Huy herzucken wolteſt/ vnd von Stund an außSaturnovndMercu-
riovndJove SolemvndLunammachen. Es iſt vnd wird ſo gemein nim-
mermehr zu koͤnnen vnd treffen/ ſo leicht vnd gering es auch an ihm
ſelbſt iſt. Es iſt Gold vnd Silber durch einen ſo gar kleinen vnd ringen
Griff vnd Weg derAlchymiazu machen/ daß es gar nicht noht iſt oder
waͤre/ einigerley Lehr vnd Buch davon zu ſchreiben noch zu reden/ ſo
wenig als vom ferndigen Schnee zu ſchreiben iſt.
Allhier erklaͤret ſich Paracelſus weiters/ vnd ſaget/ daß man ſolche Muͤhe/ den
Mercurium zu coaguliren/ nicht anwenden doͤrffe/ auß demſelben Gold vnd Silber zu
machen/ ſondern daß es gar leichtlich ohne ſolche vergebene Arbeiten geſchehen koͤnne;
vermeynet alſo/ daß es nicht noͤhtig ſey etwas mehrers davon zu ſchreiben. Paracelſus
koͤnte allhier jenem Reichen verglichen werden/ von deme man ſaget/ da ihm zu Ohren
kommen/ daß ein ſolche groſſe Hungersnoht vnter den armen Leuten vaͤre/ vnd viele
daruͤber zu grund giengen; er geantwortet ſoll haben/ ehe er Hunger laden ſolte/ ſo wolte
er lieber Speck vnd Erbſen eſſen; ihm einbildende/ als wann jederman ſolcher Koſt
genug haben koͤnte/ vnd wegen verleckerten Zungen dieſelbe verachteten vnd daruͤber
einbuͤſten. Alſo auch der gute Paracelſus ihm eingebildet/ als dann alle Chymici mit
einem ſolchen groſſen Verſtand in metalliſchen Sachen al[s] er/ begabet waͤren/ vnd
F ff 2nicht
[412]Operis Mineralis
nicht gedenckt/ daß ſo viel arme Kolenbrenner ſeyn/ die den Mercurium mit ſolviren/
præcipitiren/ ſublimiren/ revivificiren/ figiren/ vnd andern vnzehlichen Arbeiten mar-
teln vnd quaͤlen/ vnd doch denſelben noch nicht kennen/ was er ſey/ was ihm mangele/
oder was er zuviel habe: vnd nur ohn alle Erkandnuß deſſelben hinſudeln/ vnd ihre Zeit
vnd Gut darmit verlieren.
Der Mercurius iſt gar ein wunderbarlicher Gaſt/ vnd ein rechter Spottvogel der
Alchymiſten; wann man ſeiner wieder ſpotten wil/ muß man zuſehen/ daß man ihm
Lufft gebe/ (weil er ſich nicht perforce wil binden laſſen) wann man ihn quelet/ auff
daß er ein wenig herumb ſpatziren kan/ aber doch nicht zu weit trauen/ auff daß er nicht
gar durchgehe/ vnd ein leer Neſt hinder ſich laſſe; darzu mein erſter Ofen mit vielen
Glaͤſern/ welche beheb auff einander geſetzet/ gut zu gebrauchen iſt. Was ſoll man ein
mehrers davon ſchreiben/ er iſt ein ſolches Subjectum, deme wegen ſeiner wunderbar-
lichen vnd vnaußlernichen Natur keines gleich iſt/ muß auch bekennen/ daß eben er mir
weniger als ſonſten kein Metall (der ich doch auch zimlich darinn geſudelt) hat gehor-
ſamen wollen; vnd zweiffele nicht daran/ wann man ihme recht wuͤſte zu begegnen/ daß
er die Muͤh wol belohnen ſolte; Aber wer zeigt einem den rechten Weg darzu? Muͤſſen
alſo auch noch vnbekandte Wunderwerck ſeyn vnd bleiben. Vnd ob vns ſchon nicht
alles bekand iſt/ dennoch wir dem lieben Gott fuͤr dasjenige/ was wir allbereit wiſſen/
Ehr vnd Danck zu ſagen ſchuldig ſind.
Recepten der Alchimey.
WAs ſoll man dann von viel Recepten ſagen/ vnd von mancherley
Gefaͤſſen? Oefen/ Glaͤſern/ Scherben/ Waſſern/ Oelen/ Saltzen/
Schwefeln/ Spießglaß/Magnifica,Salnitter/ Alaun/ Vitril/ Wein-
ſtein/ Borras/Atrament, Auripigment,Glaßgallen/Arſenic,Galmey/
Boli Armeni,Roͤtelſtein/ Kalch/ Bech/ Wachs/Lutum ſapientiæ,geſtoſſen
Glas/ Gruͤnſpan/Salarmoniac,Kienruhs/ Kreiden/ Menſchendreck/
vnd Haar/ Eyerſchalen/ Jungfraumilch/ Bleyweis/ Menig/ Zino-
ber/ Eſſig/Aquafort, Crocum Martis, Elixir, Laſur,Seiffen/Tutian,Haver-
gold/ Cryſtallen; vnd noch viel mehr vonpræpariren/putrificiren/dige-
riren/probiren/ſublimiren/calcioniren/ſolviren/cementiren/fixiren/rever-
beriren/coaguliren/gradiren/rectificiren/amalgamiren/purgiren: Von ſol-
chen Sachen vñ Stuͤcken ſind der Alchymey viel Buͤcher voll geſchrie-
ben/ vnd noch mehr was mit Kraͤutern/ Wurtzeln/ Saamen/ Hoͤltzern/
Stein/ Thieren/ Wuͤrmen/ Beinaͤſchen/ Schneckenhaͤuſern/ Mu-
ſcheln vnd Bech zugehet/ ꝛc.
Solche o[b]erzehlte Ding ſind allerley Alchimey-Weitſchweiffig-
keit vnd groſſe vergebene Muͤh vnd Arbeit. Vnd ob ſchon durch ſol-
che DingSolvnd[L]unagemacht wuͤrde/ ſo iſt es doch der Menig mehr
eine Verhindernuͤß/ dann eine Fuͤrderung. Darumb iſt in der Warheit
nicht
[413]Dritter Theil.
nicht zu lernen von den obgemeldten DingenLunamvndSolemzu ma-
chen/ ſondern man muß das alles fahren vnd ſtehen laſſen. Dann es
nicht bey den fuͤnff Metallen wirckt/ Gold vnd Silber fuͤrzubringen.
Was iſt dann der rechte Weg vnd kurtzer Grund/ ſo gar nichts
ſchweres bedarff/ vnd ſo bald Silber vnd Gold wird/ das wahr vnd
recht ohn allen Betrug iſt? Wie lang verzeuchſt du das zu melden?
Jch glaub du weiſt ſelbſt nichts davon/ ſondern machſt viel vnnuͤtzer
Vmbſchweiff/ moͤcht einer ſagen. Antwort: Es iſt ſchon geſagt/ vnd
in den ſieben Regeln genugſam offenbar: wils einer nicht begreiffen/
ſo iſt ihme nicht zu helffen. Es ſoll auch keiner ſo vnſinnig ſeyn/ der
da wolle meynen/ es ſolle gar leicht zu verſtehen ſeyn/ vnd allen Men-
ſchen gemein/ das iſt nicht/ vnd ſoll nicht ſeyn: Aber mit einem ver-
deckten Verſtand ſoll es noch beſſer vermerckt werden. Das iſt die
Kunſt: Wañ du den Himmel oderSphæram Saturnimit dem Leben lauf-
fen machſt auff Erden/ ſo ſetz die Planeten darein alle/ oder welche du
wilt: doch daß derLunanicht zuviel/ ſondern der kleinſte vnd wenigeſt
darm̃ ſey; vnd alſo laß es alles lauffen ſo lang/ biß der Him̃el deßSaturni
gar verſchwindt/ ſo bleiben die Planeten allein ſtehen/ vnd ſind geſtor-
ben mit ihren alten zerſtoͤrlichen Coͤrpern/ vnd haben einen neuen/ voll-
kommenen/ vnzerſtoͤrlichen Leib an ſich genommen: Derſelbe Leib iſt
der Geiſt deß Himmels/ von dem die Planeten wieder leiblich vnd le-
bendig werden/ wie vor. Denſelben neuen Leib nimb von dem Leben/
vnd auß der Erden/ vnd behalt ihn/ der iſtSolvndLuna.Alſo haſt du
die Kunſt gar geoͤffnet/ vnd beyeinander. Ob du es noch nicht verſte-
heſt noch kanſt/ das iſt recht: Dann alſo ſoll es bleiben/ vnd nicht ge-
mein gekuͤndt ſeyn.
Jn dieſem Capitel lehret vns Paracelſus, daß man ſo vielerley naͤrriſche ſpecies
zur transmutation der Metallen nicht vonnoͤhten habe/ ſondern daß ein Metall in das
ander zu wircken/ wann es auff rechte Weiſe darmit vereiniget wird/ vnd daſſelbige zu
verbeſſern Macht genug habe: Doch kan man bey etlichen laboribus der Salien vnd
Mineralien auch nicht entbehren/ weil ſie gut ſind/ die harte Metallen zu erweichen/ vnd
bequem zu machen/ eine Verbeſſerung anzunehmen. Dieſes aber wol zu mercken/ daß
man die corroſiven davon laſſe/ ſondern ſich deren/ welche den Metallen befreundet
ſeyn/ gebrauche. Deßgleichen kan man auch andere Mineralien vnd Berg-Arten/ als
im Schmeltzen/ Seigerungen/ Scheidungen vnd andern metalliſchen Arbeiten/ als
Zuſaͤtze mit Nutzen gebrauchen/ vnd ſeynd darumb nicht zu verwerffen; welches Para-
celſus auch allhier ſo nicht wil verſtanden haben/ ſondern allein der gemeinen vnd vnge-
uͤbten Alchymiſten naͤrriſche compoſitiones, welche ſie zu ihrem Goldmachen gebrau-
chen/ vnd doch mit den Metallen keine Gemeinſchafft haben/ wie billich/ verwirffet/ den
Kunſtſuchenden davon abmahnet/ vnd denſelben auf ein rechten Weg zu bringen ſuchet.
F ff 3Dar-
[414]Operis Mineralis
Darnach beſchreibet er/ (doch vuter einem verdeckten Verſtand) wie vnd auff
was Weiſe gut vnd auff allen Proben beſtaͤndig Gold vnd Silber auß den vnvollkom-
menen Metallen zu bringen ſey: aber ſo verdeckt/ daß es niemand darauß erlernen kan/
vnd nur allein denen/ welche zuvor ſchon etwas wiſſen/ vnd ihnen dergleichen Arbeit
durch die Haͤnde gangen iſt/ ſeine Meynung bekand wird. Vnd iſt nicht ohn/ dieſer
Proceß hat manchem viel Kopffbrechens verurſachet/ vnd doch nichts darinn gefun-
den: Jſt aber auch wol glaublich/ daß ihrer etliche vngefehr darhinder kommen/ vnd die
Warheit darinn gefunden haben. Vnd geſchehen ſolche Erfindungen mehrentheils
vngefehr/ indem mancher etwas zu machen vorgenommen/ ihme daſſelbe mißgluͤcket/
vnd doch etwas anders dadurch erfaͤhret/ welches bißweilen beſſer iſt als dasjenige/ was
er geſucht hat. Wer ſolte vns geſagt haben/ daß eine Weiſſe in dem ſchwartzen Bley/
eine Gruͤne in dem Kupffer/ vnd eine Roͤhte in dem Eiſen vnd Mercurio waͤre/ wann
es ſich nicht natuͤrlicher Weis durch zufaͤllige Dinge geoffenbaret haͤtte. Alſo vnd auff
dieſe Weis ſind mir viel Dinge/ die ich nicht geſucht habe/ bekand worden; Wie dann
auch deß Paracelſi Wiſſenſchafften zum theil mir meine eigene labores, vnd nicht ſeine
Schrifften/ offenbaret haben. Wer kan einen verſichern/ was er eigentlich mit ſeinen
verdeckten Worten gemeynet/ Der Schuͤtzen ſind viel/ aber wenig die das Schwartze
treffen? Darzu iſt es auch nicht noͤhtig/ daß man eben ſolche Metallen/ die da benennet/
vnd ſonſt keine andere zur Arbeit gebrauchen muͤſſe/ wie Paracelſus dann ſolches ſelber
in dieſem ſeinem fuͤrgeſchriebenen Proceß erinnert/ da er ſagt: Wann du den Himmel
oder Sphæram deß Saturni mit dem Leben auff Erden lauffen machſt/ ſo ſetze die Plane-
ten darein alle/ oder welche du wilt/ doch daß der Luna nicht zu viel/ ſondern der kleinſte
vnd wenigſte darinn ſey. Alſo iſt auß deſſen Worten genugſam zu verſtehen/ daß der
groͤſte Theil Saturni ſeyn muͤſſe/ mit welchem man andere Metallen waſchen vnd reini-
gen koͤnne; vnd daß der Luna nicht zuviel ſolle genommen werden/ auch erinnert. Was
hat die Luna dañ dabey zu thun/ (moͤchte man fragen) die doch an ſich ſelber rein iſt/ vnd
keines waſchens vonnoͤhten hat? Dieſes iſt allbereit ſchon zuvor an etlichen Orten be-
antwortet/ daß dieſelbe in der Arbeit das außgewaſchen vnd gereinigte zarte Gold zu ſich
ziehe/ beſchuͤtze vnd corporaliſch mache/ welches ſich ſonſten in die Schlacken verſchmie-
ren wuͤrde: Doch kan eine ſolche Seigerung auch wol ohne Luna geſchehen/ gibt aber
nicht ſo reichlich/ als wann dieſelbe darzu genommen wird. Darzu iſt es auch nicht noͤ-
tig/ daß man dieſe oder jene Metallen zuſammen ſetze/ vnd zugleich mit dem Saturno
waſche/ man kan ein jedweders allein darmit einſetzen vnd reinigen; es waͤre dann/ daß
man guten Verſtand derſelben haͤtte/ vnd eine ſolche compoſition zu machen wuͤſte/ da-
durch das Waſchwerck deſto leichter geſchaͤhe/ oder aber deſto mehr Gold dadurch auß-
kaͤme. Wie dann ſolches wol in acht zu nehmen iſt/ ſonderlich wann man kein Silber/
oder doch wenig deſſelben zu der Arbeit nimbt: Dann wann man kein Silber wil neh-
men/ ſo muß man auffs wenigſte Kupffer darzu gebrauchen/ welches nechſt dem Gold
vñ Silber das geſchmeidigſt iſt/ vnd auch das fluͤchtig vñ vnzeitig Gold gern auß den vn-
vollkom̃enen Metallen ziehet vnd beſchuͤtzt im Feuer/ aber bey weitem nicht ſo wol als das
Sil-
[415]Dritter Theil.
Silber ſolches thun kan. Dañ wann man ſchon Zin vnd Eiſen/ als die zwey vngeſchlach-
teſte vnd wildeſte Metallen/ mit dem Saturno waſchen/ vnd ihr geiſtlich oder verborgen
fluͤchtig Gold darauß ziehen wolte/ welches zwar geſchehen koͤnte/ aber mit viel mehr
Muͤhe vnd Koſten/ als wañ Silber/ oder aufs wenigſte Kupffer/ darzu genommen waͤre.
Wann man dann ſolches weiß/ warumb ſolte man dann nicht eben ſo gern einem jedern
Metall ſeine gebuͤhrliche metalliſche Zuſaͤtze geben/ dadurch die Arbeit befoͤrdert/ vnd de-
ſto mehr Gold außkommen moͤchte. Jſt alſo gut vnd noͤhtig/ daß man ein rechte Mixtur
der Metallen wiſſe/ wann ſie durch den Saturnum ſollen gewaſchen werden/ auff daß
das Werck deſto gluͤcklicher ablauffe; an welcher Mixtur ſehr viel gelegen iſt/ daß man-
cher nicht meynen ſolte/ vnd ich auch nicht geglaubet/ wann ich ſolches nicht mit Scha-
den erfahren haͤtte. Dann nachdem ich vor vielen Jahren in dergleichen Waſchwerck
oder Seiger-Arbeit mich geuͤbet vnd geſuchet/ vnd bißweilen eine gute Prob gefunden/
aber das Gewicht/ vnd auch den Grad deß Feuers nicht wol behalten/ vnd darnach ſol-
ches wieder thun wollen/ mir offtermals vmb einen gantzen Baurenſchritt gefehlet hat.
Vnd wiewol ich viel ſauren Schweiß uͤber ſolcher Arbeit in etlichen Jahren her gelaſſen/
zwar auch viel Gutes erfahren/ vnd mich meine Muͤhe nicht gereuet/ ſo darff ich mich
doch nicht beruͤhmen/ daß ich einen Haaſen erlauffen habe/ ſondeꝛn mich mit einem Stuͤck
Brod behelffen muͤſſen: Doch muß man darumb nicht verzagen; Gut Ding wil Weil
haben; Vor den Roſen kommen erſt die Knoͤpffe/ welche an den Doͤrnern wachſen.
Wann man aber ſo weit kom̃t/ daß man das rechte Gewicht findet/ ſo hat man gewon-
nen/ vnd darff darnach ſein Werck ins groſſe anzuſtellen ſich wol erkuͤhnen.
Darnach ſagt Paracelſus weiters/ daß man die eingeſetzte Planeten mit dem
Himmel deß Saturni ſo lang ſolle lauffen laſſen/ biß der Himmel deß Saturni gar ver-
ſchwunden/ ſo ſollen die Planeten dann ſtehen bleiben/ vnd einen neuen Leib angenom-
men haben/ welchen man auß dem Leben vnd von der Erden außnehmen/ vnd behalten/
die Sol vnd Luna ſeyn ſollen. An dieſen Worten haben ihrer viel die Koͤpffe zerbrochen/
vnd einer dieſelbe ſo/ der ander alſo außgelegt/ ſonderlich was der Himmel deß Saturni
ſeyn moͤchte/ am allermeiſten/ vnd gedacht/ wann ſie nur dieſes wuͤſten/ dem uͤbrigen
wolten ſie darnach wol Raht finden. Auch hat der mehrer Theil nur ein gemein Abtrei-
ben dadurch verſtanden mit einem beſondern Saturno, haben an deſſen ſtatt den Regu-
lum ſtellatum Antimonii, weil er geſtirnt iſt/ genommen/ vnd mit dem Leben/ dadurch
ſie das Feuer verſtanden/ auff der Erden (Cupellen oder Treibſcherben) verblaſen/ ſo
ſind ihnen ihre zugeſetzte corpora auff der Scherben als getoͤdte Metallen ligen blieben;
wann ſie aber dieſelbe mit einem Fluß reducirt/ oder mit Bley angeſotten/ in Meynung
Gold vnd Silber zu finden/ haben ſie geſehen/ daß ſie geirret/ vnd den Paracelſum einen
Sophiſten vnd Verfuͤhrer außgeruffen/ weil ſie nicht alsbald groſſe Klumpen Gold vnd
Silber durch ſeine Schrifften haben machen koͤnnen. Was eigentlich der Himmel Sa-
turni ſey/ davon Paracelſus allhier ſchreibet/ kan auff vnterſchiedliche Weis außgelegt
oder verſtanden werden. Man koͤnte wol nur ein gemein Bley darfuͤr nehmen/ (weil es
glaͤntzet vnd herumb laufft/ wann es in dem Feuer treibet) oder ſein Vitrum, (weil es
leuch-
[416]Operis Mineralis
leuchtet vnd einen Schein von ſich gibt wie die Sonne/ wann es im Feuer fleuſſt) oder
auch einen Regulum Antimonii ſtellatum, (weil er als ein hell-glaͤntzender Stern
anzuſehen iſt/ wann er zerſchlagen wird. Aber was ſolte es helffen/ wann man ſchon
wuͤſte/ was der Himmel deß Saturni waͤre/ vnd doch darneben das rechte Leben/ wel-
ches darzu gehoͤret/ wie auch die reduction der todten vnd verbeſſerten Coͤrper/ nicht
verſtuͤnde. Das gemeine Feuer iſt ſolches Leben nicht/ davon Paracelſus allhier redet/
kan aber darmit erwecket werden. Wie er dann kurtz oben davon ſchreibet/ da er ſaget:
Das Feuer iſt zu dieſer Bewegung mit ſeiner Hitze ſeine Geburt/ ꝛc. Wann durch das
gemeine Feuer das Leben/ vnd durch das Abtreiben deß Saturni, oder Verblaſen deß
Reguli Antimonii, das Lauffen/ deſſen Paracelſus gedencket/ ſolte verſtanden werden/
ſo muͤſte auch nohtwendig folgen/ daß die zerſtoͤrte Coͤrper/ welche ſtehen bleiben/ voll-
kommener worden/ vnd auch der Geiſt deß Himmels noch bey ihnen waͤre/ welches Pa-
racelſus alſo haben wil/ da er ſaget/ daß die Planeten dadurch wieder leiblich vnd leben-
dig werden wie vor; welches aber bey ihrem Abtreiben/ verſchlacken oder verblaſen alſo
nicht befunden wird: Dann durch ſolche Arbeit bleiben ihre corpora als ein Schlacken/
darinn kein Geiſt noch Leben/ wil geſchweigen Gold vnd Silber (wie fleiſſig man auch
darnach ſucht) kan gefunden werden. Paracelſus ſaget ja außdruͤcklich/ derſelbe Leib
(nemlich der getoͤdten Coͤrper) iſt der Geiſt deß Himmels/ von dem die Planeten wieder
leiblich vnd lebendig werden wie vor; darauß zu verſtehen/ daß ſolche getoͤdte Coͤrper
geiſtlich/ vnd nicht allein leiblich vnd wieder lebendig werden/ ſondern auch den getoͤdten
Coͤrpern das Leben geben koͤnnen. Welches man von jenen nicht ſagen kan/ dann ſie
nicht allein nicht geiſtlich (weil ein Geiſt penetrirlich ſeyn/ vnd lebendigmachende
Kraͤfften oder Tugenden haben ſoll) welches bey ihnen nicht zu finden: Dann ſollen ſie/
nach Paracelſi Meynung/ die abgeſtorbene Coͤrper wieder leiblich vnd lebendig machen/
ſo muͤſſen ſie ein ſonderbare verborgene/ vnd nicht jederman bekande Krafft/ beſitzen/
vnd auß ſolcher eigener Krafft/ ohn zuthun anderer frembden Fluͤſſen/ ſehr bald vnd ge-
ſchwind (nach der Geiſter Gebrauch) ſolche ihre leiblich- vnd lebendigmachende Kraͤff-
ten erzeigen/ oder ſie werden nicht angenommen. Alſo ſiehet man/ daß ihr abtreiben/
verſchlacken oder verblaſen ſolcher Arbeit/ davon Paracelſus allhier ſchreibet/ im gering-
ſten nicht gleich iſt zu achten/ dann ſie kennen das Leben nicht/ dadurch die Metallen
geiſtlich vnd wieder leiblich gemacht werden.
Daß aber mancher meynen moͤchte/ wann er den Metallen durch das rohte Feuer
das Leben benehmen/ dieſelbe geiſtlich vnd wieder leiblich vnd lebendig machen koͤnte/ er
alſo bald dieſelbe in Gold vnd Silber verwandelt finden wuͤrde/ (weil Paracelſus ſchrei-
bet/ denſelben neuen Leib nimb auß dem Leben vnd auß der Erden/ vnd behalt ihn/ der
iſt Gold vnd Silber) derſelbe bildet ihm gar zu viel ein/ vnd findet ſich betrogen: Dann
es nicht muͤglich/ das gantze corpus der vnvollkommenen Metallen durch Kunſt in
Gold vnd Silber zu bringen/ wann man auch ſchon den Lapidem Philoſophorum ſelb-
ſten haͤtte: Dann auß Nichts wird Nichts/ ſagen die Philoſophi, vnd iſt auch wahr;
dann niemand kan etwas aus Nichts machen/ als Gott allein/ ſo man aber durch Kunſt
etwas
[417]Dritter Theil.
etwas zu Nichts machet/ das ſchon ein Jchts geweſen iſt/ alsdann kan ſolches Nichts
wieder zu Jchts werden/ vnd ſonſten gar nicht. Weil dann der vnvollkom̃enen Metallen
groͤſter Theil ein vnnuͤtzer/ verbrennlicher/ vnd den Metallen ſchaͤdlicher Sulphur iſt/ wel-
cher noch niemaln ein Metall geweſen/ ſondern denſelben nur anhanget/ vnd im Feuer
ihr humidum radicale verbrennet vnd zu Schlacken macht/ welches humidum radicale
dann allein nach der Zerſtoͤrung/ vnd nicht die gantze maſſa deß Metalls oder Sulphur
ſuperfluum zugleich/ wieder zu Jchts leiblich vnd lebendig/ durch den Geiſt deß Saturni
Himmels/ kan gemacht werden. Der Sulphur ſuperfluum aber/ gleich wie er vor der
Zerſtoͤrung ein Nichts geweſen/ alſo er auch darnach ein Nichts ſeyn vnd bleiben muß.
Dann ſolches gar leichtlich kan begriffen werden/ wann man den Sachen mit Verſtand
nachdencket: Soll in dieſer Arbeit eine Scheidung der vnvollkommenen Metallen ge-
ſchehen/ die reinere Theil derſelben geſamlet/ vnd die vnreinere zerſtreuet werden/ ſo muͤſ-
ſen die geſchiedene Theil in ihrem Weſen gantz vngleich ſeyn: dann je reiner das Gold
vnd Silber gegen das vnvollkommene Metall zu rechnen/ davon es geſchieden/ je vn-
reiner das andere Theil deß Metalls ſeyn muß/ davon das Gold geſchieden iſt. Dieſe
Scheidung ſoll nicht verſtanden werden/ als wann man ſonſten etwas in zwey Theil
theilet/ vnd doch beyde Theil/ ob ſie ſchon zuvor eines waren/ vnd nun zwey worden ſind/
gleichwol einander in der Guͤte vnd Weſen gleich geblieben ſind. Als zum Exempel:
Man theilte zehen Ducaten in zwey Theil/ ſo waͤre ein jeder Theil fuͤnff Ducaten in ei-
nem Gewicht vnd gleicher Wuͤrde; vnd ſo man von den einen fuͤnff Theilen ein/ zween
oder dreywegnaͤhme/ vnd legte dieſelbe zu den andern fuͤnffen/ ſo wuͤrde derſelbe Theil ſo
viel deſto groͤſſer/ vnd jener ſo viel deſto geringer: Gleichwol ſo gering auch der eine Theil
durch ſolches wegnehmen (wann auch ſchon nur ein Theil auff der einen Seiten bleiben
ſolte/ vnd der ander Theil neun bekaͤme) werden ſolte/ ſo koͤnte ſich doch derjenige/ der biß
auff neun zugewachſen/ nicht ruͤhmen/ daß er in qualitate dem andern kleinen vorzuzie-
hen/ ſondern allein in quantitate einen Zuwachs bekommen/ vnd der kleine Theil/ als
die einige Ducaten/ eben ſo von gutem ☉/ als die andere 9. ſeyn wuͤrden. Welches aber
allhier in dieſer Scheidung oder Theilung nicht alſo hergeht/ ſondern es wird ein Schei-
dung ſo wol der qualitaͤt als der quantitaͤt gemacht; gleich als wann man ein Ertz/ da das
Metall noch vnter dem Stein vnd vnnuͤtzen Berg vermiſcht iſt/ klein puͤlvert/ vnd zwey
Maͤslein oder Geſchirꝛ davon abmiſſet/ zuſammen ſchuͤttet vnd mit Waſſer ſchwemmet
oder ſiehert/ vnd den leeren vnd leichten Berg oder vnnuͤtzen Stein von dem ſchweren
vnd guten Metall oder Ertz voneinander ſcheidet/ alſo/ daß das leichte Gebuͤrg vnd das
ſchwere Ertz jedweders beſonder allein komme/ vnd das leichtere vnd vntuͤchtigere Theil
eben ſo wol ein Maͤslein/ als das reinere Theil/ wieder außfuͤllen kan/ vnd doch ſo wol an
der Schwere als auch Guͤtigkeit dem andern mit nichten zu vergleichen iſt.
Oder alſo: Gleich als wann man 2. Mas guten Wein zuſammen in ein Deſtil-
lirgefaͤß thut/ vnd durch deß Feuers Hitze eine Scheidung macht/ vnd den reinern Theil/
als den Spiritum, heruͤber treibt/ vnd eine Mas zuruͤck laͤſſt/ welche/ ob dieſelbe ſchon eben
ſo wol eine Kannen oder Mas außfuͤllen kan/ ſo iſt ſie doch dieſer/ welche uͤbergeſtiegen/
G g gan
[418]Operis Mineralis
an Guͤtigkeit darumb nicht gleich zu halten/ weil er viel geringer/ vnd jener hergegen viel
beſſer/ als der Wein geweſen/ worden iſt. Vnd gleich wie nun die remanentz, davon der
Spiritus gezogen/ kein Wein mehr iſt/ vnd den Spiritum an Guͤte/ ob ſeiner ſchon 10. mal
weniger waͤre/ nicht kan gleich geachtet werden/ weil er ſeine Krafft/ Seel vnd Leben ver-
loren/ vnd ſich vor dem Tod laͤnger nicht mehr zu ſchuͤtzen weiß/ ſondern ſtinckend werden
vnd verfaulen muß; der Spiritus aber hergegen nicht allein der Faͤulnuͤß nicht vnter-
worffen iſt/ ſondern auch andere Dinge fuͤr Faͤulnuͤß/ wann er ihnen zugethan/ erhalten
vnd bewahren kan: Alſo/ daß gar ein groſſer Vnterſcheid dieſer beyden Theilen durch
die Scheidung geworden/ vnd auch allhier bey der Metallen Scheidung oder Seige-
rung deß beſſeren Theils von dem geringeren alſo ſoll verſtanden werden/ nemlich/ daß
der Reſt/ darvon das ☉ geſchieden/ kein Metall/ kein ♃/ ♀/ oder ♂ mehr ſeyn kan/ ſon-
dern allein ein grober/ vngeſchmeidiger/ irdiſcher Sulphur, vnd das wenige ☉ ſo darauß
geſchieden/ allein Vrſach geweſen/ daß derſelbe grobe irdiſche Sulphur ein ♃/ ♀/ ♂ oder
♄ geweſen oder geworden iſt. Vnd ſo viel edler vnd beſſer ein Spiritus Vini gegen einem
gemeinen Wein/ vnd das ☉ gegen einem vnvollkommenen Metall zu rechnen/ ſo viel
edler wuͤrde ſeyn der Spiritus Vini vnd ☉/ wann ſie noch einmal zu ſcheiden/ vnd wieder
auffs neue eine Vnreinigkeit abwuͤrffen. Welches aber hieher nicht gehoͤret/ ſondern
nur anzeigen wollen/ daß ein Vnterſcheid der Theilung in acht zu nehmen/ vnd was es
fuͤr ein Beſchaffenheit habe mit dieſer metalliſchen Theilung oder Seigerung/ von wel-
cher allhier gehandelt wird; nemlich daß nicht das gantze Metall/ auch nicht die Helffte
oder vierdte Theil dadurch zu Gold werde/ vnd der uͤbrige Theil noch Metall bleibe; gantz
nicht: ſondern daß nur eine Scheidung/ nemlich deß beſſern/ deſſen am wenigſten; von
dem geringern/ deſſen am meiſten iſt/ gemacht werde/ vnd ihm einer nicht einbilde/ wañ
ihm in ſeiner Arbeit nicht alles zu ☉ werde/ als wann er die Kunſt nicht recht getroffen
haͤtte/ vnd ſich nicht darmit wolte begnuͤgen laſſen. Es iſt genug wann man nur etwas
Vberſchuß findet/ vnd nicht vergebene Arbeit thut. Mit vielem haͤlt man haus/ mit we-
nig koͤm̃t man auch auß. Man muß ſich ſtrecken nach der Decke. GOTT fuͤllt nicht alle
Menſchen mit Gold vnd Silber/ ſondern auch mit Dreck vnd Koht/ ſagt Paracelſus.
Was ſoll ich nun weiter ſagen von dieſer Seiger-Arbeit/ da man durch den ♄ auß
den andern vnvollkommenen Metallen ☉ vnd ☽ ziehen kan/ welches ich vielmal ins klei-
ne verſucht/ vnd die Warheit gefunden/ alſo/ daß niemand an der Muͤglichkeit zweiffeln
darff. Soll ich ein ſolche Arbeit von Wort zu Wort hieher ſetzen/ vnd verſprechen/ dich
reich zu machen? das kan ich nicht thun/ dann ich ſelber noch nicht reich dadurch worden
bin. Ein Recipe zu machen/ darff ich auch nicht/ dann ſo du darinn fehleſt/ vnd auß Vn-
geſchicklichkeit nichts finden moͤchteſt/ ſo wuͤrdeſt du mich außruffen/ als wann ich dir
Luͤgen geſchrieben/ vnd dich betrogen haͤtte. Alſo iſt es am beſten/ daß man es bey einem
guten Mittel bleiben laſſe/ vnd allein mit Warheit anzeige/ daß ſolche Ding muͤglich
ſind/ vnd wie oder auff was Weiſe eine ſolche Arbeit muͤſſe ins werck geſtellt werden/ die
Muͤglichkeit zu erfahren. Jns groſſe aber zu thun auſſer den Tiegeln/ da man Nutzen
vnd Gewinn in ſuchet/ habe ich zwar ſelbſten noch niemaln gethan/ noch Gelegenheit ge-
habt
[419]Dritter Theil.
habt zu verſuchen. Glaube aber wol/ daß es/ wann man Zeit vnd Gelegenheit darzu
haͤtte/ koͤnte practiciret/ vnd viel damit gewonnen werden.
Wie man Cryſtallen beſchweren/ vnd alle Ding
darinn ſehen kan.
BEſchweren iſt nichts anders/ dann ein Ding recht mercken/ wiſſen
vnd verſtehen/ was das iſt. Cryſtall iſt ein Figur deß Luffts/ dariñ
alles/ das im Lufft beweglich oder vnbeweglich/ geſehen wird/ das er-
ſcheint auch in einem Spiegel/ in Cryſtallen vnd Waſſern. Dañ Luft/
Waſſer vnd Cryſtallen muß zum Geſicht fuͤr eines gelten/ als ein Spie-
gel/ darinn man diereplicaverkehrlich ſiehet.
Was Paracelſus allhier von dem Cryſtallen-beſchweren wil verſtanden haben/
kan ich eigentlich nicht wiſſen/ dann es zu den metalliſchen Kuͤnſten nicht gehoͤret; hat
es aber ohne Zweiffel nicht vergeblich darzu geſetzt/ was er auch gleich darmit hat wollen
zu verſtehen geben. Man lieſet von etlich alten Heydniſchen Philoſophis, daß ihrer ge-
weſen/ welche die Cryſtallen beſchweren/ vnd wunderbarliche Dinge darinnen haben
ſollen ſehen koͤnnen: welches/ ob es wahr oder nicht/ laß ich dahin geſtellt ſeyn/ weil ein
ſolche Kunſt/ meiner Meynung nach/ nicht natuͤrlich/ vnd zur Magia diabolica gehoͤret/
darumb ich mich nicht bekuͤmmer/ vnd in ſeinem Werth bleiben laſſe. Es hat Paracelſus
ſonſten auch von dergleichen wunderbarlichen Spiegeln/ darinn man ſeltzame Ding ſe-
hen koͤnne/ geſchrieben/ vnd auß zu gewiſſer Zeit vnd Conſtellation zuſam̃en geſchmol-
tzenen Metallen ſelbige zu machen gekuͤnſtelt/ aber keinen gehoͤrt/ der es haͤtte koͤnnen
nachthun. Sonſten waͤre es auch wol glaublich/ daß er mit dem Cryſtallen-beſchweren
habe wollen zu verſtehen geben/ daß dieſelbe/ wann ſie geiſtlich werden/ vnd ihr ☉ vnd ☽
von ſich geben ſollen/ erſt einem durchſichtigen klaren Cryſtall/ Waſſer oder Lufft/ dariñ
man deß Metalls animam herfuͤrleuchten ſiehet/ muͤſſen gleich gemacht werden. Alſo
kan es ſich zu dem vorhergehenden Capitel ſchicken vnd fuͤgen/ ſonſten aber gantz nicht.
Vnd iſt auch ſchier noͤhtig/ daß deſſen gedacht wird/ zur Nachrichtung denen/ welche eine
Seigerung mit dem ♄ fuͤrhaben/ die ſolches erfahren muͤſſen/ daß die Metallen zuvor
zu einem durchſichtigen Cryſtall muͤſſen gebracht werden/ ehe ſie ihr verborgen ☉ fallen
laſſen. Davon allbereit bey den Amauſis gedacht worden. darbey es verbleiben ſoll.
Von der HitzMercurii.
VBerwunden ſind die/ ſo da halten vomMercurio,daß er naſſer vnd
kalter Natur ſeye/ oder ſeyn ſoll/ das nicht iſt: Sondern groſſer
Hitz vnd Feuchtigkeit iſt er voll/ welche Hitz vnd Feuchtigkeit ihm ge-
naturet iſt/ vnd vrſacht/ daß er allweg vnd ſtets im Fluß muß ſeyn.
Dann wo er kalter vnd naſſer Natur waͤre/ ſo muͤſt er dem gefrornen
Waſſer gleich ſeyn/ vnd allweg ſtarrend vnd hart bleiben/ vnd muͤſt
erſt mit der Hitz deß Feuers/ wie andere Metall/ zum Fluß gebracht
G g g 2wer-
[420]Operis Mineralis
werden: Das bedarff er aber nicht/ dieweil er vorhin ſeinen Fluß von
der Hitz hat/ die ihn ſtets im Fluß haͤlt/ davon er allzeit muß leben vnd
nicht ſterben/ oder erſtarren oder erfrieren/ noch auch nit fix mag ſeyn.
Vnd das ein ſonderlich Stuͤck zu wiſſen iſt/ daß die Geiſte der ſieben
Metallen/ oder wie viel ihr im Feuer beyeinander vermiſcht ſeyn/ faſt
bewegt/ vnd auffruͤhriſch ſind/ vnd ſonderlich derMercurius,vnd laſſen
ihre Krafft vnd Tugend ein/ einer in den andern zu uͤberwinden/ flieſ-
ſen/ vnd ſich alſo verwandeln. Eines nimbt dem andern ſeine Tugend/
ſein Leben vnd Geſtalt/ vnd gibt ihm dafuͤr ein andere Natur vnd Ge-
ſtalt zu haben. Alſo werden die Geiſt/ oder Daͤmpffe der Metallen/
durch die Hitz gegen einander bewegt zu wircken/ vnd verwechſelt von
einer Tugend in die andere/ biß zu der Vollkommenheit vñ Reinigkeit.
Was ſoll man aber mehr mit demMercurioanfahen/ damit ihm ſein
Hitz vnd Feuchtigkeit moͤcht genommen werden/ vnd dafuͤr eine groſ-
ſe Kaͤltin an die ſtatt geben/ davon er muß erfrieren/ erſtarren vnd gar
ſterben? So thue ihm alſo/ wie du im folgendem Gedicht hoͤreſt:
Nimb ein lauterArgentineBuͤxen/ darein beſchleuß denMercurium
wol/ mach ein Hafen voll mit zerfloſſenem ♄/ haͤng die Buͤx mit dem ☿
in Mitten darein/ laß es alſo einen gantzen Tag im Fluß ſtehen/ das
nimbt demMercurioſein heimliche Hitz hinweg/ vnd gibt ihm die aͤuſ-
ſerliche Hitz/ die innerliche Kaͤltin von ♄ vnd ☽/ die ſind beyde kalter
Natur/ davon muß derMercuriusgefrieren/ erſtarren vnd hart werden.
Merck/ die Kaͤltin/ ſoMercuriusbedarff zu ſeiner Erſtarrung vnd
Toͤdtung/ die iſt aͤuſſerlich nicht zu empfinden/ oder kalt wie Schnee
vnd Eiß/ ſondern iſt mehr warm zu empfinden aͤuſſerlich. So iſt auch
die HitzMercurii,davon er fleuſſt/ aͤuſſerlich nicht ein empfindliche Hi-
tze in vnſerer Hand/ ſondern wird aͤuſſerlich mehr vor ein Kaͤlte em-
pfunden. Darvon ſprechen die Sophiſten (das ſind die Leut/ die ohne
Erkaͤntnuͤß reden) er ſey kalter vnd naſſer Natur: Darumb wollen ſie
ihn nur mit haͤiſſen Dingencoaguliren/ das ihn doch viel mehr zum
Fluß zeucht vnd haͤlt/ dann es ihn geſtehend ſoll machen. Das mag
man ſich alles durch Probirung erfahren.
Die wahre Alchimey/ die allein von einer Kunſt lernet ☽ oder ☉ zu
machen von den fuͤnff vnvollkommenen Metallen/ gebraucht ſich kei-
ner andern Recept/ ſondern allein von den Metallen/ auß den Metal-
len durch die Metallen/ vnd mit den Metallen werden die vollkomme-
nen Metallen gemacht/ dann mit andern Dingen iſtLuna,dann in
Metallen iſtSol.
Allhier beweiſet Paracelſus, daß derjenigen Meynung vom Mercurio falſch ſey/
welche fuͤrgeben/ als wann er kalter Natur waͤre/ da er doch ein lauter Feuer iſt. Vnd
koͤm̃t
[421]Dritter Theil.
koͤm̃t wieder zu den geiſtlichen Metallen/ welche/ wann ſie im Feuer wegen der groſſen
Hitze gegen einander bewegt werden/ immer eins ins andere wircke/ daſſelbe verbeſſere/
veraͤndere/ vnd zur Vollkommenheit bringe/ wie in den vorhergehenden Capiteln deß-
gleichen allbereit gedacht worden.
Darnach ſetzt er ein Gedicht hinzu/ wie er zu coaguliren oder figiren ſey: Jſt aber
nicht nach dem Buchſtaben zu verſtehen/ ſondern gehet auch auff die geiſtliche Lunam,
damit der ☿ im naſſen Weg vnd nicht im truckenen/ wie andere Metallen/ ſoll zur coa-
gulation gebracht werden. Welchen Proceß ich aber niemaln verſucht oder probiꝛt habe.
Endlich lehret er auch/ vnd gibt vns eine General-Regel der transmutation, vnd
ſaget/ daß die vollkommene Metallen von den Metallen/ auß den Metallen/ durch die
Metallen vnd mit den Metallen gemacht werden/ vnd daß auß etlichen Luna, vnd auß
andern Sol koͤnne gebracht werden. Wil alſo zu verſtehen geben/ daß man kein frembde
Dinge/ ſondern allein metalliſche Subjecta zu ſolcher Arbeit gebrauchen ſoll/ vnd auß
etlichen allein Silber vnd etlichen allein Gold/ oder ☉ vnd ☽ zugleich außgezogen wer-
de/ wie ich dann ſolches vielmal erfahren/ daß der ♄ fuͤr ſich allein nur ☽/ ♀/ ♃ vnd ♂
fuͤr ſich allein nur ☽ vnd wenig ☉ mit andern Metallen zuſammen vermiſcht nach rech-
tem Gewicht/ allein ☉ vnd kein oder gar wenig ☽ geben/ welche Veraͤnderung allein die
Arbeit vnd vermiſchung derſelben verurſacht/ daruͤber man ſich billich verwundern ſolte.
Was Materi vnd Werckzeug man bedarff
zu der Alchimey.
MAn bedarff nichts beſonders dann einer Herdſtaͤtt/ Kolen/ Blas-
balgs/ Zangen/ Hammer/ Tiegel/ Treibſchirben vnd Cupellen von
guter buͤchener Aſchen. Darnach ♄/ ♃/ ♂/ ☉/ ♀/ ☿/ ☽: ſetz ein/ laß ma-
chen biß an das EndSaturni.
Ertz vnd Bergwerck zu ſuchen in der Erden/ in Steinen/ iſt faſt
ſchwer vnd vngewiß. Weil aber alle Metallen anfaͤnglich muͤſſen ge-
ſucht vnd herfuͤr gebracht werden/ iſt ſolches ſuchen vnd arbeiten nicht
zu verachten/ ſondern hoch zu loben: Vnd dieſe Luſt vnd Begierd in
Bergwerck zu bauen/ ſol ſo wenig abgehen vnd auſſen bleiben/ als der
Jungen Geſellen Luſt zur Buhlſchaffr: Vnd ſo begierig die Bienen
auff die Roſen ſind/ Honig vnd Wachs darauß zu ziehen vnd zu neh-
men/ Alſo willig ſoll der Menſch zum Ertz vnd Bergwerck in der Er-
den zu ſuchen geneigt ſeyn/ doch ohne Geitz. Dann wer zu viel wil/
dem wird zu wenig. Dann Gott erfuͤllt nicht alle Menſchen mit ☉ vnd
☽/ ſondern auch mit Armut/ Dreck vnd Koht/ Jammer vnd Noht.
Gott hat auch etlichen Menſchen ſonderliche Verſtaͤndnuͤß vnd
liſtige Erkaͤntnuͤß der Ertz vnd Metallen geben/ alſo daß ſie wiſſen ein
viel naͤhern Weg vnd Griff/ wie manSolemvndLunammag machen/
ohn alles Bergwerckbauen/ vnd gar ohne Ertzprobiren vñ ſchmeltzen/
G g g 3alſo
[422]Operis Mineralis
alſo daß es nicht allein auff daſſelbig gewachſen Ertz deß Silbers vnd
Golds in der Erden zu bauen kommen iſt/ ſondern daß man auch wah-
re Kunſt vnd Wiſſenſchaft hat/ daß auß den fuͤnff Geſchlechten (aber
doch auß Ertz gemachter Metallen/ die da heiſſend vnd ſind die vn-
vollkommene Metallen) als ☿/ ♃/ ♄/ ♂/ ♀/ auß deren jeglichen inſon-
derheit ☉ vnd ☽ zu machen muͤglich iſt: Aber auß etlichen ringer/
vnd auß etlichen ſchwerer das ☉ vnd ☽ zu machen iſt.
Merck auch/ daß auß ☿/ ♄/ ♃/ iſt leicht ☉ vnd ☽ zu machen. Auß
♂ vnd ♀ ſchwerlich ☉ oder ☽ zu machen: Doch iſts muͤglich/ aber al-
les mit Vrhab vnd Zuſatz ☉ vnd ☽.
AußMagneſiavnd ♄ exit Luna.
Auß ♃ vnd Zinober/ purum aurum orietur.
Es mag auch ein kuͤnſtlicher Menſch/ wie ich mir wol gedenck/
mit gerechter Auffmerckung vnd Zubereitung vmbgehen mit den Me-
tallen/ daß er mit Vernunfft die Veraͤnderung in die Metallen zu der
Vollkommenheit mehr wircket/ vnd regiret/ dann alle Zeichen vnd
Planeten deß Himmels-Lauff thun. Es iſt auch nicht von noͤhten/
eine Rechnung oder Wiſſenheit zu haben/ wie das Geſtirn der zwoͤlff
Zeichen vnd ſieben Planeten gehen vnd regiren: auch nicht achten/
was fuͤr Zeit/ Tag oder Stund der oder dieſes Planeten gut oder boͤs
ſey: dann ſolches gibt oder nimbt nichts/ es fuͤrdert odert oder hindert
nichts in der natuͤrlichen Kunſt der Alchimey: So du anders ſonſt die
Warheit vnd die Muͤglichkeit recht haſt/ ſo arbeite vnd thue es/ wañ
es dir gelegen iſt vñ gefaͤllig. Fehlets aber an dir oder deinem Verſtand/
vnd Wercken/ ſo fehlen auch daran alle Planeten/ Geſtirn vnd Zeichen.
Es iſt auch/ daß ſich die Metallen/ wann ſie lang in der Erden li-
gen/ nicht allein verkehren/ daß ſie gar zu Roſt vnd Schimmel wer-
den/ ſondern ſie werden auch durch groſſe Verlaͤngerung in der Erden
gar wiederumb zu einem rechten natuͤrlichen Stein: der man nun viel
findet/ man hat aber nicht achtung darauff. Dann man findet gantz
ſteinerne Heydniſche Pfenning/ mit altem Gepraͤg/ ſind aber am erſten
Metallen geweſen/ vnd durch die Verweſung zu Stein worden.
Erſtlich werden wir allhier gelehret/ daß wir nicht vielerhand G[e]ſchirꝛ vnd ſpecies
beduͤrffen/ auß den Metallen Gold vnd Silber zu machen/ ſondern daß man nur die
Metallen zuſammen muß ſetzen vnd ablauffen ſoll laſſen; wird aber kein gemein abtrei-
ben darmit verſtanden/ wie mancher meynen moͤchte: dann ſo man ſchon alle Metallen
zuſammen wolte mit ♄ abtreiben/ ſo wuͤrde doch nichts mehrers ſitzen bleiben/ als allein
das ☉ vnd ☽/ welches darzu genommen; die andern Metallen wuͤrden mit dem ♄ in die
Cupellen gehen/ oder zum theil als ein todte vntuͤchtige Schlacke darauff ligen bleiben:
weiſet derhalben wieder auf die geiſtliche Vermiſchung vnd philoſophiſches abtreiben.
Dar-
[423]Dritter Theil.
Darnach ſagt er/ daß das Bergwerck-bauen zwar ehrlich/ gut vnd noͤhtig ſey/
aber gleichwol dasjenige viel beſſer: dann man auß den allbereit außgegrabenen gerin-
gen Metallen Gold vnd Silber durch die Kunſt ſcheiden koͤnne. Welches freylich viel
beſſer iſt als jenes. Dann alle diejenige/ die mit Bergwerck-bauen zu thun haben/ wol
wiſſen/ mit was fuͤr groſſer Gefahr/ Koſten/ Muͤhe vnd ſchwereꝛ Arbeit die Metallen auß
der Erden gegraben werden/ vnd dieſes alles hindan geſetzt/ ſo iſt es noch das wenigſte:
dann die Arbeit der Menſch nicht ſcheuen ſoll/ weil er darzu geboren iſt/ ſonderlich wann
man alſo arbeitet/ daß man weiß/ was fuͤr ein Ende die Arbeit gewinne. Welches man
aber bey dem Bergwerckbauen gar nicht ſagen kan/ dañ man offtermals auf gute Hoff-
nung hinein graͤbet/ Haab vnd Gut daran haͤnget/ vnd doch endlich nichts findet/ vnd
mit Schaden das Werck muß ligen laſſen: Wanns aber gluͤcket/ gibt es dargegen auch
wieder gute Außbeut; wie dann die Bergwerck-Chronicken außweiſen/ vnd bekand ge-
nug iſt/ daß mancher geringer Mann durch ein gutes Bergwerck in wenig Jahren zu
einem ſehr reichen vnd groſſen Herꝛn worden iſt. Beſtehet alſo das Bergwerck-bauen
nur im Gluͤck/ vnd muß gewaget ſeyn/ gleich als wann man ſpielet/ vnd entweder Gewiñ
oder Verluſt gewaͤrtig ſeyn muß. Darzu erfordert das Ertzgraben auch ein groſſe An-
lage/ darzu nicht ein jeder kommen kan. Dienet alſo nicht fuͤr gemeine Leut/ die nicht
viel zu verlieren haben/ ſondern fuͤr ſolche/ wann es ihnen mißgluͤcket/ nicht alles verlo-
ren/ ſondern noch darbey leben vnd bleiben koͤñen; es waͤre dann/ daß der Arme eine gu-
te Erden oder Sand antraͤffe/ welche Gold/ Silber/ oder ander gut Metall fuͤhret/ die-
ſelbe ſieherte/ vnd ſeine Nahrung darauß ſuchte; oder muͤſte einen guten reichen Gang
entdecken/ vnd andere neben ſich einkommen laſſen/ welche Koſten vnd die Anlag vor-
ſchoͤſſen/ vnd alſo reich dadurch wuͤrden: wie dann ſolches wol mehr geſchehen: Aber
dieſes alles iſt doch ein vngewiſſes ſuchen vnd hoffen. Dieſes aber/ davon Paracelſus
allhier gedenckt/ iſt dem andern weit vorzuziehen/ wann man durch Gottes Gnade ein
Stuͤcklein findet/ wie man auß den vnvollkommenen Metallen/ die allbereit ſchon ge-
graben/ vnd allenthalben ohne Muͤhe zu erlangen ſeynd/ etwas Gold vnd Silber mit
Nutzen außziehen kan; Da darff man nicht ſorgen/ daß einen das Waſſer/ boͤſe Lufft/
Geſpenſt/ oder andere boͤſe Zufaͤlle/ davon abhalten oder verhindern moͤchten; ſondern
wann er nur Geld hat/ allenthalben gemein ♄/ ♃/ ♀ vnd ♂ zu bekommen iſt. Was
haͤtte Deutſchland in dieſem verloffenen langwierigen Krag fuͤr einen Schatz im Lande
behalten koͤnnen/ wann Menſchen geweſen waͤren/ die ein ſolche Seiger Arbeit verſtan-
den haͤtten? Seynd nicht die Metallen/ als ♀ vnd ♃/ mit groſſen Schiffen auß dem
Lande gefuͤhret/ vnſern Feinden zu? Man gedencke/ was ſolche Metallen fuͤr Zeit/ Muͤ-
he vnd Koſten erfordert/ auß der Erden zu graben/ vnd hernach fuͤr ein ſolchen geringen
Preis den frembden Nationen verkaufft worden; vnd hat ſolches hinwegfuͤhren noch
kein Ende/ welches allein daher koͤm̃t/ weil niemand iſt/ der ſolche Metallen zu gebrau-
chen weiß; welches vns Deutſchen ſchier eine Schande iſt/ die wir doch ſonſten an Red-
lichkeit/ Trewe vnd Tapfferkeit/ Verſtand vnd Geſchicklichkeit anderen Nationen fuͤr-
gangen/ vnd nun ſo vnachtſam ſind/ vnd andern in ſolchen Dingen den Vorzug gehen.
Es
[424]Operis Mineralis
Es iſt aber kein Wunder/ daß ſolches geſchicht/ indem die Obrigkeit ehrlichen Natur-
kuͤndigern vnd erfahrnen Chymicis die Hand nicht bietet/ ſchuͤtzet/ vnd dem Land zum
beſten befoͤrdert. Man ſolte einen Vnterſchied wiſſen zu machen/ zwiſchen dieſen vnd
den vmblauffenden/ betrieglichen/ verdorbenen Alchymiſten/ die andere wollen Gold
lernen machen/ vnd doch im geringſten nichts in der metalliſchen Natur verſtehen oder
wiſſen. Es darff ſich ſchier kein frommer/ in der metalliſchen Natur erfahrner Mann
mercken laſſen/ daß er etwas wiſſe oder koͤnne/ muß ſich fuͤrchten/ daß er den betrieglichen
Vaganten gleich geachtet/ vnd fuͤr einen Goldmacher außgeruffen werde: welches eine
Vrſach iſt/ daß mancher Nutz dem Land entzogen vnd andern gelaſſen wird. Dieſes
vngeſcheuet/ hab ich gleichwol beſchloſſen/ wann mir Gott mein Leben ſo lang friſtet/ vnd
die Zeit ſolches zulaͤſſt/ vnſerm Vaterland zum beſten ein Buͤchlein zu ſchreiben/ vnd
darinn anzuzeigen/ was Deutſchland fuͤr verborgene Reichthuͤme vnd Schaͤtze beſitze/
worinn ſie beſtehen/ vnd wie oder wo dieſelbe zu erheben. Deutſchland iſt von Gott ſon-
derlich hoch begabet/ mit allerhand Bergwercken vor andern Laͤndern vnd Koͤnigrei-
chen; mangelt nur an erfahrnen Leuten/ welche dieſelbe zu recht wiſſen zu bringen: dann
Holtz vnd alle Nohtdurfft genug (ſolche zu nutz zu machen) darbey zu finden. Warnmb
ſind wir ſo ſchlecht/ daß wir vnſer Kupffer nach Franckreich oder Hiſpanien/ vnd das
Bley in Holland vnd Venedig ſchicken/ Spanniſchgruͤnd vnd Bley weiß darauß zu ma-
chen/ denen wir es hernach ſo theuer wieder abkauffen muͤſſen? Jſt vnſer Holtz/ Sand
vnd Aſchen in Deutſchland nicht ſo gut/ Cryſtalliniſch Glas darauß zu machen/ als je-
nes zu Venedig oder Franckreich? vnd was dergleichen Dinge viel ſind/ welche beſſer in
Deutſchland zu zeugen/ als in andern Koͤnigreichen/ vnd doch nicht ins werck geſtellet
wird. Jndem wir andern Nationen vnſern Vberfluß fuͤr Geld verkauffen koͤnten/ fuͤh-
ren wir daſſelbe auß dem Land/ andere damit zu bereichern/ vnd vns zu entbloͤſſen. Wie
viel Nutzen koͤnte Teutſchland auß andern angrentzenden Koͤnigreichen an ſich ziehen/
wann es nur wolte/ vnd ſolches verſtuͤnde? Jn Summa/ wann Gott ein Land ſtraffen
wil/ ſo nimbt er ihm zuvor verſtaͤndige Leut hinweg: vnd wann er es ſegnen wil/ ſendet eꝛ
ihm dieſelbe. Woher iſt ſonſt vor diſem Venedig/ vñ bey vnſern kurtzē Zeiten in Holland
Amſterdam/ ſo groß vnd maͤchtig worden/ als durch erfahrene vnd verſtaͤndige Men-
ſchen/ welche ſie zu ſich gezogen/ gute Inventionen vnd Manufacturen dadurch erlernet/
welche ſie in groſſer Menge in die gantze Welt durch ihre Schiffahrt verfuͤhret/ vnd das
Gold vnd Silber dargegen mit Hauffen ins Vatterland gebracht? Es iſt viel beſſer/
daß man andern zu verkauffen habe/ als von andern kauffen muͤſſe. Was mangelt vns
in Deutſchland/ das vns GOTT vnd die Natur nicht reichlich vnd uͤberfluͤſſig zu aller
Nohtdurfft darein gegeben/ wann wirs nur verſtuͤnden oder verſtehen wolten? Das
Freſſen vnd Sauffen iſt ſo gar gemein worden/ daß auch einer/ der nur ein Stuͤck Brod
von einem Tag zum andern uͤbrig hat/ nicht nachlaͤſſt/ ſolches durch die Gurgel zu ja-
gen/ vnd im ſchlemmen ſeine Zeit vnnuͤtzlich zu verſchlieſſen; vnd alſo im geringſten ſich
ſchier niemand in guten Kuͤnſten uͤbet/ Tugenden vnd Weißheit nachſtrebet/ ſondern
dargegen den Muͤſſiggang liebet/ gute vnd dem Land nuͤtzliche Wiſſenſchafften vnd
Kuͤnſte
[425]Dritter Theil.
Kuͤnſte haſſet vnd verfolget/ daher auch Gott auß rechtfertigem Eifer vns immer eine
Straf vnd Plag nach der andern zuſchicket/ vnd zu beſorgen/ wann keine Beſſerung
(darzu ſichs ſchlecht anſehen laͤſſt) erfolge/ noch ein groͤſſere (dafuͤr vns Gott gnaͤdig be-
wahren wolle) nicht lang auſſen bleiben moͤchre.
Auf daß ich aber wieder zu meinem Vorhaben ſchreite/ vmb deß vmb ſein Vatter-
land wolverdienten Mannes Paracelſi Schrifften weiters außzulegen/ ſo nennet er et-
liche Metallen/ auß welchen leichtlich/ vnd auch andere/ auß denen ſchwerlicher Gold
vnd Silber zu machen ſey/ doch alles mit Vrhab Gold vnd Silbers/ das iſt ſo viel zu ſa-
gen/ mit Zuſatz oder Huͤlffe deß Goldes vnd Silbers. Dann wie ich zuvor ſchon mehr-
mal auch geſagt/ daß es gut vnd noͤhtig ſey/ wann man auß den vnvollkommenen Me-
tallen Gold vnd Silber ziehen wolle/ daß man auch Gold vnd Silber vnter die Mixtur
nehme/ auff daß das allbereit fixe Gold vnd Silber ſeines gleichen auß den vnvollkom-
menen Metallen/ darinn es weit zerſtreuet vnd noch vnfix iſt/ deſto fuͤglicher heraußzie-
hen/ corporaliſch vnd fix machen koͤnne.
Vnd erinnert endlich/ daß die Metallen/ wann ſie lang in der Erden ligen/ wieder
vergehen/ vnd zu Stein vnd Erden werden/ davon ſie ihren Anfang genommen haben.
Welches auch vns Menſchen vnd allen andeꝛn Creaturen alſo gehet/ vnd nichts beſtaͤn-
diges oder Gutes auff der gantzen Welt/ wie ſchoͤn vnd herꝛlich es auch zu ſeyn ſcheinet/
allein auſſer GOTT kennen/ fuͤrchten vnd lieben/ alles eitel/ vnnuͤtz vnd vergaͤnglich iſt.
WasAlchymiafuͤr ein Thun ſey.
ALchymiaiſt nur ein Fuͤrnehmen/ Sinnen vnd ein Gedicht/ darmit
man die Geſchlecht der Metallen verwandelt/ auß einem Stand
vnd Natur in die ander zu bringen: Demnach mag ein jeder wol dich-
ten ein gute Alchymiſtiſche Kunſt durch ſeine Sinnen vnd Gedan-
cken: Dann wer bas dichtet/ der trifft auch bas die Kunſt/ vnd findet
die Warheit.
Merck/ auff das Geſtirn vnd auff das Geſtein iſt faſt viel zu hal-
ten/ dann das Geſtirn iſt der Geiſt vnd Formirung alles Geſteins. Es
iſt auch alles himmliſch Geſtirn/SolvndLuna,nur ein Stein an ihm
ſelbſt/ vnd das irdiſch Geſtein iſt kommen von dem him̃liſchen Geſtein/
als deſſelbigen Brand/ Kolen/ Aſchen/ Außwurff/ Abſaͤuberung vnd
Reinigung/ davon ſich das him̃liſche Geſtein abſondert/ klar vnd rein
in ſeinem Glantz gemacht hat. Vnd es iſt die gantze Kugel der Erden
nichts anders/ dann ein abgeworffenes vnd zuſammen gefallenes/ ge-
miſchtes/ zerbrochenes/ zerriebenes/ vnd wieder gebackenes vnd zum
Theil zuſammen geſchmeltztes Steinwerck in einen Butzen/ vnd mit-
ten im Zirckel deß Firmaments zu ſtehen in eine Ruhe vnd Stillſtand
kommen.
Auch iſt zu mercken/ daß das Edelgeſtein (als dieſe ſeyn mit nach-
H h hfol-
[426]Operis Mineralis
folgenden Namen) von dem him̃liſchen Geſtein oder Geſtirn/ das al-
lernechſt bey der Vollkommenheit aller Reinigkeit/ Schoͤnheit/ Klar-
heit/ Tugend vnd Beſtaͤndigkeit/ wider das Feuer vnzerſtoͤrlich/ da-
her mit anderen Geſtein in die Erden kommen. Darumb ſeynd ſie noch
etlicher maſſen gleich dem him̃liſchen Geſtein oder Geſtirn/ deß Theils
vnd Art ſie ſeynd von ihnen kommen/ vnd von Menſchen gefunden
werden/ in eim groben Gefaͤß/ vnd wird bey dem Poͤfel vermeynt/ (der
doch von allen Dingen falſch haͤlt) es ſey alſo da gewachſen/ wie mans
findt/ vnd da erſt palliret/ in der Welt vmbgefuͤhrt/ verkaufft vnd fuͤr
groſſen Reichthumb geſchaͤtzet/ von wegen ihrer ſchoͤnen Geſtalt/ Far-
ben vnd anderen Tugenden/ deren Anzeigung hernach ein wenig ge-
meldt wird.
Edelgeſtein.
SMaragdus,iſt ein gruͤner durchſcheinender Stein/ er iſt den Augen gut/
vnd Gedaͤchtnuͤß behuͤlfflich: Vnd errettet die Keuſchheit; wo ſie
aber neben ihm gebrochen wird/ bricht er auch.
Adamus,iſt ein ſchwartzer Cryſtall/ Er heiſſt auchDiamantvnd
Evax,von wegen/ daß er Frewd gibt. Er iſt finſter vnd eiſenfarb/ vnd
am allerhaͤrteſten/ er wird mit Bocksblut geſolviret/ vnd er iſt nicht
groͤſſer dann ein Haſelnuß.
Magnes,iſt ein Eiſenſtein/ dann er zeucht das Eiſen an ſich.
Margarita,iſt ein Perlein/ aber nicht ein Stein: dann es waͤchſt in
den Meerſchnecken/ vnd iſt weiß. Dann was in Thieren/ Menſchen
oder Fiſch waͤchſt/ iſt nicht eigentlich Stein/ ſondern es iſt deß Poͤfels
Meynung/ der haͤlts fuͤr Stein/ aber es iſt eigentlich ein verkehrte Na-
tur uͤber ein vollkommenes Werck.
Hyacinthus,iſt ein gelber Stein/ durchleuchtig: Es iſt auch eine
Blum heiſſt alſo/ ſagen die Poeten/ ſey ein Menſch geweſen.
Saphyrus,iſt ein Stein/ faſt blauſcheinend/ dem Himmel gleich ge-
naturet.
Rubinus,iſt ein Stein ſehr rohtſcheinig.
Carbunculus,iſt ein Stein von der Sonnen/ gibt Licht vnd Schein
von ihm ſelbſt/ wie die Sonn in ihrer Natur.
Corallus,iſt auch eim Stein gleich/ gantz roht/ waͤchſt aber im
Meer/ auß der Natur deß Waſſers vnd Luffts/ in Holtz oder Stau-
den/ weiß: dann verkehrt es ſich vom Lufft/ wird ſteinhart/ vnd gantz
roth/ vnd vom Feuer vnverbrennlich: darumb es ein Stein heiſt.
Calcedonius,iſt ein Stein/ von viel lautern vnd truͤben Farben/
auch von gemiſchten gewoͤlckigen Fluͤſſen vnd Leberfarben/ vnd der
ſchlechteſt deß edlen Geſteinsomni colore reſplendens.
Topa-
[427]Dritter Theil.
Topaſus,iſt ein Stein/ der bey der Nacht auch leuchtet/ vnd in an-
dern Felſen gefunden.
Amethyſtes,iſt ein Stein/ durchroht vnd gelbſcheinend geſehen.
Chryſopaſſus, eſt lapis in nocte igneus, in die aureus apparens.
Cryſtallus,iſt ein Stein/ weiß durchſichtig/ dem gefrornen Waſſer
gleich/ vnd iſt von Lufft vnd von Kaͤlte auß anderen Felſen geſublimi-
ret/ außgezogen/ oder wie mans heiſſt/ gewaſchen.
Deß zu einem glaubwuͤrdigen vnd gruͤndlichen Beſchluß/ ſo mer-
cke dieſen Abſchied: Wil jemand rechte Sinn vnd Gedancken vnd
Vernunfft brauchen/ gegen den Metallen/ was ſie ſeynd vnd von wan-
nen ſie kommen/ der wiſſe/ daß vnſere Metallen nichts anders ſeynd/
dann der beſte Theil von den gemeinen Steinen: Sie ſeynd der Steine
Geiſt/ das iſt das Pech/ das Vnſchlitt/ das Schmaltz/ das Oel vnd
Feiſt der Steine: Es iſt aber nicht gut/ nicht lauter/ nicht rein/ nicht
vollkommen/ dieweil es noch in den Steinen verborgen vnd vermiſcht
iſt. Darumb muß es in Steinen geſucht vnd gefunden werden/ vnd
darinn erkennt/ vnd darauß geſogen/ das iſt/ genoͤth/ gepreſſt/ ge-
trungen vnd geſchmeltzt: Alsdann ſo iſts kein Stein mehr/ ſondern ein
außbereit vollkommenes Metall/ vnd vergleicht ſich dem Geſtirn deß
Himmels/ daß auch ein abgeſondertes Geſtein iſt von dieſem irdiſchen
Geſtein.
Demnach ſo einer Ertz oder Bergwerck ſuchen wil/ der muß ein
ſolche Außrechnung bey ihm haben/ vnd damit gefaſſt ſeyn/ muß nicht
allein auff die gewoͤhnlichen bekande Ertz gewieſen ſeyn/ auch nicht
in die tieffe Berg ſein Fuͤrnehmen ſetzen/ gut Ertz zu erlangen. Dann
es iſt offt auß wendig am Tage/ gleich das/ das in der Tieffe der Erden
nichts iſt/ vnd oft beſſers vnd mehr dann darinnen. Darumb ſoll man
einen jeglichen Stein/ den man anſichtig wird/ er ſeye groß oder klein/
gantze Felſen oder Kißlingſteine/ wol beſehen/ vnd beſchaͤtzen/ was
Natur vnd Eigenſchaft er iſt. Dañ es iſt offt ein Kißlingſtein/ der vn-
achtſam iſt/ beſſer dann ein Kuh. Man darff nicht allweg auf den Ab-
bruch dencken/ wo ein ſolcher Stein herkoͤm̃t/ daß man ſein mehr hat:
dann dieſe Stein haben keinen Abbruch/ ſondern der Himmel iſt ihr
Abbruch. Auch iſt manche vnachtſame Erden/ Staub vnd Sand/ der
viel Goldes vnd Silberſchlich fuͤhret/ darauff merck.
FINIS.
Allhier beſchreibt vns Paracelſus, was Alchymia fuͤr ein Thun ſey; vnd weil ſeine
Wort an ſich ſelber deutlich/ ſeynd ſie keines Außlegens beduͤrfftig. Er weiſet vns auff
der Metallen Herkommen/ auß dem obern Geſtirn vnd Gebaͤrung in der Erden/ vnd
H h h 2ruͤh-
[428]Operis Mineralis
ruͤhmet die Edelgeſteine/ daß ſie der Vollkommenheit am naͤhſten ſeyn ſollen: Aber nicht
darumb/ auff daß wir denſelben deſto mehr nachſuchen vnd Gold vnd Silber darauß
ziehen/ ſondern daß wir die Metallen ſolchen Edelgeſteinen (dem Geſicht nach) gleich
machen/ vnd auß denſelben hernach das Gold vnd Silber ziehen ſolten. Wie dann alle
ſeine Lehr in den vorhergegangenen Capiteln vns dahin weiſet vnd ermahnet; welches
man wol ſolte in acht nehmen/ vnd gedencken/ was er meyne/ vnd nicht allzeit an dem
bloſſen Buchſtaben hangen. Er hat nichts vergeblich hieher geſetzt. Was haben die
Edelgeſteine mit den Metallen zu thun? Gantz nichts. Obwol bißweilen in denſelben
Gold vnd Silber gefunden vnd herauß kan gezogen werden/ ſo iſt es aber allhier doch
ſeine Meynung nicht/ daß wir es thun ſollen/ ſondern wiederholet zum uͤberfluß ſeine
vorhergegangene Lehr vnd Meynung/ wie daß die Metallen/ wann man mit Nutzen
Gold vnd Silber daraußziehen wolle/ erſtlich zu durchſichtigen/ ſolvir- vnd vnſolvirli-
chen Glaͤſern/ den Edelgeſteinen gleich/ machen ſolle; vnd ſchreibt derſelben ein Theil
nacheinander dahin/ vnd erzehlet auch/ worzu ſie dienen: Aber (meines Erachtens)
nicht zu dem Ende/ derſelben Art/ Farb vnd Eigenſchafft erkennen zu lernen/ ſondern
allein zur Nachrichtung/ daß/ gleich wie derſelben ſo mancherley von Farben/ Tugenden
vnd Kraͤfften gefunden/ alſo auch die Metallen in ſo mancherley Geſtaͤlt an ſchoͤner Farb
denſelbigen gleich/ moͤgen verwandelt vnd bereitet werden: Wer es aber nicht verſtehen
noch glauben wil/ der mag ein beſſers ſuchen/ vnd iſt ihme nicht zu helffen.
Darauff macht er ſeinen Beſchluß vnd Abſchied/ vnd ſaget/ was die Metallen
ſind/ vnd wie dieſelben nicht allzeit auß der Tieffe der Erden doͤrffen geholet/ ſondern biß-
weilen reichlich auff der Erden in dem vnachtſamen Staub/ Sand vnd Stein zu finden
ſind; vnd daß man nicht allzeit auff ihren Abbruch oder Herkommen zu gedencken/ wie
man deren mehr haben moͤchte/ weil der Himmel allenthalben wircket vnd ſolche gebie-
ret/ darauff man mercken ſolte: Wil ſo viel anzeigen/ daß der Menſch ſo blind ſey/ vnd
allzeit nur nach groſſen Bergwercken trachte/ welche tieff verborgen/ ſorglich zu finden/
vnd koͤſtlich herauß zu graben.
Dasjenige aber/ welches offtermal beſſer vnd fuͤr Augenligt/ vnd mit Fuͤſſen ge-
tretten wird/ fuͤr Hochmut nicht kennet noch erkennen wil/ vnd alſo auß lauter Muht-
willen die Finſternuͤß liebet/ vnd das Liecht/ welches ihm fromme Leut vor die Augen
ſtellen/ halsſtarrlger Weiſe verachtet/ vnd auß angeborner Boßheit außzuleſchen ſucht.
Hiermit endet ſich dieſes Buͤchlein/ welches vns der allererfahrenſte Paracelſus
in metalliſchen Sachen beſchrieben vnd nachgelaſſen hat/ vnd voller groſſer Weißheit
vnd Geheimnuͤſſen ſtecket/ ob es ſchon von wenigen geglaubet wird. Daruͤber iſt meine
Meynung zu Erlaͤuterung ſeiner Wort/ (ſo gut ichs gehabt) meinem Nechſten zum be-
ſten/ hinzugeſetzt/ nicht zweiffelnde/ es werde hinfuͤrter mehr gelten vnd geachtet werden/
als vor dieſem geſchehen. Jch haͤtte zwar wol deutlicher ſchreiben/ weitlaͤufftiger ſeine
Wort außlegen/ vnd ſeine darinn verborgene Meynung herfuͤrbringen koͤnnen/ ſo hat
es die Zeit vnd Gelegenheit dißmal nicht zulaſſen wollen.
Vnd wann ich allhier zu dunckel (wie ihm mancher einbilden doͤrffte) geſchrieben
haͤtte/
[429]Dritter Theil.
haͤtte/ ſo kan er doch auß meinen andern Schrifften/ deren immer eine die andere auß-
leget vnd expliciret/ weitere Nachrichtung finden/ vnd mich auff dißmal entſchuldiget
halten/ dann meine Gelegenheit nicht zugelaſſen/ diß Buch groͤſſer zu machen. Meines
theils bin ich zu frieden/ daß ich ſo viel Zeit gefunden/ meinem Nechſten fuͤrs erſte gute
Anleitung zu geben/ damit nicht alle meine groſſe Muͤhe/ die ich in Erſuchung ſolcher
Dingen angewendet/ irgends vngefehr (weil kein Kraut fuͤr den Tod gewachſen/ vnd
niemand ſeine Stunde weiß) mit mir vntergehen moͤchten.
Lebe ich laͤnger/ vnd finde mehr Zeit zu ſchreiben/ werde ich nicht vnterlaſſen/ mehr
Secreta herauß zu geben; wie dann allbereit vnterhanden eine Schluß-Rede uͤber das
Opus Minerale, welche als ein Appendix darauff folgt/ darinn vnterſchiedliche gewiſſe
vnd warhafftige Special-Proceſſe zur Erlaͤuterung aller dieſer meiner vorhergangenen
Wort/ vnd Wahrmachung der metalliſchen Transmutation, neben gruͤndlichem Vn-
terricht/ wie man auch die Metallen/ wann ſie auß den vnvollkommenen herauß geſei-
gert/ kuͤnſtlich/ auff ein geſchwinde Weis/ voneinander ſcheiden/ vnd ein jedweders/ oh-
ne Verluſt deß andern/ ſauber vnd rein haben moͤge/ nach meinem ſtylo verfaſſet ſind/
welches die Krone dieſes Buͤchleins ſeyn ſoll. So iſt auch uͤber dieſes noch ein Opus
Vegetabile im Werck/ darinn viel kuͤnſtliche bißhero der Welt verborgene Schaͤtze vnd
Transmutationes der Vegetabiliſchen Dinge oder Verwandlungen von einer Geſtalt
vnd Weſen in ein anders vnd beſſers/ in drey Theil verfaſſet vnd begriffen ſind/ welches
ich/ ſo bald muͤglich/ ans Licht zu bringen geſinnet bin. Darzu GOTT ſeine Huͤlffe vnd
Beyſtand geben wolle/ Amen.
Folget nun uͤber die vorhergegangeneTheoriam,
PRAXIS.
GLeich wie nun in obigerExplicationuͤber deßParacelſiVexier-
Buch angezeigt/ daß die Transmutation der Metallen warhafftig/ vnd
im geringſten nichts daran zu zweiffeln ſey/ wie ſolches geſchehen muͤſſe/
auch vielfaͤltig darbey gedacht worden. Weil aber eine ſolche Handlung
ein groſſe Experientz in metalliſcher Arbeiterfordert/ vnd anjetzo wenig ſind/ die darinn
erfahren/ vnd alſo meine treu-meynende vnd ſehr deutliche Explication nicht viel mehr
als Paracelſi Schrifften Nutzen ſchaffen moͤchten/ vnd wie zuvor ſolches Buͤchlein von
vielen vnwiſſenden Menſchen allzeit fuͤr vnmuͤglich/ vnwarhafftig vnd lauter Vexation
gantz vnbillicher Weis iſt gehalten worden/ vnd daß nicht beſſer meine daruͤber gethane
Explication moͤchte angenommen werden/ zu befoͤrchten iſt: Alſo habe ich meinen
Schriften zu mehrer bekraͤftigung vnd Zeugnuͤß der Warheit etliche Exempel vnd Spe-
cial-Proceß von Wort zu Wort klaͤrlich vnd wolverſtaͤndlich darbey ſetzen wollen/ auf
daß ſich hernach niemand mehr uͤber die Muͤglichkeit verwundern doͤrffe/ ſondern Vr-
ſach genug habe/ ſo wol Paracelſi als meinen Worten Glauben zuzuſtellen; daß ich aber
H h h 3ſo
[430]Operis Mineralis
ſo gar deutlich ſolche edle Wiſſenſchafft beſchreiben ſolte/ daß niemand darinn fehlen
koͤnte/ iſt mir vnmuͤglich zu thun/ wuͤrde gar zu ein weitlaͤufftig vnd verdrießlich Weſen
zu leſen ſeyn/ vnd gantz keine Art haben/ ſondern eben ſeyn/ als wann man ein Kind/
welches noch das A. B. C. nicht kan/ viel von der Phyſica vnd andern ſubtilen Dingen
wolte daher ſchwaͤtzen; welches ja eitel verlorne Arbeit waͤre Alſo auch wuͤrd es bey dieſen
meinen Schrifften geſchehen/ wañ ich von ſolchen hohen wichtigen Sachen gar zu weit-
laͤufftig/ daß es auch die Kinder verſtehen ſolten/ ſchreiben wolte. Es iſt auch nit darumb
angefangen/ die tyrones Alchymiæ zu vnterweiſen/ ſondern allein dieſe/ welche allbereit
ſchon mit ſchmeltzen/ abtre[i]ben/ ſcheiden/ vnd andern metalliſchen Arbeiten vmbzuge-
hen/ vnd eines hierzu erforderten Verſtandes vnd Judicii gebuͤhrender maſſen ſich zu
gebrauchen wiſſen. Wolle mich derhalben derjenige fuͤr vnſchuldig halten/ wann er et-
was verſucht/ vnd ihme nicht gelingt/ vnd allein ſeine Vngeſchicklichkeit/ vnd nicht mich/
der ich verſtaͤndlich genug geſchrieben/ daruͤber anklagen. Vnd wann es auch niemand
ſolte nachthun koͤnnen/ ſo iſt es mir doch nicht zuzulegen/ dieweil ich die Warheit ver-
ſtaͤndig geſchrieben.
Es iſt aber gantz kein Zweiffel/ es werde ihm mancher dieſe meine Schrifften wol
zu nutz machen/ dann hier vnd dar einer gefunden wird/ welcher es ihme hat ſauer wer-
den laſſen/ mit dem Vulcano Bruͤderſchafft zu machen/ vnd ſo weit kommen/ daß er
meine Schrifften genug verſtehen kan. Warumb ſolte ich von ſolchen Dingen ſchrei-
ben/ davon ich ſelber keine Erfahrenheit haͤtte? Wie wuͤrde ich beſtehen koͤnnen/ wann
es zur oculariſchen demonſtration kommen ſolte? Was huͤlffe mich meine Muͤh vnd
Arbeit (der ich doch den geringſten Nutzen niemaln von meinen Buͤchern gehabt/ vnd
noch keinen dadurch geſucht habe) wann es nicht zu meines Nechſten Nutzen vnd Wol-
fahrt gereichen ſolte? Es iſt mit meinen Schrifften nicht alſo/ gleich wie mit denen/ wel-
che erſt nach deß Autoris Tod herauß kom̃en/ vnd niemand derſelben eineverſicherung
haben kan. Vnd wann ja einem oder dem andern dieſe meine Schrifften ſchwer zu ver-
ſtehen ſolten fuͤrkommen/ ſo iſt es ihme doch keine Schand zu fragen/ oder zu lernen
dasjenige/ was er nicht weiß oder verſtehet. Jch haͤtte zwar klaͤrlicher ſchreiben koͤnnen/
wann ich nicht gefoͤrchtet/ daß die Kunſt gar zu einem Handwerck dadurch werden
moͤchte; vnd weiß auch wol/ daß ich manchem gar zu klar zu geſchrieben/ der nicht gern
ſiehet/ daß ſolche Secreta in offenen Druck kom̃en. Wer kan aber jederman recht thun?
Jch bin zu frieden/ daß ich an meinem Nechſten ein gut Werck gethan habe/ es werde
nun gleich auffgenommen wie es wolle/ darbey ichs beruhen laſſe.
Das iſt die Kunſt:
WAnn du den Himmel deß Saturni eingeſetzet/ vnd mit dem Leben auff Erden lauf-
fen machſt/ ſo ſetze ihm nach gebuͤhrlichem Gewicht hinzu die vnvollkommene Me-
tallen/ als ♄/ ♃/ ♂/ ♀ vnd ein wenig ☽/ laß dieſelbe mit dem Himmel ſo lang lauffen/
biß daß ſie mit ihme gantz verſchwunden/ ihre metalliſche Natur vnd Geſtalt verloren/
vnd zu einer Erden worden. Dieſe metalliſche Erde/ weil der Himmel deß ♄ noch dar-
bey iſt/ vnd dieſelben allenthalben vmbgeben hat/ wird durch den Geiſt deß Himmels
wie-
[431]Dritter Theil.
wieder lebendig vnd corporaliſch/ vnd erlangt ſeine vorige metalliſche Geſtalt/ welche/
ob ſie ſchon verbeſſert/ dennoch auffs neue zu drey- vier oder fuͤnffmal wieder ſoll getoͤdtet
vnd lebendig gemacht werden/ auf daß die Verbeſſerung deſto groͤſſer/ vnd in der Schei-
dung deſto mehr Silber vnd Gold heraußkomme: vnd bedarff man gantz keine Muͤffel/
Cupellen/ Treibſcherben/ Teſte/ Scheidkolben/ noch aquas fortes, oder dergleichen
Gefaͤſſe vnd Inſtrumenten darzu/ wie ſonſten bey den metalliſchen Arbeiten gebraͤuch-
lich/ ſondern es kan dieſe Arbeit in einem Tiegel/ in einem Ofen/ vnd mit einem Feuer
von Anfang biß zum End/ innerhalb wenig Stunden/ vollkoͤm̃lich verrichtet werden.
Auff daß ichs aber deutlicher gebe/ ſo iſt allhier bey dieſem Proceß die ſphæra Saturni ein
regulus Antimonii, das Leben ein weißfaͤrbend Saltz/ welches ſeine Bewegung vom
Feuer hat/ die Erden der Tiegel. Alſo haſt du den gantzen Proceß/ wie ich denſelbigen
ins kleine mehr als hundertmal gethan/ hiemit offenbaret. Zu mehrerm vnd beſſerem
Vnterricht ſoll vor allen Dingen der Kunſtliebende wol betrachten/ was Feuer vnd deſ-
ſelben Herkommen/ Natur/ Weſen vnd Krafft eigentlich ſey/ ſo wird ihme das uͤbrige
hernach deſto leichter zu verſtehen ſeyn: dann Holtz/ Kolen/ vnd dergleichen brennende
Dinge ſind eigentlich kein Feuer/ ſondern allein eine Wohnung deß Feuers/ das Feuer
aber/ welches in der Lufft zerſtreuet vnd verborgen iſt/ wird daran offenbar/ ſichtlich vnd
empfindlich. Gleichwie der Menſch auch kein Leben noch Seele iſt/ ſondern allein ein re-
ecptaculum vnd Gefaͤß/ dariñ das Leben oder Seele wohnet/ welche ihm von oben her-
ab eingeblaſen iſt: Alſo iſt auch der Menſch kein Menſch mehr/ wann ſeine anima
von ihm gewichen/ ſondern nur ein cadaver. Deßgleichen iſt auch das Gold kein Gold
mehr/ ſondern ein fluͤchtig mineral ohne Farb/ wann ihm ſeine Seel entzogen iſt: dar-
an zu ſehen/ daß die Guͤtigkeit der Metallen von ihrer anima, vnd nicht dem corpore,
herruͤhre. Alſo vnd vmb ſolcher Vrſach willen wird allhier bey dieſer metalliſchen Ar-
beit das Silber den vnvollkommenen Metallen zugeſetzt/ daß es die animam derſelben/
welche vnſichtlich in ihnen weit zertheilet iſt/ empfahe/ ſam̃le/ vnd dieſelbe ſichtlich/ em-
pfindlich vnd corporaliſch mache/ vnd alſo auß beyden/ nemlich dem Silber vnd der vn-
vollkommenen Metallen anima eine Vermiſchung werde/ vnd den Namen Gold er-
lange. Vnd darff ihme niemand einbilden/ als wann allhier bey dieſer Arbeit das gan-
tze corpus der vnvollkommenen Metallen zu Gold werden ſolte; gantz nicht: ſondern
es wird allein der reinere Theil/ als ihre anima oder quinta eſſentia von dem vnreine-
ren terreſtriſchen vnd ſulphuriſchen Theil derſelben geſcheiden/ vnd dem Silber (dar-
durch ſie gradiret/ animiret/ vnd in Gold verwandelt wird) einverleibet.
Moͤchte jemand fragen: Wann der metalliſchen Mixtur kein ☽ zugeſetzt waͤre/
ob auch ☉ herauß kaͤme oder nicht? Deme gib ich zur Antwort: Ja/ daß eben ſo wol ☉
darvon kommen wuͤrde/ aber nicht ſo viel/ als wann Silber zugeſetzt waͤre. Dann weil
die guͤldiſche anima der vnvollkommenen Metallen ſehr zart vnd gleichſam vnleiblich iſt/
vnd auß eigener Krafft auß ſo viel Vnreinigkeit/ damit ſie vmbgeben/ ſich nicht wol ohne
Huͤlff ledig machen/ heraußwickeln/ vnd ihr einen neuen Leib formiren kan; alſo iſt es
noͤhtig vnd gut/ daß man ihr zuhuͤlff komme/ vnd einen Leib darreiche/ darein ſie ſich be-
geben
[432]Operis Mineralis
geben vnd verſam̃len moͤge; darzu das Silber am allerbeſten dienet: dann wann ſolches
durch das lebendigmachende Feuer mit den vnreinen Metallen radicaliter uniret wird/
vnd ſich darmit uͤberwirfft/ ſo treffen die reinere Theile der vnvollkommenen Metallen
in ſolcher circulation deß ☽ an/ haͤngen ſich daran/ vermiſchen ſich darmit/ werden cor-
poraliſch/ verlaſſen ihren vnreinen/ zerſtoͤrlichen Leib/ vnd wird alſo eine Scheidung deß
Guten von dem Boͤſen.
Hiermit hab ich dir die Kunſt/ auß allen vnvollkommenen Metallen/ ſowol als
auß jedwederem allein beſonder/ oder auß allen zugleich/ wie auch durch vnd ohne zuthun
deß Silbers/ Gold vnd Silber zu ziehen/ klaͤrlich vnd deutlich offenbaret. Kanſt du es
nun begreiffen vnd treffen/ ſo guͤnn ich dir es wol; wo nicht/ ſo haſt du doch uͤber mich
nicht zu klagen/ weiln ich dir die pur-lautere Warheit allhier verſtaͤndig beſchrieben habe.
Noch auf ein andere Weis durch den ♄ auß den vnvollkomme-
nen Metallen gut Gold vnd Silber zu ſeigern.
ERſtlich ſoll man den ♄ auff einer Scheiben wol treiben laffen/ vnd darnach ♃ vnd
♀ nach rechtem Gewicht darein tragen/ vnd darunter ſchmeltzen laſſen/ ſo wird als-
bald der ♃ vnd ♂ den ♄ zerſtoͤren/ vnd zu einer Schlacken/ einer gelben Erden gleich/
machen/ welche man reduciren ſoll/ ſo erlanget man das Bley vnd Kupffer zum theil
wieder/ das ♃ vnd ♂ aber bleibt als ein ſchwartze Schlacken vnreducirt/ welche man
zuruͤck legen vnd bewahren ſoll: das kuͤpfferich Bley aber ſoll man wiederumb treiben
laſſen/ vnd wieder ♃ vnd ♂ darein tragen/ vnd zu einer Schlacken werden laſſen/ dar-
nach reduciren/ vnd ſolche Arbeit mit verſchlacken vnd reduciren ſo offt wiederholen/
daß von 100. Pfunden ♄ kaum 1. oder 2. Pfund uͤberbleiben/ welches man abtreiben
ſoll/ ſo findet ſich das ☽ vnd ☉ zum theil/ welches die Metallen in der Arbeit von ſich ge-
ben haben. Die Schlacke aber/ welche ſich nicht hat wollen reduciren laſſen/ ſoll in ei-
nem beſondern Ofen etliche Tage lang mit Feuer wol gegluͤhet werden/ ſo wird dieſelbe
fix/ vnd gibt in der reduction ein ſilber- vnd goldhaltig ♄/ welches man auch ſoll abtrei-
ben/ auff daß das uͤbrige Gold vnd Silber/ welches die Schlacken in ſich gezogen/ auch
heraußkomme/ vnd zu recht gebracht werde.
Dieſer Proceß (wiewol ich ſolchen noch niemaln ins groſſe anzuſtellen Gelegen-
heit gehabt) ſolte/ wie ich mir einbilde/ in groſſer Menge wol thun laſſen/ ſtehet einem
jedweden frey/ ſolches zu verſuchen/ vnd ſeine Rechnung zu machen/ wie viel er ein Jahꝛ
damit gewinnen moͤge.
Auff ein andere Weis koͤnnen auch die vnvollkommene Metallen durch vncor-
roſiviſche Salien warhafftig vnd vnfehlbar particulariter figirt vnd gewaſchen werden/
daß dieſelbe viel Gold vnd Silber von ſich geben/ daran niemand zweiffeln ſoll: weilen
aber allbereit zuvor ſolches Waſchwercks in meinen Schrifften zum oͤfftern gedacht/ ſo
achte ich vnnoͤhtig/ allhier weiters davon zu melden/ vnd die Zeit damit zu verlieren.
Dieſes aber habe ich nicht verhalten ſollen/ daß durch ein ſolches Waſchwerck (welches
einer rechten Weiber-Arbeit zu vergleichen iſt) die Metallen vielleicht hoͤher als Gold
ſolten
[433]Dritter Theil.
ſolten koͤnnen gebracht werden/ wann vns nur der rechte Weg bekand waͤre. Dann
wann dieſelbe ihr leinen Gezeug von dem Schmutz vnd Vnreinigkeit reinigen oder wa-
ſchen wollen/ ſo gebrauchen ſie ſich vnterſchiedlicher Manier vnd Arbeit/ nachdem ein
jedwedere ſolches gelernet vnd gewohnt; vnd wann ſie fertig ſind/ ſo iſt ihr leinen Geraͤth
rein vnd ſauber/ auff welche Weis ſie ſolches gleich verrichtet haben/ doch immer das
eine reiner als das ander befunden: Dann etliche Weiber gebrauchen zu ihrer Waͤſch
allein eine ſcharffe Laugen/ darinn ſie ihre vnreine Duͤcher kochen/ vnd den Schmutz da-
mit heraußziehen; iſt aber eine grobe Arbeit/ vnd wird ihr Gewand ſo gar weiß nicht da-
durch. Andere aber gebrauchen neben ihrer Laugen auch eine Seiffe/ damit ſie das Ge-
duͤch zwiſchen den Haͤnden reiben vnd handelen/ biß daß ſie den Schmutz davon ge-
bracht haben; vnd wann er davon iſt/ ſo ſpuͤlen ſie daſſelbe mit reinem Waſſer auß/ auff
daß auch die Lauge wieder davon komme/ vnd legen daſſelbe an die Sonne/ welche/ wañ
ſie dar auff ſcheinet/ vnd nachdem es zu vnterſchiedlichmalen wieder mit friſchem Waſ-
ſer begoſſen/ zum oͤfftern trucknet/ auch den Geſtanck der Seiffen vnd Laugen herauß-
zeucht/ vnd daſſelbe weiſſer macht. So wiſſen ſie auch dieſes zu thun/ nemblich/ wann
bey ihrer Waͤſch die Laugen oder Seiffenwaſſer von dem Schmutz/ den es auß den Klei-
dern gezogen/ vnſauber geworden/ daß ſie ſolches darvon vnd wiederumb ein ander rei-
nes darauffgieſſen/ vnd mehr Vnreinigkeit damit heraußziehen/ ſo offt vnd vielmal/ biß
aller Schmutz davon gewaſchen/ vnd ihr Geraͤht weiß vnd rein genug iſt.
Dieſe Weiber-Arbeit oder Waſchwerck habe ich nicht vergeblich hieher geſetzt/
dann ich wol weiß/ daß ſie vorhin waſchen koͤnnen/ vnd nicht noͤhtig/ daß man ihnen
Buͤcher vorſchreibe/ ſondern iſt allein darumb geſchehen/ auf daß ich durch dieſes Gleich-
nuͤß den Vnwiſſenden deſto leichter zu verſtehen mache/ wie es mit der metalliſchen
Waſch-Arbeit hergehen muͤſſe: dann vnmuͤglich ein vnrein Metall mit einem reinen
Waſſer das erſte mal zu waſchen/ ſondern wann mit dem einen ein Theil Vnreinigkeit
abgewaſchen/ ſolches ab- vnd ein ander reines darauff ſoll gegoſſen werden/ ſo lang vnd
viel/ biß alle Vnreinigkeit hinweg/ vnd das Waſſer wieder ſo klar/ als es darauff iſt ge-
goſſen/ darvongehe. Vnd thut auch viel darzu/ wann man das Bleichen in der Son-
nen in acht nimbt/ vnd zum oͤfftern nach der letztern Arbeit/ wann das Seiffenwaſſer
rein vnd ohne Faͤulnuͤß davongehet/ die inceration gebraucht/ nemlich/ wann ein rein-
gewaſchen Metall hernach zum oͤfftern mit Waſſer begoſſen/ vnd von der Hitze wieder
getrucknet wird/ ſo erlanget das Metall eine noch hoͤhere Reinigkeit/ als es ſonſten durch
das Seiffenwaſſer allein haͤtte erlangen koͤnnen. Wer aber uͤber dieſe Reinigung noch
ein reiner vnd beſſer Seiffenwaſſer wuͤſte/ ſo waͤre kein Zweifel/ die Metallen wuͤrden
edeler als Gold dadurch werden koͤnnen. Vnd/ gleichwie darfuͤr gehalten wird/ daß ein
leinen Duch von Flachs gemacht/ durch Kunſt in ſolche Rein- vnd Zartigkeit ſolte koͤn-
nen gebracht werden/ daß es auch einer weiſſen Seiden nichts bevor gebe: Alſo waͤre
es auch kein Wunder/ daß durch die wahre Kunſt (welches aber vnſer vielen vnbekand)
das Gold/ ſo viel rein vnd zaͤrter eine Seide gegen einem leinen Duch zu rechnen/ in ein
Metall ſo viel reiner als Gold ſolte koͤnnen gewaſchen werden.
J i iEs
[434]Operis Mineralis
Es wolle ſich auch niemand verwundern/ daß ich dieſe Seiger-Arbeit einer Wei-
ber-Waͤſch vergleiche: es iſt nur Gleichnuͤßweiſe geſchehen/ auff daß man meine Mey-
nung deſto beſſer verſtehen moͤchte. Haben ſich doch die Philoſophi nicht geſchenet/ ihr
groſſes Univerſal-Werck ein Weiberwerck vnd Kinderſpiel zu nennen. Jch weiß aber
gewiß/ wann ich allhier/ an ſtatt der einfaͤltigen Warheit/ nur auff ſophiſtiſche Weis/
ein groſſes vnd falſches langes Recept geſetzt haͤtte/ weil die boͤſe Welt alſo wil betrogen
ſeyn/ daß es angenehmer geweſen waͤre: Jch habe es aber alſo gemacht/ daß ich es vor
GOTT vnd der Welt verantworten kan/ es werde gleich augenommen wie es wolle.
Es koͤnnen auch die Metallen/ wann ſie zuvor in einen calcem gebracht ſind/ durch
ein vitrum Saturni, welches mit Huͤlff oder Zuthun der Kißlingſteine gemacht iſt/ ge-
reinigt vnd gewaſchen werden/ (darvon ich zuvor in meinem andern Tractaͤtlein auch
geſchrieben) daß ſie viel Gold von ſich geben; es gehoͤret aber ſehr viel Saturni darzu/ dañ
das Metall muß in denſelben weit zertheilet ſeyn/ wann es ſeine feces ſoll fallen laſſen/
vnd ſich das reinere Theil deſſelben colligiren/ vnd in ein gut corpus concentriren ſoll.
Vnd werden die Kißlingſteine darumb zu ſolcher Arbeit genommen/ auff daß ſie die fe-
ces der vnreinen Metallen zu ſich ziehen/ vnd eine Scheidung deß Reinen von dem Vn-
reinen machen; gleich als wann man ein Honig/ Zucker/ oder einen andern Safft der
Vegetabilien mit Waſſer reinigen wil/ vnd Eyerweiß darunter ruͤhret/ welches den
Schlam̃ deß Honigs oder Zuckers zu ſich ziehet/ vnd dieſelbe clarificiret vnd reiniget:
Alſo ſind allhier dieſe ſilices an ſtatt deß Eyerweiß/ vnd das ♄ an ſtatt deß Waſſers/ da-
mit das ♂/ ♀ oder ♃ ſolviret wird: Jſt gar ein luſtig vnd geſchwinde Arbeit/ vnd koͤn-
te ein Groſſes damit in kurtzer Zeit gewonnen werden/ wann die Tiegel darzu halten
wolten; dann das ♄ Glett durch bohret dieſelbe gar leichtlich/ vnd laͤſſt die mixtur durch-
lauffen: So aber jemand ſo gluͤcklich waͤre/ der ſolche Geſchirꝛ erfinden koͤnte/ welche
das Vitrum ♄ nur 10. oder 12. Stund halten koͤnte/ der doͤrffte ſich vmb keine andere
Kunſt bekuͤmmern/ reich dadurch zu werden. Jch habe das Gluͤck nicht haben koͤnnen//
wiewol ich mich nun viel Jahr darmit geſchleppet/ vnd doch nicht finden koͤnnen. Es
gibt ein Pfund ♂/ ♀ oder ♃ bißweilen ein halb oder auch wol ein gantzes Loth Gold/
wann man recht damit vmbgehet/ vnd ſo man ein fixes Sal tartari oder nur Pott-Aſchen
darzu gebr auchet/ gibt es noch mehr/ lauffen aber auch die Tiegel deſto eher auß/ welches
zu beklagen iſt. Jch zweiffele aber nicht/ es werde noch ein oder ander/ der zu ſuchen vn-
verdrießlich iſt/ mit der zeit ſo viel finden/ daß dieſes Werck ſo wol ins kleine in den Tie-
geln/ als ins groſſe auff groſſen Herden zu thun muͤglich ſey/ welcher GOTT/ als dem
Geber/ vnd mir/ als dem Offenbarer vnd Beſchreiber ſolcher edlen Kunſt/ zu dancken
ſchuldig iſt. Jch habe vor dieſem ſo viel auf dieſes Werck gehalten/ daß ich auch ſolches
niemand vmb ein groß Geld haͤtte communiciren wollen: Nun ich aber wegen Man-
gelung guter Geſchirꝛ weiters damit nicht kommen kan/ gib ichs zum beſten/ auff daß
ein anderer auch ſein Heil daran verſuchen moͤge. Einem iſt nicht alles gegeben/ mit
Gewalt kan mans Gott nicht abtrotzen/ deme Ers goͤnnet/ der hats/ vnd welchem Ers
verhelt/ dem iſts verhalten/ wann es ſchon noch ſo ein gering Ding waͤre.
Es
[435]Dritter Theil.
Es koͤnnen auch die vnvollkommene Metallen allein durch das ſchnelle nitroſi-
ſche Feuer/ davon oben bey dem Mercurio gehandelt/ von ihrem verbrennlichen vnd
ſchaͤdlichen Sulphure gereinigt werden; welches fuͤr die allergeſchwindeſte/ vnd ſchier ein
augenblickliche Verbeſſerung der Metallen zu halten iſt. NB. Sonderlich wann die-
ſelbe zuvor erſt ohne corroſiv in ein ſolvirlich Saltz gebracht worden/ darzu ſich am al-
lerbeſten ſchicken ♂ vnd ♀/ welche ein Vitriolum philoſophicum geben/ der ſich dann
am allerbequemſten zur perfection reinigen laͤſſt. Darunter ein groß Geheimnuͤß ver-
borgen ſteckt/ vnd vielleicht mehr als fuͤr eine Particular-Arbeit zu halten iſt. Man den-
cke dem Poetiſchen Gedichte etwas nach/ welches von der Venere vnd ihrem Sohn
Cupido handelt/ was fuͤr ein Cupido daſelbſt dadurch veꝛſtanden werde/ ob er nit ☉ ſey?
Jch haͤtte wol hieher noch viel mehr gute Proceſſen ſetzen koͤnnen/ wie auß den ge-
ringen Metallen Gold vnd Silber zu bringen/ ſo befinde ichs nicht noͤhtig/ weil daſſelbe
in oder bey Außlegung der 7. Regeln in dieſem Buͤchlein genugſam geſchehen/ wer daſ-
ſelbe nicht verſtehet/ noch verſtehen wil oder kan/ dem iſt auch nicht nutz/ wann ein meh-
rers geſchrieben wuͤrde. Wann einem nur das Fundament gezeigt wird/ ſo kan er ſich
hernach in allem ſeinem Vorhaben darnach richten/ vnd ſeine labores darauf anſtellen.
Vnd wiewol ich vermeynt/ der Sachen genug gethan zu haben/ ſo wil ich doch zum uͤber-
fluß noch ein ſchoͤn vnd luſtig Werck Gleichnuͤßweis beſchreiben/ welches ein baſis vnd
fundament der gantzen Alchymiæ iſt/ darinn vnd darunter der Metallen radicalis ſo-
lutio, conjunctio, diſtillatio, ſublimatio, aſcenſio, deſcenſio, cohobatio, cimentatio,
calcinatio, inceratio vnd fixatio begriffen iſt/ vnd die transmutation damit beſchlieſſen.
Es war ein Menſch (♄)/ der hatte zween Soͤhne/ (Wißmut vnd ♃) vnd der
juͤngere (♃) ſprach zu dem Vatter (♄): Gib mir mein Theil. NB. Es iſt der Wiß-
mut vnd Jupiter allzeit/ ſowol bey den Philoſophis als Bergleuten/ fuͤr ein Bley gehal-
ten worden; wie ſie dann den Wißmut plumbum cinereum, vnd das ♃ plumbum
candidum, das gemeine ♄ aber plumbum nigrum genennet) derſelbe erzeigte ſich wild
vnd vngehorſam/ das iſt/ ſtieg auff/ der Vatter gibts ihme/ vnd er zeucht damit davon
uͤber Land. NB. Wann Wißmut vnd ♃ mit dem ♄ Feuer leiden/ ſo ſepariret ſich
das ♃ von dem Bley vnd Wißmut/ ſteigt uͤberſich/ nimbt etwas von dem ♄ zu ſich/ vnd
ſetzet ſich als ein vnartige Schlacken oben darauff; vnd das iſt uͤber Land gezogen. Er
kehret in einer Herberg ein/ da Mars der Wirth vnd Venus die Wirthin genennet/ vnd
das Zeichen der Welt ♁ im Schild her außhanget; ſelbiger wird vom Marte vnd Ve-
nere bald auffgenommen/ wird aber von allem/ ſo ihm ſein Vatter mitgeben/ von den-
ſelben beraubet (ſolutio). Da entzuͤndet ſich ein groſſe Theurung (ſiccitas) in demſel-
ben Land/ daß auch die Menſchen fuͤr Hunger ihre Geſtalten verloren (corruptio) da
muß er/ ſeinen Hunger zu ſtillen/ der Schweine huͤten (mit dem ſtinckenden Nitro Ge-
meinſchafft haben)/ vnd Trebern (tartarum) eſſen (inceratio, imbibitio), dadurch
wird er gedemuͤtiget (digeſtio, circulatio, ablutio, edulcoratio, purificatio), vnd keh-
ret wieder zu ſeinem Vatter (incorporatio), welcher ihn mit Freuden empfaͤhet (in-
greſſus), als einen verlornen Sohn (Jchts war zu Nichts/ vnd wieder zu Jchts wor-
J i i 2den)
[436]Operis Mineralis
den) langet ihm ein new (ſilbern) Kleid/ vnd ſtecket ihm einen guͤldenen Ring (ver-
guͤldt Silber) an/ darnach bleibt er beſtaͤndig bey dem Vatter/ vnd wird ein guter
Haushalter/ das iſt/ beſtaͤndiges Metall.
Daß ich in dieſem Proceß der vnvollkom̃enen Metallen transmutation, vnd ſon-
derlich deß Zines/ der Parabel vom verlornen Sohn verglichen habe/ wolle mir nie-
mand uͤbel auffnehmen/ iſt allein darumb geſchehen/ auff daß mans deſto beſſer be-
greiffen moͤge. Es ſteckt ein groß Geheimnuͤß darhinder/ alſo daß mir auch bey mei-
nen audern laboribus niemaln der gleichen Veraͤnderungen vorkommen. Dann erſt-
lich bey der ſolution erſcheinet die Schwaͤrtze/ vnd bleibt ſeine gewiſſe Zeit; darnach
kom̃t der Pfauenſchwantz/ Gruͤne; vnd endlich die Weiſſe. Ob nun auch eine Roͤhte
folgen ſolte/ wann man das Werck laͤnger inder digeſtion hielte/ iſt mir vnbekand/
dann ich niemals weiter als zur Weiſſe damit kom̃enbin. Es iſt ein ſehr luſtige Arbeit/
welche dem Laboranten ſein Gemuͤt erfreuet/ vnd koſtet ſehr wenig/ vnd iſt auch leichtlich
zu thun/ wann man nur das Gewicht trifft/ vnd gute beſtaͤndige Geſchirꝛ darzu haben
kan: Sie weiſet den Weg/ vnd oͤffnet die Thuͤr zu hoͤheren Secreten. Wol ſey deme/
welcher darzu gelanget: er wird ſich nicht ſatt genug ſehen noch verwundern koͤnnen/
wie reich/ edel vnd herꝛlich die Natur in ihrem innerſten ſey.
NB. Es laſſt ſich auch auff dieſe Weis ein jedweder Metall fuͤr ſich allein mit dem
Saturno vnd Salien alſo waſchen/ daß es edler wird/ vnd in der Scheidung Gold vnd
Silber gibt/ gehet auch durch alle Farben/ aber nicht ſo wol/ als wann alle Metallen
zugleich eingeſetzt werden/ da dann das eine geiſtlicher Weis in das ander wircket/ vnd
eins das ander veraͤndert vnd verbeſſert.
Weil nun genugſam angezeigt/ wie man auß den vnvollkommenen Metallein
durch die Kunſt Gold vnd Silber ziehen ſoll: vnd weil gemeiniglich von ſolcher Arbeit
Gold vnd Silber zugleich heraußkoͤm̃t/ alſo iſt es noͤhtig/ daß man auch wiſſe/ wie ſolche
beyde Metallen voneinander zu ſcheiden/ auff daß man ein jedweders allein haben moͤ-
ge; welches alſo geſchicht: Wann bey der mixtur mehr Gold iſt als Silber/ ſo kan die-
ſelbige am fuͤglichſten durch das Antimonium gegoſſen/ mit ♂ in Koͤnige gefaͤllt/ vnd
mit Nitro dieſelbe abgetrieben/ vnd rein gemacht werden. Von welcher Arbeit ich zu-
vorn in meinen außgegangenen Buͤchern allbereit geſchrieben/ darinn man ſich erſchen
kan. NB. Vnd wolle ſich niemand daran kehren/ wann ihme das Nitrum vielleicht
etwas weniges in dem Abtreiben oder Reinmachung der Koͤnig von Gold vnd Silber
rauben oder zu ſich ziehen moͤchte/ vnd meynen/ daß es verloren waͤre/ ſondern geden-
cken an Paracelſi Spruch: Verlieren oder verderben macht vollkom̃lich gut. Man ſoll
ſolche nitroſiſche Schlacken/ damit die Koͤnige rein gemacht ſeynd/ fleiſſig zuſammen
halten vnd ſigiren/ darnach durch ſtaͤrcken Fluß reduciren/ ſo erlangt man den verlor-
nen Sohn viel herꝛlicher wieder/ als er vor ſeinem verlieren geweſen iſt/ vnd wird gantz
nichts verloren/ ſondern dabey gewonnen. Allhier præſontirt ſich eine Gelegenheit
von einer nuͤtzlichen Arbeit zu reden/ ſo wil es aber der Ort vnd die Zeit nicht leiden:
Dem Gelehrten iſt genug gepredigt/ wann ers nicht verſtehet/ ſo iſt ihm nicht zu helffen.
So
[437]Dritter Theil.
So aber bey der mixtur mehr Silber als Gold iſt/ ſo kan dieſelbe erſt granulirt/ mit ſul-
phure gezuͤndert/ vnd mit oder ohne Antimonio, nur mit Saturno vnd Salien præci-
pitirt/ vnd das Gold auß dem Silber in Koͤnige gefaͤllet/ vnd hernach mit Salpeter odeꝛ
♄ abgetrieben vnd rein gemacht werden; iſt auch eine geſchwinde Arbeit. Jſt aber dar-
bey zu wiſſen/ wann der Niederſchlag mit Saturno geſchehen ſoll/ daß deß Halbkopffs
darbey nicht vergeſſen werde/ weil durch ſolchen die præcipition eher vnd beſſer geſchieht/
als wann derſelbe nicht darzu gebraucht wuͤrde.
NB. Wann aber die Koͤnige/ ſo von dem gezeitigten oder figirten Metallen
kuͤpfferich vnd bleich fallen ſolten/ ſo iſt es nicht noͤhtig ſolche abzutreiben/ ſondern eben
gut/ wann man ſolche nur granulirt/ vnd mit den Salien vnd Halbkopff niederſchlaͤgt/
ſo koͤm̃t alles Gold vnd Silber in beſonderen Koͤnigen herauß/ das Kupffer vnd ♄ aber
wird zu Schlacken/ welche in Stich-oͤfen kanreducirt/ vnd zu fernerem Gebrauch her-
nach angewendet werden/ wie die Kunſt erfordert.
Mehrers von Seigern/ Abtreiben vnd Scheiden der Metallen allhier zu ſchrei-
ben/ achte ich fuͤr vnnoͤhtig/ weiln ſolches hin vnd wieder in meinen außgegangenen
Tractaͤtlein allbereit ſchon geſchehen.
Dieſes aber waͤre noͤhtig vnd gut/ daß man auch etwas erklaͤrete/ wie die Ertze
fuͤglicher/ als bißher geſchehen (auff daß mehr vnd beſſere Metallen heraußkaͤmen) ge-
ſchmoltzen/ vnd den armen vnd wilden Ertzen/ daß dieſelbe mit Nutzen gearbeitet vnd
zu gut gemacht wuͤrden/ durch ſonderbare cimenten geholffen werden koͤnte. Dann
offtermals Ertze gefunden/ welche gar zu viel rauberiſchen ſulphuris fuͤhren/ dadurch in
dem Schmeltzen das Metall zu Schlacken verbrennt wird/ vnd ſo wenig gibt/ daß es
auch die Koſten nicht abwerffenkan/ vnd vngebaut muß ligen bleiben/ welches doch ſon-
ſten reich genug/ vnd mit gutem Nutzen zu bauen waͤre/ wann die Bergleut ihnen nur
zu helffen wuͤſten. Es kan der rauberiſche ſulphur, ſonderlich bey den Kupffer-vnd Bley-
Ertzen durch ein beſonder Ciment oder Gradirfeuer vmbgewand vñ veraͤndert werden/
daß es hernach im ſchmeltzen nicht allein das gute Metall nicht verzehret vnd zu Schla-
cken macht/ ſondern daſſelbe gradiret/ daß es in der Scheidung auch ☉ gibt/ welches zu-
vor ohne ſolche Roͤſtung nit haͤtte geſchehen koͤnnen. Es wird den Sachen nicht weiters
nachgedacht/ wie dem einen oder andern Ertz vor vnd in dem Schmeltzen zu helffen ſey.
Was das grobe vnd gemeine Feuer im ſchmeltzen nicht wilheraußtreiben/ das mag blei-
ben/ gedenckt mancher Schmeltzer/ bleibt aber bißweiln der beſte Theil in den Schlacken/
welcher niemand zu Nutz kom̃t Es iſt aber einem erfahrnen Chymico muͤglich/ das ☉
vnd ☽/ welches die Schlacken zu ſich gezogen/ ſo wol durch ſchmeltzen als ohn daſſelbe/ nur
mit beſondern menſtruis herauß zu ziehen/ vnd guter Nutzen damit zu machen. Welcher
Arbeit ich allbereit in meinen andern Schrifften/ vnd ſonderlich bey extrahirung der Si-
licum, gedacht/ vnd auch ein mehrers folgen wird/ wañ ich von deß Deutſchlands Wol-
fart vñ ihren verborgnen Schaͤtzen ſchreibẽ werde/ ſo lang ſich der guͤnſtige Leſer gedulden
wolle. Es koͤnte auch bey den Bergwercken groſſer Nutzen geſchafft werden/ wañ ſie das
☽ wuͤſten zu ſeigern/ vnd das wenige Gold/ ſo darinnen iſt/ durch einen Niederſchlag zu
J i i 3faͤllen/
[438]Operis Mineralis
faͤllen/ daß ſolches mit dem Silber nicht muͤſte verunnuͤtzet werden/ vnd alſo verloren
gehen Solche vnd dergleichen nuͤtzliche Wiſſenſchafften ſolten bey den Bergwercken
guten Nutzen ſchaffen koͤnnen/ wann man ſich darauff befliſſe/ wird aber noch zur Zeit
nicht geachtet: Es zweiffelt mir aber gantz nicht/ es werde die Zeit bald kommen/ daß ſich
einige hinder die vorlaͤngſt hingeworffene Schlacken/ wie auch vnachtſame wilde Ertz
vnd Berg-Arten machen/ vnd viel Gold vnd Silber heraußziehen werden. Gott hat
alle Ding wol gemacht/ vnd nicht ohne Vrſach vns ſolche Wiſſenſchafften ſo lang hin-
terhalten. Weil aber vor viel hundert Jahren von frommen Leuten prophezeyet/ daß in
den letzten Zeiten/ oder vor der Welt Vntergang/ alle Geheimnuͤſſen ſollen offenbar
vnd den Menſchen bekand werden/ vnd ſolche Zeit nunmehr herzunahet/ ſo waͤre es
auch kein Wunder/ daß Gott vnd die Natur ſolcher Offenbarung einmal einen Anfang
maͤchte/ wie es ſich dann allbereit darzu anſehen laͤſſt/ vnd der taͤgliche Augenſchein zei-
get/ daß von Tag zu Tag alle Kuͤnſte vnd Wiſſenſchafften je laͤnger je hoͤher ſteigen vnd
zunehmen/ alſo daß vnſere Vor-Eltern/ wie fleiſſig ſie auch im Bergwerckbauen vnd
ſchmeltzen der Ertze geweſen/ wann ſie jetzunder ſolten auffſtehen/ vnd derjenigen Juͤnge-
ren ihre Arbeiten beſehen/ ſie als Kinder dargegen wuͤrden zu rechnen ſeyn. Vnd iſt
kein Zweiffel/ wann die Welt laͤnger ſtehen wird/ daß uͤber wenig Jahr ein viel naͤher
vnd beſſerer Weg die Ertze zu ſchmeltzen/ abzutreiben/ vnd das eine Metall von dem an-
dern kuͤnſtlich zu ſeigern/ im ſchwang gehen/ vnd nicht ſo viel Gutes auß Vnwiſſenheit
hinweg geworffen werden wird/ darzu ich auch mein beſtes zu thun nicht vnterlaſſen wil:
vnd bin willig denen/ welchen meine Schrifften zu verſtehen ſchwer vorkom̃en moͤchten/
mit Raht vnd That zu huͤlffe zu kommen/ vnd ihnen/ ſo weit meine Erfahrenheit reicht/
einen guten gebahnten Weg zu zeigen. Gleich wie es aber ins gemein zugehet/ daß an-
gebotene Dienſte vnwerth ſeynd/ ſo iſt zu beſorgen/ daß es allhier auch alſo ſeyn werde:
Dann der Menſch bißweilen auß lauterm Hochmut nicht lernen wil/ was ihme vnbe-
kand/ vnd er zuvor nicht gewuſt hat/ nur darumb/ auff daß er nicht dafuͤr angeſehen ſey/
daß er ſo lang in Jrꝛthumb geſteckt habe: vnd gemahnet mich eben/ als wann in einem
Land ein groſſer Mangel an Korn/ vnd anderer Nohtdurft zu deß Menſchen Leben/ ent-
ſtanden/ vnd in einem nahe-dabey-gelegenen Lande deſſen die Fuͤlle zu bekommen/ aber
eine groſſe Wildnuͤß darzwiſchen/ vnd der Weg von dem einen Lande zu dem andern
uͤbel vnd ſchwerlich zu finden waͤre/ ſich aber jemand erboͤte/ welchem durch langer Zeit
uͤbung vnd Verlierung ſeiner Jugend der Weg durch dieſelbige Wildnuͤß allbereit be-
kand/ diejenige dadurch zu fuͤhren/ vnd an das geſuchte Ort zu bringen/ die es begehr-
ten/ wann ſie ihm nur etwas weniges von dem Korn/ das ſie heraußbraͤchten/ fuͤr ſeine
Muͤhe vnd Verſaͤumnuͤß geben wolten; Jene aber dargegen ſolches ſein Anerbieten
verachteten/ vnd lieber ſelber den Weg mit groſſer Muͤhe/ Koſten/ vnd Gefahr deß Le-
bens durch ſolchen Labyrinth vnd vngebahnten Weg ſuchen/ ehe ſie jenem nur ein we-
nig Genieß zukommen laſſen wolten: Wuͤrde nicht jederman mit recht ſagen koͤnnen/
daß es gedoppelte halsſtarrige Narren waͤren/ denen weder zu rahten noch zu helffen?
Vnd
[439]Dritter Theil.
Vnd wann auch ſchon ein ſolcher eigenſinniger Menſch ſich in der Wildnuͤß verirren
ſolte/ daß er auch ſein Leben daruͤber einbuͤſſen muͤſte/ ſo waͤre er doch keines Beklagens
werth/ dieweil er ihme ſelber eine ſolche Vnruhe vnd Schaden/ deme er doch wol haͤtte
fuͤrkommen koͤnnen/ zugefuͤget: Alſo ſind auch diejenigen nicht zu beklagen/ die viel vnd
groſſe Vnkoſten auff ein Vngewiſſes anlegen/ ſich viel Jahre mit Sorg/ Muͤhe vnd
groſſen Koſten quaͤlen vnd marteln/ etwas zu ſuchen/ vnd doch nicht darzu kommen/
weiln ſie deren guten Vnterricht/ welche ſich allbereit durch den Labyrinth gearbeitet/
vnd ihm den rechten Weg zeigen koͤnten/ verachten/ ſich zu lernen ſchaͤmen/ vnd ſelber
weiß genug zu ſeyn vermeynen/ wie jener Bauer/ welcher ein Eichhoͤrnlein fangen wol-
te/ ſagend: Jch habe wol ſo lange Beine als du: da er aber demſelben von einem Baum
zum andern nachſpringen wolte/ fiel er herab/ vnd zerbrach ſeine lange vnd zum Sprung
vngeſchickte Beine. Alſo moͤchte auch mancher ſagen: Was ſolte mir mangeln/ daß
ich nicht eben ſo wol dieſe bißher vnbekandte Seigerwerwerck finden ſolte/ wann ich
darnach ſuchte? Warumb ſoll ich einem andern nachgehen/ vnd gute Wort darumb
geben? Die Natur vnd das Gluͤck ſtehet mir ja ſo wol fuͤr Augen als andern. Solcher
Menſch betrachtet nicht den Spruch deß Apoſtels: Non eſt currentis, neque volen-
tis, ſed ſolius DEI miſerentis: Welches auch den Heydniſchen Philoſophis nicht vn-
bekand geweſen/ wie an ihrem gewoͤhnlichen Spruͤchwort zu ſehen: Non omnibus
contingit adire Corinthum: Dadurch haben ſie wollen zu verſtehen geben/ daß nicht
jederman gegeben ſey/ wichtige Sachen zu erfinden/ ob ſie ſich ſchon noch ſo ſehr dar-
umb bemuͤhen wolten: dann GOTT allein iſt bekand/ warumb er dieſem in dieſer/ vnd
jenem in einer andern Kunſt mehr als anderen ſeine Arbeit vnd Fleiß ſegne; vnd gleich
wie die Naturen der Thiere vnterſchiedlich/ alſo auch der Menſchen: Dann/ ob ſchon
alle vierſuͤſſige Thiere auff dem truckenen Lande lauffen vnd in dem Waſſer ſchwim-
men koͤnnen/ ſo wird doch das eine dem andern ſo wol im lauffen als ſchwimmen (nach-
dem ſeine Natur iſt) weit uͤberlegen vnd vorzuziehen ſeyn. Welches auch bey den Kin-
dern zu ſehen/ wann deren viel beyſammen in einem Haus auffgebracht vnd in einer
Schul vnterwieſen werden/ daß darumb ſie nicht alle gleich gelehrt ſind/ ſondern immer
eines dem andern an Geſchicklichkeit vorgehen/ vnd ein ſehr groſſer Vnterſcheid vnter
ihnen gefunden werden wird. Wer kan nun zu dem einen ſagen/ warumb bleibſt du ſo
vngelehrt/ der du doch eben ſo lang biſt in die Schul gangen/ als dieſes Kind/ vnd eben
daſſelbe gehoͤret/ vnd uͤbertrifft dich doch ſo weit an Geſchicklichkeit? Jſt derohalben
nicht allzeit deß Kindes Schuld/ daß es nichts begreiffet vnd lernen kan/ ſondern ſeiner
vnbequemen vnd vntuͤchtigen Natur zuzulegen. Alle gute Gaben/ ſagt der Apoſtel/
kommen von oben herab; die Philoſophi aber/ daß das oͤbere Geſtirn ſolches in dem
Menſchen wircke vnd eingieſſe/ vnd wann Gott einen Menſchen mit ſonderbaren ho-
hen Gabenvor andern erleuchtet/ nennen ſie es Philoſophiam adeptam; welche Philo-
ſophia aber nicht in ſolchen Hohen Schulen erlernet wird/ die mit Ziegeln gedeckt iſt/
ſondern muß von oben herunter/ als von dem Vrſprung vnd Geber alles Guten/ auß
Gna-
[440]Operis MineralisDritter Theil.
Gnaden erlanget werden. Der Heilige Geiſt iſt der rechte Lehrmeiſter/ welcher vns zu
Warheit leiten vnd fuͤhren/ vnd vns gegen Bitten vnd Suchen groſſe Geheimnuͤſſen
offenbaren kan. Woher iſt Paracelſo ſein groſſes Licht/ welches er in Philoſophia, Me-
dicina vnd Alchymia vor andern gehabt/ kommen? Ohne zweiffel von nirgend an-
ders als von oben herab/ als von dem Vatter deß Lichtes vnd der Warheit/ welcher
auch noch nicht nachlaͤſſet/ ſeine Allmacht der Welt durch ein vnd den anderen/ deme Er
es einpflantzet/ bekand zu machen. Jſt alſo gantz naͤrriſch/ daß mancher meynet/ es koͤn-
ne nichts beſſers herfuͤrkommen/ als was allbereit bekand iſt/ gleich als wann GOTT
ſeine Hand geſchloſſen waͤre/ vnd Er ſich nach der naͤrriſchen Menſchen Sinn vnd Ver-
ſtand richten muͤſte. Wann wir Gott recht kenneten/ wuͤrde vns die Natur alſo nicht
verſchloſſen vnd verdeckt ſeyn: Wie ſolte dem die Natur vnbekand bleiben/ welcher
GOTT kennet/ der mehr als die Natur iſt? Weiln aber der Menſch auß angeborner
Schwachheit allzeit die Finſternuͤß liebet/ vnd das Licht haſſet/ ſo darf ſich auch niemand
verwundern/ daß wir alſo im Finſtern herumbtappen/ vnd deß rechten Wegs verfehlen.
GOTT hat ſehr viel Geheimnuͤſſen in die Natur gelegt/ welche dem Menſchen jetzund
verborgen ſeynd/ vnd doch einmal ſollen offenbar werden. Wer kan dann ſagen/ es iſt
noch lang darzu/ biß ſolches geſchehen wird; wer weiß wer es erlebet? Niemand. Dar-
umb man nicht gedencken ſoll/ daß Gott ſolchem Greuel/ welcher jetzund in der Welt
im ſchwang gehet/ laͤnger zuſehen werde. Der Tag iſt vergangen/ die Nacht nahet ſich
herzu/ darinnen der Gottloſen Straff angehen wird; wol deme/ welcher ihme durch den
vngerechten Mammon Freunde machet/ vnd zur Ehre Gottes die Wunderwercke der
Natur ans Licht zu bringen ſich bemuͤhet/ vnd dadurch Gottes Willen verrichtet: We-
he denen aber hergegen/ welchen der Mammon ihr Gott iſt/ vnd die Ehre GOTTES
vnd der Natur Wunderwerck damit zu vnterdrucken ſuchen. Darumb wol zuzuſehen/
wann Gott einem Reichthumb gibt/ daß er es wol anlege vnd gebrauche/ auff daß es
ihm nicht zu Leibes vnd der Seelen Verderben gereiche.
Wil alſo hiermit dieſen Appendicem oder Zugabe deß Operis Mineralis be-
ſchlieſſen/ mit guter Hoffnung/ was ich darinn auß guter Meynung meinem Nechſten
zum beſten beſchrieben/ in gutem auffgenommen vnd zu Gottes Ehren angewendet
werden moͤchte. Darzu ich einen jedwedern frommen vnd fleiſſigen Durchſuchern
der metalliſchen Natur Gottes gnaͤdigen Segen vnd Gedeyen von
Hertzen wuͤnſche. Amen.
ENDE deß Dritten Theils deßOperis Mineralis.
TRA-
[441]
TRACTATUS
DE NATURA SALIUM.
Oder
Außfuͤhrliche Beſchreibung/ deren bekantenSali-
en,vnterſcheiden Natur/ Eigenſchafft/ vnd Gebrauch/ vnd ab-
ſonderlich von einem/ der Welt noch gantz vnbekantem wunderlichem Sal-
tze/ dadurch alle verbrenliche Vegetabiliſche/ Animaliſche vnd Mineraliſche Subjecta,
ohne Abgang ihres Gewichts/ noch Veraͤnderung deren Formen/ vnd Geſtal-
ten/ in harte vnverbrennliche Coͤrper zuverwandlen.
Neben
Gruͤndlichem Beweiß/ daß das Saltz (nechſt GOtt/ vnd Huͤlffe der Son-
nen) der einige Anfang/ oder Vhrſprung/ wie auch Fortpflantzung/ vnd Ver-
mehrung aller Dingen/ vnd der groͤſſeſte Jrrdiſche Schatz/ vnd Reich-
thumb der Welt auß ihme zu bringen.
Sambt angehaͤngtem Tractaͤtlein/de Signaturâ Salium, Metallorum,
\amp; Planetarum.
Guͤnſtiger Leſer.
MAn pfleget zu ſagen/ wann gleich noch ſo vielerhand
gute Speiſen von Fleiſch/ Fiſch/ vnd andern din-
gen/ auff die Taffel geſetzet werden/ vnd das
Saltz dabey mangelt/ ſo iſt an allen kein guter
Biſſen zu genieſſen/ weiln ſolche nit allein ungeſchmack/
ſondern auch gantz vngeſund ſeyn; daß es wahr ſey/ mag ein
jeder leicht verſtehen/ vnd demſelben Glauben geben; dann
das Saltz in der Warheit das beſte Gewuͤrtz iſt/ vnd bleibet/
deme kein anders zu vergleichen oder vorzuziehen iſt.
Dieweiln ich dann vor 15. oder 16. Jahren viel herꝛliche vnd nuͤtzliche Inventiones
entd cket/ vnd zum gemeinen Beſten in offenen Druck gegeben/ Als I.Mein Buch
der Oefen im 5. Theil. Darinnen 5. Sonderbahre kuͤnſtliche Diſtillir-Oe-
K k kfen
[442]De Natura Salium.
fen beſchrieben/ durch welche man viel herrliche Medicamenten zu Abwendung der
Kranckheiten ſehr leichtlich bereiten kan/ dergleichen nuͤtzliche vnd kuͤnſtliche inventi-
ones noch von keinem beſchrieben worden.
Jtem/ Ein Buͤchlein in 3. Theil von Herkommen vnd Verbeſſerung der
Mineralien, vnd Metallen, vnterm Nahmen: Opus Minerale. Noch ein Tractaͤt-
lein von 3. Theilende Vegetabilibus, vnterm Nahmen: Pharmacopœa Spagyri-
ca, darinnen der rechte Grund gute kraͤfftige Medicamenta zu bereiten/ angezeiget/
vnd gelehret wird.
Jtem/ ein Tractaͤtlein von wunderbarlicher Natur vnd Eigen-
ſchafft deß Salpeters/ darin bewieſen/ daß derſelbe der alten Weiſen ihr Solvens
Univerſale, vnd daß er allen Menſchen/ hoch vnd niedriges Standes/ reichen vnd ar-
men/ dienſtlich vnd nuͤtzlich ſeyn koͤnne/ vnterm Nahmen: Miraculum Mundi, daruͤ-
ber eine Explication, vnd Continuation, auch gegen Gottloſe Neider vnd Spoͤtter ei-
ne Defenſion, darinnen die Wunderwercke GOttes/ vnd Geheimnuͤſſe der Natur/
dieſer jetzigen blinden Welt klar vor Augen gelegt.
Jtem/ ein Buch von guter nuͤtzlicher Haußhaltung traetierende in
4. Theil/ davon die 2. letzten noch nicht gedruckt/ aber/ ſo es GOtt geliebet/ mit
eheſten auch ſollen herauß gegeben werden/ vnterm Nahmen/ deß Deutſchlandes
Wolfahrt.
Jtem ein Tractaͤtlein: Troſt der Seefahrenden intituliret/ darin angewie-
ſen/ wie man ſich auff langwirigen Reiſen/ nach Oſt-vnd Weſt-Jndien/ vor Hunger/
Durſt/ ꝛc. in ſolchen Kranckheiten/ oder Noͤten/ welchen die Seefahrende vnterworf-
fen ſeyn/ ſchuͤtzen vnd bewahren koͤnne.
Jtem/ ein anders von Weinſtein/ Eſſig vnd Brandwein/ ſolche
leichtlich zu zeugen.
Einsde Tinctura Auri. Ein anders de Medicina Univerſali, ſive Auro Pota-
bili Vero, vnd ſonſten noch andre Apologetiſche Schrifften/ darinnen nicht al-
lein die Vntrew der Gottloſen Menſchen/ ſondern auch viel herrliche Wiſſenſchafften
entdecket worden/ welche herrliche vnd vngemeine nuͤtzliche Schrifften/ ich zu Got-
tes Ehren/ vnd meines nechſten Nutz vnd Liebe/ als herrliche Speiſen/ Seel vnd Leib
damit zu laben/ vorgeſetzet.
Ob nun wol gedachte Speiſen an ihnen ſelber geſaltzen/ geſund vnd wolſchme-
ckend/ auch ihr eigen Saltz von Natur bey ſich haben/ dennoch ſolche noch wohlge-
ſchmacker vnd geſunder zu machen/ ich dieſelben auch habe ſaltzen/ oder eine Suͤltze da-
ruͤber auffſetzen wollen/ auff daß dieſelben mit deſto beſſerem Luſt vnd Geſchmack gepruͤ-
fet vnd genuͤtzet werden moͤchten/ auch darumb/ damit ich der alten Gelehrten ihre Leh-
re nicht vberſchreitte/ welche befohlen/ daß man keine Speiſe ohne ſaltz auff
den Tiſch ſetzen ſolte/ daher man noch bey guten Haußhaltung das Saltzfaß mit
[a]llererſt nemblich vor den Speiſen auff den Tiſch ſetzet/ auch nicht ehe wieder abnim-
met/
[443]De Natura Salium.
met/ biß daß zuvor alle andere Speiſen abgehoben/ damit anzuzeigen/ daß das Saltz
ein nuͤtzlich vnd nothwendig Geſchoͤpff GOttes/ vnd rechtmaͤſſiger Weiſe das erſte
vnd letzte auff der Taffel ſeyn ſolte. Auff daß aber das edle Saltz den vnwiſſen-
den beſſer bekand werde/ als es vorhin geweſen/ ſo kan ich nicht uͤmbgehen/ nur kuͤrtz-
lich vnd obiter, ſo viel die Zeit dißmahl leiden wil/ deſſen uͤberauß groſſe vnd wun-
derbahre Krafft dem menſchlichen Geſchlecht zum beſten ein wenig vorzumahlen/ das
uͤbrige kan man auß frommer vnd fleiſſiger Leute Schrifften ſuchen/ dißmahl aber der
Liebhaber Goͤttlicher Wunderwercke mit dieſem vor lieb nehmen/ vnd nicht gering ach-
ten wolle/ ich freundlich bitte.
Deß Saltzes Vhrſprung nun/ welches deß gantzen Erdbodens Nahrung vnd
Vnterhalt iſt/ vnd allein auß dem Univerſal Sammelkaſten/ oder Proviand-Hauß/
dem groſſen Meer herkommen thut/ betreffend/ ſo ſeyn vnterſchiedliche Opiniones da-
ruͤber entſtanden. Einige haben darfuͤr gehalten/ daß die Saltzbrunnen/ welche an
vielen Orten der Welt/ auß der Erden quaͤllen/ vnd zu Saltz gekocht werden/ ihren
Vhrſprung auß dem geſaltzen Meer nicht haͤtten/ ſondern daß das Saltz in der Er-
den abſonderlich/ an vielen Orten der Welt/ wie die Metallen, generirt wuͤrde/
dieſes zu ihrem Beweiß vorwendende/ daß offtermahls die Waſſer viel ſtaͤrcker ge-
ſaltzen herauß lieffen/ alß das Meer an ſich ſelber ſey/ da doch das Meerwaſſer/ wann
es einen ſolchen weiten Gang durch das Erdreich nimbt/ ſein Saltz nothwendig verlie-
ren/ im Erdreich ſitzen laſſen/ vnd ſuͤß herauß kommen muͤſte/ welches ſich zwar hoͤren
laͤſt/ vnd ein Anſehen hat/ alß wann es nicht anders ſeyn koͤnte. Wie dann auch meyſt
alle ſuͤſſe Quaͤllen/ anfaͤnglich geſaltzen Meerwaſſer geweſen/ welches ſich durch die Gaͤn-
ge der Erden getrungen/ das Saltz dem Erdreich zur Nahrung hinterlaſſen/ vnd dem
Menſchlichen Geſchlecht zum Beſten/ ſuͤß herfuͤr gebrochen/ davon ſo mancher groſſer
Fluß entſtanden/ vnd wieder zu dem algemeinen Sammelkaſten/ oder Speißmeiſter/
dem groſſen Meer gefloſſen/ vnd noch vnauffhoͤrlich ander Saltz zu holen/ vnd dem Erd-
reich zur immerwehrenden Nahrung zubringen/ wieder dahin flieſſen/ auff daß ja
nimmer der Erden an Nahrung/ oder nutriment ermangele/ davon Mineralien,
Stein/ Hecken/ Baͤume/ Laub vnd Graß dem Viehe zum Futter/ vnd Menſchlichen
Geſchlechts Erhaltung/ vnd Fortpflantzung/ wachſen vnd herfuͤr kommen/ welches
vnfehlbahr/ vnd kein verſtaͤndiger ſich dargegen legen wird. Es wehre dann/ daß er
die Circulationem Sanguinis in der kleinen Welt deß Menſchlichen Leibs negiren,
(wie dann auch ihrer viel nichts davon wiſſen) vnd ſagen wolte/ das Blut in die-
ſem kleinen Finger/ in der groſſen Zehen/ in dem lincken Ohr/ oder andern Oertern/
kaͤhme nicht von deß Bluts allgemeinen Wurtzel der Leber/ ſondern wehre daſelbſten
abſonderlich durch den Spiritum Vitalem generirt, welches abſurd iſt. Dann bey den
erfahrnen Medicis, die Circulatio ſanguinis im Menſchen gar nicht gezweifelt wird/
wie es dann auch in der Warheit alſo ſicher befunden worden.
Weilen dann nun die immerwehrende Circulatio ſanguinis in Microcoſmo, oder
K k k ijkleinen
[444]De Natura Salium.
kleinen Welt/ warhafftig; warumb ſolte dann ſolche circulation in Microcoſmo, oder
groſſen Welt nicht auch wahr ſeyn? Gleichwie das Blut im Menſchen/ auß der Leber
durch den gantzen Leib/ durch groß vnd kleinen Gaͤngen/ vnd Aderen zertheilt/ den
Leib beym Leben erhalt[e]n/ ernehren/ vnd vermehren/ den beſten Safft darinnen laſ-
ſen/ der in Fleiſch/ Bein/ Haut/ vnd Haar verwandlet/ das ſuperfluum, oder vntuͤch-
tige Phlegma aber/ durch die Menge der Pororum herfuͤr tringen/ vnd wie geſagt/ den
beſten Safft/ dem Leib zur Nahrung/ vnd Vermehrung/ zu ruck laſſen thut. Alſo auch
hat es eine Beſchaffenheit/ mit der groſſen Welt Nahrung/ oder Vnterhaltung/
nemblich daß fuͤr vnd fuͤr das Saltzwaſſer auß dem groſſen Meer/ durch viele groſſe
vnd kleine Adern/ den gantzen Erdbodem durchgehen/ ſelbigen mit dem Saltz naͤh-
ren/ vnd vnterhalten/ davon Metallen/ Stein/ Sand/ Letten/ Hecken/ vnd Baͤu-
me wachſen/ zunehmen/ vnd ſichv ermehren/ das uͤbrige ſaltzloſe Waſſer aber/ als ein
Superfluum wieder von ſich ſtoſſen/ in viel vnzaͤhlige kleine vnd groſſe Waſſerquellen/
gleichwie in der kleinen Weit der Schweiß/ als ein Superfluum deß Bluͤths durch vn-
zaͤhlige Poros außgetrieben wird. Daß aber an vielen Orten der groſſen Welt/ geſaltzen
Waſſer herauß lauffen/ vnd das Saltz nicht zuruck in der Erden geblieben/ hat vnter-
ſ[c]hiedliche V[r]ſachen. Erſtlich/ daß GOtt der Allmaͤchtige der alte Haußvatter/ durch
ſeine Goͤttliche Verſehung oder Anordnung/ es alſo weißlich geſchaffen/ daß ſolche
g[e]ſaltzene Waſſer/ dem Menſchlichen Geſchlecht zum beſten/ deren es gar nicht entbeh-
ren kan/ herfuͤr kommen muͤſſen. Darumb durch das centraliſche Fewer/ an etlichen
Orten der Erden/ das Meerwaſſer/ in ſeinen Gaͤngen vnd Kluͤfften außgetrucknet/
vnd in harte groſſe Stuͤcker/ den Steinen gleich coagulirt werden/ welches durch Muͤ-
he vnd Arbeit der Menſchen herauß gegraben/ mit Waſſer ſolvirt/ clarificirt/ vnd in
Pfannen wieder zu einem klaren Saltz geſotten wird.
Wann aber andere Waſſer/ durch ſolches coagulirte Saltz/ ihren Lauff haben/
dieſelbe ſo viel von dem coagulirten Saltz zu ſich nehmen/ als ihnen muͤglich geweſen/
in ihrem Durchlauff zu ſolviren/ welche Saltzwaſſer hernach/ nach deme ſie Reich oder
Arm von Saltz ſeyn/ auf mancherley Weiſe zu Saltz geſotten werden.
Daß aber zweytens der eine Saltzbrunnen reicher von Saltz iſt/ alß der ander/
verurſacht das zufaͤllige ſuͤſſe Waſſer/ nachdeme deſſen viel/ oder wenig/ in/ oder auſ-
ſer der Erden/ ſich zu den Saltzquaͤllen geſellet/ vnd das Saltzwaſſer ſchwaͤchet.
Dieſes wenige ſey zum Beweiß/ daß die Saltzbrunnen ihren Vrſprung auß dem
Meer haben/ vnd nicht abſonderlich in etlichen Orten der Erden/ durch die Aſtra ge-
wircket werden/ welches zwar auch woll muͤglich were/ aber viel muͤglicher/ daß die A-
ſtra, vnd ſonderlich die Sonne/ in das groſſe Meer ihre Strahlen ſencken/ Saltz darin
generiren/ vnd hernach durch viel groſſe vnd kleine Gaͤnge/ durch den gantzen Erdbo-
dem/ ſelbigen dadurch fruchtbar zu machen/ fuͤhren thut.
Es koͤnte auch wol dieſes ein Vrſache ſeyn/ daß der eine Saltzbrunnen reicher/
als der ander/ wann nemblich ſolche Saltzgaͤnge/ von einem oder anderm Ort
deß
[445]De Natura Salium.
deß Meers ihren Vhrſprung hetten/ weilen ein gar groſſer Vnterſcheid/ zwiſchen dem
Meerwaſſer iſt.
Dann je naͤher das Meer gegen Norden/ je weniger Saltz darinnen/ alſo daß
bißweilen kaum der zehende/ oder zwantzigſte Theil Saltz darinnen iſt.
Je naͤher aber gegen Suͤden/ vnd Oſten/ je mehr Saltz/ alſo/ daß in Jndien an
vielen Orten das Meer ſo geſaltzen iſt/ daß es in groſſer Vngeſtuͤmmigkeit/ vnd ſtar-
cker Bewegung der Wellen groſſe Hauffen Schaum an dem Vfer wirfft/ vnd ſo bald
die Sonne darauff ſcheinet/ ſolcher Schaum in ein lauter Saltz ſich coaguliret/ deſſen
die Jnwohner ſich zum Fiſch vnd Fleiſch ſaltzen gebrauchen. Es wird befunden/ daß an
ſolchen Orten/ da die Sonne ſo maͤchtig in das Meer ſcheint/ 4. ℔ Meerwaſſer ein ℔
Saltz geben/ wie dann an ſolchen hitzigen Orten/ da das Saltz ſo maͤchtig/ das Erd-
reich auch deſto fruchtbahrer iſt/ vnd ohne cultur freywillig den Jnwohnern die herr-
lichſte Fruͤchten/ Sommer vnd Winter durch/ ohne auffhoͤren/ oder nachlaſſen/ her-
fuͤr bringt/ welches die Laͤnder gegen Norden nicht thun koͤnnen/ weilen daſelbſten we-
niger Sonn/ vnd Saltz iſt/ davon alle fruchtbarkeit her kombt/ vnd dahero auch conſe-
quenter weniger Fruchtbarkeit ſeyn muß/ welches ja augenſcheinlicher Beweiß genug
iſt.
Damit aber das Saltz (ſo vor den Vnerfahrnen geringſchaͤtzig) hinfuͤhro in beſ-
ſern Ehren gehalten werden moͤge. So hab ich ſeinen rechten Nahmen/ der ihme ge-
buͤhret/ nicht laͤnger verhalten koͤnnen/ beſondern ſelbigen/ den groͤſten Schatz
vnd Reichthumb der Welt/ nennen wollen.
Dem Titul nun gemeeß zu beweiſen/ daß kein groͤſſer Schatz/ als das von jeder-
man kaͤndtliche gemeine/ vnd veraͤchtliche Saltz zu finden/ in welchem alles Leben/ vnd
Wachsthumb/ auch Fortpflantzung/ vnd Erhaltung aller Geſchoͤpffen GOttes beſte-
het/ ja daß es der Anfang/ vnd das Ende aller Dingen ſey. Als werde ich/ ſo kurtz als
im̃er muͤglich zu thun ſeyn wird/ die vnwiederlegliche Warheit/ der Geheimnuͤſſen Got-
tes/ vnd der Natur bekant machen.
Es iſt aber meine Bitte/ an den vnpartheyiſchen Leſer/ daß er doch an dem veraͤcht-
lichen Subjecto, dem gemeinen Saltze/ ſich ja nicht ſtoſſen oder aͤrgern wolle/ vnd etwa
vermeynen/ daß ich ihme zn viel Ehr angethan/ vnd den groͤſten Schatz vnd
Reichthumb der Welt genennet/ vnd zu ſey behauptet/ dann es gehoͤret ihm ſol-
cher Ehren-Titul mit Recht/ vnd noch ein groͤſſerer/ wann ihm ſolcher zu geben muͤg-
lich waͤre. Jch kan mir wol einbilden/ wann die Geld-vnd Gut-Geitzigen den Titul
dieſes Buͤchleins ſehen/ ſie ihnen anders nicht einbilden werden/ alß in dieſem Tractat
die Beſchreibung deß groſſenUniverſalis, oder ſonſten groſſer Schaͤtze vnd
Reichthumb Entdeckunge zu finden/ vnd ihnen gar nicht werden traͤumen laſſen/ daß
das verachte Saltz herfuͤr kommen/ ſondern auß Vnverſtand herauß fahren: Jſt es
nur vmb eine Hand voll Saltz zu thun? Wer haͤtte gemeynet/ daß Glauber dem
Saltze einen ſo herrlichen Titul geben duͤrffe? Ey/ mein lieber/ gedulde dich doch nur
K k k iijein
[446]De Natura Salium.
ein wenig/ vnd ließ erſt/ was ich von dem Saltze ſchreibe/ vnd betrachte es wohl/ ſo
wirſtu finden/ daß ich die pur lautere Warheit geſchrieben/ iſts deinem groben Kopffe
nicht begreifflich/ vnd haſts auß den Buͤchern nicht gelernet/ oder verſtanden/ ſo mu-
ſtu gedencken/ daß ſolche nicht alles gewuſt/ vnd GOtt der Allmaͤchtige andern
Nachkoͤmlingen auch etwas vorbehalten/ das er den Hoffaͤrtigen verborgen gehabt.
Lieſe vnd durchlieſe aber die ware alte Philoſophos, ſo wirſtu befinden/ daß ſie allzumahl
viel vom Saltze gehalten/ aber deſſen Arcana, vmb der vndanckbaren Welt halber/
willens oder bedachtſam/ verſchwiegen haben/ nun aber in dieſer letzten Zeit offenbah-
ret wird/ welches du billich/ alß eine vnvergleichliche Gabe Gottes/ danck-
barlich auff vnd annehmen ſolteſt.
Spitze nun deine Ohren/ vnd thue deine Augen auff/ vnd mercke/ was ich dir
guts vom Saltze ſagen werde/ probiere oder pruͤfe ſolches/ ob es mit GOtt/ der Na-
tur vnd Warheit uͤber ein komme/ thuſtu dieſes/ ſo zweifle ich nicht/ es werde dir ein
groſſes Liecht auffgehen/ vnd du gleichſam ein Neugeborner Menſch werden/
wiltu aber auß Hoffart oder Hochmuth ſolches/ das du nicht verſteheſt/ oder ver-
ſtehen noch lernen wilſt/ verachten/ ſo biſtu ein Narr/ vnd bleibeſt ein Narr/ wann
dir ſchon Ariſtoteles, alle Profeſſores vnd Doctores, auff den langen Ohren ſaͤſ-
ſen/ vnd du mit ſolchen/ (wie der Eſel ſeinen Sack) deine Thorheit vnd Hoffart
zu bemaͤnteln herumb truͤgeſt. Es iſt beſſer viel wiſſen vnd wenig von ſich halten/ alß
nichts wiſſen/ vnd doch alſo hoffaͤrtig ſeyn. Jch habe niemals einen wiſſenden Hof-
faͤrtigen geſehen/ deren aber gar viel/ welche auß Neid/ Mißgunſt/ vnd vnmenſch-
licher Boßheit die Frommen Erfahrnen nicht leiden koͤnnen/ ſondern ihnen hinter-
warts ſpotten/ vnd vbels nachreden/ welches ja recht teuffeliſch gethan iſt/ das GOtt
zu ſeiner Zeit auch nicht wird vngeſtrafft laſſen. Das mercke. Folgt nun alſo.
1. Von Natur deß Saltzes.
AVff daß ich aber kuͤrtzlich beweiſe/ vnd wahr mache/ daß viel guts/ ja nechſt vn-
ſerer Seelen Seeligkeit die hoͤchſte Geſundheit/ das hoͤchſte Gut/ Schatz/ vnd
Reichthumb der Welt/ vnd was ſonſt noͤtig ſeyn moͤchte/ voͤllig im Saltze zu finden/
ſo hoͤre erſtlich/ was Chriſtus vnſer Seeligmacher/ die Warheit/ das Liecht vnd
Leben ſelber vom Saltz geſagt/ bey dem H. Evangeliſten Luc. 14. v. 34. Marc. 9. v. 50.
Das Saltz iſt gut.Luc. 18. v. 19. ſagt er: Niemand iſt gut/ alß Gott al-
lein/ vnd nennet ſeine Juͤnger/ das Saltz der Erden/ vnd ſetzet noch darzu/
wann kein Saltz in der Erden iſt/ ſo iſt ſie dum/ vnd bringet keine
Fruͤchte/ auch der Miſt nicht. Alß wolt er ſagen: Das Saltz iſt das edel-
ſte Ding auff Erden/ vnd doch ſo geringſchaͤtzig von den vnweiſen/ deme ſolt ihr
gleich ſeyn/ vnd GOttes willen verrichten/ die Suͤnder zu GOtt bringen/ alß Me-
diatores, ohne welche es ſonſt nicht ſein kan. Jch bin ewer Haupt/ Meiſter/ vnd
Vor-
[447]De Natura Salium.
Vorgaͤnger/ trettet in meine Fußſtapffen/ vnd folget mir nach/ ich bin der Weg
zum ewigen Leben/ ꝛc. Hinter dieſen Worten ſteckt ſehr viel/ wird aber von den
Menſchen/ nur oben hin gehoͤret oder geleſen/ vnd deme darhinden verborgene Ge-
heimnuͤſſe gar nicht nachgedacht. Man ſoll vnd muß wiſſen/ daß Chriſtus kein Wort
vergeblich geredet/ vnd hinter jedwedern Spruch/ den Er auß ſeinem Heiligen
Munde hat gehen laſſen/ groſſe Geimnuͤſſe verborgen ſeyn/ welches der tauſen-
de nicht begreiffen/ glauben vnd verſtehen kan/ was macht es aber/ alß die Suͤn-
de/ Hoffart/ Weltliche Ehre/ vnd Eitelkeit/ davon die Hertzen voll ſeyn/ vnd
nichts Geiſtliches wollen eingehen laſſen? Dann wann ein Geſchirr voll ſtincken-
den gifftigen Waſſers were/ vnd man einen koͤſtlichen Wein/ oder liebliche Medi-
ein darein ſchuͤtten wolte/ ſo wuͤrde der ſtinckende Gifft der heilſamen Medicin da-
rumb nicht weichen/ ſondern der Edle Safft vergeblich uͤber das volle Geſchirr hin-
lauffen; Alſo auch iſt es mit der jetzigen boͤſen Welt beſchaffen/ dann der mehrer Theil
Menſchen Sinn/ Hertz/ vnd gedancken alſo mit den Jrrdiſchen vergaͤnglichen Din-
gen erfuͤllet/ daß gar nichts Goͤttliches hinein kommen kan; das machet der leidige
Satan/ welcher der Menſchen Hertzen alſo mit Vnkraut beſaͤet/ daß kein guter
Weitzen darauff zu wachſen Platz finden kan. Man ſehe ſich nur umb betrachte ſich
vnd deß Menſchen thun/ ſo wird ſichs alſo befinden; wohl dem aber/ welcher bey Zei-
ten vmbkehret.
Laſt vns nun wieder zum Saltz kommen/ vnd hoͤren/ was andere davon ge-
halten. Der Philoſophorum ihre Schrifften weitlaͤufftig anzuziehen/ iſt gar nicht
noͤtig/ ein jeder kan dieſelbe leſen/ wird darin befinden/ daß ſie daſſelbe/ nechſt GOtt/
ſampt der Sonnen/ oder dem Fewer/ fuͤr das Edelſte Geſchoͤpffe GOttes gehal-
ten/ vnd gleichſam Goͤttliche Ehre erzeiget haben. Die Heiden haben keine Opffer
thun koͤnnen/ ohne Fewer vnd Saltz/ leſet das Alte vnd Newe Teſtament Goͤtt-
licher Schrifft/ ſo werdet ihrs finden/ daß GOtt ſelbſt befohlen/ das Saltz in acht
zu nehmen/ wie bey dem Heiligen Evangeliſten Marco zuſehen: Daß alle Men-
ſchen mit Fewr/ vnd alle Opffer mit Saltz ſollen gewuͤrtzet ſeyn/
vnd die Lampe/ oder Liecht auffdem Altar nimmer außleſchen ſolle. Die Al-
te Chriſtliche Kirche hat dieſes alſo gehalten/ daß ſie kein Kind getaufft/ als bey ei-
ner brennenden Kertzen/ vnd der Prieſter bey der Tauffe dem Kinde ein wenig
Saltz in den Mund gegeben/ mit dieſen Worten: Accipe Sal Sapientiæ: Nim hin
das Saltz der Weißheit/ lerne GOtt begreiffen vnd verſtehen/ vnd werde kein
Welt-Thier/ darinne kein Verſtand iſt wie dann ſolche Ceremonien heutigs
Tages an etlichen Orten noch gehalten werden. Die Griechiſche Kirche tauffet
mit Waſſer vnd Fewr/ anzuzeigen/ daß der Heiligen Geiſt dem Fewr zu verglei-
chen/ die kalte Hertzen zu erwaͤrmen/ lebend vnd munter zu machen/ ſich zu GOtt
zu bekehren/ wie dann GOtt ſich ſelber ein verzehrend Fewr nennet vnd alle-
zeit den Heiligen in Fewers-Geſtalt erſchienen/ auch der Heilige Geiſt vber die
Juͤn-
[448]De Natura Salium.
Juͤnger Chriſti in Geſtalt fewriger Zungen kommen. Die Abyſſiner ſind
Chriſten vnter dem Maͤchtigen Kaͤyſer in Africâ Prieſter Johan genand/ tauffen
mit Waſſer vnd Fewer/ brennen dem Menſchen Zeichen an die ſtirne in der
Tauffe/ was ſoll ich ſagen? Bey Heyden/ Juͤden/ Tuͤrcken/ auch allen verſtaͤndigen
Chriſten wird das Fewer vnd Saltz in hohem Werthe gehalten/ der Vnweiſe aber
weiß nicht mehr davon/ als eine Kuhe/ Schwein oder ander Welt-Thier/ das ohn
Verſtand dahin lebet. Vnd ſind beyde Geſchoͤpffe Gottes/ als Fewer vnd Saltz im
Grunde der Natur einerley. Dann Fewer hat das Saltz gewircket/ das Saltz wird
wieder zu Fewr/ vnd das Fewr zu Saltz/ alſo/ daß immer eines ſich in das ander
verwandeln laͤſt/ wann mans verſtehet. Darumb Hermes als ein Vatter aller Phi-
loſophen wol geſagt/ alles was droben/ ſolches auch herunden zufinden/
wie in ſeiner Schmaragdiniſchen Taffel zu ſehen/ daroben die Sonne/ oder Fewer/
vnden das Saltz/ welches als eine verbrennende Sonne oder Fewr auch leichtlich bren-
nend zu machen iſt/ davon an vielen Orten meiner Schrifften zu ſehen/ vnd auch alle
erleuchtete Philoſphi einmuͤtig bekennen/ daß im Fewr vnd Saltz das groͤſſeſte
Secretumverborgen. Daher das Wort/ Alchymia, eine Saltzſchmeltzung
von Fewr vnd Saltz entſtanden. Das Fewr vnd Saltz penetriren alle Dinge; das
Fewr iſt ein Symbolum GOttes/ weiln GOtt ſich allezeit in Fewers Geſtalt ſehen laſ-
ſen: das Saltz/ weiln es alles erhaͤlt vor Verderben/ ein Symbolum æternitatis.
Chriſtus wird das Liecht der Welt/ ſeine Juͤnger das Saltz der Erden genennet. Wañ
ichs Macht haͤtte/ wolte ich auß fuͤhrlich darthun/ vnd beweiſen; Gleich wie Chriſtus/ vnd
ſe ne Juͤnger als das Saltz der Erden durch Außbreitung deß H. Evangelii, das
Medium geweſt/ dadurch GOtt mit dem ſuͤndlichen verlohrnen Menſchen wieder ver-
ſoͤhnet werden muͤſſen; Eben alſo mit dem groſſen Univerſal-Werck der alten Weiſen
zuvergleichen; dann der verlohrne/ vnd von GOtt verſtoßne ſuͤndliche Menſch/ nicht
wieder mit Gott zuverſoͤhnen war/ biß daß GOtt ſein Wort durch ſeinen H. Geiſt in
eines Menſchen/ nemblich der H. Jungfraw Mariæ Leib ſandte/ daſelbſt Fleiſch zuwer-
den/ oder Menſchliche Natur an ſich zunehmen/ wie der H. Evangeliſt Johannes im
Anfang ſeines Evangelii redet: Das Wort iſt Fleiſch worden/ vnd hat vnter
vns gewohnet/ ꝛc. Die Gottheit hat ſich erniedrigen/ menſchliche Natur anneh-
men/ leyden/ ſterben vnd wieder aufferſtehen muͤſſen/ ehe daß der gefallene vnd von
GOtt verſtoſſene Menſch wieder mit GOtt zuverſoͤhnen war/ dann ein Menſch kon-
te dem andern nicht helffen/ ſondern es muſte von einem geſchehen/ der mehr als ein
Menſch waͤr/ Goͤttlicher vnd Menſchlicher Natur theilhafftig/ auff daß er fuͤr den
Menſchen leiden vnd genug thun/ denſelben wieder bey GOtt verſoͤhnen/ vnd zu Gna-
den bringen koͤnte. Moͤchte mancher ſagen: warumb hat das GOtt gethan/ haͤtte er
doch wohl dem Satan verbieten koͤnnen/ daß er nicht in die Schlang gefahren/ vnd
durch dieſelbe den Menſchen verfuͤhren/ vnd zum Fall bringen laſſen/ ſo haͤtte das Wort
GOttes nicht Fleiſch werden/ leyden vnd ſterben duͤrffen? O nein/ GOtt wolte es alſo
nicht
[449]De Natura Salium.
nicht haben/ ſondern den Menſchen gutes vnd boͤſes vorlegen/ auff daß ſeine Allmacht
dadurch erwieſen wuͤrde.
Warumb muſte eben der Sathan in die Schlange fahren/ vnd durch ſolches
Mittel den Menſchen zu Fall bringen? Darumb/ auff daß GOtt ein Vorbilde der
Wiederverſoͤhnung durch Chriſtum vns vorſtellen wolte.
Warumb richtete Moyſes den Kindern Jſrael in der Wuͤſten eine ehrne
Schlange auff/ vnd befahl dieſelbe anzuſchawen/ wann ſie von den Schlangen ge-
biſſen worden? Nemblich darumb/ damit alle/ die die ehrne Schlang anſchaweten/
von ihrer Kranckheit geſund werden moͤchten/ welches alles ein Typus der Creutzigung
Chriſti geweſen/ der als ein Fluch fuͤr vns ans Creutz gehencket/ vnd nun alle/ die ihn
hertzlich anruffen/ von deß Teuffels Biß/ der da iſt die helliſche Schlange/ geneſen wer-
den moͤgen. Eben alſo eine wunderbahrliche/ ja Goͤttlichem Weſen gleiche Beſchaf-
fenheit hat es mit der Alten Weiſen Medicin, wanns mir nicht von groben vnverſtaͤn-
digen Leuten uͤbel außgeleget werden ſolte/ wolte ich das eine mit dem andern wol gruͤnd-
lich zu vergleichen wiſſen. Auff daß man aber etwas Geſchmack davon habe/ kan ich
nicht vnterlaſſen/ nur ein wenig da von zuberuͤhren. Gleich wie GOtt der Allmaͤchti-
ge von Ewigkeit her vnveraͤnderlich iſt vnd bleibet/ vnd durch ſeinen Goͤttlichen Woll-
gefallen nach Erſchaffung der Welt auß der Erden einen Menſchen formirt/ denſelben
ſeinen Goͤttlichen Athem eingeblaſen/ daß der todte Erden-Klump lebendig worden/
auß deſſen Leibe eine Rippe genommen/ vnd dem Menſchen einen Gehuͤlffen davon
bereitet/ ſelbige in einen ſchoͤnen Garten geſetzet/ vnd alles erlaubt zu eſſen/ auſſerhalb
die Frucht eines einigen Baums der Erkaͤndnuͤs guten vnd boͤſen/ der Sathan aber
auß Neid gegen das Menſchliche Geſchlechte ſolches nicht leiden koͤnnen/ ſondern in ei-
neliſtige Schlange gefahren/ darauß Evam vberredet/ vnd Eva den Adam/ daß ſie
das Gebott GOttes vbertretten/ vnd dadurch die ewige Verdamnuͤß auff ſich geladen
hetten/ auch ewig darin verbleiben muͤſſen/ wann ſich GOtt nicht ihrer erbarmet/ vnd
durch ſeinen Heiligen Geiſt die Heilige Jungfraw Mariam ſchwaͤngern/ ſeyn Wort
Fleiſch werden/ vnd menſchliche Natur an ſich nemen laſſen/ welcher nach ſeiner Menſch-
lichen Natur leiden/ ſterben/ begraben werden/ vnd am dritten Tage von den Todten
wieder aufferſtehen muͤſſen/ vnd alſo die auf ſich genommene Suͤnde Adams vnd Evæ
durch ſein vnſchuld vollkoͤmmlich gebuͤſſet/ vnd das Menſchliche Geſchlecht wiederumb
mit GOtt verſoͤhnet hette; Eben alſo hat es eine Gleichnuͤß mit der Univerſal Medicin
der Philophen. Jene Verſoͤhnung oder Gnugthuung Chriſti fuͤr das verlohrne Menſch-
liche Geſchlecht iſt Goͤttlich/ dieſe aber Elementiſch/ vnd ſo vergleichlich/ daß auch
jeder Heyde/ Tuͤrck/ oder ander Vnglaubiger/ wann ihme dieſes Philoſophiſche
Werck bekand/ er alſo bald ohn einigen weitern Zweifel die Chr ſtliche Religion/ die
warhaffteſte zu ſeyn/ glauben/ vnd bekennen muͤſte; Halte auch dafuͤr/ daß die Heydni-
ſche Sibyllen/ vnd vnterſchiedliche Philoſophi, (welche ſo klar von GOtt vnd ſeinem
Sohn geſchrieben) ſolches nicht thun koͤnnen/ wann ihnen nicht das groſſe Philoſophi-
L l lſche
[450]De Natura Salium.
ſche Werck wehre bekand geweſen. Es ſey deme/ wie ihm wolle/ ſie haben ihr Liecht
gleich aus Eingebung deß Heiligen Geiſtes/ oder aber auß dem Liecht der Natur/ als
dem Willen GOttes geſchoͤpffet/ ſo haben ſie gleichwol gewuſt/ (wie ihre Schriff-
ten bezeugen) daß die Gottheit drey Einig/ GOtt Vatter/ Sohn/ vnd
Heiliger Geiſt ſeyn muͤſſe/ ob ſie ſchon alles ſo klar nicht außgefuͤhret/ davon all-
hier auch meine Gelegenheit nicht iſt zu diſputiren, ſondern habe allein dieſes ſagen
wollen/ wann ein Vnchriſt/ als Juͤde/ Heyde/ oder Tuͤrcke einen rechten Grund der
Philoſophiæ beſitzen wuͤrde/ daß er alßdann kein Vnchriſt laͤnger ſeyn oder bleiben koͤn-
te/ ſondern wann ihme Chriſtus geprediget oder bekand gemacht/ er auß Zwang vnd
Vberzeugung ſeines Gewiſſens nothwendig ſeine falſche Meinung von GOtt verlaſ-
ſen/ vnd Chriſtum erkennen vnd bekennen muͤſte. Dieſes iſt gewiß vnd vnfehlbar. Dann
wann man Moyſen vnd die Propheten/ wie auch im N. T. Chriſtum vnd ſeine Apo-
ſtel lieſet/ vnd gegen das natuͤrliche Philoſophiſche Werck haͤlt/ alles ſo klar iſt/ daß man
ſich nit gnugſam druͤber verwundern kan/ welche groſſe Geheimnuͤſſe GOtt in das Liecht
der Natur geleget/ vnd alſo allen Menſchen in der gantzen Welt ſich dadurch hat wollen
bekand machen. Wer Moyſen vnd die Propheten/ Chriſtum vnd ſeine Apoſtel recht
verſtehet/ der darff keiner weitern ſpeculation oder Kopffbrechens/ uͤber das Philoſo-
phiſche Werck/ ſondern findet alles darin deutlich vnd klar beſchrieben/ vnd ſonderlich
bey Moyſi/ im I. Buch Geneſ. Vnd bey den Apoſteln leſe vnd betrachte man den An-
fang deß Evangelii S. Johannis, da er ſaget: im Anfang war das Wort/ vnd das Wort
war bey GOtt/ vnd GOtt war das Wort/ durch welch es alles gemacht iſt/ vnd ohne
welches nichts gemacht iſt/ ꝛc.
Ob wol nun Moyſes/ die Propheten vnd Apoſtel nur von Goͤttlichen Dingen ge-
ſprochen/ vnd gelehret/ vnd ſich umb die Philoſophia, oder Liecht der Natur gar nicht
bekuͤmmert/ in deme ſie mit einem viel beſſern Liechte/ nemblich dem Heiligen Geiſt/ bega-
bet geweſen/ welches tauſendmahl mehr iſt/ als das Liecht der Natur/ ſo kommen dennoch
alle ihre Schrifften mit dem Liecht der Natur gantz vnd gar uͤberein/ gleich als wann
ſie aus Profeſſion erfahrne Philoſophi vnd Beſitzer der Univerſal Medicin geweſen.
Warumb nun GOtt der Allmaͤchtige ſolches alſo geſchehen laſſen/ gebuͤret vns nicht zu
diſputiren/ die H. Schrifft weiſt vns zur Seligkeit/ das Liecht der Natur/ aber zu einer
Univerſal Medicin, GOtt vnd Natur dadurch zu erkennen.
Es iſt zu verwundern/ wann man die Propheten lieſet/ wie ſie ſo viel ſchoͤne Din-
ge ſchreiben/ gleich als wann ſie Philoſophi vnd Naturkuͤndig geweſen/ glaube auch/ daß
ihnen die gantze Natur klar vor Augen gelegen/ weil dem H. Geiſte/ den ſie gehabt/ nichts
verborgen ſeyn koͤnnẽ. Es wollẽ einige dafuͤr haltẽ/ daß der Evang. Joh. die Philoſophi-
am Hermetis verſtanden/ davon noch ein alter Hymnus ſinget/ welcher dem Johanni
von den alten Patribus zu Ehren gemachet/ darinn dieſe Worte: Qui ex Virgis fe-
cit aurum, gemmas ex lapidibus, welches ich in ſeinem Werth ſeyn laſſe/ vnd hier
nur anzeigen wollen/ daß die Goͤttliche vnd auch irdiſche Geheimnuͤſſe/ nicht al-
lein den Propheten/ ſondern auch den Heiligen Apoſteln bekant geweſen.
Ob
[45[451]]De Natura Salium.
Ob wohln ich nun ein ſolch groß Philoſophiſches Werck niemahln angefangen
zu machen/ ſo iſt es mir doch auß den Prophetiſchen vnd Apoſtoliſchen Heiligen Schriff-
ten/ vnd Liecht der Natur ſo bekand/ daß ich das Goͤttliche mit dem groſſen Werck
klar vor Augen ſtellen koͤnnen/ iſt mir aber nicht zugelaſſen/ will auch nicht hoffen/ daß
mir jemand dieſes wenige/ was ich allhie ſchreibe/ fuͤr uͤbel außlegen werde/ dann
ich ſolches bloß vnd alleine GOtt zu Ehren/ vnd meinem Nechſten ein Liecht dadurch
anzuzuͤnden/ gethan habe. Man darffweiters bey keinem alten oder newen Philoſo-
pho ſuchen/ man leſe vnd betrachte nur Moyſis vnd der Propheten/ wie auch Chriſti/
vnd ſeiner Heil. Apoſtel Goͤttliche Schrifften/ wann einem die Natur nur ein wenig
bekand/ ſo wird man vnfehlbar den Lapidem Philoſophorum darinnen klar beſchrie-
ben finden. Ein mehrers ſage ich nicht/ die vnfehlbare Warheit iſt darinnen. Dieſes
ſol man annehmen vnd verſtehen Gleichnuͤs Weiſe/ nemblich das Goͤttliche/ Goͤtt-
lich/ vnd das Elementiſche/ Natuͤrliche/ Elementiſch vnd natuͤrliche/ ſeyn vnd blei-
ben laſſen/ vnd keines mit dem andern vermiſchen/ welche auch gar keine Gemein-
ſchafft mit einander haben.
Es wolle ihm aber niemand ſo frembd fuͤrkommen laſſen/ daß der Heilige Jo-
hannes aus Staͤblein oder Ruthen ☉/ vnd aus Steinen Edelgeſteine ſolte gemacht
haben/ welches zwar eine groſſe Kunſt iſt/ wie es aber zuthun muͤglich/ kan ich nicht
vmbgehn/ den Vnerfahrnen bekandt zu machen.
Erſtlich iſts dem S. Johanni wol muͤglich geweſen/ weil er mit dem Geiſte GOt-
tes reichlich begabet/ vnd mit dem Saltz der Weißheit geſaltzen geweſen/ vbernatuͤr-
licher Weiſe ſolches zu thun: Natuͤrlicher Weiſe aber iſts ihm auch nicht ſchwer gefal-
len/ dann ſolte demſelben/ der mit dem H. Geiſt erfuͤllet/ das Liecht der Natur ſeyn ver-
deckt geweſen? Gewiß nein.
Auff welcherley Weiſe er nun gleich ſolches gethan/ iſt vns nicht noͤtig zu wiſſen/
dieweil aber wenig dieſes begreiffen vnd glauben werden/ daß der Heilige Johannes
dieſes durch natuͤrliche Mittel verrichtet/ ſondern der Natur vnd Kunſt nicht ſo viel
zu trawen/ vnd ſagen/ es ſey vnmuͤglich ein Holtz in ☉ zu verwandeln/ auß gemei-
nen Steinen Edelgeſteine zu machen/ koͤnte man noch glauben/ aber jenes nicht/
dann Holtz keine Gemeinſchafft mit Metallen haͤtte/ vnd gar auß einem andern
Reich waͤre/ vnd was dergleichen ſie mehr vorbringen moͤchten/ welche Einwuͤrffe
bey Vnerfahrnen zwar wol platz finden koͤnten/ den waaren Philoſophis aber iſts
kein Wunder/ vielweniger ein zweiffel. Dann ein Philoſophus weiß gar wol/ daß
das Vegetabiliſche mit dem Mineraliſchen Reiche groſſe Gemeinſchafft habe/ vnd
auch in der Warheit auß einerley ſubjectis herkommen/ als auß Waſſer/ Saltz
vnd Fewer/ wie ſolches klar bey deroſelben Anatomirung befunden. Obs ſchon nicht
ein jeder begreiffen kan/ folget doch darumb nicht/ daß es nicht wahr ſey. Jch muß
bekennen/ daß derer wenig ſeyn/ die die Natur verſtehen/ vnd doch ſchier ein je-
der/ der nur ein pahr Jahr in die Schule gangen/ vnd Lateiniſch reden kan/
L l l ijer
[452]De Natura Salium.
er verſtehe die Natur oder nicht/ fuͤr einen Philoſophum gehalten ſeyn/ vnd darneben
die im Liecht der Natur recht erleuchtete Philoſophos verkleinern/ ſich allen halben
herfuͤr thun will/ darumb iſts kein Wunder/ daß der Natur Secreta verborgen blei-
ben/ vnd von ſolchen Vnerfahrnen/ alles/ was ihnen frembd fuͤrkompt/ fuͤr Fabeln
vnd Vffſchnitte außgeruffen wird.
Wer kans aber aͤndern? Man muß der boͤſen Welt ihren Lauff laſſen. Daß ich a-
ber beweiſe/ vnd wahr mache/ wie der Kunſt muͤglich ſey/ auß Holtz Goldt zumachen/
ſo wil ich anzeigen/ wie es geſchehen koͤnnen.
Erſtlich vnd vor allen Dingen ſoll man dieſes wiſſen/ daß alles Holtz oder Kraut
von einem Sulphuriſchen Saltze ſein Herkommen hat/ davon auch alle Metallen ih-
ren Vrſprung haben/ vnd in ihrem innerſten auch ein ander ſehr gleich ſind/ alſo/ daß
auß einem Mineral, ein Vegetabile, vnd auß einem Vegetabile ein Mineral gar leichte
werden kan/ wie ſolches an andern Orten meiner Schrifften erwieſen. Nach euſſer-
lichem Anſehen iſts freylich ein groſſer Vnterſcheid zwiſchen einen Kraut oder Holtz/ vnd
Metall/ wann aber beyde wieder zu ruͤcke ad primam Materiam gebracht/ dieſelbe ein-
ander gantz gleich ſind/ wie bey meiner Continuatione Miraculi Mundi zu ſehen. Wann
dann die prima Materia Vegetabilium zu einem Metalliſchen Saamen gethan wird/ ſo
nehrt vnd vermehret ſich der Metalliſche Saamen auß dem Vegetabili. Hergegen/
wann ein Metall ad primam Materiam gebracht/ vnd Vegetabiliſche Saamen darein
geſaͤet worden/ ſo verwandelt ſich das Metall/ vnd wird zu einem Vegetabile,
davon ich genugſam Experientz vnd Warheit habe. Wann dieſe beyde einander nicht
ſo nahe verwand weren/ wie ſolte ſich dann eins in ander ſo leicht verwandeln laſſen?
Zwiſchen beyden iſt allein der Saam der Vnterſcheid/ ihre prima materia aber einan-
der gantz gleich/ wie zu ſehen/ an dieſem/ wann man vncoroſiviſch Sulphuriſch Saltz
vnter einen magern Sand miſchet/ vnd mit Waſſer anfeuchtet/ etlicher Kraͤuter Saa-
men darein ſaͤet/ ziehet nicht ein jeder Saame ſeine Nahrung darauß/ nach Art vnd
Geſchlecht deß Saamens von vielerley Farben/ Geſchmack/ Geruch/ Kraͤffte vnd Tu-
genden/ vnd doch auß einem einigen Saltz/ darin weder Farben/ Geſchmack/ Geruch/
oder Tugenden der Kraͤuter/ ſo darauß gewachſen/ zu ſehen/ ſondern allein durch den
Saamen offenbahr worden.
Noch klaͤrer zu geben/ ſo muͤſte man dieſes wiſſen/ daß der Vegetabilien princi-
pia ſeyn/ Waſſer/ Saltz vnd Sulphur/ auß welchem die Metallen auch herkommen/
vnd gar nicht auß dem lauffenden ☿ Vivo, wie ihrer viel meinen/ ſondern ſolcher ☿
beſonder Metall iſt/ vnd eben auß ſolchen tribus principiis gebohren/ alß andere Me-
tallen vnd Vegetabilien, nemblich auch aus Waſſer/ Saltz/ vnd Schwebel/ welche bey
Anatomirung derſelben gefunden werden.
Hieruͤber werden die vnerfahrne ihre Koͤpffe zuſammen ſtoſſen/ vnd einen Rath
beſchlieſſen/ wie ſie dieſe meine Meinung wiederlegen moͤchten/ dann ſolchs wenig glau-
ben werden. Solchen Vnglauben aber macht nichts anders/ alß daß ſie niemaln etwas
in
[453]De Natura Salium.
in naturlichen Dingen verſucht/ auch ihnen das Liecht der Natur niemal geleuchtet.
Jch ſage aber dieſes/ welches ich zuvor auch geſaget/ daß auß einem Metall ein Vege-
tabile vnd ein Vegetabile zu einem Metall werden kan/ wird auch kein einiges Vegeta-
bile gefunden/ darauß nicht ein natuͤrlicher gelber Sulphur (dem Mineraliſchen in al-
len gleich) ſolte koͤnnen gezogen werden/ welcher Sulphur/ wann er mit einen fixen me-
talliſchen Sulphur vereineget/ durch den Metalliſchen angenomen vnd mit zu einem
Metall gezeitiget wird/ doch ohne Mediis nicht/ wie offt in meinen Schrifften angezei-
get: Das Medium aber iſt das Saltz. Wer nun einen vnzeitigen verbrennlichen Mine-
raliſchen/ oder Vegetabiliſchen Sulphur mit einem Zeitigen Metall zuvereinigen weiß/
ſo nehret vnd vermehret ſich der fixe Sulphur deß Goldes oder Silbers/ auß dem vnfixen
Vegetabiliſchen oder mineraliſchen Sulphur, vnd verwandelt denſelben in ſeine Art vnd
Eigenſchafft/ nach dem das fermentum roth oder weiß geweſen iſt/ gleich wie eines
Krauts Saamen auch thut. Kan alſo auß einein Sulphuriſchen Saltze ☉ oder ☽ wer-
den/ wie man ſelber haben will/ es will aber ſeine Zeit haben/ dann es geſchiehet ſolche
Verwandlung allgemach durch die bequeme Waͤrme/ wie ſolches bey Fortpflantzung
der Vegetabilien vnd mineralien auch geſchicht.
Da ſihet nun ein jeder/ daß ſolche Verwandlung natuͤrlich/ dann ich dergleichen
Proben mehr als einmahl gethan/ vnd noch thun kan; derwegen wolle ſich dieſes nie-
mand ſo frembd fuͤrkommen laſſen.
Ob aber der S. Johannes ſolches natuͤrlicher Weiſe durch Kunſt/ oder uͤber na-
tuͤrlich durch die Krafft GOttes gethan/ wird allhie nicht diſputirt/ ſondern erwieſen/
daß es natuͤrlicher Weiſe auch geſchehen koͤnne.
Dann wann ein Holtz/ Stuͤck Brod/ Stuͤck Bein/ oder welches Kraut man wil/
mit ſeinem behoͤrlichen Saltze rechtmaͤſſig eingeſetzt/ vnd ad primam Materiam gebracht
wird/ ſo verwandelt das Saltz das Meel/ Brodt/ oder Holtz auch zu einem/ aber Sul-
phuriſchen Saltze/ darauß man hernach Vegetabilien vnd Mineralien kan wachſend
machen. Vnd wann man ſolchem Saltze ein wenig gepuͤlverte weiſſe Kißlingſteine zu-
ſetzet/ vnd mit ſtarckem Fewer zuſammen ſchmeltzet/ ſo wird erſt ein roter durchſichtiger
Stein; wann mans laͤnger ſtehen leſt/ gruͤn/ endlich aber kohlſchwartz/ vnd ſo hart/ daß
man ſolche/ wie andere Edelgeſteine/ ſchneiden/ vnd poliren kan. Da ſiehet der Kunſt-
begierige/ daß durch einen Weg zu einer Zeit; auß Holtz ☉/ vnd auß den weiſſen Kiſſel-
ſteinen/ ſchoͤne durchſichtige Steine/ von vnterſchiedlichen Farben werden koͤnnen. Auff
daß aber dem Liebhaber Goͤttlicher vnd natuͤrlicher Wunderwercke/ die Augen beſſer ge-
oͤffnet werden/ muß ich klaͤrer anzeigen/ was durch die Primam Materiam allhie zu ver-
ſtehen.
Dieſe Primam materiam betreffende/ davon hie Meldung geſchicht/ daß auß der-
ſelben ſo wohl Metalla als Vegetabilia wachſen koͤnnen/ ſo kan dieſelbe am allerleichte-
ſten durchs Fewer/ vnd Huͤlffe eines vncorroſiviſchen Saltzes/ ſo wol auß den Metal-
len als Vegetabilien vnd Animalien bereitet werden/ vnd ſolches geſchwinde/ alſo das
L l l iijinner-
[454]De Natura Salium.
innerhalb dreyer Stunden ein Stuͤck Brod/ Fleiſch/ oder Metall zu einem Sulphuri
ſchẽ Saltz kan verwandelt werdẽ/ ſolches geſchihet zwar auch durch der Viehe/ oder Men-
ſchen Maͤgen/ aber nur auß den Vegetabilien vnd Animalien/ daß dieſelbe inerhalb
24. Stunden/ wann ſie genoſſen vnd verzehret/ wieder zu einem Sulphuriſchen Saltze
werden/ darauß ſie anfangs kommen ſeyn; vber die Metallen aber/ weilen ſolche all zu
compact vnd fix ſeyn/ hat deß Menſchen oder Viehs Magen keine Macht/ ſolche ad prim.
Mat. zu reduciren/ wann dieſelbe aber zuvor radicaliter auffgeſchloſſen/ vnd alßdann ein-
gegeben wuͤrden/ dann eines geſunden Menſchen Magen auch muͤglich waͤre/ ſolch Me-
tall den Vegetabilien vnd Animalien gleich/ ad prim. Mat. zubringen/ was iſts aber noͤ-
tig/ daß mans durch der Menſchen Maͤgen thue? weil es leichter durch die Kunſt vnd Fewꝛ
geſchehen kan/ durch ſehr lange Zeit kans auch durch eine feuchte Putrefaction ohne Fewꝛ
geſchehen/ aber nur bey den Vegetabilien vnd Animalien/ bey den hartẽ Metallẽ ſchwer[-]
licher/ wie dann durchs Menſchen Magen auch nicht ein jedes Vegetabile oder Mine-
nerale ad prim. Mat. zubringen/ denn deß Menſchen Magen nur dieſe Vegetabilien oder
Animalien ad prim. Mat. reduciret/ welche zuvor albereit bequaͤm gemacht worden/ daß
ſie von dem Magen an genommen/ vnd verdawet werden koͤnnen. Entweder ſie werden
zuvor gekocht/ geſotten/ gebraten/ oder ſonſt zugerichtet/ vnd ſeynd vber das nur ein Theil
derſelben alſo zuzurichten/ dann bey vielen vnter denſelben keine Vorbereitung hilffet/
ſondern ſind der Menſchlichen Natur gantz entgegen/ vnd wuͤrden ins Menſchen Leibe
als ein Gifft wann ſie hinein kaͤmen/ wircken. Alſo koͤnnen die Mineralien vnd Metallen
ins Menſchen Magẽ nicht ad prim. Mat. reduciret werden/ weil ſie Menſchlicher Natur
zugegẽ ſind/ vnd der Magen ſolche nicht leidẽ/ ſondern als ein Gifft nicht ohne groſſe Ge-
fahr deß Menſchen wieder von ſich ſtoſſen wuͤrde/ auß genommen das ☉/ welches daß ei-
nige Metall iſt/ das ſich ins Menſchen Magen (wanns zuvor bereitet iſt) wieder ad prim.
Mat. reduciren laͤſt/ aber auch nicht noͤtig/ weil ſolches leichter durch Kunſt geſchehen
kan. Deme aber dieſe kuͤnſtliche Reduction vnbekandt/ der muͤſte ſich mit der natuͤrlichen
behelffen/ welche aber ſehr geſcheuhet/ nicht allein wegen deß Geſtancks/ ſondern auch
wegen laͤngerer Zeit/ die darzu erfordert wird. Darumb billich die Kunſt der Natur vor-
zuziehen. Es haben aber ſonſt etliche von den alten Philoſophis viel von den Stercori-
bus gehalten/ vnd nicht vnbillich/ dann groſſe Kraͤffte darin verborgen ſeyn/ dieweil man
aber andere bequemere Medicamenta haben kan/ laͤſt man die Stercora billich liegen/ iſt
aber denen nicht verbotten/ welche kein andere Medicin zugebrauchen haben koͤnnen/ wie
dann das Bauernvolck/ ſo von Staͤtten vnd Apothecken weit abgelegen/ gemeiniglich
die Stercora fuͤr ihre Medicin gebrauchen/ in allen Kranckheiten/ die ſie vberfallen moͤch-
ten. Den kleinen Maͤuſekoth brauchen ſie den Kindern zur Purgation, den Pferd-vnd
Gaͤnſekoth fuͤr die gelbe Sucht/ in Waſſer/ Bier/ oder Wein auffgekocht/ durch ein
Tuͤchlein gedruckt/ davon ein Trunck get han/ vnd wol drauff geſchwitzet. Dẽ Schweins-
koth fuͤr die feuͤrige Eriſipelam, fuͤr brandt võ Fewr oder Waſſer geſchehen: den Schaff-o-
der Kuͤhmiſt/ fuͤr alle Geſchwulſt/ den Hundeskoth/ wie dann ſonderlich den weiſſen/ fuͤr
Angi-
[455]De Natura Salium.
Anginam, oder andere Maͤngel deß Halſes/ den Menſchenkoth brauchẽ ſie einander vn-
wiſſend einzugeben fuͤr alle in-vnd euſſerliche Leibes Schmertzen/ davon ich einmal eine
wunderbahre Cur geſehen/ alſo/ daß eine augenblickliche Huͤlffe auff eine langwirige
Kranckheit erfolget/ daruͤber man ſich billich hoͤchlich zuverwundern/ wann man die Vr-
ſach ſolcher ſchnellen Curæ keine wiſſenſchafft traͤgt. So mã aber deß Koths Eigenſchafft
vnd Natur verſtehet/ ſo iſt es leichtlich zuglaͤuben/ daß groſſe dinge dadurch außzurichten.
Vnd ſolches darũb/ weiln eines Menſchen Koth anders nichts iſt als Brod vnd Fleiſch/
welches ad prim. Mat. wieder gebracht/ vnd von allen Banden frey iſt/ ſeine Kraͤffte zuer-
zeigen/ dann auß eines Menſchen koth ein natuͤrlicher ſchwebel zubringen/ der da brent/
wie ein Mineraliſcher/ darauß das ſchießpulver/ mit Huͤlff der Kolen vnd Salpeter berei-
tet wird/ vnd auch ein ſolch Saltz/ deß Paracelſi ſali enixo nicht viel vngleich; Dieſe beyde
nun ſind ins Menſchen Koth/ ſolten ſie dann nicht etwas guts wircken koͤnnen? Man lege
einen ſilbern Pfenning eine Zeitlang in Menſchenkoth/ waſche hernach ſolchen wieder
davon/ ſo wird er gelbe ſeyn/ als wann er in ein Lixivium geſteckt/ da gemeiner Minera-
liſcher Sulphur innen zerlaſſen/ iſt auch ſolche gelbe/ die ſich an das Silber henget/ anders
nichts/ als ein Vegetabil. oder Animaliſcher Sulphur, nachdẽ der Menſch ſpeiſe genoſſen.
Dieſes ſage ich/ iſt die Vrſache/ daß die Stercora der Menſchen/ vnd Viehe groſſe
dinge thun in Medicina, welches ſonſt dem Brod vnd Fleiſch zu thun vnmuͤglich gewe-
ſen/ ehe dieſelben in der Thiere Leiber wider ad prim. Mat. reduciret worden. Jch will aber
hiemit gar nicht verſtanden haben/ daß man die Stercora zur Medicin gebrauchen ſolte/
ſondern nur anzeigen wollen/ auß was Vrſachen dieſelben ſo kraͤfftig/ deß Menſchen
Kranckheiten zuwiederſtehen/ damit zu beweiſen/ daß die Vegetabilien/ Animalien/ oder
Mineralien ihre Kraͤfften am beſten erzeigen/ wann ſie ad prim. Mat. reduciret ſeyn/ iſt
aber nicht noͤtig/ daß ſolchs durch der Thiere Leiber geſchehe/ ſondern viel beſſer durchs
Fewer verrichtet werden kan. Wann es nun geſchehen/ ſo haben beyde/ ſo wol jenes/ ſo
durch der Thiere Maͤgen/ als dieſes/ ſo durchs Fewer geſchehen/ bey nahe gleiche Wir-
ckung/ nur daß dieſes/ ſo durchs Fewer geſchicht/ reiner/ vnd nicht ſo vbel riechet/ wie das
von den Thieren/ verguͤlden aber beyde das Silber/ nach Sulphuriſcher Art. Darauß zu
ſehen/ daß auch im Brod vnd Fleiſch/ ein Geiſtlich fluͤchtig/ vnzeitig ☉ verborgen ſey.
Behaupte alſo hiemit/ daß in allen dingen der Welt/ die auß Saltz gebohren/ vnd durch
die Sonne gezeitiget/ nothwendig ein fluͤchtig Geiſtlich ☉ verborgen ſey/ doch in dem ei-
nen Subjecto reicher/ als in den andern zufinden/ wird aber gar nicht geſpuͤret/ biß ſolche
Subjecta zuvor durch Kunſt ad prim. Mat. gebracht worden/ weil dann den Bawern ei-
ne ſo kuͤnſtliche Reduction vnbekand iſt/ ſo gebrauchen ſie billich ihre eygene oder ande-
rer Thiere Koth zu ihrer Cur, welches ihnen auch niemand verargen kan: Dann die Ster-
cora viel groͤſſere Tugenden/ oder kraͤffte erzeigen/ als die jenige ſubjecta, davon ſie ge-
worden ſind. Brodt/ Fleiſch/ Wein/ vnd dergleichen Nutrimentaliſche ſubjecta ſind kei-
ne Medicamenta, ſondern allein Nutrimenta, wann aber der Thieriſche Leib ſeinen theil
Nutriments davon genommen/ der Reſt alßdann ſeinen Gang hat/ vnd Medicinali-
ſche
[456]De Natura Salium.
ſche Kraͤffte erlanget/ wanndieſer kotige Diſcurs nicht zu lang fallen wollte/ koͤnte ich
wunder Dinge von den Stercoribus ſchreiben; dann auch die Metallen auff wunderbah-
re Weiſe durch Huͤlff der Thiere/ wann ſie ſolche albereit bequaͤmb gemacht/ noch ein-
mahl vmbkehren/ vnd ad primam Materiam bringen/ iſt aber nicht noͤtig ſolchen weg zu-
gehen/ weil durch Kunſt/ ohne Huͤlffe der Thiere/ ſolchs beſſer geſchehen kan. Der je-
nige aber/ ſo dieſe kuͤnſtliche Vmbkehrung nicht verſtehet/ der behelffe ſich mit dem
Koth der Thiere/ biß daß er ein beſſers erfahre daß in dem Koth der Thiere groſſe me-
dicinaliſche Tugenden verborgen/ hat Paracelſus einmahl in præſentia vieler groſſen
Herren/ etlichen vnerfahren Medicis zu verſtehen geben welche es aber nicht angenom-
men/ ſondern zornig daruͤber weg gangen ſeyn/ gleichſam alß wann Paracelſus ihnen
dardurch Spot haͤtte anthun wollen/ weilen er ihnen an ſtatt eines groſſen Mediel-
naliſchen Secrets/ (welch es ſie von ihme begehret) einen Menſchen-Koth vorſetzen laſ-
ſen/ ohne Zweiffel hat er ihnen damit zuverſtehen geben wollen/ daß in Menſchen Koth
groſſe Secreta verborgen/ welches ſie nicht begreiffen koͤnten. Paracellus aber wuſte
hergegen wohl/ was guts dahinder ſtack/ vnd haͤtte es ihnen/ wann ſie nicht weg gan-
gen/ ohne Zweiffel geoffenbahret/ wie er dann auch an einem Ort ſeiner Schrifften
außdruͤcklich ſaget; ſo jemand ſeinen eigen Koth nicht kennet/ der weiß nichts/ iſt ein
blinder Eſel/ vnd iſt ihme Himmel vnd Erde verborgen/ darauß gnug abzunehmen/
daß Paracelſus viel damit hat außzurichten gewuſt. Sage aber dieſes/ daß mein. Ver-
wandlung oder Vmbkehrung ad primam Materiam den Stercoribus deß Menſchen/
vnd Viehes/ weit vorgehe/ weil ſie kraͤfftiger vnd lieblicher/ auch nicht in eines Koths/
ſondern Sulphuriſchen Saltzes Geſtalt erſcheinet/ vnd von jederman bey allen Kranck-
heiten fuͤglich zu gebrauchen iſt/ deſſen Tugenden nicht auff eine gewiſſe Kranckheit ſpe-
cificiret ſeyn/ ſondern Univerſaliter auff alle Kranckheiten gehen/ vnd zwar nicht allein
auff alle Kranckheiten der Menſchen/ ſondern auch bey allen Kranckheiten der Vege-
tabilien, vnd Mineralien kraͤfftig wircken/ davon an andern Orten meiner Schrifften
ein mehrers zu ſehen. Was ich allhie de Stercoribus angezogen/ iſt nicht geſchehen/ als
wann ich ſolche zur Medicin zugebrauchen einfuͤhren wolte/ ſondern darumb/ auff daß
man ſehe/ was fuͤr ein groſſer Vnterſcheid ſey/ zwiſchen einem Kraut/ wie es auß der
Erden gewachſen/ vnd deme/ welches zuvor durch den Animaliſchen Leib verdawet vnd
ſeiner verborgenen Kraͤffte entbunden vnd loß gemacht iſt/ welches allhie bey den Ster-
coribus der Thiere bewieſen/ darumb ein gewiſſenhaffter Medicus die Stercora abſchaf-
fen/ vnd auff ſpagyriſche Weiſe ſeine Kraͤuter ad primam Materiam, id eſt, ſal ſulphu-
reum, rêduciren, ſo wuͤrde man ein mehrers darmit in Mediciña außrichten/ alß itzund
mit den krafftloſen Huͤlſen vnd Sprewern geſchicht.
Dieſes wenige de prima materia rerum, \amp; Natura Stercorum, welche einander
nicht ſehr vngleich/ zuvermelden ich nicht vmbgehen koͤnnen. Laſt vns nun wider zu
dem Hauptwerck gehen/ vnd ſehen/ wie ſchoͤn das natuͤrliche Liecht auß dem Goͤttlichen
herfuͤhr leuchtet/ vnd ſcheinet.
Gleich
[457]De Natura Salium.
Gleich wie nun GOtt den erſten Menſchen Adam auß Erden formiret/ ihme
eine lebendige Seele eingeblaſen/ vnd ins Paradiſe geſetzet/ der Satan aber ſolchen von
GOtt abgefuͤhret/ vnd ins ewige Verdamnuͤß gebracht/ vnd zwar durch ein Jnſtru-
ment oder Mittel/ nemblich durch die Jrdiſche Schlange; Alſo hat der von GOtt abge-
fallene vnd vom Satan betrogene Menſch/ auch wieder durch ein Goͤttliche Schlange
vnd Mittler/ nemblich Jeſum Chriſtum, wieder mit GOtt muͤſſen verſoͤhnet werden/
vnd anders gar nicht/ GOtt hats alſo zulaſſen wollen/ ſonſten haͤtte er dem Satan wol
ein Gebiß einlegen koͤnnen/ daß ihme den Menſchen zu verfuͤhren vnmuͤglich geweſen
were/ oder aber den Satan auß ſeinem Goͤttlichen Throne nicht verſtoſſen vnd abge-
ſondert/ auff daß er keine Feindſchafft gegen GOtt/ vnd den Menſchen zu tragen Vr-
ſache gehabt. Gegen dieſes Geheimnuͤß vergleichet ſich das Elementiſche Secretum
Philoſophicum; Dann wann die Elementiſche Sonne bey der Goͤttlichen Scheidung/
da ſie ſich auß dem truͤben Chaos hinauff geſchwungen/ vnd den vnreinen terreſtriſchen
verderblichẽ Sulphur nicht von ſich geſtoſſen/ vnd in den Abgrund der Erden verſencket/
haͤtten itzt die Sonnen-Stralen/ wann ſie herunter in die Erde wircken/ ke ne Hinder-
nuͤß/ die Vollkommenheit vnd reine Beſtaͤndigkeit ſeinen. Kindern zu geben/ ſondern
wuͤrden alle ☉/ vnd kein ♂/ ♃/ ♄/ ☿/ oder andere vnreine Metallen gebohren/ wel-
ches allein durch den abgeſonderten ſtinckenden Sulphur ſuperfluum in der Erden/ wann
er ſich zuſchlegt/ vervrſachet wird.
Wann dann ſolchen inficirten Metallen wieder geholffen werden ſoll/ daß ſie
dem ☉ als ware Kinder Solis gleich werden ſollen/ ſo muß die Sonne ihren e[i]genen
Sohn das ☉ erniedrigen/ wieder irdiſche oder ſaltzige Natur aunthmen laſſen/ auff
daß es ein Mittel werde/ die vnvollkommene Metallen radicaliter mit den vollkom-
menſten zu vereinigen/ vnd alſo zur Vollkommenheit zu bringen. Dann das Saltz iſt
das einige Mittel/ das ☉ mit dem gemeinen Schwebel zu vereinigen/ vnd eine Tin-
ctur darauß zu machen/ die vnvollkommene Metallen dadurch in die Vollkommenheit
zu verwandeln/ davon alle Philoſophi außfuͤhrlich geſchrieben/ welches aber von weni-
gen verſtanden.
Wie dann mein juͤngſt heraußgeben ☉ Potabilc klaͤrlich von dieſer Sach handelt/
vnd ein groſſes Geheimnuͤß darhinder ſtecket/ wann es ſchon wenige verſtehen oder
glauben. Dann weilen es den ☿ durch auß gradirt vnd tingirt, ſo kan es ja kein gemei-
ne ſolutio ☉ ſeyn/ dann kein einiges Waſſer oder liquor, wann es gleich von gutem
Corporaliſchem ☉ bereitet were/ einen ☿ beſtaͤndig tingiren kan. Das kan wohl ge-
ſchehen/ daß ſich das ☉ auß der Solution an den ☿/ oder der ☿ an das ☉ hencken/ vnd
auß beyden ein weiſſes Amalgama werden kan/ daß aber ſolches Amalgama gelb vnd
hart/ vnd der ☿ auch mit zu ☉ werden ſolte/ iſt vnmuͤglich. Wann es gleich 100. Jahr
in einer guͤldiſchen ſolution ſtaͤtig kochen ſolte/ dann deß ☿ ſeine weiſſe ſich durch
gemein ☉ gantz nicht bedecken oder faͤrben laͤſt/ ſondern ſol vnd muß allein durch einen
tingirenden Sulphur/ welcher zugleich coaguliret vnd figiret/ geſchehen/ davon ein
M m mmeh-
[458]De Natura Salium.
mehrers in dem Appendice uͤber meine Continuation Miraculi Mundi, zu ſ[e]-
hen.
Man betrachte dieſe wenige Wort nur wohl/ ſo wird man das groͤſte Geheim-
nuͤß/ nemblich/ das gantze Philoſophiſche Werck klar darinnen finden/ wofern das Liecht
der Natur nur ein wenig ſcheinet. Nicht aber hat das Liecht der Natur ſolche Krafft/ dem
Menſchen ſolche groſſe Geheimnuͤß zu offenbahren/ ſondern GOtt muß ihme zuvoren
ſeine Augen oͤffnen/ daß er das Liecht der Natur darmit ſehen koͤnne; dann ohne GOtt
iſt kein Liecht/ vnd ohne Liecht kein Leben/ Veꝛſtand vnd Weißheit; die Finſternuͤß iſt
der Tod/ der Tod das ewige Verderben.
Das Saltz ſagt von ſich ſelber alſo: Jch bin das Fewer vnd das Leben/ vnd kein
verbrennlicher Sulphur kombt oder wird zu Gold/ als durch mich. Das Saltz iſt das ei-
nige Mittel zwiſchen den verbrennlichen verderblichen Sulphur oder vnvollkommenen
Metallen/ vnd dem Gold. Das Saltz muß zuvoren den ſchaͤdlichen Sulphur oder Satan/
der in dem magern Tod verborgen iſt/ in der Hoͤlle uͤberwinden/ ehe daß er mit einem
gloriſicirten Leibe wiederumb aufferſtehen vnd ſich auf ſeinen koͤniglichen Thron ſetzen/
vnd die krancke Metallen hernach zu ☉ machen kan.
Auff daß ich aber den Liebhaber Goͤttlicher vnd natuͤrlicher Geheimnuͤß nicht zu
lang auffhalte/ ſo will ich den Proceß nach Philoſophiſcher Weiſe kurtz/ klar vnd war-
hafftig beſchreiben/ wie ichs mit meiner Hand vielmahl gethan/ aber noch kein mahl/ we-
gen vieler Hindernuͤſſen zur vollkomnen perfection bringen koͤnnen.
℞. Das allgemeine geringe Saltz der Erden/ ſetze ihme einen irdiſchen Sulphur
nach rechtem Gewichte zu/ mache aber/ daß die Sonne zuvor in das Saltz ſeine radios
geworffen/ dieſe beyde laß in der Hoͤlle zuſammen ſtreiten/ vnd ſo lange fechten/ bißdaß
das Saltz den Tod vnd Teuffel uͤberwunden/ den Sieg erhalten vnd mit einem glori-
ficirten Leibe (ſeine krancke Bruͤder darmit geſund zumachen oder in ☉ zuverwandeln)
wiederum aufferſtehe.
Dieſes iſt der gantze Proceß/ vnd nichts außgelaſſen/ ohn allein das Gewichte/
vnd deß Todes/ vnd Satans Nahme; Deß Saltzes Nahme iſt vorlaͤngſten von mir
namhafft gemacht/ vnd mangelt itzund nur den Tod vnd Satan auch mit Nahmen zu-
nennen/ welches ich zu GOttes Ehre vnd Liebe gegen den Nechſten auch nicht verhalten
foll. Der Tod vnd Teuffel aller Metallen iſt ein verbrennlicher Sulphur, der in allen din-
gen wohnet/ ſo wol in den Vegetabilien vnd Animalien als Mineralien, ſetze ſolche bey-
de/ nemblich das Saltz vnd Sulphur comburens zuſammen ein/ laß ſie ſtreiten/ biß daß
das Leben/ das iſt das Saltz/ den Tod/ das iſt Sulphur comburens uͤberwunden vnd ver-
ſchlungen/ vnd auß beyden ein gloriſieirter Leib/ einen ſchoͤnen Rubin/ oder durchſichti-
gem roten Carbunculo gleich/ damit man die Kranckheiten der Menſchen vnd Metal-
len vertreiben kan/ worden iſt. Jn dieſem Proceß (welcher mit wenig Worten geben iſt)
ſtecket ein uͤberauß groſſes Geheimnuͤß/ das vnter tauſenden nicht einer glauben wird/
darumb ſich mancher an den vnachtſamen ingredientien ſtoſſen oder aͤrgern wird. Es
iſt
[459]De Natura Salium.
iſt aber nichts dran gelegen/ man muß die Narren/ Narren ſeyn laſſen/ welche das gute
ſuchen/ da es nicht iſt/ vnd ſolches doch fuͤr Augen haben/ vnd nicht kennen/ noch kennen
wollen. Jch weiß/ wann ich auff Sophiſtiſche Weiſe einen langwierigen Proceß mit vie-
len zierlichen Worten beſchrieben haͤtte/ die blinde Welt wuͤrde ſolches ehe angenom-
men haben/ als ein ſolchen kurtzen warhafftigen vnd ſchlechten Weg; Daher ſaget Sen-
divogius, vnd alle ware Philoſophi gar wol; Wann man einẽ den rechten Proceß von
Wort zu Wort ſagte/ er wuͤrde nicht daran glaͤuben/ weil es ein ſolch geringe ding iſt.
Mancher wuͤrde ſagen/ was ſolte doch gutes im Saltze/ als einem ſo gemeinen vnacht-
ſamen dinge/ ſtecken? der Sulphur wird ja auch nicht zu ☉ werden? Darumb koͤnnen ſie
nicht der Warheit glauben.
Auff daß ich aber beweiſe/ daß viel im Saltze vnd Schwebel verborgen/ ſo muß
ich ſolche ſpecies ein wenig beſſer bekand machen: Das Saltz iſt erſtlich ein Symbolum
Æternitatis, weils weder im Fewer/ Lufft/ Waſſer/ noch Erden alteriret oder geringert
wird/ ſondern alles vor Verderben eine lange Zeit bewahret/ welchs ja offenbahr gnug
iſt/ vnd die blinde Welt doch ſolches nicht ſehen kan/ hilfft allen andern/ vnd hat doch von
niemand Huͤlffe noͤtig. Der verbrennliche Sulphur iſt ein Symbolum Mortis, ja der rech-
te ſchwartze Hoͤllen-Teuffel/ welcher durch kein Element zu uͤberwinden/ als allein durchs
Saltz. Dann wann der noch gebundene Sulphur viel Jahr in ſeinem Gefaͤngnuͤß wol-
bewahret/ Fewersgluth leiden ſolte/ wuͤrde er doch im geringſten nicht davon alterirt
noch etwas am Gewicht verlichren/ wann nur die Thuͤr nicht geoͤffnet/ daß er außwei-
chen kan. Deß gleichen wann er 100. Jahr an der Lufft oder im Waſſer laͤge/ dannoch
nicht verfaulen wuͤrde/ allein das Saltz thut ſolches/ uͤberwindet/ vnd machet einen
Carbunculum darauß/ vnd wird billich ein Carbunculus genennet/ weil er durchſichtig
roth iſt/ vnd leuchtet als eine brennende Kohlen/ das hoͤchſte vnd edelſte Geſtein/ welches
bey wenige gefunden wird. Die ihn haben/ laſſen ihn nicht ſehen/ legen ihn auch nicht
auff den Kramerladen zu verkauffen/ gleich wie die Diamanten/ Saphiren vnd an-
dere Steine/ er wird auch nicht in rauchen Gebuͤrgen gefunden/ wie andre Edelgeſteme
ſondern muß durchs Gebet zu GOtt geſuchet/ vnd durch fleiſſige Hand bereitet werden.
Was ſol ich mehr ſagen? Es iſt allbereit der Sachen mehr als zu viel geſchehn/
vor den Gottloſen aber wirds wohl verborgen bleiben. Auff daß aber niemand zu zweif-
feln/ daß das vnachtſame Saltz vnd Schwebel/ ſo edle Geſchoͤpff GOttes ſeyn/ ſo wil
ich beweiſen/ daß das Saltz der Anfang vnd Ende aller Dinge ſey.
Das Saltz iſt bey der Schoͤpffung GOttes das erſte Fiat geweſen/ vnd auß dem
Fiat ſind hernach die Elementa entſtanden/ darumb das Saltz von den Philoſophis ein
Centrum Concentratum Elementorum genennet wird/ vnd wie es das allererſte ge-
weſen/ alſo wirds auch das allerletzte ſeyn vnd bleiben; Auß dem Saltz ſind alle dinge
herkommen/ vnd muͤſſen auch nach dem Tode wieder in daſſelbe verwandelt werden.
Jm Saltz vnd Fewr/ iſt verborgen der Schatz ſo thewr.
Das Saltz iſt das Fewr/ vnd das Fewr das Saltz/ vnd fuͤhren den dritten/ als Geiſt/
M m m ijver-
[460]De Natura Salium.
verborgen in ſich/ haben 3. Nahmen/ vnd doch einen Leib/ vnd Weſen. Da der All-
maͤchtige GOtt das Fiat geſprochen/ vnd das Saltz erſchaffen/ ſo theilete er darnach
ſolch Chaos in 4. Theile/ vnd gab dem einem dieſe/ dem andern jene gewiſſe Stelle/ vnd
Nahmen/ vnd fing alſobald ein jeders Element an/ in das ander zu wircken vnd zu
generiren, dann das reineſte vnd ſubtileſte Theil hat ſich hinauff in das oͤbere Firma-
mament erhoben/ davon die Sonne/ Mond/ vnd Sterne worden/ das ſchwereſte her-
gegen/ ſich als Feces von den reinern zuſammen in ein Erdklumpen gezogen/ vnd das
waſſerige vnd luͤfftige darauff herumb begeben.
Wann nun das obere fewrige Theil/ als die Aſtra, herunter ins Waſſer/ oder
Meer wircken/ ihre Kraͤffte oder Samen ſencken/ ſo wird das Waſſer geſchwaͤngert/
vnd das Saltz ſtaͤtig fuͤr vnd fuͤr generiret. Auffdaß aber dieſe continnirliche Genera-
tion deß Saltzes durch Krafft deß Fewers im Meer-waſſer nicht allein arbeitete/ vnd
die andern Elementa muͤſſ geſtuͤnden/ ſo hat GOtt ihnen auch ihr Ampt zugeſtellet/
nemblich/ die Lufft muß den Samen von den Aſtris empfangen/ vnd herunter in das
Waſſer fuͤhren/ ſelbe damit zu ſchwaͤngern/ das Waſſer muß den empfangenen Sa-
men durch die Gaͤnge vnd Kluͤffte der Erden fuͤhren/ auff daß er durch den gantzen Erd-
boden ſo wohl inwendig die vielerhand Arten der Mineralien vnd Metallen, alß auß-
wendig/ ſo mancherley Kraͤuter/ Baͤume vnd Hecken herfuͤr bringe vnd generire, da-
von ſich die Animalia nehren/ wachſen/ vnd multipliciren, wie die taͤgliche Erfahrung
bezeuget; Dann wann das Meer kein Saltz ins Erdreich faͤete/ vnd ſolchs dadurch
fruchtbar machte/ wovon wuͤrden inwendig ſo viel herrliche Mineraliſche Gewaͤchſe
herkommen/ wovon wuͤrden die groſſe Baͤume/ ſo vielerhand Kraut vnd Graß/ wach-
ſen vnd zunehmen? Dann ſo viel der Erden durch innere Mineraliſche vnd aͤuſſere Ve-
getabiliſche Gewaͤchſe ſtaͤtig entzogen/ ſo viel gibet das Meer oder geſaltzene Waſſer auch
ſtaͤtig wieder dargegen/ alſo daß das Erdreich nimmer mangel hat wieder zu geben/ de-
nen/ die es noͤtig haben moͤchten; dann wann der Erdbodem keine ſtaͤtige/ oder immer-
waͤrende Nahrung auß dem Meer empfinge/ ſo wuͤrde es nicht immerdar Nahrung o-
der Wachſtumb von ſich geben koͤnnen/ dann da man immer von nimmet/ vnd nim-
mer wieder darleget/ da wird der Kaſten bald leer/ vnd kan endlich nichts mehr ge-
ben.
Dieweil aber GOttes weißliche Vorſorge haben wollen/ daß der Erdboden ſtels
gute Fruͤchte herfuͤr braͤchte/ das Menſchliche Geſchlechte dadurch zu erhalten/ ſo hat
ers auch alſo nothwendig ſchaffen muͤſſen/ daß dem Erdreich immer wieder eine newe
Nahrung anß dem Meer zugeſand wuͤrde die Aſtra hoͤren auch nicht auff/ das Waſſer
fuͤr vnd fuͤr zu animiren/ auff daß immer das eine Element dem andern zu Huͤlffe kom-
me/ vnd der Natur Lauff nicht benommen werde: Dann wann nur ein einig Element
ſtille ſtuͤnde/ vnd den Befehl GOttes nicht volbraͤchte/ ſo koͤnten die andern nichts
außrichten/ ſondern muͤſten alsbald ſterben vnd vergehen. Wann die Aſtra kein Saltz
ins Meer generirten/ vnd das Waſſer das Saltz nicht durch den gantzen Erdboden
fuͤh-
[461]De Natura Salium.
fuͤhrete/ wovon ſolte etwas wachſen/ oder leben koͤnnen? Die Erde wuͤrde weder Mine-
ralien noch Vegetabilien koͤnnen herfuͤr bringen/ wann dieſe dann nicht weren/ wovon
ſolten ſich die Animalien vnterhalten/ ernehren/ vnd vermehren? Der gantze Erdbo-
den ſelber wuͤrde endlich verdorren/ vnd abſterben muͤſſen/ der doch durch Huͤlffe deß
Saltzwaſſers ſtets vnd vnablaͤſſig waͤchſet/ vnd davon vnterhalten wird; Es iſt kein
Stein/ der nicht ſein Saltz bey ſich fuͤhrt/ darauß zu ſehen/ daß das Saltz auch ſeine
Nahrung vnd Anfang ſey. Wie dann ſolches Gebirge/ das von der allgemeinen Mut-
ter deß Meers reichlich geſaͤuget oder ernehret wird/ gleichſam waͤchſt vnd zunimbt. Nir-
gends kan mans aber beſſer gewahr werden/ alß an denen Orten/ da das Gebirge ſehr
fruchtbar iſt/ vnd Metallen generiret, wann man dann ſolche haben will/ man durch
die Felſen hinein zu ihnen/ da ſie gebohren ſind/ graben muß/ ſolche Loͤcher/ die ohnge-
ſehr ſo weit vnd hoch gemacht werden/ daß man gemaͤchlich auß vnd einfahren/ vnd das
Metall dadurch herauß bringen kan/ wann aber am ſelben Orte alles Metall herauß
gegraben/ oder ſich die Adern oder Gaͤnge der Metallen durch Zwerchwende abgeſchnit-
ten vnd verlieren/ oder daß man wegen deß vielen Waſſers nicht weiter fortgraben kan/
vnd den Berg verlaſſen muß/ ſo hoͤret doch der Berg nicht auff zu wachſen/ ſo wohl der
Stein ſelbſt/ als das Metall darinnen/ alſo/ daß ſolche Loͤcher/ da man zuvorn auff-
richtig eingehen koͤnnen/ mit langer Zeit ſo klein werden/ vnd zuwachſen/ daß man ſich
buͤcken oder gar niederlegen muͤſte/ wann man hinein kriechen wolte. Vnd dieſes von
ſolchen Steinen oder Felſen zu verſtehen/ da viel Saltz innen iſt/ vnd Metallen generi-
ret werden/ da aber wenig Saltz hinkompt/ da wachſen weder Steine noch andre Din-
ge darinnen/ vnd wo kein Waſſer hinkomt/ da kan auch das Saltz nicht hinkommen/
muß alſo das Waſſer deß Saltzes Fuͤhrer ſeyn/ durch den gantzen Erdboden/ ſolchen da-
durch beym Leben zu erhalten/ gleich wie die Lufft den Aſtraliſchen Saamen herunter in
das Waſſer fuͤhret.
Was ich allhie ſchreibe/ wie gering vnd ſchlecht es auch vor gebracht wird/ das iſt
doch die vnfehlbare Warheit/ vnd wirds niemand warhafftiger geben koͤnnen. Man koͤn-
te es zwar wohl weitlaͤufftiger vnd außfuͤhrlicher geben/ wozu aber ſolche Muͤh vnd Weit-
laͤufftigkeit/ wann mans in der Enge haben kan?
Auff daß ich aber noch klaͤrer beweiſe/ daß das Saltz das Leben der gantzen Welt
ſey/ vnd alles davon herkomme/ ſo ziehe ich zum Beweiß allhie an den allgemeinen
Spruch aller Philoſophen, die einhellig ſagen/ Daß ein jedes Ding/ wanns
wieder zuruͤckead prim. Mat.gebracht wird/ Saltz ſey/ daher ſchließlich/ daß es
auch anfaͤnglich vom Saltz muͤſſe gekom̃en ſeyn/ welchs ein vnuͤberwindlich Fundament
iſt. Moͤchte mancher ſagen; Wie erfahre ich dieſes/ oder wie koͤnnen alle Dinge wieder
ad prim. Mat. gebracht werden? ſelbige Arbeit muß man bey erfahrnen Philoſophis vnd
Chymicis zu lernen ſuchen/ alhier mein Vornehmen nicht iſt/ von ſolchen Dingen zu
tractiren: alſo aber auff dieſe Weiſe kan ein jeder Bawr ſolchs gewahr werden/ wann
er in Acht nimbt/ wann ein Kraut/ ein Holtz/ ein Menſch/ oder Thier abſtirbt vnd ver-
M m m iijfault/
[462]De Natura Salium.
fault/ daß ſolchs Holtz/ Kraut/ oder Graß endlich wieder zu einem Sulphuriſchen Saltz
wird/ welches in dem Miſt oder verfaultem Kraut oder Graß (ihnen zwar vnwiſſend)
verborgen/ dadurch ſie das magere vngeſaltzene Land fett machen/ oder tuͤngen. Dann
ſo lange ein Kraut/ Holtz/ oder Thier noch lebet/ ſo laͤſt es ſein Saltz nicht von ſich/
ſondern nur das Superfluum gehen/ wanns aber todt/ vnd der Geiſt davon gewichen/
vnd das Band zerbrochen iſt/ ſo koͤnnen die andern Theile nicht lang beſtehen/ ſondern
gehet ein jedes wieder dahin/ wovon es kommen iſt; der Regen ziehet das Saltz heraus/
vnd fuͤhrt ſolches durch gantze Stroͤme wieder hinunter in das groſſe Meer/ als ſeine
Mutter/ davon es auch herkommen iſt/ der Geiſt wird von den Aſtris wieder auffgezo-
gen/ die Erdigkeit bleibet auff Erden liegen/ davon ſie im wachſen auch herkommen.
Dann die Erdfruͤchten dieſes Univerſal-Nutriment von der allgemeinen Mutter/ dem
Meer/ nicht erblich/ ſondern nur als ein Lehn zu ihrem Alimento empfangen ſo lang ſie
leben/ zugeniſſen/ ſo bald aber dieſelbe abſterben/ auch der Lehnherꝛ ſein Gut wieder zu ſich
nimbt/ vnd anderen giebt.
Wiltu es aber auff eine andere Weiſe verſuchen/ ſo lege das Kraut oder Holtz/
Stein oder Thier/ nur ins Fewr/ vnd laß es verbrennen/ ſo geher der Geiſt in die Lufft/
das Saltz in die Aſchen/ welches gleicher Weiſe durchs Waſſer außzuziehen/ vnd von
der todten Erden zu ſcheiden iſt.
Jſt alſo das Saltz der Anfang vnd End aller Dinge/ welches wol ſolte in Acht ge-
nommen werden; Dann groſſe Geheimnuͤß dahinden verborgen. Wer von dieſen din-
gen nichts weiß/ der iſt kein Philoſophus, ſondern nur ein hoffaͤrtiger ſtoltzer Eſel/ der
nichts beſſers weiß oder kan/ als nur die Warheit laͤſtern vnd verachten/ ſeine Thorheit
damit zu bedecken. Die Alten haben gar wohl gewuſt/ was fuͤr groſſe Tugenden im Saltz
verborgen/ darumb von den meiſten Philoſophis gehalten/ daß etwas Goͤttliches in dem
Saltz verborgen/ vnd außtruͤcklich geſchrieben/ daß man GOtt nirgends auß beſſer koͤn-
ne erkennen lernen/ alß auß dem Fewr vnd Saltz; ſie haben Fewr vnd Saltz allezeit
bey ihren Opffern auff dem Altar haben muͤſſen/ gleichſam als Symbola Dei vnd der
Vnſterblichkeit. Sie haben kein Fewr noch Saltz mit vngewaſchenen Haͤnden ange-
griffen/ vnd beſorget/ daß ſie GOtt erzuͤrnet/ wann ſie ſeine ſo edle Geſchoͤpffe durch vn-
reine Haͤnde verunehreten. Sie haben bey Brod vnd Saltz geſchworen/ iſt ihr hoͤchſter
Eyd geweſen/ wann ſie jemand uͤber eine Sache ſchaͤrfflich außgefragt/ ihme Saltz vnd
Brod fuͤrgelegt/ vnd dabey die Warheit bekennen laſſen/ daher auch vieleicht das Alte
Sprichwort: Salem \amp; menſam non violabis. Chriſtus vnſer Seligmacher wird Sal Sa-
pientiæ genennt. Wann bey der Kindtauffe der Prieſter dem Kinde ein wenig Saltz
in den Mund gethan/ ſprechende: Accipe Salem Sapientiæ, welcher gute Gebrauch/ wie
auch die brennende Kertze/ die man bey der Tauffe allezeit hat beyſetzen laſſen/ ſich Chri-
ſti/ als deß Liechts der Welt dabey zu erinnern/ an vielen Orten bey den Neulingen gantz
abgeſchafft worden/ vnd wann die Welt/ laͤnger ſtehen wuͤrde/ koͤnte es dazu kommen/
daß man den Nahmen Chriſti zu nennen verbieten wuͤrde/ wie es dann albereit dahin
kom-
[463]De Natura Salium.
kommen/ daß man bey Straffe verbotten/ den Geburts-Tag vnſers Heylandes vnd
Seligmachers Jeſu Chriſti nicht zu heiligen vnd zu feyren. Fuͤrwahr ein elender Zu-
ſtand mit dem heutigen Chriſtenthumb.
Chriſti Diſcipuli wurden von Chriſto ſelbſt das Liecht der Welt vnd das
Saltz der Erden genent Luc. 19. 9. Saltz vnd Waſſer/ als durch den Glauben vnd
Tauff/ vereiniget den Menſchen mit Gott; alſo auch das fixe ☉ mit dem verbrennlichen
ſtinckenden Schwebel/ durch Waſſer vnd Saltz vereiniget wird/ welches ſonſt ein vn-
muͤglich Ding iſt/ vnd gnugſam den Chymicis bekand/ daß/ wann ſie das ☉ von dem ☽
im Guß ſcheiden wollẽ/ ſie ſolches durch zuthun deß Schwebels verꝛichten/ welcher gleich-
ſam eine Wand oder Vnterſcheid dazwiſchen macht/ vnd alſo das ☉ darauß treibet/
dann das ☉ keinen verbrennlichen Schwebel leidet/ vnd eine groſſe Antipathia zwiſchen
beiden iſt/ welche Feindſchafft aber durch Saltz vnd Waſſer beygeleget vnd verſoͤhnet
wird. Wie Chriſtus als das Goͤttliche Liecht vnd Saltz der Weißheit/ den ſtinckenden
ſuͤndigen Menſchen/ alß ein Mediator, mit GOtt vereiniget.
Chriſtus ſagt an etlichen Orten: Das Saltz iſt gut/ oder ein gut ding/ wann
die Erde nicht geſaltzen iſt/ ſo iſt ſie tod/ vnd bringet keine Fruͤchte/ auch der Miſt ſelber
traͤgt nichts/ wann kein Saltz darinnen iſt.
Alhier hab ich einen guten Zeugen/ ja die ewige Warheit ſelbſt/ gegen meine gott-
loſe Farneriſche Feinde/ welche meine Schrifften in meinem Miraculo Mundi faͤlſchlich
wiederlegen wollen/ darinnen ich bewieſen/ daß nicht der Miſt/ ſondern allein das Saltz
darin/ das Erdreich tuͤnge/ vnd fruchtbahr mache. Dieſen Zeugen werden die ſchaͤnder
der Warheit wohl muͤſſen gelten laſſen/ vnd mit Schanden ihre gifftige Zungen ein-
ziehen/ vnd als von Chriſto uͤberwunden/ ſich ſelbſt auffs Maul ſchlagen muͤſſen. Die
Warheit laͤſt ſich nicht vnterdrucken/ dann GOtt rettet dieſelbe endlich/ ob ſie ſich ſchon
bißweilen vom Satan/ als dem Meiſter der Luͤgen vnd Feind der Warheit/ muß laſſen
vnterdruͤcken/ ſo kombt dieſelbe doch endlich wieder herfuͤr.
Chriſtus ſagt an einen andern Ort: Niemand iſt gut/ denn der einige
GOtt/ vnd an dieſem Ort ſagt er: Das Saltz iſt gut/ fuͤrwahr ein kraͤfftig Zeug-
nuͤß/ vnd Lob deß Saltzes.
Das Saltz wird auch fuͤr Verſtand vnd Weißheit genommen/ wie man zu ſa-
gen pflegt/ von einem vntuͤchtigen Menſchen: Homo inſulſus: Ein Menſch der kein
Saltz in ſich hat: Sermo inſulſus, eine vngeſchmacke Rede/ da kein Verſtand dahinden/
was fuͤr ein vngeſchmacker Menſch iſt dieſer/ was fuͤr eine vngeſchmacke Predigt hat
dieſer gethan/ es war weder ſafft noch Krafft darinnen/ ꝛc. Man ſaget auch: Quod ſa-
pit, nutrit, \amp; contrà: Worinnen kein Geſchmack iſt/ darinnen iſt auch kein Nutri-
ment. Es kan nichts/ ja der Menſch ſelbs/ ohne die Sonne vnd Menſchen nicht geboren
werden/ alß durch Mittel deß Saltzes/ wie jener Philoſophus ſaget: Igneus eſt Salis vi-
gor, \amp; cœleſtis origo. Die Soñe vnd das Saltz iſt ein Vatter vnd Gebaͤhrer aller din-
ge/ oder durch die ☉ vnd Saltz werdon alledinge geſchaffen. Wañ man Fleiſch ſaltzet/
vnd
[464]De Natura Salium.
vnd auch das Brod/ ſo gibts mehr Staͤrcke/ als vngeſaltzene Speiſen; Dem Wein in
der fermentation Saltz beygethan/ wird viel edler/ ſtaͤrcker vnd lieblicher/ als ohne
Saltz.
NB. Es ſoll aber das gemeine Saltz nicht ſeyn/ welches dem Wein kein guten
Geſchmack geben wuͤrde/ die leere Faͤſſer kan man wohl mit gemeinem Saltz außbruͤ-
hen/ ziehet allen boͤſen Geſchmack her auß/ daß ſich die Weine darnach friſch darinne
halten. Es ſtaͤrcket auch das Saltz deß Menſchen Hertz mehr als der Wein/ darumb
es ihm vorzuziehen/ wer aber das rechte Saltz mit dem rechten Wein zu conjungi-
ren weiß/ der kan die terreſtriſche Sonne/ das iſt/ das ☉ damit ſolviren/ oder extra-
hiren/ vnd eine koͤnigliche Medicin darauß bereiten/ davon ein mehrers an andern Or-
ten meiner Schrifften.
Dann ein jeder verſtaͤndiger leicht erachten kan/ wann das edelſte von den dreyen
hertzſtaͤrckenden Dingen/ als ☉/ Wein vnd Saltz vereinigt/ was fuͤr eine edle Medi-
cin daraus werden muͤſſe/ darumb Paracelſus, vnd andere Philoſophi geſchrieben/
Daß man ohne Saltz kein warhafftigAurum Pot.bereiten koͤnne. Wann
kein Saltz in der Erden were/ davon Kraut vnd Gras fuͤr die Thiere ihr Futter/ vnd
Wein/ vnd Korn herfuͤr wuͤchſe/ ſo koͤnte auch der Menſch nicht leben. Alle Thiere
ſuchen auch das Saltz zu ihrer Fruchtbarkeit/ davon bey Beſchreibung meines gruͤnen
Liquoris auri, ein mehrers zu ſehen. Durch die Vereinigung deß Goldes mit dem [rech]-
ten Saltze/ auch die abgeſtorbene Natur bey den alten Menſchen wieder fruchtbar wird/
die halb abgeſtorbene krancke vnfruchtbare Baͤume werden wieder gruͤn/ lebendig/ vnd
fruchtbar/ wann man ein bereitet Saltz zu der Wurtzel thut; das gemeine Seeſaltz a-
ber/ ehe es zuvorn bereitet/ nicht allen Gewaͤchſen nuͤtzlich iſt/ ſondern dieſelben tod beiſ-
ſet/ wann es aber bereitet iſt/ beſſer als Miſt duͤnget; Einige Gewaͤchſe koͤnnen wohl
ſolch ſcharffes Saltz vertragen/ als da ſind/ alle die jenigen/ die ſpontè am Vfer deß
Meeres wachſen/ als das Kraut Kalis, davon die Alten ihre Sal Alkali bereitet/ dann
wann es verbrand wird/ ein lauter ſcharff Saltz uͤberbleibt. Es koͤnnen auch das ſcharf-
fe Seeſaltz vertragen/ vnd ihre Nahrung darauß ziehen/ alle die jenigen Fruͤchte/ wel-
che einen ſauren/ oder bittern Safft/ vnd Frucht/ oder Kern bringen/ als Oliven, Li-
monien, Uranien-oͤpffel/ der Lentiſcus vnd Palmenbaum liebet auch das gemeine
Saltz/ der Weinſtock/ Korn/ vnd Obsbaͤume aber ſuͤſſe Saltz/ davon hernach ein meh-
rers folgen ſoll.
Ein alter Liebhaber deß Saltzes ſchreibt/ daß in der Jnſul Sardinia bey der Stad
Cataris das Saltz haͤuffig gegraben/ daß man den Jnwohnern des Landes zum noͤtigen
Gebrauch genug ohne Bezahlung folgen laſſe/ das uͤbrige werde den Außlaͤndiſchen
verkaufft/ vnd weil die Bawern deß Saltzes gnug haben koͤnnen/ ſie ſolches dem Vie-
he auch reichlich geben/ davon ſie ſo viel Milch bekommen/ daß ſie viel vnd herrliche
Kaͤſe machen/ die durch gantz Europam gefuͤhret werden/ ob es die herrliche vnd wol-
ſchmeckende Parmeſan ſind/ kan ich eigentlich nicht wiſſen. Er ſchreibt aber ſolche Ab-
undan-
[465]De Natura Salium.
undantiam der Milch vnd der Kaͤſe allein dem Saltze zu/ welches dann auch die pur lau-
tere Warheit iſt. Derſelbe Scribent mit Nahmen Bernhardinus Comeſius erzehlet
auch/ daß eine Stadt in Weſt-Jndia ſey/ da der Grund lauter vnfruchtbahrer Sand/
vnd gantz nichts tragen koͤnne/ dieweil ſie aber daſelbſt eine groſſe Menge Fiſche fangen/
ſo ſaltzen ſie die Koͤpffe von ſelbigen Fiſchen in groſſe Gruben ein/ auff eine zeitlang/
vnd wann ſie den Sandgrund beſehen wollen/ nehmen ſie die geſaltzene Fiſch-Koͤpffe
auß der Erden/ vnd ſtecken in einen jedern Kopff nur ein einiges Korn/ ſtecken darauff
den Kopff mit dem Korn in Sand/ ſo erwachſe das Korn vnd bringe 100. faͤltige Fruͤch-
te. Welches dann glaͤublich/ dann der Fiſch-Kopff helt in der Erden das Saltz eine lan-
ge Zeit/ daß es der Regen nicht weg ſpuͤhlen kan/ vnd alſo dem Korn der Safft oder
Nahrung entzogen wird. Es ſind aber weitlaͤufftige dinge/ auff ſolche Weiſe Korn zuſaͤ-
en Bey mir iſt gar eine andere Bereitung deß Saltzes/ die Sandlaͤnder in Copia ohne
ſonderbahre Muͤhe vnd Koſten damit fruchtbar zu machen/ daß es auch vom Regen
nicht kan weg geſpuͤhlet werden; Das Saltz muß Sulphuriſch gemachet werden/ als-
dann nutriret es univerſaliter.
NB. Es moͤchte mancher ſagen; wann das Sulphuriſche Saltz eine Vrſach der
Fruchtbarkeit iſt/ warumb bringet das Sodomitiſche todte Meer keine Frucht/ als Fi-
ſche/ vnd dergleichen/ welches ja Saltz vnd Sulphur gnug hat? Deme gebe ich zur Ant-
wort/ dieweil ſolches Meer bittere Vitrioliſche Mineralien fuͤhret/ welche dem Leben der
Fiſche/ vnd auch allen Vegetabiliſchen Gewaͤchſen ein Gifft iſt/ auch kan kein Fiſch in
ſolchen Waſſern leben/ die gar zu viel Saltz haben/ welches auch ſoll gemercket werden;
dem guten kan man wohl zu viel thun/ daß das Saltz-Waſſer fruchtbahr mache/ ſiehet
man an den Fiſchen darinnen/ welche viel tauſend Junge auff einmal werffen/ derglei-
chen bey Thieren vnd Voͤgeln nicht geſchicht. Vmbſonſt hat GOtt der Allmaͤchtige dem
Koͤnig Pharaoni nicht traͤumen laſſen/ daß die 7. fette/ vnd hernach die 7. magere Kuͤ-
he auß dem Meere geſtiegen/ damit zu erkennen geben wollen/ daß die Fruchtbarkeit al-
lein aus dem Meer herkommen muͤſſe/ welches auch Joſeph alsbald verſtanden/ vnd
den Traum außlegen koͤnnen/ weil er von GOtt im Liecht der Natur hoch erleuchtet ge-
weſen; Joſeph hat Saltz bey ſich gehabt. Saltz wird fons philoſophandi genent. Heſio-
dus, Homerus, Plato, Pythagoras vnd andere Philoſophi haben geſchrieben/ daß das
Saltz vnter allen andern Dingen GOtt am Nechſten verwand ſey. Jch beweiſe/ daß
durch das Saltz viel außerwehlte Kinder GOttes werden. Wann kein
Saltz in der Erden were/ ſo wuͤchſen keine Fruͤchte darauß zu deß Menſchen Nahrung/
muͤſte alſo das Menſchliche Geſchlecht abgehen/ dann ſelbiges nicht aus der Lufft leben/
vnd ſich multipliciren kan/ ſondern es muß ſeine Nahrung auß der Erden haben. Das
Saltz wird zu Milch/ Honig/ Zucker/ Wein/ Brod/ Fleiſch/ vnd alles was wir noͤtig
haben. Das Saltz iſt alles in allem/ der Anfang vnd das Ende aller von GOtt erſchaf-
fener Dingen.
Moͤchte mancher ſagen; komt dann alles auß dem Saltze her? iſt dann kein naͤher
N n nWeg
[466]De Natura Salium.
Weg etwas guts darauß zu machen? muß das Saltz eben durch den Saamẽ deß Krants
zu Kraut/ durch den Saamen der Thiere zu Thiere/ vnd durch den Saamen der Metal-
len zu Metallen verwandelt werden? Kan man ſolche Staffeln nicht uͤberſchreiten/ durch
die Kunſt einen weitern Sprung fort zu thun/ vnd der Natur ihren langſamen Gang
laſſen? Antwort Ja gewiß/ i[ſt]s der Kunſt muͤglich/ durch einen viel naͤhern Weg das
Saltz zur hoͤchſten perf[e]ction zu bringen/ welches der Natur vnmoͤglich. Wie aber ſol-
ches zugehe/ gehoͤret hieher nicht. Das ſolſtu aber wiſſen/ wann du das Fewr oder Son-
ne mit dem Saltz vereinigeſt/ daß viel frembde Geburten darauß entſtehen/ welche ſon-
ſten nicht geſehen werden. Nimb ein Exempel nur davon: ſetze im Junio, Julio, vnd Au-
guſto ein gemein Waſſer in einem offenen hoͤltzern Geſchir an die heiſſe Sonne/ vnd laß
die Aſtra Tag vnd Nachtdarin wircken/ das Waſſer/ ſo weg duͤnſt/ erfuͤlle wieder mit
anderm Waſſer/ auff daß das Geſchir allezeit voll ſey/ ſo wird auß dem verborgenen Sal-
tze/ ſo im Waſſer iſt/ allerley Gewuͤrme/ ohne Saamen herfuͤr wachſen/ NB. aber ſolchs/
welches ſonſt in faulen Waͤſſern zu ſeyn pfleget/ als Froͤſche/ Kroͤtten vnd Schlangen.
NB. Das Geſchir ſoll von Holtz/ vnd nicht von Metall ſeyn/ davon das Waſſer Vitrio-
liſch wuͤrde/ darin kein Thier leben koͤnte/ auch ſoll man zu ſehen/ daß kein Eiſen oder Ku-
pffer ins Geſchir falle/ welches den Handel verderben wuͤrde. Oder mache einen Sand/
darin ein wenig Saltz ſey/ feuchte ſolchen mit Waſſer an/ vnd ſtelle ihn an die heiſſe Son-
ne/ wann er will trucken werden/ befeuchte ihn wieder/ ſo werden vielerhand vnbekandte
Kraͤuter herfuͤr wachſen/ da man doch keinen Saamen zugebracht hat/ davon ein meh-
rers an andern Orten meiner Schrifften.
Das ☉ iſt das allerbeſtaͤndigſte/ vnd gleichſam vnuͤberwindlichſte Metalliſche Cor-
pus, welches von keinem Element zu uͤberweltigen/ ſo fix vnd Fewr beſtaͤndig/ daß es auch
den geringſten Abgang nicht leidet/ wanns auch viel Jahre in groſſer Glut ſtehen ſolte/
dennoch daſſelbe/ wann man ihm durch das Saltz ſeine Animam extrahiret, nicht allein
ihm ſeine ſchoͤne Farbe/ ſondern auch fixe Fewr Beſtaͤndigkeit entzogen wird/ daß es
bleichſchwartz erſcheinet/ gleich dem Bley/ auch bruͤchig vnd fluͤchtig/ wie ein Antimo-
nium, welches den Vnerfahrnen vnglaͤublich fuͤrkombt/ vnd doch die lautere Warheit
iſt. Darauß zu ſehen/ daß mehr Staͤrcke/ vnd Krafft im Saltz ſteckt/ als in allen Elemen-
ten, darumb es billich Centrum concentratum Elementorum genandt wird. Das al-
ler ſubtileſte vnd maͤchtigſte Element, Fewer/ deme nichts reſiſtiren kan/ hat keine Macht
vber das ☉/ das Saltz aber kan ſolches vberwinden/ vnd das alleredelſte Theil ſeine A-
nimarn von den groͤbern terreſtriſchen Theil ſepariren, welches fuͤrwar das allergroͤſte
Wunderwerck/ ſo durch Kunſt geſchehen kan. Dañ jederman kan leicht dencken/ was
fuͤr ein edel Weſen die Anima auri ſeyn muͤſſe/ ohne Zweiffel die allerhoͤchfte Medicin;
hieruͤber kan man beſehen Sendivogium, was er von ſeinem Chalybe ſchreibt/ damit er
das ☉ deanimiret. Jch muß aber bekennen/ daß/ obwohln mir ſolche Extraction zu vn-
terſchiedlichen mahlen geluͤcket/ da ich dem Golde ſeine Animam extrahiret, vnd das cor-
pus bruͤchig/ fluͤchtig/ vnd ſchwartz zuruͤck blieben iſt/ ich doch ſolches nicht allezeit wieder
tref-
[467]De Natura Salium.
treſfen kan/ wann ich will/ eben gleich als wanns GOtt nicht zulaſſen wolte/ daß es ge-
mein werden ſolte/ bin auch ſehr wol damit zu frieden/ vnd kan mich mit etwas geringers
behelffen/ habe dieſes nur darũb anzeigen wollen/ daß man deß [...] maͤchtige Krafft
darauß erlernen ſolte. Niemand bilde ihm aber ein/ als w [...]nigliche Medi-
ein alſobald durch das gemeine Kochſaltz auß dem ☉ zu extrahiren, dann ein beſonder
Saltz dazu erfordert wird/ welches durch Kunſt vnd Fewr bereitet/ von welcher kuͤnſtli-
chen concentrirung deß Goldes in den vierdten Theil meines Vatterlandes Wolfahrt
weitlaͤufftiger (geliebts GOtt) tractiret werden ſoll.
Jch koͤnte wohl ein mehrers vom Saltze ſagen/ dißmahl aber gnug davon/ damit
einem andern Orte auch etwas hievon zu handeln/ uͤberbleibe.
Zur Letze ſage ich dieſes/ daß das Saltz zu allen dingen helffen kan/ vnd doch keines
andern dinges zur Huͤlffe noͤtig hat/ dencke ihm nach/ ſo wirſtu viel gutes finden.
Wann nun jemand fragen wolte/ von was fuͤr einem Saltz ich rede/ dieweil vie-
lerley Art deß Saltzes zu finden? Deme antworte ich/ daß von dem allgemeinen bekanten
Saltze/ wie es auß dem See-Waſſer oder geſaltzenen Brunnen/ Waſſer geſotten/ oder
wie es auß dem Gebuͤrge außgegraben/ vnd zur Haußhaltung verbraucht wird; Ein ſolch
bekand Saltz wird alher der allgemeine Schatz vnd Reichthumb von mir ge-
nennet/ vnd billich/ dieweil die gantze Welt ihren Vnterhalt davon bekomt/ vnd nitallein
ihren Vnterhalt vnd Nahrung/ mit allem Vich auff der Erden/ mit allen Fiſchen im
Waſſer/ vnd mit dem Gevoͤgel in der Lufft/ ſondern auch noch alle Metallen/ dem Men-
ſchē zu Dienſte darauß wachſē/ vñ in die allerhoͤchſte Univerſal Medicin, fuͤr alle Kranck-
heiten deß Menſchen darauß zu bereiten iſt; Kan darumb mit guten Recht ein allge-
meiner Schatz vnd Reichthumb der Welt genent werden/ dann nichts in der
gantzen Welt zufinden/ welches nit võ Saltze ſeinen Vrſprung genommen. Daß abeꝛ das
eine Saltz nicht reiner oder beſſer/ als das ander ſeyn ſolte/ laugne ich nit/ nichts deſto we-
niger aber iſt ihr Anfang vnd erſtes Herkommen eins/ vnd ihr Vnterſcheid nur acciden-
taliſcher Weiſe worden; Dann ſo lang ein Saltz noch rein vnd vnvermiſcht/ gleichwie es
von der Sonnen in das Waſſer gewircket/ ſo iſts eins/ oder einerleh Geſchmack/ Krafft
vnd Tngend/ ſo bald es aber mit andern dingen vermiſchet iſt/ oder durchs Fewer veraͤn-
dert/ ſo hats ſein angeborne Natur nit mehr/ ſondern iſt entweder verboͤſert/ oder verbeſ-
ſert worden/ wie zu ſehen bey einem Holtz oder Stein/ wann dieſelbe durchs Fewr zu Aſche
oder Kohlen verbrand worden/ ſo gehet ein Theil deß Saltzes/ ſo im Holtz oder im Steine
geweſen/ im Rauch weg/ das uͤbrige bleibt zurucke/ gantz andereꝛ Natur vnd Eigenſchaft/
als wie es vor dem verbrennen in Holtz oder Stein geweſen/ dann durchs Fewr erlangen
alle Salien ein Fewrigkeit oder Sulphuritaͤt/ dahero ſie nothwendig einer andern Ei-
genſchafft ſeyn muͤſſen/ welches bekand gnug/ vnd keines weitern Diſputirens beduͤrf-
tig. Das allerbekandeſte vnd einfacheſte vnvermiſchte Saltz aber iſt dieſes/ wel-
ches entweder auß dem Meer oder Saltzbrunnen/ oder auß dem Gebuͤrge komt/ vnd
zum kochen in der Kuͤche gebraͤuchlichen. Vitriol vnd Alaun ſind auch Salien, aber
N n n ijmit
[488]De Natura Salium.
mit irdiſcher Mineraliſcher qualitaͤt inſicirt oder imprægniret, vnd daher keine einfache
Salien genent werden.
Der Salpeter iſt auch ein Saltz/ aber auch nicht einfach/ gleichwie es durch die
Sonne gewircket/ [...]d entweder auß der Erden/ da viel Urin der Menſchen
oder Viehe ingezogen/ vnd davon generiret, durch Waſſer darauß gezogen/ zu Sal-
peter geſotten/ vnd von andern Salien geleutert/ oder geſchieden/ oder auch auß alten
Kalckmauren/ oder auß einigem Kalckſteinigem Gebirge vnd Felſen/ durch das Waſ-
ſer gezogen wird/ oder er waͤchſt in den Kalckbergen/ welche durch das Centraliſche Fewr
gebrent werden/ oder er wird durch Kunſt auß gemeinem Saltz/ Holtz/ oder Kalckſteinen
bereitet/ wann er brennet/ ſo iſt er Salpeter/ vnd hat einerley Natur/ wovon er gleich ge-
machet worden/ davon weitlaͤufftig in meinem Tractat Deutſchlandes Wolfahrt ge-
nant/ gehandelt worden. Auch haben dieſe Saltzen/ ſo auß verbrantem Holtz oder Aſche
gezogen/ wieder eine andere Natur/ vnd Eigenſchafft/ werden Alcalia genant. Auch
wird ein Saltz auß Urin, gemeinem Saltz/ Rueß/ Ochſenbluth/ vnd dergleichen berei-
tet/ welches Sal Armoniacum genant/ vnd an ſtatt deſſen gebrauchet wird/ welches vor
dieſem auß einigem Gebirge gegraben/ nun aber nicht mehr zu vns gebracht wird.
Dieſes ſind die bekandeſte Salien, ſo zu vielen Dingen gebrauchet werden/ als das
Seeſaltz/ Brunnenſaltz/ Bergſaltz/ Sal gemmæ genant/ ſo in der Kuͤche die Speiſen/
oder Fiſch vnd Fleiſch mit ſelbigen ein zu ſaltzen/ vnd eine zeitlang vor Verderben zu be-
wahren/ gebrauchet wird.
Der Vitriol wird mehren The[i]ls zum ſchwartzfaͤrben der Seiden/ vnd leinen/ wie
auch wuͤllenen Tuͤcher/ auch in den Apotheken gute Medicamenten davon zu bereiten
gebrauchet/ wovon in I. Theil meiner Ofen gehandelt wird.
Der Alaun wird auch zum Ferben/ zur Medicin, vnd viel andern Kuͤnſtē gebraucht/
der Salpeter zur Teuffliſchen compoſition deß Buͤchſen Pulvers/ aber ſonſtē zu Berei-
tung vieler herꝛlichē Medicamenten/ wie auch Chymiſcher Verbeſſerung der Metallen/
vnd anderer vielen Mechaniſchen Kuͤnſten; Davon in II. Theil Furnorum vnd in II.
Theil Pharm. Spag. wie auch durchauß in meinem Miraculo Mundi. Deſſen Explic.
Defenſ. vnd Continuat. wie auch im 1. 2. 3. vnd 4. Theil Deutſchlandes Wolfahr weit-
laͤufftig tractiret wird.
Die fixe Salien, ſo auß der Holtzaſchen gezogen/ werden auch zur Medicin, vnd
Alchymia, ſonſt aber mehrentheils zum Ferben vnd Seiffenſieden gebrauchet. Das Sal
Armoniacum wird auch zur Medicin, Alchimya, vnd andern Kuͤnſten gebrauchet/ wel-
ches bekand gnug/ derhalben vnnoͤtig ein mehrers davon zu melden.
Dieſe erzehlte Salien ſind die/ welche ein jeder kennet vnd brauchet/ auch deroſel-
ben Tugenden vnd Kraͤfften ſich durch lange Zeit her mehrentheils bekand gemacht/ vnd
iſt zu wiſſen/ daß vnter allen dieſen Salien, das gemeine Kochſaltz das alleredelſte/ not-
wendigſte/ vnd beſte iſt; Denn aus ihme alle oberzehlte Salien herkommen/ vnd durch
Kunſt bereitet werden koͤnnen/ davon in meinen Schrifften hin vnd wieder zu ſchen-
Dann
[489]De Natura Salium.
Dann ſolch Saltz ein Fundament vnd Baſis iſt aller andern bekandten/ vnd auch vnbe-
kandten Salicn, welches die Warheit iſt/ vnd bleibet/ dann es kan gar leicht durch Fewr
vnd Zuthun eines Metalliſchen Sulphurs, eine Alaun vnd Vitriol, durch Huͤlffe deß
Fewers/ Lufft/ vnd Sulphurs ein brennender Salpeter/ (aber durch ein ſtarck beſonder
Fewr) ein Alkali, \amp;c. vnd durch ſonderbahre Hinwegnehmung ſeiner uͤbrigen Schaͤrf-
fe eine Tuͤnge darauß gemachet werden/ welche man an Statt deß Viehmiſts/ magere
Sandlaͤnder damit fruchtbahr zu machen/ hernach bereiten kan.
Weiter kan das gemeine Kuͤchenſaltz/ durch ſeinen eigen Spiritum gereiniget wer-
den/ daß es am Geſchmack viel lieblicher/ an der Farbe viel weiſſer/ vnd klarer/ an Krafft
vnd Tugenden viel herrlicher/ die Speiſen damit wolſchmeckend zu machen/ auch Fiſch/
Fleiſch/ vnd dergleichen damit einzu ſaltzen/ iſt ſo lieblich/ hell vnd klar als ein Cryſtall/
ſeine Koͤrner viereckicht angeſchoſſen/ wie Wuͤrffel/ ſo artig/ als wann ſie mit einem
Circul abgezeichnet weren/ welches Saltz fuͤrwahr viel geſunder iſt/ als das grobe vnge-
reinigte Saltz/ wie es ins gemein gebrauchet wird.
Es nimbt mich wunder/ wie vnachtſam wir Menſchen ſeyn/ vns vmb vnſere Ge-
ſundheit ſo gar wenig zu bekuͤmmern/ wir ſehen ja taͤglich/ daß niemand deß Saltzes
entbehren kan/ vnd daß es Menſchen vnd Viehe zur Geſundheit dienet/ nur alſo grob/
wie es auß der Pfanne koͤmpt/ da es doch noch viel feces bey ſich hat/ ohn Zweiffel ſol-
ches vns geſunder vnd auch ſchmackhafftiger/ wanns beſſer gereiniget vnd kuͤnſtlich zu-
gerichtet ſeyn wuͤrde.
Auffs wenigſte ſolten ihnen groſſe Herꝛen/ die Land vnd Leut zu regieren haben/
an welcher Geſundheit viel gelegen/ ihnen ein ſolch gereinigt Saltz auff den Tiſch ſetzen/
vnd zu ihren Speiſen ſelbige damit zu richten/ bereiten laſſen/ es koſtet ja nicht zu viel
Muͤhe/ vnd wird ſo lieblich/ daß mans auß der Hand mit Luſt eſſen kan/ erwecket keinen
Durſt/ gleich das gemeine Saltz/ welches noch viel terreſtritaͤt bey ſich hat/ ſondern es
loͤſchet den Durſt vnd Hunger/ ſtaͤrckt den Magen/ Hertz/ Gehirn vnd alle Glieder deß
Leibes/ laͤſt keine Faͤulung im Leib entſtehen/ bewahret vor Kranckheiten/ vnd hat viel
herrliche Qualitaͤten/ dagegen das gemeine grobe vnreine Saltz gar nicht zuvergleichen/
fuͤrwar ein groſſer Schatz vnd Gabe GOttes/ dadurch das gantze menſchliche Geſchlecht
erhalten/ geſtaͤrcket/ genehret/ vnd vermehret wird/ dafuͤr wir billich GOtt ſchuldigen
Danck erzeigen ſolten.
Vber dieſe oberzehlte Reinigung/ Vmbkehrung vnd Verwandlung deß gemei-
nen Saltzes in Alaun, Vitriol, Salpeter, Alcalia, vnd dergleichen/ davon in meinen
Schrifften zu finden/ iſt noch ein andere Secretere Reinigung/ oder Verbeſſerung deß
gemeinen Saltzes/ in ein edlers Weſen/ welche allen oberzehlten weit vorgehet/ davon
ich bey niemanden etwas geſehen oder gehoͤret/ auſſer dem Paracelſo, welcher ein wenig
davon gedencket zu Ende deß Capitels/ da er von deß gemeinen Saltzes Tugenden
ſchreibt/ vnd dieſes Saltzes/ davon ich allhie handeln werde/ mit dieſen Worten geden-
cket: Deß Saltzes Tugenden beſtehen in ſeiner Bereitung/ das Sal crudum thut ſo viel/ “
N n n iijdaß
[490]De Natura Salium.
daß Fiſch vnd Fleiſch gut darin bleiben/ ſo es aber Sal enixum wird/ ſo behelt es alle din-“
ge eine vnglaubliche lange Zeit/ auch das Holtz wird Stein darinnen/ Leimen wird“
Stein/ Blaͤtter von Baͤumen bleiben gruͤn/ vnd was durch Sal enixum aſpergirt“
wird/ das empfaͤngt keine Veraͤnderung. Es iſt gleich dem Balſam ein conſervation,“
vnd mehr/ dann es mit der Zeit alle dinge coagulirt.
Dieſes ſind die Wort deß vnvergleichlichen Philoſophi vnd Medici. Er nennet
ſolches Sal enixum, was er durch diß vndeutſche Wort anzeigen wil/ iſt mir vnbewuſt/
ich nenne es Sal mirabile. Erſchreibet ihme zu/ daß es alle dinge eine vnglaubliche Zeit
vor Verderben erhalte/ welches auch die Warheit iſt/ daß man ein ſolch Saltz bereiten
kan/ dadurch diß vnd noch viel mehr kan zu wegen gebracht werden.
Ein ſolch Saltz weiß ich zu zurichen/ hab es auch vielmal bereitet/ vnd vnglaubli-
che dinge befunden/ ob eben meine Bereitung deß Paracelſi Bereitung gleich oder einig
ſey/ iſt mir nicht angelegen/ alles das jenige aber/ was Paracelſus dem ſeinigen Salieni-
xo zuſchreibt/ daſſelbe attribuire ich auch/ vnd noch zehenmahl mehr meinem Sali Mira-
bili. Jſt auch weder mir noch andern dran gelegen/ ob wir einerley Bereitung deſſelben
haben/ oder nicht. Wann das meine nur das jenige verrichtet/ was ich ihme zuſchreibe.
Darumb gebe ich dieſem meinen Sali mit Fleiß den Namen Enixum nicht/ auff daß die
Spoͤtter vnd Haderkatzen nicht eine Vrſach bekommen/ auß Neid vnd Mißgunſt da-
wieder zu laͤſtern/ ſagende/ daß mein Saltz deß Paracelſi Sal enixum nicht were/ wie ſie es
gemacht mit meinem Menſtruo Univerſali, welchem ich den Namen Alkaheſt gegeben.
Daruͤber die mißgoͤnſtige/ hoffaͤrtige/ naſeweiſe/ ſophiſtiſche/ nichtswiſſende Spoͤtter/ ſo
viel Weſens vnd Geylens gemacht/ Glauberi Alkaheſt waͤre mit nichten deß Para-
celſi oder Helmontii Alkaheſt, vnd was dergleichen dingen mehr ſeyn/ da doch mein Al-
kaheſt ein viel mehrers iſt/ als Paracelſi oder Helmontii. Meiner iſt noch bey Handen/
vnd laͤſt ſich ſehen/ dardurch ich mein ☉ pot. bereite/ welches den ☿ warhafftig in ☉ tin-
girt, deß Paracelſi vnd Helmontii aber von niemand kan zu ſehen bekommen werden;
Ein klein Voͤgelein/ das man in der Hand hat/ iſt beſſer/ als viel 1000. groſſe Voͤgel/ die
noch in der Lufft herumb fliegen/ vnd weder zu ſehen noch zu fangen ſeyn.
Solchen ſpoͤttiſchen vnd neidiſchen Ignoranten nicht wieder eine newe Materiam
zu ſpotten/ an die Hand zu geben/ hab ich meinem Saltz den Namen enixum nicht geben
wollen/ wiewol ich weiß/ daß mein Sal mirabile in allen Tugenden deß Paracelſi ſali eni-
xo das geringſte nicht nachgibet/ ſondern vielleicht ein mehrers außrichtet/ wie hernach
kuͤrtzlich ſeine wunderbahre Kraͤffte vnd Tugenden erzehlet werden ſollen.
Paracelſus ſchreibt ſeinem Sali enixo zu/ es præſervire alles/ ſo darein gelegt wird/
eine vnglaubliche Zeit/ vnd verwandle endlich alles zu einem Stein/ welches mein Sal
mirabile auch thut/ vnd noch zehenmahl ein mehrers. Zuvor aber ehe ich die Tugenden
meines Salis mirabilis erzehle/ finde ich gut/ auch erſt bekand zu machen/ daß ſolche Arten
Saltz hin vnd her in der Welt von der Natur in der Erden bereitet/ vnd durch die Waſ-
ſerquaͤllen herauß gefuͤhrt werden/ dieſer Brunnen viel/ davon Georg. Agricola ſchrei-
bet/
[491]De Natura Salium.
bet/ anzeigende/ an welchem Ort ſelbige zu finden/ daß alles/ was man da hinein ſtecke/ zu
einem Stein in kurtzer Zeit werde/ welches andere Scribenten auch bezeugen/ wie beym
Cæſio zu ſehen in ſeinem Buch de Rebus Metallicis. Vnd darff keines Zweiffels/ dann
ſolcher Brunnen auch bey vns Deutſchen zu finden/ aber wenig in acht genommen wird.
Es ſoll einer in der Schweitz ſeyn/ welcher das Holtz durch auß zum harten Steine ma-
chet/ wanns eine gewiſſe Zeit darinnen liegt/ wie dann ſolches von den Bawren ſelbiges
Orts viel mahl gethan wird/ vnd ſie das Holtz in ſolche Forme ſchneiden/ wie man die
ſteinerne Wetzſteine formet oder ſchleiffet/ ſolche hoͤltzerne Wetzſteine legen ſie in gedach-
tes Waſſer/ vnd laſſens eine gewiſſe Zeit darin liegen/ ſo wird ſolch Holtz zu einem na-
tuͤrlichen Stein/ damit die Graß-Maͤher ihre Senſen ſchaͤrffen/ derer Wetzſteine ich
ſelbs mehr als einen geſehen/ man kan wohl ſehen/ daß ſie Holtz geweſen/ vnd auch gewiß
gnug iſt/ dann viel dergleichen Brunnen gefunden werden.
Den Brunnen in der Schweitz hab ich nicht geſehen/ aber zu Baſel ein Kind bey
H. D. Exio noch lebende/ von ſeinem H. Vettern ſeelig/ dem alten Exio in einem groſſem
Glaſe auff einem Stuͤlgen ſitzend/ vnd mit einem beſondern Waſſer uͤberſchuͤttet/ biß auf
dieſe Stunde vnverweeſt mir zeigen laſſen/ gleich wie man mich berichtet/ ſey es in einen
Stein verwandelt worden/ welches ich aber eigentlich nicht bezeugen kan/ dieſes aber ge-
ſehen/ daß es da ſitzet voͤllig von Leibe/ als wann es erſt gebohren/ vnd iſt nun uͤber 20.
Jahr/ daß ich ſelbiges Kind geſehen/ damals haͤtte es allbereit uͤber 10. oder 15. Jahr im
Waſſer geſeſſen/ ſoll auch noch alſo ſitzen/ wie ich noch newlich berichtet worden/ weiß nie-
mand/ mit was fuͤr einen Waſſer der alte D. Exius ſolch Kind begoſſen/ ob ers auß die-
ſem Brunnen/ der das Holtz zu Stein machet/ geſchoͤpffet/ oder ob ers durch Kunſt be-
reitet.
Von ſolcher Art Brunnen hab ich einen in Oeſterreich geſehen/ bey der Wieniſchen
Newſtadt/ einer ſtarcken Feſtung 8. Meilen von Wien gegen Stewrmarck gelegen.
Dann als ich in meiner Jugend gereiſet/ vnd mich zu Wien eine Zeitlang auffgehalten/
hab ich ein hefftig Fieber/ oder Vngariſche Kranckheit bekommen/ welche ſelten einen
Frembdling leer wieder weg gehen laͤſt. Nachdem ſichs nun wieder in etwas mit mir ge-
beſſert/ hab ich weit er reiſen wollen/ da ich nun nach Newſtadt kommen/ hat mich ſolche
Kranckheit wieder angefaſſet/ daß ich daſelbſt eine Zeitlang liegen bleiben muͤſſen. Nach
dem aber durch die Kranckheit mein Magen gantz alterirt, daß ich nicht eſſen koͤnnen/ hat
man mir gerathen/ daß ich ohngefehr eine Stunde von der Stadt zu einem/ an einen
Weinberg gelegenen Brunnen gienge/ Waſſer darauß zu trincken/ dañ wuͤrde mir her-
nach das Eſſen wohl wieder ſchmecken/ welches ich gethan/ vnd ein groß Stuͤcke trucken
Brod bey dem Brunnen zu eſſen/ mit mir genommen/ abeꝛ nicht glauben koͤnnen/ daß ich
ſolches wuͤrd auffeſſen koͤnnen/ wie man mir geſagt. Da ich nun zum Brunnen kam/ zog
ich mein Brod herauß/ tunckte die Broſamen in den Bruñ/ vnd fieng an zu eſſen/ welches
mir alſo bald beſſer als zu Hauſe geſchmecke[t]/ da ich das beſte Eſſen nicht gemocht/ ich
brauchte die außgehoͤlte Rinde an ſtatt deß Bechers/ Waſſer auß dem Brunn damit
zu
[492]De Natura Salium.
zuſchoͤpffen/ weil ich dann darauff guten appetit zu eſſen fuͤhlete/ aß ich endlich den Brod-
becher auch auff/ vnd gieng viel ſtaͤrcker nach Hauſe/ als ich davon kam/ erzehlete/ wie
wohl mir ſolch Waſſer bekommen/ da ſagte man mir/ wann ich damit fortfahren wuͤr-
de/ wuͤrde ſich der verlohrne appetlt gantz voͤllig wieder finden/ welchs auch geſchah.
Da ich nun fragte/ was fuͤr Natur ſolch Waſſer haben moͤchte/ ſagten ſie/ es were ein
Salpeter-Waſſer/ ob wol damahln ich ſolches nicht verſtund/ muſte ich doch glauben/
was man mir ſagte/ hab aber hernach erfahren/ daß es kein Salpeter-Waſſer geweſen/
welches dem Magen nimmer pfleget gut zu ſeyn/ ſondern vielmehr einen nauſeam ver-
vrſachet. Jch laß es ſeyn/ daß ſolch Waſſer ad cuticulam abgeduͤnſtet/ vnd zum Saltz
ſchieſſen ſey gebracht worden/ daß ſolch Saltz alſo Stralen-Weiſe dem Salpeter gleich
hat koͤnnen angeſchoſſen ſeyn/ doch iſts kein brennend Salpeter/ ſondern nur ein Form
deß Salpeters geweſen/ der ohne Zweiffel gar nicht gebrant/ wann ſie ſolchs auff Koh-
len auff Salpeteriſche Art/ probiret haͤtten. Nun aber befinde ich/ daß ſolcher Brunn
ein ſolch Saltz gefuͤhret/ welches Paracelſus enixum, vnd ich mirabile nenne/ ſelbiges
ſchieſſet auch langſtralicht/ wie ein Salpeter/ vnd doch nicht brennend; Dann vorg[e]
dachter Brun mit Holtz eingefaſt/ darin zwiſchen dem Holtze viel Waſſermaͤuſe ihre
Wohnung hatten/ ſo bald man Brod in den Brunn legte/ vnd einige Broſamlein zu
Boden fielen/ alſo bald fiengen die Maͤuſe ſolche auff/ verzehreten ſie. Als ich fragte/
warum man ſolchen guten Brunn nicht in Stein faſſete/ vnd das Holtz/ dahinder die
Maͤuſe waren/ nicht weg thaͤte? Antworteten ſie/ daß mans ohne Schaden deß Brun-
nens nicht wol thun koͤnte. Dann ſo man das Holtz hinweg naͤhme/ welches albereit zu
Stein worden/ ſo wuͤrde der Sand hernach fallen/ vnd der Brunn geſtopffet werden/
das Holtz aber/ ſo auſſer dem Waſſer/ war verfault/ welches ich damahl als ein Juͤng-
ling von 21. Jahren wohl in Acht genommen. Nach dieſem bin ich den folgenden Win-
ter in ſelbiger Stadt geblieben/ vnd ſo viel erfahren/ daß der Moraſt herumb/ davon
die Feſtung ſo ſtarck iſt/ nimmer in dem Winter gefreurt/ ſondern meiſt immer offen
bleibt/ welches ein Zeichen/ daß ein beſonder Saltz in ſolchem Waſſer verborgen ſeyn
muͤſſe/ wie ich dann geſehen/ auch gehoͤret/ daß viel/ oder der mehrer Theil Haͤuſer in
ſelber Stadt auff Pfaͤhlen geſetzet/ welche Pfaͤhle mit langer Zeit durchauß zu einem
Stein worden/ vnd ein gut Fundament den Gebeuden geben. Auß allen dieſen Cir-
cumſtantien hab ich ſeithero gemuthmaſſet/ daß die Quellen vmb genandte Stadt mit
einem ſolchen Sale, das Paracelſus enixum nennet/ imprægniret ſeyn muͤſſen/ dann durch
den gantzen ſtarcken Winter habe ich in gemeldtem Moraſt allezeit gruͤn Graß geſehen/
darauß genugſam abzunehmen/ daß ein beſonder Saltz in ſelbigem Waſſer ſeyn muͤſ-
ſe. Welches auch daher zu ſchlieſſen/ weiln ſo wohl im angeruͤhrten Brunnen/ als
auch Moraſt/ bey der Stadt vngemeine Waſſerthier ſich auffhielten/ als erſt die Waſ-
ſermaͤuſe/ ſo ſonſt nicht in allen Waſſern leben koͤnnen/ wie auch die Schildkroͤten/ wel-
che vnzehlich in ſelben Moraſt/ ja in allen Gaͤrten/ da das Waſſer durchgehet/ vmb die
Stadt zu finden/ daß man ſolche auch gar nicht achter zu eſſen/ die ſonſt fuͤr ein recht le-
cker
[493]De Natura Salium.
cker Herrn Eſſen gehalten werden/ ſondern ein jeder Bawer oder Buͤrger 1. 2. oder 3. in
ſeinem Spuͤhlfaß/ darauß man den Schweinen gibt/ vnd alles/ ſo von den Schuͤſſeln
abgewaſchen/ zuſammen gegoſſen wird/ auffhalten thut/ geben vor/ daß die Schweine
fett davon werden/ wann ſolche Schildkroͤten in ihrem Tranck wohnen/ welches ich in
ſeinem Werthe laſſe. Es ſcheint aber hierauß/ daß ſo wohl die Maͤuſe/ als auch die
Schuldkroͤten gern in ſuͤßgeſaltzenen Waſſern leben/ vnd ſonſt nirgends zu finden ſeyn.
Wann man gemeldte Schildkroͤten fangen will/ geht man gar fruͤh auff die Graßlaͤn-
der/ dadurch ſuͤßgeſaltzene Waſſer lauffen/ da findet man ſelbige auffm Graß herumb
ſpatzieren/ ihre Nahrung zu ſuchen/ gegen Abend nach Vntergang der Sonnen kommen
ſie wieder herfuͤr/ wann ſie jemand vermercken/ gehen ſie ins Waſſer/ wann man ihnen
den Weg ablaufft/ vnd ſie ertapt/ ziehen ſie den Kopff vnd Schwantz ein/ welche dem
Schlangen Kopff vnd Schwantze gleich ſeyn/ wie auch ihre 4. Fuͤſſe in die Schalen/
welche ſo hart/ daß man ſie kaum mit einem groſſen Hammer zerſchlagen kan/ wann
man ſie kochen will/ ſticht man ſie mit einem Pfriemen/ dann ſtecken ſie Kopff vnd
Schwantz auß den Schalen/ welche man mit einem Meſſer bald abhawet; Den Leib
kochet man im Waſſer/ ſo thut die Schale ſich ſelber auff/ alßdann nimbt man die
Schnecken herauß/ machet ſie reine/ vnd bereitet ſie mit Butter/ Wein/ vnd Gewuͤrtz/
wie ein Kalbfleiſch/ ſeyn nicht vngeſchmack/ vnd werden von den Leckermaͤulern/ die
auß Vorwitz nicht wiſſen/ was ſie eſſen wollen/ mit groſſer delectation genoſſen. Jch hal-
te auch dafuͤr/ daß ſolche Gethiere einem nicht vngeſund ſeyn/ weiln ſie ſich in reinen
Waſſern auffhalten.
Dieſes wenige iſt meine Erfahrenheit/ welche ich von ſolchen Waſſern habe/ dar-
innen das Holtz zu einem Stein wird/ vnd nicht allein das Holtz/ ſondern auch Leder vnd
Knochen der Thiere/ wie ich dann ein halbes Brod geſehen/ das zum Stein geworden
war. Stecket alſo eine maͤchtige figirende Krafft in gemeldtem Saltze/ davon ich ein meh-
rers erzehlen werde.
Von dieſer Verwandlung deß Holtzes zu Stein/ nun werden alle Spoͤtter vnd
Ignoranten zu ſchanden/ welche viel dawieder plaudern/ vnd nicht zugeben wollen/ daß
durch Kunſt ein fluͤchtig vnd verbrennliches Weſen zu figiren ſey. Dann ein jeder Holtz
im Fewr brennt weg/ vnd laͤſt nichts uͤbrig/ als ein wenig geſaltzene Aſche/ wann aber das
Holtz durch ein figir-Waſſer zu einem Stein worden/ ſo bleibts fix im Fewr/ iſt das nicht
ein vnwiederleglich Zeugnuͤß wieder die Veraͤchter der Kunſt? Wie ſolte man ſolche vn-
erfahrne Eſel beſſer uͤberzeugen koͤnnen als mit dieſem figir-Waſſer? Diß ſag ich alhie
zu dieſem Ende/ wann ich hernach ſchreiben werde/ daß ein ſubtiler Spiritus vini, durch
dieſes figirende Waſſer zu einem Saltz zu figiren ſey/ ſie es deſto ehe glauben koͤnnen/
vnd es ihnen ſo frembde nicht vorkommen laſſen. Kan nun ein fluͤchtiger Spiritus ardens
Vini dadurch figirt werden/ warumb ſolte nicht ein Metall dadurch zu figiren moͤglich
ſeyn? Wie aber dieſe figirung deß Spiritus vini geſchehe/ welches ein vnmoͤglich ding zu
ſeyn jederman fuͤrkommen moͤchte/ muß ich zur Nachricht anzeigen/ dann ſolches mir
O o ovnge-
[494]De Natura Salium.
vngefehr begegnet/ vnd ich gar nicht mit Fleiß darnach geſtanden/ dann wann mir je-
mand ſolches geſaget haͤtte/ ich ſelbſt nicht glauben koͤnnen.
Es iſt zu wiſſen/ daß Paracelſi Sal enixum, oder mein Sal fixans, \amp; omnia ſolvens
die Natur hat/ daß es alle dinge im Fewr ſolviret, da ich nun einmahl ☉ darin ſolvirt
hatte/ im trucknen Wege/ vnd verſuchen wolte/ ob ein Spiritus vini eine tinctur daraus
ziehen koͤnte/ goß ich auff das ſolvirte ☉ einen Spiritum ardentem, es kam mir aber zu
allem Gluͤck kein Spiritus vini, ſondern ein Spiritus juniperi in die Haͤnde/ welches ich nit
gewahr ward/ biß daß es ſchon darauff goſſen war. Weiln nun dieſer Fehler geſchehen/
ſetzte ich das Glaß mit dem ☉/ vnd Spiritu juniperi auff die Seite/ ohngefehr ein halb
Jahr hernach/ ſahe ich/ daß der Spiritus blutrot wordē war/ goß ihn ab/ filtrirte, vnd thaͤt
ihn in ein Koͤlblein/ den Spiritum von der tinctur zu abſtrahiren, da ward ich gewahr/
daß kein Spiritus, ſondern nur ein vngeſchmackes Phlegma, daruͤber ich mich ſehr ver-
wundert/ vbergieng/ ward alſo gewahr/ daß durch lange Zeit mein Sal fixans den Spiri-
tum figiret, vnd in ein rothes Saltz coaguliret hatte/ welches fuͤrwahr ein groß wũder iſt.
Noch ein wunderbahrlich Stuͤcklein iſt mir mit gedachtem Saltz widerfahren: Es
verehrete mir einmahl ein guter Freund ein Glaß mit diſtillirten Oleo Citri, welches er
von verſchimleten Uranien vnd Limonien Oepffeln diſtilliret, dieweil aber ſolch Oehl
ſtarck nach dem Schimmel roch/ nam ich ſolches fuͤr/ vber den Spiritum Salis zu rectifi-
ciren, vnd ihm den vblen Geruch dadurch zu benehmen/ ſchuͤttete ſolches in ein Koͤlblein/
vnd gedachte einen Spiritum Salis drauff zu gieſſen/ kã mir aber zu allem Gluͤck ein Glaß
mit Waſſer/ darin mein Sal enixum ſolvirt war/ in die Haͤnde/ meinte nicht anders/ als
daß es ein Spiritus Salis geweſen/ goß es auffs Oehl in den Kolben/ vnd fing an Fewer
zu geben/ ſo ſtieg zwar ein lieblich klares Oehl uͤber/ aber ſehr wenig/ kaum die Helffte/ weil
ich aber wuſte/ wie viel ich Oehl in den Kolben gethan/ ließ ich nicht nach/ das Werck laͤn-
ger mit Fewr zu treiben/ dieweil aber nichts mehr uͤber wolte/ ließ ichs kalt werden/ nam
mein Glaß auß dem Sand/ vnd ſahe nach meinem Oehl/ welches nicht vbergehen wol-
len/ da befand ich/ daß ſolches im Glaſe ſchwartz verbrand lag/ wie eine Kohlen/ welche
Kohlen ich auff andere gluͤende Holtzkohlen legte/ zu ſehen/ obs mein Oehl war/ oder nicht/
da fieng es an zu gluͤen/ vnd verbrandte bey den andern Kohlen/ vnd ließ viel Aſche liegen/
welches ich hernach gewahr ward/ daß ſolche fixation allein mein Sal fixans verurſachet/
habe den Sachen hernach weiters nachgedacht/ vnd wunder dinge gefunden/ darumb
ich billich ſolch mein Sal fixans, ſal mirabile nenne/ ein ander dencke den Sachen auch
nach/ ſo wird er tieff in ein ſchoͤn Liecht hinein ſehen/ der nicht ſehen kan/ was hinter dieſem
Saltze ſtecket/ der hat keine Adlers Augen/ damit er in die helle Sonne ſehen kan/ ſondern
nur Eulen-Augen/ welche nur bey der Nacht ſehen/ vnd bey hellem Tage blind ſeyn. Jſts
nicht ein groß Wunder/ daß ſich das verbrennliche Oehl in ſo wenig Stunden alſo figi-
ren laſſen/ daß es im Fewr gebrennt/ wie eine Holtzkohlen? Laß dirs nun auch nicht wun-
dern/ daß ein Holtz/ welches viel verbrennlich Ohl bey ſichhat/ durch lange Zeit vnd Huͤlff
dieſes Saltzes zu einem Stein werden kan. Dieſe dinge ſind mir ohngefehr in die Haͤn-
de
[495]De Natura Salium.
dekommen/ vnd mir vnglaubliche Sachen wahr gemacht/ warumb ſolte ein erfahrner
Artiſt, wann er der Sachen fleiſſig nachdencket/ nicht weiter damit kommen koͤnnen? Ei-
nem Gelehrten iſt gut predigen/ ein mehrers auff dißmahl nicht.
Folget nun nach der Theoria die Praxis, wie ſolch Saltz bereitet/ vnd wozu es zu
gebrauchen/ auch was fuͤr wunderbahre ja vnglaubliche dinge/ ſo wol in Alchymia, alß
Medicina damit außzurichten.
I.
Von Bereitung deß wunderbahren Saltzes.
ES iſt zu wiſſen daß dieſes mein Sal mirabile auß allen gemeinen Salien durch Kunſt
zu ſcheiden vnd zu bereiten/ aber auß dem einem leichter/ alß auß dem andern. Dann
nicht allein das gemeine Kochſaltz/ ſondern auch der Salpeter, Alaun, vnd Vitriol darzu
zu bringen. Dieweil aber der Alaun vnd Vitriol viel Sulphuriſche vnd Mineraliſche Qua-
litaͤten fuͤhren/ die muͤhſam davon zu ſcheiden/ der Salpeter aber albereit brennend/ vnd
fluͤchtig worden/ alſo laſſen wir billich dieſe Salien ſeyn/ vnd bereiten vnſer Sal mirabile
allein auß dem gemeinen Koch-oder Kuͤchen-Saltz/ ſcheiden die terreſtritaͤt durch Huͤlf-
fe deß Fewrs vnd Waſſers davon/ vnd gebrauchen ſolches zu GOttes Ehre/ vnd Dienſt
deß Nechſten/ ſo gut wir wiſſen oder koͤnnen/ vnd erſtlich:
Von der aͤuſſerlichen Geſtalt/ Farb/ Geſchmack/ vnd
Geruch deß Salis Mirabilis.
DJeſes Saltz/ wanns wol bereitet/ iſt es anzuſehen/ wie ein gefroren Waſſer oder
Eiß; langlicht wie ein Salpeter angeſchoſſen/ gantz hell vnd durch ſichtig; auff der Zun-
gen leicht-ſchmeltzend/ wie ein Eiß; am Geſchmack nicht ſcharff/ oder ſonderlich geſaltzen/
doch etwas aſtringirent; auff gluͤende Kohlen geleget/ nicht ſpringend wie ein gemein
Kochſaltz; noch brennend/ wie ein Salpeter/ ſondern keinen Geruch von ſich gebende/ ſich
gluͤhen laͤſt/ welches ſonſt kein ander Saltz zu thun pfleget.
II.
Von dem euſſerlichen vnd innerlichen Gebrauch meines
Salis Mirabilis.
ZVm erſten iſt zu wiſſen/ daß groſſe Kraͤfften darin verborgen/ dann weil es nicht zu
ſcharff iſt/ wie andere Salien, ſo kan mans in-vnd aͤuſſerlich bequem zur Medicin ge-
brauchen; euſſerlich reinigt/ vnd heilet es alle friſche Wunden/ vnd offene Schaͤden/
ſchmertzet oder beiſſet nicht/ wie andere Salien, deßgleichen thuts auch innerlich
das Seine mit Verwunderung/ ſonderlich wann man ihm andere Dinge/ ſeine
Kraͤffte damit zu vermehren/ zuſetzet/ ſolches ihre Kraͤfften vnd Tugenden hin-
fuͤhret/ da man ſie hin haben will. Dann das Saltz iſt ein Fuͤhrer Gutes vnd
Boͤſes/ nachdem man ihm etwas auffleget/ fuͤhret es ſolches mit ſich. Gleich
O o o ijwie
[496]De Natura Salium.
wie das Nutrimentum der Vegetabilien vnd Mineralien allein im Saltz beſte-
het: alſo beſtehet auch das Nutriment der Animalien in dēſelben/ dann wann das Krant/
Fleiſch/ Brodt oder anders/ was man iſſet/ von Natur kein Saltz bey ſich haͤtte/ ſo koͤn-
te es die Animaliſche Leiber nicht nutriren, erhalten oder vermehren/ ſondern muͤſten al-
ſobald ſterben/ vnd vergehen. Nach dem nun die Speiſen wohl vnd rechtmaͤſſig geſal-
tzen/ nachdem ſie auch nutriren, dann ein ding/ das keinen Geſchmack hat/ nutrirt nicht/
daher das Sprichwort: Quod ſapit, nutrit, \amp; contrà.
Darin hat GOtt der Allmaͤchtige ſein behoͤrlich Saltz geleget/ dadurch erhalten
ſich alle Geſchoͤpffe/ vnd koͤnnen andere vnterhalten/ alſo daß es gar nicht noͤtig were/ die
Speiſen der Menſchen weiter zu ſaltzen/ dann ſie haben von Natur Saltz genug bey ſich/
wann durch die Suͤnde der Fluch nicht alles Fleiſch verderbt vnd geſchwaͤchet haͤtte; Da-
rumb komt man der Natur zu Huͤlffe/ vnd was zu ſchwach geſaltzen/ verſtaͤrcket man mit
dem allgemeinen Kochſaltz/ welches auch zu dem Ende von Gott darzu erſchaffen/ daß es
die Nahrung kraͤfftiger mache/ wie zu ſehen/ daß man Brod/ Fleiſch/ vnd alles Gemuͤſe
auch wohl ohne Saltz genieſſen kan/ daß ſolche aber ſo kraͤfftig ſeyn/ vnd ſo wohl nutriren
ſolten/ als wann ſie geſaltzen/ iſt nicht/ ſondern allen Menſchen bekand gnug/ daß das ge-
ſaltzene Fleiſch/ Fiſch/ Brodt oder Kraut beſſer ſaͤttiget vnd nehret/ als vngeſaltzen/ da-
hero man denen/ welche ſtarck arbeiten/ wolgeſaltzen Brodt/ Fleiſch/ Kraut zu eſſen gibt/
daß es den Leib deſto mehr ſtaͤrcke/ vnd nehre. Denen aber/ welche keine ſtarcke Arbeit
thun/ gibt man keine ſolche geſaltzene Speiſen/ ſondern leicht verdaulichere.
Gleich wie nun das Saltz das einige Nutriment der Vegetabil. vnd Mineral.
alſo auch der Animalien iſt/ vnd alles/ was da iſt/ Univerſaliter nutriret, vnd vermehret.
Wann dann nun gehoͤret/ daß ohne Saltz nichts ſeyn/ noch leben kan/ vnd aller
dinge leben allein in demſelben beſtehe/ welches die Erfahꝛung taͤglich bezeuget. Waꝛumb
halten dann die Narren das Saltz fuͤr ein ſo gering ding? darumb/ antworte ich/ dieweil
wenig ſeyn/ die da wiſſen/ was Saltz iſt/ wie es ſeine Wirckung volbringe/ vnd was da-
hinder ſtecke. Dann wie albereit geſagt/ mag ich das Saltz mit einem Fuhrman verglei-
chen/ welcher das/ was man ihm auffladet/ dahin bringet/ wo mans hin haben wil/ es ſey
gut oder boͤſe/ iſt ihm eben viel/ vnd laͤſt den dafuͤr ſorgen/ ders ihm auffgeladen. Alſo thut
das Saltz auch/ miſcht mans mit guten Nutramentaliſchen dingen/ ſo hilffts nutriren,
vnd iſt deſſen beygefuͤgten Nutriments Fuͤhrer/ Staͤrcker/ vnd Helffer. Miſcht mans a-
ber mit gifftigen oder ſchaͤdlichen dingen/ ſo verſtaͤrcket vnd vermehret es den Gifft/ vnd
fuͤhrt ſolche zum Schaden oder Nachtheil ein/ dahin es ſonſt ohne Huͤlff deß Saltzes nicht
hat kommen koͤnnen. Jſt alſo das Saltz bey guten gut/ vnd vermehret entweder
das gute oder boͤſe/ bey welchen es iſt/ daher iſts vnpartheiſch/ vnd laͤſt ſich bey guten vnd
boͤſen gebrauchen/ nach dem mans haben will/ gleich wie man ſagt: Sal \amp; vinum acuunt
ingenium. Wann ſie nemblich mit guten dingen vnd maͤſſig genoſſen werden/ eben alſo
mag man auch ſagen: Sal \amp; vinum depravant ingenium, wann ſie nemblich mit ſchaͤdli-
chen dingen gebrauchet werden/ welches ich mit viel Exempeln klar beweiſen koͤnte/ die ich
vmb
[497]De Natura Salium.
vmb kuͤrtze willen vbergehe. Ein oder zwey aber muß ich zum wenigſten/ meine Rede beſ-
ſer zu erklaͤren/ hieheꝛ ſetzen; gleich wie allbereit geſaget/ wann das Saltz guten Nutrimen-
tiſchen ſubjectis, als Kraut/ Fleiſch/ Brod zugeſetzet iſt/ koͤnnen ſolche Nutrimenta ſubje-
cta noch nutrimentiſcher vnd beſſer durch das Saltz werden/ wie die Erfahrung taͤglich
bezeuget/ vnd niemand es laugnẽ wird. Warumb ſolte dann dieſes nicht auch wahr ſeyn/
daß es das boͤſe/ wanns ihme zugeſetzet wird/ noch boͤſer/ vnd ſchaͤdlicher machen koͤnne?
Ex. gr. Der gemeine ☿ wird fuͤr ein Gifft gehalten/ wie er auch iſt/ aber nach was
Gelegenheit man ſolchen bereitet/ er ein klein oder groſſer Gifft wird. Dann wann man
ſolchen/ wie er an ſich ſelbſt iſt/ einem Menſchen eines Loths ſchwer eingebe/ er zwar nichts
thun wuͤrde/ ſondern ohn ſonderbahren Schaden wieder aus dem Leibe kommen; So
man aber ſolchen durch Salien ſublimirte, vnd in ſeiner Vntugend exaltirte, ſo wuͤrde 2.
3. oder 4. grana einen Menſchen toͤdten koͤnnen.
Deßgleichen das Auripigmentum, wie es auß den Bergen gegraben wird/ richtet
nichts guts auß/ wann deſſen viel ins Menſchen Leib kompt/ ſondern vervrſachet vnleid-
liche Vomitus vnd ſtarcke ſedes, wann man nur 1. 2. 3. oder 4. Granen gibt/ iſt keine Ge-
fahr dabey zu gewarten/ vnd wird nur gelinde Vomitus vnd Sedes verurſachen. So man
aber ſolches mit gemeinem Saltze ſublimirte, ſolte ein groß Gifft darauß werden/ damit
man Menſchen vnd Vieh ſchnell dahin richten koͤnte/ wie beym Arſenico albo zu ſehen/
welcher durch die Sublimation, vnd Exaltation ſeine Boßheit vom zugeſatzten Saltz be-
komt/ welches hell vnd klar gnug iſt/ obs ſchon von wenigen begriffen wird. An welchen
beyden Exempeln die Warheit gnug erſcheinet.
Noch eins muß ich dem Vnerfahrnen bekand machen; die etwas im Fewr labo-
rirt vnd erfahren/ dieſelben wiſſens zuvor/ vnd duͤrffen meiner Lehre nicht/ deren aber gar
wenig vnd hergegen mehr Vnerfahrne zu finden. Ein Arſenicum oder Kobolt ſind zwar
groſſe Giffte/ gleichwol/ wann ſie nicht Corporaliſch in Leib genommen/ auch nicht ſcha-
den thun. Wann ſie aber durch Salien noch volatiliſcher durch die diſtillation gemachet/
alßdann zu groͤſſeren Gifften werden/ ja ſo groß/ daß durch den bloſſen Geꝛuch ein Menſch
hin zu richten were/ welches viel erfahren/ die den Arſenicum zur compoſition deß Vi-
triols vnd Salpeters genommen/ Gradir-Waſſer davon zu machen/ welche Waſſer ein
ſolch hefftig Gifft fuͤhren/ daß einem das Hertz im Leibe bebet/ wann man nur den Geruch
ein wenig in die Naſe davon bekomt/ auch das Gehirn auffs hoͤchſte geſchwaͤcht wird/
gleichwie man ſonſt ſaget: Sal corroborat cor, \amp; acuit ingenium, zuverſtehẽ/ wann ihm
gute ſubjecta zugefuͤgt werden/ hat er aber gifftige ſubjecta bey ſich/ ſo erweiſet das Saltz
ein contrarium, erſticket das Hertz/ vnd ſchwaͤcht das Gehirn/ welches beides ich an mei-
nẽ Leibe erfahren. Dann in meiner Jugend hab ich ſolche gifftige arſenicaliſche Gradir-
Waſſer bereiten muͤſſen/ da mir die Saltzgeiſter oͤffters das Liecht bald außgeblaſen haͤt-
ten[/]hernach hab ich aber auch erfahren/ wann hertzſtaͤrckende ſubjecta mit dem Saltz
vermiſchet/ ſo ſchaͤrffet oder exaltirt das Saltz dieſelben in ihrer hertzſtaͤrckenden Krafft
vnd Natur. Darumb ſagt Paracelſus, daß das ☉ ins Menſchen Leibe nichts wircken
O o o iijkoͤnne/
[498]De Natura Salium.
koͤnne/ als durch die Saltzgeiſter/ welche die Kraͤffte deß Goldes einfuͤhren/ vnd vermeh-
ren. Hierauff moͤchte mancher ſagen: Wircken doch andere Metallen ins Menſchen Leib/
dazu doch kein Saltz kompt/ warumb ſolte dann das ☉ nicht auch wircken/ wann Krafft
in ihm were? Dem antworte ich/ vnd ſage/ daß diß die Vrſach ſey/ daß die vnvollkomme-
ne Metallen etwas wircken/ wann ſie nur gefeilet/ oder gemahlen eingegeben werden/
weiln dieſelbe von Natur noch ein Vitrioliſch Saltz fuͤhren/ welches ſie im Schmeltzen
behalten/ vnd darumb wegen natuͤrlicher Saͤurigkeit leicht ins Menſchen Magen ſolvi-
ret werden/ vnd ihre operation verrichten; So man ihnen aber durch Saltz zu Huͤlff kaͤ-
me/ wuͤrden ſie deſto ſtaͤrcker wircken/ aber nit zum guten/ dann die vnvollkommene Me-
tallen ſtellen nichts guts an im Menſchlichen Leibe/ ſondern vervrſachen vnleidliche Vo-
mitus, wie bey dem Zin vnd Kupffer zu ſehen/ wann nur ein Wein vber Nacht drinne
ſteht/ vnd ſelbiger getruncken wird/ machet Vomitus, Krimmen/ vnd Hertzzittern gnug/
doch das Zin nicht ſo viel/ als das Kupffer/ vnd ſonderlich/ wanns fein Zin/ vnd nicht et-
wan ein gifftiger Wißmuth darunter iſt. Das Bley trucknet/ vnd kuͤhlt ſo ſtarck/ wanns
eingenommen wird. Das Eyſenfeilich kan mit herrlichem Nutzen gebraucht werden/
den Kindern die Wuͤrme zu toͤdten vnd außzufuͤhren/ deſſen Crocus aber zu aſtringiren
nicht boͤſe iſt. Daß ☽ thut nichts im Leibe/ wanns wird gefeilet eingegebē/ weils kein Saltz
bey ſich fuͤhret/ wie das Eiſen/ vnd Kupffer/ wann mans aber durch Saltz bereitet/ vnd
ihme einen Ingreß gibt/ als dann purgirts alle boͤſe Humores, vnd ſtaͤrcket das Gehirn.
Es iſt aber ſehr vnlieblich zu nehmen/ vnd ſo bitter/ als eine Galle/ ja viel vbler/ als ein ge-
meiner Vitriol zu gebrauchen. Das ☉ aber/ das allerreineſte vnd edelſte Metall hat gar
kein Saltz von Natur bey ſich/ darumb es auch nichts außrichtet/ wanns gefeilt/ oder ge-
mahlen/ eingegeben wird: dann das acidum iſt ins Menſchen Magen nicht ſo ſtarck/ daß
es das ☉ angreiffen/ vnd ſolviren koͤnne/ wie das ♀ oder ♂/ ſondern laͤſt ſolches mit den
Excrementen fahren/ ſo gut als es eingenommen/ daher ihrer viel auß Vnerfahrenheit
halten wollen/ als wann das ☉ keine Kraͤffte haͤtte/ vnd zur Medicin gantz vntuͤchtig we-
re/ welches gar ein naͤrriſcher vnd nicht Philoſophiſcher Fehler/ der allein auß Vnerfah-
renheit herkommen. Die Erfahrenheit aber bezeuget viel ein anders/ wers nicht glaubt/
daß eine groſſe gute Krafft beym ☉ iſt/ der kans auff dieſe Weiſe leicht erfahren/ wann er
nemblich daſſelbe mit einem wohl rectificirten Spiritu Salis ſolvirt, vnd von dieſer ſolu-
tion nuͤchtern ein wenig mit einer warmen Bruͤhe/ Wein/ oder Vier ein nimbt/ ſolches
eine ſchnelle herꝛliche vnd gute Operation volbringen wird/ vnd nach deme es das boͤſe
im Leibe findet/ darnach treibet es auch ſolches auß/ entweder per ſedes, Urinam, ſudo-
rem, oder auch per Vomitum, aber gantz ſicher ohne einige Schwaͤchung deß Leibes/ ſtaͤr-
cket vnd beſſert augenſcheinlich/ davon Meldung geſchehen in meinem Tractat, Troſt der
Seefahrenden genandt/ aber nicht außfuͤhrlich/ dann damahln die Gelegenheit ſolches
nicht zulaſſen wollen. Sage aber dieſes/ daß ſolche ſolutio Auriper Spiritum Salis viel in
Medicina thun koͤnne/ weil ſie aber auch etwas vnlieblich zunehmen/ macht man auch
keine groß Werck davon/ dann erſtlich ein ſolcher Spiritus Salis, der das ☉ ſolviren ſoll/
muß
[499]De Natura Salium.
muß gar ſtarck ſeyn/ wann dann das ☉ in einem ſolchen ſtarcken corroſiviſchen Spiritu
Salis ſolviret, ſo hat man erſtlich dieſes zuwider/ daß die ſolutio, wegen deß ſtarcken Spir.
Salis (ohne welchem fich das ☉ nicht ſolviren laͤſt) nit angenehm zugebrauchen iſt/ dann
ſolche nit allein die Lippen ſchwartz faͤrbet/ vnd die Zaͤhne ſtumpf macht/ ſondern auch viel
liquoris erfordert/ das ☉ damit einzunehmen/ wodurch dem Patienten ſolche Saͤure all
gemaͤchlich entgegẽ wird/ auch kan bißweiln der Krancke keine Saͤurigkeit vertragẽ. Will
mans mit einer warmen Fleiſchbruͤhe einnehmen/ ſo hindert ſolche den liquorem an ſei-
ner Wirckung/ vnd thut das jenige nit/ was ſie ſonſt thun ſoll/ wann ſie mit einem wenig
Wein oder Bier eingenommen wird/ darumb iſt ſie auch ſo gaꝛ wol nicht zu gebrauchen/
wie gut ſonſt die Medicin an ſich ſelbſt iſt. Weiln aber allbereit geſaget/ daß das ☉ ohne
Salien nichts wiꝛcken koͤnne/ als beſtehet deſſelben ſolutio allein in einẽ ſolchen Menſtruo,
das nit corroſiviſch/ oder vnannemlich zu gebrauchen/ vnd doch das ☉ auffſchlieſſe/ vnd
zur Medicin bequem mache/ deſſen Art ich fuͤr meine Perſon keine gefunden/ als mein Sal
Mirabile, welches nit allein kein Corroſiv, oder wiederwertig zu nehmen/ ſondern an ſich
ſelbſt eine gute Medicin iſt/ vnd alles/ was es ſolvirt, lieblich einzunehmen machet/ dann
ſo das ☉ darin ſolvirt iſt/ ſo ferbet es die Haͤnde vnd Lippen nicht/ wie ein andere gemeine
ſolutio, die etwa per aq. Reg. oder per Spiritum Salis bereitet/ iſt auch nicht aſtringirend/
wie ſolche corroſiviſche ſolutiones, ſondern annemlich zu genieſſen/ erzeigt auch ſeine gu-
te Wirckunge. Daꝛumb habe ich mit meinẽ Sale Mirabili viel dinge veꝛſuchet/ auch endlich
das ☉ graßgruͤn damit ſolviret, oder eigentlicher extrahiret, vnd eine herꝛliche Medicin
darin gefunden. Dann wann das ☉ in die gruͤne gehet/ ſo iſts weit gebracht/ davon die
alten Philoſophi viel geſchrieben/ vnd ſolche gruͤne Beatam viriditatem genent haben.
Was aber weiter mit ſolcher Gruͤne in Medicina außzurichten/ gehoͤrt hieher nit/ weiln
ich alhie eigentlich anders vorbringen oder beweiſen wollẽ/ alß daß das Saltz der Anfang/
vnd Ende aller dinge ſey/ vnd daß es aller dinge Kraͤffte/ ſie ſeyn gut oder boͤſe/ exaltire
vnd vermehre. Wann dieſes nun wahr/ vnd vnwiederleglich/ ſo muß man auch zugeben/
daß ein/ auffs hoͤchſte gereinigtes Saltz/ als mein Sal mirabile, beſſer ſey/ als ein grobes
vngereinigtes/ vnd weil es alle Kraͤffte der Vegetab. Animal. vnd Mineralien erhoͤhet/ o-
der einfuͤhrt/ vnd vnter der Sonnen kein edler Geſchoͤpff Gottes/ als das ☉ zu finden/ als
iſt leicht hierauß abzunehmen/ wann das edelſte/ vnd reineſte Theil deß Saltzes/ mit dem
edelſten vnd reineſten Theil deß Goldes uniret, auß beidẽ notwendig/ auch die alleredelſte
Medicin folgen muͤſſe/ weil das Saltz vnd ☉ beide der Sonnen Kinder/
gleichſam vnſterblich/ oder vnverderblich/ darumb kans auch nicht fehlen/ es
muß den andern ſterblichen/ oder verderblichen dingen auch zu Huͤlffe kommen/ vnd ſie
vor Faͤulnuͤß oder accidentaliſcher corruption bewahren.
Niemand aber bilde ihm ein/ als wañ ich eine Vnſterblichkeit darauß beweiſẽ wolle/
Nein/ dann kein Kraut fuͤrm Todt gewachſen iſt. Nur dieſes gebe ich zu erkennẽ/
daß die Vereingung eines gereinigten Saltzes vnd ☉ ein hohe Medicin notwendig geben
muͤſſe. Fuͤhret das Saltz die Kꝛaͤffte ander dinge/ warumb ſolte es dann nit die Kraͤffte deß
☉ fuͤhren koͤnnen? Jſt doch kein vngeachtes Kraͤutlein/ Stein oder Beinlein/ das nicht
mit
[500]De Natura Salium.
mit ſeinen beſondern Kraͤfften von GOt begabet/ warumb ſolte dann nicht auch das ☉
als das edelſte Geſchoͤpff GOttes/ nechſt der Sonnen vnd Saltz/ von welchen es gebeh-
ren/ auch ſeine herrliche/ vnd andern gerin gern Geſchoͤpffen vorzuͤgliche Gabẽ vnd Kraͤf-
ten beſitzen? Aus den zweyen allerherrlichſten ſubjectis, nemblich auß Saltz vnd Gold kan
ja kein boͤſes werden/ welches ein ſchlechter Bawr verſtehen kan/ warumb dann wollens
nicht die Spoͤtter vnd hoffaͤrtige Muͤſſiggaͤnger verſtehen? Darumb nemblich/ damit ſie
nicht vor vnwiſſende Eſel gehalten wuͤrden/ wann ſie zugeben/ daß es eine gute Medicin
were/ vnd koͤnten ſie doch ſelbe nicht bereiten. Es were aber beſſer/ wann ſolche Reider ei-
nem andern die Gaben GOttes goͤnneten/ vnd nicht ſo wohl heimlich alß oͤffentlich da-
rauff ſtichelten/ ſondern das/ was ſie nicht verſtehen kuͤnten/ in ſeinem werth lieſſen.
Jch ſchreibe itzo von meinem gruͤnen Loͤwen/ vnd muß deſſelben wunderbahre Tu-
genden der Welt bekand machen/ weiß aber gewiß/ daß dieſer gruͤne Loͤwe nicht weniger
Feinde finden werde/ als mein weiſſes/ oder rotes ☉ potab. Dann der Satan kan nicht
leiden/ daß man dem menſchlichen Geſchlecht zu Nutz etwas bekandt mache/ alle Liſt vnd
Macht wendet er an/ ſolches zu verhindern/ leget ſich mit ſeinen Luͤgen dargegen/ dadurch
die handgreiffliche Warheit zu vnterdruͤcken.
Was hat man doch fuͤr argliſtige Griffe gebrauchet/ mein ☉ pot. zu verachten/
weil ſie wol gedencken kuͤnten/ daß ich ſolchẽ Ignoranten, vnd Oſoribus Veritatis nichts
davon wuͤrde zukommen laſſen/ wann ſie es ſchon begehrten.
So haben ſie es durch andere/ als nur nothleidende Krancken von mir auch ge-
bracht? nicht daß ſie jemand damit guts erzeigeten/ ſondern Vrſach fuͤnden/ ſolch mein
☉ Pot. zu verachten/ vnd den Krancken wiedrig zu machen/ daß ſie ja nicht geſund wuͤr-
den/ haben ſie nicht gantze Verſamblungen druͤber gehalten/ vnd der eine dieſes/ der an-
der jenes darwieder einzubringen geſucht? Welches ja ein vorſetzlicher Haß vnd Miß-
gunſt iſt/ ſey aber der Rache GOttes gaͤntzlich heimgeſtellet. Wann ſchon noch ſo viel
truͤbe waſſerige Wolcken die helle Sonne uͤberziehen/ vnd ihre lebendmachende warme
Stralen verdunckeln wolten/ koͤnnen ſie doch nichts außrichten/ ſondern muͤſſen end-
lich den warmen Stralen Platz machen/ zu duͤnſten werden/ vnd als ein Nebel weichen/
vnd verſchwinden. Das Liecht vnd die Warheit ſind auff keinerley Weiſe zu vertilgen/
man kan ſie wol vnterdruͤcken/ aber nicht gar auffheben vnd zu nichte machen. Die Lufft
iſt nimmer ſo voll ſchwartzer Wolcken/ die Sonne bricht endlich durch/ vnd laͤſt ſich wie-
der ſehen; Alſo wickelt ſich endlich die Warheit auß der Luͤgen herfuͤr. Darumb mag ich
wol die Warheit vnverzagt darſtellen/ wanns ſchon noch ſo viel verdrieſſen ſolte/ man
muß GOtt mehr fuͤrchten/ als die Menſchen/ vnd vmb der Boͤſen willen nicht vnterlaſ-
ſen/ den Frommen gleichwol guts zu thun.
Fahre alſo im Nahmen GOttes fort/ die vnglaubliche Kraͤffte meines Salis Mi-
rabilis zu erzehlen; Dieweil nun oben geſagt/ daß das Saltz ein Fuͤhrer ſey aller Dinge/
die ihm zugeeignet werden/ vnd bringe ſolches an Kraͤfften vermehret an ſeine behoͤrliche
Orten/ dahero nicht rathſam iſt/ ihme boͤſe vnd gifftige dinge zuzuſetzen/ ſondern vielmehꝛ
das beſte/ das man finden kan/ wann es etwas gutes wircken ſoll.
Nun
[501]De Natura Salium.
Nun iſt kein edler Geſchoͤpff vntor der Sonnen zu finden/ als das reine/ vnd vor
allen Elementen vnzerſtoͤrliche ☉/ dieweil aber ſolches/ wie gedacht/ ohn warhafftige ſo-
lution dem Menſchen keine Krafft geben kan/ vnd die corroſiviſche ſolution allezeit da-
zu vnbequem/ alß wird eine ſolche ſolution erfodert/ welche durch ein vncorroſiviſch Saltz
geſchicht. Wollen der ohalben eine ſolche fuͤr die Hand nehmen/ vnd ſehen/ was gutes da-
mit außzurichten ſey.
Vom Gebrauch meinesSalis Mirabilis,inſolvirung der
Metallen/ vnd Bereitung guter Medicin.
ERſtlich iſt zu wiſſen/ daß mein Sal Mirabile nicht allein alle Metallen/ ſondern auch
alle Steine vnd Beine/ ja die Kolen/ welche ſonſt durch kein corroſiv zu ſolviren, ra-
dicaliter ſolviret, vnd meiſt allen dingen/ die es ſolvirt, ſo wol Metalliſchen/ als Vegeta-
biliſchen/ vnd Animaliſchen/ eine gruͤne ſolution gebe/ darunter etliche gruͤn bleiben/ etli-
che aber mit der Zeit ſich in eine Gelbe/ oder Roͤthe verwandeln/ von welcher wunderba-
ren ſolution ich ein groß Buch machen koͤnte/ welches allhie aber gar zu weitlaͤufftig fal-
len wolte/ darumb laſſe ichs an einen andern Ort verſchoben ſeyn/ dann ich bin alhier die
ſolutionem auri allein zu beſchreiben entſchloſſen/ vnd ſolche darumb/ weil kein beſſere zu
finden/ andere Metalliſche ſolutiones (wie gedacht) in Leib zu geben/ habe gar vnbequem
befunden/ das Saltz vnd ☉ aber fuͤr die edelſte ſubjecten gehalten/ auß welchen beyden
dann notwendig eine gute Artzney werden muß. Dann das Saltz erhoͤhet/ vnd fuͤhrt ein/
aller dinge Kraͤfft vnd Wirckung. Es gemahnet mich das Saltz gleich einem Volatili-
ſchen Spiritu Vegetabilium deß Weins/ Biers/ ꝛc. wann ſolcher ins Menſchen Leib komt/
wird der Animaliſche Geiſt dadurch geſtaͤrcket/ daß er ſich beſſer ruͤhrt vnd bewegt/ alß oh-
ne Staͤrckung. Es ſtaͤrckt zwar ſonſt auch eine jede gute Speiſe vnd Tranck/ wanns
ſchon Waſſer vnd Brod were/ ſo kraͤfftig aber nicht/ als ein guter Wein/ deſſen Geiſt rein
vnd ſubtil iſt: Alſo wann deſſen zu viel genommen/ er alles verborgene/ ſo im Menſchen
iſt/ auffmuntert/ vnd bekand machet.
Gleicherweiß thut auch das Saltz/ ſtaͤrcket/ vnd vermehrt alle dinge/ damit es ver-
einiget/ vnd bringet deroſelben verborgene Kraͤffte ans Tagesliecht/ welche ſonſt ohne
Huͤlffe deß Saltzes verborgen blieben weren. Wer wolte vns geſagt haben/ was in ☿/
Arſenico, vnd andern Mineralien fuͤr ein groſſer Gifft verborgen/ wann die Salien vns
ſolches nicht offenbahret haͤtten? Wañ ein Melancholicus, welcher ſonſt von Natur gantz
ſtill iſt/ gleichſam halb todt da ſitzet/ ſo erweckt ein guter ſpiritualiſcher Wein/ oder ſtarck
Getraͤnck/ den ſchlaffenden melancholiſchen Geiſt/ vnd macht denſelben reden. Eben al-
ſo thut auch das Saltz/ ſtaͤrckt/ vnd vermehrt aller dinge Kraͤffte/ vnd ſonderlich der Me-
tallen/ machet dieſelbe offenbahr vnd bekand/ gleich wie beym Arſenico, vnd ☿/ vermel-
det. Dann wer haͤtte gewuſt/ daß ſie gifftig/ wanns das Saltz nicht offenbahret haͤtte?
Thut nun das Saltz ſolches bey boͤſen ſubjectis, vnd vermehret ihre Boßheit/ warumb
ſolt es nicht auch geſchehen/ bey guten ſubjectis, vnd ihre Qualitaͤten vermehren? Die-
P p pweil
[502]De Natura Salium.
weil dann vnter allen Vegetabiliſchen/ Animal-vnd mineraliſchen ſubjectis kein edlers
zu finden/ als das Gold vnd Saltz/ beide von der Sonnen gewircket/ ſo wer es nicht recht
dieſen vorbey zu gehen/ vnd geringere/ zu Bereitung einer guten medicin, zu ſuchen/ ſin-
temal in keinen andern ſubjectis ſolchetreffliche Kraͤffte zu finden/ als im ☉/ Saltz/ vnd
Wein. Wollen darumb bey dieſen verbleiben/ vnd eine gute mediein, darauß zu berei-
ten/ vornehmen.
Der Proceß.
℞. 3. oder 4. Theil meines Salis mirabilis, vnd 1. Theil zubereites Gold/ miſche bei-
de vntereinander/ thue die mixtur in ein ſtarck beſchlagen glaͤſern Retort, lege ſolchen in
ein ſrey Fewer/ laß per gradus das Fewer angehen/ vnd vermehre ſolches nach vnd nach/
biß daß der Retort durchauß wol gluͤhe/ dann laß es in ſtarcker Gluth eine gute Stunde
ſtehen/ laß das Fewer abgehen/ vnd erkalten/ nimb den Retort auß dem Ofen/ ſchlage
ihn zu Stuͤcken/ vnd mache es alſo/ daß das Lutum nicht vnter das Saltz vnd ☉ komme/
vnd ſolche verunreinige/ ſcheide die maſſam deß Saltzes/ vnd Goldes vom Retorten, thue
dieſelbe in ein Glaß/ hat ſie etwas in dem Halß deß Retorten ſublimiret, ſo thue es auch
zur maſſa, welche dunckel-gruͤn ſeyn wird/ ſchuͤtte ein gemein Regenwaſſer drauff/ laß in
gelinder Waͤrme ſolviren, ſo gehet alles Saltz mit einem Theil deß zugeſetzten ☉ ins
Waſſer/ vnd gibt eine Graßgruͤne ſolution, welche man filtriren, vnd ein Theil deß
Waſſers wieder abſtrahiren ſoll/ dann bleibet ein graßgruͤner ſchoͤner liquor, auff der
Zungen gar nicht ſcharff/ noch corroſivifch/ auch nicht zu viel Urinoſiſch/ ſondern gar
wol mit allen Vehiculis zu nehmen/ das Gold/ ſo von dem Sale enixo nicht folviret iſt/
findeſtu nach der ſolution wieder/ vnd kanſt es zu dergleichen Arbeit wieder gebrauchen;
Der gruͤne Liquor iſt alſobald zu gebrauchen/ vnd ſo wohl in medicina, als Alchimia
viel gutes damit außzurichten. Wil man aber alles Phlegma davon abſtrahiren, biß auff
ein gruͤnes Saltz/ vnd hernach mit einem ſtaͤrckern Alcolicirten Spiritu Vini noch ein-
mahl extrahiren, ſo wird die medicin noch kraͤfftiger/ vnd hilfft der Spiritus Vini dem
Saltze die guͤldiſcher Kraͤffte deſto beſſer einfuͤhren/ vnd zur Wirckung bringen.
Es extrahirt aber der Spiritus Vini keine Gruͤne/ ſondern eine Roͤthe/ die ſehr lieblich
zugebrauchen iſt.
NB. Diß iſt auch zu mercken/ daß das Sal enixum nicht alles Gold ſolviret, ſon-
dern nur das reinſte. Wann dann der Spiritus Vini noch einmahl das reineſte auß dem
reinern extrahirt, ſo muß nothwendig eine gute medicin drauß folgen/ welches niemand
wiederlegen kan/ wie ſtarck er auch die Warheit ſonſt anfeinden wolte. Diß iſt der kurtzt
vnd doch richtige Proceß/ auß ☉ Saltz/ vnd Wein eine hohe medicin zu bereiten/ welche
billicher Weiſe Aurum Potabile kan genandt werden. Deſſen groſſe Tugenden
vnd Kraͤfften dem duͤrfftigen Krancken bekandt zu machen/ ich alhier
nicht vnterlaſſen kan.
Von
[503]De Natura Salium.
Von Tugend/ Krafft vnd Wirckung meines gruͤnen Loͤwen/
Vitrioli Solis, oder Salis aurei mirifici, ꝛc.
ES iſt zu wiſſen/ daß dieſer gruͤne liquor aurificus ohne Schew/ vnd Gefahr bey jun-
gen vnd alten/ krancken vnd geſunden/ ohn Vnterſcheid der Perſonen ſicheꝛ zu gebrau-
chen/ dann nichts boͤſes vnd ſchaͤdliches dabey iſt. Ein gereinigt Saltz/ vnd Gold kan nir-
gend vbels thun/ ſondern muß notwendig allenthalben/ da es hinkompt/ gutes wircken/
ſo wol bey den Vegetab. Animal als auch Mineralien, wie klaͤrlich ſoll erwieſen werden.
Erſtlich erfrewet dieſer gruͤne Liquor allein durchs Anſchawen deß Menſchen
Hertz/ Hirn/ vnd alle leibliche Geiſter/ dann keine Farbe vnter allen der gruͤnen an Lieb-
lichkeit vor gehet/ welches alle Menſchen bekennen muͤſſen/ die einen harten kalten Winteꝛ
außgeſtanden/ vnd dann im Fruͤhling die halb abgeſtorbene Baͤume wieder gꝛuͤnend ſe-
hen. Alles Gebluͤth im Leibe erquickt ſich davon/ vnd wird gleichſam wieder leben-
dig.
Zum andern/ ſtaͤrcket dieſer guͤldiſche Liquor, in Leib genommen/ das gantze Hu-
midum radicale, den Magen/ Hertz vnd Hirn/ ſampt allen innerlichen Gliedern deß Lei-
bes/ vor allen andern Artzneyen/ die mir bekand ſeyn/ machet ein froͤlich Gemuͤthe/ ver-
treibt die Melancholey/ Schwermuͤtigkeit/ nimpt weg das Zittern vnd Hertzpochen/ oͤff-
net die innerliche obſtructiones, heilt die verſehrte oder gequetſchte Glieder/ als Lunge/
Leber/ vnd andere innerliche Schaͤden deß Leibes/ treibt den Calculum in Nieren vnd
Blaſen/ haͤlt einen natuͤrlichen offnen Leib/ vertreibt die Winde/ vnd Cholicam, erhelt
das Gebluͤt fuͤr Corruption, heilt den Auſſatz/ vnd ander abſcheuliche Kraͤtze/ vertreibet al-
le Fieber/ conſumiret mit der Zeit die Podagriſche Fluͤſſe/ vnd komt zu Huͤlffe den Apo-
plecticis vnd Epileptieis, auch denen/ die mit boͤſen ſcorbutiſchen Gebluͤth eingenommẽ/
vnd erfuͤllet ſeyn/ præſervirt vor der Peſt/ vnd andern gifftigen anſteckenden Kranckhei-
ten/ laͤſt keine innerliche Geſchwuͤr an der Lungen/ Leber oder andern Gliedern entſtehen/
heilt auch die alber eit entſtandene/ benimpt den Quell vnd Vrſprung aller offnen Schaͤ-
den/ vnd heilt ſolche von Grund auß. Er balſamirt den Menſchen inwendig/ daß ſo leichte
keine Kranckheit einreiſſen kan/ vervrſachet ein geſund vnd langes Leben. Euſſerlich hei-
leter alle ſriſche Wunden/ auch offene Schaͤden/ ohn einige ander Pflaſter vnd Salben/
dann vnter allen Vegetabil. Animal. vnd Mineraliſchen ſubjectis keines dem ☉ gleich
iſt/ bey innerer vnd euſſerer Schaͤden Heilung/ daher die Herriæ von innen damit her-
aus zu heilen. Das Gold hat die Natur/ daß es gewaltig reiniget/ vñ zugleich auch aſtrin-
girt, welches alle in-vnd euſſerliche Schaͤden erfordern/ dazu das Saltz auch hilfft/ vnd
bequem iſt. Jnſonderheit heilt es ſolche Schaͤden/ die im Halß vnd Munde entſtanden/
dazu man keine andere ding gebrauchen darff/ es heilt den Schormund gar bald/ wann
ſchon die Zunge/ Gaumen oder innere Lippen voll hitziger Blattern weren. Jn Summa/
es iſt dieſem Liquori keine Medicin zu allen in-vnd euſſerlichen Schaͤden Heilung vor-
zuziehen/ welche vmb der Kuͤrtze willen hier nicht koͤnnen erzehlet werden.
P p p ijVber
[504]De Natura Salium.
Vber das ſo hat dieſer gruͤne Liquor auriſicus die Natur/ vnd Eigenſchafft/ daß
er alles fruchtbahr machet/ vor allen andern Artzneyen/ welches vns ſeine ſignatur die
gruͤne Farbe zeiget/ vnd ich auch vnterſchiedliche Proben gemachet/ vnd wahr befunden/
alſo/ daß alle Saamen der Vegetabilien, wann ſie darin eingeweichet/ vnd in einen bloſ-
ſen Sand geſaͤet werden/ guͤldiſche Gewaͤchſe her fuͤr bringen/ eines viel ſtaͤrckern vnd
lieblichern Geruchs/ ſchoͤnern Farbe/ vnd groͤſſeres/ auch ſtaͤrckeres Gewaͤchſes/ als wann
ſie auß fetter Erden gewachſen weren.
Jſt alſo dieſer gruͤne Safft die hoͤchſte Artzney aller Vegetabilien, ſelbige frucht-
bar/ gruͤnend vnd wachſend zu machen. Auch iſt dieſer guͤldiſche Liquor zur Fruchtbar-
keit die hoͤchſte Medicin, ſo mir bekand/ dann er in allen Kꝛanckheiten der Menſchen groſ-
ſe Huͤlffe thut/ vnd die Fruchtbarkeit bey Mann vnd Frawen gewaltig treibt/ vnd ver-
mehret/ mehr als man glauben ſolte/ reitzet ſehr ad Venerem, ſolte den alten ſchwachen
Maͤnnern/ derer Weiber noch jung ſeyn/ nicht vbel bekommen/ deßgleichen den jungen
vnd doch vnfruchtbaren Weibern/ welche keinen Erben haben/ vnd ſehr darnach verlan-
gen. Was ich hie ſchreibe/ geſchicht nicht auß einem Traum/ ſondern gehet auß guter ex-
perientz/ dann etliche krancke Mans-Perſonen ſolche Medicin gebrauchet/ vnd dadurch
geſtaͤrcket worden/ daß ihnen nicht anders geweſen/ als wann ſie nimmer weren ſchwach
geweſen/ dergleichen Prob hab ich auch bey Frawens-Perſonen geſehen/ denen aber man
nicht zuviel geben muß/ dann ſie ohne das bißweilen mehr/ als ihnen zuſtehet/ ad Vene-
rem geneiget ſind/ bey alten Maͤnnern aber nichts damit verderbet wird. Es laß ihm aber
keiner frembd fuͤrkommen/ was ich allhie ſchreibe/ dann alles ſeine gewiſſe Vrſachen hat/
warumb es geſchicht. Man betrachte die Natur beyder Ingredientien, auß welchen die-
ſer Leo Viridis bereitet/ nemblich auß Saltz/ vnd Gold/ welche beyde zur generation
aller dinge/ die beſten vnd nothwendigſten ſeyn. Kan wol ein Kraͤutlein ohne Saltz vnd
Saamen wachſen? Mit nichten das allergeringſte/ dann wann kein Saltz in der Erden/
oder in dem Sande iſt/ ſo hat deß Krauts Saamen keine Nahrung/ vnd kan nicht wach-
ſen. Vnd wann gleich der Saame deß Krauts in das allerbeſte Erdreich geſaͤet/ vnd die
warme Sonne ihre Huͤlffe nicht dazu thaͤte/ ſo koͤnte der Saamen nicht auß der Erden
wachſen/ ſondern muͤſte darin erſticken vnd er frieren/ welches alle Bawren wiſſen/ vnd
vmb ein warmen Sonnenſchein vnd fruchtbahren Regen ruffen/ wann ſie ihren Saa-
men in die Erde geſaͤet haben. Gehoͤren alſo zur Vermehrung vnd Fortpflantzung der
Vegetabilien ein fett geſaltzen Erdreich/ vnd ein warmer fruchtbarer Regen vnd Son-
nenſchein/ wie auch dieſes von Fortpflantzung der Animalien zuverſtehen.
NB. Beym ☉ pot. iſt das Saltz die Fettigkeit/ die Sonne das ☉/ der warme frucht-
bare Regen der Spiritus Vini. Deßgleichen werden keine Mineralien generiret, als
durch die Sonne/ vnd Saltz/ welche in das Waſſer wircken/ vnd die Mineralien gebaͤh-
ren/ davon man der Alten ihre Schrifften leſen kan.
Alhier moͤchten Vnverſtaͤndige einwerffen/ wie das ſeyn koͤnne/ daß die Sonne in
die tieffe der Erden/ vnd Waſſer wircke aus dẽ Saltz daſelbſt Metall zu machen? Derſelbe
ſoll
[505]De Natura Salium.
ſoll wiſſen/ daß die Sonne mit ihren warmen Stralen freylich in den Abgrund der Er-
den wircket/ davon das Centraliſche Fewr entſtehet/ welches den Bergleuten nicht vnbe-
kand/ die bißweilen ſo tieff zur Hitze kommen/ daß ſie vor Hitze gantz nackend arbeiten/ o-
der gar zu graben nachlaſſen muͤſſen/ davon ich im 1. Theil meines Operis Mineral. weit-
laͤufftig geſchrieben. Wird alſo nicht ein einiger verſtaͤndiger Menſch ſeyn/ der ſich da-
wieder legen duͤrffe/ dann die Warheit iſt gar zu bekandt daß nemblich die Fortpflantzung
vnd Vermehrung der Vegetabil. Animal. vnd Mineral. allein vom Saltz/ vnd der Son-
nen herruͤhre/ dabey auch das Waſſer ſeyn muß.
Weil dann dieſer mein Liquor aureus auß ſolchen ſubjectis bereitet/ ſo kan er auch
nichts anders wircken/ als die Fruchtbarkeit/ dazu ihme die Natur/ mit einer ſchoͤnen
Gruͤne gezeichnet/ anzuzeigen/ daß er die Fruchtbarkeit aller dinge befoͤrdere. Gott zeich-
net nichts vmbſonſt/ dann aller dinge Krafft vnd Tugend mehr auß ihrer ſignatur, als
auß den Schrifften zu erlernen. Die ſignatur fehlet nicht/ dann GOtt vnd die Natur
habens gegeben/ die Schrifften aber fehlen offt/ weil ſie von Menſchen gemachet/ die da
irren koͤnnen. Warumb haben die alten Philoſophi vnd Poëten die Venerem fuͤr eine
Goͤttin der Liebe/ vnd Fortpflantzung außgeruffen/ vnd ihr die ſchoͤneſte gruͤne Farbe zu-
geeignet/ vnd geſchrieben/ daß ſie ex ſpuma maris generiret ſey/ was iſt der Schaum/ ſo
das vngeſtuͤmme Meer außwirfft/ anders/ als ein Saltz/ wanns von der Sonnen ge-
trucknet zu einem natuͤrlichem Saltze wird. Fuͤrwahr die Poëten, vnd ſonderlich Virgi-
lius vnd Ovidius, gelehrte Maͤnner/ denen die gantze Natur bekand geweſen/ wuͤrden ſo
viel Geſchwaͤtze nicht gemachet haben/ wann ſie nicht durch ihre vnachtſame Fabelſchriff-
ten das groſſe Philoſophiſche Geheimnuͤß der Welt haͤtten bekand machen wollen/ das
glaube man nur kuͤhnlich-Bleibe alſo hierbey/ vnd ſage nochmaln/ daß dieſer gruͤne Li-
quor die vornembſte Medicin ſey alle dinge zu vermehren/ welches ſeine ſchoͤne ſignatur
vns zeiget/ vnd die vnfehlbare Experientz beweiſet.
Das groſſe Meer/ als eine Mutter der Fruchtbarkeit/ iſt auch gruͤnlich/ vnd ſon-
derlich/ wo es an meiſten Saltz hat/ vnd wann die Sonne am ſtaͤrckeſten darein wircket/
daher die Schiffleute an dem Waſſer ſehen koͤnnen/ wann es ſich veraͤndert/ vnd gruͤner
wird/ daß ſie bey den hitzigen Laͤndern/ da die Sonne allzeit warm ſcheinet/ ſeyn/ wo die
Sonne am allerſtaͤrckeſten ins Meer wircket/ da iſt das Meer ſo geſaltzen/ daß es bey
Nacht ſchimmert odeꝛ leuchtet/ wie Fewr/ wann man auß dem Schiff darein urinirt, ſpri-
tzen fewrige funcken auß dem Meer auff/ vnd ſollen 4. Theil Waſſer/ 1. Theil Saltz fuͤh-
ren/ in dem mittellaͤndiſchen Meer iſts ſchon bey weitem nicht ſo geſaltzen/ zwiſchen Spa-
nien/ vnd Franckreich/ die neben einander liegen/ iſt allbereit ein groſſer Vnterſcheid/
dann das Spaniſche Meer/ mehr geſaltzen iſt/ als das Frantzoͤſiſche/ vnd je naͤher gegen
Norden/ je weniger das Meer geſaltzen/ vnd je weniger Krafft das Saltz hat/ welches
auß dem Nordmeer bereitet wird. Daher die Daͤnen/ Schweden/ vnd andere gegen Nor-
den gelegene Voͤlcker/ ob ſie ſchon Saltzwaſſer gnug haben/ dennoch kein Saltz/ oder doch
gar ſelten ſolches darauß machen/ ſondern aus Spanien oder Franckreich daſſelbe brin-
P p p iijgen
[506]De Natura Salium.
gen laſſen darauß gnug bewieſen/ daß das Saltz durch die warme Sonne ins Waſſer ge-
wircket/ vnd zur Univerſal-Fruchtbarkeit wird/ welches der Deutſche Name gleichſam
mit ſich bringet/ als Meer/ ſo viel zu ſagen/ Vermehr. Ja freylich kom̃t die Krafft mit dem
Nahmen vberein/ dann ohne das Meer keine Vermehrung in der Welt iſt/ ſondern al-
les/ was da iſt/ davonlebet/ vnd ſich vermehret.
Auß welchem zu ſehen/ daß die gruͤne Farbe eine ſignatur der Fruchtbarkeit ſey/
welches weitleufftig durch viel Exempla zu demonſtriren were/ aber der weitlaͤufftigen
demonſtration vnnoͤtig/ weil mans auch gleichſam mit Haͤnden zeigen kan.
Nun moͤchten etwa die Spoͤtter der Warheit vorwerffen/ vnd ſagen/ daß ſolcht
Gruͤne nicht auß dem ☉/ ſondern nur vom ♀ herkaͤme/ alſo die einfeltigen Frommen ab
zu fuͤhren/ ſolches in Medicina nicht zu gebrauchen/ wie es mit meinem ☉ pot. gangen/
derer Maͤuler nun zu ſtopffen/ vnd ihren vntuͤchtigen Einwuͤrffen zu begegnen/ ſage ich/
daß freilich das ♀ vnter den Metallen eine gruͤne Farbe gibt/ wanns in ſcharffen Waſſern
ſolviret iſt/ das ☉ aber eine gelbe vnd gar nicht eine gruͤne mitbringet/ welches auch die
Bawern wiſſen/ darumb man mich ſo dum̃ nicht anſehe/ daß ich mit ſolch einem hand-
greiflichen Betrug fuͤr der gantzen Welt erſcheinen wuͤrde/ vnd wer wolte ſolchen Betrug
bedecken? Dann/ ſo das ♀ in ſaltzigem Waſſer ſolviret iſt/ ſo kan mans alſobald on dem
wiedrigen Vitrioliſchen Geſchmack vernchmen/ wuͤrde auch einiger Tropffe davon ein-
genommen/ ſtarcke Vomitus machen/ vnd keine Medicin, ſondern vielmehr ein Gifft
ſeyn/ auch wuͤrde man ſolches alſobald gewahr werden koͤnnen/ wann man nur ein rein
Meſſer hinein ſteckete/ ſolches ſtracks vberkupffert werden muͤſte/ in dieſem meinem gruͤ-
nen Loͤwen aber ein rein Eiſen ſich von Stund ver guͤlden/ ſchoͤner vnd hoͤher am grad, als
Ducaten/ vnd wann man einẽ reinen eiſern Trat oder Nagel darein ſteckte/ vnd ſeine ge-
wiſſe Zeit darinnen bleiben lieſſe/ ſolch Eiſen durchauß zu gutem ☉ werden wuͤrde/ wel-
ches eine vnfehlbahre Proba iſt/ daß ſolcher Liquor vom ☉ vnd nicht vom ♀ her-
kompt.
Vnd wann jemand wieder ſagen wolte/ daß eine gemeine ſolutio Auriper A. Reg.
gemachet/ das Eiſen auch verguͤldete/ vnd ſich daran niederſchluͤge/ welches kein groß
Wunder/ ſondern jederman ſolches thun koͤnte? Hierauff berichte ich/ daß ein jede ſolu-
tio Auri, welche gelb/ vnd nicht gruͤn iſt ſich an dem Eiſen zwar præcipitirt vnd faͤllet/
ſolches aber/ daneben auch ſolviret zu einem Schlam macht/ vnd das Eiſen gar nicht
penetriret vnd in ſeiner Form erhaͤlt/ gleich wie mein gruͤner Liquor thut/ darumb ſol-
cher fuͤr kein gemeine corroſiviſche ſolution des Goldes zu halten/ ſondern vielmehr eine
Extraction, durch mein Sal enixum: Dann dieſes mein Sal Mirabile ſolche Natur hat/
daß es auß einem zarten Gold/ Kalck nur das reineſte ſolvirt, vnd extrahiret, den Reſt
aber als ein ſchwartz Pulverliegen laͤſt/ welche ſolutio oder extractio auch nicht corroſi-
viſch/ wuͤrde ſonſten auch das Eiſen zerbeiſſen/ vnd nicht gradiren, vnd gantzlaſſen. Eben
alſo ſchlegt ſich auch eine gruͤne ſolutio Veneris (wann ſie durch corroſiviſche Waſſer
bereitet) an dem Eiſen nieder/ zerbeiſt daſſelbe/ vnd laͤſt einen ♀ feylich dabey liegen/ ſo a-
ber
[507]De Natura Salium.
ber daß ♀ durch mein Sal Mirabile ſolvirt wird/ ſo zerbeiſt es das Eiſen nicht/ ſondern
penetrirt es durch auß zu Kupffer/ doch mit langer Zeit/ vnd nicht in der eile.
Da ſihet man nun/ daß gar ein groſſer Vnterſcheid ſey zwiſchen einer ſolchen ge-
meinen corroſiviſchen ſolution deß Goldes/ Kupffers/ oder andern Metalles/ vnd zwi-
ſchen meiner uncorroſiviſchen/ welche durch mein Sal Mirabile geſchicht/ vnd in viel ei-
ner andern Geſtalt oder Farbe die Metallen ſolvirt, als die Corroſiva thun/ wie dann
ſolches offenbahr wird/ alhie an dem ☉/ welches nicht gelbe/ wie durch Corroſiva, ſon-
dern ſich gruͤn damit ſolvirt, darumb fuͤr keine gemeine ſolutio zu halten/ daher es auch
viel andere Kraͤffte beſitzet. Dann eine gemeine ſolutio deß Goldes/ durch das ſtarcke
corroſiv per A. Reg. gethan/ allen dingen ein groſſes Gifft iſt/ wann man nur ein wenig
davon zu einem Vegetabiliſchen Saamen thun ſolte/ es alſo bald ſolchen toͤdten vnd al-
les Wachsthumb verderben wuͤrde/ ſolte man einem Menſchen nur etliche tropffen da-
von eingeben/ wuͤrden ſie wie ein Gifft operiren, vnd Halß vnd Magen durchbeiſſen.
Legte man ein Metall darein/ ſolte es ſolches balde zu einen Schlam zerbeiſſen/ vnd ſol-
ches wegen der Corroſiv, damit es ſolviret worden. Dieſe ſolutio aber/ welche per Spir.
Salis rectificati geſchehen/ kan man noch ſicherer eingeben/ wann viel Waſſer darunter
gethan wird/ iſt aber dannoch vnlieblich zu gebrauchen/ weilen ſie auff der Zungen aſtrin-
girt, die Haͤnde faͤrbet/ welches mein gruͤner Liquor nicht thut/ ſondern weder die Haͤnde
faͤrbet/ noch auff der Zungen aſtringiret, noch der Vegetabilien Saamen zerbeiſt/ ſon-
dern vielmehr ſelbigen zur Fruchtbarkeit treibt/ welches mein Sal Mirabile, darin es ſol-
viret iſt/ vervrſachet.
Darauß zu ſehen/ daß gedachtes Sal Mirabile kein Corroſiv, ſondern alſo per ſe ei-
ne gute Medicin der Vegetab. Animal. vnd Mineralien ſey/ wie der Augenſchein bewei-
ſet. Kan alſo dieſer gruͤne Liquor nichts anders/ als alles gutes wircken/ dann er ohne
corroſiv bereitet/ vnd zu einer wunderbahren ſignatur, nemblich ſchoͤner Gruͤne/ vns vor
Augen geſtellet iſt. Auß welcher ſignatur zu lernen/ was fuͤr groſſe vngemeine Kraͤfften
darhinder verborgen ſeyn muͤſſen/ alles lebend vnd gruͤnend darmit zu machen. Vermei-
ne alſo hiemit den Spoͤttern/ wann ſie mit ihren vntuͤchtigen Einwuͤrffen kommen ſol-
ten/ gnugſam vorgebawet zu haben/ dabey es auch verbleiben ſoll.
Was ich nun alhie meinem gruͤnen Loͤwen zu geſchrieben/ das beweiſet auch/ das
mit Spir. Vini extrahirtes rote Aur. Pot. ſo wol bey den Vegetabilien, Animalien, als
auch Mineralien, dann der Spirit. Vini kan bey keinem ſchaͤdlich ſeyn/ ſondern fuͤhret bey
Vegetabil vnd Animalien deß Goldes Krafft deſto ſchneller ein/ vnd macht ſie wirckend.
Dieſes ſey auff dißmahl gnug von der ſolution deß Goldes/ vnd deſſen Krafft/ vnd
Wirckung/ durch mein Sal mirabile. Der andern Metallen ſolution betreffende/ iſt nicht
noͤtigdavon Weitlaͤufftigkeit einzufuͤhren/ noch ein groſſes Buch zu ſchreiben/ dann man
kan leicht erachten/ daß ſolche Metalliſche ſolutiones durch mein Sal Mirabile viel beſſer
ſeyn muͤſten/ als wann ſie durch Corroſiva bereitet: Das Vitriolum Veneris, \amp; Martis
dadurch bereitet/ gibt den Vegetabiliſchẽ Gewaͤchſen gar keinẽ Schadẽ/ wie gemeiner Vi-
triol,
[508]De Natura Salium.
triol, der alles wachſende tod beiſt/ dieſer aber befoͤrdert ihr Wachsthumb/ alſo daß man
dadurch Lunariſche/ Veneriſche/ Martialiſche/ Jovialiſche/ Mercurialiſche/ vnd Saturni-
niſche Kraͤuter kan herfuͤr wachſend machen/ damit wunderdinge in Medicina auß zu-
richten/ ſonderlich/ wann man die Lunariſche Kraͤuter/ durch das Sal Lunæ, vnd die Ve-
neriſche/ durch das Sal Veneris, die Martialiſche durch das Sal Martis, die Jovialiſcht
durch das Sal Jovis, die Saturniſche durch das Sal Saturni, die Mercurialiſche durch das
Sal Mercurii, wachſend macht/ ihre Kraͤffte dadurch zuvermehren/ vnd groſſe dinge bey-
in- vnd euſſerlicher Medicin zu verrichten.
Es iſt davon genug geſaget/ wer es nicht begreiffen kan/ der iſt ein Eſel/ vnd nicht
werth/ daß ihme ſo herrliche Secreta vorgeleget werden.
Auff dieſen Grund koͤnte ihm ein fleiſſiger Medicus einen ſonderbahren modum
medendi ſetzen/ vnd ſolche Medicamenta zeugen/ dadurch Ehre vnd Guth zu erlangen/
dann ich vor vielen Jahren obſerviret, was die Kraͤuter fuͤr Qualitaͤten an ſich nehmen/
wann ſie auff dunckel roter Martialiſchen Erde wachſen/ ſie auch ſolche Martialiſche Far-
ben vnd Naturen an ſich nehmen/ wann ſie gleich nicht Martialiſch/ ſondern Solariſcher/
Lunariſcher/ Veneriſcher/ Jovialiſcher/ oder Saturniſcher Natur geweſen.
Wie vielmehr wuͤrden die Kraͤuter an ihrer angebohrnen Natur verſtaͤrcket/ wañ
man ſolchen gar keine Nahrung eines Viehmiſtes gebe/ ſondern dieſelben bloß vnd al-
lein auß reinem Sand/ welcher durch mein Sal Mirabile per Metalla imprægnatum,
thaͤte wachſend machen. Es wuͤrden ſolche Kraͤuter an wunderlichen Kraͤfften herfuͤr
kommen/ viel anders an Farben/ Geruch vnd Geſtalt/ als wann ſie aus dem Viehmiſt/
oder ſonſt Sale ſimplici gewachſen weren.
Durch diß Mittel ſolte man aller Kraͤuter Saamen ein ſolch ſtarckes attracti-
vum einverleiben/ daß dieſelbe mit Gewalt die Aſtraliſche Kraͤfften magnetiſcher Weiſe
zu ſich zuͤgen/ vnd ſich alſo dadurch verſtaͤrckten/ daß man ſolche fuͤr alle Kranckheiten oh-
ne weitere Præparation mit Verwunderung gebrauchen koͤnte. NB. Man muͤſte aber
auch der Kraͤuter Naturen verſtehen/ vnd die ſolariſche durch ein Sal Aurificum, die Lu-
nariſche durch ein Sal Lunificũ, die Veneriſche durch ein Sal Venereũ, \amp;c. wachſend ma-
chen/ vnd eins ins andere vngleiche nit vermiſchẽ/ welches dann ſo wol nit angehẽ wuͤrde.
Dieſem dencke nach/ dann ein groß ſecret, ja mehr/ als ich vor der boͤſen Welt ſa-
gen darff/ dahinder ſtecket Sapienti ſatis. Ein mehrers itzo nicht. Jch zweiffele aber nicht/
vnd hoffe dieſe meine Entdeckung deß wunderbahrẽ Saltzes werde mit der Zeit von fleiſ-
ſigen Medicis angenommen/ vnd den Krancken zu Troſt viel gutes darmit außgerichtet
werden. Alle dinge fodern ihre Zeit/ alſo auch dieſes. Daß ihm aber mancher einbilden
wolte/ er wuͤrde die Præparation meines Salis Mirabilis ſtracks von mir außfiſchen/ das
iſt gefehlet/ dann ich nicht geſinnet/ die edle Perlen vor die vndanckbahre Schweine zu
werffen/ ſondern ſolche fuͤr die Freunde zu behalten. Damit aber die Spoͤtter/ vnd miß-
guͤnſtige Ignoranten nicht etwa außruffen moͤchten/ als wann ich ein ſolch Saltz ſelbs
nicht bereiten koͤnte/ ſo bin ich entſchloſſen/ vnterſchiedlichen verſtaͤndigen Maͤnnern/ nit
allein
[509]De Natura Salium.
allein ein Theil deß Saltzes/ ſondern auch etwas/ das allbereit mit ☉/☽/ oder andern
Metallen imprægniret iſt/ zu kommen zu laſſen/ welche dann zu aller Zeit Zeugnuͤß der
Warheit geben koͤnnen/ dazu werde ich/ geliebts GOtt/ ſelbſt Metalliſche Kraͤuter zeu-
gen/ vnd den wahren Liebhabern zeigen koͤnnen.
Wolle derhalben mich niemand mit ſchreiben bemuͤhen/ ſolch Saltz/ oder Medi-
camenta von mir zu begehren/ dann ich niemand/ den ich nicht wol kenne/ oder gern mit
ihm vmbgehe/ etwas davon uͤberlaſſen werde.
Man dancke GOtt dem Allmaͤchtigen/ daß er bey dieſen letzten Zeiten fo viel gutes
der vnwuͤrdigen Welt heraus gibet. Einander ſuche auch/ wie ich gethan/ ſo wird er mit
kle ner Muͤhe/ weil ihme der Weg durch mich allbereit gebahnet/ zu groͤſſer Liecht der Na-
tur gelangen.
Damit aber an meiner guten Vnterrichtung vnd Lehre nichts fehle/ welches zu
deß Saltzes Ruhm vnd Ehre gereiche/ ſo muß ich den vnwiſſenden noch eine vnwieder-
legliche Zeugnuß vor Augen ſtellen/ wie nemblich alle Fruchtbarkeit allein im Saltze be-
ſtehe/ vnd das allerhoͤchſte Kleynod/ vnd Perle der gantzen Welt/ zur Geſundheit vnd
Reichthumb/ darin verborgen ſey.
Die Fruchtbarkeit betreffende/ iſt ſolches in vorhergehenden Diſcurſen albereit er-
wieſen/ dieweiln ſich aber die Hiſtoria, ſo von dem Propheten Eliſa geleſen wird/ zum
Zeugnuß meines Vorbringens nicht uͤbel ſchicket/ als hab ich ſolche hier beyfuͤgen wol-
len. Jm II. Buch der Koͤmge am 19. cap. ſtehet alſo geſchrieben: Vnd die Maͤnner der
Stadt ſprachen zu Eliſa: Sihe/ es iſt gut wohnen in dieſer Stadt/ wie mein Herrſiehet/
aber es iſt boͤſe Waſſer/ vnd das Land vnfruchtbahr: Er ſprach/ bringet mir her eine Neue
Schalen mit Saltz/ vnd ſie brachtens ihm. Da gieng er hinauß zur Waſſerquaͤlle/ vnd
warff Saltz darein/ vnd ſprach: So ſpricht der Herre: Jch habe diß Waſſer geſund ge-
macht/ es ſoll hinfuͤhro kein Todt noch Vnfruchtbarkeit daher kommen. Alſo ward das
Waſſer geſund/ biß auff dieſen Tag/ nach dem Wort Eliſæ, das er redet.
Auff daß man aber diß groͤſte Geheimnuͤß beſſer begreiffe/ ſo iſts noͤtig/ die vorher-
gehende Geſchichte auch ein wenig zu betrachten/ dann da wird man finden/ wodurch deß
Eliſæ Saltz ſo ſtarck worden/ daß es den Tod vertreiben/ das boͤſe Waſſer gut/ vnd das
vnfruchtbare Land fruchtbar machen koͤnnen.
Da Elias gen Himmel fahren wolte/ ſprach er zu Eliſa: Bitte/ was ich dir thun
ſoll/ ehe ich von dir genommen werde. Da begehrte Eliſa von Elia, daß er ihm ſeinen Geiſt
zwiefaͤltig geben wolte/ darauff ſagte Elias: Du haſt ein hartes gebeten/ doch ſo du mich
ſchen wirſt/ wann ich von dir genommen werde/ ſo wirds ja ſeyn/ wo nicht/ ſo wirds nicht
ſeyn. Vñ da ſie mit einander giengen/ vnd er redet/ ſihe/ da kam ein fewriger Wagen/ mit
fewrigen Roſſen/ vnd ſcheidet dieſe beyde von einander/ vnd Elias fuhr alſo im Fewer da-
hin/ Eliſa aber ſahe es/ vnd ſchrey: Mein Vatter/ mein Vatter/ ꝛc. Hoͤre nun/ warumb
ſagt Eliſa zu Eliſa: Wann du mich ſehen wirſt/ wann ich von dir genommen werde/ alß-
dann du deiner Bitte wirſt gewehret ſeyn, ſonſt nicht. Warumb aber dieſes? Haͤtte Elias
Q q qdem
[510]De Natura Salium.
dem Eliſę nicht eben auch ſeine Bitte gewaͤhren koͤnnen/ wann er gewolt/ vnd er ihn ſchen
nicht haͤtte wegnehmen ſehen? Vielleicht gar wol/ aber Elias wolte ſolches nicht ohne
Mittelthun/ ſondern Eliſa muſte von dem himmliſchen Fewr/ durch welches Elias von
Eliſa geſcheiden/ zuvor doppelt geſaltzen werdẽ. Dann das Fewer gebieret das Saltz/ das
Goͤttliche Fewr ein Goͤttlich Saltz/ das Elementiſche Fewr/ ein Elementiſch Saltz.
Dieſes Fewr/ da durch Elias von Eliſa geſcheiden/ war ein Goͤttlich Fewr/ darumb
es auch in Eliſa ein Goͤttlich Saltz gewircket/ ſo ſtarck/ daß er durch ſeinen Glauben den
Tod vertrieben/ das boͤſe Waſſer gut/ vnd das vnfruchtbare Land hat fruchtbar machen
koͤnnen/ ohne Zweiffel wuͤrde eine Schale voll Saltz das gantze Land nicht haben frucht-
bar machen koͤnnen/ ſondern die Krafft GOttes/ oder das Goͤttliche Saltz/ welches ſo
haͤuffig in ihm war/ hat ſolches gethan/ er aber bey ſolchem facto das gemeine Saltz/ als
ein Medium, (wie Elias das Fewr) gebrauchen wollen.
Dieſer fromme Prophet Eliſa iſt wol rechtſchaffen von ſeinen Meiſter/ dem Pro-
pheten Eliâ durchs Goͤttliche Fewr geſaltzen worden/ ja biß in die innerſte harte Knochen
hinein/ dann/ wann ſeine Gebeine nit waͤrẽ auch mit Goͤttlichem Saltz geſaltzen geweſen/
wie haͤtten ſie nach ſeinem Leben/ den Todten/ der ſolche nur angeruͤhret/ lebendig machen
koͤnnen?
Dann ohne Saltz iſt kein Leben: Das Saltz muß den Tod uͤberwinden/ wie oben
gelehret. Daher hat Chriſtus/ als ein lauter Goͤttlich Saltz vom Goͤttlichen Fewr geboh-
ren/ bey ſeinem Leben ſo viel Todten erwecken/ vnd nach ſeinem Todte alle die/ welche hertz-
lich an ihn glauben/ ſein lebendigmachendes Goͤttliches Saltz ſuchen/ vnd zu ſchmecken
begehren/ vor dem ewigen Tode bewahren will.
Jn dieſem Geſchichte wird vns das Goͤttliche ewige Liecht/ wie auch das natuͤrli-
che/ klar vor Augen geſtellet/ vnd doch von wenigen geſehen/ wegen der blinden vnd ver-
ſtockten Hertzen.
Solcher Geheimnuͤſſen aber iſt das Alte vnd Newe Teſtament gantz voll/ ſage
derhalben nochmahl/ daß alle Schaͤtze der Seelen vnd deß Leibes in H. Goͤttlicher Schrifft
vollkoͤmlich zu finden/ vnd man keine heydniſche Philoſophos leſen duͤrffte/ wann man
nur ſelbſt wolte. Doch dieſes fuͤrbehalten/ daß Gott allein dem Menſchen muͤſſe die Au-
gen oͤffnen/ wann er Goͤttliche vnd natuͤrliche Geheinmuͤſſe ſehen ſoll/ dann ohne Got-
tes Erleuchtung iſt alles todt vnd finſter.
Dieſes laͤſt ſich hoͤren/ vnd ſehen/ gegen alle Einwuͤrffe der Spoͤtter/ wer will ſich
nun dargegen legen/ vnd eine andere Fruchtbarkeit/ als vom Saltze komt/ beybringen?
Jch glaube/ niemand/ als der trewloſe Farner, mit ſeinem Anhang/ welche refutiren wol-
len/ daß das Saltz nicht tuͤnge/ vnd ſolches dem Miſt alleine zugeſchrieben/ da doch der
Miſt nicht/ ſondern das darin verborgene Saltz ſolches verrichtet.
Wie beſtehen nun ſolche Geſellen/ weil die Warheit ſo handgreifflich gezeiget wird.
Hoffe/ daß ſolchen vnerfahrnen Eſeln die Maͤuler hiemit gnugſam ſollen geſtopffet ſeyn.
Bey welchem Beweiß ichs auch beruhen laſſe/ vermeinende gnugſam bewieſen zuhaben/
daß
[511]De Natura Salium.
daß das Saltz neben der Sonnen das edelſte Geſchoͤpffe Gottes ſey/ vnd billich von mir
der groͤſte Schatz vnd Reichthunb der Welt genennet wird/ weil nichts beſſer irdiſcher
Weiſe/ als die fruchtbarkeit zu wuͤnſchen. Dann wann das Erdreich vngeſaltzen/ oder
vnfruchtbar iſt/ vnd vns keine Lebensmittel zuſtellet/ woher ſollen wir ſie nemen? Komt
alſo alle Fruchtbarkeit vnd Nahrung vom Saltze/ das Saltz von der Sonnen/ die
Sonne von GOtt dem Schoͤpffer aller dingen/ deſſen Nahme hochgelobet in alle Ewig-
keit Amen.
Ob wol nun dieſer mein Beweiß (daß das Saltz der groͤſte Schatz der Welt ſey)
hell vnd klar gnug iſt/ zweiffele ich doch nicht/ es werden die Geitzigen noch nicht gnug hie-
ran haben/ ſondern ſagen: Wo bleibt der Lapis Philoſophorum? den ich allhie herauß zu
kommen/ erwartet haͤtte/ vnd fuͤr den hoͤchſten Schatz vnd Reichthumb der Welt halte/
dieſen moͤchte ich gerne haben/ praͤchtig Hauß davon zu halten. Ey lieber/ warte noch ein
wenig/ biß daß einer komt/ vnd die vnwuͤrdigen Geitzhaͤlſe eine ſolche hohe Gabe GOttes
auff die Naſe hengt. Meinſtu/ wann ich ſolchen haͤtt/ daß ich ſo klar davon ſchreiben wuͤr-
de? gleich wie ich von der Fruchtbarkeit der Erdẽ gethan. Nein gewiß/ dazu haͤtte ich auch
keine Macht/ dann der Menſch niemanden etwas geben kan/ das nicht ſein/ ſondern Got-
tes iſt.
Auff daß aber der Gottsfuͤrchtige Sucher der Warheit zu ſolchem hohen Werck ei-
ne gute Nachricht bekomme/ ſo kan ich nicht vnterlaſſen/ ihme das kleine Liechtlein/ das
mir Gott davon gegeben/ anzuzuͤnden/ vnd leuchten zulaſſen/ wann er nur keine Nacht-
Euͤlen Augen hat/ die das Liecht von Natur meiden/ vnd es nit anſchawen koͤnnen/ ſo iſts
nit anders/ er muß ſehend vnd glaubend werden. Erklaͤre alſo hiemit meine Meinung/ vñ
halte gantz dafuͤr/ dz das alleredelſte Perlein/ die Univerſal Medicin, ſo wol auf die mẽſch-
liche/ als metalliſche krancke Coͤrper (Lapis Philoſophorum genand) auß dem gemeinen
Saltz zubereiten muͤglich/ wie aber ſolche Bereitung hergehe/ iſt mir vnbewuſt/ die Muͤg-
ligkeit vnd den Glauben/ daß ſolches geſchehen koͤnne/ hat mir die mannigfaltige vnfehl-
bare Experientz in die Haͤnde gegeben/ welchẽ ich habe/ vnd behalte/ vnd von niemanden
mich werde davon laſſen abwendig machẽ/ welchẽ Glaubẽ ich den From̃en gern mittheilẽ
wolte/ wañ ich koͤnte/ oder duͤrffte. Dieweil aber ein guter Glaube allein von obẽ herab in
vns gewircket wird/ alſo muß er von Gott erbeten/ vnd nit von Menſchen erwartet werdẽ.
Auffdaß ich aber meinem Verſprechen gnug thue/ vnd beweiſe/ daß auch der Lapis
Philoſophorum in dem Saltz verborgẽ/ vnd durch die Kunſt herauß zuziehẽ/ ſo wolle der
Liebhaber Goͤttlicher Wunderwercken erſtlich nachſchlagen in meinen juͤngſtaußgegebe-
nen Schrifften/ was ich von dem Fiſchlein Echineis geſchrieben/ vnd wie daſſelbe Fiſch-
lein aus dem geſaltzenen Meer durch einbeſonder Wurffgarn zu fiſchen/ ſo wird er gute
Anleitung daſelbſt finden/ alhier aber nicht noͤtig/ ein mehrers davon zu ſchreiben.
Dieſes iſt das jenige/ welches ich noch dem edlen Saltz zu Ehren anhaͤngen ſollen/
wer es nicht verſtehet/ oder glauben kan/ daß das edle Perlein der Univerſal- vnd Parti-
cular Medicin im Saltze verborgen ſey/ dem kan ich nicht helffen/ vnd ſtehet einem jedwe-
dern frey/ einen andern Weg zu ſuchen.
Q q q ijWanns
[512]De Signatura Salium,
Wanns nicht ſo lang wuͤrde/ wolte ich noch beweiſen/ daß auß den Meergewaͤch-
ſen/ als Corallen/ Perlenmutter/ Muſchelln/ oder andern Schneckenhaͤuſeren/ wann ſol-
che in Waſſer ſolvirt, vnd hernach præcipitirt werden/ corporaliſch Gold zu ziehen/ wel-
ches ich mit eigenen Haͤnden gethan/ vnd daher kuͤhnlich davon zeugenkan.
Aber genug auff dißmahl/ will alſo dieſes Tractaͤtlein vom Saltz hiemit geendiget
haben hoffend es werde noch mancher viel gutes darauß erlernen/ darzu ich allen From-
men den Segen vnd Gedeyen GOttes hertzlich wuͤnſche. Amen.
ENDE.
TRACTATUS
DE SIGNATURA SALIUM, METALLO-
RUM ET PLANETARUM.
Oder
Gruͤndlicher Vnterricht/ wie/ oder auffwas Weiſe
man gar leichtlich/ nicht allein der Salien, Metallen, vnd
Planeten, ſondern auch der Woͤrter/ vnd Nahmen/ ihre verborgene Kraͤff-
ten/ Bedeutung/ Natur/ vnd Eigenſchafften/ nicht auß Buͤchern/ oder Schrifften/
ſondern bloß vnd allein auß deren ſignatur, durch einen Circulum, vnd
Quadranten, erlernen/ vnd außrechnen kan.
Guͤnſtiger Leſer.
WAn pflegtins gemein zu ſagen: Huͤte dich fuͤr denen/ die GOtt gezeichnet
hat/ welches zwar an ſich ſelber wohl geſagt iſt/ wann man nur allein die
die Mißgeburten/ oder vbelgezeichneten Menſchen/ dardurch verſtehet. Das
aber dieſes auch auff andere dinge ſolte gemeinet ſeyn/ iſt falſch. Dann Gott
der Allmaͤchtige alle ſeine Geſchoͤpffe/ groß vnd klein/ gezeichnet/ vnd dem
Menſchen gleichſamb vorgemahlet/ was davon zu halten/ worzu ſie dienen/ oder nuͤtzlich
ſeyn/ vnd nicht allein alle Vegetabiliſche Gewaͤchſe/ als Kraͤuter/ Hecken/ klein/ vnd groſ-
ſe Baͤume/ ſondern auch alle Animaliſche Geſchlechte/ als klein vnd groß Gethier/ auch
die Menſchen ſelbſten auff der Erden/ die Fiſch in den Waſſern/ die Voͤgel in der Lufft/
ja alles bewegliche vnd vnbewegliche/ jedwedes mit beſonderer Form/ vnd Geſtalt ge-
zeichnet hat/ durch welche Zeichen er vns zu erkennen geben wollen/ worzu ein jedes
Kraut/ Thier/ Vogel/ oder Fiſch diene/ welche ſignatur ſeine Schrifft geweſen/ darauß
wir aller dingen Natur/ vnd Eigenſchafft erlernen ſolten.
Her-
[513]Metallorum \amp; Planetarum.
Hernacher aber/ da die Menſchen angefangen/ je laͤnger/ je mehr viehiſch zu wer-
den/ vnd ſolche edle ſignatur nicht mehr in Acht genommen/ beſondern ihre menſchliche
Einfalle/ dem Goͤttlichen Werck/ als der in der Natur eingepflantzter ſignatur, vorge-
zogen/ iſt durch laͤnge der Zeit/ die warhaffte ſignatur, oder goͤttliche Schrifft/ gantz vnd
gar verlohr en/ vnd verdunckelt worden/ alſo daß man itzunder gar wenige findet/ die noch
etwas davon wiſſen. Die Menſchen aber richten ſich mehrentheils nach den Schrifften/
vnd bemuͤhen ſich die Kraͤfften/ oder Eigenſchafften aller dingen daraus zu erlernen/
welches zwar nicht uͤbel gethan wehre/ wann man noch auffrichtige/ warhaffte/ vnd vn-
verfaͤlſchte Schrifften der Alten erfahrnen/ zu leſen haben koͤnte. Dieweiln aber die
Schrifften der Alten/ von Jahren zu Jahren/ durch das viel nachſchreiben/ verbeſſeren/
oder außlegen/ alſo verderbt vnd verfaͤlſcht worden/ daß kaum eine rechte Warheit darin
zu finden. Als wehre es viel beſſer/ daß man ſolche verſtuͤmpelte Schrifften/ ſo groß nicht
mehr achtete ſondern den von Gott ſelbſt gelegten alten Grund/ oder Herkommen aller
Schrifften/ characteren vnd ſignaturen, herfuͤr ſuchte/ vnd aller dingen Natur/ vnd Ei-
genſchafft/ daraus erlernete/ ſo wuͤrde man ſo viel nicht irren/ vnd in kurtzer Zeit in Er-
kaͤntnuͤß der Natur weiters kommen/ als durch die verfaͤlſchte Schrifften in langer Zeit
nicht geſchehen kan.
Nun moͤchte mancher fragen/ wo dann ſolcher alte/ von GOtt gelegte/ Grund an-
zutreffen/ oder zu ſuchen wehre? Darauff gebe ich zur Antwort/ allenthalben fuͤr jeder-
mans Augen/ vnd ſonderlich zu ſehen/ an dem Himmel an der Sonnen Mond/ vnd al-
len Sternen/ welche vns in einer runden Geſtalt von GOtt vorgeſtelt/ dar durch anzuzei-
gen/ daß auß einem runden Circul, alle Formen vnd Geſtalten/ ihren Vhrſprung vnd
Herkommen haben/ vnd die Rundigkeit/ oder runde Circul das aller perfecteſte/ vnd
Gott ſelbſten/ vnd dem Himmel zu gehoͤrig ſey. Wie dann die Alten alles das jenige/ wel-
ches ihnen außzurechnen/ oder außzuſprechen/ vnbegreifflich oder vnmuͤglich war/ mit ei-
nem runden Circul, hergegen alles das jenige/ was ſie außrechnen/ ſehen oder begreiffen
konten/ mit einem Quadranten gezeichnet/ oder vorgemahlet haben. Durch den Circu-
lum haben ſie das himmliſche vnbegreiffliche/ vnd durch den Quadranten, das begreiffli-
che/ ſichtliche/ irdiſche/ ſo vom Cireul herkompt/ andeuten wollen.
Vber dieſes/ vnd vnangeſehen daß die alte Philoſophi den runden Circul Gott al-
lein zugeeignet/ vnd dafuͤr gehalten/ daß man GOtt nicht beſſer abmahlen koͤnte/ weilen
an einem Circul, wie bey Gott ſelbſten/ weder Anfang noch Ende zu finden. So haben ſie
doch alles das jenige/ was ſie nechſt GOtt groß gehalten/ auch mit einem runden Circul
gezeichnet. Als nemblich/ die Sonne im Firmament, das Gold in der Erden/ dahero viele
von den alten Philoſophis es dafuͤr gehalten/ daß die Sonne Gott ſelbſten ſeyn muͤſte.
Andere heidniſche Philoſophi haben Gott in Geſtalt einer Schlangen (weiln ſie ſich zu
einem runden Circul machen kan) vorgemahlet/ vnd das Jrdiſche/ welches ſeinen Vhr-
ſprung vom himmliſchen hat/ haben dieſelbe mit einem Quadranten, das jenige aber/ ſo
Q q q iijbey-
[514]De Signatura Salium,
beyderley Naturen theilhafftig/ nemblich himliſch/ vnd irdiſch/ durch den Circul, vnd
Quadranten zugleich/ gezeichnet.
Nach deme ſie nun befunden/ daß an denen dingen/ die ſie zeichnen wollen/ viel
himmliſch geweſen/ nachdeme ſie auch viel vom circul, vnd nachdeme viel irdiſch/ ſie viel
vom Quadranten beygethan haben. Vnd ſolches nicht allein bey den himliſchen Liech-
tern/ als Soñ/ Mond/ vnd Planeten/ ſondern auch an allen irdiſchen Geſchoͤpffen/ wel-
che durch die Soñ/ Mond/ vnd Sternen/ in der Erden gewircket werden. Als da iſt/ das
Gold/ Silber/ Kupffer/ Zin/ Eiſen/ Bley/ vnd Queckſilber/ welche ſie mit ſolchen Chara-
cteren gezeichnet/ gleich wie ſie die himmliſche Liechter/ davon die Metallen gewircket/
auch gezeichnet haben. Nemblich die Sonne/ vnd das irdiſche Gold/ als die gantz perfe-
cteſte/ vnd edelſte Geſchoͤpffe GOttes/ mit einem runden Circul, vnd einem puncten in
der Mitten. Den Mon vnd Silber/ mit einem halben/ oder gantzẽ in einander gedruckten
Circul, darmit anzuzeigen/ daß ſolcher Coͤrper nicht gantz perfect, ſondern noch etwas
daran ermangle. Die uͤbrige Planeten/ vnd ihre Metallen/ als ♄/ ♃/ ♂/ ♀/ vnd ☿ im
Firmament, ſind Bley/ Zin/ Eiſen/ Kupffer/ vnd Queckſilber in der Erden/ weiln dieſel-
be gegen die Sonn/ vnd das Gold/ oder gegen den Mond/ vnd das fein Silber/ viel gerin-
ger oder vnperfecter zu rechnen/ auch mit geringeren ſignis ſignirt haben/ nemblich halb
vom circul, vnd halb vom Quadranten, anzuzeigen/ daß dieſelbe kaum halb ſo perfect,
als die Luna, oder das Silber/ vnd kaum ¼ Theil ſo perfect, als die Sonne/ oder das Gold
zu rechnen.
Solches klaͤrer zu geben/ ſo finde ich gut/ gedachte himmliſche Liechter/ als ☉/ ☽/
☿/ ♀/ ♂/ ♃/ vnd ♄/ wie auch die irdiſche Metallen/ als Gold/ Silber/ Queckſilber/ Ku-
pfer/ Eiſen/ Zin/ vnd Bley mit ihrer ſignatur, welche ihnen die alte Aſtronomi, vnd
Philoſophi geben/ in gleicher Groͤſſe Haͤuſer zu ſetzen/ darauß dann zu ſehen/ wie in der
perfection, das eine dem andern vorzuziehen.
Das Hauß nun ſoll ein Quadrant ſeyn/ mit Lit. A. gezeichnet/ ſetze ich dann die
Sonn/
[515]Metallorum \amp; Planetarum.
Sonn/ oder Gold/ als einen runden circul, mit Lit. B. gezeichnet/ darein/ ſo ruͤhret er an
4. Orten/ mit 1. 2. 3. 4. ſignirt, ſein Hauß den Quadranten an/ vnd fuͤllet denſelben gantz
auß/ anzuzeigen/ daß die Sonn/ vnd Gold/ die vollkommenſte himlſiche/ vnd irdiſche Ge-
ſchoͤpffe GOttes ſeyn.
Setze ich die Lunam, oder das Silber/ mit Lit. C. gezeichnet/ hinein/ ſo ruͤhret es
zwar den Quadranten an dreyen Orten an/ nemblich mit dem einen Horn oben bey
1. mitdem andern vnten bey 3. vnd mit dem runden Theil die eine Seitten 2. dieweiln a-
ber ein Theil von der Runde einwarts gedruckt/ kan die vierte Seiten deß Quadranten,
mit 4. gezeichnet/ nicht angeruͤhret werden.
Setze ich den Mercurium, mit Lit. D. gezeichnet/ hinein/ ſo ruͤhret er mit ſeinen
zweyen Hoͤrnern die oberſte/ mit N. 1. vnd mit ſeinem vnterſten Theil/ oder Kreutz die vn-
terſte/ mit N. 3. gezeichnete Seiten/ deß Quadranten an/ aber die zwey andere/ mit N. 2.
vnd 4. gezeichnete Seiten deß Quadranten, kan er nicht anruͤhren/ bleibet alſo die Helff-
te deß Quadranten von dem Mercurio vnangeruͤhrt/ oder vnaußgefuͤllt/ von der Luna
aber nur eine Seiten vnangeruͤhrt/ vnd 3. dargegen angeruͤhrt. Die Sonn/ vnd das ☉
aber hergegen alle 4. Seiten deß Quadranten beruͤhren/ vnd außfuͤllen.
Die Venus, oder das Kupffer/ mit Lit. E. gezeichnet/ fuͤllet auch nur zwey Theylen
ſeines Hauſes deß Quadranten an/ nemblich das obere N. 1. vnd vntere N. 3. beyde neben
Seiten/ als 2. vnd 4. werden nicht angeruͤhrt. Eben ſo viel ruͤhret auch an/ oder fuͤllet auß
der ♂/ oder das Eiſen mit Lit. F. gezeichnet/ nemblich das obere/ vnd vntere Theil/ ♄ o-
der Bley/ mit Lit. G. vnd ♃ oder Zin/ mit Lit. H. gezeichnet/ beruͤhren auch nur zwo Sei-
ten ihrer Haͤuſer. Jſt alſo auß beygeſetzter Figur außfuͤhrlich zu erſehen/ wie viel das eine
Metall gegen das ander perfecterer ſey/ vnd fehlet nicht vmb ein Haar/ darnach ſich wol
vnd ſicher zu richten. Dann die Alten nicht vergeblich/ oder vngefehr ſigniret, ſondern al-
les ſo gemacht/ daß das ſignum mit der Natur/ vnd Eigenſchafft/ deß ſignati, uͤberein-
komme/ wie alhier zwiſchen den Planeten, himmliſchen Liechtern/ vnd irdiſchen Metal-
len klaͤrlich zu ſehen. Es kan aber doch nicht ein jeder ſolches ſehen/ ſondern allein dieſe/
welchen der Metallen Natur bekant/ vnd einen Grund davon haben/ koͤnnen ſehen/ wie
viel beſſer das eine/ gegen das ander/ in der perfection zu halten ſey. Dann je mehr run-
des bey dem ſignato, je mehr perfection oder Reinigkeit/ vnd je mehr vom Quadranten,
je mehr vnperfectes, darnach ſich ein Chymicus vnfehlbahr richten/ vnd ſeine Arbeit in
Verbeſſerung der Metallen anſtellen kan. Das ☉ iſt gantz perfect, vnd ruͤhret den
Quadranten an ſeinen 4. Seiten. Die ☽ iſt bey nahe auch perfect. Die andern
Metallen aber zum Theil halb perfect, wie ☿/ ♂/ vnd ♀/ die uͤbrige nur ¼ Theil perfect,
wie an ♄/ vnd ♃ zu ſehen.
Dieſes ſey alhier zur Nachricht genug/ von der ſignatur der himliſchen Liechter/ vnd
irdiſchen Metalliſchen Coͤrper/ der jenige/ ſo Luſt hat/ etwas ſonderlichs zu erfahren/ der-
ſelbige dencke dieſem Fundament nach/ ſo wird er wunderbahrliche dinge erfinden/ vnd
außrechnen koͤnnen/ davon bey dem Ariſtoteli, oder itzigẽ Schulen/ gantz nichts zu finden.
Jch
[516]De Signatura Salium
Jch ſage dieſes mit der Warheit/ daß die Alten/ die groͤſſeſte Geheimnuͤſſen/ in den Ægy-
ptiſchen Schulen/ vnter der ſignatur, verborgen haben/ vnd nicht allein in der ſignatur,
welche ſie der Sonnen/ dem Mond/ vnd andern Sternen/ vnd Metalliſchen Coͤrpern ge-
geben/ ſondern ſie haben auch groſſe ſecreta vnter denen Namen/ welche ſie gegeben/ ge-
offenbaret/ vnd ſolches gar nicht vngefehr/ daß ſie dieſes oder jenes/ ſo oder alſo genant.
Seithero aber von den Nachkoͤmlingen/ vieler dingen Namen/ geaͤndert worden/ kan
man auff ihre ſignatur nicht mehr ſicher gehen. Der Alten gegebene Namen/ wie ſolches
von Adam, Noa, vnd deren erſten Nachkoͤmlingen herkommen/ vnd auch bey den Egy-
ptiern/ Chaldæern/ vnd Hebræern zum Theil noch im Gebrauch vnd Weſen iſt/ haben
die Griechen ſich auch gebraucht/ vnd auß ſolchem Fundament, den dingen ihre rechte
Namen gegeben/ vnd iſt biß auff die Lateiniſche noch etwas geerbet/ vnd vberblieben/ wel-
ches nicht gemercket/ oder in acht genommen wird/ vnd iſt doch der einige Grund vnd das
rechte Fundament, alle Geheinmuͤſſen dadurch zu erforſchen. Jch fuͤr mein Perſon/ bin
der Egyptiſchen/ Chaldæiſchen/ vnd Hebræiſchen Sprach/ gantz vnerfahren/ kan dahe-
ro derer dingen Namen/ nach der ſignatur, nicht außlegen. Ein ander aber/ der all ſolche
Sprachen verſtehet/ vnd im Liecht der Natuꝛ etwas erfahren der kan dieſelbe nachſehen/
vnd nach vernuͤnfftiger Vberlegung wird er es alſo befinden/ wie ich alhier geſchrieben/
daß nemblichen aller dingen Natur vnd Eigenſchafft durch ihre Namen/ nach Außrech-
nung deren darin begrieffenen characteren, vns weißlich vorgeſchrieben iſt. Zu beſſerer
Nachricht aber muß ich den circul, vnd Quadrant, ein wenig außlegen. Jn vorhergehen-
dem Tractaͤtlein de Naturâ Salium, hab ich außfuͤhrlich gelehret/ vnd erwieſen/ daß alles
von der Sonnen vnd dem Saltze herkomme/ vnd ſeinen Vrſprung habe/ welche Sonn
vnd Saltz von den Alten/ durch den Circulum, vnd Quadrantem, vns vorgemahlet ſeyn/
vnd zwar darinnen den Circulum der Sonnen/ den Quadrantem aber dem Saltz/ zuge-
eignet. Vnd gleichwie man erſtlich ein circul macht/ ehe man den Quadrantem darein
ſetzet/ alſo auch ein circul mehr iſt/ als ein Quadrant, weiln er vor dem Quadrant iſt/ vnd
der Quadrant von ihme dem circul herkombr. Gleicher Geſtalt iſt auch die Sonne/ davon
das Saltz ſeinen Vrſprung hat/ dem Saltz vorzuziehen/ weilen dieſelbe ehender gewe-
ſen/ als das Saltz/ welches allein ſein Herkommen von der Sonnen hat/ darumb auch
etwas weniger als die Sonne zu rechnen. Dieweiln aber die Sonne/ ohne das Saltz/ vnd
das Saltz/ ohne der Sonnen/ nichts gebehren/ oder fortbringen koͤnnen/ vnd dieſe beede/
nemblich die Sonne/ als das Mannlichſte/ vnd das Saltz/ als das Weibliche Theil noth-
wendig/ in Fortpflantzung aller dingen/ beyſammen ſeyn muͤſſen/ wie dann das Weib
die Eva, als ein Quadrant, von Adam, dem Circul, auch herkommen/ vnd auß beiden/
nemblich dem Circul, vnd Quadrantem, die Fruchtbarkeit oder Fortpflantzung Menſch-
lichen Geſchlechts entſtandn/ welche Fortpflantzung die Poeten der Veneri zugeeignet/
vnd ſolcher eine ſignatur geben/ ſo von dem Circul vnd Quadranten zugleich zuſammen
geſetzet/ haben auch geſchrieben/ daß die Goͤttin Venus, auß dem Saltz oder Meerſchaum/
durch Außtruckung der Sonnen-Strahlen/ gewachſen ſey.
Man
[517]Metallorum \amp; Planetarum.
Man betrachte Veneris ſignatur wol, ſo wird man finden/ wie verſtaͤndig die Al-
ren vns die Geheimnuͤſſen der Natur/ durch die ſignatur vorgemahlet.
Die Venus wird als ein runder Circul, da[ra]n ein Kreutzlein iſt/ gezeichnet/ der
Circul bedeutet die Sonne/ vnd das Krentzlein das Saltz/ dann ſo 4. gleiche Linien/ mit
ihren 4. Enden zuſammen geſetzet werden/ machen dieſelbe ein Kreutz/ ſo aber dieſelbe 4.
Strichlein in die Vierung mit den Enden zuſammen geſetzt werden/ ſo geben ſie einen
Quadranten. Jſt alſo ein Kreutz ſo viel als ein Quadrant, vnd ein Quadrant ſo viel als
ein Kreutz/ bey den ſignatis zu halten.
Auff daß man es aber noch beſſer begreiffe/ ſo will ich dieſer beiden groͤſſeſten Ge-
ſchoͤpffen Gottes/ nemblich der Sonnen/ vnd deß Saltzes/ davon alle ding ihr Herkom-
men haben/ nach den zweyen Latemiſchen Woͤrtlein/ Sol, vnd Sal, rechte ſignatur, wel-
che ihnen von den Alten gegeben/ außlegen/ dabey man ſehen kan/ wie viel das eine beſ-
ſer/ oder edel er/ als das ander. Dann je mehr Circuls in dem Wort/ je mehr Reinigkeit/
oder perfection es bedeutet/ vnd je mehr die Woͤrter vom Quadranten haben/ je mehr
Jrdigkeit auch darbey gefunden wird. Doch dieſes vorbehalten/ wann die Nahmen von
den alten Philoſophis herkommen/ vnd gebeben ſeyn/ ſonſten es gar nicht eintrifft.
Dieweiln dann nicht zu zweiffeln/ daß dieſe beede Woͤrtlein Sol, vnd Sal, ihnen
nicht ſolten von deu Alten/ nach der ſignatur, rechtmaͤſſig gegeben ſeyn. Als wollen wir
ſolche auch darnach expliciren, oder außlegen.
Erſtlich ſoll/ vnd muß man dieſes wiſſen/ daß alle Geſtalten der Vegetabilien, als
Baͤumen/ Kraͤuter/ vnd Erdgewaͤchſen/ wie auch der Animalien, als Menſchen vnd Vie-
hes/ vnd der Mineralien, allein von dem Circul vnd Quadranten herkommen/ darbey
man das runde/ vnd auch das langlecht/ bey allen Gliedern vnd Leibern/ ſehen kan. Dann
des Menſchen Leib/ wie auch der Stam von einem Baum iſt rund/ vnd darbey langlecht/
vnd ein jedes Glied am Finger/ oder Zweiglein deß Krauts/ oder Baums alſo formiret
iſt/ alſo daß ſo wol der Circul, als Quadrant, darbey zu finden. Vnd zwar nicht allein alle
Geſchoͤpff-GOttes/ ſeyn durch ſolche ſignatur gezeichnet/ ſondern auch alle Schrifften/
wann ſie von Adam, Noa, vnd ihren erſten Nachkoͤmlingen herkommen/ auß dem Cir-
cul, vnd Quadranten genommen ſeyn.
Zum Exempel, beſihe die Lateiniſche Buchſtaben/ von vorn an biß zum Ende/ ſo
wirſtu befinden/ daß ſie allzumahl aus dem Circul, vnd Quadranten gemacht. Das A.
hat 2. vnd ein halb Lini vom Quadranten. Das B. hat 2. halbe Circulen, vnd ein Lini aus
dem Quadranten. C. iſt ein halber Circul. D. iſt ein halber Circul, vnd ein Lini auß dem
Quadranten. E. iſt von 3. gantzer/ vnd einer halben Lini zuſammen geſetzet. F. iſt von 2. gan-
tzer/ vnd einer halben Lini formiret. G. iſt ein halber Circul, neben einer halben Lini vom
Quadranten. Vnd alſo fortan biß zu dem letzten Buchſtaben zu/ ſeynd ſolche allzumahl
von dem Circul vnd Quadranten gemacht/ aus welchen Buchſtaben/ die Alte den Nach-
koͤmlingen die vielerhand Sprachen vnd Geheimnuſſen vor gezeichnet/ vnd hinterlaſſen
haben.
R r rDie-
[518]De Signatura Salium,
Dieweilen dann in dem vorhergehenden Tractaͤtlein de Natura Salium erwieſen/
das aller dingen Anfang vnd Ende [die] Sonn/ vnd das Saltz ſey. Alſo hab ich gut zu ſeyn
erachter/ die beyde Woͤrtlein/ SOL, vnd SAL, nach ihrer ſignatur außzulegen/ vnd zu be-
weiſen/ daß ſie der Anfang/ vnd das Ende/ aller dingen warhafftig ſeyn.
Zwiſchen den beiden Woͤrtlein SAL, vnd SOL, iſt kein ander Vnterſcheid/ als in
dem einen nemblich SAL, der mittel Buchſtaben Alpha, vnd in dem Woͤrtlein SOL,
der mittel Buchſtaben Omega, wie ſich Chriſtus ſelber dem Joanni geoffenbaret/ vnd al-
ſo genennet hat. Die beyde erſte/ vnd auch letztere Buchſtaben/ in beiden Woͤrteren/ ſeynd
einander gleich/ vnd machen allein das Alpha vnd Omega, als die beide mitlere Buch-
ſtaben den Vnterſcheid/ vnd billich. Dann gleich wie SOL von Anfang das SAL gene-
rirt, vnd alles/ was da iſt/ davon ſeinen Anfang/ vnd Vrſprung hat. Alſo wird es auch
endlich wieder das Ende ſeyn/ wann nemblich am juͤngſten Tage alle/ vom Saltz gewor-
dene dinge/ durch die Sonn/ oder Fewr/ wieder verzehret werden/ wie Petrus davon ſchrei-
bet/ nemblich/ daß die Sonne/ Mond/ vnd alle Sternen/ vom Himmel fallen/ vnd die
gantze Welt verbrennen ſollen. Jſt alſo im SOL, vnd SAL, der Anfang vnd Ende aller
dingen/ volkoͤmblich zu ſehen. Vnd zwar dieſe beyde Woͤrtlein SOL, vnd SAL, machen
vns nicht allein den Anfang/ vnd Ende dieſer irdiſchen vergaͤnglichen Welt/ vnd was da-
rauff iſt: Sondern es wird vns auch das gantze Goͤttliche Geheimnuͤß/ die Heilige Drey-
Einigkeit/ als GOtt Vatter/ Sohn/ vnd Heiliger Geiſt dadurch vorgeſtelt/ vnd wahr
gemacht/ welches ich klar vnd hell vor Augen ſtellen koͤnte.
Dieweilen aber die gute/ in der Natur gegruͤndete Egyptiſche Schulen abgangen/
vnd hergegen Sophiſtiſche auffgekommen/ alſo daß durch viel eytel Geſchwaͤtz die War-
heit gantz vnterdrucket/ vnd vertrieben worden: So wuͤrde man ſich derowegen leichtlich
Gegenſpraͤcher machen/ wann man von ſolchen dingen/ welche itzunder vnbekand/ ſchrei-
ben ſolte/ darumb beſſer geſchwiegẽ/ als ſich in vnnoͤtig vnverſtaͤndig Gezaͤnck einzulaſſē.
Auff daß man aber ſehen moͤge/ daß auch andere geweſen/ welche gewuſt/ was hin-
ter dem Wort SAL. ſtecke: So habe ich gut gefunden/ eines gelaͤhrten Manns Schriff-
ten/ zu Ende dieſes Tractaͤtleins anzuziehen/ welcher das Griechiſche Woͤrtlei ἅλς, in ſei-
nem vierdten Buch/ cap. 13. vom Saltz/ explicirt, vnd vns klar vor Augen geſtelt/ daß
groſſe Geheimnuͤſſen GOttes darhinder verborgen/ auff daß man dardurch angereitzet
werden moͤchte/ all ſolches Scribenten gantz herrliches Buch vom Saltz zu leſen/ es wuͤr-
de niemand gerewen/ dann viel ſchoͤne dinge vom Saltz darin zu finden. Deß Scribenten
Nahm iſt Bernardinus Gomeſius, zu Franckfurt 1605. gedruckt/ wol wuͤrdig von jeder-
man geleſen zu werden/ will auch ſolches allen denen/ die etwas gutes zu lernen ſuchen/
wolmeinend recomman dirthaben.
Auff daß ich nun wieder zu meinem Vorhaben ſchreite/ vnd beweiſe/ daß der Metal-
len Eigen ſchafft vnd Natur/ nicht allein auß der ſignatur, welche ihnen von den alten
Philoſophis geben iſt/ ſondern auch auß dieſer/ die ihnen das Fewer gibt/ gruͤndlich zu er-
lernen ſey/ welche ſignatur deß Fewers/ der Philoſophorum ſignatur, weit vor zu ziehen.
Nicht
[519]Metallorum \amp; Planetarum.
Nicht darumb/ weilen das Element Fewer mehr authoritaͤt hat/ als alle Philoſophi je-
mahlen gehabt/ vnd noch haben koͤnten; ſondern darumb/ dieweiln das Fewer allezeit vn-
veranderlich das ſeine wircket/ vnd volbringet/ vnd nicht irret/ noch irren kan/ wann der
Laborant, davon es tractiret wird/ nur ſelber nichtirret/ oder fehlet vnd alſo allezeit/ das
eine wie das andermahl/ ſolches der Metallen ihr ſignatur vns darzeiget.
Das Fewr hat zu allen Zeiten/ wann wir wollen/ ſolche Macht/ vns der Metallen
verborgene Natur vnd Eigenſchafften/ in beſonderer ſignatur, vor zuſtellen. Gleichwie
ein Spiritus ardens Vegetabilium, oder Sal volatile Vini, wann ſolcher von den Menſchẽ
genoſſen/ ihre verborgene Naturen/ vnd Eigenſchafften auffwecket/ ſichtlich machet/ vnd
vns vor Augen ſtelt/ alſo daß man erfahren kan/ was hinter dem Menſchen geſteckt/ vnd
ſonſt nicht zu ſehen geweſen/ ehe daß es durch den Weingeiſt herauß getrieben/ vnd offen-
bahr gemacht worden. Alſo iſt auch in vorgehen dem Tractaͤtlein de Naturâ Salium klaͤr-
lich erwieſen/ daß das Saltz Macht habe/ der Metallen Kraͤfften zu erwecken/ vnd was
ſiein Medicinâ verrichten koͤnnen/ an deß Tages Liecht zu bringen. Das Fewer aber/ da-
von allhier tractiret, nur deren Vollkommenheit vns vor Augen ſtelt.
Dann gleich wie deß Menſchen Spiritus vitalis, durch einen reinen Wein-Geiſt/
alſobalden erquicket/ vnd auffgemuntert wird/ daß der Menſch ſich in einer ſolchen ſigna-
tur, wie dieſelbe ihme in ſeinem Hertzen verborgen iſt/ ſehen laͤſt. Nemblich/ der Sanguini-
ſche faͤngt an zu ſingen/ ſpringen/ ſpielen/ vnd buhlen. Der Coleriſche zancket/ flucht/ ha-
dert/ vnd ſchlaͤgt. Der Phlegmatiſche ſitzt vnd ſchlaͤfft. Der Melancholiſche dichtet/ ſpe-
culiret/ oder weinet/ welche ſignatur der Wein-Geiſt auß dem verborgenen herauß ge-
trieben/ vnd offenbahr gemacht.
Eben alſo erwecket/ macht munter/ vnd bringt herfuͤr der Metallen ſignatur, das
Fewer/ wann nemblich die Metallen in einem Tiegel geſchmoltzen/ ſo iſt erſtlich von dem
Rauch zu vrtheilen/ weſſen Natur vnd Eigenſchafft dieſelbe ſeyn. Dann das ☉/ wann
es fein vnd ohne Zuſatz iſt/ keinen Rauch von ſich giebet. So es aber mit Saltz geſchmol-
tzen/ einen purpurfarben Rauch von ſich gehen laͤſt. Das ☽/ wie fein es auch ſey/ alle zeit
etwas blawen Rauchs von ſich giebet/ welcher bitter vnd vnlieblich. Das ♀ gibt einen
gruͤnen/ vnd ſtinckenden Rauch. Das ♂ einen rothen ſtinckenden/ doch nicht ſo viel/ als
das Kupffer. Das ♄ vnd ♃ einen weiſſen ſtinckenden/ vnd gifftigen Rauch. Der ☿
fleugt in Gifftes Geſtalt gantz vnd gardavon. Dieſes ſeyn die Zeichen/ ſo auß dem Rauch
der geſchmoltzenen Metallen koͤnnen geurtheilet werden/ wann ſie vnvermiſchet ſeyn.
So aber nur ein wenig ♀/ oder ander vnvollkommen Metall/ bey dem Gold/ oder Sil-
ber ſeyn ſolte/ der Rauch alſobalden anders davon gehen/ vnd keine rechte Proba dadurch
zunehmen ſeyn wuͤrde/ darumb auch nach ſolchen Proben nicht wol zu gehen. Dieſes a-
ber iſt die rechte Prob aller Metallen Perfection, durchs Fewer zu erlernen. Wann man
nemblich dieſelbe nur in einem Tiegel ſchmeltzet/ vnd wol treiben laͤſt/ treiben ſie dann
rund vnd hoch/ ſo zeigen ſie an/ daß viel perfection in ihnen ſey/ treiben ſie aber breit vnd
flach/ ſo iſt es ein Zeichen/ daß wenig perfection in ihnen/ welches gar leichtlich zu erfah-
R r r ijren/
[520]De Signatura Salium,
ren/ vnd wird man ſehen/ daß vnter allen Metallen/ das Gold am rundeſten treibet/
darnach das Silber/ dann das Kupffer/ Eyſen/ Bley/ vnd Zin/ welches man auch ge-
war wird/ wann man ein geſchmoltzen Metall außgieſt/ auff einen glatten breiten Reib-
ſtein/ welcher in einem Keſſel/ darin ein weinig Waſſer ſey/ geleget ſeyn muß/ doch daß
das Waſſer das obere Theil deß Steins nicht beruͤhre/ ſo ſpruͤtzet das geſchmoltzen Me-
tall/ auff den glatten Stein gegoſſen/ in viel kleine vnd groſſe Koͤrner/ je reiner das Me-
tall geweſen/ je runder/ je vnreiner aber/ je breiter/ oder vnrunder die Koͤrner fallen Vn-
ter allen Metallen wird kein vnperfecters gefunden/ als das Zin/ weilen es in ſolchem
außgieſſen/ auff einen glatten Stein/ ſelten Koͤr ner gibt/ ſondern wann man recht dar-
mit vmbgehet/ ſo breit vnd duͤñ bißweilen faͤlt/ als ein Bogẽ/ oder halben Bogen ſchreib-
Papier/ welches man auch zum ſchreiben bequem machen/ gleich ſchneiden/ mit einem
ſtaͤhlern Grieffel darauff ſchreiben/ als ein Papier zuſammen legen/ mit anderm Zin pit-
ſchieren/ ſchlieſſen/ vnd wie ein andern Brieff von Papier/ darauff mit Dinten geſchrie-
iſt/ verſchicken kan. Einem ſolchen Brieff von Zin ſchadet kein Waſſer/ darumb man
heimbliche Brieffe/ auff dieſe weiſe (wann es die Noth erforderte) fortſchicken koͤnte.
Daß ſich das Zin ſo duͤn gieſſen laͤſt/ vnd nicht in Koͤrner zerſpringt/ wie das Gold
vnd Silber/ iſt ſeine imperfection die Vrſach/ wie dann all ſolche imperfection oben bey
ſeiner ſignatur, ſo die Alte Philoſophi ihme gegeben/ auch zu ſehen/ dann ſein ſignatum
gar wenig rundes hat/ vnd mehrentheils auß dem Quadranten genommen iſt.
Die perfection der Metallen/ kan auch an der Rundigkeit wahr genommen wer-
den/ wann man dieſelbe mit Bley auff einer Cupellen abtreibet/ ſo treibet das ☉ vor al-
len andern Metallen rund/ vnd wann alles Bley davon weg gangen/ ſo bleibet ſolches
alſo rund/ fein/ vnd pur auff der Cupellen hart ſtehen/ ſonderlich wann die Prob nicht zu
ſchwehr iſt.
Das Silber treibt zwar auch rund/ aber nicht ſo rund/ als das Gold/ doch runder
als das Kupffer/ bleibt auch bißweilen rund vnd fein auff der Cupellen, wann die Prob
gar klein iſt.
Eyſen vnd Zin/ laſſen ſich gar nicht mit Bley auff einer cupellen abtreiben/ ſon-
dern machen auch das Bley hart/ daß es nicht flieſſen kan/ vnd ſich zu einem Pulver ver-
brennet.
Der Mercurius raucht im Fewr gantz weg/ weiln er aber von ſich ſelber allezeit im
Fluß ſtehet/ ſo kan ſeine ſignatur alſo kalt an ihme wahrgenommen werden/ nemblich/
daß er/ nechſt dem Gold vnd Silber/ fuͤr das perfecteſte/ vnter den unperfecten Metal-
len zu halten. Dann wann er in kleine Koͤrner zertheilet ſo lauffen dieſelbe rund dahin/
gleich als wann ſie geſchmoltzen Gold wehren/ wie ſeine ſignatur auch anzeiget/ in deme
die Alten ihme das ſignum Solis \amp; Lunæ, ſambt dem Quadranten, geben haben. Gewiß-
lich iſt ſein innerſtes lauter ☉ vnd ☽/ wann er coaguliret wird/ welches ich vielmal durch
Gradir-waſſer verſucht/ vnd warhafftig alſo befunden/ aber nur in kleinen Proben/ ins
groſſe habe es noch niemalen thun koͤnnen/ ein ander/ der noch juͤnger iſt/ kan auch ſein
Heyl
[521]Metallorum \amp; Planetarum.
Heyl an ihme verſuchen/ er muß aber ja keine corroſwiſche Waſſer gebrauchen/ dann
er dadurch nur fluͤchtiger gemacht wird.
Den rechten Schwebel muß er ſuchen/ vnd kennen lernen/ iſt er roth/ ſo bindet er
roth/ iſt er weiß/ ſo bindet er auch beſtaͤndig weiß/ ſonſten aber allezeit davon gehet.
Dieſes wenige dem Liebhaber Goͤttlicher/ vnd natuͤrlichen ſignatur, der Plane-
ten vnd Metallen/ zu gefallen/ bekand zu machen/ habe nicht vmbgehen koͤnnen/ ein jeder
kan ſich ſelber dar in uͤben/ wird Wunderdinge finden/ ſonderlich in den Woͤrtern/ dar-
mit die Alten alle dinge genennet/ vnd dardurch die allerverborgenſte Goͤttliche vnd ir-
diſche ſecreta er funden/ vnd begriffen worden. Jch haͤtte gern einige Woͤrter der Alten/
nach ihrer ſignatur, alhier außgelegt. Die weilen aber ſolche dinge dardurch herauß kom-
men/ die jeder man nicht gut zu wiſſen ſeyn/ ſo iſt es beſſer/ daß man davon ſchweige. Dañ
wer ſich auff die ſignatur recht legen wolte/ der koͤnte Wunderdinge ergruͤnden. Aber ge-
nug/ daß ich das Fundament allhier gelegt. Ein ander ſuche auch/ trifft er den rechten
Weg/ ſo findet er mehr/ als er geſucht/ oder begehrt.
Es zeiget vns auch die ſignatur der Bergen/ Waͤldern vnd Landſchafften/ nicht
allein deren von GOtt dar ein gelegte Schaͤtze/ vnd Reichthumber/ ſondern auch dero-
ſelben Auffkommen vnd Vntergang.
Nun iſt noch uͤbrig der Salien ſignatur ein wenig vorzunemen/ vnd zu beſehen/ ob
GOtt dieſelbe auch gezeichnet/ daran ihre Eigenſchafften zu erkennen. Ohne Zweiffel
haben ſie auch ihre ſignatur; ſolte das Saltz keine ſignatur haben/ von welchem doch alle
Dingeherkommen? Es wird ja kein Kraͤutlein oder Wuͤrmlein ſo klein oder gering ge-
funden/ welches nicht von Gott gezeichnet/ ſeine Natur vnd Eigenſchafft vns dardurch
vor Augen zulegen/ vnd bekand zu machen. Oben hab ich angezeiget/ daß ein runder Zir-
ckel/ der Sonnen/ vnd der darein geſetzte Quadrant, dem Saltz zu einer ſignatur gegeben
ſey. Vnd daß durch die Sonne vnd Saltz/ alle dinge in der Welt/ als Vegetabilien, A-
nimalien, vnd Metallen/ ihren Anfang/ Fortpflantzung/ vnd Vermehrung/ vnd auch wi-
derumb ihr Ende haben. Alſo daß allen ſolchen/ von der Sonnen/ vnd Saltz herruͤhren-
den dingen/ von Gott dem Allmaͤchtigen/ eine gewiſſe ſignatur, daran deren Natur/ vnd
Eigenſchafften erkand werden koͤnnen/ gegeben/ oder angehaͤnget worden. Vnd nicht
allein dieſes/ ſondern auch alle Geheimnuͤſſen der Sprachen/ vnd Woͤrtern/ durch beyde
ſigna, nemblich deß Quadranten in ſeinem Circul, außzurechnen/ vnd zu erfinden muͤg-
lich/ welches die pur lautere Warh eit/ vnd niemand ſolches wiederlegen kan.
Dieſes nun fuͤr jederman wahr zu machen/ gehoͤret noch ein gruͤndlicher Beweiß
hieher zu ſetzen/ auff daß es auch die einfaͤltige Kinder/ (wann die neidiſche Ignoranten
auß Hochmuth nicht wollen) begreiffen koͤnnen. Niemand kan dieſes laͤugnen/ daß ein
runder circul, der Sonnen recht gegebenes ſignum ſey/ weilen dieſelbe nimmer anders/
als ein runde fewrige Kugel geſehen wird/ welches ſignum ihr von den alten Philoſophis
gegeben/ vnd zugeeignet worden/ iſt auch biß auff dieſe Stunde geblieben.
Deß Saltzes ſignũ habẽ die Alten vns zwar auch in eines Quadranten Geſtalt vor-
R r r iijgemah-
[522]De Signatura Salium,
mahlet/ iſt aber durch lange Zeit/ vnd durch Vnachtſamkeit der Menſchen abgangen/
das Saltz alſo zu zeichnen/ vnd hat ihme ein jeder nach ſeinem eigenen Kopff/ vnd Gut-
duͤncken/ die ſpecies der Saltzen bezeichnet/ der eine auff ſolche/ vnd der ander auff ein
andere Weiſe/ alſo daß man itzunder ſchier bey einem jedwedern Chymico, beſondere
Characteres findet/ vnd keiner/ wie der ander ſolche gebrauchet. Jns gemein aber haben
ſie jetzunder i[m] Gebrauch/ die Saltzen nachfolgender Geſtalt zu zeichnen/ nemblich/ das
geme ne Kochſaltz bezeichnen ſie mit einem Circul, der uͤber zwergs mit einer gleichen Li-
ni durchſchnitten. Den Salpeter aber bezeichnen ſie mit einem runden Circul ovaliter,
oder langwerffig/ mit einer auffgerichteten Lini durchſchnitten. Wer nun der erſte gewe-
ſen/ der dieſe Saltze alſo gezeichnet/ iſt mir vnwiſſend/ iſt auch niemand daran gelegen/
ob er es wiſſe oder nicht/ ohne Zweiffel habens Leuthe gethan/ die niemahin auffs hoͤchſt
gereinigte Saltzen geſehen. Die Salia ins gemein/ ſo in allen Orten gefunden werden/
haben nicht ihre eigentliche Geſtalt/ wie ſie haben ſolten/ vnd haben doch ſelbigen/ wann
ſie auffs hoͤchſte gereiniget ſeyn. Dann das gemeine ſimpele Saltz/ wie es auß dem Meer
Waſſer/ oder Saltzbrunnen gemacht wird/ ſeine rechte ſignatur nicht hat/ auch wegen
vieler terreſtritaͤt nicht haben kan. Wann aber ſolches Saltz auffs hoͤchſte gereinigt/ vnd
alle feces davon geſcheiden. Alßdann kombt es mit ſeinemrechten Zeichen/ nemblich in ei-
nes Quadranten Geſtalt herfuͤr/ laͤſt ſich ſehen/ vnd zeigt vns an/ was thme fuͤr ein ſignũ
gebuͤhre/ vnd ehender gar nicht. Daß ſolches wahr ſey/ hab ich allbereit in meinem Tra-
ctaͤtlein/ De Natura Salium, erwieſen vnd gelehret/ wie ein jedes gemein Kochſaltz alſo zu
reinigen/ daß es nicht mehr ſchuͤppicht/ oder vngeſtalt/ dunckel vnd herb aſtringirend/ ſon-
dern in klein/ vnd groͤſſern Stuͤcklein/ gantz hell vnd klar/ als ein Chryſtall/ lieblich am Ge-
ſchmack/ vnd an Geſtalt allzumahl recht wuͤrfflicht/ oder viereckicht/ auch wie mans legt/
oder wirfft/ allezeit 4. Ecken oben auffſtehen/ einen Quadranten ſo gleich/ als wann es
mit einem Circul abgemeſſen/ vnd durch Fleiß vnd Kunſt alſo formiret worden: Gleich-
ſam als wolt es ſagen: Allhier ſehet ihr meine rechte natuͤrliche Geſtalt/ wie mir mein
Vatter/ die Sonne/ ſelbige in meiner Mutter Leib/ dem Waſſer/ gegeben/ die Erden hat
mir zwar ein rauhes Kleid angezogen/ nun aber iſt mir (Gott Lob) daſſelbe durch Kunſt
wieder außgezogen vnd zu vieler Krancken/ vnd geſunden Menſchen Wohlfahrt/ mir
meine rechte Geſtalt wieder gegeben/ erſcheine alſo itzunder/ gleichwie ich anfaͤnglich ge-
macht/ vnd werde nunmehr das meinige/ darzu mich Gott erſchaffen/ vnverhindert ver-
richten koͤnnen. Wann die Sonn am Firmament, durch zufaͤllige dinge/ ſolte vervnrei-
get werden/ daß dieſelbe ihren Schein gaͤntzlich verluͤhre: So waͤre es nicht muͤglich/ daß
einen einigen Tag/ etwas Lebendiges in der Welt ſeyn/ vnd bleiben koͤnte/ welches man
gewahr wird/ wann etwan eine Stunde lang der Mond/ zwiſchen vnſern Augen/ vnd
der Sonnen in ſeinen Lauff kombt/ da doch die Sonne an ſich ſelber gar nicht leidet/ noch
vervnreiniget/ ſondern an ſeinen zu vns werffenden lebendig machenden Strahlen/ nur
ein wenig verhindert wird. Macht dieſe geringe Hindernuͤß nun in der Welt ſo viel
Kranckheiten/ vnd andere Vngelegenheiten den Menſchen; Warumb ſolten dann die
feces,
[523]Metallorum \amp; Planetarum.
feces, dardurch das reine Saltz verdunckelt/ auß ſeiner Natuͤrlichen Geſtalt gebracht/
vnd vervnaͤdelt wird/ demſelben an ſeinen guten Kraͤfften nicht auch ſchaͤdlich vnd hin-
derlich ſeyn? Thut das grobe vngereinigte Saltz/ allen Menſchen vnd Viehe/ ſo viel gu-
tes/ wie vielmehr ſolte dann ein gereinigt Saltz/ gutes verrichten koͤnnen/ ich jederman
zu judiciren heimſtelle?
Weiln dann dem menſchlichen Geſchlecht ſo viel an einem gereinigten Saltz ge-
legen; So hab ich mir vorgenommen/ ein quantitaͤr deſſelben/ nach obbeſchriebener Wei-
ſe/ in meinem Tractaͤtlein De natura Salium, angezogen zu reinigen/ vnd vielen darmit
gntes zu thun.
Jch hoffe/ es werden den blinden Menſchen einmal die Augen auffgehen/ vnd ſe-
hen/ wie lang ſie von den blinden ſeyn geleitet worden/ vnd ihre Geſundheit hinfuͤhro beſ-
ſer in Acht nehmen. Es iſt doch immer eine ſchlechte Muͤhe vnd Koſten/ das gemeine
Kochſaltz von ſeiner terreſtritaͤt zu ſaͤubern/ rein/ klar/ lieblich/ vnd wuͤrfflich anſchieſſend
zu machen/ vnd ſolches ohne einigen Zuſatz frembder dingen/ ſondern allein durch ſolvi-
rung, filtrirung, vnd wieder coagulirung ſeines eigenen Spiritus.
Wann dann das Saltz alſo weit gebracht worden/ alßdann man ſagen darff/ daß
man ein ſolches reines Saltz habe/ wie es durch die reine Sonne/ in das reine Waſſer an-
faͤnglich gewircket. Wann die liebe Sonne am hohen Firmament gern allezeit das ihre
verrichten will/ vnd aber truͤbe dicke Wolcken ſich darzwiſchen legen/ vnd die warme
Sonnen-Strahlen auff halten/ daß ſie an ihrer guten Wirckung gehindert wird. So
kan man doch uͤber die Sonne nicht klagen/ weilen dieſelbe nicht/ ſondern die truͤbe Wol-
cken/ vns ihren Schein/ vnd Krafft hinterhalten.
Eben alſo iſt es mit einem Saltz zuverſtehen/ wann daſſelbe gern ſein beſtes thun
wolte/ vnd die terreſtriſche feces ſolches verhinderten. Darumb ſoll nicht dem Saltz/
ſoudern den zwiſchen gekommenen fecibus die Verhinderung/ der guten Wirckung/ zu-
gerechnet werden. Stuͤnde es ſo wol in vnſerer Macht/ die truͤbe Wolcken bißweilen von
der Sonnen zu treiben als wie die irdiſche feces von dem Saltz zu ſcheiden/ ſo wuͤrden
wir alle Jahr vns einen guten Sommer machen koͤnnen/ welches vns aber vnmuͤglich/
darumb Gott der alte Haußhalter/ ihme dieſes allein vorbehalten hat.
Die Signatur deß Salpeters betreffend/ ſo iſt dieſelbe auch gar vngleich/ vnd beſte-
het ſolche Vngleichheit darin/ nachdeme erwol/ oder uͤbel gereinigt/ viel oder wenig feces,
oder frembde Saltzen bey ſich hat. Dann/ wie er ins gemein geleuͤtert/ vnd zu dẽ Schieß-
pulver gebraucht wird/ ſo findet man ſolchen nimmer gantz rein/ ſondern allezeit noch mit
andern Salien vermiſchet/ welche Salia durch ſolviren, vnd wieder coaguliren, nach der
bekandten Weiß/ vnmuͤglich von dem reinen Salpeter zuſcheiden. Dahero auch kein Sal-
peter, welcher ſeine rechte ſignatur hat/ die ihme GOtt vnd die Natur gegeben/ gefunden
wird.
Dann/ wie wohl/ vnd fleiſſig man dieſen Salpeter, der auß den Vieheſtaͤllen ge-
graben/ durch ſolviren, vnd coaguliren, zu reinigen ſucht. So iſt es doch vnmuͤglich/ vnd
man
[524]De Signatura Salium,
erlanget dadurch doch nicht ſeine rechte ſignatur; Sondern wann man ſelbige herfuͤr
bringen will/ muß man auff dieſe Weiſe procediren.
Erſtlich muß man etliche Pfunden deß gemeinen Salpeters, durch ſolviren, vnd
wieder coaguliren, ſo gut reinigen/ als man kan. Dieſen gereinigten Salpeter ſoll man
in zwey Theil theilen/ den einen Theil/ mit einer weiſſen Letten zu globulos machen/ an
der Sonnen trucknen/ durch einen Glaͤſern beſchlagenen/ oder ſonſten guten Erden Re-
torten/ der die Spiritus haͤlt/ vnd nicht durchgehen laͤſt/ in einen groſſen Recipienten/ da-
rin Waſſer vorgeſchlagen ſey/ diſtilliren/ ſo geht ein reiner Spiritus Nitri uͤber/ der ſich
in das Waſſer ſetzet/ vnd ſich darin reſolviret. Den andern Theil deß behaltenen Salpe-
ters/ ſoll man in einem Tiegel/ durch Zuwerffung der Holtzkohlen/ Weinſtein/ oder Re-
puli Antimonii ſtellati figiren/ daß ein fewriges Saltz darauß werde/ welches mã durch
gemein Regenwaſſer ſolviren/ vnd filtriren ſoll. Von dieſem Liquore Nitri fixi ſoll
man nach vnd nach tropffenweiſe/ ſo viel in den uͤbergeſtiegenen ſpiritum Nitri gieſſen/
biß daß im Zugieſſen das Brauſen aufgehoͤrt/ vnd beyde widerwertige Naturen/ nem-
lich der Spiritus acidus, vnd liquor fixus Nitri, einander getoͤdet/ der Spiritus corroſivus,
ſeine corroſiv, vnd der fixe fewrige liquor, ſeine Fewrigkeit verlohren/ vnd alſo auß bey-
den wieder ein natuͤrlicher Salpeter geworden/ welcher zwar noch vngeſtalt/ darumb man
ſolchen Liquorem, der von beyden geworden/ in den Sand ſetzen/ vnd das vntuͤchtige
phlegma davon duͤnſten laſſen ſoll/ ſo lang vnd viel/ biß daß ein Haͤutlein oben auff wach-
ſen will/ als dann ſoll man das Glaß von dem warmen Sand nehmen/ vnd an ein kalt
Ort ſetzẽ/ ſo ſchieſſen in einer Nacht viel langſpitzige Strahlen/ davon man die Naſſigkeit
abgieſt/ vnd weiters auff dem warmen Sand/ biß auff ein Haͤutlein exhaliren laͤſt/ wel-
ches in der Kaͤlte wieder zu Salpeter ſchieſt. Den reſt kan man auff die truckne bringen/ vñ
an ſtatt gemeinen Salpeters gebrauchen. Die zwey erſte Anſchuͤſſe aber mit Regenwaſſer
noch einmal ſolviren, filtriren, vnd ſchieſſen laſſen/ ſo erlangt man einen uͤberauß ſchoͤnẽ
ſchneeweiſſen Salpeter, ſchmal oder duͤn/ doch langſchuͤſſig/ ohne Zackẽ/ oder hahrecht/ ſon-
dern recht eben vnd gleich/ als wann er durch einen Hoͤbel ſechseckicht/ in die Laͤngte/ ge-
hoͤbelt waͤre/ welcher des Salpeters natuͤrliche ſignatur præſentirt. Will man ſelbigẽ noch
reiner haben/ ſo kan man ſolchen gereinigten Salpeter wieder theilen/ vnd die Helffte zu ei-
nem Spiritu corroſivo diſtilliren/ die andere Helffte durch Kohlen figiren/ beyde con-
traria wieder zuſammen miſchen/ eins das ander zu toͤdten/ darnach filtriren, vnd in Sal-
peter, wie oben gelehret/ ſchieſſen laſſen/ ſo hat man einen ſolchen reinen Salpeter, darmit
in Medicina, vnd Alchymia wunderdinge außzurichten/ davon an andern Orten mei-
ner Schrifften zu ſehen. Wann alles wol verrichtet/ ſo ſollen alle Strahlen/ keine außge-
nommen/ recht/ ſtrack/ oder gleich/ ohne hobeln/ ſechseckicht ſeyn/ welches die rechte ſigna-
tur eines wahren gereinigten Salpeters iſt.
NB. So man aber einen fixen Liquorem Nitri eine lange Zeit an der Lufft ſtehen
laͤſt/ vnd hernach ad cuticulam abduͤnſtet/ ſo ſchieſſen kleine Sternlein/ auch ſechseckicht/
in die runde/ als wann jeder Zacke mit einem Zirckel/ gleicher Weite von dem andern/ ab-
gethei-
[525]Metallorum \amp; Planetarum.
getheilet waͤre/ ſo artig/ daß man ſich nicht genug daruͤber verwundern kan/ welche ſigna-
tur der vorigen gantz vngleich/ dann dieſe eirculrund/ ſechseckicht/ jene aber langſpitzig/
vnd ſechseckicht iſt. Gleich wie nun allhier von deß gemeinen Kochſaltzes/ vnd auch deß
Salpoters rechten ſignatur gehandelt: Alſo ſoll es auch mit den andern Salien verſtanden
werden/ wann neinblich ihre rechte ſignatur herfuͤr kommen ſoll/ ſollen vnd muͤſſen dieſel-
be von aller accidentaliſcher Vnreinigkeit erſt geſchieden werden.
Der Vitriol vnd Alaun, welche ſonſten allezeit knoppicht/ oder vngleich/ ſchieſſen
hernach/ wann ſie von ihrer terreſtritaͤt gereinigt/ ſchoͤn hell/ vnd Cryſtalliſch/ aber noch
ſchoͤner/ nach deme ſie wol oder noch beſſer gereinigt ſeyn/ vnd wann ſie auffs allerreineſte
gebracht werden/ ſo kommen ſie dem gemeinen Saltz gleich/ auch wuͤrfflicht herauuß/ a-
ber nicht ſo ſchoͤn/ vnd zierlich/ als von dem Kochſaltz geſchicht. Dabey zu ſehen/ daß die
Natur gern helffen/ vnd zur perfection bringen will/ wann man ihr nur durch die Kunß
zu Huͤlffe kombt.
Ehe daß ich aber dieſes Tractaͤtlein de Signatura Salium beſchlieſſe/ finde ich gut/
zuvorn anzuzeigen/ wie weit dieſe beyde Woͤrtlein/ SOL vnd SAL, in Wuͤrdigkeit von
einander ſeyn.
Bey dem Woͤrtlein SOL, iſt der Circulus zweymahl/ vnd nur ein halber Qua-
drant, dann dann das O, iſt ein gantzer Circul, vnd das S. auch ein gantzer/ alſo zu verſte-
hen/ wann man die beyde halbe Circul im S. vmbkehrt/ wieder zuſammen ſetzet/ ſo machen
diebeyde halben auch einen gantzen: Dann wann man einen gantzen Circulum an ei-
nen Ort/ entweder oben oder vnten/ auffſchneidet/ vnd die eine Helffte vmbkehrt/ ſo gibt
der Circulus ein rechtes S. iſt alſo das S. fuͤr 2. halbe Circulis, die einen gantzen machen/
zu rechnen/ vnd das L, ein halber Quadrant. Bey dem Woͤrtlein SAL aber iſt der Cir-
cul auß dem S nur einmahl/ vnd der Quadrant auß dem A vnd L auch einmahl zu
nemen/ darauß zuſehen/ daß das Saltz von guter temperatur, nemblich halb vnd halb
auß elementiſchen vnd irrdiſchen zuſammen geſetzet ſey. Die Sonne aber viel reiner/ vnd
edler/ als das Saltz befunden wird/ jedoch nicht gantz rein/ wie ſolches das L, als ein hal-
ber Quadrant anzeigt. Gantzrein aber kan die Sonn e nicht ſeyn/ wie ſie dann auch nicht
iſt/ vnd kan ſolches durch ein groſſes Perſpectiv, daß nemblich einige ſchwartze Flecken
daruͤber hin vnd her ſchieſſen/ genugſamb wahrgenommen werden. Gantz perfect darff
ſie auch nicht ſeyn/ dieweiln die voͤllige perfection GOtt allein/ vnd keinem Geſchoͤpffe/
gleich wie die Soñe iſt/ zugehoͤret. Daß aber die Sonne/ vnter allen Geſchoͤpffen Gottes/
das aller reineſte iſt/ kan niemand wiederreden: Dahero ihrer viel vnter den alten Heid-
niſchen Philoſophis die Sonne fuͤr GOtt ſelbſten gehalten/ haben aber weit geirret/ vnd
nicht gewuſt/ daß neben der ewigen/ vnd vngeſchaffenen/ auch eine geſchaffene vergaͤngli-
che Sonne ſey. Die ewige vngeſchaffene Sonne iſt GOtt der Allmaͤchtige ſelbſten/ ein
Schoͤpffer der elementiſchen leuchten den Sonnen/ welche an der Welt Ende/ nach Chri-
ſti Wort ſelbſten/ auch wieder vergehen ſoll. Alſo iſt auch zweyerley Saltz/ nemblich ein e-
wiges/ Goͤttliches/ vnd himmliſches; vnd auch ein irdiſches vergaͤngliches. Vnd gleich-
S s swie
[526]De Signatura Salium,
wie auch dem ewigen Liecht/ vnd himmliſchen Goͤttlichen Saltze/ ein H. Geiſt/ die kalte
verfinſterte Hertzen zu erwaͤrmen/ vnd zu erleuchten/ vnd der Menſchen Seelen fuͤr deß
Satans Argeliſt/ Mord/ vnd Betrug zu bewahren/ außgangen: Alſo gehet auch auß/ von
der elementiſchen Sonne oder Fewer/ vnd terreſtriſchem Saltze/ ein edler Saltzgeiſt/ die
Leiber der Menſchen darmit zu ſtaͤrcken/ fuͤr vielen zu faͤlligen ſchaͤdlichen Kranckheiten zu
bewahren/ vnd bey guter Geſundheit zu erhalten. Jſt alſo eine ewige Goͤttliche Sonne/
himmliſch Saltz/ vnd Heiliger Geiſt: Vnd auch ein elementiſche vergaͤngliche Sonne/
Saltz/ vnd Geiſt. Vnd ſeynd wir ſchuldig/ das ewige zu lieben/ loben/ ehren/ anzubeten/
vnd vnſer Seelen Seligkeit demſelben zu befehlen. Das zeitliche vergaͤngliche aber/ ſol-
len wir mit Danckſagung genieſſen/ vnd zu vnſerer Notturfft gebrauchen.
Folget hierauff vorangezogene/ des HerrnGomeſii, Expli-
cation, uͤber das Woͤrtlein ἅλς, oder SAL.
SEd antequàm ad divinos hujuſmodi locos enodandos accedamus, divino Numi-
ne, \amp; gratia Spiritus, quem unicè invocamus, refundi nos oportet. Ut quod nulla
augurali ſub faba, \amp; divinatione prænoſci poteſt; divino tandem afflatu, ac inſtinctu
duce, non aberrantes, exponamus. Cùm in tanta, adeoq; ineffabili divinorum tracta-
tione, ſi fortè (quod abſit) erraverimus, nulla nobis venia; ſin autem rem piè, feliciter-
q́ue proſequuti fuerimus, ſoli Deo, atque ſummo Salis datori Chriſto gratia \amp; univer-
ſa laus ſit tribuenda.
De primo igitur oſtendendum, quia ſit cœleſtis Sal, quonamve pacto à terreſtri,
de quo egit Chriſtus in Evangelio, diſtinguatur. Ac quoniam Evangelica Chriſti ver-
ba magnam nobis ad dicendum de ipſo vim addunt: haud inconcinnum fore arbitra-
mur, ſi Chriſtum, qui ut Apoſtolos majores noſtros perinſigni titulo decoraret, vo-
cavit Salem terræ: nos ipſum, ſummum, atq; intemeratum Salem cœli appellemus. Vix
enim eſt ex tam multis inferioris naturæ comparatis, quod ad divinam adumbrandã,
vim, ac efficientiam Salis hac in parte præcurrat. Eſt namq́; Chriſtus, ipſiuſq́; beatiſſi-
ma humanitas, unicum cœleſti beatorum menſę appoſitum ſalillum. In quo Saleſt ple-
nitudo ipſius Divinitatis infinitæ, inexhauſtæ, atq́; interminatæ: quæ \amp; cœlum, \amp; ter-
ram cum omnibus, quæ in eis funt, tum infinitè redundans impler; tũ rurſum con-
diens ſeſe ad captum noſtrum, univerſis etiam ſuaviſſimè deguſtanda exhibetur. Ab
ea quippe, cuncta, quæ ubiq; ſunt, \amp; quæ fuêre unquam, atque ullo poſt tempore e-
runt; \amp; ſuum ipſa eſſe, \amp; quod perfecta ſint, \amp; ſine qua nulla eſſent, pro optimo, divi-
noque ſui condimento, atque ut conditori ſaperent, acceperunt.
Hanc itaque Divinitatem, unam \amp; eandem tribus communicatam Perſonis, Sal
ſuo, quo in una ſyllaba conſtat trium literarum nomine, tàm Græcè quàm Latinè,
quodammodò exprimere, ſeu potiùs adumbrare conatur. Nam licet Chaldaicis, Hæ-
braicisq́; in literis præcipuè (quòd iis loquutus ſit Deus) ſacra incluſa ſunt, atq́; divi-
nitùs impreſſa Myſteria: non tamen his omnino vacant elementa linguarum, præſer-
tira
[527]Metallorum \amp; Planetarum.
tira Græca, quæ ab illis \amp; derivata fuêre, \amp; conſtructæ ex his voces, rebus, nonpro ar-
bitrio, ſed ab earum proprictate, ut Platoni Græcorum maximo placuit, impoſitæ. Si-
quidem infinitatem, atq́; immenſitatem divinam, Græcis literis expreſſam, \amp; explica-
tam fuiſſe, Apoc. 1. oſtenditur; ubi Joannes Chriſtum dominum de ſeipſo prædicantem
vidit, audivitq́;. Ego ſum α \amp; ω Principium \amp; finis. Nam quemadmo dum Sol dum le-
via \amp; perſpicua luce ſua attingit; ab his protinus redditur ipſius imago \amp; ſplendor;
ita cœleſtis, atque infinita divinitas, cuncta bonitate ſua quaſi ſplendore perfundens,
nonmodò rebusipſis, verùm etiam \amp; literis, quibus res eluceſcunt, ac perſpicuæ fiunt,
impreſſum ſui veſtigium relinquit: quale in Sale quidem Græcis deſignato notis ineſ-
ſe reperimus. Nam quod Latinè Sal, idipſum Græcè, ἅλς dicitur: iisdem ipſis utrobiq́;
literis, licèt commutato ordine, expreſſum: atque cum tres illæ ſint unatantum ſyllaba
prolatum. Sed Græca vox utrumq́; exprimit apertius.
Eſt enim prima ejus nota α quæ ab infinita rotunditatc, duobusveluti cornibus,
in conſequentes literas produci videtur. Quæ nota cum ſacroſancta, divinaque illa
Triade collata, primam ejus perſonam, immenſiſcilicet Patris, deſignat. Qui tũ, ἅλφα,
utpote principium eſt ſeipſo infinitum; tum idem duobus ex ſe productionibus, aliis
divinis Perſonis naturam ſuam effundit, atque infinitè communicat: quarum alterâ,
videlicet generatione, Filium; altera verò, nempe ſpiratione, unà cum Filio, Spiritum
Sanctum producit Quin \amp; ut ipſummet α oſtendit, æternam illam, infinitam, atque
interminatam ejuſdem ſummi Patris potentiam divina quædam ipſius operacio con-
ſequuta eſt, qua idem extempore, ab omnipotenti infinitate ſua, ſeſe ad univerſa pro-
creandum effudit. Utpote dum etiam duobus cornibus, benedictionibus inquam, al-
tera, creatione rerum; altera verò earundem conſervatione; \amp; per omnipotentis Filii
ſapientiam, \amp; perſacri Pneumatis bonitatem, creaturis omnibus eſſe impertitur.
At, quæ media ſequitur λ. nota eſt ſuavitate plena: quæ dum ore rotundo. \amp; ad
hilaritatem compoſito profertur; tum figura ipſa non admodum eſt vero circino dis-
ſimilis. Nam à ſuperiore angulo duo deorſum tendẽtia latera trianguli figuram, abſq́;
baſi tamen, ſine termino, videntur efficere, ut ipſamet litera exprimit. Quæ rurſum no-
ta ad illam eandem Triadem relata, ſecundam ejus perſonam, Filium ſcilicet, ſuaviſſi-
mo Patris ore prolatum verbum repræſentat. In quo duæ æternæ, ut vocant, relatio-
nes, quaſi duo infinita latera, reperiuntur: altera, qua ad Patrem, à quo æterna ſui gene-
ratione procedit; altera, qua in Spiritum Sanctum, quem una cum Patre ſpirat, æterna,
\amp; infinita habitudine, ſineque ulla intermiſſione refertur.
Sed neque eidem notæ λ æterno inquam, Dei Filio, mediatori Dei, \amp; hominum
Chriſto, ſua etiam beneſicentiſſima in tempore actio defuit: Ut qui divinitatem \amp; hu-
manitatem complectens, lapis que angularis ipſe factus; utrumque parietem, Iſraëliti-
cum videlicet populum cum Gentili, quaſi duo latera connexuit. Unde tam munitum,
adeoq́; tutum utrique in ſeipſo condidit aſylum, ut confugientes, mortiferam perpe-
tuæ damnationis ſententiam evaderent.
S s s 2Demum
[528]De Signatura Salium,
Demum hoc ipſum monoſyllabum ς concludit. Hæc quippe nota ſinuoſa qua-
dam, atque circumflexa hinc inde ducta linea deſignatur, quæ à duabus extremitati-
bus in ſui medium progreſſa, duos diſtinctos, quaſiſemicir culos deſignat; è quibus
duci ipſa, atque conſtitui oſtenditur. Quod lineamentum, cùm illa ipſa triade compa-
ratum tertiam divinam perſonam, nempe Spiritum Sanctum, adumbrat. Is namq; Spi-
ritus ab utriuſque, Patris ſcilicet, Filiiq́; ſinu, unica, eademque ſpiratione procedens,
duas diſtinctas perſonas illas, quibus \amp; coæqualis, \amp; coæternus eſt, ſic infinito amo-
ris ſui nexu connectit, ut ipſo diſtincta perſona manens, unà cum illis, in ſimpliciſſi-
ma, individua, atque immenſa natura conveniat.
Ve ùm enim verò ut aliis perſonis; ita \amp; Sacroſancto Spiritui ſua ex tempo-
re communicatio attribuenda eſt: quæ mirè exprimitur per ejusdem literæ ς ductum:
ſi tamen inferam ejus extremitatem, quæ ab anterioribus monoſyllabi literis quaſi
oriri videtur, conſideremus. Nempe quonam illa pacto, quoad nos, primò in dexte-
râ porrigatur: deinde à dextera in lævam, ſinuoſo ductu paululum aſcendendo con-
torqueatur: atque inde tandem, ſimili ſequente obliquitate, rurſum in dextram deſi-
nat. Etenim ſacer idem ipſe Spiritus ab æternis illis, ac infinitis duabus perſonis, qua-
ſi ab immenſo infinitatis fonte progreſſus, dum in tempore dona ſua mundo com-
municat, ea primùm in derteram, hoc eſt, in corda hominum, ad eos divino legis na-
turæ lumine illuſtrandos, \amp; imbuendos effudit. Deinde eodem ipſo remanente lu-
mine, quaſi à dextra in lævam paululum aſcendendo deflectens, Moſaicam legem di-
gito Dei, hoc eſt, ſe dictante, ſoriptam, Iſraëliti[s] protulit. Poſtremò relicta Moſai-
cæ legis læva, in dexteram revolutus, Evangelicam legem à Chriſto Servatore latam
ſuo ſapientiſſimo, amantiſſimoque gratiæ Sale condidit.
Ex quibus, quod ad rem pertinet, apparet tres illas Salis literas unam conſtitu-
entes ſyllabam: ac rurſum hanc ipſam eiſdem illis tribus explicatam, indicaſſe nobis,
in Sale eſſe impreſſum veſtigium aliquod illius ſacroſanctæ, atque individuæ Triadis,
quam in monade peræquè, ac monadem in Triade veneramur.
Quam quidem Triadem, ut infinitam, utque æternam, ac ineffabilem rem quã-
dam, ignotam ferè, \amp; incomprehenſam habuiſſemus; \amp; quaſi remotiſſimum Salem,
nullo unquam humano, angelicove anteà deportatum ſalino, intactum reliquiſſe-
mus; niſi tandem divina ejuſce Triadis Perſona Verbum, divinitatem tantam in aſ-
ſumpta à ſe humanitate tanquam in ſalino Salem, nobis deguſtandam obtuliſſet.
Namque hoc ipſum ſalinum, tum figura, \amp; æterno ſplendore Patris cælatum; tum
vermiculatis paſſionis ſuæ notis compunctum, \amp; illuſtratum; atque ſanctiſſima et-
iam ſacris Spiritus unctione decoratum, cœleſti beatorum menſæ ſemper eſt appoſi-
tum; ad ipſorum eſcam ſolemneſque epulas, æterno, àtque ineffabili modo condien-
das. Utpote cùm in eo prorſus reconditi ſint divini omnes, ſuaviſſimique æternæ ſa-
pientiæ ſapores, \amp; guſtatus excellentiſſimi. Eſt enim ipſemet Chriſtus, cæleſtis, opu-
lentiſſimique convivii non modo conditor ſapientiſſimus; ſed ipſummet etiam con-
dimen-
[529]Metallorum \amp; Planetarum.
dimentum, atque condita res, \amp; eſca, quæ apponitur. Per ipſum enim cœleſtis ejus Pa-
ter Rex Regum, ac dominus dominantium magnificéntiſſimus, qui nos ex ſua bonita-
te, atque ut bona ſua amat, univerſo creaturarum populo ampliſſimum Salis congiari-
am, hoc eſt, ſuæ præ ſtantiſſimæ gratiæ auxilium ad ſe inquirendum, cœleſtiaq́; appe-
tendum, dat liberaliſſimè. Sanè, ut qui ad cœleſte epulum ſunt vocati, congiario illo ſe
ad hoc veniendum, in eoq́ue feliciſſimè accumbendum præparent: ſi verò ut fatui ve-
nire renucrint, ſublato ab eis congiario, ſempiterna pœna mulctentur. Qua in re non
aliter ſe utrique habere videntur, quàm carnes cum oſſibus, quæ ſimul in ollam cum
aqua \amp; Sale ad ignem decoquenda immittuntur: atque illa poſt ad menſam appo-
nuntur. Ex quibus oſſa, cùm neque Sale condiri, neque aqua emolliri poſſint, in-
fra menſam ſtatim canibus comminuenda projiciuntur: carnes autem, quia tene-
ritatem ex calore, \amp; aqua, condimentum verò à Sale acceperunt, puriore men-
ſæ Sale denuò conſperſæ, ſumma cum voluptate eduntur. Sunt enim ut oſſa carni-
bus, ſic etiam bonis permixti mali. Quorum hi, cùm neque divinum gratiæ Sa-
lem reguſtare, neque luſtrali aqua dilui, ac emolliri, neque cœleſtis verbi calo-
re accendi adres divinas voluerint; ſeveriſſimo magni præguſtatoris atque menſæ
præfecti Chriſti judicio igni, vel cruciatibus reſervantur convellendi. Quos ille,
præduritie, obſtinatos, præque indignitate fatuos, inſulſiſſimos, cœleſtique
menſa indigniſſimos invenient, de medio juſtorum divellit, atque in profundum
barathrum, rapaciſſimis Inferni carnibus perpetuo conterendos, detrudit.
At verò boni, qui non ſolum priore, ſed poſteriore etiam Sale, divina in-
quam, antecedenti (ut no ſtri ajunt) \amp; conſequenti gratia conditi fuêre; ac non
modo virtutibus ornari, ſed ardentibus cruciamentorum hujus vitæ undis ſe ex-
tergi, exurique pro Chriſto paſſi ſunt: nos tanquam perdignas menſa carnes idem
præguſtator offerens Deo Patri, novo gloriæ Sale perfundit: ac licet advenas \amp;
peregrinos, inter angelicos \amp; cœleſtes cives ſimul diſcumbere; \amp; peræqua cum his
donari beatitudine \amp; manſione jubet. Quamvis tamen vario promerendi curſu ad
unam illam \amp; eandem felicitatem utrique perveniant. Nam ex quo ſuperni illi ci-
ves angelici, ab ipſo rerum exordio, \amp; cùm primum eis contigit plena optio, cœ-
leſtes venturi Chriſti cœnas meridianis inſolentiſſimi Luciferi prandiis prætulerunt;
oppiparas quidem illas, atque, utvocant, ſaliares, cum ſuaviſſimo gratiæ Sale con-
ditas, tum ſplendidiſſimo gloriæ lumine colluſtratas, conſequi meruerunt. At ve-
rò terrarum incolæ, ac cœlorum advenæ homines tam gravi mole corporis op-
preſſi, denſiſſimisque toti ignorantiæ tenebris obvoluti; tam longum iter ad patri-
am longè tardiore greſſu confecerunt. Non enim his ſub ipſo creationis termi-
no conſecuto momento, univerſa totaque ſimul meriti occaſio ſeſe arripienda obtu-
lit. Sed ipſos hanc potius, continua, diutinaque vitæ periodo, uſq́; ad ejus exitum, ſtu-
dioſiſſimè, laborioſiſſimeq́; captare oportet: præterquam quod tam arduum, adeoq́ue
S s s 3aſpe-
[530]De Signat. Salium, Metallor. \amp; Planetar.
aſperum, atque mille præ cipitiis expoſitum iter ad patriam, tam magnas ubiq; pe-
regrinis curas afferat, in tam graves ſæpe animi angores, ac ſolicitudines eos indu-
cat; ut planè, non tam humani laboris, ſeu conatus, quam divini Numinis ſit, pertgri-
nos aut non deficere in via, aut non à vero quandoque ſcopo, ſeu viæ termino aber-
rare. Quod paſſim utique omnibus contingeret; niſi conſtitutus à divino Senatu toti-
us orbis parochus Chriſtus, qui ubivis peregrinis ſuis Salem, \amp; ligna præbet, ipſos tũ
reficeret, ac recrearet, tum in viam, quæ nos ad eandem cœleſtem patriam dirigit, re-
duceret.
Dieſes ſey alſo auff dißmahl genug/ von der Signaturâ Salis, Metallorum, \amp; Pla-
netarum, wann man den Sachen nur fleiſſig nachdencket/ wird man we[i]t darmit kom-
men. So GOtt will/ vermeyne ich ins kuͤnfftige auch ein Tractaͤtlein/ de Signaturâ Ve-
getabilium, Animalium, \amp; Mineralium herauß zu geben/ darinnen auch viel guter
Nachrichtung zu finden/ vnd allen Staͤnden nuͤtzlich vnd gut zu leſen ſeyn wird.
O du Ewiger/ Allmaͤchtiger/ Guͤtiger/ vnd Barmhertziger GOtt Vatter/ Fewer/
Liecht vnd Sonne der Gerechtigkeit/ erleuchte vnd erwaͤrme alle ſchlaffende/ finſtere/ vnd
kalte menſchliche Hertzen/ damit ſie dich zu ſehen/ zu kennen/ zu lieben/ vnd zu foͤrchten/
vnd fuͤr alle empfangene Gutthaten/ dir hertzlichen Lob/ vnd ſchuldigen Danck zu ſagen/
einmal auffwachen/ munter/ vnd ſehend werden moͤgen.
O du ewiges Wort GOttes! du liebliches/ heilſames/ wolſchmaͤckendes/ himmli-
ſches Saltz Jeſu Chriſte, labe vnd erquicke vnſere krancke Seelen/ durch dein Goͤttliche
erhaltende Krafft/ damit wir ſtarck werden/ vnd vns weder Todt/ noch Teuffels Gewalt
ſchaden koͤnne.
O du Heyliger Geiſt! einiger Fuͤhrer/ vnd Leyter zur Warheit/ der du von dem
Goͤttlichen/ ewigen Fewer/ vnd himmlichen Saltze/ auß gangen biſt/ troͤſte alle trawrige/
in dieſem gifftigen Moraſt/ vnd Jammerthal/ vnter lauter zerreiſſende Woͤlffe/ in der
Jrr gehende/ vnd verlaſſene Schaͤfflein/ ſtaͤrcke dieſelbe/ damit ſie ihr Kreutz alhier ge-
duͤltig tragen/ ſcheide ſie einmahl von den ſtinckenden Boͤcken/ vnd fuͤhre ſie endlich zu
den außerwehlten/ auff eine himmliſche gruͤne Awen/ allwo das ewige Liecht vnablaͤſſig
zu ſehen/ das Saltz der Himmelen zu koſten/ vnd die Voͤlle Goͤttlichen Fridens/ Gnade/
vnd Barmhertzigkeit/ ewiglich zu genieſſen/ Amen.
ENDEDe Signaturâ Salium, Metallorum
\amp; Planetarum.
Troſt
[531]
Troſt
Der Seefahrenden:
Darinnen gele hret vnd angewieſen wird/ wie ſich die Seefah-
rende vor Hunger vnd Durſt/ wie auch ſolchen Kranckheiten ſo ihnen
auff langwiriger Reiſe begegnen moͤchten/ verſorgen vnd bewahren
koͤnnen.
Guͤnſtiger Leſer.
CHriſtus vnſer Seligmacher/ hat vns eine Lehr vorgeſchrieben/ nemb-
lich daß wir vns gegen vnſern Nechſten alſo verhalten/ gleich wie wir
gern hetten/ daß er ſich gegen vns verhielte/ vnd denſelben alſo lieben
ſolten/ gleich wie vns ſelbſten/ vnd ſolches/ als den euſſerſten Willen
GOttes/ daran das gantze Geſetz vnd Propheten hangen/ vns auffs
hoͤchſte recommendiret. Obwohlen nun dieſes von gar wenig Men-
ſchen betrachtet/ ſondern ein jedweder nur das ſeinige ſuchet/ ſo finden ſich doch noch eini-
ge/ welche ſolches beobachten/ vnd ſo viel muͤglich/ ihrem Nechſten zu dienen Gelegenheit
ſuchen/ vnd weiln ſchon deren einige moͤchten gefunden werden/ die ihren Nechſten alles
Gute goͤnnen/ vnd gern mit Rath vnd That behuͤlfflich ſeyn wolten/ ſo iſt es ihnen nicht
allen gegeben/ dann niemand mehr geben kan als er hat; Etliche aber/ die wohl geben vnd
helffen koͤnten/ die ſeynd gemeiniglich geitzig vnd mißguͤnſtig/ vnd guͤnnen niemands
nichts Gutes als ihnen ſelbſten/ dieſe Art der Menſchen werden am meiſten in der Welt
[i]tzunder gefunden/ darumb die liebe gegen den Nechſten auch gantz verloſchen. Diewei-
len dann GOtt der Allmaͤchtige mir auß ſonderbahren Gnaden ein kleines Pfuͤndlein/
die Secreta der Natur zu ergruͤnden/ (ohne Zweiffel zu dieſem Ende meinem Nechſten
darmit zu dienen) verlichen: wie ich dann/ ohne Ruhm zu melden/ mein von GOtt verli-
henes Talentum nicht begraben/ ſondern das ſelbige ſtuckweiß von Jahren zu Jahren
meinen Nechſten zum beſten ſchrifftlich verfaſſet/ vnd wohl meynend heraußgegeben/ vnd
auch ins kuͤnfftige/ ſo viel die Zeit zulaſſen wird/ noch ein vielmehrers vnd beſſers herauß
zugeben entſchloſſen. Nach deme mir nun einige beſchriebene Schiffartten nach Oſt-vnd
Weſt-Jndien/ vnd andern weit abgelegenen Orten vnterhanden kommen/ darauß ich
mit Verwunderung erſehen/ was auff dem Meer fuͤr groſſe Gefahr nicht allein wegen
der
[532]Vorrede.
der Mege groſſer Feinde vnd Seerauber/ oder auch groſſem Vngeſtuͤmm/ die ihnen auff
dem Meer begegnen moͤchte/ dardurch das Schiff mit allen lebendigen Creaturen/ vnd
was darinnen iſt/ zu grund gehet/ vnd viel andern Gefaͤhrligkeiten mehr dieſelbe vnter-
worffen. Vnd nach deme ich alle ſolche Gefaͤhrligkeiten betrachte vnd wol examinire, ſo
iſt mir keine ſchwerer oder vnertraͤglicher vorkommen/ als Hunger vnd Durſt/ oder Man-
gel an Eſſen vnd Trincken/ welchen ſie bißweilen (wann das Schiff vervngluͤcket) leiden
muͤſſen; dann wann der Feind ein Schiff vbermeiſtert/ ob ſchon des Gut verlohren geht/
ſo werden doch gemeiniglich die Menſchen beym Leben erhalten/ welche wieder ander
Gut erwerben koͤnnen/ vnd wann dieſelbe vom Feind auch ſolten getoͤdet werden/ ſo hat
ihr ſchmertzen doch bald ein Ende; wann aber durch vngluͤckliche Beyfaͤlle den Menſchen
Brod vnd Waſſer mangelt/ vnd in ſolche Noht gerathen/ daß ſie einander bald ſelber
ſchlachten vnd verzehren moͤchten/ alßdann iſt das Vngluͤck am groͤſten/ vnd ſolte man
lieber todt ſeyn/ als ſolches Elend vnd Extremiteten außzuſtehen. Obwohl nun dieſes
ſo offt nicht geſchicht/ ſo geſchicht es doch deſto oͤffter/ daß ſie Mangel an Waſſer bekom-
men/ vnd groſſen Durſt leiden muͤſſen. Nun ſolte man billich mit ſolchen nothleidenden/
auß Barmhertzigkeit ein Chriſtlich Mitleiden haben/ wer kan aber auff der weiten wil-
den See helffen? dieweil dann deren an der Seegraͤntzenden Laͤnder Wolfahrt/ darin-
nen gemeiniglich kein Wein/ Korn oder Miner alien fallen/ wie in Hochdeutſchland vnd
andern Orten/ ſondern allein in der Schiffart beſtehet/ ſo iſt ja viel daran gelegen/ daß
dieſelbige/ ſo viel muͤglich/ befoͤrdert werde. Derohalben ich der Sach nachgedacht/ vnd ſo
weit gefunden/ daß man ſolcher Noth/ nemlich/ Mangel an Eſſen vnd Trincken/ bey Zei-
ten vorkommen vnd ſich etlicher Maſſen darfuͤr verſorgen kan. Nemblich wann
man ſolche Dinge mit auff die Schiffe nimbt/ welche mehr Krafft den Hunger
vnd Durſt zu ſtillen/ als das gemein Brod vnd Waſſer/ vnd nicht allein dieſes/
ſondern die gemeine Schiff-Kranckheit/ der Schorbock/ (welche die Schiffart biß-
weilen auch verhindert) kraͤfftig kan begegnet vnd vorkommen werden: wann man
zur Vorſorge (neben dem gewoͤhnlichen Proviant) dieſer Materi auch ein Theil
mit auff das Schiff naͤhme/ im Fall der Noth/ wann etwan das Schiff durch contrari-
Wind verſchlagen/ oder ſonſten durch andere vngluͤckliche Zufaͤlle an der Reiſe ver-
hindert/ vnd laͤnger/ als Rechnung gemacht/ vnter Wegs ſeyn muͤſte/ ſolches anzuta-
ſten vnd ſich deſſen zu gebrauchen haͤtte. Es waͤre wohl zu wuͤnſchen/ daß es nimmer
ſo weit kaͤhme/ daß man dieſer Materialien noͤthig auff den Schiffen haben moͤchte/
weilen aber das alte Sprichwort lautet; gut Auffſehen oder Vorſorge kan nichts
ſchaden; ſo iſt es dann allezeit beſſer/ man habe etwas vbrig/ das man nicht
brauchet/ als daß man etwas mangelt/ das man noͤtig zu brauchen haͤtte: was das nun
fuͤr Materialien ſeyn davon allhier gemeldet/ vnd wie dieſelbe im Notfal gebraucht werdẽ/
habe ich gut gefunden/ ſolche meinem Nechſten zu Dienſte vnd Wolfahrt zu communi-
ciren, nicht zweifflende/ dieſe Invention bey der Schiffarth viel gutes außrichten wer-
de.
Die
[533]Vorrede.
Die Vrſach aber welche mich dahin beweget dieſes Buͤchlein zu ſchreiben/ wird der
Guͤnſtige Leſer auß dem vorher gehenden/ nemblich die Liebe gegen den Naͤchſten) albereit
verſtanden habẽ. Vnd daß ich aber ſolches nicht beſonder allein an einige wenige ſchrifft-
lich communicirt, ſondern in dem offenbahren Druck gehen laſſen/ habe ich gut zu ſeyn
erachtet/ auff daß dem Menſchlichen Geſchlechte/ vnd ſonderlich den Seefahrenden/ wie
auch Krancken ſolche herrliche vnd hochnuͤtzliche Inventiones, nicht nur einem/ ſondern
vielen zu Huͤlff vnd Troſt gereichen moͤchten. Zweiffele auch gantz nicht/ dieſe meine Wol-
memung werde den Seefahrenden nothleidenden ein groſſer Troſt vnd Labſal oder ein
ſolches Præſervativum ſeyn/ dardurch ſie mancher Gefahr vnd Noth enteuſſert/ oder de-
ren hinfuͤhro verſichert ſeyn koͤnnen/ dann dieſe Mittel/ ſo ich allhier gegen Hunger/
Durſt vnd Schiffkranckheiten werde anweiſen/ alſo beſchaffen ſeyn/ daß ſie das jenige/ ſo
ich ihnen zuſchreibe/ volkoͤmlich verrichten werden. Alſo daß viel tauſend Menſchen Nu-
tzen vnd Dienſt davon haben werden/ ſo lang die Welt ſtehen wird/ deſſen ſich billich alle
Seefahrenden wie auch Krancken erfrewen/ vnd GOtt dem Allmaͤchtigen behoͤrlichen
Danck zu ſagen ſchuldig ſeyn. Vnd ſo einer oder der ander an dem Succes zweiffeln ſol-
te/ (welches doch ſo klar vnd vnwiederleglich dargezeigt wird) ſo ſtehet ihm frey/ Proben
davon zu machen/ vnd ſich der Warheit zu verſichern/ ehe er ſeine Rechnung oder Zuver-
laß dar auff machet/ welches ja leichtlich mit wenigen kan probiret oder verſuchet werden/
vnd ſolches nicht allein auff dem Waſſer vnd Schiffart/ ſondern auch auff dem Lande zu
Hauß bey geſunden vnd krancken Menſchen. Wolle derohalben niemand ſo vnbeſonnen
darein plumpen vnd das jenige verachten das er nicht verſtehet oder begreiffen kan/ ſon-
dern zuvorn das Werck auff die Proba ſetzen/ vnd ſehen was darhinden ſey/ ehe ers ver-
achtet oder ein vnreiffes Vrtheil daruͤber faͤlle/ auff daß ihn ſein Vorwitz oder ſelbſt ein-
gebilde Weißheit nicht betriege vnd zu ſchanden mache/ wann die Prob ein beſſers dar-
gibt als er ihm haͤtte einbilden koͤnnen.
Daß ich aber an etlichen Orten etwas obſcur ſchreibe/ vnd nicht alles ſo klar geſe-
tzet/ daß es ein jedweder begreiffen kan/ wolle ſich niemand daruͤber verwundern/ dann ich
meine gewiſſe Vrſachen habe warumb ſolches geſchicht. Es iſt doch niemand darbey ver-
kuͤrtzet. Weiln den einen Weg als den andern ſolche Puncten erklaͤrt/ vnd nach mir blei-
ben werden. Wolle alſo der guͤnſtige Leſer das jenige ſo er hierin beſchrieben findet/ als ein
groſſe Gabe Gottes in Frieden auff vnd annehmen/ ſpuͤhre ich daß dieſes angenehm vnd
GOtt ſolches zulaͤſt/ ſoll ein mehrers folgen. Jch erbiete mich auch gegen alle die jenigen/
die es noͤtig haben moͤchten/ obgedachte Medicamenten fuͤr Hunger/ Durſt/ vnd alle
See-Kranckheiten in guter Quantitet zuzurichten vnd bereiten zu laſſen/ alſo daß der-
ſelben Jederman genieſſen vnd Dienſte davon haben moͤchte. Jſt nun dem einem oder
dem andern daran gelegen/ ſo wird er ſich bey dem jenigen/ deme ich dieſe Medi-
camenta zu bereiten/ vnterhanden geben/ anzumelden/ vnd ſich derſelben zu bedienen
wiſſen. Jch ſuche hierinn mein eygenes gar nicht/ bin zu frieden/ daß ich meinem
Nechſten auß Chriſtlicher Liebe nur dienen vnd helffen moͤge. Jſt meine Wohlmei-
T t tnung
[534]Vorrede.
nung ſchon nicht bey allen vnverſtaͤndigen/ groben/ vndanckbaren Menſchen ange-
nehm/ ſo iſt es doch GOtt angenehm/ welcher vns befohlen hat/ einander zu lieben
vnd gutes zu erzeigen/ welcher auch zu ſeiner Zeit durch fromme vnd danckbare Gemuͤ-
ter meinen nach gelaſſenen Kindern ſolches wird genieſſen laſſen/ daran ich nicht zweiffe-
le/ vnd darmit gar wohl zu frieden bin vnd bleibe.
Troſt der Seefahrenden.
AVff daß wir nun zum Werck greiffen/ vnd anzeigen/ was
das fuͤr Stuͤcke ſeyn/ welche auff den Schiffahrten hochnuͤtz-
ich zu gebrauchen/ vnd man ſich ſo wol deß Hungers als
Durſtes/ wie auch Kranckheiten/ darmit befreyen oder er-
wehren koͤnne/ ſeynd anders nichts/ als ein concentrirtes
oder in die engegezogenes Korn vnd Waſſer/ das concen-
rrirte Korn fuͤr den Hunger/ vnd das concentrirte Waſſer
fuͤr den Durſt. Wie nun das Korn oder Waſſer concen-
trirt vnd im Nothfall zu gebrauchen/ ſoll außfuͤhrlich beſchrie-
ben vnd gelehret werden. Vnd erſtlich
Von Concentrirung deß Korns.
DJe Concentrirung deß Korns betreffend/ ſo hab ich dieſelbe albereit außfuͤhrlich in
dem Erſten Theil Deutſchlands Wohlfahrtbeſchrieben/ vnd nicht noͤtig allhier zu
wiederholen/ doch denen zur Nachricht/ welche ſelbiges Tractaͤtlein nicht haben oder le-
ſen moͤgen/ dient dieſe kurtze Wiederholung. Man machet auß Rocken/ Haber/ Weitzen/
Gerſten/ oder welchen Korn man will/ ein Maltz/ wie ſolches in dem Bierbrawen ge-
braͤuchlich/ vnd kochet oder ziehet den beſten Safft darauß/ gleich als wann Bier dar-
auß ſolte gemacht werden/ vnd kochet dieſen Extract in breiten vnd niedrigen Pfannen
oder kuͤpffern Keſſeln/ fein langſam zu einer Honigdicke/ die Huͤlſen oder Treber/ davon
dieſer Safft gezogen/ wird dem Viehe geben/ der Safft aber kan fuͤglich uͤber See ver-
fuͤhret/ vnd wo man will/ mit Zuthun eines Hopffen-Waſſers/ zu Bier gemachtwer-
den/ vnd weiln gemeiniglich 8. Tonnen Korn/ ein Tonne Safft geben/ vnd ein Tonne
Korn giebt ins gemein ein vnd ein halbe auch wol 2. Tonnen Bier/ ſo kan ein Tonne
Safft auch auffs wenigſte 8/ 10/ 12. oder mehr Tonnen Bier geben/ nach dem man ſol-
ches fett oder mager haben will/ wird alſo viel leichter eine Tonne Safft mit genommen/
als 10. oder 12. Tonnen Biers/ welches vnterwegs leichtlich ſawer werden vnd verder-
ben kan: Hergegen der Safft/ wann er fuͤr der Lufft bewahret wird/ gut bleibt. Dieſes iſt
ein Vortheil/ weiln man zu allen Zeiten auß dem Safft gut friſch Bier machen kan.
Der ander Nutzen oder Vortheil iſt/ daß man dieſen Safft zu Hauß im Vatterland zu-
vorn
[535]Troſt der Seefahrenden.
vorn mit guten Rocken-Maͤhl an ſtatt Waſſers gebrauche/ vnd ein kraͤfftig Brod dar-
auß backe/ welches Brod dann auf den Schiffen viel weiteꝛs in der Nahꝛung ſich ſtrecket/
als ein gemein Brod/ vnd iſt ſolches Brod ſo kraͤfftig/ daß es auch die Krancken laben vnd
erquicken kan/ wie dann die Alten/ vnſere Voreitern/ nicht vergeblich ein fein geſibt Korn-
Mahl mit verſchaumbtem Honig (an ſtatt Waſſers) angemengt/ vnd Brod darauß ge-
backen/ vnd ſolches Lebkuchen genennet haben/ damit ſo viel andeuten wollen/ daß ein
ſolches Brod ſehr ſtaͤrcke/ vnd das Leben gebe/ jetziger Zeit/ da alles auffden Geitz gerich-
tet/ machen ſie die Lebkuchen nur mit gemeinem vngeſaͤuerten vnd vngekochten braunen
Honig/ darumb ſolche Kuchen auch nicht viel geachtet werden/ oder Krafft geben koͤnnen/
weiln ſie nach dem rauhen Honig ſchmecken/ vnd zu mager gemacht werden: dieſes Brod
aber iſt viel lieblicher/ edler vnd kraͤfftiger/ weil der Korn-Safft mehr Nutriment gibt/ als
das Honig. Vnd wann man noch beſſer damit procediret, ſo gibt ein ſolcher concentrir-
ter Korn-Safft auch noch einen mehrern Nutzen/ nemblich/ wann man mit dem dicken
Kornſafft ein fein geſibt Maͤhl/ von guten Maltz gemacht/ zumenget/ vnd Brod da-
rauß backet/ ſolches nach dem backen von einander ſchneidet/ vnd noch einmal in den O-
fen ſchiebet/ daß es gantz duͤrꝛ vnd trucken wird/ alsdann in Kiſten oder Faͤſſern/ vor Lufft
bewahrt/ mitfuͤhret/ ſo kan man im Notfall ſolches Brod nur mit heiſſem Hopffen-Waſ-
ſer uͤbergieſſen/ vnd jehren laſſen/ ſo wird es zu Bier/ das jenige/ ſo nicht ins Waſſer gehet/
vnd zu Bier wird/ kan man in einem Keſſel warm machen/ ein ſtuͤck Butter hinein werf-
fen/ gibt den Schiffgeſellen ein gut Warms in den Magen/ immer ſo gut oder beſſer/ als
wann ſie Brod in ein Bier gethan haͤtten/ vnd ſo man das Bier nicht gern bitter hat/ ſo
darff man keinẽ Hopffen mit dẽ Waſſer kochen/ ſondern nur das Brod/ mit ſuͤſſem Waſ-
ſer jehren laſſen/ iſt auch gut zu genieſſen. Man koͤnte auch wol ſolches Biscoctum, oder
duͤrrgebacken Maltzbrod/ klein mahlẽ/ vnd alßdann in Kaſten oder Faͤſſern feſt auff einan-
der ſtampffen laſſen/ vnd mit ſich fuͤhren/ wann mans dañ noͤthig hat/ ſolches mit gekochtẽ
Waſſer anmengen vnd in einem offenen Faß/ das auff einen Boden ſteht/ jehren laſſen/
ſo ſteigt das Mahl alles uͤber ſich/ das Waſſer aber ziehet den ſuͤſſen Safft zuſich/ vnd wird
ein herrliches vnd geſundes Bier/ welches man vnten abzapffen kan/ ſo erlangt man ein
ſo klar Bier/ als wann es etliche Monaten gelegen haͤtte/ dann das Maͤhl vnd truͤbe hat
ſich von demklaren geſcheiden/ vnd ſo das klaꝛe abgelaſſen/ ſo kan man das Dicke auch auß
dem Faß ſchoͤpffen/ mit Butter auffgekocht/ iſt lieblich vnd gut zu eſſen/ viel geſuͤnder vnd
verdeulicher oder kraͤfftiger als Bonen/ Erbſen oder Haber-Gruͤtz. Gehet alſo gar nichts
verloren/ vnd gibt ein ſolches Brod oder Maͤhl ein gut Bier zu trincken/ vnd auch ein gu-
ten Brey zu eſſen/ vnd kan man zu allen Zeiten deß Jahrs auff den Schiffen ein kraͤftig
vnd wolgeſchmack neu oder friſch Bier haben/ vnd ſo mans noͤtig/ auch ein ſauren Eſſig
davon machen. Dieſes ſey in kurtzem/ den Hunger vnd Durſt zu ſtillen/ auß dem concen-
trirten Korn zu thun/ gelehret.
Von Curirung aller Kranckheiten/ ſo auff den Schiffen vnd auch ſonſten
die Menſchen ſchwaͤchen vnd toͤdten.
DEr Menſch iſt von Natur alſo beſchaffen/ daß er kein Ziel noch Maß haͤlt in
T t t ijeſſen
[536]Troſt der Seefahrenden.
eſſen vnd trincken/ er ſtopffet immer fort vnd fort in ſich ſo lang vnd viel/ daß er nicht
mehr einbringen kan/ darzu dann der eine Menſch den andern auß Gewonheit vnd groſ-
ſem Mißbrauch (vnterm Schein vnd Meynung gutes zu erweiſen) gleichſam darzu
noͤtiget vnd zwinget/ vnd dieſes zwar an dem einem mehr als bey dem andern gebraͤuch-
lich. Wann dann dem Magen mehr geben wird als er verzehren oder kochen kan/ ſo muß
die Leber das kaum halb gedeuhete zu ſich nehmen. Davon ſie dann auch nichts anders
als ein grob phlegmatiſch Blut außtheilenkan; werden alſo mit der Zeit die innerliche
Viſcera deß Leibs mit zehen groben Schleim vnd Feuchtigkeiten erfuͤllet vnd verſtopffet/
alſo daß kein innerlich Glied ſein Officium (wie es ſeyn ſolte) verrichten kan. Davon dañ
viel vnd mancherley Kranckheiten entſtehen/ nach deme die Cruditates ſich an dieſem o-
der jenem Ort verſamblet oder dieſes oder jenes Glied vmbgeben/ ſeine Viſcera verſto-
pfet vnd ihme ſeine Nahrung benommen. Wann es nun ſo weit kommen iſt/ vnd vber-
hand genommen hat/ ſo empfindet es der gantze Leib/ doch an dieſem Ort am mehrſten da
der Mangel oder Verderb iſt alß an andern Orten/ vnd muß alſo das eine Theil deß an-
dern entgelten vnd mit leiden/ alſo daß endlich alle Kraͤfften vergehen/ der gantze Leib
ſchwach vnd krafftloß dahin faͤlt/ ihme ſelber nicht helffen kan. Vnd ſo ihme durch deß
Menſchen Kunſt vnd Geſchickligkeit nicht zuhuͤlffe kommen wird/ endlich der Todt dar-
auff folget. Darumb die Medicin erfunden/ ſolchen vom uͤbrigen Freſſen vnd Sanffen
entſtandenen Kranckheiten zubegegnen/ den Feind oder das vnnuͤtze/ davon die Kranck-
heit entſtanden/ wieder auß dem Leib zu thun/ die mit Schleim vnd andern Vnflat vmb-
gebene erfuͤlte vnd beſchwerte Glieder zu befreyen vnd zu vorigem guten Stand zu brin-
gen/ vnd ſolches auff mancherley weiſe vnd durch vielerley Mittel/ nach dem der Medicus
die Kranckheit verſtehet oder erkent vnd auch Huͤlffe dargegen zu geben weiß vnd kan.
Welches Boͤſe wird alßdann durch Purgieren oberſich oder vnterſich/ etlichs durch
ſchwitzen vnd Außfuͤhrung durch den Urin anders auff andere Weiſe herauß gezogẽ vnd
vertrieben/ nach deme es die Kranckheit erfordert vnd haben will. Es geſchehe nun ſolche
Außfuͤhrung deß Boͤſen auß dem Leib gleich auff welcherley Weiſe es wolle/ wann die
innerliche Theilen nur wieder vom Boͤſen erlediget vnd befreyet werden vnd die verlor-
ne Geſundheit wieder erlanget wird/ ſo iſt es gut vnd hat der Medicus ſein Beſtes ge-
than/ vnd ſeinen Danck vnd billigen Lohn verdienet/ welcher nun der Kranckheiten Ge-
legenheit Vhrſprung vnd Herkommen wol verſtehet vnd auch gute Medicamenten hat
vnd haben kan/ der kan bald darmit zu recht kommen. Ein anderer aber deme die Kranck-
heit vnbekant vnd verborgen iſt/ vnd darzu keine tuͤchtige vnd kraͤfftige Medicamenten
hat noch zu erlangen weiß/ derſelbe ſtuͤmpelt kuͤnſtelt vnd verſuchet ſo lange vnd viel/ biß
es immer uͤbler vnd aͤrger wird/ vnd der Patient die Welt endlich verlaſſen muß/ welches
bekant genug vnd taͤglichs allenthalben zu ſehen vnd keines Beweiſes bedarff/ dahero
ihrer viel ihr Leben einem vnerfahrnen Medico nicht vertrawen doͤrffen vnd ihre vom vb-
rigen Schwelgereyen entſtandener Kranckheit durch Faſten vnd Caſteyen curiren o-
der vertreiben/ welches zwar langſam hergehet aber doch ſicher. Etliche hergegen gebrau-
chen
[537]Troſt der Seefahrenden.
chen gemeine vnd vnkraͤfftige Medicamenten vnd werden gleichwohl geſund/ aber lang-
ſam/ vermeynen ſolches die Medicamenten gethan haͤtten/ da doch die lange/ Zeit in wel-
cher ſie kranck gelegen/ nicht eſſen vnd trincken koͤnnen/ dadurch die vberfluͤſſige boͤſe Hu-
mores ſich nach vnd nach verzehret/ ſolches gethan hat/ wie zu ſehen bey denen krancken/
da bißweilen keine Medicamenten zu bekommen oder gebraucht werden/ dannoch die
Natur mit langer Zeit ſich erholet/ das Boͤſe von ſich ſtoͤßt/ die Kranckheit alſo vergeht.
Vnd je mehr boͤſe Humores in dem Leib deß Krancken/ je laͤnger die Natur daran zuzeh-
ren vnd ſelbige zu vertreiben hat. Vnd wann die Natur 4. oder 6. Wochen daran zu ar-
beiten hat/ ehe ſie das boͤſe loß machet vnd außfuͤhren kan/ ſo kan es der Medicus durch
gute Medicamenten in 2. oder 3. Tage verrichten: ein ſolcher Vnterſcheid iſt zwiſchen die-
ſer Cura, welche durch lange Zeit võ der Natur geſchicht/ oder dieſer ſo in kurtzer Zeit durch
die Kunſt geſchicht. Weiln dann nun beyde Curen, ſo wol dieſe/ ſo durch Kunſt/ als jene/ ſo
durch die Natur durch Außziehung vnd Vertreibung der ſchaͤdlichen Humorum ge-
ſchicht vnd geſchehen muß/ wann der Krancke wieder zu voriger Geſundheit gelangen
ſoll/ ſo haben wir ja Anleitung genug/ vnd weißt vns die Natur vnd auch Kunſt/ wie
man leichtlich allen Kranckheiten vorkommen/ vnd auch gluͤcklich dieſelbe vertreiben ſol-
len/ nemblich durch außziehung der boͤſen Feuchtigkeiten auß dem Leib/ davon die
Kranckheiten entſtehen. Moͤchte mancher ſagen/ alle Kranckheiten haͤtten juſt ihren Vr-
ſprung nicht von uͤbrigen boͤſen Feuchtigkeiten/ ſondern kaͤmen von vielerley Vrſachen/
dieſe Kranckheit davon/ jene dortvon/ deme gibe ich zur Antwort/ daß alle die jenige
Kranckheit/ welche in gantzer Haut entſtehen/ vnd nicht durch euſſerliche Zufaͤllen/ als
Stechen Hawen/ Schlagen/ Werffen/ Fallen vnd dergleichen entſtanden/ etwan dieſes
oder jenes innerliche Glied im Leib gequaͤtſchet oder verwundet werden/ davon Zufaͤlle
kommen/ vnd endlich der Todt/ wann ſolchen nicht zu begegnen/ allzumal durch vnor-
dentlich Eſſen vnd Trincken/ davon boͤſe Humores gewachſen/ das eine oder ander Glied
oder etliche davon eingenommen vnd verderbet/ herkommen. Dann immer das ein Glied
das ander anſtecket/ ſo lang vnd viel/ biß der gantze Leib eingenommen/ vnd mit vielen
boͤſen Humoribus erfuͤllet iſt/ wann der Magen durch zu viel Freſſen vnd Sauffen ver-
ſchleimet/ verkaltet oder verderbet worden/ wie kan er die Speiſe recht kochen/ vnd was
gutes kan er der Leber zu ſchicken/ wann dann die Leber nichts gutes empfaͤngt/ was kan
ſie dann gutes außmachen/ vnd durch den gantzen Leib außtheilen? muß alſo das eine
Glied deß andern entgelten. Wann ein Baum oder Kraut in einer wol temperirten Er-
den ſtehet/ die nicht zu naß noch zu trucken iſt/ ſo kan die Wurtzel auch etwas Gutes dar-
auß ziehen vnd ſolches dem Stam/ der Stam dem Zweig/ die Zweige den Blettern/
Bluͤth vnd Fruͤchten mittheilen/ vnd kan ein ſolcher Baum lange Jahre gute geſunte
Fruͤchte bringen/ ſo aber der Baum in einem vbel temperirten Grunde ſtehet/ ſo ziehet
die Wurtzel ſo gut an ſich/ als ſie findet/ vnd gibet es auch nicht beſſer dem Stam vnd Ae-
ſten: ſtehet die Wurtzel feuchter als ſie ſolte/ ſo bringt der Baum keine geſunde Fruͤchten/
fallen auch wegen der vbrigen Feuchtigkeit eher ab/ als ſie zeitig ſeyn/ wachſen Schwaͤm-
T t t iijme
[538]Troſt der Seefahrenden.
me vnd andere Faͤulnuͤſſen an dem Stamm/ vnd kan nicht alt werden. Steht der Baum
zu duͤrꝛ vnd trucken/ ſo kan die Wurtzel ſo viel Safft nicht außziehen/ daß der gantze Stam̃
ſampt den Aeſten oder Zweigen/ wil geſchweigen der Fruͤchte/ genugſame Nahrung ha-
ben kan/ muß alſo nach vnd nach verdorren vom oberſten Gipffel an biß endlich auff die
Wurtzel herab. Alſo auch mit einem Menſchen vnd ſeiner Kranckheit zu verſtehen/ nach
dem man ſelben tractiret/ nach dem er Fruͤchte bringt. Weiln dann nun bewieſen/ daß al-
le Kranckheiten von vberfluͤſſiger Feuchte oder Truͤckne herruͤhren/ ſo kan man ja leicht-
lich ſolchen vorkommen/ vnd wann es ja verſehen vnd verſaumt worden/ ſo koͤnnen gutt
Medicamenten das Verderbte wieder gut machen vnd zu recht bringen/ wann dieſelbi-
ge alſo genaturt oder beſchaffen ſeyn/ daß ſie die vberfluͤſſige vnd ſchaͤdliche Humores auß
allen Viſceribus vnd innerlichen principal-Gliedern deß gantzen Leibs zu ſich in den Ma-
gen ziehen/ dieſelbige noch einmal digeriren oder kochen/ das Gute von dem Boͤſen ſchei-
den/ das Gute zu der Leber/ vnd das vntuͤchtige per alvum fuͤhren/ ſo wird dadurch der
Leib nicht allein von den vberfluͤſſigen boͤſen Humoribus befreyet/ ſondern auch darneben
geſtaͤrcket/ vnd von allen Kranckheiten præſerviret vnd curirt, welche Art der Medica-
menten itziger Zeit leider gar wenigen bekand ſeyn/ dann die gemeine Kraͤuter ſolches
gar nicht thun/ ſondern muß etwas beſſers ſeyn/ als den alten Weibern bekand iſt. Son-
ſten ſteckt in etlichen Kraͤutern ein groſſe Krafft verborgen/ als ſonderlich in dem Helle-
boro oder Heleboraſtro, darmit die Alten ihr Leben verlaͤngert/ taͤglichs ein gewiſſes
Gewicht davon genoſſen: auch thut der Tobac/ wann er zeitig worden/ wunderdinge/
wann er recht bereitet vnd gebraucht wird/ wie dann ſolches nur der rauhe vnd grobe To[-]
bac/ welcher auß Pfeiffen geſauget/ vnd als ein Rauch in den Leib gebracht wird/ bewei-
ſet/ vnd ſolcher Gebrauch nicht allein den gantzen Leib erfriſchet/ ermuntert oder ſtaͤrcket/
ſondern auch etlicher maſſen den Hunger vnd Durſt ſtillet/ wie die taͤgliche Erfahrung
bezeuget. Wo nun ſolche Krafft vnd Tugend herruͤhre/ wiſſen die Tobac-Trincker nicht/
bekuͤmmern ſich auch nicht darumb/ ſondern ſeynd zu frieden/ wann er ihnen nur wolbe-
kommt. Thut nun ein Tobac/ oder ander gemein Kraut/ alſo rauhe vnd vnber eitet/ ſol-
ches gute/ was ſolte dann nicht thun koͤnnen ein wohlbereites Extractum, oder Eſſentia
concentrata aller Vegetabilien? Welche aber alſo ſoll genaturt ſeyn/ daß ſie nicht allein
alle boͤſe vnd ſchaͤdliche vberfluͤſſige Feuchtigkeiten auß dem Leib treibe/ ſondern auch alle
innerliche Theile deß Leibs ſtaͤrcke/ vnd fuͤr allen zufaͤlligen Kranckheiten præſervire vnd
beſchuͤtze.
Ein ſolche Medicin iſt die jenige/ ſo ich allen denen/ ſo lang auff dem Meer fahren/
vnd neben dem Schorbock vielen andern Kranckheiten vnterworffen/ nicht allein ſich
vor ſolchen Kranckheiten darmit kraͤfftig zu bewahren/ vnd ſo man allbereit kranck wor-
den/ auch darmit zu curiren, ſondern auch bey Mangel an Eſſen vnd Trincken den Leib
darmit zu ſtaͤrcken. Wie nun ein ſolche Medicin, vnd auß was fuͤr Stuͤcken oder Ingre-
dientien dieſelbe zugerichtet oder bereitet werde/ iſt eben nicht noͤthig/ fuͤr jederman ge-
mein vnd bekand zu machen. Es iſt eine groſſe Gabe Gottes/ welche man billich in Ehren
halten/ vnd gar nicht fuͤr die Vnwuͤrdigen werffen ſoll.
Man
[539]Troſt der Seefahrenden.
Man laſſe ſich dißmals begnuͤgen/ daß man eine ſolche Medicin vmb ein kleines
erlangen kan/ ich werde doch dieſelbige neben andern nicht mit mir in das Grab neh-
men/ ſondern denen hinderlaſſen/ welche ſie auch bewahren vnd in Ehren halten werden/
bey welchen dann ſelbige zu allen Zeiten vmb ein billiches wird erlangen koͤnnen.
Obgedachte Medicin ſoll in forma Electuarii gegeben werden/ davon man præ-
ſervativè taͤglich/ oder uͤber den andern/ dritten oder vierdten Tag/ nach dem mans noͤ-
tig hat/ einer halben Erbiß/ oder auch wol einer gantzen Erbiß groß/ nuͤchtern ge-
brauchet/ vnd ein paar Stunden darauff gefaſtet/ ſo es die Gelegenheit leiden will;
ſo nicht/ ſo kan man gleich darauff eſſen/ thut ſeine Operation gleichwol/ doch beſ-
ſer/ wann man etliche Stunden darauff faſtet. So man aber albereit eine Kranck-
heit an den Hals bekommen/ es waͤre gleich ein Fieber/ Schurbauch/ Hauptpein/ o-
der Fluͤſſe/ vnd was ſonſten auff den Schiffen herumb zu gehen pflegt/ ſo ſoll der Pa-
tient alſobalden einer Erbiß groß auf die Zunge nehmen vnd einſchlucken/ dann kein
vnlieblicher Geſchmack darbey ſeyn wird/ vnd ſo muͤglich/ darauff ſchwitzen/ wann
er kan/ ſo nicht/ auffs wenigſte einen halben Tag ſich meſſig in Eſſen vnd Trincken
halten/ auch wann es im Sommer iſt/ die groſſe Hitze/ vnd im Winter die Kaͤlte
meiden. Deß andern Tags wieder ein oder 2. Erbiſſen groß nehmen/ vnd alſo mit
dem Gewicht auff oder abſteigen/ nach dem es die Kranckheit erfordert vnd von noͤ-
then hat. Wann dieſes wol obſervirt wird/ ſo muͤſſen alle Kranckheiten weichen/ vnd
der Geſundheit Raum vnd Platz geben. Wann ein Perſon dieſer Medicin nur 1.
oder 2. Loth bey ſich hat/ ſo kan er ſich auff einer langwierigen Schiffarth (wanns
auch uͤber das Jahr waͤren ſolte) nicht allein vor allen Kranckheiten præſerviren,
ſondern auch gluͤcklich curiren. Alſo kraͤfftig iſt dieſe Medicin, vnd uͤber alle andere
Medicamenten hochnuͤtzlich auff den Schiffahrten zu gebrauchen/ darzu ſie von mir
auffs hoͤchſte recommendirt wird/ vnd eben nicht allein auff den Schiffen ſelbige gut
vnd nuͤtzlich iſt/ ſondern auch allenthalben auff dem Land/ bey Jungen vnd Alten/ in
allen Kranckheiten/ gluͤcklich kan gebrauchet werden. Jſt ein Medicin gegen allen
Kranckheiten (auſſer der Univerſal-Medicin) zu finden/ ſo iſt es gewiß dieſe/ vnd thut
alles das jenige/ oder auch mehrers/ ſo ich im zweyten Theil meiner Pharm. Spag. be-
ſchrieben/ Panacea zugeſchrieben habe. Jene Panacea aber iſt ein Pulver/ dieſe aber
ein Electuarium, von etlichen guten Ingredientien vnd Zucker bereitet. Sage noch-
malen/ daß keine Kranckheit/ ſo wol aͤuſſerlich als innerlich/ gefunden/ dagegen die
Medicin nicht mit groſſer Verwunderung zu gebrauchen. Dann ſie curirt nicht allein
alle Fieber/ Schurbauch/ Morbum Gallicum, ja gar Lepram vnd Podagram,
wann dieſelbe nicht gar zu weit eingewurtzelt ſeyn/ vnd waͤren ſie auch noch ſo weit ein-
gewurtzelt/ vnd durch dieſe Medicin ja nicht gaͤntzlich zu vertreiben/ ſo lindert ſie auffs
wenigſte dieſelbe/ vnd macht ſie ertraͤglicher/ vnd verhindert den Zuwachs/ daß es nicht
aͤrger wird; Es muͤſte dann die gantze Natur ruinirt vnd verderbt ſeyn/ wann dieſe Medi-
cin nit helffen ſolte. Was ich allhier geſchrieben/ das iſt die Warheit/ vnd kan es mit der
That
[540]Troſt der Seefahrenden.
That bezeigen Es ſteht doch einem jedwedern frey ſolches zu glauben/ oder ſelbige zuge-
brauchen oder nicht. Jch habe auß Chriſtlicher Liebe meinem Nechſten darmit zu dienen
vorgenommen/ wird es nun in Acht genommen/ ſo iſt es gut/ wo nicht/ ſo habe ich das mein
gethan/ vnd mein Gewiſſen erleichtert/ ich will dieſe Medicin weiters nit mehr loben/ es iſt
genug geſchehen denen die es glauben oder begreiffen koͤnnen. Jch kan mir wol einbilden/
daß ſich bald einige neidiſche Mißgoͤnner finden/ ſo dargegen ihren gifftigen Ge[i]ffel auß-
ſpeien werden/ gleich als wann kein ſolche edle Medicin in Natura waͤre/ ſolcheneidiſche
Menſchen/ weiln ſie nichts wiſſen/ wolten gern daß niemands mehr haͤtte/ vnd ſie allem
Han im Korb ſeyn koͤnten/ das Reden/ oder vielmehr Schnadern/ kan man ihnen nicht
wehren/ thuns doch die Gaͤnſe auch/ wiſſen aber ſelber nicht/ was ſie ſchuadern. Das
Werck muß die Warheit bezeugen/ vnd ſeinen Meiſter loben/ vnd ſonſten nichts/ dar-
bey es dißmahl bewenden ſoll.
Jſt alſo die jenige Medicin, dardurch alle See- oder Schiffkranckheiten ſicherlich
zu curiren vnd Præſerviren ſeyn/ auch bey Hungers-Noͤten der Leib darmit geſtaͤrcket
wird/ hiemit der gantzen Welt vor Augen geſteit. Sie machen ſich nun deren theilhafftig
oder nicht/ ich das meinige gethan habe. Dieweil nun zu den Schifferanckheiten Rath
gefunden/ ſo mangelt noch ein gewiſſes Remedium, den Durſt in Manglung deß Waſ-
ſers zu leſchen/ vnd den ſchwachen Leib zu erfriſchen oder zu laben. Vnd geſchicht durch ein
concentrirtes Waſſer/ welches ſolche Krafft hat/ den durſtigen Leib zu erfriſchen/ deß-
gleichen nichts in der gantzen Welt zu finden. Dieweiln dann offtermals auff den lang/
wirigen Schiffarten das Waſſer abgehet/ oder auffs wenigſte faul oder ſtinckend wird/
ſo will ich allhier lehren vnd anweiſen/ wie man in Mangelung deſſelben den Durſt in
Nothfall leſchen vnd ſich erquicken moͤge. Auch wie das gemeine Waſſer nimmer ſtin-
ckend oder faul werden koͤnne/ vnd man mit einer Tonnen den Durſt zu leſchen/ ſo weit
kommen moͤge/ als ſonſten mit 2. oder drey Tonnen gemeinen Waſſers; welches die lau-
tere Warheit iſt/ vnd ich ſolches alhier bezeugen oder beweiſen werde. Vnd wie geſagt/
allein durch ein concentrirtes oder coagulirtes Waſſer. Was nun ein concentrirtes
Waſſer ſey/ will ich zuvor anzeigen vnd hernacher auch lehren/ wie ſolches muͤſſe bereitet
vnd gebrauchet werden/ darzu GOtt ſein Gedeyen geben wolle/ Amen.
Was nun eigentlich ein concentrirtes Waſſer ſey/ waͤr eben nicht noͤtig allhier
davon zu diſcuriren, dann die Schiffarenten ſich nicht vmb ſolche Dinge bekuͤmmern/
ſondern vielmehr den Philoſophis oder Naturkuͤndigern zu wiſſen gehoͤret/ dieweiln a-
ber dieſes Buͤchlein nicht allein den Seefahrenden/ ſondern auch den Verſtaͤndigen vnd
erfahrnen Leuten ohne Zweifel vnter Augen kommen wird/ alſo iſt es noͤtig/ ein wenig
außfuͤhrlicher zu beſchreiben/ was ein concentrirtes Waſſer ſey.
Allein den jenigen/ ſo nur ein wenig in der Natur erfahren/ denen iſt bekant ge-
nug/ daß bey der Erſchaffung der Welt/ Gott der Allmaͤchtige auß dem vermiſchten
Chaos die Elementen geſcheiden/ vnd ein jedweders von dem andern abgeſondert/ die
Erden auff den Boden oder Fundament deß Centri geſetzet/ darauff das Waſſer/
vnd
[541]Troſt der Seefahrenden.
vnd vber das Waſſer die Lufft/ vber die Lufft das Element Fewer/ alſo daß jedweders ſei-
ne gewiſſe Stelle hat/ vnd darauß ohne den Willen GOttes nicht weichet. Dannoch
finden wir/ daß immer das eine Element deren andern theilhafftig/ vnd keines ohne das
ander gefunden wird/ doch prædominirt das eine/ vnd iſt ſichtlich/ die andern aber ſind in
dem ſichtlichen verborgen/ koͤnnen auch durch eines erfahrnen Geſchicklichkeit ſichtlich
darauß gezogen werden. Als auß der Erden kan ein Waſſer/ ein Luff/ vnd Fewer gebracht
werden/ auß dem ſichtlichen Waſſer kan ein natuͤrliche Erden/ Lufft vnd Fewer gezogen
werden/ deßgleichen auß der Lufft/ Erden/ Waſſer/ vnd Fewer zu ziehen/ vnd auß dem
Fewer/ Lufft/ Waſſer vnd Erden/ vnd circuliren ſich die Elementa continuirlich von der
einen Geſtalt in die andere/ welches wir zwar nicht mercken oder ſpuͤren/ dannoch kein
Element deß andern entbehren oder entrahten kan/ ſondern ſeine Nahrung vnd Leben
auß den andern haben vnd erlangen muß. Fewer kan nicht brennen ohne Lufft/ das Few-
er wircket in das Waſſer/ macht es zu Lufft/ das Waſſer ruhet auff der Erden/ vnd be-
feuchtet dieſelbe/ das Fewer ſchwaͤngert die Lufft/ die Lufft tregt den Samen in die Erden/
die Erden ernehret vnd ſeuget den Saamen zur Volkomenheit/ vnd gebieret hernacher
was ſie empfangen/ vnd biß zur Volkomenheit getragen hat. Dieſes in Parenteſi ich mit
einbringen muͤſſen/ vnd nicht ohne Vrſachen. Auff daß wir aber wieder auff das con-
centrirte Waſſer kommen/ vnd anzeigen was es ſey/ iſt dieſes zu wiſſen/ daß nemblich
das Waſſer ein Anfang iſt aller andern Elementen/ welches genugſam zu beweiſen/ vnd
ſolches noch taͤglich geſehen vnd geſpuͤret wird/ vnd ſonderlich in den Bergwercken/ da
man tieff in die Erden graͤbt/ vnd findet das waſſer nicht allein da zu ſeyn/ ſondern auch/
daß ſolches in vielerhand mineraliſche Coͤrper/ gleichſam zuſehends verwandelt wird/
welches bekand vnd offenbahr genug iſt/ vnd nach dem das Waſſer hell oder klar/ nach
dem auch helle vnd klare Steine/ oder reine Mineralien darauß werden/ davon ein meh-
rers zu ſehẽ in meinem Tractaͤtlein/ de generatione Mineraliũ, vnd gehoͤret hieher nicht/
daß auch die Kißling vnd Sand in der Erden/ in den Baͤchen/ oder groſſem Meer noch
taͤglichs auß dem Waſſer zu nehmẽ vnd wachſen/ iſt auch bekand genug/ dann aller Sand
erſtlich nur Waſſer geweſen/ vnd zu einem harten Sand oder Stein im Waſſer gewor-
den iſt/ vnd auch wieder in dieſelbe kan verwandelt werden. Ein ſolches coagulirte Waſ-
ſer aber wird alhie nicht gebrauchet/ den Durſt darmit zu leſchen/ dann es allbereit gar zu
ſehr erhartet/ vnd ſchwerlich wieder in Primam Materiam zum Waſſer zu bringen/ es
ſey dann mit zuthun eines andern Subjecti, welches ein Medium zwiſchen dem Sand/
Kißling/ Cryſtall/ vnd gemeinem Waſſer iſt/ nemlich das Saltz/ ſo beyder Naturen theil-
hafftig iſt/ ſo wol deß Waſſers als auch deß Steins/ vnd ſo wol in ein Waſſer als Stein
leichtlich zu verwandeln iſt/ wie hernach ſol gehoͤrt werden.
Dieſes concentrirte Waſſer aber/ welches ich allhier den Durſt zu leſchen vnd
den Leib zu erquicken lehren werde/ iſt kein Kißling/ Cryſtall/ oder ander harter Stein/
welche von vielen ſonſten in groſſem Durſt in den Mund genommen werden. Aber weiln
ſolches Waſſer gar zu hart coagulirt, vnd kein Krafft von ſich geben kan/ derohalben ver-
V v vgeb-
[542]Troſt der Seefahrenden.
geblich gebrauchet werden. Dieſes aber/ ſo ich alhier meyne/ iſt ein Saltz/ es werde gleich
auß dem Bergwaſſer/ oder Meerwaſſern bereitet/ vnd in ſolches Saltz auß den Waſſern
concentrirt, iſt gleich gut/ vnd kan auß ihme durch die Kunſt ein ſolches Waſſer bereitet
welches vor allen andern dingen in der Welt den Durſt leſchen vnd den matten Leib er-
quicken kan. Nun wird mancher Vnerfahrner ſagẽ/ wie kan das Saltz den Durſt leſchen/
da es doch ſolchen macht vnd vermehret/ wañ es genoſſen wird? dem gib ich zur Antwort/
daß das gemeine Saltz/ wie es auß den Saltz-Waſſern geſotten wird/ freilich den Durſt
nicht leſchen/ ſondern vielmehr vermehren thut/ wann es nicht zuvorn von ſeiner Vnart
gereiniget oder geſaͤub[e]rt wird/ dann ein jedweder Saltz kan kein Saltz ſeyn/ es habe dann
noch etwas irdiſch bey ſich/ welches durch die Solution, Viltration vnd Coagulation ih-
me nimmer gaͤntzlich kan benommen werden/ dahero es bitter/ aſtringirend vnd hart iſt/
ſo ihme aber ſolche Bitter- vnd Erdigkeit benommen wird/ ſo iſt das Saltz nicht mehr
hart/ ſondern wieder ein weich vnd fluͤſſig Waſſer/ doch nicht ſuͤß/ ſondern annemlich
ſaner/ einem Wein-Apffel an dem Geſchmaͤck gleich/ vnd muß ein ſolche Reinigung al-
lein durch den Gewalt deß Fewers geſchehen/ wann nemblich das Saltz mit ſtarcken Few-
er durch erdene Geſchir uͤber diſtillirt wird/ ſo gehet allein das edelſte vnd reineſte Theil
uͤber/ daß grobe irdiſche Theil bleibet zu ruck/ vnd iſt weiters nichts mehr nutze/ das uͤber-
gangene aber hat groſſe Krafft vnd Tugenten/ nicht allein den Durſt zu leſchen/ ſondern
auch ſonſten zu viel andern notwendigen Haͤndeln gut zu gebrauchen/ wie hernach ſoll
gelehret werden. Daß ſonſten in dem gemeinen Saltz groſſe Kraͤfften verborgen ſeyn/
kan niemand leugnen/ dann jederman ſolches taͤglich ſihet vnd mercket/ darumb der be-
ruͤhmte Philoſophus Plato geſchrieben/ daß in dem Saltz etwas Goͤttliches verborgen
ſey/ vnd andere Philoſophi, daß in dem Fewer vnd Saltz ſich Gott am allerhelleſten ſe-
hen vnd erkennen laſſe. Vnd auch die alten Philoſophi groſſe Dinge damit außgerichtet/
ja gar ein Medicinam Univerſalem daraus haben zubereiten gewuſt/ dahero auch ihre
Kunſt ſolches zu thun/ Halchimiam oder Saltz-Schmeltzung genennet haben/ welches
ich in ſeinem Werth bleiben laß/ dann ich mich niemaln ſolche wichtige Secreten zu labo-
riren vnterſtanden habe. Sondern mich allzeit mit einem kleinern begnuͤgen laſſen: das
weiß ich aber gar wol/ vnd habe es auch nicht nur einmal ſondern vielmal gethan/ auß
dem gemeinen Saltz-Waſſer/ durch ein gewiſſen Niederſchlag corporaliſch ☉ gefellet/
aber nicht mit Nutzen/ ſondern nur die Muͤglichkeit zu ſehen. Daß auch in dem gemeinen
Saltz ein corporaliſch ☉ verborgen ſey/ ſo ohne gemelte Niederſchlaͤg Geiſtlich oder Spi-
ritualiſch bleibet/ vnd erſt durch den Niederſchlag corporaliſch gemacht wird/ darab
ſich fuͤrwahr jederman/ der nur ein wenig einem Menſchen gleich iſt/ hoͤchlich verwun-
dern ſolte. Jm Fewer vnd Saltz ſtecket fuͤrwar die allergroͤſſeſte Geheimnuͤß der gantzen
Welt/ vnd nochſt Gott ihnen beyden nichts zu vergleichen iſt. Dann das Fewer kan auß
Finſternuß Liecht machen/ welches [ſ]onſt niemand als Gott thun kan/ es kan die Todten
lebendig machen/ ſo wol als die warme Sonne. Wann nemblich/ die von Kaͤlte abge-
ſtorbene Wuͤrm/ Froͤſch/ Schlangen/ Fliegen vnd andere Gezieffer/ Winters-Zeit in ein
warme
[543]Troſt der Seefahrenden.
warme Stuben gelegt werden/ ſelbige durch die Waͤrme deß Fewers wieder lebendig
werden/ ſo bald ſie ſolche empfinden/ davon ich allberens ein mehrers geſchrieben in mei-
nern Pharm Spag zweyten Theil wie auch in meinem Tractaͤtlein Miraculum Mundi
intitulirt/ vnd deſſen Explication, alſo daß nit noͤtig ſolches alhier zu wiederholen. Tau-
ſend vnd noch tauſend Menſchen ſehen vnd gebrauchen das Fewer/ vnd wiſſen doch nicht
was ſie haben oder gebrauchen. Deßgleichen auch mit dem Saltz geſchicht. Alle Menſchen
gebrauchens bloß auß der Gewonheit/ vnd mercken nicht was ſie gebrauchen. Sie ſagen
zwar das Saltz ſey ein gut ding/ man koͤnne deſſen nicht entrahten/ weiln es Staͤrcke gi-
bet/ vnd alles vor Feule bewahret/ ſo wol das Lebendige als Tode. Dann ſo der Menſch
kein Saltz genoͤſſe/ oder auffs wenigſte ſolche Gewaͤchſe oder Fꝛuͤchte/ darin das Saltz ver-
borgen/ ſie wuͤrden lebendig faulen; das Viehe deßgleichen/ dann alles Graß hat ſein
Saltz bey ſich/ welches dem Viehe genug iſt/ doch ſo es ein beſſers dabey haben kan/ be-
kombt es ihme ſehr wol/ vnd gedeyet wol/ wann man dem Hoꝛn-Viehe/ wie auch Schwei-
nen bißweilen etwas geſaltzen im Eſſen oder Trincken beybringt/ ſo werden ſie ſehr friſch
vnd fett davon/ thut nun dieſes das grobe vnd vnbereite Saltz/ darbey noch viel feces vnd
Vnreinigkeit ſeyn/ vnd erhaͤlt die lebendige Creaturen/ wie auch todes Fleiſch der Thier
vnd Fiſchen/ auch alles Kraut vnd Graß/ daß es nicht verfault vnd ſich lang halten laͤßt/
was ſolte dann auch nicht thun ein ſolches Saltz/ welches durch die Kunſt mehr gereini-
get/ vnd ſubtiler gemacht worden/ als daß es von Natur gegeben. Das Fewer kan das
Saltz corrigiren, reinigen vmbkehren/ vnd in ein beſſere vnd reinere Subſtantz verwan-
deln. Dann das gemeine Saltz/ wie wirs ins gemein gebrauchen/ macht zwar alle Spei-
ſen ſchmackhafft vnd præſervirt vor Faͤulnuß; verurſacht aber auch darbey eine Truͤck-
ne/ aſtrinairt vnd macht hartleibig/ vnd erwecket einen Durſt/ das vmbgekehrte vnd ge-
re nigte Saltz aber macht die Speiſen auch ſchmackhafft/ annemblich/ præſervirt auch
vor Faͤulnuß/ immer ſo wol vnd beſſer als das gemeine Saltz/ vnd macht nicht hartleibig
wie das gemeine/ ſondern haͤlt den Leib offen/ vnd treibt den Urin, macht auch keinen
Durſt/ ſondern vertreibt denſelben ſo wol bey geſunden als krancken Menſchen. Ein ſol-
cher groſſer Vnterſcheid iſt zwiſchen einem gemeinen vnd gereinigten/ oder vmbgekehr-
ten Saltz/ davon die Bawern aber nicht viel wiſſen. Die Natur vnd Eigenſchafft des ge-
meinen Saltzes iſt bey jederman bekand genug/ ſo weit die Kuͤchen gehet/ das gereinigte
aber bey wenigen bekand. Es iſt zwar ein Spiritus Salis in den Apothecken im Gebrauch/
ſo bey den Materialiſten zu finden/ dieweil er aber gemeiniglich vbel bere tet/ thut er auch
geringen effect, darumb auch wenig gebrauchet wird/ ſo er aber wolbeꝛeitet/ vnd darzu
auch rectificirt wuͤrde/ (gleichwie es billich ſeyn ſolte/ aber leider ſelten geſchicht) ſo wuͤr-
de er nicht er nicht allein angenehmer zu gebrauchen ſeyn/ ſondern auch beſſern effectum
erzeigen. Viel dinge haben zwar den Namen/ ſind es aber in der That nicht/ darumb ſie
auch nicht thun koͤnnen/ was von ihnen begehret wird. Die Alten haben dem Spiritui Sa-
lis viel gutes zu geſchrieben in Medicina, wie es dann in der That alſo befunden wird/
wann derſelbe nach der Diſtillation noch einmal rectificirt vnd gelaͤutert wird/ ſo
man aber denſelben nur alſo grob/ wie er das erſte mahl uͤbergehet/ gebrauchet/ ſo kan er
V v v ijleicht-
[544]Troſt der Seefahrenden.
leichtlich mehr ſchaden thun/ als gutes: dann es ſteigt noch viel terreſtritaͤt mit uͤber/ wel-
che in der rectification, als ein vbelgeſchmacktes/ herbes oder aſtringirendes Saltz zu
ruͤck bleibet/ welches etliche wol mercken/ ſparen aber die Muͤhe/ noch einmahl uͤberzutrei-
ben/ vnd zu rectificiren; auch ſcheuhen ſie dieſes/ daß in der rectification der Spiritus ſehr
abnimbt am Gewicht/ wann nemblich die vnnuͤtze Feces davon geſcheiden werden. Jch
habe vor viel Jahren einen Spiritum Salis in copia zu machen gelehret/ vnd in den 1. vnd
2. Theil Furnorum außfuͤhrlich beſchrieben ſeynd/ aber deren noch wenig geweſen/ wel-
che ſo viel Muͤhe auffgewendet/ ſelbigen zu bereiten/ da doch viel gutes damit außzurich-
ten/ vnd nicht allein in Medicina, ſondern auch in der Kuͤchen/ wie bey dem Erſten Theil
Furnorum zu ſehen. Er beweiſet auch ſeinen Nutzen in Metallicis, wie im Erſten Theil
meines Operis Mineralis, da das Gold auß den Steinen darmit zu ziehen gelehret wird/
zu ſehen iſt. Wird aber zu ſelber Arbeit auf eine andere Weiſe bereitet/ als wir denſelben
allhier noͤhtig haben auf den Schiffen/ wie auch auf dem Lande in Kranckheiten/ vnd ge-
gen den Durſt zu gebrauchen: Darumb ich gut finde/ erſtlich den Modum præparandi,
vnd hernacher auch den Uſum zu beſchreiben.
Den Modum nun betreffend/ das Saltz durch Fewer vnd Kunſt vmbzukehren/
vnd in ein reinen vnd lieblichen Spiritum zu verwandeln/ iſt ſolches manigfaltig/ dann
der eine dieſen/ der ander jenen gebrauchet/ wie ich dann ſelber deren vnterſchiedliche be-
ſchrieben/ vnd gelehret in dem 1. vnd 2. Theil meiner Oefen. Alhier aber will ich wieder ei-
nen beſondern Modum ſetzen/ welcher zu dieſem Gebrauch/ davon allhier in dieſem Buͤch-
lein ſoll gehandelt werden/ der beſte iſt/ vnd geſchicht alſo. Laſſe dir von guter Erden (a-
ber beſſer Glaß) ſtarcke Retorten bereiten/ beſchlage dieſelbige mit einem Luto, laß truck-
nen/ vnd fuͤlle hernach nachfolgende Mixtur von Saltz vnd Erden hinein/ vnd diſtillire
nach der Kunſt einen lieblichen/ ſauren Spiritum daraus/ welcher hernacher auch noch
einmal ſoll vbergezogen oder rectificirt werden/ ſo iſt er zum Gebrauch fertig. Das Saltz
ſoll alſo zugerichtet vnd zu der Diſtillation bereitet werden: Fuͤlle mit gemeinem Koch-
oder See-Saltz einen irdenen Hafen voll an/ lege einen Deckel von Erden darauff/ vnd
mache allgemach ein Kolen-Fewer vmb den Topff/ immer je naͤher oder groͤſſer/ ſo lang
biß das Saltz in dem Topff durchauß gluͤhe/ wann ſolches geſchehen/ ſo nimb alßbald das
Fewer von dem Topff/ oder den Topff von dem Fewer/ vnd laß ihn erkalten/ iſt etwan ei-
nige ſchmutzige Fettigkeit/ oder ander verbrennliche Vnreinigkeit bey dem Saltz gewe-
ſen/ ſo iſt dieſelbe in dem Außgluͤhen verbrand worden; das Saltz ſolvire mit gemeinem
Waſſer/ filtrire oder ſeige es durch ein rein vnd ticht leinen Tuch/ ſo bleiben viel Feces zu
ruͤck/ das durchgeſigene laß in einem irdenen verglaſurten Topff abduͤnſten/ ſo viel/ biß
ein Haͤutlein darauf kommt/ alßdann iſt Waſſer genug abgeduͤnſtet/ vnd wird weiters
alſo darmit procedirt, wie folget:
Man ſoll auß einer Letten/ da kein Sand innen iſt/ Kuͤgelein formiren/ ſo groß vn-
gefehr als die Welſche Nuͤſſe/ oder kleine Tauben-Eyer/ vnd ſelbige trucken werden laſ-
ſen/ vnd in einem Topff außgluͤhen/ ſo verbrennt ſich der fette Spiritus Terræ darauß/
als
[545]Troſt der Seefahrenden.
als dann ſolche gluͤhende Kuͤgelein in das ſtarcke Saltz-Waſſer getrencket/ vnd etliche
Stunden darinn liegen laſſen/ ſo ziehen ſie ſo viel Saltz in ſich/ als ſie koͤnnen/ als dann
außgenommen vnd getrucknet/ davon werden die Retortẽ gefuͤllet/ vnd per gradus Fewr
geben/ vnd endlich mit dem allerſtaͤrckſten Flammen-Fewer ſo lang getrieben/ biß kein
Rauch mehr uͤbergehet/ ſo iſt alsdann aller Spiritus uͤber/ welcher hat uͤbergehen koͤnnen:
der Recipient ſoll von Glaß ſeyn/ vnd auch groß/ darin dem Spiritu etwas Waſſer vor-
geſchlagen ſey/ ſich darein zu legen. Vnd wann der Spiritus nach vollendter Diſtillation
außgenommen/ ſoll er per ſe in einem kurtzen beſchlagenen Kolben auß dem Sand per
alembicum rectificirt werden/ ſo gehet erſtlich das vorgeſchlagen Waſſer oder Phlegma,
(welches man in einer andern Diſtillation dẽ Spiritui wieder vorſchlagẽ kan) hernach der
reine vnd liebliche Spiritus klar vnd hell/ zu ruͤck bleibet ein vnliebliches Saltz/ welches weg
gethan/ der Spiritus aber zum Gebrauch/ wie bald folgen ſoll/ behalten wird. So man a-
ber den Spiritum noch reiner vnd kraͤfftiger haben wil/ ſo kan man ſolchen noch einmal uͤ-
ber calcionirte vnd pulveriſirte Kißling rectificiren, ſo halten die Kißling wieder eine
Grobheit zu ruͤck/ vnd wird der Spiritus reiner/ (dann Kißling zuvorn auch Waſſer vnd
Saltz geweſen) darumb ein ſolche groſſe Gemeinſchafft zuſammen haben/ welches bey
den Glaßmachern zu ſehen/ daß der Sand oder Kißling mit Saltz zum Fluß vnd Klaͤrig-
keit gebracht wird/ wann ein ſchoͤn Glas darauß werden ſol/ dann das Saltz ſolvirt im
Fewer/ oder ſchmeltzt den Sand/ Kißling oder Cryſtall/ vnd wird mit zu Glas. Auch kan
man einen jedwedern Sand/ Kißling/ Cryſtall/ oder andern Quartz/ durch Huͤlffe eines
Alcali-Saltz/ zu einem durchſichtigen Glas ſchmeltzen/ welches Glas ſich mit gemeinem
Waſſer auffſolviren laͤſſt/ wie ein Saltz/ davon in dem 2. Theil meiner Oefen zu ſehen.
Wann man dann uͤber klein-pulveriſirte Kißling obgedachten rectificirten Spiritum
Salis noch einmal rectificirt, ſo fuͤhret er auß angeborner Liebe/ die er zu den Kißling hat/
ein Theil davon mit ſich uͤber/ vnd wird in allen Kranckheiten zu gebrauchen viel kraͤffti-
ger/ vnd ſonderlich in der Waſſerſucht/ Podagra vnd Calculo, ein uͤberaußherꝛliche Me-
dicin; die zu ruͤck gebliebene Kißling geben mit Waſſer ſolvirt ſchoͤne Cryſtallen/ welche
auch ſauber/ wie ein Spiritus Salis, welche auch nichts anders ſeyn/ dann ein Theil deß
Spiritus Salis, ſo ſich bey dem Kißling coagulirt hat/ koͤnnen zu allem gebraucht werden/
wie der uͤbergeſtiegene Spiritus auch. NB. Es wolle ſich niemand verwũdern/ daß ich die-
ſem Spiritui Salis, ſo uͤber die zarte Kißling rectificirt iſt/ mehr zuſchreibe/ als einem an-
dern oder gemeinen Spiritui Salis. Wenig wiſſen/ was fuͤr Kraͤffte in den Kißling oder
Sand ſtecket. Wiſſens doch die Gaͤnſe/ vnd die Menſchen wollens nicht wiſſen/ wann
mans ihnen ſchon ſagt/ vnd mit Fingern darauff weiſet: Wann die Gaͤnſe nicht wiſten/
daß der Sand ihre Speiß in dem Magen beſſer kochte vnd verteuete/ ſie wuͤrden ihn wol
liegen laſſen: Vnd wann die Gaͤnß-Weiber/ welche die Gaͤnſe fuͤttern vnd maͤſten/ nicht
wuͤſten/ daß der Sand ihnen gut waͤre/ wuͤrden ihnen ſolchen nicht in dem Waſſer vorſe-
tzen. Es eſſen ihn auch alle Voͤgel/ vnd viel vnter den vierfuͤſſigen Thieren. Viel Men-
ſchen gebrauchen die pulveriſirte Kißling oder Cryſtallen/ allein den ſchwachen Magen
V v v iijdamit
[546]Troſt der Seefahrenden.
darmit zu ſtaͤrcken; die Huͤner eſſen den Sand vnd kleine Kißling-Steine/ Schalen uͤber
ihre Eyer damit zu machen; dann ſie Eyer legen ohne Schalen/ wann ſie nicht zu Sand
kommen koͤnnen. Darum ſage ich/ iſt dieſer Spiritus Salis, der uͤber die Kißling abſtrahirt,
in vielen Kranckheiten vielmal beſſer/ als ein gemeiner Spiritus, vnd ſonderlich die Cry-
ſtallen/ oder Spiritus Salis Coagulatus, davon oben gemeldet worden. Dieſes ſey nun ge-
nug geſaͤgt von der Bereitung deß Spiritus Salis. Nun wollen wir auch lehren wie er auf
den Schiffen oder zu Land/ in Leſchung deß Durſtes/ vnd Curirung der Kranckheiten zu
gebrauchen. Wozu ſonſten ein Spiritus Salis weiters als zur Medicin zu gebrauchen/ iſt
allbereit von mir beſchrieben/ vnd alhier mein intent allein anzuzeigen/ wie derſelbe den
Schiffahrenden groſſen Huͤlff vnd Nutzen bringẽn kan; derentwegen dieſes Tractaͤtlein
zu beſchreiben vorgenommen worden.
Von dem Gebrauch deß Spiritus Salis auff den Schiffen/ ge-
gen den Durſt vnd Schourbauch.
ERſtlich iſt dieſer Spiritus gut zu gebrauchen/ wann man deſſelben ein wenig zu dem
Waſſer thut in die Faͤſſer/ davon die Schiffknecht vnd Soldaten trincken/ dem Waſ-
ſer ein angenehme Weinſaͤure zu geben/ daß es auff den Schiffen den Durſt deſto beſſer
leſche/ vnd das Waſſer corrigire, daß es zuviel getruncken/ keinen Schourb auch machen
koͤnne/ vnd auch das Waſſer ſelbſten dadurch bewahret werde/ daß es auff lange Reiſe
nicht ſtincke/ ſchwartz/ truͤb/ faul vnd wuͤrmicht werde/ wie ſonſten zu geſchehẽ pflegt. Dañ
ſolches Waſſer/ darin ein Spiritus ſalis iſt/ nicht faulen kan/ vnd auch andere dinge fuͤr
Faulnuͤs bewahret/ ſo wol tode als lebendige. Vnd weil das Waſſer/ ſo mit Spiritu ſalis
ſaur gemacht/ den Durſt leſchet/ viel mehr als ein ander Waſſer/ ſo dient es/ daß man von
Haus nicht ſo viel Waſſer mit auf die Reiſe nehmen darff/ als ſonſten gebraͤuchlich/ vnd
wann man ja ſo viel mit nehmen wolte/ ſo waͤre man verſichert/ daß man deſto weniger/
oder nimmer vnterweges/ Mangel an Waſſer zu befuͤrchten. Vnd weil der Spiritus ſalis
aller Faͤulnuͤß widerſtehet/ ſo laͤſſt er auch keinen Schourbauch oder Schourmond ein-
reiſſen/ erfriſchet vnd macht munter/ ſtaͤrcket den Magen/ vnd alle Glieder deß Leibs;
treibt den Urin vnd Calculum, haͤlt den Leib offen/ verzehret in dem Magen/ Nieren vnd
Blaſen den Schleim/ vnd fuͤhret ſolchen auß/ macht einen Apetit zum eſſen/ befoͤrdert die
concoction oder Tewung/ laͤſſt keine Kranckheit einwurtzeln die von Faͤulnuͤß deß Ge-
bluͤts entſtehen/ wie ſonſten die Seefahrenden auf den Schiffẽ vnterworffen ſeynd. Auch
iſt er gut zu gebrauchen ein wenig vnter den Wein vnd Bier zu thun/ welches man auff
Schiffen mitfuͤhret/ macht/ daß ſich der Wein vnd Bier deſto laͤnger gut vnd vnverdorbẽ
haͤlt/ vnd auch den Durſt deſto beſſer leſchet/ vnd deſto weiter ſtrecket. Auch kan man Och-
ſen-/ Schaf- vnd Kalbfleiſch lange Zeit gut darmit behalten/ wann man nemblich etwas
Saltz in dem Spiritu ſalis auffloͤſet/ vnd in ſteinern Toͤpffen Fleiſch darmit einleget. NB.
Es ſoll aber Fleiſch ſeyn/ ohne viel Beiner/ als an den Schenckeln das Fleiſch außgeſchnit-
ten. Auch kan man ein wenig davõ vnter das Waſſer thun/ wann man Fiſch kocht/ macht
die-
[547]Troſt der Seefahrenden.
dieſelbe fein hart vnd wolgeſchmack/ beſſer als mit Eſſig gethan/ auch kan man Roſinẽ in
einem Waſſer darin ein wenig Spiritus ſalis gethan iſt/ einweichẽ/ ſchwellẽ auff/ vnd wer-
den friſch vnd lieblich/ als wann ſie erſt von dem Stock kommen waͤren/ gibt den Seefah-
renden auch ein gute Erfriſchung.
Jn Summa/ es kan dieſer Spiritus nicht allein bey dem Waſſer/ Wein vnd Bier/
ſondern auch bey allen Speiſen auff den Schiffen fuͤglich gebraucht werden/ gibt Speis
vnd Tranck einen guten Geſchmack/ vnd corrigirt dieſelbige/ daß ſie geſuͤnder ſeyn als
ſonſten ohne den Spiritus ſalis. Auch iſt der Spiritus ſalis gut zu gebrauchen ohne Speis o-
der Tranck/ wann man nemblich bey hitzigen Zeitẽ einen Tropffen/ oder deß coagulirten
eines Hanffkorns groß auff die Zunge nimbt/ mit wenig Zucker vermiſcht/ erfriſchet den
Mund/ vnd leſchet den Duꝛſt/ daß man ſo offt vnd vielmal das boͤſe Waſſer vnd Bier/ da-
durch der Leib mehr geſchwecht als geſtaͤrcket wird/ einſchuͤtten darff: vnd iſt dieſes die ge-
ringſte Tugend nit/ wann etwan das Waſſer auff lange Reiſe abgieng/ vnd Mangel da-
ran waͤre/ daß man alsdann etwas mehrers ſpiritus ſalis darein thaͤte/ daß es fein ſauer
davon wuͤrde/ ſo koͤnte es deſto weiter ſtrecken/ vnd in kleiner Maß den Durſt beſſer leſchẽ/
als ſonſten in groſſer Maß/ vnd wañ auch das Schiff gar vntergehẽ/ vnd durch Vngluͤck
verſincken ſolte/ vnd man ſich auf die Schuiten oder Boten retten muͤſte/ wie zum oͤfftern
geſchehen/ vnd in einem kleinen Glaͤßlein ein Loth oder halbes deß ſpiritus ſalis, oder coa-
gulati in einẽ Brieflein bey ſich haͤtte/ man in Mangel deß Waſſers ſich noch lang darauff
erhalten koͤnte/ biß Gott etwan auffs Land huͤlffe/ vnd man nicht ſtracks ſeinen eigenen U-
rin, oder das ſchaͤdliche Seewaſſer zum Verderben trincken doͤrffte. Dieſe vnd dergleichẽ
Tugenden erweiſet der ſpiritus ſalis auff den Schiffen/ welche vmb der Kuͤrtze willen nit
alle erzehlet werden. Jch bin ſonſten auch darauf bedacht geweſen/ wie man das Seewaſ-
ſer ſelbſten durch einen Niderſchlag ſuͤß vnd trincklich machen moͤchte/ auff daß man deß
Waſſers nimmer Mangel haͤtte/ vnd zwaꝛ ſo weit gebracht/ daß ich ein gut Theil deß Sal-
tzes auß dem Waſſer gezogen/ vnd das Waſſer vmb ein vieles ſuͤſſer worden iſt/ aber doch
ſo weit nit bringen koͤnnen/ daß ich alles Saltz daraus gezogen haͤtte/ iſt allzeit noch etwas
ſaltzig geblieben; doch im Nohtfall koͤnte ein ſolches Waſſer noch gebrauchet werden/ die
Erbſen vnd Bonen auff dem Schiff damit zu kochen/ oder aber ſolches uͤber das concen-
trirte Korn gieſſen vnd jehrẽ laſſen/ ſo wuͤrde es durch die Fermentation noch mehr Sal-
tzigkeit verliehren/ vnd im Notfal ohne Schaden koͤnnen gebrauchet werdẽ/ dañ der Korn-
ſafft iſt ſuͤß/ vnd haͤlt den Leib offen/ wuͤrde immer ſo viel gut thun/ als das Seewaſſer/ das
etlicher maſſen durch die Niederfellũg des Saltzes geſuͤſſet/ ſchadẽ thun koͤnte: Jch bin aber
Gott Lob/ auf einer guten Spur/ vnd verhoffs mit der Zeit/ wann Gott wil/ noch zuerlan-
gen: finde ichs/ ſo gib ichs auch zum beſten/ ſo gut ichs aber jetzund habe/ wil ichs zur Nach-
richt meinem N [...]chſten zu gut eroͤffnen/ vnd einẽ guten Anfang weiſen/ (ob Gott vielleicht
das reſtirend darzu beſcheren) aufdaß das Waſſer gantz trincklich gemacht wuͤrd/ welches
wol zu wuͤnſchẽ ware. Folget nun mein Modus, ſo gut ich jetzt denſelben habe/ das geſaltzẽ
Waſſer ſuͤß zu machẽ: Es wird eine Bergart gefundẽ welche Glacies Mariæ, oder Fraw-
eneiß genennet wird/ NB. Es iſt kein Moſcoviſch Glas/ wie vielleicht etliche meynẽ moͤch-
ten/
[548]Troſt der Seefahrenden.
ten/ ſondern ein andere Art/ wann man ſolches im Fewer außgluͤhet/ vnd alſo gluͤhend in
das Seewaſſer wirfft/ ſo faͤllt es alsbald zu einem gantz zarten ſchneeweiſſen Pulver/ ſo
bald ſolches zerfallen/ ſoll man das Geſchirꝛ mit dem Seewaſſer/ darinn das Frawen-Eiß
außgeleſchet/ alſo bald wol vntereinander ſchuͤtteln vnd bewegen/ ſo ziehet das Pulver ein
Theil Saltz auß dem Waſſer/ vnd ſetzet ſich auff den Boden deß Geſchirs/ das Waſſer
bleibt klar darauff ſtehen/ welches man abgieſſen ſol. Wil man nun dieſe Arbeit zum an-
dern oder dritten mal wiederholen/ ſo wird das Waſſer zwar allemal etwas ſuͤſſer/ kan a-
ber doch nicht gantz trincklich durch dieſen Niderſchlag gemacht werden. Es præcipitirt
ſonſten auch ein Sal, oder Solutio Saturni, viel Saltz auß dem Meerwaſſer/ kan aber auch
nicht ſo weit damit gebracht werden/ daß es trincklich wuͤrde; der beſte Modus, welcher
mir jetzunder bekand iſt/ Saltzwaſſer ſuͤß zu machen/ iſt dieſer/ faͤllt aber etwas koͤſtlich/
doch in der Noth ein ſuͤſſer Trunck Waſſer angenehmer oder huͤlfflicher/ iſt als ein Obli-
gation von 1000. Ducaten/ darumb dieſe Kunſt wol in Ehren zu halten/ wann ſie gleich
etwas koſtbar iſt.
Dann/ im Nothfall/ ehe man von Durſt ſterben ſolte/ wann mans nur haben
koͤnte/ man gern alles/ was man beſitzet/ fuͤr einen Trunck Waſſer gaͤbe/ ſein Lebẽ dadurch
zu erhalten: Darumb man auffs wenigſt etwas fuͤr eine Vorſorge von dieſem Nieder-
ſchlag auff die Schiffe nehmen koͤnte/ in hoͤchſter Noth zu gebrauchẽn; erfordert es dann
die Noth nicht/ ſo bringt man den Niederſchlag wieder mit ſich nach Haus/ vnd bewahret
denſelben biß auff ein andere Schiffahrt/ dann er verdirbt nicht/ vnd iſt uͤber 100. Jahr
ſo gut/ als den erſten Tag/ da er bereitet worden. Was dieſes nun fuͤr ein Niederſchlag
ſey/ iſt nicht noͤthig gemein zu machen/ der es begehret/ wird mich darumb erſuchen muͤſ-
ſen/ zur Nachricht aber wird ſo viel geſagt/ daß ſolches Niederſchlagen deß Saltzes auß
dem Waſſer allein durch einen ſonderlichen Sand geſchehen muͤſſe/ vnd ſchlaͤgt ſolcher
Sand nicht allein das Saltz/ ſondern auch allen Schleim/ Geſtanck vnd Vnreinigkeit
nieder: Vnd wann das Waſſer ſo truͤb vnd ſtinckend waͤre/ als ein Miſtlachen/ ſo wuͤrde
doch dasſelbige in wenig Stunden durch dieſen Niederſchlag ſo klar vnd hell gemacht/
als das ſchoͤnſte Brunnen-Waſſer ſeyn kan/ dann auch zugleich der Geſtanck vnd boͤſe
Geſchmack vnd Geruch ſich mit niederſchlegt auß allen Waſſern/ wie ſumpffig vnd mo-
raſtig dieſelbige ſeyn moͤchten; vnd nicht allein alle Waſſer/ ſondern auch ein jedweder
Getranck/ als Wein vnd Bier/ darmit ſchnell klar kan gemacht werden; wann auch der
Wein gantz roth waͤre/ er gleichwol hell vnd klar dadurch wuͤrde/ weil der Niederſchlag
allen Schlamm/ Farb vnd Geſtanck an ſich ziehet/ vnd mit zu Bodem faͤllet/ alſo/ daß mã
nicht allein dieſe Getraͤncke/ ſo etwan durch Verwahrloſung oder mit Fleiß roht gemacht/
dadurch klar werden/ ſondern es werden auch dieſe/ welche von Natur roth gewachſen/
Cryſtallen-klar darmit gemacht/ welches bey den Weinhaͤndlern viel gutes thun kan.
Dann ſonſten von Natur das Meer-Waſſer ſuͤß wird/ wann es durch den gemeinen
Sand weit paſſiren muß/ der Sand das Saltz auß dem Waſſer an ſich ziehet/ vnd alſo
das Waſſer ſuͤß wird: dann Saltz vnd Sand haben groſſe Gemeinſchafft zuſammen/
weil
[549]Troſt der Seefahrenden.
weil ſie beyde auß dem Waſſer geboren/ vnd auch im Fewer ſich gern zuſammen in ein
durchſichtig Glas oder trucken Waſſer ſchmeltzen laſſen. Hieraus kan ein jedweder Ver-
ſtaͤndiger ſehẽ/ daß dieſe Suͤßmachung deß Saltzwaſſers durch den zubereiteten Sãd auß
einem guten Fundament/ vnd mit der Natur uͤbereinkom̃e. Wie nun die Suͤßmachung
deß Seewaſſers ein herrliche vnd nuͤtzliche Kunſt iſt/ im Nohtfal ſo viel Waſſers ſuͤß zu
machen/ daß man ſein Leben noch darbey retten koͤnte/ ſo iſt doch dieſes beſſer/ daß man es
ſo weit nicht damit kommen laſſe/ ſondern ſich bey Zeit mit einem ſpiritu ſalis verſehe/ ſo
kan man mit wenig Waſſer weit reichen/ vnd mehr außrichten/ als ſonſten mit vielem
gemeinem Waſſer. Dieſes hab ich auff dißmal/ dem gemeinen Nutzen zum beſten/ frey-
willig herauß geben wollen/ wird es angenommen vnd werckſtellig gemacht/ ſo werde ich
auch mein beſtes darzu thun/ vnd eine qualificirte Perſon daꝛzu informiren, daß er ſo wol
obgedachte Medicin gegen die Schiffkranckheiten/ vnd ſpiritum ſalis gegen den Durſt/
als concentrationem frumenti gegen den Hunger/ den Leib damit zu ſtaͤrcken vnd vnter-
halten/ wie auch obgedachten Sand zum Niderſchlag deß Saltz-Waſſers/ auff die jenigẽ/
ſo deren nothduͤrfftig/ gegen ein billiches bey ihme zu allen Zeiten finden moͤchten/ wird
vollkoͤmlich bereiten koͤnnen.
Es koͤnnen auch obgedachte Medicamenten, als mein Electuarium Minerale,
wie auch der ſpiritus vnd Cryſtallen-ſalis, nit allein auf den Schiffen gegen dieſe Kranck-
heiten/ als Fieber/ Schourbauch/ oder dergleichen/ ſondern es kan dieſelbige auch mit gu-
tem ſucceſs auff dem Land/ an allen Orten der Welt/ wol vnd fuͤglich gebrauchet werden.
Obwol ich albereit vor dieſem etzliche dergleichen gute Medicamenten beſchrieben/ vnd
noch kuͤrtzlich in dem 2. Theil meiner Pharmacop. Spag. eine Mineraliſche Medicin, vn-
ter dem Namen Panacea beſchrieben/ vnd ſelbe gegen alle Kranckheiten recommendiret/
auch allenthalben herꝛliche Curen/ mit Verwunderung vieler/ taͤglichs dadurch verrich-
tet werden; ſo ziehe ich doch dieſes mein Electuarium Minerale jener vor/ wegen deß be-
quemern Gebrauchs/ weiln man dieſes Electuarium nur mit einem Meſſer/ ſo viel als
noͤtig/ aus dem Buͤchslein nimbt/ vnd hinteꝛ ſich ſchlicket/ vnd keines Vehiculi, als Wein/
Bier/ oder anders vonnoͤten hat/ ſolches darmit einzunehmen/ wie obgedachte Panacea.
Vnd darff man auch keines Abwegens/ ſondern nimbt nur nach dem Augenmaß/ ſo viel
er noͤtig zu haben vermeynt/ nachdem die Perſon alt oder jũg/ ſchwach oder ſtarck iſt/ nach
dem die doſis auch ſol obſervirt werden. Nemblich ins gemein ſoll von dem Electuario
von einer gewachſenen Perſon einer Erbiß groß auff einmal nuͤchtern eingenomen/ vnd
etliche Stunden darauff gefaſtet werden; Wann es die Zeit vnd Gelegenheit leiden kan:
Auch ſol man die kalte Lufft vnd hitzige Sonnenſchein meiden/ wann mans brauchet/ vnd
ſolches alle Wochen 2. oder mehrmal/ nachdem es der Patient vonnoͤhten hat; auch mit
dem doſi auff-vnd adzuſteigen wiſſen. Wañ einer Erbis groß nichts wircket/ ſo ſoll man
zweyer Erbis groß nehmen/ auch biß auf 3. oder 4. mal auffſteigen/ wann es noͤthig iſt.
Wann mans in ſolchem kleinen doſi gebrauchet/ ſo operirt ſie vnmercklich/ ſo man aber
etwas mehr gebraucht/ ſo macht ſie auch ſedes, bißweilen auch wol einen Vomitum,
X x xwann
[550]Troſt der Seefahrenden.
wann ſie ſolche Dinge findet/ welche per vomitum gern herauß wolten. Deßgleichen
wann dieſe Medicin findet/ das per alvum gern fort wolte/ ſo macht ſie viel Sedes, vnd
raumt wol aus/ findet ſie boͤſe geſaltzene humores, welche durch den Schweiß wollen auß-
getrieben werden/ ſo treibt ſie die Medicin auch aus: durch den Speichel vnd Urin treibet
ſie viel boͤſes aus dem Leib. Jn Summa/ ſie reinigt das Gebluͤt auffs hoͤchſte/ trotz allen
blutreinigten Medicamenten, vnd oͤffnet alle Verſtopffungen der innerlichen principal-
Glieder/ als Leber/ Miltz vnd Lungen/ vnd laͤſt gar keine Apoſtemata oder einige Geſchwaͤr
in- oder auſſer dem Leibe wachſen/ conſumirt alle Fluͤß vnd Catharren, welche auff die An-
gen/ Zaͤhn vnd Ohren fallen; Curirt von Grund aus Morbum Gallicum, ohne ſchwitzen
oder ſchimeren/ allein innerlich gebrauchet/ in kurtzer Zeit; ſie vertreibt Lepram, Podagrã,
Waſſerſucht/ Epilepſiam, bey jungen vnd alten/ Calculum in der Blaſen vnd Nieren
treibt es aus/ auch alle Fieber/ wie ſie auch Namen haben moͤchten/ muͤſſen ihr weichen
vnfehlbar; ſie heilet alle innerliche vnd aͤuſſerliche Schaͤden vnd Wunden von Grund
aus/ bloß innerlich gebrauchet/ nur eine gute Diẽt darbey gehalten. Jn Summa/ dieſe
Medicin iſt ſicher vnd gut zu genieſſen gegen alle Kranckheiten/ wo es muͤglich/ vnd nicht
ſo weit kommen iſt/ da keine Huͤlffe mehr ſeyn kan/ ſo thut dieſe Medicin das ihꝛige: Seynd
es ſchwere Kranckheiten/ welche ſo weit eingewurtzelt/ daß ſie allbereit einen veſten Sitz
gemacht/ vnd dieſe Medicin ſolche nicht voͤllig vertreiben kan/ als ein langwieriges Po-
dagra/ Stein in Nieren vnd Blaſen/ ꝛc. ſo lindert es doch die Schmertzen/ vñ machet/ daß
ſolche langſamer kommen/ vnd auch leidlicher oder vertraͤglicher ſeyn/ vnd verhuͤtet/ daß
ſolche nicht aͤrger werden/ ſondern nach vnd nach allgemach abnehmen vnd kleiner wer-
den. Alle Kraͤtzen Vnreinigkeiten der Haut/ welche von vnreiner Leber vnd Gebluͤt ent-
ſtanden/ am gantzen Leib darmit leichtlich curirt wird/ nuꝛ innerlich gebrauchet/ ohne eini-
ge aͤuſſerliches ſalben oder ſchmieren. Was ſoll ich mehr ſagen/ die Medicin iſt nit genug
zu loben/ dann ſie operirt Univerſaliter auff alle Kranckheiten deß Menſchen/ vnd auch
deß Viehs/ davon dißmal genug/ dann ich nicht gern das Buͤchlein zu groß machen wol-
te. Wann man alles beſchreiben ſolte/ was gutes darmit außzurichten/ wuͤrde ein groſ-
ſes Buch davon werden: ſie operirt mehrentheils vnfichtbaꝛ/ vnd vertreibet auch die ver-
borgene Kranckheiten.
Jn den Seeſtaͤtten vnd ſuͤmpffichten feuchten Laͤndern/ kan kein beſſer Medicin er-
ſunden werden gegen den Schourmund/ Schourbauch/ vnd ihres gleichen: dann alle boͤ-
ſe Feuchtigkeit/ davon ſolche Kranckheiten entſtehen/ leichtlich damit außgefuͤhrt werden;
reinigt dẽ Leib vor allẽ boͤſen Zufaͤllen vnd bewahret auch denſelbẽ vor der Peſt/ vñ andern
anſteckendẽ gifftigen Kranckheitẽ/ vnd curirt die inficirte gluͤcklich nebẽ der Huͤlff Gottes:
ſie ſtaͤrcket auch das Gedaͤchtnuͤß/ Heꝛtz vñ Hirn kraͤfftig; macht dz kein Paraliſis odeꝛ ſeines
gleichẽ leichtlich einfallẽ kan; curitet auch die jenigẽ/ ſo allbeꝛeit damit getroffẽ ſeyn; bringt
auch mit der Zeit die jenigen wieder zu recht/ welche in uͤbler curirung der Bocken/ durch
eine Schmierung deß Queckſilbers etlicher maſſen verlahmt/ oder ſonſten die Sehnen
eingeſchrumpfft vnd vnbeweglich ſeyn. Welcher dieſe Medicin præſervativè alle Wo-
chen/
[551]Troſt der Seefahrenden.
chen/ oder auch wol 3. oder 4. Wochen/ nur einmal gebrauchet/ dem wird kein Zahn wehe
thumkein Ohr ſauſſen oder klingen/ keine ſcharffe Fluͤſſe in die Augen fallen/ vnd dieſelbige
verderben; auch werden damit curirt alte langwierige corroſiviſche Leibs-Fluͤſſe/ Oel-
ſchenckel/ Fiſtulen/ Krebs/ vnd andere gleichſam vnheilbare Schaͤden/ vnd was der Men-
ſchen Geſundheit entgegen iſt/ das beſechtet odeꝛ beſtreitet dieſe Medicin, alſo daß arme vñ
reiche/ vnd ſonderlich dieſe/ welche auff weite Reiſe ſich begeben zu Waſſer/ vnd keine Me-
dicos bey ſich haben/ billich dieſe Medicin lieben/ vnd ſolche in den Vorrath zeugen/ im
Nothfall ſich derer zu gebrauchen/ damit verſorgen ſolten. Wann eine Perſon nur eines
Loths/ oder halben Vntz ſchweꝛ/ bey ſich fuͤhret/ kan er ſich mehr als ein gantzes Jahr damit
vor vielen Kranckheiten præſerviren vnd auch curiren. Wann ein Schiff nach Oſt-oder
Weſt-Jndien fahrend nur ½ ℔ zu ſich naͤhme/ wuͤrden viel Menſchen dadurch bey dem
Leben erhalten koͤnnen werden: Solte dann ein einiger Menſch nicht ſo viel/ oder 10. mahl
mehr weꝛth ſeyn/ als ein ſolche Medicin koſtet/ dadurch vielen 100. koͤnte geholffen vnd bey
dem Leben erhalten werden? Jch habe das meinige gethan/ wird es angenommen/ ſo iſt es
mir lieb/ ſo nicht/ ſo hab ich gleichwol mein Gewiſſen befreyet/ vnd mein Pfund wolmey-
nend herauß gegeben Dabey es auch verbleibet.
Nun iſt weiter noͤhtig/ auch die Tugenden deß Spiritus ſalis zu beſchreiben/ welche er
auſſer der Schiffahrt erweiſet: dann was denen Krancken auff den Schiffẽ gut iſt/ das iſt
auch nit boͤß denen auf dem Land/ vnd kan derſelbige ſpiritus gleichfals in allen Haußhal-
tungen (ſonderlich in dieſen fenchten Laͤndern/ da der Schourbauch ins gemein regirt/ vñ
ſchier kein Hauß gefunden wird/ darinnen auffs wenigſte nit eine Perſon ſeyn wuͤrde/ der
nit mit dieſer Plag behafftet waͤre) vnter dem gewoͤhnlichen Getranck/ es ſey gleich Bier
oder Wein/ gebraucht werden: dann das Bier fein rinſig davon wird/ vnd ſetzt den Urin
wol ab/ wehret/ daß nit leichtlich der Nieren- oder Blaſenſtein anwachſen kan; deßgleichen
macht er auch die Weine ſehr lieblich/ vnd wolgeſchmack/ benimbt ihnen ihren uͤbrigen
Tartarum, ſchlegt denſelben auß den Wein zu boden/ alſo daß die Spaniſche vnd Frantzoͤ-
ſiſche Wein fein rinſig vnd klar werden/ wie die Rheiniſche Weine/ vnd verwehret/ daß
dieſelbe nit ſo gar mager außjaͤhren/ vnd ſo hart vnd ſcharff werdẽ, laͤſt auch im Sommer
die einmal gejohrne Weine nit wieder aufſteigen/ truͤb werden/ vnd auffs new arbeiten/
ſondern bewahrt dieſelbe vor vielen Zufaͤllen. Es haben doch die Frantzoͤſiſche Weine/
wie ſie itzunder ins gemein an vielen Orten verkaufft werden/ weder Geruch noch Ge-
ſchmack/ nicht viel anders als ein Zucker-Waſſer. Ein guter Wein ſoll auff der Zunge
einen Weingeſchmack vnd guten Geruch dabey haben; ſo er dieſen mangelt/ kan er fuͤr
einen guten Wein nicht beſtehen. Welchen Rheiniſchen Geſchmack der Spiritus Salis
dem Frantzoͤſiſchen Wein geben kan/ ſolchen lieblichen ſtarcken Wein-Geruch vnd ſchoͤ-
ne Farb gibt ihm ein Eſſentia Vini, welcher Colorem, Odorem \amp; Saporem hat; Als
dann er Vinum C. O. S. mag genant werden. Vnd kan ein ſolcher verbeſſerter Frantzoͤſi-
ſcher Wein viel Jahr gut bleiben/ wie ein Rheiniſcher Wein/ da er doch ſonſten kaum
2. Jahr ſich halten thut. Es kan auch durch den Spiritum Salis dem Honig ſein vnlieblicher
Geſchmack benommẽ/ vnd ſeine verborgene Vnreinigkeit darmit niedergeſchlagen wer-
X x x ijden/
[552]Troſt der Seefahrenden.
den/ alſo daß ein herꝛlicher Tranck dar auß wird/ deme an Geſundheit keiner vorgehet: ein
ſehr nuͤtzlich Stuͤck an dieſen Orten zu gebrauchen/ da kein Wein waͤchſet/ ſelbige darmit
zu erſetzen: dann wann der Honig wol gereinigt vnd ihme ſein vnlieblicher Geſchmack be-
nommen/ ſo iſt er dem Menſchen gleichſam ein ſtaͤrckender Balſam/ wie jener alte Kriegs-
mann dem Alexandro Magno, da er von ihm gefragt wurde/ was er gebrauchet/ daß er
ſo alt worden/ zur Antwort gabe: Jnwendig Honig/ außwendig Oel. Wie es dann be-
kand genug iſt/ daß ein groſſe Kraſſt in dem Honig verborgen/ aber wegen ſeines vn-
lieblichen Geſchmacks geſcheuhet wird/ welcher durch den ſpiritum ſalis zu benehmen/
alſo daß der jenige Tranck/ welcher von einem ſolchen gereinigten Honig bereitet/ immer
ſo geſund zu trincken iſt/ als der beſte Wein/ vnd hat man noch dieſen Vortheil darbey/
daß zu allen Zeiten deß Jahrs ein jeder Haußvatter fuͤr ſich vnd die ſeinigen einen gu-
ten Trunck auff ſeinem Tiſch/ ſich darbey froͤlich zu machen/ bereiten kan: vnd haͤlt ſich ein
ſolcher Honig-Tranck viel Jahre/ wie derbeſte Rheiniſche Wein/ vnd koſtet ihn gar we-
nig zu zeugen; iſt fuͤr dieſe ein herrliches Stuͤck/ welche den Wein wegen Theure nicht be-
zahlen koͤnnen. Auch kan ihm ein jedweder ſeinen Tranck ſo gut/ ſo ſtarck oder lieblich ma-
chen/ als er ſelber will; die groͤſte Kunſt beſtehet in Benehmung deß uͤbeln Geſchmacks
im Honig/ wann dieſer durch den ſpiritum ſalis benommen/ ſo wird hernach der Tranck
auch lauter vnd klar/ vnd kan man demſelben einen Geſchmack machen wie man ſelber
wil/ nemblich einen Frantzoͤſiſchen oder Rheiniſchen/ oder auch ein gut Bier darauß ma-
chen/ welches ſich 10. oder 20. Jahr haͤlt/ vnd klar als ein Wein wird/ wann man nemb-
lich an ſtatt gemeinen Waſſer ein gut Hopffen-Waſſer nimbt/ den gereinigten Honig
darmit zu ſolviren, vnd kan man auch allerhand Bier von Geſchmack machen/ nach
dem man Kraͤuter darein thut/ wie ſonſten bey Wein vnd Bier zu geſchehen pſtegt.
Dieſes aber muß in acht genommen werden/ daß man ja keinen gemeinen vnrectificir-
ten ſpiritum ſalis zu ſolcher Arbeit nehme/ er wird alles vnlieblich darmit machen/ vnd den
Tranck verderben/ welches ich zu guter Nachricht nicht habe verhalten ſollen. Es ſol
aber ein ſolcher ſpiritus ſalis auff dieſe Weiſe/ welche ich allhier vorgeſchrieben/ oder auch
ſonſten auff eine andere gute Manier/ deren ich vnterſchiedliche beſchrieben/ in meinen
ander Schrifften bereitet/ vnd auch wol rectificirt werden/ alßdann wird man etwas
gutes darmit mach[en ſ]onſten gar nicht. Dann wie ins gemein jetziger Zeit der ſpiritus
ſalis bereitet/ vnd bey den Materialiſten verkaufft wird/ taugt er gantz nicht in die Weine
zu gebrauchen/ danner ſehr vnlieblich iſt; wuͤrde die Weine viel ehender truͤb/ roth vnd
vnlieblich als lieblich/ hell vnd klar machen/ welches ich zur Nachricht nicht habe ver-
halten ſollen. NB. Man darff auch eben ſolchen ſpiritum nicht in das Faß zu dem Wein
oder Bier thun/ ſondern man kan den Spiritum in einem Glaͤßlein auffhalten vnd be-
wahren/ vnd wann er wil/ davon etliche Tropffen in ein Kanne Wein oder Bier fallen
laſſen/ vnd ſelbige alſo trincken. Vnd kan man ſeinen Tranck alſo darmit zurichten/ wie
man ſelber wil/ viel oder wenig darein thun/ nach dem man ſolchen gerne trinckt: vnd
dienet dieſer Spiritus nicht allein in die Weine vnd Bier/ ſelbige darmit angenehm/ ein-
ſich
[553]Troſt der Seefahrenden.
ſich vnd Vrin-treibend zu machen/ ſondern man kan denſelben auch gar wol vnter
Brunnen-Waſſer gebrauchen in den hitzigen Hundstagen/ den Wein darmit zu tem-
periren: Dann ſo nur etliche Tropffen deß Spiritus Salis in ein Kanne Waſſers gethan
wird/ er daſſelbe fein annehmlich ſauer macht/ bald wie ein natuͤrlicher Sauerbrunn;
wird in hitzigen Zeiten die Leber vnd erhitzte Gebluͤt fein erfriſchen/ vnd den Durſt ſtillen/
daß man viel Wein oder Bier/ den Leib darmit zu beſchweren/ nicht einſchwelgen darff.
Es ſeynd auch alle dieſe Getraͤncke/ als Wein/ Bier oder Waſſer/ darin ein guter wol-
rectificirter Spiritus Salis gethan wird/ viel geſuͤnder neben der Annehmlichkeit/ als an-
dere Weine/ Bier/ oder Waſſer: dann der Spiritus Salis iſt warmer temperirter Natur/
verzehret die Cruditates im Magen/ ſo vom uͤbrigen trincken kommen/ vnd laͤſſt keine an-
wachſen; er treibt den Urin fein ſanft/ ſpuͤhlet die Nieren/ Blaſen vnd ureteres von allem
Schleim vnd anfangenden Tartaro, vnd wann albereit ſich derſelbe angeſetzt/ ſo reſol-
virt er denſelben mit der Zeit/ vnd fuͤhret ſolchen auß dem Leib/ auch fuͤhret er das Waſ-
ſer durch den Stuhl vnd Urin auß den waſſerſuͤchtigen Leibern/ oͤffnet auch die Verſto-
pfung der Leber/ Miltz vnd Lungen/ ſtaͤrcket den Magen/ vnd macht ein gut friſch Gebluͤt.
Wann man in dem ſpiritu ſalis etwas reinen Stahl auffloͤſet/ vnd alßdann vnter friſch
Waſſer menget/ ſelbiges darmit ſauer zu machen/ ſo erlangt es faſt ein ſolchen Geſchmack
wie der Sauer-Brunnen zu Spahe bey Luͤttig/ vnd wann man deſſen viel trincket/ ſo la-
xirt oder purgiret er den Leib/ vnd gehen die Excrementa S. V. kohlſchwartz ab/ vnd wird
man ſehr friſch vnd luſtig davon/ gleich als wann man bey dem Sauer-Brunnen ge-
truncken haͤtte/ vnd koͤnnen ſich deſſen alle Reiſenden in dem hitzigen Sommer gebrau-
chen; wann ſie ein Glaͤßlein ſpiritus ſalis mit ſich fuͤhren wo ſie hinkommen/ da koͤnnen
ſie das Bier oder Wein in der Herberg darmit corrigiren, anmuhtig vnd gut machen.
Dieweil aber ein ſpiritus ſalis mit ſich zu fuͤhren ſehr gefaͤhrlich iſt/ wann etwan auß Vn-
achtſamkeit das Glaͤßlein in dem Feleiſſen brechen ſolte/ ſo wuͤrde der ſpiritus ſalis (wel-
cher zimlich ſcharff iſt/ ehe Wein/ Bier oder Waſſer darzu koͤmt) alle Kleyder/ oder was
ſonſten in dem Feleiſen oder Kuffer waͤre/ verderben/ vnd Flecken darein machen; da-
rumb ich gut befunden/ den ſpiritum ad formam ſalis zu coaguliren, daß man denſelben
in einem Papier/ Schaͤchtelein/ oder dergleichen/ alzeit trucken bey ſich tragen oder fuͤh-
ren kan/ vnd gar keines brechens deß Glaſes darbey zu befuͤrchten/ vnd kombt ein ſolcher
coagulirter ſpiritus nicht allein den Reichen vnd Vermoͤglichen/ welche auff Wagen vnd
Pferden reiſen/ ſondern es koͤnnen denſelben auch die Fußgaͤnger in den groſſen Feldzuͤ-
gen/ wann ſie Sommers-Zeiten marſchiren/ vnd alle faule Pfuͤtzen vnd Lacken/ da tod-
te Pferde vnd alle Vnreinigkeit in ligt/ trincken muͤſſen/ davon ſie hernacher kranck wer-
den/ den rohten Lauff oder andere Kranckheiten bekommen/ vnd mit groſſer Zahl dahin
fallen wie Muͤcken. Es gehet bißweilen ein Bott/ Tagloͤhner/ oder ander gut Geſell im
warmen Sommer uͤber Land/ wann er ſich erhitzet im gehen/ ſo trinckt er von jedem
Brunnen/ den er antrifft/ vnd erſchreckt die Leber/ vnd bleibt doch den einen Weg als
den andern noch duͤrſtig; wann er dieſes Saltzes nur einer Erbiß groß in ein Becher mit
X x x iijWaſ-
[554]Troſt der Seefahrenden.
Waſſer thaͤte/ vnd truͤncke/ ſo wuͤrde ihm dieſer Becher Waſſer mehr Durſt leſchen/ als
wann er ſonſten fuͤr vnd fuͤr das Waſſer in ſich goͤſſe. Ob wol nun dieſer Spiricus oder ſaltz
allen Menſchen/ hohen vnd niedern Standes Perſonen/ Armen vnd Reichen dienen vnd
nutzen kan/ ſo find ich doch nirgends denſelben nohtduͤrfftiger/ als eben bey den Schiffah-
renden auff dem weiten Meer/ vnd auch marſchirenden Soldaten bey groſſen Feldzuͤgen.
Es ſteꝛben bißweilen in den Feldzuͤgen mehꝛ Soldaten wegen Manglung deß guten Waſ-
ſers/ als durch das Schwerd fallen. Auch kom̃en den Schiffahrenden Botsknechten vnd
Soldaten ihre Kranckheiten mehrentheils vom boͤfen Getraͤnck auf den Schiffen/ wel-
chen man gar leichtlich vorkommen kuͤnte. Was iſt dem Commendanten oder Kauff-
mann auf dem Schiff mit krancken Soldaten oder Botsknechten gedienet? Koſten ſie nit
viel zu vnterhalten/ wann ſie dann kranck ſeynd/ was nutzen ſie ihme? waͤre es nit beſſer/ dz
ſie ihnen angelegen ſeyn lieſſen/ dieſelbe geſund zu behalten/ vnd wann ſie kranck worden/
wieder geſund zu machen? welches mit einer geringen Muͤhe vnd Koſten geſchehen kuͤnte.
Fuͤhret nit bißweiln ein General ein Arinee zu Feld/ von 10/ 20/ 30000. Menſchen/ wann
dieſelbe in dem Feldzug vnordendlich in Eſſen vnd Trincken leben/ vnd nicht dagegen wie-
der Medicamenta zu gebrauchen haben/ vnd die Peſt/ Fieber oder rothe Lauff darunter
kombt/ vnd nach einander dahin fallen/ wie die Friegen gegen den Winter/ da man doch
ſolchen Kranckheiten durch obbeſchrieben Electuarium, vnd Sal ex Sale, oder mit Zucker
inſpicirten Spiritu Salis gar leichtlich haͤtte vorkommen koͤnnen. Aber der mehrertheil der
Menſchen ſeynd alſo mit dem tenffliſchen Geitz beſeſſen/ daß ſie viel lieber ſterben ſolten/
als in Kranckheiten etwas ſichers zu gebrauchen; an dem ſtinckenden Hoffart aber muß
es nimmer ermanglen/ es gehe gleich ſonſten wie es wolle. Alſo blind/ boͤß vnd eigennutzig
die verkehrte Welt iſt/ welche niemand anders machen wird als der Todt/ dann ſie gar zu
weit vom Satan eingenommen vnd beſeſſen iſt.
Es wird auch ſonſten der ſpiritus ſalis von den alten vnd jungen Medicis ſehr hoch
gehalten/ vnd ihme groſſe Kraͤffte zugeſchrieben/ die er/ inn- vnd aͤuſſerlich gebraucht/ ver-
richten ſolle/ welches ich in ſeinem Weꝛth verbleiben laſſe/ dann ich nicht mehꝛ ſchreibe/ als
was ich ſelber probiret vnd gut gefunden habe: Das iſt aber gewiß/ daß mehr gutes in
ihme ſtecket/ als man glauben moͤchte. Jſt das gemeine Saltz ſo ein herrlich Ding/ daß es
Menſchen vnd Viehe wohl bekombt/ tod vnd lebendiges vor Faͤulnuͤß bewahret/ was ſol-
te dann deſſen ſpiritus nit thun koͤnnen/ welcher ein gereinigt vnd durch das Fewr vmbge-
kehrt vnd verbeſſert Saltz iſt/ der alles beſſer/ ſo wol lebend als todte/ vor Faͤulnuͤß bewah-
ret/ als das gemeine Saltz/ vnd doch keinen Durſt verurſacht/ wie das grobe Saltz/ ſon-
dern vielmehr denſelben vertreibet. Darumb billich von einem wolbereiteten rectificirtẽ
ſpiritu ſalis viel zu halten/ dann er viel gutes/ ſo wol inn-als aͤuſſerlich gebraucht/ außrich-
tet/ vnd ſonſten auch zu vielen andern Kuͤnſten fuͤglich zu gebrauchen/ davon ich in dem 1.
vnd 2. Theil meiner Oefen vmbſtaͤndig geſchrieben habe/ vnd nit noͤhtig/ ſelbige alhter zu
wiederholen. Aufdaß aber gleichwol der guͤnſtige Leſer ſehen moͤge/ daß ich nit allein ſeine
groſſe Tugenden pꝛeiſe/ ſo habe ich zũ Vbeꝛfluß eines einigen erfahrnẽ vñ auch weitbeꝛuͤm-
ten Medici, Conradus Khunrath genant/ experientz hiebey ſetzen wollen/ welcheꝛ von dem
Spi-
[555]Troſt der Seefahrenden.
ritu Salis in ſeiner Medulla Diſtillatoria, wie ſie Anno 1638. zu Hamburg gedruckt wor-
den/ im Erſten Theil pag. 59. alſo ſchreibet:
Fuͤrnemſte kraͤfftigſte Wuͤrckungen/ ſo demSpiritui Salis,
welcher in gemein Oleum Salis genant wird/ zugeeignet werden.
DEr Spiritus oder Oleum Salis iſt an ſeinem Geſchmack nicht ſo ſcharff als das Saltz
ins gemein iſt/ auch nicht ſo gar ſawer wie etwan ein Spiritus Vitrioli, ſondern ſein
Geſchmack vergleichet ſich faſt dem Safft der wilden Holtzaͤpffel/ doch etlicher Maſſen
ein wenigzur Suͤſſigkeit geneigt.
Seine Krafft iſt/ daß es zertheilet/ duͤnn macht/ verzehret vnd außtrucknet/ jedoch
nicht hitziget/ ſondern faſt wie ein temperatum iſt/ vnd lindert/ ſtercket auch zugleich mit
die natuͤrliche Waͤrme/ vnd vermehret dieſelbige/ zerſtrewet auch was wieder die Natur
iſt/ erhaͤlt die Geſunden Feuchten in ihrer Art vnverletzt/ vnd inſonderheit den Phlegma-
ticis iſt es hochnuͤtzbar/ dann es ihren zaͤhen/ feuchten Schleim verzehret/ hindert vnd be-
nimbt die vom Haͤupt herabfallende Fluͤſſe/ vnd præſervirt fuͤr allen Kranckheiten/ ſo auß
boͤſer Phlegma, Schleim vnd Fluͤſſen entſtehẽ: vnd wer ſich ſeiner gebuͤhrlicher maſſezu ge-
brauchen befleiſſiget/ denſelbigen Menſchen ernewert es an ſeinen Kraͤfften gantz vnd gar.
Es hat die Erfahrũg bezeuget/ daß mans dẽ Epilepticis in einẽ guten Aqua Vitę ein-
gegeben/ dz ſie von ſolcher fallenden Sucht/ nechſt Goͤttlicher Huͤlffe/ liberirt woꝛden ſeyn.
Wider den Schlag oder Paralyſin, auch verlohrne Sprache wieder zubringen/ deß-
gleichen gegen tremorem cordis oder Hertzklopffen/ auch ſonſten allerley Ohnmachten/
ſo wol in Peſtilentzzeiten/ wann die Lufft ſehr inficirt, iſts erſprießlich gebraucht worden/
Succi Violarum vnd Electuarii de Juniperis, eines jeglichen zwo Vntzen ſchwer darzu
vermiſchet/ deß Spiritus oder Olei ſalis eine halbe Vntze/ vnd das wol vnter einander in ei-
nem ſteinern Buͤchslein agitirt, vnd deß Morgens nuͤchtern hiervon allwege auff ein-
mal vngefehr einer Haſelnuß groß eingenommen.
Schwangern Frawen hat jetzt gedachtes componirte Artzneymittel in ihren Kinds-
gebaͤrungen die Geburt geleichtert. Jm gleichen iſt es den Kindesbetteriſchen Frawen
fuͤr allerley Anfaͤlle eingegeben worden/ vnd iſt ihnen ohne allen Schaden vnd Gefahr gar
wol bekommen.
Wann ſich ein Menſch bey guter geſunder Farbe erhalten will/ der gebrauche ſich
offtmals jetzt angeregten componirten Artzneymittels.
Welcher von uͤbriger Feuchtigkeit beſchweret iſt/ vnd gerne derſelben etzlicher maſ-
ſen benommen ſeyn wolte/ der gebrauch ſich dieſes Spiritus oder Olei Salis taͤglich in
Wein/ oder andern bequemen Mitteln.
Der erkalteten Bruſt/ ſo mit ſteten Fluͤſſen beſchweret wird/ bekoͤmpt es wol/ ver-
treibet den alten langwierigen Huſten/ vnd das ſchwerliche athemen/ Aſthma genant/ ſo
von ſolchen Fluͤſſen vervrſacht worden.
Jm Magen loͤſets ab die ſchnoͤden boͤſen Feuchtigkeiten/ ſo ſich dariñen geſamlet/ an-
geſetzt vnd erhaͤrtet habẽ/ vertreibet vnd zertheilet die: vnd ob es gleich fuͤr ſich ſelbſt nit viel
Nahrung
[556]Troſt der Seefahrenden.
Nahrung gibt/ ſo erweckets doch dem Magen gut Appetit vnd Luſt zur Speiſe/ bereitet
auch die alsbald durch den Leib zu gehen.
Wieder die langwirige vnd ſehr alte der Leber vnd deß Miltzes tartariſche Verſto-
pfungen/ ja auch wol Verhartungen/ dienets/ dann es dieſelbigen oͤffnet vnd lindert/
auch die dahero entſtehende oder albereit entſtandene Gelbſucht/ Waſſerſucht/ Melan-
choliam Hypochondriacam, Wehetage vnd Schmertzen vnter den Ribben/ vnd was
auch von grober zaͤher Feuchtigkeit/ vnd von Blaͤſten vnd Winden herkomt/ vnd andere
auß geſagten Vrſachen cauſirte Maͤngel/ vertreibt vnd nimbt es hinweg/ vnd ſonder-
lich Anaſarcam verzehrets/ vnd das Waſſer/ ſo ſich zwiſchen Fell vnd Fleiſch geſetzt:
deßgleichen die waͤſſerige/ blaͤſtige Geſchwulſt an dem Gemaͤchte vnd Beinen/ ſo ſich ge-
meiniglich bey den Waſſer- vnd Lungenſuͤchtigen/ vnd die eine boͤſe Leber haben/ begibt/
vertreibt es.
Es vertreibt vnd benimbt auch denſelbigen Patienten den groſſen Durſt/ den ſie
ſonſten in dieſen Kranckheiten ſehr zu haben pflegen/ alſo/ daß ſie ſich gar nicht nach trin-
cken ſehnen/ vnd wol etliche Tage ohne trincken ſich erhalten koͤnnen: Hierzu mag man
es taͤglich in gutem Wein/ oder nur in Wermutwaſſer/ einnehmen/ vnd wem es gefaͤllig/
der kan allwege ein wenig Wermut-Saltzes darzu vermiſchen. Euſſerlich mag man ſich
mit dieſem Spiritu oder oleo auch wolreiben laſſen/ nechſt Gott/ ſo wird man alsdann
in kurtzer Zeit von ſolchen Gebrechen gluͤcklich geneſen. Wie dann gleicher Geſtalt die
faulen Febres auch hinweg genommen vnd vertrieben werden.
Jm Bauchgrimmen/ Colica paſſione vnd Darmgicht/ ſo die grobe zaͤhe Feuch-
tigkeit oder Blaͤſte vnd Winde/ auch Kaͤlte verurſachen/ zertheilet es den zaͤhen dicken
Schleim in den Gedaͤrmen: Auch dienets/ die groben Blaͤſte oder Winde/ die das Grim-
men haͤuffen vnd erbittern/ zu reſolviren, auffzuloͤſen vnd zu verzehren/ vnd alſo die
Verſtopffung deß Eingeweides zu eroͤffnen/ vnd den Bauch wiederumb zu erweichen/
damit ſich das Grimmen vnd Schmertzen legen vnd ſtillen kan/ erzeiget der Spiritus oder
Oleum Salis auch ſeine Huͤlffe/ beydes eingenommen vnd in Clyſtiren ſich appliciren
laſſen. Jn den Bauchfluͤſſen/ Durchlauff vnd rothen Ruhr oder Blutgang gebraucht
man ſich deſſen in Clyſtir: Den Gebrechen der Nieren koͤmmts zu Huͤlffe/ vnd der
ſcharffe Blaſenſtein wird dardurch zertrieben/ vnd von Menſchen außgefuͤhret.
Einem Menſchen der gebrochen iſt/ oder den Carnuͤffel hat/ deme ſol man taͤglich
deß Spiritus oder Olei Salis etzliche Tropffen in gutem Wein eingeben/ auch mit dieſem
Spir. oder Oleo Salis den Bruch oder Carnuͤffel offt ſehmieren/ vnd ihn im Bruchban-
de behalten/ ſo heilet er in wenig Tagen.
Allerley Wuͤrme/ die im Leibe wachſen/ treibts auß/ vnd verhindert ihr ferners
wachſen.
Fuͤr die gifftige Contagion der Peſtilentz iſt es ein kraͤfftige præſervativ, vnd de-
nen/ ſo mit ſolcher Seuche behafftet ſind/ dienets ſehr wol/ deßgleichen die Gifft einbe-
kommen haben/ Item, die gifftige Schwaͤmme/ Opium, das iſt/ Monſafft geſſen haben/
auch
[557]Troſt der Seefahrenden.
auch die von Schlangen/ Nattern/ Spinnen/ vnd andern ſolchen gifftigen Vnge-
ziefer beſchediget vnd vergifftet waͤren/ erſcheinet es gut vnd heilſam/ mit inner- vnd euſ-
ſerlichen Gebrauch angewendet/ dann es die gifftige Feuchte verzehret.
Zu den Verletzungen oder Stichen der Hornuͤſſen oder Weſpen gebraucht mans
aͤuſſerlich.
Den feiſten Weibern/ vnd denen die Mutter von uͤbriger Feuchte vnd Schlei-
migkeit vervnreiniget iſt/ denen iſt der Spiritus oder Oleum Salis gut vnd nuͤtzlich zu ge-
brauchen: dann dadurch wird alle Vberfluͤſſigkeit vnd Vnrath derſelbigen gereiniget/
verzehret vnd außgetrucknet/ daß der Saame deſto leichter in der Baͤhrmutter hafften
kan/ vnd alſo die Fruchtbarkeit ſehr befoͤrdert wird.
Wann ſich in den Augen von uͤbrigem Fleiſch vnſaubere Gewaͤchßlein erzeigen/
auch die Felle der Augen zu benehmen/ vnd wider den Staar der Augen/ imgleichen die
weiſſe Flecken vnd Narben/ auch dunckele Bloͤdigkeit der Augen zuvertreiben/ gebraucht
mans in Augenwaſſern/ vnd andern bequemen Mitteln gar nutzlich. Vnd wer vom
ſchlagen/ ſtoſſen oder fallen braun vnd blaw vmb die Augen iſt/ oder gerunnen Blut vn-
term Angeſicht hat/ der netze ein Schwaͤmlein oder leinen Tuͤchlein in dem Spiritu oder
Oleo Salis, vnd lege es auff dieſelben oͤrter/ oder ein wenig rothe Mirrha in dem Spiritu
oder Oleo Salis zertrieben/ hernach mit Honig vermiſchet/ vnd auf itztgedachte Maͤler
vnd Staͤtte geſtrichen.
Die Haut im Angeſicht wird auch ſchoͤn rein vnd glatt von der Vberſtreichung
dieſes Spiritus oder Olei Salis. Vmb mehrer Bequemigkeit willen aber kan es in Wein
oder andere hierzu dienliche Waſſer vermiſchet/ vnd alſo/ wie geſagt/ gebraucht wer-
den.
Das Sauſen vnd Brauſen in den Ohren/ deßgleichen der Ohren Wehe vnd
Schmertzen zu lindern vnd zu vertreiben/ im gleichen/ wann die Ohren ſchwaͤren vnd
eytern/ ſie zu heylen/ in deme wird der Spiritus oder Oleum Salis auch mit Nutz ange-
wendet. Jn etlichen dieſen Faͤllen wird er mit gutem Wein-Eſſig vermenget/ vnd in
die Ohren getropffet/ auch die ſchadhafften Ohren damit genetzet.
Wider die Mund-Geſchwer der jungen ſaͤugenden Kinder/ welches Aphtha ge-
nennet wird: Deßgleichen die zerſchwollene Mandeln vnd Halsknollen zu zertheilen/
vnd die vnreine Zunge zu ſaͤubern. Jtem/ das faule offene Zahnfleiſch/ den Schorbock
im Munde zu reinigen vnd zu heilen/ das Zahnwehe zu benehmen/ ſo wol an den Zaͤh-
nen vnd Zahnfleiſch die vbrige Feuchtigkeit vnd Vnflat/ ſo ſich daran erhaͤlt/ zu verzeh-
ren/ vnd ferner die Zaͤhne vnd Zahnfleiſch vor Faͤule vnd Anbruͤchigkeit zu præſerviren,
ſo miſche man den Spiritum oder Oleum ſalis in rein Honig/ vnd alsdann es in den
Mund geſtrichen/ vnd die Zaͤhne vnd Zahnfleiſch damit gerieben.
Wann die Frawen breſthaffte außgeſchlagene Bruͤſte haben/ ſo lege man Tuͤchlein/
ſo mit dem Spiritu oder Oleo Salis befeuchtet ſeynd/ daruͤber/ ſo werden ſie bald heyl-
Feuchte Kraͤtze/ ſchuppichte vnd andere auſſaͤtzige Raͤude/ Grind/ Flechten vnd Zitrach.
Y y yten
[558]Troſt der Seefahrenden.
ten zu vertreiben/ ſolches kan durch den inwendigen vnd außwendigen Gebrauch deß
ſpiritus oder Olei ſalis gar wol geſchehen.
Wie dann auch Frantzoͤſiſche vnd andere Geſchwere vnd Beulen zu zeitigen/ reiff
vnd eyterig zu machen/ mag man den ſpiritum oder oleum ſalis fuͤr ſich allein/ oder mit
andern Bequemigkeiten außwendig aufflegen.
Zu Heilung deß gifftigen boͤſen Geſchwers deß Haarwurms/ der vnterſich biß
auffs Gebein friſt/ denſelben zu vertreiben/ vnd dergleichen boͤſe gifftige apoſtemata,
vnd die Geſchwere ſo Cacoëthes heiſſen/ auch zu den freſſenden Schaͤden an den Ge-
burtsgliedern/ auch die Schliere vnd andere offene Schaͤden zu heilen/ ſo vermiſchet
man den ſpiritum oder oleum ſalis in weiſſen Wein/ vnd damit befeuchtet man Gerſten-
Mehl zum Teige an/ ſolches alsdann uͤbergeſchlagen.
Jn den vmb ſich freſſenden Krebsſchaͤden erſprieſſet nutzbar/ dieſen ſpiritum oder
oleum ſalis in Rautenſafft gemiſchet/ vnd bequemlich darein genetzet vnd darauff gelegt.
Jn Summa/ mit inwendigen vnd außwendigen Gebrauch wehret der Spiritus
oder Oleum Salis allen flieſſenden vmb ſich freſſenden Schaͤden/ vnd macht ihnen zur
Heilung einen guten Grund.
Die zerriſſene/ verruckte/ verkuͤrtzte auch lahme Glieder oder Gliedmaſſen wiede-
rumb einzurichten vnd zu recht zu bringen/ ſo ſol man dieſelbigen mit dieſem ſpiritu oder
Oleo ſalis ſchmieren oder beſtreichen/ entweder fuͤr ſich allein/ oder zu andern hierzu dien-
lichen Bequemungen gemenget/ es durchdringet ſolche gewaltig/ vnd iſt gar huͤlffbar.
Wartzen zu vertreiben wird uͤbergelegt der Spiritus oder oleum ſalis in Ringel-
blumen-Safft gemiſchet. Deßgleichen die Leichdorn oder Huͤner-Augen/ wann die nach
dem Bade wol beſchnitten ſeyn/ vnd alsdann mit dem ſpiritu oder Oleo ſalis beſtrichen/
werden ſie dadurch vertrieben.
Jn dem Rothlauff/ Roſa/ oder heiligen Ding wird der ſpiritus oder Oleum ſalis
in Hollunder-Eſſig vermiſchet vnd uͤber geſchlaͤgen/ iſt [ſehr] huͤlfflich befunden worden.
Die erfornen auch auffgebrochenen Haͤnde vnd Fuͤſſe werden dadurch wieder zu-
recht gebracht vnd geheilet.
Auß den Beinen vnd Fuͤſſen die Muͤdigkeit zu ziehen/ dieſelben auch zu kraͤfftigen
vnd ſtaͤrcken/ vnd die Glieder/ die ermuͤdet ſeyn/ zu ſteiffen/ dazu iſt der ſpiritus oder O-
leum ſalis ein Huͤlffmittel/ wann man damit ſie fuͤr der Waͤrme wol beſtreichet vnd rei-
bet.
Die Fluͤſſe vnd kalten Geſuͤchte/ ſo in die Glieder/ auch in die Gelenck oder Gewer-
ben gefallen ſeynd/ vnd daſelbſt allerley Gliedſuchten/ Ruͤckenſchmertzen/ Huͤfftwehe/
Chiragra, Conagra, Podagra, Zipperlein/ Reiſſen vnd Wehetage/ auch Contractu-
ren vnd Laͤhmung verurſachen vnd anrichten/ werden durch den ſpiritum oder Oleum
ſalis verzehret vnd benommen/ nemlich/ daß man denſelbigen in bequemen Mitteln inner-
lich gebrauchet/ vnd aͤuſſerlich ihn vber ſolche Oerter ſtreichet/ ſo werden die Schmertzen
vnd Pein kraͤfftiglich geſtillet/ vnd ſo ſich darinn Tophi oder Steinlein angeſetzet/ ſo
werden
[559]Troſt der Seefahrenden.
werden die diſcutirt, vnd ſonderlich wann man den ſpiritum oder oleum Salis mit dem
Oleo Victrioli dulcis miſcirt,[uͤ]ber die No [...] applicirt, ſolvirt es dieſelbigen gar fuͤr-
trefflich wol.
Es iſt auch fuͤr die Podagriſchen Schmertzen ſehr gut/ vnd dieſelbigen gar wol da-
mit zu ſtillen/ neben innerlichen Gebrauch deß ſpiritus oder Olei Salis auch aͤuſſeriich an-
zuwenden/ Spiritus oder Oleum Salis mit Oleo Therebinthini, Oleo Ceræ, Oleo Ca-
momillæ, oder auch Wullkraut-oͤel vermiſchet/ vnd die ſchmertzhafften Oerther fuͤr der
Waͤrme damit ungirt, vnd wann die Glieder von Fluͤſſen vnd Catharren zur Contra-
ctur ſich begeben haͤtten/ ſo ſoll man hierzu gebuͤhrliche Behungen gebrauchen/ vnd nach
denſelbigen uͤberzuſchmieren anwenden des ſpiritus oder olei ſalis, olei Victrioli dulcis,
Spiritus oder olei Therebinthini optimi diſtillati, wol zuſammen miſciret, vnd fuͤr der
Waͤrme jetzt angezeigter Geſtalt aͤuſſerlich uͤbergeſtrichen; Hierdurch werden auch die-
ſelbigen Glieder vnd Gewerbe uͤber die maſſen ſehr wol vnd alſo geſtaͤrcket/ daß ſie ſolche
Fluͤſſe nicht mehr ſo leichtlich annehmen moͤgen.
Wider den Krampff vnd erkaltete Nerven dienet auch gar wol obgemeldter ſpiri-
tus oder oleum ſalis, innerlich vnd aͤuſſerlich obangeregter Geſtalt angewendet.
Jn auſſerlichen Wunden vnd Schaͤden begeben ſich offtmals Faͤulungen/ waͤchſet
auch bißweilen darinnen geil Fleiſch/ vnd richtet groſſen Schmertzen an; ſolche Maͤngel
beſtreiche man mit dem ſpiritu oder oleo ſalis, es loͤſet vnd verzehrets gar bald/ vnd behuͤ-
tet fuͤr fernerer Faͤulung.
Summariter, der ſpiritus oder oleum ſalis iſt ein gar vortreffliche Medicin vnd ge-
waltiger Vberwinder gar vieler Kranckheiten.
Ferner ſoltu wiſſen/ daß uͤber jetzt oberzehlte artzneyiſche Anwendung der ſpiritus
oder oleum ſalis, wann er vnterrichteter geſtalt nach recht fleiſſig diſtillando verfertiget
iſt/ zu Bereitungen vieler ſchoͤner/ herrlicher/ koͤſtlicher dinge in der Kunſt Chymia gebrau-
chet wird. Dann der ſpiritus oder oleum ſalis loͤſet auff Gold/ etliche Edel- vnd andere
Geſteine/ Perlen/ Corallen/ ꝛc. daß ſie ferner in ihrer Potabilitet vnd Liquorem zu hoher
allernuͤtzlichſter menſchlicher Artzney gebraucht werden; welche Proceſſe/ wie ſolchen mit
aller Arbeit recht gruͤndlich nachgegangen werden ſol/ allhie anzuzeigen ich vnterlaſſe.
Wer aber auß meiner Vnterrichtung/ ſo ich in dieſer meiner Medulla Diſtillatoria \amp;
Medica, \amp;c. gar getrewlich gethan/ durch ſeinen Fleiß/ Muͤhe vnd Arbeit einen guten An-
fang zum laboriren geſchoͤpffet hat/ der dencke den Dingen mit Ernſt fleiſſiger nach/ vnd
greiffe zur Arbeit/ werde daruͤber nicht leichtlich verdroſſen/ gebrauche auch ehrlicher/ auff-
richtiger/ guthertziger vnd rechtſchaffener wolerfahrner Artiſten getrewen Raths/ ſo wird
er gewiß viel Geheimnuͤſſe der Natur/ auch mancherley gar fuͤrtreffliche arcana (fuͤr an-
dern Schwaͤtzern vnd Nachlaͤſſigen) eigentlich erfahren vnd innen werden/ vnd ſeine ex-
perientz/ Muͤhe vnd Fleiß nicht uͤbel noch vergebens angewendet haben; Hernachmals
gebrauche er ſich auch derſelbigen ſeiner Erfahrenheit/ zu Gottes Lob/ vnd ſeines noth-
duͤrfftigen Nechſten Huͤlffe vnd Boſten.
Y y y 2Vir-
[560]Troſt der Seefahrenden.
Virtutesoder kraͤfftige Wircklichkeiten deßSpiritusoder
Olei Salis, darinnen das Gold recht ſecund[um] artem auffgeſchloſ-
ſen/ oder ein Aurum Potabile damit g[e]macht iſt.
WOlgeuͤbte/ erfahrne vnd gelaͤhrte Philoſophi, Medici vnd Aertzte attribuiren vnd
ſchreiben dem Spiritui oder Oleo Salis, darinnen das Gold recht auffgeloͤſet/ oder
ein Aurum Potabile damit gemacht iſt/ groſſe/ kraͤfftige/ im menſchlichen Coͤrper artzney-
iſche Wirckungen zu/ daß es in allen Schwach- vnd Kranckheiten/ wie dieheiſſen/ ein
gewaltiges Huͤlffinittel/ vnd den Patienten in allen Ohnmachten/ ja ob ſich es gleich
mit ihnen zum Tode zu nahen beginnete/ eine fuͤrtreffliche Erquickung (damit ſie Krafft
bekommen/ vnd noch etlicher maſſen auff zuhalten) zu/ wann man es ihnen zween/ drey
oder vier Tropffen/ nach Gelegenheit/ auff einmal in einem guten Aqua vitæ oder Krafft-
waſſer eingibt.
Deßgleichen/ wann man es woͤchentlich einmal einnimbt/ allewege auff einmal
drey Tropfen in gutem ſtarcken Wein oder Aqua vitæ, oder ſonſt in andern nach Gele-
genheit bequemen Mitteln/ vernewert es den Menſchen/ macht ihn jung-geſchaffen/ vnd
grawe Haare zu newen gelben Haaren/ Haut vnd Naͤgel new wachſen/ præſervirt den
Menſchen fuͤr allerley zufallenden Kranckheiten/ daß er in ſeiner Geſundheit/ die Tage
ſeines Lebens/ biß auff die von Gott ihme beſtimpte Sterbens-Zeit bleibet.
Dieſes ſeynd die Wort deß hocherfahrnen Philoſophi, Medici, Chymici, Conra-
di Khunraths, wie ſolche von Wort zu Wort in ſeiner Medulla diſtillatoria zu fin-
den.
Nun kan ein jedweder leichtlich erachten/ daß dieſer Mann/ ob wol er viel erfah-
ren gehabt/ dannoch nicht alles wird gewuſt haben; was er gewuſt/ das hat er geſchrie-
ben/ vnd das ander bleiben laſſen: Daß darumb noch viel ander gutes nicht darmit ſol-
te koͤnnen verrichtet werden/ iſt leicht auß dieſen zu ſehen/ was dieſer einige Medicus al-
lein darinn gut befunden gehabt: Vnd was er zum Ende vermeldet von dem Oleo, ſive
Liquore Auri, ſo durch den Spiritum Salis bereitet worden/ iſt die lautere Warheit/ vnd
kan noch ein viel mehrers mit ſelbiger ſolution außgerichtet werden. Er hat geſchrieben
ſo weit er erfahren geweſt/ vnd das uͤbrige andern zu thun hinterlaſſen. Dieweil ich dann/
ohne: Ruhm zu melden/ auch die Haͤnde in die Kohlen geſteckt/ vnd vnter andern dieſen
Liquorem Solis, oder Aurum Potabile, per Oleum ſalis gemacht/ in groſſen Kraͤfften be-
funden/ ſo will ich den duͤrfftigen Krancken den Uſum, wie auch deſſen groſſe Krafft vnd
Wirckung/ weil mich die Experientz verſichert hat/ etwas außfuͤhrlicher beſchreiben/ auff
daß ein ſolche edle Medicin nicht begraben/ ſondern dem beduͤrfftigen menſchlichen Ge-
ſchlecht zu gut bereitet vnd gebraucht werde. Ein ſolcher Liquor auri, davon alhier Mel-
dung gethan/ wird auß dem beſten vnd feinſten ☉ vnd auffs hoͤchſte rectificirten vnd
wieder concentrirten Spiritu Salis bereitet/ in dem das ☉ zuvor durch das Antimoni-
um gegoſſen vnd fein gemacht/ vnd hernach in aqua Regis auffgeloͤſt/ mit ☿ præcipitirt,
vnd
[561]Troſt der Seefahrenden.
vnd durch abſuͤſſen in einen ſ [...]len Calcem gebracht/ welcher/ ſo er wol außgegluͤhet/ her-
nach ein ſtarckes vnd wolben [...]Oleum Salis ihn auffloͤſet: wann der Calx Solis ſolvi-
ret iſt/ wann in einem glaͤſer [...]lblein Theil ſpiritus ſalis wieder davon abſtrahirt, ſo
bleib in fundo ein hoch-gelb [...] [...]iquor auri, welcher alſo nicht einzugeben iſt; dann das
Oleum Salis gar zu ſtarck vnd ſcharff iſt/ ſoll derohalben ein Tropff von ſolchem Oleo mit
einem guten Leffel voll Wein/ Bier oder warmer Bruͤhe vermiſcht werden/ ehe mans
in den Leib nimbt/ auff daß der corroſiviſche ſpiritus ſalis dadurch gebrochen werde/ vnd
wegen ſeiner groſſen Saͤure nicht etwan dem Patienten widrig zu nehmen fallen moͤch-
te. Vnd wann man vmb der Lieblichkeit willen deſto beſſer einzunchmen/ etwan denſel-
ben gern ſuͤß haͤtte/ ſo kan man daſſelbige Oleum an Statt Wein/ Bier/ Waſſer vnd
Fleiſchbruͤhe/ etwan mit einem Zucker-Waſſer oder Roſen-Syrup einnehmen/ thut e-
ben viel/ womit es gleich eingenommen wird; vnd ſoll ein alter Menſch auff einmal vber
2. oder 3. Tropffen nicht einnehmen/ wann er dann ſpuͤret/ daß dieſe 2. oder 3. Tropffen
zu wenig ſind/ vnd keine genugſame operation thaͤten/ ſo koͤnte man alßdann mit dem
Doſi auffſteigen/ vnd 3. oder 4. Troffen geben/ ſo lang vnd viel/ biß dieſe Kennzeichen
geſehen werden/ alsdann nicht hoͤher auffſteigen/ ſondern lieber einen Tropffen weni-
ger geben. Die Kennzeichen ſind dieſe/ wann das Oleum Auri ſeine rechte operation
thut; das erſtemal ſpuͤret man eine Nauſeam oder Widerwillen in dem Magen/ wann
das Oleum Auri etwan boͤſen Schleim darin findet/ vnd ſolchen gern weg haben wolte/
vnd loͤſet denſelben ab/ vnd fuͤhret ihn durch den Stul auß. Zum andern ſollen die Ex-
erementen gantz kohlſchwartz ſeyn/ vnd in waͤhrendem Gebrauch der Patient taͤglichs
auffs wenigſte zweymahl/ bißweilen auch 3. oder 4. mal/ ohne einige Hindernuß oder
Empfindung in dem Leib/ wie ſonſten bey Gebrauch anderer Medicamenten geſchicht/
auff den Stulgehen/ vnd der Urin truͤb ſeyn: dann die Medicin auß den Nieren vnd
Blaſen den Schleim vnd tartarum auffloͤſet/ vnd nach vnd nach außfuͤhret. NB. An
den ſchwartzen Excrementen ſiehet man klaͤrlich/ daß das Gold in deß Menſchen Ma-
gen radicaliter auffgeloͤſt vnd vmbgekehrt werden kan/ welches viel ſtatuiren vnmuͤg-
lich zu ſeyn. Deß Menſchen Magen kan mehr in Zerſtoͤrung der Dingen außrichten/
als das ſtaͤrckeſte Fewer/ wie allhier bey dem ☉ zu ſehen/ vnd alles das jenige/ was man
iſſet vnd trincket/ in 24. Stunden lang alſo vmbkehren/ vnd zu Excrementen verwand-
len kan. Jſt es einem Menſchen-Magen muͤglich/ ſo iſt es der Kunſt auch muͤglich/ vnd
wird auch darmit bewieſen/ daß ſich die Farben in dem ☉ erſt mercken laſſen/ wann daſ-
ſelbe radicaliter außgeloͤſt vnd vmbgekehrt worden: dann ſchwartz ein Haupt-Farbe iſt/
darinnen alle Farben verborgen vnd concentrirt ſind.
NB. Dieſe ſchwartze Excrementen ſolte man nicht wegwerffen/ ſondern das ra-
dicaliter auffgeſchloſſen Gold wieder ſuchen/ davon zu ſcheiden; es ſolte vielleicht etwas
wunderbarliches damit koͤnnen zu wegen gebracht werden. Jch habe einmal einem Kind
dieſes Oleum auri 8. oder 10. Tagen nach einander eingeben/ weil ihme vnweißlich von
andern ein ☿ fuͤr die Wuͤrme beygebracht worden/ ſelbigen damit wieder auß dem Leib
Y y y iijzu zie-
[562]Troſt der Seefahrenden.
zu zichen/ vnd die Excrementen zu verſamblen befohlen/ [...]s darmit zu verſuchen/ nach
dem aber dieſelbe geſtanden/ Wuͤrme darinn gewachſen [...]ich nichts darmit verſuchen
koͤnnen/ ſondern befohlen/ ſolche zu einer Wurtzel eines/ [...]n Weinſtocks zu legen/ wel-
ches geſchehen/ vnd der Weinſtock/ welcher nur 2. Jah [...] geweſen/ vnd ſelbige Jahr
noch keine Trauben haͤtte bringen koͤnnen/ hat einen klein[en] T[r]auben gebracht/ mit groſ-
ſen Beeren/ darauff guͤldene Flecklein/ wie kleine guͤldene Sternlein/ geſtanden/ mit
Verwunderung anzuſehen/ welches wol nachdenckens werth iſt. Jch halte auch darfuͤr/
daß der Urin bey denen/ welche obgedachten Liquorem auri ſtetig gebrauchen/ auch guͤl-
diſch ſeyn muͤſſe/ kan aber auß der Farb nichts ſonderlichs gemerckt werden. Es kan nicht
fehlen/ weiln deß Menſchen Leib in dem Gebrauch obgedachter Medicin nur allein eine
verborgene Krafft deß Goldes zu ſich nimbt/ vnd das Corpus wiederfahren laͤſt/ daß
daſſelbige ☉ beſſer ſeyn moͤchte durch die Kunſt in die multiplication zu bringen/ als ein
ander gemein ☉. Gott der Almaͤchtige hat alle dingewol beſtelt vnd angeordnet. Wann
in deß Menſchen oder Vihe Magen die Speiſe vmbgekehrt vnd verfaulet wird/ ſo ziehet
die Natur nur ein wenig dararauß/ ſich darmit zu ernehren/ das uͤbrige gehet ſeinen weg/
vnd iſt darumb nicht ohne Kraͤfften: dann ſo man ſolche Excrementen mit einer Erden
vermiſchet/ vnd mit Regenwaſſer anfeuchtet/ vnd an die Lufft ſetzet/ ſo wachſen auß eige-
ner Krafft/ ohne zuthun einigen Saamen/ vielerhand Kraͤutlein; ſo man aber einen
Saamen eines Krauts darein thut/ deſſen Art Kraͤuter alsdann herfuͤr kommen/ vnd
nachdeme man wil/ daß die Excrementen zu einem Kraut werden ſollen/ ein ſolchen
Saamen man darein legen muß/ dahero die Multiplication der Kraͤuter/ vnd vielleicht
auch der Metallen. Muß alſo die Faͤulnuͤß vorher gehen/ wann ein Multiplication fol-
gen ſoll; welches Chriſtus vnſer Seligmacher ſelber ſeinen Juͤngern vorgeprediget/ ſa-
gende: Es ſey dann/ daß das Weitzen-Koͤrnlein in der Erden faule/ ſo kan es keine Fruͤch-
te bringen/ oder kan ſich nicht vermehren: Dieweil dann an dem metalliſchen Baum das
☉ der gelbe/ runde Saamen/ die ☽ die weiſſe Lili-Bluͤt/ ♀ die gruͤne Blaͤtter/ ♂ der brau-
ne/ harte Stamm/ ♃ die grawe Rinde vmb den Stamm/ ☿ der klare weiſſe Safft/ ſo
zwiſchen der Rinden vnd Stamm auffſteigt/ vnd die Nahrung gibt/ ♄ die ſchwartze
Wurtzel deß Baums/ vnd weder Wurtzel/ Stamm/ Blaͤtter noch Blumendeß Baums/
wann ſie gleich verfaulen/ oder in die Erden geſaͤet werden/ ſich multipliciren koͤnnen/
ſondern allein der Saame ſolches thun muß; ſo waͤre es ſo frembd nicht/ wann man das
verfaulte ☉ von den Excrementen zu ſcheiden wuͤſte/ daß daſſelbige durch die Kunſt in
die Multiplication hernacher zu bringen. Jch fuͤr meine Perſon aber habe ſolches nicht
gethan/ wer Luſt zu hat/ kans verſuchen/ was darauß werden moͤchte. Die Philoſophi
ruffen ſonſten/ daß man Materiam lapidis in ſterquilinio ſuchen muͤſſe/ vnd daß ihre
Materia ſtinckend/ vnd von den Menſchen verachtet auff den Miſt geworffen wird/ ꝛc.
Kan aber auff den Salpeter gedeutet werden. Dieſe kurtze Erinnerung habe ich wolmei-
nend hieher ſetzen wollen/ ob vielleicht ein oder der ander weiters nach dencken wolte. Ein-
mal iſt es gewiß/ daß das ☉/ wann es zuvor durch den Spiritum Salis auffgeſchloſſen/ vnd
mit
[563]Troft der Seefahrenden.
mit andern Feuchtigkeiten/ als Waſſer/ Wein/ Bier/ oder dergleichen/ in die Weite zer-
theilt/ vnd genoſſen/ in deß Menſchen Magen radicaliter auffgeſchloſſen vnd vmbgekehrt
wird: Dann auß ſolchen Excrementis ich niemaln corporaliſch ☉ wieder machen koͤn-
nen; welches nachdenckens werth iſt. Wer weiß was Gutes darhinder ſtecket/ vnd waͤre
der Muͤhe wol werth/ ſolches zu examiniren oder probiren, wieweit darmit zu kommen.
Die Philoſophi ſagen/ wo die Natur auffhoͤret/ vnd das Werck liegen laͤßt/ da ſol der
Kuͤnſtler anfangen:wie man aber weiters damit procediren ſoll/ das ſagen ſie nicht.
Erſtlich hat die Natur das Ens Minerale, oder primam Materiam Metallorum, ſo hoch
gebracht als es muͤglich geweſen/ nemblich zur hoͤchſten perfection, vnd duff koͤniglichen
Thron geſetzt: die Kunſt hat das perfecteſte Corpus Solis durch Corroſiva auffgeſchloſ-
ſen durch deß Menſchen Magen wieder zuruͤck gebracht/ vnd auffs newe auffgeſchloſſen;
ſo man nun weiters wuͤſte fort zu fahren/ ſo koͤnte leichtlich das entſchloſſene Gold ſich ver-
beſſern/ vnd tauſentfaͤltig multiplicirt werden. Jch will aber dieſes fuͤr kein Evangelium/
ſondern nur fuͤr bloſſe Gedancken gehalten haben: ein jedweder kan doch darauß nehmen/
ſo viel ihm gut duͤncket.
Vnd ſoll man mit dem taͤglichen Gebrauch der Medicin ſo lang vnd viel anhalten/
biß alles boͤſe dadurch auß dem Leib getrieben iſt; auch ſoll man bey Gebrauch dieſeꝛ Medi-
cin ſonſten kein andere Medicamenten darneben gebrauchen/ dieſer Edlen Medicin ih-
re Wirckung darmit zu verhindern/ ſondern wan man wil/ zuvor/ ehe man ſie gebraucht/
etwan 1. oder 2 mal mein Panaceam, davon im 2. Theil meiner Spagyriſchen Apothecken
gehandelt wird/ einnemen/ ſo wird man Wunder ſehen/ was dieſe edle Medicin vermag.
Dann erſtlich thut ſie dieſes alles ſo dem Spiritui ſalis zugeſchrieben wird: dann das oleũ
ſalis, damit das ☉ ſolvirt worden/ gleicher Tugent vnd Krafft iſt mit dẽ ſpiritu ſalis/ nur
daß das oleum zweymal ſtaͤrcker iſt als der ſpiritus; dann der ſpiritus kein ☉ auff ſolvirt,
ſondern allein das wolbereitete oleum. Kan alſo dieſes oleum Auri, oder Aurum pota-
bile, viel beſſer in allen dieſen Kranckheiten gebraucht werden/ darzu ſonſten ein ſpiritus
ſalis gut iſt/ vnd wircket dieſes oleum auri viel beſſer/ als ein ſpiritus ſalis, wegen deß Gol-
des/ ſo darinnen auff ſolviret iſt: vnd weil das ☉ auch warmer vnd truckner Natur iſt/ ſo
ſchicket ſich daſſelbe gar wol zu dẽ oleo ſalis, welches warmer vnd feuchter Natur iſt. Da-
hero widerſtehet dieſes oleum auri aller corruption, die in deß Menſchen Leib entſtehen
moͤchten/ daß kein Fieber/ kein Peſtilentz/ kein Auſſatz/ keine Verſtopfung der Leber/ Miltz
vnd Lungen koͤnnen einwurtzeln/ das Gebluͤt wiꝛd durch den gantzen Leib gereinigt/ von
aller uͤberfluͤſſigen boͤſer geſaltzen Feuchtigkeit/ kein Geſchwaͤr an Lungẽ/ Leber oder andeꝛn
innerlich vnd aͤuſſerlichen Orten deß Leibs kan ſich verſamlen/ es ſolvirt vnd treibt auch
den Calculum in der Blaſen vnd Nieren/ wie auch alle tartariſche/ podagriſche Fluͤſſe/
vnd ſtaͤrckt den Magen/ Hirn/ Hertz vnd Seenen: Es erwaͤrmt vnd durchgehet den gan-
tzen Leib mit einer ſonderlichen Art vnd Eigenſchafft/ trucknet die boͤſe Feuchtigkeit auß/
vnd curiret die Waſſerſucht/ ziehet alle gifftige humores in dem Magen auß dem Leib/
vnd fuͤhret ſolche durch den Stul/ vnd ſonderlich die Mercurialiſche Duͤnſte/ ſo etwas
von
[564]Troſt der Seefahrenden.
von boͤſer Cura in Morbo Gallico, durch ſchmiren in den Leib kommen/ vnd einige Glit-
der lahm davon worden ſind/ oder werden wollen/ bringt ſelbige wieder zu recht/ vnd auch
ſonſten ſolche Glieder/ welche durch andere Kranckheiten verſchwaͤcht vnd kraffloß wor-
den/ wieder zur vorigen Geſundheit bringet/ allein durch innerlichen Gebrauch/ aͤuſſer-
lich iſt es zu koſtbar/ vnd kan ein Spiritus Salis darzu gebraucht werden/ die Seenen da-
mit zu ſchmieren/ vnd die ſchmertzen zu ſtillen; innerlich aber macht dieſes aurum Pota-
bile alle Glieder im gantzen Leib fein hart/ ſtarck vnd kernhafft/ daß ſo leichtlich keine
Feuchtigkeit Schaden thun kan/ oder Peſt/ Fieber/ Geſchwaͤhr an Lungen oder Leber/
faul Gebluͤt/ Schorbauch/ Waſſerſucht/ Kraͤtzen vnd dergleichen einwurtzeln moͤgen.
Es heilet auch alle euſſerliche Schaͤden am gantzen Leib/ als Fiſteln/ vnd andere lang-
wierige offene Schaͤden/ allein innerlich gebraucht: aͤuſſerlich iſt dieſer Spiritus Salis gut
genug/ darinn nur ein Stahl auff ſolvirt iſt/ alle Schaͤden in dem Mund/ auff der Zun-
gen vnd Gaumen oder Hals/ ſo etwan von Morbo Gallico oder Schourmund entſtan-
den/ vnd nach keiner Medicin lauſtern wollen: der Liquor auri iſt aber beſſer/ vnd da
men auch nicht ein jede Medicin gebrauchen darff/ koͤnnen darmit curirt werden; macht
ſolchen Schaͤden einen reinen Grund/ vnd heilet ſchleunig wegen ſeiner aſtringirenden
Natur vnd Krafft. Man miſche es mit ein wenig Zucker/ vnd reibe das vom Schur-
mund verfaulte Zahnfleiſch darmit/ wird ſchnell heilen/ vnd die Zaͤhn wieder ſtarck
machen. Es heilet auch dieſes Oleum auri alle innerliche vnd aͤuſſerliche Quetſchun-
gen/ als Blaſen- vnd Nabel-Bruͤche/ ohne Schnitt oder andere Artzneyen/ nur inner-
lich gebraucht vnd aͤuſſerlich auffgeſtrichen: dann es ziehet die Wunden zuſammen/
vnd heilet gar ſchnell vnd bald alles innerlich im Leib/ ſo etwan moͤchte verſehrt oder zer-
brochen ſeyn/ vor allen andern Medicamenten: dann in rerum natura nichts zu finden/
das aſtringirender vnd heilſamer iſt/ als eben ein auffgeſchloſſen Gold. Weiln dann
alle Wunden/ ſo wol innerlich als aͤuſſerlich/ aſtringentia begehren/ vnd kein Kraut
noch Mineral zu finden/ welches dieſem gleich/ ſo bleibt ihm billich der Preiß vor allen
andern inn- vnd aͤuſſerlichen Medicamenten. Nach dem Gold iſt die Solutio Martis
auch gut/ aſtringirt zimlich wol/ bey weitem aber nicht wie das Gold/ vnd iſt nicht ſo
lieblich zu nehmen/ ſchmeckt ſehr Vitrioliſch/ vnd macht bißweilen Vomitus. Andere
Metallen aſtringiren zwar auch/ aber nicht rathſam/ innerlich zugebrauchen/ weil die-
ſelbe neben guter Tugend/ auch boͤſe zu gleich haben. Die Luna ſelbſten iſt ſehr Vitrio-
liſch/ vnd gantz bitter am Geſchmack/ ziehet ſonſten viel boͤſes auß dem Leib/ aber ſeine
Solutio gar widerig zu nehmen/ uͤbler als ein gemeiner Vitriol: Die Solutio Auri aber/
ob ſelbe ſchon aſtringirt, ſo ſeynd doch keine boͤſe Qualiteten darbey/ ſondern alles heil-
ſam vnd geſund/ inn-vnd aͤuſſerlich zu gebrauchen/ bey Jungen vnd Alten/ in Epile-
pſia, wie auch den Kindsbettern/ die zerbrochene Banden der Mutter wieder zu heilen/
vnd alles ſchnell an ſeine Stelle zu bringen/ welches verrucket waͤhr. Jn Summa:
Es kan dieſe Medicin in allen Kranckheiten ſicherlich gebraucht werden/ ſie ſeyen gleich
warm oder kalt; dann alle Glieder dardurch geſtaͤrcket vnd gleichſam ernewert werden/
dafuͤr billich alle Krancken dem lieben Gott ſchuldigen Danck erzeigen ſolten.
Auſ-
[565]Troſt der Seefahrenden.
Auſſer dieſen Tugenden ſo der Spiritus Salis, vnd inſonderheit den Oleum auri
per Spiritum Salis bereitet/ in- vnd aͤuſſerlich erweiſet/ iſt er auch ſehr ſehr gut/ der Trun-
ckenheit vorzukommen/ vnd ſich darfuͤr zu bewahren/ als vor dem groͤſten vnd ſchaͤdlich-
ſten Laſter/ Gifft vnd Wurtzel alles Vngluͤcks vnd Schadens/ vnd Thuͤr zu allen Suͤn-
den. Dieweiln nun genug bekand/ daß die Trunckenheit allen Menſchen ein ſchaͤdliche
Gifft iſt/ vnd vnzehlich viel Vngluͤck darauß entſtehet/ als ſolten billich alle Menſchen
dieſelbige ſchewen vnd meyden/ ja wie vor Gifft vnd Peſtilentz ſich huͤten vnd vorſehen:
Weil aber ein ſolches Laſter allenthalben im Schwang gehet/ vnd ſonderlich in denen
Laͤndern da der Wein haͤuffig waͤchſet/ ſo wird ſie nicht fuͤr eine Suͤnde oder Schande/
ſondern nur fuͤr eine Gewonheit geachtet/ ſonderlich weil Groß vnd Klein ſich darmit
delectiren oder beluſtigen. Es ginge wol hin/ daß man truͤncke biß daß man froͤlich wuͤr-
de/ man bleibt aber nicht darbey/ ſondern der Mißbrauch iſt ſo groß/ daß man kein Ziel
noch Maß zu gebrauchen weiß/ immer der eine den andern zum trincken anreitzet/ vnd
werden die jenige/ die fein groſſe Becher voll beſcheid thun koͤnnen/ mehr geachtet als ein
erfahrener Philoſophus. Es wird nicht allein die edle Gabe GOttes/ der liebe Wein/
ſo ſchaͤndlich dardurch verderbt vnd vnnuͤtzlich verthan/ ſondern die Menſchen thun ih-
nen an ihrer eigenen Geſundheit groſſen Schaden. Wann ſich ein Menſch ſelber zu todt
ſaͤufft/ ich glaube nicht/ daß er in einen andern Himmel kommen werde als zu denen/
welche ſich vmb Geitzes oder andern Vrſachen halben erhaͤngt/ oder ertraͤnckt haben. Ein
verzweiffelter/ der ſich ſelber vmbs Leben bringt/ thut ſolche Suͤnde nur einmal/ vielleicht
wann er wieder koͤnte lebendig werden/ er es ein andermal nicht wieder thun wuͤrde: Ein
Vollſaͤuffer aber begehet ſolche Suͤnde taͤglich/ wird nuͤchtern/ vnd thut es wieder/ vnd
hat gar kein Mißfallen daran/ bildet ihme auch nicht ein/ daß er ein Suͤnde darin bege-
he/ macht ihme den Weg zum Himmel fein weit/ gedenckt/ wohin ſo viel kommen/ da
wolle er anch hin/ auffdaß er gute Zechbruͤder finden moͤge; wie jener ſterbende Trinck-
Bruder fragte/ (daman ihm von den Himmel ſagte/ daß er hinein kommen wuͤrde/
wann er hertzliche Rewe vnd Leid uͤber ſein Gottlos Leben haben/ vnd ſich der Verdien-
ſten Chriſti theilhafftig machen wuͤrde) ob man dann auch darinn luſtig zechte? da ihme
geantwortet/ nein/ man haͤtte daſelbſten weder Hunger noch Durſt/ da fagte er/ ſo be-
gehre ich auch nicht hinein: damit fuhr er dahin/ in den Schwein vnd Sauff-Himmel.
Das weiß ihm der Teuffel fein zu Nutz zu machen/ vnd viel Kinder dardurch zu ſich zu
locken/ (wie bey den Hexen vnd Zaubern zu ſehen) welche bekennen/ daß ihne der Teuffel
zugeſagt/ nach dieſem Leben an einen ſolchen Ort zu bringen/ danichts anders getrieben
werde/ als eſſen/ trincken/ buhlen/ vnd alle Wolluſt deß Fleiſches. Dieſe Predigt klingt
der Leichtfertigkeit beſſer in die Ohren/ als wann man von Rew vnd Leyd uͤber die Suͤn-
de/ nuͤchterem vnd maͤſſigem Leben/ vnd dergleichen ſaget; das gehet nicht zu Hertzen/ das
Boͤſe aber gehet wie geſchmiert ein/ daher bekommt der Teuffel ſo viel Kinder. Moͤchte
mancher ſagen: Was gehet Glaubern an/ daß er eine Medicin gegen die Trunckenheit
beſchreibet/ die doch keine Kranckheit iſt/ ſondern vielmehr ein luſtiges Exercitium? De-
Z z zme
[566]Troſt der Seefahrenden.
me antworte ich alſo: Wann ich nicht wuͤſte/ daß die Trunckenheit die allergroͤſte vnd
ſchaͤdlichſte Kranckheit Leibs vnd der Seelen waͤre/ wolte ich dieſes Blat Pappier gern
vnbeſchrieben gelaſſen haben. Man leſe die alten vnd newen Hiſtorien/ ſo wird man fin-
den/ daß das meiſte Boͤſe/ ſo jemaln geſchehen/ in der Trunckenheit geſchehen ſey. Da-
rumb ich nur etliche wenige wil anzeigen/ zu beweiſen/ daß es wahr ſey: Haͤtte Noah ſich
nicht voll Wein getruncken/ haͤtte er ſich nicht vor ſeinen Kindern entbloͤſt/ vnd ihnen
Aergernuß geben. Haͤtte Loth ſich nicht den Trunck vbermañen laſſen/ haͤtte er keine Blut-
ſchande mit ſeinen beyden Toͤchtern begangen; vielleicht hette David keinen Ehebruch mit
Bathſeba begangen/ vnd der vnſchuldige Todt deß getrewen Dieners Vriæ vermitten
blieben: Waͤre Johannes der Taͤuffer in der Wuͤſte geblieben/ wild Honig vnd Hewſchre-
cken geſſen/ vnd Waſſer darzu getruncken/ vnd fich die leckere Hoffbißlein nicht verfuͤhren
laſſen/ haͤtte er ſeinen Kopff behalten. Haͤtte Samſon vnd Holofernes nicht ſich truncken
getruncken/ waͤren ſie durch die Weiber nicht vmbs Leben kommen: Dieſer Exemplen
koͤnte man viel tauſend auß den Hiſtorien anziehen/ vnd darmit beweiſen/ daß alles vbel
von der Trunckenheit herkomt/ welches aber vnnoͤhtig iſt/ dann die Sach gar zu klar vor
Augen ligt/ vnd taͤglich geſehen wird. Ein jedweder gehe in ſich ſelber/ vnd bedencke ſein
Leben/ Thun vnd Laſſen/ ſo wird er finden/ daß ihme ſein Boͤſes oder Suͤnde/ das er ſein
Lebtag veruͤbet/ mehrertheils auß der Trunckenheit entſprungen ſey. Es nimmt ihm
mancher vor/ bey Mahlzeiten nicht mehr zu trincken/ als was er wol vertragen kan; ſo er
aber bey Geſellſchafft immer das eine gute Bißlein nach dem andern zu ſich nimbt/ ſo
ſchmeckt auch auff ein Bißlein ein gut Truͤncklein/ vnd ſchleicht eines nach dem andern
hinein/ ehe mans gewahr wird/ vnd wann es darinnen iſt/ ſo operirt es/ vnd ſtellt bey
etlichen loſe Haͤndel an. Wann die gleich ſam ſtillſitzende Geiſter durch den Wein-Geiſt
ermundert vnd geſtaͤrcket worden/ ſo laſſen ſie ſich mercken vnd ſehen/ was fuͤr Geiſter es
ſeynd. Die Trinckgeiſter nehmen groſſe Becher/ vnd bringen Geſundheiten herumb/
vnd machen auß vernuͤnfftigen Menſchen vnvernuͤnfftige Schweine. Der Hadergeiſt
der kan nicht laͤnger Ruhe haben/ vnd ſuchet alles herfuͤr/ das zu einen Hader vnd Ge-
zaͤncke/ ja gar zum ſchlagen Vrſach gibet. Der vnkeuſche Hurengeiſt fehret ſeinem Be-
wahrer/ dem Leib/ in die Augen/ Haͤnde vnd Fuͤſſe/ vnd fuͤhret dieſelbe ſo lang/ biß ſie ih-
ren Willen gehabt. Mit den Augen wincken ſie ihres gleichen/ mit den Fuͤfſen tretten ſie
vnter dem Tiſch/ mit den Haͤnden greiffen ſie/ da ſie nicht ſolten; welches mancher/ oder
manche/ vielleicht nit thaͤt/ wann der Trunck ſolches nicht verurſachet: Davon entſtehet
Hurerey/ Ehebruch/ Todtſchlag/ Verzweiflung. Wie viel Kinder werden von den leicht-
fertigen Huren heimlich vmbs Leben gebracht/ wann ſie nicht wiſſen womit hin? Nach der
Hurerey folget auch ein Diebſtall: Jſt die Fꝛaw huͤriſch/ ſo traͤgt ſie dem Mann ab/ vnd ſte-
cket es den ſtinckenden/ ſchweiniſchen Gugucken zu; entziehet ſolches den andern Kindern-
Jſt der Mann huͤriſch/ ſo hengt er das jenige den loſen Huren an/ welches ſeine Hauß-
fraw vnd liebe Kinder offt ſelber von noͤthen haͤtten: Seynd Knecht vnd Maͤgd huͤriſch/
ſo muͤſſens die Herren vnd Frawen entgelten: ſeynd die Kinder alſo/ ſo tragen ſie Vatter
vnd
[567]Troſt der Seefahrenden.
Mutter ab/ was ſie koͤnnen; wann nichts mehr zu Haus abzutragen iſt/ ſo ſuchen ſie es
in andern Haͤuſern/ vnd werden zu Dieben. D [...]s alles kommt vnd hat ſeinen Vr-
ſprung auß der Trunckenheit/ wann nemblich S[inn] vnd Witze verblendet wird: Vnd
wann in der Trunckenheit einmal geſuͤndiget/ vnd ſolches vngeſtrafft hingehet/ ſo wagt
mans wieder/ ſo offt vnd viel/ biß ein taͤglichs Handwerck darauß wird/ vnd endlich ein
boͤſes Ende nimbt. Niemand ſpuͤret/ daß die Trunckenheit ein ſolch ſchaͤndlich Weſen
ſey/ als dieſer/ der hr Feind iſt: dieſe aber/ die Luſt daran haben/ koͤnnens nicht ſehen.
Gleich wie ein Tiſch voll Gaͤſte/ wann ſie meiſt alle truncken/ voll vnd toll vnter einan-
der ſchwermen vnd ſchnaderen/ daß keiner ſein eigen Wort hoͤren kan/ ſie ſingen/ ſprin-
gen/ dantzen/ ruffen/ trincken/ ſpeiens wieder/ trinckens wieder/ kuͤſſen vnd lecken einan-
der hinden vnd forn/ vnd in ihrem Sinn alles wol ſtehet/ vnd gar nicht ſehen/ wie naͤrriſch
ſie ſich ſtellen/ wie ſchaͤndlich ſie thun/ vnd wie uͤbel es ihnen anſtehet/ vnd das allein/ weil
ſie truncken ſeynd/ vnd ihren natuͤrlichen Verſtand verloren haben: ein Nuͤchterer aber/
der ſolchen Handel anſiehet/ kan ſehen/ was Eitelkeiten ſie treiben. Alſo haben auch dieſe
Menſchen/ welche nicht ſehen koͤnnen/ daß Trunckenheit eine Wurtzel ſey alles Boͤſen/
ſolche trunckene Angen wie die volgeſoffene/ in welchen kein Sinn/ Witz/ noch Verſtand
iſt. Es thut mancher etwas in der Trunckenheit/ das ihn ſein Lebetag gereuhet/ vnd viel-
leicht nimmer nuͤchtern gethan haͤtte. Ein jedweder gehe nur in ſich ſelber/ vnd examini-
re ſein Leben/ Thun vnd Laſſen/ ſo wird er befinden/ daß es alſo ſey. Warumb ſolte man
dann die Trunckenheit nicht haſſen/ vnd ſich darfuͤr huͤten/ ſo viel als nur muͤglich iſt? Jch
weiß/ wann mancher dieſes recht vnd wol betrachtete/ er wuͤrde das viehiſche Sauffen
laſſen; wie wol wuͤrde es dann ſtehen bey der Chriſtenheit. Die Tuͤrcken waͤren nimmer-
mehr ſo groß vnd maͤchtig worden/ wann ihnen der Wein zugelaſſen/ vnd in ihrem Geſaͤtz
zu trincken nicht verboten waͤre. Man ſehe nur eine Haußhaltung/ da der Mann oder
die Fraw nur dem Trunck ergeben/ ſo wird er den Vntergang bald ſpuͤren/ ſonderlich
deſto ehender/ wann beyde eines Sinns ſeynd/ vnd eines zu dem andern viel/ geſegue
dirs GOtt/ ſagt. Wann ein Juͤngling ſich leichtlich truncken trincket/ ſo wird nichts
guts auß ihme: Es folgen dem Trunck bald nach andere Suͤnden/ als Spielen/ Luͤgen/
Huren/ Stehlen. Trinckt ein Jungfraw ſich gern truncken/ ſo wird ſie gewiß ein Hure:
ein alt Weib eine Kuplerin: ein truncken Kriegs mann der zancket vnd ſchleget: ein trun-
cken Muͤnch der ſinget: ein Geck der lachet. Jn Summa/ der Wein bringt auß dem in-
nerſten deß Hertzen herauß was darin verborgen. Darumb nicht uͤbel der weiſe Mann
ſagt: Laß dich nicht verfuͤhren/ daß der Wein ſo ſchoͤn im Glaß ſtehe: vnd
weiters: Ein Trunckner vnd ein Narꝛ haben ihr Hertz in dem Mund: Ein
Nuͤchterner vnd Weiſer aber hat ſeinen Mund im Hertzen. Chriſtus hat
vns nicht vergeblich geboten/ daß wir nuͤchtern vnd wacker ſeyn ſollen vmb deß Feindes
willen/ der in der Trunckenheit Gelegenheit findet/ Schaden zu thun. Jch fuͤr meine Per-
ſon halte die Trunckenheit fuͤr die groͤſte Kranckheit/ die zu finden/ dann Leib vnd Seel ins
Verderben dadurch geſtuͤrtzet wird. Jn Summa: die Trunckenheit iſt ſo ein abſchewlich
Z z z ijding
[568]Troſt der Seefahrenden.
ding vor GOtt/ vnd huͤbſchen Menſchen/ deme nichts zu vergleichen/ warumb ſolte man
dann nicht ein Remedium dargege[/] [...][b]rauchen. Jch habe all hier dieſelbe nur ein wenig
angeruͤhrt:man koͤnte all das Vbel. ſo durch die Trunckenheit koͤmmt/ nicht auff eine
groſſe Ochſenhaut ſchreiben. Darumb billich jederman ſolche ſcheuhen ſolte; wird
mich auch kein frommer Menſch verdencken/ daß ich eine Medicin dargegen zu gebrau-
chen verſchreibe. Es werdens doch wenige zu Hertzen nehmen/ die es aber thun/ werden
ſich wol darbey finden/ vnd gar keine Rewe tragen/ daß ſie von einem ſolchen ſchaͤndli-
chen Laſter abgeſtanden.
Auff daß ich nun den guͤnſtigen Leſer nicht lang anffhalte mit der Medicin gegen
die Trunckenheit/ ſo ſage ich/ daß der Spiritus Salis dafuͤr beſtehen kan: dann wann ſtar-
cke Weine oder auch alt Bier getruncken werden: ſo iſt nichts in den Magen/ welcher
den ſubtilen Spiritum binden moͤge/ derohalben die Waͤrme denſelben alſo bald vberſich
in den Kopff diſtillirt, da benimbt er den Verſtand/ Geſicht vnd Gehoͤr/ beraubet den
Menſchen von allen ſeinen fuͤnff Sinnen/ vnd macht auß einen geſunden Menſchen ei-
nen Krancken; ſo man aber mit oder vnter den Wein etwas Spiritus Salis gebraucht/ ſo
ſchlieſſt er den Magenmund/ vnd laͤſſt die Geiſter ſo ſtarck nicht auffſteigen; auch haͤlt vnd
bindet er die Spiritus, vnd benimbt ihnen etlicher maſſen ihre Staͤrcke/ daß ſie alſo nicht
uͤberſich kommen; auch leſcht er auch den Durſt/ vnd macht den Wein zu gegen/ wann
der Durſt dardurch geleſchet wird: Dann wañ jemand Durſt hat/ ſo trinckt er oͤffter vnd
mehrers/ als wann er keinen Durſt hat: Je oͤffter vnd mehrers er dann trincket/ je balder
er truncken wird. Auch ſchadet der Wein ſo leichtlich nicht der Leber/ wann er alſo mit
Spiritu Salis gemiſchet worden dann ſo viel der Spiritus deß Weins die Leber erhitzet/ ſo
viel kan der Spiritus Salis wiederumb gut machen: Darzu laͤſſt der Spiritus Salis den
Wein nicht lang in dem Magen/ fuͤhret denſelben ſchnell durch den Urin hinweg/ vnd je
ehender der zu viel getrunckene Wein wieder auß dem Leib kommt/ je beſſer es iſt/ vnd je
weniger Schaden er thun kan. Er ſoll aber auff obbeſchriebene Weiſe bereitet/ vnd auch
rectificirt ſeyn/ dann ein ſolcher das nicht thun kan/ welcher nicht ſauber vnd rein berei-
ret iſt. Wann der Wein dem Mund ſchmecket/ ſo kan man ſchwerlich nachlaſſen/ ſo lang
man Durſt darnach hat: Wann aber der Durſt benommen/ ſo wird auch der Wein nit
mehr begehret/ vnd bleibet man bey gutem Verſtand/ vnd kan ſeine Sachen verrichten/
vnd ſeiner Profeſſion abwarten. Wenig nehmens in acht/ wie das trincken einen Mann
zu ruͤck werffen kan. Es iſt nicht vmb den Wein allein zu thun/ welchen man vnnuͤtzlich
verſchwendet/ davon man doch viel Tage maͤſſig darmit haͤtte haußhaltẽ koͤnnen/ ſondern
es wird die edle Zeit uͤbel angelegt vnd verſchliſſen; auch verſpielt durch Karten vnd
Wuͤrffel/ mancher ſo viel bey dem Trunck auff einmal/ darmit er lang haͤtte haußhalten
koͤnnen; macht ſeinen eigenen Leib kranck/ daß er den folgenden Tag auch nichts verrich-
ten kan. Er fuͤhret ſein Seele in Gefahr/ vnd aͤrgert die Jugend/ gehet ihnen mit boͤſen
Exempeln vor/ welches er hart zu verantworten hat; macht ſich ſelber bey andern zum
Spott.
Jn
[569]Troſt der Seefahrenden.
Jn Summa: Es kommt nimmer nichts gutes von der Trunckenheit/ darumb
ich gut gefunden/ dieſe Medicin dargegen zu recommendiren/ vnd nicht allein denen
die Wein trincken/ ſondern auch denen/ die ſtarck Bier trincken.
Dieſe Medicin laͤſſt weder Wein noch Bier lang in den Magen/ ſondern treibt
ſie bald durch den Urin wieder darauß/ alſo daß ſich in den Nieren vnd Blaſen leichtlich
kein Tartarus anſetzen kan: Die Bier werden ſo anmuthig vnd lieblich davon/ daß man
ſie ſo gern trincket als gute Weine; werden auch den Leib nicht beſchweren/ wie ſie ſon-
ſten ohne den Spiritu Salis thun/ ſondern ſie werden die Winde verhuͤten vnd vertrei-
ben/ die ſonſten von dem Bier kommen/ vnd werden auch alle cruditates, die vom Bier-
Trincken kommen/ wegnehmen/ vnd den Leib darfuͤr bewahren.
Durch den Gebrauch deß Olei Auri wird ein Loͤwen-Hertz vnd Gemuͤt/ wie auch
ein ſtarck vnd geſund Fleiſch generirt, dann alles an dem Menſchen hart vnd geſund
wird/ alſo daß man keiner Kuͤſſen/ darauff zu ſitzen/ achtet/ vnd ſo leichtlich keinen Stoß
oder Fall empfinden wird; hergegen die uͤbrige Feuchtigkeit weich vnd empfindlich ma-
chet. Wann man einen Phlegmaticum hart angreifft/ ſo thut es ihm wehe/ geſchicht we-
gen der Feuchtigkeit/ ſo in dem Fleiſch prædominiret, ſo die Feuchtigkeit aber außge-
fuͤhrt wird/ durchauß alle Glieder ſtarck vnd tauerhafft werden; wie augenſcheinlich ge-
ſpuͤret/ wann durch uͤberfluͤſſiges geſaltzen Phlegma ein Scorbutus in dem Mund entſte-
het/ die Zaͤhn wacklend/ das Zahnfleiſch blutend/ vnd die Jnner-Lippen vnd Zungen
voller Blaͤtterlein oder Loͤchlein machet/ vnd man nur ein oder zwey Tropffen dieſes Li-
quoris Auri mit einem Finger daran ſtreichet/ ſo wird es alſo balden das Zahnfleiſch hart
machen/ die Blaͤtterlein auff der Zungen vnd Lippen zuheilen. Welches allein auß groſ-
ſer aſtringirenter vnd rein-machenter Krafft deß Goldes vnd Spiritus Salis herkombt.
Offt genoſſen macht es/ durch Außfuͤhrung der uͤbrigen Feuchtigkeit/ auß einem Phleg-
matico einen Sanguineum; Reiniget das waͤſſerige/ grobe Hirn/ daß ein guter geſun-
der Verſtand darauff folget: Dann ſo das Hirn mit zu vieler zaͤher kalten Feuchtigkeit
uͤberladen iſt/ kan es keinen guten Verſtand geben/ wie bey allen Phlegmaticis zu ſehen/
welche auß Vngeſchicklichkeit allenthalben ihre dicke Koͤpffe an die Waͤnde ſtoſſen/ auch
keine geſunde ingenia nimmer haben/ ſondern ihnen nichts liebers gefaͤllt als faulen-
tzen vnd ſchlaffen. Weil dann ein Schlaffender fuͤr halb todt gehalten/ vnd ein Phlegma-
ticus fuͤr halb ſchlaffend/ alſo kan er auch kaum fuͤr halb lebendig gehalten werden: Dann
wann man ihn nur hart anruͤhrt/ ſo kan ers nicht leiden: Ein geſunder Sanguineus aber
hergegen hat harte Loͤwen-Glieder/ darumb billich dieſe Medicin zu preiſen/ welche auß
einem halb todten Phlegmatico einen lebendigen Sanguineum machet.
Deßgleichen ermuntert dieſes Oleum Auri die traurige Melancholicos, wann
nemblich die verſtopffte Viſcera deß Leibs dardurch eroͤffnet vnd das Gebluͤt gereinige
wird; auch moderirt es die gar zu hitzige Colericos, wann das verbrandte/ ſchwartze Ge-
bluͤt durch ſteten Gebrauch dieſes Olei theils außgefuͤhret/ vnd theils temperiret wird/
vnd macht ſolche fein ſanfftmuͤtig/ daß ſie ſo leichtlich nicht zancken vnd Schlaͤgereyen
Z z z iijanfan-
[570]Troſt der Seefahrenden.
anfangen. Dann gewiß iſt/ daß das Hertz vnd Hirn vor allen andern Artzneyen gewal-
tig dadurch gereinigt vnd geſtaͤrcket wird. Wann dann das Hirn rein iſt/ ſo gibt es gute
Gedancken/ ſonſten iſt alles gleichſam dumm vnd todt; vnd thut mancher auß Dummig-
keit deß Hirns etwas/ daß er wol bleiben lieſſe/ wann er Verſtand haͤtte. Darumb viel da-
ran gelegen/ daß das Hertz vnd Hirn geſtaͤrcket/ vnd ein guter Verſtand gemacht werde.
Weil dann durch den Verſtand alles muß regieret werden/ vnd an einer guten Regie-
rung ſo viel gelegen/ ſo ſolten ſich alle die jenigen/ denen GOtt etwas zu regleren vnterge-
ben hat/ befleiſſen/ daß ſie wol regieꝛten/ vnd niemand auß groben vngeſchickten Verſtand
zu viel oder zu wenig thaͤten. Wie kan ein Richter ein gut Vrtheil uͤber etwas faͤllen/ wañ
ſein Verſtand durch zu viel freſſen vnd ſauffen allzeit voll vnd toll iſt; er kan ſeine Gedan-
cken wegen ſeines verſtopfften vnd verſchleimten Hirns nimmer recht zu ſammen brin-
gen. Es ſollen billich alle Regenten ein geſundes Hertz vnd Hirn zu haben ſich befleiſſen.
Wie viel vnd offtmals wird von einem vertruncknen catarroſiſchen Kopff ein boͤſes vnd
ſchaͤdliches Vhrtheil gefellt? welches ein geſundes Hertz vnd Hirn nit thun wuͤrde. Wann
dem Menſchen der Kopff gar zu voll Vnflats ſtecket/ wie kan er guten Verſtand haben?
Er iſt zu allen Zeiten wie ein Trunckener/ wann er gleich keinen Wein oder Bier getrun-
cken hat; vnd ſolches daher/ weil das Haupt ſtetig mit vieler boͤſen Feuchtigkeit uͤberladen
iſt. Bey einem ſanguineo, wann er gleich viel Wein getruncken hat/ ſo beſchweret ihm
allein der Spiritus Vini ſein Haupt/ wann er auß dem Magen hinauff in den Kopff ge-
ſtiegen/ vnd das Hirn eingenommen; vnd wann er einen guten Schlaff darauff thut/ ſo
gehen die ſubtile Spiritus des Weins wieder auß dem Haubt/ vnd iſt alsdann das Hirn
wieder frey vnd gut: Bey den Phlegmaticis aber iſt das Hirn immer voll/ vnd nicht von
einem reinen Spiritu Vini, welcher von ſich ſelber wieder weggehet/ ſondern von dicken zaͤ-
hen Catarren/ welche allzeit bleiben/ vnd das Haupt beſchweren. Darumb dieſes Oleum
auri wol werth/ daß man ſeine gute Kraͤffte/ vnd Tugenden beſchreibe/ auf daß vielẽ moͤch-
te darmit geholffen werden. Welches dann wol ſo gut/ oder beſſer iſt/ wann ein grober
Phlegmatiſcher Kopff gereinigt/ als wann der ☿ zu ☉ gemacht wuͤrde; wann einem
Melancholico ſein truͤbes/ ſchwartzes/ vnreines Gebluͤt gereinigt/ beſſer iſt/ als wann
der ſchwartze Saturnus zu ☉ transmutiret; deßgleichen wann dem Colerico ſein verbrand
Gebluͤt erfriſchet/ nicht geringer zu halten/ als wann man ein grobes Eiſen in ☉ verwan-
delte. Das iſt fuͤrwahr ein ſehr gute transmutation, welche alle Complexionen verbeſſert
vnd reiner macht. Es weiß bißweilen der Menſch ſelber nicht/ daß er kranck iſt/ dieweil er
wol eſſen vnd trincken mag/ vnd einen rohten Kopff vnd fetten Wanſt hat/ wanns aber
bey dem Liecht beſehen wird/ ſo iſt ſeine Schoͤnheit nur ein Koth/ vnd er ein Diener ſeines
Bauchs/ denſelben zu fuͤttern/ vnd wird ſein Seel vnd Geiſt vom Leib zum Sclaven ge-
macht/ da doch der Leib dem Geiſt/ vnd nicht der Geiſt dem Leib dienen ſolte. Welches al-
les von dem uͤbrigen eſſen vnd trincken herkombt/ daß der Leib/ Hirn vnd Verſtand ſo
ſchwer vnd grob iſt:darumb recht vnd wol ein Phlegmaticus ein vnwiſſender Trunckner
moͤchte genennet werden. Weiln dann das ſchaͤdliche Phlegma, davon die Koͤpffe ſo
ſchlaͤf-
[571]Troſt der Seefahrenden.
ſchlaͤfferig/ faul vnd traͤg werden/ mehrentheils von dem uͤbrigen Eſſen vnd Trincken her-
kombt/ ſo ſolte man billich ſich darfuͤr huͤten/ vnd maͤſſig lebẽwnd wann ja allbereit der Leib
mit ſolchen boͤſen humoribus angefuͤllet/ dannoch nicht verloren geben/ ſondern obbe-
ſchriebene Medicin dargegen gebrauchen/ auff daß vor allen dingen der Kopff bey Ver-
ſtand erhalten/ vnd zur Geſundheit gebracht werde. Was ſolche vertrunckene Koͤpffe/
vnd ſonderlich bey groſſen Herren/ welche uͤber andere zu gebieten/ fuͤr Boͤſes bißweilen
anrichten/ iſt bekand genug/ vnd bedarff keines Beweiſes/ davon viel Hiſtorien zur
Zeugnuß koͤnten beygebracht werden; vnter welchen ich nur ein oder die andere hieher ſe-
tzen wil. Man lieſet/ daß ein Koͤnig/ wegen deß viel trinckens/ ſich der Regierung wenig
annahme/ ſondern allzeit/ wann ſeine Raͤthe ein Vrtheil gefellet/ ihme ſolches zu vnter-
ſchreiben zubrachten/ er auch ſolches nicht einmal uͤberlaſe/ ſondern ſolches vnbeſehen vn-
terſchriebe/ welches/ weilen dardurch viel Boͤſes kame/ ſeine Gemahlin merckte/ darumb
den Koͤnig fein beſcheiden deß groben Jrthumbs kuͤndig machte/ nemblich alſo: Sie ſtellt
es bey den Raͤthen an/ ſie ſolten dem Koͤnig ein Vrtheil zu vnterſchreiben bringen/ daß
eine Ehebrecherin muͤſte getoͤdet werden; welches alſo geſchahe/ vnd der Koͤnig vnteꝛſchrie-
be ſolches/ war aber ihme ſo viel nicht angelegen/ daß er zuvoren darnach geſehen haͤtte/
was fuͤr eine Fraw es ſeyn moͤchte. Wie nun das Vrtheil vnterſchrieben war/ ſo brin-
gens die Raͤthe der Koͤnigin/ welche ſolches bewahrte biß auff kuͤnfftigen Tag/ wann der
Koͤnig wieder nuͤchtern war/ da zeigte ſie ihme ſein vbelgethanes vnterſchriebenes Vr-
theil/ daruͤber er ſehr er ſchrack/ weil er ſeine eigene fromme Gemahlin vnſchuldig zum
Todt trunckener Weiſe vervrtheilet hatte/ vnd gienge hernacher behutſamer.
Deßgleichen lieſet man eine Hiſtori/ daß ein verſtaͤndig Weib von einem truncke-
nen Koͤnig vnſchuldig zum Tod vervrtheilet ward/ welche aber darmit nicht zu frieden/
ſondern ſich auff ein appellation beruffte/ da ihr aber geſagt/ daß keine appellation gel-
ten koͤnte/ weil der Koͤnig das Vrtheil ſelber gefaͤllt/ ſo ſagte ſie: Jch appellire von einem
trunckenen zu einem nuͤchtern Koͤnig; da wurde das Vrtheil biß folgenden Tag verſcho-
ben/ die Fraw vnſchuldig befunden/ vnd loß geſprochen. Auß dieſen beyden Hiſtorien/
dergleichen viel hundert koͤnten beygebracht werden/ ſiehet man klaͤrlich/ was fuͤr Boͤ-
ſes von den trunckenen Koͤpffen kombt: Dieſe beyde/ da ſie von verſtaͤndigen Wei-
bern ihres Laſters uͤberwieſen wurden/ ſich gerne bekehrten; etliche aber ſich gar nicht
bekehren laſſen/ ſondern nur halßſtarriger dardurch werden/ wie folgendes Exempel
beweiſet: Ein Koͤnig/ welcher ſich im Trunck zu viel delectirte/ wurde einmal von ei-
nem ſeiner aͤlteſten Raͤthe davon abzuſtehen ermahnet/ daruͤber der Koͤnig alſo er-
zuͤrnt/ daß er befohlen/ deß Raths Soͤhnlein bringen zu laſſen/ an ihme zu demon-
ſtriren, daß die Trunckenheit ihme/ den Koͤnig/ nicht hinderte; befahl/ ſolches Knaͤb-
lein an einen Baũ zu binden/ vnd lieſſe ihm einen Bogẽ vnd Pfeil bringẽ/ gegen den Rath
alſo ſprechend: Triff ich deines Kindes Hertz/ ſo kanſtu mich keiner Trunckenheit beſtraffẽ/
fehle ich aber deſſen/ ſo haſt du recht gethã/ daß du mich davon abgemahnet haſt; ſchoß mit
dẽ Pfeil nach dẽ Kinde/ vnd traff ihm ſein Hertz. Welches fuͤrwar eine groſſe Halßſtarrig-
keit
[572]Troſt der Seefahrenden.
keit eines Koͤnigs war. Bey dieſem Koͤnig halff kein gute Lehr vnd Ermahnung/ wurde
nur aͤrger dardurch/ vnd betrachtete dieſen Spruch gar nicht: Jrren iſt menſchlich/ im
Jrthumb aber verharren/ iſt teuffeliſch. Die Suͤnde wird bey Gott nicht geſtrafft/ wann
man davon abſtehet vnd ſich beſſert/ aber itziger Zeit/ leider/ beſſern ſich die Menſchen
wie die jungen Woͤlffe vnd werden alle Tag aͤrger. Es wuͤrde zu lang werden/ wann
man alles beſchreiben ſolte/ was der Spiritus Salis, oder Spiritus Salis coagulatus, bey
dem Getraͤnck fuͤr gutes außrichten kan; Jch habe auff dißmal genug gethan/ die Zeit
vnd Gelegenheit leidet jetzunder nichts mehrers. Jn meinem Opere Vegetabili wird
der guͤnſtige Leſer von dergleichen Materi ein mehrers finden/ darbey ſoll es dißmal be-
wenden.
Wil hoffen/ es werde mir niemand vor uͤbel auffnehmen/ daß ich die Truncken-
heit fuͤr eine groſſe Kranckheit halte/ vnd eine Medicin dargegen verordne: Was ich ge-
than habe/ das iſt auß guter Meynung geſchehen. Es gehe nur ein jedweder ſelber in
ſich/ vnd betrachte ſein Thun vnd Laſſen/ ſo wird er finden/ daß ich durch dieſe meine ge-
ringe Lehr vnd Erinnerung ein gut Werck gethan. Man verſuche es nur ein viertel Jahr
damit/ ſo wird man ſehen/ wie der Spiritus Salis die Truncken-Bolde/ welche (wie Paulus
ſagt) nicht in das Reich GOttes kommen werden/ veraͤndern wird. Es ſolten auch die
Maͤnner/ wann ſie verſoffene Weiber/ vnd fromme Weiber den verſoffenen Maͤnnern
dieſen Spiritum vnter ihren Trunck geben/ daß ſie die truckene Leber darmit erfriſchen/
vnd das trincken nachlieſſen: wuͤrden gar keine Suͤnde daran thun/ ſondern vielem uͤ-
bel dardurch vorkommen. Dann fuͤrwahr die Trunckenheit ein ſehr groſſe vnd boͤſe
Kranckheit iſt/ vnd wird doch fuͤr keine Kranckheitigehalten. O was Blindheit iſt doch
das/ daß man mit offenen Augen nicht ſehen kan. Es ſehens zwar ihrer viel/ wolten auch
gern/ daß ſie nimmer truncken wuͤrden/ ſie koͤnnen aber das trincken nicht laſſen/ dann
das eine Glaͤßlein dem andern einen Weg machet/ vnd zum trincken anreitzet/ weil
der Wein wol ſchmecket: ſo man aber den Spiritum Salis bey gebrauchte/ ſo wuͤrde er die
hitzige Leber erfriſchen/ daß ſie ſo viel trincken hinfuͤro nicht begehren wuͤrde: vnd wann
gleich der Menſch den einen Weg als den andern ja das trincken nicht laſſen koͤnte/ ſo
wuͤrde ihme doch der ſtarcke Wein nicht ſo viel ſchaden koͤnnen/ wann er durch den Spi-
ritum Salis temperirt vnd wieder ſchnell dadurch auß dem Leib getrieben wuͤrde. Jch
verhoffe der gantzen Welt/ vnd ſonderlich den Weinlaͤndern/ da der Wein uͤberfluͤſſig
iſt/ vnd auch uͤberfluͤſſig mißbrauchet wird/ einen groſſen Dienſt dardurch erwieſen zu
haben/ vnd wird nicht gar leer abgehen/ es werden hie vnd dort einige dadurch curirt
vnd zu voriger Geſundheit gebracht werden.
Beſchlieſſe hiemit dieſes Tractaͤtlein/ vnd lebe der Hoffnung/ es werdens ihnen
die frommen Gemuͤter gefallen laſſen/ vnd meine Muͤhe vnd Fleiß nicht verachten:
Dann was ich gethan/ iſt auß Liebe gegen den Naͤchſten geſchehen. Wird es angenom-
men/ ſo iſt es mir lieb/ wo nicht/ ſo hab ich gleichwol das meinige gethan. Jch zweiffele a-
ber gantz nicht/ es werdens ihnen viel zu Nutz machen/ vnd GOtt darfuͤr dancken. Auch
wird
[573]Troſt der Seefahrenden.
Auch wird es nicht fehlen/ es werdens die Spoͤtter ſolches auß Vnwiſſenheit vnd Neid
verachten: aber weil das alte Sprichwort nicht fehlet/ ſondern gar zu gewiß iſt: Ars non
habet oſorem, niſi ignorantem; ſo ſchlagen ſich folche Spoͤtter ſelber/ vnd machen ſich zu
ſchanden. Es iſt aber kein Wunder/ die itzige boͤſe Welt thut nicht anders. Man leſe nur
die Hiſtori/ wie daß Chriſtophorus Columbus, da er von einer newen Welt geſprochen/
an ſo vielen Koͤnigs-Hoͤfen von den ſpoͤttiſchen Ignoranten iſt verlachet worden. Bey dẽ
einen Hoff wurd er fuͤr einen Betrieger/ bey dem andern fuͤr einen Luͤgner vnd Auffſchnei-
der/ bey dem dritten fuͤr einen vnwiſſenden Narren gehalten/ hat es niemand glauben o-
der annemen wollen/ biß er endlich in Hiſpania Gehoͤr bekommen/ vnd ſein Anbringen
bewieſen hat. Wer kan die Narren weiß machen/ man muß der boͤſen Welt ihren Lauff
laſſen/ wann mans nicht aͤndern kan. Was ich hierin geſchrieben/ ſo wol von der Medi-
cin gegen alle Schiffkranckheiten/ als concentrirtem Korn vnd Waſſer fuͤr Hunger vñ
Durſt/ wie auch weiterem nuͤtzlichem Gebrauch/ deß Spiritus Salis gegẽ die Trunckenheit/
vnd Verbeſſerung deß Weins/ Biers/ Waſſers/ vnd anderen Getraͤncken/ iſt die lautere
Warheit/ vnd wird ſich auch in der Prob alſo befinden/ darbey ichs auff dißmal wil be-
wenden laſſen. Das meinige habe ich gethan/ ſteht nun jederman frey/ ihme ſolches zu
Nutz zu machen: ſpuͤre ich/ daß dieſes angenehm/ ſo werde ich zu Dienſte vnd Nutzen der
Seefahrenden (geliebt es Gott) auch noch ein mehrers heraus geben/ wolle derohalben
auff dißmal der guͤnſtige Leſer mit dieſem voꝛ lieb nehmen/ vnd zu Gottes Ehren vnd dien-
ſte deß Naͤchften wol anlegen vnd gebrauchen: vnd daß vielen tauſenden darmit moͤchte
gedienet werden/ ich von Hertzen wuͤnſche. Amen.
Guͤnſtiger Leſer/ hierbey iſt zu mercken/ daß ich in dieſem Tractaͤtlein einiger Ni-
derſchlaͤge auf das geſaltzen Waſſer/ ſolches trincklich zu machen erwehnet/ vnd aber mei-
nen beſſeren Modum Secret behalten vnd nicht gemein machen wollen/ auch darbey ver-
meldet/ daß der ſecretere weg etwas koſtbar fallen wuͤrde/ ſelbige Kunſt alßdann nicht ſo
angenehm/ als wann es wolfeil zu thun ſeyn wuͤrde (welches ich auch ſelber bekeñe) man-
cher dafuͤr halten wird.
Dann ob wol in hoͤchſter Noth nichts ſo lieb oder ſo thewer/ welches man nicht/ ſein
Leben darmit zu erhalten/ dargeben ſolte/ ſo iſt es doch beſſer/ wann das Waſſer im Noth-
fall auch nicht zu koſtbar faͤllt.
Derentwegen ich noch dieſe Erinnerung habe thun vnd bekand machen muͤſſen/
wie hoch ein Pfund Waſſer vngefehr/ fuͤß zu machen/ zu ſtehen kommen moͤchte. Berich-
te darauff/ daß das Pfund geſaltzen Waſſer ſuͤß vnd trincklich zu machen/ vngefehr einen
Pfenning/ mehr oder weniger/ nach deme der Niderſchlag leichter oder ſchwerer zu erlan-
gen koſten/ moͤchte.
Kan nun ein jedweder ſeine Rechnung darauß machen/ ob ihm eine ſolche Suͤß-
machung diene oder nicht diene: dient ſie ihme/ ſo wird er ſolche bey mir zu allen Zeiten er-
langen koͤnnen. Dann/ ob ſchon ein jedweder Deckel ſich nicht auff einen jedwedern Topff
ſchicket/ ſo wird er doch nicht weggeworffen/ ſondern findet allzeit ſeinen Nutzen. Vnd
A a a awann
[574]Troſt der Seefahrenden.
wann auch dieſe meine herrliche Invention, das Saltz-Waſſer ſuͤß zu machen/ (gegen al-
les Vermuten) bey niemanden angenehm ſeyn ſolte/ ſo hab ich doch das meinige gethan/
vnd Anleitung geben/ auff dem Land an vielen Orten/ durch dieſe herrliche Kunſt groſſen
Nutzen zu ſchaffen.
Erſtlich koͤnte dieſe Invention denen nuͤtzlich ſeyn/ welche an dem Meer wohnen/ in
Mangelung deß Saltzes/ in Belaͤgerung der Veſtungen/ oder ſonſten zum Nothfall viel
leichter darzu zu gelangen/ als mit dem Einkochen in kuͤpffern Keſſeln/ davon das Saltz
bitter vnd vngeſchmack/ vnd auch die Butter/ Fleiſch/ oder Fiſch ſo darmit eingeſaltzen
auch dadurch verderbt/ vngeſchmack/ bitter vnd vngeſund wird.
Zum andern kan dieſe [Kunſt] groſſen Vortheil vnd Nutzen ſchaffen bey denen/
welche von dem Meer weit abgelegen/ dahin das ſpaniſche ſeeſaltz/ oder beyriſche/ tyroli-
ſche/ ſaltzburgiſche/ bechtes gadiſche/ bohemiſche/ vnd polniſche Berg-oder Stein-Saltz/
ſchwerlich vber Land ſo weit zu bringen/ vnd die Jnwohner ſich deſſen Saltzes allein be-
dienen muͤſſen/ welches ſie auß den Saltz-Brunnen kochen/ vnd bißweilen ſo arm ſeynd/
daß das Holtz zum kochen (welches doch gemeiniglich an ſolchen Orten reichlich zu bekom-
men) kaum dadurch kan bezahlt werden. Darzu verbreñen die eiſerne Pfannen gar bald/
wann das ſchwache Saltz-Waſſer lang darinn kochen muß/ dahero dann groſſer Koſten/
ſelbige offt zu flicken/ vnd neu zu machen/ entſtehet.
Durch dieſe meine Invention aber koͤnte der groͤſſere Theil ſuͤß Waſſer davon ge-
ſcheiden/ vnd das Saltz hernach mit wenig Saltz-Waſſer in Keſſeln coagulirt vnd hart
gemacht werden. Wuͤrde allein viel Koſten erſparet/ das Holtz beyzufuͤhren/ wann man
ſchon daſſelbe vmbſonſt haben ſolte. Darzu wuͤrde man ſo viel Perſonen nicht in Arbeit
halten doͤrffen/ ſo viel Holtz zu hauen/ ſo viel Pferd vnd Ochſen zu vnterhalten/ das Holtz
zn dem Keſſel zu bringen: Auch wuͤrde man an den eiſern Keſſeln/ weil nicht ſo viel darinn
geſotten/ vnd ſelbige ſo leichtlich nicht brechen koͤnten/ ein groſſes erſparen koͤnnen. Jſt
nun jemand daran gelegen/ ſo wird er wiſſen was ihm hierin zuthun ſtehet. Jch hab mein
Liecht angezuͤndet/ fuͤr jederman zu ſcheinen vnd zu leuchten/ wollen nun die Blinden die
Augen nicht auffthun/ vnd vmbſich ſehen/ ſo moͤgen ſie blind bleiben. Ein gut Remedium
habe ich allhier dargegen angewieſen/ wird es nicht angenommen/ ſo iſt die Schuld mein
nicht/ ſondern deren/ welche die helle Sonn in ihren duncklen Augen nicht leiden oder ver-
tragen koͤnnen. Das Liecht iſt ein herrliches Ding; es verzehret ſich aber ſelber/ nimbt ab/
vnd leſchet endlich gantz auß/ wann man ſolches nicht vnterhaͤlt. So lang es braͤnt/ vnd
leuchtet/ ſo ſicht es zwar jederman gern/ niemand aber will Oehl zugieſſen/ daß es laͤnger
brennen vnd leuchten kan; wann es dann außgangen/ alßdann ſitzt man/ vnd ſperrt die
Augen vergeblich auff/ wann kein Liecht mehr iſt/ vnd man nicht mehr ſehen kan. Haͤtte
man derowegẽ viel leichter durch Zugieſſung wenigen Oehls das alte Liecht laͤnger bren-
nend erhalten/ als daß man hernach ein neues ſuchen vnd anzuͤnden muß. Das Liecht
klagt nicht vmbſonſt: Aliis inſerviendo conſumor. Den Gelehrten iſt gut
predigen. Ein mehrers auff dißmal nicht.
ENDE deß Erſten Theils.
[[575]][[576]][[577]][[578]]
- Rechtsinhaber*in
- Kolimo+
- Zitationsvorschlag für dieses Objekt
- TextGrid Repository (2025). Collection 3. Johannis Rudolphi Glauberi Philosophi Medici Celeberrimi Opera Chymica, Bücher vnd Schrifften/ so viel deren von ihme bißhero an Tag gegeben worden. Johannis Rudolphi Glauberi Philosophi Medici Celeberrimi Opera Chymica, Bücher vnd Schrifften/ so viel deren von ihme bißhero an Tag gegeben worden. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bp85.0