[][][][][]
Die
Geharnſchte Venus
oder
Liebes-Lieder im Kriege gedich-
tet mit neuen Gefang-Weiſen zu
ſingen und zu ſpielen geſezzet
nebenſt
ettlichen Sinnreden der
Liebe
Filidor dem Dorfferer.

HAMBURG/:
Gedrukkt bey Michael Pfeiffern.
Jn Verlegung Chriſtian Guht/ Buchhaͤn-
lers im Tuhm/ Jm Jahr 1660.
[]

Wer Ernſt und Eyffer liebt und nie bei
Luſt geweſen:
hat meine Venus noch zu ſingen/ noch zu
leſen.


[]

Vorrede.


JCH weiß es wol/
daß es dieſer mei-
ner geharnſchten
Venus anders
nicht/ als jener bey dem Vir-
gil/ die ſich unter dem Tro-
janiſchem Kriege der Pal-
las zu Trozze in Waffen fin-
den lieſſe/ ergehen wird.
Ohne Streiche und Wun-
den wird ſie ſchwerlich von
dannen kommen. Du aber/
der du ſie zuverlezzen geden-
ckeſt/ ſieh wol zu/ daß du

A iijein
[]Vorrede.
ein Diomedes/ das iſt: daß
du auß Goͤttlichem Blute
entſprungen/ Goͤttliches
Geiſtes und tapffern Feu-
ers ſeyeſt: anders werden
ſie deine bleyerne Pfeile we-
nig beſchaͤdigen koͤnnen/ und
ſoltu erfahren/ daß/ ob ich
gleich mit dem Vulkan in
meinen Verſen etwas daher
hinke: ich doch ſolche Waf-
fen zu ſchmieden gelernet/
die deine Argliſtigkeit/ wie
hart ſie iſt/ durchbohren
koͤnnen. Jch heiſſe ſie dar-
umb die Geharnſchte Ve-
nus/ weil ich mitten unter
denen Ruͤſtungen im offe-

nen
[]Vorrede.
nen Feld-Laͤger/ ſo wol mei-
ne/ als anderer guter Freun-
de/ verliebte Gedanken/ kurz-
weilige Begebnuͤſſe/ und
Erfindungen darinnen er-
zehle nicht etwan ein Lob
darmit zu erjaven/ (ſinte-
mahl/ alles/ was du ſieheſt/
gleichſahm auff der Flucht
gemacht worden/ und daher
ſeine Entſchuͤldigung auch
bey den Scharffſinnigſten
verdienet) ſondern dir zube-
weiſen/ wie die Heer-Trom-
pete nicht ſo gar alle Muſen
verjagen koͤnne. Die Melo-
deyen betreffend/ ſind deren
wenige entlehnet/ etliche von

A iiijei-
[]Vorrede.
einem der beruͤhmteſten
Meiſter/ auff deſſen hoͤchſt-
ruhm-wuͤrdigen Sazz we-
der der Neid noch einziger
Tadler das geringſte Wort
zuſprechen mir uͤberſchikket:
Aber mahls finden ſich an-
dere/ die zwar in der Eil/ a-
ber dermaſſen geſezzet/ daß
ſie deiner Luſt/ wofern du
nicht ſelbſt ein Luſt Feind
biſt/ ſattſame Genuͤge tuhn
werden: Die uͤbrigen uͤbel-
klingenden ſchreibe ich mir
zu/ als die ich nach meiner
Einfalt gedichtet/ nur vor
mich und wehm ſie gefallen.
Mißfallen ſie dir; ſo laß ſie

lie-
[]Vorrede.
liegen. Jch wil doch wol zu
hoͤren finden. Willſtu ſie a-
ber verdammen/ ſo bin ich
der erſte/ der ſich wieder die-
ſelbige zu zeugen/ erbeut.
Sagſtu dann/ ich ſey in etli-
chen Gedichten ein wenig zu
natuͤrlich gangen: ſo gebe
ich zur Antwort/ daß ich ſel-
bige denen Katoniſchen Ge-
muͤhtern außdruͤklich zu
leſen verbiete/ auch nur zu
der Zeit/ wenn die Flori-
ſchen Feſte angeſtellet wer-
den/ geſungen haben
wil. Das eine wird dir fuͤr
andern mißfallen/ daß ich
allzuweitleufftig zuweilen

A vge-
[]Vorrede.
geſchrieben/ da doch die Lie-
der mit wenigen Saͤzzen
annehmlicher zu ſeyn ſchei-
nen: Darauff antworte ich:
daß deren viel Hiſtoriſch/
und ich der Sachen umb-
ſtaͤnde/ welche in eine ſo kur-
ze Enge nicht wol zubringen
weren geweſen/ gerne ohne
Mangel einfuͤhren wollen.
Uber diß/ wird ſich mancher
ob der Art etlicher Reime/
derer Exempel in Proſodi-
en nicht findlich verwun-
dern: Er wiſſe aber daß ich
offt der Melodey zu gefallen
etwas zwingen muͤſſen/
wiewol es mir mehr freyer

zu
[]Vorrede.
zu tuhn/ als einem andern
zu tadeln ſtehet. Die
Schreiberey allen Leuten
recht zu machen/ iſt den Ge-
lehrteſten bißher unmuͤg-
lich geweſen. Jch getroͤſte
mich/ daß/ wo ich daruͤber
getadelt werde/ ich meines
Ungluͤkkes Geſellen antreffe.
Zulezt wil ich dir/ der du
mich zuleſen wuͤꝛdigeſt noch
eins vertrauen: Merke ich/
daß meine Venus dir be-
lieblich ſeyn wird/ ſo ſezze ich
dir zu gefallen meine Fede[r]
noch wol weiter an/ w[o]
nicht: kan ichs auch wo[l]
bleiben laſſen. Welches ic[h]

A vjdir
[]Vorrede.
dir auff gut Deutſch hier-
mit zu verſtehen geben wol-
len. Lebe wol! und habe/
was du mir goͤnneſt. Jch
verbleibe


Hamburg den
20ten Wein-
monats 1657.
Dein
Filidor der Dorfferer.


Guter
[]

Guter und lieber Freunde
Zuſchreiben

uͤber
Dieſe Venus.


An ſeinen vertrauten Freund
den Dorfferiſchen Filidor

Als er ſeine Geharnſchte Venus herauß gabe
auß Koͤnigsb. uͤberſchikket.

VJer Jahre brauchten wir faſt einen

Tiſch und Stube:

mir iſt noch nie bewuſt/ daß du

ein Lied er dacht

von dehm/ was Zyprie vor fremde Rei-

zung macht/

nun iezo ſport dich an der kleine Liebes Bu-

be.

Bald klagſt/ bald dreueſtu/ bald weiſtu dich zu

laben/

bald raͤhtſtu andern ab/ daß ſie das ſuͤſſe

Gifft/

die Liebe/ ſollen fliehn/ die dich wol ſelber

trifft.

Du
[]Guter Freunde.
Du ſcherzeſt mit der Fauſt/ und prangeſt mit

den Gaben

ſo dir Apollo ſchenkt. Jſt ſo ein lindes

Schreiben

im Sturm auch ie erhoͤrt? da Schwerdt

und Pulver knallt

und der verwundten Lerm in Felſen wie-

derſchallt/

kanſtu der Liebe Spiel in ſanfften Reimen

treiben.

Die Liebe hat offt Streit und Blut und Tod

gebohren

hie wird im Streit’ und Blut und Tode

Venus wach/
(nach

ich denke deinem Geiſt’ offt bey mir ſelber

und merke/ daß ſich dir der Himmel hat ver-

ſchwooren.

Da du in Staͤten lebtſt/ da ſchriebeſtu von

Feldern/
(liebt/

nu du im Felde wachſt/ ſtellſtu dich wie ver-

ich weiß nicht was dein Kiel nicht alles von

ſich gibt.

Brich ab/ es iſt verdient der Zweig auß Foͤbus

Waͤldern.

Nim̃ ſo vorlieb
Mit Meiner Perſon.


[]Zuſchreiben.
DJe Venus ſteht geruͤſt

weil ſie beym Mavors lieber iſt

als bey dem hinkendem Vulkan

der kaum das Feur hat außgetahn

ſo faͤngt er an zu ſchnarchen

des Morgens ſteht er auff zu fruͤh

mit den Ziklopen ie und ie

und ſchmiedet Waffen.

Was hat denn Amor hie zuſchaffen?

Er ſpricht den Filidor an umb ein

Werbe-Geld

und zieht auch mit zu Feld.

Ei lieber! weiſtu wol wor zu?

meinſtu er wolle lernen fechten?

Ja! er iſt einer von den rechten.

Er laͤſt dem Filidor nicht Ruh’

er muß auff Liebes-ſachen

ihm Verſe machen.

Sich/ Filidor/

dich vor/

daß du nicht wirſt beruͤkket.

Der Schalk hat loß gedruͤkket

der
[]Guter Freunde
der Pfeil geht dir ins Hertz hinein.

Doch laß es ſein:

Nu er dich hat getroffen;

ſteht dir der Weg zum Muſen offen.

Alſo ſcherzte in Hamb.
dein getreuer
Zahrt-Laͤnder.


1.
DJe goͤldne Nacht-Laterne

mit ihrem Sternen-Chorꝛ

erſtarret und hoͤret gerne/

wie ſuͤß der Filidor

auff ſeiner Floͤten ſpielet/

auch ſo/ daß alle Welt

die ſuͤſſe Flamme fuͤhlet
ſo Filidor vermeldt.

2.
Das Lieben iſt ein Kriegen

und zwar ein ſuͤſſer Streit.

Wer nicht wil unten liegen/

der muß in Freundligkeit
tag-
[]Zuſchreiben.

tag-taͤglich nur verſchieſſen

vor Pulver/ Lipppen-ſafft.

Mit lautern kurzen Spieſſen

wird hier der Sieg geſchafft.

3.
Mein Filidor/ dein Singen

gefiel dem Mavors wohl/

der Pindus muſt’ erklingen/

auch ſo/ daß ſelbſt der Pohl/
ſich wandte von den Sebeln:

du nahmſt den Feder-kiel

und ſchriebſt von ſuͤſſen ſchnaͤbeln

und von dem Venus-Spiel’.

4.
Ei! laß dich weiter hoͤren/

mein ſuͤſſer Filidor/

du kanſt den Krieg verſtoͤren.

Mars haͤlt die Fauſt empor/

und wil der Venus ſchenken

die Blut beſpruͤtzte Fahn’/

er wil nicht mehr gedencken

an Schwerdt und Puſikan.

5. Drum
[]Guter Freunde
5.
Drum ſchreib doch nur was kekker/

Mein Edler Filidor/

dir ſpricht der kleine Lekker

was heimlich in das Ohr.

Du muſt ja nichts verſchweigen
ſo dir wird kund gemacht/

Man nimt dich an zum Zeugen

von ſolcher ſuͤſſen Schlacht!

Hamb. den 12.
Aug. 1658.
Dem ſuͤß-ſpielendem Filidor
ſchrieb ſolches eilig
Nephelidor.
Des loͤblichen Elbiſchen Schwanen-
Ordens ein Mitſchaͤfer.

DJe Liebe ſchleifft der Dichter Sinn

und nimt die dunkeln Schlakkẽ hin

kaum hat ein Dichter wol geſchrieben
uͤbt’ er ſich erſt nicht durch das Lieben.

Verlache/ Filidor/ den Neid

dich ſchuͤzzet die gelehrte Zeit

der alten Liebenden Poeten

die keine Zeit noch Neid wird toͤdten.

Ka-
[]Zuſchreiben.
Katull/ Tibull und dem Properz
ſind durch der Liebe weiſen Scherz

in Foͤbus Tempel eingezogen

und uͤber das Geſtirn geflogen.

Virgil/ Horaz und den das Land

der Geten endlich hat verbrandt
ſind mit viel tauſend durch den Orden

der Lieb’ anerſt beruͤhmet worden.

Seht unſre Deutſche Lichter an/

ob es die Liebe nicht getahn

Daß unſre Sprache reine ſtehet

und andern zu der Rechten gehet.

Die Lieb’ erhebet unſern Geiſt

daß er ſich auß dem Staube reiſt

und lernet hohe Sachen ſchreiben

die ein nicht-froh muß laſſen bleiben.

Wer aber nu ſich bildet ein

du muͤſteſt in der Taht ſo ſein

wie du dich hier haſt außgegeben:

der kennet dich nicht/ noch dein Leben

Laß
[]Guter Freunde
Laß richten/ wer da richten wil/

halt du drum nicht die Feder ſtill:

ich weiß du haſt ſchon abgefaſſet

darob der blaſſe Neid erblaſſet.

Diß ſchikket dir auß den Lager in Podlaſchen
dein unverenderlicher
Chirander.


JN dehm der Mars die Paukken

ſchlaͤget

und die Kartaune toͤhnt den groben Lei-

chenklang

wirſtu mit Liebes-Gluht beweget

und ſpieleſt froͤlich her den ſchmeichelnden

Geſang

den die Liebinne ſinget

wenn ſie dem Adon ein Staͤndchen

bringet.

Wenn die Gequetſchten ſterben kla-

gen

ſo legeſtu es auff die Liebes-ſeuffzer

auß

ſichſtu
[]Zuſchreiben.
ſichſtu ein Werk zuſammen tragen

ſo meineſtu es ſey Roſillen Herzen-

Hauß

das du durch Sturm und Siegen

offt mit Tapferkeit haſt uͤberſtiegen.

Der kleine Schuͤzz hat dich beſeſſen

er macht dich taub und blind im mitten

der Gefahr

wie koͤntſtu ſonſt ſo ſein vermeſſen

zu ſchreiben von der Lieb’ in der verdoll-

ten ’Schaar

wo Barbarey und Schrekken

und der nahe Tod lebt aller Ekken.

Es iſt die freche Lieb’ alleine

die Blizz und Pulver trozzt und auf die

Kugeln lacht

ſie ſpottet grober Moͤrſer-ſteine

und huͤtet friſch des Tohrs/ wenn die Pe-

tarde kracht/

ſie kan mit Freuden ſingen

wenn Schekkan und Sebel moͤrdlich

klingen.

Der
[]Guter Freunde
Der Amor ſchenkt nu nicht mehr

Myrten

diß iſt ein ſchlechtes Tuhn um ſo viel

Kunſt und Fleiß

mit Lorbeer wil er den umguͤrten

der ſeines Nahmens Ruhm der Welt zu

melden weiß

den haſtu laͤngſt verdienet/

auch/ eh dir Roſille war verſuͤhnet.

Dieſes vielleicht nicht nedte ſchriebe ei-
ligſt dir und deine Venus zu Ehren
der
Nedte.


ES lieben die Kazzen/ die Razzen/ die

Raben.

Warum nicht auch die jungen Kna-

ben?

Wie ſolte gehoͤnet denn Filidor ſein/

daß er von Lieben was bringt ein?

Die
[]Zuſchreiben.
Die Wuͤrme ſo kriechen/ die Baͤume/ ſo

wachſen

die fuͤhlen Venus Schwanen-ach-

ſen.

Wie kommt es denn/ Leute/ daß ihr euch

ſo ſtellt

daß euch das Lieben nicht gefaͤllt.

Wie? wollt ihr dem Filidor etwas ver-

weiſen

dadurch ſich manche Buͤcher preiſen/

mit Sonne/ mit Wonne/ mit Zier/ Lam̃

erfuͤllt

mit Taͤubelein/ mit Liebſtes Bild?

Mein! laſſet doch/ Leute/ den Filidor

gehen

er weiß in andern zubeſtehen.

wird Foͤbus ihm geben den taumel-trunk

ein:

ſo folgt ein ander Liedelein.

Aus Elbingen uͤberſendet von dem
ſehnenden
Sylvius.


[]
Jn verſuͤßter Liebes-Pein

Muß es hier gefochten ſeyn!

Filidors
[]

Filidors
Geharnſchter Venus

Erſtes Zehen.


BDehm
[]Deß erſten Zehens.
Dehm
Vortrefflichem Hirten
Strefon/
Wie auch
Dem unvergleichlichem
Pranſerminto
uͤbergiebet
Seiner geharnſchten Venus
Erſtes Zehen

abſonderlich
Filidor der Dorfferer/
in folgendem.

STrefon/ Muſter deutſcher Gunſt/ Bild

der alten Redlichkeiten/

meine[ꝛ] Jugend Tugend model/ dehm

ich mich alsbald vertraut/

als der Muſen gruͤner Gipfel erſtens ward

von mir geſchaut.

Ob ich deinen Freuden-ſtand iezt gleich ſehen

muß von weiten:

Sollte drum die Ferne mir rauben meiner

Pflichte Schulden?

Nein.
[]Zuſchrifft.
Nein. Kein Ort in Suͤd und Weſten/ Oſt

noch der beſtuͤrmte Nord

treibet meine Dienſt-gedanken durch die

Fluht der Leten fort.

Ewig bleib ich dir verknuͤpft. Weil mich die

Geſtirne dulden

in der ſchwachen Unter-welt: will ich die ver-

gunnten Blikke

der Gelegenheit ergreiffen/ daß ein ieder-

man erfahr’/

herzer Strefon/ daß du mit mir/ ich mit dir

verbunden war/

daß wir offtermals geteilt Unfall/ Wolſtand/

Leid und Gluͤkke.

Laß den heilſamen Galen/ den Hippokrates

iezt liegen/

tuh den ewigen Sennerten und den Zelſus

aus der Hand!

Venus/ die vor wenig Monden dich ſo

laͤngſt-gewuͤntſchet band

Venus/ die auch nakt und bloß weiß zu ſtrei-

ten/ krieg- und ſiegen/

pricht dir iezt gewapnet zu aus dem unge-

heuren Norden/

ſie bedekket Schild und Degen. Doch/

mein Damon/ fuͤrcht dich nicht/

ſie beweiſet/ wie zuvoren/ ein verliebtes An-

geſicht’

[]Deß erſten Zehens
und iſt in der Muſen Zelt faſt der Pallas aͤhn-

lich worden.

Sihſtu/ wie ſie dir ſich neigt/ wie ſie dich ge-

horſam kuͤſſet/

wie ſie dir den Lorber reichet. Nim es an

das erſte Zehn/

als der erſte von den Freunden/ nim es an/

und laß dir dehn

der ſie ſo hat außgeruͤſt/ und durch Sie dich

freundlich gruͤſſet/

auff das nen’ empfohlen ſein. Freundſchaft/

die auf Zedern gruͤnden

des Beſtandes iſt bepfaͤlet/ weiß ich/ nim-

met auch fuͤr gut

was ein treues Freund-gemuͤhte mit Pa-

pier-geſchenken tuht.

Nu! ich hab’ es ſchon erlangt. Jezt komm’ ich

auff Pranſerm[in]ten.

Wo ich/ Pranſerminto/ dir einigs Zeichen

meiner Treue

nicht einmal auch ſpuͤren ließe: fuͤhlt’ ich bil-

lich jenen Brand/

der den aus der See halb-iodten aller Welt

gemacht bekant.

Dreymal bracht Apollens Stern ſeine Rei-

ſe zu der Neige/

dreymal ſpannt’ er wieder an. So viel Jahre

ſind ver[fl]oſſen

[]Zuſchrifft.
daß du ſtets uͤm mich geweſen: Eine Stube

nahm uns ein/

eine Tafelreicht’ uns Speiſe/ Kreuz und

Gluͤkk war uns gemein.

Was fuͤr lehr-bereichte Luſt hab’ ich dar bey

dir genoſſen!

Mein Apollo trug ſich hoch; merket’ er von dir

ſich preiſen:

Meinen armen Hirten-Muſen ward der

Lorber faſt zu ſchlecht/

wenn ſie deinen Beyfall hoͤrten: Selbſt ich

ringer Schaͤfer Knecht

bildte mir den Adel ein/ lobſtu meiner Floͤte

Weiſen.

Als ich nu[n de]n lezten Griff faſt auf Rohr u[nd]

Pfeiffe taͤhte;

wie haſtu dich dar betruͤbt! dein Gemuͤht

und Freundes-Sinn

gieng auff das erhaltne Leben deines Fili-

dors nur hin.

Von der Sonnen fruͤhen Tritt biß zur andern

Abend-roͤhte

hieltſtu wachend bey mir aus. Keine Wur-

zel war ſo ferne/

kein beruͤhmtes Kraut ſo ſelzam/ daß auch

mitten in der Nacht

wenn die Wolken-bruͤche riſſen/ und der

Luft Geſchuͤzz’ erkracht’

[]Geharnſchter Venus Zuſchrifft.
einig nur zu meinem Heil du nicht williglichſt

und gerne
(ter Wille

haͤtteſt mir herzugebracht. Da mich nu der Goͤt-

meinem Leben wiederſchenkte/ nacher Macht

vor Recht ergieng/

und/ als wie an einem Faden/ meines Rah-

mens Ehre hieng:

Was erwieſeſtu mir nicht! deiner treuen

Schreiben Fuͤlle/

dienet mir an Zeugniß ſtatt/ daß kein ſtaͤrker

Band geweſen/

Als/ das/ Freund/ du haſt geknuͤpfet. Bildt

euch nichts von Damon ein/

Griechen/ laßt das Gunſt- [...]empel Pylades

verſchwiegen ſein/ nuͤ [...]

Keiner Treue hoͤher Preiß wird in eurer

Schrifft geleſen.

Nun! Jhr Seulen dieſes Buchs/ laßt Euch

meine Gunſt gefallen

bauet/ pfleget/ ſtuͤzzt und ſchuͤzzet/ (wie Jhr

auch gethan zuvor/)

Liebt/ ſingt/ ehret dieſe Venus! denn wird

Euer Filidor

Trozz dem Lobes-druͤkker Neid! uͤber dem Ge-

ſtirne wallen.

[H]amb. den 20. Wein-
mon 1657.
Eur unverfaͤlſchten Tugend
und Treuebeſtaͤndigeꝛ Anbeteꝛ


Filidor.
[1]

I.
Ein jeder/ was ihm gefaͤllet.


Figure 1. Ober-ſtimme C. S.

[figure]
Figure 2. Grund-ſtimme.

[figure]
B 4Wer
[2]Geharnſchter Venus
[figure]
1.
WEr will/ kan ein gekroͤntes Buch

von ſchwarzen Krieges-zeilen ſchrei-
ben:

Jch will auff Venus Angeſuch

ihr ſuͤſſes Liebes-handwerk treiben:

Jch brenne. Wer nicht brennen kan/

fang’ ein beruͤhmter Weſen an.

2.
Jch ſehe vor mir Blut und Staub/

und tauſent Mann gewaffnet liegen/

ich ſehe/ wie auff Sieg und Raub
ſo viel vergoͤldte Fahnen fliegen:

doch brenn’ ich. Wer nicht brennen kan/

fang’ ein beruͤhmter Weſen an.

3. Jch
[[3]]Erſtes Zehen.
3.
Jch hoͤre der Trom̃peten Schall/

der Paukken Lerm/ den klang der Waffen/

der ſchrekkenden Kartaunen knall/

der Buͤchſen und Muſketen paffen

und brenne. Wer nicht brennen kan/

fang’ ein beruͤhmter Weſen an.

4.
Jch haͤtte die Gelegenheit

ein neues Jlium zumelden:

Es gibt mir Anlaß mancher Streit
ſo vieler ritterlichen Helden:

Doch brenn’ ich. Wer nicht brennen kan/

fang’ ein beruͤhmter Weſen an.

5.
Jch ſpuͤr’ auch hier Ulyſſens Wizz/

mich reizen Hektors tapfre Tahten:

Was hilffts? mich laͤſt die Liebes-hizz’

anff andre Kuͤnſte nicht gerahten.

Jch brenne. Wer nicht brennen kan/

fang’ ein beruͤhmter Weſen an.

6.
Was mein beflammtes Herze hegt/

zieht meinen Geiſt von ſeiner Erden:

haͤtt’ Amors Gluht mich nicht geregt/

wie wuͤrd’ ich je beſchrieen werden?
B vNun
[4]Gehaͤrnſchter Venus

Nun brenn’ ich. Wer nicht brennen kan/

fang’ ein beruͤhmter Weſen an.

7.
Was mir die Venus predigt ein
ſamt ihrem lieblichem Empuſen/

mag meines Nahmens Lorber ſein:

Sonſt brauch’ ich keiner andern Muſen.

Jch brenne. Wer nicht brennen kan/

fang’ ein beruͤhmter Weſen an.

8.
Was frag’ ich nach der Alten Neid/

was nach dem ſtumpfen Tadler-beſen!

Es iſt genug/ wenn nach der Zeit

mich liebe Jungfern werden leſen.

Jch brenne. Wer nicht brennen kan/

fang’ ein beruͤhmter Weſen an.

9.
Jch weiß/ wenn ich verweſet bin/

wird mich das junge Volk betrauren/

und ſagen: Ach/ daß der iſt hin

den Venus ewig hieſſe dauren!

Wer aber nimmer brennen kan/

wird keine Venus fangen an.

Liebe
[5]Erſtes Zehen.

II.
Liebe/ der Poeten Wezz-ſtein.


Figure 3. Ober-ſtimme. C. S.

[figure]
Grund
[9[6]]Geharnſchter Venus
Figure 4. Grund-ſtimme.

[figure]
1.
WArum ich nur von Lieben

die Blaͤtter voll geſchrieben/

warum mein Buch verzaͤrtlet lacht:

moͤcht’ einer wundernd fragen.

Druͤm wil ich ſelber ſagen

was mich darzu hat angebracht:

2. Der
[7]Erſtes Zehen.
2.
Der Feuer-hauch der Muſen

hat meinen engen Buſen

mit ſolchen Flammen nicht geruͤhrt.

Apoll iſt hier nicht Meifter/

nicht Pallas/ ſo die Geiſter

auff Helikons Gebuͤſche fuͤhrt.

3.
Die Luſt/ die Red’ und Bltkke/

der Glieder ihr Geſchikke/

und was Roſillen mehr beſchoͤnt:

Jhr Weſen/ Kleidung/ Lachen

Betruͤbniß/ Schlaf und Wachen

hat mich mit Efeu umgekroͤnt.

4.
Straks bin ich ein Poete/

wenn ihre Wangen-roͤhte

im weiſſem Alabaſter blikkt.

Wenn in die goͤldne Seiten

wil ihre Kehle ſtreiten/
ſo werd’ ich auß mir ſelbſt entzuͤkkt.

5.
Jſt wo ihr Leib entbloͤſſet:
ſo bin ich ſchon befloͤſſet
m[it]
[8]Geharnſchter Venus

mit Waſſer auß dem Pferde-Guß.

Auff ihr Bewegen/ regen/

waͤchſt mir geſchwind entgegen

ein Buch/ das Troja trozzen muß.

6.
Der mag die Tugend melden

und der die alten Helden

auß Teutſchland tragen zu Papier/

der hohe Sachen ſchreiben:

Jch wil die Liebe treiben

und wie Roſille mir komt fuͤr.

7.
Der Schiffer ſchwazzt von Stuͤrmen/

Der Krieger praalt von Tuͤrmen

die er ſo oft erſtiegen hat/

der Bauer lobt die Felder/

der Jaͤger Wild und Waͤlder/

der Reiſender ſo manche Stat:

8.
Jch bin ein Jungfer-lieber/

die Zunge geht mir uͤber

von dehm/ was auß dem Hertzen quillt.

Wer mich hierum wil ſchelten/

der fluche den Gewaͤlten/

die ob uns hat ein Weibes-Bild.

Jſt
[9]Erſtes Zehen.

III.
Jſt es kein Lorber-ſo ſey es ein
Myrten-Krantz.


Figure 5. Oberſtimme. C. S.

[figure]
Figure 6. Grund-ſtimme.

[figure]
D[er]
[10]Geharnſchter Venus
1.
DEr du mich uͤm mein Lieben ſchiltſt

und meinen Vers nicht achten wiltſt/

weil ich ihn habe weich geſchrieben:

Hoͤr an/ was mich darzu getrieben.

2.
Jch bildte mir auch erſtlich ein/

ich wolt’ als du tuhſt/ ernſtlich ſein:

ich hatte mich der Lieb’ entzogen/

indehm hat Amor mich betrogen.

3.
Er ſtellte mir die Goͤtter-Zier

der himmliſchen Dorinden fuͤr:

Das Milch-blat der Zinnober-Wangen

hat meinen wilden Geiſt gefangen.

4.
Jch glaube nicht/ daß Jupiter

noch iezund in dem Himmel wer’

im fall’ er ihrer Gaben Weſen

aus meinem Herzen koͤnnte leſen.

5.
Sollt’ iezt ein goͤldner Apfel ſein/
[ſ]o muͤſte Venus buͤſſen ein.

Du/ Troja/ haͤtteſt nicht zuklagen/

werſtu um dieſes Bild zerſchlagen.

Jch
[11]Erſtes Zehen.
6.
Jch weiß es/ Leipzig/ was du biſt/

daß in dir manche Goͤttin iſt:

Noch keine kan Dorinden gleichen/

noch keiner darf Dorinde weichen.

7.
Willtu ein Meiſter ſtuͤkkchen tuhn/

komm her/ Apelles/ mahle nun/

du darffſt dem Graͤzien nicht trauen.

Hier kanſtu Venus gleichen ſchauen.

8.
Doch was? dein Pinſel iſt zu ſchlecht/

gib dich nur an fuͤrmeinen Knecht/

wo man dir ſoll dein kuͤnſtlich mahlen
ſo/ wie es wuͤrdig iſt/ bezahlen.

9.
Die Tugend/ den beqveemen Geiſt/

den ſie in ihrem Weſen weiſt/

kan keine Mahlerey nicht treiben:

Deß Geiſtes Kiel muß ſie beſchreiben.

10.
Diß iſt mir ſo ins Herz gelegt/

diß iſt mir ſo ins Herz gepregt/

daß ich viel lieber wolt’ erblaſſen/

als ab-von ihrem Ruhme-laſſen.

Jch
[12]Geharnſchter Venus
11.
Jch achte keiner Lorber-Kron’

im fall ich nicht der Myrten Lohn
(darauf ich warte mit Verlangen)

aus Jhren Haͤnden ſolt’ empfangen.

12.
Nu bin ich/ Foͤbus/ wieder dich.

Kupido/ du ſollſt kroͤnen mich:

Jch weiß es wird mich um Pyrenen
ſo bald dann keine Muſe hoͤnen.

IV.
Seiner Liebe Anfang.


Figure 7. Oberſtimme. C. B.

[figure]
ihren
[13]Erſtes Zehen.
[figure]
Figure 8. Grund-ſtimme.

[figure]
1.
ALs ich auf meiner Liebſten Mund
[(a]ch ſanfte Ruhſtat!) bruͤnſtig lage
[un]d meiner Schmerzen herbe Plage
[ih]r taͤht’ auß ganzem Herzen kund/
wie
[14]Geharnſchter Venus

wie ich ſo oft um ihrentwegen

Ruh-troſt-und Sinnen-ohn gelegen.

2.
Mein (ſprach ſie) Herzgen/ ſage doch:

zu welcher Zeit du biſt entbronnen/

und wodurch du mich lieb gewonnen:

Wo ich mich recht entſinne noch/

haſtu/ auch gar fuͤr wenig Wochen/

kalt[-]ſinnig dich mit mir beſprochen:

3.
Da ich doch/ als zum erſten mahl

ich dich nur obenhin erblikket/

durch deine Freyheit blieb beſtrikket.

diß war nur meine groͤſte Qvaal/

die auch die Goͤtter kan betruͤben/

dich ſonder Gegen-Liebe lieben.

4.
Gott weiß/ wie mir zu muhte war

auf die ſo unverhoffte Frage/

vermiſcht von Zorn/ Verweiß und Klage

die meinen Undank machten klar!

Die Schaam/ ſo ich daher empfunde/

nahm Red’ und Antwort meinem Munde.

Jch
[15]Erſtes Zehen.
5.
Jch ward verſtarret/ kalt/ erblaßt/

wie/ dem die Seele kaum ſich reget:

biß/ auß Erbarmnuͤß ſie beweget

mich in die ſchlanken Arme faſſt’/

Ach! da ward mir gemach das Leben/

Kraſt/ Geiſt und Waͤrme wieder geben.

6.
Jm kuͤſſen fing ſie an-noch mehr

mich bey der Fakkel-zubeſchweeren

die unſer’ Herzen kan verſehren:

Sag an (biſtu mir gut) wann ehr

du angefangen mich zu lieben/

und waß darzu dich erſt getrieben.

7.
Ach! frage nicht nach meiner Gluht/
(ſprach ich/ was friſcher) Eyß und Winde
ſind meiner Flammen Angezuͤnde.

Du weiſt es wie auf jener Fluht/

von kalter Norden luft geſtanden/

ich lag in deiner Arme Banden.

8.
Wie ich dich von dem Wagen nahm

und kuͤßte die gefrorne Wangen:

Bald hat mein Herze Gluht gefangen.

Das Feuer/ ſo auß Kaͤlte kahm
ſtraal[t]
[16]Geharnſchter Venus
ſtraalt ſint der Zeit mit tauſent Flammen

ob meines Lebens Reſt zuſammen.

9.
Nun (ſagt ſie) hat ein kalter Kuß

dich bracht in Feuer/ Hizz’ und Leiden;

weiß ich/ daß Kuͤhlung/ Luſt und Freuden

ein Warmer dir erwekken muß.

Der hat ſie mir ſo viel erteilet/
ſo/ daß ich ziemlich bin geheilet.

V.
Wer kuͤßt die greiſen Haare[?]


Figure 9. Ober-ſtimme. C. S.

[figure]
ſichte
[17]Erſtes Zehen.
[figure]
Figure 10. Grund ſtimme.

[figure]
Laß
[18]Geharnſchter Venus
1.
LAß uns/ Kind/ der Jugend brauchen/

weil uns noch die Schoͤnheit bluͤht:

Wenn die Geiſter einſt verrauchen

und die Todten-farb’ umzieht

unſer runzlichtes Geſichte:

Wer begehrt denn unſern Kuß?

Nimm ſie an der Roſen Fruͤchte/

eh ihr Blat verwelken muß.

2.
Ob die Alten murꝛiſch zanken/

nehmen ſie der Freude wahr;

muß man drum mit ihnen krankken?

Nein/ ich acht’ es nicht ein Haar.

Sollte der mich Sitten lehren/

der bereit hat außgelehrt?

Denn werd’ ich mich auch bekehren/

wenn mein Alter ſich verkehrt.

3.
Die beſuͤßten Fruͤhlings-tage

lauffen fluͤgel-ſchnelle fort/

denn ſo hilft uns keine Klage/

kein er ſeufzend Bitte-wort/
ſie gedencken nie zuruͤkke:

Was hin iſt/ das bleibet hin.
Diß
[19]Erſtes Zehen.

Diß beruht auff einem Blikke/

daß ich froh und traurig bin.

4.
Drum ſo brauch/ mein Kind/ der Zeiten/

weil die Zeiten gruͤnend ſein.

Was uns bleibt ſind Traurigkeiten/

gehn uns dieſe Zeiten ein.

Ey wie ploͤtzlich koͤmmt die Stunde/

daß uns Kloto in der Eil
ſchießt die Roſen von dem Munde

durch des Todes Frevel-Pfeil.

5.
So ſey mit den Scharlachs-Wangen/

Schoͤne/ ferner nicht zu teur/

Linder meiner Qwaal Verlangen/

Kuͤhl’/ ach! kuͤhl der Liebe Feur!

Wo von den beſuͤſſten Fluhten/

deines Zukker-Muͤndgens Naß/

mir kein Tau iſt zuvermuhten

werd’ ich noch vor Abends blaß.

6.
Gib zwey Kuͤßchen/ gib mir eines
ſoll es ja kein mehres ſein/

gib/ mein Schazz/ mir nur nicht keines/

wiltu mich dem Todten-ſchrein’
Cauff
[20]Geharnſchter Venus

auff ein wenigs noch erſparen.

Was nuzzt denn ein kalter Kuß

wenn ich auff der Leichen-Baaren

deiner Reu erſt warten muß?

VI.
Der Haßkuͤſſet ja nicht.


Figure 11. Ober-ſtimme. J. S.

[figure]
werd
[21]Erſtes Zehen.
[figure]
Figure 12. Grund-ſtimme.

[figure]
1.
DJe ernſtliche Strenge ſteht endlich verſuͤſſet/

die qweelende Seele wird einſten geſund.

Jch habe gewonnen/ ich werde gekuͤſſet/

es ſchallet und knallet ihr zaͤrtlicher Mund.
C ijdie
[22]Geharnſchter Venus

die Dornen entweichen/

die Lippen verbleichen/

indehm ſie die ihre den meinen auffdruͤkkt.

Jch werd’ auß der Erde zun Goͤttern verſchikkt.

2.
Jhr klagende Plagen ſteht jetzo von fernen/

es fliehe der achzende kraͤchzende Neid!

Mein Gang iſt gegruͤndet auch uͤber die Sternen

ich fuͤhle der Seeligen ſpielende Freud’.

Es flammen die Lippen.

Die roͤßlichte Klippen

die bluͤhen und ziehen mich lieblich an ſich.

Was acht’ ich dich Honig! was Nektar-wein dich!

3.
Durch dieſes erwieß es ihr ſuͤſſes Gemuͤhte/
ſie wolle/ ſie ſolle die Meinige ſein.

Nu hoͤhn’ ich der Koͤnige Zepter und Bluͤte/

mich nimmet der Vorraht Eufrates nicht ein.

Kan ich ſie nur haben:

was acht’ ich der Gaben

der ſiegenden Krieger im Kapitolin

die durch die bekraͤnzeten Pforten einziehn!

4.
Jch habe die Schoͤne mit nichten gewonnen

mit Solde von Golde/ mit Perlenem Wehrt/

und ſcheinenden Steinen in Bergen geronnen/

den Tyriſchen Purpur hat ſie nie begehrt.

die Zeilen/ die ſuͤſſen

aus Pegaſus Fluͤſſen

die haben ihr haͤrtliches Hertze geruͤhrt:

Nu ſtehet mein Lorber mit Myrten geziert.

[23]Erſtes Zehen.

VII.
Verliebet/ Gebunden.


Figure 13. Ober-ſtimme. J. S.

[figure]
Figure 14. Grund-ſtimme.

[figure]
[24]Geharnſchter Venus
[figure]
1.
DAß ich auff deinen Ladungs-Brieff/

mein Damon/ nicht bin zu dir kom̃en/

das ſchmerzet dich/ wie ich vernommen:

als weñ bey unſrer Freundſchaft Gruͤnden
ſich eine Trennung koͤnte finden

und Falſchheit womit unter lieff’.

2.
Ach! Damon/ laß den Argwohn ſein.

Kein Wechſel hat dich je verdrungen.

die Roſilis haͤlt mich gezwungen

Sie haͤlt mein Wollen und Verlangen

ja meine Seele ſelbſt gefangen.

Jch bin nu ſelber nicht mehr mein.

3.
Jch weiß/ daß dein belobtes Feld

Makarjen auch iſt fuͤr zu ziehen/

ich kenne deiner Wieſen bluͤhen/
die
[25]Erſtes Zehen.

die Jaͤger-luſt/ die Fiſchereyen/

den Vogel-fang und was fuͤr freuen

mehr dein Robitten in ſich haͤlt.

4.
Mir klingt der ſanffte Dreſcher-ſchlag

in Ohren noch/ wenn in dem fruͤhen

die Morgen-treume reiner ziehen/

ich hoͤre noch der Schaaffe blehen/

die Dader-Ganß/ der Hanen krehen/

wenn ſich enttzuͤndt der junge Tag.

5.
Mich ſchmertzt die Hoffart/ Geitz und Neid/

Betrug und Liſt ſampt andern Suͤnden

die ſich in Staͤdten haͤuffig finden.

Hier herſchet Unrecht/ Trozz uñ Schande.

die Unſchuld wohnet auff dem Lande/

wie umb Saturnus goͤldne Zeit.

6.
Wie gerne waͤr’ ich einmahl mein!

wie gerne moͤcht’ ich dich erblikken!

wie gerne mich bey dir erqwikken!

dein Brot gemengt auß ſchwartzer Kleyen
ſollt’ uͤber Manna mir gedeyen/

dein Waſſer-trunk als Nektar ſein:

C jvWer
[26]Geharnſchter Venus
7.
Wer aber kan die Thraͤhnen ſehn/

wenn die Roſille/ mein Verlangen/

mir trieffend naß macht Stirn uñ Wangen

weñ ſie verſchweert mit Hand und Munde

mir gut zu ſeyn/ wenn eine Stunde

ich wuͤrd’ ab-ihrer Seite-gehn?

8.
Bald bittet ſie/ bald dreuet ſie/

bald hebt ſie wieder an zu klagen/

bald will ſie ſich mit Feuſten ſchlagen/

bald bloͤßt ſie ſterbend ihr Geſichte

und flucht dem ſtrengen Stern-Gerichte

Wer kan ertragen ſo viel Muͤh?

9.
Jch bin kein Stein/ ich laſſe mich

auff ihre Klag’ alsdenn erweichen/
ſo pflegt die Zeit vorbey zu ſtreichen.

ich habe/ Freund/ dich nicht geſprochen

da meinſtu denn/ es ſey gebrochen/

was uns verbindet/ mich und dich.

10.
Jch weiß nicht/ was fuͤr Haltnuͤß doch

der ſchmeichlend’ Amor in ſich heget.

Der Freyheit Paß wird nur verleget
ich
[27]Erſtes Zehen.

ich kan auß ſeinen Zauber-Ketten

mich durch kein einig Mittel retten/
ſo ſehr beſchweret mich ſein Joch.

11.
Komm/ Bruder/ ſieh es einſt mit an/

du wirſt es ſelbſt mit mir geſtehen/

es ſey vergeblich nicht geſchehen/

daß ich zu dir nicht bin gekommen/

daß mir die Freyheit ſey genommen/

und daß Roſill’ es hat getahn.

VIII.
Verliebt/ Sinnen-krank.


Figure 15. Oberſtimme. C. S.

[figure]
C vehrt/
[28]Geharnſchter Venus
[figure]
Figure 16. Grund-ſtimme.

[figure]
[29]Erſtes Zehen.
[figure]
1.
DOrinde hat mich erſt gelehrt

der edlen Freyheit abzuſagen.

Mir war kein Amor je geehrt/

ein Spott der Venus goͤldner Wagen.

Jch hielte vor ein Kinder-ſpiel

der Liebenden verbuhltes Kuͤſſen/

die Tugend/ ein gelehrtes wiſſen

war meines Lebens einigs Ziel.

2.
Nachdehm der ſchwarzen Augen Straal/

die Tracht und Anmuht der Dorinden

mir meiner Sinnen Ruder ſtahl/

weiß ich mich nicht in mir zu finden.

Die Kunſt-Luſt/ ein geſunder Raht

iſt in mir Blinden gantz verſchwunden.

O der unſeelig-boͤſen Stunden/

die mich durch Sie verfuͤhret hat.

C vjJch
[30]Geharnſchter Venus
3.
Jch ſpuͤre/ daß die Goͤtter mich

um deſſentwegen fliehn und haſſen:

das weiß ich zwar/ iedoch kan ich

diß ſchlimme Thun nicht unterlaſſen.

Was mir der Wolſtand predigt ein/

das hoͤr’ ich an mit tauben Ohren/

die Weißheit hat an mir verlohren.

Jch muß/ ich muß verdorben ſein.

4.
Was mir an Jungfern meiſt beliebt

haß’ ich und ſtraff’ es an der Meinen.

Das groͤſte/ das mich iezt betruͤbt/

das mir das Herze machet weinen/

iſt ihrer Keuſchheit reine Zucht/

von der ſie nicht wil abewanken/

diß macht mir ſorgliche Gedanken.

Seht was die tolle Liebe ſucht!

5.
Der Tag wird mir zur finſtern Nacht/

die Nacht zur Marter/ Furcht und Zagen/

ia zu der Helle ſelbſt gemacht/
ſo plagen mich die Liebes-Plagen.
Die
[31]Erſtes Zehen.

Die Nacht verſchwindt/ ich habe nicht

ein einigs Blikkchen recht geſchlaffen/

des Tages kan ich auch nichts ſchaffen/
ſo bin ich auff die Lieb’ erpicht.

6.
Ach helfft mir/ helfft/ wer helffen kan?

Jch muß ſonſt heute noch erkalten/

Tragt mir Gefaͤngnuͤß/ Marter an/

ich wil es auß-ganz willig-halten.

Kein Kreuz iſt in der Welt ſo ſchweer/

als ſonder Gegen-Liebe lieben.

Solt’ ich mich laͤnger ſo betruͤben/
ſo wolt’ ich eh nicht leben mehr.

IX.
Beſtaͤndigkeit uͤberwindet den
Neid.


Figure 17. Oberſtimme. C. B.

[figure]
geſſen
[32]Geharnſchter Venus
[figure]
Figure 18. Grund-ſtimme.

[figure]
[33]Erſtes Zehen.
1.
WEnn mich mein Kind wil traurig ſehn

und Blut auß meinem Herzen preſſen
ſo ſpricht ſie: Du wirſt mich vergeſſen
ſo bald du wirſt von hinnen gehn.

Sag/ Roſilis/ Ach! meine Fromme:

Woher dir doch der Argwohn komme.

2.
Hat ein verbooßter Laͤſter-Mund

mich irgend bey dir angegeben:

Bekenn es/ Roſilis/ mein Leben/

thu mir die falſchen Luͤgen kund.

Durch offenbahrung/ Red’ und Frage

wird offt gewehrt der boͤſen Sage.

3.
Jch bin ja mir wol nicht bewuſt

daß ich mich wor vergriffen haͤtte.

So lang ich hang’ an deine Kette/

und deine Gunſt ruͤhrt meine Bruſt:

Jſt nichts geſchehn mit meinem wiſſen

drauß du was boͤſes koͤnteſt ſchlieſſen.

4.
Kein einger Mund hat mich geruͤhrt
ſeit ich den deinen duͤrffen herzen.

Haſtu mich wo mit einer ſcherzen
geſehn?
[34]Geharnſchter Venus

geſehn? Wor Heucheley geſpuͤrt?

Die Ader wolt’ ich auß mir reiſſen

und ſelber vor die Hunde ſchmeiſſen.

5.
Jch bin und werd’ auch ewig ſein

wie ich mich einmahl dir verſprochen/

mein Eyd verbleibet unzerbrochen/
ſolt’ auch der Himmel fallen ein/

die Erde nimmer feſte ſtehen

und alles drunt- und druͤber gehen.

6.
Zwar ruͤhm’ ich meine Liebe nicht

wie der wol hundert Schwuͤre machet

indeſſen unterm Hute lachet/

hab’ ich dir ſchon ins Angeſicht

niemahl von groſſer Gunſt gepralet

und falſche Berge hingemahlet;

7.
So weiß es doch mein Herz allein/

mein Herz/ daß dich/ ſonſt keine kennet/

und nur in deinen Flammen brennet/

daß du die einige wirſt ſein/

die/ biß der Tod mich auff-wird reiben/
ſoll meiner Seelen Seele bleiben.

Diß
[35]Erſtes Zehen.
8.
Diß ſchwer’ ich bey der ſchoͤnen Luſt

bey denen Freuden-vollen Stunden/

die wir ſo offtermahls empfunden:

Bey dein- und meiner treuen Bruſt.

Dich wil ich nimmermehr vergeſſen.

So hoͤr doch auff mein Herz zufreſſen.

X.
Vergißt mich Sie nur nicht.


Figure 19. Ober-ſtimme. C. S.

[figure]
bloſſe
[36]Geharnſchter Venus
[figure]
Figure 20. Grund-ſtimme.

[figure]
[37]Erſtes Zehen.
[figure]
1.
WAs frag’ ich nach den Trauer-fahnen/

was nach den Wapen vieler Ahnen/

und ob mich denn ein Marmor ziert:

Wenn einſten zu den blaſſen Schaaren

mein Geiſt iſt uͤbern Fluß gefahren

wor uns der Ehre Sucht nicht ruͤhrt.

2.
Es mag mich wer da will beklagen/

mag ſauer ſehn/ und Leide tragen;

ich achte nicht deß Poͤfels Spiel-

Hin Filidor/ nur hingeſtorben/

bleibt nur dein Nachruhm unverdorben

bey Roſilis/ der Reime Ziel.

J[ch]
[38]Geharnſchter Venus erſtes Zehen.
3.
Jch weiß/ es werden deine Zeilen
[b]ey ihr nicht zum vergeſſen eilen/

Sie wird dich leſen Tag und Nacht/
[u]nd ſagen: was iſt hier geſchrieben/
[h]at Filidor auß treuem lieben

auff unſer beyder Brunſt erdacht.

Ende deß erſten Zehens.



Filidors
[[39]]

Filidors
Geharnſchter Venus
Zweytes Zehen.


Denen
[]
Denen
Hoch beruͤhmten Gerenſchaͤffern.

Glykandern
Hypſilas
und
Dafnis.

Eigenet dieſes Zweite Zehen der
Geharnſchten Venus
dienſtlich zu
Filidor der Dorfferer.

TReues Kleebat dreyer Hirten/

die der Zeſyr außgeſezzt/

die kein Nordwind ferner hezzt

an des Amors falſche Syrten.

Werden meine Venus-Grillen/

meiner Liebe Wiederwillen/

welch’ ihr in der Ruh verlacht

auch bey Euch was ſein geacht?

Was
[]Zuſchrifft.
Was? geachtt? ich muß ja ſchreiben

was die kuͤhne Feder will

beſſer was/ als in der Still’

allzeit um Vakunen bleiben.

Wenn die donnernde Melpoſe

treibt auß ihrem ernſten Moſe/

muß auß Venus Kanzeley

nehmen ſeine Schreiberey.

Wo mich kan ein Beyſpiel ſchuͤzzen/

zieh’ ich die Poeten an/

die dergleichen auch gethan

mit Ergezzen und mit Nuͤzzen.

Wer die allzugroſſen Laſten
uͤber koͤnnen an-wil-taſten/

mag es tuhn. Jch bin zu ſchwach/

meine Schultern geben nach.

Lieben/ das gepreißte Lieben

wekket meine Muſen auff.

Amatuſens Myrten-Hauff’

Hat mein Feuer auffgetrieben.

darmit ſtraal’ ich. Nennt es Duͤnſte/

nennt es Thorheit oder Kuͤnſte/

goͤnnt mir Venus einen Tanz:

Wol! fahr hin du Lorbeer-Kranz!

Wo
[]Zuſchrifft.
Wo Jhr noch nicht zu den Alten/

alte Freunde/ ſeyd gezehlt/

wo ihr Freude noch erwehlt

und vor wilde nicht zuhalten:

wird Euch/ was ich von dem Lieben

hab’ in dieſem Zehn geſchrieben/

eben ſo genehme ſein/

als fuͤhrt’ ich was ernſtlichs ein.

Freyer Geiſter freye Sinn
ſehn nicht allzeit ſauer auß.

Denn ein Scherz und denn ein Schmauß

muͤſſen uns die Zeit gewinnen.

Den hat Ammon nicht gemachet/

der nicht auch zuweilen lachet.

Beſſer iſt es/ nie gelebt

als in Sturm-ſehn ſtets geſchwebt.

Kenn’ ich noch das alte Herze

daß ihr habt vor dehm gefuͤhrt/

wie auch Euch offt Luſt geruͤhrt

und wie ehmals Jhr im Scherze

manches Liebes-Lied geſungen

daß die Huͤtten wieder klungen:

Bild’ ich mir beglaubet ein/

diß werd’ Euch nicht wiedrig ſein.

Nehmt
[]Zuſchrifft.
Nehmt derhalben/ Liebſte/ nehmet

dieſes frohe Venus-Werk/

als ein kleines Gunſt-gemerk.

Venus wird ja nicht beſchaͤmet/

daß ſie friſche Roſen traͤget/

Die der Floren Garte heget.

Ein betruͤbter Amarant

iſt der Venus unbekant.

Hamburg den
21. Auguſtm,
1657.
Euer Hertzensvertraute Herrn
und Freunde/
Durch ſo viel Jahre
unverenderter
Diener
Filidor/ der Dorfferer.


DJe
[40]Geharnſchter Venus
I.
Je ſchoͤner/ je haͤrter.
Figure 21. Oberſtimme. C. S.

[figure]
Grund-
[41]Zweytes Zehen.
Figure 22. Grundſtimme.

[figure]
1.
DJe Anmuht/ Schoͤnheit/ Zierd und
Prangen/

das Purpur-blut der roten Wangen/

der Augen-blizz/ der Stirne Glanz/

das Spiel der ziehenden Gebehrden/

der Gang/ die Tracht ſind himliſch ganz

und koͤnnen nicht verſchoͤnert werden.

2.
So lieblich ſahe nie Dione

wenn ſie auff dem vergoͤldtem Trohne
D ijin
[42]Geharnſchter Venus

in Paſos Tempel Ehr’ empfieng!

Betracht’ ich dein beſuͤßtes Weſen/
ſo halt’ ich fuͤr ein ſchlechtes Ding/

was ich von Helenen geleſen.

3.
So kanſtu die Vollkommenheiten

der Schoͤnheit/ Schoͤne/ ſelbſt beſtreiten/

du zieheſt aller Herzen an.

Wer dich beſchauet ſonder brennen

und Liebes-gluht/ denſelben kan

man einen Stein/ nicht Menſchen/ nennen.

4.
Wie heuffig aber dich mit Gaben

vor andern die Gebuhrt erhaben:
ſo kaͤrglich iſt dir mitgeteilt.

Mit-Leiden/ Troſt/ und ein Gemuͤhte/

daß eine wunde Seele heilt

durch Freundes Zuſpruch/ Gunſt und Guͤte.

5.
Der ſcharffe Fels der Diamanten

reicht ſeines Leibes rauhe Kanten

des Kuͤſſers Lippen willig dar.

Die Roſe von dem warmen Weſten

getrieben/ buͤkkt ſich mit Gefahr

zu ihres Dornes wilden aͤſten.

Du
[43]Zweytes Zehen.
6.
Du/ harte/ laͤſt dich nicht erweichen/

die minſte Gegen-gunſt zureichen

dehm der in deinen Flammen queelt.

Wer dich erblikkt/ iſt ohne Leben/

iſt ſonder Geiſt und wird entſeelt/

und du willſt ihm kein Mittel geben.

7.
So meinſtu/ du ſeyſt dir gebohren/
ſeyſt dir allein zum Zwekk erkohren

warum wir auff der Erde ſeyn.

Kein Bild wird darum wol gemahlet

daß man es birget in den Schrein
ſo wird die Arbeit nicht bezahlet.

8.
Jndehm man dich/ wie Goͤttlich preiſet/

Pflicht/ Ehr’ und Demuht dir erweiſet:

Sey/ Schoͤne/ drum nicht eben ſtolz.

Die Knie ſo fuͤr Altaͤren liegen

pflegt man nicht fuͤr ein faules Holz

fuͤr Goͤtter Freundſchafft nur zu biegen.

9.
Die Grauſamkeit und ſuͤſſes lachen

wie koͤnnen die Verwandnuͤs machen

in einem ſchoͤnem Angeſicht’?
D iijEnt-
[44]Geharnſchter Venus

Entwehn dich/ Kind/ der Ernſt-gebehrden/
ſo wird der ſchoͤnen Schoͤnheit Licht

noch tauſendfach verſchoͤnert werden.

II.
Schoͤnheit gebiert Hochmuht.
Figure 23. Oberſtimme. M. C.

[figure]
Grund-
[45]Zweytes Zehen.
Figure 24. Grund-ſtimme.

[figure]
1.
FJlidor lag in dem Schatten/

wo der gelbe Pregel-fluß

durch Prutenens braune Matten

ziehet ſeinen leiſen Guß/

da befielen ihn die Grillen

von der falſchen Erotillen.

2.
Jhr/ ihr unbewohnten oͤrter/
(ſprach er) und du ſtiller Hain
D iiijwo
[46]Geharnſchter Venus

wo die außgebrachten Woͤrter

meiner Brunſt verſchwiegen ſein/

und die ſachte Lufft der Weſten

hoͤret meiner Quaal gebroͤſten.

3.
Hier duͤrff ich mein Leid beweinen/

hier verraͤht mich niemand nicht/

wo den ſtummen Ufer-ſteinen

nur die Treue nicht gebricht:
ſoll/ was ich bißher verſchloſſen/

werden bey euch außgegoſſen.

4.
Erotill’ hat mich verfuͤhret/

Erotille/ derer Zier

faſt biß an die Wolken ruͤhret.

Waͤr’ ach! diß verborgen Jhr!
ô wie wollt’ ich meinem Feuer

kommen ſo gewuͤnſcht zu ſteuer!

5.
Nu iſt ſie es worden innen/

als ſie in die F[l]uhten ſach
ſo durch unſre Wieſen rinnen

da ward ihre Hoffart wach.

Seit der Zeit ſie ſich geſehen

darff ich nimmer zu ihr gehen.

6. Da-
[47]Zweytes Zehen.
6.
Daher hab’ ich erſt geweinet

daher fing mein Elend an

weil nechſtdehm mir nimmer ſcheinet

was mir einig leuchten kan/

ihrer Blikke goͤldne Sternen

wehrt die Venus nachzulernen.

7.
Erſt iſt ſie mir nachgerennet/

erſt hieß ſie mich ſtille ſtehn/

und da war ich nicht entbrennet/

hatt’ auff Liebe nie geſehn/

Flegel/ Pflug/ Karſt/ Rohr und Nezze

waren meine Luſt und Schaͤzze.

8.
Eine Zytter geel gefaͤrbet

bunte Seiten oben drauff

hat mir Daffnis angeerbet/

dar ſpielt’ ich zuweilen auff/

wenn ich von der Arbeit muͤde

nachdacht einem Schaͤffer-Liede.

9.
O wie offt kahm ſie geſchlichen

auch wol mitten in der Nacht/
D viſt
[48]Geharnſchter Venus

iſt auch eher nicht gewichen

biß ich mich ins Stroh gemacht.

Da hat ſie ſich offt beklaget/

daß es ſo geſchwinde taget.

10.
Jhre Laͤmmer gingen weiden

offtermals in meiner Trifft/
ſie befraͤzten meine Heyden.

Diß war darauff angeſtifft
ſo ichs ia nicht leiden wolte/

daß ich mit ihr reden ſolte.

11.
Denn ſo fragte ſie bißweilen:

haſtu nicht das boͤſe Tiehr

heute morgen hoͤren heulen?

bleibe dieſen Tag bey mir
ſolt’ es in die Heerde brechen/

wie koͤnt’ ich mich/ Schwache/ raͤchen

12.
Noch geſchahen tauſend Renke

Doch/ ich ließ mich nirgend ein

biß ich einmahl bey der Traͤnke

macht ein weinig mich gemein.
ô ihr
[49]Zweytes Zehen.
ô ihr ſcharffen Neſſel-kuͤſſe
ô daß ihr mir wart ſo ſuͤſſe!

13.
Ja ihr milden Honigkuͤſſe!

Nu habt ihr nur Bitterkeit
ſtatt der vorbeliebten Suͤſſe

meinem Herzen eingeſtreut/

Nu ich euch nicht laͤnger ſchmekke
ſeid ihr mir zur Dornen-hekke.

14.
Da entglommen meine Flammen

damit wars umb mich getahn:

Zwar/ dieweil wir noch beyſammen

kehret’ ich mich nirgends an/

aber da ſie von mir flohe

und auff fremde Wieſen zohe:

15.
Goͤtter weh! Jndehme ſchwunden

Zunge/ Mund/ Bluht/ Farb’ und Geiſt.

Eh er ſich zu recht gefunden/

war der Sonnen Wagen meiſt

in der braunen See gekuͤhlet

und die Raͤder abgeſpuͤhlet.

D vjDum-
[50]Geharnſchter Venus
III.
Dumme Leute ſein dumm.
Figure 25. Ober-ſtimme. M. C.

[figure]
Figure 26. Grundſtimme.

[figure]
[51]Zweytes Zehen.
[figure]
1.
JCh hab’ an Fozis kuͤhlen Fluͤſſen

dir Delia/ manch Lied zu Ehren auffgeſpielt.

Die Muſen und Apollo wiſſen

wie offt der Sonnen-Licht mich brant’ und Foͤbe
kuͤhlt

und wie ich manche Nacht gewacht

und einen Vers auff dich erdacht.

2.
Die Pallas hat mich offt geneidet/

daß ich nicht ihr zu Ruhmgebraucht der Poeſie/

weil ſie die Venus nimmer leidet

und ſonder Liebe lebt in Keuſchheit ie und ie.

Doch hab’ ich ſtets die Nacht gewacht/

und einen Vers auff dich erdacht.

Der
[52]Geharnſchter Venus
3.
Der Amor machte mir von Myrten

vor mein verliebt Gedicht ſo manchen Siegeskranz

die Muſen ſah’ ich mich umguͤrten

mit dunkelm Efen-laub und goͤldnem Lorbeer-glanz/

indehm ich manche Nacht gewacht

und einen Vers auff dich erdacht.

4.
Die dummen geht zu beyden Ohren

der ſuͤſſen Reime Schall bald auß/ bald wieder ein

die Kunſt hat ganz an dir verlohren/

ich muß bey dir umſonſt des Foͤbus Lehrling ſein/

wiewol ich manche Nacht gewacht

und einen Vers auff dich erdacht.

5.
Du/ Orffeus koͤnnſt die Hoͤlle zwingen/
[d]er wilde Zerber ſchwieg auff deiner Schall:

ich kan ſie nicht zu rechte bringen
[d]iß Menſch/ und ſpielet’ ich trozz Foͤbus Zitter-hall

was hilfft es daß ich nu gewacht

und manchen Vers auff ſie erdacht?

6.
Soll ich mein Dicht-werk nu verſchweren
[d]ieweil ich nur von ihr damit werd’, außgelacht/
ô Nein!
[53]Zweytes Zehen.
ô Nein! ich weiß/ daß ander’ ehren

was du/ du Kunſt-ſpott/ haſt bißher an mir veracht.

Pfui! daß ich manche Nacht gewacht/

und keinen Schimpff auff dich erdacht.

IV.
Keinem/ als mir.
Figure 27. Oberſtimme. M. C.

[figure]
Grund-
[54]Geharnſchter Venus
Figure 28. Grund-ſtimme.

[figure]
1.
LEgere laͤſt ſich offters gruͤſſen/

Legere laͤſt ſich offters kuͤſſen

und/ komm ich ungefehr darzu/
ſo ſpricht ſie: Schaz/ es ſeind Verwanten/
ſind meine Bruͤder und Bekanten
ſonſt taͤht’ ich ſo nicht wie ich tuh.

2.
Legere/ laß die Poſſen bleiben/

laß dir den Mund nicht ſo bereiben/

ich achte hier nicht Fug noch Recht.
Mir
[55]Zweytes Zehen.

Mir ſind verdacht/ die Mutter/ Bruͤder

die Schweſter/ Freunde; ja ein ieder

und waͤr’ es meines Dieners Knecht.

3.
Vergib mir meine Furcht Legere.

Der Jungfer Luſt wehrt keine Wehre/

wil ſie/ ſo hilfft kein halten nicht.

Der ihr verwahrtes Schloß entgliedet/

der Schluͤſſel/ iſt bereit geſchmiedet

und niemand lebt/ dehm er gebricht.

4.
Es kan ſich bald ein Schmeichler finden

der dein Gemuͤhte kan entzuͤnden

und wer’ es auch ſo kalt als Eyß.

Jch kenne zarter Weiber Sinnen

wie ſchleunig der ſie kan gewinnen/

der nur die rechten Griffchen weiß.

5.
Biel Weiber ſind auß Griechen ruͤchtig

doch war nicht mehr als eine zuͤchtig

die liſtige Penelope.

Rom hat nur eine treu beſchrieben/

die ihren Ehmann konte lieben

die blutige Lukꝛezie.

Ehr
[56]Geharnſchter Venus
6.
Ehr wird man ſchwarze Schwanen ſchauen/

die Raben weißlich ſehen grauen/

den Schnee abſchieſſen Kohlen gleich:

als eine Jungfer ſonder Wanken.

Jhr Tuhn/ ihr Reden und Gedanken

wird auff das leichtſte Windchen weich.

7.
Drum/ wiltu fromm und Erbar heiſſen/

muſtu/ Leger’ auch dich befleiſſen

zu meiden allen argen Wahn.

Verdacht waͤchſt leichtlich auß den Tahten

Kind willſtu meinem Eyffer rahten
ſo ſtell dich ſo bekant nicht an.

V.
Hoffart kommt zu Falle.
Figure 29. Oberſtimme. C. B.

[figure]
ne
[57]Zweytes Zehen.
[figure]
Grund-
[58]Geharnſchter Venus
Figure 30. Grund-ſtimme.

[figure]
[59]Zweytes Zehen.
1.
DJe Dellmane krigt einen Stoß/

die Dellmane/ die ſich in Seiden

in Gold und Perlen lieſſe kleiden/

geht iezt entehret/ nakt und bloß.

Nn kan ich meinen Schimpff verſchmer-
zen

es trifft dich mein gewuͤnſchter Fluch/

iezt nageſtu am Hunger-tuch’

ich goͤnn’ es deinem ſtolzen Herzen.

2.
Wie offt hab’ ich dich tieff gegruͤſſet/

wie offt mich gegen dir geneiget/

und ſolche Demuht dir erzeiget/

der du nicht wehrt geweſen biſt.

Du haſt mich ſchielend angeſehen/

mich armen Buhler ganz veracht

nu wirſtu wiederum verlacht

und mnſt in Spott und Schanden ſtehen.

3.
Jch war nicht hoch genug/ nicht reich/

nicht hoͤfflich ſatt dich zubedienen

du aber duͤrffeſt dich erkuͤhnen

zu ſchaͤzzen einer Fuͤrſtinn gleich.
Nu
[60]Geharnſchter Venus

Nu wird dein Hochmuht recht belohnet.

Der Donner laͤſt die Huͤtten ſtehn/

Pallaͤſte muͤſſen untergehn.

Wohl dehm/ der wie ich tieffer wohnet.

4.
Jch werde doch wol Brod und Hauß/

und einſten gute Nahrung finden/

da/ Dellmane/ du bleibſt dahinden/

und fegſt die oͤden Winkel auß.

Geh und beſtell dir einen Beſen/

der Anfang iſt bereit gemacht/

worauff du iederman veracht

wirſtu auff-auß der Aſche-leſen.

VI.
Meinet halben/ fahr immer
hin.

Figure 31. Ober-ſtimme. M. C.

[figure]
[dich]
[61]Zweytes Zehen.
[figure]
Figure 32. Grund-ſtimme.

[figure]
1.
SO hat dem nu die eine Nacht

ein Tag treu-bruͤchig dich gemacht.

das heißt mit falſchen Eydes-ſchwuͤren

ein allzu glaͤubig Kind verfuͤhren.

2. Jch
[62]Geharnſchter Venus
2.
Jch war ia noch in Szyten/

noch wo ein ſchwarzes Mohr-geſicht

in Afriken im Schweiſſe flieſſet/

noch wo der Tyger ſich ergieſſet.

3.
Ja/ wenn mein Schiff im Meere ſtuͤnd

und mich ein ungeſtuͤmer Wind

wor haͤtt’ in Jndien getragen
ſo wolt’ ich nicht ein Woͤrtchen ſagen.

4.
Nu ſind nur wenig Stunden hin

daß ich nicht/ Leichte/ bey dir bin/

und du/ du biſt ſchon umbgewendet

und haſt dich fremder Gunſt verpfaͤndet.

5.
Es trennt uns kaum das dritte Hauß

und deine Treu iſt ſchaͤndlich auß/

es ſind die Worte mit den Winden

geflohen zu des Meeres Gruͤnden.

6.
Wie iſt der reinen Keuſchheit wehrt

doch dieſer Zeit ſo ganz entehrt/
ich
[63]Zweytes Zehen.

ich muͤſte faſt die Welt durchgehen

doch wuͤrd’ ich kaum Perillen ſehen.

7.
Nichts beſſers kan ein Weibes-Bild

als daß ſie Treu mit Liſt vergillt/

und meiſterlich weiß zubetriegen

mit Schmeicheln Spott und ſchlimmen
Luͤgen.

8.
Kein Blat wird durch den Oſt und Nord
ſo ungewiß getrieben fort

als ihre fluͤchtige Gedanken

bald hier/ bald dorthin zweiffelnd wanken.

9.
Weil du denn nu verhaͤrtet biſt/

und dir gefaͤllt die leichte Liſt/
ſo laß ich dir den Wetterwillen/

und wil mich gerne gerne ſtillen.

10.
Doch wuͤntſch’ ich daß der Amor dich

mit Pfeilen ruͤhre kraͤfftiglich

und daß/ um den du mich verlaſſen/

der/ wie du mich/ dich moͤge haſſen.

ESeht
[64]Geharnſchter Venus
VII.
Seht was die Einbildung nicht
tuht.

Figure 33. Ober-ſtimme. J. K.

[figure]
Grund-
[65]Zweites Zehen.
Figure 34. Grund-ſtimme.

[figure]
1.
ES ſagte mir die Flatter-ſchoͤne/

die eingebildte Puſſerene:

du haſt mich lange Zeit geliebt/

dich lang’ um meine Gunſt beworben/

darumb haſtu dich ſo betruͤbt/

daß du auch neulich bald geſtorben.

E ijWie
[66]Geharnſchter Venus
2.
Wie kommt es denn/ wenn ich dich frage/

und dir von Nehmen etwas ſage/

daß du ſo ſonder Antwort biſt?

das Wort verſtarrt dir in dem Munde/

du muſt ia nur auß Hinterliſt

erdenken eine falſche Wunde.

3.
Wie offt haſtu nicht nachgelaſſen/

ich moͤchte dich denn einſt umb faſſen

wie prachertſtu um einen Kuß/

das andre wil ich gern verſchweigen/

daß ich zwar ſtets gedenken muß/

darff aber keinem an-es zeigen.

4.
Mein/ (ſprach ich) laß mich doch zufrieden/

die Urſach wird nicht einem ieden
ſo auff die Naſe hingehenkt/
ſo duͤrff ichs auch nicht frey bekennen:

wer alles ſagt und wenig denkt/

der kan ſich deinen Freund nicht nennen.

5.
Doch/ ſoll ichs/ Zeit-lieb/ dir entdekken/

und nichts nicht untern Stuel verſtekken
ſo
[67]Zweytes Zehen.
ſo gieb mir Feder und Papier.

Jch weiß es was ich muͤndlich ſage

urteileſtu wie ungebuͤhr/

als Unrecht Falſch und Luͤgen-klage.

6.
Drauff hab’ ich ihr diß zugeſchrieben:

Jch kan dich/ Larve/ treu nicht lieben/

ich bin nicht ſo/ wie du/ geſinnt.

Jch liebe Tugend/ Zucht und Treue/

waͤr’ ich wie du ein falſches Kind/

haͤtt’ ich vor deinem Strikk nicht Scheue.

7.
Der Meineyd iſt dir angebohren

die Schaam und Zuchthaſtu verſchworen

Nur Schminke ſchoͤnet dein Geſicht.

Die Runzeln koͤntſtu nicht bedekken/

haͤttſtu die falſche Kreyde nicht

den Dekkel deiner ſchwarzen Flekken.

8.
Doch wil ich noch was dein verbleiben/

biß mein Verhaͤngnuͤs mich wird treiben

auff ein bequeemers Zielmaaß hin.

O/ wie verdroß es Puſſerenen!

Ey/ daß ich auch zu kuͤhne bin

doch auch/ wer achtt der Flatter-ſchoͤnen.

E iijLiebe
[68]Geharnſchter Venus
VIII.
Liebe glaubt keinem Neide.
Figure 35. Ober-ſtimme. C. B.

[figure]
Grund-
[69]Zweites Zehen.
Figure 36. Grund-ſtimme.

[figure]
1.
UNd/ wo ich dirs/ Zelinde/ ſchenke
ſo heiß’ ich Peilkaraſtres nicht.

Es denke doch nur einer/ denke/

was dieſe Marigelle ſpricht.
E iiijJch
[70]Geharnſchter Venus

Jch waͤr’ in ihr Gemach geſchlichen

gleich als der Sonnen Gold verblichen

da haͤtt’ ich mich wohin gelegt

wo ſie geheim zuſchlaffen pflegt.

2.
Mein! worzu dienen doch die Luͤgen?

der Teuffel hat diß Spiel geſehn.

hoͤr! knarrten damahls auch die Stiegen

als ich wolt’ in die Kammer gehn?

Gefiel dies/ da ich dich umſchlunge

und mich an deine Seite drunge?

Sich/ Ruhm-maul/ wie beſtehſtu nu/

wer traute dir die Schnitte zu!

3.
Jezt faͤllt mirs ein. Das ſuͤſſe Lieben/

daß ich mit Roſilen gefuͤhrt/

hat dich zu ſolchem Fund getrieben

und mit der Neides-ſucht geruͤhrt.

Nu merk’ ich was es ſoll bedeuten/

daß du ſo neulich ſachſt zur Seiten/

als meine Luſt/ Roſille kahm/

und mich ſanfft in die Arme nahm.

4.
Es war nur um mich zuverſtoſſen/

meinſtu/ Roſille glaube dir?
Fuͤr-
[71]Zweytes Zehen.

Fuͤrwahr/ du ſchlaͤgeſt einen bloſſen/

mein Augen-wink gilt mehr bey ihr

als wenn du hundert-tauſend Eyde

wuͤrdſt ſchweeren mir und ihr zu Leide.

Roſille merkt es zugeſchwind

was Falſchheit/ Trug und Finten ſind.

5.
Du willſt uns zwar zuſammen hezzen

kommſt aber heßlich kaal darvon.

wir lachen der beſcheinten Nezzen/

und ſprechem allem Neide Hohn/

kein Fels iſt je ſo feſt gegruͤndet

als unſre Liebe ſich befindet.

Stuͤrm immer zu. Wir ſtehen feſt

als ſich kein Berg bewegen laͤſt.

6.
Drum denke nicht/ Zelinde/ denke

daß ein verfaͤlſchtes Luͤgen-Kind

Roſillen von mir abelenke.

Haͤttſtu noch duppelt mehr erſinnt/

wird doch mein Schaz mich nimmer haſſen
ſoltſtu zerberſten und erblaſſen/
ſo liebt ſie mich doch wie vorhin.

Gott lob/ daß ich nicht ſchuͤldig bin!

E vDie
[72]Geharnſchter Venus
IX.
Die groͤſte Beſchwerligkeit/ die
Liebe.

Figure 37. Ober-ſtimme. M. C.

[figure]
Grund-
[73]Zweytes Zehen.
Figure 38. Grund-ſtimme.

[figure]
1.
MJt Lieben iſt es ſo beſchaffen:

du muſt dich offters laſſen ſtraffen/

dein Ernſt muß Spott und Tohrheit ſein.

Du muſt dich ſo/ bald anders ſtellen.
E vjRed-
[74]Geharnſchter Venus

Redtſtu vom Himmel/ ſie ſpricht: Nein/
ſo muß es ſein der Schlund der Hoͤllen.

2.
Kein ruhig Leben kanſtu fuͤhren/

du muſt dich ſelbſt in dir verlieren/

muſt lebend-todt/ todt-lebend ſein.

du darffſt nicht/ was dir gut duͤnkt/ ſagen

bewaͤhrſtu daß und ſie ſpricht Nein/
ſo muſtu bald dein Wort verſchlagen.

3.
Dein Tag vergeht in Noth und Plagen/

die Nacht verſchwindet dir mit Klagen/

du kanſt nicht ſchlaff-nicht wacheno ſein

haſt du dich eins der Lieb’ ergeben

und meineſt froh zu ſein. Ach nein!

die Lieb iſt mir ein Marterleben.

4.
Offt muſtu vor die Pforten nachten/

muſt Regen/ Froſt und Schnee verachten/

muſt leiden und geduldig ſein.

Hoͤrt ſie dich an mit tauben Ohren;
ſey nicht verdrießlich/ Nein ach nein.

Verdruß hat manchen Raub verlohren.

Der
[75]Zweytes Zehen.
5.
Der Neider Zungen muſtu lachen/

muſt allzeit dich Politiſch machen/

in alle Saͤttel eben ſein.

Fragt iemand/ ob du dieſe liebeſt/
ſo muſtu ſagen: Nein ach nein/

daß du dich nicht mit ihr betruͤbeſt.

6.
Was ihr gefaͤllet/ muſtu preiſen

und iederzeit dich ſo erweiſen/

daß du nicht ihr moͤgſt widrig ſein.

Haſtu von ihr was fliegen laſſen/

und ſie befragt dich. Antwort: Nein

damit ſie dich nicht moͤge haſſen.

7.
Spielt ſie: ſo laß ſie nicht verlieren/

nur dir wil der Verluſt gebuͤhren.

Dein Beutel muß ſtets offen ſein/

durch Lieben kan man wenig haben:

kein Kroͤſus wirſtu werden. Nein

die Jungfern lieben Gold und Gaben.

8.
Heiſt ſie dich ſpoͤttlich von ſich gehen
ſo muſtu lernen Scherz verſtehen/
mu[ſt]
[76]Geharnſchter Venus

muſt dumm und unempfindlich ſein.

Auff ihr Verachten/ Schimpff und ſchelten

muſtu nicht zuͤrnen. Nein ach nein!

die Lieb’ iſt ſonder Stuͤrme ſelten.

9.
Der Hoffnung/ Sorge/ Furcht und Sehnen

duͤrffſtu dich nimmer abgewehnen/

muſt nimmer frey und deine ſein.

Drumb wil ich nun vom Lieben laſſen.
ſolt’ ich es koͤnnen! Nein/ ach nein!

Wer kan die lieben Jungfern haſſen?

X.
Laß die Verſtorbenen ruhen.
Figure 39. Ober-ſtimme. M. C.

[figure]
Nah-
[77]Zweytes Zehen.
[figure]
Figure 40. Grund-ſtimme.

[figure]
Stir[b]
[78]Geharnſchter Venus
1.
STirb Filidor/

Warum wolſtu nicht willig’ ſterben?

der Muſen Chor

verſpricht dir deines Nahmens Erben/

ob Florilis ſchon meinet/

daß niemand um dich weinet.

2.
Zwar Florilis

wird wegen deines Todes lachen/

Sie wird gewiß
ſich luſtig bey dem Sarge machen/

und auff dem Grabe ſingen

mit jauchzen und mit ſpringen.

3.
Wird iemand denn

nach deinem Hinfall dein erwehnen/

wie/ wo und wenn:
ſo wird ſie in der Grufft dich hoͤhnen/

die abgefaulten Knochen

wird ſie auch ſelbſt bepochen.

4. Doch
[79]Zweytes Zehen.
4.
Doch denke nicht/

daß ich es dir wil/ Stolze/ ſchenken:

ein bleich Geſicht/

das meinem gleichet/ ſoll dich kraͤnken:

mein Geiſt ſoll um dich ſtehen/

und mit zu Bette gehen.

5.
Ein ſchweerer Traum
ſoll dich offt auß dem Schlaff’ erwekken/

du glaubeſt kaum

wie ich als denn dich werd’ erſchrekken.

mit werffen und mit poltern

wil ich dein Leben foltern.

6.
Wird man auff dir

des Morgens blaue Flekken ſehen/
ſprich: daß von mir

zur Rache dieſes ſey geſchehen.

wirſtu einmal denn kranken

plag’ ich dich mit Gedanken.

7. Drum
[80]Geharnſchter Venus zweytes Zehen.
7.
Drum beſſer dich

dieweil es Zeit iſt ſich zu beſſern.

Veriagſtu mich

zu Acherontis Nebelwaͤſſern:
ſo hilfft als denn kein klagen/

wenn dich mein Geiſt wird plagen.

Des Zweyten Zehens
ENDE.



Filidors
[]

Filidors
Geharnſchter Venus

Zweytes Zehen.


Denen
[]
Denen
Hochgepreiſten Wechſel-
Schaͤfferern

als
Dem ſuͤß-ſingenden
Eumelus
und
Denen Wolgepaarten Gebruͤdern/ denen
Tingrian.
uͤbergibt zur gehorſahmen Dankbarkeit
fuͤr ihre erzeigte Gunſten
Das dritte Zehen der Ge-
harnſchten Venus

durch folgendes Sonnet
Filidor der Dorfferer.

QWell aller Liebligkeit/ dehm Orfeus ſei-

ne Weiſen

mit Zukker floͤſſet ein/ dehn das Sarmater-

Land

biß
[]Zuſchrifft.
biß an den Adriac und ſeine Macht be-

kant/

den Tameſis/ der Sund und jenes Reich das

Eiſen

zu Gold und Silber macht/ vor Foͤbus Saͤn-

ger preiſen.

Und du gebrudert-Paar/ das mir im Un-

gluͤkks-ſtand’

in dehm die Freund ſchafft ſiegt/ boht Guht

und treue Hand/

als mich ein Nord verfolgt’ in meinen Nor-

den-reiſen.

Gegruͤßt/ gekuͤßt/ geehrt ſeyd ihr auß dieſer

Stat/

die mit der Balter-See Geſchwiſter-buͤnd-

nuͤß hat.

Jch ſtunde bey mir an/ wehm ich das dritte

Zehen

ergeben ſolt’. Jndehm hat Amor laͤch-

lend mich

und Venus/ weiß entruͤſt im Harniſch ange-

ſehen.

Undankbahr Filidor (ſprach die) beſinnſtu

dich?

Eu-
[]Zuſchrifft.
Eumelus hat gemacht/ daß ich beſungen

bin

von dir: die Tingrien ſind ſie dir auß dem

Sinn:

Hamburg den
21. Auguſtm.
1657.
Daher habe ich nicht unterlaſſen ſol-
len durch dieſe Gelegenheit zu
eꝛweiſen wie ich ewig ſey und
heiſſe
Meiner Hochgeehrten Herrn
auffwaͤrtiger
Diener
Filidor.


Kraͤn-
[81]Geharnſchter Venus drittes Zehen.
I.
Kraͤnkende Hoffnung.
Figure 41. Ober-ſtimme. C. S.

[figure]
Grund-
[82]Geharnſchter Venus
Figure 42. Grund ſtimme.

[figure]
1.
WAs hilfft es uns/ daß wir uns lieben/

Roſille/ Schoͤne! ſag es mir?

daß wir ein ſtetes ſeuffzen uͤben/

und Schmerzen tragen fuͤr und fuͤr.

Ach Schmerzen! denen keine Wunden/

wie toͤdtlich ſie ſind/ gleich ſich funden.

So
[83]Drittes Zehen.
2.
So ſtark kan keine Wunde bluten

rizzt ſie die Lebens-adern gleich/

daß nicht ein Heil ſey zu vermuhten.

Der Garten iſt ja noch ſo reich

ein edles Bluͤmchen dar zuſtellen

zu ſtopffen ihres Schweiſſes qwellen.

3.
Wer aber hilfft der kranken Seele

die biß auffs Leben ſteht verſehrt?

Der Wund’ ob welcher ich mich queele

wird aller Heilung Krafft verwehrt.

Du biſt es/ Tod/ der mich entbindet

daß/ worfuͤr man nicht Kraͤuter findet.

4.
Zwar/ Zeit/ du willſt mir was verheiſſen/

das aber iſt zu ſchlecht fuͤr mich.

Du pflegeſt alles hinzureiſſen/

liebſt Wankelmuht. Ja wenn ich dich

und deinen Flug in einer Kette

beſchloſſen und umfaͤſſelt haͤtte.

5.
Jch wolte deine Foͤrder-Haare

nicht auß den Haͤnden laſſen gehn/
Fals
[84]Geharnſchter Venus

als biß du mir ſo viel der Jahre

von dem Verhengnuͤß ließt entſtehn/

daß die Vergnuͤgung meiner Sinnen

moͤcht’ ihren ſuͤſſen Zwekk gewinnen.

6.
Nu biſtu fluͤchtig/ falſch und wilde/

doch waͤreſtu nur fluͤchtig ſatt:

wie bald waͤr’ ach! die Wunde milde/

die mir das Leben machet matt.

Es wuͤrde noch durch etwas hoffen

die Lindrung meiner Qwaal getroffen.

7.
Verblutet euch ihr grimme Schmerzen/

verblutet Geiſt und Leben auß.

Gebt Stoß um Stoß dem treuen Herzen

verlaſſt des Leibs geplagtes Hauß.

O Seele weich! es iſt vergebens

ich heile nicht Zeit meines Lebens.

II.
Liebes-feuer/ ewige Flammen.
Figure 43. Oberſtimme. C. S.

[figure]
Herz/
[85]Drittes Zehen.
[figure]
Figure 44. Grund ſtimme.

[figure]
1.
Du liebſt mich/ Schaz/ Roſille/

mehr als dein eigen Herz/

Mein Wollen iſt dein Wille/

mein Wiederſinn dein Schmerz

F ij2. Du
[86]Geharnſchter Venus
2.
Du ſchleuſt mich mit viel kuͤſſen

Feſt in die Armen ein

und laͤſſet mich nicht miſſen

was nur vergunnt mag ſein.

3.
Jſt aber diß die Flammen

zuleſchen gnug/ mein Kind/
ſie ſchlagen mehr zuſammen

und lodern in den Wind.

4.
Die Flucht kan Feuer toͤdten/

leſcht was die Gluht verlezzt:

Je mehr komm’ ich in Noͤhten

ie mehr dein Mund mich nezzt.

5.
O dem betruͤbtem Stande!

das kraͤnkt mich/ was mich ſuͤßt/

wird nu der Tau zum Brande

der durch die Lippen fließt

6.
Die heiſſe Donner-ſtraalen/
ſo ſchweer zu leſchen ſein

kan man doch offtermahlen

mit Waſſer kuͤhlen ein.

7. Mein
[87]Drittes Zehen.
7.
Mein unaußleſchlich Feuer

erkennet keine Wehr

kehm Thetis mir zu ſteuer

und goͤß’ auff mich ihr Meer.

8.
Jedoch wuͤrd’ aus den Wellen

die Flamme ſchlagen fuͤr/

es wuͤrden ſeine Quellen

vertroͤgen uͤber ihr.

9.
Du koͤnteſt mir noch mindern/

mein Seelchen/ dieſe Brunſt

und ſeine Gluhten lindern

durch naͤhre Liebes-gunſt.

10.
Was? naͤher? nicht. Wir kennen

der Ehr und Tugend Schein.

Eh wolt’ ich ganz verbrennen/

als ſo geleſchet ſein.

F iijNacht-
[88]Geharnſchter Venus
III.
Nacht-laſt/ Tages-luſt.
Figure 45. Oberſtimme. C. S.

[figure]
Figure 46. Grund-ſtimme.

[figure]
[89]Drittes Zehen.
[figure]
1.
Die Nacht

die ſonſt den Buhlern fuͤgt und ſuͤſſe Hoffnung mach[t]
Die Ruh/

die einem Liebendem ſagt alle Wolluſt zu/

bringt mir nur lauter Schmerzen

und raubet mir das Licht/

das meinem truͤben Herzen

des Troſtes Straal verſpricht.

2.
Der Tag

dem ſonſt kein Pafos-kind recht guͤnſtig werden mag
Die Gluht

der goͤldnen Strahlen/ die der Venus ſchaden tuht.
F iiijEr-
[90]Geharnſchter Venus

Erteilt mir lauter Freuden

und goͤnnet mir das Gluͤkk

die Augen ſatt zu weiden

in meiner Liebſten Blikk.

3.
Wenn iezt

Apollens Feuer-gold der Berge Haubt erhizzt.
Und nu

die auffgewekkte Welt entſaget ihrer Ruh:

ruͤhrt mich Roſillen Wange

mit einem feuchten Kuß’

und dieſes waͤhrt ſo lange

biß auff den Heſperus.

4.
So bald

der Sonnen Kerze wird in Thetis Schoſſe kalt
Laton’

in duͤſtrer Wolken-Lufft fuͤhrt auff den bleichen Mohn
ſo weicht mein Licht von hinnen

denn wird mir erſt die Nacht

das Kind der Erebinnen

zur rechten Nacht gemacht.

5.
Drum geh

verhaßtes Sternen-Heer gleich nim̃er auß der See.
Komm an/

geliebter Lucifer tritt auff Olympens Bahn.

Der Tag der mich ſo liebet/
ſoll meine Freude ſein.

Die Nacht/ die mich betruͤbet/

weich’ in die Hoͤll’ hin ein.

Noht
[91]Drittes Zehen.
IV.
Noht pruͤfet die Liebe.
Figure 47. Oberſtimme. M. C.

[figure]
Figure 48. Grund-ſtimme.

[figure]
F vSolt’
[92]Geharnſchter Venus
1.
SOlt’ ich den Tod nicht froͤlich leiden?

Roſille weint ob meinen Scheiden/
ſie liebt mich/ da die Seel’ entfaͤhrt

und in die fernen Felder kehrt.

2.
Jn Noht und Jammer ſehen truͤbe:

hieran erkennt man wahre Liebe.

die mit in Freuden luſtig war/

traurt nu bey meines Bettes Bahr.

3.
Jhr Wolken-bruch der Traͤhnen-guͤſſe

macht uͤber meinem Koͤrper Fluͤſſe/

dem Koͤrper/ der ſein Bluht verlaͤßt/

und iezt dem Athem auß ſich blaͤſt.

4.
Die Lieb’ iſt ſchlecht und kaum zu nennen:

Nur lieben weil die Augeu brennen/

weil noch die Stirn ermuntert ſieht

und alles Roſenfaͤrbig bluͤht.

5.
Jch lieg’ allhier auff ſo viel Wochen/

mein Leib iſt lauter duͤrre Knochen/

der Lippen Purpur blaͤſſet weiß

der arme Band iſt Todten-eyß.

Jch
[93]Drittes Zehen.
6.
Jch bin nicht mehr ein Menſch zu nennen

mich meiden alle/ die mich kennen/

Roſille bleibt bey mir und wacht
ſo manche/ manche/ manche Nacht.

7.
O Treu-Exempel! Gunſt-gemerke

O Muſter wahrer Liebes-Werke!

Roſill’ haͤlt biß zur lezten Noht

und wuͤnſcht vor mich ihr ſelbſt den Todt.

8.
Wie kan ich Freundin/ diß vergelten/

indehm ich folge den Gewaͤlten/

die ieder Menſch vom Sternen-fluß’

ohn allen Einſpruch dulden muß.

9.
Jch wil in deiner Seele leben/

mein Schatten ſoll ſtets um dich ſchweben

biß du auch auß dem Leben faͤhrſt

und deine Seele mir gewaͤhrſt.

10.
Jndeſſen ſollen dieſe Zeilen
ſo lange deine Schmerzen heilen/

es ſoll diß treue Zeuge-blatt

der Nachwelt ruͤhmen deine Taht.

F jvWer
[94]Geharnſchter Venus
V.
Wer kan was Liebes ohne Traͤh-
nen wiſſen.
Figure 49. Oberſtimme. M. C.

[figure]
Grund-
[95]Drittes Zehen.
Figure 50. Grund-ſtimme.

[figure]
1.
CHarille wird mir abgeriſſen/

und du verbeutſt/ ich ſolte nicht

mit Traͤhnen waſchen mein Geſicht.

ach! ſolt’ ich ſie mit Freuden miſſen/

Filander/ die mir in Gefahr

Troſt/ Luſt in allen Sorgen war.

2.
Kein groͤſſer Kreuz iſt auff der Erden/

als wenn ſich Lieb’ und Liebe trennt

wenn/ die in Gegen-guͤnſten brennt
vom
[96]Geharnſchter Venus

vom Liebſtem muß geſchieden werden.

Jch glaube nicht/ daß eine Pein

mit dieſer kan zugleichen ſein.

3.
Sie liegt in eines fremden Armen/

ein Toͤlpel feuchtet ihren Mund/

Sie ſeuffzet nach mir iede Stund’

und fleht mich an um mein Erbarmen.

Der Eltern Geiz und Sauer-Zahn

macht/ daß ich ſie nicht retten kan.

4.
Jezt wird ſie zu der Eh gezwungen/

iezt muß ſie ſchlagen Hand in Hand/

ich werd’ erfuͤllt mit Spott und Schand’

und ab von ihrer Gunſt verdrungen.

Sie weint und klagt/ und ich ſoll ſie

verlaſſen ſonder Leid und Muͤh.

5.
Filander/ ich wil Sie beweinen/
ſo lang’ ein Traͤhnchen quillt in mir

ich werd ein neuer Fluß fuͤr ihr

ich werd’ als Niobe zu Steinen/

ein Baum/ ein Schall/ ich werde nichts

um ihrentwegen angeſichts.

Der
[97]Drittes Zehen.
VI.
Der verbrannte Amor.
Figure 51. Oberſtimme geſchwinde M. C.

[figure]
Figure 52. Grund-ſtimme.

[figure]
[98]Geharnſchter Venus
[figure]
1.
SOlt’ Amor wol gefluͤgelt ſein?

ich bild es mir nicht ein.

Laͤngſt iſt er bey mir eingezogen

nie iſt er wieder fort geflogen/
ſolt’ er gefluͤgelt ſein:

ich bild’ es mir nicht ein.

2.
Es macht uns zwar Apelles Hand

den Amor ſo bekand.

Haͤtt’ aber er ie koͤnnen fliegen

er wuͤrde ſo nicht ſtille liegen.

Ja wol gefluͤgelt ſein

ich bild’ es mir nicht ein.

3. Doch/
[99]Drittes Zehen.
3.
Doch/ ſt! aniezt beſinn’ ich mich:

er hatte was an ſich

Als er zu mir kahm eingefahren/

mich duͤnket/ daß es Federn waren.

Er muß wol halten Stand

die Federn ſind verbrannt.

4.
Er aber hat ſelbſt Schuld daran

daß er nicht weiter kan.

Er hat ein Feur in meinem Herzen

entzuͤndet mit der Liebes-Kerzen.

ich goͤnnt’ es/ Amor/ dir/

waͤrſtu nur erſt auß mir.

VII.
Brenn/ aber lindre auch.
Figure 53. Ober-ſtimme. M. C.

[figure]
bin
[100]Geharnſchter Venus
[figure]
Figure 54. Grund-ſtimme.

[figure]
1.
WAs hab’ ich/ kleiner/ dir getahn

daß ich nicht Ruhe haben kan/
willſtu
[101]Drittes Zehen.

willſtu mich denn zu Aſchen breñen?

Jch bin ohn diß entaͤdert bleich

und einem ſchwarzen Schatten gleich

von meinen Bruͤdern kaum zu kennen.

2.
Jch gebe dir die Sieges-Fahn’

und flehe dich in Demuht an/

laß deinen Diener nicht verderben.

Es gibt dir/ Amor/ ſchlechten Preiß

wenn/ der ſich nicht zu retten weiß
ſoll auff gebognen Knien ſterben.

3.
Genade zieret einen Held.

Jch raͤume dir des Herzens Feld/

mein bloſſer Buſem ſteht dir offen.

Zieh ein/ und goͤnn mir nur die Lehn

ich wil dir zu Gebote ſtehn/

was haſtu mehr von mir zu hoffen.

4.
Wer wird/ haſtu mich umgebracht/

alsdenn erheben deine Macht?

Wer wird von deinen Tahten ſingen?

Werd’ ich noch etwas uͤbrig ſein:
ſ[o]
[102]Geharnſchter Venus
ſo bleibt die Ehr’ [a]lleine dein.

Mein Staub kan dir nicht Nuzzen brin-
gen?

VIII.
Redliche Liebe/ Neider Zwang.
Figure 55. Oberſtimme. Franzoͤſiſches Ballet.

[figure]
Grund-
[103]Drittes Zehen.
Figure 56. Grundſtimme.

[figure]
1.
MAcht euch luſtig Neider-Herzen

blaſet/ wie ihr tuht

Blizz/ Schwefel blaue Gluht

unſer’ heiſſe Liebes Kerzen

Amors Straal und Licht

verdunkelt ihr doch nicht.

Wie daß heitre Sonnen glizzen

Etnen Feuer dunkel macht/
ſo wird eurer Rachen blizzen

gegen unſern Scheine/ Nacht.

Waͤrt
[104]Geharnſchter Venus
2.
Waͤrt ihr Kinder guter Ehren
ſcheutet ihr ſo nicht

des klaren Tages Licht.

Die dem dunklem angehoͤren

bleiben/ wie ſie ſein

ohn Tugend-Licht und Schein.

Unſrer Liebe goͤldnes Feuer
ſtekkt ſich in die Winkel nicht/
ſteigt empor und blizzet freyer

als die Laͤſter-kohle ſicht.

3.
Nun ihr Rauch und Qwalm-Verwanten

Eure Ruſſigkeit

bezeuget wer ihr ſeid.

Weicht und ſucht die euch Bekanten
ſo die Nebel-Lufft

erhaͤlt in Pluto Grufft.

Euers Schwefels Angezuͤnde

wird euch mindern Schlaff und Ruh

Unſrer Liebe Weſten-Winde

wehn uns goͤldne Straalen zu.

IX.
Wahrer Traum.
Ober-
[105]Drittes Zehen.
Figure 57. Ober-ſtimme. C. B.

[figure]
Grund-
[106]Geharnſchter Venus
Figure 58. Grundſtimme.

[figure]
1.
JCh gieng’ einmahl im Traum zu Schiffe

die Mele war mit mir mein Kind/

es bließ der linde Weſten Wind

als unſer Schiff zu Lande lieffe.

Jndehm entſtund’ ein Schiffgeſchrey

daß diß das Jnnland Zypern ſey.

Als
[107]Drittes Zehen.
2.
Als wir das Ufer nu gegruͤſſet

umfieng mich Mel’ und ſprach zn mir:

Schaz/ laß uns ſchauen diß Revier/

das Tahl/ ſo iener Fluß begieſſet/

und hier der Zinnen hohen Schein/
ſo faſt die Wolken nehmen ein.

3.
Es war der Tempel der Dionen

um welchen der Poeten Schaar
ſo manchesahl bemuͤhet war/

wo Lieb’ und Liebes-Kinder wohnen.

Sein Altertuhm und Goͤttligkeit

verkuͤrzt’ uns leichtlich Weg und Zeit.

4.
Wir kahmen zu den Marmortuͤhren/

Kupido ließ uns buͤkkend ein/

die Prieſterinnen ſchrekkt der Schein

der meine Schoͤnheit pflegt zu zieren.

Sie ſchrien mit gebeugtem Knie:

hier iſt die Venus/ hier iſt Sie.

5.
Das Bild der Goͤttlichen Zytehren

verfaͤrbte ſich ob dem Altar.
GDer
[108]Geharnſchter Venus

Der Hauffe/ ſo im Tempel war

die Liebes-reizinn zu verehren

rieff laͤuter: der ſonſt keiner nicht

gebieret Ehre/ Wuͤrd’ und Pflicht.

6.
Jndehm bewegt ich mich im Schlaffe

der Traum verſchwand/ Jch wurde wach

und dachte dieſem Bilde nach.

Sich! (dacht’ ich) daher ruͤhrt die Straffe.

Die Venus macht mir ſo viel Muͤh

weil Mele ſchoͤner iſt/ denn Sie.

X.
Wer troͤſtet mich nu?
Figure 59. Ober-ſtimme. M. C.

[figure]
Noht
[109]Drittes Zehen.
[figure]
Figure 60. Grund-ſtimme.

[figure]
G ijEs
[110]Geharnſchter Venus
1.
ES hielte mich das Norden-land

wo Zyntius zu Bette gehet/

die Gegend war mir unbekand/

ihr fremder Steig mit Schnee verwehet/

da ſtund’ ich auß Gefahr und Noht

es ſtritten mit mir Furcht und Tod:

der ſcharffe Sebel der Barbaren

iſt offters um mein Haupt gefahren.

2.
Gradivus ließ mich keiner Ruh

in vielen Naͤchten nicht genieſſen.

Du Bug und ſtrenges Maſau du

ihr werdet mir es zeugen muͤſſen.

Doch hab’ ich in ſo vieler Muͤh

Angſt/ Sorg’ und Furcht geklaget nie

warum? der Stern der Froͤligkeiten/

Roſillette leuch/ mir zur Seiten.

3.
Roſill’ iſt mir Gewerb und Hauß/

Freund/ Eltern/ Vaterland und alles

bey ihr halt’ ich all Elend auß/

bey ihr befuͤrcht’ ich keines Falles.

Will ſie: ich geh mit ihr zur See

wenn Sturm und Blizz ſpielt auff der Hoͤh/
ich
[111]Drittes Zehen.

ich wage mich in ferne Wuͤſten

und wohne/ wo die Schlangen niſten.

4.
Jezt haͤlt mich ein beqweemer Ort

mich kuͤhlt ein Zefyr auß der Gehre/

ich bin bedienet fort fuͤr fort

mir mangelt nichts an Gunſt und Ehre.

Doch wird mir mein Geſichte blaß

der Augen Lauge macht mich naß

ich bin ein Schaͤm und Schein zunennen

und kan mich ſelber kaum erkennen.

5.
Der weite Weg/ der mich von ihr

in ſo geſchwinder Zeit verſtoſſen/

entaͤdert meines Leibes Zier/

ich gleiche Leten Haußgenoſſen/

weil ich ſo mancher ſuͤſſen Luſt

des Kuſſes/ der beliebten Bruſt

auff ewig/ ach! in dieſer Erden

muß mangeln und beraubet werden.

6.
Zwar bin ich ſchlechter Menſch nicht wehrt/

daß ihr/ der Schoͤnen/ mein etwegen

ein einig Seuffzgen nur entfaͤhrt
ſich moͤg’ ein Traͤhnen-troͤpſchen regen:
G iijDoch
[112]Geharnſchter Venus drittes Zehen.

Doch wil ich ſchweren/ daß ſie ſich

mehr qwaͤlt und aͤngſtigt/ weder ich/

Ach! moͤcht’ ich doch nur bey ihr ſtehen

und ihr Betruͤbnis an-mit ſehen.

7.
Gluͤkkſeelig iſt der/ welcher kan

in Gegenwart der Liebſten weinen.

Gluͤkkſeelig iſt/ wer ſiehet an

wie ihr Herz auch nicht ſey auß Steinen.

Jch weiß nicht/ was die Traͤhnen-ſaat

fuͤr ſtille Freuden in ſich hat

wenn ſie ſich laͤßt zuſammen ſprengen

und treulich in einander mengen.

8.
Nun/ weil ich nicht kan um ſie ſein
ſo ſind mir dieſe zarten Felder/

die Elis auch nichts raͤumen ein/

Teſſaljen ſchwarz vergiffte Waͤlder.

Fuͤhr mich dahin Suͤdweſten-wind

wo die Roſille Blumen bindt/

ich wil mein Schiffgen allen Wellen

ganz unverzagt entgegen ſtellen.

Des dritten Zehens Ende.



[[113]]

Filidors
Geharnſchter Venus

Viertes Zehen.


G iiijDen [...]
[]
Denen zweyen
Hochbegabten Schaͤfern/
Dem

Zahrt-laͤnder und
Hirander.
Wie auch
dehm
Edlen Elb-Schaͤfer
Nepheltdor/ aus Nila-
delfia/
uͤbergibt gegenwertiges
vierte Zehn
Filidor der Dorfferer.
Durch folgendes
d. f. w.

SOll/ Zahrt-laͤnder/ ich von dir hier was

melden oder ſchweigen?

Jens verbeut der Freundſchafft Menge

dieſes wehrt der Ubelſtand

und
[]Zuſchrifft.
und bezeugt mich des Vergeſſens. Haͤtt’ ich

nur Apelles Hand/

wolt’ ich d[ein] Verdienſt um mich durch den

ſtillen Fuͤrhang zeigen.

Jezt ſey dieſer Strich genug. Weilmein A-

tem ſich wird regen

iſt mein dancken zu geringe gegen deiner

Guttaht Zahl/

die du haſt an mir erwieſen. Leben/ Leib und

allzumahl

was in meinen Kraͤfften wohnt/ wil ich dir zu

Dienſten hegen.

Du/ Hirander/ Deutſches Herz haſt mich ie

und ie geliebet/

ſeit ich Liebens wehrt geweſen/ du biſt mir

der erſte Freund/

wirſt auch wol der lezte bleiben/ wie dus haſt

mit mir gemeint/

hat ſo leicht die alte Welt gegen Freunde nicht

geuͤbet.

zuͤrne nicht/ Nephelidor daß ich dich zulezt ver-

melde/

dich/ den Nord-ſtern meiner Freunde/ der

weit ob den Wolken ſteht

und den dunkeln Nebel truzzet/ wenn des

Neides Herbſt entſteht/

G vEdler/
[]Zuſchrifft.
Edler/ zuͤrne/ zuͤrne nicht! weil Apollo in dem

Felde

des beblauten Himmels blizzt/ ſollſtu mir der

groͤſte heiſſen.

Um ſo viel du meinem Nahmen/ der hier-

unten/ naͤher biſt:

nun mit ſo viel treuern druͤkken ſollſtu ſein

von mir gekuͤßt.

Laß mir zu/ daß ich dich mag mit zu meinen bei-

den reiſſen!

Dein gekroͤnter Lorber-Kranz hat ſich mir ge-

neigt erwieſen:

war ſchon nichts an mir zu finden/ welches

dieſer kleinen Welt/

die nu ganz Merkuriſch lebet/ in die ſtolzen

Augen faͤllt.

Du haſt ſelbſt diß gantze Werk erſt geſtraffet/

denn geprieſen.

Bleib’ auch dieſes Zehens Freund/ ſteiffe Ve-

nus Myrten-Zweige/

halte deine Dafnen-Blaͤtter uͤber ihren

Glanz empor/

halt auch/ Retter/ uͤber mir/ deinem Diener/

Filidor.

Nehmet endlich inngeſamt guͤnſtig an/ was

ich euch zeige.

Schuͤz-
[]Zuſchrifft.
Schuͤzzet dieſe zarte Schrifft/ die nur auß der

Feder fleuſſet/

derer jungen Dinten-naͤſſe kaum kaum noch

vertruknet klebt.

Jſt es/ daß mein ſchwaches Dichten ſeine

Kindheit uͤberlebt:

Denn ſo hoffet auch auff Gold/ daß diß nicht

iſt/ noch ſo gleiſſet.

Hamburg den
30. Auguſtm.
1657.
Meiner Hochgeehrten Hoch-
wehrten Herrn Herrn
befiaͤndiger
Diener
Filidor/ der Dorfferer.


G vjLiebe
[114]Geharnſchter Venus
I.
Liebe/ die Koͤniginn der Welt.
Figure 61. Ober-ſtimme. C. S.

[figure]
Figure 62. Grund-ſtimme.

[figure]
[115]Viertes Zehen.
[figure]
1.
KJnd/ das Goͤtt- und Vaͤter zwinget/

Kind/ deß hoher Zepter dringet

durch die Macht der ganzen Welt/

Herr der Erden/ Zwang der Sterne/

Herrſcher uͤber Nah und ferne/

dehm/ was lebt/ zu Fuſſe faͤllt.

2.
Amor/ weil ich leb’ in Luͤfften/
(dort auch in den finſtern Gruͤfften)

werd’ ich deinen hohen Preiß
uͤber dem geſtirnten Wagen

des Tierhuͤters hinzutragen
ſein bedacht durch meinen Fleiß.

Kei-
[116]Geharnſchter Venus
3.
Keinen Lorbeer werd’ ich finden/

den ich dir nicht umzubinden

buͤkkend werde ſein bedacht.

Hundert-tauſend Keyſer Krohnen
ſolten deine Gunſt belohnen
ſtuͤnden ſie in meiner Macht.

4.
O/ wie wol wird der begnuͤget/

der fuͤr dir auff Knien lieget

und dich eyffrig betet an!

Jſt Gedult nur bey dem Schreyen:
[ſ]o wird bald dein Troſt-verleihen

ihme werden kund getahn.

5.
Daß ſich nu mein Leiden endet/

daß ſich Freude zu mir wendet/

daß mein Liebchen freundlich ſicht:

daß die zarten Purpur-wangen

an den meinen lieblich hangen:

iſt das deine Gnade nicht?

6.
Ja. Eh’ ich dich/ Allguht/ ehrte/

O! wie mancher Seuffzer ſtoͤrte

meiner Naͤchte ſanffte Ruh’
Ach/
[117]Viertes Zehen.

Ach/ mit was fuͤr herber Klage/

bracht’ ich meine Fruͤhlings-Tage
ſonder Troſt und Hoffnung zu!

7.
Nu beginnt mein Gluͤkk zu bluͤhen

und der Winter weg zu ziehen/

der mein Leben machte grau.

Nu beſprengt bey hellem Wetter

meines Lebens gruͤne Blaͤtter

Der Roſillen Lippen-tau.

8.
Das/ was mich vorhin betruͤbte/

was ich ſonder Nuzzen liebte

bringeſtu mir redlich ein.

Wer nu dich wil grauſam nennen/

muß ganz keine Guͤte kennen

und ohn all’ Erkaͤntnuͤs ſein.

9.
Du biſts/ der du mir das Leben/

und des Lebens Luſt gegeben/

ohne dich ſtirbt alle Freud’

alle Wolluſt wird zu Schmerzen

gibſtu nicht dem kranken Herzen

Labſal und Ergezligkeit.

D [...]
[118]Geharnſchter Venus
10.
Darum/ wer ſich in dem Lieben

unbetruͤbt gedenkt zu uͤben/

ehre deiner Hoheit Pracht.

Jch/ ſo lang’ ich werde bleiben/

wil von deiner Guͤte ſchreiben

und erheben deine Macht.

II.
Uber ihr Schreiben.
Figure 63. Oberſtimme. C. B.

[figure]
Grund-
[119]Viertes Zehen.
Figure 64. Grund-ſtimme.

[figure]
1.
HOnig-reden/ Zukker-Zeilen/

Worte voller Lieb’ und Gunſt/

Lettern/ ſo die kranke Brunſt

meiner ſtillen Schmerzen heilen

zuͤge/ die die Goͤtter fuͤhren

und mir Geiſt und Leben ruͤhren.

Red-
[120]Geharnſchter Venus
2.
Red-art unverfaͤlſchter Treue/

Sinnen-außſpruch/ Herzens mund/

Schrifft allein uns beyden kund/

Mahlwerk/ deſſeniede Reye

mehr Ergezligkeit kan machen

als Apelles Kuͤnſtler-Sachen.

3.
Ewig muß der ſein geprieſen

und biß in das ferne Feld/

wo Diana Feuer haͤlt/

zu den Engeln hingewieſen

der zu Troſt dem treuen Lieben

erſtlich auff Papier geſchrieben.

4.
Wenn mir wo das Ohre klunge/

nu erwehnt ſie mein (dacht’ ich)

ach! wer weiß/ wol laͤcherlich.

Wenn der Trauer-vogel ſunge

der der Sonnen-ſtraal nicht leidet

und ſich bey den Graͤbern weidet.

5.
Das bedeut der Liebſten Sterben.

Jezt liegt ſie in lezter Noht/

iezt/ O weh! iſt ſie ſchon todt/
(rieff
[121]Viertes Zehen.
(rieff ich klaͤglich) dein Verderben/

Schoͤne/ ſoll auch meines werden

und entſagte gleich der Erden.

6.
Aber/ wer wird mir beſchreiben

die gleich ohne Zentner Pein

wenn mich wor ein Traum nahm ein/
ſonderlich/ wenn nu die Scheiben
ſich am Himmel heller zeigen

und die Duͤnſte reiner ſteigen.

7.
Wie ſie ſtets in meinen Sinnen
ſo bey Nacht/ als Tage ſteht/

wacht und mit zu Bette geht:

So kunt’ auch kein Schlaaff zerrinnen

daß ihr Bildnis/ das ſo ſuͤſſe
ſich nicht um mich merken lieſſe.

8.
Wie nu eine wahre Liebe

alles fuͤrchtet/ ſcheuet/ denkkt/
ſo: erſchien ſie als bekraͤnkkt/

ging ſie traurig/ ſach ſie truͤbe:

ward mein ganzer Tag ein ſtaͤhnen

untermiſcht mit Klag’ und Traͤhnen.

Ließ
[122]Geharnſchter Venus
9.
Ließ ſie ſchieſſen Freuden-blikke/

f[iel] das Wieder-Spiel mir ein.

Sie moͤcht’ eines andern ſein/
(meint’ ich) ſtieß ſie mich zuruͤkke.

Ja/ ihr Kuͤſſen und umfaſſen

Legt’ ich auß auff Zorn und Haſſen.

10.
Und/ ſo ward mir alle Morgen

umgetrieben Muht und Geiſt/

was mir diß und das verheiſt

dreute Kummer/ Zweiffel Sorgen

biß der ſuſſe Bohte kahme

der mich meiner Muͤh entnahme.

11.
Da ward ich der Angſt entriſſen/

meine Schoͤne war geſund/

ach! was taͤht ſie mir nicht kund.

doch/ es ziemt nur uns zuwiſſen/

was ſie mit entzuͤkkter Suͤſſe

mich verdekket wiſſen lieſſe.

12.
Wo es wahr iſt/ was man ſaget/

daß ein weiſſes Paar der Schwan’

auff Olympus hoher Bahn
vor
[123]Viertes Zehen.

vor der Venus Wagen jaget

zog die Feder/ ſo diß ſchriebe

deren fluͤgeln auß die Liebe.

13.
Amor hat ſie ſelbſt geſchnitten/

Venus nacher erſt gebraucht/

und in Nektar eingetaucht/

und die eine der gedritten/

Liebe/ Freundligkeit und Leben

ihrem Kiel’ erbeigen geben.

14.
Nu du ſchoͤnſte Schrifft der Schoͤnen/

deine Dinte ſoll allein

meiner Marter kuͤhlung ſein/

ja des Todes Gifft verhoͤnen:

Dich/ und was die Muſen ſchrieben.

werd’ ich/ weil ich lebe/ lieben.

III.
Liebe/ Sinnen-raub.
Figure 65. Oberſtimme. C. S.

[figure]
liebte
[124]Geharnſchter Venus
[figure]
Figure 66. Grundſtimme.

[figure]
[125]Viertes Zehen.
[figure]
1.
MEin Lieb baht mich in einen Garten

wo der verliebte Weſtenwind

der Floren pfleget auffzuwarten

die Lufft war fahl/ Apollens Kind/

der Tag begunnte gleich zu ſterben

und ſeine Schoͤnheit zu verfaͤrben.

2.
Kaum war ich dar hinein gegangen/
ſo neigte ſich der Sternen Heer/

Diktinna blaͤßte Licht und Wangen

und Heſperus wich in das Meer.

Der ſchwarze Schatten wurd’ erhellet

und in den goͤldnen Tag verſtellet.

War-
[126]Geharnſchter Venus
3.
Warum? Roſille/ meine Wonne/

kahm durch den gruͤnen Buſch herein,

Jhr haͤtte ſelbſt die klare Sonne

gewichen und den Demant-ſchein/

durch ihre Straalen uͤberwogen

auß Schaam mit Wolken-tuch umzogen.

4.
Die Venus ging in ihren Schritten/

Aglajen war ihr Außſehn gleich/

Es ſtraalt’ auß ihren holden Sitten

des Amors ganzes Koͤnigreich:

Luſt/ Liebe/ Freundligkeit und Leben

den treu-verliebten nur gegeben.

5.
Sie ruͤhrte mit den Seiden-Haͤnden

mich/ ihren Lieben ſachtlich an.

Jchglaube nicht/ daß in den Baͤnden

des Himmels mehre Luſt ſein kan.

Mich duͤnkt/ ich fuͤhle noch verzuͤkket/

wie ſie an ihre Bruſt mich druͤkket.

6.
Ach Schau-plaz aller Liebligkeiten/

erhabne Bruſt/ der Goͤtter Saal/
wo
[127]Viertes Zehen.

wo Freud’ und Schoͤnheit ſich begleiten

und du/ du ſuͤſſes Liljen Tahl/

wie gern wolt’ ich in deinen Gruͤnden

Adonis gleich mein Ende finden.

7.
Sonſt weiß ich weiter nicht zuſagen

was mir ihr ſuͤſſer Zukkermund/

damahl auß Liebe fuͤrgetragen.

Euch Baͤumen nur/ euch iſt es kund’/

euch iſt es kund ihr Blumen-Matten

die ihr es hoͤrtet durch den Schatten.

8.
Die Luſt/ ſo uͤberhaͤufft ſich findet/

benimmt uns des Gedenkens Krafft.

Je mehr ſich Amors Gluht entzuͤndet

ie mehr Verſtand wird hingerafft.

Mein Sinn war dunkel/ gleich den Blinden

und kunte ſich in ſich nicht finden.

9.
O ſuͤſſer wahnwiz! ach! wie gerne/

wolt’ ich noch iezt ſo raſend ſein.

Diß iſt die Seeligkeit der Sterne

und aller Goͤttern is gemein:

daß ſie in Wolluſt ſo verfuͤhret

nicht merken/ wenn ſie Schmerzen ruͤhret.

HNu
[128]Geharnſchter Venus
10.
Nu ich bin meiner Sinnen Meiſter/

und weiß es was mich labt und kraͤnkt:

betruͤben ſich die Lebens-Geiſter/

die Seel’ iſt wie ein Turn verſenkt/

den Turn/ wo Einſamkeit/ wo grauſen

und nichtiges Verlangen hauſen.

11.
Nur troͤſten mich die Freuden immer

die ich bey Roſilen gehabt.

Du Luſt-Ort des Priapus Zimmer/

dein Blumwerk muͤſſe ſein gelabt

dafuͤr/ mit ewig warmen Lenzen

und angenehmen Sonnen-glaͤnzen.

IV.
Das angenehme Geſpenſt.
Figure 67. Oberſtimme. Franzoͤſiſche Blamande.

[figure]
als
[129]Viertes Zehen.
[figure]
Figure 68. Grundſtimme.

[figure]
[130]Geharnſchter Venus
[figure]
1.
DAs Wolken-dach war mit der Nacht umzogen/

Arkas hielt die Mittel-ſtelle durch den Sternen-
Bogen

Als Oridor verhindert von den Zug

nach ſeiner Mele Verlangen trug.

Er lieff entſinnt durch Wieſen/ Waͤlder/ Berg und
Tahl

das Scheiden bracht ihm Herzens-angſt und Qwaal.
Solt’ ich/

ach Schoͤne/ dich

noch ſehn einmahl!

2.
So ſchrie er biß er zu der Huͤtte kahme/

da/ wo ſeine Mele die fuͤſſe Ruh einnahme.

Kaum ruͤhrt’ er an den Riegel bey der Tuͤhr/
ſo wiſchte Mopſa vom Stroh herfuͤr:

Werklopffet an ſo langſam ſchon nach Mitternacht?

Mach/ Maͤgdchen auf! Ja/ bald haͤtt’ ich auf gemacht.
Ey
[131]Viertes Zehen.
Ey ja.

Wer iſt denn da?

haſtu nicht acht?

3.
Kennſtu nicht mehr der Melen ihren Treuen/

kan ein halber Tag ſo bald der Liebe Band entzweyen?

Doch ſie weiß nichts hiervon das gute Kind/

daß Oridor ſo ſchnell Abſchied find:

Ach! moͤchte nur das fromme Herze werden wach

ich weiß gewiß/ Oridor kaͤhm unter Dach.
Nu weh!

ich/ ich vergeh!

wer fragt darnach.

4.
Der Oridor/ den du hich faͤlſchlich nenneſt/

weil du unſrer Hirtin Liebes-Brunſt vielleichten ken-
neſt/

iſt weit von hier/ wo der Trommeten Hall

bedaͤmpfft den ſuͤſſen Schallmeien Schall.

Er iſt hinweg/ und wolte Gott! er waͤre hier

er wuͤrde bald weiſen dir ein’ andre Tuͤhr/
O nein!

es kan nicht ſein.

Geh ſag’ es ihr.

5.
Was mag es ſein/ daß Waͤchter ſo muß bellen.

Mopſa/ Mopſa/ hoͤrſtu Magd nicht/ wer iſt an der
Schwellen.
H iijJch
[132]Geharnſchter Venus

Jch glaͤube/ Sakk/ du haͤſt dir wen beſtellt

des Nachbarn Knecht/ der dir ſo gefaͤllt.

Mach lieber Feur im Schorrſtein/ ſpinne deine Zahl/

tezt kreht der Han allbereit zum andernmahl.
Au! au!

Es iſt die Frau/

ich leg mich tahl.

6.
Was? meinſtu ſo zu bergen deine Tuͤkke?

Sag mit wehme triebſtu vor der Tuͤhr ſo Schelmen-
ſtuͤkke.

Ach herze Frau/ wir ſind verrahten hier/

es iſt ein Menſche drauß fuͤr der Tuͤhr/

der klopffet an/ wil mit Gewalt zu uns herein/
ſpricht: Oridor bin ich/ Mele/ laß mich ein.
Macht auff.

Gebt Achtung drauff.

Die Stimm’ iſt ſein.

7.
O Mele/ Mele/ was hab’ ich verbrochen[!]

iſt nu diß die Treue/ die du mir ſo offt verſprochen?

Nu ſteh ich hier der Regen treufft auff mich

der Wind durchweht mich kalt-grimmiglich.

Ach/ meines Leids! wo kommt doch dieſe Stimme her?

So ſeuffzet/ klagt/ ſo beſchweert und bittet er.
Wer iſt?

den du vergiſt/

was darff es mehr.

Jhr
[133]Viertes Zehen.
8.
Jhr Goͤtter ach! was ſoll ich darvon denken/

wollt ihr meine kranke Seele gar zu Tode kraͤnken.

Jſts Oridor! Ach nein/ es iſt ein Geiſt/

mein Oridor iſt ja fortgereiſt.

Jch wil hingehn/ er ſey es oder ſey es nicht.

Trit mit herzu/ Mopſa/ ſich/ hier kommt ein Licht.
Er iſts.

Ja/ Frau/ ihr wiſts.

Schweig/ Boͤſewicht.

9.
Jch wag’ es drauff/ und wil den Riegel ziehen:

Bleibe Schaͤlkinn/ wirſtu nu von mir in Noͤhten flie-
hen?

Jch fuͤrchte mich/ Frau/ laſſet ja nichts ein/

wer weiß es/ was fuͤr ein Ding mag ſein/

denn Oridor hab’ ich ja heute ſelbſt geſehn

dort uͤbern Berg ſchnell mit vielen Pferden gehn.
Wer weiß

was auff der Reiſ’

ihm ſey geſchehn.

10.
Still mit der Tuͤhr? daß nicht mein Vaterhoͤre/

und mir meine Luſt mit Oridor auff heute wehre.

Ach Frau/ er iſts/ zuͤnd’ ich den Schorrſtein an

daß meine Zahl ich außſpinnen kan?

Schweig/ Naͤrrin/ nein iezt iſt nicht Licht noch ſpi[n-]
nen noht/

mein Vater hat ja Gott lob ohn diß noch Brodt.
H iiijGe[h]
[134]Geharnſchter Venus
Geh vor/

mein Oridor/
ſonſt bin ich todt.

11.
Drauff trat er ein. Ein liebliches umfangen
ſtillte beyder keuſche Luſt und ehrliches Verlangen/

und ob die Nacht ſchon ſonder Monden war
ſie ganz all ein/ und auſſer Gefahr/

war doch ein Kuß genug zu leſchen ihre Brunſt/

die Pallas hat ſo bewieſen Lieb und Gunſt/
in Zucht/

wenn ſie beſucht

der Gott der Kunſt.

12.
Darum/ mein Freund/ der du die Nacht bedenkeſt/

und auff ihre ſuͤſſe Luſt die heiſſe Sinnen lenkeſt/
ſezz hier nicht ein des Laͤſters gelben Zahn/

Sie haben nichts nicht iemahls getahn.

Das wieder Zucht/ Gebuͤhr/ Zulaß und Tugend
ſtreitt

Sie liebten ſich in der ſeltnen Reinligkeit.
Gleich wie

Geſchwiſter ie
ſich keuſch erfreut.

V.
Liebes-ſtreit. Gedanken.
Ober-
[135]Viertes Zehen.
Figure 69. Ober-ſtimme. J. K.

[figure]
H vGrund-
[136]Geharnſchter Venus
Figure 70. Grund-ſtimme.

[figure]
Jch
[137]Viertes Zehen.
1.
JCh ſach mit einer einen ſcherzen/

da fiel die Roſilis mir ein.

Was? fiel erſt Roſilis mir ein/

als ich die beyde ſahe ſcherzen?

die Roſilis iſt allzeit mein

und ſchwebet ſtets in meinem Herzen.

2.
Es ſchmazzten vier Korallen-Lippen/

da dacht’ ich auff Roſillen hin.

Dacht’ ich auff ihre Lippen hin/

als ſchmazzten vier Korallen Lippen

Nein. Lauter Roſen und Rubin
ſind ihres roten Mundes Klippen.

3.
Jch ſach zwey Liljen-Haͤnde druͤkken!
ſo weiß auch iſt Roſillen Hand.

Jſt weiſſer nicht Roſillen Hand/

wenn ſie die meinen pflegt zu druͤkken?

Nicht Schnee noch Wolle haͤlt Beſtand

fuͤr ihrer Haͤnde ſilber-blikken.

4.
Jch ſach vier Arme ſich umfaſſen/
ſo liebt die Roſilis auch mich.

Wie? liebt die Roſilis ſo mich/
H vjdurch
[138]Geharnſchter Venus

durch ihr beſuͤßtes Arm-umfaſſen?

Die Tugend hat ſie mehr bey ſich/

was uͤbrig/ wil ſie zu-mir-laſſen.

5.
Es waren in dem Buſen Haͤnde:

So treib’ ichs mit Roſillen auch.

Mein! leidet Roſilis diß auch/

und laͤßt darinnen deine Haͤnde?

Roſill’ hat dieſes nicht im Brauch/
ſo wende nu dein Ruͤhmen/ wende.

6.
Sie ſahen ſich beyd’ an und lachten:
ſo/ dacht’ ich/ lacht die Roſilis.

Wer ſagt was von der Roſilis/

wie ich und Sie zuſammen lachten?

Ja/ wenn ich Koridon ſchon hieß/
ſpraͤch’ ich es nicht/ ſie zu verachten.

7.
Es war nur ein Gemuͤht in zweyen:
ſo iſt die Roſilis geſinnt.

Ja/ freylich/ iſt ſie ſo geſinnt/

es lebt nur ein Geiſt in uns Zweyen.

Ach! ſollt’ ich Roſilis/ mein Kind/

daruͤber mich nicht herzlich freuen.

Laß
[139]Viertes Zehen.
8.
Laß andre lachen/ laß ſie klagen/

laß herzen/ ſcherzen und was mehr.

Jch duͤrff kein Zeugnuͤß/ Herze/ mehr/

als dein bey meinem hingehn/ klagen.

Roſille liebt mich noch ſo ſehr/

als ich beſchreiben kan und ſagen.

VI.
Klugheit verbirgt die Liebe.
Figure 71. Ober-ſtimme. C. B.

[figure]
man
[140]Geharnſchter Venus
[figure]
Figure 72. Grund-ſtimme.

[figure]
Es
[141]Drittes Zehen.
1.
ES iſt genug der Haͤnde druͤkken/

der Fuͤſſe Tritt/ der Augen nikken/

wenn/ Buͤſchgen/ wir bey Leuten ſind.

Hoͤr auff mit weitern Liebes Werken/

man wil es faſt zu ſcheinbar merken

daß wir uns lieben/ gutes Kind.

2.
Sind wir denn in geheim bey ſammen/
ſo luffte frey die heiſſe Flammen/

bin ich doch/ Naͤrrchen/ allzeit dein/

Denn koͤnnen wir uns ſatt zu kuͤſſen/

und was wir ie zuweilen miſſen/

mit Wucher wieder bringen ein.

3.
Mein Buſchgen/ kennſtu nicht die Leute?

der dir ganz freundlich ſteht zur Seite/

gibt achtung auff dich/ als ein Feind.

Die ſich am naͤchſten um dich ſtellen/
ſind deines Nahmens Ruhm zu faͤllen

verraͤht- und moͤrderlich gemeint.

4.
Man kan ſich nicht genugſam huͤten/
ſtraks iſt des Neiders Gifft und wuͤten

auff Lieb’ und Freundſchafft fuͤr der Tuͤhr.
Man
[142]Geharnſchter Venus

Man muß iezt gar gelinde gehen/

es weiß ein Luchs-aug’ auch zu ſehen
ſtellt man ihm gleich nicht Brillen fuͤr.

5.
Jch werd’ es nicht fuͤr uͤbel deuten/

ob du mich gleich ie fuͤr den Leuten

verhaßt/ und heiſt mich von dir gehn.

Ein Spoͤttchen kan ich leicht verſchmerzen/

laͤſtu mich nur in deinem Herzen

fuͤr deinen Freund und Schaz beſtehn.

6.
Drum ſey genug dir Haͤnde druͤkken/

der Fuͤſſe Tritt/ der Augen nikken/

wenn/ Buͤſchgen/ wir bey Leuten ſind.

Wer weiß ob nicht auß dieſen Werken

die ſchlauen Neider ab-was merken

daß wir uns lieben/ gutes Kind.

VII.
Je dunkeler/ ie beſſer.
Figure 73. Oberſtimme. J. K.

[figure]
Foͤbe
[143]Viertes Zehen.
[figure]
Figure 74. Grund-ſtimme.

[figure]
Hab’
[144]Geharnſchter Venus
1.
HAb’ ich was der Nacht zu danken/

gilt es dir drum/ Foͤbe/ nicht.

Deinetwegen/ Gramhafft Licht/

haͤtt’ ich ewig muͤſſen kranken.

2.
Dein verraͤhtriſch Silber-feuer

hat mir offt geſchnitten ab/

was mir Venus willig gab/

mir/ mir ſonſt verlaßnem Freyer.

3.
Buhler ſuchen ihr Vergnuͤgen

in der ſtillen Finſternuͤß/

durch dich haͤtt’ ich nimmer diß/

was ich kriegte/ koͤnnen kriegen.

4.
Nu du deinen Straal verborgen/

und der Nebel dich umſchloß’

hielt mich meiner Liebſten Schoß

eingehuͤllet biß an Morgen.

5.
Jn den wild- und wuͤſten Gruͤnden/

wo kein Menſche dich verrieth/

durffſtu wol/ wie man dich ſieht/

beym Endimion dich finden.

Wo
[145]Viertes Zehen.
6.
Wo die Neider Wache ſtehen/

koͤmmt der Schatten mehr zu paß/

will ein Reiſender/ ſo laß

ihn durch deine Blizze gehen.

7.
Was ich wuͤntſche zu erjagen

kan ich fangen ſonder Licht.

Meinetwegen duͤrffſtu nicht

Gold an deinen Wangen tragen.

8.
Wirſtu aber ferner funkeln/
ſprech’ ich gar Medeen an/

die ſoll dich an deiner Bahn

auch in einem Hui verdunkeln.

9.
Nacht/ du ſuͤſſe Nacht/ mein Leben/

Leben/ Nacht/ du ſuͤſſe Nacht/

du haſt mich vergnuͤgt gemacht/

ewig ſey dir Dank gegeben!

VIII.
Amor/ der Wieder-taͤuffer.
Ober-
[146]Geharnſchter Venus
Figure 75. Oberſtimme. C. B.

[figure]
Figure 76. Grund-ſtimme.

[figure]
[147]Drittes Zehen.
[figure]
1.
VErzeih mir/ daß von Roſilis/

und Mel’ ich/ Buſchgen/ hier was
ſchreibe:
ſo lang’ ich Filidor verbleibe/

bleibt meine Treu auch dir gewiß.

Was hier von einer iſt gedichtet/

hab’ ich auff drey auß Schein gerichtet.

Wenn
[148]Geharnſchter Venus
2.
Wenn dein verliebter Zukkermund

mir die beſuͤßten Kuͤſſe ſchenkte/

und mich mit ſolchem Labſal traͤnkte/

der alle Krankheit macht geſund
ſo wars Melinde/ die ich ſchriebe

der ſuͤſſe Honig meiner Liebe.

3.
Betrachtet ich den roten Schein

in welchem deine Wangen bluͤhen/

wollt’ ich es auff die Roſen ziehen/

denn muſteſtu Roſille ſein.

Doch wirſtu wol mein Buſchgen bleiben/

ich mag dich wie ich will beſchreiben.

4.
Haͤtt’ ich dich Buſchgen ſtets genannt/
ſo moͤchte mancher auff dich ſinnen/

der Leute ſpizziges Beginnen

iſt mir mehr als zuviel bekannt.

Nu deinen Nahmen ich beſcheinet/

weiß mancher nicht/ wen ich gemeinet.

5.
So laß mich nu die Roſilis

die Mele gleicher maſſen loben:

Du/ Buſchgen/ wirſt allein erhoben
ob
[149]Viertes Zehen.

ob ich dich ſchon Dorinde hieß’

ach! ach Dorinde! der zu Ehren

ich manches Lied auch laſſen hoͤren.

6.
Gedenkſtu nicht/ wie du mich auch

bald Oridor/ bald Karpas nenneſt/

da du den Filidor nur kenneſt:

Sich/ Schaz/ das iſt auch mein Gebrauch/

den ich zu erſt von dir geſehen

dem pfleg’ ich kuͤnſtlich nachzugehen.

7.
Ein Herze hab’ ich nur allein/
ſo iſt mir ein Leib nur gegeben.

Ein einger Geiſt bewegt mein Leben/
ſo ſollſtu/ Buſchgen einig ſein

die ich durch hundert-tauſend nennen

fuͤr meine Seele wil bekennen.

IX.
Abſchieds-Gedanken.
Figure 77. Oberſtimme. Franziſche Saraband.

[figure]
Wort!
[150]Geharnſchter Venus
[figure]
Figure 78. Grund-ſtimme.

[figure]
1. O her-
[151]Viertes Zehen.
1.
Oherber Todes-ſtich! O Dornen-wort!

Roſille/ lebe wol/ ich reiſe fort.

O Elend ſonder End! O Zentner-Pein!

wird meine Seel’ alsdenn auch bey mir
ſein.

2.
Lebt doch mein Leben ſo wie todt/ in mir

da ich/ mein Roſen-kind/ bin neben dir.

wo meinen matten Geiſt dein Geiſt nicht
regt

bin ich ein kalter Leib und unbewegt.

3.
Zerreiß/ verwirrtes Herz/ und weiche hin

indehm ich noch bey ihr/ der Schoͤnen/ bin.

der Trauer-ſeuffzer/ den ſie druͤber laͤſt

iſt der des Charons Schiff bald uͤberblaͤſt.

4.
Gewuͤnſchte Sterbligkeit! beſuͤßte Ruh!

druͤkkt Sie/ Roſille mir die Augen zu.

der Liebe lezter Dienſt/ ein kalter Kuß

wird machen/ daß ich todt auch leben muß.

JWas
[152]Geharnſchter Venus
5.
Was wuͤntſcheſt aber/ du Armer/ ſo?

wird Roſilis dardurch auch werden froh?

wird ihrer Augen Brunn denn ſtille ſtehn/

und ihr dein Sterben nicht zu Herzen gehn.

6.
So lebe nu vielmehr/ denn bleibt noch Troſt
(wo dich das Gluͤkke nicht ganz unterſtoſt)

daß einſten Wiederkehr das bring’ herein/

mas dich vor Schmerzen nicht laͤſt deine
ſein.

X.
Scheiden bringt Leiden.
Figure 79. Ober-ſtimme. C. B.

[figure]
nicht
[153]Viertes Zehen.
[figure]
Figure 80. Grund ſtimme.

[figure]
[154]Geharnſchter Venus
[figure]
1.
JCh bin mein Tage ſo mit Schmerzen/

mit Ungedult und weichem Herzen

von iener Stat nicht abgereiſt.

Nu ich auff wenig wenig Tage

der ſuͤſſen Gegend Abſchied ſage/

verwirrt ſich Herze/ Muht und Geiſt.

2.
Jch bin ia nicht ſo hoch empfangen/

nicht ſo auff weichen Roſen gangen/

mit Gold’ und Silber nicht beſchenkt:

daß ich mich ſollte drum zu ſehnen/

mich ſo zu Leid und Angſt gewehnen.

Ein anders iſt es/ das mich krankt.

3. Wo
[155]Viertes Zehen.
3.
Wo du es/ Fama/ nicht willſt ſagen/

mich durch die Maͤuler nicht willſt tragen/

will ich es wol vertrauen dir:

Es iſt Melinde/ meine Schoͤne/

wornach ich mich ſo hefftig ſehne/

diß eine/ dieſes mangelt mir.

4.
Melinde/ Ach! du liebe Seele/

wie hefftig ich mich um dich queele/
ſo bringt es dir doch mehr Verdruß.

Jch weiß es daß viel tauſend Staͤhnen/

viel tauſend Seuffzer/ Leid und Traͤhnen

mein Scheiden dir erwekken muß.

5.
Was helffen mich nunmehr die Kuͤſſe/

die du/ Melinde/ mir/ du ſuͤße/

du Zukker-kind/ gegeben haſt?

Nun ſind es Wuͤrme/ die mich nagen/

nun ſind es Pfeile die mich plagen.

Ach Luſt! wie wirſtu ſo zur Laſt.

6.
Wo etwas nicht mich armen Kranken/

enthielt die Freude der Gedanken/

und ich auff Hoffnung nicht gedacht.
J iijich
[156]Geharnſchter Venus

ich haͤtte mein verhaßtes Leben

auch vor dem Tode Preiß gegeben

und mir den Garauß ſelbſt gemacht.

7.
Wie hundertmahl denk’ ich der Stunde/

da ich/ Melind’/ an deinem Munde/

mit halb zerteiltem Geiſte lag.

Erinnerſtu dich wie vor allen

nur der mir wolte wolgefallen/

wie ich ihn offt zu ruͤhmen pflag.

8.
Warum haſtu denn nicht/ Mein Leben/

mir nu dein Muͤndchen mit gegeben?

diß waͤre mir ja noch ein Troſt.

Umſonſt. Jch muß es alles meiden/

der Himmel zwinget uns zu ſcheiden.

das Gluͤkk iſt allzuſehr erbooſt.

9.
Jſts muͤglich: daß es ſoll geſchehen/

daß ich werde wieder ſehen/

wie glukklich ſoll mir ſein die Zeit.

Laß kroͤſen den mit Golde laben

und ienen ſtehn durch Rom erhaben:

ich werde hoͤher ſein erfreut.

Des vierten Zehens Ende.



[[157]]

Filidors
Geharnſchter Venus
Fuͤnfftes Zehen.


F iiijDehm
[]
Dehm
Offen-herzigen
Filomuſus.
an dem
Hochberuͤhmtem Pregel-fluſſe
weidend
uͤbergiebet
Zur ſchuldigſten Dankbarkeit
vor ſo
uͤberheufft-erwieſene Guht-
und Wolthaten
gegenwertiges fuͤnfftes Zehen
ſeiner geharnſchten Venus

Filidor der Dorfferer.
durch folgende Gedenk-ſeule.
d. f. w.

Freund
[]Zuſchrifft.
Freund/

Getreuer/

denn/ weil im Feuer

mein Fuͤrſt Apollo ſcheint/

ich werd’ unendlich lieben.

Nimm hier fuͤr alle Gunſt

ſo du lang’ an mir erwieſen/

die Zeilen meiner ſchlechten Kunſt/

mit Venus Schwanen-kiel geſchrieben/

die Zeilen/ von der Jugend nur geprieſen.

Zwar uͤberzeuget mich mein Sinn

daß ich dir mehr verpflichtet binn:

was aber/ iſt in meinen Haͤnden?

der Goͤtter uͤberheuffter Grimm

fuͤhrt mich im Elend noch heruͤm

ohn anzulenden.

Jch weiß/ dz dein Gemuͤht’

auff ein getreues Herze ſieht/

das ſteht/ mein Herzensfreund/ dir offẽ.

Ein ander mag auff Gold und Schaͤzze/

auff Augen-ſchein und eitle Gaben hoffen/

der wehrten Freundſchaft-bund helt and’ weit Geſeze

Mit dieſen Zeilen wil ich dir mein Herz uñ mich erbeigẽ geben.

ein mereꝛs ſchenk ich/ wiꝛd mich Gott zukuͤnftig u. dich laſſẽ lebẽ.

Hamburg den
1. Herbſtm.
1657.
Meines vielgeehrten Herren und
vertrauten Freundes
treu-beſtaͤndiger
Diener
Filidor/ der Dorfferer.


J vUmb
[158]Geharnſchter Venus
I.
Umb ihrent-wegen allein.
Figure 81. Ober-ſtimme. M. C.

[figure]
Figure 82. Grund-ſtimme.

[figure]
Man
[159]Fuͤnfftes Zehen.
1.
MAn mag mich loben oder ſchimfen/

man ſeh mich ſuͤß und ſauer an:

Genug/ daß ich der ſchoͤnſten Nymfen/

Roſillens Ruhm beſchreiben kan.

Sprecht/ ſtolze Neider/ ſprecht nur immer

ich ſey veracht und ungelehrt/

wo mich ein eitels Frauenzimmer

nicht machte bey der Welt gehoͤrt.

2.
Recht. Durch Sie wil ich ſein erhoben

durch ihren glanz der Freundligkeit/

durch ihrer reiffen Tugend Loben

durch das/ wormit Sie mich erfreut.

Es wird mir nicht zum Nachteil dienen/

daß ich ihr Weſen hier benennt.

Jhr Nachruhm wird mit meinem gruͤnen.

weil man der Liebe Hoheit kennt.

3.
Roſille/ laß dich nicht bekuͤmmern

daß mancher Boͤſes von uns haͤlt.

des Neides Anſchlag geht zu truͤmmern

ihn faͤngt der Strikk den er uns ſtellt.

Das ganze Reich der Pafirillen

Kupid’ und Venus ſtehn uns bey/
J vjdie
[160]Geharnſchter Venus

die Muſen ſind uns ſelbſt zu willen.

Uns ſchuͤzzt der Fuͤrſt der Dichterey.

4.
Der blaue Baſilisken-Drache
ſchafft durch Verdruß ihm ſelber Noht.

Jhn ſtuͤrzt die eingebildte Rache/
ſein eigen Gifft bringt ihm den Tod:

So wird der Neider auch zerſpringen/

wenn er uns laͤnger lieben ſicht/

wenn er mich ferner hoͤret ſingen

und er es kan verwehren nicht.

II.
Der Wein erfreuet des Menſchen
Herz.

Figure 83. Ober-ſtimme. M. C.

[figure]
[161]Fuͤnfftes Zehen.
Figure 84. Grundſtimme.

[figure]
1.
AUff! bringet Wein.

Mein Schmerze wil ertraͤnket ſein.

Der edle Safft der Reben

muß mich des grimmen Leids entheben.

2.
Jachus Safft

hat manchen Kummer weggerafft:

er wird auch mein Verdrieſſen

durch ſeiner Trauben Blut verſuͤſſen.

3.
Spuͤhlt Glaͤſer auß/

ich ſoll verſuchen/ ob ein Schmauß
moͤg’
[162]Geharnſchter Venus

moͤg’ ins Vergeſſen ſenken/

was mich ſo ungemenſcht wil kraͤnken.

4.
Du harte Tuͤhr/

verfluchet ſeyſtu fuͤr und fuͤr!

es muͤſſen deine Pfoſten

zu ihrem eignem Unheil roſten.

5.
Dieſpiter
ſtuͤrm’ uͤber deine Pforten her!

es muͤſſen deine Schwellen

durch ſeinen Blizz in ſtuͤkken ſchellen.

6.
So manche Nacht

hab’ ich umſonſt bey dir gewacht/

und andern groben Hachen

laͤßtu nu knarrend auff-dich machen.

7.
Die Roſilis

iſt mir bey Tage zwar gewiß:

doch ſtehn zu allen Zeiten

die ſchaͤlen Waͤchter uns zur Seiten.

8.
So bald die Nacht

dem Tag’ ein Ende macht/

muß ich denn Abſchied nehmen/

denn faͤngt ſich an mein Weh und Graͤmen.

9. Der
[163]Fuͤnfftes Zehen.
9.
Der Teufel hat

erdacht den ſchlimmen Raht/

daß man mit blinden Schloͤſſern

die Tuͤhr verwahrt/ mein Leid zu groͤſſern.

10.
Der boͤſe Hund

iſt wachſam iede Stund’

er lauſchet an der Schwellen

mit murren/ rimpfen und mit bellen.

11.
So geh’ ich blind

in blinder Nacht/ ich armes Kind!
ſo offt durch beyde Gaſſen

und werde niemals eingelaſſen.

12.
Drum her! ihr Freund’

ich muß die Grillen heunt

im Wein zu tode ſchlagen.

Der Teufel moͤchte ſo ſich plagen!

13.
So bringt nu Wein!

mein Schmerze wil ertraͤnket ſein.

Der edle Safft der Reben
ſoll mich des grimmen Leids entheben.

Friſch
[164]Geharnſchter Venus
III.
Friſch bey der Liebe!
Figure 85. Ober-ſtimme. M. C.

[figure]
Figure 86. Grund-ſtimme.

[figure]
Die
[165]Fuͤnfftes Zehen.
1.
DJe Liebe lehrt im finſtern gehen/
ſie lehret an der Tuͤhr uns ſtehen/
ſie lehrt uns geben manche Zeichen

ihr ſuͤß Vergnuͤgen zu erreichen.

2.
Sie lehrt auff Kunſt-gemachten Lettern

zur Liebſten Fenſter ein zu klettern/

die Liebe weiß ein Loch zu zeigen

in ein verriegelt Hauß zu ſteigen.

3.
Sie kan uns unvermerket fuͤhren

durch ſo viel wolverwahrte Tuͤhren

den Tritt kan ſie ſo leiſe lehren/

die Mutter ſolt’ auff Kazzen ſchweeren.

4.
Die Liebe lehrt den Atem hemmen/
ſie lehrt den Huſten uns beklemmen/
ſie lehrt das Bette ſacht auffheben/
ſie lehrt uns ſtille Kuͤßgen geben.

5.
Diß lehrt und ſonſt vielmehr das Lieben.

Doch willſtu dich im Lieben uͤben:
ſo muß die Faulheit ſtehn bey ſeite/

die Lieb’ erfordert friſche Leute.

6. Wer
[166]Geharnſchter Venus
6.
Wer lieben wil und nichts nicht wagen/

wer bey dem Lieben wil verzagen:

der laſſe Lieben unterwegen.

Der Brate fleugt uns nicht entgegen.

IV.
Nacht-Lied.
Figure 87. Oberſtimme. M. C.

[figure]
Grund-
[167]Fuͤnfftes Zehen.
Figure 88. Grund-ſtimme.

[figure]
1.
DU blaſſer Mohn/

weiſtu auch was darvon/

daß ich hieunten klage?

Du ſilber-heer/
ſchauſtu auch mein Meer

der Traͤhnen-Plage?

2.
Das weiſſe Licht

der Sternen achtet nicht

mein unertraͤglichs Leiden:
ſonſt wurd’ ihr Guß

verwandeln dieſen Fluß

in Luſt und Freuden.

3. Wie
[168]Geharnſehter Venus
3.
Wie offters trug

der truͤben Wolken-zug

Erbarmnuͤß mit mir Schwachen!

Mein Schmerzen-Lied

Kuͤnt’ ihr bewegt Gemuͤht’

auch weinend machen.

4.
Der Himmel riß’

auff mein Bekuͤmmernuͤß

mit Hagel und mit Schloſſen/

weil meine Brunſt

von der Geliebten Gunſt

wurd’ außgeſtoſſen.

5.
Latern und Licht/

entdekket mich nur nicht!

kehrt ab das Judas-Feuer.

Schaut mir nicht nach/

ihr Leute/ was ich mach’

ich armer Freyer.

6.
Geht mich vorbey

und fraget nicht/ wer ich ſey/

doch/ wird mich wer erkennen:
Der
[169]Fuͤnfftes Zehen.

Der werde ſtumm.

ich wil mich hier kurz um

nicht laſſen nennen.

7.
Schweert und beteurt

bey Ammon der da feurt

mit Blizz und Donner-ſchlaͤgen:

es ſey niemand/

als der euch unbekant

geweſt zugegen.

8.
So wuͤntſch’ ich euch/

daß ihr in Amors Reich’

erfreuet moͤget wohnen.

Es fall’ euch Ruh/

Luſt und Vergnuͤgen zu

bey der Dionen!

V.
Beſſer ruhig lieben/ als muͤhſam
Kriegen.

Figure 89. Oberſtimme. M. C.

[figure]
wolt
[170]Geharnſchter Venus
[figure]
Figure 90. Grund-ſtimme.

[figure]
1.
EH ich wolte deiner miſſen/

Karilis/ mein ſchoͤnſtes Licht/

eh mir/ deinen Mund zu kuͤſſen/

ferner ſolte werden nicht:

wolt’ ich eh/ daß alles Kriegen

muͤſt’ in Pluto Pfuͤlen liegen.

2. Solt’
[171]Fuͤnfftes Zehen.
2.
Solt’ ich gleich mit Sieges-Zweigen

fahren zum Kapitolin/

auff den goͤldnen Wagen ſteigen/

durch Kapenens Pforte ziehn/

mit der Roͤmer Schaar umgeben

die mich/ Sieger/ hieſſe leben.

3.
Solt’ ich tauſend Staͤte haben/

fuͤrchte mich der Szyten Land/
ſtuͤnd’ ein Koͤnigreich Araben

und der Nil’ in meiner Hand/

Solt’ ich Jndien beherſchen/

ehrte mich das Reich der Perſen:

4.
Wolt’ ich doch ohn dich Karille/

alles ſchlagen in den Wind:

Beſſer bey dir in der Stille:

als wo Kron und Zepter ſind/

die man mit Unruhigkeiten

muß erhalten und beſtreiten.

5.
Gerne wil ich bey dir pfluͤgen/

gern’ auff harten Gerſten-ſtroh/
lieb-
[172]Geharnſchter Venus

liebſtes Kind/ Karille/ liegen/

gerne dreſchen/ hoͤlzen: wo

ich bey dir nur moͤge leben

und zur Zeit ein Kuͤßgen geben.

6.
Fahret hin/ ihr eiteln Krieger/

Hochmuht/ Beuten/ fahret hin/

hin/ ihr Bluht-beſprengten Sieger!

Lieb’ und Ruh iſt mein Gewinn.

Fort hin wil ich bey den Schaffen/

forthin bey Karillchen ſchlaffen.

VI.
Gedenk wie du es haſt getrieben.
Figure 91. Oberſtimme M. C.

[figure]
Seht/
[173]Fuͤnfftes Zehen.
[figure]
Figure 92. Grund-ſtimme.

[figure]
KGleich
[174]Geharnſchter Venus
1.
GLeich als du haͤtteſt ſtill geſeſſen/

als dir annoch das junge Bluht

in deinem friſchem Herzen wallte:
ſo ſchreib’ und ſing’ ich dir nicht gut.

Seht/ Kinder/ wie der Alte/ Kalte

die Heiligkeit nu hat gefreſſen!

2.
Wie kunnt’ er doch in ſeiner Jugend

den jungen Maͤgdchen ſchleichen nach!

wie wuſt’ er ſie ſo ſchoͤn zu gruͤſſen!

wie hielt’ er gern mit ihnen Sprach’

und kunnte weidlich ſie zerkuͤſſen!

iezt iſt er keuſch und lehret Tugend.

3.
Hoͤr/ Alter/ denk auff deine Zeiten/

und denk/ daß ich in dieſen bin.

Jch werde mich auch ernſtlich halten/

wenn einſt mein runzel-ſtriemig Kinn

in grauen Borſten wird veralten:

denn wil ich auch auff Erbar ſtreiten.

4.
Wer weiß/ was unter deinen Haaren/

dem alten Schnee/ verborgen iſt?
die
[175]Fuͤnfftes Zehen.

die Alte ſein auch offters Gekken/

doch wiſſen ſie mit Wizz und Luſt

die Narren-Kappe zu verſtekken.

Man hat der Tohrheit viel erfahren.

5.
Wir Jungen koͤnnen nicht verſchweigen/

wenn uns ein Gluͤkk willkommen heiſt.

Straks muͤſſens alle Leute wiſſen/

denn wird es an uns mißgepreiſt.

Wir folgen Alten auff den Fuͤſſen/

und man wil uns des Laſters zeugen.

VII.
Treugeliebt/ unbetruͤbt.
Figure 93. Oberſtimme. M. C.

[figure]
K ijkennet/
[176]Geharnſchter Venus
[figure]
Figure 94. Grund-ſtimme.

[figure]
[177]Fuͤnfftes Zehen.
1.
ES iſt ein Ort in duͤſtrer Nacht/

wo Pech und blauer Schwefel breñet/

deß holer Schlund nie wird erkennet/

als wenn ein Blizz ihn hettermacht/

mit Schlam̃ und ſchwarzen Waſſerwogen

iſt ſein verfluchter Sizz umzogen.

2.
Megera denkt dar Martern auß

mit ihren Schweſtern/ denen Schlangen

um die vergifften Schlaͤffe hangen.

Dar iſt die Grauſamkeit zu Hauß/

da wohnet Neid und Wiederwillen/

man hoͤret dar des Zerbers Bruͤllen.

3.
Jxions Marter-rad iſt da

und Tantalus zum Durſt verbannet.

der Tizius ſteht außgeſpannet:

und wuͤntſcht/ ſein Ende were nah.

Dar ſind die außgehoͤlten Faͤſſer

in Letens dunkelm Tod-gewaͤſſer.

4.
Zu dieſer Hoͤlen iſt beſtimmt/

wer mit der zarten Liebe ſpottet/

wer gegen Amorn auff-ſich-rottet/
K iijund
[178]Geharnſchter Venus

und wieder Venus/ Waffen nimt/

treibt mit Verliebten/ Scherz und Poſſen:

wird hier in Ketten eingeſchloſſen.

5.
Hergegen iſt ein gruͤnes Tahl

wo die bebluͤhmten Weſte kuͤhlen.

Hier hoͤret man von Seiten-ſpielen

von Luſt und Freuden ohne Zahl.

die Felder bluͤhn in bunten Nelken

und Roſen/ welche nie verwelken.

6.
Hier wehet eine Zimmet-Lufft/

man hoͤret dar ohn Ende ſchallen

den Schlag der muntern Nachtigallen/

hier iſt kein Froſt/ kein Nebel-dufft/

kein Blizz/ kein Donnerſchlag noch Re-
gen

zieht ſchwarzen Wolken hier entgegen.

7.
Hier iſt ein milder Liebes-ſtreit/

das junge Volk ſpielt mit Jungfrauen

auff Elis bunten ſilber-auen.

Scherz/ Liebe/ Luſt und Froͤligkeit

Vergnuͤgung/ Ruh und ſuͤſſes Lachen

verkuͤrzt ihr unauffhoͤrlichs Wachen.

Wol
[179]Fuͤnfftes Zehen.
8.
Wol dehm/ der ſich der Lieb’ ergiebt!

der wird bekroͤnt mit Myrten-kraͤnzen

genieſſen dieſes ſteten Lenzen.

Wol dehm/ der keuſch und treulich liebt!

Jhn wird mit Sieg/ Triumff und ſingen

der bleiche Charon uͤberbringen.

VIII.
Felder-Freyheit.
Figure 95. Ober-ſtimme. M. C.

[figure]
K iiijGrund
[180]Geharnſchter Venus
Figure 96. Grundſtimme.

[figure]
1.
DJe Freud’ hat ſich auffs Land begeben.

Was mach’ ich in der Stadt?

Ein Narr iſt/ der allhier zu leben
ſich uͤberredet hat.

Auff! ſpannet an den leichten Wagen/

ich wil hin zu Roſillen jagen.

2.
Das Lach-geſicht der Charitinnen

gibt ihr ein Luſt-geleit.

Auff! trag mich Pegaſus von hinnen

zu ihrer Freundligkeit/

was acht’ ich dieſer oͤden Gaſſen/

wenn ſie die Roſilis nicht faſſen?

Selbſt
[181]Fuͤnfftes Zehen.
3.
Selbſt Venus wil zur Hirtin werden

nu ſie der Schaffe wacht.

Der Amor fleuget um die Heerden

und treibet ein zu Nacht.

Erweiß mit melken umzugehen/

und lernt den ſchlanken Druͤſchel drehen.

4.
Sollt’ ich mich denn des Pfluͤgens ſchaͤmen/

wenn ſie mir Eſſen bringt/

mich um die Bauren-Arbeit graͤmen/

wenn ſie zu Abend ſingt

ein Lied/ das jene frohe Felder

der Echo ſchikken in die Waͤlder?

5.
Jezt brennt der Sonnen heiſſe Kerze

im wildem Hundes-ſtern:

Was acht’ ich Hizze/ ſchrunden/ ſchwerze?

iſt nur mein Kind nicht fern.

Bey Jhr und ihres Hamels Glokke
ſchmekkt mir/ was ich in Waſſer brokke.

6.
Zu Delfos ſchwieg die Pyte ſtille

als Foͤbus war entbrannt
K vJhm
[182]Geharnſchter Venus

Jhm liebt’ Admetus Schaaff-gebruͤlle

als Amor ihn verband:

Auß Liebe pflegt ein Gott der Heerden;
ſollt’ ich denn nicht ein Schaͤffer werden?

7.
Um Roſilis/ um meine Schoͤne?

um welch’ ich eine Stat

nicht nur/ beſondern alles hoͤne/

was Waͤll’ und Mauren hat.

Weg Memfis/ weg! weg alle Schloͤſſer!

Roſillen Bauren-Hauß iſt groͤſſer.

8.
Die alte Welt wohnt’ in den Huͤtten

und aß die Eichel-nuß/

Jhr Trunk ſtund’ allen in der Mitten/

ein Brunn und heller Fluß/

da hat ſich Fillis beygeſezzet

und frey mit Koridon ergezzet.

9.
Da war kein Huͤter/ der die Pforten

in harte Riegel ſchloß/

die Freyheit war an allen Orten

in ihrer Freyheit groß/

Es liebt’ und herzte ſich ein Jeder.

Kommt/ ihr Gebraͤuche/ kommt doch wieder.

Die
[183]Fuͤnfftes Zehen.
IX.
Die Schein-keuſche.
Figure 97. Ober-ſtimme. Madrigal. M. C.

[figure]
[184]Geharnſchter Venus
Figure 98. Grund ſtimme.

[figure]
Ga-
[185]Fuͤnfftes Zehen.
1.
GAminde ſieht ſo ernſtlich auß/
ſie kan fuͤr allen Junggeſellen
ſich ſo verzumfen ſtellen/

wenn ſie ihr ſprechen zu:

daß man ſie vor die keuſche Dirne/

die auß Dieſpiters Gehirne

gebohren/ halten ſolt’

Ey! keuſche Pallas du/

weiß auff den Schild/ ich weiß/ er macht die
Bruͤder ſtarren/

macht dich und ſie zu Narren.

2.
Gaminde/ Stolze/ meinſtu wol

man werd’ auff deine Keuſchheit bauen?

der geile Schmukk der Pfauen

verraͤht dich wer du biſt.

Du bloͤſſeſt die begriffnen Bruͤſte/

die keuſche bergen ſolche Luͤſte

und gehn beſchnuͤrt herein.

Wo Keuſchheit in dir iſt
ſo laß doch einen Flor nur um die Ballen ſpie[-]
len.

Nein/ dir gefaͤllt das Fuͤhlen.

Ga [...]
[186]Geharnſchter Venus
3.
Gaminde liegt zum Fenſter auß

und ſpottet aller Jung[-]geſellen

die ſich verliebet ſtellen.

Schaut/ Bruͤder/ in die Hoͤh/
ſeht/ wie Gaminden keuſche Wangen

im rotem Feuer angegangen/

beſchaut ſie/ forſchet nach/

ob Pallas auch ſo ſeh’
(ke:

ob ihr beernſt Geſicht auß roter Menje blin-

das Aas iſt roht von Schminke.

X.
Was Muſen/ wo kein Geld iſt.
Figure 99. Oberſtimme M. C.

[figure]
[187]Fuͤnfftes Zehen.
Figure 100. Grund-ſtimme.

[figure]
1.
PAkket euch/ ihr Pierinnen/

wo ihr mir nicht helffen koͤnnt!

Foͤbus/ Pallas/ weicht von hinnen/

nicht ein Blikk ſey Euch vergoͤnnt!

wo nicht euer Reimen-zwingen
ſie zur Gunſt vermag zu bringen.

2. Eitl[e]
[188]Geharnſchter Venus
2.
Eitle Feder/ ſey zerſtoſſen/
ſey verflucht/ verlacht Papier!

Nu mich Kloris außgeſchloſſen/

nuͤzzt mir keiner Verſe Zier.

Nu der Geiz ſie hat verblendet:

iſt mein Dichterwerk geſchaͤndet.

3.
Darum hat mir euer Feuer

meine Bruſt nicht auffgeflammt/

darum hab’ ich zu der Leyer

meine Finger nicht verdammt

daß ich wolte Mavors Helden/

Krieges-Zucht und Schlachten melden.

4.
Daß ich des Geſtirnes Laͤuffe/

Groͤß’ und Einfluß ſchreiben ſolt’/

Meiner kleinen Hirten-Pfeiffe/

iſt die Kloris/ der nicht hold:

wil ich ſie in ſtuͤkken ſchmeiſſen

und den Lorber-kranz zerreiſſen.

5. Ju-
[189]Fuͤnfftes Zehen.
5.
Jupiter/ ſchikk Blizz und Wetter

in den ſchnoͤden Goldes-ſchacht/

Seng/ verbrenn/ zerreiß/ zerſchmetter

dehn/ der um die Ufer wacht

auff die Perlen und Geſteine/

die uns Hirten ungemeine.

6.
Daher iſt die Hoffart kommen

daher hat der grimme Neid
ſeinen Anfang erſt genommen/

darum ward zur Abend-Zeit

erſt die harte Tuͤhr verſchloſſen

und ein Armer außgeſtoſſen.

7.
Daher wurd’ ein Hund gehalten

der doch Augenbliklich ſchweigt

wenn ihm eine Hand der Alten

Panken-tahler wird gezeigt.

So hat Zevs mit Goldes-tonnen

Danens Jungfrauſchafft gewonnen.

8. Aber
[190]Geharnſchter Venus
8.
Aber du/ der du mit Gaben

mich Verliebten ſtoͤſſeſt auß/

Feuer/ Wind und Diebes-Raben
ſtuͤrzen dein hochprangend Hauß

biß es moͤge gleich der Erden

und mit dir vertilget werden!

Des Fuͤnfften Zehens
ENDE.



Filidors
[[191]]

Filidors
Geharnſchter Venus
Sechſtes Zehen.


Dehm
[]
Dehm
Beforderndem
Aegon/
an dem
Weltberuͤhmten Elben-
ſtrohme geſeſſen/
eigenet
Dieſes ſechſte Zehen ſeiner Ge-
harnſchten Venus als dehren
guͤtigen Pahten zu
Filidor der Dorfferer.
durch beygeſezte wenige Zeilen
d. f. w.

UNd haͤtte dir diß Werk/ Geehrter/ nicht ge-

fallen/

ſo ſtuͤnd’ es nicht befelßt in ſeiner Zierligkeit.

Dir dankt es nur allein ſein’ erſtgebohrne

Zeit/

auf-fort-wachs/ ia ſich ganz. Dir haͤtt’ auß an-

dern allen

der
[]Zuſchrifft.
der Ober-plaz gebuͤhrt: doch nim es an fuͤr

Willen
(zu.

daß ich den ſechſten Ort dir dienſtlich neige

Das ganze Buch iſt dein. Was ich hier-

unter tuh’

iſt/ meiner Schuͤldigkeit Bezwaͤngnuͤß zu er-

fuͤllen/
(gelten/

Nim meine Neigung an/ und laß mich ferner

die Venus wird nicht nur von mir beſun-

gen ſein/
(ein/

iezt ſchwazzt Minerve mir ein anders Treibẽ

forthin entzieh’ ich mich des Zypripors Ge-

waͤlten.
(leiden/

Jſt mir die Fame ſtumm: hier wil ichs gerne

ich heiß’ auch allzeit nicht der Hirte Filidor.

Mein Nahm’ iſt ſonſt bekant. Wenn mich

der Muſen Chor

bey Zirren reiner Fluht ließ um Parnaſſen

weiden.

Hier ſuch’ ich keinen Ruhm. Doch/ weñ auch

Marzialens

wird bey der Welt gedacht: ſo ſteifft die

Hoffnung mich/

es werde mich nicht ganz erſtechen Morten

Stich/

ſtuͤrb’ ich ſchon dieſen Tag. Die Wahre darff

des Prahlens

die
[]Zuſchrifft.
die Wehrt und ſelten iſt. Gemeine Hempel-

Maͤnner

das kleine Dokken-Werk wird offters ehr

verkaufft/

als das/ wornach man auch in beydes Jn-

dien laufft.

Wer ſchollt’ ie Perſen aus/ daß ihn der Fluͤ-

gel-renner

nach Zefeus Tochter trug. Wir ſchaͤrfen uns

im Lieben.

Das Narr- und Fobel-werkbereitet unſerm

Sinn’

aus dieſen ſtiegen wir auff groſſe Sachen

hin:

hat Opiz/ Flemming doch und Riſt erſt ſo ge-

ſchrieben/

Daß dieſe Maͤnner ſich im Dichten mehr ge-

zwungen/

geſteh’ ich gern. Mir iſt das Urtheil all zu

ſchwach/

ſo bald der Eyfer wird in meiner Feder

wach/

denn weiß ich keinen Halt. Katull hat ſo ge-

ſungen,

ſein Leben ward gelobt/ das Lied vor hoch ge-

ſchaͤzzet/

Noch
[]Zuſchrifft.
Noch lieſt mans weit und breit. Halt an du

frecher Kiel/

iezt uͤbertritſtu ſchon dein vorgeſtrektes

Ziel!

Weiſtu/ warum du haſt den Schnabel ange-

ſezzet?

Verzeih es/ Aegon mir: So geht mirs/ weñ

ich ſchreibe.

Zwoͤlff Zeilen ſolten erſt zu dieſer Zuſchrift

ſein/

iezt wird mir faſt ein Blat/ ein volles Blat/

zu klein.

Gnug! Nim diß hin/ und glaub/ daß ich dein

Diener bleibe.

Hamburg den
10. Herbſtm.
1657.
Meines großguͤnſtigen Herren
Dienſtergebener
Filidor:


Ver-
[192]Geharnſchter Venus
I.
Verzweiffelte Liebe.
Figure 101. Oberſtimme. Franziſch Ballett.

[figure]
werben/
[193]Sechſtes Zehen.
[figure]
Figure 102. Grund ſtimme.

[figure]
L
[194]Geharnſchter Venus
[figure]
1.
HJer iſt das Herz/ ſtoß/ Morta/ nach der Linken!

Parzen-Heer/
ſezz an die Scheer’

indehm die muͤden Augen ſinken:

iſt doch ſchon mein Geiſt

auß d[e]r Leten-fluht geſpeiſt.

Du ſuͤſſes Sterben/

was wirſtu mir vor Ruh erwerben!

Acheron!

ich wil auff dir darvon:

Was hab’ ich arme[r] Buhler hie

zu hoffen ſonſt/ als tauſend Todes-Muͤh.

2.
Denn hat ſie ſich/ die Wilde/ ſatt gerochen/

wenn der Todt
(die lezte Noht)

mein all u[n]treues Herz zerbrochen:

Stellt das K[l]agen ein/

laßt betruͤbtes Weinen ſein!
Wer
[195]Sechſtes Zehen.

Wer Lieben kennet

wie ſie das arme Leben brennet

wird mit Luſt

das Blut auß warmer Bruſt

zuſamt dem rohtem Herzen ſehn

auß deß verliebten Bruders Koͤrper gehn.

3.
Ach! haͤtte mich der Lebens-Schweſtern eine

umgebracht

die erſte Nacht

als ich noch ohn Vernunfft und kleine

an der Mutter ſog

und mein Elend nicht erwog.

Jſt diß der Frommen

daß ich zu Jahren bin gekommen/
ſtets in Pein

und unvergnuͤgt zu ſein?

Ach Liebe! herber Nater-ſtich?

Ach boͤſe Liebe/ wor zu bringſtu mich?

4.
Doch wird es ihr noch einſt vergolten werden:

iſt gewiß

nur Nemeſis

alhier/ und ſchaut das Tuhn der Erden:

iſt nur Venus nicht

und ihr Amor ein Gedicht.

Gedenke/ Schoͤne

was ich iezt ſterbend dir erwehne
L ijReu
[196]Geharnſchter Venus

Reu und Schmerz

wird einſt dein eiſern Herz

ganz unbarmherzig greiffen an.

Denn/ denke/ daß du mir es auch getahn.

II.
Die Liebe iſt blind.
Figure 103. Oberſtimme. Franziſch Ballet.

[figure]
Feur/
[197]Sechſtes Zehen.
[figure]
Figure 104. Grund-ſtimme.

[figure]
L iijSo
[198]Geharnſchter Venus
1.
SO bildſtu darum dir was ein/

Oenindchen/

leichtes Kindchen/

daß ich dich allein

zu der Schoͤnheit Preiß und Pracht

vor dehm gemacht?

O nein. Die Worte ſind nicht theur.

des Amors Feur

blendte mich/

daß ich

dich ſo ungleublich ſchoͤn

angeſehn/

da dir viel doch uͤbergehn.

2.
Wie offt verglich’ ich deinen Mund

Korallen/

die gefallen

auß Ozeans Grund/

da er doch kaum noch ſo roht
ſah/ als der Tod:

Die Augen muſten Sonnen-ſchein

und Sternen ſein/

dennoch war

es gar
offt
[199]Sechſtes Zehen.

offt um dich lauter Nacht.

Nu betracht/

hab’ ich dich nicht außgelacht?

3.
Die Worte bließ mir Amor zu/

der Lekker/

Jungfern-Gekker/

und du Naͤrrin/ du

meinſt/ daß dieſe Gekkerey

die Wahrheit ſey.

Ey nim doch nur den Spiegel fuͤr

du heßlichs Tiehr!

die Geſtalt

wird bald

verrahten deinen Wehrt.

Auff der Erd’

iſt kein Menſch/ der dich begehrt.

4.
Sey immer ſtolz/ die Welt iſt weit/

Oeninden

kan man finden

auch bey Abends-zeit.

Nunmehr ſeh’ [i]ch all zu klar

auff falſche Wahr’

hin immer hin! die Schuld iſt dein/
ſchlaff nun allein.
L iiijMi[t]
[200]Geharnſchter Venus

Mit der Zeit/

wird Leid

und Weh dich bald beziehn.

Fahr nur hin!

Gott Lob daß ich ledig bin!

III.
Nacht-Gluͤkke.
Figure 105. Oberſtimme. Franz-Ballet.

[figure]
Schazz
[201]Sechtſtes Zehen.
[figure]
Figure 106. Grund ſtimme.

[figure]
[202]Geharnſchter Venus
[figure]
1.
WJllkommen Fuͤrſtinn aller Naͤchte!

Printz der Silber-Knechte/

willkommen/ Mohn/ aus duͤſtrer Bahn

vom Ozean!

Diß iſt die Nacht/ die tauſend Tagen

Trozz kan ſagen:

weil mein Schazz

hier in Priapus Plazz’

erſcheinen wird/ zu ſtillen meine Pein.

Wer wird/ wie ich/ wol ſo begluͤkket ſein?

2.
Beneidet himmliſche Laternen/

weiß-geflammte Sternen/

mit einem ſchaͤlen Angeſicht’

ach! mich nur nicht.

kein Menſch/ als ihr nur moͤget wiſſen/

wie w[ir] kuͤſſen:

alle Welt

hat ſeine Ruh beſtellt/
wir
[203]Sechſtes Zehen.

wir beyde nur/ ich und mein Kind/ ſind wach/

und/ Flammen/ ihr an Bronteus Wolken-dach’

3.
Es ſeuſelt Zefyr auß dem Weſte

durch Pomonen aͤſte/

es ſeufzet ſein verliebter Wind

nach meinem Kind’

Jch ſeh es gerne daß er ſpielet

und ſie kuͤhlet/

weil ſie mir

folgt durch die Garten-Tuͤhr/

und doppelt den geſchwinden Liebes-tritt.

Bring/ Weſt/ ſie bald und tauſend Kuͤſſe mit!

4.
Was werd’ ich wenn ſie koͤmmt gegangen/

an-doch erſtlichſt-fangen/

Kuͤß’ ich die Hand/ den Bruſt/ den Mund

zur ſelben Stund’?

Jch werd’ (ich weiß) kein Wort nicht machen/
ſo viel Sachen/

die an Zier

den Goͤttern gehen fuͤr

und auff diß Schoͤnchen ſein gewendet an/

erſtaunen mich/ daß ich nicht reden kan.

5.
Komm/ Flora/ ſtreue dein Vermuͤgen

darhin/ wo wir liegen!

Es ſoll ein bunter Roſen-hauf’

uns nehmen auff/
L vjund
[204]Geharnſchter Venus

und/ Venus du ſollſt in den Myrten

uns bewirten/

biß das Blut

der Roͤht’ herfuͤr ſich tuht.

Was Schein iſt das? die Schatten werden klar.

Still! Lauten-klang/ mein Liebchen iſt ſchon dar.

IV.
Sie liebet.
Figure 107. Oberſtimme. Franz. Ballett.

[figure]
[205]Sechſtes Zehen.
Figure 108. Grund-ſtimme.

[figure]
1.
SOll denn/ ſalzgeſchmolzne Traͤhnen/

Kummer/ Weh/ Ach/ Schmerzen/
Unmuht/ Klagen/
ſoll/ Verzweiflung/ Angſt und ſtaͤhnen/

ich einmahl von eurem Ende ſagen?

Verſchwindet! ich werde begluͤkkt

die ſchoͤne Melene hat nach mir geſchikkt.

2.
Sollte ſie mich troͤſten wollen/

oder wird ſie mir mein Urteil ſprechen:
ſoll
[206]Geharnſchter Venus
ſoll ich mit dem Leben zollen:

wil ſie ſich mit Spotten an mir raͤchen?

Verſchwindet Gedanken! ſie liebt/
ſie ſchmerzet uñ beherzt/ daß ſie mich betruͤbt.

3.
Manchen Tag hab’ ich geweinet/

wenn ihr nicht mein Leiden gieng zu Herzẽ/

wenn ihr Sinn ſo war verſteinet/

daß ſie nicht gedacht’ an meine Schmerzen:

Nu iſt es verkehret. Sie ſpricht:
ſie liebe mich einig/ ſonſt keinen mehr nicht.

4.
Soll ich mich darauff verlaſſen/

oder ſpielt ſie nur mit falſchen Worten?

Ach! ſo wolt’ ich lieber blaſſen/

eh’ ich kaͤhm’ an ihres Zimmers Pforten:

Nein. Edeler Wahrheit Beſtand

bekroͤnt ſie und beut mir die liebende Hand.

5.
Nun fahr hin/ Mord-bringend Leiden/

Furcht/ Bekuͤmmern/ Zweifelzagen/ wei-
chet!

hin! ihr ſtoͤrer meiner Freuden!

forthin hat mein Antliz außgebleichet.
Be-
[207]Sechſtes Zehen.

Bekraͤnzt mich und ruffet: Gluͤkk zu!

der Stuͤrm iſt voruͤber/ mir bleibet die Ruh.

V.
Liebe und Aprillen-Wetter.
Figure 109. Oberſtimme. J. M. R.

[figure]
[208]Geharnſchter Venus
Figure 110. Grundſtimme.

[figure]
1.
SJſyfus Gebirg’ erreichen/

Tantals Weger-trank erſtehn/

auff dem Schlangen-rad’ erbleichen

tauſend Martern vor ſich ſehn:

iſt Amors grimme Dienſtbarkeit

die Kette der bejungten Zeit.

Ach/ daß ich in Fruͤhlings-Jahren/

muß ſolchen Zwang erfahren.

2.
Weint nu mit mir/ die Jhr ſahet/

wie ich vor begluͤkket ſtund’
als
[209]Sechſtes Zehen.

als mein Kind ſich zu mir nahet’

und mir boht den Roſen-mund:

Jezt heget ſie den Wankel-ſinn/
ſie gibt mich um ein leichtes hin/

Meiner Liebe treues Feuer

koͤmmt mir nu ſchlecht zu ſteuer.

3.
Selbſt der Neid hat ſich verwundert

wenn der Liebe Funken-gluht

in der Liebſten Herzen zundert’

und ihr heiß-entbrannter Muht

auff meinen Schwefel haͤuffig ſtieß

und Gegen-flammen in mich bließ:

Nun ihr Feuer außgegangen

vergeh ich fuͤr Verlangen.

4.
Ach! kein Elend iſt zu ſchaͤzzen

gegen Liebe/ die verbleicht/

kein Beſchwernuͤß und Verlezzen

iſt/ das dieſem Schmerzen gleicht/

wenn ſich die Gunſt verkehrt in Haß/

wenn uns der Spott macht ſehnend-blaß/

wenn die Luſt uns wird verſchloſſen

der wir ſo offt genoſſen.

Jezt
[210]Geharnſchter Venus
5.
Jezt wird mir nicht einſt erleubet

um die dunkle Tuͤhr zu ſtehn/

Lunen/ ſo die Sternen treibet

darff ich nicht vergnuͤget ſehn:

Um den ſie mich nunmehr verlacht

der Neben-buhler ſteht zur Wacht/

um ihn haͤlt der Neides-drache/

Mord/ Eyfer/ Zorn und Rache.

6
Dennoch wil ich ab-nicht-laſſen/

dennoch lieb’ ich wie vorhin/

Solt’ ich ſie/ mein Leben/ haſſen

ohne die ich Seel-loß bin?

Ach! eher muͤſt’ ein kalter Stahl/

verhindern ſolcher Falſchheit Wahl.

Endlich wird ſie mich den Treuen

mit Traͤhnen noch bereuen.

VI.
Uber der Liebſten Tod.
Figure 111. Oberſtimme. J. M. R.

[figure]
faͤrbte
[211]Sechſtes Zehen.
[figure]
Figure 112. Grund-ſtimme.

[figure]
[212]Geharnſchter Venus
[figure]
1.
OFnet euch/ ihr Augen-guͤſſe/

traͤhnet Blut-gefaͤrbte Fluͤſſe/

klagt/ beweinet/ was ich miſſe!

Meine Freud’ ach! iſt verblichen.

Helfft/ ihr Goͤtter meiner Noht!

Schoͤnheit/ Tugend/ Zucht iſt tod

und nach Leten hingewichen.

2.
Rauffet euch/ Jhr Nymfen-ſchaaren/

ungemenſchet in den Haaren/

heulet bey der Leichen-Bahren/

huͤllet euer Angeſichte
ſchlaget auff die bloſſe Bruſt/
ſaget Abſchied aller Luſt/

Meine Goͤttin iſt zu nichte.

Amor/
[213]Sechſtes Zehen.
3.
Amor/ leſche deine Flammen/

tritt mit Zyprien zuſammen

alle Wolluſt zu verdammen/

weil das Bild der Treffligkeiten

deiner Fakkel wehrter Zwekk

nu iſt auß dem Leben weg

und mit ihr der Troſt der Zeiten.

4.
Pfluͤkkt/ ihr Muſen/ um Permeſſen

Amaranten und Zypreſſen/

die Melpoſens Zaͤhren naͤſſen/

wimmert um Aſopus Wellen

einen klaͤglichen Geſang/

daß der raue Jammer-klang

moͤg’ an Teben wieder gellen.

5.
Brecht/ ihr Wolken/ donnert/ ſchuͤzzet/
ſchwizzet ganze Seen/ ſchwizzet/

weil mein Nord-ſtern iſt verblizzet.

Du vergoͤldtes Radt der Sonnen/

dunkle deiner Reiſe Bahn/

ziehe ſchwarze Kleider an/

Lune/ weil mein Licht verbronnen.

Pfeifft
[214]Geharnſchter Venus
6.
Pfeifft erbaͤrmlich/ Lufft und Winde/

Echo aͤchz es in die Gruͤnde/

wo ich mich verzweifelt finde!

dieſe Fauſt iſt ſchon geruͤſtet

mir zutuhn den lezten Stoß.

Meine Marter iſt zu groß/

daß mich nicht zuleben luͤſtet.

7.
Hohlt mich ab/ ihr junge Hirten/

beyde ſoll ein Grab bewirten.

Leget uns in gruͤne Myrten.

die das Leben nie geſchieden/

trennet auch die lezte Pflicht

und der Riß der Parzen nicht/

der ſonſt alles kan zerglieden.

8.
Brechet auß den Marmor-ſteinen

von den allerreinſten einen/

drauff ſoll dieſe Schrifft erſcheinen:

Die im Leben treu verharret
ſtets ein Geiſt und eine Seel’

Ach! die hat in dieſe Hoͤl’

Amor ſelber eingeſcharret.

Auff
[215]Sechſtes Zehen.
VII.
Auff ihren Morgen-ſchlaaff.
Figure 113. Ober-ſtimme. C. S.

[figure]
[216]Geharnſchter Venus
Figure 114. Grundſtimme.

[figure]
1.
RUbellchen/ biſtu noch nicht wach?

Verlaß die weichen Feder-dekken/

die ſo viel Goͤttligkeit verſtekken.

Jch geh’ allhier der Hoffnung nach/

ob ich dich moͤchte/ Mein Vergnuͤgen/

an den Kryſtallen ſehen liegen.

2.
Auroren goͤldnes Roſen-bluht/

dein Ebenbild der roten Wangen

iſt allbereit vorbey gegangen/
Apollo
[217]Sechſtes Zehen.

Apollo blizzt in voller Gluht/

der Handwerksman hat ſchon verzehret/

was ihm zum Morgenbrodt gehoͤret.

3.
Rubellchen ſchlaͤfft. Sie weiß es nicht/

daß ich im gehn hier klag’ und reime.

Seyd ihr der Warheit/ Morgen[-]treume;
ſo ſtellt mich ihr iezt vor Geſicht’

als wie ich um diß Fenſter ſtehe

und ſie an-zuerwachen-flehe.

4.
Jch ſchweer es/ Morfeus/ daß ich dich

wil mehr als alle Goͤtter ehren:

wirſtu Rubellchen ſo betoͤhren/

daß ſie es gleube kraͤfftiglich

und nach dem Fenſter moͤge rennen/

des Traumes Außgang zu erkennen.

5.
Was meint Jhr? wenn dann ungefehr

Jhr Buſem offen moͤchte ſtehen/

und ich die Liljen koͤnnte ſehen:

Wer waͤre gluͤkklicher/ ſagt/ wer?

koͤnnt’ ich den Vorteil ſo erlauſchen/

ich wollte nicht mit Paris tauſchen.

MJa/
[218]Geharnſchter Venus
6.
Ja/ mich kanſtu/ du Luͤgen Geiſt/

du Treumer/ wol durch ſie betriegen:

Jch kan faſt keine Nacht nicht liegen/
ſo wird ſie zehnmahl mir geweiſt.

Erwach’ ich in dem oͤden Schatten:
ſo moͤcht’ ich mich zu tod’ ermatten.

7.
Rubellchen/ du biſt nicht verliebt/
ſonſt wuͤrdſtu wol des Schlafs vergeſſen.

Wehn Amors Wuͤten haͤlt beſeſſen/

der ruhet ſo nicht/ unbetruͤbt.

Wach auff/ Rubellchen: ſoll ich gleuben/

daß du die meine wolleſt bleiben.

VIII.
Urteil ſonder Verſtand.
Figure 115. Ober-ſtimme. C. S.

[figure]
[219]Sechſtes Zehen.
[figure]
Figure 116. Grund-ſtimme.

[figure]
1.
Poͤfel/ was ſoll das bedeuten/

daß du ſo Zelinden lobſt/

daß du mit den tummen Leuten

wieder meine Schoͤnheit tobſt?

Lange Finger/ weiſſe Haͤnde/

Augen/ als ein Demant-ſtein/

goͤldne Lokken/ Armen Baͤnde/

wie der Venus ihre ſein.

M ijRo-
[220]Geharnſchter Venus
2.
Roſen-Wangen/ die Rubinen

ihre blaͤſſe werffen vor/

Lippen/ wuͤrdig zubedienen

von dem ganzen Sternen-Chor:

Rede ſo die Pallas heget/

Freundligkeit der Charitinn/

Tugend/ ſo Alzeſten ſchlaͤget/

Jkars Tochter keuſcher Sinn:

3.
Poͤfel/ kanſtu ſo beſchreiben

deine Larve/ wie ich tuh’?

als du wilſt die Warheit treiben/

und nicht ſtimmſt dem Scheine zu:

duͤrffſtu diß nicht von Zelinden/

dem Tebaner Wunderthier/

dich zu ruͤhmen unterwinden/

die nur Schminke traͤgt an ihr.

4.
Aller Tugend Bild/ Roſille

aller Schoͤnheit Trozz und Schimpff/

meine Fromme/ meine Stille

nimt zwar dieſes an im Glimpff’

Aber ich wil ſie beſchuͤzzen

weil die kluge Dinte fleußt:
meine
[221]Sechſtes Zehen.

meine Feder ſoll ſie ſtuͤzzen/

weil ſie Lob und Ehre preiſt.

5.
Diß ſey dir zum Ruhm geſezzet/

Roſilis/ mein ſchoͤnſtes Pfand.

Lach es/ was der Neid verlezzet/

durch den groben Unverſtand.

Sollt’ Jtonis auff der Erden

in Aſtarten Schoͤnheit ſtehn:

muͤſte ſie getadelt werden

und durchs Poͤfels Rachen gehn.

IX.
Abſchieds-Worte.
Figure 117. Ober-ſtimme. C. S.

[figure]
M iijeh
[222]Geharnſchter Venus
[figure]
Figure 118. Grund-ſtimme.

[figure]
Tele-
[223]Sechſtes Zehen.
1.
TEleſill’ hoͤr’ auff zu weinen!

worzu ſoll der Traͤhnen See?

weinſtu doch als Niobe

eh bevor ſie ward zuſteinen/

wie die arme Briſeis tahte

da ſie auß der Freyheit trate.

2.
Zwar mein Stern rufft mich von hinnen/

iezt zieht man die Segel auff/

iezt geh ich den Schmerzen-Lauff

denn die Parzen klaͤglich ſpinnen:

weil ſie Leiden und Verdrieſſen

dieſe Reiſe drehen muͤſſen.

3.
Dennoch ſind wir nicht getrennet.

Filidor iſt allzeit dein/
ſolt’ er auch in Zimmern ſein

wo man keine Sonne kennet/

deine Fakkel macht ihn lichte

bey dem ſchwarzen Nacht-geſichte.

4.
Bey dem guͤnſtigem Suͤd-weſten
ſchweer’ ichs/ Teleſille/ dir:

dein verbleib’ ich fuͤr und fuͤr.
M iiijGib
[224]Geharnſchter Venus

Gib mein Schiff den Felſen-aͤſten/

Zeſyrs-Bruder wo ich liege.

und mein liebſtes Kind betriege!

5.
Was mich zwinget abzuſcheiden/

weiſtu Seelchen/ mehr als wol.

Der geſtrenge Norden-Pol

wil mich dieſer Zeit nicht leiden:

Jſt ſein Wuͤten denn verbrennet;

haben wir auch außgetrennet.

6.
Jch wil durch geheuffte Zaͤhren

machen einen neuen Fluß/

der ſoll dieſen Balter-Guß/

meiner Qwaal zum Zeugnuͤß/ mehren.

Nacht und Tag wil ich beweinen/

biß ich wieder werd’ erſcheinen.

7.
Hab’ indeß auff meine Treue/

Trautſtes/ keinen boͤſen Wahn/

weil mich ſieht der Himmel an/

weil ich mich der Sternen freue/

weil mich waͤrmt mein ſchwaches Leben:

werd’ ich dir nur ſein er geben.

Hie
[225]Sechſtes Zehen.
8.
Hiemit ſteig’ ich in den Nachen.

Schoͤne/ halt bey alter Gunſt/

laß dich keines Neides Dunſt

von der Lieb abſpenſtig machen.

Nu es nehmen mich die Winde/

bleib geneiget deinem Kinde!

X.
Jn die Scheure gehoͤret Stroh.
Figure 119. Oberſtimme. geſchwinde C. S.

[figure]
[226]Geharnſchter Venus
Figure 120. Grund ſtimme.

[figure]
1.
NEaͤre haͤlt ſich wakker/
ſie ſchmuͤkt und ſchminket ſich.

Du alter Knochen-knakker/

meinſtu/ es ſey vor dich?

Nein/ Chremes/ laß dich lehren:

Man pfleget alſo nicht

den Huſten zu verehren.

Was anders vor die Gicht.

2.
Und waͤre ſie voll Runzeln/

von ſchwarz-begeelter Haut

beliebt/ als Schweine ſchmunzeln

und waͤre dir getraut;
ſo waͤre ſie zur Frauen

dir dennoch viel zu ſchoͤn.

Dem Teufel moͤcht’ auch grauen/

Holz/ mit dir umzugehn.

Was
[227]Sechſtes Zehen.
3.
Was ſoll der Kuh Muſkaten/

Kaneel/ Konfekt dem Schwein’/

und Hunden Hirſchen-braten?

ein abgefleiſchtes Bein

iſt gut fuͤr ihren Hunger.

Das gleiche findet ſich.

Die deine liebt ein Junger.

Die Vettel iſt fuͤr dich.

4.
Du ſizzeſt auff der Schleuder

und biſt ein guter Mann.

Jhr ſchaffſtu Sammet-Kleider/

dir ſtehn die Federn an.

Gib her die alten Tahler:

auch ich beduͤrff iezt Geld.

Ein grauer Woͤrter-Prahler

dient nicht ins Feder-Feld.

5.
Mein Chremes/ ſey geduldig/

es findt ſich einer wol/

der/ was du Jhr biſt ſchuldig/

der Frauen zahlen ſoll.

Du kanſt es leicht gedenken/

es machs ein gelbes Haar/
M vjdaß
[228]Geharnſchter Venus ſechſtes Zehen

daß ſie ſich wil behenken

mit Gold und Seiden-wahr’.

6.
Jhr habt ia ſonſt der Sparren/

ihr Alten/ allzuviel:

wie ſeid ihr denn ſo Narren

und ſucht der Liebe Spiel

bey einem friſchem Feinde/

die Jhr entkraͤfftet ſeid?

doch was? Jhr ſuchet Freunde

in Eurer Winters Zeit.

Erinnerung.


Jn dieſem ſechſtẽn Zehen ſeynd etliche Melodeyen
ziemlich hoch geſezzet/ welches von der Franziſchen
Geigen-art herruͤhret. Wer ſie nicht erreichen kan/
mag ſie vorbey gehen oder transponiren/ ich habe das
leztere wegen veraͤnderung ihres Baſſes we-
der tuhn/ noch ihrer ſchoͤnen Geſang-weiſe halber ih-
nen einen Text/ (wiewol mich derſelbe mehr Muͤhe ge-
koſtet/ als er Liebligkeit haben moͤchte) verſagen wol-
len. Und wer kan ſich auch um alles bekuͤmmern.


Filidor.


Des ſechſten Zehens Ende.


Filidors
[]

Filidors
Geharnſchter Venus
Lezteres Zehen.


Weg Kato/ Kurius/ nu habt ihr ſatt geleſen/

was hiernegſt folget/ iſt vor eine muntre Stirn/

die Spiel und Scherz verſtehet

und nicht zu ernſtlich gehet.

Die Regul welch’ erſann Fabrizius Gehirn

iſt memer Jugend Form und Richtſchnur nie gewe-

ſen.

Diß Zehen bleibet mein/

auch ſchreib’ ichs mir allein.

Filidor.


[]
Dem
Unbehobeltem und Nakkendem
Garten-Goͤzzen
Priapus/
opffert dieſes leztere
Zehen

durch gegenwertige Zueignungs-
Schrifft
Filidor der Dorfferer.

VOr grobes Eichen-Holz/ nu treuer Gar-

ten-waͤchter/

Priapus/ den das Volk der Jugend ehrt

und liebt

die Jungfer lauſchet an mit ſchmuzelndem

Gelaͤchter

Nim diß mein Opfer hin/ daß eine Hand

dir gibt

die deinem Schoͤpfer gleicht. Der Lenz bricht

dir Violen

und macht auß buntem Mohn dir einen

Blumen-Kranz/

die
[]Zuſchrifft.
die Zeres pfleget dir ein Weizen-bund zu ho-

len/

die frohe Winzer-ſchaar tuht um dich man-

chen Tanz/

und ſchenkt dir roten Wein/ der Winter win-

det Straͤuche

von dem Oliven-Laub’ und ſchlachtt ſein

junges Vieh

vor deinem Erd-Altar. Jch lobe die Gebraͤu-

che

und ſtelle mich auch ein zu kuͤſſen deine

Knie

wiewol du keine haſt. Zwar bring’ ich ſchlech-

te Reime

doch trozzen ſie den Lentz/ Herbſt/ Sommer/

Winters-Zeit.

Nimſtu ſie guͤnſtig an: ſo ſollen deine Baͤu-

me

vor Wurm und Donnerſchlag und Dieben

ſein befreyt/

Es ſoll die Schlangen-Zucht auß deiner Huͤt-

ten weichen

kein Dorn noch Neſſel-ſtrauch verlezzen

deine Bruſt/

ein dikk-beſchattend Laub ſoll dir Beſchir-

mung reichen

vor
[]Zuſchrifft.
vor aller Sonnenhizz und ſchaffen kuͤhle

Luſt/

der Nordwind ſol dich nie mit rauhem Schnee

bewehen/

es ſoll kein Zapffen-eyß beſchweren deinen

Bart/

du ſollſt’ den Zedern gleich die feulung uͤber-

ſtehen

und’ halten in der Gluht auß auff Deman-

ten-Art.

Hamburg den 20. Auguſtm.
1657.
Filidor.


Nacht-
[229]Lezteres Zehen.
I.
Nacht-Gluͤkk.
Figure 121. Ober-ſtimme. M. C.

[figure]
Figure 122. Grund-ſtimme.

[figure]
[230]Geharnſchter Venus
1.
LYeus hatte mir den Sinn

durch ſeines Safftes Zug benommen/

ich gieng und wuſte nicht/ wohin/

indehm war ich zuweit gekommen.

2.
Der bleiche Monden hatte zwar
ſein ſilbern Licht hell angeſtekket/

doch wuſt’ ich recht nicht/ wo ich war/
ſo hatte mich der Rauſch bedekket.

3.
Jhr Goͤtter/ habet Dank/ daß ihr

mich bracht zu dieſem ſchoͤnen Kinde/
(dacht ich) als in der Kammer-tuͤhr

ich ſach die himmliſche Dorinde.

4.
Sie haͤtt’ ihr auffgeloͤſtes Haubt

unachtſam auff dem Arme liegen/

das Haar/ das meinen Sinn geraubt
ſach ich um ihre Wangen fliegen.

5.
Sie zog den ſuͤſſen Zimmet-Geiſt

bald ein/ bald haucht ſie ihn zuruͤkke/

was ſchoͤn und liebwehrt iſt und heiſt
ſach ich in dieſem Augen blikke.

So
[231]Lezteres Zehen.
6.
So mein’ ich/ war Andromade

Als Perſeus ihr zu Huͤlffe kahme

So die entbloͤßte Zyprie

als ſie den goͤldnen Apfel nahme.

7.
Diane hatte ſelbſten Luſt

mit dieſer Schoͤnheit beyzuſchlaffen/
ſie kuͤßte die geballte Bruſt/

die auch das Helffenbein kan ſtraffen.

8.
Hie ſtritte bey mir die Begier/

die Schaam und bruͤnſtiges Verlangen:
ſonſt haͤtt’ ich dieſe Goͤtter-Zier
ſo/ wie ſie lag/ entbloͤßt umfangen.

9.
Der hohe Geiſt und Ernſtligkeit/

die ſchlaffend auch nicht von ihr ſchieden/

die machten/ daß ich lange Zeit

allein mit Anſehn war zu frieden.

10.
Nicht Argus gab ſo eben acht

auff die ihm auvertraute Kuhe/

die er mit hundert Augen wacht’:

als ich auff ihre ſuͤſſe Ruhe.

Wie
[232]Geharnſchter Venus
11.
Wie offt ſcholt’ ich den Traum-Gott auß

wenn ſie ließ einen Seuffzer hoͤren/

befoͤrchtend daß durch einen Grauß

er ihre Ruhe moͤchte ſtoͤren.

12.
Doch lieſſe mich die Liebe nicht

den guten Vorteil ſo verſeumen/

daß ich ihr Liljen Angeſicht

nicht ruͤhren ſolt’ in ihren Traͤumen.

13.
Dann oͤffnet’ ich den Buſen ihr

und weil der Schlaff ſie noch umſchloſſen/

hab’ ich ein Kuͤßchen oder vier

in ſolcher ſtillen Nacht genoſſen.

14.
Diß ſach der Eyffer-volle Mohn

und ward entruͤſt ob meinen Freuden.

So ſchoͤner Liebe reicher Lohn

macht auch die Sterne ſelber neiden.

15.
Er ſchoß’ ihr einen Demant ſtraal

in die verſchloßnen Augen-lieder/

darob erſeuffzte ſie einmahl

und ruͤhret’ ihre Marmor-glieder.

Sie
[233]Lezteres Zehen.
16.
Sie ſchlug’ die muͤden Lichter auff/

die auch die Sonne koͤnnen hoͤnen/

Jch dachte ſchon auff Flucht und Lauff

beſorgt des Zornes dieſer Schoͤnen.

17.
Hab’ Amor Dank und Venus/ du

daß ihr mir damahls Gunſt erworben/

ich were ſonſt in ſelbem nu

fuͤr ihrer Lager-ſtadt geſtorben.

18.
Jhr habt es nur allein gemacht/

daß Sie mich freundlich angenommen/

daß ſie mich lieblich angelacht/

und hieſſe zu dem Bette kommen.

19.
Zwar ſprach ſie: durffſtu dieſe Zeit

dich/ mich zuſprechen/ unterwinden?

haſtu nicht ſatt Gelegenheit

bey Tage dich bey mir zu finden.

20.
Doch drukkte ſie mich ſanfft an ſich

und kuͤßte mich zu vielen mahlen:

da dacht’ ich/ Elend/ nicht an dich/

noch meiner erſten Liebes-Qwaalen.

Halt/
[234]Geharnſchter Venus
21.
Halt/ Bette/ du nur reinen Mund/

und ſey/ gleich wie du pflegſt/ verſchwiegen/
ſo ſoll dein Pfeil ſein Blumen-bunt

und mitten in den Roſen liegen.

22.
Jch und Dorinde/ ſchweigen auch.

Wirſt aber du ein Wort bekennen/
ſo ſollſtu ſein ein Schwefel-rauch

und ganz zu Staub und Pulver brennen.

23.
Wenn einer fragt/ was mehr geſchach:
ſo ſprich/ wie ich/ ich ſey geſchieden

So bald Dorinde wurde wach

weil ſie mit mir nicht war zufrieden.

II.
Ein Degen haͤlt den andern in der
Scheide.

Figure 123. Oberſtimme. Franziſche Sarabande.

[figure]
ſtirntes
[235]Lezteres Zehen.
[figure]
Figure 124. Grund-ſtimme.

[figure]
[236]Geharnſchter Venus
[figure]
1.
DJe Buhleriſche Nacht trug ihr geſtirntes Band/

Dianen tanzte fuͤr der Venus Diamant.

die ſtill-verliebte Krafft ſtraalt’ auff die Er-
den-Bahn/

und ruͤhret’ einen Held mit tauſend Stuͤrmen
an.

2.
Was ſolte Morfeus tuhn? er brach den braunen ſtab

und ſchmiß der Treume Saat ins duͤſter Meer hinab.

der Held erwacht’ und fuͤhlt den Wunderſahmen
Trieb/

fort war noch Lager-ſtat noch Schlaff ihm weiter
lieb.

3.
Er ſchliche leiſ’ hinab nach Fillis Kammertuͤhr

vor Kloris Schlaaff-gemach ſtak ſtets ein Riegel fuͤr

dabey der Hund/ doch haͤtt’ er dieſes ſchlecht geacht/

wo Kloris Mutter nicht die Tochter mehr bewacht.

Die
[237]Lezteres Zehen.
4.
Die Magd ſolt’ iezo dran/ die ſonſt alleine lag

biß auff ein ziemlich Kind/ das ſie zu warten pflag

der Traum-Gott hatte ſie im Schlaaffe grob er-
ſchrekkt/

drum lag ſie Sinnloß auff den Ruͤkken außge-
ſtrekkt.

5.
Er ruͤhrt ſie ſachtlich an. Schlafft oder wachet ihr?
ſie aber/ ſie erſeuffzt’ und ſprach: wer iſt bey mir?

Jch bin es liebſter Schaz/ ach laßt mich zu euch
ein

ich bin verirrt und nakt/ ich moͤcht’ erfroren ſein.

6.
Sie merkte bald die Kreyd’ und nahm ihn ein zu ſich/

das Bett auff einen Mann gemacht/ hielt nicht den
Stich

als hie der dritte kam/ die Laſt wuͤrd ihm zuſchweer/

es bog ſich ziemlich ein und wakkelt’ hin und her.

7.
Das Kind/ das lange ſchon der Wiege war entwehnt

als das geplagte Bett’ ohn Ende wankt und traͤhnt’

erwacht’/ und ließ ob man ihm freundlich zu: ſchon
ſprach/

dennoch nicht ſein Geſchrey und furchtſam weinen
nach.

8.
Die Mutter: Kloris geh/ geſchwind und nim ein
Licht/

ohn Urſach pflegt das Kind ſo hart zu weinen nicht.
Ndie
[238]Geharnſchter Venus

die Tochter nierkte bald/ es haͤtte nicht Gefahr

dieweil ſie ziemlich ſonſt auch mit Katoliſch war.

9.
Doch ſchlug ſie Feuer an. Der Argwohn ruͤhrt ſie
ſehr.
ſie lieff die Stiegen ab und gukket hin und her/

biß Sie zur Kammer kahm/ da/ wo die Fillis
ſchlieff

der ſie auß Zorn entbrannt diß harte Wort zurieff:

10.
Was machſtu/ Raben-aaß? wer lieget hie bey dir?
ſchaͤmſtu dich/ Schandbalg/ nicht zutreiben ſolches
hier/

wordurch diß ganze Hauß in Spott und Unehr
faͤllt/

Schaͤmſtu dich nicht fuͤr Gott/ ſo fuͤrchte doch die
Welt.

11.
Was ſolt’ auff ſolchen Fang begehn das arme Kind?

bald kroch ſie ein/ bald auß. Nicht Mars und Venus
ſind

mit ſolcher Schaam ertappt/ wie diß verliebte
Paar/

in ſeiner beſten Luſt ſo ſchlau betroffen war.

12.
Der ſonſt beherzte Held war ſelbſt ohn alles Herz/

kein Sedel ſchrekkt’ ihn nie ſo ſehr als hier die Kerz
ſo dieſe Kloris trug. Hier ſtritte Zorn und
Schaam

biß endlich Ehr und Glimpff die oberhand bekahm.

Die
[239]Lezteres Zehen.
13.
Die Fillis muſt’ herauß/ wie lieb der Nachbar war/

der Held verblieb umhuͤllt mit Federn einſam dar.

Hier haͤtte Kloris erſt den Eyffer laſſen ſehn

wo Fillis nicht gewuſt/ was ihr auch vor geſchehn.

14.
Drum ward auff beyden Theil’ ergriffen Stilleſtand/

ihr ward die Fillis/ und die Kloris der bekannt.

So haͤlt ein Degen offt den andern in der Ruh/

diß macht/ daß Kloris hier auch taͤht ein Auge zu.

15.
So ſelzam geht es her/ wenn Amor Meiſter iſt/
ſo bleibt die Jungfer ſtehn und wird die Magd ge-
kuͤßt.

Schaff nur die Mutter ab/ laß Hund und Riegel
ſein:

So/ Kloris/ wird der Held bey dir auch kehren ein.

III.
Der beſte Sinn/ das Fuͤhlen.
Figure 125. Ober-ſtimme. C. B.

[figure]
N ijſol-
[240]Geharnſchter Venus
[figure]
Figure 126. Grund-ſtimme.

[figure]
[241]Lezteres Zehen.
[figure]
1.
DU biſt es/ edles Fuͤhlen/

du ſchoͤnſter Sinn allein/

dehm aller Tichter Kielen

zu Dienſte ſollen ſein/

und ihm ein Lobmahl ſezzen

das nicht Gewalt noch Zeit/

noch Unfall kan verlezzen/

biß nach der Ewigkeit.

2.
Kommt her/ ihr Weißheit-Gruͤnder/

ihr Prieſter der Natur/

kommt alle Foͤbus-Kinder/

wofern ihr nur der Spur

der Wahrheit/ nachzugehen

ein wenig ſeid geſinnt:
N iijſo
[242]Geharnſchter Venus
ſo ſollt ihr mir geſtehen

daß fuͤhlen uͤberwindt.

3.
Geſicht/ die Goͤtter-Gabe/
ſo zwar unſchaͤzbar iſt/

bringt manchen zu dem Grabe/

der ſich zuſehr vergiſt

in einer Schoͤnen blikken/

was ich nicht ſehen kan/

das kan mich nicht beſtrikken

noch ſtraͤfflich reizen an.

4.
Das hoͤren bringt offt Schrekken

und ſchafft Uneinigkeit.

Was Muſ[ik] kan erwekken

waͤhrt eine kurze Zeit.

Ach! manche wird bethoͤret/

wenn ſie der Rede Tohn

der Junggeſellen hoͤnet/

und koͤmmt in Spott und Hohn.

5.
Geruch iſt kaum zunennen/
ſein Tuhn hat ſchlechten Dank.

Die Roſen-wind nicht kennen/

veriaget kein Geſtank
Ein
[243]Lezteres Zehen.

Ein Menſche kan wol leben/

und haͤtt’ ihm nimmermehr

das Riechen Luſt gegeben.

Bleibt Schmekken denn die Ehr.

6.
Dem Wolluſt-vollem Schmekken/

dem Lufft/ Fluht/ Erde dient/

dem Vogel’ junge hekken/

dem Wald und Wieſe gruͤnt/

umb den der Fiſcher leget

die falſchen Reuſen ein/

iſts nicht/ der Beutel feget/

und heißt uns kranke ſein.

7.
Jn Fuͤhlen nur alleine

beſteht der Sinnen Grund/

ohn dieſen Leben keine.

Aug/ Ohren/ Naſe/ Mund/

ergreiffen keine Sachen

die ihnen Gegend ſtehn.

Was alle Sinnen machen/

muß erſt durch den geſchehn.

8.
Du aller Sinnen Koͤnig

nimſt gar die Seel’ auch ein

der Leib iſt dir zu wenig.

bedenkt den Kuß’ allein/
N iiijda
[244]Geharnſchter Venus

da das beſuͤßte Ruͤhren

der Lippen mehr ergezzt/

als keiner von den vieren

uns in Vergnuͤgung ſezzt.

9.
Der Haͤnde drukk/ das Reiben

an unſrer Liebſten Bruſt/

und was man nicht darff ſchreiben/

die wolbekannte Luſt/

darum wir alle lieben/

Guht/ Leben wagen hin

in Kunſt und Krieg’ uns uͤben/

iſt mehr als aller Sinn.

10.
Diß iſt es/ Schaz Roſille/

daß ich ſo gern an dir

des Fuͤhlens Werk erfuͤlle.

Vergoͤnn mir fuͤr und fuͤr

nur diß bey dir zu uͤben/
ſo wil ich nimmermehr

Geruch/ Schmakk/ Sehen/ Lieben/

und haſſen das Gehoͤr.

IV.
Ehren-Griffe.
Ober-
[245]Lezteres Zehen.
Figure 127. Ober-ſtimme. C. S.

[figure]
Figure 128. Grundſtimme.

[figure]
N vWas
[246]Geharnſchter Venus
1.
WAs zuͤkkſtu denn zuruͤkke/

wenn dieſe meine Hand

verſuchen wil ihr Gluͤkke?

faͤllt ſie zu weit ins Land/

Roſille wenn ſie ruͤhret

was ihr ihr Jungfer Volk verdekket fuͤhret?

2.
Es wird einmahl doch kommen/

daß dir die groſſe Scheu

Zu halten wird benommen.

Was meinſtu? tieffe Reu

wird dich alsdenn umfaſſen/

wo du mir meine Luſt auch haſt gelaſſen.

3.
Die unkoſtbahren Tuͤcher/
ſo du um dich getahn/

betaſten frey und ſicher

die ſuͤſſe Wolluſt an:

den Haͤnden/ die doch beben

wird ſo ein linder Strich nicht zugegeben.

4.
Ey! waͤrſtu auß der Erden

in Jndien erbaut/
wo
[247]Lezteres Zehen.

wo alle Weiber werden

ganz nakkend angeſchaut:

wollſtu dich dar auch ſchaͤmen/

und einen ſchlechten Griff vor uͤbel nehmen.

5.
Die Haut am ganzem Leibe/

iſt/ duͤnkt mich einerley/

ob ich mich hieran reibe

und gehe dort vorbey/

iſt ſchlecht zu unterſcheiden
ſolltſtu denn einen Drukk nicht koͤnnen leiden.

6.
Die Haut wird doch nicht ringer

und bleibet unbeflekkt/

ob ſich ſchon je ein Finger

daruͤber außgeſtrekkt.

Man wird diß an nicht ſehen/

iſt ſchon ein Ehren-griff wohin geſchehen.

7.
Du weiſt/ ich bin verſchwiegen

wo dir es darum iſt

man moͤcht zuwiſſen kriegen/

daß meine Hand dich kuͤßt:
ſo wil ich hoch verſchweeren/

den Zulaß ſoll kein Menſch je auß mir hoͤren.

N vjDrum
[248]Geharnſchter Venus
8.
Drum zukke nicht zuruͤkke/

wenn dieſe meine Hand

verſuchen wil ihr Gluͤkke.

Es iſt doch nur ein Tand

zu fuͤhlen das/ ſich wehren/

was bald ein ander wird mit Macht zerſtoͤren.

V.
Das mißtrauliche Alter.
Figure 129. Oberſtimme. C. S.

[figure]
[249]Lezteres Zehen.
Figure 130. Grund-ſtimme:

[figure]
1.
WO der Teufel nicht kommt hin/

muß er alte Weiber ſenden/

jezo ſtuͤnd’ erfuͤlle mein Sinn/

und das Gluͤkk’ in meinen Haͤnden/

kommt ein alter Hoͤllen-Hund

und verſtoͤrt mir alles Weſen.

Jn Avernus roten Schlund

mit dem duͤrren Donnerbeſen.

Alter
[250]Geharnſchter Venus
2.
Alter ſchimpfft zwar niemand nicht/

wo es nu den Jungen traute/

wo ſein ſorgliches Geſicht/
ſo nicht alles Ding beſchaute.

Meiner Schoͤnen zarter Mund

fiel auff mich mit tauſend Kuͤſſen/

was mir weiter war vergunnt/

muß ich um der Alten miſſen.

3.
Kunnſtu denn nicht dißmahl ruhn/

daß du uns zerreiſt die Karten?

haſtu weiter nichts zu tuhn/

nicht der Spindel abzuwarten?

Flikk den alten Belz vielmehr

und beſtell das Todten-Hemde.

Was verbeusſtu/ daß wol ehr

dir nicht iſt geweſen fremde.

4.
Laß die Jugend froͤlich ſein/

weil die Geiſter noch ſich ruͤhren.

Wenn die Wangen fallen ein

und die Zaͤhne ſich verlieren/
wenn
[251]Lezteres Zehen.

wenn die Bruſt verwelket ſteht/

und der Glieder Blut erkaltet

aller Muht zu druͤmmern geht

nnd der ganze Leib veraltet.

5.
Werden wir wol anders ſein

und auff heylgern Kniern liegen/

weil uns bluͤht der Schoͤnheit Schein/
ſuchen wir auch ihr Vergnuͤgen.

Trozz! und tuh uns dieſes nach/

was wir offt ergezlich treiben/

das nur bringt dir Ungemach/

daß dus ſelbſt muſt laſſen bleiben.

6.
Ungewitter/ Teufels-Braut/

Zahn-bruch/ Neid der guten Tage/

Schatten-koͤrper/ Runzel-haut/

Bein-hauß/ Zorn-faß/ Todten-klage.

Alte. Pakk dich/ wie du tuhſt/

zu den ſchwarzen Abgrunds-Geiſtern

und verwehr mir keine Luſt.

Jch kan mich wol ſelber meiſtern.

VI.
Vergeblich verwachſtu die Liebe.
Ober-
[252]Geharnſchter Venus
Figure 131. Oberſtimme C. B.

[figure]
Figure 132. Grund-ſtimme.

[figure]
[253]Letzteres Zehen.
[figure]
1.
ALter/ ich muß deiner lachen/

daß du wilt des Amors Gluht

durch dein Auffſehn kaͤlter machen/

Liebe tuht doch/ wie ſie tuht.

Wacht man ſie/ ſie birgt ihr Feuer
ſtellet ſich wol gar als Haß/

Griffgen ſind bey ihr nicht teuer.

Du verbeutſt/ und weiſt nicht was.

2.
Sie weiß mich doch wol zu halten

meine ſchoͤnſt’ Argine.
Du
[254]Geharnſchter Venus

Du machſt wie du wilſt verwalten

Waͤchters Amt. Uns thut nicht weh:

daß du uns mit deinem ſchleichen

manche ſchoͤne Luſt nimſt hin/

Jch und Sie kan doch erreichen/

was beliebet unſern Sinn.

3.
Magſtu wol ſo viel verhuͤten/

daß ich Sie nicht ſprech’ allein.

Dein ſo Argwohn-volles Wuͤten/

kan es auch genugſam ſein:

daß ſie mir nicht manches Stuͤndchen/

wenn/ du Gramhafft/ nicht biſt dar/

goͤnn’ ihr zartes Wollen muͤndchen
ſonder ſchelten und Gefahr.

4.
Nu nur hielt’ ich ſie umfangen/

mein Mund kuͤßet’ ihren Mund/

Jhre Wangen meine Wangen:

Weiſtu das auff dieſe Stund’?

Ach! was wolteſtu doch rathen/

was auff einen Abend ſpat

in geheim wir beyde tahten/

als ſie mich/ wie folget baht.

Her-
[255]Lezteres Zehen.
5.
Herzgen/ wo ich ſo darff nennen

dich mein allertrautſtes Kind/

kanſtu meine Brunſt erkennen

die ſich taͤglich mehr entzuͤndt.

Ey/ ſo linder meine Flammen

laß mich deine Liebſte ſein.

Jezt ſind wir allein beyſammen

was du wilſt/ raͤum’ ich dir ein.

6.
Drauff entbloͤßte ſie die Gaſſen

ihrer weiſſen Silber-Bruſt/

ach! was gab mir ihr umfaſſen

fuͤr viel tauſend Goͤtter-Luſt!

Jch drukkt’ ihr/ Sie mir die Haͤnde/

und bekuͤßten uns auffs neu.

Wir verſprachen ſonder Ende

uns mit Schwuͤren ſtete Treu.

7.
Nu/ was denkſtu/ wenn damahlen

ich ihr haͤtte gut gemacht/

was Verliebte koͤnnen zahlen/

haͤtteſtu ſie auch bewacht?

darum laß uns nach Vergnuͤgen/

Alter/ lieben ſonder Wehr/
wolt’
[256]Geharnſchter Venus

wolt’ ich ſie/ wie dich/ betriegen:

haͤttſtu wol ein Kind noch mehr.

VII.
Barbillchen/ die Zukker-dokke.
Figure 133. Oberſtimme. C. B.

[figure]
Grund-
[257]Letzteres Zehen.
Figure 134. Grund-ſtimme.

[figure]
1.
DU ſuͤßbeliebtes Honig-kind/

Barbillchen/ Labnuͤß meiner Seelen’/

der Jndiens ſuͤſſe Zukker-hoͤlen

an Anmuht nicht zugleichen ſind.

Jch wil es/ daß es alle wiſſen/

warum ich dich ſo offt muß kuͤſſen.

2.
Der Zukker-trozz/ der Nektar-Wein/

der in den goͤldnen Demant-ſchaalen
ſpringt bey der Goͤtter Feyermahlen/
macht
[258]Geharnſchter Venus

macht/ daß ſie ewig trunken ſein/

weil deß Geſchmakks/ des Zukker-ſuͤſſen
ſie nimmer moͤgen ſatt genieſſen.

3.
Dein unverglichner Labſal-Mund

iſt ſolch’ ein Nektar meinem Herzen/

fuͤr meiner Liebe Wermuht Schmerzen.

Was auß Hymettens bunten Grund’

am Morgen die bemuͤhte Biene
aͤzzt ab/ iſt deiner Jugend gruͤne.

4.
Suͤß iſt der goͤldnen Haare Band/
ſuͤß deiner Stirne rund umfangen/
ſuͤß die Zinober-rote Wangen/
ſuͤß deiner Augen heller Brand.

Dem Lippen-tau/ dem Zukker-reichen

muß ſuͤſſer Alakant auch weichen.

5.
Dein Atem ſuͤſſer/ denn Kaneel/
ſuͤß deines Halſes ſchmale Laͤnge/
ſuͤß deiner Bruͤſte Perl-gepraͤnge/
ſuͤß ihr’ Jnwohnerinn/ die Seel.

Suͤß deine Rede/ ſuͤß dein Lachen/

dein Schlaffen/ ſuͤſſer/ ach! dein wachen.

Suͤß
[259]Lezteres Zehen.
6.
Suͤß deine Kleider/ ſuͤß dein Rokk

das Fuppchen drein iſt ſuͤß darneben/

du weiſt/ was du mir drauß gegeben.

Barillchen/ ſuͤſſe Zukker-dokk’

Jch ſchmekke duͤnkt mich/ noch die Gaben/

die auch die Todten koͤnnen laben.

7.
Das ſuͤſſeſte/ ſo an dir iſt/

muß ich/ ungerne zwar/ verſchweigen/

doch kan es uͤber alles ſteigen/

was je die Sterblichen verſuͤßt.

Die Suͤſſe/ ſo es von ſich giebet

macht Leib und Geiſt zugleich verliebet.

8.
Man ſagt wol/ daß was ſuͤſſers nicht
ſey/ als der ſanffte Schlaaff zufinden?

das kan ich leicht daher entgruͤnden:

als neulich uns verſchwandt das Licht/

war mir das wachen alſo ſuͤſſe/

daß ich den Schlaaff drum fahren lieſſe.

VIII.
Das kranke Buſchgen.
Ober-
[260]Geharnſchter Venus.
Figure 135. Oberſtimme. Franzoͤiſche Arie.

[figure]
Figure 136. Grundſtimme.

[figure]
Buſchgen
[261]Lezteres Zehen.
1.
BUſchgen henkt’ ihr Haͤuptchen nieder

und ließ herbe Seuffzer gehn/

die ſonſt muntern Augen-lieder

hatte ſie halb offen ſtehn/

wie ſie die verzukkten mahlen

in Dionen Saalen.

2.
Der gehemmte Pulß der Haͤnde
ſchlug ganz ſacht und langſam an/

wie/ wenn einer nah’ am Ende

kaum das Herze ruͤhren kan.

Jhrer Wangen Roſen blichen

Geiſt und waͤrme wichen.

3.
Seban hatte ſich geleget

auff der liebſten Doris Mund

und/ wie ein Verliebter pfleget/

als/ dehm alles war vergunnt/

durfft’ er ſich mit tauſend Schmaͤzzen
oͤffentlich ergezzen.

4.
Jch vermerkte bald die Kreide/

daß diß treu-verliebte Paar/
Ozu
[262]Geharnſchter Venus.

zu des Buſchgen ſtillem Leide

einig nur der Anlaß war/

drum wolt’ ich ſie gleicher maſſen

kuͤſſend auch umfaſſen[!]

5.
Bald ward ihr Geſichte helle/

roͤtlich ihrer Wangen Saal/

Muht und Leben kam zur Stelle:

doch erſeuffzt ſie noch einmahl/

dieſes machte/ daß ich fragte

was ſie heimlich plagte.

6.
Nichts nicht (ſprach ſie) mich betruͤbet/

daß ich nicht zu Hauſe bin.

Meine Mutter/ die mich liebet/

kraͤnket ſich in ihrem Sinn/

wenn allein ich ohn begleiten

geh bey ſpaͤten Zeiten.

7.
Toͤhricht muͤſt’ ich ſein geweſen/

wenn ich nicht errahten ſolt’

ihre Krankheit und geneſen/

und was ſie von mir gewolt/

Doch verbarg ich diß mein wiſſen

mit gehaͤufften Kuͤſſen.

Unter
[263]Lezteres Zehen.
8.
Unter dieſen Liebes-Freuden

fing ich ſachtlich zu ihr an:

Schoͤnes Kind/ ach! daß uns beyden:

gleiche Luſt nicht werden kan

die den zwey Verliebten heute

Venus ſchenkt zur Beute.

9.
Wenn es Gottes Wille waͤre[/]

wuͤrde bald gemacht der Kauff/

ich enſage keiner Ehre

gab ſie mir zur Antwort drauff.

Und ſo ward diß ſcheinſam Lieben

kuͤſſend unterſchrieben.

10.
Doch/ was kunnte das verſchlagen/

Kuͤſſen leſchet nicht genug.

Jhre Schwermuht abzutragen

war auch hier nicht Zeit noch Fug/

weil man bey der Lichten brandte

uns zu ſehr erkandte.

11.
Magd/ wo bleibſtu doch ſo lange

Komm/ und zuͤnd die Fakkel an/
O ijdenn
[264]Geharnſchter Venus

denn man in dem dunkeln Gange

leichtlich ſich vertreten kan.
(rieff ſie) und verließ die beyden

in vergunten Freuden.

12.
Fragſtu/ ob ich mit ihr gangen?

freylich. Sollte das nicht ſein.

Jhr bedruͤkken und umfangen

machten mir den Weg zu klein/

daß/ eh wir es kaum vernahmen

wir zur Haußtuͤhr kahmen.

13.
Dehm/ was weiter ſich begeben/

haſtu nicht zu forſchen nach/
ſie leſcht ſelbſt das Licht/ mein Leben/

boht mir an ihr Schlaaff-gemach.

Waͤr die Mutter nicht geweſen

haͤtte ſie geneſen.

IX.
Liebe vergroͤſſert ſich/ wie ein ge-
welzter Schnee-ball.

Figure 137. Oberſtimme. C. B.

[figure]
be
[265]Lezteres Zehen.
[figure]
Figure 138. Grund-ſtimme.

[figure]
[266]Geharnſchter Venus
[figure]
1.
JCh wil euch Wunder-Dinge ſagen/

wie ſich die Liebe pflegt zujagen

und waͤchſet jeden Augen-wink.

Jndehm ſie wie ein Steubchen ſcheinet/

wird ſie ein Berg/ eh man es meinet.

Jſt dieſes nicht ein Wunder-ding?

2.
So bald die Jungfer wird geſehen/

pflegt man ihr kuͤnſtlich nachzugehen.

Kein einig Blikkchen ſtreichet fort

daß man ſie liſtig zu bewegen/

nicht alles Orts ihr geh entgegen

und wechsle Lieb und Liebes-wort’.

3.
Auff Rede folget Wieder-rede.

Kein Weibes-bild iſt je ſo bloͤde/

die auff den Gruß-nicht danken ſolt’.
Als-
[267]Lezteres Zehen.

Alsdenn (haͤlt ja die Zunge feſte)
ſo tuht ein ſuͤſſer Blikk das beſte/

und zeuget/ was das Herz gewollt.

4.
So bald des Buhlers Weiſ’ und Sitten

der Schaͤmenden Gemuͤht beſtritten/

und nu die Scheu wird ſchlecht geachtt.

Dem geht es an ein lieblen ſcherzen/

an Hand-Fuß-drukken/ kuͤſſen/ herzen/

So iſt der rechte Grund gemacht.

5.
Bald wird man mehr und mehr gemeine.

Man achtet Ehr und Schande kleine.

Das ſchlechtſte heiſt: Ein Griff in Zucht.

Was ferner folgt/ darff ich nicht ſingen/

es moͤchte mich in Argwohn bringen/

ich haͤtt’ es etwa ſelbſt verſucht.

X.
Blinzel-Mauß.
Figure 139. Oberſtimme. C. B.

[figure]
ichs
[168[268]]Geharnſchter Venus
[figure]
Figure 140. Grundſtimme.

[figure]
Eins
[269]Lezteres Zehen.
1.
EJns hab’ ich noch bißher verſchwiegen

auch wolt’ ichs ſagen nimm ermehr/

wie ſich Florind’ um Zucht und Ehr

ließ lieder-liederlich betriegen/

weil aber ſie mich ſtets verachtt/
ſo ſey es in die Welt gebracht.

2.
Die Sonne war zur See gegangen

die Lufft ſach ſchwarzen Kohlen gleich.

Man merkte kaum der Sternen Reich

und Zyntien verblaßte Wangen.

Die Ober-Erde ging zur Ruh

und hatte Sinn und Augen zu.

3.
Da kahm das ſtolze Tier Florinde

durch einen finſtern Gang daher.

Jch hatte mich gleich ungefehr

geſtrekket auff ein Heu-gebuͤnde

als dieſe geile Schaͤffer-magd

Seid ihr allhier/ Chorambus/ ſagt.

4.
Sie hatte den/ der ſich ſo nannte/

den Abend auff den Ort beſtellt:

die Tuͤhr war aber zugekrellt/
O vJch
[270]Geharnſchter Venus

Jch/ der ſie ſtraks an Reden kannte/
ſprach leiſe: Schaͤzgen/ der nach dir
ſo ſehnlich ſeuffzet/ der iſt hier.

5.
Da haͤttſtu Spruͤnge ſollen ſehen/

wie ſie ſo ploͤzlich zu mir kahm/

wie ſie mich in die Arme nahm:

Jch ließ es unerkant geſchehen/

und kuͤßt’ als haͤtt’ ich groſſe Luſt

an ihr/ die ganz entbloͤßte Bruſt.

6.
Da war der Schaam nicht zugedenken.

Sie ſtekkte meine Hand wohin.

Mich wundert/ daß damaal mein Sinn
ſich nicht zur Eitelkeit ließ lenken.

Gelegenheit hat den Verſtand

offt auff verbotne Luſt gewannt.

7.
Doch war diß ſchlecht mich zuberuͤkken.

Jch weiß nicht/ was am Rokke hing/

daß ſie mit groſſer Brunſt umfing.

Da hoͤrt’ ich Seuffzer/ fuͤhlt’ ich druͤkken.

Was meine ihr/ waͤre da geſchehn

haͤtt’ ich auff Tugend nicht geſehn?

Drum
[271]Lezteres Zehen.
8.
Drum ſtieß ich Sie gemach zuruͤkke/

indehm ſo boll’ in guter Stund’

Melampus/ unſer Hirten Hund:

und dieſes war mein hoͤchſtes Gluͤkke
ſonſt muſt’ es werden offenbahr/

daß ich nicht ihr Chorambus war.

9.
Jndehm ſie zu dem Hunde ginge

und ſtreichelnd ihn zufrieden ſprach:

barg ich mich heimlich unters Dach/

das uͤber einem Stalle hinge:

weil ſie mich nacher dar nicht fand

erhub ſie ſich ins Feder-land.

10.
Wer ſchleußt nu nicht auß dieſen allen/

Chorambus ſey das erſte mahl

nicht kommen in Florinden Stall/

und was fuͤr Heu alldar gefallen.

Wer klug iſt/ kan es leicht verſtehn/

was offt Florinden ſey geſchehn.

Dem
[]

Dem Eyfferigen:


SAgt’ ich dir nicht/ du ſolltſt dich laſ-

ſen halten?

Doch haſtu dieſes lezte Zehn/

als waͤrſtu ſchwanger/ muͤſſen ſehn.

Nu/ hoͤr ich/ iſt die Galle dir zerſpalten.

Die Schuld iſt dein. Haͤttſtu gelacht/

wie ichs/ der/ und der dritte macht:

ſo ſchmekkt’ es dir im Munde nu nicht

bitter.

Der iſt geſchoſſen im Gehirn/

wer murrt und runzelt denn die Stirn

Wenn Amor ſingt und Venus ſchlaͤgt

die Zitter.

Filidor.


Des Fuͤnfften Zehens
Ende.


Filidors
[]

Filidors
Geharnſchter Venus
Sinn-reden.


Nach Zypern muſtu gehn/ wilſtu die Raͤtzel wiſſen.

Hier iſt die Pyte nicht/

die duͤnkle Spruͤche ſpricht.

Die Venus redet ſo/

drum ſey kein Stichel-froh/

wo du ſie willſt verſtehn’

Ganz freundlich muſtu ſehn/

und ohn Verdacht und Neid auff Liebe ſein befliſſen[.]

Filidor.


[]
Dem
Erbahren/ Vorſichtigen und
hochweiſen Herren

Momus
ſchreibet auß ſonderlich-geneigtem
Gemuͤhte
gegenwertiges Teil der
Sinnreden/

nicht ohne
Vermeldung ſeines dienſtlichen
Gruſſes/ zu
Filidor der Dorfferer
durch folgendes:

MOmus/ der der Weißheit Grund/ wie

aus dem Geſtirne ſiehet/

der auß der Geſchikkligkeit das gefuͤnffte

Weſen ziehet/

welcher durch ein Perſpektiv aller Men-

ſchen Tuhn betrachtt

ja auff Ammons Tohrheit ſelbſt hat mit

klugen Sinnen acht

Euer
[]Zuſchrifft.
Euer hoch-wizz zwinget mich dieſe Reden

Euch zugeben:

ein ſolch-hoch-erleuchter Siñ wird doch weit

und breit nicht leben

der Euch/ Richter/ wage haͤlt. Jhr nur

nehmt am erſten ein

was deß/ ſo allhter verdekket/ wahre Mei-

nung moͤge ſein.

Ein hart-ob ſich ſtehend Haar/ daß deß Vogels

Federn gleichet

den der Meleager ſchoß und ihn Atalanten

reichet’

eine traur-bewuſte Stirn/ die nur eine Run-

zel hegt

ſo ſich umb das Kuͤnſte-ſchloß zehnfach ha[t]

herum gelegt

ein anſehnlich-langer Gang/ wie Lykurgus

kahm getreten/

wenn er die Geſezze laß ſo viel untergebnen

Staͤten/

Kleider als der Stoa trug/ wenn er die Be[-]

gierden zwang/

Sitten/ wie Fabrizius/ Reden hunde[rt]

Ellen lang/

Grobe Speiſen/ hartes Lager/ ſchlechter Hauß

raht/ Buͤcher! Buͤcher!

Buͤ[-]
[]Zuſchrifft.
Buͤcher! Buͤcher ohne Zahl/ und noch meh-

res glaubet ſicher

daß diß alles klar bezeugt ein vergoͤttertes

Gemuͤht/

ſo Minerven Heimligkeit durch viel tauſend

Brillen ſieht.

Weil ihr nu mit alle dehm/ Momus/ reichlich

ſeid begabet/

und ſechs Unzen mehr Verſtand/ als die Goͤt-

ter ſelber/ habet

hab’ ich diß verbluͤmte Spiel euerm Luch-

ſen-ſcharffem Sinn’

als zum Abſchied’ hergebracht. Nehmt es

Pruͤfer/ willigſt hin.

Andre handeln allzugrob. Dieſer heiſt auch

einen Narren/

Jener ſchreibt auff euch Paßqwill’ und kan

kaum ſo lange harren

biß der Titul iſt vorbey/ reizt er euch im er-

ſten Blat/

der tritt gar mit Drohen auff. Denn ſo

kommt der viert’ und hat

allzuviel vor euch gelernt/ heiſt euch einen

Jdioten/

heut euch einen Eſels-drek/ und was mehr der

groden Zoten

die
[]Zuſchrifft.
die der Herr nicht leiden kan. Nein/ Herr/

Momus! Nein/ Herr/ Nein!

laſſet uns fein Komplementiſch/ lieber

Herr/ zuſammen ſein.

Was ich hier hab’ auffgeſezzt/ goͤnn’ ich euch

von ganzem Herzen.

Meint Jhr/ daß ich ſo mit Euch nu unhoͤff-

lich wolle ſcherzen?

hier iſt Ernſt. Nein. wißt Jhr nu wie ihr

diß vergelten ſolt?

daß/ was ihr zutuhn ſonſt pflegt/ ihr hierin-

nen laſſen wollt.

Hamburg den 30. Auguſtm.
1657.
Filidor.


Der
[272]Geharnſchter Venus
I.
DEr erſte Griff der Liebe

geriethe mir durch Diebe/

nun ſtehl ich immer zu.

Der ſchlauen Diebereyen

kan ſonſt mich nichts befreyen/

als Unruh und die Ruh.

II.
Du Morfeus haſt mich kuͤhn gemacht/

haͤtt’ ich dein Spielwerk nicht erfahren:

wir waͤren noch/ als wie wir waren.

Haͤtt’ ich diß Ding doch laͤngſt bedacht.

III.
Jch hielt’ auß Scherz ein liebes Kind umfan-
gen/
(gen/

die Eyfer-ſucht verfaͤrbte Mund und Wau-

als ſie diß Spiel von ungeſehr erſach.

Haͤtt’ Eyfer nicht den Eyfer laſſen ſehen/

ich wuͤrde nicht ſo wol mit Buſchgen ſtehen/

Nu wird es Ernſt/ was vor auß Scherz
geſchach.

IV.
Ein groſſer Sturmwind kahm geflogen

bey mir kahm Amor eingezogen
und
[273]Sinnreden.

und ſtuͤrmete viel haͤrter an

haͤtt’ ich ihm damahls Plazz gegeben/
ſo moͤcht’ ich wol vergnuͤgter leben.

Ach! daß ich mich nicht ſchikken kan!

V.
Die Nacht/ die Tuͤhr/ die Gunſt/ verborge/
machte/ gabe/

mein Gluͤkk/ mich froh/ was ich ſo offt verlan-
get habe.

Sey ſtille Nacht gekuͤßt/ ihr Pforten
bleibt geehrt/

und du geliebte Gunſt werd’ je und je ge-
mehrt!

VI.
Von einem Kuſſe kahm mir alles Leiden/

auß einem Kuß’ entſtunden mir die Freuden/

dergleichen ich mein Tage nie genoß.

Die Luſt erregt’ ihr Lenz der roten Wangen.

Es hat der Nord das Leid erſt auffgefangen.

So iſt die Freude niemahl Leiden-bloß.

VII.
Jch laß’ ein gutes Pfand/

und mir iſts unbekannt.

Ach! ſolt’ ichs einſt erkennen!
Mein
[274]Geharnſchter Venus

Mein Ungluͤkk aber treibt mich fort/

ich weiche von dir/ liebſter Ort/

den ich ohne Schmerzen kan nimmermehr
benennen.

VIII.
Jch hielt’ einmahl ein Kind umfangen/

ein Kind das kahm herab gegangen

zu holen vor ein Kind der Zeres Safft

da muſt’ ich als ein Kind verkriechen/

und wo das Kind es koͤnnen riechen:
ſo haͤtte mir das Kind viel Leid geſchafft.

IX.
Wiltu/ Naͤrrin/ ſchelten/

laß die Pauſen gelten

und nim den Takt in acht/

Kein Lied iſt wol gemacht

daß nur Schwaͤnze heget

und den Atem leget.

X.
Roſill’ iſt zwar Filandern feſt verbunden/

doch goͤnnt ſie mir die erſten Freuden ſtun-
den
Jch
[275]Sinnreden.

Jch bin es/ der die vollen Trauben brach/

hernach/ ſo mag Filander leſen nach.

XI.
Seht/ was der Hochmuht kan!

Nicht ſtets ein Oberman
ſprach Fillis und ging oben.

Die Hoffart iſt zu loben

XII.
Was die Venus buͤkkend hat geleſen/

hab’ ich buͤkkend wieder eingebracht

als der Tag bezwang die muͤde Nacht/

Bin ich nu nicht dankbahr ſatt geweſen.

XIII.
Amor hatte mir die Spizze

mich zuwehren/ ſtumpf gemacht.

werd’ ich ſchuldig außgelacht/

nu mein Schwert mir nicht iſt nuͤzze?

Nein. Kein Fechter darff es wagen/

gegen zwey zugleich zu ſchlagen.

XIV.
Durch Schwachheit iſt mir meine Staͤrte
kommen
durch
[276]Geharnſchter Venus

durch Schwachheit ward ich meiner Krafft
entnommen/

Nu bin ich durch die Schwaͤche worden
ſchwach/

doch laͤßt auß Schwachheit meine ſchwaͤ-
che nach.

XV.
Wiltu/ Reuter/ mich nicht reiten laſſen/

warum goͤnnſtu mir denn Zeug und Feld?

wil dein Sattel nur mir an-ſich-maſſen/

wett’ ich/ wer den beſten Ritt erhaͤlt.

Stich dein Klepper an/ und renne zu/

ich bin ſo ein Kavalier als du.

XVI.
Waͤr’ ein Licht nicht außgegangen/

waͤr’ ich/ Blinder/ nicht gefangen/

Nu verloſchen iſt das Licht/

hab’ ich kein Geſichte nicht.

XVII.
Was meiner Schoͤnen nicht gefiel/

entzog mir offt des Schuſſes Ziel.

Und dieſes hat allein gemacht

daß ich den Pfeil ins Ziel gebracht.

Haſtu/
[277]Sinnreden.
XVIII.
Haſtu/ Schoͤne/ niemals nicht geleſen/

daß die Venus nakkend ſey geweſen/

als ſie den Gradiv entwehret macht.

Warum greiffſtu/ Kind/ denn nach der Weh-
re,
ſichſtu/ nu verleſcht des Sieges Ehre.

Weine. Ja haͤttſtu es vor bedacht!

XIX.
Was Amor kaum gewuſt/ als er zwey Herzen
zwunge/

und ihm des Bogens Krafft durch Streit
und Sieg gelunge/

erſahr’ ich ſelbſt durch ihn. Jch ſag’ es A-
morn an/

Nu Amor in mir wohnt/ was er mir kund
gethan.

XX.
Jch dachte bald ſo lang’ ich von ihm ferne
bin

wil ich/ als Siegerinn wol mit dem Lorbeer
prangen
(Sprach
[278]Geharnſchter Venus
(Sprach Roſilis) ſie war mir allzu nah ge-
gangen/

und ohne Sinn und Macht ins Graß geſun-
ken hin.

XXI.
Ein Demant/ als ein Wachs/ iſt Roſilis/
mein Licht/

auß der ſo wancher Straal der Liebes fun-
ken blikket.

Sie iſt ſo hell und rein/ ſo ſteinern aber
nicht/
ſonſt haͤtt’ ich’ meine Form nicht in ihr
Wachs gedrukket.

XXII,
Der Sieger hohe Pracht/ der Tichter Ange-
merke

der Jungfern Ruhm und Luſt nahm mich
in ſeinen Kreyß.

Wiewol erging mirs dar! Mein Amor kahm
zu Werke

und ſtach mich tapfer an. Du Gluͤkk ver-
wendte Reiſ
er-
[279]Sinnreden.

erteilſt mir alle Luſt/ und meine Luſt-gefehrden

verhindern/ daß ich nicht der Luſt kan faͤ-
hig werden.

XXIII.
Jch dank’ es dir allein/ du Weyſer von Sta-
gyr/

daß ich durch deinen Wizz zu ſolchem Wiz-
ze kommen/

der einen Zweiffel mir/ den du nicht weiſt/
benommen.

Nu wiltu kluͤger ſein/ kom̃ lerne was von mir.

XXIV.
Das Eyß zerbricht. Die Schoͤnheit laͤſt ſich
ſehen.

Der Amor fleucht aus Tetis Schooſſe her.

Mein’ erſte Funk’ entzuͤndt ſich auß dem
Meer’.

Jſts muͤglich/ auch im Waſſer gluͤend ſtehen?

XXV.
Mich traͤumt’ als Roſilis auff meine Lippen
fiele/

Jhr ſuͤſſer Zukkermund gab mir ſo man-
chen Kuß/
Pdie
[280]Geharnſchter Venus

die Seel’ erhube ſich ob dem beliebten Spiele.

Jch wacht’: Jndehm entwich der bunte
Fantaſus.

Da ſtunde Roſilis fuͤr mir mit Leib und Leben.

Hat Morfeus nu den Kuß mir/ oder Sie ge-
geben.

XXVI.
Durch einen Unterſchlag ward ich der Lieb-
ſten gleich/

und haͤtt’ es ſie geglaubt/ nicht in der Taht
erfahren/

daß ich und Sie/ wir zwey ſo gleich einander
waren.

Jezt lebt’ ich nicht vergnuͤgt. Jezt waͤr’ ich
nicht ſo reich.

XXVII.
Die Venus kan man nicht/ als in dem Hellen
ſehen/

doch kan die Venus nie beym hollen gluͤkk-
lich ſein.

Wie gerne wolt’ ich ſtets auff Amors Poſten
ſtehen:
ſchien’ Ach! Vulkanus Lunt’ in Ruͤkken
mir nicht ein.

Was
[281]Sinnreden.
XXVIII.
Was mir in der Naͤhe war/ kunnt die Naͤhe
mir nicht ſchenken/

biß ich in die Ferne kahm/ da wurd’ erſt das
Ferne mein.

Nahe kunnt das Nahe nicht meinem Herzen
nahe ſein.

O du ſuͤſſes Ferne du/ ewig werd’ ich dein
gedenken.

XXIX.
Diane wuſche ſich in reinem Bade/

ein junger Jaͤger kahm darzu gerade/

den halben Leib bedekkt die Silber-Fluht

die Helffte ſah’ er bloß ob Tetis Wellen.

Hie war der Klippen Bild/ und dort der hellen

Ein ander trug darvon Akteons Hut

XXX.
Wer mit Kaliſten wil verguͤnt in Freuden
leben/

Der muß Kleandern ſich verſchweren als
ein Freund.
(ben

Lyſandern haͤtte nie das Gluͤkk ein ſolches ge-

was er jo offt erhielt/ Wer er Kleanders
Feind.

P ijVer-
[282]Geharnſchter Venus
XXXI.
Verraͤhtriſch Licht/ du haſt mich zwar betro-
gen/

daß ich ſo offt den Kuͤrzeren gezogen:

doch dißmahl iſt dein Feuer ſpat entbrant.

Jch hab’ es ſchon/ worauff ich ging/ empfan-
gen.

Nu hinderts nicht/ daß du biſt angegangen.

Jch ſchlaffe feſt. Sie hat ſich umgewandt.

XXXII.
Der Rauch vertreibt den Schwarm der Bie-
nen

daß man den Honig brechen kan.

Daß mir mein Honig-gluͤkk’ erſchienen/

hat/ Trozz dem Neid! auch Rauch getahn.

XXXIII.
Du ſichſt mir zu/ Vulkan/

wie ich die Venus herze/

und/ weil du meinſt/ ich ſcherze/

wie wirſtu heiſſen? Pan.

XXXIV.
Jch bahte ſie auff Brodt und Wein

und Roſilis verſchwur zu kommen/

Sie hat den Grauen angenommen/
ſeit
[283]Sinnreden.
ſeit wir ſo kurz vonſammen ſein

da wir uns doch ſo freundlich hatten/

als Luna ſpielte mit dem Schatten.

Nu Foͤbus mahlt der Luͤffte Tohr/
ſtellt ſie ſich fremde/ wie zuvor.

Jch lob’ es/ wo durch ſcheinſams haſſen

man nur nicht Argwohn moͤchte faſſen.

XXXV,
Hier iſt dein oͤdes Bette nicht/

hier darffſtu/ Dulus/ mir nicht dienen.

Seht wie uns kan der Schlaaff erkuͤh-
nen.

Es greifft mir Dulus ins Geſicht’/

ich ſchweige ſtill/ und bin zu frieden

daß ihn der Traum und Nacht verblendt

ach! wuͤrde doch ſo einem Jeden

ſein ſchaͤler Eyfer abgewendt/

XXXVI.
Wie wuͤrdeſtu dich ſtellen/

wenu/ Roſe/ den Geſellen

du bey mir ſollteſt treffen an?

du biſt zu langſam kommen/
ſonſt haͤtt’ ich dich genommen.

Du weiſt/ daß Brunſt nicht harren kan.

P iijKu
[284]Geharnſchter Venus
XXXVII.
Kupido gibt mir/ was ich wil/

und/ was ich wil kan er nicht geben/

Diß machet/ daß ich Teleſill’

iezt deiner muß beraubet leben.

XXXVIII.
Mein Lieben fing ſich an im Schnee/

weil ich zuviel den Schnee beſchauet.

Auch iſts der Schnee/ vor dehm mir
grauet/

der Schnee/ den ich ſtets vor mir ſeh.

Schnee komm/ Schnee weich/ ſo wil ich
ſagen/

daß dich der Himmel hat getragen.

XXXIX.
Du ſchweerſt/ du wolltſt dein Leben vor mich
laſſen

du wolltſt um mich auch deine Seele haſſen/

Chorambus. Recht: daß du ſo liebeſt
mich/

denn niemand iſt dir mehr verwandt/ als
ich.

Der
[285]Sinnreden.
XL.
Der verfluchte Hagels-Neid

hat ein allzu ſcharff Geſicht:

drum hat Roſilis das Licht

allzunaͤhrlich abgemeyt.

Weil der Neid nach Schwefel tacht/

Feuer-zeug und Zunder gehet/

hat die Roſilis verbracht

was ein ieder nicht verſtehet.

XLI.
Wir ſingen. Fillis ſpielt die Floͤten

den Schall merkt Sie und ich allein.

Laß/ Fillis/ laß dein Fingern ſeyn/
ſonſt wirſtu mich durch Sehn-ſucht toͤdten.

Soll aber ich die Laute ſchlagen/
ſo wil ich wol ein Stuͤkkgen wagen.

XLII.
Roſilis ich bin dein Gaſt
ſoll ich recht bewirtet ſein

denn ſo laß uns beyd’ allein.

Zeugen ſind mir ganz verhaßt

die auff einen jeden Biſſen

den wir ich und du genieſſen/
P iiijſ[o]
[286]Geharnſchter Venus
ſo genau geben acht.

Roſilis hats gut gemacht.

der holt Licht und der Tobak

den wil ſie nach Milch außſchikken/

der bringt Bier/ der fuͤnffte mag

bleiben/ weil er geht auff Kruͤkken.

XLIII.
Der Orſeus drang

durch ſeiner Seiten zwang

in Pluto Hoͤllen ſchlund.

Mir iſt es auch gelungen/

daß ich zum ſchwarzen Grund

durch meine Leyer hingedrungen.

XLIV.
Die allerbeſte Venus-Gabe

die ich ie zu verſchenken habe

verſchuͤttet Fillis mit der Hand.

viel beſſer waͤr’ es angewandt/

wenn/ was ſie dißfalls mir genommen

ihr ſelbſt zu gute moͤchte kommen.

XLV.
Der Tag war annoch blaß/

und Fillis wieſe was/
daß
[287]Sinnreden.

daß ich nicht darff beruͤhren.

Haͤtt’ ich/ was drunter war

ich wolt’ auch um ein Haar

mich nicht darob verfuͤhren.

XLVI,
Das Frauen-zimmer iſt ja ſonſt dem Geize
zugetahn.

wie koͤmmt es denn/ daß Fillis nicht ſo viel ein-
nehmen kan/

ich kabe wenig. Dennoch iſt ihr diß mehr
angenehm

als wenn mit Amaltaͤen Horn ſelbſt ihr Fi-
lander kaͤhm.

XLVII.
Ein wahres Wort/ wer nicht wil kuͤhne ſeyn

der ſtelle nur den Liebes-handel ein.

Man traͤget mir die vollen Wahren an

und ich kan mich nicht in die Nahrung finden.

Wers auff Verluſt nicht wagen wil noch
kan:

was Wunder? daß er allzeit bleibt dahin-
den.

P vRo-
[288]Geharnſchter Venus
XLVIII.
Roſille hat mir was geſagt

daß Neid und Streit in mir erreget/

auch wird die ſcheel-ſucht nicht geleget

biß ſie ein gleiches mit mir wagt.

XLIX.
Jch haͤtt’ es Fillis dir verſprochen/

und Dule hat es unterbrochen.

Ach zuͤrne/ Fillis/ zuͤrne nicht:

Jm dunkeln treugt uns das Geſicht.

L.
Solt’ ich/ Dule/ nicht zu dir zur Hochzeit
kommen/

ey/ ſo waͤr’ ich deines Manns Verwanter
nicht?

Haſtu mich doch ehr als Gaſt wol auffgenom-
men.

Jzt ſtell’ ich mich ein/ wer weiß/ was mehr
geſchicht.

Der Sinnreden
Ende.


We-
[[289]]

Wegen der Zuſchrifft an den
Momus.


Jn Jndien pflegt man den Teufel zu ehren/

weil er am meiſten Schaden thut.

der gute Gott/ dieweil er gut

wuͤrd’ ohn diß die Menſchen mit nichten be-

ſchweeren.

Der Momus/ der heßliche greßliche Dieb/

der findet leichtlich ein Gebrechen.

Drum wolt’ ich ihn zufrieden ſprechen.

Auffrichtigen Leſern iſt dieſes ſchon lieb.

Filidor.


P vjDa-
[[290]]Zugabe.
  • Damit der Kaͤuffer nicht ledige Blaͤtter be-
    zahle/ als ſeind (weil etwas Raum uͤ-
    brig) folgende Madrigalien angehengt
    worden.

1.
DEr Vorraht in Saturnus Welt

war Korn und reiche Wolle/

ein gruͤner Buſch/ ein Brunn ein breites
Feld:

dar lebte man ohn allen Neid und
Grolle.

Sint daß der Geiz und Hoffartkahm

und Herrſchafft nahm:

entſtund’ ein Reich des Eiſens.

Man wolte Gold und Sammet tra-
gen/

die Einfalt ſamt der Tugend golte nicht.

Die Sucht haͤlt nu die Jungfern auch
gefangen

darum werd’ ich vorbey gegangen.

Man liebt die Runzel-haut’ den Huſten
und die Gicht.

Weil
[[291]]Zugabe.
2.
Weil Hektor in dem Harniſch ſchwizzt

liegt Paris in den weichen Federn

und wird in Venus-Krieg erhizzt.

Jch lobe dieſen Streit/

wo Lieb’ und Freundligkeit
ſich ſcherzend zwakken/

mehr/ als wenn mir der Feind iſt auf den
Hakken

Warum ſolt’ ich um Reichtuhm krie-
gen/

da Lieb’ und Lieb’ im Bette nakkend
liegen[?]

3.
Komm/ Pylades/ zu mir/

es ſteht dir meine Tuͤhr

zu allen Zeiten offen.

Jch teile mit dir Brot und Wein/

das Hauß iſt mein und dein.

Jch gebe dir auch gar den Schluͤſſel zu
dem Gelde.

Diß alles ſey gemeine:

die Liebſte bleibe mein alleine/
Greiff-
[[292]]Zugabe.

Greiffſtu mir hie zu weit; ſo ſag’ ich
lieber Gaſt/

Geh hin/ du biſt mir eine Laſt.

4.
Der ſagt er ſey mit dir aufs Land gefah-
ren/

er hab’ auff weicher Streu’

einsmahls mit dir ſich duͤrffen paaren.

der hat mit dir zu Nacht geſeſſen/

der hat mit dir allein gegeſſen/

und jener hat wol ehr

dich nakkend angeſehen/

er weiß an dir ein ſchwarzes Waͤrzgẽ/

Was iſt denn daß nun mehr?

Jch laß es geſchehen.

Ein guter Wein

wil ja getrunken ſein.

Drum fuͤrcht dich nicht/ daß ich dich wer-
de haſſen

ich wuͤrde dich/ werſtu der ſauren/ ſtehen
laſſen.

Jch
[[293]]Zugabe.
5.
Jch wiche hin zum ſtrengen Norden/

und dennoch fuͤhlt’ ich Liebe.

Jch bin Gradivens eigen worden/

ich pfluͤgt ein hartes Feld/

ich ſchiffte durch Ozeans Wellen-welt/

und dennoch fuͤhlt’ ich Liebe.

Woher? iſt deñ vor Liebe nicht ein Raht?

Ach! jezt beſinn’ ich mich/ daß Amor Fluͤ-
gel hat.

6.
Was ruͤhmſtu alte Tichter-welt/

du habeſt durch dein Singen

die Loͤuen koͤnnen zwingen/

und Foͤben auß den Flam̃en bringen/

du habeſt manchen Stein an Tebens
Mauer werk

durch einen Leyer-klang geſtellt!

Kupido zog mir Seiten auff

und reichte mir den Fiedelbogen/

der hat die Roſilis bewogen/

daß ſie verliebet worden iſt.

Kupido ſey gekuͤßt/
d[u]
[[294]]Zugabe.

du Herzen-dieb.

Dein Fiedelbogen machts/ ſonſt waͤr’ ich
ihr nicht lieb.

7.
Ach ja! Es iſt ein greiſer Bahrt/

dem meine Venus nicht gefaͤllet/

der iſt von keuſcher Art.

die Keuſchheit ſtekket in den Runzeln/

ich habe keine Runzeln nicht/
[e]in ſchwarzes Haar erhellet mein Geſicht.

Die jungen Leute ſchmunzeln/

wenn ſie die Venus leſen:

du Bleicher bleichſt/ wenn du mein
Singen hoͤrſt/

das iſt ein tolles Weſen. (mag:

Jezt faͤllt mirs ein/ woher es kommen

du blaͤſſeſt/ weil du fuͤrchtſt den Juͤng-
ſten Tag.

8.
Verzweiflung/ Sorge/ Furcht und
Schrekken/

Schmerz/ Leiden/ Angſt und Quaal/
ein
[[295]]Zugabe.

ein Regiment von Gekken/

Verſpottung ohne Zahl/

das iſt der Liebe Leib-gedinge.

wer das nicht kennt/ der weiß auch
nicht/ was Amor iſt.

Sey nu geehrt/ geliebt/ gekuͤßt/

und ſey darbey ein Haubt der Narꝛen.

Wißt ihr/ wem ich das Lieben wolte goͤn-
nen?
(nen.

dem (mein’ ich) der mich nie hat lieben koͤn-

9.
Die Naſ’ an dir iſt Spannen-lang/

das Maul ſteht als ein Tohr-weg offen/

die Zaͤne ſind zwey Daumen breit/

der Wangen Schwaͤrz’ iſt Qwitten-
geel beloffen.

Der Augen Glanz ſicht wie die teure Zeit:

doch biſtu ſtolz und haͤltſt dich trefflich
ſchoͤn/

das macht: ein Mahler hat die Venus
abgeriſſen

und Mopſa oben an geſchrieben/
das
[[296]]Zugabe.

Das Bild haſtu vor deines angeſehn

und meinſt es muͤß’ in dich ſich jederman
verlieben.

10.
Einſt ſah’ ich einen alten Narren

die grauen Haare reiſſen auß

vor einer Schoͤnen Hauſ’

und wer alldar voruͤber gieng

hub weidlich an zulachen/

daß er erſt an-im Alter-fieng

die Liebe mit zu machen.

Sich/ Alter/ das ſteht dir nicht an

und deines gleichen.

Der Jugend/ die mit Rechte lieben kan

und ihrer Liebe Zwekk erreichen/

der geht das Lieben hin.

Drum lache nicht/ daß ich verliebet bin.

11.
Es iſt nicht wahr/

daß Amor den und die verzaubern kan.

hier komt es nicht auf einen Segen an/

nicht auf ein waͤchſern Bild.
Kein
[[297]]Zugabe.

Kein Kraut hegt Teſſalis das zu dem Lie-
ben gilt/

kein Laubfroſch tuhts kein Jungfer-
Haar.

es iſt nicht wahr.

Dir Zauberey ſizzt in den Augen
ſie laͤßt ſich durch den Kuß einſaugen.

Sich ſie nicht an die Eitelkeit/

verſchweer das Kuͤſſen/
ſo wirſtu nichts vom Lieben wiſſen.

12.
Du ſprichſt: Jch liebe nicht/

und dein hoffertiges Geſicht

hat bald den Spiegel durchgebohret.

Du gehſt durch alle Gaſſen ſchwaͤnzen

und findſt dich gern bey Hochzeit-taͤnzen.

Sonſt ſtehſtu an der Tuͤhr

und liegſt am Fenſter fuͤr und fuͤr.

Florille/ Mein! ſind diß der keuſchheit Werke/

die Buhler durch die Augen anzulokke[n]?

Mein! bleibe bey dem Rokken.

Doch nein. Solltſtu dich nicht den Leuten
weiſen/

wer kennt’ und wuͤrde dich vor eine Keuſche
preiſen?

Ga-
[[298]]Zugabe.
13.
Gaminde weiß an allen einen Tadel

der iſt ihr allzuklug und der ein Gekk/

der iſt zu ſtill’ und der zu kekk

der andre pflegts zuriſch zuwagen

und dieſer laͤſt ſich ſchlagen.

Die Arme muͤſſen Kurz um weichen/
ſie liebet um Verdienſt die Reichen.

Und keinem iſt ſie doch getreu

Gaminde ſich dich fuͤr. Die Zeit fleugt fort

wie bald iſt deine Schoͤnheit port.

Was achts Gaminde: die der Leute lachen/

kan man zulezt zu Kupplerinnen machen.

14-
Verſchließ die Tuͤhr mit hundert Schloͤſſern/

der Hund ſteh auff der Wacht/

die Mutter ſchlaf’ auch ſelbſt bey ihr zu
Nacht/

laß ſie nicht an der Pforten ſtehen/

verbiet ihr das Spazieren-gehen:

Es iſt umſonſt.

Die Geilheit iſt als eine Mauß/
ſie weiß wol tauſend Loͤcher/

und uͤbet mehr/ als eine Kunſt/

verwahrt die Tugend nicht das Hauß.

Es
[[299]]Zugabe.
15.
Es iſt wol ehr geſchehn/

daß eine hat geweinet.

wenn ihr die halb-verfaulten Zaͤhn’

auß ihrem Munde Fleiſch-loß blekkten.

Und niemand hat ſie denn gemeinet.

Es hat noch keiner dich genommen.

Die Zeit kan an dich kommen/

daß man dich fragt:

weiſtu vor mich kein ſchoͤn Geſicht/

denn dich begehr ich nicht?

16/
Nim Gold einmahl/ und leg es in das Bette/

Verſuch es ob es Waͤrme gibt

und ob dichs wieder liebt.

Ein friſches Bluht/ ein Mund mit Roſen
außgeaͤzzet/

das iſt/ daß Lieb’ und Lieb’ ergezzet.

Vom Gelde muſtu Alten ſagen/

die ſonſt nichts liebens wehrt an ihren Lei-
bern tragen.

Nim einen Alten hin:

was gilts? du wirſt einſt klagen:

Ach! haͤtte mich mein junger Sinn

zu meines gleichen hingetragen!

Jch
[[300]]Zugabe.
17.
Jch lobte dich durch meine Leyer/

das macht’ ich meinte niemand waͤre treuer.

Nun fluch’ ich auf der Feder ſchnelle fahrt.

Gebt Feuer her. Jch wil den Vers verbren-
nen!

Nicht zu geſchwinde! Nein.

Wie wolte man denn ſonſt erkennen/

daß/ was ich ſchrieb/ ſolt’ ein Gedichte ſein.

18.
Waͤrſtu nicht ſchoͤn wie haͤtt’ ich dich gelie-
bet?

nu biſtu ſchoͤn ſo haſſet mich der Neid/

und goͤnnet mir nicht deine Freundlig-
keit.

Waͤrſtu nicht ſchoͤn/ ſo haßte dich ein Je-
der:

nu/ biſtu ſchoͤn/ ſo liebt dich jeder wieder.

Ach! moͤchteſtu doch mir nur ſchoͤne
ſein
ſo nennte ſich kein ander deinen Knecht.

daß du nu ſchoͤne biſt/ iſt recht und auch nicht
recht.

Der
[[301]]
Der Kato nennt es Zoten/

was ich bißher geſezzt.

Wer iſt denn je geweſen/

der ihn es zwang zu leſen?

Wen dieſes nicht ergezzt/

dehm hab’ ichs ja verboten.

Filidor.


ENDE.



[[302]][[303]][[304]][[305]][[306]]

Lizenz
CC-BY-4.0
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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2025). Stieler, Kaspar von. Die Geharnschte Venus oder Liebes-Lieder im Kriege gedichtet mit neuen Gesang-Weisen zu singen und zu spielen gesezzet. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). https://hdl.handle.net/21.11113/4bn5j.0