NACH
REISEN UND STUDIEN
IM AUFTRAG
DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN REGIERUNG DARGESTELLT
LAND- UND FORSTWIRTHSCHAFT, INDUSTRIE UND HANDEL.
20 HOLZSCHNITTEN IM TEXT UND 3 KÄRTCHEN.
VERLAG VON WILHELM ENGELMANN
1886.
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[[II]][[III]]
NACH
REISEN UND STUDIEN
IM AUFTRAGE
DER KÖNIGLICH PREUSSISCHEN REGIERUNG DARGESTELLT
LAND- UND FORSTWIRTHSCHAFT, INDUSTRIE UND HANDEL.
20 HOLZSCHNITTEN IM TEXT UND 3 KÄRTCHEN.
VERLAG VON WILHELM ENGELMANN
1886.
[[IV]]
Alle Rechte vorbehalten.
[[V]]
VORWORT.
Indem ich hiermit die Resultate vieljähriger Studien der Oef-
fentlichkeit übergebe, hoffe ich gebildeten Lesern in den ver-
schiedensten Berufsstellungen willkommene Auskunft und Beleh-
rung über mancherlei Fragen bezüglich des Culturzustandes von
Japan und der Erwerbsthätigkeit seiner Bewohner bieten zu
können. Die reiche Literatur über dieses Land und Volk hat
viele Gegenstände, welche hier eingehend behandelt wurden,
entweder gar nicht berührt oder doch so, dass die naturwissen-
schaftliche und technische Seite dabei zu kurz kamen. Dies und
verschiedene andere Umstände bestimmten mich, während meines
Aufenthaltes in Japan meine Beobachtungen und Studien auch
auf Gebiete auszudehnen, die nicht unmittelbar in den Kreis mei-
ner Aufgaben fielen. Dennoch fürchte ich nicht, dass desshalb
competente Beurteiler in den Abschnitten über das japanische
Kunstgewerbe einen Mangel an Hingabe und Gründlichkeit finden
werden.
Wohl aber wuchsen bei dem weiten Rahmen, welchen ich
mir zog, die Schwierigkeiten in hohem Grade, namentlich als es
galt, die in Japan gewonnenen Eindrücke und Resultate in Eu-
ropa zu bearbeiten und zu ergänzen. Dass und wie dies ge-
[VI]Vorwort.
schehen ist, wird man am besten aus den einzelnen Kapiteln
selbst ersehen.
Damit habe ich zugleich den Hauptgrund angedeutet, wess-
halb diese Arbeit, obgleich ich ihr seit meiner Rückkehr aus
Japan den grössten Theil der Zeit und Kraft widmete, welche
mir meine Berufspflichten übrig liessen, erst jetzt, d. h. mehr denn
fünf Jahre nach dem Erscheinen des ersten Bandes und dritthalb
Jahre nach der englischen Ausgabe desselben, in die Oeffentlich-
keit gelangt.
Mit der Befriedigung, ein vielfach noch uncultiviertes Feld
zum ersten Mal bebaut zu haben, verbinde ich das weniger an-
genehme Gefühl, dass es trotz aller Sorgfalt und Mühe nur Stück-
werk ist, was ich bieten kann. Bei der Fülle und ungleichen
Wichtigkeit des Materials konnten nicht alle Gegenstände gleich
ausführlich behandelt werden. Es kann nicht fehlen, dass der
Leser je nach seinem Standpunkt und Interesse den einen zu
kurz abgethan, den andern vielleicht zu breit angelegt finden
wird. Die zahlreichen japanischen Namen, welche Vielen in
Europa werthlos, ja störend sein mögen, dürften Fremden und
Einheimischen in Japan selbst ein willkommenes Hülfsmittel zur
Orientierung bieten.
In dem einleitenden Kapitel über das japanische Kunstge-
werbe habe ich die Malerei und ihren Entwickelungsgang nur
berührt. Ich wusste, dass mein Urteil und meine Kenntnisse auf
diesem Gebiete weit zurückstanden hinter denen eines Gelehrten,
der sechs Jahre in Japan selbst und manches weitere seit seiner
Rückkehr nach England dem Gegenstande und der Vorbereitung
eines Werkes darüber gewidmet hatte. Unter dem Titel: »The
Pictorial Arts of Japan by William Anderson« erscheinen jetzt bei
Sampson Low \& Co. in London die Resultate seiner Studien in
einem Prachtbande, der nicht blos die von mir gelassene Lücke
[VII]Vorwort.
ausfüllt, sondern überhaupt jedem Kunstfreunde die erste gründ-
liche Belehrung über Charakter und Entwickelung der japani-
schen Malerei bietet.
Es erübrigt mir noch, der freundlichen Beihülfe einiger Freunde
dankbar zu gedenken. Herr Professor Dr. F. Justi in Marburg
lieferte nach Originalen die vorzüglichen Federzeichnungen zu den
Holzschnitten Fig. 1 (12), 13, 16, 17, 18 und 19. Meinem talent-
vollen Schüler, dem Herrn C. Schulteis, verdanke ich die Zeich-
nungen zu den Figuren 8, 9, 10, 11 und 14, sowie zu den
Tafeln I, II, III, IV und XV. Herr C. Reinhertz, ein anderer mei-
ner wackeren Schüler, zeichnete das Uebersichtskärtchen zur Mon-
tanindustrie nach einer grossen Handkarte, welche mir Herr In-
genieur Kurimoto vom Oberbergamte in Tôkio freundlichst über-
sandt hatte. Auch für verschiedene andere Notizen bin ich
letzterem zu Dank verpflichtet, ebenso Herrn Dr. S. Nagai, welcher
mich namentlich durch das Lesen der japanischen Correcturen
unterstützte.
Sämmtliche Illustrationen dieses Buches sind Originale, und
ich erkenne es dankbar an, dass der Herr Verleger weder Mühe
noch Kosten gescheut hat, dasselbe damit würdig auszustatten.
Bonn, im September 1886.
Der Verfasser.
[[VIII]][[IX]]
INHALTSVERZEICHNISS.
- Seite
- Einleitung 1
- I. Land- und Forstwirthschaft, landwirthschaftliche Gewerbe3
- 1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen 4
- Besitz- und Abgabenverhältnisse S. 4. Areal und Einteilung des
Culturlandes S. 19. Klima und Boden S. 12. Bestrebungen der Regie-
rung, die Landwirthschaft zu heben S. 19. Das Kaitakushi oder Co-
lonialamt S. 20. Düngung und Bearbeitung des Bodens; Terrassen-
cultur; Reihensaat S. 23. - 2. Nährpflanzen 42
- a. Getreide, Halmfrüchte oder Cerealien, japanisch Koku-motsu S. 42.
b. Hülsenfrüchte oder Leguminosen S. 64. c. Stärkeliefernde Knollen
S. 74. d. Gemüse und Condimente S. 81. e. Essbare Früchte und
Obstbau S. 96. f. Nahrungs- und Genussmittel als Erzeugnisse der
chemischen Industrie aus den unter 2. a. — e. erwähnten Rohprodukten
S. 111. Nachträge S. 120. (a. Chemische Zusammensetzung von Sake,
Mirin und Shôchû nach Analysen von Atkinson. b. Statistische An-
gaben über vorerwähnte alkoholische Getränke.) - 3. Handelsgewächse 129
- a. Alkoholfreie Stimulanten: Thee und Tabak S. 129. b. Droguen
S. 158. c. Oelpflanzen und ihre Produkte S. 176. d. Textilpflanzen
S. 194. e. Farbpflanzen und Gerbstoffe und deren Verwendung S. 204. - 4. Viehzucht und Seidenzucht 216
- (Zucht und Bedeutung des Yama-mayu oder Eichenspinners, Anthe-
rea (Bombyx) Yama-maï, Guér.-Ménev. in Japan S. 243.) - 5. Forstwirthschaft 250
- Verhältniss der japanischen Wälder (Hayashi) zu den übrigen Cultur-
formen und zum Oedland S. 251. Unterscheidung derselben in Cultur-
und Natur- oder Gebirgswälder S. 253. Charakter, Verbreitung und
Verwerthung beider Arten S. 254. Einfluss auf das Klima S. 264. - 6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume und an-
derer Nutzhölzer Japans 266 - Gramineae, Abt. Bambusaceen S. 270. Palmeae S. 275. Coniferae
S. 275. Salicineae S. 284. Betulaceae S. 285. Juglandaceae S. 285. - Seite
- Corylaceae S. 285. Cupuliferae S. 286. Moreae S. 288. Ulmaceae
S. 288. Buxaceae S. 290. Lauraceae S. 291. Scrophularineae S. 292.
Bignoniaceae S. 293. Oleaceae S. 293. Styracaceae S. 293. Ebena-
ceae S. 294. Ericaceae S. 294. Caprifoliaceae S. 295. Corneae S. 295.
Araliaceae S. 295. Lythrarieae S. 296. Hamamelideae S. 296. Rosa-
ceae S. 297. Leguminosae S. 299. Anacardiaceae S. 299. Acerineae
S. 299. Sapindaceae S. 300. Rhamneae S. 301. Celastrineae S. 301.
Ilicineae S. 301. Meliaceae S. 303. Simarubeae S. 303. Rutaceae
S. 303. Tiliaceae S. 304. Sterculiaceae S. 304. Ternstroemiaceae
S. 304. Magnoliaceae S. 307. - 7. Gartenbau 310
- Verbreitung, Einfriedigung und Charakter japanischer Gärten S. 310.
Beschränkte Mittel und Eigenthümlichkeiten der Gartenkunst S. 313.
Verzwergung und Verkrüppelung S. 315. Veredelung S. 316. Pana-
chierung S. 317. Naturfreude und Blumenliebe des japanischen Vol-
kes S. 318. Blumenkalender und besondere Lieblinge der Flora S. 319.
Alleebäume S. 326. - 8. Acclimatisation und Verbreitung japanischer Nutz- und Zierpflanzen
in Europa 327 - II. Montanindustrie346
- Irrige Vorstellungen vom Mineralreichthum Japans S. 346. Alte Be-
triebsweise des Bergbaues und neuere Versuche zur Hebung des-
selben S. 347. Tabellarische Uebersicht der Produktion nach Menge,
Werth und hervorragenderen Gruben S. 352. Weitere Notizen über
letztere und die einzelnen Produkte S. 358. Salz- und Alaungewin-
nung S. 368. Produkte der Thongruben und Steinbrüche S. 370. - III. Kunstgewerbe und verwandte Industriezweige373
- 1. Das japanische Kunstgewerbe im Allgemeinen 373
- Neubelebung des europäischen Kunstgewerbes. Wachsendes Interesse
für die Erzeugnisse des chinesischen und japanischen. China, Lehr-
meister und Vorbild Japans S. 374. Charakteristische Züge des ja-
panischen Kunsthandwerks und seiner Produkte S. 376. Förderungs-
mittel und Blüthezeit desselben S. 384. Sein Einfluss auf dasjenige
des christlichen Abendlandes S. 388. - 2. Holzindustrie 395
- Möbeltischlerei, Intarsia-Arbeiten S. 395. Eigenthümlichkeiten der
Dreharbeiten des Hakonegebirges und von Nikkô S. 397. Kamm-
schneiderei, Strohmosaik S. 399. - 3. Lackindustrie 400
- Vorbemerkungen S. 400. Gewinnungsweise und Eigenschaften des
japanischen Rohlacks S. 404. Das Urushi-kabure oder die Lack-
vergiftung S. 414. Zubereitung des Rohlacks für den Lackierer S. 415.
Lackpreislisten S. 416. Sonstige Materialien, sowie Werkzeuge, deren
sich der Lackierer bedient S. 419. Grundierungsarbeiten und einfache
Lackverzierung S. 423. Einfache Lackwaaren mit einfarbigem Anstrich
S. 427. Bunte Lackwaaren mit marmorierten Flächen S. 428. Bunte
Lackwaaren, erzeugt durch Aufstreuung glänzender Pulver S. 432. Die - Seite
- Arbeiten des Lackmalers oder Makiye-shi S. 434. Ebene und er-
habene Goldlackverzierungen S. 436. Lackschnitzerei S. 441. Ge-
schichtliche Notizen über die Lackindustrie S. 443. - 4. Textilindustrie 449
- Hanfleinwand und Nesseltuch. Pisang-Gewebe S. 449. Baumwoll-
Industrie S. 450. Hervorragende Leistungen, Hauptsitze und be-
sonders bemerkenswerthe Produkte der Seidenweberei S. 450. Hülfs-
mittel derselben S. 455. Habutaye, Krepp, Kanoko, Brocat S. 456.
Verwendung von Gold- und Silberpapier bei letzterem S. 460.
Sammetweberei; Stickerei S. 462. - 5. Papierindustrie 463
- Allgemeine Eigenschaften des japanischen Papiers S. 464. Materia-
lien, aus welchen dasselbe bereitet wird, und Gewinnung derselben
S. 468. Darstellung und Verwendung hervorragender Sorten japani-
scher Bastpapiere S. 475. Gekautschte Pappe: Ita-me-gami und
Hari-nuki S. 485. Tapeten, Chirimen-gami oder Krepp-Papier S. 486.
Lederpapiere oder Kami-kawa S. 490. Shifu oder Papier-Gewebe
S. 492. Oelpapier, Regenmäntel, Schirme, Laternen und Fächer
S. 493. Anhang: Sumi-ire, das japanische Schreibzeug und seine
Bestandteile: Pinsel, Tusch- und Reibschale S. 496. - 6. Holz-, Elfenbein- und Beinschnitzerei. Schildpatt-, Horn- und Perl-
mutterarbeiten. Steinschleiferei 500 - 7. Metallindustrie 509
- Vorbemerkungen S. 509. Werkzeuge und Verzierungsweisen S. 510.
Verarbeitung des Eisens zu Schwertern, Rüstungen und Kunstsachen
S. 514. Tauschierung von Gusseisen S. 518. Verwendung des
Kupfers S. 521. Wichtigste Legierungen desselben S. 524. Die ja-
panische Bronze S. 525. Patina 527. Verwendung der Bronze im
Haushalte und buddhistischen Cultus S. 529. Magische Spiegel S. 533.
Gold und Silber im japanischen Kunstgewerbe S. 535. Bronze-
Analysen S. 536. - 8. Keramik 538
- Vorbemerkungen S. 539. Eintheilung der Thonwaaren mit beson-
derer Beziehung auf die japanischen S. 540. Historischer Ueberblick.
Anfänge und Leistungen der Industrie Japans bis zur Einführung
der Drehscheibe S. 544. Fortschritte. Einfluss der Cha-no-yu S. 545.
Die Erfindung und Darstellung des Porzellans in China S. 548. Ein-
führung der Fabrikation in Japan S. 550. Centren derselben, sowie
der Steingutindustrie: Arita S. 559. Amakusa S. 564. Kagoshima
S. 565. Kiôto S. 568. Seto S. 569. Ôta S. 572. Congo S. 573. Kaga
S. 574. Steinzeug. Banko-yaki und Imbe-yaki S. 576. - 9. Emailindustrie 582
- Wesen und Arten des Email S. 582. Historischer Ueberblick über
die Entwickelung der Industrie in verschiedenen Ländern S. 584.
Charakter des chinesischen und japanischen Email cloisonné S. 587.
Darstellungsweise desselben in Japan auf Kupfer, Porzellan und
Steingut S. 588. Zellenlackarbeit S. 591. Freies Email S. 592. Zu-
sammensetzung und Zubereitung japanischer Schmelzfarben S. 593. - Seite
- IV. Handel und Verkehr596
- 1. Münzen, Maasse und Gewichte 596
- a. Geld, Kane oder Kinsu, Papiergeld, Kinsatsu, Banknoten, Satsu
oder Gin-kô-satsu S. 596. b. Maasse und Gewichte S. 600. - 2. Sonstige Verkehrsmittel 602
- 3. Der Aussenhandel Japans bis zur Erschliessung des Landes unter
Commodore Perry im Jahre 1854 608 - a. von der Entdeckung des Landes 1542 durch Mendez Pinto bis
zum Jahre 1639 S. 608. b. die Zeit des Handels der Holländer und
Chinesen in Nagasaki von 1641—1854 S. 621. - 4. Japan im Weltverkehr 626
- Vertrag von Kanagawa S. 627. Verkehr von Yokohama S. 628.
Kobe-Ôzaka S. 629. Ausfuhrartikel S. 633. - Statistische Tabellen641
- I. Werth der Aus- und Einfuhr Japans von 1868—1885 nach den ein-
zelnen Vertragshäfen 642 - II. Der auswärtige Handel Japans während der letzten fünf Jahre 642
- III. A. Uebersicht der wichtigsten Ausfuhrartikel seit 1868 nach Gruppen
und Werth 643 - III. B. a. Summen. b. Durchschnittswerthe und c. Prozentantheile der
Ausfuhr obiger Artikel am Gesammtexport der fünfjährigen Perioden
1871—75 und 1881—85, berechnet aus obigen Angaben 644 - IV. Hauptausfuhrartikel und ihre Werthe während der Jahre 1881—85 646
- V. Uebersicht der Ausfuhr im Jahre 1885 nach Gegenständen, Ländern
und Werth in Yen 647 - VI. Vergleichstabelle der Ein- und Ausfuhr von Gold und Silber in
Münzen und Barren 648 - VII. Uebersicht der hervorragendsten Einfuhrartikel seit 1868 und ihres
Werthes in Yen 648 - VIII. Einfuhr hervorragender Artikel nach Ländern und Yen während des
Jahres 1885 649 - Deutsch-lateinisches Register651
- Japanisches Register663
- Verzeichniss der Illustrationen677
- Berichtigungen678
Einleitung.
Seit drei Jahrzehnten hat Japan, wie kein zweites Land Asiens,
die Blicke und verschiedenartigsten Interessen des gebildeten Abend-
landes in immer steigendem Maasse auf sich gelenkt. Zahlreiche
Zeitungsartikel, Abhandlungen und Bücher, an Inhalt und Werth so
verschieden, wie die Vorbildung, Befähigung und Neigung ihrer Ur-
heber, geben davon Zeugniss. Kaufleute, Künstler und Gelehrte füh-
len sich von dem schönen Inselreiche Nippon, dem »Land des Son-
nenaufgangs« im Osten der Alten Welt, der Cultur seiner Bewohner
und ihren vielen hochinteressanten Natur- und Kunstproducten in
hohem Grade angezogen. Aber noch wirksamer zur Gewinnung und
Erhaltung solcher Sympathien war und ist seit den denkwürdigen Er-
eignissen, zu welchen die Perry-Expedition 1854 den ersten Anstoss
gab, das Verhalten der Regierung und Bevölkerung Japans zu den
Fortschritten der christlichen Civilisation. Das Bestreben, die Resul-
tate derselben kennen zu lernen und für ihr Land zu verwerthen,
veranlasste die Regierung, gebildete Männer der verschiedensten Be-
rufsarten aus den grössten und hervorragendsten christlichen Cultur-
staaten als Lehrer und Organisatoren in’s Land zu rufen, umgekehrt
aber auch die strebsamsten und talentvollsten Jünglinge in das Abend-
land zu senden, damit dieselben dort zum Nutzen ihres Vaterlandes
sich weiter ausbildeten.
Aber auch Beamte in hohen Stellungen sind aus gleichem Streben
wiederholt unter uns erschienen und haben sich bemüht, hervorragende
Anstalten der Verwaltung, Volksbildung und gewerblichen Thätigkeit
eingehend kennen zu lernen. Und wenn wir ferner lesen, wie hier
ein Japaner mit Ehren sich einen Universitätsgrad erwarb, dort ein
anderer durch wissenschaftlichen Vortrag die Aufmerksamkeit deut-
scher Gelehrten zu fesseln wusste, wie auf den verschiedensten inter-
Rein, Japan. II. 1
[2]Einleitung.
nationalen Ausstellungen der Neuzeit Japan durch hervorragende Lei-
stungen sich auszeichnete, während es zu Hause seine erste Eisenbahn
eröffnete, bei deren Plan und Bau kein fremder Ingenieur mitwirkte,
so sind dies alles eben so viele Beweise von Talent und Hingabe einer
in überraschender Weise aufstrebenden Nation. Aber einen noch
grösseren Sieg haben Regierung und Volk auf religiösem Gebiete er-
rungen, indem sie endlich von alten Vorurtheilen, Hass und strengem
Verbot gegen das Christenthum durch mancherlei Uebergangsstadien
bis zur vollen Religionsfreiheit gelangt sind, welche ihre günstige
Wirkung für die Ausbreitung der christlichen Lehre nicht verfehlen
wird.
Mit der Restauration der Mikadoherrschaft im Jahre 1868 brach
das ganze Feudalsystem zusammen. Die Daimiô’s verliessen, theils
freiwillig, theils von der neuen Regierung gezwungen, für immer ihre
festen Burgen, von denen manche in dieser Uebergangszeit der Zer-
störung anheimfielen, sodass ihre Ruinen gleich vielen bei uns als
stumme Zeugen einer anders gearteten Zeit in’s Land schauen. Den
buddhistischen Tempeln und Klöstern droht ein ähnliches Schicksal.
Mit der Reorganisation der Verwaltung zog schon ein neuer Geist ein,
ein Hauch der christlichen Civilisation, dessen Wirkungen bereits kurz
angedeutet wurden. Die neuerdings verkündigte Religionsfreiheit ist
ein weiterer naturgemässer Schritt auf dieser Bahn, durch welchen
das räumlich fernste Land und Volk Asiens uns geistig noch näher
gerückt wird, als dies bisher bereits geschah. Im Hinblick auf alle
diese Erscheinungen sind auch hier Schillers Worte anwendbar:
Das alte Japan fand in China sein Ideal, in den chinesischen Lei-
stungen auf staatlichem, gewerblichem und intellectuellem Gebiete, das
neue sucht sich dasselbe im christlichen Abendlande. Im ersten Bande
dieses Werkes*) ist gezeigt oder angedeutet worden, wie die Japaner
durch Körperbau, Sprache und charakteristische Geisteszüge als eigen-
artiger Zweig der grossen mongolischen Völkerfamilie erscheinen, dem
chinesischen Culturkreise angehörten und ihre ganze gesellschaftliche,
landwirthschaftliche und gewerbliche Entwickelung nach chinesischem
Muster, vornehmlich über Korea erhielten. Auch wurde dabei der
Einführung des Buddhismus und der chinesischen Philosophie, ins-
besondere der Lehre des Confucius, gedacht, als Trägern dieser eigen-
[3]Einleitung.
artigen Cultur. Während diese Philosophie den Kastengeist, Feudalis-
mus und Ahnencultus nährte, wirkte der Buddhismus vor allem auf
die productiven Massen ein, milderte die Sitten und bildete friedfertige,
unverdrossene Arbeiter in Feld und Werkstatt.
Die hervorragenden Leistungen der Japaner auf diesen beiden
Arbeitsfeldern und der zunehmende Einfluss ihrer Producte auf un-
sere eignen Verhältnisse sollen in den nachfolgenden Abschnitten aus-
führlich dargelegt werden, während hinsichtlich der Geschichte und
Ethnographie des japanischen Volkes, sowie der Naturgeschichte und
geographischen Verhältnisse des Landes hier nochmals auf den ersten
Band dieses Werkes verwiesen wird, den ich seiner Zeit als Vorstudie
zum besseren Verständniss der verschiedenen Erscheinungen des ge-
werblichen Lebens bezeichnet habe.
[[4]]
I.
Land- und Forstwirthschaft, landwirthschaftliche
Gewerbe.
dulcius, nihil homine libero dignius.«
Cic. de off. lib. I.’
1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
Besitz- und Abgabenverhältnisse. Areal und Eintheilung des Culturlandes.
Klima und Boden. Bestrebungen der Regierung, die Landwirthschaft zu
heben. Das Kaitakushi oder Colonialamt. Düngung und Bearbeitung des
Bodens. Terrassencultur. Reihensaat.
Gegenüber den beweglichen Nomadenvölkern Centralasiens sind
die Bewohner des Monsungebietes seit Jahrtausenden an die Scholle
gebunden. Der Ackerbau wird von ihnen, namentlich in China und
Japan, auf intensive Weise betrieben. Derselbe lässt hier der Vieh-
zucht wenig Raum, und wie eigentliche Wiesen und Weiden fehlen,
so sind auch Milch, Butter und Käse, die Hauptnahrung der noma-
disierenden Mongolenvölker, den Chinesen und Japanern unbekannt.
Eier und die dem Fischfang oder der Jagd entnommene thierische
Nahrung spielen eine viel bedeutendere Rolle, als das Fleisch der
Hausthiere, welches von vielen Millionen nie gegessen wird. Da das
Schaf in Korea und Japan gar nicht, in China nur wenig verbreitet
ist, so kam in der Kleidung die Wolle früher wenig in Betracht.
Hanf- und Baumwollgewebe, bei den Wohlhabenden aber Seide, be-
sonders im Winter, waren und sind die Stoffe, in welche sich die
Bevölkerung kleidet.
Die Wohnung ist in den Ländern des chinesischen Culturkreises
ein mehr oder minder solides Haus, aus Holz oder Bambusrohr ge-
zimmert und mit Stroh, Schindeln oder Ziegeln überdacht, luftig und
angenehm im Sommer, wenig behaglich dagegen im kalten Winter,
wo sich die Bewohner mehr durch die grössere Zahl und bessere Aus-
[5]1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
wahl ihrer Kleidungsstücke, als durch solide Wände und zweckmässige
Heizvorrichtungen gegen die Kälte zu schützen wissen. In der inneren
Ausstattung weichen die Wohnungen der Chinesen, Japaner und Ko-
reaner wesentlich von einander ab; gemeinsam ist ihnen dagegen die
Anwendung von Bastpapier zu Fensterscheiben. Aus den Berichten
der Reisenden in Centralasien geht hervor, dass auch hier die Glas-
scheibe, wie im Monsungebiete, fehlt, die Papierscheibe über dem
Fenstergitter oder der Schiebethür aber mit dem Chinesen bis in die
Dsungarei vorgedrungen ist, ohne von andern Völkern adoptirt wor-
den zu sein.
Wie Tokugawa Iyeyasu, der Begründer der letzten Shôgun-
Dynastie, im 12. seiner »achtzehn Gesetze« hervorhebt, schrieb man
die Einführung des Ackerbaues in Japan der Sonnengöttin Tenshô
Daijin (Amaterasu) zu. Sie war den alten Japanern Janus und Ceres
zugleich. Ihr Tempel zu Yamada in Ise war das grosse National-
heiligthum, welches vorschriftsmässig erhalten und nach je 21 Jahren
aus dem geweihten Hinoki-Holze (Chamaecyparis obtusa S. \& Z.) neu
aufgerichtet werden musste, »damit das Land Frieden habe und die
Gokoku wohlgedeihen möchten.« Man verstand unter den Gokoku
(fünf Hauptfeldfrüchten) Reis, Gerste und Weizen, Kolbenhirse, andere
Hirsenarten und Bohnen, also die hervorragendsten Kokurui, d. h.
Halm- und Hülsenfrüchte. Der Begriff Go-koku war jedoch nicht zu
allen Zeiten derselbe. So finden wir in Kaempfer, Amoen. exot.
pag. 834 Kome (Oryza), O-mugi (Hordeum), Ko-mugi (Triticum),
Daidzu (Dolichos soja L.) und Adzuki (Phaseolus radiatus L.) als Go-
koku angeführt. Später erweiterte man ihn noch mehr und verstand
darunter alle hervorragenden Nährpflanzen aus der Gruppe der Halm-
und Hülsenfrüchte.
In jener grossen Werthschätzung der Go-koku ahmte man die
Chinesen nach, wie denn die chinesische Landwirthschaft überhaupt
der Ausgang und Prototyp für die japanische gewesen ist*). Kaiser
Shinnung hatte um das Jahr 2700 v. Chr. in China den Ackerbau
eingeführt und verbreitet. Dafür wurde er nach seinem Tode unter
die Götter versetzt und ihm in Peking ein Tempel gewidmet, in des-
sen parkartiger Umgebung der chinesische Kaiser seitdem jährlich zur
Zeit des Frühlingsäquinoctiums ein Stück Land pflügt und mit den
Go-koku besät.
Dem Mikado lag zwar keine analoge Pflicht beim Heiligthum
[6]I. Land- und Forstwirthschaft.
seiner Stammmutter in Ise ob, aber der Ackerbau wurde darum in
seinem Reiche nicht geringer geachtet. Die Erkenntniss, dass derselbe
die erste und beste, weil nothwendigste und einzig sichere Grundlage
des Wohlergehens der Bevölkerung und des Staates ist, drückt der
Japaner durch die Redensart aus »No wa kuni no moto«, d. h. »Land-
wirthschaft ist die Quelle (Stütze) des Landes. Nach der neuesten
Volkszählung vom 1. Jan. 1883 beschäftigt sie 18160213 Bewohner,
d. h. etwa die Hälfte von einer Gesammtbevölkerung von 37017302.
Dies sind jedoch blos Hiyakushô oder wirkliche Bauern, wozu noch
aus der Gruppe der ehemaligen Samurai ein nach vielen Tausenden
zu schätzender Theil kommt, der sich in der Neuzeit ebenfalls der
Landwirthschaft zugewendet hat. Der Ackerbau liefert dem Staate
58 % seiner Einnahmen, aber mit Hinzuziehung der landwirthschaft-
lichen Gewerbe, wie Sakebereitung etc., und der darauf ruhenden
Steuer sogar 80 %*).
Unter den drei Klassen des japanischen Volkes (Heimin) stand
der Bauer (Hiyakushô) im Range höher, als der Handwerker (Sho-
kunin) und Kaufmann (Akindo). Während die Beschäftigung der
beiden letzteren bei den Samurai als wenig ehrenvoll verpönt war,
fanden sie es nicht unter ihrer Würde, dem gewöhnlichen Bauer
gleich das Feld zu bestellen, machten jedoch nur in wenigen
Herrschaften, wie Satsuma und Tosa, von dieser gesellschaftlichen
Freiheit Gebrauch, also gerade in den Gebieten, welche berühmt wa-
ren, die tapfersten und selbstbewusstesten Krieger zu liefern. Mit
Recht weist Maron in seinem immer noch lesenswerthen Bericht über
die japanische Landwirthschaft**) darauf hin, dass bei der langen
Abgeschlossenheit des Landes die Regierung und Nation von dem
Bewusstsein geleitet werden musste, dass die leibliche Existenz unter
allen Umständen von den Erträgen des eigenen Bodens abhing und
nichts sonst das etwaige Deficit in der Ernte auszugleichen vermochte.
Das würde also auf eine Hebung des Ackerbaues bei Beginn der
Tokugawa-Herrschaft schliessen lassen, wie solche auch aus der Ge-
schichte des Iyeyasu, namentlich hinsichtlich der Ebene des Kuwantô
wohl bekannt ist. Die Handelsentwickelung nach aussen wurde ja
damals vollständig lahm gelegt und um so mehr die Hauptarbeitskraft
der Nation dem Ackerbau zugewandt und erhalten. Viel eingreifen-
[7]1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
der als dieses Moment dürfte übrigens die mit dem Jahre 1600 be-
ginnende lange Friedenszeit auf die Gestaltung der japanischen Land-
wirthschaft gewirkt haben; denn obgleich dieselbe sich schon früh-
zeitig nach chinesischem Vorbilde kräftig entwickelt hatte, war sie
doch später durch die beständigen Bürgerkriege vielfach zurück-
gegangen.
Der Mikado war und ist nach alter japanischer Anschauung, die
sich an die Sage und Vorstellung von seiner himmlischen Herkunft
und der Erschaffung der japanischen Inseln durch seine göttlichen
Urahnen Isanagi und Isanami knüpft, der Herr des ganzen Landes,
der einzige Grossgrundbesitzer desselben. In der Praxis aber gehörten
später die ausgedehnten Bergwaldungen, sowie das Wüst- und Oedland
vorwiegend den Feudalherrn und nunmehr dem Staat, der cultivierte
Boden dagegen dem Bauer als Erbpächter. Er war und ist nach
unserer Auffassung Kleingrundbesitzer, der sein Eigenthum vererben,
verpachten', durch Kauf vermehren oder durch Verkauf in andere
Hände überführen konnte, in allen Fällen aber dafür sorgen musste,
dass es unter hergebrachter Cultur blieb und der vorgesetzten Behörde
die darauf berechneten Abgaben rechtzeitig eingeliefert wurden. Hier-
durch waren demnach Besitz- und Verfügungsrecht beschränkt. Die
Abgaben, welche auf dem Culturboden ruhten, waren im Allgemeinen
hoch und in Natur zu leisten; im übrigen aber nahm der japanische
Bauer eine viel freiere Stellung ein, als viele seiner europäischen
Standesgenossen im Mittelalter, welche durch Frohndienste und son-
stige Lasten in viel höherem Grade bedrückt wurden, wie dies schon
Thunberg hervorhebt*).
Aus dem Gesagten lässt sich auf eine grosse Verschiedenheit in
der Ausdehnung des bäuerlichen Grundbesitzes schliessen; dennoch
fehlen grössere und in unserem Sinne wohlarrondierte Güter durch-
aus. Es gibt also keinen Grossgrundbesitz in Japan, weder für den
Bauer, noch für den Adel. In ältester Zeit, so lange der Mikado
noch thatsächlich erster und alleiniger Landes- und Kriegsherr war
und die verschiedenen Klassen der Gesellschaft sich noch nicht streng
und erblich geschieden hatten, war die Besteuerung der Bauern für
japanische Verhältnisse leicht. Je acht Familien mussten ein Neuntel
des ihnen überwiesenen und unter sie gleich vertheilten Ackerlandes
für den Mikado bebauen und den Naturalertrag an die Beamten des-
selben abliefern. Als aber der Dualismus in der Regierung und das
Feudalsystem unter dem Shôgunat sich herausbildete, wuchs die Zahl
[8]I. Land- und Forstwirthschaft.
der unproductiven Bevölkerungsklasse, der Samurai im weitesten Sinne,
und damit auch das Maass der Abgaben bei den Bauern mehr und
mehr und erreichte namentlich in Kriegszeiten durch willkürliche
Maassregeln oft eine erdrückende Höhe. An Stelle des ursprünglichen
Lehnsverhältnisses zum Mikado trat das zu den Feudalherrn. Die
Bauern blieben bei allen Wechseln derselben an ihre Scholle gebun-
den und sind bis zur Stunde in jeder Beziehung die conservativste
Bevölkerungsklasse Japans. Die Hauptstütze und Kraft des Landes
ruht in den Händen dieses fleissigen, nüchternen und genügsamen
Bauernstandes, der noch immer unverdrossen den Boden bebaut, wie
er es seit Jahrhunderten unter den verschiedensten Machthabern ge-
wohnt war.
Um das Jahr 1595 n. Chr. ordnete Taikô-sama (Hideyoshi)
ihre Besteuerungsverhältnisse und bestimmte, dass die Naturalleistung
hinfort der dritte Theil des eingeschätzten Ertrags der Felder sein
und in Reis bestehen solle. Iyeyasu änderte bezüglich seiner grossen
Besitzungen nichts an dieser Ordnung, sondern bestimmte nur in dem
36. seiner Hundert-Gesetze, dass auch die Erträge der Wälder, Hai-
den, Berge und Flüsse mit in Anrechnung zu bringen seien*). Hier-
bei blieb es bis zum Jahre 1716, wo für die Ländereien des Shôgun
eine Erhöhung der Abgaben auf die Hälfte der eingeschätzten Erträge
stattfand. In den Herrschaften der Daimiô’s waren die Abgaben
keineswegs überall gleich. Während die Bauern unter dem einen
dieser Feudalherrn durch die hohe Landtaxe fast erdrückt wurden
und in äusserster Armuth lebten, zeigte der grössere Wohlstand, die
Anlage von Wegen, Brücken und Stegen und manches Andere die
milde, fürsorgliche Herrschaft eines Nachbars an. Aber ungeachtet
dieser grossen Verschiedenheit der Belastung des Grundeigenthums
in den einzelnen Herrschaften verrichtete der Bauer in altgewohnter
Weise seine Arbeiten und lebte ruhig und gefügig selbst dann, wenn
die Ernte schlecht war und er fast den ganzen Ertrag abliefern musste,
so dass er für sich und seine Familie nachher auf das Wohlwollen
seines Herrn und dessen Magazine angewiesen war.
Das Ackerland war in vier Klassen getheilt, deren erste und
steuerfähigste die Reisfelder umfasste. Alle Erträge und Abgaben
wurden nach koku Reis**) abgeschätzt und die der andern Feld-
früchte auf das Aequivalent in Reis reduciert. Ein Daimiô von 10000
[9]1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
koku war hiernach derjenige Feudalherr, dessen Herrschaft auf einen
Gesammtertrag von 10000 koku Reis eingeschätzt worden war, mochte
auch ein ansehnlicher Theil dieser Menge nur das Aequivalent für
andere Feldfrüchte sein. Den festgesetzten hohen Procentsatz (⅓, ½
oder mehr) von dieser Menge mussten ihm die Bauern nach der Ernte
abliefern, der Rest verblieb ihnen. Diese Reissteuer aber wanderte
in das Magazin, aus dem nicht blos der Daimiô und seine Familie,
sondern auch der Shôgun, die Samurai und Priester ihre genau be-
stimmten Bezüge erhielten. 10000 koku war übrigens der Ertrag der
kleinsten Daimiôherrschaften, während z. B. die grösste, Kaga, mit
dem ausgedehntesten Besitz (nächst dem des Shôgun) auf 1027000
koku geschätzt wurde.
Eine der ersten Sorgen der neuen Regierung nach der Restaura-
tion der Mikadoherrschaft war die, eine gerechtere und gleichmässi-
gere Besteuerung des Grundbesitzes herbeizuführen und für die Ab-
gaben in Natur solche in Geld zu substituieren. Es geschah dies im
Jahre 1872 durch eine Proclamation, von der sich die Urheber den
besten Erfolg versprachen, die aber auf den Bauernstand die ent-
gegengesetzte Wirkung übte, allgemeine Unzufriedenheit, passiven
Widerstand gegen die grosse Neuerung und in den beiden folgenden
Jahren in einzelnen Provinzen sogar offene Empörungen hervorrief.
Letztere wurden allerdings bald unterdrückt, auch legte sich die grosse
Abneigung gegen die Neuerungen allmählich bei den Besonneneren
wieder. Immerhin ist die Frage nach der Ursache dieses Benehmens
bei einer sonst so unterwürfigen und folgsamen Bevölkerungsklasse
nicht ohne Interesse. Die richtige Antwort darauf gab im Jahre 1873
Kidô, einer der hervorragendsten und einsichtsvollsten Stützen und
Berather des Mikado zur Zeit der Restauration, in einem Memoran-
dum, worin er die Ueberstürzung mit neuen Gesetzen und Verord-
nungen geisselt, indem er schreibt: »Ein weiteres Uebel ist, dass die
Gesetze aufgehoben werden, ohne genügende Ueberlegung. Was
gestern für recht galt, wird heute verurtheilt; noch bevor eine neue
Bestimmung in Kraft tritt, folgt ihr eine andere und hebt sie theil-
weise auf. Es muss natürlich dem Volke sehr schwer werden, sich
in all das zu finden.« Zu den neuen und durchgreifenden Gesetzen,
wie die Steuerreform, die neue Rekrutirung, welche alle Klassen der
Gesellschaft zum Militärdienst heranzog, während derselbe bislang als
Pflicht und Vorrecht der Samurai gegolten hatte, und andere mehr,
hatten sich eine Menge, zum Theil höchst lächerlicher Maassregeln in
einzelnen Ken gesellt und die Köpfe vollends verwirrt. Kein Wunder
darum, dass der Bauer die neue Art der Besteuerung als eine weitere
[10]I. Land- und Forstwirthschaft.
Belastung ansah und mit Misstrauen und Widerwillen aufnahm. Sie
wurde indess durchgeführt und zwar in folgender Weise:
Auf Grund der alten Eintheilung des bebauten Bodens in Reis-
land (ta) und trockenes Ackerland (hata), und der Annahme, dass der
Ertrag eines chô des ersteren dem von 2,6 chô des letzteren gleich
zu rechnen sei, liess die Regierung im Jahre 1873 sowohl die Höhe
der durchschnittlichen Ernteerträge als auch des Landwerthes in den
einzelnen Ken taxieren und bestimmte dann, dass 3 % dieses Grund-
werthes als jährliche Staatssteuer zu erheben seien, ein Steuersatz,
der am 4. Jan. 1877 auf 2½ % herabgesetzt wurde. Zu dieser allge-
meinen Staatssteuer kommt nun aber noch die Bezirks- oder Ken-
Steuer, welche zwischen ½ und 2½ % des Bodenwerthes schwankt,
nach ihren Zwecken im Allgemeinen unserer Kreis- und Communal-
steuer entspricht und wozu auch alle Anstalten (Theater etc.) und
Personen herangezogen werden, welche der Unterhaltung und dem
Vergnügen dienen.
Liebscher*) sagt bezüglich dieser Grundsteuer, welche also nomi-
nell 2½ %, factisch d. h. mit Hinzurechnung der Kensteuer 3—5 %
vom Werthe der Felder beträgt, dass sie in andern Ländern uner-
schwinglich hoch sein würde, der Besitz des Ackers jedoch für den
japanischen Landmann etwas ganz anderes bedeute, als wir gewöhn-
lich darunter verstehen. »Wie der Arbeiter bei uns für ein Fleckchen
Land, welches er in seiner Freizeit bearbeitet, für dessen Düngung
und Bewirthschaftung er sich nichts zur Last schreibt, im Stande ist,
einen weit höheren Kauf- oder Pachtpreis zu zahlen, als der grössere
Oekonom, so hatte auch das Ackerland für alle japanischen Bauern,
weil es für ihre Existenz unbedingt nöthig war, einen weit höheren
Werth, als er dem daraus möglicherweise erzielbaren Gewinn an Geld
entsprach.« Indess zeigen die Bauernaufstände der allerneuesten Zeit
und ihre Ursachen, dass die jetzige Art der Besteuerung ihre grossen
Härten hat, nach schlechten Ernten unerschwinglich ist und die Be-
völkerung zur Verzweiflung bringen kann.
Nach jenen Untersuchungen und Bestimmungen des japanischen
Finanzministeriums im Jahre 1873, welche sich nur auf das alte
O-yashima erstreckten, berechnete sich das gesammte Areal
- des Reislandes auf 2539090 chô = 2518106 ha
- des trockenen Feldes auf 1732449 ‒ = 1718122 ‒
- des gesammten Culturlandes auf 4271539 chô = 4236228 ha
[11]1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
Der Durchschnittswerth des Reislandes wurde
zu 531,24 yen = Mk. 2124,96 per chô (oder Hektar) und der der hata
zu 206,72 ‒ = ‒ 826,88 per chô (oder Hektar) angenommen.
Der Brutto-Ertrag der Durchschnittsernte wurde
beim Reislande zu 11,77 % des Kaufpreises = 62,53 yen pro chô,
beim trockenen Felde zu 11,29 % — — = 23,37 ‒ ‒ ‒
berechnet. Diese Ernteerträge von 11,77 %, beziehungsweise 11,29 %
des Grundwerthes vertheilten sich wie folgt:
- Reisland. trockenes Land.
- %, pro chô %, pro chô
- Staatssteuer 2,5 13,28 2,5 5,17
- Kensteuer 2,5 13,28 2,5 5,17
- Productionsunkosten 2,77 21,25 2,29 4,75
- Nettogewinn 4,00 14,72 4,00 8,28
- 11,77 % 62,53 chô 11,29 % 23,37 chô
Weiter berechnet sich nach dieser Veranlagung die Grundsteuer für
- 2539090 chô Reisland auf 33719115 yen
- 1732449 ‒ Trockenland auf 8956761 ‒
- zusammen 4271539 chô Culturland auf 42675876 yen
gegenüber 43029745 yen wirklicher Einnahmen im Finanzjahre, wel-
ches mit dem 30. Juni 1884 endete.
Gegenwärtig vertheilt sich das aus 18537 □ri = 28356945 □ chô
bestehende Areal von Alt-Japan*) (Hondo, Kiushiu, Shikoku, Awaji,
Sado, Oki, Iki und Tsushima), wie folgt:
- 1) Bergwälder, ohne Pflege und Oedland 17302928 □chô
- 2) Cultur- und Nutzland im weitesten Sinne 11054017 ‒
Das letztere umfasst:
- a) Ta oder Reisland . . . . . . . . . . 2642251 □chô
- b) Hata oder trockne Felder . . . . . . . 1852455 ‒
- c) Benutzte Hara (für Gras, Heu und Weide) . 756127 ‒
- d) Yashiki oder Baugrund . . . . . . . . 548541 ‒
- e) Shio-hama (flacher Strand zur Salzgewinnung) 6364 ‒
- f) Culturwälder . . . . . . . . . . . 5240571 ‒
- g) Künstliche Anlagen . . . . . . . . . 7708 ‒
- 11054017 □chô
Die Gruppe b (Hata) umfasst auch
- die Maulbeerpflanzungen für die Seidenzucht 110174 □chô
- ‒ Theepflanzungen mit . . . . . . . 42174 ‒
[12]I. Land- und Forstwirthschaft.
sowie das der Papiermaulbeere, dem Lack- und Talgbaum und der
Obstzucht ausschliesslich dienende Terrain, das man auf mindestens
60000 chô veranschlagen kann, so dass von obigen 1852455 chô rund
212000 chô abzurechnen sind, und dem Feldbau sub a und b im Ganzen
nur etwa 4282000 chô verbleiben oder 15 % vom Gesammtareal.
Zieht man dagegen die übrigen Inselgruppen mit in Betracht, so
zeigt sich eine vorgeschrittene Cultur nur auf den Riukiu-Inseln mit
ihren 156 □ri = 244026 □chô, während das grosse Yezo mit den Ku-
rilen = 6093 □ri = 9477280 □chô nur wenig Ackerbau aufzuweisen
hat. Wir tragen ihm und den Riukiu genügend Rechnung, wenn wir
das ganze Areal der letzteren als Culturland obigen 4282000 □chô zu-
schlagen. Dann fällt auf das gesammte japanische Reich mit 24797
□ri = 38564345 □chô für die Cultur der Feldfrüchte ein Areal von
höchstens 4518500 □chô, das ist von noch nicht 12 Procent der ganzen
Oberfläche. Selbst in Altjapan sinkt übrigens dieser kleine Bruchtheil
bei einzelnen Provinzen, z. B. in Hida und Inaba, auf sogar 5 % und
darunter.
Von den Kurilen sind überhaupt nur die südlichsten strichweise
culturfähig, von Yezo nur die Alluvialebenen des Ischikari und anderer
Flüsse im Westen und Südwesten, nicht die sommerkalte, nebelreiche
Nord- und Ostküste.
In Deutschland gehören 41 % des Bodens dem Ackerbau an und
weitere 11 % entfallen auf Wiesen, für welche Japan kein Aequivalent
hat, da die Thalsohlen, welche bei uns, vornehmlich im Gebirge, dem
Graswuchse dienen, in Japan für Reisbau und andere Culturen ver-
wendet werden, die Hara aber in öconomischer Beziehung nicht als
gleichwerthig mit unseren Waldwiesen gelten kann.
Nehmen wir die Bevölkerung Japans zu 37 Millionen, diejenige
des deutschen Reiches zu 47 Millionen an, das cultivierte Ackerland von
jenem zu 4270000 ha, von diesem zu 22181000 ha (41 % von
541000 qkm), so ergibt sich, dass davon beziehungsweise in Japan
11,5 Are, in Deutschland 47,2 Are auf den Kopf kommen. Die Ur-
sache dieser auffallenden Erscheinung liegt theils im Klima und in
den Bodenverhältnissen, theils in der Art der Bewirthschaftung.
Die Vegetation — und somit auch die Landwirthschaft — hängt
vor allem vom Klima, insbesondere von Wärme, Licht und Feuchtig-
keit ab, und wird erst in zweiter Linie durch die Bodenverhältnisse
und andere Umstände bedingt und modificiert. Nun spiegelt aber das
japanische Klima, wie bereits im ersten Bande pag. 120—153 ausführ-
lich dargethan wurde*), in abgeschwächtem Maasse dasjenige des be-
[13]1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
nachbarten Festlandes und das oceanischer Inseln ab und vereinigt
bis zu einem gewissen Grade beide. Japan steht unter dem Einfluss
der Monsune und der sie vielfach deflectierenden und ihre Wirkungen
abschwächenden See. Die Depressionen des Luftdrucks folgen in der
Regel der Hauptrichtung der Inseln von SW. nach NO.; sie sind im
Winter häufig und verlaufen dann meist rasch. Die vorherrschende
Richtung der Stürme um diese Zeit ist von W., S. und O. Im Sommer
treten die Depressionen im Barometerstande seltener auf, sind weniger
gross und schreiten langsamer vor von S. nach N. oder von SO. nach
NW. Dementsprechend herrschen gelinde Winde und treten Stürme
selten auf, und meist aus S. und O. Im Nachsommer und Herbst
nehmen Zahl und Geschwindigkeit der Depressionen schnell zu; ihre
Richtung kehrt in die normale aus SW. zurück und es entwickeln sich
unter allgemein verbreiteten heftigen und anhaltenden Regen mehrere
Taifune. Diese gefürchteten Drehwinde stellen sich am häufigsten
im September, zur Zeit der höchsten Meerestemperatur ein, so auch
die beiden vorjährigen, von denen der eine am 15. September, der
andere am 17. und 18. September beobachtet wurde.*) Während des
ersten, welcher am 15. September 1884 von SW. nach NO. über den
südöstlichen Theil von Hondo hinzog, sank das Barometer innerhalb
4½ Stunden um 45 mm bis auf 705 mm und stieg dann fast eben so
rasch wieder empor. — Abgesehen von diesen einzelnen Fällen sind
die Barometerschwankungen im Laufe eines Jahres ebenfalls gering.
Im Winter setzt sich der hohe Barometerstand des benachbarten
asiatischen Festlandes nach Japan fort und bringt diesem heftige
Winde aus W. und NW. und bedeckten Himmel mit viel Schneefall auf
Seite des Japanischen Meeres, dagegen heiteren Himmel und wenig
Schnee auf der andern (Lee-) Seite. Der Uebergang der gelinden, war-
men und feuchten südlichen Winde des Sommers zu den rauhen und
verhältnissmässig trocknen nördlichen Monsunwinden des Winters er-
folgt keineswegs schroff und unvermittelt, noch weniger die Umkehrung
im Frühjahr. Dieser Umschlag der Windrichtungen im Frühjahr und
Herbst bezeichnet das Ende beziehungsweise den Anfang der beiden
Hauptjahreszeiten: Winter und Sommer. Wenn im Frühjahr (im März
oder April, je nach der Breite) der südliche Monsun seine Herrschaft
antritt und das eigentliche Japan seine ersten warmen Regen empfängt,
beginnt die Aussaat der Sommerfrüchte, zumal des Reis, und wenn
*)
[14]I. Land- und Forstwirthschaft.
im September nach reichen Niederschlägen der Sommer zu Ende ist,
die Ernte der meisten. Eine verhältnissmässig hohe Temperatur,
leichte Winde, hoher Feuchtigkeitsgehalt der Luft und häufige Regen,
die jedoch ein- oder mehrmals mit wochenlanger Trockenheit abwechseln,
charakterisieren den japanischen Sommer.
Der October als hervorragender Erntemonat ist im ganzen trocken
und heiter. Das Wasser der schweren Septemberregen hat sich all-
mählich wieder verlaufen; aber über den höchsten Berggipfeln haben
die Niederschläge bereits eine feste Gestalt angenommen und verkünden
die weissen Hauben, wie viele sonstige Erscheinungen in der Natur,
den nahen Winter. Bäume und Sträucher in Gärten, Hainen und
Wäldern zeigen zum grossen Theil ihre prächtigen Herbstkleider, eine
bewundernswerthe Verschiedenheit der Farben von dem tiefsten glän-
zendsten dunkelgrün der immergrünen Arten durch alle Abstufungen
von mattgrün, weiss, gelb, roth und braun der blattwechselnden.
Kälter werden die Nächte, bis gegen Ende des Monats mit den ersten
Nachtfrösten der Uebergang rasch beendet und die Winterruhe in Wald
und Feld eingekehrt ist. Die meisten Holzgewächse sind von nun ab,
wenigstens im mittleren und nördlichen Japan, monatelang entblättert:
der Rasen aber erscheint viel fahler und abgestorbener als bei uns.
Wie in ganz Ostasien, so ist auch in Japan der Winter die
trocknere Jahreszeit, in welcher meist heiterer Himmel, hohe Baro-
meterstände und niedrige Temperaturen, letztere besonders Nachts,
vorherrschen, namentlich wenn der Nordmonsun mehrere Tage lang
mit besonderer Stärke weht. An solchen Tagen (im Januar und
Februar) treten ausnahmsweise auch in Japan jene Staubstürme ein,
welche den Winter in China so unangenehm machen. Die poröse,
leichte Ackerkrume wird empor gewirbelt, die Sonne verliert ihren
Glanz und die Winterfrucht auf dem Felde ihren festen Halt. Dabei
sinkt das Thermometer in Tôkio wohl auf — 9°C. bis — 10°C. während
der Nacht, und nähert sich selbst am Tage dem Gefrierpunkt. Nacht-
fröste treten hier vom November bis März auf und beträgt die mittlere
Temperatur während dieses fünf Monate langen Winters nur 5,5°C.
Es ergibt sich hieraus, dass dieselbe während dieser Zeit, obgleich
sie keine besonders hohen Kältegrade aufweist, doch viel zu niedrig
ist, um den Pflanzenwuchs zu fördern, und dass dem entsprechend
die Feldfrüchte eine lange Ruhezeit durchmachen. Die mittlere Tem-
peratur vom April bis October ist 20°C. und während der vier
heissesten Monate Juni bis September 23,5°C. Die höchste Tages-
hitze von 34—35°C. stellt sich Ende Juli oder Anfang August ein,
ist aber von keiner langen Dauer.
[15]1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
Da das Land vom Meeresniveau bis zu Gipfeln um mehr als
3000 m sich erhebt und in Meridianrichtung über 27 Breitengrade
sich erstreckt, kann übrigens von Gleichartigkeit des Klimas keine
Rede sein. Während die Bonin-Inseln und die theilweise von Korallen
aufgebauten südlichen Riukiu sich dem nördlichen Wendekreise und
damit den Tropen nähern, treten nach ihrer Lage und ihrem Klima
Yezo und die Kurilen an das kalte Sibirien heran und haben in Folge
der oben erwähnten polaren Strömung an ihren Küsten kalte nebel-
reiche Sommer und lange Winter durchweg. So ergaben denn auch
die meteorologischen Beobachtungen des Jahres 1883 eine Variation
der mittleren Temperatur von 16,7°C. in Kagoshima (31 ½° N.) bis
6,5°C. in Sapporo (43° 4' N.) auf einer Strecke so weit wie von Lyon
bis Memel. Es ergibt sich hieraus und im Einklang mit den Be-
obachtungen auf den Zwischenstationen, dass die mittlere Jahrestem-
peratur in Japan auf jeden Grad höherer Breite durchschnittlich um
den verhältnissmässig hohen Werth von über 0,9°C. abnimmt. Sie ist
durchweg ansehnlich niedriger als im Westen der Alten Welt unter
gleicher Breite, so beispielsweise in der Station Nobiru unter 38° N.
am Stillen Ocean gleich der von Çork und Valentia in Irland unter
52° N. Die Differenz ist den langen japanischen Wintern zuzuschreiben
mit ihren verhältnissmässig niedrigen Temperaturen, durch welche sich
das Klima Japans dem continentalen des asiatischen Festlandes nähert.
So hat Nagasaki unter 32° 44' N. gleiche mittlere Wintertemperatur
mit dem um 11° weiter nördlich gelegenen Montpellier, und Kagoshima,
obgleich unter der Breite von Damiette, im Winter noch häufige Nacht-
fröste.
Im grössten Theil des südlichen Japan (Kiushiu, Shikoku und den
an das Binnenmeer und die Owari-Bucht grenzenden Gebieten von
Hondo) war 1883 der Januar der kälteste Monat, im übrigen Hondo
und auf Yezo der Februar. Als heissester erwies sich fast überall
der August. Die Differenz zwischen mittlerem Maximum und mittlerem
Minimum der Temperatur nimmt natürlich auch in Japan mit der
Breite und der Entfernung von der Küste zu. Sie betrug beispiels-
weise in Miyasaki 19°C., in Sapporo 28°C. Beachtenswerther, für
die Vegetation wenigstens, sind die äussersten Extreme von 36,6°C.
in Wakayama und — 22,2° C. in Sapporo. In Kôchi betrug die Differenz
zwischen höchster und niedrigster Temperatur 36°C., in Sapporo 56° C.
Schwankungen von 14—15°C. am selben Tage und Orte sind im Früh-
jahr und Herbst nicht ungewöhnlich.
Auch hinsichtlich der Menge und Vertheilung der Niederschläge
zeigten sich grosse Differenzen. Ausser den Stationen auf Yezo wiesen
[16]I. Land- und Forstwirthschaft.
Aomori, Nobiru und diejenigen am Binnenmeer die geringste Regen-
menge (unter 1000 mm) auf, Kanazawa mit 2400 mm die höchste,
dann folgten Kiushiu und Shikoku. Während der Wintermonate haben
die NW.- und W.-Küsten am meisten Niederschlag, im April, Mai und
Juni kommt Kiushiu und Shikoku das grösste Maass zu, während im
März, September und October eine mehr gleichmässige Vertheilung über
das ganze Land stattfindet.
Im Allgemeinen erfreut sich aber Japan reicher Niederschläge,
besonders im Sommer. Dieselben nähren vereint mit dem vielen
Schnee, der sich den Winter über in den Gebirgen allenthalben und
mehr im Norden auch auf dem flachen Lande sammelt, eine Menge
Quellen. Der Wasserreichthum des Landes ist deshalb gross und
kommt der Vegetation theils unmittelbar, theils durch künstliche Be-
wässerung in hohem Grade zu statten. Stille Seen, murmelnde Bäche
und rauschende Wasserfälle erhöhen die Reize der Gebirgs- und Wald-
landschaften, aber zur Entwicklung grosser Flusssysteme und einer
durchgreifenden Verwerthung für den Verkehr fehlt es an Raum.
Die langgestreckte Reihe der japanischen Inseln, mit vorwie-
gendem Gebirgscharakter und grosser Abwechselung im Relief, ist
geologisch in verschiedener Weise aufgebaut und seit meiner Abreise
aus Japan besonders durch Gottsche, Lyman, Naumann und andere
Forscher eingehender untersucht worden, insbesondere hat der letzt-
genannte als Director der Geologischen Landesaufnahme im Verein
mit T. Wada, dem K. Ministerialrath und Director der K. Geologischen
Reichsanstalt mit viel Fleiss und Geschick auf diesem Gebiete ge-
arbeitet.*)
Dem Alter nach folgen auf den Urgneiss, der indess nur an
wenigen Stellen anstehend gefunden wurde, krystallinische Schiefer
von ansehnlicher Verbreitung und oft in mächtiger Entwicklung.
Grosse Massen von Glimmerschiefer, Talkschiefer, Chloritschiefer,
Serpentin und Marmor, welche ich zuerst für beide Seiten der Bungo
Nada nachwies, und die sich durch ganz Shikoku und die Halbinsel
Yamato verfolgen lassen, sind seitdem auch in andern Landestheilen
aufgefunden worden; doch scheint diese Formation am mächtigsten
auf Shikoku entwickelt zu sein, wo nach Naumann die höchsten Gipfel
aus ihr bestehen.
Es folgen dem Alter nach verschiedene Schichten von Thon-
schiefer, Grauwacken, Quarziten und Kalken, welche gleich den
[17]1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
krystallinischen Schiefern oft starke Verwerfungen zeigen und bis jetzt
mit Ausnahme der Kalke keine fossilen Einschlüsse und somit keine
Anhaltspunkte zur näheren Bestimmung ihres Alters boten, so dass sie
vorerst als paläozoische Schichten zusammengefasst werden müssen.
Die Kalke zeigen an verschiedenen Orten reiche Einschlüsse von
Fusulinen und andern charakteristischen Versteinerungen, welche ihre
Zugehörigkeit zur Kohlenformation ausser Zweifel stellen.*)
Dem ersten verbürgten Nachweis über das Auftreten meso-
zoischer Schichten, welchen ich im Jahre 1874 durch die Entdeckung
von Versteinerungen im braunen Jura der Provinz Kaga brachte, sind
seitdem zahlreiche weitere gefolgt, so dass jetzt über das Vorkommen
auch der Trias und Kreide kein Zweifel mehr besteht.
Den vorerwähnten älteren Gebirgsgliedern lagern sich nun an
vielen Orten, namentlich gegen das Meer hin, an den Rändern von
Buchten oder durch ehemalige Hebung daraus hervorgegangenen Ebenen
miocäne und pliocäne Conglomerate, Sandsteine, Schieferthone, Braun-
kohlen, vulkanische Tuffe und Meeressande mit vielen Resten mariner
Conchylien oder einer reichen Landflora an, während das Eocän bis
jetzt ebensowenig nachgewiesen werden konnte, wie sichere Anzeichen
des Diluviums.
Die ältesten Eruptionen, welche die metamorphen und paläonto-
logischen Schichten vielfach durchbrochen und überlagert haben, waren
die des Granits, der weit verbreitet ist und z. B. im mittleren Hondo
(oder Honshiu) einen grossen Theil des höheren Gebirges gebildet hat,
so namentlich des Grenzgebirges zwischen Shináno und Hida. Im
Komágatake von Kai erreicht der Granit 3000 m Höhe. Eine ganze
Anzahl anderer ansehnlicher Berge besteht ebenfalls nur aus ihm; bei
vielen andern bildet er die Unterlage.
Jüngere vulkanische Bildungen durchsetzen fast noch häufiger die
verschiedensten Schichtencomplexe, überlagern sie vielfach, wie auch
den Granit, und bilden so oft die krönenden Kuppen, oder sie treten
als dem Gebirge seitlich vorgelagerte isolirte Berge von bekannter
Kegelgestalt auf. Unter diesen imponirt vor allem der Fuji-san oder
Fuji-no-yama. Dieser »mons excelsus et singularis« (Kaempfer) erhebt
gegen 3750 m hoch weit über alle andern Gipfel des Landes hin-
weg sein Haupt, das, 10 Monate des Jahres mit Schnee bedeckt, ein
Wetter- und Wahrzeichen ist für Landwirthe und Schiffer, der volks-
thümlichste und von Pilgern besuchteste Berg Japans, den man auch
auf vielen kunstgewerblichen Erzeugnissen nachgebildet findet.
Rein, Japan. II. 2
[18]I. Land- und Forstwirthschaft.
Heisse Quellen, besonders indifferente, und Schwefelthermen sind
zahlreich und fehlen keiner Provinz. Erdbeben und Erdbebenfluthen
haben, ebenso wie gewaltige Eruptionen mit ihren Aschenregen und
Lavaströmen, von Zeit zu Zeit das Land in Schrecken gesetzt und
theilweise verwüstet.
Der vorherrschende Gebirgscharakter Japans und die eigenartige
Betriebsweise seiner Landwirthschaft mit vorwiegendem Reisbau be-
schränken dieselbe mehr oder minder auf die Ebenen und Thalsohlen
und machen den geringen Procentsatz erklärlich. Unstreitig ist noch
ein ansehnlicher Theil des Bodens culturfähig, so auf Yezo und im
Norden von Hondo, insbesondere auch von der Hara, und manche Mulde
in den Gebirgswäldern, doch nicht in der Ausdehnung, wie vielfach
behauptet wurde. Aber diese Bodencultur muss auf ganz anderer
Grundlage erfolgen, wie die bisherige, und Hand in Hand gehen mit
der Anlage besserer Verkehrsmittel, der Entwickelung der Viehzucht
und der Gewinnung eines ausreichenden Stalldüngers durch dieselbe,
sowie der Einführung einer mehr extensiven Betriebsweise mit zweck-
entsprechenderen Geräthen und Maschinen, der Wechselwirthschaft
und andern Verbesserungen mehr. Sie würde zugleich die ganze
Wohn- und Lebensweise des Bauern umzugestalten haben und kann
schon aus diesem Grunde nicht im Handumdrehen erfolgen, sondern
muss sich allmählich vollziehen und ohne gewaltsames Eingreifen der
Regierungsorgane.
Fesca weist an einigen Beispielen überzeugend nach, wie von
den drei maassgebenden Factoren, von welchen die Landwirthschaft
abhängig ist: »den allgemeinen wirthschaftlichen Verhältnissen, dem
Boden und dem Klima«, der erstere wichtiger ist, als der zweite, und
unstreitig eine extensivere Entwickelung der japanischen Landwirth-
schaft in hohem Grade gehemmt hat. »Die Transportkosten für die
hier am theuersten bezahlte Frucht, den Reis, welcher etwa einen Preis
von 5 Mk. per 50 Kilo hat, haben bei einem Transporte von höchstens
20 geogr. Meilen auf den besten Landwegen bereits die Höhe des
Marktpreises erreicht, während nach Settegast in Deutschland Hülsen-
früchte und Weizen bei nur dem doppelten Marktpreis von 10 Mk.
per 50 Kilo auf den gewöhnlichen Landstrassen 66,67 Meilen, auf den
Kunststrassen 100 Meilen und auf den Eisenbahnen 400 Meilen weit
transportirt werden können, bevor die Transportkosten den Marktpreis
erreicht haben. Auf den schlechteren Landwegen verträgt in Japan
der Reis noch nicht einen Transport von 5 Meilen. Daher finden wir
denn, dass in einiger Entfernung von der Meeresküste, überall da, wo
das wirthschaftlich mögliche Absatzgebiet für den guten Boden zu klein
[19]1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
wird, selbst solcher nicht in Cultur genommen ist, während in der
Nähe der Küste Dünensand, doch sicher ein schlechter Boden, mit
Erfolg cultiviert wird.«*)
Wie die ungenügenden Verkehrsmittel im Innern des Landes, so
musste aber auch die Abgeschlossenheit des letzteren nach aussen
während der langen Herrschaft der Tokugawa-Shôgune die Fortent-
wickelung der Landwirthschaft gewaltig hemmen, da es an genügender
Absatzgelegenheit für den Ueberschuss und somit an einem wichtigen
Stimulus für eine ansehnliche Vermehrung der Production fehlte,
letztere sich vielmehr in den engen Schranken des normalen eigenen
Bedarfs bewegte.
Das Streben des Landwirths muss allenthalben auf rationelle Ver-
werthung des ihm zur Verfügung stehenden Bodens und dem ent-
sprechend auf Vermehrung der demselben abzugewinnenden Produkte
gerichtet sein, und es ist ohne Zweifel eine der ersten Aufgaben des
Staates, die Landwirthschaft hierin thunlichst zu untersützen, ja auch
dazu aufzumuntern; denn es liegt in dem conservativen Charakter des
Ackerbaues und der ihm obliegenden Bevölkerung eine gewisse vis
inertiae, welche nur zu gern Alles beim Alten lässt und Neuerungen
meist misstrauisch und ablehnend entgegentritt.
Von diesen Gesichtspunkten aus verdienen die Bemühungen der
Regierung Japans, auch die Landwirthschaft zu heben, volle Aner-
kennung. Auch kann man es nur billigen, wenn sie dabei an der
Organisation des dem Bauern seit vielen Jahrhunderten gewohnten Be-
triebes nicht rüttelte, sondern vielmehr nach Gebieten blickte, welche
dieser altgewohnten Bewirthschaftung bisher nicht unterlagen, wie die
Insel Yezo**) und die grossen Areale der wenig benutzten Wald- und
Bergwiesen oder Hara’s. Viehzucht in erster Linie, dann auch Acker-
bau, aber beides in anderer Weise als bisher zu betreiben, wurden
empfohlen und versucht.
Blicken wir nun aber auf die Wege, welche man einschlug, diese
Ziele zu erreichen, so erkennen wir leicht die Wirkung ungeeigneter
Berather und einer kindischen Unbeständigkeit in der Wahl der Mittel,
ein Hin- und Herschwanken von einem Versuch zum andern, ohne
irgend einen allseitig vorher erwogenen Plan und ohne stetige, conse-
2*
[20]I. Land- und Forstwirthschaft.
quente Durchführung eines solchen. Dem entsprechend zeigt die
lange Geschichte dieser Versuche eine unverantwortliche Geldver-
schwendung auf der einen Seite und ein meist jämmerliches Resultat
auf der andern.
Insbesondere gilt dies vom Kaitakushi (sprich Kaitákshi, d. h.
Entwickelung), dem Colonialamte zur Entwickelung der Hülfsquellen
der Insel Yezo, welches 1869 eingesetzt wurde und vor mehreren
Jahren ein ruhmloses Ende fand. An die Spitze wurde Gouverneur
Kuroda mit dem Rang eines Ministers gestellt, und da man von der
raschen Entwickelung des Acker- und Bergbaues in verschiedenen
Theilen der Vereinigten Staaten gehört hatte, so nahm man sich diese
zum Muster und bezog die Berather und Beamten von dort. Zum
Organisator oder »Commishoner« wurde General Capron eingesetzt.
Unter ihm arbeiteten verschiedene seiner amerikanischen Landsleute
als Geologen, Ingenieure, Landwirthe, Gärtner und Andere mehr, dazu
ein Heer junger Japaner, welche hier ihre Lehre durchmachen sollten.
Sicher waren verschiedene der amerikanischen Beamten tüchtige
Männer, an denen es nicht gelegen hat, dass der Gesammterfolg
den Erwartungen in keiner Weise entsprach und deren Leistungen mit
denen des General Capron nicht zu identificieren sind.
Auf Betrieb des letzteren legte das Kaitakushi auf dem Yashiki-
Grund mehrerer früheren Daimiô’s bei Tôkio drei sogenannte Muster-
farmen von zusammen etwa 90 ha an. Sie sollten als Versuchsstationen
und Vorschulen für Yezo dienen, die eine zur Aufnahme des aus Nord-
amerika und England importirten Zuchtviehs und zum Anbau von
Futterpflanzen, die zweite für Gemüse und Getreidebau, die dritte zur
Einführung fremder Obstbäume, Beerensträucher und sonstiger Nutz-
pflanzen. Von dem mit grossen Kosten aus genannten Ländern be-
zogenen Vieh wurde ein ansehnlicher Theil durch Krankheiten dahin-
gerafft, der Rest ging theilweise durch ungeeignetes Futter und
ungenügende Pflege zu Grunde. Auf Yezo selbst wurden weitere
Musterfarmen in Hakodate und der neuen Hauptstadt Sapporo ange-
legt. Hier eröffnete man auch 1876 eine landwirthschaftliche Schule,
»the Agricultural College of Sapporo«, nach dem Muster einer Anstalt
in Massachusetts, nachdem man früher mit einer andern in Tôkio für
Ainos bestimmten Anstalt Fiasco gemacht hatte. Die geologische Auf-
nahme von Yezo, die Anlage einer Strasse von Hakodate nach Sapporo,
von Sägemühlen und viele andere Dinge verschlangen ebenfalls viel
Geld. Kann man auch nicht sagen, dass sämmtliche Unternehmungen
des Kaitakushi verfehlt waren, vernachlässigt und zu Grunde gegangen
sind, so gilt dies doch von vielen. Die allgemeine Meinung der
[21]1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
Fremden in Japan war die, dass die Resultate zu den aufgewandten
enormen Mitteln in schreiendem Missverhältniss standen. Dem Kaita-
kushi wurden nämlich ungeheure Summen von der Centralregierung
zur Verfügung gestellt, so z. B. im Jahre 1877 noch yen 1905666 =
Mk. 7622640. Es war wohl lange die Gans, von der Mancher eine
goldene Feder auszurupfen wusste.
Indem man Amerika nachahmen wollte, vergass man, dass hier
die Regierung fast Alles der freien Concurrenz und Entwickelung
überliess, dass die Pioniere aus Europa und den Atlantischen Küsten-
staaten, die westwärts vordrangen und über Einöden Cultur ver-
breiteten, ein ganz anderer Menschenschlag waren, als die Japaner
und Ainos. Mangel an Erfahrung, Blindheit gegen bessere Berather,
Sucht, alles durch den Staat und möglichst rasch zu thun, zeichnete
in diesem wie in vielen anderen Fällen die Regierung aus. So sind
den grossen Hoffnungen, welche sie auf diesen neuen Zweig ihrer
Thätigkeit und Kraftentfaltung setzte, nur Enttäuschungen gefolgt, wie
es natürlich war. Ein Heer von Beamten, getheilte Verantwortlichkeit
und Mangel an ernstem persönlichen Interesse, wobei die Kraft und
Energie erlahmen muss, werden überall kein besseres Resultat haben.
Die Fehler einer Regierung sind nirgends mehr hervorgetreten, als in
Colonisationsangelegenheiten, wie uns dies auch die neueste europäische
Staatengeschichte beweist. Muth, Intelligenz, Selbstvertrauen und Aus-
dauer in schwerer Arbeit und auch beim Missgeschick, sind die Eigen-
schaften, durch welche freie, unabhängige Männer Colonien begründeten
und zur Blüthe brachten. Und wenn dabei die Regierungen mitwirkten,
so geschah es nur durch zeitweisen, klugen Beistand, nie aber mit
gutem Erfolg, wenn sie das Heft selbst in die Hände nahmen und
damit jene Kräfte der Individuen lahm legten.
In ähnlicher Weise, wie das Kaitakushi verschwenderisch, plan-
los und unbeständig wirthschaftete, verfuhr auch manche andere Be-
hörde in ihrem Bereich. So hatte man in Kiôto-fu 1874 amerikanische
Kühe kommen lassen [und] in Gebäuden auf Kieselgeröll am Flussufer
untergebracht, an einer Stelle, wo von einer Weide weit und breit
keine Rede war und das Futter mühsam von weither beschafft werden
musste. Dieselbe Verwaltung der alten Hauptstadt hatte von den Vor-
theilen des in Japan unbekannten Flachsbaues gehört. Sofort wurde
durch einen Europäer die nöthige Leinsaat bezogen und ein Versuch
damit angestellt. Der Flachs gedieh auf dem dazu ausgewählten Grund-
stück in Kiôto vortrefflich, wie ich mich selbst überzeugen konnte.
Als er aber Knoten gebildet hatte und zur Ernte bereit war, fand sich
Niemand, der sich darum kümmerte und die nun nöthigen Arbeiten
[22]I. Land- und Forstwirthschaft.
verrichtete. Der Lein reifte an den Stengeln und ging mit deren Bast
zu Grunde.
Mancher Leser dieser Zeilen wird sich der berüchtigten »Model-
farm« in Shimosa erinnern; doch ich will nicht alle Beispiele solcher
verkehrten Versuche, die Landwirthschaft zu heben, hier anführen.
Der richtige Weg für die Regierung, statt Alles selbst in die Hand
zu nehmen, wäre jedenfalls der géwesen, die Neigung Fremder, in
Japan die Landwirthschaft zu versuchen, zu unterstützen, ihnen auf
eine Reihe von Jahren Staatsländereien abgabenfrei oder gegen einen
bescheidenen Pacht zu überlassen und ihre Versuche anstellen zu
lassen. Gelangen dieselben, so konnten sie dem Volke als Muster
dienen und dasselbe zur Nachahmung reizen, blieben sie aber erfolglos,
so zahlte das Land nicht die Kosten.
Aber die Besorgniss, dass Concessionen zum Betrieb des Acker-
baues an Fremde die Japaner benachtheiligen und zu Verwickelungen
führen könnten, drängte alle derartigen Erwägungen zurück.
Auf Yezo hatte im Jahre 1867, also gegen Ende der Shôgun-
Regierung und im Auftrage derselben, ein deutscher Landwirth,
Namens R. Gärtner, eine Musterwirthschaft begründet und zwei Jahre
später auf eigene Rechnung übernommen. »Augustenfelde«, wie er
das Gut nannte, entwickelte sich bald unter Gärtner’s umsichtiger,
tüchtiger Leitung zu einer wirklichen Musteranstalt eines für die
dortigen Verhältnisse zweckmässigen Betriebes, doch nicht auf lange.
Kaum hatte sich die neue Regierung organisiert und befestigt, so
übernahm sie gegen reiche Entschädigung das Gut, dessen gedeihliche
Entwickelung damit ihr Ende erreichte. Yezo blieb, um mich mit
Gärtner’s eigenen Worten auszudrücken, »das grosse und reiche Haus,
dessen Bewohner aber, gleich den Schwalben, nur an den Aussenseiten
desselben in einem ausserordentlich ärmlichen Zustand leben«. Der
Fang zahlreicher Fische und sonstiger Seethiere sowie das Einsammeln
und der Versandt mariner Algen im Auftrag unternehmender Kaufleute
beschäftigt und nährt sie hinreichend, wenn auch dürftig. Von
der chinesischen Landwirthschaft sagt Capt. Gill,*) sie sei nach seiner
Meinung vielfach überschätzt worden; dasselbe gilt von der ihr so
innig verwandten japanischen. In einem Punkte aber stehen beide
einzig in ihrer Art da, in der Sorgfalt nämlich, mit der innerhalb des
unter Cultur stehenden Bodens darüber gewacht wird, dass nichts
verloren geht.
Der japanische Feldbau ist ein in hohem Grade intensiver und
[23]1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
mehr dem rationellen Garten- und Gemüsebau in der Nähe unserer
grossen Städte vergleichbar. Japan besitzt alle Bedingungen für die
geeignete Durchführung einer solchen Betriebsweise, nämlich Ver-
theilung des Culturlandes unter viele kleine Besitzer, reiche Be-
wässerung durch Niederschläge und Canäle, und vor allen Dingen
zahlreiche willige und billige Arbeitskräfte, wozu auch die Frauen und
Kinder zu rechnen sind.
Durch diese vielen, dem Bauer in Japan zur Verfügung stehenden
Hände mit einem hohen Maass von Arbeitsamkeit und Geschick, wird
es ihm möglich, sein wenig umfangreiches Besitzthum stets locker und
von Unkraut frei zu halten, sowie seine verschiedenartigen Dung-
stoffe in rationeller Weise anzuwenden, so dass von denselben
möglichst viel zur Wirkung kommt. Dieser Betrieb der Landwirth-
schaft bringt es natürlich nie zur Massenproduktion, wie der exten-
sive Raubbau.
Kämpfer und Thunberg, wie nicht minder verschiedene neuere
Reisende in Japan haben die irrige Meinung verbreitet, als ob die
Terrassierung des Bodens eine viel grössere Ausdehnung, wie irgend
wo in Europa erlangt habe und hoch an den Bergabhängen hinauf-
ragte. Zu diesem Irrthum konnte die Umgebung von Nagasáki und
der Ômura-Bucht leicht Anlass geben. Die Basalt- und Trachytge-
steine dieser Gegenden mit ihrer starken Verwitterung und sphärischen
Abschalung dabei liefern einen so fruchtbaren Boden, dass die ziemlich
mühsame Anlage und Cultur von Terrassen durch reiche Ernten belohnt
wird. Ganz anders liegt dagegen die Sache in vulkanischen Gebieten
mit Bimssteinasche oder in Schiefergebirgen. Hier steigen nur aus-
nahmsweise Terrassen an den Thalwänden höher empor, weil der
wenig fruchtbare Boden nur magere Ernten liefert. Auch nehmen
gen Norden die Terrassenanlagen überhaupt mehr und mehr ab.
Nirgends aber überbieten, ja erreichen sie an Ausdehnung, systema-
tischer Durchführung und den dabei überwundenen Schwierigkeiten
diejenigen, welche unsere Winzer am Rhein und in verschiedenen seiner
Seitenthäler, wie z. B. an der Mosel und im Ahrthale oberhalb Walporz-
heim, durchgeführt haben.
Die Terrassierung des Bodens erfolgt in Japan wie auch ander-
wärts in erster Linie, um zu verhüten, dass die Ackerkrume steilerer
Bergabhänge durch heftige Regengüsse weggespült werde, dann aber
auch, um eine leichtere Bebauung und Bewässerung zu ermöglichen.
Da nun letztere für den Reisbau unumgänglich nöthig, aber nur auf
horizontalem Felde durchführbar ist, so werden für ihn Terrassen selbst
da angelegt, wo die natürliche Neigung des Bodens so gering ist, dass
[24]I. Land- und Forstwirthschaft.
seiner Bebauung nach unserer Weise mit Pflug und Zugthier nichts
im Wege stände und auch keine Gefahr vorläge, dass die Ackererde
beim Regen etwa weggewaschen würde. Während aber hier einfache
geglättete Erdwälle von 25—40 cm Breite und Höhe für den gegebenen
Zweck vollständig genügen, müssen an den Thalwänden grössere
Arbeiten ausgeführt werden, um die Terrassen genügend zu stützen.
Da treffen wir denn Cyclopenmauern, nicht selten aus den Rollsteinen
des benachbarten Flusses errichtet, oder breitere grasige Böschungen,
auf denen im Süden hier und da Theesträucher, Talgbäume oder die
Papiermaulbeere angepflanzt wurden.
Die hier zuletzt erwähnte Thatsache der häufig vorkommenden
Terrassenanlagen für die Zwecke der Reiscultur steht nur scheinbar,
nicht thatsächlich im Widerspruch mit der vorhergehenden Behauptung,
dass in vielen Berichten die Ausdehnung der Terrassierung in Japan
sehr übertrieben wurde, wie dies ja auch aus dem geringen Procent-
satz sämmtlichen Culturlandes hervorgeht.
Da es in Japan weder geschlossene Güter, noch weidende Heerden
gab und Jeder gewohnt war, die Felder und ihre Gewächse zu schonen,
so fehlte die Gelegenheit, sowie jeder Grund für Absperrung irgend
welcher Art durch Gräben, Mauern, Zäune und dgl., vielmehr schlossen
und schliessen sich noch die einzelnen Landparcellen und ihre oft ver-
schiedenartigen Culturen unmittelbar an einander an. Um in den
Ebenen und Thalsohlen dem vorherrschenden Reisbau möglichst viel
Land zu erhalten, reihte man die Wohnhäuser auch in den Dörfern
meist an einander und schloss sie den Landstrassen an. Aus diesem
Grunde ziehen sich die Dörfer und Landstädte häufig ohne bemerkens-
werthe Seitengassen an der Hauptverkehrsstrasse lang hin oder liegen
an den Rändern der kleineren Ebenen. Fuhrwerke kommen beim
Betrieb der japanischen Landwirthschaft nicht in Anwendung, so dass
schmale Landwege dem allgemeinen Verkehr von Ort zu Ort und die
noch viel schmäleren Dämme vielfach zugleich statt unserer Feldwege
dienen.
Der japanische Ackerbau, beschränkt, wie hervorgehoben wurde,
auf nicht viel über ein Zehntel der Landesoberfläche, nährt nicht blos
die sehr zahlreiche Bevölkerung, sondern gestattet in günstigen Jahren
sogar noch eine nicht unbeträchtliche Ausfuhr an Reis. Es liegt nun
nahe, hieraus den Schluss zu ziehen, dass sich das japanische Acker-
land durch grosse natürliche Fruchtbarkeit auszeichnen müsse, wie
dies auch von vielen Seiten bis in die neueste Zeit behauptet wurde,
und doch ist dies keineswegs der Fall. Vielmehr hat neben der Er-
fahrung auch die chemische Untersuchung des japanischen Ackerbodens
[25]1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
gezeigt, dass derselbe ohne die sorgsamste Pflege und Düngung in den
meisten Fällen nicht im Stande wäre, irgend welche erkleckliche Er-
träge zu liefern. Die Mittel, durch welche der Japaner sich letztere
sichert, ohne die Vortheile der Wechselwirthschaft genügend zu kennen
und anzuwenden, bestehen in der tiefgründigen Bearbeitung, Rein-
haltung und häufigen Lockerung des Bodens, und in wiederholter Zu-
fuhr wirksamen Düngers während der Entwickelung der Pflanzen selbst,
wie sie nur bei Reihen- und Stufensaat möglich ist. Hierzu kommt
dann eine reiche Bewässerung durch Niederschläge oder auf künstliche
Weise und endlich die Wirkung der lange Zeit hindurch ununter-
brochenen Sommerwärme.
Die japanische Landwirthschaft wird durch unzeitigen oder stren-
gen Frost nur selten, durch Mäusefrass und Heuschrecken wohl nie
wesentlich geschädigt. Zu ihren lebenden Feinden gehören vor allem
die zahlreichen Wildschweine, dann die Affen. Im Herbst kommen
sie an den Waldrändern und Thalgehängen häufig dem Bauer im
Ernten seiner mühsam gezogenen Knollen und Hülsenfrüchte zuvor.
Es ist dann vielfach üblich, an den Feldrändern die Nacht über Feuer
zu unterhalten, um die zudringlichen Gäste abzuhalten, sowie durch Flin-
tenschüsse sie zu verscheuchen. Am meisten Schaden bringen jedoch
die Ueberschwemmungen. Wenn der Regen wolkenbruchartig heftig
oder in sanfterer Form viele Tage lang ununterbrochen niederfällt,
dann kommt es nicht selten vor, dass das von den Bergabhängen
stürzende Wasser die Terrassen zerreisst und die Ackerkrume wegspült
oder dass in der Thalsohle und Ebene der seine Ufer überschreitende
Strom die Dämme mit sich fortführt und die Felder weithin mit
Schlamm und Geröll bedeckt. Die Früchte langen Fleisses, ja die
Freuden eines arbeitsvollen Lebens schwinden dann oft über Nacht
dahin. Auch vulkanische Aschenregen und Taifune hinterlassen in
grösseren Intervallen dem Landmann hier und dort ihre verheerenden
Spuren.
Der japanische Ackerboden, grösstentheils aus der Verwitterung
alter Schiefer, des Granits und trachytischer Eruptionsprodukte her-
vorgegangen, zeigt in den meisten Fällen nur geringe natürliche
Fruchtbarkeit, so dass der neuaufgeschlossene nur schwache Ernten
liefert. Die basische Gruppe der krystallinischen Eruptivgesteine ist
in Japan nur schwach vertreten, namentlich der Basalt. Wo er oder
basaltische Laven vorkommen, geht aus ihren in den bekannten con-
centrischen Schalen sich abtrennenden Verwitterungsprodukten jener
eisenschüssige Lehm hervor, der, wie im Basaltgebirge Deutschlands,
an den Haupterfordernissen eines fruchtbaren Ackerbodens keinen Man-
[26]I. Land- und Forstwirthschaft.
gel zu haben scheint. Ich fand solchen Boden u. A. auf dem Wege
von Nagasáki zur Ômurabucht, sowie in Gumai-gori am Kôshiukaido.
Jene fruchtbaren Lössablagerungen, wie sie viele unserer Thalsohlen
begrenzen und auch auf unseren kleinen Plateaulandschaften weit ver-
breitet sind, scheinen ganz zu fehlen*), und auch der produktive
Mergelboden tritt unter dem Schwemmlande nicht in der Ausdehnung
auf, wie man denken sollte.
Genauere Bodenanalysen wurden erst in der neuesten Zeit, vor-
nehmlich von Kinch**), Korschelt***) und Keller†) ausgeführt.
Bezüglich der Ebene des Kuwantô bestätigen dieselben in vollem Maasse,
was alte Berichte über die Aschenregen melden, welche von den Erup-
tionen des Fuji-san, Asama-yama und anderer Vulkane ausgehend,
zu verschiedenen Zeiten auf sie niederfielen, und was sich aus
Autopsie, sowie den mikroskopischen Untersuchungen ihres Bodens
bereits früher ergeben hatte, dass nämlich die oberste Schicht wesent-
lich aus vulkanischer Asche und Tuff besteht. Der Ackerboden bei
Tôkio ist nach Korschelt bis zu einer Tiefe von 6 m ein Cementtuff,
von dem 6 Theile mit gleichviel Sand und 1 Theil gebranntem Kalk
einen guten Cementmörtel geben, der überall angewandt werden kann,
wo es nicht auf grosse Härte ankommt. Dieser Tuffboden besteht aus
85 % Zeolithen und Sesquioxyden, 11 % Mineralsand, 1,5 % Thon,
1,5 % Quarzsand und 1 % organischer Substanz. Mit Recht weist
Kinch auf den auffallend hohen Gehalt (40 %) leicht zersetzbarer
Silikate (eben jener Zeolithe) und die fast fehlende freie Kieselsäure
hin. Der reiche Magneteisengehalt, welchem dieser Tuffboden neben
der organischen Substanz seine dunkelbraune Farbe verdankt, wurde
von Kinch annähernd mit Hülfe eines Magneten bestimmt und ergab
für eine Probe Ackerkrume von Komaba 2,5 %, für eine solche aus
Shimosa sogar 7 % des Gesammtgewichts. Absorptionsvermögen und
Wassercapacität des japanischen Ackerbodens sind gross; weil derselbe
jedoch tiefgründig und durchlassend ist, leidet er selbst nach reichen
Niederschlägen nicht an Nässe.
Dem Vorwiegen der sauren Silicatgesteine, einschliesslich der tra-
chytischen Tuffe und Aschen, woraus die japanische Ackerkrume zum
grossen Theil hervorgegangen ist, entspricht ihre auffallende Armut
††)
[27]1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
an den zur Pflanzenernährung wichtigsten Stoffen: Kalk, Kali und
Phosphorsäure, welche von der Oberfläche (wo Dünger das Verhält-
niss etwas günstiger gestaltet) nach der Tiefe noch zunimmt. Kinch
bestimmt den Durchschnittsgehalt aus 6 Proben nach Abzug des hy-
groskopischen Wassers, wie folgt:
Phosphorsäure 0,185 %, Kali 0,363 %, Kalk 0,475 %.
Seine und Korschelt’s Untersuchungen sind dann vor einem Jahre
durch die Analysen von Kellner bestätigt und ansehnlich ergänzt wor-
den. Zwei derselben, der schon citirten Arbeit in Nobbe’s Land-
wirthschaftlichen Versuchsstationen XXX. Bd. entnommen, folgen hier.
Die Bodenproben stammen, wie diejenigen, welche Kinch untersuchte,
aus dem Kuwantô.
Von dem bei 100°C. getrockneten Boden wurden durch kalte
Salzsäure von 1,15 sp. Gew. ausgezogen:
Diese Zusammenstellung zeigt, dass die Böden, ihrem Gehalt an
wässerigen Doppelsilicaten entsprechend, reich sind an chemisch gebun-
denem Wasser und leicht aufschliessbaren Basen. Bei der Digestion
mit Salzsäure wurden 38,9 % Krume und 40,8 % des Untergrundes
an Basen und Säuren in Lösung übergeführt, von dem Reisboden
etwas weniger, nämlich 33,6 % der Krume und 31,1 % des Unter-
grundes. Die Menge der aufgeschlossenen Bestandtheile stellt sich auf
circa 50 % der gesammten Mineralsubstanz des Bodens, d. h. auf
eine Höhe, die man gewöhnlich nur bei Kalk- und Serpentinboden
beobachtet. Die Böden sind reich an Thonerde- und Eisen-Verbin-
dungen, auffallend arm an Kalk und chemisch gebundener Kohlen-
säure. Die Unterschiede zwischen Hata und Ta sind hinsichtlich der
Bodenzusammensetzung nicht sehr bedeutend.
[28]I. Land- und Forstwirthschaft.
Durch Behandlung des Bodens mit heisser, concentrirter Salz-
säure wurden folgende Substanzen gelöst, resp. aufgeschlossen:
Man sieht hieraus, dass die aufschliessende Wirkung der kochend
heissen Salzsäure die der kalten nicht viel übertrifft.
Die Ebene des Kuwantô, auf welche sich die vorerwähnten Boden-
analysen beziehen, obgleich heutiges Tages wie ein Garten gepflegt,
wurde erst durch die Tokugawa und in Folge der Entwickelung ihrer
Residenz Yedo in ihrem jetzigen Umfang in Cultur genommen. Ihr
Boden gilt bei den Japanern selbst für weniger fruchtbar, als der-
jenige mancher anderen Landestheile, so namentlich der reichbewäs-
serten Ebene von Mino, der Ebene von Hiróschima, der Provinz Higo.
Doch liegen über diese noch keine Analysen vor.
Bei der japanischen Bodenverbesserung spielen Stalldünger und
Rotation oder Wechselwirthschaft nur eine untergeordnete Rolle. Die
Ertragsfähigkeit des Ackerlandes wird erzielt und erhalten durch
Tiefcultur, zweckmässige Verwendung des zu Gebote stehenden
Düngers, geeignete Bewässerung und durch grösste Sorgfalt in der
Umarbeitung und Reinhaltung des Feldes.
Den wichtigen Satz rationeller Landwirthschaft, dass der Boden
durch Dünger wieder zurückerhalten müsse, was ihm durch Ernten
[29]1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
entzogen wird, kennt und befolgt der Ostasiate von Alters her, ob-
gleich ihm eine wissenschaftliche Begründung seines Verfahrens gewiss
ebenso abgeht, wie dem deutschen Bauer aus alter Schule. Doch kann
ihm eine grössere Umsicht und mehr Verständniss bei Auswahl und
Anwendung des Düngers nicht abgesprochen werden. Vieles, was in
dieser Beziehung in Europa erst Theorie und Experiment dem ratio-
nellen Landwirth beibrachten, gehört beim Feldbau der chinesischen
Culturländer zum Theil zur sehr alten Praxis und es liegt neben dem
günstigen Klima hierin unstreitig der Hauptgrund, wesshalb das Land
in China und Japan seine alte Ertragsfähigkeit behalten hat, unge-
achtet der Boden, in Japan wenigstens, wie wir gesehen haben,
keineswegs von besonderer natürlicher Fruchtbarkeit ist.
Der Dünger (japanisch Koyashi oder Koye) wird in keinem
Theile der Welt mit mehr Fleiss und Sorgfalt gesammelt und aus ver-
schiedenartigeren Quellen bezogen, noch rationeller angewandt, als in
Ostasien. Was in Japan an thierischen Abfällen längs der Wege
durch Reit-, Last- und Zugthiere verloren geht, wird in der Regel
mit Hülfe der denkbar billigsten Schaufel, einer flachen Muschelschale
(Haliotis) am Ende eines Stabes, aufgenommen und in Körben auf’s
Land getragen. Zu keiner Zeit des Jahres bringt jedoch der Japaner
Dünger auf’s Brachfeld, wo derselbe austrocknen und Winde ihn sei-
nes wirksamsten Bestandtheils zum grossen Theil berauben könnten.
So verschiedenartig auch die zur Verwendung kommenden Stoffe sein
mögen, so wird doch bei allen Sorge getragen, dass sie rasch in den
Boden und zur Wirkung gelangen. Der Japaner düngt weniger den
Boden, als vielmehr die Culturpflanzen selbst, denn er weiss, dass er
nur auf diesem Wege eine genügende Ernte erzielen kann. Indem
er die Stellen, wohin er die Samen legt, oder seine Setzlinge ver-
pflanzt, mit Dünger versieht und dann im Laufe ihrer Entwicklung
der Pflanze in besonderen Zeitabschnitten von neuem Dünger gibt,
befolgt er die zweckmässigste und ökonomischste Methode, welche sich
denken lässt und bei uns mit dem Ausdruck »Kopfdüngung« be-
zeichnet wird.
Das wichtigste Düngemittel unserer Landwirthschaft, der Stall-
dünger, tritt in Japan in Folge der beschränkten Viehzucht in den
Hintergrund und hat nur in den Gebirgsgegenden mit ihren ausge-
dehnten Grasflächen und einem grösseren Bedarf an Lastthieren mehr
Bedeutung. Hier kann man zeitweise vor den Bauernwohnungen, wie
in manchem deutschen Dorf, Mist aufgestapelt sehen. Bei Rindvieh
und Pferden, — denn nur um solche handelte es sich bisher, — findet
das ganze Jahr mit wenig Ausnahmen Stallfütterung statt, so dass der
[30]I. Land- und Forstwirthschaft.
Anblick einer weidenden Herde dem in Japan Reisenden fast nie zu
theil wird.
Lange bevor unsere Landwirthe, durch chemische Untersuchungen
auf den hohen Stickstoff-, Phosphorsäure- und Kaligehalt des Latri-
nendüngers aufmerksam gemacht, denselben anwenden und schätzen
lernten, spielte er in der empirischen Landwirthschaft Chinas und
Japans eine hervorragende Rolle. Die menschlichen Auswurfsstoffe
bilden hier den am meisten angewandten und darum wichtigsten
Dünger, dem nur Fischguano und Oelkuchen vorgezogen werden. Das
vorwiegend treibende Element dieses Latrinendüngers, namentlich für
Gramineen*), also auch Halmfrüchte, ist bekanntlich der Stickstoff,
der meist in Form von Harnstoff und kohlensaurem Ammoniak ge-
bunden ist, aber bei der leichten Zersetzbarkeit dieser Körper im
Ammoniak entweicht, wenn jener Dünger nicht bald zur Verwendung
kommt. Hier entspricht nun die alte ostasiatische Praxis ganz unse-
rer chemischen Theorie.
Die Sammlung und Verwerthung dieser menschlichen Auswurfsstoffe
hat bei der schon viel erörterten Frage über die zweckmässigste Art
unserer Städtereinigung und den gesteigerten Anforderungen an unsere
Landwirthschaft ein erhöhtes Interesse, und diesem entsprechend soll
daher das bemerkenswertheste darüber hier folgen.
Das System ist einfach, eignet sich aber nicht für uns zur Nach-
ahmung, denn es nimmt auf Auge und Nase nicht die Rücksicht,
welche unser Culturzustand verlangt. Die betreffenden Sinne des Japa-
ners sind von Natur wohl nicht weniger empfindlich als die unserigen
auch; aber die Gewohnheit, Fäcalstoffe zu sehen und zu riechen, hat
sie offenbar dagegen mehr abgehärtet, etwa wie Praktiker in anato-
mischen und chemischen Laboratorien sich ja auch leicht an Anblicke
und Gerüche gewöhnen, welche den Neuling anekeln.
Es gibt Gegenden in Europa, in welchen der Weg zum Abtritt
durch die Küche führt; in Japan führt er in der Regel durch das gute
Zimmer oder doch dicht daran vorbei. Das aus Holz leicht gebaute
japanische Wohnhaus ist ein- oder zweistöckig und dehnt sich fast
immer mehr in die Breite und Tiefe als in die Höhe aus. Keller und
Schornsteine fehlen ihm stets, in den meisten Fällen auch Mauern
und Fundament. Der untere Boden ruht auf Pfosten oder Steinen
2—3 Fuss über der geebneten Erde; Küche und gewöhnliche Wohn-
zimmer sind meist der Strasse, die besseren Zimmer dem auf ent-
[31]1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
gegengesetzter Seite sich anschliessenden Gärtchen zugewandt, von
dem sie eine etwa meterbreite Veranda scheidet. Ein Gang über
letztere führt zu dem sich seitlich anschliessenden Abtritt, Chôdzu-ba,
Yôba oder (vulgär) Setzu-in genannt. Bei dem leichten, luftigen Bau
gelangt nicht selten der Geruch von hier zunächst gerade in die vor-
nehmsten Räume, wie der in Japan Reisende es oft genug beobach-
ten kann.
Der verschliessbare Raum des Chôdzu-ba hat einen gedielten Bo-
den mit einer Oeffnung in Form eines Rechtecks in der Mitte und
einem Fass oder einer grossen irdenen Urne als Recipient darunter.
Ein Sitz ist nicht vorhanden; aber der in der Oeffnung sitzende und
herausnehmbare Rahmen trägt am vorderen Ende eine kleine Lehne
zum Anfassen, wodurch sich die Vorrichtung vornehmlich von ähn-
lichen bei ganz andern Völkern, z. B. den Marokkanern und alten
Römern, vortheilhaft unterscheidet.
Für das kleine Bedürfniss ist fast immer besonders gesorgt, nur
nicht Nachts. Der zur Aufnahme des »Wassers« in einem Winkel an-
gebrachte und meist in die Erde versenkte Behälter trägt in den
feineren Häusern eine aus Brettern zusammengesetzte vierseitige
Pyramide über sich, deren Hohlraum zur Hälfte mit kurz zerhackten
Zweigen immergrüner Nadelhölzer gefüllt ist. Während hierdurch,
oder durch eine andere Vorrichtung, das Pissoir gewöhnlich den Blicken
des Vorübergehenden verborgen ist, gibt es jedoch auch noch Städte,
wo man von einer solchen Verfeinerung der Sitte noch sehr fern ist
und die alte chinesische Methode noch herrscht, wie dies nach älteren
Berichten, z. B. denen Thunberg’s, früher fast allgemein Brauch
gewesen zu sein scheint.
Zwei besonders auffallende Beispiele der Art erlebte ich 1874 auf
meinen Reisen, die hier wohl erwähnt werden dürfen. In der durch
ihre Bronzegiessereien bemerkenswerthen Stadt Takaóka in Echiú, nicht
weit vom Japanischen Meer fand ich zwei Reihen Urineimer als Pissoire
an der Hauptstrasse aufgestellt, ohne jede sonstige Maskirung. Noch
eclatanter traf ich die Ungenirtheit später in der Stadt Sakata in nord-
östlicher Richtung von Niigáta. Hier hatte jedes Haus eine derartige
Vorrichtung gleich am Eingang, und das Gasthaus (die Yadoya), in
welches ich einkehrte, etwa da, wo bei uns das Portierstübchen sich
befindet, deren zwei. Solches mag in früherer Zeit in allen Städten
vorgekommen sein; jetzt gehört es zu den bereits seltenen Ausnahmen,
ja es wird in dieser Beziehung jetzt in Japan viel weniger der öffent-
liche Anstand vermisst, als vielfach bei uns.
In den grösseren Städten kommt fast täglich der Koye-tori (wörtlich
[32]I. Land- und Forstwirthschaft.
Düngerholer), um Faeces (Daiben) und Urin (Shôben) abzuholen und
auf’s Land zu bringen. Er vermischt beide und verdünnt die Masse,
wenn nöthig, mit Wasser, was in Anbetracht des leichten Stuhlgangs
der Japaner (Folge des Genusses starkgesalzener Suppen und Saucen
und des leicht verdaulichen Reis) rasch von statten geht.
Aber es gibt noch Andere, welche gleich dem berufsmässigen
Koye-tori den Inhalt der Senkkufen gern davon tragen. Bei uns sehen
wir den Landmann, welcher die Städter mit Milch, Butter und andern
täglichen Lebensbedürfnissen versieht, mit den zu Viehfutter be-
stimmten Küchenabfällen seiner Kunden heimkehren; in Japan da-
gegen fehlt der Milch- und Butterlieferant und damit auch das Be-
dürfniss nach Futter. Hier nimmt sich der ländliche Stadt- und Markt-
besucher aus der Umgegend vielfach, statt der Abfälle aus der Küche,
Latrinendünger mit, den er in Eimer gefüllt am Tragholze aus
Bambusrohr oder einer immergrünen Eiche seinen Feldern zuführt.
In der Hauptstadt Tôkio ist der Haupt-Sammel- und Versandt-
platz solcher Abfuhrstoffe der Sumida-gawa. An seinen Ufern kann
man täglich flache Boote damit beladen sehen, wobei entweder der
Dünger in Kübel gefasst ist, die reihenweise neben und über einander
stehen, oder das wasserdichte Boot ist direct damit gefüllt. Diese
Düngerboote gehen dem Fluss entlang und durch Seitencanäle in die
Felder.
Sobald ein solches Fahrzeug an seinem Bestimmungsorte ankommt,
ist eine Anzahl Hiakushô (Bauern) mit Kübeln bereit, den mit Wasser
genügend verdünnten Stoff in Empfang zu nehmen. Kleinere Kübel
an langen Stäben dienen zum Schöpfen und Ueberführen, noch kleinere
endlich zum Uebertragen des Düngers zu den Pflanzen. Indem der
Landmann seine Feldfrüchte einzeln mittelst eines Schöpfers (Kübel-
chen an langem Stiel) mit diesem Dünger begiesst, führt er den
Wurzeln derselben gleichzeitig Nahrung und Feuchtigkeit zu. Mit
diesen Abfuhrstoffen pflegt man alle Winterfrüchte und Gemüse im
jüngeren Zustande, nie aber den Reis zu düngen.
Nur zur Zeit grossen Ueberflusses wird von diesem Dünger auf
den Feldern in kleinen Senkgruben und grossen in die Erde einge-
senkten und mit Stroh überdachten Tonnen und Kübeln für spätere
Benutzung angesammelt; als Regel aber gilt der directe, frische Ver-
brauch, wodurch eine stärkere Zersetzung und Ammoniakbildung an
der Luft verhütet wird.
In vielen japanischen Städten betreiben Gesellschaften, in deren
Diensten obige Koye-tori stehen, die Wegschaffung der Latrinenstoffe.
Dieselben zahlen für die Berechtigung hierzu den Hauseigenthümern
[33]1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
Preise, welche je nach Bedarf mit der Jahreszeit steigen oder fallen,
im Frühjahr am höchsten sind, im Winter oft unter die Hälfte herunter
gehen. Vor 10 Jahren war in Yokohama der Durchschnittspreis für
ein ka (eine Mannslast, hier 2 Eimer) 6—8 sen; vor 3 Jahren stieg
er auf 10 sen, im April auf 12½ sen. In diesem Monat verkaufte
die Gesellschaft den Dünger an die Landleute für 14—15 sen pro ka.
In Tôkio, wo die Nachfrage im Verhältniss zur enormen Ausfuhr
geringer ist, stehen dem entsprechend auch die Preise niedriger, in
vielen kleineren Orten höher. Dass Latrinendünger für die Land-
wirthschaft hochgeschätzt und käuflich erworben wird, z. B. der aus
Stuttgart von den schwäbischen Bauern, ist in Deutschland verhältniss-
mässig neu.
Eine grosse Rolle spielt auch der Compost, koye-tsuchi d. h.
die Dünger-Erde, oder Koyashi-tsuchi genannt. Derselbe wird aus
Erde und allen zugänglichen pflanzlichen und thierischen Abfällen
bereitet und oft mit Gülle oder auch nur mit Wasser übergossen, um
die Zersetzung zu beschleunigen, während Kalk hierbei gar nicht in
Anwendung kommt. Bei seiner Verwendung erhält der Compost oft
noch Zusätze von Fäcalstoffen oder auch von Gründünger.
Als theuerster und geschätztester thierischer Dünger gilt der
Fischguano, ein ansehnlicher Handelsartikel aus verschiedenerlei
Fischabfällen, ganz besonders aber von mehreren Häringsarten, z. B.
dem Nishin (Clupea harengus), dem Iwashi (Clupea melanosticta und
Cl. gracilis) und Isaza (Engraulis japonicus). Diese Fische, welche
in grossen Schaaren im März und April, und dann wieder im October
und November an einzelnen Küstenstrichen Japans erscheinen, z. B. an
der Ostküste von Yezo, der Küste von Hitachi, vom Japanischen Meer
etc., wurden bisher nicht wie in Europa eingemacht, sondern grössten-
theils zur Gewinnung von einer Art Thran verwerthet, während ihre
getrockneten übelriechenden Rückstände als Dünger in den Handel
kommen. Nachdem man das Oel durch Kochen der Fische mit Wasser
extrahirt hat, werden die Rückstände auf Matten ausgebreitet, an der
Sonne getrocknet und dann lose oder gepresst versandt. So liefert
z. B. ein einziger Ort, Namens Tomacomi an der Küste von Yezo jähr-
lich etwa 150 Kübel Fischöl und gegen 7000 Koku Fischdünger. Man
benutzt diesen widerwärtig riechenden, aber sehr wirksamen Fisch-
guano unter anderm zum Düngen der Theepflanzen. Auch die Ab-
fälle der Seidenraupenzucht werden als Dünger verwerthet.
Eine weitere sehr geschätzte Düngersorte besteht in Oelkuchen
oder Abura-kasu, welche man neben Fischdünger auch zum Treiben
der jungen Baumwoll- und Tabakpflanzen verwendet. Sie werden
Rein, Japan. II. 3
[34]I. Land- und Forstwirthschaft.
aus den Samen der verschiedenen Oellieferanten, wie von Brassica,
Sinapis, Perilla, Sesamum, Gossypium, erhalten und haben natürlich
als Dungmittel einen sehr ungleichen Werth. Abura-kasu kurzweg
bezeichnet die gewöhnlichsten und geschätztesten, nämlich die Raps-
kuchen.
Ausser diesen Oelkuchen verwendet man als vegetabilen Dünger
auch gekochte oder zerstossene Bohnen, Raps-, Gersten- und Waizen-
stroh, Spreu und andere Abfälle, vor allem aber grüne Pflanzen. Der
Gründünger wird nicht, wie in China der Klee und andere Pflanzen,
vorher durch besondere Aussaat erzielt, sondern unbebauten Ländereien
entnommen. Es ist ein Gemisch von Gras, Kräutern, Halbsträuchern
und jungen Zweigen, wie es an Bergabhängen und in lichten Wäldern
wächst. Frauen und Kinder sammeln dieses Material und bringen es
in Traglasten herbei zum Felde; nur wo es höher und weiter aus
den Bergen geholt werden muss, übernehmen Männer mit Packpferden
die Beschaffung. Gleich dem Rapsstroh wird es vorwiegend zum
Düngen und Einstreuen in die Reisfelder benutzt, wenn dieselben im
Vorsommer zur Aufnahme der jungen Setzlinge hergerichtet werden,
und ist unter der Einwirkung des Wassers und Schlamms schon nach
wenigen Wochen gänzlich zerstört und zersetzt.
Gröbere Meeresalgen, insbesondere Sargassum, sah ich auf Ama-
kusa und andern südlichen Inseln als Dünger einstreuen.
Von Mineralsubstanzen benutzt man als Dünger besonders
Holz- und Strohasche, so von Reisstroh (Wara) und Rapsstroh, ferner
den Schlamm der Bewässerungscanäle, mit welchem man im Frühjahr
gern die Saatbeete für den jungen Reis überzieht. Ueberhaupt wer-
den Asche und Schlamm gern angewandt, wo es gilt, junge Aussaaten
rasch zu treiben.
Von grösserem Interesse für uns ist die umfangreiche Verwendung
des gebrannten Kalkes. Bekanntlich unterscheiden die Franzosen
Amendement (Bodenverbesserung) und Engrais (Düngung). Der Aetz-
kalk dient nach beiden Richtungen. Die Chemie lehrt, dass derselbe
in inniger Berührung mit Thonerdesilikaten und Wasser die Kiesel-
säureverbindungen aufschliesst und die darin vorkommenden kiesel-
sauren Alkalien den Pflanzen zugängig macht, daher ein schwerer
gebundener Thonboden durch Zusatz von gelöschtem Kalk lockerer
und fruchtbarer wird, ganz abgesehen von dem direkten Werthe des
Kalkes als Pflanzennahrung in sonst kalkarmem Ackerlande.
So sehen wir den gebrannten Kalk auch bei uns anwenden, z. B.
im Siegthale, in Sachsen und verschiedenen andern Gegenden. Aber
wohl nirgends in Europa ist der Landmann durch eigene Beobachtung
[35]1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
und Erfahrung so frühzeitig schon zu gleichem practischen Resultate
gelangt und hat seit so langer Zeit schon gebrannten Kalk als Dünger
für schweren Thonboden verwerthet, wie in Japan.
Den gemahlenen Aetzkalk, Ishi-bai (Steinasche) genannt, sah ich
in den verschiedensten Gegenden Japans anwenden, doch vorwiegend
in nicht vulkanischen Distrikten, wo der wenig fruchtbare Ackerboden
aus den Verwitterungsprodukten älterer Schiefer und krystallinischer
Gesteine entstanden ist. Auch beschränkte sich seine Verwendung in
der Regel auf Reisfelder. Wenn dieselben zu Beginn des Sommers
zur Aufnahme der jungen Setzlinge hergerichtet und in ihrem Schlamm
Gründünger oder Rapsstroh ausgebreitet sind, wird gebrannter Kalk
aufgestreut. Er zerstört das Pflanzengewebe rasch und fördert da-
durch die Vertheilung und Wirkung solchen Düngers. Seiner cau-
stischen Eigenschaft wegen kann er nicht als Nachdünger bei irgend
einer Cultur verwendet, also nicht der wachsenden Pflanze selbst bei-
gefügt werden.
Da der Kalkstein nur ausnahmsweise als reines kohlensaures
Salz vorkommt, so ist klar, dass seine bodenverbessernde Wirkung
oft noch durch die fremden Beimischungen von phosphorsaurem Kalk,
Magnesia, Eisen und anderen Körpern erhöht wird.
Andere Sommergewächse, ausser dem Reis, werden meist mit
Stroh- oder Holzasche zur Zeit der Aussaat gedüngt und mit Fäcal-
stoffen, verdünnt mit Wasser, während des Wachsthums. Dieser flüssige
Dünger, sowie die häufigen Niederschläge machen die künstliche Be-
wässerung der Hata unnöthig; ebenso ist bei der Porosität des Bodens
und der abschüssigen Lage in der Regel eine künstliche Entwässerung
überflüssig, ausser derjenigen, welche schon durch die Eintheilung
des Feldes in lange schmale Beete mit tiefen Zwischenfurchen bewirkt
und vor allen Dingen bei Winterfrüchten, ähnlich wie in Südfrank-
reich z. B. bei Bordeaux, angewendet wird. Bodenverbesserungen
durch Mischung kennt man nicht, auch nicht die sogenannten Brand-
culturen.
Aber bei dem Reislande kommt neben dem eingestreuten Kalk,
Grün- und Strohdünger auch noch das fliessende Wasser, womit
man es überrieselt, als Dungmittel in Betracht, insofern es nicht blos
werthvolle mineralische Verwitterungsproducte vom Gebirge herbei-
führt, sondern auch Verwesungstoffe der Pflanzendecke. Das Absorp-
tionsvermögen der Ackerkrume für dieselben ist über allen Zweifel
erwiesen. Die chemische Untersuchung des abfliessenden Rieselwassers
durch Keller ergab weniger mineralische Bestandtheile, als die des
zugeführten Flusswassers.
3*
[36]I. Land- und Forstwirthschaft.
Die zur Bebauung des Feldes dienenden Geräthe sind meist
einfach und zweckentsprechend. Letzteres kann von den bei der
Körnergewinnung verwendeten nicht behauptet werden. Diese land-
wirthschaftlichen Geräthe stimmen mit den in China und Korea ge-
bräuchlichen meist überein, und haben offenbar im Laufe vieler Jahr-
hunderte sich wenig verändert. Wo wir geeignetere Werkzeuge ver-
wenden, ersetzen in Ostasien manuelles Geschick in der Handhabung,
Fleiss und Ausdauer die Mängel.
Der Pflug (Karasuki) erinnert in seiner gebräuchlichsten Form
an denjenigen Aegyptens, von welchem man weiss, dass er heute noch
hergestellt und gebraucht wird, wie zur Pharaonenzeit. An einer
etwa 2 Meter langen Deichsel befindet sich vorn die einfache Vor-
richtung, um mittelst eines Joches das Zugthier (Pferd oder Ochs) an-
zuspannen, während am andern Ende ein ∼ gekrümmter Holzbalken
angefügt ist, schräg abwärts führt und in seinem dickeren unteren
Theile das Pflughaupt darstellt, indem es hier in die mit Eisen be-
schlagene Pflugschar endet. Ein Querstab durch das obere, dünnere
Ende der Sterze dient als Handhabe. Dem japanischen Pflug fehlt
hiernach der Vorderpflug, das Secheisen und Streichbrett, also jede
Vorrichtung zum Furchenwenden, zum Tief- oder Seichtpflügen je nach
Bedarf. Derselbe wird vom Bauer auf die Schulter genommen und
dem vorausgehenden Zugthier nachgetragen. Eine gründliche Um-
arbeitung des Bodens durch saubere, regelmässig aufeinanderfolgende
Furchen, sowie das Durchschneiden und Freilegen von Wurzeln ist
mit ihm nicht möglich. Kein Wunder, dass er keine ausgedehnte
Verwendung findet und die tiefgründige Umarbeitung und Auflockerung
des Bodens meist mit Hacke (Kuwa) und Spaten (Suki) bewirkt
wird, von denen namentlich die erstere in vielen Formen und Grössen
zur Anwendung kommt. Diese Kuwa oder Hacke ist unstreitig das
wichtigste Werkzeug des japanischen Gärtners und Landmanns. Sie
besteht aus einer eisernen Platte, welche in der Regel einen Holzkern
umschliesst, durch den auch der 60 cm lange Stiel führt. Eine zweite
Form ist die eiserne Gabelhacke mit vier Zinken, sodann die Ku-
made mit vier Zinken aus Bambusrohr und die Matsubagaki mit sie-
ben Zinken aus demselben Material. Diese Zinken gehen strahlenförmig
von einem Punkt aus einander und stellen ein gleichschenkliges Dreieck
dar, in dessen Basis die einzelnen Strahlen enden und dort haken-
förmig umgebogen sind. Diese beiden Apparate bilden gewissermassen
den Uebergang zum einfachen Rechen (Sarai). Ich habe den Pflug
vornehmlich im Frühjahr bei der Umarbeitung des Reisfeldes anwenden
sehen, doch auch hier nur in beschränktem Masse. Berücksichtigt man,
[37]1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
dass solches Reisland, nachdem es mit Dämmen versehen und über-
rieselt wurde, noch mit der Hacke und den Händen zu einem möglichst
ebenen und gleichmässigen Schlamm durchgearbeitet wird, so erkennt
man, dass ungeachtet des Pfluges auch hier Tiefcultur stattfindet.
Als Egge (Maguwa, spr. Magwa) dient oft ein Apparat, der mehr
einem grossen Rechen gleicht, indem der wesentliche Theil aus einer
Holzplatte mit einer Reihe hölzerner oder eiserner Nägel besteht.
Derselben sind nach vorn zwei parallele Stangen mit Vorrichtung zum
Anspannen des Zugthieres angefügt, nach oben aber ein Galgen als
Handhabe. Doch gibt es auch hiervon viele Modificationen.
Wagen (Kuruma) kommen in der japanischen Landwirthschaft
gar nicht in Anwendung; selbst der beim Chinesen so beliebte Schub-
karren (Ichirin-sha) fehlt dem Lande fast vollständig. In Traglasten
an beiden Enden einer über die Schulter gelegten Stange, oder auf
dem Rücken eines Lastpferdes oder Ochsen bringt man den Dünger
und Samen aufs Feld und andererseits dessen Produkte nach Hause
oder zu Markt.
Besonders einfach, oder besser gesagt, primitiv ist die Körner-
gewinnung. Da das Stroh vornehmlich zu Geflechten mancherlei Art,
wie Seilen, Sandalen (auch für Lastthiere), Matten, aber auch zur
Dachbedeckung und theilweisen Einstreuung dient, werden die Halm-
früchte in der Regel wie bei uns mit einer Sichel (Kama) nahe der
Erde abgeschnitten, in kleine Handgarben gebunden und entweder
an den Feldrändern um die Stämme von Erlen oder andern Bäumen,
oder auch vor den Häusern aufgestapelt und, wenn nöthig, der Sonne
zum Trocknen und Nachreifen ausgesetzt.
Indem man ein solches Bündel an den Halmen erfasst und in
den Händen ausbreitet, zieht man es zwischen den Stahl- oder Bam-
busrohr-Zinken eines Reffs (Ine-kogi oder Mugi-kogi) von 30—40 cm
Breite durch und trennt so Aehren und Rispen vom Stroh. Statt eines
solchen Reffs benutzt der ärmere Mann wohl auch ein Stück Bambus-
rohr mit gabelförmigem Einschnitt oder einen Streichkamm (Kushi)
aus demselben Material. Die Rispen des Reis und der Hirse oder viel-
mehr ihre Körner werden auch häufig dadurch vom Stroh getrennt, dass
man die Halme mit ihnen wider den Rand einer Bütte schlägt. Man
wird fragen: Hat denn der Japaner keine Dreschflegel? — Aller-
dings finden wir mit der Benennung Kara-sao und Kururi auch solche
in Anwendung, aber von welch plumper, ungeeigneter Form! Sie be-
stehen aus einem cylindrischen Stück Holz, das mit einem Seil an eine
Stange gebunden ist, so dass man weder ordentlich ausholen, noch
wuchtig drein schlagen kann. Gedroschen werden übrigens nur die
[38]I. Land- und Forstwirthschaft.
Aehren, nachdem sie zuvor durch eine der vorher angegebenen Vor-
richtungen von den Halmen getrennt worden sind. Die Drescher
stehen dabei in zwei Reihen einander gegenüber und es schlägt jede
Reihe auf einmal nieder, so dass von einem angenehmen Drei- oder
Vierklang, wie er im Herbst aus den Tennen unserer Bauerndörfer uns
entgegenschallt, gar keine Rede sein kann.
Eine andere Methode, die Körner aus den Aehren oder Rispen
zu befreien, besteht in dem Bearbeiten der Samenträger im Stampf-
troge (Usu). Hat man sie dann auf die eine oder die andere Weise
von der Spreu gelöst, so findet die Abscheidung nicht auf der Tenne
mit der Wurfschaufel, sondern, wie in fast allen wärmeren Ländern,
mit Hülfe des Windes statt, indem man das Gemisch in einer flachen
Wanne mit den Armen bei Luftzug emporhebt und zu Boden fallen
lässt, wobei die leichtere Spreu, wie bekannt, weiter entfernt von den
Körnern, also umgekehrt wie in der Tenne, niederfällt.
Bei Leguminosen werden die Hülsen mit den Händen, seltener
durch den Stösser im Stampftroge geöffnet und ihres Inhaltes beraubt.
Beim Raps dagegen trennt und öffnet man die Schoten durch das
bereits erwähnte Schlagen der Stengel gegen den Rand einer Bütte,
oder eines Reffs.
Je nach der Art, wie die Samen dem Ackerboden übergeben
werden, unterscheidet man bekanntlich die Breit- oder Handsaat
und die Reihen- oder Drillsaat. Bei der Breitsaat überschreitet
der Sämann in gleichen Abständen der Reihe nach sein Feld und
streut mit weiter Bogenbewegung des rechten Arms die Saat in regel-
mässigem Tempo aus, die er dann mit Hülfe der Egge (oder des
Rechens bei kleineren Stücken Landes) mit Erde zu bedecken sucht.
Letzteres gelingt ihm nie vollständig, die Körner kommen nicht blos
verschieden tief in den Boden, sondern es bleibt auch immer ein Theil
oben aufliegen und geht verloren. Ueberdies wird die richtige und
wichtige Vertheilung der Samen oft sehr ungenügend erzielt, da sie
nicht blos abhängig ist von der Geschicklichkeit des Sämanns, sondern
auch von der Beschaffenheit des Ackerlandes, dem Wetter (z. B. der
An- oder Abwesenheit eines starken Windes) und andern Zufällig-
keiten. Bei der Reihensaat gelangen die Samen viel gleichmässiger
in den Boden, sowohl bezüglich der Tiefe, als auch der Entfernung
von einander, indem man sie in geöffnete Rillen streut und je nach
Bedürfniss 2—10 cm, aber gleich hoch und locker mit Erde zudeckt.
Die Drillcultur*) ist im Grunde dasselbe, nur mit dem Unter-
[39]1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
schiede, dass man sich bei ihrer Anwendung besonders construirter
Maschinen, bei der einfachen Reihensaat dagegen blos der Hände und
etwa des Lochstechers bedient; es wird demnach jene mehr bei
grösserem landwirthschaftlichen Betriebe, diese aber vorwiegend beim
Kleinbauer und Gärtner in Anwendung kommen. Während letztere
die Reihensaat, von der die Stufensaat (z. B. bei Bohnen) nur eine
besondere Form ist, schon lange anwenden, war und ist noch immer
die Breitsaat in unserer Feldbestellung die Regel, welche erst in der
neueren Zeit auf grösseren Gütern nicht mehr streng befolgt wird.
In Südfrankreich z. B. um Bordeaux hat man die Reihencultur schon
längst streng durchgeführt und die Felder für Winterfrüchte dabei,
ähnlich wie in Japan, in lange schmale Beete getheilt.
Der chinesische und japanische Landwirth, welcher nur mit ein-
fachen Werkzeugen arbeitet, wendet die Reihen- und Stufensaat auf
fast alle seine Culturen an, mit Ausnahme der kleinen Saatbeete, auf
welchen er den Reis und mehrere andere Gewächse vorpflanzt. Sie
ist aufs innigste mit der ganzen Bewirthschaftungsweise der Felder
in Ostasien verbunden und gewährt eine Reihe grosser Vortheile, ein-
mal durch die Samenersparniss, gleichmässige Keimung, Bestockung
und Entwickelung als Folge davon, dass die Samen gleich tief und
gleich weit von einander zu liegen kommen, sodann und vor allem
aber desshalb, weil sie eine häufigere Lockerung und die Reinhaltung
des Bodens erleichtert, eine zweckmässige Anfeuchtung und Düngung
der Pflanzen während ihres Wachsthums ermöglicht und endlich die
Ansaat für eine zweite Cultur gestattet, wochenlang bevor die erste
erntereif ist. So wird z. B. in der Provinz Higo der Weizen im Herbst
in Reihen neben den reifenden Reis gesäet, bei Sakai in der Ebene
von Ôzaka der Baumwollsamen im Frühjahr neben die Wintergerste.
Bei Tabak und Raps habe ich häufig eine Vorzucht im Saatbeet und
dann das Verpflanzen auf die frei gewordenen Felder wahrnehmen
können.
Bei dem lockeren, stein- und unkrautfreien Ackerboden kennt
man die Hindernisse nicht, welche anderwärts Steine und Quecken
der Drillsaat entgegenstellen und die Breitsaat nothwendig machen.
Dass letztere jedoch auf fruchtbarem Boden mit Geschick ausgeführt
im Getreidebau erfahrungsmässig reichere Ernten liefert, wegen der
dichteren Stellung der Halme, darf nicht verkannt werden.
Der grösste Theil des japanischen Reislandes liegt den Winter
über brach, weil dasselbe nicht reich genug, oder weil der Winter
zu lang ist, um eine zweite Ernte zu ermöglichen und dem Reis eine
Winterfrucht folgen zu lassen. Von Wasser durchtränkt und zum
[40]I. Land- und Forstwirthschaft.
Theil bedeckt, bildet es während der rauheren Jahreszeit mit den
benachbarten Gräben und ihrem abgestorbenen Schilf den Tummel-
platz vieler Wasservögel. Nur in den milderen Distrikten und auf
besonders fruchtbarem Lande wird nach der Reisernte das Feld in
eine trockene hata umgewandelt und folgt der Anbau von Gerste,
Weizen, Erbsen, Saubohnen, Raps, Senf oder Rettigen, mit denen
auch solcher Boden bedeckt wird, welcher den Sommer über man-
cherlei Trockenculturen dient.
Ist gegen Ende October die Reisernte vorüber, so wird die tief-
gründige Umarbeitung des schon vorher trocken gelegten Landes mit
der Hacke vorgenommen und dabei das Feld in lange, schmale und
hohe Beete abgetheilt, auf denen dann die Saat in 2—4 Reihen mit
je 12—18 cm Abstand erfolgt. Vielfach findet diese Reihensaat je-
doch schon im Anfang October vor der Reisernte statt, oder es wird
der im Saatbeet vorgezogene Raps, wie bei uns die Kohlpflanzen,
in Furchen neben dem Reis verpflanzt, so dass nach Entfernung des
letzteren nur eine Umhackung und Anhäufung der Erde längs der
neuen Culturreihen nöthig ist. In jedem Fall wird die Wintersaat im
März nochmals reichlich gedüngt, und die Erde um dieselbe gelockert
und angehäuft, ähnlich wie es bei uns mit den Kartoffeln und andern
Feldfrüchten geschieht. Es mag diese Sitte zum Theil durch die zuwei-
len heftigen Staubstürme im Februar und März hervorgerufen worden
sein, durch welche nach längerer Trockenheit die fein zertheilte leichte
Ackerkrume emporgewirbelt und manche Wurzel blosgelegt wird.
Wie in Andalusien und andern Gegenden der Mittelmeerregion,
kommen Raps, Erbsen und Saubohnen auch in Japan im April zur
Blüthe; Gerste und Weizen entwickeln kurz darauf ihre Halme und
Aehren, dann folgt gegen Ende Mai oder im Juni die Ernte aller
dieser Gewächse.
Wo Reisbau sich anschliesst, muss natürlich das Feld vorher in
einen Sumpf verwandelt werden, also eine totale Umgestaltung er-
leiden. Soll dagegen das Land andere Sommergewächse tragen, so
werden entweder die Samen derselben, wie bei Bohnen, Mais, Hirse-
arten, 3—4 Wochen vorher in Reihen neben die reifenden Rapsstengel,
Gersten- und Weizenhalme etc. gesät, oder man verpflanzt die auf
dem Saatbeet vorgezogenen Pflänzchen des Tabaks, der Baumwolle,
Eierpflanze und andere ebenso in der Regel wochenlang bevor die
Winterfrucht erntereif ist. Nicht immer ist eine weite Strecke der
Ebene im Sommer ausschliesslich dem Reisbau gewidmet. Vielmehr
treten da und dort vereinzelt und eingestreut Trockenfelder auf, die
⅓—½ Meter höher liegen und, mit Hirsearten, Baumwolle, Bohnen,
[41]1. Die japanische Landwirthschaft im Allgemeinen.
verschiedenen Wurzelgewächsen und anderen mehr bepflanzt, über der
gelbgrünen Reisflur sich abheben, wie in unsern Gärten die einzelnen
Blumenbeete über dem wohlgepflegten Rasen. —
Bei der nun folgenden Gruppierung und Betrachtung der japani-
schen Feldgewächse bin ich im Allgemeinen der natürlichen Einthei-
lung des Pflanzenbaues in den meisten unserer landwirthschaftlichen
Lehrbücher gefolgt. Da die erste und wichtigste Aufgabe des Acker-
baues die Beschaffung menschlicher Nahrung ist und dieselbe vorwie-
gend durch die Halm-, Hülsen- und Hackfrüchte gewonnen wird, so
gehen diese Gruppen naturgemäss allen andern Feldfrüchten voraus
und hat ihr Anbau die älteste Geschichte. Ihnen reihen sich Gemüse
und sonstige Küchenkräuter an, welche zum Theil, wie Melonen- und
Laucharten, ebenfalls seit Jahrtausenden angebaut werden. Hieran
schliessen sich, — wenn auch nicht bezüglich der Gewinnung, so doch
hinsichtlich der Verwendung, — Adlerfarren, Pilze, Algen und Algen-
präparate an, ferner die essbaren Früchte, welche der Obstbau und
der Wald liefern, und endlich die Nahrungs- und Genussmittel, welche
wie Sake, Shôyu, Tôfu und andere aus Getreide und Hülsenfrüchten
fabrikmässig gewonnen werden. Die nun folgende Abtheilung der
Handelsgewächse umfasst die Stimulanten und Droguen, sowie die
Oel-, Textil- und Farbpflanzen.
Verschiedene der zum Theil hochwichtigen Repräsentanten dieser
Gruppe, wie Oelsaaten, Flachs, Hanf und Tabak, gedeihen in Japan
und auch noch auf Yezo ganz vortrefflich. Man wird desshalb bei
Erweiterung und rationellem Betrieb des Ackerbaues ihre Cultur in
erster Linie ins Auge fassen müssen. Im Getreidebau ist die Ein-
führung besserer Saat an Stelle der gebräuchlichen für Weizen und
Gerste geboten, da diese im Laufe der Zeit entschieden degenerirt sind,
indem sie leichtere Körner und dürftigere Erträge liefern, als bei uns.
Sie fallen eben im japanischen Haushalte dem Reis gegenüber weni-
ger ins Gewicht, wesshalb ihrer Cultur nicht die gleiche Aufmerksam-
keit zugewandt wurde.
Reis, Hülsenfrüchte, Fische und Eier spielten in der Ernährung
des Japaners immer die grösste Rolle, wobei der stärkereiche Reis
durch die Proteïnmenge der andern zweckmässig ergänzt, in den
Gebirgsgegenden aber vornehmlich durch verschiedene Hirsearten er-
setzt wurde. In diesem Verhältniss hat auch die Neuzeit keine we-
sentliche Aenderung bewirkt.
Der Japaner lernte gleich seinem westlichen Nachbar, dem Chi-
nesen, Brot und verwandte Backwaaren erst durch die Portugiesen ken-
nen. Von ihnen adoptirte er auch die Benennungen pan und Kasutera
[42]I. Land- und Forstwirthschaft.
(sprich Kastéra i. e. Castilla), womit ein schwammiger, safrangelber
Kuchen bezeichnet wird. Er blieb jedoch seiner alten Lebensweise
treu und machte das Brot gar nicht, den Kuchen aber nur in seltenen
Fällen nach, so dass noch jetzt der im Innern des Landes reisende
Fremde sich mit Brot oder einem Ersatz desselben versehen muss,
wenn er sich nicht der japanischen Lebensweise anbequemen und mit
Reis und Grütze begnügen kann oder will. —
Von den verschiedenen mehr oder weniger umfangreichen Ver-
zeichnissen japanischer Cultur- und Nutzpflanzen sind mir bekannt
und wurden bei Bearbeitung der nachfolgenden Abschnitte mit zu
Rathe gezogen:
- 1) Kaempfer: Amoen. exot. pag. 766—912. Lemgo 1712.
- 2) Thunberg: Flora japonica. Leipzig 1784.
- 3) Thunberg: Resa 4. delen. Åkerbruket. pag. 76—92. Upsala 1793.
- 4) Von Siebold: Synopsis Plantarum Oeconomicarum Universi Regni
Japonici in »Verhandelingen van het Bataviasch Genootschap« XII
del. Bat. 1830. - 5) Scherzer: Fachmännische Berichte über die österr.-ungar. Ex-
pedition nach Siam, China und Japan. Stuttgart 1872. pag. 175—220. - 6) Kinch: List of Plants used for food etc. in Japan. Transact. Asiat.
Soc. Japan. Vol. XI pag. 1—31. Yokohama 1883. - 7) Dupont: Essences Forestières du Japon. Paris 1880.
- 8) Berichte von verschiedenen Weltausstellungen.
Nicht sowohl die grössere oder geringere Vollständigkeit und
Correctheit dieser Listen, als vielmehr der fast gänzliche Mangel (mit
Ausnahme von den unter 5, 7 und 8 erwähnten) von Angaben über die
relative Bedeutung der in ihnen aufgezählten Gewächse hat mich be-
stimmt, sowohl in der Gruppierung, als auch in der ganzen Behandlungs-
weise einen andern Weg einzuschlagen und, — vornehmlich auf ei-
gene Studien und Beobachtungen gestützt, — die einzelnen Namen mit
solchen Bemerkungen zu begleiten, wie sie mir nach Maassgabe ihrer
Bedeutung und zum allgemeinen Verständniss nöthig schienen.
2. Nährpflanzen.
a. Getreide, Halmfrüchte oder Cerealien, japanisch Koku-motsu.
In Japan cultiviert man aus dieser Gruppe als Winterfrüchte:
Gerste (O-mugi), nackte Gerste (Hadaka-mugi) und Weizen
(Ko-mugi), ferner als Sommerfrüchte: Reis (Kome oder Ine), Rispen-
[43]2. Nährpflanzen.
hirse (Kibi), Kolbenhirse (Awa), Hahnenfusshirse (Hiye), Fin-
gerhirse (Kamo-mata-kibi), Mohrenhirse (Morokoshi), Mais (Tô-
morokoshi) und Hiobsthränen (Dzudzu-dama). Es folgt aus dieser
Liste, dass von unsern Halmfrüchten Roggen und Hafer fehlen. Wenn
dieselben dennoch unter den Culturpflanzen des Landes hier und da
angeführt werden, so beziehen sich solche Angaben entweder auf
neuere Versuche oder auf Verwechselung mit andern Getreidearten.
Ich habe sie nirgends angebaut gefunden, auch zeigt das Zeugniss Ito
Keiske’s und anderer Kenner der japanischen Flora, dass sie dem
Lande fehlen. Hiermit stimmt überein, dass v. Siebold’s Liste japa-
nischer frumenta Roggen und Hafer nicht enthält*). Dagegen muss
der Buchweizen (Soba), obwohl er einer ganz andern Pflanzenfamilie
angehört, seiner mehlreichen Samen und ihrer Verwendung wegen
hierher gerechnet werden.
Wie bereits früher hervorgehoben wurde, ist das diesen Getreide-
arten dienende Land zweierlei Art, nämlich ta, Reisland, und hata,
Trockenland, insofern nur das erstere überrieselt und in eine Art
Sumpf verwandelt wird. Dasselbe überwiegt in gleicher Weise, wie
der Anbau des Reis an Umfang und Bedeutung den gesammten übri-
gen Getreidebau weit übertrifft. Dieser hervorragenden Bedeutung
des Reis entsprechend, lasse ich hier eine Beschreibung desselben
und seiner Cultur folgen und schliesse dann kürzere Bemerkungen
über die übrigen Halmfrüchte an.
1) Reis, japanisch Ine, Urushine oder Kome (Oryza sativa L.).
Auf einem 50—120 cm hohen, nicht sehr kräftigen hohlen Halme
entwickelt die Reispflanze (Ine oder Urushine) eine schmale über-
hängende Rispe mit einblüthigen Aehrchen und 30—60, ja zuweilen
100 Samenkörnern. Es gibt von dieser alten Culturpflanze über 200
Spielarten, begrannte und grannenlose Sorten, Varietäten mit weissen,
gelben, braunen und schwarzen Spelzen und Grannen, früh und spät
reifende. Auch kennt man eine Abart, den Bergreis (O. montana
Lour.), japanisch Okabo, welcher die grossen Ansprüche der andern
Sorten an Wasser nicht macht, sich mit der gewöhnlichen Befeuch-
tung seiner Wurzeln durch Niederschläge, wie die andern Halmfrüchte
begnügt und desshalb in höheren Lagen und auf abschüssigem Boden
wächst, auch eine kürzere Vegetationsdauer (4 Monate, statt 5—6)
hat und daher auch noch in Klimaten gedeiht, welche für den
gewöhnlichen Reis zu rauh sind. Allein die Halme dieses Bergreis
[44]I. Land- und Forstwirthschaft.
sind kürzer, die Körner kleiner, die Erträge geringer als bei letzte-
rem; daher finden wir ihn in den Hauptreisländern der Erde nur in
sehr untergeordnetem Maasse angebaut.
Die Körner des Reis sind mit den Blüthenspelzen innig verwach-
sen und dadurch kantig, so dass sie hierin, sowie in ihrer sonstigen
Gestalt und Grösse wie auch der Färbung, am meisten der Gerste
gleichen, ohne jedoch gegen die Mitte so stark angeschwollen zu sein,
wie diese. Solcher ungeschälte Reis führt in Indien und im Handel
den Namen Paddy; er kommt jetzt oft in diesem Zustande nach
Europa, wird hier geschält und gelangt dadurch in völligerer, schöne-
rer Form in den Binnenhandel, als der importierte, welcher fertig für
die Küche war. Zu diesem Vortheil gesellt sich eine grössere Halt-
barkeit.
Der Reis gehört in den nicht tropischen Ländern zu den Som-
mergewächsen und bedarf zu seiner meist sechsmonatlichen Entwicke-
lung (Mai bis October) einer Durchschnittstemperatur von mindestens
20°C. und eines mit Wasser getränkten Bodens, wenigstens in der
ersten Hälfte seiner Vegetationszeit. Seine Ansprüche an ein warmes
Klima sind grösser, als bei den meisten andern Getreidearten, und be-
züglich der Feuchtigkeit grösser, als bei fast allen andern wichtigen
Culturpflanzen, selbst die Dattelpalme nicht ausgenommen. Diesen
Bedürfnissen entsprechend, finden wir den Reisbau nur in der tropi-
schen und den wärmeren Theilen der gemässigten Zone, zumeist in
Niederungen, wo Bewässerung des ebenen Feldes möglich ist, oder
häufige reiche Niederschläge dieselbe ersetzen. In ganz Ost- und
Südostasien einschliesslich Indiens ist, wie Grisebach in seiner
»Vegetation der Erde« mit Recht hervorhebt, die Benutzung der Re-
genperiode, welche im Frühling dem Monsunwechsel folgt, für die
ersten Vegetationsphasen des Reis die natürliche Grundlage seiner
Cultur.
Aber der Eintritt dieser Monsunregen erfolgt keineswegs überall
und immer mit der gewohnten Regelmässigkeit und Stärke. Wo, wie
in den meisten Gebieten Vorder- und Hinterindiens, die künstliche
Bewässerung des Reislandes nicht durchgeführt ist, bewirkt eine Ver-
spätung dieser Monsunregen die Verschiebung der ganzen Cultur, ein
schwaches Maass derselben aber Misswachs und Hungersnoth. Japan
ist dank seiner schnee- und wasserreichen Gebirge und Bewässe-
rungsanlagen, welche gleich denjenigen China’s zum Theil schon
mehrere Tausend Jahre alt sind, bis zu einem gewissen Grade un-
abhängig von diesen Monsunregen und hat desshalb eine feststehende
Zeit für Aussaat und Ernte, die wir der langen Winter und ihrer
[45]2. Nährpflanzen.
niedrigen Temperaturen wegen als eine nothwendige ansehen müssen.
Im warmen Indien dagegen kann sich die Culturperiode des Reis und
anderer Feldfrüchte vielmehr der Regenzeit anpassen; sie fällt aus
diesem Grunde an der Küste Coromandel z. B. in den Winter.
Die Nordgrenze des Reisbaues erreicht in der alten Welt stellen-
weise, z. B. in der Poebene, den 45. Breitengrad, in Amerika bleibt
sie 10 Grad weiter südlich; auf der südlichen Hemisphäre geht der-
selbe nur wenig über den Wendekreis hinaus, z. B. auf Madagascar.
Für Japan bildet die Tsugaru-Strasse unter 41½° N. die Nordgrenze.
Ueberall, wo seine Grundbedingungen vollkommen erfüllt werden,
lohnt der Reis den Fleiss des Landmanns mehr als jede andere Halm-
frucht und bringt 30—40 Bushels Ertrag à 20—25 kg per acre oder
40,5 per Are. In Japan liefert ein Tan = 300 Tsubo oder 10 Are
des besten Reislandes einen Ertrag von 2,4 koku = 4,36 hl geschäl-
ten Reis, entsprechend 5,8 hl Paddy, oder 58 hl auf die ha, wäh-
rend der Durchschnittsertrag pro ha = 27,5 hl geschälter Reis oder
36,6 hl Paddy ist. In Norditalien, wo Rotation die Regel und un-
unterbrochener Reisbau die seltene Ausnahme ist, bringt frisches Land
bei jener im günstigsten Falle 70 hl pro ha und bei dieser 40 hl
Die grössere Ertragsfähigkeit ist hier dem Wechselbau und der Breit-
saat, zum Theil auch der grösseren Fruchtbarkeit des Bodens zuzu-
schreiben.
Schon im hohen Alterthume wurde der Reis im Monsungebiete
Asiens cultiviert, und obgleich alle sicheren Spuren seines Ursprungs
verloren gegangen sind, das buddhistische Landvolk in China und
Japan ihn aber für ein direktes Geschenk der Götter ansieht, so ist
doch sicher, dass er sich gleich so mancher andern Nutzpflanze von
Indien aus verbreitet hat. Darauf weist die alte Geschichte China’s
in unzweideutiger Weise hin, wie nicht minder der Umstand, dass
vom Sanskritnamen vrîhi der iranische brizi und der griechisch-
lateinische oryza kommen, von welch letzterer Benennung wiederum
alle romanischen, germanischen und slavischen Namen für das Ge-
treide stammen und leicht abgeleitet werden *). Der Russe heisst es
entweder riss oder saratschinskoë pschenó, d. h. »sarazenische
Hirse«.
Gegenwärtig cultiviert man den Reis fast im ganzen Monsun-
gebiete: in Japan mit Ausnahme von Yezo und den Kurilen, in Korea,
China, auf allen Malayischen Inseln, in Vorder- und Hinterindien, im
[46]I. Land- und Forstwirthschaft.
Tarimbecken, z. B. bei Yarkand, bei Kabul noch in nahezu 2000 m
Höhe, in Persien, Armenien und Mesopotamien, soweit es die ver-
nachlässigten Bewässerungssysteme noch zulassen, in Arabien. Schon
frühzeitig wurde Madagascar, wahrscheinlich in Folge malayischer
Einwanderung, eine Culturstätte unserer Pflanze. Sie liefert daselbst
noch heute das wichtigste Nahrungsmittel und hat davon noch für die
Mascarenen übrig. Brot war hier vor Berührung mit den Europäern
ebenso unbekannt, wie in Ostasien. Araber brachten den Reisbau
zuerst an die Ostküste Afrikas und in die Mittelmeerregion: nach
dem Nildelta, Sicilien und Spanien. Noch jetzt liegt in Ostafrika,
wie auf den Mascarenen der Handel mit Reis ganz in ihren Händen.
Durch das gleiche Agens drang der Reisbau durch Innerafrika bis zur
tropischen Westküste vor; doch wird er hier nur strichweise betrie-
ben, wie in Ashanti am Volta, und in Liberia, dessen farbige Colo-
nisten ihn indess von Amerika mitbrachten.
In Aegypten beschränkt sich die Reiscultur auf das Deltagebiet,
vornehmlich bei Rosette und Damiette.
Auf der Balkanhalbinsel eignen sich Terrain und Klima nur stel-
lenweise, die trägen Türken aber gar nicht zum Reisbau. Wo der-
selbe, wie an der Maritza, früher blühte, ist er in Folge der grossen
Nachlässigkeit der Regierung verschwunden. Dasselbe gilt zum Theil
auch von Portugal und Spanien. Letzteres baut noch Reis, soweit es
die alten Wasserleitungen in den Huertas von Valencia gestatten.
Unter den europäischen Staaten spielt nur Italien als Reisprodu-
cent eine Rolle. In der Lombardei, besonders um Vercelli, in Pie-
mont, Venedig und der Aemilia (wenig auf Sicilien und in Toscana),
auf etwa 230000 ha gewinnt es jährlich für etwa 70 Millionen Lire
Reis, so dass dessen Cultur einen wichtigen Factor seines National-
wohlstandes ausmacht.
Werfen wir nun zur Ergänzung dieser kurzen Rundschau auch
noch einen Blick auf die Neue Welt. Die ersten Anbauversuche mit
Reis in Carolina datieren vom Jahre 1647. Im Jahre 1694 kam durch
ein holländisches Schiff abermals Saatreis, und zwar von Madagascar,
nach der Hauptstadt Charleston, wurde durch den damaligen Gouver-
neur Smith unter verschiedene Colonisten vertheilt und bildete die
Grundlage zu der von da ab sich rasch entwickelnden Cultur. Sie
erstreckt sich heutzutage über Süd-Carolina und Georgia und ragt
auch noch etwas in die Nachbarstaaten hinein. Die gesammte Pro-
duction der Vereinigten Staaten an dieser geschätztesten aller Reis-
sorten wird auf 4 Millionen kg veranschlagt.
In den spanisch-amerikanischen Republiken hat der Reisbau nie
[47]2. Nährpflanzen.
und nirgends eine grössere Bedeutung erlangt, wohl aber in Brasilien,
welches ihn in den Küstenprovinzen zwischen dem Amazonas und
San Francisco betreibt. —
Reis dient der Mehrzahl des Menschengeschlechts zur Nahrung
und bildet bei wenigstens einem Drittel desselben die vorwiegende
tägliche Speise. Auf einen malayischen Arbeiter Hinterindiens rechnet
man monatlich 28 kg Reis, auf einen Siamesen sogar 32 kg und
nicht viel weniger als 1 kg täglich braucht auch der Chinese und Ja-
paner, wenn er sich vorwiegend von Reis nährt. In Europa sind
Türken und Engländer die stärksten Reisconsumenten, jene, insofern
ihr Nationalgericht, der Pilau, hauptsächlich aus in Wasser gekochtem
Reis besteht, diese, indem sie beträchtliche Quantitäten zur Herstel-
lung von Pudding verbrauchen.
Die wichtigsten Bezugsquellen für Reis sind die indischen Häfen
Calcutta, Akyab, Màlmén, Basseïn und Rangun, sowie Bangkok und
Batavia, ferner Aegypten, Norditalien, Südcarolina und Brasilien.
Der Reis enthält weniger Nährstoff als die meisten andern Ge-
treidearten, ist aber unter allen am leichtesten verdaulich. So eignet
er sich denn auch besonders als Kost für Kinder und Greise, wess-
halb man ihn diesen und den Kranken in China und Japan auch gern
in den Gegenden reicht, wo der Reisgenuss als ein Luxus angesehen
wird, den sich der gesunde Bauer und Handwerker nur ausnahms-
weise gestatten darf, wie beispielsweise in den chinesischen Provinzen
Honan, Shensi und Shansi, sowie in den Gebirgsgegenden Japans.
Die Sorgfalt, welche der Landmann seinem Reisfelde in Ostasien,
zumal in Japan, zuwendet, verdient die höchste Anerkennung. Zum
bienenartigen Fleisse zur Zeit der Bestellung desselben gesellt sich
hier jener heitere Sinn, unter welchem auch die schwere, schmutzige
Arbeit leicht und rasch von Statten geht. Im April beginnt dieselbe
damit, dass eine Ecke des Reisfeldes als Saatbeet zubereitet wird.
Zu dem Zweck wird das Land mit einer Hacke an langem Stiel sorg-
fältig rajolt, geebnet und ringsum mit einem kleinen geglätteten und
dichten Erddamm von 25—40 cm Breite und Höhe versehen und mit
einem kleinen Wasserlaufe oder Bewässerungsgraben, wenn möglich,
in Verbindung gebracht, so dass man es nach Bedürfniss überrieseln
kann. Als Dünger wendet man gern den ausgehobenen Schlamm eines
benachbarten Canals an, wenn ein solcher vorhanden ist, und bedeckt
damit etwa 20 cm hoch das zubereitete Saatbeet. In Ermangelung
solchen Schlammes müssen Asche und andere schnell wirkende Dung-
stoffe, wie gestampfte Bohnen, Compost oder Fäcalstoffe dienen. Hierauf
öffnet man den Damm an einer Stelle, lässt Wasser zufliessen und das
[48]I. Land- und Forstwirthschaft.
Beet etwa 6 cm hoch überrieseln, worauf der Samen aus flacher Wanne
mit der Hand darauf gestreut wird. Derselbe wurde aufs sorgfältigste
ausgewählt, in vielen Fällen auch tagelang vorher unter Wasser ge-
halten. Die Reiskörner sinken rasch unter und liegen dann ziemlich
dicht neben einander auf und in dem schlammigen Boden. Nach
4—5 Tagen haben sie schon gekeimt. Das Wasser, welches unter
anderm auch den Vortheil bot, die frische Saat vor Vögeln zu schützen,
ist verdunstet oder in den Boden gedrungen und muss, wenn kein
Regen eintritt, durch einen neuen Zufluss aus der Leitung ersetzt
werden. In der Regel wird aber das Saatbeet nur Nachts überrieselt
und bei Tage trocken gelegt. Jenes dient zum Schutz gegen die Kälte,
dies zur grösseren Erwärmung des Bodens durch die Sonne.
In den meisten Gegenden Japans findet diese Aussaat des Reis
gegen Ende April oder Anfang Mai statt und etwa 30—45 Tage später
das Verpflanzen. In einigen Distrikten, z. B. in den Provinzen Mino
und Shináno (südwestlich von Tôkio im Innern von Hondo), pflegt man
ganz allgemein die Cultur 2—4 Wochen später zu beginnen, *) in
andern, wie bei Kôchi in Tosa (auf der Insel Shikóku), ebensoviel
früher. Dies hängt theils von klimatischen Ursachen ab, insofern
die zur Reisentwickelung nöthige Boden- und Wassertemperatur in den
verschiedenen Landestheilen erst spät oder schon zeitig im Frühling
eintritt, vornehmlich aber davon, dass in fruchtbaren Niederungen, wie
der reichen Ebene in Mino, das Reisland nicht brach lag und seine
Winterfrucht, besonders Gerste und Raps, erst im Juni reif und ge-
erntet wird, so dass vor Mitte oder Ende dieses Monats das Feld zur
Aufnahme der jungen Reispflanzen nicht hergerichtet sein kann.
Weitaus der grösste Theil des japanischen Reislandes liegt den
Winter über brach und bildet, zum Theil mit Wasser bedeckt, eine
Art Sumpf, den Tummelplatz wilder Enten, Gänse und Becassinen.
Dies ist vornehmlich der Fall, wo der Boden zur Erzielung zweier
Jahresernten nicht geeignet ist, sei es, dass der Winter zu lang und
die Vegetationszeit auf zu wenige Monate beschränkt ist, sei es, dass
er vorzugsweise aus den weniger fruchtbaren Zersetzungsprodukten
alter Schiefer und krystallinischer Gesteine besteht und desshalb zeit-
weise ruhen muss. Von einer andern Wechselwirthschaft ist aber
beim Reislande Ostasiens keine Rede; seit vielen Jahrhunderten dient
es jeden Sommer dem gleichen Zweck.
Während in andern Ländern die Reisfelder mit Pflügen, gezogen
[49]2. Nährpflanzen.
von Büffeln oder Ochsen umgewendet werden, verrichtet man in Japan
und China diese Arbeit vorwiegend mit den Händen. Der Arbeiter
ist dabei barfuss und nur mit groben, hanfleinenen und bis zu den
Lenden reichenden Hosen bekleidet. Sein gewöhnliches Werkzeug ist
eine dreizinkige Hacke an langem Stiel oder ein kleiner Spaten. So
sieht man z. B. in der Umgebung von Tôkio und Nagasáki selten
Zugthiere beim Reisbau verwenden. In andern Gegenden dagegen
z. B. bei Ôzaka und in der Provinz Mino wird das Land umgepflügt.
Die Dämme um die alten Reisfelder und Canäle sind Anfang Mai
mit den schönen Blüthen einer kriechenden Papilionacee (Astragalus
lotoides) stellenweise wie mit einem rothen Teppich bedeckt. Es be-
ginnt um diese Zeit die Herrichtung der Felder zur Aufnahme der
Setzlinge. Zur Verbesserung des Bodens streut man das geerntete Raps-
stroh, gebrannten Kalk und vor allen Dingen Gründünger ein, wie in
China; doch wird letzterer nicht wie hier durch Aussaat von Klee und
andern Gewächsen besonders erzeugt. Es ist vielmehr ein Gemisch von
Gras, Kräutern und Halbsträuchern, wie es an den Bergabhängen und
in den Lichtungen der Wälder in Menge wächst. Frauen und Kinder
sammeln diesen Dünger ein und bringen ihn in Traglasten herbei
zum Felde, bei welcher Arbeit erstere gewöhnlich den Männern gleich
mit hellblauen Hosen und Kittel aus selbstverfertigter grober Hanflein-
wand bekleidet sind. Nur wo höher und weiter in den Bergen dieser
Gründünger zu holen ist, übernehmen Männer mit Packpferden die
Beschaffung. Dieser vegetabile Dünger wird entweder beim Pflügen
oder Umhacken des Landes in die Furchen geworfen, oder wie der
pulverförmige Aetzkalk nach dem Ebnen aufgestreut. Mit Schlamm
und Wasser bedeckt, verfault er rasch, so dass nach wenigen Wochen
jede Spur desselben von der Oberfläche verschwunden ist. Gebrannten
Kalk und Kalkhydrat habe ich in den verschiedensten Gegenden des
Landes als Dünger der Reisfelder, nicht bei andern Culturen anwenden
sehen, meist da, wo der Boden aus den Zersetzungsprodukten kalk-
armer Schiefer- und Granitgebirge entstanden ist und noch nicht viel
Humus enthält, selten in vulkanischen Bezirken. Dies mag jedoch
auch darin seinen Grund haben, dass der Kalkstein oft weiten Strecken
fehlt, insbesondere vulkanischen Distrikten. Fäcalstoffe wendet man
beim Reisbau weniger an, als bei andern Culturen, so dass man im
Sommer bei einem Gang durch die überrieselten Reisfelder keineswegs
von dem unangenehmen Geruch nach ihnen so oft berührt wird, wie
man dies denken sollte.
Nach der Umarbeitung, Ebnung, Düngung und Ueberrieselung des
Reisfeldes, Arbeiten, denen natürlich die Herstellung der Dämme
Rein, Japan II. 4
[50]I. Land- und Forstwirthschaft.
vorausgehen musste, ist dasselbe zur Aufnahme der neuen Pflanzung
vollständig hergerichtet. —
Von ganz besonderer Wichtigkeit erscheint das Bewässerungs-
system. Jede Scheidewand des Reisfeldes hat eine oder mehrere
kleine Durchstiche, hier für den Zutritt, dort für den Abfluss des
Wassers. Kommt dieses von einem Bergabhang, so wird es zunächst
zum höchst gelegenen Felde der Thalsohle oder Terrassenanlage ge-
leitet.
Der kleine Wasserlauf — ein starker würde ja zu viel Gefahren
für’s Feld bringen — überrieselt dasselbe bis zu einer gewissen Höhe
und fliesst dann über zum nächsten Grundstück, bewirkt hier bald das-
selbe, geht hierauf über zur dritten Stufe und so fort von Terrasse zu
Terrasse, bis das ganze System bewässert ist. Natürliche Flussbette,
oder Canäle mit Betten, welche tiefer liegen als die Felder, durch-
ziehen das Ganze, um das Wasser, wenn es nicht mehr nöthig ist,
aufzunehmen und fortzuführen. Auf diese Weise steht es stets unter
vollkommener Controlle, die nur bei längeren starken Regen aufhört.
In wasserarmen Distrikten, solchen, die mehr auf Regen, denn
auf die Zufuhr durch Flüsse aus höheren, bewaldeten Gebirgen ange-
wiesen sind, hat man Teiche angelegt, damit, wenn in trocknen
Sommern die natürlichen Zuflüsse versiegen, der in jenen aufge-
speicherte Wasservorrath aushelfen könne. Viele dieser Teiche haben
bereits ein hohes Alter; auch wird in der ältesten Landesgeschichte
schon solcher Anlagen durch den einen oder den andern Mikado ge-
dacht. In ebenen Gegenden und nach längerer Trockenheit werden,
wie in China, Indien und anderwärts Schaufelräder angewandt, um
das unentbehrliche Wasser aus den tiefer gelegenen Gräben zu heben
und den Reisfeldern zuzuführen. Dies geschieht jedoch vielfach auch
mit Händen und Schaufeln. Eine beliebte Methode, welche ich auch
in Aegypten anwenden sah, ist ferner die, dass zwei Männer sich an
den beiden Ufern gegenüberstellen und eine dicht geflochtene Korb-
wanne an starken Seilen derart zwischen sich im Takte schwingen,
dass dieselbe mit jeder Abwärtsbewegung der Arme in’s Wasser taucht
und das dabei Geschöpfte beim Aufsteigen in eine zum Felde führende
Leitung ausleert. — Im Herbst, wenn die reifende Ernte des Wassers
nicht mehr bedarf, oder auch sonst, wenn Regen das Bedürfniss des
Feldes zur Genüge deckt, werden die Zuflüsse verstopft und die Quell-
wasser in ihren natürlichen Canälen gelassen. —
So sehr sich nun aber auch die japanische Reiscultur durch diese
künstliche Bewässerung vortheilhaft von der im südlichen Monsun-
gebiet, z. B. in Siam, unterscheidet, so erreicht sie doch den rationellen
[51]2. Nährpflanzen.
Betrieb und, wie bereits angegeben wurde, die Resultate derjenigen
in der Poebene in keiner Weise.
Nirgends auf der Erde ist wohl das Bewässerungssystem so gross-
artig, plan- und zweckmässig durchgeführt, als dasjenige, durch
welches die »Società d’Irrigazione dell’Ovest della Sesia«, das Wasser
der Sesia den Reisfeldern bei Vercelli und Umgegend zuführt, von
dem jedes Liter bezahlt werden muss, dessen rationelle Verwendung
jedoch durch hohe Erträge diese und andere Auslagen reichlich lohnt.
Im Juni — selten früher oder später, und etwa 30—45 Tage
nach der Aussaat — werden die jungen Reispflanzen vom Saatbeet
auf das zubereitete und 6—10 cm hoch überrieselte Land verpflanzt.
Die Setzlinge (naë) haben dann eine Länge von 18—24 cm. Nach
dem Ausrupfen bindet man sie in kleine Bündel, so gross, dass man
sie mit der Hand noch umfassen kann. Ein Mann nimmt eine Menge
solcher Päckchen unter den Arm, und indem er damit sein Feld durch-
watet, wirft er sie einzeln und nach Bedarf rechts und links auf das
Wasser. Andere, Männer und Frauen, heben dieselben auf und das
Pflanzen beginnt. Man setzt je 4—6 Pflänzchen zusammen, die ein-
zelnen Büschel in Reihen und bestimmt die Abstände von 20—25 cm
durch das geübte Augenmaass, so dass zwischen 1200 und 3000 Büschel
auf eine Are kommen. Silberreiher und Kraniche folgen den emsigen
Pflanzern, wie bei uns Stare und Bachstelzen dem Pflug des Ackers-
manns, und haschen die vorkommenden Larven und Schnecken auf.
Von dem erstaunlich raschen Verlauf, den all die erwähnten
Arbeiten auf dem Reisfelde nehmen, möge hier ein Beispiel zeugen:
Im Frühjahr 1875 hatte ich zu verschiedenen Zeiten Gelegenheit,
die Ebene von Ôzaka, welche vom Yodógawa, dem Abfluss des Biwa-
Sees, bewässert wird, zu durchreisen. Am 1. April zeigten sich darin
die ersten Rapsblüthen, Gerste und Weizen hatten noch keine Halme
gebildet, von brachliegenden Reisfeldern war wenig zu sehen. Am
3. Juni, also kaum 9 Wochen später, als ich abermals desselben Weges
kam, hatte die Raps- und Gerstenernte begonnen und auch der Weizen
näherte sich rasch der Reife. Wiederum bot sich mir am 26. Juni, also
drei Wochen später, Gelegenheit, diese fruchtbare Ebene zu sehen und
mich ihrer schönen Cultur zu erfreuen. Welch ein Wechsel hatte sich
in der kurzen Zeit vollzogen! Von den Winterfrüchten: Raps, Gerste,
Weizen, Erbsen, Saubohnen, von den hohen Beeten und tiefen Furchen
der trocknen Felder, von den zahlreichen vergnügten Menschen, welche
am 3. Juni emsig mit der Ernte beschäftigt waren: von dem allen ist
jetzt nichts mehr zu sehen. Wie durch einen Zauber umgewandelt,
erscheint das ganze weite Feld. Grosse Strecken desselben sind
4*
[52]I. Land- und Forstwirthschaft.
geebnet, mit Dämmen und Gräben umgürtet und in einen Sumpf ver-
wandelt, dessen schlammigen Boden überall lieblich grüne Reispflanzen
bedecken, aus dem nur hier und da einzelne trockne Parcellen mit an-
dern Culturen hervorragen. Hin und wieder nur sieht man gemessenen
Schrittes einen Landmann dieses Reisfeld durchschreiten, um hier mit
seiner Hacke einen Wasserzufluss zu regulieren, dort einige Pflänzchen
mit den Händen fester anzudrücken oder nicht angegangene durch
andere zu ersetzen. Silberreiher fischen in diesem künstlichen Sumpf
zwischen den grünen Reihen der Reisbüsche und Menschen in den sie
trennenden Wassergräben. Noch wenige Wochen und man blickt auf
einen continuirlichen Teppich des schönsten Smaragdgrüns, wie über
einen künstlichen Rasen, in welchem auch die Blumenbeete in Gestalt
kleiner Trockenparcellen mit Baumwolle, Hirse und Gemüsesorten
nicht fehlen.
Ist der Reis verpflanzt und haben auch die Erddämme dadurch
noch eine weitere Verwendung gefunden, dass man in 20—40 cm
Entfernung auf ihnen kleine kreisförmige Vertiefungen macht, dieselben
mit je 3—6 Buschbohnen belegt und mit Erde und Reisschalen zudeckt,
so hat man die Hauptarbeit beendet. Es erübrigt nur noch in etwa
14 Tagen, wenn die Reispflanzen auf dem neuen Boden ihr Wachs-
thum wieder begonnen haben, sie nochmals fester anzudrücken, die
im Wasser und Schlamm noch vergrabenen Erdschollen zu zerdrücken
und zu ebnen, Arbeiten, welche lediglich mit den Armen und Händen
ausgeführt werden.
Von nun ab ist nur noch Aufmerksamkeit auf die Bewässerung
nöthig, eventuell auch Fernhaltung des Unkrauts und eine zweite
Lockerung längs der Reihen.
Andern Beschäftigungen, wie der Seidenzucht, dem Ernten und
Zubereiten des Färberknöterichs (Polygonum tinctorium), der zum
Blaufärben wie Indigo dient, kann ein Theil der Kraft und Zeit ge-
widmet werden, während auch noch Musse bleibt, um an einem Götter-
feste sich einen vergnügten Tag zu machen oder eine Pilgerreise nach
einem berühmten Berg oder Tempel anzutreten, wenn eine gute letzt-
jährige Ernte den dazu nöthigen Sparpfennig lieferte.
Die Blüthezeit des Reis fällt in den Anfang September, die Ernte
von Ende September bis Ende October, ja vielfach noch in den
November. Es ist die Zeit, wenn in den Tempelhainen die gelb
gewordenen Blätter des Icho oder Ginko (Salisburia adianthifolia
Smith), vom Morgenthau geknickt, langsam zu Boden fallen und die
Momiji (Acer polymorphum S. u. Z.) sich prachtvoll roth färben.
»Schauet die vollen Rispen im herbstlichen Reisfelde, jede ein
[53]2. Nährpflanzen.
Zeuge von des Sommers Hitze und Arbeit!« heisst es in schöner und
bezeichnender Weise in einer neueren Sammlung buddhistischer Pre-
digten. Und wohl kann der Anblick dieser »goldenen Saaten in den
Thälern« Auge und Herz erfreuen. Ein ganzer Büschel Halme mit
schwerwiegenden Rispen, welche aus jeder kleinen Gruppe von Setz-
lingen hervorging, lohnt reichlich den auf diese verwendeten Fleiss. —
Der reife Reis wird mit kurzen Sicheln, wie in China, unmittel-
bar über der Erde abgeschnitten, denn auch das Stroh ist ein ge-
schätztes viel verwandtes Material. In kleinen Gebunden, mehr Bündel
als Garben, hängt man das abgeschnittene Getreide an Stangen auf,
schichtet es um die Erlenstämme längs der Gräben oder bringt es direkt
nach Hause. Zur Gewinnung der Körner bedient man sich weder der
Dreschflegel, wie bei uns, noch des Viehes (Ochsen oder Maulthiere),
wie im Mittelmeergebiete, sondern eigenthümlicher Vorrichtungen,
welche an unsere Flachsreffen erinnern, vermittelst deren bekanntlich
die Kapseln von den Stengeln getrennt werden. Ein anderes Ver-
fahren, welches bereits Thunberg erwähnt, besteht einfach darin,
dass man mit den Rispen gegen den Rand einer Tonne oder Bütte
schlägt, wobei die Körner schon von den Halmen fallen.
Das Schälen der Reiskörner erfolgt in der Regel erst beim Be-
darf. Eine einfache, sehr verbreitete Vorrichtung zu diesem Zweck
besteht in einem runden Trog*) aus einem ausgehöhlten Holzblock
oder Stein, in welchen der Paddy geschüttet und mit einem hölzernen
Stösser so lange bearbeitet wird, bis die Schalen von den Kernen ge-
trennt sind. Ferner benutzt man Wasserkraft und ähnliche Vorrichtungen,
wie bei uns den Stampfapparat der Oelmühlen.
Die primitivste, einfache Reisschälmaschine findet man in japa-
nischen Gebirgsthälern sehr häufig und benutzt sie auch zum Zerpochen
der Materialien für die Thonwaaren-Industrie. Ein behauener Balken
fungiert als zweiarmiger Hebel. Der eine, schwerere Arm trägt am
Ende den mit Eisen beschlagenen, rechtwinkelig angefügten Bolzen,
der sich gleich dem Reistroge in einem Bretterhäuschen befindet. Der
zweite, nach aussen gerichtete Hebelarm ist gewöhnlich länger und
gegen sein Ende schaufelförmig ausgehöhlt. Auf diese Schaufel fliesst
herbeigeleitetes Wasser, füllt sie bald und drückt sie nieder. Hierbei
entleert sie sich, worauf der unterdess gehobene Stösser am Ende des
andern Arms niederfällt u. s. f. Die Arbeit geht langsam voran, aber
hier ist in Wirklichkeit »time no money«.
Der Reis ist mit dem ganzen Leben des Japaners eben so innig
[54]I. Land- und Forstwirthschaft.
verknüpft, wie mit dem des Malayen und Hindu. Dies zeigt sich
unter anderm auch darin, dass seine Sprache für fast jede besondere
Form ein anderes Wort hat. So heisst die auf dem Saatbeet erzielte
junge Reispflanze vor dem Versetzen Naye (sprich naë), die mehr
entwickelte auf dem Reisfelde İne. Kome (oder Kuromai) ist der
Name für die Körner (Paddy), nachdem sie von der Spreu gereinigt
sind. Mit Momi oder Mominai bezeichnet man den ungeschälten,
mit Hakumai und Tsukigome den geschälten Reis. Ist letzterer
gekocht und warm, so nennt man ihn Meshi, Gozen, oder O-mamma
(Bezeichnung bei den Kindern), aber Hiya-meshi, wenn er kalt ist.
Nach der Zeit der Reife unterscheidet man Wase, Nakade und Oku,
d. h. Früh-, Mittel- und Spät-Reis. Der erstere wird Mitte September,
der Spätreis erst gegen Ende October geerntet. Letzterer wiegt bei
weitem vor und liefert die Haupternte.
Mit Okabo bezeichnet man, wie schon früher erwähnt wurde,
den Bergreis, mit Uruchi den gewöhnlichen Reis, mit Mochi-gome
(chin. no, malayisch pulut, in Java kattan, bei den Franzosen riz
gluante) den Klebreis (Oryza glutinosa Rumph.), eine besondere,
vielfach schwarzspelzige Sorte, bei welcher man früher annahm, dass
ein Theil des Stärkemehls in Dextrin umgewandelt sei. *) Geschält sind
die Körner des Klebreis sofort durch ihre weissliche Farbe und Glanz-
losigkeit, sowie durch den stearinähnlichen Bruch zu erkennen. Das
Mehl liefert einen zähen, höchst elastischen Teig, wie das kleber-
reichste Weizenmehl. Man verwendet es besonders zur Darstellung
kleiner runder Kuchen, die, mit Bohnenmehl und Zucker gefüllt, unge-
backen gegessen werden und sehr beliebt sind, ferner zu Kleister.
Dieser Klebreis wird im ganzen Monsungebiete cultiviert und ist
in seinen Eigenschaften, keineswegs aber seinem Aussehen die auf-
fälligste von all den vielen Reisvarietäten.
Da der in Wasser oder Wasserdampf gekochte Reis bei jeder der
drei Mahlzeiten des Japaners das wichtigste Gericht bildet, so pflegt
man dieselben kurzer Hand Gozen zu nennen und als Asa-gozen,
Hiru-gozen und Yu-gozen (wörtlich: Morgen-, Mittag- und Abend-
reis) zu unterscheiden, **) gerade so, wie wir von einem Morgen-,
Mittag- und Abendbrot reden.
Da die Hauptreisernte, die des Oku gegen Ende October fällt,
die Aussaat aber meist in die zweite Hälfte des April oder Anfang
Mai, so bedarf diese wichtigste japanische Reissorte ein volles halbes
[55]2. Nährpflanzen.
Jahr zu ihrer Entwickelung. Eine fast gleich lange Vegetationsdauer
hat Reis in den Battaländern Sumatras und verschiedenen andern
tropischen Monsungebieten. Vergleicht man die Vegetationszeit des Reis
in der Poebene z. B. um Vercelli mit der von Japan, so ergibt sich,
dass erstere einen Monat früher anfängt und ebenso viel früher endet.
Ostiglia und jap. Spätreis werden hier gegen Ende März gesäet und
Ende September geerntet. Nach der ersten Octoberwoche befindet
sich in Norditalien nur noch wenig Reis auf den Feldern.
Dass die Revenüen der Daimio’s und Samurai früher nach koku
Reis *) bestimmt und in Natur geliefert wurden, ist bereits oben her-
vorgehoben worden, ebenso, dass der neueren Besteuerung die Erträge
des Reislandes zu Grunde liegen. Selbst die Volkszählungen fanden
früher — allerdings auf sehr mangelhafte Weise — nach Production
und Consum des Landes an Reis statt. Nichts desto weniger gibt es
Hunderttausende armer Gebirgsbewohner, die sich freuen, wenn ihre be-
schränkten Felder Gerste- und Hirsearten producieren, bei welchen
Reis ein Luxusartikel ist, der höchstens Kranken und schwächlichen
Kindern, selten aber den gesunden Erwachsenen zu Theil wurde.
Man unterscheidet in Japan drei Hauptreisdistrikte, von denen
der nördliche seinen Ueberschuss vorwiegend nach Tôkio liefert; aus
dem mittleren und südlichen Reisdistrikte gelangt er noch immer zum
grössten Theil nach Ôzaka, welches im Reis- und Seidenhandel, so
lange das Land abgeschlossen war, stets den Hauptmarkt abgab. In
Honshiu oder Hondo sind als wichtigste Reisgegenden zu nennen: die
grösseren Ebenen im Unterlauf der drei bedeutendsten Flüsse (San-dai-
ka): des Toné-, Kisó- und Shinanó-gawa, also die Ebene des Ku-
wantô, die Ebene der Provinzen Mino, Owári und Ise, sowie die von
Echigo. Sodann sind noch zu bemerken: die Ebene von Ôzaka am
unteren Yodó-gawa, die Sendai-Ebene, die Ebene von Akita am jap.
Meer und von Mongami im Innern, die Aidzu-taira und Iwáki-taira, so-
wie verschiedene andere. Auf Shikóku zeichnen sich durch ausgedehn-
teren Reisbau aus: Awa, Theile von Sanúki und die Gegend von Kôchi,
auf Kiushiu: Higo, besonders in der Nähe der Hauptstadt Kumamóto,
sodann Bungo, Chikúgo und das östliche Hiúga am Stillen Ocean.
Japanischen Reis hält man für den besten in ganz Ostasien und
schätzt ihn höher, wie den von Java oder aus Indien. Geschält hat
er ein mittelgrosses schönes Korn, matten Seidenglanz und glasigen
Bruch. Er ist sehr schmackhaft. Dies gilt insbesondere von den ge-
schätzten Sorten aus den Provinzen Higo und Mino. Aus letzterer
[56]I. Land- und Forstwirthschaft.
bezog denn auch der Haushalt der Tôkugawa Shôgune in Yedo
stets seinen Bedarf. Ein Theil des japanischen Reis wird zur Sake-
oder Reisbierfabrikation verwendet. (Siehe hierüber den betreffenden
Abschnitt). Das Reisstroh wird weder als Viehfutter oder Streu, noch
zur Dachbedeckung verwendet, sondern dient einer nicht unwichtigen
Industrie, welche daraus Sandalen (auch für Lastthiere), Packseile
und anderes Packmaterial verfertigt.
Von den verschiedenen Analysen, welche in der letzten Zeit über
wichtige japanische Nahrungsmittel veröffentlicht wurden, mögen hier
zum Schluss einige auf Reis bezügliche folgen:
Tafel I.
Von diesen Analysen beziehen sich a, b und c auf ungeschälten.
d auf geschälten Reis. Erstere wurden wie auch Tafel II von Keller
in Nobbe’s Landwirthschaftl. Versuchsstationen Bd. XXX, 1884 ver-
öffentlicht, die letztere von Kreusler \& Dafert in Landwirthsch.
Jahrbücher Bd. XIII pag. 767. Keller fand keinen bemerkenswerthen
Unterschied in der chemischen Zusammensetzung des Sumpfreis, Berg-
reis und Klebreis. Dagegen heben die beiden andern Chemiker be-
sonders hervor, dass die Stärke des glutinösen Reis eine braune
Jodreaktion ergeben habe, gegenüber der dunkelblauen der ge-
wöhnlichen Reisstärke. Dieser Unterschied wird übrigens schon von
Atkinson in seiner Abhandlung »The Chemistry of Saké-Brewing«
(Tôkio 1881) pag. 2 erwähnt. Hiermit ist aber die Frage nach der
Ursache des hohen Klebvermögens vom Mehl der Oryza glutinosa
Rumph. noch keineswegs beantwortet.
Von den 3 Hauptreissorten der vorjährigen japanischen Ernte erhielt
ich Proben, die alle 3 gelber Grannenreis und ungeschält kaum zu unter-
scheiden waren. 100 Körner Paddy wogen vom Klebreis 2,672 gr., vom
Sumpfreis (Oku) 2,560 gr., vom Bergreis 2,209 gr. und geschält 2,188 gr.,
2,189 gr. und 1,908 gr. resp., so dass vom ungeschälten Klebreis 37,4
Körner, vom Sumpfreis 39 K., vom Bergreis 45,2 K. auf 1 gr. gehen.
[57]2. Nährpflanzen.
Davon kamen auf die Kerne 81,9 %, 85,5 % und 86,3 % resp., der
Rest auf die Schalen.
Tafel II.
1. und 2. Reis enthülst; 3. Mais, kleine gelbe Körner; 4. Pani-
cum italicum; 5. Sorghum saccharatum; 6. Ph. radiatus, vielgeb.
Bohnenart; 7. Canavallia incurva, bildet Ranken, wenig gebaut, ca.
20 cm lange Hülsen, 6—8 rosaf. Samen, jeder etwa 2,5 gr. schwer.
[58]I. Land- und Forstwirthschaft.
2) Weizen, Ko-mugi (Triticum vulgare L.). Mugi ist Collectiv-
name für Weizen und Gerste, die man mit Bezug auf die Grösse der
Körner als kleine (ko) und grosse (o) mugi unterscheidet. Ich habe
in Japan nur diese eine Art Weizen (also keinen Spelz, engl. Weizen
oder irgend eine andere) getroffen, *) und zwar stets als Winterfrucht,
vornehmlich begrannt, doch auch grannenlos, und nicht selten beide
Formen bunt durcheinander. Im November findet in der Regel die
Aussaat, im Mai die Aehren- und Blüthenentwickelung, im Juni die
Ernte statt; doch verzögert sich letztere in den nördlichen Landes-
theilen und in hoch gelegenen Gegenden, wie z. B. in Shináno, bis
gegen Ende Juli oder Anfang August.
Dass der Weizen in Japan keine hervorragende Rolle spielt und
den Eindruck der Degeneration (wohl in Folge mangelnden Samen-
wechsels) macht, wurde bereits im vorigen Abschnitt erwähnt und ist
auch schon von Maron hervorgehoben worden. Meist wird das Mehl
zu kleinen Kuchen (Mochi) verwendet, welche kaum 5—6 cm Durch-
messer haben und gleich denen von Klebreis (Mochi-gome) entweder
für sich, oder mit schwarzem Bohnenmehl und braunem Zucker be-
streut im Teigzustande gegessen werden.
3) Gerste, O-mugi (Hordeum vulgare L.). Man cultiviert so-
wohl die sechszeilige Unterart, H. hexastichum L. und zwar eine
kurzgrannige Sorte, als auch die vierzeilige, H. tetrastichum; beide
nur als Winterfrucht. Die Aussaat fällt meist in den October oder
November, die Blüthezeit Anfang Mai, die Ernte in den Juni. Gleich
dem Buchweizen und den Hirsearten benutzt man die Samen vor-
wiegend zu Grütze, doch auch als Pferde- und Hühnerfutter. Zwei-
zeilige Gerste, welche Maron ebenfalls anführt, habe ich nicht ge-
troffen, finde sie auch in keinem japanischen Buch abgebildet. Dagegen
kommt die nackte Gerste, jap. Hadaka-mugi (Hordeum vulgare
β. nudum s. coeleste L.) häufig vor und ist schon im äusseren Aus-
sehen der Aehren von der gewöhnlichen vierzeiligen Form leicht zu
unterscheiden. Kinch bezeichnet irrthümlich Hadaka-mugi als
rye (Secale cereale L.), auch ist sie mit Spelz (z. B. bei Scherzer)
verwechselt worden, was auf dem Felde kaum möglich ist, wohl aber
bei den Körnern, welche mit enthülstem Spelz mehr Aehnlichkeit haben,
als mit Roggen. Letzterer fehlt Japan, ebenso der Hafer, wie früher
schon angegeben wurde. Kaempfer führt zwar Avena sativa L. unter
dem Namen Karasu-mugi (Raben-Gerste?) Amoen. exot. 834 an,
ebenso nach ihm Thunberg, Flora jap. pag. 54, doch findet er sich weder
[59]2. Nährpflanzen.
bei Siebold, noch bei Kinch, noch kenne ich eine japanische Ab-
bildung desselben.
Die Aussaat der verschiedenen Hirsearten in Rillen (seltener auf
Beeten zum späteren Verpflanzen) erfolgt April—Juni, die Ernte im
September und October. Es kommen hier in Betracht:
4) Die gewöhnliche oder Rispenhirse, japanisch Kibi (Pa-
nicum miliaceum L.), welche in viel beschränkterem Maasse gebaut
wird, als die beiden folgenden.
5) Die Kolben- oder italienische Hirse, japanisch Awa (Pa-
nicum italicum L., P. verticillatum Th., Setaria italica Kunth), ein auf
trockenem, leichtem Lande, zumal in den Gebirgsgegenden, gleich der
folgenden Art überaus häufig angebautes Getreide, das durch seine
dichten cylindrischen, hängenden Rispen leicht in die Augen fällt.
Es gibt ziemlich viele Varietäten, worunter diejenigen, welche durch
vorstehende, unfruchtbare, borstenförmige Blüthenstielchen wie kurz-
begrannt erscheinen, vorwiegen. Das gelbe, süsse Mehl der kleinen
Samen hat als Nahrungsmittel eine hohe Bedeutung, auch in China.
6) Hahnenfusshirse, Hiye, bei Thunberg Ko-kibi d. h.
kleine Hirse (Panicum Crus-galli L., P. corvi Thunb., Oplismenus Crus-
galli Kunth). Unter demselben Namen Hiye wird auch noch Pa-
nicum frumentaceum Roxb. (Oplismenus Kunth) gebaut, doch sel-
tener als die vorige Art.
7) Fingerhirse japanisch Kamomata-kibi oder Shishi-hiye
und Nora-hiye (Eleusine coracana Gaertn., Cynosurus coracanus L.).
In einigen Theilen Indiens, z. B. in Mysore und dem Punjab, wird
dieses genügsame, kleinsamige Getreide unter dem Namen Raggi
viel gebaut und liefert dem armen Mann ein werthvolles Nahrungs-
mittel. In Japan tritt es hinter die beiden vorerwähnten (Awa und
Hiye) ganz zurück, so dass man tagelang das Land durchstreifen kann,
ohne ihm zu begegnen. Ich traf es in Echigo nach der Ernte, wo
man die niedrigen Halme stehen gelassen und nur die Spitzen mit
den fingerförmig zusammenstehenden 3—5 Aehren abgeschnitten hatte,
sodann in Kaga, wo es die Bauern Kamoashi und Kamo-mata-
kibi nannten und das Mehl dem Ko-mugi-no-ko (Weizenmehl) für
kleine Teigkuchen vorzogen. An andern Orten hörte ich den Namen
Sankaku-hiye, d. h. dreieckige (dreikantige) hiye, welcher sich
jedenfalls auf den dreikantigen Halm bezieht. Bei Thunberg
und Kaempfer finden sich die japanischen Benennungen Kokusa
und Nanban-kibi d. h. Barbarenhirse.
8) Mohrenhirse oder Durrah, japanisch Morokoshi (Sorghum
vulgare Pers., Holcus Sorghum L.), auch Taka-kibi (hohe Hirse) ge-
[60]I. Land- und Forstwirthschaft.
nannt, hat für Japan nur geringe Bedeutung. Man findet dieses Ge-
treide selten anders als an den Feldrändern, die es in einer Reihe
umgürtet, doch nur ausnahmsweise. Es wird im April auf einem
Saatbeete gezogen, später, wenn es etwa 15 cm Höhe erreicht hat,
in Abständen von 25—30 cm verpflanzt und im September geerntet.
Gleiches gilt von der in Norditalien so häufig angebauten, langrispi-
gen Form, aus deren Rispen man auch in Ostasien Besen verfertigt.
9) Hiobsthränen, japanisch Dzudzu-dama und Yokui-nin
(Coix Lacryma Jobi L.). Man findet dieses diöcische, dem Mais ver-
wandte Getreide beinahe immer in der Nähe der Häuser auf kleinen,
etwas feuchten Beeten. Die knochenharten ellipsoidischen Samen
dienen wenig zur Nahrung, sondern zur Anfertigung buddhistischer
Rosenkränze, die jedoch nur ausnahmsweise daraus gemacht werden.
Ob das Thränengras in Japan auch zur Darstellung von Matten, wie bei
Canton (siehe Scherzer), Verwendung findet, ist mir nicht bekannt.
10) Der Mais (Zea Mais L.) wird von den Japanern Tô-moro-
koshi, Tô-kibi und Nanban-kibi genannt. Von den drei her-
vorragendsten Geschenken, welche die neue Welt der alten im 16.
Jahrhundert darbot, wurde der Tabak am freudigsten begrüsst und
fand am raschesten Eingang und Verbreitung unter den verschieden-
sten Völkern der Erde. Ihm folgte der Mais, dann erst die Kartoffel.
Diese trat ihre östliche Wanderung erst spät an, schritt langsam vor
und erwarb sich ausser Europa nur unter den Maori Neuseelands
warme Freunde. Der Mais bot in seinen halbreifen Fruchtkolben eine
reinliche, rasch (durch Rösten oder Kochen) und ohne besondere Mühe
benutzbare Nahrung von süsslichem Geschmack, welcher den Völkern
Afrikas und Asiens mehr zusagt, als der strengere unserer gewöhn-
lichen Kartoffel, und so erklärt sich seine raschere Verbreitung über
die ihm günstigen Klimate leicht.
Hierzu kommt, dass er sich mit seinen verschiedenen Abarten,
wie wenig andere Gewächse, innerhalb einer weiten Zone mannig-
faltig gestalteten Klima- und Bodenverhältnissen accommodiert, vom
Aequator bis etwa zum 50. Breitengrade in Nordamerika wie in Eu-
ropa, und bis zum 40. Parallel auf der südlichen Hemisphäre, von den
feuchtheissen Gestaden der mexikanischen Ostküste bis zum Plateau
des Anahuac und der Steppe von Utah, wo nur künstliche Bewässe-
rung seine Cultur ermöglicht.
Gleich dem Reis ist auch der Mais ein Sommergewächs, beschei-
dener zwar als dieser in seinen Ansprüchen an Wärme und Feuch-
tigkeit, doch immerhin in höherem Grade davon abhängig, als unsere
europäischen Getreidearten. Zum Reifen seiner Körner bedarf er
[61]2. Nährpflanzen.
einer mittleren Sommerwärme von mindestens 15°C., gedeiht jedoch
nur, wo sich hiermit ein reiches Maass von Bewässerung seiner tief-
dringenden Wurzeln, sei es durch Niederschläge, sei es durch künst-
liche Wasserzufuhr verbindet. Daher beschränkt sich seine Cultur
z. B. im Mittelmeergebiete vorwiegend auf die nördlichen Striche des-
selben, wo es, wie in der Poebene, im Sommer nicht an Regen fehlt.
Dagegen reicht sie bei einigen Abarten mit kurzer Vegetationsdauer
(3 Monate, statt 5—6) in Nordamerika noch zum Red-river of the
North, dem südlichen Zufluss des Winnipeg-Sees. Wohl ist hier das
Klima rauher als in Norddeutschland, aber die reicheren Nieder-
schläge im kurzen, warmen Sommer und ein sehr fruchtbarer jung-
fräulicher Boden fördern die Entwickelung und Samenreife des Mais,
wie dies z. B. in Thüringen unter fast gleicher Breite nicht geschieht.
Bei der Entdeckung Amerikas fand Columbus den Mais unter
anderm auf Hispañola cultiviert, eben so bei den Indianern verschie-
dener Striche des Continents, welche er später berührte. Die carai-
bische Benennung Mahis wurde adoptiert und in Mais umgewandelt.
Noch jetzt gedeiht der Mais auf amerikanischem Boden am besten
und liefert z. B. nach Alex. von Humboldt stellenweise dreihundert-
fältige Ernten. In Amerika weist er überdies — und dies ist nicht
ohne Bedeutung bei Beantwortung der Frage nach seinem Ursprung,
— die meisten Spielarten (über 60) auf, von denen manche, nach
andern Ländern verpflanzt, ihren Charakter verlieren. In den frucht-
baren Centralstaaten der Union: Jowa, Illinois, Indiana, Ohio, Ten-
nessee, Kentucky und Missouri finden die starken Wurzeln in dem
tiefen Alluvialboden reiche Nahrung, welche ihnen kräftige Sommer-
regen vermitteln. Hier hat desshalb der Maisbau eine Ausdehnung
und Bedeutung erlangt, wie sonst nirgends auf der Erde.
Wie die verschiedenen germanischen Völker mit dem Worte Korn
immer ihr vorherrschendes Getreide bezeichnen: der Deutsche den
Roggen, der Schwede die Gerste, der Engländer den Weizen, so
pflegt der Nordamerikaner den Mais in richtiger Würdigung seiner
Bedeutung »corn« oder »Indian corn« zu benennen.
Wie schon hervorgehoben wurde, verbreitete sich seine Cultur
rasch über die alte Welt, zunächst nach den drei grossen Halbinseln
Südeuropas, und zwar der Reihe nach von West nach Ost, gelangte
jedoch nur in den sich nördlich anschliessenden Tiefländern, vor-
nehmlich in der Poebene und den unteren Donauländern zu höherer
Bedeutung. Dort wurde die aus Maisgrütze bereitete Polenta, bei den
Rumänen die Mamaliga, ein Kuchen aus dem Mehl des Kukuruz
(Mais), Nationalgericht.
[62]I. Land- und Forstwirthschaft.
Von den unteren Donauländern gelangte der Maisbau in das
fruchtbare Gebiet der Ukraine und macht hier seitdem dem Weizen
Concurrenz. Portugiesen verbreiteten ihn gleich dem Tabak mit ihrer
Herrschaft zur See um die Gestade Afrikas *), sowie Süd- und Ost-
asiens. Hier folgte die Einführung ihrer ersten Landung, in China
1517, auf den Philippinen 1520, in Japan 1542, wenn auch nicht
unmittelbar nach.
Dass dies der Gang der Culturverbreitung des Mais war, haben
verschiedene Autoren bezüglich Ostasiens bestritten. So glaubte von
Siebold Maiskolben auf einem alten japanischen Wappen entdeckt
und sonstige Beweise für eine sehr alte Cultur von Zea Mais in China
und Japan gefunden zu haben **). Auch der französische Agronom
Bonafous, dem wir das ausführlichste Werk über den Mais ver-
danken ***), bezweifelt, dass Ostasien den Mais erst nach der Ent-
deckung Amerikas erhielt. Gleiches hat in neuerer Zeit nochmals der
Dollmetscher der englischen Gesandtschaft in Peking, W. F. Mayers,
gethan. Beide gründen ihre Ansicht, dass Mais in China vor Ent-
deckung Amerikas bekannt war, vornehmlich auf das chinesische
Werk »Pen-tsao-kang-mu«, die bekannte Materia Medica der Chine-
sen, worin sich eine unverkennbare Abbildung unserer Pflanze befin-
det. Da jedoch Li Shi chen (Tung pi), der berühmte Autor des
Werkes, dasselbe in den 26 Jahren von 1552—1578 compilierte †), so
widerstreitet dies durchaus nicht der Ansicht, dass Mais erst nach
Entdeckung Amerikas nach Ostasien kam. Dieselbe hat der berühmte
Genfer Pflanzengeograph A. de Candolle wiederholt und in über-
zeugendster Weise begründet ††), so dass es fast überflüssig erscheinen
könnte, hier nochmals auf die Sache zurückzukommen. Es gibt in-
dess noch andere, und wie mir scheint directere Beweise für meine
[63]2. Nährpflanzen.
Behauptung, dass die Portugiesen in Ostasien den Mais einführten,
Beweise, welche De Candolle nicht gebraucht, der unter anderm
mit Recht hervorhebt, dass der Mais keinen Sanskritnamen hat und
weder von Marco Polo, noch von Mendez Pinto erwähnt wird.
Zunächst ist die Thatsache, welche auch v. Siebold erwähnt,
nicht ohne Bedeutung bei dieser Frage, dass nämlich Japan nur zwei
Sorten Mais baut, während die Wahrscheinlichkeit gross ist, dass bei
einer sehr alten Cultur sich hier, wie bei fast allen sonstigen Feldfrüch-
ten, eine grössere Zahl von Abarten herausgebildet haben müsste. Fer-
ner muss betont werden, dass der Mais heutzutage nur eine untergeord-
nete Rolle unter den Nährpflanzen des Landes spielt, indem man seinen
Anbau auf Ackerränder und einzelne Beete beschränkt und nie über
grössere Flächen ausdehnt. Auch werden die Körner nur wenige Wochen
im Sommer verwerthet, wenn man die halbreifen Fruchtkolben über
Kohlenfeuer röstet und dann verzehrt, was wie in verschiedenen Gegen-
den des Orients auch auf der Strasse geschieht. Nun können wir aber
annehmen, dass bei dem conservativen Charakter und den festen Normen
des japanischen Ackerbaues in der Verwendung der in Rede stehenden
Getreideart seit ihrer Einführung sich wenig geändert hat und dieselbe
nie eine bedeutende Rolle unter den Feldfrüchten des Landes spielte.
Doch wichtiger und überzeugender als Beweis dafür, dass der Maisbau
in Japan nicht alt ist, vielmehr durch die Portugiesen erst eingeführt
wurde, dürfte die Thatsache sein, dass Welschkorn in Japan keinen
eigenen Namen hat, wie dies doch bei allen sonstigen, frühzeitig aus
China bezogenen, wie nicht minder bei den meisten indigenen Ge-
wächsen des Landes der Fall ist; denn alle bereits am Eingang
angeführten Benennungen sind Lehnwörter, welche auf’s klarste den
fremden Ursprung des Getreides andeuten. So bedeutet die Bezeich-
nung »Tô-morokoshi«, chinesisches Sorghum, »Tô-kibi«, chinesi-
sche Hirse und »Nanban-kibi«, Hirse der südlichen Barbaren. Ferner
nennen die Chinesen auf Formosa den Mais »Fan-meh«, d. h. frem-
des Getreide, ein Ausdruck, welchen sie gewiss nicht angewandt
hätten, wenn ihnen dasselbe in ihrem Mutterlande bekannt gewesen
wäre. Die Worte »Fan«, fremd, und »Nanban« (spr. Namban), d. h.
südliche Barbaren, weisen auf die von Süden gekommenen Euro-
päer und insbesondere die Portugiesen hin, denn diese wurden vor
allem als Fremde und »Nanban« bezeichnet. Ebensowenig aber, wie
»Welschkorn« und »Türkischer Weizen« heute noch zu Missdeutungen
Anlass geben, dürften die Ausdrücke »Tô-morokoshi« und »Tô-
kibi« schwer zu verkennen sein. Wie der Deutsche den Mais über
Italien und die Türkei zuerst kennen lernte, und desshalb nach die-
[64]I. Land- und Forstwirthschaft.
sen Ländern benannte, so erging es den Japanern hinsichtlich des
Mais und Chinas auch. Das Getreide kam aus diesem Lande, wurde
auch theilweise gleich dem Tabak direkt durch Portugiesen eingeführt
und zwar in der Periode Tenshô (1573—1592 n. Chr.), also zur Zeit
des Hideyôshi.
11) Buchweizen (Fagopyrum esculentum Moench, Polygonum
Fagopyrum L.), japanisch Soba. Die Heimath dieser weit über die
gemässigte Zone der nördlichen Hemisphäre verbreiteten Culturpflanze
scheint die Mandschurei und das benachbarte Centralasien zu sein,
wo sie nach Maximovicz wild wächst *). Von hier wurde sie
frühzeitig über das nordöstliche Monsungebiet, und im Mittelalter
durch Mongolen und türkisch-tatarische Völker über Westasien nach
Europa gebracht. Bezüglich seiner Cultur und Verwendung schliesst
sich der Buchweizen am meisten den Hirsearten an, ist vorwiegend
Sommergewächs, wie diese, nimmt gleich ihnen mit leichtem sandi-
gem Boden vorlieb und liefert in seinen Samen ein Mehl, das in
ähnlicher Weise zu Suppe und Brei, aber auch zu kleinen Kuchen
benutzt wird; doch sind diese in Form der beliebten Blinies der
Russen und der Buckwheat cakes der Nordamerikaner der japanischen
Küche fremd, in welcher eine andere Zubereitungsweise an die Stelle
tritt **). Wie bei uns, so fällt auch in Japan die Blüthezeit des
Buchweizens in den Nachsommer und Herbst, die Ernte in den Octo-
ber. Als Winterfrucht wird er auch, doch nur ausnahmsweise gebaut.
b. Hülsenfrüchte oder Leguminosen.
Die Erzeugnisse des Ackerbaues, welche man unter diesem Collec-
tivnamen zusammenfasst, nehmen hinsichtlich ihrer Verbreitung und
Bedeutung nächst dem Getreide unstreitig die erste Stelle ein. In
ihrem hohen Proteïngehalte und Nährwerthe übertreffen sie bei weitem
alle andern vegetabilen Nahrungsmittel, nähern sich den Eiern und
ersetzen allein oder mit diesen und Fischen vielen Millionen der Erde
das Fleisch, vor allem in Ostasien. Der Japaner bezeichnet sie mit
dem Namen Mame, der insbesondere verschiedenen Bohnenarten, den
wichtigsten und verbreitetsten Vertretern der Familie in Japan, bei-
gelegt wird. Ihre Verwendung ist eine verschiedenartigere, als in
den meisten andern Ländern. Gekocht bilden viele eine beliebte Zu-
[65]2. Nährpflanzen.
speise zu dem etwas faden Geschmack des mit Wasser gekochten
Reis, der Hirse und andern stärkereichen Getreidearten. Daneben
dienen aber verschiedene auch zur Darstellung von Sauce, Pflanzen-
eiweiss und andern Präparaten, welche unter den Namen Shôyu, Tôfu,
Miso bekannt sind und im japanischen Haushalte viel verwendet wer-
den. Mit Ausnahme von Erbsen und Saubohnen werden alle in diese
Gruppe gehörenden Feldfrüchte nur im Sommer gebaut, weil der
japanische Winter für sie zu rauh ist. Bei diesen wendet man allge-
mein die Stufencultur, bei jenen die Reihensaat an.
Man cultiviert in Japan:
1) Die Erdnuss, japanisch Rakkuwaskô (spr. Rakkashô) und
Tô-jin-mame d. h. Chinesen-Bohne (Arachis hypogaea L.). Sie
wird nur im wärmeren Süden des Landes und in geringem Umfang
gepflanzt, theils geröstet gegessen, theils zu Oel verwendet. (Näheres
unter Oelpflanzen.)
2) Die Sojabohne, japanisch Daidzu und Ô-mame (Glycine
hispida Moench., Soja hispida Miq., Dolichos soja L.) ist zwar schon
seit nahezu einem Jahrhundert in unsern botanischen Gärten einge-
führt *), hat aber erst seit der Wiener Weltausstellung bei uns eine
grössere Beachtung gefunden. Es gibt jetzt kaum ein europäisches
Land, in welchem nicht während der letzten 10 Jahre Anbauversuche
mit derselben vorgenommen worden wären, kaum eine dem Garten-
bau oder der Landwirthschaft dienende Zeitschrift, die nicht eine
Abbildung oder Beschreibung von ihr gebracht hätte **). Insbesondere
hat man sich in Frankreich und Oesterreich-Ungarn seitdem viel mit
der Sojabohne beschäftigt und ihre Cultur an vielen Orten mit mehr
oder weniger Erfolg versucht ***). Die Ergebnisse dieser Studien und
Versuche in Oesterreich, welche vornehmlich durch Prof. Haberlandt
mit Samen aus China, Japan und der Mongolei in und von der k. k.
Hochschule für Bodencultur angestellt und angeregt wurden, hat der-
selbe in einer interessanten Schrift niedergelegt †). Dieselben schie-
nen die Anbaufähigkeit der Sojabohne im gemässigten Klima, ihre
hohen Erträge, den ausserordentlichen Nährwerth und verschiedene
andere ihr nachgerühmte Eigenschaften zu bestätigen und bieten so
Rein, Japan. II. 5
[66]I. Land- und Forstwirthschaft.
ein vielseitiges Interesse. Unter den Hülsenfrüchten Japans (und
Chinas nicht minder) nimmt die Sojabohne nach Verbreitung, viel-
seitiger Verwendung und hoher Werthschätzung die erste Stelle ein,
und chemische Analysen beweisen, dass das empirische Urteil wohl
begründet ist.
Die Sojabohne nähert sich im Nährwerthe unter allen vegetabilen
Producten am meisten dem Fleisch, enthält beinahe ⅖ ihres Gewichtes
stickstoffreiches Legumin und nahezu ⅙ Fett. Was die Garbanzos
(Kichererbsen) den Spaniern, die Feijão preto (schwarze Bohnen) den
Brasilianern, das ist die Sojabohne den Bewohnern Japans. Aber wäh-
rend die Kichererbse nur als Garnirung und Zuspeise zum Fleische
erscheint, dient Daidzu als Ersatz desselben, ja sie ist in gewissem
Sinne Schmalz und Würze für den fadeschmeckenden, stärkereichen
Reis und die Grütze aus Gerste oder Hirsearten, mit denen sie ver-
speist wird.
Die zahlreichen Varietäten der Sojabohne bilden schöne blatt-
reiche, viel und regelmässig verzweigte Büsche von 0,50—1,00 m
Höhe. Der reichen Verästelung über der Erde entspricht eine kräf-
tige Bestockung. Eine starke Belaubung mit grossen, dreizähligen
Blättern, welche an den zahlreichen Internodien auftreten, gehört zu
den ferneren Kennzeichen der Pflanze, mehr aber noch die Bedeckung
der meisten Theile, wie der Hülsen, Blattstiele, Oberseite der Blatt-
spreiten, so wie der Zweige mit einer dichten rothbraunen Behaarung.
Bei den schwarzsamigen Spielarten zeigen Haupt- und Nebenaxen
eine auffällige Neigung sich zu drehen, ohne dazu einer besonderen
Stütze zu bedürfen; viel weniger bemerkt man diese Drehung bei den
steiferen Stengeln der blassgelben und rothbraunen Varietäten. Aus
jedem höheren Blattwinkel entwickelt sich ein kurzgestieltes Blüthen-
träubchen. Die Blüthchen selbst sind unscheinbar, wie bei den Linsen,
weisslila oder blassviolett. Es folgen ihnen reiche Fruchtansätze,
welche gleich der Blüthenentwickelung fortdauern von der Mitte des
Sommers an bis zum Spätherbst, wo gewöhnlich Nachtfröste ihnen
ein jähes Ende bereiten.
Die stark behaarten, hängenden Hülsen treten meist paarweise
auf, häufig auch zu drei und vier an gemeinsamem Stiele. Sie sind
kurz gestielt, kurz walzenförmig, mit einem Schnabel endend und in
der Regel zweisamig, mit scharfer Gliederung zwischen beiden Boh-
nen, wie es die Abbildung bei Kaempfer zeigt; doch ist die Zahl der
drei- und viersamigen bei verschiedenen Spielarten gross, ja zuweilen
überwiegend. Wird dem grossen Licht- und Wärmebedürfniss genügt,
so entwickelt auf geeignetem Boden eine einzige Sojapflanze nach
[67]2. Nährpflanzen.
Haberlandt durchschnittlich etwa 200 Hülsen. Bei regelmässiger
Feldcultur ist der Ertrag natürlich viel geringer. Die Culturversuche
hatten in Oesterreich bis zum Jahre 1878 sehr verschiedene Resultate
ergeben, vom 680fachen Korn bis zur vollen Missernte in Folge langer
nasskalter Witterung. Den Durchschnittsertrag des Jahres 1877, des-
sen Sommer sich durch vielen Regen und niedrige Temperaturen aus-
zeichnete, berechnete Haberlandt auf das 73fache des Saatkorns.
Hiermit stehen die Angaben über die Erträge in China und Japan
keineswegs im Einklang. So werden z. B. in letzterem nach Scher-
zer von den frühreifenden Shiro-mame 6 Shô Saatbohnen auf 300
Tsubo Land mit einem Ertrag von 120 Shô gerechnet. Dies entspricht
nur einer 20fachen Ernte oder, wenn man zugleich die Samenverluste
beim Keimen in Rechnung zieht, etwa 12 Hülsen à zwei Samen für jede
Pflanze.
In Japan unterscheidet man nach der Farbe der Sojabohnen weisse
(richtiger gelbliche), schwarze, braunrothe, grünliche und gefleckte
Varietäten, nach der Entwickelungsdauer früh-, mittel- und spät-
reifende, nach der Form kugelrunde, ellipsoidische, nierenförmige
und seitlich zusammengepresste, nach der Verwendung solche, welche
vornehmlich zur Darstellung von Shôyu (Sauce), Tôfu (Bohnenkäse)
und Miso (einer Art Sulze) dienen, von denen, welche direct in irgend
einer Form verspeist werden *).
α) Weisse (erbsengelbe) Sojabohnen, japanisch Shiro-mame
oder Haku-daidzu. Hierzu gehört eine frühreifende Sorte mit sehr
kleinen Samen, Goguwatsu-mame, d. h. Fünfmonats-Bohne genannt,
weil sie schon im fünften Monat nach alter japanischer Zeitrechnung,
unserm Juli, reift, ferner eine ebenfalls kleinfrüchtige, frühreifende,
die Wase-mame oder Natsu-mame, d. h. Früh- oder Sommer-Bohne.
Diese beiden heissen auch Tôfu-mame, weil sie vornehmlich zur Be-
reitung des Tôfu verwendet werden. Ebenso dient eine andere Abart,
»Nakate-mame«, mittelspäte Bohne genannt, weil ihre Reifezeit in
die Mitte zwischen die frühen und späten Sorten fällt, mit etwas grösse-
ren runden Samen zur Darstellung des Miso. Die spätreifenden Va-
rietäten Okute-mame (Spätbohne), Maru-mame (Kugelbohne) und
Teppô-mame (Kanonenbohne) oder Aki-mame (Herbstbohne) haben,
wie die Namen schon andeuten, meist kugelrunde Samen, welche
härter und grösser werden als die frühreifen und von denen vornehm-
5*
[68]I. Land- und Forstwirthschaft.
lich die letztgenannte zur Bereitung des Shôyu Verwendung findet,
während Maru-mame als Pferdefutter von Werth ist.
β) Schwarze Sojabohnen, japanisch Kuro-mame oder Koku-
daidzu. Sie werden alle im gekochten Zustande mit Zucker als
Zwischenspeise, oder als Zuspeise zum Reis genossen. Es gibt eine
mittelspäte Abart mit runden ellipsoidischen Samen, Kuro-mame kurz-
weg, und eine desgleichen mit grossen kugelrunden Bohnen, Kuro-
teppô-mame genannt; ferner eine spätreifende Sorte mit flachen ellip-
tischen Samen unter verschiedenen Namen.
γ) Braune Sojabohnen, japanisch Katsu-daidzu (d. h. durstige
Sojabohne), werden viel weniger angebaut als die weissen und schwar-
zen Abarten, benutzt wie die letzteren. Man unterscheidet: Aka-
mame, rothe Sojabohnen, rund, von rothbrauner Farbe in verschie-
denen Varietäten, und Cha-mame, Theebohnen, drei hellbraunrothe
Sorten von geringer Culturverbreitung und Bedeutung.
δ) Grünliche oder bläulichgrüne Sojabohnen, japanisch Aö-mame
oder Sei-daidzu, werden wie die schwarzen und braunrothen Va-
rietäten meist in gekochtem Zustande mit Zucker gegessen. Sie sind
gleich den bräunlich gefärbten Sorten viel weniger verbreitet, als die
schwarzen und gelblichen. Die Japaner unterscheiden folgende Ab-
arten von Aö-mame:
a) Sei-hito, Epidermis grün, das Innere gelbweiss.
b) Nikuri-sei, grünlich durchweg. Beide Abarten sind rund-
lich-ellipsoidisch bis kugelrund, mittelgross, und erinnern an grüne
Erbsen.
c) Kage-mame, mit lichtgrünen, runden Bohnen.
ε) Gefleckte Sojabohnen, japanisch Fuiri-mame oder Han-daidzu.
Diese Gruppe spielt keine hervorragende Rolle; ihre Cultur beschränkt
sich auf ein geringes Areal weniger Provinzen. Man unterscheidet:
a) Kuro-kura-kake-mame, mit einem schwarzen Fleck am
Sattel (Nabel), sonst grünlich, flach eilänglich.
b) Aka-kura-kake-mame, mit braunem Fleck am Sattel (Na-
bel), sonst gelblichgrün, flach länglich.
c) Fuiri-mame oder Udzura-mame, gesprenkelte oder ge-
fleckte Sojabohne, gelblich grün mit vielen dunklen Flecken. Eine
seltene Varietät, die nur an wenigen Orten, zumal in Harima, gebaut
werden soll.
Die Aussaat der frühreifenden Sojabohnen erfolgt im südlichen
Japan schon im April, im mittleren während des Mai; im Herbst
reifende bedürfen viel mehr Wärme und werden in der Regel einen
Monat später gesäet. In den Gebirgsgegenden wählt man vielfach Land,
[69]2. Nährpflanzen.
welches den Winter über brach lag, sonst dienen besonders die Wei-
zen- und Gerstenfelder dazu. Hier werden die Sojabohnen stufenweise
in Löcher neben die Halme der reifenden Winterfrucht gepflanzt, so
dass nach der Ernte der letzteren die Hülsenfrucht nur der Behackung
und Düngung bedarf. Mit spätreifenden Daidzu bepflanzt man auch
gern die Ackerränder, insbesondere die neuhergerichteten Dämme der
Reisfelder.
Die Sojabohne bedarf bei ihrer starken Belaubung noch in höhe-
rem Grade, wie unsere Hülsenfrüchte, des Lichtes und der Wärme.
Gebricht es ihr an Luft und Licht, so entwickelt sie nur wenig Blü-
then und Früchte; fehlt es an der nöthigen Wärme, so reift sie
letztere nicht. Der Schatten der Theesträucher in Ostasien, der
Weinstöcke bei uns, reicht schon hin, ihre Fructification bedeutend
zu vermindern, und macht ihre Anpflanzung als Zwischenfrucht in
Theegärten und Weinbergen unzweckmässig. Aus gleichem Grunde
empfiehlt sich eine grössere Saatweite, etwa 4—15 Samen auf den
Quadratmeter.
Man hat gefunden, dass die frühreifen Sorten, je nachdem sie
Anfang oder Mitte Mai gesäet wurden, einer Wärmesumme von 2300—
3000°C. bedurften, variirend nicht blos mit den Abarten, sondern
auch nach der Zeit der Aussaat, insofern eine Verschiebung der letz-
teren bis Mitte oder Ende Mai bei der dann herrschenden höheren
Temperatur in Luft und Boden eine raschere Entwickelung und Ver-
kürzung der Vegetationsdauer bewirkt. Jene frühreifenden Sorten
gedeihen noch über die Nordgrenze des erfolgreichen Maisbaues hin-
aus, bei den andern stören hier die ersten Nachtfröste im Herbst den
natürlichen Abschluss der Entwickelung, indem sie die Blüthen und
unreifen Hülsen ertödten, sobald die Temperatur unter — 2°C. sinkt.
Haberlandt fasste am Schlusse seiner oben erwähnten Abhand-
lung die Resultate der Versuche mit der Sojabohne und der chemi-
schen Analyse in 5 beachtenswerthen Sätzen zusammen. Es ergab
sich hieraus, dass
- a) die Acclimatisation der frühreifen Sorten, worunter insbesondere
diejenigen mit gelben und rothbraunen Samen hervorzuheben sind,
in Mitteleuropa völlig gelungen zu sein schien; - b) die erzielten Samen grösser, schöner und schwerer waren, als
die aus Ostasien stammende Saat, während die chemische Zusammen-
setzung keinerlei Aenderung erfahren hatte; - c) die Sojapflanzen im Frühjahr gelinden Nachtfrösten besser
widerstehen, als unsere jungen Bohnen, und im Sommer grössere
[70]I. Land- und Forstwirthschaft.
Dürre aushalten, als die meisten Hülsenfrüchte, sich ausserdem aber
auch verschiedenen Bodenarten gut anpassen; - d) sich durch reiche Erträge auszeichnen und auch in ihren
Stengeln und Blättern grün oder als Stroh ein nahrhaftes, vom Vieh
gern genommenes Futter liefern; - e) die Bohnen durch ihren hohen Proteïn- und Fettgehalt alle
andern Hülsenfrüchte an Nährwerth weit übertreffen und im zubereite-
ten Zustande an Wohlgeschmack keinen andern nachstehen.
Nach solchen günstigen Urteilen hätte man erwarten sollen, dass
die Sojabohne, wenigstens in den wärmeren Landschaften der Oester-
reich-Ungarischen Monarchie bald sehr beliebt und verbreitet würde.
Das Endresultat war jedoch ein ganz anderes. Mit Haberlandt,
der 1878 starb, scheinen auch die Hoffnungen, welche er auf diese
Hülsenfrucht erweckt hatte, verschwunden zu sein.
Wie ich aus zuverlässiger Quelle weiss, *) kam man bald zur
Ueberzeugung, dass eine sichere Cultur nur mit den frühreifenden,
gelben Sorten möglich sei, deren Erträge indess wenig befriedigten
und für die es, da sie sich nur schwer weich kochen, auch an Absatz
und geeigneter Verwerthung fehlte.
Bei dem Interesse, welches sich aus vorerwähnten Gründen an
die Cultur und Verwerthung von Glycine hispida in Japan und den
Nachbarländern knüpft, lasse ich zum Schlusse dieses Abschnittes zwei
Tabellen folgen, von denen die erste verschiedene Analysen derselben
und ihres Strohes, die zweite aber eine vergleichende Uebersicht der
chemischen Zusammensetzung mit andern Hülsenfrüchten gewährt.
3) Strahlfrüchtige Buschbohne, jap. Adzuki (Phaseolus
radiatus L.). Kaempfer gibt eine sehr gute Beschreibung dieser, an
Stengeln und Blättern stets behaarten Art, deren kurze, den Blatt-
winkeln entspringende Blüthenstielchen eine gelbe Blüthentraube bilden,
welcher 4—6 radförmig ausgebreitete oder kopfförmig genäherte und
hängende Hülsen von schmaler cylindrischer Gestalt folgen. Die
Bohnen haben die Grösse kleiner Erbsen, aber länglich runde, abge-
stumpft ellipsoidische Gestalt, sind glatt und glänzend, an Farbe und
Grösse in vielen Varietäten bekannt. Da die Adzuki die meisten
andern Hülsenfrüchte an Wohlgeschmack übertreffen, ist ihr Anbau
und Verbrauch im ganzen weiten Monsungebiet von Alters her ein
ausgedehnter und steht in Japan nur dem der Sojabohne nach. Die
vielen Abarten gruppiert Savatier**) in folgender Weise:
[71]2. Nährpflanzen.
a) typicus. Hülsen doldenförmig, horizontal ausgebreitet, mit rothen
oder schwärzlichen Borstenhaaren besetzt. Hierher gehört Adzuki
oder Oku-adzuki (grosse Adzuki) mit verhältnissmässig grossen,
braunrothen Bohnen.
b) pendulus. Hülsen glatt oder kurz behaart, hängend, je zwei
einander gegenüber. Folgende Varietäten sind vor allem hierher zu
rechnen:
- α) Kuro-adzuki, schwarzfrüchtige Adzuki,
- β) Shiro-adzuki, weissfrüchtige A. Die Färbung ist ebenso
wenig weiss, wie bei den Dolichos, sondern gelb, wie die mancher
Erbsen, denen sie auf den ersten Blick ähnlicher sehen, wie Bohnen;
doch sind sie kleiner, von länglicher Gestalt, - γ) Tsuru-adzuki, d. h. rankende Adzuki.
c) subtrilobatus, jap. Bundo und Yayenari, mit je 4—6
cylindrischen, hängenden Hülsen.
4) Die japanische Schwertbohne, »le Haricot du Japon«, jap. Nata-
mame (Canavalia incurva DC., Dolichos incurvus Thunb.), eine
windende Bohnenart mit ziemlich grossen rosafarbenen Blüthen in ein-
fachen Trauben. Blätter wie bei allen Bohnenarten dreifingerig,
Blättchen oval, zugespitzt, glatt. Hängende Hülsen, etwas schwert-
förmig gebogen, dick, breit und oft 20 cm lang mit grossen Bohnen.
Dieselben sind bei einer Varietät rosafarben (Aka-nata-mame), bei
einer zweiten weiss (Shiro-nata-mame). Die jungen Hülsen werden
mit den Bohnen gekocht, oder in Salz eingemacht gegessen.
5) Küstenschwertbohne, jap. Hama-nata-mame (Canavalia
lineata DC., Dolichos lineatus Thunb.), wild wachsend an mehreren
Küstenstrichen des Südens, Samen wenig benutzt.
6) Die gemeine Bohne, jap. Ingen-mame (Phaseolus vulgaris L.),
wird auch in der windenden Form, doch vornehmlich als Buschbohne
gebaut. Aber es lässt sich schon aus der geringen Zahl von höchstens
12—15 Spielarten schliessen, dass ihre Cultur wohl nicht das Alter
und sicher nicht die Bedeutung hat, wie in vielen andern Ländern.
Die Samen werden meist in reifem Zustande, seltener mit den jungen
Hülsen verbraucht.
7) Phaseolus multiflorus L. Die Feuerbohne wird von Kinch
angeführt, doch ohne einheimischen Namen. Da ihrer kein älterer
Botaniker gedenkt, ich ihr ebenfalls nie begegnet bin, scheint sie erst
neuerdings eingeführt worden zu sein.
8) Phaseolus Mungo L. Bohnen dieser Art, wohl unter allen die
kleinsten, bemerkte ich in der Sammlung von Kew aus der japan.
Abtheilung der Wiener Weltausstellung mit der Angabe: »used for
[72]I. Land- und Forstwirthschaft.
food in Japan«. Wie weit dies der Fall ist, vermag ich nicht anzu-
geben, auch finde ich sie sonst nicht für Japan erwähnt.
9) Vigna Catjang Walpers (Dolichos Catjang L.).
10) Pachyrhizus angulatus Rich. (Dolichos bulbosus L.). Von diesen
beiden Arten, die ich ebenfalls in Kew aus Japan sah, gilt dasselbe,
wie von No. 8.
11) Doldenblühende Dolichosbohne, jap. Sasage oder Sasagi
(Dolichos umbellatus Thunb.). Der zum Theil windende Stengel treibt
aus den Blattwinkeln lange Blüthenstiele mit 3—6 blüthigen, einfachen
endständigen Döldchen, denen eben so viele schmale, lange, wellig-
cylindrische Hülsen mit kleinen Samen folgen, welche letztere theils
reif, theils mit den grünen Hülsen verspeist werden. Es gibt auch
von dieser Species eine Reihe Abarten, die theils nach der Farbe der
Bohnen, theils nach andern Merkmalen unterschieden und benannt
werden, wie Midori-sasagi, Haku-furô-sasagi, Hata-sasagi, Adzuki-
sasagi, Yekko-sasagi u. A.
12) Megane-sasagi (Dolichos bicontortus Durieu), eine neuere
Einführung aus Frankreich.
13) Faselbohne, (Lablab cultratus DC., Dolichos cultratus Thunb.
\& D. ensiformis Thunb.). Die verschiedenen Formen dieser, theils
weiss, theils rothblühenden Bohne, werden in Japan mit den Namen
Sengoku-mame, Fuji-mame oder Azi-mame, Shiro-hana-
azi-mame und Hira-mame bezeichnet. Von den eigentlichen
Dolichosbohnen unterscheiden sie der ährenförmige Blüthenstand und
die kurzen, an Erbsen erinnernden Hülsen.
Von wild wachsenden Bohnenarten, deren Samen zur Nahrung
dienen, sind hier noch zu erwähnen:
Tankiri-mame (Rhynchosia volubilis Lour., Glycine villosa
Thunb.), No-adzuki (Atylosia subrhombea Miq.), Tsuru-mame oder
No-mame (Glycine soja S. \& Z.), No-sasage oder Karasu-mame
(Dumasia truncata S. \& Z.)
14) Erbsen, jap. Yendo (sprich Endo), Endo-mame und Nora-
mame (Pisum sativum L.). Von dieser Art werden drei Hauptsorten
gebaut, nämlich einmal die typische, weissfrüchtige, welche in der
Regel mit den Hülsen (Saya) im unreifen Zustande gegessen wird,
Saya-endo, sodann die Abart P. s. thebaicum Alefeld (Königsberger
Würfelerbse) mit graugrünen Samen (Midori-endo) oder mit braun-
rothen (Aka-endo). Letztere wiegt vor. Man cultiviert sie indess alle
ziemlich häufig, säet im November und erntet im Mai.
15) Pferdebohne, jap. Sora-mame (Vicia faba L.). Dieselbe ist
[73]2. Nährpflanzen.
ebenfalls Winterfrucht. Sie wird im October gesäet und im Juni ge-
erntet.
Wie in der Mittelmeerregion pflegt man die reifen Bohnen vor-
nehmlich zu schroten und als Pferdefutter zu verwenden; doch dienen
sie auch den Menschen zur Nahrung. Ihre Cultur hat jedoch nicht
die Ausdehnung, wie in vielen andern Ländern.
Analysen der Sojabohnen (Glycine hispida Moench).
Bemerkungen:
Von diesen Analysen wurden I, IV, V, VI, VII, VIII, IX und
X Haberland: »Die Sojabohne« entnommen. Die 4 letzten rühren von
Mach, IV, V und VI von Caplan, I von Senff her.
Analyse II wurde von Levallois vom Inst. agronomique in Paris
ausgeführt und der Révue horticole entnommen, III stammt von Kinch
und befindet sich Transact. Asiat. Soc. of Japan VIII, pag. 398.
Vergleichstabelle der Analysen verschiedener
Hülsenfrüchte.
Von diesen Analysen sind I, IV, V, VI, VII und VIII Haber-
[74]I. Land- und Forstwirthschaft.
landt: »Die Sojabohne« entnommen, II Dwars in Transactions Ass. Soc.
of Japan Vol. VI; III wurde nach derjenigen von Keller in Nobbe’s
»Landwirthschaftlichen Versuchsstationen« Bd. XXX, 1884 umgerechnet,
IX stammt von Wolff und ist aus Ollech: »Die Rückstände der Oel-
fabrikation« hierher genommen, weil sich aus dem Vergleich mit der
Sojabohne und den übrigen stärkereicheren Leguminosen ergibt, dass
das Fett gewissermaassen die Kohlenhydrate vertritt.
c. Stärkeliefernde Knollen.
Hierher rechnen wir aus der Gruppe der sogenannten Hack-
früchte alle Gewächse, die ihrer stärkereichen Knollen oder Wurzel-
stöcke wegen gebaut werden, desgleichen aber auch alle nicht culti-
vierten Pflanzen, welche in Japan in ähnlicher Weise ihres Stärke-
gehaltes wegen zur Nahrung dienen, demnach insbesondere alle
Kartoffelarten und ihre Surrogate, welche der Japaner mit dem
Collectivnamen Imo bezeichnet. Die Artenzahl dieser Pflanzengruppe
und die Verschiedenheit ihrer mehlreichen unterirdischen Gebilde ist
grösser, als in den meisten andern Ländern der Erde. Zu den wild
wachsenden und theilweise hochgeschätzten Species, welche ohne
Zweifel schon den ältesten Bewohnern Japans ein wichtiges Nahrungs-
mittel lieferten, sind im Laufe der Zeit eine Reihe anderer, theils aus
China, theils vom Malayischen Archipel her eingeführt worden, deren
Anbau und Verwendung entweder durch die klimatischen Verhältnisse
besonders bedingt, oder durch eine eigene Geschmacksrichtung her-
vorgerufen und gefördert wurde.
Der Japaner bevorzugt vor allem die süsslich schmeckenden
Knollen mehrerer Araceen, insbesondere des Taro, sowie der Batate,
und cultiviert sie dem entsprechend in grösserem Umfang, als alle
übrigen. Folgen wir jedoch mehr der natürlichen Ordnung, so sind
hier hervorzuheben:
1) Die Lotuspflanze, jap. Hasu und Renge genannt (Nelumbo
nucifera Gaertn., Nelumbium speciosum Wild., Nymphaea nucifera L.).
Ihre Heimath ist das indische Monsungebiet, woselbst sie erst dem
Çiva, später Buddha geheiligt war. Ob Buddhistische Priester sie
dann nach den Ländern des chinesischen Culturkreises verpflanzten,
oder ob sie hier bereits früher einheimisch war, ist schwer zu ergrün-
den, doch neige ich bezüglich Japans zur ersten Annahme. Sicher
findet man sie gegenwärtig sowohl in China, als auch in Japan nirgends
wild wachsend, dagegen viel in Teichen angebaut, theils ihrer herrlichen
Blüthen wegen, theils zur Gewinnung ihrer essbaren Rhizome, in Japan
Renkon genannt, oder endlich der ölreichen Nüsse halber.
[75]2. Nährpflanzen.
Die weissen, walzenförmigen Rhizome erreichen bei ansehnlicher
Länge 8—12 cm Dicke und liegen tief im Schlamm eingesenkt. Durch
bemerkenswerthe Einschnürungen sind dieselben in lange Glieder ge-
theilt, welche auf dem sehr porösen Querschnitt viele concentrisch ge-
stellte Canäle aufweisen. *) Diese Rhizome enthalten eine ziemliche
Menge Stärke und werden im gekochten Zustande viel gegessen. Die
Europäer lieben ihren faden, mehligen Geschmack nicht; aber der
Japaner und Chinese schätzt sie, vornehmlich weil er sie für eine
sehr gesunde Speise hält, welche namentlich auch Kinder und Greise
leicht verdauen. (Ueber Nuphar japonicum und Nymphaea tetragona
siehe Näheres im folgenden Abschnitt.)
2) Das Pfeilkraut, jap. Kuwai (Sagittaria sagittaefolia L.) reiht
sich zwar nicht im System, wohl aber nach der Art seiner Cultur und
Benutzung hier an. Auch in China wird diese Pflanze als Nahrungs-
mittel in Teichen gezogen. Ihre Rhizome bilden weisse, kugelrunde
Anschwellungen, welche, gekocht, einen kastanienartigen Geschmack
(Water Chesnut) haben. Stärkemehl, welches man daraus bereitet,
soll in China wie Arrowroot verwendet werden.
3) Ôgi (Hedysarum esculentum Led.). Diese Papilionacee wird
gleich den beiden folgenden Arten nicht cultiviert und hat als Nahrungs-
mittel für Japan nur geringe Bedeutung. Die Knolle, welche sie er-
zeugt (ich hatte nur einmal Gelegenheit, sie zu sehen), erinnert in
ihrem äusseren Aussehen an Trüffel. Die Pflanze liebt, wie schon
Gmelin in seiner Flora Sibirica hervorhebt, steinige Orte, wie z. B.
in Japan die Abhänge des Fuji-san. Ihre eigentliche Heimat ist
Sibirien, wo sie z. B. von den Samojeden viel gegessen wird.
4) Hodo oder Hodo-imo (Apios Fortunei Maxim.). In der Busch-
wald- und Mittelgebirgsregion ziemlich verbreitet, bildet einen mehr
kugel- als birnförmigen Knollen, der im gekochten Zustande mehl-
reich erscheint und gern gegessen wird.
5) Kudzu (Pueraria Thunbergiana Benth., Pachyrhizus thunber-
gianus S. \& Z.) Diese Pflanze findet sich sehr häufig, namentlich
an Waldrändern und in Gebüsch, durch welches sie ihre langen
Ranken windet. Die dicken Wurzeln dienen zur Darstellung eines
Stärkemehls, das als Nahrungsmittel benutzt wird.
6) Die Batate oder süsse Kartoffel, jap. Satsuma-imo oder
[76]I. Land- und Forstwirthschaft.
Riukiu-imo (Batatas edulis Choisy, Convolvulus Batatas L., C. edulis
Thunb.). Die Cultur dieser wichtigen Nährpflanze hat sich über den
grössten Theil der tropischen und subtropischen Gebiete der Erde
verbreitet. Sie schliesst sich in Europa und Nordamerika nach Süden
an diejenige unserer gewöhnlichen Kartoffel an, z. B. in Andalusien
und den Golfstaaten, wo die lange hohe Sommerwärme für sie völlig
ausreicht. Ueber den Ursprung sind die Ansichten noch getheilt; doch
sprechen gewichtige Gründe für Südamerika. Ohne Zweifel ist sie
erst seit Entdeckung dieses Erdtheils dem östlichen Monsungebiete zu-
geführt worden, wofür nicht blos die hier üblichen Benennungen,
sondern auch historische Daten zeugen. So heisst sie bei den meisten
Malayen, wie in Portugal Batata, auf den Philippinen aber Castillian.
Um das Jahr 1610 gelangte die Cultur der Batate von Luzon
nach China, von hier weiter nach den Riukiu-Inseln *), wo sie Kara-
imo (chines. Kartoffel) heisst und das Hauptnahrungsmittel bildet.
Die Bewohner jener Inseln befreundeten sich alsbald mit ihr und
cultivierten sie seitdem mit Vorliebe; sie waren stolz, ein werthvolles
Gewächs zu besitzen, das ihre nördlichen Nachbarn nicht kannten.
Im Jahre 1698 schenkte ihr König dem Daimiô von Satsuma einen
Korb voll Bataten, welche dieser auf Tanega-shima pflanzen liess.
Von hier aus verbreitete sich ihr Anbau über die ganze Herrschaft
Satsuma, dann weiter über alle wärmeren Theile des südlichen und
mittleren Japan. So ist es gekommen, dass man die Batate Riukiu-
imo nennt in Satsuma, und Satsuma-imo im ganzen übrigen Reiche
Nippon. Noch vor 100 Jahren war jedoch der Anbau dieses Ge-
wächses selbst in den südlichen Landestheilen so beschränkt, dass
seine Knollen den Kindern als seltene Leckerbissen erschienen. Ihr
süsslicher Geschmack erinnert an den der essbaren Kastanien, der
Stärkegehalt beträgt nur 16 %. Das Hauptverdienst um seine Ver-
breitung im Lande wird einem gewissen Aoki Kongô zugeschrieben,
dem vor etwa 15 Jahren die Batatenhändler von Tôkio in dem be-
nachbarten Meguro einen Denkstein errichteten.
Die kleineren Knollen der Satsuma-imo, welche in Japan zur
Vermehrung dienen, werden im Frühjahr in lockeren, gut gedüngten
Boden reihenweise in 50—60 cm Abstand verpflanzt und ihre jungen
Triebe dann während der ersten zwei Monate mehrmals mit flüssigem
Latrinendünger begossen. Im Juni kürzt man in einzelnen Gegenden
die bereits 2—2½ m über den Boden ausgebreiteten Ranken und ver-
[77]2. Nährpflanzen.
pflanzt die Abschnitte zur weiteren Vermehrung auf abgeerntetes,
frisch zubereitetes Weizenfeld. Jede Pflanze entwickelt 5—6 Knollen
von sehr verschiedener Grösse und Gestalt.
Die häufigste und beliebteste Abart ist eine rothschalige (Aka-
imo) von ellipsoidischer Form; neben ihr kommt auch die weiss-
schalige (Shiro-imo) viel vor. Von dieser gibt es eine mehr keulen-
förmige bis kugelige Varietät, welche bis zur Grösse einer unter-
irdischen Kohlrabi heranwächst.
Gleich den meisten Winden zieht die Batate warmen leichten
Boden vor, über den sie 2—4 Meter lange Triebe nach allen Rich-
tungen mit zahlreichen langgestielten Blättern ausbreitet. Die Blatt-
spreiten erinnern zum Theil an die des Epheus, sind aber grösser
und noch vielgestaltiger, bald einfach herzförmig, bald gebuchtet,
meist aber drei- bis fünflappig.
Zu den Eigenthümlichkeiten der Batatenknollen gehört, dass es flei-
schige Anschwellungen von Seitenwurzeln, keine unterirdischen Knollen
(tuber) im gewöhnlichen Sinne, wie Kartoffeln und Taro sind, noch Rhi-
zome, wie die bekannten Purgiermittel anderer Convolvulaceen *). Wo
der Boden nicht genügend durchwärmt ist, wie bei uns in Deutschland,
entwickelt die Batate jene Wurzelanschwellungen entweder gar nicht,
oder lagert doch nur wenig Stärke darin ab. Culturversuche, welche
ich vor 18 Jahren mit verschiedenen westindischen Abarten im bota-
nischen Garten zu Frankfurt a/M. anstellte, bewiesen dies ebenfalls.
Die oberirdischen Theile gelangten zur schönsten Entwickelung und
bedeckten den Boden mit einem dichten Teppich von Ranken und
Blättern. Als aber im Herbst nach Knollen gesucht wurde, fand sich,
dass die stärksten Wurzelanschwellungen nur die Dicke eines Dau-
mens erreicht hatten.
7) Die gewöhnliche Kartoffel, japanisch Jagatara-imo (Sola-
num tuberosum L.). Der japanische Name Jagatara ist das etwas
umgeformte Jacatra, die frühere Benennung für Batavia, und weist
auf die Einführung der Kartoffel durch die holländische Compagnie
hin. Ueber die Zeit, wann dies geschah, konnte ich nichts Näheres
ermitteln. In den Ebenen und Thalsohlen Japans, wo man Bataten
oder Taro bauen kann, begegnen wir unserer Kartoffel fast nie, wohl
aber in den Gebirgsgegenden von Kiushiu bis nach Yezo und zwar
ziemlich häufig, doch auch hier nie auf grösseren Feldern. Man ver-
[78]I. Land- und Forstwirthschaft.
steht die Pflanze nicht recht zu behandeln, lässt es an geeignetem
Dünger fehlen, häufelt nicht und erzielt so nur dürftige Ernten, etwa
das Fünffache der Aussaat. Der Japaner hat sich eben weder mit
ihrer geeigneten Cultur, noch mit dem Geschmack vertraut gemacht,
ebensowenig, wie die meisten andern Völker der Erde letzteren in
gleichem Maasse wie wir zu schätzen vermögen. Die hervorragende
Stellung der Kartoffel im Haushalte der Germanen und Slaven findet
sich nirgends wieder. Ueberschreiten wir die Nordgrenze der Mittel-
meerregion, so finden wir eine rasche Abnahme ihrer Cultur, die viel
mehr durch eine andere Geschmacksrichtung und das Hinzutreten von
Ersatzmitteln, wie Kastanie und Batate, als durch das Klima bedingt
ist. So nimmt dieselbe in Norditalien noch 0,33 %, in Mittelitalien
0,24 %, aber in Unteritalien nur noch 0,03 % der Bodenfläche in An-
spruch. Eine ähnliche Abnahme zeigt sich auf der Iberischen Halb-
insel. Hieraus erklärt sich denn auch, wesshalb die Kartoffel nicht
schon durch die Portugiesen nach Japan kam. Dieselben hatten wohl
das Bedürfniss, den Tabak, die Weinrebe und die Quitten, aus wel-
chen man in Spanien, wie in Portugal mit Zucker eine sehr beliebte
Confiture darstellt, einzuführen, nicht aber Solanum tuberosum.
Die ihrer Knollen wegen viel cultivierten Araceen kommen in
Japan ebensowenig, wie sonst auf den Feldern zur Blüthe, da sie hier
nur eine Vegetationsperiode durchmachen und während derselben keine
Stengel entwickeln, sondern in der niedrigen Kraut- oder Monopodien-
form bleiben. Dies erschwert denn wesentlich ihre Unterscheidung.
Die geschätzteste und verbreitetste Art, und zwar nicht blos in Japan,
sondern über das ganze Monsungebiet und Polynesien ist
8) Colocasia antiquorum Schott (Arum esculentum L.), welche der
Japaner gewöhnlich Imo schlechtweg, oder Sato-imo (Dorfkar-
toffel), der Südseeinsulaner aber Taro zu nennen pflegt. Andere
japanische Namen bezeichnen verschiedene Abarten. Von der Mutter-
knolle (Oya-imo), die sich einem Rhizom nähert, entwickeln sich nach
verschiedenen Richtungen am Ende kurzer Triebe (Stolonen) die Axil-
larknospen zu ellipsoidischen oder eiförmigen fleischigen Knollen
(Ko-imo) von weisser Farbe, der Grösse eines Hühnereies und 60—
80 Gramm Gewicht. Von Kohlenhydraten weisen dieselben mehr
Glycose und Dextrin als Stärke auf; daher denn auch der eigen-
thümliche süssliche Geschmack. Die Vermehrung geschieht, wie bei
unseren Kartoffeln, durch Knollen. Die Blattstiele der Sato-imo sind
grün und länger, die ansehnlichen schild-herzförmigen Blattspreiten
grösser, als bei den meisten andern Arten der hierher gehörenden
Imo, oberseits glänzend grün, unterseits grauweiss.
[79]2. Nährpflanzen.
9) Leucocasia gigantea Schott (Caladium esculentum Sieb.), japa-
nisch Hasu-imo, steht der vorigen sehr nahe, wird jedoch weniger
geschätzt und angebaut.
10) Alocasia macrorrhiza Schott (Arum macrorrhizum L., Colo-
casia esculentum var. C. \& Z.), japanisch Manshiu-imo. Diese
Art, ebenfalls in der Südsee unter dem Namen Taro und sonst viel
verbreitet, bildet nur ein grosses, knollenartiges Rhizom.
11) Conophallus konjak Schott (Arum Dracunculus Th.), japanisch
Konniyaku (sprich Konjak) bildet einen einzigen Knollen, gleich
der vorigen Art, doch viel kleiner. Er dient zur Bereitung einer
gelatinösen, zähen Speise, welche den Namen Konniyaku führt.
Von Yamswurzeln oder Dioscorea-Arten benutzt der Japaner
folgende:
12) Dioscorea japonica Thunb. (D. oppositifolia Thunb.), japanisch
Yama-imo, d. h. wilde Kartoffel, oder Jinén-jô. Dieselbe ist in
den Hügel- und Bergwaldungen bis zu etwa 600 m Höhe sehr ver-
breitet. Sie windet sich hier 2—3 m hoch durch Büsche und um
Stämme und entwickelt im Juni aus den Blattwinkeln zahlreiche
zierliche grünlichgelbe Blüthentrauben. Ihrer langen, walzenförmigen
Wurzel wegen heisst sie auch Naga-imo (lange Kartoffel, ein Name,
welcher indess vorwiegend auf die cultivierte Form angewendet wird).
Jinén-jô ist die beliebteste aller Imo-Arten; ihre Wurzeln kommen
150—200 Gramm schwer und 25—50 cm lang auf die Märkte, wo
die höchsten Preise dafür gezahlt werden. Unter solchen Umständen
muss es auffallen, dass sie wie alle Yams in Japan verhältnissmässig
so wenig angebaut wird, ebenso wie in China, wo man sie Ta-shu
(grosse Wurzel) nennt. Die kleinen Pflanzungen, welche sich hier
und da finden, erkennt man leicht an den kurzen Stangen, um welche
sich die Ranken winden. Eine Varietät der Naga-imo, nämlich Dio-
scorea japonica var. bulbifera führt den Namen Kashiu-imo, wohl
auch Tsuku-imo. Sie hat rundliche, kartoffelähnliche Wurzeln.
Bezüglich einer zweiten Art,
13) D. sativa L., japanisch Tokoro oder Naga-dokoro, scheint
mir Savatier im Irrthum zu sein, wenn er sagt: »Hab. in Japonia
saepissime culta«, da sie nur spärlich angebaut wird, so weit ich es
in verschiedenen Theilen des Landes beobachten konnte.
14) D. quinqueloba Thunb., japanisch Kikubaba-dokoro wird
von Savatier als wildwachsend angeführt. Die Art und ihre Ver-
wendung ist mir unbekannt. In der Sammlung zu Kew befindet sich
Stärkemehl von derselben.
Wie die Wurzeln der wildwachsenden Yamsarten, so werden auch
[80]I. Land- und Forstwirthschaft.
die Zwiebeln der in vielen Species auf der Hara (Waldwiese) und in
der Waldregion verbreiteten Lilien (Yuri) vielfach als Nahrung ge-
sucht, insbesondere von der ärmeren Bevölkerung und den Ainos auf
Yezo. Es kommen hier, wie es scheint, vornehmlich die drei folgen-
den in Betracht.
15) Lilium auratum Lindl., japanisch Horaiji-yuri, welche auf
den grasigen Bergabhängen ausserordentlich häufig zu finden ist.
16) L. Thunbergianum Roem. \& Schult. (L. nodosum Thunb.), ja-
panisch Hirata-yuri und Natsu-sukushi-yuri, deren essbare
Zwiebeln schon Thunberg ausdrücklich erwähnt. Ihretwegen wird
diese Art nach L. Boehmer in der Nachbarschaft von Hakodate
auch viel angebaut *).
17) Lilium cordifolium Thunb., japanisch Uba-yuri und Kawa-
yuri. Nach Scheube stellen die Ainos aus den Zwiebeln eine Art
Stärke dar, welche mit Hirse oder anderm Getreide gekocht wird **).
18) Der Adlerfarn (Pteris aquilina L.), japanisch Warabi. Die-
ses Gewächs, unter allen Landpflanzen der Erde wohl die verbrei-
tetste, findet sich auch auf den japanischen Inseln in ihrer ganzen
Erstreckung von Formosa bis nach Kamtschatka. Aber es ist hier
nicht so missachtet und unnütz für Mensch und Vieh, wie bei uns ***).
Im April und Mai pflegt man seine jungen, noch eingerollten Wedel
zu sammeln und theils frisch in Suppe oder als Gemüse zu essen,
theils getrocknet zu gleichen Zwecken aufzubewahren. Wenn aber
im Herbst die oberirdischen Theile absterben, werden die horizontal
sich verzweigenden Rhizome ausgegraben und zur Darstellung von
Farnstärke, Warabi-no-ko, d. h. Adlerfarnmehl, benutzt. Das
Verfahren dabei ist einfach und gleich dem bei der Gewinnung an-
derer Stärkesorten. Man trocknet, zerstückelt und pulverisiert die
Rhizome, mengt mit Wasser, presst durch grobe hanfleinene Beutel,
um die Stärke von den Fasern zu trennen, und decantiert weiter, bis
das Mehl eine genügende Reinheit erlangt hat. In diesem Zustande
ist es von lichtgrauer Farbe und überall käuflich zu haben. Man
mischt es mit Hirse, Weizen- oder Reismehl und benutzt es vielfach
im Haushalte, namentlich der Armen, z. B. im nördlichen Honshiu
und auf Yezo, wo Hirse und Adlerfarn Hauptnährpflanzen sind.
[81]2. Nährpflanzen.
Warabi-no-ko dient aber noch einem andern Zweck. Der daraus be-
reitete Kleister, versetzt mit Shibu, dem scharfen Saft unreifer Kaki-
früchte, widersteht nämlich dem Regen und wird zum Aneinander-
kleben von Papier benutzt, das geölt und zu Regenmänteln und
-Schirmen verwendet werden soll oder sonst dem Wetter ausgesetzt
wird.
Doch nicht blos in Japan dient der Adlerfarn zur Nahrung, son-
dern auch in Korea und andern Gebieten des asiatischen Festlandes.
Ferner erwähnt A. v. Humboldt auch von den Canarischen Inseln
Palma und Gomera, dass ihre Bewohner seine Rhizome pulverisieren,
mit Gerstenmehl vermengen und damit zur Speise verwenden. Von
Neuholland ist bekannt, dass es zur Zeit der Entdeckung nur eine
essbare Wurzel besass, diejenige nämlich von Pteris esculenta, einem
nahen Verwandten unseres gemeinen Adlerfarns.
d. Gemüse und Condimente.
Eine grosse Anzahl der verschiedenartigsten Gewächse, theils
wahre Culturcosmopoliten für den menschlichen Haushalt, theils Eigen-
thümlichkeiten, wie sie das Land und die besondere Geschmacksrich-
tung seiner Bewohner entwickelt haben, treten uns in dieser Gruppe
entgegen. Liefert dieselbe auch nicht so wichtige Nahrungsmittel, wie
die stärkereichen Halm-, Hülsen- und Hackfrüchte so spielen doch
nicht wenige ihrer Glieder als tägliche Würze des materiellen Lebens,
soweit dieses vom Genuss einer schmackhaften Suppe, sowie des Reis
und seiner Ersatzmittel vornehmlich abhängt, eine bedeutende Rolle,
und damit auch ihre Culturen. Kenner der japanischen Küche werden
sich hier vor allem der Daikon (Rettige), Nasu (Früchte der Eier-
pflanze), Negi-rui (Zwiebelgewächse), Uri-rui (gurkenartigen Ge-
wächse), Take (Pilze) und anderer Küchenpflanzen erinnern, welche
in dieser Beziehung ganz unentbehrlich zu sein scheinen, während man
unter den Gemüsen (welche überhaupt in viel geringerer Menge ver-
zehrt werden, als bei uns) eine grosse Anzahl unserer verbreitetsten
und beliebtesten ganz vermisst, z. B. die meisten Kohlarten, Kohlrabi,
Scorzonera, Spargel und viele Salatpflanzen.
Der Japaner unterscheidet Yasai-mono oder Yasai, Gemüse,
Tsuke-mono, in Salzwasser oder Essig eingemachte Würzen, soge-
nannte Pickles, und Yakumi oder eigentliche Gewürze, eine Ein-
theilung, die jedoch kaum scharf durchzuführen ist, da oft dasselbe
Produkt, je nach seiner Zubereitung und Anwendung, als Gemüse oder
Würze erscheint, wie z. B. die Zwiebel. Statt desshalb die hierher-
gehörenden Gewächse nach diesen drei Gruppen getrennt aufzuzählen
Rein, Japan. II. 6
[82]I. Land- und Forstwirthschaft.
und Bemerkungen daran zu knüpfen, dürfte sich eine Anführung der-
selben in systematischer Ordnung, wie sie hier folgt, mehr empfehlen.
1) Brasenia peltata Pursch. (Menyanthes nymphoides Thunb.), jap.
Junsai, und
2) Nuphar japonicum D. C. (Nymphaea lutea Thunb.), jap. Kawa-
hone und Ko-hone. Man isst die Rhizome und jungen Blätter dieser
beiden Nymphaeaceen und cultiviert sie zu diesem Zweck in kleinen
Teichen hier und da. Auch die Blattknospen von Nymphaea tetragona
Georgi, jap. Hitsuji-gusa, werden mit Essig gern gegessen, nament-
lich auf Yezo.
3) Papaver sommniferum L., jap Keshi. Der Mohn wird in Japan
nur sehr beschränkt angebaut. Man benutzt die Samen als Gewürz,
nicht zur Oelbereitung.
4) Eutrema Wasabi, Maxim. (Cochlearia Wasabi, Sieb), jap. Wasabi,
der jap. Meerrettig, wildwachsend an der Küste und in beschränktem
Maasse angebaut, wird auf dem Reibeisenzerkleinert und zu Fisch gegessen.
5) Brassica chinensis L. (B. orientalis Thunb.), der Raps, jap. Na.
Die jungen Blätter werden theils zu Gemüse, theils als Salat verwandt.
6) B. oleracea L., jap. Botan-na, Kappa-na. Die meisten
hierher gehörigen Kohlarten wurden erst in der neuesten Zeit einge-
führt und haben sich noch wenig verbreitet. Schon länger bekannt
ist und mehr cultiviert wird eine grüne Kohlsorte, welche nicht so
scharf wie die entsprechende in Europa ist und einen sehr angeneh-
men Geschmack hat.
7) B. rapa L., Rüben, jap. Kabura und Kabu, werden in vielen
Abarten gebaut und theils als Gemüse gekocht, theils zu Salat ver-
wendet, sowohl Wurzeln, als Blätter. Die gewöhnliche plattgedrückte
Rübenform herrscht vor; doch gibt es auch walzenförmige, wie z. B.
die Akanaga-kabura d. h. Rothe lange Rübe. Zu den besonders
dicken Sorten gehören Ômi-kabura und Ô-kabura.
8) Sinapis integrifolia Wild., jap. Ô-garashi, Taka-na.
9) S. cernua Thunb., jap. Karashi-na.
10) S. chinensis L. (S. japonica Thunb.), jap. Midzu-na, Ise-na.
Die Blätter dieser drei Senfarten werden gleich denen des Raps
zu Salat und Gemüse benutzt; die Verwendung ihrer Samen als Ge-
würz wurde durch die Holländer bekannt, aber wenig verbreitet. (Siehe
Oelpflanzen.)
11) Raphanus sativus L., jap. Daikon. Roh, gekocht, getrock-
net, vornehmlich aber zerschnitten und eingesalzen, bilden die japa-
nischen Rettige unstreitig die verbreitetste und beliebteste Zuspeise
zum Reis, gleichbeliebt beim Fischer und Jäger der entfernteren Inseln,
[83]2. Nährpflanzen.
wie beim verfeinerten Bewohner der Landeshauptstadt. Daher wird
auf den Anbau derselben viel Werth gelegt und erstreckt sich derselbe
so weit, als sich nur Japaner dauernd niedergelassen haben. In den
mittleren und südlichen Landestheilen findet er zu allen Jahreszeiten
statt, vornehmlich im Winter, und liefert zum Theil enorm lange und
dicke Wurzeln von 2—3 kg Gewicht. Besonders gerühmt werden in
dieser Beziehung, und auch ihrer Güte wegen, die Daikon von Sakura-
jima in der Bucht bei Kagoshima.
Die Cultur hat allmählich viele Abarten erzielt, vorwiegend mit
langen, walzenförmigen Wurzeln, wie Sakura-jima Daikon, Miya-
shige D., Karahashi D., Murasaki D., Natsu D., Sangatsu D.,
Hadano D., theils mehr wie Kohlrabi oder Rüben kurz und gedrun-
gen, wie Kudzu-hata D. und Karami D. und selbst mit Wurzel-
bündeln, wie Bambusrohr und Palmen: die Tako (Octopus) D. Die
meisten Sorten sind weiss, wie Rüben aussehend; violette, rothe und
grauschwarze werden als Murasaki-, Aka-, und Kuro-Daikon
bezeichnet. Der Europäer, welcher die grossen gewaschenen und ap-
petitlich aussehenden Rettige, wie sie namentlich gegen Frühjahr viel
zu Markt gebracht werden, zunächst wohlgefällig anstaunt, kann sich
in der Regel eben so wenig mit ihrem Geschmack, wie mit ihrem
scharfen Geruch im zubereiteten Zustande befreunden.
12) Portulacca oleracea L., jap. Suberi-hiyu, stellenweise an-
gebaut, meist wild, wenig benutzt.
13) Zanthoxylon piperitum D. C. (Fagaria piperita Thunb.), jap.
Sanshô. Die jungen Blätter dieses sehr verbreiteten Strauches, mehr
aber noch die pfefferartigen Samen dienen als Gewürz. Zu dem Zweck
findet man nicht selten Büsche in der Nähe ’der Bauernhäuser ange-
baut. Auch die andern wildwachsenden Zanthoxylon-Arten werden
zum Theil in ähnlicher Weise, doch seltener, benutzt. —
Mit Uebergehung der Aurantiaceen und Pomaceen, deren bei den
Obstsorten gedacht wird, gelangt man zu den Cucurbitaceen, welche
in vielen Arten und Formen vertreten sind. Man pflanzt:
a. ihrer essbaren Früchte wegen:
14) Cucurbita pepo L., den Kürbis in seinen typischen, flachen,
radförmigen und gerippten Formen. Von den japanischen Namen Tô-
nasu, Bôbura und Kabocha (d. h. Cambodja) weist der letztere
auf die Bezugsquelle einer beliebten Spielart hin. Eine andere japa-
nische Abart ist in der Neuzeit unter dem Namen Cucurbita melonae-
formis viel in Frankreich versucht worden. Man rühmt ihre Ertrags-
fähigkeit, das dichte, hellgelbe Fleisch und den angenehmen Geschmack
ihrer gekochten Früchte, welcher zwischen dem der Kartoffel und dem
6*
[84]I. Land- und Forstwirthschaft.
des Mais liegt. Diese Kürbise sind stark und regelmässig gefurcht
und erreichen 55 cm Umfang bei 13 cm Höhe. Ihre Farbe wechselt
von kupferroth bis tief grün.
15) Citrullus edulis Spach (Cucurbita citrullus L. \& Th.), jap. Sui-
kuwa (sprich Suika). Diese schöne Frucht entwickelt in Japan wenig
Aroma, so dass ihr Geschmack demjenigen, welchen sie in der Mittel-
meerregion und andern Gebieten mit heissen, trocknen Sommern be-
sitzt, weit nachsteht. Ueber das Alter ihrer Cultur in Ostasien ist mir
nichts Näheres bekannt. In Aegypten wurde die Wassermelone be-
kanntlich schon vor mehr als 3500 Jahren gebaut, wie die Gräberfunde
von 1881 durch Brugsch und Maspero bewiesen haben.
16) Cucumis conomon Thunb., jap. Shiro-uri, weisse Melone.
Der kopfdicken, ellipsoidischen Frucht dieser Art, von grüner oder
heller Farbe, begegnet man häufig. Dieselbe wird gewöhnlich mit
Salz eingemacht und als Zuspeise zum Reis (statt Daikon) gegessen.
17) C. flexuosus L., jap. Awo-uri, grüne Melone.
18) C. melo L., die Melone, jap. Makura-uri (Cucumis melo L.).
Eine grosse stark verästelte Art, deren Samen 1877 nach Frankreich
gelangte, wird hier seitdem gebaut. Die grosse walzenförmige, dünn-
schalige Frucht erreicht 15 cm Länge und 7,9 cm Dicke. Das grau-
grüne Fleisch ist dicht, fein und von angenehmem, süssem Geschmack,
hat jedoch wenig Aroma.
19) Cucumis sativus L., die Gurke, jap. Ki-uri, wurde s. Z. aus
China eingeführt.
Ausser diesen werden auch die Früchte der wildwachsenden Mo-
mordica charantia L. unter dem Namen Tsuru-reishi und Niga-uri
benutzt.
b) Der Fruchtschale oder des Fruchtgewebes wegen baut man die
folgenden Arten:
20) Luffa petala Ser., jap. Tôgan, Tô-guwa oder Hechima.
Die grosse ellipsoidische Frucht ist im Aussehen der Wassermelone
ähnlich, weiss bereift, sonst grün. Sie wird im jungen Zustande ge-
gessen, im reifen aber liefern ihre Fasern die sogenannten Luffa-
schwämme.
21) Lagenaria vulgaris Ser. (Cucurbita lagenaria L.), jap. Hiyotan,
liefert in Japan, wie im ganzen Monsungebiet und in Afrika, in seinen
formenreichen Fruchtschalen beliebte, billige Gefässe für den gemeinen
Mann. Dieselben werden in andern Ländern von den Europäern oft
Calabassen genannt, ein Name, welcher auch den Früchten des Me-
lonenbaumes (Crescentia cujete) zukommt, deren harte Schalen zu man-
cherlei Gefässen, wie Eimer, Schüsseln, Löffel etc., von den Eingebo-
[85]2. Nährpflanzen.
renen des tropischen Amerikas verwendet werden. In Japan und
China hat die birnförmige Gestalt des Flaschenkürbis, sowie jene,
welche aus zwei verschieden grossen, aufeinander gesetzten Kugeln
hervorgegangen zu sein scheint, als oft angewandtes Modell zu Sake-
flaschen gedient. Lagenaria dasystemon Miq., jap. Kamo-uri, wird
in ähnlicher Weise wie die vorige Art verwerthet.
c) Zur Bereitung von Stärke dienen in bescheidenem Umfang die
Samen mehrerer wildwachsenden Arten der Gattung Trichosanthes,
nämlich von Karasu-uri (T. cucumeroides Ser.) und Ki-karasu-uri
(T. japonica Regel).
22) Apium graveolens L., Sellerie. Der jap. Name Oranda-
mitsuba, holländisch Dreiblatt, weist wohl auf die Einführung der
Pflanze durch die Holländer auf De-shima hin. Von
23) Petroselinum sativum Hoffm. (Apium petroselinum L.), der
Petersilie, gilt dasselbe.
24) Pimpinella anisum L., jap. Uikiyo, der Anis.
25) Foeniculum vulgare Gaertn., jap. Kurenomo und Uikiyo,
Fenchel.
26) Pastinaca sativa L., jap. Amerika bôfu, Pastinak.
27) Coriandrum sativum L., jap. Koyendoro, der Coriander.
Alle vorerwähnten Umbelliferen werden auch als Droguen gebaut. Ihre
Verbreitung und Bedeutung für die japanische Küche ist gering.
28) Daucus carota L., jap. Ninjin (nicht zu verwechseln mit dem
gleichlautenden Namen für Ginseng). Die gelbe Rübe gehört auch in
Japan zu den verbreitetsten Gemüsen; doch ist ihr Anbau und Ge-
brauch bei weitem nicht so ausgedehnt, wie bei uns.
29) Aralia cordata Thunb. (A. edulis S. \& Z.), jap. Udo, ein
Busch von etwa Meterhöhe, findet sich zerstreut im Gebirge, vornehm-
lich auf den grasigen Bergabhängen (Hara), blüht im Juli, wird hier
und da auch in der Nähe der Wohnungen angebaut. Die jungen
Stengel sowohl, als auch die Wurzeln werden als Gemüse, sowie in
der Suppe gegessen und sind sehr beliebt.
30) Petasites japonicus Miq. (Tussilago Petasites Thunb.), jap. Fuki,
wildwachsend unter Hecken, an Wegen und Waldrändern, aber auch
cultiviert, blüht im Februar und März. Man benutzt die Blattstiele zu
Gemüse.
31) Lappa major Gaertn. (Arctium lappa Thunb.), jap. Gobô.
Die gewöhnliche Klette findet sich in Japan in ähnlicher Weise, wie
bei uns, hat aber eine Verwendung, welche wir nicht kennen. Die
daumendicken, langen, fleischigen Pfahlwurzeln mit einem Durchschnitts-
gewicht von 350 Gramm werden nämlich vom Volke gegessen. Wie
[86]I. Land- und Forstwirthschaft.
die Wurzeln und Knollen verschiedener anderer Compositen enthalten
sie Inulin.
32) Cichorium endivia L., jap. Kiku-jisa und Oranda-jisa.
33) Lactuca sativa L., jap. Chisa, der Lattich. Beide werden
cultiviert und zu Salat und Gemüse benutzt, doch in viel bescheide-
nerem Umfange, wie bei uns. Sie sind namentlich der Landbevölke-
rung fast gänzlich unbekannt und offenbar ebenfalls erst durch die
Holländer eingeführt worden.
34) Solanum melongena L. (S. esculentum Dunal), jap. Nasu oder
Nasubi, die Eierpflanze, franz. l’Aubergine. Vom Juni und Juli an,
wo die grossen violetten Blüthen erscheinen, denen meist ähnlich ge-
färbte, schöne Früchte reichlich folgen, ist dieses Gewächs eine wahre
Zierde des trocknen japanischen Feldes. Seine Cultur ist über das
ganze Land verbreitet und erstreckt sich von hier über die wärmeren
Länder Asiens bis zur Mittelmeerregion *). Aber auch in verschiedenen
Ländern Afrikas, sowie in Amerika wird die Eierpflanze gezogen. Der
Japaner pflegt die ovalen, keulen- oder birnförmigen Früchte zu zer-
schneiden und in Suppe zu kochen oder in Salzwasser zu legen und
statt der Rettige als Salat zum Reis zu essen. In andern Ländern,
z. B. in Indien, Frankreich, Nordamerika werden die Früchte der
Länge nach durchschnitten, in Butter gebraten und bis auf die äussere
Schale wie Gemüse gegessen. Auf den Märkten von Paris erscheint
unter dem Namen l’Aubergine violette eine langgestreckte Form, welche
in ihrer Gestalt an unsere Nierenkartoffeln erinnert. Dieser Abart be-
gegnet man auch in Japan; doch ist eine andere mit grossen violetten
birn- und keulenförmigen Früchten wohl die verbreitetste. An Wasser-
gehalt und Nährwerth stehen sie alle auf gleicher Stufe und nähern
sich wässrigen Kürbisen, machen aber mehr Ansprüche an grosse Som-
merwärme, welche unser deutsches Klima nicht befriedigen kann.
35. Lycopersicum esculentum Mill., jap. Aka-nasu, die Tomate
oder der Liebesapfel, kommt in Japan auch vor, hat aber der Eier-
pflanze gegenüber für den dortigen Haushalt nur geringe Bedeutung.
36) Physalis Alkekengi L., jap. Hôdzuki, Blasenkirsche.
37) P. angulata L. (P. ciliata S. \& Z.), jap. Sennari-hôdzuki.
Diese Art kommt der gewöhnlichen Blasen- oder Judenkirsche gegen-
über nur selten vor. Von letzterer sagt Siebold: »Fructus edulis ac
pro nugis habetur venalis.« Die Beerenhaut ist nämlich ein beliebtes
[87]2. Nährpflanzen.
eigenartiges Spielzeug japanischer Mädchen, zumal dann, wenn sie ihre
jüngeren Geschwister auf dem Rücken herumtragen. Man trennt die
rothe Beere, welche die Grösse einer kleinen Kirsche hat, von dem
sie umgebenden orangefarbigen Balg und conserviert sie in Salzwasser.
Beim Gebrauch löst man durch Hin- und Herdrücken die Haut von
dem Fleisch und den Samen im Innern und presst diese dann durch
ein kleines Loch, gegenüber dem, welches an der Basis entstand, her-
aus. Die Beerenhaut hat nun, wie eine Lampenglocke, zwei Oeffnun-
gen. Sie wird in den Mund genommen, voll Luft geblasen und diese
dann durch Gaumendruck mit einem eigenthümlichen Ton ausgepresst.
Hierin besteht nun das ganze Vergnügen.
36) Capsicum annuum L., jap. Tôgarashi, spanischer oder Ca-
yenne-Pfeffer, span. Pimiénto, franz. Piment. Derselbe wird in vielen
Abarten cultiviert, die sich namentlich in der Farbe, Gestalt und Grösse
der Früchte unterscheiden. So ist in Japan besonders häufig der Naga-
tôgarashi, lange, zugespitzte Pfeffer (C. longum D. C.) mit glänzend
rothen oder schwarzen Beerenfrüchten, ferner der Maru-tôgarashi
mit herzförmigen (C. cordifolium Mill.). Die schwarzen Varietäten
heissen Murasaki-tôgarashi, die rothen Aka-tôgarashi.
37) C. frutescens Willd., ebenfalls Tôgarashi genannt, kommt in
Japan viel seltener vor, als die vorerwähnte krautförmige Art.
Nach de Candolle *) stammt der spanische Pfeffer wahrscheinlich
aus dem tropischen Amerika, von wo er sich aber jedenfalls bald nach
der Entdeckung rasch verbreitete, denn in England lernte man ihn
bereits im Jahre 1548 kennen. Zu seiner rechten Würdigung gehört
ein warmes Klima. In vielen Ländern ist er im frischen, eingemach-
ten oder pulverisierten Zustande das beliebteste Gewürz. So bemerkt
Cap. Hall **): »Chilies (d. h. span. Pfeffer) bilden das wichtigste Con-
diment der koreanischen Kochkunst« und hebt weiter hervor, dass sie
kaum einer Speise fehlen und in der Nähe der Ortschaften viel ange-
baut werden.
In Japan wird der Name Tôgarashi, Pfeffer, auch als Collectiv-
bezeichnung für verschiedene Gewürze gebraucht. So hörte ich während
meines ersten fünfmonatlichen Aufenthaltes in der deutschen Legation
in Tôkio jeden Morgen eine an meinen Fenstern vorübergehende Frau
rufen: »Nana iro tôgarashi!« d. h. wörtlich: »Sieben Sorten Cayenne-
Pfeffer«. Sie verkaufte ein pulverförmiges Gemisch aus sieben Gewür-
zen, darunter Tôgarashi als Hauptbestandtheil. Die übrigen Ingre-
[88]I. Land- und Forstwirthschaft.
dienzien waren: 2) Chimpi, getrocknete Orangenschalen, 3) Goma,
Sesamsamen, 4) Koshô, schwarzer Pfeffer, 5) Sanshô, Zanthoxylum
piperitum D. C., 6) Keshi, Mohnsamen, 7) Asa-no-mi, Hanfsamen.
38) Perilla arguta Benth. (Ocymum crispum Thunb.), jap. Shisô.
Man unterscheidet Aka-shisô mit purpurrothen und Ao-shisô mit
grünen Blättern. Shisô ist ein sehr verbreitetes Küchengewächs, des-
sen junge Blätter als Gemüse und in Suppe gegessen werden. Aus
den Blättern der rothen Varietät zieht man durch Uebergiessen mit
Pflaumenessig den Farbstoff aus und benutzt die rothe Flüssigkeit zum
Einmachen und Färben von Ingwerklauen und verschiedenen andern
Wurzeln und Früchten.
39) Beta vulgaris L., jap. Tensei, rothe Rübe. Wenig verbreitet.
40) Spinacea inermis Moench. (S. oleracea β. L.), jap. Hôrensô.
Der Spinat wird wie bei uns zu Gemüse benutzt, doch nicht in gleich
ausgedehntem Maasse.
41) Polygonum orientale L., jap. Ô-tade, der orientalische
Knöterig. Nach Thunberg wurde diese wahrscheinlich aus Indien stam-
mende und über einen ansehnlichen Theil der alten Welt verbreitete
Art in Japan zuerst durch Portugiesen eingeführt. Man findet sie hier
und da, wie bei uns, doch nicht als Zierpflanze, sondern ihrer Blätter
wegen angebaut. Gleichem Zweck dient auch P. japonicum Meissn.
(P. barbatum L.), die Tade oder Bontoku-tade.
42) Rheum palmatum L. \& Rh. undulatum L., jap. Daiō. Der
Rhabarber wird vornehmlich zu medicinischen Zwecken angebaut; doch
finden die Blattstiele hin und wieder auch wie bei uns in der Küche
Verwendung.
43) Cinnamomum zeylanicum Breyn. und C. Loureirii Nees, Nik-
kei, die Zimmt- oder Cassiarindenbäume Japans. Der erstere findet
sich nur hier und da cultiviert, häufiger der andere. Die von letzte-
rem erhaltene geringwerthige Rinde wird in bescheidener Menge über
Nagasaki ausgeführt.
44) Cannabis sativa L., jap. Asa, Hanf. Der Verwendung seiner
zerriebenen Samen als Condiment wurde schon oben beim spanischen
Pfeffer gedacht. Ueber die viel wichtigere des Bastes folgt Näheres
bei den Textilpflanzen.
45) Zingiber officinale L., jap. Shôga. Der Ingwer wird seiner
Rhizomklauen wegen von Alters her für den eigenen Gebrauch culti-
viert und zwar stets auf kleinen feuchten Flecken in der Nähe der
Wohnungen, wie auch in China. Man kann jedoch schon manches
Dorf durchwandern, ohne ihn zu erblicken. Derselbe kam bereits 1796
durch Sir Joseph Banks nach Kew. Seine Rhizome werden gewöhnlich
[89]2. Nährpflanzen.
in rothgefärbtem Pflaumenessig eingemacht und bilden eine beliebte,
doch nicht häufige Zuspeise zum Reis statt der Daikon.
46) Z. Mioga Roscoe (Amomum Mioga Thunb.), jap. Miôga. We-
niger cultiviert, als der gemeine Ingwer, liefert in ihren jungen Schöss-
lingen ein Condiment.
47) Curcuma longa L., jap. Ukon, wird ebenfalls als Condiment
in bescheidenem Umfange angebaut, während man den bekannten gel-
ben Farbstoff aus China und Indien erhält.
Die lauchartigen Condimente, »Shin«, d. h. stinkende Kräu-
ter, wie sie der buddhistische Priester des chinesischen Culturkreises
nennt, haben bis jetzt keinem Culturvolke gefehlt, aber nicht bei jedem
die gleiche Bedeutung erlangt. Während z. B. der Spanier kaum eine
Fleischspeise verzehrt, die nicht mit Knoblauch gespickt wäre, und
der Russe eine rohe Zwiebel sammt ihrem grünen Schopfe wie einen
Leckerbissen betrachtet, finden wir unter den germanischen Völkern
eine solche Neigung nur ausnahmsweise gleich ausgeprägt. Die Vor-
liebe der Israeliten für Zwiebeln und Knoblauch ist bekannt und so
alt, wie ihre Geschichte. Die Zwiebel war und ist bei vielen Völkern
nicht blos Gewürz, sondern wirkliches Nahrungsmittel. Um letzteres
zu verstehen, muss man berücksichtigen, dass es neben unsern gewöhn-
lichen scharfen, zu Thränen reizenden Sorten auch solche gibt, die,
wie die rothe portugiesische, namentlich in leichtem wärmeren Boden oft
1 kg schwer werden und von angenehm süsslichem Geschmack sind,
so dass sie gekocht andere Gemüse ersetzen können.
Nach der Zwiebel nennt der Japaner die cultivierten Laucharten
wohl Negi-rui, d. h. Zwiebelgruppe. Fünf derselben, die Go-shin,
d. h. fünf scharfe, stinkende Kräuter, scheinen im Gebiet des Buddhis-
mus besonders beliebt gewesen zu sein. Ihr Genuss war und ist den
Priestern mit Ausnahme einer Secte aufs strengste verboten. Die be-
zügliche Inschrift am Eingang zu manchen ihrer Tempel und Klöster,
gewöhnlich auf einen Steinobelisk eingegraben, lautet in deutscher
Uebersetzung: »Es ist verboten, stinkende Kräuter und berauschende
Getränke durch dieses heilige Thor einzuführen«.
Zu den Hauptvorwürfen, welche Nobunaga gegen die Mönche des
Hiyei-san *) anführte, gehörte der, dass sie Fische und stinkende Kräu-
ler assen und damit ihr Gesetz missachteten.
Als Go-shin gelten
48) Allium sativum L., jap. Ninniku, der Knoblauch, ein ur-
altes Culturgewächs, den alten Aegyptern und Griechen wohlbekannt
[90]I. Land- und Forstwirthschaft.
und auch in Japan seit den ersten Anfängen seiner Geschichte gebaut.
Nach Regel soll Knoblauch in der Kirgiesensteppe und Tsungarei ein-
heimisch sein.
49a) Allium cepa L., jap. Negi, die Zwiebel. Sie wurde in den
Randgebirgen des Iranischen Plateaus wild gefunden, ferner südlich
von Kuldscha (Regel). In Japan findet ihre Aussaat gewöhnlich im
Februar oder März statt, die Ernte im Herbst.
49b) Die Winterzwiebel, jap. Negi (Allium fistulosum L.), welche
vom Altaigebirge stammt, wird gleich der vorigen in verschiedenen
Arten gebaut. Man isst in Japan die Zwiebeln gekocht, aber auch
im frischen, zerhackten Zustande als Condiment.
50) Allium ascalonicum L., jap. Wakegi, die Schalotte. Dieselbe
ist im wilden Zustande nicht bekannt und wird von De Candolle für
eine blose Abart der Zwiebel gehalten.
51) Allium schoenoprasum L., jap. Azatuki, der Schnittlauch,
auch endemisch sehr verbreitet, doch nicht in Japan.
52) Allium porrum L., jap. Nira, Lauch oder Porree, ist nach
Gay *) eine Culturform von A. ampeloprasum L. Nach Kinch wird A.
senescens L. mit Nira bezeichnet. Man isst die Zwiebel und das
Kraut dieser besonders scharfriechenden Art meist in gekochtem Zu-
stande **).
Ausser den vorerwähnten Laucharten braucht man in Japan noch
folgende:
53) Allium splendens Willd. (A. arenarium Thunb.), jap. Rak’-
kiyo, und
54) A. japonicum Regel, jap. Yama-rak’kiyo, zwei Species,
deren Culturformen ich nicht kenne.
55) Bambusa puberula Miq. und mehrere andere Arten von Take
oder Bambusrohr liefern der Küche die Take-no-ko, junge Bambus-
sprossen, welche im Frühjahr riesigen Spargeln gleich aus der Erde
hervorbrechen und um diese Zeit ein beliebtes, aber fadeschmeckendes
Gemüse geben.
56) Pteris aquilina L., jap. Warabi, Adlerfarn. Der Rhizome
[91]2. Nährpflanzen.
dieser Pflanze, als Stärkelieferanten, wurde schon im vorigen Abschnitt
gedacht. Aber auch die jungen Wedel, so lange sie noch unentwickelt
und zusammengerollt sind, werden im ganzen japanischen Reich ge-
schätzt und in Suppe viel gegessen.
Ausser den in vorstehender Liste angeführten Gefässpflanzen und
einer grossen Anzahl anderer, meist endemischer Arten, welche eben-
falls ab und zu in der japanischen Küche als Gemüse oder Würzen
Verwendung finden, ist hier noch der Pilze und marinen Algen zu
gedenken. Die Gewinnung, Zubereitung und Verwerthung derselben
nicht blos für den eigenen Haushalt, sondern auch für den Handel,
beschäftigt und ernährt Viele. Leider sind neben den Flechten des
Landes die Pilze von den Botanikern bisher am stiefmütterlichsten
behandelt worden. Von Siebold bietet uns zwar eine Liste von 32
japanischen Namen, »quae vero fungorum species, aut sponte crescen-
tes, aut arte imo provocatae, crudae, salsae, siccataeque vix in ulla
desunt coena«; doch fehlt jede nähere Beschreibung und Bestimmung
derselben. Diese Lücke besteht noch und wird auch durch das Fol-
gende nicht ausgefüllt, wohl aber mag es dazu dienen, wenigstens
einige Irrthümer zu beseitigen und mehrere Arten, welche ich näher
kennen lernte, wissenschaftlich festzustellen.
Der Japaner bezeichnet mit Kinoko und Kusabira die grösse-
ren Pilze im allgemeinen und mit Take, als Affix zu dem Eigennamen,
in besonderen Fällen. In seiner Werthschätzung stehen mehrere Arten
Agaricus, namentlich Shii-take und Abatzu-take obenan.
57. Agaricus sp., jap. Shii-take. Es ist dies ein Blätterschwamm,
ohne Ring und Schleier, mit excentrisch gestelltem, unregelmässigem
Hute, der braune Oberhaut und weisse Lamellen aufweist. Der Strunk
ist ebenfalls weiss, ziemlich hoch, mässig dick. Shii-take hat sonach
mit unserm gemeinen Champignon (A. campestris Pers.) nur entfernt
Aehnlichkeit und nähert sich vielmehr in seinem Aussehen A. fusipes
Fr., A. contortus Berk. und A. attenuatus D. C. Um so unbegreiflicher
ist die häufige Verwechselung mit jenem, von Kaempfer und Thunberg
an bis auf unsere Tage. So führt Kinch in seiner Liste Shii-take als
Agaricus campestris an und ebenso finden wir unter diesem Namen
im Catalog der jap. Abtheilung der International Health Exhibition,
London 1884*) eine Analyse desselben. Der Pilz enthält hiernach im
[92]I. Land- und Forstwirthschaft.
getrockneten Zustande 11,847 % Albumin, 1,685 % Fett, 67,508 % Cel-
lulose und andere stickstofffreie Bestandtheile, 4,370 % Asche und
14,490 % Wasser.
Man kann den Shii-take leicht trocknen und aufbewahren. Dabei
entwickelt und erhält sich ein ausgezeichnetes Aroma, welches ihn zum
geschätztesten und werthvollsten aller japanischen Pilze macht. Sei-
nen Namen verdankt er dem Shii-Baume, einer immergrünen Eiche
(Quercus cuspidata Thunb.) des mittleren und südlichen Japans. Aber
die Menge, welche man an faulenden Wurzeln und Stämmen derselben
findet, reicht für den Bedarf bei weitem nicht aus. Dieser wird viel-
mehr meist durch künstliche Zucht gedeckt, wie in Europa derjenige
an Trüffeln und Champignons, die er an Wohlgeschmack m. E. weit
übertrifft. Wie diese vorwiegend zu Sauce verwendet werden, so dient
Shii-take vor allen Dingen zur Darstellung schmackhafter Suppen, und
wenn derselbe auch im Binnenhandel und bei der Ausfuhr (nach China)
nicht so grosse Summen repräsentirt, wie jene, so ist er doch ein er-
wähnenswerther Factor.
Zur künstlichen Zucht, welche der englische Consulatsbericht von
Kanagawa (Yokohama) für das Jahr 1875 näher beschreibt*), dienen
nicht blos Shii-noki (Quercus cuspidata Thunb.), sondern auch andere
Eichen, so Kashi (Quercus acuta Thunb.), Kashiwa (Q. dentata Thunb.).
Sie findet vornehmlich in der Rinde der gefällten Bäume statt und
wird in vielen Provinzen betrieben, nämlich in Yamato, Ise, Mikawa,
Tôtômi, Suruga, Kai, Idzu, Mutsu, Dewa und anderwärts.
58) Agaricus Sp. Matsu-dake, d. h. Kiefernpilz, weil er vor-
nehmlich in Kiefernwaldungen wächst. Derselbe ist im frischen Zu-
stande sehr wohlschmeckend und beliebt und wird gekocht oder ge-
braten viel gegessen, auch in Salz eingemacht und getrocknet, verliert
aber dann bald seinen Wohlgeschmack und wird fade.
59) Cantharellus cibarius Fries., jap. Shiba-take. Unter letzte-
rem Namen bot man unsern wohlbekannten Eierschwamm im Septem-
ber 1874 in den Ortschaften am Fusse des Fuji-san korbvollweise zum
Verkaufe. Ich sah denselben auch anderwärts, finde ihn aber nirgends
für Japan erwähnt.
60) Clavaria flava Pers. \& Cl. Botrytis Pers., jap. Nedzumi-
take kommt gleich dem vorigen in den Wäldern des Fuji-san vor und
wird in den benachbarten Dörfern verkauft.
61) Lycoperdon Tuber L. (Thunb. flor. jap. 349). Unter dem Na-
men Shô-ro (Shô für Matsu, Kiefer, und ro-tsuyu, Thau) kommt
[93]2. Nährpflanzen.
im Frühjahr ein kleiner dem Bovistähnlicher Pilz vornehmlich in Kiefern-
wäldern vor, der viel in Suppe und auch als Gemüse gegessen wird, sehr
zart, aber fast ganz geschmacklos ist. Derselbe wird auch eingemacht.
Ferner werden als essbare Pilze noch viel genannt: Shimeshi,
Kikurage, Tsuga-take, Hatsu-take, Hira-take und verschiedene
andere, welche mir indess sämmtlich fremd geblieben sind.
Im Anschluss an das Vorstehende will ich hier noch zweier trock-
nen Pilze gedenken, die, obgleich für den Haushalt werthlos, wegen
ihrer Verbreitung und eigenthümlichen Verwendung verdienen, dass sie
nicht übergangen werden.
In Thunberg’s Flora japonica wird pg. 347 unter dem Namen Bo-
letus versicolor ein Baumpilz angeführt, den wir zu den trocknen Po-
lyporus-Arten rechnen müssen. Derselbe führt, wie auch Thunberg
angibt, den Namen Saru-no-koshi-kake, d. h. Affenstuhl, und scheint
über das ganze Land verbreitet zu sein. In den Bergwaldungen um-
klammert er die Stämme alter Laubbäume und erreicht oft grosse Di-
mensionen. So besitze ich einen von 40 cm Breite und etwa 20 cm
Länge. In Nikko pflegt man daraus Teller zu machen, deren Ränder
noch 2—3 Wachsthumsschichten des Pilzes zeigen mit allen natürlichen
Unregelmässigkeiten, die unten abgesägt und schwarz, oben ausgehöhlt
und roth lackiert sind und so allerliebste eigenartige Gefässe darstellen.
Die zweite Pilzart, welche noch viel bekannter ist, führt den Na-
men Reishi, eine trockne, harte und eigentlich nutzlose Art Hutpilz,
in ihrem Aussehen dem Polyporus lucidus Fries. oder P. amboinensis
von Hinterindien und dem Malayischen Archipel verwandt. Reishi ist
von der Grösse unseres Champignon (A. campestris) und hat einen Stiel,
der bisweilen 15 cm lang wird und gleich dem Hute dunkelbraun ge-
färbt ist. Entwickelt er sich zufällig als Curiosität am Stamm eines
alten Zwergbäumchens im Topf oder Kübel eines Gärtners, so wird
dasselbe gleich um 1—2 yen (4—8 Mk) höher taxiert und als ein Me-
detai oder Glückszeichen und Anlass zur Beglückwünschung ange-
sehen. Auch sonst gilt Reishi als gutes Omen und dient wohl auch
zur Verzierung des Tokonoma oder etwas erhöhten Erkers im Zimmer.
Von viel grösserer Bedeutung als die Pilze sind die marinen Al-
gen für Japan*). »Die Ostasiaten sind die Einzigen«, sagt mit Recht
[94]I. Land- und Forstwirthschaft.
Prof. Cohn*), »bei welchen die Tange eine Volksnahrung bilden«.
Doch nicht blos diese, die Riesen der marinen Flora, werden von den
Chinesen und Japanern gefischt und in verschiedener Weise als Nah-
rung verwerthet, sondern in mindestens gleichem Umfang die zarteren
rothen und grünen Arten, mit deren Gebrauch sich auch die Malayen
befreundet haben. In Europa beschränkt sich der Genuss weniger
Arten, wie Alaria esculenta Grev., Sphaerococcus palmatus Kg., Por-
phyra laciniata, Gracilaria lichenoides A. und einiger andern auf die
arme Küstenbevölkerung des Nordens, insbesondere Irlands, Schott-
lands, Islands und Norwegens, während z. B. der Franzose, welcher
doch in Bezug auf marine thierische Nahrung keineswegs wählerisch
ist und mit seiner Kochkunst jede appetitlich zubereitet, die Algen
verschmäht.
Licht und Wärme, daher auch Tiefe, Lage und Gestalt der Buch-
ten, sowie Meeresströmungen, haben bekanntlich auf die marine Flora
den grössten Einfluss. Da aber das Meerwasser nicht so leicht und
oft seine Temperatur ändert, als die Luft, da es als Verbreitungsmittel
seiner Bewohner alle Erdtheile berührt und auch die von Algen sich
nährenden Fische und Schildkröten mit den Strömungen weite Areale
durchwandern und die Keime fernen Gestaden zutragen, so kann es
nicht fehlen, dass viele Algen eine weite [Verbreitung] haben und wir
in den Gewässern Japans manche Art wiederfinden, die auch aus an-
dern Oceanen bekannt ist. Die circumpolaren Riementange (Lamina-
rien) und Blasentange (Fucusarten) lieben kaltes Meerwasser und starke
Brandung, wie sie die Umgebung der Insel Yezo und der Kurilen bie-
tet, während zwei andere Gruppen der Melanospermen, die Cystosi-
reen (Blasenschnur-) und Sargassaceen (Beeren-Tange) sich südwärts
anschliessen. Namentlich ist die letztgenannte Familie in verschiede-
nen Gattungen (Sargassum, Spongocarpus, Halochloa, Myagropsis, Coc-
cophora) reich vertreten. Ich sah sie jedoch nirgends im Haushalte,
sondern nur als Dünger verwenden, ausgenommen Halochloa macrantha
Kg., jap. Hondawara, welche mit Essig und eingesalzen genossen
wird. Eine bedeutende Lichteinwirkung ist Hauptlebensbedingung für
die zarteren grünen Meeresalgen; dagegen stellen viele keine hohen
Ansprüche an den Salzgehalt des Wassers und finden sich noch an
*)
[95]2. Nährpflanzen.
Flussmündungen und in Pfützen, wo derselbe sehr gering ist, sodann
an der Küste über dem mittleren Wasserstande.
Die rothen Algen (Florideen oder Rhodospermen) erreichen dagegen
das Maximum ihres Vorkommens in tieferem Wasser und an Stellen,
wo das directe Sonnenlicht nicht viel einwirkt. Diejenigen Arten der-
selben, welche dieser Regel nicht folgen, an der Grenze des Wasser-
spiegels vorkommen oder wohl gar theilweise periodisch trocken liegen,
verlieren viel von ihrer Farbenpracht und neigen nach violet, orange
oder grün.
Auf der Insel Yezo bilden Meeresalgen, insbesondere die grossen
Tange, nächst Fischen den wichtigsten Ausfuhrartikel, vornehmlich
nach China. Die hervorragendsten Bestandtheile dieses Algenhan-
dels sind:
- 1) Kombu, Laminaria saccharina Lamour. (L. japonica Arech., Fucus
saccharinus Thunb.). - 2) Arame, Capea elongata Ag.
- 3) Katsumi, Capea flabelliformis Rich.
- 4) Wakame, Alaria esculenta Grev. β. pinnatifida Harv.
- 5) Haba-nori, Phyllitis debilis Kg., Arten, welche zum Theil auch
noch an den Gestaden von Honshiu gesammelt werden.
Die meisten essbaren grünen und rothen Algen führen den Col-
lectivnamen Nori, während man für Algen überhaupt wohl Umi-kusa
oder Kai-sô sagt, welche Wörter einfache Uebersetzungen vom engl.
»Sea-weed« sind.
Von grünen Algen sammelt und benutzt man an den japanischen
Küsten, theils frisch zu Suppe, theils getrocknet oder mit Essig oder
Salz eingemacht, verschiedene Arten Ulvaceen, nicht blos die cosmo-
politischen Meerlattige selbst, wie U. Lactuca L., Ao-nori, und an-
dere, sondern auch Phycoseris australis Kg. (Ulva latissima Ag.), Nori
genannt; ferner Enteromorpha complanata Kg., Awosa, und ganz be-
sonders Enteromorpha compressa Grev. (U. compressa L.). Der Japa-
ner nennt sie Ao-nori und isst sie theils frisch in Suppe, oder ge-
trocknet mit Essig und Stärke. Gewöhnlich kommt sie in Form klei-
ner Päckchen mit parallel laufendem Thallus in den Handel.
Modzuku heisst die Mesogloia decipiens Sur., welche namentlich
viel von der Küste der Halbinsel Kadzusa-Awa kommt und ähnlich
verwendet wird. Desgleichen Somen-nori, d. h. die Vermicelli-Alge
(Nemalion vermiculare). Auch mehrere in fast allen Meeren verbreitete
Arten Codium, jap. Miru, fehlen nicht, so Codium tomentosum Ag. \& C.
elongatum Ag.
Die knorpelartigen Florideen, insbesondere Gattungen und Arten
[96]I. Land- und Forstwirthschaft.
der Gigartineen, Caulacantheen, Gelidieen, Sphaerococceen und Tylo-
carpeen, welche sich durch hohen Gehalt an Pararabin auszeichnen
und mit kochendem Wasser Algengallerte liefern, werden an allen Ge-
staden des Malayischen Archipels und der chinesisch-japanischen Ge-
wässer in Menge gesammelt und theils direct zur Nahrung, theils zur
Darstellung von Algenkleister, jap. Fu-nori, oder Algengallerte, jap.
Kanten, verwendet. Gewöhnlich pflegt man diese Artikel im Handel,
und zwar sowohl im rohen, getrockneten Zustande, wie auch weiter
zubereitet, mit dem malayischen Namen Agar-Agar, d. h. Gemüse,
zu bezeichnen, eine Benennung, welche ursprünglich auf Gigartina
(Eucheuma) isiformis, G. spinosa und G. tenax angewandt wird, die
man z. B. auch bei Singapore in Menge sammelt und nach China ver-
schifft. Der Chinese benutzt sie nicht blos zur Nahrung, sondern be-
reitet daraus auch das Hai-Thao, einen durchsichtigen Leim, mit dem
er die Seide und andere Stoffe steift, sowie die Zwischenräume grober
Gewebe ausfüllt, um daraus Laternen zu machen. Von hierher ge-
hörenden japanischen Algen sind besonders erwähnenswerth:
- 1) Chondrus punctatus Sur.
- 2) Gigartinia tenella Harvey, jap. Ogo.
- 3) G. intermedia Sur.
- 4) Gleopeltis tenax Kg. (Sphaerococcus tenax Ag.).
- 5) Gl. capillaris Sur., jap. Shiraga-nori.
- 6) Gl. coliformis Harv., jap. Kek’kai.
- 7) Gl. intricata Sur., jap. Fu-nori.
- 8) Gelidium corneum Lamouroux, jap. Tokoroten-gusa.
- 9) G. Amansii Lamour.
- 10) G. cartilagineum Gail.
- 11) G. rigens Grev., jap. Tosaka-nori, d. h. Hahnenkamm-Alge.
- 12) Sphaerococcus confervoides Ag., jap. Shiramo.
- 13) Gymnogongrus flabelliformis Harv., jap. Home-nori.
- 14) G. japonicus Sur., jap. Tsuno-mata.
- 15) Kallymenia dentata, jap. Tosaka-nori.
- 16) Porphyra vulgaris Ag., jap. Asakusa-nori.
d. Essbare Früchte. Obstbau.
Japan weist gleich China vielerlei Obst und sonstige essbare
Früchte auf, sowohl eigenthümliche Arten, als auch solche, welche seit
lange über einen grossen Theil der gemässigten Zone verbreitet sind.
Doch ermangeln weitaus die meisten des Wohlgeschmacks, sind fade
und nach unserem Urtheil nicht empfehlenswerth. Fast alle unsere be-
liebten Obstsorten, wie Aepfel. Birnen, Kirschen, Pflaumen, Aprikosen,
[97]2. Nährpflanzen.
Pfirsiche, verlieren, wenn man sie nach Japan oder China verpflanzt,
bald ihr Aroma und degenerieren zum Theil auch in der Gestalt und
Grösse. Daher finden zum Beispiel die Aepfel Californiens während der
Wintermonate in allen grösseren Häfen Ostasiens von Yokohama bis Singa-
pore unter den Fremden grossen Beifall und viel Absatz. Die Ursache
jener Entartung des Obstes in Japan und China, namentlich des feh-
lenden Aromas, dürfte im Klima, vor allem in den feuchten, regen-
reichen Sommern zu suchen sein, ist jedoch nicht sicher ergründet.
Auch mit gewöhnlichem Beerenobste ist das Land recht schlecht ver-
sehen. Unsere schwarzen Maulbeeren, Johannisbeeren, Stachelbeeren,
Himbeeren, Heidelbeeren und andere Arten fehlten bisher ganz, wäh-
rend Erdbeeren und Trauben nur spärlich und in untergeordneter Qua-
lität vorkamen. Was aber von wildwachsenden Beeren genossen wird,
entspricht meist nicht unserm Geschmack. Tropische Beerenfrüchte kom-
men aber gar nicht in Betracht; denn die wichtigste und unempfind-
lichste derselben, die Banane, reift selbst in Satsuma ihre Früchte nicht.
Bemerkenswerth ist, dass die bei Zierpflanzen in Japan so beliebte
Zwergbildung auf die Obstsorten selten Anwendung findet, ebensowe-
nig die in Europa geschätzte und verbreitete Cultur von Pyramiden-,
Cordon- und Spalierobst. Eine besondere Pflege wird überhaupt nur
wenigen Obstsorten, wie Trauben, Orangen, Pfirsichen und Birnen, und
auch diesen keineswegs allgemein zu theil. Es mag dies theilweise
von der Geschmacksrichtung abhängen, welche bei vielen Völkern von
der unsrigen auch in diesen rein materiellen Dingen abweicht. Wie
z. B. in Marokko und China, so werden auch in Japan eine Menge
Früchte im harten, unreifen Zustande gegessen, z. B. Aepfel und Pfir-
siche, oder wenigstens geerntet und zum Nachreifen aufgehoben, wie
die Biwa (Eriobotrya japonica). Dieser Geschmacksrichtung ganz ent-
sprechend, schätzt der Japaner seine schönen und saftigen, aber harten
und unaromatischen Birnen, welche De Candolle*) mit Recht »plus
beau que bon« nennt, während sie die meisten Fremden nicht mögen.
Zu den wenigen wohlschmeckenden Obstsorten Japans gehören vor
allen Dingen die Mandarinorangen, die Kaki und die Kastanien, denen
Ostasien eine uralte Heimat ist. Die Mandarinorangen hat man schon
lange, die Kaki erst in neuester Zeit aus ihrem ältesten Culturlande
China nach Südeuropa und weiter verpflanzt. Bei den Kastanien ist
die Verbreitung und Verwilderung so leicht und weitgehend, dass die
Feststellung ihres ersten Ausgangs grosse, noch nicht überwundene
Schwierigkeiten bietet. Der erfolgreiche Anbau einer vierten Obstsorte
Rein, Japan. II. 7
[98]I. Land- und Forstwirthschaft.
des chinesischen Culturgebietes, der Eriobotrya japonica, in fast allen
von Europäern bewohnten subtropischen und tropischen Klimaten der
Erde hat sich erst in diesem Jahrhundert, jedoch mit erstaunlicher
Raschheit vollzogen, welche leicht in dem Charakter dieser Pflanze
ihre Erklärung findet.
Der hier folgenden Aufzählung und Beschreibung essbarer japa-
nischer Früchte (mit Ausnahme derer des Ackerbaues, wie z. B. der
Cucurbitaceen, welche bereits früher in Betracht kamen) liegt die prak-
tische Eintheilung W. Lauche’s in seinem Handbuch des Obstbaues zu
Grunde. Wir unterscheiden hiernach Kern-, Stein- und Beerenobst,
sowie Schalfrüchte.
a) Kernobst.
1) Pyrus sinensis Lindl. (P. usuriensis Maxim.), die Birne, jap. Nashi.
Dieselbe stammt aus der Mandschurei und Mongolei. Ihre Cultur hat
sich offenbar schon frühzeitig über China, Korea und Japan verbreitet
und liefert hier nächst Kaki das gewöhnlichste Obst*). Von unserem
gemeinen Birnbaum unterscheidet sich diese Art vornehmlich durch die
Blätter und Früchte. Erstere sind gross und immer deutlich spitz ge-
zahnt. Die japanischen Birnen haben die sphärische und an beiden
Enden etwas zusammengedrückte Gestalt unserer Kirschen und man-
cher Aepfel. Es sind dabei durchweg grosse Früchte mit dicker
bronzegelber Schale, welche mit kleinen hellgrauen Punkten übersäet
ist. Von der grossen Mannigfaltigkeit in der Reifezeit, Grösse, Gestalt
und Färbung, sowie des Geschmacks unserer Birnen ist bei den japa-
nischen keine Rede. Die im August reifenden Frühbirnen sind wohl
kleiner als diejenigen der 1—2 Monate später erfolgenden Haupternte,
weichen aber im übrigen nicht wesentlich von diesen ab. Das Fleisch
ist grob, brüchig, körnig, von gelblicher Farbe, sehr saftreich und ziem-
lich süss, aber ohne die Weichheit und das Aroma unserer Birnen.
Der Geschmack erinnert mehr an den unreifen Zustand der letzteren.
Dem oben citierten Urteil von de Candolle reiht sich ein weiteres in
der Revue Horticole an, welches die japanischen Birnen geradezu
schlechte Früchte nennt.
Die Vermehrung der Pflanze erfolgt in der Regel durch Stecklinge,
seltener durch Samen und nachherige Veredelung. Zwischen Mitte und
Ende März schneidet man kräftige, gesunde Jahrestriebe bis auf 42—
45 cm Länge beiderseits zu und lässt die Enden über einem schwachen
[99]2. Nährpflanzen.
Feuer verkohlen. Die so vorbereiteten Stecklinge werden reihenweise
in Furchen guten Landes gesetzt, mit Compost gedüngt und dann an-
gehäufelt. Die Verpflanzung erfolgt nach wenigen Jahren.
Am häufigsten trifft man die Birnbäume in Japan, wie bei uns auf
dem Lande zerstreut, als Hochstämme mit natürlicher Entwickelung
und augenscheinlich ohne besondere Pflege. Im nördlichen Honshiu
siedelt sich nicht selten Viscum album L. auf ihnen an, doch noch viel
häufiger auf Castanea vulgaris Lamk. und auch auf blattwechselnden
Eichen. Dieser Mistel unterscheidet sich von dem unsrigen durch wein-
gelbe Beeren.
Eine ganz andere Behandlungsweise und viel mehr Sorgfalt lässt
man den Birnbäumen hier und da in der Nähe grosser Städte zu theil
werden, so z. B. zu Kawasaki zwischen Tôkio und Yokohama. Die
Bäume werden hier in Reihen gepflanzt mit gleichen Abständen von
12 Shaku (3,64 Meter) nach jeder Richtung. Man düngt sie zweimal
im Jahr und zieht zu dem Zweck ringförmige Gruben um die Stämme,
welche man nach Eintragung des Düngers wieder schliesst. Im übri-
gen wird der Boden von Unkraut freigehalten und von Zeit zu Zeit
gelockert. In einer Höhe von 5—6 Shaku (150—180 cm) pflegt man
die Kronen nach Art unserer Laubengänge horizontal zu ziehen. Als
Aststützen dienen Zwischenreihen von Pfosten, sowie Querstangen aus
Bambusrohr.
Als ich mir Ende April diese Pflanzungen näher besah, war die
Blüthezeit vorbei und ich fand die Eigenthümer damit beschäftigt, die
20—25 cm langen neuen Triebe zu entfernen, damit sie den zahlrei-
chen Fruchtansätzen nicht die Nahrung entziehen sollten. Bei dieser
Gelegenheit erfuhr ich, dass eine derartige Pflanzung nach 50—60 Jah-
ren erneuert werden müsse. Die Birnen reifen hier Ende August,
werden sehr gross und schön gelbbraun bis graubraun, scheinen sich
sehr lange zu halten, sind aber ebenso wässerig von Geschmack und
ohne Aroma, wie die andern.
2. Pyrus malus L., der Apfelbaum. Derselbe und seine unan-
sehnlichen Früchte, jap. Ringô, sind so selten, dass mancher Fremde
jahrelang im Lande wohnt, ohne ihnen zu begegnen.
3) Pyrus Cydonia L. (Cydonia vulgaris Pers.). Die Quitte, jap.
Marumero, wurde durch die Portugiesen eingeführt und findet sich
zerstreut durch ganz Japan in der Nähe der Wohnungen angebaut,
doch nicht häufig.
4) P. chinensis Poir. (Cydonia sinensis Thouin). Die chinesische
Quitte, jap. Kuwarin, mit kleineren Früchten als die voriger Art, wird
wie diese hier und da cultiviert und zu Compot verwendet. Dagegen
7*
[100]I. Land- und Forstwirthschaft.
finden die Früchte der naheverwandten einheimischen Art P. japonica
Thunb. kaum eine Verwendung und können als Obst nicht gelten.
5) Eriobotrya japonica Lindl. (Mespilus japonica Thunb., Photinia
japonica Fr. \& Sav.). Der japanische Name für die Pflanze und ihre
Früchte ist Biwa, chin. Lu-kuh, engl. Loquat, franz. Bibasier,
Nèfles du Japon, span. Nispero de Japon. In Japan, China
und Korea wird diese eigentümliche, schöne Obstsorte als erste Frucht
des neuen Jahres geschätzt und seit alter Zeit cultiviert, doch nicht
in grossem Umfange. Ich habe z. B. in Japan stets nur vereinzelte
Bäume bei den Bauernwohnungen, nie und nirgends grössere Pflanzun-
gen gesehen*). Im mittleren Japan reifen die Früchte erst im Juni;
dieselben werden jedoch in der Regel büschelweise und mit einigen
Blättern zum Nachtheil ihres Wohlgeschmackes schon vorher abgenom-
men und bis zur erfolgten Nachreife aufbewahrt.
Der Umstand, dass bereits Kaempfer ihr Vorkommen auf Java
erwähnt, lässt auf eine frühzeitige Verbreitung über ganz Ostasien
schliessen. Im Jahre 1787 brachte sie Sir Joseph Banks nach England.
Seitdem hat man sie in vielen wärmeren Ländern, z. B. in den meisten
engl. Colonien, im ganzen Mittelmeergebiet und in Westindien ein-
geführt, weil sie sich in gleicher Weise als Zierpflanze und Obstbaum,
sowie durch ihre leichte Cultur und rasche Entwicklung empfiehlt.
Es ist ein hoher Strauch oder kleiner Baum, der schon durch sei-
nen grossblätterigen, immergrünen Laubschmuck auffällig und stattlich
hervortritt, mehr noch, wenn weisse Blüthensträusse oder eine Fülle
gelber Früchte ihn bedecken. Derselbe trägt schon vom dritten Jahre
an, reichlich mit 6—10 Jahren, gedeiht auch in leichtem Boden und
hielt an den Norditalienischen Seen und der Riviera eine Kälte bis
—9° C. aus, bei der viele einheimische Obstsorten zu Grunde gingen.
Die Vermehrung ist leicht durch Stecklinge oder Samen. Auf den
Bermudas, woselbst die Biwa vor 45 Jahren von Malta aus eingeführt
wurde, fand ich reife Früchte am 3. März, in Malaga am 7. April, in
Gibraltar am 14. April; doch sind Mai und Anfang Juni für die mei-
sten Gebiete der Mittelmeerregion die eigentliche Reifezeit, so auch in
Sevilla, wo z. B. im Garten des Herzogs von Montpensier lange Reihen
grosser, schöner Büsche zu sehen sind. Ueberdies habe ich sowohl
in Westindien, als auch im Mittelmeergebiete gefunden, dass die Biwa
[101]2. Nährpflanzen.
grösser, schöner und wohlschmeckender werden, als in ihrer japani-
schen Heimat. Auch hat sich die Form verändert. In Japan sind
die Früchte meist mehr oder weniger kugelförmig, so gross, wie grosse
Herzkirschen, sonst nähern sie sich der Keulen- und Birnform. Das
mit gelber Epidermis versehene Fleisch liegt locker auf 1—6 grossen
Kernen, ist sehr saftig und von säuerlich süssem, erfrischendem Ge-
schmack, doch ohne viel Aroma. Dagegen schmeckt es sehr sauer vor
völliger Reife und fade, wenn die Frucht länger aufbewahrt wird.
Die Biwa bildet den Uebergang zur Gruppe
b) Steinobst.
6) Amygdalus persica L., jap. Momo oder Tô. Pfirsiche sind
weitaus das beliebteste und verbreitetste Steinobst Japans. Sie stam-
men aus China, welches De Candolle überhaupt als die Urheimat die-
ser Frucht ansieht, kommen in mehreren Varietäten vor, sind kleiner
als die chinesischen und meisten bei uns und stehen überdies an Wohl-
geschmack letzteren bedeutend nach. Ihre Cultur wird vielfach in
grösserem Umfange und mit Sorgfalt betrieben. Man wählt dazu leich-
ten, sandigen Boden, wie auch in den Mittelmeerländern und den Ver-
einigten Staaten, pflanzt in Reihen und hält dabei die Bäumchen in
mittlerer Höhe und den Boden frei von Unkraut.
7) Prunus armeniaca L., jap. Andzu, Aprikosen, und zwar die
kleinfrüchtige, südeuropäische Sorte, welche sich auch vielfach bei uns
findet und von Duhamel Abricot de Portugal genannt wird, werden im
Juli hier und da zum Verkauf angeboten, sind aber im Ganzen selten.
Ich fand sie im Aussehen und Geschmack nicht wesentlich von den
unsrigen verschieden.
8) Prunus insititia L. und P. domestica L. Die eigentlichen Zwet-
schen fehlen Japan, wie auch die Kirschen insgesammt. Von den vie-
len Abarten der Pflaumen begegnet man hin und wieder einigen mit
wohlaussehenden Früchten, doch von fadem, wässerigem Geschmack.
Offenbar haben sie gleich den Aprikosen nie grosse Beachtung gefun-
den und sind wahrscheinlich früher durch Portugiesen oder Holländer
eingeführt worden. Mit dem Namen Hadankiô wird eine grosse gelbe
Eierpflaume bezeichnet, welche an Dame-Aubert (Duhamel) erinnert.
Botankiô heisst eine rothe, die sich vielleicht mit Prunus oxycarpa
(Bechstein) identificieren lässt. Auch eine Art Herrenpflaume kommt vor.
9) Prunus japonica Thunb., jap. Su-momo und Niwa-sakura,
ein Strauch, welcher in Japan seit den ältesten Zeiten, doch keines-
wegs häufig in Gärten angebaut wird. Die kleine, rothe, pflaumen-
artige Frucht heisst Su-momo. Sie wird wie die vorerwähnten roh-
und in Salz eingemacht gegessen.
[102]I. Land- und Forstwirthschaft.
10) Prunus Mume S. \& Z. (Amygdalus nana Thunb.), jap. Mume,
Bai, jap. Aprikosenbaum (Lauche). Diese Species, eine Lieblingspflanze
der Japaner und als solche in Gärten und Tempelhainen sehr verbrei-
tet, wird hauptsächlich ihrer Blüthen wegen cultiviert. Die rundlichen,
fein behaarten Früchte erinnern in der Form an Aprikosen oder noch
mehr an kleine harte Pfirsiche, sind hart und sauer und werden
in der Regel eingesalzen oder getrocknet unter dem Namen Ume
(Mume)-boshi oder Haku-bai genossen oder auch zu Essig verwendet.
11) Prunus tomentosa Thunb., jap. Isora mume. Der filzblätte-
rige Aprikosenbaum, wie ihn Lauche*) nennt, ist nur ein Strauch mit
rothen kirschenähnlichen Früchten, die noch kleiner als unsere wilden
Kirschen und von ähnlichem Geschmack sind. Ich sah sie in Waka-
yama zum Verkauf und den damit geschmückten Strauch häufig in der
Nähe der Wohnungen in Kishiu. Dass auch die Früchte der Yama-
sakura (Pr. pseudo-cerasus Lindl.) und der Man’-zaku (P. incisa
Thunb.) gegessen werden, wie Siebold, beziehungsweise Kinch angeben,
ist mir nicht bekannt.
12) Zizyphus vulgaris Lam. var. inermis Bunge, jap. Natsume
und Sanebuto-natsume. In der Sammlung zu Kew befinden sich
unter der Aufschrift Z. jujuba Lamk. Früchte aus China, Japan, In-
dien etc. und heisst es, dass man 1864 in London in einer alten rö-
mischen Amphora Samen dieser Pflanze fand. Sie war schon im Al-
terthum in den Culturstaaten Asiens sehr verbreitet. In Japan wird
die Pflanze hin und wieder cultiviert, doch nicht in dem Maasse wie
in Korea. Sie bildet unbewehrte Bäume von 6—8 m Höhe, welche
im Juni zur Blüthe und im Herbst zur Fruchtreife gelangen. Die el-
lipsoidischen Steinfrüchte haben die Grösse der Oliven, sind mit gelber
oder röthlicher Epidermis versehen und haben ein säuerlich süsses
Fleisch, das roh gegessen, aber auch medicinisch verwendet wird. In
den nördlichen Provinzen China’s, wo die »Jujuben« in Menge gezogen
werden, pflegt man sie viel in Honig einzumachen, so dass sie dann,
wenn auch nicht in der Grösse, so doch nach Gestalt, Farbe und Ge-
schmack an getrocknete Datteln erinnern. Desshalb findet man sie
auch oft als »Datteln« oder »chinesische Datteln« angeführt, Be-
nennungen, welche leicht zu Missverständniss Anlass bieten können.
13) Hovenia dulcis Thunb., jap. Kempon-nashi. Dieser Baum,
welchen Kaempfer, der auch die Abbildung eines Zweiges mit Blättern
und Früchten gibt, passend mit einem mittelgrossen Birnbaum ver-
gleicht (Am. exot. p. 808), gehört zur selben Familie, wie der vorige,
[103]2. Nährpflanzen.
liefert aber ein davon total verschiedenes Obst, insofern als dafür
nicht die Frucht selbst, sondern ihre eigenthümlich fleischig verdickten
Stiele zu gelten haben. Der süsse Geschmack der letzteren erinnert
etwas an unsere Birnen und ist namentlich bei Kindern sehr beliebt.
Der Baum gedeiht im wärmeren Europa ganz gut*).
14) Cornus officinalis S. \& Z. (C. sanguinea Thunb., C. ignorata
K. Koch.), jap. Sanshiô-nayu, wird der Früchte wegen hier und da
cultiviert. Die grossen Büsche oder kleinen Bäume, welche ich im Som-
mer 1875 in Yamato in der Nähe von Mandarinorangen angebaut fand,
erinnerten mich lebhaft an unsere gewöhnliche Kornelkirsche (C. mas
L.), der auch die scharlachrothe ellipsoidische Steinfrucht sich nähert.
15) Elaeagnus umbellata Thunb. (E. parvifolia Royle), jap. Gumi.
Die doldenblüthige Oelweide, welche man in Japan häufig wildwach-
send findet und auch als Zierstrauch anbaut, liefert eine kleine, runde,
rosafarbene Steinfrucht, deren Fleisch namentlich von Kindern geges-
sen wird. Dasselbe gilt, wenn auch nicht in gleichem Maasse, von
den übrigen Elaeagnus-Arten, für welche Gumi Gattungsname ist.
c) Beerenobst.
16) Diospyros Kaki L. fil., jap. Kaki, chin. Shi-tse, franz. Pla-
queminier, engl. Persimon, die Dattelpflaume oder der Lotus-
pflaumenbaum. Diese, auch ihres Holzes wegen bemerkenswerthe
Ebenacee ist unstreitig der verbreitetste, wichtigste und schönste Obst-
baum Japans, Koreas und Nordchinas**). Derselbe hält in Japan Nacht-
fröste von —12° C. bis —16° C. aus. Seine Cultur geht noch hoch
den Thälern und weit über die Grenze des Bambusrohrs hinauf. Es
ist ein stattlicher Baum von der Tracht des Birnbaums, mit schönen
abfallenden Blättern, fast so gross, wie bei einigen Magnolien, doch
von gelbgrüner Farbe, nur in der Gestalt an die des Birnbaums er-
innernd. Die Neubelaubung fällt in den Mai, die Blüthezeit in den
Juni, die Fruchtreife in den Spätherbst von Mitte September bis Ende
November. Die stattliche Beerenfrucht von Hühnerei- bis Faustdicke
beschreibt Thunberg (flor. jap. pg. 158) treffend in folgender Weise:
»Pomum subglobosum, obsolete tetragonum, glabrum, immaturum
viride, maturum flavum, basi truncatum, calyce persistente ornatum,
obtusum stigmate persistente, octovalve, octoloculare, magnitudine
pomi mediocris, sapore fere pruni albi dulcis, carnosum.«
[104]I. Land- und Forstwirthschaft.
Es gibt viele Sorten Kaki, die in der Grösse von derjenigen eines
kleinen Hühnereies bis zu der eines dicken Apfels wechseln, in der
Gestalt fast sphärisch, oblong oder herzförmig erscheinen und in der
Farbe der glatten Oberhaut von hellorangegelb bis tieforangeroth, sowie
auch im Geschmack sich unterscheiden. Derselbe ist eigenartig ange-
nehm und erinnert etwas, wie die Farbe, an Tomaten. Man isst sie,
wenn sie teigig weich sind, und schätzt am meisten diejenigen vom
Migako-no-djô in der Provinz Hiuga. Der herbe, adstringierende Ge-
schmack aller Kaki im grünen Zustand erhält sich in einigen Varie-
täten auch bei der Reife, und diese sind es, aus denen man den
Sommer über eine gerbsäurereiche adstringierende Flüssigkeit, Shibu
genannt, darstellt, welche als Beizmittel für verschiedene Gewerbe von
Bedeutung ist. (Siehe den betreffenden Artikel im nächsten Abschnitt.)
Im überreifen Zustande an der Sonne getrocknet, etwas flach gedrückt
und in Mehl aufbewahrt, gleichen die geschälten süssen Kaki nach
einigen Monaten in Aussehen und Geschmack getrockneten Feigen und
werden wie diese benutzt.
Im September bildet der mit grossen orangefarbenen Früchten
beladene Kakibaum eine besondere Zierde der Landschaft und bleibt
es auch noch im October nach dem Laubfall*).
Der Sommer Deutschlands ist für Diospyros Kaki nicht lang und
warm genug, der Winter in der Regel zu kalt. Dagegen gedeiht
der Baum und seine Frucht bereits an den norditalienischen Seen,
z. B. bei Intra, sowie an der Riviera, eben so in den subtropischen
Theilen der Iberischen Halbinsel. Auch im südlichen Californien,
z. B. bei Santa Barbara, hat man seinen Anbau mit Erfolg versucht.
17) Diospyros Lotus L. (D. Kaki Thunb. var. β. D. japonica
S. \& Z.), jap. Shinano-gaki, also Kaki von der Provinz Shinano,
wird vielfach als die wilde Form der vorigen Art angesehen. Seine
kleinen, kaum geniessbaren Früchte reifen erst spät im Herbst, wenn
der Baum bereits seine Blätter abgeworfen hat, und erinnern an Holz-
äpfel und Essigbirnen.
Den Dattelpflaumen schliessen sich an Bedeutung als Beerenobst
die Vertreter der Aurantiaceen an, obwohl ihre Cultur auf die wärmeren
Theile Japans beschränkt bleibt und ihre Verwendung keineswegs
eine so allgemeine, vielseitige ist.
[105]2. Nährpflanzen.
Oben an steht:
18) Citrus nobilis Lour., jap. Mikan, die Mandarinorange. Ihr
Vaterland scheint China und Cochinchina zu sein. Noch im Anfang
dieses Jahrhunderts war sie in den Orangengärten der Mittelmeerländer
eine neue Erscheinung. Durch ihren kleineren Wuchs (mehr Strauch,
als Baum), Blätter und Blüthen ist sie eben so leicht unterscheidbar,
wie durch die bekannten Früchte. In Japan wird sie schon seit vielen
Jahrhunderten angebaut. In Hondo erreicht die erfolgreiche Cultur
der schönen und vortrefflichen Frucht auf der Halbinsel Yamato ihre
Nordgrenze. Das Gebirge derselben und seine südlichen Ausläufer
schützen hier die Thäler vor rauhen Winden, während sie unter dem
Einfluss warmer südlicher Strömungen stehen. Es sind also vornehm-
lich die Thäler von Kishiu, insbesondere des Kreises Arita (Arita-gori) nord-
östlich von Wakayama, sowie von Ise, in denen Mikan gewonnen werden.
Die Blüthezeit ist hier Ende Mai und Anfang Juni, während ich in
Malaga schon am 7. April Büsche in voller Blüthe fand. Dieses Ge-
biet liefert auch den drei Fu oder Hauptstädten, insbesondere Tôkio
ihren Bedarf. Die Mandarinorangen kommen hier den Winter über in
Menge und billig zum Verkauf. Im südlichen Japan gedeihen sie an
vielen Orten; doch bin ich ausgedehnten Pflanzungen nie begegnet.
19) Citrus aurantium L.
α. C. a. Bigaradia Brandis \& Hooker (C. vulgaris Risso), jap.
Daidai, die Pomeranze oder bittere Orange, von den Engländern
Seville-Orange genannt.
β. C. a. sinense Galesco (C. aurantium Risso), jap. Kunembo,
die Apfelsine, dickschalig und wenig geschätzt.
20) Citrus decumana L., jap. Zabon. Die Pompelmuse (engl.
Shaddock) traf ich u. A. aus verschiedenen Theilen von Bungo auf
einer Ausstellung zu Funai. Sie wichen in Gestalt und Grösse von
denen Südeuropas wesentlich ab und standen namentlich den präch-
tigen Shaddocks westindischer Inseln weit nach. In diesen erreicht
die Familie der Aurantiaceen unstreitig ihre grössten Früchte. Häufiger
als sie sind die kleinsten derselben in Japan, nämlich die Kinkan
od. Früchte von
21) Citrus japonica Thunb., welche als Uebergang zu den Li-
monen und Citronen betrachtet werden können. Sie reifen im De-
cember und Januar und kommen in Tôkio viel auf den Markt (man
kauft 12—15 Stück für 10 Pf.). Dass sie »valde dulces, grati et
edules« sind, wie Thunberg angibt, kann ich nicht behaupten. Sie be-
sitzen viel Citronensäure und erinnerten mich immer an Citrus Li-
[106]I. Land- und Forstwirthschaft.
metta Risso (engl. Lime). Man unterscheidet, wie auch Siebold an-
gibt, zwei Varietäten:
- a. Kin-kan, mit kugeligen Früchten von der Dicke einer grossen
Kirsche, - b. Tô-kinkan d. h. chin. Kin-kan, von gleicher Grösse, aber
ellipsoidischer Gestalt. Kaempfer vergleicht die Kinkan nach Form
und Grösse nicht unpassend mit Muskatnüssen. Diese Früchte sind
prächtig anzusehen. Ihre glatte hellorangefarbige Schale ist mit grünen
Grübchen übersät, sehr aromatisch, das Fleisch aber der Säure
wegen wie Citronen verwendbar.
Mit Kinkan (C. japonica Thunb.) scheinen C. aurantium micro-
carpum und C. a. minimum Dierbach*) identisch zu sein. Auch dürfte
sich in einem Artikel der Revue Horticole vom Jahre 1880, welcher
von bemerkenswerthen Zierpflanzen in Lissabon handelt, die Notiz
über den »Limonier du Brésil« im alten botanischen Garten auf die-
selbe Art beziehen, denn es heisst dort, der alte Baum liefere jähr-
lich kleine sphärische Citronen von der Grösse mittlerer Pflaumen.
22) Citrus medica Risso, jap. Tebushiu-kan, die Citrone. Die-
selbe, var. chirocarpus L., jap. Bushiu-kan, ellipsoidisch, mit dicker
höckeriger und sehr aromatischer Schale ist nicht häufig.
23) Citrus medica Limonum Brandis \& Hooker, jap. Yudzu, die
Lemon der Engländer.
24) Punica granatum L., jap. Zakuro. Der niedrige Baum findet
sich vereinzelt viel weiter nördlich angebaut, als die Aurantiaceen.
Ich sah ihn noch in Kaga und Aidzu in Gärten und reife Früchte in
Yonezawa und Sendai zum Verkauf, die offenbar in der Nähe ge-
wachsen waren. Sie hatten mittlere Grösse und waren weniger wohl-
schmeckend, als solche der Mittelmeerregion.
25) Ficus carica L. jap. Ichijiku und Tô-kaki, d. h. Chinesi-
scher Kaki. Der gemeine Feigenbaum wurde nach Thunberg durch
Portugiesen eingeführt. Sein Anbau ist aber sehr beschränkt ge-
blieben. Auch in China suchten Portugiesen (nach Williams) die Cultur
des Feigenbaumes zu verbreiten; es gelang aber nicht, da er keine
wohlschmeckenden Früchte lieferte.
26) Morus alba L., jap. Kuwa. Die Früchte der verschiedenen
Abarten dieser, der Seidenzucht dienenden Maulbeere werden nur
selten gegessen. Sie sind keineswegs alle weiss; es gibt vielmehr
auch schwarzbeerige, wie schon Kaempfer hervorhebt. Thunberg
fasst dessen Angabe entschieden falsch auf, wenn er Morus nigra L.
[107]2. Nährpflanzen.
anführt und dabei auf Kaempfer hinweist. Die als Obst dienende
schwarze Maulbeere findet sich in Japan nicht.
27) Vitis vinifera L., jap. Budo. Weintrauben werden im Spät-
herbst in fast allen japanischen Städten zum Verkauf angeboten.
Es sind zwei Sorten, eine weisse und eine an rothe Muskateller
erinnernde. Die Beeren sind dickhäutig, weniger süss als bei uns
und mit einem fremdartigen, herben Beigeschmack versehen. Kaempfer
beurtheilte sie schon richtig dahin, dass sie zur Weinbereitung
nicht tauglich seien*). Die Annahme Thunbergs, dass sie von Euro-
päern (wohl Portugiesen) zuerst eingeführt wurden, hat viel Wahr-
scheinlichkeit für sich. Gleich anderm Obst sind sie entartet, und
diese Thatsache gibt kaum der Hoffnung Raum, dass aus Japan oder
Ostasien überhaupt je ein Weinland werden könne.
Die in Tôkio geschätzten Koshiu-no-budo, d. h. Koshiu-Trauben,
kommen vornehmlich von Katsunuma und einigen andern Orten der
Umgebung von Kôfu. Sie werden hier in Laubgängen gezogen, ähn-
lich wie die Birnen von Kawasaki, und reifen erst im September, wie
ich mich im Herbst 1874 überzeugen konnte.
28) Vitis Labrusca L., jap. Yama-budo, d. h. wilde, in den
Bergen wachsende Weintraube. Dieselbe erinnert mit ihren kleinen
blauen Beeren und deren Geschmack an kleinbeerige Frühburgunder
und wird in den Städten häufig zum Verkauf gebracht. Vitis La-
brusca L. ist in Ostasien in gleicher Weise weit verbreitet, wie im
atlantischen Waldgebiete Nordamerikas.
Dieser Beere des Waldes schliessen sich eine ganze Anzahl
anderer an, welche z. B. dem Aino das Obst ersetzen und auch im
eigentlichen Japan gegessen und zum Theil zum Verkauf gebracht
werden. Hierher sind vornehmlich folgende zu rechnen:
29) Akebia quinata Decaisne (Rajania quinata Thunb.), jap.
Akebi, und
30) A. lobata Dcne, jap. Mitsuba-akebi, d. h. Dreiblatt-
Akebie.
Die gurkenartigen Früchte der Akebien, gewöhnlich zwei gegen-
über stehend an langem Stiele, erinnern lebhaft an diejenigen der
Holboellia latifolia Wall. aus Sikkim. Sie kommen im September zur
Reife und sind dann im Durchschnitt 10 cm lang und 12—15 cm im
Umfang, von elliptischer Gestalt, weiss, grau oder braun. Sie springen
der Länge nach auf. Ihre äussere, fleischige Hülle unter der Schale
ist ungeniessbar. Eine weisse, durchscheinende schleimige Masse
[108]I. Land- und Forstwirthschaft.
von angenehm süssem Geschmack umgibt die zahlreichen kleinen
Samen und ist das einzig Geniessbare. Die leeren Schalen der Ake-
bien trifft man im Herbst häufig längs der Pfade und begegnet wohl
auch Frauen und Kindern, welche mit dem Einsammeln dieser eigen-
tümlichen Früchte beschäftigt sind.
31) Actinidia arguta Planchon (Trochostigma arguta S. \& Z.), jap.
Kokuwa, Shira-kuchi-katsura und Saru-nashi (Affenbirne)
genannt, ist wie alle Actinidien ein blattwechselnder Kletterstrauch,
der sich gern in die Kronen niedriger Bäume emporwindet, von wo
er mit zahlreichen Aesten und Früchten niederhängt. Die weissen
Blüthen ähneln in ihrer Gestalt denen des Theestrauchs und er-
scheinen im Juni. Im Herbst reifen die Beeren, welche nach Aussehen
und Grösse an grüne Stachelbeeren erinnern und bei Ueberreife nach
Birnen riechen. Böhmer fand ihren Geschmack angenehm, eine Ver-
bindung von dem der Feigen mit dem der Trauben. Ich habe sie
mehrmals gegessen, auch in Ueberreife, fand sie dann aber weniger
wohlschmeckend.
32) Actinidia polygama Planchon, jap. Matatabi, ist ein in Ge-
büsch häufig vorkommender Kletterstrauch, dessen weiche, reife Beeren,
mit fünftheiligem grünen Kelche versehen, elliptische Gestalt haben
und hierin, wie in der Grösse und Zuspitzung an Eicheln erinnern.
Das gelbe Fleisch ist mit kleinen Samen erfüllt und wird so viel ich
weiss nicht gegessen, obgleich Kinch die Frucht als essbar anführt.
Dagegen hat dieselbe, wie die ganze Pflanze, eine andere bemerkens-
werte Eigenschaft, die nämlich, dass sie gleich der Baldrianwurzel
die Katzen anzieht. Hierauf deutet eine bekannte japanische Redensart:
»Neko ni mata tabi«, dem Sinne nach so viel, als: »Er kann es
nicht lassen, wie die Katze (neko) die matatabi«. — Die beiden er-
wähnten Actinidien kommen jetzt auch bei uns als Zier-Kletter-
sträucher vor.
33) Rubus, jap. Ichigo. Unter den 22 Arten, welche Japan
aufweist und die fast alle zur Gruppe der Himbeeren gehören, gibt es
nur wenige mit essbaren Früchten. Siebold zählt 6, Kinch 11 als
solche auf, doch kann man sicher verschiedene aus ihrer Liste
streichen. Die eigentliche Himbeere, Rubus Idaeus L. var. strigosa,
scheint auf wenige Standorte der Insel Yezo beschränkt zu sein, und
ebenso die Schell- oder Sumpfbeere R. chamaemorus L., welche in
den Mooren Nordeuropas so verbreitet ist. Ausser ihnen führt Kinch
an: R. triflorus Richards, R. Buergeri Miq., R. corchorifolius L. fil.,
R. incisus Thunb., R. crataegifolius Bunge, R. trifidus Thunb., R.
[109]2. Nährpflanzen.
Thunbergii S. \& Z., R. parvifolius L., R. tokkura S. \& Z. Ich habe
die Früchte der meisten dieser Arten versucht und fade gefunden.
34) Fragaria vesca L., jap. ebenfalls Ichigo genannt. Reife,
wohlschmeckende Erdbeeren habe ich nur einmal in Japan, und zwar
am Fujisan gefunden, niemals weder wildwachsende, noch Garten-
erdbeeren zum Verkauf ausbieten sehen, was als Beweis für ihr
seltenes Vorkommen dienen kann. Der Name Oranda-ichigo für
Fragaria chilensis Ehrh. und F. grandiflora Ehrh., die Ananasbeere,
weist auf die Einführung dieser Arten durch Holländer hin.
35) Rosa rugosa Thunb., jap. Hama-nashi, d. h. Küstenbirne.
Die grossen, zwiebelförmigen Hagebutten oder Scheinfrüchte dieser
schönen Dünenpflanze werden nicht blos von Ainos, sondern auch von
Japanern gegessen.
36) Vaccinium L. Von dieser Gattung fehlen die Schwarz- und
die Blaubeere (V. Myrtillis L. und V. uliginosum L.) ganz, während von
den sauren rothbeerigen von Werth die Preisselbeeren (V. Vitis Idaea
L.), jap. Koke-momo und Iwa-momo, sowie die Moosbeere (V.
oxycoccos L.), jap. Aka-momo und Iwa-haze, nur sporadisch vor-
kommen und vornehmlich auf Yezo beschränkt zu sein scheinen, so
dass eine grössere Verwerthung ausgeschlossen ist.
37) Epigaea asiatica Maxim. (Parapyrola trichocarpa Miq.), japa-
nisch Iwa-nashi, d. h. Felsbirne. Wie weit die Beere, welche die
Dicke einer kleinen Kirsche erreicht, als Nahrungsmittel verwendbar
ist, kann ich nicht beurtheilen. Die Pflanze, bis jetzt sehr wenig be-
kannt, verdient aber auch ihrer schönen immergrünen Blätter, sowie
der bereits im März und April erscheinenden Blüthen wegen nähere
Beachtung. Es ist ein kleiner immergrüner, kriechender Strauch, den
ich in den Wäldern um Kiôto fand, der nach Keiske auch in Owári
vorkommt und ausserdem im Norden gefunden wurde.
d) Schalenfrüchte.
38) Castanea vulgaris Lamk. (Fagus castanea Thunb.), jap. Kuri.
Wenn man die Leichtigkeit in Betracht zieht, mit der die Kastanie
selbst bei uns in Deutschland, z. B. im Schwarzwald und an der
Hardt verwildert; so begreift man die Schwierigkeiten, welche die
Abgrenzung ihres endemischen Vorkommens von ihrem Culturgebiet
verursacht. Ist sie z. B. in England, Kaukasien, Japan, Nordamerika
heimisch oder verwildert? — Verschiedene Gründe sprechen für das
erstere. Auf ihnen fussend sagt z. B. De Candolle in seinem schon
oft citierten Buche über L’origine des plantes cultivées: »Le Châteig-
nier, de la famille des Cupulifères, a une habitation naturelle assez
étendue, mais disjointe«, und betrachtet mit Recht die Differenzen,
[110]I. Land- und Forstwirthschaft.
welche zwischen der im Atlantischen Waldgebiet Nordamerikas wachsen-
den Kastanie, der in Japan heimischen und der im Westen der alten
Welt gefundenen für zu geringwerthig, um daraus einen specifischen
Unterschied abzuleiten. Wir betrachten somit C. vesca L. nur als die
Culturform von C. vulgaris Lamk., welche aus dieser nicht blos in
Europa und Vorderasien, sondern unabhängig davon auch in Japan
hervorgegangen ist.
Was Radde über das Vorkommen der Kastanie in Kaukasien sagt,
gilt auch zum Theil mit Bezug auf Japan. Der Baum sucht das
Licht und meidet die heisse Ebene. Er bildet selten reine, ge-
schlossene Bestände und erscheint in eingesprengten Gruppen im
Jungholz und Gebüsch. In Japan bildet er namentlich an den Ab-
hängen der Gebirgsthäler und in Anschluss an den höher gelegenen
buntgemischten Laubwald lichte Haine und steigt bis zu mehr als
800 m Seehöhe empor. Im Juni, wenn die weissgelben Blüthen-
kätzchen entwickelt sind, heben sich diese lichten Kastanienwälder
überall scharf und vortheilhaft von dem übrigen Laubwald ab, wie
man es ähnlich auch am Heidelberger Schloss beobachten kann. Die
Kastanien werden in Japan nicht in dem Maasse als Nahrung benutzt,
wie anderwärts, und fallen zum grössten Theil den Wildschweinen an-
heim. Nur im nördlichen Hondo fand ich sie auch hier und da an-
gebaut (einmal sogar als Alleebaum in einem Dorfe), am häufigsten
in Yonezawa, wo auch diejenige Varietät sich entwickelt hat, welche
wir Marronen nennen, die sich bekanntlich dadurch auszeichnet, dass
jede Kapsel statt 2—3 Samen nur einen, aber dafür um so grösseren
enthält.
39) Juglans regia L. (Pterocarya japonica) und
40) Juglans Sieboldiana Maxim. (J. nigra Thunb., J. mandschu-
rica Miq.). Beide Arten Wallnüsse heissen in Japan Kurumi und
werden vielleicht nur angebaut gefunden. Ihre Cultur ist verbreitet,
doch nirgends ausgedehnt.
41) Corylus heterophylla Fisch. (C. Avellana Thunb.), jap. Ha-
shibami, meist wild wachsend, doch auch cultiviert. Seltener ist C.
rostrata Ait.
42) Quercus cuspidata Thunb., jap. Shii. Die kleinen Eicheln
dieser sehr verbreiteten immergrünen Art werden unter dem Namen
Shii-no-mi (Shii-Samen) verkauft und geröstet gegessen.
43) Pinus koraiensis S. \& Z. (P. Strobus Thunb.), jap. Goyô-no-
matsu. Die Samen dieser wohl nur cultivierten Kiefer werden wie
die der Pinien gegessen. Zu dem Zweck wurde z. B. die Ernte an
Zapfen auf dem Schloss zu Morioka in Nambu öffentlich versteigert.
[111]2. Nährpflanzer.
44) Torreya nucifera S. \& Z., jap. Kaya. Die essbaren Nüsse
dienen vornehmlich zur Oelbereitung. (Siehe Kaya-no-abura.)
45) Ginkgo biloba L. (Salisburia adiantifolia Smith), jap. Ichio
oder Ginkiyo. Die Früchte heissen Ginnan (in China Pa-Kwa).
Es sind eigentlich Steinfrüchte von der Grösse, Gestalt und Farbe
grosser Mirabellen mit dünnem, ungeniessbarem Fleisch und Samen-
kernen, deren Geschmack dem der Mandeln nicht unähnlich ist. Man
bietet die Ginnan nach Fortune in China auf allen Märkten feil und
schätzt sie nicht minder in Japan; doch wird der Baum hier nicht
ihretwegen angebaut, wie dort, sondern als Zierpflanze. (Siehe diese.)
46) Trapa bispinosa Roxb., jap. Hishi. Die zweidornige Wasser-
nuss oder Wasserkastanie findet sich in den stehenden Gewässern
Ostasiens weit verbreitet von Kaschmir bis Japan, theils wild wachsend,
theils ihrer Früchte wegen angebaut, besonders in China. In Japan sah
ich sie häufig in Weihern, zumal denen, welche zur Bewässerung
der Reisfelder dienen. Auch die Varietät Trapa incisa S. \& Z. (T.
natans Thunb.), jap. Hime-bishi, kommt häufig vor.
47) Nelumbium speciosum Willd. (Nelumbo nucifera Gaertn.), jap.
Hasu. Der elliptischen Nüsse, Hasu-no-mi, so gross, wie kleine
Eicheln, äusserlich graubraun, im Innern von weisser Farbe, nuss-
artig angenehm schmeckend, wurde bereits früher gedacht.
f. Nahrungs- und Genussmittel als Erzeugnisse der chemischen In-
dustrie aus den unter 2a—e erwähnten Rohprodukten.
Unter der Bezeichnung »Alimenta composita« gibt Siebold in dem
schon früher citierten Verzeichniss japanischer Nutzpflanzen (siehe
p. 42) die Namen einer Anzahl Präparate an, welche theilweise dem
Lande eigenthümlich und durch die Art ihrer Gewinnung und Ver-
wendung von hohem Interesse sind. Im Haushalte der Japaner —
und zum Theil auch der Chinesen — spielen mehrere derselben seit
Jahrhunderten als Würze, durch welche selbst die sonst fadeste Speise
schmackhaft gemacht wird, eine unentbehrliche Rolle, so dass sie zum
Theil auch in Europa, zumal in England, Beachtung und Nachahmung
gefunden haben. Andere fungieren als werthvolle Nahrungsmittel und
sind durch ihren hohen Stickstoffgehalt geeignet und berufen, das
Fleisch zu ersetzen. Wiederum andere enthalten genügend Alkohol
und Beimengungen, um durch ihren Genuss zu begeistern und schwere
Köpfe zu machen, wie es nun einmal auch in Ostasien für Viele Be-
dürfniss zu sein scheint. Und gerade für diese berauschenden Ge-
tränke zeigt die Regierung ein grosses Interesse, das ähnlichen in den
christlichen Staaten kaum nachsteht, indem sie schon lange eine wich-
[112]I. Land- und Forstwirthschaft.
tige Einnahme von ihnen herzuleiten wusste, so dass es auch an der
nöthigen Statistik über Production und Consum nicht fehlt. Da sie
wenigstens in dieser Beziehung alle übrigen an Bedeutung übertreffen,
setze ich sie an die Spitze der nachstehenden Liste und wende mich
ihnen zunächst zu.
1. Sake oder Seishû ist das eigenartige berauschende Getränk
Japans und seiner beiden westlichen Nachbarn. Dasselbe wird, wie
bekannt ist, aus Reis bereitet, hat aber mit dem indischen Arac wenig
Aehnlichkeit. Auch deuten die häufig angewandten Bezeichnungen
»Reisbier« und »Reisbranntwein« keineswegs genügend seinen wahren
Charakter an, der sich insbesondere im Alkoholgehalte von Bier und
Schnaps wesentlich entfernt und wie Wein eine Mittelstellung zwischen
beiden einnimmt. Wenige Fremde können sich mit dem eigenartigen
Geschmack des Sake befreunden. Den Japanern aber sagt dies Ge-
tränke so zu, dass sie nicht versäumen, bei ihren Tempelfesten nach
alter Sitte auch den Göttern neben beliebter Speise davon vorzusetzen.
Dieser geweihte Sake wird Miki*) oder ô Miki genannt. Und wie
die Bewohner Japans überhaupt Freunde eines warmen Trunkes sind,
selbst des warmen Wassers, wenn Thee und Sake fehlen, so trinken
sie auch diesen aus ihren Porzellan- oder lackierten Holzschalen gern
erwärmt.
Nachdem im Jahre 1874 Oberstabsarzt Hoffmann die erste kurze
Beschreibung der Sakefabrikation nach eigener Anschauung gegeben
hatte**), folgte vier Jahre später von Korschelt eine eingehendere wis-
senschaftliche Arbeit über den Gegenstand***) und endlich 1881 eine
zweite von Atkinson, eine beachtenswerthe Abhandlung†), welche die
vorausgegangene von Korschelt in vielen Stücken ergänzt und gleich
jener auch für das hier Folgende mitbenutzt wurde.
Wie es scheint, lernten die Japaner den Sake zu Anfang des
dritten Jahrhunderts während ihrer ersten Expedition nach Korea näher
kennen, wenigstens datiert man die Einführung seiner Fabrikation
aus dieser Zeit. Es war das chinesische Verfahren und wurde auch
von China aus weiter vervollkommnet. Eine grosse Schwierigkeit bot
viele Jahrhunderte hindurch die Sommerhitze, indem sie das Getränke
[113]2. Nährpflanzen.
leicht verdarb. Da entdeckte man vor etwa 300 Jahren in dem Er-
hitzen desselben ein Mittel zu seiner Conservirung. Damals hatten
die Sakefabriken zu Itami und Nishinomiya auf dem Wege (jetzt
Eisenbahn) von Hiogo nach Ôzaka und von Ikeda bereits hohen Ruf, den
sie sich bis zur Gegenwart aller Concurrenz gegenüber erhalten haben.
Wie auch das Verfahren in einzelnen untergeordneten Dingen ab-
weichen möge, so ist es doch der Hauptsache nach in allen Fabriken
dasselbe. Ueberall benutzt man den gewöhnlichen Reis (Uruchi), und
zwar stets im geschälten Zustande, niemals den Klebreis, doch viel-
leicht einfach desshalb nicht, weil er ansehnlich theurer ist.
Nach dem Vorgang der Japaner unterscheidet Korschelt bei der
Sakebereitung vier Stufen, nämlich 1) die Darstellung des Kôji, 2) des
Moto, 3) den Hauptprocess und 4) das Pressen und Klären. Atkinson
trennt die Bereitung des Kôji ganz von den drei übrigen Abschnitten
und fasst diese als eigentliche Saké-Brauerei zusammen.
a. Bereitung des Kôji oder Reisferments. Das Mittel, durch
welches in der Sakebereitung das Stärkemehl der Reiskörner umge-
wandelt und für die alkoholische Gährung vorbereitet wird, das also
dabei eine ähnliche Rolle wie die Diastase beim Malz spielt, heisst
Kôji. Da es nebenbei auch in der Shôyûfabrikation, sowie sonst statt
unserer Hefe in Anwendung kommt, ist seine Darstellung oft eine für
sich bestehende und nicht blos mit der Sakefabrikation vereinte.
Kôji hat im wesentlichen noch das Aussehen der geschälten Reis-
körner, aus welchen es bereitet wurde, nur dass die meisten derselben
zu grösseren oder kleineren Klümpchen locker vereinigt sind, und zwar
durch die Myceliumfäden eines Schimmelpilzes (Eurotium Oryzae, Ahl-
burg), welche in die gelockerte Zellschicht eingedrungen sind, während
in den dichteren Zellen gegen die Mitte hin die Wandungen hornige
Beschaffenheit angenommen haben, so dass die einzelnen Stärkekörner
nicht mehr unterschieden werden können. Bei längerer Berührung
mit Wasser löst sich ein ansehnlicher Theil dieser Kôjikörner auf und
färbt dasselbe gelb. In warmem Wasser verläuft diese Veränderung
noch rascher und vollständiger, so dass oft nur noch die Zellwandun-
gen und Myceliumfäden ungelöst zurückbleiben. Auf diese Weise gehen
zwischen 30 und 60 % des Kôji in Lösung über. Wie Atkinson ge-
zeigt hat, besteht dieser lösbare Theil des Kôji vornehmlich aus Stärke-
zucker und Dextrin, deren Verhältniss zu einander natürlich vielen
Schwankungen unterworfen und besonders durch die Temperatur und
die Dauer der Pilzwucherung bedingt ist. Unter Tane-kôji, d. h.
Kôji-Samen versteht man ein feines gelbes Pulver, die Sporen des
Pilzes, wie sich unter dem Mikroskop ergiebt.
Rein, Japan. II. 8
[114]I. Land- und Forstwirthschaft.
Sake wird nur während der kältesten Monate, November bis Fe-
bruar dargestellt, Kôji in derselben Zeit; doch fängt man mit seiner
Bereitung oft schon im October an. Der geschälte Reis wird zunächst
so lange mit frischem Wasser gewaschen, und dasselbe so oft erneuert,
als es sich noch milchig trübt. In dem zuletzt zugeführten bleibt er
eine Nacht liegen und wird dadurch weich; das übrige thun die Was-
serdämpfe, welche man in einem eisernen Kessel entwickelt und durch
den so vorbereiteten Reis streichen lässt, so dass von einer Keimung
und Diastasentwickelung, wie bei unserer Malzbereitung, keine Rede
sein kann.
Ist der gedämpfte Reis so weich geworden, dass er sich leicht
zwischen den Fingern zu Teig kneten lässt, so breitet man ihn auf
Strohmatten zur Abkühlung aus und versetzt ihn dann, wenn diese bis
zur Körperwärme vorgeschritten ist, mit Tane-kôji, wobei ein Thee-
löffel voll des letzteren auf 4 To (73 Liter) des Reis gerechnet wird.
Bei der Herstellung der Mischung werden die Pilzsporen erst mit einem
kleinen Theil der Reismenge innig vermischt und dann die Mengung
mit dem ganzen Haufen vorgenommen.
So vorbereitet wird nun der Reis auf seiner Unterlage in warmen
Räumen etwa 3 Tage lang der Entwickelung des Schimmelpilzes über-
lassen. In den für sich bestehenden Kôjifabriken sind diese Räume
unterirdische Kammern von 8—10 m Länge, 2 ½ m Breite und 1 ½ m
Höhe, welche 3—4 m unter der Erde in Thonboden angelegt sind. Sie
stehen durch schmale, niedrige Gänge, deren Oeffnungen mit Stroh-
matten verhängt sind, in Verbindung mit dem Eingang einer quadra-
tischen Schachtöffnung von 3—4 m Tiefe und 2 m Weite. Zweck die-
ser ganzen Vorrichtung ist offenbar der, eine in den Kammern vor-
handene höhere Temperatur längere Zeit constant zu erhalten.
An beiden Längsseiten jeder Kammer ist eine Bank Erde von
½ m Höhe gelassen worden und nahe dem Eingang zur Kammer eine
Vertiefung in derselben angebracht, in welche man die Matten mit
dem eingeschlagenen Reis legt und über Nacht einer Temperatur von
25—26° C. überlässt. Am folgenden Morgen wird der Reis mit den
Händen durchgearbeitet, um das Zusammenballen zu beseitigen. Gegen
Nachmittag findet man ihn mit dem Mycelium des Pilzes in Gestalt
eines weissen Filzes überzogen. Man schüttet ihn nun in Körbe und
besprengt ihn während häufigen Umschüttelns mit kaltem Wasser. Als-
dann vertheilt man ihn auf Brettchen mit Randleisten und stellt diese
neben einander auf die Bänke der Kammern. Während der 1 ½ Tage,
welche der Reis hier bleibt, wird er mehrmals mit den Händen durchge-
mengt, um die mit Filz verbundenen Körner zu trennen. Endlich nimmt
[115]2. Nährpflanzen.
man am Morgen des fünften Tages (vom Waschen des Reis an gerechnet)
die Brettchen mit dem fertigen Kôji aus den Kammern und bewahrt sie
an einem kühlen, luftigen Orte übereinandergestellt bis zum Verkauf oder
Verbrauch des Kôji auf, das sich so mehrere Monate hält, ohne durch
Sporenbildung, welche gelbe Flecken andeuten, zu verderben. Durch
die Pilzentwickelung steigt in einer Luftwärme der Kammern von 20° C.
die Temperatur des Reis auf 25—28° C., und noch höher am Morgen, da
dann die Entwickelung des Pilzes lebhafter ist, als am Nachmittag.
In den Sakefabriken wird Kôji in ganz analoger Weise darge-
stellt, nur sind die Kammern kleiner und weniger tief in die Erde
eingesenkt. Tane-kôji stellt man nur gegen das Frühjahr dar, indem
man die Pilzwucherung noch 1—2 Tage länger, als bei der Kôjibe-
reitung andauern lässt, zuletzt aber überdeckt. Die gewonnenen Spo-
ren hebt man den Sommer über in einem luftdicht verschlossenen
Topfe an einem trocknen, kühlen Orte bis zum Bedarf im Herbst auf.
Den Winter über bedient man sich statt ihrer des Kôji selbst.
b. Darstellung des Moto oder der Maische. Es ist dies
eine trübe Flüssigkeit, welche Hoffmann Mutterwürze genannt hat (ob-
gleich dies Wort ebensowenig, wie Maische die richtige Verdeutschung
von Moto ist), das Product einer durch Kôji und Wärme angeregten
Gährung, wodurch ein ansehnlicher Theil der Reisstärke in Dextrin,
Stärkezucker und schliesslich in Alkohol übergeführt wird. Ihre Dar-
stellung erfordert etwa 14 Tage und ist beendet, wenn bei der Gäh-
rung die Entwickelung der Kohlensäure bedeutend nachgelassen und
die Flüssigkeit statt des früheren süssen Geschmacks, einen vorherr-
schend säuerlich bitteren und scharfen alkoholischen angenommen hat.
In den Sakefabriken wird am 3. oder 4. Tage, nachdem man An-
fangs November mit der Darstellung des Kôji begonnen hatte, ein neues
Quantum Reis gedämpft und bis zum folgenden Morgen auf Matten
ausgebreitet. Alsdann mischt man dasselbe mit Kôji und Wasser zu
einem dicken Brei. Das Verhältniss, in welchem dies geschieht, ist
nicht sehr schwankend, dem Volum nach wie
- Reis : Kôji : Wasser
- 10 : 3,6 : 11,1 , und dem Gewicht nach wie
- 10 : 4 : 12
des trocknen geschälten Reis, welcher zum Dämpfen, beziehungsweise
zur Kôjibereitung in Anwendung kam. In den berühmten Fabriken
zu Itami und Nishinomiya mischt man 0,5 Koku gedämpften Reis mit
0,2 Koku Kôji und 0,6 Koku Wasser und nennt auch dieses Gemisch ein
Moto. Dieses Moto wird in sechs gleichen Theilen auf eben so viele
8*
[116]I. Land- und Forstwirthschaft.
flache cylindrische Holzkübel, Han-kiri genannt, von 100 Litern Inhalt
vertheilt, so dass jeder Kübel kaum zum 5. Theil voll ist. Hier wird
nun die Masse zwei Stunden lang mit den Händen durchknetet und
durchmengt, bildet dann einen steifen, dicken Brei, und wird nachher
24 Stunden lang sich selbst überlassen, währenddem sich die Steifheit
vollständig verliert, die Masse dünner und beweglicher wird. Nun-
mehr wird ein ruderartiges Rührscheit, Kai (Ruder) genannt, hinein-
getaucht und das Gemisch damit während mehrerer Tage oftmals
gründlich umgerührt. Die milchige Flüssigkeit, welche sich mehr und
mehr bildet, zeigt durch ihren süssen Geschmack den Stärkezucker
an, in welchen unterdess ein ansehnlicher Theil Stärke übergegangen
ist. Die gegen das Ende dieses Processes mehr und mehr wahrnehm-
bare Kohlensäure lässt aber zugleich erkennen, dass die alkoholische
Gährung trotz der niedrigen Temperatur bereits begonnen hat. Die
letztere entsprach nämlich die ganze Zeit über derjenigen der äusseren
Luft und bewegte sich zwischen 0° und 10° C. Korschelt macht da-
rauf aufmerksam, dass sie nöthig sein dürfte und die Sakebereitung
sich überhaupt unter den gegebenen Verhältnissen desshalb auf die 4
kältesten Monate beschränken müsse, weil sonst Sporenbildung des
Pilzes (Eurotium Oryzae Ahlb.) im Kôji eintreten würde.
Nach spätestens 6 Tagen ist dieser Process beendet. Man giesst
nun den Inhalt von je drei Han-kiri in einen grösseren Gährbottich
(Moto-yoshi-oke), der etwa 6 hl. fassen kann und lässt ihn hier einen
Tag lang in Ruhe. Dann folgt Erwärmung der Maische, um die al-
koholische Gährung zu beleben. Es geschieht dies durch kochendes
Wasser. Kegelförmig sich nach oben verengende, allseits dicht ver-
schlossene Holzkübel, Daki genannt, unten 30 cm, oben 23 cm weit
und 50 cm hoch, werden damit gefüllt, in die Masse eingetaucht und
hin und her bewegt. Zu dem Zweck hat jeder Daki oben einen Griff,
befestigt an zwei über den oberen Rand hervorragenden Ohren.
Nach etwa 12 Stunden wird der abgekühlte Kübel durch einen
andern mit kochendem Wasser ersetzt, und so fährt man in grösseren
oder kleineren Intervallen je nach Bedürfniss bis zum 14. Tage, dem
Ende der Motobereitung, fort. Während dieser Zeit hatte man die
Gährkübel mit Strohmatten umhüllt, um die Abkühlung von aussen
möglichst zu verringern. Im Innern steigert sich die Temperatur all-
mählich, zum grössten Theil mit und durch die zunehmende Gährung
bis auf etwa 25° C., in andern Fabriken sogar bis 30° C. Ist dieser
Gährungsprocess seinem Ende nahe, so vertheilt man den Inhalt der
Kufen wieder auf die Han-kiri, und lässt in ihnen allmählich abkühlen.
Die Zusammensetzung des fertigen Moto ist selbstverständlich sehr
[117]2. Nährpflanzen.
verschieden. So schwankt z. B. der Alkoholgehalt zwischen 3 und
14 %. Atkinson fand in solchem von Nishinomiya Alkohol 10,5 %,
Stärkezucker 0,2 %, Säure 0,56 %, Stärke und Cellulose 16,58 % und
72,16 % Wasser.
c. Der Hauptprocess. Verfahren und Vorrichtungen sind auch
bei ihm im wesentlichen allenthalben dieselben. In Gebrauch kommen
u. A. nach einander dreierlei eimerartige Bottiche, die sich nach oben
etwas ausweiten und deren mittlere Weite die Höhe um 15—25 cm
übertrifft. Nach letzterer unterscheidet man sie als San-shaku-oke,
Shi-shaku-oke und Roku-shaku-oke, d. h. Drei-, Vier- und Sechs-
Fuss-Bütten. Sie können beziehungsweise ungefähr 5, 10 und 33 Koku,
oder die doppelte Menge Hectoliter fassen, werden aber beim Gebrauch
nur bis zur Hälfte gefüllt, um für die Gährung Raum zu lassen. Man
verfertigt sie in der Regel aus weichem Sugi-(Cryptomeria-)Holze.
Der Gährungsprocess zerfällt in den grösseren Fabriken in drei
Stufen, welche man als Soye, Naka und Shimai (Anschluss, Mitte
und Ende) bezeichnet. Zur Verwendung für Soye kommen wiederum
gedämpfter Reis (Mushi-han), Kôji und Wasser, ausserdem Moto, und
zwar in folgendem Verhältniss:
- Itami Nishinomiya
- Mushi-han 1,30 Koku 1,05 Koku
- Moto 1,30 ‒ 1,33 ‒
- Kôji 0,35 ‒ 0,35 ‒
- Wasser 1,30 ‒ 1,15 ‒
- 4,25 Koku 3,88 Koku.
Das Gemisch wird in der hier angegebenen Menge in ein San-
shaku-oke übergeführt und dort während 2—3 Tagen nach je 2 Stun-
den einmal gründlich umgerührt. Während dieser Zeit entwickelt sich
mit zunehmender Gährung und bei einer Temperatur von etwa 20° C.
(gegenüber 10° C. an der Luft) ein angenehm aromatischer, scharf-
stechender Geruch. Das Soye ist nun beendet. Die Masse wird auf
zwei andere Drei-Fuss-Bütten gleich vertheilt und eine frische Menge
von gedämpftem Reis, Kôji und Wasser zugefügt, und zwar in folgen-
dem Verhältniss:
- zu Itami, zu Nishinomiya
- Soye 4,25 Koku 3,88 Koku
- Mushi-han 2,00 ‒ 1,80 ‒
- Kôji 0,65 ‒ 0,60 ‒
- Wasser 3,90 ‒ 2,40 ‒
- 9,90 Koku 8,68 Koku,
[118]I. Land- und Forstwirthschaft.
so dass in Itami 4,95 Koku, in Nishinomiya 4,34 Koku in jeden der
beiden Bottiche kommen. Auch diese Mischung wird nach je 2 Stun-
den einmal tüchtig umgerührt, doch nur einen Tag lang, womit das
Naka beendet ist. Abermals wird nun die gegohrene Masse einer jeden
Bütte unter zwei weitere vertheilt und von neuem gedämpfter Reis,
Kôji und Wasser darunter gemischt. Das Verhältniss der neuen
Mischung für Shimai, die letzte Stufe der Gährung, ist folgendes.
- zu Itami, zu Nishinomiya
- Naka 9,90 Koku 8,68 Koku
- Mushi-han 3,30 ‒ 3,60 ‒
- Kôji 1,00 ‒ 1,20 ‒
- Wasser 4,20 ‒ 6,20 ‒
- 18,40 Koku 19,68 Koku.
Von dieser Menge kommt demnach die Hälfte auf jeden Bottich
und wird darin ebenso behandelt, wie in den beiden vorausgegangenen
Fällen. Nach 3 Tagen trägt man jedoch das ganze, auf 4 Bütten ver-
theilte Gemisch in eine grosse Roku-shaku-oke allmählich ein, worin
zunächst eine viel lebhaftere Gährung eintritt, die aber nach 2 bis
3 Tagen allmählich abnimmt. Der Schaum sinkt, die Flüssigkeit ist
stark alkoholisch und nun für den Schluss der Arbeiten bereit.
d. Das Pressen und Klären. Das Auspressen der noch lang-
sam fortgährenden flüssigen Maischmasse wird durch eine ähnliche
Winkelpresse bewirkt, wie das der Shôyû (siehe Nr. 6 dieses Ab-
schnitts). Man füllt sie in dicht gewobene, durch Shibu*) gestärkte,
hanfleinene Beutel, legt diese dann neben- und kreuzweise über ein-
ander in einen starken würfelförmigen Kasten und schliesst oben mit
einer Platte (oder mehreren kleiner werdenden über einander), von
geringerer Grösse als der Boden des Presskastens. Auf diesen Deckel
drückt nun als einarmiger Hebel ein langer Balken, dessen eines Ende
drehbar einem starken Pfosten eingefügt ist, während das andere mit
600—900 kg. Gewicht herunter gezogen wird. Auf der vorderen Seite
jenes Kastens befindet sich nahe dem Boden die Ausflussvorrichtung,
durch welche der trübe Sake in ein darunter befindliches Gefäss ge-
leitet wird. Behufs Klärung überträgt man ihn in ein stehendes Fass,
das nahe dem unteren Boden und in einiger Entfernung von einander
zwei Ausflussöffnungen über einander hat. Während der Sake hier
14 Tage lang ruhig steht, sinken alle festen Verunreinigungen zu
Boden. Durch Oeffnen des oberen Hahns fliesst dann der Sake von
dem darunter befindlichen Bodensatz klar ab. Er wird in Fässer oder
[119]2. Nährpflanzen.
geschlossene Kübel gefüllt und bedarf später bei nahendem warmen
Wetter nur noch des Erwärmens, um ihn haltbar zu machen, wie das
bereits im Eingang angedeutet wurde.
2) Shôchû (Shôchiu). Sake enthält, wie die nachfolgende
Tabelle von Analysen zeigt, 11—14 % Alkohol. Aus den Press-
rückständen, welche vornehmlich aus Stärke und Cellulose bestehen
und 6 % Alkohol haben, wird durch eine einfache Vorrichtung ein
Destillat bereitet, das den Namen Shôchû führt und 20—50 % Al-
kohol aufweist, so dass es darin mehr dem Schnaps, als dem Wein-
geist entspricht, obwohl man das Wort gewöhnlich mit Alkohol über-
setzt. Shôchû wird vornehmlich zu Mirin verwandt. Eine in
Kiushiu, besonders Satsuma bereitete Sorte Shôchû führt den Namen
Awamori.
3) Shiro-sake, weisser Sake, ist ein weisses, süsses Getränk,
vom Aussehen der Milch, das man dadurch bereitet, dass man Kleb-
reis (Oryza glutinosa) in Mehl verwandelt, mit Wasser mischt und
etwas Sake zusetzt. Beim Hina-matsuri oder Sangatsu-no-sekku,
dem Puppenfeste*), wird es den Puppen und deren Freundinnen vor-
gesetzt.
4) Mirin ist ein gelb bis braun gefärbter, ölig dickflüssiger,
süsser Liqueur vom Alkoholgehalt des Sake oder darüber, und einem
eigenartigen, oder durch fremde Beimischungen erzeugten Aroma.
Derselbe hält sich viele Jahre hindurch und wird mit dem Alter —
Komirin, alter Mirin — dunkler, dickflüssiger und geschätzter. Unter
dem Namen Toso-shû oder Toso wird Mirin besonders viel zu
Neujahr getrunken, nicht blos in jedem Hause nach der ersten Be-
glückwünschung vom jüngsten bis zum ältesten Familiengliede, die
dabei alle im Kreise sitzen, sondern auch bei den gegenseitigen Be-
suchen.
Seine fabrikmässige Darstellung ist gewöhnlich mit der des Sake
verbunden. Eine grosse und ihres Mirin’s wegen berühmte Fabrik ist
diejenige zu Nagare-yama am Yedo-gawa, 5 deutsche Meilen nörd-
lich von Tôkio. Zur Mirinbereitung werden gedämpfter Mochi-gome
oder Klebreis, Kôji und Shôchû angewandt, doch nicht immer in glei-
chem Verhältniss. Zu Itami z. B. mengt man 9 Koku Mochi-gome
mit 3,3 k. Kôji und 14 k. Shôchû, zu Nagare-yama dagegen 13 Theile
Mochi-gome mit 4 ½ Theilen Kôji und 10 Theilen Shôchû. Das Ge-
misch wird in grossen Fässern jeden zweiten Tag einmal umgerührt,
sonst aber bedeckt gehalten. Es kommt des vielen Alkohols wegen
[120]I. Land- und Forstwirthschaft.
nicht zur Gährung, sondern blos zur Umwandlung eines Theils Stärke
in Dextrin und Zucker.
Nach 20—40 Tagen beendet man den Process und presst die
Masse aus. Der Mirin wird hierauf ähnlich wie Sake geklärt und
dann in geschlossenen Gefässen beliebig lange aufbewahrt.
Nachträge.
a. Chemische Zusammensetzung von Sake, Mirin und Shôchû nach
Analysen von Atkinson.
- I. ist das Mittel aus vier Analysen von Sake aus Itami.
- II. ist das Mittel aus fünf Analysen von Sake aus Nishinomiya.
- III. ist das Mittel aus acht Analysen von Mirin verschiedener Be-
zugsquellen. Der Alkoholgehalt schwankt zwischen 10 %
und 18 ½ %, der Zuckergehalt zwischen 17,8 % und 30,1 %. - IV. ist das Mittel aus fünf Analysen Shôchû, in denen sich der
Spiritusgehalt zwischen 26 % und 50,2 % hält.
b. Statistische Angaben über vorerwähnte alkoholische Getränke.
Im Jahre, welches mit dem 30. September 1880 endete, wurden
in Japan an alkoholischen Flüssigkeiten, abgesehen von fremder Ein-
fuhr*), versteuert 5 207 970 Koku = 9 389 970 Hektoliter. Die Ge-
sammteinnahme des Staates aus dieser Quelle betrug 6 459 570 yen
= 25 838 280 Mk. Die Bevölkerung zu 34 Millionen gerechnet, ent-
fielen sonach auf jeden Kopf derselben 27,6 Liter geistige Getränke
und 76 Pf. Abgabe für dieselben. Die letzteren sind übrigens seitdem
[121]2. Nährpflanzen.
verdoppelt worden, ohne dass Production und Consum dadurch sich
vermindert haben. Obige Menge und Steuer vertheilte sich wie folgt:
5) Ame ist ein unreiner Stärkezucker, vermischt mit Dextrin und
Wasser, welcher in zweierlei Zuständen in den Handel kommt, näm-
lich einmal unter dem Namen Midzu-ame (Wasser- oder flüssiger
Ame) mit grösserem Wassergehalte als ein sehr zäher gelber Syrup,
und sodann als Ame, eine in hohem Grade elastische, teigartige Masse,
welche in runde oder prismatische Stangen gezogen und als beliebte
Leckerei eine grosse Anziehungskraft auf die Kinder ausübt, nament-
lich dann, wenn der in den Strassen umherziehende Händler zugleich
Künstler ist und aus der weissen oder gefärbten und etwas erwärmten
plastischen Masse allerlei Figuren formt. Sobald der Ton des Glöck-
chens oder einer Triangel, welche er in der Hand hält, und der Ruf
»Amai! Amai!« d. h. »Süsses! Süsses!, oder »Amai to karai« (Süsses
und Scharfes), oder irgend ein anderer wohlbekannter ertönt, ist er
eines ansehnlichen Gefolges sicher.
Im Haushalte ersetzt Midzu-ame vielfach den Zucker und findet
mancherlei Verwendung. Auch dient er in der Färberei und zur Dar-
stellung von Mirin. Die beste Sorte ist von klarer, gelber Farbe,
wird gewöhnlich von ital. Hirse bereitet und desshalb Awa-no-midzu-
ame genannt.
Ame und Midzu-ame wird aus ital. Hirse (Awa), Kleb- oder
Kuchenreis (Machi-gome) oder gewöhnlichem Reis (Uruchi) bereitet.
Die Darstellung hat R. W. Atkinson*) in eingehender Weise mit-
getheilt, so dass ich hier darauf verweisen und mich mit dem wesent-
lichsten derselben begnügen kann.
Das Getreide wird zunächst in kaltes Wasser zum Aufquellen ein-
[122]I. Land- und Forstwirthschaft.
getragen, darauf durch Wasserdampf, welchen man in einem eisernen
Kessel entwickelt, weich gekocht, dann in flache hölzerne Bütten ge-
schüttet und mit Matten überdeckt, bis ein grösseres Quantum in gleicher
Weise vorbereitet ist. Gerstenmalz, jap. Moyashi, welches in ähn-
licher Weise wie bei uns bereitet wird, nur mit längeren Keimen,
und vor seiner Verwendung in Wasser gequellt wurde, mischt man
nun mit weichem Getreide und mit warmem Wasser und trägt dann
die Mischung, welche ungefähr 60° C. warm ist, in eine Holzkufe
ein, wo sie mindestens 6 Stunden ruhig stehen bleibt. Die Schalen
und andere unlösliche Bestandtheile sinken hierbei zu Boden, während
sich darüber Midzu-ame als klare Flüssigkeit sammelt. Sie wird sorg-
fältig davon getrennt, aus dem Rückstand aber durch Auspressen in
Hanfbeuteln noch eine zweite, untergeordnete Qualität erhalten.
Das Verhältniss, in welchem die Bestandtheile der vorerwähnten
Mischung genommen werden, richtet sich nach der Beschaffenheit des
Stärkelieferanten und andern Rücksichten. Durchschnittlich kommen
aber auf 5 To des gedämpften Getreides 5 Shô (½ To) Malz und 8 To
warmes Wasser. War der Reis vorher geschroten, oder bestand er
aus den Abfällen beim Schälen desselben, so verringert sich die Menge
des nöthigen Malzes. Anderseits leuchtet aber auch ein, dass ein
reicherer Malzverbrauch die Ueberführung einer grösseren Menge
Stärke in Dextrin und Zucker und somit die Erzielung eines süsseren
Ame bewirken wird.
Die durch Decantierung gewonnene Flüssigkeit ist Midzu-ame in
sehr verdünntem Zustande. Behufs grösserer Concentrierung wird sie
rasch bis zur erforderlichen Consistenz eingedampft. Es geschieht
dies in eisernen Pfannen während 3—6 Stunden und einer etwas län-
geren Zeit zur Erzielung des festen, weissen Ame, den man stets aus
Reis, insbesondere Klebreis bereitet. Die erstarrte Masse ist anfangs
durchscheinend. Man rollt sie auf Brettern in dicke Stränge, zieht
dieselben in die Länge und bearbeitet den Stoff so lange, bis eine
opake, weisse Farbe eingetreten ist und derselbe nicht mehr an den
Fingern klebt. Bei dieser Behandlungsweise vermehrt sich das Volu-
men derart, dass fertiger Ame auf dem Wasser schwimmt, während
Midzu-ame darin sofort untersinkt.
Aus den Analysen der verschiedenen Ame-Sorten, welche Atkin-
son machte, wurde die nachfolgende Tabelle berechnet und zusammen-
gestellt. I ist das Mittel von 6 derselben, II, III und IV von je zweien.
Das übrige ergibt sich aus der Uebersicht selbst.
[123]2. Nährpflanzen.
6) Shôyû, die japanische Bohnensauce, auch Soja, engl. Soy
genannt, beides Corruptionen des japanischen Namens, stellt eine
dunkelbraune Flüssigkeit von angenehm aromatischem Geruch und
eigenartigem, salzigem Geschmack dar. Sie schäumt beim Schütteln
gelb auf und hinterlässt an der Wand des Glasgefässes einen deut-
lichen fettglänzenden Rand, so dass die japanische Bezeichnung, welche
Salzöl bedeutet (shô = Salz, yû = Oel), ganz passend ist. Das speci-
fische Gewicht, welches Kinch zu 1,199 angibt, dürfte je nach der
Bereitungsweise nicht unwesentlich variieren. Derselbe Autor fand in
1 Liter als Gesammtgewicht des festen Rückstandes 359,88 gr, Asche
(vornehmlich Chlornatrium) 195,16 gr, Zucker 31,03 gr, stickstoffhal-
tige Bestandtheile 41,00 gr, freie Säure (Essigsäure?) 6,20 gr.
Zur fabrikmässigen Darstellung der Shôyû, wie ich sie in Kiôto
kennen gelernt habe, verwendet man Weizen (Ko-mugi), hellgelbe
Sojabohnen (Shiro-mame), Kochsalz (Shio od. Shô) und Wasser (Midzu),
und zwar gleiche Theile der beiden ersteren, 3 Theile Wasser und
5—6 Theile Salz. Anderwärts pflegt man gleiche Volumtheile aller
vier Bestandtheile zu nehmen. Ein kleiner Theil des Weizens wird
mit Kôji (Reisferment) zur Gährung gebracht, das übrige in Eisen-
pfannen über Kohlenfeuer schwach hellbraun geröstet und dann auf
kleinen Handmühlen gemahlen. Die Sojabohnen werden mit wenig
Wasser in eisernen Kesseln etwa einen halben Tag lang weich ge-
kocht und darauf zu Brei zerstampft. Weizenmehl, Bohnenbrei und
der fermentierende Weizen werden nunmehr innig gemengt, in kleine
Holzkästchen gefüllt und an einem geeigneten Raume drei Tage lang
bei einer möglichst gleichmässigen Temperatur von etwa 25° C. der
Gährung ausgesetzt, wobei sich die Masse mit Schimmelpilzen be-
deckt.*)
Man trägt dieselbe sodann in oben offene Fässer, fügt das nöthige
[124]I. Land- und Forstwirthschaft.
Quantum Salz und Wasser hinzu und erhält durch innige Vermengung
einen Brei, welcher in grosse offene Bottiche übergeführt wird, die
an die Maischbütten der Bierbrauer erinnern. Nach Hoffmann*) kann
ein jeder derselben 20—30 000 Liter fassen; ich fand sie in Kiôto
wesentlich kleiner, etwa 2 m tief und 1,2 bis 1,6 m weit.
In diesen Kufen wird nun der anfangs dicke Brei den Winter
über täglich einmal mehrere Minuten lang gründlich durch- und um-
gerührt. In der heissen Jahreszeit, wo die Fermentation rascher ver-
läuft und die festen Theile sich mehr an der Oberfläche sammeln, ist
ein zwei- bis viermaliges Umrühren täglich geboten. Der Arbeiter
bewirkt dasselbe mit einer Art hölzerner Schaufel an langem Stiele
und steht dabei auf dem Rand der Bütte.
Eine landläufige Redensart sagt, Shôyû werde um so besser, je
mehr Ratten in den Bütten ihren Tod fänden, und drückt, wenn sie
auch nicht wörtlich zu nehmen ist, doch immerhin die lange Zeit aus,
welche man zur Shôyûfabrikation braucht. In der That schwankt dieser
Zeitraum, der in der Regel im Herbst nach der Ernte der Sojabohnen
beginnt, zwischen 20 Monaten und 5 Jahren. Bei diesem langsamen
und eigenartigen Gährungsprocess wird ein ansehnlicher Theil der
Stärke in Dextrin und Zucker verwandelt, daneben aber auch Milch-
und Essigsäure gebildet. Der anfangs dicke Brei wird im Laufe des-
selben immer dünner und flüssiger, zugleich geht seine graue Farbe
allmählich in eine trübbraune und schliesslich in eine rein dunkel-
braune über. Die letztere Farbe und das angenehme Aroma ent-
wickeln sich gleichzeitig mit einem bitteren Geschmack vornehmlich
zwischen dem dritten und fünften Jahr. Die nach Aussehen, Geruch
und Geschmack am meisten geschätzte Shôyû wird nur durch Mischung
gleicher Quantitäten des dreijährigen und des fünfjährigen Produkts
erhalten. Man trägt das Gemisch in grobe, starke, dichtgewobene
baumwollene oder hanfleinene Beutel, die man durch Eintauchen in
Shibu (siehe dieses) noch dichter gemacht hat. Diese 60—70 cm
langen und 18 cm breiten Beutel werden schlaff gefüllt und dann in
einen grossen viereckigen Kasten schicht- und kreuzweise neben und
über einander gelegt. Ist derselbe auf diese Weise gefüllt, so wird
ein schwerer Holzdeckel aufgelegt und nun diese Vorrichtung der Wir-
kung einer sehr einfachen Winkelpresse ausgesetzt, wobei man das
Ende des 4—5 m. langen Hebelarms mit Steinen beschwert. Die
ausgepresste Shôyû fliesst durch eine Oeffnung auf dem Boden des
Kastens in ein Bambusrohr und durch dieses nach einem in der Erde
[125]2. Nährpflanzen.
eingegrabenen Fass und ist nun zur Verwendung fertig. Aehnlich,
wie bei der Oelgewinnung, ist auch hier die zuerst erhaltene Menge
die werthvollste. Durch fortgesetztes Pressen unter erhöhtem Druck
erzielt man eine zweite Qualität, und endlich eine dritte hellflüssige
und wenig aromatische dadurch, dass man die Pressrückstände mit
Salzwasser mischt und das Gemenge von neuem auspresst. Shôyû
kommt in Holzgefässen von 1 To (20 Liter) Inhalt zum Verkauf. Nach
Hoffmann war früher der Preis von einem To der besten Sorte 1,5
yen = 6 Mk., der zweiten etwa 3—4 Mk. und der letzten 2 Mk.
Durch langen Seetransport und eintretende Schimmelbildung geht
das liebliche Aroma und der angenehme Geschmack leicht verloren.
Im guten Zustande aber erweist sich Shôyû als vortreffliches Mittel,
den Appetit anzuregen und die Verdauung zu fördern; sie ist zu
diesem Zweck, wie Oberstabsarzt Hoffmann weiter mit Recht hervor-
hebt, wegen ihrer völligen Unschädlichkeit für den menschlichen Or-
ganismus europäischen Präparaten, die gleichen Zwecken dienen
sollen, weit vorzuziehen. Ihre hohe Bedeutung für die japanische
Küche hebt derselbe mit folgenden zutreffenden Worten hervor:
»Die Bohnensauce — Shoju — ist dem Japaner fast eben so un-
entbehrlich, wie der Reis, und ihr Gebrauch so allgemein, wie der
von Thee und Tabak. Der reiche Mann und der Bettler benutzen
sie in gleicher Weise, nur in verschiedener Qualität, als die Haupt-
würze ihrer Mahlzeiten, und in keinem Hause, ja bei keiner Mahl-
zeit darf sie fehlen.« —
7) Miso ist eine dickflüssige, in Wasser leicht vertheilbare,
weisse oder rothbraune Sauce, zu deren Darstellung ebenfalls Shiro-
mame, oder gelbweisse Sojabohnen, Salz und Wasser gehören, ausser-
dem auch noch Kôji oder fermentierender Reis. Das Verhältniss, in
welchem diese Substanzen genommen werden, ist nicht immer das
gleiche, noch das Verfahren bei ihrer Verwendung. Die Bohnen
pflegt man einen halben Tag lang in Wasser zu quellen, hierauf in
einem grossen Kessel weich zu kochen und endlich zu Brei zu zer-
reiben. Dieser Brei wird dann mit Kochsalz, Kôji und Wasser ver-
mischt und die Mischung ein oder mehrere Jahre an einem kühlen
Ort sich selbst überlassen. Miso verdirbt nicht und soll nach drei
Jahren am besten sein. Die Verwendung desselben, vornehmlich zu
Suppe, aber auch zu verschiedenen andern Speisen, ist eine allge-
meine und in vieler Beziehung ähnlich derjenigen der Shôyû. Eine
Analyse von Komaba ergab 50,40 % Wasser, 8,25 % Faser, 12,50 %
Asche (Salz), 0,61 % Zucker, 10,08 % Legumin und 18,16 % lösliche
Kohlenhydrate.
[126]I. Land- und Forstwirthschaft.
8) Tôfu, engl. Bean-curd, deutsch und franz. weniger passend
Bohnenkäse und Fromage de Pois*) genannt, ist ein in Japan und
China aus gelben Sojabohnen dargestelltes, werthvolles Nahrungs-
mittel, das aus frischem geronnenen Legumin besteht, so dass die
englische Bezeichnung zutreffender ist, als die unsrige. Folgendes ist
die einfache Bereitungsweise desselben:
Die gelben Sojabohnen werden während 12—24 Stunden in kaltem
Wasser, oder eine kürzere Zeit hindurch in warmem zum Aufquellen
gebracht und dann zwischen den Steinen einer Handmühle unter Zu-
fügung von Wasser, das zur Maceration diente, zu einem dünnen
Brei zerrieben, bei welchem die Wassermenge etwa zehnmal die der
Bohnen übersteigt. Hierauf filtriert oder presst man das Ganze durch
ein feines Sieb und bringt den Rückstand zum zweiten Mal in die
Mühle. 10 Volumina dieses Filtrats fügt man nun zu 3 Vol. heissen
Wassers in einem Kessel, der dadurch etwa zur Hälfte voll wird,
und erhitzt bis zum Kochen. Nach dem Erkalten filtriert man durch
einen Sack aus Baumwollzeug und schliesst durch Drücken unter der
Hebelpresse.
Wie bei unsern Suppen aus Hülsenfrüchten, befindet sich nun das
Legumin gelöst im Filtrat. Zu seiner Coagulierung und Abscheidung
wird demselben Shio-no-nigari (Salzbitter), d. h. die vornehmlich aus
Chlormagnesium bestehende Mutterlauge von der Seesalzgewinnung zu-
gesetzt und dabei beachtet, dass der Niederschlag sich allmählich und
ruhig absetzt. (In China setzt man nach den Angaben von St. Ju-
lien noch gebrannten Gips zu.) Hat sich die Flüssigkeit geklärt, so
wird sie behutsam abgeschöpft, darauf der Niederschlag in viereckige
Holzformen mit durchlöcherten, beweglichen Wänden gebracht, die mit
einem Tuche ausgelegt sind. Dasselbe faltet man über dem Tôfu zu-
sammen, legt dann ein Brett darüber und presst durch mässige Be-
lastung mit Steinen den Tôfu aus. Endlich schneidet man durch
breite Messer aus Messingblech die weiche, grauweisse Masse in Tafeln
und bewahrt dieselben unter Wasser auf. Im Sommer kann dies nur
für sehr kurze Zeit geschehen. Eine längere Conservierung wird
durch Einlegen in Shôyû, Einsalzen und andere Mittel erzielt.
Kori-tôfu, gefrorener oder Eis-Tôfu ist der schwammige, hornige
Rückstand, welcher bleibt, wenn man gewöhnlichen Tôfu gefrieren
lässt und dann an der Sonne aufthaut und trocknet, wodurch der
Wassergehalt grösstentheils schwindet. Unter Yuba versteht man
[127]2. Nährpflanzen.
ein drittes Präparat, aus bräunlichen, zähen Häuten bestehend, das
dadurch erhalten wird, dass man die Leguminlösung zur Tôfubereitung
unter Zusatz von etwas Holzasche kocht und die sich bildenden Häute
der Reihe nach wegnimmt.
9) Undon, Macaroni, und Somen, Vermicelli. Sie werden wie
bei uns aus Weizenmehl dargestellt und treten als Nahrungsmittel
nirgends hervor.
10) Fu ist ein eigenartiges Gebäck, das man kaum Brod nennen
kann, da es nach seiner Darstellung und Verwendung von solchem
sich wesentlich unterscheidet. Man bereitet es aus Weizenmehl,
welches man zunächst in ähnlicher Weise, wie für die Anfertigung
von Nudeln behandelt, doch verwendet man eine geringere Sorte, eine
Art Weizenschrotmehl. 2 Theile desselben werden mit Wasser und
Salz stark geknetet. Hierauf wird der Teig mit Wasser ausgewaschen,
um Kleie und Salz zu entfernen, und nach Zusatz von 2 Theilen Mehl
des Mochi-gome (Kuchen- oder Klebreis) von neuem tüchtig geknetet.
Es entsteht so ein ausserordentlich zäher, elastischer Teig, welcher,
um das eingeschlossene Wasser zu entfernen, wiederholt durchschnitten
und umgeformt wird. Endlich wird er in 2 Fuss lange cylindrische
Formen gebracht, gebacken und das in kleine Scheiben zerschnittene
Fu verkauft. Man erweicht sie in warmem Wasser und kocht sie mit
andern Speisen.
11) Sembei (sprich Sémbé), ein ungesäuertes Gebäck aus dem
Mehl des Klebreises oder Weizens, mit Zusätzen von Zucker und an-
dern Ingredienzien und damit im Geschmack sehr verschieden, er-
innert nach diesem und dem Aussehen oft an die ungesäuerten Oster-
brote der Juden. Es kommt in der Regel in dünnen, gelbbraun ge-
backenen Kuchen oder in Form kleiner Kringel zum Verkauf. Die
Feilbietenden (meist Jungen) durchziehen oft die Strassen der Städte
mit dem Rufe: »Sembei kaonaika?« — »Kaufen Sie keine Sémbé?« —
oder »Sembei iri masenka?« — »Mögen Sie keine Sémbé?«
12) Ame-no-mochi. Nach einem alten, allbekannten Sprich-
wort lässt sich über Geschmackssachen nicht streiten. Das gilt auch
bezüglich der Art, wie der Japaner zum Theil das Mehl von Weizen,
Buchweizen und Reis verwendet. Während er sich mit unserem Back-
werk. soweit er es durch Portugiesen und Holländer kennen zu lernen
reichlich Gelegenheit hatte, nie befreundet hat, sind ihm einige un-
gegohrene und ungebackene Präparate aus Teig, namentlich wenn
dieselben mit einem Gemisch von Bohnenmehl (Adzuki) und Zucker
gefüllt sind, wahre Leckerbissen. Obenan stehen solche aus dem ela-
stischen Teige des Kuchen- oder Klebreis (Mochi-gome), insbesondere
[128]I. Land- und Forstwirthschaft.
Ame-no-mochi. Die kleinen Teigkuchen dieses Namens, etwa von
der Gestalt und Grösse eines frischen Handkäses, blos aus dem Mehl
von Mochi-gome, oder vermischt mit etwas Gersten- oder Weizenmehl
und mit Bienenhonig (Hachi-midzu) oder Zucker überdeckt, bietet man
u. A. an verschiedenen Stellen der alten Landstrassen, z. B. dem Tô-
kaidô, feil und macht in den japanischen Beschreibungen des Weges
ganz besonders darauf aufmerksam.
13) Satô, Zucker, wird in den wärmeren Provinzen Japans
(Satsuma, Hizen, Tosa, Sanuki, Awa, Aki, Kii, Ise, Owai, Mikawa,
Tôtômi und Suruga), besonders aber auf den Riu-kiu-Inseln aus Zucker-
rohr, jap. Satô-kibi, d. h. Zuckerhirse gewonnen. Es ist das so-
genannte chinesische Zuckerrohr (Saccharum sinense Roxb.), eine aus
China stammende, kleine, aber niedrigen Temperaturen gegenüber
harte und widerstandsfähige Sorte, welche man in den angeführten
Provinzen in bescheidenem Umfang baut. Indess ist diese Widerstands-
fähigkeit nicht so gross, um auch die Nachtfröste, wie sie selbst noch
in Satsuma den Winter über gar nicht selten sind, auszuhalten. Da-
her beschränkt sich dann die Cultur des Zuckerrohrs in Japan auf die
Sommermonate, indem man es im 3. oder 4. Monat pflanzt und im 9.,
also nach nur sechsmonatlicher Vegetationsdauer, erntet. Es kann
während dieser Zeit nicht zur Blüthe kommen, noch so reichlich
Zucker entwickeln, wie Rohre von höherem Alter in geeigneteren Kli-
maten. Das zur Vermehrung bestimmte Rohr wird den Winter über
in einem frostfreien trocknen Raume in Erde und Sand eingeschlagen
und dann im Frühjahr in Stücke geschnitten und auf bekannte Weise
als Ableger verpflanzt. Die Zuckergewinnung bietet nichts bemerkens-
werthes. Sie reicht für den Bedarf nicht aus, so dass noch ansehn-
liche Mengen Rohzucker (weiss, gelb, dunkelbraun) aus Südchina
(Swatau, Amoi und Canton), vornehmlich aber aus Formosa eingeführt
werden müssen. Eine Raffinierung findet nicht statt.
14) Su, Essig, wird vornehmlich aus Sake bereitet. Geschätzter
ist derjenige aus Mume-Pflaumen und mehr noch solcher aus Orangen.
15) Kanten oder Tokoroten, franz. Colle du Japon, Gélatine
Végetale, engl. Japanese Isinglass, ist ein Präparat aus verschiedenen
Algen, das wir als Algengallerte bezeichnen können. Es kommt
von Japan aus viel nach China und in der Neuzeit auch zu uns in
den Handel. Man benutzt es statt Gelatine, Hausenblase und ver-
wandter Stoffe sowohl im Haushalte, wie auch in den Gewerben,
z. B. als Appreturmittel bei Geweben. Zur Darstellung werden die
Kanten-sô oder Kanten-gusa (d. h. Kanten-Kräuter) (Gelidium
corneum Lamour. und verschiedene andere Florideen), nachdem man
[][]
Theestrauch, Camellia theifera.
[129]3. Handelsgewächse.
sie an der Luft getrocknet und bis zum Gebrauch trocken aufbewahrt
hat, zuerst in frischem Wasser, worin sie bald zu einer gallertartigen
Masse aufquellen, ausgesüsst und gereinigt. Hierauf kocht man sie
in einem Kessel mit Wasser, wobei sie sich leicht und vollständig ver-
theilen und lösen. Die klebrige Flüssigkeit wird nun durch einen hanf-
leinenen Beutel in ein Gefäss gepresst, in welchem sie beim Erkalten zu
Gallerte coaguliert. Diese Masse zerschneidet man sodann und trocknet
die Stücke auf Bambusgeflecht oder Matten an der Luft völlig aus.
Diese Algengallerte, welche unter dem unpassenden englischen
Namen Isinglass (Hausenblase) in den Handel kommt und bei uns ge-
wöhnlich als Agar-Agar verkauft wird, erscheint in der Regel in
Gestalt unregelmässig prismatischer Stäbe mit quadratischem Quer-
schnitt von 3 cm Breite. Die Länge derselben beträgt 28 cm, das Ge-
wicht nur 11 bis 11,5 Gramm. Es ist eine runzlige, leichtzerbrech-
liche membranartige Masse, ohne Geschmack und Geruch, meist von
gelbweisser Farbe und dann halbdurchsichtig, zumal an den scharfen
Kanten, oder blutroth, und dann mehr blätterig-brüchig. In kaltem
Wasser schwellen diese Stäbe beträchtlich zu schwammigen, viersei-
tigen Prismen mit concaven Seiten an, ohne sich förmlich zu ver-
theilen; werden sie aber damit nur kurze Zeit erhitzt, so lösen sie
sich wieder völlig darin auf. Die Lösung coaguliert beim Erkalten
von neuem gleich Leim, sogar noch in verdünntem Zustande.
Eine Analyse des Kanten*) ergab 11,71 % Albumin (?), 62,05 %
stickstofffreie Substanz (offenbar Schleim, das Pararabin Reichardt’s),
3,44 % Asche und 22,80 % Wasser.
Das eigentliche Agar-Agar der Malayen, welches bei Singapore
und im ganzen Malayischen Archipel viel gesammelt und vornehmlich
nach China gebracht wird, besteht aus getrockneten Florideen, welche
dem Gelidium corneum Lamx. nahe verwandt sind, insbesondere den
Arten Sphaerococcus spinosus Ag. und S. isiformis.
3. Handelsgewächse.
a. Alkoholfreie Stimulanten: Thee und Tabak.
Thee.
Die dem Monsungebiete Südostasiens angehörenden Bäume und
Sträucher der Ternstroemiaceae weisen im Theestrauch und in der Ca-
mellie zwei immergrüne Glieder auf, welche der Familie über die
ganze civilisierte Welt Ansehen und Bedeutung verschafft haben. Beide
Rein, Japan. II. 9
[130]I. Land- und Forstwirthschaft.
werden in China und Japan seit vielen Jahrhunderten ihrer Blätter,
beziehungsweise Blüthen wegen cultiviert; aber während der Anbau
des Theestrauchs im wesentlichen noch immer auf diese Länder be-
schränkt ist und ihren zweitwichtigsten Handelsartikel liefert, dessen
Gewinnung mit dem riesig wachsenden Verbrauch anderwärts gleichen
Schritt hält, verbreitete sich die Aufzucht der Camellie über fast alle
christlichen Länder der Erde, freilich meist nur im Schutz der Ge-
wächshäuser und durch die Kunst der Gärtner. Diese allgemeine
Werthschätzung und Verbreitung der Camellie gehört übrigens ebenso
vorwiegend unserem Jahrhundert an, wie die des Theegenusses. Be-
friedigen nun auch die erwähnten Pflanzen ganz verschiedene Sinne und
Geschmacksrichtungen, so kennt man in der Heimat beider doch auch
einen gemeinsamen Nutzen. Es ist der, welchen man theils aus ihrem
festen Holze, theils und vor allem aus ihren ölreichen Samen zieht.
Die Verwandtschaft, welche diese ökonomischen Seiten zwischen
beiden Gewächsen erkennen lassen, ergibt sich in noch viel höherem
Grade aus der näheren Betrachtung ihres ganzen Baues, zumal der
Blüthen und Früchte, und ist in der That so gross, dass man in der
Neuzeit vielfach den Theestrauch nur als eine besondere Art der
Gattung Camellia ansieht (z. B. in Bentham \& Hooker’s: Genera plan-
tarum), also generelle Unterschiede nicht anerkennt.
Die Verbreitungsgeschichte der Theecultur weist gleich den Namen
des Produkts in den verschiedenen Sprachen auf China als Ausgang
hin. Im grössten Theil des chinesischen Reichs, namentlich auch in
Peking und Canton, heissen die für den Handel zubereiteten Blätter
und vornehmlich der daraus mittelst kochenden Wassers gewonnene
Aufguss cha (tscha), und dies ist auch der Name dafür bei Japanern,
Portugiesen und Russen (tschai). Die Benennungen: Thea, Thee, thé,
té, te, tea u. A. scheinen auf die Provinz Fukien zurückzuführen, denn
nach Williams (The Middle Kingdom) heisst der Strauch in Amoy tai
und in Futschau ta. Ob nun aber China, das älteste Culturland des
Theestrauchs, zugleich auch seine ursprüngliche Heimat und wel-
cher Theil desselben dafür anzusehen ist, erscheint noch zweifelhaft.
Im Jahre 1826 wurde die Theepflanze bekanntlich in den Dschungel-
wäldern der Landschaft Assam in anscheinend wild wachsendem Zu-
stande gefunden, aber das Vorkommen erst acht Jahre später näher
bekannt. Thea assamica Masters bildet hier gerade so, wie die Ca-
mellie im südlichen Japan wirkliche Bäume von 7—9 Meter Höhe mit
hellaschfarbener Rinde und grossen elliptischen Blättern, durch letztere
weit abweichend von den strauchförmigen und kleinblätterigen Formen
des chinesischen Culturgebietes.
[131]3. Handelsgewächse.
Nach persönlichen Mittheilungen von Dr. Brandis war das Assam-
thal noch im vorigen Jahrhundert dicht bevölkert und vortrefflich
bebaut. Diese Cultur wurde jedoch durch die Einfälle der Birmaner
zum grossen Theil vernichtet. Die Wälder nun, welche seitdem über
alten Culturstätten herangewachsen sind, enthalten den Theebaum, und
so ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass derselbe trotz mancher Eigen-
thümlichkeiten hier nur verwilderte und im wirklichen Naturzustande
die Theepflanze möglicherweise in den noch unerforschten Urwäldern
der benachbarten indo-chinesischen Grenzgebiete sich findet.
Nach neueren Ansichten gehört nun aber der Theebaum vom
Assamthale gleich den verschiedenen, in ihrer Entwickelung gehemmten
Formen des in China und Japan cultivierten Strauches derselben Art
an, die man als Camellia theïfera Griffth. oder Thea chinensis Sims.
bezeichnet. Hiernach gelten als Varietäten mit mancherlei Ueber-
gängen α Thea viridis L. β Thea Bohea L. γ Thea assamica Masters.
Die allgemeinen Charaktere (Siehe Taf. I) sind folgende: Strauch
oder Baum bis 9 m Höhe, mit hartem, lichtem Holze und starker Ver-
ästelung. Rinde glatt, hellaschfarben, an die der Buche erinnernd, bei
jungen Zweigen bräunlich. Krone dicht. Blätter abwechselnd, kurzge-
stielt, elliptisch bis länglich lanzettförmig, am Rande scharf gesägt, aus-
dauernd, glänzend dunkelgrün, doch viel weniger dick und lederartig
steif wie bei Camellia japonica, in der Jugend mit weissem Flaum oder
seidenen Härchen bedeckt, die bei weiterer Entwickelung abfallen.
Blüthen nach dem Linné’schen System der 13. Cl. 1. Ordn. angehörend,
fast geruchlos, regelmässig, einzeln oder zu 2—3 aus den Blattwinkeln,
kurzgestielt. Kelch 5—6-blätterig, Krone regelmässig radförmig mit
1—1½ cm Durchmesser, weiss bis rosafarbig mit 6 Blumenblättern,
von denen die 2 äussersten etwas kleiner als die 4 andern sind. Staub-
gefässe zahlreich, radförmig ausgebreitet, Griffel dreispaltig, Frucht-
knoten mit drei Embryonen. Frucht eine runde, dreifächerige, drei-
samige Kapsel, aussehend, wie aus drei theilweise in einander ge-
schobenen Kugeln bestehend, seitlich aufspringend. Die von harter
Schale eingeschlossenen ölreichen Samen sind kugelrund, von der
Grösse der Kirschkerne und der Färbung der Haselnüsse (a). Blüthe-
zeit und Fruchtreife fallen September bis December, so dass die Samen
fast ein ganzes Jahr zur Entwickelung bedürfen und in den kälteren
Theedistrikten Japans, Chinas und der Himalaya-Landschaften in der
Regel Nachtfröste die späteren Blüthen zerstören.
Von den Abarten bildet Thea viridis L. einen grossen rasch wach-
senden Strauch, der weniger empfindlich ist, als Th. Bohea L. Seine
Blätter sind lanzettlich und erreichen oft 8—12 cm Länge bei ⅓ der
9*
[132]I. Land- und Forstwirthschaft.
Breite. Am Rande sind sie grob und unregelmässig gezahnt, oft etwas
wellig, dünn und im Treibhause lichtgrün. Die grossen Blüthen er-
scheinen meist einzeln.
Thea Bohea bleibt viel kleiner (doch gibt es in den Gewächs-
häusern botanischer Gärten auch von ihm sehr grosse Exemplare; so
hatte z. B. dasjenige zu St. Petersburg bis vor wenigen Jahren sowohl
von Thea viridis, als auch von Th. Bohea Bäume aufzuweisen, welche
etwa 60 Jahre, und bei 12—15 cm Stammdurchmesser eine Höhe von
5 m erreicht hatten) und ist empfindlicher gegen die Kälte. Die Aeste
und Zweige sind gleich den Blättern steif, letztere überdies länglich-
elliptisch, kaum halb so lang wie bei Th. viridis, meist 3—5 cm lang
und halb so breit, glatt und regelmässig gesägt. Die Sträucher blühen
reichlich und häufig mit 2—3 Blüthen in einem Blattwinkel.
Thea assamica Masters bildet cultiviert ein schönes Bäumchen von
1 ½ m Höhe. Die Blätter sind gegenüber den chinesischen Sorten sehr
gross, elliptisch zugespitzt, 10—15 cm lang und halb so breit, glatt
und stark genervt. Ein Hybride zwischen der Assampflanze und dem
chinesischen Theestrauch, welcher jetzt mit Vorliebe in Indien gepflanzt
wird, verbindet den reichen Blattertrag und die Stärke des Aufgusses
der indischen Stammform mit der Compactheit, Abhärtung und dem
angenehmen Aroma der chinesischen.
Nach Fortune wird Bohea vorzugsweise im Süden Chinas, in der
Provinz Kuang-tung gezogen und zur Darstellung des schwarzen
Thees benutzt, während Th. viridis den grünen Thee des Gebietes
südlich des Jang-tse-kiang liefert, der vornehmlich über Schanghai
und Ningpo verschifft wird. Zu seiner Ueberraschung fand er jedoch,
dass auf den sogenannten Bohea Hills der theereichen Provinz Fukien,
welche fast nur schwarzen Thee liefert, überall Th. viridis angebaut
ist, und überzeugte sich bald, dass die verschiedene Farbe des Han-
delsprodukts nur das Resultat der verschiedenartigen Zubereitung der
Theeblätter ist, die letzteren also je nach der Behandlungsweise den
grünen oder den schwarzen Thee des Handels liefern. In Japan, das
fast nur grünen Thee erzeugt, kommt derselbe von mehreren Varie-
täten niedrig gehaltener Boheabüsche. Die Form Th. viridis habe ich
kaum irgend wo getroffen. Obgleich nun Fortune vornehmlich durch
seine Reiseberichte aus China den weit verbreiteten Irrthum ver-
scheuchte, als ob grüner und schwarzer Thee die Produkte ganz ver-
schiedener Pflanzen, von Thea viridis und Th. Bohea beziehungsweise
seien, so war er doch keineswegs der erste Schriftsteller, welcher das
Verhältniss richtig stellte. Dies hat vielmehr schon Lettsom über ein
[133]3. Handelsgewächse.
halbes Jahrhundert zuvor gethan, indem er mit klaren Worten pag. 7
seines schönen Werkes über den Theestrauch*), wie folgt sich äussert:
»Es gibt nur eine Species dieser Pflanze, indem der Unterschied
zwischen grünem und Bohea-Thee von der Natur des Bodens, der
Cultur und Art, die Blätter zu trocknen, abhängt. Man hat sogar be-
obachtet, dass ein grüner Theebaum, in den Bohea-Distrikt verpflanzt,
Bohea-Thee liefern wird, und so das Gegentheil.«
Die hervorragendsten Theedistrikte Indiens, Chinas und Japans
fangen am nördlichen Wendekreis (bei Japan unter 33° N.) an und
erstrecken sich bis zum 35. Parallel. In Japan ist der 40. Breitengrad,
in China der 36. die äusserste Nordgrenze der Theepflanzungen. In
Java hat man die Theegärten in der unteren Gebirgszone 1000—
1200 m über der See angelegt, in Indien befinden sich dieselben im
allgemeinen in 800—1200 m Meereshöhe; in Assam und Chittagong je-
doch nur 60—80 m hoch. An den unteren Temperaturgrenzen der
Theecultur, sowohl im Himalaya, als auch im nördlichen China und
Japan sind die Sträucher im Winter häufig Nachtfrösten ausgesetzt,
welche bis zu — 9° C. steigen können, ohne dieselben zu tödten.
Neben den Varietäten des Strauches haben natürlich Clima, Boden und
Zubereitungsweise auf die Qualität des Thees den grössten Einfluss.
Was den Boden anlangt, so gilt ein sandiger humusreicher Lehm an
den unteren Gehängen der Hügel für den besten Untergrund einer
Theepflanzung. Auf einem solchen sanftgeneigten Boden fliesst das
atmosphärische Wasser leicht ab, ohne die Ackerkrume mit fortzu-
reissen. Theegärten, welche steile Bergabhänge hinaufziehen, gibt es
nicht und Terrassencultur für solche Anlagen nur ausnahmsweise. Da-
gegen kommen in Japan Theepflanzungen auch in der Ebene vor, z. B.
in dem berühmten Theedistrikte von Uji am Yodogawa zwischen Ôzaka
und dem Biwa-See. In solchem Falle muss aber der Boden wohl-
drainiert sein und das Grundwasser den Wurzeln fernbleiben. In Indien
und Java hat sich Waldland mit fruchtbarem Humusboden auf einer
Unterlage von sandigem Lehm, in welchen die Pfahlwurzeln leicht
eindringen, Halt und Feuchtigkeit finden können, für den Anbau des
Theestrauchs besonders günstig erwiesen. In China und Japan, wo
solcher jungfräulicher Waldboden fast nirgends zu haben ist, sind um
so mehr sorgfältige, tiefe Umarbeitung des Bodens, Reinhaltung und
zweckmässige Düngung Grundbedingungen bei der Anlage und Unter-
haltung eines Theegartens.
Die Aussaat der Theesamen folgt entweder noch im Herbst un-
mittelbar nach der Reife, oder erst im nächsten Frühjahr. In diesem
[134]I. Land- und Forstwirthschaft.
Fall erhält man ihre leicht schwindende Keimkraft am besten da-
durch, dass man sie an einem kühlen Orte in einem Gemisch von
Sand und Erde aufbewahrt, ähnlich wie dies bei uns wohl mit Kirsch-
kernen und andern Samen von Steinobst geschieht. Die Pflanzung im
Theegarten erfolgt theils direkt, theils geht ihr eine Anzucht in der
Baumschule voraus, wie man dies in Japan oft beobachten kann, wo die
Baumschule auch als willkommene Reserve dient, um in der Pflanzung
eingegangene Büsche oder einzelne Individuen durch andere zu ersetzen.
Bei direkter Aussaat werden auf dem zum Theegarten bestimmten,
wohl vorbereiteten und insbesondere gedüngten und tiefdurcharbeiteten
Boden Reihen von 1—1,5 Meter Abstand gezogen und in denselben
in gleichen Entfernungen Kreise mit 30—50 cm Durchmesser. Jeder
derselben erhält 20—30 Samen so vertheilt, dass aus den Pflanzen
mit Hülfe zweckmässiger Beschneidung nach einigen Jahren ein
schöner, geschlossener Busch von fast halbkugeliger Oberfläche und
40—120 cm Höhe wird. Mit etwa 5 cm Erde bedeckt, keimen die
im Frühjahr gelegten Samen nach etwa 50 Tagen. Die jungen
Pflänzchen erreichen im ersten Sommer nur 6—10 cm Länge, im
zweiten zeigen sie die ersten Seitentriebe und werden etwa 25 cm
hoch, im 3. Jahre erreichen sie gegen 50 cm. Die in der Baumschule
erzielten Sämlinge werden nun verpflanzt, wenn dies nicht bereits im
Frühjahr nach der zweiten Vegetationsperiode geschah. Hierbei pflegt
man im Theegarten ähnlich, wie schon angegeben, zu verfahren, ver-
eint aber in der Regel nur 10—12 Pflanzen zu einem Busch und hält
die bei unsern Reihenpflanzungen unter der Bezeichnung »ins Klee-
blatt« bekannte Abwechselung inne, damit die einzelnen Büsche be-
nachbarter Reihen den grösstmöglichen Abstand erhalten.
Die Entfernungen der Reihen unter einander und der einzelnen
Büsche in den Reihen, welche keineswegs in allen Pflanzungen die
nämlichen sind, pflegt man durch die auf Fussmaass sich beziehen-
den Zahlenverhältnisse 3 : 3; 3 ½ : 3; 4 : 3; 4 : 4; 5 : 4; 5 : 5 auszu-
drücken. Man hat gefunden, dass bei enger Pflanzung der Ertrag
wohl am grössten und in Folge des Anschlusses der Büsche an ein-
ander der Boden am meisten vor Unkraut bewahrt wird, dagegen bietet
dann die Lockerung und Düngung desselben manche Schwierigkeiten,
auch wird das Einsammeln der Blätter erschwert. Eine Pflanzung im
Verhältniss 4 : 4 oder 4 ½ : 4 entspricht dagegen, zumal da wo die
Büsche, wie in Japan, niedrig gehalten werden, allen Anforderungen.
Sie haben nach allen Seiten freien Spielraum, auch für ihre Wurzeln, was
eben so wichtig ist, als Luft und Licht für das oberirdische Gedeihen.
Wo die Reihen in grösseren Abständen angelegt werden, pflegt
[135]3. Handelsgewächse.
man in China und Japan Zwischenculturen von Hülsenfrüchten, Ge-
müsen, Tabak oder auch Maulbeerbüschen. Auf dem Wege von Nara
nach Fushimi in Japan sah ich Reihen von Theesträuchern in etwa
4—5 Meter Abstand abwechseln mit Reihen von Obstbäumen (Diospyros
Kaki). Die Pflanzung erinnerte mich aus einiger Entfernung an solche
meiner deutschen Heimat, wo Reihen Beerensträucher mit Kirschbäumen
abwechseln. Solche gemischte Anlagen sind jedoch Ausnahmen; in der
Regel dient der meist freiliegende Theegarten keinem Nebenzweck.
In Japan, besonders auf Kiushiu, findet man die Theesträucher
nicht selten vereinzelt an den Rändern der Terrassen, Felder und
Wege, zuweilen auch in Hecken vereinigt. Es liefern solche An-
lagen aber nur untergeordnete Waare und sind nichts weniger als
Regel und mustergültige Culturen zu betrachten.
Offenbar hatte E. Kaempfer, der die Landestheile mit ausge-
dehnterer, sorgfältigerer Theecultur nicht kennen lernte, solche Ver-
hältnisse auf Kiushiu im Auge, als er schrieb, dass man dem Tsja
(Tscha) no ki oder Theebaum keinen andern Platz vergönne, als die
Ränder der Aecker und andere zur Benutzung unbequeme Oerter*).
In gleicher Weise und auf dieselbe Art irre geleitet, bemerkt Maron:
»Die Theestaude wird überhaupt wenig und dann nur in Hecken und
Umgrenzungen des Gartens gezogen und ich glaube kaum, dass ihre
Cultur irgendwo in das Feld verlegt ist«**).
In China sind die Theegärten meist kleine Flecken Landes, wie
sie der Kleinbauer mit seiner eigenen Familie bearbeiten kann; doch
erwähnt Fortune auch solcher, welche 4—5 acres umfassen. In Japan
begegnet man solchen grösseren Pflanzungen gar nicht selten. Oft
schliessen sich viele an einander an, wie bei uns die Weinberge ver-
schiedener Besitzer. Ueber sanft gewelltes, schwach ansteigendes
Land, oft zur Seite des gelbgrünen Reisfeldes ausgebreitet, gewähren
diese Theegärten mit ihrer dunkelgrünen Belaubung im Sommer einen
überaus angenehmen Anblick, zumal, wenn das Bild noch weiter be-
lebt wird durch bunt und sauber gekleidete Frauen und Kinder, welche
emsig der Blattlese obliegen.
Das zweckmässige Beschneiden des Theestrauchs ist eine der
wichtigsten und am meisten Geschick und Verständniss erfordernden
Arbeiten in der Bewirthschaftung eines Theegartens; denn es soll da-
mit ja der Pflanzung nicht blos ein gefälliges Aussehen verliehen, son-
dern vor allen Dingen der Ertrag und die Qualität der Ernte erhöht
[136]I. Land- und Forstwirthschaft.
werden. Gleich dem Pflanzen und Düngen muss es in der kälteren
Jahreszeit vorgenommen werden, ganz so, wie bei unseren Holzge-
wächsen, also zu einer Zeit, wo ein Stillstand in der Vegetation ein-
getreten und die geringste Saftentwickelung vorhanden ist.
Die Theepflanzungen erhalten reichliche Düngung, oft viermal im
Jahre, die stärkste jedoch im Frühjahr, wenn die neue Vegetations-
epoche beginnt. Oelkuchen und Fischguano gelten als besonders wirk-
sam und werden mit Vorliebe, namentlich bei jungen Pflanzen, ange-
wandt; wo sie fehlen und in der älteren Pflanzung greift man zu
menschlichen Fäcalstoffen. Da eine Jahresernte von 1600 Pfd. Thee-
blättern per Hectare dem Boden u. A. 100 kg Stickstoff und 24 kg
Potasche entzieht, so muss ein zweckmässiger Dünger vor allen Dingen
diesen Verlust ersetzen. Aus diesem Grunde empfehlen sich auch
Holzasche und Meeresalgen, wo solche zu haben sind.
Je nachdem man einen Theegarten aus Samen, oder durch Ver-
pflanzen von Sämlingen erzielte, beginnt man mit dem dritten oder
vierten Altersjahr der Pflanzen die Blatternte. Dieselbe steigert sich
bei sorgfältiger Behandlung und normaler Witterung bis zum 10. oder
12. Jahr, worauf eine allmähliche Abnahme folgt, so dass nach etwa
15—18 Jahren eine neue Anlage nöthig wird. Oft ist eine Pflanzung
jedoch schon nach 10—12 Jahren abständig und der Boden erschöpft;
anderseits findet man solche, welche mindestens 24—30 Jahre alt
und noch ertragsfähig sind, wie z. B. in dem berühmtesten japa-
nischen Theedistrikte von Uji, dessen schon Kaempfer gedenkt.
»Udsi tsjaa nominavi; de qua ne quid in historia omittatur, pauca
addimus, Udsi oppidulum est ad limites maris situm (ist 5 Meilen
nordwärts vom Meer bei Ôzaka), non procul a metropoli et Pontificali
see Miaco .... Ejus clima mira benignitate favet culturae fru-
ticis.« Das Produkt dieses 2400 Ew. zählenden Städtchens verdankt
jedoch seinen alten Ruf nicht sowohl einer besonderen Gunst des
Klimas, als vielmehr der eigenartigen Behandlung und Pflege der
Theebüsche zur Zeit der ersten Blattentwickelung, ein Umstand, den
ich in Uji selbst kennen lernte und worauf meines Wissens noch
Niemand aufmerksam gemacht hat.
Es sind eigentlich zwei Orte zu beiden Seiten des Yodogawa
¾ Meilen oberhalb der Stadt Fushimi. Der am rechten Ufer gehört
Uji-gori, der zur Linken Fuse-gori an, beides Kreise der Provinz Ya-
mashiro, deren alte Hauptstadt Kiôto (Miaco oder Miyako) etwas über
eine g. Meile entfernt ist.
Der Fluss tritt hier aus seinem engen Gebirgsbett heraus und
breitet sich in der nun beginnenden Ebene aus. An den niedrigen
[137]3. Handelsgewächse.
Hügeln dieser Uebergangszone und theilweise in der Ebene selbst ge-
winnt man den geschätztesten Thee von Uji, von dem noch immer
die auserlesene Waare Yen 10=40 Mk. das Kilo kostet und von der
gewöhnlichen Sorte 2—3 Yen.
Etwa 30 Tage vor der ersten Ernte, welche Mitte Mai beginnt (die
zweite fängt am Schluss der Regenzeit etwa 2 Monate später an) werden
die Theegärten zu Uji überdacht. Das Dach ruht auf Pfählen und
Stangen und besteht aus Matten von dicht aneinander gereihten Schilf-
stengeln. Es befindet sich 1 ½—2 Meter über dem Boden — die
Sträucher sind ½—1 Meter hoch, so dass die Arbeiter bequem dar-
unter hergehen und die erste Blatternte besorgen können. Ist die-
selbe vorüber, so wird es entfernt und bis zum nächsten Jahr in be-
sonderen Häuschen oder Schuppen aufbewahrt. Die Ueberdachung,
welche bereits vor 200 Jahren angewandt worden sein soll, hat zum
Zweck, die Büsche vor dem nächtlichen kalten Thau zu schützen, der
die jungen Blätter röthet und ihnen einen bitteren Geschmack ver-
leiht. Offenbar wird durch dieselbe die Wärmeausstrahlung des Bo-
dens und der Blätter und damit die nächtliche Abkühlung vermindert,
während durch das gedämpfte Licht sich zugleich die Internodien der
jungen Triebe verlängern und die Blätter zarter werden. Wie in
China, so findet auch in Japan in der Regel eine zweimalige Blatt-
lese statt, von denen die erste als Haupternte je nach der Lage und
Entwickelung der Pflanzung Anfang oder Mitte Mai beginnt (im süd-
lichen China noch eher) und 10—20 Tage dauert, die zweite aber erst
den grossen Sommerregen, also etwa 4—6 Wochen später folgt. In
China geht der Haupternte an manchen Orten im April noch eine an-
dere von unentwickelten und noch mit weissem Flaum behafteten
Blättern voraus. Sie liefert die theuersten Theesorten: den feinsten
Pekoe, Pekoe tips, Pekoe Spitzen, fälschlich Pekoe Blüthen genannt,
und Young Hyson und erfordert natürlich besondere Sorgfalt, um die
Büsche nicht zu beschädigen und die Haupternte zu sehr zu beein-
trächtigen. Für diese werden entwickelte, aber noch junge Blätter
genommen, von denen Frauen und Kinder im Durchschnitt täglich
etwa 15 Pfund pflücken, während man sonst und auch in Assam das
dreifache Quantum als Tagesarbeit eines fleissigen Mannes erhält.
Man rechnet 4 Pfund frische Blätter auf 1 Pfund fertigen Thee. Der
Bauer, welcher sie gewann, verarbeitet sie entweder selbst oder ver-
kauft sie an Mittelpersonen. Die zweite, beziehungsweise dritte Blatt-
lese liefert nur ältere, rauhere Blätter für den einheimischen Gebrauch
oder für die Darstellung von Backsteinthee. Es ist wichtig, dass die
frischen Blätter thunlichst bald weiter verarbeitet werden, um daraus,
[138]I. Land- und Forstwirthschaft.
je nach dem Verfahren, den grünen oder schwarzen Thee des Han-
dels zu gewinnen. Der Chinese nennt nach der Farbe des Aufgusses
die eine Sorte Luh-cha, d. h. grüner Thee, die schwarze Hung-cha,
d. h. rother Thee. Man hat nämlich gefunden, dass ein längeres
Welken derselben wohl das Rollen und andere Manipulationen er-
leichtert, aber die Farbe und den Geschmack des Extracts beeinträch-
tigt; besonders gilt dies vom grünen Thee, dessen Güte wesentlich
durch ein rasches, gewandtes Trocknen gefördert wird. Betrachten
wir desshalb seine Zubereitung (curing) zunächst.
Japan stellt, wie schon früher angedeutet wurde, fast nur grünen
Thee dar. Die verschiedenen Processe, welche das gepflückte Blatt
hier, bis zu seiner Verschiffung nach dem amerikanischen oder euro-
päischen Markt dabei durchmacht, zerfallen in solche am Erzeugungs-
orte und solche beim Grosshändler vor der Verschiffung.
a. Das Dämpfen (Steaming) der Blätter. Eine Reihe ein-
gemauerter eiserner Kessel (oder Pfannen) wird zur Hälfte mit Wasser
gefüllt und dasselbe durch darunter angebrachte Holzkohlenfeuerungen
in’s Kochen versetzt. Die Oeffnung eines jeden Kessels deckt ein
mit den Rändern gut anschliessendes Sieb von etwa 45 cm Durchmesser,
auf dessen Boden man mehrere Händevoll (etwa ½ Pfund) frische Thee-
blätter ausbreitete, worauf ein Deckel das Sieb oben schliesst. Man
lässt nun den Wasserdampf kurze Zeit, gewöhnlich etwa ½ Minute
auf die Blätter einwirken, das ist so lange, bis der charakteristische
Theegeruch sich entwickelt. Man nimmt alsdann die Siebe mit ihrem
Inhalt von den Pfannen weg, schüttelt letzteren durcheinander und
dann über Strohmatten oder Tische aus. Die feuchten Blätter haben
natürlich ihre Steifheit verloren, sind weich und nach allen Rich-
tungen leicht biegsam, und zeigen überall Spuren des aus ihnen her-
vorgetretenen Oels. Durch Ausbreiten und Befächeln werden sie
rasch abgekühlt und hierauf einer andern und besonders wichtigen
Umarbeitung unterworfen, nämlich
b. dem Dörren (Firing). Ein Rahmen aus Holz oder Bambus-
rohr von der Gestalt eines Backtrogs bei uns auf dem Lande, in der
Regel 4' (120 cm) lang und 2 ½' (75 cm) breit, ist mit Cement be-
kleidet und dient als Ofen oder Herd, indem auf dem Boden des-
selben, von Asche umgeben, ein gelindes Holzkohlenfeuer unterhalten
wird. Ein zweiter Rahmen schliesst als vertiefter Deckel, wie der
Einsatz in einem Koffer, nach oben diesen Behälter. Die Wände
dieses leichten Einsatzes sind mit starkem Bastpapier überzogen, ebenso
der Boden, welcher 40—50 cm über den glimmenden Kohlen darunter
endet und desshalb nicht versengt wird, da die auf dasselbe ein-
[139]3. Handelsgewächse.
wirkende Wärme 50—60° C. nicht übersteigt. Grössere Producenten
haben eine Anzahl (3—8) dieser Vorrichtungen in einem luftigen
Raume, bei kleinen genügt oft eine einzige. Zur Bedienung einer
jeden dient ein kräftiger, fast nackter Mann. Derselbe schüttet auf
den Einsatz etwa 800 me (gegen 3 kg.) der nach a vorbereiteten
Theeblätter, breitet sie über dem Papierboden aus und bewegt und
bearbeitet sie nun mit den Händen beständig. Zunächst hebt er die
weichen, feuchten Blätter empor und lässt sie wieder niederfallen,
bis sie allmählich eine mehr dunkelgrüne Farbe angenommen haben.
Er geht nun dazu über, zwischen den flachen Händen durch Reiben
und Rollen Bälle daraus zu formen, sie wieder zu trennen, an den
papiernen Seitenwänden seines Trogeinsatzes hin und her zu rollen,
sie abermals in Kugeln zu vereinigen, die er mit starkem Druck auch
an den Papierwänden hin und her rollt. So setzt er mit verschiedener
Abwechselung die mühsame Arbeit mehrere Stunden lang emsig fort,
bis die ganze Masse eine dunkel-olivengrüne Farbe angenommen hat
und die einzelnen Blätter gekräuselt, gedreht und gerollt erscheinen.
Sie heissen bei den englischen Theehändlern squills, Zapfen, und wer-
den nun zum langsamen Trocknen auf ähnlichen erwärmten Papier-
rahmen ausgebreitet, wo sie in einer von 45—30° C. abnehmenden
Wärme längere Zeit (4—12 Stunden) verbleiben, bis sie ganz spröde
geworden sind. Für den einheimischen Gebrauch ist der Thee nun
fertig und bedarf nur noch des Sortierens und Verpackens. In Thon-
oder Porzellangefässen mit gut schliessendem Deckel aufbewahrt, hält
er sich mindestens ein Jahr lang.
c. Das Sortieren des Thees. Bei der Ernte wurden mit den
nicht durchweg gleichen und gesunden Blättern auch nicht wenige der
jungen Samenkapseln abgepflückt, welche auf ihren kurzen Stielchen
den bekannten Kapern nicht unähnlich sehen. Beim Sortiren des
Thees werden sie, wie die Stiele und schadhaften Blätter ausgeschie-
den; ferner trennt man das entstandene Theepulver, sowie die kleinen
Blättchen von den grösseren, denn es gilt eine gleichförmige, schön
aussehende Waare zu erhalten. Zu diesem Zweck wird der trockne
Thee zunächst mit einer leichten Handwanne aus Bambusrohr ge-
schwenkt und das dabei sich oben aufsammelnde grobe Material, wie
Blattstiele und Samenkapseln, weggenommen. Hierauf folgt das Durch-
sieben (Sifting) des Thees. Das Sieb wird durch ein an der Decke
befestigtes Seil in Brusthöhe schwebend erhalten, wodurch es mit
Leichtigkeit in jeder Richtung, sowie auch kreisförmig bewegt werden
kann. Hierbei sammelt sich das durchfallende, feinere Material in
einem Haufen, während der zurückbleibende Thee aus mehr gleich-
[140]I. Land- und Forstwirthschaft.
förmigen gedrehten und gerollten Blättchen besteht. Endlich wird
dieser zum Export kommende Thee auf einem Tisch ausgebreitet und
hier von Mädchen noch sorgfältig durchlesen, wobei alle noch zurück-
gebliebenen Verunreinigungen durch Fruchtkapseln, Stielreste etc. be-
seitigt werden. Die Arbeiten sind nun beendet, die Waare wird in
neue Holzkisten verpackt, deren jede ein halbes Picul (30 Kilo) fasst,
und nach einem der Vertragshäfen zum Verkauf gesandt. Eingeborene
Zwischenhändler vermitteln ihren Uebergang aus den Händen des Pro-
ducenten in diejenigen des fremden Kaufmanns und Exporteurs.
Um den Thee seetüchtig und marktfähiger zu machen, unterwirft
dieser denselben 1—2 Stunden lang einem nochmaligen Dörren und
endlich dem Färben. Bezüglich des ersteren werden zweierlei Ver-
fahren eingeschlagen, das Erhitzen in Pfannen (Pan firing) und in
Körben (basket firing). In grossen luftigen Hallen (Tea Firing Go-
downs) werden eiserne Pfannen von annähernd halbkugeliger Gestalt,
jede gegen 40—50 cm weit und etwas mehr als halb so tief, reihen-
weise in niedrige Backsteinmauern gesetzt, jede mit einer besonderen
kleinen Holzkohlenfeuerung darunter. Manche Kaufleute haben gegen
500 solcher Pfannen in einem Raume und zur Bedienung derselben
ebensoviele Personen, vornehmlich Frauen und Mädchen. Wenn der
frische Thee vom Lande hereingebracht wird, geht es hier von früh
Morgens bis zum Sonnenuntergang munter her und wird das Scherzen
und näselnde Singen schon von weitem wahrgenommen. Auf ein ge-
gebenes Zeichen des dirigirenden Chinesen erhält jede vorgewärmte
Pfanne den Inhalt des bereitstehenden Körbchens, etwa 5 Pfd. Thee,
welche darin zwischen den flachen Händen zum letzten Mal emsig be-
arbeitet und in beständiger Bewegung erhalten werden, bis der Diri-
gent die Waare für vollkommen trocken hält. Das Färben, soweit es
noch geübt wird, schliesst sich nun an (Näheres darüber weiter unten),
worauf der zur Verschiffung bereite Thee in den Packraum kommt,
wo er noch warm in sogenannte Halbkisten (half-chests), die im In-
nern mit Bleifolie ausgelegt sind, zu je 40 englischen Pfund verpackt
wird, in denen er zu den Händlern in den Vereinigten Staaten und der
Dominion of Canada, als den fast ausschliesslichen Abnehmern, gelangt.
Zum Trocknen des Thees in Körben (Basket firing) bedient man
sich geflochtener, beiderseits offener Körbe von Gestalt der Würfel-
becher, welche aus gespaltenem Bambusrohr dargestellt werden. Der
Korb wird mit dem einen Ende über eine Pfanne gestülpt, in welcher
Kohlen von Asche umgeben glimmen. Auf der andern Seite wird ein
dichtmaschiges Bambusgeflecht in Gestalt eines runden flachen Korbes
eingefügt und darauf der zu erhitzende Thee gestreut etc. Dieses Ver-
[141]3. Handelsgewächse.
fahren findet dem andern gegenüber nur beschränkte Anwendung. Sicher
wird durch diese Theetrockenanstalten des Exporteurs und die darin vor-
genommenen Arbeiten der Kostenpreis des zum Verschiffen kommenden
Thees bedeutend erhöht; doch hat man bislang kein Verfahren kennen
gelernt, welches billiger und zweckmässiger an die Stelle treten könnte.
Als Prima-Theesorte Japans gibt schon Kaempfer den Sen-cha
oder Hiki-cha oder Pulverthee an, der aus den zartesten Blättchen
älterer und besonders sorgfältig gepflegter Sträucher auf die Art, wie
der grüne Thee bereitet, sorgfältig aufbewahrt und vor dem Gebrauch
auf einer Handmühle gemahlen wird. Es ist die theuerste Sorte, die
nicht ausgeführt und in der Regel nur bei feierlichen Anlässen, z. B.
den Cha-no-yu oder Theegesellschaften, serviert wird.
Dem Hiki-cha im Preise am nächsten kommt der Giyokurô oder
Perlthee, von dem ebenfalls wenig exportiert wird.
Die Hauptmasse des jap. Thees, welche zur Ausfuhr kommt,
heisst in der besseren Sorte Sen-cha und in der geringeren Ban-
cha; letzterer ist vornehmlich das Produkt der zweiten Ernte. Von
jeder dieser beiden Sorten werden jetzt etwa 15 Mill. japan. Pfund
gewonnen, oder 9 Mill. Kilogramm. Nach der Beschreibung von For-
tune, Williams und Andern weicht die Darstellung des grünen Thees
in China von der japanischen Methode in mehreren Stücken ab. Die
frischen Blätter werden hiernach nicht gedämpft, sondern unter stetem
Umdrehen 4—5 Minuten lang in flachen Eisenpfannen über Kohlenfeuer
erhitzt. Das dabei austretende Oel und Wasser machen sie weich
und biegsam. Sie werden in diesem Zustande auf sogenannten Roll-
tischen ausgebreitet. Jeder Arbeiter ergreift so viele, als er bequem
fassen und verarbeiten kann. Er formt durch Druck und Rollen dar-
aus eine Kugel, die er um- und durcharbeitet, etwa wie ein Bäcker
seinen Teig. Oft geht dabei die Kugel aus den Händen des ersten
Arbeiters in die eines zweiten und dritten über, der sie wieder
öffnet, umformt, presst und rollt, bis sie zum Leiter der Arbeiten ge-
langt, der sie prüft und entscheidet, ob die Blätter genügend gerollt
sind. Obwohl diese Arbeiten nur kurze Zeit dauern, greifen sie,
vornehmlich in Folge der Wärme der Theeblätter und des aus ihnen
hervortretenden Saftes die Hände, auch der geübteren Arbeiter, stark
an. Sie vermindern das Volumen der Blätter ansehnlich, auf etwa
¼ des ursprünglichen, und verändern noch mehr die Gestalt und
Farbe der Blätter. Dieselben werden hierauf auf Sieben aus Bam-
busstäbchen dünn ausgebreitet und langsam an der Luft getrocknet,
wozu bei bedecktem Himmel mehrere Tage erforderlich sind. Ein
zweites Erhitzen und Bearbeiten der lufttrocknen Blätter in den
[142]I. Land- und Forstwirthschaft.
Pfannen schliesst sich nun an und dauert etwa eine Stunde. Die
Blätter werden dabei beständig umgeworfen, erst mit den Händen und
bei zunehmender Hitze mit einer aus Bambusrohr verfertigten Bürste.
Beim Hinabgleiten auf der heissen, geneigten Hinterwand der Pfanne
trocknen und rollen sich die Blätter vollends zusammen. Der Thee
ist nun für den einheimischen Gebrauch fertig und bedarf nur noch
der Sortierung. Für den fremden Markt wird er weiter behandelt,
wie oben beim japanischen Thee angegeben wurde.
China exportiert den meisten grünen Thee von den nördlichen
Theehäfen Ningpo und Schanghai. Derselbe kommt vornehmlich aus den
Provinzen direkt südlich vom Yang-tse-kiang und westlich von Ningpo,
aus der Hügelregion der Provinzen Tschekiang, Ngan-hui, Kiangsi und
Hunan. Man unterscheidet gewöhnlich nach englischen Bezeichnun-
gen Imperial, Gunpowder, Young Hyson, Hyson und Twan-
kay. Die beiden ersten Sorten führen auch den Namen Perlthee.
Sie sind von jungen unentwickelten Blättern bereitet und besonders
kugelförmig gerollt, wie der entsprechende Caper, der den schwarzen
Theesorten zuzählt. Die Darstellung des Caper in Canton ist nach
Fortune folgende: »Eine Partie (20—30 Pfd.) des vom Lande einge-
brachten, unvollständig zubereiteten Thees wurde in eine geheizte
Trockenpfanne geworfen, dann mit einem Eimer voll Wasser bespritzt
und rasch umgewendet. Die Blätter sogen natürlich das Wasser rasch
auf und wurden dadurch weich und biegsam. Nun kamen sie in einen
starken Canevassack, der zu einem Ball fest zusammengedreht wurde.
Man warf ihn auf eine Matte unter eine horizontal darüber hinführende
Stange. Ein Arbeiter trat barfuss darauf, und — indem er sich mit
den Händen an der Stange festhielt, bearbeitete und drehte er den
Ball mit seinen Fersen, Zehen und Fusssohlen beständig. Um dem
sich verringernden Volumen entsprechend die Kugelform wieder her-
zustellen, sprang der Mann zuweilen ab und drehte den Sack fester
zu. So entstand zuletzt eine viel kleinere, harte und sich nicht mehr
verändernde Kugel. Diese wurde mit ihrem Inhalt auf Seite geworfen
und mehrere Stunden liegen lassen. Beim Oeffnen waren die heraus-
genommenen Blätter meist kugelförmig zusammengerollt. Rasches
Trocknen in geheizten Pfannen und Sieben besorgte das übrige (siehe
Darstellung auf Titelblatt zu Fortune: A. Residence etc.).
Twankay ist der ordinäre grüne Thee, welcher nach Europa
kommt, Hyson der bessere. Das Wort soll von Hi-chun, blühender
Frühling, abgeleitet sein.
Die Darstellung des schwarzen Thees oder Hung-cha (d. h.
rother Thee), wie die Chinesen ihn nennen, unterscheidet sich von
[143]3. Handelsgewächse.
derjenigen des grünen vornehmlich dadurch, dass die frisch geernteten
Blätter zur Entfaltung des Aromas und der Farbe eine Art Gährung
(Fermentation) durchmachen, bevor sie in die heissen Darrpfannen
kommen. Da von diesem Fermentationsprocess in hohem Grade Cha-
rakter und Güte des schwarzen Thees abhängen, ist die zweckmässige
Leitung desselben von grösster Wichtigkeit. Gewöhnlich geschieht
dies so, dass man die frischen Blätter über Nacht oder doch Stunden
lang auf Bambusrahmen liegen lässt. Sie werden dann emporgeworfen
und gelinde geschlagen, bis sie weich und biegsam sind. Hierauf
kommen diese welken Blätter mehrere Stunden lang auf einen Haufen,
wo sie warm, feucht und dunkel werden. Sie sind in dieser Beziehung
vergleichbar mit den zum Trocknen für’s Herbar bestimmten Pflanzen,
welche der Botaniker längere Zeit in feuchtem Papier liegen lässt
und die dadurch statt grün, nach dem gewöhnlichen Verfahren, schwarz
werden. Ein längeres Verbleiben an der Luft in feuchtem Zustande
(nach Fortune oft 2—3 Tage) und stärkeres Erhitzen nachher in den
Pfannen bewirkt die Entwickelung des eigenthümlichen Aromas und
der schwarzen (richtiger dunklen) Farbe, sowie die rothbraune Fär-
bung der Infusion des trocknen Thees mit kochendem Wasser. Was
die übrigen Arbeiten in den Röstpfannen und sonst anlangt, so unter-
scheiden sich dieselben bei der Darstellung des schwarzen Thees nicht
von den bereits beim grünen erörterten.
Pecco, Souchong und Congo sind die der Güte nach geordneten,
bemerkenswerthesten schwarzen Theesorten China’s, denen sich noch
Caper und Oolong anreihen. Im Allgemeinen ist es wohl richtig, wenn
behauptet wird, dass, von der Spitze der jungen Triebe aus gerechnet,
Pecco aus der Endknospe und dem ersten (jüngsten) Blatt bereitet
wird, Souchong aus den beiden folgenden und Congo aus dem vierten,
fünften und sechsten, also den älteren Blättern. Caper ist, wie schon
früher bemerkt wurde, ein feiner schwarzer Thee, dessen Blätter durch
besondere Behandlung wie die des grünen Perlthees stark kugelförmig
gerollt wurden. Der Oolong wird in der Provinz Fukien bereitet und
vorwiegend in Indien und Australien verbraucht. Es ist eine schwarze
Theesorte mit dem Geschmack des grünen. Der Congo d. h. »wohl-
gearbeitet« wird nach einem Distrikt in Fukien auch Bohea genannt.
Er bildet die grosse Masse des billigeren schwarzen Thees und wurde
in seiner geringsten Sorte in London schon zu 3 Pence das Pfund ver-
kauft. Der gebräuchliche bessere, schwarze Thee ist Souchong (d. h.
kleine, seltene Sorte), wozu auch der Caravanenthee grösstentheils
gehört. Der Pecco (Pek-ho, d. h. weisser Flaum) ist der feinste und
theuerste schwarze Thee. Für die unentwickelten Blättchen der
[144]I. Land- und Forstwirthschaft.
Knospen, welche noch mit weissem Flaum bedeckt sind, ist die eng-
lische Benennung Pekoe tips (Pecco-Spitzen) bezeichnender, als der
Ausdruck Pecco-Blüthen im deutschen Marktgebrauch, gegen den
schon Kaempfer vergeblich eifert; denn da die Blüthezeit des Thee-
strauchs in den Herbst, also lange nach der Ernte fällt, so können
Theeblüthen bei keiner Theesorte vorkommen, am wenigsten bei dem
zuerst gewonnenen Pecco.
Souchong und Congo haben eine schwärzere Farbe als Pecco und
liefern einen dunkleren Aufguss. Es ist ferner eine erwiesene That-
sache, dass das Aroma des Thees sich erst mit den Blättern entwickelt
und erst nach der Zubereitung derselben zum Vorschein kommt. Ganz
junge Blätter enthalten es nicht; daher kann der beste Pecco trotz
seines hohen Preises unsern Geschmack nicht befriedigen und muss
mit Souchong vermischt werden. Als Karawanenthee führte man bis-
her nur die besseren schwarzen Theesorten, vornehmlich Souchong aus;
der Landtransport durch kalte trockne Gebiete gestattete, dass die
nochmalige starke Erhitzung in den Trockenanstalten der Hafenorte
wegfiel, und bewahrte ihnen in höherem Grade ihr Aroma, so dass die
vielgerühmten Vorzüge wohlbegründet waren. Seitdem man jedoch der
Zubereitung und Verpackung für die Verschiffung mehr Sorgfalt wid-
met und diese selbst einen viel rascheren Verlauf nimmt, fällt der
Unterschied in der Güte grösstentheils weg, und es bleibt nur der hohe
im Preise zum Nachtheil des Karawanenthees bestehen. Die Folge
ist, dass in Russland die Einfuhr des billigen Thees zu Schiff immer
mehr zunimmt, während in der des Karawanenthees über Sibirien schon
lange eine Abnahme bemerkt wird. Ein Zuibik, d. h. die mit Bleifolie
ausgelegte, äusserlich bemalte und mit chinesischen Zeichen versehene
würfelförmige Theekiste enthält gewöhnlich 60 Pfund Karawanenthee.
Der schwarze Thee wird vornehmlich in den Provinzen Fukien,
Kuang-tung, Hupeh, Hunan und Sz’chuan dargestellt, welch letztere
Provinz auch viel grünen und Ziegelthee (für Tibet) liefert. Futscheufu
und Canton sind die hervorragendsten Hafenplätze für schwarzen Thee,
doch führen auch Schanghai und Ningpo neben grünem Thee beträcht-
liche Mengen davon aus.
Die Vorliebe der Ostasiaten für grünen Thee wird nur von den
Nordamerikanern und vornehmeren Marokkanern getheilt. Unter den
Theetrinkern Europas bevorzugen weitaus die meisten den schwarzen,
und auch der in Japan wohnende Fremde (selbst der Theeexporteur)
bezieht solchen für seinen eigenen Bedarf aus China. Der Japaner ist
sich wohl bewusst, dass er hinsichtlich seines Thees, dem zweitwich-
tigsten Handelsartikel, vom amerikanischen Geschmack abhängt. Aus
[145]3. Handelsgewächse.
diesem Grunde mehrten sich während der letzten 15 Jahre seine Ver-
suche, schwarzen Thee, insbesondere Congo (Kocha) und Oolong (Uriyo),
darzustellen. Leider haben dieselben bislang kein befriedigendes Re-
sultat geliefert. Der in Japan verfertigte schwarze Thee ermangelt des
charakteristischen Aromas und der Stärke, gibt also ein uns nicht
zusagendes Getränk. Das japanische Theeblatt verträgt aus noch
nicht genügend ermittelten Gründen den Gährungsprocess nicht, wel-
cher so wichtig ist für die Darstellung schwarzer chinesischer Thee-
sorten. Es wird nach demselben leicht feucht und welk und ent-
wickelt statt des geschätzten Aromas einen unangenehmen Geruch.
Wenn die Haupttheeernte in Japan vorbei ist, werden für den
eigenen Gebrauch die älteren Blätter gesammelt und daraus je nach der
Trockenmethode Präparate gemacht, die unter den Namen Hiboshi, Ka-
mairi und Kuroguchi bekannt sind. Der Aufguss, den dieselben liefern,
ist von dunkler Farbe, wie beim Congo, und hat einen uns nicht zu-
sagenden Geschmack.
Färben und Parfümieren des Thees.
Noch muss hier zweier Verfahren gedacht werden, welche dazu
dienen, eigenthümliche und dem Ostasiaten mit Recht unbegreifliche
Geschmacksrichtungen unter den Abnehmern des Thees im Abendlande
zu befriedigen, nämlich des Färbens und Parfümierens.
Das Färben (Colouring) wird nur bei grünem Thee angewandt.
Es besteht darin, dass der Exporteur in Japan und China dem vor-
nehmlich für den nordamerikanischen Markt bestimmten Thee in jeder
Pfanne gegen das Ende der letzten Feuerung eine Messerspitze voll
eines Pulvers beimengen lässt, einer Mischung von Berliner Blau mit
chinesischem Speckstein oder Gips, wobei gewöhnlich auf vier Theile
der blauen Farbe drei von einem der weissen Pulver (in Japan fast immer
Gips) kommen. Dieser pulverförmige blaue Zusatz wird von dem feucht-
heissen Thee leicht absorbiert; er vermehrt dessen Gewicht nur um etwa
1 ¼ % und schädigt beim Gebrauch die Gesundheit in keiner Weise, hat
aber auch keinen vernünftigen Zweck, denn er dient lediglich, die
natürliche, wenig ausgesprochene grüne Farbe etwas zu ändern und
zu heben, wie es der bisherige Geschmack in Nordamerika verlangte.
Das Parfümieren (Scenting) des Thees wird nur in China und
vornehmlich bei besseren schwarzen Sorten angewandt. Es ist gleich
dem Färben, wie es scheint, in Abnahme begriffen. Zur Verwendung
kommen die von ihren Stielen und Kelchen getrennten wohlriechenden
Blüthen von Jasminum Sambac Ait., Jasm. paniculatum Lour., Citrus
Begaradia Duham., Rosa centifolia L., Prunus Mume S. \& Z., Olea
Rein, Japan. II. 10
[146]I. Land- und Forstwirthschaft.
fragrans Thunb., Aglaia odorata Lour., Gardenia florida L. und Daphne
odora Thunb. Der im übrigen fertige Thee wird mit diesen Blüthen
gemischt (z. B. 100 Pfund Thee mit 40 Pfund Orangenblüthen, oder
Blüthen des Jasmins, mit 100 Pfund Blüthen der Aglaia odorata) und
24 Stunden lang in Berührung gelassen. Dann werden die beige-
mengten Blüthen und Blüthentheile ausgesiebt, ausgeschwungen und
ausgelesen. Der Thee hat von ihnen Feuchtigkeit und Aroma ange-
nommen, von denen jene durch rasches Erwärmen wieder entfernt
wird, der Wohlgeruch oder »die Blume« des Thees dagegen je nach
Qualität und Stärke bei sorgfältiger Verpackung sich 1—6 Jahre lang
erhält. Früher wurden parfümierte Theesorten nur in Canton bereitet;
jetzt stellt man sie auch in nördlichen Theehäfen, wie Schanghai und
Ningpo dar. Der Reisende, welcher im Vorsommer mit einem Küsten-
fahrer von Süden her diesen Städten zusteuert, findet sich zuweilen
in Gesellschaft von Hunderten von Töpfen mit blühenden Sträuchern
mehrerer der genannten Arten, welche zu diesem Zweck von Canton,
Macao und Hongkong nordwärts gesandt werden.
Als »Orange Pekoe«, »Scented Caper« etc. kommt dieser parfümierte
Thee sorgfältig verpackt nach London, Rotterdam und anderen Häfen
und wird hier mit Thee ohne solche Blume weiter vermischt. (Nähe-
res siehe Fortune: A Residence among the Chinese, pag. 199 ff. Lon-
don 1857.) Guter Thee muss jedoch sein eigenes Aroma haben. Die
Zufügung eines fremden ist meines Erachtens durchaus verwerflich.
Das ätherische Oel, welches der Thee durch das Parfümieren erhält,
kann bei empfindlichen Nerven eben so gesundheitsschädlich wirken
und Kopfweh erzeugen, wie in Wein- und Punschessenzen.
Die Eigenschaft des grünen oder braunrothen Extracts, welches
durch Aufguss kochenden Wassers auf den Thee des Handels gewon-
nen wird, den Körper zu erwärmen, zu erfrischen und neu zu beleben,
wird schon seit vielen Jahrhunderten von den Völkern des chinesischen
Culturkreises hochgeschätzt. Bei den Culturvölkern des Abendlandes
hat der Thee seit 200 Jahren, erst sehr langsam, in diesem Jahrhun-
dert aber um so rascher Eingang und Verbreitung gefunden und schon
in vielen Haushaltungen seine Concurrenten: Kaffee und Cacao aus
dem Felde geschlagen. In Ostasien wird ihm gar keine Concurrenz
gemacht, dort herrscht er bei Hoch und Niedrig in gleicher Weise.
Der Japaner trinkt gleich dem Chinesen selten kaltes Wasser,
Thee ist sein Lieblingsgetränk bei jeder Mahlzeit und sonst, grüner
Thee aus kleinen Kannen in entsprechend kleinen Schalen, ohne
jede Zuthat, und wenn er fehlt, so verschmäht er auch das blosse
warme Wasser aus dem eisernen Kessel nicht, mit dem die Theekanne
[147]3. Handelsgewächse.
sonst stets nachgefüllt wird. Lässt der Reisende in Japan sich in
einer Wirthschaft nieder, so wird ihm ohne Verzug ein Becken mit
einigen glühenden Kohlen zum Anzünden seines Pfeifchens und Thee
zur Erfrischung vorgesetzt. Er belohnt diese Aufmerksamkeit durch
das Cha-dai (d. h. Theetisch) oder Trinkgeld, welches er auf den
Präsentierteller legt. Tritt ein Kunde in ein grösseres Geschäft, so
gehört es zum guten Ton des Hauses, dass ihm alsbald vor Beginn
der Verhandlung ein Schälchen grünen Thees vorgesetzt wird.
Im armen Gebirgslande ist freilich die Qualität des unter dem
Namen Cha (Tscha) vorgesetzten Getränkes nicht immer so einladend;
ein Aufguss oder Dekokt aus den billigsten Abfällen der Theedistrikte,
an Aussehen mehr Spülwasser gleich und ebenso wenig durch den Ge-
schmack einladend, tritt oft an die Stelle.
Ziegelthee (chin. Tung-kau, russ. Kirpitschnoi-tschai).
Schwarzer und grüner Thee liefern, wie hervorgehoben wurde,
für einen grossen Theil der Menschheit den wichtigsten und gesun-
desten Stimulanten. Ausser dieser Hauptverwendung der Blätter des
Theestrauchs ist hier jedoch noch einer andern, für einen weiteren
Theil der menschlichen Gesellschaft nicht minder bedeutsamen zu ge-
denken, derjenigen nämlich als wirkliches Nahrungsmittel, wie wir
den sogenannten Ziegel- oder Backsteinthee ansehen müssen. Die
Verfertigung desselben in Sz’chuan, Hupeh und benachbarten chine-
sischen Provinzen erfolgt, nachdem die Ernte und sich anschliessende
Arbeiten zur Darstellung des gewöhnlichen Thees vorüber sind. Die
Abfälle, welche es hierbei gibt, sowie die älteren Blätter werden zu
dem Zweck längere Zeit heissem Wasserdampf ausgesetzt und dadurch
erweicht, darauf in Tafeln von der Gestalt dünner Backsteine, näm-
lich 8—12 Zoll (20 bis 30 cm) lang und breit und 1 Zoll (2 ½ cm) dick
gepresst, und zwar solange, bis sie trocken und hart sind. Mongolen
und Tibetaner sind die Hauptconsumenten, denen sich verschiedene
russische Volksstämme anschliessen. Beim Gebrauch wird ein Stück
abgeschlagen, mit Milch oder Wasser gekocht, durch Zusätze von Butter,
etwas Essig, Pfeffer und Salz gewürzt und als Suppe gegessen. Das
Gericht soll nach dem Aussehen nicht gerade einladend, aber erfri-
schend und nahrhaft sein, wie man sich denken kann, da ja neben
den sonstigen Extractivstoffen des Thees auch das coagulierende Ei-
weiss und die Zellsubstanz zur Verwerthung kommen.
Die Zeit, wann der Theebau in China seinen Anfang nahm, lässt
sich nicht genau bestimmen. Nach W. Williams gehen die ältesten
chinesischen Nachrichten über den Thee nur bis zum Jahre 350 n. Chr.
10*
[148]I. Land- und Forstwirthschaft.
zurück. Ein arabischer Kaufmann, Namens Soliman, der um’s Jahr
850 n. Chr. einen Bericht über seine Reisen in Ostasien veröffentlichte,
bemerkt, dass Thee das gewöhnliche Getränk der Chinesen sei.
Auffallend bleibt, dass Marco Polo desselben gar nicht erwähnt. Viel-
leicht lässt sich dies so erklären, dass bis zum Ende des 13. Jahr-
hunderts die Kenntniss und Anwendung desselben noch nicht von den
Chinesen des Südens nach Norden bis zu den mongolisch-tatarischen
Völkern, unter welchen der berühmte Venetianer lebte, vorgedrungen
war. Sicher erhielt Europa die ersten Nachrichten über den Thee
durch Jesuitenmissionäre in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts,
zur Zeit, als dieselben in China und Japan in grösserer Zahl erfolg-
reich unter den Bewohnern lebten und wirkten.*) Die ersten Proben
des Artikels — sie stammten wahrscheinlich aus Japan — kamen je-
doch erst viel später (1610 n. Chr.) nicht durch sie, wie man annehmen
könnte, sondern durch die holländisch-ostindische Compagnie nach
Europa. Die englische East India Compagny kaufte im Jahre 1664
von schwarzem Thee aus der Provinz Fukien 2 Pfund 2 Unzen, um
damit König Karl II ein Geschenk zu machen; doch hielt sie es erst
14 Jahre (1678) später für angezeigt, den Thee als neuen Handels-
artikel in ihre Liste aufzunehmen. Mit 4713 Pfund eröffnete sie in
jenem Jahre seine Einfuhr nach England und behielt hier das Mono-
pol des Handels bis zum Jahre 1834, wo die Einfuhr nach Grossbri-
tannien und Irland auf 30 ½ Millionen Pfund gestiegen war.
Mit der Freigabe des Theehandels in England, der allmählichen
Reduction der Transportkosten und des Eingangszolls, sowie dem Hin-
zutreten neuer Producenten (Indien und Java) sanken die Preise des
Thees mehr und mehr**), und es wuchs damit zugleich der Verbrauch.
Thee hörte auf blos Luxusartikel auf dem Tisch des Wohlhabenden zu
sein. Millionen von Unbemittelten haben sich auch in Europa und in allen
englisch redenden Ländern ausserhalb an seinen Genuss gewöhnt und
gefunden, dass er ihnen das billigste und gesundeste warme Getränk
liefert. Wie sich sein Verbrauch über die verschiedenen Länder ver-
theilt, ergibt sich aus einer der nachfolgenden Uebersichtstabellen. —
Nach Junker von Langegg***) ist Thee seit mehr als tausend Jahren
in Japan bekannt; doch erst seit dem 14. Jahrhundert allmählich
National-Getränk geworden. Im 8. Jahrhundert unserer Zeitrechnung
wurde der kaiserliche Hof (Shommu Tennô, Kwammu Tenô) zuerst
[149]3. Handelsgewächse.
mit ihm bekannt. Gegen das Ende der Regierung des letztgenannten
Kaisers brachte der Priester Saitô (Denkio Daishi) Theesamen aus
China und pflanzte sie bei Uji (805 n. Chr.). Nach einer andern An-
gabe soll bereits vor diesem der Abt Yei-shu aus China Theesamen
und die Kunst der Theebereitung nach seinem Kloster in Omi ge-
bracht und dort gepflegt haben.
Im Zusammenhang hiermit steht die weitere Nachricht, dass Saga
Tennô, der 52. Mikado, als er im Jahre 815 dieses Kloster besuchte, mit
Thee bewirthet worden sei, und da das Getränk seinen Beifall gefunden,
so habe er Befehl zur Anlage von Theegärten in den benachbarten
Provinzen des Gokinai, sowie in Omi, Tamba und Harima gegeben.
Damals und noch Jahrhunderte später war jedoch Thee sehr
theuer, ein Luxusgetränk, dessen sich nur der Adel und die Bonzen
bedienten; auch scheint der Anbau des Theestrauchs allmählich wieder
vernachlässigt worden zu sein, denn nur so hat ein weiterer Bericht
Bedeutung, nach welchem der Bonze Yei-sei gegen das Jahr 1200 in
der Provinz Chikuzen der Inseln Kiushiu die Theepflanze durch
Samen aus China einführte, und überhaupt erst um diese Zeit unter
dem Schutz des 83. Mikado (Tsuchi Tennô) die Theecultur in Japan
dauernd Boden gewann. Miyo-ye (Meiki), der Abt des Klosters To-
gano bei Kiôto erhielt von Yei-sei Theesamen nebst Anleitung zur
Anzucht des Strauches und Behandlung der Blätter. Derselbe gilt
als Begründer des Theebaus in Yamashiro und Yamato und insbe-
sondere zu Uji, dem berühmten Theeorte, woselbst ihm in einer
Kapelle noch jedes Jahr der erste Thee geopfert wird. Eine weitere
Förderung des Theebaues um Uji brachte Shôgun Ashikaga Yoshi-
mitsu nach seiner Abdankung um’s Jahr 1400. Wir haben bereits
(pg. 137) Kaempfer’s Aeusserungen über den Thee von Uji zum Theil
citiert und daraus ersehen, dass derselbe schon vor 200 Jahren in ganz
Japan hohen Ruf hatte. An einer andern Stelle der Amoenitates
exoticae hebt der Autor hervor, wie der beste Uji-Thee für den Hof
reserviert werde und man ihm gesagt habe, dass davon die ihm vorge-
setzte kleine Schale voll einen Bu (etwa 1 Mark) werth sei. Ich kaufte
ein Pfd. Thee in Uji, dessen Herstellung ich verfolgt hatte, für 3 yen,
hörte aber, dass der feinste mit 5 yen = 20 Mk. bezahlt werde.
Der Hof hatte in Uji seinen besonderen Beamten, welcher das
Ceremoniel und die Vorschriften für die Anfertigung seines Thees, sowie
den Transport aufs sorgfältigste überwachen musste.
So lange Portugiesen den Verkehr mit Japan in Händen hatten,
wird des Thees kaum gedacht; aber auch in der langen Zeit des
ausschliesslich holländischen Handelsverkehrs mit Japan spielt der
[150]I. Land- und Forstwirthschaft.
Artikel in der Ausfuhr Japans keine Rolle. Dieselbe begann erst
durch die Eröffnung des Landes in Folge der Perry-Expedition. In
welchem Maasse der japanische Theeexport seitdem gewachsen ist,
zeigt die angefügte Uebersichtstabelle. Mit der zunehmenden Ausfuhr
wuchs die Verbreitung des Anbaues, so dass ich auf meinen Reisen
an hunderten von Stellen die Anlage neuer Theegärten constatieren
konnte, wo nie früher Theebau betrieben worden war. In Tôkio selbst
wurde, wie Jedem, der dort eine zeitlang wohnte, bekannt ist, sogar
manches Stück von früheren Parkanlagen der Daimioresidenzen in
einen Theegarten umgewandelt. Die japanische Regierung hat be-
rechnet, dass so im Ganzen 4600 chô Land in der Neuzeit andern
Culturen entzogen und dem Theebau gewidmet wurden.
Nach H. Gribble, dessen statistischen Angaben ich hier folge, be-
sass Japan im Jahre 1881 42224 chô = 41874 ha Theepflanzungen.
Hiernach dürften dieselben gegenwärtig mindestens 42000 ha um-
fassen, oder ungefähr 2⅓ % alles cultivierten Landes. Thee wird in
fast allen japanischen Provinzen südlich der Tsugaru-Strasse gewonnen,
doch in sehr verschiedener Menge. Während sich der Anbau des
Theestrauchs nördlich vom 37. Parallel, sowie in den hochgelegenen
Provinzen des Landesinnern, wie Shinano und Hida auf nur wenige
günstige Stellen beschränkt, bildet er in andern die Haupterwerbs-
quelle. Sowohl nach der Menge, als auch der Güte des Produkts
stehen die Provinzen des mittleren Hondo oben an. An das alte Cen-
trum der Theecultur am Südende des Biwa-Sees, zwischen den Buchten
von Idzumi, Owari und Wakasa, wozu die Provinzen Yamashiro, Ya-
mato, Ise, Iga, Omi, Mino und Tamba zu zählen sind, haben sich
später zwei mächtige Flügel angeschlossen, von denen der eine von
Ise aus die Provinzen des Tôkaidô, namentlich Mikawa, Tôtômi, Su-
ruga, Musashi, Shimosa und Hitachi umfasst, der andere über die-
jenigen des Hokurokudô sich erstreckt, unter denen namentlich Kaga
und Echigo in Betracht kommen. Gerade im Gebiete dieser beiden
Landstrassenbezirke (des Tôkaidô und Hokurokudô) hat die Theecultur
während der letzten 20 Jahre grosse Ausdehnung erfahren. Sie
würde sich unzweifelhaft in den Provinzen am japanischen Meer, zu-
mal in Echizen und Wakasa noch weit mehr entwickelt haben, wenn
hier die Absatzverhältnisse günstiger wären und das Produkt vom
Hafen Tsuruga aus direkt verschifft werden könnte.
Aus dem [Angeführten] ergibt sich, dass der Haupttheedistrikt
Japans auf der Insel Hondo zwischen 34° und 36° n. Breite liegt.
Thee, welcher weiter entfernt von diesen Grenzen gewonnen wird, ist
von geringerer Güte und steht viel niedriger im Preise.
[151]3. Handelsgewächse.
Dies gilt inbesondere von allem Thee, welchen Nagasáki ver-
schifft, wie auch von dem, welchen man von Niigata nach Yokohama
sendet. Dort dürften die Ursachen in der nachlässigen Behandlung
des Theestrauchs zu suchen sein, hier in klimatischen Verhältnissen.
Der von Niigata versandte Thee kommt aus den Distrikten von
Murakami, Muramachi, Kurokawa, und Niidzu, also aus den nörd-
lichsten Theilen der Provinz Echigo. Der Theestrauch wird dort sehr
niedrig gehalten und mit Sorgfalt gepflegt, kann jedoch gegen die
Einwirkungen eines langen Winters und gegen die Nachtfröste im April
trotz der Stroh- und Schneedecke während des ersteren, nicht genügend
geschützt werden. In Folge dessen wird das Blatt zäh und herb.
Die erwähnten Gebiete sind überhaupt die nördlichsten, in welchen
der Theestrauch noch mit Vortheil und in grösserem Umfange ge-
pflanzt wird. In Akita-ken unter dem 40. Parallel, wo ich die letzten
Theegärten sah, vermag man sie nur durch besonderen Schutz im
Winter zu erhalten. Nach meinen Beobachtungen endet mit dem wild-
wachsenden Vorkommen der Camellie unter 38½° N. im nördlichen
Echigo auch die erfolgreiche Theecultur.
Aus unserer Tabelle (A pg. 154) ist mancherlei zu entnehmen. Zu-
nächst ergibt sich, dass bezüglich des der Theecultur dienenden Areals
die Provinzen Suruga, Mino, Tôtômi, Ise, Musashi, Shimosa, Yamashiro,
Omi, Hitachi und Yamato allen andern weit voranstehen und Suruga
allein mehr als den 8. Theil aller japanischen Theegärten hat. In
jenen 10 Provinzen nehmen dieselben 0,7 %, in Suruga aber 1,5 % des
Areals ein. Unstreitig ist in Suruga der ausgedehnte Theebau zum
Theil durch den vorzüglichen Schutz bedingt, welchen ihm der Fuji-san
und andere hohe Berge gegen die rauhen nördlichen Winde gewähren.
Jenes der Theecultur 1881 gewidmete Areal von 42224 chô oder
41874 Ha lieferte an:
- kin
- Tencha oder Hikicha, d. i. pulverisiertem Thee . . . . 36668
- Giyo kurô oder Thautropfen . . . . . . . . . . 167728
- Sencha oder gewöhnlichem Thee . . . . . . . . 14797945
- Bancha oder ordinärem Thee . . . . . . . . . 14294895
- Hiboshi oder an der Sonne getrocknetem Thee . . . .
- Kamairi oder in der Pfanne erhitztem Thee . . . .
- Kuroguchi oder schlecht erhitztem Thee . . . . . .
- Kocha oder Congo . . . . . . . . . . . . . . 450124
- Uriyo oder Oolong . . . . . . . . . . . . . 319604
- Zusammen kin 35007241
oder 21040724 Kilogr. — Dies macht 480 Kilo per Ha.
[152]I. Land- und Forstwirthschaft.
Im Allgemeinen liefern 4 Pfund frische Theeblätter 1 Pfund fer-
tige Handelswaare; es würde also die Blatternte eines ha Theegartens
von Japan auf 1920 kg. zu veranschlagen sein.
Der indische Theebau hat sich seit dem Jahre 1835 entwickelt,
anfangs nur langsam, um so rascher aber während der letzten 20 Jahre.
Den ersten Versuchen folgte 1839 die Gründung der Assam Tea Com-
pany. Von 1864—1876 stieg die Ernte von 2½ Millionen Pfund auf
28 Millionen Pfund an fertigem Thee. Im letztgenannten Jahre war
der Durchschnittspreis in London 1 s. 11 d. für 1 Pfund indischen,
gegen 1 s. 3 d. für 1 Pfund chinesischen Thee. Im Jahre 1879 be-
rechnete man das mit Theesträuchern bepflanzte Areal in Indien auf
206874 acres, welche insgesammt 44771632 Pfund Thee lieferten,
wovon 41½ Millionen Pfund nach Europa verschifft wurden. Es er-
gibt sich aus diesen Daten, dass der acre im Durchschnitt 216 Pfund
Thee lieferte, was 245 kg. für die Hectare macht, ein Ertrag, welcher
so sehr hinter dem für Japan berechneten (480 kg. per Ha) zurück-
bleibt, dass man unwillkürlich die Richtigkeit der einen oder der an-
dern Angabe, welche dieser Rechnung zu Grunde liegt, bezweifeln
muss. Vom Assamthale aus hat sich die indische Theecultur über
Chittagong und Arracan, Darjeeling, Nagpore, Kangra und andere Ge-
biete verbreitet und gewinnt noch jährlich neue Areale.
Die Theecultur auf Java, obgleich ihr Anfang noch 7 Jahre
hinter dem der indischen zurückliegt, und ins Jahr 1828 fällt, kann
sich eines gleichen Aufschwungs nicht rühmen. Javathee hat zwar
ein gutes Aussehen und ist hübsch gerollt, allein sein Aufguss ist
schwach und besitzt überdies einen bitteren Beigeschmack. Desshalb
steht er im Preise weit hinter dem indischen und selbst hinter dem
chinesischen zurück, und diesem Umstand ist es denn auch zuzu-
schreiben, dass der Theebau auf Java nicht die erwartete Ausdehnung
gewonnen hat. Im Jahre 1872 wurden 3104000 kg. Thee aus Java
ausgeführt.
Die Cultur des Theestrauchs hat, wie wir anführten, während der
letzten 50 Jahre sich über zwei neue Gebiete (Indien und Java) ver-
breitet und in ihren alten Stätten China und Japan mit zunehmender
Ausfuhr ihres Produkts sich immer mehr ausgedehnt, aber sie bleibt
immerhin auf das Monsungebiet beschränkt.
Alle Versuche, sie auch nach andern Ländern und Erdtheilen zu
verpflanzen, lieferten bisher nicht die erwarteten Resultate; noch ist es
meines Erachtens wahrscheinlich, dass zukünftige mehr Erfolg haben
werden. Im Monsungebiete finden sich, wie nirgends sonst, die beiden
Grundbedingungen ihres Erfolgs, ein geeignetes Klima und reichliche,
[153]3. Handelsgewächse.
billige Arbeitskraft. Die Handarbeit beim Pflücken, Zubereiten und
Sortieren des Thees kann nie durch Maschinen ganz ersetzt werden.
Ihr Preis ist im ganzen Monsungebiete so billig, und der des Thees
daher nicht minder, dass man in andern civilisierten Ländern der Erde
dagegen wird schwer aufkommen können.
Die Anforderungen des Theebaues an das Klima können aber nur
ausnahmsweise anderwärts erfüllt werden. Der Theestrauch gedeiht
am besten und liefert da die werthvollsten Blätter, wo sich die Tem-
peratur zwischen 0° und 35° C. bewegt, wo der Feuchtigkeitsgehalt
der Luft während der Vegetationsperiode ziemlich hoch und Nieder-
schläge ziemlich häufig sind. Er hat in dieser Beziehung ganz andere
Bedürfnisse, wie der Weinstock, dem trockne Wärme besonders zuträg-
lich ist, so dass ein erfolgreicher Anbau des einen so zu sagen den
des andern ausschliesst. —
A. Tabelle der dem Theebau in Japan 1881 gewidmeten Areale.
- Provinz Chô Provinz Chô
- Suruga 5355,5 32102,9
- Mino 4069,3 Hizen 721,1
- Tôtômi 3541,2 Iga 679,7
- Ise 3300,8 Kaga 655,2
- Musashi 2830,2 Igo 564,0
- Shimosa 2354,8 Etchiu 513,9
- Yamashiro 2260,5 Buzen 464,6
- Omi 1555,0 Awa 428,5
- Hitachi 1388,9 Kii 395,2
- Yamato 1040,2 Mikawa 389,3
- Higo 930,7 Chikugo 348,3
- Tosa 961,7 Ôsumi 333,7
- Hiuga 867,1 Kawachi 308,0
- Echigo 849,8 Das übrige Land 4320,0
- Tanba 797,2 Im Ganzen 42224,4
- 32102,9 oder 41874 Ha.
B. Analysen des Thees.
Thee-Untersuchungen von A. W. Blythe:
Grüner chinesischer Thee nach Hassall:
Stonehouse fand nach Ann. d. Chemie u. Pharm. Bd. 45. S. 336 den
Theeingehalt wie folgt:
2. Tabak, Nicotiana Tabacum L. und N. rustica L.
Nicht blos der Name Tabako — die Japaner haben kein eigenes
Wort dafür —, sondern auch unzweideutige historische Berichte über
die Einführung dieses weltverbreiteten narkotischen Genussmittels
weisen auf den fremden Ursprung hin. Wie Christenthum, Schiess-
pulver und Feuerwaffen, so kam auch der Tabak durch die »Nanban«
(sprich Námban) oder »südlichen Barbaren« zuerst nach Japan. Unter
Nanban verstand man aber in erster Linie die Portugiesen, später auch
die von Manila kommenden Spanier. Man kann annehmen, dass das
Rauchen in den letzten Decennien des 16. Jahrhunderts, der Anbau
des Tabaks aber um das Jahr 1605 Eingang fand. Bezeichnend sind
die Mittheilungen *), welche ein Arzt Namens Saka aus Nagasáki in
einer Familienchronik aus jener Zeit über den Gegenstand hinterlassen
hat. Im Jahre 1607 schreibt er: »Neuerdings kommt eine Sache, Ta-
bako genannt, in Mode. Sie soll aus Nanban stammen und besteht aus
grossen Blättern, die man zerschneidet und deren Rauch man schluckt.«
Zwei Jahre später bemerkt derselbe Beobachter: »Seit den letzten
zwei oder drei Jahren kommt ein Artikel, Tabako genannt, aus Nan-
ban, mit dem sich alle Klassen der Japaner belustigen. Er soll ein
Heilmittel sein gegen alle Krankheiten. Auf der andern Seite sind
jedoch Fälle bekannt, wo Personen krank wurden, nachdem sie Ta-
baksrauch getrunken hatten. Da nun kein medicinisches Werk Weisung
für die Behandlung solcher Patienten enthält, konnte man ihnen keine
Arzenei bieten.« — In einem andern Berichte aus dem Jahre 1605 findet
sich nach Satow folgende Notiz: »In diesem Jahr wurde Tabak in
[155]3. Handelsgewächse.
Schiffen der Nanbanleute gebracht und bei Nagasáki gesät. Die Be-
wohner der Hauptstadt (Kiôto) wetteifern mit einander im Rauchen
und die Sitte verbreitet sich rasch über das Land.« *) Wir dürfen an-
nehmen, dass in Bungo, dieser Hauptstütze der Portugiesen von An-
fang an, und in Satsuma, das noch heutzutage in ganz Japan seines
Tabaks wegen hohen Ruf hat und ebenfalls schon von Pinto, wie von
Xavier besucht worden war, der neue Artikel bekannt war, bevor er
nach Nagasáki gelangte. Auch scheint es kaum einem Zweifel zu unter-
liegen, dass das Rauchen zu den Koreanern und benachbarten Man-
dschu von Japan aus kam, und zwar zur Zeit des Hideyoshi durch die
Expedition und Nachschübe aus Kiushiu zwischen den Jahren 1592 und
1597. Dagegen wurde das eigentliche China von Luzon aus mit dem
Tabak beglückt, wie dies von mehreren Seiten, so namentlich von
Satow nachgewiesen werden konnte.
In China, wie in Japan verbreitete sich das Rauchen unter allen
Bevölkerungsklassen und beiden Geschlechtern mit unglaublicher Schnel-
ligkeit. Vergeblich, wie das Bemühen Pabst Urban VII und James I
in Europa, dem Rauchen zu steuern, waren auch die Verordnungen
ihrer mächtigen Zeitgenossen aus der Mingdynastie in China und des
Iyeyasu in Japan gegen diese neue Macht, ja von allen Gesetzen
des Begründers der Tokugawa-Herrschaft ist wohl keins so wirkungs-
los geblieben, als das Verbot vom Jahre 1612 gegen das Rauchen und
Pflanzen des Tabaks. —
Kiseru, die japanische Pfeife, mit ihrer blanken Metallspitze und
dem zierlichen Köpfchen am andern Ende, aus Messing oder Silber —
das Rohrstück ist von einem dünnen Bambus —, ist ein ganz anderer
Apparat und erfordert auch eine andere Behandlung, wie unsere Rauch-
werkzeuge. Der kleine Ballen feingeschnittenen Tabaks, womit ihr
Besitzer das Köpfchen, welches an Gestalt und Grösse sich mit der
Kapsel einer grösseren Eichel vergleichen lässt, füllt, reicht nur für
2—3 Züge; dann muss der Kopf am Rande des Aschenbechers aus-
geklopft und neu gestopft werden. Zierlich, wie das Pfeifchen, und
nicht selten kunstvoll mit Lack- oder Silberarbeit geschmückt, wie
nachstehende Abbildung es zeigt, ist auch das Futteral und der Ta-
baksbeutel aus gepresstem Lederpapier. Beide werden mittelst eines
Nedzuke (Näheres hierüber beim Kunstgewerbe), einer Art ge-
schnitzten Knopfes, am Gürteltuch aufgehängt. Die Beschaffenheit
eines solchen Pfeifchens, das nebst Tabak ein Jeder mit sich führt,
[156]I. Land- und Forstwirthschaft.
gestattet das Rauchen weder unterwegs, noch bei der Arbeit. Da-
gegen wird keine Gelegenheit vorher oder nachher versäumt, um das-
selbe zu ergreifen und wenigstens einige Züge daraus zu thun, und
oft viel Zeit damit verbracht. Kommt Jemand in ein Haus, so ist die
erste Aufmerksamkeit, welche ihm die weibliche Bedienung nach der
üblichen Begrüssung erweist, die, dass sie ihm das Tabaksbrett (Tabako-
bon) vorsetzt, noch ehe sie ihm Thee credenzt. Auf demselben steht
aber der Hi-rei oder Feuertopf mit glühenden Kohlen und ein grosser
[157]3. Handelsgewächse.
Aschenbecher (Hai-fuki) aus Bambusrohr, der auch wohl als Spuck-
napf dient.
Die japanische Tabakspfeife erinnert in ihrer Gestalt an das Ge-
häuse der im Lande artenreich vertretenen Schneckengattung Clausilia,
was den Japanern nicht entgangen ist und sie veranlasst hat, die letztere
Kiseru-gai, Pfeifenschnecke, zu nennen. — Hooker gibt in seinem
Buche »Himalayan Journals« Tafel III, Fig. 7 die Abbildung einer tibe-
tanischen Tabakspfeife, welche der japanischen Kiseru sehr ähnlich ist.
Das Tabakrauchen ist in Japan noch viel verbreiteter, als bei uns,
und die von mir viel gebrauchte Phrase »Arigato, tobako-o nomimasen«
(Ich danke, ich trinke keinen Tabak) überraschte immer, weil man
sich kaum einen Fremden vorstellen kann, der sich nicht mit Tabak
befreundet hat. Der Japaner sagt nicht unpassend »Tabako-o nomi-
mas’, ich trinke Tabak«, weil er den Rauch einschlürft und durch die
Nase wieder ausstösst. Auch in Deutschland hiess es anfangs »Tabak
trinken«, statt rauchen, wie uns u. A. Freytag in seinen Bildern aus
der deutschen Vergangenheit belehrt.
Auf der mit Papier überzogenen Schiebewand, welche einen ja-
panischen Tabaksladen gegen die Strasse abschliesst, ist statt eines
Schildes ein Tabaksblatt abgemalt und daneben stehen zwei chine-
sische Wortzeichen, welche man wohl sonst mit »Landhauptstadt« über-
setzt, die aber hier Kokubu, einen Distrikt von Ôsumi im südlichen
Kiushiu bedeuten, der seines Tabaks wegen besonders berühmt ist
und dessen Name auf das Tabakgeschäft allgemein übertragen wurde.
Der Distrikt Kokubu wurde von mir im Frühjahr 1875 besucht.
Derselbe bildet eine kleine Ebene im Nordosten der Kagoshima-Bucht.
Ihr mit viel Bimssteinsand gemischter, leichter Boden liefert nur bei
der sehr sorgfältigen Düngung und Bearbeitung erträgliche Ernten.
Im Frühjahr schützt man die Saatbeete des Tabaks durch Stroh-
dächer in etwa Meterhöhe gegen starke Abkühlung durch Wärme-
strahlung während der Nacht und erhält gegen Ende April genügend
kräftige Setzlinge, welche nun wie anderwärts in Reihen verpflanzt
werden, und zwar zur Seite der Reihen Gerste, die um diese Zeit
verblüht hat. Anderwärts, z. B. in Higo, findet das Aussäen des
Tabaks erst im April, die Verpflanzung aber im Juni statt, auf
Gersten- oder Weizenfelder, welche keinen Reis erhalten sollen.
Der Anbau des Tabaks ist über die japanischen Inseln weit,
wenn auch sehr ungleichmässig, verbreitet. Die erste Blattlese findet
im August, eine zweite und dritte im September statt. Zum Trocknen
hängt man die Blätter um die Häuser auf, wie das auch bei uns ge-
schieht. In Aidzu sah ich zu dem Zweck folgende Vorrichtung an-
[158]I. Land- und Forstwirthschaft.
wenden: Von zwei Personen flocht die eine aus zwei dünnen Stroh-
seilen ein dickeres, die zweite schob dabei je zwei Tabakblätter mit
ihren nach oben gekehrten Stielen jedesmal in etwa 10 cm Abstand
ein. So vorbereitet hing man schliesslich das Seil mit seinen vielen
nach unten gekehrten Blattspreiten an den Wänden des Gebäudes
oder auf Stangen auf.
Unter den japanischen Tabaksorten hat bei den Eingeborenen der-
jenige aus der ehemaligen Herrschaft Satsuma, zu der auch Kokubu
gehörte, den grössten Ruf, wie bereits angedeutet wurde. Europäern
schmeckt er aber zu süsslich und wird desshalb nur wenig exportiert.
Die geschätzteste Waare für die Ausfuhr, obgleich ebenfalls amerika-
nischen Tabaken an Werth weit nachstehend, kommt vielmehr von
Higo und andern Provinzen des Südens. Man sendet ihn in Stroh-
matten verpackt nach Nagasáki, wo man zunächst die Stiele beseitigt
und dann die Umpackung in Ballen vornimmt. Sie gehen ausschliess-
lich nach England. Das Blatt hat einen schwammigen Charakter,
wird desshalb mit andern, strengeren Sorten gemischt und bewirkt die
Aufnahme beträchtlicher Mengen der Beize. Als Exportartikel steht
Tabak hinter vielen andern zurück und ist im allgemeinen wenig
begehrt.
b. Droguen.
In meinem Tagebuch über meine erste Reise in Japan im Sommer
1874 steht folgender, im Orte Sunjo am Fusse des Ibukiyama (siehe
Rein, Japan I. pg. 88) niedergeschriebener Vermerk: »Der Wirth
sagte mir, der kräuterreiche Ibukiyama liefere 130 verschiedene Me-
dicinen, meist pflanzliche. Aus seiner kleinen Sammlung schenkte er
mir zwei, dabei mitgezählte, ein Stück von einem Tropfstein und ein
Stück faserigen Wollastonit.« Die chinesische Heilmittellehre, welcher
die Japaner bis vor 30 Jahren blindlings folgten, weist gleich der im
Mittelalter, ja noch später bis zur Entwickelung der Chemie bei uns
gebräuchlichen, eine sehr grosse Anzahl, zum Theil höchst seltsamer
Droguen auf. Nachdem schon Thunberg eine kleine Liste pharma-
ceutisch verwendeter Pflanzen Japans gebracht hatte, lieferte v. Sie-
bold in der schon citierten Arbeit: »Verhandl. van het Batav. Genoot-
schap XII deel. Bat. 1830« ein langes, doch keineswegs erschöpfendes
Verzeichniss. Oyaku-yen (der Arznei-Garten), welchen die Toku-
gawa vor 200 Jahren in Yedo anlegen liessen, der botanische Garten
des heutigen Tôkio, enthält die wichtigsten derselben. *) Es liegt
[159]3. Handelsgewächse.
ausser dem Rahmen und Zweck dieser Arbeit, es zu wiederholen oder
zu ergänzen. Ich beschränke mich vielmehr auf die verhältnissmässig
wenigen Gewächse, welche ich als Arzneipflanzen angebaut fand und
von denen ich aus eigener Anschauung weiss, dass sie für die Land-
wirthschaft noch von mehr oder minder Bedeutung sind.
1) Paeonia Moutan Sims, jap. Botan.
2) Paeonia albiflora Pall., jap. Shakuyaku.
Wie die alten Classiker Paeonia officinalis L., welche in den
Bergen Griechenlands und anderer Mittelmeerländer zu Hause ist, schon
vor mehr als zweitausend Jahren ihrer Heilkräfte wegen rühmten und
nach dem Paeon, dem obersten Arzt der Götter benannten, so haben
auch diese beiden strauchförmigen Arten Pfingstrosen Ostasiens bei
Chinesen und Japanern alte Berühmtheit und werden sowohl ihrer
medicinischen Wurzeln als auch ihrer schönen Blüthen wegen oft an-
gebaut (siehe auch Decoration im Kunstgewerbe). Zuweilen findet man
einen dritten und grösseren Strauch ihnen auf einem Stück Garten-
land zugesellt, der ebenfalls medicinischen Zwecken dient, nämlich:
3) Evodia rutaecarpa Benth., jap. Goshiu-yu oder Kara-haji-
kami.
Er erinnert mit seinen gefiederten Blättern an Sumach und wird
gleich seinen Verwandten, wie z. B. Evodia glauca und Xanthoxylum
piperitum vornehmlich der aromatischen Beeren wegen geschätzt.
4) Ricinus communis L., jap. Himashi. Derselbe heisst auch
Tôjin-mame (Chinesen-Bohne) und Tô-goma (Chinesischer-Seesam),
Namen, welche auf seine Einführung aus China hinweisen. Nicht
selten trifft man kleine Pflanzungen verschiedener Medicinalkräuter
neben einander. Ich habe auf diese Weise im freien Felde angebaut
gefunden:
5) Foeniculum vulgare Gaertn., den Fenchel, jap. Uikiyo.
6) Angelica refracta Fr. Schmidt., jap. Senkiyu.
7) Angelica anomala Lall., jap. Biyakushi.
8) Scutellaria macrantha Fisch., jap. Ogon.
9) Mentha piperita Thunb., Pfeffermünze, jap. Hak’ka.
10) Rheum palmatum L., jap. Daiô.
11) Rheum undulatum L., jap. Daiô. Von dieser Rhabarberart
kennen wir jetzt durch den Bericht von Przewalski über seine Reise
zum Kuku-noor und dem Quellgebiet des Hoangwho die eigentliche
Heimath. Hiernach ist das Centrum ihrer natürlichen Verbreitung das
Gebirge zwischen den Quellflüssen des Hoangwho, Yalung und Min-
kiang in China.
Im Anschluss an die vorigen Droguen nenne ich drei in Japan
[160]I. Land- und Forstwirthschaft.
wildwachsende, ihrer eigenthümlichen wohlbekannten Verwendung
wegen, nämlich:
12) Aconitum Fischeri Reichb., jap. Tori-kabuto.
13) Artemisia vulgaris L., jap. Yomogi (Mogusa).
14) Illicium religiosum S. \& Z., jap. Sikimmi (spr. Skimi).
Das erstgenannte dieser drei Gewächse, der über die Bergwal-
dungen von ganz Japan verbreitete hellblaue Eisenhut, liefert in
seinen Knollen, Udzu (bei den Ainos Shurku) genannt, den Ainos das
wohlbekannte Gift, mit dem sie ihre Jagdpfeile vergiften. Es ist das-
selbe Coniin C8H17N, wie man es auch in den Knollen anderer Aconit-
arten findet und neuerdings selbst künstlich darstellt. *) Dasselbe ruft
im thierischen Organismus krampfhafte Bewegungen und Paralyse hervor.
Die Früchte des Buddha geweihten und darum bei buddhistischen
Tempeln und Klöstern viel angebauten Skimi machten vor längerer Zeit
einiges Aufsehen. Sie kamen nämlich statt des Sternanis, dem sie sehr
ähnlich sehen, als Gewürz in den Handel, erwiesen sich aber giftig.
Eine ganz andere Rolle spielt die gemahlene und mit Hülfe von etwas
Harz zu kleinen, federkieldicken braunen Stäbchen geformte Rinde.
Sie bildet in dieser Gestalt die Räucherkerzchen, mit welchen man
vor den Götzen Wohlgeruch verbreitet. Diese glimmenden Kerzen
werden aber auch benutzt bei der Mogusa (sprich Moxa). Es ist dies
ein eigenthümliches Zugpflaster, womit man Krankheiten vorzubeugen
sucht. Die Moxa oder Blüthentheile der Artemisia vulgaris werden
mit dem sie umgebenden Filz getrocknet. Bei ihrer Verwendung legt
man etwas davon auf den nackten Körper und brennt es durch Be-
rührung mit der glimmenden Kerze ab. Dadurch entstehen Wunden
und später Narben so gross wie ein Markstück, wie man sie nament-
lich auf Rücken und Posterior der Arbeiter häufig sehen kann.
Die vorerwähnten Arzeneipflanzen spielen im Handel Japans
keinerlei Rolle. Nur dem eigenen Gebrauche dienend, tritt ihre Be-
deutung hinter diejenige von Ginseng und Kampfer weit zurück, zwei
Droguen Ostasiens, die nicht blos ihrer sehr verschiedenartigen Ge-
winnung und Verwendung wegen, sondern auch als bemerkenswerthe
Exportartikel Japans eine eingehendere Betrachtung verdienen.
15) Panax Ginseng C. A. Meyer (Aralia Ginseng, jap. Nin-jin,
chin. Jin-san). Der Ginseng, von dem Kaempfer sagt, er sei der
Wurzel wegen nächst dem Thee im ganzen Orient die berühmteste
Pflanze, ist ein den Doldenpflanzen nahestehendes perennierendes,
[161]3. Handelsgewächse.
krautartiges Gewächs aus der Familie der Araliaceen. Die walzen-
förmige, möhrenartige Wurzel liefert das von Chinesen, Japanern und
Koreanern hochgeschätzte Arzeneimittel. In der That ist diese Gin-
seng- oder Kraftwurzel, wie man sie bei uns auch genannt hat, die
Cinchona und der Moschus dieser Völker, ein Mittel gegen Fieber und
Schwächezustände aller Art, die wichtigste und theuerste Arzenei, zu
der noch bei Todkranken gegriffen wird, wenn kein anderes Mittel
mehr verfangen will. Bezeichnend für die hohen Preise derselben und
den Glauben an ihre Heilkraft zugleich ist auch die japanische Redens-
art: »Ninjin kute kubiku kuru«, d. h. wörtlich »nach Ginsengessen Er-
hängungstod« und dem Sinne nach »man wird durch Ginsengessen wohl
gesund, stirbt aber (weil es arm macht) nachher den Hungertod.«
Aus dem Erwähnten geht zur Genüge hervor, dass Linné, als er
den Namen Panax *) der Alten, womit diese in erster Linie wohl einige
Arten Ferula Kleinasiens und des Pontus bezeichneten, auf das Uni-
versalmittel des östlichen Monsungebietes übertrug, von dem er durch
Kaempfer und Andere gehört hatte, wohl kaum ein passenderes Ob-
ject für denselben hätte finden können.
Die Ginsengpflanze wächst in den schattigen Gebirgswaldungen
Ostasiens von Nepal bis zur Mandschurei wild, während sie in Japan
bislang nur in Cultur gefunden wurde. In den tiefen Waldungen
der chinesischen Mandschurei zwischen 39° und 47° N. wurde sie zu-
erst von Pater Jartoux beobachtet. Aber die hier mit Sorgfalt ge-
sammelten Wurzeln, ein Regal des chinesischen Kaiserhauses, reichen
für den grossen Bedarf China’s nicht aus; es muss demselben eine
ziemlich weit verbreitete Cultur der Pflanze im nördlichen China, in
Korea und Japan zur Hülfe kommen, woran sich auch noch ein an-
sehnlicher Import von Philadelphia und Baltimore schliesst, welche
Städte den Chinesen die Wurzeln des im Alleghanny-Gebirge wach-
senden, weniger geschätzten Panax quinquefolius liefern.
In Japan wählt man für den Ginsengbau schwarzen, humusreichen
Boden in trockner Lage aus, da nur in ihm die Pfahlwurzeln der
Pflanze sich genügend stark und mit weisser Farbe entwickeln, wäh-
rend sie in eisenschüssiger Erde eine röthliche Färbung annehmen
und dann weniger geschätzt werden. Das gutgedüngte, tief umge-
grabene und wohl zubereitete Feld wird in Beete getheilt, die in der
Regel 27 jap. Fuss (8,13 Meter) lang, 2½ Fuss breit und 2 Fuss von
einander entfernt sind. Sie ziehen stets von Osten nach Westen.
Um die Pflanzungen gegen directen Sonnenschein und heftige Regen
Rein, Japan. II. 11
[162]I. Land- und Forstwirthschaft.
zu schützen, trägt jedes Beet der Länge nach in ⅔—1 Meter Höhe
beständig ein auf Pfählen und Stangen ruhendes Strohdach über sich,
das nach Süden etwas geneigt ist. Hierdurch sind Ginsengpflanzungen
dem Auge des aufmerksamen Reisenden
schon aus der Ferne erkennbar, wie z. B.
in der Provinz Shinano zur Seite des Na-
kasendo, in Aidzu und anderwärts. Wäh-
rend der Vegetationsdauer findet nur eine
Reinhaltung und zeitweise Lockerung der
Beete statt, sowie eine mehrmalige Düngung
mit Strohasche.
Die Aussaat erfolgt im Süden Japans
(z. B. in den Provinzen Idzumi und Hoki)
im November, weiter nordwärts aber erst
im April. Da die Samen leicht ihre Keim-
kraft verlieren, werden sie im letzteren Fall
mit Erde vermischt aufbewahrt. In das
tiefgegrabene, durchsiebte Land setzt man
den Samen in 6—9 cm Abstand und eben
so tief in Reihen, deren 2 auf ein Beet
kommen, so dass sie etwa 30 cm von ein-
ander entfernt sind. Ginseng wächst lang-
sam und bedarf 3½ Jahre zu seiner Ent-
wickelung. So kann man denn Felder sehen
mit Pflanzen vom ersten Jahr (ichi nen shô),
von zwei Jahren (ni nen shô), von drei Jah-
ren (san nen shô), vom vierten Jahr (yo-nen
shô). Die Pflänzchen des Ichinenshô (siehe
Figur 2) haben bis zum Herbst nur ein,
auch zwei Blätter, keinen Stengel entwickelt.
Ein solches Blatt ist einschliesslich des lan-
gen Stieles 8—10 cm hoch und dreizählig,
wie das des Klees. Die eiförmigen, zuge-
spitzten Blättchen haben scharfgezahnte Ränder. Stärker entwickelt
erscheint die walzenförmige ausdauernde Wurzel. Im zweiten Som-
mer bildet dieselbe einen einfachen glatten Stengel, der sich oben in
zwei, auch drei Blattstielen gabelt (siehe Figur 3). Die einzelnen
Blätter sind nun fingerförmig fünfzählig, in symmetrischer Weise ent-
wickelt, am stärksten das mittlere der Blättchen. Gestalt und Rand-
theilung, wie im ersten Jahr. Die Wurzel hat mit etwa 12 cm fast
gleiche Länge, wie der oberirdische Theil der Pflanze. Im dritten
[163]3. Handelsgewächse.
Sommer (Figur 4) wird dieser 30—40 cm hoch und sendet in halber
Höhe einen Kranz von 3—4 Blättern aus, deren fünf Blättchen gleich-
geformt, aber grösser sind, als die im zweiten Jahre. Die glatten
11*
[164]I. Land- und Forstwirthschaft.
Blattstiele haben wie der runde untere Stengel eine rothbraune Farbe.
Die Pflanzenachse setzt sich als nackter, grünlicher Stengel von der
Basis der Blätter aus noch 10—20 cm fort und endet mit einer ein-
fachen Blüthendolde an der Spitze, wozu sich mitunter noch ein zwei-
tes Döldchen etwas tiefer und seitwärts gesellt. Nur wenn Samen
erzielt werden soll, lässt man den Blüthenstand im dritten oder vier-
ten Sommer sich entwickeln, sonst wird er abgeschnitten. Ueber
[165]3. Handelsgewächse.
einem Kranz von 5—7 lanzettlichen Hüllblättchen wölbt sich die kleine,
an Alliumarten erinnernde 10—20-strah-
lige Dolde mit ihren hellgrünen polyga-
mischen Blüthchen, die aus unschein-
barem, oberständigem, fünfzahnigem
Kelche, fünf Blumenblättchen, ebenso-
vielen Staubgefässen und 2—3 Griffeln
zusammengesetzt sind. Der unterständige
Fruchtknoten entwickelt sich zu einer
glänzend scharlachrothen, erbsengrossen,
seitlich zusammengedrückten Beere,
welche zwei graue, geriefte Samen von der
Grösse der Hanfkörner einschliesst (Fig. 6). Nachdem dieselben geerntet
sind, werden sie 30—50 cm tief bis zum November oder nächsten Frühjahr
in Erde eingegraben, um so bis zur Aussaat ihre Keimkraft zu erhalten.
[166]I. Land- und Forstwirthschaft.
Die Ernte der Ginsengwurzeln findet im Doyô (Juli und August)
des vierten Sommers statt. Sie sind walzenförmig, höchstens finger-
dick und oft gabelförmig nach unten getheilt (Fig. 7), von weisser
Farbe und erinnern im Geruch
und Geschmack an Mohrrüben
(Daucus Carota). Das gewöhn-
liche Gewicht einer frischen
Ginsengwurzel beträgt 20—25
Gramm, selten doppelt so viel,
und der Ertrag eines □-Meters
Land = 1—1½ kg. an solchen
frischen Wurzeln. Nachdem
man dieselben ausgegraben hat,
werden sie von den Fasern und
andern Anhängseln befreit und
sorgfältig abgewaschen, darauf
rasch in kochendem Wasser
oder Wasserdampf abgebrüht,
so dass sie nachher auf dem
Querschnitt braungelb und gal-
lertartig aussehen. Hierauf setzt
man sie in Darren mit etwa 12
über einander angebrachten
Schieberahmen, deren Böden
aus starkem Papier bestehen, je
nach der Grösse 2—3 Tage lang
einer Hitze von 100—120° C.
aus, wodurch dieselben völlig
trocken und marktfähig werden.
Doch wird dieses Dörren viel-
fach auch an der Sonne vorge-
nommen und dauert dann ent-
sprechend länger.
Diese präparierten und ge-
trockneten Ginsengrüben haben
noch etwa ¼ ihres ursprüng-
lichen Gewichts; 160—200 derselben gehen auf ein Kilogramm. Sie
sind gelblich bis braun, halb durchsichtig, etwas spröde und von bit-
terlich süssem, schleimerzeugendem Geschmack. Man muss sie gegen
Feuchtigkeit und kleine Käfer (Rhynchophoren) sorgfältig schützen und
wendet sie in Form von Decoct und Extract an. Stengel und Blätter
[167]3. Handelsgewächse.
der Pflanze werden ebenfalls verwendet und zu einem schwarzen, zähen
Brei gekocht, der in Folge des in Caramel übergegangenen Zuckers
wie Lakritze aussieht und schmeckt, jedoch einen bitteren Beigeschmack
hat. Dieses Präparat kommt nicht zur Ausfuhr.
Für die zubereitete Ginsengwurzel gibt es bald zahlreiche Käufer,
welche das Kin (600 Gramm) dem Producenten mit 5—7 yen bezahlen,
während es in China 10 yen oder 40 Mark werth ist. Der Ginseng
der Mandschurei steht viel höher im Preis, zumal die gesuchteste
Sorte, deren Aussehen an Bernstein erinnert und deren Preis oft mit
dem 5—8-fachen Gewicht Silber aufgewogen wird. Mindestens gleich-
geschätzt und noch immer ein beachtenswerther Ausfuhrartikel ist der
Koreanische Ginseng. In der Tokugawa-Periode war der Daimiô von
Tsushima abgabenfrei, hatte dafür aber dem Hofe des Shôgun jährlich
ein gewisses Quantum Ginseng aus dem benachbarten Korea zu liefern.
Seitdem die jüngeren japanischen Aerzte begonnen haben, sich mit
den europäischen Heilmethoden und -Mitteln mehr und mehr vertraut
zu machen, ist in Japan das Ansehen der Ginsengwurzel bedeutend
gesunken, so dass bei gleichbleibendem, ja stellenweise zunehmendem
Anbau derselben jährlich immer grössere Mengen nach China ausge-
führt werden können, wo sie stets willige Abnehmer finden. Früher
vermittelten die Holländer in Nagasáki diesen Export, jetzt findet er
meist über Ôzaka durch Japaner und Chinesen direkt statt. Der Be-
trag desselben erreichte im Jahr 1879 die hohe Summe von 507494 yen,
ist aber seitdem etwas zurückgegangen.
Die Ginsengcultur findet in verschiedenen Hügellandschaften von
300—800 Meter Höhe statt, vornehmlich auf Hondo. Ihre bemerkens-
werthesten Distrikte sind:
- 1) in der Provinz Idzumo südlich der Hauptstadt Matsuye an den
Bergabhängen der Landschaft Tu (Tu-gori) und auf der kleinen Rettig-
insel (Daiko-jima) im Nakano-umi; - 2) in der Provinz Hoki auf der Nordseite des Daisen;
- 3) in Shinano längs des Nakasendô zwischen den Poststationen
Iwamurata und Wada, sowie bei der Stadt Takeda an der Grenze
von Hida; - 4) in Aidzu 30 Meilen nördlich von Tôkio an mehreren Stellen,
insbesondere bei Terayama und Matsukawa, sodann bei Kuradani und
Uchi auf dem Wege von Sannô-tôge nach Wakamatsu.
Ausser in diesen Gebieten, wo Kempermann oder ich den Gin-
sengbau beobachteten, kommt derselbe nach Maximowicz auch bei
Hakodate vor, sowie an verschiedenen andern Orten des japanischen
[168]I. Land- und Forstwirthschaft.
Reichs, wie dies aus dem Catalog der 1877 in Tôkio veranstalteten
Ausstellung landwirthschaftlicher Produkte zu ersehen ist.
Seit einer Reihe von Jahren sind auch die Vereinigten Staaten
dem grossen chinesischen Bedarf an Ginseng zur Hülfe gekommen,
indem sie die Wurzeln einer im Gebiet der Appalachen endemische
Art (Panax quinquefolius L.) präparierten und auf den chinesischen
Markt brachten. Nach den Berichten des Commissioner of Agriculture
hatte diese Ausfuhr im Jahr 1877 den Werth von annähernd $ 700000
erreicht.
16) Cinnamomum Camphora Nees \& Eberm. (Laurus Cam-
phora L.), der Kampferbaum oder Kampferlorbeer, jap. Kusu-no-ki
(sprich Ksúnoki). Dies ist der Riese unter den Laubhölzern Japans,
der sowohl an Stammumfang als an Höhe alle andern, selbst Planera
acuminata, übertrifft. *) Die schmächtigen Repräsentanten desselben
in unsern Gewächshäusern mit ihren gelbgrünen Blättern und dem
siechen Aussehen lassen die mächtigen Gestalten mit ihrer glänzend
dunkelgrünen Belaubung kaum ahnen, zu der sich dieser Lieferant
des allbekannten Kampfers (jap. Shônô) in seiner Heimath empor-
schwingt. Doch schon jenseits der Alpen, in den schönen Anlagen
an den norditalienischen Seen, der Riviera und weiter südlich, wo
der Baum vortrefflich gedeiht und durch rasches Wachsthum sich aus-
zeichnet, gewinnen wir eine richtigere Vorstellung von ihm. So hat
ein Exemplar im Park der bekannten Villa Pallavicini bei Pegli in
25 Jahren einen Stamm von 1 Meter Umfang entwickelt. Noch über-
raschender ist das Wachsthum eines Kampferbaumes in Cannes, den
man seit 1871 aus Samen erzog und der im Herbst 1878 an der Ba-
sis 98 cm Umfang bei 30 Meter Höhe hatte. Viel älter und statt-
licher noch ist der Kampferlorbeer im botanischen Garten zu Pisa,
vielleicht das grösste Exemplar in Europa.
Neben dem raschen Wachsthum des Baumes im Mittelmeergebiet
ist aber auch seine Accommodationsfähigkeit an das heisseste und
trockenste Klima innerhalb desselben gegenüber seiner regenreichen
Heimath in Ostasien bemerkenswerth; denn er ist eine der wenigen
Pflanzen Japans, welche z. B. noch auf den Canarischen Inseln gut
fortkommen und sogar zu Schubrah bei Kairo sich kräftig entwickelt
haben. Auch in verschiedenen andern subtropischen und tropischen Ge-
bieten der Erde, z. B. bei Buenos Ayres und auf Mauritius gedeiht Lau-
rus Camphora vortrefflich. Es ist unter diesen Umständen auffallend,
dass man noch nirgends Pflanzungen zur Kampfergewinnung anlegte.
[169]3. Handelsgewächse.
In Japan ist der Kampferbaum der wichtigste und verbreitetste
Repräsentant der immergrünen Laurineengattung Cinnamomum, deren
Arten sich alle durch den Geruch nach ätherischen Oelen, die sich
in ihren verschiedensten Theilen entwickeln, sowie durch langgestielte
eilanzettliche, ganzrandige, lederartige, glänzend dunkelgrüne Blätter
auszeichnen. Dieselben stehen meist abwechselnd und sind weiter
durch eine charakteristische dreinervige Beaderung gekennzeichnet.
Im April findet, wie bei den meisten immergrünen Pflanzen, der Blatt-
wechsel statt, bei dem das junge, zarte, gelbgrüne Laub die alten
dunkelgrünen Blätter verdrängt, nachdem ihr Glanz erloschen ist.
Die jungen Zweige des Kusunoki brechen sehr leicht ab, so dass man
nach jedem stärkeren Winde eine grössere Zahl derselben auf dem
Boden findet. Daher bildet der Kampferbaum selten eine symmetrisch
gebaute volle Krone. Aber was ihm in dieser Beziehung an Schön-
heit abgeht, ersetzt die mächtige Gestalt. Sieht man dabei von der
Verschiedenheit der Belaubung, Blüthen- und Fruchtbildung ab, so
gleicht ein alter Kampferlorbeer am meisten einer stattlichen Eiche in
der Dicke des Stammes, der Symmetrielosigkeit seiner Krone, den
mächtigen, auffallend knorrigen und gebogenen Aesten und der rauhen,
zerrissenen Borke. Dies gilt namentlich von den zum Theil sehr
alten Exemplaren, welche man bei Tempeln und in den alten Park-
anlagen der südlichen Schlossstädte findet. Fortune erwähnt, dass er
in China nie so alte und grosse Kampferbäume sah, wie bei den
Tempeln in Nagasȧki. *) Aber auch in andern und mehr nördlichen
Theilen Japans kommen noch überraschend starke Exemplare vor.
So sah ich im Frühjahr 1875 in der Provinz Kii auf dem Wege von
Wakayama nach der berühmten Klosterstadt Koyasan (etwa 34½° N.
und 135° 20' O. Gr.) bei Kaseda-mura ein solches mit 11,5 Meter Stamm-
umfang. In 1½ Meter Höhe theilt sich der Riese in eine Anzahl
mächtiger, weit ausgebreiteter Aeste. Im nördlichen Theile von Tô-
kio, dem Park von Uyeno, befindet sich nahe dem Tempel des Gon-
gensama ein Baum, dessen hoher Stamm 1874 in Brusthöhe 5,88 Meter
Umfang hatte und mit seinen starken Aesten die schlanken Nadel-
hölzer ringsum (Cryptomerien und Tannen) noch theilweise überragte,
in einer Höhe von 40—50 Meter. Ein zweites grosses Exemplar ge-
wahrt man in Hon-jô, auf der linken Seite des Sumidagawa. Diese
Bäume haben hier, in der Hauptstadt, einen Winter mit 70—80 Frost-
nächten auszuhalten, in denen die Temperatur zuweilen auf —7° C.
[170]I. Land- und Forstwirthschaft.
sinkt und ausnahmsweise sogar auf —9° C. Auch in Norditalien,
z. B. am Lago Maggiore, hat der Kampferlorbeer im December 1879
eine Kälte von —9° C. ausgehalten. Doch scheint hiermit die untere
Temperaturgrenze seines Vorkommens im Freien erreicht zu sein, da
ich ihn nordwärts vom 36. Breitengrad, selbst an der flachen und mil-
den Küste des Stillen Oceans nicht fand. Im höher gelegenen und
rauheren Landesinnern kommt er auch mehr südwärts nirgends fort.
Von diesem Vorkommen bei Tempeln und Wohnstätten ist jedoch
dasjenige im wilden Zustande wohl zu unterscheiden. Dasselbe über-
schreitet nirgends den 34. Parallel und beschränkt sich auf die milden
Hügellandschaften in der Nähe des Meeres in Süd-Japan. Es sind
Theile von Ôsumi und Satsuma an der Bucht von Kagoshima, so wie von
Hiuga auf der Insel Kiushiu, sodann und vor allem die Provinz Tosa
auf der Insel Shikoku. Nach Kaempfer und Thunberg ist der Baum
auch häufig auf den Gotô (Gothô ôar Thunb.) zu finden. In den ge-
nannten Gebieten bildet er einen Bestandtheil der immergrünen Wäl-
der, gemischt mit mehreren andern Arten der Gattung Cinnamomum,
mit lorbeerblätterigen Eichen (Quercus cuspidata, Qu. acuta, Qu. glauca),
Camellia japonica und andern mehr strauchartigen Gewächsen; doch
kommen hier so alte, starke und dickrindige Exemplare, wie in den
Tempelhöfen nirgends vor.
Was die geographische Verbreitung von Cinnamomum Camphora
überhaupt betrifft, so erstreckt sich dieselbe nur über Theile des öst-
lichen Monsungebiets und umfasst das Küstenland Ostasiens mit vielen
Unterbrechungen von Cochinchina bis gegen die Mündung des Jang-
tse-kiang, einschliesslich der Inseln Heinan und Chusan, ferner die
Insel Formosa, die Riukiu-Inseln und die schon erwähnten Theile
von Kiushiu und Shikoku, demnach ein Gebiet zwischen 10° N. und
34° N., das also theils den Tropen, theils der subtropischen Zone an-
gehört. Reiche Niederschläge, namentlich im Sommer, zeichnen das-
selbe aus; die klimatischen Verhältnisse sind sonach für eine üppige
Vegetationsentwickelung sehr günstig. Am häufigsten findet man den
Kampferbaum nach allen Berichten auf der Insel Formosa, und zwar,
wie es scheint, vornehmlich in den Hügel- und Gebirgslandschaften
des nordwestlichen Theils derselben. Formosa liefert schon seit län-
gerer Zeit den meisten Kampfer und hat nur im Reis und Zucker noch
bedeutendere Exportartikel. Früher brachte man ihn auf Dschunken
zunächst nach Hongkong, Amoy oder Futschau, von da nach Europa,
während jetzt ein direkter Versandt von Tamsui stattfindet.
Im eigentlichen China ist Fukien die an Kampferbäumen reichste
Provinz. Derselben und ihres Produkts gedenkt schon Marco Polo
[171]3. Handelsgewächse.
(Yule: Marco Polo II, 217.), sowie mancher Andere, der später die
Wälder dieser Provinz durchreiste. Dieselben liefern noch immer jähr-
lich gegen 2500 piculs (150000 kg.); doch stieg die Produktion schon
auf 4000 piculs (240000 kg.) in einem Jahr.
An den Verbreitungsbezirk des Laurineenkampfers schliesst sich
derjenige des Borneols, Baros- oder Sumatra-Kampfers an. *) Diese
Kampferart findet sich bekanntlich im Holze von Dryobalanops Cam-
phora Colebr., einem Baume der Familie der Dipterocarpeen, abge-
lagert, und zwar in Hohlräumen und Spalten desselben, doch selten
mehr als ¼—1 Pfund in einem Baum. Dieser Kampferbaum bewohnt
Sumatra und West-Borneo. Junghuhn spricht sich über ihn folgender-
massen aus: »Unter den Waldbäumen von Tapanuli (an der Westküste
von Sumatra nordöstlich von Nias und südöstlich der Stadt Baros) zieht
vor allem der Kampferbaum (Dryobalanops Camphora) des Reisenden
Aufmerksamkeit auf sich, durch seinen geraden, säulenartigen und
colossalen Stamm und seine Blätterkrone, welche sich hoch über den
Teppich des Waldes erhebt. Er übertrifft in seinen Dimensionen den
Rasamala (Liquidamber Altingiana), den höchsten Baum Java’s.« **)
In ganz Süd- und Ostasien waren beide Kampfersorten ohne
Zweifel schon zu Anfang unserer Zeitrechnung bekannt und geschätzt,
was daraus hervorgeht, dass Araber sie schon im 1. Jahrhundert nach
Europa brachten. Insbesondere galt das ganze Mittelalter hindurch
bis in die neueste Zeit Bornéo-Kampfer auch bei Chinesen und Ja-
panern für eine höchst wichtige Medicin, welche sie ihrem einheimi-
schen Produkt weit vorzogen. Sein eigentlicher malayischer Name ist
Kápúr Bárós oder Barús, d. h. Kampfer von Baros, dem Hauptver-
sandtplatze an der Nordwestküste der Insel Sumatra, im Gegensatz
zu Kapur China oder Kapur Japún, dem Laurineenkampfer. Von Ba-
ros, aber auch von den andern Häfen der Nordwestküste zwischen
1° und 2½° N., nämlich Tapanuli, Natal und Ajer Bangngies kam
der Sumatrakampfer über Padang nach Batavia und über Atschin nach
Pinang und Singapore. Den Namen Kápúr adoptierten u. A. die
Araber und wandten ihn auch auf den Kampferbaum an, wie man
sich noch in Aegypten überzeugen kann. Marco Polo ist der erste
Europäer, der des Sumatrakampfers erwähnt. Er nennt denselben
[172]I. Land- und Forstwirthschaft.
Camfora Fansuri und sagt, er sei so fein, dass er in China mit Gold
aufgewogen werde. *)
Kaempfer bemerkt **), dass ein Catti (605 gr.) des eingeführten
borneischen Kampfers gegen 80 bis 100 Catti des japanischen Kampfers
vertauscht werde, und de Vriese schreibt in der erwähnten Arbeit über
den Sumatra-Kampfer Folgendes: »Une caisse de camphre, qui con-
tenait en tout 125 livres de camphre en trois différentes qualités ren-
dait au Japon un prix de 2500—3000 rijksdaalders, c’est-à dire d’en-
viron 12500—15000 francs«. Weiter bemerkt er: »Pendant les années
de 1750—1760, le commerce de cet article avec la Chine a rendu à
la Compagnie le provenu considérable de 153490 florins«. Diese hohe
Werthschätzung der Ping-pien (Eisflocken) oder Lung-nan (Drachen-
gehirn), wie die Chinesen den Sumatra-Kampfer nennen, scheint noch
fortzudauern, denn nach derselben Quelle geht der gesammte Export
von Baros in diesem Artikel (weniger als 400 kg jährlich) nach China,
wo sein Preis den des einheimischen Produkts hundertfach übertrifft.
Im Jahre 1760 kostete das Pikul in Padang 44 fl. holländisch, 1860
gegen 60 fl., aber in Canton und Shanghai 114 fl. Nicht blos als in-
nere Medicin und gegen Augenleiden wurde er bisher so hochgeschätzt;
noch eine ganz andere Verwendung fand er früher in Sumatra selbst.
Wenn nämlich ein Rajah der Battas starb, so kam sein Leichnam in
einen Sarg aus dem Holze des Durio zibethinus und wurde hier mit
Kampfer einbalsamirt und verschlossen gehalten, bis der am Todes-
tage gesäete Reis nach 5—6 Monaten geerntet werden konnte. Dann
fand unter Beigabe dieses neuen Reis die eigentliche Beerdigung des
unterdess zur Mumie gewordenen Todten statt. Man hat berechnet,
dass dieser Brauch im einzelnen Fall 50—100 Pfund Kampfer ver-
schlang im Werthe von 2000—5000 fl.
In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts fand ein lebhafter
Handel mit diesem Sumatra-Kampfer nach Japan statt, dessen aber
(nach de Vriese) die Bücher der holländischen Handelsgesellschaft
von 1768 ab nicht mehr erwähnen und der desshalb von da an wohl
aufhörte.
Als die Portugiesen zuerst nach Indien kamen, waren hier beide
Kampferarten bekannt und in medicinischem Gebrauch. Man zahlte
für das Pikul (60 kg) Sumatra-Kampfer erster Qualität 1360 Dollars
und für das gleiche Gewicht chinesischen Kampfer 40—45 Dollars,
woraus sich das Preisverhältniss 1 : 34 bis 1 : 30 berechnet. Den
[173]3. Handelsgewächse.
Ruhm des Kampfers von Borneo kannte auch Camôens und widmete
ihm im 10. Gesang 133 seiner Lusiade einen Vers.
Der Lorbeerkampfer (japanisch Shônô) wird in Japan zu irgend
einer Jahreszeit, gewöhnlich aber im Sommer, und zwar aus den
Spänen des frisch gefällten Holzes durch Destillation mit Wasser ge-
wonnen. Man benutzt dabei eine sehr scharfe, hohlgeschliffene Haue
mit kurzem Stiel und zerhackt die Stämme, Aeste und dickeren Wur-
zeln auf mühsame Weise in Spähne, wie sie beim Fällen eines Baumes
abfliegen. Die zur Kampfergewinnung dienende Vorrichtung und
Apparat zur Kampfergewinnung in Tosa, Japan.
namentlich die Einrichtung zum Auffangen und Condensieren der
Dämpfe ist nicht überall dieselbe. Der Apparat, welchen ich im Walde
nicht weit von Kochi, der Hauptstadt von Tosa in Thätigkeit sah, war
wie folgt beschaffen:
Auf einem primitiven kranzförmigen Mauerwerk (siehe Figur 8)
von ⅔ m Höhe, welches den Feuerraum (F) umschloss, ruhte eine
eiserne Pfanne (P) und auf dieser ein Holzkübel (K) von 1 m Höhe,
dessen durchlöcherter Boden 50 cm Durchmesser hatte, während die
obere Oeffnung 37 cm weit war. Diese Kufe war nun umgeben von
einer ebenfalls auf der Mauer ruhenden Lehmwand (W) von 12 bis
[174]I. Land- und Forstwirthschaft.
15 cm Dicke. Bei der Inbetriebsetzung des Apparats wurde die eiserne
Pfanne von oben mit Wasser und die Kufe bis nahe zum Rande mit
frischen Spähnen gefüllt, hierauf ein Deckel (D) oben aufgesetzt und
sein Rand mit dem des Kübels durch Lehm dampfdicht verkittet. Hier-
auf zündete man das Brennholz im Feuerraum F an. Die sich bald
entwickelnden Wasserdämpfe treten aus der Pfanne durch den durch-
löcherten Boden der Kufe in diese ein, bestreichen und erhitzen die
Kampferholzspähne daselbst, reissen die Kampferdämpfe mit sich fort
und treten durch ein nahe dem oberen Rande angebrachtes, dicht-
schliessendes Bambusrohr (B) in den Kühlapparat (C). Derselbe ruht
auf einer anstossenden Bergwand und besteht aus zwei verschieden-
grossen wasserdichten Kasten, von denen der grössere aufsitzt und
wie eine pneumatische Wanne nach oben geöffnet und zugleich durch
parallel laufende Bretter in mehrere miteinander communicierende Ab-
theilungen geschieden ist, während der kleinere mit nach oben ge-
richtetem Boden in dem grossen ruht und Recipient für die Dämpfe
ist. Eine Bambusröhre (B') führt beständig fliessendes Wasser über
den Boden desselben und an den Wänden hinab zur unteren Wanne,
an welcher durch ein Loch in halber Höhe der Ueberschuss abgeleitet
wird. Nach etwa 12 Stunden sind die Spähne erschöpft. Man öffnet
eine nahe dem Boden des Kübels angebrachte, an den Rändern eben-
falls sorgfältig verklebte Klappe (V) und entfernt dieselben auf diesem
Wege. Sie werden vor der Feuerung getrocknet und dann als Brenn-
material bei einer späteren Füllung benutzt.
Im Kühlapparat haben sich über dem Wasser Kampfer und Kam-
pferöl angesammelt. Sie werden abgeschöpft und mittelst Filtration
durch Stroh, oder durch Auspressen von einander getrennt.
Von der hier beschriebenen Gewinnungsweise des Kampfers weicht
diejenige ab, welche Thunberg angibt. Nach ihm ruhte auf einem
eisernen Kessel ein hölzerner Hut, der in eine lange Spitze ausging,
in welcher Stroh befestigt war. Die Kampferholzspähne wurden mit
Wasser im Kessel gekocht; der aufsteigende Kampferdampf sammelte
und verdichtete sich im Stroh der Hutspitze, wurde dann als körnige,
grauweisse Masse davon getrennt, in Holzkufen verpackt und nach
dem Gewicht an die holländische Compagnie in De-shima verkauft.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass das von mir beobachtete Ver-
fahren einen bedeutenden Fortschritt gegenüber dem zuletzt ange-
gebenen bekundet. Ein mehrtägiges Einweichen der Spähne in Wasser
vor Beginn der Destillation, wie es für China angegeben wird, ist in
Japan nicht gebräuchlich. — Scherzer beschreibt die Kampferge-
winnung auf Formosa. Dieselbe stimmt in den Hauptzügen mit der
[175]3. Handelsgewächse.
für Tosa angegebenen überein, aber die Vorrichtungen sind entschie-
den viel primitiver, als hier.
Der sorgfältigeren Gewinnungsweise entsprechend ist der japa-
nische Kampfer ein viel reineres, geschätzteres Produkt und steht dess-
halb auch höher im Preise als der chinesische. Es ist eine körnige,
grauweisse Masse, nicht unähnlich dem zusammengeballten Firn un-
serer Hochgebirge oder dem weissen unraffinierten Zucker. Er kommt
vorwiegend aus Tosa, und da Kochi, die Hauptstadt dieser Provinz
der Insel Shikoku, in direktem Dampfschiff-Verkehr mit Ôzaka steht,
so gelangt derselbe meist über diese Stadt in europäische Hände und
wird vom benachbarten Kobe (Hiogo) ausgeführt. Der Export an
Kampfer von Nagasáki beträgt kaum den dritten Theil desjenigen von
Hiogo; noch geringer ist derjenige von Yokohama. So sind denn
Tamsui im Norden von Formosa und Hiogo gegenwärtig die wich-
tigsten Bezugsquellen dieser Drogue, doch ist die jährliche Ausfuhr
in ihnen und einigen andern Plätzen eine sehr schwankende und hat
sich in den letzten Jahren zwischen 18000 und 24000 Pikuls —
1080000 kg und 1440000 kg — bewegt, im Durchschnittswerthe von
₤ 12 das Pikul oder 4 Mark per Kilogramm. Bevor Formosa als
Hauptlieferant dieses Artikels auf dem Markt erschien, stellte sich ein
Pikul japanischen Kampfers auf ₤ 20—24, während der jetzige Preis
₤ 14—17 ist. Im Jahre 1876 führte Ôzaka-Hiogo 8393 Pikuls Kampfer
aus, im Werthe von ₤ 121846, im Jahre zuvor dagegen nur halb so
viel. Der Gesammtwerth der japanischen Ausfuhr an dieser Dro-
gue betrug im Jahre 1872 ₤ 152879, im darauffolgenden Jahre nur
₤ 71026. In den letzten Jahren ist die Kampferausfuhr Japans an-
sehnlich gestiegen und hat 1882 mehr denn 5 Millionen yen betragen.
Die Eigenschaften des Kampfers und seine Verwendungen sind
in jedem chemischen und pharmacognostischen Lehrbuch zu finden
und so bekannt, dass ihre Aufzählung hier überflüssig sein dürfte. Nur
eine Japan und China eigenthümliche Anwendung erscheint mir er-
wähnenswerth. Man benutzt ihn nämlich in diesen Ländern allge-
gemein zur Verdünnung des Lackes, indem man ihn in fester Form
mittelst des Spatels innig mit diesem mischt, wobei er flüssig wird
und auch den Lack dünnflüssiger macht. Auch unterliegt es keinem
Zweifel, dass das bei der Kampfergewinnung als Nebenprodukt auf-
tretende bräunliche Kampferöl (Ol. Camphorae japonicum), das sich
allmählich am Licht bleicht, und sowohl nach seinem Geruch, als auch
in der chemischen Zusammensetzung (C10H16) dem Terpentinöl ent-
spricht, das primäre Produkt ist, aus welchem sich durch Oxydation
der Kampfer (C10H16O) bildet. Das Borneïn oder Borneo-Kampferöl
[176]I. Land- und Forstwirthschaft.
stimmt damit überein. Die nahe Verwandtschaft des Borneols (C10H18O)
mit dem japanischen Kampfer und die leichte Ueberführbarkeit des
einen in den andern sind längst erwiesen. *) Kampferöl ist ein vor-
treffliches Lösungsmittel für den stearoptenen Kampfer, wird jedoch
nicht zu diesem Zweck, noch sonst technisch oder pharmaceutisch be-
nutzt, vielmehr auf Lampen verbrannt, wozu es sich aber der russen-
den Flamme wegen am wenigsten eignet.
Das Holz des Kampferbaumes wird in Ostasien viel zur Dar-
stellung von Cabinetten, Kommoden, Kästchen etc. verwendet. Ins-
besondere geschieht dies zu Atami und im Hakonegebirge eine Tage-
reise westwärts von Yokohama. Es hat ein feines Korn, helle, gelb-
braune Farbe, seidenartigen Glanz und schönes Aussehen, so dass es
sich auch zu Fournituren vortrefflich eignet. Dem Insektenfrass nicht
unterworfen, dürfte es sich als Vermifugium zu Schränken und Kom-
moden, namentlich für diejenigen Gegenden ganz besonders empfehlen,
in welchen Termiten und kleine rothe Ameisen eine wahre Hausplage
sind, wie beispielsweise in Westindien und Westafrika.
c. Oelpflanzen und ihre Produkte.
Japan weist eine ansehnliche Zahl, theils wildwachsender, theils
angebauter Gewächse auf, aus deren Samen man fette Oele (Abura)
oder talg- und wachsartige Fette (Rô) gewinnt. Eine grössere volks-
wirthschaftliche Bedeutung haben aber nur wenige derselben erlangt,
insbesondere die Oele des Raps, der Sesampflanze, der Perille, der
Camellie und der vegetabile Talg mehrerer Sumacharten, welcher
auch als Ausfuhrartikel von Belang ist und unter denen der englischen
Consulatsberichte die sechste Stelle einnimmt.
Als Speiseöle dienen Goma-no-abura, das Sesamöl (von Sesamum
orientale), Kaya-no-abura, das Kayaöl (von Torreya nucifera), Buna-
no-abura, das Buchelöl (von Fagus Sieboldi), Rakkashô-no-abura, das
Erdnussöl (von Arachis hypogaea), Karashi-abura, Senföl (von Sinapis
cernua u. S. integrifolia), Tane-abura, Rapsöl (von Brassica chinensis)
und einige andere. Zum Brennen auf Lampen (Andon) verwendet
man vornehmlich Tane-abura, Rapsöl, Dokuye-no-abura (von Elaeo-
cocca cordata), Hiyobu-no-abura (von Cephalotaxus drupeacea), zuwei-
len auch Giôto oder Fischöl (von verschiedenen Gliedern der Herings-
familie). Leuchtgas, und namentlich das Petroleum haben jedoch auch
in Japan die Verwendung der Fette als Beleuchtungsmittel ansehnlich
[177]3. Handelsgewächse.
beschränkt. Als Haaröl dient vor allem Tsubaki-no-abura, das Ca-
mellienöl (von Camellia japonica, C. Sasanqua u. C. theïfera, letzteres
auch Cha-no-abura, Theeöl, genannt). Endlich verwerthet man zu
technischen Zwecken vor allen Dingen Ye-(sprich E) no-abura, das
Oel der Perilla ocymoides, Tô-goma, Hanföl, von Cannabis sativa,
Zokudzui-shi, Wolfs-
milchöl, von Euphor-
bia lathyrus und
Shira-shibori, das
kaltgepresste Rapsöl,
sowie das Rô von
Rhusarten.
Zur Gewinnung
dieser verschiedenen
Pflanzenfette bedient
man sich in Japan
ebenso wie in China
hölzerner Keilpressen
von verschiedener
Construction. Eine
solche bildet z. B. Sta-
nislas Julien in seinem
bekannten Buche »In-
dustrie de L’Empire
Chinois« pag. 119 ab.
Eine andere Art ist
jene, welche ich viel-
fach in Japan, auch
zur Gewinnung des
Pflanzentalgs anwen-
den sah, und von der
hier eine Skizze folgt,
deren Einrichtung und
Anwendung keiner weiteren Erläuterung bedarf. Dass die in einem
einfachen Stampftrog zerkleinerte fetthaltige Masse in der Regel er-
wärmt wird, bevor man sie in dem ausgehöhlten Stein, Klotz oder
Kasten unter die Presse bringt, ist selbstverständlich. Dabei schlägt
man das Samenmehl in Beutel oder Tücher ein, ganz wie bei uns.
Häufig findet man die Vorlage zur Aufnahme des flüssigen Oeles
nicht über dem Boden angebracht, sondern in denselben eingesenkt.
Von einem Extractivverfahren zur Oelgewinnung konnte aber in Ost-
Rein, Japan. II. 12
[178]I. Land- und Forstwirthschaft.
asien bisher umsoweniger die Rede sein, als fast alle Lösungsmittel
des Oeles, die bei uns in Anwendung kommen, fehlen.
Bezüglich der einzelnen vorerwähnten Fette und ihrer Lieferanten
ist hier noch folgendes zu erwähnen:
1) Tane-abura, das Oel des Rapssamens (Na-tane), wird vor-
nehmlich auf Lampen gebrannt. Des kratzenden Geschmackes wegen,
welchen es den Speisen verleiht, bleibt seine Verwendung in der Küche
auf unbemitteltere Kreise beschränkt. Dieser Raps (Brassica chinen-
sis L.), Na, Abura-na oder Tô-na genannt, wird in Japan — und
wohl auch in China — in ausgedehnterem Maasse, als alle anderen
Oelgewächse cultiviert, und zwar stets, soweit ich beobachten konnte,
als Winterfrucht. Die Aussaat fällt in den September oder October,
die Blüthezeit ist der April, die Ernte im Juni. Oft wechselt sein
Anbau ab mit dem des Reis. Er wird dann häufig auf Saatbeeten
angezogen und neben dem Reis in Reihen verpflanzt. Wird Tane-na
vor dem Pressen erhitzt, so erhält man das gewöhnliche Tane-abura,
bei kaltem Pressen dagegen das hellere und bessere Shira-shime
oder Shira-shibori, welches vornehmlich zum Oelen von Werk-
zeugen und Maschinen verwendet wird.
2) Karashi-no-abura, fettes Senföl. Es wird aus dem Samen
von Sinapis cernua Thunb. (Karashi oder Karashi-na), sowie von S.
integrifolia Wild., dem Ô-garashi (grosser Senf) und Taka-na (hoher
Raps) der Japaner gewonnen, ist heller und milder, als das Rapsöl und
wird diesem desshalb zu Speisen vorgezogen. Ich fand beide Arten
namentlich häufig auf Kiushiu, z. B. in der Provinz Higo, und konnte
mich überzeugen, dass die Benennung Taka-na (hoher Raps) für die
eine wohl begründet ist. Die Stengel erreichen gegen 2 m Höhe und
überragen somit diejenigen des ähnlichen Raps bei weitem. Sie wer-
den in 15—25 cm Abstand in Reihen gezogen, die ungefähr 85 cm
weit von einander sind. Mitte April standen bei Kumamoto die Senf-
felder in voller Blüthe, während der Raps zur Seite in seiner Ent-
wickelung schon weiter vorgeschritten war. Obgleich man in Japan,
wie bei uns, den Senf auch als eine Art Gewürz benutzt und das äthe-
rische Oel in bekannter Weise dabei entwickelt, wird er doch vor-
nehmlich zu ähnlichen Zwecken wie der Raps angebaut.
3) Tsubaki-no-abura, Sasank’wa-no-abura, Cha-no-
abura. Unter diesen Namen kennt und verwendet man in Japan,
namentlich um die Haare geschmeidiger zu machen, die dickflüssigen
Oele aus den nussartigen Samen der Camellia japonica L., jap. Tsu-
[179]3. Handelsgewächse.
baki, C. Sasanqua Thunb., jap. Sasank’wa und C. theïfera Griffith, jap.
Cha, welche davon 30—35 % enthalten. *)
Das Theesamenöl wird nur von denjenigen Theenüssen gewonnen,
welche man nicht zur Vermehrung verwenden will, während man die
beiden andern Camellienarten speciell der ölreichen Samen wegen
baut. So weist z. B. die Küstenlandschaft von Sendai und Nambu am
Stillen Ocean zwischen 38 und 40° N. an manchen Feld- und Weg-
rändern einzelne oder in Reihen gepflanzte Camellien auf, und zwar sind
es Bäume, von denen einzelne bei 4—6 m Höhe kerzengrade Stämme
bis zu 30 cm Durchmesser haben. Ihre wohlgeformten dunkelgrünen
Kronen stechen namentlich im Herbst scharf ab gegen das verblei-
chende Laub der meisten übrigen Holzgewächse. Die kugelförmigen
Früchte von der Grösse eines Taubeneies färben sich im direkten
Sonnenlichte rothbraun. Bei Ueberreife werden sie dunkel bis
schwarz — auch im Innern —, springen dann mit drei Klappen auf,
so dass die drei dunkelgrauen, länglichen und etwas kantigen Nüsse
leicht herausfallen.
Das daraus gewonnene Tsubaki-no-abura steht unter allen japa-
nischen Oelen am höchsten im Preise (75 sen per ichô = 3 Mark für
1,75 Liter). Es ist bernsteingelb bis strohgelb, hat bei 14° C. ein spe-
cifisches Gewicht von 0,927 und wird bei —4° bis —6° C. fest. Es
besteht zu ¾ seines Gewichts aus oleinsaurem und ¼ stearinsaurem
Glycerid und soll in China gleich dem sehr ähnlichen Theeöl auch zu
Speisen, zur Beleuchtung und zur Darstellung von Seife Verwendung
finden. Das Oel der Sasanqua ist heller, sonst aber ebenfalls wenig
davon verschieden.
Man cultiviert diese Pflanze in Suruga, auf Kiushiu, z. B. in Hizen,
auf Amakusa und in verschiedenen andern Distrikten, ähnlich wie
den Theestrauch. Sie bildet ausgebreitete Büsche von 2—4 m Höhe,
nie Bäume, und ähnelt überhaupt mehr dem Theestrauch, als der ge-
wöhnlichen Camellie, so auch hinsichtlich der Blüthezeit, welche in
den November und December fällt.
4) Wata-no-abura, Baumwollsamenöl. Die Baumwollsamen
(Wata-no-mi) sind erst in neuerer Zeit, wie anderwärts, so auch in
Japan, zur Darstellung eines schweren (specifisches Gewicht 0,926),
dickflüssigen, braunen Oels verwerthet worden. Dasselbe wird z. B.
in Awa auf der Insel Shikoku aus Samen von Gossypium herbaceum
12*
[180]I. Land- und Forstwirthschaft.
dargestellt und als Brennöl benutzt, gibt aber, wie das Leinöl, an
dessen Geruch und Geschmack es erinnert, eine starkrussende Flamme.
Im gereinigten Zustande ist es strohgelb und von nussartigem Ge-
schmack und wird dann in Europa auch als Speiseöl benutzt, mit dem
man das mehr als doppelt so theure Olivenöl gar oft verfälscht.
5) Rakkuwashô- (sprich Rakkashô) no-abura, Erdnussöl. Ara-
chis hypogaea L., jap. Rakkashô oder Tojin-mame, die Erdnuss
(Ground-nut, Pea-nut, Pistache de Terre und Arachide), liefert dieses
Oel, das nur in geringer Menge im südlichen Japan dargestellt und
als Speiseöl verwendet wird. Ein nicht geringes pflanzengeographi-
sches Interesse knüpft sich an diese bemerkenswerthe krautartige Le-
guminose. Nachdem sie nämlich ihren niederliegenden verästelten
Stengel mit ziemlich zahlreichen, zweipaarig gefiederten, elliptischen
oder verkehrteiförmigen Blättchen entwickelt hat, treten aus den Blatt-
winkeln kurzgestielte, gelbe Blüthen hervor. Sind dieselben ver-
schwunden, so verlängern sich ihre Stiele, die Fruchtknoten senken
sich in den lockeren, sandigen Boden und entwickeln sich hier 5—8 cm
unter der Oberfläche zu kleinen Hülsen, welche 15—30 mm lang und
10—15 mm dick sind. In der Regel haben dieselben gegen die Mitte
eine allmählich zunehmende, tiefe Einschnürung, wodurch sie, wie nach
ihrer ganzen Gestalt, Grösse und netzaderigen Oberfläche, weniger
hinsichtlich der grauweissen erdfahlen Farbe, an männliche Cocons
kleiner Rassen des gewöhnlichen Seidenspinners erinnern. Solche Hül-
sen enthalten auf jeder Seite der Einschnürung einen Samen, die nicht
eingeschnürten kürzeren nur einen. Man kann diese mit den Kernen
länglicher, mittelgrosser Haselnüsse vergleichen. Sie sind äusserlich
braunroth, im Innern weiss und liefern 40—60 % eines fetten Oels,
das fast allen Zwecken des Olivenöls dient. Der Geschmack der Samen
erinnert im rohen Zustande an den aller Hülsenfrüchte, geröstet aber
an denjenigen von Mandeln, Nüssen und Pistazien, worauf auch die
verschiedenen Benennungen hinweisen.
Seitdem man die weite Verbreitung der Erdnuss durch Afrika ken-
nen gelernt hat, ist man von der früheren Ansicht, dass Brasilien ihre
ursprüngliche Heimat sei, zurückgekommen, hält es vielmehr für wahr-
scheinlicher, dass sie von Afrika aus durch portugiesische Sklaven-
schiffe erst in die neue Welt kam. In der alten Welt findet man sie in
vielen subtropischen und tropischen Ländern cultiviert, doch nirgends in
der Ausdehnung und Bedeutung, wie an der Westküste Afrikas von
Senegambien und den sich anschliessenden Gebieten bis zur Goldküste
hin, wo sie einen hervorragenden Ausfuhrartikel bildet. Marseille ist,
wie für Oelsamen überhaupt, so auch für Erdnüsse und das daraus
[181]3. Handelsgewächse.
bereitete Oel der bedeutendste Markt. In Japan und China pflegt man
die meisten Erdnüsse, wie in Nordamerika, im gerösteten Zustande zu
verzehren, und ist die ganze Cultur eine sehr beschränkte.
6) Goma-no-abura, Sesamöl. Die Pflanze (Sesamum indicum
D.C., jap. Goma), welche dieses hochgeschätzte Speiseöl vieler Völker
liefert, hat eine alte und weite Culturverbreitung über die meisten
wärmeren Länder der Erde von der Ostküste Asiens bis zu den Ge-
staden des Mittelmeers, an der Ost- und Westküste Afrikas, wie nicht
minder tief im Innern dieses Erdtheils, wo z. B. E. Vogel die Inseln
des Tsadsees damit bepflanzt fand, und auch in der neuen Welt. Als
ursprüngliche Heimat betrachtete De Candolle aus triftigen Gründen
Indien und die beiden Formen mit schwarzem Samen (Sesamum orien-
tale L., jap. Kuro-goma) und mit weissen (S. indicum L., jap. Shiro-
goma) nur als Varietäten derselben Art.
In Indien führt Sesam die Namen Til und Gingeli; in China
heisst er (nach Bretschneider) Chi-ma und an der Westküste Afrikas
Benni-seed. Wie für Erdnüsse, so ist auch für Sesam Marseille der
grosse Markt, wohin sehr bedeutende Mengen, sowohl der weissen,
als auch der schwarzen Samen aus Indien, Siam, Formosa, der Le-
vante, der Ost- und Westküste Afrikas und anderer Bezugsquellen
zusammenkommen. Das Preisverhältniss des weissen Samens zu dem
schwarzen ist in der Regel wie 10 : 9, auch in Japan, wo das Oel der
ersteren oder Shiro-goma zu 30 Sen per Shô verkauft wird, wenn das
der Kuro-goma 27 Sen per Shô im Preise steht.
Die Sesampflanze ist eine krautartige Bignoniacee. Ihr steifer,
vierseitig gefurchter Stengel erreicht die Höhe von 1 m und trägt in
den Blattwinkeln die kurzgestielten weissen Blüthen, welche in Grösse
und Gestalt etwas an diejenigen unserer Digitalis-Arten erinnern, wo-
rauf die früher nicht seltenen Benennungen »weisser oder orientali-
scher Fingerhut« hindeuten. Die Frucht ist eine abgerundet vier-
kantige, vierfächerige Kapsel von etwa 2 cm Länge, in welcher um
die centrale Samenleiste die zahlreichen Samen in vier Reihen geord-
net sind. In ihrer Grösse und flacheiförmigen, zugespitzten Gestalt
erinnern sie etwas an Leinsamen, von dem sie aber schon ihre Farbe
und Glanzlosigkeit unterscheidet. Nach Flückiger’s sorgfältigen Unter-
suchungen *) derselben beträgt ihr Oelgehalt 56,33 %, wovon 48—50 %
durch Auspressen und die ganze Menge durch Extraction gewonnen
werden können. Das Sesamöl, zumal wenn kaltgepresst, hat eine
schöne hellgelbe Farbe, 0,9235 specifisches Gewicht und erstarrt bei
[182]I. Land- und Forstwirthschaft.
—5° C. Sein Geschmack ist angenehm, doch weniger mild, als der
des Olivenöls, dem es im Preise weit nachsteht, so dass letzteres viel
mit ihm verfälscht wird. Man erkennt Sesamöl leicht an der rothen
Färbung, welche eintritt, wenn man es mit gleichviel Salzsäure von
1,18 specifischem Gewicht und etwas Zucker schüttelt. Das Erdnuss-
öl, als drittes im Bunde des Marseiller Oelhandels wird erkannt und
vom Olivenöl unterschieden durch die Arachinsäure, welche sich aus
der heissen alkoholischen Lösung der abgeschiedenen Fettsäuren beim
Erkalten perlmutterglänzend ausscheidet. *)
In Japan wird die Sesampflanze nirgends in grösserem Umfang
gebaut. Häufig sieht man einzelne Beete damit bepflanzt, mehr noch
andere und ganze Ackerränder damit eingefasst. Daher wird denn
auch der Bedarf an Speiseöl nur theilweise durch sie gedeckt, sodass
man noch nach verschiedenen andern Ersatzmitteln greifen muss.
7) Ye-(sprich E) no-abura, richtiger Yegoma-no-abura, das
Oel aus den Samen der Yegoma-Pflanze (Perilla ocymoides L.). Das-
selbe fungirt in Japan und China von Alters her als trocknendes Oel
statt des Leinöls. Gleich dem Flachsbau selbst war letzteres bis in die
Neuzeit den Ostasiaten fremd geblieben. Die Entwickelung der Perilla
ocymoides L., einer in allen Theilen stark und eigenthümlich riechen-
den Labiate, ist eine langsame. Im April erfolgt die Aussaat; doch
haben die Pflanzen erst gegen Ende September oder Anfang October
ihre volle Grösse erreicht. Ihre vielfach verästelten Stengel zeigen
dann 1 m—1,50 m Höhe. Nun erst erscheinen in achselständigen Aehr-
chen die kleinen weissen Blüthchen, welche bald abfallen und in der
ersten Hälfte des Octobers den Boden bedecken. Vierzehn Tage später
folgt bereits die Samenreife, also sehr rasch, wie bei den meisten
Lippenblüthlern. Die graubraunen Samen sind noch viel kleiner als
die des Raps und leicht zwischen den Fingern zerreiblich. Sie fallen
leicht aus den Kapseln, so dass die Ernte vor völliger Reife erfolgen
muss, will man nicht Gefahr laufen, dass ein stärkerer Wind einen
ansehnlichen Theil zu Boden wirft.
Nach den Untersuchungen des Chemikers Cloëz in Paris ergaben
in Südfrankreich gezogene Perillasamen durch Auspressen 30 %, durch
Extraction mit Schwefelkohlenstoff 34,5 %, japanische Samen aber
39,2 % des trocknenden, farblosen, dünnflüssigen Oels, das gleich dem
Leinöl in der Malerei verwendbar ist und in Japan für verschiedene
technische Zwecke hohe Bedeutung hat. Man benutzt es insbesondere:
[183]3. Handelsgewächse.
- 1) zur Darstellung geölter Papiere (Abura-kami) für Laternen,
Regenschirme und Regenmäntel; - 2) zur Darstellung des sogenannten Lederpapieres (Kami-kawa);
- 3) als Zusatz zu verschiedenen Lacksorten;
- 4) als Zusatz zum Fruchtmehl des Lack- und Talgbaums, um dar-
aus leichter und vollständiger das jap. Pflanzenwachs zu gewinnen. *)
Die stickstoff- und phosphorreichen Oelkuchen, welche man als
Dünger verwendet, würden ein eben so gutes Viehfutter abgeben, als
die Leinkuchen.
Den vorerwähnten und einigen andern Verwendungen entspre-
chend, finden wir die Yegoma unter allen Oellieferanten Japans
nächst dem Raps am meisten angebaut. In England kennt man sie
von ihrer indischen Heimat her seit dem Jahre 1770. In der Neu-
zeit wurden im südlichen Frankreich Anbauversuche mit ihr gemacht.
So hatte Léon de Lunaret von Montpellier im Jahre 1878 mit 500 Gramm
Samen ein Stück Land von 50 m besäet und darauf 7 kg Samen ge-
erntet.**) Eine ha kann hiernach mindestens 500 kg liefern. Als wei-
teres Resultat jener Versuche ergab sich aber, dass Perilla ocymoides
L. nur in der Mittelmeerregion die für ihre Entwickelung nöthige
lange Sommerwärme findet und ihre Cultur in höheren Breiten Euro-
pas unmöglich ist.
8) Dokuye-no-abura heisst das Oel aus den Nüssen der
Elaeococca cordata Bl. (E. verrucosa S. \& Z., Aleurites cordata Müll.),
eines mittelgrossen Baumes mit ausgebreiteter Krone aus der Familie
der Euphorbiaceen, den man in vielen Gegenden Japans und auch in
China anbaut. ***) Von seinen vier japanischen Namen Dokuye,
Abura-no-ki, Abura-giri und Yama-giri bedeutet der zweite
»Oelbaum«, der dritte »Oel-Kiri«, der vierte »Wilder Kiri«. Kiri (giri)
ist aber der Name für die Paulownia imperialis, an welche Elaeococca
cordata vornehmlich durch die grossen herzförmigen Blätter und zum
Theil auch durch das Aussehen der Stämme erinnert. Ihre grossen,
weissen Blüthensträusse erscheinen Ende Mai und Anfang Juni, die
drei- bis viersamigen Kapseln reifen im Herbst und erinnern, wie ihr
Inhalt, an Ricinus. Das aus den Samen gewonnene Oel wurde erst in
[184]I. Land- und Forstwirthschaft.
der Neuzeit von Cloëz näher untersucht. *) Es zählt zu den trocknen-
den Arten und dient in Japan vornehmlich als Beleuchtungsmittel. In
China, wo es den Namen T’ung-tsze-yu, d. h. Holzöl führt, wird es
auch als Medicament, zu Oelanstrichen bei Schiffen und andern Zwecken
verwendet, worauf sich die Benennung Elaeococca vernicea Spreng.
bezieht. **) Der Baum ist in ganz Japan bekannt. Man pflanzt ihn
gewöhnlich auf Boden, der zum Ackerbau ungeeignet ist, u. A. in
Suruga, Echizen und Kaga.
Die Samen und daraus gewonnenen Oele dreier andern Euphor-
biaceen, nämlich von Croton Triglium L., Ricinus communis L. und
Euphorbia Lathyris L., sind wegen ihrer medicinischen Verwendung in
Europa bekannter, als von vorerwähnter Art.
9) Himashi-no-abura heisst in Japan das Ricinusöl. Ricinus
(Himashi oder Tô-goma, d. h. chin. Sesam) wird hier und da in
kleinem Umfange neben andern Arzeneikräutern angebaut und bleibt
krautartig. Das Oel benutzt man, ausser zu den bekannten Zwecken,
auch zur Darstellung der rothen oder schwarzen Siegelfarbe.
10) Zokudzu-shi wird das Oel der Zokudzui oder Horutoso
(Euphorbia Lathyris L.) genannt. Man stellt es nur in geringer Menge
dar und benutzt es, um eiserne Waffen gegen den Rost zu schützen;
insbesondere wurden dadurch die Schwerter als Lieblingswaffen der
Samurai blank erhalten.
11) Asa-no-abura, Hanföl, aus Asa-mi, Hanfsamen (Canabis
sativa L.), dargestellt, von bekannten Eigenschaften, dient ebenfalls
zur Bereitung der rothen und schwarzen Siegel- und Stempelfarbe.
12) Kaya-no-abura, Kaya-oel, stellt der Japaner aus den
haselnuss- oder eichelähnlichen Samen der Torreya nucifera S. \& Z.,
der Kaya, her und benutzt es vornehmlich in der Küche. Die Kaya
erinnert an unsere Eibe. Man findet sie meist als Unterholz strauch-
artig zerstreut in den Bergwäldern, selten als Baum. Die Pflanze ist
im Herbst mit Nüssen beladen, die gern gegessen werden, aber einen
harzigen Beigeschmack haben.
13) Inu-gaya-no-abura wird aus den Nüssen der Inu-kaya,
d. h. Hunds- oder schlechten Kaya (Cephalotaxus drupeacea S. \& Z.)
gewonnen. Es ist ein harziges, geringwerthiges Oel, das man nur
zum Brennen auf Lampen verwendet. Die Früchte hängen zahlreich an
[185]3. Handelsgewächse.
den durch die Bergwaldungen zerstreuten Sträuchern, sind so dick wie
kleine Kirschen, länglich und braun. Das Fleisch, welches die Nüsse
umgibt, ist von süsslichem, harzigen Geschmack und ungeniessbar.
14) Buna-no-abura, Buchelöl. Man stellt es aus den Samen
der Buna oder Buche (Fagus Sieboldi Endl. und F. sylvatica L.) dar
und benutzt es dann wie bei uns, doch nur selten.
Mittlere Zusammensetzung verschiedener japanischer
Oelsamen nach E. Wolff u. A.
Entnommen: Ollich: Die Rückstände der Oelfabrikation. Leipzig 1884.
15) Die festen japanischen Pflanzenfette, insbesondere
die wichtigsten derselben, welche man aus den Früchten mehrerer
Sumacharten gewinnt, führen den Namen Rô. Im fremden Handel
heisst dieser Pflanzentalg japanisches Wachs (Cera japonica), ve-
getabiles Wachs und japanisches Pflanzenwachs; doch ist
die Aehnlichkeit mit Bienenwachs (jap. Mitsu-rô) nur eine äusser-
liche, nicht chemisch begründete, in sofern dasselbe nach Aussehen,
Consistenz und Verwendung an das Produkt der Honigbiene erinnert,
nach seiner Zusammensetzung aber gleich allen übrigen Fetten ein
Gemisch von mehreren fettsauren Glyceriden darstellt. *)
[186]I. Land- und Forstwirthschaft.
Unter den sechs in Japan vorkommenden Arten der Gattung Su-
mach (Fam. Anacardiaceae) befinden sich zwei fremde Einwanderer,
die in verschiedenen Theilen des Landes cultiviert werden und für
dasselbe eine hohe Bedeutung erlangt haben, nämlich Rhus vernici-
fera D. C. und Rh. succedanea L. Letztgenannte Art stammt viel-
leicht von den Riu-kiu-Inseln, doch ist das indigene Vorkommen bei-
der noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen. Sie macht an ein mil-
deres Klima Anspruch, als die andere, gedeiht desshalb nur in den
wärmeren Landestheilen und findet unter etwa 35° N. und 136° O. Gr.
die Nord- und Ostgrenze ihrer Cultur. Diese hat die Gewinnung des
Pflanzentalges zum Zweck, dem ihre Früchte dienen. Zu gleichen
Zwecken cultiviert man in den kälteren Theilen der Insel Honshiu
bis gegen die Tsugaru-Strasse hin Rhus vernicifera, mehr aber noch
des aus ihrem Safte gewonnenen Lackes wegen. *)
Die Früchte der wildwachsenden Sumacharten Japans, nämlich
des Yama-urushi (Rh. sylvestris S. \& Z.), Nurude oder Fushi-no-ki
(Rh. semi-alata Murr.), Tsuta-urushi (Rh. Toxicodendron L.) und Rh.
trichocarpa Miq. enthalten zwar ebenfalls festes Fett, doch in ge-
ringerer Menge, und werden mit Ausnahme der erstgenannten nie
benutzt.
Rhus vernicifera D. C. (R. vernix Thunb.), der Lackbaum,
jap. Urushi-no-ki, erreicht eine Höhe von 8—10 m und mit einem
Alter von 40 und mehr Jahren oft über 1 m Umfang. Während der
ersten sechs Jahre ist sein Wachsthum ein ziemlich rasches und be-
trägt auf günstigem Boden 50—80 cm jährlich; dann aber verringert
sich dasselbe auf durchschnittlich 25—30 cm im Jahre. Desshalb hat
das grünlich gelbe Kernholz, dessen Aussehen an Morus, Maclura und
andere verwandte Gattungen erinnert, ein verhältnissmässig hohes
Gewicht. Das jüngere, leichtere Holz ist weiss, die Rinde hellgrau.
Sie wird mit zunehmendem Alter rissig.
Die Lackbäume haben einen geraden Wuchs und ziemlich regel-
mässige Kronen; doch ist in höherem Alter die Verästelung zu spär-
lich und die Belaubung zu hell und dünn, um besonders schön zu er-
scheinen. Dagegen können jüngere Exemplare unter 15 Jahren in
der Landschaftsgärtnerei ihrer prachtvollen grossen Fiederblätter we-
gen, welche bei uns auf gutem Boden oft mehr als meterlang werden
und alle andern Rhusarten an Grösse und Schönheit weit übertreffen,
mit Vortheil verwendet werden und als hübsche Blattpflanzen gelten.
[187]3. Handelsgewächse.
Diese unpaarig gefiederten, langgestielten Blätter färben sich vor dem
Abfallen im October gelb oder braunroth. Die Neubelaubung findet
im Mai statt. Die 9—15 Fiederblättchen sind gross, eiförmig, zu-
gespitzt, ganzrandig und auf der Unterseite leicht und kurz behaart.
Im Juni erscheinen die schlaffen, gelbgrünen Blüthentrauben aus
zahlreichen Blattwinkeln gegen die Spitzen der dicken Zweige. Die
Früchte reifen in der zweiten Hälfte des October, trockene, gelblich-
grüne Steinfrüchte, welche den ganzen Winter über hängen bleiben,
gewöhnlich aber im November geerntet werden.
Der Lackbaum ist getrenntgeschlechtig. Wo also die Gewin-
nung von Fett aus seinen Samen Hauptzweck des Anbaues ist, muss
man männliche Bäume zu vermeiden suchen und nimmt desshalb die
Vermehrung nicht durch Samen, sondern durch Wurzelschösslinge weib-
licher Individuen vor. Wird dagegen die Lackgewinnung in’s Auge
gefasst, so wählt man die Vermehrung durch Samen, weil sie besser
bewurzelte, lebenskräftigere Pflanzen liefert.
Vom 8. Jahre an fructificieren die Lackbäume; mit einem Alter
von 18—20 Jahren stehen sie in ihrer kräftigsten Entwickelung für
die Lackgewinnung, liefern alsdann am meisten Lack und werden zu
dem Zweck geopfert und durch neue ersetzt. Lackbäume, welche
dagegen nur oder vorwiegend Samen und Wachs liefern sollen, wie
in Aidzu und dem südöstlichen Echigo, erreichen ein höheres Alter
und steigern ihre Ertragsfähigkeit bis zum dreissigsten, ja vierzigsten
Jahre.
Der Lackbaum gedeiht zwar in ganz Japan, von den Riukiu bis
nach Yezo, doch findet man ihn in den südlichen Landestheilen, so-
weit sein naher Verwandter, der Talgbaum, vorkommt, nur ausnahms-
weise und nirgends in grösserer Ausdehnung angebaut. Seine Haupt-
culturstätte ist vielmehr das nördliche Hondo zwischen dem 37. und
39. Parallel. Grösseren Pflanzungen begegnet man vor allem im Thal
des Tadami-gawa mit dem Centrum Hibara im westlichen Aidzu, fer-
ner bei Yonezawa und Mogami in Uzen, sowie im nördlichen Echigo.
Mancher Ort liegt hier wie in einem Hain von Lackbäumen. Am
Rande der Thalsohlen und in den kleinen Bergmulden, wo Reis und
oft auch sonstige Feldfrüchte nicht gebaut werden können, sieht man
Lackpflanzungen sehr häufig. Seltener trifft man Bäume in regel-
mässigen Reihen und Abständen von einander, wie bei uns die Obst-
bäume, auf cultiviertem Felde; nirgends aber werden sie wie die ge-
wöhnlichen Feldfrüchte gedüngt, da man weiss, dass ihre Wurzeln schon
so vom Felde her genügend Dünger und Nahrung bekommen. Auch
wachsen in der Regel ältere und jüngere Bäume durch einander, we-
[188]I. Land- und Forstwirthschaft.
nigstens da, wo man die Vermehrung durch Wurzelausschläge be-
werkstelligt.
Im südwestlichen Aidzu ist der Lackbaum das wichtigste Gewächs,
beschattet stellenweise die Wege und wird mit viel Sorgfalt gepflegt.
Unter der Herrschaft des Daimio gab es genaue Vorschriften, selbst
über die Minimalzahl der alljährlich von jedem Ort zu pflanzenden
Bäume. Die Beschädigung derselben bestrafte man aufs strengste.
Die weiblichen Bäume (Me-gi) durften nur jedes vierte Jahr im Herbst
an einigen wenigen Stellen angezapft werden. Man glaubte dadurch,
wie durch einen Aderlass das Gedeihen derselben zu fördern und
nannte es dem entsprechend das Yojo-gaki (Yojo=Gesundheitspflege,
gaki=kaki=ritzen). Dadurch erhielt man wenig, aber vortrefflichen
Lack und kräftige Früchte; denn die Wachsgewinnung wurde als
Hauptsache betrachtet. Nur mit den männlichen Bäumen (Ô-gi) konnte
jeder nach Gutdünken verfahren.
Aidzu-rô und Aidzu-rô-soku, d. h. Pflanzentalg und Kerzen
daraus aus Aidzu, hatten aber in Yedo stets einen hohen Ruf, wie
sie denn noch immer, ungeachtet der grossen Concurrenz, welche
ihnen das Petroleum macht, viel gebraucht werden. Ihre Darstellung
und Eigenschaften stimmen mit denen aus den Früchten der folgen-
den Art überein und sollen am Schluss näher erörtert werden. Yone-
zawa nördlich von Aidzu liefert in manchen Jahren über 30000 kg
Rô-soku aus dem Rô des Lackbaums.
Jahrzehnte hindurch hat man in verschiedenen botanischen Gärten
unter dem falschen Namen Rhus vernicifera eine strauchförmige in-
dische Sumachart gepflegt, welche mit unserer Pflanze nur entfernte
Aehnlichkeit zeigt. *) Diese war thatsächlich unbekannt und wurde
erst durch mich 1875 und 1876 eingeführt. Die aus Samen gezogenen
Lackbäume haben sich namentlich in den botanischen Gärten zu Frank-
furt a/M. und Strassburg vortrefflich entwickelt, so dass in ersterem
schon in 1—2 Jahren zu Versuchen mit der Lackgewinnung vorge-
schritten werden kann.
Den strengen Winter von 1879/80 mit —27° C. Kälte hielten sie
vortrefflich aus und erwiesen sich damit für Deutschland völlig winter-
hart. Diese Thatsache ist um so überraschender, wenn man bedenkt,
dass die Lackbäume in den schneereichen Wintern des nördlichen
Honshiu einer Kälte von höchstens —12° C. ausgesetzt sind. Sie be-
weist, dass man die Acclimatisationsfähigkeit einer Pflanze nicht immer
[189]3. Handelsgewächse.
a priori nach den Lebensverhältnissen beurtheilen darf, unter welchen
man sie findet, sondern eine Accommodationsfähigkeit in Betracht
ziehen muss, die sehr verschieden ist und nur durch Versuche fest-
gestellt werden kann.
Rhus succedanea L., jap. Haze-no-ki oder Rô-no-ki, d. h.
Wachs- oder Talgbaum. Seine Cultur gehört, wie schon erwähnt
wurde, dem Süden an. Die am weitesten gen Norden vorgeschobenen
Pflanzungen fand ich in Kii an der Linschoten-Strasse, wo die Ent-
wickelung schon langsamer vorschreitet und die Früchte nicht die nor-
male Grösse erreichen. Letzteres ist noch weniger bei den Exemplaren
im botanischen Garten zu Tôkio der Fall, so dass an ein Fortkommen
der Pflanze bei uns nicht zu denken ist.
In Jyo und andern Theilen von Shikoku, auch hier und da in
der Landschaft San-yô-dô am Binnenmeer, vor allen Dingen aber auf
Kiushiu, wird der Talgbaum viel angebaut. Hier bildet er oft einen
wichtigen Factor im Landschaftsbilde, bedeckt die Abhänge der Hügel,
die Feld- und Wegeränder, die Fluss- und Canaldämme. Er hat den
Habitus der Aepfelbäume, erreicht aber bei weitem ihre Stärke nicht.
In Folge baldiger Verästelung breiten sich die Kronen mehr aus, als
die der Lackbäume und erreichen nicht deren Höhe, sondern in der
Regel nur 4—6 m. Ihre Fiederblätter sind viel kleiner, die Früchte
aber grösser, schwerer und fettreicher, als die des Lackbaums. Jene
zeigen mehr Aehnlichkeit mit denen von Rhus sylvestris.
Gewinnung und Eigenschaften des Sumachtalges.
Die trocknen Steinfrüchte der beiden vorerwähnten Sumacharten
sind schiefrauten- bis nierenförmig und zur Reifezeit von glänzend
gelbgrüner Farbe. In ihrer Grösse gleichen sie sehr kleinen Busch-
bohnen, wie den Adzuki (Phaseolus radiatus). Die semitransparente
Oberhaut löst sich, wie bei allen jap. Sumacharten leicht ab, nament-
lich bei Rhus vernicifera und R. sylvestris, so dass man bei letzterer
z. B. das grauweisse Fett des Mesocarps schon bald nach der Reife
an den Fruchttrauben überall erblickt. Das Fett gehört ganz dieser
Mittelschicht an und füllt hier locker aneinander gelagerte Zellen völlig
aus. Zwischen denselben sind harte Fasern (intercellulare Milchsaft-
gänge), welche das Mesocarp in ähnlicher Weise durchziehen, wie bei
den Nüssen der Oel- und Cocospalme.
Bei Rhus vernicifera liegt diese Mittelschicht locker über dem
Steinkern und lässt sich leicht davon trennen, während sie bei dem
eigentlichen Talgbaume stellenweise fest anhängt. Dies mag der Grund
[190]I. Land- und Forstwirthschaft.
sein, wesshalb man bei der Rô-Gewinnung aus den Früchten des Lack-
baums jene Kerne vorher ausscheidet, während man sie bei der an-
dern Art mit der zerstampften Hülle vereint lassen soll. Das Los-
trennen erfolgt bei jenen durch Stampfen in runden Reiströgen (Usu),
nachdem man die Stiele entfernt hat, worauf man die Masse bei Luft-
zug aus einer emporgehobenen Wanne allmählich auf ausgebreitete
Binsenmatten fallen lässt. Die zunächst niederfallenden schwereren
Steinkerne sind werthlos und werden beseitigt. Das Mehl aus Epi-
dermis und Mesocarp sammelt und erhitzt man durch Wasserdampf in
hanfleinenen Säcken und setzt es dann rasch dem Druck unter der
Keilpresse aus. Mit dem Rückstand verfährt man zum zweitenmal in
gleicher Weise.
Dies ist im wesentlichen das Verfahren, welches ich zu Murakami
im nördlichen Echigo bei der Talggewinnung aus den Früchten des
Lackbaumes einschlagen sah. Ganz analog fand ich es in Jyo auf
Shikoku, wo die etwas grösseren Früchte von Rhus succedanea zur
Verwendung kamen. Die hier in Anwendung kommenden Keilpressen
hatten ganz analoge Construction und waren nur sorgfältiger gearbeitet,
als dort. Zum Eintreiben der Keile schwang man die hölzernen Bolzen
nicht frei in den Händen, sondern gewann die Kraft, welche sonst zum
Tragen ihres Gewichtes verbraucht wird, indem sie in horizontaler
Lage an Seilen aufgehängt und geschwungen wurden. Zur Erwärmung
der Masse, welcher noch viele Steinkerne beigemengt waren, diente
wie anderwärts ein eiserner Kessel, der zur Hälfte mit kochendem
Wasser gefüllt war und in dessen oberem Theil ein Bambuskorb mit
Tucheinsatz ruhte, auf welchem das fetthaltige Mehl von den Wasser-
dämpfen bestrichen wurde.
Eine ganz andere Gestalt und Einrichtung hatte eine Wachspresse,
welche mir in Nagasáki gezeigt wurde. Es war ein flaschenartig aus-
gehöhlter Baumstamm aus Keaki (Planera Keaki), den man an beiden
Enden mit eisernen Reifen beschlagen hatte. Die in Hanfbeuteln er-
hitzte Masse wurde zwischen starke runde Deckel aus Weidengeflecht
gepackt und in den nach unten gerichteten Hals der Flaschenhöhlung
geschoben. Zur Füllung des weiteren Hohlraums wurden dicke runde
Bretter verwendet und diese durch Keile von oben eingetrieben. Auf
einem Kohlenbecken stand das Gefäss, welches das durch eine Röhre
unten ausfliessende Fett aufnahm.
Wie nun auch in verschiedenen Landestheilen das Verfahren bei
der Gewinnung des Pflanzentalges in einzelnen Dingen von einander
abweichen möge, so ist es im wesentlichen doch immer dasselbe und
kann zur völligen Erschöpfung der Masse an Fett nicht führen. Dies
[191]3. Handelsgewächse.
dürfte besser gelingen durch Zusatz von Perilla-Oel, welcher von Einigen
erwähnt, von mir aber nie beobachtet worden ist.
Das Gewichtsverhältniss der einzelnen Bestandtheile der zur Talg-
gewinnung in Japan verwendeten Sumachfrüchte, wie ich es in Japan
selbst bestimmte, sowie die Menge des durch Aether extrahierten Fettes
stimmt mit den Angaben A. Meyer’s nicht überein. Ich lasse dess-
halb beide hier folgen. Meyer nahm, wie er sagt, 10 Früchte von
Rhus succedanea (nähere Herkunft unbekannt) in Arbeit, fand, dass
sie 1,51 gr wogen und aus 46,45 % Mesocarp, 42,35 % Epidermis und
Putamen (Steinschale), 8,85 % Embryo neben einem Verlust von 2,35 %
durch Bestäuben bestanden. Er extrahierte aus dem zerriebenen Me-
socarp mit Aether 20,9 % von der ganzen Frucht an Talg, die Cotyle-
donen lieferten ihm 2,65 % des Gesammtgewichts an Oel und 36 %
ihres eignen. Ich verwandte bei meinen Versuchen grössere Mengen
frisch gewonnener lufttrockner Früchte und zwar vom Lackbaum aus
Murakami, vom Talgbaum aus Nagasáki und fand:
Der in die Vorlage aus der Presse fliessende Pflanzentalg erstarrt
hier bald zu einer festen Masse. Um dieselbe von den beigemengten
Verunreinigungen zu trennen, schmilzt man sie in eisernen Kesseln
und schöpft das klare Wachs ab in kleine irdene Schüsseln, aus denen
es nach dem Erkalten leicht herausgehoben werden kann.*) In diesem
Zustande kommt es immer in den Binnenhandel und findet mancherlei
Verwendungen, namentlich aber eine umfangreiche zu Kerzen oder
Rô-soku. Zur Ausfuhr gelangt fast nur das Rô von Rhus succedanea
aus den südlichen Häfen und zwar theils im gewöhnlichen Zustande,
theils gebleicht.
Das Bleichverfahren, welches ich in Uchinoko im südlichen Jyo
anwenden sah, war folgendes: Das Rohwachs wurde geschmolzen,
[192]I. Land- und Forstwirthschaft.
durch Baumwollbeutel in kaltes Wasser tröpfeln lassen, um es zu ver-
theilen, und dann in Kästchen von 2½ Fuss Länge und 1 Fuss Breite
auf Gestellen der Sonne ausgesetzt. Wie die Leinwand auf der Rasen-
bleiche, müssen die Talgstücke hier oft mit Wasser begossen und um-
gewandt werden. In einer der Bleichereien sah ich auf Gestellen 3 Fuss
über dem Boden im Ganzen 14 Reihen solcher flachen Bleichkasten
und in jeder Reihe 82 Stück. Nach etwa 30 Tagen ist das Rô weiss,
wie gebleichtes Bienenwachs und fast ohne allen Geruch. Der ge-
wöhnliche Sumachtalg bleicht übrigens selbst in geschlossenen Räumen,
z. B. der Schieblade eines Schrankes, allmählich an der Oberfläche und
überdeckt sich wie mit einem weissen Reif, der jedoch wenig tief geht.
Ein Unterschied zwischen dem Fett des Lack- und Talgbaums be-
steht weder äusserlich, noch in ihrer Zusammensetzung. Beide stellen
in der Kälte feste, spröde Massen von muscheligem Bruch dar, welche
einen eigenartigen Geruch (wie der von Wachs und Kernseife gemischt)
und im ungebleichten Zustande hellgelbgrüne Farbe zeigen. Die Härte
ist grösser als beim Wachs, viel geringer als bei Carnauba-Wachs.
Das spec. Gewicht ist 0,916, das des gebleichten Talges wechselt von
0,97 bis 1,14.*) Der Schmelzpunkt liegt bei 52° C., aber wenn die
kaum erstarrte Masse von neuem geschmolzen wird, bei 42° C. In
700 Theilen Alkohol von 30° Wärme und 97 % löst es sich voll-
kommen auf.
Chemische Untersuchungen ergaben, dass dieser Sumachtalg aus
einem Gemisch mehrerer Glyceride besteht, unter denen aber das der
Palmitinsäure vorwiegt. Die Japaner bedienen sich seiner nicht blos
zu Kerzen, sondern auch in vielen andern Fällen statt des Bienen-
wachses, so auch zur Herstellung des Glanzes bei Holzdreharbeiten.
Bei uns wird er dem Bienenwachs zugesetzt, um daraus festere Kerzen
zu giessen und ihre leichte Loslösung von der Form zu bewirken. Zu
einem ähnlichen Zweck vertritt dieser Pflanzentalg das Bienenwachs
in einzelnen Gummifabriken. —
Die Ausfuhr des Pflanzentalges aus Japan begann erst nach Eröff-
nung des Landes. Ihr Werth war seitdem vielen Schwankungen unter-
worfen zwischen yen 106000 im Jahre 1878 und yen 377000 im Jahre
1873. England und die Vereinigten Staaten sind die Hauptabnehmer.
Menge und Werth des Exports richten sich auch hier wesentlich
nach der Nachfrage. Sollte sich letztere steigern, so wäre Japan sehr
bald in der Lage, derselben zu entsprechen, einmal indem es den Ver-
[193]3. Handelsgewächse.
brauch zu Kerzen beschränkte, und ausserdem dadurch, dass es den
sehr ansehnlichen Theil der Früchte des Lackbaumes, welcher jetzt
unbeachtet verloren geht, sammelte und verwerthete. Ueberdies hat
das Land zur Ausdehnung der Cultur beider Sumacharten noch weite
Areale zur Verfügung, falls sich dieselbe vortheilhaft erweisen sollte. —
16) Ibota-rô, Ibota-Wachs von Ligustrum Ibota Sieb. (L. vulgare
Thunb.). Dasselbe ist sehr fest, schön weiss, faserig und seidenglän-
zend, wie die Fasern einer Asbestschicht, und erinnert an das chine-
sische Pelah-Wachs, welches bekanntlich durch eine Schildlaus (Coc-
cus Pelah) auf den jungen Trieben von Fraxinus chinensis Roxb. er-
zeugt wird. Das Ibota-Wachs soll von den Secretionen eines ähn-
lichen Insectes stammen. Gewinnung und Verwendung desselben kenne
ich nicht, noch habe ich jene Schildlaus auf der viel verbreiteten Ibota-
Rainweide beobachtet.*)
Zusätze.
Thunberg bemerkt in seiner Flora japonica pg. 180 zu Melia
Azedarach, dass aus den im December reifenden Früchten ein fettes
Oel von der Consistenz des Wachses bereitet und zu Kerzen verwen-
det werde. Diese Notiz ist auch in verschiedene neuere Werke über-
gegangen.
Ich muss mich jedoch bezüglich derselben dem Ausspruch Sie-
bold’s anschliessen: »E fructibus exprimitur oleum (Thunb.), id quod
ignoro« und möchte glauben, dass hier möglicherweise eine Verwechs-
lung mit Rhus succedanea oder R. vernicifera vorliegt, mit deren
Früchten diejenigen der Melia Azedarach einige Aehnlichkeit haben,
wenn sie auch an Grösse dieselben weit übertreffen.
Nach Siebold wird auch aus den Früchten von Listaea glauca L.
und L. Thunbergii Sieb. (Tomex japonica Thunb.) Oel gewonnen; doch
habe ich hierüber nichts weiter erfahren können.
Dem Thierreich entnommen sind Kujira-abura, Walfischöl
Rein, Japan. II. 13
[194]I. Land- und Forstwirthschaft.
oder Thran, und Giôto oder Fischöl. Die grosse Menge verschiedener
Häringsarten (Clupeaceï), welche namentlich an den Küsten von Hondo
und Yezo gefangen werden, findet vornehmlich zur Bereitung von
Fischöl und Fischguano Verwendung. Hierher gehören (siehe Rein:
Japan I, pg. 226) insbesondere die Iwashi oder jap. Sardinen (Clupea
melanosticta und Cl. gracilis), von denen man z. B. in Chôshi an der
Mündung des Tone-gawa 24—40 für einen Groschen kaufen soll, und
der Nishin (Cl. harengus). Die frischgefangenen Fische werden in
grossen eisernen Kesseln mit Wasser bis zum Kochen erhitzt. Dabei
sammelt sich das Fett auf dem Wasser und wird abgeschöpft. Die
Rückstände breitet man hier auf alten Matten an der Sonne aus und
trocknet sie. Sie verbreiten dabei einen widerwärtigen Geruch um die
Fischerdörfer, liefern aber nachher einen geschätzten Dünger, den
Kaufleute aus den grösseren Städten abholen und an die Landwirthe
der Theedistrikte und die Gärtner verabfolgen.
d. Textilpflanzen.
Wir zählen in diese Rubrik alle Gewächse Japans, die der Textil-
industrie im weitesten Sinne dienen, demnach ausser den eigentlichen
Gespinnstpflanzen auch solche, welche wie Binsen und Weiden zu ver-
schiedenem Flechtwerk verwendet werden, oder wie manche Bastsorten
vornehmlich zu Seilen und Papier.
1) Cannabis sativa L., jap. Asa. Soweit sich die Geschichte
des Hanfs verfolgen lässt, erscheint er als älteste Textilpflanze der
mongolisch-tatarischen Völker.*) Von ihrem alten Stammsitze in Cen-
tralasien hat er sich mit ihnen weit verbreitet, und zwar ostwärts über
China, Korea und Japan und westwärts vornehmlich durch die Scythen
über Vorderasien und zu den Slaven. Von diesen gelangte er zu den
germanischen Völkern und weiter zu den Romanen, sofern sie ihn
nicht schon direkt von Kleinasien her kennen gelernt hatten. Das
Hanfrauchen oder Haschisch, welches nach Herodot schon bei den
Scythen vorkam und in den muhammedanischen Ländern Asiens und
Afrikas heute noch weit verbreitet ist, blieb den buddhistischen Ost-
asiaten fremd.
Wie der Flachs im alten Aegypten, so wurde der Hanf in Japan
schon vor mehreren Tausend Jahren angebaut und lieferte vor Ein-
führung der Seide und Baumwolle allen Ständen das wichtigste und
den meisten Bewohnern das ausschliessliche Bekleidungsmaterial. Die
alte Sage schreibt seine Einführung der hocherhabenen erzeugenden
[195]3. Handelsgewächse.
Gottheit Taka-mi-musubi zu, welche zwei untergebenen Göttern Be-
fehl ertheilte, dass sie Kôdzu (Broussonetia) und Asa (Cannabis)
pflanzen sollten, um die Rinde des einen und den Bast des andern zu
gewinnen und zu verarbeiten.*) Noch jetzt werden die trüb indigo-
blau gefärbten Gewebe, aus welchen ein ansehnlicher Theil der Land-
bevölkerung sich Hosen und Kittel verfertigt, aus grobem Hanfgarn
dargestellt, wie denn auch Fisch- und Moskitonetze aus solchen be-
stehen. Aber auch feine weisse Gewebe, die unserer guten Leinwand
wenig nachstehen und Nuno oder Jôfu genannt werden, verfertigt man
viel daraus.
Der Hanfbau ist über ganz Japan verbreitet; doch findet man ihn
am häufigsten in den Gebirgsthälern und den nördlichen Ebenen, wo
die Baumwolle nicht mehr fortkommt. Wie in vielen Theilen Deutsch-
lands der Flachs, so wird hier der Hanf auf kleinen Parcellen und
meist für den eigenen Bedarf gezogen. Klima und Boden sind seiner
Cultur überaus günstig; er gedeiht vortrefflich, auch noch auf Yezo,
wie wir aus Gärtner’s zuverlässigen Mittheilungen wissen, und ist ohne
Zweifel eins von denjenigen Gewächsen, welche sich für die japanische
Landwirthschaft bei ihrer weiteren Ausdehnung und Entwickelung ganz
besonders empfehlen. —
Bei der Ernte werden die Hanfstengel von den Blättern und Wur-
zeln befreit und dann 4—6 Tage der Maceration in Wasser ausgesetzt.
Man streift hierauf den gelockerten Bast mit den Händen ab und
trocknet ihn, ebenso die Stengel, welche aussehen wie bastfreie Korb-
weiden. Dieselben werden bei der Dachbedeckung verwendet, und
zwar als unterste Lage über den Sparren, worauf eine Strohschicht
sie überdeckt. Der japanische Hanfbast ist 1—1 ½ m lang, zart, fest,
seidenglänzend, also von vorzüglicher Qualität, und könnte zu einem
hervorragenden Ausfuhrartikel werden, wenn die Cultur desselben eine
grössere Ausdehnung gewinnen würde.
2) Gossypium herbaceum L. Die Japaner nennen diese wich-
tigste aller Baumwollstauden, die einzige Art, welche sie cultivieren,
Wata-no-ki oder Ki-wata und ihr Produkt Wata. Dieses Wort
erinnert an unser »Watte«, das französische »ouate« und analoge roma-
nische Benennungen, sowie den Sanskritnamen badarâ für die Baum-
wolle. Seine Ableitung von letzterem scheint, zumal da Indien die
älteste Culturstätte der Pflanze ist, naturgemässer, als diejenige von
Ovum, welche Diez giebt.
13*
[196]I. Land- und Forstwirthschaft.
Nach den ältesten japanischen Angaben wurden um’s Jahr 799 die
ersten Versuche mit dem Anbau der Baumwolle in Dai Nippon ge-
macht, und zwar mit Samen, den der Zufall in einem Boote von In-
dien her dem Lande zugeführt haben soll. Die Cultur fasste aber da-
mals noch keinen Boden und scheint erst im Jahre 1570 von neuem
versucht worden zu sein. Eine grössere Ausdehnung gewann sie je-
doch erst nach Befestigung der Tokugawa-Herrschaft im folgenden
Jahrhundert. Es scheint, dass die Production den Bedarf zu keiner
Zeit völlig befriedigt und China, wie in neuerer Zeit, so auch früher
Zuschüsse an Rohbaumwolle für die einheimische Industrie geliefert
hat. Bei den jetzigen Verkehrserleichterungen und den billigen Preisen
der englischen und indischen Baumwollwaaren sind auch kaum für
eine weitere Ausdehnung des japanischen Baumwollbaues die Verhält-
nisse günstig.
Derselbe erreicht mit dem 38. Parallel so ziemlich seine Nord-
grenze. Wahrscheinlich lernten ihn die Japaner erst durch die Por-
tugiesen kennen, wie auch den Namen Wata für Baumwolle, da sie
weder eine eigene, noch eine chinesische Bezeichnung für die Pflanze
haben und diese selbst im südlichen China erst im 11. Jahrhundert
Eingang gefunden haben soll.
Die krautartige Baumwollstaude kommt in Japan in drei Varie-
täten mit gelben, weissen und rothen Blüthen vor, von denen jedoch
die gelbblühende weitaus vorwiegt. Anfang Mai legt man die Samen
3—4 cm von einander in Reihen, welche etwa 40 cm Abstand von ein-
ander haben, in das zubereitete Land und umgibt sie mit etwas Reis-
strohasche. In der Regel folgt aber die Cultur einer Winterfrucht,
insbesondere Gerste und Weizen, und dann wird in kurzem Ab-
stande neben jeder Reihe reifender Halme eine Reihe Baumwollsamen
in den etwas gelockerten Boden gelegt. Da dieselben einen Tag lang
zuvor in Wasser geweicht wurden, folgt die Keimung bald. Sobald
die ersten eigentlichen Blätter sich zeigen, gibt man kräftigen Dünger,
wie Oelkuchen oder Fischguano, letzteren jedoch nur in einer Kreis-
furche, die 6—9 cm von der Pflanze läuft, damit diese durch die
Schärfe des Düngers nicht zerstört werde. Gewöhnlich aber wird eine
Art Compost angewandt, den man langer Hand vorbereitet hat, be-
stehend aus einem Gemisch gleicher Theile Schlamm, Strohasche, zer-
hacktem Unkraut, Oelkuchen und Fischguano. Sobald die Halmfrucht
geerntet ist, folgt eine sorgfältige Umarbeitung und Lockerung des
Bodens und eine neue Gabe von Dünger, wozu diesmal wohl auch
flüssige Latrinenstoffe verwendet werden. Gegen den 20. Juni findet
das Ausjäten der überzähligen Pflanzen statt, indem man nur noch
[197]3. Handelsgewächse.
27—28 auf den Ken (1,80 m) stehen lässt. Eine nochmalige Lichtung
wird 14 Tage später vorgenommen. Während der heissesten Tage
(20. Juli—7. August) erscheinen Knospen an den verästelten Stengeln.
Die Blüthezeit ist der August, die Ernte fällt in den September. Sie
wird als eine ergiebige angesehen, wenn 300 Tsubo = 9,92 Are, 250 Kin
oder 150,261 kg Baumwolle liefern.
3) Boehmeria nivea Hooker \& Arn. (Urtica nivea L.), jap. Mao,
Kusa-mao und Kara-mushi, chin. Tschou-ma. Diese Pflanze,
welche sich namentlich durch die weisse Unterseite der Blätter von
allen verwandten Nesselarten unterscheidet, wächst in Cochinchina,
China und Japan wild, wird aber daselbst, und ebenso im südlichen
Monsungebiete auch angebaut. Sie liefert in ihrem Baste das vielge-
priesene Chinagrass der Engländer, aus welchem die Chinesen das
feine Nesseltuch bereiten. Eine verwandte Art mit höheren Stengeln
und beiderseits grünen Blättern ist Boehmeria tenacissima Gaud. (B.
utilis Bl.), deren Bast Ramie (engl. Ramee) oder Rheea-Faser ge-
nannt wird. Sie gehört dem tropischen Monsungebiete an und kommt
in Japan nicht vor. Indess wird auch der Chinagrass-Bast oft Ramee
genannt, ebenso die Fasern anderer Boehmeria-Arten, sowie auch der
japanischen Urtica Thunbergiana S. \& Z. oder Schi-kusa.
Boehmeria nivea bedarf zu ihrem Gedeihen eines feuchten, frucht-
baren Bodens und kräftiger Düngung; dagegen reicht dazu unsere
Sommerwärme aus, wie manche Versuche in botanischen Gärten längst
dargethan haben.*) Gleich ihren Verwandten treibt sie jeden Sommer
aus perennierenden Wurzelstöcken krautartige steife Stengel von 1½
bis 2 m Höhe, welche gegen Ende August oder im September über der
Erde abgeschnitten und behufs Gewinnung des Bastes einer kurzen
Maceration in Wasser unterworfen werden.**)
Die technische Verwerthung der Boehmeria nivea, sowie verschie-
dener andern Nesselarten bietet einige besondere Schwierigkeiten und
entspricht bis jetzt bei weitem nicht den grossen Bemühungen und
Aufmunterungen zur Förderung derselben, noch den übertriebenen
Hoffnungen, welche von verschiedenen Seiten daran geknüpft wurden.
Es handelt sich vor allem um die Erfindung einer zweckmässigen Ma-
schine zur Lostrennung und Zubereitung des Bastes. Die indische
[198]I. Land- und Forstwirthschaft.
Regierung schrieb 1878 zu dem Zweck den hohen Preis von ₤ 5000
aus und erbot sich, für die Versuche, welche von Mitte August bis
Mitte September 1879 in Sahdranpur in Indien angestellt werden soll-
ten, die Boehmeria-Stengel aus dem Botanischen Garten von Calcutta
zu liefern; doch hat sie ihren Zweck nicht erreicht und den Gegen-
stand fallen lassen.
Die Epidermis der hier in Betracht kommenden Pflanzen liegt
nämlich so fest auf dem darunter befindlichen Bastgewebe, dass eine
völlige Scheidung nur schwer gelingt. Ausser dieser Schwierigkeit
stehen der Reindarstellung in grösserer Menge noch andere entgegen,
welche Wiesner zum Theil in seinem Werke über die Pflanzenstoffe
pag. 387—393 erörtert hat.
Marco Polo erwähnt bereits der Cultur dieser weissblätterigen
Nessel und hebt hervor, dass sich besonders die Provinz Kweichau
durch Gewebe aus ihrem Baste auszeichne. Dieses »Grasleinen« ist
fein, glatt und glänzend, wie Battist, daneben sehr kühl, daher be-
sonders für den Sommer geeignet. In Japan habe ich Culturen der
Mao-Pflanze aus eigener Anschauung nicht kennen gelernt. Sie sollen
vornehmlich in Uzen, Kaga, Echigo und Idzumo vorkommen, wie sich
auch aus der Landesausstellung von Tôkio vom Jahre 1877 ergab, deren
officieller Catalog u. A. nicht weniger als 13 Aussteller von Fasern,
Seilen und Geweben aus Yamagata-ken (Uzen) und 17 aus Chimane-
ken (Idzumo) aufweist. Diese Industrie steht aber keineswegs auf
einer hohen einflussreichen Stufe. Der gewöhnlich verarbeitete Bast
ist wohl auch fest und dauerhaft, doch fehlt ihm die Feinheit. Da-
gegen besteht das sogenannte »cotonisierte Chinagras« aus weissen
Fasern, die es an Feinheit und Stärke mit dem Flachse, an Glanz
mit der Seide aufnehmen können.
4) Musa basjoo Sieb. (M. paradisiaca Thunb., M. textilis Nees),
jap. Bashô. Der Pisang kommt im eigentlichen Japan nicht mehr
fort, wird dagegen auf den Riukiu-Inseln viel gebaut, vornehmlich des
Bastes wegen, aus dem die Bewohner ein leichtes, lockeres, braunes
Gewebe, Bashôfu genannt, verfertigen. Doederlein bemerkt über
die Pflanze Folgendes:
»Bananen gehen (auf Amami-Oshima) fast eben so weit in die
Höhe, wie Cycas; doch halten sie sich streng an die Wasserläufe, die
sie in dichtgedrängten Beständen begleiten. Sie werden als eine vor-
zügliche Gespinnstpflanze gebaut (Manila-Hanf), deren Fasern nicht
allein ein vortreffliches Material für Seile und Netze abgeben, sondern
überaus geschätzt sind, wegen der sehr guten Kleidungsstoffe, die sich
aus ihnen fertigen lassen. Im Sommer werden solche Kleider den aus
[199]3. Handelsgewächse.
Baumwolle bestehenden weit vorgezogen; sie bilden einen der wich-
tigsten Handelsartikel der Liu-kiu-Inseln und werden besonders in
grosser Menge nach Satsuma importiert, von wo sie ihren Weg weiter
durch Japan finden mögen.«*) Letzteres ist nun nur in sehr beschränk-
tem Maasse der Fall. Die Gewebe bleiben im südlichen Japan und
kommen heutzutage in den übrigen Landestheilen kaum noch zur Ver-
wendung.
5) Corchorus capsularis L., jap. Ichibi, Tsunaso und Ka-
nabi-kiyo. Dieser Lieferant der so wichtig gewordenen Jutefaser
ist an verschiedenen Stellen Japans gefunden worden. Ob man aber
die Pflanze auch cultiviert und ihren Bast zu Seilen und groben Ge-
weben verarbeitet, wie von einer Seite angegeben wurde**), scheint
mir zweifelhaft. — Die vier nun folgenden Bastpflanzen werden nicht
cultiviert. Als Lieferanten von Bekleidungsmaterial spielten sie in
alten Zeiten wahrscheinlich eine viel wichtigere Rolle, wie jetzt.
6) Wistaria chinensis S. \& Z., jap. Fuji (siehe Zierpflanzen).
Der zubereitete Bast dieser Pflanze, sowie Gewebe daraus, Fuji-
nuno oder Wistaria-Leinwand genannt, waren 1877 auf der Ausstel-
lung in Tôkio von Iwate-ken, Fukushima-ken, Shimane-ken und Hi-
roshima-ken zu sehen, also sowohl aus dem Norden, als auch dem
Südwesten der Hauptinsel Honshiu.
7) Pueraria Thunbergiana Benth., jap. Kudzu. Die jungen
Triebe dieser häufigen Pflanze (siehe Knollengewächse) pflegt man in
Stücken von 1 m Länge in einem eisernen Kessel eine zeitlang mit
Wasser zu kochen und dann einer längeren Maceration in fliessendem
Wasser auszusetzen, bis der Bast sich leicht loslöst. Derselbe wird
alsdann mit den Händen abgestreift. Die weitere Behandlung mit
Wasser, das Klopfen und andere Manipulationen haben das Bleichen,
Weichmachen und Theilen der Faser zum Zweck. Dieselbe ist im
fertigen Zustande ziemlich fest und weiss, wie Hanfbast. Sie wird als
Einschlag bei verschiedenen Geweben benutzt, doch nur in sehr be-
schränktem Maasse. Die Ainosfrauen stellen daraus Fäden her, mit
denen sie ihre Kleider nähen.
8) Ulmus montana Sm. ist nach den Zeugnissen von Böhmer***)
und Scheube†) auf Yezo der Baum, welchen die Ainos At, die Japa-
ner Ohio-no-ki nennen. Jene bereiten aus seinem Baste das braun-
[200]I. Land- und Forstwirthschaft.
gelbe Zeug, aus welchem sie in der Regel ihre Kleidung verfertigen.
Dasselbe zeichnet sich mehr durch Dauerhaftigkeit, als durch Feinheit
aus und wird auch von Japanern auf Yezo viel getragen. Man schält
die Rinde des Baumes im Frühjahr ab und lässt sie ½—1 Monat lang
in Wasser macerieren, bis sich der Bast leicht in langen Streifen los-
löst. Die Ainosfrauen drehen daraus Fäden und verarbeiten sie auf
ihren Webstühlen, deren Einrichtung Scheube in der erwähnten Arbeit
ebenfalls näher angibt.
9) Tilia cordata Mill., jap. Shina-no-ki, von den Ainos Ni-
beshi genannt. Die Ainos machen aus dem Baste Seile. In Aidzu
sah ich denselben zu Matten verarbeiten. Er wird durch längeres
Macerieren in fliessendem Wasser von der Rinde gelöst und durch
Klopfen geschmeidig gemacht. Der Bast von Tilia mandschurica Ma-
xim. dient denselben Zwecken.
10) Vorerwähnten Gewächsen reihen sich diejenigen an, deren
Bast vornehmlich zu Papier verwendet wird, hin und wieder aber auch
noch zur Darstellung grober Gewänder dient, wozu er jedenfalls in
alten Zeiten in viel ausgiebigerem Maasse benutzt wurde. Es sind
dies vornehmlich die verschiedenen Arten der Papiermaulbeere (Brous-
sonetia papyrifera Vent., B. Kasinoki Sieb. und B. Kaempferi Sieb.),
sodann die weisse Maulbeere (Morus alba L.), die Dreigabel (Edge-
worthia papyrifera S. \& Z.) und die Gampi (Wickstroemia canescens
Meisn.), welche alle bis auf letztere viel cultiviert werden. Näheres
über die Art dieser Cultur und die Gewinnung des Bastes folgt in dem
Kapitel über die Papier-Industrie.
11) Chamaerops excelsa Thunb., jap. Shuro, Shiro oder
Shiro-no-ki. Diese schöne Fächerpalme erreicht in Japan gewöhn-
lich 5—6 m Höhe und gegen 0,80 m Stammumfang. Sie ist nicht ein-
heimisch, sondern wird ebenso wie im wärmeren China cultiviert, und
zwar ungefähr soweit, als immergrüne Eichen und der Kampferlorbeer
gedeihen. In einzelnen Exemplaren findet man sie auf der Ostseite
von Hondo noch in der Nähe der Sendai-Bucht unter 38½° N., weniger
weit auf der Westseite und nicht im höher gelegenen Innern der Insel.
Ihre eigentliche Heimat ist noch nicht genau ermittelt, dürfte jedoch
im tropischen Monsungebiet zu suchen sein.
Zur Verwendung kommen vornehmlich die über 2 Jahre alten Blät-
ter dieser Palme, und zwar einmal die ganzen Blattspreiten, indem
man sie in schmale Streifen theilt und daraus verschiedene Geflechte,
namentlich Hüte und Seile, darstellt; vor allem bedient man sich aber
der dunkelbraunen Fasern, wie sie auch bei Chamaerops humilis der
Mittelmeerregion als lange Wimperhaare an den Rändern der Blatt-
[201]3. Handelsgewächse.
scheiden auftreten und die Basis der Blätter und Blüthenträger um-
hüllen. Diese haarartigen Fasern (jap. Shiro-no-ki), eine Art Crin
végétal, viel länger und weicher, wenn auch weniger stark als das
sogenannte Coir der Cocosnüsse, werden in Japan und ebenso in China
zu Seilen, Matten, Staubbesen und Bürsten verarbeitet. In Tôkio gibt
es z. B. viele Familien, welche sich durch die Darstellung solcher
Shiro-saiku, d. h. Arbeiten (ku) aus diesem Material (sai) der Palme
(Shiro) ernähren, indem sie dieselben zugleich in kleinen Läden feil-
bieten.
12) Juncus effusus L., jap. I oder I-gusa. Diese Binse,
welche auf der nördlichen Hemisphäre weitverbreitet ist, wird zwar
auch in verschiedenen andern Ländern gesammelt und zu Matten ver-
arbeitet, hat aber nirgends eine solche Bedeutung erlangt, wie in Ja-
pan, indem hier manche Sitte und Hauseinrichtung aufs innigste mit
den aus ihr bereiteten Fussmatten und andern Geflechten verknüpft
ist. Um den grossen Bedarf an dieser Binse zu decken, wird sie regel-
recht in verschiedenen Landestheilen und manchmal in grossem Um-
fang cultiviert. Die Cultur erinnert an diejenige des Reis und wird
auf sumpfigen Feldern betrieben, die zuweilen mit Reisland abwech-
seln. Man vermehrt durch Rhizomableger und legt neue Pflanzungen
zeitig im Frühjahr an, indem man Reihencultur anwendet. Im August
findet die Ernte statt. Die Binsen, welche man auch wohl Goza-
gusa (Mattenkraut) nennt, haben alsdann etwa ein Meter Höhe erreicht.
Sie werden dicht über dem Boden abgeschnitten, getrocknet und zur
Aufbewahrung unter Dach gebracht. Vor dem Verbrauch feuchtet man
sie an und reibt dann die Epidermis mit Asche ab.
Im 1. Band dieses Werkes pag. 481 wurde hervorgehoben, dass
sich die Grösse der japanischen Zimmer, ja der ganze Grundriss der
Häuser nach den Fussmatten oder Tatami richte, indem diese letz-
teren die feststehende Grösse von Rechtecken haben, welche 6 Shaku
oder jap. Fuss à 30,33 cm lang, 3 Shaku breit und ⅙ Shaku dick
sind. Nach denselben construiert und unterscheidet man Zimmer von
4, 6, 8, 10, 12 und mehr Matten. Diese Tatami werden nun aus Wara
oder Reisstroh, das dicht mit einander verbunden oder verflochten ist,
dem Toko oder Bett derselben, dargestellt, an den Rändern mit Zeug-
streifen eingefasst und auf der Oberseite (Omote) mit schöngeflochtener
Binsenmatte überdeckt und befestigt. Die Riu-kiu-Inseln, Bungo und
andere Provinzen von Kiushiu, vor allem aber Bingo im San-yôdô
und Nachbarprovinzen sind wegen ihrer Binsenzucht und Matten be-
rühmt. Am meisten schätzt man die Bingo-omote. Dieselben sind
schöner und theurer, aber nicht so stark als diejenigen von Bungo.
[202]I. Land- und Forstwirthschaft.
Die Binse, woraus sie verfertigt werden, heisst hier Tôsô, auf Kiushiu
dagegen Riu-kiu-I. Die Cultur und Verarbeitung der Binse wird
indess auch in weiter nördlichen Landestheilen betrieben, so z. B. in
Kaga, wo die Stadt Komadzu und einige benachbarte Dörfer sich
viel damit befassen, in Aidzu-taira und anderwärts. Ausser den
erwähnten Omote verfertigt man daraus die einfachen Goza, welche
u. A. zum Umhängen und Schutz gegen Sonne und Regen dienen, so-
wie die Seki oder Sitzmatten, und nennt hiernach die Binse auch
Goza-gusa und Seki-gusa.
13) Eine ausgedehnte Verwendung zu grobem Flechtwerk man-
cherlei Art, wie zu Seilen und Matten, findet, wie dies bereits früher
hervorgehoben wurde, das Reisstroh. Mushiro heissen die daraus
verfertigten Matten, auf welchen der Landmann sein Getreide und
sonstige Sämereien, der Küstenbewohner die verschiedenen Meeres-
produkte, deren Fang und Verkauf ihn beschäftigt, ausbreitet und
trocknet. Ein anderes Strohgeflecht, Komo genannt, wird vornehm-
lich zur Darstellung von Säcken verwerthet, welche dem Reistransport
und andern Zwecken dienen. — Im Kunstgewerbe benutzt man das
Gerstenstroh, um schöne Mosaikbekleidung herzustellen.
Der Binse und dem Reisstroh schliessen sich ferner in Bezug auf
die Art der Benutzung eine Anzahl Schilfgewächse an, die in alter
Zeit jedenfalls eine viel umfangreichere Verwendung fanden, als jetzt.
Hierzu gehören vor allen Dingen die folgenden:
14) Typha japonica Miq., jap. Gama. Die daraus verfertigten
weichen Matten heissen Gama-mushiro.
15) Scirpus maritimus L., jap. Suge, diente schon in den
ältesten Zeiten zur Darstellung von Hüten und Regenmänteln, sowie
von Seilen, mit denen man beim Bau der Hütten die Balken an ein-
ander befestigte. Die erstgenannte Verwendung war auch Kaempfer
bekannt, denn er schreibt Am. exot. pag. 900: »Setz, vulgo Suge.
Herba palustris, foliis arundinaceis brevioribus tensis, ex quibus ad
albedinem redactis construuntur elegantissimi pilei, quibus teguntur
deambulantes faeminae.«
16) Zur Darstellung der Mino oder alten Grasregenmäntel dienten
vornehmlich die Blätter der Zoysia pungens Willd., jap. Shiba und
Iwa-shiba. Die langen Wurzelblätter dieses Grases wurden in den
Gebirgswäldern gesammelt, zu Hause in kochendes Wasser getaucht,
dann gebleicht und getrocknet, hierauf mit Holzhämmern geklopft und
endlich mit Fäden dicht an einander gereiht. Die dachziegelförmige
Anordnung, in welcher die einzelnen Blattreihen über einander liegen,
erinnert an die Art, wie die Maori Neuseelands sich früher aus den
[203]3. Handelsgewächse.
viel breiteren Blättern des Phormium tenax ihre Kleider verfertigten.
Diese Mino wurden auch aus verschiedenen Riedgräsern, sowie aus
Hanfbast dargestellt. Man findet sie hin und wieder noch in Gebirgs-
gegenden. Regenmäntel aus geöltem Bastpapier, sowie in neuerer Zeit
namentlich Regenschirme, haben dieselben verdrängt.
17) Imperata arundinacea Cyrill (Saccharum spicatum Thunb.),
jap. Chi-kaya oder Kaya wurde in ähnlicher Weise benutzt; auch
diente dieses Gras in alten Zeiten zur Dachbedeckung.
18) Phragmites communis Trim. (Arundo phragmites L.). Die
Japaner nennen dieses Schilfgras Yoshi. ebenso auch die verwandte
Art P. Roxburgii Kunth. Es wächst in Menge auf uncultivierten,
sumpfigen Stellen, namentlich auch zur Seite der Bewässerungscanäle
für die Reisfelder. Man verwendet es vornehmlich zur Dachbedeckung,
doch auch zur Darstellung der Yoshi-dzu oder Schilfmatten, und
baut es gleich der folgenden Art zu diesen Zwecken hier und da auch
auf nassem Boden an.
19) Eulalia japonica Trim. (Erianthus japonicus Beauv., Sac-
charum polydactylon Thunb.), jap. Susuki. Mancher Freund der Er-
zeugnisse des japanischen Kunstfleisses hat dieses schöne Gras mit
seiner fingerförmig getheilten Rispe schon abgebildet gesehen. Aber
auch lebend wird es uns in neuerer Zeit öfter vorgeführt; denn es
erweist sich weniger empfindlich, als das südamerikanische Pampasgras
und ist als Einzelpflanze auf schöner, kurzgehaltener Rasenfläche doch
von ganz ähnlicher Wirkung. Ausser der einfachen Stammform er-
scheint es auch mit panachierten, ja neuerdings sogar mit quer-
gestreiften Blättern (Eulalia jap. zebrina). In seiner Heimat ist es
sehr verbreitet. Es [wächst] vornehmlich auf der Hara, jenen ausge-
dehnten grasigen Abhängen der Gebirge, aber auch an uncultivierten
Stellen sumpfiger Niederungen. Hier und auf den damit bepflanzten
Aeckern finden im Herbst und Winter Fasanen und Becassinen im
Dickicht seiner abgestorbenen Halme und Blätter ebenso beliebte Ver-
stecke, wie in demjenigen des gewöhnlichen Schilfes.
20) Das festere Holzflechtwerk wird aus Bambusrohr (Take), Wei-
den*) (Yanagi) und Rotang oder Rattan (To) verfertigt. Die beiden
erstgenannten Materialien liefert das Land selbst; dagegen muss der
Rotang, aus welchem die feinsten Geflechte dargestellt werden, die so-
gar zum Theil im Kunsthandwerk eine Rolle spielen, aus dem tropi-
schen Monsungebiet im Süden bezogen werden. Dass er für diese Art
[204]I. Land- und Forstwirthschaft.
der Verwendung gleich dem Bambusrohr vorher gespalten und in mehr
oder minder dünne glatte Streifen zerlegt werden muss, bedarf kaum
der Erwähnung. Man verfertigt und benutzt in Japan To-mushiro
(Rotangmatten) viel weniger als in China. Dagegen dienen To, Ya-
nagi und Take zu vielerlei sonstigem Flechtwerke, von dem hier nur
der Kôri oder Schachtelkörbe gedacht werden soll, die sich für man-
cherlei Zwecke vortrefflich eignen. Wie z. B. der Schliesskorb aus
Weidengeflecht bei uns, so ist in Japan der Yanagi-gôri, d. h.
Weiden-Schachtelkorb ein vortrefflicher Ersatz des Koffers, zumal auf
Reisen. Der übergreifende Deckel reicht dabei bis zum Boden der
engeren unteren Korbschachtel. Sehr viele kleinere Kôri stellt man
aus Rotang her. Sie haben vor unseren Holzschachteln den Vorzug
der Elasticität, Geschmeidigkeit und längeren Dauer. Auch jene breit-
randigen steifen Hüte, Kasa genannt, welche den Kopf gegen Sonnen-
schein und Regen schützen, im übrigen freilich nicht gerade sehr be-
quem sind, werden bald aus geschälten Weiden, bald aus Rotang oder
Bambus geflochten. Zahl- und gestaltreich sind ferner die vielen Körb-
chen aus den beiden letztgenannten Materialien. Dieselben kommen
besonders schön aus der Provinz Tajima nach dem Bade Arima und
weiter nach Kobe auch zur Ausfuhr.
e. Farbpflanzen und Gerbstoffe und deren Verwendung.
Seitdem die chemische Industrie in der Darstellung organischer
Farben einen so gewaltigen Aufschwung genommen hat, ist von ihrem
weitragenden Einfluss auch Japan nicht unberührt geblieben. Ver-
schiedene der vordem hochgeschätzten cultivierten oder wildwachsen-
den Farbpflanzen des Landes haben seit Einführung der künstlichen
Krapp- und Anilinfarben viel von ihrer früheren Bedeutung verloren.
Das wissenschaftliche Interesse, welches sich an ihr Vorkommen und
ihre Verwendung knüpft, wird dadurch nicht beseitigt. Dasselbe zu
fördern, ist Zweck der nachstehenden Mittheilungen, die in keiner
Weise eine erschöpfende Darstellung sind, immerhin aber verschiedenes
Neue bieten dürften.
1) Polygonum tinctorium Lour., jap. Ai, der Färberknö-
terig. Diese ostasiatische Culturpflanze wurde zuerst 1790 von Lou-
reiro in seiner Flora Cochinchinensis beschrieben. Sie liefert einem
weiten Gebiete Ostasiens, zumal China, Korea und Japan, seit alter
Zeit den vielverwendeten Indigo und gehört gleich unsern gewöhn-
lichsten Knöterigarten zur Gruppe Persicaria. Aus einer kräftigen
Faserwurzel entwickelt sie viele 30—50 cm hohe, blattreiche runde
[205]3. Handelsgewächse.
Stengel, an deren Knotenstellen die ziemlich ansehnlichen ovalen, zu-
gespitzten Blätter und später auch die Blüthenähren sich entwickeln.
Die Blüthen sind geruchlos, von rother Farbe und in ihrem Aussehen
und Bau verschiedenen andern Polygonumarten sehr ähnlich. Sie er-
scheinen im August und September, doch findet die Ernte gewöhnlich
vor ihrer völligen Entwickelung statt. Chemische Untersuchungen der
Pflanze haben nämlich ergeben, dass das Indigochromogen, Indican,
als Zellinhalt auf das Blattparenchym beschränkt und Stengel und
Blüthen frei davon sind.*) Dieser Thatsache entspricht die Cultur-
und Behandlungsweise der Pflanze.
Der Färberknöterig ist unter allen japanischen Farbpflanzen weit-
aus die wichtigste, da der aus ihm gewonnene Indigo zum Färben der
Baumwoll- und hanfleinenen Gewänder eine ausgedehnte Verwendung
findet. Dementsprechend ist auch seine Cultur eine weitverbreitete
und findet sich in den Ebenen und Thalsohlen fast aller Landestheile
südlich von Yezo. Bei Bestellung der Felder wendet man selten di-
rekte Saat (Breitsaat), sondern meist Verpflanzung in Reihen der auf
dem Saatbeete gewonnenen Setzlinge an. Auf denselben entwickeln
sich aus den zeitig im Frühjahr ausgestreuten Samen innerhalb zweier
Monate und mit Hülfe wiederholt angewandten kräftigen Düngers, wie
Fischguano und Oelkuchen, die 12—15 cm hohen Setzlinge und werden
dann auf das zubereitete Feld verpflanzt. Nach abermals 60—70 Tagen
— gegen Ende Juli oder Anfangs August — beginnt die Haupternte,
der sich später noch eine vom Nachwuchs anschliesst, ähnlich wie
beim Klee. Einem Kleefelde, bevor dasselbe Blüthenköpfe entfaltet
hat, gleicht auch aus einiger Entfernung das Aussehen der Ai-Pflan-
zung. Die Stengel derselben haben etwa 30 cm Höhe erreicht, wenn
sie mit einer Sichel dicht über dem Boden abgeschnitten werden.
Die oberen blattreichsten Theile hält man mit Recht für die werth-
vollsten und trennt sie und die Blätter von den Stengelstücken, die
man nach dem Trocknen verbrennt, um daraus eine geschätzte Asche
(Ai-no-bai) zu erhalten. Die Blätter aber breitet man an der Sonne
zum Dörren aus und zwar oft ohne jede Unterlage vor den Häusern,
so dass der Strassenstaub nicht ausgeschlossen bleibt. Sie werden da-
durch mattdunkelgrün und kommen in diesem Zustande in Strohseil-
säcke zur Aufbewahrung für weitere Behandlung. Diese erfordert
70—80 Tage Zeit und unterscheidet sich dadurch und sonst sehr wesent-
[206]I. Land- und Forstwirthschaft.
lich von den kurzen Macerationsprocessen, durch welche man ander-
wärts aus andern Gewächsen Indigo gewinnt. Es ist eine Art Gäh-
rungsprocess, welcher mit viel Aufmerksamkeit und Geschick geleitet
werden muss. Dabei werden die Blätter mit einer bestimmten Menge
Wasser benetzt und gemengt, dann ausgebreitet und 3—5 Tage lang
mit Matten bedeckt sich selbst überlassen. Hierauf wiederholt man
dies Verfahren im Ganzen 9—20 mal, bringt die Blätter schliesslich
in einen hölzernen Mörser, in welchem man sie während zweier Tage
in eine teigige Masse von dunkelblauer Farbe verarbeitet. Man macht
daraus Ballen von der Dicke der Billardkugeln und darüber und bringt
sie so in den Binnenhandel. Es ist dies Indigo mit vielerlei Verun-
reinigungen, wie er allgemein zum Blaufärben dient. Ruri-kon, ein
nach violett oder braun neigendes dunkles Indigobraun, wird aus Ai unter
Zusatz von Aku, der Asche aus Indigoabfällen, und Kalk bereitet.
Vor 10 Jahren wurden mit Unterstützung der Regierung Versuche an-
gestellt, um mit Hülfe von Schwefelsäure aus diesen Ai-tama (In-
digokugeln) Indigoblau abzuscheiden und zur Ausfuhr zu bringen.
Dieselben scheiterten aber an der Kostspieligkeit des Verfahrens. Den
geschätztesten japanischen Indigo liefert die Provinz Awa auf der Insel
Shikoku an der Linschotenstrasse.
Im Jahre 1776 kam der Knöterig-Indigo aus China zuerst nach
England, wo ihn die Färber unter dem Namen Persicaria verwen-
den lernten. Später hörte diese Einfuhr jedoch wieder auf, als eine
bessere Waare zu annehmbaren Preisen von der zunehmenden Cultur
der Indigofera Anil und anderer Arten aus Bengalen und Java ge-
liefert wurde.
Im Jahre 1826 lenkte in Frankreich Saint-Hilaire die Aufmerk-
samkeit auf den Färberknöterig. Zehn Jahre später baute man die
Pflanze in grösserer Menge in den botanischen Gärten zu Montpellier
und Paris und gewann so frisches Material für die zahlreichen Unter-
suchungen, welche von 1838—40 folgten. Botaniker, Chemiker, Land-
wirthe und Industrielle wetteiferten im Studium ihrer Eigenschaften.*)
Es galt die Pflanze und ihr Produkt für die Landwirthschaft und Fär-
berei zu erproben, weil man der Hoffnung lebte, dem Lande eine neue
Nutzpflanze zuzuführen und durch sie den Bedarf an Indigo zu decken.
Dieselbe hat sich nicht erfüllt. Von hervorragenden Gelehrten, welche
sich mit dieser Indigofrage damals befassten, nenne ich: Saint Hilaire,
[207]3. Handelsgewächse.
Vilmorin, Delile, Chevreul, Turpin, Joly, Baudrimont, Pelletier und
Robiquet.
Der bereits oben citierten gründlichen Abhandlung unseres Lands-
manns Dr. E. Schunk in Manchester entnehme ich zum Schlusse noch
folgende Notizen über den Gegenstand:
Schunk erhielt aus Paris Samen von Polygonum tinctorium, säte
dieselben in ein Mistbeet und verpflanzte sie dann in’s freie Land.
Gegen Ende des Sommers erhielt er schöne rosafarbene Blüthenähren,
doch keine reifen Samen. Die schönen, glänzenden ovalen Blätter
zeigten, wenn sie von Insekten oder sonst verletzt wurden, wohl blaue
Flecken, sonst aber war selbst unter dem Mikroskop nur Blattgrün,
keine andere Farbe zu erkennen.
Zerhackt und zerreibt man eine Partie Blätter im Mörser mit etwas
Wasser und presst sie dann aus, so erhält man eine grüne, schlammige
Flüssigkeit, aus welcher Bleizuckerlösung ein grünes, flockiges Präci-
pitat scheidet, welches aus Chlorophyll, Albumin und einigen andern
Substanzen besteht. Die abfiltrierte Flüssigkeit ist klar und gelb.
Wird sie mit Salzsäure oder Schwefelsäure versetzt, so liefert sie einen
reichen Niederschlag von fast reinem Indigoblau. Man erhält auf diese
Weise weit mehr Farbstoff, als bei Anwendung einer gleichen Menge
Waidblätter (von Isatis tinctoria).
Indican, das Indigochromogen, stellte Schunk auf folgende Weise
dar: Der alkoholische Auszug aus den getrockneten und pulverisierten
Polygonumblättern wurde verdunsten lassen, bis eine braune Flüssig-
keit blieb, die er vom Niederschlag abgoss und mit Bleizuckerlösung
mischte. Er erhielt so ein schmutziggelbes Präcipitat aus Chlorophyll
und andern Verunreinigungen und nach dem Filtrieren eine klare gelbe
Flüssigkeit, welcher er basisch-essigsaures Blei zusetzte. Der ent-
standene hellgelbe Niederschlag wurde durch Filtration von der Flüssig-
keit getrennt, mit Wasser und Spiritus ausgesüsst, dann in absolutem
Alkohol gelöst und darauf ein Strom Kohlensäure hindurch geleitet.
Die Flüssigkeit wurde dabei nach einiger Zeit gelb und es schied sich
Bleiweiss ab. Es folgte Filtration und Zusatz von Schwefelwasser-
stoff, um noch Blei zu fällen. Nach abermaligem Filtrieren liess S.
verdunsten und behielt einen Syrup, welcher, mit Aether behandelt,
Indigo lieferte.
Die qualitativen Reactionen dieses Indigoerzeugers gleichen durch-
aus denen des Indican’s aus den Blättern von Isatis tinctoria. Es ist
ein gelber, transparenter Syrup, der keine Neigung zur Krystallisation
zeigt, sich in Wasser, Alkohol und Aether löst. Die wässerige Lösung
reagiert mehr oder weniger sauer, färbt sich bei Zusatz von kausti-
[208]I. Land- und Forstwirthschaft.
schem Alkali tiefgelb und gibt mit basisch-essigsaurem Blei ein licht-
gelbes Präcipitat. Wenn die wässerige Lösung mit etwas Schwefel-
säure oder Salzsäure vermischt und ruhig stehen gelassen wird, so
scheidet sich nach einiger Zeit Indigo auf dem Boden und als Haut
an der Oberfläche aus, wie bei Indican aus Isatis tinctoria auch.
Schunk lieferte durch diese Untersuchungen den Beweis, dass in
dem Färberknöterig weder fertiger Indigo, noch dessen Hydrat (Indi-
goweiss), sondern nur Indican vorhanden sei und widerlegte damit
die Annahme Joly’s vom Gegentheil.
2) Carthamus tinctorius L., jap. Beni, Beni-no-hana, die
Färbedistel oder der Saflor. Dieses einjährige Gewächs, das nach
seinem steifen, nach oben sich verästelnden Stengel und den grossen,
radförmigen, gelben Blüthen an Inula, nach seinen sitzenden, stache-
ligen Blättern an Disteln erinnert, gehört wie beide zur grossen Fa-
milie der Compositen und folgt im System auf Centaurea. Die Pflanze
erreicht 50—100 cm Höhe und liefert in den vom Kelch getrennten
Blüthen neben einem gelben Farbstoff das bekannte Saflor- oder Spa-
nisch-Roth. Indien, welches man als ihre Urheimat ansieht, sowie
Persien und Aegypten haben sich von Alters her durch ihren Anbau
ausgezeichnet und bringen auch noch heute den meisten Saflor in den
Handel. Wir wissen jetzt auf das bestimmteste, dass die Färbedistel
schon vor mehr als 3500 Jahren in Aegypten angebaut wurde, da
Schweinfurth sie in der Guirlande erkannte, welche 1881 Brugsch und
Maspero in den neuentdeckten Pharaonengräbern bei Theben auf der
Brust von Ahmes II., dem Sieger von Hycsos, fanden.
Von den genannten drei Ländern aus verbreitete sich ihre Cultur
über viele Gebiete mit tropischem und gemässigtem Klima, selbst nach
Deutschland, ist aber in diesem Jahrhundert fast allenthalben zurück-
und vielfach ganz eingegangen. Insbesondere haben Cochenille und
Lac Dye, dann in der Neuzeit in noch viel höherem Maasse die Ani-
linfarben den Saflor zurückgedrängt.
Japan erhielt ihn durch die Chinesen. Seitdem aber Südchina
und Indien eine bessere Waare, als die im Land erzeugte, zu billigen
Preisen auf den Markt brachten, sank der Anbau der Pflanze mehr
und mehr und ist jetzt kaum noch erwähnenswerth. Ich bin bei all
meinen Kreuz- und Querreisen durch das Land ihm nur 2—3-mal be-
gegnet. Die Pflanze bedeckte kleine Beete und war bestimmt, das
beliebte Cosmeticum Beni für die japanischen Mädchen zu liefern.
Es ist dies reines Carthamin (C14H16O7), dessen Darstellungsweise ana-
log der unsrigen sich aus meinen Notizen über das Färben mit Saflor
am Ende dieses Kapitels ergibt. Die metallisch glänzende, goldgrüne
[209]3. Handelsgewächse.
Masse, welche in diesem Aussehen lebhaft an verschiedene Anilin-
farben und an die Flügeldeckel mehrerer Arten Cetonia und anderer
Käfer erinnert, wird von den japanischen Mädchen in Wasser gelöst
und zum Röthen der Lippen angewandt, in Kiôto manchmal so con-
centriert und reichlich, dass statt der rothen Farbe wieder der grüne
Metallglanz erscheint.
3) Rubia cordifolia L. (R. cordata Thunb., R. munjista Roxb.),
jap. Akane oder Beni-kadzura. Dies ist die alte indische Färbe-
röthe, welche ebenso, wie in den Thälern des Himalaya, auch im
östlichen Monsungebiete weit verbreitet zu sein scheint. In Japan
habe ich sie wiederholt gefunden, und zwar gleich der folgenden
Art stets wildwachsend.
4) Rubia chinensis Reg., jap. Ô-kinuta-sô.
5) Lithospermum erythrorhizon S. \& Z. (L. officinale, var.
japonica Miq., L. officinale β. erythrorhizon Maxim.), jap. Murasaki
und Murasaki-kusa. Die Wurzeln, Shikon genannt, dieses über
ganz Japan verbreiteten Steinsamens, dienten bisher, wie in China,
zum Violet- und Rothfärben.
6) Myrica rubra S. \& Z., jap. Yama-momo. Die Rinde, welche
Shibuki genannt wird, enthält einen adstringierenden Farbstoff, mit
dem man Fischangeln und Gewebe färben und haltbar machen soll.
7) Perilla arguta Benth., jap. Aka-shiso. Der Verwen-
dung des rothen Farbstoffs dieser Pflanze im Haushalte wurde bereits
früher (pg. 88) gedacht.
8) Caesalpinia Sappan L., jap. Suwo. Das Sappanholz
findet sich nicht in Japan, wurde aber früher von Chinesen zum Roth-
färben viel eingeführt.
Wie Cochenille, Lac Dye, Fuchsin und verwandte Farben die Be-
deutung und Verwendung vorerwähnter rother Farbstoffe in Japan
herabgemindert haben, so fangen Auramin und Flavanilin durch ihre
vortrefflichen Eigenschaften und billigen Preise an die nachstehenden
gelben Pigmente zurückzudrängen.
9) Gardenia florida L. Mit dem Namen Kuchi-nashi be-
zeichnet man in Japan sowohl die Pflanze, als auch ihre Früchte.
Der kleine immergrüne Strauch findet sich hier und da als Zier-
pflanze, ist aber ohne Zweifel im südlichen und mittleren Japan auch
einheimisch und nicht blos verwildert.*) Der prismatisch sechskantige
Rein, Japan. II. 14
[210]I. Land- und Forstwirthschaft.
und sechszipfelige grüne Kelch ist mit dem Fruchtknoten verwachsen.
Die grosse weisse Krone sitzt präsentiertellerförmig auf. Ihren sechs
Zipfeln entsprechen sechs an den unteren Kronenrand angewachsene
Staubgefässe. Zur Reifezeit hat die orangegelbe Beere die Grösse
unserer gewöhnlichen länglichen Eicheln. Sie ist von dem anlie-
genden, runzligen, gelblichen Kelche umgeben und kommt mit dem-
selben getrocknet in den Handel. Der gelbe Farbstoff, welchen sie
enthält, soll mit dem Crocin C32H36O12 des Safrans identisch sein.*)
10) Evodia glauca Miq., jap. Kiwada und Obaku, ein hoher
Baum aus der Familie Rutaceae (Gruppe Xanthoxylaceae) mit glatter
Rinde, der nach seinen gefiederten Blättern und seiner ganzen Tracht an
eine Esche erinnert und in den entlegeneren Bergwaldungen des mittleren
und nördlichen Hondo immer noch ziemlich häufig vorkommt, trotzdem
man ihn im Sommer viel aufsucht, um seine Rinde in grossen Streifen
abzulösen und den Färbereien der Städte zuzuführen. Bei Reisen
durch gebirgige Landestheile, z. B. durch die Halbinsel Yamato und die
Landschaft Aidzu um den Inawashiro-See begegnet man nicht selten
Trägern oder Packpferden mit Lasten von armlangen lufttrockenen
Stücken dieser Rinde. Dieselbe ist durchweg bis auf die dünne bräun-
liche und hellgraugefleckte Epidermis gelb gefärbt, wie zerriebenes
Gummigutt, und lieferte früher vornehmlich das Ki-iro oder Gelb der
Seidenstoffe. Auf meine Veranlassung nahm Herr Dr. F. Noll jun.
während seiner Studienzeit in Marburg eine Reihe Versuche mit dieser
Rinde vor, von denen ich hier nur die wichtigsten Ergebnisse mit-
theilen will:
a. Unter den angewandten Lösungsmitteln nahm Wasser alsbald
den Farbstoff in reicher Menge auf und färbte sich intensiv gelb.
Bei Alkohol fand eine viel schwächere Lösung statt, bei Aether die
schwächste. Dieser blieb längere Zeit klar und zeigte erst allmählich
eine gelbe Farbe. Hieraus folgt, dass der Farbstoff nicht harziger
Natur ist.
b. Die Lösung in kaltem Wasser ist viel reiner und schöner
gelb, wie solche in kochendem, welches eine bräunliche Färbung an-
nimmt nach beigemengten fremden Stoffen, wie Pflanzenschleim und
andern.
c. Sowohl der durch kaltes Wasser gewonnene Extract, als auch
der heisse reagiert neutral.
d. Die durch wässerigen Aufguss bei gewöhnlicher Temperatur
[211]3. Handelsgewächse.
bereitete reiche Lösung des gelben Farbstoffs zeigt bei Hinzufügung
von Aetznatron, Chlorkalk oder schwefliger Säure keine Veränderung
desselben.
e. Seide und Wolle nehmen nach dem Entfetten den gelben Farb-
stoff leicht an und färben sich prächtig gelb damit, verhalten sich
auch waschecht bei Anwendung von Seife und kaltem Wasser, sowie
ferner widerstandsfähig gegen kalte verdünnte Laugen, Chlorkalk-
lösung und schweflige Säure, während heisse Natronlauge oder Seifen-
lösung sofort Entfärbung bewirken. Die Pflanzenfaser nimmt den
Farbstoff schwerer an und wird schon durch das Waschen theilweise
wieder entfärbt. —
Bei der reichen Menge des schönen Farbstoffs, welche die Kiwada-
rinde enthält, wären fernere eingehende Versuche damit sehr am Platze.
Sie würden sich mit der Natur desselben, sowie mit der Frage zu
befassen haben, ob nicht durch Anwendung geeigneter Beizen auch
die Beständigkeit der schönen gelben Farbe sich erhöhen liesse.
11) Pyrus —?, jap. Dzumi. Die Rinde dieses, mir nicht näher
bekannten, Baumes soll ebenfalls ein schönes Gelb liefern.
12) Curcuma longa L., jap. Ukon. Die Rhizome dieser
Pflanze, mehr jedoch die daraus bereitete gelbe Farbe werden aus
Indien und China eingeführt.
13) Prunus Mume S. \& Z. Die Rinde, Ume-kawa genannt,
liefert eine hellbraune Farbe, das Shira-cha.
14) Amygdalus Persica L., jap. Momo-kawa, die Rinde des
Pfirsichbaumes, dient in der Zeugfärberei zur Darstellung des Cha-
iro, der Theefarbe.
15) Um Kuro-iro, schwarze Farben zu erzeugen, bedient man
sich des schwefel- oder essigsauren Eisens in Verbindung mit einem
der vielen gerbsäurehaltigen Körper. Hierzu zählen die Galläpfel oder
Fushi von Rhus semialata Murr., die Früchte des Hari-no-ki
(Alnus maritima Nutt. und A. incana Willd.) und des Hanno-ki (A.
firma S. \& Z.), die grünen Fruchtschalen des Kuri (Castanea vulgaris
Lamk.) und Tôchi (Aesculus turbinata Blume), Shibu, der Saft von
Diospyros kaki L. \& D., Lotos L.), Kawa, die Rinde von verschiedenen
Bäumen, insbesondere der Kashiwa (Quercus dentata Thunb.),
Kunugi (Q. serrata Th.). Das Budo-nedzumi, eine dunkelviolette
Farbe, wird durch Fushi und O-haguro (essigs. Eisen) erzielt. Ist
letzteres concentriert, so entsteht schwarz. Kobi-cha, eine grau-
braune Zeugfarbe, erhält man aus O-haguro und Momo-kawa, Hiwa,
grasgrün, aus Indigo und Kiwada-Rinde. Eine gelbgrüne Farbe liefert
ein Dococt von Kariyasu (Calamagrostis Hakonensis Fr. \& Sav.).
14*
[212]I. Land- und Forstwirthschaft.
Gerbstoffe.
Da Leder (Kawa) früher in Japan wenig verwendet und in den
meisten Fällen durch das sogenannte Lederpapier ersetzt wurde, seine
Darstellung und Verarbeitung ausserdem zu den unreinen, verachteten Be-
schäftigungen gehörten, welche den Etas zufielen, waren die Leistungen
auf diesem Gebiete entsprechend gering und kamen Gerbstoffe als solche
weniger in Betracht, als vielmehr zur Erzeugung der schwarzen Farbe
in der Färberei. In der Neuzeit hat die europäische Bekleidungs-
und Bewaffnungsweise beim Militär, sowie in Beamtenkreisen und
sonst auch hier Wandel gebracht. Das Schuhmacherhandwerk und die
Gerberei entwickelten sich rasch und wurden in der öffentlichen Mei-
nung ehrbare Berufsarten. Damit stieg denn auch die Nachfrage nach
Gerbmitteln, von denen das Land manche aufweist. Der Bedarf wird
bis jetzt vornehmlich durch Eichenrinden, insbesondere von der Ka-
shiwa (Quercus dentata Thunb.) gedeckt; doch schätzt man auch die-
jenige der Yama-momo (Myrica rubra S. \& Z.).
Eigenartig und von viel grösserem Interesse sind aber zwei an-
dere Gerbstoffe des Landes, welche unter den Namen Fushi und
Shibu allbekannt sind und vielfache Verwendung finden.
Unter Fushi oder Gobaishi versteht man in Japan die eigen-
thümlichen, gerbsäurereichen Gallen von Rhus semi-alata Murr.
(R. Osbeckii D. C., R. javanica L.). Dieser schön belaubte Sumach,
Narude, Fushi-no-ki, Kachi-ki oder Yenbuju genannt, bildet
einen ansehnlichen Strauch oder kleinen Baum von 3—8 m Höhe,
der in den Bergwaldungen Japans, wie Ostasiens überhaupt, sehr ver-
breitet ist. Die Gallen stellen vielgestaltige und verschieden grosse
Blasen dar, welche durchschnittlich 4—5 gr Gewicht, 4—6 cm Länge
und in ihren dicksten Theilen 2—4 cm Umfang erreichen. Sie sind
sehr unregelmässig gebildet, mit Höckern und Hörnern versehen und
hängen in der Regel an den Blattstielen (selten an jungen Zweigen)
mit einem spitz zulaufenden Horn fest, ähnlich wie die Hängepuppen
mancher Tagfalter. Die Grundfarbe ist braun, tritt aber nur an den
Vorsprüngen hervor, während sonst ein kurzer, dichter, erdgrauer Filz
sie bedeckt. Nach der sich zuspitzenden Basis erkennt man, zumal
auf der convexen Seite dieser so mannigfaltig und höchst eigenthüm-
lich gestalteten Gallen, eine deutliche Streifung, die sich nach den
dickeren Theilen allmählich verliert. Die Wandung ist meist gegen
0,5 mm, ausnahmsweise aber auch 3—4 mal so dick, sehr spröde,
durchscheinend, hornig.
Diese eigenartigen Gebilde sollen durch den Stich einer Blattlaus
[213]3. Handelsgewächse.
(Aphis chinensis) erzeugt werden, wie auch die chinesischen Galläpfel.
Sie sind unstreitig die gerbsäurereichsten und werthvollsten aller
Gallen, da sie 65—78 % Tannin enthalten.*)
Ich bin dem Fushi-no-ki (Galläpfel-Baum) in Japan sehr häufig,
seinen Gallen aber nur ausnahmsweise begegnet. Die besten kommen
aus Shinano. Als weitere Bezugsquellen wurden mir Nasu in Shi-
motsuke, Chichibu in Musashi, sowie die Provinzen Bingo, Jye,
Idzu und Kii genannt. Die Menge, welche in den Handel kommt,
übersteigt jedoch wenig den einheimischen Bedarf, während von China
im Jahre 1878 nicht weniger als 20409 Piculs oder gegen 1234000 kg
ausgeführt wurden.
Eine frühere Landessitte Japans, welche in der Neuzeit mehr und
mehr ausstirbt, verlangte, dass verheirathete Frauen, sowie Mädchen,
welche über ein gewisses Alter und die Hoffnung, einen Mann zu finden,
hinaus waren, ferner auch die Kuge (der Hofadel in Kiôto) sich die
Zähne schwärzten. Es geschah dies durch eine Art Tinte, welche
an den Zähnen selbst erzeugt und Ohaguro,**)Haguro oder Kane
genannt wurde. Hierzu bediente man sich pulverisierter Gallen
(Fushi-no-ko) und essigsauren Eisens, das man durch Uebergiessen
von Eisenstücken in einer Schale mit kochendem, verdünnten Sake
bereitete. Nachdem man mit dieser Eisenlösung mit Hülfe einer
Bürste die Zähne bestrichen hatte, wurde etwas von dem weissen
Galläpfelpulver aufgerieben und so factisch Tinte erzeugt, welche
natürlich von Zeit zu Zeit erneuert werden musste.
Shibu oder Kaki-no-shibu. So heisst der adstringierende
Saft unreifer Kaki und zwar gewisser Sorten, die als Shibu-gaki
bezeichnet werden. In Transactions Asiatic Soc. Vol. IX pg. 36 gibt
Ishikawa die Darstellung desselben wie folgt an:
Die Früchte von Shibu-gaki, das sind Kakiarten, die selbst zur
Reifezeit noch ihren adstringierenden Charakter zeigen, werden früh-
zeitig im Sommer in eisernen Mörsern zerstampft, worauf man die
breiige Masse in Holzbütten überführt, mit Wasser übergiesst und
einen halben Tag stehen lässt. Hierauf wird das Ganze in aus dünnen
Strohseilen geflochtene Beutel eingetragen und unter einer sehr ein-
fachen Winkelpresse ein milchiger Saft ausgepresst, welcher den
[214]I. Land- und Forstwirthschaft.
besten Shibu liefert, insbesondere, wenn dazu die kleinen Früchte des
Shinano-gaki (Diospyros Lotus L.) verwendet werden.
Durch nochmaliges Einweichen des Rückstandes und Auspressen des-
selben erhält man eine zweite Qualität. Der milchige Saft färbt sich an der
Luft bald dunkler und überzieht sich an der Oberfläche mit einer dünnen
Haut. Wie Shibu in den Handel kommt, stellt er eine hell- oder dunkel-
graue Flüssigkeit dar, in welcher kleine, feste Partikel in grosser Menge
suspendiert sind. Dieselbe zeigt gegen Lackmuspapier saure Reaction
und gibt mit Gelatinlösung reichliche Mengen des bekannten, flockigen
Präcipitats der Gerbsäure. Ihr Geruch ist eigenartig unangenehm.
Diese Flüssigkeit findet zahlreiche Verwendungen. Sie stärkt
Holz, Papier, Fischnetze und andere Gegenstände und macht sie
widerstandsfähiger gegen mancherlei schädliche Einflüsse. In einer
Probe Shibu, welche Ishikawa untersuchte, befanden sich 64,6 Gramm
per Liter feste Bestandtheile, davon mehr als die Hälfte Tannin.
Papier, welches mit Shibu getränkt wurde, erhält dadurch andere
Eigenschaften, als bei Anwendung sonstiger Gerbstoffe. Die Wirkung
(grössere Festigkeit, dunkle Farbe) ist daher nicht etwaigem Vor-
handensein von Albumin und der Bildung einer Art Leder zuzu-
schreiben. Während der Versuche wurden nämlich folgende That-
sachen constatiert, welche eine Erklärung andeuten:
1) Shibu schwärzt sich nur, wenn er in Berührung mit der Luft
kommt, und verhält sich demnach in dieser Beziehung, wie japa-
nischer Lack.
2) In flachen Gefässen der Luft ausgesetzt, bildet sich eine zähe
Haut darüber, welche in Wasser und Alkohol fast ganz unlöslich ist.
3) Wird die erste Haut beseitigt, so bildet sich eine neue, doch
viel langsamer und schwächer, und so fort.
4) Von der suspendierten Substanz sinken die gröberen Theile zu
Boden, die andern bleiben in der Lösung vertheilt. Sie stellen demnach
wahrscheinlich eine Art Gummi resinae dar, dem auch die Bildung der
Haut und die dunkelbraune Farbe zuzuschreiben ist, welche mit Shibu
behandelte Gegenstände immer annehmen und die auf einer Oxydation
des Gummi zu beruhen scheint. Der unangenehme Geruch des Shibu
rührt dagegen wohl grösstentheils von Buttersäure her.
Zum Schlusse mögen den vorstehenden Notizen über japanische
Farbstoffe noch einige Bemerkungen über die Verwendung des
Saflors, sowie über sonstige Kunstgriffe beim Färben folgen.
Von den zwei Farben, welche die getrockneten und in kleine
Kuchen gepressten Kronenblätter der Saflorblüthen enthalten, wird die
gelbe nicht verwendet, die rothe aber wegen ihrer Schönheit und der
[215]3. Handelsgewächse.
vielen Nüancen, welche man mit ihr zu erzeugen versteht, besonders
in den japanischen Seidenfärbereien hochgeschätzt. Da in Europa das
Saflorroth allgemein für eine sehr unbeständige Farbe angesehen
wird, war ich erstaunt, in Japan gerade neben ihrer Schönheit auch
die Dauerhaftigkeit rühmen zu hören, und fand dann genügend Ge-
legenheit, mich selbst davon zu überzeugen und auch das in einer der
grössten Färbereien von Kiôto angewandte Verfahren kennen zu lernen.
Abgesehen von den äusseren Vorrichtungen bestand dasselbe in Fol-
gendem:
Die kleinen, dünnen Saflorkuchen, wie sie der Handel liefert,
übergoss man Abends mit so viel Wasser, als sie aufzunehmen ver-
mochten, und liess sie dann über Nacht stehen. Am folgenden Morgen
wurde die so mit Wasser getränkte Masse in eine Bütte geschüttet
und mit etwas Reisspreu versetzt, um das Ankleben zu hindern,
worauf man sie mit den Füssen knetete und zu einem steifen Brei
verarbeitete. Diesen füllte man alsdann in Beutel aus Palmseilen
(von Chamaerops excelsa) und unterwarf ihn darin dem Druck einer
schweren Winkelpresse, wodurch eine gelbliche, trübe Flüssigkeit,
welche das Saflorgelb enthielt, aus- und unbenutzt wegfloss.
Der Rückstand wurde nun in eine Bütte geschüttet, mit Holz-
aschenlauge und Wasser vermischt und abermals über Nacht stehen
lassen. Am andern Morgen schlug man die Mischung wieder in Säcke
ein und presste daraus unter der nämlichen Winkelpresse eine braun-
rothe Flüssigkeit, welche das Saflorroth oder Carthamin (C14H16O7) ent-
hielt. Dasselbe wurde daraus durch Ume-dzu (Pflaumenessig, siehe
pg. 128) niedergeschlagen und die trübe Flüssigkeit darüber abdecan-
tiert. Sodann löste man das Carthamin in heissem Wasser, welches
man mit Essig versetzte, und benutzte die Lösung ohne Weiteres
zur Erzeugung eines schönen Momo-iro (Pfirsichblüthroth) auf Seide.
Durch Zusatz von Ukon (Curcuma-) Pulver zur Lösung wird das präch-
tige Aka (Türkischroth in verschiedenen Nüancen) erzeugt, welches
bei japanischen und chinesischen Seidenstoffen so oft schon die Be-
wunderung von Kennern hervorgerufen hat. Statt der Curcuma be-
nutzt man auch zur Erzielung gewisser schöner Farbentöne die wässe-
rige Lösung der Kiwada-Rinde und zieht das in der Akalösung
rothgefärbte Zeug, so lange es noch nass ist, hindurch.
Man wird aus diesen Mittheilungen erkennen, dass das Verfahren
bei der Gewinnung und Anwendung des Saflorroths im Wesentlichen
mit dem bei uns übereinstimmt, und muss das bessere Resultat jeden-
falls den kleinen Abweichungen zuschreiben.
Die zum Bedrucken der Zeuge mit Figuren dienenden Kata’s
[216]I. Land- und Forstwirthschaft.
oder Matrizen sind in Relief auf Honoki oder Sakura (siehe Hölzer)
ausgeschnitten. Um einzelne Stellen, wie Namenszüge etc., weiss zu
erhalten,*) schlägt man beim Färben verschiedene Wege ein. Der
gewöhnlichste ist der, dass man die Stellen, welche keine Farbe an-
nehmen sollen, mit Nori (Stärkekleister), dem man Nuka (Reiskleie)
beimengt, bestreicht und an der Luft trocknet, bevor man das Zeug in
die Farbe eintaucht. Ein anderes Mittel besteht darin, dass dünne Brett-
chen (wie Hobelspähne) auf der Unterseite mit Funori (Algenleim aus
Gleopeltis cotiformis Harv. und andern Arten), auf der oberen mit
Papier beklebt und sie dann auf die hellzulassenden Stellen festnäht.
Auch bei der in Kiôto geübten Kunst, Blumen und andere Dinge
auf fertige Seidengewebe zu malen, wird, nachdem das Bild vorge-
zeichnet ist, der freie Theil mit Nori bedeckt, damit die Farben nicht
in Folge der hygroskopischen oder capillaren Aufsaugung überfliessen. —
4. Viehzucht und Seidenzucht.
Es genügt hier, den verschiedenen zerstreuten Angaben über die
geringe Bedeutung der Grossviehzucht für die japanische Landwirth-
schaft, welche in den vorausgehenden Abschnitten bereits gemacht
wurden, einige Ergänzungen folgen zu lassen.
Das japanische Pferd oder Uma (sprich M’ma), der mongolischen
Pferderasse zugehörend, von kleiner Statur, mit dickem Kopf und Bauch,
ist schlaff im Trabe und geräth bald in Schweiss, zeigt aber sonst
viel Ausdauer. Selten wird ihm eine sorgfältige Pflege zu theil. Im
Stall steht es mit dem Kopf nach dem Eingang zugekehrt und ist mit
Stricken an die Eckpfosten rechts und links so kurz angebunden, dass
es sich kaum bewegen, vor allem aber nicht niederlegen kann. Krippe
und sonstige feste Vorrichtungen für seine Fütterung fehlen. Dagegen
herrscht um dasselbe herum grosse Reinlichkeit. Sein Futter besteht
in der Regel in grobem Heu, das man anfeuchtet, mit etwas Schrot
oder Kleie bestreut und in einem Kübel ihm vorsetzt, wobei man
diesen gewöhnlich ihm anbindet. Ausserdem erhält es Gerste und als
Leckerbissen wohl auch eine handvoll Bohnen.
Das Heu, von dem hier die Rede ist, Ma-gusa, d. h. Pferde-
[217]4. Viehzucht und Seidenzucht.
kraut im getrockneten Zustande, wird aus dem Gras der Hara, mit
Vorliebe aber aus zwei daselbst wachsenden schmetterlingsblüthigen
Stauden, der Hagi (Lespedeza cyrtobotrya Miq. und andern Arten)
und der Kudzu (Pueraria Thunbergiana Benth.) bereitet. In Trag-
lasten und auf Pferdesrücken bringt man den mit der Sichel abge-
schnittenen geringen Bedarf nach den Wohnungen und breitet hier
vor denselben das Material zum Trocknen an der Sonne aus. Das
Wenden erfolgt mit Hülfe der Sichel oder einer Stange, nie mit dem
Rechen.
Das Pferd diente bisher vornehmlich als Lastthier und erst in
zweiter Linie zum Reiten. Dagegen kam es als Zugthier, abgesehen
beim Pfluge, gar nicht zur Verwendung; denn die wenigen schwer-
fälligen Kuruma oder Wagen, z. B. in Kiôto für den Mikado und
die Kuge oder für den Waarenverkehr zwischen Kiôto und Ôtsu,
welche es gab, wurden von Alters her durch Ochsen gezogen.
Marion fiel es seiner Zeit auf, dass er zu Yedo, Yokohama und
Nagasáki nur Hengste zu sehen bekam. Wäre er tiefer in’s Land ge-
drungen, so würde er ebenso Gebiete kennen gelernt haben, in wel-
chen nur Stuten als Lastthiere getroffen werden. Es war dies eine
Folge davon, dass keine Castrierung stattfand, die Hengste aber in
Gegenwart der Stuten bekanntlich leicht unbändig werden; desshalb
bestanden alte Verordnungen, nach welchen die Pack- und Reitpferde
nach den Geschlechtern distriktweise geschieden waren.
Esel und Maulthiere waren dem Lande fremd.
Das Rindvieh, jap. Ushi (O-ushi oder Kotoi, der Stier, Me-ushi,
die Kuh, Ko-ushi, das Kalb), wurde früher nur zum Tragen von
Lasten, Ziehen der Pflüge und wenigen Wagen, nie zur Gewinnung
von Milch und Fleisch gehalten. Es ist eine grosse, schöngebaute
und mästungsfähige Rasse mit hohem Widerist, abfallendem Kreuz und
vorherrschend schwarzer, braunschimmernder Farbe, welche dem unga-
rischen und podolischen Steppenvieh ähnelt. Die Kühe haben wie bei
diesem nur schwach entwickelte Euter und gleichen demselben auch
darin, dass ihre Milch ausschliesslich dem säugenden Kalbe gehört
und versiegt, sobald dasselbe entwöhnt wird.
Ziegen (Hitsuji im chin. Thierkreis) und Schafe (Rashamen und
Menyô) fehlten früher durchaus. Sie sollen wohl zu verschiedenen
Zeiten versuchsweise durch Portugiesen und Holländer in’s Land ge-
bracht worden sein, haben sich aber nicht verbreitet. Ob die Ver-
suche der Regierung während der letzten zehn Jahre, die Schafzucht
einzuführen, einen viel besseren Erfolg hatten, ist mir nicht bekannt
geworden. Dagegen will ich nicht unerwähnt lassen, dass Gärtner
[218]I. Land- und Forstwirthschaft.
die Ansicht aussprach, Boden und Klima Japans seien für die Schaf-
zucht ungeeignet, weil sie ein zu langes, saftiges Futter erzeugten.
Darum seien auch bisher alle Versuche, dieselbe einzubürgern, ge-
scheitert. Ob ersteres wohl begründet ist, möchte ich bezweifeln.
Berücksichtigt man aber, dass die Sehafzucht am besten in Ländern
mit trocknem Klima gedeiht, so dürfte das Haupthinderniss derselben
in Japan eher in der feuchten Atmosphäre und den vielen Sommer-
regen zu suchen sein.
Schweine (Buta), die der Chinese so hoch schätzt und zuerst nach
Japan brachte, wurden hier vor der Eröffnung des Landes und der
grösseren Nachfrage der Fremden nach ihrem Fleisch, wenig gezogen
und sind auch jetzt noch auf die Umgebung der grösseren Städte be-
schränkt. Die Jagd allein, und zwar vornehmlich auf die häufigen
Wildschweine oder I (Sus leucomystax Tem.), Hirsche oder Shika
(Cervus Sika Tem.), Bären oder Kuma (Ursus japonicus Schl.), Affen
oder Saru (Inuus speciosus) und mehrere andere Thiere, sowie der
Fang wilder Vögel, wie Enten und Fasanen, doch auch der Häher
und Raben, lieferte dem Landbewohner hin und wieder einen Braten,
während seine thierische Nahrung sonst auf die Erzeugnisse des Fisch-
fangs*) und wenige Eier sich beschränkte.
Unter dem Geflügel ist das Huhn (Tori, d. h. Vogel, On-dori, der
Hahn, Men-dori, die Henne) das einzige Thier, dessen Züchtung sich
die Japaner allenthalben mit Vorliebe hingeben und von dem sie ver-
schiedene Rassen pflegen. Dagegen wird die zahme Ente (Ahiru) nicht
häufiger als bei uns in Deutschland, die Gans aber gar nicht getroffen.
Hunde, Katzen, Kaninchen, weisse und bunte Mäuse (und auch
Ratten), welche man den japanischen Hausthieren zuzählen muss,
werden fast nur zum Vergnügen gehalten. Die Zucht der Honigbiene
(Mitzu-bachi) wird in sehr beschränktem Umfang und mit wenig Sorg-
falt betrieben. Die Stelle des Wachses vertritt, wie früher hervor-
gehoben wurde, der Pflanzentalg von den Früchten zweier Sumacharten.
Zuletzt wende ich mich zu demjenigen Hausthier der Japaner,
das zwar unbeholfener und unscheinbarer als alle andern, aber zu-
gleich wichtiger und werthvoller als diese insgesammt ist, der Seiden-
raupe. Hat sie doch nebst dem Ackerbau die grösste Bedeutung für
das Wohlergehen vieler Millionen des Landes! Dieser hohen Wich-
tigkeit entsprechend, verdient sie und ihr Produkt eine eingehendere
Betrachtung, welche ihnen in den folgenden Spalten zu theil werden soll.
[219]4. Viehzucht und Seidenzucht.
Seidenzucht.
Unter allen Artikeln, welche China und Japan dem Auslande
liefern, stehen Rohseide und seidene Gewebe in mehrfacher Hinsicht
oben an. Nicht blos repräsentieren sie die höchsten Summen und
tragen am meisten zur Hebung des Wohlstandes dieser Länder bei,
sondern es greift auch der Handel mit ihnen der Zeit nach am wei-
testen zurück und hat von da ab, wo römische Kaufleute*) zu Lande und
portugiesische 1500 Jahre später zur See ihn eröffneten, ungeachtet
mancherlei Wechsel an Umfang immer mehr gewonnen. Und diese
hervorragende Bedeutung wird die Seide trotz aller Concurrenz, welche
von der einen Seite die Wolle, von der andern die Baumwolle ihr
bereiten, voraussichtlich auch in Zukunft behalten. Doch nicht blos
in Ostasien, auch in Europa bildet die Erzeugung von Rohseide einer-
seits und von seidenen Garnen und Geweben auf der andern Seite eine
der wichtigsten Grundlagen des Nationalwohlstandes grosser Reiche
und der Existenz für Millionen ihrer Bewohner.
Soll eine Naht Festigkeit mit Feinheit verbinden, so greift man
zum seidenen Faden, und wenn es gilt, einen Körpertheil warm zu
halten, so dient das seidene Tuch, ohne durch Rauhigkeit zu verletzen
oder durch seine Dicke lästig zu werden. Die aus Seide gefertigten
Garne und Gewebe sind glänzend und geschmeidig, fein, fest und
dauerhaft, gesund, warm und leicht zugleich. Wegen dieser vielen
Vorzüge hat sich mit der Abnahme des Preises und mit zunehmendem
Wohlstande ihre Verwendung mehr und mehr unter allen Schichten
der Gesellschaft verbreitet. Die Sehnsucht nach einem seidenen Kleide
ist Gemeingut des weiblichen Geschlechts geworden, und wer sie nicht
befriedigen kann, erfreut sich wenigstens eines seidenen Bandes, dem
die Anilinfarben der Neuzeit, wie dem Kleide erhöhten Glanz verleihen.
Die Geschichte berichtet, dass zur Zeit des Kaisers Aurelian
(270 n. Chr.) die Seide mit Gold aufgewogen wurde, und dass Jacob I.
von Schottland im Jahre 1406 sich ein Paar seidene Strümpfe lieh,
um den englischen Gesandten würdig zu empfangen. Es beweist dies
einerseits, dass man schon vor vielen Jahrhunderten und zu verschie-
denen Zeiten diesen edlen Stoff zu würdigen wusste, lange, bevor man
[220]I. Land- und Forstwirthschaft.
in Europa daran dachte, seinen alten asiatischen Genossen, die Baum-
wolle, zu einer so einflussreichen Stellung zu erheben; anderseits
können wir jedoch auch daraus schliessen, dass die Beschaffung der
Seide aus Ostasien mit grossen Kosten verknüpft war und ihre Er-
zeugung in Europa während einer langen Periode nur langsame Fort-
schritte machte. Sie hatte eben mit Schwierigkeiten eigener Art zu
kämpfen. Die andern Webstoffe, wie Wolle, Baumwolle, Flachs,
Hanf etc. sind Produkte grösserer Thiere, oder von Pflanzen, deren
Natur leicht zu studieren, deren Pflege nicht sehr mühsam, und bei
denen man schon nach wenigen Monaten einer Ernte gewiss ist. Die
Seide dagegen verdanken wir einem kleinen Insect, dessen Leben an
eine bestimmte Pflanzengattung gebunden ist. Zwei Organismen sind
hier in Einklang zu bringen, von denen der eine, die Nährpflanze,
mindestens eine mehrjährige Entwickelung durchmachen muss, bevor
der andere, die Seidenraupe, seine Lebensthätigkeit beginnen kann,
und diese ist eine sehr abweichende von der unserer andern Haus-
thiere. Die Seidenraupe ist sehr wählerisch in ihrer Nahrung und
hat doch in der Gefangenschaft nicht die Mittel, diese Wahl selbst zu
treffen; sie besitzt keine Stimme, um Hunger oder Frost oder sonstiges
Missbehagen auszudrücken, und doch erliegt sie schädlichen Einflüssen
sehr rasch; denn ihr Leben ist kurz und darum zart. Das Erkennen
dessen, was ihr förderlich ist, das Vermeiden aller schädlichen Ein-
flüsse, erfordert genaue Beobachtungen, viel Umsicht, Sorgfalt, Fleiss
und Erfahrung. Ein einziges Versehen, eine Vernachlässigung der
Aufgabe von nur wenigen Stunden bei ihrer Pflege raubt dem Seiden-
züchter unter Umständen den Lohn für alle vorausgegangene Mühe
und Arbeit.
Unter solchen Verhältnissen, — und da nicht blos die Seiden-
raupe (Bombyx mori), sondern auch ihre Nährpflanze, der weisse
Maulbeerbaum (Morus alba L.) aus Ostasien eingeführt werden musste
—, findet man es begreiflich, wenn die Seidenzucht in Europa nur
langsam von Ost nach West und nordwärts vom Mittelmeer vorschritt,
umsomehr, da nebenbei jede Neuerung gegen Vorurtheile zu kämpfen
hat, besonders beim conservativen Landmann. So konnte z. B. auch
der sonst so einsichtsvolle Minister Sully nicht begreifen, dass ein so
unscheinbares Insect, wie die Seidenraupe, Frankreich wirklich Nutzen
bringen könne, und führte desshalb die Befehle Heinrich’s IV., für An-
lage von Seidenraupenzuchten zu sorgen, nicht ohne Widerstreben aus.
Gleich dem Theebau ist auch die Seidenzucht von China aus-
gegangen und hat sich zunächst über Japan verbreitet, doch kommt
ihr unzweifelhaft ein viel höheres Alter zu, da nicht blos alttesta-
[221]4. Viehzucht und Seidenzucht.
mentliche Andeutungen und Nachrichten griechischer Classiker von
Herodot an, sondern auch alte chinesische Berichte auf sie hinweisen.*)
Nach W. Williams**) verlegt man nach den ältesten sagenhaften Nach-
richten die Anfänge der Seidenzucht um die Zeit 2600 v. Chr. Da-
mals, heisst es, fing die Kaiserin Lui Ttsu in Shan-tung an, Seiden-
raupen zu ziehen und aus ihren Gespinnsten Gewebe zu machen.
Sie wurde später als Seidengöttin unter dem Namen Yuenfi verehrt
und ihr im Palast zu Peking ein Tempel geweiht, in welchem ihr die
Chinesische Kaiserin und Protektorin der Seidenzucht noch immer
jährlich im April bei Beginn der neuen Zucht ihre Huldigung und
gewisse Opfer darbringt.
»Mit der Seide wanderte das Wort, mit dem die Chinesen sie
bezeichnen, und unter diesem oder von ihm abgeleiteten Namen finden
wir sie schon früh mehrfach angeführt« (v. Richthofen). Von der
chinesischen Bezeichnung sz’ (auch ssu, sée und sse) für Seide und
dem Affix orr(’r) werden das koreanische sir, das griechische σήρ
und unsere verschiedenen europäischen Bezeichnungen für den Stoff
abgeleitet. Die serischen Stoffe kamen von den Serern im Lande Sera
her, aus dem dann Serica als Bezeichnung für China wurde. Nach
v. Richthofen ist unter Issedon serica des Ptolemaeus die heutige Stadt
Khotan zu verstehen, wohin schon frühzeitig die Seidenzucht vom
chinesischen Osten her verpflanzt worden war, und unter Sera metro-
polis die chinesische Stadt Hsi-ngan-fu. Später, als nach Procopius
zwei Mönche (Nestorianer) dem griechischen Kaiser Justinian aus dem
Lande »Serida« Seidenraupeneier brachten, war Tshang-ye, das heu-
tige Kan-tshóu der grosse Stapelplatz für Seide. Als hervorragender
Förderer der Seidenzucht wird aus der ältesten Zeit der Minister Yǔ
(spätere Kaiser Yan) genannt, welcher das Hügelland von Shansi mit
Maulbeeren bepflanzte.
Obgleich gegenwärtig jede chinesische Provinz Seide liefert,
zeichnen sich doch Tshě-kiang, Kwang-tung, Sz’tshwan, Hōnan, Kiang-
su und Kwéi-tshóu besonders durch ihre ausgedehnte Zucht aus. Die
beste Seide kommt von der Provinz Tshě-kiang und insbesondere
ihrem nordwestlichsten Theil, wenn sie auch die Güte der italienischen
und der Sevennenseide nicht erreicht. Aus der statistischen Tabelle
ergibt sich, dass China noch immer der erste Seidenlieferant der Erde
ist und die jährliche Ausfuhr nach Europa, Nordamerika und Bombay
zwischen 52000 und 85000 Ballen (à 100 kg) beträgt.
[222]I. Land- und Forstwirthschaft.
Die Einführung der Seidenzucht in Japan wird in die zweite
Hälfte (289) des dritten Jahrhunderts verlegt und koreanischen, sowie
chinesischen Einwanderern zugeschrieben; ihre Befestigung und Aus-
breitung fand gleichzeitig mit der des Buddhismus statt. Verschie-
dene Sagen weisen ihr freilich einen ganz anderen und zum Theil
viel älteren Ursprung zu. Die bekannteste derselben berichtet, dass
eine indische Königstochter von ihrer grausamen Stiefmutter, nach-
dem diese schon verschiedene Versuche gemacht hatte, sich ihrer zu
entledigen, in einem ausgehöhlten Maulbeerstamm den Wellen des
Oceans übergeben und von diesen nach Toyoura an der Küste von
Hitachi verschlagen worden sei. Hier habe sie freundliche Aufnahme
unter den Bewohnern gefunden und sei zum Danke dafür nach ihrem
Tode in eine Seidenraupe verwandelt worden.
Um die Anpflanzung des Maulbeerbaums und die Seidenzucht er-
warb sich besonders der 21. Mikado, Yuriaku Tennô (457—479 n. Chr.)
grosse Verdienste, desgleichen die Kaiserin, welche darin dem Hofe
und Volke ein gutes Beispiel gab. Auch mussten von da ab die
fremden Einwanderer ihre Abgaben in Seide entrichten. Doch erst
von der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts ab erschien die Seiden-
zucht als nationaler Industriezweig genügend befestigt und verbreitet.
Die Aufmerksamkeit und das Interesse der Herrscher Japans ist
ihr auch unter den ganz veränderten Verhältnissen der Neuzeit ge-
blieben. Der regierende Mikado hat bei mehr als einem Anlass seine
Vorliebe für die Seidenzucht und die Produkte der Seidenweberei be-
zeugt, und auch der Umstand, dass der japanische Hof für Geschenke
vorzugsweise im Lande verfertigte Seidenstoffe wählt, kann füglich so
gedeutet werden.
Wie der Theebau, so hat auch die Seidenzucht in Japan während
der letzten 30 Jahre einen neuen Aufschwung genommen. Der Haupt-
antrieb dazu waren die hohen Preise, welche in Folge der in Europa
herrschenden Seidenraupenkrankheit für Rohseide und Seidenraupen-
eier bezahlt wurden. Sind dieselben auch wieder gesunken, so
dauert die gesteigerte Ausfuhr an ersterer doch fort. Seide wird auch
wahrscheinlich in Zukunft der hervorragendste Handelsartikel Japans
bleiben und mehr als jeder andere manchem armen Gebirgsthale Nah-
rung und Verdienst zuführen.
China und Japan gegenüber spielen die übrigen asiatischen Seiden-
lieferanten keine grosse Rolle. In Indien ist die Seidenproduktion,
wenn nicht zurückgegangen, so doch stationär geblieben. Dagegen
hat in den persischen und türkischen Ländern der allgemeine Verfall
vielfach auch schon den wichtigsten Erwerbszweig mancher Distrikte,
[223]4. Viehzucht und Seidenzucht.
die Seidenzucht, erfasst, nirgends aber erhielt dieselbe durch die oben
angegebenen Verhältnisse in den Seidenländern Europas jenen neuen
Anstoss, der in Japan so wirksam war.
In Europa wurden die Griechen mit der Seide erst durch den
Eroberungszug Alexanders des Grossen durch Persien nach Indien
näher bekannt. Nach Arrian kleidete sich sein Feldherr Nearchos in
diesen kostbaren Stoff; auch sandte Alexander seinem Lehrer Aristo-
teles Seidenraupen, welche dieser zuerst beschreibt; aber die Ein-
führung der Seidenzucht blieb einer viel späteren Periode vorbehalten.
Die Geschichte derselben ist jedem Schüler bekannt. Zwei nesto-
rianische Mönche brachten nach Procopius in ihren hohlen Stöcken
Eier des Seidenspinners von Khotan an den Hof Justinians (550 n. Chr.),
wo die aus ihnen erzielten Raupen mit den Blättern der schwarzen
Maulbeere (Morus nigra L.) gefüttert wurden, die, in Ostasien unbe-
kannt, schon frühzeitig im westlichen Asien, ihrer wahrscheinlichen
Heimat, der beliebten Früchte wegen angebaut wurde.
Italien, schon lange der erste Seidenproducent Europas, wurde
mit der Zucht der Seidenraupe erst verhältnissmässig spät bekannt.
Die Einführung fand 1130 n. Chr. durch König Roger II. von Sicilien
statt. Derselbe brachte sie nach einem ruhmvollen Feldzug gegen den
byzantinischen Kaiser Emanuel aus Griechenland, ebenso griechische
Seidenzüchter, Spinner und Weber, die er zwang, sich in Palermo
niederzulassen und seinen Unterthanen als Lehrer ihrer Kunst zu
dienen. Von Sicilien aus verbreitete sich die Seidenzucht nach Ca-
labrien und nordwärts über ganz Italien, doch so langsam, dass sie
erst in der Mitte des 16. Jahrhunderts in Mailand eingeführt wurde.
Jetzt ist die Lombardei der Hauptsitz der italienischen Seidenzucht.
Von den 40 Millionen kg Cocons (= 100000 Centner Rohseide) im Werthe
von 170 Millionen Lire, welche Italien 1857 erzeugte, lieferte sie allein
15 Millionen kg = 37500 Centner Rohseide.
Die Pyrenäische Halbinsel erhielt die Seidenzucht lange vor Ita-
lien, nämlich schon im 8. Jahrhundert durch die Araber.
Wie die Ueberführung hier und von Griechenland nach Italien
Eroberungskriegen zuzuschreiben ist, so verdankt auch Frankreich
seine ersten Maulbeerbäume und Seidenraupen einem Kriege. Nach
der Eroberung Neapels durch Karl VIII. im Jahre 1440 brachten sie
einige französische Edelleute in ihre Heimat. Doch entwickelte sich
auch in Frankreich die Seidenzucht nur langsam, so dass die lombar-
dischen Weber, welche Ludwig IX. und Franz I. heranzog, um mit
ihnen in Frankreich die Seidenindustrie zu begründen, das Rohmate-
rial aus Italien und Spanien beziehen mussten. Unter Karl IX. breiteten
[224]I. Land- und Forstwirthschaft.
sich die Maulbeerpflanzungen mehr und mehr aus; doch schlugen
Seidenindustrie und Raupenzucht erst dann festere Wurzeln, als Hein-
rich IV. sich lebhaft dafür interessierte und seinen Unterthanen darin
ein hervorragendes Beispiel von Umsicht und Ausdauer gab. Der
Luxus, welchen der Hof Ludwigs XIV. entfaltete, vereint mit hohen
Ehren, die auf Anregung Colberts erfolgreichen Seidenfabrikanten in
Aussicht gestellt wurden, waren gewaltige Stimulanten für die Hebung
der Seidenindustrie; dagegen ging die Seidenzucht um jene Zeit wie-
der merklich zurück und war nur im Stande, den fünften Theil der
6000 Centner Rohseide zu liefern, welche die französische Industrie
damals verarbeitete. Einen neuen Aufschwung nahm sie unter Lud-
wig XVI.; sie gab vor der grossen Revolution eine Jahresernte von
6½ Millionen kg Cocons (etwa 1½ Millionen kg Seide). Die Revolu-
tion brachte dieselbe auf 3600000 kg Cocons zurück, doch hob sie
sich und verbreitete sich nach derselben ziemlich stetig, bis das Jahr
1853 ihren Maximalertrag mit 26 Millionen kg Cocons aufwies. In
der Zeit von 1840—1860 berechnet man die jährliche Rohseidenpro-
duktion von 28 Departements des südlichen und mittleren Frankreichs
im Durchschnitt auf 40000 Centner im Werthe von 100 Millionen
Francs. Da trat die verheerende Seidenraupenkrankheit ein und re-
ducierte im Jahre 1865 den Ertrag auf 34 Millionen Franken und in
den Sevennen sogar auf 1/20 früherer Ernten. Hier, wo z. B. im De-
partement Alais die beste Rohseide für die stärksten Ketten feiner
Gewebe gewonnen wird und eine Hektare Maulbeerpflanzungen
20000 Francs werth war mit einem Jahresertrag von 1200 Francs,
wurde die Wirkung auf den bisherigen Wohlstand und den Landwerth
besonders fühlbar.
Man muss die Alpen als Nordgrenze der erfolg- und einfluss-
reichen Seidenzucht in Europa bezeichnen. Alle Versuche und Be-
mühungen durch Fürsten, Privatpersonen und Genossenschaften dieselbe
auch über die Länder Centraleuropas zu verbreiten, haben bisher, un-
geachtet kleiner Erfolge, sie hier nicht einzubürgern vermocht. Alte,
moosbedeckte Maulbeerbäume in grösserer Anzahl da und dort im
deutschen Reiche sind, wie Maulbeerhecken an Eisenbahndämmen und
sonst, die Zeichen solcher vergeblichen Versuche. Dieselben begannen
in Brandenburg, als die eingewanderten Hugenotten auch die Seiden-
weberei einführten. Friedrich der Grosse ermunterte sie und suchte
die Seidenzucht durch das Anpflanzen von Millionen Maulbeerbäumen
zu fördern. Im Jahre 1784 hatte man in seinem Lande 14000 Pfund
Rohseide gewonnen, ein Ertrag, welcher seitdem im gesammten
Deutschland nicht wieder erreicht worden ist. Wenn dasselbe heut-
[225]4. Viehzucht und Seidenzucht.
zutage eine blühende Seidenindustrie aufweist, so bezieht dieselbe
gleich der schweizer, englischen und nordamerikanischen ihr ganzes
Rohmaterial aus dem Ausland, aus Italien und dem Orient, direct oder
mittelbar.
Nach dieser kurzen historischen und geographischen Rundschau
über die Verbreitung der Seidenzucht kehren wir nach Japan zurück,
zu dem Lande, dessen Industrie und Handelsverhältnisse allseitig zu
beleuchten auch Zweck dieses Excurses ist, und das als Seiden-
lieferant für unsere europäische Industrie an Bedeutung nur China
und Italien nachsteht. Einer eingehenderen Würdigung seiner Seiden-
zucht muss jedoch naturgemäss eine kurze Betrachtung ihrer Grund-
lagen, des Maulbeerbaums und des Seidenspinners, vorausgehen.
Der weisse Maulbeerbaum (Morus alba. L.), japan. Kuwa, ist
gleich dem sich von seinen Blättern nährenden Seidenspinner (Bom-
byx mori L.) durch eine sehr alte Cultur in viele Abarten gegliedert,
aber trotz mancher gegentheiligen Behauptung mit Sicherheit im ur-
sprünglich wildwachsenden Zustande bis jetzt nicht gefunden worden.*)
Sein allgemeiner botanischer Charakter kann als bekannt voraus-
gesetzt werden. Nur gegen einen viel verbreiteten Irrthum dürfte hier
die Bemerkung am Platze sein, dass auch einige Varietäten dieser
»weissen Maulbeere« schwarze Früchte bringen, sich aber stets durch
die hellgrüneren dünneren und zarteren Blätter von Morus nigra L.
sofort unterscheiden.
Der Baum gewöhnt sich an verschiedene Klimate und Bodenarten,
und hat desshalb und mit Rücksicht auf seine Wichtigkeit für die
Seidenzucht eine weite Verbreitung. So begegnen wir ihm in Europa
von den Gestaden der Nord- und Ostsee an bis zu denen des Mittel-
meers, bald nur in einzelnen Exemplaren, bald in grösseren Beständen,
und diesem letzteren Fall um so häufiger, je wichtiger die Verwen-
dung seines Laubes geworden ist.
Die Vermehrung kann durch Samen, Stecklinge und Ableger er-
folgen; doch wählt man dazu in der Regel eine der beiden letzten
Methoden. Veredelung findet nicht statt. Die Pflanze hat einen
raschen Wuchs und treibt jährlich, wenn man sie nach Art der Weiden
köpft, mehr als meterlange kräftige Triebe mit reicher Blattentwicke-
Rein, Japan. II. 15
[226]I. Land- und Forstwirthschaft.
lung. In irgend einer der gebräuchlichen Formen erreicht sie ein
Alter von 40—60 Jahren, wird aber gewöhnlich nach 30—40 Jahren
durch andere ersetzt. In subtropischen Gebieten, wie in Syrien und
Andalusien, findet die Neubelaubung bereits im März statt, in der Pro-
vence und Norditalien und ebenso im mittleren Japan im April, in
Deutschland erst im Mai. Von den verschiedenen Abarten fand ich
in Japan:
a. M. alba laciniata Hort., wozu auch α vulgaris indica D. C.
(Prodromus XVII pg. 238 ff.) zu rechnen ist. Sie hat tiefgelappte
Blätter, wird Tô-kuwa genannt und vornehmlich in den höheren
Gebirgsthälern gefunden.
b. M. alba macrophylla Hort.
c. M. alba Morettiana Hort. mit glänzend glatten grossen Blättern,
die herzförmig, zugespitzt und scharf gezähnt, seltener gelappt sind.
Es ist dies bekanntlich die vorherrschende Sorte in Südeuropa.
d. M. multicaulis Perr. (M. Constantinopolitana Lam.) mit grossen
herzförmigen Blättern, unterseits etwas behaart, wird vorwiegend in
der Ebene und dem Hügellande Japans angebaut, und meist als Busch
behandelt.
Hinsichtlich der Behandlung des Maulbeerbaums kann man näm-
lich in Japan drei Culturarten unterscheiden:
1) Die strauchförmige (Hikui-kabu, d. h. niedriger Stumpf).
Es ist die sorgfältigste und intensivste, welche in den flacheren Ge-
genden der Hauptseidendistrikte vorherrscht. Man setzt hier die Maul-
beerstecklinge auf das tief und gut umgearbeitete Land ⅔ Meter von
einander in Reihen von 1 Meter Abstand und schneidet sie jedes Jahr,
wie Korbweiden-Pflanzungen, bis beinahe zur Erde zurück. Der hier
sich bildende Kopf treibt jeden Sommer eine grössere Zahl Triebe (da-
her wohl M. multicaulis Perr.) mit kräftigen grossen Blättern, die ent-
weder in loco oder erst zu Hause von den Ruthen abgestreift werden;
doch ist letzteres das gewöhnliche Verfahren. Aus einiger Entfernung
ist eine solche Pflanzung dem Weinberg auf ebenem Lande, zumal
wie er im Mittelmeergebiet, ohne Stütze der Reben erscheint, nicht
unähnlich.
2) Die beschränkt baumförmige (Taka-kabu, d. h. hoher
Stumpf). Bei dieser Cultur werden wie bei der Weidenzucht für Fass-
reifen wirkliche Stämme erzielt, dieselben aber in 1—2 Meter Höhe
geköpft. Es ist die Maulbeerzucht, wie wir ihr beispielsweise in Nord-
italien und in Spanien (mit Morus alba L. α, vulgaris Morettiana Jacq.)
vorzugsweise begegnen. Sie ist in Japan besonders in Hügelregionen
beliebt, gewährt aber nicht den schönen Anblick, wie in Norditalien,
[227]4. Viehzucht und Seidenzucht.
wo sie mit mehr Regelmässigkeit und Sorgfalt durchgeführt ist. Wie
wir hier sehen, lässt sie noch andere Feldculturen zu, die wir auch in
Japan finden, wenn die Bäume, wie gewöhnlich, in grösseren Abstän-
den oder auf den Feldrändern gepflanzt werden.
3. Die freie, baumförmige (Taka-gi, d. h. hoher Baum). Wie
schon erwähnt, findet man diese am häufigsten bei M. alba L. indica
und in den Gebirgsthälern oder vielmehr an deren Abhängen. Es liegt
zum Theil an ihrem Standorte, und an der Armut ihrer Besitzer,
dass diese Bäume etwas verwahrlost erscheinen. Sie werden selten
mehr als 30—40 Jahre alt und noch seltener zeigen sie eine schön-
geformte Krone. Dünger, dessen sie mehr als die besser situierten
Bäume und Sträucher in der Ebene bedürften, wird ihnen viel seltener
zu theil. —
Alle Seide, jap. Kinu, entstammt den Cocons oder Puppenhüllen
einer Gruppe von Nachtschmetterlingen, die man mit dem Namen
Bombyciden oder Spinner bezeichnet. Bombyx mori L., der Maul-
beerspinner, ist die bekannteste und weitaus wichtigste Art derselben.
Auf sie beziehen sich zunächst alle vorliegenden Betrachtungen, so
wie in der Regel alle auf Seide und Seidenzucht bezüglichen Notizen.
Die Jahrtausende hindurch fortdauernde Zucht derselben hat wie bei
unsern übrigen Hausthieren und vielen Culturpflanzen allmählich die
Ausbildung einer grossen Anzahl von Rassen bewirkt, die sich in allen
Entwickelungsstadien, als Eier, Raupen, Cocons (Puppen) und im
Schmetterlingszustand von einander unterscheiden, besonders aber in
der Lebensdauer, Grösse und Zeichnung der Raupen, sowie in Grösse,
Form und Farbe der Cocons, während sie fast allesammt im Raupen-
zustande durch ein träges, geselliges Leben, vier Häutungen und die
Ernährung durch frische Blätter von Morus alba L. sich auszeichnen.
Man theilt sie zunächst ein in:
a. Einjährige Rassen, Einspinner, ital. Annuali, jap. Haru-ko,
d. h. Frühlingskinder. Sie liefern nur eine Zucht im Frühling und
Vorsommer, und weitaus die meiste und beste Seide.
b. Wiederholt fliegende Rassen, Zwei- und Dreispinner, ital. Bi-
voltini und Trivoltini, jap. Natsu-go, d. h. Sommerkinder mit mehr-
maligem Generationswechsel in einem Sommer, die nur wenig ge-
schätzt und nur selten gezogen werden.
Von beiderlei vorerwähnten Hauptrassen gibt es wieder eine Menge
Unterabtheilungen, die zunächst nach der Farbe ihrer Cocons wieder
als Weissspinner (jap. Shiro-ko, Weisskinder), Grünspinner (von gelb-
grüner Farbe, jap. Kin-ko, d. h. Goldkinder) und Gelbspinner unter-
schieden werden. Weiss- und Grünspinner sind die beiden beliebten
15*
[228]I. Land- und Forstwirthschaft.
japanischen Rassen, von denen die eine in dieser, die andere in jener
Gegend des Landes mit Vorliebe gezogen wird. Ihre Cocons, jap.
Mayu, sind kleiner als die europäischen und levantinischen. Von den
weissen Japanern gehen 850 auf ein Kilogramm, von Kleinasiaten 550;
während von den schönen gelben Cocons der norditalienischen Brianza-
rasse schon 500 Stück dieses Gewicht haben.
Auch in ihren übrigen Entwickelungsstadien unterscheiden sich
die japanischen Weiss- und Grünspinner durch verschiedene Merk-
male von unseren europäischen Rassen. Die Eier, jap. Tane, Samen,
franz. graines, z. B. haben eine sehr zerbrechliche Schale. Desshalb
lässt man sie von den Schmetterlingen auf Cartons (tane-gami) aus
Bastpapier ablegen, welche gewöhnlich 35 cm lang und 22 cm breit
und mit etwa 25 Gramm (45000 Stück) Samen bedeckt sind, der fest
daran haftet und auf denen auch die jungen Räupchen auskriechen. Der
eigenthümliche Charakter der letzteren zeigt sich erst nach der dritten
Häutung: gelbe Augen mit schwarzen Bogen und deutlich ausgespro-
chene dunkle Sicheln oder Halbmonde auf dem Rücken. Nach der
vierten Häutung wachsen sie sehr rasch und bekommen dann das Aus-
sehen unserer alten Rassen, bleiben aber ¼ kleiner, als unsere Gelb-
spinner. Auch zeigen die Kaiko oder japanischen Seidenraupen sich
träger und haben grosse Neigung, sich auf ihrem Lager einzuspinnen.
Bis zur zweiten oder dritten Häutung müssen sie mit zerhackten
Blättern gefüttert werden, die man ihnen in der Regel 4 mal am
Tage reicht. In weniger zahlreichen Fällen ist eine 5—6 malige
Fütterung üblich, namentlich auf den beiden ersten der fünf Alters-
stufen, in welche das Raupenleben durch die vier Häutungen zerfällt.
Die Seidenraupe bedarf zu ihrer guten, kräftigen Entwickelung
der Ruhe in einem reinlichen trockenen, zugfreien Raume mit gesun-
der frischer Luft, welche die Grenzen von 10—30°C. wenig über-
schreitet, Schutz gegen directes Sonnenlicht und reichliche, frische,
staubfreie, doch trockene Nahrung. Der tüchtige Züchter hat alle diese
Lebensbedingungen im Zusammenhang mit einer Menge anderer kleiner,
doch nicht unwichtiger Umstände, wozu auch die Reinlichkeit des
Pflegers gehört, mit Fleiss studiert und lässt es an Aufmerksamkeit
und Sorgfalt nicht fehlen, sie zu erfüllen. In Japan fällt die Haupt-
arbeit den Frauen zu. Die Zucht (der Haru-ko oder Frühlingskinder)
richtet sich natürlich nach der Wiederbelaubung der Nährpflanze und
beginnt in der Ebene und dem wärmeren Hügellande Anfang Mai, in
den Gebirgsthälern dagegen erst Mitte oder Ende des Monats. Die-
selbe dauert durchschnittlich 34 Tage bei natürlicher Wärme, d. h.
einer Lufttemperatur, die sich zwischen 8° und 28° im Schatten be-
[229]4. Viehzucht und Seidenzucht.
wegt, im Zuchtraume aber im Durchschnitt auf 10—20° C. ge-
halten wird.
Die künstliche Wärme von 20—25° C., welche man bei den meisten
Zuchten in Europa anwendet, kürzt die Zucht der japanischen Rassen
auf 32 Tage, die der Brianzarasse sogar auf 25 Tage ab.
In Japan ist die Seidenzucht auf Hondo, die grösste der Inseln,
beschränkt. Sie bildet hier die verbreitetste und wichtigste Haus-
industrie, die in den meisten Fällen neben andern landwirthschaft-
lichen Beschäftigungen herläuft, in der Regel jedoch Haupterwerbs-
quell der Bewohner ist. Wo sie besonders intensiv betrieben wird,
nimmt man an den grossen reinlichen Häusern und ihren schönen
Matten den durch sie bewirkten grösseren Wohlstand der Bewohner
wahr. Kein anderer landwirthschaftlicher Industriezweig lässt einen
gleich günstigen Einfluss erkennen. In solchen Gebieten gibt es wohl
auch besondere Locale, worin die Raupen in grösserem Umfang ge-
zogen werden. In einigen engen Gebirgsthälern hat man sogar den
gewöhnlich einstöckigen Baustiel der Häuser verlassen und der unteren
Wohnung noch einen Stock aufgesetzt, um für die Seidenzucht ge-
nügend trockene und luftige Räume zu gewinnen, wie ich dies unter
anderm in der Provinz Kaga bei Ushikubi beobachten konnte. Wo
dagegen der Züchter aus Armut oder Nachlässigkeit seinen Raupen
keinen besonderen Raum bietet, wo mir beim Eintreten übler Geruch
und ein Schwarm Fliegen, wie in manchem unserer Viehställe ent-
gegentrat, da konnte ich auch verderbliche Krankheitserscheinungen,
die Pébrine nicht ausgenommen, constatieren und sehen, wie bei einem
einzigen Lagerwechsel hunderte von kranken Raupen dem vorbeifliessen-
den Wasser übergeben werden mussten, wie z. B. im nördlichen Theile
von Mino. Verschieden und den Mitteln angepasst, wie die Zucht-
räume, sind auch die Lagervorrichtungen, vom einfachen Rahmen oder
Sieb bis zum soliden Aufbau eines hohen Gestells mit Abtheilungen.
Dasselbe ist in der Regel zwei vertical gegenüberstehenden Leitern
vergleichbar, über deren Sprossen in 25—40 cm Entfernung von ein-
ander die horizontal laufenden Hürden oder Lager gelegt werden, welche
entweder aus parallel laufenden Latten oder aus Bambusstäben mit 1 bis
3 cm Zwischenräumen bestehen und mit dünnen Strohmatten überdeckt
werden. —
Naht die Zeit, in welcher die Zucht beginnen soll, so bringt man
die Cartons mit dem Samen, welche man bis dahin an einem trockenen
kühlen Ort in Papier eingeschlagen und gegen Mäuse verwahrt hatte,
in den Zuchtraum oder ins Freie an einen schattigen Ort, an welchem
allmählich mit zunehmender Wärme die Entwickelung des Räupchens
[230]I. Land- und Forstwirthschaft.
im Ei stattfindet. Genauere Beobachtungen in Europa haben ergeben,
dass dieselbe bei einer Temperatur von 10° C. beginnt und von da ab
eine Wärmesumme von etwa 400° C. bedarf, welche sich je nach der
Temperatur über 24—30 Tage des April und Anfang Mai vertheilen,
woraus sich ergibt, dass künstliche Wärme, die man allmählich, doch
nicht über 25° C. steigert, das Auskriechen beschleunigt. Die aus-
gekrochenen Räupchen werden von Zeit zu Zeit auf verschiedene Weise
auf das mit zartem, zerhackten Laube belegte Lager übergeführt, sei
es durch gelindes Klopfen wider die Rückseite des Cartons, durch
Abstreifen mit dem Barte einer Feder, oder dadurch, dass man einen
leichten durchlöcherten Bogen Papier über den Eiern ausbreitet und
auf der Oberseite mit zarten Maulbeerblättchen bestreut. Die ausge-
krochenen Räupchen gelangen durch die Löcher des Papiers zum Futter
und können mit diesem leicht auf das der Hürden übertragen werden.
Eine sorgfältige Zucht verlangt die tägliche Reinigung des Lagers
mit Ausnahme der Häutungszeiten. Sie wird vor einer neuen Fütte-
rung vorgenommen, in der Regel so, dass man über dem Lager ein
dünnes Netz (Ami) aus Hanfgarn ausbreitet und darauf frische Blätter
legt, zu denen die Raupen überkriechen, worauf die Strohmatte dar-
unter mit den Futterresten, Auswürfen und etwa todten Raupen weg-
gezogen und gereinigt oder direct durch andere mit neuem Futter er-
setzt wird. Die zurückgebliebenen trägen Raupen sah ich wohl auch
mit den Fingern auf das neue Lager übertragen; zweckmässiger ist
aber jedenfalls ihre Ueberführung und Pflege auf besonderen Hürden,
da ihre Mattigkeit oft nur das erste Zeichen des Krankseins und es
darum sehr wichtig ist, dass sie thunlichst bald von den gesunden
Würmern getrennt werden. Auch kommt es bei einer rationellen Zucht
darauf an, dass man Raupen von gleichem Alter und Entwickelungs-
gange beisammen hat, die ihre Häutungen gleichzeitig durchmachen
und sich schliesslich auch so ziemlich zur selben Zeit einspinnen und
verpuppen. Aus diesem Grunde trennt man auch die Räupchen, welche
einen Tag früher oder später auskriechen, als die grösste Menge, von
dieser und pflegt sie auf besonderen Lagern.
Dagegen geschieht es oft, dass ein Züchter acht oder vierzehn
Tage nach begonnener Zucht mit einer zweiten oder sogar dritten
Serie Raupen anfängt, wenn er noch Samen und genügend Futter zur
Verfügung hat. Da die Raupen nach der dritten und vor allem nach
der vierten Häutung stark wachsen, muss man sie auf mehr Lager
vertheilen, damit sie nicht zu dicht neben- oder gar über einander zu
liegen kommen. Es geschieht dies am besten bei der letzten Lager-
reinigung vor den Häutungen, derart, dass nach der dritten Häutung
[231]4. Viehzucht und Seidenzucht.
80—100 Raupen auf einen Quadratfuss Lager kommen. Naht eine
solche Häutung (jap. Neoki-tsuru, franz. mue), so hört das Fressen
auf, die Raupe wird etwas heller, glatter und durchscheinend, ihr
Kopf schwillt an, sie richtet sich damit wie eine Sphinx empor und
versinkt in dieser Stellung in einen krankhaften, lethargischen Zu-
stand, den Schlaf, in welchem sie nicht gestört werden darf, bis die
Häutung vorüber ist. Bei gesunder, normaler Entwickelung dauert
dies einen Tag, dann wendet sich die Raupe wieder mit neuem und
verstärktem Appetit dem Futter zu, das sie in reicherem Maasse er-
halten muss. Bei den japanischen Rassen sind die erste und fünfte
Altersstufe am längsten, und dauert jede derselben 8 Tage, jede der
drei andern durchschnittlich 6 Tage. Von 300 kg Futter, welche
20000 Raupen zu ihrer Entwickelung bedürfen, verzehren sie mehr als
¾ zwischen der vierten Häutung und Verpuppung. Diesem über-
raschenden Nahrungsbedürfniss entspricht ihr Wachsthum und ihre
Gewichtsvermehrung. Der Stickstoffgehalt der Raupe hat allein schliess-
lich 14 % ihres Gewichts erreicht.
Ueber die Gewichtsverhältnisse am Ende der einzelnen Lebens-
abschnitte der Raupe, sowie ihrer Umwandlungsprodukte gibt die hier
folgende Tabelle Aufschluss.
Die quantitativen Veränderungen des Lebend- und Trocken-
gewichts während der Entwickelung des Seidenspinners.*)
1000 Individuen des jap. Weissspinners ergaben:
Die Gewichtszunahme der Raupen ist also eine ganz enorme,
namentlich nach der vierten Häutung. Die spinnreifen Raupen haben
ihr Lebendgewicht fast um das 5400 fache vermehrt und zwar inner-
halb 34 Tagen und 10 Stunden der gesammten Entwickelungszeit.
Während von den frisch ausgekrochenen Räupchen 2415 auf ein
Gramm gehen, wiegt von den spinnreifen ein einziges 2,22 mal so viel.
Die Raupe verliert vor dem Verspinnen ihre Fresslust, kriecht un-
ruhig umher, richtet sich oft sphinxartig empor, entleert sich ihrer
Excremente und wird auffallend durchscheinend. Die grösste Ver-
änderung ist jedoch in ihrem Innern vorgegangen. Die beiden Spinn-
drüsen, — lange gewundene Schläuche, welche beiderseits des Er-
nährungscanals der Raupe sich befinden —, haben sich allmählich mit
durchsichtigem, dickflüssigem Seidenstoff gefüllt, welcher beim Ver-
spinnen der Raupe aus ihnen durch die sogenannten Spinnwarzen am
Kopfe hervortritt und zu zwei getrennten Fäden erstarrt, die sich aber
sofort in dem kurzen, gemeinsamen Ausführungscanal in Folge ihres
Leimüberzugs zu einem Doppelfaden verkitten. Die Länge desselben
wechselt bei verschiedenen Rassen und Cocons nach ihrem Seiden-
reichthum zwischen 350 und 650 Meter.*)
Zum Verspinnen sucht sich die Raupe gern einen Winkel, die
Gabel eines Zweiges oder sonstige Anhaltpunkte für ihre ersten Fäden
auf. Der Seidenzüchter kommt ihr bei dieser Neigung zur Hülfe und
wendet verschiedene Vorkehrungen an, um die Coconsbildung zu för-
dern. Eine der einfachsten und zweckdienlichsten ist die, dass man
über dem Lager der spinnreifen Raupen Rapsstengel ausbreitet, deren
zahlreiche, leichte Verästelungen denselben Gelegenheit zur Befestigung
ihrer ersten Fäden bieten. An andern Orten Japans bindet man kleine
lockere Wellen von stark verästeltem Reissig so lang, als das Lager
breit ist, und legt sie quer über dasselbe. In Nagahama am Biwa-
See sah ich noch ein anderes, ganz abweichendes Verfahren anwen-
den, indem man eine Art kleiner Strohdüten über dem Lager aus-
breitete, welche die Raupen leicht erreichten und gern zur Verpuppung
benutzten.
Das Verpuppen ist in 3—4 Tagen fertig. Die Raupe macht zuerst
eine lockere, ellipsoidische Hülle und dann erst, von dieser getragen,
[233]4. Viehzucht und Seidenzucht.
unter Krümmen und Biegen des sich verkürzenden Körpers den Cocon,
der aus einem einzigen Faden von durchschnittlich 400—500 Meter Länge
besteht, nach innen übrigens dünner und schwächer wird (im Verhältniss
von 3:4). Das äussere, lockere Gespinnst, die Flockseide, jap. Noshi
und Mawata, engl. Floss-silk, franz. Bourre, besteht aus viel dünneren
und darum schon viel weniger werthvollen Fäden. Ein Querschnitt
einer Coconswand zeigt, wenn vergrössert, 5—10 Seidenschichten, die
fest oder locker zusammenhängen. Der Faden, welcher sie bildet,
wurde von der Raupe in continuirlichen Achtertouren aneinander-
geschichtet und klebt an den benachbarten fest. Liegen die Faden-
schichten dicht zusammen, so erscheint die Coconwand pergamentartig
und hat kaum 0,3 mm Dicke, im andern Fall ist die Structur eine
blättrige, filzartig aufgetriebene und die Wandung bis 1 mm dick.
Die Grammgewichte von Flockseide, festem Seidengespinnst und Puppe
stellen sich nach Haberland bei 100 jap. Cocons italienischer Zucht,
wie folgt zu einander:
woraus sich ergibt, dass Grünspinner 13,26 % und Weissspinner 12,69 %
Seide vom Gesammtgewicht des Cocons haben.
7—9 Tage nach dem Einspinnen der Raupen werden die Cocons
von ihren Trägern genommen und von der sie umgebenden Flock-
seide getrennt. Man wählt die besten zur Zucht aus und tödtet die
Puppen der andern, indem man sie der Sonne aussetzt, aber auch
durch Wasserdampf oder geheitzte Luft, trocknet sie hierauf und be-
wahrt sie zum Abhaspeln auf oder verkauft sie an fabrikmässig ein-
gerichtete grössere Haspelanstalten oder Filanda’s. Ein Cocon ist
normal oder gut gebildet, wenn er bei scharf ausgeprägter Form volle
Wände, ein feines dichtes Gewebe und Festigkeit, namentlich an den
beiden Enden zeigt. Die Form ist in der Regel ellipsoidisch, doch
haben die männlichen Cocons in der Mitte fast immer eine sattel-
förmige Einschnürung und sind kleiner, aber fester als die weiblichen.
Die sogenannten Doppelcocons, jap. Tama-ito, franz. Douppions,
sind weder zum Abhaspeln, noch zur Zucht geeignet. Sie entstehen
dadurch, dass zwei oder wohl gar drei Raupen denselben Winkel
aufsuchen und ihre Fäden beim Einspinnen kreuzen und verstricken.
Dieselben sind viel grösser und in der Regel auch etwas anders ge-
staltet, als die einfachen, normalen; doch ist ihre Seidenmenge ge-
ringer, als wie dieselbe sein würde, wenn die Raupen sich einzeln
versponnen hätten. In der Regel entwickelt sich keine der ein-
[234]I. Land- und Forstwirthschaft.
geschlossenen Puppen zum Schmetterling, sondern sie sterben (er-
sticken?) bald nach ihrer gemeinsamen Arbeit. Ein aufmerksamer
Züchter sucht aus diesen Gründen die Bildung solcher Doppelcocons
zu verhindern, indem er, wo sie bevorsteht, durch Einschiebung eines
Holzspahns oder steifen Papierstücks die Raupen trennt. In Europa
hat man zu diesem Zweck sogar besondere Vorrichtungen, »Appareil
cellulaire isolateur«, und andere ersonnen, wie man sie auf den grossen
Industrieausstellungen zu Paris sehen konnte. Auch die spitzen Co-
cons (Cocons pointus), sowie die sehr grossen lockeren (Cocalons) sind
schwer abzuhaspeln. Geringwerthig sind auch die Chaquettes und Co-
cons calcinés, nämlich solche, in denen das Insekt starb, bevor es den
Faden vollendet hatte. Endlich ist hier noch der Cocons percés oder
durchbrochenen Cocons zu gedenken. Hierher gehören in erster Linie
diejenigen, aus welchen die Schmetterlinge geschlüpft sind, nachdem
sie den Faden mit Hülfe eines scharfen Saftes am Ende der einen
Längsachse des Cocons gelöst und ein Loch in dieses gemacht hatten.
Aber auch solche Cocons, welche durch Parasiten, wie in Japan durch
die Larven der Uchifliege durchlöchert sind, müssen hierher gerechnet
werden, denn sie sind ebenfalls nicht abhaspelbar, sondern können nur
gleich den Doppelcocons und der Bourre zu Floretseide verarbeitet
werden.
17—18 Tage, nachdem sich die Raupen zu verspinnen anfingen,
kriechen Morgens gegen 8 Uhr aus ihren Cocons die Schmetterlinge
(jap. Chôchô) aus. Sie haben mittelst eines ätzenden Saftes ihre Co-
cons am einen Ende der Längsachse durchbrochen und sitzen nun zu-
nächst ausserhalb derselben mit nach oben gerichteten Köpfen. Be-
deutendere Grösse, ein dickerer Hinterleib, nicht gekämmte Fühler
und grosse Trägheit sind die untrüglichen Erkennungszeichen der
Weibchen, während sich die Männchen oder Hähnchen durch lebhaften
Flügelschlag auszeichnen. Alsbald beginnt die Paarung und ist nach
6—8 Stunden beendet, worauf man die Männchen wegwirft, die Weib-
chen aber zur Ablegung ihrer 250—400 Eier auf die dazu bestimmten
Cartons setzt. Sie haben innerhalb 24 Stunden diese Aufgabe erfüllt
und werden nun ebenfalls als weiter unnütz beseitigt.
Die anfangs strohgelben rundlichen Samen oder Graines werden
innerhalb 14 Tagen schiefergrau und lassen dadurch ihre Befruchtung
erkennen. Man bringt sie, wie bereits früher erwähnt wurde, in Pa-
pier eingeschlagen in einen trocknen kühlen Raum und bewahrt sie
bis zur neuen Zucht im nächsten Frühjahr, oder man verkauft sie an
italienische und französische Händler für die Zucht in Europa, worüber
Näheres später folgt.
[235]4. Viehzucht und Seidenzucht.
Bei der geringen Bedeutung, welche die Bivoltini (Natsu-go oder
Sommerkinder) auch für Japan haben,*) genügen hier im Anschluss
an das Vorausgegangene einige wenige Bemerkungen. Wir entnehmen
dem bekannten, schon früher citierten Werke von Richthofen’s, dass es
in alter Zeit in China streng verboten war, in einem Jahr zwei Ernten
von Seide zu machen, oder sagen wir statt dessen, Bivoltini zu ziehen.
Das geringe Ansehen, in welchem diese Rassen damals schon standen,
haben sie auch in andern Seidenländern. Es rührt daher, dass ihre
Cocons leicht und die Fäden schwach sind. Nach Haberland enthalten
jap. Bivoltini (Weiss- und Grünspinner) nur 9,18 Gramm oder 11 %
vom Coconsgewicht Seide. Die Raupen bilden 30 Tage nach dem
Auskriechen ihre Cocons, 15 Tage später erscheinen schon die Schmetter-
linge. Ihre Samen sind kleiner als bei den andern Rassen, haben
eine röthliche Farbe und längliche Gestalt. Zehn Tage, nachdem sie
abgelegt sind, kriechen schon die Räupchen aus, und es beginnt eine
zweite Zucht mit demselben Verlauf, wie die erste. Die Cocons sind
in der Regel länglich eiförmig, auf einer Seite zugespitzt.
Abgesehen von verschiedenen Krankheiten wird die japanische
Seidenzucht vor allen Dingen heimgesucht durch ein schmarotzendes
Insekt, die Larve der Udschifliege (Udschimya sericaria Rond.).
Nach C. Sasaki**) legt diese Fliege ihre kleinen ovalen Eier Anfang
Mai längs der Blattrippen auf die Unterseite junger Maulbeerblätter.
Die Seidenraupen, welche diese fressen, führen mit dem Futter auch
manches heile Udschi-Ei ihrem Verdauungscanal zu, wo ihm eine
dünne, weisse Larve entschlüpft. Mit Hülfe ihrer hornigen Mandi-
beln und kleiner daran befindlicher Borsten durchbohrt sie die Wan-
dung des Canals und gelangt in die Ganglien, wo sie sich von Nerven-
zellen nährt. Später tritt sie in die Tracheen und den Fettkörper ein,
erreicht hier ihre Reife und kommt endlich an irgend einer Stelle der
Oberfläche der Raupe als fertiges Insekt hervor. Sehr häufig fängt
dieser Entwickelungsgang erst in einem höheren Lebensalter der Raupe
an und setzt sich in der Puppe fort. Der leichte Cocon, welcher
dann entsteht, wird schliesslich noch durch die sich durchbohrende
Udschifliege für die Abhaspelung ganz unbrauchbar. Das Tödten der
Cocons, sobald sie fertig gebildet sind, verhütet desshalb in manchen
Fällen auch die völlige Zerstörung solcher, welche noch den lebenden
Parasiten bergen.
[236]I. Land- und Forstwirthschaft.
Auf diese Udschifliege und ihre grossen Verheerungen hat schon
Greeven vor zehn Jahren aufmerksam gemacht*) und hervorgehoben,
dass zuweilen schon 80 % der zur Grainierung reservierten Cocons da-
von behaftet gewesen seien. Auch Bavier widmet in seinem Buche
über Japans Seidenindustrie dem Gegenstande seine Aufmerksamkeit
und bemerkt, dass in Sinshiu (Shinano) im Durchschnitt 40 %, in
Musashi und Joshiu (Kotsuke) 50 % der Raupen mit dem Parasiten be-
haftet seien.
Einer solchen Plage gegenüber treten allerdings die verschiedenen
Krankheiten, welche sich während der Zucht japanischer Raupen bis-
her einstellten, in ihren Wirkungen weit zurück und fanden bislang
nur geringe Beachtung. So weit man sie in der Neuzeit jedoch kennen
und vergleichen gelernt hat, erscheint die Behauptung nicht mehr ge-
wagt, dass es kaum in Europa eine Seidenraupenkrankheit gibt, die
dem japanischen Züchter nicht ebenfalls bekannt wäre. Sein Hoshii
ist die Muscardine, sein Fushi-kaiko scheint die Schlaffsucht zu
sein, und endlich finden wir im Koshari, wenn auch gelinder auftre-
tend, die in Europa so gefürchtete Pébrine oder Körperchenkrankheit
wieder. Da der Verlauf der letzten verhängnissvollen Pébrine-Epide-
mie in Europa auf die japanische Seidenzucht eine im hohen Grade
einflussreiche Rückwirkung gehabt hat, mögen hier einige nähere An-
gaben darüber folgen.
In den Jahren 1845 und 1846 traten bei drei unserer einfluss-
reichsten Culturartikel: der Kartoffel, dem Weinstock und der Seiden-
raupe, Krankheitserscheinungen auf, die in ihrem Charakter so eigen-
artig, in ihrer Ausdehnung und ihren Verheerungen so weitragend
waren, dass sie auf unser sociales Leben, und namentlich auf Handel
und Gewerbe einen mächtigen und dauernden Einfluss übten. Bald
lernte man der Traubenkrankheit mit chemischen Mitteln erfolgreich
vorbeugen, die Kartoffelkrankheit, nachdem sie lange geherrscht, ver-
lor sich allmählich, wie sie gekommen; aber die Sterblichkeit unter
den Seidenraupen erreichte dann erst — nämlich zwischen den Jahren
1860 und 1870 — ihren Höhepunkt und wirkte also nachhaltiger und
empfindlicher fort. Ihr Charakter wich von allen bis dahin bei der
Seidenzucht beobachteten Krankheiten wesentlich ab. Man nannte sie
danach Pébrine, Flecken- oder Körperchenkrankheit.
Sie wurde zuerst im französischen Mittelmeergebiet wahrgenommen.
Von den Ufern des Hérault verbreitete sie sich wie die Traubenkrank-
heit zunächst den Gewässern entlang: über die Thäler des Clain, der
[237]4. Viehzucht und Seidenzucht.
Boivre, der Durance und Rhone, aber mit viel grösserer Raschheit, so
dass um’s Jahr 1851 bereits alle seidenbautreibenden Departements
Frankreichs damit behaftet waren. Im Jahre 1854 trat sie zuerst in
Italien bemerkbar auf; doch nahm man ihre verderblichen Wirkungen
ganz besonders 1856 wahr, wo an vielen Orten die Ernte auf ein
Viertel der normalen sank. Eine Erscheinung, welche dem National-
wohlstande Frankreichs, Italiens und anderer Länder so tiefe Wunden
schlug, erregte natürlich die Aufmerksamkeit und das Nachdenken der
Regierungen und Gelehrten. Zahlreiche Mittel wurden zur Abhülfe
empfohlen und versucht, keins verfing. Man wandte sich weiter öst-
lich, nach den unteren Donauländern, nach Griechenland und Klein-
asien, um durch Einführung von Samen anderer, scheinbar noch ge-
sunder Rassen dem Uebel zu steuern, aber fast schien es, als ob mit
den Händlern auch die Krankheit nach Osten wandere. Dieselbe ver-
breitete sich immer weiter, zeigte sich auch in der Krimm, in Trans-
kaukasien und Persien und endlich sogar in Indien und China. Nur
ein Land, Japan, schien von der Seuche verschont geblieben zu sein,
und auf dieses richteten sich darum alle Blicke der nach Erlösung
verlangenden Seidenzüchter Europas. Ein neues Geschäft, die Aus-
fuhr von Seidenraupeneiern, entwickelte sich daraus für Japan, ein
Geschäft, das bald bedeutende Dimensionen annahm und auf die ja-
panische Seidenzucht selbst einen grossen Einfluss übte. Bevor wir
diesen weiter betrachten, mögen hier noch einige Angaben über die
Krankheit selbst Platz finden.
Das Vorhandensein der Fleckenkrankheit verräth sich zunächst
durch ein auffälliges Zurückbleiben im Wachsthum mancher Raupen.
Solche kleine Raupen zeigen abnehmende Fresslust und schleppen sich
matt und träge dahin. Die Häutungen treten später ein, als bei den
gesunden Altersgenossen; bei der vierten Häutung beträgt der Unter-
schied 8—14 Tage und es geht der grösste Theil derselben zu Grunde,
bevor er die Spinnreife erreicht. Ihr Körper ist weich, nimmt eine
schmutziggelbe Farbe an und zeigt eigenthümliche Flecken, zunächst
an den mit kleinen Härchen versehenen Stellen. Diese Flecken, an-
fangs klein und wie schwache Schatten aussehend, vergrössern und
verdunkeln sich allmählich, fliessen zu unregelmässigen Formen zu-
sammen und sind schliesslich pechschwarz und glänzend. Die Aus-
würfe sind weicher als im gesunden Zustande und mit gelbem Schleim
bedeckt, der an der Luft rasch erhärtet, auch für sich ausfliesst, sich
schwärzt und oft den After verstopft. Nach dem Tode zerfliesst die
Raupe bald in eine ekelhafte schwarze Flüssigkeit. Oft zeigt sich die
Krankheit erst gegen das Ende der Zucht, entwickelt sich aber als-
[238]I. Land- und Forstwirthschaft.
dann in der Puppe weiter, so dass der daraus erhaltene Schmetter-
ling die Symptome des Uebels deutlich erkennen lässt.
Viel wichtiger, als die angeführten äusseren Kennzeichen der
Krankheit, sind die inneren Umwandlungen, welche sie im Körper des
Insekts bewirkt. Man hat dieselben von verschiedenen Seiten einem
sorgfältigen Studium unterworfen und gefunden, dass als sicherstes
Zeichen der Pébrine gewisse eiförmige, ellipsoidische oder walzen-
förmige und dann an beiden Enden halbkugelförmig abgerundete
Körperchen anzusehen sind, deren Länge 0,005—0,002 mm beträgt
und die sich dem Lichte gegenüber wie Oeltropfen verhalten. Diese
»Corpusculs vibrants« wurden zuerst von Prof. Cornalia in Mailand
näher untersucht und beschrieben und werden desshalb auch nach
ihm die Cornalia’schen Körperchen genannt. Die Natur dieser Orga-
nismen, der Nosema bombycis Nagl., wurde erst später festgestellt.
Sie finden sich in allen Theilen des erkrankten Insekts, auch in den
Auswürfen, und pflanzen sich von Generation zu Generation fort. Der
gesunde Schmetterling hat keine Körperchen, noch finden sich solche
in seinen Eiern. Hierauf hat man denn nach dem Vorgang des be-
kannten Physiologen Pasteur auch das einzig wirksame Heilmittel, oder
sagen wir besser, das Mittel zur Beherrschung und Beseitigung der
Krankheit gegründet, das, consequent durchgeführt, die besten Resultate
liefert, wie die Erfahrung gezeigt hat. Es besteht darin, dass man
die zur Zucht bestimmten Schmetterlinge und ihren Samen auf’s sorg-
fältigste mikroskopisch prüft und alles Verdächtige ausscheidet, dass
man die Zucht mit grösster Sorgfalt leitet und kranke Raupen mög-
lichst fern hält. Die besonderen Vorschriften und Vorrichtungen zu
diesem Zweck anzuführen, würde hier zu weit führen. Nur sei im
Anschluss daran noch erwähnt, dass die seiner Zeit von Liebig und
Andern vertretene Ansicht, als habe die Cultur des Maulbeerbaumes
allmählich eine Schwächung und chemische Veränderung des Futters
durch Bodenerschöpfung bewirkt und dieses in erster Linie die Krank-
heit hervorgerufen, durchaus irrig war, wie ich schon vor 18 Jahren
gezeigt habe.*)
Die Sommer 1856, 1862 und 1865 waren die schlechtesten für
die Seidenzucht der Neuzeit. Sie zeichneten sich alle durch schwüle
Witterung und mehrere lang dauernde Regen während der Raupen-
zucht in Südeuropa aus, so dass diese abnorme und ungünstige Witte-
rung jedenfalls die Krankheit in hohem Grade förderte.
[239]4. Viehzucht und Seidenzucht.
In Italien sank die Coconsernte, welche 1857 im ganzen 40 Mil-
lionen kg betrug, im Jahre 1865 auf weniger als die Hälfte. In
Frankreich ging im nämlichen Jahre der durchschnittliche Ertrag der
Seidenernte von 100 Millionen Franken Werth herunter auf 34 Millionen,
und von dieser letzteren Summe sind noch über 10000000 Francs ab-
zuziehen, welche vorher für den Ankauf von Graines in’s Ausland
gingen. Kostete in früherer Zeit die Unze französischen Samens
4—6 Francs, so zahlte man nun für dasselbe Gewicht an importierten
15—20 Francs. Unter solchen Umständen sank der Wohlstand der
Seidendistrikte mehr und mehr. Grosse Maulbeerpflanzungen, welche
früher Renten, wie gute Weinberge, abgeworfen hatten, fanden gar
keine Käufer mehr, wie unter Anderem der verstorbene Chemiker
Dumas 1865 im französischen Senat hervorhob. Seitdem haben sich
die Verhältnisse allmählich gebessert, doch hat kein europäisches Land
die frühere Höhe seiner Seidenproduktion wieder erreicht. Frankreich
liefert jetzt etwa die Hälfte seines früheren Ertrags an Rohseide und
Italien etwa ⅔ des seinigen.
Das Land, welches aus diesen Verhältnissen vor allem Nutzen
zog, war, wie bereits bemerkt wurde, Japan. Zu der Ausfuhr an
Rohseide, deren Menge und Preis zusehends stiegen, gesellte sich die
der Seidenraupeneier, und wurde ihre Erzeugung für den Export ein
wichtiger Factor für die Seidenzucht des Landes. Im Auftrag von
Genossenschaften, insbesondere aber von Kaufleuten, erschienen jeden
Sommer eine Anzahl Fremde, vornehmlich Italiener, reisten mit Er-
laubniss der japanischen Regierung nach den Seidendistrikten des In-
nern, kauften hier ihren Bedarf an Graines und kehrten damit nach
Europa zurück, wo ihre speculierenden Auftraggeber dieselben meist
leicht an den Mann brachten. Diese »Bivoltini«, wie man sie scherz-
weise wohl nannte, machten daraus ein stehendes Geschäft, zum nicht
geringen Verdruss der italienischen Gesandtschaft und japanischen
Regierung, welche ihre vielfach lästige Vermittelung für durchaus
überflüssig hielten, da der Aufkauf und Export der Eier gerade so
gut durch die in Japan ansässigen fremden Kaufleute erfolgen konnte.
Die Ausfuhr von Cartons mit Seidensamen begann im Jahre 1860,
musste aber bis 1865 mehr oder minder heimlich betrieben werden,
da bis dahin ein altes Verbot dagegen bestand, welches Zuwiderhan-
delnde mit Todesstrafe bedrohte. In Italien fielen die Versuche, welche
man 1860 und 1861 mit japanischen Weiss- und Grünspinnern machte,
sehr günstig aus, ebenso spätere; doch zeigte sich eine bedeutende
Schwächung der Rassen nach der zweiten oder dritten Generation.
Unterdess stieg der Export der Graines aus Japan rasch. Derselbe
[240]I. Land- und Forstwirthschaft.
belief sich schon 1863 auf 30000 Cartons, 1864 auf 300000 und 1865
sogar auf 2500000. Dieser enorme Absatz und der hohe Gewinn,
welchen vor allem die japanischen Kaufleute dabei erzielten, führte
zu Betrügereien und Fälschungen mancherlei Art, nicht blos durch
Beimengung von Eiern schlechter Zuchten, sondern auch der Bivol-
tini, so dass die Klagen darüber zunahmen. Anderseits konnte eine
solche Steigerung der Ausfuhr von Cartons nicht ohne nachtheiligen
Einfluss auf die einheimische Seidenzucht bleiben, und so wurde die
Regierung veranlasst, sich in’s Mittel zu legen. Sie that dies, indem
sie die Ausfuhr des Seidensamens wohl frei gab, dagegen zugleich
eine Regulierung und Controle der Produktion in die Hand nahm, wo-
bei sie sich zum Theil bisherigen Erfahrungen und Gewohnheiten an-
schloss. Es war längst bekannt, dass die Eier höher gelegener
Orte viel bessere Zuchten lieferten als die der tieferen mit viel inten-
siverer Seidenzucht. Darum bezogen und beziehen z. B. die Züchter
der seidenreichen Provinz Jôshiu ihren Samen aus Shinano. Die Re-
gierung erlaubte nun nur Seidenzüchtern solcher hochgelegenen Orte
für den Export zu grainieren, controllierte ihre Zuchten und versah
deren Cartons mit ihrem Stempel, bevor dieselben nach den Vertrags-
häfen gingen. Die günstige Wirkung ihrer Massregeln war unver-
kennbar, sowohl auf die einheimische Zucht, als auch auf die Aus-
fuhr der Cartons, welche jedoch vielerlei Schwankungen unterlag, so-
wohl hinsichtlich der Zahl, als auch der Preise, und im allgemeinen
nach beiden Richtungen in der Neuzeit sehr zurückgegangen ist. Die
Preise erlangten ihre grösste Höhe 1873, wo der Durchnittswerth des
Carton 2,15 yen = 8,60 Mark war, während er 1877 auf 0,29 yen =
1,16 Mark sank.
1868 wurden 1886320 Cartons im Werthe von yen 3712351 =
14849404 Mark ausgeführt, im Jahre 1877 1167502 Cartons für nur
341467 yen = 1365868 Mark.
Die Seidenzucht Japans ist, wie dies bereits früher angedeutet
wurde, auf die Hauptinsel Hondo beschränkt. Zu den verschiedenen
Produkten derselben, welche über Yokohama nach Europa und den
Vereinigten Staaten exportiert werden, der Seide, jap. Kinu oder Ito
im weitesten Sinne, gehört als wichtigstes vor allen Dingen die
Haspelseide, jap. Sage-ito, franz. Grège, engl. Hanks, welche an
Güte nur von der französischen und italienischen übertroffen wird.
Ferner sind die Seidenabfälle aller Art, franz. déchets, zu erwähnen,
welche zur Darstellung der Schappe oder Floretseide dienen. Hierher
gehören vor allen Dingen diejenigen Abfälle, welche bei der Zucht
selbst sich ergeben, nämlich die Flockseide (franz. blaze) oder das
[241]4. Viehzucht und Seidenzucht.
lockere Gespinnst der Raupe, innerhalb dessen sie ihren Cocon bildete,
die Tama-mayu oder Doppelcocons, franz. douppions, die Degara,
franz. Cocons percés, d. h. Cocons, aus denen die Schmetterlinge ge-
krochen sind, sowie die unvollendeten Cocons. Aus diesen verschie-
denen Coconssorten, die alle zur Darstellung von Grège untauglich
sind, macht der Japaner seine Ma-wata oder Seidenwatte, indem er
sie zuerst in warmem Wasser, dem etwas Holz- oder Strohasche zu-
gesetzt war, aufweicht, dann aufschneidet und die todten Puppen ent-
fernt. Hierauf wird die Seide eines jeden Cocons mit den Fingern
ausgebreitet und an den Enden von Stäbchen befestigt, um in dieser
gestreckten Lage zu bleiben. So kommen die kleinen Fliesse von
20—60 Cocons übereinander. Nach dem Trocknen füttert man mit
denselben Kleider und Bettdecken, oder sie werden, wie bei uns die
Wolle versponnen, oder endlich neben andern Seidenabfällen verkauft
und versandt. Eine zweite Gruppe der letzteren wird bei dem Ab-
haspeln der Cocons erhalten. Insbesondere zählt hierher das äussere
Gewebe der Cocons, welches nach dem Einweichen derselben in heissem
Wasser beim Schlagen mit einem kleinen Handbesen an diesem hängen
bleibt und entfernt wird, bis der eigentliche gleichmässige Haspel-
faden sich zeigt. Diese lockeren Seidenfäden nennt der Japaner
Kawa-muki (Rindenseide), Noshi-ito und Shike-ito, der Fran-
zose Frisons. Zu ihnen gesellen sich andere Bruchstücke beim Ab-
haspeln und unvollkommene Cocons. —
Einen weiteren Ausfuhrartikel aus der Seidenzucht, dessen Be-
deutung bereits früher erörtert wurde, bilden die Seidenraupeneier,
jap. Tane, franz. graines. Endlich kommen auch Erzeugnisse der
Seidenweberei des Landes auf den fremden Markt.
Nach der Qualität der Haspel- oder Rohseide und ihrer »Auf-
machung«, d. h. der Art, wie ihre Strähne zusammengelegt und ver-
packt werden, unterscheiden die Händler in Yokohama drei geogra-
phische Seidenzonen in Hondo:
a) Der nördliche Distrikt liefert die nach der Landschaft
Ôshiu benannte Ôshiu-Seide, etwa 20 % der Gesammtproduktion,
dazu noch gegen 25 % aller ausgeführten Cartons (mit graines. Die
Stadt Fukushima am Abukuma-gawa kann als Centrum des inten-
sivsten Betriebes der Seidenzucht in Ôshiu gelten. Das Gebiet um-
fasst in erster Linie die Strecke zwischen 37° und 38⅓° N. und 140 bis
141° O. Gr. Es gehören derselben an:
- α. Das östliche Iwashiro, vornehmlich vom Abukuma-gawa
durchflossen, mit den Städten Fukushima, Yanagawa, Nihonmatsu,
Rein, Japan. II. 16
[242]I. Land- und Forstwirthschaft.
Motomiya, Moriyama und Sukagawa, sowie andern bekannten Seiden-
orten; - β. die Provinz Uzen, nordwestlich von Iwashiro und nördlich der
Aidzu-taira mit den Städten Yamagata, Kaminoyama und Yonezawa.
Die Umgebung der letzteren mit den Orten Koide und Narita lieferte
namentlich auch viel und geschätzten Tane in den Handel; - γ. Iwaki, worin die Stadt Miharu den grössten Seidenmarkt hat.
Die weiter nördlich gelegenen Provinzen, beginnend mit Sendai,
sowie das im Westen längs des japanischen Meeres sich lang hin-
ziehende Echigo, treten nach Menge und Werth der von ihnen ge-
lieferten Ôshiu-Seide weit hinter die drei erstgenannten zurück.
b) Der centrale Distrikt schliesst sich jenem nördlichen gegen
Südwesten an und breitet sich von ungefähr 37° N. bis 35½° N. zwi-
schen 137° O. Gr. und 139½° O. Gr. westlich und nordwestlich von
Tôkio aus. Es gehören ihm in erster Linie die Provinzen Kôdzuke
(Jôshiu), Shinano (Sinshiu) und Kai (Kôshiu) an, ferner im Anschluss
an Sinshiu die Provinzen Hida, Kaga und Echiu, deren Seidenzucht
weit hinter derjenigen der drei erstgenannten zurücksteht, und end-
lich ostwärts von Kôshiu und Jôshiu das westliche, hügelige Musashi,
sowie Shimodzuke und Hitachi, welche nur sehr wenig Seide liefern.
Diese centrale Zone der japanischen Seidenzucht nimmt eine her-
vorragende Stellung ein, insofern sie 65 % aller auf den Markt kom-
menden japanischen Seide und 70 % aller Cartons (mit Tane) erzeugt.
Davon kommen wieder auf Jôshiu 30 % Seide und 15 % Cartons, auf
Sinshiu 27 % Seide und 60 % Cartons, auf das westliche Musashi etwa
15 % Seide. Es geht hieraus hervor, dass Jôshiu die seidenreichste
Provinz Japans ist. Insbesondere sind die Umgebungen von Maye-
bashi, Takasaki und Numata durch ihre Seidenzucht berühmt und
Mayebashi Hanks oder Mayebashi-grappes in gewissem Sinne
tonangebend für die Preise aller japanischen Haspelseide. Auch in
der hochgelegenen Provinz Shinano wird die Seidenzucht intensiv und
mit Sorgfalt betrieben und übertrifft als erste Nahrungsquelle alle an-
dern Beschäftigungen an Bedeutung. Ueberdies ist ihr Produkt auf
dem Markte sehr geschätzt. Dies gilt namentlich von den Gegenden
um Uyeda am Chikuma-gawa, um Nagato und um Ida.
c) Der südliche Seidendistrikt. Derselbe reiht sich dem
vorigen gen Südwesten an und umfasst die Provinzen Mino, Omi,
Echizen, sowie Tamba, Tango und Tajima, denen sich die übrigen vom
südwestlichen Hondo mit kaum nennenswerther Seidenzucht an-
schliessen. Sehr unbedeutend ist letztere somit in den Provinzen des
Tôkaidô, mit Ausnahme des unter b angeführten Kôshiu und Musashi,
[243]4. Viehzucht und Seidenzucht.
ferner im Gokinai und San-yo-dô, sowie im westlichen San-in-dô,
am entwickeltsten dagegen in Mino, zumal um Hachiman, und in
Gôshiu oder Ômi, östlich des Biwasees, wo Nagahama sich durch
seinen umfangreichen Betrieb derselben auszeichnet. Diese dritte
Seidenzone liefert den Rest der japanischen Produktion mit 15 % Roh-
seide und 5 % Cartons; sie steht mithin der mittleren und nördlichen
an Bedeutung weit nach.
Die Ausfuhr japanischer Rohseide nahm im Jahre 1859 ihren An-
fang. Die hohen Preise, welche in Folge der europäischen Raupen-
krankheit erzielt wurden, wurden bald ein gewaltiger Stimulus zur
Erweiterung der Zucht. Nur vorübergehend erlitt dieselbe in Folge
des sich entwickelnden Handels mit Cartons eine wesentliche Einbusse.
Eine bemerkbare Verbesserung der ausgeführten Grège trat ein, als
1872 die Regierung zu Tomioka in Musashi nach französischem Muster
eine grosse Haspelanstalt oder Filanda errichtete, in welcher die Co-
cons unter Brunat’s umsichtiger Leitung zu gleichmässigeren Fäden
abgehaspelt wurden. Die höheren Preise, welche diese Rohseide von
Tomioka erzielte, gaben zu vielfacher Nachahmung Anstoss. Umfang-
reiche Filanden entstanden allmählich in manchem Mittelpunkt der
Seidenzucht und des Seidenhandels, meist durch die Initiative und auf
Kosten der Regierung. So ist denn die Menge, der relative Werth
und die Gesammtsumme der ausgeführten Produkte japanischer Seiden-
zucht, trotz manchen Störungen und Schwankungen, im allgemeinen
ansehnlich gestiegen. Die japanische Seidenausfuhr erreichte im
Jahre 1883 mit 56432 Piculs à 60,128 kg ihre höchste Ziffer; aber der
Werth blieb um etwa 350000 yen hinter demjenigen des vorausgegan-
genen Jahres zurück, wo für 52021 Piculs die Summe von 18638984 yen
= Mk 74555935 erzielt wurde. —
Zucht und Bedeutung des Yama-mayu oder Eichenspin-
ners, Antherea (Bombyx) Yama-maï Guér.-Ménev. in Japan.
Das Bestreben, Ersatz zu finden für die durch die Fleckenkrank-
heit (Nosema bombycis Naeg.) decimierten europäischen Seidenraupen,
führte nicht blos zur Einführung japanischer Weiss- und Grünspinner
und einem ansehnlichen Handel mit ihren Samen, sondern lenkte zu-
gleich die Aufmerksamkeit auf andere Bombyciden und veranlasste
umfangreiche Versuche mit ihnen. Solche Zuchtversuche, an welche
man zum Theil grosse Erwartungen knüpfte, wurden namentlich an-
gestellt mit dem japanischen und chinesischen Eichenspinner (Antherea
Yama-maï und Anth. Pernyi), von welchen jener in Japan, dieser vor-
16*
[244]I. Land- und Forstwirthschaft.
nehmlich in den chinesischen Provinzen Shantung und Sze-Chuen ge-
pflegt wird; ferner mit dem Ailanthus-Spinner (Saturnia Cynthia),
welcher ebenfalls viel in Shantung gezogen wird und die sogenante
Pongee-Seide China’s liefert, mit dem indischen Ricinus-Spinner (Sa-
turnia Arindia) und dem indischen Eichenspinner (Saturnia Mylitta),
welcher in Assam und Bengalen die Tussah-Seide liefert. Die Resul-
tate dieser Versuche haben die daran geknüpften Hoffnungen nicht er-
füllt; man hat sich überzeugt, dass kein anderer Seidenspinner dem
gewöhnlichen ebenbürtig an die Seite gestellt werden kann, vielmehr
auch in Zukunft dieser Maulbeerspinner der wichtigste Seidenlieferant
bleiben wird. —
Unter allen andern Arten rief der japanische Eichenspinner (An-
therea Yama-maï G. M.) am meisten das Interesse wach. Derselbe bot in
seinen verschiedenen Entwickelungsstadien: als Ei, Raupe, Puppe und
Schmetterling, sehr viel Lehrreiches, überraschte ausserdem und er-
freute durch seine Schönheit und Grösse. Die starken, glänzenden
Seidenfäden seiner grossen gelbgrünen Cocons lassen sich wie beim
Maulbeerspinner abhaspeln und liefern ein sehr dauerhaftes Gewebe.
Da die Raupe sich vom Laube sommergrüner Eichen nährt, auch das
unserer einheimischen Arten gern frisst, und man ausserdem aus Ja-
pan hörte, dass sie dort viel gezogen und ihre Seide in hohem Grade
geschätzt werde, so waren die grossen Erwartungen, welche gerade
sie erweckte, leicht erklärlich.
Verschiedene Regierungen interessierten sich lebhaft dafür und
ermuthigten zu Versuchen damit, so diejenige der Schweiz, welche im
Jahre 1865 durch ihren Consul in Yokohama 6 kg Eier derselben
kommen liess und drei Jahre später ein noch grösseres Quantum. Von
beiden Sendungen wurden mir kleine Proben zur Verfügung gestellt,
mit denen ich Zuchtversuche anstellte, ebenso wie mit Eiern, welche
Postmeister Baumann in Bamberg erzielt hatte. Die Berichte, welche
über die Resultate der Versuche von verschiedenen Seiten veröffent-
licht wurden, lauteten meist ungünstig für die Sache und stimmten
mit meinen eigenen Erfahrungen überein. Die grosse Beweglichkeit
der jungen Räupchen, ihr Mangel an ruhigem Zusammenleben auf
allen Alterstufen, grosse Sterblichkeit noch nach der vierten Häutung
und die Länge der Entwickelungszeit, waren die Haupthindernisse,
welche sich entgegenstellten.
Zur Zeit der Pariser Industrie-Ausstellung von 1867, konnte man
sich bereits überzeugen, dass es vergebliche Hoffnungen waren, welche
man auf Yama-maï gesetzt hatte. Im Jardin de l’Acclimatation, wo
1861 die ersten Raupen dieser Art gezogen und ihre Eigenschaften
[245]4. Viehzucht und Seidenzucht.
von Guérin-Méneville studiert worden waren, hatte man die Versuche
aufgegeben. Günstigere Resultate, welche Camille Personnat in Laval
erzielt hatte, und seine Bemühungen, während der Ausstellung selbst
für seine Zucht Interesse zu erwecken, vermochten das sinkende Ver-
trauen zur Sache ebensowenig neuzubeleben, als die Erfolge Einzelner
in Deutschland und Oesterreich.
Während meines Aufenthaltes in Japan war ich bestrebt, mich
auch über die Verwendung der Yama-maï-Seide und der Art ihrer
Gewinnung genau zu unterrichten; doch kam ich nur allmählich zu
meinem Ziele, zu den entlegenen Orten der Gebirgsabhänge, wo die
Zucht betrieben, und in die Webereien und Färbereien mehrerer Städte
des Innern von Hondo, wo diese Seide verarbeitet wird und wo ich
in Folge eigener Anschauung zu einem sicheren Urteil über die Be-
deutung des Gegenstandes gelangen konnte. Auf diese Weise kam
ich zur Ueberzeugung, dass die Wichtigkeit der Yama-maï-Seide in
hohem Grade übertrieben worden ist, sowohl in japanischen Schriften,
deren Uebersetzungen theilweise zu uns gelangt sind, als auch in den
Berichten der Consulate, welche sich stets auf mündliche Mittheilung
von geringer Zuverlässigkeit bezogen haben. Auch v. Scherzer*)
war falsch belehrt worden, als er schrieb: »In Japan selbst findet das
Produkt theils mit Baumwolle, theils mit gewöhnlicher Seide vermischt
zur Erzeugung von Kleidungsstoffen ausgebreitete Verwendung.«
Die japanische Benennung Yama-maï, richtiger Yama-mayu be-
deutet Berg-(Yama) oder wildes Cocon (mayu); ihr entsprechend heisst
die Raupe Yama-ko. Nach alten Angaben war zur Zeit der Besitz-
ergreifung von Hachijo-shima (sprich Hatschidschoschima)**) im Jahre
1487 durch die Japaner diese Art über die ganze Insel verbreitet und
die aus ihr gewonnene Seide sehr geschätzt. Die Ueberführung
der Zucht nach der Hauptinsel, wo die Raupe vielleicht zu keiner
Zeit einheimisch war, sicher gegenwärtig nirgends wild vorkommt,
fand erst viel später statt.***)
Die Orte, welche sich mit der Zucht des Eichenspinners in Ja-
pan befassen, liegen in der Regel in den gewöhnlichen Seiden-
distrikten und zwar meist an Gebirgsabhängen. Dies gilt insbeson-
[246]I. Land- und Forstwirthschaft.
dere von der Provinz Shinano, welche am meisten Yama-maï-Seide
liefert. Es sind mir vier Gebiete dieser Provinz näher bekannt, in
welchen der Eichenspinner in etwas grösserem Umfange gezogen wird,
nämlich die Nachbarschaft von Uyeda am Chikuma-gawa, von Iida
am Tenriu-gawa, von Ikeda und von Matsumoto im Flussgebiet des
Sai-gawa.
An den östlichen Vorbergen des Shinano-Hida-Schneegebirges
breitet sich der Distrikt von Matsumoto aus, etwa 2—5 Meilen west-
lich dieser Stadt und gegen 30 Meilen in gleicher Richtung von Yoko-
hama. Die Matsumoto-Gumi ist ein Verband (Gumi), welcher sich
über 15 Ortschaften dieses Distriktes erstreckt und sich die Erzielung
und Verwerthung der Yama-maï-Seide zur Aufgabe gestellt hat. Doch
findet man kleinere Zuchten auch in und bei Matsumoto selbst.
Man zieht die Raupen vorwiegend im Freien. Als Futterpflanze
dient Quercus serrata Thunb. (jap. Kunu-gi oder Kunugi-nara.).*)
Diese Eiche bildet oft ansehnliche hohe Bäume, auch in eigenen, ge-
schlossenen Beständen, und ist namentlich im Norden von Hondo sehr
verbreitet. Ihre Blätter erinnern an die der essbaren Kastanie und
erscheinen gleich diesen spät. Aus den jungen Sämlingen, die nach
einem Jahre an einen geschützten Ort in Reihen verpflanzt werden,
erzieht man in 3—4 Jahren durch mehrmaliges Zurückschneiden kräf-
tige Büsche von etwa 2 Meter Höhe und genügend grossen Abstän-
den, um Luft und Leute frei circulieren zu lassen. Ist die Pflanzung
so vorbereitet, so überträgt man Anfang Mai, wenn die jungen Blätter
erscheinen, die Eier auf die Zweige. Auf schmale Papierstreifen wer-
den je 20—30 Stück festgeklebt, worauf man die Papiere so an die
Zweige bindet, dass die jungen Raupen bei ihrem Auskriechen bald
Futter und Schutz gegen die Sonne finden können. Gegen den Regen
schützen sie sich selbst, indem sie sich bei ihrer grossen Beweglich-
keit leicht auf die Unterseite der Blätter flüchten; dagegen leiden die
schweren und schwerfälligen alten Raupen leicht durch heftige Nieder-
schläge. Zu den vielen Feinden solcher Zuchten im Freien zählen
ausser Insekten (insbesondere Ameisen) vornehmlich Laubfrösche,
Ratten und Vögel, namentlich Raben. Man sucht sie theils durch Be-
streichen der unteren Stammtheile mit einer klebrigen Substanz, wie
dem Wurzelschleim von Hibiscus Manihot, theils durch Vogelscheuchen
und Klappern fern zu halten, welche an einem, die ganze Pflanzung
umspannenden Seil aufgehängt sind und von einer Person in Bewegung
[]
Seidenspinnerraupen auf Quercus serrata.
[][247]4. Viehzucht und Seidenzucht.
gesetzt werden, welche von einem hohen, überdachten Sitz in der
Mitte der Pflanzung aus das Ganze überwacht.
Die Entwickelung der Raupe bis zur Spinnreife nimmt etwa 60 Tage
in Anspruch. Bei den Zuchten in Europa war die Durchschnittszeit
64 Tage. Dieselbe vertheilt sich auf die fünf Altersstufen so, dass
auf die beiden ersten je 10 Tage, auf die 3. und 4. je 13 Tage und
auf die letzte 18 Tage kommen. Diese Lebensdauer der Raupen
unterliegt jedoch mancherlei Schwankungen. Durch höhere, gleich-
mässige Temperatur und reichliches Futter kann sie auf 50 Tage ver-
kürzt werden, anderseits sich bis gegen 80 Tage ausdehnen. Jeder
Häutung geht ein 2—3 Tage langer Schlaf voraus, während dessen die
Raupe bewegungslos sitzt, indem sie sich mit den hinteren Füssen
festhält, den Vorderkörper aber sphynxähnlich emporhebt.
Die Räupchen, welche beim Auskriechen 7 mm lang, an den Fuss-
klauen röthlichbraun, sonst gelbgrün und mit zwei schwarzen Längs-
streifen versehen sind, haben nach der vierten Häutung, wenn aus-
gestreckt, eine Länge von 7 cm und 2 cm Umfang. Sie sind prächtig
grün mit hochgewölbten Ringen und zwei Reihen Warzen über den
Rücken, deren jede schwarzbraune Borstenhaare trägt. Den Rücken
scheidet auf jeder Seite ein goldgelber Streifen von der Bauchseite
und daran schliessen sich jederseits fünf silberglänzende Flecken um
die Athmungsöffnungen.
Ist die Raupe spinnreif, so lässt sie eine hellbraune Flüssigkeit
fallen und wird unruhig, steigt aber nicht empor, sondern zieht ein
oder mehrere Eichblätter, die sie auf der ihr zugewandten Seite über
spinnt, an sich heran und heftet daran ihren Cocon. Zu diesem Zweck
webt sie zunächst rings um sich herum ein transparentes Netz von
schöner gelblichgrüner Seide, durch welches man sie im Innern fleissig
arbeiten sieht. Nach etwa 6 Stunden ist dasselbe durch neue Schichten
undurchsichtig geworden und nach 6—8 Tagen die Verpuppung voll-
endet. Das Grün des äusseren Gewebes hat mittlerweile viel von
seiner Intensität verloren und ist in Grünlichgelb übergegangen. Die
Cocons sind fest, von schöner ellipsoidischer Form, ohne Einschnürung
in der Mitte, gegen 3 cm lang und 7 Gramm schwer. Ohne Puppe
wiegt ein solcher Cocon 70—80 cg, während ein larvenfreier Cocon
der Bombyx Mori noch nicht halb so schwer ist. Zehn Pfund Cocons
liefern etwa 1 kg Haspelseide. Die oberste Lage hat einen gröberen
Faden von grünlich gelber Farbe, aber die darunter befindlichen lie-
fern eine schöne grünlichweisse Seide, die sich fast ebenso leicht ab-
haspeln lässt, als bei B. Mori, wenn man die Cocons in heisses Wasser
taucht. Etwa 15 Tage nach dem Anfang der Verpuppung trennt man
[248]I. Land- und Forstwirthschaft.
die Cocons von den Blättern und sondiert sie. Diejenigen, welche ab-
gehaspelt werden sollen, setzt man warmen Sonnenstrahlen oder einer
mässigen Hitze im Backofen aus, um die Puppen zu tödten. Aus den
besten, für die Zucht bestimmten, brechen 20—25 Tage nach ihrer
Entstehung früh Morgens die stattlichen Schmetterlinge hervor. Da
½ der natürlichen Grösse.
½ der natürlichen Grösse.
dieselben unruhig umherfliegen und sich nicht leicht befruchten, sperrt
man sie paarweise in glockenförmige Körbe aus siebartigem Bambus-
geflecht ein, welche man an Stangen aufhängt. Nachdem die Weib-
chen an den Innenwänden der Körbe ihre Eier abgelegt haben, wer-
den letztere sorgfältig gesammelt und an trocknen Orten, die zugleich
luftig und kühl sind, in Beuteln aufbewahrt bis zur Zeit, wo die neue
Zucht beginnen kann.
Dieser Samen von Yama-maï ist etwa neun mal so schwer, als
der von Bombyx Mori, indem 130—140 Stück auf ein Gramm gehen.
Sie sind sphäroidalrund, d. h. auf zwei Seiten flachconvex, Mandarin-
[249]4. Viehzucht und Seidenzucht.
orangen in der Gestalt vergleichbar. Die dunkelbraune Farbe der-
selben, mit schwarzen Flecken und Streifen, rührt von einem gummi-
artigen Ueberzug her, der sich durch Waschen mit Wasser oder
Sodalösung entfernen lässt, worauf die Eierschale weiss erscheint, wie
das auch bei einzelnen Eiern von Anfang an schon der Fall ist.
Oeffnet man die Eier kurze Zeit, nachdem sie gelegt wurden, so wird
man überrascht, keine Dottermasse in ihnen zu finden, sondern schon
ausgebildete krummliegende Räupchen, welche in ihrem schlafenden
Zustande verharren, bis eine grössere Wärme sie weckt. Alsdann
lösen sie, vornehmlich in den Morgenstunden, die pergamentartige
Eierschale am Rande, wo der Kopf liegt, und sind beim Hervor-
kriechen durch rasches Wachsen etwa 7—8 mm gross, d. h. etwa
vierthalb mal so lang als der Durchmesser der Eier. —
Yama-maï-Seide ist theurer als die gewöhnliche. In Matsumoto
kosteten 1875 25 Momme (c. 93,75 Gramm) Haspelseide von jener 1 yen,
während man für denselben Preis 35 Momme der gewöhnlichen Seide
erhielt. Die Preise beider Sorten verhalten sich demnach wie 7 : 5,
woraus sich sowohl auf die besonderen Schwierigkeiten der Erziehung
des Eichenspinners, als auch auf die Güte seines Gespinnstes schliessen
lässt. Aus obiger Preisangabe berechnet sich das Picul Yama-maï-
Seide auf rund 640 Dollars, und dies stimmt mit der Angabe von
Bavier*), wonach der Preis sich je nach der Qualität von 400 bis
800 Dollars per Picul bewegt, das ist von 27 bis 54 Mark per Kilo-
gramm. Nach demselben Autor soll die Gesammtproduktion Japans
an Yama-maï-Seide etwa 100 Ballen, à 75 Pfund engl. betragen, also
rund 3400 kg nach unserem Gewichte. Es war mir nicht möglich,
die Richtigkeit dieser Angabe, für welche v. Bavier selbst nicht ein-
stehen will, zu prüfen; doch scheint mir die Schätzung eher zu hoch
gegriffen zu sein, als unter dem wirklichen Ertrag der Ernte zu
bleiben, da die Yama-maï-Seide im Lande bleibt und hier nur in be-
schränktem Maasse verwendet wird. (Siehe Kunstgewerbe: Textil-
industrie.)
Der Kastanienspinner (Caligula japonica Butl.) ist die einzige
Art unter den in Japan wildlebenden Bombyciden, deren Cocons, be-
ziehungsweise Raupen, zuweilen gesammelt und verwerthet werden.
Jene heissen Sukari, die Raupen Genziki-mushi (Kampferspinner),
aber auch Shiraga-mushi (Grauhaarraupe).**)Hilgendorf hat
zuerst auf dieses Insekt aufmerksam gemacht und das wichtigste
[250]I. Land- und Forstwirthschaft.
darüber, was ihm vornehmlich nach japanischen Quellen bekannt
wurde, in einem Artikel betitelt »Der Kampferspinner (Genziki mushi)«*)
veröffentlicht.
Das Insekt nährt sich von den Blättern der Kastanie, der Wall-
nuss, verschiedener Eichen- und Sumacharten und im südlichen Japan
auch von denen des Kampferlorbeers. Ich fand es häufig auf allen
meinen Reisen in Japan und überzeugte mich, dass sein Lieblings-
wirth der Kuri (Castanea vulgaris Lamk.) ist. Die grossen Raupen
fressen einzelnstehende Kastanienbäume oft ganz kahl und rufen auch
in grösseren Beständen zuweilen erkleckliche Verheerungen hervor,
während sie andere Bäume daneben meist ganz verschonen. Da nun
ausserdem jene Nährpflanze gleich der Raupe selbst über ganz Japan
verbreitet ist, so ziehe ich vor, diese »Kastanienspinner« zu
nennen, weil dies die allein passende Bezeichnung ist. Der Bauch
dieser grossen Raupe ist hellgrün, der Rücken grauweiss. Eine Reihe
schöner blauer Flecken bezeichnet auf jeder Seite die Tracheen.
Seidenglänzende, grauweisse Haare von Centimeterlänge bedecken die
Oberseite und bewirken im Verein mit der hellen Farbe der Raupen
selbst, dass diese aus einiger Entfernung das Aussehen der blühenden
Kätzchen ihres Ernährers haben.
Der Kastanienspinner bildet kein allseits geschlossenes Cocon,
sondern ein ziemlich grobes netzförmiges Gewebe von bräunlicher
Färbung, dessen Fäden nur mühsam abzuwinden und nur als Ein-
schlag zu groben Zeugen zu verwenden sind. Früher benutzte man die
spinnreifen Raupen, wie es scheint häufiger als jetzt, zu den sogenannten
Tengusu (Silkworm guts), indem man sie in Essig legte, sorgfältig an
den Spinndrüsen öffnete, und die Seide als Faden von mehreren Fuss
Länge hervorzog. Seitdem jedoch das feinere Material aus China
leicht und billig zu haben ist, geben diesem auch die japanischen
Angelfischer den Vorzug. (Siehe pg. 232 Anmkg.)
5. Forstwirthschaft.
Verhältniss der japanischen Wälder (Hayashi) zu den übrigen Culturformen und
zum Oedland. Unterscheidung derselben in Cultur- und Natur- oder Gebirgswälder.
Charakter, Verbreitung und Verwerthung beider Arten. Einfluss auf das Klima. —
Nach der früher (S. 11 u. 12) gegebenen Uebersicht der wirth-
schaftlichen Bodeneintheilung in Alt-Japan, welche sich auf officielle
[251]5. Forstwirthschaft.
Mittheilungen vom Jahre 1879 stützt, fallen von dem gesammten Areal
desselben im Betrage von 28356945 chô auf
- a. Bergwälder ohne Pflege und Oedland 17356945 chô.
- b. Culturwälder ‒ ‒ ‒ ‒ 5240570 ‒
Neuerdings ist nun die Oberfläche des hier in Betracht kommen-
den Gebiets zwischen Tsugaru- und Colnet-Strasse ansehnlich höher,
nämlich zu 28842011 chô berechnet worden, wie sich dies unter Andern
aus dem Bericht über die japanische Abtheilung der forstwirthaftlichen
Ausstellung zu Edinburg im Jahre 1884 ergibt. In dieser Publikation
wird das bewaldete Terrain zu 11866625 chô angegeben, und zwar
nimmt davon der
Staatswald 5259182 chô ein und der
Privatwald 6607443 chô.
Die Vertheilung beider Categorien Wälder unter die drei Haupt-
inseln und ihr Zubehör an kleineren ist in chô ausgedrückt folgende:
Hieraus ergibt sich, dass der Wald im eigentlichen Japan 41 %
des ganzen Areals einnimmt, und zwar in Honshiu 44 %, in Shikoku
64 %, in Kiushiu 17 %. Dieses Verhältniss ist nun in der angeführten
Schrift weiter auf den Kopf der Bevölkerung berechnet worden. Es
kommt hiernach auf jede Person in Alt-Japan 3,25 Tan Wald, in
Honshiu 3,529 Tan, in Shikoku 4,4 Tan und in Kiushiu 1,32 Tan.
Da nun weiter 1 Tan = 10 Are angenommen werden kann, so ent-
spricht dies 32,5, 35,25, 44 und 13,2 Are beziehungsweise. Auf
Honshiu, der Hauptinsel, ist wohl der südwestliche Theil oder Chiu-
góku (Sanyodô und Sanindô) am waldärmsten. Es fehlen hier hohe
Gebirge; auch hat der Bergbau hier und da, wie namentlich in weitem
Umkreise von Ikuno in Mimasaka eine solche Entwaldung hervor-
gerufen, dass bereits fühlbarer Holzmangel besteht.
Aus den Daten des erwähnten Berichts, sowie den pg. 11 und
12 gegebenen lässt sich nun folgende genauere wirthschaftliche Glie-
derung des Areals von Alt-Japan berechnen und zusammenstellen:
[252]I. Land- und Forstwirthschaft.
- a. Oedland 10730890 chô oder 37 % des Flächenraums
- b. Bergwälder 6626050 ‒ ‒ 23 ‒ ‒ ‒ ‒
- c. Culturwälder 5240570 ‒ ‒ 18 ‒ ‒ ‒ ‒
- d. Ackerland (Ta und Hata) 4280000 ‒ ‒ 15 ‒ ‒ ‒ ‒
- e. Sonstige Culturen, einschliess-
lich der benutzten Hara ungefähr 1364900 ‒ ‒ 5 ‒ ‒ ‒ ‒ - f. Baugrund und Wege, ungefähr 600000 ‒ ‒ 2 ‒ ‒ ‒ ‒
- Zusammen 28842410 ‒ ‒ 100 % ‒ ‒ ‒
wobei nur die unter e und f erwähnten Zahlen auf Schätzung beruhen
und unsicher sind. Dieselben kommen indess für vorliegende Zwecke
nicht weiter in Betracht, ebenso nicht die unter d für Ackerland an-
gegebene Zahl.
Das Oedland besteht zum grossen Theil aus der wirthschaftlich
kaum benutzten Hara, Grasflächen, welche sich vornehmlich am Fuss
höherer Vulkane weit ausbreiten und den höheren Gebirgswald in
der Regel begrenzen. Bezüglich des sonstigen Charakters dieser Vege-
tationsformation verweise ich auf Band I pg. 163 dieses Werkes. Es
unterliegt kaum einem Zweifel, dass die Hara zum grossen Theil all-
mählich in Wald übergehen würde, wenn nicht die verheerenden Feuer
im Herbste mit der abgestorbenen Gras- und Krautvegetation auch die
jungen Schösslinge der Holzgewächse, welche sich ansiedelten, immer
wieder vernichteten. Nur in den Schluchten und andern geschützten
Stellen vermögen sich solche Ansiedelungen von Gehölzen zu erhalten
und zu entwickeln.
Ein weiterer Theil Oedland besteht aus nackten Hügelrücken und
Bergabhängen, die nicht selten mit bewaldeten abwechseln und zur
Annahme berechtigen, dass auch sie ehedem mit Wald bestanden
waren. Nachdem man ihnen aber ihren Schmuck genommen hatte,
sei es, um die Bedürfnisse des Bergbaues in der Nachbarschaft zu be-
friedigen, um Adlerfarren auf einer geschaffenen Brandstätte besser
emporspriessen zu lassen (siehe pg. 80 Anmerk.) oder aus irgend einem
andern Grunde, hatten die heftigen Regen ein freies Spiel, beraubten
den Boden seiner lockeren Humusschicht und riefen damit für natür-
liche wie künstliche Wiederbewaldung grosse Hindernisse hervor.
Eine dritte Categorie wald- und culturfreier Flächen finden wir
an und auf den Gipfeln höherer Berge jenseits der oberen Waldgrenze,
wo entweder die Heftigkeit der Winde und Rauhheit des Klimas
überhaupt, oder auch Mangel an geeignetem Boden die Baumlosigkeit
bedingen. Dass vulkanische Eruptionen, auch wenn sie nur als Nach-
wehen heftiger Ausbrüche in Form von Solfataren sich äussern, die
Waldvegetation oft in weitem Umkreise vernichten, ist allbekannt.
Die Solfataren wirken dabei in gleicher Weise wie die schweflige
[253]5. Forstwirthschaft.
Säure beim Röstprocess geschwefelter Erze. Endlich muss auch der
vegetationsarme Dünensand der Küste dem Oedland zugerechnet wer-
den. Eine Vermessung des letzteren, das theilweise der Aufforstung
fähig ist, und wie die Sanddüne auch unterworfen wird, hat noch nicht
stattgefunden.
Oedland und Wälder nehmen im eigentlichen Japan zusammen
nahezu ⅘ der gesammten Bodenfläche ein, wie aus obigen Zahlen
leicht ersichtlich ist. Davon kommt auf die Wälder wieder mehr als
die Hälfte. Sie bilden sonach im Landschaftscharakter die ausge-
dehnteste und ausgeprägteste Vegetationsformation. Ihr Procentantheil
(41) vom ganzen Areal ist grösser als in den meisten waldreichen
Ländern Europas; auch sind sie im Haushalte der Natur und Bewohner
Japans ein hochwichtiger Factor, wenngleich bisher nur der kleinere
Theil eine grössere wirthschaftliche Verwerthung gefunden hat.
Der aufmerksame Reisende erkennt leicht die grosse Verschieden-
heit der japanischen Wälder, je nachdem dieselben dem schwerzu-
gänglichen Gebirge oder seinen Gehängen, dem Hügellande und der
Ebene angehören. In der That lassen sich dieselben nach ihrem Cha-
rakter und der Art ihrer Verwerthung, welche beide wieder vornehm-
lich durch die Lage bedingt wurden, in Cultur- und Natur- oder
Bergwälder unterscheiden. Mangel an Wegen und sonstigen ge-
eigneten Verkehrsmitteln bewirkte, dass letztere mehr oder weniger
ihren natürlichen Charakter bewahrten, weil sie von der Hand des
Menschen schwer erreichbar waren. Das grosse Bedürfniss an Holz,
namentlich an leichtem und bequem zu verarbeitendem Bauholz, wie
es vornehmlich die Coniferen liefern, rief den Culturwald hervor.
Dem entsprechend hat letzterer in der Regel den Charakter des ge-
schlossenen, mehr oder weniger einförmigen Nadelwaldes, während
jener, wie schon im ersten Bande dieses Werkes*) hervorgehoben
wurde, durch die Mannigfaltigkeit und bunteste Mischung seiner Holz-
gewächse sich auszeichnet. Der grösste Theil der Culturwälder ist in
Privatbesitz, während der Gebirgswald hauptsächlich dem Staate an-
gehört.
Der japanische Culturwald dient, wie bereits angedeutet wurde,
vornehmlich dazu, das nöthige Bauholz zu liefern.**) Von Alters her
sind die Wohnungen aus Holz construiert, leichte luftige Bauten, die
der Solidität ermangeln, da die japanischen Zimmerleute keine Idee
[254]I. Land- und Forstwirthschaft.
haben von der Anwendung von Spannern in irgend einem Rahmwerk,
noch das Bedürfniss, ein solches auf ein festes Fundament zu stützen.
So gewährt denn das japanische Wohnhaus wohl während der heissen
Sommermonate einen luftigen, kühlen Aufenthalt; wenn aber im
Winter draussen heftige rauhe Winde wehen, dringt ihr kalter Hauch
durch alle Fugen. Alsdann vermögen nur warme Kleider gegen die
Kälte genügend Schutz zu gewähren, da auch die Heizvorrichtungen
keineswegs zweckmässig sind. Auf dem Lande sind die Häuser meist
mit Stroh, in den Städten in der Regel mit Schindeln oder auch mit
Ziegeln bedeckt. Das Schindeldach trägt rechtwinklig sich kreuzende
Bambusrohrschienen, welche mit Drähten befestigt sind, und dazu
dienen, die Schindeln bei heftigen Winden in ihrer Lage zu erhalten.
Zu diesem Zweck werden sie an hochgelegenen Orten noch weiter
durch Steine unterstützt, wie dies in ähnlicher Weise auch in unsern
Gebirgen an Dächern zu beobachten ist.
Der leichte Holzbau, das Fehlen der Schornsteine und genügen-
der Heizvorrichtungen überhaupt, sowie endlich die Sitte, die Woh-
nungen in den Städten und grösseren Ortschaften unmittelbar an ein-
ander zu reihen, erhöhen die Feuersgefahr ausserordentlich. Ver-
heerende Feuersbrünste kommen desshalb sehr häufig vor, zumal in
dem grossen Häusermeer von Tôkio; sie vermehren den Bedarf des
Landes an Bauholz in hohem Grade und sind eine der Hauptursachen,
wesshalb letzterer schon seit lange durch planmässige Waldanlagen
gedeckt wird. Denn während im Gebirge noch jetzt der grosse Ueber-
fluss an Holz bei dem Fehlen geeigneter Verkehrsmittel, wie Fuhr-
werke und fahrbare Wege, nur geringe Verwendung findet, und man
die alten abgestorbenen oder vom Winde gebrochenen Stämme in
Menge verfaulen lässt, machte sich in der tieferen Culturregion schon
vor Jahrhunderten Holzmangel geltend, dem nur Aufforstung oder
künstliche Anlagen abhelfen konnten. In dieser Beschränkung ist
denn auch die japanische Behauptung, dass man schon vor 1200 Jahren
in Dai Nippon Wälder durch künstliche Pflanzung erzielt habe, wohl
begründet. Eine systematische, zielbewusste und vom Staate geleitete
Forstwirthschaft war dies jedoch nicht, da ja, wie gesagt, der einzige
Zweck dieser Waldcultur die Beschaffung des nöthigen Holzes war.
Dass aber gerade der vollständig vernachlässigte Gebirgswald ein
Hauptquell der Wohlfahrt für das Land sei und man diese nicht blos
in seinem Holze, sondern vornehmlich auch in seinem klimatischen
Einflusse suchen und erhalten müsse, ist den Japanern erst in der
neuesten Zeit zum Bewusstsein gebracht worden. Von hier ab datiert
denn auch die Energie, mit welcher sie die wissenschaftliche Wald-
[255]5. Forstwirthschaft.
pflege betreiben und von der ihr Anteil an der forstwirthschaftlichen
Ausstellung zu Edinburg im Jahre 1884 ein vielgerühmtes Zeugniss
ablegte. —
Als bestes Bauholz, hart, zähe und dauerhaft zugleich, wird das
Keyaki (Zelkowa Keaki Sieb.) angesehen; doch ist sein Preis verhält-
nissmässig hoch, wesshalb man es mehr zu Tischlerarbeiten verwendet.
Auch die geschätztesten Nadelhölzer, wie Hinoki (Chamaecyparis obtusa
Endl.) und verwandte Arten, Tsuga (Abies Tsuga S. \& Z.), Kara-matsu
(Larix leptolepis Gord.), Ichii (Taxus cuspidata S. \& Z.) kommen ihres
höheren Preises wegen im Häuserbau nicht in dem Maasse zur An-
wendung, wie sie es nach ihren vortrefflichen Eigenschaften verdienten,
sondern werden mehr bei der inneren Ausschmückung werthvollerer
Wohnungen herangezogen. Das gewöhnliche Bauholz für Wohn-
häuser liefert die schnellwachsende Sugi (Cryptomeria japonica Don.),
ferner die Momi (Abies firma S. \& Z.) und ein noch billigeres, viel-
verwandtes, die vielgepriesene Matsu (Pinus densiflora S. \& Z. und P.
Massoniana Lamb.), dessen man sich in der Regel auch zum Bau der
Brücken bedient, wozu sich das leichtbrüchige Sugiholz wenig eignet.
Aus Vorerwähntem ergibt sich, wesshalb man dem Anbau der
Sugi und Matsu besonders viel Aufmerksamkeit zuwendet. Höchst-
wahrscheinlich sind alle Bestände dieser Nadelhölzer und ebenso die-
jenigen der Cupressus-Gruppe (Chamaecyparis und Thujopsis) künst-
liche Anlagen, auch schon aus dem Grunde, weil erfahrungsmässig die
Selbstbestockung dieser, wie der meisten Coniferen schwer ist, und
da, wo ein Nadelhochwald verschwindet, in der Regel zunächst Brom-
beergebüsch, Weidenröschen und andere Pflanzen, sowie geringwerthige
blattwechselnde Gehölze an die Stelle treten.
Als Brennmaterial zu Haushaltungszwecken dient allgemein die
Holzkohle verschiedener Cupuliferen, insbesondere der Kastanie oder
Kuri (Castanea vulgaris Lamk.) und mehrerer sommergrüner Eichen,
wie Kashiwa, Kunugi und Nara (Quercus dentata, Q. serrata und
Q. crispula). Da ausserdem das Holz derselben verschiedenen andern
Zwecken dient, so werden auch sie häufig angepflanzt, und in reinen
Beständen gefunden, ein Vorkommen, welches von dem im Gebirgs-
walde wohl zu unterscheiden ist. Dasselbe lässt sich von der immer-
grünen Shii-no-ki (Quercus cuspidata) behaupten, welche auf den
wärmeren Süden beschränkt ist und ihres geschätzten Holzes wegen
ebenfalls forstwirthschaftlich gepflegt wird.
Alle vorerwähnten Waldbäume und einige andere, weniger ver-
breitete, wozu auch die Koya-maki oder Schirmtanne (Sciadopitys
verticillata) zu rechnen ist, werden in ähnlicher Weise, wie unsere
[256]I. Land- und Forstwirthschaft.
Nadelhölzer aus Samen in Baumschulen erzogen und die Pflänzlinge
gewöhnlich nach zwei Jahren verpflanzt. Die Behandlungsweise inner-
halb dieser Zeit, sowie die Anlage der Holzpflanzung selbst ist eine sehr
sorgfältige, auf alte Erfahrung sich gründende. Auch fehlt es nicht an
gedruckten und mit den nöthigen Abbildungen versehenen Anweisungen.
Der zu einem Pflanzgarten ausgewählte Boden wird eben so tief
und sorgfältig bearbeitet, wie zu der Anlage einer Obstbaumschule oder
eines Theegartens. Auch lässt man es an der nöthigen Einfriedigung
nicht fehlen. Dieselbe besteht gewöhnlich aus einem 1—2 m hohen,
leichten und gefälligen Bambusrohrzaun, welcher Luft und Licht durch-
lässt. In schneereichen Distrikten kommt im Winter der Yuki-ôi
oder Schneeschutz in Gestalt eines leichten Strohdaches darüber; wenn
es sich dagegen um Abhaltung der Kälte von den empfindlichen jungen
Sämlingen handelt, wie z. B. bei den Ko-kuri oder jungen Kastanien,
so werden Strohdecken, die an Bambusrohr befestigt und von ihm ge-
tragen werden, horizontal darüber ausgebreitet.
Auch auf das Ausheben der Naye oder jungen Setzlinge, das
Zurückschneiden ihrer Pfahlwurzeln, die Anfertigung der Pflanzlöcher
mit Hülfe der Hacke und das Einpflanzen selbst auf dem zur Auf-
forstung bestimmten Boden wird viel Sorgfalt verwendet. Dagegen
fand ich unsere verschiedenartigen Reihenpflanzungen selten scharf
durchgeführt, vielmehr richtet man sich offenbar meist ganz nach der
Beschaffenheit des Bodens und dem eigenartigen Geschmack, der einer
systematischen Anordnung auf weite Strecken nicht hold ist, wenn
nicht dringende und augenscheinliche Zweckmässigkeitsgründe dazu
nöthigen, wie beim Landbau.
Die Culturwälder Japans haben selten eine grössere Ausdehnung.
Feste Dünen und sonstige sandige Strecken fallen in der Regel den
oben genannten Kiefern zu, wie im Département des Landes der Pi-
nus Pinaster Solander (Pin des Landes), ebenso der unfruchtbare Ge-
röllboden des Hügellandes. Die andern Nadelhölzer bedürfen eines
tiefgründigeren, besseren Bodens, welchen man in der Ebene nur der
Sugi hier und da einräumt. Meist aber findet man auch diese, gleich
Chamaecyparis und Thujopsis, an den unteren, sanfteren Gebirgs-
abhängen. Ist hier der Boden zu steinig und unfruchtbar, so wird
wohl die Kastanie zur Aufforstung herangezogen, während die Eichen
in den Sätteln und Mulden besser gedeihen. Selten ragt aber der
Culturwald irgend welcher Art über eine Höhe von 1000 Metern hin-
aus. Auf Yezo ist die Cryptomeria nach Böhmer*) der einzige Wald-
[257]5. Forstwirthschaft.
baum, welcher von den eingewanderten Japanern seines Holzes wegen
angebaut wird.
Gegenüber den zahlreichen und über alle Provinzen verbreiteten
Wäldern und Hainen der Sugi und der Kiefern (Pinus densiflora oder
Aka-matsu und P. Massoniana oder Kuro-matsu) treten die ge-
schlossenen Bestände der andern Culturnadelhölzer sehr zurück. Die-
jenigen der Cypressengruppe, nämlich Hinoki, Sawara und Hiba
(Chamaecyparis obtusa, Ch. pisifera und Thujopsis dolabrata) findet
man in grösster Ausdehnung und schönster Entwickelung im mittleren
Theil von Hondo auf der Halbinsel Yamato und im Gebiet des oberen
Kiso-gawa. Sie gehörten vor der Restauration der Mikadoherrschaft
grösstentheils den beiden mächtigen Daimiô von Kishiu (Kii) und
Bishiu (Owari). Jyeyasu hatte den Besitzern dieser Herrschaften durch
ein besonderes Gesetz die Pflicht auferlegt, für das nöthige Hino-ki-
Holz zum Bau des Nationalheiligthums in Ise (Tempel der Sonnen-
göttin Amaterasu) und seiner Erneuerung nach je 21 Jahren zu sorgen
und den Wäldern des Baumes ihre beständige Aufmerksamkeit zuzu-
wenden, sie dagegen von allen sonstigen allgemeinen Lasten entbun-
den. Zum besseren Verständniss sei noch erwähnt, dass Hi-no-ki
und Sakaki (Cleyera japonica) die der Sonnengöttin und überhaupt im
Shintô oder Ahnencultus geheiligte Pflanzen waren und noch sind, und
alle Tempel desselben, wie auch die ehemalige Residenz des Mikado
in Kiôto aus dem Holze des Feuerbaumes (Hi-no-ki) erbaut waren.*)
Am wenigsten verbreitet unter den waldbildenden und der Cultur
unterworfenen Nadelhölzern Japans ist unstreitig die schöne Schirm-
tanne (Sciadopitys verticillata S. \& Z.), von der nur die Bergabhänge
um Koya-san in Kishiu (daher Koya-maki genannt) grössere Pflan-
zungen aufweisen. Dr. Yaroku Nakamuro führt auch Podocarpus
Nageia und P. macrophylla als Bestandtheile des Culturnadelwaldes
an,**) während ich sie stets nur gleich dem Ginko als Zierpflanzen traf.
Den Culturwäldern reihen sich die Bambushaine (Yabu, Take-yabu)
an, welche den mannigfaltigsten Bedürfnissen des Lebens dienen, im
Landschaftsbilde eine gar liebliche Erscheinung sind und vornehmlich
häufig im Weichbild grösserer Städte getroffen werden, wo der Ver-
brauch an Rohr besonders gross ist.
Wie die blumen- und formenreiche Waldwiese absticht gegen den
wohlgepflegten, aber einförmigen Rasen unserer Gärten und Park-
Rein, Japan. II. 17
[258]I. Land- und Forstwirthschaft.
anlagen, so verschieden erscheint der japanische Naturwald im
Gebirge*) mit seinen vielerlei buntgemischten Gewächsen von dem
gleichförmigen Nadel- oder Laubwald, welchen Bedürfniss und Für-
sorge hervorriefen. Wie auf der Hara, so hat sich auch in dem Ge-
birgslaubwalde die ursprüngliche Physiognomie der japanischen Natur
mit ihrem grossen Reichthum an Formen und Arten erhalten. Aber
Reichthum an Arten bedeutet keineswegs auch schon Reichthum an
werthvollem Holz in einem solchen Walde oder an Futter mit Bezug
auf die Waldwiese, und ein Eldorado im Sinne des Natur- und Pflanzen-
freundes ist nicht immer eins vom Standpunkt des Nationalökonomen.
In dem sich selbst überlassenen Wald, ob Urwald oder verwil-
dert, kommt dabei nicht weiter in Betracht, mischt sich Leben und
Tod, aufspriessende und absterbende Vegetation in wunderbarer Weise.
H. Cotta**) sagt mit Bezug hierauf, dass Wälder sich da am besten
bilden und bestehen, wo es gar keine Menschen- und folglich auch
keine Forstwirthschaft gibt. Es ist jedoch eine viel verbreitete, nichts-
destoweniger aber irrige Ansicht, dass der Urwald besonders holzreich
sei. Derselbe zeigt vielmehr neben eingestreuten Baumriesen alle
Abstufungen der verschiedenartigsten Holzentwickelung bis zum nie-
drigsten Strauche und bietet keineswegs die gesammte Holzmasse
eines Culturhochwaldes auf derselben Fläche, auf welcher Dutzende
geringwerthiger Arten Holzgewächse zurückgedrängt wurden, um Licht
und Raum für eine kräftige Entwickelung besserer zu gewinnen. Der
Forstwirth reduciert also die Artenzahl eines Naturwaldes mit Hülfe
der Axt und anderer Mittel, gleichwie durch fortgesetzte Düngung und
Pflege eine Verarmung der Flora einer Wiese eintritt, indem zwischen
zahlreichen und buntgemischten Gräsern und Kräutern das bisherige
Gleichgewicht gestört und eine ungleiche Förderung der Entwickelung
eingeführt wird, bei der die schwächeren Bestandtheile zu Grunde gehen.
Wie Bd. I, pg. 166—179 näher ausgeführt wurde, ist Asa-ki,
der japanische Laubwald, im Gegensatz zum Kuro-ki oder
dunklen Nadelwalde und zu unsern eigenen artenarmen Wäldern,
aus einem überaus bunten Gemisch einer grossen Anzahl von Baum-
und Straucharten auf allen Altersstufen zusammengesetzt. Nur aus-
nahmsweise und meist in Folge besonderen Anbaus finden wir Ka-
stanien und verschiedene Eichenarten in geschlossenen Beständen.
Schling- und Kletterpflanzen, schmarotzende und im Boden wurzelnde
Farne treten häufiger, in viel mehr Arten und in kräftigerer Entwicke-
[259]5. Forstwirthschaft.
lung auf als bei uns. »Die Bildner und Bewohner des japanischen
Gebirgs-Laubwaldes alle aufzuzählen, hiesse mindestens die Hälfte der
ganzen Flora nennen. Im höheren Gebirge und mehr im Norden fin-
den wir nur wenige immergrüne Sträucher, keine Bäume (Nadelhölzer
natürlich ausgenommen). Die hervorragendsten Bestandtheile eines
solchen blattwechselnden Waldes sind Eichen, Buchen, Hainbuchen,
Ahorne, Birken, Rosskastanien, Magnolien, Aralien, Wallnüsse, Ulmen,
Planeren, verschiedene Rosaceen und an feuchteren Stellen auch
Eschen und Erlen« (I. Bd. pg. 167). Da die wichtigsten derselben bei
Besprechung ihrer Hölzer im nächsten Kapitel noch näher angeführt
werden, kann ich hier von der Aufzählung ihrer botanischen Namen
absehen.
Als grössere und besonders wichtige Laubhölzer der Insel Yezo
werden hervorgehoben: Stattliche Magnolien (Magnolia hypoleuca und
Cercidiphyllum japonicum), Kastanien, Rosskastanien, Wallnüsse, Ahorne,
Erlen, Birken, Eschen, Ulmen, Linde, blattwechselnde Eichen u. A. m.
Der japanische buntgemischte Asa-ki ist keineswegs Urwald, ja
er mag hier und da sogar aus einer Pflanzung an Stelle eines ehe-
maligen Feldes hervorgegangen sein,*) aber er hat ein durchaus natur-
wüchsiges Gepräge, ist sich selbst überlassen und erneuert sich selbst.
Wohl dringt der Mensch mit seiner Axt auch in ihn ein, doch nur um
die geschätztesten und zerstreut wachsenden Hölzer, wie Ho-no-ki
Saru-suberi, Tsuta-no-ki (Magnolia hypoleuca, Stuartia monadelpha,
Actinidia volubilis) und einige andere zu suchen, wodurch der Grund-
charakter in keiner Weise wesentlich verändert wird. Dies geschieht
erst in Folge einer durchgreifenden Vernichtung durch Waldbrand.
Wie die Capoeira auf der verlassenen Roça (Pflanzung) Brasiliens aus
ganz andern Pflanzenformen besteht, als der frühere Urwald, so ist es
auch hier. Ein Buschwald, in welchem auch das schmalblätterige
Weidenröschen (Epilobium angustifolium L.) hier und da, wie auf
unsern Waldbrandstätten, nicht fehlt, ferner das steife Bambusgras
(Phyllostachys bambusoides S. \& Z.), und an noch höheren, feuchteren
Stellen wohl auch das Itadzuri (Polygonum cuspidatum) gegen 3 Meter
hoch sich entwickelt, tritt an die Stelle. Der Wald nimmt wohl erst
allmählich und nach langer Zeit, wenn überhaupt, den früheren Cha-
rakter wieder an.
17*
[260]I. Land- und Forstwirthschaft.
In dem Gebirgslaubwalde zählt die Buche zu den häufigsten Bäumen.
Sie erweist sich auch hier, ebenso wie in unserer deutschen Heimat
als bodenpflegende Holzart von hohem Werthe, wie man leicht an der
mächtigen Laubdecke*) und den fast meterhohen Wedeln der schönen
Lomarien und anderer Farnkräuter, welche üppig über dem Boden
emporwachsen, erkennen kann. Auch zwingt sie die verschiedenen an-
dern Baumarten, welche sich ihr zugesellen und unter denen stattliche
Exemplare der Magnolia hypoleuca, Calopanax ricinifolia und Aesculus
turbinata durch ihre grossen, fremdartigen Blätter besonders auffallen,
zur Langschaftigkeit und Astreinheit, wie nicht minder die zerstreut
auftretende Momitanne (Abies firma).
Es ist klar, dass mit der Erhebung, wie mit der geographischen
Breite der Natur-Laubwald Japans wesentlich seine Zusammensetzung
ändert. Neben einer ganzen Anzahl Baum- und Straucharten, welche
man von Yezo bis nach dem südlichen Kiushiu in demselben immer
wieder findet, treten gen Süden und in geringerer Meereshöhe mehr
und mehr immergrüne Bäume und Sträucher hinzu, worunter lorbeer-
blätterige Eichen, Camellien und andere Ternströmiaceen, der Kampfer-
lorbeer, sowie verwandte Cinnamomum-Arten, besonders in die Augen
fallen. Auf Shikoku und der Halbinsel Yamato mischt sich stellen-
weise die Camellie mit der Buche, blattwechselnden Eichen und Ahorn-
arten. In Hiuga sah ich sie in gleicher Höhe in Gesellschaft von
Quercus cuspidata, Illicium religiosum und immergrünen Daphne-
Büschen. An noch andern Stellen des südlichen Kiushiu und bis zu
300 m Seehöhe finden wir neben ihr und immergrünen Eichen hohe
Bäume der Cinnamomum-Arten und als Unterholz u. A. Buxus japonica.
Indess müssen wir alle diese Wälder doch in der Gruppe der
Naturwälder vereinigen; denn sie sind nicht das Produkt einer Wald-
cultur zu bestimmten Zwecken, sondern der eigenartigen Natur. Auch
erkennen wir in allen noch einen andern und viel interessanteren ge-
meinsamen Zug. Derselbe besteht in ihrer grossen Verwandtschaft
mit den Wäldern des Atlantischen Gebietes von Nordamerika, sowie
mit denen der Tertiärzeit in Mitteleuropa. Ein näheres Eingehen auf
diese Verhältnisse liegt jedoch ausserhalb der Zwecke dieser Arbeit
und kann hier um so mehr wegbleiben, als diejenigen, welche sich
dafür interessieren, bereits im I. Bande pg. 191—198 das Nähere dar-
über finden werden.
[261]5. Forstwirthschaft.
Es ist bisher immer nur von dem Natur-Laubwalde des Gebirges
die Rede gewesen. Ich habe hier jedoch auch noch einer Gruppe von
Nadelwäldern zu gedenken, welche in mehr oder minder reinen Be-
ständen sich meist an den Laubwald nach oben anschliessen und zwar
für den grössten Theil des Landes innerhalb der Höhengrenze von
1500—2000 Metern. Wo letztere überschritten wird (bis 2400 m, siehe
Bd. I, pg. 174), bleibt die Entwickelung der Bäume hinter der nor-
malen weit zurück, falls nicht ein alter Kraterboden oder sonstiger
Sattel Schutz vor heftigen Winden und zugleich besseren Boden ge-
währt. So findet man z. B. nahe dem Gipfel des 2500 m hohen Nan-
taisan im Nikko-Gebirge Abies Tsuga und A. polita nur noch 3—6 m
hoch, während gleichalterige tiefer abwärts die 4—5 fache Höhe zeigen.
Von den 6 häufigsten Nadelhölzern dieser Region ist die Tsuga ohne
Zweifel das verbreitetste, welches auch für sich allein weite Strecken
bedeckt. Mit ihr gehören Abies firma und Larix leptolepis mehr der
unteren, A. polita, A. Alcockiana und A. Veitchii dagegen meist der
oberen Stufe an.
In der Regel sind diesem dunklen Hochgebirgswalde (Kuro-ki,
d. h. Schwarzwald genannt) nur wenige blattabwerfende Arten Laub-
hölzer eingestreut, und diese kommen natürlich auch nur ausnahms-
weise zu kräftiger Entwickelung. Hierher gehören Birken, Erlen und
Ebereschen (Betula alba, Alnus viridis, A. incana, Pyrus sambucifolia),
sowie verschiedene Sträucher.
Von Yezo abgesehen, veranschlagt Dupont*) das Verhältniss sämmt-
licher japanischen Nadelhölzer zu den Laubhölzern wie folgt:
- Harzige Bau- und Werkhölzer (Bois de travail résineux) 35 %.
- Laub-, Bau- und Werk-Hölzer (Bois de travail feuillus) 5 %.
- Laubhölzer für Heizzwecke (Bois feuillus pour chauffage) 60 %.
Dieses Verhältniss dürfte nach dem bisher Erwähnten annähernd
auch das der Nadelwälder zu den Laubwäldern sein, so dass meine
Behauptung (Bd. I, pg. 172) vom Vorwiegen der letzteren von Dupont
nur bestätigt wird. Die Bezeichnung »Bois feuillus pour chauffage«
ist aber, nach dem, was ich früher über den Gebirgs-Laubwald be-
merkt habe, nur dahin zu deuten, dass der grösste Nutzen, den man
bisher daraus zog, lediglich der zur Gewinnung von Holzkohle ist;
denn selbstverständlich ist der Bedarf Japans an Brennmaterial nicht
so gross, um 60 % seiner Wälder nach Vermögen auszunutzen. Ander-
seits beschränkt sich die japanische Holzzucht keineswegs auf den
Wald, wie wir namentlich bei Kiri (Paulownia) sehen.
[262]I. Land- und Forstwirthschaft.
Ueber Yezo liegt eine, auch die höchsten Regionen umfassende,
gründliche pflanzengeographische Untersuchung nicht vor; dagegen
wissen wir von F. Schmidt, dass auf Sachalin die Knieholzregion, mit
Pinus parviflora, welche im mittleren Hondo erst auf den höheren
Berggipfeln getroffen wird, stellenweise bis auf 320 m herabsteigt.
Meine Bd. I pg. 153—198 niedergelegten pflanzengeographischen
Studien in Japan führten mich auch zu einer Gruppierung der Wald-
bäume und insbesondere der Coniferen Japans nach 5 Höhenzonen,
welche sich vorwiegend auf Honshiu beziehen. Zwei Jahre nach mir
hat Dr. Yaroku Nakamura aus Tôkio in der bereits citierten Arbeit
»Ueber den anatomischen Bau des Holzes der wichtigsten japanischen
Coniferen«*) unter der Ueberschrift: »Beschreibung der japanischen
Waldflora« ebenfalls 5 Höhenstufen angenommen. Da diese Einthei-
lung etwas von der meinigen abweicht, letzterer überdies gar nicht
gedacht wird, so stelle ich zum Schlusse hier beide ohne weiteren
Commentar neben einander.
Bei Rein, Japan I, pg. 179
heisst es:
Fassen wir zum Schlusse das,
was in Vorstehendem über die Ve-
getationsformen Japans und ins-
besondere über die Verbreitung
der Nadelhölzer in verticaler Rich-
tung gesagt wurde, zusammen, so
vermögen wir fünf Pflanzenregionen
zu unterscheiden:
1. Zone des Kiefernwaldes
und des Wachholders, bis
400 Meter hoch. Sie umfasst die
Culturregion, die Vegetation des
Dünensandes, der stehenden und
langsam fliessenden Gewässer, der
buschigen Hügellandschaften und
des immergrünen Waldes im Sü-
den, welcher nur ausnahmsweise
200 m höher reicht.
Nakamura schreibt:
Betrachten wir endlich die ver-
ticale Verbreitung der Waldbäume
in dem Gebirge, so können wir
dieselben im Allgemeinen in 5 Zonen
vertheilen:
1. Die Zone der Kiefern.
Dieselbe steigt bis 500 m. Den
unteren Theil (bis 300 m) bewohnt
Pinus Massoniana mit wintergrünen
Laubhölzern, wie Quercus acuta,
Q. glauca, Q. gilva, Q. phylly-
rhoides, Q. glabra, Cinnamomum
camphora, Distylium racemosum,
Cinnamomum pedunculata, Buxus
sempervirens etc. und den oberen
Theil (300—500 m) Pinus densi-
[263]5. Forstwirthschaft.
2. Zone der Cryptomerien,
Cypressen und Eiben, 400 bis
1000 Meter Höhe. Es ist dies zu-
gleich das Gebiet des unteren,
sommergrünen Laubwaldes, in wel-
chem die Vegetation an Ueppig-
keit und Artenverschiedenheit ihre
grösste Kraft entwickelt, die Re-
gion der Kastanien, blattwechseln-
den Laurineen, der meisten Magno-
liaceen, Ternströmiaceen, Lardiza-
baleen, Hydrangeen, Caprifoliaceen
und anderer reich vertretener Sip-
pen, sowie endlich das Gebiet der
unteren und ausgebreitetsten Hara.
3. Zone der Abies firma
und des mittleren Laubwal-
des, 1000—1500 Meter Höhe.
Hierher gehört der grösste Theil
des blattwechselnden Hochwaldes
mit Eichen, Buchen, Ahornen, Er-
len, Eschen, Rosskastanien, Ara-
lien, ferner die obere Hara.
4. Zone der Tannen und
Lärchen, 1500—2000 Meter. Es
ist zugleich das Gebiet des oberen
Laubwaldes mit Birken, Erlen, der
subalpinen Kräuter und Sträucher.
flora mit blattabwerfenden Bäumen,
wie Zelkowa Keaki, Ginko biloba,
Quercus dentata, Q. serrata, Casta-
nea vulgaris, Q. crispula, Melia
japonica, Sophora japonica, Apha-
nante aspera, Celtis sinensis, Popu-
lus Sieboldi, Ilex crenata etc.
2. Die Zone der Cypressen;
500—1100m. Die vorherrschenden
Holzarten sind: Chamaecyparis ob-
tusa, Ch. pisifera, Podocarpus ma-
crophylla, Sciadopitys verticillata,
Podocarpus Nageia, Torreya nuci-
fera etc.
3. Die Zone der sommer-
grünen Laubhölzer; 1100 bis
1700 m. Hier kommt hauptsäch-
lich vor: Magnolia hypoleuca, Cer-
cidiphyllum japonicum, Evodia
glauca, Ulmus campestris, Alnus
maritima, Fagus sylvatica, Juglans
Sieboldi, Aesculus turbinata, Acer
palmatum, A. crataegifolium etc.
4. Die Zone der Tannen
und Fichten; 1700—2400 m.
Im unteren Theil dieser Zone sind
Abies firma, Larix leptolepis und
Abies Tsuga vorherrschend und im
oberen Theile finden sich Abies
Veitchii, Picea Alcockiana, P. po-
lita etc.
[264]I. Land- und Forstwirthschaft.
5. Zone des Knieholzes,
von 2000 Meter an aufwärts, die
Region der kriechenden Ericineen
und hochalpinen Kräuter.
5. Die Zone der Krumm-
holzkiefern, 2400—2800 m. Hier
findet Pinus parviflora ihre Heimat
und darin kommen verkümmerte
Alnus viridis, Sorbus aucuparia,
Betula alba, Alnus firma etc. vor.
Der grosse Einfluss der Wälder auf das Klima ist wieder-
holt in Zweifel gezogen, noch öfter aber in überschwänglicher Weise
gepriesen worden. Eine kurze, sachgemässe und auf viele zuver-
lässige Beobachtungen sich stützende Darlegung der Verhältnisse von
so competenter Seite, wie die des russischen Meteorologen A. Woeikof
in Petermann’s Mittheilungen*), war desshalb gewiss Vielen willkommen.
Das Resultat dieser Untersuchung bestätigt die herrschende, und
namentlich auch Seitens unserer Forstwirthe stets vertretene Ansicht,
dass Wälder in der That für ein Land von hoher klimatischer Bedeu-
tung sind. Auch nach Ansicht der hervorragendsten französischen Ge-
lehrten, welche sich mit der Frage der Wiederbewaldung der Gebirge
in Südfrankreich und Algerien eingehend befasst haben, üben Wälder
unter allen Vegetationsformen auf das Klima den grössten Einfluss
aus. Sie reinigen die Luft, kühlen sie im Sommer ab, mässigen die
Kälte im Winter, condensieren in vielen Fällen den Wasserdampf der
Atmosphäre**) und bewirken die verschiedensten Formen von Nieder-
schlägen. In ihrer Laub-, Moos- und Humusdecke saugen sie, wie
der trockne, schwammige Torf das Regen- und Schneewasser auf,***)
vermindern die Schluchtenbildung durch Erosion und beeinflussen die
Flüsse, indem sie einerseits zur Zeit heftiger Regen und der Schnee-
schmelze das rasche Ansammeln des Wassers in den Thalsohlen ver-
hindern, anderseits das aufgesogene und aufgespeicherte Wasser erst
allmählich abgeben und so mittelbar auch in trockner Zeit die Quellen
speisen. So ist der Wald also ein Wassersammler und eine uner-
schöpfliche Feuchtigkeitsquelle, durch welche der Wasserstand der
Flüsse bis zu einem gewissen Grade geregelt und erhalten wird.
Darum zeigen sich die Folgen der Waldvernichtung nicht blos im
Mangel an Brenn-, Bau- und Werkholz, sondern in noch höherem
[265]5. Forstwirthschaft.
Grade in den bedeutenden klimatischen Veränderungen, welche ein
Land dadurch erleidet.
Die Abnahme der Wälder hat eine Erhöhung der mittleren Jahres-
temperatur und insbesondere der Sommerhitze, sowie eine Verminde-
rung der jährlichen Niederschläge zur Folge. Sie als Ursache der
Ueberschwemmungen überhaupt anzusehen, hiesse jedoch ihre Wirkung
einseitig beurteilen. Ueberschwemmungen kommen in den wald-
reichsten Gebieten der Erde und namentlich auch in waldreichen Theilen
Japans vor. So kamen auch die mächtigen Wassermassen, welche im
November und December 1882 den Rhein schwellten und weit über
seine Ufer drängten, von den waldreichen deutschen Mittelgebirgen.
Auch beweisen die breiten Spuren alter Flussläufe, dass unsere Flüsse
viel zahmer und manierlicher geworden sind und Ueberschwemmungen
ehemals, als Deutschland noch seine Urwälder hatte, viel häufiger waren,
als jetzt, und weite Strecken mit Geröll überflutheten. Aber die richtige
Erklärung hierfür liegt auf einer andern Seite und widerstreitet nicht
der Thatsache, dass die Entwaldung der Gebirge die Trockenheit der
Atmosphäre, Ungleichheit in der Vertheilung der Niederschläge und
zugleich die Gefahr der Ueberschwemmung in den Thälern wesentlich
vermehrt hat. Offenbar war nicht sowohl die grössere Menge des
Niederschlags, als gerade der Urwald in der Ebene, welcher später
dem Acker- und Wiesenbau weichen musste, eine der Hauptursachen
derselben. Die Erosion hatte noch nicht so gründlich gearbeitet und
die Flussbette so tief eingesenkt, wie jetzt, während einem raschen
Abfluss zahlreiche Hindernisse in den Weg traten.
Die Entwaldung der Gebirge wird heutzutage von allen Gebildeten
geradezu als ein Unglück für die Zukunft eines Landes angesehen.
Nach dem Holze schwindet unvermeidlich auch der Humusboden mit
den Laub- und Moospolstern von den Bergabhängen. Widerstandslos
fegen heftige Regengüsse und Winde sie weg und legen den nackten
Fels blos. Was von diesem zerbröckelt und verwittert, wird mit dem
grössten Theil der Regenmenge eiligst dem Thale zugeführt, wo Ueber-
schwemmungen und Geröllablagerungen über vordem culturfähigen
Boden häufig sind. Beispiele derartiger Folgen der Waldverwüstung
für Kinder und Kindeskinder liegen in Menge und aus verschiedenen
Ländern vor. So las man im Sommer 1879 in der russischen Zeitung
Kawkas Folgendes:
»Man kann am Schwarzen Meere, dessen Küsten ehemals mit
Eichenwäldern bedeckt waren, 20—30 Stunden weit wandern, ohne
einen Baum anzutreffen. Die früher reichbewaldete Gegend von Tiflis
ist abgeholzt. Noch mehr ist dies mit den Bergrücken von Daghestan
[266]I. Land- und Forstwirthschaft.
geschehen, deren Holz man zum Heizen der Dampfschiffe auf dem
Kaspischen Meere verwandte. Aeusserst fruchtbar war einst der Bo-
den von Eriwan, reiche Kornfelder wechselten mit Wiesen zwischen
Wäldern ab. Heute ist alles Wüstenei; die Bewohner sind kaum im
Stande, ihre nothdürftigste Nahrung zu gewinnen«.
Aus Vorstehendem ergibt sich manche Nutzanwendung auf die
japanischen Verhältnisse. Da in den Gebirgen und ihren Wäldern bis
zu einem gewissen Grade Wohl und Wehe der Thalbewohner liegt,
so erscheint auch die Correction und Schiffbarmachung der Flussläufe
als eine Frage, welche sich nur in Verbindung mit der gleichwichtigen
einer verständigen Forstwirthschaft im Gebirge in befriedigender Weise
lösen lässt. Die Erhaltung und zweckmässige Bewirthschaftung der
Gebirgswälder ist auch für die japanische Regierung eine der wich-
tigsten Aufgaben, welche sie zum Wohle des Landes zu lösen hat.
Dient die Erhaltung derselben, wie bisher, vornehmlich dazu, die
reichen Niederschläge zu regulieren, das Land zur Zeit der Regen
und der Schneeschmelze thunlichst vor Ueberschwemmungen zu schützen,
und für die trockne Jahreszeit dem Boden zur Speisung der Flüsse
einen reichen Wasservorrath zu vermitteln, so hat anderseits eine ge-
eignete Bewirthschaftung den Zweck, den Holzbedarf zu decken und
dem Lande eine Einnahmequelle zu erschliessen, welche bisher noch
sehr ungenügend entwickelt und verwerthet wurde.
Wie jede Forstwirthschaft, so wird auch die japanische auf Ver-
mehrung der besseren Hölzer und Zurückdrängung der geringwerthigen,
sowie auf geeigneten Absatz durch Anlage von Wegen und Anwen-
dung sonstiger Förderungsmittel ihr Augenmerk richten müssen. Ein
weites Feld der Arbeit, aber auch des reichen sicheren Gewinnes —
auch im Hinblick auf das holzarme China — öffnet sich hier, eine
Arbeit, die freilich nicht kurzer Hand abgethan werden kann, sondern
umsichtig und stetig fortgeführt werden muss. — Oft wurde ich auf
meinen Reisen durch Japan aus Regierungskreisen gefragt, was ich
zur Hebung des Nationalwohlstandes besonders empfehlen könnte. Ich
nannte dann immer in erster Linie und empfehle hiermit nochmals
»Schutz und Pflege dem Walde!« —
6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume und
anderer Nutzhölzer Japans.
Ueber diesen Gegenstand standen mir ausser verschiedenen mehr
oder weniger langen Listen japanischer Bezeichnungen mit oder ohne
[267]6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc.
wissenschaftlichen Namen nur wenige Arbeiten von grösserem Werthe
zu Gebote.*) So war ich denn auch hier grösstentheils auf eigene
Beobachtungen und die von mir auf meinen Reisen angelegten Holz-
sammlungen angewiesen, sowie auf eine Sammlung Längsschnitte von
50 Holzarten, welche das Naimushio (Ministerium des Innern) in Paris
1878 ausgestellt hatte und die später auf mich überging.
Die lange Dauer der kälteren Jahreszeit beschränkt die Vege-
tationsperiode der meisten Gewächse in Yezo auf 5, im mittleren Ja-
pan auf 6 und im südlichen auf 7 Monate des Jahres. Sie unterbricht
auch das Wachsthum aller Holzgewächse, selbst der immergrünen.
Dieselben zeigen daher, wie dies in allen Ländern mit niedrigen
Wintertemperaturen und einem regelmässig wiederkehrenden Still-
stand des Wachsthums vorkommt, deutliche Jahresringe. Aus gleichem
Grunde fehlen schwere Hölzer, wie die Tropen so viele aufweisen,
fast vollständig. Bei aller sonstigen Verschiedenheit der zahlreichen
japanischen Arten schwankt das specifische Gewicht zwischen 0,191
für Kiri (Paulownia imperialis) und 0,960 für Tsuge (Buxus japonica
J. Müller).**) Zu den schweren und härteren japanischen Hölzern
zählen, ausser Bux, noch Yusu (Distylium racemosum), die Hölzer ver-
schiedener Ternströmiaceen (Camellia, Theestrauch, Stuartia und an-
dere), der Sarusuberi (Lagerströmia indica), verschiedener Prunus-
Arten und der zahlreichen Eichen, deren specifische Gewichte meist
zwischen 0,750 und 0,850 liegen.
Verschiedene der geschätztesten Holzgewächse Japans erreichen
erstaunliche Dimensionen. Solche Riesen finden wir jedoch fast nie im
Walde selbst, sondern meist in der Nähe der Ortschaften, in den Höfen
[268]I. Land- und Forstwirthschaft.
und Hainen, welche alte Tempel umgeben, und unter den Alleebäumen
längs der Wege, besonders solcher, die nach berühmten Tempeln führen.
Der Japaner bewundert und schont sie, ja er überträgt auf sie etwas
von der Ehrerbietung gegen das Alter, welche er von Jugend auf ge-
lehrt wurde. Unter den Laubbäumen zeichnen sich in dieser Be-
ziehung besonders der Kampferlorbeer und der Keaki aus, unter den
Nadelhölzern Cryptomeria und Ginko. Eine kurze Zusammenstellung
der von mir beobachteten Riesen ihres Geschlechts dürfte manchem
Leser erwünscht und hier am Platze sein:
1. Kampferlorbeer (Laurus Camphora L.) oder Kusu-no-ki.
Ein Exemplar bei Kaseda-mura auf dem Wege von Wakayama in
Kishiu nach der Klosterstadt Koyasan hatte 1875 in Brusthöhe 11,5 m
Umfang. Wie eine alte Dorflinde theilt sich der Stamm etwas höher
in eine Anzahl mächtiger, weit ausgebreiteter Aeste. Im Park zu
Uyeno in Tôkio mass ich 1874 einen andern Kampferbaum, der hinter
dem Tempel des Gongensama mit den ihn umgebenden Nadelhölzern
an Höhe wetteifert und 1 m über der Erde 5,50 m Umfang zeigte.
Im Jahre 1884 fand Lehmann*) den letzteren 5,55 m gross und be-
rechnete die Höhe des Baumes auf 31 m. Ansehnlich, wie diese Di-
mensionen sind, so treten sie doch weit zurück hinter diejenigen,
welche man bei Nagasáki und [anderwärts] auf Kiushiu kennen gelernt
hat. So erwähnt Kaempfer eines Kampferbaumes, der 1691 seiner
enormen Dicke wegen berühmt war. Im Jahre 1826, also 135 Jahre
später, fand ihn Siebold noch reichbelaubt und scheinbar gesund. Der
Stamm, welcher 16,884 m Umfang hatte, war jedoch im Innern hohl.
2. Keyaki (Zelkowa acuminata Planchon). Bei Meguro in der
Nähe von Tôkio hatte man im Januar 1874 den »Oki Keyaki« (grossen
Keaki) gefällt, welcher 1 m über der Erde 11,7 m Umfang zeigte.
3. Camellie (Camellia japonica L.) oder Tsubaki. Im südlichen
Japan sah ich häufig Bäume von 8—10 m Höhe und 1 m Umfang.
Eine gleiche Höhe, doch nicht dieselbe Stärke des Stammes erreicht
die Pflanze in ihrem wildwachsenden Zustande. Ein stattliches Exemplar
im Tempelhof zu Yutenji bei Tôkio mit geradem Stamm und schön-
geformter Krone schätzte ich 1874 nach der Schattenlänge auf 5 m Höhe.
Der Stamm hatte 1,47 m Umfang. Im Jahre 1884 bestimmte Lehmann
letzteren zu 1,53 m und die Höhe zu 5,5 m. Man gab ihm 120 Jahre
als das Alter des Baumes an.
[269]6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc.
4. Shii-no-ki (Quercus cuspidata). Ein Exemplar hinter dem
Sano-Tempel hatte 1874 4,6 m Umfang, aber kaum 12 m Höhe, wäh-
rend diese Art sonst zu den höchsten Eichen Japans zählt.
5. Fuji (Wistaria chinensis S. \& Z.). Ein riesiges Exemplar, das
zu Nakanobu-mura in der Nähe von Tôkio den geräumigen Hof
eines Theehauses überdeckte und Tausende von langen, schlaffen
Blüthentrauben trug, soll verschwunden sein. Vor seiner Verästelung
in Brusthöhe hatte es im Frühjahre 1874 2,45 m Umfang.
6. Sugi (Cryptomeria japonica Don.). Auf Sasa-no-yama-tôge
am Kôshiukaidô (Weg von Tôkio nach Kofu) fand ich im Herbst
1874 rechts vom Wege 750 m über der See eine Cryptomeria, welche
1½ m über dem Boden 9,41 m Umfang hatte. Exemplare von 6 bis
7 m Umfang sind im Nikko und andern Tempelhainen nicht selten.
Sie erreichen dabei 30—45 m Höhe. Im Jahre 1565 besuchte der
Missionar Almeyda den Tempel Kosanga bei Nara. Sein Weg führte
durch eine Allee aus Cedern (Sugi) und Kiefern, »qui faisoient une
fort belle symétrie, et dont les têtes se joignoient tellement que le so-
leil n’y pouvoit percer«. Einzelne Cedern massen »cinq brasses de
circumference«, also 8,12 m nach neuerem Maasse. Das Dach des
Tempels fand er auf 90 Säulen aus Ceder- (Cryptomeria-) Stämmen
ruhend, deren jeder 18½' (6 m) Umfang hatte.*)
7. Ichio oder Ginkiyo (Ginkgo biloba L.). Unter den Bäumen
dieser Art in Tempelgründen bei Tôkio ist der grösste und schönst-
entwickelte derjenige beim Tempel Koyenji. Vor 10 Jahren betrug
sein Umfang in 2 m Höhe 7,3 m, im Jahre 1881 dagegen 7,52 m.
Lehmann berechnete die Höhe der stärksten Aeste auf 32 m und hörte,
dass man das Alter des Baumes auf 1000 Jahre schätze. Dies dürfte
jedoch mit Rücksicht auf die Entstehung und Entwickelung der Stadt
Yedo unter Tôkugawa Jyeyasu und den Umstand, dass die Salisburien
immer nur angepflanzt vorkommen, eine starke Uebertreibung sein.
Der Baum hat übrigens das Aussehen einer alten Linde mit allseits
ausgebreiteter Krone. Im Park zu Shiba hatte die stärkste Salisburia
1874 6,30 m Stammumfang.
8. Koya-maki (Sciadopitys verticillata). Das grösste Exemplar,
[270]I. Land- und Forstwirthschaft.
welches ich kenne und Japan wahrscheinlich aufweisen kann, befindet
sich in einem Tempelhofe zu Nikko. Lehmann, der die Höhe zu
24 m und den Umfang zu 4,15 m bestimmte, hörte, dass der Baum
250 Jahre alt sei, eine Angabe, welche zu dem Alter der dortigen
Parkanlage recht gut stimmt.
Weitere Angaben, auch über Grössenverhältnisse, wird man in
den folgenden Spalten finden, in welchen ich versucht habe, das
Wissenswertheste über die in systematischer Ordnung aufgezählten
Nutzhölzer Japans kurz zusammenzufassen.
Fam. Gramineae, Abt. Bambusaceen.
Die grösseren, holzbildenden Arten Bambusrohre, welche hier allein
in Betracht kommen, führen den Collectivnamen Take, in Zusammen-
setzungen oft dake geschrieben, wofür auch die chinesisch-japanische
Form chiku*) viel gebraucht wird.
1. Bambusa arundinacea L. (Arundo Bambos L. \& Thunb.), jap.
Ma-take, d. h. männliches Bambusrohr. Es ist die werthvollste und
am meisten cultivierte japanische Art, mit der häufig auch B. vulgaris
Wendl. vergesellschaftet vorkommt.**) Ihre cylindrischen Glieder sind
lang und gerade, das Holz ist fest und in hohem Grade widerstands-
fähig und dient zu vielerlei Zwecken. Ha-chiku scheint eine klei-
nere Abart zu sein. Ma-take erreicht in Japan 15—20 m Höhe und
45—50 cm Stammumfang, doch nur auf besonders günstigem Boden.
In schlechteren und höheren Lagen bleiben seine Dimensionen hinter
den angegebenen weit zurück.
2. B. agrestis Poir. (B. spinosa Roxb.), jap. Kan-chiku, wird
6—8 m hoch und über daumendick. Es ist ein starkes, dickwandiges
Rohr, das sich besonders durch seine dicken Knotenanschwellungen
auszeichnet. Man findet es häufig zu lebenden Hecken verwendet.
[271]6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc.
3. Bambusa ——?, jap. Môsô, Môsô-chiku und Konan-chiku
genannt. Die letzte Benennung weist auf die chinesische Küste der
Provinz Kuantung hin, woselbst es ebenso wie auf Hong-kong viel ge-
zogen wird. Stärker, aber minder hochwerdend, wie B. arundinacea,
zeichnet es sich vor allen Dingen durch die keulenartige Anschwellung
des Stammes gegen die Basis und die viel mehr genäherten Knoten
aus. Das Holz ist nicht so geschätzt, porös und weniger widerstands-
fähig. Es wird zu Blumenvasen und sonstigen Gefässen benutzt; doch
ist der Hauptzweck seiner Cultur die Gewinnung von Bambussprossen
im Frühjahr.*)
4. Phyllostachys nigra Munro (Bambusa puberula Miq.), jap. Kuro-
dake, schwarzes Bambusrohr, und Goma-dake. Dasselbe zeigt in
der Jugend braune Flecken und wird später ganz schwarz. Es ist
ein schönes Rohr, das 3—6 m hoch und daumendick, aber nicht häufig
angebaut wird. Eine verwandte Art oder nur eine Abart desselben
scheint das sogenannte Han-chiku oder gefleckte Bambusrohr der
Insel Yezo zu sein, welches nahe der Westküste zu Shikotan in
Shiribeshi vorkommt, wo es in grosser Menge an beiden Ufern eines
Baches wächst und seiner schönen Zeichnung (unregelmässige braune
Flecken und Schatten) wegen viel gesammelt wird. Die Japaner
schätzen es hoch und benutzen es zu Stöcken, Pfeifenröhren, Pinsel-
stielen und andern Gegenständen.
5. Arundinaria japonica S. \& Z., Me-take (d. h. weibliches Bam-
busrohr) genannt. Dasselbe ist eine einheimische Art, welche im
Hügellande häufig wildwachsend getroffen und besonders gern zu
dichten lebenden Hecken verwendet wird. Es erreicht 2—3,5 m Höhe
und Fingerdicke, ist fest und winterhart, wird zu Pfeifenröhren und
Pinselstielen viel verwendet und hat als Nutz- und Zierpflanze von
Japan aus eine weite Verbreitung gefunden.
Die meisten der übrigen in Japan einheimischen Bambusaceen
verholzen nicht, sondern bleiben klein und grasartig. Sie führen den
Collectivnamen Sasa, vertreten in den Wäldern oft das Unterholz
und zeichnen sich zum Theil durch die Panachierung ihrer Blätter aus.
Man trifft mehrere derselben als Zierpflanzen in Europa, so Bambusa
nana Roxb., B. Fortunei Van Houtte, B. aurea Sieb., B. pygmaea
Miq., Phyllostachys bambusoides S. \& Z., P. Kumasasa Munro.
Wie für den Reis, so ist auch für viele, zumal die grössten und
[272]I. Land- und Forstwirthschaft.
schönsten Arten Bambusen das Monsungebiet die alte Heimat und
ausgedehnteste Culturstätte. Sie haben sich hier zum Theil weit über
den nördlichen Wendekreis verbreitet, insbesondere in China und
Japan. Dessen ungeachtet kann ich Wallace nicht beistimmen, wenn
er behauptet,*) dass die riesigen Gräser, welche wir Bambusrohre
nennen, kaum als tropische betrachtet werden könnten; denn die
meisten, und zumal die grössten Arten, gehören dem tropischen Mon-
sungebiete an, und die in Südamerika und Afrika heimischen über
schreiten die Wendekreise fast nirgends. Dem Reis kommt in den
Monsunländern keine andere Nährpflanze an Bedeutung gleich, dem
Bambusrohr — ich denke hier nur an die grossen Formen — kein
anderes Holzgewächs bezüglich seiner vielseitigen Verwendung, noch
schmückt ein anderes mit gleich viel Anmuth die Landschaft.
In ihrer ersten Jugend liefern verschiedene Bambusaarten eine
beliebte Speise, wenn in voller Entwickelung, sind ihre Gruppen Zier-
pflanzen von wirkungsvollstem Einflusse im Landschaftsbilde und nach
dem Tode endlich ein Material, das im wärmeren Monsungebiet so
vielseitig verwendet wird, dass ein intelligenter Begleiter des Colonel
Yule die Möglichkeit der menschlichen Existenz in einem Lande, ohne
Bambusrohr gar nicht begreifen konnte.**)
Wie man im germanischen Norden die Häuser zum Pfingstfest
mit dem lieblichen Grün junger Birken schmückt, so wird in Japan
das Bambusrohr zur Neujahrsfeier herangezogen. Hinter der Kiefer
auf jeder Seite des Eingangsthor erhebt sich dann ein schlanker Stamm
des Take-no-ki, mit seinen vielen Knoten und Gliedern ein Symbol
der Manneskraft und in seiner Krone geschmückt durch kleine Man-
darinorangen nach altem Brauch.
Man hat diese grossen Bambusrohre oft und passend mit Spar-
geln verglichen. Wie aus der verpflanzten Spargelklaue jedes Früh-
jahr eine Anzahl Stangen hervortreiben und unter normalen Bedin-
gungen innerhalb gewisser Grenzen an Stärke jedes Jahr zunehmen,
so ist es auch bei geeigneter Behandlung mit dem Bambusrohr. Nur
sind hier alle Verhältnisse grossartiger. Aus wenigen Rhizomklumpen
entwickelt sich auf gutem Boden allmählich ein ganzer Hain. Rie-
sigen Spargeln gleich erscheinen im Frühjahr die neuen Triebe und
werden ebenso als Gemüse verwendet. Anfang Mai hat Bambusa
arundinacea bei Tôkio schon Manneshöhe erreicht; doch zeigt erst im
Hochsommer die Natur im Bambushain ihre volle Kraft; denn Bam-
busrohr allein ist Gras, welches man alsdann im wahren Sinne des
[273]6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc.
Wortes wachsen sehen kann, und zwar unter Umständen 10 und mehr
Meter hoch in einer Woche. Ast- und blattlos dringt es leicht durch
das Dickicht älterer Rohre, und erst, wenn es nahezu seine volle
Höhe erreicht hat, treibt es aus den Knoten seine dünnen Aeste nach
verschiedenen Richtungen und verdichtet mit ihnen und ihrem licht-
grünen Blattwerk das Gewebe der schon vorhandenen Kronen. Dass
für die kräftige Entwickelung der jungen Rohre in einer Pflanzung
für Luft und Licht gesorgt werden muss, liegt auf der Hand. Die am
Boden abgesägten oder abgehauenen älteren Exemplare gelangen zur
Verwerthung und junge nehmen ihre Stelle ein. Die grösseren, culti-
vierten Bambusrohrarten Japans sind nicht, wie in Indien, auch Be-
standtheile des Waldes selbst, sondern, wie bereits früher hervorgehoben
wurde, Anpflanzungen an den Waldrändern, um die Ortschaften und
in Tempelhainen. Die Erfahrung lehrt, dass die meisten Arten selbst
in ihrer indischen Heimat, wo sie in den Wäldern grössere oder klei-
nere Dickichte, zuweilen von 25—30 m Höhe bilden, und nur von den
grössten Bäumen überragt werden, oder auch angebaut um die Dörfer
sich finden, nur nach langen Perioden zur Blüthen- und Samen-
entwickelung kommen, worauf sie absterben. In Japan blühen die
grossen, angepflanzten Arten nie; auch erreichen dieselben hier nicht
die Höhe und Stärke, wie in ihrer tropischen Heimat.
In Indien wird Bambusa Brandisii Munro zuweilen 30—36 m
hoch und im wärmeren China erreichen B. arundinacea und B. vul-
garis 28—30 engl. Zoll (70—75 cm) Stammumfang und über 20 m Höhe.
Das sind Dimensionen, welche die der stärksten Rohre Japans noch
ansehnlich überbieten.
In jeder Grösse, auf allen Altersstufen, in sämmtlichen Theilen
und zu den verschiedensten Zwecken findet das baumartige Bambus-
rohr seine Verwendung. Obenan durch ihren weitragenden Nutzen
nach unzähligen Richtungen stehen jedoch die ausgewachsenen Stämme
selbst, riesige, verholzte Halme, denen die Natur eine Reihe von
werthvollen Eigenschaften verliehen hat, wie sie in gleichem Maasse
keinem andern Holzstamm zukommen. Kein anderer vereinigt mit
Leichtigkeit so viel Festigkeit, Elasticität und Stärke. Die grosse
Menge freier Kieselsäure, welche im Bambusrohr abgelagert ist, macht
es hart und widerstandsfähig gegen vielerlei Einflüsse, die anderes
Holz bald zerstören. Sie ist wohl auch die Ursache des lauten Kni-
sterns und Knallens beim Verbrennen, dessen schon Marco Polo ge-
denkt, der auch hervorhebt, dass dadurch Nachts wilde Thiere vom
Lagerfeuer und den Früchten des Feldes abgehalten werden. Auch
die Schlankheit und Länge, die Röhrenform und nicht minder deren
Rein, Japan. II. 18
[274]I. Land- und Forstwirthschaft.
Unterbrechung an den Knoten, sowie die leichte Spaltbarkeit in der
Längsrichtung zählen zu den sehr schätzbaren Eigenschaften des
Bambusstammes. Ein jeder Versuch, die darauf sich gründenden vielen
Verwendungen aufzuzählen, würde unzulänglich erscheinen; denn
schlafend oder wachend, bei jeder Art von Thätigkeit und auf jeder
Altersstufe ist der Mensch in Süd- und Ost-Asien, soweit das Bambus-
rohr gedeiht, von Gebilden aus demselben umgeben und im Gebrauch
solcher.
In seinem natürlichen Zustande, und nur der Spitze mit ihrer
Krone beraubt, liefert der Bambusstamm Leiterbäume und Dachsparren,
Pfähle, Pfosten und Stangen zum Schützen, Stützen und Tragen, z. B.
junger Bäume, der Baugerüste, Ruder-, Segel-, Flaggen-, Angel- und
Messstangen, Stöcke, Stiele und sonstige Handhaben für vielerlei Werk-
zeuge und Waffen, für Zäune, Gitter und allerhand Rahmwerk. Die
Röhrenform macht es wieder zu einer ganzen Reihe anderer Verwen-
dungen geeignet, z. B. bei Wasserleitungen, wobei man nur die
Zwischenwände an den Knoten zu durchstechen braucht, ferner für
Pumpen, Flöten, Pfeifenröhren. Jedes Glied mit den es abschliessen-
den Querwänden an den Knoten ist ein geschlossener Behälter. Wird
es quer durchschnitten, so bildet ein Stück Röhre mit seinem natür-
lichen Abschluss am einen Ende ein cylindrisches, oben offenes Ge-
fäss, das je nach Umständen als Eimer, Schöpf- und Trinkbecher,
Blumenvase oder Speibecken dient.
Die leichte Spaltbarkeit gestattet, es je nach den Zwecken in
Stäbchen, Spähne und Bänder von sehr verschiedener Grösse zu zer-
legen und daraus sowohl Essstäbchen, Löffel, Speere und andere einfache
Sachen, als auch mancherlei Gitter- und Flechtwerk darzustellen, wie
Hüte, Siebe, Schachteln, Körbe und Käfige, Stühle, Sänften und Bett-
stellen, Matten und Decken, Blenden für Fenster- und Thüröffnungen,
Segel, Rahmwerk für Bilder, Schirme und Fächer.
In Tôkio gibt es ganze Strassen, in welchen fast nur Bambusrohr
verkauft wird. Hier stehen auf den Höfen der grösseren Händler
Tausende von Rohren jeder Länge und Stärke, vom Dachsparren und
Leiterbaum bis zum Pinselstiel sortiert, zum Verkauf, um die er-
wähnten Take-mono (Bambusarbeiten) und viele andere daraus zu
verfertigen. Dass der vielseitige Nutzen, welchen das Bambusrohr
den Bewohnern der Monsunländer gewährt, ebenso, wie seine zier-
liche Gestalt von chinesischen und japanischen Dichtern viel gepriesen
wurde, kann nach dem Gesagten nicht überraschen. Dem japanischen
Künstler ist es ein beliebtes Decorationsmotiv, das er überaus häufig,
nicht blos mit dem Pinsel, sondern auch plastisch nachbildet. Seine
[275]6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc.
charakteristischen Züge rasch mit einigen wenigen Strichen des Tusch-
pinsels darzustellen, galt in Japan immer als Zeichen besonderer
Kunstfertigkeit.
Fam. Palmeae.
6. Chamaerops excelsa Thunb., jap. Shiro od. Shuro-no-ki,
auch Shuro-gi genannt. Das Holz dieser Palme (siehe pg. 202) wird
besonders wegen seiner Dauerhaftigkeit und Widerstandskraft gegen
die Einflüsse der Feuchtigkeit geschätzt und bei Wasser- und Häuser-
bauten wohl anderm Holze untergelegt: auch verwendet man es zu
Hohlgefässen, wie das Bambusrohr.
7. Cycas revoluta Thunb., jap. Sotetsu. Das schön gemaserte,
aber sehr poröse und leichte Holz dieser Art zeichnet sich dadurch
aus, dass es nicht reisst; es wird, wie Keyaki, zu Dosen, Tellern und
andern Gegenständen gedreht. (Siehe Hakone-zaiku.)
Fam. Coniferae.
a. Taxaceae, Eibenartige Nadelhölzer.
8. Taxus cuspidata S. \& Z., jap. Araragi, Ichii und Suwô, bei
den Ainos Unco genannt, ein Strauch oder niedriger Baum bis zu 6 m
Höhe, der am häufigsten in Hida und auf Yezo vorkommt, oft auch
als Zierpflanze gefunden wird. Das hochgeschätzte Holz zeichnet sich
durch seine schöne rothe Farbe (wie das unserer Eibe), feines Korn
und grosse Zähigkeit aus. Wegen letzterer Eigenschaft stellen die
Ainos ihre Bogen aus ihm her.
9. Torreya nucifera S. \& Z. (Taxus nucifera Thunb.), jap. Kaya
(siehe pg. 186), kommt als Strauch und Unterholz häufig, als kleiner
Baum seltener vor. Das Holz ist gleichförmig dicht und fest, hell-
farbig, gelblich, dient zu Bauzwecken und Kisten.
10. Cephalotaxus drupeacea S. \& Z. (Taxus baccata Thunb.), jap.
Inu-gaya (siehe pg. 186). Das Holz wird wie von der vorigen Art
benutzt, ist jedoch weniger feinkörnig und nicht so geschätzt.
11. Ginkgo biloba L. (Salisburia adiantifolia Smith.), jap. Ichio
und Ginkiyo genannt, muss nach seiner Blatt-, Blüthen- und pflaumen-
artigen Fruchtbildung als ein Unicum unter den Nadelhölzern der
jetzigen Schöpfung angesehen werden. Verwandte derselben traten
schon im braunen Jura auf, waren in der Tertiärzeit auf der nörd-
lichen Hemisphäre sehr verbreitet, sind aber alle bis auf den ostasia-
tischen Gingko verschwunden. Diesen kennt man bis jetzt nur im
cultivierten Zustande. Chinesen und Japaner pflanzen ihn, theils der
essbaren Früchte wegen (pg. 111), vornehmlich aber zum Schmuck
18*
[276]I. Land- und Forstwirthschaft.
ihrer Tempel- und Friedhöfe. Derselbe wächst rasch, erreicht grosse
Dimensionen und ein hohes Alter. Das Holz zeigt viel Aehnlichkeit
mit dem verschiedener Ahornarten, ist von heller, gelblicher Farbe,
feinkörnig, politurfähig, weich und leicht brüchig und wird aus letz-
terem Grunde wenig geschätzt.
12. Podocarpus macrophylla Don. (Taxus macrophylla Thunb.), jap.
Maki, Kusa-maki und Inu-maki genannt, ist auf das wärmere Japan
beschränkt und findet sich selbst hier wenig verbreitet. Zuweilen
verwendet man die Pflanze zu grünen Hecken, wie hier und da in
Tôkio; am häufigsten begegnet man ihr aber in Tempelhainen und
-höfen und zwar als Baum mit geradem, graurindigem Stamm, der
15—20 m Höhe und 1—2 m Umfang erreicht. Das faserige, röthlich
gelbe Holz zeigt an der Luft wenig Dauerhaftigkeit, um so grössere
im Wasser. Dasselbe findet seines seltenen Vorkommens wegen keine
grosse Verwendung.
13. Podocarpus Nageia R. Br., jap. Nagi. Bezüglich des Vor-
kommens dieser Art gilt dasselbe, was von der vorigen bemerkt wurde,
ja es scheint noch zweifelhaft, ob sie überhaupt zu den indigenen
Nadelhölzern Japans zu rechnen ist. Die Bäume in der Nähe der
Tempel erinnern sowohl durch die braunrothe Rinde, als auch die
Färbung ihres Holzes an baumartige Wachholder.
b. Cupressineae, Cypressen.
14. Juniperus chinensis L. (J. Thunbergii Hook.), jap. Ibuki und
Beni-biyakushiu. Diese Wachholderart Japans ist strauchförmig, wie
alle übrigen. Das rothbraune, feste und schwere Holz zeichnet sich
durch starken und angenehmen Geruch aus und eignet sich vortrefflich
zu Möbelfurnituren, wird aber der schwachen Entwickelung und schwie-
rigen Bearbeitung wegen wenig angewandt.
15. Biota orientalis Endl. (Thuya orientalis Thunb.), jap. Konote,
Wabyakudan. Das feinkörnige Holz dieses Strauches oder niedrigen
Baumes wird wenig benutzt. Es nähert sich dem des Nagi, ist aber
heller und leichter.
16. Chamaecyparis obtusa S. \& Z. (Retinispora obtusa S. \& Z.),
jap. Hi-no-ki.
17. Ch. pisifera S. \& Z. (Retinispora pisifera S. \& Z.), jap. Sawara.
18. Thujopsis dolabrata S. \& Z. (Thuja dolabrata Thunb.), jap.
Hiba.
Diese drei Nadelhölzer bilden eine engere Gruppe, nicht sowohl
nach ihrer Verwandtschaft als Lebensbäume, als vielmehr bezüglich
ihrer Lebensbedingungen, des gemeinsamen Vorkommens und der Aehn-
lichkeit ihres Holzes und dessen Verwendung. Wir begegnen ihnen
[277]6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc.
vornehmlich an den Bergabhängen und in den Thalschluchten des
mittleren Honshiu am oberen Kisogawa und in Kishiu und Yamato
(siehe pg. 257), auf Boden, welcher aus der Verwitterung von Granit,
alten Schiefern oder vulkanischem Gestein hervorging, dem Wasser
leichten Abzug, den Wurzeln tiefes Eindringen gestattet. In ge-
schlossenen, bodenreinen Beständen bilden sie hier prächtige Cultur-
hochwälder mit kerzengraden Stämmen, welche 30—35 m Höhe und
3—4 m Umfang erreichen und in einem Alter von 160—200 Jahren
noch ebenso gesund aussehen, wie in der Jugend. Zweihundertjährige
Stämme haben an der Basis 2,5—3 m Umfang und 18 m höher, wo
die Krone beginnt, noch 1,8—2 m. Hi-no-ki und Sawara trifft man
häufiger, als Hiba. Sind sie, wie in den meisten Fällen, unter ein-
ander gemischt, so kann man sie auf den ersten Blick kaum unter-
scheiden, während die dritte Art im Bunde in ihrem Aussehen weit
abweicht. Das schönere Gelbgrün der Oberseite des Laubes, das
Blaugrün und die besondere Zeichnung der Unterseite bei Thujopsis
dolabrata sind so auffällige Merkmale dieser schönsten aller Cypressen,
dass man sie nicht leicht mit andern Nadelhölzern verwechseln wird.
Wie schon hervorgehoben wurde, sind die Cypressenwälder künst-
liche Anlagen. Die Samen keimen am besten im Schatten, worauf
bei der Anzucht besonders geachtet werden muss.
Oben an in der Werthschätzung steht der Hi-no-ki, welcher dem
Ahnencultus (Shintô-Dienst) besonders heilig ist und aus diesem Grunde
mehr als die folgende angebaut wird. Das Holz ist weiss oder hell-
rosafarbig, glatt, leicht und doch sehr zäh, feinkörnig, harzarm und
knotenrein. Man verwendet es mit Vorliebe zu Lackwaaren und aus-
schliesslich zum Bau der Shintôtempel. Ebenso waren die Wohnungen
des Mikado und seiner Familie in Kiôto stets aus Hi-no-ki-Holz er-
richtet und mit der Rinde der Bäume, welche sich in höherem Alter
derselben leicht in langen Streifen ablöst, überdacht. Auf weissen,
unlackierten Tischchen aus Hi-no-ki überreichte man früher den zum
Seppuku (Bauchaufschlitzen) Verurtheilten den Dolch und auf ähnlichen
Tischchen präsentiert man noch jetzt den Göttern an ihren Festen Speise
und Trank.
Sawara unterscheidet sich im Aussehen nur durch eine etwas
hellgrünere Krone und bei näherer Betrachtung auch durch die ver-
schiedene Gestalt der kleinen schuppenförmigen Blätter, im Holze da-
gegen sehr auffallend von dem des Hi-no-ki. Dasselbe ist röthlich,
rauh und weniger geschätzt.
Das Holz der Hiba hat gelbliche Farbe und zeichnet sich be-
sonders durch seine Ausdauer im Wasser aus, weshalb es viel zu
[278]I. Land- und Forstwirthschaft.
Pfählen, sowie im Schiffs- und Brückenbau verwendet wird. Auch
braucht man es gleich dem der beiden vorerwähnten Arten zu Lack-
waaren und zur Anfertigung der Schiebefenster oder Shôji, wozu
ebenfalls Hi-no-ki den beiden andern vorgezogen wird.
Verschiedene Abarten der drei vorerwähnten Cypressen haben
mehr Interesse für den Gärtner, als den Forstmann. Beachtenswerth
ihres Holzes wegen ist nur noch
19. Thujopsis laetevirens Lindl., jap. Nedjuko, welche vielfach
als eine niedrigere Form von Th. dolabrata angesehen wird, von der
sie sich unter Andern auch durch eine blaugrüne Färbung unter-
scheidet. Das Holz ist fein und gradfaserig, wie bei den vorigen
Arten, und ebenso zu mancherlei Verwendungen geeignet, steht aber
dem der Hiba an Werth nach. Im weissen Splint zeigt es mit diesem
noch die grösste Aehnlichkeit; im dunkelbraunen Kernholze nähert
sich aber sein Aussehen auffallend dem des Sugi.
20. Cryptomeria japonica Don., jap. Sugi. Hi-no-ki ist wohl
das geschätzteste, Sugi aber ohne Zweifel das am meisten verwendete
Nadelholz Japans. Junge Exemplare dienen häufig zu immergrünen
Hecken, stattlich entwickelte bewundert man in Tempelhainen und
Alleen (s. Bild in Band I. pg. 172); am häufigsten aber findet man den
Baum in mehr oder weniger grossen Waldbeständen angepflanzt durch
das ganze Reich, von den Riukiu-Inseln bis nach Yezo; denn er ist
der hervorragendste Holzlieferant, sowohl zum Häuserbau, als auch
zur Darstellung von Kisten in allen Grössen.
Die Cryptomerien sind in ihrer Jugend weniger ornamental, als
manche andere Nadelhölzer. Man muss die Bäume in ihrer vollen
Kraft gesehen haben, um ihre Beliebtheit in Tempelhainen und längs
der Wege würdigen zu können, riesige Gestalten, häufig 5—6 m um-
fassend und in nicht seltenen Fällen noch weit umfangreicher, mit
kerzengraden Schaften von 20—25 m Höhe, denen sich dunkelgrüne,
regelmässig kegelförmige Kronen von 10—15 m Höhe und darüber an-
schliessen.
Obgleich sie sich schon von jungen Jahren ab jedes Frühjahr mit
Blüthen bedecken und reichlich fructificieren, zeigt sich doch im Sugi-
walde, wie im Hi-no-ki-Bestande nur ausnahmsweise ein Nachwuchs,
so dass die Art ohne menschliches Zuthun wahrscheinlich aussterben
würde. Sie verhält sich in dieser Beziehung, wie die riesige Sequoja
Californiens, mit der sie übrigens auch im Habitus viel Aehnlichkeit
hat. Man vermehrt sie durch Steck- und Sämlinge, vornehmlich auf
letztere Art. Der Baum verlangt tiefgrundigen Boden und Schutz
gegen Stürme. Wir finden seine Wälder in den Thälern und an den
[279]6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc.
Bergabhängen hinan bis zu etwa 1000 m Höhe. Bei der Anlage von
Pflanzungen auf leichtem Thonboden wird dieser wie Ackerland sorg-
fältig behandelt, von allem Unkraut befreit und tief umgegraben. Die
im Herbst in Reihen gesäeten Samen treiben im nächsten Frühjahr.
Die Sämlinge haben am Schluss des zweiten Jahres 0,50 bis 0,60 m
Höhe erreicht und werden im Frühjahr darauf verpflanzt. Sugi wächst
rasch. Vierjährige Bäumchen haben durchschnittlich eine Höhe von
1,80 m. Auf gutem Boden erreichen die Stämme 0,45 m Umfang in
10, und 2 m Umfang in 50 Jahren.
Das Holz der Cryptomeria ist im Kern braunroth, im Splint weiss-
lich, leicht spaltbar, von angenehmem Geruch, leicht zu bearbeiten,
im Wasser sehr dauerhaft, dagegen sehr brüchig. Die Färbung än-
dert sich indess sehr nach Alter und Standort, von hellroth bis dunkel-
rothbraun, wie die des Nussbaums, welche die unter dem Namen Jin-
dai-sugi bekannte Abart auszeichnet, während Yaku-sugi eine
braunrothe, feuerstreifige Varietät und Kurobe-sugi eine rothbraune
bezeichnet. Der schönen Farbe und leichten Bearbeitbarkeit wegen
wird es für die meisten Zwecke dem der Kiefern und Tannen vor-
gezogen und theurer bezahlt. Dagegen kann es nicht zum Brücken-
bau verwendet werden, noch sonst da, wo es auf Elasticität und grosse
Tragkraft ankommt. Die Engländer nennen die Cryptomeria gewöhn-
lich japanische Ceder; sie setzten vor 40 Jahren, als Fortune sie zu-
erst einführte, grosse Hoffnungen auf ihren Anbau, die sich aber
ebenso wenig erfüllt haben, wie anderwärts nördlich der Alpen. Der
Baum ist eben sehr empfindlich gegen strengere Kälte und lange
dauernde Sommerkühle, während ihm z. B. das trockne, heisse Klima
der Canaren noch zusagt. In Deutschland gedeiht er nur an wenigen,
geschützten Orten, wie z. B. beim Heidelberger Schloss und in der
Nähe von Bonn (Rosenburg), wo ein Exemplar in 24 Jahren einen
20 m hohen Stamm gebildet hat, der in Brusthöhe 0,85 m Umfang
aufweist.
c. Abietineae, Tannen, Kiefern und Lärchen. Der japa-
nische Collectivname für die beiden letzteren ist Matsu, während meh-
rere Arten Tannen Momi genannt werden. Von den 9 Arten japa-
nischer Tannen und Fichten, welche Franchet und Savatier in ihrer
Enumeratio plantarum anführen, haben nur zwei grössere Verbreitung
und als Holzlieferanten wirthschaftliche Bedeutung, nämlich Abies firma
S. \& Z. und A. Tsuga S. \& Z.
21. Abies firma S. \& Z., jap. Momi, ist über ganz Japan ver-
breitet, häufiger jedoch im mittleren und nördlichen Hondo, als auf
den südlichen Inseln. Man findet sie vornehmlich und in schönster
[280]I. Land- und Forstwirthschaft.
Entwickelung im Mischwalde, dem schönen blattwechselnden Laub-
walde zwischen 1000 und 1500 m Höhe, selten für sich. Sie bildet
unter allen japanischen Tannen die stattlichsten Stämme und erreicht
häufig, zumal in Parkanlagen und Tempelhainen bei 30—40 m Höhe
4—5 m Stammumfang. In seiner ganzen Tracht, sowie im Charakter
seines Holzes erinnert dieser Baum an unsere Edeltanne, hat jedoch
einen langsameren Wuchs. Sein Holz ist leichter, rauher und weniger
zähe, als das der Kiefer, daher billiger und weniger geschätzt. Im
Häuserbau wendet man es selten an.
22. Abies Veitchii Lindl. (A. nephrolepsis Maxim.), jap. Shirabe,
ein Baum der oberen Nadelwaldregion mit grauröthlicher Rinde, der
sich von verwandten Arten vornehmlich durch die glänzend bläulich-
weisse Färbung zweier Linien auf der Unterseite der Nadeln aus-
zeichnet, wodurch die ganze Krone ein eigenthümliches Aussehen er-
hält. Er erreicht 20—30 m Höhe und gegen 2 m Umfang. Das Holz
ist gradfaserig, leicht spaltbar, breitringig, weiss und glänzend mit
schmaler röthlicher Herbstzone, leichter und noch weniger elastisch
und fest, als das der Momi, daher wenig geschätzt.
23. Abies bicolor Maxim. (A. Alcockiana Lindl.), jap. Tôhi, ge-
hört ebenfalls dem höheren Gebirgsnadelwalde des mittleren und nörd-
lichen Hondo an, findet sich aber auch viel auf Yezo. Der Baum,
welcher in der Regel mit der folgenden Art vermischt auftritt, er-
reicht gleiche Dimensionen wie Shirabe. Sein Holz ist blassrosafarbig,
im Splint weiss, weniger glänzend als Shirabe und von deutlich er-
kennbaren grossen Harzcanälen durchzogen. Der leichten Spaltbar-
keit wegen wird es häufig zu Schindeln verarbeitet.
24. Abies polita S. \& Z. (Picea polita Carr.), jap. Ira-momi und
Tora-momi. Durch ihre etwas nach oben gekrümmten, prismatisch-
vierkantigen und in eine kurze Spitze endigenden Nadeln ist diese
Art von allen vorgenannten leicht zu unterscheiden. Sie bildet einen
stattlichen Baum von der Tracht unserer Abies excelsa, gehört dem
höheren Gebirge und Norden Japans an und wird gleich ihren vor-
genannten Gefährten wenig verwerthet. In der Neuzeit wird sie in-
dess auf Yezo als Bauholz viel verwendet.
25. Abies Jesoënsis S. \& Z. (Abies Menziesii Louv.), jap. Yezo-
matsu. Diese zweite Art Yezo-Fichte scheint die Dimensionen der
vorigen nicht zu erreichen, *) auch weniger benutzt zu werden. Man
findet sie auf Yezo, Sachalin, sowie in den Gebirgsnadelwäldern des
mittleren und nördlichen Hondo, hier und da auch als Zierpflanze in
[281]6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc.
Gärten und Tempelhainen, wo sie 30 m Höhe und 2—3 m Umfang
erreicht.
26. Abies Tsuga S. \& Z. (Tsuga Sieboldi Carr.), jap. Tsuga. Die
Tsugatanne findet sich auf allen grösseren japanischen Inseln, vor-
nehmlich in 1500—2000 Meter Höhe (Region der Tannen und Lärchen),
namentlich auf leichterem Boden vulkanischer Bergabhänge. Sie bildet
hier meist geschlossene, bodenreine Bestände, mit denen sich nur
wenige fremde Baumarten mischen. Selten steigt sie bis 700 Meter
abwärts, erreicht aber alsdann ihre bedeutendste Entwickelung mit
3—4, zuweilen sogar 5 m Stammumfang und 24 m Höhe bei 12—14 m
Schaftlänge. Die stattlichsten Exemplare mit 4—5 m dicken Stämmen
und gleichstarken Momi vermischt, fand ich im Walde von Kirishima-
yama im südlichen Kiushiu. Im Gebirgsnadelwalde nehmen gipfel-
wärts Dicke und Höhe, namentlich letztere, bedeutend ab, so dass
z. B. an Stellen über 2000 m Erhebung die Stämme bis auf 6—8 m
Höhe herabsinken, wie man dies unter Andern bei Ersteigung des
Nantai-san im Gebirge von Nikko leicht beobachten kann.
Wo die Tsuga in geschlossenen Gruppen auftritt, bildet sie gleich
ihrem nordamerikanischen Verwandten, dem Hemlock tree (A. cana-
densis Michaux) schöne, gerade Stämme, neigt dagegen wie dieser
zur Gabelung und zu krummem Wuchse, wenn sie einzeln steht. Das
Holz hat vortreffliche Eigenschaften und wird unter allen Tannen-
hölzern Japans am höchsten geschätzt. Es ist von röthlicher Farbe,
gradfaserig, feinkörnig, harzreich, fester und zäher als das aller
Kiefern und Tannen, daher widerstandsfähiger. Auch wird es durch
Wechsel in der Temperatur und Luftfeuchtigkeit wenig beeinflusst.
Dieser Eigenschaft und der Widerstandskraft gegen Nässe wegen ver-
wendet es der wohlhabende Japaner gern zur Herstellung der ge-
dielten Veranda seines Hauses und schätzt es namentlich dann hoch,
wenn es eine tiefer rothe Farbe aufweist. Der hohe Preis in Folge
schwieriger Beschaffung, wegen schwerer Zugängigkeit der Wälder
und ungeeigneter Transportmittel, verhindert auch bei diesem Holze
eine ausgedehntere Verwendung im Haus- und Schiffsbau, wozu es
sich vortrefflich eignet.
27. Pinus densiflora S. \& Z., jap. Aka-matsu und Me-matsu.
28. P. Massoniana S. \& Z. (P. Thunbergi Parl.), jap. Kuro-matsu
und O-matsu. Diese beiden Kiefern, zur Gruppe Pinaster Endl. ge-
hörend, zählen zu den verbreitetsten und beliebtesten Bäumen Japans.
Erstere zeigt mit P. sylvestris, letztere mit P. austriaca viel Aehn-
lichkeit. Wie bei dieser, so ist auch bei der Kuro-matsu, d. h. der
»Schwarzkiefer«, die Färbung der Rinde von Stamm und Aesten durch-
[282]I. Land- und Forstwirthschaft.
weg dunkelgrau, während Aka-matsu, die »Rothkiefer«, gleich unserer
gewöhnlichen Föhre sich durch blassrothe Färbung der oberen Stämme
und der Aeste auszeichnet.
Nach chinesischem Vorbilde wurde auch von den Japanern, —
denen übrigens der monöcische Charakter dieser Bäume längst bekannt
ist —, dem Kuro-matsu männliche, der Aka-matsu weibliche Eigen-
schaften zugeschrieben. Demgemäss benannte man sie O-matsu (männ-
liche Kiefer) und Me-matsu (weibliche Kiefer). Beim Neujahrsfest pflegte
man bisher durch beide eine glückliche Ehe darzustellen, indem man
zur Linken des geschmückten Eingangsthores zum Hause eine schwarz-
stämmige P. Massoniana, zur Rechten eine rothstämmige P. densiflora
aufpflanzte.
Pinus Massoniana ist hinsichtlich des Bodens einer der anspruchs-
losesten Bäume Japans. Hat die dem Wellenschlag des Meeres ent-
rückte Düne durch Ansiedelung verschiedener tiefwurzelnder Strand-
pflanzen, zu denen auch häufig der kriechende Juniperus littoralis Maxim.
gehört, festen Halt gewonnen, so pflegt sie der Japaner gern mit
Kuro-matsu zu bepflanzen. Diese Kiefer spielt demnach hier die-
selbe Rolle, wie im franz. Département des Landes Pinus Pinaster,
wie bereits früher hervorgehoben wurde. Von der Küste bis zu 300 m
Höhe finden wir diese Kuro-matsu Japans auf Terrain, welches den
andern Nadelhölzern nur ungenügende Nahrung liefert. Als Allee-
baum längs der Landstrassen und in Tempelhöfen zeigt sie ihre grösste
Entwickelung. Hier sind 150—200 Jahre alte Stämme von 4—6 m
Umfang und 30—35 m Höhe keine Seltenheit.
Das Vorkommen von Pinus densiflora schliesst sich in mehrfacher
Beziehung der vorerwähnten Art an. Im Hügel- und Gebirgslande
150—800 m über der See und ausnahmsweise noch darüber hinaus,
vornehmlich auf der Sonnenseite der Bergabhänge wächst diese Kiefer.
In tieferer Lage, wie auch an den Landstrassen finden wir sie oft
mit der vorigen Art untermischt und gleich dieser meist in lichten Be-
ständen, so dass noch mancher Strauch als Unterholz zwischen ihnen
Raum und Licht hat. Sie bewohnt ebenso das aus der Verwitte-
rung von Schiefergebirge und Granit hervorgegangene Kieselgeröll, als
auch alte Lavafelder und erreicht nicht ganz die Dimensionen der
Massoniana.
Unter allen Coniferen Japans ist das Holz dieser beiden Kiefern
nächst dem einiger Tannen am billigsten und einander sehr ähnlich,
sowohl in der hellbraunrothen Färbung und Streifung, der grad- und
langfaserigen Structur, als auch in Dichte und Zähigkeit. Daher ist
denn auch die Verwendung beider im Haus- und Brückenbau, als
[283]6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc.
Werkholz zu vielen kleinen Geräthen, sowie als Brennholz zum Heizen
der Porzellanöfen, und verschiedenen andern Zwecken dieselbe. Vor
dem Holze unserer Kiefern haben diese beiden japanischen Hölzer
keine nennenswerthen Vorzüge. Sie sind ebenso harz- und knoten-
reich und dazu finden wir ihre Stämme nur ausnahmsweise durchaus
gradschaftig, vielmehr noch weit mehr gebogen, als die unserer Pinus
sylvestris in lichten Beständen.
29. Pinus koraiensis S. \& Z. (P. Strobus Thunb.), jap. Chosen-
matsu (Korea-Kiefer) und Goyô-no-matsu (Fünf-Nadel-Kiefer).
Der Thunberg’sche Name dieser Art weist auf die grosse Aehnlichkeit
ihres Aussehens mit der nordamerikanischen Weimuthkiefer hin,
während die Zapfen mit ihren essbaren Nüssen mehr an P. Cembra
erinnern. Der Baum stammt, wie dies auch eine der japanischen
Benennungen andeutet, aus Korea und findet sich in Japan nur als
Zierpflanze. Eine schöne Allee sah ich beim Schlosse zu Morioka im
nördlichen Hondo (pg. 110). Das unrein gelblichrothe Holz hat breite
Jahresringe und wird in ähnlicher Weise, wie das der vorerwähnten
Kiefern verwerthet.
30. Pinus parviflora S. \& Z., jap. Goyô-no-matsu und Hime-
ko-matsu. Diese Art bildet das Knieholz der oberen Region höherer
Berge von Hondo und Yezo und einen ziemlich seltenen Zierbaum in
Gärten und Parkanlagen. Das gelbliche Holz steht an Werth hinter
dem aller andern Matsu zurück.
31. Larix leptolepis Gord. (Pinus Larix Thunb.), jap. Kara-
matsu. Die japanische Lärche findet sich vom 34. Parallel an nord-
wärts. Im mittleren Honshiu gehört sie in der Regel der Gebirgs-
region zwischen 1500 und 2000 m an und bildet hier nur aus-
nahmsweise eigene Bestände, findet sich vielmehr in der Regel mit
Tsuga und andern Abiesarten vermischt. Weiter nördlich senkt sich
ihre Höhenzone mehr und mehr. Damit nimmt die Häufigkeit ihres
Auftretens zugleich zu und zum Theil auch ihre Entwickelung. Sie
gedeiht vornehmlich auf verwitterter vulkanischer Lava und entwickelt
in höherer Lage Stämme von 1½ m Umfang und 20—24 m Höhe.
Auf besonders günstigen, tiefer gelegenen Standpunkten kann sie je-
doch eine Dicke von 4 m und 30 m Höhe erreichen. Das rothbraune
Kernholz zeigt schmale Jahresringe, ist feinkörnig, zähe und dauer-
haft, widersteht auch der Feuchtigkeit vortrefflich und wird aus allen
diesen Gründen sehr geschätzt, doch wegen schwieriger Beschaffung
nur wenig zum Bauen verwendet, dagegen mit Vorliebe zu Grubenholz
gebraucht, sowie zu kleineren Waaren.
32. Sciadopitys verticillata S. \& Z., jap. Koya-maki. Die ja-
[284]I. Land- und Forstwirthschaft.
panische Schirmtanne ist ein herrliches Nadelholz, steht einzig da in
ihrer Tracht und ist unstreitig eine der schönsten Arten, welche wir
Ostasien verdanken. Der eigentliche Name ist Kane-matsu, d. h.
Goldkiefer. Die Benennung Koya-maki erinnert an Maki (Podo-
carpus macrophylla), mit dem ihre Blätter einige Aehnlichkeit haben,
und an die Klosterstadt Koya in Kishiu, woselbst die Schirmtanne einen
prächtigen Hain bildet und auch sonst in der Nachbarschaft bei 400 bis
800 m Höhe in mehreren grösseren Beständen vorkommt. Der Baum ist
hier erwiesenermaassen überall nur angebaut. Er erreicht bei geradem
Wuchs und starker Verästelung, wie wir sie beispielsweise bei Pinus
Strobus finden, 20—24 m Höhe und 2—4 m Umfang. *) Die Zapfen
erinnern an Kiefern, ebenso die rissige Rinde älterer Bäume, sowie
die abstehenden Aeste. Aber die Form der Krone ist regelmässiger
kegelförmig, wie bei den meisten Abiesarten, und was den Bäumen
ihren besonderen eigenartigen Charakter verleiht, sind ihre Blätter.
Dieselben erscheinen quirlförmig gestellt, wie die Aeste und Zweige,
lang, wie die Nadeln von Kiefern, breit, dick und glänzend, grün,
wie bei Podocarpus. Das gelblichweisse, leichte, feinkörnige und
breitringige Holz gleicht am meisten dem verschiedener Abiesarten
und zeichnet sich nicht durch besonders werthvolle Eigenschaften aus.
Hierin mag der Grund liegen, wesshalb man die Schirmtanne ausser
auf dem Koya-san und um ihn herum fast nirgends als Waldbaum,
wohl aber hier und da zur Zierde angepflanzt findet.
Fam. Salicineae.
33. Salix japonica Thunb., jap. Yanagi. Das weiche, weisse
Holz dieser und einiger andern Weidenarten, wozu auch die als Zier-
pflanze vorkommende Trauerweide (Salix Babylonica L.), Shidare-
yanagi (Hängeweide) genannt, zu rechnen ist, dient zur Darstellung
der Yo-ji oder Zahnbürsten. Auch werden Kinderspielsachen, wie
Schüsselchen, Becher etc. daraus gedreht. Der Verwendung der Wei-
den zu Flechtwerk wurde bereits Seite 204 gedacht.
34. Populus tremula L. (P. Sieboldi Miq.), jap. Yama-narashi
und Dorofu ist in den Bergwaldungen Japans, zumal auf Lichtungen
etwa vom 34. Breitengrad an nordwärts zu finden, wenn auch nicht so
häufig als in Europa. Das Holz wird kaum verwerthet.
[285]6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc.
Fam. Betulaceae.
35. Betula alba L., jap. Shira-kaba oder Shira-kamba, Kaba
und Kamba genannt, kommt zerstreut in den höheren Gebirgswal-
dungen des mittleren und nördlichen Hondo und auf Yezo vor, ebenso
36. B. ulmifolia S. \& Z., jap. Midzume, deren braunrothes Holz
sich mehr dem der Erlen nähert. Die Hölzer dieser und einiger an-
dern Birkenarten werden hier und da zu Kistchen, wohl auch in der
Lackindustrie verwandt.
37. Alnus firma S. \& Z., jap. Minebari, Yama-harinoki und
Hari-no-ki.
38. Alnus maritima Nutt. (A. japonica S. \& Z.), jap. Hari-no-ki,
auch Han-no-ki genannt.
39. Alnus incana Wild., jap. Yama-hari-no-ki. Man ver-
arbeitet das Holz dieser Erlen zu Kisten. Eine eigenartige Behand-
lung und Verwendung findet Erlenholz im Hakone-Gebirge. (Siehe
Kunstgewerbe: Holzdreharbeiten.)
Fam. Juglandaceae.
Die hierher gehörenden Bäume führen den Collectivnamen Kurumi.
Ausser unserer gemeinen Wallnuss wird auch Juglans Sieboldiana hier
und da der Früchte wegen angebaut (pg. 110); doch findet sich letz-
terer häufiger, wie die übrigen Arten eingestreut in den Bergwal-
dungen des mittleren und nördlichen Hondo, sowie der Insel Yezo.
Ihre Hölzer haben sehr verschiedenen Charakter und Werth. Man
macht von denselben bislang in der Möbeltischlerei nur bescheidenen
Gebrauch. Erwähnenswerth sind:
40. Juglans mandschurica Maxim., jap. Kurumi, deren schönes
dunkles Holz dem der folgenden Art und unserem Wallnussholze sehr
ähnlich ist.
41. Juglans Sieboldiana Maxim., Tô-gurumi und Kurumi ge-
nannt.
42. Pterocarya rhoifolia S. \& Z. (P. sorbifolia S. \& Z.), jap. Sawa-
gurumi. Das Holz derselben ist leicht, hell, weiss, gelblichweiss
oder hellrosafarbig.
43. Platycarya strobilacea S. \& Z., jap. No-gurumi und Yama-
gurumi.
Fam. Corylaceae.
44. Corylus heterophylla Fisch., jap. Hashibami. Das weiche,
weissliche Holz wird wenig gebraucht.
45. Carpinus japonica Blume, C. laxiflora Bl. und C. cordata Bl.
[286]I. Land- und Forstwirthschaft.
führen den jap. Collectivnamen Soro. Ihre Hölzer sind weiss, glän-
zend und dem unserer Hainbuche ähnlich. Sie werden wenig benutzt.
Fam. Cupuliferae.
Wir haben hier in erster Linie die zahlreichen japanischen Arten
der Gattung Quercus in’s Auge zu fassen. Dieselben zerfallen bekannt-
lich in 2 Gruppen: eine immergrüne, lorbeerblättrige mit glatter Rinde
im wärmeren Süden und an der Küste von Hondo nordwärts bis etwa
zum 36. Breitengrade, und eine blattwechselnde, unsern einheimischen
Eichen verwandte Gruppe mit im Alter dicker, zerrissener Borke und
meist gebuchteten Blättern im Norden und in den Gebirgswaldungen.
Jene führen wohl den Collectivnamen Kashi, diese werden meist
Nara genannt. Ein grosser Unterschied zeigt sich auch im Holze.
Das der blattwechselnden Arten nähert sich dem unserer Eichen, zeigt
Markstrahlen, Jahresringe und die charakteristische concentrische An-
ordnung der grossen Poren auf das deutlichste. Bei den lorbeerblätte-
rigen Arten sind diese Merkmale mehr verwischt, die zahlreichen
Poren viel kleiner und viel unregelmässiger vertheilt. Dementspre-
chend ist das Holz der immergrünen japanischen Eichen dichter, fester,
zäher und schwerer, wird also auch mehr geschätzt, als das der an-
dern. Von den meisten Arten aber ist es im Vergleich zu der Mehrzahl
der übrigen Hölzer des Landes schwer, hart, zähe und sehr stark, spaltet
sich nicht leicht und widersteht lange den Einflüssen der Nässe. Von den
blattwechselnden Eichenarten wird es vornehmlich gleich dem der Ka-
stanie verkohlt und als Brennmaterial, dagegen kaum je in der Tisch-
lerei benutzt. Das der immergrünen schätzt man überall, wo Elasti-
cität und Zähigkeit besonders in Betracht kommen, und verwendet es
zu Stielen, Tragstangen, Rudern und im Schiffsbau. Zu den sommer-
grünen Eichen Japans gehören:
46. Quercus dentata Thunb., jap. Kashiwa. Diese Art ist vor
allem durch ihre sehr grossen gebuchteten und gezahnten Blätter aus-
gezeichnet und wird aus diesem Grunde oft als kleiner Zierbaum in
Gärten gefunden. Auf Yezo soll sie besonders häufig sein. Strauch-
förmig traf ich sie häufig auf der Hara an der Grenze vulkanischer
Bergwälder des nördlichen Hondo. Ihr grossporiges Holz wird wenig
geschätzt.
47. Q. crispula Blume, jap. Ko-nara oder Nara, kleinblätterige,
sommergrüne Eiche, gleich der folgenden am meisten in Tracht und
Holz der unsrigen gleichkommend, sehr verbreitet, geht einzeln bis
in’s südliche Kiushiu, bildet gleich der nachfolgenden im mittleren und
nördlichen Japan oft besondere Bestände und 3—4 m dicke Bäume.
[287]6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc.
48. Q. glandulifera Blume, jap. Nara, Ô-nara, Midzu-nara.
Der vorigen ähnlich und oft in ihrer Gesellschaft; doch sind die Blätter
viel grösser, worauf sich auch die Benennung Ô-nara, grosse Eiche,
bezieht. Beide liefern schöne, unserm Eichenholz sehr nahekommende
Hölzer, erreichen aber nicht diese gewaltigen Dimensionen.
49. Q. serrata Thunb., jap. Kunugi und Kunugi-nara, auf
Yezo und Hondo sehr verbreitet, auch in Korea und China, sowie den
indischen Vorbergen des Himalaya bis zu 1500 m Höhe. (Siehe
Brandis, Forest Flora of India pg. 486.) Die Blätter erinnern an ess-
bare Kastanien und nähren den Eichenspinner. (Siehe Seidenzucht
pg. 246 u. 247.) Unter den vielen wintergrünen Eichen treten die
folgenden mehr hervor:
50. Q. cuspidata Thunb., jap. Shii-no-ki, ist unter allen immer-
grünen japanischen Eichen am wenigsten empfindlich gegen die Winter-
kälte, am verbreitetsten und wichtigsten, bildet oft eigene Hochwald-
bestände, wie z. B. noch in der Nähe von Atami am Fusse des Ha-
konegebirges und liefert ein geschätztes Holz. Sie ist als Zierpflanze,
namentlich in Tôkio, sehr beliebt, färbt im Frühjahr beim Blatt-
wechsel die Spitzen ihrer Zweige weisslich und röthlich mit jungen
Blättern, die erst allmählich in tieferes Grün übergehen, und ent-
wickelt im Mai Blüthenkätzchen, die nach Stellung und Farbe mehr
an solche unserer essbaren Kastanie, als an diejenigen blattwechseln-
der Eichen erinnern. Der essbaren Eicheln (Shii-no-mi) wurde schon
pg. 110 gedacht.
51. Q. acuta Thunb., jap. Aka-gashi, rothe Eiche. Sie führt
ihren Namen der röthlichen Farbe ihres Holzes wegen, welche in
manchen Lagen bis zu tiefem Rothbraun sich steigert. An Unempfind-
lichkeit steht sie der vorigen Art wenig nach und bildet zuweilen
ebenfalls Stämme von ansehnlicher Stärke.
52. Q. glauca Thunb., jap. Shira-kashi, d. h. weisse Eiche.
Das Holz ist am hellfarbigsten unter allen japanischen Arten, grau-
weiss, sehr dicht, fest und zähe und wird daher hochgeschätzt. Man
verwandte es bisher mit Vorliebe zu Lanzenstielen, Trag- und Ruder-
stangen, sowie zu Stielen vieler Geräthe. Shira-kashi liebt ein wär-
meres Klima und entwickelt sich erst im milden Süden zu einem an-
sehnlichen Baum.
53. Castanea vulgaris Lamark, jap. Kuri. *) Das hellbraune
Holz wird in den Wäldern zu Heizungszwecken verkohlt, sonst aber
wenig benutzt. Es erinnert in seiner Structur an dasjenige blatt-
[288]I. Land- und Forstwirthschaft.
wechselnder Eichen, ist aber viel poröser, leichter und weniger wider-
standsfähig.
54. Fagus Sieboldi Endl. steht unserer gewöhnlichen Buche sehr
nahe und ist wahrscheinlich nur eine Abart derselben. Die Japaner
nennen sie Buna. Ihre Verbreitung und Bedeutung im japanischen
Gebirgswald wurde schon S. 260 hervorgehoben. Das frische Holz ist
grauweiss, dunkelt aber allmählich röthlich oder braunroth nach.
Seine zahlreichen feinen Poren sind gleichmässig vertheilt. Es zeichnet
sich ferner durch dichtere Struktur und feineres Korn vor dem der
Eichen aus, ist aber nicht so schwer, auch weniger zähe und dauer-
haft. Spaltbarkeit, Härte und Biegsamkeit sind seine wichtigsten Eigen-
schaften. Man benutzt es hier und da zu Ackergeräthen, dreht daraus
Suppennäpfe, welche später lackiert werden, verwerthet es aber nur
selten als Brennmaterial.
Fam. Moreae.
55. Morus alba L., jap. Kuwa. Auf Seite 225—227 wurde be-
reits dieses Baumes und seiner Cultur für die Seidenzucht gedacht.
Das Holz ist also sozusagen Nebenprodukt. Seine Jahresringe werden,
wie bei sommergrünen Eichen, durch Gürtel grösserer Frühjahrsporen
angezeigt. Es ist langfaserig, meist von gelblicher Farbe, doch auch
rothbraun und wird dann besonders geschätzt. Dasselbe ist ferner
fest, dauerhaft, nimmt leicht die Politur an und wird desshalb in
der Möbeltischlerei, doch nicht in grossem Umfang, verwendet.
Fam. Ulmaceae.
56. Zelkowa Keaki S. \& Z. (Planera acuminata Lindl.), der Keyaki
(sprich Kéaki) der Japaner, ein stattlicher und durch sein Holz sehr
nützlicher Baum, der sich in Wäldern und Tempelhainen, sowie längs
der Pfade um manche Ortschaften (namentlich in der Nachbarschaft
von Tôkio) findet und zuweilen gewaltige Dimensionen (10 m Stamm-
umfang und 30—40 m Höhe) erreicht. Im Aussehen erinnert er leb-
haft an Celtis australis der Mittelmeerregion, wie beispielsweise an
die schönen Exemplare dieser Art im botanischen Garten zu Madrid,
aber auch an unsere Buchen.
Keaki ist das beliebteste Tischlerholz und spielt für japanische
Verhältnisse eine ähnliche Rolle, wie Eichenholz bei uns, dem es
auch im Aussehen etwas ähnlich ist. Zu seinen werthvollsten Eigen-
schaften gehört insbesondere die, dass es nicht reisst und sich nicht
leicht wirft, so dass man z. B. Querschnitte zu Präsentiertellern und
Dosen drehen und verwerthen kann, wie solches im Hakonegebirge
[289]6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc.
geschieht. Ausserdem zeichnet sich das Keakiholz durch seine grosse
Zähigkeit, Elasticität und Dauerhaftigkeit aus, sowohl im Wasser, als
auch an trockner Luft, wenn es nicht zur Zeit der Saftfülle gefällt
wurde. Die grauweisse, glatte Rinde erinnert in Farbe und Dicke an
diejenige unserer Buchen, der helle Splint geht rasch in Kernholz
über, dessen Farbe nach Standort und Alter der Bäume zwischen hell-
braun und dunkelbraun schwankt, und dessen dunklere und geschätztere
Färbung nach dem Fällen oft noch durch längere Submersion in Wasser
vor der Verarbeitung erhöht wird. Keaki ist leichter als Eichenholz,
da sein specifisches Gewicht nur 0,682 beträgt. Auf dem Querschnitt
erkennt man leicht die sehr schmalen Markstrahlen, wie sie alle Ul-
maceen auszeichnen, und die deutlichen Gürtel zahlreicher grosser
Poren auf der Innenseite der Jahresringe. Diese Poren und ihre
Wandungen treten auch bei Längsschnitten deutlich hervor, welche
zugleich den parallel- und gradfaserigen Charakter des gewöhnlichen
Holzes leicht erkennen lassen. Von dieser Struktur des Keakiholzes
gibt das Futteral zu der japanischen Tabakspfeife Fig 1. S. 156 ein
deutliches Bild. Keaki dient dem Japaner zu mancherlei Zwecken:
im Schiffs- und Häuserbau, in der Möbeltischlerei, Dreherei, und zu
vielen kleinen Gegenständen. Je nach der Färbung belegt er es mit
verschiedenen Namen und schätzt besonders hoch das Tama-moku
oder Maserholz, auch Tama-no-keaki genannt.
In allen erwähnten Eigenschaften übertrifft es die sämmtlichen
übrigen Ulmaceen. Dagegen ist seine Verästelung zu dünn, seine Be-
laubung wie bei Celtis zu licht, als dass der Baum der Ulme gleich
als Zierpflanze und Schattenspender verwendet werden könnte. Seine
Ansprüche an den Boden sind analog denen seiner Verwandten. Wir
finden ihn im besten Gedeihen auf leichtem Thonboden, in welchem
er seine Wurzeln allseitig ausbreiten und entwickeln kann. Er gehört
der unteren Region des Gebirgslaubwaldes an und überschreitet im
mittleren Hondo wohl selten die Höhenzone von 800—1000 m, ist auch
keineswegs sehr verbreitet und häufig und erreicht erst in der Ebene
in Tempelhainen und längs der Wege jene grossen Dimensionen, in
denen er unter den Laubbäumen nur dem Kampferlorbeer nachsteht.
57. Celtis sinensis Pers. (C. orientalis Thunb.), jap. Ye- (sprich
E)-no-ki, ist in seiner Tracht dem Keyaki ähnlich, erreicht nicht
solche Stärke und hat leichtes, grauweisses, schwammiges Holz von
geringem Werth. Man findet den Baum selten im Walde, wohl aber
an Bachufern und bei Ortschaften angebaut.
58. Homoieceltis aspera Bl. (Aphananthe aspera Planch.), jap.
Muku, Muku-no-ki. Das Holz ist dunkler, dichter und besser, als
Rein, Japan. II. 19
[290]I. Land- und Forstwirthschaft.
bei voriger Art, doch ohne hohen Werth. Der Baum liebt wärmeres
Klima, erreicht keine grossen Dimensionen, ja bleibt oft strauchförmig.
(Ueber die Verwendung seines Bastes siehe Papierindustrie.)
59. Ulmus campestris Sm., jap. Haru-nire, Kobu-nire, Ya-
gire. Die Eigenschaften dieses auch in Europa viel verbreiteten
Baumes sind bekannt. Von der letzten Pariser Ausstellung besitze ich
ein Ulmenholz mit der Benennung Damo und dem Ursprung Shi-
motsuke-no-kuni, Hoso-Omura, also aus der Provinz Shimotsuke,
welches offenbar hierher gehört. Es hat grauweissen Splint und röth-
liches Kernholz und dürfte identisch sein mit dem »Aka-tamo«,
d. h. »rothen Tamo«, dessen Dupont pg. 50 seiner Schrift gedenkt, und
das auch sonst namentlich als Holz der Insel Yezo schon oft erwähnt
worden ist. Das Tanichi-tamo dieser Insel scheint Ulmus montana
Sm. zu sein, der Ohio-no-ki, von dem bereits Seite 200—201 die
Rede war.
60. U. parvifolia Jacq. (Microptelia parvifolia Spach.), jap. Aki-
nire, Nire und Yu. Das Holz dieser Art ist feinporiger und dichter,
als bei den übrigen; der Baum erreicht aber, wie es scheint, bei
weitem nicht deren Grösse.
Fam. Buxaceae.
61. Buxus japonica J. Müll. (Buxus virens Thunb.), jap. Tsuge.
Ein wesentlicher Unterschied zwischen dieser Pflanze und Buxus sem-
pervirens L. scheint nicht zu bestehen. Das gelbe Holz ist fein-
körniger, dichter und mehr gleichartig in Struktur, sowie schwerer, als
alle andern Hölzer Japans. Es zeigt unter der Lupe feine Jahresringe
und Markstrahlen, nicht aber dem blossen Auge. Die Poren erscheinen
gleichmässig vertheilt und überaus fein. Ein merklicher Unterschied
zwischen Kernholz und Splint besteht nicht. Unter einer Sammlung
von 50 Täfelchen verschiedener japanischer Hölzer mit den Dimensionen
150 × 75 × 3 mm hatte sich die Tsugeplatte am meisten geworfen.
Der Bux ist auf den wärmeren Süden Japans beschränkt und scheint
am häufigsten auf den Riu-kiu-Inseln vorzukommen. Sein geschätztes
Holz wird vornehmlich in der Kammschneiderei verwendet, wie schon
Kämpfer und Thunberg hervorhoben. *)
62. Elaeococca cordata Bl. (Aleurites cordata Müll.), jap. Dokuye,
Abura-no-ki, Abura-giri und Yama-giri (siehe pg. 184—185).
Wie im Habitus und in der Gestalt und Grösse der Blätter, so zeigt dieser
[291]6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc.
Baum auch in der Beschaffenheit, Farbe und Verwendung seines leichten
Holzes mit Kiri (Paulownia imperialis) grosse Aehnlichkeit.
63. Excoecaria japonica J. Müll. (Croton siraki S. \& Z.), jap.
Shira-ki und Haratoku.
64. Sapium sebiferum Roxb. (Stillingia sebifera S. \& Z.), jap. Tô-
haze und Nanking-haze.
Fam. Lauraceae.
Die immergrünen Glieder dieser interessanten Familie bilden meist
stattliche Bäume und gehören dem warmen Süden Japans an: die
blattwechselnden (der Gattung Lindera) findet man als Sträucher und
niedrige Bäume zerstreut in den Laubwäldern des ganzen Gebiets.
So verschieden auch Farbe und Werth der einzelnen hierher zählen-
den Hölzer sein mögen, so zeichnen sich doch alle mehr oder weniger
durch aromatischen Geruch, matten oder starken Seidenglanz, schwache
Markstrahlen und gleichmässige Vertheilung der Poren aus. Die
Hölzer der Gattung Cinnamomum gehören zu den werthvollsten Ja-
pans. Ihr Gewicht steht dem der Eichen nach.
65. Cinnamomum camphora Nees (Laurus camphora L.), jap. Kusu,
Kusu-no-ki. Das Bemerkenswertheste über diesen interessanten und
wichtigen Baum wurde bereits bei dem Artikel »Kampfer« pg. 169 bis
177, sowie pg. 268 erwähnt. Kampferholz zeigt auf dem Querschnitt
zahlreiche, gleichmässig vertheilte, mittelgrosse Poren, deren Grösse
und Gestalt indess nach Alter und Standort der Bäume sehr verschieden
ist. Hiernach wechselt auch die Farbe des Holzes zwischen grauweiss
und dunkelrothbraun, ist aber vorherrschend hellbraunroth. Man
unterscheidet nach ihr verschiedene Sorten Kampferholz und schätzt
die dunkelgefärbten, rothbraunen, maserreichen am meisten.
66. C. pedunculatum Nees (C. japonicum S. \& Z.), jap. Yabu,
Tabu, Tabu-no-ki und Tama-gusu, d. h. Maser-Kampferholz,
genannt. In der verschiedenen Färbung ist dies Holz dem vorigen
ähnlich; doch ist es dichter und schwerer. Es wird noch höher ge-
schätzt und ebenfalls in der Möbeltischlerei, zu kleinen Kabinetten
und andern Gegenständen verarbeitet, und liefert namentlich schönes
Fournierholz.
67. Machilus Thunbergii S. \& Z. (Laurus indica Thunb.), jap.
Nan, Inu-kusu, Ta-funo, kommt nicht blos auf den südlichen
Inseln, sondern längs der Küste von Hondo auch bis nach Tôkio
hin vor.
68. Listaea glauca Sieb., jap. Yabu-kusu, d. h. Strauch-Kampfer,
Shiro-tsudzu (Shiro-damo).
19*
[292]I. Land- und Forstwirthschaft.
69. Tetranthera japonica Spreng. (Tomex japonica Thunb.), jap.
Hama-biwa.
70. Actinodaphne lancifolia Meissn. (Daphnidium lancifolium S.
\& Z.), jap. Koga-no-ki, Koga-gashi.
Die blattwechselnde Laurineengattung Listera Thunb. (Benzoïn
Neess) kommt in Japan in acht Arten vor. Es sind ziemlich ansehn-
liche Sträucher, welche durch ihre Belaubung unter den vielen andern
Gliedern des blattwechselnden Laubwaldes wenig auffallen. Mehrere
führen nach der schwärzlichen Rinde den Namen Kuro-moji, andere
werden mit Bezug auf die weissgraue Rinde zusammen Shiro-moji
genannt. Erstere findet man weit verbreitet, zum Theil noch auf Yezo.
Bei allen lagert um das weisse Mark ein grauweisses, seidenglänzen-
des, angenehm riechendes Holz, das auf dem Querschnitt feine Mark-
strahlen, deutliche Jahresringe und sehr feine Poren zeigt. Von meh-
reren Arten Kuro-mochi wird es seit Jahrhunderten allgemein zu Zahn-
stochern, jap. Ko-yôji (yôji, Zahnbürste, ko, klein) verwendet, ins-
besondere von
71. Lindera sericea Bl. (Benzoïn sericeum S. \& Z.), jap. Kuro-
moji, und von
72. L. umbellata Thunb. (Benzoïn Thunbergii S. \& Z.), jap. Inu-
kusu, Kuro-moji.
Fam. Scrophularineae.
73. Paulownia imperialis S. \& Z. (Bignonia tomentosa Thunb.),
jap. Kiri oder Kiri-no-ki. Dieser Baum ist nicht einheimisch, son-
dern Culturpflanze Japans seines leichten Holzes wegen. Man findet
ihn nie in geschlossenen Beständen oder sonst nach Art der Wald-
bäume angebaut, vielmehr ähnlich, wie unsere Obstbäume. Ein rascher
Wuchs zeichnet ihn aus und liefert schon nach 9—10 Jahren Stämme
von ansehnlicher Stärke, die sich durch Wurzelschösslinge, aber auch
durch Samen fortpflanzen. Das Holz ist gewöhnlich grauweiss, aber
auch oft hellbraun, sehr porös, namentlich an den Grenzen der Jahres-
ringe, und nähert sich in seinem specifischen Gewichte von 0,191 dem
des Korkes. Dabei ist es im Verhältniss zu gleichen Gewichtsmengen
anderer Hölzer sehr stark; auch wirft es sich nicht und reisst nicht
leicht. Alle diese Eigenschaften machen es werthvoll. Besonders wird
es aber seiner Leichtigkeit und Weichheit wegen in hunderterlei Weise
verwendet. Man macht daraus Kästchen und Kasten zum Verpacken
von Zahnpulver und Pillen, von Papier, Geweben, kunstgewerblichen
Erzeugnissen mancherlei Art, verwendet es in grosser Menge zur Dar-
stellung der geta’s oder Holzschuhe, der Schiebladen in Cabinetten,
leichter und gefälliger Lackwaaren, Spielsachen und andern Dingen mehr.
[293]6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc.
Fam. Bignoniaceae.
74. Catalpa Kaempferi S. \& Z. (Bignonia catalpa Thunb.), jap.
Raiden-giri, Shira-giri. Das Holz ist dem Kiri ähnlich, aber
dunkler und wird ähnlich verwendet. Der Name Shira-giri, »weisser
Kiri«, bezieht sich auf die helle Farbe der Blüthen.
Fam. Oleaceae.
75. Fraxinus longicuspis S. \& Z., jap. Tonerico, liebt wie unsere
Esche den tiefgründigen feuchten Boden der Thaleinschnitte und Sättel
und findet sich in den Gebirgslaubwäldern von Kiushiu bis Yezo, doch
nimmt ihre Häufigkeit gen Norden zu. Auch ist ihr Holz dem unserer
einheimischen Eschenart sehr ähnlich, grauweiss von Farbe, feinkörnig,
von zahlreichen sehr schmalen Markstrahlen durchzogen und mit deut-
lichen Jahresringen versehen, deren jeder sich durch eine oder zwei
Reihen etwas dunkler gefärbte Poren von einem sich anschliessenden
compacten äusseren Gürtel scharf abhebt. Das Holz wird in der Tisch-
lerei und zu Kästchen verwendet, ähnlich wie die Hölzer der beiden
vorerwähnten Arten.
76. Olea fragrans Thunb., jap. Mokusei, Zierstrauch wie in
Südeuropa, und
77. O. aquifolium S. \& Z., jap. Hira-gi, wildwachsend und Zier-
pflanze, Bäumchen oder kleiner Strauch mit weisslich und hellbraun-
marmoriertem feinen Holze, in dem man mit der Lupe noch keine Poren,
wohl aber starkgenäherte Jahresringe und zahlreiche schmale Mark-
strahlen wahrnimmt.
78. Ligustrum japonicum Thunb., jap. Nedzumi-mochi, gleich
der vorigen Art grosser Strauch oder kleiner Baum, wildwachsend und
Zierpflanze. Das hellbraune Holz ist dem vorigen ähnlich und wird
ebenso zu Kästchen und andern kleinen Gegenständen verarbeitet.
Gleiches gilt von
79. Ibota Sieb. (L. vulgare Thunb.), jap. Ibota. (S. auch pg. 194.)
Fam. Styracaceae.
Japan besitzt in seinen unteren Gebirgslaubwäldern verschiedene
Glieder dieser Familie. Sie bilden ansehnliche blattwechselnde Sträucher
oder kleine Bäume, welche im Frühsommer durch zahlreiche, fünf-
zipfelige, weisse Blüthenglocken geziert sind. Das weisse Holz zeichnet
sich durch dichtes Korn, Härte und Dauerhaftigkeit aus und wird in
bescheidenem Umfang von Tischlern und Drehern verarbeitet. Be-
merkenswerth ist vor allem:
[294]I. Land- und Forstwirthschaft.
80. Styrax japonicum S. \& Z., jap. Chisha-no-ki, Yego. Sehr
verbreitet an Waldrändern, zuweilen auch an Gräben, ist diese Pflanze
in der allgemeinen Tracht und Färbung der Rinde einer starkver-
ästelten Buche von 4—6 m Höhe ähnlich. Die prächtigen weissen
langgestielten Blüthen bilden Reihen hängender Glocken längs der
Unterseite der Zweige.
81. Styrax Obassia S. \& Z., jap. Oba-no-chisa.
82. Symplocos lancifolia S. \& Z., jap. Ikono-shiba.
83. S. japonica D. C. (S. lucida S. \& Z.), jap. Kuro-ki.
84. S. erataegoides Don., jap. Tubetagi.
Fam. Ebenaceae.
85. Diospyros Kaki L., jap. Kaki. Der Verbreitung dieses schönen
Baumes und seiner grossen geschätzten Früchte, der sogenannten
Dattelpflaumen, wurde schon pg. 103 und 104 gedacht. Es erübrigt
hier nur noch, die Eigenschaften und Verwendungen des Holzes her-
vorzuheben. Dasselbe ist hellgraubraun, wenn jung, ebenso, wie bei
den verwandten indischen Ebenhölzern (D. ebenum und D. melanoxylon),
und nimmt erst als älteres Kernholz schwarze Farbe an. Dieses schwarze
Kaki (Kuro-gaki), wird vornehmlich von dem Shibu-gaki oder
adstringierenden Kaki (siehe pg. 213—214) erhalten. Man kann jedoch
äusserlich den Bäumen ebensowenig wie den indischen Arten ansehen,
ob sie schwarzes Kernholz gebildet haben, sondern solches nur durch
Anbohren constatieren. Auf dem Querschnitt zeigt Kakiholz kleine
oder mittelgrosse, zerstreut vertheilte Poren von kreisförmiger und ellip-
tischer Gestalt und zahlreiche, sehr feine Markstrahlen. Das speci-
fische Gewicht steht dem des indischen Ebenholzes nach und beträgt nach
Dupont nur 0,606. Es wird von Eichenholz hierin, wie auch in der
Festigkeit weit übertroffen. Man benutzt es in der Tischlerei, beson-
ders zu Fournieren, kleinen Cabinetten und Kästchen, wie Handschuh-
kästchen etc.
86. D. Lotus L. (D. japonica S. \& Z.), jap. Shinano-gaki und
Mame-gaki. Das Holz dieser wildwachsenden Art ist dem vorigen
ähnlich, doch feinporiger und dichter. Seine Verwendung ist die
nämliche.
Das Holz von Diospyros ebenum L., jap. Koku-tan, wird aus
Südchina und Hinterindien eingeführt und in ähnlicher Weise verarbeitet.
Fam. Ericaceae.
87. Rhododendron Metternichii S. \& Z., jap. Shaku-nage. Das
hellbraune Holz dieses hohen, dem Gebirge angehörenden Strauches
[295]6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc.
ist dichtkörnig und hart. Man benutzt es in Nikko und anderwärts
zu Holzdreharbeiten.
Fam. Caprifoliaceae.
88. Viburnum opulus L. Das Holz hat deutliche Jahresringe,
sehr feine Markstrahlen und Poren, welche selbst unter der Lupe kaum
zu erkennen sind. Seine Farbe ist blassroth bis rothbraun.
Fam. Corneae.
89. Cornus officinalis S. \& Z., jap. San-shiu, San-shiu-yu.
90. C. brachypoda May, jap. Midzuki.
91. Marlea platanifolia S. \& Z., jap. Uri-no-ki. Das feinkörnige
Holz dieser Sträucher oder niedrigen Bäume wird hier und da zu
kleineren Gegenständen verwendet.
Fam. Araliaceae.
92. Calopanax ricinifolia Miq. (Acanthopanax ricinifolia S. \& Z.),
jap. Se-no-ki, Shi-o-ji. Dieser schöne Baum, ausgezeichnet durch
grosse, gelappte, glänzende Blätter, weisse Blüthendolden und pfeffer-
grosse schwarze Früchte (die wie die Blüthen an Aralia und Epheu
erinnern), ist gleich Magnolia hypoleuca und Aesculus turbinata ein-
gestreut in den Gebirgshochwald Japans von Kiushiu bis nach Yezo;
doch nimmt die Häufigkeit seines Vorkommens nach Norden zu. *)
Auf Yezo sollen Stämme von 3—4 m Umfang und 30 m Höhe keine
Seltenheit sein. Auf Hondo begegnete ich gleich hohen, aber minder
starken sehr oft. Im Hochwalde sind die Stämme häufig etwas ge-
bogen und bis zu 20 m Höhe völlig astrein. Sie fallen durch ihre
dunkle, dicke, zerrissene Borke sofort ebenso in die Augen, wie beim
Aufblick durch ihren schönen Blattschmuck. Das weisse Holz dunkelt
oft lichtbraun nach. Es ist ziemlich leicht, grobfaserig und mehr oder
weniger porös. Auf dem Querschnitt zeigt es deutliche Jahresringe,
aber keine Markstrahlen. Die Poren sind zweierlei Art: mikroskopisch
kleine, eingestreut in das dichtere Sommerholz, und mit blossem Auge
deutlich erkennbare, welche die Frühjahrsgürtel bezeichnen. Nach
Böhmer benutzen die Ainos grössere Stammstücke von 6—9 m (20')
Länge, um daraus durch Aushöhlen ihre Canoes zu machen. Sie nennen
den Baum, wie derselbe weiter bemerkt, Yoshini, die Japaner Se-
noki und Hari-giri. **)
[296]I. Land- und Forstwirthschaft.
Fam. Lythrarieae.
93. Lagerströmia indica L., jap. Saru-suberi, soll nach Bran-
dis*) aus China stammen und nach Gamble**) in den Gärten Indiens
viel als Zierpflanze vorkommen. Auch in Japan findet sie sich da und
dort ihrer schönen rothen Blüthensträusse wegen angebaut. Hier-
durch, sowie durch die in Stücken sich lösende bräunliche Rinde fällt
sie auf. Saru-suberi bildet einen langsam wachsenden Strauch oder
niedrigen Baum. Das hellrosafarbige Holz ist feinkörnig und fest.
Auf dem Querschnitt zeigt es kleine Poren, starkgenäherte Jahresringe
und zahlreiche Markstrahlen. Man benutzt es zu Dreharbeiten.
Fam. Hamamelideae.
94. Distylium racemosum S. \& Z., jap. Isu, Isu-no-ki oder
Yusu, gehört dem wärmeren Süden Japans an und findet sich beson-
ders häufig in der Provinz Hiuga, zumal in den Waldungen des Di-
striktes von Obi, wo es nach Dupont Bäume von 3 m Umfang und
12 m Schafthöhe geben soll. Ich selbst bin dem Baume auf Kiushiu
und Shikoku oft, auch in Gärten und Tempelhainen, begegnet, habe
aber nie Exemplare mit mehr als 1 m Umfang und 15—18 m Höhe
getroffen. Die Bäume breiten ihre Aeste gern allseits weit aus, wenn
Luft und Licht es gestatten, und entwickeln schon im ersten Frühjahr
ihre unscheinbaren Blüthen. Die etwas lederartigen, kurzgestielten
elliptischen Blätter findet man häufig den Sommer über, wie unsere
Eschen und Buchen mit Gallen bedeckt. Rinde und Holz dieses Baumes
werden hochgeschätzt. Erstere ist glatt, dünn, graugefärbt. Sie wird
von den gefällten Bäumen gelöst, getrocknet und verbrannt, um die
Asche, Isu-bai genannt, zu gewinnen, welche man nach Arita in
die Porzellanfabriken sendet, wo sie bei der Bereitung der Porzellan-
glasur Verwendung findet. Das Holz aber verschifft man vornehmlich
nach Ôzaka. Es ist besonders beliebt in den Kammschneidereien,
dient aber auch einer Menge anderer Zwecke, denn es hat der her-
vorragenden Eigenschaften viele, ist schwer, feinkörnig, compact, stark,
zähe und überaus dauerhaft, auch im Wasser, so dass Dupont von
**)
[297]6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc.
ihm sagt: »on pourrait l’appeler le bois de fer du Japon.« Je nach
dem Alter besitzt es eine helle bis dunkle Chocoladefarbe. Der Quer-
schnitt zeigt sich unter der Lupe mit kleinen Poren dicht besäet, lässt
dagegen Jahresringe und Markstrahlen nur undeutlich erkennen.
Fam. Rosaceae.
Die zahlreichen Baumarten dieser Familie besitzen fast alle ein
röthliches, compactes, fein- und dichtkörniges Kernholz, das sich leicht
glättet und in vielen Fällen eine hübsche Politur annimmt. Sie sind
mittelschwer, indem ihr specifisches Gewicht meist zwischen 0,6 und 0,7
schwankt. Die werthvollste japanische Holzart dieser Familie, welche
hier vor allem zu erwähnen ist, liefert
95. Prunus pseudo-cerasus Lindl. (P. puddum Will.), die Sakura
oder Yama-sakura. Es ist dies ein schöner mittelgrosser Baum von
der Tracht unseres Kirschbaums, der in den Bergwaldungen von ganz
Japan wild wächst und auch noch in Südsachalin angetroffen wird.
Auf den südlichen grossen Inseln findet man ihn hier und da noch
1000 m über der See; weiter nordwärts senkt sich seine Höhengrenze
mehr und mehr. Auch ist es eine beliebte Zierpflanze der Gärten und
Tempelhaine und hier vornehmlich seiner oft sehr grossen, gefüllten
Blüthen wegen geschätzt. Das gleichartige, feinkörnige röthliche Holz
wird besonders in der Holzschneiderei für Holzschnitte, sowie im
Tapeten- und Zeugdruck sehr geschätzt.
96. Prunus Mume S. \& Z. (P. armeniaca Thunb.), die Mume,
Bai. Holz meist dunkler rothbraun, als das der vorigen Art, und
weniger geschätzt, mit feinen zahlreichen Markstrahlen und deutlichen
Jahresringen, die jedesmal durch eine Reihe dunkler Punkte (Poren)
von einander abgegrenzt sind. Das Nähere siehe pg. 102. Auch die
Hölzer aller andern den Rosaceen zugehörenden Obstarten, welche auf
pg. 98—102 Nr. 11 angeführt wurden, sind hierher zu zählen.
97. Amelanchier canadensis Torr. et Gray, jap. Chide und Zai-
buri, liefert ein dem Sakura ähnliches rothes, aber viel härteres
Holz. Auch
98. Pyrus sambucifolia Cham., jap. Nana-kamedo und
99. P. aucuparia Gaertu., var. japonica Maxim., jap. Yama-
nashi, welche beide der oberen Grenze des Gebirgswaldes angehören,
sind hierher zu rechnen.
Fam. Leguminosae.
100. Sophora japonica L., jap. Yenju, findet sich zerstreut durch
das ganze Gebiet, besonders im Laubwalde des Nordens, und erreicht
zuweilen 18—20 m Höhe und 2 m Umfang, z. B. in Ôzaka, wo sie als
[298]I. Land- und Forstwirthschaft.
Zierpflanze einen freien Platz vor einem Tempel beschattet. Auch in
Europa, wo sie zu gleichem Zweck schon seit lange cultiviert wird,
finden sich stattliche, an unsere Robinien erinnernde Exemplare. Das
leichte Holz ist hellbraun bis dunkel sepiafarbig, grobkörnig, gefäss-
reich und ermangelt desshalb der Gleichförmigkeit und Feinheit, ist
dafür aber sehr zähe und dauerhaft. Auf dem Querschnitt erkennt
man deutliche Jahresringe, getheilt in abwechselnd helle Zonen mit
vielen grossen Poren und dunklere, weniger poröse und dichtere.
101. Gleditschia japonica Miq., jap. Saikachi, ein ansehnlicher
Baum, dem man vornehmlich im Norden Japans begegnet, und zwar
wildwachsend längs der Flüsse und Thaleinsenkungen niedriger Berg-
wälder, sowie angepflanzt in der Nähe der Ortschaften. *) Ihre langen,
braunen Hülsen vertraten früher im ganzen Norden von Hondo die
Seife. Man findet sie noch immer auch in Morioka in manchem Laden
zu kleinen Päckchen zusammengebunden. Das Holz des Saikachi ist
dem des Yenju ähnlich.
102. Albizzia Julibrissin Boiv. (Mimosa arborea Thunb.), jap.
Nemu und Nemu-no-ki. Im ersten Bande dieses Werkes ist pg. 158
bezüglich dieser Pflanze Folgendes zu lesen: »Nur die Albizzia Juli-
brissin Boiv. (Mimosa arborea Thunb.) zeigte noch (in der 2. Hälfte
April auf Amakusa) ihr unverändert winterliches Aussehen; ja noch
einen Monat später, Mitte Mai, fanden wir diesen kleinen Baum in
den Bergwaldungen der Insel Shikoku in etwa 800 Meter Höhe völlig
blattlos, so dass sein japanischer Name »Nemu«, d. h. »Schläfer«, nicht
blos wegen der Reizbarkeit seiner Blätter und des Schlafens während
der Nachtzeit auf ihn passt«.
Dieser kleine Baum ist über ganz Japan verbreitet und wird auch
im Himalaya gefunden. Die breite Zone seines jungen Holzes ist
gelb, das Kernholz dunkelbraun, hart und stark, auch leicht zu po-
lieren. Auf Querschnitten erblickt man zahlreiche feine, rothe Mark-
strahlen und dunkle Grenzen der Jahresringe mit grossen Poren.
Zu dieser Familie gehören auch die schweren dunkelrothen Sandel-
hölzer des tropischen Monsungebiets, insbesondere Pterocarpus indicus
L. und Pterocarpus santalinus L., welche vielleicht mit einer dritten
Art, dem Pterocarpus marsupium Roxb., unter dem sinico-japanischen
Namen Shi-tan seit lange in Japan eingeführt und hier zu Möbeln,
vornehmlich aber in der Holzschnitzerei verwerthet werden.
[299]6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc.
Fam. Anacardiaceae.
103. Rhus succedanea L., jap. Haze, Haji, Haze-no-ki und
Ro-no-ki (siehe pg. 190). Das Holz ist durch eine unregelmässig
verlaufende Linie und verschiedene Färbung scharf getrennt in leichten,
grauweissen Splint, der lebhaft an das Kiriholz erinnert, und mittel-
schweres Kernholz von lebhaft grünlichgelber Farbe und hohem Seiden-
glanz auf dem polierten Längsschnitt. Der Querschnitt zeigt deut-
liche Jahresringe, zahlreiche feine Markstrahlen und Poren, welche
grösser und zahlreicher in den Frühjahrszonen, als in dem dichteren
und dunkleren Sommerholze auftreten.
104. Rhus vernicifera D. C. (R. vernix Thunb.), jap. Urushi
oder Urushi-no-ki (siehe pg. 187—189). Das Holz dieser Art ist
dem vorigen in allen Stücken sehr ähnlich, nur ansehnlich leichter
und weniger fest. Es wird mit dem Alter heller. Man verwendet es
von beiden Arten zu Kistchen und zu der inneren Auskleidung von Ca-
binetten und Commoden; doch geniesst es keine grosse Werthschätzung.
Die übrigen japanischen Sumacharten erreichen zu geringe Dimen-
sionen und sind dazu durch keinerlei werthvolle Eigenschaften aus-
gezeichnet, um eine besondere Erwähnung zu rechtfertigen.
Fam. Acerineae.
Von den 22 japanischen Ahornarten, welche sich vornehmlich
durch ihre Blätter und Fruchtstände unterscheiden, erreicht keine,
weder im Walde noch als Zierpflanze, die Stärke und Höhe unseres
Bergahorns (A. pseudoplatanus L.). Zu den bekanntesten und ge-
schätztesten zählen:
105. Acer palmatum Thunb. (A. polymorphum S. \& Z.), jap. Mo-
miji. Die wissenschaftlichen Namen dieser Art beziehen sich beide
auf die Theilung, resp. Vielgestaltigkeit der Blätter, zumal bei den
vielen Abarten, welche man in den Gärten und Tempelhainen findet
und besonders schätzt, weil die Belaubung sowohl in ihrer ersten Ent-
wickelung, als auch vor dem Verschwinden im Herbst prächtig roth
erscheint. Der Baum bleibt bei allen Varietäten niedrig, oft sogar
krüppelhaft. Die wildwachsende, dem unteren Bergwalde angehörende
Form erreicht etwa 12 m Höhe und 1,5—1,8 m Stammumfang.
Das hellgraubraune Holz zeigt ziemlich deutliche Jahresringe, sehr
kleine Poren und zahlreiche schwache Markstrahlen. Es ist dem ent-
sprechend feinkörnig, gleichartig, dicht und schwer, dabei dauerhaft
und zähe. Auch nimmt es leicht eine schöne Politur an und zählt
aus allen diesen Gründen zu den werthvolleren Tischlerhölzern des
Landes.
[300]I. Land- und Forstwirthschaft.
106. Acer japonicum Thunb., jap. Kayede oder Kaide. Die
Japaner geben diesen Namen noch mehreren andern Ahornarten, so
Acer micranthum S. \& Z. Der Baum ist in den Bergwaldungen bis
zu 1000 m Erhebung nicht selten und erreicht viel ansehnlichere Di-
mensionen als die vorige Art. Das hellrosafarbige Holz ist feinkörnig,
dicht, und zeigt auf Längsschnitten, namentlich bei Maserung, hohen
Glanz und prächtige Spiegelung. Ein unter dem Namen Itaya von
Yezo bekanntes Holz scheint mit A. japonicum Thunb. identisch zu
sein und Yama-shiba mit Acer carpinifolium S. \& Z.
Fam. Sapindaceae.
107. Sapindus Mukurosi Gaertn., jap. Mukuroshi, ein mittel-
grosser Baum des unteren Laubwaldes, der nach Gamble identisch ist
mit dem indischen S. detergens Roxb. Wie bei allen Seifennuss-
bäumen ist auch das Holz des Mukoroshi hellgelblichweiss, mit feinen
Markstrahlen und Gürteln zahlreicher mittelgrosser Poren durchzogen,
leicht, brüchig und wenig werthvoll.
108. Koelreuteria paniculata Laxm. (Sapindus chinensis L.), jap.
Moku-kenjiu, Bodaijiu. Dieser kleine Baum kommt zwar in Ja-
pan auch in den Wäldern vor, wird aber in der Regel, wie bei uns,
als Zierpflanze getroffen. Sein Holz ist dem des Mukuroshi sehr ähnlich.
109. Aesculus turbinata Bl., jap. Tochi, Tochi-no-ki, ein
schöner Baum der tiefen Bergwaldungen von Kiushiu bis Yezo mit
gelben Blüthen, verdient seiner prächtigen Belaubung wegen die Be-
achtung unserer Gärtner. Das Holz ist äusserst feinporig, weisslich,
leicht brüchig und vergänglich, daher gleich dem unserer Rosskastanien
von geringem Werth.
Fam. Rhamneae.
110. Hovenia dulcis Thunb., jap. Kempon-nashi, wurde be-
reits pg. 102—103 als eigenartiger Obstbaum angeführt. Das leichte
Holz besitzt eine schöne gelbbraune bis rothbraune Farbe, ist gleich-
artig, feinporig und zeigt auf dem Querschnitt ausserdem deutliche
Jahresringe, sowie zahlreiche, kleine, aber durch weisse Farbe scharf
hervortretende Markstrahlen. Es kommt zu selten vor, um grössere
Bedeutung zu haben.
111. Zizyphus vulgaris Lamk., jap. Natsume und Sanebuto-
natsume (siehe pg. 102). Das Holz dieser Obstart ist dem der vorigen
sehr ähnlich und sicher nicht häufiger. Die sehr zahlreichen schmalen
Markstrahlen sind auch bei ihm gleichweit entfernt und scharf ge-
zeichnet.
[301]6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc.
Fam. Celastrineae.
Weisse Farbe, gleichmässiges, feines Korn und grosse Compact-
heit zeichnet die Hölzer dieser Familien in Japan aus. Die Poren
sind ausserordentlich klein, überaus fein auch die zahlreichen Mark-
strahlen. Bei diesen werthvollen Eigenschaften, die wohl an diejenigen
des Bux erinnern, ist es zu bedauern, dass die strauchartige, geringe
Entwickelung der hierhergehörenden Gewächse keine ausgedehnte Ver-
wendung ihres Holzes zulässt.
112. Evonymus Sieboldianus Bl., jap. Majumi, heisst bei den
Chinesen Pai-oh-cha und soll in der Holzschneiderei gebraucht wer-
den. (Eine sehr schöne Holzprobe dieser Art mit gleichförmig weisser
Farbe weist die Sammlung in Kew Gardens auf.)
113. Celastrus articulata Thunb., jap. Tsuru-mume-modoki.
Fam. Ilicineae.
Die Enumeratio plantarum von Franchet und Savatier führt nicht
weniger als 13 Arten dieser immergrünen Sträucher und niedrigen
Bäume an, von denen natürlich die meisten auf den Süden beschränkt,
verschiedene auch beliebte Zierpflanzen sind. Die meisten zeichnen
sich durch ein feinkörniges, gleichartiges hartes Holz von heller grau-
weisser Farbe, sowie dadurch aus, dass die zahlreichen Markstrahlen
dunklere Farbe haben, als das Holzgewebe, und Längsschnitte in Folge
dessen in eigenthümlicher Weise mit dunkleren Flecken auf hellem
Grunde besäet sind. Dieses Holz wird auf der Drehbank, in der
Kammschneiderei, zu Essstäbchen und andern kleinen Sachen ver-
arbeitet, hat jedoch für alle diese Zwecke keine hervorragende Bedeu-
tung. Erwähnenswerth sind:
114. Ilex crenata Thunb., jap. Inu-tsuge, die gemeinste japa-
nische Stechpalme, von den Riukiu bis nach Yezo verbreitet, ein
Strauch, der bis 6 m Höhe erreicht, meist viel niedriger bleibt und
durch seine kleinblättrige Belaubung an Bux erinnert, worauf sich auch
der Name Inu-tsuge, d. h. Hundebux bezieht.
115. I. latifolia Thunb., jap. Torayo, kommt der Küste entlang
nordwärts bis in die Nähe von Tôkio vor, bildet hier in Gärten und
Tempelhainen noch oft einen Baum von 6—10 m Höhe, ausgezeichnet
durch seine glänzendgrünen, dicken, lederartigen, grossen ganzran-
digen Blätter und starke Verästelung, demnach als Zierpflanze von
bester Wirkung.
116. I. integra Thunb., jap. Mochi-no-ki und Tori-mochi,
steht nach Charakter und Verbreitung der vorerwähnten Art sehr nahe,
[302]I. Land- und Forstwirthschaft.
zeigt auf dem Querschnitt die Jahresringe und dunklen Markstrahlen,
auf dem weissen Längsschnitt die dunklere Betüpfelung auf s deutlichste.
Fam. Meliaceae.
Japan weist vier Glieder derselben auf, nämlich:
117. Melia japonica Don., jap. Sendan.
118. M. Too-sendan S. \& Z., jap. Tô-sendan, d. h. chinesischer
Sendan.
119. M. Azedarach L., jap. Obotshi, Sendan.
120. Cedrela chinensis A. Juss., jap. Chian-chim.
Unter den vielen fremden Pflanzenformen, welche der von Norden
kommende Botaniker in den Gärten und öffentlichen Anlagen des
Mittelmeergebietes trifft, befindet sich auch ein während des Winters
blattloser Baum von ansehnlicher Stammesstärke, der mit seiner dicken
zerrissenen Borke an eine alte Robinie, mit seiner unregelmässigen,
schwach verästelten Krone und den dicken Zweigen an einen grossen
Sumach erinnert, im Mai aber und vor den grossen doppeltgefiederten
Blättern eine Menge hellblauer Blüthentrauben entwickelt, welche in
Gestalt, Farbe und Geruch viel Aehnlichkeit mit den Sträussen der
Syringa haben. Dies ist Melia Azedarach, welche als Zierpflanze eine
weite Verbreitung hat und im englischen Westindien mit nicht wenig
Uebertreibung den stolzen Namen »The pride of India« (der Stolz In-
diens) führt. Indien ist nämlich ihre Heimat, von der aus sie auch
nach Japan verpflanzt worden ist, ebenso, wie eine zweite Art, deren
Namen Too-sendan auf China (Too=Tô) hinweist. Die dritte, oben-
erwähnte Species gilt für einheimisch, hat aber gleich den beiden
andern keine grosse Verbreitung in Japan. Die nahe Verwandtschaft
aller drei Arten wird auch durch den gemeinsamen Namen Sendan
hervorgehoben.
Es sind Bäume von raschem Wuchse, der sich später mehr an dem
Stammumfang, als in der Höhe erkennen lässt. Das hellbraune bis
dunkelziegelrothe Holz ist dem entsprechend weich und zeigt auf dem
Querschnitt sehr breite Jahresringe, die durch etwas violet leuchtende
Gürtel dichtgedrängter Poren scharf hervortreten. Zahlreiche, sehr
feine Markstrahlen durchziehen dasselbe. Man verwendet es in der
Tischlerei und zu Kisten, obgleich seine Dauerhaftigkeit an der Luft
und die Festigkeit nicht gross sind; auch stellt man daraus Gefässe her.
Die Cedrela ist ein seltener Zierbaum aus China, wie schon der
Volksname Chian-chin andeutet. Ihr wohlriechendes Holz ist dem
Sendan ähnlich, doch noch tiefer ziegelroth. Es hat die Eigenschaft,
weder zu reissen noch sich zu werfen, und wird in der Möbeltischlerei
[303]6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc.
angewandt, ist aber viel geringwerthiger, wie das seines amerikani-
schen Verwandten Swietonia Mahagoni L.
Fam. Simarubeae.
121. Picrasma ailanthoides Planch., die einzige japanische Art
dieser Familie, findet sich in den Bergwäldern von Hondo und auf
Yezo. Das weiche, weisse Holz hat bislang keine Verwendung.
Der chinesische Götterbaum, Ailanthus glandulifera Desf., kommt
trotz des französischen Namens »Vernis du Japon« im Reiche Nippon,
wie es scheint, nirgends vor.
Fam. Rutaceae.
Die meisten hierher gehörenden Hölzer zeichnen sich durch dichtes,
gleichmässiges Korn, sowie weissliche Farbe aus. Ihre kleinen Poren
sind gleichmässig vertheilt, die feinen, zahlreichen Markstrahlen gleich-
weit von einander entfernt. Am schwersten sind die Hölzer der
Orangenfamilie, der pg. 105—106 erwähnten Arten Citrus, denen hier
122. Citrus trifoliata L., jap. Karatachi, ein hoher, stark-
bewehrter Strauch, welcher ziemlich viel zu lebenden Hecken ver-
wendet wird, anzuschliessen ist.
123. Phellodendron amurense Rupr., der amurische Korkbaum, und
P. japonicum Maxim. wurden bis jetzt nur im nördlichen Japan gefun-
den. Die einheimischen Benennungen und Verwendungen sind mir
unbekannt. Ersterer wurde unter Andern in der Königlichen Gärtner-
Lehranstalt zu Potsdam als Alleebaum mit Erfolg angebaut.
124. Orixa japonica Thunb. (Celastrus orixa Miq.), jap. Kokusa-
gi. Das Holz dieses ansehnlichen Strauches, der sowohl in der un-
teren Laubwaldregion, als auch in Gärten, z. B. bei Tôkio hin und
wieder zu finden ist, wird wenig verwerthet. Der starke aromatische
Geruch der Blätter ist dem japanischen Geruchsorgan unangenehm, da-
her die Benennung, welche »kleiner Stinkbaum« bedeutet. *)
125. Zanthoxylon piperitum D. C. (Fagaria piperita Thunb.), jap.
Sanshô. **) Wie viele Arten dieser, auch im wärmeren Amerika ver-
tretenen Gattung, insbesondere Z. Clava-Hercules L., so ist auch San-
shô ein mit Dornen und Stacheln bewehrter Strauch. Auf seiner ge-
wöhnlich nicht sehr dicken Rinde erheben sich zahlreiche stumpfe
Stacheln und längliche Höcker von grauer Farbe. Auf dem Querschnitt
erscheinen dieselben braun und aus concentrischen Schichten einer
dichten Korkmasse zusammengesetzt.
[304]I. Land- und Forstwirthschaft.
Das gelblich weisse Holz ist sehr gleichmässig, feinkörnig, dicht
und fest, wie Bux. Querschnitte zeigen neben deutlichen Jahresringen
äusserst feine Markstrahlen, sowie sehr kleine regelmässig vertheilte
Poren. Man verarbeitet es auf der Drehbank, besonders im Hakone-
gebirge, zu mancherlei Gegenständen; namentlich werden viele schöne
Aschenbecher, die in der Regel noch die höckerige Korkrinde tragen
und auch viel zu uns nach Deutschland gelangen, daraus verfertigt.
126. Evodia glauca Miq., jap. Kiwada oder Obaku. Da der
Rinde, sowie des Vorkommens der Kiwada bereits pg. 210 gedacht
wurde, erübrigt hier nur noch eine kurze Notiz über das Holz. Den vor-
erwähnten Arten der Familie gegenüber fällt es vor allem durch seine
Leichtigkeit auf. Es ist ausserdem weich, von hellgrauer oder bräun-
licher Farbe, heller im Splint und zugleich etwas schwefelgelb ge-
färbt, nach Art des Bastes, doch schwächer. Die mittelgrossen Poren
treten besonders an den Innenrändern der deutlichen Jahresringe zahl-
reich auf.
Fam. Tiliaceae.
127. Tilia cordata Mill., jap. Shina-no-ki und Bodaijiu, bei
den Ainos Shibeshi genannt. (pg. 201.)
128. T. mandschurica Rupr. und Maxim., jap. Bodaijiu.
Fam. Sterculiaceae.
129. Sterculia platanifolia L. (Firmiana platanifolia R. Br., jap.
Ao-giri, d. h. grüner Kiri. Das hellgraue, leichte schwammige Holz
ist dem Kiri sehr ähnlich und wird ebenso benutzt. Seine Quer-
schnitte zeigen deutliche Jahresringe, die mit ziemlich grossen Poren
dünn besäet sind; doch treten letztere an den Grenzen der Ringe sehr
dicht auf. Die Markstrahlen sind deutlich markiert durch eine weiss-
liche Färbung und gleichweit von einander entfernt.
Fam. Ternstroemiaceae.
Die immergrünen Sträucher und Bäume dieser Familie, nämlich
Ternstroemia, Cleyera, Eurya und Camellia, sowie die Gattung Stuartia
von den blattwechselnden, liefern äusserst feinporige, feinkörnige,
dichte, feste, harte und entsprechend schwere Hölzer, welche in allen
diesen Eigenschaften sich dem Yusu (Distylium racemosum) nähern und
wie dieses in der Kammschneiderei und zu verschiedenen Dreharbeiten,
einschliesslich Petschaften und andern Gegenständen, welche ein feines
Korn und festes Gefüge verlangen, verwendet werden. Auch benutzt
man die umfangreicheren Hölzer der grösseren Arten (Stuartia und Camel-
lia) zu Tragstangen, Stielen, Walzen und selbst in der Holzschneiderei.
[305]6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc.
130. Ternstroemia japonica Thunb., jap. Moku-koku (sprich
Mokkoku). Es ist ein ziemlich grosser Strauch, den man im südlichen
Japan wildwachsend, sonst aber auch vielfach in Gärten und Tempel-
hainen angebaut findet. In letzteren spielt er die gleiche Rolle, wie
die folgende Art. Mit Rücksicht hierauf und auf die Aehnlichkeit
seines hellchocoladfarbigen Holzes mit dem des Yusu (Distylium) wird
der Strauch auch Bukku-yusu, d. h. der den Hotoke oder Göttern
geweihte Yusu genannt.
131. Cleyera japonica Thunb., jap. Saka-ki. Dieser prächtige
immergrüne Strauch wächst gleich dem vorigen im wärmeren Japan
wild, findet sich aber auch häufig als beliebte Zierpflanze in Gärten
und in der Nähe der Tempel. Er spielt als heilige Pflanze im Ahnen-
cultus (Shintôismus) eine ähnliche Rolle, wie die Lotusblume und Illi-
cium religiosum S. \& Z. im Buddhismus. Bei einzelnen berühmten
Tempeln, z. B. dem Kompila bei Kotohira in Sanuki bietet man Dreh-
arbeiten und Schnitzereien aus seinem Holze, so namentlich auch Ess-
stäbchen (Hashi), die Sakaki-no-hashi, feil, wie an den heiligen
Orten Palästinas Gegenstände aus Olivenholz.
132. Eurya japonica Thunb., jap. Shira-ki und Mi-sasa-gi.
Dieser im Monsungebiete Südostasiens sehr weit verbreitete Strauch
erreicht nur 3—4 m Höhe. Seine Blätter sind denen des Theestrauchs
sehr ähnlich. Oft bildet er in den Wäldern des südlichen Japan das
Unterholz, tritt aber noch häufiger unter dem Gebüsch entwaldeter
Bergabhänge auf.
133. Camellia japonica Lin., jap. Tsuba-ki (siehe auch pg. 179
und 180). Die Camellie ist im südlichen Japan überall heimisch. In
den Bergwaldungen von Kiushiu und Shikoku steigt sie als mittel-
grosser Baum zuweilen bis zur Meereshöhe von 800 m empor, in den
blattwechselnden Laubwald hinein und lässt dann fast alle andern
immergrünen Holzgewächse, mit Ausnahme der Coniferen, hinter sich.
Auf der Südostküste von Hondo begleitet sie die wintergrünen Eichen
bis zum 36. Parallel an die Yedobucht als grösserer Strauch. Endlich
finden wir die Nordgrenze ihres natürlichen Vorkommens auf Seite
des japanischen Meeres in der Hügellandschaft des nördlichen Echigo
in etwa 38½° nördlicher Breite, wo ich sie in dem lichten Nadel-
und Buschwalde als Strauch von 1 m Höhe traf. Im südlichen Kiushiu
sind Bäume von 10 m Höhe und 1,4 m Umfang keine Seltenheit. Diese
Stärke mass ich jedoch nur bei angepflanzten Exemplaren. Auch fand
ich hier mehrmals Viscum articulatum Burm. schmarotzend auf ihren
Zweigen. Im wilden Zustande entwickelt die Camellia stets einfache
rothe Blüthen, die sich immer nur tulpenartig halb öffnen, nicht rad-
Rein, Japan. II. 20
[306]I. Land- und Forstwirthschaft.
förmig ausbreiten. Zur Oelgewinnung wird nur diese Form cultiviert,
und zwar bis zur Tsugarustrasse. In Gärten und Tempelhainen trifft
man einfach und gefüllt blühende, letztere jedoch in viel weniger
Sorten, als bei uns. Die Blüthezeit beginnt je nach der Breite im Ja-
nuar oder Februar und dauert bis zum April. Die Farbe des Holzes
geht allmählich von hellgrau oder rosa in dunklere Nüancen über,
die Rinde erinnert an diejenige der Buchbäume.
134. Camellia Sasanqua Sieb., jap. Sasan-kuwa, ein grosser
Strauch (siehe pg. 180), dessen Blätter und Blüthen sich mehr denen
des Theestrauchs nähern. Die Blüthezeit ist, wie bei letzterem, der
Spätherbst und December.
135. Camellia theïfera Griffith (Thea chinensis Sims.), jap. Cha,
Cha-no-ki (siehe pg. 130 ff.).
136. Stuartia monadelpha S. \& Z., jap. Saru-name und Saru-
suberi.
137. Stuartia serrata Maxim., jap. Saru-name und Saru-suberi,
wie die vorige, welche indess viel häufiger vorkommt. Ihre Heimat
ist in den Berglaubwäldern 1000—1500 m über der See, z. B. im Ge-
birge von Nikko, auf Mi-kuni-tôge und anderwärts. Saru-name bildet
Bäume von 6—12 m Höhe, mit glattrindigen, aber selten geraden
Stämmen. Unter den vielen andern Gliedern des Bergwaldes fallen
sie besonders dadurch auf, dass sie, wie bei uns die Platanen, stück-
weise ihre glatte Rinde abwerfen. Damit erinnern sie denn auch an
die Lagerstroemia indica der Gärten, woher wohl auch der gemeinsame
Name Saru-suberi, d. h. Affengleiter, kommt.
Von den übrigen blattwerfenden Ternströmiaceen kommt der be-
kannte Zierstrauch Stachyurus praecox S. \& Z., jap. Mume-fuji als
Holzlieferant kaum in Betracht und es bleibt nur noch die Gattung
Actinidia zu erwähnen übrig. Ihr Charakter weicht von dem der
übrigen Familienangehörigen Japans weit ab; denn wir haben es hier
mit einer Anzahl einfachblätteriger, sommergrüner Klettersträucher
zu thun, die vornehmlich dem Gebirgswalde und kälteren Norden an-
gehören und nur in ihrem Blüthenbau den immergrünen Ternströmia-
ceen nahestehen. Ihre Früchte sind saftige und zum Theil essbare
Beeren (pg. 108); ihr bräunliches Holz zeichnet sich, wie das der
meisten Kletter- und Schlingsträucher, *) durch Leichtigkeit und grosse
Porosität aus. Man benutzt Querschnitte desselben als Dobin-shi
oder Unterlagen für die kleinen Theenäpfe, verarbeitet es auch hier
[307]6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc.
und da auf der Drehbank zu verschiedenen Zwecken. Besonders be-
achtenswerth sind:
138. Actinidia arguta Planch. (Trochostigma arguta S. \& Z.), jap.
Shira-kuchi, Shira-kuchi-katsura und Ko-kuwa.
139. A. polygama Planch., jap. Matatabi (pg. 108).
140. A. volubilis Planch., jap. Tsuta-no-ki.
Fam. Magnoliaceae.
Die hierher gehörenden Hölzer sind ziemlich leicht, gleichartig,
feinkörnig, weich, ziemlich elastisch, doch nicht sehr dauerhaft. Auf
Querschnitten derselben erkennt man durch scharfe Linien begrenzte
Jahresringe, sehr feine, äusserst zahlreiche und gleichmässig vertheilte
Poren und feine, ebenfalls überaus zahlreich auftretende Markstrahlen.
Besondere Erwähnung verdienen folgende Arten:
141. Illicium religiosum S. \& Z., jap. Shikimi (sprich Skimmi).
Diesen kleinen, immergrünen Baum trifft man im südlichen Japan wild-
wachsend und in vielen Gärten, vornehmlich aber in der Nähe bud-
dhistischer Tempel angebaut. Er entwickelt schon im April seine zahl-
reichen wohlriechenden, gelblichweissen Blüthen. Mit den Zweigen
schmückt man die Vasen der Buddhatempel, wie diejenigen der Shintô-
heiligthümer mit denen des Sakaki. Die Verwendung der federkiel-
dicken, braunen Makkô oder Räucherkerzchen aus Shikimi-no-kawa,
der Rinde des Skimmi, wurde bereits pg. 161 erwähnt. Das Holz
findet zu Essstäben und in der Dreherei Anwendung.
142. Magnolia hypoleuca S. \& Z. (M. glauca Thunb.), jap. Ho-
no-ki. Man findet diesen prächtigen, hochinteressanten Baum in
allen Berglaubwäldern Japans von Kiushiu bis nach Yezo, doch nir-
gends als vorherrschenden Bestandtheil derselben, sondern eingesprengt
unter den übrigen blattwechselnden Hölzern. Nach Norden nimmt die
Häufigkeit seines Auftretens zu; auch entwickelt er hier die statt-
lichsten Dimensionen, Stämme von mehr als 2 m Umfang und 20 bis
25 m Höhe, sowohl in den höheren Laubwäldern des mittleren und
nördlichen Hondo, als auch auf der Insel Yezo und selbst noch im
südlichen Sachalin. An Stärke und Höhe wetteifert diese Magnolie
demnach mit den andern blattwechselnden Waldbäumen in ihrer Ge-
sellschaft und übertrifft alle andern ihres Geschlechts, selbst die nord-
amerikanische M. grandiflora; ebenso kommen ihr an Widerstandskraft
gegen die Strenge des Winters wenige ihrer Verwandten gleich.
Ho-no-ki liebt einen guten Boden und gedeiht am besten im
Schatten des Hochwaldes, zumal des Buchwaldes. Hier sind Eichen,
Ahorne, Eschen, namentlich aber Aesculus turbinata und Calopa-
20*
[308]I. Land- und Forstwirthschaft.
nax ricinifolia häufig seine Gefährten, wie schon früher hervorgehoben
wurde. *)
Die glatte Rinde des geraden Stammes, der im geschlossenen Hoch-
walde langschaftig und astrein wird, erinnert mit ihrer grauweissen
Farbe an die der Buche. Starke, ausgebreitete, aber wenig zahlreiche und
schwach verzweigte Aeste bilden die Krone, deren Blätter und Blüthen
dem Baume einen eigenartigen Schmuck verleihen. Jene haben viel
Aehnlichkeit mit den Blättern der amerikanischen Magnolia tripetala
Mich., auch bezüglich ihres Auftretens, werden aber viel grösser, näm-
lich 15—20 cm lang und 5—8 cm breit. Sie sind elliptisch, ganzran-
dig, oben prächtig grün, auf der Unterseite grauweiss, wie es auch der
Name »hypoleuca« andeutet. Jeder Zweig entwickelt etwa 10 der-
selben, welche fast quirlförmig nach der Spitze zusammengedrängt
sind. Inmitten dieses prächtigen Blätterkranzes entfaltet sich dann
Mitte Mai oder Anfang Juni eine herrliche grosse, weisse und nach
Ananas lieblich riechende Blüthe. Aber auch später im Hochsommer
ist der Anblick der Ho-Bäume ein überraschend schöner. Wenn der
Wind die Kronen einer bewaldeten Bergwand bewegt und die grau-
weisse Unterseite der Blätter dieser Pflanze nach oben kehrt, gewinnt
man aus einiger Entfernung den Eindruck, als ob die Bäume sich zum
zweiten mal mit Blüthen bedeckt hätten.
Im October werden sie kahl; bald darauf folgen auch die meisten
der langen ellipsoidischen, rothbraunen Fruchtkolben mit ihren vielen
rosafarbenen Samen, die wie alle Samen dieser Familie bald ihre
Keimkraft verlieren, welches die Hauptursache sein mag, wesshalb
der Ho-no-ki unsern europäischen Gärten noch fremd ist. **)
In Japan überrascht und erfreut der Anblick des Ho-no-ki jeden
Pflanzenfreund, und man muss Dupont beistimmen, wenn er den Baum
mehr ornamental nennt als Magnolia grandiflora.
[309]6. Eigenschaften und Verwendung der wichtigeren Waldbäume etc.
Das leichte grauweisse Holz dunkelt nach. Es ist weich, leicht
biegsam und elastisch, dabei von gleichmässigem, feinem Korn. Das-
selbe dient mancherlei Zwecken. Der Xylograph benutzt es für Muster
zum Zeugdruck, der Lackierer verziert vielerlei Gegenstände aus ihm.
So werden die dünnen Seitenwände der gefälligen, leichten und doch
dauerhaften länglichen Brodkörbchen vorwiegend aus Ho-no-ki dar-
gestellt, indem man um den elliptischen Boden aus Nadelholz zwei
dünne Platten aus ihm mit ihren zugeschärften Breitseiten überein-
ander biegt und festleimt, an dem Boden aber mit Holzstiften be-
festigt. Auch verfertigte man früher gern die Schwertscheiden (Katana-
no-Saya) aus Ho-no-ki. Man kann annehmen, dass dasselbe in Niigata
und Yonezawa etwa der Hälfte aller Lackwaaren zur Grundlage dient.
Endlich bereitet man aus ihm jene weiche, feinkörnige Holzkohle,
deren man sich in ganz Japan zum Abschleifen der Lackanstriche und
zum Abpolieren des Email cloisonné bedient.
143. Magnolia Kobus D. C., jap. Kobushi. Diese Art ist nächst
Ho-no-ki am häufigsten. Man findet sie im mittleren und nördlichen
Hondo, sowie auf Yezo mehr in der Ebene, an den Bachufern und
Waldrändern, sowie im unteren Gebirgswald selbst. Sie erreicht nicht
die Höhe der vorigen, breitet ihre Krone mehr aus und bildet so oft
einen hübschen Baum, der seine violetten Blüthen gleichzeitig mit den
Blättern entwickelt.
Sechs weitere Magnolienarten: M. conspicua Salisb. (M. Yulan
Desf.?), M. parviflora S. \& Z., M. obovata Thunb., M. salicifolia Maxim.,
M. stellata Maxim. und M. compressa Maxim. kommen in Japan vor,
doch nirgends in grösserer Zahl, um als Holzlieferanten Bedeutung
zu haben.
144. Katsura japonica L. (Uvaria japonica Thunb.), jap. Sane-
katsura, Binan-katsura und Kuro-gane-modoshi, d. h. eiser-
ner Schlinger, ist eine bemerkenswerthe Schlingpflanze der Laub-
wälder, welche im Herbst vor dem Blattfall sich prächtig braunroth
färbt. Die langen finger- bis armdicken Stämme zeichnen sich durch
eine korkige Rinde und grosse Elasticität und Biegsamkeit ihres Holzes
aus, so dass man sie statt der Taue vielfach zur Befestigung von Stegen
und sonst als starkes Bindemittel benutzt.
145. Cercidiphyllum japonicum S. \& Z., jap. Katsura. In diesem
stattlichen Baum der Bergwälder Nordjapans, welcher durch seine
herzförmigen Blätter an den Judasbaum erinnert, wie der Gattungs-
name andeutet, finden die Magnoliaceen ihren grössten Vertreter.
Derselbe erreicht in den wärmeren Theilen der Insel Yezo 4—5 m
Umfang und 30 m Höhe. Gleich starken kann man auch in nördlichen
[310]I. Land- und Forstwirthschaft.
Hondo begegnen, wenn auch nur ausnahmsweise. Ein rasches Wachs-
thum zeichnet die Katsura aus. Dasselbe liefert noch bei älteren Bäu-
men eine jährliche Holzschicht von 4—5 cm Dicke. Boden, welcher
aus verwittertem Thonschiefer hervorging, aber auch vulkanischer
Untergrund, sagt ihm besonders zu. Sein leichtes, weiches Holz ist
dunkler als das des Ho-no-ki, hellroth bis gelbbraun, sehr politurfähig
und verwendbar in der Möbeltischlerei, sowie zu allen Zwecken, denen
auch Honoki dient.
146. Umure-gi (vulgo Omore-gi), d. h. fossiles Holz, und Jin-
dai-boku d. h. Holz (boku) aus der Götterzeit, wird ein schwerer
dunkelbrauner Lignit genannt, aus welchem man verschiedene Gegen-
stände, wie Teller, Brettchen etc. mit eingravierten Sittensprüchen,
Blumen, Vögeln und sonstigen Verzierungen darstellt. Man verkauft
sie unter anderm in Nikko und Tôkio. Das Material, welches an
dunkles Nussbaumholz erinnert, aber noch einer genaueren Unter-
suchung bedarf, soll aus Sendai (von Natori-gawa) kommen, worauf
auch die in Tôkio gebräuchliche Benennung Sendai-no-umure-gi-
zaiku für daraus verfertigte Arbeiten hinweist.
7. Gartenbau.
Verbreitung, Einfriedigung und Charakter japanischer Gärten. Beschränkte Mittel
und Eigenthümlichkeiten der Gartenkunst. Verzwergung und Verkrüppelung. Ver-
edelung. Panachierung. Naturfreude und Blumenliebe des japanischen Volkes.
Blumenkalender und besondere Lieblinge der Flora. Alleebäume.
Geschlossene Obst- und Gemüsegärten, wie sich solche bei uns in
der Regel den Wohnungen anschliessen, kennt der Japaner nicht. Seine
Yasai-mono (s. pag. 81) pflanzt er auf dem Sai-yen, dem Gemüse-
land des offenen Feldes. Mit Wage-gomi oder Uye-gomi bezeich-
net er die geschlossene Baumschule und mit Niwa (Sone ist die poe-
tische Ausdrucksweise) oder Ko-yen den gewöhnlich kleinen Ziergarten
hinter dem Hause *), mit dem wir uns zunächst näher beschäftigen
wollen.
Siebold bemerkt **), dass selbst in grösseren Städten kaum ein
Haus sei, das sich nicht eines Gartens erfreue, oder wenigstens eines
mit mehreren immergrünen Bäumen geschmückten Hofes. Diese Ansicht
[311]7. Gartenbau.
ist auch von anderer Seite viel und weit verbreitet worden, nichtsdesto-
weniger ist sie aber eine durchaus irrige. Weite Reisen durch ver-
schiedene Theile der drei Hauptinseln von Alt-Japan und zahlreiche
Beobachtungen in Städten und auf dem Lande haben mir gezeigt, dass
Ziergärten überhaupt und insbesondere sorgfältig gepflegte den meisten
Wohnungen fehlen und nur bei den Häusern der Gebildeteren und
Wohlhabenderen zu finden sind. Hiermit stimmt denn auch ein alter
japanischer Spruch, den Dr. R. Lange in folgender Weise vortrefflich
verdeutscht hat:
Ja selbst der angeführte Ersatz des Gartens, ein Hof mit mehreren
immergrünen Bäumen (richtiger Sträuchern), obwohl man ihm ziemlich
häufig begegnet, bildet immerhin nur eine Ausnahme. Die beiden Ge-
wächse, welche man so im engen Hofraume häufig trifft, sind eine
Fächerpalme von etwa 2 m Höhe, der Tô-shiro (Raphis flabelliformis
Ait.), vor allem aber Nanten (Nandina domestica Thunb.), ein Busch,
welcher ebenfalls die Höhe von 1—2 m selten überschreitet, dessen
Stamm im Alter sich mit rissiger Korkrinde bedeckt und der mit seinen
rothen Beerentrauben besonders im Winter und zur Ausschmückung der
Häuser auf Neujahr beliebt ist. Man benutzt ihn nicht selten als
Dekorationsmotiv im Kunstgewerbe und bildet ihn auch sonst nach, die
Blätter aus Seide, die Beeren aus Glas mit rothem Zinnober-Anstrich.
Auf Shikoku fand ich die Nandina wildwachsend.
Die Einfriedigung, jap. Kaki, der Gärten und Parkanlagen erfolgt
auf verschiedene Weise: durch übertünchte Lehm- und Steinmauern,
todte Zäune, vorwiegend aus Bambusrohr, und durch lebende Hecken
(Ike-gaki). Zur Erzeugung der letzteren steht ein herrliches Material in
grosser Auswahl zur Verfügung, wird aber theils gar nicht, theils nur
in beschränktem Umfang benutzt. Zu immergrünen Hecken bedient
man sich vornehmlich mehrerer Nadelhölzer, insbesondere der Crypto-
merie und des Podocarpus, sowie einiger kleineren Arten Bambusrohr,
niemals aber des prächtigen Evonymus oder des Ligusters, welche mit
so viel Erfolg in der Mittelmeerregion verwendet werden.
Lebende Hecken findet man besonders bei den Wohnungen der
Samurai. Sie werden in der Regel sorgfältig gepflegt und unter der
[312]I. Land- und Forstwirthschaft.
Scheere gehalten und schliessen nach der Strasse hin kleine Vorgärt-
chen ab. Oft vertritt ein hübsches Spalier aus Bambusrohr ihre Stelle.
Dahinter aber erheben sich dann in der Regel immergrüne Gehölze
um das zurückliegende bescheidene Wohnhaus den Blicken der Vor-
übergehenden möglichst zu entziehen. Im Samuraiviertel der kleinen
Stadt Nojiri (in der Provinz Hiuga des südlichen Kiushiu) sah ich z. B.
im Frühjahr 1875 hinter einem solchen Spalier in Reihen und Gruppen
9—10 m hohe stattliche Camellienbäume zum Theil noch in Blüthe.
Daneben wiegten sich die leichten, zierlichen Kronen hoher Bambus-
rohre im Winde. Das Gelbgrün junger Blätter des Kampferlorbeers
und wintergrüner Eichen stach scharf ab gegen das glänzend dunkel-
grüne Laubwerk vom vorigen Jahre und die rothen Blüthen der Camel-
lien und der Azalienbüsche. — Zu Akita, hoch im Norden von Hondo,
fand ich zu einer andern Zeit die Vorgärtchen der Samuraiwohnungen
vielfach von Kome-no-ko oder Iwa-yanagi (Spiraea Thunbergi Sieb.)
eingefasst. Viel häufiger werden Karatachi (Citrus trifoliata L.)
und Mukuge (Hibiscus syriacus L.) zu Hecken verwendet. Die
blauvioletten, seltener weissen Blüthen der letzteren erscheinen im
Spätsommer und Herbst. Karatachi wird offenbar seiner starken Be-
wehrung wegen verwendet; denn sonst sind die Hecken daraus weder
dicht, noch schön belaubt, da die Blätter nicht die Grösse und das
schöne Aussehen erreichen, wie diejenigen der übrigen Aurantiaceen.
Dass mit dem Buddhismus im 6. Jahrhundert unserer Zeitrechnung
auch die chinesische Cultur nach Japan vordrang und hier in den
Tempeln und Klöstern ihre Hauptstütze und Pflege fand, wurde bereits
im ersten Bande dieses Werkes an mehr als einer Stelle gebührend
hervorgehoben. Auch die Blumenliebe und Gartenkunst der Japaner
erhielt ohne Zweifel durch buddhistische Priester ihre erste Anregung
und Nahrung. Jene prächtigen Zierpflanzen, welche man zur Aus-
schmückung der Altäre und Gräber, der Tempelhöfe und heiligen
Teiche, der Gärten und Haine heranzog, und die theilweise, wie Päo-
nie und Lotus, zugleich zur Gewinnung geschätzter Arzneimittel dien-
ten, hatte man in China schon viele Jahrhunderte lang mit Vorliebe
angebaut. Mit der Freude an ihrem schönen Aussehen und Gedeihen
wuchs das Interesse auch für die einheimische Flora, deren schönste
Kinder allmählich ebenfalls herangezogen und mit Sorgfalt gepflegt
wurden. Dazu fanden sich diese in grosser Zahl und Auswahl; denn
wie dies Bd. I. pg. 153—198 ausführlicher dargethan wurde, ist ja
gerade der japanische Boden von der Natur in ein überaus buntes,
freundliches und anziehendes Kleid gehüllt worden. Später gelangten
verschiedene der eingeführten Gewächse von Japan aus zuerst in
[313]7. Gartenbau.
unsere Gewächshäuser und Gärten, so dass auch zum Theil für sie
Japan als Heimat angesehen wurde, wie denn anderseits einzelne chi-
nesische Zierpflanzen zunächst nach Calcutta und erst viel später nach
Europa kamen, wo man dann Indien für ihre Heimat hielt und sie
entsprechend benannte, wie z. B. Rosa indica L. und Chrysanthemum
indicum L.
Als in Japan das Feudalsystem sich entwickelte und unter der
Herrschaft der Tokugawa die bevorzugten Gesellschaftsklassen in Frie-
den sich ihrer Vorrechte erfreuten, wurden die Parkanlagen um die
Burgen der Daimios und ihre Yashikis in Yedo Sammelplätze der
vielerlei Zierpflanzen, welche man allmählich theils vom benachbarten
Festlande eingeführt, theils und vornehmlich der herrlichen, einheimi-
schen Flora entnommen hatte. *) Eine kleine Auswahl derselben, so-
weit es der Raum gestattete, pflegte jeder Samurai in seinem Gärtchen,
das eine Parkanlage im Kleinen darstellte, und dessen nationaler Typus
trotz mancherlei Abweichungen unverkennbar war.
Der japanische Ziergarten ist zum Beschauen, nicht zu län-
gerem Aufenthalte bestimmt. Er ist kein Lustgarten oder Jardin d’agré-
ment in unserm oder der Franzosen Sinn, obgleich er keineswegs der
Reize entbehrt. Die traute Laube, welche dem bescheidensten deut-
schen Lustgärtchen nur ausnahmsweise fehlt, und in deren Schatten
wir von unserer Kindheit an so manche angenehme Stunden der Er-
holung und behaglichen Arbeit verbringen, suchen wir im Niwa ver-
geblich. **) Ebensowenig finden wir darin einen schönen, sorgfältig
gepflegten Rasen mit eingestreuten Beeten, breiten, kiesbedeckten We-
gen und dergleichen. Dagegen hat man bei seiner Anlage oft mit viel
Geschmack und Raffinement die Natur nachgeahmt und eine Land-
schaft im Kleinen erzeugt. Fehlt ihr bei beschränkteren Anlagen der
kleine Weiher, in welchem Goldfische und Schildkröten sich behaglich
ergehen und Lotusblumen im Hochsommer ihre reizenden Blätter und
Blüthen entfalten, so ist doch Raum und gesorgt für ein bescheidenes
[314]I. Land- und Forstwirthschaft.
Wasserbecken mit kleinen, rothbauchigen Imori (Triton subcristatus)
auf dem klaren Grunde, für einen niedlichen gewölbten Steg über den
Abfluss und eine Felspartie. Bei einer etwas grösseren Anlage ist
diese der prächtigste und kühlste Theil, wo klares, perlendes Wasser
hervorbricht aus kleiner, bemooster Grotte, deren Ueberwölbung eine
Felsgruppe im Gebirge täuschend nachahmt. Ausser immergrünen
Farrenkräutern zieren dieselbe kleine Büsche des Tsutsuji (Azalea
indica L.), welche an unsere Alpenrosen erinnern und im Vorsommer
mit rothen Blüthen bedeckt sind, ferner das schöne Daimiôjisô (Saxi-
fraga cortusaefolia S. \& Z.) und andere geschmackvoll vertheilte Lieb-
linge der einheimischen Flora. Vor dieser Felsgruppe erblickt man
gewöhnlich eine kleine cementierte Mulde des Bodens, welche das her-
vorquellende Wasser sammelt, und neben derselben das Giboshi (Fun-
kia ovata Sprengel), über dessen blaugrünem Blattschopf sich im Nach-
sommer prächtige bläulichweisse Blüthenähren erheben.
Die schmalen Pfade, welche sich durch einen solchen japanischen
Ziergarten winden, sind mit einer Reihe vor einander geschobener
Steinplatten belegt, bei denen man jede regelmässige Form vermeidet,
die also seitlich mit verschieden gestalteten Ecken mehr oder weniger
vorragen. Topfpflanzen, zumal solche mit den beliebten Zwergbäum-
chen, ersetzen zu beiden Seiten vielfach die fehlenden Rabatten.
Die japanische Gartenkunst wird mit wenigen einfachen Werk-
zeugen, welche noch dazu nur theilweise zweckmässig sind, aber mit
grosser manueller Geschicklichkeit betrieben. Mit unserer europäischen
kann sie sich weder in der Ausbildung des Geschmacks und in den
Leistungen, noch bezüglich der vielerlei Mittel und Wege messen, welche
unsern Gärtnern bei ihren Arbeiten zu Gebote stehen.
Man muss diese Gartenkunst der Japaner als Vorbildnerin des
japanischen Geschmacks, auch im Kunstgewerbe, ansehen. Sie hat
einerseits mit Sorgfalt alle Lebensbedürfnisse der in ihr Bereich ge-
zogenen Gewächse kennen gelernt und sucht viele der letzteren durch
Befriedigung jener Bedürfnisse zur höchsten natürlichen Vollkommenheit
zu bringen; anderseits aber gefällt sie sich darin, Bäume und Sträucher
beständig unter der Scheere zu halten und auf mancherlei sonstige Weise
ihre natürliche Entwickelung zu hemmen, bald um symmetrische For-
men zu bilden, wie die alte französische Gärtnerei es liebte, bald
wieder, um der Symmetrie entgegen zu arbeiten und phantastische
Gestalten, sowie Zwerge und Krüppel zu erzeugen, also in einer Ge-
schmacksrichtung thätig zu sein, die uns im höchsten Grade fremd
und unverständlich ist. An barocker Künstlichkeit sucht diese Gärtnerei
heutzutage in Europa ihres gleichen; aber sie ist nicht nach unserm
[315]7. Gartenbau.
Geschmack und nur in Ausnahmefällen nachahmenswerth. Unsere
Gärtner helfen der Natur, die japanischen thun ihr Zwang an. Aber
diese japanische Gartenkunst wird noch immer auch nach dieser un-
natürlichen Richtung in manchem Buch als eine hervorragende Leistung
gepriesen, während sie doch in der That als eine uns unverständliche
Spielerei und Verirrung bezeichnet werden muss.
Zwergbildung und unnatürliche monströse Vergrösserung einzelner
Theile einer Pflanze auf Kosten der übrigen, Panachierung und Ver-
werthung irgend eines Zufalls oder Spiels der Natur finden, wie ange-
deutet, beim japanischen Gärtner stets eine sorgfältige Pflege. In
diesen Richtungen zeichnet er sich aus, ja wird nach der einen oder
der andern Seite sogar Specialist. Indem er mit Vorliebe darin ar-
beitet, weiss er, dass er damit dem Geschmack vieler seiner Kunden
besonders entgegenkommt. Zu diesen zählen aber nicht blos die Ge-
bildeten und Wohlhabenden, sondern auch die gewöhnlichen Arbeiter.
Wie der Japaner an solchen künstlichen Verkrüppelungen viel Ge-
fallen findet, so werden von ihm auch natürliche Missbildungen der
verschiedensten Art gern gesammelt und angestaunt. So bewundert er
z. B. den von Wasser durchlöcherten Stein oder einen alten morschen
Baumstamm, welcher aus einem Astloch ein oder mehrere andere Pflan-
zen entwickelt, deren Samen der Zufall hingebracht hatte. Die Ur-
sache für dieses Verhalten entspringt derselben Denkfaulheit und dem
nämlichen Reiz, den auffallende Erscheinungen auch bei uns auf die
Gemüther üben und die der ungebildete Mensch hier wie dort bewun-
dert, nur dass bei uns die Bewunderung meist von der Natur ab und
auf andere Dinge gelenkt wird.
Mit Verzwergung oder Nanisation (jap. Tsukuri-mono) be-
zeichnen wir die verschiedenen Verfahrungsweisen, um Zwergformen
zu schaffen, eine Kunst, in welcher die Chinesen und Japaner Meister
sind, welche sie aber mehr auf Zierpflanzen, als auf Obstbäume an-
wenden. Die chinesischen Mädchen verkümmern und verkrüppeln ihre
Füsse in engen Schuhen und die ostasiatischen Kunst- und Handels-
gärtner manches Holzgewächs, indem sie dasselbe in einen kleinen Topf
zwängen, öfters umsetzen und beschneiden, also durch ungenügende
Ernährung und Zurückschneidung. Dabei richtet sich ihre Thätigkeit
entweder nur auf Verjüngung im Sinne des Maassstabes, also bei
Wahrung der Form, oder auf die Erzielung von Monstrositäten ver-
schiedener Art.
Schon durch die Auswahl besonders kleiner Samen von wenig ent-
wickelten Individuen sucht man auf ein langsames Wachsthum hinzu-
wirken. Noch erfolgreicher erweist sich häufiges Beschneiden, sowie
[316]I. Land- und Forstwirthschaft.
Verpflanzen in Töpfe von ungenügendem Raum, ferner das Drehen
von Stamm und Aesten in horizontaler Richtung oder aufsteigender
Spirale, sowie die Abkühlung des Bodens und der Wurzeln durch die
Verdunstungskälte, welche mittelst poröser Töpfe hervorgerufen wird.
Auch das Veredeln ist vielfach ein Mittel zu diesem Zweck, d. h. es
dient ebenfalls, um die natürliche Entwickelung zu hemmen. Es wird
unter anderm besonders viel bei den mancherlei Spielarten des Mo-
miji (Acer polymorphum) angewandt und besteht gewöhnlich in dem
ältesten Veredelungsverfahren, welches die Gartenkunst kennt, dem
Pfropfen durch Juxtapposition, einer Art »greffe par approche«, wie die
Franzosen es nennen, wobei das auf einer Seite etwas zugeschnittene
Pfropfreis in eine ’schräg aufsteigende Furche des Wildlings gelegt
oder nach Art der Copulation dem Wildling angefügt und damit sorg-
fältig verbunden wird.
Die Resultate, welche die chinesisch-japanische Gärtnerei in der
Zwergbildung zum Theil erzielt, sind theilweise höchst überraschend.
So erwähnt Kämpfer, dass er einst in einem kleinen Kästchen von
4 Zoll Länge, 1½ Zoll Breite und 6 Zoll Höhe nebeneinander wachsen
sah: ein Bambusrohr, eine Kiefer und ein blühendes Bäumchen der
Mumepflaume. Der Preis dieser seltenen Gruppe von Zwergen betrug
1200 holländische Gulden (etwa 2000 Mk.), ein Beweis, dass ihre Er-
zielung sehr schwierig und mühsam gewesen sein musste, anderseits
aber auch ein Zeichen für die hohe Werthschätzung solcher abnormen
Gebilde; denn welchem Pflanzenliebhaber Europas würde es einfallen,
für derartige Dinge nur den zehnten Theil einer solchen Summe zu
zahlen!
Besonders beliebt ist die Anwendung dieser eigenthümlichen Kunst
der Nanisation auf verschiedene Coniferen, zumal auf Matsu (Pinus
Massoniana und P. densiflora), Nagi (Podocarpus Nageia) und Koya-
maki (Sciadopitys verticillata), aber auch auf Mume (Prunus Mume),
Sakura (P. pseudocerasus), Kaki (Diospyros kaki), Momo (Amyg-
dalus persica), Masaki (Evonymus japonicus) und mehrere andere
Zierpflanzen, unter denen auch Bambusrohr vorkommt. Besonders sel-
tene Arten solcher Zwergbildung werden in prächtigen, blau verzier-
ten Porzellantöpfen präsentiert und erlangen hohe Preise.
Wer im Frühjahr eine japanische Kunst- und Handelsgärtnerei be-
sucht, kann neben solchen Zwergformen noch eine andere Art beliebter
Verstümmelung wahrnehmen, welche vornehmlich bei Prunus Mume
angewandt wird. Junge, blühende Triebe aus Stümpfen von 30—100 cm
Höhe hat man nämlich um diese gewunden oder schirmförmig über sie
weggebogen. Oft ist aber auch der alte Stamm bis zur Erde verkürzt,
[317]7. Gartenbau.
so dass das kleine, blühende Reis wie ein selbständiges Bäumchen
erscheint.
Panachierung. Mancher Leser dieser Zeilen wird sich gleich
mir noch der Zeit erinnern, wo in unsern Gärten und öffentlichen An-
lagen ausser dem bekannten Bandgrase (Phalaris arundinacea L. var.
picta) nur wenige Gewächse zu finden waren, deren Blätter von der
normalen grünen Färbung abwichen. Heutzutage gibt es viele Dutzende
von Arten, welche die sogenannte Panachierung aufweisen, die bald
in dieser, bald in jener Weise auftritt, in Form von weissen, gelben
und braunen Flecken und Streifen auf dem sonst grünen Blattgrunde.
Kein anderes Land hat nur annähernd eine so grosse Zahl derartiger
Spielarten geliefert, wie Japan. Diese auffällige Neigung vieler seiner
Zierpflanzen dauert auch bei uns fort und hat schon durch manche
neue Art der Panachierung unsere Gärten bereichert. Siebold schreibt
sie dem Einfluss der Nachtfröste zu, ohne diese Ansicht näher zu be-
gründen. *)
Aus der grossen Zahl solcher japanischer Gewächse mit auffallen-
der Panachierung nenne ich nur Kiefern, Wachholder, Retinisporen,
Thujopsis, Podocarpus, Eurya, Laurus, Elaeagnus, Aucuba, Pittospo-
rum, Aralia, Salisburia, Evonymus, Sciadopitys, Eulalia, Weigelia. Auf
der Pariser Weltausstellung von 1878 überraschten die Japaner weiter
durch panachierte Eriobotrya und Andromeda japonica.
Zierpflanzen sind gleich andern Liebhabereien der Mode unterwor-
fen. Zu den Modeartikeln unserer heutigen Kunstgärtnerei gehört nun
unstreitig auch die Gruppe der panachierten Blattpflanzen. In der
Landschaftsgärtnerei müssen dieselben jedoch sparsam und mit Ge-
schmack verwendet werden, sonst wird man ihrer leicht überdrüssig;
denn viele derselben sind keineswegs schön und als wirkliche Be-
reicherung zu betrachten. So war letzten Sommer im Park der Welt-
ausstellung zu Antwerpen ein Beet mit Büschen von Evonymus japo-
nicus zu sehen, von denen jeder neben vielen einfach grünen Blättern
auch weiss- oder gelbgefleckte aufwies, wodurch die Gesammtwirkung
auf Leute mit ausgebildeterem Schönheitssinn keineswegs so günstig
war, wie die einer gleichen Gruppe ohne solche scheckige Beimischung
entarteter Blätter.
[318]I. Land- und Forstwirthschaft.
Bouquet-Binderei und -Malerei kennt der Japaner nicht.
Die Trennung der Blüthen von ihren Trägern und ihre dichte, sym-
metrische Vereinigung zu Sträussen ist nicht nach seinem Geschmack.
Er bewundert mehr die individuelle Schönheit und erfreut sich der
natürlichen Verbindung: schöner Blüthen (Hana) und Blätter (Ha) am
Reiss (Ko-yeda) oder am schlanken Zweig, der Iris und Lotusblume an
möglichst langem Stiel (Kuki). Man sollte kaum glauben, dass unter
solchen Umständen noch von »einer Kunst, Blumen zu stecken«, die
Rede sein könnte. Dennoch besitzt die japanische Literatur unter
diesem oder einem ähnlichen Titel eine Anzahl Werke mit zahlreichen
Abbildungen, wobei freilich die verschiedenen Formen der Hana-ike
oder Blumenvasen eine Hauptrolle spielen und der gemeine Mann,
welcher sich mit einer Cylindervase aus Bambusrohr oder einem irde-
nen Geschirr begnügen muss, für seine Zwecke nicht viel lernen kann.
Die Freude an dem Anblick schöner Blumen ist aber Gemeingut
des japanischen Volkes: auch der bescheidene Arbeiter gehört zu den
Kunden des Handelsgärtners. Theilweise mit Rücksicht hierauf wer-
den im Sommer von Zeit zu Zeit Hana-ichi oder Blumenmärkte bei
einbrechender Nacht abgehalten, beleuchtet durch Pechfackeln und
bunte Laternen. Sie ziehen gerade die ärmeren Leute besonders an
und erlauben auch ihnen den Erwerb eines blühenden Zweigs von der
Lieblingspflanze, die zur Zeit gerade blüht.
Die Freude aller Stände an der Natur und insbesondere an dem
Anblick schöner Blumen findet sich in dem Maasse bei keiner andern
Nation wieder. Sie zeigt sich ganz besonders zur Zeit, wenn dieser
oder jener Liebling im Freien seinen Blüthenschmuck entfaltet. Wie
im Weichbild unserer Städte einzelne Wirthschaften an Sonn- und
Festtagen die Volksmenge anziehen, so, doch in viel höherem Grade,
sehen wir bei japanischen Grossstädten von Zeit zu Zeit die Wege bald
nach diesem, bald nach jenem Ort voll fröhlicher, festlich gekleideter
Menschen jedes Alters und Standes dahinziehen, um hier die blühen-
den Kirschbäume am Hügel, dort die Schwertlilien im offenen Felde,
an einem dritten Ort die Chrysanthemumarten einer Gärtnerei, an einem
vierten das prächtige Herbstkleid der Ahorne und verschiedener andern
Pflanzen zu bewundern.
Beachten wir ferner, dass diese Blumenfreude des japanischen
Volkes keineswegs neueren Datums ist, sondern schon zu einer Zeit
bestand, als unsere ganze Cultur noch in den Windeln lag, so können
wir leicht ermessen, welchen gewaltigen Einfluss ihr Urheber durch
sie geübt haben muss. Schon vor 1000 Jahren schrieb derselbe Dichter
Mitsune, von dem auch der Vers über den Blüthenduft der Mume (pg. 320)
[319]7. Gartenbau.
herrührt, mit Bezug auf eine, an seinem Hause blühende Fuji oder
Glycine (Wistaria chinensis) das Folgende:
Die Zahl der Arten und Abarten japanischer Zierpflanzen ist zwar
eine sehr grosse; doch erfreut sich nur eine kleine Auswahl ganz be-
sonderer Beliebtheit. Die Rose ist nicht darunter und selbst die Ca-
mellie nimmt, obgleich sie sehr häufig angebaut wird, keineswegs einen
hervorragenden Rang ein. Man hat diese Lieblinge, welche mit dem
Cultus, den Festen und dem ganzen Leben innig verwoben sind, und
vornehmlich auch als Decorationsmotive im Kunstgewerbe immer von
neuem herangezogen werden, nach ihrer Blüthezeit geordnet und schon
Blumenkalender verfasst zu einer Zeit, wo bei uns noch Niemand an
derlei Arbeit dachte.
Bei der früheren, den Chinesen entlehnten Zeitrechnung der Ja-
paner nach Mondjahren fiel Guwan-jitsu, der Neujahrstag, gegen
Mitte oder Ende Februar und es nahm damit Mutzuki, »der liebliche
Monat«, seinen Anfang. Zur Feier der Jahreswende gesellte sich mit-
hin die Freude über die wiedererwachte Natur und gab sich auf
mancherlei Weise in und ausser dem Hause kund. Flora bot dem Volke
seine ersten Lieblinge in vollem Blüthenschmuck dar und Unguisu,
die Nachtigall, belebte bald darauf den nahen Ziergarten oder Tempel-
hain an lauen Abenden von neuem durch ihren lieblichen Gesang. **)
Unter den Pflanzen trugen die weissen und rothen Blüthen der Mume
(Prunus Mume S. \& Z.), welche um diese Zeit als Frühlingsboten noch
vor der Blattentwickelung erschienen, zur Hebung der festlichen Stim-
mung nicht wenig bei und fehlten keinem japanischen Hause. Wie wir
unsere Schlüsselblume (Primula veris L.) mit jedem neuen Lenz von
neuem freudig begrüssen und uns ihres Anblicks erfreuen, so, doch in
viel höherem Maasse, vermochte und vermag noch immer die Mume,
als einer der Lieblinge des japanischen Volkes, dasselbe sehnsuchts-
voll und freudig zu stimmen. Mehr als die Fülle und Farbenpracht
der Blüthen preisen seine Dichter deren lieblichen Duft, welcher na-
mentlich während der Nacht sich entwickelt.
[320]I. Land- und Forstwirthschaft.
Aber Du findest sie gleich, gehst Du dem Dufte nur nach«.*)Mitsune.’
Zum Dichter gesellt sich im Haru (Lenz) die Uguisu oder jap.
Nachtigall (Cettia cantans T. \& Schl.) und singt, wie erfreut bei dem
ersten Blüthenduft des Jahres und klagend über das rasche Verwelken.
Und wie die bescheidene Poesie, so hat auch die entwickeltere Kunst
des Landes beide, Mume und Uguisu, mit einander verknüpft und
im Bilde, wie plastisch auf den verschiedensten Erzeugnissen des
Kunstgewerbes dargestellt. Dabei erinnert die Mume in ihrer Blatt-
losigkeit und der Fülle und Gestalt ihrer sitzenden Blüthen etwas an
blühende Zweige unseres Schwarzdorns.
Neben der Mume bringen die japanischen Gärtner auch die schlan-
ken und mit gelben Blüthenglocken behangenen Zweige des Rengijo
(Forsythia suspensa Vahl) um die alte Neujahrszeit viel zum Verkauf.
Die Pflanze wurde aus Japan bei uns eingeführt, ist aber dort eben-
sowenig heimisch, wie die Mume und die folgende, stammt vielmehr
gleich diesen aus China.
Auch der Dodan (Enkianthus japonicus Hook.), welchen man in
Gärten pflanzt, weil im Herbst seine Blätter sich prächtig roth färben,
wurde am Neujahrsfest zur Ausschmückung der Wohnungen viel her-
angezogen. Da er im Freien erst 1—2 Monate später zur Blüthe
kommt, musste, wie in China, für den erwähnten Zweck das Warm-
haus des Handelsgärtners mitwirken.
Im März, dem zweiten Monat des früheren japanischen Jahres,
gesellt sich zur Mume der Blüthenschmuck des Momo oder Pfirsich-
baumes (Amygdalus persica L.), welchem derjenige der Higan-sakura
(Prunus subhirtella Miq.) gegen Ende des Monats folgt. Mehrere Mag-
nolien entfalten um diese Zeit ebenfalls ihre Blüthen noch vor den
Blättern, so vor allen M. conspicua Salisb. (M. Yulan Desf.), die Haku-
ren d. h. »weisse Lotusblume« der Japaner, und die Kobushi (M.
Kobus D. C.). Der April ist die Blüthezeit für den zweiten grossen Lieb-
ling des Jahres, die Sakura (Prunus pseudocerasus Lindl.). Man nennt
diese Pflanze (siehe auch pg. 297) wohl den japanischen Kirschbaum,
weil ihre ganze Tracht und ihr Blüthenschmuck an Kirschbäume er-
innern; doch sind ihre Früchte ungeniessbar und nicht grösser, als die
unseres Prunus Padus. Yama-sakura heisst die in den Bergwal-
dungen weitverbreitete, ursprüngliche Form des Baumes, von der eine
sehr alte Cultur ausserordentlich viele Abarten mit rosafarbenen und
[321]7. Gartenbau.
weissen Blüthen abgeleitet hat, unter denen namentlich diejenigen mit
sehr grossen gefüllten Blüthen auffallen.
Die Sakura wird von japanischen Dichtern fast ebensoviel be-
sungen, wie die Mume, und im Kunstgewerbe gleichfalls oft nachge-
bildet. Dazu wählt man stets die einfache Blüthenform der Yama-
sakura. Man erkennt sie auf Decorationen leicht durch die mitauf-
tretenden Blätter.
Zur Blüthezeit der Sakura herrschen schon die milden Lüfte des
Südwestmonsuns. Die Natur ist in ihrer vollen Entwickelung und
ladet von neuem ins Freie ein. Es ist ein altgewohntes Vergnügen un-
schuldigster Art, alsdann familienweise hinaus zu wandern und die
Blüthen der Sakura zu bewundern, ein Vergnügen, an dem gern Jeder
theilnimmt; und auch für den Fremden ist es eine Freude, so viel
glückliche, festlich geschmückte Menschen um sich zu sehen. Er folgt
desshalb ebenfalls gern dem Zuge nach Mukojima, Uyeno, Ôji,
und wie die Punkte in und um Tôkio alle heissen, welche durch
grössere Anpflanzungen der Sakura sich auszeichnen. Einen alten Ruf
haben auch die Sakura von Yoshino in Yamato, von denen Tomonori
vor tausend Jahren schrieb:
Gegen Ende April findet man hier und da in den Gärten einen
Verwandten, die Niwa-sakura (Garten-Sakura) oder Kó-sakura
(Kleine Sakura), ebenfalls in voller Blüthe. Es ist der japanische Zwerg-
kirschbaum (Prunus japonica Thunb.), welcher in seinem buschförmi-
gen Aussehen an Amygdalus nana erinnert.
Bereits früher und gleichzeitig mit der Sakura hat Yamabuki
(Kerria japonica D. C.) seine gelben Blüthen entfaltet. Der wildwach-
sende Strauch ist in den Bergwäldern und an Flussufern des mitt-
leren und nördlichen Japan sehr häufig, viel seltener im Süden des
Landes. Die gefüllte Form kam schon im vorigen Jahrhundert aus
den Gärten nach Europa, während die einfache sich erst neuerdings
bei uns verbreitet.
Im Mai erscheinen die prächtigen Blüthen des Botan (Paeonia
Moutan Sims.), des Fuji (Wistaria chinensis S. \& Z.), des Kiri (Pau-
lownia imperialis S. \& Z.) und des Tutsuji (Azalea indica L.). Unter
diesen vier Zierpflanzen ist die letztgenannte weitaus am verbreitet-
sten und beliebtesten. Die rothblühende Varietät herrscht vor, zumal
Rein, Japan. II. 21
[322]I. Land- und Forstwirthschaft.
im wildwachsenden Zustande. Sie schmückt im Frühjahr, und zwar
häufig im Verein mit Deutzien, nicht blos die unbebauten sonnigen
Abhänge in ganz Japan und ebenso in China, sondern fehlt auch kaum
einem Garten. Auf Kiushiu blüht sie schon im April (und dient dann
auch vielfach zum Schmücken der Gräber, indem man ihre blühenden
Zweige in Bambusvasen steckt), im mittleren Hondo im Mai, noch
weiter nördlich und höher im Gebirge erst im Juni. Eine ganze An-
zahl verwandter Arten, darunter welche mit herrlichem Duft, gesellen
sich hinzu und sind zum Theil ebenfalls in die Gärten übergegangen.
Hierher gehören Rhododendron (Azalea) macrostemon Maxim., R. ledi-
folium Don., R. sublanceolatum Miq., R. macrosepalum Maxim., R.
sinense Sweet und verschiedene andere.
Im Juni ziehen die herrlichen Blüthen mehrerer Irisarten, na-
mentlich die Hana-shôbu (Iris laevigata Fisch.) und Ayame (Iris
setosa Pall. und I. sibirica L.) die Blumenfreunde besonders an. Die
Cultur derselben wird vornehmlich an mehreren Orten im Weichbilde
von Tôkio umfangreich betrieben und zwar als Specialität. Es sind
offene, tiefgelegene Felder, z. B. in der Nähe von Meguro, vor allem
aber am linken Ufer des Sumida-gawa zu Hori-kiri, welche gegen
Ende des Monats in schönstem Flor stehen. Viele Blumenfreunde,
welche im April hinauswanderten, um sich des Anblicks der blühenden
Sakura von Mukojima zu erfreuen, ziehen jetzt an der langen Allee
dieser Bäume vorbei nach Hori-kiri, um blühende Shôbu (Hana-
shôbu) zu bewundern. Ist auch diese Zeit vorüber und hat im Juli
die Sommerwärme ihre grösste Höhe und Kraft entfaltet, so tritt ein
anderer, noch viel geschätzterer Liebling in den Kreis, nämlich die
Lotusblume, Hasu-no-hana oder Renge (Nelumbo nucifera
Gaertn.). *) Der essbaren, langgegliederten Rhizome und nussartigen
Samen dieser interessantesten und prächtigsten unter den Wasserpflan-
zen wurde bereits früher gedacht. Es erübrigt daher nur noch, ihre
Bedeutung im buddhistischen Cultus und als Zierpflanze hervorzu-
heben. Ihre ursprüngliche Heimat ist ohne Zweifel das indische Mon-
sungebiet und ihre Cultur und Werthschätzung eine sehr alte. Sie
war hier ehedem in heiligen Teichen zusammen mit Schildkröten und
Fischen dem Çiva geweiht, welcher nach einer alten indischen Sage einst
auf ihren Blättern sitzend zusah, wie die grosse Fluth alles verschlang.
Später wählte sie der Buddhismus zum Symbol seiner Lehre. Wie sich
[323]7. Gartenbau.
ihre Knospen aus schlammigem Boden über das Wasser erheben und
in verschiedener Höhe zu reizenden Blättern und Blüthen entfalten,
an deren lieblichen, reinen Farben keine Spur von dem Schmutze
wahrzunehmen ist, dem sie entstiegen, so werden nach buddhistischer
Ansicht die Seelen der Menschen durch eignes Vermögen und Thun
über den Schlamm der Sünde zu verschiedener Höhe erhoben und nach
Nirwana zur wahren Glückseligkeit geführt. Sitzend auf einer geöff-
neten Lotusblume, dem Symbol der Reinheit, stellt man Buddha dar
und schmückt mit Vasen und Nachbildungen blühender Lotuspflanzen
in Bronze, Holz oder Thon seine Tempel und Altäre. Man wird unter
solchen Umständen annehmen dürfen, dass auch im chinesischen Cul-
turgebiete Ostasiens die Verbreitung dieser edlen Pflanze derjenigen
des Buddhismus auf dem Fusse folgte.
Ob der ägyptische Lotus, dessen verschiedene Klassiker des Alter-
thums gedenken, mit unserer Pflanze identisch war oder nur eine nahe
verwandte Art, ist meines Wissens mit Sicherheit noch nicht erwiesen.
Seine Samen, die Pythagoras- oder ägyptischen Bohnen (Fabae
aegytiacae Plin.), wurden, gleich denen des indischen Lotus in den Mon-
sunländern, gegessen. Theophrast vergleicht seine Frucht (Torus)
sehr zutreffend mit einem runden Wespennest und Herodot mit gros-
sen Mohnköpfen; dagegen passt die Beschreibung, welche letzterer von
den Wurzeln gibt, in keiner Weise auf die Rhizome der heiligen Lo-
tuspflanze Asiens.
Im Jahre 1787 brachte Sir Joseph Banks die ersten Samen der
letzteren aus Indien nach England und zwar unter dem Namen: »Sa-
cred Indian Bean«. Seitdem cultiviert man diese Pflanze in Warm-
wasseraquarien der meisten europäischen Länder, zumal ihrer botani-
schen Gärten, seltener in offenen Weihern der Mittelmeerregion, und
bringt sie im Hochsommer oft zur schönsten Entwickelung. Es ist
stets die auch in Ostasien verherrschende, verbreitetste Varietät mit
rosafarbigen Blüthen. Daneben hat man aber in Japan und China
auch eine andere, deren Blüthen im reinsten Weiss mindestens gleich
schön sind. *)
Nach Fortune wachsen an den Ufern des Flusses sowohl ober-
halb als unterhalb Kanton eine Menge dieser Wasserlilien, welche
gleich den Reisfeldern durch Dämme eingeschlossen werden. »Diese
Pflanze«, sagt Fortune, »wird theils zum Schmuck, theils ihrer Wurzeln
21*
[324]I. Land- und Forstwirthschaft.
wegen angebaut, die in grösserer Menge auf die Märkte gebracht und
von den Chinesen sehr geliebt werden.« Von Japan gilt dasselbe, wie
bereits früher betont wurde.
Die Wasserspiegel der alten Wallgräben und Teiche von Tôkio
sind im Hochsommer durch zahllose Blätter und Blüthen des Lotus
geschmückt. Während die Blätter fast aller übrigen Nymphaeaceen
sich mit mattem Grün flach über das Wasser ausbreiten, hebt die Lo-
tuspflanze die ihrigen gleich den Blüthen an langen Stielen weit dar-
über empor. Das prächtige Grün, die feine Aderung und muschel-
förmige Wölbung und Vertiefung der Blätter zeichnet sie nicht minder
aus, und wenn die Thautropfen morgens wie Tausende von Perlen auf
diesen edlen Gebilden ruhen, ist der Anblick kaum minder schön, als
wenn die Strahlen der aufsteigenden Sonne sie verscheuchen, dafür
aber die zahlreichen Knospen und Blüthentulpen öffnen. Leider ist
die Pflanze nur während der Sommer- und Herbstmonate eine Zierde
der stehenden Gewässer, nicht den langen Winter über, wenn der
Blick auf ihre abgestorbenen, zerfetzten Blätter fällt.
Auf die Blüthezeit der Lotusblume folgt im August und Sep-
tember diejenige der sogenannten »sieben Herbstpflanzen« (Aki-no-na-
na-kusa). Man versteht darunter Hagi (Arten von Lespedeza und Des-
modium), Fuyô (Hibiscus mutabilis L.), Omina-meshi (Patrinia sca-
biosaefolia Link), Fuji-bakama (Eupatorium chinense L. \& E.,
japonicum Thunb.), Kikiyô (Platycodon grandiflorum D. C.) und die
beiden Gräser Susuki (Eulalia japonica Trim.) und Kara-kaya) An-
thistiria arguens Wild.). Alle, bis auf Hibiscus, schmücken im Hoch-
sommer und Herbst die Kusa-wara oder blumenreiche Waldwiese.
Hagi, insbesondere Lespedeza cyrtobotrya und Desmodium penduli-
florum Oud. mit ihren an Goldregen erinnernden Blättern und violetten
Blüthen, ferner Fuyô, Omine-meshi und Susuki (siehe pg. 203)
bilden ausserdem beliebte Decorationsmotive im Kunstgewerbe. — Als
Topfpflanze findet man im September und October in Japan, wie bei
uns, auch das Tamano-o (Sedum Sieboldi Sweet) in Blüthe.
Wie die blühende Mume das Neujahrs- und Frühlingsfest als erstes
der Go-sekku oder fünf Volksfeste im Jahr verschönerte, so ist der
Bewunderung und Freude über die Kiku-no-hana oder Chrysan-
themumblüthen das letzte dieser Laienfeste am 9. Tag des 9. Monats
nach alter Jahresrechnung, das ist gegen Ende October nach der neuen,
gewidmet. Dieses Kiku-no-sekku oder Chrysanthemumfest führt die
fröhliche, festlich gekleidete Menge auf die Blumenmärkte und in die
grossen Gärtnereien, welche sich durch die Cultur von Chrysanthemum
(Pyrethrum) indicum L., Ch. sinense Sabin. und verwandten Arten aus-
[325]7. Gartenbau.
zeichnen. Kiku (Chrysanthemum), das formen- und farbenreiche Lieb-
lingskind der Herbstflora Japans und Chinas, ist hart und leicht zu
cultivieren. Zahlreich und höchst mannigfaltig, wie bei uns die Astern,
sind nach Farbe, Grösse und Form der Blüthen die Spielarten, welche
eine alte Cultur ausgebildet hat. Viele Gärtner haben daraus eine
Specialität gemacht und sind dafür weit bekannt. So ziehen z. B. bei
Tôkio namentlich die Kikubeete des Ortes Sugamo am Nakasendô
Anfang November viele Bewunderer an. Beliebt, wie in der Natur,
ist Kiku-no-hana auch in der Kunst, ein Decorationsmotiv, zumal
in der Keramik, das an Häufigkeit der Verwendung keinem andern
nachsteht.
Das Regierungswappen, genannt Kiku-no-hana-mon (Bd. I.
pg. 366) stellt eine radförmig ausgebreitete Chrysanthemumblüthe mit
16 abgerundeten Blumenblättern dar, welche von einem kleinen cen-
tralen Kreise ausgehen und an ihren äusseren Enden durch 16 klei-
nere Bogen verbunden sind. Es ist Sinnbild der Sonne und kaiser-
liches Abzeichen auf Cocarden, Bannern, Documenten und Münzen.
Nach Europa wurden im Jahre 1784 eine Anzahl Spielarten von Kiku
aus Indien und China gebracht; sie haben hier jedoch die Astern und
andere beliebte Herbstblumen nicht aus dem Felde geschlagen.
Gegen Ende October und Anfang November, wenn der rauhere
Monsun des Winters schon von Norden her herrscht und das Vege-
tationsbild der Landschaft in Feld und Wald bereits einen ganz anderen
Charakter angenommen hat, begibt sich der japanische Naturfreund zum
letzten Mal ins Freie, um sich am Beschauen der Momiji (Acer poly-
morphum S. \& Z.) zu erfreuen. Am meisten gerühmt und besungen
wurden die Ahorne vom Tatsuta-gawa, die Tatsuta-momiji beim
Orte Tatzuta in Yamato. Die Momiji in ihrem bunten oder einfach
rothen Herbstkleide bilden auch von den japanischen Künstlern häufig
angewandte, beliebte Vorwürfe. In den Gärten haben ausser ihnen auch
Dôdan (Enkianthus japonicus Hooker), Azalien und andere Gewächse
vor dem Laubfall den schönsten Farbenwechsel ihrer Blätter vorge-
nommen. Noch viel mannichfaltiger und farbenbunter erscheint das
Herbstkleid des Laubwaldes, dem selbst das vielgerühmte des atlan-
tischen Waldgebietes von Nordamerika nicht gleichkommt (s. auch Bd. I.
pg. 155). Ist dasselbe verschwunden und die Winterruhe eingetreten,
so weist der japanische Blüthenkalender auf eine beschränkte Zahl
prächtiger Zierpflanzen hin, die meist auch nach Europa verpflanzt
wurden und hier zum Theil weit grössere Werthschätzung und Ver-
breitung gefunden haben, als in ihrer ostasiatischen Heimat. Es sind
dies vornehmlich Yatsu-de (Aralia japonica Thunb.), Hiragi (Olea
[326]I. Land- und Forstwirthschaft.
aquifolium Thunb.), und Sasan-kuwa (Camellia sasanqua Thunb.),
welche gleich dem Theestrauch im November und December blühen,
ferner Tsubaki (Camellia japonica L.), die als Freilandpflanze ihre
ersten Blüthen im Januar entwickelt.
Laubhölzer als Alleebäume findet man in japanischen Städten
nur ausnahmsweise (z. B. in Niigata) und längs der Landstrassen fast
nirgends. Dagegen schmücken diese an vielen Orten immergrüne
Nadelhölzer, welche zum Theil schon mehrere hundert Jahre alt sind
und einen einzig grossartigen Eindruck machen. Ihren mächtigen
Stämmen hoch hinan klettert zum Theil Evonymus radicans oder ein
wilder Wein, ausnahmsweise auch das viel seltenere Epheu. Am statt-
lichsten erscheinen die Sugi oder Cryptomerien hier und dort, nament-
lich um Nikkio. Hochberühmt und einzig in ihrer Art ist namentlich
die grosse Sugi-Allee, von der Bd. I. pg. 172 das letzte Stück im
Lichtdruck wiedergibt. Auch Retinisporen, insbesondere Hi-no-ki-
Bäume finden stellenweise Verwendung.
Matsu, die Kiefer (Pinus Massoniana und P. densiflora) ist und
bleibt jedoch der verbreitetste und beliebteste Alleebaum dieser alten ja-
panischen Landstrassen. Die Hand des Gärtners hat in diesem Fall ihre
Gestalt nicht verändert. Urwüchsig, bizarr und in den malerischsten
Gestalten erscheint hier dieser grosse Liebling des japanischen Volkes,
mit Stämmen gerad und krumm, mit Aesten, die oft in allen Richtun-
gen gedreht sind, knotig und gestreckt, mit dichten Massen dunkel-
grüner Nadeln bedeckt. Da ist von Symmetrie keine Rede; dennoch
ziehen sie das Auge an und ruht dasselbe mit Wohlgefallen auf ihren
urwüchsigen, kräftigen und malerisch schönen Gestalten, auf diesen
stillen Zeugen einer längst vergangenen Zeit. Wie vielen Stürmen
haben manche derselben nicht schon getrotzt, wie vielen Entwürfen
zur Verzierung der mancherlei Erzeugnisse des Kunstfleisses schon ge-
dient, wie manches Aug’ und Herz erfreut! Das ist der Baum, wel-
cher kühn und kräftig der Vorliebe des Volkes für bizarre, unregel-
mässige Formen am meisten entspricht, an dem anderseits, wenn er
einzeln im Garten oder Tempelhof erscheint, die Neigungen gärtne-
rischer Launen am häufigsten zum Ausdruck kommen. In alle mög-
lichen Krüppelgestalten und abnorme Formen hat man ihn hier gezwängt
und wir wundern uns bei deren Anblick nicht wenig wieder über eine
uns unverständliche Geschmacksrichtung, die auch hieran Gefallen
findet.
[327]8. Acclimatisation u. Verbreitung japan. Zier- u. Nutzpflanzen in Europa.
8. Acclimatisation und Verbreitung japanischer Zier- und Nutz-
pflanzen in Europa.
Acclimatisation einer Pflanze ist ihre Gewöhnung an Klima
und Boden eines fremden Gebiets. Es leuchtet ein, dass diese Ein-
bürgerung um so leichter sein muss, je mehr in beiden Beziehungen
die Verhältnisse des neuen Wohnorts den gewohnten entsprechen, da-
gegen in den meisten Fällen schwer, wenn nicht unmöglich, sobald
sie weit davon abweichen; denn die innere Structur der Pflanze und
ihre ganze Entwickelung hängen mit der durch Klima und Boden be-
dingten Art ihrer Ernährung auf’s innigste zusammen.
Sommergewächse, sowie alle ausdauernden Pflanzen, welche sich
nur durch Samen fortpflanzen, lassen sich da nicht einbürgern, wo
dieser Same nicht die keimfähige Reife erlangt; andere perennierende
Pflanzen sind dort nicht völlig acclimatisierbar, wo sie durch die Win-
terkälte von Zeit zu Zeit erfrieren, mag sonst die Sommerwärme ihrer
Entwickelung noch so förderlich sein. Der Winter von 1879/80 zer-
störte z. B. in Frankreich und Deutschland eine Menge californischer
Nadelhölzer, welche sich zum Theil schon mehrere Jahrzehnte hindurch
auf’s beste entwickelt hatten, und lieferte damit den Beweis, dass ihre
völlige Einbürgerung bei uns unmöglich ist. Dagegen kann man solche
Holzgewächse, welche sich auch durch Wurzelschösslinge vermehren,
selbst da noch halten, wo sie keine Samen reifen, ja wo sie in strengen
Wintern theilweise erfrieren. Wie die oberirdischen Theile des ge-
meinen Besenginsters in vielen Gegenden Deutschlands im December
1879 durch die Kälte getödtet wurden, die gesunden Wurzeln jedoch
in den darauf folgenden Sommern wieder völlig Ersatz lieferten, so ver-
hielt es sich z. B. auch mit Kerria japonica. Ein anderes japanisches
Gewächs, die Paulownia imperialis, gedeiht in England sehr gut,
bringt jedoch nur selten Blüthen und nie keimfähige Samen hervor,
vermehrt sich dagegen leicht durch Wurzelschösslinge ähnlich wie die
grossen Bambusrohre in Japan, und kann desshalb in beschränktem
Sinne als eingebürgert gelten.
Es liegt nahe, dass man erst die Bedingungen, unter welchen ein
Gewächs in seiner Heimat vorkommt und gut gedeiht, kennen lernen
sollte, bevor man anderwärts zu Anbauversuchen mit demselben schrei-
tet. Oft ist diese Regel nicht befolgt worden und hat man erst durch
viele unnütze Versuche und theures Lehrgeld erreicht, was man auf
viel kürzerem und billigerem Wege hätte erlangen können. Die Ver-
[328]I. Land- und Forstwirthschaft.
breitungsgeschichte der Aucuba und mancher andern beliebten japa-
nischen Zierpflanze könnte hierzu lehrreiche Beispiele liefern.
Auf der andern Seite zeigt jedoch erst die Erfahrung, dass manche
Pflanzen ein sehr dehnbares Naturell haben, d. h. bezüglich ihrer An-
sprüche an Klima und Boden wenig wählerisch sind, während andere
sich in diesen Beziehungen eng beschränken. Hier kann desshalb nur
der Versuch entscheiden, wie weit eine Pflanze accommodationsfähig ist
oder nicht. Von zwei Gewächsen, deren Heimat die nämliche ist, die
hier neben einander auf demselben Boden und unter gleichen klima-
tischen Einflüssen gedeihen, gewöhnt sich das eine leicht an die ver-
änderten Verhältnisse eines fremden Ortes, das andere durchaus nicht.
Wie bereits pg. 188 bei Besprechung des Lackbaumes hervorgehoben
wurde, erwies sich derselbe für Deutschland völlig winterhart. Nun
findet man in Japan in seiner Nachbarschaft und gleich ihm angebaut
die Camellia, Olea aquifolium und andere Zierpflanzen, welche dort
mit ihm zuweilen Nachtfröste bis zu — 12°C. ausgesetzt sind, die
aber in Europa nördlich der Alpen im Freien nicht aushalten.
Da der Kampferlorbeer in einem Gebiete mit reichen Sommer-
regen heimisch ist und im Winter Nachtfröste erträgt, bei welchen
das Quecksilber im hunderttheiligen Thermometer ausnahmsweise bis
— 9 Grad sinkt, so begreift man sein Gedeihen an den norditalienischen
Seen und der Riviera. Dass er aber auch in der heissen, trockenen
Atmosphäre von Aegypten und den Canaren fortkommt, zeigt seine
Accommodationsfähigkeit in einer Richtung, in welcher ihm wenige
andere Holzgewächse Japans zu folgen vermögen.
Der Weinstock passt sich bis zu einem gewissen Grade vielen
Klimaten und Bodenarten an; aber wie gewaltig verändert er damit
den Charakter seiner Früchte! Um noch ein anderes Beispiel anzu-
führen, möge hier an das verschiedene Verhalten des Schlafmohns
(Papaver somniferum) erinnert werden, dessen Kapseln bei uns nur
Spuren der bekannten Opiumalkaloide entwickeln, während die Pflanze
in heissen Ländern, wie Kleinasien, Aegypten und Indien nur des
Opiums wegen gebaut wird, wobei dieses immer noch, je nach dem
Erzeugungslande, in seiner chemischen Zusammensetzung bedeutend
verschieden erscheint.
Aus diesen wenigen Beispielen, denen sich noch manche anreihen
liessen, geht zur Genüge hervor, dass die Anpassungsfähigkeit eines
Gewächses viel grösser ist, als seine völlige Acclimatisation, wenn wir
unter dieser das leichte Fortkommen desselben in veränderten Klima-
und Bodenverhältnissen verstehen, ohne Ausartung, d. h. ohne wesent-
liche Veränderung seines heimatlichen Charakters.
[329]8. Acclimatisation u. Verbreitung japan. Zier- u. Nutzpflanzen in Europa.
Dass einjährige Pflanzen sich leichter acclimatisieren, als aus-
dauernde, ist eine alte Erfahrung und leicht begreiflich. Mit unsern
Garten- und Feldfrüchten haben sich beispielsweise auch viele allbe-
kannte Unkräuter über einen ansehnlichen Theil der Erde verbreitet.
Sie gedeihen üppig in Klimaten, welche von dem unsrigen weit ab-
weichen, ebenso wie manche unserer Getreide- und Gemüsearten;
denn die Hauptbedingung ihres Fortkommens ist ja neben einem ge-
wissen Grad von Feuchtigkeit, das Vorhandensein der nöthigen Wärme
zum Reifen ihrer Samen.
Bei Holzgewächsen ist die Sache nicht so einfach. Ihre völlige
Acclimatisation hängt von beiden Hauptzeiten des Jahres ab, und zwar
vielfach mehr von den Extremen, als von den mittleren Temperaturen
derselben. Sie müssen sich wenigstens der normalen Kälte gegenüber
völlig winterhart erweisen. Ihre Widerstandskraft gegen ausserge-
wöhnliche Kälte ist zum Theil wieder dadurch bedingt, dass ihr Holz
im Nachsommer ausreift und das vegetative Leben nicht im Herbst
durch ungewöhnlich hohe Temperaturen noch einen neuen Anstoss er-
hält, wodurch die Vorbereitung auf den Winter verloren geht, eine
neue Saftcirculation beginnt, in Folge deren dann die Pflanze wenig
aushält. Sie findet sich alsdann in einem Zustande, vergleichbar dem
eines nordischen Thieres ohne Winterkleid. — Desshalb kann man
auch einer Pflanze die Anbaufähigkeit noch nicht absprechen, weil sie
einer aussergewöhnlichen Kälte, gepaart mit sonstigen ungünstigen
Vorbedingungen, erlag. So wird Niemand vom Raps oder Klee be-
haupten, sie passten nicht für unser Klima, weil sie zeitweise der
Ungunst unserer Winter erliegen, oder vom Oelbaum, er sei selbst in
Spanien nicht völlig acclimatisiert, weil vor zwei Jahren eine ungewöhn-
liche Novemberkälte ansehnliche Verwüstungen in den Olivares Anda-
lusiens anrichtete.
Kein anderes Land, selbst die Vereinigten Staaten von Nord-
amerika kaum ausgenommen, hat uns eine so grosse Zahl der präch-
tigsten Zierpflanzen geliefert, wie Japan. Durch die Einführung der-
selben, welche grösstentheils innerhalb hundert, ja während der letzten
fünfzig Jahre erfolgte, hat namentlich auch unsere Landschafts-
gärtnerei viel gewonnen. Blühende Camellien, Azalien, For-
sythien, Kerrien, Spiräen, Pyrus- und Prunus-Arten ge-
hören zum ersten Frühlingsschmuck unserer Blumentische und Gärten,
herrliche Blattpflanzen, wie Azalea, Aucuba und Sedum Sieboldi,
sowie verschiedene Nadelhölzer zieren dieselben das ganze Jahr hin-
durch und die grosse Zahl der aus Japan stammenden Gewächse,
welche uns während des Sommers durch ihre schönen Blüthen erfreuen,
[330]I. Land- und Forstwirthschaft.
ist kaum anzugeben. Ich erinnere nur an Paeonia, Wistaria und
Paulownia, an die verschiedenen Arten der Gattungen Weigelia,
Clematis, Hydrangea, Philadelphus, Deutzia, Spiraea, an
die Lilien, Pantherlilien und Funkien. Welche Fülle und Pracht
der Blüthen entwickeln, wie viel Gärten und öffentliche Anlagen
schmücken sie nicht! Und wenn wir die Alpen überschreiten und die
schönen Gärten und Parkanlagen der Mittelmeerregion nach ihren
Hauptzierden durchmustern, so treten uns zum Theil dieselben, da-
neben aber eine Anzahl anderer japanischer Einwanderer entgegen,
denen unsere Winter zu rauh sind, während sie hier auf’s beste ge-
deihen und wesentlich zu dem eigenartigen und so anziehenden Pflan-
zenbilde beitragen.
Die immergrünen Sträucher und Bäume aus Japan —, ich erinnere
hier nur an Eriobotrya, Cinnamomum camphora, Evonymus, Ligustrum
und die zahlreichen Nadelhölzer, — haben sich im strengen Winter
1879/80 in Norditalien und Südfrankreich meist viel widerstandsfähiger
erwiesen, als manches schon längst einheimische Gewächs, z. B. Ilex,
Oelbaum, Myrthe und Orange. Kein Wunder, dass ihre Cultur sich
mehr und mehr ausdehnt.
Eine scharfe Scheidung der aus Japan eingeführten Zierpflanzen
von den aus China stammenden lässt sich nicht durchführen, nicht
blos, weil die Floren beider Länder sehr viele gemeinsame Arten auf-
weisen und diese nahe Verwandtschaft noch mehr in dem Geschmack
bezüglich der angebauten Gewächse hervortritt, sondern auch desshalb
nicht, weil oft dieselbe Art sowohl aus Japan, als auch aus China
unsern Gärtnereien zugeführt worden ist.
Ist es auch in vielen Fällen nicht leicht, ja sogar unmöglich, Zeit
und Wege solcher Einführungen von mindestens 300 Arten ausfindig
zu machen, so gibt es doch Angaben genug (ich erinnere nur an die
in Ait. Hortus Kewensis), welche darauf schliessen lassen, dass wäh-
rend des portugiesischen Verkehrs mit Ostasien wohl keine einzige
jener zahlreichen Zierpflanzen in Europa eingebürgert wurde. Kein ein-
ziges der aus China und Japan stammenden Gewächse scheint in Europa
schon vor dem 18. Jahrhundert cultiviert worden zu sein, und nur von
wenigen, insbesondere von Camellia japonica, Cinnamomum
camphora, Hibiscus Manihot, Dianthus japonicus und Elae-
agnus latifolia, weiss man, dass ihre Cultur in Europa schon vor
1750 anfing. Von da an mehrten sich die Einführungen neuer Arten.
So kamen beispielsweise Chrysanthemum indicum und Garde-
nia florida im Jahre 1754 nach England. In demselben Jahre wur-
den die beiden ersten Freilandbäume eingeführt, die allmählich eine
[331]8. Acclimatisation u. Verbreitung japan. Zier- u. Nutzpflanzen in Europa.
weite Verbreitung in Europa gefunden haben, nämlich Sophora ja-
ponica und Salisburia adianthifolia.
Während der letzten zwei Jahrzehnte des vorigen Jahrhunderts
ragte neben Thunberg Sir Joseph Banks, der Freund Solanders und
mit diesem Cook’s Begleiter auf dessen erster Weltumseglung, durch
seine Bemühungen um die Einführung ostasiatischer Gewächse beson-
ders hervor. So brachte er u. A. Paeonia Moutan, Nelumbium
speciosum, Pyrus japonica, Eriobotrya japonica, Hydran-
gea hortensis, Diospyros Kaki und Rhus semialata zuerst nach
Europa. In diesem Jahrhundert haben sich namentlich P. von Sie-
bold, Fortune und Veitch durch die Einführung chinesisch-japa-
nischer Zierpflanzen hervorgethan. Sie brachten insbesondere die
japanischen Varietäten von Topfpflanzen mit panachierten Blättern nach
den Niederlanden resp. nach England. Aber auch Maximowicz, der
gründliche Erforscher und Kenner der reichen japanischen Pflanzen-
welt und Ostasiens überhaupt, hat sich erfolgreich bemüht, verschiedene
japanische Zierpflanzen in Europa einzuführen. Ich erinnere nur an
mehrere prächtige Rhododendron- (Azaleen-) Arten, die durch ihn zu-
erst nach Petersburg kamen, von wo sie dann sich weiter gen Westen
verbreiteten.
Statt unsere zahlreichen, aus Japan stammenden Zierpflanzen in
einer langen Liste aufzuzählen, die für den Laien ohne Verständniss,
für den Kenner aber überflüssig sein dürfte, will ich mich auf wenige,
besonders verbreitete und beliebte Arten beschränken und über die-
selben verschiedene Notizen geben, die für jeden Blumenfreund von
Interesse sein können. Ich beginne dieselben mit der Pflanze, welche
nicht blos nach ihrer Beliebtheit allen voransteht, sondern auch nach
der Zeit ihrer Einführung, sowie der Entfaltung ihrer Blüthen, nämlich
mit Camellia japonica L., der Tsubaki des Japaners. Der an-
sehnlichen Dimensionen, welche diese Pflanze in Japan erreicht, der
Verwerthung ihres Holzes und des aus ihren Nüssen bereiteten Oels
wurde bereits früher gedacht. Yama-tsubaki heisst die wild wach-
sende, dem Walde angehörende Form, deren einfache, rothe Blüthen
sich nur glockenförmig öffnen, nicht radförmig ausbreiten. Bezüglich
des Vorkommens gehen Kämpffer, Thunberg und Siebold zu weit,
wenn sie behaupten, dass Yama-tsubaki über ganz Japan verbreitet
sei und dichte Wälder bilde.
Wie schon Bd. I. pg. 186 hervorgehoben, wird diese Camellie im
südlichen Japan ein ansehnlicher Baum, der 10 m Höhe und 1½ m Um-
fang erreichen und in den Bergwaldungen von Kiushiu und Shikoku
unter günstigen Umständen bis zu 1000 m Höhe emporsteigen kann,
[332]I. Land- und Forstwirthschaft.
so dass er hier die untere Grenze des Vorkommens der Buche über-
schreitet. So fand ich in der Nähe von Sasagami-tôge in Shikoku zu
meiner Ueberraschung einst im April etwa 900 m über der See 5—6 m
hohe Camellienbäume und ihre abgefallenen Blüthen zwischen Buchen-
laub und blühendem Waldmeister. Weiter gen Norden und den Ein-
flüssen des Kuro-shiwo mehr entrückt, senkt sich die Höhengrenze der
wild wachsenden Camellie rasch und ebenso verringern sich ihre Di-
mensionen: sie sinkt zum Strauch herab, wie wir die Pflanze in unsern
Kalthäusern kennen. Auf Seite des Stillen Oceans dürfte Chôshi-
no-kuchi, die Mündung des Tone-gawa nahe dem 36. Parallel
die Nordgrenze der Yama-tsubaki sein. Dagegen bin ich derselben
im Westen von Hondo, nahe dem japanischen Meer, noch unter dem
38. Breitengrad, und zwar in den Hügelwaldungen des nördlichen
Echigo begegnet, wo sie das etwa meterhohe Unterholz bildete.*)
Die zur Oelgewinnung oder Zierde angebaute Camellie kommt als
Freilandpflanze noch um Hakodate vor, im nördlichen Hondo häufig
baumförmig mit einfachen, rothen Blüthen, wie die wild wachsende,
oder als Strauch in einer Anzahl Abarten, welche theils einfache,
theils gefüllte Blüthen liefern, doch nicht in solcher Mannichfaltigkeit,
wie unsere Gewächshäuser sie aufweisen.
Auch in China wird die Camellie seit alter Zeit als Zierpflanze
geschätzt und gepflegt. Wann und von wo aus sie nach der Insel
Luzon gelangte, ist nicht bekannt. Der mährische Jesuit Georg J.
Kamel (Camellus), welcher im 17. Jahrhundert Manila besuchte und
später eine Historia stirpium Insulae Luzonis herausgab, hat die Pflanze
darin zuerst erwähnt. Ihm zu Ehren wurde sie dann 1737 von Linné
in seinem Werke »Genera plantarum« benannt. Die erste Abbildung
der Camellie erschien 1702 in Petivers: »Gasophylacium«.**)
Im Jahre 1739 verpflanzte man die Camellie von Manila nach
dem Jardin del Buen Retiro zu Madrid, doch wurde damals die ein-
fache, rothblühende Form, die »japanische Rose«, wie man sie
lange Zeit in Europa nannte, in England bereits von Robert James
Lord Petre gezogen.
[333]8. Acclimatisation u. Verbreitung japan. Zier- u. Nutzpflanzen in Europa.
Im Jahre 1745 brachte Lagertröm, Director der schwedischen
Ostindischen Compagnie, die beiden ersten Varietäten nach Up-
sala; doch war Tsubaki vor 100 Jahren in Europa immer noch eine
Seltenheit. Die meisten der zahlreichen Spielarten wurden erst in
diesem Jahrhundert aus China und Japan eingeführt oder allmählich
in unsern Gärtnereien erzielt. In den Kalthäusern und Treibereien
des gemässigten und kälteren Europas, wo man die Lebensbedürfnisse
der Camellie genau kennt und befriedigt, ist jetzt die Zahl ihrer Ab-
arten, wie schon angedeutet wurde, viel grösser als in Ostasien.*)
Das ausgeprägte Mittelmeerklima mit seiner langen, trockenen
Sommerhitze sagt der Camellie nicht zu. Es ist thatsächlich eine schöne
Blüthe derselben in Petersburg oder Berlin leichter und billiger zu
haben, als beispielsweise in Sevilla. Auch bildet die Pflanze in jenem
ausgeprägten Klima nirgends einen Baum, sondern wird nur 2—3 m
hoch. In Lissabon z. B. gedeiht sie nicht, wohl aber in der feuchteren
Luft von Cintra. Hier kann man in den herrlichen Anlagen von Mont-
serat und der Penha, zumal in der kühlenden Nähe eines munteren
Baches, im März und April niedrige Camellienbüsche in grosser Blü-
thenpracht sehen, ebenso in Malaga. Aber die Sträucher müssen den
Sommer über in Schatten gestellt und thunlichst kühl gehalten werden.
In Florenz bedarf die Camellie während des Winters gleich den
Rosen bei uns eines gewissen Schutzes gegen die Kälte. Dagegen
hat sie sich in und um Constantinopel, woselbst man sie erst vor
15 Jahren ganz dem freien Lande anvertraute, in dem strengen Win-
ter 1879/80 vollkommen widerstandsfähig erwiesen. In Neapel er-
froren zu der Zeit von Freilandpflanzen die Pelargonien, Myrthen,
Oleander und manche andere einheimische oder seit lange eingebür-
gerte Pflanzen, nicht aber die Camellien.
Unstreitig bieten aber die Riviera und die Ufer der norditalieni-
schen Seen der Camellie, wie einer ganzen Anzahl anderer japanischer
Pflanzen, darunter auch Kampferlorbeer und die meisten japanischen
Nadelhölzer, günstigere Klimaverhältnisse, wie irgend ein anderer Theil
Europas. Hier gedeiht Tsubaki ohne jeden Schutz fast so vortrefflich,
wie in ihrer japanischen Heimat, hier (z. B. bei der Villa Carlotta)
finden wir schon Bäume von 8 m Höhe und 18 cm Stammstärke, hier
blüht sie, wie in ihrer Heimat, theilweise schon Mitte Winter, vor allem
aber in üppiger Fülle während der Frühlingsmonate, hier endlich reift
sie auch später ihre grossen Früchte.
[334]I. Land- und Forstwirthschaft.
Pyrus japonica Thunb., jap. Boke und Yama-boke. Schö-
ner und ausdauernder in seinem Blüthenschmuck als Forsythia, zu-
gleich viel härter und verbreiteter, erscheint dieser echt japanische,
2—3 m hohe Quittenstrauch als eine der ersten und grössten Zierden
unserer Gärten. Seine grossen, feuerrothen Blüthen bedecken die
sparrigen Aeste und entwickeln sich vor oder mit den Blättern. Ausser
dieser ursprünglichen Form, die im mittleren Japan in Hainen und
Buschwaldungen, wie bei uns im April zur Blüthe kommt (einen Mo-
nat früher im Süden, später im Gebirge), gibt es bei uns verschiedene
Spielarten mit hellfarbigeren Blüthen, die jedoch der ursprünglichen
Form an Schönheit nachstehen. Der Strauch ist von bester Wirkung,
wenn er freistehend sich allseitig entwickeln kann. Er wurde 1796
durch Sir Joseph Banks in England eingeführt und hat sich von hier
aus weiter verbreitet. Die Häufigkeit des Vorkommens nimmt jedoch
jenseits der Alpen und Pyrenäen rasch ab, obgleich er auch noch im
Süden gut fortkommt und beispielsweise in verschiedenen parkartigen
Gartenanlagen bei Malaga gegen Ende März ebenso schön und reich-
lich blüht, wie bei uns und um Tôkio einen Monat später.
Wistaria chinensis S. \& Z. (Glycine chinensis Sims),
jap. Fuji. Kaum ist im Frühjahr die Obstbaumblüthe vorbei, so er-
scheinen mitten im wonnigen Mai und gleichzeitig mit der Blüthen-
pracht der Syringa, Rosskastanie und Strauchpäonie die schönen blauen
Blüthentrauben der Glycine. In den milderen Gegenden Deutschlands,
zumal im Gebiet des Rhein und Main, hält die Wistaria den Winter
vortrefflich im Freien aus, wird viel den Häusern hinan, sowie in
Lauben gezogen und zeichnet sich wie allenthalben durch raschen
Wuchs und die grosse Neigung zum Drehen ihrer schlanken Aeste
von links nach rechts aus. Begegnen sich mehrere gleich starke
Triebe, so drehen sie sich zu einem regelmässigen Seil, das mit zu-
nehmendem Wachsthum unauflöslich wird.
Die Wistaria gedeiht auch vortrefflich in den Gärten der Mittel-
meerregion. Oft schlingt sie sich hier um die Stämme anderer Zier-
gehölze, z. B. von Shinus molle, und wenn sich im März und April ihr
hellgrünes, junges Blattwerk mit dem dunkelgrünen Laube ihrer
Stützen mischt und aus den Kronen der letzteren ihre zahlreichen Blü-
thentrauben herabhängen, so ist der Anblick eigenartig und oft sehr
schön. Die Pflanze entwickelt bei uns im Nachsommer häufig zum
zweitenmal Blüthentrauben, doch in viel geringerer Zahl als im Frühjahr.
Der lateinische Beiname weist auf China als erste Bezugsquelle
der Glycine hin. Sie ist jedoch in Japan, wie bereits früher hervor-
gehoben wurde, nicht blos eine alte, beliebte Zierpflanze, sondern
[335]8. Acclimatisation u. Verbreitung japan. Zier- u. Nutzpflanzen in Europa.
kommt auch wild wachsend und weit verbreitet in den Laubwäldern
der Berge vor. Um ihre langen, cylindrischen Blüthentrauben den
Liebhabern besser vorzuführen, wird sie in Japan horizontal in Lauben-
gängen gezogen. So war, wie schon pg. 269 kurz angedeutet wurde,
noch vor 10 Jahren in der Nähe von Tôkio bei dem Orte Nakanobu
ein Exemplar zu sehen, welches 250 Jahre alt sein sollte. Sein mäch-
tiger, niedriger und rissiger Stamm hatte vor der Vertheilung 2,45 m
Umfang; die Aeste überdeckten in 2½ m Höhe einen grossen Hof,
und wenn die vielen Hunderte sehr langer, schlaffer Blüthentrau-
ben sich entfaltet hatten, zogen sie aus der Hauptstadt viele Be-
schauer an.
Von dem raschen Wuchse der Wistaria in Europa gibt ein Ex-
emplar, welches 1845 an eine Hauswand in Versailles gepflanzt wurde,
einen Beweis. Nach der Revue Horticole von 1878 hatte dasselbe
nach 33 Jahren 1,20 m Stammumfaug erreicht und Aeste von 75 m
Länge gebildet. Von einer andern Glycine bei der Villa Giula am
Comer-See erwähnt Wittmack,*) dass sie einen Stamm von 35 cm
Durchmesser (1,10 m Umfang) habe und mit ihren Zweigen eine Wand-
fläche von 40 m Länge bis hoch hinauf bedecke.
Paulownia imperialis S. \& Z. (P. tomentosa Ascherson), jap.
Kiri. Im wärmeren Deutschland wird dieser beachtenswerthe Baum,
den man in Japan seines leichten Holzes wegen so hoch schätzt und
viel cultiviert (siehe pg. 292) ziemlich häufig in Gärten und öffent-
lichen Anlagen getroffen. Im Mai entwickelt er hier noch vor den
Blättern seine grossen, wohlriechenden blauen Blüthen, welche in ihrer
Gestalt an diejenigen des Löwenmauls erinnern. Zu seinen Eigenthüm-
lichkeiten gehört, dass er schon im Nachsommer an der Spitze der
Zweige für das nächste Jahr die Blüthensträusse vorbildet. In Eng-
land sterben während des Winters deren Knospen fast immer ab und
sind Blüthen desshalb selten, und auch bei uns kommt es oft vor, wie
z. B. nach dem milden Winter von 1883/84, dass keine oder nur
wenige Blüthen zur Entwickelung kommen.
Die grossen, herzförmigen Blätter erinnern an diejenigen ver-
wandter Catalpa-Arten, sind aber grösser und dunkler grün, erscheinen
auch früher. Bei jungen Wurzeltrieben, deren rasches Wachsthum
überrascht, erreichen dieselben eine enorme Grösse. So hatte im Som-
mer 1885 neben dem Bahnhof zu Godesberg bei Bonn ein solcher
Schössling 2,8 m Höhe und 17,5 cm Stammumfang erreicht. Einzelne
Blattspreiten, an Stielen von 42 cm Länge und 8 cm Umfang, waren
[336]I. Land- und Forstwirthschaft.
80—90 cm breit und über 60 cm lang. Trotz dieser überraschenden
Entwickelung erfreut sich die Paulownia bei uns keiner zunehmenden
Beliebtheit. Zur Blüthezeit ist der Baum noch zu kahl; er verliert
ferner leicht einzelne Aeste und damit eine gefällige symmetrische
Form. So kommt es, dass man meist nur älteren Exemplaren begeg-
net, deren Stämme zum Theil 2 m Umfang haben. Offenbar wurden
viele derselben bald, nachdem 1834 die Pflanze in Frankreich einge-
führt worden war, von hier aus verbreitet. Früher war die Paulownia
auch auf einigen Pariser Boulevards angebaut, ist aber wieder beseitigt
worden. Häufig findet sie sich als Alleebaum um Florenz, z. B. an
der Strasse nach Fiesole. Hier erfüllt gegen Ende April der liebliche
Duft ihrer Blüthen weithin die Luft. Grosse Paulownien und Euca-
lyptus bilden die hervorragendsten Bäume der öffentlichen Anlagen
in der Nähe des Bahnhofs von Cordoba. Aber auch hier, wie ander-
wärts in der Mittelmeerregion, gewinnt man den Eindruck, als ob der
Eifer, mit welchem vor 40—50 Jahren der Kiri begehrt und ange-
pflanzt wurde, längst vorüber ist.
Paeonia Moutan Sims, jap. Botan, finden wir in vielen
Varietäten, die grösstentheils Fortune einführte, weniger P. albiflora
Pall., jap. Shakuyaku. Nicht die Rose, sondern Botan und die ihr
nahestehende Shakuyaku ist im chinesischen Culturkreise die von
den Dichtern vielbesungene Königin der Blumen. So wird sie denn
z. B. auch in den »Mémoires des Chinois. Paris 1777« der Stolz und
Glanz Chinas genannt. Dieser Werthschätzung entsprechend gehört
sie zu den beliebtesten Decorationsmotiven des chinesischen und japa-
nischen Kunstgewerbes. Neben ihren schönen Blüthen und Blättern
mag auch die von Alters her ihren Wurzeln zugeschriebene grosse
Heilkraft (pg. 160) viel zu dieser Zuneigung beigetragen haben. In
unsern Gärten gehören beide Päonienarten unter der gewöhnlichen
Benennung P. arborea Don. zu den schönsten Frühlingsblumen, denen
freilich ebenso wie allen übrigen Pfingstrosen ein angenehmer Geruch
versagt ist. Die erste Einführung derselben aus China nach England
fällt in das Jahr 1789 und wird, wie bereits früher bemerkt wurde,
Sir Joseph Banks zugeschrieben. Derselbe brachte im Jahre zuvor auch
Hydrangea hortensis Smith (Hortensia opuloides Lamk.), jap.
Ajisai, nach Europa. Unter den älteren Erwerbungen aus Ostasien
haben sich wenige rascher und weiter verbreitet als sie. Man kennt
eine Menge Spielarten der Hortensie, deren ursprüngliche, einfache
Formen in den Wäldern Chinas und Japans zu suchen und nament-
lich in letzteren häufig sind. Wir sehen sie in Deutschland meist in
grossen Töpfen oder Kübeln, denn sie bedarf des Schutzes vor unserer
[337]8. Acclimatisation u. Verbreitung japan. Zier- u. Nutzpflanzen in Europa.
Winterkälte. Dagegen gedeiht sie südlich der Alpen vortrefflich im
Freien und ohne besondere Pflege. Neben ihr hat man von den vielen
Arten bei uns neuerdings vielfach
Hydrangea paniculata Sieb. angepflanzt, einen hohen Strauch,
den Japanern unter den Namen Shiro-utsugi und Nori-no-ki be-
kannt, der bei uns durchaus winterhart ist. In seiner Heimat bewohnt
er die Bergwälder bis zu 1500 m Höhe und wird aufgesucht seines
schleimigen Bastes wegen, den man in der Papierindustrie verwen-
det. Seine Blüthezeit fällt in den Hochsommer, ebenso wie von der
Hortensie.
Macleya cordata R. Brown, jap. Chanpagiku und Takeni-
gusa. Dieses perennierende, durch seine Gestalt, Blattform und Farbe
gleich auffallende, krautartige Ziergewächs aus China und Japan, der
Familie der Papaveraceen angehörend, ist in den Gärten und Park-
anlagen vom Mittelmeer bis nach England recht verbreitet, auch bei
uns in Deutschland neuerdings oft zu sehen. Die ausdauernde Wurzel
treibt jedes Jahr einen bis 2 m hohen steifen Stengel, der im Nach-
sommer an der Spitze eine lange Blüthenähre entwickelt. Die grossen
vielgebuchteten Blätter bilden mit dem weisslichen Filz, welcher die
ganze Pflanze überzieht, ihre bemerkenswerthesten Züge. Es gibt
wenig krautartige Gewächse, welche gleich kräftig und ornamental
erscheinen.
Polygonum cuspidatum Sieb., jap. Itadori. Mehr noch als
von voriger Art kann man von dieser eine überaus rasche und kräftige
Entwickelung rühmen. Aus einem polsterartig dicht verzweigten, pe-
rennierenden Wurzelstock entwickeln sich zeitig im Frühjahr viele
Dutzende kräftiger 2—3 m hoher Stengel, die wie Spargel empor-
schiessen und dann mit schöner Belaubung einen dichten hohen Busch
bilden von bester Wirkung, namentlich wenn derselbe isoliert steht und
sich allseits frei entwickeln kann. In Japan gehört die Pflanze den
Bergwaldungen und dem hohen Norden an, so dass man schon hier-
aus auf ihr leichtes Fortkommen bei uns schliessen kann.
Aucuba japonica Thunb., jap. Ao-ki.*) Dieser bekannte Zier-
strauch entspricht fast allen Ansprüchen an eine gute Blattpflanze. Er
ist ziemlich hart und verbindet damit einen raschen Wuchs, starke Ver-
ästelung und die Entfaltung einer Fülle ansehnlicher, glänzender,
Rein, Japan. II. 22
[338]I. Land- und Forstwirthschaft.
immergrüner Blätter. Zu dieser schönen und vollen Belaubung gesellen
sich bei den weiblichen Exemplaren im Sommer hin und wieder noch
prächtige scharlachrothe Steinfrüchte, welche in Färbung und Gestalt
an die viel grösseren, verwandten Cornelkirschen erinnern, doch nicht
wie diese auch eine Verwendung finden. Dagegen sind die bräun-
lichen, zweihäusigen Blüthchen, welche im Mai in Rispenstellung am
Ende der Zweige auftreten, ziemlich unscheinbar.
Sehen wir ab von der Camellie, so hat sich kaum eine andere
der zahlreichen japanischen Zierpflanzen einer grösseren Beliebtheit
und weiteren Verbreitung zu erfreuen gehabt, als die Aucuba. Dabei
haben auch hier Natur, Zufall und Cultur schon in ihrer Heimat, mehr
aber noch bei uns eine Menge Abarten ausgebildet, die sich vornehm-
lich durch Grösse, Form und Art der Panachierung der Blätter von
einander unterscheiden.
Japan und China sind die Heimat der ursprünglichen einfachen
Form. Dort findet man dieselbe, ebenso die geflecktblätterige, als
1—2 m hohen Strauch ziemlich häufig, besonders in Buschwaldungen
der Hügellandschaften, sowie angepflanzt in Tempelhainen und Gärten.
Ihre Verbreitungsgeschichte im Abendlande ist nicht ohne Interesse.
Im Jahre 1784 erschien zuerst Thunbergs Beschreibung der Pflanze.
Ein Jahr zuvor hatte John Graeffer ein weibliches Exemplar mit pa-
nachierten Blättern (Aucuba japonica var. punctata) (ungleiche, gelb-
weisse Flecken zerstreut über den gelbgrünen Grund der Blatt-
fläche) nach England gebracht.*) Von dieser Pflanze stammen die
meisten der unzähligen Büsche, welche man jetzt in Europa und Nord-
amerika, sei es im Freien oder als beliebten Zimmerschmuck findet.
Die Vermehrung erfolgt allenthalben und leicht durch Stecklinge. An-
fangs hielt man die Aucuba (auch in Frankreich) ängstlich im Warm-
haus, fand dann, dass sie sich besser fürs Kalthaus eigne, und wagte
endlich auch die Verpflanzung ins freie Land. Das feuchte Klima
Englands mit seinen milden Wintern und kühlen, feuchten Sommern
sagt ihr am meisten zu. Der Strauch ist in London verbreiteter, wie
irgend ein anderer, und fehlt kaum dem bescheidensten Gärtchen.
Man kann dort schönere Büsche sehen, als irgendwo in Japan selbst.
Auch in den Niederlanden und in Frankreich, sowie in den milderen
Theilen Deutschlands, zumal in Bonn und Nachbarschaft, spielt Aucuba
als immergrüne Freilandpflanze eine grosse Rolle und ist viel häufiger,
als Kirschlorbeer, Ilex und andere. Im übrigen Deutschland erfriert
sie während des Winters und kann, obwohl sie in der Regel von der
[339]8. Acclimatisation u. Verbreitung japan. Zier- u. Nutzpflanzen in Europa.
Wurzel wieder ausschlägt, im Freien nicht gut gezogen werden. An-
derseits sagen ihr auch die trocknen heissen Sommer Südeuropas nicht
zu. In Norditalien und Südfrankreich findet man sie noch sehr häufig,
weiter südlich nimmt ihr Vorkommen jedoch rasch ab und ist endlich
nur noch unter besonderem Schutz an schattigen Stellen möglich.
Ueber hundert Jahre wird nun diese weibliche Aucuba in ihren
verschiedenen Abarten mit panachierten Blättern gezogen; aber ob
dies in der veränderlichen Zimmerluft, im Kalthaus oder freien Lande
geschehe, und wie verschieden auch der Boden und die sonstige Be-
handlung sein möge: die Pflanze ist nicht wesentlich abgewichen von
ihrer ursprünglichen, geflecktblätterigen Form und kaum mit einem
Blatt, geschweige als ganzes Individuum zurückgekehrt in den einfach
grünen, ursprünglichen Zustand. Ist die Variation des Chlorophylls
bei einer solchen Beständigkeit der Fleckenbildung wirklich nur eine
Krankheit? —
Bis zum Jahre 1862 kannte man nur die erwähnte weibliche Form
(plante veuve, wie sie Siebold nennt) der Aucuba in Europa. Dazu
fand dann Fortune in China auch die männliche Pflanze, ebenso die
einfach grünblätterige Stammform, und schickte beide nach England.
Desgleichen machte Siebold um jene Zeit holländische Gärtner von
Japan aus mit der ursprünglichen Pflanze bekannt. Daher kommt es,
dass die Zahl der einfach grünblätterigen und der männlichen Exem-
plare gegenüber den weiblichen mit gefleckten Blättern immer noch
sehr gering ist. In der Neuzeit ist nun noch eine zweite Species, die
Aucuba himalaica Hooker als Zierpflanze hinzugekommen, welche je-
doch der vorerwähnten noch in keiner Weise das Feld streitig macht.
Fatsia japonica Decn. \& Planch. (Aralia japonica Thunb.,
A. Sieboldi Hort.). Die Japaner nennen diese Pflanze Yatsu-de, d. h.
»Achtfinger«, ein Name, welcher sich auf die acht Zipfel bezieht, in
welche die grossen, glänzend grünen Blätter enden. Viele derselben sind
jedoch, zumal bei uns, nur siebenlappig, während anderseits auch neun
Blattlappen vorkommen. Der Name Fatsia dürfte wohl als Corruption
aus der japanischen Benennung hervorgegangen sein. Diese herrliche
Decorationspflanze von tropisch üppigem Aussehen ging gleich der Aucuba
nach ihrer Einführung in Europa aus dem Warmhaus ins Kalthaus und
auf die Blumentische über, wo sich beide jetzt in Bezug auf Beliebt-
heit und Leichtigkeit der Cultur den Rang streitig machen. Im süd-
lichen und mittleren Japan kommt Yatsu-de hin und wieder wild vor;
doch begegnet man ihr häufiger als Zierpflanze in Höfen, Gärten und
Tempelhainen. Sie blüht dort, wie bei uns, im November und Decem-
ber und reift ihre schwarzen Beeren im März.
22*
[340]I. Land- und Forstwirthschaft.
In der Mittelmeerregion findet man sie ebenfalls viel angepflanzt.
Während des heissen, trocknen Sommers bedarf sie hier jedoch des
Schattens. Auch in England erweist sie sich winterhart, kommt dabei
aber nur selten zur Blüthe. Auf unsern Blumentischen erreicht diese Ara-
lie 2—3 m Höhe und kann sich an Grösse und herrlichem Blattschmuck
mit den schönsten Exemplaren in der japanischen Heimat messen.
Bei der grossen Beliebtheit der Coniferen in unserer heutigen
Landschaftsgärtnerei und bei der eigenthümlichen Schönheit vieler ja-
panischen Arten konnte es nicht ausbleiben, dass von verschiedenen
Seiten ihre Einführung und Verbreitung betrieben wurde. Am frühesten
ist Gingko biloba L. nach Europa gebracht worden. Derselbe hat sich
hier in hohem Grade accommodationsfähig erwiesen und findet sich als
ältester Bekannter von den Gestaden der Nord- und Ostsee bis zu
denen des Mittelmeeres, indem er in gleicher Weise Deutschlands
strengster Winterkälte widersteht, wie der trocknen Sommerhitze der
südeuropäischen Halbinseln. Auch die verschiedenen Abarten der Biota
orientalis haben schon lange und zum Theil auf dem Umwege über
Vorderasien sich bei uns verbreitet.
Während der verheerenden Winterkälte von 1879/80 erwiesen sich
die meisten japanischen Coniferen in Europa viel widerstandsfähiger
als die aus dem pacifischen Waldgebiete Nordamerikas bei uns einge-
führten Arten. Insbesondere widerstanden, ausser den beiden schon
genannten, Taxus cuspidata S. \& Z., Chamaecyparis obtusa S. \& Z., Ch.
pisifera S. \& Z., Thujopsis dolabrata S. \& Z., Abies polita S. \& Z.,
A. Tsuga S. \& Z. und Larix leptolepis Gord. der Kälte an den
meisten Orten vollkommen. Die Anbaufähigkeit derselben zu forst-
lichen Zwecken dürfte desshalb kaum zu bezweifeln sein; doch weist
Abies firma, gleich allen japanischen Tannen aus der Gruppe Picea,
unserer Edeltanne gegenüber kaum Vorzüge auf, ebenso wenig Taxus
cuspidata im Vergleich mit unserer Eibe. Dagegen liefern die fünf
übrigen genannten Arten sehr geschätzte Hölzer, deren empfehlens-
werthe Eigenschaften sich mit solchen unserer bekannten Waldbäume
nur theilweise decken, die also eventuell berufen sein könnten Lücken
auszufüllen, und von diesem Gesichtspunkte aus in hohem Grade an-
bauwürdig erscheinen. (Siehe auch pg. 275—284.)
Viel empfindlicher gegen unsere Winter sind Cryptomeria japonica
Don. und Sciadopitys verticillata S. \& Z., die nur an besonders bevor-
zugten Orten im Gebiet des Rheins zwischen Basel und Düsseldorf
im Freien fortkommen und gedeihen und von denen wir nicht erwar-
ten dürfen, sie je zur Holzgewinnung, selbst wenn solches besonders
wünschenswerth wäre, heranziehen zu können. In Marburg angestellte
[341]8. Acclimatisation u. Verbreitung japan. Zier- u. Nutzpflanzen in Europa.
Versuche mit den beiden gewöhnlichen Kiefern Japans (Pinus Masso-
niana und P. densiflora) ergaben, dass dieselben bei uns sich sehr lang-
sam entwickeln und einer Kälte von 20°C. ebenfalls nicht zu wider-
stehen vermochten. Damit erscheint der Gedanke, die überaus genüg-
same japanische Schwarzkiefer (A. Massoniana) zum Anpflanzen auf un-
seren norddeutschen Dünensanden verwenden zu können, ebenfalls kein
günstiges Resultat zu versprechen.*)
Von blattwechselnden Waldbäumen Japans empfehlen sich, theils
der ausgezeichneten Eigenschaften ihrer Hölzer, theils ihrer präch-
tigen Belaubung wegen zu Anbauversuchen vornehmlich folgende Ar-
ten: Zelkowa Keaki S. \& Z. (Keaki), Magnolia hypoleuca S. \& Z.
(Ho-no-ki), Cercidiphyllum japonicum S. \& Z. (Katsura), Acer crataegi-
folium S. \& Z. (Hana-no-ki), Aesculus turbinata Blume (Tôchi). Diesel-
ben bewohnen die klimatisch rauheren Gebirge und nördlichen Lan-
desteile Japans und berechtigen zur Annahme, dass sie wenigstens
teilweise bei uns acclimatisierbar sein werden.
Es erübrigt mir noch die Bedeutung einer Anzahl japanischer
Gewächse zur Ausschmückung der Gärten und öffentlichen Anlagen
der Mittelmeerregion kurz hervorzuheben. An Licht und Wärme
fehlt es in diesem Gebiete nicht, oft aber am dritten wichtigen Faktor
für ein gedeihliches Pflanzenleben, der Feuchtigkeit, und wo dies
der Fall ist, kann von der Erzielung eines schönen Rasens mittelst
unserer bekannten Gräser keine Rede sein. Da müssen dann halo-
phytische Fettpflanzen, wie Mesembryanthemum-Arten, verschiedene
fremdländische Kräuter, wie Commelina und andere aushelfen. Na-
mentlich hat man aber mit gutem Erfolge zu einer unscheinbaren klei-
nen japanischen Liliacee, der Yano-hiye (Ophiopogon japonicus Gaw.)
gegriffen, die von Gärtnern vielfach mit dem alten Thunberg’schen
Namen Convallaria japonica (japanische Maiblume) bezeichnet wird.
Auch das nahe verwandte Yabu-ran (O. Jaburan Loddig) wird dazu
verwandt. Bereits an den norditalienischen Seen kann man schöne
grüne Rasen daraus sehen, mehr noch in Süditalien, Spanien und
Portugal. Ich fand das unscheinbare Yano-hiye mit bläulichen Beeren
zuerst an schattigen Stellen des Tempelhains von Uyeno zu Tôkio.
Die dunkelgrünen, schmalen, grasartigen Blätter des Pflänzchens erin-
nern in ihrem Aussehen an die helleren mehrerer Gagea-Arten; die
Verwandtschaft mit unserer Maiblume ist also eine ziemlich ferne. —
[342]I. Land- und Forstwirthschaft.
Nördlich der Alpen und Pyrenäen herrscht die winterkahle
lebende Hecke und der Weissdorn als beliebtestes Material zur Er-
zielung derselben; in der Mittelmeerregion greift man dagegen zu
verschiedenen immergrünen Sträuchern, so hin und wieder zu Myrthe,
Lorbeer, Viburnum Tinus, Durantha Plumieri, vornehmlich aber zu
Ligustrum japonicum und mit noch weit grösserer Vorliebe zu Evonymus
japonicus, dem japanischen Masa-ki. In der That überbieten solche
Evonymus-Hecken durch ihre Gleichmässigkeit und Geschlossenheit,
sowie die Fülle und den Glanz ihrer prächtig grünen Blätter an Schön-
heit alle andern. So sind z. B. diejenigen, welche in Las Delicias
zu Sevilla, den öffentlichen Anlagen am Corso und linken Ufer des
Guadalquivir alle Wege einfassen, unvergleichlich schön. Sie werden
hier, wie fast überall, unter der Schere gehalten, und zwar einen Meter
hoch und breit. Selbst zur Einfassung der Beete, wobei uns viel der
Bux dient, benutzt man die Pflanze mit Vorteil. Diese Einfassun-
gen werden natürlich schmal und niedrig gehalten und hübsch be-
schnitten. Auch anderwärts auf der iberischen Halbinsel, z. B. in Ma-
drid und Lissabon, sodann in Italien, sind solche Hecken häufig zu
sehen.
Die Hecken aus Ligustrum japonicum Thunb., dem Nedzumi-
mochi der Japaner, wie solche z. B. an den Bahnhöfen zu Sevilla
und Huelva, aber auch schon in Südfrankreich und Norditalien zu
sehen sind, erinnern in ihrer Färbung an unsere gewöhnlichen Li-
gusterhecken, welche bekanntlich unter all unsern sommergrünen Pflan-
zungen derart am längsten ihren Blätterschmuck behalten. Die jungen
Blätter sind erst rothbraun und auch später nicht so hell und freund-
lich grün, wie diejenigen des Evonymus. Ihre Färbung und Gestalt
nähert sich derjenigen der nahe verwandten Syringablätter. — Aber
die wichtigste Verwendung der beiden genannten immergrünen Gehölze
ist nicht die zu dichten und engbegrenzten Hecken, sondern zur Aus-
schmückung der Gärten und öffentlichen Anlagen der verschiedensten
Art. Wir begegnen ihnen im quadratischen Hofe andalusischer Gast-
und Wohnhäuser, auf den freien Plätzen fast aller südeuropäischen
Städte, in jeder Parkanlage. Dabei geht der japanische Liguster häufig
aus der Strauch- in die Baumform über mit Stämmen von 8—10 m
Höhe und 80—100 cm Umfang. Solche sah ich u. A. zu San Jose in
Malaga, in Lissabon und auf der Plaza mayór beim königl. Schlosse
zu Madrid. In Italien, wo die Pflanze ebenfalls sehr verbreitet ist,
sind ihre Dimensionen viel geringer. Evonymus japonicus ist weniger
empfindlich gegen die Winterkälte und gedeiht desshalb auch noch
im südlichen Frankreich, sowie in den Anlagen von Paris. Man be-
[343]8. Acclimatisation u. Verbreitung japan. Zier- u. Nutzpflanzen in Europa.
gegnet daselbst nicht blos der einfachen Stammform, sondern auch
den zahlreichen panachiertblätterigen Abarten, insbesonders E. jap.
sulfurea.
Bei dieser Gelegenheit will ich noch mehrerer andern immer-
grünen japanischen Ziersträucher gedenken, welche oft in Gesellschaft
der vorigen vorkommen und ebenfalls in Südeuropa eine weite Ver-
breitung gefunden haben. Sie heissen Photinia serrulata Lindl. (Cra-
taegus glabra Thunb.), jap. Aka-megashi, Pittosporum Tobira Ait.,
jap. Tobira und Olea fragrans Thunb., jap. Moku-sei und Tô-sei.
Von der Photinia sagt u. A. Fortune, sie sei »a noble ornamental ever-
green« und finde sich in Japan und China bei Tempeln und in Gärten
viel angebaut. Auf der iberischen Halbinsel ist dieser grosse, sich
weit ausbreitende Strauch sehr verbreitet und fehlt beispielsweise in
Madrid keinem der freien Plätze. Im März und April verleihen ihr
die in grossen Doldentrauben vereinten weissen Blüthen einen beson-
deren Reiz. Die glatten, gesägten und zugespitzten Blätter erinnern
in ihrer länglichen Gestalt und Grösse an diejenigen des Kirschlor-
beers. Auffallend ist, dass unter den älteren neben schön grünen
immer auch einzelne von prächtig purpur- oder braunrother Farbe
auftreten.
Die Tobira, welche unter dem Namen Pittosporum sinense schon
1804 in unsere Treibhäuser eingeführt wurde und als Freilandpflanze
in Südeuropa, wie im südlichen Japan, einen Strauch von mittlerer
Grösse bildet, wird seit zwei Jahrzehnten durch ihren stattlicheren
Verwandten P. undulatum aus Australien mehr und mehr zurückge-
drängt. Letzterer ist namentlich in den Anlagen Portugals, insbesondere
in den Gärten von Lissabon ausserordentlich häufig. Er bildet dort
bereits schön geformte Bäume von 70—80 cm Stammumfang und 8—10 m
Höhe. Die gelblichweissen Blüthen, welche im Frühjahr erscheinen,
haben einen viel stärkeren und noch angenehmeren Geruch als die
rein weissen der Tobira, die sich erst vier Wochen später entwickeln.
Auch empfiehlt die regelmässigere Gestalt und gleichmässige Verthei-
lung der Blätter die Pflanze mehr, als die Blätter der Tobira es thun,
welche verkehrt eiförmig und am Ende der Zweige zusammengedrängt
erscheinen. Olea fragrans Thunb., obwohl aus Japan nach Europa ge-
bracht, ist dort doch nur Zierpflanze, die China entstammt, wie auch
der Name Tô-sei es andeutet.*) Was Pittosporum undulatum im
Frühjahr den Gärten von Lissabon, Malaga und andern iberischen
[344]I. Land- und Forstwirthschaft.
Städten, das leistet, und zwar in weit höherem Maasse, Olea fragrans
im September und October in den Gärten und Parkanlagen Nord- und
Mittelitaliens. Die weissen, unscheinbaren Blüthen dieses grossen
Strauches verbreiten alsdann weithin ihren Wohlgeruch, so am Comer-
see und Lago Maggiore, wie nicht minder in Florenz und an der Ri-
viera. Ich erinnere nur an den Aufstieg im kleinen Park von Acqua
Sola in Genua.
In Norditalien ist ferner eine japanische Oelweide (Elaeagnus
umbellata Thunb., E. reflexa Morr.) hier und da, z. B. bei Pallanza,
sehr beliebt, um Häuser und mehr noch Gartengitter dicht mit schönem
Grün zu bekleiden, indem man die langen, windenden Schösslinge mit
den Eisenstäben sich verflechten lässt. Diese Pflanze ist als mittel-
grosser Strauch weit über Himalaya, China und Japan verbreitet, führt
hier den Namen Gumi und wird auch als Zierstrauch angebaut.
Aehnlichen Zwecken dient Evonymus radicans Sieb., jap. Tsuru-
masaki. Obgleich auch im wärmeren Deutschland völlig winterhart,
hat diese Pflanze doch noch nicht die gebührende Beachtung gefunden.
In Japan ist sie sehr verbreitet und erscheint als Busch ohne Luft-
wurzeln. Findet sich aber eine Stütze zum Anlehnen: ein Baum, eine
Felswand oder Mauer, so erinnert ihre Lebensweise an die des Epheus.
Mit Luftwurzeln leicht versehen, legt sie sich dicht an, steigt hohen,
alten Kiefern bis zu den Kronen hinan und bedeckt Felswände oft
vollständig mit lieblichem Immergrün. In der Mittelmeerregion könnte
sie dieselben Dienste verrichten, wie Ficus repens in den Treibhäusern,
und das nackte Mauerwerk freundlich kleiden.
Auch Shizophragma hydrangeoides S. \& Z., der Shiro-tsuta-
no-ki, d. h. »weisse Kletterbaum« der Japaner, empfiehlt sich durch
ähnliche Eigenschaften und noch grössere Widerstandskraft. In den
Bergwaldungen Japans ist er einer der mächtigsten Kletterer mit be-
moosten Stämmen von 40—60 cm Umfang, die sich dicht anlehnen und
an Felswänden und alten Bäumen zuweilen 15—20 m hoch emporragen.
Viel verbreiteter und beliebter zur Flächenbedeckung, als die vor-
erwähnten Arten, ist in der Mittelmeerregion eine prächtige, unbe-
wehrte Kletterrose, die Rosa Banksiae R. Br. und Mokoko Japans
und Chinas, mit glänzenden, immergrünen Blättern und gefüllten gelben
oder weissen Blüthen, welche im Frühjahr am Ende der Zweige in
unregelmässigen kleinen Dolden auftreten. Die gelbblühende Varietät
ist am schönsten und verbreitetsten und schon bei den Villen der nord-
italienischen Seen sehr häufig in schönster Entwickelung zu sehen.
In den lauschigen Patios von Cordoba, Sevilla und andern spanischen
Städten überzieht sie oft ganze Wände und in den Gärten sieht man sie
[345]8. Acclimatisation u. Verbreitung japan. Zier- u. Nutzpflanzen in Europa.
nicht selten gleich der Wistaria sich durch die Kronen der Zierbäume
winden und dieselben mit ihrer Blüthenfülle eigenartig schmücken.
Den Nordeuropäer überrascht beim Betreten der prächtigen Gar-
tenanlagen der Mittelmeerländer nicht blos die schwellende Fülle des
Pflanzenlebens, das bunte Gemisch der Farben und Formen blatt-
wechselnder Gehölze mit immergrünen aus allen subtropischen Ländern
der Erde, sondern vor allen Dingen der Anblick der Palmen und Bam-
busrohre in ihrer freien, kräftigen Entwickelung. Fragt er nach den
Heimatländern dieser exotischen Pflanzenformen, so wird er unter den
Palmen neben der japanischen Shiro (Chamaerops excelsa Thunb.),
welche hier vollständig acclimatisiert ist, Vertreter von fast allen Arten
der aussertropischen Gebiete der Erde, unter den Bambusrohren aber
vorwiegend japanische Formen finden. Es sind die kleineren Arten
und Abarten, welche die Gärtner vornehmlich als Bambusa nigra, B.
mitis, B. aurea, B. viridis glaucescens, B. viridis striata, B. Fortuneï,
B. pygmaea, B. Kumasasa zu bezeichnen pflegen. Am auffallendsten
und schönsten von allen ist unstreitig das Kuro-dake oder schwarze
Bambusrohr (siehe auch pg. 272), welches in prächtig ausgebreiteten
Gruppen schon am Lago Maggiore mit 6 m Höhe und 3½ cm Durch-
messer seine normale Entwickelung erreicht und nach Tschihatchef*)
im Jardin d’Essai zu Alger zuweilen innerhalb 24 Stunden um 400 mm
wächst.
[[346]]
II.
Montanindustrie.*)
Irrige Vorstellungen vom Mineralreichthum Japans. Alte Betriebsweise des Berg-
baues und neuere Versuche zur Hebung desselben. Tabellarische Uebersicht der
Production nach Menge, Werth und hervorragenderen Gruben. Weitere Notizen
über letztere und die einzelnen Producte. Salz- und Alaungewinnung. Producte
der Thongruben und Steinbrüche.
(Hierzu eine Karte.)
Mit dem seit Marco Polo’s Zeiten so viel gerühmten Reichthum
Japans an werthvollen Mineralien, und insbesondere an Edelmetallen,
stehen die statistischen Nachweise der Erträge des japanischen Berg-
baues seit der Restauration in auffallendem Missverhältniss. Lange
galt das Land nicht blos bei Chinesen und Arabern, sondern auch in
Europa für das Eldorado des fernen Ostens, »das güldene Ophyr«, wie
es Kämpfer einmal nennt. Daselbst sollten nach Edrisi die Hunde
goldene Halsbänder tragen und, nach Marco Polo, Dächer, Fussböden
[347]Allgemeines.
und Fenstergesimse des kaiserlichen Schlosses aus reinem Golde be-
stehen.*)
Selbst noch, nachdem man Japan endlich wirklich kennen gelernt
hatte, und der Reihe nach von Macao, Manila und Batavia aus mit
ihm in Handelsbeziehungen getreten war, schien die bedeutende Aus-
fuhr an Silber ein weiterer sicherer Beweis für den Metallreichthum
des Landes zu sein. Dieselbe hörte indess im Jahre 1642 ganz auf
und wurde von da ab zum Vorteil der Holländer durch diejenige
des Kupfers ersetzt.
Nach der Wiedereröffnung Japans vor nunmehr 30 Jahren glaubten
die Bewohner nur zu gern dieser herrschenden Meinung der Fremden.
Zwar lieferten ihre alten Minen nur noch geringe oder keine Erträge;
aber das lag doch wohl nur, wie Viele sagten, daran, dass zur Hebung
der gemuthmaassten Schätze die vorhandenen und angewandten Mittel
nicht ausreichten. Es galt also mit dem alten System zu brechen und
sich die reichen Erfahrungen und technischen Hülfsmittel im Bergbau
der christlichen Abendländer nutzbar zu machen.
So wurden denn der Reihe nach Bergingenieure aus Amerika,
England, Frankreich und Deutschland als Berather herangezogen, in
der Regel aber nach wenigen Jahren und Ablauf des Contractes wie-
der entlassen, sobald man sich überzeugte, dass dieselben nicht in der
Lage waren, mit all ihrer Kunst und Erfahrung dem Fiscus oder Pri-
vatunternehmern alsbald neue, grosse Einnahmequellen zu sichern
Gerade die tüchtigsten und gewissenhaftesten unter ihnen sahen sich
umringt von Schwierigkeiten und Hindernissen, ihre Studien und Er-
fahrungen den Verhältnissen anzupassen und einen rationellen Betrieb
einzurichten. Ich erwähne nur den schwerwiegenden Mangel der
Sprachkenntniss und die Unmöglichkeit eines sofortigen directen Ver-
kehrs, das Heer unnützer Beamten, welches sie umgab, den Mangel
[348]II. Montanindustrie.
an geeigneten Verkehrsmitteln*) und dazu die Unstetigkeit und stete
Neuerungssucht der Behörde, welche nicht die Zeit abwarten konnte,
bis begonnene Reformen durchgeführt und erprobt wurden.
Die Japaner hatten ihr Land nach werthvollen Mineralien viel
gründlicher durchforscht und die meisten der vorhandenen Gruben viel
mehr erschöpft, als bei Beginn der neuen Aera vor etwa 30 Jahren
allgemein angenommen wurde. Es ist mir in der That nicht bekannt,
dass einer der vielen fremden Bergingenieure irgendwo in der Lage
gewesen wäre, neue beachtenswerthe Aufschlüsse und Minerallager zu
entdecken. Das Interesse der Nation an der Auffindung und Hebung
unterirdischer Schätze war eben schon lange zuvor ein sehr lebhaftes,
wie zahlreiche Spuren alter Schürfungen und Gruben im Lande, sowie
eine ziemlich reiche Literatur über den Bergbau beweisen.
Die meisten der fremden Bergingenieure, welche seit der Perry-
Expedition nach Japan berufen wurden, um als Berather und Leiter
von Bergwerksunternehmungen zu wirken, kehrten nach Ablauf ihres
Contractes enttäuscht zurück. Nur einige, welche es besser ver-
standen, der Eigenliebe zu schmeicheln und nebenher mit Beamten
und Kaufleuten auf Kosten des Staates gewinnreiche Lieferungsver-
träge für Maschinen und andern Bedarf abzuschliessen, hielten sich
länger; doch waren gerade diese am wenigsten geeignet, den gesun-
kenen Bergbau wieder in Schwung zu bringen.**)
Wenn wir die jährlichen Nachweise über die Ergebnisse der Mon-
tanindustrie Japans seit 1868 überblicken, so erkennen wir leicht, dass
in den meisten Fällen die seitherigen Bemühungen nicht vermocht
haben, die Erträge erheblich zu steigern. Sie bestätigen nur mein
[349]Allgemeines. Minenertrag.
früher (Bd. I. pg. 31 und 32) abgegebenes Urteil, dahin gehend, dass
das heutige Vorkommen der meisten Metalle, wie Gold, Silber, Zinn,
Blei, Zink, Quecksilber, ein sehr bescheidenes ist und sich mit dem-
jenigen in manchen andern Ländern nicht messen kann, dass Kupfer
und Antimon in grösserer Menge gefunden werden, Japan aber nur an
Kohlen und Eisen wirklich reich ist.
Offenbar waren in früherer Zeit die Gold- und Silberminen viel
ertragreicher; sie wurden aber während der Tokugawa-Herrschaft all-
mählich erschöpft, soweit dies nach früherer Betriebsweise möglich
war. Denn, wenn auch die Schätzungen und Angaben über die ehe-
malige Metallausfuhr (namentlich über die des Goldes zur Zeit des
portugiesischen Verkehrs) sehr übertrieben sind und eine nüchterne
Kritik nicht aushalten, so geht doch unter anderm aus den Mitthei-
lungen von E. Kaempfer*) deutlich hervor, dass die Holländer in den
Jahren 1600—1641 von Hirado aus durchschnittlich jährlich 1200 bis
1400 Kisten Silber ausführten, im Werthe von 1200000—1400000
Taels oder 7200000—8400000 Mk., dass sie ferner in der darauf-
folgenden Periode Kupfer statt Silber für ihre Waaren in Tausch nah-
men und zur Ausfuhr brachten, und zwar 12—20000 Pikuls im Jahre,
entsprechend 720000—1200000 kg. Umgerechnet macht dies jährlich
45—52 Tonnen Silber und 720—1200 Tonnen Kupfer, demnach sehr
beträchtliche Mengen für die damalige Zeit.
Nach der Regierungsstatistik, die aber bezüglich der Privatgruben
keinerlei Anspruch auf Zuverlässigkeit machen kann, betrug in den
Jahren 1877—1881 die durchschnittliche Ausbeute Japans an Silber
11,64 Tonnen, dagegen an Kupfer 8900 Tonnen jährlich. Hiernach
würde in neuerer Zeit Japan in einem Jahre nur den vierten Theil
der Silbermenge gewinnen, die es ehemals zur Ausfuhr brachte. Die
erwähnte Menge Kupfer scheint sehr übertrieben; denn im Jahre 1874
gab G. Hochstetter, der damalige Leiter und Berather im Oberbergamt,
die Kupferproduction nur zu 3000 Tonnen an und drei Jahre später
schätzte sie Netto auf 75423 Ctnr., also noch nicht ganz 4000 Tonnen.
Bevor ich jedoch auf den gegenwärtigen Stand des japanischen
Bergbaues etwas näher eingehe, dürfte ein kurzer Rückblick auf seine
frühere Betriebsweise, sowie die Art der Aufbereitung und Verhüttung
am Platze sein. Wie fast überall, so war auch die Gewinnung der
Erze und Kohlen in Japan früher ein Raubbau, der so lange verfolgt
wurde, als die Grubenwasser es zuliessen und die Erträge einen klei-
nen Gewinn abwarfen. Der Aufschluss und Abbau erfolgte lediglich
[350]II. Montanindustrie.
durch Stollen oder Ogiri, die je nach dem Streichen des Ganges bald
an-, bald abstiegen, aber auch durch das Quergestein getrieben wur-
den, um einen Aufschluss zu bewirken. Die Förderung fand theils
auf demselben Wege, theils durch die sogenannten Schornsteine oder
Kemuri-dashi statt, welche aber nicht mit der unbekannten Schacht-
anlage zu verwechseln sind. Es sind diese Kemuri nämlich nicht etwa
einfache glatte Oeffnungen, welche direct zur Teufe führen, sondern
eigenthümliche Stollenanlagen, welche steigen und fallen, sich winden,
erweitern oder verengern, je nachdem ihnen festes Gestein entgegen-
tritt und umgangen wird, oder taubes Gestein, abbaufähige Gänge und
Lager sich finden, die weggeräumt werden. In vieler Hinsicht erin-
nert dies an die irrationelle beschwerliche Betriebsweise des Bergbaues
der Römer, aber während diese dazu Gefangene und Sclaven verwendeten,
wird noch jetzt in Japan ein Theil der beschwerlichen Arbeit, nämlich
die Förderung, von Frauen und halberwachsenen Kindern verrichtet.
In den römischen und karthagischen Bergwerken kamen wenigstens
Haspelvorrichtungen zur Hülfe; in Japan wurde dagegen das ganze Ma-
terial, Erz oder Kohle und taubes Gestein, in Körben oder Strohsäcken,
auf mühevolle Weise auf dem Rücken zur Halde getragen. Der Name Ke-
muri-dashi — Schornstein — für diesen obersten Förderungsstollen deutet
übrigens darauf hin, dass er auch als Wetterführung dient und durch
ihn die Ventilation vor sich geht. In gleicher Weise dient der un-
terste, tiefste Stollen vornehmlich zur Entfernung des Grubenwassers
und wird desshalb gewöhnlich Midzu-nuki, Wasserabfluss, genannt.
Von der Stollensohle aus wurde seit- und abwärts weiter gearbeitet,
so lange das gesuchte Mineral sich vorfand und die Bergwasser es
zuliessen. Da bei diesem Bergbau keinerlei Maschinen mit Ausnahme
sehr unzweckmässiger Handpumpen zur Verwendung kamen und auch
die Werkzeuge und sonstigen Hülfsmittel auf wenige beschränkt blie-
ben, so muss die Tiefe von 700—800 Fuss (212,3—242,6 m) und die
Stollenlänge von 10000 Fuss oder 3033 m, bis zu denen man vorge-
drungen ist, immerhin überraschen.
Bei den Arbeiten fehlten die eigentlichen Schlegel vollständig;
dieselben wurden fast nur mit Hülfe der Spitzhacke, Brechstange und
stählerner Keile ausgeführt und beschränkten sich — da auch Spreng-
mittel nicht in Anwendung kamen — natürlich auf die nothwendigsten
engen Räume. So sind denn die meisten Stollen und kurzen Strecken
sehr eng und niedrig. In früherer Zeit, als die Umgebungen der Berg-
werke noch Holz in Fülle lieferten, pflegte man den Abbau durch
das Feuersetzen zu fördern, wie dies vor 20 Jahren noch in den nor-
wegischen Gruben, z. B. in Kongsberg, geschah. Nach Netto soll jetzt
[351]Bergbau und Aufbereitung.
Schiesspulver als Sprengmittel in japanischen Bergwerken allgemein
zur Verwendung kommen. Die Einführung desselben datiert aber erst
aus dem Jahre 1862, wo der Nordamerikaner Pumpelly als Rath-
geber der Regierung des Shôgun in Bergbauangelegenheiten nach
Japan kam.
Zu den primitivsten und mangelhaftesten Einrichtungen japani-
scher Bergwerke gehört unstreitig die Wasserhaltung, bewirkt durch
eine schlechte Sorte Handsaugpumpen, welche vielfach ganz unzu-
reichend sind, so dass schon oft eine Grube verlassen werden musste,
weil man ihrer Wasser nicht Herr wurde. Zu diesen Mängeln gesellte
sich vielfach der Grubenbetrieb durch Contractwirthschaft und ver-
mehrte den planlosen Raubbau. Der Grubenbesitzer besorgte Einrich-
tung und Wasserhaltung und übte eine schwache Aufsicht, während der
Unternehmer die Gewinnung, Aufbereitung und Verhüttung übernahm.
Die Aufbereitung der zu Tage geförderten Erze wird ohne Ma-
schinen bewirkt und fällt ausschliesslich Frauen- und Kinderhänden
zu, deren man sich ja auch in Europa für solche Arbeiten viel bedient.
Zunächst findet die bekannte Handscheidung zur Trennung der reiche-
ren Erze von den ärmeren statt, sodann werden letztere mittelst eines
Hammers oder im Stampftroge (siehe pg. 53), wie er zum Reisschälen
verwendet wird, weiter zerpocht. (Es gibt jedoch auch vollkommenere
Stampfvorrichtungen auf demselben Princip wie unsere mit Wasser und
einem oberschlächtigen Rade als treibender Kraft.) Man trennt hierauf
das schwerere, bessere Erz von dem leichteren Pochgut durch eine Art
Setzarbeit mit Hülfe des Wassers und bereitet es so zum Rösten und
Schmelzen vor. Golderze dagegen pflegt man nach der Handscheidung
in Handmühlen unter Wasserzufluss zu mahlen und das Waschgut über
schräg liegende, mit Querrinnen versehene Bretter abfliessen zu lassen,
wobei denn die goldführenden schwereren Partieen in den Rinnen sich
absetzen.
Die sulfatisierende Röstung oder Calcinierung der aufbereiteten
geschwefelten Erze erfolgt nicht in Stadeln oder offenen Haufen, son-
dern in mit Steinen und Lehm aufgebauten Yaki-gama oder Rost-
öfen. Diese erheben sich in der Regel auf kreisförmiger Basis von
4—6 Fuss (121—182 cm) Durchmesser 4 Fuss (121,32 cm) hoch und
sind an einer Seite mit Luftlöchern versehen.
Zum Schmelzen der verschiedensten Erze dient dieselbe Vorrich-
tung, ein kleiner, einfacher Ofen oder Schmelzherd, O-doko oder
Fuki-doko (grosses oder Gebläse-Bett) genannt, mit einem seitlich
angebrachten Hand-Kastengebläse, dem O-fuigo, das ein Mann be-
dient, ebenso wie für den Schmelzherd eine Person ausreicht. Dieser
[352]II. Montanindustrie.
Herd ist eine flache Grube von 12—15 cm Tiefe und 40—50 cm Durch-
messer, etwa 30 cm dick mit Gestübbe ausgestampft, das auf Sand
ruht. Die ihn umgebende Brandmauer ist ein aus dünnen Aesten
hergestelltes Flechtwerk, welches mit Lehm dicht überzogen wurde.
Als Reductionsmittel bei der Beschickung dient die Holzkohle. Be-
züglich des weiteren Details über die Verhüttung und ihre Resultate
sowie des Bergbaubetriebes überhaupt verweise ich hier auf die oben
citierten, lehrreichen und verdienstvollen Arbeiten von Rösing und
Netto, denen auch Bemerkungen über das japanische Berggesetz bei-
gefügt sind. Der ebenfalls angeführten, interessanten Schrift von Berg-
hauptmann Brassert, welche diesen Gegenstand ausführlicher behandelt,
ist zu entnehmen, dass Japan im Jahre 1873 n. Chr. (6. Jahr Meiji)
sein erstes allgemein gültiges Berggesetz erhielt, welches im wesent-
lichen dem deutschen nachgebildet wurde, aber der Regierungswillkür
grossen Spielraum lässt. Nur Bausteine, Sand, Kies, Kalk, kurzum
Substanzen, welche Bau- und landwirthschaftlichen Zwecken dienen,
gehören dem Grundeigenthümer. Bergbauobjekte und Staatseigenthum
sind dagegen alle Metalle und ihre Erze, die brennbaren Fossilien,
Steinsalz, Phosphorit und Edelsteine. Die Regierung hat darüber freies
Verfügungsrecht, welches sich jedoch nur auf Unterthanen des japa-
nischen Reiches erstreckt. Die Betheiligung fremden Capitals bleibt
im Bergbau wie in der Landwirthschaft nach wie vor ausgeschlossen.
Weitaus die meisten und vielfach gerade die besten Gruben be-
finden sich jetzt im Besitz und Betrieb von Privaten. In neuerer Zeit
hat die Regierung sogar mehrere ihrer besten Minen, nachdem sie
deren Betrieb mit Hülfe von Ausländern neu organisiert hatte, zu ver-
hältnissmässig niedrigen Preisen veräussert. Offenbar findet sie ihre
Verwaltungs- und Betriebsweise zu kostspielig und die jährlichen Ein-
bussen zu gross, um dieselben fortzuführen.
Das Bergwesen ist dem Kobushô oder Ministerium für öffent-
liche Arbeiten unterstellt, und bildet darin unter der Benennung Ko-
zan-kiyoku eine besondere Abtheilung. Dieses Oberbergamt steht
den acht Bun-kiyoku, Zweig- oder Minenämter des Landes vor.
In der nachstehenden Tabelle A gebe ich eine Uebersicht der Er-
träge des japanischen Bergbaues während der 5 Jahre 1877—1881
nach Momme für Gold und Silber und Kuwan-me (sprich Kamme) für
die übrigen Producte, während die Liste B die bedeutenderen Gruben des
Landes, geordnet nach ihren Wertherträgen im Jahre 1882, anführt.*)
[353]Tabellarische Uebersicht der Production nach Menge etc.
Hierbei ist daran zu erinnern, dass 1 Kuwan-me = 1000 Momme =
3756,5 Gramm und 1 yen = 1 Dollar oder 4 Mk. Reichsmünze zu
rechnen ist.
Tabelle A.
a) Production der Regierungsgruben.
Tabelle B.
Werth der Production der hauptsächlichsten Minen im Jahre 1882.
* bezeichnet Gruben in Privatbesitz.
[354]II. Montanindustrie.
Gold, jap. Kin, Ko-gane und Ôgon, kam nach Kämpfer vor-
nehmlich von Sado und Suruga. In seinen ursprünglichen Lagerstätten
hat man es bislang meist nur in geringer Menge gefunden, deren Ge-
winnung selbst bei rationellster Methode oft kaum die Kosten decken
würde. Auch das Waschgold der Flüsse von Yezo, Suruga und Kai
soll in so unbedeutender Menge vorkommen, dass es nur den beschei-
densten Tagelohn abwirft.
Die altberühmten Gold- und Silbergruben der Insel Sado waren
früher im Besitze der Tokugawa-Shôgune, wurden von Sträflingen be-
arbeitet und lieferten reiche Erträge. Diese Minen liegen im Westen
der Insel unweit der Hauptstadt Aikawa in einem engen steilwandi-
gen Thale (siehe Karte) 220 m über der See. Das Erz findet sich
nach Reh in Quarzgängen, welche im Quarzitfels aufsitzen und von W.
nach O. streichen. Ihre Mächtigkeit schwankt zwischen 60 cm und 6 m.
Sie führen fein eingesprengte Sulfide von Silber, Kupfer und Blei,
sowie geringe Mengen gediegenes Gold und Silber, und waren 1874,
als Ingenieur Reh die Leitung der Gruben übernahm, in bedeutender
Erstreckung aufgeschlossen, lieferten aber in jenem Jahre nur 83365 yen
Gold und Silber.
Aus dem Gebiete des Haya-gawa in Kai (Nebenfluss des Fuji-
kawa) zeigte man mir s. Z. in Kôfu einige schöne Stufen goldführen-
den Quarzes; doch ist mir ein Grubenbetrieb auf Gold in jener Gegend
nicht bekannt.
Zu Serigano, 2½ ri von Sendai in Satsuma entfernt, lernte ich
1875 ein ähnliches Vorkommen von gold- und silberhaltigem Quarz
23*
[356]II. Montanindustrie.
kennen, wie das auf Sado. Die Gänge führen auch etwas Quecksilber,
sind aber im ganzen sehr arm. In früheren Zeiten sollen die Daimiôs
von Satsuma jedoch viel Edelmetall daraus gezogen haben. Ferner
wurde das Gold- und Silberbergwerk von Yamagano in Ôsumi, dessen
Ertrag jetzt sehr unbedeutend ist, lange Zeit für eine der reichsten
Goldgruben des Landes gehalten.
Silber, jap. Gin oder Shiro-gane (Weissmetall), kommt viel
häufiger und in weit belangreicheren Mengen vor, als sein edlerer
Genosse, und zwar in der Regel in Schwefelverbindungen, als Silber-
glanz, Sprödglaserz und Rothgültigerz. Das Zugutmachen derselben
erfolgt auf verschiedene Weise, in der Regel nach alter Art durch Zu-
sammenschmelzen des gerösteten Erzes mit Blei (Verbleiern) und Ab-
treiben des rohen Werkbleis. Ikuno, Sado, Kosaka, Innai, Mandokoro
und Ani gelten für die besten Silberminen Japans. Folgen wir jedoch
unserer Liste, so ordnen sich dieselben und andere nach ihren Erträ-
gen von 1882 in folgender Weise:
a. Kamioka in Hida, auch Kupfer führend. Der Ertrag der
Mine für 1882 mit 351701 yen ist höher als 10 Jahre zuvor, wo nach
einer andern Angabe die Provinz in 2 Bergwerken 29760 Unzen Silber
und in drei andern 156 Tonnen Kupfer lieferte.
b. Sado, schon beim Golde erwähnt.
c. Kosaka, Provinz Ugo (Akita-ken), in der Nähe des oberen
Noshiro-gawa und der Grenze von Rikuchiu und Mutsu unter 40° N.
gelegen, ein altes Bergwerk in sehr entlegener Gegend. Das Silber
ist goldhaltig.
d. Ani liegt ebenfalls in Ugo etwas südlicher von vorigem, näm-
lich unter 39° 55' N. und 140° 30' O. Gr. (nach C. von Weyhe 39. Heft
der Mittheil. der deutsch. Gesellsch. Ostasiens), liefert mehr Kupfer als
Silber.
e. Hamda im nordöstlichsten Theile von Iwashiro, nördlich der
Stadt Fukushima.
f. Ikuno im Süden der Provinz Tajima führt neben Silber auch
ansehnliche Mengen Gold und Kupfer, befindet sich auf der Wasser-
scheide zwischen Japanischem Meer und Seto-uchi und wurde 9 Jahre
hindurch von dem Franzosen Coignet vortrefflich verwaltet, so dass es
zu den wenigen Bergwerken mit Regierungsbetrieb gehörte, welche
Ueberschüsse lieferten. So gab es beispielsweise 1877/78 einen Rein-
ertrag von 70000 yen; doch hatte keins der folgenden Jahre ein gleich
günstiges Resultat aufzuweisen. Damals waren in dieser Grube über
1000 Menschen, darunter ein Dutzend Franzosen, beschäftigt. Der
Ort, früher ein Dorf mit kaum 1000 Bewohnern, hatte sich zu einem
[357]Gold, Silber und Kupfer.
Städtchen mit der sechsfachen Bevölkerungsziffer emporgeschwungen.
Nach Coignet befinden sich die Minen 360 m über dem Meeresspiegel
und sinkt hier die Temperatur ausnahmsweise bis auf — 14°C. Es
folgt nun:
g. die Grube Kuratoko in der Provinz Harima, welche neben
Silber ebenfalls etwas Gold liefert, sodann:
h. Innai in Ugo. Nach der oben angeführten hochinteressanten
Abhandlung von Rösing über diesen Minenbezirk befindet sich der
Hauptort Gin-san-machi (Silberbergstadt) im Kreise Okatsu (Oka-
tsu-gori) des Akita-ken unter 38° 57' N. und 140° 36' O. Gr., nördlich
von Yamagata, 235 m über der See. Hier wird seit bald 300 Jahren
(nach Rösing eröffnete man den Bergbau im Jahre 1599) Silber, etwas
Gold und Blei gewonnen. Man findet vornehmlich Silberglanz, dann
Sprödglaserz und dunkel Rothgültig in Gängen, welche in vulkani-
schem Tuff auftreten, als Gangart Quarz und Kalkspath führen und
stellenweise mehrere Meter mächtig sind. Die gewöhnlichsten und so
oft vergesellschafteten Metallsulfide: Schwefelkies, Kupferkies, Zink-
blende und Bleiglanz fehlen auch hier nicht, treten aber nur in ge-
ringer Menge auf. Die Silbererze enthalten 0,1—10 %, im Durch-
schnitt jedoch 2½ % Silber und 1 % Blei. Das daraus gewonnene
Werksilber liefert 1 % Gold.*)
i. Omodani, das nun folgende Silber- und Kupferbergwerk befin-
det sich in der Provinz Echizen nahe der Grenze von Mino und Kaga.
Die übrigen noch erwähnten Silberbergwerke liefern nur sehr geringe
Erträge.
Kupfer, Dô oder Aka-gane (Rothmetall), bildet seit dem Jahre
1642 einen hervorragenden Ausfuhrartikel Japans, der namentlich auch
seiner Reinheit wegen sich eines guten Rufes erfreut. Dem Werthe
der jährlich gewonnenen Menge nach folgt es unmittelbar auf die Stein-
kohle. Man findet es selten gediegen, oder im oxydierten Zustande.
Unter seinen [Schwefelverbindungen] ist Kupferkies das vorwiegende Erz,
aus dem wenigstens 9/10 alles japanischen Kupfers gewonnen werden.
Die gerösteten Erze (Kupferkies, Kupferglanz, Buntkupfererz etc.)
pflegt man mit Eisensteinen oder metallischem Eisen zu gattieren und
im kleinen Gebläseofen mittelst Holzkohle zu reducieren.**) Ist der
[358]II. Montanindustrie.
gewonnene Kupferstein silberhaltig, so wird er weiter mit Blei zu-
sammengeschmolzen, welches das Silber und etwas Kupfer aufnimmt,
und dann zur Reindarstellung des Silbers die bekannte Veränderung
auf dem Treibherde durchzumachen hat. Dieses Verfahren sah ich
u. A. zu Hachiman in Mino einschlagen. Weitaus die meisten und
vor allen Dingen die besten japanischen Kupfergruben sind in Privat-
händen.*) Unsere Tabelle B. führt als ertragreichste von allen Erz-
bergwerken des Landes die Kupferminen von Beshi in Iyo auf der
Insel Shikoku an. Es ist der im ganzen Lande seinem Renommé nach
wohlbekannte Dô-san oder Kupferberg, welcher schon sehr lange
ausgebeutet wird. Auf diese Gruben folgen diejenigen von Zomeki
in Nagato, über die mir nichts weiter bekannt ist. Dasselbe gilt von
den in der Liste sich anschliessenden Minen von Kusakura in Echigo.
Tatesato in Yamato, Arakawa in Ugo, Nakasô in Bitchiu, sowie
Takidani in Echigo. Der letztgenannten Grube geht in der Liste
Ashio in Shimotsuke unmittelbar voraus. Dieses Berg- und Hütten-
werk befindet sich 6 ri von Nikkô, ist schon sehr lange (seit 1610 nach
Lyman) im Betrieb und dürfte der von Kämpfer unter dem Namen
Asingo angeführte Kupferlieferant sein. In Nikkô sah ich rosafar-
bige Bergkrystalle von dort und hörte, dass die Hütte im Jahre 1873
neben 500 Tonnen Kupfer 20000 kg Kupfervitriol geliefert habe,
Mengen, welche indess sehr übertrieben zu sein scheinen.**) In dem-
selben Gebiete (Oberlauf des Noshiro-gawa) von Katsuno des Akita-
ken, welchem die schon erwähnten Siberminen von Ani und Kosaka
angehören, befindet sich auch die Kupfermine von Osarusawa.
Dieselbe galt noch vor 12 Jahren für eine der reichsten Japans. Sie
liegt 24 ri nordwestlich von Morioka in Nambu, wohin durch Last-
thiere das Kupfer gebracht wird, um dann in flachen Booten den Kita-
kami-gawa hinunter nach Ichinomaki und von hier zur See nach Tôkio
zu gelangen.***)
Unser Verzeichniss weist noch eine grosse Anzahl anderer Kupfer-
werke in den verschiedensten Landestheilen auf und liefert damit den
[359]Kupfer, Blei, Zinn und Eisen.
Beweis, dass unter allen Metallen Kupfer in der That die weiteste
Verbreitung hat.
Blei, Yen oder Namari. Das bescheidene Vorkommen dieses
Metalls ergibt sich aus den beiden vorliegenden Verzeichnissen. Die
japanischen Bleibergwerke — sie bauen auf armen Bleiglanz — decken
bei weitem nicht den einheimischen Bedarf. Man gewinnt Blei neben
Silber und Kupfer zu Kamioka in Hida, Hatasa in Mino Sunagose in
Mutsu. Pumpelly erwähnt der Bleigrube von Ichinowatari in
Ôshima auf Yezo, welche er 1863 kennen lernte, und hebt hervor,
dass dieselbe damals täglich etwa 80 Pfund Blei geliefert habe, drei
Jahre früher aber 100 Pfund.
Zinn, jap. Shaku oder Sudzu. Hiervon gilt im wesentlichen das
vom Blei Gesagte. Es findet sich ebenfalls nur in spärlicher, nicht aus-
reichender, Menge als Zinnsand und zwar fast nur auf der Insel Kiushiu.
Unser Kärtchen verzeichnet Tani-yama in Satsuma, welches 1882 für
nahezu 80000 Mark Zinn lieferte, sowie Ohira-tetsu-san in Bungo.
Eisen, jap. Tetsu und Kuro-gane, d. h. schwarzes Metall. Die
Production des Landes an diesem Metall ist immer noch gering und
deckt nicht den Bedarf. Es wird vornehmlich aus Eisensand, dann
aber auch aus Magneteisenstein gewonnen. Ersterer ist ein viel ver-
breitetes Anschwemmungsproduct der Küste, wie nicht minder des
Binnenlandes. Am häufigsten und in grösster Menge dürfte er in den
Provinzen Iwami, Izumo, sowie den angrenzenden Theilen von Bingo
und Mimasaka gefunden werden.
Die Magneteisensteinlager und Eisenwerke von Kamaishi in der
alten Landschaft Nambu (Provinz Rikuchiu) sind die bedeutendsten
des Landes. Wir finden dieselben unter etwa 39° 18' N., 5 ri west-
lich von Bucht und Stadt Kamaishi am Stillen Ocean; sie sind durch
eine schmalspurige Bahn mit dem Hafen verbunden. Die Lager treten
vornehmlich in der Wasserscheide zwischen Kitakami und Bucht von
Kamaishi in einem Umkreise von 3 ri an mindestens 1 Dutzend Stellen
auf, und zwar in Diabasgestein, begleitet von Granatfels. Die meisten
Lager scheinen sich nach dem Tag auszukeilen. Einige zeigen hier
eine Mächtigkeit von 40—45 Metern. Der Magneteisenstein ist oft ver-
unreinigt mit Eisen- und Kupferkies und einem Anflug von Malachit
und Lasur. Er ist dann grobkörnig und zerfällt leicht an der Luft.
Die bessere Sorte ist frei von jenen Beimischungen, feinkörnig und
compact. Durch Rösten lässt sich der grösste Theil des Schwefels
entfernen und ein sehr gutes Eisen gewinnen, wie dies schon seit
35—40 Jahren, wo man das Vorkommen zuerst entdeckt haben soll,
zu Ohashi und Sahinai geschieht. Wie man mir sagte, legte hier
[360]II. Montanindustrie.
schon vor 25 Jahren ein Japaner nach holländischen Zeichnungen Hoh-
öfen an. Ich sah dieselben im Betrieb. Es war die alte Construction,
ohne Verwerthung der Gichtgase und mit primitivem Gussverfahren in
flache Brode auf Sand. Von den beiden Orten und Hohöfen befindet
sich Ohashi auf der Ostseite und Sahinai auf der Westseite der be-
waldeten Höhen, welche jene Wasserscheide bilden. Während der
letzten 10 Jahre trug sich die japanische Regierung bezüglich dieser
Eisensteinlager mit grossen Projecten. Man wollte aus Kamaishi ein
zweites Essen machen mit oder ohne Krupps Hülfe. Daraus ist nun
freilich nichts geworden. Vor 11 Jahren, als ich die Vorkommnisse
sah, war man mit Anlage einer 5 ri langen schmalspurigen Bahn von
den Lagerstätten bei Ohashi nach dem Hafen beschäftigt, sowie mit
Errichtung zweier Hohöfen nach neuesten Principien. Dieselben sind
schon lange in Thätigkeit, ebenso ein Puddelofen. Die Werke befinden
sich jetzt ebenfalls in Privathänden, nachdem die Regierung vergeb-
lich sich bemüht hat, sie mit Hülfe fremder Ingenieure in Schwung zu
bringen. Man wollte die immer schwerer zu beschaffende Holzkohle
durch Cokes ersetzen und machte behufs Darstellung der letzteren
mit den einheimischen Steinkohlen manche, aber meist misslungene
Versuche.
Zu Nakakosaka in der Provinz Kotsuke wurde durch engli-
sche Ingenieure ebenfalls ein Holzkohlen-Hohofen angelegt, der aber
den Besitzern bis jetzt keinen Nutzen gewährte.
Das ältere Schiefergebirge, welchem die meisten Lagerstätten der
japanischen Erze angehören, birgt in seinen Quarzitgängen neben
Kupferkies auch die Sulfide des Eisens zuweilen in grösseren, tech-
nisch verwerthbaren Mengen, und zwar soll (nach mündlichen Mitthei-
lungen von Herrn Grubendirector Vogel in Freiberg) Magnetkies im
allgemeinen viel häufiger auftreten als Schwefelkies, so z. B. in dem
Grenzgebiete von Bitchiu, Bizen und Mimasaka, woselbst die Kupfer-
werke von Ichigami, Nakasô und andere sich befinden. Dass man
diese Schwefelverbindungen des Eisens schon zur Gewinnung von
Schwefelsäure verwendet hätte, ist mir nicht bekannt, wenigstens ge-
schieht es nicht in der Münze von Ôzaka, woselbst die Darstellung
dieser wichtigen Flüssigkeit vor etwa 20 Jahren zuerst in Japan ein-
geführt wurde. Dagegen kannten die Eingebornen schon lange die
Bereitung des Beni-gara oder Eisenroths (Colcothars), die sie wahr-
scheinlich den Chinesen entlehnt hatten, und benutzten dazu die mas-
senhafteren Vorkommnisse des Magnet- und Eisenkieses, wie sie es
noch heute thun; denn Beni-gara spielt nicht blos eine Rolle in ihrer
Heilkunde, sondern wird auch in verschiedenen ihrer Industriezweige,
[361]Eisen, Zink.
so namentlich in der Porzellanmalerei, viel angewandt. Zu seiner Ge-
winnung wird das Schwefeleisen zunächst geröstet, dann das Röst-
product mit Wasser ausgelaugt, Eisenvitriol auskrystallisiert, darauf
geglüht. Die Farbe des Beni-gara ist um so lebhafter und schöner
roth, je reiner der dazu verwendete Eisenvitriol war und je gründlicher
und sorgfältiger der geglühte Rückstand zerrieben wurde. —
Die Manganoxyde und ihre Verwendungen haben die Japaner
erst in neuerer Zeit kennen gelernt und für dieselben auch die euro-
päischen Namen angenommen. Das wichtigste, der Pyrolusit, findet
sich an mehreren Stellen, vornehmlich östlich von der Stadt Utsu-
nomiya an der Grenze von Shimotsuke und Iwaki.
Zink, jap. Totan, tritt spärlich als Zinkblende auf, Nickel
wurde bis jetzt nicht gefunden und Kobalt nur in einer geringwerthi-
gen, für Japan aber dessen ungeachtet früher wichtigen Verbindung,
dem Erdkobalt. Die Japaner nennen denselben Guwa-sho-seï
oder Goshu, und nach seinem Vorkommen wohl auch Seto-konjo,
d. h. Seto-Blau, die daraus bereitete blaue Farbe aber Yegusuri.
Meinem Tagebuch über den Besuch des Porzellandistriktes von Seto in
Owari entnehme ich bezüglich dieses Gegenstandes das Folgende:
Interessant ist die blaue Kobaltglasur. Die Farbe wird von einem
schwarzen erdigen Mineral (offenbar eine Art Asbolan) gewonnen,
welches als Bindemittel einer Quarzbreccie dient und 6 Cho (etwa
10 Minuten) vom Orte Seto sich findet, sowie an mehreren anderen
Stellen der Umgebung und zwar in diluvialem Kieselgeröll. Die Leute
legen kurze Stollen in diese Geröllmassen an, ohne jede Verzimme-
rung oder sonstigen Stützbau, bis sie an Stellen kommen, wo das Mi-
neral sich nesterweise findet. Sie tragen es in flachen Körben heraus
und schütten es auf eine schiefe Ebene. Sand und feinerer Kies blei-
ben oben liegen, die Breccienknollen aber, welche nur ausnahmsweise
die Dicke einer Faust erreichen, rollen hinunter und werden hier von
Frauen und Kindern ausgelesen und sondiert, darauf an die Porzellan-
fabrikanten verkauft. Die Kobaltfarbe wird daraus in folgender Weise
dargestellt: Man erhitzt das gewaschene Material so lange, bis das
Bindemittel eine pfirsichrothe Farbe angenommen hat, pulverisiert es
sodann und schlemmt es, beseitigt aber zuvor die werthlosen Steine.
Der obere, im Wasser gelöste Theil wird mit Salzwasser ausgefällt,
der Niederschlag ausgewaschen und dann verwendet.*)
[362]II. Montanindustrie.
Antimonit oder Grauspiessglanzerz, jap. Shirome-ko
und Iyo-shirome-ko, d. h. Antimonerz von Iyo, wurde seinem
Wesen und Werth nach erst in neuerer Zeit den Japanern näher be-
kannt. Früher wussten sie nämlich mit demselben, das vornehmlich
in dem alten Schiefergebirge der grösseren südlichen Inseln auftritt —
und zwar von Amakusa durch Kiushiu und Shikoku —, nichts anzu-
fangen; jetzt bildet es einen immerhin beachtenswerthen Ausfuhrarti-
kel. Ueberdies liefert die reichste Antimongrube des Landes, diejenige
von Ôjôin-mura in Iyo auf der Insel Shikoku nämlich, seit einigen
Jahren unsern Mineraliensammlungen die grössten und schönsten Spiess-
glanzkrystalle, die man kennt.
Unsere Liste B. gibt den Werth der Ausbeute dieser und anderer
benachbarter Antimongruben für das Jahr 1882 zu 456652 Mark an.
Das Bergwerk befindet sich südöstlich der Stadt Saijio und nicht weit
von den Kupferminen von Besshi. Aber auch in andern, besonders
südwestlichen Theilen von Iyo und der Nachbarprovinz Tosa gibt es
Antimongruben. Auf Kiushiu trifft man solche in Bungo, Hiuga und Higo.
Auch weist die Insel Amakusa mehrere solcher Antimonglanzgänge
auf.*) Anderseits erstreckt sich das Vorkommen des Antimons, der
Richtung jenes ausgedehnten südlichen Schiefergebirges (Bd. I. pg. 32)
folgend, in nordwestlicher Richtung auch über Theile von Kiushiu und
Yamato auf Hondo.
Steinkohle, Sekitan oder Ishi-dzumi. Kein anderer Gegen-
stand der japanischen Montanindustrie, das Kupfer vielleicht ausge-
nommen, findet sich an so vielen Stellen, von den Riukiu-Inseln bis
nach Yezo, keinem andern ist in den letzten 20 Jahren so viel Auf-
merksamkeit zugewandt worden, als der Steinkohle, noch zeigen Menge
und Werth der jährlichen Förderung bei irgend einem andern eine so
stetige Zunahme, wie bei ihr. In der Güte steht die japanische Kohle
freilich, wie alle ostasiatischen Steinkohlen, soweit man sie näher
kennt, der englischen und rheinischen weit nach. Sie gehören nach
dem Urteil aller Sachverständigen, zu denen man ja wohl in erster
Linie die Maschinisten und Heizer der Dampfmaschinen zählen muss,
zur Gruppe der sogenannten Fettkohlen, erzeugen viel Rauch, be-
schmutzen den Kessel, haften an dem Feuerungsrost und hindern da-
*)
[363]Antimonit, Steinkohle.
durch den Zug, backen also leicht zusammen, ohne indess gute, klin-
gende Cokes zu liefern. So berichtet z. B. Lt. Robertson von der
Perry-Expedition:
»Die Kohle, welche wir in Nagasaki erhielten, war von vierter
Qualität, geringer als australische und amerikanische Kohle, welche
uns in Hongkong geliefert wurde. Sie machte viel Schlacke und
schmutzige Asche, die Feuer mussten oft geschürt werden. Wir brauch-
ten 23 Tonnen täglich an Stelle von 18 Tonnen guter englischer Koh-
len. Diese Kohlen (von Takashima) müssen trocken eingenommen
werden, da im nassen Zustande leicht Selbstentzündung eintritt.«
Die japanische Kohle ist ihrem Alter nach grösstentheils, wenn
nicht allenthalben, Tertiärkohle und ihrer Entstehung nach lacustrische
Bildung. Auf ihr jugendliches Alter weisen die zahlreichen Blattab-
drücke von Laubhölzern in den sie begleitenden Schiefern hin; aber
ihr Aussehen und ihre Eigenschaften sind die der Steinkohlen und nur
ausnahmsweise erinnern sie an Braunkohlen.
So ist es auch mit der Kohle von Diu auf Sachalin, welche s. Z.
der jetzige Akademiker F. Schmidt in Petersburg und sein Begleiter
von Glehn untersuchten. Ebenso schreibt ein Correspondent des »Ex-
port«,*) nachdem er in obigem ungünstigem Sinne die Eigenschaften
der Fettkohlen von Kelung auf Formosa aufgezählt hat: »Da nun die
japanischen Kohlen die gleichen Fehler aufweisen, so können die Koh-
len von Kelung auf den Märkten Ostasiens mit jenen in Concurrenz
treten.« —
Neben solchen Steinkohlen — denn wirkliche bituminöse Stein-
kohlen sind es immerhin, trotz ihres geringen Alters —, weist aber
Japan in seinen jüngeren Tertiärablagerungen auch noch viele Flötze
wirklicher Braunkohlen auf; doch ist die Mächtigkeit derselben meist
sehr gering. Oft findet man mehrere Dutzend solcher schwachen Flötze
über einander, durch Zwischenmittel von einander getrennt.
Der nordwestliche Theil von Kiushiu mit den Provinzen Hizen,
Chikuzen und Chikugo ist besonders reich an Steinkohlen; mehr noch
rühmt man die zahlreichen Vorkommnisse auf Yezo. So schreibt Ly-
man: »Eins der Hauptresultate der geologischen Aufnahme von Yezo
ist die Kenntniss der Thatsache, dass auf Yezo vielleicht 150000 Mil-
lionen Tonnen abbaufähiger Kohlen vorhanden sind, oder ⅔ so viel
als die Kohlen derselben Dicke in den berühmten Feldern von Gross-
britannien. Jene Menge Kohlen auf Yezo würde die Insel in den Stand
[364]II. Montanindustrie.
setzen, die gegenwärtige enorme Jahresproduction Grossbritanniens für
beinahe 1000 Jahre zu liefern.«*)
Die Insel Yezo ist mir aus eigener Anschauung nicht bekannt.
Was ich aber von andern Seiten erfahren und auch zum Theil seiner
Ausfuhrstatistik entnehmen konnte, stimmt schlecht zu dieser enthu-
siastischen Schilderung ihres Kohlenreichthums. Eins geht aus der
Untersuchung der Yezokohle zur Genüge hervor, dass nämlich auch
sie nach Alter und Charakter von der oben aufgestellten allgemeinen
Regel keine Ausnahme macht und nach Verwendbarkeit und Werth
mit den älteren englischen und deutschen Kohlen keineswegs auf
gleicher Stufe steht.
Für die Umwandlung in gute, metallglänzende, klingende, klein-
porige Cokes, welche in der Metallurgie, zumal in dem modernen Hoh-
ofenprocess, eine so grosse Bedeutung erlangt haben, scheinen nur
wenige Kohlen von Yezo, ja von Japan überhaupt sich zu eignen.
Immerhin verbleiben aber für dieselben noch eine Menge anderer wich-
tiger Verwendungen, und es unterliegt kaum einem Zweifel, dass ihr
Besitz viel versprechend für die zukünftige Entwickelung der Industrie
Japans und seines Nationalwohlstandes ist.
Die besten bis jetzt erschlossenen Kohlenflötze der Insel Yezo ge-
hören den Provinzen Shiribeshi und Ishikari an. Aus letzterer
stammt die Kohle von Sorachi, sowie von Poronai, Horumui und
andern Orten des Ishikari-Flussgebietes. Eine Eisenbahn von Poronai
über Sapporo nach der Rhede von Otaru ermöglicht jetzt die Verschif-
fung eines Theils dieser Kohle. In der Provinz Shiribeshi befindet
sich das Kohlenrevier von Kayanoma, welchem auch die Honshiki-
Kohle angehört. Die Mächtigkeit der abbaufähigen Kohlenflötze der
Insel Yezo scheint sich nach den Angaben von Munroe und Lyman
zwischen 15 cm und 2½ m zu bewegen. Auch im eigentlichen Japan
sind stärkere Flötze bis jetzt nicht erschlossen worden. Das geringe
geologische Alter der japanischen Kohlen bedingt, dass tiefe Gruben-
bauten mit ihrer kostspieligen Zimmerung und Wetterführung nicht
nöthig sind. Alle vorhandenen Kohlengruben gründen sich auf das
Vorkommen anstehender Kohlen, denen man dann mit Stollenbau im
Streichen und Fallen des Flötzes folgte.
Von den Kohlengruben der Hauptinsel Hondo ist die von Abu-
rato in der Provinz Uzen am japanischen Meer südlich von Sakata
nach unserer Tabelle die ergiebigste, dann folgen diejenigen von
[365]Steinkohle.
Akadami, Ube und Takatomari in Nagato, ostwärts von Shimo-
noseki am Seto-uchi gelegen, also dem Kohlenbezirke von Chikuzen
gegenüber. Auf der Insel Kiushiu umfasst dieser ein ansehnliches
Gebiet, nicht blos von Chikuzen, sondern auch vom östlich angrenzen-
den Buzen, also den nördlichsten Theil der Insel. Unsere Tabelle B.
stellt die Ausbeute einer seiner Minen, nämlich von Katsuki, nach der-
jenigen von Miike. Letztgenannte, beachtenswerthe Grube liegt in der
Nähe der flachen Ostküste der Bucht von Shimabara in der Provinz Chi-
kugo nicht weit von der Grenze gegen Higo. Als ich sie vor 10 Jahren
besuchte, wurde sie noch von der Regierung betrieben. Unter einem
röthlichen, thonigen Sandsteine liegt eine dünne Schicht erdiger Kohle,
dann folgt eine Lage Thonschiefer (schiefriger Thonsandstein) von etwa
50 cm Mächtigkeit. Sie ist voll von Blattabdrücken dicotyledonischer
Holzgewächse, aber stark verwittert und zerbröckelt. Nunmehr folgt
das bebaute Kohlenflötz von stellenweise über 2 Meter Mächtigkeit,
dann wieder mit Kohle vermischter Schieferthon, hierauf Sandstein.
Die Schichten fallen unter Winkeln von 20—25° gen Südost ein.
Die Grube, welche eine sehr gute Gaskohle liefert, ist schon seit etwa
400 Jahren bekannt, ging vor etwa 10 Jahren in Privatbetrieb über
und ist mit der gleichartigen auf Takashima jetzt weitaus die ergie-
bigste, namentlich auch für die Ausfuhr nach China.
Die Takashima-Kohle ist schwarz, glänzend und fest, aber
leicht, wie fast alle japanischen Kohlen den älteren Steinkohlen gegen-
über. Sie zerbricht in unregelmässige, prismatische Stücke, zeigt
schwarzen Strich und liefert ein braunschwarzes Pulver. Unter allen
japanischen Kohlen ist sie am meisten bekannt, weil jedes nach Na-
gasaki kommende Dampfschiff sich mit ihr verproviantiert und weil
sie der günstigen Lage der Grube wegen auch am meisten ausge-
führt wird.
Taka-shima, eine kleine Insel von nur 54 Hektaren Fläche und
etwa 100 Meter Bodenerhebung, befindet sich am Eingang der langen,
schmalen Bucht von Nagasaki, 8—9 Seemeilen von der bekannten
Hauptstadt von Hizen entfernt. Grauweisse Schichten eines glimmer-
haltigen, grobkörnigen Sandsteins, bröcklige Thonschiefer in dünnen
Bändern und Kohlenflötze fallen unter Winkeln von 20—25° gen Nor-
den ein. Die in mehreren Dörfchen vertheilten Bewohner der Insel er-
nähren sich vornehmlich durch das Bergwerk. Dasselbe befindet sich
dicht am Meer auf der Seite von Nagasaki und wird seit etwa 80 Jah-
ren betrieben. Im Jahre 1875 ging es für die Summe von 2⅕ Mil-
lion Mark aus den Händen der Regierung in diejenigen einer Gesell-
schaft über. Im Frühjahr 1875 hatte der tiefste Schacht eine Länge
[366]II. Montanindustrie.
von nur 50 Meter, doch senkte sich von da der Stollen noch beträchtlich,
indem er dem Hauptflötz von durchschnittlich 2 m Mächtigkeit folgte.
Das grössere Kohlenbecken der Provinz Hizen, von welchem
Taka-shima wie ein losgetrenntes Glied erscheint, liegt weiter nörd-
lich und umfasst eine ganze Reihe von Gruben, unter denen die nicht
weit vom Meer gelegene von Karatsu am bekanntesten ist.
Erwähnenswerth ist ferner noch das Vorkommen von Steinkohlen
auf der Insel Amakusa im Süden von Hizen, so bei Shiki-mura
in der Nähe des Städtchens Tomioka auf der Nordseite. Viel mäch-
tiger und werthvoller sind die Flötze von Oniki an einer kleinen
Bucht der Südwestseite.
Die vorstehenden Angaben über japanische Steinkohlen waren
niedergeschrieben, als mir das Novemberheft des deutschen Handels-
Archivs von 1885 in die Hände kam mit einem kurzen Bericht über
»die Ein- und Ausfuhr von Kohlen und die Kohlenproduction in Ja-
pan«.*) Ich entnehme demselben zur Ergänzung und Bestätigung
meiner Mittheilungen und Ansichten gern einige interessante Daten.
Hiernach betrug die Kohlenausfuhr Japans im Jahre
Dagegen wurden für die Heizung fremder Dampfschiffe englische und
australische Kohlen, wie bisher, doch in geringerer Menge eingeführt,
weil die Schiffe nicht zur Heizung mit japanischen Kohlen, »die viel
Asche und Staub geben«, eingerichtet sind. Auch wird befürchtet, dass
die Ausfuhr nach China abnehmen oder ganz aufhören werde, sobald
einmal dessen Kohlenbergbau mehr entwickelt und für leichten Trans-
port zur Küste gesorgt sein wird.
Analysen von Steinkohlen Japans und benachbarter Inseln.
Von den hier erwähnten Kohlen sind I., II. und III. von Kiushiu,
IV., V., VI., und VII. stammen von Yezo; ihre Analyse ist der Arbeit
»Yesso Coals von H. Munroe, Tokei 1874« entnommen, VIII. stammt
aus F. Hawks »Narrative: Perry-Expedition Vol. II. pg. 167—168« und
IX. aus Pumpelly: »Across America and Asia, Appendix pg. 444. XIII.
Petroleum, jap. Kusôdzu, Kusôdzu-no-abura. Dasselbe
wird vornehmlich in den Provinzen Echigo und Tôtômi gewonnen,
reicht aber für den stets wachsenden Bedarf des Landes nicht aus.
Eine Linie von der Spitze Omage-saki an der Küste von Tôtômi nach
Niigata hat die Haupt-Petroleumbezirke beider Provinzen auf ihrer
Westseite. Derjenige von Tôtômi concentriert sich um Sugegawa;
doch ist das Städtchen Sagara Hauptort des Gebiets. In demselben
lieferten 1877 (nach Lyman) fünfzig erbohrte Quellen im ganzen 1200 Fass
Oel, welches demjenigen von Echigo gegenüber sich durch grössere
Leichtigkeit und hellere Farbe auszeichnet. Für Echigo gibt unser
Kärtchen die in der Tabelle B. erwähnten Orte Fukasawa und Ôa-
rata als Mittelpunkte der Industrie an. Im Jahre 1876 hatte man in
diesem Gebiete nicht weniger als 522 productive Quellen erbohrt, von
denen das grösste Bohrloch 732' (222 m) tief war. Keine der Quellen
lieferte übrigens besonders erkleckliche Mengen. Die Gesammtpro-
duction schätzte Lyman auf 9500 Fass im Werthe von 31650 yen;
dieselbe ist übrigens seitdem nicht unerheblich gestiegen, wie solches
auch aus den in Tabelle B. für obige Orte angegebenen Zahlen her-
vorgeht.
Schwefel, jap. Iwô oder Yuwô. Als glänzendes Product der
Sublimation überdeckt er oft die Kraterwände und die Spalten und
Klüfte noch thätiger oder erloschener Vulkane. Aber weitaus der
meiste Schwefel geht doch wohl aus der Zersetzung des Schwefel-
wasserstoffs der Solfataren hervor. Da nun diese vulkanischen Ge-
bilde in Japan sehr verbreitet sind, so darf auch das häufige Vor-
[368]II. Montanindustrie.
kommen des Schwefels nicht überraschen. Zuweilen deutet der Bei-
name »Iwô« eines Berges oder einer Insel sein Vorhandensein an.
Nach Kämpfer war früher Satsuma der vornehmste Schwefellie-
ferant. Das kleine Inselchen Iwô-shimo im Süden desselben liefert
noch Schwefel. Ebenso gewinnt man solchen am Iwô-dake und Yadake
in Hida, vom Shirane-san an der Grenze zwischen Kotsuke und Shi-
nano. Als Pumpelly im Jahre 1864 Yezo besuchte, bestieg er von
Iwanai an der Südwestküste aus den Iwaounobori. Er sah hier
verschiedene Solfataren und deren Wirkungen und gibt an, dass die
monatliche Production des Berges 6400 Pfund, also die jährliche
38400 kg oder 38,4 Tonnen betrage. Unsere Tabelle führt jedoch
als bedeutendste Schwefellieferanten zwei andere Orte im Hokkaidô an,
nämlich Tonebetsu in Kitami und Tôfutsu auf der nicht weit ent-
fernten Insel Kunashir.
Salz, jap. Shiwo oder Shio wurde bis jetzt weder als
Steinsalz, noch in verwendbarer Sole*) gefunden, vielmehr aus-
schliesslich dem Meerwasser entnommen. Das japanische Verfahren
der Seesalzgewinnung stimmt mit dem in China angewandten, wie es
z. B. von Fortune**) beschrieben wird, vollständig überein. Auf der
Seite 11 gegebenen Uebersicht der japanischen Bodenbenutzung be-
findet sich auch eine Terraingruppe mit der Bezeichnung »Shio-
hama«, welche wir mit »Salz-Küste« verdeutschen können. Es sind
dies flache, sandige Küstenstreifen von zusammen 6364 chô oder Hek-
taren Fläche, welche der Seesalzgewinnung dienen.
Die zu Salzgärten umzuwandelnde sandige Flachküste muss ausser
dem Bereich der Flut liegen. Man theilt sie in der Regel in Felder
von 2½ Tan oder 25 Are ein, welche je 2 Mann bearbeiten. Diese
[369]Salz.
ebenen ihren Salzgarten vollständig und bedecken ihn mit einer gleich-
mässigen Schicht eingestampften Thones, über welchem sie dann eine
dicke Lage groben Sandes ausbreiten, den sie mit einem Rechen auf-
lockern. Man besprengt ihn hierauf mit Meerwasser, welches man in
schmalen Gräben herbeileitet, die die Salzgärten durchziehen, und
wiederholt dies je nach dem Maass der Verdunstung, bis eine beträcht-
liche Menge Salz im Sande zurückgeblieben ist. Derselbe wird hier-
auf zum Auslaugen zusammengekratzt und dieses auf einer Art Filter
bewirkt, durch Zuguss von Seewasser, dessen Salzgehalt dadurch ansehn-
lich steigt. Der Sand wird dann zum Trocknen ausgebreitet, darauf mit
neuem Salzwasser besprengt etc., wie das erste Mal. Man sammelt
die Soole in Gruben oder Bütten und führt sie über in die Siedepfan-
nen, deren Construction an die Vorrichtungen erinnert, welche man
zum Dörren des Thees verwendet (S. 138. b.). Diese Siedepfannen
sind in der Regel 2—2½ m lang, 1½ m breit und etwa ½ m tief und
bestehen aus einem Rahmen aus Bambusrohrgeflecht, welcher mit Ce-
mentthon ausgefüllt und beiderseits überdeckt ist und von zwei Balken
mit Querhölzern getragen wird. Als Brennmaterial beim Eindampfen
verwendet man Holz, insbesondere die Aeste (aber auch Nadeln) von
Coniferen, sowie Steinkohlen. Es gibt übrigens auch grosse eiserne
Abdampfpfannen, sogenannte Shio-gama, doch scheinen sie der er-
wähnten Vorrichtung gegenüber wenig in Gebrauch zu sein.
Japanisches Seesalz steht an Reinheit weit hinter dem an den
Gestaden des Mittelmeers gewonnenen zurück, hat eine grauweisse
Farbe und enthält auf 8—12 % Wasser in der Regel nur 80—90 %
Chlornatrium. Seine Bereitung ist nicht, wie in China, Monopol der
Regierung und wird desshalb an sehr vielen Flachküsten, vornehmlich
den südlichen, betrieben, und zwar am meisten rings um das japani-
sche Seto-uchi (Binnenmeer), namentlich an der Küste von Iyo, Sanuki
Awa, sowie den Provinzen des Sanyôdô. Auch die Küste von Satsuma
hat die erwähnten Salzanlagen, z. B. bei Akune. In der Nähe von
Yokohama wird ziemlich viel Seesalz bei Kanazawa bereitet.
Nach Geerts*) schätzt man die an Japans Gestaden gewonnene
Menge Seesalz auf jährlich 5700000 Hektoliter, welche sich nach
obiger Angabe auf 6364 Hektar Salzgärten vertheilen, so dass hier-
nach im Durchschnitt 895 Hektoliter während der 70—80 regenfreien
Sommertage auf ein Hektar geerntet werden. Diese Menge hält
Rein, Japan. II. 24
[370]II. Montanindustrie.
mit der auf Salzanlagen der Mittelmeerküste von gleichem Areal keinen
Vergleich aus. Es kommt aber hier vor allen Dingen auch in Be-
tracht, dass das Klima an letzterer mit seiner trocknen Luft und seinen
regenlosen Sommern ungleich günstiger ist und desshalb die Salzge-
winnung in ganz anderer Weise betrieben werden kann, als in dem
östlichen Monsungebiete mit seinem vielen Sommerregen.
Alaun, jap. Miô-ban (Miyô-ban) ist in Japan seit mindestens
1200 Jahren bekannt und wird wie bei uns vornehmlich als Mordant
in der Färberei benutzt. Er findet sich häufig fertig gebildet in einem
weissen, erdigen Zersetzungsproduct vulkanischer Gesteine, entstanden
durch die Einwirkung von Solfataren auf dieselben. Man gewinnt ihn
durch Auslaugen dieses Ji-nen-han oder natürlichen Alauns und
Auskrystallisierung aus der Lösung. Dieser Ji-nen-han wird meist als
Ban-seki oder Han-seki, Alaunstein, bezeichnet, ist aber damit
nicht zu verwechseln. Schönen Alaun sah ich im Frühjahr 1875 auf
einer Ausstellung zu Funai, der Hauptstadt der Provinz Bungo,
welche auch sonst als Hauptlieferant dieses Artikels angesehen wird.
Auch Shinano, Kotsuke und Hida werden ihres Alauns wegen genannt.
Porzellanstein, Kaolin, Töpferthone. Der ausgedehnten
und in einigen Branchen hochentwickelten Thonwaaren-Industrie Ja-
pans dienen eine Menge verschiedenartiger Zersetzungsproducte feld-
spathhaltiger Gesteine, welche der Japaner je nach ihrer Beschaffenheit
als Ishi, Steine, und Tsuchi, Erden, bezeichnet, indem er diesen
Gattungsbegriffen gewöhnlich den Namen des Fundorts vorsetzt. Wir
können diese Materialien der keramischen Industrie, je nach den
Agentien, welche die Zersetzung des feldspathreichen Muttergesteins be-
wirkten, in zwei Gruppen gliedern, nämlich:
1) Porzellansteine, eigenartige, kieselsäurereiche und in Stöcken
auftretende Zersetzungsproducte von Trachyten, Felsitporphyren und
andern vulkanischen Gesteinen, deren Zersetzung höchst wahrscheinlich
durch den Einfluss des Schwefelwasserstoffs und Wasserdampfes der
Solfataren bewirkt wurde. Hieher gehören die werthvollsten Materia-
lien der japanischen Porzellan-Industrie, wie der Arita-ishi in Hizen,
der Amakusa-ishi auf der Insel Amakusa, der Kutani-ishi und
Nabetani-ishi in Kaga und andere mehr.
Die Solfatare (jap. Jigoku, Hölle) zerstört nicht blos die Vege-
tation in ihrer Umgebung, sondern auch das Gestein. Sie bleicht tra-
chytische und doleritische Laven und ruft in ihnen eine totale Um-
wandlung hervor, durch welche unter Anderm die Kieselsäure oft als
Sinter wieder ausgeschieden wird und dann als Bindemittel der neuen
Masse erscheint, wie dies namentlich der Amakusa-ishi deutlich zeigt.
[371]Porzellanstein, Kaolin, Töpferthone.
Eine ähnliche Zersetzung durch Solfataren beobachtete Pumpelli bei
Yu-nonai, den Solfataren des Iwanai auf Yezo, worüber er Fol-
gendes bemerkt: »Hier stehen die heissen Quellen in engem Zusam-
menhang mit dem schneeweissen Quarzitporphyr. Dieser Fels ist mit
Schwefelkies imprägniert, der an manchen Stellen nur durch kubische
Hohlräume angedeutet wird, welche Schwefel enthalten.«*) Die ge-
bleichten Liparite der Liparischen Inseln, sowie die grauweissen
Rhyolithe Ungarns sind vielleicht ebenfalls durch den Einfluss von
Solfataren verändert worden, wenigstens erinnern sie lebhaft an die
Arita- und Amakusa-Steine, über deren Vorkommen, chemische Zu-
sammensetzung und Verwendung noch Weiteres in dem Abschnitt über
Keramik folgt.
2) Verwitterungsproducte gewöhnlicher Art des Feldspaths und
verwandter Mineralien, sowie thonerdereicher Gesteine. Hierher ge-
hören in erster Linie der Kaolin, sodann die plastischen Thone
in ihren verschiedenen Abstufungen bis zum gewöhnlichen Lehm.
Die Hauptfundstätten der Porzellansteine und Kaoline, die Grund-
lagen der edleren Töpferei, sind auf dem Kärtchen neben den Pro-
ducten der eigentlichen Montanindustrie angegeben und sollen bei der
Keramik noch weiter besprochen werden.
Porzellanstein und Kaolin werden durch Tagebau gewonnen, ge-
hören desshalb nicht mehr der Montanindustrie im eigentlichen Sinne
an, sondern zu den Gioko-seki-rui, der Gruppe der Steine,
welche man im Steinbruch, jap. Ishi-yama (Steinberg) oder Ishio
wo hori-dasu tokoro (d. h. Ort, wo man Steine aushaut) ge-
winnt. Dass die eigentlichen Hausteine, wie Steine überhaupt, in
der Baukunst bislang nur eine untergeordnete Verwendung fanden
(z. B. zu Cyclopenmauern alter Burgen, Treppen, welche zu hoch ge-
legenen Tempeln führten, Steinlaternen, Denksteinen, Stegen, Platten
für die Wege in Tempelhöfen und Gärten, Kochherden, Waschbecken,
Reiströgen), ist im ersten Bande dieses Werkes bereits hervorgehoben
worden. Den erwähnten Zwecken dienten fast ausnahmslos Granit, so
namentlich der Mikage-ishi aus Settsu und der Teshima-ishi aus
Bizen, trachytische und doleritische Lava, sowie ältere Schiefer. Der
gewöhnliche Kalkstein wird gebrannt, sein Pulver (Ishi-bai d. h.
Steinasche) viel als Dünger, selten zu Bauzwecken verwendet. Mar-
mor, von den Japanern Rô-seki und Sarasa-ishi genannt, findet
sich an verschiedenen Stellen des Landes, so in Bizen, Mino und
Hitachi. Einzelne Sculpturen, welche man in und bei Tempeln trifft,
24*
[372]II. Montanindustrie.
aus dem weissen Marmor der letztgenannten Provinz — derselbe wird
nahe der Küste im Norden der Hauptstadt Mito gebrochen — bewei-
sen, dass er sich für Bildhauerzwecke vortrefflich eignet. Aus dem
bunten Marmor (Fusulinenkalk) von Akasaka in Mino werden man-
cherlei kleine Gegenstände geschliffen, darunter auch Tuschschalen.
Platten von älteren Schiefern, Seki-ban oder Date-ishi, wer-
den zum Belegen der Pfade in Gärten und Höfen, grössere hier und
da auch zum Ueberbrücken schmaler Bäche und Bewässerungsgräben
gebraucht. Eine ganz vortreffliche Verwendung findet ein graublauer
Schiefer, der nach Härte, Farbe und Strich an unsere Griffelschiefer
erinnert, zur Darstellung von Tuschschalen. Besonders bekannt ist
und gerühmt wird in dieser Beziehung der Amabata-ishi aus der
Provinz Kai, dessen Gewinnung und Verarbeitung zu den besten Tusch-
reibschalen, die ich kenne, in Folge des grossen Bedarfs, schon seit
lange viele Hände beschäftigt. Die Art des Schleifens ist ähnlich der-
jenigen des Bergkrystalls, jap. Suishô, Achats (Meno-seki) und
verwandter Halbedelsteine. Der berühmteste Fundort der Bergkrystalle
ist der Kimpu-zan in Kai, woselbst auch die schönen Zwillinge in
einzelnen unserer Sammlungen gefunden wurden; Achat, Carneol und
Chalcedon kommen in Echiu und Idzumo vor, werden dort auch ge-
schliffen. Zum Schleifen aller dieser harten Steine dient Granat-
sand oder Kongô-sha, d. h. Sand vom Kongô-san, einem lang-
gestreckten Bergrücken in Kawachi zur Rechten des Yoshino-gawa.
Im übrigen gehört dieses Steinschleifen zum Kunstgewerbe und soll
desshalb im nächsten Abschnitt näher erörtert werden.
[[373]]
III.
Kunstgewerbe und verwandte Industriezweige.
Cic. Tusc. I. 18, 41.’
1. Das japanische Kunstgewerbe im Allgemeinen.
Neubelebung des europäischen Kunstgewerbes. Wachsendes Interesse für die Er-
zeugnisse des chinesischen und japanischen. China Lehrmeister und Vorbild
Japans. Charakteristische Züge des japanischen Kunsthandwerks und seiner Pro-
ducte. Förderungsmittel und Blüthezeit desselben. Sein Einfluss auf dasjenige
des christlichen Abendlandes.
Eine der hervorragendsten und nachhaltigsten Wirkungen, welche
man den grossen internationalen Kunst- und Gewerbe-Ausstellungen
der letzten drei Jahrzehnte nachrühmen kann, ist unstreitig ihr Ein-
fluss auf die Neubelebung des Interesses für das Kunstgewerbe. Wie
die erste Idee zu jenen grossen Weltausstellungen von England aus-
ging, so haben sich auch Sinn und Verständniss für die hohen Auf-
gaben der Kunstindustrie von dort aus über die christlichen Cultur-
staaten des Abendlandes rasch verbreitet. In Schulen und Museen,
durch Wort und Bild suchte man seitdem das vielfach gesunkene und
entartete Kunsthandwerk wieder neu zu beleben, das Gefühl für das
wahrhaft Schöne seiner Erzeugnisse in der Industrie zu wecken oder,
wie man sich auch ausdrückt, den Geschmack zu veredeln und da-
durch Gewerbe und Industrie zu fördern.
Vor allem galt es Ebenmaass und Harmonie zu schaffen und zu
pflegen, zwei, wie für jede Kunst, so auch für das Kunstgewerbe sehr
wichtige und weitragende Begriffe, die alles umfassen, was Gestalt
und Ausschmückung bieten müssen, um unserm idealen Schönheits-
begriff zu entsprechen, den Platon so hoch stellt, dass er ihm gött-
lichen Ursprung beimisst.
[374]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Diese ernsten und eifrigen Bestrebungen, auch in unserm engeren
Vaterlande das Kunstgewerbe durch Sammlungen und Unterricht zu
heben und damit die nationale Arbeit und Wohlfahrt zu fördern, zeigte
sich erst, als bereits mehrere der Nachbarländer mit gutem und erfolg-
reichem Beispiel vorangegangen waren. Wir holten in Deutschland
das Versäumte jedoch bald nach und sehen bereits jetzt die Früchte
der grösseren Energie, welche unsere Regierungen im Verein mit
vielen Interessierten an den Tag legten. Man beachte nur, was bei-
spielsweise in der Textilindustrie und insbesondere in der Stickerei
geleistet wird, oder man vergleiche die stilvollen Formen und Ver-
zierungen, welche die heutigen Erzeugnisse unserer Gold- und Silber-
schmiede auszeichnen, mit den vielen plumpen und geschmacklosen
der vorausgegangenen Periode.
Schlechte Modelle, häufig vorgeführt und nachgemacht, verderben
den Geschmack ebensogut, wie in moralischem Sinne böse Beispiele
gute Sitten. Mustergiltige Formen und Verzierungen sind daher vor
allem auch im Kunstgewerbe nöthig, um den Geschmack zu läutern
und den geläuterten weiter zu bilden. Man griff, um sie zu gewinnen,
auf die Leistungen des Kunstgewerbes im Mittelalter zurück und
weiter auf die Antike; man suchte und fand sie aber auch im fernen
Orient, bei Arabern, Persern und Indiern, und selbst über die Grenzen
der arischen Länder hinaus, bei den mongolischen Völkern des chine-
sischen Culturkreises, vornehmlich den Chinesen und Japanern. Die
mannichfaltigen Erzeugnisse des japanischen Kunstgewerbes insbeson-
dere, welche fast mit jedem Schiff nach Europa und Nordamerika kom-
men und bis in die kleinsten Binnenstädte gelangen, haben auf Ge-
schmack und Richtung in verschiedenen Zweigen der westeuropäischen
Kunstindustrie einen bedeutenden Einfluss geübt, der sich auf den
Kunstgewerbe-Ausstellungen der letzten 16 Jahre, namentlich auf der
grossen Pariser Ausstellung von 1878 in überraschender Weise zeigte.
Viel ist darüber, sowie über Geschichte und Eigenart des japanischen
Kunstgewerbes schon geschrieben worden, so dass es fast überflüssig
erscheinen könnte, wenn ich es noch versuche, in den nachfolgenden
Abhandlungen den Gegenstand ausführlich und nach einer vielleicht
etwas abweichenden Methode zu erörtern. Hierzu bestimmt mich je-
doch sowohl die Pflicht, als auch das Bewusstsein, dass ich mehr An-
lass und Gelegenheit hatte, mich mit dem Studium des japanischen
Kunsthandwerks vielseitig zu befassen, als dies bei den meisten bis-
herigen Beurteilern der Fall war.
Die Architectur, bei den arischen Völkern die vornehmste und
einflussreichste Stütze des Kunstgewerbes, hat sich im chinesischen
[375]1. Das japanische Kunstgewerbe im Allgemeinen.
Culturkreise keineswegs zu einer so hohen Bedeutung entwickelt. Alle
ihre Schöpfungen sind vergängliche Holzbauten und machen nur aus-
nahmsweise einen monumentalen Eindruck. Die vornehmsten der-
selben, buddhistische Tempel, zeigen unter einem unverhältnissmässig
schweren Dache eine gedrungene und gedrückte Gestalt und vielfache
Holzverzierungen, die wohl Ausdruck einer reichen Phantasie, selten
aber — mit Ausnahme vieler Schnitzereien — Zeichen eines beson-
ders entwickelten künstlerischen Geschmackes sind.
Die Kunstindustrie dieser ostasiatischen Völker hat ihren Schwer-
punkt in den mancherlei kleinen Erzeugnissen, welche sie aus plasti-
schem Thon, Metall, Holz und Elfenbein darstellen und zum Theil mit
Lack- und Schmelzfarben, zum Theil durch Gravierung, Ciselierung und
Tauschierung und eine höchst geschmackvolle Verwendung der Curven
und mehr noch der graden und gebrochenen Linien reich verzieren,
sowie in der Textilindustrie vom einfachen Flechtwerk bis zum com-
plicierten Gewebe aus Seide oder Baumwolle. Wie in China, so sind
auch in Japan Lackierkunst, feinere Keramik, Email-, Ciselier- und
Tauschierarbeiten und in letzterer Beziehung vor allem die Bronze-
Industrie und Waffenschmiedekunst, aber auch die Holz-, Elfenbein-,
Knochen- und Steinschneiderei, sowie Weberei und Färberei die Ge-
werbszweige, in welchen sich Kunstsinn und Kunstfertigkeit der Be-
wohner am meisten zeigen.
China ist die ursprüngliche Heimat dieser Industriezweige. Von
ihm erhielt sie Japan mit den meisten seiner eigenthümlichen Formen
und Decorationen. Mit dem Buddhismus als Hauptträger der eigen-
artigen Cultur Ostasiens, welche China, Korea, Japan und Theile
Hinterindiens umfasst, gelangten meist über Korea, als vermittelndem
Gliede, nach Japan: chinesische Staatseinrichtung und Rechtspflege,
chinesische Schrift und Literatur, chinesische Ethik und Heilkunde,
chinesische Künste und Gewerbe mit all ihren Eigenheiten in der An-
wendung der Mittel und der Geschmacksrichtung.
Auf allen diesen Gebieten hat Japan viele Jahrhunderte China als
mustergiltiges Vorbild betrachtet, grossen Nachahmungstrieb und Ge-
schick in der Anwendung, dagegen wenig selbständige schöpferische
Kraft entwickelt. Die unbestreitbare Thatsache, dass es in den meisten
angeführten Zweigen des Kunsthandwerks seine alten Lehrmeister
jetzt weit übertrifft, ist eben dieser Nachahmungsgabe und Neigung,
das Gesehene sich anzueignen und nutzbar zu machen, sodann und vor
allem seinem entwickelten Natur- und Schönheitssinn zuzuschreiben.
Die bisher bekannt gewordenen, vornehmlich durch Ausgrabungen
erhaltenen Reste japanischer Industrieerzeugnisse aus der Zeit vor
[376]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
jenem Eindringen des chinesischen Einflusses zeigen uns, dass das
Land damals noch auf einer sehr niedrigen Stufe der Kunstfertigkeit
und Geschmacksentwickelung stand. In den Formen und Decorationen
der keramischen Funde finden wir eine grosse Verwandtschaft mit der
ersten Culturphase vieler andern und theilweise weit voneinander woh-
nenden Völker. Die Formen sind plump, der Kugelgestalt sich nähernd,
die Decorationen einfach. Wie alle jungen Culturvölker, so benutzten
auch die älteren Bewohner Japans vor Berührung mit Chinesen und
Koreanern in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung als Mo-
tive zur Verzierung neben einfachen Linien und Punkten keine Pflan-
zen-, sondern Thiermodelle.
In Europa liess vom Mittelalter ab die sogenannte freie akade-
mische Kunst, d. i. die Malerei und Bildhauerei, das Kunstgewerbe
im Stich, ging ihre eigenen Wege und eilte demselben weit voraus. In
Ostasien ist das anders. Hier ist umgekehrt die freie Kunst hinter
der Kunst im Gewerbe zurückgeblieben und hat sich sehr einseitig
entwickelt. Insbesondere ist der Ostasiate in der malerischen Dar-
stellung des menschlichen Körpers seit Jahrhunderten in conventionel-
len Formen befangen. Er malt nach alter Art traditionelle Typen, so
wenig sie auch der Natur entsprechen mögen.
Ein nüchterner Naturalismus einerseits und freies Spiel einer leb-
haften Phantasie anderseits beherrschen das Kunstgewerbe Ostasiens.
Aber nirgends haben diese Züge eine solche Ausbildung gefunden,
wie in Japan. Neben einem hochentwickelten Sinn und Verständniss
für das Schöne in der Natur und Kunst finden wir die darum um so
auffallendere Neigung zum Grotesken und Unsymmetrischen, neben
überraschender und fesselnder Naturtreue der Entwürfe und Ausfüh-
rungen eine stark entwickelte Phantasie und Hinneigung zur Un-
regelmässigkeit und zu humoristischen Darstellungen, neben hoher tech-
nischer Vollendung vielfach Mangel an Perspective und Ebenmaass.
Das häufige Abspringen von der Linie und Symmetrie in der Deco-
ration verletzt unser Auge und Gefühl etwa so, wie in einzelnen
Stücken der Wagner’schen Musik, z. B. im Siegfried, die vielen Dis-
sonanzen, welche auf eine Reihe harmonischer Accorde folgen, das
Ohr vieler Musikfreunde beleidigen.
Das Gefallen der Japaner am Bizarren, Unsymmetrischen und in
unsern Augen Unschönen zeigt sich nicht blos im Kunstgewerbe, son-
dern z. B. auch in der Gärtnerei, in der Art, wie sie ihre Blumen
stecken, und insbesondere ihren Lieblingsbaum, die Kiefer oder Matsu
(Pinus Massoniana und P. densiflora), häufig in Gärten ziehen. Das
Auge des Japaners erfreut sich an ihren Krüppelgestalten, an einzel-
[377]1. Das japanische Kunstgewerbe im Allgemeinen.
nen unnatürlich und unverhältnissmässig lang horizontal gezogenen
Aesten. Exemplare, die in dieser Beziehung besonders monströs sind,
wie z. B. die alte Kiefer von Karasaki am Biwasee, zählen zu den
grossen Sehenswürdigkeiten des Landes und werden von weither
besucht.
Wie die Architectur, so zeigen auch viele kunstgewerbliche Er-
zeugnisse für sich, dass die constructive Kunst in Japan viel weniger
entwickelt ist, als die decorative. »Die edle, stille Grösse der grie-
chischen Meisterwerke« (Winkelmann), auch z. B. in der Keramik,
suchen wir unter den meisten Producten des japanischen Kunstgewer-
bes vergeblich. Wie die Tempel und Daimiôburgen, welche sie früher
vornehmlich bargen, so sind auch viele ihrer Formen schwerfällig und
gedrückt. Daneben gibt es allerdings manche, die an Leichtigkeit
und Gefälligkeit der Gestalt allen Anforderungen eines geläuterten
Geschmackes entsprechen. Doch liegt ihr Hauptvorzug unstreitig in
der Decoration. Die Compositionen zeigen eine bewältigende Wahr-
heit und Kraft und entzücken durch diese lebensvolle Naturtreue, das
oft meisterhaft angebrachte Colorit und die hohe technische Vollen-
dung der Ausschmückung.
Die meisten der schlank aufstrebenden, wohlproportionierten For-
men der arischen Völker fehlen oder sind bis zur Unkenntlichkeit
verändert worden. So vermissen wir in der Keramik und Metall-
industrie die schönen Vasen- und Kannenformen Amphora, Hydria,
Lekythos und Oinochoë, wogegen Krater und Kantharos in mancherlei
Modificationen, namentlich bei Bronzevasen, vorkommen, weil sie sich
für die Auseinanderbreitung hineingesteckter blühender Zweige be-
sonders eignen. Die schöne Form des indischen Sarai, welche man
in der Neuzeit auch bei uns zu Wasser- und Weinflaschen aus Kry-
stallglas viel verwendet, hat in China und Japan bei ihren Nachbil-
dungen in Porzellan und Bronze viele Veränderungen erfahren. Die
der Kugelform sich nähernde Erweiterung an der Basis ist meist ge-
blieben; aber an Stelle des engen, schlanken Halses ist ein weniger ge-
fälliger, weiterer getreten, der oft noch oben mit flügelartigen Anhängseln
oder wirklichen Griffen versehen wird. Die Form der griechischen
Weinkanne dagegen hat sich nie einzubürgern vermocht, so oft sie auch
mit Geschenken der Portugiesen und Holländer in’s Land gekommen ist.
Vom Bambusrohr abgeleitete cylindrische Vasenformen, sowie poly-
gonal-prismatische, scheinen dem chinesisch-japanischen Kunstgewerbe
eigen zu sein. Keine ethnographische Sammlung Europas weist sie
sonst auf. Bei den Römern waren wohl prismatische Glasflaschen mit
quadratischer, hexagonaler oder octagonaler Basis, nach oben rasch
[378]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
zum kurzen weiten cylindrischen Halse übergehend, in Gebrauch —,
die quadratisch-prismatischen, um bei der Feuerbestattung die Knochen-
und Aschenreste aufzunehmen —; aber in der Keramik des Alterthums
hat man solche Formen, wie es scheint, nie nachgebildet. Was sich
davon im indischen und persischen Kunstgewerbe findet, ist ebenfalls
höchst wahrscheinlich chinesischen Ursprungs.
Im Kunstgewerbe der arischen Völker: der Indier, Perser, Araber,
Griechen, Römer, sowie des christlichen Abendlandes erscheinen Sym-
metrie und Proportionalität, oder sagen wir kurz Ebenmaass, als
Grundbedingung des Ideal-Schönen; sie bilden den herrschenden Zug
der wirklichen Kunstleistungen aller dieser Nationen. In ihren Mustern
herrscht Stil, d. h. sie zeigen in Decoration und Form ein ideales
Gepräge, das oft von dem der Naturgegenstände, welchen es ursprüng-
lich entstammen mag, weit abweicht. Namentlich gilt dies von den
Verzierungen, welche der arische Künstler in der Regel aus seiner
Idee componirt, und meist, ohne je zur Natur länger in die Lehre
gegangen zu sein. Der Gegensatz hierzu in der herrschenden Deco-
rationsweise der Japaner und Chinesen ist gross, vor allem zu dem
Stile in der Decoration der Indier, Perser und Araber. Die Motive
dieser morgenländischen Gruppe der Arier sind nur ausnahmsweise
der Natur entnommen und dann meist bis zur Unkenntlichkeit stilisiert.
Die gerade Linie spielt im Ornament derselben eine untergeordnete
Rolle; Curven und Schnörkel mancherlei Art und verschiedenartig mit
einander verbunden und verschlungen, doch stets symmetrisch geord-
net, zeichnen dasselbe aus. Gerade in dieser harmonischen Anordnung
liegt ihr Hauptreiz, der Reiz der stilisierten Ornamentik überhaupt.
Beim japanischen Kunstgewerbe fehlt diese Verzierungsweise keines-
wegs, sie tritt aber stark in den Hintergrund gegenüber der realisti-
schen Seite. Sie führt den Namen Kara-kusa, d. h. Chinakraut.
In der lebensvollen, getreuen Nachbildung gegebener Naturgegen-
stände, insbesondere von Pflanzen, Vögeln, Insecten und Meeresthieren,
sowie verschiedener Vierfüssler, wie Affen, Hasen, Ratten, in der
Darstellung von Wolken, Fels- und Wasserpartieen hat der Japaner
eine grosse Fertigkeit und leistet vorzügliches. Scharf und bestimmt,
dem Muster entsprechend, erscheint die Zeichnung in Ausdruck und
Bewegung und fesselt dadurch, wie nicht minder durch die Leichtig-
keit und Zartheit der vollendeten Ausführung den Beschauer. Hierin
liegt der Hauptreiz der kunstgewerblichen Erzeugnisse Japans. In
der allgemeinen Flächendecoration treten Arabesken und andere ideale
Curvenornamente gegenüber den geradlinigen Verzierungselementen
entschieden zurück. Mäander, wozu auch das Gammadion und Henkel-
[379]1. Das japanische Kunstgewerbe im Allgemeinen.
kreuz (chin. Man-tse, jap. Man-ji) zu rechnen sind, und geometrische
Figuren, von denen man erstere bei den Gegenständen des indischen
und persisch-arabischen Kunstgewerbes vergeblich sucht, letztere nur
ausnahmsweise findet, spielen hier eine grosse Rolle.
Kein symbolisches Zeichen war im Alterthum so verbreitet, als
das Henkelkreuz. Es findet sich auf scandinavischen, celtischen und
gallischen Münzen und Schmuckgegenständen, wie auf etruskischen
Amphoren aus Terracotta, auf altägyptischen Monumenten, wo es die
Unsterblichkeit, ein Attribut des Osiris und Horus bedeutet*), wie als
Decorationsmotiv auf vielen Gebilden der griechischen Kunst. In
Indien und Ostasien ist es Symbol der Weisheit und tausendfachen
Tugenden Buddhas, ein Zeichen, welches Büsten und Statuen dieses
Heiligen nicht selten auf der Brust tragen, namentlich in Hinterindien,
wie es auch bei zwei vergoldeten Buddhas der französisch-indischen Co-
lonialausstellung zu Antwerpen im vorigen Jahre zu sehen war. Indess
unterscheidet sich das Henkelkreuz der Völker des Occidents, einschliess-
lich Aegyptens, durch die secundären Häkchen der Fahnen oder Haken
von dem des buddhistischen Orients. Auch haben die Fahnen des
letzteren oft die entgegengesetzte Richtung, wie nachstehende Skizzen
zeigen.
Die Japaner nennen das Henkelkreuz Man-ji, die Chinesen
Man-tse, wobei das Wort man »zehntausend« bedeutet. Durch eine
andere Anordnung der vier Gamma des Henkelkreuzes entsteht das
Gammadion, welches neben jenem nicht blos die alten Griechen
viel anwandten, sondern auch im Kunstgewerbe Ostasiens als Deco-
rationsmotiv zur Flächenverzierung viel im Gebrauch ist. So zeigt
uns z. B. das Lichtdruckbild der tauschierten Eisenvase (siehe Metall-
industrie) die Verbindung des Man-ji mit dem Gammadion zu beiden
Seiten der Rebenverzierung.
Das Nichtvorkommen der Mäander (welche in der griechischen
und christlichen Kunst als Ornament eine so grosse Rolle spielen) bei
den arischen Orientalen, ihre häufige Anwendung wieder im chinesisch-
japanischen Kunstgewerbe, ist gewiss auffällig, wiewohl es bisher, so
[380]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
viel ich weiss, noch nirgends hervorgehoben wurde. Ist diese schöne
Verzierungsweise bei Griechen und Chinesen spontan oder hat sie das
eine dieser Völker dem andern entlehnt? Oder geht ihr Ursprung auf
ein anderes Volk, auf Assyrer und Chaldäer zurück? Solche und
ähnliche Fragen liegen nahe; ihre Beantwortung ist nicht so leicht,
wie sie auf den ersten Blick scheinen mag. Für die spontane Ent-
stehung und Anwendung spricht nicht blos die oben erwähnte Tren-
nungszone des arabisch-persisch-indischen Gebiets, ohne das Mäander-
ornament, sondern auch der Umstand, dass letzteres sich wiederfindet
auf den Baumwollgeweben aus den alten Gräbern Perus; doch ist es
hier weniger ausgebildet.
Wie bei uns, so wendet auch das Kunstgewerbe Ostasiens den
Mäander gewöhnlich als Borde oder Randverzierung an. Diesem Zwecke
dient auch oft die ornamentale Abbildung der Rebe und anderer de-
corativer Rankengewächse.
Noch lassen die meisten Formen und Decorationsmotive der ja-
panischen Kunsterzeugnisse den chinesischen Ursprung erkennen. Päo-
nie und Chrysanthemum, Iris und Lotusblume, das schlanke graciöse
Bambusrohr und krüppelhafte, bizarre Kiefern, blattlose blühende
Zweige der Mumepflaume und der Magnolie, beblätterte der Kerrien
und wilden Kirschbäume, die schlingende Glycine mit ihren hängenden
bläulichen Blüthentrauben und die rothbeerige, immergrüne Nandine,
sodann von den sogenannten sieben Herbstkräutern insbesondere die
zierlichen Eulalia, Lespedeza und Patrina, sowie Hibiscus mutabilis,
ferner Iris, Binse und Pfeilkraut, Fels- und Wasserpartieen im Garten
mit Fischen und Schildkröten, Kraniche, Reiher, Fasanen, die japa-
nische Nachtigall (Unguisu) und andere Sänger, Insecten im Fluge
und in der Ruhe, dann die Thiere des chinesischen Zodiacus*) und
einige andere, mit denen man durch den Buddhismus und chinesischen
Sagenkreis bekannt wurde, wie Elephant und Pfau. Dies sind die
Naturobjecte, welche der Japaner gleich dem Chinesen mit Vorliebe
abbildet. Ihnen schliessen sich an die Shi-rei oder vier Glücks-
thiere, vier Fabelthiere, nämlich der Hôwô oder Phönix, Riyô (Tatsu)
oder Drache, Kirin oder das Einhorn und Ki (Kame) oder die Schild-
kröte.**) Der Drache ist bekanntlich das japanische Wappenthier.
[381]1. Das japanische Kunstgewerbe im Allgemeinen.
Schlangenartig gekrümmt, reich beschuppt, mit möglichst grässlichem
Ausdruck des Kopfes, eine verzerrte Thiergestalt, findet man es häufig
nicht blos auf dem kaiserlichen Wappen und Münzen, sondern vor
allen Dingen in Bronze nachgebildet, in Holz geschnitzt und in We-
bereien. Es ist das Sinnbild der Wachsamkeit und Stärke. Häufiger
als das Einhorn und als Vertreter findet man unter dem Namen Kirin
ein Thier mit Kopf und Brust des Drachen, den Sitz des Hundes oder
einer Katze, den Schweif des Löwen. Auf Deckelvasen (Urnen) und
Räuchergefässen bildet dasselbe oft den Deckelknopf und ist dafür min-
destens ebenso beliebt, wie die Lotusknospe. Der Hôwô wird selten
in Relief dargestellt; um so häufiger in Geweben. Sehr beliebt ist
die Schildkröte, insbesondere die Mino-game (Mantelschildkröte), d. i.
eine Schildkröte mit Confervenanhängseln. Sie ist das Symbol des
friedlichen Greisenalters, einer der sieben Glückseligkeiten des mensch-
lichen Lebens.
Eine andere Gruppe von Decorationsmotiven, die man besonders
häufig als Reliefverzierung auf Bronze anwendet, ist der Mythologie,
sowie der alten japanischen Sagen- und Heldengeschichte entnommen,
welche einen reichen und mannichfaltigen Stoff liefert. Hierher ge-
hört u. A. die Darstellung der Shichi Fuku-jin oder sieben Glücksgötter.
Bei den der Natur entlehnten Motiven ist eine gewisse Verknü-
pfung zwar nicht steife Regel, aber doch herkömmlich. Zu den be-
liebtesten Zusammenstellungen gehören folgende: Bambusrohr und
Tiger, Mumepflaume und Nachtigall (Unguisu), Sonnenaufgang, Kiefer
und Kranich, Löwe und Päonie, Hirsch und Ahorn, Kranich und
Schildkröte (Symbol des Glücks und langen Lebens), Kiefer, Bambus-
rohr und Mume, Schilf und Silberreiher, Bambusrohr und Schwalbe,
Regen und Schwalbe, Lotusblume und Silberreiher. Auch das Heim-
wärtsziehen oder Niederfliegen der wilden Gänse, das Erwachen der
Natur im Lenze, später Schneefall und andere Erscheinungen geben
beliebte Decorationsmotive ab (vgl. Taf. VII.).
Die Darstellung dieser und mancher andern Objecte durch den
**)
[382]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Chinesen ist häufig plump und wenig naturgetreu. Namentlich treibt
bei den Baumformen eine wilde Phantasie ihr verwegenes Spiel und
stellt z. B. Blätter und Blüthen zusammen, die in der Natur grund-
verschiedenen Gewächsen angehören oder gar nicht vorkommen. Auch
sind bei den chinesischen Producten schreiende Farben und geschmack-
lose Verbindungen derselben, namentlich bei der gewöhnlichen Markt-
waare, häufig zu sehen. So befand sich zum Beispiel auf der grossen
Pariser Industrie-Ausstellung von 1878 ein chinesischer Wandschirm
mit einem Gemälde auf Seide, das unter Anderm eine blaublühende
Winde zeigte, die sich um den blühenden Ast eines Granatbaumes
schlang, auf dem ein Phantasievogel mit gelber Brust sass, während
auf dem Felsstück am Fusse ein Hahn stand, dem eine Wasserjungfer
zuflog. Derartige Zusammenstellungen wählt gewiss kein japanischer
Künstler, weil sie unnatürlich sind und sein Farbensinn sie ihm ver-
bietet. An Grösse und handelspolitischer Bedeutung behauptet zwar
China unter den Ländern Ostasiens immer noch seinen hervorragenden
Rang, aber im Verhalten gegen die christlichen Culturvölker, in seinen
Staatseinrichtungen und seinem Einfluss auf unser Kunstgewerbe hat
Japan ihm den Rang abgelaufen.
War der Japaner in früheren Jahrhunderten ein blinder Bewun-
derer und Nachahmer seines westlichen Nachbars und Lehrmeisters,
so hat er das längst aufgegeben. In der herrlichen Natur seines Lan-
des fand er die meisten Decorationsmotive wieder, die ihm von Westen
her im Bilde nur plump und entstellt vorgeführt wurden. Viele der-
selben, namentlich aber die seinen Bergen fehlenden, verpflanzte er
in seine Gärtchen und Tempelhaine. Was er hier so oft und mit so viel
Wohlgefallen beschaut und bewundert, die mancherlei Erzeugnisse der
Natur seines Landes, sind seine Motive. Dieser Natur sich zu erfreuen,
still zu ihren Füssen sitzend sie in ihrem Leben und Treiben zu be-
lauschen und das leichte und gefällige Bild warm und treu, wie es
empfunden und aufgenommen wurde, mit geübter, sicherer Hand wie-
derzugeben: dies ist das Geheimniss, das sich allmählich zur Grund-
lage der japanischen Kunst im Gewerbe ausbildete.
Die Bilder, mit denen der Japaner seine Vasen und Präsentier-
teller, seine spanischen Wände und kostbaren Seidenstoffe mit Vorliebe
schmückt, sind demnach der Ausdruck eines geläuterten Geschmacks,
einer geübten Naturbeobachtung und eines liebevollen Erfassens all
der Schönheiten, welche Berg und Thal, Feld und Hain in ihren man-
nichfaltigen Formen und Lebenserscheinungen ihm bieten.
»Natura artis magistra«. Dieser Wahlspruch der Zoologischen
Gesellschaft in Amsterdam passt desshalb auf kein Volk besser, als
[383]1. Das japanische Kunstgewerbe im Allgemeinen.
auf die Japaner. Nirgends steht er auf ihren kunstgewerblichen
Erzeugnissen geschrieben, aber das Auge des Kunstverständigen er-
kennt ihn und seine volle Wahrheit bei den meisten derselben. Es
bewundert die Freiheit der Behandlung, die packende Gewalt des
Ausdrucks, welche der japanische Künstler insbesondere in der Dar-
stellung der Vögel und Insecten, sowie mancher seiner Lieblings-
blumen, mit grosser Naturtreue zu verbinden weiss.
Wer wird leugnen wollen, dass dies der wahre, der vollberech-
tigte Naturalismus ist? Der Natur entnimmt der Künstler seine Mo-
tive; das schönste, was sie bietet, sucht er mit Hingabe und treu nach-
zubilden, unentweiht und unverfälscht durch Zuthaten seiner eigenen
Phantasie oder eines schmutzigen cynischen Sinnes. Nicht als ob
letzterer der japanischen Künstlerwelt durchaus fehlte. Er hat sich
früher sogar recht breit gemacht, ist aber zurückgedrängt worden
durch das bessere Urteil und Zusammenwirken von Fremden und
höher gestellten Einheimischen.
Diejenige Richtung unserer realistischen Kunst, welche ein be-
sonderes Gefallen an der Darstellung von Schauerscenen mancherlei
Art hat, von Scenen, wo Blut und Leichengeruch wahrzunehmen sind,
wie beispielsweise der talentvolle Brüsseler Maler Wiertz, oder wie
sie der berühmte Benvenuto Cellini sich zum Vorwurf nahm, als er
die bekannte Bronzestatue in der Loggia zu Florenz modellierte und
goss, hat in Japan nie Beifall gefunden, und es ist als eine bessere
Bildung unseres Geschmacks zu bezeichnen, wenn die Darstellung
dieser Bronzearbeit: Perseus auf dem Körper der Medusa stehend, das
abgeschlagene, bluttriefende Haupt derselben in der einen Hand, das
Schwert wie triumphierend über die Henkerarbeit in der andern füh-
rend, jetzt allgemein als ein haarsträubendes verwerfliches Motiv an-
gesehen wird. Aber auch die Vorliebe mancher Künstler für Motive
aus dem alltäglichen, gemeinen Leben, soweit sie sittlich verwerfliche
oder unästhetische Handlungen betreffen, kann vor einer strengen Kritik
nicht bestehen und ist jedenfalls keine »schöne Kunst«. In jeder Kunst
hat die Realistik eben ihre Berechtigung und ihre Schranken; letztere
lassen sich nicht in eine kurze Regel fassen, sondern werden durch
eine sittliche Macht bestimmt, die auch das Schönheitsgefühl beherrscht
und leitet.
Die Frage, ob die Kunst moralisch sein müsse, ja ob sie es immer
sein könne, ist eine sehr alte und beschäftigte schon die griechischen
Philosophen. Jeder beantwortet sie nach Geschmack und eigener Nei-
gung. Cynische Darstellungen, so künstlerisch vollendet sie sein mögen,
sind aber ohne Zweifel ein Missbrauch der Kunst, denn diese soll
[384]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
erziehen, den guten Geschmack bilden. Darum passt selbst die Venus
von Medici, die in einem Museum ganz an ihrem Platze ist, sicherlich
nicht für eine Unterrichtsanstalt.
Bei den vielen Decorationsmotiven, welche der japanischen Ge-
schichte, vornehmlich aber dem grossen buddhistischen Götter- und
Sagenkreis entlehnt sind, erscheinen die alten Krieger meist in schwer-
fälliger Rüstung, welche die freie Bewegung hemmt, und die Hofleute
in steifer, ceremonieller Tracht, doch häufig in überaus ausdrucksvoller
Stellung. Da bis zur Zeit des Shôgun Yoritomo in Kamakura (1185
bis 1199 n. Chr.) das Bärtetragen in Japan allgemein Sitte war, sehen
wir bei Motiven aus der älteren Zeit die Männer immer mit Vollbärten.
Eine grosse Kunstfertigkeit zeigt die Darstellung Buddhas, als milde,
glückerfüllte, weiblich aussehende Gottheit in ihren verschiedenen
sonstigen Attributen des Segnens, Lehrens, Nachdenkens etc., wie sie
durch die Haltung der Hände und Finger zum Ausdruck kommen.
Der mächtigste Stimulant und Träger der Kunst und des Kunst-
gewerbes war zu allen Zeiten und bei allen Völkern der Cultus. Die
Gottheiten zu veranschaulichen, ihren Dienst und die demselben ge-
weihten Tempel zu verschönern, bearbeitete man kunstvoll nicht blos
Holz, Stein und Erz, sondern machte auch in der Textilindustrie höchst
beachtenswerthe Fortschritte. Man kann im Allgemeinen behaupten,
dass, je höher die Menschen in ihrem Gottesbegriff gestiegen sind,
desto kunst- und geistvoller sich auch die verkörperte Darstellung
des Anbetungswürdigen gestaltete. Doch ist zwischen den rohen Ge-
bilden der Naturvölker aus Holz und Thon und den vollendet schönen
der griechischen und christlichen Kunst kein genereller, sondern nur
ein gradueller Unterschied. Mehr als durch seine Gesetze und Ge-
schichte, erkennt man eines Volkes Ideale und Culturstufe aus den
Gebilden seiner Kunst und Industrie.
Wie bereits angedeutet wurde, verbreitete sich mit dem Buddhis-
mus und der Sprache und Literatur Chinas auch das Kunstgewerbe
dieses Landes über Japan. Was letzteres vor dieser Zeit leistete,
stand auf keiner höheren Stufe und war in Formen und Verzierungen
nicht unähnlich den Producten unserer eigenen heidnischen Vorfahren.
Der Buddhismus war bis in die Mitte dieses Jahrhunderts der Haupt-
träger und Förderer des japanischen Kunstgewerbes.*) In seinen
Tempeln und Klöstern fanden die hervorragendsten Erzeugnisse des-
selben Aufbewahrung und Verwendung, so dass die Inschrift: »Quam
[385]1. Das japanische Kunstgewerbe im Allgemeinen.
quisque norit artem in hac se exerceat« über dem einen Eingang zum
Kensington-Museum auch auf sie passt.
Mit der Entwickelung des Feudalismus unter den Minamoto und
mehr noch seit der Pacification des Landes durch Iyeyasu am Anfang
des 17. Jahrhunderts gesellte sich der Feudaladel (der Hofadel war
zu arm) als Förderer des Kunstgewerbes zum Cultus. Die Burgen der
Daimiôs wurden von nun an neben den Tempeln die Sammelplätze
seiner besten Leistungen. Die Herrschaft der Tôkugawa-Shôgune (oder
Taikune) in Yedo, d. h. die Zeit von der Schlacht bei Sekigahara im
Jahre 1600 bis zur Restauration der Mikadomacht im Jahre 1868, ist
das goldene Zeitalter des japanischen Kunsthandwerks. Der lange
Frieden und die fast ebenso lange Abgeschlossenheit des Landes dien-
ten dazu, die verschiedenen Zweige desselben zu kräftiger und eigen-
artiger Entwickelung zu bringen. Die Keime hierzu waren durch einen
langen Verkehr mit Korea und China, welch letzteres über 1500 Jahre
hindurch als Vorbild gedient hatte, sowie in Folge der Expedition nach
Korea, welche im Jahre 1586 von Hideyoshi organisiert wurde, nach
Japan gelangt und hatten sich dann auf diesem neuen fruchtbaren
Boden während einer langen ungestörten Pflege entwickelt und zur
schönsten Blüthe entfaltet.
Stand und Leistungsfähigkeit des japanischen Kunstgewerbes in
der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts werden am besten durch seine
verschiedenen Producte in Nikkô erkannt. Nachdem dieser herrliche
Tempelgrund*) am Fusse des wald- und wasserreichen Gebirges zur
Ruhestätte des grossen Shôgun Iyeyasu nach dessen Wunsch herge-
richtet und seine Gebeine 1617 von Ku-nô-zan in Suruga in das für
sie bestimmte Grab übergeführt waren, bemühten sich die Grossen
und treuesten Anhänger ihres verstorbenen Herrn und Führers, den-
selben auch im Tode nach Vermögen zu ehren. Die Tempel und
Pagoden, granitenen Säulen und Wasserbecken, Stein- und Bronze-
laternen, sowie die vielen Glocken, ferner die Holzschnitzereien in
Relief und durchbrochener Arbeit, welche sie stifteten, die vielen
Priestergewänder und sonstigen Geräthe, Lackarbeiten und anderes
mehr aus jener Zeit sind uns unzweifelhafte Beweise dafür, dass das
Kunstgewerbe damals schon einen hohen Grad der Vollkommenheit
erlangt hatte. Seine Fortentwickelung erkennt man an manchem herr-
lichen Gegenstande in den Shôgungräbern zu Shiba und Uyeno in
Tôkio, sowie in verschiedenen berühmten Tempeln der folgenden Zeit.
Einige Kunstkenner betrachten aber die Regierung des 11. Shôgun
Rein, Japan. II. 25
[386]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Iyenari Bunkio (1787—1836 n. Chr.) als die eigentliche Glanzzeit
des altjapanischen Kunstgewerbes.
Endlich, nach langer Uebung und nachdem die gewaltigen Ver-
kehrsschranken gefallen waren, erschien Neu-Japan mit den mannig-
faltigen Erzeugnissen seiner Lackierkunst, seiner Keramik und Emai-
lierung kupferner und irdener Gefässe, seiner Bronze-Industrie und Waf-
fenschmiedekunst, mit seinen herrlichen seidenen Geweben und Sticke-
reien und einer Menge der verschiedenartigsten Spiel- und Phantasie-
stücke auf den Märkten des Occidents, erwarb sich rasch die Bewun-
derung der meisten Kunstfreunde und kämpfte auf den verschiedenen
internationalen Ausstellungen mit den civilisierten Völkern der Christen-
heit erfolgreich um die Krone. Dem Bergwasser vergleichbar, das
während langer Stauung sich sammelt, dann aber plötzlich losbricht,
über die Ebene hereinströmt und sie überschwemmt und befruchtet,
erschienen in Westeuropa diese Producte des japanischen Gewerb-
fleisses auf den Märkten und übten mehr oder minder Einfluss auf
den Geschmack und die Bestrebungen vieler Gewerbetreibenden aus.
In Japan selbst waren das Feudalsystem und seine Schranken
überwunden, die Daimiôburgen gefallen und die Klöster eines ansehn-
lichen Theils ihrer Mittel beraubt, und damit die bisherigen Stützen
und Förderer des eigenartigen Kunsthandwerks verschwunden. Die
meisten der angesammelten Erzeugnisse desselben gingen ins Ausland,
um private und öffentliche Sammlungen zu schmücken; manche wurden
zu Spottpreisen verschleudert. Damit verbreitete sich allgemein die
Furcht, dass die alte Kunstfertigkeit nun aussterben, das Kunstgewerbe
Japans entarten werde. Diese Besorgniss war um so begründeter, als
die fremden Exporteure solcher Erzeugnisse nun in den Vertragshäfen
und im Landesinnern die Gegenstände fabrikmässig und massenhaft
anfertigen liessen, und es ihnen meist nur um Erzielung eines hohen
Absatzes, und dem entsprechend um billige Preise zu thun war. Der
Gewerbetreibende selbst verliess vielfach seine alten Muster und Ar-
beitsmethoden, suchte eifrig nach neuen Formen und Verzierungsweisen,
blos um sie dem europäischen Geschmack anzupassen, den er im übri-
gen gar nicht kannte. Die geschmacklosesten Dinge, auch nach ja-
panischer Auffassung, kamen so auf den Markt und fanden auch noch
ihre Abnehmer.
Unerwartet aber trat mit der Neubelebung unseres eigenen Kunst-
handwerks und mit der Verbreitung eines geläuterten Geschmacks in
Europa auch ein Wendepunkt in dieser verderblichen Richtung des
japanischen Kunstgewerbes ein. Die Zahl der Kenner und Liebhaber
der gediegenen kunstindustriellen Leistungen Japans mehrte sich, die
[387]1. Das japanische Kunstgewerbe im Allgemeinen.
Nachfrage nach letzteren wuchs, und es entstand damit ein neuer Sti-
mulus für den japanischen Gewerbetreibenden, grösser und einfluss-
reicher, als die früheren es je sein konnten. Dieser Wendepunkt ist
nicht zum geringsten Theil dem Einfluss der grossen Industrie-Aus-
stellungen auf alle interessierten Japaner: Regierung, wie Gewerbe-
treibende, zuzuschreiben. Der von Vielen gefürchtete Rückgang und
Verfall des japanischen Kunsthandwerks ist nicht eingetreten, vielmehr
in verschiedenen Bereichen — ich nenne nur die Email- und Bronze-
Industrie — seit 15 Jahren ein erfreulicher Fortschritt bemerkbar.
Man hat die Ueberzeugung gewonnen, dass die Zukunft des ja-
panischen Kunstgewerbes in der Erhaltung seiner Eigenart liegt. Nur
wenn das japanische Volk sich seine kindliche Freude an der schönen
Natur seines Landes bewahrt, wenn es sich seine Lieblinge in Wald
und Feld, in Tempelhain und Hausgärtchen und ihre treue Pflege auch
ferner erhält, wenn es fortfährt, aus dieser lebendigen frischen Quelle
seine Motive und künstlerische Begeisterung zu schöpfen, und nebenbei
die Grundbedingung seines Glückes und seiner billigen Arbeitskraft,
die Genügsamkeit nicht verliert, nur dann wird es auch auf der Höhe
seiner eigenartigen kunstgewerblichen Leistungen bleiben; nur dann
darf es hoffen, die gewonnenen Absatzgebiete sich zu erhalten und
ihnen neue hinzuzufügen.
In der japanischen Feudalzeit dienten, wie dies bereits hervor-
gehoben wurde, die hervorragendsten Producte des Kunstgewerbes
zur Zierde der Tempel und der Wohnungen des Adels. Sie wurden
meist auf Bestellung gemacht und es wetteiferten viele der Landes-
fürsten mit einander, hervorragende Talente heranzuziehen und zu
unterstützen. Das gab dem Künstler sorgenfreie Musse und Freudigkeit
zum Schaffen. Wenn aber in neuerer Zeit behauptet worden ist, dass
viele Personen aus den höheren Ständen in Japan nicht blos Interesse
am Kunstgewerbe zeigten, sondern selbst darin thätig gewesen seien,
dass selbst Fürsten und Minister modellierten und in Lack malten, so
beruht dies auf grosser Unkenntniss der bestehenden Verhältnisse.
Dilettanten der Art sind dort eine noch viel seltenere Ausnahme als
bei uns. Versemachen gehörte immer zum guten Ton, auch der höch-
sten Kreise in Japan, und daneben wohl auch die Beschäftigung in
der Malerei, aber in die Entwickelung des Kunsthandwerks hat die
von hohen Kreisen geübte Kunst nicht in dem Maasse eingewirkt, wie
man es zuweilen angibt. Die Kunst und Kunstindustrie wohnt in Ja-
pan nicht in Palästen, sondern in bescheidenen Bretterhäuschen meist
armer, aber genügsamer, glücklicher Menschen, deren Bedürfnisse gering
und leicht zu befriedigen sind.
25*
[388]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Durch eine lange und in unsern Augen nicht leichte Schule reift
der Lehrling zum Gesellen, der Geselle zum Meister heran, und nur,
wo Talent, Fleiss und Ausdauer zusammenwirken, wird die höchste
Stufe erreicht, die Stellung des tonangebenden, einen Fortschritt be-
wirkenden Künstlers. Aber das ganze Volk, vom Höchstgestellten bis
zum gemeinen Manne herab, zeigt Interesse und Verständniss für die
Erzeugnisse des Kunsthandwerks, und hierin liegt ohne Zweifel ein
gewaltiges Förderungsmittel seiner Bestrebungen.
Das Auge und die Hand des Japaners sind durchschnittlich ge-
übter, als bei einem Europäer; selbst der gemeine Mann vermag meist
leicht eine anschauliche Skizze eines Gegenstandes oder Weges zu
entwerfen. Woher kommt dies? Ist der höhere Kunstsinn, die grössere
Fertigkeit des Volkes angeboren oder anerzogen? — Ich nehme letz-
teres an und glaube, der Schlüssel liegt hauptsächlich in den grossen
Schwierigkeiten, welche das Erlernen der vielen japanischen und
chinesischen Schriftzeichen macht. Es gehört jahrelange Uebung und
viel Fleiss dazu, bis das Auge sie rasch zu unterscheiden, die den
Tuschpinsel führende Hand sie leicht nachzumachen vermag. So er-
langt jenes die grosse Fähigkeit im Erkennen und Erfassen von Form
und Maass, und diese die Geschicklichkeit beide getreu wiederzugeben.*)
Mit seiner Kunstfertigkeit vereint der Japaner nicht blos viel
Nachahmungstrieb, sondern auch eine grosse Findigkeit, wo es sich
um kleine Kunstgriffe und Ueberraschungen handelt. Der erfinderische
Geist des Nordamerikaners ist ein speculativer, auf das Ersinnen
zweckmässiger Werkzeuge und Vorrichtungen gerichtet, die man in
England und Amerika zum Theil als Yankee Notions (Yankee-Ideen)
bezeichnet. Der Japaner ersinnt dagegen kleine kunstgewerbliche
Spielereien. Dort ist Gewinn durch Erleichterung und Ersatz der
Handarbeit die Triebfeder der Erfindung, hier die Freude an künst-
lerischem Schaffen, ohne alle Berechnung des daraus etwa entsprin-
genden materiellen Vorteils. —
Indem ich mich nun zur Besprechung des japanischen Einflusses
auf das Kunstgewerbe des christlichen Abendlandes wende, erscheint
mir die Unterscheidung dreier Perioden, nämlich die portugiesische,
die holländische und die neuere Zeit des Verkehrs mit dem Lande des
Sonnenaufgangs (Nippon) geboten zu sein. Der fast ausschliessliche
[389]1. Das japanische Kunstgewerbe im Allgemeinen.
Verkehr Portugals mit Japan umfasst die zweite Hälfte des 16. Jahr-
hunderts. Nach der Entdeckung des Landes durch Mendez Pinto im
Jahre 1542 folgten portugiesische Jesuiten der Führung des Francisco
Xavier und verkündigten im südlichen und mittleren Theile desselben
das Christenthum, und zwar mit solchem Erfolge, dass viele Tausende
zu demselben übertraten. Zusehends wuchs der Einfluss dieser An-
hänger Loyolas und bewirkte im Jahre 1582 bei einigen christlichen
Fürsten der Insel Kiushiu sogar die Absendung einer Gesandtschaft
mit reichen Geschenken an den Papst nach Rom und den Hof nach
Madrid über Lissabon.
Diese Geschenke, sowie alle sonstigen gewerblichen Erzeugnisse
Japans, welche in jener Periode nach der iberischen und italischen
Halbinsel gelangt sein mögen, haben keinerlei nachweisbaren Einfluss
auf das Kunstgewerbe derselben geübt, ebensowenig, wie die mit
Japan damals verkehrenden portugiesischen Priester und Kaufleute
selbst.*) Als diese in den ersten Decennien des 17. Jahrhunderts des
Landes verwiesen wurden, hatte Europa von ihrem 80jährigen Verkehr
mit Japan ausser der Erweiterung seiner geschichtlichen und ethno-
graphischen Kenntnisse nur geringen Vorteil geerntet. Namentlich
war das interessante Land in naturwissenschaftlicher Beziehung eine
terra incognita geblieben, deren Erforschung erst gegen Ende des Jahr-
hunderts durch unsern Landsmann E. Kämpfer begann.
Während der langen Zeit (1624—1854), in welcher nur Holland
unter zwar sehr vorteilhaften, aber höchst demüthigenden Bedingungen,
in Nagasaki den Verkehr Europas mit Japan unterhielt, kam manches
werthvolle Industrieerzeugniss des letzteren nach den Niederlanden.
Lange Zeit hindurch blieben diese Gegenstände dem übrigen Europa so
zu sagen fremd, denn sie gelangten nur in die Privatsammlungen einzel-
ner Fürsten, vornehmlich urnenförmige Deckelvasen aus Hizen-Porzel-
[390]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
lan. In Holland selbst übten sie nur auf die Keramik einen nach-
weisbaren Einfluss aus. In Delft florierte damals (1639—1764) die
berühmte Faience-Fabrik von Lambertus Cleffius. Sie folgte der
Richtung ihrer Zeit und malte ihre Bilder auf hartes, gebranntes Zinn-
email, während in der vorausgegangenen Periode die Farben auf die
lufttrockne Emailhülle aufgetragen und dann mit derselben gebrannt
wurden, wodurch die Verzierungen sich viel zarter und leichter ge-
stalteten.
Was nun die Decorationsmotive betrifft, so finden wir die Maler
der Fabrik in hohem Grade von japanischen Mustern inspiriert, ebenso
diejenigen verschiedener andern holländischen Fabriken aus jener Zeit,
die alle ihre Producte Porzellan nannten und theilweise sogar Patente
für treue Nachahmung der Japaner erhielten, wie z. B. Pinaker. Die
japanischen Muster erkennt man jedoch weniger in dem angewandten
Material, noch in den Formen, als vielmehr in der Verzierungsweise.
Wir finden auf den Erzeugnissen dieser ausgedehnten holländischen
Faience-Industrie z. B. den Botan (Paeonia Moutan), die Mume (Pru-
nus Mume), die Matsu (Pinus densiflora) und andere Kinder der japa-
nischen Flora dargestellt, aber auch Kraniche, Silberreiher, Pfauen etc.
nach japanischen Vorbildern.
Als aber im 18. Jahrhundert die Faience mit ihrem opaken Zinn-
email durch das Aufblühen der Porzellan-Industrie in Europa mehr
und mehr zurückgedrängt wurde, schwanden auch ihre japanischen
Muster und wurden durch chinesische ersetzt, wie wir dies vor allem
an den älteren Erzeugnissen von Meissen und Sèvres wahrnehmen
können. Die frühesten Producte Böttgers und von Tschirnhaus, das
sogenannte »rothe Porzellan« — Steingut und Irdenwaare von roth-
brauner Jaspisfarbe, wie sie ähnlich noch 80 Jahre später von Wedge-
wood in England geliefert wurden —, bestehen vornehmlich in Thee-
töpfen, welche nach Färbung, Form und Verzierung manchen noch
heutiges Tags in China, z. B. den in der Provinz Shantung verfer-
tigten, zum Theil zum Verwechseln ähnlich sind. Ebenso reiht sich
das von 1709 ab in Meissen zuerst dargestellte Hartporzellan in jeder
Beziehung den chinesischen Mustern an. In späterer Zeit verliess die
Ausschmückung in Meissen, wie anderwärts, die ostasiatischen Vor-
bilder mehr und mehr und behielt davon nur noch einige stylisierte
Theile, wie die Blüthen der Rose, Päonie und Mumepflaume, welche
sie, getrennt von den übrigen Bestandtheilen der Pflanze, durch Ara-
besken und andere ideale Verzierungen verband und so Bilder schuf,
welche durch Symmetrie und Gefälligkeit der Formen ersetzten, was
ihnen an Naturtreue abging.
[391]1. Das japanische Kunstgewerbe im Allgemeinen.
Auch in Sèvres, wo man bereits 1695 eine Art Porzellan verfer-
tigte, aber das harte chinesische erst 1712 nachzuahmen wusste, war
die Ausschmückung zuerst ebenfalls eine reine Copie der chinesischen
und nahm erst allmählich einen mehr selbständigen Charakter an.
Ganz ausser allem Zusammenhang mit diesen frühesten Einflüssen
der keramischen Kunst Ostasiens auf die edle Töpferei Europas, und
der Zeit nach weit davon getrennt, steht nun das auffallende und weit
verbreitete Bestreben der Neuzeit, die japanische Verzierungsweise,
weniger die japanischen Formen blind zu copieren, ein Bestreben, das
in den meisten Fällen erst seit 15 Jahren und nur ausnahmsweise
schon 10 Jahre früher wahrnehmbar war und erst auf der Wiener
Weltausstellung zum überraschenden Ausdruck kam. Veranlasst wurde
dasselbe durch den grossen Beifall, welchen diese japanische Orna-
mentik in maassgebenden Kreisen fand, und die Beliebtheit japanischer
Industrieerzeugnisse, seitdem die alten Schranken ihres Versandtes ge-
fallen waren. Frankreich und England, die bisher tonangebenden
Länder in der Industrie überhaupt, haben auch in dieser Richtung sich
am meisten hervorgethan. Legte hiervon schon die Wiener Ausstel-
lung Zeugniss ab, so trat der japanische Einfluss auf die Industrie
dieser Länder, namentlich in der Keramik, der Bronzewaaren-Verzie-
rung und der Gold- und Silberschmiedearbeit (weniger auf andere
Zweige des Kunstgewerbes), doch vor allem auf der letzten grossen
Pariser Industrie-Ausstellung dem Besucher lebhaft vor Augen.
In der keramischen Klasse der französischen Ausstellung von 1878
fanden sich Nachahmungen japanischer Muster wohl auch bei Porzellan
und Terracotta, doch vor allem viel bei der Faience. Als vorzügliche
Leistungen derart sind diejenigen der Faiencerie de Gien (Loiret) und
de Choisy le Roi (Seine) zu erwähnen. Die grosse Fabrik von Gien
hatte Teller ausgestellt, bei welchen die Verzierungsweise des Kutani-
yaki (Kaga-Porzellan) täuschend ähnlich wiedergegeben war; ebenso
überraschend treu war die Nachbildung eines Räucherbeckens aus Sa-
tsuma. Viel Geschmack und Geschick im Nachahmen japanischer
Meister hatte auch der Porzellanmaler L. Cellière von Paris entwickelt,
ebenso F. Gaidan, der Awata-yaki (Kiôto-Faience) gut imitiert und
sich ganz besonders durch eine freiere Anwendung der japanischen
Manier ausgezeichnet hatte. Majorelle, ein Fabrikant aus Nancy,
führte gute Nachbildungen der lackierten Imari-Vasen vor.
Wenden wir nun unsere Blicke zu den Erscheinungen der Pariser
Bronze-Industrie, die in glänzender Weise auf der Weltausstellung von
1878 vertreten war, so fesselte selbstverständlich zunächst Barbedienne
unser Interesse. Hat er doch unter den Franzosen in der Bronze
[392]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
überhaupt, und namentlich in der Anwendung des Grubenschmelzes
am meisten geleistet, und ist überdies fast der einzige, welcher mit
grossem Erfolg, wenn auch wohl schwerlich in finanzieller Beziehung,
das japanische Email cloisonné nachmacht und als grosse Flächen-
decoration verwendet. Auch bleibt er bei der blossen Nachahmung
nicht stehen, sondern sucht, was in unsern Augen viel verdienstvoller
ist, näher liegende Decorationsmotive im japanischen Sinne zu ver-
werthen. So führte er den Beschauern eine grosse Platte vor, in
deren Mitte sich ein Weiher mit weissen Seerosen befand, während
Wasserliesch (Butomus) und gelbblühende Iris die eine Seite einfassten
und eine wilde Ente sich eben auf den Wasserspiegel niederliess. —
Brombeerranken und Reben, Eichenzweige, Hafer und Windhalm, so-
wie verschiedene andere Angehörige unserer einheimischen Flora finden
bei verschiedenen andern Bronzeartikeln ebenfalls zweckentsprechende
Verwendung.
Diesen höchst beachtenswerthen Leistungen standen andere gegen-
über, bei welchen man Japaner in theilweise sinnloser und höchst
lächerlicher Weise copiert hatte. Derart war ein Ofenschirm der Firma
Bouhon \& Cie., dessen Bronzeverzierung, die auf Drahtgeflecht in einem
breiten Messingrahmen ruhte, den Ast einer Kiefer darstellen sollte,
deren Nadeln in schildförmige Blätter umgewandelt waren und bei
dem blühende Zweige der Mumepflaume die Verästelung bildeten. Zu
dieser unnatürlichen Verbindung kam dann noch ein Silberreiher auf
dem horizontalen Theil des Astes. »Doch setze, was Du willst«, schrieb
einst der »Wandsbecker Bote« (Claudius) seinem Freund Andres, »Einige
loben’s doch!« So auch hier. Der Gegenstand, welcher 350 Frcs.
kosten sollte, war schon fünfmal bestellt, wie ein Zettel besagte, offen-
bar gerade dieser stilvollen Verbindung wegen.
Was Barbedienne unter den Bronzefabrikanten, das ist Christofle
bei den Gold- und Silberschmieden Frankreichs, mehr aber noch als
galvanoplastischer Veredler und Decorateur von Neusilber und Bronze.
Seine Gegenstände sind theils vor, theils nach dem Versilbern cise-
liert; oft wird auch nach der Versilberung die eingravierte Verzierung
noch vergoldet oder mit einer Art Niello versehen, was von besonders
schöner Wirkung ist. Christofle wendet die japanischen Decorations-
motive ausserordentlich häufig an; eine ganze Abtheilung seiner gros-
sen und reichen Ausstellung war im japanischen Stile ausgestattet.
Wollte man den Einfluss Japans auf das englische Kunstgewerbe
kennen lernen, so brauchte man nur den Glanzpunkt der britischen
Section, die Producte der fünf aufeinander folgenden grossen Firmen:
Elkington, Minton, the Royal Porcelain Works Worcester, H. Doulton
[393]1. Das japanische Kunstgewerbe im Allgemeinen.
\& Co., sowie Thomas Webb \& Sons näher zu betrachten. Die Aus-
stellung von Elkington, des berühmtesten englischen Silberschmiedes,
erstreckte sich vornehmlich über Gebrauchsartikel aus Gold und Silber
und galvanisch veredelte Neusilbergegenstände. Bei der sehr ver-
schiedenartigen Ornamentierung spielten japanische Vorbilder eine
grosse Rolle und waren meist mit sehr viel Geschmack angewandt
worden.
In Minton’s Porzellanfabrik zu Stoke-upon-Trent, welche auch die
verschiedenen Faiencen früherer Zeit nachmacht und eine überaus
reiche Sammlung in Paris hatte, ist kaum ein japanisches Decorations-
motiv unversucht geblieben. Bemerkenswerth waren namentlich Tassen
in der Färbung des Awata-yaki, jede mit einem violett grundierten
Keil, auf welchem die Mumepflaume und fliegende Singvögel (Unguisu)
reizend nachgebildet waren. Aber wer zahlt für eine solche Leistung
105 Franken, wenn er dieselbe Tasse aus Japan für wenige Dollars
beziehen kann?
»The Royal Porcelain Works« zu Worcester, die zweite berühmte
englische Porzellanfabrik, hat in ihrem Bestreben, Satsuma-Faience
nachzumachen, das »Ivory-Porcelain« entdeckt, das an Färbung zwi-
schen Satsuma und Awata-yaki steht, mehr als beide an Elfenbein
erinnert und seinen Namen wohl verdient. Es ist eine bemerkens-
werthe Specialität der Fabrik, bei der man nicht blos die Verzierungs-
weise, sondern theilweise auch die Formen Japans, wie Bambusrohr-
Vasen und Becher, prismatische Vasen etc. mit Erfolg nachahmt.
Unter den Erzeugnissen der grossen Londoner Faience-Fabrik von
H. Doulton in Lambeth befinden sich ebenfalls viele japanische Imi-
tationen, ebenso bei vielen andern englischen Ausstellern feinerer
Thonwaaren. Am wenigsten ist von den fünf oben genannten Firmen
die Glasfabrik von Thomas Webb \& Sons von japanischem Einfluss
berührt worden.
Als Nachbarn Englands erschienen auf dem Marsfelde die Ver-
einigten Staaten von Nordamerika. Unter ihren Ausstellern erwähne ich
vor allem die Firma Tiffani \& Co. von New-York, welche eine der drei
grossen Preismedaillen in der Klasse der Orfèvrerie erhielt. Ein grosser
Theil ihrer schweren Silberwaaren war nach japanischer Art verziert mit
Fischen, Schmetterlingen, Krabben, Reihern, Iris, Guirlanden etc.,
theils in Relief, theils eingraviert. Die keramische Industrie Ameri-
kas war nur schwach vertreten; aber es ist Thatsache, dass die
japanische Section der Ausstellung in Philadelphia 1876 einen über-
raschenden Einfluss auf dieselbe übte. War früher der Gebrauch
einfach weisser Teller, Tassen u. dgl. auch im Haushalte des Reichen
[394]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
allgemein Mode, so wollte sie von nun ab Jedermann womöglich nach
japanischer Art verziert haben.
Die meisten übrigen Länder, welche auf dem Marsfelde vertreten
waren, boten in der hier besprochenen Richtung wenig Bemerkens-
werthes. So hat sich z. B. das russische Kunsthandwerk bis jetzt
von dem japanischen Einfluss fast ganz frei gehalten und am meisten
seinen nationalen Charakter bewahrt. Aber die Porzellanindustrie von
Stockholm, welcher die nahe Insel Ytterby in einem sich ganz weiss
brennenden Feldspath (Mikroklin) ein vortreffliches Rohmaterial liefert,
das auch verschiedenen deutschen Fabriken dient, hat ebenfalls der
Zeitströmung schon Rechnung getragen. Die berühmten Fabriken von
Rörstrand und Gustavsberg, welche zu den ältesten Europas gehören
und wiederholt im Wettkampfe mit andern Ländern hohe Auszeich-
nungen erhielten, hatten theils Form und Decoration, theils blos das
Genre der letzteren den Japanern abgesehen. Zu der ersten Art ge-
hörten — eine durchaus misslungene Copie — zwei vierkantige Vasen,
deren Felder mit japanischen Mädchen bemalt waren, die das blonde
Haar der Skandinavierinnen trugen. Wo aber die japanische Manier
frei und auf edle antike Formen angewandt war, wie z. B. bei zwei
andern Vasen, welche schwedische Gräser und Feldblumen zierten,
fesselte die Naturtreue und die freie, leichte, schwungvolle Darstel-
lung wohl jeden Kunstfreund.
Meine Betrachtungen über das japanische Kunstgewerbe nahen
ihrem Schluss. In dem schönen Werke von C. von Lützow »Kunst
und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung« schrieb pg. 4
J. Falke vornehmlich mit Bezug auf Japan: »Die farbige, decorative
Kunst des Orients ist seit den Weltausstellungen aus ihrer isolierten
Ruhe herausgetreten; sie ist eine Grösse für Europa geworden, dringt
in seine Industrie gewaltig ein und droht seinen Geschmack auf ge-
wissen Gebieten vollständig umzuwandeln.« War dieser Ausspruch
schon durch das, was die Ausstellung von 1873 im Wiener Prater bot,
gerechtfertigt, so bewahrheitete er sich noch mehr nach der Entwicke-
lung, welche das Kunstgewerbe im Jahre 1878 auf dem Marsfelde zu
Paris zeigte. Eine vollständige Umwandlung des europäischen Ge-
schmacks durch den japanischen Einfluss halte ich in keinem Zweige
für möglich, wohl aber die Fortdauer der blinden Nachahmung japa-
nischer Vorbilder für noch geraume Zeit. Sie hat für unser Kunst-
handwerk meines Erachtens keinen directen bleibenden Werth, wohl
aber den indirecten, dass sie zur Läuterung des Geschmackes dienen,
der einseitigen naturwidrigen Stilisierung und ihrer zu weiten Ver-
wendung entgegenwirken und mehr zur Natur als Lehrmeisterin führen
[395]2. Holzindustrie.
wird. Nicht blinde Nachahmung, sondern Annahme der leichten ge-
fälligen Decorationsmanier im japanischen Kunstgewerbe wird das
unsrigen wesentlich fördern und zur Weiterentwickelung jenes guten
Geschmackes führen, von dem der französische Minister in seiner Rede
bei der grossen Preisvertheilung auf dem Marsfelde im Jahre 1878
mit vollem Recht sagte:
»Le goût est la fécondité du travail.«
2. Holzindustrie.
Möbeltischlerei, Intarsia-Arbeiten. Eigenthümlichkeiten der Dreharbeiten des
Hakonegebirges und von Nikkô. Kammschneiderei. Strohmosaik.
Es wurde bereits an andern Stellen zur Genüge hervorgehoben,
dass die Architectur in Japan, wie in Ostasien überhaupt, nicht wie
bei den Culturvölkern Europas älteste und vornehmste Trägerin der
Kunst ist, dass ihre Holzconstructionen vielfach der Festigkeit, Zweck-
mässigkeit und Eleganz entbehren, überdies aber äusserst leicht den
Flammen zum Raube werden. Seine bewundernswerthe Findigkeit,
Geschicklichkeit und Ausdauer zeigt der Japaner auch am Holze, aber
auf ganz andern Gebieten, als dem der Baukunst, in den hunderterlei
kleinen Sachen nämlich, die er daraus verfertigt. Nicht als Zimmer-
mann und Architekt also, sondern als Schreiner, Dreher und Holz-
schnitzer tritt er vor uns mit seinem eigenartigen Talent und Ge-
schmack. Die Rahmen der Shôji oder Schiebefenster, die Täfelung
der Wände in manchen Tempeln und vieles Andere sind Muster von
feiner, sorgfältiger Schreinerarbeit.
Bei der sehr einfachen Lebensweise und Hauseinrichtung aller
Stände des japanischen Volkes, welche den Gebrauch schwerer Möbel
ausschloss, konnte sich eine eigentliche Möbeltischlerei nicht ent-
wickeln. Die Hauptarbeit bei Darstellung der wenigen hölzernen
Hausgeräthe, wie Kasten, Schwertrepositorien, Etagèren, spanischen
Wänden, Esstischchen, Präsentiertellern, Sänften und einigen andern,
fiel dem Lackierer zu, der die leicht und sauber gearbeiteten Rahmen
und Unterlagen aus Nadelhölzern mit kostbarem Lack überzog und
mit kunstgeübter Hand ausschmückte. Erst mit dem Bedürfniss der
Neuzeit, Häuser der Fremden und Eingeborenen nach europäischer
Art auszustatten, entwickelte sich auch die Kunsttischlerei und ver-
suchte sich mit wachsendem Erfolg, nicht blos in der Darstellung ge-
wöhnlicher Möbel, sondern vor allen Dingen auch mit feinerem Holz-
[396]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
mosaik, oder wie es auch genannt wird, mit Intarsia oder Marqueterie-
Arbeiten. Und gerade in dieser Richtung wurde bald Vortreffliches ge-
leistet. Eine eigenthümliche Holzindustrie hat sich seitdem im Hakone-
Gebirge und zu Shidzuoka, der Hauptstadt von Suruga, entwickelt.
Die mit Holzmosaik gezierten Cabinette, Kommoden und Tische sind
sehr geschätzt und auch schon viel exportiert worden. Als Einlage
verwendet man vornehmlich das gelbbraune, etwas seidenglänzende
Holz des Kampferbaumes, sowie das schwarze Kernholz des Kaki —
[397]2. Holzindustrie.
oder der Dattelfeige (Diospyros Kaki). Am geschätztesten für allerlei
Arbeiten des Möbelschreiners und zum Theil auch diejenigen des
Drehers ist das Holz des Keaki (Zelkowa Keaki), wie schon Seite 288
hervorgehoben wurde. Es findet für sich allein in ähnlicher Weise
Verwendung, wie das Eichenholz bei uns, dient aber bei den grösse-
ren Intarsia-Arbeiten, wie Tischen und Kommoden, auch als fester
Rahmen, der nicht reisst und sich nicht wirft, dessen Maserung und
dunkle Färbung die hellfarbigere Mosaikarbeit in der Mitte zugleich
wie ein dunkler Bilderrahmen vortheilhaft abhebt. Aber auch zu
kleineren Dreh- und Schnitzarbeiten pflegt man das Keaki viel und
gern zu verwenden, wie beispielsweise das Futteral in Fig. 12 zeigt.
Die Producte der Holzindustrie des Hakone-Gebirges, eine Tage-
reise westlich von Yokohama, welche unter dem Namen Hakone-
zaiku (Hakone-Arbeit) bekannt sind, bestehen vornehmlich in solchen
Mosaikarbeiten, sodann in einer Menge kleiner Gegenstände, welche
man zu sehr billigen Preisen auf der Drehbank darstellt und sehr viel
ausführt. Ich erinnere nur an die mit einem Fuss versehenen Aschen-
becher aus dem Holze des Sanshô (Zanthoxylum piperitum, pg. 303
und 304), an die schwarzgeaderten leichten Teller- und Flaschenunter-
lagen aus Sotetsu (Cycas revoluta) und die schwereren aus Hari-
no-ki (Erlenarten), welche ähnlich aussehen, sowie an die Dosen, zu
einer Dose zusammenlegbaren Leuchter und andere Dinge, wie auch
Cigarrenbecher aus diesem eigenartig aussehenden Erlenholze. Die
fleissigen Leute des Hakone-Gebirges, welche auf diese Weise sich
nähren, behandeln die Zubereitung des Hari-no-ki (Alnus incana und
A. firma) als Geheimniss und geben die daraus erzielte Waare als
Product des Tsuta-no-ki (Actinidia volubilis Planch.) aus, dessen über-
aus leichtes, grossporiges Holz jedoch nicht entfernt ähnlich ist. Es
ist übrigens für den forschenden, sachkundigen Blick nicht schwer, in
den Hakone-Dörfern Hata, Kawabata, Miyanoshita und mehre-
ren andern, wo die Industrie besonders betrieben wird, wie auch in
dem Städtchen Hakone selbst und dem Badeorte Atami, das Ge-
heimniss zu ergründen. Dasselbe besteht darin, dass man in den be-
nachbarten Wäldern im Frühjahr während der grössten Saftcirculation
die Erlen fällt, ihrer Aeste und Spitzen beraubt, die Stämme aber in
etwa 2 m lange Stücke zersägt und diese mit ihrer Rinde während
des warmen, regenreichen Sommers liegen lässt, aber mehrmals wen-
det. Das Holz wird dabei stockig; sein röthliches Pigment erleidet
aber eine noch nicht näher untersuchte chemische Umwandlung, wird
schwarzbraun und sammelt sich in eigenthümlicher Weise stellenweise
an, so dass das Holz dadurch wie dunkel gemasert erscheint. Beim
[398]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Abdrehen auf der Drehbank treten beide Veränderungen, der stockige
Charakter und die eigenthümliche Zeichnung, durch den Farbstoff deut-
lich hervor. Nach dem Putzen mit Schachtelhalm fügt man die Gegen-
stände nochmals der Drehbank ein und lässt sie an einem dagegen
gehaltenen Stück Pflanzenwachs (Rô, siehe pag. 185 ff.) rotieren,
wodurch sie ein glattes, glänzendes Aussehen erhalten, indem ihre
Poren zugleich mit Rô gefüllt werden.
Die Drehbank, von der hier die Rede ist, ist ein sehr einfacher
Apparat. Der Dreher hat den Hauptbestandtheil, eine eiserne Achse,
mit ihrem einen Ende, einer vierzinkigen Gabel, sich zugekehrt. Diese
Achse ruht und bewegt sich am andern Ende in einer Pfanne, in der
Mitte aber auf einem Träger. Zwischen beiden ist der links und
rechts gewundene Riemen angebracht, welche nach unten in zwei
Tritte endigt. Um diese und damit die Drehbank zu bewegen, sitzt
der Arbeiter in einer kastenartigen Vertiefung, wenigstens mit den
Beinen, zu denen die Riemen mit den Tritten hinabreichen. Indem er
nun diese Tritte, wie ein Balkentreter beim Blasebalg einer Orgel auf-
und abbewegt, dreht er die horizontale Achse nicht nach einer Rich-
tung, sondern bald rechts bald links. In die erwähnte Gabel schlägt
der Dreher einen dicken Querschnitt Holz, dreht je nach Bedarf eine
engere oder weitere becherförmige Vertiefung hinein und zwängt dann
das Stück Holz, aus dem er einen Gegenstand drehen will, mit einem
Ende hinein etc.
Nikkô-zaiku (Nikkô-Arbeit). In dem berühmten Tempel- und
Wallfahrtsorte Nikkô (Imaichi) gibt es eine verhältnissmässig sehr
grosse Zahl von Läden, welche mit einfach lackierten Waaren für den
einheimischen Gebrauch, ferner mit eigenthümlichen Holz-, Schnitz-
und Dreharbeiten handeln. Erstere kommen von Wakamatsu in Aidzu,
die andern aber werden in Nikkô selbst angefertigt, und nur für diese
passt daher obiger Name. Die Gegenstände sind weder so mannig-
faltig und schön, noch so geschätzt, wie die von Hakone, aber sehr
eigenartig. Das Holz des Kampferlorbeers, der Erlen und anderer, die
dort besonders häufig verwendet werden, kommen in Nikkô nicht in
Betracht. Was der Nikkô-Arbeit ihren Reiz gibt, ist die Eigenart der
Form und des verwendeten Materials. Wurzel- und Aststücke des
Shakunagi (Rhododendron Metternichii) werden ihrer Rinde beraubt,
zu Dosen, Aschenbechern, Schöpfbechern für Wasser und andere
Zwecke ausgehöhlt, im Innern lackiert und mit einem lackierten Deckel
versehen; alte verkorkte Polyporus behandelt man in ähnlicher Weise
und schafft eine Menge Hohlgefässe, die ebenso durch ihre Unsym-
metrie, wie durch ihre Originalität überraschen.
[399]2. Holzindustrie.
Kammschneiderei. Weitaus die meisten ihrer Toilette- und
Staubkämme stellten die Japaner bisher aus Holz dar und benutzten
dazu vornehmlich das schwere, dichte Holz verschiedener immergrüner
Gewächse südlicher Landestheile. Die darüber hier folgenden Beob-
achtungen und Notizen wurden vornehmlich zu Sawa-mura in der
Provinz Idzumi auf dem Wege von Sakai nach Wakayama gesammelt.
Die Kammschneiderei wird hier in vielen Häusern betrieben. Die
Hölzer, welche man dabei verarbeitet, sind, geordnet nach ihrer Werth-
schätzung, vornehmlich folgende: 1) Tsuge (Buxus japonica, pg. 290),
2) Isu oder Yusu (Distylium racemosum, pg. 296), 3) Tsubaki (Ca-
mellia japonica, pg. 305). Das Preisverhältniss grösserer Toilettekämme
aus diesen drei Hölzern ist 8 sen: 2 sen: 1 sen das Stück. Dem Ca-
mellienholz gibt man häufig mit Ukon (Ingwer) die gelbe Farbe des
Bux, kann ihm aber nicht die wichtigeren Eigenschaften: gleiche Fein-
körnigkeit, Härte und Zähigkeit verleihen. Die Nachahmung ist sonst
täuschend. Das Yusuholz ist leicht an seiner rothbraunen Farbe er-
kennbar. Es kommt gleich dem Bux aus dem südlichen Kiushiu über
Ôzaka und Sakai. Damit es nicht reisse, wird es nach dem Fällen
längere Zeit in Wasser getaucht. Gleich Tsubaki wird auch das Holz
verwandter Arten, z. B. von Mokkoku (Ternstroemia) verwendet,
doch viel seltener.
Bei dieser Industrie findet übrigens eine Art Arbeitstheilung statt.
Ein Mann sägt die Platten zu, ein anderer schneidet mittelst einer
Bogensäge aus, ein dritter feilt, schleift ab und poliert den so zube-
reiteten Kamm. Soll derselbe die Frisur eines Mädchens oder einer
Frau zusammenhalten und schmücken, so wird er in der Regel noch
vom Lackierer verziert.
Auch in Yabuhara am Nakasendô beschäftigt die Kammschnei-
derei viele Hände, verwendet aber die weicheren blattwechselnden
Laubhölzer der benachbarten Wälder und liefert somit eine billige,
untergeordnete Waare.
Strohmosaik, jap. Wara-kise-zaiku. Die gewöhnlichste
Art, die mancherlei kleinen Erzeugnisse der japanischen Holzindustrie
auszuschmücken und zugleich gegen die Einflüsse der Witterung zu
schützen, besteht in der Lackierung derselben, worüber das folgende
Kapitel nähere Auskunft gibt. Eine andere Verzierungsweise ist die
durch Mosaikarbeit im weitesten Sinne. Die Intarsia oder Einlage
verschiedenfarbiger Hölzer, wie sie besonders im Hakone-Gebirge ge-
bräuchlich ist, wurde bereits erwähnt. Es ist aber noch einer dritten
Methode zu gedenken, nämlich des Ueberziehens der Holzwaare mit
Rotanggeflecht oder mit Stroh. Das erstere finden wir vornehmlich
[400]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
bei den elliptischen Brotkörbchen, deren Aussenwand oft statt lackiert
mit prächtigem, aufgeleimtem Rotanggeflecht überdeckt ist, sowie bei
dem Eierschalen-Porzellan.
Viel häufiger wird Strohmosaik als Verzierungsmittel kleiner Holz-
waaren verwendet. Es sind Kommodchen, Schachteln, Dosen und
andere Gegenstände, welche in der Regel aus Kiri-Holz verfertigt, durch
ihre grosse Leichtigkeit auffallen. Die schönsten kommen aus der
Provinz Tajima nach den Vertragshäfen. Auch Omori am Tôkaidô,
zwischen Yokohama und Tôkio, verfertigt sie, sowie beliebte Kinder-
spielsachen aus Stroh. Für die Mosaikarbeit wird Gerstenstroh ver-
wendet, gespalten und mit Anilinfarben gefärbt. Die Ornamente werden
nach Mustern zusammen gestellt, auf Bastpapier mit Fu-nori oder einem
andern Kleister aufgeklebt und dann mit dem Papier durch dasselbe
Bindemittel auf dem Holze befestigt. Auch bei diesen Arbeiten be-
kundet selbst der gemeine Mann einen entwickelten Geschmack in der
Zusammenstellung und Verwerthung der Farben, wie er sich bei keiner
andern Nation wiederfindet.
Zu der kleinen Holzindustrie gehört auch die Anfertigung mancher
Spielsachen oder Omocha — ich erinnere nur an den Koma oder
Kreisel —, worin die Japaner sich ebenfalls als sehr geschickte, sorg-
fältige Arbeiter bewähren. Doch wenden wir uns zu einem andern
Industriezweige, in welchem sie diese Eigenschaften in noch weit
höherem Maasse bekunden.
3. Lackindustrie.
Vorbemerkungen. Gewinnungsweise und Eigenschaften des japanischen Lacks.
Das Urushi-kabure oder die Lackvergiftung. Zubereitung des Rohlacks für den
Lackierer. Lackpreisliste. Sonstige Materialien. sowie Werkzeuge, deren sich der
Lackierer bedient. Grundierungsarbeiten und einfache Lackverzierung. Die Ar-
beiten des Lackmalers oder Makiye-shi. Ebene und erhabene Goldlackverzierun-
gen. Lackschnitzerei. Geschichtliche Notizen über die Lackindustrie.
Vorbemerkungen.
Unter den verschiedenen hochentwickelten Zweigen des japani-
schen Kunstgewerbes nimmt die Lackindustrie unstreitig die erste Stelle
ein. In keinem andern haben Kunstsinn und Kunstfertigkeit des Ja-
paners, das weite Spiel seiner Phantasie und seine bewundernswerthe
Ausdauer und Geschicklichkeit in der Ausführung ihrer gestaltenreichen
Gebilde früher und mehr sich entwickelt, in keinem hat er sich von
seinem chinesischen Lehrmeister und Vorbilde so frühzeitig getrennt
[401]3. Lackindustrie.
und auf eigene Füsse gestellt, in keinem andern endlich sich unter
allen Culturvölkern so sehr und unbestritten den Vorrang erworben.*)
Auch sind kaum bei irgend einem andern Industriezweige Japans die
Verwendungen und Behandlungsweisen des Rohmaterials so verschie-
denartig, die Zwecke und Vorzüge der mit ihm behandelten Gegen-
stände so mannigfaltig, wie beim japanischen Lack und der Industrie,
welche ihn verwerthet.
Die grossen Vorzüge der japanischen Lackwaaren sind vor allem
durch mehrere ausgezeichnete Eigenschaften des eigenartigen Lackes
bedingt,**) sodann aber auch durch die sorgfältige Art seiner Verwen-
dung. Japanische Lacksachen zeichnen sich bei grosser Leichtigkeit
und Eleganz des Aussehens durch ihre Solidität aus, durch die Schön-
heit und Anmut der Verzierungen, vornehmlich aber durch verschie-
dene, dem Material selbst zukommende, sehr werthvolle Eigenschaften.
Zu diesen gehört:
1) Die grosse Härte, durch welche japanische Lacküberzüge
alle andern Lackanstriche. selbst die mit Copal-, Theer- und Asphalt-
Lack weit übertreffen, ohne dabei Sprödigkeit zu zeigen und rissig zu
werden.
2) Der hohe Glanz und die Spiegelfläche der sorgfältig auf-
getragenen Lackdecken, namentlich der schwarzen, Eigenschaften,
welche sich unter den verschiedensten atmosphärischen Einflüssen
Jahrzehnte, ja Jahrhunderte hindurch erhalten.
3) Die Widerstandskraft gegen vielerlei Körper, bei deren
Berührung unsere gewöhnlichen Harz-Lackanstriche sofort angegriffen
und zerstört werden.
So wird der japanische Lacküberzug weder durch kochendes
Wasser, noch durch heisse Cigarrenasche angegriffen: ja er widersteht
sogar alkoholischen Flüssigkeiten aller Art, sowie Säuren, wenigstens
in der Kälte. Die heisse, scharf gesalzene Suppe des Japaners greift
die lackierte Holzschale, aus der er sie zu schlürfen pflegt, ebenso
wenig an, wie der erwärmte Sake. Nach Professor H. W. Vogel ist
die einfache, schwarze japanische Lackschale säure- und alkoholfest
und leistet damit in der Photochemie vortreffliche Dienste.
Rein, Japan. II. 26
[402]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Die vorerwähnten Eigenschaften sind es denn auch, durch welche
sich — ganz abgesehen von der künstlerischen Ausschmückung — die
japanische und chinesische Lackwaare sofort erkennen und von ihren
europäischen Nachahmungen, wie sie aus Holland, von Spa, Forbach
und andern Orten in den Handel gebracht werden, leicht unterscheiden
lassen; denn alle diese Nachbildungen werden aus Harzlacken bereitet,
welche jene Eigenschaften des japanischen nicht theilen.
Alle japanische Lackwaaren werden Nuri-mono, seltener Uru-
shi-saiku genannt. Urushi heisst nämlich der Lack, nuri über-
streichen, besonders mit Lack, mono, die Arbeit, saiku, die Waare, das
Fabrikat. Die Lackierer zerfallen in zwei Hauptklassen; nämlich in
Nuri-mono-shi oder Nushi-ya und in Makiye-shi. Erstere liefern
die Grundierung und gewöhnlichen Lackarbeiten; sie verstehen nichts
vom Geschäft der andern und wenden nur ausnahmsweise Edelmetalle zur
Verzierung an. Die Makiye-shi oder Lackmaler stehen höher. Sie ver-
stehen auch alle Arbeiten des Nuri-mono-shi, beschäftigen sich aber
meist nur mit der Ausschmückung der grundierten Lackwaare, vor-
nehmlich mit der Darstellung von Bildern und Verzierungen mittelst
Gold- und Silberstaub. Es sind wirkliche Künstler, welche ihre kleinen
Pinsel mit grosser Sicherheit und Geschicklichkeit führen und nicht
blos nach Vorlagen arbeiten, sondern zum Theil eine bewunderns-
werthe schöpferische Kraft im Entwerfen von Bildern entwickeln.
Neben den Erwähnten gibt es oder gab es noch verschiedene
Klassen von Specialisten, z. B. die Ao-gai-shi oder Perlmutter-Ein-
leger, die Saya-shi oder Schwertscheide-Lackierer etc.
Um die japanische Lackierkunst schwebt keinerlei Geheimniss
mehr, so viel auch noch in neuerer Zeit das Gegentheil behauptet
wurde. Die Gewinnung und Verwerthung des Rohmaterials kann
Jeder, der sich die Zeit nimmt und die nöthigen Vorkenntnisse dazu
mitbringt, im Lande studieren, wie ich es auch gethan habe. Freilich
ist ein eignes, sachverständiges Studium nöthig, und da nur Wenige
dazu bisher Zeit und Gelegenheit hatten, Viele aber nichtsdestoweni-
ger das, was ihnen incompetente japanische Quellen angaben, kritiklos
in Berichten wiederholten, so wimmeln die meisten derselben immer
noch von irrigen Behauptungen.
Aus diesen Gründen, und weil diese Abhandlung fast ausschliess-
lich das Resultat eigener, an Ort und Stelle gemachter und in Europa
später fortgesetzter Studien ist, erscheint eine vollständige Literatur-
angabe hier überflüssig. Nur die beachtenswerthesten Artikel über
den Gegenstand will ich hier anführen und zum Theil mit einigen
Bemerkungen begleiten.
[403]3. Lackindustrie.
1) Mémoire sur le Vernis de la Chine. Par le P. d’Incarville,
Jésuite, et Correspondant de l’Académie, erschien in »Mémoirs de Ma-
thématique et de Physique, présentés à l’Académie Royale des Sciences,
par divers Savans, et lûs dans ses Assemblées«. Tome troisième,
pg. 117—142. Paris 1760.
Hiervon findet man eine freie deutsche Uebersetzung als Anhang
zu Heidemann: »M. Watin’s Kunstades Staffiermalers, Vergolders,
Lackierers und Farbenfabrikanten (in »Neuer Schauplatz der Künste
und Handwerke«). Ilmenau 1824«.
Schon im ersten Satze dieses immer noch lesenswerthen Artikels
hebt der Verfasser hervor, dass der Lack Chinas keine Composition,
sondern ein Gummi oder Harz sei, das aus dem Lackbaum fliesse.
Vieles, was dann weiter über die Gewinnung und Benutzung des
Lackes erwähnt wird, gilt auch für Japan, heute wie damals. Dass
daneben Irrthümer mit einfliessen, darf nicht Wunder nehmen, so z. B.
wenn d’Incarville das Theeöl ein trocknendes nennt und nebst ge-
branntem Hirschhorn dem schwarzen japanischen Lack zusetzen lässt.
Immerhin bleibt der Artikel lehrreich und hochinteressant, auch dess-
halb, weil er an mehr als einer Stelle der selbst von Chinesen aner-
kannten Ueberlegenheit der Japaner Ausdruck gibt.
2) Wagener, Dr. G., Japanischer Lack. Dingler’s Polytechn.
Journal Bd. 218 pg. 361 ff. 1875. Diese kleine Arbeit ist ein Product
gründlicher Beobachtung und gesunden Urteils, wie alles, was der
naturwissenschaftlich gebildete Verfasser über Japan geschrieben hat.
3) Maëda: Les Laques du Japon. Revue scientifique. 2me série.
Vol. VII pg. 117—128. Paris 1878.
4) Rein: Das japanische Kunstgewerbe. Oesterr. Monatsschrift
für den Orient. Wien 1882 Nr. 4 und 5.*)
26*
[404]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
5) Quin, J. J.: Report by Her Majestys Acting Consulate Hako-
date on the Lacquer Industry of Japan. London 1882.*)
6) H. Yoshida: On Urushi-Lacquer. Journal Chem. Soc. 1883
pg. 472 ff.
7) O. Korschelt and H. Yoshida: The Chemistry of Japanese
Lacquer. Transact. As. Soc. Japan XII. pg. 182—220.
Während meine beschränkten chemischen Hülfsmittel in Japan mir
nur eine qualitative Untersuchung des Rohlacks ermöglichten, ist es
den Verfassern dieses hochinteressanten Artikels gelungen, über die
Constitution der verschiedenen Gemengtheile desselben Licht zu ver-
breiten. Insbesondere hat Korschelt in der Lacksäure den wichtigsten
Bestandtheil desselben nachgewiesen und ihre Eigenschaften eingehend
untersucht, auf ihr Verhalten auch mehrere interessante Erscheinungen
beim japanischen Lackierverfahren zurückgeführt und entsprechende
Vorschläge gemacht. Wo ich anderer Ansicht bin, wie er, habe ich
dies an der betreffenden Stelle besonders hervorgehoben.
Gewinnungsweise und Eigenschaften des japanischen
Rohlacks.
Das Material für die in Rede stehende Industrie ist eine Emul-
sion, der Saft des in China und Japan cultivierten Lackbaums oder
Urushi-no-ki (Rhus vernicifera D. C.). Ueber den Charakter dieser
*)
[405]3. Lackindustrie.
Sumachart, die Art und Verbreitung ihrer Cultur in Japan, sowie ihre
Einführung in Deutschland, wurde bereits pg. 186—188 berichtet und
namentlich auch hervorgehoben, dass die Hauptlackdistricte dem nörd-
lichen Hondo zwischen dem 37. und 39. Parallel angehören.*)
Etwa dreiviertel alles Rohlacks wird nördlich des 36. Breiten-
grades gewonnen. Vor allem zeichnen sich die Binnenlandschaften
und ehemaligen Daimiôherrschaften Aidzu, Yonezawa, Yamagata
und Nambu, sodann mehr nach dem japanischen Meer hin, Theile
der Provinzen Echizen (z. B. Ochiyama nicht weit von Fukui),
Echigo (Gegenden von Murakami, Nagaoka und andern), Ugo (Akita
in dem Gebiet des Tochima-gawa und Noshiro-gawa) und Mutsu (z. B.
bei Hirosaki) durch ausgedehnte Lackbaumpflanzungen aus. Besonders
geschätzt wird der Lack von jungen Bäumchen aus der Gegend von
Yoshino in Yamato.
Die Gewinnung des Sumachlacks hat viel Aehnlichkeit mit der-
jenigen des Mannas aus den Stämmen von Fraxinus Ornus auf Sici-
lien.**) Sie erfolgt durch Anritzen der Bäume in horizontaler Richtung
(Gürtelschnitte) und kann während des ganzen Sommers vom April bis
zu Ende October vorgenommen werden. Am geringsten geschätzt ist
der im Frühjahr gewonnene Lack, weil er sehr wässerig ist. Viel
dickflüssiger, zugleich aber körnig und schwer austretend ist das im
Herbst gesammelte Product. Als beste Zeit der Lackernte gilt der
Hochsommer, da in ihm Quantität und Qualität des Materials den An-
forderungen am meisten entsprechen. Niemals aber fliesst der Saft
so leicht und reichlich aus den Wunden, dass man ihn mit Gefässen
auffangen könnte, wie von verschiedenen Seiten behauptet worden ist.
[406]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Die Lackgewinnung beginnt in der Regel erst, wenn die Bäume
ein Alter von 9—10 Jahren erreicht haben, und nur ausnahmsweise
schon 4—5 Jahre früher, wie in dem Distrikte Yoshino der Provinz
Yamato. Die beiden wichtigsten Werkzeuge, deren sich der Urushi-
shôkunin (Lackzapfer) dabei bedient, sind die Kaki-gama oder
Ritzsichel (Tafel III. 10), eine fischhakenähnlich gebogene, dünne Eisen-
platte, welche am U-förmigen Ende gestählt und auf der concaven
Seite desselben messerscharf ist, dem Ritzmesser unserer Forstleute
entsprechend, und der Natsu-bera oder Sommerspatel (Tafel III. 11),
ein flacher, eiserner Löffel mit kurzer umgebogener Spitze. Erstere
dient zum Ritzen der Bäume, die Natsu-bera aber zum Auskratzen
des die Rinne füllenden Rohlacks und Uebertragen desselben in das
Gô oder kleine Eimerchen aus Holz oder einem Stück Bambusrohr.
Bei älteren Bäumen mit dicker, rissiger Rinde muss diese erst be-
seitigt und der Stamm geglättet werden, bevor man die Kaki-gama
anwenden kann. Es geschieht dies mittelst des Kawa-muki oder
Rindenschälers, einer langen, etwas sichelförmig gekrümmten Messer-
platte. Auch das gerade Messer oder Hôchô (Tafel III. 1) und der
Ye-guri, Stech- oder Hohlmeissel (Tafel III. 2), werden vom Lack-
zapfer gelegentlich benutzt. Ist er noch empfindlich gegen die giftigen
Dünste des Lackes, so schützt er seine Hände durch Te-bukuro oder
Fausthandschuhe.
Fast alle mit der Lackgewinnung beschäftigten Arbeiter kommen
aus der Gegend von Fukui in der Provinz Echizen. Ihre Zahl wird
zu 15—1600 angegeben. Im Frühjahr wandern sie in die verschie-
denen Lackdistrikte, zumeist also nordwärts, wo sie von den Lack-
händlern beschäftigt werden. Diese kaufen die Bäume den Bauern
ab und überweisen sie ihren Arbeitern, und zwar in der Regel je
einem derselben 1000 jüngere Bäume oder eine geringere Zahl, etwa
800—600 älterer, womit der Shôkunin den ganzen Sommer über be-
schäftigt ist. Vor 10 Jahren kosteten je 100 Bäume im Durchschnitt
30—36 yen; doch hat sich seitdem der Preis etwa verdoppelt, ent-
sprechend der grösseren Nachfrage nach Rohlack und dessen Ver-
theuerung.
Wenn der Lackzapfer für seine Arbeiten alle Vorbereitungen ge-
troffen und die ihm zur Verfügung gestellten Bäume gereinigt hat,
beginnt er damit, dass er mit der Kaki-gama am unteren Ende eines
Stammes in raschem Zuge und horizontaler Richtung einen etwa
2 mm breiten, bogenförmigen Ritz durch Rinde und Bast macht, und
zwar mit der U-förmig gebogenen Schneide, die er also fest aufdrückt.
Hierauf durchfährt er diesen Gürtelschnitt mit dem Haken des Instru-
[407]3. Lackindustrie.
ments, um hineingefallene Rindenstückchen zu beseitigen, und macht
dann eine Spanne (15—20 cm) höher auf entgegengesetzter Seite einen
zweiten, einen dritten um wiederum soviel höher und auf einer andern
Seite u. s. f., so weit er reichen kann, an 6—10 Stellen rasch hinter
einander. Ich habe zugesehen, dass ein geübter Urushi-shôkunin in
jeder Sekunde eine Furche zog. Hierauf wendet er sich zu einem
zweiten Baume und verfährt ebenso. Hat er auf diese Weise 10 bis
15 Bäume geritzt, so kehrt er zum ersten zurück und sammelt nun in
derselben Ordnung den Rohlack oder Ki-urushi ein. Es ist eine
grauweisse, dickflüssige Emulsion, die sich an der Luft rasch gelb-
braun und später bald schwarz färbt. Dieselbe füllt die Gürtelfurchen
und fliesst nur ausnahmsweise etwas über. Mit der Spitze des Natsu-
bera wird sie ausgekratzt und dann über den Rand des kleinen Eimers
(gô), den der Arbeiter dabei in der linken Hand hält, in denselben
abgestrichen.
Hat der Lackzapfer diese Arbeit beendet, so begibt er sich zu
einer andern Baumgruppe und verfährt hier ebenso und so fort. Erst
nach 4 Tagen pflegt er zu seiner ersten Abteilung Bäume zurück zu
kehren und macht nun etwa 2 mm tiefer und parallel zu den ersten
Ritzen neue, so auch bei den andern Baumgruppen, die er in Behand-
lung hat, indem er nach jeder neuen Serie von Ritzen in der betref-
fenden Gruppe den Lack auskratzt. Da nun diese Operation in den-
selben Intervallen in der Regel 15—20 mal wiederholt wird, so ergibt
sich, dass der Lackzapfer einen Zeitraum von mindestens 60 bis
80 Tagen, oft aber gegen 100 Tage braucht, bevor er die Arbeit
beendet hat. Dann bringt er auch den noch nicht geritzten Stellen
Gürtelschnitte bei, sowie den Aesten, jedoch in grösserer Entfernung
und nur, wenn die Bäume der Lackgewinnung ganz geopfert werden
sollen. Will man dieselben aber für eine weitere Lack- und insbe-
sondere auch für die Wachsgewinnung erhalten, so ist eine sorgfältigere
Behandlung und spärlicheres Ritzen selbstverständlich. Im ersteren
Falle, wo also die Bäume bis zur Erschöpfung behandelt werden, pflegt
man endlich nach dem Laubfall die Aeste abzuhauen, die dickeren
Stücke in Wellen von etwa 1 m Länge zu binden und diese dann mit
dem Kopfende in warmes Wasser zu stellen. Man ritzt die aus dem
letzteren hervorragenden Theile der Aststücke an, gewinnt auch hier-
bei noch Lack, dreht später die Wellen um und wiederholt das Ver-
fahren auch auf der andern Seite. Statt durch Wasser, kann man
den Saft auch durch die Wärme eines Feuers nochmals in Circulation
setzen. Der so gewonnene Astlack, Seshime oder Shime-urushi,
gilt jedoch für die schlechteste Sorte und wird fast nur für Grundie-
[408]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
rungsarbeiten verwendet. Der beste Ki-urushi kommt vom unteren
Theil der Bäume und wird in der heissesten Jahreszeit gewonnen.
Derselbe hat bei gleichartiger, dickflüssiger Beschaffenheit eine loh-
braune Farbe. Die schlechteren Sorten sind meist dunkler, nicht
homogen, etwas körnig und fast breiig dickflüssig. Man erhält sie
vornehmlich aus den Aesten und höheren Stammteilen.
Durchschnittlich liefert ein einzelner Lackbaum bei erschöpfender
Behandlung, der er natürlich zum Opfer fällt, nur 1,5—3 gô oder
53,50 ccm Rohlack, entsprechend etwa 27—54 Gramm, da das spec.
Gewicht desselben das des Wassers nur wenig übersteigt.*)
Nach Dallas **) war im Jahre 1874 der Lackertrag des Okitama-
ken (Gebiet von Yonezawa in Uzen), einem der Hauptdistrikte der
Lackcultur, 3608 kin oder jap. Pfund (à 592,593 gr.) = 2165 kg.
Ausserdem wurden aus dem Fett der Früchte 62598 kin = 37559 kg
Rô-soku oder Kerzen dargestellt. Bei einem Durchschnittsertrag von
40 Gramm Rohlack per Baum sind zu jenen 2165 kg im ganzen
60140 Bäume erforderlich.
Die Verpackung des Ki-urushi erfolgt stets in Taru (Kübeln) von
der Gestalt und Grösse unserer gewöhnlichen Holzeimer. Sie werden
aus Sugi (Cryptomeria japonica) verfertigt, mit Bambusreifen gebunden
und durch einen runden Deckel, dem Boden entsprechend, verschlos-
sen. Bevor dieser aufgeschlagen wird, legt man auf den Lack zwei
starke geölte Bogen von Bastpapier, welche so gross sind, dass sie
zwischen dem Deckelrande und dem Kübel hervorragen. Das Papier
wird, sobald der Deckel festsitzt, über das Ende des 4—6 cm vor-
stehenden Kübels nach aussen umgeschlagen und hier nebst dem
Kübelrande mittelst eines Strohseils in 9—12 Windungen fest um-
wickelt. Der Verschluss ist damit beendet und so vollständig, dass
während des Transportes, auch bei horizontaler Lage oder Umkehrung
des Kübels, kein Lack ausfliesst.
Wie man mir in Yonezawa mitteilte, enthält ein solcher Kübel
gewöhnlich 8½ Kamme (1 Kamme = 1000 Me = 3,731 kg) oder
29,848 kg. Quin gibt dagegen in seiner oben citierten Schrift an,
dass er etwa 4 engl. Gallonen, also nur rund 18 kg fasse, was mir
auch wahrscheinlicher scheint. Daraus ergibt sich, dass die oben an-
gegebene Production von Yonezawa-ken an Ki-urushi mit 2165 kg nur
[409]3. Lackindustrie.
etwa 120 Taru betragen würde. Die Menge des Ki-urushi, welche
das Land jährlich liefert, bewegt sich wahrscheinlich zwischen 60000
und 100000 kin, entsprechend 35556—59259 kg oder 1975—3292 Taru
oder Kübeln à 18 kg.
Im Jahre 1875 kaufte man in Tôkio für 2 Shu (etwa 50 Pf.)
20 Mome oder 75 Gramm Ki-urushi, 1882 dagegen nur 8,75 Mome
= 32,8 Gramm. Der Preis war also sehr gestiegen, und zwar auf
15,25 Mk. das Kilo gegenüber 7 Mk. im erstgenannten Jahre.*)
[410]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Ki-urushi oder Rohlack wird gleich den daraus bereiteten
Lacksorten in Holzgefässen (Kübeln oder flachen runden Schachteln)
aufbewahrt und sorgfältig gegen Licht und Staub geschützt. Der
Rohlack kann nicht ohne Weiteres vom Lackierer angewandt werden,
sondern muss erst verschiedene Reinigungs- und Umgestaltungsprocesse
durchlaufen, deren erster darin besteht, dass man ihn von den mecha-
nisch beigemengten Rinden- und Holzteilchen befreit. Dies geschieht,
indem man ihn durch Baumwollstoff presst. So erhält man den Ki-
shô-mi, d. h. von fremden Beimengungen getrennten Rohlack.
Bevor ich aber die weitere Behandlung angebe, will ich die Re-
sultate meiner und insbesondere der Korschelt’schen Untersuchung
dieses Körpers mittheilen. Ki-shô-mi oder gereinigter Rohlack
stellt, wie schon angedeutet wurde, eine graue bis lohbraune, syrup-
dicke, sehr klebrige Flüssigkeit von verschiedener Consistenz und
einem specifischen Gewicht dar, welches das des Wassers nur wenig
überschreitet. Korschelt fand 1,0020—1,0379, womit meine eigenen
Beobachtungen recht gut stimmen. Ein eigenartiger süsslicher Geruch
des Rohlacks wird namentlich dann wahrgenommen, wenn derselbe
längere Zeit in einem Gefäss abgeschlossen war. Bei stärkerer Ver-
grösserung erkennt man unter dem Mikroskop eine bräunliche Masse
mit eingestreuten Kügelchen von zweierlei Art, nämlich zahlreichen
kleineren dunkelbraun gefärbten und dazwischen spärlicher einge-
streute, grössere, hellfarbige. Auf Zusatz von Wasser verschwinden
diese, während absoluter Alkohol jene in Lösung bringt. Letzterer,
wie alle gewöhnlichen Lösungsmittel für Harze, also Aether, Chloro-
form, Schwefelkohlenstoff, Benzin und andere vermögen schon in der
Kälte, leichter noch bei Behandlung mit dem gelinde erwärmten Roh-
lack ansehnliche Mengen (zwischen 60 und 80 %) zu lösen, während
anderseits Wasser kaum einen Einfluss zu üben scheint, thatsächlich
aber doch bei längerem Schütteln einige Procent des Rohlacks auf-
nimmt. Hieraus ergibt sich, dass letzterer den Charakter eines Gummi-
harzes hat. Die Bestandteile desselben sind folgende:
1) Eine flüchtige Säure in sehr geringer Menge. Sie ent-
weicht schon bei gewöhnlicher Temperatur und dem Trocknen der
Lackanstriche, rascher aber, wenn der Lack mit Wasser destilliert
*)
[411]3. Lackindustrie.
wird. Ich schreibe dieser noch nicht genügend untersuchten Substanz
die giftigen Eigenschaften des Rohlacks und die Lackkrankheit zu,
über die weiter unten das Nähere folgen wird.
2) Wasser in veränderlichen Mengen von 10—34 %, je nachdem
der Rohlack von jungen oder alten Lackbäumen, Stämmen oder Aesten,
im Frühjahr, Hochsommer oder Herbst gewonnen wird. Durch Um-
rühren an der Sonne oder über gelindem Kohlenfeuer, vornehmlich
aber durch Destillation im Wasserbade kann es entfernt werden.
3) Eine stickstoffhaltige Substanz, die nach Korschelt den
Eiweisskörpern zuzurechnen ist. Ihre Menge wechselt von 1,7—3,5 %.
4) Gummi, das in allen wesentlichen Merkmalen mit Gummi
arabicum übereinstimmt und 3—6,5 % ausmacht.
5) Lacksäure oder Uruschinsäure, der vorwiegende und
wichtigste Bestandtheil, dessen Menge in der Regel zwischen 60 und
80 % des Gesammtgewichts beträgt, ja beim besten Lack von Yoshino
auf 85 % steigt.
Analysen, welche Korschelt von 7 verschiedenen Lackproben an-
stellte, ergaben nämlich folgende Resultate.
Das bei mehreren der vorstehenden Analysen in geringer Menge
gefundene Oel ist kein ursprünglicher Bestandtheil des Lackes selbst,
sondern kam bei seiner Gewinnung hinzu, indem man Ritzmesser und
Spatel mit E-no-abura (Oel der Perilla) bestrich, damit der Lack an
dem Eisen nicht festhafte.
Der vorwiegende und wichtigste Bestandteil des Lacks, welcher
darin in Gestalt jener mikroskopisch kleinen braunen Kügelchen auf-
tritt und daraus am besten durch warmen absoluten Alkohol extrahiert
wird, ist die schon erwähnte Lack- oder Urushinsäure C14H18O2. Diese
Formel, welche Korschelt durch die Elementaranalyse ermittelte,
unterscheidet sich durch ein minus von 6C von der des Borneokampfers.
Mit den Harzsäuren teilt die Lacksäure ihre Lösbarkeit in Alkohol,
[412]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Aether, Chloroform und andern Flüssigkeiten und vielfach auch das
Verhalten zu metallischen Basen, ist jedoch viel activer, insofern ihre
alkoholische Lösung selbst Nitrate und Chlorate zu zersetzen vermag.
Charakteristisch ist die Reaction auf Bleizuckerlösung. Es bildet sich
nämlich beim Contact mit Lacksäure sofort ein grauer flockiger Nieder-
schlag von lacksaurem Blei. Am interessantesten ist jedoch die Ueber-
führung der Lacksäure in einen äusserst beständigen, indifferenten
Körper, die Oxylacksäure, deren Eigenschaften weiter unten beim
Lackierverfahren erörtert werden sollen.
Der Ki-shô-mi oder gereinigte Rohlack nimmt nach meinen Be-
obachtungen durch inniges Vermengen mit Wasserzusatz diesen allmäh-
lich vollständig auf, zumal wenn er vorher verhältnissmässig wenig Was-
ser enthielt, verliert dabei seine flüssige Beschaffenheit und verdickt
sich zu einer breiigen Masse, welche auf Holz oder andere Unterlagen
gestrichen leicht trocknet. Anderseits ist neben Wärme der Kampfer
oder Shônô das einzige, den Japanern schon früher bekannte und von
ihnen noch immer allein angewandte Verdünnungsmittel des Lacks.
Derselbe wird in seinem gewöhnlichen körnig-krystallinischen Zustande
mittelst des Spatels mit dem Lack vermengt, zerdrückt und dadurch
flüssig gemacht. Das Kampferöl, obgleich es sich zu dem gleichen
Zwecke sehr gut verwerthen lässt, wie meine Versuche mit demselben
in Gegenwart meiner japanischen Lackierer ergaben, scheint von
diesen nie dazu angewandt worden zu sein.
Zu den weiteren bemerkenswerthen Eigenschaften des in Rede
stehenden Materials gehört, dass es sich im Lichte schwärzt, in feuchter
Atmosphäre bei gewöhnlicher Temperatur trocknet und durch seine
Ausdünstung eine Art Vergiftung, die Lackkrankheit hervorruft.
Das Trocknen der frischen Lackanstriche unterscheidet sich durch-
aus von dem unserer Harzlacke, indem es nicht im Ofen bei höherer
künstlicher Wärme erfolgt, sondern in einer feuchten und möglichst
staubfreien Atmosphäre, bei gewöhnlicher Temperatur zwischen 10 und
25° C. oder höchstens 30° C. Direkter Sonnenschein ist demselben
nachteilig, schon desshalb, weil dadurch die Temperatureinwirkung
eine ungleiche ist und die stärkere das Trocknen verzögert. Der
Lackierer erfüllt die erwähnten Bedingungen, indem er einen dunklen
Raum (Kiste, Schrank oder Zimmer) in möglichst ruhiger, der Strasse
abgekehrter Lage wählt und einen ungenügenden Feuchtigkeitsgehalt
der Luft durch Wasser künstlich vermehrt.
Bei kleinem Geschäftsbetriebe, wo eine grosse umliegende Kiste
mit einigen, auf Querleisten ruhenden Abstellbrettern im Innern genügt,
werden diese Bretter, wie die Innenwandungen einschliesslich des vor-
[413]3. Lackindustrie.
zuschiebenden Deckels, mit kaltem Wasser abgewaschen, bevor man
die Gegenstände mit frischem Lackanstrich zum Trocknen darauf stellt.
In anderen Fällen dient ein grosser Schrank bei ähnlicher Behandlung
demselben Zweck. Ist die Verwendung eines ganzen Zimmers nöthig,
so pflegt man wohl nasse Tücher an den Wänden aufzuhängen und
Schüsseln mit Wasser hinzustellen, damit durch ihre Verdunstung
der nöthige Feuchtigkeitsgehalt der Luft erzielt werde, namentlich zur
Zeit, wo dieser nicht hoch ist.
Pater d’Incarville sagt pg. 127 des oben citierten Werkes: »Ici à
Peking, où l’air est extrêmement sec, pour sècher le vernis, il faut
nécessairement l’exposer dans un endroit humide, entouré de natte,
que l’on arrosera d’eau fraîche; autrement le vernis ne sécheroit pas:
si c’est une pièce mise en place, qu’on ne puisse détacher, ils sont
obligés de l’entourer ainsi de linges mouilliés«.*)
Die mittelst absoluten Alkohols ausgezogene Lacksäure besitzt jenes
eigenthümliche Trockenvermögen nicht, wie ich bereits 1874 fand und
wie zahlreiche Versuche Korschelt’s später bestätigt haben. Erst wenn
sie, wie im Lack, mit dem darin vorkommenden Eiweiss unter Wasser-
zusatz vermischt wird, tritt das Erhärten ein. Das Gemisch verliert
ferner diese Eigenschaft, sobald es bis über 60° C., d. h. über die
Temperatur erhitzt wird, bei welcher Eiweiss coaguliert.
Korschelt hat nun weiter nachgewiesen, dass der im Rohlack vor-
handene Eiweisskörper beim Trocknen desselben als Ferment auf die
Lacksäure wirkt und das Erhärten des Lackanstrichs einem Oxydations-
process zuzuschreiben ist, durch welchen unter Sauerstoffaufnahme die
Lacksäure in Oxy-Lacksäure C14H18O3 übergeht, nach der Formel
C14H18O2 + O = C14H18O3. Indem Korschelt dann die Eigenschaften
dieser Oxy-Urushinsäure näher untersuchte, die er in Gestalt eines
braunen Pulvers erhielt, fand er, dass dieselbe in allen Lösungsmitteln
für Lacksäure durchaus unlöslich ist, dass aber auch Kali- und Natron-
lauge, sowie Ammoniak in irgend einem Grade der Concentration und
bei jeder Temperatur, sowie die meisten Säuren, starke Salpetersäure
ausgenommen, nicht darauf einwirken. Somit wäre das ausserordent-
liche Widerstandsvermögen trockner japanischer Lackanstriche vor-
nehmlich dieser Oxylacksäure zuzuschreiben.
Korschelt’s Untersuchungen und Ansichten sind gegen die Annahme,
dass beim Trocknen der Lackanstriche Wasser zur Hydratbildung ver-
[414]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
braucht werde. Damit fehlt aber eine Erklärung für die von mir er-
wähnte Thatsache der Verdickung des Rohlacks, insbesondere des
Seshime-urushi unter Wasseraufnahme, die man leicht beobachten kann
und bei der eine Wasserstoffausscheidung nicht wahrnehmbar ist.
Schliesslich will ich hier noch der Lackvergiftung, oder des
Urushi-kaburé, wie es die Japaner nennen, gedenken, worauf schon
pg. 106 kurz hingewiesen wurde. Es ist eine eigenthümliche, weder
lebensgefährliche, noch besonders schmerzhafte, immerhin aber sehr
unangenehme Krankheit, von der Neulinge in der Beschäftigung mit
Lack, seien es Lackzapfer, Lackhändler oder Lackierer, in der Regel
befallen werden. Sie äussert sich in einer gelinden Röthung und An-
schwellung der Handrücken, des Gesichts, der Augenlider, Ohren,
Nabelgegend und tiefer gelegenen Körpertheile, insbesondere des Scro-
tums. In allen diesen Theilen fühlt man eine grosse Hitze, ein hef-
tiges Jucken und Brennen, das mehrere schlaflose Nächte macht, in
2—3 Tagen seinen Höhepunkt erreicht und dann gleich der Anschwel-
lung wieder abnimmt. In bösartigeren Fällen sollen sich aber auch kleine
eiternde Geschwüre bilden. Diese Lackkrankheit, deren schon Pater
d’Incarville gedenkt und die er pg. 119 der erwähnten Schrift vor-
trefflich schildert,*) wird nicht blos durch unmittelbare Berührung,
sondern auch und vornehmlich durch die Ausdünstung des Lackes
hervorgerufen, namentlich des scharfen Seshime, dem ich sie seiner
Zeit verdankte. Demnach ist das Gift eine flüchtige Substanz und
hat nichts mit der Lacksäure und ihrer höheren Oxydation zu thun,
wie Korschelt glaubt. Wenn die giftige Eigenschaft mit dem Trocknen
des Lackanstrichs schwindet, so rührt dies nur daher, dass auch das
flüchtige Gift dabei völlig entweicht. Ein ansehnlicher Theil des-
selben wird schon bei der Zubereitung der verschiedenen Lacksorten
und dem Umrühren in offenen Gefässen ausgetrieben; daher gelten
denn auch die mit Farben versetzten Lacke für weit weniger gefähr-
lich, als Rohlack und seine unmittelbaren Derivate. Wenn solche
Lacke in geschlossener Schachtel oder einem Kübel eine Zeitlang ein-
geschlossen waren, wendet selbst der abgehärtete Lackarbeiter sein
Gesicht beim Oeffnen des Gefässes ab, damit es die angehäuften Dünste
[415]3. Lackindustrie.
nicht bestreichen. Diesem Umstande gibt auch d’Incarville Ausdruck,
wenn er sagt: »Il faut prendre garde, en couvrant et découvrant les
vases qui contiennent le vernis, de s’exposer à sa vapeur; on tourne
la tête pour l’éviter; sans cette attention l’on courroit risque de gagner
les clous de vernis.«
Zubereitung des Rohlacks für den Lackierer.
Ki-shô-mi, der von fremden Beimengungen gereinigte Rohlack
(Ki-urushi) wird in einem flachen Holzkübel eine Zeitlang zerrieben,
um die Körner zu zertheilen und eine mehr gleichartige Flüssigkeit
zu erhalten. Dieselbe pflegt man hierauf durch Baumwollstoff (wata-
goshi) oder durch Hanfleinwand (nuno-goshi) zu pressen. Auf diese
Weise erhält man die verschiedenen Sorten Seshime*), welche in der
Lackpreisliste aufgeführt werden, und nicht blos bei der Grundierung,
sondern auch bei den Schluss- (Politur-) Arbeiten der Lackwaaren viel
benutzt werden. Hiernach ist Seshime nichts anderes als gereinigter,
filtrierter und gleichmässig flüssiger Rohlack.
Um die übrigen Lacksorten darzustellen, muss man der erwähnten
mechanischen Reinigung die Entfernung eines ansehnlichen Theils des
beigemengten Wassers folgen lassen. Es geschieht dies durch Ver-
dunstung im Sonnenschein oder gelindes Erwärmen über Kohlenfeuer.
Man trägt den Ki-shô-mi oder Seshime in flache Holzpfannen ein,
welche bei 2—4 cm dicker Wandung einen Durchmesser von 0,5—1 m
haben, und rührt ihn darin mit einer flachen Schaufel beständig um.
In den nördlichen Städten mit bedeutender Lackindustrie (Niigata,
Wakamatsu, Yonezawa, Nojiri etc.) werden diese Pfannen aus Quer-
schnitten des Tochi (Aesculus turbinata Bl.), in Tôkio und andern mehr
südlichen Orten aus solchen von Stämmen des Keaki (Zelkowa Keaki
Sieb.) dargestellt. In jenen erwärmt man den Lack während des Um-
rührens schwach über Kohlenfeuer, in diesen dagegen an der Sonne,
indem man die Holzpfanne schräg gegen eine Wand stellt, damit der
Inhalt, den man beständig umrührt, möglichst stark direkt von der
Sonne beschienen werde. Der Zweck ist in der Regel nach wenigen
Stunden erreicht, die Wassermenge ansehnlich reduciert und der so
hergerichtete Kurome-urushi eine syrupdicke, graubraune, dem
Seshime ähnliche Flüssigkeit. In den drei Hauptstädten des Landes
(Tôkio, Kiôto und Ozaka) geschieht diese Zubereitung und die weitere
[416]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
der nachbenannten Lacksorten durch eine besondere Lackhändler-
Zunft, der in Tôkio vor 10 Jahren 16 Mitglieder angehörten. Diese
Lackhändler oder Urushi-ya wiesen in ihren Preislisten 16—20 Sor-
ten Lack auf. Die Lackarbeiter anderer Städte nannten dies aber
mir gegenüber eine unnütze Spaltung und behaupteten, dass für die prak-
tischen Bedürfnisse 5—6 Sorten ausreichten. Offenbar ist der Urushi-ya
ein Mittelglied, welches eine bessere, aber auch theurere Waare dem
Lackierer in die Hände liefert, als dieser sie erhält, wenn er sie sich
selbst darstellt, wie solches in den kleineren Lackstädten geschieht.
Die Unterschiede zwischen verschiedenen Lacksorten der Preis-
listen sind jedenfalls gering; auch findet man bei den Händlern in
Tôkio eine Anzahl derselben oft gar nicht vertreten, wie z. B. den
Saya-hana, dessen Bedeutung verloren ging, als die Werthschätzung
der alten Schwerter und ihrer Scheiden sank. Jedenfalls sind Seshime,
Nashiji, Shiu-urushi, Rô-iro, Nuritate und Hana-urushi diejenigen,
welche für bessere Arbeiten am meisten geschätzt und verwendet werden.
Urushi Nedan Dzuke oder Lack-Preis-Listen
von Tôkio für die Jahre 1875 und 1882 combiniert und geordnet:
Aus dieser Liste folgt, dass die verschiedenen Lacksorten im
Preise zum Theil sehr differieren, sowie dass alle, auch die gering-
sten, sehr theuer sind und in neuerer Zeit eine ausserordentliche Preis-
erhöhung erfahren haben. Wenn dessen ungeachtet die gewöhnlichen
japanischen Lackwaaren sehr billig zu haben sind, so erklärt sich
dies einmal dadurch, dass eine geringe Menge des kostbaren Mate-
rials ausreicht, um damit ansehnliche Flächen zu lackieren, und so-
dann dadurch, dass die Bedürfnisse und Lohnansprüche japanischer
Arbeiter sehr gering sind.
Nashi-ji und Shiu-urushi, sowie die ihnen sehr nahestehenden
Shiyun-kei und Jô-tame heissen zusammen Suki-urushi, d. h.
Transparentlacke. Sie sind frei von Eisenzusätzen, in dünner Schicht
röthlichgelb und durchsichtig und finden ihre Hauptverwendung bei
den Schlussarbeiten des Lackierers. Nashi-ji hat seinen Namen
»Birnengrund« nach seiner Verwendung bei einer Art Flächendecoration
mit grobem Goldpulver oder dessen Ersatz durch Bronze, welche die
Farbe der japanischen Birnen nachahmen soll. Diese theuerste aller
Lacksorten enthält 1 % Shiô oder Gummigutt, welches in Pulverform
oder als concentrierte Lösung entweder während oder vor dem Um-
rühren an der Sonne gutem, durch Hanfleinwand gepresstem Ki-shô-mi
zugesetzt wird. Zur Verdunstung des Wassers der beigefügten Lösung
sind unter stetem Umrühren je nach der Wärme und dem Feuchtig-
keitsgehalte der Luft 6—18 Stunden erforderlich. Darauf presst man
den Nashi-ji zweimal durch Baumwollfilter und kann ihn dann ohne
weiteres anwenden. Shiyun-kei wird in ähnlicher Weise bereitet; doch
von geringerem Rohlack und unter Zusatz von etwas Ye-no-abura
(Perilla-Oel). Auch nimmt man gewöhnlich statt Gummigutt Pflaumen-
saft (von der Frucht der Mume) oder das gelbe Extract der Kuchi-
nashi, d. h. der Früchte der Gardenia florida. Jô tame wird fast
gerade so bereitet, aber aus etwas dickflüssigerem Rohlack.
Shiu-urushi, Zinnoberlack, ist ein Transparentlack, der wie
Nashi-ji aus dem besten, im heissen Doyô (Hundstagszeit) gewonnenen
Rohlack der unteren Stammesteile bereitet wird, sich aber durch einen
Zusatz von 1—10 % Yegoma-no-abura unterscheidet. Man nennt ihu
Zinnoberlack, weil man bei Anwendung der Zinnoberfarbe sich ge-
wöhnlich seiner bedient, indem man dieselbe innig und sorgfältigst damit
zusammenreibt. Zu einem sehr ordinären rothen Lackanstrich bedient
man sich wohl auch zuweilen des Beni-gara oder Eisenroths.
Kuro-urushi ist der Collectivname aller schwarzen Lacke, die
man erhält, indem man dem gereinigten und durch Hanfleinwand ge-
Rein, Japan. II. 27
[418]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
pressten Rohlack die Lösung eines Eisensalzes (Eisenvitriol oder essig-
saures Eisenoxyd) oder das Toshiro (Eisenschleifwasser) beifügt und
dann unter Umrühren das Wasser wieder austreibt. Zur Bereitung des
Rô-iro-urushi oder besten schwarzen Glanzlackes verwendet man
sehr guten gereinigten Rohlack und setzt demselben nach dem Wata-
oder Nuno-goshi in der Regel Haguro, eine Lösung von essigsaurem
Eisenoxydul (welche sonst zum Zähneschwärzen der Japanerinnen diente
und dadurch gewonnen wird, dass man eiserne Nägel oder Eisenfeil-
späne mit Reisbier oder Essig übergiesst und an einem warmen
Orte mehrere Tage stehen lässt) zu und rührt dann bis zur vollen Ver-
dunstung des Wassers in flachen Kübeln oder Bütten an der Sonne
oder über gelindem Kohlenfeuer um. Die Menge der zuzuführenden
Eisenlösung wird durch die Farbe beurteilt. Der Gehalt an Eisen
schwankt zwischen 0,5 und 2 %. Ist alles Wasser entfernt, so wird
der Rô-iro-urushi zweimal durch Baumwolle gepresst und kann nun
ohne weiteres zu schwarzem Lackanstrich verwendet werden.
Hana-urushi, Blumenlack, ist ebenfalls ein schwarzer Lack, den
man ähnlich bereitet, wie den vorhergehenden, der etwas weniger
Eisen, aber einen kleinen Zusatz von Yegoma-no-abura enthält, während
Haka-shita gleich Rô-iro ohne Oel, aber aus viel schlechterem Roh-
lack bereitet wird. Saya-hana, Jô-hana, Jô-chiu-hana und
Chiu-hana sind verschiedene Abstufungen von Blumenlack, wie
schon aus der Preisliste hervorgeht. Naka ist Synonym von Chiu,
bedeutet »zwischen« und im Worte »Naka-urushi« einen schwarzen
Lack von geringerer Güte, der in der Regel zum Abschluss der Grun-
dierung verwendet wird. Alle diese billigeren schwarzen Lacke, welche
aus geringeren Sorten Rohlack bereitet und meist bei der Grundierung
angewandt werden, enthalten Yegoma-no-abura. Bei Nuritate, welcher
ebenfalls hierher zu rechnen ist, beträgt dieser Oelzusatz gegen
10 Procent. In den nördlichen Lackstädten, wo jeder Lackierer
sich nach Bedürfniss alle seine Lacksorten selbst zubereitet, macht
man nur eine Sorte schwarzen Lack und bezeichnet sie einfach als
Kuro-urushi.
Die verschiedenen Abstufungen des kastanienbraunen Lackes oder
Kuri-iro-urushi werden durch Vermischung von schwarzem mit
Zinnober-Lack erhalten. Goldgelb oder Kin-iro wird durch echtes
Goldpulver oder seinen Ersatz durch Bronze erzielt, ebenso Gin-iro,
silberweiss durch Silberstaub. Kiwo-urushi, d. h. Auripigmentlack
ist eine grünlichgelbe Lackfarbe, welche man durch Beimischung von
pulverförmigem gelben Schwefelarsen zu einem Transparentlack dar-
stellt. In ähnlicher Weise erhält man Awo-urushi oder grünen
[419]3. Lackindustrie.
Lack, wenn man mit einem der durchsichtigen Lacke ein grünes Pulver,
Sei-shitsu (sprich Sests’) genannt, innig mischt.*)
Da hiermit die Zahl der japanischen Lackfarben erschöpft ist, so
ergiebt sich, dass die helleren Farbentöne, wie weiss, gelb, blau und
roth, sowie ihre verschiedenen Schattierungen und Uebergänge, ebenso
das hellere Grün, fehlen. An Versuchen, solche zu erzielen, hat es bei
Japanern und Chinesen nicht gefehlt: ihr Misslingen ist der Eigenart
des Lackes zuzuschreiben.
Im Anschluss an das hier über die verschiedenen Lacksorten und
deren Zubereitung Bemerkte lasse ich ein Verzeichniss der an-
dern Materialien, sowie der Werkzeuge folgen, deren sich der
japanische Lackarbeiter bedient. An Farben und sonstigen Decorativ-
stoffen verwendet er; 1) Shiu, Zinnober, 2) Kiwo, Auripigment, 3) Ai
oder Indigo aus Polygonum tinctorium, 4) Sei-shitsu, ein Gemisch
aus 2 und 3, 5) Beni-gara, Eisenroth, 6) Beni, Carthamin, 7) Shiô,
Gummigutt, 8) Tonotsuchi, Bleiweiss, 9) Sumi, Holzkohlen, und
zwar a) Matsu-no-sumi-noko, d. h. pulverisierte Kiefernholzkohle,
b) Ho-no-ki-sumi, Magnolienholzkohle, c) Tsubaki-no-sumi,
Camellienholzkohle, d) Rô-iro-dzumi von Lagerstroemia indica, 10) Ao-
gai, Perlmutter von Haliotis- und grossen Trochus-Arten, 11) ver-
schiedene Sorten gelben und grünen Goldstaub (Yaki-gaue und
Koban), 12) Gin-pun, Silberstaub, 13) Kin-baku, echtes Blattgold,
14) Gin-baku, Blattsilber, 15) Shari-kaganai, Staniol, 16) Shari-
Nashi-ji, Zinnstaub.
Bei den Grundierungsarbeiten werden benutzt; 1) Nuno, Hanf-
leinwand, 2) Kokuso, zerhackter Hanfbast oder zerhackte Baumwoll-
watte, 3) Kami, Bastpapier, 4) Shônô, Kampfer, 5) Nikawa,
thierischer Leim, 6) Shibu, adstringierender Saft der unreifen Dattel-
feigen (Diospyros Kaki), 7) Hai-dzumi, Kienruss, 8) Ji-no-ko,
feinpulverisiertes Ziegelmehl, 9) To-no-ko, Eisenockerpulver, 10) To-
ishi, Wetzsteine verschiedener Art als Schleifmittel, 11) Hô-no-
sumi, sowie die andern obengenannten Holzkohlen zu gleichem Zweck,
12) Tsuno-ko, pulverisiertes gebranntes Hirschhorn als Poliermittel
27*
[420]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
nach Abschluss des Lackierens, 13) Tane-abura zu gleichem Zweck
und zum Reinigen der Pinsel und Bürsten, 14) Nori, Kleister.
Die zum Lackieren verwendeten Werkzeuge sind einfach und
zum Theil äusserst zweckmässig. Auf Tafel III und IV wurden die
gebräuchlichsten derselben abgebildet. Die Originale befinden sich im
Königlichen Kunstgewerbemuseum zu Berlin. Bei den Grundierungs-
arbeiten werden vornehmlich folgende gebraucht; 1) Hôchô, ein ge-
rades scharfes Küchenmesser (III 1), 2) Ko-gatana, das ebenfalls
gerade, steife, aber kleinere Taschenmesser, welches im Futteral ge-
tragen wird, 3) Ye-guri, der Hohl- oder Stechmeissel (III 2), 4) Ha-
sami, eine Schere, welche an unsere Wollscheren erinnert (III 3),
5) Hera, Holzspatel (III 4, 5), 6) Take-bera, ein spitzer Bambus-
rohrspatel (III 6), 7) Hake, flache Pinsel aus Menschenhaaren (III 7),
8) Unoke-hake, desgleichen aus Hasenhaaren (IV 3), 9) Abu, ein
Aufhänger zum Trocknen der Pinsel, 10) Jô-ban, ein kleiner Holz-
kasten zur Aufbewahrung der Werkzeuge, auf dessen schachtelartig
übergreifendem Deckel die verschiedenen Grundierungsmittel zubereitet,
die Pinsel gereinigt und gleich den Spateln zugeschärft werden. Diese
beiden Werkzeuge sind aber die wichtigsten. Die Spatel werden aus
Hi-no-ki (Retinispora obtusa) oder einem verwandten Nadelholze ge-
schnitzt. Sie haben einen zugespitzten, abgerundeten Stiel und eine
elastischbiegsame, nach vorn dünner und breiter werdende Platte, die
am 1—3 Finger breiten Ende zugeschärft und schräg abgeschnitten wird.
Auch bei den flachen Pinseln oder »Hake« wechselt die Breite je nach
den besonderen Zwecken, welchen sie dienen. Zwischen zwei dünnen
zusammengeleimten und an den Längsseiten durch Querleistchen ver-
bundenen Holzplatten liegt der Länge nach und durch Leim dicht ver-
bunden die Schicht langer schwarzer Menschenhaare und ragt vorn
1—2 mm weit vor. Sind dieselben etwas abgenutzt, so schneidet man,
ähnlich wie bei einem Bleistift das Holz ringsum zurück und die Haare
vorn mit dem Messer sorgfältig gleichlang ab. Mit dem Holzspatel
werden die zum Lackieren dienenden Farben und sonstigen Materialien
auf einem Brett oder dem Deckel des Jô-ban zerdrückt und mit Lack
innig gemengt. Er vertritt also die Stelle des Pistills oder der Mörser-
keule bei der Reibschale. Mit dem Spatel trägt man alle Kitte und
breiigen Grundierungsmittel, mit dem flachen Pinsel alle Lack-
firnisse auf.
Für die feineren Schlussaroeiten benutzt man 1) verschiedene
Fude oder runde Pinsel (IV 6—11) aus Ratten-, Hasen- und Hirsch-
haaren in Bambusstielen und mit Bambusrohr-Schonern, wie einige der
Abbildungen zeigen, die nach dem Gebrauch über den gereinigten
[][]
Werkzeuge zur Lackindustrie.
[]
Werkzeuge zur Lackindustrie.
[][421]3. Lackindustrie.
Pinsel geschoben werden. Zur Aufbewahrung dient 2) der Fude-
tate oder Pinselträger; zum Auftragen der feinen breiigen Farben
dient weiter 3) eine kleine Palette aus Schildpatt oder Büffelhorn,
Tsuno-ban genannt (III 8), welche über den Daumen der linken
Hand geschoben wird, 4) verwendet man je nach der grösseren oder
kleineren Fläche eines frischen Lackanstrichs, welche man mit irgend
einem Pulver gleichmässig bestreuen will, verschiedene kleine Nashi-
ji-tsutsu, Staubsiebe, oder Tsutsu-furui, Röhrensiebe, indem man
Federkiele oder Bambusröhren schräg durchschneidet und über den
Durchschnitt als kleines Sieb ein poröses Gewebe aus Seide oder einem
andern Stoff klebt, wie Taf. IV, Fig. 1 zu sehen ist. 5) Tafel IV,
Fig. 2 stellt ein Stäbchen dar, dessen eines Ende einen Tai-ki oder
kleinen Fischzahn (von Serranus marginalis, dem Tai) trägt, den man
zum Polieren von einspringenden Kanten und anderen Furchen benutzt,
in welche die zugespitzte Kohle nicht reicht. 6) Tafel IV, Fig. 3 ist
die Abbildung eines Yanagi-yôji oder Weidenholzpinsels, wie ihn
die Japaner allgemein als Zahnbürste benutzen. Dieser Pinsel dient zum
Abkehren eines überflüssig aufgestreuten Pulvers, während das spitze
Stielende, oder ein besonders zugespitztes Stäbchen, 7) der Hirame-
fude, zum Aufpicken und Uebertragen kleiner Goldblatt- oder Perlmut-
terblättchen auf eine frische Lackschicht verwendet wird, 8) Unter
Ké-bo (IV 5) versteht man langhaarige Pinsel aus Hirsch- oder Pferde-
haar, welche dazu dienen, irgend welchen Staub von dem lackierten
Gegenstand abzukehren. 9) Tafel III, Fig. 9 stellt einen Saji oder
Löffel dar, der dazu dient, den Gold- oder Silberstaub in das Röhrensieb
einzutragen. Der Rücken kann zugleich statt eines Spatels zum Auf-
tragen von einzelnen Grundierungsschichten auf concave Flächen be-
nutzt werden.
Unter den Stoffen, aus denen die zu lackierenden Gegenstände an-
gefertigt werden, steht das Holz (Ki) oben an. Vornehmlich benutzt man
Nadelhölzer für Lackwaaren und hält das Hi-no-ki oder Holz der Re-
tinispora obtusa weitaus für das beste, weil es weiss, astknotenrein und
wenig harzreich ist. Ihm zunächst stehen Sawara (Retinispora pisi-
fera), Hiba (Thujopsis dolabrata), dann folgen Tannen, Kiefern und die
Cryptomeria. Das Holz des Ho-no-ki (Magnolia hypoleuca) zeichnet
sich durch Feinkörnigkeit und Elasticität aus. Aus ihm bestehen zum
Beispiel die dünnen Seitenwände der beliebten, leichten elliptischen
Brodkörbchen, welche vornehmlich in Shidzuoka und Niigata verfertigt
werden. Auch das leichte Holz des Kiri (Paulownia imperialis) wird zu
Lackwaaren ziemlich viel verwendet. Mehrere andere durch grössere
Zähigkeit und Festigkeit sich auszeichnende Laubhölzer, wie Keyaki
[422]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
(Zelkowa Keaki), Sakura (Prunus pseudo-cerasus) und Buna (Fagus
Sieboldi) werden auf der Drehbank zu Gefässen verarbeitet und dann
lackiert. Aus Buna macht man z. B. in Wakamatsu und Yonezawa
viele von den wan oder Suppennäpfen der Japaner. Sie sind schwerer
und weniger widerstandsfähig, als aus Keaki oder Katsura (Cerci-
diphyllum japonicum). — Ganz unbrauchbar zum Lackieren ist nur das
Holz von Laurus camphora, wegen seines ausschwitzenden Kampfers und
dessen bereits früher erwähnter verdünnender Einwirkung auf den Lack.
Lackiert werden ferner Gegenstände aus steifer Papiermasse, z. B.
aus Ikkambari, einer Art Papiermaché, und Kami-kawa oder
Papierleder, ferner aus Tsuno, Horn, und Bekkô, Schildpatt, aus
Bambusrohr oder Take, dessen Epidermis vorher entfernt werden
muss, aus Tetsu, Eisen, und Aka-gane, Kupfer, sodann verschiedene
Thonwaaren ohne Glasur, namentlich Porzellan (vornehmlich in Na-
gasaki und Nagoya), sowie Banko-yaki und ordinäres irdenes Geschirr
(in Ise und Nagoya). —
Folgendes sind die wichtigsten Regeln, welche der Lackierer bei
seinen Arbeiten beobachtet:
1) Jeder Anstrich muss gleichmässig aufgetragen und die be-
strichene Fläche zu dem Zweck kreuzweise mit dem Spatel oder Pinsel
überfahren werden, erst in der einen, nachher in der andern Richtung.
2) Keine neue Schicht darf aufgetragen werden, bevor die alte
vollkommen trocken ist.
3) Das Trockensein wird bei glatten Anstrichen am besten durch
die Verdichtung und das Verschwinden des aufgehauchten Wasser-
dampfes erkannt.
4) Das Trocknen kann nur bei den ersten Grundierungsarbeiten an
freier Luft oder im direkten Sonnenlicht erfolgen, und auch dann nur,
wenn der Anstrich keinen, oder nur wenig Lackzusatz enthält.
5) Das Trocknen aller eigentlichen Lackanstriche erfolgt in der
feuchten, ungewärmten Atmosphäre eines Kastens, Schrankes oder
Zimmers. Um dieselbe zu schaffen, wird die angewandte Kiste auf
eine Seite gelegt, mit einem nassen Tuch ausgewaschen und dann nach
dem Einstellen des mit Lack bestrichenen Gegenstandes durch den
ebenfalls auf der Innenseite abgewaschenen Deckel geschlossen. Aehn-
lich behandelt man den mit Abstellbrettern versehenen Trockenschrank.
6) Eine solche Vorrichtung dient zugleich dazu, um Luftzug, Staub
und Licht während des Trocknens fernzuhalten.
7) Jeder feinere Lackfirniss für die Schlussarbeiten muss vor dem
Auftragen ein- oder mehrmals in Yoshino-gami (ein feines poröses, aber
starkes Broussonetia-Bastpapier) eingeschlagen und durch Drehen an
[423]3. Lackindustrie.
beiden Enden in entgegengesetzter Richtung durchgepresst werden.
Gelindes Erwärmen vermehrt den Fluss und erleichtert diese Arbeit.
8) Nach fast jedem neuen Anstrich erfolgt, je nach der Natur des-
selben, Abreiben oder Polieren mit Polierstein, mit Kohle der Magnolia
hypoleuca oder gebranntem Hirschhorn (in den beiden ersten Fällen
natürlich unter Zurhülfenahme von Wasser), je nachdem diese Opera-
tion auf einen Grundierungsanstrich oder eine spätere Decke folgt.
9) Der sorgfältig lackierte, fertige Gegenstand darf in keiner Weise
die Beschaffenheit der Unterlage zeigen, muss frei von zufälligen Un-
ebenheiten, Rissen und Flecken sein, vollkommen spiegeln und darf
trocken, oder durch Berührung mit heissem Wasser erwärmt, sich nicht
verändern. Endlich muss die angehauchte Feuchtigkeit sich wie beim
polierten Stahl rasch und ringsum gleichmässig nach dem Centrum hin
zusammenziehen und verlieren.
Das japanische Lackierverfahren, welches ich nun in den
nachstehenden Spalten näher erläutern will, ist ebenso abweichend von
dem unsrigen, wie das in Anwendung kommende Material, doch keines-
wegs überall dasselbe, namentlich was die Grundierungsweise anlangt,
die nicht nur nach der Beschaffenheit der Unterlage, sondern auch mit
Rücksicht auf die Ausschmückung und den Werth des Gegenstandes
sehr verschieden sein kann. Es scheint mir indess geboten, hier erst
die bessere, sorgfältigere Behandlungsweise mit Holzunterlage vorzu-
führen, nach welcher die werthvolleren alten Lackwaaren und auch
die schon erwähnten Muster der von mir herrührenden Sammlung im
Berliner Kunstgewerbe-Museum angefertigt wurden. Am Schlusse werde
ich dann die Herstellung der gewöhnlichen Marktwaare, sowie das Ver-
fahren beim Lackieren keramischer Producte kurz anführen.
Nach den früher erwähnten zwei Klassen japanischer Lackierer
unterscheiden wir Arbeiten des Nushi-ya und des Makiye-shi.
A. Arbeiten des Nushi-ya.
a) Vorarbeiten oder Grundierung, jap. Shita-ji, Togi-tate
und auch Naka-nuri-togi-tate genannt.
1) Das Kokuso-o-kau oder Verkitten. Nachdem der vom
Schreiner fertiggestellte, geglättete Gegenstand in die Hände des
Lackierers gelangt ist, werden die Leimfurchen, hölzernen Nagelköpfe,
Astknoten und sonstige schadhafte Stellen mit Hülfe des Messers und
Hohlmeissels etwas ausgefalzt und die so entstandenen Gruben mit Kitt
ausgefüllt. Diesen Kitt oder Kokuso fertigt man wie folgt an: Reis-
kleister wird mit gleichviel Seshime-urushi innig gemengt, dann mit
fein zerhacktem Hanfbast, Charpie oder Watte zu einem möglichst gleich-
[424]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
mässigen Brei gemengt. Zum Auftragen dient ein zugespitzter Spatel
(der Take-bera). Der anfangs graubraune Kitt färbt sich bald schwarz-
braun und haftet ausserordentlich fest an.
2) Das Ki-gatame, d. h. Stärken oder Beizen des Holzes (von
Ki, Holz, katameru, stärken). Dies Beizmittel ist Seshime-urushi mit
oder ohne Zusatz von Kleister und wird mit dem Spatel oder flachen Pinsel
aufgestrichen. Der Zweck dieses Verfahrens ist ein doppelter: einmal
sollen dadurch die etwa noch vorhandenen Risse und Poren im Holze
ausgefüllt werden, sodann aber will man eine Grundlage schaffen, auf
welcher der Papier- oder Leinwandüberzug (4) besser haftet.
3) Das Hi-komi (hiku, decken, komu, eindringen) wird nur an
den mit Kokuso-o-kau behandelten Stellen vorgenommen und dient
zum Nachfüllen und Ebnen derselben und zum völligen Schutz gegen
das Eindringen der nachfolgenden Anstriche. Der hierzu benutzte
Kitt ist ein Gemisch aus Ji-no-ko (Ji, Grund, ko, Pulver), einem gelb-
braunen oder röthlichen Pulver aus Ziegeln oder Scherben der ordi-
närsten Töpferwaare (Karawake), etwas Wasser, Kleister und Seshime-
urushi. Nach dem Trocknen folgt das Abschleifen der Unebenheiten
durch Omura-do, einen Sandstein von Omura in Hizen.
4) Das Nuno-kise oder Kami-kise, d. h. das Ueberziehen
(kiseru) mit Hanfleinwand oder Papier. Kleister und Seshime-urushi
werden zu einem dünnen Brei innig gemengt und damit die Gegen-
stände dünn überstrichen. Hierauf wird ein Bogen Mino-gami (starkes
Broussonetia-Bastpapier aus der Provinz Mino) oder dünne Leinwand
darüber gebreitet und mit dem Spatel glatt und fest aufgedrückt.
Dann schneidet man das Ueberragende mit der Schere glatt ab und
gibt dem Ganzen mit dem Spatel oder der Bürste eine dünne Decke
vom nämlichen Lack. Die grosse Bedeutung dieses ganzen Verfahrens
für die Dauerhaftigkeit der Lackwaare ist einleuchtend. Einmal bildet
der Ueberzug gewissermaassen eine Scheidewand, welche das aus dem
Holze etwa ausschwitzende ätherische Oel und Harz zurückhält vom
Eindringen in die äusseren Lackdecken, sodann aber gibt es auch
dem Holze eine grössere Festigkeit und verhindert insbesondere das
Werfen desselben. Natürlich kann nur das starke, langfaserige japa-
nische Büttenpapier, nicht aber das durch »Holländer« zerhackte Ma-
schinenpapier zu diesem Zwecke dienen.
5) Das Kata-ji (kata, fest, ji, Grund), ist ein ziemlich dicker
Anstrich eines steifen Kittes, welcher wie beim Hi-kome (3) bereitet
und mit dem Spatel aufgetragen wird. Oft wiederholt man ihn nach
dem Trocknen und Abschleifen der Unebenheiten mittelst Omura-do
noch einmal.
[425]3. Lackindustrie.
6) Das Kiri-ko, d. h. gemischtes Pulver. Pulverisierter Ocker
(To-no-ko) wird mit Wasser zu einem steifen Brei verarbeitet und dann
mit Seshime, etwas Ji-no-ko (Ziegelmehl) und Kleister (Nori) versetzt
und innig gemengt. So entsteht ein Brei, der sich mit dem Spatel
oder dem Pinsel (Hake) leicht auftragen lässt, und in 1—2 Tagen an der
Luft trocknet. Es folgt abermals Abschleifen der Unebenheiten, hierauf:
7) Das Ji-gatame (ji, Grund, katameru, stark machen). Hierzu
wendet man nur Seshime-urushi an, welchen man vorher mit etwas
Wasser zu einem dünnen Brei verarbeitet. Die Gegenstände werden
damit leicht überstrichen, dann rasch mit einem Lappen überrieben
und sind nun nach dem Trocknen schwarzbraun gefärbt.
8) Das Sabi, hergeleitet von Sabi-iro, d. h. Rostfarbe. Die
mit Ji-gatame behandelten Gegenstände werden mit einem ziemlich
steifen Brei überstrichen, der ähnlich wie für das Kiri-ko (Nr. 6) be-
reitet wird, mit Weglassung von Kleister und zum Theil auch des
Ziegelmehls. Nach dem Trocknen folgt wieder Abreiben (togi) mit
Sandstein und Wasser, bis die Oberfläche glatt und ihre Farbe dunkel
graubraun ist.
9) Das Sumi-bike oder Ueberziehen (hiku) mit Tusch (sumi).
Schlechter Tusch wird mit Wasser stark angerieben und dann mit
einem Baumwollbällchen aufgerieben.
10) Das Naka-nuri (naka, mittlere, innere; nuri, Lackierung).
Naka-nuri-urushi, eine schlechtere Sorte von Hana-urushi (siehe
pg. 418), ist ein glänzend schwarzer, dickflüssiger Lack, der mit 1/10
bis 1/15 seines Volumens Seshime vermischt und dann mit einigen
Tropfen Sake oder Reisbier versetzt wird, worauf man das Gemisch
durch mehrere übereinander liegende Bogen Yoshino-Papier presst.
Das Anstreichen erfolgt mit flachem Pinsel, das Trocknen im geschlos-
senen feuchten Raum.
Hierauf folgt das Naka-nuri-togi, d. h. das Abschleifen (togu)
des Naka-nuri-Anstrichs. Diese Arbeit ist zeitraubend, aber sehr wich-
tig. Sie muss so lange fortgesetzt werden, bis aller Glanz verschwun-
den ist und die Flächen vollständig glatt sind. Der Arbeiter bedient sich
dazu der feinporigen, leichten Ho-no-ki-sumi, der Kohle der Magnolia
hypoleuca, die er mit den drei ersten Fingern der rechten Hand fasst,
und eines nassen Tuches, welches er mit dem übrigen Theil der Hand
hält. Ausserdem benutzt er einen zur Seite stehenden Kübel mit
frischem Wasser, sowie einen kleinen Schleifstein, um die Kohle häufig
abzureiben. Nach Beendigung der Arbeit erscheint der Gegenstand
vollkommen glatt und von mattschwarzer Farbe. Die Grundierung ist
nun beendet. Sie hatte zum Zweck, das Holz haltbarer zu machen,
[426]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
derart zu überdecken, dass von seiner Natur nichts zum Vorschein
kommt, und der Charakter der Lackarbeit nicht dadurch beeinflusst
wird, also auch von den ferneren Anstrichen nichts eindringen kann.
Die Abweichungen von diesem sehr umständlichen, aber soliden
Grundierungsverfahren, welches früher bei Darstellung der besten Lack-
waaren immer angewandt wurde, bezwecken Ersparniss an Material,
namentlich an Seshime-urushi, und an Zeit. Es sind folgende:
1) Bei Operation 4 wird der Gegenstand nicht mit Leinwand oder
Mino-gami bedeckt, sondern man begnügt sich, Streifen eines billigen
beschriebenen Papiers über die durch Kokuso ausgefüllten Leimfurchen
zu legen.
2) An Stelle der 3., 6. und 7. Operation tritt das Shita-ji
(Shita, unten; ji, Grund). Der zu diesem Untergrunde angewandte
Kitt enthält keinen Lackfirniss, sondern ist ein Gemisch aus gekochtem
Leim, Ziegelmehl und etwas Kienruss, wozu noch heisses Wasser ge-
fügt wird. Auch überstreicht man z. B. nur die Böden der Theebretter
damit, nicht auch die Seitenwände, noch Schalen, Kästchen u. dergl.
3) Das Sabi wird zweimal aufgetragen.
4) Zwischen die 9. und 10. Operation kommt eine neue, das Ueber-
streichen mit Shibu, dem Safte unreifer Früchte der Dattelfeige (Dios-
pyros kaki).
5) Das Naka-nuri-togi wird viel oberflächlicher vorgenommen.
In Wakamatsu, Yonezawa, Niigata und andern nördlichen Städten
mit ansehnlicher Lackindustrie folgt auf das Verkitten (Kokuso-o-kau)
ein Anstrich aus einem Gemenge von Shibu und pulverisierter Kiefern-
holzkohle oder Kienruss, dann Abschleifen, womit die ganze Grundie-
rungsarbeit beendet ist.
Keramische Gegenstände, welche mit Lack verziert werden
sollen, müssen ohne Glasur sein. Auf glasierten Thonwaaren haftet
kein Kitt, noch Lack, wie dies in der Königlichen Porzellansammlung
zu Dresden drei chinesische Vasen zeigen, deren Lackornament auf
Glasur an vielen Stellen abgesprungen ist. Die Grundierung wird
durch das Sabi (siehe 8. Operation oben) und Naka-nuri bewirkt.
b) Schlussarbeiten des Nuri-mono-shi.
Welcher Art auch immer die Grundierungsweise sein möge, so ist
doch stets das Abschleifen (togi), bis eine glatte, doch nicht spiegelnde,
dunkelgraue bis grauschwarze Fläche erzielt wurde, ihr Schluss. Auf
diese Unterlage kommen nun all die verschiedenartigen Decken, durch
welche die fertigen japanischen Lackwaaren ein so mannigfaltiges
Aussehen erhalten, so dass es nahezu unmöglich ist, hier alle Mani-
[427]3. Lackindustrie.
pulationen und Kunstgriffe dazu anzugeben. Doch scheint mir eine
kurze Besprechung der wichtigsten Kategorieen gewöhnlicher japani-
scher Lackwaaren und ihrer Entstehungsart geboten. Es kommen hier
in Betracht:
1) Nuri-tate ist nicht blos der Name eines Lackes, mit dem
die Anstriche abschliessen, sondern auch eines besonderen Verfahrens.
Man bezeichnet nämlich damit einfache Lackanstriche, denen keiner-
lei weitere Abreibung und Politur folgt. Sie zeigen Streifung nach
einer Richtung, welche von den Pinselstrichen herrührt, und werden
durch einmaligen Anstrich auf die Grundierung nach dem Naka-nuri-
togi hergestellt und im Trockenraume hängend oder liegend in 1 bis
2 Tagen völlig fest. Nach dem oben über die verschiedenen farbigen
Lacke Gesagten erhält man eine schwarze Farbe durch Anstrich mit
Jô-hana oder Rô-iro, roth durch Zinnoberlack, grünlichgelb durch
Auripigmentlack, grün, indem man einem Transparentlack Sei-shitsu
beimengt. Durch Vermischen von schwarzem Lack mit Zinnoberlack
erhält man braune Lackanstriche in verschiedenen Abstufungen, ebenso
Nüancen von hellgrün durch grössere Mengen von Auripigment und
von dunkelgrün durch Zusatz von Jô-hana oder einem andern schwar-
zen Lack zum grünen.
2) Shun-kei-urushi oder Nojiro-Shun-kei ist der Name
eigenthümlich lackierter, gelber Holzwaaren des Städtchens Nojiro
nördlich von Akita in der Nähe des Japanischen Meeres. Während
bei dem gewöhnlichen Lackierverfahren durch die Grundierung der
Charakter des Untergrundes verdeckt wird, bleibt hier die natürliche
Aderung ziemlich gut erhalten. Dem sorgfältigen Beizen des Holzes
mit Seshime-Lack, mit oder ohne einen die Poren füllenden Zusatz,
folgt behutsames Abreiben, dann ein leichter Anstrich von Gummigutt-
lösung, oder einem andern flüssigen gelben Farbstoff (z. B. aus den
Früchten der Gardenia florida), und schliesslich ein dünner Ueberzug
mit einem Transparentlack, dem Shun-kei-urushi. Meist wird aber wohl
der gelbe vegetabile Farbstoff diesem beigemengt und mit ihm zugleich
aufgetragen. Des hohen Oelgehaltes dieses Lackes wegen kann man
nach seinem Auftragen die gewöhnliche Abschleif- und Politurweise
nicht anwenden, sondern muss die Gegenstände so lassen. Deshalb
ist bei Zubereitung und Anwendung dieses Lackes noch grössere Sorg-
falt und Reinlichkeit geboten als sonst, damit die fertige Lackwaare frei
von Flecken und Pinselstrichen erscheine. Dann zeigt sie eine durch-
scheinend gelbe oder bräunlichgelbe Farbe, die Adern und Masern des
[428]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Holzes und hohen Glanz. Nojiro-Shun-kei ist übrigens eine ziem-
lich theuere Waare, welche nur selten ausgeführt wird.*)
3) Tsuya-keshi (tsuya, Glanz, keshu, auswischen, vertreiben)
ist ein mattschwarzer Lackanstrich, der dadurch erzielt wird, dass man
die grundierten Gegenstände mit Rô-iro-urushi anstreicht, nach dem
Trocknen mit Rô-iro-dzumi (Kohle der Lagerstroemia indica) abschleift,
dann mit Seshime-urushi und weichem Papier überreibt.
4) Das Rô-iro. Diese glänzend schwarze Lackfarbe wird ähn-
lich wie die vorerwähnten erzielt, nur dass am Schlusse noch Behand-
lung mit Suri-urushi (Politurlack) folgt. Die Politur wird erzielt
durch dreimaliges abwechselndes Ueberreiben mit Seshime-urushi und
Pulver von gebranntem Hirschhorn. Zum Aufreiben dienen statt des
Polierleders der Ballen und die Fingerspitzen der rechten Hand. —
1) Tsugaru-nuri, Tsugaru-Lack (Tafel Va). Derselbe führt
seinen Namen nach der Landschaft Tsugáru (sprich Tsungáru) im Norden
von Hondo, der Insel Yezo gegenüber, in deren Hauptstadt Hirosaki
diese Lackiermethode noch immer viel angewandt wird und ihre grösste
technische Vollendung erhalten hat. Der Charakter des Tsugaru-Lackes
besteht im wesentlichen darin, dass viererlei Farben (oder mehr), näm-
lich schwarz, roth, gelb und grün, herrührend von Rô-iro-, Zinnober-,
Auripigment- und Sei-shitsu-Lack in verschiedener Weise bunt durch-
einander gemischt erscheinen. Bald sind es regelmässige Streifen,
bald mehr oder minder unregelmässig auftretende Flecken und undeut-
liche Figuren, bald ist es wieder ein gesetzloses Durcheinander von
grösseren und kleineren Flecken und Punkten, in denen sie auftreten.
Gewöhnlich wiegt eine der genannten Farben mehr vor, nicht selten
fehlt auch eine derselben vollständig.
Man findet Tsugaru-nuri nicht häufig, zumal in den europäischen
Sammlungen, weil seine Darstellung viel Zeit erfordert und der Preis
[429]3. Lackindustrie.
dementsprechend hoch ist. Die besten älteren Gegenstände davon und
von Wakasa-nuri (der folgenden Gruppe) sah ich im Haag (Museum van
Rariteiten) und in dem ethnographischen Museum zu München.
Der Tsugaru-nuri wird so dargestellt, dass man auf dem Grunde
nach dem Naka-nuri-togi mit einem zähen Kitt, den man aus Eiweiss
oder einem verwandten Körper, z. B. Tôfu und Rô-iro-urushi bereitet,
eine unebene Oberfläche schafft, die man zuerst mit rothem, gelbem und
grünem Lack in irgend einer Ordnung hintereinander und dann noch mit
Transparentlack überstreicht. Hierauf wird die Fläche mit Kohle und
Wasser soweit gleichmässig abgeschliffen, bis eine zusagende Marmorie-
rung sich zeigt. Der Charakter derselben wird abhängen von der Art des
Auftragens vom Kitt, ob derselbe nämlich gleichmässig auf die Unterlage
gestrichen wird und man dann durch das Eindrücken von Figuren oder
parallelen Furchen regelmässige Muster erzeugt, oder ob man diesen Kitt
mit Hülfe eines Tupfers auf die Grundlage überträgt und so von vorn-
herein eine unregelmässig höckerige Oberfläche schafft. Ferner hängt die
Art der Marmorierung offenbar auch von der Ordnung ab, in welcher die
verschiedenfarbigen Lackanstriche aufeinander folgen, und endlich von
dem Grad des Abschleifens. Ist letzteres beendet, so folgen die Schluss-
arbeiten, zunächst ein Anstrich mit einem Gemisch von Seshime mit
Nashi-ji und nochmaliges Abreiben mit Kohle, darauf die Arbeiten zum
Erzielen des Spiegels, bei denen neben Seshime-urushi Repsöl und Bolus
oder ein anderes feines mineralisches Pulver in Anwendung kommen.
2) Wakasa-nuri, Wakasa-Lack (Tafel Vb). Die Provinz
Wakasa, nach welcher derselbe seinen Namen führt, liegt am Japani-
schen Meer nördlich des Biwa-Sees. Es heisst, dass in ihrer Haupt-
stadt Obama diese Lackierungsart zuerst nach chinesischen Mustern
aufkam. Sie unterscheidet sich von Tsugaru-nuri besonders dadurch,
dass zu dem diesem eigenen Farbengemisch noch Goldgelb, Orange und
Braun kommen, welche in der Regel weit vorwalten, oft sogar allein
oder in Verbindung mit nur einem Theil der Tsugaru-Farben auftreten.
Goldgelb, Braun und Orange werden durch Gold-, seltener durch Silber-
folie hervorgebracht. Auf vollendeter Grundierung stellt man nach dem
bei Tsugaru-Lack angegebenen Verfahren einen unebenen Grund her.
Es folgen dann Anstriche mit mehreren Lackfarben aufeinander. Nach
Auftragung der letzten Farbe wird das Goldblatt aufgelegt und mit der
Bürste fest aufgestrichen. Es folgt den Unebenheiten des Untergrundes
auf diese Weise leicht und legt sich überall dicht an. Hierauf lässt man
den Gegenstand trocknen und gibt ihm sodann einen Anstrich mit Trans-
parentlack, der nöthigenfalls wiederholt wird, bis die Vertiefungen
grösstentheils ausgefüllt und glatte Flächen hergestellt sind. Nunmehr
[430]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
folgt das bekannte Abschleifen mit Magnolienholzkohle und Wasser,
denen sich das Verfahren zur Erzielung des nöthigen Glanzes anschliesst.
Tafel Vb stellt die Nachahmung eines solchen Wakasanuri mit
Bronzefarben dar, die jedoch der Schönheit und dem Glanze des Ori-
ginals im Kunstgewerbe-Museum zu Berlin selbstverständlich nicht gleich-
kommt. Dieses ist jetzt 180 Jahre alt, ein flaches Schachtelkästchen von
grosser Schönheit und einem Glanze, als sei der Gegenstand frisch poliert.
Immerhin genügt die vorliegende bildliche Wiedergabe eines Theils
der Oberfläche, um daran den Arbeitsgang zu erläutern. Man wird
erkennen, wie nach Herstellung des unebenen Untergrundes Zweig-
spitzen eines Lebensbaumes (Retinispora) in die tieferen Stellen des
weichen Eiweisskittes eingedrückt und nach völligem Trocken wieder
entfernt wurden. Auch die Reihenfolge der hierauf angewandten Lack-
anstriche ist leicht wahrzunehmen, nämlich: schwarz, grünlichgelb
und roth. Dann kam die Auflegung des Goldblattes, die Ausfüllung
der Vertiefungen durch Transparentlack, das Abschleifen mit Magnolien-
holzkohle und Wasser, ein nochmaliger sehr dünner Ueberzug mit
Transparentlack und hierauf das Verfahren zur Erzielung des Glanzes,
wie es bereits für andere Fälle angegeben wurde. Demgemäss sehen
wir die Goldfolie mit natürlicher Farbe hervortreten, wo sie Erhaben-
heiten der Unterlage überspannte, dagegen in verschiedenen Abtönungen
bis braun, wo sie sich über Vertiefungen legte und mit Transparent-
lack in verschieden dicker Schicht überdeckt wurde. Wo die Ränder
der Zweigspitzen den Kitt empordrückten, folgen ebenso wie an Stelle
der abgeschliffenen Höcker auf das Gelb des Goldblattes rothe, grün-
lichgelbe und schwarze Bänder, beziehungsweise Ringe und Flecken
in der Ordnung, in welcher rückwärts schreitend die betreffenden Lack-
farbenanstriche vorausgingen.
3) Shi-tan-nuri, d. h. Sandelholzlack. Hierunter versteht man
Imitationen des rothen Sandelholzes oder Shi-tan (siehe pg. 298). Sie
werden auf folgende Weise zuwege gebracht: Nach beendigter Grun-
dierung erhält der Gegenstand einen Anstrich von Zinnoberlack. Bevor
derselbe völlig trocken ist, werden mittelst eines zugespitzten Holz-
stäbchens unterbrochene Parallellinien eingraviert. Nach dem Trocknen
folgt Glätten mit Kohle wie gewöhnlich, darauf streifenweises Auf-
tragen von Tuschfarbe und Verwaschung der Ränder, so dass rothe und
schwarze Streifen aufeinander folgen, aber die Holzähnlichkeit noch
in keiner Weise hervortritt. Es folgt nun ein dünner Anstrich mit
Se-shime und die Politurarbeit. Die Wirkung dieses Verfahrens ist
überraschend, bedarf aber zu ihrer Erzielung viel Uebung und eine ge-
schickte Hand, namentlich auch beim Abreiben mit Magnolienholzkohle.
[431]3. Lackindustrie.
Man begegnet dieser Behandlungsweise japanischer Lackwaaren
in europäischen Sammlungen selten. Ich fand sie im Jahre 1881 in
dem Geschäft von Larkin, Crafton Street, London auf eine lackierte
Holzvase angewandt, welche einen abgestumpften Kegel von 1 m Höhe,
56 cm unterem und 30 cm oberem Durchmesser darstellte und ₤ 100
kosten sollte. Der Grund zeigte die prächtigste Imitation des rothen
Sandelholzes, die ich je gesehen habe. Darüber erhob sich eine in ihrer
Art mustergültige Decoration mit erhabener Goldlackarbeit und Ein-
lagen von Elfenbein und Perlmutter. Sie stellte die Shichi-ken oder
»sieben Weisen« Chinas, Kraniche und Bambusrohr dar.*)
4) Suri-hegashi-nuri, d. h. Lackarbeit, erzielt durch hegu,
abstreifen, und suri, polieren. Zur Anfertigung derselben folgt auf
Naka-nuri-togi, den Abschluss der Grundierung, ein Anstrich mit
schwarzem Lack (Rô-iro-urushi), dann schwaches Abreiben mit Kohle
und Wasser und Anstrich mit rothem Lack aus Zinnober und Nashi-
ji-urushi und nach dem Trocknen abermaliges Abschleifen mit Kohle
und Wasser. Die dunklen Figuren werden durch fortgesetztes Reiben
mit zugespitzter Kohle an einzelnen Stellen bis zum Durchschleifen des
Zinnoberlacks erzeugt. Man überreibt hierauf die Gegenstände wiederholt
mit einem Wattebällchen und Seshime-urushi, um die Vertiefungen aus-
zufüllen, und poliert sie endlich nach dem letzten Trocknen in gewohnter
Weise. Sie sind dann grob marmoriert, oder zeigen auch nur einzelne
schwarze Flecken auf rothem Felde, oder das umgekehrte, rothe Flecken
auf schwarzem Grunde. Von diesem Verfahren gibt es wieder mancher-
lei Abstufungen, wozu auch diejenige gehört, bei welcher über einer
schwarzen oder braunen Lackschicht Goldfolie ausgebreitet und nach
dem Trocknen derselben symmetrische Figuren irgend welcher Art mit
einem Stift durchgraviert werden. Darauf folgt Ausfüllung und Ueber-
deckung mit Transparentlack und Politur.
5) Same-gawa-nuri, d. h. »Haihautlack« oder Same-
dzaya, d. h. »Hai-Schwertscheide«**). Wir haben es hier mit einer
[432]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
eigenthümlichen Lackierungsweise zu thun, welche nach der in Anwen-
dung kommenden Haihaut (Same-no-kawa), oder nach den Schwert-
scheiden (Saya), zu deren Verzierung sie vornehmlich angewandt wurde,
ihren Namen trägt. In der Regel wird die Haifischhaut ohne Grundierung
auf den mit frischem Reiskleister überstrichenen Gegenstand mit Hülfe
eines Bügeleisens überall fest aufgedrückt. Das Abschleifen der Höcker
bewirkt man mit einer eisernen Feile, das Ausfüllen der Gruben durch
Anstrich mit Sabi (pg. 425), dem Abschleifen mit Holzkohle, Anstrich
mit Rô-iro-urushi, abermaliges Abschleifen mit Magnolienholzkohle
und endlich das Polieren mit gebranntem Hirschhorn und Seshime in
dreimaliger Wiederholung folgen. Der fertige Gegenstand zeigt nun
einen schwarzen Grund, welcher mit kleinen weissen Kreisen dicht
besäet ist.
Im herzoglichen Museum zu Gotha befindet sich ein älterer Kasten
mit dieser Art Lack. Wo die Kreise grau oder bläulich erscheinen,
wurde die Haihaut vorher mit Indigo gefärbt. Diese Nüance von
Lack, welche man ebenfalls bei alten Schwertscheiden findet, heisst
Ai-dzame (nach Ai, Indigo, und dzame, Hai). Seitdem die alten
Schwerter und ihre Scheiden ausser Gebrauch gekommen sind, wird
Same-no-kawa nur noch wenig in der Lackierkunst angewandt.*)
glänzender Pulver.
1) Ao-gai-nuri oder Ao-gai-togi-dashi, Perlmutterlack.
Zur Verwendung kommt das grob- oder feinpulverisierte Perlmutter von
Trochus- und Haliotis-Arten. Sollen mit diesem Pulver ganze Flächen
bestreut und gleichmässig ausgeschmückt werden, so ist die Arbeit eine
ganz analoge der bei Aufstreuung von Metallpulvern. Beabsichtigt
man dagegen, bestimmt begrenzte Verzierungen damit zu Wege zu
bringen, so pflegt man wohl Schablonen aus Staniol auf die grundierte
Fläche zu leimen, den durchbrochenen Stellen einen Anstrich von Rô-
iro-urushi zu geben und dann Ao-gai oder Perlmutterpulver darauf zu
**)
[433]3. Lackindustrie.
streuen. Nach dem Trocknen entfernt man die Schablonen, gibt dem
Ganzen einen Anstrich von einem Gemisch aus Rô-iro und etwas
Seshime-urushi und reibt nun die mit Perlmutter bestreuten Stellen zum
erstenmal sorgfältig mit Magnolienholzkohle ab. Es folgt ein zweiter
Anstrich mit demselben Lackfirniss, hierauf wiederum das Abschleifen
und endlich die Politur. Die einfachere Arbeit bei gleichmässiger Ver-
theilung der Perlmutter über die ganze Fläche schlägt denselben Gang
ein. Das prächtige grüne und violette Schillern der kleinen Perlmutter-
stückchen auf den damit gezierten Lackwaaren hängt von der ver-
schiedenen Lage derselben zum Licht und der ungleichen Ueberdeckung
mit Transparentlack ab.
2) Shari-nashi-ji, d. h. Zinn (staub)-Birngrund. Der
Zinnstaub (oder statt dessen Bronzepulver) wird mit einem kleinen
Siebe gleichmässig oder in Streifen und Figuren auf den noch feuchten
Anstrich von Naka-nuri (siehe 10. Operation der Grundierung) gestreut
und nach dem Trocknen mit einem Anstrich von Se-shime überdeckt.
Er nimmt hierdurch, wie aufgestreutes Pulver eines Edelmetalls, eine
braune Farbe an. Der Goldgrund wird mit dem Alter heller gelb und
glänzender, das eingestreute Zinn oder Bronzepulver dagegen trüber
und matter, wie man dies an vielen der gewöhnlichen japanischen
Lackwaaren leicht beobachten kann. Es versteht sich von selbst, dass
auch hier mit dem Aufstreuen des Metallpulvers die Arbeit noch nicht
beendet ist, sondern ein Anstrich mit Transparentlack und das Polieren
folgen müssen.
3) Einfache Lackwaaren, geziert durch Einlegearbeit. Ich
reihe diese Gruppe den vorhergehenden an, weil ihre Ausführung eben-
falls wohl Geschick, aber ebensowenig wie die früheren wirklich künst-
lerisches Talent erfordert. Auch kommt dabei Edelmetall gar nicht,
oder nur ausnahmsweise zur Anwendung. Es gehören hierher vor allem
die eingelegten Perlmutterarbeiten, Ao-gai-zaiku, bei Ca-
binetten, Kästchen, Dosen etc., welche in Menge nach Europa kommen
und vornehmlich in Nagasaki angefertigt werden. Doch pflegt man
auch die feinsten Lackarbeiten vielfach mit Perlmutter, Elfenbein und
Edelmetallen stellenweise zu incrustieren und damit Reliefs von Blu-
men und andern Naturgegenständen zu schaffen.
Dieser Zweig der Lackindustrie ist schon alt, wie Gegenstände in
den holländischen, Dresdener und andern Sammlungen beweisen. Das
gewöhnliche Ao-gai kommt von der glatten Innenseite der Haliotis-
Schalen, deren jede nur eine dünne Platte liefert; das feinere oder
Ma-gai Ao-gai, d. h. Ao-gai-Nachahmung, ist das Product grosser
Trochus und kommt vornehmlich von den Riukiu-Inseln. Beide Sorten
Rein, Japan. II. 28
[434]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
(bei Trochus die letzte Windung) werden auf mühsame Weise zu dün-
nen, durchsichtigen Platten geschliffen. Die Perlmutter-Platte wird
auf die Zeichnung gelegt und diese mit Tusche und Pinsel durchge-
paust. Hierauf trägt man mit dem Pinsel die mit heissem Leimwasser
angeriebenen Malerfarben (Berlinerblau, Gummigutt und für grün das
Gemisch beider, ferner Terra de Siena, Carmin, Safflor etc.), je nach-
dem es die Vorlage erfordert, auf die betreffenden Stellen der Perl-
mutterplatte auf. Nach dem Trocknen überdeckt man die angestriche-
nen Stellen mittelst Leimwasser mit Silberfolie, lässt abermals trocknen
und schneidet nun die auf der entgegengesetzten Seite der Perlmutter-
platte umrandeten Figuren (Blätter, Blumen etc.) mit den entsprechenden
durchscheinenden Farben mittelst scharfer Hohlmeissel aus. Sie werden
auf die matt-grundierten Vasen, Teller, Cabinette etc. geleimt. Hierauf
füllt man die tiefer gelegenen Zwischenräume mit schwarzem Lack
aus, streicht das ganze, einschliesslich der Perlmuttereinlage, zweimal
mit Transparentlack an, reibt, wenn nöthig, mit Kohle ab und poliert.
Die Silberunterlage wird angewandt, um die Farbenanstriche auf der
Unterseite der Perlmutter vor dem Lack zu schützen und mehr hervor-
zuheben; doch geschieht dies nur bei werthvolleren Arbeiten. Statt
Perlmutter kommt auch Einlage von Staniol vor, die natürlich anders
behandelt wird, und dann niemals Farbe und Glanz verliert.
B. Arbeiten des Makiye-shi.
Dieselben haben den Zweck, die Lackwaaren künstlerisch auszu-
schmücken, wobei namentlich die Verwendung von Gold- und Silber-
staub eine grosse Rolle spielt.
Die Darstellung eines Gemäldes oder sonstigen Kunstwerkes zu
beschreiben, hat bekanntlich seine grossen Schwierigkeiten; unmöglich
aber ist es eine Kunst durch Beschreibung zu lehren. Auch der Ma-
kiye-shi oder Goldlackmaler betreibt eine Kunst. Mit unverkenn-
barer natürlicher Anlage musste er eine lange Lehrzeit — oft 8 bis
10 Jahre — verbinden, bevor es ihm gelang, als Meister seines Faches
zu wirken und mit geübter Hand die künstlerischen Verzierungen zu
schaffen, deren vollendete Schönheit wir an manchem japanischen Lack-
gegenstande bewundern.
Aus diesen Gründen kann das Folgende nur eine kurze Angabe
des allgemeinen Ganges seiner Arbeiten und der bei denselben unge-
achtet ihrer grossen Verschiedenheit doch überall erkennbaren allge-
meinen Grundsätze sein, welche ihn dabei leiten. Was nun zunächst
die letzteren betrifft, so sind es ausser den bereits pg. 422 aufgestell-
ten und für alle Lackarbeiten geltenden Regeln vornehmlich folgende:
[435]3. Lackindustrie.
1) Das Naka-nuri-togi als Abschluss der Grundierung muss mit
grösster Sorgfalt ausgeführt und ein vollkommen glatter Grund ge-
schaffen sein.
2) Auf diesen Grund wird die Zeichnung mit einem feinen Pinsel
und einem dünnen Brei aus Bleiweiss oder einer andern Farbe und
Wasser frei entworfen, oder — bei weniger Geübten — ein vorhan-
denes Muster durchgepaust und dann mit Shita-makiye, d. h.
»Zeichnung des Untergrundes« angelegt. Hierzu dient eine braunrothe,
dünnbreiige Farbe aus einem Gemisch von Eisenoxyd (Beni-gara) mit
Se-shime-urushi.
3) Gold, Silber und sonstige Farben werden fast alle in Pulver-
form auf das noch frische Shita-makiye gestreut oder zur Seite, und
dann mit einem Pinsel (Tafel IV, Fig. 5, 6 oder 3) darauf gekehrt,
was namentlich in den Fällen geschieht, wenn die Farbe, wie bei
Holz-Imitationen, von einer Linie aus sich verlaufen und abschwächen
soll. Das Polieren findet natürlich auch hier erst nach einem trocken
gewordenen Anstrich mit hellerem Lackfirniss (in der Regel Nashi-ji-
urushi) statt.
4) Was plastisch hervortreten soll, wird anfangs nur in seinen
Umrissen vorgezeichnet und erst weiter behandelt, wenn die Arbeiten
im Grunde der Fläche beendet sind.
Das vornehmste und wichtigste Verzierungsmittel des Makiye-shi
ist das Gold. Es kommt als Pulver in zwei Hauptnüancen vor, unter
den Collectivnamen Yaki-gane und Koban. Yaki-gane, d. h. »ge-
branntes Metall«, oder Yaki-kin, d. h. »gebranntes Gold«, ist rein
hochgelb, sogenanntes Dukatengold, Koban dagegen grünes Münzgold,
eine Legierung im Verhältniss von 7,4 Theilen Gold zu 2,6 Theilen
Silber. Es kommen jedoch auch noch goldärmere Legierungen zur
Verwendung. Man unterscheidet je nach dem Grade der Feinheit eine
grosse Anzahl Sorten Gold- und Silberfeilspäne, trennt sie durch Siebe
und gibt ihnen besondere Namen, Kin-pun oder Keshi-ko ist der
feinste Gold-, Gin-pun der feinste Silberstaub. Man erhält ihn da-
durch, dass man die entsprechende dünne Metallfolie des Goldschlä-
gers mit einer Leimdecke versieht, nach dem Erkalten des Leims mit
demselben pulverisiert und dann das Metall durch Schlemmen vom
Leim scheidet.
Da einzelne dieser Pulver öfter gebraucht werden, so mögen hier
die Namen der wichtigsten folgen, und zwar nach ihrer Feinheit der-
art geordnet, dass die gröbsten voranstehen, um für ihre zum Theil
langen Bezeichnungen die kürzeren Nummern gebrauchen zu können:
28*
[436]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
- 1) Kiri-kane, kleine quadratische Blättchen von Goldfolie.
- 2) Yaki-gane, hira-me tsune san.
- 3) ‒ ‒ hira-me shô san
- 4) ‒ ‒ nashi-ji shô san.
- 5) ‒ ‒ koma-ka-me tsune.
- 6) ‒ ‒ mi-jin tsune.
- 7) ‒ ‒ koma-ka-me mi-jin.
- 8) ‒ ‒ maru ara-goku.
- 9) ‒ ‒ goku gashira dai.
- 10) ‒ ‒ goku gashira shiu.
- 11) ‒ ‒ maru goku mi-jin.
- 12) Koban, ara-goku.
- 13) » ara-mi-jin.
- 14) » mi-jin tsune.
- 15) » hana-ko.
- 16) Gin-pun, Silberstaub.
- Ausser diesen reinen Gold- und Silberpulvern und Feilspänen
kommen noch verschiedene Mischungen derselben mit Farben in An-
wendung, um Abschattierungen zu bewirken. Hierher gehören: - 17) Aka-fun, rothes Pulver, eine Mischung von Zinnober mit
Gold- oder Silberstaub. - 18) Kuro-fun, schwarzes Pulver, durch Mischung von Camel-
lienholzkohle mit einem Gold- oder Silberstaube erhalten. - 19) Kuri-iro-fun, kastanienbraunes Pulver, eine Mischung aus
Goldstaub, Zinnober und Camellienholzkohle. - 20) Nedzumi-iro-fun, graue Rattenfarbe aus gleichen Theilen
Silberstaub mit Camellienholzkohle und etwas Zinnober. - Ferner kommen zur Verwendung:
- 21) Shiû-muki-gara, alter, abgekratzter Zinnoberlack, fein
pulverisiert. - 22) Matsu-no-sumi-no-ko, Tannenholzkohlen-Pulver.
Die von Maki-yeshi hervorgerufenen Verzierungen zerfallen in
2 Gruppen, nämlich in:
- a. Hira-makiye, d. h. flache Goldlackarbeit.
- b. Taka-makiye, d. h. erhabene Goldlackarbeit.
a. Hira-makiye, flache Goldlackarbeit.
Wie der Name andeutet, bleiben hierbei die Verzierungen mit dem
Grunde in einer Fläche, während sie bei der zweiten Kategorie kör-
perlich (im Basrelief) darüber hervorragen. Hira-makiye umfasst alle
Ausschmückungen der feineren chinesischen Lackwaaren, z. B. von
[437]3. Lackindustrie.
Canton und Futscheu und eine grosse Anzahl der geschätztesten und
gebräuchlichsten japanischen. Hierher gehören vornehmlich die Flächen-
decorationen mit Goldstaub und zwar:
1) Nashi-ji, Birnengrund (siehe pg. 417). Man versteht darunter
einmal einen in der Regel schwarzlackierten Grund, auf welchem ein
gröberes oder feineres Goldpulver gleichmässig eingestreut erscheint,
sodann auch einen Transparentlack, welcher dabei in Anwendung
kommt. Hier haben wir es mit Nashi-ji im ersteren, ursprünglichen
Sinne zu thun. Je nach der Menge des eingestreuten Goldes wird der
schwarze Untergrund entweder vorherrschen oder mehr verdeckt wer-
den, ja beim geschätztesten Nashi-ji ganz verschwinden. Das Aussehen
eines solchen Nashi-ji erinnert dann im frischen Zustande wohl an
Aventurin, so dass die Benennung »Aventurin-Lack«, welche wir
bei Wagener (Dingl. Polytechn. Journ. 1875 pg. 366) finden, recht
passend erscheint. Tafel VIb. gibt ein Muster mit Bronze. Das Ori-
ginal, mit Pulver von Dukatengold hergestellt, zeigt nur in frischem
Zustande eine ähnliche Farbe, wird aber mit der Zeit viel gelber und
glänzender. Die Herstellung des Nashi-ji ist einfach. Auf den An-
strich mit Shita-makiye-urushi folgt mit Hülfe eines kleinen Hand-
siebchens gleichmässiges Ueberstreuen mit mittelfeinem Goldpulver,
wozu gewöhnlich Nr. 4 unserer Liste genommen wird. Nach dem
Trocknen wird das Ueberflüssige, nicht haftende, sorgfältig abgekehrt
und dann ein Anstrich von Nashi-ji-urushi gegeben, der die unge-
wöhnlich lange Zeit von 6—7 Tagen trocknen muss. Nunmehr nimmt
man das bekannte Abschleifen mit Magnolienholzkohle und Wasser
vor, darauf das Polieren. Beide Arbeiten erheischen selbstredend viel
Sorgfalt und Geschick.
Nashi-ji ist eine der häufigsten und beliebtesten Weisen der
Flächenverzierung. Die Goldstäubchen und -blättchen haben anfangs
eine braungelbe Farbe, werden aber mit dem Alter in Folge grösserer
Durchsichtigkeit der Lackdecke immer heller und glänzender, so dass
man nach ihrer gleichmässigen Verteilung, Feinheit und Färbung die
Güte und das Alter der besseren Lackgegenstände beurteilen kann.
Bei vielen dieser älteren Goldlackwaaren, wie Dosen und Kästchen
mancherlei Art, sind auch die Innenseiten mit Nashi-ji der besten Art
sorgfältig bedeckt. Das Verfahren ist so alt, wie die Verzierung mit
Perlmutter. Beide werden zurückgeführt auf das Ende des 8. Jahr-
hunderts, d. h. bis zu der Zeit, wo Kaiser Kuwammu-Tennô für sich
und seine Nachfolger die Stadt Kiôto dauernd zur Residenz machte.
Dass Nashi-ji in ordinärer Lackwaare mit Zinn- oder Bronzepulver
nachgeahmt wird, wurde bereits früher angedeutet.
[438]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
2) Kin-ji, »Goldgrund«. — Die grundierte Fläche, welche mit
diesem Schmuck versehen werden soll, erhält ebenfalls zuerst einen
Anstrich von verdünntem Shita-makiye-urushi und wird dann rasch mit
einem feinen Goldpulver (Nr. 7 oder einem andern der Liste) mittelst
eines Siebes gleichmässig, aber vollständig bedeckt. Nach dem Trock-
nen und Abkehren des Ueberflüssigen folgt ein Anstrich mit Nashi-ji-
urushi, dann abermaliges Trocknen, Abschleifen mit Magnolienholz-
kohle und gründliche Politur, bei der Yoshino-urushi oder Se-shime,
Hirschhorn und andere Mittel in Anwendung kommen, bis ein völlig
gleichförmiger Goldspiegel erzielt ist. Gleich dem Nashi-ji wird auch
Kin-ji mit zunehmendem Alter heller und glänzender, während seine
Nachahmungen mit Zinnstaub oder Bronze nach einiger Zeit anlaufen,
den metallischen Glanz verlieren und matt gelbbraun erscheinen.
Tafel VI a ist eine solche Nachbildung.
Wir finden das Kin-ji, diese kostbare Decke, welche aussieht,
wie ein glatter Ueberzug von Goldblatt, bei alten Lackwaaren von
höherem Werthe ebenfalls häufig, z. B. bei Dosen, Arzneibüchsen,
Tuschkasten und andern Dingen. Der viel seltener auf grössere Flächen
angewandte Gin-ji oder Silbergrund wird durch ganz analoge Be-
handlung mit Silberstaub erzeugt. Auf Tafel VII sind der Mond und
eine Chrysanthemumblüthe Nachahmungen des Gin-ji.
3) Mokume, Masertextur (moku, Holzmaser, kime, Textur) oder
Masernachbildung (Tafel VI c). Die Ader- und Maserbildung des Holzes
wird mit Bleiweiss oder Eisenroth entworfen, die Ausführung aber
stufenmässig vorgenommen, etwa von der Mitte der zu decorierenden
Fläche oder einem Maserkern aus. Der Makiye-shi presst die braunrothe
Farbe, welche er aus einer Mischung von Eisenroth und Se-shime-urushi
darstellt und, wenn nöthig, durch einen Zusatz von Kampfer verdünnt,
mehrmals durch Yoshino-Papier, schiebt dann seine kleine Hornpalette
(Tsune-ban, siehe Taf. III, Fig. 8) über den Daumen der linken Hand,
bringt etwas von der Anlegefarbe darauf und beginnt nun die aus-
führende Arbeit bei einem der Maser-Mittelpunkte, indem er die
schwache Umgrenzungslinie mit der rothen Farbe an der Spitze eines
feinen Rattenhaarpinsels überfährt und dann auch die so umgrenzte
Fläche mit der nämlichen Farbe schwach bedeckt. Nunmehr ergreift
er sein Siebchen (Taf. IV, Fig. 1 oder ein ähnliches), bringt etwas
Goldstaub hinein und bestreut die kleine mit Shita-makiye behandelte
Fläche, wenn sie einen gleichmässigen Goldspiegel erhalten soll, wie
in diesem Falle, oder die dem Rand zunächst liegende trockne Aussen-
seite, wenn der Spiegel nach innen abgeschwächt verlaufen soll, in
welchem Falle das Pulver auf die nasse Figur gekehrt wird, wie dies
[439]3. Lackindustrie.
z. B. bei den Gürteln der Fall ist, welche auf die Maser-Centren
folgen. Hochgelb wird durch feines Pulver von Yaki-gane, gelbgrün
und hellgelb durch Koban erzielt. Ist ein Mittelpunkt oder Auge der
Maserung angelegt, so schreitet man in gleicher Weise weiter zur Be-
handlung des ersten Gürtels, des zweiten u. s. f. Ist endlich die
ganze Anlage fertig und hat der Gegenstand einen Tag im feuchten
Trockenraume geruht, so wird auch von ihm zunächst der überflüssige
Goldstaub mit dem Pinsel abgestrichen und dann erhält das angelegte
Mokume einen dünnen Anstrich von Nashi-ji-urushi, für den auch Se-
shime genommen werden kann. Es folgt längeres Trocknen, Abreiben
mit Magnolienholzkohle, nochmaliger Anstrich mit demselben Lack,
Trocknen und abermaliges Abschleifen mit der Kohle und endlich die
Arbeit zur Erzeugung des Glanzes.
Durch Abwechselung zwischen sogenanntem gelbem, rothem und
grünem Goldstaub, durch sonstige Abtönungen, sowie auch durch Ein-
streuen von Perlmutterpulver wird die Wirkung der Mokume-Arbeiten
erhöht. Dieselben übertreffen Nashi-ji und Kin-ji und können, wo sie
vorkommen, ebenfalls als Merkmal kostbarer Lackarbeit dienen.
4) Kara-kusa, Arabesken, und Kumo, Wolken.*) Ausser den
bereits bei den Holzimitationen erwähnten Goldpulvern werden hier
auch Silberstaub, Perlmutter und Pulver von altem Zinnoberlack in An-
wendung gebracht. Nachdem die ganze Zeichnung angelegt, mit den
betreffenden Pulvern bestreut, getrocknet und mit Nashi-ji-urushi über-
deckt worden ist, findet das erste Abreiben mit Kohle und hierauf ein
Anstrich mit Se-shime statt. Um die tieferliegenden schwarzen Zwischen-
räume auf gleiche Höhe zu bringen, erhalten sie hier, wie nach der
Anlage von Blumen und sonstigen Ornamenten, einen Anstrich mit Rô-
iro-urushi. Nach dem Trocknen folgt ein zweites Abreiben mit Kohle
und dann das Polieren. Blattnerven, Wolkenbegrenzungen und andere
hervortretende Linien werden erst während des letzteren mit dem
Pinsel, Shita-makiye und Goldstaub hervorgerufen, müssen aber eben-
falls vor der Politur mit Kohle abgeschliffen werden. (Die Mustersamm-
lung in Berlin weist 2 hierher gehörende Tafeln auf.) —
5) Monsha-nuri, benannt nach einem Seidenstoff mit ähnlicher
Zeichnung, ist eine eigenthümliche Art Lackverzierung, welche wir hier
anreihen, obwohl sie eigentlich dem Goldlack nicht zuzurechnen ist.
Aber sie wird ebenfalls vom Makiye-shi ausgeführt und erheischt nicht
[440]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
minder künstlerisches Geschick, als die vorerwähnten Arten. Nach-
dem die Figuren (Vögel, Blumen etc.) mit Shita-makiye angelegt sind,
wird die noch frische Lackfarbe mit feinpulverisierter Kiefernholzkohle
(andere Kohlensorten greifen mehr oder weniger den Lack an und sind
darum nicht so geeignet) bestreut. Es geschieht dies mit Hülfe eines
kleinen Siebchens, das man sich herstellt, indem man ein daumendickes
Bambusrohr schräg durchschneidet und den Schnitt mit feinem Musslin,
Gaze oder Drahtgeflecht überspannt. Nach dem Trocknen wird das
nicht hängengebliebene, überflüssige Kohlenpulver mit einem weichen
Pinsel abgestrichen und hernach dem ganzen Gegenstande ein Anstrich
mit Rô-iro-urushi gegeben. Diesem folgt Abreiben und Politur. Es
treten dann die Figuren matt aus der glänzend schwarzen Fläche her-
vor. Die Wirkung ist überraschend. Sie wird durch einfache Mittel
und ohne die geringste Anwendung von Metallstaub erzielt. (In der
Berliner Sammlung ist eine Tafel mit dem Howo, dem Phönix des
chinesischen Culturkreises, in einigen Front- und Seitenstellungen auf
die angegebene Weise hergestellt worden.)
b) Taka-makiye, erhabene Goldlackarbeiten.
Ausser dem, was bereits im allgemeinen über ihre Herstellung ge-
sagt wurde, sei hier nur noch erwähnt, dass der dazu dienende Kitt
oder Taka-makiye-urushi nach dem Trocknen eine glänzend
schwarze Farbe hat. Er wird nicht unmittelbar auf die durch Umriss-
zeichnung reservierte Grundierung aufgetragen, sondern diese erhält
zuvor noch einen Anstrich von Shita-makiye-urushi, den man mit Kohlen-
pulver und etwas Auripigment bestreut hat. Dieser Kitt selbst ist ein
Gemenge aus schwarzem Lack, Kienruss, etwas Bleiweiss und Kampfer.
Die damit modellierten Reliefs haften nach dem Trocknen überaus fest
an der Unterlage und haben das Aussehen von Anstrichen mit Naka-
nuri. Sie werden wie diese mit zugespitzter Holzkohle bis in die
feineren Furchen hinein glatt abgerieben. Die weiteren Arbeiten sind
dann analog denen bei ebenen Figuren. Es folgen sich also: Anstrich
mit Shita-makiye, Bestreuung mit Metallstaub, Ueberdeckung mit Nashi-
ji-urushi oder Se-shime, Abreiben mit Magnolienkohle und Wasser und
schliesslich die verschiedenen Arbeiten zur Erzeugung des Glanzes.
Wo bei den billigen Lackwaaren Taka-makiye in Anwendung
kommt, wird das Edelmetall durch Bronzepulver und Zinnstaub ersetzt
und die ganze Arbeit dem geringen Preise entsprechend mit wenig
Aufwand von Kunst und Zeit ausgeführt. Sie verhält sich zu den vor-
züglichen Leistungen des Makiye-shi etwa wie das Wandbild des An-
streichers zum Frescogemälde eines hervorragenden Künstlers. Im
[]
LACKMUSTER
Herbstlandschaft bei Mondschein.
[][441]3. Lackindustrie.
übrigen ist eine eingehende Erörterung all der verschiedenen Kunst-
griffe und Mittel, deren sich der japanische Lackkünstler bedient,
einschliesslich der Einlage von Elfenbein, Perlmutter und Platten von
Edelmetall selbstverständlich ganz unmöglich. Auch dürfte ein weiterer
Versuch in dieser Richtung weder von Interesse, noch von Nutzen sein.
Bei der vom Monde beleuchteten Herbstlandschaft (Tafel VII) hat
der Künstler verschiedene der unter Hira-makiye und Taka-makiye
erwähnten Verzierungen angewandt. Da finden wir die Nacht durch
das in den schwarzen Lackanstrich unregelmässig eingestreute Nashi-ji
und den hinter einer Wolke aufgegangenen Mond angedeutet, den Herbst
durch die niederfliegenden wilden Gänse (gan) und zwei Lieblings-
blumen, rechts Kiku-no-hana (Chrysanthemum sp.), links Omina-
meshi (Patrinia sp.). Gänse, Bachufer und Blumen sind Reliefmalerei
und wurden zuletzt ausgeführt. Das fliessende Wasser ist auf analoge
Weise, wie das Maserstück (Taf. VI c), dargestellt worden Kin-ji (Gold-
grund), Gin-ji (Silbergrund) und Nashi-ji (Birnengrund) erkennt
man ebenfalls an verschiedenen Stellen. Auch ist in dem Gefieder der
Gänse die sorgfältige Modellierung und Ciselierung vom Relief, bevor
dasselbe den Goldschmuck erhielt, wiederzuerkennen. Nur eine Ver-
zierungsweise erhabener Lackarbeiten, welche namentlich oft auf Baum-
stämmen und Felsen wahrgenommen, stets mit echtem Golde ausgeführt
wird und ein untrügliches Zeichen sorgfältigerer Arbeit ist, das Giyô-
bu-Nashi-ji, bleibt hier noch kurz zu erwähnen. Wir sehen nämlich
die erhabenen Bachufer mit quadratischen Goldblättchen belegt. Sie
bilden Reihen wie Pflastersteine, nehmen an Grösse ab und verlieren
sich allmählich nach aussen. Diese Goldblättchen, Kiri-kane genannt
(siehe 1 pg. 436), werden eins nach dem andern mit der Spitze des
Hirame-fude (siehe 7 pg. 421) auf die zuvor mit frischem Lack be-
strichenen Stellen übertragen.
Tsui-shiu, Geschnitzter Zinnoberlack oder Pekinglack.
Unter dem Namen Pekinglack oder geschnittene Lackarbeit sind
in unsern Kunstgewerbemuseen aus China und Japan stammende kleine
Tischchen, zum Teil mit durchbrochener Arbeit, Schalen, Dosen (Fig. 13),
Schachteln und andere Gegenstände zu sehen, die in ihrer schönen und
höchst eigenthümlichen Verzierungsweise von den bisher erwähnten
Arbeiten weit abweichen, nur noch selten zu haben sind und sehr ge-
schätzt werden. Auf die Holzunterlagen derselben wurde Zinnoberlack
teils rein, teils mit Rô-iro versetzt und dann in verschiedenen brau-
nen Abstufungen in gleichmässigen Schichten breiigflüssig aufgetragen,
bis endlich eine feste Kruste von 1—2 mm Dicke erzielt war. In
[442]III. Kunstindustrie und Verwandtes.
dieselbe wurden dann die verschiedenartigsten Ornamente, wie Ara-
besken, Blumen, menschliche und thierische Figuren, Scenen aus dem
Leben und ganze Landschaften und Schlachtenbilder ciseliert oder mit
scharfem Messer schräg ausgeschnitten, so dass man die verschieden-
farbigen aufeinanderfolgenden Schichten deutlich erkennen kann, was
natürlich nur im warmen Zustande des Lackes möglich war.
In früherer Zeit war dies Verfahren in China sehr beliebt. So
liess z. B. der Kaiser Kenriu dem General Akui zu Ehren, der 1776
Deckel einer mit Tsui-shiu verzierten Dose.
n. Chr. zu Pasen im westlichen China einen grossen Aufstand sieg-
reich überwunden hatte, ein Bild der Schlacht von Pasen in rothem
Lack schnitzen. Ein zweites gleich grosses Bild liess er auf dieselbe
Weise zum Andenken an den feierlichen Einzug der siegreichen
Truppen und ihre Bewirthung in der Hauptstadt anfertigen.*)
[443]3. Lackindustrie.
Das Verfahren wurde später durch einen Chinesen nach Japan
verpflanzt. Der Sohn desselben änderte es dahin ab, dass er für die
einzelnen Lagen verschiedenfarbige Mischungen zwischen schwarzem
und rothem Lack anwandte und dann seine Verzierungen tief eingra-
vierte oder vielmehr schräg einschnitt, so dass die verschiedenen Farben
der Lackschichten hintereinander in parallelen Bändern zum Vorschein
kamen.
Solche Arbeiten werden heutzutage in Japan nicht mehr geliefert
und sind deshalb nur noch hin und wieder bei Trödlern aufzutreiben.
Dagegen finden sich billigere Nachahmungen derselben ziemlich häufig.
Nach dem einen Verfahren werden die Ornamente in das Holz ein-
graviert, worauf man den ganzen Gegenstand mit einer dünnen Lack-
schicht gleichmässig überdeckt und nach dem Trocknen die einge-
schnittenen Stellen mit einem scharfen Messer nachfährt; nach dem
andern, welches in geringem Umfange noch in Kiôto angewandt wird,
bereitet man aus gekochtem Leim, Ocker und Se-shime-urushi unter
Hinzufügung von Weizenmehl (Ko-mugi-no-ko) einen braunen oder
dunkelgrauen Kitt, den man in eine dünne Platte auswalzt. Dieselbe
wird hierauf über ein Brett ausgebreitet, welches einen frischen An-
strich von Se-shime-urushi erhalten hatte, um das Festhaften des Kittes
zu bewirken. In diesen Kitt werden nunmehr die Verzierungen, welche
man anbringen will, eingepresst oder eingraviert, worauf man ihn
trocknen lässt. So erhält man die Kata oder Schablone.
Aus demselben Teig wird nun eine zweite Platte ausgewalzt, dann
die aus der ersten gewonnene Hohlform daraufgelegt und eingepresst,
so dass die Verzierung beim Abheben der Form erhaben zurückbleibt.
Nunmehr überträgt man eine solche Kittplatte mit ihren Relieffiguren
auf den damit zu schmückenden Gegenstand, wobei das Festhaften
wiederum durch einen Anstrich mit Se-shime bewirkt wird. Um die
Zeichnung schärfer hervortreten zu lassen, wird nachgraviert. Nach-
dem die Masse völlig trocken geworden ist, wird der damit bedeckte
Gegenstand ein- oder mehrmals mit flüssigem rothen oder braunen Lack
überstrichen. Auf diese Weise verziert man Präsentierteller, Vasen
und andere Geräthe aus Holz, gebranntem Thon und Porzellan. Der
Kunstwerth und die Nachfrage nach ihnen sind jedoch nur gering.
Geschichtliche Notizen über die japanische Lackindustrie.
Obgleich das Alter dieser Industrie in Japan kaum genau zu be-
stimmen sein dürfte und die sagenhafte Geschichte, welche ihren An-
fang Jahrhunderte vor dem Beginn der christlichen Zeitrechnung ver-
legt, sehr wenig Vertrauen verdient, so darf man doch annehmen, dass
[444]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
sie vor dem ersten Kriegszug nach Korea im dritten Jahrhundert n. Ch.
nicht bestand. Von Japanern ist zwar behauptet worden, Urushi-no-ki,
der Lackbaum, sei früher in den Wäldern ihres Landes vorgekommen
und die auf seinen Saft basierte Industrie habe sich spontan entwickelt;
doch fehlen hierfür alle Beweise, während mancherlei Thatsachen auf
China als Ausgang hinweisen. Einmal ist bislang Rhus vernicifera
nirgends in Japan wild wachsend getroffen, wohl aber zuweilen mit
Rhus sylvestris verwechselt worden. Zum andern stimmen die im
Lande gebrauchten Mittel und Werkzeuge mit denen völlig überein,
welche man seit Jahrhunderten in der Lackindustrie Chinas anwendet.
Auch ist verschiedenen Stellen der freilich sehr unzuverlässigen Ge-
schichte Japans wenigstens so viel mit Sicherheit zu entnehmen, dass
der Industriezweig während der ersten sechs Jahrhunderte noch wenig
verbreitet war. Da man nun in Japan alle sonstigen kunstgewerb-
lichen Zweige den Chinesen und Koreanern verdankt, so gehen wir
wohl nicht fehl mit der Behauptung: Auch die Lackierkunst — und
den Lackbaum wahrscheinlich mit ihr — lernten die Japaner erst nach
dem Anfang des dritten Jahrhunderts, d. h. nach ihrem ersten Kriegs-
zug gegen Korea von ihren westlichen Nachbarn kennen.
Unzweifelhaft aber erlangte der Lack als schützender und schmücken-
der Ueberzug von vielerlei Stoffen und Gegenständen erst von der
Mitte des 7. Jahrhunderts grössere Bedeutung. Kôtoku-Tennô, der
36. Mikado (645—654 n. Ch.), liess zuerst das papierne Kamuri,
diese eigenthümliche ceremonielle Kopfbedeckung früherer Zeit, mit
schwarzem Lack überziehen. Auch die Verordnung aus etwas
späterer Zeit, wonach diejenigen Provinzen, in welchen die Lackier-
kunst betrieben wurde, ihre Abgaben an den Staat in Form von
Lackwaaren entrichten durften, muss als wesentliches Förderungs-
mittel zur Fortentwickelung und Verbreitung der Industrie angesehen
werden. Die Gegenstände wurden damals wohl alle einfach schwarz
lackiert, wie dies auch bei den beiden ältesten bekannten Lackartikeln
der Fall ist, die man im Tempel Tôdaiji zu Nara aufbewahrt. Der
eine derselben, ein Kesa-bako, d. h. Schärpen-Kasten, weil er zum
Aufbewahren der Schärpen diente, welche die Bonzen über den Schul-
tern tragen, gehörte ehemals dem Priester Shôtoku Taishi, welcher
zur Zeit des Kinmei Tennô (540—572 n. Chr.) lebte; der andere ist
eine Saya oder Schwertscheide, welche dem Kaiser Shômu gehört
haben soll und danach aus der ersten Hälfte des achten Jahrhunderts
stammt. Das Verzieren der Lackanstriche mit Goldstaub, sowie mit
Perlmutter-Einlage wird ebenfalls bis zum achten Jahrhundert zurück-
geführt.
[445]3: Lackindustrie.
Mit steigendem Luxus des Hofes und der Kuge’s, während die
Fujiwara das Regiment führten, entwickelte sich auch die feinere
Lackindustrie in Kiôto mehr und mehr. Die zunehmende Ausbildung
der Feudalherrschaft brachte sie dann auch nach den Daimiôsitzen,
vornehmlich aber blühte sie ausser zu Kiôto in Sakai und Kamakura.
Im XI. und XII. Jahrhundert war es zu Kiôto Sitte, dass der Hofadel
(Kuge) die Ochsenkarren, auf denen er nach seinem Vorrecht ausfuhr,
mit Goldlack schmücken liess. Einen neuen Aufschwung nahm die
Lackindustrie zu Kiôto zu Anfang des XV. Jahrhunderts, als Ashikaga
Yoshimitsu im Vollgenuss seiner Macht einen alles Dagewesene über-
bietenden Glanz entfaltete; doch blieb man bis zur Mitte des Jahr-
hunderts (Zeit des Ashikaga Yoshimasa) der chinesischen Methode treu
und hielt alle Verzierungen, welche vornehmlich in der Darstellung
blühender Pflanzen bestanden, in derselben Fläche — Hira-makiye.
Ein weiterer grosser Fortschritt zeigt sich nun von dieser Zeit an.
In der Wahl der Decorationsmotive entwickelt man mehr Freiheit, ge-
sellt zu den verschiedensten Naturgegenständen auch Landschaften und
belebt sie durch ein neues Element von hoher Bedeutung, nämlich
durch die Einführung des Taka-makiye bei erhabener Goldlackarbeit.
Diese Decoration en bas-relief (raised lacquer) zeichnet neben manchem
Andern noch heute die japanische Lackwaare vor der chinesischen,
z. B. der von Canton, wesentlich aus.
Die Glanzzeit der alten japanischen Lackierkunst war unstreitig
das Ende des 17. Jahrhunderts, die Periode des prunkliebenden Shôgun
Tokugawa Tsunayoshi (1681—1709) oder Jôkenin, wie sein posthumer
Name lautet. Goldlackgegenstände (Kästchen, Schachteln, Schreib-
zeuge etc.) aus dieser Zeit sind wahre Meisterwerke, deren Anfertigung
einen Arbeiter oft mehrere Jahre in Anspruch nahm, deren Verzierungen
mit überraschender Geduld, Sorgfalt, Feinheit und Naturtreue ausge-
führt wurde, deren Preise aber heutigen Tages auch entsprechend hoch
sind, denn der hohen künstlerischen Vollendung mancher Stücke ent-
spricht der Reichthum des angewandten Goldes.
Um diese Periode und ihre Industrie recht zu verstehen, müssen
wir uns vergegenwärtigen, dass das Land um jene Zeit fast ganz ab-
geschlossen und auf sich angewiesen, dass die Herrschaft der Toku-
gawa-Shôgune fest begründet und gegen keinen Feind mehr zu ver-
theidigen war. So konnten sich Iyeyasu’s Nachfolger in Yedo unge-
stört einem verfeinerten Lebensgenuss hingeben, und da ihnen das
Mark des Landes zufloss und Sadô’s Minen noch reiche Erträge an
Gold und Silber lieferten und der Preis des ersteren den des letzteren
nur um das 4—5fache überstieg, so kam es nicht auf die Zeit, noch
[446]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
auf die Menge des angewandten Edelmetalls an, die eine feine Lack-
arbeit in Anspruch nahm, wenn sie sonst nur befriedigte.
In dem Maasse, in welchem Yedo, die Stadt der Tokugawa, vom
Jahre 1600 ab an Umfang, Macht und Ansehen emporwuchs, wurde
sie auch mehr und mehr der Sammelplatz der geschicktesten Lack-
arbeiter. Unter den grösseren lackierten Gegenständen von hoher
Vollendung aus dieser langen Epoche ist der älteste und schönste un-
streitig das Grab des Shôgun Hidetada im Mausoleum zu Shiba, einem
Stadtteil von Tôkio, welches aus dem 2. Viertel des 17. Jahrhunderts
stammt.
Mit Beginn des 18 Jahrhunderts gesellte sich zu den bisherigen Ver-
zierungsweisen noch das Giyô-bu Nashi-ji (siehe pg. 441), benannt
nach einem einflussreichen Lackierer Giyô-bu Tarô in Yedo. Seinem
Beispiele folgten viele und legten stellenweise, z. B. in die Stämme
nachgebildeter Bäume, kleine Quadrate aus Goldfolie ein, eine müh-
same kostspielige Verzierungsweise, die wir auf älteren Lackarbeiten
aus Japan oft finden, aber nicht in gleichem Maasse wie die Japaner
zu würdigen vermögen.
Viele der feineren Goldlackarbeiten aus der Zeit der Tokugawa-
Shôgune tragen das einfache Wappen dieser Familie oder irgend eines
Daimiô, der sie anfertigen liess. Hierher gehören unter anderm auch
die vielen schönen Kästchen mit schachtelartig übergreifendem Deckel.
Sie dienten bei Hochzeiten und sonstigen feierlichen Gelegenheiten zum
Ueberreichen von Geschenken und wurden an einer schweren schönen
Seidenschnur mit Troddeln getragen, welche eine, das Kästchen um-
gebende, schützende Hülle aus steifem Seidenstoff oben schloss. Wohl
standen auch schöne Gewebe, Bronzen und feine keramische Produkte
in Ansehen, doch scheinen die alten und wohlhabenden Familien neben
ihren Schwertern kaum etwas so hoch geschätzt zu haben, als einen schö-
nen Lackgegenstand aus der Hand eines anerkannt tüchtigen Meisters.
Als die alte Ordnung der Dinge in Japan zusammenbrach, Shôgun
und Daimiôs ihre Macht verloren und manches herrliche Erzeugniss
des Kunstgewerbfleisses, welches man bisher gewissermaassen als
Familienschatz behandelt und oft mit Wohlgefallen und Stolz gezeigt
und bewundert hatte, missachtet und verschleudert wurde, kamen auch
viele alte, werthvolle Lackgegenstände in die Hände der Trödler und
Fremden. Die Preise derselben sollen um jene Zeit (1868—1870) so
niedrig gewesen sein, dass danach die oft gehörte Aeusserung der
Verkäufer, es sei vortheilhafter, die Gegenstände zu verbrennen und
das auf ihre Herstellung verwandte Gold wieder zu sammeln und zu
verkaufen, vielfach wohl begründet war.
[447]3. Lackindustrie.
Für den seitdem jährlich steigenden Export japanischer Lack-
waaren aber, wie nicht minder für den einheimischen täglichen Bedarf,
wozu auch das jetzt so verbreitete Vehikel Jin-riki-sha gehört, ver-
langte die zunehmende Concurrenz vor allem, dass der Lackierer rasch
und billig arbeite. Sein Talent schien fortan nur hierauf, sowie auf
die Erfindung neuer Formen für Nippsachen und Gebrauchsartikel
mancherlei Art gerichtet und in dieser Richtung ausgebildet zu werden.
Der ausländische Freund und Kenner der japanischen Lackindustrie
sagte sich aber beim Hinblick auf diese Erscheinungen mit Recht:
»Hier schwindet ein glänzender Zug aus Japan’s Vergangenheit; denn
nicht lange wird es währen, so ist auch der letzte tüchtige Makiye-shi
dahin, der letzte, der es verstand, nach alter Art mit seinem Lack-
pinsel wirkliche Kunstwerke zu schaffen, und es bleibt nur das ge-
wöhnliche Fabrikat für den täglichen Markt, d. h. nur ein schwacher
Abklatsch der ehemaligen Kunstfertigkeit und Leistung.*) Es gilt
daher aufzukaufen und für unsere heimischen Sammlungen zu retten,
was noch von alten Kunstwerken übrig ist.«**) Und siehe da, mit
diesem Streben und den Impulsen, welche die grossen internationalen
Ausstellungen nach Japan brachten, hoben sich auch die Preise feiner
Goldlackarbeiten wieder. Die wahrhaft künstlerische Ausstattung der
Lackwaare machte sich wieder bezahlt, und das Resultat davon ist,
dass es auch heutigen Tages nicht an Makiye-shi fehlt, deren Leistungen
sich den besten aus früherer Zeit ebenbürtig an die Seite stellen lassen.
Auf der letzten grossen Pariser Industrie-Ausstellung von 1878
ragte unter den japanischen Lackwaaren vor allem ein Gegenstand,
eine lackierte dreitheilige spanische Wand (biobu) durch Reichthum und
Eleganz der Decoration hervor, ein Paradestück, das selbst neben den
Schilden von Elkington, den Bronzen von Barbedienne oder den herr-
lichen indischen Sachen des Prinzen von Wales eindrucksvoll auf den
Kunstkenner gewirkt hätte. Durch dieses Meisterstück, an welchem in
[448]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Tôkio, wie man mir sagte, zwei volle Jahre gearbeitet worden war,
wurde der sichere Beweis geliefert, dass man die alte Lackierkunst
wohl noch versteht, wenn Zeit und Mittel reichlich zur Verfügung
stehen. Eine schönere Decoration mit erhabener Goldlackarbeit ist kaum
denkbar, als die prächtig ausgeführten rothen und weissen Päonien-
blüthen in Gold und Silber, die verschiedenen Chrysanthemum und
andere Lieblingsblumen mit ihren Blättern, welche diesen Schirm
schmückten. Die Preiscommission lohnte den Aussteller Minoda Chio-
jire, einen Kaufmann aus Tôkio, mit der goldenen Medaille, ein eng-
lischer Liebhaber aber dadurch, dass er die Summe von 60000 Frcs.
dafür zahlte.
Wer diese Industrie seitdem weiter verfolgt und ihre Producte in
den Handlungen mit besseren kunstgewerblichen Erzeugnissen Japans
zu London, Paris und Berlin näher beachtet hat, dem musste sich wohl
die Ueberzeugung aufdrängen, dass jetzt ihre höheren Anstrengungen
und Leistungen glücklicherweise nicht blos auf die grossen Weltaus-
stellungen berechnet werden, sondern auch ausserhalb derselben zu
finden sind und weitere Anerkennung durch Abnehmer ihnen nicht fehlt.
Heutzutage concentriert sich die Lackindustrie vornehmlich in und
um Tôkio und es erfolgt die grösste Ausfuhr ihrer Producte über Yoko-
hama. Hierher gelangen auch die meisten Lackwaaren von Shidzuoka,
sowie den nördlicheren Provinzialstädten Wakamatsu, Yonezawa und
Niigata, ebenso die von Noshiro. Shidzuoka und Niigata liefern u. A.
die meisten der beliebten elliptischen Brodkörbchen aus Magnolienholz
mit und ohne Rotangbeleg auf der Aussenseite. In Niigata nährten
sich 1874 nicht weniger als 200 Familien von der Lackindustrie.
Im Thale des oberen Sai-gawa, sowie des Kiso-gawa der Provinz
Shinano längs des Nakasendô verfertigen die Orte Hirasawa, Na-
gai, Yabuhara und Fukushima ziemlich viele und billige hölzerne
Lackwaaren für den einheimischen Bedarf, vornehmlich Suppennäpfe
(wan) und andere hölzerne Essgeräthe. Statt des Kokuso-kau be-
streicht man die Fugen einfach mit einem Gemisch aus Weizenmehl
und Se-shime-urushi. — Wakayama versorgt mit Kiôto vornehmlich
den Markt von Ôzaka und Hiogo. In Nagoya wird die Lackverzie-
rung besonders auf Thonwaaren (Porzellan und irdenes Geschirr) an-
gewandt, in Kiôto auch auf Bronze und Kupfer. Nagasaki liefert vor
allem die Schildkrotarbeiten und Imitationen mit zum Theil sehr schö-
ner Goldlackverzierung. Auch kommen Cabinette und andere Sachen
mit Perlmutterarbeit vornehmlich von hier, sodann die lackierten Arita-
Vasen mit wellenförmigem Rande.
[449]4. Textilindustrie.
4. Textilindustrie.
Hanfleinwand und Nesseltuch. Pisang-Gewebe. Baumwoll-Industrie. Hervor-
ragende Leistungen, Hauptsitze und besonders bemerkenswerthe Producte der
Seidenweberei. Hülfsmittel derselben. Habutai, Krepp, Kanoko, Brocat. Ver-
wendung von Gold- und Silberpapier bei letzterer. Sammetweberei. Stickerei.
Literatur.
- 1) E. von Bavier: Japans Seidenzucht, Seidenhandel und Seiden-Industrie.
Zürich 1874. - 2) Officielle Berichte über die Textil-Industrie auf den grossen Welt
ausstellungen von 1873, 1876, 1878 zu Wien, Philadelphia und Paris. - 3) Prestl: Technologische Encyklopädie Bd. 14 und Bd. 20.
- 4) M. Moyret: Traité de la Teinture des Soies etc. Lyon 1879.
- 5) E. Parant: Etude sur la Fabrication des Tissus. Paris 1883.
- 6) A. Rondot: Essai sur le Commerce de la Soie en France. Lyon 1883.
- 7) C. G. Gilroy: The art of Weaving by hand and by power. London 1845.
- 8) M. M.: The Industrial Arts, Historical Sketches. London 1876.
Von thierischem Rohmaterial kommt hier fast ausschliesslich die
Seide, von Pflanzenfasern hauptsächlich Baumwolle und Hanf, daneben
auch Böhmeriabast, in Betracht. Die beiden letzteren ersetzen den
Flachs. Ihre Gewebe sind einfach, ungemustert, zum Theil aber von
grosser Feinheit. Hohen Ruf hat insbesondere Nara Jôfu, die Hanf-
leinwand (Asa-nuno) von der alten Stadt Nara in der Provinz Yamato.
Dass der Hanf die älteste cultivierte Textilpflanze Japans ist und ein
mit Indigo blaugefärbtes, grobes Hanfgewebe den gewöhnlichsten Klei-
dungsstoff der Landbevölkerung bildet, wurde bereits pg. 195 erwähnt.
Unter Echigo Jôfu versteht man eine Art Nesseltuch, die Lein-
wand aus der Faser des Nesselhanfs, Kara-mushi (Boehmeria nivea),
aus Echigo. Dieselbe soll auf Schnee gebleicht werden und steht im
Aussehen dem feinsten Hanfgewebe nicht nach. Bei Anwendung eines
stark gezwirnten Schussfadens erhält man ein Gewebe, welches unter
dem Einfluss von Wasserdampf oder eines Bades ähnlich wie Krepp-
seide (siehe diese) zusammenschrumpft. Dies ist das Echigo Jôfu
Chijimi, welches gebleicht, einfach weiss oder mit Indigo und andern
Farben bedruckt, beliebten Stoff zu leichter und kühler Sommerklei-
dung liefert, der sich durch grössere Dauerhaftigkeit vor Kattun aus-
zeichnet. Des Bashô-fu oder Pisang-Gewebes der Riukiu-Inseln
wurde bereits pg. 198 genügend gedacht.
Erst unter dem Shôgunat der Tokugawa, also vom Jahre 1600
n. Chr. an, hat sich mit dem Baumwollbau auch die Anfertigung und
Rein, Japan. II. 29
[450]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
der Verbrauch baumwollener Stoffe, jap. Momen-mono, über das
Land verbreitet. Insbesondere ist seitdem die Sommerkleidung der
wohlhabenderen Stände und die Kleidung der grossen Menge der Stadt-
bewohner überhaupt vorwiegend der Baumwolle entlehnt. Spinnerei
und Weberei sind dabei nicht über das Stadium einer Hausindustrie
hinausgekommen und haben auch stets nur dem einheimischen Bedarf
gedient. Dies gilt auch von den Städten der Provinzen Kawachi und
Harima, insbesondere von Sakai und Himeji mit der ansehnlichsten
Baumwollindustrie. Die Riukiu-Inseln lieferten Baumwollstoffe,
welche, in der Regel weiss carriert auf blauem Grunde, beson-
ders ihrer Stärke und Dauerhaftigkeit wegen beliebt waren. Im Nor-
den deckten die Webereien von Morioka einen ansehnlichen Theil
des Bedarfs. Ihr Rohmaterial bezogen sie aus südlicheren Landes-
theilen. Bedeutenden Ruf hat auch ein Baumwollzeug von Narumi
in der Provinz Owari, das Narumi shibori. Die Behandlung dieses
Gewebes beim Färben ist ähnlich derjenigen des Kanoko-shibori (siehe
dieses). Zu Arimatsu, einem hübschen Dorfe am Tôkaidô, handeln
viele Häuser damit. Die Industrie hat geleistet, was mit den alten
Webstühlen und andern unvollkommenen Einrichtungen nur möglich
war, kann aber, seitdem das Land der fremden Concurrenz erschlos-
sen ist, dieser kaum noch Stand halten.
So beachtenswerth auch immerhin die Leistungen der Völker des
chinesischen Culturkreises in der Bearbeitung vorerwähnter und einiger
andern vegetabilen Webstoffe gewesen sind, so hat sich doch eine
eigentliche Kunst nie mit ihnen gepaart.
Es lag in der Natur der Sache, dass die Seidenmanufactur einen
ungleich höheren Grad der Vollkommenheit erreicht hat. Der edle,
überaus dankbare Stoff und die vielhundertjährige Beschäftigung mit
ihm hatten bewirkt, dass die Chinesen bereits im Mittelalter, z. B. zur
Zeit des Marco Polo, Seidensammet, Brocat und andere feine Gewebe
zu verhältnissmässig billigen Preisen liefern konnten und damit nicht
blos Westasien, sondern auch näher liegende Gebiete versahen.
So lesen wir z. B. bei Antonio de Morga, *) dass die chinesischen
Dschunken, welche gegen Frühjahr mit dem noch herrschenden Nord-
westmonsun von Macao, Canton und andern Häfen nach Manila kamen,
hierher brachten: »Rohseide, Sammet, glatt und mit vielerlei
Mustern gestickt, Brocat auf Seidenstoffen von mancherlei Farben
[451]4. Textilindustrie.
und Mustern mit Gold und Siber verziert, wobei aber alle Goldfäden
falsch und aus Papier sind, ferner Damast, Satins, Taffetas etc.«
Noch interessanter erscheint uns eine Notiz bei Linschoten,*)
welche ausdrücklich hervorhebt, dass die Portugiesen in Japan Silber
holten im Austausch gegen Seidenwaaren, welche sie aus Macao brach-
ten, während doch schon zur Zeit der Eroberung von Malakka (1511
n. Chr.) durch Albuquerque nach einem Commentar, den der Sohn
dieses portugiesischen Generals schrieb, die Gorés (Japaner?) neben
andern Dingen Seide und Brocat nach Malakka brachten. **)
Der scheinbare Widerspruch zwischen diesen beiden Angaben dürfte
nicht schwer zu lösen sein. Wie aus früheren Bemerkungen über die
Seidenzucht Japans hervorging (Bemerkungen, welche auch für die
Seidenindustrie Geltung haben), ist dieselbe auf die Hauptinsel Hondo
beschränkt. So war es ohne Zweifel immer. Es ist also leicht denk-
bar, dass diese Insel im 12. Jahrhundert Seidenwaaren ausführte,
während die Insel Kiushiu, mit der die Portugiesen fast ausschliesslich
verkehrten, solche gegen Ende des 16. Jahrhunderts von China über
Macao empfing, wobei wir ganz absehen wollen von inneren Kriegen
und Unruhen in der Hauptstadt Kiôto, welche deren Seidenausfuhr
nach den südlichen Inseln wohl zuweilen hemmen konnten, so dass
Nagasaki leichter mit Waaren aus China erreicht werden mochte, wie
mit solchen von den Industrie- und Handelshauptstädten auf Hondo.
Wie dem aber auch sei, die Thatsache steht fest, dass die besonders
interessierten Kreise Europas im Jahre 1859, in welchem die Ausfuhr
japanischer Rohseide ihren Anfang nahm, noch keine Ahnung hatten
von dem, was die einheimische Seidenindustrie zu leisten vermochte.
Dessenungeachtet gehörten Seidengewebe seit vielen Jahrhunderten,
wie in China, so auch in Japan, zu den herrlichsten Erzeugnissen des
Kunstfleisses; sie bekunden noch heutigen Tages, welch’ hohe Ent-
wickelung eine Industrie selbst bei unvollkommenen Werkzeugen in
den Händen eines kunstsinnigen, geschickten und ausdauernden Volkes
erlangen kann. Vor dem Jahre 1859 diente die Seidenzucht und
Seidenweberei Japans nur dem inländischen Bedarf. Dass die Gewebe
nicht auf den europäischen Markt gelangten, lag nach Thunberg ledig-
lich an ihrer geringen Breite.***)
29*
[452]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Als Japan im Jahre 1873 auf der Wiener Ausstellung zum ersten
Mal die Mannigfaltigkeit, den Reichthum und die geschmackvolle Aus-
stattung seiner Kinu oder Seidengewebe entfaltete, staunte nicht blos
der Laie, sondern mehr noch der sachverständige Preisrichter über
diese ungeahnten Leistungen. Da waren neben einer reichen Auswahl
glatter, einfacher Stoffe und überraschend schöner geköperter Gewebe
voll Weichheit und Eleganz, vor allem schwere Brocate und andere
gemusterte Stoffe in nicht geahnter Pracht und mit zum Teil ganz
neuen Hülfsmitteln und Decorationsweisen zu sehen. Wohl war auch
in diesem Zweige des Kunstgewerbes der Chinese des Japaners Lehr-
meister und Vorbild gewesen, doch wie in verschiedenen andern Fällen,
so auch in diesem von dem Schüler längst überflügelt worden. Es
gibt keine grössere Anerkennung der Leistungen japanischer Seiden-
weberei, als das Urteil des sachverständigen Preisrichters auf der
Wiener Weltausstellung, des Handelskammer-Präsidenten Al. Heimen-
dahl zu Crefeld.
»Mag man«, so schreibt derselbe in seinem Bericht über Seiden
und Seidenwaaren, »noch so sehr geneigt sein, über vieles Burleske
und Bizarre im Dessin, über allerlei eigenthümliche Stilrichtungen den
Kopf zu schütteln, alle die Unschönheiten werden gleichsam veredelt
durch einen gemeinsamen Zug, der überall zu finden ist: die Lust und
Ausdauer in der Arbeit. Aber neben diesen erwähnten Excentricitäten
macht sich anderseits wiederum ein so feiner Sinn für Form und Farbe
geltend, zeigt man uns Stoffe in den zartesten gebrochenen Tönen, in
den anmuthigsten Dessins, in Ornamenten mit Gold und Silber gemischt,
welche die Natur nicht nachbilden, sondern sie nur zu phantastischen
Neubildungen benutzen, so dass sie alles übertreffen, was die euro-
päische Kunstweberei zur Ausstellung brachte.« —
Während die Seidenzucht Japans seit Eröffnung des neuen Ver-
kehrs und der Restauration der Mikado-Herrschaft einen bedeutenden
Aufschwung nahm, ist die Seidenindustrie in hohem Grade und auf
mancherlei Weise geschädigt worden. Die billigen Woll- und Baum-
wollstoffe, welche das Ausland seit mehreren Jahrzehnten auf den Markt
wirft, machen den Seidengeweben immer grössere Concurrenz. Die
Sammetweberei hat gegenüber dem überaus billigen Baumwollsammet
von Manchester ihre Arbeit bereits vor 10 Jahren grösstenteils ein-
stellen müssen. Hierzu kommt, dass die mit dem Jahre 1859 beginnende
und in den folgenden Jahren sich rasch steigernde Ausfuhr von Roh-
***)
[453]4. Textilindustrie.
seide, der sich diejenige von Seidenraupeneiern bald zugesellte, einen
grossen Einfluss auf die Preise der Rohseide übte, welche in wenigen
Jahren auf das 10—16 fache stiegen. Viele Japaner sahen sich unter
diesen Umständen genöthigt, ihre Gewohnheit, seidene Kleider zu
tragen, aufzugeben und sich den viel billigeren wollenen und baum-
wollenen zuzuwenden.
Anderseits konnte die japanische Seidenindustrie trotz ihrer herr-
lichen Produkte auch kein nennenswerthes neues Absatzgebiet erobern;
denn der Uebergang der Handweberei zur mechanischen hat bei ihr
noch nicht stattgefunden. Noch arbeitet man in altgewohnter Weise
mit Handstühlen, wie sie vor etwa 100 Jahren auch in Europa ge-
bräuchlich waren. Selbst der Uebergang von den schmalen Bahnen,
namentlich bei glatten Geweben, von nur 34—45 cm Breite zu den in
Europa gangbaren grösseren Breiten hat sich nur langsam und noch
keineswegs überall vollzogen. Nachdem der Dampfwebstuhl die Seiden-
industrie in Europa umzugestalten begonnen hatte, konnte von einem
Mitbewerb der japanischen keine Rede mehr sein. *) Erst wenn man
in Japan auch in dieser Beziehung dem Beispiel Europas gefolgt ist,
werden die billigeren Arbeitskräfte und grössere Geschicklichkeit und
Gelehrigkeit wieder zur rechten Geltung kommen und die Japaner auf
neuer Basis auch in der Seidenindustrie dem Ausland gegenüber wie-
der concurrenzfähig werden. Das eröffnet freilich der Hausindustrie
keine helle Zukunft. Wie die grossen Filanden mit Dampfbetrieb,
Tomioka seit 1872 oben an, allmählich die kleinen Haspelvorrichtungen
der Seidenzüchter, die nicht mehr mit ihnen concurrieren können, brach
legen, so werden auch Hunderte von Webstühlen und die davon ab-
hängigen Existenzen in Frage kommen.
In der japanischen Seidenindustrie nimmt Kiôto immer noch, wie
seit vielen Jahrhunderten, mit seinen gemusterten Stoffen aller Art, ins-
besondere mit golddurchwirkten Brocaten, reich mit Blumen und andern
Ornamenten verziertem Damast und Krepp, mit seinem Rips, Sammet
und andern schönen Geweben weitaus die erste Stelle ein. Die
Webereien und Färbereien befinden sich in dem unter dem Namen
Nishi-jin, d. h. »Westbaracken«, bekannten westlichen Stadtteil und
sind immer noch sehr zahlreich. Nach Bavier verarbeiten ungefähr
18000 Seidenweber in Kiôto und Umgebung auf etwa 6000 Webstühlen
[454]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
gegen 6000 Ballen von je 50 kg Rohseide. Den Werth der daraus
gewonnenen Gewebe schätzt man auf 20 Mill. yen oder 80000000 Mark.
Je nach der besonderen Beschäftigung bilden jene Seidenweber wieder
freie Innungen zur Förderung gemeinsamer Angelegenheiten. Da gibt es
z. B. eine Moyo-sha oder Bildweber-Genossenschaft, von der sich wie-
der die Kin-ran-sha oder Seiden-Brocat-Gesellschaft, sowie die
Tsusure-sha für eingelegte Brocat-Arbeit abzweigt. Ferner hat
Kiôto eine Chirimen-sha oder Krepp-Gesellschaft und davon wieder
getrennt die Kanoko-sha, sodann eine Habutai-sha, eine Sha-
ori-sha oder Gaze-Webe-Genossenschaft, eine Natsu-gi-sha oder
Gesellschaft zur Anfertigung von Sommerstoffen, eine Birôdo-sha
oder Sammetweber-Gesellschaft, und andere mehr. Neben den alten
einheimischen Farbstoffen (siehe S. 205—216) bedient man sich mehr
und mehr der europäischen Theerfarben und anderer Produkte unserer
chemischen Farbindustrie und leistet darin so Ausgezeichnetes, dass
man in Japan behauptet, das Kiôto-Wasser (des Kamo-yawa) eigne
sich wie kein anderes zum Bleichen und Färben; darum könne man
es darin den Färbern von Kiôto nicht nachthun.
Zum Verschleiss der Seidenwaaren von Kiôto und anderer Städte
dient noch immer vornehmlich Ôzaka, obgleich ihm, wie im Handel
überhaupt, in Tôkio eine einflussreiche Concurrentin erwachsen ist. In
Ôzaka gibt es noch immer die umfangreichsten Seidenlager, alte re-
nommierte Häuser, welche 80—100 Bantôs (Gehülfen) beschäftigen
und das Geschäft in grossem Stile betreiben.
Die bedeutendste Seidenweberei nächst Kiôto hat Kiriû, eine
kleine Stadt in der Provinz Jôshiu (Kôdzuke) ostwärts von Mayebashi
nahe der Grenze von Shimotzuke. Gleich mehreren andern Orten der
Provinz, insbesondere Mayebashi, Takasaki, Joshiu und Isesaki
zeichnet sich Kiriû besonders durch seine Shusu (Satin) und andere
einfache, leichte Seidengewebe, sowie halbseidene Stoffe aus, von denen
es mehr darstellt als Kiôto. Auch hat es bedeutende Kreppweberei und
liefert ausserdem mehrere Sorten Obi oder Frauengürtel. Chirimen
oder Kreppseide wird ausser hier und Kiôto vornehmlich dargestellt:
- zu Tanabe und Miatsu in der Provinz Tango,
- ‒ Nagahama am Biwasee ‒ ‒ ‒ Ômi,
- ‒ Kano und Gifu ‒ ‒ ‒ Mino.
Die breiten Obi oder Gürtel für Frauen und Mädchen webt man
in vorzüglicher Qualität
- zu Hakata in der Provinz Chikuzen auf Kiushiu,
- ‒ Yonezawa ‒ ‒ ‒ Uzen
und in dem schon genannten Kiriû. Ausserdem betreiben Fukushima
[455]4. Textilindustrie.
in Iwashiro, Sendai in Rikuzen, Akita in Ugo, Gôfu in Kôshiu,
Kanazawa in Kaga, Hajôji in Musashi, sowie die Hauptstadt Tôkio
selbst zum Teil eigenartige Seiden-Industrieen. So verfertigt Akita
namentlich viel gestreiftes Tsumugi, ein starkes Gewebe aus ver-
sponnenen Seidenabfällen, das mit seinem vollständigen Namen Kudzu-
ito-tsumugi heisst.
Zwischen der Seidenzucht, welche eigentlich mit der Lieferung der
getödteten Cocons an die Haspelanstalt endet (wenn der Züchter das
Abhaspeln nicht selbst besorgt), und der Weberei liegt noch die Seiden-
spinnerei. Sie verarbeitet die Seidenabfälle zu Schappe oder Floret-
seide, welche namentlich für die Sammetweberei von hoher Bedeutung
ist, und die Grège oder Haspelseide zu Organsin und Trame,
Ketten- und Schussfäden. Dazu dienen vor allen Dingen die Doublier-
und die Zwirnmaschinen, Apparate, welche der Franzose Moulins
nennt, wesshalb man auch mit Moulinage oft die gesammte Vorbe-
reitung der Haspelseide für ihre verschiedenen Zwecke versteht, durch
welche die Fäden die nöthige Gleichmässigkeit, Stärke und Wider-
standskraft erhalten.
Bei dem Abhaspeln der Coconsfäden werden je nach der Stärke
(dem Titre), in welcher man die Ki-ito oder Rohseide darstellen will,
3—15 (in Japan gewöhnlich 8—13) derselben zu einem Grègefaden
vereinigt. Von den stärkeren Yama-mai-Fäden liefern in der Regel 5—6
Cocons einen Haspelfaden. Für gewönlich erhalten die Organsinfäden,
zu denen man die beste Haspelseide verwendet, eine doppelte Torsion
und sind desshalb der Tramseide gegenüber matt, so bei allen glatten
glänzenden Geweben. Bei Krepp ist die Sache umgekehrt. Hier ist
die Kette, jap. Tate, glatt und wenig gedreht, der Querfaden, jap.
Yoko-ito, oder Einschlagfaden, jap. Nuki-ito, dagegen doppelt
gezwirnt und matt. Zum Weben glatter, schlichter oder geköperter
Stoffe, wie Shusu (Atlas), Nanako (Taffet), Sha und Rô (Sorten
Seidenflor), Tsumugi (Abfallstoff), gebraucht man in Japan den alten
Handwebstuhl oder Hata. Bei Anfertigung gemusterter Seidenstoffe
oder Mon-ginu bedient man sich dagegen des Zampelwebstuhls.
Derselbe hat im wesentlichen dieselbe Einrichtung, wie sie früher
vor Einführung des Jacquard-Stuhles in der Damastweberei auch in
Europa allgemein gebräuchlich war. Die Fachbildung oder das Aus-
wechseln (Heben und Senken) der unter dem Namen Litzen bekannten
Gruppen von Kettenfäden verrichtet hierbei der oben auf einem Brett
sitzende Ziehjunge. Man stellt mit dieser Abänderung des gewöhn-
lichen Handwebstuhls, von der Bavier auf Tafel IV Nr. 2 seines Buches
eine gute Abbildung gibt, mancherlei Bildgewebe dar, ist aber beson-
[456]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
ders geschickt in der Fabrikation von façonniertem Atlas, Krepp und
Brocat.
In den folgenden Spalten mögen noch diejenigen Erzeugnisse der
japanischen Seidenindustrie eine nähere Erörterung finden, welche von
europäischen wesentlich abweichen oder sich durch hervorragende
Schönheit und Güte besonders auszeichnen.
Habutaye (sprich Habutai) oder Kabe-habutai, ein eigen-
artig geripptes Seidengewebe von weisser Farbe, gehört zu den präch-
tigsten ungemusterten Seidenstoffen, welche Japan aufweisen kann.
Dieses Habutai ist wellig gerieft, ein Mittelding zwischen Krepp und
Rips. Kette und Einschlag sind viel dicker als bei glatten und ge-
köperten Stoffen. Die Schussfäden sind eigenartig locker gedreht.
Ein dünnerer Faden, aus 2 Haspelfäden bestehend, umwindet nämlich
in langgestreckter Spirale einen dickeren, der aus 6 Grègefäden zu-
sammengesetzt ist. Dies bedingt nicht blos die eigenartige wellige
Rippung des Stoffes, sondern auch seine grössere Fülle und Geschmei-
digkeit. Nach Dicke und Weichheit erinnert Habutai an Sammet, von
dem er jedoch sonst durchaus abweicht.
Dieses Gewebe war in Japan immer für Festkleider des Adels
sehr beliebt; auch pflegte der Hof oft Geschenke damit zu machen.
So schenkte nach Berichten aus Japan der Mikado während seiner
Rundreise durch das mittlere und nördliche Hondo im Jahre 1878 manche
Elle Habutai an seine Wirthe. Kabe Habutai wurde immer in brei-
teren Bahnen gewoben, als gewöhnliche glatte oder geköperte Seiden-
stoffe. In Kiôto kostete 1875 ein Stück von 16,6 m Länge und 70 cm
Breite 13 yen oder 52 Mk.
Der beliebteste rauhe, glanzlose Seidenstoff der Japaner, den sie
sowohl einfach als in verschiedener Weise gemustert darstellen, ist
ohne Zweifel der Chirimen oder Krepp. Weicht auch, wie das Aus-
sehen, so die Anfertigung der verschiedenen Sorten ansehnlich von
einander ab, so findet sich doch bei allen ein gemeinsamer Zug. Er
besteht darin, dass man zur Kette, wie zum Schuss ziemlich gleich
starke Fäden nimmt, von denen aber die Einschlagfäden auf der Zwirn-
maschine noch besonders teils rechts, teils links gezwirnt wurden.
Beim Einschlag dieser doppelt gedrehten Fäden wechselt man mit den
beiden Sorten ab. Ist das Stück (Tan oder I’tan) fertig, so kommt es in
ein Bad, erleidet dabei eine starke Contraction, namentlich in die Breite,
wird darauf in Wasser ausgesüsst und vor völligem Trocknen über eine
hölzerne Walze gerollt und gestreckt, dann an der Sonne vollends ge-
trocknet. Solche Kreppseide, bei der die Anwendung einer sogenann-
ten Kreppmaschine unbekannt ist, kann nur im Stück gefärbt werden.
[457]4. Textilindustrie.
Das Zusammenschrumpfen des Gewebes durch das Bad beträgt
20—30 % in die Breite, aber nur etwa 10 % in die Länge. Offenbar
wird dieses Eingehen durch die verschiedenartige Drehung der Ein-
schlagfäden hervorgerufen und damit auch die rauhe Oberfläche. Krepp-
stoffe sind, wenn sie vom Webstuhl kommen, leicht und porös; doch
schliessen sich die Maschen beim Bad und Trocknen. Ihre Dauer-
haftigkeit ist viel grösser und der Preis entsprechend höher, als der-
jenige glatter Gewebe.
Bavier gibt Tafel II, Fig. 2 seiner oben erwähnten Schrift eine
vortreffliche Abbildung der in Japan gebräuchlichen Zwirnmaschinen,
welche die Schussfäden für Chirimen vorbereiten. Mit Hülfe derselben
werden gleichzeitig 24—48 Tramfäden zur Hälfte stark rechts, zur
Hälfte ebenso links gedreht. Man nennt den Apparat in Japan kurzer
Hand Ô-guruma, das grosse Rad, nach dem hervorragendsten Teil,
einem grossen Zwirnrad, welches mit der Hand gedreht wird und alle
Spuhlen, sowie die Haspelwalzen zu beiden Seiten in Bewegung setzt.
In Nagahama auf der Nordostseite des Biwa-Sees wird die ein-
fache Chirimen-Weberei viel betrieben. In der Regel findet man 2—3
Webstühle in einem Hause, nämlich einen für Ô-haba, grosse Breite,
von 84 cm, einen für Ko-haba, kleine Breite, von 45—60 cm und
einen für Kinu-chijimi, ein nach dem Bade ebenfalls zusammen-
schrumpfendes, runzlig aussehendes Gewebe, das jedoch vom Krepp
abweicht. Für das Kreppgewebe waren Kette und Einschlag aus 6—7
einfachen Haspelfäden zusammengesetzt, der Einschlag ausserdem stark
gezwirnt. Beim Weben geht der Schütze mit linksgedrehtem Faden
einmal hin und her und darauf ein zweiter mit dem rechtsgedrehten.
Demnach folgen immer zwei Schussfäden mit linker Torsion auf zwei
mit rechter. Das fertige Stück wird in einem eisernen Kessel mit
Strohasche und Wasser einige Stunden lang gekocht, wobei man ihm
durch einen geringen Zusatz von Indigo oft einen bläulichen Ton gibt.
Nach dem Bade wird das Gewebe ausgesüsst, auf der Walze gestreckt
und dann getrocknet.
Ein Tan oder Stück, welches 60 jap. Fuss (18,18 m) lang und
19½ Zoll (59 cm) breit war, ging durch das Bad auf 54 Fuss (16,377 m)
in der Länge und 14½ Zoll (44 cm) in der Breite ein, demnach um
10 % in jener und 25,4 % in dieser Richtung.
Zu Kano am Nakasendo wird vorzüglicher Mon-chirimen oder
Bild-Krepp gewoben. Damit sich die Muster vom matten Krepp-
grunde genügend abheben, müssen sie mit glänzenden, nicht ge-
zwirnten Fäden gebildet werden, demnach entweder mit der Kette oder
oder auch mit Hülfe besonderer Einschlagfäden. Im ersten Falle —
[458]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
und das ist die gewöhnliche Art — ist der Mon-chirimen damastartig
und unterscheidet sich im Aussehen von façonniertem Atlas vornehmlich
durch den matten Grund; im andern Falle liegt das Muster auf und ist
die Arbeit brochiert oder brocatartig. Für beide Arten Mon-chirimen
findet der Yama-maï-Faden eine sehr interessante Verwendung.
Beim gewöhnlichen Yama-maï-mon-chirimen oder gemusterten
Yama-maï-Kreppgewebe werden die Fäden des Eichenspinners (9—10
Coconfäden zu einem Kettenfaden vereinigt) in die Kette genommen
und sowohl aus ihnen, als auch mit den gewöhnlichen Aufzugfäden
auf dem Zampelstuhle Bilder erzeugt, welche sich durch verschiedene
Färbung unterscheiden. Auch beim Färben solcher Gewebe, welches
in der Regel in Kiôto erfolgt, bleiben die Yama-maï-Fäden hell und
glänzend, weil sie die Farbe nicht annehmen.
Wie im Shima-chirimen oder gestreiften Krepp die Yama-maï-
Seide oft zur Erzielung gelblich grüner, glänzender Streifen verwendet
wird, so wird sie auch zu Mustern für Kudzu-ito-tsumugi oder
Seidenabfallgeweben gebraucht. Dagegen sind mir Stoffe, welche aus
Seide des japanischen Eichenspinners ausschliesslich dargestellt wür-
den, nie zu Gesicht gekommen. Im übrigen verweise ich hier auf das
pg. 243—249 über diesen Gegenstand Erwähnte.
Kanoko, Kanoko-shibori oder Kanoko-sha-chirimen*)
wird ein eigenthümliches, leichtes, hügel- und wellenförmig gekräuseltes
Seidenfabrikat genannt, welches von den japanischen Frauen als Haar-
schmuck, aber auch zu Halsbinden verwendet wird, wobei man es in
die Form einer Rolle bringt, die man an beiden Enden mit Quasten ver-
sieht. In beiden Fällen bringt Kanoko die beste Wirkung hervor. Es
ist fast immer prächtig roth oder violett gefärbt, mit grösseren oder
kleineren runden, weissen Flecken besäet, in regelmässiger netzförmiger
Anordnung und Abständen von 1 cm und mehr. Man verfertigt es
nur in Kiôto und zwar wie folgt:
Zwei Bahnen einer sehr leichten Kreppseide aus der Provinz Tango
werden, wie sie vom Webstuhl kommen, mittelst Fu-nori (Algen-
kleister) gesteift und aufeinander geklebt. Nach dem Trocknen zeichnet
man das Muster, gewöhnlich ein Netz gerader, rechtwinklig sich schnei-
dender Linien, darauf und reibt dann den Stoff mit den Händen gründ-
lich durch, um ihn wieder weich und geschmeidig zu machen. Ist
dies geschehen, so folgt das Unterbinden desselben. Hierbei bedient
[]
Brocatmuster aus Kioto.
Verlag v. Wilh. Engelmann, Leipzig.
[][459]4. Textilindustrie.
man sich gewöhnlich eines Stativs, an welchem ein zugespitzter Messing-
haken befestigt ist. An diesen wird das Gewebe bei jeder Durch-
schnittsstelle zweier Linien der Zeichnung der Reihe nach angehakt
und etwas emporgezogen, sodann mit einem Hanffaden in mehreren
Windungen fest unterbunden. Dieses Kanoko-chirimen-Knüpfen ist
eine zeitraubende, wenig lohnende Arbeit, welche gewöhnlich alten
Frauen und Kindern zufällt. Ist das Unterbinden beendet, so folgt
das Baden, Färben, Trocknen und Strecken des stark zusammenge-
schrumpften Stoffes. Hierbei lösen sich die Bindfäden auf und werden
mit den Händen entfernt. Die unterbundenen Stellen liefern das
weisse Muster auf dem türkischrothen, pfirsichblüthfarbigen oder
violetten Grunde. —
Die Obi oder Gürtel, mit welchen japanische Damen ihre langen
Kleider (Kimono) um die Lenden befestigen, werden auf besonderen
Webstühlen aus vorzüglicher Seide verfertigt. Es sind verschieden-
artige, teils glatte, teils gerippte, gemusterte Gewebe von 16—24 cm
Breite und 3—4½ m Länge, mit Rücksicht auf die langen Schleifen,
in welche sie auf dem Rücken gebunden werden. Als die vorzüglich-
sten gelten die Hakata-obi, aber auch die Koyanagi-obi in
starkem Altlas von Kiriû, die gerippten Donsu-obi von Yonezawa
und andere mehr werden hoch geschätzt.
Gewänder aus Brocat, japanisch Nishiki, d. h. aus schwerem,
gemustertem, mit Gold- und Silber durchwirktem Seidengewebe, den
reichsten und kostbarsten, welche die Textilindustrie überhaupt liefert,
gehörten immer zu den Ceremoniekleidern der chinesischen und japani-
schen Fürsten, sowie zur Ausstattung der reicheren Theater und
buddhistischen Tempel. In Kiôto stand die Brocatweberei von Anfang
an unter dem besonderen Schutze des jeweiligen Mikado, und wenn
sie sich daselbst bis auf den heutigen Tag trotz der Ungunst der Zeit
in ihrer vollen Leistungsfähigkeit erhalten hat, so verdankt sie dies
zum Teil ebenfalls der noch fortdauernden kaiserlichen Protection und
Aufmunterung.
Als im Jahre 1868 Prinz Arisugawa den Oberbefehl gegen die
»östlichen Rebellen« (Anhänger der Tokugawa-Herrschaft) übernahm,
empfing er vom Mikado das Brocatbanner und ein Schwert, als
Zeichen der kaiserlichen Macht und Sache. Nach dem Einzug in Yedo
nähte sich jeder Samurai einen Brocatstreifen an seinen Kimono
(Rock), worüber sich die Bewohner der Hauptstadt der Tokugawa lustig
machten, indem sie die Kaiserlichen Kingiré oder Brocatfetzen
nannten.
Die hohe Werthschätzung des Brocat findet auch in verschiedenen
[460]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
sprichwörtlichen Redensarten bezeichnenden Ausdruck, wie in »Kokiô
ye Nishiki, d. h. »Kleide dich in Brocat, wenn du nach der Heimat
kommst«, und dem Sinn nach »kehre in die Heimat erst wieder zurück,
nachdem du dir in der Fremde etwas erworben hast.« Schöner ist die
folgende: »Tzuzure wo kite mo kokoro wa Nishiki«, d. h. »er trägt
zwar Lumpen, aber sein Herz ist von Brocat.« —
Man unterscheidet in Kiôto Ito-nishike, Goldfaden-Brocat, und Aya-
nishiki, d. h. Seidendamast-Brocat oder mit Blumen durchwirkten
Brocat. Ein prächtiges Stück von ersterem, 44 cm breit und 5,454 m
lang, für den Mikado bestimmt, sollte 30 yen = 120 Mk. kosten, ein
anderes von gleicher Breite und 11,5 m lang 45 yen = 180 Mk., ein drittes,
71 cm lang und 8,5 cm breit, wurde zu 50 yen = 200 Mk. angeboten.
Bei den japanischen Brocaten hat namentlich die Verwendung des
Gold- und Silberpapiers in hohem Grade das Interesse der europäischen
Seidenfabrikanten wachgerufen. Dabei wird dieses Papier in schmale
Streifen zerschnitten und dient dann entweder zum Umspinnen von
Seidenfäden oder es wird für sich zu Fäden gedreht und eingewoben.
Die Gewebe erhalten dadurch ganz das Aussehen, als seien sie mit
echten Gold- und Silberfäden durchwirkt, zeichnen sich aber daneben
durch grössere Geschmeidigkeit und Billigkeit aus.
Um Kin-gami oder Goldpapier zu machen, wird Usude-Tori-
noko-gami, ein Gampi- oder Kôdzo-Papier (siehe Papier-Industrie)
mit einem Gemisch aus Rohlack (Ki-urushi) und Schwefel (Iwo) auf
einer Seite mehrmals überstrichen und mit Papierballen oder -kissen
glatt abgerieben, darauf mit echtem Plattgold (Kin-paku) belegt, dann
die ganze Golddecke mit lockeren Baumwollbällchen überstrichen. Das
so erhaltene Hon-kin-gami oder echte Goldpapier kann nach dem
Trocknen sofort verwendet werden. Zur Herstellung von Gin-gami
oder Silberpapier muss selbstverständlich der Schwefel wegbleiben. Hier
wird das Papier statt mit Lack, mit Shôfu oder Weizenstärkekleister
vorbereitet, dann mit Gin-paku (Silberfolie) belegt. Seine Nach-
ahmung wird mit Stanniol (Shari oder Sudzu-haku) bewirkt, wel-
ches man ebenfalls mit Hülfe von Shôfu an das Papier befestigt.
Silber- und Stanniolpapier dienen auch zur Nachahmung von echtem
Goldpapier, zu welchem Zweck sie einen Farbenüberzug erhalten. So
wird mit Hülfe einer gelben Farblösung und Leimwasser eine Decke
geschaffen, durch welche das weisse Metall darunter in grünlich gelber
Farbe und mit hohem Glanz erscheint. Andere, goldgelbe Nüancen
erhält man durch Bestreichen der weissen Metallfolie mit einem Ge-
misch aus Shôfu und Beni (Carthamin) oder Beni-gara (Eisenroth).
Die auf die eine oder die andere Art erhaltenen echten oder un-
[461]4. Textilindustrie.
echten Gold- und Silberpapiere werden mittelst einer Maschine in
schmale Streifen geschnitten, die Kin-shi und Gin-shi, d. h. Gold-
und Silberfäden, mit denen man Seiden- oder Baumwollfäden umspinnt.
Selbstverständlich wendet man bei werthvollem Brocat stets echtes Blatt-
gold, resp. Blattsilber an. Bei diesem Umspinnen läuft der Faden von
einem kleinen Haspel zu einer hängenden Spindel über ein Stativ.
Der Streifen Gold- oder Silberpapier wird mit der Papierseite an einem
Ende gegen den Faden gehalten und die Spindel in rotierende Be-
wegung gesetzt, wobei sich der schmale Streifen um den Faden dreht
und fest anlegt. Ist dies geschehen, so reiht man einen zweiten
Streifen Goldpapier an und verfährt eben so, und so fort.*)
Tsudzu-re-no-nishiki, d. h. stückweise Brocat-Arbeit. Unter
diesem Namen stellte im Jahre 1875 Yasuda Mosaburo in Kiôto
eine Art Brocat nach einem eigenthümlichen Verfahren dar. Kette und
Einschlag bestanden aus starken, gezwirnten Seidenfäden und Gold-
papierfäden. Dabei fehlte den Webstühlen die Lade; es fand desshalb
kein eigentliches Anschlagen statt, die Querfäden wurden vielmehr
mit den Fingern eingelegt und mit Hülfe eines Kammes aus freier Hand
beigeschoben, wie dies in alter Zeit allgemein geschah. Das auf Papier
vorgezeichnete Muster lag unter der Kette. Die gefärbten Schussfäden
werden danach gewählt, gehen nicht durch die ganze Bahn, sondern
nur soweit, als man ihrer für die betreffende Figur bedarf, während
daneben liegende Teile mit andern Farben später oder früher ausge-
füllt werden. Auf diese Weise wurden schöne Tischdecken, auch
Fukusa, d. h. Gewebe zum Einhüllen und Bedecken, z. B. von Ge-
schenken, feinen Lackwaaren und anderen Gegenständen dargestellt,
ferner Stoffe für Täschchen, insbesondere die Tabako-ire zum Aufbe-
wahren des geschnittenen Tabaks. Ihr Werth und Preis steht echten
Brocatgeweben natürlich weit nach. —
Hier ist auch noch des Yuzen-some zu gedenken, einer eigen-
thümlichen Kunst, welche Hata Zenshiki und Andere in Kiôto
betreiben, und die darin besteht, die Muster auf das fertige Seiden-
[462]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
gewebe zu malen. Zu diesem Zweck werden mit Nori (Kleister) die
Zwischenräume zwischen den vorgezeichneten Figuren überdeckt, um
das Einsaugen und Ueberfliessen der Farben an den Rändern zu ver-
hüten. Das Verfahren nähert sich im übrigen dem beim Malen auf
Seide überhaupt.
In der Darstellung von Birôdo oder Sammet ist man über das
einfache glatte oder gerippte Fabrikat nicht hinausgekommen. Die
dazu dienende Vorrichtung entspricht unserem früheren Handwebstuhl
für Sammet. Der Flor der Polkette umschlingt parallel laufende Kupfer-
stäbe als Nadeln. Ist das Gewebe fertig, so werden die Noppen oder
Maschen mittelst eines Messers aufgeschnitten, das zwischen zwei
Führern geht, und die Nadeln dann herausgezogen. Die Sammet-
weberei Japans hat in Kiôto und Nagahama ihren Sitz. Zu Ishida,
einem Orte ostwärts vom Biwa-See und nicht weit von Nagahama, war
dieselbe schon 1874 eingegangen, weil, wie mir der Fabrikant sagte,
der Import die Preise für das Fabrikat so sehr heruntergedrückt und
anderseits die Ausfuhr der Rohseide diese so vertheuert habe, dass
man nicht mehr mit Gewinn arbeiten konnte.
Nui-mono oder Nui-haku, Stickerei, vornehmlich mit Seide
auf Seiden- oder Wollstoffe, schliesst sich der Seidenweberei an. Es
ist ein hochentwickelter Zweig des japanischen Kunstgewerbes, bei
dem sich wiederum die vorherrschenden Züge des japanischen Arbei-
ters, die Freude und Befriedigung an dem mit grosser Sorgfalt, viel
Geschick und bewundernswerthem Geschmack hervorgerufenen Product
offenbart. Durch eine ingeniöse Abwechselung und Verbindung von
Plattstickerei mit Federstich, aufgenähten Cordeln und dergleichen,
und durch eine mustergültige Auswahl, Zusammenstellung und Abtö-
nung der Farben ruft man überraschende Wirkungen hervor und haucht
den Blumen, Vögeln, Schmetterlingen und andern Gegenständen, welche
man nachbildet, mit der Nadel gewissermaassen Leben ein.
Die Stickerei wird in den japanischen Häusern von alten Zeiten
her geübt. Mütter leiten ihre Töchter schon frühzeitig an, mit ver-
schiedenfarbigen Läppchen ein gefälliges Mosaik herzustellen und da-
mit Bestecke für Essstäbchen und Zahnstocher, Schlagbretter für eine
Art Federballspiel und andere Gegenstände zu überziehen. Auf einer
höheren Stufe bildet die Anfertigung und Ausschmückung von Puppen-
kleidern zur weiteren Ausbildung der Geschicklichkeit und des Ge-
schmacks eine reiche Gelegenheit. Dennoch ist die Stickerei kein
Erwerbszweig der weiblichen Bevölkerung geworden, sondern in ihren
höchsten Leistungen schon seit lange Männerarbeit. Die mit Nui-haku
verzierten seidenen Ceremonienkleider, Theatercostüme, reichen Prie-
[]
STICKEREIMUSTER
[][463]5. Papierindustrie.
stergewänder, Fuku-sa oder Seidenstoffe zum Umhüllen von Ge-
schenken und andern Gegenständen und manche andere Gewebe gingen
aus Männerhänden hervor. Dieselben verfertigen auch in Kiôto, Na-
goya und einigen andern Städten die schönen Stickereien auf der Seite
spanischer Wände, für Kissenüberzüge, Tischdecken und dergleichen,
welche seit einiger Zeit zur Ausfuhr kommen und in Europa mit Recht
grossen Beifall finden.
Durchschreitet man an einem schönen Sommertage gewisse Stras-
sen der genannten Städte, so kann man Männer und Knaben vor den
Häusern an der Stickarbeit sehen. Der Seidenstoff oder das wollene
Tuch, welches man verzieren will, wird über einen Rahmen gespannt
und dieser mit beiden Enden auf zwei Holzblöcke oder sonstige Stützen
etwa 50—60 cm hoch horizontal gelegt, so dass man bequem von beiden
Seiten die Nadel durchführen kann. Vögel, Blumen und andere Dinge,
welche man nachbilden will, werden natürlich nach Vorlagen vorge-
zeichnet oder frei entworfen. Oft wird in geschickter Weise diese
Stickerei auf Seide mit dem Bemalen oder Bedrucken des Gewebes ver-
bunden, wie sie denn auch bei den gemusterten Seidenstoffen, ein-
schliesslich der Brocate, als ein weiteres Verzierungsmittel in Relief
erscheint.
(Tafel VIII. pg. 458 stellt ein Brocatmuster und Tafel IX. pg. 462
eine japanische Stickerei dar.)
5. Papierindustrie.
Allgemeine Eigenschaften des japanischen Papiers. Materialien, aus welchen das-
selbe bereitet wird, und Gewinnung derselben. Darstellung und Verwendung her-
vorragender Sorten japanischer Bastpapiere. Gekautschte Pappe: Ita-me-gami und
Hari-nuki. Tapeten. Chirimen-gami oder Krepp-Papier. Lederpapiere oder Kami-
kawa, Shi-fu oder Papier-Gewebe. Oelpapier, Regenmäntel, Schirme, Laternen
und Fächer. — Anhang: Sumi-ire, das japanische Schreibzeug und seine Bestand-
teile: Pinsel, Tusch- und Reibschale.
Literatur.
- 1) Kaempfer: History of Japan. Appendix. 1827.
- 2) Savatier: Usages et fabrication du papier japonais, in Bull. de la Soc. de
Géogr. de Rochefort. 1881. pg. 20 ff. - 3) Report on the manufacture of Paper in Japan (engl. Consulatsbericht) 1871.
- 4) Ko yeki koku san ko (sprich: Koëkikosánko) d. h. »Gedanken über die
Verbreitung nützlicher Erzeugnisse des Landes« 8 Bde. von Ôkura Nagatsune.
Ôzaka 1844. Bd. V. und VIII. - 5) St. Julien: Industries de l’Empire Chinois. Paris 1869. pg. 140—150.
[464]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
- 6) Wiener Ausstellungsberichte über die XI. Gruppe von R. Weber,
E. Twerdy und Andern. 1873.*) - 7) M. Jametel: L’Encre de Chine d’après des documents chinois. Paris 1882.
Der vielseitigen Verwendungen des Papiers**) in Japan wird schon
in den älteren Berichten über das Land wiederholt gedacht; nament-
lich hat E. Kaempfer Bereitungsweise und Benutzung dieses Bastpapiers
vor bald 200 Jahren so vortrefflich beobachtet und beschrieben, wie
Niemand sonst aus der Zeit des holländischen Handelsprivilegs, noch
viel weniger des vorausgehenden portugiesischen Verkehrs mit diesem
Orient der Chinesen. Wenn ihm dabei trotzdem Manches entgangen
ist, so muss man dies vornehmlich den Umständen zuschreiben, unter
welchen er zwei Jahre in Japan lebte, der strengen Verkehrsbeschrän-
kung und mangelnden Gelegenheit sich weiter umzusehen.
In neuerer Zeit konnte nicht blos jeder nach Japan gekommene
Fremde, sondern auch der Besucher der grossen Weltausstellungen in
Wien, Philadelphia und Paris leicht beobachten, wie mannigfaltig die
Anwendungen dieses eigenartigen Materials sind. In der That dient
es nicht blos gleich unserm gewöhnlichen Papier dem Buchdrucker
und Tapetenfabrikanten, sowie als Schreib- und Verpackmittel, son-
dern vertritt vielfach auch Bindfäden und Gewebe, Wachstuch und
Leder, ja Holz, Blech und Glas. Viele seiner Verwendungen entsprangen
dem Mangel an geeigneterem Material oder seiner leichten, billigen
Beschaffung, wie die zu Fensterscheiben und Taschentüchern, oder zu
Regen- und Sonnenschirmen, und werden sicher, wenn auch nur ganz
allmählich, durch fremden Einfluss schwinden; andere gründen sich
auf einige Eigenschaften, vornehmlich die grosse Geschwindigkeit,
Festigkeit und Widerstandskraft, wodurch sich das japanische Bütten-
papier vor unserem Maschinenpapier, ja selbst vor unserem ehemaligen
Lumpen-Handpapier vorteilhaft auszeichnet, und enthalten alle Bedin-
gungen für weiteren Bestand. Diese Vorzüge sind bedingt durch das
Material und die Art seiner Bearbeitung; denn das japanische Bütten-
papier wird aus dem sehr zähen und geschmeidigen Baste von drei
bis sechs blattwechselnden Holzgewächsen mit langen zähen Bastzellen
gewonnen, indem man denselben bei seiner Umwandlung in Papier-
[465]5. Papierindustrie.
masse (Ganzstoff) nicht zerstückelt und zerhackt, sondern durch Stam-
pfen und Schlagen nur erweicht und vertheilt, wobei die langgestreck-
ten Zellen ganz bleiben.
Auf diese Weise zeigt das japanische Bastpapier eine überraschende
Zähigkeit und Geschmeidigkeit, und verbindet die Weichheit des Sei-
denpapiers mit der Festigkeit eines gewebten Zeuges. Gleich der
verwandten Tapa der Polynesier nimmt es eine Mittelstellung ein
zwischen dem glatten, brüchigen Maschinenpapier und einem Gewebe,
ist in vielen Fällen wie letzteres verwendbar, widersteht aber der
Nässe nicht. Da nämlich eine gründliche Verfilzung und feste Ver-
schlingung der langen, zarten Fasern schon durch die Art der Dar-
stellung ausgeschlossen ist, die angewandten schleimigen oder gummi-
artigen vegetabilen Bindemittel aber durch Wasser gelöst werden, so
schwinden Festigkeit und Zähigkeit beim Durchnässen, also überall
da, wo nicht die Einwirkung des Wassers durch Imprägnation mit
Oel oder Lack verhindert wird.
Bei der Darstellung des japanischen Büttenpapiers hält der Ar-
beiter die Form oder das Schöpfnetz so, dass die parallelen Bambus-
stäbchen oder Fäden desselben von rechts nach links laufen. Er hebt
und senkt die Form vornehmlich nach vorn, also rechtwinklig zu jener
Richtung, und bewirkt dadurch, dass die Faser des Papierstoffs nach
dieser Seite fliesst und sich legt. Die Folge ist, dass jeder Bogen
japanischen Bastpapiers in dieser einen Richtung sich leicht und ge-
rade zerreissen lässt, dagegen schwer, ungerade und filzig in der an-
dern. Diese Thatsache kennt und beachtet der Japaner, so oft er
einen Streifen Papier abreissen und zu einem Bindfaden drehen will,
indem er den Riss in der Richtung der parallelen Lagerung der Fasern
macht.
Die Glätte, Gleichmässigkeit und Festigkeit des japanischen Büt-
tenpapiers wird nicht durch besondere Glättmaschinen bewirkt; den-
noch hat in der Regel jeder Bogen eine glatte und eine rauhere Seite,
welche man mit den Namen Omote und Ura, d. h. Aussen- und
Innenseite unterscheidet.*) Diese Benennungen beziehen sich auf das
Verfahren beim Buchdruck, wonach nur die glättere Seite bedruckt,
der Bogen aber dann in der Mitte so zusammengelegt wird, dass die
Faltung nach aussen, die übereinander liegenden parallelen Endseiten
Rein, Japan. II. 30
[466]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
aber in den Rücken, die rauhe Seite der beiden Bogenhälften nach
innen, die bedruckte glatte Seite nach aussen kommt. Glatt wird aber
die eine Seite im Vergleich zur andern durch das Trockenverfahren.
Nachdem nämlich der geschöpfte und geformte Bogen genügend fest
ist, wird er mit Hülfe einer grossen Bürste wider ein glatt gehobeltes
Brett gestrichen und so lange mit diesem an die Luft gestellt, bis er
trocken ist. Die Seite, womit der Bogen am glatten Brett hing, wird
natürlich glätter als die andere nach aussen gekehrte, so dass mit Be-
zug hierauf die Benennungen Omote und Ura verwechselt werden
müssten, um ihren Sinn mit der Thatsache in Einklang zu bringen.
Die Porosität des japanischen Papiers macht es mit wenigen Aus-
nahmen zum Beschreiben mit Feder und Tinte ungeeignet, ist aber
für die japanische Schreibweise mit Pinsel und Tusch, von oben nach
unten und in Reihen fortschreitend von rechts nach links, sehr werth-
voll. Durch starken Druck geglättete und gedichtete Papiere, wie sie
durch unsere Glättmaschinen erzeugt werden und für unsere Schreib-
weise so vorteilhaft sind, würden die rasche Absorption des Tusches ver-
hindern und weniger den Zwecken entsprechen. In Folge dieser grösse-
ren Porosität des reinen Bastpapieres zieht es die Feuchtigkeit mehr an,
nimmt auch leichter Staub auf, als unser geleimtes, mit minerali-
schen Zusätzen versehenes und geglättetes Maschinenpapier; auch
unterliegt es mehr dem Insektenfrass. Die hygroskopische Wasser-
aufnahme ist bei sonst trockner Aufbewahrung jedoch nie so gross,
um die Festigkeit irgendwie wahrnehmbar zu beeinträchtigen.
Ein besonderes [Bleichverfahren] wird weder in Japan, noch ir-
gendwo sonst in Ostasien, oder im Himalaya, wo Bastpapiere bereitet
werden, angewandt. Diese Papiere haben desshalb alle einen gelb-
lichen Ton, der jedoch sehr variiert, je nachdem bei der Dar-
stellung das Rohmaterial unter der Einwirkung von Wasser und
andern Ingredienzen zum Zweck der Erweichung zugleich gebleicht
wird oder nicht.
Nach Grosier*) berichten chinesische Geschichtsschreiber, dass
die Darstellung des Papiers in China um’s Jahr 105 unserer Zeitrech-
nung von Tsai-lun erfunden wurde; vorher schrieb man auf Zeuge
aus Hanf und Seide, auf Bambusrohrtäfelchen und Palmblätter, wie
solches in Hinterindien theilweise noch geschehen soll. Insbesondere
dienten hier die Blätter der Palmyrapalme (Borassus flabelliformis),
ebenso im malayischen Archipel, dem gleich den Südsee-Inseln die
[467]5. Papierindustrie.
Papierindustrie bis in die neueste Zeit nach Crawford*) unbekannt ge-
blieben ist.
Die Chinesen bereiten Papier aus dem von Formosa kommenden
Mark der Aralia papyrifera, das sogenannte Reispapier, aus jungem
Bambusrohr, Reis- und Weizenstroh, Schilf, Baumwolle, Hanf und dem
Bast verschiedener Pflanzen, vornehmlich der Papiermaulbeere; auch
verarbeiten sie das schon gebrauchte Bastpapier von neuem zu einer
untergeordneteren Waare, wie dies auch in Japan geschieht. So sollen
nach Grosier die Bewohner eines ganzen Dorfes in der Umgebung
von Peking sich mit dem Einsammeln und Reinigen von Papierabfäl-
len nähren. Im Süden Chinas verfertigt und benutzt man mehr das
brüchige Papier aus Bambusrohr, Araliamark und Stroh, im Norden
vorwiegend das stärkere Bastpapier, doch reicht die Production an
letzterem für den grossen Bedarf zu Fensterscheiben, Düten und an-
dern Dingen nicht aus, so dass noch viel aus Korea eingeführt wird.
Aus Korea kam die Kunst, die Rinde verschiedener Gehölze in
Papier umzuwandeln, ums Jahr 610 n. Chr. nach Japan, nach andern
Angaben aber schon viel früher. Bei dem grossen Bedarf an japa-
nischem Papier zu vielerlei Zwecken wurde seine Darstellung all-
mählich zu einem der wichtigsten und verbreitetsten Industriezweige,
mit dem der Anbau mehrerer Sträucher zur Erzielung des Rohmate-
rials, nämlich der Papiermaulbeere und der Dreigabel Hand in
Hand ging.
Papier und seine Umwandlungsproducte dienten seit früher Zeit
in den Ländern des chinesischen Culturkreises, und so namentlich
auch in Japan nicht blos zum Schreiben, Malen, Bedrucken, Ver-
packen, zu Taschentüchern und andern Reinigungszwecken, sondern
auch zu Fächern und Wandschirmen, Regen- und Sonnenschirmen, La-
ternen, Puppenkleidern, zu wasserdichten Mänteln und Kopfbedeckungen,
zu Tabaksbeuteln, Futteralen und Kästchen, statt Glas zu Fensterschei-
ben, indem man nämlich das schön gearbeitete Lattengitter der Schiebe-
thüren damit überzieht, zu festen Fäden, die man einerseits zum
Binden statt der Cordel und Strohseile, anderseits als Einschlag zu
leichten und kühlenden Geweben benutzt, sowie mit Gold oder Silber
überzogen zur Herstellung prächtiger Verzierungen bei den kostbarsten
Brocatgeweben. Aus schwarzlackierter Papiermasse war der Hut des
Samurai, aus geöltem Papier der Regenmantel seines Dieners und Be-
30*
[468]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
gleiters, aus gefärbtem und wie Krepp aussehendem Papier der Haar-
schmuck, welcher dem ärmeren Mädchen den seidenen zu ersetzen be-
stimmt war etc.*)
Rohmaterialien für die japanische Papierbereitung.
Zur Darstellung des Büttenpapiers dienen: 1) der Bast von Brous-
sonetia papyrifera; 2) von Edgeworthia papyrifera; 3) von Wickstroe-
mia canescens; 4) von Morus alba; 5) von Aphananthe aspera; 6) aus-
nahmsweise von Cannabis sativa, Boehmeria platanifolia, Wistaria
chinensis und einigen andern Pflanzen, sowie auch Baumwolle; 7) Stroh;
8) gebrauchtes Papier. Als Bindemittel verwendet man: 1) den Wur-
zelschleim von Hibiscus Manihot; 2) den Bastschleim von Hydrangea
paniculata; 3) von Katsura japonica; 4) Reiskleister.**)
1) Broussonetia papyrifera Vent. (Morus papyrifera L.),
Fam. Moreae, der Papiermaulbeerbaum, jap. Kôdzo (auch Kôzo-no-ki,
Kôzo, Kago, Kaji, Kaji-no-ki, je nach der Gegend). Dieses, für die
Papierindustrie wichtigste Gewächs — weitaus das meiste und stärkste
Papier wird aus seinem Baste bereitet***) — stammt aus China,†)
wird aber seit lange in allen Provinzen Japans südlich der Tsugaru-
Strasse, mit Ausnahme der fruchtbaren Ebenen, angebaut. Man
findet es in den Gebirgsthälern, längs der Wege, auf den schmalen
Rainen, welche die terrassenförmig angelegten Reisfelder von ein-
ander trennen, an den Flussdämmen, wo die Pflanze, wie bei uns die
Weiden, zugleich zur Befestigung dient, endlich auch auf trocknen
Feldern und zwar nicht selten, abwechselnd mit der weissen Maul-
[469]5. Papierindustrie.
beere oder dem Theestrauch, in Reihen angebaut. In Iyo, auf der
Insel Shikoku, wo die Papiermaulbeere, ebenso wie in der Nachbar-
provinz Tosa, ganz besonders häufig an den Abhängen gezogen wird,
erscheint sie zuweilen als Zwischencultur zwischen den Reihen der
Talgbäume. Nur ausnahmsweise findet man ein mit der Hacke und
dem Grabscheit leicht bearbeitbares Stück ebenen Landes ausschliess-
lich mit Reihen von Broussonetiabüschen bedeckt. Ich rede hier von
Büschen und will noch besonders betonen, dass ich die Pflanze nur
äusserst selten in Japan als Baum traf, wie z. B. im botanischen
Garten. Die Behandlung derselben für Zwecke der Papierindustrie
erinnert an die unserer Korbweiden. Die Vermehrung erfolgt durch
kurze Stecklinge. Jeden Spätherbst nach der Entlaubung schneidet
man die jungen Schösslinge nahe der Erde ab und erzielt auf diese
Weise nach 3—4 Jahren Büsche mit 4—7 einjährigen Trieben. Vom
vierten Jahre an nach der Anpflanzung erreichen dieselben jährlich
eine Länge von 1—3 m und bis zu vier Centimeter Umfang, und sind
nun zu Papier verwendbar. Die Rinde ist erst nach dem Blatt-
abfall völlig ausgereift; daher findet denn auch die Ernte in der Regel
erst im November statt, nachdem diejenige des Reis und der übrigen
Feldfrüchte vorüber ist.
Die geernteten Schösslinge der Papiermaulbeere werden in Stücke
von 1 m Länge geschnitten und in kleine Wellen zusammengebunden.
Hierauf bringt man dieselben in einen bedeckten eisernen Kessel und
lässt hier kochendes Wasser, dem etwas Asche beigefügt wird, so lange
darauf einwirken, bis die Rinde sich leicht löst. Vom Holze getrennt,
wird sie in fliessendem Wasser ausgesüsst, darauf an der Luft ge-
trocknet und dann in den Handel gebracht. In vielen Fällen geht
man indess noch einen Schritt weiter und entfernt auch gleich die
Epidermis mit den noch grünen Theilen der Rinde, welche zusammen
mit der nicht ausgereiften Rinde von den Endstücken der Triebe zu
einem geringeren Papier, dem Chiri-gami (Abfallpapier) verbraucht
wird. Oberhaut und grüne Rindenteile lösen sich aber erst und lassen
sich dann mit einem stumpfen Messer leicht von den weissen Fasern
darunter abschaben, wenn die Rinde vorher eine längere Maceration
in fliessendem Wasser durchgemacht hat. Dieser Arbeit schliesst man
vielfach auch noch ein längeres oder kürzeres Bleichen des Bastes in
der Sonne an; doch ist dies keineswegs allgemein üblich.
Die Provinzen Iyo und Tosa auf der Insel Shikoku erzeugen am
meisten Kôzo-Rinde, und die Stadt Ôzaka ist für dieselbe der Haupt-
markt. 100 Kilogramm rohe Broussonetiarinde liefern 45 kg weissen
Bast.
[470]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Die Japaner unterscheiden je nach der Färbung und Dicke der
Rinde, sowie der Beschaffenheit der Blätter viele Abarten von Kôdzo,
wozu auch die in Miquel’s Prolusio florae japonicae, sowie in der
Enumeratio Plantarum von Franchet und Savatier als selbständige
Arten aufgezählten Broussonetia Kasinoki Sieb. und B. Kaempferi
Sieb. gehören. Die typische und verbreitetste Form hat meist sym-
metrische, drei- oder fünflappige Blätter, deren Unterseite, gleich den
5—6 Centimeter langen Stielen und jüngeren Zweigen mit einem dicken
grauweissen, sammetweichen Flaum bedeckt und deren Ränder gesägt
sind. Die Rinde der einjährigen Triebe ist rothbraun. Ein deutliches
Bild eines solchen Papiermaulbeerbusches, wie er Mitte Sommer er-
scheint, bietet die beistehende Tafel X. Der Holzschnitt ist dem
5. Heft des japanischen Werkes Ko-yeki-koku sanko entnommen und
nur insofern nicht treu, als er die gesägten Ränder der Blätter nicht
angibt. Auf Tafel XI. der folgenden Seite sehen wir einen in Tôkio
angefertigten Holzschnitt einer Varietät der Papiermaulbeere auf reinem
Bastpapier der diöcischen Pflanze. Links ist ein älterer männlicher
Baum und darunter ein Kätzchen vor der vollen Entwickelung, rechts
befinden sich einige weibliche Schösslinge mit Blüthen. Diese Ab-
bildung zeigt neben Tafel X. die grosse Verschiedenheit der Blätter,
von denen eine japanische Redensart behauptet, dass nicht zwei
sich völlig gleichen. Der Uebergang aus der symmetrisch drei- und
fünflappigen Blattform junger Triebe in die unsymmetrisch einseitig
gelappte und dann in die ungetheilte, eirundliche, wie sie sich na-
mentlich bei älteren Pflanzen findet, ist auch auf dieser Tafel nur
schwach angedeutet.
Der Papiermaulbeerbaum wurde schon um die Mitte des vorigen
Jahrhunderts in Europa eingeführt und hat als Zierpflanze eine ziem-
lich weite Verbreitung gefunden, namentlich in der Mittelmeerregion.
In den milderen Gegenden Deutschlands, z. B. am Rhein und Main,
hat er sich schon lange eingebürgert. Strenge Winterkälte hält er
nicht aus. Eine Pflanzung, welche ich auf einem Stück guten frucht-
baren Landes bei Marburg angelegt hatte, gedieh vortrefflich. Die
grössten Schösslinge hatten bereits im zweiten Sommer (1877) eine
Höhe von 1,5—1,6 m und 7 cm Umfang erreicht. Da kam die strenge
Winterkälte von 1879/80 und zerstörte die Büsche bis auf die Wur-
zeln. Diesen Versuchen waren solche mit der Anpflanzung der Papier-
maulbeere an mehreren Eisenbahndämmen um Frankfurt a/M. voraus-
gegangen, aber ebenfalls misslungen, weil der Boden sich als zu
unfruchtbar und trocken erwies.
2) Edgeworthia papyrifera S. \& Z. (E. chrysantha Lindl.),
[]
Broussonetia papyrifera Vent. Nach einem japanischen Holzschnitt.
[][]
Broussonetia papyrifera Vent. Japanischer Holzschnitt auf Bastpapier derselben.
[][]
Edgeworthia papyrifera S. \& Z. Japanischer Holzschnitt auf Bastpapier derselben.
[][471]5. Papierindustrie.
Familie Thymelaeaceae. Der japanische Name für diese Pflanze (siehe
Tafel XII. folgende Seite) Mitsu-mata, d. h. »die Dreigabel«, ist
sehr bezeichnend. Er bezieht sich auf die charakteristische trichotome
Gliederung der Aeste, eine Theilung, welche sich auch schon an der
Spitze der stärkeren einjährigen Sämlinge zeigt; aber erst während
der zweiten Vegetationsperiode allgemein zur Entwickelung kommt.
Nach der japanischen Bauernregel sollen die Samen den Sommer
und den Winter über trocken aufbewahrt und Anfang April oder zehn
Tage nach Higan (der Tag- und Nachtgleiche) ausgepflanzt werden.
Man säet sie in Reihen und behandelt die jungen Bäumchen, wie die
meisten andern Feldgewächse mit flüssigem Latrinendünger. Sie haben
am Schlusse des Sommers ⅓—½ m Höhe erreicht. Im folgenden
Frühjahre werden sie verpflanzt und von da ab behandelt wie der
gewöhnliche Papiermaulbeerstrauch. Die Büsche der Mitsu-mata wer-
den jedoch astreicher, wie bei diesem, wohingegen die Schösslinge nie
über 2 m Länge erreichen, in der Regel sogar weit hinter diesem
Maass zurück und auch viel dünner bleiben; ausserdem unterscheiden
sie sich im Sommer auf den ersten Blick von den Kôdzobüschen durch
das freundlichere Hellgrün der lorbeerförmigen ungeteilten Blätter.
Von der Edgeworthia gilt, was die Japaner von der Amaryllideen-
gattung Lycoris sagen: »Ha mizu hana mizu«, d. h. »die Blüthen sehen
die Blätter nicht.« Die Blüthezeit fällt im mittleren Hondo in den
März, im Süden schon einen Monat früher, die Samen reifen schon
Anfang Mai, noch bevor die Blätter sich völlig entwickelt haben.
Cultur und Verwendung dieser aus Indien stammenden Pflanze
sind viel beschränkter, als die der Broussonetia. Je nach Beschaffen-
heit des Bodens und der Pflege können auch von ihr drei oder vier
Jahre nach der Aussaat die einjährigen Triebe zur Bast- und Papier-
gewinnung benutzt werden. Man schneidet sie im November oder
December ab und behandelt sie ähnlich, wie die der Broussonetia.
In den Provinzen Suruga, Kai und Idzu, im weiten Umkreise des
Fuji-san, trifft man sie am meisten und bereitet hier viel Papier daraus,
so zu Ishikawa in Kai, zu Kurasawa und andern Orten am
Tôkaidô, zu Atami in Idzu, z. B. das bekannte Suruga-banshi,
von dem Tafel XII. eine Probe bietet. Hohe Gebirge schützen hier
die Mitsu-mata-Pflanzungen vor den rauhen Winden des Winters. In
andern Landesteilen trifft man sie mehr zerstreut, wie auch als Zier-
pflanze in den Gärten. In den kälteren Gegenden bedürfen die
jüngeren Pflanzen der Ueberdachung als Schutzmittel gegen die
nächtliche Kälte. Wenn v. Siebold meinte, die Edgeworthia komme
in Japan spontan vor, so beruht dies sicherlich ebenso auf Täu-
[472]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
schung, wie die Annahme, dass sie sich unserem Klima acommodie-
ren könne.
3) Wickstroemia canescens Meisn. (Passerina Gampi S. \& Z.),
Familie der Thymelaeaceen. Die Gampi-Pflanze ist ein kleiner
Strauch, unserm Seidelbast (Daphne Mezereum L.) verwandt. Der-
selbe ist in den Bergwaldungen der mittleren und südlichen Landes-
teile weit verbreitet, doch wenig in die Augen fallend, und entwickelt
hier im Juni seine unscheinbaren rothbraunen Blüthchen an den Spitzen
der Zweige, wie dies der Holzschnitt Tafel XIII. andeutet. Ich fand
ihn gewöhnlich in 300—600 m Seehöhe, so in Mino und in Ise. An-
gepflanzt wird Gampi nicht. Für die Papierbereitung schält man
während des Sommers die Rinde an Ort und Stelle von den schlanken
Aesten ab, trocknet sie und bringt sie in den Handel oder verarbeitet
sie in der Nähe. Im Makidani-mura der Provinz Mino kosteten im
Sommer 1874
3 Guwanme oder 11,193 kg gereinigte Gampi-Rinde 1 yen oder 4 Mk.
2 » » 7,462 » » Kôdzo- » 2 » » 8 »
Die Rinde der Papiermaulbeere, die ebenfalls in der Umgegend
gewonnen wurde, war demnach dreimal so theuer, als die der Gampi.*)
Letztere wird sowohl für sich (zu dem Gampi-Papier oder Gampi-shi,
Tafel XIII.), als auch mit Kôdzo-Rindenstoff vermischt, zu Papier ver-
arbeitet.**)
4) Morus alba L., Fam. Moreae. Der weisse Maulbeerbaum (s.
pg. 225), jap. Kuwa, liefert eine Rinde, die Kuwa-no-kawa, aus
der man in Ichikawa (Prov. Kôshiu) das Kuwa-shi oder Maulbeer-
papier gewinnt. An Stärke steht es dem Broussonetia-Papier wenig
nach, besitzt aber nicht die Feinheit und Gleichmässigkeit des letzte-
ren, eignet sich daher nicht für Zwecke, bei denen diese Eigenschaf-
ten besonders in Betracht kommen; wohl aber bietet es ein vorzügliches
Verpackmaterial.***)
[]
Wickstroemia canescens Meisn. Japanischer Holzschnitt auf Bastpapier derselben.
[][473]5. Papierindustrie.
5) Aphananthe aspera Planch. (Homoiceltis aspera Bl., Prunus
aspera Thunb.), Fam. Ulmaceae. Die Japaner nennen diese Pflanze
(Baum und Strauch) Muku oder Muku-no-ki (siehe pg. 289). Die
rauhen Blätter dieses Holzgewächses dienen dem Tischler, wie Schach-
telhalm, zum Polieren des Holzes; die Rinde wird während der Som-
mermonate in den Wäldern abgeschält und in Bündeln den Papier-
machern zugetragen. Zu diesem Zweck verwendet man jedoch nur
die jüngerer, strauchförmiger Pflanzen. Die Epidermis dieser Rinde
ist dunkelbraun, die Faser rauh. Man findet und verarbeitet sie nur
in südlichen Landesteilen, z. B. in den Provinzen Bungo und Iyo, und
zwar mit Broussonetia-Faser vermischt zu billigeren Papiersorten. Ich
bin auf meinen Reisen nur zweimal den Einsammlern der Muku-Rinde
begegnet. An der Grenze von Hiuga und Bungo führt dieselbe den
Namen Mukubi.
Die Bastsorten, welche ausser den vorerwähnten noch zur Dar-
stellung von Papier in Japan hier und da zur Verwendung kommen
sollen — ich selbst habe sie nirgends dazu gebrauchen sehen —,
wurden bereits oben angeführt. In Chikuzen soll auch junges Bam-
busrohr zerhackt und dem Ganzstoff aus Kôdzo beigemischt werden.
Zusätze von zerhacktem Stroh liefern blos untergeordnete Waare, wie
auch reines Strohpapier dem Bastpapier weit nachsteht.
Eine besondere Erwähnung verdient noch das Hô-gu oder Hô-gu-
gami, d. h. gebrauchtes Papier, und seine nochmalige Umarbeitung
zu untergeordneten, doch starken Papiersorten, welche den Collectiv-
namen Suki-gaë-shi führen. Wie bei uns arme Leute Strassen und
Kehrichthaufen nach Knochen, altem Eisen und Lumpen absuchen, so
in Japan (und China) nach schon gebrauchtem Papier. Papier, welches
beschrieben oder bedruckt oder auf irgend eine Weise verunreinigt
und weggeworfen worden war, wird wieder eingesammelt, so weit als
möglich gereinigt, dann sondiert und von neuem in Papiermasse um-
gewandelt. Das daraus bereitete Suki-gaë-shi dient als Packmaterial,
zu Reinigungszwecken und zu Pappdeckel. Es steht dem Werthe
nach zu ursprünglichem Bastpapier ungefähr in demselben Verhält-
niss, wie ein aus alten Lappen oder einem getragenen Anzug nach
Auftrennen und Wenden hergestelltes Kleid zu einem neuen.
Seit etwa 12 Jahren hat man begonnen, auch die Lumpen von
baumwollenen und hanfleinenen Stoffen zu sammeln und daraus auf
europäische Art Maschinenpapiere herzustellen. Die benöthigten Ma-
***)
[474]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
schinen bezog man aus Europa, ebenso die Leiter der Fabriken, deren
es jetzt bereits ein Dutzend gibt. Eine solche entstand zuerst in der
Nähe von Kiôto, eine andere zu Ôji bei Tôkio. Versuche, das in
diesen Papierfabriken bereitete Papier auf den europäischen Markt zu
werfen, scheiterten an den Preisen. Für unsere Zwecke hat ein wei-
teres Eingehen auf dieselben keinen Werth, da man ihre Fabrikation
meist mit Regierungsmitteln in’s Leben rief und dieselbe noch keines-
wegs den Rang einer eingebürgerten, nationalen Industrie einnimmt.
Von den Gewächsen, deren Schleim in der Bastpapier-Industrie
statt des thierischen Leimes das nöthige Bindemittel liefert, steht:
1) Hibiscus Manihot L. oben an. Die japanischen Benen-
nungen dieser krautartigen Malvacee, welche sich theils auf die ganze
Pflanze, theils auf die schleimliefernden Wurzeln beziehen, sind:
Tororo, Neri, Nubeshi, Tamo-Ôsho-ki, Nori-kusa (Kleister-
kraut), Nebari (Klebmittel), Aki-no-gi, Tsunagi (Bindemittel).
Tororo ist ein Sommergewächs, das schon zu Anfang des 18. Jahr-
hunderts seiner tiefgetheilten fünflappigen Blätter und grossen hell-
gelben Blüthen wegen als Zierpflanze von China nach England ge-
langte. Diese Form findet man auch in japanischen Gärten hier und
da. Sie unterscheidet sich durch die schmalen linear lanzettlichen
Blattlappen von einer andern mit viel weniger tiefen Blatteinschnitten
und breiteren Lappen mit gekerbten Rändern. Nur diese Varietät
wird der Papierbereitung wegen angebaut, und zwar in Reihen, wie
die Buschbohnen, deren Höhe sie auch erreicht. Die Aussaat findet
im Mai statt; die Blüthezeit fällt in den Nachsommer und die Ernte
der dünnen walzenförmigen Wurzeln in den October. Man trocknet
sie alsdann, nachdem man sie zuvor gereinigt hat, an der Sonne und
hängt sie hierauf bündelweise an einem trocknen Orte bis zum Ver-
brauch auf. Sie bilden keinen Handelsartikel; vielmehr pflanzt in
der Regel jeder Papiermacher selbst seinen Bedarf, den er auf den
Winter berechnet, da während des Sommers das folgende Gewächs an
die Stelle tritt.
2) Hydrangea paniculata S. \& Z. Es ist dies ein über ganz
Japan verbreiteter grosser Strauch, der in den Bergwaldungen bis zu
1500 m Seehöhe emporsteigt. Man nennt ihn Shiro-utsugi und
Nori-no-ki, d. h. Kleisterbaum, in Tosa aber Tadzu und Kami-
no-ki (Papierbaum). In letztgenannter Provinz der Insel Shikoku
sucht man den Strauch den Sommer über in den Bergwäldern auf,
schabt die äussere Haut ab, löst dann die Rinde in etwa fingerlangen
Stücken los, bringt sie frisch in den nächsten Ort, schüttet sie in eine
kleine flache Bütte, giesst etwas Wasser hinzu und knetet nun mit
[475]5. Papierindustrie.
den Füssen das Ganze zu einer grobbreiigen Masse. Dieselbe wird
in Kübel gefüllt, mit Palmblättern oder Gras bedeckt und ohne Ver-
zug den Papiermachern überbracht und von diesen verwendet; denn
die schleimige Rinde des Shiro-utsugi lässt sich nur im frischen Zu-
stande als Bindemittel der Papierfaser und Ersatz der Hibiscus-Wurzel
gebrauchen.
3) Katsura japonica L., die Sane-katsura oder Binan-
katsura der Japaner (s. pg. 309), soll ebenfalls eine schleimige, der
Papierindustrie dienende Rinde liefern, wie verschiedene japanische
Werke behaupten. Aus eigner Anschauung kenne ich jedoch ihren
Gebrauch nicht, und da ich viele der wichtigsten Papierorte kenne,
schliesse ich daraus, dass die Verwendung wohl nur eine sehr be-
schränkte sein wird.
4) Nori, Kleister, wird ebenso, wie mineralische Zusätze, nur bei
dickeren Papiersorten angewendet, um sie dichter und weisser zu
machen. Solche Papiere heissen Nori-gami, während die stärke-
freien den Namen Ki-gami führen.
Darstellung des Bastpapiers.
So verschieden auch die der Papierindustrie Japans dienenden Stoffe
und die daraus hergestellten Papiersorten sind, so war und ist doch das
Verfahren im wesentlichen immer das nämliche und das Produkt
Bütten- oder Handpapier durchweg. Dass in der Neuzeit auch die Dar-
stellung von Maschinenpapier hinzu gekommen ist, wurde bereits be-
merkt. Dieses Papier findet vornehmlich in den Zeitungsdruckereien
seine Verwendung und bietet den Vorteil beiderseits benutzt werden
zu können.
Vordem beruhte die Papierbereitung ausschliesslich auf manueller
Arbeit. Eine Abkürzung und Erleichterung derselben durch Anwen-
dung von Wasserkraft und Maschinen fand also nicht statt, so dass
man weder von Papiermühlen, noch von Papierfabriken reden konnte.*)
Das Papiermachen war und ist noch immer (mit Ausnahme weniger
Fabriken der Neuzeit, wie oben bemerkt) ein Kleingewerbe im wahren
Sinne des Wortes, das gewöhnlich nur mit ein oder zwei Schöpfbütten
in einem Hause, aber an hunderten von Orten betrieben wird. Viel-
fach sind es einfache Bauern, welche sich mit der Anfertigung von
[476]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Papier als Nebengeschäft befassen und dieselbe monatelang ruhen
lassen, wenn im Sommer die Feldarbeit alle Hände in Anspruch
nimmt.
Vor der weiteren Verarbeitung des von Epidermis und grünen
Theilen befreiten Bastes werden noch die Ränder der Astlöcher und
sonstige schadhafte Stellen ausgeschnitten. Derselbe wird hierauf ent-
weder nochmals mehrere Tage lang in fliessendes Wasser gelegt oder
sofort — und dies ist die Regel — in einem eisernen Kessel mit einer
Lauge ½—3 Stunden lang gekocht, nämlich so lange, bis er ganz
weich geworden ist und sich mit den Fingern zerdrücken lässt. Die
Lauge wird in den meisten Fällen aus Asche, zuweilen aber auch aus
gelöschtem Kalk bereitet. In Ichikawa (Provinz Kôshiu) wandte
man 1874 auf Mitsu-mata-Bast eine Lauge an, welche man in einem
Kübel durch Uebergiessen eines Gemisches von 2 Tô 4 Shô Brenn-
holzasche (Maki-hai) und 6 Shô Buchweizenstroh-Asche (Soba-hai)
mit heissem Wasser bereitet hatte. Die weichgekochte Bastmasse
wurde in einem Kübel mit frischem Wasser übergossen und so lange
ausgesüsst, bis nach 4—5maliger Erneuerung des Wassers keine Trü-
bung mehr erfolgte. Aehnlich war das Verfahren bei Broussonetia-
Bast in Makidani-mura (Provinz Mino), nur dass man hier zum
Aussüssen fliessendes Wasser anwandte. Auch in Tosa und Iyo, zu
Niu in der Provinz Yamato, wo man das interessante Yoshino-gami
bereitet, und an verschiedenen andern Orten beobachtete ich dasselbe
Verfahren.
Bei Gampi-Bast setzt man dem Wasser 10 % gebrannten Kalk
(Ishi-bai) zu; doch habe ich in Suruga auch Kalk bei Mitsu-mata an-
wenden sehen. Die rothbraune Färbung, welche der Bast durch diese
Kalkbeize annimmt, schwindet nach dem Aussüssen und längerer Sub-
mersion in fliessendem Wasser wieder.
Man kann das auf die eine oder andere Art behandelte Bast-
material mit unserm sogenannten Halbstoff vergleichen. Seine weitere
Bearbeitung ist einfach und leicht. Auf breiten, dicken Brettern aus
hartem Holze, zuweilen auch auf geschliffenen Granitplatten, wird der
nasse Bast mit cylindrischen Schlägern oder mit Hämmern aus Kashi-
Holz (Quercus glauca und Q. acuta) und häufigem Winden und Mengen,
sowie Wasserzusatz in eine gleichmässige, dickbreiige, faserige Masse
verwandelt, eine Arbeit, welche in der Regel Frauenhänden zufällt.
Oft haben die kurzgestielten 1—2 Pfund schweren Holzhämmer auf
den Schlagflächen kleine Rinnen, die sich wie Radien eines Kreises
gegen die Mitte nähern. In vielen Fällen wird die Papiermasse nach
ihrer ersten Bearbeitung nochmals im Kessel mit Wasser, doch ohne
[477]5. Papierindustrie.
Zusatz, gekocht. Es scheint sich dies danach zu richten, ob die Zer-
teilung der Faser eine weitere Erweichung bedarf oder nicht.
Ist der Ganzstoff fertig, so wird er dem Papiermacher übergeben,
dessen Arbeiten von denen der Anfertiger unserer Handpapiere wenig
abweichen. In seiner Bütte, einem flachen, viereckigen Kasten, Fune
oder Ô-haku genannt, mischt er die nassen, frischen Ballen der Papier-
masse mit dem nöthigen Quantum Wasser, darauf auch mit dem
Schleim von Hibiscus Manihot. Die Wurzeln dieser Pflanze werden
zu dem Zweck zerklopft, kommen dann in einen Beutel, welcher ent-
weder in die Bütte selbst eintaucht oder in einen danebenstehenden
Kübel mit Wasser gehängt und von Zeit zu Zeit, je nach Bedarf, über
dem Inhalt der Schöpfbütte ausgedrückt wird. Rinden, welche als
Ersatz dieses Tororo dienen, wie z. B. von Shiro-utsugi, müssen vorher
gekocht werden. Stärke, Farben und mineralische Zusätze, wie
Thon und Kreide, wenn solche angewandt werden, kommen mit dem
Ganzstoff in die Bütte. Die Grösse der Bütten entspricht der früher
in unsern Papiermühlen allgemein gebrauchten, ändert sich aber etwas
mit der Grösse des Formats der Bogen. Diese wird durch das Schöpf-
netz oder die Form, jap. Suno-ko, bestimmt. Es ist dies ein mit vier
Holzleisten eingerahmtes Haar-, Faden- oder Bambusrohrsieb von der
Gestalt eines Rechtecks. In der Regel besteht das Schöpfnetz aus
feinen, parallel laufenden Bambusstäbchen, welche durch Hanfzwirn
mit einander verbunden sind, oder aus siebartigem Seidengeflecht, das
mit Shibu (pg. 213) mehrmals überstrichen wurde. Feinmaschige,
messingene Drahtgitter kommen nicht in Anwendung, eiserne sind der
Rostflecken wegen unzulässig. Wasserzeichen werden bei japanischem
Papier nirgends angebracht. Dagegen gebraucht man hin und wieder
Bambusrohrformen, welche der ganzen Länge und Breite nach mit
Hanfgarn oder Seide derartig netzförmig überflochten sind, dass da-
durch gewisse Figuren im Papier erzeugt werden. Solche Papiere
heissen Mon-shi, nach mon, Bild, Zeichnung, und shi, Papier.
Das Schöpfen der mit Wasser fein zertheilten Papiermasse erfolgt
auf die bekannte Weise. Die Bewegung der Form und das Abfliessen-
lassen nach der dem Blick des Papiermachers zugekehrten Seite be-
wirkt die parallele Lagerung der Faser, von der oben bereits die Rede
war. Wird ein zweites Mal geschöpft, diesmal das Netz jedoch von
links nach rechts gehoben und gesenkt, so entsteht ein dickeres und
viel stärkeres Papier, indem nun die sich neu ablagernden Fasern
die erste Schicht rechtwinkelig kreuzen. Ist der Schöpfrahmen in
seinen vier Ecken beweglich, so dass man z. B. aus seiner quadra-
tischen Gestalt durch geeigneten Druck an zwei gegenüber stehenden
[478]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Ecken die verschiedenen Formen des Rhombus erhält, und wird diese
Beweglichkeit beim Schöpfen des Bogens in geeigneter Weise benutzt,
so entsteht ein geripptes Papier, wie das Tai-heishi oder Gan-
seki, welches oft zum Bedecken der Schiebewände zwischen den ein-
zelnen Zimmerräumen dient.
Die geschöpften Bogen werden über einer Matte aufgeschichtet
und zwar abwechselnd mit alten Formen oder blossen Bambusstäbchen.
Sind sie hier genügend abgetrocknet, so werden sie mit Hülfe einer
weichen breiten Bürste auf breite, glatt gehobelte Dielen gestrichen
und diese mit ihnen schräg gegen die Häuser an die Sonne gestellt.
Ist das Papier ganz trocken, so löst sich der Bogen leicht vom Brett
ab und zeigt nun eine glatte und eine rauhe Seite, Omote und Ura.
Das fertige Papier kommt entweder in seinem natürlichen Zu-
stande, oder beschnitten und gemustert in den Handel. Man verkauft
dasselbe nach Jô (Buch, Lage), und es kommen dabei je nach der
Sorte gewöhnlich 50 oder 48 Bogen*) auf ein Jô; doch gibt es auch
Sorten, bei denen nur 40 Bogen auf ein Jô gehen, ja bei grossem
Format und dickem Papier werden vielfach nur 20 Bogen darauf ge-
rechnet. 1000 Bogen, also 20 Jô à 50 Bogen, bilden ein Soku oder
Ries, auch Kami is-soku genannt.
Hervorragende Sorten japanischer Bastpapiere.
Eine gelbliche Farbe in vielerlei Abstufungen zeichnet sämmtliche
Arten aus. Nach ihren sonstigen Eigenschaften zerfallen sie, wie
bereits früher angedeutet wurde, in zwei Gruppen, nämlich Ki-gami
und Nori-gami. Bei ersterem dient als Bindemittel der Wurzel-
schleim von Hibiscus Manihot oder der Bastschleim von Hydrangea
paniculata, bei den andern Kleisterlösung aus Reisstärke, wozu in
einzelnen Fällen noch ein Zusatz von geschlämmter Kreide, von Thon
oder Alaun kommt. Die Stärkepapiere sind dichter, glätter und schwe-
rer als die reinen Bastpapiere. Beim Zerreissen derselben zeigt sich
ein weisser Staub. In den meisten Fällen wird jede Bastsorte für
sich verarbeitet. Die bekanntesten Mischungen werden zwischen Brous-
sonetia- und Edgeworthia-Bast hergestellt.
Weitaus das meiste, stärkste und den vielseitigsten Zwecken die-
nende Papier bereitet man aus dem Baste der Kôdzo (Broussonetia
papyrifera).**) Kôdzo-Papiere sind in der Regel glanzlos, knirschen
[479]5. Papierindustrie.
nicht unter der Hand, besitzen die grösste Festigkeit und Porosität
und kommen in den geschmeidigsten, zartesten Sorten vor. Das Papier
von dem Bast der weissen Maulbeere kommt den Broussonetia-Papie-
ren am nächsten, steht ihnen aber an Gleichförmigkeit, Feinheit und
Stärke weit nach.
Gampi- (Wickstroemia-) Papier wird nur in dünnen, leichten
Bogen dargestellt. Es zeichnet sich durch gelbe Farbe, hohen, seiden-
artigen Glanz und grösste Gleichmässigkeit aus; auch knirscht es unter
der Hand. Von der auf Tafel XIII. gegebenen Probe Gampi wiegen
100 Blätter von je 24 cm Länge und 16,5 cm Breite, also 3,96 □m
nur 45 Gramm. Bei seiner Leichtigkeit und Durchsichtigkeit ist die
Festigkeit geradezu überraschend. Man kann es knicken, falten, in
Ballen rollen und wieder ausstrecken, ohne dass es bricht oder sonst
leidet.*)
Mitsu-mata- (Edgeworthia-) Papier hat ebenfalls eine deutlich
ausgeprägte gelbe Farbe, kommt aber weder an Glanz und Feinheit
noch auch in der Stärke dem Gampi gleich. Immerhin zeigen Gampi-
und Mitsu-mata-Papiere viel Aehnlichkeit untereinander. Mehr noch
tritt diese Aehnlichkeit bei der genaueren mikroskopischen Unter-
suchung der Bastzellen hervor, aus denen sie bestehen. Man erkennt
dann, dass ihre grössere Feinheit und der seidene Glanz dieser Papiere
bedingt ist durch ihre Zellen. Dieselben sind kaum halb so breit, viel
dünnwandiger und gleichförmiger, als die Broussonetiazellen, dabei
von hohem Glanze. Hierdurch ist es möglich unter dem Mikroskop
Papiere, welche aus einer Mischung von Broussonetia-Bastmasse mit
solcher von Mitsu-mata oder Gampi erzeugt wurden, sofort zu erkennen.
Wie die beiden letzten verhalten sich auch die Bastsorten der übrigen
Thymelaeaceen, z. B. von den Daphne- und Edgeworthia-Arten,
welche in den Himalaya-Landschaften zu Papier verarbeitet werden.
Der grösseren Feinheit ihrer Zellen entspricht die geringere Wider-
standskraft ihrer Papiere gegenüber denjenigen aus dem Baste der
Papiermaulbeere und ihrer Verwandten.
Etwa 0,4 % aller japanischen Büttenpapiere sollen in den beiden
südwestlichen Provinzen Tosa und Iyo der Insel Shikoku dargestellt
werden und zwar fast ausschliesslich aus dem Bast der Kôdzo-Rinde.
**)
[480]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Ausserdem wird noch viel von letzterer roh oder zubereitet nach
andern Landestheilen, zumal nach Ôzaka ausgeführt.
Die Papierproduction der Provinz Tosa für das Jahr 1874 wurde
mir in ihrer Hauptstadt Kochi wie folgt angegeben:
- 1) Ô-ban-shi 532000 Soku à 1000 Bogen
- 2) Ko-ban-shi 2989000 » » » »
- 3) Sugi-hara 2900000 » » » »
- 4) Han-kire 36000 » » » »
- 5) Kasu-gami 581000 » » » »
- Zusammen 7026000 Soku.
Im mittleren Hondo, insbesondere in den Provinzen Suruga, Kôshiu,
Idzu und Musashi, verarbeitet man neben Kôdzo-Rinde auch viel Mitsu-
mata, theils allein, theils mit jener vermischt. In Mino wird neben dem
berühmten Mino-gami aus Broussonetia-Bast auch ziemlich viel Gampi-
shi (Gampi-Papier) bereitet. Die Darstellung des letzteren ist aber
keineswegs auf diese Provinz beschränkt. Auch Idzu, Ise, Agi, Echigo
und andere Landesteile liefern es.
Uebersicht
über Namen, Ursprung, Grösse, Gewicht und Preis der bekanntesten und
wichtigsten japanischen Papiere. K = Ki-gami, N = Nori-gami.*)
[482]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Die bemerkenswerthesten Sorten japanischer Bastpapiere finden
sich in vorstehender Liste. Zur Erläuterung diene Folgendes:
1) Yoshino-gami, benannt nach dem Orte Yoshino in Yamato
(siehe Bd. I. pg. 536), wird aber nicht hier verfertigt, sondern in dem
4 ri entfernten Niu. Es ist dies der Collectivname von 6 kleinen
Dörfchen in einem Seitenthälchen des Yoshino-gawa. In Niu und
Umgegend heisst die in ganz Japan bekannte, in der Lackindustrie
so viel verwandte, feine Papiersorte Urushi-koshi, d. h. Lackfilter,
Lackpresse. Die Broussonetia, deren Bast dazu aufs sorgfältigste ver-
arbeitet wird, findet man in der Umgegend viel angepflanzt. Als
Bindemittel dient der ausgepresste Bastschleim von Hydrangea pani-
culata, hier Tororo (Bindemittel) und Nori-no-ki (Kleisterbaum)
genannt, als Form ein Netz aus fein gearbeiteten Bambusstäbchen
(den Gliedern zwischen zwei Knoten des Bambussrohrs entnommen),
verbunden mit Seidenfäden. Grösse und Gewicht dieses Papiers er-
geben sich aus der Liste. Es ist so fein, dass 50 Bogen (1 Jô) oder
6,12 □m nur 35 Gramm wiegen, dabei aber so fest, dass es in dop-
pelter oder dreifacher Lage das Drehen um den eingeschlagenen dick-
flüssigen Lack und Durchringen des letzteren nicht blos aushält, sondern
nachher wieder ausgestreckt, getrocknet und zu gleichem Zweck noch
mehrmals benutzt werden kann.
2) Mo-gami-Papier ist ähnlich, aber weniger fein. Man bereitet es
zu Takamatsu in dem Kreise Mogami (Mogami-gori) der Provinz
Uzen und benutzt es wie Yoshino-gami in den nördlichen Lackstädten.
3) Ten-gu-jô, ein Name,*) den man mit »preisgekrönte Ar-
beit« übersetzen kann, bezeichnet eine Reihe Papiere, welche sich
den beiden vorigen am meisten anschliessen. Sie übertreffen an Fein-
heit und Geschmeidigkeit die dünnsten Seidenpapiere und sind dabei
bei weitem stärker. Sie werden vornehmlich in Mino dargestellt, sind
gelblich weiss, erhalten aber zuweilen auch einen Farbenzusatz. Noch
häufiger bedruckt man sie mit Gofun oder Kreidepulver in verschie-
denen Mustern. Diese sogenannten Mon-tengu-jô-Papiere eignen
sich vortrefflich, um gewöhnliche Fensterscheiben zu bekleben und
dadurch matt zu machen.
4) Mino-gami. Man versteht darunter reines Broussonetia-
Papier, welches in der Provinz Mino dargestellt wird und sich durch
seine grosse Festigkeit auszeichnet. Man benutzt es dieser Eigenschaft
wegen mit Vorliebe zum Ueberziehen der Holzwaaren beim Lackieren
(siehe Kami-kise pg. 424) und zu Bindfäden. Daneben ist es aber
[483]5. Papierindustrie.
auch genügend durchscheinend, so dass man es ebenso gern zum Ueber-
ziehen der Gitter bei den Schiebethüren (oder Shô-ji) anwendet.
Die Orte Hirose und Sakamoto östlich des Ibuki-yama wurden
mir als Lieferanten von gutem Mino-gami viel genannt; doch ist
Makidani-mura wohl der bedeutendste Papierdistrikt der Provinz.
Derselbe umfasst ein Seitenthal des Gujo-gawa, welches 6½ ri von
der Hauptstadt Gifu beim Orte Nagase mündet. Wandert man durch
die 8 Dörfchen, aus welchen Makidani-mura besteht, so sieht man
vor vielen Häusern durch die auf Sugi-Dielen gestrichenen und zum
Trocknen ausgestellten Bogen die Industrie sich ankündigen. Sie soll
hier, wie mir der Bürgermeister des Hauptortes Mitarai sagte, schon
seit mehr als 500 Jahren betrieben werden. Ausser Mino-gami und
Mon-shi mit seinen an Wasserzeichen erinnernden regelmässig ver-
theilten, durchscheinenden Linien oder Figuren, wird auch viel Gampi-
shi verfertigt. Als Bindemittel benutzt man den Wurzelschleim von
Hibiscus Manihot.
Han-shi, d. h. Halb-Papier, in Zusammensetzungen auch Ban-
shi genannt, ist das gewöhnlichste japanische Papier, das zum Schrei-
ben, Drucken, Nasenputzen und verschiedenen andern Zwecken dient
und an vielen Orten des Landes dargestellt wird. Gleich den beiden
folgenden steht es an Güte und im Preis dem Mino-gami weit nach.
Hier ist auch des Sugi-hara zu gedenken, eines ebenfalls gewöhn-
lichen, an vielen Orten verfertigten Papiers, das man gleich mehreren
andern Sorten u. A. statt der Taschentücher im weiten Aermel des Ki-
mono oder Oberkleides mit sich führt. Mit dem Namen Ko-ban-
shi, d. h. kleines Han-shi, bezeichnet man ein ähnliches Papier wie
Han-shi von noch kleinerem Format, welches ebenso verwendet wird.
Han-kire, d. h. »Halbschnitt«, ist ein dem Han-shi ebenfalls
nahestehendes Papier. Der grosse geschöpfte Bogen wird gewöhnlich
der Länge nach später halbiert. Auf Han-kire pflegt der Japaner seine
Rechnungen und Briefe zu schreiben.
Nishi-no-uchi heisst eine der besten Sorten Ki-gami aus Brous-
sonetia-Bast. In ziemlich grossen Bogen wurde es zuerst in Nasu-
gori der Provinz Shimotsuke bereitet, dann aber auch an vielen an-
dern Orten nachgemacht. Eine Sorte solchen imitierten Papiers heisst
Magaï-Nishi (no-uchi), d. h. falsches, nachgeahmtes Nishi. Von der
besten Qualität aus Shimotsuke kosten in Tôkio 40 Bogen 28 sen.
Ein vorzügliches, starkes und reines Broussonetia-Papier ist
auch das Shi-fu-gami, welches mehrere Orte der Provinz Iwaki
liefern und das zu den eigenartigen Shi-fu-Geweben (siehe diese) be-
nutzt wird.
31*
[484]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Mit Atsu-gami, d. h. »dickes Papier«, bezeichnet man ein starkes
Kôdzo-Papier, welches zu Ichikawa verfertigt wird. Die Papier-
industrie dieses Städtchens, in der Provinz Kôshiu am Fuji-kawa ge-
legen, ist sehr bedeutend und liefert eine ganze Anzahl schöner Sorten,
wie sich schon aus dem Verzeichniss ergibt.
Senka wird ein noch stärkeres Papier genannt, dessen man sich
zur Bereitung von Leder- und Oelpapier bedient. Von den Stärke-
papieren (Nori-gami) ist Ko-sugi vielleicht die gewöhnlichste und
billigste Sorte. Sie wird nicht blos zu Ino in Tosa, sondern u. A.
auch im Gefängniss der Hauptstadt Kochi bereitet und dient zu Rei-
nigungszwecken.
Iyo-masa ist ein weiches Papier, das in mehreren Sorten vor-
kommt und sich vortrefflich zum Aufbewahren getrockneter Pflanzen
eignet.
Hôshô heisst eins der geschätztesten und theuersten Papiere
Japans. Dasselbe ist dick, sehr stark, reich mit Stärke und oft
auch mit Alaun versetzt, gleichförmig dicht und glatt. Es dient
als Canzleipapier für alle wichtigen Regierungsacte, zur Umhüllung
von Geschenken und andern Zwecken; auch benutzte man es früher
zur Darstellung von Papiergeld. Der berühmte Fabrikdistrikt für
Hôshô heisst Goka-mura, »die fünf Dörfer«, und befindet sich in
der Provinz Echizen, 7 ri südöstlich von der Hauptstadt Fukui. Die
Industrie wird hier vornehmlich im Winter betrieben. Das echte
Hôshô wird aus Kôdzu bereitet und anderwärts viel nachgeahmt. Eine
interessante schöne Imitation ist das Hôshô von Ichikawa (Nr. 27 der
Liste), welches 20 % Mitsu-mata-Bast enthält, ein kleineres Format
und einen viel billigeren Preis hat.
Das Jû-mon-ji oder Ôtaka-gami und das Jidzuki Ôtaka-
gami sind grosse Bogen eines sehr dicken und starken Papiers, welche
vornehmlich zur Bereitung von Lederpapier benutzt werden.
Diesen Namen folgen die Nummern 21, 22 und 23 der Liste,
welche aus Mitsu-mata-Bast bereitet werden. Die bekannteste Sorte ist
das Suruga-ban-shi, ein dünnes, geringes Schreibpapier, das in
grossen Bogen nicht blos in der Provinz Suruga, sondern auch ander-
wärts dargestellt und zu verschiedenen Reinigungszwecken, sowie auch
als Schreib- und Druckpapier benutzt wird.
Von den zu Ichikawa bereiteten Mischungen aus Kôdzo- und
Mitsu-mata-Masse, bei welchen aber erstere immer vorwiegt, ist neben
dem schönen Hôshô auch noch das Shôji-gami besonders beachtens-
werth. Es enthält ebenfalls 20 % der Edgeworthia-Masse, ist aber
[485]5. Papierindustrie.
stärkefrei und dient, wie der Name sagt, vornehmlich zum Ueberziehen
der Gitter der Shôji oder Schiebethüren, also statt Fensterscheiben.
Usugo heisst ein dünnes Gampi-shi oder Gampi-Papier, welches
in grossen Bogen in den Handel kommt. Gleich dem kleineren Gampi-
Papier wird es aus Wickstroemia-Bast, ohne Nori dargestellt und
eignet sich vortrefflich zum Durchpausen, zum Beschreiben, Anfertigen
von Tabellen. Es wird viel als Copierpapier in den fremden Geschäf-
ten in Japan benutzt und findet seiner Geschmeidigkeit, Glätte, Stärke,
Feinheit und Leichtigkeit wegen wahrscheinlich auch in Europa noch
weitere Verwendung.
Die feineren, geschmeidigen Papiere Japans, wie Yoshino-gami,
Tengu-jô und Gampi, sowie das durch die Kreppvorrichtung dem
feinsten Putzleder gleich weich und zart gemachte Senka, eignen sich
vortrefflich zum Ersatz alter Leinwand und Charpie bei Verbänden.
In den Hospitälern von Hongkong und Shanghai werden minder feine
und weiche Bastpapiere Chinas schon lange zu solchen chirurgischen
Zwecken benutzt.
In neuerer Zeit hat man vielfach mit Erfolg versucht, die stärke-
ren, glatten Nori-Papiere, wie z. B. das Hôshô, im Farben- und
im Landkartendruck zu verwerthen. Da sie die Farben ohne vorher-
gehendes Anfeuchten sofort aufnehmen, bleiben die in der Zeichnung
dargestellten Verhältnisse beim Druck vollständig gewahrt, während
durch das nöthige Anfeuchten beim Farbendruck auf unsere Papiere eine
ungleichmässige Ausdehnung oder ein Verziehen derselben unvermeid-
lich ist.
Pappendeckel oder Ita-me-gami, d. h. »Brettpapier« bereitet
der Japaner durch Aufeinanderkleben gewöhnlicher Papiere mittelst
Shôfu-nori oder Weizenstärke-Kleister. Das Verfahren ist demnach
ähnlich dem bei Herstellung der sogenannten geleimten Pappe in
Europa. So erhält man sehr schönes, starkes Ita-me-gami, wenn man
10—20 Bogen Hosokawa, das ist ein Broussonetia-Bastpapier aus Iyo,
der Reihe nach aufeinander klebt. Viel Pappendeckel wird aus dem
besseren Suki-gaë-shi oder Abfallpapier, ja selbst aus alten Rechnungen
und auf andere Weise schon benutztem Papier (Hôn-gu) direkt durch
dasselbe Verfahren bereitet. Ein Ueberzug mit einem schöneren, noch
nicht gebrauchten Papier genügt, um dem so erzeugten Ita-me-gami
auch ein schönes Aussehen zu geben.
Hari-nuki heisst das japanische Papier maché.*) Seine Berei-
[486]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
tung weicht jedoch von der des letzteren insofern wesentlich ab, als
dieses aus dem in Wasser geweichten und wieder in Masse (pâte) ver-
wandelten Papier in Formen gepresst wird, während man beim Hari-
nuki ähnlich, wie bei der Anfertigung der Pappdeckel verfährt. Alle
Hari-nuki-Arbeiten bestehen demnach aus sogenannter gekautschter
Pappe. Das Kautschen erfolgt über Holzformen. Man verwendet
dazu das leichte, beschriebene oder bedruckte Hôn-gu, falls die Gegen-
stände nachher lackiert werden sollen, oder besseres, ungebrauchtes
Papier im andern Fall. Ueber die nasse Kata oder Form wird mit
Hülfe von Kleister aus Weizenstärke Bogen auf Bogen geklebt und
gestrichen, bis die nöthige Dicke erzielt ist. Darauf trocknet, be-
schneidet und lackiert man die Sachen.
Auf diese Weise stellt man hunderterlei kleine, leichte und dabei
doch dauerhafte Gegenstände her, die überaus gefällig sind. So er-
hält man nicht blos Puppenköpfe und andere Spielsachen, sondern
auch allerliebste Tellerchen und Schalen, Theedosen und Pfeifenfut-
terale, welche aussehen, als beständen sie aus lackiertem Blech oder
Holz. Dieselben genügen allen Ansprüchen auf Stärke und Dauer-
haftigkeit, überraschen dabei durch ihre Leichtigkeit und bescheidenen
Preise, so dass sie in dieser Beziehung den Gegenständen aus Papier
maché vergleichbar sind, während sie solche an Festigkeit und Ele-
ganz weit übertreffen.
Papier-Tapeten oder Kara-kami (d. h. chinesisches Papier)
werden ebenfalls in Japan verfertigt und benutzt, doch nicht in langen
Stücken, sondern nur in Bogengrösse, auch nicht in grossem Umfang.
Viele der bedruckten Muster stehen an Schönheit unsern feineren Ta-
peten nicht nach und übertreffen dieselben jedenfalls an Dauerhaftig-
keit. Wie schon der Name anzeigt, stammt auch dieser Industrie-
zweig aus China, dem Lande, in welchem man überhaupt Papier zuerst
in Tapeten umwandelte.
Darstellung des Chirimen-gami oder Krepp-Papiers.
Durch ein sehr einfaches mechanisches Verfahren wird in Japan
die glatte Oberfläche verschiedener Bastpapiere, sowie durch Farben-
druck dargestellter Bilderbogen geköpert, steifes Cartonpapier weich
und geschmeidig wie Putzleder gemacht und ihm dazu auch eine
ähnliche Elasticität verliehen, die uns namentlich bei gewissen Sorten
von Lederpapieren überrascht. Die Werkzeuge, deren man sich zur
Bereitung von Chirimen-gami bedient, sind der Momi-dai,*) eine
Art Hebelpresse, und die Katas oder Formen, nämlich grosse braune
[487]5. Papierindustrie.
Bogen aus dickem Papier, welche parallelstreifig, entweder nur nach
einer Seite, oder nach mehreren Richtungen gefurcht sind und nach
dem Anfeuchten eine ansehnliche Elasticität zeigen.
Die Presse (Momi-dai, Fig. 14) wird gewöhnlich aus Kashi, dem
Holz einer immergrünen Eiche, oder einem andern festen Holze ange-
fertigt. Sie ruht auf dem Fuss, einem grossen schweren Brett, auf
Vorrichtung zur Darstellung von Krepppapier.
welchem sich zwei durchlöcherte Pfosten als Zapfenträger erheben,
zwischen denen der Drehpunkt eines Hebels a d liegt. b c ist eine
hölzerne Walze von 2—3 cm Durchmesser und verschiedener Länge,
je nach Bedürfniss, d. h. je nachdem die um sie zu rollenden Bogen
gross oder klein sind. Hiernach richtet sich denn auch die Höhe, in
welcher man den Zapfen für den Drehpunkt des Hebels anbringt.
Die Walze b c ruht bei c in einer pfannenartigen Vertiefung des Brettes,
[488]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
um beim Gebrauch das Verschieben zu verhüten, und geht durch ein
elliptisches Loch im Hebelarm senkrecht empor. Da a d, der 2½—3 m
lange Arm der Kraft, ansehnlich länger ist als derjenige der Last
von der Walze bis zum Hebelende d, so lässt sich ein bedeutender
Druck auf die um den Stab zu rollenden Papierbogen ausüben. Die-
selben werden durch Besprenkeln mit einer nassen Bürste angefeuch-
tet, oder dadurch, dass man sie in abwechselnder Lage mit nassen
Pappendeckeln eine Stunde lang dem gelinden Druck einer Presse aus-
setzt. Hierauf breitet man auf einer Holzplatte einen grossen braunen
Kata-Bogen aus, dann über ihm einen Bogen des angefeuchteten Pa-
piers, hierauf wiederum eine Kata, dann abermals einen Bogen Papier,
und so fort in zehn- und mehrfacher Wiederholung, endlich mit einer
Kata schliessend. Bei dieser Aufschichtung müssen die einzelnen
Bogen zu den sie trennenden Zwischenmitteln dieselbe Lage haben,
also entweder mit ihren Rändern parallel oder geneigt zu denen der
grösseren Katas liegen. Ist nun auf die angegebene Weise der Stoss
aufgebaut, so wird die Walze b c darauf gelegt und das Papier fest
um dieselbe zu einem Cylinder gerollt, aus welchem sie beiderseits
5—6 cm hervorragen muss. Diesen Cylinder umwickelt man schliess-
lich mit einem Streifen Hanfleinwand von etwa 30 cm Breite und
2—3 m Länge schräg und fest, wozu sich der Arbeiter gewöhnlich
seiner Füsse bedient. Hierauf bringt derselbe die Walze zur Presse,
fügt sie in c und mit dem andern Ende durch das Loch des Hebels
ein und drückt nun diesen in d mit aller Kraft seines Körpers ruck-
weise 6—10mal hintereinander auf die Rolle, welche hierdurch in
der Richtung ihrer Achse ansehnlich zusammengepresst wird. Nun-
mehr nimmt sie der Arbeiter wieder aus der Presse, entfernt Lein-
wandstreifen und Walze, rollt auf, zieht die stark zusammengepressten
Kata-Bogen wieder auseinander und baut aus ihnen und den Papier-
bogen den Stoss von neuem auf, nur mit dem Unterschiede, dass die
Bogen diesmal eine andere Lage bekommen. Es folgt nun wieder
Zusammenrollen, Einschlagen in die feuchte Leinwand und Pressen,
ganz wie das erste Mal. Nachdem dieses Verfahren 8—10 mal mit
jedesmal veränderter Lage der Bogen zu den Katas wiederholt worden
ist, sind die Bogen fertig. Sie haben sich nach beiden Richtungen
bedeutend verkürzt, werden etwas gestreckt und können nun weiter
verwandt werden. Der Uebergang in diesen geköperten, weichen,
elastischen Zustand ist ein ganz allmählicher. Hatten die Bogen das
erste Mal die Lage a b (siehe Skizzen über Figur 14), so erscheinen
sie nach dem Pressen netzartig gerieft und zwar besonders stark nach
einer Richtung. Nach ihrer zweiten Behandlung in der Lage c d
[]
Japanisches Lederpapier.
[][489]5. Papierindustrie.
wurden jene Riefen von solchen in einer zweiten Richtung gekreuzt
und abgeschwächt. Nachdem die Cartonbogen dann in einer dritten
Lage e f mit den Katas eingeschlagen und dem Druck der Momi-dai
unterworfen gewesen waren, trat statt der vorragenden Längs- und
Querriefen bereits eine deutliche Köperung auf. Dieselbe wurde mit
jeder neuen Operation, wie sie durch die Bogenlage g c, h i, m n, o p,
q r und s t der Reihe nach angedeutet ist, immer feiner und regel-
mässiger. Damit ging eine Contraction der Bogen und zunehmende
Weichheit und Geschmeidigkeit Hand in Hand.
Das Verfahren, Bilderbogen mit Buntdruck weich und geköpert
zu machen, ist dem vorerwähnten völlig ähnlich. Nur werden dabei
immer zwei solcher Bogen mit ihren bedruckten Seiten gegeneinander
gekehrt, von zwei Katas eingeschlossen und durch einen zwischen-
liegenden Bogen Han-shi voneinander getrennt. Nach der siebenten
Wiederholung des Einschlagens und Pressens entfernt man die Zwi-
schenlage der Han-shi-Bogen, legt jedesmal die 2 contrahierten Bilder-
bogen nebeneinander und wiederholt das Pressen noch zweimal.
Die hier erwähnten Vorrichtungen und Proceduren wurden bereits
von Herrn Minister von Brandt, dem freundlichen Förderer meiner
Studien in Japan, im 5. Heft der deutschen Gesellschaft Ostasiens,
abgebildet und beschrieben, so wie wir sie gemeinsam in mehreren
Werkstätten beobachtet hatten. Seiner dort gegebenen Skizze ist auch
die Figur 14 entlehnt. Da man uns auf unsere Fragen nach Herstel-
lung der Katas antwortete, es sei dies Geschäftsgeheimniss, kaufte
Herr v. Brandt auf meinen Rat mehrere schon gebrauchte und abge-
nutzte derselben und vertheilte sie zwischen mir und unserem ver-
storbenen Freunde Dr. H. Ritter zur weiteren Untersuchung. Schon
zwei Tage später konnte jeder von uns, trotzdem wir ganz verschie-
dene Wege eingeschlagen hatten, Herrn v. Brandt zu dessen Ueber-
raschung als Resultat unserer chemischen und mikroskopischen Unter-
suchungen im wesentlichen dasselbe berichten, nämlich, dass jene
braunen Katas aus mehreren Lagen von schon gebrauchtem Brousso-
netia-Bastpapier — in meinem Fall waren es alte Rechnungen —
über- und nebeneinander bestanden, die man mit Kleister aneinander
geklebt, darauf auf vorerwähnte Art mit Hülfe anderer Einschlagbogen
und der Presse nach mehreren Richtungen stark gefaltet und gerieft
hatte. Zum Schluss hatten sie braune Beizung und Färbung durch
Shibu (pg. 214) erhalten.
Mit diesem Resultat und den leserlich gemachten alten Rechnungen,
welche ich aus den Katas erhalten hatte, begab ich mich abermals zu
einem der Fabrikanten von Chirimen-gami, bei dem wir gewesen
[490]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
waren, und liess nun meinen Dollmetsch auskramen, was er gesehen
hatte. Es gipfelte in dem Satze, dass es unnütz sei, vor Sen-sei*)
in der Sache noch weiter etwas zu verbergen. Dies hatte die erwar-
tete Wirkung. Der Mann führte uns in eine Kammer und zeigte mir
seine Oya-kata (Elternform) oder Ki-gata (Holzform). Es war ein
5—6 cm dickes, 90 cm langes und 30 cm breites Brett aus hartem
Sakura-Holze (Prunus pseudo-cerasus), das auf zwei Leisten ruhte.
Dieses Brett war auf der oberen Seite der Länge nach regelmässig
und auf das sorgfältigste gefalzt mit Rinnen von 2 mm Tiefe und eben
so weitem Abstand voneinander.
Beim Gebrauch wird ein grosser Bogen starken Cartonpapiers mit
Kleisterlösung durchtränkt, und dann über diese Holzform der Länge
nach gelegt, worauf man ihn mit Hülfe eines Falzbeins in jede Furche
der Unterlage einpresst, eine Arbeit, die viel Zeit und Geduld er-
fordert. Nach dem Trocknen ist die Form fest eingeprägt und der
Bogen parallelstreifig gefurcht. Er wird beiderseits mit Shibu über-
strichen und kann dann zur Darstellung der gewöhnlichen Katas, von
denen bereits die Rede war, dienen. Die dazu bestimmten angefeuch-
teten Bogen werden in jenen gefalzten Bogen fest eingeschlagen und
ein- oder zweimal unter der Presse behandelt, wie solche Bogen, die
in Krepppapier verwandelt werden sollen. Das darauf folgende Be-
streichen mit Shibu macht sie fester und dauerhafter.
Lederpapiere oder Kami-kawa.
Sie werden in verschiedenen Farben, geköpert und glatt, einfach
oder mit zum Theil erhabenen Arabesken, Blumen und andern Ver-
zierungen bedruckt und so reich ausgestattet in den Handel gebracht.
Prächtiges Aussehen, überraschende Elasticität und eine Geschmeidig-
keit, die zuweilen an Kalbsleder erinnert, besonders auf der unteren Seite,
sind hervorragende Eigenschaften derselben (s. die Probe, Tafel XIV.).
Damit verbinden sie eine ansehnliche Festigkeit, welche diejenige
unseres Wachstuchs in vielen Fällen übertrifft. Man macht daraus
Brieftaschen, Tabaksbeutel, Pfeifenfutterale, Schachteln, Kästchen und
andere Gegenstände, benutzt sie aber auch zu Bodendecken, wie
Wachstuch, und statt Tapeten. Das einfach geköperte, schwarzlackierte
Lederpapier dient auch zu den Saki-kake oder Saki-kawa, mit wel-
chen man die Füsse über den Getas oder Holzschuhen bei Regen schützt.
Kami-kawa stellt man gewöhnlich in Bogen dar, aber auch in
grösseren Stücken. Eines derselben von 36 Fuss Länge und 3 Fuss
[491]5. Papierindustrie.
Breite, mit rothen Lilien und grünen Blättern, kostete in Tôkio 5½ yen.
Es würde sich zum Tapezieren eines Saales vortrefflich eignen.
Viel Lederpapier wird in Tôkio und zwar in den Stadttheilen
Honjô und Fukagawa zur Rechten des Sumida-gawa bereitet; auch
liefert die Provinz Ise, wie ich mich in den Orten Matsuzaka, Inagi,
Omada, Tamura in der Gegend von Yamada überzeugen konnte, an-
sehnliche Mengen. Desgleichen sollen Harima und Mito Kami-kawa
verfertigen. In der Regel wendet man dazu Ôtaka-, Jidzuki- oder
Jumonji-gami, das sind starke Broussonetia-Papiere, an. In Tôkio
wird damit im wesentlichen wie folgt verfahren.
1) Man breitet das Papier auf einem Brett aus, so dass die glatte
Seite nach oben gerichtet ist, überstreicht dieselbe mit Hülfe einer
breiten Haarbürste mit verdünntem Reiskleister, dem etwas Kienruss
beigemengt ist, und hängt es dann über horizontal laufenden Stangen
zum Trocknen auf, das in 1—2 Tagen erfolgt.
2) In den meisten Fällen wird es dann mit Hülfe der pg. 487
angegebenen Vorrichtung geköpert, wobei sich die Bogen nach beiden
Richtungen ansehnlich verkürzen.
3) Nunmehr folgt ein Anstrich mit Yegoma-no-abura auf derselben
Seite und gründliches Trocknen im Sonnenschein, was je nach der
Jahreszeit 5—20 Tage in Anspruch nimmt.
4) Hieran schliesst sich ein Anstrich mit Kleisterlösung, welcher
die Farbe beigemengt ist, die das Lederpapier erhalten soll (Eisen-
oxyd, Auripigment, Indigo, Tusch etc. oder Gemenge solcher Farben).
5) Nachdem das Papier wieder trocken ist, wird es mit Lack im-
prägniert, und zwar wendet man Seshime-urushi bei helleren Farben
und Hana-urushi für schwarz an. Zwei Arbeiter setzen sich gegen-
über, bestreichen ihre Handflächen mit dem Lack und schlagen ihn
in raschem Tempo auf den zwischen ihnen ausgebreiteten Bogen ein.
Darauf findet das Trocknen statt, wozu man sich wohl mit Papier
überzogener Rahmen bedient, auf denen die Bogen ausgebreitet werden.
6) Soll das Lederpapier Figuren erhalten, so werden solche mit
in Holz geschnittenen Formen nach Beendigung des Kreppverfahrens
eingepresst, wohl auch durch papierne Schablonen die verschiedenen
Farben aufgestrichen. Metallspiegel pflegt man, nachdem die Figuren
fertig sind, zu erzeugen, indem man das Bronzepulver mit Lack fixiert
und nach dem Trocknen poliert.
Es gibt übrigens auch Lederpapiere, die gar keinen Lack ent-
halten, sondern im Rauche von Reisstrohfeuer getrocknet und dann
abgerieben werden. Eine ganz eigenthümliche, an Pergamentpapier
erinnernde Sorte Lederpapier ist das semitransparente Yogan-gami,
[492]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
dessen Darstellung ich nicht zu ermitteln vermochte. Der Engländer
Gaine hat vor einer Reihe von Jahren ein Verfahren angegeben (und
Professor Hofmann das Product näher untersucht), wodurch er Papier
in eine Art Pergament verwandelte, indem er dasselbe einige Sekunden
in Schwefelsäure tauchte, welche mit der Hälfte Wasser verdünnt war.
Bei der Darstellung des Yogan-gami kommt aber Schwefelsäure wohl
kaum in Betracht, da dieselbe früher in Japan gar nicht bekannt war.
Papier-Gewebe oder Shi-fu.*)
Mit dem Worte Shi-fu bezeichnet man in Japan eigenthümliche
Gewebe, welche jetzt nur noch in Shiroïshi, einem Städtchen am
Ôshiu-kaidô 13 ri südlich der Stadt Sendai dargestellt werden. Die
Kette derselben besteht aus Seide, der Einschlag aber aus Papier-
fäden. Das dazu verwendete Papier, in Shiroïshi Shi-fu-gami ge-
nannt, wird an mehreren Orten der Provinz Iwaki aus Broussonetia-
Bast dargestellt. Davon kosten 1 Jô oder 50 Bogen von der Grösse
unseres gewöhnlichen Schreibpapiers 25 sen oder 1 Mark.
Ein halbes Jô dieses Papiers wird der Länge nach mehrmals so
gefaltet und zusammengelegt, dass die beiden parallelen Ränder über
einander zu liegen kommen und 3—4 cm über die Biegungen hervor-
ragen. Man legt nun das Papier der Länge nach über die eine
Schmalseite eines dicken Brettes, das zum Feststehen mit Füssen ver-
sehen ist, und befestigt dasselbe au beiden Enden mit eisernen Win-
kelklammern, so dass die beiden überragenden Ränder des Papiers
mit dem Hauptteil des Bogens einen rechten Winkel bilden und
herunterhängen. Mit einem breiten, beilähnlichen, sehr scharfen Messer
wird hierauf der gefaltete Theil des Papiers parallel zur Breite der
Bogen in schmale Streifen von kaum 2 mm Breite durchschnitten, die
alle noch mit den überragenden und vom Messer nicht berührten Rän-
dern zusammenhängen. Nunmehr folgt das Rollen von Streifen solcher
zusammenhängenden Papierbänder auf einer glatten Steinplatte mit
flachen Händen, eine Arbeit, die unter öfterem Wenden des Gegen-
standes so lange fortgesetzt wird, bis jedes Band zu einem lockeren
Faden geworden ist. Man schneidet sodann die zusammenhängenden
Ränder beiderseits so weit durch, dass die einzelnen Fäden nur noch
2 mm breit verbunden bleiben, und dreht dann auch die Verbindungs-
stellen. Auf diese Weise werden continuierliche Fäden erzielt. Die
aus solchen ungezwirnten Papierfäden als Schuss und seidener Kette
[493]5. Papierindustrie.
verfertigten Gewebe heissen Fukusa-ji, d. h. »Grund für Fukusa«.
Mit Fukusa bezeichnet man sonst seidene Hüllen für feinere Ge-
schenke, wie Lackwaaren und dergleichen, hier aber quadratische
Lappen, welche mit Blumen oder Landschaften bedruckt sind und zum
Bedecken von Geschenken dienen.
Für die zu Kleidern dienenden Shi-fu-Gewebe werden die Papier-
fäden ähnlich wie der Seideneinschlag für Chiri-men oder Kreppseide
vorher rechts und links gezwirnt und laufen dann im Gewebe ab-
wechselnd einmal hin und her, d. h. auf zwei rechts gedrehte Ein-
schlagfäden folgen zwei links gedrehte u. s. f. Ist das Shi-fu-Gewebe
fertig, so wird es in kochende Lauge aus Strohasche gesteckt, dann
ausgesüsst, getrocknet und gestreckt. Es hat durch dieses Verfahren
ein geköpertes Ansehen gewonnen und dabei sich ansehnlich zusam-
mengezogen. Es kann nun vor der Verarbeitung dem Färber über-
geben und noch auf verschiedene Weise bedruckt werden.
Der hier besprochene eigenthümliche Industriezweig kam vor
90—100 Jahren in Shirioïshi auf und wurde nur von Samurai-Fami-
lien betrieben. Noch vor 40 Jahren soll er in grosser Blüthe gestan-
den haben, da damals die Shi-fu-Stoffe, welche sich auch waschen
lassen, für Sommerkleider bei den Frauen sehr beliebt waren. Als
jedoch später in Folge der Handelsverträge die ungleich feineren und
dauerhafteren englischen Baumwollstoffe massenhaft und billig ins
Land kamen, sank die Industrie rasch, so dass sie schon vor zwölf
Jahren nur noch in 6—8 Häusern schwach betrieben wurde.
Oelpapier und Regenmäntel, jap. Abura-gami und Tôyu.
Das Oelen gewisser japanischer Papiersorten hat entweder den
Zweck, sie transparent zu machen, wie bei den Laternen, oder gegen
das Wasser zu schützen, wie bei Regenschirmen und den eigentlichen
Oel- und Lederpapieren. Stets wird das Yegoma-no-abura (s. pg. 182)
dazu angewandt, als Papier aber ein starkes Broussonetia-Papier, in
Niigata z. B. das Senka von Oyachi, in Tôkio ein ähnliches von Tosa
und Iyo. Dort werden die Bogen vor dem Weichmachen durch Rollen
und Kneten an den Rändern zusammengeklebt, hier nach demselben;
auch pflegt man in Tôkio die Geschmeidigkeit mit Hülfe der Krepp-
vorrichtung (siehe Figur 14) zu erzielen. Zum Aneinanderleimen der
Bogen dient ein Gemisch aus Kleister vom Mehl des Adlerfarrens
(pg. 80) mit Shibu (pg. 213). Nachdem die Bogen zu grösseren
Stücken zusammengeleimt, geschmeidig gemacht und mit den Händen
wieder geglättet worden sind, werden sie mit Hülfe einer breiten
Bürste auf einer Seite mit einem Gemisch von Kienruss (Matsu-susu)
[494]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
und Shibu bestrichen und dann zum Trocknen an die Sonne gelegt,
wozu mindestens 5 Tage erforderlich sind. Hierauf folgt ein Anstrich
mit Yegoma-no-abura (Perilla-Oel), gemischt mit Shibu, abermaliges
Trocknen und erneuerter Anstrich mit diesem kalten Gemisch, wobei
aber das Oel vorher gekocht sein musste, und schliesslich endgültiges
Trocknen. Die ganze Arbeit nimmt selbst bei günstigem Wetter min-
destens 15 Tage in Anspruch. Selbstverständlich wird Kienruss nur für
schwarze Oelpapiere und Regenmäntel angewandt; für hellere benutzt
man statt seiner Gummigutt oder eine andere hellere Farbe.
Solche Oelpapiere können in Europa mit Wachstuch und Gummi-
geweben nicht concurrieren, da sie in Bezug auf das gefällige Aus-
sehen und die Dauerhaftigkeit denselben weit nachstehen. Ihre An-
fertigung in Japan reicht nicht weit hinter die Eröffnung des Landes
zurück. Früher trug man zum Schutz gegen den Regen allgemein plumpe
Mäntel oder Matten aus Gräsern, z. B. die Mino (pg. 202), und Binsen.
Das Bedürfniss der Japaner, den Kopf gegen Regen und Sonnen-
schein zu schützen, führte sie wohl schon frühe nicht blos zum Ge-
brauch grosser Hüte aus Weidengeflecht und anderm Material, son-
dern auch zur Anfertigung plumper papierner Regen- und Sonnen-
schirme, die allgemein im Gebrauch waren. Aber der geölte Kara-
kasa konnte nicht im Sonnenschein, der ungeölte Sonnenschirm (Hi-
gasa) nicht bei Regenwetter benutzt werden. Man begreift daher
leicht die Bereitwilligkeit der wohlhabenden Klassen, sich der seidenen
Schirme Europas zu bedienen, die nicht blos leichter und handlicher
waren, sondern vor allem den Vorzug hatten, als »en tous cas« im
wahren Sinne des Ausdrucks zu dienen. Aehnlich ging es mit den
Hüten. In der That bildeten Filzhüte und seidene oder baumwollene
Regenschirme schon vor zehn Jahren diejenigen fremden Artikel —
jetzt werden sie in genügender Menge und Güte im Lande selbst ge-
macht —, welche nebst der Petroleumlampe am weitesten landeinwärts
gedrungen waren. Bald wird es in Japan keinen Schirmmacher mehr
geben, der nicht in die Seidenhandlung, statt in den Papierladen geht,
um sich den Stoff zum Ueberziehen seiner Gestelle zu kaufen.
Wie das Bastpapier in Ostasien bisher das Glas der Fenster-
scheiben ersetzte, so auch das der Laternen. Die Papierlaterne, jap.
Chôchin spielt in Japan noch immer ihre Rolle. Sie fehlt keinem
Hause. Mit ihr beleuchtet man Nachts Flur und Veranda, seinen Weg,
wenn man, sei es zu Fuss, oder in einer Jinrikisha, die Strasse über-
schreitet, und das Wasser bei nächtlicher Bootfahrt. Reihen aufge-
hängter bunter Papierlaternen zeigen Theehäuser, Theater und andere
Vergnügungslokale an. Bei den grossen Tempelfesten, welche zu
[495]5. Papierindustrie.
Ehren beliebter Götzen alljährlich wiederkehren, mit Aufzügen, die
etwas an diejenigen beim Carneval erinnern, dürfen Chôchin nicht
fehlen. Oft ist eine Strasse, ja ein ganzes Quartier in der Nähe des
Tempels mit solchen Papierlaternen in gleicher Weise geschmückt.
Wie der grüne Tannenbaum in einer modernen via triumphalis, so
fungieren dann zu beiden Seiten der Strasse Reihen in die Erde ge-
senkter Bambusrohre mit daranhängenden schönen Papierlaternen, zu-
weilen noch überdacht von einem grossen Schirmgestell, dessen lange
Strahlen mit Papierblumen von abwechselnd rother und weisser Farbe
besetzt sind.
Die bekanntesten Artikel aus japanischem Bastpapier,*) welche
in Europa und mehr noch in Nordamerika eine grosse Beliebtheit und
weite Verbreitung gefunden haben, sind unstreitig die Fächer. Man
unterscheidet sie in Ôgi, das sind solche, welche sich zusammenlegen
lassen, und in Uchiwa, das sind die einfachen, steifen, runden. Für
den einheimischen Bedarf werden beide Arten seit Jahrhunderten vor-
nehmlich in den drei Hauptstädten oder Fu (Kiôto, Ôzaka und Tôkio)
verfertigt, ebenso für die Ausfuhr in neuerer Zeit; doch nehmen daran
auch andere Städte, wie Nagoya und Fushimi mehr oder minder Theil.
Dieser Export hat der Industrie einen neuen Aufschwung gebracht,
auch eine fabrikmässige Arbeitstheilung bewirkt, wie sie in dem Maasse
früher nicht bestand. Da gibt es Musterzeichner, nach deren Ent-
würfen gearbeitet wird, Häuser, welche nur die Rahmen aus Bambus-
rohr liefern, und andere, in denen die Griffe lackiert und verziert
werden. Einer andern Gruppe von Personen liegt das Bemalen oder
Bedrucken des Papiers ob, worauf oft auch der fremde Abnehmer
seinen Einfluss übt, wiewohl nicht immer mit gutem Geschmack.
Gestelle und verzierte Bogen, welche die beiden Seiten der Fächer
bedecken sollen, kommen sodann in die Hände anderer Arbeiter, die
sich wiederum in mehrere Gruppen theilen und deren erste Aufgabe
darin besteht, das Papier den Bambusrippen entsprechend zu falten.
Darauf wird mit Hülfe von Kleister ein Blatt Papier auf der einen
Seite der Rippen befestigt, worauf die andere Seite mit einem ent-
sprechenden zweiten bemalten Blatt in der nämlichen Weise verbunden
wird. Ist dieses geschehen, so muss man den Fächer noch wiederholt
öffnen und schliessen, auch sonst noch da und dort bei einer unge-
fügigen Stelle nachhelfen, damit das Papier sich geläufig in die be-
stimmten Falten legen und leicht wieder ausbreiten lässt, wie es der
Zweck erfordert und nur ein so zähes und gefügiges Material, wie das
[496]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Broussonetia-Papier es zulässt. Das Gesagte gilt natürlich in erster
Linie von den Ôgi oder Klappfächern, während die Uchiwa, ent-
sprechend ihrer einfacheren Form, bei weitem weniger Arbeit machen.
Von jener Gruppe kosteten die feinsten, welche man früher für
den heimatlichen Consum darstellte, kaum 5 yen, während man in der
Neuzeit solche mit Perlmutter- oder Elfenbeingestellen und reich ver-
ziert im 3—4fachen Werthe für fremde Abnehmer anfertigt. Dennoch
sieht die grosse Menge der letzteren vor allen Dingen auf Billigkeit
und beeinflusst in dieser Beziehung in hohem Grade den Markt. Von
der gewöhnlichen Sorte der Uchiwa kauft man in Ôzaka das Hundert
für 1—2 yen, demnach das Stück im Durchschnitt für 4—8 Pfennig
nach unserem Gelde.
Während des Jahrzehnts von 1874—1884 erreichte die Ausfuhr
in Hiogo 1879 mit dem Werth von 163730 yen ihren Höhepunkt,
zwei Jahre später in Yokohama mit 176666 yen. Wie sehr sie übri-
gens an beiden Orten schwankt und neuerdings im allgemeinen ge-
sunken ist, zeigt folgende Zusammenstellung:
Anhang: Das japanische Schreibzeug und seine Bestand-
theile: Pinsel, Tusch und Reibschale.
Bei aller Vielseitigkeit der Verwendung ostasiatischer Bastpapiere
bleibt doch diejenige zum Fixieren und Mitteilen der Gedanken die
wichtigste. Nun sind aber neben Papier — und mehr als Feder und
Tinte bei uns — Pinsel und Tusch die nothwendigsten Bestandteile
einer chinesischen oder japanischen Schreibvorrichtung. Ausserdem
bedarf diese jedoch auch noch einer Schale und des Wassers, um den
Tusch anzureiben.
Das Yatate oder tragbare Schreibzeug, welches der Geschäfts-
mann stets mit sich führt, umfasst einen Behälter mit flüssigem Tusch,
sowie einen Pinsel in kupfernem Futteral. Für den häuslichen Ge-
brauch dient in der Regel ein handliches, flaches Kästchen, Sumi-ire
genannt, mit mehreren Abteilungen, deren eine den Pinsel, eine zweite
die Tuschstange, die dritte die Reibschale umfasst. Auf einer noch
höheren Stufe der Ausstattung kommt ein kupfernes oder silbernes Ge-
fäss für Wasser hinzu. In kunstgewerblichen Sammlungen trifft man nicht
[497]5. Papierindustrie.
selten japanische Schreibzeuge in Gestalt flacher quadratischer Schach-
telkästchen, welche mit Goldlackarbeit aufs reichste und prächtigste
verziert sind und zu den hervorragendsten Leistungen der japanischen
Lackindustrie gehören.
Der Fude oder Pinsel, dessen man sich zum Schreiben bedient,
kommt Nr. 10 auf Tafel IV. am nächsten. Die Haare von Kaninchen
und Hirschen, welche dazu vornehmlich verwendet werden, bilden
jedoch in der Regel einen dickeren, stumpferen Kegel. Nachdem sie
mit der kieselsäurereichen Asche aus Reisspreu gerieben und gereinigt
worden sind, bringt man sie mit einem feinen Messingkamm in paral-
lele Lage und sortiert sie nach ihrer Länge. Alsdann klebt man sie
mit Hülfe von Fu-nori oder Algenkleister (siehe pg. 96) zu einem
3—4 cm breiten Lappen zusammen, dessen Dicke sich nach der Stärke
richtet, welche der Pinsel erhalten soll. Dieser Haarlappen wird nun
zu einem Kegel zusammengerollt, sein unteres Ende in eine Papier-
hülse gefügt oder mit einem hanfleinenen Faden umwickelt und in
das eine Stielende — ein Stück Bambusrohr von der Länge und Dicke
eines Bleistifts — eingeleimt. Damit ist der Pinsel in allem Wesent-
lichen fertig.
Der Gebrauch des Tusches, jap. Sumi, ging dem unserer Schreib-
tinte in der Zeit weit voraus; in Ostasien ist er mindestens so alt, wie der
des Papiers, wenn nicht älter, denn man nimmt an, dass seine Erfindung
in China in die Zeit von 260—220 v. Chr. fällt. Jahrhunderte lang
war die Provinz Kiang-si, und insbesondere die Stadt Jaotscheu
südöstlich vom Poyang-See durch ihren vorzüglichen Tusch berühmt.
Demselben kam namentlich die geschätzte Eigenschaft zu, mit zuneh-
mendem Alter härter und schwärzer zu werden. Später verbreitete
sich die Industrie auch über verschiedene andere Provinzen, nament-
lich Nganhwui, wo die Stadt Hwuichau ihres Tusches wegen
hohen Ruf hat, und über Kwang-tung. Der englische Name »In-
dian Ink« deutet den Weg an, auf welchem dieses ausgezeichnete
chinesische Präparat zuerst nach Europa kam.
Obgleich Japan den grössten Theil seines Bedarfs an Sumi selbst
darstellt, gilt doch auch dort das chinesische Product für das bessere
und wird dem entsprechend viel theurer bezahlt.
Lampenschwarz oder Kienruss und thierischer Leim bilden die
wesentlichen Bestandtheile des Tusches, von denen der letztere ledig-
lich dazu dient, die feinen Kohlenpartikel, wie sie durch irgend eine
Art unvollständiger Verbrennung erzeugt werden, mit einander zu ver-
binden und beim Gebrauch des Tusches an das Papier zu fixieren.
Rein, Japan. II. 32
[498]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Moschus, Kampfer oder ein anderer aromatischer Stoff wird in geringer
Menge der Tuschmasse beigemengt, um den unangenehmen Geruch
des Leims zu verhüllen, ist aber nicht wesentlich.
Der Kienruss (Susu), dessen man sich ehedem bediente, wurde
später durch Lampenruss, jap. Yu-yen, ersetzt, den man zwar durch
unvollständige Verbrennung irgend eines Fettes oder fetten Oeles ge-
winnen kann, zu dessen Darstellung man aber in Japan und mehr
noch in China am besten und mit Vorliebe das Dokuye-no abura
oder Oel der Elaeococca cordata Bl. (Dryandra cordata Thunbg., siehe
pg. 183) verwendet, von welchem 100 Catties (à 600 gr) 8 Catties
reines Lampenschwarz liefern.
Die dabei verwendeten Lampen sind kleine Tiegel oder Schalen
aus Steinzeug von etwa 14 cm Durchmesser, mit Dochten aus Binsen-
mark. Ein kegelförmiger Russfänger aus gebranntem Thon wird dar-
über gestülpt und von Stunde zu Stunde durch einen neuen für jede
Lampe ersetzt, vom alten aber nachher mit der Fahne einer Feder
der Russ sorgfältig ab- und zusammengekehrt. Man lässt letzteren
zur Reinigung durch ein sehr feines Haarsieb gehen. Als Bindemittel
fungiert Leim, japanisch Ni-kawa, von Ochsenhäuten und Fischleim,
beide in möglichst hellen Sorten. Auf 10 Catties Lampenschwarz vom
Oel der Dryandra cordata Thunb. rechnet man 4 Catties alten Ochsen-
hautleim und ½ Catty alten Fischleim. Diese Bestandtheile werden,
nachdem der Leim mit dem nöthigen Wasser gekocht worden ist, in
weiten Porzellanschalen innig gemengt. Da der Russ das Wasser ab-
stösst, ist dies eine ziemlich mühsame Arbeit. Nach ihrer Beendigung
verwandelt man die Masse, welche sich nun wie Brotteig kneten und
formen lässt, in runde Ballen, welche in Leinwand eingeschlagen, in
eine Faiencevase mit netzartig durchlöchertem Boden gelegt und hier
während 15 Minuten der Einwirkung durchstreichenden Wasserdampfes
ausgesetzt werden. Darauf wird die Masse aus ihrer Hülle wieder
herausgenommen und in einem Mörser mindestens vier Stunden lang
mit Stempeln durchgearbeitet, bis sie völlig homogen und bildsam ge-
worden ist. Man formt sie nunmehr in grössere prismatische Stäbe
um, welche man für einige Augenblicke in einem Topf etwa 50° Wärme
aussetzt und dann in kleinere Stangen zerlegt, annähernd entsprechend
den Tuschstücken, welche man haben will. Diese Stücke werden
dann auf einer Art Ambos mit hölzernen Hämmern und unter bestän-
digem Wenden so lange geschlagen, bis nicht nur die rechte Form,
sondern auch der erwünschte Glanz erzielt ist. Sie werden nunmehr
auf einem glatten Tisch nochmals einzeln geknetet unter Beifügung
geeigneter Mengen des Moschus oder einer andern wohlriechenden
[499]5. Papierindustrie.
Substanz. Darauf kommt das mit den Händen geformte Stäbchen in die
hölzerne Presse. — Zum Trocknen der so erzielten Tuschstangen bedient
man sich der Reisstrohasche, welche durchsiebt und an der Sonne
vollständig getrocknet sein muss. Im Trockenkasten folgt auf eine
3 cm hohe Schicht Asche eine Lage Tuschstangen, darauf wieder
Asche, auf diese oft noch eine zweite Schicht Tuschstäbe und dann
nochmals Asche. Die Dauer des Trocknens richtet sich nach dem
Feuchtigkeitsgehalt und verschiedenen Nebenumständen. Ist es hin-
reichend erfolgt, so werden die Tuschstangen herausgenommen, durch
Abbürsten von der anhängenden Asche befreit, auf ein kleines Sieb
gelegt und 1—2 Tage lang an einen schattigen Ort gestellt, wo sie
völlig trocknen. Darauf poliert man sie durch Reiben mit einer Bürste
und versieht sie endlich mit verschiedenen chinesischen Namenszeichen.
Erst mehrere Jahre nach der Darstellung soll man guten Tusch ge-
brauchen. Härte, dunkle Farbe und Glanz der Schrift nehmen mit
dem Alter zu; doch hängt ausserdem die Güte vornehmlich von der
Feinheit und Leichtigkeit des Lampenschwarzes, der Reinheit des Leims
und sorgfältiger Arbeit ab. — Die geschätztesten Tuschsorten lassen
sich ausser den erwähnten Merkmalen auch durch den Klang und
einen Stich ins Braune erkennen.
Als Sudzuri oder Tuschreibschalen benutzen Chinesen und
Japaner nicht die wenig geeigneten Porzellan- oder Faience-Schalen,
wie wir, sondern stets weit zweckmässigere aus irgend einem fein-
körnigen dunklen Gestein, vornehmlich solche aus altem Schiefer, Ser-
pentin oder buntem Marmor. In Japan wird vor allem ein alter, dun-
kelblauer Schiefer für den gedachten Zweck hoch geschätzt und in
ausgedehntem Maasse verwendet. Es ist der Amabata-ishi, so be-
nannt und im ganzen Lande bekannt nach seiner Hauptfundstätte in
der Nähe vom Orte Amabata in der Provinz Kôshiu. Viel von diesem
Amabata-Stein wird an Ort und Stelle verarbeitet. Ein Theil kommt
nach Kôfu, wo ich seine Bearbeitung mir ansehen konnte. Es sind
zugeschnittene, meist abgerundete Platten. Die Umrisse und Vertie-
fungen der Schalen werden durch meisselartige Nägel in langen höl-
zernen Griffen hervorgebracht. Nach einer Seite höhlt man die Schale
allmählich zu einer tieferen Rinne aus, welche dazu bestimmt ist, das
Wasser zu empfangen und später den Tusch zu sammeln. Dem Aus-
meisseln folgt das Ausschleifen und Abpolieren, dann ein Anstrich mit
Tusch und Ueberwichsen mit Rô oder Pflanzentalg. Beim Gebrauch
giesst man einige Tropfen Wasser in die erwähnte Vertiefung am einen
Rande, taucht die Tuschstange ein wenig hinein und führt sie dann
über den Boden der Schale aufwärts zu dem ebenen höheren Theile,
32*
[500]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
dann wieder zurück und so fort, bis der grösste Theil des Wassers
nach oben geführt ist, wo das Anreiben vornehmlich stattfindet und
von wo die Tuschflüssigkeit allmählich wieder zur tieferen Stelle
abfliesst.
6. Holz-, Elfenbein- und Beinschnitzerei. Schildpatt-, Horn- und
Perlmutterarbeiten. Steinschleiferei.
Viele der hier untergebrachten Erzeugnisse des japanischen Kunst-
fleisses gehören in die dehnbare Klasse der Kurz- und Galanterie-
waaren; andere sind wirkliche glyptische Kunstwerke. Die geschickten
Hände des japanischen Künstlers vermögen auch dem harten, spröden
Stoff mit wunderbarer Kraft Leben und Bewegung einzuhauchen. Aber
auch hier zeigt und übt derselbe diese Kunst mit Vorliebe nicht so-
wohl an grossen monumentalen Schöpfungen, als vielmehr an oft
winzig kleinen Gebilden, welche häufig erst einer näheren Betrachtung
bedürfen, um ihren Charakter und künstlerischen Werth recht zu er-
kennen und zu würdigen. Solcher Art sind vor allen Dingen die so-
genannten Netsuke’s, Schnitzereien vorwiegend aus Holz, Elfenbein
oder Knochen, welche 2—5 cm Höhe und das Doppelte an Umfang selten
überschreiten. Die Netsuke dienen als eine Art Knöpfe, vornehmlich
zum Anhängen der Tabakstasche an den Gürtel. Zu diesem Zweck
haben sie auf der flachen Unterseite zwei Löcher mit einer Durch-
bohrung, durch welche beim Gebrauch eine Schnur geht, die sie mit der
angehängten Tasche verbindet. Das Netsuke wird zwischen dem Kleide
und dem Zeuggürtel, welcher das letztere um die Lenden zusammen-
hält, durchgeschoben und schaut über dem Gürtel hervor, während die
Tasche darunter hängt.
Personen und Thiere, insbesondere Affen, Ratten und Mäuse, ent-
weder einzeln oder in Gruppen und in den verschiedensten Stellungen,
aber auch andere Thiere und Blumen finden sich in den Netsuke’s nach-
gebildet. Das komische Element ist reichlich vertreten. Es wird so
packend und ausdrucksvoll vorgeführt, dass man die Absicht des Künst-
lers sofort erkennt und die Wirkung auf die Stimmung nicht ausbleibt.
Man bewundert bei diesen Netsuke’s ebenso die künstlerische Auffas-
sung, die Leichtigkeit und Lebendigkeit des Ausdrucks und der Stellung,
wie die Sorgfalt und das Geschick bei der Ausführung, welche eine
Menge technische Schwierigkeiten glücklich zu überwinden vermochten.
[501]6. Holz-, Elfenbein- u. Beinschnitzerei. Schildpatt-, Horn- etc. Arbeiten.
»Wer japanische Kunst studieren will, darf es nicht versäumen, diesen
Netsuke’s besondere Aufmerksamkeit zu widmen.«*)
Kein Wunder, dass Netsuke’s, besonders solche aus Elfenbein, die
gesuchtesten und am theuersten bezahlten Kleinigkeiten der japani-
schen Curiositätenhändler geworden sind, und dass diejenigen euro-
päischen Sammler, welchen es gelang, zur Zeit, als die Nachfrage noch
gering, die Auswahl gross und die Preise niedrig waren, eine schöne
Sammlung derselben zu erwerben, mit besonderem Stolze auf eine
solche blicken.
Die Holzschnitzerei oder Ki-no-hori-mono hat im buddhisti-
schen Ostasien gerade so wie im christlichen Europa sich zuerst in
der Ausschmückung der Tempel geübt und dadurch mancherlei An-
regung und Förderung erhalten. Von dem Anfang des 6. Jahrhun-
derts an, wo die ersten Statuen indischer Heiligen von Korea nach
Japan kamen, hat die Anfertigung von Moku-butsu oder Holzgötzen
die Bildschnitzer Japans vornehmlich in Anspruch genommen. Zu
den grössten und wirkungsvollsten Werken ihrer Kunst gehören un-
streitig die beiden Thorhüter, welche zu beiden Seiten des hohen
Aussenthors (Sam-mon) buddhistischer Tempel angebracht sind,
stramme, nackte, athletische Gestalten von 3—4 m Höhe mit grimmigem
Gesichtsausdruck und einer oft in wunderbarer Kraft und Treue ausge-
führten Muskulatur. Sie sind unter dem Namen Ni-ô (Niwo-sama),
die ehrwürdigen Könige, bekannt. Besonders beachtenswerth sind die
beiden Ni-ô in der südlichen goldenen Halle (Nan-yen-dô) in der Nähe
des ehemaligen berühmten Tempels Kô-fuku-ji zu Nara.**) — Mehrere
der in der Geschichte Japans hervorragenden Persönlichkeiten pflegt
man ebenfalls oft in Holz darzustellen. Unter den kleineren Bild-
schnitzereien dieser Art findet man Hitomaro (Kaki-no-moto-no-Hito-
maro), einen berühmten Dichter, der vor 1200 Jahren lebte, besonders
häufig und vortrefflich ausgeführt.***) Es ist eine typische, edle,
intelligente Gestalt, die immer in gleicher Weise sitzend wiederge-
geben wird. Auf dem gebogenen Knie des vorgestreckten rechten
Beines ruht die entsprechende Hand mit dem Pinsel (Fude), über dem
linken Knie ein Tischchen, auf welches sich der linke Arm stützt.
[502]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
An den Füssen trägt Hitomaro schwarzlackierte Holzschuhe (Kutsu)
und auf dem Kopfe den schwarzen, steifen Hut (Yeboshi). Ein Knebel-
bart vollendet das charakteristische Aeussere der alten japanischen
Tracht.
Die Figur des Hitomaro, in der Regel aus Koku-tan oder Shi-tan
(Ebenholz oder Sapanholz, siehe pg. 294 und 298) geschnitzt, ist stets
eine künstlerisch ausgearbeite und mit Sorgfalt behandelte. Im Falten-
wurf des Anzugs und in den edlen Gesichtszügen zeigt sich dies vor
allem und weicht die Arbeit ab von der mehr handwerksmässigen An-
fertigung vieler Götzen.
Wie in vielen andern Zweigen des Kunstgewerbes, so weist Nikkô
auch in der Holzschnitzerei hervorragende Leistungen auf. Hierzu
gehört vor allen Dingen Nemuri-no-Neko oder »die schlafende
Katze« über einer Thür beim Grabe des Iyeyasu. Herrliche Holz-
skulpturen, die an künstlerischem Werth der genannten kaum nach-
stehen, finden sich noch viele, theils als Reliefs an Pfosten, Thüren
und Decken, theils als durchbrochene Arbeiten über den inneren Wänden
verschiedener Tempel und zugehörender Gebäude. Die meisten stellen
Thiere des Zodiacus oder Päonien und andere Lieblingsblumen dar.
Bewundernswerth schön und sorgfältig ausgeführt sind auch die Holz-
verzierungen am Portal des Higashi Hon-gwan-ji, der Metropole
des östlichen Zweigs der Montosekte zu Asakusa in Tôkio, zusammen-
gesetzt aus Blüthen und Blättern der Päonie und des Chrysanthemum.
Ausserdem findet man häufig mit viel Geschick und künstlerischer
Kraft das japanische Wappenthier aus Holz geschnitzt. Auch haben
Europäer in neuerer Zeit diesen Zweig der Kunstindustrie durch Be-
stellungen von Jagd- und andern Thierstücken zum Aufhängen in
Speisesälen vielfach gefördert.
Zôge-no-hori-mono oder Elfenbeinschnitzerei.*)
Die Elfenbeinarbeiten von Canton, z. B. die zierlichen, ineinander
geschachtelten und durchbrochenen Kugelringe, sowie manche Land-
schaftsbilder, stehen wohl als Proben eines überraschenden Geschicks,
verbunden mit staunenswerther Geduld und Ausdauer, unerreicht da.
Dagegen zeigen manche Arbeiten der Japaner auf diesem Gebiet, vor
allen Dingen viele ihrer Netsuke’s (Zôge-no-netsuke), ein viel höher
entwickeltes künstlerisches Talent. Kiôto welches früher der Hauptsitz
der Elfenbeinindustrie war, ist schon seit lange von Tôkio überflügelt
worden. Ausser Netsuke’s liefern diese Städte Schmuckschränkchen
[503]6. Holz-, Elfenbein- u. Beinschnitzerei. Schildpatt-, Horn- etc. Arbeiten.
für Damen, Kästchen und Dosen, Visitenkarten-Etuis, Schachspiele,
Knöpfe, Brochen und viele andere Gegenstände, theils für den ein-
heimischen Bedarf, meist aber für den fremden Markt. Die Gegen-
stände sind meist ausserordentlich sorgfältig gearbeitet und nicht blos
durch Gravierung und Schnitzerei verziert, sondern ausserdem oft noch
durch wohlangebrachte Goldlackarbeit. Anderseits dient Elfenbein
gleich dem Perlmutter nicht selten auch zur Einlage in feine Lack-
gegenstände.
Diesen Arbeiten schliessen sich solche aus Hone oder Knochen
an, wozu sich nur die Schenkelknochen der grösseren Hausthiere
eignen. Aber entsprechend der Beschränkung, welche die geringere
Grösse und schwierigere Bearbeitung, sowie das weniger schöne Aus-
sehen dem Elfenbein gegenüber auferlegen, spielt dieses Material im
japanischen Gewerbe nur eine bescheidene Rolle und wird ausser zu
Netsuke’s wenig verarbeitet. Die dutzenderlei Gegenstände, welche
man bei uns auf der Drehbank aus Knochen darstellt, braucht man
entweder gar nicht, oder erzeugt sie aus anderm Material. Noch viel
weniger haben sich Landwirthschaft und chemische Industriezweige
die Knochen bisher zu Nutzen gemacht.
Bekkô-zaiku, Schildpattarbeiten und ihre Imitationen in Horn
werden vornehmlich in Nagasaki und Ôzaka verfertigt. Die beiden
Substanzen, welche hier in Betracht kommen, stehen sich in ihren Eigen-
schaften sehr nahe und ebenso in den Zwecken welchen sie dienen.
Beide werden durch kochendes Wasser, wie auch durch trockene Wärme
weich und lassen sich dann leicht strecken und biegen, pressen und
formen, spalten und zusammenschweissen. Auf diese Eigenschaften
gründet sich die Art ihrer Verarbeitung.
Bekkô, das Schildpatt oder Schildkrott, kommt vornehmlich von
Chelonia imbricata L., der Schuppen- oder echten Carettschildkröte,
welche zwar in allen Tropenmeeren, vornehmlich aber im Malayischen
Archipel und Indischen Ocean vorkommt. Singapore in Asien und
London in Europa sind die Hauptmärkte für ihre 13 gelb- und braun-
geflammten Platten. Von ersterem führen es chinesische Dschunken
den Händlern von China und Japan zu; doch kommt das beste von
London aus nach den Häfen Japans. Ist dasselbe von heller, gold-
gelber Farbe und sehr durchsichtig, so wird es in Japan namentlich
zu Kanzashi oder gabelförmigen Haarnadeln für junge Damen hoch
geschätzt und theuer bezahlt. Es sind dies zweizinkige Gabeln
von 16 cm Länge. Ausser ihnen pflegen bemitteltere Mädchen noch
ein gerades, vierkantiges Stäbchen von 21—26 cm Länge aus dem-
selben Material quer durch den hinteren Theil des über dem Scheitel
[504]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
sorgfältig zusammengewundenen Haares zu stecken, so dass beide
Enden weit daraus hervorragen. Ausserdem stellen die Japaner für
den fremden Markt, besonders in Nagasaki, allerlei Gegenstände, wie
runde Tischplatten, Körbchen, Schalen und Teller, Arm- und Serviet-
tenringe, Cigarrenetuis und andere mehr aus echtem und nachgemach-
tem Schildpatt dar und schmücken dieselben obendrein mit Goldlack-
malereien, bei denen natürlich die langen Grundierungsprocesse des
gewöhnlichen Lackierverfahrens wegfallen. Dagegen ist die Boule-
oder Einlagearbeit mit Schildpatt, welche in der feineren Tischlerei
Europas während des vorigen und vorvorigen Jahrhunderts eine so
grosse Rolle spielte, wenig bekannt. Auch muss es auffallen, dass
man Horn und Schildpatt weder in China, noch in Japan zu Kämmen
benutzt hat.
Bei der Bearbeitung des Schildpatts bedient man sich in Nagasaki
der Feilen, kleiner Sägen und Meissel, sowie namentlich eiserner
Presszangen mit gleichen, breiten Backen. Jeder Arbeiter sitzt vor
seinem kleinen Kohlenofen, worin er seine Zange heiss macht. Vor
dem Gebrauch kühlt er dieselbe etwas in dem kalten Wasser des
neben ihm stehenden Eimers ab. Mit dieser Zange schweisst er auch
zwei gegen die Ränder hin zugeschärfte, erwärmte und übereinander
gelegte Stücke Schildpatt durch blosses Zusammendrücken fest anein-
ander. Ringe, Teller und andere Gegenstände werden in Holzformen
gepresst, nachdem man sie vorher stark erhitzt hat. Wasserdampf
scheint dabei nicht in Anwendung zu kommen.
Neben solchem Schildpatt wird auch viel seine Nachahmung aus
hellfarbigem Horn oder Tsune verarbeitet, welches aus China kommt.
Hier scheint man das schildpattartige Beizen desselben viel früher
gekannt und geübt zu haben als in Europa.
Ao-gai-zaiku, Perlmutterarbeit.
Perlen und Perlmutter bestehen aus dünnen Kalkblättchen mit
wenig organischer Substanz. Aber während dieselben bei ersteren
concentrisch gelagert sind, folgen sie beim Perlmutter mehr der Hori-
zontalerstreckung oder den Krümmungen der Schale, doch so, dass
sie auch bei flachen Muschel- oder Schneckenschalen zur Oberfläche
etwas geneigt liegen. Der Glanz entsteht aus der Zurückwerfung des
Lichts, das Schillern oder Farbenspiel durch die Interferenz der Strahlen,
welche von den auslaufenden Rändern der Blättchen und den etwas
tieferen Zwischenräumen zurückgeworfen werden. Das Farbenspiel
oder Schillern der Perlmutter ist sonach eine Interferenzerscheinung,
welche auf der Struktur beruht.
[505]6. Holz-, Elfenbein- u. Beinschnitzerei. Schildpatt-, Horn- etc. Arbeiten.
In der Türkei und im ganzen Orient, namentlich aber in Hinter-
indien und China sind mit Perlmutter belegte Möbel sehr beliebt. In
Japan wird Perlmutter vornehmlich zur Verzierung von Lackwaaren
benutzt. Dasselbe ist Landesprodukt, führt den Namen Ao-gai (Awo-
gai), wird in dünnen Platten angewendet, zeichnet sich besonders
durch prächtiges Schillern in den verschiedenen Regenbogenfarben aus
und wird vornehmlich aus der glatten Innenseite der grösseren Arten
Seeohr (Haliotis japonica Reeve, H. gigantea Chemn.), genannt Awabi,
gewonnen. Eine noch geschätztere Sorte führt den Namen Ao-gai-
Magai, d. h. Ao-gai-Nachahmung. Sie bildet Lamellen von kaum
3 cm Breite, soll von den Riu-kiu-Inseln kommen und einer Art Nautilus
entstammen. Auch die Schale der Sazaye (Turbo cornutus Chemn.)
liefert Perlmutter.
Das Perlmutterschleifen, wie ich es in Nagasaki beobachten konnte,
ist kein rationelles Verfahren, weil dabei keinerlei Arbeitserleichterung,
wie sie z. B. der schwere, vertical rotierende und unten durch Wasser
laufende Schleifstein bietet, in Anwendung kommt. Von der Haliotis-
schale wird erst der dicke, gekrümmte Aussenrand bis zu der Löcher-
reihe mittelst Zange, Hammer und Meissel entfernt, dann das übrige
Stück auf einem mit Wasser besprengten, feinkörnigen Sandstein auf
der Rückseite abgeschliffen, bis eine dünne, durchsichtige Lamelle
bleibt. Die Arbeit ist eine sehr mühsame, so dass ein Mann täglich
nur etwa 18 Stück schleifen kann. Jede Platte kostet 2—6 sen, je
nach Grösse und Feinheit. Diese dünnen Platten, sowie das aus ihren
Abfällen in verschiedenen Graden der Feinheit gewonnene Perlmutter-
pulver benutzt nun der Ao-gai-shi oder Perlmutterarbeiter zur Aus-
schmückung von Lackwaaren, wie dies zum Teil schon pg. 432—434
angegeben wurde. Die durchsichtige Lamelle wird auf die Vorlage
gelegt und die Zeichnung oder ein Teil derselben mit dem Tuschpinsel
durchgepaust. Um Blumen, Blätter und andere gefärbte Teile nach-
zubilden, trägt man die mit heissem Leimwasser angeriebene Maler-
farbe auf die Platte. Ist sie trocken, so wird sie schwach mit Leim-
wasser überstrichen und dann mit Silberfolie überdeckt. Nach aber-
maligem Trocknen schneidet man die Figuren (Blüthen, Blätter, oder
was es sei) mit Hülfe eines Hohlmeissels aus. Sie werden mit der
gefärbten Seite auf die Lackgegenstände, wie Cabinette, Kästchen,
Teller, Vasen etc. festgeleimt. Der etwas rauhe Grund war vorher
mit Ocker und Kienruss behandelt worden.
Ist das ganze Bild mit den verschiedenfarbigen Perlmutterblättchen
fertig aufgeleimt, so werden die tiefer gelegenen Zwischenräume mit
schwarzem Lack ausgefüllt. Zum Schluss wird das Ganze mit Trans-
[506]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
parentlack überstrichen und poliert, wie dies früher von den andern
Lackarbeiten bereits angegeben wurde. Damit ist die Ao-gai-zaiku
oder Perlmutterarbeit, die viel Zeit und Geduld erfordert, dann fertig.
Die Unterlage der Silberfolie soll dazu dienen die Figuren besser her-
vortreten zu lassen, und durch Stanniol nicht ersetzt werden können.
Ausser diesem Ra-den oder Mosaikwerk mit dünnen Perlmutter-
blättchen werden auch dickere Perlmutterstücke zu einer Blume,
einem Ei oder sonstigen Gegenstande geschliffen und graviert, um
gleich Elfenbein als Einlage bei erhabener Goldlackarbeit zu dienen.
Dagegen kennt man die Verarbeitung des Materials zu Brochen, sowie
auf der Drehbank zu Knöpfen und andern kleinen Galanteriesachen
kaum.
Mit dem sinico-japanischen Ausdruck Shippô (jap. Nanatsu-no-
takara), d. h. »die sieben kostbaren Dinge«, bezeichneten die Japaner
nach dem Vorgang des Buddhismus in China und Korea Kin (Gold),
Gin (Silber), Ruri (Lasurstein),*)Sangoju (Coralle), Meno (Achat),
Sui-shô (Bergkrystall) und Shin-ju (Perle). Von diesen »sieben
Kostbarkeiten« finden sich Lassursteine, Edelkorallen und Perlen eben-
sowenig in Japan, wie die meisten hervorragenden Edelsteine. Auch
werden dieselben sehr wenig eingeführt. Denn darin unterscheidet
sich der japanische Geschmack ebenfalls wesentlich von dem der ari-
schen Orientalen und der Türken, dass er auf Edelsteine überhaupt
keinen grossen Werth legt und ebensowenig auf Fingerringe, Arm-
bänder, Vorstecknadeln und andern Schmuck, in welchem dieselben
vorzugsweise zur Verwendung kommen. Geschmeide wurden in Japan
weder verfertigt noch getragen.
Der Hauptputz des japanischen Mädchens concentriert sich, abge-
sehen vom Kleide und breiten Gürtel, am Kopfe. Derselbe zeigt sich
ausser der Schminke auf Lippen, Hals und Wangen besonders in der
sorgfältigen Frisur und Ausschmückung des glänzend schwarzen Haares
mit Nadeln (Kanzashi und Kôgai) und Kanoko-chirimen.
Der geschätzteste Stein, den Japan selbst lieferte, war immer der
Bergkrystall Sui-shô, d. h. »krystallisiertes Wasser« oder Seki-ye
genannt. Insbesondere erfreute man sich des Anblicks der Sui-shô-
tama oder Sui-shô-rin, d. h. Bergkrystallkugeln, die, aus farblosen,
klaren Krystallen geschliffen, die Gestalt der Gegenstände ringsum
prächtig reflectierten. Ihr Preis stieg mit der Reinheit und Grösse
[507]6. Holz-, Elfenbein- u. Beinschnitzerei. Schildpatt-, Horn- etc. Arbeiten.
derart, dass solche von 6—10 cm Durchmesser mit 300—600 yen be-
zahlt wurden. Die europäischen Nachahmungen dieser theuren Berg-
krystallkugeln in Glas (Biidoro) werden leicht an ihrem mehr oder
minder starken bläulichen Schimmer, ihrem geringen Wärmeleitungs-
vermögen — sie fühlen sich in Folge dessen weniger kalt an — und
an ihrer geringeren Härte erkannt, haben aber dennoch die Werth-
schätzung der echten und damit die Bedeutung der ganzen Industrie
sehr herabgedrückt. Es ist damit ähnlich gegangen, wie in Europa,
wo seit der Entwickelung der Glasindustrie — und offenbar durch die-
selbe — das Schleifen kostbarer Hohlgefässe aus Bergkrystall, wie
man sie häufig in alten Sammlungen findet und bewundert, welches
im Mittelalter ein nicht unbedeutender Zweig des Kunstgewerbes war,
fast vollständig aufgegeben wurde.
Die Japaner scheinen den Hohlschliff nur bei dem weicheren Mar-
mor, nicht aber auf Bergkrystall angewandt zu haben. Aus diesem
stellen sie noch immer vornehmlich Kugeln (auch zu werthvollen bud-
dhistischen Rosenkränzen oder Jû-dzu), Linsen und Würfel, sodann
schöne Uhrgehänge von verschiedener Gestalt, Knöpfe und andere
kleinere Gegenstände dar, wie man sie nicht blos in den Schleifereien
selbst, sondern auch in Yokohama, Kiôto und andern Städten kaufen
kann.
Oft finden sich in den japanischen Bergkrystallen prächtige Bü-
schel von haarförmigem Amiant. Man nennt sie dann Kusa-iri-
sui-shô, d. h. Gras enthaltende Bergkrystalle, und die Amiantbüschel
selbst Kusa, Gras, Bezeichnungen, zu welchen die Gestalt und Farbe
der Einschlüsse leicht Anlass gaben; denn dieselben erinnern lebhaft
an Grasbüschel, welche von klarem Eise eingeschlossen sind.
Murasaki-sui-shô, d. h. violetter Bergkrystall oder Amethyst,
findet sich in Japan selten von so ausgeprägter Schönheit, um als Halb-
edelstein benutzt zu werden. Cha-sui-shô, d. h. theefarbiger Berg-
krystall (Rauchtopas), kommt dagegen häufig vor. An Durchsichtigkeit
und Klarheit übertrifft der japanische Bergkrystall den chinesischen.
Man findet ihn in vielen Provinzen; doch hat Kôshiu mit dem Kim-
puzan, Mii-take, Komaga-take und andern Bergen als hervorragendste
Fundstätte alten Ruf. Sui-shô und Amabata-ishi gehören gleich
Trauben zu den Mei-butsu oder berühmten Produkten von Kôshiu.
Als Schleifmittel der japanischen Halbedelsteine (Bergkrystall und
Achat), sowie der Brillengläser, dient Granat- (Almandin-) Sand. Der-
selbe findet sich an verschiedenen Orten Japans, kommt aber vor-
nehmlich von einem langgestreckten Bergrücken, dem Kongô-san,
[508]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
der Provinz Kawachi nahe der Grenze von Yamato. *) Dieser roth-
braune Granat führt den Namen Kongô-sha, d. h. »sehr harter Sand«
oder »Diamantsand« und kommt in Form kleiner abgerundeter Körner,
die aber unter der Loupe noch mehr oder weniger deutlich das Gra-
natoëder erkennen lassen, über Ôzaka in den Handel.
In der Hauptstadt Kôfu der Provinz Kôshiu oder Kai fand ich im
Herbst 1874 zwei Bergkrystallschleifereien; die meisten sollen sich aber
nach A. Schenck **) am Fusse des Mii-take zu Kurobara eine Tage-
reise weiter nördlich befinden. Die Schleifvorrichtungen in Kôfu waren
primitiv einfacher Art. Zum Schleifen von Kugeln bediente man sich
gebogener und gehärteter Eisenstäbe, welche Längsschnitte hohler
Cylinder darstellten, ferner des Granatsandes und Wassers. Die beiden
letzteren wurden über die eiserne Rinne ausgebreitet und das Stück
Bergkrystall darauf hin- und hergerieben. Der Granatsand war mit
Hülfe verschiedener Siebe je nach der Feinheit in sieben Sorten ge-
schieden. Das Schleifen begann natürlich unter Anwendung der gröbsten
und hörte bei dem feinsten Sande auf.
Von andern Halbedelsteinen der Quarzfamilie, die wohl in ähn-
licher Weise, wie der Bergkrystall geschliffen werden, ist Meno oder
Meno-seki, der Achat, der bekannteste. Ich bin Fundstätten und
Schleifereien desselben nicht begegnet. Dagegen erwähnt Lyman der-
selben für Oniu in Echiu, Tamatsukuri und Yumachi in Idzumo.
An den beiden letzten Orten fand er Achat, Chalcedon, Carneol,
grünen Jaspis und Rauchtopas, welche zu kleinen zierlichen Orna-
menten verarbeitet wurden. ***)
Speckstein, jap. Rô-seki (Wachsstein) und In-seki (Siegel-
stein), wird sowohl in einfach grauweissen, als auch bunten Varietäten
gefunden, vornehmlich in Bizen. Man verarbeitet ihn viel zu Siegeln
(Ingiô oder In), zieht aber zu diesem Zweck den chinesischen Agal-
matolith (Tô-Rô-seki) vor. †)
[509]7. Metallindustrie.
7. Metallindustrie. *)
Vorbemerkungen. Verarbeitung des Eisens zu Schwertern, Rüstungen und Kunst-
sachen, Tauschierung von Gusseisen. Verwendung des Kupfers. Wichtigste Le-
gierungen desselben. Die japanische Bronze. Patina. Verwendung der Bronze
im Haushalte und buddhistischen Cultus. Magische Spiegel. Gold und Silber im
japanischen Kunstgewerbe. Bronze-Analysen.
Eine Menge Erscheinungen und historische Angaben, die nicht zu
bezweifeln sind, bekunden, dass das japanische Volk mit den wich-
tigsten Metallen schon sehr frühe bekannt wurde und in der Bear-
beitung derselben namentlich seit dem 6. Jahrhundert unserer Zeit-
rechnung grosse Fortschritte machte. Prähistorische Funde von Bronze-
waffen, wie Pfeilspitzen und Schwerter, von kupfernen Schellen und
Glocken, von eisernen Gegenständen verschiedener Art überlassen wir
dem Alterthumsforscher zu weiteren Studien. Das japanische Kunst-
gewerbe kam in allen Zweigen, auch denen der Metallindustrie, erst
zur rechten Entwickelung, als der Buddhismus vom Festlande her es
mit neuen Ideen durchdrang.
In der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts, zur Zeit des Shômu-
Tennô hatte die Geschicklichkeit in der Bearbeitung der Metalle über-
haupt, und der Bronze insbesondere, schon eine hohe Stufe erreicht.
Dies ersieht man an den Idolen, Vasen, Räuchergefässen und andern
Gegenständen aus jener Zeit, welche alte berühmte Tempel zu Nara,
Kiôto und an andern Orten aufbewahren. Der Einfluss Chinas und
Koreas und die Förderung der Industrie durch den Buddhismus sind
auch hier unverkennbar.
Diese Anregung des Cultus auf die Metallindustrie sank mit der
kaiserlichen Macht und der Entwickelung des Militärdespotismus und
Feudalismus (s. Band I, pg. 258 ff.). Bei den Bürgerkriegen, welche
die Parteien der Taira und Minamoto im 12. Jahrhundert, sowie an-
dere, die ihnen später folgten, hervorriefen, erhielt das Schmieden
eiserner Waffen und Rüstungen gegenüber dem Giessen von Götzen-
bildern und Gefässen aus Bronze die grössere Bedeutung. Wer gute
Schwerter machte, stand fortan in der allgemeinen Achtung höher,
als jeder andere Geschäftsmann; sein Gewerbe blühte, wenn alle
andern darniederlagen.
Erst als die Herrschaft der Tokugawa-Shôgune durch Iyeyasu
und seine nächsten Nachfolger fest begründet und dem Lande der
[510]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Friede gesichert war, kamen auch die andern Zweige der Metall-
industrie, wie des Kunsthandwerks überhaupt, wieder zu grösserer
Geltung. Die Störung, welche sie vor bald 20 Jahren durch Beseiti-
gung des Feudalismus und die Restauration der Mikadoherrschaft er-
fuhr, ist nur für die Waffenschmiede zur dauernden geworden. Da-
gegen hat seitdem gerade die Metallindustrie in verschiedenen ihrer
kunstgewerblichen Zweige sich neue, gute Wege angebahnt und auf
denselben grossartige Fortschritte zu verzeichnen, wie dies für ein-
zelne Fälle noch besonders hervorgehoben werden soll.
Es gibt kaum irgend eine Art der Metallverzierung, mit Ausnahme
der galvanischen, welche der Japaner vor der Eröffnung des Landes
nicht bereits gekannt und geübt, ja in der seine hervorragenden
Leistungen nicht schon die Bewunderung europäischer Sachverständigen
hervorgerufen hätten. Edelmetalle, Kupfer, Bronze, Gusseisen, so
verschieden ihre Eigenschaften auch sein mögen, fügen sich seiner
geschickten Hand und seinen vielerlei kleinen Kunstgriffen, welche
die Einfachheit der Werkzeuge wirksam ergänzen. Seine Verzierungen
des Gusseisens und der Bronze gehören weitaus zu dem kostbarsten,
was je auf diesem Gebiete geleistet wurde. Das wunderbare Geschick,
mit welchem man in Japan scheinbar unübersteigbare Schwierigkeiten
im Tauschieren, Ciselieren und andern Arbeiten überwindet, überrascht
nicht minder, als das grosse Verständniss für wirksame Farbenverbin-
dungen und die Mittel ihrer Herstellung.
Bevor ich nun zur Erläuterung der hervorragendsten Erscheinun-
gen auf den einzelnen Gebieten der japanischen Metallindustrie über-
gehe, will ich, — vornehmlich im Interesse solcher Leser, welchen die
dabei gebräuchlichen Kunstausdrücke weniger geläufig sind, — diese hier
kurz erklären. Die gewöhnlichsten Werkzeuge, deren sich der Japaner
bei seiner verschiedenartigen Metallverzierung bedient, sind folgende:
1. Der Amboss, Kana-shiki oder Kana-toko.
2. Die Zange, und zwar a) Yattoko, die Pincette, b) Kana-
hibashi, die Feuerzange zum Anfassen des heissen Metalls, und
c) Kugi-nuki, die Nagelzange.
3. Der eiserne Hammer, Kana-dzuchi (Sai-dzuchi ist der Holz-
hammer, welcher beim Ausmeisseln von Holz und andern weicheren
Substanzen benutzt wird).
4. Die Feile oder Yasuri.
5. Der Meissel oder Nomi in vielerlei Gestalten und Grössen.
6. Der Stichel, Grabstichel oder Tagane, ein kleines finger- bis
handlanges Stück Eisen, im Allgemeinen von Nagelform, am oberen
Ende wenig kopfartig erweitert, am unteren entweder zugespitzt oder
[][]
VORRICHTUNGEN ZUM METALLGUSS.
a. Kastengebläse, b. Querschnitt eines Schmelzofens.
c. d. Lehren, e. Form.
[511]7. Metallindustrie.
meisselartig zugeschärft und immer hartgestählt. Der Stichel wird beim
Gravieren, Ciselieren und Tauschieren benutzt und ist eins der ein-
fachsten, aber wichtigsten aller Werkzeuge in dieser Industrie. Der
Punzen ist eine Art Stichel, dessen verstähltes Ende andere Formen
hat, oft auch mit Figuren versehen ist. Er dient zum Treiben des
Metalls.
7. Ko-gatana, ein kleines Messer.
Die verschiedenen Verzierungsweisen, welche der Japaner bei
seinen Metallen anwendet, werden als Guss, Treiben, Schlagen, Ab-
drehen, Ciselierung, Gravieren, Tauschierung, Damascierung, Incrustie-
rung, Plattieren, Emailieren und Patinieren bezeichnet.
Das Giessen, jap. Iru (I-mono, der Guss). Tafel XV gibt in
b den unteren Querschnitt des gebräuchlichen kleinen Schmelzofens,
in a denjenigen des Kastengebläses. Die Luft des letzteren tritt an
6 Stellen in den Feuerraum, in welchem Holzkohlen zum Glühen ge-
bracht werden. Sie umgeben den Schmelzofen aus feuerfestem Thon.
Figur e zeigt den Querschnitt der Thonform einer Vase nebst Kern,
welche vorher an den Lehren c und d abgedreht worden waren.
Solche Formen werden natürlich vor jedem Guss neu hergestellt.
Ueberraschend sind bei diesen einfachen Vorrichtungen die Resultate
im Eisen- und namentlich im Bronzeguss. Auf der Wiener Weltaus-
stellung sah man z. B. eine Gruppe fliegender Vögel, welche in Zwi-
schenräumen auftraten und doch aus einem Guss hergestellt waren.
Das Treiben, jap. Uchi-dashi oder Uchi-age. Die Relief-
verzierung der Bronze wird entweder wie die des Gusseisens schon
im Guss der Hauptsache nach hervorgebracht, oder durch Abdrehen
und Ausmeisseln, oder endlich durch die Treibarbeit, franz. Repoussé.
Die letztere besteht in dem Zurücktreiben des Metalls von innen her-
aus, vornehmlich mit Hülfe des Punzens. Getriebene Arbeit lässt sich
natürlich nur an Metallblech ausführen. In Japan wird sie vornehm-
lich in Hiroshima und den drei Hauptstädten dargestellt, tritt aber
hinter andere Verzierungsweisen bedeutend zurück.
Schlagen, jap. Tataku oder Utsu, nennt man das Schmieden
kalten Metalls in Blechform auf dem Amboss. Die Geschicklichkeit
zeigt sich in der fertigen Waare, z. B. einem silbernen oder kupfernen
Gefäss, vornehmlich in der gleichmässigen Vertheilung und Ueberein-
stimmung der Hammerschläge oder Tsutchi-me (Hammeraugen). Der
bekannte Silberschmied Tiffany von New-York liefert prächtige der-
artige geschlagene Arbeiten, welche die schönsten von Kiôto noch
übertreffen.
Die Abdreharbeit oder das Rokuro-saiku wird auf der Dreh-
[512]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
bank gewöhnlich an Gussbronze ausgeführt. In neuerer Zeit ist es
mehr und mehr Sitte geworden, die Reliefverzierungen der Bronze
nicht schon im Guss, sondern erst durch Skulptur (Horu) hervorzu-
bringen. Der Gegenstand, z. B. eine Vase, wird glatt, aber sehr dick-
wandig gegossen. Der Bronze-Bildschnitzer oder Hori-mono-shi
zeichnet die Verzierungen, welche über den Grund hervortreten sollen,
vor, und beseitigt zunächst durch Ausmeisseln und Abdrehen bis zur
erwünschten Tiefe das überflüssige Metall rings um die Conturen.
Hierauf wendet er sich den hervorragenden Theilen zu und bearbeitet
sie ähnlich, wie der Bildhauer oder Holzschnitzer seinen rohen Block.
Was er hierbei an Zeit verliert, spart er in der Vorbereitung und Ver-
einfachung des Gusses.
Ciselieren, jap. Horu und Hori-age, nennt man das Nach-
arbeiten der Reliefverzierungen durch Guss, Treiben oder Skulptur mit
Meissel, Stichel und Feile. Durch Ciselierung werden Gussnähte und
andere zufällige Unebenheiten beseitigt, Falten, Furchen und Winkel
hervorgerufen oder besser hervorgehoben, und überhaupt die Unvoll-
kommenheiten der ersten, gröberen Arbeit beseitigt.
Das Gravieren, Eingraben, Einschneiden (to incise), wird in
Japan ebenfalls Horu, aber auch Kiri-tsuke genannt, und ist dem
Ciselieren nahe verwandt. Es wird mit dem Messer (Ko-gatana) und
Grabstichel (Tagane) ausgeführt und dient in der Regel zur Verzierung
der ebenen Fläche, nicht der erhabenen Arbeit. Hori-mono heisst
jede Art gravierter oder ciselierter Arbeit und Hori-mono-zaiku der
damit verzierte Gegenstand.
Tauschierung, jap. Zogan (engl. damascening, franz. dama-
squinure), nennt man die Einlage von Drähten und feinen Streifen des
Goldes und Silbers in Gruben unedler Metalle. Man tauschiert nament-
lich Eisen, Stahl, Bronze und Kupfer. Die vorgezeichneten Ornamente
müssen zu dem Zweck mit dem Stichel eingraviert oder mit dem
Meissel ausgerauht werden. Man gibt der Furche, welche man mit
ersterem hervorruft, im Querschnitt Schwalbenschwanzform
oder macht sie »unterschnitten«, indem man den Grabstichel beim Ein-
schlagen mit dem Hammer erst senkrecht, dann geneigt hält, einmal
nach rechts und einmal nach links. Hierbei werden die beiden äus-
seren Ränder der nach innen sich erweiternden Furche wulstartig
zurückgetrieben. Man feilt sie glatt ab, legt dann das zubereitete
Stück Edelmetall (Draht oder Blech) auf die Furche und treibt es mit
dem Hammer ein. Je nach der Art, in welcher dies geschieht, unter-
scheiden die Japaner in ähnlicher Weise, wie bei der Goldlackarbeit:
a) Taka-zogan, d. h. erhabene Tauschierarbeit, bei der das
[513]7. Metallindustrie.
Gold und Silber, wie der à jour gefasste Edelstein, noch grössten-
theils über die Furche hervorragt.
b) Hira-Zogan, flache Tauschierung, bei welcher das eingelegte
edle Metall nicht über die Oberfläche des damit verzierten hinausragt.
c) Nuno-me-Zogan, d. h. Maschentauschierung. So nennt
man diejenige Art Hira-Zogan, welche vornehmlich als allgemeine
Flächenverzierung gilt, wie Tafel XVII. zu beiden Seiten der
Rebenborde, sowie das Gewölk bei Figur 17 es zeigen. Einfaches
Hira-Zogan ist unter Anderm auch das Spinngewebe auf der Bronze-
vase Tafel XVIII. und die Henkelverzierung bei Figur 15, während
erhabene Tauschierung uns in den Mädchenfiguren und andern Ge-
bilden auf Tafel XVII. entgegentritt, ebenso in mehreren der folgen-
den Abbildungen.
Der Ausdruck Damascierung wird jetzt meist als Synonym von
Tauschierung gebraucht. In einer zweiten Bedeutung versteht man
darunter geätzte, seidenglänzende, spiegelnde Verzierungen auf Stahl
und Gusseisen. *)
Incrustierung oder Incrustation wird im Kunstgewerbe jede in
die Oberfläche oder Kruste eines Gegenstandes eingelegte Verzierung
genannt. Demnach sind auch Intarsia, Email und Tauschierung Arten
von Incrustation.
Plattieren, jap. Kin-kise und Gin-kise, nennt man das
Ueberdecken eines unedlen Metalls mit Gold oder Silber in Blechform,
wobei das Edelmetall durch Hämmern, Pressen oder Walzen auf der
Unterlage befestigt wird. Bei der kupfernen Dose (Figur 16) wurde
das Innere durch Plattieren versilbert.
Ueber die Metallverzierung der Japaner durch Email (Shippô),
d. h. opake, farbige Glasflüsse, bringt das letzte Kapitel dieses Ab-
schnittes alles Bemerkenswerthe, während die ebenfalls wichtige Frage
der Patinierung oder des Farbegebens (Iro-tsuke) bei der Bronze
erledigt werden soll.
Rein, Japan. II. 33
[514]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Eisen, Tetsu oder Kurogane.
Der Bedarf an Eisen aller Art ist seit Eröffnung Japans so enorm
gestiegen, dass die eigene Production damit nicht entfernt Schritt halten
konnte und die durchschnittliche jährliche Einfuhr seit 1868 sich auf
nahezu 2 Millionen yen belaufen hat. Aber auch früher, während der
langen Herrschaft der Tokugawa, reichte das im Lande gewonnene
Eisen für den Bedarf nicht ganz aus, so dass Chinesen und Holländer
aushelfen mussten.
Die japanische Schmiedekunst hat sich vornehmlich an Waffen
und Rüstungen entwickelt, sowie an dem Giessen und Verzieren guss-
eiserner Wasserkessel. Dagegen sind die Leistungen, abgesehen vom
Härten des Stahls, in der Darstellung der hunderterlei kleinen Werk-
zeuge und Geräthe für das tägliche Leben und Handwerk nicht hoch
anzuschlagen.
Die Japaner hatten in der Bearbeitung des Eisens als Waffen-
schmiede (Katana-kaji), und insbesondere im Härten des Stahls in Ost-
asien den grössten Ruf. Ihre hervorragendsten Leistungen bestanden
in der Herstellung und Ausschmückung vortrefflicher Schwerter, mit
denen man beispielsweise eiserne Nägel durchschlagen konnte, ohne
dass sie die geringste Scharte gezeigt hätten. Diese Schwerter waren
während des Mittelalters in Ostasien ebenso berühmt, wie der indische
Stahl (σίδεϱος ῎Ινδικος, Arrian) und die daraus verfertigten blanken
Waffen im ehemaligen persischen Reich. *) Magneteisen in Form von
Eisensand war das Rohmaterial in beiden Fällen. Die Reduction findet
noch jetzt in Japan in kleinen Schmelzöfen während eines dreitägigen
Processes mit Holzkohlen statt, wie z. B. zu Amegawa in Idzumo.
Man erhält dabei Stahl und Eisen zugleich. **)
Das Schwert, während der Feudalzeit die schönste, geschätzteste
und gefürchtetste Waffe Japans, war nach einem Ausspruch des Iye-
yasu »die lebende Seele des Samurai«. Es zu tragen, galt diesem als
grösstes Vorrecht. Schon als Knabe wurde er mit einem Schwerte be-
traut und führte es selbst auf dem Schulwege mit sich (siehe Bd. I,
pg. 378 ff.). Das älteste japanische Schwert, das Tsurugi oder Ken,
wurde quer über dem Rücken getragen und mit beiden Händen ge-
führt. Es war eine gerade, schwere Waffe mit fast meterlanger und
[515]7. Metallindustrie.
6—7 cm breiter, beiderseits scharfer Klinge. Indem man diese später
der Länge nach halbierte und etwas verkürzte, schuf man eine andere
Waffe, das Katana oder gewöhnliche Schwert der Japaner, mit einer
Schneide, welche gegen das Ende schwach gebogen ist. Dieses trug
der Samurai entweder allein, oder mit einem zweiten, dolchähnlichen,
kleineren zusammen an der linken Seite vom Gürtel gehalten. Diese
kleinere Waffe — sie wurde in späterer Zeit auf 29 cm (9½ Zoll) ver-
kürzt und auch beim Seppuku oder Bauchaufschlitzen gebraucht — führt
den Namen Wakizashi.
Das Schwerterschmieden und -schleifen war eine mühevolle Ar-
beit, die viel Geschick und Uebung erforderte. Ueber die verschiedene
Art der Verbindung des harten Stahls mit dem weichen elastischen
Eisen gibt namentlich Hütterott nähere Auskunft. Das Härten (Yaki-
ba, von Yaki, brennen, und ha, Schneide) der Schneide wird mit Sorg-
falt im Kohlenofen so vorgenommen, dass man den weicheren Rücken
(Mune) und die Seiten bis zu einer gewissen Grenze mit feuerfestem
Thon umgibt, so dass nur die Schneide frei bleibt. Die Abkühlung
erfolgt in kaltem Wasser. So kommt es, dass man die gestählte
Schneide durch ihre Färbung und ihren Glanz vom Rücken sofort
scharf unterscheiden kann. Die Rücken der Messer, Aexte und anderer
Waffen werden entweder durch einseitiges Anschweissen oder dadurch
mit der Stahlschneide verbunden, dass man diese in eine ausgefalzte
Rinne des Rückenblattes schiebt und beiderseits anschweisst.
Erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts gesellte sich der Künstler
zum Schmied, indem man anfing, neben der Klinge auch die Fassung
mehr zu berücksichtigen. Hierbei kommen insbesondere Tsuka, der
Griff, Tsuba, das Stichblatt, und Saya, die Scheide, in Betracht.
Der hölzerne Schwertgriff ist gegen 15 cm lang, im Querschnitt
länglich-oval, bedeckt mit körniger Haihaut oder andern Verzierungen,
ferner mit dem Me-nuki, zwei kleinen Metallornamenten, von denen
je eins ungefähr in der Mitte einer Seite befestigt ist. Am einen Ende
des Griffs gegen das Stichblatt befindet sich ein ovales Kupfer- oder
Bronzeplättchen, der Habaki oder Hals; am andern Ende ist Ka-
shira, der Kopf, oder Tsuka-gashira, eine Metallkapsel. An ihren,
das Griffende umfassenden Längsseiten sind zwei Einschnitte ange-
bracht, durch welche eine starke, fast centimeterbreite seidene Schnur
führt. Dieselbe umwindet den ganzen Griff derart, dass sich ihre
beiden Hälften jedesmal auf den beiden schärfer gewölbten Seiten
dicht anschliessen, über den Breitseiten aber sich so kreuzen, dass
hier rautenförmige Maschen entstehen, durch welche die Verzierungen
des Griffs, einschliesslich der Me-nuke, hervortreten.
33*
[516]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Das Stichblatt, Tsuba, ist so alt wie das Schwert. Es bildet
eine etwa einen Millimeter dicke, kreisförmige, meist aber ovale Metall-
platte von ungefähr 6 cm Durchmesser mit einer Oeffnung in der Mitte
für den Durchgang der Schwertklinge. Eine zweite Oeffnung zur Seite
diente zur Einfügung eines geraden Messers, des Ko-dzuka, dessen
Klinge in einer äusseren Furche der Scheide mit einer Grube zur Auf-
nahme der Spitze zu liegen kam. Oft zeigt das Stichblatt noch eine
dritte Durchbrechung auf der entgegengesetzten Seite des eben er-
wähnten, welche zur Aufnahme des Kô-gai, eines noch viel kleineren
Messers bestimmt ist.
Sa ya, die Schwertscheide, wurde in der Regel aus dem Holze
des Ho-no-ki (Magnolia hypoleuca) dargestellt und durch Lacküberzüge
geschützt und ausgeschmückt. Der grösste Luxus entwickelte sich
jedoch von der Zeit der Ashikaga-Shôgune im 15. Jahrhundert an in
der Metallverzierung des Stichblattes, Griffes und des Stiels vom Ko-
dzuka. Dieser Zweig des Kunstgewerbes hat, wie W. Anderson be-
tont, Japan Tausende geschickter Arbeiter und Dutzende berühmter
Meister gegeben. *)
Es wurde schon pg. 509 hervorgehoben, dass die Eisenindustrie,
soweit sie die Ausrüstung des Kriegers betrifft, mit den Kämpfen der
Taira und Minamoto (Bd. I, pg. 264 ff.) ihren grossen Aufschwung
nahm. Geschickte Schwertfeger gelangten zu hochgeachteter gesell-
schaftlicher Stellung und erwarben sich mit ihren Schwertern unsterb-
lichen Ruhm. Kiôto, Ôzaka und Kamakura waren die Hauptsitze
derselben, in späteren Jahrhunderten auch Okayama in Bizen, Sakai
in Idzumi, Seki in Mino und Tôkio.
Masamune, welcher um das Jahr 1290 in Kamakura lebte, wird
besonders hochgestellt. **) Sein Name erlangte adjektivische Bedeu-
tung im Sinne vollkommenster Leistung und wurde später dem be-
rühmten Bildschnitzer Jôchô zu Nara in Yamato beigelegt, eine Aus-
zeichnung, deren sich auch dessen Nachfolger noch 6 Generationen
hindurch erfreuten. ***)
[][]
Adler aus Schmiedeeisen von Miyôchin Muneharu. (Original im Museum zu Kensington.)
[517]7. Metallindustrie.
Auch in der Verfertigung der Gusoku oder Rüstungen, insbe-
sondere der Kabuto (Helme), Kusari-katabira (Ketten-Panzer-
hemde) und der sie später ersetzenden Oke-gawa oder Brustpanzer
erwarben manche Schmiede grosse Fertigkeit. Unter diesen Yoroi-shi
oder Rüstungsschmieden hat sich namentlich die Familie Miyôchin
viele Generationen hindurch vom 15. bis zum 18. Jahrhundert aus-
gezeichnet. Zu den bewundernswerthesten Leistungen ihrer Schmiede-
kunst gehört auch der Adler im Kensington Museum, der von Miyô-
chin Muneharu aus dem 16. Jahrhundert stammen soll, und von dem
der erste Holzschnitt nach einer Photographie auf Tafel XVI. folgt.
Ein dem Werke beigefügter grosser Zettel enthält folgende An-
gaben: »Modell eines Adlers. Der Vogel steht mit ausgebreiteten
Flügeln auf einem Felsen und ist aus zahlreichen Eisenstücken zu-
sammengesetzt, einige gegossen, andere geschnitten oder gehämmert
und ciseliert. Es ist das Werk von Miyôchin Muneharu, einem be-
rühmten japanischen Metallarbeiter des 16. Jahrhunderts. Die Flügel-
weite beträgt 4 Fuss 4½ Zoll (133 cm). Gekauft aus Mitford’s Samm-
lung für ₤ 1000 (20000 Mk.).« *)
Der Tetsu-bin oder gusseiserne Kessel, welcher zum Wasser-
kochen für Thee keinem japanischen Hause fehlt, ist unter allen
eisernen Hausgeräthen das einzige, dem oft eine künstlerische Aus-
stattung zu Teil geworden ist. Gewöhnlich stellt man den Deckel
aus kupferreicher Bronze her, zuweilen auch den Henkel. Die meisten
Tetsu-bin werden in den drei Hauptstädten gegossen, doch nur noch
selten mit Tauschierarbeit oder Email verziert. Von den älteren reich
ausgestatteten findet man in Sammlungen vornehmlich solche von
Kin-ju-do in Kiôto und von Riobundo in Ôzaka.
Nachstehende Figur 15 stellt einen solchen eisernen Kessel dar.
Derselbe zeigt über dem vorspringenden Rand zum Aufsitzen auf dem
[518]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Dreifuss eine rauhe, wie aus einem Felsen gehauene Oberfläche, in
welche Tafeln aus Kupferblech, umrandet mit dickem Silberdraht, ein-
gelegt sind. Diese Kupfereinlagen wurden vorher mit Gold und Silber
tauschiert. Der schmiedeeiserne Henkel lässt ebenfalls Tauschierarbeit
erkennen, ebenso der dunkle, kupferne Deckel. Auf der einem aus-
gebreiteten Fächer ähnlichen Kupferplatte in Front ist die blühende
Sakura mit der Uguisu, d. h. der japanische wilde Kirschbaum mit
Gusseiserner Kessel mit Tauschierarbeit (Original im Königl. Kunstgewerbemuseum
zu Berlin).
der dortigen Nachtigall in Silber und Gold dargestellt. Eine schmale
Goldplatte bekränzt als Ring die Ausflussröhre.
Zogan oder Tauschierarbeit auf Eisen.
Obgleich das Tauschieren des Eisens schon zur Zeit des Kuwammu
Tennô (782—807 n. Chr.) bekannt war, wurde es doch erst im 16. Jahr-
hundert häufiger angewandt, als unter Ota Nobunaga (1542—1582) in
[519]7. Metallindustrie.
der Rüstung des Kriegers der eiserne Brustpanzer, jap. Oke-gawa
(wörtlich: Fass-Rinde), das Panzerhemd oder Kusari-katabira aus Draht-
geflecht verdrängt hatte. Es wurde dann mehr und mehr Sitte, diese
Brustpanzer, sowie Helme durch Silber- und Goldeinlage zu verzieren,
ähnlich, wie in Europa, vornehmlich in Spanien, während des Mittel-
alters Rüstungen und Waffen oft auf das kostbarste durch Tauschier-
arbeit ausgestattet wurden. Die feinsten japanischen Rüstungen stammen
aus der Zeit des Taiko-sama, also aus der zweiten Hälfte des 16. Jahr-
hunderts.
Ueberraschender als die Tauschierarbeit auf schmiedeeisernen
Panzern und Waffen ist ihre direkte Anwendung auf gusseiserne Tetsu-
bin, Vasen und andere Gegenstände. Es liegt auf der Hand, dass das
gegossene Eisen seiner Härte und Sprödigkeit wegen nicht sofort mit
Hammer, Meissel und Stichel bearbeitet werden kann. Die Art, wie
man durch Reduktion des Kohlenstoffgehaltes diese Eigenschaften mil-
dert, haben Lehmann und Wagener in Kiôto beobachtet. *) Es ist
ein eigenthümlicher Entkohlungsprocess, durch welchen die Oberfläche
der Kessel oder Töpfe eine dem weichen Eisen oder Stahl ähnliche
Struktur erhält und hernach in derselben Weise behandelt werden
kann, wie bei Zogan-Arbeit auf Schmiedeeisen.
Der Process zur Entkohlung der Oberfläche wird Yakeru (Bren-
nen) genannt und in primitiven Vorrichtungen ausgeführt. Als Oefen
dienen alte beschädigte Reiskochtöpfe, denen man den Boden aus-
schlägt. Dann werden diese mit einem feuerbeständigen Thon (Oka-
saki-tsuchi und Sand zu gleichen Theilen gemischt) im Innern ausge-
kleidet, so dass ein cylindrischer Raum von der Weite der Boden-
öffnung frei bleibt. Der so zubereitete Kama oder Kochtopf wird
umgekehrt auf eine, aus derselben feuerfesten Masse gefertigte, 3—4 cm
dicke Platte gestellt, die als Rost dient und zu dem Ende siebartig
durchlöchert ist. Um der Platte eine grössere Haltbarkeit zu geben,
ist sie von einem Eisenbande umgeben. Die Löcher haben eine Weite
von etwa 1,5 cm. Um der Luft freien Zutritt zu gewähren, werden
unter den Rand der Platte einige Steine gelegt. Sodann stellt man
den zu brennenden Tetsu-bin, der vorher sorgfältig von Gusssand und
Staub gereinigt wurde, in den Kama, unmittelbar auf die Rostplatte.
Die Grössenverhältnisse zwischen Kama und Tetsu-bin müssen
derart sein, dass rings um den letzteren ein Raum von mindestens
5 cm frei bleibt. Dieser frei bleibende Raum wird sodann mit bester
[520]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Holzkohle, die zu nussgrossen Stücken zerkleinert ist, bis zum Rande
des Kama gefüllt, und die Kohle alsdann angezündet.
Um den Luftzug zu verstärken, setzt man 2—3 Kama, die in der-
selben Weise ausgefüllt sind, übereinander, so dass also eine Art
Schornstein gebildet wird. Sind die Kohlen verglommen, so ersetzt
man sie durch andere, und ist auch diese zweite Beschickung herunter-
gebrannt, so wird der Tetsu-bin herausgenommen und umgekehrt (mit
der Oeffnung nach unten) wieder in den Kama gesetzt, worauf er in
dieser Stellung ebenfalls zweimal gebrannt wird. Im günstigsten Falle
ist damit die Oberfläche genügend weich und zähe geworden, was mit
einer Feile untersucht wird. Es kommt aber auch vor, dass zehn-
maliges Glühen erforderlich ist. Nach dem Erkalten lassen sich dann
die Verzierungen wie in Schmiedeeisen einschneiden, ohne Gefahr,
dass dabei die Ränder ausbrechen oder der Stichel abprallt.
Bis vor etwa 15 Jahren kannte man derartige Tauschierung nur
zur stellenweisen Verzierung gusseiserner Kessel. Da wandten sich
in Kiôto mehrere geschickte frühere Waffenschmiede, insbesondere
Komai und Iyenori, der Sache zu und entwickelten seitdem diesen
kunstgewerblichen Zweig in erstaunlicher Weise, indem sie grosse
Vasen, Räuchergefässe, Teller, Schalen und andere Gegenstände aus
Gusseisen in einer höchst überraschenden und bis dahin unbekannten
Weise künstlerisch ausstatteten. Der Lichtdruck Tafel XVII. stellt
eine tauschierte, gusseiserne Vase von Komai in Kiôto dar.
Das erste Paar solcher Vasen, eine Arbeit, die damals in Tôkio
bei sachverständigen Japanern und Fremden grosses Aufsehen machte,
erwarb ich im Sommer 1875 durch einen Zwischenhändler in Kiôto.
Es befindet sich im Königlichen Kunstgewerbemuseum zu Berlin. Ein
zweites Paar mit gleicher Arbeit wurde mir später nachgesandt, von
Dr. von Brüning in Frankfurt a/M. erworben und dem dortigen Kunst-
gewerbemuseum geschenkt. Diese Vasen sind von den Urhebern als
»Vereinte Arbeit von Komai Yoshitaka und Komai Yoshihiro, Bewohner
von Kiôto in der Provinz Yamashiro«, bezeichnet. Sie gehören zu den
schönsten Arbeiten in dieser Richtung, obgleich sie die ersten der ge-
nannten Meister sind. Die vier Felder, auf jeder Vase zwei, stellen
die Seidenzucht dar. Das vorstehende Bild zeigt die Beendigung der-
selben. Ein Mädchen ist bei den Hürden beschäftigt, auf welchen die
Raupen gross gezogen wurden, ein zweites sammelt die fertigen Co-
cons, ein drittes bringt sie weg, ein viertes sitzt an der alten ein-
fachen Vorrichtung, einem kleinen Ofen mit Kohlenfeuer, durch welches
das Wasser in der darüber befindlichen Eisenpfanne erwärmt wird.
Sie hat eine handvoll Cocons hineingeworfen und ist daran, die Seiden-
[521]7. Metallindustrie.
fäden abzuhaspeln. Ein fünftes Mädchen ist beschäftigt, die so erzielten
Strähne Haspelseide zum Trocknen aufzuhängen. Die Feinheit der
Tauschierung geht so weit, dass sie selbst die Muster der Kleider
wiedergibt, und ist sogar bei dem verkleinerten Maassstabe des Bildes
noch zu erkennen. Viele dieser neueren Zogan-Arbeiten auf Gusseisen
werden noch durch den stahlblauen oder mattschwarzen Untergrund,
ein eigenthümliches Niello aus Lackkitt oder Shaku-dô, welchen man
schafft, besonders gehoben, gerade so wie Zuloaga von Madrid, dessen
Name jedem Freund des Kunstgewerbes und Besucher grosser Aus-
stellungen bekannt ist, bei seinen prächtigen Tauschierungen des
Eisens bewirkt.
Kupfer (Aka-gane, Dô), das verbreitetste und nächst dem Eisen
wichtigste Metall Japans, soll hier erst im Jahre 708 n. Chr. gefunden
worden sein. Ohne Zweifel war es aber den Bewohnern schon viel
früher bekannt, wie prähistorische Funde beweisen. Zu diesen gehören
nämlich neben Steinwaffen und plumpen, irdenen Gefässen auch
kupferne Schwerter, sowie kleine runde Schellen (Suzu) aus Kupfer-
blech und Glocken (Tsuri-gane) von zum Theil ansehnlicher Grösse *).
Wahrscheinlich kam das Kupfer erst mit dem Buddhismus aus China
und Korea nach Japan. Sicher hat dasselbe zur Ausschmückung und
Ausstattung buddhistischer Tempel und Pagoden, wie in Indien und
China, so auch in Japan in mancherlei Formen von der ersten Ein-
führung der buddhistischen Lehre bis auf den heutigen Tag gedient.
Spielt es im japanischen Cultus, sowie im Haushalte auch nicht
die hervorragende Rolle wie in Indien, wo von Alters her kupferne
und messingene Gefässe den verschiedensten Zwecken dienen, zu
denen wir vielfach Holz-, Thon- und Glaswaaren benutzen, so ersetzt
es doch auch in Japan in manchen Fällen das irdene Gefäss, sowie
Eisen, Zink und Zinn. Unter den Gebrauchsgeräthen aus ihm nenne
ich nur das Yatate oder tragbare Schreibzeug, in welchem der japa-
nische Geschäftsmann Pinsel und flüssigen Tusch mit sich führt, das
Kana-darai, die Waschschüssel aus Messing oder Kupfer, den Yu-
wakashi oder kupfernen Kessel zum Wasserkochen.
Kupfer kann nicht wie Eisen und Bronze gegossen werden, weil
es beim Erstarren Blasen wirft und Löcher bildet. Es wird desshalb
vornehmlich in Draht- und Blechform verarbeitet. In dieser Gestalt
verwendet man es auch sehr viel zu Beschlägen an feineren Kisten
und Schränken, patiniert dieselben und verziert sie dann auf das Ge-
[522]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
schmackvollste durch Eingravierung von Arabesken, Blumen, Vögeln
und andern Dingen.
Die indische und persische Art der Ausschmückung kupferner Ge-
fässe durch einen Ueberzug von Zinn, in welches dann allerlei Orna-
mente eingraviert oder eingeschnitten werden, habe ich in Japan nicht
beobachten können. Allbekannt ist dagegen die den Chinesen ent-
lehnte und viel geübte Emailarbeit, worüber das letzte Kapitel dieses
Abschnitts näheren Aufschluss gibt.
Dagegen will ich hier eine andere, noch in keiner Schrift er-
wähnte Behandlungsweise kupferner Gefässe mittheilen, welche ich bei
dem berühmten Bronzefabrikanten Kanaya Gorosaburo in Kiôto
kennen lernte. Neben mancherlei Bronzewaaren verfertigt derselbe
auch kleine kupferne Wasserkessel von ½—1/1 Liter Inhalt, bei denen
nur der drehbare Deckelknopf, sowie die beiden angelötheten Henkel-
träger aus messingartiger Bronze bestehen. Die Formen dieser Kessel
sind einschliesslich des Henkels, dessen oberer Teil mit schönem Ro-
tanggeflecht versehen wird, ausserordentlich gefällig. Bei den ein-
fachsten besteht die Verzierung in einer glänzenden, dunkel-kaffee-
braunen Patina, nach deren Herstellung Rebenverzierungen und andere
leicht und gefällig eingraviert werden. Die angelassene rothbraune
Kupferfarbe der eingravierten Blätter, Blüthen und dergleichen inmitten
der glänzend dunkelbraunen Grundfarbe ist von bester Wirkung. Bei
reicherer Ausstattung tritt Tauschierung und Incrustierung mit Silber
und Gold hinzu; auch erhält dann das Innere des Kessels meist durch
Feuerversilberung Schutz gegen Säuren. Jene dunkel-kaffeebraune
Farbe auf Kupfer und Bronze, wie ich sie an einem kupfernen Yu-
wakashi entstehen sah, wird auf folgende Weise erzielt:
Eisenvitriol (Rôha), Kupfervitriol (Tampan) und Schwefel (Iwô)
werden zu gleichen Gewichtsteilen in Wasser aufgelöst, beziehungs-
weise damit vermischt. In dieses Bad, das man des fein verteilten
Schwefels wegen öfter umrühren muss, wird der kupferne Gegenstand
eingetaucht, dann in einem zweiten, ebenso bereiteten, aber viel ver-
dünnteren Bade abgespült. Man wiederholt dies Verfahren so lange,
bis die nöthige Aetzung erreicht ist, was nur durch längere Uebung
erkannt wird. Das Gefäss wird hierauf zum Hibachi oder Feuer-
becken gebracht und hier auf einem Rost aus mehreren Eisenstäben
in 8—12 cm Entfernung über den glühenden Kohlen unter häufigem
Umdrehen erwärmt. Um dabei die Löthstellen nicht zu gefährden,
werden dieselben von Zeit zu Zeit mit einem Wasser benetzt, in
welchem man Kari-yasu (Calamagrostis Hakonensis Franch. \& Sav.)
abgekocht hat. Man reibt das Gefäss nunmehr mit. einem Tuch ab,
[523]7. Metallindustrie.
überpinselt es dann leicht mit Ki- (oder Seshime-) urushi, reibt
wieder mit dem Tuch ab, streicht nochmals an und erhitzt es nun, bis
das aufgespritzte Kari-yasu-Wasser die Hitze des Leidenfrost’schen
Versuchs anzeigt, d. h. in Kugelform wegrollt. Der kupferne Gegen-
stand wird alsdann mit einer Zange erfasst, vom Rost genommen und
mittelst einer Bürste mit einem Gemisch von Rohlack (Ki-urushi) oder
Seshime und Kienruss (Yuyen-sumi) dünn überdeckt. Hierauf erhitzt
man ihn abermals bis zur Leidenfrost’schen Probe, überbürstet und
reibt ihn von neuem mit dem Lackgemisch und fährt so fort, bis Far-
benton und Glanz die gewünschte Tiefe haben, worauf die Arbeit be-
endet ist und der Gegenstand zur weiteren Abkühlung auf die Seite
gestellt wird.
Wie mir Kanaya Gorosaburo mitteilte, erzielt er bei Bronze durch
eine gleiche Behandlung eine ganz analoge Wirkung. Derselbe be-
hauptete ferner, dass manche Arbeiter Pflanzentalg statt Lack anwen-
deten, doch sei ein solches Iro-tsuke (Farbegeben) weniger zu em-
pfehlen. Auffallend bleibt es aber immerhin, dass bei der angewen-
deten Hitze der Lack oder sein Ersatz nicht einfach verkohlt.
Die Figur 16 (pg. 524) ist der Holzschnitt einer kupfernen Dose
und Figur 17 derjenige ihres Deckels. Die Dose ist im Innern mit
dickem Silberblech plattiert, nach aussen matt-graubraun gebeizt. Ihre
seitliche Tauschierung von Wolken wurde mit Gold ausgeführt.
Das Schönste ist die Deckelverzierung. Dieselbe zeigt in Flach-
relief einen Hügel, um welchen sich ein Bach windet. Die hervor-
ragende Figur in prächtiger Stellung, ciseliert und mit erhabener
Tauschierarbeit, bei welcher auch die gold- und silberhaltigen Legie-
rungen Shaku-dô und Shibu-ichi zur Verwendung kamen, ist der Hahn.
Der Kamm und die kurzen, an Flügel und Rücken sich reihenden
Schwanzfedern sind von natürlicher Kupferfarbe, der kupferne Schwanz
ist schwarzbraun bronziert. Flügel, Wangen und Hals sind goldgelb
in verschiedenen Abtönungen, ebenso die Beine; die hinteren, dach-
ziegelartigen Deckfedern des Rückens wurden silbergrau durch Shibu-
ichi dargestellt, ebenso das kleine Küchelchen, welches nach dem
Bache eilt, mit Ausnahme der goldfarbigen Beine; dagegen hat der
Künstler zur Darstellung des von der Sonne beleuchteten Kopfes und
Halses reines, glänzendes Silber angewandt. Bei der Wistaria, welche
diesem Bilde einen schönen Abschluss gibt, wurden Stengel und unte-
res Blatt mit hellgelbem Golde, die übrigen Blätter und Ranken mit
hochgelbem dargestellt, die Blüthentrauben mit Silber, Shibu-ichi und
Kupfer. Auf der einen Seite des Baches bemerkt man noch blühenden
[524]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Löwenzahn, dessen Blätter aus hellem, die Blüthen aus dunklem, ein-
gelegtem Golde sind.
Das Ganze hat eine wunderbare Wirkung voll Kraft und Leben.
Kupferne Dose mit Tauschierarbeit (Eigenthum des Königl. Kunstgewerbemuseum
zu Berlin).
Deckel zu voriger Dose mit Tauschierung und Ciselierung.
Von den zahlreichen Legierungen (Maze-gane) des Kupfers, welche
für das japanische Kunstgewerbe in Betracht kommen, sind folgende
vier Gattungen die hervorragendsten:
1) Shin-chiu, Messing. Dasselbe enthält gewöhnlich 30 % Zink
auf 70 % Kupfer.
[525]7. Metallindustrie.
2) Kara-kane (wörtlich China-Metall), Bronze. Unter Bronze
versteht man heutiges Tages vielerlei Legierungen des Kupfers mit
Zinn, mit Zinn und Zink, mit Zinn, Zink und Blei (dem sich zuweilen
noch Antimon anreiht), wobei aber das Kupfer meist vorwiegt. Sie
finden zu den verschiedensten Zwecken als Nutz- und Kunstbronzen
eine sehr belangreiche Verwendung.
3) Shibu-ichi, eine Legierung aus Kupfer und Silber, bei
welcher der Gehalt an letzterem sich zwischen 6 und 32 % bewegt.
4) Shaku-dô, Kupfer, welchem 2—5 % Gold beigemischt sind.
Ausser dem gewöhnlichen Messing, das zu Waschschüsseln, Koh-
lenbecken, Reifen um grosse Reisnäpfe, Beschlägen von Kisten und
mehreren andern Zwecken verwendet wird, bereitet man unter dem
Namen Kô-dô noch eine zinkreichere Legierung beider Metalle mit
35 % Zinkgehalt und verarbeitet sie in gleicher Weise. Der Japaner
teilt nicht die Vorliebe des Indiers für messingene Geräthe, noch
wendet er gleich diesem viel Fleiss und Sorgfalt an, die wenigen,
welche er benutzt, besonders auszuschmücken. Legierungen, welche
nach Art der indischen Bidri-Waare zusammengesetzt sind, wobei
also der Zinkgehalt auf 90—95 % steigt und Kupfer dem gegenüber
sehr zurücktritt, gibt es in Japan nicht. Hier concentriert sich von
Alters her die verschiedenartigste metallurgische Ausstattung und Ge-
schicklichkeit auf
Kara-kane, die Bronze.
Neben mancherlei technischen Zwecken diente dieselbe von jeher
der Kunst, die ihre ersten Versuche und ihre höchsten Leistungen
darin aufweist. Waffen und Werkzeuge aus Bronze, durch wiederholtes
Hämmern ansehnlich gehärtet, gingen bei vielen Völkern den eisernen
voraus. So auch in Japan. Die ältesten prähistorischen Metallfunde
in diesem Lande sind bronzene Glocken und Pfeilspitzen, über deren
Ursprung und Alter man nur Vermuthungen hat.
Mit dem Eisen und Messing theilt Bronze den grossen Vorzug, im
geschmolzenen Zustande viel dünnflüssiger zu sein, als das Kupfer, und
beim Guss die Form vollständig auszufüllen, desshalb diese scharf
wiederzugeben und ausserdem nach dem Erkalten ein dichtes, gleich-
mässiges Gefüge zu zeigen. Dabei schwinden die meisten Bronze-
legierungen noch weniger als Gusseisen. Indess ist die Volumvermin-
derung, welche die allmähliche Abkühlung begleitet, von keinem so
wesentlichen Einfluss auf die Schärfe des Gusses, wie dasjenige
Schwinden, welches beim plötzlichen Erstarren mancher Metalle statt-
findet.
Ein weiterer Vorzug der Bronze liegt darin, dass sie sich mit
[526]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Hammer, Meissel und Grabstichel leicht bearbeiten lässt. Ihre Härte
gleicht derjenigen des Antimons und liegt in den meisten Fällen, wie
auch beim Messing, zwischen 3 und 3,5, so namentlich auch bei der
alten, kupferreichen Bronze Japans. Dieselbe ist demnach höher, als
bei den einzelnen Bestandteilen der Legierung, mit Einschluss des
Kupfers. Natürlich ändert sich mit der Zusammensetzung der Bronze
auch die Farbe, die Ductilität, das Gefüge und die Härte derselben.
Unter allen japanischen Bronzen (die alten kupferreichen nicht ausge-
nommen), welche ich auf letztere untersuchen konnte, fand ich keine,
welche die Härte des Flussspaths ganz erreicht hätte, während nach
E. Reyer*) die zink- und bleifreien Hartbronzen der alten Völker
zwischen 5 und 6 hart sein sollen. Es liegt ohne Zweifel die Ur-
sache der grösseren Dichtigkeit und Härte dieser alten Bronzestücke,
wie Aexte, Meissel, Pfeilspitzen, Schwerter und anderer Waffen darin,
dass sie mit dem Hammer bearbeitet wurden, da Gusswaaren von ana-
loger Zusammensetzung sie nie zeigen. **) Doch sind nicht Dichte,
Härte, Zähigkeit und andere innere Eigenschaften der japanischen
Bronze diejenigen, durch welche sie sich auszeichnet und die chinesi-
sche längst übertrifft, sondern vielmehr die Färbung und Verzierung
derselben. Die Farben gehen durch alle Abstufungen vom hellen Gelb
durch Braun und Grau zum angenehmsten und wirkungsvollsten matten
Schwarz und zeichnen sich durch grosse Beständigkeit aus, wie sie
nur möglich ist, wenn sie von einer natürlichen chemischen Reaction
herrühren, welche durch die Zusammensetzung bedingt ist, und nicht
von Anstrichen.
Den geringen Hülfsmitteln gegenüber, welche der Japaner auch
in seiner Bronze-Industrie zur Verfügung hat, mussten seine hervor-
ragenden Leistungen in der Patinierung nur umsomehr überraschen. ***)
Insbesondere zogen die mattschwarzen Bronzegegenstände, welche in
neuerer Zeit in immer grösserer Zahl nach Europa kamen, ihrer Neu-
heit und auffallenden Schönheit wegen die Aufmerksamkeit interessier-
[527]7. Metallindustrie.
ter Kreise auf sich und führten zu eingehenden Analysen und Versuchen.
Dies geschah vornehmlich in Paris, der Stadt, welche sich seit drei
Jahrhunderten des wohlbegründeten Ruhmes erfreut, in der Bronze-
Industrie das Beste zu leisten, was Europa zu bieten vermag. Von
grösserer Bedeutung waren insbesondere die Arbeiten von H. Morin, *)
Christofle et Bouilhet **) und E. J. Maumené. ***) In Deutschland
führte vornehmlich der unbefriedigende Zustand mancher öffentlichen
Bronzedenkmäler zu eingehenderen Untersuchungen über die Patina-
bildung, unter denen namentlich diejenigen von R. Weber †) hervor-
zuheben sind. Das Gesammtresultat aller dieser Studien ist folgendes:
Unter Patina, antiker Patina oder Edelrost (Aerugo nobilis) ver-
stand man früher nur die malachitgrünen oder blaugrünen Anflüge und
Ueberzüge aus kohlensaurem Kupfer alter Bronze- und Kupferwerke.
Diese Patina ist immer glatt, bedeckt die Gegenstände nicht gleich-
mässig, lässt aber stets das Metall noch durchschimmern. Sie findet
sich auch bei Bronzedenkmälern neuerer Zeit, z. B. dem Standbild des
Grossen Churfürsten zu Berlin, der Reiterstatue des Churfürsten Johann
Wilhelm auf dem Markt zu Düsseldorf, den Denkmälern von Louis XIV.
und Louis XV. zu Paris.
Diese Patinabildung hängt teils von der Zusammensetzung der
Bronze ab, teils von der Atmosphäre, die darauf einwirkt. Edle,
kupferreiche Bronze aus Kupfer und Zinn liefert sie leichter, als
andere. Hoher Feuchtigkeitsgehalt der Atmosphäre und Salzgehalt,
daher auch Regen und häufiges Abwaschen begünstigen, Kohlenstaub,
Schwefelwasserstoff und Kloakenluft verhindern dieselbe.
Der schwarze Ueberzug vieler Bronzedenkmäler, welcher so oft
an Stelle der schönen Farbe des frischen Gusses tritt, besteht in der
Regel nicht aus Schwefelkupfer, sondern aus Kohlenpartikeln und
Staub mit geringen Beimengungen von Oxyden. Zur Entfernung er-
wies sich dann eine wässerige Lösung von kohlensaurem Ammoniak,
welche man mit der Bürste auftrug, ganz vorzüglich ††), während zur
künstlichen Erzeugung des Edelrostes weinsaures Kali-Kupfer-Am-
moniak als bestes Mittel gilt. Zinklegierungen, namentlich Messing
[528]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
schwärzen sich leichter, als zinkfreie. Auch fördert ein Arsengehalt
des Kupfers die Neigung zum Schwärzen.
Heutzutage versteht man unter Patina jede zufällige oder absicht-
liche Färbung eines Metalls oder einer Legierung, welche von der
ursprünglichen abweicht. Die chemische Analyse hat ergeben, dass
die schöne mattschwarze Färbung vieler japanischer Bronzen, auf der
sich das Ornament aus Tauschierung, Incrustation und andern Mitteln
so vortrefflich abhebt, dem Bleigehalte der Legierung zukommt, welcher
in der Regel über 10 % beträgt und in einzelnen Fällen bis auf 20 %
steigt, wie Tabelle B. am Ende dieses Capitels zeigt. Einen so hohen
und noch höheren Bleigehalt weisen von älteren Bronzen nur die
kleinen ägyptischen Götzenbilder auf, von denen Tabelle A. 5. eine
Analyse gibt. Bei einer so bedeutenden Beimischung von Blei wird
die Legierung jedoch leicht spröde, während die japanischen Bronzen
mit 9—14 % Blei, 7—2 % Zinn und entsprechenden Mengen Zink allen
Anforderungen genügen, indem sie sich leicht giessen, ein homogenes
Gefüge annehmen und hierdurch, sowie durch ihre gleichmässige Härte
sich leicht bearbeiten lassen, was bei Weglassung des Zinks nicht
möglich wäre. Durch blosses Erhitzen in dem Muffelofen wird bei
solchen Bronzen die schöne, mattschwarze Patina hervorgerufen, welche
zum Teil auf der Bildung von Bleisuboxyd beruhen dürfte. Indess
haben Christofle und Bouilhet durch ihre Untersuchungen gezeigt, dass
eine schöne schwarze Patina auch ohne Blei zu erzielen ist. Ihr Ver-
fahren lief darauf hinaus, auf der Oberfläche der Bronze Schwefel-
kupfer zu bilden. Auch braune, rothe und orangegelbe Färbungen
wurden von ihnen erhalten, die allen Anforderungen entsprachen.
Die Japaner benutzen ein sonst unbekanntes Mittel, die beim An-
lassen der Bronze erhaltene Färbung je nach Gutdünken abzutönen.
Es ist die schon pg. 522 erwähnte Abkochung eines Grases, der Kari-
yasu oder Calamagrostis Hakonensis Franch. \& Sav., eine Beize von
überraschender Wirkung. Eine genaue chemische Untersuchung der-
selben hat noch nicht stattgefunden, dürfte aber möglicherweise unserer
Bronze-Industrie werthvolle Fingerzeige geben.
In der künstlerischen Behandlung japanischer Bronzevasen er-
kennen wir mindestens drei Perioden, die natürlich der Zeit nach noch
weniger scharf geschieden sind, wie sonstige aufeinander folgende
Moden. Die Legierungen der alten Bronzevasen und Bronzegüsse
überhaupt sind fast immer kupferreich; Blei und Antimon scheinen
stets nur zufällige Bestandteile zu sein. Unter den mancherlei For-
men herrscht die weit- und langhalsige Flasche mit kugelförmigem
Bauche, sowie die Krater- (Mörser-) Gestalt vor, unter den Henkeln
[]
Bronzevase aus Kioto.
Verlag v. Wilh. Engelmann, Leipzig.
[][529]7. Metallindustrie.
in auffälliger Weise die Nachbildung des Elefantenrüssels. Die in
vielen Fällen recht geschmackvolle Verzierung ist sehr einfach, meist
im Flachrelief ausgeführt, vornehmlich durch Ciselierung und Gravie-
rung. Als vorherrschende Motive finden wir Arabesken und die
Elemente des Mäander in mancherlei Combinationen; auch Wolken und
Wellen kommen vor, ferner kleine Landschaften. Die Hauptwirkung
wird durch geeignete Abwechselung und symmetrische Anordnung er-
reicht. Tauschierung und Email fehlen vollständig. *)
Eine zweite Geschmacksrichtung ging ebenfalls von China aus,
wurde in Japan während der letzten hundert Jahre herrschend und
ragt noch in die Jetztzeit hinein. Dieselbe unterscheidet sich von der
ersten nicht sowohl in der Legierung und Gestalt der Vasen, als viel-
mehr in ihrer Ausstattung. Es ist durch Guss und Ciselierung erzieltes
Hochrelief, mit welchem die Vasen nicht selten in wildem Durch-
einander überwuchert und überladen sind, etwa wie manche unserer
Porzellanvasen durch die aufgesetzten modellierten Blumen, welche
einzeln betrachtet oft grosses künstlerisches Geschick verrathen und
für sich auf einem geeigneten dunkeln Hintergrunde sich prächtig ab-
heben würden, die aber so durch die Ueberfüllung verwirren und
Charakter und Gestalt der Vase selbst gar nicht zur Geltung kommen
lassen.
Die neueste Zeit, deren Anfänge nicht weit hinter die Erschlies-
sung des Landes durch Perry zurückgehen, weist in der japanischen
Bronzeindustrie unverkennbar grosse Fortschritte auf. Dieselben zeigen
sich vornehmlich in der geschmackvollen Anordnung der Farben und
in einem besseren Gefühl für das richtige Maass der Verzierung. Die
hohen Reliefverzierungen treten mehr zurück, zur Ciselierung und Gra-
vierung gesellt sich in wirksamer Weise das Tauschieren und In-
crustieren. Diese Arbeiten auf dunkler, bleihaltiger Bronze gingen
von den Nachbarstädten Kanazawa und Takaoka in Kaga und Echiu
aus, werden jetzt aber auch in Tôkio viel gemacht. Kiôto, die alte
Rein, Japan. II. 34
[530]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Industriestadt, ist nicht zurückgeblieben. Auch hier hat das Bestreben,
durch eine mit viel Verständniss gewählte Zusammenstellung und Ab-
tönung der Farben zu wirken, neue Mittel und Wege gefunden. Dies
zeigt uns die Vase auf Tafel XVIII. *) Auf dem dunkelbraunen Grunde
heben sich die Blumen (Camellia Sasanqua) und Blätter in helleren
Farben, der Vogel und das mit Silberdraht tauschierte Netz der Kreuz-
spinne vortrefflich ab. Die Arbeit ist neu und ganz im Kiôto-Stil
verfertigt. Man arbeitet hier wenig mit bleihaltiger Bronze, wendet
dagegen viel Relieftauschierung und Incrustierung an.
Unter den Gebrauchsgegenständen wohlhabender Japaner begegnen
wir der Blumenvase (Hana-ike), dem Räuchergefäss (Ko-rô), dem Koh-
lenbecken (Hibachi) und dem Spiegel (Kaga-mi) aus Bronze, während
der gemeine Mann sich mit viel billigeren irdenen und andern Ersatz-
mitteln begnügt. Die bedeutendste und vielseitigste Verwendung findet
die Kunstbronze zu den mancherlei Ausstattungsmitteln buddhistischer
Tempel. Hier überraschen und imponieren vor allem verschiedene
Buddhas und andere Idole durch ihre colossale Grösse und den vor-
trefflichen Guss, den wir noch mehr an einer Anzahl riesiger Glocken
bewundern können. Aber auch Grabdenkmäler der Shôgune zu Nikkô
und zu Shiba in Tôkio, Laternen und eine Menge kleinerer Gegen-
stände aus Bronze, wie Vasen, Leuchter, Räuchergefässe und andere
mehr, ziehen die Aufmerksamkeit auf sich und liefern den Beweis,
dass die Bronzeindustrie vornehmlich im Dienste des buddhistischen
Cultus ihre grosse Entwickelung durchgemacht hat und in ihr ansehn-
liche Mengen Kupfer zur Verwendung kamen.
Viele dieser hervorragenden Denkmäler wurden auf Veranlassung
der Fürsten gegossen, die sich damit vor Göttern und Menschen an-
genehm machen wollten; andere wiederum sind Geschenke von Privat-
personen oder das Resultat öffentlicher Sammlungen, wozu die Priester
sowohl den Ehrgeiz, als das fromme Gefühl anzuspornen wussten. So
lange letzteres auch in den höheren Gesellschaftsklassen rege war,
flossen die Gaben zur Unterhaltung und Ausschmückung der Tempel
und Klöster reichlich, während seit der politischen Umgestaltung der
Verhältnisse vielfach die grösste Gleichgültigkeit gegen alle diese Dinge
sich offenbart hat.
Unter den Dai-Butsu oder »grossen Buddhas« aus Bronze ragen
durch ihre gewaltigen Dimensionen vor allen Dingen diejenigen von
[531]7. Metallindustrie.
Nara in Yamato und von Kamakura in Sagami hervor. Der Nara-no-
Dai-Butsu befindet sich in einer geräumigen Tempelhalle von 88,4 m
Länge, 51,8 m Breite und 48,2 m Höhe, deren Dach von 176 Säulen
getragen wird. Derselbe stellt Rochana (Kairo-kana) dar, sitzend mit
untergeschlagenen Beinen auf einer geöffneten Lotosblume. Die linke
Hand des Götzen ruht auf dem entsprechenden Knie, die rechte hat
er emporgehoben und derart mit dem Rücken gegen den Oberarm ge-
kehrt, dass die Spitzen der drei ausgestreckten Finger fast in Schulter-
höhe kommen, während Daumen und Zeigefinger gegen einander ge-
krümmt sind. Auf diese Weise wird die lehrende Thätigkeit dieses
Buddha angedeutet. Derselbe wurde zwischen 741 und 749 n. Chr.
auf Veranlassung von Shomu Tennô gegossen. Im Jahre 1180 zer-
störte ein Feuer den Kopf. Der jetzige, hässliche, wurde 1570 ge-
gossen, zur Zeit als das Kunstgewerbe sehr darniederlag. Die ältesten
Theile des Körpers und die Lotosblume bestehen aus Platten von
18—30 cm Dicke und 30×36 cm Fläche, welche an den Rändern mit
Handa-rô (Zinnloth) zusammengelöthet wurden. Die ganze Höhe dieses
Buddha beträgt 16,05 m (53,5'), die Gesichtslänge 4,80 m (16'), die
Breite 2,85 m (9,5'), die Schulterweite 8,61 m (28,7'), die Länge des
Mittelfingers 1,5 m (5'), die eines Ohrs 2,55 m (8,5'). Der Heiligenkranz,
welcher den Kopf umgibt, hat einen Durchmesser von 23,4 m (78') und
jede der darauf angebrachten 16 Figuren eine Länge von 2,4 m (8').
Das Gesammtgewicht dieses Buddha wird auf 450 Tonnen ver-
anschlagt. Zu seinem Guss, der erst nach verschiedenen vergeblichen
Versuchen gelang, soll neben Kupfer und Zinn auch Quecksilber und
Gold verwendet worden sein. *) Rechnet man die Mengen dieser Metalle,
welche angegeben werden, in kg und % um, so ergibt sich eine
Legierung aus
- Kupfer 447 273 kg = 98,06 %
- Zinn 7 633 kg = 1,68 %
- Quecksilber 977 kg = 0,21 %
- Gold 227 kg = 0,05 %
- 456 110 kg = 100,00 % und
demnach 456 Tonnen als Gewicht der angewandten Metalle.
Der grosse Buddha von Kamakura, welchen man so oft ab-
gebildet findet (siehe Band I, pg. 534), steht demjenigen von Nara an
Grösse nach, übertrifft ihn aber in künstlerischer Beziehung bei weitem.
34*
[532]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Diese Bronzefigur stellt Amida sitzend auf einer Lotosblume dar, aber
ohne Heiligenschein. Der edelgeformte Kopf zeigt vollkommen sym-
metrischen Bau und richtige Verhältnisse in allen Theilen. Es ist dem
Künstler gelungen, dem Gesichtsausdruck und der ganzen Haltung die
glückselige Ruhe in Nirwana zu verleihen. Die auf dem Schoosse
ruhenden Hände mit gegeneinander gestemmten Fingerspitzen ergänzen
die Züge des ruhigen Sinnens, welche unverkennbar sind.
Auch dieser Buddha, welcher im Jahre 1252 n. Chr. durch Ôno
Gorôyemon gegossen wurde, besteht nicht aus einem Stück, sondern
wurde aus vielen etwa 3 cm dicken Platten zusammengesetzt und zwar
mit solcher Sorgfalt und Geschicklichkeit, dass man die Nähte nur da
erkennen kann, wo das Wetter im Laufe der Zeit eingewirkt hat. Von
dem grossen Gebäude, welches das Denkmal ehemals einschloss, ge-
wahrt man noch viele der Steinfundamente, auf welchen die drei und
sechzig massiven Säulen aus Keakiholz standen, welche das Dach
trugen. Auch dieser Buddha besteht im wesentlichen aus Kupfer.
Seine Höhe beträgt 15,11 m, der Umfang an der Basis 29,6 m, die
Entfernung von Ohr zu Ohr 5,4 m. Es wird behauptet, die Augen
seien aus reinem Golde und der Knopf auf der Stirn aus 30 Pfund
Silber gebildet.
Viel kleiner, als die vorigen, doch eine der interessantesten und
edelsten Bronzestatuen Japans ist diejenige, welche sich im Tempel
Yaku-shi-ji zu Nara befindet. Sie stellt Yaku-shi (Bhâishagya-
guru) dar, stammt aus dem Ende des 7. Jahrhunderts und gehört nach
Entwurf und Ausführung zu den hervorragendsten Leistungen im
Bronzeguss Japans. Diesen sind nicht minder die grossen Tsuri-
gane oder hängenden Tempelglocken zuzuzählen, von denen während
der letzten 20 Jahre mehrere der hervorragendsten, wie z. B. die-
jenige des Zôzo-ji zu Shiba in Tôkio, mit den Tempeln und manchem
andern Kunstschatz ein Raub der Flammen wurden.
Die grösste der noch vorhandenen Glocken (Kane) dürfte beim
Tempel San-jiu-san-gen-dô in Kiôto sich befinden. Dieselbe ist
4,27 m hoch und 2,74 m weit, mit 27,4 cm dicker Wandung. Ihr Ge-
wicht wird auf 63 Tonnen geschätzt. *) Einige andere alte Glocken
sind gegen drei Meter hoch und entsprechend weit. Zu den schönsten
und interessantesten gehört diejenige im Walde unweit Mii-dera,
[533]7. Metallindustrie.
dem prächtig gelegenen alten Kloster der Tendai-Sekte bei Otsu am
Biwa-See. Diese grosse Glocke soll von Hidesato, einem berühmten
Helden des 10. Jahrhunderts herrühren; sie ist mit der reichen Ge-
schichte und den Sagen der Gegend vielfach verflochten. Ihre herr-
lichen Töne gehören zu den acht Wundern (Anziehungsmitteln) des
Biwa-Sees. Wenn dieselben an einem schönen Sommerabend weit
über den See durch die friedliche Landschaft erklingen, machen sie
auch auf das Gemüth des fremden Wanderers einen unvergesslichen
Eindruck.
Diese riesigen Tempelglocken und eine Menge kleinerer sind ge-
wöhnlich mit chinesischen Denksprüchen, mit Ten-nin (Engeln in
Nirwana), in Reihen geordneten Buckeln und auf sonstige Weise nach
aussen verziert. In der Regel bilden mehrere Drachenköpfe das Ohr,
an welchem sie sehr niedrig aufgehängt werden, und zwar unter einem
Balkengerüst und Dach im Tempelhofe. Sie haben keine Klöppel,
sondern werden von aussen durch einen an zwei Seilen wagrecht auf-
gehängten und schwingenden Balken angeschlagen, an einer Stelle,
welche zu dem Zweck im Guss scheibenartig erhöht wurde.
Ueberraschen diese zum Theil schon sehr alten Tsuri-gane durch
ihren vorzüglichen Guss und ihre Grösse, so vermögen 16 kleinere
Glöckchen (Kane) in einem Nebengebäude des Tempelgrundes von Nikkô
nicht minder unser Erstaunen zu erwecken. Dieselben stimmen äusserlich
in Gestalt und Grösse völlig überein, geben aber beim Anschlagen
deutlich und höchst klangvoll sämmtliche Töne zweier Octaven an.
Spiegel, japanisch Kagami, werden in den Ländern des chi-
nesischen Culturkreises in Ermangelung geeigneten Glases von alten
Zeiten her in der Regel aus Bronze gegossen, dabei auf der Rück-
seite mit Reliefverzierungen, wie mythologischen Personen, Vögeln,
Blumen, Wappen und Denksprüchen versehen, nach dem Guss auf der
Vorderseite bis auf 0,5—2,5 mm Dicke abgeschliffen und hier endlich
mit einem Amalgam überzogen, welches aus 1—2 Teilen Zinn und einem
Teil Quecksilber zusammengesetzt ist. Diese Metallspiegel sind in
der Regel kreisförmig mit 15,5—16 cm Durchmesser. Auf einer Seite
befindet sich ein stabförmiger Griff, mit dem man sie anfasst und
befestigt.
Es war den Chinesen schon seit vielen Jahrhunderten bekannt,
dass einzelne dieser Spiegel, wenn sie das Sonnenlicht auf eine Wand
reflectierten, dabei zugleich die erhabenen Figuren auf ihrer Rückseite
mehr oder weniger deutlich abspiegelten.
Solche Spiegel findet man auch in Japan. Die erwähnte Eigen-
schaft war längst durch Zufall von japanischen Damen beobachtet
[534]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
worden, wie Muraoka*) nachgewiesen hat; doch hat zuerst At-
kinson**) die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, während über die
magischen Spiegel Chinas schon eine Arbeit von Brewster ***) aus dem
Jahre 1833 vorliegt. In neuerer Zeit haben diese Spiegel verschiedene
Physiker beschäftigt. Grössere Arbeiten darüber verdanken wir ins-
besondere Ayrton und Perry, †) Govi ††) und Bertin, †††) welche alle
in der Deutung der Erscheinung übereinstimmen.
Früher nahm man an, dass jene Bilder und Zeichen auf der Rück-
seite der Spiegelplatte aus einem andern Metall eingelegt seien, oder
dass hier durch Hämmern eine grössere Dichte bewirkt worden sei,
oder man schrieb die Eigenschaft Eigenthümlichkeiten der Legierung
selbst zu. Alle diese Voraussetzungen haben bei näherer Untersuchung
keine Bestätigung gefunden. Die Analysen bewiesen, dass die Spie-
gelbronzen oft eine sehr verschiedene Zusammensetzung haben, wie
auf Tabelle C. zu sehen ist.
Der Italiener Govi hat überzeugend nachgewiesen, dass die er-
wähnte Eigenschaft magischer Spiegel vom Abschleifen derselben her-
rührt und eine zufällige ist, dass man sie aber leicht hervorrufen kann.
Sie ist bedingt durch die Ungleichheit in der convexen Wölbung,
welche die spiegelnde Fläche durch das Schleifen infolge des un-
gleichen Drucks von der Rückseite her erhält, und ganz unabhängig
von der chemischen Zusammensetzung. Es wurde später u. a. durch
Muraoka noch weiter experimentell nachgewiesen, dass man nicht blos
aus Bronze und Messing, sondern auch aus einfachen Metallen Spiegel
herstellen kann, die ebenfalls den magischen zugezählt werden müssen.
Schöner, als bei Sonnenlicht, zeigt sich die magische Eigenschaft, wenn
man ein Bündel divergenter Lichtstrahlen auf den Spiegel fallen und
von diesem auf eine weisse Wand projicieren lässt. Dabei kommen
die Bilder der Figuren und Zeichen in hellerem Lichte und scharf be-
grenzt zum Vorschein, während sie auf der Spiegelfläche selbst nicht
wahrzunehmen sind.
[535]7. Metallindustrie.
Shiro-kane-dzaiku,*) d. h. Weiss-Metall-Arbeit, ist der Col-
lectivname für die vielerlei kleinen metallenen Schmucksachen, welche
früher zur Verzierung der Schwerter, zu Netsuke’s und verschiedenen
andern Zwecken dienten, in neuerer Zeit aber als Brochen, Medaillons,
Manchettenknöpfe, Stockknöpfe, Ohrringe, Armbänder etc. viel aus-
geführt und in Europa hochgeschätzt werden; denn sie gehören, zum
Teil wenigstens, zu den hervorragendsten Lei-
stungen japanischer Kunstfertigkeit. Die Feinheit
und das Geschick, mit welchen diese Gegenstände
ciseliert, graviert, incrustiert und tauschiert sind,
überrascht und erfreut in hohem Maasse, wie
nicht minder die überaus geschmack- und wir-
kungsvolle Zusammenstellung und Abtönung der
Farben, wie sie unsere Bijouteriearbeiter früher
nicht zu erzielen vermochten.
Bei diesen Arbeiten der Japaner kommen
vornehmlich die oben bereits erwähnten Legie-
rungen Shaku-dô und Shibu-ichi zur Anwen-
dung und Geltung. Das dunkle Blau bis Matt-
schwarz der ersteren ist sehr beständig und na-
mentlich als Untergrund von bester Wirkung,
Medaillon aus Shiro-
kane.
ebenso das Silbergrau des Shibu-ichi. Zur Abtönung wird auch hier,
wie bei der Bronze, mit bestem Erfolg eine Abkochung von Kari-
yasu angewendet.
Ausser den beiden erwähnten gold- und silberhaltigen Legierungen
werden bei diesen Arbeiten auch Edelmetalle in reinem Zustande an-
gewendet. Als Begründer der Schule sieht man Gotô Yu-jô an,
welcher im Jahre 1513 im Alter von 78 Jahren starb. Lange Zeit
wandte man die Kunst vornehmlich auf Me-nuki und Tsuba zur
Verzierung der Schwertgriffe an. Shiuraku und Temmin gelten
vor allem als die grossen Meister in dieser Kunst, sowie auch in der
Darstellung prächtiger metallener Netsuke’s.
Waaren aus reinem Silber oder Gold, oder aus der Verbindung
beider wurden früher nur selten angefertigt. Das ist seit den von
Japanern besuchten grossen internationalen Industrie-Ausstellungen
anders geworden. Die vorjährige Ausstellung in Nürnberg hat in über-
[536]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
raschender Weise bewiesen, wie geschickt die Gold- und Silberschmiede
von Kiôto und Tôkio auch diese dankbarsten und gefügigsten aller
Metalle zu behandeln und welche Wirkung sie ihrer künstlerischen
Bearbeitung zu verleihen vermögen.
Als Anhang zu diesem Abschnitt folgt eine Anzahl Analysen japanischer und
chinesischer Bronzen, denen solche von andern Bronzegüssen zum Vergleich ange-
reiht wurden. Zu den Tabellen bemerke ich Folgendes:
A. 1, 2, 3, 4 sind Analysen älterer Bronzen aus japanischen Tempeln von
Maumené in: »Notes sur les Bronzes du Japon par M. E. J. Maumené. Comptes
Rendus 80. Bd. 1875. pg. 1009 und 1010.
Nr. 5 ist die Analyse einer kleinen ägyptischen Isisfigur von W. Flight im
Journ. Chem. Soc. 41. pg. 134.
Nr. 6, 7, 8. Diese Analysen veröffentlichte E. Reyer im Journal für praktische
Chemie. Bd. 25. 1882. pg. 258 unter dem Titel: »Hartbronze der alten Völker«.
Nr. 6 bezieht sich auf Bronze von Cypern aus der Zeit Alexanders d. Grossen.
Nr. 7 rührt von einer Axt zu Limburg her, einer röthlich goldgelben Legie-
rung, die fest und zäh und mit dicker grüner Patina überzogen war. Sie wurde
von Feldspath kaum geritzt.
Nr. 8 ist die Zusammensetzung eines Meissels von Peschiera, einer Mischung
von hochgelber Farbe und gleich der vorigen von der Härte 5.
Alle hier erwähnten Bronzen zeigen eine sehr complicierte Zusammensetzung.
Es wäre ein grosser Irrtum, wollte man annehmen, dass sie absichtlich durch
Abwägen und Zusammenschmelzen der betreffenden Bestandteile entstanden wären.
Ebenso unbegründet scheint mir die Ansicht Maumené’s bezüglich der japanischen
Bronzen zu sein, dass man sie aus Mischungen der betreffenden Erze von Kupfer-
kies, antimonhaltigem Bleiglanz und Blende erhalten habe. Der Hüttenprozess
der alten Völker, die Japaner mitgerechnet, war eben nicht geeignet, chemisch-
reine Metalle zu liefern, und so erscheinen die geringen Mengen Eisen, Nickel,
Kobalt, Antimon, Schwefel etc. einfach als Verunreinigungen von Kupfer, Zinn,
Zink und Blei. Dasselbe gilt für die Ausnahmefälle, in welchen Bronzeanalysen
Spuren von Edelmetallen nachweisen.
B. 1—7 sind Analysen japanischer Bronzen mit dunkler Patina, welche von
H. Morin veröffentlicht wurden. Comptes Rend. Tome 78. 1874. pg. 811: »Sur
quelques bronzes de la Chine et du Japon ȧ patine foncé«. Der hohe Bleigehalt,
welcher fast alle diese schönen Legierungen auszeichnet, nähert sich bei Nr. 5
demjenigen der kleinen altägyptischen Bronzefiguren, wie er in A. 5 angegeben
ist. Dass Morin bei den meisten der vorerwähnten Analysen auch Spuren von
Arsen und Schwefel, in zweien auch solche von Nickel und Gold fand, kann nicht
auffallen.
Tabelle C. gibt das Mischungsverhältniss der Metalle an, welche für die Spie-
gelbronze in Anwendung kommen. Nr. 1 ist die Analyse einer solchen Legierung
nach Champion und Pellet, Nr. 2 und 3 die Zusammensetzung der Spiegelbronze
in Kiôto, Nr. 4 eine Analyse nach Atkinson. Die übrigen sind den Annales de
Chimie et de Physique, T. XX. 1880. pg. 136 entnommen.
Tabelle D. bedarf keiner weiteren Erläuterung.
[537]7. Metallindustrie.
Zur Tabelle E. bemerke ich, dass die meisten der hier zusammengestellten
Analysen Dinglers Polyt. Journal, vornehmlich der Arbeit von Prof. R. Weber
entnommen sind, und zwar ist Nr. 1 Normalbronze von Elster, 2 die Zusammen-
setzung des Grossen Churfürsten, 3 Friedrich Wilhelms, 4 der Rossebändiger,
5 der Statue von Brandenburg zu Berlin, 6 gibt die Analyse der Reiterstatue
des Churfürsten Johann Wilhelm auf dem Markte zu Düsseldorf an, während
7 und 8 sich auf die Zusammensetzung zweier Bronzestatuen zu Paris, nämlich
von Louis XIV. und Louis XV. beziehen.
8. Keramik.
Vorbemerkungen. Eintheilung der Thonwaaren mit besonderer Beziehung auf die
japanischen. Historischer Ueberblick. Anfänge und Leistungen der Industrie
Japans bis zur Einführung der Drehscheibe. Fortschritte. Einfluss der Cha-no-yu.
Die Erfindung und Darstellung des Porzellans in China. Einführung der Fabri-
kation in Japan. Centren derselben, sowie der Steingutindustrie. Arita, Naye-
shirogawa, Kagoshima, Kiôto, Seto, Ôta, Hongo, Kaga. Steinzeug. Banko-yaki
und Imbe-yaki.
Literatur.
- 1) A. Brogniart: »Traité des arts céramiques et des poteries. Paris 1844.
- 2) B. Kerl: Handbuch der gesammten Thonwaaren-Industrie. 2. Aufl.
Braunschweig 1879. - 3) Seger, Hoffmann u. Biedermann: Thonindustrie-Zeitung.
- 4) Dingler’s Polyt. Journal. Bd. 198 u. 227, mit Analysen von Bischof und
von Gümbel. Bd. 246. »Ueber Glas, Glasuren, Porzellane, Steinzeuge und feuer-
feste Thone von G. Wagener. - 5) Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft 32. Band 1880 mit
W. Pabst: »Untersuchungen von chinesischen und japanischen Gesteinen zur
Porzellanfabrikation.«
[539]8. Keramik.
- 6) Transactions of the Asiat. Soc. of Japan 1878, E. Satow; The
Korean Potters in Satsuma, 1880: B. W. Atkinson, Notes on the Porcelain In-
dustry of Japan. - 7) A. W. Franks: Japanese Pottery. London 1880.
- 8) A. W. Franks: Catalogue of a Collection of oriental Porcelain and
Pottery. London 1876. - 9) Katalog der Oriental. Keram. Ausstellung im Orientalischen Museum zu
Wien 1884. - 10) Ninagawa Noritane: Kwan-ko-dzu-setsu, oder Geschichte und Be-
schreibung der keramischen Kunst. Tôkio 1876—77. - 11) Capt. Brinkley: A History of Japanese Keramics. The Chrysan-
themum and Phoenix. Vol. III No. 1—6. Yokohama 1883. - 12) La Céramique par M. S. Bing in dem Prachtwerk von L. Gonse: L’Art
Japonais. Paris 1883. - 13) G. Audsley u. James Bowes: »Keramik Art of Japan.« London 1881.
Die Thonwaaren-Industrie führt nach einem griechischen
Worte auch den Namen Keramik, eine Bezeichnung, welche man
der Kürze wegen viel gebraucht, da sie Alles umfasst, was aus Thon
durch Menschenhand gebildet und gebrannt wird, vom gewöhnlichen
Ziegelstein bis zum feinsten Porzellan. Vom Thon (κέραμος) *) wussten
schon die alten Griechen und Römer, dass er im nassen Zustande an
den Füssen, im trocknen an der Zunge klebt, wohl auch, dass er beim
Anhauchen einen eigenthümlichen Geruch entwickelt, der weder zu
beschreiben, noch zu verwechseln ist. Nicht minder kannten sie die
Bildsamkeit und Widerstandskraft gegen die Einflüsse des Wassers
und Feuers und benutzten diese höchst werthvollen Eigenschaften zur
Darstellung ihrer dauerhaften Ziegeln und von mancherlei Gefässen, wie
wir es auch thun. Die innere Natur des Töpferthones, sein Ur-
sprung und das Verständniss über die Art der Veränderung durch das
Brennen, so weit sie nicht durch den Augenschein wahrgenommen
werden konnte, also die geologische und chemische Seite blieb ihnen
ebenso verborgen, wie den Chinesen und Japanern, obgleich diese die
keramische Industrie zur höchsten Blüthe gebracht und in der Mannich-
faltigkeit der angewandten Rohmaterialien, der Produkte und ihrer
Verzierungsweisen lange Zeit hindurch alle Völker weit übertroffen
haben.
Kein Industriezweig ist älteren Ursprungs und in seiner allmäh-
lichen Entwickelung, sowie der Behandlungsweise des Rohstoffs mehr
geeignet, eines Volkes Intelligenz, Kunstsinn und Fortschritte besser
[540]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
zu veranschaulichen, als die Keramik. Aus ihren Produkten beurteilen
wir den nicht hohen Culturzustand der Trojaner, erkennen und be-
wundern wir den entwickelten Kunst- und Schönheitssinn der Griechen
und Etrusker. Unter Ruinen und Schutt jahrtausendelang begraben,
bewahrten sie Form und Verzierung und wurden, als man sie in
neuerer Zeit daraus hervorzog, nicht nur eine reiche Quelle archäo-
logischer Forschung, sondern vielfach auch die nachahmenswerthesten
Muster für unsere heutige Industrie.
Angesichts der Thatsache, dass die Thonwaaren-Industrie vieler
Länder und Völker der Erde bis in die vorgeschichtliche Zeit zurück-
reicht, dass ihre Gefässe den Menschen fast unentbehrlich wurden,
können wir uns kaum den Culturzustand unserer Vorfahren ohne solche
richtig vorstellen. Und doch gab es in Deutschland eine Zeit, wo die
Bewohner in Höhlen lebten, sich von der Jagd auf Rennthiere, Bären
und andere Vierfüssler nährten, wo sie, gleich den Südsee-Insulanern
bei ihrer ersten Berührung mit Europäern, weder Metalle noch Thon-
waaren kannten, und ihre Speisen, statt in Töpfen und Pfannen,
auf erhitzten Schiefer- und Sandsteinplatten zubereiteten.
Kehren wir jedoch zur Keramik Japans zurück. Zur besseren
Orientierung in derselben schicke ich eine Uebersicht der dabei in
Betracht kommenden Produkte voraus. Nach dem Vorgang von Brog-
niart werden die verschiedenen Thonwaaren gewöhnlich in 2 grosse
Gruppen gebracht und als weiche und harte unterschieden, denen
auch die japanischen Benennungen Tsuchi-yaki und Ishi-yaki,
d. h. »Erd-Gebranntes« und »Stein-Gebranntes« entsprechen. Man brennt
die weichen Thonwaaren meist bei geringerer Hitze, da sie im Feuer
des Porzellanofens zusammensintern oder schmelzen würden. Ihr
Scherben ist undurchsichtig, zeigt einen erdigen Bruch, lässt sich
mit dem Messer ritzen, ist porös und gestattet gewöhnlich den Flüssig-
keiten langsamen Durchgang. Die Glasur, welche angewandt wird,
um dies zu verhüten und zugleich als Grundlage weiterer Verzierung
zu dienen, ist entweder Alkali- oder Bleiglasur und verglast mit einem
Theil der Kieselsäure der Waare zu einer dünnen durchsichtigen
Rinde, oder es ist Zinnglasur, welche ein opakes, milchweisses Email
bildet und ziemlich dick aufliegt.
In diese grosse Abteilung gehören alle Irdenwaaren vom Ziegel-
stein bis zum feinsten Steingut. Bei den meisten Unterabteilungen
werden Thone (Tsuchi) verwandt, welche in Folge mineralischer Ver-
unreinigungen sich grau, gelb, roth, braun oder schwarz brennen, so
dass die Farbe des Bruches scharf absticht gegenüber derjenigen der
Glasur. Dem geringeren Werth solcher Waaren entspricht die weniger
[541]8. Keramik.
sorgfältige Zubereitung der Masse durch Auswahl und Schlemmen. Es
gehören in diese Gruppe:
a) Unglasierte Irdenwaare, japanisch Kawarake, Backsteine oder
Renga-seki, und Ziegeln, Kawara. Aus ziegelroth gebrannter Kawa-
rake, der einfachsten und billigsten Thonwaare Japans, bestehen die
Schüsseln zum Rösten der Bohnen, die kleinen flachen Tellerchen, auf
welchen man den Shintôgöttern Reis und andere Speisen opfert, Töpfe
zur Bereitung gewisser Arzeneien. Die meisten Ziegeln, zumal die in
einer Vorstadt von Tokio gebrannten, haben eine schwarzgraue Farbe.
b) Terracotten und andere antike Geschirre mit dünner alka-
lischer Glasur, welche an der Oberfläche durch anfangendes Schmelzen
hervorgebracht wird. In der sorgfältigeren Schlemmung und Zube-
reitung des Rohmaterials, in den edlen Formen und Verzierungen unter-
scheiden sich diese Produkte der Griechen und Römer von denen
anderer Völker. Die grössten irdenen Hohlgefässe der Mittelmeer-
länder gehören hierher, z. B. die urnenförmigen Tinaja’s der Spanier,
welche zum Aufbewahren des Olivenöls dienen und oft 100 Aroben
à 25 l fassen können. In der Krimm und in Kleinasien dienen ähnliche
zur Aufbewahrung des Weins, in Japan benutzt man die ebenso ge-
stalteten Tsubo als Receptacula der Latrinenstoffe. Nach Thunberg
lieferte Swota an der Bucht von Shimabara sehr grosse irdene Urnen,
die ebenfalls statt der Fässer zur Aufnahme der Fäcalstoffe dienten.
c) Gewöhnliche Töpferwaaren mit Blei- oder Kochsalzglasur. Ein
grosser Teil der irdenen Geschirre gehört, wie bei uns, so auch in
Japan hierher. Auch das sogenannte Toyosuke-yaki von Nagoya,
welchem man durch Lackmalerei äusserlich ein prächtiges Aussehen
gibt, ist solche Irdenwaare.
d) Gemeine, emaillierte Faience und Majolica. Sie hat einen
lockeren, erdigen Bruch von anderer Farbe als die undurchsichtige
Glasur oder das dick aufgetragene Zinnemail, welches als scharfabge-
grenzte weisse Kruste darauf ruht. Viel vom gewöhnlichen Tisch-
geräthe mit porzellanähnlichem Aussehen, aber ohne Durchsichtigkeit,
die im 17. Jahrhundert so berühmte Delfter Waare mit ihrer blauen
Kobaltverzierung, die emaillierte Faience des ganzen Mittelalters und
die Majolica gehören hierher. Japan hat wenig Waaren aufzuweisen,
welche sich anreihen. Der Majolica muss man jene grauen, braunen
und grünen Teller und Vasen mit erhabener Emailverzierung zuzählen,
welche in der Provinz Ise dargestellt und oft neben Steinzeug eben-
falls als Banko-yaki bezeichnet werden.
e) Steingut, Halbporzellan oder feine (edle) Faience,
wurde lange Zeit auch als Henri II bezeichnet. Steingut steht in der
[542]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Mitte zwischen hartgebranntem Porzellan und poröser, weicher Irden-
waare. Es wird von reinen gutgeschlemmten Materialien ähnlich wie
Porzellan dargestellt und erhält wie dieses eine durchsichtige Glasur.
Der Scherben ist weiss oder gelblich, dicht, hart, doch undurchsichtig,
von erdigem Bruch. Wie bei uns, so spielt Steingut *) auch in der
Kunsttöpferei Japans eine grosse Rolle. Das berühmte Satsuma,
Awata-yaki, Awaji, Ôta- und andere Geschirre gehören hierher.
Da sie keiner so hohen Hitze ausgesetzt werden, wie Porzellan, so
bieten sie der künstlerischen polychromen Ausschmückung einweites Feld.
Die zweite grosse Abteilung keramischer Erzeugnisse umfasst die
harten und dichten Thonwaaren. Ihr Brennen erfolgt bei so grosser
Hitze, dass die Masse dabei versintert oder verfrittet**), ohne zu
schmelzen, beim Erkalten aber so hart wird, dass sie nachher mit dem
Messer sich nicht ritzen lässt und sich durch hellen Klang auszeichnet.
Der Scherben zeigt glatten muscheligen Bruch. Das Gewirre kleiner
krystallinischer Nadeln, welche man bei mikroskopischer Betrachtung
des verfritteten Scherbens erblickt, oder die Einbettung solcher in die
amorphe glasige Masse, ist so dicht, dass die Gegenstände auch ohne
Glasur das Wasser nicht durchlassen. Zur dichten und harten Thon-
waare rechnet man Porzellan, Steinzeug und Jaspis- oder Wed-
gewoodwaare.
Das Steinzeug (siehe Anmerkung **) wird aus ordinärerem Ma-
terial und weniger sorgfältig, als das Porzellan dargestellt. Es ist
grauweiss, meist aber gelb, roth, braun bis schwarz gefärbt, hart
und klingend, nur an den Rändern durchscheinend. Die Glasur ist
ein wirkliches Glas und wird in der Regel in den Oefen dadurch
erzeugt, dass man die Dämpfe des in dieselben eingetragenen Koch-
salzes auf das heisse Geschirr einwirken lässt, wobei die entstehende
[543]8. Keramik.
Salzsäure entweicht. Unter den europäischen Staaten hat sich Deutsch-
land im 16. Jahrhundert durch seine Steinzeug-Industrie besonders
ausgezeichnet. Die Orte Höhr und Grenzhausen im Kannenbäckerland
bei Montabaur betreiben die Industrie noch lebhaft. Die Mineralwasser-
krüge und Drainageröhren gehören ebenfalls zum Steinzeug. In England
zählt das berühmte Wedgewoodgeschirr dazu, insbesondere die Jaspis-
und Basaltwaare, ebenso der grössere Theil des sogenannten »Jaspis-«
oder »rothen Porzellans«, welches Böttger in den Jahren 1707—1712
nach chinesischen Mustern in Meissen verfertigte. In Japan gehört
vornehmlich das Banko-yaki in Ise und das Imbe-yaki von Bizen
hierher. Chinesische Jaspiswaare und durchbrochenes Steinzeug soll
aus der Provinz Shantung kommen. Das Moritzhaus im Haag und
Leiden haben besonders schöne Sammlungen davon.
In der zahlreichen keramischen Familie steht das Porzellan als
edelstes Glied oben an. Es gehören zu ihm alle dichten, durch-
scheinenden und hellklingenden weissen Thonwaaren mit oder ohne
Glasur. Wo diese angewendet wird, ist sie stets durchsichtig, aufs
innigste mit dem Porzellan verbunden, von dem sie sich nur durch
leichtere Schmelzbarkeit unterscheidet. Das Porzellan selbst wird in
der Regel aus den reinsten Materialien nach sorgfältiger Zubereitung
bei ansehnlicher Hitze gebrannt. Ungeachtet seiner angegebenen Eigen-
schaften ist die Begrenzung des Begriffes Porzellan viel schwerer als
es scheinen mag; denn auch beim Porzellan sind die Unterschiede in
den Eigenschaften und der Zusammensetzung, durch welche sie bedingt
werden, gross, so dass es einerseits sich dem Milchglase nähert, ander-
seits dem als Halbporzellan bezeichneten Steingut, sowie dem eben so
benannten weissen Steinzeug. Unglasiertes Porzellan führt den Namen
Biscuit- oder Statuenporzellan. Das glasierte wird wieder in
hartes und weiches unterschieden. Hartes, echtes oder Stein-
Porzellan lässt sich auch auf der Glasur durch ein Messer nicht ritzen,
hat hellen Klang und gibt zuweilen am Stahl Funken. Zu seiner Masse,
welche bei hoher Hitze (von 3000—4500°C.) gebrannt wird, ver-
wendet man neben Kaolin stets auch Feldspath oder ein Feldspath-
gestein. Zum Gebrauch im Haushalte und im chemischen Laboratorium
übertrifft Hartporzellan alle andern Thonwaaren an Werth, steht da-
gegen für decorative Zwecke dem weichen Porzellan und Steingut
nach, weil es der polychromen Ausschmückung manche Schwierig-
keiten entgegenstellt.
Das weiche oder Frittenporzellan besitzt eine durch das Messer
ritzbare Bleiglasur, welche aus Bleioxyd mit Zusatz des Flussmittels
hervorgerufen wird. Zum Flusse der Masse, welche man aus plastischem
[544]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
tertiären Thon und Kaolin bereitet, *) wird ihr nämlich Feuerstein,
Gips oder Knochenasche beigefügt. Weiches Porzellan, einerlei, ob
es wie das englische sich dem Steingut, oder wie das französische
Frittenporzellan nach seinen Bestandteilen und Eigenschaften dem
Glase nähert, schmilzt bei der Brennhitze des gewöhnlichen harten.
Daher wird dieses in allen Ländern vorwiegend dargestellt und benutzt
und ist immer gemeint, wenn von Porzellan ohne Weiteres die Rede
ist. Dass es aber auch unter diesem noch manche Abstufungen gibt
und insbesondere das japanische verschiedene Eigenthümlichkeiten auf-
weist, werden wir im Zusammenhang mit seiner Darstellung noch
näher kennen lernen. Zum besseren Verständniss mögen hier zunächst
einige geschichtliche Notizen folgen.
Wie bei andern Völkern, so hat auch in Japan die Bildnerei
irdener Gefässe bereits in vorgeschichtlicher Zeit mit geringen Hülfs-
mitteln begonnen und erst allmählich eine höhere Stufe der Kunst-
fertigkeit erreicht. Wann und wo man zuerst gewöhnliche Lehmerde
mit der Hand zu plumpen Töpfen und andern Gefässen geformt und
durch eine unzweckmässige Feuerung ähnlich wie Backsteine gebrannt
hat, ist für unsere Zwecke gleichgültig, dürfte überdies kaum zu er-
mitteln sein. Die Hauptanhaltspunkte sind alte Gräberfunde und
sonstige Ausgrabungen. Sie beweisen, dass die Töpferei in Japan vor
der koreanischen Einwanderung **) im dritten Jahrhundert noch in den
Windeln lag und auch noch Jahrhunderte später bis zur Einführung
der Drehscheibe sich über die Leistungen vieler andern Völker nicht
erhob. Die plumpen rundlichen Formen mit rauher Oberfläche ohne
Verzierung entsprachen dem ordinären Material und seiner rohen Zu-
bereitung. Es waren ziegelrothe, braune bis schwarze unglasierte
Terracotten, deren Farbe oft auf der einen Seite anders war, als auf
der andern, wenn ungleiche Hitze auf sie eingewirkt hatte. Dach-
ziegeln wurden bereits um das Jahr 660 n. Chr. gebrannt. Der Zufall
musste schon frühzeitig auch Steinzeug liefern. Mit Kochsalzglasur
versehene Stücke dieser Art sind nicht selten, ***) stammen aber wohl
alle aus der Zeit nach Einführung der Rokuro oder Drehscheibe.
[545]8. Keramik.
Dieselbe wird in das Jahr 724 n. Ch. verlegt und dem berühmten
Bonzen Giôgi (670—749 n. Ch.) in Idzumi zugeschrieben, mit dessen
Namen man auch mehrere der ältesten Kunstdenkmäler der Tempel und
Klöster zu Nara in Verbindung bringt. Dass er einen grossen Einfluss
auf die Thonwaaren-Industrie seines Landes ausgeübt haben muss,
kann man auch dem Umstande entnehmen, dass man ihren älteren
Produkten den Collectivnamen Giôgi-yaki gegeben hat.
Unter dem Schatz der Pagode Tôdaiji zu Nara befindet sich
eine Sammlung schwarzer, harter irdener Gegenstände, vornehmlich
Töpfe und Vasen, welche erwiesenermaassen aus der Zeit des Giôgi
stammen und deutliche Spuren der Drehscheibe aufweisen. Eines der
interessantesten Stücke aus älterer Zeit, das schon eine grössere Fer-
tigkeit auf diesem wichtigen Apparat bekundet, ist eine Vase, die in
einem Grabe zu Hano in Kôtsuke zusammen mit werthvollen Steinen,
Bronze und Eisen gefunden wurde. Tafel 33 des Eingangs erwähnten
Werkes von Ninagawa bietet eine schöne Abbildung derselben. Sie
ist hartgebrannt, nach aussen schwarzblau, im Bruch röthlich. Ihre
Gestalt erinnert an die unter dem Namen »Römer« bekannten Kelch-
gläser, wenn man sich über der Cuppa noch einen, die Kugelform er-
gänzenden Deckel denkt, der sich nach oben zu einem ziemlich weiten
cylindrischen Halse gestaltet. Die Maassverhältnisse sind sehr gut ge-
wählt, und ebenso bekundet die Anbringung der einfachen Wellen- und
Linienornamente einen feinen Geschmack.
Zu solchen, durch die Drehscheibe bedingten Fortschritten gesellte
sich nun im 8. Jahrhundert auch noch die Einführung glasig durch-
scheinender Glasur. Am ältesten dürfte die Anwendung der Kochsalz-
glasur auf Steinzeug sein, die ja auch in unserer deutschen Töpferei, und
namentlich beim Brennen des Steinzeuges für Haushaltungszwecke viel
und seit vielen Jahrhunderten im Gebrauch ist. Gefärbte, opake Glasuren
schlossen sich allmählich an; doch hat das weisse Zinnemail sich nie
recht eingebürgert, selbst nicht beim Cloisonné. In den folgenden Jahr-
hunderten bildete die Verbreitung des Thees und der sogenannten
Cha-no-yu oder ceremoniellen Theegesellschaften (an denen übrigens
Damen nicht teilnahmen) einen eigenartigen Anstoss für die Töpferei.
Urnenartige Deckelvasen zur Aufbewahrung der gedörrten Theeblätter
des Handels, Theetöpfe und Theeschalen wurden viel verlangt;
aber der Geschmack nahm eine sonderbare Richtung an, insofern man
plumpen, handgeformten Gefässen den Vorzug gab, sobald sie nur die
schwarze Glasur aufwiesen, welche man zur Conservierung des Thees
besonders schätzte. Die erwähnten Eigenschaften fand man vor-
nehmlich bei dem unter dem Namen Raku-yaki bekannten Fabrikat.
Rein, Japan. II. 35
[546]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Dasselbe wurde um’s Jahr 1570 von einem Koreaner, Namens Ameya,
in Kiôto eingeführt und anfangs Juraku-yaki genannt, nach dem
Stadtteil, in welchem sich die Brennerei befand. Nachdem es aber
den Beifall des mächtigen Taikô-sama (Hideyoshi) gefunden und dieser
den Fabrikanten durch Verleihung eines goldenen Siegels mit der
Inschrift Raku, »Genuss«, ausgezeichnet hatte, wurde dieses Wort als
Bezeichnung der Waare allgemein üblich.
Der Liebhaberei für Raku-yaki und ähnliche Gefässe zur Auf-
bewahrung und Zubereitung des Thees in der zweiten Hälfte des
16. Jahrhunderts, sowie der hohen Preise, welche für solche schwarze
Geschirre gezahlt wurden, gedenken verschiedene Autoren aus jener
Zeit, so Jan Huygen van Linschoten*) und Antonio de Morga. **)
Seite 285 der englischen Ausgabe von Morga heisst es:
»Auf der Insel Luzon finden sich unter den Eingeborenen grosse
irdene Urnen mit dunkler Farbe von sehr hohem Alter, doch ohne
Verzierung und Zeichen. Man kann den Ursprung nicht angeben, noch
ob sie auf der Insel selbst gemacht worden sind. Die Japaner suchen
nach ihnen und bezahlen hohe Preise für dieselben, weil sie gefunden
haben, dass die Wurzel eines Krautes, welches sie Cha (Thee) nennen
und heiss trinken, sich vortrefflich darin aufbewahren lässt, wie nir-
gends sonst. Sie verzieren diese Gefässe äusserlich mit feinem Golde
und viel Geschmack und umhüllen sie mit Brocat.«
Man darf wohl behaupten, dass die eigenthümliche Geschmacks-
richtung, welche durch die Cha-no-yu angebahnt wurde, eher Hinder-
niss, als Förderungsmittel der keramischen Kunst war. Diese erlangte
erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts eine neue Grundlage, auf der
sie sich bald freier und mächtig emporschwang. Es ist die Ein-
führung der Porzellanindustrie aus China, wozu die Expedition des
Hideyoshi nach Korea den Anstoss gab. (Siehe Band I. pg. 324 ff.)
Bevor wir uns aber mit der Einführung und Entwickelung der
höheren Keramik in Japan eingehender beschäftigen, wollen wir erst
einen Blick auf ihre Produkte überhaupt, sowie ihren Ausgang in
China werfen.
In der feineren Keramik bedient man sich einer sich weiss-
brennenden Masse, die man meist aus einer Mischung von zweierlei
Substanzen in fein pulverisiertem und geschlämmtem Zustande bereitet,
[547]8. Keramik.
nämlich aus Kaolin*) (Porzellan- oder Pfeifenthon) und einem kiesel-
säurereicheren Körper, dem sogenannten Flussmittel, welches in
der Regel Feldspath ist, aber auch Pegmatit, Porzellanstein**)
oder irgend eine sich weissbrennende Form des Quarzes sein kann.
Kaolin zeichnet sich durch Bildsamkeit und Feuerbeständigkeit, das
Flussmittel dadurch aus, dass es in der Hitze des Porzellanofens zu
einer glasartigen Masse schmilzt. Von dem Verhältniss beiderlei Be-
standteile in der Masse und der Hitze, welcher Gebilde aus dieser
beim Brennen ausgesetzt werden, hängt es ab, ob die gebrannte
Waare erdig oder glasig bricht, opak oder durchscheinend ist, Por-
zellan oder Steingut genannt wird.
Kaolin ist aus der Zersetzung des Feldspaths, sowie verwandter
Mineralien hervorgegangen und findet sich als Verwitterungsprodukt
feldspathreicher Gesteine, insbesondere des Granits, Porphyrs und
Gneiss, und zwar stets in situ und mit dem unverwitterten Quarz
dieser Gesteine häufig noch so vermischt, dass man alle Stadien der
Verwitterung verfolgen kann. Gewöhnlicher Töpferthon dagegen, z. B.
der fette Braunkohlenthon (und auch der Lehm unserer Felder), ist eine
Sedimentbildung, bei der das Wasser die ursprünglichen Verwitterungs-
produkte thonerdereicher Gesteine oft weit forttransportiert, umgestaltet
und endlich abgelagert hat, so dass der Ursprung nicht mehr zu er-
kennen ist.
Porzellan ist gleich dem Glase im wesentlichen ein Doppelsilicat
der Thonerde mit Alkalien. Aber während beim Glase der Kiesel-
säuregehalt wenigstens 95 % beträgt, bewegt sich derselbe beim Por-
zellan zwischen 58 % und 82 %. Der Anteil der Thonerde variiert
zwischen 9 % und 38 %. Die Menge der Alkalien, wobei Kali in der
Regel weit vorwiegt, steigt nur ausnahmsweise auf 5—6 %. Noch
seltener beträgt der vorhandene Kalk mehr als einen Bruchteil von einem
Procent. Hoher Kieselsäuregehalt der Porzellanmasse verringert ihre
Plasticität (macht sie mager), erleichtert aber das Brennen und liefert
ein feines, mehr dem Glase sich näherndes, aber wenig hartes Porzellan.
Umgekehrt steigt mit der Menge der Thonerde die Bildsamkeit, Härte
35*
[548]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
und Feuerbeständigkeit; dagegen brennt sich eine thonreiche Masse
weniger schön, wird nicht so transparent und bietet der Decoration
grössere Schwierigkeiten dar.
Nach der Menge und Stellung der Kieselsäure im gewöhnlichen
oder Hartporzellan unterscheidet G. Wagener *):
a) Thon-Porzellane, wie die von Meissen und Sèvres. Sie ent-
halten 30—36 % Thonerde und können als Gemenge unschmelzbarer,
doppeltkieselsaurer Thonerde (Al2 O3, 2 Si O2) mit thonerdefreiem Glas
angesehen werden.
b) Kiesel-Porzellane. Dieselben enthalten einen Ueberschuss
an Kieselsäure, können bei niedrigerer Temperatur gebrannt werden,
als die der beiden andern Gruppen und nähern sich am meisten dem
Milchglase. Weitaus das meiste Porzellan des Handels gehört hierher,
so vor allem das chinesische, japanische und böhmische.
c) Silicat-Porzellane, eine Gruppe, welche vornehmlich von
dem Berliner Produkt gebildet wird, das, wie allbekannt, durch die
hohe Hitze, bei der es gebrannt werden muss, seine Feuerbeständigkeit
und grosse Härte sich von allen andern auszeichnet. Diesen Eigen-
schaften entsprechend erscheint es auch unter dem Mikroskop eigen-
artig, als eine glasartig-amorphe, homogene Masse, und eben so in
seiner chemischen Zusammensetzung, indem es aus über 70 % dreifach-
kieselsaurer Thonerde (Al2 O3, 3 Si O2) in Verbindung mit etwa 24 %
thonerdefreiem Glas besteht.
Jederman weiss, dass die Chinesen zuerst das Porzellan erfanden.
Sie stellten daraus schon vor 600 Jahren mancherlei Gefässe dar und
schmückten sie zum Theil mit prächtigen Farben, welche wir noch
heute nicht alle nachzuahmen vermögen. Wer sich von ihren grossen
Leistungen überzeugen will, und zwar schon zur Zeit, als die meisten
unserer Thonwaaren noch recht rauh und plump waren, möge sich nur
die herrliche königliche Sammlung zu Dresden ansehen. Wohl wurde
dieselbe soweit als möglich chronologisch geordnet, dabei aber ebenso
wenig, wie anderwärts die Frage nach der Zeit, in welcher die An-
fertigung des ersten Porzellans stattfand, gelöst. Es ist über dieselbe
schon viel geschrieben und gestritten worden und auch heutiges Tages
gehen die Ansichten darüber noch weit auseinander. Doch ist man
wenigstens soweit einig, dass man die Erfindung nicht mehr in die
vorchristliche Zeit zurückverlegt.
[549]8. Keramik.
Im Distrikt Jaotscheu der Provinz Kiang-si östlich des Poyang-
Sees befindet sich das berühmte King-te-tschin, welches ganz China
mit Porzellan versorgt. In früherer Zeit soll es über 3000 Brennöfen
und eine Million Arbeiter besessen haben. Die Rebellion der Taiping,
welche vor etwa 30 Jahren dem chinesischen Kunstgewerbe schwere
Wunden schlug, die noch lange nicht alle vernarbt sind, zerstörte auch
die Brennöfen von King-te-tschin nebst der sich daran knüpfenden,
blühenden Industrie seiner Bewohner. Ist auch seitdem zur Neu-
belebung derselben viel geschehen, so hat sie doch ihre frühere Leistungs-
fähigkeit nicht wieder erreicht.
King-te-tschin liegt etwa 54 km nordöstlich von der Hauptstadt
Jaotscheu und wurde um’s Jahr 1004 n. Chr. nach einem Kaiser der
Sung-Dynastie benannt, der hier die ersten Porzellanöfen anlegen
liess, während Brennereien für irdenes Geschirr nach Salvétat schon
im Jahre 583 n. Ch. daselbst eingerichtet worden sein sollen, als man
die nöthigen Rohstoffe in Menge in der Nähe fand. Nach St. Julien
wurde bereits viel früher Porzellan dargestellt, dessen Erfindung derselbe
in die Zeit zwischen 185 v. Ch. und 83 n. Ch. verlegt. Man hat aber
hiergegen mit Recht hervorgehoben, dass die chinesischen Angaben,
auf welche er sich stützt. gleich denen des Marco Polo *) sehr oberflächlich
und unbestimmt sind und sich wahrscheinlich auf ganz andere Thon-
waaren beziehen. Ist doch der Begriff Porzellan**) auch in Europa
vielfach falsch aufgefasst worden, selbst noch im 17. Jahrhundert, wo
die Niederländer ihre opake Faience nicht selten Porzellan nannten,
wie später Böttger sein rothes und braunes Steinzeug. Auf den Namen
kommt auch hier wenig, auf den Begriff, den man damit verbindet,
Alles an. Nun gebrauchten aber die Chinesen für die glasierte opake
Irdenwaare nach Sartel ***) den Namen Thao, während die Benennung
Yao für Porzellan erst im 9. Jahrhundert auftauchen soll. Hieraus
schliesst derselbe, dass die harten, muscheligbrüchigen, weissen und
durchscheinenden Waaren, welche wir Porzellan nennen, erst am An-
fang des 9. Jahrhunderts verfertigt wurden. Hiermit stimmt die erste
unzweideutige Erwähnung des Porzellans in dem Berichte des Arabers
[550]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Soleymann, welcher um die Mitte des 9. Jahrhunderts China bereiste.
W. Williams, *) ein vortrefflicher Kenner Chinas, hebt ausdrücklich
hervor, dass King-te-tschin erst seit dem Jahre 1000 n. Chr. besseres
Porzellan liefert. Es ist die Zeit, in der man zuerst die Kobaltver-
zierung unter der Glasur anwandte, welche von da an bis zur Gegen-
wart in der Ausschmückung des chinesischen Porzellans, namentlich
für den häuslichen Gebrauch der Chinesen, immer eine hervorragende
Rolle gespielt hat.
Ich will hier nicht unerwähnt lassen, dass Sir Harry Parkes, der
verstorbene englische Gesandte in China, immer die Ansicht vertrat,
das Porzellan sei erst im 12. oder zu Anfang des 13. Jahrhunderts
aufgekommen. Damit stände denn die Thatsache im Einklang, dass
chinesisches Porzellan erst im 13. Jahrhundert in Japan bekannt wurde.
Mit Recht macht Capt. Brinckley in seiner Abhandlung über die Ge-
schichte der japanischen Keramik hierauf aufmerksam, indem er hervor-
hebt, dass Japan seit seinen ältesten Verbindungen mit China theils
direkt, theils über Korea, die verschiedenartigsten Erzeugnisse des
chinesischen Gewerbfleisses schätzte und einführte, es also doppelt auf-
fallen muss, dass Porzellan aus älterer Zeit nicht vorkommt.
Im 13. Jahrhundert kamen jene prächtigen farbigen Grundtöne in
Anwendung, welche wie celadongrün, mattviolett, gelb, türkisblau von
Sammlern so geschätzt werden. Aber die Blüthezeit der chinesischen
Porzellanindustrie fällt, wie die der meisten Zweige seines Kunst-
gewerbes in die Periode der Ming-Dynastie, vornehmlich in die zweite
Hälfte des 15. Jahrhunderts. In dieser Zeit trat die Porzellan-
fabrikation durch die Anwendung polychromer Verzierungen auf der
Glasur in ein neues Stadium. Man verwandte dazu die sogenannten
fünf Hauptfarben der Chinesen, nämlich Grün (Osten), Roth (Süden),
Weiss (Westen), Schwarz (Norden) und Gelb (Erde), wozu noch als
sechste das Blau des Himmels kam. Gold und Goldpurpur kamen
erst vom Jahre 1690 an in Gebrauch.
Chinesisches Porzellan war in einzelnen Stücken durch die Araber
und Perser allmählich nach den Ländern Süd- und Westasiens und
bis nach Aegypten gelangt. Die Verbreitung in Europa fiel nach Ent-
deckung des Seewegs nach Indien zunächst den Portugiesen, später
deren Nachfolgern im Handel mit Ostasien, den Holländern und Eng-
ländern zu. Wie bereits S. 390 hervorgehoben wurde, entlehnte man
in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts nicht blos zu Meissen (Böttger),
sondern auch zu Sèvres, zu Stoke-upon-Trent (Wedgewood) und ander-
[551]8. Keramik.
wärts die Muster für die neuen Richtungen der Kunsttöpferei den
Chinesen. Die von August dem Starken angelegte Porzellan- und
Gefässsammlung wirkte in hohem Maasse anregend und belebend auf
die Arbeiten von Böttger und seinen Gehülfen ein, so dass man nach-
weisen kann, wie der ältere Meissener Stil daraus hervorgegangen ist.
Die japanische Sprache besitzt zwar ebensowenig, wie die chi-
nesische ein Wort, welches das Porzellan scharf und unzweideutig von
allen andern Thonwaaren unterscheidet; aber man hat andere Beweise
genug, dass die Porzellanindustrie in Japan noch nicht 300 Jahre alt
ist und ihre Einführung sich an die Expedition des Hideyoshi nach
Korea (1592—1598 n. Ch.) knüpft. Documente aus jener Zeit, die
theils geschriebene, theils mündlich überlieferte Geschichte der Porzellan-
und Faience-Fabrikation in den verschiedenen Provinzen, sowie endlich
auch ältere Erzeugnisse derselben, deren Ursprung man genau kennt,
bestätigen, dass der Anfang in jene Zeit fällt und mit der unfrei-
willigen Uebersiedelung koreanischer Töpfer durch die Daimiô’s von
Satsuma, Hizen, Chôshiu und mehrerer andern in deren Herrschaften
im Jahre 1598 beginnt. Die Begründung der Kunsttöpferei durch
diese Koreaner in Arita, Naëshirogawa, Kagoshima, Hagi und an
andern Orten ist eine der wichtigsten Folgen jener Expedition zur
Eroberung Koreas und Chinas gewesen. *)
Wie schon früher angedeutet wurde, pflegt der Japaner Thon-
waaren nicht nach ihrem Charakter, sondern nach ihrem Ursprung zu
benennen. Awata-yaki, Kutani-yaki, Seto-mono, Banko-yaki und
Dutzende anderer Namen zeigen dies. Die Bezeichnungen Ishi-yaki
für hartgebranntes, klingendes Porzellan und Steinzeug und Tsuchi-
yaki für die weichere Irdenwaare kommen jedoch vor und verdienen
allgemeine Annahme. Porzellan mit Kobaltdecoration unter der Glasur
wird Some-tsuke genannt, und da solches für Haushaltungszwecke
seit mehreren Jahrhunderten vornehmlich zu Seto in Owari in Menge
verfertigt wird, so heisst Seto-mono (Setowaare) nicht blos dieses,
sondern es wird auch überhaupt das blauverzierte Porzellan häufig so
genannt. Die blaue Kobaltfarbe ist auch in Japan die älteste zur
Ausschmückung des Porzellans und eben so, wie in China, noch immer
die beliebteste, wie der Anblick eines jeden japanischen Porzellan-
ladens beweist. (Ueber Gewinnung in Seto selbst siehe pg. 361).
[552]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Die feinere Keramik Japans zeigt uns verschiedene höchst inte-
ressante Züge. Einmal ist sie nicht gleich der chinesischen auf ein ein-
ziges Gebiet beschränkt, sondern hat, der Verbreitung werthvoller und
sehr verschiedenartiger Rohmaterialien entsprechend, eine ganze An-
zahl Fabrikationscentren, deren jedes durch Eigenthümlichkeiten des
Materials und der Erzeugnisse sich auszeichnet. Ferner ist sie in ihren
Vorrichtungen und mechanischen Hülfsmitteln wenig und nicht sehr
zweckmässig ausgestattet, in ihren Leistungen aber dessenungeachtet
erstaunlich entwickelt. Sie liefert ein Eierschalenporzellan von un-
übertroffener Feinheit und Reinheit und wiederum Vasen und Blumen-
töpfe so gross und stark, dass die grössten europäischen Fabrikate
derart wahre Zwerge dagegen sind. In der Steingutfabrikation sind
die Leistungen nicht minder gross.
Dennoch kann man wohl im allgemeinen behaupten, dass der
japanische Töpfer viel grösseres Gewicht auf die Ausschmückung seiner
Waare legt, als auf eine sorgfältige Zubereitung und Gestaltung der
Masse. Die Qualität kommt, wie M. Bing mit Recht hervorhebt, erst
in zweiter Linie in Betracht. *) Darum wendet der Japaner nicht blos
die gewöhnlichen Verzierungsweisen unter und über der Glasur an,
sondern hat auch mit Erfolg die Lackmalerei und den Zellenschmelz
auf Porzellan und Steingut übertragen. In der polychromen Aus-
schmückung seiner Waare zeigt sich vornehmlich seine grössere Leistungs-
fähigkeit, ein Sinn für wohlthuende, harmonische Farbenverbindungen,
wie er wohl bei keinem andern Volke gleich entwickelt ist. In dieser
Beziehung steht sein ehemaliger Lehrmeister, der Chinese, ihm weit nach.
Letzterer verfügt in der Porzellanmalerei über glänzendere, lebhaftere
Farben; aber er weiss sie heutiges Tags nur selten noch wirksam mit
einander zu verbinden. Seine Leistungen sind mit seinem Kunstsinn in
den letzten Jahrzehnten, wie auf andern Gebieten, so auch in der
Keramik zurückgegangen. Der Japaner dagegen rastete und rostete
nicht. Die vielseitige Anregung und Belehrung, welche er während
der letzten 15 Jahre auf den internationalen Ausstellungen und durch
gebildete Fremde im eigenen Lande empfing, sind auf guten Boden
gefallen. Seine Fortschritte, deren schon bei der Metallindustrie ge-
dacht wurde, treten uns auch in der Keramik unverkennbar entgegen.
Indem ich ihrer gedenke, scheint es mir nicht mehr als billig, auch
den Namen Dr. G. Wagener’s zu nennen, des Mannes, der als sach-
verständiger Rathgeber mehr als irgend ein anderer Fremder in
Japan zur Förderung des Kunstgewerbes beitrug. Die Spuren seiner
[553]8. Keramik.
anspruchslosen segensreichen Thätigkeit konnte ich in der Porzellan-
malerei zu Arita, in der Metall- und Email-Industrie von Kiôto, in
der Möbeltischlerei zu Tôkio und anderwärts erkennen.
Verglichen mit unsern europäischen Porzellan- und Steingut-
fabriken sind die japanischen klein und erheben sich wenig über den
handwerksmässigen Betrieb, so dass ein Geschäft mit 40—50 Arbeitern
schon zu den grossen zählt. Die leichteren Arbeiten, wie das An-
reiben der Farben, das Glasieren und andere werden oft von Frauen
verrichtet. Das Durcharbeiten der Masse, Formen und Brennen fällt
dagegen stets Männern zu. Um eine Vorstellung von den äusserst
einfachen und höchst primitiven Vorrichtungen zu gewinnen, muss man
sich bei uns in die Zeit vor 100 Jahren und noch weiter zurück-
versetzen, wo auch das Porzellan in liegenden Brennöfen gebrannt
wurde, und die gesammte Zubereitung der Masse ohne Maschinen oder
nur mit Hülfe des denkbar einfachsten Wasserstampfwerks erfolgte.
Auch in Japan finden sich in der Regel nicht alle Materialien, welche
man zur Bereitung der Masse bedarf, am Fabrikorte selbst; nirgends
werden dieselben aber, wie z. B. in China und wie der »China Clay«
in Cornwall zubereitet und dann in den Handel gebracht, sondern jede
Fabrik bezieht sie, selbst bei den unbequemsten Wegen und aus weiterer
Ferne, im rohgewonnenen Zustande.
Die einzelnen Gemengtheile der Masse werden immer für sich
zerpocht, geschlämmt, gesiebt etc., bevor man sie abwiegt oder abmisst
und mit einander mischt. Zum Zerpochen des festen Porzellansteins,
Feldspaths oder Quarzes dient allgemein jene primitive Stampfvor-
richtung, wie sie auch zum Reisschälen gebraucht wird und bereits
S. 53 beschrieben wurde. In den meisten Fällen gewahrt man diese
automatischen Pochwerke an den kleinen Wasserläufen schon lange
bevor man die Fabrik erreicht. In der Regel müssen dieselben mehrere
Tage lang ihre langsame Arbeit fortsetzen, bevor sie die geringe Menge
Gestein im eisenbeschlagenen Troge soweit zerkleinert haben, dass sie
den Schlämmvorrichtungen zugeführt werden kann. Diese alterthüm-
lichen Pochwerke mit ihrem trägen Gang hatten ehemals auch in
Europa eine weite Verbreitung, z. B. in den Minendistrikten des Harzes
und Erzgebirges.
Noch jetzt benutzt man sie in Kleinasien, Armenien und Persien
zum Zerstampfen verschiedener Körper, so auch der Eichenlohe, wie
es z. B. der Correspondent der Kölnischen Zeitung im vorigen Jahre bei
Niksar beobachtete. *)
[554]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Das Schlämmen des zerpochten Rohmaterials (Porzellanstein,
Kaolin, Feldspath, Quarz) erfolgt durch Handarbeit nach alter dis-
continuierlicher Art in Kübeln, Fässern oder Rührkasten, indem man
es mit Schaufeln in Wasser umrührt und dann durch zeitweise kurze
Ruhe das Absetzen des gröberen und schwereren Materials veranlasst.
Die Scheidung des schwebenden feinen Schlammes erfolgt durch das
Oeffnen eines oder des andern Zapflochs, deren gewöhnlich vier in
verschiedener Höhe über einander angebracht sind. Zuletzt lässt man
die gesammelte breiige Masse durch feine Zeugsiebe laufen, auf denen
alle gröberen Körner und sonstige Verunreinigungen zurückbleiben.
Oben offene, nach unten sich pyramidal verengende Kasten ver-
treten unsere Filterpressen. Die Wände sind aus einzelnen Stäbchen
zusammengesetzt. Auf dem Boden liegt reiner Kies oder vollständig
ausgeschlämmte Masse und darüber eine Strohmatte. Wird nun die
Schlämmflüssigkeit aufgegossen, so filtriert das Wasser teilweise durch,
während sich der Thonschlamm nach und nach absetzt. Das darüber
sich sammelnde Wasser wird durch eine seitliche Oeffnung abgelassen,
die Masse weiter auf dem Glühofen getrocknet und zum Schluss mit
Füssen und Händen bearbeitet und durchgeknetet. Ist dies geschehen,
so trägt man sie zum Faulenlassen in eine Grube oder einen
feuchten Kasten, lässt sie jedoch daselbst nicht jahrelang, wie solches
in China früher üblich gewesen sein soll, sondern verarbeitet sie be-
reits nach wenigen Wochen oder Monaten.
Weitaus die meisten Thonwaaren Japans werden auf der Rokuro
oder Drehscheibe geformt. Am häufigsten kommt dieser Apparat in
seiner einfachsten Gestalt zur Verwendung, in welcher das Formbrett
zugleich als Schwungrad dient. Es hat zu dem Zweck ein nahe dem
Rande angebrachtes Loch, in welches ein etwa 20 cm langer Stab
passt, und wird durch einen Druck auf diesen in Schwung versetzt.
In einem entwickelteren Zustande, wie beispielsweise zu Arita, ist das
grössere Schwungrad mit dem 20—30 cm abstehenden Formbrett durch
vier Stäbe fest verbunden und wird mit den Füssen gedreht. Gyps-
formen und die Gestaltung der Masse durch Guss sind eben so wenig
gebräuchlich, wie die Anwendung von Schablonen oder Lehren. Es
sind dies gewiss auffallende Mängel; aber der Japaner ersetzt sie zum
Theil durch sein grosses Geschick in der Handhabung seines Apparats
und der überaus plastischen Masse. Gegenstände mit elliptischem
oder polygonalem Querschnitt können natürlich nicht auf der Dreh-
scheibe gebildet werden, sondern erhalten ihre Gestalt vermittelst
Formen aus gebranntem Thon oder aus Holz. In letzterem Falle ist die
Kata oder Form in viele kleinere Theile zerlegbar. (Siehe Banko-
[555]8. Keramik.
yaki.) Dass Henkel, Deckel und deren Knöpfe, Siebe und Ausguss-
röhren für Theekannen etc. für sich geformt und dem Rumpfe des
Gefässes angefügt werden müssen, ist selbstverständlich.
Bei der 16 cm hohen Kanne aus graubraunem Steinzeug von
Kuwana in Ise (Fig. 19) wurde beispielsweise die Ausflussröhre nebst
Theekanne, graubraunes Steinzeug von Kuwana in Ise.
ihrem Sieb gegen die Innenseite des Gefässes, ferner der Fuss, Deckel
und Henkel, die Kette, sowie die aufgelegte Verzierung (pâte sur pâte)
besonders geformt und dem Rumpfe angefügt. Henkel und Deckel-
knopf stellen Aeste der beliebten Matsu oder Kiefer dar, welche sich
verzweigen und mit ihren Nadeln fest anlegen. Für sich geformt und
angedrückt wurde auch die Bambusrohrverzierung, sowie der Kranz
[556]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
von Kiku-no-hana oder Chrysanthemum-Blüthen am Fusse. Alle Ge-
bilde bestehen aus demselben Material. Es ist rauhes glanzloses Bis-
cuit auf der Aussenseite und durchsichtig emailliert nach innen.
Das Brennen des Porzellans erfolgt mittelst Kiefernholz-Feuerung,
eben so wie das anderer Thonwaaren in sogenannten liegenden Oefen,
den Kama. Dem Garbrande geht beim Porzellan ein scharfes Trocknen
der Waare im Verglühofen voraus. Derselbe, ein einfaches Gewölbe
von mässigen Dimensionen, befindet sich fast immer im Hofraume der
Fabrik selbst. Durch eine etwa 60 cm hohe Mauer aus aufgerichteten,
dicken, feuerfesten Thonplatten wird das Innere der Länge nach in
einen schmalen Gang für die Feuerung und den weiteren Brennraum
geteilt. In diesen werden die geformten Gegenstände meist ganz frei,
ohne Kapseln aufgestellt. Am einen Ende des Feuerraums ist eine zum
Einwerfen des Holzes bestimmte Oeffnung. Die Luftzufuhr erfolgt von
aussen her auf der Sohle des Ofens, die Abfuhr auf entgegengesetzter
Seite durch eine Reihe höher angebrachter Löcher. Beim Betrieb
schreitet die Flamme des angezündeten Holzes über die feuerfeste
Scheidewand hinweg an der Decke des Gewölbes hin, steigt diesem
folgend von der Feuerseite empor über die Geschirrkammer, senkt
sich dann hier auf der steileren Seite des Gewölbes und wirkt so von
oben, wie von dieser Seite mit ihrer Hitze auf das Porzellan ein. Die
Dauer dieses Biscuitbrandes ist sehr verschieden; sie ist abhängig vom
Material, von der Beschaffenheit des Gewölbes und andern Dingen und
wird lediglich durch die Erfahrung bestimmt.
Nach der Abkühlung folgt das Bemalen mit Kobaltfarbe und andern
Verzierungen unter der Glasur, darauf das Eintauchen in diese und
Trocknen, ganz ähnlich, wie bei uns.
Die Glasur, jap. Kusuri, wird aus dem in der Fabrik ge-
brauchten, thonerdereichen Flussmittel (Feldspath, Pegmatit, Porzellan-
stein) durch sorgfältige Auswahl und Verarbeitung desselben zu feiner
Masse, und einer ausgelaugten Holzasche bereitet. Für Porzellan
benutzt man nach dem Vorgang zu Arita allgemein Isu-bai, die Asche
aus der Rinde von Distylium racemosum S. \& Z. (siehe pg. 296), für
Steingut in der Regel Nara-no-hai, Eichenholzasche von Quercus
glandulifera Bl., oder Kuri-no-hai vom Holze der Castanea vulgaris
Lamk. (siehe pg. 287.) Dr. Sarnow, dem ich eine mitgebrachte
Probe des Isu-bai zum Analysieren übergeben hatte, fand darin fol-
gende Procentmengen: 38,27 Kalk, 3,90 Magnesia, 0,66 Manganoxydul,
0,24 Eisenoxyd, 8,23 Kali, 10,65 Kieselsäure, 3,61 Phosphorsäure,
1,27 Schwefelsäure, 0,45 Chlor, 26,85 Kohlensäure, 2,16 Sand, 1,43 Sand,
2,61 Wasser. Da auch die Eichen- und Kastanienholzasche kalkreich
[557]8. Keramik.
ist, so ergiebt sich daraus, dass die in Japan für Porzellan und Steingut
verwendeten Glasuren durchsichtige kalkreiche Gläser bilden, deren
Zusammensetzung indess nicht einer allgemeinen Regel folgt, sondern
in engem Zusammenhang mit derjenigen der übrigen Masse steht, mit
welcher sie sich ja innig verbinden müssen.
Die Porzellanöfen für den Hauptbrand bestehen aus einem sich
an einander reihenden System von Gewölben, deren Zahl und Grösse
keiner bestimmten Regel folgt, sondern vornehmlich vom Bedarf ab-
hängt. Gewöhnlich sind es 5—10, welche sich hinter und etwas über
einander auf einer schiefen Ebene derart erheben, dass die Sohle
jedes folgenden um 80—90 cm höher liegt, als die des vorhergehenden.
Bei grösseren Anlagen ist jedes Gewölbe 2 Ken (3,64 m) lang, 3 Ken
(5,46 m) breit und 8 Shaku (2,43 m) hoch. Die Feuerungen bilden,
wie beim Verglühofen, schmale Gänge nahe der Grenze je zweier Ge-
wölbe; auch hat jedes der letzteren ein besonderes Zugloch am oberen
Teil des Gewölbes auf derselben Seite, von der die Beschickung
stattfindet. Der Boden der Geschirrkammern ist mit Sand bedeckt, das
Garbrennen der Waare erfolgt teils in feuerfesten Kapseln, teils
ohne solche, indem der Gegenstand nur eine Chamotteplatte als Unter-
satz erhält. Ist Alles für den Brand vorbereitet, so wird das Haupt-
feuer am untersten Gewölbe angezündet und 6—12 Stunden lang unter-
halten. Hierauf folgen die Seitenfeuerungen der Reihe nach in Ab-
ständen von 1—2 Stunden derart, dass das eigentliche Brennen volle
24 Stunden dauert, dann folgt das Abkühlen, worauf 3—6 Tage ge-
rechnet werden. Die Flammen des untersten Gewölbes circulieren,
wie beim Glühofen, die heissen Gase treten zuletzt durch die Abzugs-
löcher in 80—90 cm Höhe ein in das zweite Gewölbe, und zwar am
Boden desselben gemäss seiner höheren Lage, und so fort. Ist die
Feuerung in einem Gewölbe beendet, so werden die nach aussen ge-
richteten Oeffnungen verstopft. Die zum Brennen der Waare nöthige
Hitze lernt man durch Erfahrung kennen. Sie muss in den oberen
Gewölben so gross sein, dass ein in eins der Probierlöcher gehaltenes
Scheit Holz sich sofort entzündet.
Ein aus feuerfestem Thone sorgfältig aufgebauter grösserer Brenn-
ofen lässt sich für 300—400 Mark herstellen und 12—15 Jahre lang
benutzen. Zum Schutz gegen Regen und heftige Winde wird er mit
einem leichten Dach überwölbt. In den grösseren Centren der In-
dustrie steigen oft 12, ja 20 und mehr parallel und in kurzer Ent-
fernung von einander an derselben Bergwand empor. Nicht selten
wird ein solcher Ofen, ähnlich wie das Gemeindebackhaus unserer
Dörfer, von verschiedenen Fabrikanten abwechselnd benutzt.
[558]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Sind auch die Verluste bei diesen liegenden Brennöfen keines-
wegs so hoch, wie man annehmen sollte, so bieten doch die Gallerie-
öfen Europas mit ihren Etagefeuerungen und bequemen Vorrichtungen
zur Bestimmung und Regulierung der nöthigen Hitze ausserordentliche
Vorteile. Was auf langem empirischen Wege von den Chinesen und
Japanern erreicht wurde, Resultate, die mehr der Zufall herbeiführte,
das lässt sich hier und mit Hülfe der Chemie zielbewusst in kürzester
Zeit erproben. Hierher rechne ich unter Anderm die Versuche mit
neuen Materialien und Massen, mit Glasuren und Farben.
Die Farben, welche man in Japan zur Decoration der Thonwaaren
benutzt, sind die nämlichen, welche wir auch gebrauchen; ja sie
werden jetzt grösstenteils aus Europa bezogen. Wenn nichts desto-
weniger verschiedene derselben z. B. das Blau aus Kobaltoxyd und
das Roth aus Kolkothar intensiver, lebhafter und wirksamer erscheinen,
so liegt dies teils in der verschiedenen Beschaffenheit der Unterlage,
Art des Auftragens und Hitze des Einbrennens, vornehmlich aber da-
ran, dass sie länger, sorgfältiger und feiner vor dem Gebrauch zer-
rieben werden.
Die gewöhnlichsten Gefässe, welche die japanische Keramik liefert,
sind: Wan, die Schale, Obertasse, Cha-wan, die Theeschale, der
Theenapf, Temmoki, die grosse Schale, Choku, die kleine, halb-
kugelige zum Sake-Trinken, Sake-dzuki, die flache Sake-Schale,
Domburi, der grössere halbkugelförmige oder cylindrische Napf,
Hachi, der Napf, die Bowle, Shiu-ro, das Becken zum Hände-
wärmen, Midzu-bachi, das Wasserbecken z. B. für Goldfische, Koro,
das Räuchergefäss, der Räuchertopf, Hana-ike, die Blumenvase, Uye-
ki-bachi, der Blumentopf, Tokkuri, die Flasche, Cha-bin, Cha-
dashi, der Theetopf, Kibisho und Shiusu, ein kleiner Theetopf
aus Porzellan oder Steingut mit geradem, hohlem Griff aus demselben
Material gegenüber der Ausflussstelle, Do-bin, ein irdener Theetopf
mit Bambus- oder Rotanghenkel, Kuwashi-ire, die Zuckerdose, Bon-
bonnière, Tsubo, die ei- oder urnenförmige Deckelvase, Cha-tsubo,
oder Cha-ire, die Theedose, Deckelvase zum Aufbewahren des Thees,
Kame, ein grosser Tsubo, Tane-tsubo, die Urne zum Aufbewahren
von Sämereien. Shita-tsuki, die Untertasse, Sara, Teller, Schüssel.
Ferner liefert die Kunsttöpferei Oki-mono oder Nippsachen
mancherlei Art, Nachbildungen von Vögeln, wie Hahn und Henne, und
andern Thieren, von menschlichen Figuren und vor allem auch viele
Ningiô oder Puppen. Insbesondere ist ein Stadtteil von Kiôto auf
der Südseite nach Fushimi hin durch seine umfangreiche Puppen-
industrie bemerkenswerth. In der ordinären Töpferei sind zu den
[559]8. Keramik.
längst bekannten und benutzten Ziegeln seit etwa 20 Jahren auf An-
regung der Fremden als Baumaterial auch Backsteine gekommen,
deren Verwendung mit dem allmählichen Ersatz der feuergefährlichen
Holzbauten durch Backsteinhäuser beständig wächst.
Die hervorragendsten Sitze der feineren Keramik Japans, nämlich
Arita, Kiôto, Seto, Kanazawa und Hongo für Porzellan, Ka-
goshima, Kiôto und Ota für Steingut, und Yokkaichi für Stein-
zeug wurden von mir in den Jahren 1874 und 1875 besucht, ihre
Betriebsweisen, Charakter und Vorkommen der dabei verwendeten
Rohstoffe und andere in Betracht kommende Fragen, soweit es die
Zeit erlaubte, studiert und darüber Aufzeichnungen gemacht, welche
auch den nachstehenden Mitteilungen grösstenteils zu Grunde liegen.
Dem Artikel über die Montanindustrie ist ein Orientierungskärtchen
beigefügt, auf welchem auch fast alle obigen Orte, sowie die be-
merkenswerthesten Fundstellen verschiedenartiger Porzellansteine an-
gegeben sind.
Arita-Porzellan, Imari oder Hizen.
Sämmtliches Porzellan, welches vor dem Jahre 1854 durch die
Holländer aus Japan über Nagasaki nach Europa kam und hier seit
lange zu den werthvollsten Stücken keramischer Sammlungen zählt,
fungiert in diesen unter einem der drei obigen Namen, wohl auch als
»altes Hizen«. Von ihnen bedeutet der erste, früher wenig ge-
brauchte, den Hauptfabrikationsort, der zweite den benachbarten kleinen
Hafen und Versandtplatz, der dritte die Provinz, in welcher beide
gleich Nagasaki gelegen sind.
Ungefähr in der Mitte der vielgliedrigsten Provinz Japans, 15 Ri
(7 Meilen) nördlich von Nagasaki und jenseits der Bucht von Ômura,
sowie 11 Ri westlich von Saga befindet sich unter etwa 33° 10' N und
129° 50' O Gr. Arita, ein Städtchen mit 1200 Häusern und 6000 Be-
wohnern, welche sich grösstentheils gleich denen verschiedener Nach-
barorte von der nun bald 300 Jahre lang hier blühenden Porzellan-
industrie nähren. Ist es auch nicht, wie vielfach behauptet wurde,
der Mittelpunkt der Porzellanindustrie Japans, so doch derjenige der
entwickeltsten und leistungsfähigsten des ganzen Landes.
Die Stadt liegt etwa 90 m über der See in einer Hügellandschaft,
deren Höhen vorwiegend mit Kiefern bewaldet sind. Einer dieser
Hügelrücken auf ihrer Ostseite liefert Arita in mächtiger, unerschöpf-
licher Lagerstätte und unvergleichlicher Güte den Porzellanstein, jenes
eigenartige Material, aus dem ihre Töpfer die verschiedensten Gebilde
vom leichten, feinsten Eierschalen-Porzellan bis zu den imposanten,
[560]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
zwei Meter hohen Vasen verfertigen. *) Der vulkanische Ursprung dieses
Arita-ishi (Arita-Steins) ist bisher sowohl von denen, welche ihn,
wie v. Richthofen, Wagener, Rein, Lyman, an Ort und Stelle,
oder wie Gümbel, Pabst, vom Rath nach Handstücken untersuchten,
einstimmig anerkannt worden. **)
Lyman***) hält ihn gleich mir für ein Umwandlungsprodukt des alten
vulkanischen Gesteins, das ganz in der Nähe als Perlitbreccie und Trachyt
unverändert ansteht. Hierfür spricht das stockartige Auftreten, das
Aussehen und die chemische Analyse. Es ist ein compakter Fels, von
der Härte des Ziegelsteins und 2,5—2,7 sp. Gewicht, von grauweisser
oder schwachgelblicher Färbung, der nach Gümbel†) in auffallender
Weise dem Trachyt- oder Felsitthonstein gleicht, womit auch die
chemischen Analysen (siehe Anhang, Tabelle A) übereinstimmen. Die
beste Sorte ist fast reines Kaolingestein. An andern Stellen findet man
die Masse durchtrümmert und von zahllosen kleinen Quarzadern durch-
zogen, welche nach freundlichen Untersuchungen und Mitteilungen des
Herrn G. vom Rath zum Teil mit sehr kleinen Quarzkryställchen
erfüllt sind und auch gleich andern Teilen Eisenkieskryställchen
führen, die sich unter der Lupe deutlich als Würfel und Pyritoëder
erkennen lassen.
Dieser Porzellanstein wird steinbruchartig auf einer Strecke von
etwa 1000 Metern gewonnen. Man unterscheidet drei Hauptsorten,
eine weisse, völlig kaolinisierte, die auch stellenweise den erdigen
Charakter des Kaolins annimmt, eine bläuliche, quarzreiche und eine
gelbliche, eisenhaltige. Bei der Gewinnung wird ganz systemlos ver-
[]
Alte Vase aus Arita-Porzellan.
[][561]8. Keramik.
fahren und das anstehende Material so weit und tief verfolgt, als man
es eben ohne grosse Abraumarbeiten vermag.
Desshalb hatte man auch von der Ausdehnung des Vorkommens,
namentlich nach der Teufe, vor 11 Jahren noch gar keine Ahnung.
Gegen eine kleine Abgabe an die Stadt kann jeder ihrer Bürger hier
sich so viel Arita-ishi holen, als er bedarf; dagegen darf nichts davon
nach andern Porzellandistrikten oder in’s Ausland versendet werden. Zum
Stampfen benutzt man die Wasserkraft kleiner Bäche ringsum. Lange
bevor man auf den nach Arita führenden Wegen dieses erreicht, kann
man allenthalben die dazu dienenden Vorrichtungen wahrnehmen.
Da der Arita-Porzellanstein in seinen verschiedenen Abstufungen
der Zersetzung das plastische-, Magerungs- und Flussmittel zugleich
bietet, wird die Zubereitung der Masse andern Porzellanfabriken gegen-
über sehr vereinfacht. Dass hier die Töpferscheibe nicht wie ander-
wärts in ihrer einfachsten Gestalt erscheint und mit Hand und Stab
in rotierende Bewegung gesetzt wird, vielmehr aus einem System
zweier Scheiben besteht und die untere dicke Fussscheibe mit den
Füssen gedreht wird, wurde bereits an einer andern Stelle hervor-
gehoben. Die Achse, um welche die Scheibe läuft, besteht auch hier
nicht aus Stahl, sondern aus einem am Boden befestigten, zugespitzten
Zapfen von festem Holze. Einige der Fabriken sind für japanische
Verhältnisse sehr gross. Man verfertigt in ihnen neben den gewöhnlichen
Sachen für die Bedürfnisse des Landes besonders viele und zum Theil
sehr grosse Vasen. Ich sah ein Paar von 6 Fuss 7 Zoll (1,995 m)
Höhe. Es war von untadeligem Brand, mit Kobaltblau unter der
Glasur reich verziert und wurde auf 500 yen oder 2000 Mark veran-
schlagt. Solche Gegenstände werden aus mehreren Stücken zusammen-
gesetzt, die man nach dem Formen 4—5 Tage lang an der Luft
trocknet. Hierauf kommen sie wieder auf die Drehscheibe, wo man
sie auf einen napfartig vertieften Klumpen weicher Masse setzt und
mit einem Stück zugeschärften und zweimal rechtwinklig gebogenen
Eisenblech, ähnlich wie Holz, auf der Drehbank an den Rändern so
abdreht, dass die einzelnen Stücke genau auf einander passen oder
etwas schachtelartig in einander übergreifen. Sie werden dann an
diesen Stellen durch längeres Eintauchen in Wasser erweicht, darauf
zusammengesetzt und an den Berührungsstellen mittelst sehr plastischer
Masse mit einander verbunden. Das Brennen erfolgt auf Chamott-
postamenten, ohne Kapseln.
Das Eierschalen-Porzellan, Usu-de-yaki, d. h. »Dünngebranntes«,
wird jetzt hauptsächlich in dem 3 Ri von Arita entfernten Orte Mika-
waji dargestellt; doch zeigte uns ein Arbeiter in Arita das Verfahren.
Rein, Japan. II. 36
[562]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Man verwendet dazu die beste, feingeschlemmte Masse, dreht die
Schalen und Tassen schon ziemlich dünn ab, wobei man sich einer
zugeschärften hölzernen Lehre (Schablone) bedient. Sie werden hierauf
mehrere Tage hindurch dem Trocknen an der Luft ausgesetzt, dann
ähnlich den Vasenstücken, aber allenthalben weiter abgedreht und
schliesslich in Kapseln gebrannt.
Ich sah in Arita ein Dutzend grosse Porzellanbrennereien. Die
liegenden Oefen übertreffen an Grösse alle sonst in Japan beobachteten.
Jeder besteht aus 12—16 Gewölben, welche etwa 25 Fuss (7,58 m)
tief, 15 Fuss (4,55 m) breit und 10—12 Fuss (3,03—3,64 m) hoch an-
einandergereiht auf schiefer Ebene emporsteigen. Sie sind aus feuer-
festem Thon und Lehm aufgebaut, auf dem Boden mit Quarzsand be-
deckt und haben ⅔—1 m breite Gänge für den Eintritt und die
Feuerungen auf der einen Längsseite der Reihe, so wie je ein Probier-
loch, während die andere Längsseite ganz geschlossen ist. Etwa
25—30 cm über dem Boden trägt jede Zwischenwand eine Reihe
quadratischer Oeffnungen für den Eintritt der heissen Luft aus dem
tieferen Gewölbe in das zunächst höhere. Man unterhält die unterste
oder Hauptfeuerung fast einen ganzen Tag und beginnt die Seiten-
feuerungen etwa 6 Stunden nach dem Anfang der ersteren. C. Gümbel
hat neben dem Rohmaterial auch schönes weisses Porzellan von Arita
analysiert und dabei 70,74 % SiO2, 21,75 % Al2O3, 2,02 % FeO3,
0,72 % CaO, 0,02 % MgO, 3,23 % KaO und 2,43 % Na2O gefunden.
Die Industrie von Arita wird allgemein auf Gorodayu Shonsui,
einen Töpfer der Provinz Ise, welcher am Anfang des 16. Jahrhunderts
lebte, zurückgeführt. Angeregt durch die Schönheit und Werth-
schätzung des chinesischen Porzellans, welches damals nach Japan
gelangte, unternahm er eine Reise über Fu-tschau nach King-te-tschin,
wo er sich fünf Jahre lang behufs Erlernung der Industrie aufhielt.
Nach seiner Rückkehr im 10. Jahre Yeishô (1514) liess er sich in dem
damals unbedeutenden Orte Arita nieder und verfertigte aus den von
King-te-tschin mitgebrachten Materialien eine Anzahl grober Porzellan-
waaren mit blauer Kobaltverzierung unter der Glasur. Als jedoch sein
Vorrath an chinesischer Porzellanmasse erschöpft war und er sich ge-
nöthigt fand, zu einheimischem Thon zu greifen, gelang es ihm nur
Faïence darzustellen, welches auch seine Nachfolger bis zum Ende des
Jahrhunderts mit Kobaltdecoration unter der Glasur lieferten.
Mit der Rückkehr des Heeres aus Korea (1598 n. Ch.) nahm hier,
wie in vielen andern Theilen Japans die Keramik einen neuen Auf-
schwung. Nabeshima Naoshige, der Daimiô von Hizen und einer
der Befehlshaber japanischer Truppen in Korea, brachte mehrere ko-
[]
a. Dose aus altem Arita-Porzellan.
b. Napf aus altem Satsuma-Steingut.
Verlag v. Wilh. Engelmann, Leipzig.
[][563]8. Keramik.
reanische Töpfer mit, welche sich erst im Badeorte Ureshimo, später
in Arita niederliessen. Hier entdeckte einer derselben, Namens Ri-
sampei, im Jahre 1599 am Idzumi-yama im Osten des Ortes den
Porzellanstein und inaugurierte damit die Porzellanfabrikation in Japan.
Zur Kobaltdecoration unter der Glasur kam einige Jahre darauf — man
sagt veranlasst durch Holländer in Deshima — die Anwendung von
Benigara (Eisenroth), dann zwei Jahre später die Verzierung über der
Glasur, welche Higashidôri Tokuzayemon, ein Töpfer aus Arita,
einführte, nachdem er in Nagasaki durch den Führer einer chinesischen
Dschunke das Verfahren kennen gelernt hatte. Es war dies ein
enormer Fortschritt; denn damit beginnt erst das hervorragende Ge-
schick und das künstlerische Talent der Japaner in der Keramik sich
zu entwickeln. Bereits um das Jahr 1680 führten die Holländer »altes
Hizen« von Nagasaki aus. Wer den damaligen Zustand der Industrie
studieren will, dem bietet die reiche Sammlung in Dresden, wie keine
zweite in Europa dazu Gelegenheit.
Es sind vornehmlich grosse urnenförmige Deckelvasen oder Tsubo,
sogenannte Theeurnen, weil sie ursprünglich zur Aufbewahrung des
Thees bestimmt waren, ferner halbkugelförmige Näpfe (O-cha-dzuke, Dom-
buri) und runde flache Schüsseln, jap. Sara. Sie wurden mit Bildern
von Blumen (Päonien und Chrysanthemum mit Vorliebe), kleinen Land-
schaften, menschlichen Figuren etc. in Roth und Gold, verziert, wozu
oft noch etwas Grün kam, während die Anwendung blauer, vio-
letter, gelber und schwarzer Muffelfarben einer viel späteren Periode
angehört. Dieses »alte Hizen«, das seinen Charakter auch das ganze
18. Jahrhundert hindurch im wesentlichen beibehielt, ist jetzt sehr gesucht.
Ein Paar Teller von 61 cm Durchmesser mit schöner Landschafts-
malerei für 25 yen = 100 Mk. erschien dem Kenner schon vor 12 Jahren
in Japan selbst sehr billig eingekauft und dürfte — das grosse Risiko
durch den Transport mit in Betracht gezogen — in Europa kaum unter
dem 4—5fachen Preis zu haben sein.
Noch immer steht unter den Meibutsu oder berühmten Produkten
der Provinz Hizen das Porzellan obenan. Es soll im ganzen in etwa
36 Orten verfertigt werden; doch überragt Arita alle andern bei weitem
und liefert jetzt, wie vor 200 Jahren, die geschätzteste Waare von
ganz Japan. Sie ist vollkommen gleichartig und besitzt neben einer
reinen, weissen Farbe ansehnliche Translucenz, ferner genügende
Härte für alle Zwecke des gewöhnlichen Lebens und brennt sich doch
Zu Tafel XX. a. Dose aus altem Arita-Porzellan.
b. Napf » » Satsume-Steingut.
(Die Originale befinden sich im Königl. Kunstgewerbe-Museum zu Berlin.)
36*
[564]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
so leicht, dass die decorative Kunst an ihr, wie an Steingut sich üben
kann, wobei auch die grosse Plasticität der feinen Masse von Vorteil ist.
Die Formen haben sich während der letzten Jahrzehnte unter dem
Einfluss fremder Abnehmer vielfach geändert und sind mehr dem euro-
päischen Geschmack und Bedürfniss angepasst worden. Alle Arten
Teller, Kaffee- und Theeservice kommen auf den Markt. Von den
grösseren decorativen Stücken ist die henkellose urnenförmige Deckel-
vase fast ganz verschwunden und durch offene Blumenvasen von
mancherlei Gestalt und Grösse ersetzt worden. Unter diesen finden
sich henkellose mit wellenförmig übergebogenem Rande, die man ander-
wärts in Japan kaum anfertigt, besonders häufig. Dass manche der-
selben in Japan mit Lack verziert werden, wurde schon Seite 448
erwähnt. Zu dem Zwecke dürfen sie nicht glasiert sein. Gekochter
Leim, mit Eisenocker (Tonoko) zu einem Brei angerieben, bildet das
Grundierungsmittel. Ist dasselbe trocken und glatt geschliffen, so folgen
Naka-nuri, Togi und Makiyeshi-Arbeit, wie solche in der Lackindustrie
näher angegeben wurden.
Der Amakusa-ishi oder Stein von Amakusa.
Im Süden der Provinz Hizen und ihrer vulkanischen Halbinsel
Shimabara befindet sich unter 32°—32½° N. und 130°—130⅓° O. Gr.
eine kleine Gruppe von Inseln, benannt nach Amakusa (sprich
Amáksa), der grössten und westlichsten derselben.*) Von Nagasaki
aus kann man auf dem 2 Ri langen Landwege in südlicher Richtung
das schön gelegene Hafenstädtchen Mogi, und von hier durch eine
Seegelbootfahrt von etwa 3 Stunden über die Chijiwa-nada in Tomioka
das nordwestliche Ende der Insel Amakusa erreichen. Diesen Weg
schlug ich im Frühjahr 1875 ein, als ich die Fundstätte des Porzellan-
steins kennen lernen wollte, den ich unter dem Namen Amakusa-ishi
in Ota bei Yokohama, Kiôto und anderwärts hatte anwenden sehen.
Dieses bemerkenswerthe Material wird an verschiedenen Stellen nahe
der Westküste, 2—6 Ri südlich von Tomioka nicht weit von den Post-
stationen Shimotsuke-Fukei, Kodakoro und Takahama ge-
wonnen, in letzterem Städtchen auch zur Darstellung eines gewöhn-
lichen Porzellans benutzt, meist aber nach andern Theilen des Landes
versendet. Das beste kommt vom Iguchi-yama, 1 Ri östlich von
[565]8. Keramik.
Takahama, in dessen Nähe auch eine Antimonmine sich befindet (siehe
pg. 362.).
Der Porzellanstein tritt auf dieser wenig fruchtbaren, schiefer- und
sandsteinreichen Insel in zum Theil mächtigen Stöcken auf, die teils
frei anstehen, meist aber von gelblichen oder grauweissen Thonsand-
steinen überlagert sind. Es ist ein metamorphisches, teils silicifiertes,
teils kaolinisiertes Eruptivgestein von weisser, grauweisser oder gelb-
licher Farbe, ähnlich wie der Arita-ishi, aber fester, härter und schwerer.
Die Grundmasse stellt ein feinkörniges Gemenge von Kaolin und Quarz
dar. Sie umschliesst einzelne Quarzkörner, sowie krystallinische Hohl-
räume, aus welchen Orthoklas, oder Plagioklaskrystalle herausgewittert
sind. G. vom Rath fand auf den Wandungen dieser Höhlungen, so-
wie auf kleinen Spalten und Klüften äusserst kleine Flitterchen von
Eisenglanz, sowie anscheinend neugebildeten Quarzkryställchen. Jene
krystallinischen kleinen Hohlräume fehlen keinem Handstück und sind
desshalb das auffallendste Erkennungs- und Unterscheidungsmerkmal
des Amakusasteins. Sie lassen auf einen höheren Kaligehalt schliessen,
den auch die Analyse von C. Sarnow I. Tabelle B. aufweist. Ein Ver-
gleich mit der chemischen Zusammensetzung anderer Porzellansteine,
welcher dort gegeben ist, zeigt, dass Amakusa-ishi darin dem Pegmatit
(VIII) von Yükan in China am nächsten steht.
Amakusa gehört zur östlich davon auf Kiushiu gelegenen Provinz
Higo, in welcher zu Yatsushiro nach der koreanischen Expedition
eine Thonwaaren-Industrie entstand, die durch die eigenthümliche
Behandlung und Ausschmückung ihrer Produkte mehr, als durch Um-
fang und hohe Leistungen beachtenswerth ist. Kato Kiyomasa*), der
grosse Gegner des Konishi Yukinaga und bittere Feind der Christen
(siehe I. Bd. pg. 327 ff.), soll dieselbe durch den Koreaner Kizo ein-
geführt haben. Es ist eine Art Steinzeug oder auch Hartporzellan von
grauer oder graubrauner Farbe, bei welchem die Verzierungen durch
Einlage oder Incrustation von weisser Porzellanmasse bewirkt werden,
ähnlich wie es zum Theil bei Banko-yaki geschieht. (Siehe Tafel XXIII.
Fig. 2 rechts oben.)
Satsuma-Steingut von Kagoshima und Nayeshirogawa.
Die Provinz Satsuma, welche sich südwärts an Higo anschliesst,
ist Sammlern als Lieferant des schönsten und geschätztesten Steinguts
bekannt, das je aus Ostasien gekommen ist. Satsuma-yaki, wie
die Landesbezeichnung dafür lautet, zeichnet sich weniger durch seinen
[566]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Scherben, als durch seine Ausschmückung aus. Was nur die Er-
findungsgabe an Formen und Verzierungen ersinnen, Geschmack und
Ausdauer dabei erreichen konnten, findet man bei dieser Waare ver-
sucht und durchgeführt.*) Eine dem Scherben angepasste Glasur, deren
weiche gelbliche Färbung zwischen derjenigen alten Elfenbeins und
des Rahms schwankt, ist der geeignete Träger dieses Ornaments,
das in feinen Haarrissen (Craquelé) der Glasur selbst, in durch-
brochener und Reliefarbeit der Masse, mit der man oft Flechtwerk
nachahmt, vor allem aber in einer reichen, bewundernswerth weichen
und harmonisch gestimmten polychromen Bemalung besteht. Die Bildung
von Haarrissen, bei unserer Kunsttöpferei das Zeichen eines grossen Miss-
verhältnisses zwischen dem geringen Schwinden des Gegenstandes nach
dem Biscuitbrande und einer rasch und stark sich zusammenziehenden
Glasur, wird bei Chinesen und Japanern absichtlich hervorgerufen und
— wenn gut geleitet, — viel bewundert. Satsuma-Kracksteingut und alle
Nachahmungen desselben, wie Awata-yaki, Awaji-yaki, Ôta-yaki, hat
ein engmaschiges Netz solcher feinen Haarrisse, während bei ältererem
chinesischen Krackporzellan die Maschen und Risse viel weiter und
derber sind.
Die Japaner nennen die krakelierte Thonwaare Hibi-yaki oder
Hibi-de. Sie wenden zu seiner Darstellung Feldspathglasur mit ausge-
laugter Holzasche an, die sie der Glasurmasse beifügen, um dieselbe
leichter schmelzbar zu machen. Die in Gold, Roth und Grün ausge-
führten Verzierungen stellen vorherrschend Blumen dar. Am besten findet
man Chrysanthemum, Päonien und Ahorne, dann Geflügel, Pfauen und
andere Vögel nachgebildet. Räuchertöpfe, Theetöpfe, Näpfe und Schalen,
in neuerer Zeit aber auch Vasen, Urnen und andere grössere Gegen-
stände sind die vorherrschenden Artikel dieser Industrie.
Die Einführung derselben knüpft ebenfalls bei der Expedition nach
Korea an. Im Jahre 1598 brachte Shimadzu Yoshihisa, Daimiô von
Satsuma, bei der Rückkehr in sein Land eine grössere Anzahl korea-
nischer Töpfer und deren Familien mit, gab denselben Samurai-Rang
und siedelte sie in Kagoshima und einigen Ortschaften an. Fünf Jahre
[567]8. Keramik.
später vereinigte er die meisten derselben (17 Familien) in dem 6 Ri
entfernten »Koreaner Dorfe« Nayeshirogawa. Ihre Nachkommen
leben und betreiben die Töpferei hier noch immer. Sie haben zwar
die japanische Kleidung, Lebensweise und Sprache angenommen, sich
aber sonst unvermischt erhalten und so körperlich ihren koreanischen
Charakter bewahrt. Es ist ein kräftigerer Menschenschlag als der
japanische, mit intelligenten Zügen, stark hervortretenden Backen-
knochen und spitzem Kinn, wodurch sie sich mehr den Riukiu-Insu-
lanern nähern.
Die erste Generation verfertigte nur Raku-yaki, eine kunstlose,
schwarzglasierte Waare, welche bereits durch andere Koreaner unter
Hideyoshi in Kiôto dargestellt wurde. Noch jetzt werden Theedosen,
Töpfe und Näpfe, sowie eine Menge anderer Irdenwaaren nach dieser
Art dargestellt. Andere bereiten Krack-Steingut, wie die Fabrik bei
Kagoshima, noch Andere wirkliches Porzellan aus Amakusa-ishi und
einheimischem Kaolin und verwenden zur Glasur neben ihm Isu-bai.
Doch sind die Produkte ausschliesslich auf den einheimischen Markt
berechnet und keine derselben irgendwie hervorragend.
Was unter dem Namen Satsuma, Satsuma-Faience, Sat-
suma-Steingut nach Europa kommt, stammt nicht vom Koreaner-
dorfe, sondern wurde früher in dem Orte Tatsuno bei Kagoshima
verfertigt. Vor etwa 20 Jahren ging die Fabrik in die Hände einer
Gesellschaft Samurai, der Toki-gaisha, über, welche sie nach
Tano-úra verlegten, das eine halbe Meile von der Hauptstadt Ka-
goshima an der Bucht prächtig gelegen ist.
Zwischen 1624 und 1644 n. Ch. wurde der weisse Porzellanstein
Kaseda oder Kaseda-ishi entdeckt, der seinen Namen dem Fund-
orte in der Nähe des Städtchens Kaseda verdankt, das in südwestlicher
Richtung von Kagoshima sich befindet. Eine Analyse dieses, mir
nicht näher bekannten Materials bringt Tabelle B. IV. Auch die Ent-
deckung des Kaolins zu Ibusuki*) fällt in jene Zeit. Die Kunst der
polychromen Bemalung führten zwei Koreaner gegen Ende des 18. Jahr-
hunderts ein, nachdem sie dieselbe in Kiôto kennen gelernt hatten.
In Tano-úra bereitet man gegenwärtig die Masse aus 13 Theilen
Kaseda, 18 Theilen Ibusuki und 3 Theilen Kirishima-tsuchi, die Glasur
[568]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
aus 10 Theilen weissem Kaseda (Shira-ishi) und 5 Theilen Nara-bai,
d. h. Eichenholzasche.
Mehr oder minder gut gelungene Nachahmungen der edlen Faïence
von Satsuma werden seit längerer Zeit an verschiedenen Orten Japans
geliefert und gelangen jetzt theils unter dem Namen Satsuma, theils
unter den richtigen Bezeichnungen Awata-yaki, Awaji-yaki, Ôta-yaki
in grosser Menge und zu billigen Preisen auch in’s Ausland. Die
Haltbarkeit der meisten ist viel geringer, die Färbung in vielen Fällen
etwas abweichend, bald mehr gelb, wie beim Awata-yaki, bald mehr
in graue oder weisse Töne übergehend. Indess gehört schon ein ge-
übter Blick dazu, manche dieser Produkte von echter Satsuma-Waare
zu unterscheiden.
Die Thonwaarenindustrie zu Kiôto.
Wie auf der rechten Seite des Kamo-gawa in dem Haupttheile
der alten japanischen Hauptstadt die Seiden- und Metall-Industrie,
so hat auf der linken, in dem östlichen Stadttheil, die Keramik ihren
Sitz aufgeschlagen. Ausser gewöhnlicher Töpferwaare liefert dieselbe
Steingut und Porzellan in Menge und zum Theil in vorzüglicher Güte.
Die Anfänge dieser Industrie gehören der Mitte des 17. Jahrhunderts an.
Ninsei, ein Amateur-Töpfer aus der Familie Nonomura, welche
zu den Fujiwara zählte, gab in der zweiten Hälfte des genannten
Jahrhunderts der Gefässbildnerei in Kiôto durch Einführung der durch-
sichtigen Glasur in verschiedenen Brennereien der Vorstädte und durch
Darstellung einer Art Faïence und Halbporzellan neuen Anstoss und
höheren Flug. Die Erzeugnisse, Ninsei-yaki, welche seine Kunst
aus Shigaraki und andern Thonen der Nachbarschaft schuf, zeichnen
sich nicht blos durch sorgfältigere Behandlung der Masse, sondern vor
allen Dingen durch ihre vortrefflichen, kühn entworfenen Verzierungen
aus und sind heutzutage sehr gesucht. Gleiches gilt vom Kenzan-
yaki, welches sein berühmtester Schüler in der ersten Hälfte des
18. Jahrhunderts darstellte. Es hatte eine gelbliche Farbe (Ki-iro). Der
Verfertiger Ogata Sinsha wurde Shisui Ken-zan (d. h.schöner,
blauer Nordwestberg), nach der im Nordwesten von Kiôto am Fusse
des Atago-yama (Ken-zan) gelegenen Brennerei genannt. Aus Ken-
zan-yaki und Ninsei-yaki entwickelte sich einerseits die heutige
Steingutindustrie in der Vorstadt Awata, anderseits die Porzellan-
fabrikation zu Kiyomidzu.
Das Awata-yaki wird im östlichen Theil von Kiôto zu beiden
Seiten des Weges, der nach Ôtsu in Ômi führt, verfertigt. Drei oder
[569]8. Keramik.
vier Kaolin-, resp. Thonsorten, nämlich Shigaraki-tsuchi*) und
Kagami-yama-tsuchi aus Ômi, Okazaki-tsuchi und Dainichi-
yama-tsuchi aus der Nähe von Kiôto, werden nach der Zubereitung
ihrer Masse zu gleichen Teilen gemengt, um die Masse für dieses
Steingut zu erhalten. Sie brennt sich im ersten Feuer (Biscuitbrand)
grauweiss, mit einem Stich ins Röthliche, erscheint aber nach dem
Hauptbrande im Scherben fast weiss. Die gelbliche, haarrissige Glasur
soll durch Mischung von gleichen Theilen Seki (Stein, wohl Amakusa-
ishi) und Aku, der Asche aus Abfällen der Indigopflanze (siehe pg. 267)
erhalten werden. **)
Die Porzellan-Industrie von Kiôto hat ihren Sitz im Stadt-
theil Kiyomidzu am Fusse des Higashi-yama südlich von Awata
(siehe I. Bd. Plan von Kiôto.) In Gôjô-dôri oder Gôjô-saka, der vom
Tempel Kiyomidzu zum Kamo-gawa führenden Strasse, ist Haus an
Haus ein Porzellanladen. Viele verkaufen selbstgefertigte Waaren.
Auch hier zeigt das Vorherrschen der blauen Kobaltdecoration schon
aus einiger Entfernung an, dass die Industrie vorwiegend dem japa-
nischen Haushalte dient; doch haben in neuerer Zeit die bedeutendsten
Geschäfte, wie Dô-hachi und Rôku-bai hier ebenfalls dem fremden
Abnehmer und seinem Geschmack sich angepasst. Mehr noch geschah
dies von Ken-zan, dessen Fabrik zwischen Gôjô-zaka und Yasaka
sich befindet. Aus seinen Händen kommen mehrere der schönsten
Stücke von Kiyomidzu-yaki, welche das Kunstgewerbe-Museum zu Berlin
aufweist. Ansehnliche Härte, grosse Reinheit und Durchsichtigkeit
und eine schön weisse Farbe, auf der sich das Kobaltblau prächtig
abhebt, zeichnen es aus. Die Masse zu dieser geschätzten Waare wird
aus 7 Theilen Amakusa-ishi und 3 Theilen Shigaraki-tsuchi, die
Glasur aus Amakusa-ishi und Isu-bai bereitet.
Awaji-yaki oder Mimpei-yaki. Unter diesen Namen machte
auf der Wiener Weltausstellung ein dem Awata-yaki sehr ähnliches
Steingut durch seine feine, haarrissige Glasur und die äusserst sorg-
fältige, delikate Bemalung nicht wenig Aufsehen. Dasselbe stammte
vom Orte Igano-mura auf der Insel Awaji vor der Idzumi-nada
(Bucht von Ôzaka) aus einer kleinen Fabrik, welche Kashiu Mimpei
im Jahre 1838 errichtet hatte und die dessen Sohn Sanpei jetzt weiter
betreibt.
Die Thonwaarenindustrie von Owari, Mino und Mika-
wa umfasst das Grenzgebiet dieser drei Provinzen und hat zu Seto
[570]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
im nordöstlichen Owari, 5 Ri von dessen Hauptstadt Nagoya, ihre
grösste Entwickelung gefunden, so dass dieses, wie Arita in Hizen,
nach Alter und Einfluss seiner Industrie als Mittelpunkt dieses zweit-
bedeutendsten Töpfereibezirkes in Japan gelten kann. Es ist eine
Hügellandschaft, welche sich bis zum Uebergang des Nakasendô aus
Shinano nach Mino, sowie an der Grenze von Owari und Mikawa
gegen das Meer hin über den Tôkai-dô hinaus verfolgen lässt. Ver-
witterungsprodukte eines Granit- und Schiefergebirges, vornehmlich
Kieselgeröll und weisse oder lehmfarbige Thonglatzen und eine dürftige
Vegetation von lichter Kiefern- und Buschwaldung bedecken die lang-
gestreckten niedrigen Hügelrücken von kaum 200 m Erhebung. Nur hin
und wieder sieht man noch anstehende Granitfelsen und alte Schiefer von
schwarzgrauer Färbung daraus hervorschauen, die man jedoch häufiger,
auf grösseren Strecken und weniger mürbe auftreten sieht, wenn man sich
den höheren Rücken an der Grenze nähert. Anderseits reihen sich den
Flanken dieser Hügelregion fossilführende jungtertiäre Schichten an.
Von dem wohlerhaltenen Schriftgranit 1½ Meilen von Seto an
findet sich die Verwitterung, Kaolinisierung und weitere Umwandlung
des Feldspaths repräsentiert in vielen Thonlagern, welche an den Ab-
hängen der Hügel und in den Thalmulden teils anstehen, teils von
Kieselgeröll überdeckt sind. Schriftgranit und mit Quarzkörnern reich-
lich vermischter Kaolin bilden die Hauptgrundlagen der Keramik des
erwähnten Gebiets. In Owari concentriert sich dieselbe um Seto und
wird hier schon seit fünfhundert Jahren betrieben. Unter den mancherlei
Produkten derselben stehen kleine Haushaltungsgegenstände verschie-
dener Art, wie Schalen und Näpfe für Sake, Thee und Reis, Thee-
töpfe, Sakeflaschen, kleine Blumenvasen und Blumentöpfe aus milch-
weissem Porzellan, geschmackvoll verziert mit blauer Kobaltmalerei
unter und auf der Glasur oben an. Zu den grössten und schönsten
Gegenständen, welche Seto liefert, gehören feine schwere Blumen-
töpfe. Das Königliche Kunstgewerbe-Museum zu Berlin besitzt einen
solchen, auf dessen Aussenseite über tiefblauem Grunde sich Wein-
reben mit Blättern und Trauben in weissgehaltenem Flachrelief er-
heben, ein Decorationsstück von bester Wirkung. Seto-mono, wie
diese schöne Waare genannt wird, ist in ganz Japan wohl bekannt, ja
der Ausdruck wird oft als Gattungsname für alle derartig geschmückten
Porzellane und gleichbedeutend mit Some-tsuke gebraucht. Feines
Seto-mono und Kiyomidzu-yaki stehen sich übrigens so nahe, dass
man sie kaum zu unterscheiden vermag.*) Seto-Porzellan ist mehr
[571]8. Keramik.
glasiger Natur als Arita-Waare, weniger zähe und leichter zerbrechlich.
Die Porzellanmasse wird in Seto aus 10 Theilen Kairome-tsuchi,
8 Teilen Hon-ishi, 2 Teilen Chikura-ishi und 2 Teilen Giyaman-
ishi bereitet, die Glasur aus Hon-ishi, Giyaman-ishi und Isu-bai.
Unter Kairome-tsuchi und Seto-tsuchi versteht man die Kaoline
dortiger Gegend, grauweisse körnige Massen, in welchen der Feld-
spath des Granits vollständig kaolinisiert ist, die zahlreichen hellen
Quarzkörner aber noch in ihrer ursprünglichen Lage sich befinden und
durch Kaolin verbunden sind. Hon-ishi oder Chô-seki, d. h. Haupt-
stein, ist der grauweisse Kalifeldspath des Schriftgranits. Er wird an
der Grenze von Owari und Mino, 3 Stunden Wegs von Seto entfernt,
gewonnen, zu Akadzu, eine Stunde von Seto, durch dreitägige Stampf-
arbeit mit Wasserkraft in der früher angegebenen Weise pulverisiert,
hierauf geschlemmt und dann nach Seto gebracht. Der Chikura-
ishi und Hiromi-ishi, letzterer aus Mikawa, scheinen sehr ähnlich
zu sein. Dr. Sarnow analysierte eine Probe des von mir erhaltenen
Hon-ishi und fand dabei 65,78 % Kieselsäure, 20,22 % Thonerde,
0,43 % Eisenoxyd, 0,77 % Kalk, 10,33 % Kali, 1,24 % Natron und
0,51 % Wasser, so dass derselbe dem in unsern deutschen Porzellan-
fabriken viel verwendeten schwedischen und norwegischen Kalifeld-
spath (Mikroklin) nahesteht. Derselbe schmilzt leicht zu einem durch-
scheinenden, farblosen Glase.
Giyaman-ishi, d. h. Glasstein, nennt man den hellgrauen oder
bläulichweissen Quarz, den man in der Nähe von Seto findet und der
in der Seto-Masse als Magerungsmittel fungiert. Ueberhaupt wird man
aus der Zusammensetzung dieser Masse ersehen, dass dieselbe nach
europäischer Art erfolgt und derjenigen der böhmischen Porzellan-
masse sehr nahe steht.
Das Seto-Porzellan wird teils in Kapseln, meist aber frei auf
feuerfesten Etageren gebrannt. Um das Anschmelzen an die Unterlage
zu verhüten, wird jedem Gegenstande eine dünne Platte aus einer
grauen Talkerde untergelegt, die in Seto Yori-tsuchi genannt wird
und vor dem Formen ebenfalls pulverisiert und geschlemmt werden
muss.
Die Zahl der Arbeiter, welche in der Porzellan-Industrie von
Seto selbst beschäftigt sind, beträgt 700—1000. Ausser Seto-mono
liefert Owari auch viel Irdenwaare, so das Tokoname-yaki in Chida-
gori, 10 Ri von Nagoya, das Inu-yama-gori in Nuira-gori und das
Toyoske-yaki in Nagoya selbst, welches die Familie Toyoske im
Innern mit gefärbter Bleiglasur, äusserlich aber mit Lackmalerei
versieht.
[572]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Die Begründung der Thonwaarenindustrie in Owari wird Kato-
Shirosayemon, genannt Tôshiro zugeschrieben, welcher, nachdem
er fünf Jahre lang in China die Töpferei erlernt hatte, im Jahre 1223
zurückkehrte und sich zum Betrieb derselben in Seto niederliess. Er
lieferte glasiertes Steinzeug und verwandte zu seinen ersten Versuchen
gleich Gorodayu Shonsui in Arita Thon, welchen er aus China mit-
gebracht hatte. In späterer Zeit folgte er einer verbreiteten Sitte und
wechselte nochmals seinen Namen in Shunkei, so dass auf Tôshiro-
yaki das Shunkei-yaki folgte. Mehrere seiner Nachfolger zeich-
neten sich durch Anfertigung von Theeurnen (Tsubo) und andern
Gegenständen aus, welche man zur Blüthezeit der Cha-no-yu (Thee-
gesellschaften) hochschätzte; auch kam zum Steingut unedle Faïence
mit gefärbter Email. Aber die Kunst, Porzellan zu verfertigen, lernte
und übte man erst spät, nachdem ein jüngeres Glied der Töpferfamilie
des Tôshiro, nämlich Kato Tamikichi, auf listige Weise den Arita-
töpfern das Geheimniss entlockt hatte.
Mino-yaki. Die Minowaaren, fast nur kleine Gebrauchsartikel,
wie Theetöpfe, Schalen, Teller, Näpfe, wie sie zum Reisessen dienen,
Sakeflaschen etc. sind meist weniger fein verziert, als die von Seto,
und entsprechen mehr den Mitteln und Bedürfnissen des gewöhnlichen
Mannes. Daher finden wir vornehmlich mancherlei irdenes Geschirr
und unter diesem solches von vortrefflichem Material und sorgfältiger
Arbeit, an der sich mancher unserer gewöhnlichen Töpfer ein Muster
nehmen könnte. Die Porzellanindustrie folgte derjenigen von Seto
und wurde erst 1810 eingeführt. Dieselbe erstreckt sich nordwärts bis
zum Dorfe Nakatsugawa am Nakasendo. Mehr nach Owari hin
wird sie in vielen Dörfern betrieben, vornehmlich in Takayama,
Tajimi und Ichinokura. Zu den schönsten Leistungen gehören
kleine Thee- und Sakeschalen aus vorzüglichem Porzellan, deren dünne
Wandungen, wie in Hizen, durch Abdrehen der lufttrocknen Gebilde
dargestellt und theils an den genannten Orten selbst, theils in Tôkio
mit Muffelschmelzfarben prächtig verziert werden.
Ôta-yaki, Makudzu-yaki.
Im Jahre 1872 eröffnete der Kaufmann Miyagawa von Yoko-
hama bei dem benachbarten Orte Ôta eine Fabrik mit der Absicht,
Satsuma und anderes Steingut, sowie Porzellan nachzumachen und
damit besonders dem Verlangen nach Decorationsstücken für den aus-
ländischen Markt zu entsprechen. Zur Leitung berief er einen Töpfer
Namens Kayama aus Kiôto. Man verfertigte vornehmlich Vasen und
bezog dazu als Rohmaterialien Amakusa-ishi und verschiedene Thone
[573]8. Keramik.
aus dem benachbarten Musashi. Später soll das Geschäft auf Kayama
übergegangen sein, nach dessen früherem Wohnort Makudzu-ga-hara
in Kiôto die Produkte vielfach benannt worden sind. Kayama ent-
wickelte eine ungewöhnliche Thätigkeit und war unerschöpflich in der
Erfindung und Anwendung neuer Decorationsmotive, vornehmlich in
Hochrelief. Seine Erzeugnisse, welche während der letzten 12 Jahre
in Menge ausgeführt wurden und auf den grossen internationalen
Industrieausstellungen viel Aufsehen machten, bieten neben höchst origi-
nellen und zum Theil wirklich schönen Entwürfen auch mancherlei
Geschmacksverirrungen. Da waren z. B. auf der Pariser Ausstellung
grosse Vasen in langgestreckter Tonnen- (Cigarren-) form mit einer an
die Färbung des Awata-yaki streifenden Glasur, um welche sich grosse
verrostete Anker in Hochrelief schlangen, auf denen kleine Kobolde
sassen. Andere Vasen hatte man in ihrem unteren Theil mit einer
höckerigen Oberfläche versehen, die an eine Wand erinnerte, welche
man mit breiigem Cement, vermischt mit kleinen Kieseln, beworfen
hat. Auch durchbrochenes Korb- und Bambusrohrgeflecht hatte man
mit grosser Treue vortrefflich nachgeahmt. Alles dies imponierte den
Preisrichtern dergestalt, dass sie die in Wien und Philadelphia er-
haltenen Auszeichnungen des Ausstellers durch Zuerkennung der
goldenen Medaille vermehrten.
Die Faïence von Ôta nähert sich dem Porzellan und übertrifft
alles andere japanische Steingut an Härte und Festigkeit. In ihrer
Färbung steht dieselbe meist zwischen Satsuma und Awata-yaki; da-
gegen hat die Fabrik noch keine Gegenstände geliefert, welche sich
durch polychrome Malerei auszeichneten und den besseren Produkten
von Kagoshima und Awata an die Seite stellen liessen.
Hongo-yaki.
Der Ort Hongo, wonach dieses Porzellan benannt wird, liegt in
der Aidzu-taira (Ebene von Aidzu), Provinz Iwashiro, auf dem Wege
von Sannô-tôge nach der Hauptstadt Wakamatsu und etwa eine Meile
von dieser entfernt. Auf der Südseite des Dorfes steigt ein Hügel
empor, dem mindestens ein Dutzend liegende Brennöfen mit ihren
auf einander folgenden Gewölben angelehnt sind. Man verfertigt hier
ein hartes Porzellan und verziert es mit Kobaltfarbe unter der Glasur;
doch steht die Waare an Feinheit und die decorative Kunst nicht auf
gleicher Höhe mit Seto und Kiyomitzu. Die Industrie beschränkt sich
fast ausschliesslich auf gewöhnliche Verbrauchsartikel. Sie verwendet
weder Feldspath noch Quarz, findet aber in den vulkanischen und
altkrystallinischen Zersetzungsprodukten in grösserer oder geringerer
[574]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Entfernung ein reiches, werthvolles Material. Von einem solchen,
welches ich in der Nähe des Inawashiro-Sees traf, dem Tonokuchi-
ishi, gibt Tabelle B. III die Zusammensetzung an. Die Kaoline
kommen meist aus der Nachbarschaft von Hongo. In einer der Fabriken
setzte man die Masse aus 5 Teilen Shirojari, 3 Teilen Haguro,
3 Teilen Dobiyama-tsuchi und 2 Teilen Tonokuchi zusammen.
Dieselbe hat einen Stich in’s Gelbliche, brennt sich aber rein weiss.
Kutani-yaki oder Kaga-Porzellan.
Weiss man auch nicht genau, in welchem Jahre — man nimmt
gewöhnlich 1650 n. Ch. an — die Fabrikation dieses eigenartigen,
durch seinen Decor hochgeschätzten Porzellans begann, so ist seine
Geschichte doch älter, als die der meisten andern Porzellane, welche
Japan bislang geliefert hat. Mayeda Toshiharu, der erste Daimiô von
Daishôji in Kaga, liess bald nach Antritt seiner Herrschaft im Jahre
1639 n. Ch. sich einen Töpfer von Kiôto kommen und dieselbe nach
Materialien zu feineren Thonwaaren durchsuchen. Nachdem solche
bei Kutani-mura und anderwärts gefunden waren, begann die Industrie.
Zu ihrer Förderung sandte der Nachfolger des Fürsten, Mayeda To-
shiaki, einen Arbeiter Namens Tamura Gonzayemon nach Hizen,
damit er dort die Verfertigung des Porzellans kennen lerne. Dieser
errichtete nach seiner Rückkehr bei Kutani-mura, 8 Ri südöstlich von
Daishôji, den ersten Porzellanofen in der Nähe der Fundstätte des
Kutani-ishi, von dem noch weiter die Rede sein soll. Nach einer
andern Version gründete nicht Tamura Gonsayemon, sondern ein ge-
wisser Gotô Saijiro ums Jahr 1650 dieses erste Porzellanwerk in
Kaga. Unterstützt von einem höchst talentvollen Maler, Namens
Kuzumi Morikage, der sich in Kaga niederliess, fand seine Waare
den grössten Beifall, nicht blos des Fürsten von Kaga, sondern auch
des Shôgun Tsunayoshi in Yedo. Später sanken jedoch die Leistungen
der Fabrik, und gegen Ende des 18. Jahrhunderts ging das Geschäft
ganz ein. Im Juni des Jahres 1810 wurde durch einen Kauf-
mann in Kutani die Fabrikation neu eröffnet. Da aber Kutani zu
hoch im Gebirge liegt und der lange, strenge Winter die Arbeiten
sehr behinderte, so verlegte der Besitzer seine Fabrik im Jahre 1814
nach dem Badeorte Yamashiro-mura, 1 Ri östlich von Daishôji.
Dieselbe war 1874, als ich sie besuchte, noch im Betrieb; doch hatte
man 8 Chô (¼ Stunde) ausserhalb des Ortes seitdem zwei grössere
Brennereien angelegt, die neben Kutani-yaki auch gewöhnliche Töpfer-
waaren und eine Art Steingut liefern. Das Porzellan wird grössten-
theils nach Kanazawa, der Hauptstadt der Provinz, gesandt und dort
[575]8. Keramik.
decoriert. Zur Darstellung des Kaga-Porzellans dient eine Masse,
welche man aus 8 Teilen Kutani-ishi, 2 Teilen Nabetani-ishi,
6 Teilen Gokoji-tsuchi und 4 Teilen Yamashiro-tsuchi er-
zielt.*) Letzteres ist gewöhnlicher Töpferthon, der Gokoji-tsuchi ein
Kaolin, ähnlich dem von Seto, mit vielen Quarzkörnern durchmengt. Der
Nabetani-ishi, richtiger Nabetani-tsuchi, von Nabeya-mura findet sich
8 Ri von Yamashiro-mura auf dem Wege nach Kanazawa und ist
ebenfalls ein weisser körniger Kaolin. Das meiste Interesse gewährt
der Kutani-ishi, von dem Tabelle B. II eine Analyse gibt. Es ist dies
ein stark verwitterter und in der Kaolinisierung begriffener Quarz-
porphyr, grauweiss auf frischem Bruch, rothbraun durch Eisen auf den
Spalten und Klüften. Zierliche Quarzkrystalle (Dihexaeder nebst
untergeordneten Prismen), vereinzelte Orthoklaskrystalle und kleine
zersetzte Biotitpartien sind darin deutlich zu erkennen und lassen
über den Charakter des Gesteins keinerlei Zweifel zu.
Die Zubereitung der Masse für Kutani-yaki ist weniger sorgfältig,
als für die meisten andern Porzellane. Auch brennt sich dieselbe
nicht so hell und glatt; der Scherben zeigt vielmehr eine starke
Neigung nach Roth oder Grau und körnige Beschaffenheit. Wenn
dessen ungeachtet die daraus verfertigten Teller, Vasen, Theetöpfe,
Dosen, Tassen etc. in ganz Japan hohen Ruf haben und viel höher
im Preise stehen, als entsprechende Gegenstände aus andern Porzellan-
distrikten, so liegt dies lediglich in der eigenthümlichen, reichen und
sorgfältigen Decoration mit Gold, Goldpurpur und Eisenroth, wozu
noch in manchen Fällen Kupfergrün, selten eine fünfte Farbe kommt.
Diese Verzierungsweise über der Glasur wurde im Jahre 1814 ein-
geführt; früher war die blaue Kobaltdecoration unter der Glasur, wie
bei Seto- und Kiôto-Porzellan gebräuchlich. Die hervorragendsten
Leistungen in der Kaga-Porzellanmalerei hatte in den letzten 15 Jahren
eine Gesellschaft von Samurai in Kanazawa aufzuweisen, an deren
Spitze Abé stand. Die Verzierung des Kaga-yaki ist so auffällig
eigenartig, dass nicht viel Uebung dazu gehört, es in der Regel sofort
zu erkennen. Gewöhnlich theilt ein mit Gold und Roth ausgeführter
allgemein ornamentaler Teil, wobei häufig Mäander in Anwendung
kommen, die zu decorierende Fläche in einzelne Felder, in welche
alsdann die eigentlichen Gemälde: menschliche Figuren, Blumen, Vögel,
Wolken, bestehend aus einzelnen eisenrothen Punkten, eingetragen
werden. Zuweilen sind diese Bilder auch in Schmelzfarben ausgeführt,
doch viel seltener als dies bei Seto-mono geschieht. In Bezug auf
[576]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
die zum Theil äusserst sorgfältige, effectvolle Verzierung gehören
manche Artikel des Kutani-yaki zu dem Schönsten, was die keramische
Industrie überhaupt je geleistet hat. Der Charakter dieser Verzierung
geht aus der Farbenlichtdrucktafel XXII deutlich hervor.
Banko-yaki. Die Provinz Ise liefert am Tôkai-dô unter dieser
Benennung in den Städten Yokkaichi und Kuwana, sowie in ver-
schiedenen Ortschaften zwischen ihnen teils Steinzeug, teils eine
Art glasierter Irdenwaare mit prächtiger Emailverzierung, welche man
ganz zutreffend als japanische Majolika bezeichnet hat. Im engeren
Sinne besteht Banko-yaki jedoch aus roth- bis dunkelbraunen, gelb-
lichen oder weissen, einfachen, marmorierten oder bemalten Thon-
waaren, welche äusserst geschmackvoll, aber dünnwandig, leicht und
wenig widerstandsfähig, hartgebrannt sind und im Scherben ganz den
Charakter des Steinzeugs besitzen. Es sind meist kleinere Gegen-
stände, Theetöpfe, Kannen, kleine Vasen und andere mehr, welche
weder auf der Drehscheibe, noch aus freier Hand, sondern über zerleg-
baren Katas oder Formen gebildet werden. Der eisenschüssige Thon,
welchen man für die gefärbte Waare braucht, wird an einem benach-
barten Hügelzuge bei Obuke in verschiedenen Nüancen gewonnen;
der weisse ist Porzellanmasse aus Seto. Nachdem die zwei Sorten
für sich fein geschlemmt, durch Tücher gepresst und zu plastischen
Massen umgewandelt worden sind, werden sie für einfarbige Waare
gesondert, für marmorierte gemengt angewendet, d. h. im letzteren Falle
oberflächlich durch einander geknetet, dann mit einer Walze ähnlich
wie Kuchenteig dünn ausgewalzt. Die zerlegbare Holzform mit einem
verlängerten prismatischen oder cylindrischen Stück als Griff in der
Mitte wird nass gemacht, mit Streifen von geöltem oder in Shibu ge-
tränktem Papier überdeckt. Darauf drückt man den ausgeschnittenen
Teiglappen allseits fest wider die Form. Was über den Bodenrand hinaus
geht, wird ringsum abgeschnitten. Besondere Streifchen der Masse
liefern durch Anlegen und festes Aneinanderdrücken den Hals. Auch
der Boden wird für sich zugeschnitten, angelegt und angedrückt. Mit
Griff und Ausflussröhre, die vorher fertig geformt wurden, geschieht
dasselbe. Ist der ganze Topf so auf der Kata modelliert und etwas
getrocknet, so nimmt man vom Mittelstück aus die Form in ihren ein-
zelnen Theilen auseinander, stellt ihn dann zum Trocknen auf und
zieht nachher die Shibu-gami-Streifen bequem heraus. Den Deckel
formt man wieder für sich. Das Brennen dauert 24 Stunden. Die
Gegenstände erhalten keine Glasur.
Von den vier Töpfen auf Tafel XXIII ist jeder in anderer Weise
verziert. Ringe und Deckelknöpfe der beiden oberen sind leicht dreh-
[]
Sake-Flasche aus Kaga-Porzellan.
[][]
Banko-yaki von Yokkaichi.
Verlag v. Wilh. Engelmann, Leipzig.
[][577]8. Keramik.
bar. Die senkrechte Streifung beider wurde nach dem Aufdrücken
der Masse auf die Form erzielt. Bei dem weissen Topf (oben links)
wurden Vogel und blühender Zweig aufgemalt, bei dem graubraunen
rechts die weisse Botan- (Päonien-) Blüthe mit entsprechender Masse
eingelegt. Der dritte Topf (unten links) zeigt noch die Stellen, wo
der Daumen die dünne Teigplatte an die Form drückte. Die Häus-
chen, mit welchen er verziert wurde, sind Masse auf Masse. Endlich
sehen wir beim vierten Topf, wie durch Mengung verschieden gefärbter
Massen eine eigenthümliche Marmorierung hervorgerufen wird. Gegen-
stände dieser Art werden Momi-kome oder Kamo-gata genannt.
Banko Kichibei, nach dem dieses Steinzeug oder »Grès de
Banko« benannt wurde, errichtete zwischen 1652 und 1660 bei Yedo
eine Brennerei, welche als ein Zweig der Fabrik in Kutani angesehen
wurde, später aber einging. Vor etwa 40 Jahren richtete ein Por-
zellantöpfer Namens Yiusetsu im Dorfe Obake bei Kuwana eine
Brennerei ein, wechselte seinen Namen in Banko und legte den Grund
zu der heutigen, eigenartigen Industrie, welche seinen Adoptivnamen
trägt. Ihr Hauptsitz ist zu Yokkaichi am Tôkaidô, wo der Fabrikant
Kawahara-ya gegen 80 Arbeiter beschäftigt. Die Fabrik in Obake
besteht noch, liefert aber mehr Majolika mit prächtiger Emailver-
zierung in Relief. Einige Töpfer aus Yokkaichi verpflanzten das Ver-
fahren nach Onko in Mino, das jetzt eine viel dauerhaftere Waare
liefert.
Endlich ist auch noch das Imbé-yaki zu erwähnen, ein eigen-
artiges Steinzeug aus der Provinz Bizen, welches, bei heftigem Feuer
gebrannt, sich durch schöne braunrothe Farbe auszeichnet und an
gewisse chinesische Waaren ähnlicher Art erinnert.
Rein, Japan. II. 37
[578]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
A. Analysen der Porzellansteine von Arita in Hizen.*)
B. Analysen von Porzellansteinen verschiedenen Ursprungs.
Erläuterungen zu nebenstehenden Tabellen:
A enthält verschiedene Analysen des Arita-ishi, der Grundlage
für die berühmte Porzellan-Industrie in Hizen, B solche von Porzellan-
steinen verschiedenen Ursprungs und Charakters.
A I, B I, III und IV wurden von Dr. C. Sarnow in der Königl.
Porzellanmanufactur zu Charlottenburg ausgeführt und in der Thon-
industriezeitung 1878 Nr. 28 veröffentlicht. Das Material hatte ich
an den japanischen Fundstätten selbst gesammelt. Sarnow bemerkt
dazu Folgendes: A I Arita-ishi. »Weisse, steinartige Masse mit zahl-
reichen, schwarzen Pünktchen durchsetzt, ist im Porzellanfeuer nahezu
beständig.« B I Amakusa-ishi. »Weisse, steinartige Masse, zerrieben
ein weisses Pulver gebend, welches, mit Wasser zu einer Masse an-
gerieben, bei der Temperatur, in welcher das Porzellan der Königl.
Porzellan-Manufactur zu Berlin gebrannt wird, bereits zerfliesst.«
B II Kutani-ishi. »Stein von gelblicher Farbe, oder gelblichweiss,
mit gelben Adern durchzogen, im Porzellanfeuer bereits beginnende
Schmelzung zeigend.« B III Tonokuchi-ishi, Kaolin von der Nähe
des Inawashiro-Sees. »Die Stücke sind von gelblich weisser Farbe,
höchst feuerbeständig, sich im Feuer sehr weiss brennend.«
A II und III sind Analysen des Arita-Steins, welche Gümbel in
Dingl. Polyt. J. Bd. 227 pg. 501 ff. veröffentlichte. Derselbe erhielt das
Material durch Dr. G. Wagener von der Wiener Weltausstellung.
Die Analysen A IV, V, VI, VII rühren von H. Wurtz her und
finden sich von Atkinson reproduciert in Vol. VIII pg. 273 der
Transactions As. Soc. of Japan 1880. In demselben Artikel gibt R. W.
Atkinson eine Reihe eigener Untersuchungen der in der jap. Keramik
verwandten Materialien, denen B IV entnommen ist.
Die drei letzten Analysen der Tabelle A, sowie B V, VI und VII
wurden der »Untersuchung von Chinesischen und Japanischen zur
Porzellanfabrikation verwandten Gesteinsvorkommnissen von W. Pabst«
in Zeitschrift der deutsch. geol. Gesellschaft Bd. 32 (1880) entlehnt.
Die Gesteine lieferte F. von Richthofen, ebenso Notizen über das
Vorkommen in China und zu Arita. Hiernach hielt v. Richthofen den
Arita-ishi für tertiäres Massengestein, kieselsäurereiche, rhyolithtuff-
ähnliche Gebilde, während die Porzellansteine von Kingte-tschin grosse
Aehnlichkeit mit Hälleflinta und Petrosilex haben.
Das Porzellangestein von Yükan, von dem B VIII und IX zwei
Analysen von Salvétat sind, bezeichnet dieser als Pegmatit und v. Richt-
hofen als Porphyroid. B X ist eine Analyse des Pegmatits von Yrieix
in Frankreich, welche Seger veröffentlicht hat und hier vergleichs-
weise beigefügt ist.
37*
[580]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
C. Analysen verschiedener japanischer Kaoline und Thone,
verglichen mit einigen fremden.
D. Analysen verschiedener Porzellanmassen.
C. Analysen verschiedener Kaoline und Thone.
Von diesen veröffentlichte R. W. Atkinson die Nummern I—IV
in Transactions As. Soc. of Japan Vol. VIII pg. 274—275, Gümbel
V in Dingl. Pol. J. Bd. 227 pg. 501 ff. Kalmann VI in Dingl. Pol. J.
[581]8. Keramik.
Bd. 220 pg. 445 und K. Bischof. VII, VIII und IX in Dingl. Pol. J. Bd. 198
pg. 396. Wie man aus dem Vergleich sieht, kommt das Arita-
Kaolin, welches sich in Gesellschaft des Arita-Porzellansteins befindet
und nur als eine weitere, fortgeschrittenere Umwandlung von diesem
zu betrachten ist, dem Normal-Kaolin von St. Austell in Corn-
wall am nächsten. Der höhere Alkaligehalt desselben erleichtert das
Brennen und ist für die Porzellanindustrie von Arita von hohem Werth.
Von den übrigen japanischen Porzellanthonen der Tabelle wird Shiga-
raki sowohl für Porzellan, als auch für Steingut von Kiôto ver-
wendet, ebenso der Kaolin von Kirishima-yama für die Faience von
Satsuma. Dasjenige von Seto dient den Porzellanfabriken von Owari
und Mino, welche übrigens noch viele andere Thone verwerthen. Bei
Kuwana in Ise findet man den Thon, welcher für das hellere Banko-
yaki benutzt wird; auch ein röthlicher Thon mit über 5 % Eisenoxyd,
aus welchem z. B. die Kanne Fig. 19 gebildet wurde, findet sich hier
in Ise als werthvolles Material für seine eigenartige Industrie.
Tabelle D, »Analysen verschiedener Porzellanmassen«, bietet Stoff
zu interessanten Vergleichen. Insbesondere fallen die beiden ersten
von Arita-Massen, welche gleich der Nr. VIII von Seger und Aron in
der Thonindustriezeitung veröffentlicht wurden, durch ihren hohen
Kieselsäuregehalt auf. Der durch seine hervorragenden Leistungen
auf keramischem Gebiete wohlbekannte Direktor der Versuchsanstalt
zu Charlottenburg, bemerkt dazu Folgendes: »Die japanische Masse I
zeigt den höchsten Grad der Bildsamkeit, so dass bei dem geringen
Gehalt an thonigem Bindemittel kaum anzunehmen ist, dass dafür
ein wirklicher plastischer Thon verwendet wird.« Dies ist denn auch
in der That nicht der Fall. Die Masse steht, wie der Porzellanstein,
welcher sie liefert, in der Porzellanindustrie einzig da.
Die Analysen III und IV verdanke ich Herrn Dr. Sarnow. Der-
selbe bemerkt von der Masse III, dass dieselbe gelblichgrau und ziem-
lich plastisch sei, sich weiss brenne und von beinahe derselben Feuer-
beständigkeit sei, wie die Berliner Masse. Gleiche Eigenschaften zeigt
die Masse von Kiyomidzu. In der chemischen Zusammensetzung nähern
sich diese drei Massen ebenfalls; doch ist die Berliner thonerdereicher
und entsprechend im Brande härter. Der nahen Verwandtschaft der
Seto-Masse mit der von Kiôto entsprechen auch die Porzellane beider
Distrikte. Die Analysen VI und VII stammen von Laurent und wurden
gleich IX dem Handbuch der Thonwaaren-Industrie von Kerl ent-
nommen. Der hohe Kalk- und Alkaligehalt der chinesischen Masse IX
macht das daraus bereitete Porzellan leichtflüssig und nähert es dem
weichen englischen.
[582]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
9. Emailindustrie.
Wesen und Arten des Email. Historischer Ueberblick über die Entwickelung der
Industrie in verschiedenen Ländern. Charakter des chinesischen und japanischen
Email cloisonné. Darstellungsweise desselben in Japan auf Kupfer, Porzellan und
Steingut. Zellenlackarbeit. Freies Email. Zusammensetzung und Zubereitung
japanischer Schmelzfarben.
Literatur:
- 1) Theophilus Presbiter: »Schedula diversarum artium.« Herausgegeben
von H. Hagen in den »Quellenschriften für Kunstgeschichte.« 7. Band. Wien 1874. - 2) Popelin: »L’Art de l’émail.« Paris 1868.
- 3) Burty: »Les Emaux cloisonnés.« Paris 1868.
- 4) v. Brandt: »Ueber japanisches Email cloisonné.« Mittheil. d. deutsch.
Ges. Ostasiens. 5. Heft pg. 1—3. 1874. - 5) Bucher: »Geschichte der technischen Künste.« Stuttgart 1875.
- 6) J. L. Bowes: »Japanese Enamels.« Liverpool 1884.
- 7) G. Audsley: »The ornamental Arts of Japan.« Part. III. London 1885.
Email (Smaltum, Schmelz), japanisch Shippô, nennt man 1) eine
leicht schmelzbare, durch Metalloxyd gefärbte Glasmasse, welche
vornehmlich auf Metallen, seltener auf Thonwaaren und Glas erzeugt
wird, sei es als schützende Decke oder zur blosen Verzierung, —
2) die mit Email versehenen Gegenstände selbst. Zu erstgenanntem
Zweck wird die Unterlage (der Excipient) mit Email von einerlei Farbe
gleichmässig bedeckt, wie z. B. in neuerer Zeit viele im Haushalt ver-
wendete gusseiserne Gefässe. Einem solchen Email entspricht die
Glasur der Irdenwaare, die auch in der Art ihrer Zusammensetzung
und Anwendung oft kaum davon zu unterscheiden ist.
Soll dagegen das Email als Decoration dienen, so wird es ähnlich
wie Malerfarben behandelt. Man zerreibt das pulverförmige Gemisch
seiner Bestandtheile mit Wasser zu einem feinen Brei, überträgt den-
selben mit einem Stäbchen oder Pinsel auf den Excipient, der damit
verziert werden soll, und schmilzt ihn bei mässiger Hitze in einem
kleinen Ofen auf. Diese Emailverzierung wird in der Regel ebenso
mit verschiedenen Farben ausgeführt, wie die polychrome Malerei auf
Thonwaaren. Indem man die Emailfarben sowohl opak als durch-
sichtig darstellen kann, liefern sie eine sehr reiche Palette, welche es
ermöglicht, das Aussehen der verschiedenen Schmucksteine nachzu-
ahmen. Hierauf beziehen sich auch die japanischen Namen Shippô
für Email und Shippô-yaki für emailierte Metallgeräthe. *)
[583]9. Emailindustrie.
Die Ausschmückung mit Email ist eine Kunst, welche von ver-
schiedenen Culturvölkern in älterer, wie neuerer Zeit geübt worden
ist und in der insbesondere die Japaner hervorragende Leistungen
aufweisen. Während die übrigen Völker, namentlich auch die Chinesen,
dieselbe auf Metalle beschränkten, ist es ihnen gelungen, sie mit
gleichem Erfolg auch auf hartgebrannte Thonwaaren (Porzellan und
Steingut) anzuwenden. Bevor ich aber die Art, wie die Japaner bei
Darstellung ihres Email verfahren, näher angebe, will ich einige all-
gemeine Bemerkungen über die Abarten des Email und dessen Ein-
führung vorausschicken. Die verschiedenen Verfahrungsweisen bei der
Emaildecoration lassen sich in zwei Gruppen theilen:
1) Gebundenes Email, auch incrustiertes oder versenktes Email
(imbedded Enamel) genannt. Dasselbe ist eine Mosaikarbeit, bei
welcher die einzelnen Emailfarben und Bestandtheile der Decoration
durch schmale Metallbänder von einander geschieden sind. Bei seiner
Darstellung wird auf der Unterlage zunächst durch Guss, Ausgravierung
oder Auflöthung ein Netzwerk von Metallzellen geschaffen, welche den
Umrissen der einzelnen Bestandtheile des Bildes entsprechen, dann
die vollständige oder theilweise Füllung der Zellen mit den verschie-
denen Emailfarben und endlich das Schmelzen oder Aufbrennen der-
selben vorgenommen, wobei die dünnen Zellwände das Ueberfliessen
der verschiedenen Schmelzfarben verhüten und nach dem Abschleifen
als Conturen der Elemente des Emailbildes dieses scharf abheben.
Das gebundene Email wird wieder unterschieden in:
a) Zellenschmelz oder Email cloisonné (incrusted Enamel),
bei welchem die Zellen aus schmalen Metallbändern für sich, der
Decorationsvorlage entsprechend, geformt und dann der Unterlage auf-
gelöthet werden.
b) Grubenschmelz oder Email champlevé (imbedded Enamel).
Hierbei sind die Zellwände Bestandtheile des Excipienten selbst und
gleich den eingeschlossenen Gruben durch Guss oder Ausgravierung
hervorgerufen worden.
Bei beiden erwähnten Emailarten füllen die Schmelzfarben die
Zellen nach dem Abschleifen und Polieren ganz aus, so dass alle Ver-
zierungen in einer Ebene liegen. Desshalb nennt man sie auch Flach-
email oder glattes Email, ein Ausdruck, welchen namentlich die
Russen für derartige Erzeugnisse anwenden. In Moskau — und hier
allein — wird aber noch eine andere Sorte Zellenschmelz dargestellt,
nämlich
c. das sogenannte Filigranemail (Filogranuije email) oder
Soskanju Email, d. h. wörtlich »Email mit gedrehtem Zwirn.« Es
[584]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
unterscheidet sich vom glatten Email dadurch, dass nur der Grund der
Zellen mit Schmelzfarben bedeckt wird und die Cloisons oder Zell-
wände als Relief hervortreten.
2) Das freie Email wird mit dem Pinsel nicht in Zellen, sondern
auf die glatte Metallfläche aufgetragen. Man unterscheidet es als
Maleremail (Email de peintre) oder Limoges, nach der Stadt,
in welcher es im 15. und 16. Jahrhundert besonders und mit vorzüg-
licher Wirkung angewandt wurde, und als durchsichtiges (Email
translucide), erhabenes oder Hoch-Email (Opera di basso rilievo).
Die Ornamente, welche man durch Treib- und Ciselierarbeit aus der
Metallunterlage selbst, oder mittelst eines Kittes in Flachrelief bildete,
werden mit durchscheinenden Emailfarben bemalt, so dass der glänzende
Metalluntergrund durch die Schmelzkruste hervorleuchtet.
Die Anfänge des Flachemail, das für unsere Aufgabe vorwiegend
in Betracht kommt, gehören der vorchristlichen Zeit an. Die alten
Aegypter füllten Goldzellen mit geschliffenen kostbaren Steinen oder
Glas aus, und im Musée de Cluny zu Paris sah ich im Jahre 1878
unter Nr. 3510 ein Stück Bronze (von einer Agraffe), welches ähnlich
behandelt worden war. Es hat etwa 5—6 cm Länge und Breite und
ist mit würfelförmigen Gruben versehen, welche geschliffene farbige
Steine ausfüllen. Ob es wirklich keltischen Ursprungs ist, wie ein
Zettel besagte, oder nicht vielmehr von den Römern herrührt, kommt
hier nicht weiter in Betracht. Sicher aber war der Schritt, solche
Zellen, statt mit bunten Steinen oder Glasstücken, mit Schmelzfarben
auszufüllen, nicht weit.
Gegenstände mit Email cloisonné aus älterer Zeit sind selten und
in der Regel klein. Der Excipient war fast immer aus Gold oder
Silber getrieben; die Zellen wurden durch aufgelöthete Goldstreifchen
hergestellt. Bald gesellte sich der Grubenschmelz hinzu. In der Blüthe-
zeit des morgenländischen Kaiserreichs, zumal zur Zeit Justinians,
der mit grossen Mitteln seinem Sinn für Prachtentfaltung in Kirchen
und Schlössern, an Waffen und Rüstzeug nachkommen konnte, wurde
in Constantinopel das Byzantiner Email (Zellen- und Grubenschmelz)
zur Entwickelung gebracht. Ob Byzantiner die Kunst erfunden oder
von Orientalen kennen gelernt hatten, ist nicht erwiesen, die Annahme,
dass dieselbe von den Chinesen stamme, dagegen durchaus unbegründet
und irrig. In Westeuropa fand dieselbe unstreitig erst durch die
Kreuzzüge Eingang und festen Boden. Ihre grösste Entfaltung fällt
in das 13. und 14. Jahrhundert, wie man an ihren Produkten in den
Kunstkammern vieler alten katholischen Kirchen, z. B. des Domes zu
Aachen leicht erkennen kann. Mit dem Electrum — so wurde im
[585]9. Emailindustrie.
Mittelalter das Email genannt, — verband man, wie Theophilus *) an-
führt und zahlreiche Beispiele beweisen, die Ausschmückung mit kost-
baren Steinen, welche sich zum Teil mitten aus dem Zellenschmelz
hervorheben. Emailierte Reliquienschreine wurden besonders beliebt.
Doch zierte man nicht blos diese, Särge, Altäre, Crucifixe, Räucher-
gefässe und sonstige Kirchengeräthe mit Grubenschmelz, sondern auch
Waffen, Gürtel und allerlei Schmuckgegenstände. Zur Unterlage wählte
man statt Edelmetall mehr und mehr das billigere Kupfer, auf dessen
polierter Fläche die Verzierungen vorgezeichnet und dann mit dem
Stichel ausgegraben wurden. Erst viel später hat man sich diese
Arbeit durch Guss und Nachgravierung bedeutend erleichtert. Der
Grubenschmelz auf Kupfer ermöglichte in ganz anderer Weise, wie
der Zellenschmelz auf Edelmetall, die Verzierung grösserer Flächen und
wurde in Europa herrschend, während das Email cloisonné seine
Hauptausbildung in China und Japan gefunden hat.
Deutsch-Lothringer brachten den Grubenschmelz nach Paris, von
wo er im 12. Jahrhundert weiter nach Limoges gelangte und hier bald
zu grosser Blüthe kam. Als aber im 15. Jahrhundert die Kunst in
der Gunst des Publikums sank, entwickelte sich daraus das Limosiner
Email oder Maleremail von Limoges, in welchem die Emailierkunst
überhaupt ihre grössten Leistungen aufzuweisen hat. Im 17. Jahr-
hundert folgte in Limoges diesem Maleremail die noch blühende Faience-
industrie, der sich im 18. Jahrhundert die Porzellanindustrie zugesellte.
Die Kunst, metallene Gegenstände durch Flachemail, insbesondere
Grubenschmelz, zu verzieren, verschwand in Europa gegen Ende des
Mittelalters mehr und mehr, ohne völlig auszusterben. Ihre erste Neu-
belebung fand im 17. Jahrhundert zur »Zeit der Patriarchen und
Czaren« in Moskau durch griechische Meister statt. Bischofsmützen,
Crucifixe, Scepter, Reichsäpfel, Schilde, Schwerter, Köcher und andere
Dinge mehr wurden mit Steinen und Email decoriert. Aber dies Email
zeigt, wie der moderne europäische Zellenschmelz überhaupt, viel
glänzendere Farben. Die Ursache liegt unstreitig in einer veränderten
Verfahrungsweise. Während man in früherer Zeit — und in Japan
und China sogar noch vor wenigen Jahren — die Farben mit den
übrigen Bestandteilen des Zellenschmelzes mischte und in der Zelle
oder Grube durch Hitze zur Glasmasse vereinigte, werden jetzt farbige
Gläser angewandt. Man zerstösst sie und zerreibt ihr Pulver mit
[586]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Wasser zu einem feinen Brei, mit dem man die Gruben füllt, wo sie
von neuem geschmolzen werden. Hierauf beruht die leichtere und
vollkommenere Ausfüllung der Zellen, wie nicht minder der höhere
Glanz dieser modernen Arbeiten. Sie werden in Moskau besonders
von den Firmen Hlebnikow, Ovtschinnekow und Sazikow, aber auch
in Petersburg dargestellt. Indess fehlt diesen russischen Erzeugnissen
bei aller Pracht vielfach der rechte Geschmack im Zusammenstellen
der Farben, welcher die Arbeiten von Ravené in Berlin und Barbe-
dienne in Paris so sehr auszeichnet. In Deutschland findet man
solche kostspielige Arbeiten mit Grubenschmelz selten. Der verstorbene
L. Ravené war überhaupt der erste und einzige, welcher sich be-
mühte, dieser Industrie bei uns Eingang zu verschaffen. Seine Fabrik
fand jedoch nur für kleinere Gegenstände, wie Brochen und Manchetten-
knöpfe, genügenden Absatz, während für grössere Erzeugnisse, trotz
ihrer vortrefflichen Ausführung hier Sinn und Verständniss, dort die
Mittel zur Anschaffung fehlten.
Ein viel besseres Absatzgebiet stand Barbedienne in Paris zu
Gebot. Als vor etwa 20 Jahren die ersten grösseren Gegenstände mit
Email cloisonné aus Japan kamen, versuchte er auch diese nachzu-
ahmen. Verschiedene andere Bronzefabrikanten wie Christofle, folgten
seinem Beispiel. Es gelang ihnen bald Vasen, Teller und andere
Sachen eben so schön mit Zellenschmelz zu verzieren, wie Chinesen
und Japanern, doch nur mit einem Aufwand von Zeit und Geld, der die
Concurrenz mit Ostasien unmöglich macht.
Wie lange die Emailierkunst von den Chinesen schon geübt wird
und wann sie von ihnen auch auf die Japaner überging, ist noch nicht
genau festgestellt worden. Es scheint aber kaum zweifelhaft, dass die-
selbe in beiden Ländern nicht vor Erfindung, respective Einführung
der Porzellanindustrie bekannt war. Nach dem Einsacken der Schätze
des Sommerpalastes zu Peking im Jahre 1859 brachten die Franzosen
unter andern Kunstschätzen auch Email cloisonné auf Kupfer nach Paris,
darunter Stücke mit Inschriften und Marken, welche über ihren Ur-
sprung aus der Zeit der Mingdynastie (1368—1645 n. Chr.) keinen Zweifel
lassen. Aeltere Emailgegenstände sind aber aus China nicht bekannt.
Nach japanischen Angaben — und wir haben keinerlei Grund
ihre Richtigkeit zu bezweifeln — soll die Kunst, Shippô-yaki darzu-
stellen, gegen Ende des 16. Jahrhunderts durch Hirato Hikoshiro nach
Japan gelangt sein und zu Nagoya in Owari, wo sie noch immer
ihren Hauptsitz hat, sich eingebürgert haben. Die Industrie wird daselbst
und in mehreren Nachbarorten, darunter Toshima 3 Ri westlich von
Nagoya, in etwa 30 Häusern meist als Kleingewerbe betrieben und hat
[587]9. Emailindustrie.
sich vor ungefähr 20—30 Jahren auch nach Kiôto, Ôzaka, Tôkio und
Yokohama verpflanzt. Man hat sich hier nicht mit der Emailierung
kupferner Gefässe begnügt, sondern das Verfahren auch erfolgreich auf
Porzellan (Toki) ausgedehnt. So liefert Nagoya heutiges Tages sowohl
Shippô-yaki, als auch Toki-shippô, d. h. Email cloisonné auf Kupfer
und auf Porzellan. Hierzu kommt noch eine andere eigenartige Ver-
zierung der Produkte von Seto, zumal der Blumenvasen, welche den
Namen Shippô-urushi führt. Auch hier wird der zu schmückende
Theil mit einem Netz von Messingzellen überdeckt, die man aber dann
statt mit Schmelzfarben, mit den Grundierungsmitteln der Lackindustrie
füllt und schliesslich mit Lackfarben bemalt.
Japanisches Email war vor 25 Jahren in Europa noch ganz un-
bekannt und in keiner der älteren Sammlungen neben den japanischen
Lackwaaren, Bronzen und Porzellan zu finden. Es mag dies darin
seinen Grund haben, dass Shippô-yaki auf Kiushiu nicht verfertigt
wurde und in Nagasaki selbst heutiges Tages nur selten zum Verkauf
kommt.
Obwohl die Chinesen auch Grubenschmelz anwenden, haben sich
die Japaner doch nie damit befasst. Ihr älteres Email cloisonné ist
in eben so düsteren, matten Farbentönen gehalten, als das chinesische.
Liebhaber beider sind aber geneigt, dem letzteren kühnere Entwürfe
und bessere Durchführung derselben zuzuerkennen. Auch fingen die
Chinesen früher an, ihrem Zellenschmelz lebhaftere Farben zu ver-
leihen. Entsprachen die matteren Emailfarben beider Völker dem
Geschmack — einem besseren, wie Manche meinen — und waren sie
durch denselben hervorgerufen, oder waren sie nur eine natürliche
Folge der Darstellungsweise? Europäische Liebhaber und Sammler
dieser alten Emailen sind meist geneigt, das erstere anzunehmen; doch
scheint bei näherer Betrachtung der früheren Verfahrungsweise die
Ursache lediglich hierin zu liegen.
Das ältere japanische Shippô-yaki hat zur Unterlage dünnes,
getriebenes Kupfer und zu Cloisons gleich dem heutigen dünne Messing-
bänder, die zum Theil wohl durch Schlagen oder Plattwalzen von
Messingdraht hergestellt wurden. Azurblau, Lauchgrün und ein
schmutziges Weiss sind seine gewöhnlichsten Farben, doch herrscht
ein türkisblauer Grund in den meisten Fällen vor. Bei den neueren
Arbeiten ist der Excipient dickwandiger, die angewandten Farben er-
scheinen weit zahlreicher, lebhafter, und füllen überdies die Zellen
viel gleichmässiger und vollkommener aus.
Das Verfahren bei der Darstellung des japanischen Email cloisonné
ist, wie ich mich überzeugen konnte, überall im wesentlichen dasselbe.
[588]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Dasjenige in einer Fabrik zu Ôta bei Yokohama, wo man vor 12
Jahren 50 Personen beschäftigte, um Vasen, Theedosen, flache Teller
und verschiedene andere Gegenstände aus Kupfer mit Zellenschmelz
zu versehen, möge hier als Beispiel dienen.
Die fertigen Gefässe werden oben mit einem nach innen und aussen
übergreifenden Messingrand versehen, und mit einem angelötheten
messingernen Boden nebst Rand und Füssen unten. Man zeichnet die
Verzierungen, und zwar in der Regel nach Vorlagen, mit Bleiweiss-
firniss vor. Der Arbeiter bedeckt hierauf die Vorlage mit einer durch-
sichtigen Glasplatte und setzt auf derselben die Zellen, welche Um-
risse von Blumentheilen, Blättern, Federn etc. oder auch von den
Figuren darstellen, die als allgemeines Flächenornament dienen
sollen, zu dem gegebenen Bilde zusammen und zwar mit schmalen
Messingstreifen, die entweder schon gegossen waren, oder die er selbst
mit Hülfe einer Drahtzange je nach Bedürfniss biegt. Um ihnen in
letzterem Fall die Elasticität zu nehmen, müssen sie vorher geglüht
werden. Hat er auf diese Weise die Figuren, z. B. eine Blüthe oder
ein Netz von Maschen zusammengestellt, wobei die Metallstreifen
natürlich auf ihre eine Schmalseite zu stehen kommen, so findet die
Uebertragung auf die entsprechende Zeichnung an dem zu emailierenden
Gegenstande statt. Das Befestigungsmittel, eine Art Salepschleim,
liefern die Biyaku-gu oder Wurzelknollen einer Orchidee, Shuran
(Bletia hyacinthina R. Br.) genannt. *) Sie werden auf rauher Haihaut
(Same-no-kawa) zerrieben und mit kochendem Wasser in eine dick-
klebrige Flüssigkeit verwandelt. Man bestreicht mit dieser mittelst
eines Pinsels die vorgezeichneten Stellen und setzt die Zellenwände
darauf. Nach dem Trocknen haften sie so fest an der Unterlage,
dass nun zum Aufschmelzen des Lothes geschritten werden kann.
Dieses Rô (Loth) stellt einen grauen Körper dar, welchen man
durch Zusammenschmelzen von 8 Teilen Messing, 7 Teilen Zinn
und 10 Teilen Zink erhält. Beim Gebrauch setzt man 10 Teilen
dieser pulverisierten Legierung 3 Teile Borax und so viel Wasser zu,
dass eine breiige Masse entsteht, mit der man die Berührungsstellen
der Cloisons mit dem Excipienten bestreicht. Hierauf erwärmt man
die Gegenstände über gelindem Kohlenfeuer, wobei das Loth bald
[589]9. Emailindustrie.
schmilzt. Nach dem Erkalten sitzen die Zellwände fest auf und sind
nun zur Aufnahme der breiigen Emailfarben vorbereitet. *)
Das Loth (Rô), welches man zu Awata in Kiôto benutzt, besteht
aus 6 Teilen Messing (Sinshiu), 3 Teilen Zink (Totan) und 10 Teilen
Borax (Hôsha). Nach dem Zusammenschmelzen der Metalle wird die
noch heisse Legierung in einen Steinmörser eingetragen, pulverisiert,
mit Borax vermengt und dann mit Wasser zu einem Brei zerrieben,
den man mit einem Pinsel aufträgt.
Der zur Emailierung bestimmte und mit einem Netz fest auf-
sitzender Zellen versehene Gegenstand wandert nunmehr in die Hände
der Maler. Es sind meist Frauen, die im Kreise um ihre verschie-
denen Farbentöpfe herumsitzen. In der Regel ist eine vollkommene
Arbeitsteilung durchgeführt, derart, dass jede Person nur eine Farbe
vertritt. Sie taucht ein kleines Stäbchen in den zubereiteten Farben-
brei und füllt damit eine Zelle, dann eine zweite, welche dieselbe
Farbe erhalten soll, und so fort. Hierauf gelangt der Gegenstand in
die Hände eines zweiten Malers, der ganz analog mit seiner Farbe
verfährt, und so fort, bis alle Farben eingetragen und die Zellen ge-
füllt sind. Ist der Schmelz hinreichend lufttrocken, so folgt sein Auf-
brennen. Die Emailfarbe schwindet dabei ansehnlich, auch bilden
sich Löcher darin, so dass ein Nach- und Aus-
füllen folgen muss. Nun kommt das zweite
Brennen und nach demselben das erste Ab-
schleifen und Polieren. Wiederum wird aus-
gebessert und nachgefüllt, dann zum drittenmal
gebrannt, ja oft zum vierten Mal, darauf abge-
schliffen und poliert. Sprünge und Löcher, welche
sich nun noch zeigen, werden vielfach mit Rô
(Pflanzentalg) ausgefüllt und übermalt, eine Täu-
schung, die indess nicht empfehlenswerth ist. Die
älteren chinesischen und japanischen Emailen
zeigen diese Unvollkommenheiten, zumal die Löcher,
in Menge. Hier erscheinen sie fast als nothwen-
diges Zubehör zum ganzen Charakter der Arbeit.
Das Einbrennen der Schmelzfarben erfolgt
ähnlich wie das der Malerfarben auf Thonwaaren
in einfachen unzweckmässigen Vorrichtungen, die
Muffel zum
Einbrennen von Schmelz-
farben.
man als Muffeln ohne Oefen bezeichnen kann. Figur 20 gibt das
[590]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Muster einer solchen, wie sie zu Awata in Kiôto vor 11 Jahren gebraucht
wurde. Die Muffel besteht aus Kawarake oder Ziegelsteinmasse.
Ihre Grösse richtet sich nach dem Bedarf. Im gegebenen Fall war sie
nur 16½ jap. Zoll (50 cm) hoch und 12½ Zoll (38 cm) breit. Das 5—6 cm
weite Loch im Deckel dient zum Einführen der Probe. In der Regel
nimmt die Muffel nur einen mit Schmelzfarben versehenen Gegenstand
auf. Für die Feuerung ist keinerlei besondere Vorrichtung vorhanden.
Man verwendet Holzkohlen oder stark verkohlte Scheite, die man
rings um die Muffel stellt und bis zum Rande derselben aufschichtet,
wohl auch durch Eisendrähte ringsum zusammenhält. Der Deckel wird
mit Hülfe einer langen Zange dann erst aufgesetzt, wenn das Feuer
bis zum oberen Rande reicht. Gewöhnlich unterhält man dasselbe
zwei Stunden lang und entfernt es rasch, sobald der genommene Probe-
brand das vollkommene Einschmelzen der Emailfarben erkennen lässt.
Dagegen darf der Deckel aus leicht begreiflichen Gründen erst nach
genügender Abkühlung abgenommen werden.
Als Abschleif- und Poliermittel der Zellenschmelzarbeiten dienen
dieselben Körper, welche auch in der Lackindustrie benutzt werden,
nämlich grob- und feinkörnige Sandsteine, Schiefer und Magnolien-
holzkohle nach dem zweiten und dritten, respective vierten Brande,
zum Abschleifen, Hirschhorn und Rapsöl zum Polieren. *)
Bei der Darstellung des Toki-shippô oder Zellenschmelzes auf
Porzellan in Nagoya und Kiôto, sowie des Awata-shippô oder
Zellenschmelzes auf Awata-yaki in Kiôto, wird im allgemeinen ebenso
verfahren, wie beim Shippô-yaki. Diejenigen Partieen der be-
treffenden Thonwaaren, welche mit Email cloisonné verziert werden
sollen, dürfen keine Glasur erhalten; die andern werden auf gewöhn-
liche Art ausgestattet, d. h. mit Scharffeuerfarben unter der Glasur
und mit Muffelfarben auf derselben. Ist dies geschehen, so stellt man
in gleicher Weise, wie auf Kupfer, das Netz von Messingzellen her,
d. h. die Umrisse der Blätter, Blüthenteile und Früchte, der Thiere
und ihrer verschiedenen Bestandteile, der Mäander und anderer Figuren,
kurzum aller einzelnen Elemente, aus welchen sich die ganze Email-
verzierung zusammensetzen soll. Die Umrisse dieser Cloisons werden
mit Tusch vorgezeichnet. Zur Befestigung verwendet man den fast
[591]9. Emailindustrie.
breiig dicken Schleim aus den Knollen der Bletia hyacinthina, kein
Loth oder Rô. Nach dem Trocknen des Bindemittels werden die
Zellen ganz so mit den breiigen Emailfarben gefüllt, wie sonst. Auch
hier schmilzt man die einzelnen, lufttrocknen Farben nicht für sich,
sondern alle auf einmal ein, und hat desshalb durch verschiedene
Mengen Flussmittel, wie sie Uebung und Erfahrung lehrten, die
Mischungen so herzustellen, dass das Schmelzen aller bei gleicher
Hitze möglich wird. Durch das Schwinden der Emailmasse beim Ein-
brennen und das Entweichen von Luftbläschen entstehen auch hier
Risse, Löcher und Gruben, welche zunächst ausgefüllt werden müssen.
Hieran schliesst sich ein zweiter Brand; dann folgt das erste Ab-
schleifen, ein nochmaliges Nachfüllen und ein drittes Brennen, dem
sich oft noch ein viertes anreiht.
Bei dem Awata-yaki verknüpft man in besonders wirksamer
Weise polychrome Malerei mit Verzierung durch verschiedenfarbigen
Zellenschmelz. Die für erstere bestimmten Partieen der Gefässe bilden
scharfbegrenzte Medaillons von verschiedener Gestalt und Grösse,
welche in der Regel etwa 1 mm tiefer liegen. Auf dem kupfernen
Becher (Tafel XXIV) ist diese Decorationsweise nachgeahmt, doch so ab-
geändert worden, wie es die Beschaffenheit der Unterlage erheischte.
Wir erblicken da ein Medaillon, welches von einer grossen breit-
wandigen Messingzelle umrahmt und mit weisser Emailfarbe gefüllt
wurde. Auf diese Emailunterlage hat der Decorateur sodann mit grüner
und blauer Muffelfarbe, sowie Gold das Farbenbild aufgetragen und
eingebrannt. Hier ist also die Herstellung des Zellenschmelzes der Aus-
schmückung des Medaillons mit Päonie und fliegendem Schmetterling
vorausgegangen.
In Nagoya hat man nicht blos den Zellenschmelz auf Kupfer zu-
erst entwickelt, sondern ist vor etwa 20 Jahren auch in der Ueber-
tragung des Verfahrens auf Thonwaaren als Wegweiser Kiôto voran-
gegangen. Porzellanvasen aus Seto werden in ihm aber noch auf eine
andere eigenthümliche Weise verziert, die man als Nuri-shippô oder
Shippô-urushi bezeichnet. Es ist eine besondere Form der Aus-
schmückung von Thonwaaren durch Lackmalerei. Wie bei Toki-
shippô wird ein Netz von Messingzellen hergestellt; doch dient dabei
als Befestigungsmittel nicht Biyaku-gu, sondern ein Gemisch von
Kleister mit Seshime-urushi. Zur Ausfüllung der Zellen wendet man
statt Schmelzfarben die bekannten Grundierungsmittel für Lackarbeit,
einen Brei aus Tonoko und Wasser und darauf das Sabi, oder Tonoko
mit Seshime vermengt, an. Das Abschleifen nach dem Trocknen er-
folgt mit einem Sandstein, dem Omura-do, dann Anstrich mit Seshime
[592]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
und Ro-iro-urushi als Schluss der Grundierung. Die weitere Aus-
schmückung und Behandlung entspricht ganz denjenigen beim Lackieren
anderer Gegenstände. Selbstverständlich muss das jedesmalige Ab-
schleifen bis zum Hervortreten der Messingzellen fortgesetzt werden;
auch schliesst dies Erforderniss die Anwendung von erhabener Lack-
arbeit aus.
Neben dem Zellenschmelz wendet man in Japan mit bestem Er-
folge auch freie Emailmalerei an. Bei Thonwaaren verbindet man sie oft
mit der gewöhnlichen Decoration und ruft durch sie Bilder von Blumen,
Schmetterlingen, Vögeln und andern Gegenständen hervor, welche mit
den Muffelfarben eingebrannt werden und dann als Flachreliefs hervor-
treten. Diese prächtige Zuthat zur gewöhnlichen Porzellan- und Stein-
gut-Malerei wird schon lange mit Kobaltemail auf Seto-mono und nebst
verschiedenen andern Schmelzfarben auf Banko-yaki und Awata-yaki
angewandt. Bei dem Awata-shippô erhöht sie den Reiz der poly-
chromen Bilder, welche die oben erwähnten vertieften Medaillons zieren.
Seit etwa 15 Jahren werden zu Kanazawa, der industriellen
Hauptstadt von Kanga, auch gusseiserne Gefässe, insbesondere Wasser-
kessel mit opaken Schmelzfarben frei bemalt. Das Königliche Kunst-
gewerbemuseum zu Berlin weist von dieser eigenartigen und höchst
gefälligen Reliefverzierung mehrere schöne Proben auf. Es sind guss-
eiserne Kessel und Pfannen aus den Händen des Erfinders ihrer Email-
verzierung, Sano Nobuteri in Kanazawa.
In der Technik der Emailindustrie hat Japan seit 1875 vielleicht
eben so grosse Fortschritte gemacht, wie in der Bearbeitung und Aus-
schmückung der Metalle und mit staunenswerthem Geschick eine Menge
Schwierigkeiten erfolgreich überwunden. Während man früher die
Schmelzfarben mit ihren Zuthaten erst in den Zellen zusammenschmolz,
hat man sich mehr und mehr der europäischen Behandlung zugewandt
und gefärbte Glasflüsse statt der pulverförmigen Mineralfarbe zu Hülfe
genommen. Dieses farbige Glas wird zerstossen, mit Zusätzen und
Wasser zu einem Brei zerrieben, dann in die Zellen eingetragen und
von neuem geschmolzen. Auf diese Weise werden viel lebhaftere,
reinere Farben erzielt, als dies früher möglich war. Zur Erhaltung
des Glanzes ist es nöthig, dass die letzte, als dünnbreiige Decke auf-
getragene Schmelzfarbe nach dem Einbrennen nicht mehr abgeschliffen
wird. Die Anwendung und Abtönung von durchscheinendem Email,
sowie der allmähliche Uebergang aus einer Emailfarbe in eine andere,
z. B. vom Blau des Himmels in das Abendroth, gehören unstreitig zu
den grössten Fortschritten auf diesem Gebiete. Wie in der Tauschierung
gusseiserner Vasen und Teller, so wendet man auch bei diesen Email
[]
Kupferner Becher mit Email cloisonné und Malerei.
Verlag v. Wilh. Engelmann, Leipzig.
[][593]9. Emailindustrie.
arbeiten zur Decoration der freien Felder, welche die polychromen
Bilder aus Zellenschmelz auf den Medaillons umgeben, mit Vorliebe
Zellen aus geometrischen Figuren, Henkelkreuze, Mäander und andere
geradlinige Decorationselemente an, welche mit dünnen Messing-
streifchen gebildet und mit einer Schmelzfarbe gefüllt werden. Noch
häufiger trifft man jetzt emailierte Bilder von einer gleichförmigen
Emaildecke in blauer oder weisser. Farbe ohne alle Zellen umrahmt.
In künstlerischer Beziehung gehen die Urteile über die neueren
Leistungen weit auseinander. Wer seinen Geschmack an dem matten,
aber harmonischen Colorit des älteren japanischen Zellenschmelzes ge-
bildet hat, sieht mit Bedauern das Verlassen der alten Methode und
mit Geringschätzung auf die heutigen Leistungen herab. Er betrachtet
sie als Entartungen und vermisst die alte Kraft der Composition, die
Zartheit der Farben und die Sorgfalt der Ausführung. Anderseits, zu-
mal in Deutschland, haben gerade die neueren Emailarbeiten der Ja-
paner, wie solche auf der Ausstellung in Nürnberg 1885 vorgeführt
wurden, bei nicht minder competenten Beurteilern den grössten Beifall
gefunden. Man bewunderte auch hier die Zeichnung, Gruppierung und
Färbung, namentlich die vollendete Farbenharmonie bei aller Viel-
farbigkeit des Email. *)
Nachtrag: Zusammensetzung und Zubereitung der
japanischen Emailfarben.
Die Schmelzfarben, deren sich der Japaner bedient, sind dieselben,
welche er in der Thonwaarenmalerei verwendet, Ausser Eisenroth,
Bleiweiss, Grünspan und Kupfervitriol, sowie einigen Flussmitteln
bezieht er sie jetzt alle aus Europa. Benigara, Eisenoxyd, wird zur
Erzielung rother, brauner und dunkler Farbentöne verwendet, Mura-
saki, d. h. Violett mit Hülfe von Manganoxyd oder Braunstein erzielt,
Kon-jô oder Blau durch Tô-gosu (Kobaltoxyd), auch durch Gosu (ein
manganhaltiges, unreines Kobaltoxyd aus Asbolan), Kuro-gosu oder
Ao-gosu (Gemenge aus Kobaltoxyd und Braunstein) oder Hana-kon
jiyô (Smalte). Zur Erzeugung der grünen Farbe verwendet man Roku-
shiyô (Dô-sei) oder Grünspan, auch Kupferoxydchlorit und Malachit,
die denselben Namen führen, und Kupferoxyd, während Chromoxyd
Rein, Japan. II. 38
[594]III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
wenigstens früher nicht bekannt und benutzt wurde, eben so wenig
wie andere Chromverbindungen. Die erwähnten und andere Kupfer-
verbindungen werden in Pulverform auch Awo-ko, grünes (blaues)
Pulver und Daikon (Rettiggrün) genannt. Die gelbe Farbe wird mit
Hülfe von Tô-shirome oder Antimon erhalten, eben so eine braune.
Die farblose Grundmasse des japanischen Zellenschmelzes liess
Bowes *) durch Dupré analysieren. Dieser fand sie wie folgt zu-
sammengesetzt:
- Bleioxyd 37,15 %
- Kalk 4,92 »
- Magnesia 0,90 »
- Soda 5,19 »
- Kieselsäure 51,84 »
- 100,00 %
Das wäre also der Hauptsache nach ein Bleiglas, wie es auch zu
vielen Glasuren dient. Hieraus erklärt sich die Verwendung von Tô-
no-tsuchi (Bleiweiss), das auch Haku-fun, weisses Pulver ge-
nannt wird, und von Shiratama oder pulverisiertem Bleiglas bei fast
allen Schmelzfarben. Auch Hino-oka oder Keisan, eine Kieselerde,
wird oft gebraucht, seltener Hôsha oder Borax und Tô-tsuchi, ein
Kaolin.
Dupré analysierte auch rothe und grüne Emailmassen und fand
sie folgendermaassen zusammengesetzt.
- Grün.
- Kupferoxyd 6,14 %
- Bleioxyd 34,89 »
- Kalk 4,62 »
- Magnesia 0,84 »
- Soda 4,82 »
- Kieselsäure 48,69 »
- 100,00 %
- Roth.
- Eisenoxyd 8,62 %
- Bleioxyd 33,93 »
- Kalk 4,49 »
- Magnesia 0,82 »
- Soda 4,78 »
- Kieselsäure 47,36 »
- 100,00 %
In Nagoya gebrauchte man früher zur Darstellung matter Schmelz-
farben folgende Recepte:
- 1) Weiss (Shiro): Shiratama 5 Teile.
Tô-no-tsuchi 3 »
Hino-oka 3 »
[595]9. Emailindustrie.
- 2) Dunkelblau (Konjô): Shiratama 5 Teile
Tô-no-tsuchi 3 »
Hino-oka 1½ »
Kon-jô 4 »
(Kobaltoxyd) - 3) Hellblau (Awo): Shiratama 8 »
Tô-no-tsuchi 12 »
Daikon 25 »
Awo-ko 30 » - 4) Hellblau (Usu-awo): Shiratama 20 »
Tô-no-tsuchi 12 »
Hino-oka 8 »
Awo-ko 7 » - 5) Rapsgrün (Na-iro): Shiratama 12 »
Tô-no-tsuchi 5 »
Hino-oka 2 »
Awo-ko 2 »
Daikon 20 » - 6) Gelb (Ki-iro): Shiratama 6 »
Tô-no-tsuchi 4 »
Hino-oka 2 »
Tô-shirome 0,15 » - 7) Dunkelviolett (Usu-kon): Shiratama 100 »
Tô-no-tsuchi 30 »
Kon-jô 12 » - 8) Roth (Aka): Shiratama 40 »
Tô-no-tsuchi 20 »
Hino-oka 25 »
Benigara 10 » - 9) Braun (Cha-iro): Shiratama 6 »
Tô-no-tsuchi 2 »
Tô-shirome 0,1 »
Kei-san 0,5 » - 10) Grau (Nedzumi): Shiratama 47 »
Tô-no-tsuchi 5 »
Murasaki-ko 5,8 » - 11) Schwarz (Kuro): Shiratama 5 »
Awo 5 »
Kon-jô 3 »
Keisan 2,5 »
[[596]]
IV.
Handel und Verkehr.
Literatur:
- 1) E. Kaempfer: »Geschichte und Beschreibung von Japan.« Herausgegeben
von Dohm. II. Band. Lemgo 1779. - 2) C. P. Thunberg »Resa uti Europa, Africa, Asia. 1770—1779.« Tredje-
delen pg. 47—129. Upsala 1788. - 3) P. v. Siebold: »Nippon«, Archiv etc. VI. pg. 36.
- 4) G. F. Meijlan: »Geschiedkundig Overzigt van den Handel der Europezen
op Japan.« Batav. Genootsch. van Kunsten en Wetensch. Bd. 14. Batavia 1832. - 5) Antonio de Morga: »The Philippine Islands, Moluccas, Siam, Cam-
bodia, Japan and China at the close of the sixteenth century.« Uebersetzt durch
die Hakluyt Society. London 1869. - 6) Memorials of the Empire of Japan by Th. Rundal. Hakluyt Soc. Lond. 1850.
- 7) Diary of R. Cocks by E. M. Thompson. Hackluyt Soc. London 1883.
- 8) E. Satow: Notes on the Intercourse between Japan and Siam in the Se-
venteenth Century. Transact. As. Soc. of Japan Vol. XIII. pg. 139. - 9) G. Wagener: »Geschichtliches über Maass- und Gewichtssysteme in China
und Japan.« Mitth. d. deutschen Gesellsch. Ostasiens. 12. Heft. pg. 35. - 10) J. Scriba: »Bemerkungen über japanische Gold- und Silbermünzen.«
Mitth. d. deutsch. Ges. Ostasiens 29. Heft. pg. 392. - 11) Deutsche, englische und nordamerikan. Consulatsberichte.
- 12) Handelsberichte, herausgegeben vom Handelsbureau des Ministeriums für
Landwirthschaft und Handel. Tôkio 1883, 1884, 1885.
1. Münzen, Maasse und Gewichte.
a. Geld, Kane oder Kinsu, Papiergeld, Kin-satsu, Banknoten, Satsu oder
Gin-kô-satsu.
Seit 1871 besitzt Japan ein neues Münzsystem, dessen Einheit der
Yen im Werthe des mexikanischen Dollars oder ungefähr 4,2 Mark ist.
1 Yen = 100 Sen, 1 Sen = 10 Rin. Man prägt folgende Geldsorten:
- a. aus Kupfer (Aka-gane):
- 1) Ichi Rin, 1 Rin-Stücke
- 2) Go », 5 » »
- 3) Ichi Sen, 1 Sen »
- 4) Ni », 2 » »
- b. aus Silber (Gin):
- 5) Go Sen, 5 Sen-Stücke.
- 6) Ju », 10 » »
- 7) Ni-ju », 20 » »
- 8) Go-ju Sen 50 Sen-Stücke,
- 9) Ichi Yen, 1 Yen-Stücke
- c. aus Gold (Kin):
- 10) Ichi Yen, 1 Yen-Stücke.
- 11) Ni », 2 » »
- 12) Go », 5 » »
- 13) Ju », 10 » »
- 14) Ni-ju », 20 » »
[597]1. Münzen, Maasse und Gewichte.
Die kaiserliche Münze in Ôzaka, aus welcher dieses Geld hervor-
geht, gehört zu den ersten und besten Neuerungen, welche bald nach
Beseitigung des Shôgunats in’s Leben traten. Unter der tüchtigen
Leitung des englischen Majors T. W. Kinder wurde sie erbaut, nach
englischem Muster eingerichtet und am 4. August des Jahres 1871 in
Thätigkeit gesetzt. In den kreisrunden Formen der neuen Münzen
schloss man sich ganz den herrschenden europäischen Mustern an. Die
Gepräge stehen in Bezug auf Schärfe und sonstige Anforderungen den
besten europäischen Leistungen nicht nach. Sie sind ringsum gerändelt
und gerippt und zeigen auf beiden Flächen die verschiedenen Embleme
und Wappen des Landes: die aufgehende Sonne, die Chrysanthemum-
blüthe, das Kiri- und das Awoi-mon (s. Bd. I, pg. 366), den Drachen,
sowie die Legende in chinesischen Zeichen, und die Werthangabe da-
neben meist auch mit römischen Buchstaben und arabischen Ziffern.
Während der fünfjährigen Leitung der Anstalt von 1870—1875 durch
Major Kinder wurden in ihr 136885541 Stück Münzen im Werthe von
62421744 Yen geprägt. Kinder führte auch die Vornahme von Analysen
und Raffinierungsarbeiten ein und verband ausserdem eine Schwefel- und
Salpetersäure-Fabrik mit der Anstalt, wodurch die weitere Einfuhr zweier
wichtigen Erfordernisse der chemischen Industrie unnöthig wurde.
Das Papiergeld, oder Kin-satsu, welches in Japan schon seit dem
14. Jahrhundert bekannt ist, wird jetzt in Werthstücken von 10, 20
und 50 Sen, sowie von 1, 2, 5 und mehr Yen, entsprechend den ver-
schiedenen Goldmünzen, geprägt. Die Anstalt wurde durch Litho-
graphen aus dem Dondorf’schen Geschäft in Frankfurt a. M. einge-
richtet, nachdem dieses vorher das neue Kinsatsu zur allseitigen Zu-
friedenheit hergestellt hatte. Ausser den Staatskassenscheinen wurde
auch von vielen der Banken, welche um jene Zeit in’s Leben traten,
mit Erlaubniss der Regierung Papiergeld ausgegeben.
Bis zum Jahre 1870 waren in Japan Zeni (Sen) oder Scheide-
münzen aus Eisen, Kupfer, Bronze, Gin-su oder Silber- und Kin-
ka oder Goldmünzen, sowie verschiedene Papierwerthzeichen in Ge-
brauch, deren Gestalt und Aussehen unter einander, sowie von dem
heutigen Gelde weit abwich. Es gab Stücke:
- a. aus Eisen (Tetsu) von:
- 1) Ichi Mon, 1 Mon = 0,01 Sen oder ungefähr 0,04 Pf.
- 2) Shi », 4 » = 0,04 » » » 0,16 »
- b. aus Bronze (Kara-kane) oder Kupfer (Aka-gane) von:
- 3) Ju Mon, 10 Mon = 0,10 Sen oder ungefähr 0,40 Pf.
- 4) Ju-go », 15 » = 0,15 » » » 0,60 »
- 5) Ni-ju », 20 » = 0,20 » » » 0,80 »
[598]IV. Handel und Verkehr.
- c. aus Bronze (Kara-kane) von:
- 6) Ichi Tempô, 80 Mon = 0,80 Sen oder ungefähr 3,20 Pf.
Alle diese Scheidemünzen hatten in der Mitte ein quadratisches
Loch, durch welches ein Seil gezogen werden konnte, um grössere
Mengen, wie es der Verkehr erforderte, leicht zusammenfassen, ver-
packen und transportieren zu können. Sie waren bis auf die ovalen
Tempô*) kreisrund. Die eisernen Scheidemünzen wurden im Jahre
1873 ausser Cours gesetzt, die ovalen Tempô erst 1885, indem die
Regierung sie zu Kanonen umschmolz. Dagegen cursieren die runden
Bronze- und Kupfermünzen zum Teil noch. Besonders häufig sind
unter diesen runden Bronzemünzen die sogenannten Nami-sen oder
Wellenmünzen im Werthe von 20 Mon oder 2 Rin, sowie die Bun-
kiju-sen aus der Periode von 1861—63 im Werthe von 15 Mon oder
1½ Rin. Die meisten der noch vorkommenden eisernen 10 Mon-Stücke
stammen aus der Periode Kuwan-yei (1624—1643).
Die Silbermünzen, welche meist mit geringem Kupfergehalt, aber
sehr ungleichem Gewicht in verschiedenen Nengô (Perioden) der To-
kugawa-Herrschaft (1600—1868 n. Ch.) geprägt wurden, bilden Täfel-
chen von der Gestalt länglicher Rechtecke. Es sind Stücke von:
- 1) I’-shû (Ishû-gin), 1 Shû im Werthe von 7,4—17,4 Sen.
- 2) Ni-shû (Ni-shû-gin), 2 Shû im Werthe von 29,6—46,5 »
- 3) Ichi-bu (Ichi-bu-gin), 1 Bu im Werthe von 31,77—34,7 »
In der letzten Zeit des Shôgunats war das Gewichts- und Werth-
verhältniss mehr geregelt. Es gab:
- 1) I’-shû. 1 Shû-Stücke im Werthe von 6,25 Sen.
- 2) Ni-shû, 2 Shû- » » » » 12,50 »
- 3) Ichi-bu, 1 Bu- » » » » 25,00 »
Hieran schlossen sich als Rechenmünzen:
- 4) Ni-bu, 2 Bu-Stücke im Werthe von 50,00 »
- 5) Ichi-riô 1 Riô-Stücke **) im Werthe von 100 Sen.
Neben den 3 ersterwähnten ausgeprägten alten Silbermünzen, für
welche es auch entsprechende Papierwerthzeichen gab, cursierten noch
Silberstücke von sehr verschiedener Gestalt und Grösse unter den
Namen Ita-gin, Chô-gin und andern, je nachdem sie die Form
von Stäbchen, abgerundeten Klumpen etc. hatten. Sie trugen den
Stempel des Nengô, aus welchem sie stammten, enthielten nur geringe
[599]1. Münzen, Maasse und Gewichte.
Mengen Kupfer und wurden im Verkehr dem Abnehmer vorgewogen
und nach einem festen Werthsatz berechnet.
Ein besonderes Interesse knüpft sich an die älteren Goldmünzen,
von denen die grösseren ovale Tafeln bildeten, welche unter den Na-
men Ô-ban, Ko-ban und Nibu-ban bekannt sind, während die
kleineren die Rechteckform der silbernen Shû und Bu hatten. Ein
Ôban sollte ungefähr 44 Mon-me (sprich Momme), wiegen und 10 Riô
= 40 Momme reines Gold enthalten, der Koban den 10. Teil dieses
Gewichtes und Goldgehaltes besitzen und der Ni-bu-ban den 20. Teil.
Thatsächlich sind aber die betreffenden Münzen aus den verschie-
denen Perioden des Shôgunats der Tokugawa im Gewicht, Goldgehalt
und Werth ausserordentlich ungleich, dermaassen, dass z. B. ein Ôban
aus der Periode Keichô (1596—1614 n. Ch.) 67,2 % Gold und nur
29,4 % Silber enthielt und bei einem Gewicht von 44,059 Momme
75 Yen werth war, der nahezu gleich schwere (sein Gewicht ist
43,95 Momme) Genroku-Ô-ban (Ôban aus der Periode Genroku
1695—1716 n. Ch.) bei 52,11 % Gold und 44,84 % Silber nur 59,27 Yen
werth ist und der 30 Momme schwere Ansei-Ô-ban aus der Zeit von
1859—1862 auf 34,35 % Gold sogar 63,92 % Silber enthält und einen
Werth von nur 28,266 Yen aufweist, entsprechend 41,46 Yen für das
nämliche Gewicht von 44 Momme. Ähnlich verhielten sich die Ko-
ban aus verschiedenen Nengô. Ihr Gewicht schwankte zwischen 4,73
Momme und 2,293 Momme, ihr Goldgehalt zwischen 86,7 % und
55,94 %, ihr Werth zwischen 10,115 Yen und 1,30 Yen.
Um die mit dem Golde fast immer verbundenen grösseren Mengen
Silber zu entfernen, bedienten sich die Japaner früher stets des Koch-
salzes, mit dem sie die bei der Verhüttung der Erze gewonnene Le-
gierung längere Zeit zusammenschmolzen. Das so gereinigte Gold
nannten sie Yaki-kin, d. h. »gebranntes« oder »geröstetes Gold« (siehe
pg. 434, 435). Es entspricht etwa unserm Dukatengold. Da man an-
nahm, dass ein Ô-ban aus solchem Yaki-kin aus 44 Momme reinem
Golde bestehe, so schrieb man mit schwarzer glänzender Lackfarbe
die Zahl 44 darauf und betrachtete sie als Standarte oder Vergleichs-
einheit für die silberreicheren Ôban, welche mit den auf 44 folgenden
Zahlen neben dem bezüglichen Nengô derart bezeichnet wurden, dass
z. B. die Zahl 45 einen Goldgehalt von 44 Teilen auf einen Teil Silber
anzeigte, die Zahl 46 einen Gehalt von 44 Teilen Gold und 2 Teilen
Silber andeutete u. s. f.
Auffallend ist das Missverhältniss des Goldwerthes gegenüber dem
Werthe des Silbers in Japan während der langen Dauer seiner Ab-
geschlossenheit. Nach einer Verordnung des Nobunaga gegen die
[600]IV. Handel und Verkehr.
Mitte des 15. Jahrhunderts sollten für 44 Momme Gold 420 Momme
Silber gegeben werden, also für einen Teil Gold 9½ Teile Silber. Im
Jahre 1765 wurde dies Verhältniss in 1 : 11,35 abgeändert. Dagegen
lag nach Scherzer*) bei Eröffnung des Landes 1855—60 dem Preis
des Ko-ban eine Werthschätzung der beiden Metalle im Verhältniss von
1 : 4,6. zu Grunde, indem die erwähnte Goldmünze in London 18½
Shilling entsprach, während man sie in Japan, z. B. in Kanagawa
(Yokohama), bis zum Jahre 1858 gegen 4 Bu Silber eintauschen konnte.
Die natürliche Folge war, dass Goldmünzen zum äusserst gewinn-
reichen, daher sehr gesuchten Ausfuhrartikel wurden, dessen Preis die
Concurrenz beim Ko-ban allmählich auf 8 Bu steigerte. Um nun den
raschen Goldabfluss zu verhindern, setzte die Regierung den Werth des
Ko-ban zu 14 Bu, d. h. über seinen reellen Werth in Europa fest. Nun
fand ein Zurückfliessen der Ô-ban und Ko-ban, soweit sie im Ausland noch
nicht umgeschmolzen waren, in die Regierungskassen statt, somit ein
neuer Verlust für das Land. Um auch diesen zu beseitigen, wurden
endlich im Jahr 1860 neue Ko-ban ausgegeben, welche dem damaligen
Werthverhältniss zwischen Gold und Silber entsprachen.
b. Maasse und Gewichte.
1) Längenmaass. Die Einheit desselben ist der Fuss, Shaku
oder Kane-shaku = 0,m30303. 1 Jô = 10 Shaku = 100 Sun (Zoll)
= 1000 Bu (Linien) = 10000 Rin (Strich) = 100000 Mo. 6 Shaku =
1 Ken = 1,m81818 = 1 Faden (ungefähr), (1 m = 3' 3″ jap.).
2) Wegmaass. Als Einheit gilt die japanische Meile oder 1 Ri
= 3927m,27 (1 geogr. Meile = 1,886 Ri; 28,29 Ri = 1 Grad). Die
chinesische Meile oder Li enthält nur 447,m19 = 0,06 geogr. Meilen.
Demnach ist 1 Ri = 8,782 Li.
- 1 Ri = 36 Chô = 2160 Ken = 12960 Shaku
- 1 » = 60 » = 360 »
- 1 » = 6 »
3) Zeugmaass. Die Einheit Shaku oder Kujira-shaku d. h.
Fischbeinfuss**) = 1¼ Kane Shaku = 0,m3787878; demnach 1 m =
2,74 Kujira-shaku. Die Unterabteilungen sind dieselben, wie beim
gewöhnlichen Längenmaass.
1 Tan oder Stück ist 26 und mehr Shaku lang, 1 Hiki = 2 Tan
Seidenzeug misst 52 Shaku.
[601]1. Münzen, Maasse und Gewichte.
4) Feldmaass. Seine Einheit heisst Tsubo und ist gleich
3,305785 qm.
- 1 Chô = 10 Tan = 100 Se = 3000 Tsubo = 110800 q Shaku
- 1 » = 10 » = 300 » = 10800 »
- 1 » = 30 » = 1080 »
- 1 » = 36 »
- 1 Chô = 9917,355 qm = 1 Hectar annähernd; genauer sind
- 120 » = 119 ha.
- 1 Are = 30,25 Tsubo, 1 ha = 3025 Tsubo.
- 1 Tatami oder japanische Fussmatte = 3 × 6 Shaku = ½ Tsubo.
Ein einzelnes Reisfeld ist in der Regel 1 Tan = 15 × 20 Tsubo gross.
5) Hohlmaass. Als Einheit desselben wird das Shô = 1,803907
Liter angesehen.
- 1 Koku = 10 To = 100 Shô = 1000 Go = 10000 Shaku
- 1 » = 10 » = 100 » = 1000 »
- 1 » = 10 » = 100 »
- 1 » = 10 »
Hiernach sind 5 Shô = 9 Liter.
Das Go enthält somit 180 ccm, das Koku, welches vornehmlich als
Getreidemaass dient, wie Shô und Go für Flüssigkeiten gebraucht
werden, gleicht 180 hl = 5 Bushels, das Bushel zu 36 Liter gerechnet.
Das Shô wurde im Jahre 1623 eingeführt. Seine inneren Dimen-
sionen sind 4″ 9‴ × 4″ 9‴ × 2″ 7‴ jap. Maass. Nach der japanischen
Regierung muss das Go ein starkes Holzkästchen von quadratischer
Basis sein, dessen obere Ränder mit Eisenblech beschlagen sind und
dessen Rauminhalt 2,1 × 2,1 × 1,47 Sun betragen muss. Nur solche
Maasse mit dem auf jeder der vier sichtbaren Aussenseiten einge-
brannten Eichstempel sind im Verkehr zulässig.
6) Gewicht. Die Gewichtseinheit heisst Momme (Mon-me), d. h.
das Mon-Gewicht, so benannt, weil früher zur Grundlage des Gewichts
die kleinste eiserne Scheidemünze, der Mon,*) angenommen wurde.
Ein Mon-me (sprich Momme d. h. Mon-Gewicht) = 3,756512 Gramm,
demnach 1 Gr. = 0,266204 Momme. Die hierauf basierte japanische
Gewichtseintheilung ist folgende:
1 Kwam-me **) = 10 Hiyaku-me = 100 Ju-me = 1000 Mon-me =
10000 Fun = 100000 Rin = 1000000 Mo. 1 Hiyaku-me = 10 Ju-me
[602]IV. Handel und Verkehr.
= 100 Mon-me = 1000 Fun = 10000 Rin = 100000 Mo. 1 Ju-me =
10 Mon-me = 100 Fun = 1000 Rin = 10000 Mo. 1 Mon-me = 10 Fun
= 100 Rin = 1000 Mo. 1 Fun = 10 Rin = 100 Mo. 1 Rin = 10 Mo.
Das chinesische Pikul ist = 100 Catties oder 1 Hiyak’kin (100 Kin)
= 60,104 kg, 10 Pikuls = 1 Sen-gin (1000 Kin) = 601,04 kg.
Ferner sind 6¼ Kin = 1 Kwam-me, 1 Kwam-me = 3,756512 kg.
Ein japanisches Pfund oder Kin = 160 Momme = 601,04336 gr. 10 Kin
= 6,0104 kg, so dass also 5 japanische Pfund 6 deutschen gleich zu
rechnen sind.
Die alte chinesische Einteilung des Pfundes hat sich noch im
Apothekergewicht Japans erhalten. Hiernach ist 1 Kin = 16 Riô oder
Riyô, 1 Riyô = 4 Bun oder Bu, 1 Bu = 4 Shu.
Das Wort Shu bezeichnet bei den Chinesen eine Art Sorghum
(Sorghum rubrum), jap. Kuro-kibi, d. h. »schwarze Hirse«, deren
dunkelbraune Samen beiderseits etwas zugespitzt sind und sich durch
grosse Gleichmässigkeit auszeichnen. Ein solcher Shu-Kern wurde vor
4500 Jahren in China zur Grundlage nicht blos des Gewichts, sondern
überhaupt aller Maasse, selbst derjenigen der Töne. *)
2. Sonstige Verkehrsmittel.
Unter der langen Herrschaft der Tokugawa gesellten sich zu den
natürlichen Hindernissen des Verkehrs noch allerlei Schranken, welche
das Regierungssystem dem Volke auferlegte und die keineswegs mit
der Absperrung nach aussen endeten. Die natürlichen Verkehrshinder-
nisse sind durch die langgestreckte Gestalt des japanischen Reiches
und seine Gliederung in viele Inseln, durch den vorherrschenden
Gebirgscharakter und das bei vielen langandauernden Regen häufige
gewaltige Anwachsen und Uebertreten seiner zahlreichen Flüsse bedingt.
Die Landstrassen oder Dô, von denen je eine die Provinzen einer
meist langgestreckten Landschaft verbindet, wie z. B. der Tô-kai-
dô und der Naka-sen-dô, dienten fast ausschliesslich administra-
tiven und militärischen Zwecken. Wir dürfen uns unter ihnen keine
Kunststrassen vorstellen, welche gleich den unsrigen nach einem durch-
greifenden Plane angelegt und mit ähnlichen Verkehrsmitteln versehen
wären. Macadamisierte Strecken kommen auf denselben gar nicht vor,
[603]2. Sonstige Verkehrsmittel.
gepflasterte höchst selten und nur da, wo die Steilheit eines besonders
wichtigen Bergübergangs sie nothwendig machte, wie z. B. am Hakone-
Pass. Schon aus diesem Grunde sind die meisten japanischen Land-
strassen zur Regenzeit für schwere Fuhrwerke nicht benutzbar. Sie
sind aber auch gar nicht darauf berechnet. Da Lastwagen ausser
Gebrauch, ja völlig unbekannt waren, sogar der chinesische Schub-
karren nur ausnahmsweise vorkam, der Mensch zu Fuss ging, ritt
oder in einer Sänfte sich tragen liess, Gepäck und Waaren bis in die
neueste Zeit fast ausschliesslich durch Träger oder Lastthiere (Pferde
oder Ochsen *) befördert wurden, waren auch die Anforderungen an
einen soliden Untergrund und grössere Breite nicht vorhanden. Noch
jetzt gibt es ausser den zahlreichen Jin-riki-sha’s**), einigen
Kutschen, welche die besseren Strecken von Tôkio aus bis Odawara,
Takasaki und Utsunomiya befahren, und wenigen schwerfälligen
Karren kein anderes Fuhrwerk auf der japanischen Landstrasse.
Dieselbe Strasse hat eine wechselnde Breite, ist auf einer Strecke
eingeengt zum blosen Pfad, auf einer andern bis 10 und mehr Meter
breit. Der Uebergang der Flüsse wird durch Stege, Brücken und
Fähren vermittelt, ist aber zur Zeit heftiger und anhaltender Regen
oft Tage lang unterbrochen. Die ältesten und bekanntesten Land-
strassen Japans sind diejenigen, welche Kiôto mit Tôkio verbinden,
der Tô-kai-dô, d. h. Ostseestrasse, welche in der Nähe des Meeres
hinführt, und der Naka-sen-dô, die »Strasse zwischen den Bergen«
durch’s Innere von Hondo. Jene ist 125 Ri lang, diese 132 Ri. Auch
der Ôshiu-kai-dô, welcher von Tôkio gen Norden nach dem 191½ Ri
entfernten Awomori führt, sowie der San-yo-dô von Kiôto nach
Shimonoseki, welcher dem Binnenmeer entlang zieht, und mehrere
andere gehören zu diesen älteren Landstrassen der Hauptinsel, auf
welchen sich ehedem die grossen Daimiôzüge bewegten und auch sonst
ein reges Verkehrsleben abspielte, wie es uns bereits von E. Kaempfer
[604]IV. Handel und Verkehr.
geschildert wurde. *) Dass Nadelhölzer, vornehmlich Kiefern, die be-
liebten Schattenspender längs dieser Landstrassen sind, wurde pg. 326
besonders hervorgehoben.
Die Flussschifffahrt begegnet in Japan manchen Hindernissen,
wie schon Band I pg. 102 dargethan wurde. Grosse Stromsysteme
konnten natürlich nicht zur Entwickelung kommen. Aber auch im starken
Gefäll des Oberlaufes der grösseren Flüsse, in den Untiefen des Unter-
laufs durch wechselnde Ablagerungen von Sand und anderm Detritus
hervorgerufen, stellen sich dem Bootverkehr viele Schwierigkeiten in den
Weg, die nur zum Teil überwunden werden können. **) Wenn der-
selbe nichts destoweniger auf vielen grösseren Flüssen, zumal der
Hauptinsel, ein recht lebhafter war und zum Teil noch ist, so lag dies
in den ungenügenden Strassen und Verkehrsmitteln überhaupt. In
dieser Beziehung war namentlich Kiushiu schlecht bedacht. Seine
industrielle und commerzielle Entwickelung stand derjenigen von Hondô
während des Tokugawa-Shôgunats (1600—1868 n. Ch.) weit nach.
Abgesehen von der Keramik besass es keine bemerkenswerthe Industrie.
Die Seidenzucht wurde gar nicht, der Theebau mit wenig Sorgfalt
betrieben. In seinem Innern fehlten gute Verkehrswege, bis auf die-
jenigen, welche mehrere Flüsse (obenan der Chikugo-gawa) im Unter-
lauf boten. Dies ist teilweise den Bodenverhältnissen, mehr jedoch
der Abgeschlossenheit und dem Mangel eines Zusammenwirkens zwischen
den einzelnen Daimiôherrschaften zuzuschreiben. Es fehlte die cen-
trale Leitung: denn der Bakufu (die Regierung des Shôgun in Yedo)
mischte sich entweder gar nicht in diese Verhältnisse oder hatte selbst
ein Interesse daran, das Zusammenwirken zweier mächtigen Nachbarn
zu verhüten. So kam es, dass nicht blos auf Kiushiu, sondern auch
auf den zwei Nachbarinseln gerade die Uebergangsstrecken aus einer
Provinz in die andere im schlechtesten Zustande blieben und man
lieber weite Umwege und lange Dschunkenfahrten zur See machte,
als dass man das gespannte Verhältniss und die Abgeschiedenheit vom
nächsten Nachbar aufgegeben und sich die Wohlthat eines leichteren
Verkehrs verschafft hätte.
Dem grossen Unternehmungsgeist zur See, welchen die Japaner
früher bekundet hatten, wurden durch Iyeyasu zu Anfang des 17. Jahr-
[605]2. Sonstige Verkehrsmittel.
hunderts unüberwindliche Fesseln angelegt. Ueber 250 Jahre lang bis
zur Restauration der Mikadoherrschaft blieb die japanische Schifffahrt
auf den Küstenverkehr des eigenen Landes beschränkt und in einer
Zwangsjacke, wie der Verkehr überhaupt, zu deren Abwerfung die
Anregung von aussen kommen musste. Was aber wiederholten Ver-
suchen Seitens der Engländer und Russen nicht gelungen war, nämlich
das Land auf friedlichem Wege aus seiner Abgeschlossenheit heraus-
zureissen und zum freien Verkehr mit den grossen seefahrenden
Mächten zu veranlassen, das vermochte Commodore Perry 1854. Wie zur
Zeit der ersten Landung des Mendez Pinto und seiner Gefährten im
Jahre 1542 nichts so sehr die Aufmerksamkeit und das Erstaunen der
Japaner erregte, als die lange Flinte, welche sie mit sich führten, und
wie man alsbald mit Erfolg bestrebt war, dieselbe gleich dem Schiess-
pulver nachzumachen, so ging es auch jetzt. Commodore Perry im-
ponierte viel mehr durch die Anlage einer kleinen Telegraphenlinie
und einer Miniatureisenbahn, als durch sein stattliches Geschwader.
Diese Dinge erregten das höchste Interesse und den Wunsch, sie als
Verkehrsmittel dauernd zu besitzen. Kein Wunder, dass nach Eröff-
nung des Verkehrs mit den christlichen Nationen und nach Beseitigung
des Shôgunats die Erwerbung von Dampfschiffen, wie nicht minder die
Anlagen von Telegraphen und Eisenbahnen zu den ersten Sorgen der
neuen Regierung unter dem Mikado gehörten; denn die einflussreichsten
Anhänger des letzteren und Vertheidiger seiner alten Rechte gegen
das Shôgunat und dessen Stützen hatten schon ehe es zu den Ent-
scheidungskämpfen im Jahre 1868 kam (siehe Band I pg. 413 ff.),
ihre Abneigung gegen die eingedrungenen Barbaren abgelegt und er-
kannt, dass nur auf der vom Bakufu (Regierung in Yedo) geschaffenen
neuen Basis durch Annahme und Weiterführung aller mit fremder
Hülfe eingeleiteten Neuerungen Japan wieder erstarken und sich fort-
entwickeln könne. Aber erst im Jahre 1870 begann diese neue Re-
gierung, nachdem sie die ersten grossen Schwierigkeiten der inneren
Organisation überwunden hatte, mit einem Unternehmungsgeist und
Reformendrang auf den verschiedensten Gebieten des Erwerbslebens
und insbesondere des öffentlichen Verkehrs hervorzutreten, der manchem
Zuschauer zuweitgehend schien und viele Befürchtungen bezüglich des
Ausgangs wachrief. Zum Glück haben sich dieselben nicht erfüllt.
Wer heute unparteiisch überblickt, was in Japan im Verkehrsleben zu
Land und zu Wasser seitdem geleistet worden ist, kann den Männern,
welche an der Spitze dieser Unternehmungen standen, seine Aner-
kennung nicht versagen. Auf andern Gebieten, so namentlich auf dem des
Unterrichts, sind die Reformen und ihre Erfolge nicht minder belangreich.
[606]IV. Handel und Verkehr.
Hand in Hand mit der vom Shôgunat begonnenen Gründung einer
Kriegsflotte gingen die Anlage eines Arsenals, sowie die Errichtung
von Leuchtthürmen und verschiedenen andern Veranstaltungen zur
Förderung der Schifffahrt. Unter der vieljährigen umsichtigen Leitung
des Franzosen Verni und seiner Gehülfen entwickelte sich das Arsenal
zu Yokosuka im Süden von Yokohama zu einer mustergültigen An-
stalt und Schule für japanische Maschinisten. Der Engländer Brunton
leitete die Errichtung von Leuchtthürmen und andern Schutzvor-
richtungen für die Schifffahrt derart, dass schon vor 10 Jahren die
meisten der wichtigen oder gefährlichen Küstenpunkte mit guten Sig-
nalen versehen und die Gefahren in den japanischen Gewässern da-
durch sehr verringert waren. Japanische Kriegsschiffe haben seitdem
schon manche Peilungen, Hafenvermessungen und ähnliche Arbeiten
vorgenommen, deren Resultate auf werthvollen Seekarten fixiert wurden,
so dass auch in dieser Beziehung der Hi-no-maru oder »Sonnen-
kreis«, d. h. die nationale Flagge mit einer rothen Sonne in weissem
Felde, sich sehen lassen kann.
Unternehmende Kaufleute aus Kochi, der Hauptstadt von Tosa
auf Shikoku, gründeten mit einer ansehnlichen Unterstützung Seitens
der Regierung im Jahre 1874 die erste Dampfschifffahrtsgesellschaft,
die Mitsu-bishi-guwai-sha, deren Namen sich auf die erwählte
Flagge bezieht *). Zu ihr gesellte sich einige Jahre später eine zweite
derartige Gesellschaft, die Kiyodô-ungu-guwai-sha, welche sich
vor nicht langer Zeit mit ersterer vereinigte. Die Gesellschaft nennt sich
jetzt Nippon Yû-sen-guwai-sha oder »Japanische Postdampfer-
Gesellschaft.« Die Fahrzeuge derselben unterhalten regelmässige
Verbindungen zwischen allen bedeutenderen Häfen des Landes,
sowie mit Shanghai, Fusan, Wönsan (Gensan) und Wladiwostok.
Sie haben die japanische Küstenschifffahrt völlig an sich gerissen und
auf der Linie Yokohama, Kobe, Nagasaki und Shanghai die frühere
fremde Concurrenz schon vor zehn Jahren aus dem Felde geschlagen.
Zur Förderung des Binnenverkehrs gründeten im Jahre 1872 vier
Kaufleute mit einem Actienkapital von Yen 150000 = Mk 600000 die
Nai-koku-tsu-un-guwai-sha, »Inland-Transport-Gesellschaft.« Die-
selbe hatte ihren Sitz in Tôkio und an jedem grösseren Orte ihre Agentur.
Sie beförderte nicht blos Waaren und Gepäck aller Art, sondern auch
Geld und hatte einen zuverlässigen, wohlorganisierten Dienst, wie ich
mich wiederholt überzeugen konnte. Ueber ihre gegenwärtige Lage
[607]2. Sonstige Verkehrsmittel.
ist mir nichts bekannt geworden. Der Beschluss, den gesammten Post-
verkehr in die Hand zu nehmen, wurde von der Regierung schon im
Februar 1871 gefasst. Zwei Monate später begann man versuchsweise
zwischen den 3 Hauptstädten (Tôkio, Kiôto und Ôzaka) und so ent-
wickelte und erweiterte man stufenweise und mit bestem Erfolge den In-
landverkehr, dann auch den mit dem Auslande. Im Jahre 1879 konn-
ten die englische und die französische Postagentur, welche bis dahin
bestanden, aufgelöst und durch japanische Postämter ersetzt werden.
Im Januar 1870 wurde zwischen Tôkio und Yokohama die erste
Telegraphenlinie des Landes eröffnet. Andere folgten bald nach.
Immer dichter gestaltete sich das Netz, welches jetzt alle grösseren
Orte des Reichs unter einander und mit der Hauptstadt Tôkio ver-
bindet. Ja selbst in der Benutzung des Telegraphen zu Wetterberichten
an die meteorologische Centralanstalt der Hauptstadt ist man dem Bei-
spiel der vorgeschrittenen christlichen Staaten bald gefolgt. Ein ganz
besonderes Interesse bietet auch die Entwickelung der
Eisenbahnen oder Tetsu-dô.
Ende 1885 besass Japan folgende im Betrieb befindliche Eisen-
bahnen:
- 1) Tôkio-Yokohama ...... 7 Ri 11 Chô
- 2) Hiôgo-Ôzaka-Kiôto-Ôtsu .... 24 »
- 3) Nagahama-Tsuruga ..... 11 »
- 4) Nagahama-Ôgaki ...... 23 »
- 5) Tôkio-Takasaki....... 25 » 20 »
- Zusammen 90 Ri 31 Chô
oder 356,84 km.
Ferner ist im Bau begriffen:
- 6) Takasaki-Ôgaki ......... 275 km
Ausserdem sind projektiert:
- 7) Ôzaka-Sakai .......... 11 km
- 8) Ôgaki-Yokkaichi ......... 53 »
- 9) Uyeda-Niigata .......... 235 »
- 10) Tôkio-Awomori .......... 705 »
- 11) Fukuoka-Kumamoto
- 12) Miike-Kumamoto.
Nach Vollendung von Nr. 6 wird die Hauptlinie dem Nakasendô
entlang von Yokohama über Tôkio, Takasaki, Uyeda, Ôgaki, Ôtsu,
Kiôto, Ôzaka nach Hiogo führen mit Zweiglinien nach Sakai, Tsuruga,
Yokkaichi und Niigata.
[608]IV. Handel und Verkehr.
Alle bis jetzt in Betrieb befindlichen Strecken wurden bis auf die
fünfte von englischen Ingenieuren im Auftrag der Regierung erbaut
und mit englischem Rollmaterial versehen, kamen aber dann unter
japanische Verwaltung und Bedienung, welche sich ihrer neuen Auf-
gabe völlig gewachsen zeigten, so dass grössere Unfälle bis jetzt nicht
vorgekommen sind. Am 12. Juni 1872 wurde die erste Linie von
Tôkio nach Yokohama eröffnet. Alle Klassen der Bevölkerung fanden
bald ihre grosse Freude daran und bedienten sich ihrer, so dass das
Verlangen nach den Wohlthaten des neuen Verkehrsmittels auch ander-
wärts rege wurde. Schon am 11. Mai 1874 konnte die zweite Bahn
von Ôzaka nach Hiogo dem Verkehr übergeben werden. In den fol-
genden Jahren wurde dieselbe von Ôzaka weiter nach Kiôto geführt
und ihr endlich am 15. Juli 1880 die Strecke von hier nach Ôtsu am
Biwa-See hinzugefügt. Dann folgten die Bahnen von Nagahama nach
Tsuruga und nach Ôgaki, bei welchen, wie auf der Strecke von Kiôto
nach Ôtsu, Zöglinge der Ingenieurschule unter englischer Leitung ihre
praktische Ausbildung erhielten. Die Verbindung von Ôtsu nach Na-
gahama wird einstweilen durch Dampfschiffe bewerkstelligt; doch
scheint die Zeit nicht fern zu liegen, wo ein Schienenstrang den See
umgürten und die Dampfschiffe ersetzen wird.
Die letzte der im Betrieb befindlichen Bahnen von Tôkio nach
Takasaki wurde im Mai 1884 durch den Mikado eröffnet. Es ist die
erste, welche von Japanern ohne jegliche fremde Hülfe entworfen, erbaut
und in Betrieb gesetzt wurde. Bezog man auch das Rollmaterial noch
aus dem Auslande (Amerika), so giesst man doch bereits Schienen zu
Ikuno bei Kobe und construiert Waggons in Tôkio. Das sind in der
That grosse Fortschritte innerhalb einer kurzen Spanne Zeit. Kein
Wunder, dass sie zu neuen Unternehmungen in derselben Richtung
anspornen und eine ganze Anzahl Projekte hervorgerufen haben, deren
Ausführung freilich mit Rücksicht auf die grossen Kosten zum Teil
noch recht lange ein frommer Wunsch bleiben wird.
3. Der Aussenhandel Japans bis zur Erschliessung des Landes
unter Commodore Perry im Jahre 1854.
a. von der Entdeckung des Landes 1542 durch Mendez Pinto bis zum Jahre 1639.
»Die Geschichte der japanischen Unternehmungen nach fremden
Ländern ist noch zu schreiben«, bemerkt E. Satow und hebt weiter
hervor, dass die Materialien dazu weit zerstreut sind und erst gesammelt
werden müssen. Es überstiege ebenso meine Kräfte, wie den vor-
[609]3. Der Aussenhandel Japans bis 1854.
liegenden Zweck, eine solche Sammlung zu veranstalten. Wohl aber
schien es mir von Interesse, hier die hervorragendsten Daten, welche
ich bei der Lectüre der citierten Werke, sowie mancher andern be-
züglich des japanischen Aussenhandels in früherer Zeit fand, zu-
sammenzustellen, weil sie geeignet sind, hinsichtlich der Mittel und
Wege gegenüber dem heutigen fremden Handel, den Wandel zu zeigen,
welcher sich hier, wie auf vielen andern Gebieten vollzogen hat. Wir
sehen da, dass ehemalige Ausfuhrartikel von hohem Werthe entweder
mehr in den Hintergrund getreten oder ganz verschwunden sind,
während andere, an die man noch vor 30 Jahren kaum dachte, heutiges
Tags die erste Stelle einnehmen. Ehemals bestand »das Mark des
Landes«, wie Kämpfer sich ausdrückt, aus den Erzeugnissen des Berg-
baues: Gold, Silber und Kupfer; in der Neuzeit gehen landwirthschaft-
liche Produkte, wie Seide, Thee und Reis (dieser nur in günstigen
Jahren), unter den zahlreichen Ausfuhrartikeln an Bedeutung allen
andern voran.
Wie in den ersten drei Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts im Ver-
kehr mit Japan Holländer die Portugiesen, Spanier und Engländer zu
verdrängen wussten, so mussten sie wieder vor der mächtigen Concur-
renz der grösseren Handels- und Industriestaaten zur Zeit der Eröffnung
des Landes vor 30 Jahren die Segel streichen. Holland’s Handel sank,
dem bescheideneren Umfang seiner Industrie und seines eigenen Be-
darfs entsprechend, hinter den der meisten Grossstaaten, mit England
und Nordamerika an der Spitze, weit zurück. In ähnlicher Weise
entwickelte sich der Handel mit Yokohama und Kobe (Hiogo) rasch
auf Kosten von Nagasaki und Ôzaka.
Ueber die alten Handelsbeziehungen Japans zu seinen westlichen
Nachbarn China und Korea vor der ersten Landung der Portugiesen
fehlen bislang alle näheren Angaben.
Hakata in Chikuzen scheint einer der japanischen Hafenorte
gewesen zu sein, in welchem ein lebhafter Verkehr mit China statt-
fand. Es wird desselben auch in Taketori Monogatari, »dem
Mädchen aus dem Monde« *) gedacht. Auch Ôzaka, ehemals Naniwa
genannt, und Sakai waren im Mittelalter wichtige Hafen- und Ver-
kehrsplätze mit China. Marco Polo erwähnt dieses Verkehrs nicht,
noch finden sich bei Barros in seinem Werke »Da Asia« irgendwelche
Angaben der Art; er nennt die Japaner nicht einmal. Dagegen sollen
nach Crawford**) in einem Commentar zu Albuquerque, den dessen
Rein, Japan. II. 39
[610]IV. Handel und Verkehr.
Sohn schrieb, gemäss Informationen, welche der grosse Albuquerque
bei der Einnahme von Malacca im Jahre 1510 erhielt, Japaner (dort
Goré genannt) jährlich mit 2—3 Schiffen angekommen sein. Es seien
schweigsame, wahrheitsliebende Leute, welche ihr Land gewöhnlich
im Januar verlassen hätten und im August und September dahin
zurückgekehrt seien. Als Waaren derselben werden rohe und verar-
beitete Seide, Brocat, Porzellan, viel Weizen, Kupfer, Alaun und viel
Gold in Barren mit ihres Königs Stempel genannt. Die Erwähnung
von Seide und Porzellan als Ausfuhrartikel Japans in damaliger Zeit
lässt jedoch muthmaassen, dass hier vielleicht eine Verwechselung mit
Koreanern vorliegt.
Es fehlt nicht an Beispielen, dass aus Japan, zumal von der Insel
Kiushiu, gefürchtete Seeräuber kamen, welche nicht blos die Küsten
Chinas unsicher machten, sondern ihre Raubzüge auch nach den
Philippinen und dem Malayischen Archipel ausdehnten. *) Solches
geschah vornehmlich, wenn Bürgerkriege in Japan das Land ver-
wüsteten und alle Bande der Ordnung und Gesetzlichkeit lockerten,
wie z. B. gegen Ende des 14. Jahrhunderts (Siehe Band I pg. 297
u. 298), sowie zuletzt im Jahre 1600 n. Chr., bevor Iyeyasu die
weltliche Herrschaft über ganz Japan in seiner festen Hand vereinigte
und bald darauf nicht blos dem Seeraub, sondern auch dem friedlichen
direkten Verkehr der Japaner mit andern Ländern ein Ende gemacht
wurde.
Es ist gewiss bemerkenswerth, dass die drei hervorragendsten
Seereisen im Zeitalter der grossen Entdeckungen in der Absicht unter-
nommen wurden, hochgeschätzte Erzeugnisse asiatischer Länder auf
billigstem Wege Spanien, beziehungsweise Portugal, zuzuführen. Co-
lumbus entdeckte Amerika, als er auf westlicher Fahrt die Länder
Ostasiens, insbesondere das goldreiche Zipangu (Japan) und das seiden-
reiche Cathay (China) erreichen wollte; denn nach den Schilderungen
seines Landsmanns Marco Polo und arabischer Geographen war jenes
das Eldorado der Chinesen und Araber (siehe pg. 346), während dieses
durch seine Seide von Alters her den Ruf eines reichen Landes genoss.
Vasco de Gama führte die Portugiesen um Südafrika zuerst nach
Indien und lenkte hierdurch den bisherigen Handel mit diesem produk-
tenreichen Culturlande in ganz andere Bahnen. Endlich nennen wir als
dritten epochemachenden Seefahrer dieser Periode Fernão de Ma-
[611]3. Der Aussenhandel Japans bis 1854.
galhães, den Landsmann Vasco de Gama’s. Derselbe begab sich
nach der Eroberung von Malacca aus Groll gegen seinen König in die
Dienste Karls V (Karls I), um den Spaniern unter Vermeidung der
portugiesischen Route die Gewürznelken der Molukken zuzuführen,
und leitete in diesem Streben, wie bekannt, die erste Weltumsegelung,
wenige Jahre nachdem die Portugiesen die Umschiffung des tropischen
Asiens beendet und in Macao eine neue Operationsbasis für ihren
Handel gewonnen hatten.
Endlich wurde von denselben Japan entdeckt. Der Schiffbruch,
welcher Mendez Pinto und seine Gefährten im Jahre 1542 n. Chr. an
dessen südliche Gestade führte, ist der Anfang jener bemerkenswerthen
Periode für Japan, in welcher mit der Verbreitung des Christenthums
während der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Entwickelung
eines äusserst gewinnreichen Handels mit Nagasaki, als Hauptstützpunkt,
gleichen Schritt hielt. Auch der Handel Japans mit China blühte in
dieser Periode; denn nach Thunberg landeten bis zum Jahre 1684
jährlich gegen 200 chinesische Fahrzeuge, jedes mit einer durch-
schnittlichen Bemannung von 50 Personen. Sie brachten den Japanern
Seide und seidene Tücher, Zucker, Terpentin, Weihrauch, Achat,
Baros-Kampfer, Ginseng und verschiedene andere Arzeneistoffe, sowie
medicinische Bücher, und führten dagegen Kupfer in Stäben, Lack-
arbeiten, Schwerter und andere Erzeugnisse des Landes aus.
Der Handel der Portugiesen zwischen Goa, Malacca, Macao und
Nagasaki (beziehungsweise Hirado) war durch die Monsune und den
König von Portugal geregelt. Nach Linschoten erlaubte letzterer jähr-
lich nur einem Schiff von Macao nach Japan zu segeln. Es war ein
für jene Zeit sehr umfangreiches, gutes Fahrzeug von 1600 Tonnen.
Die dreijährige Führung desselben galt für einen grossen Vorzug, als
Belohnung für geleistete Dienste; denn der Kapitän gewann an einer
Fahrt nach Japan zwischen 150000 und 200000 Ducaten. Er brachte
von Macao verschiedene Waaren, insbesondere Seidenstoffe. Die Rück-
fracht bestand in Silber und Gold. Sie warf enormen Gewinn ab,
nach Kämpfer 100 %. Meijlan gibt an, dass zur Blüthezeit dieses
portugiesischen Handels der jährliche Durchschnittswerth dieser Edel-
metallausfuhr aus Japan auf 8—9 Mill. holländische Gulden (13,6—
15,3 Mill. Mark) zu veranschlagen sei, ja Thunberg setzt ihn sogar
der enormen Menge von 300 Tonnen Gold gleich und bemerkt dann
weiter, dass selbst, nachdem die Portugiesen sich durch ihr Benehmen
in Nagasaki und sonst gründlich verhasst gemacht hatten und ihr
Handel schon gänzlich in Verfall war, sie immer noch ansehnliche
Mengen Silber ausführten, so im Jahre 1636 n. Chr. 2360 Kisten oder
39*
[612]IV. Handel und Verkehr.
2350000 jap. Taels à 2,8 Mk., im Jahre 1837 2142365 Tls. und 1838
1259023 Tls.*)
Hiermit endete bekanntlich der Verkehr der Portugiesen in Japan;
denn bald (1839) folgte ihr völliger Ausschluss, und als sie dann im
Jahre 1840 ihre Trennung von Spanien und frühere Selbständigkeit
wieder erlangt hatten, sahen sie sich ihres gewinnreichen Handels
und Besitzes in Asien bis auf einige unbedeutende Reste beraubt.
Mehrere von Macao aus gemachte Versuche, das verlorene Handels-
terrain in Japan wieder zu gewinnen, waren vom grössten Misserfolg
begleitet. Ihr ehemaliges Paradies blieb ihnen verschlossen.
Nach der Vereinigung Portugals mit Spanien durch Philipp II im
Jahre 1580 n. Chr., einem Ereigniss, von dem an die Portugiesen,
den Rückgang und endlichen Verlust ihrer Machtstellung und ihres
bedeutenden asiatischen Handels datieren, wurde auch Manila in diesen
hineingezogen. Der Verkehr dieser Stadt mit Macao und Japan, über
welchen das citierte Werk von A. de Morga interessante Aufschlüsse
gibt, war ein sehr reger.
Ende October und während des März segelten die Schiffe mit
nördlichen Winden von Nagasaki nach Manila. Sie brachten den
Philippinen vornehmlich Weizenmehl von sehr guter Qualität, ferner
geschätztes Salzfleisch, gesalzenen Thunfisch, sehr gute (?) frische
Birnen, eiserne Werkzeuge und Waffen, darunter vornehmlich aus-
gezeichnete Schwerter, sodann schöne spanische Wände, kunstvoll
lackierte Schmuckkästchen aus Holz von seltener Art, sowie an-
dere Kleinigkeiten, die prächtig anzuschauen waren, Käfige, etwas
Silber, gemusterte Seidenstoffe. Auch kamen Pferde aus Japan,
welche de Morga vortrefflich schildert. Die Schiffe kehrten unter dem
Einfluss des südlichen Monsunwindes im Juni oder Juli nach Nagasaki
zurück. Ihre Fracht aus Manila bestand in Rohseide (von China),
Hirschhorn (?) und Brasilienholz zum Färben, Honig, Wachs, Wein
(aus Spanien), Ziebetkatzen, grossen Urnen (Tibór) zur Aufbewahrung
des Thees, Glas, Kleidungsstoffen.
Die erste Störung dieses freundlichen Verkehrs bewirkte »Taiko-
sama, der Herr von ganz Japan« durch einen Brief an den Gouverneur, **)
worin er diesen in arroganter Weise aufforderte, seine Oberhoheit an-
zuerkennen und zum Zeichen dafür Tribut einzusenden, widrigenfalls
[613]3. Der Aussenhandel Japans bis 1854.
er mit einer Flotte kommen und das Land vernichten werde. Der
Ton dieses Schreibens entspricht genau demjenigen, in welchem Hi-
deyoshi den König von Korea behandelte, als dieser mit ihm gemein-
schaftliche Sache gegen China machen sollte (siehe Band I pg. 325).
Die Correspondenz dauerte mehrere Jahre, heisst es bei de Morga
weiter, dann starb Taiko-sama. Es geht daraus hervor, dass jener
insolente Brief um das Jahr 1595 geschrieben sein musste. *) Derselbe
erregte in Manila grosse Besorgniss. Man schickte alle Japaner, die
sich dort in nicht geringer Zahl aufhielten, aus Furcht vor einer In-
vasion in ihr Land zurück.
Im Jahre 1596 trat Don Francisco Tello, der neue Gouverneur der
Philippinen, sein Amt an. Ein Jahr darauf landete das Schiff San
Felipe, welches auf seinem Wege von Manila nach Neuspanien (Mexiko)
durch widrige Winde verschlagen worden war, an der Küste von Tosa
auf der Insel Shikoku. Bei der Gelegenheit erklärte der Obersteuermann
Francisco de Landa dem Vertrauten und Bevollmächtigten des
Taiko-sama, **) wie Spanien die Welt erobere und sich dabei der Mit-
wirkung der spanischen Priester bediene, und trug dadurch nicht wenig
zu der wachsenden Abneigung der regierenden Kreise gegen das
Christenthum bei, die bald in blutige Verfolgung seiner Verkündiger
und später in völlige Ausrottung desselben überging.
Iyeyasu***) war um jene Zeit dem Verkehr der Spanier und
Portugiesen noch geneigt, verhandelte sogar mit Fray Geronymo,
welcher sich während der ersten Christenverfolgung durch Taiko-sama
im Jahre 1597 versteckt hatte, um spanische Zimmerleute zum Bau
von Schiffen von Manila heranzuziehen, damit er selbst in direkten
Handelsverkehr mit Neuspanien treten könne. Aber Chiquiro (?),
der Abgesandte des Iyeyasu, welcher dessen Geschenke und Wünsche
[614]IV. Handel und Verkehr.
nebst Briefen des Pater Geronymo an den Gouverneur der Philippinen
überbrachte, fand wohl freundliche Aufnahme, erhielt aber die er-
betenen Schiffszimmerleute nicht, weil man im Handel mit Nueva
España die Japaner nicht als Concurrenten neben sich haben wollte.
Vergebens warteten Iyeyasu und Geronymo auf die Rückkehr des
Schiffes. Es war an der Küste von Formosa gescheitert und mit allen
Insassen untergegangen. Später begab sich Fray Geronymo selbst
nach Manila und kehrte von dort im Jahre 1601 mit Ausreden und
Gegengeschenken für Iyeyasu zurück. Letztere bestanden aus einem
grossen, reichverzierten Spiegel und sonstigen Glaswaaren, castilischen
Tüchern, Honig, einigen grossen chinesischen Porzellanurnen und
spanischen Tibór oder Vasen und Urnen aus Faience.
Mittlerweile war Iyeyasu zum Shôgunat mit factischer Herrschaft
über ganz Japan gelangt. Die Kämpfe des Jahres 1600, in welchen
er seine Gegner überwand, hatten die Küstenbewohner von Kiushiu
noch einmal zur Seeräuberei verlockt. Nicht weniger als 6 Korsaren-
schiffe waren aus Satsuma ausgesegelt, um mit ihren Plünderungen die
Gestade Chinas und der Philippinen heimzusuchen. Auf die Be-
schwerden des Gouverneurs von Manila versprach Iyeyasu Abhülfe,
verlangte aber als Gegenleistung, dass man flüchtigen Japanern nicht
Schutz, noch viel weniger Unterstützung zu heimlichen Landungen an
den japanischen Küsten gewähre. Es scheint jedoch, dass dieser Wunsch
nicht erfüllt wurde. In dieser Beziehung, sowie in verschiedener
anderer Hinsicht ist ein Brief des mächtigen Shôgun an den Gouver-
neur Don Pedro de Acuña vom Jahre 1605 von ganz besonderem In-
teresse. In demselben stattet Iyeyasu dem Gouverneur zuächst seinen
Dank ab für die Geschenke, welcke ihm dieser übersandt hatte und
unter denen ihm namentlich der Wein viel Freude gemacht habe.
Dann aber bittet er den Gouverneur, doch zu verhindern, dass
flüchtige Japaner in Manila eine Stütze fänden und mit spanischen
Schiffen ohne seine (Iyeyasu’s) Erlaubniss nach Japan zurückkehrten.
Auf die häufigen Vorstellungen in Angelegenheiten der christlichen
Secte, welche der Gouverneur und Andere ihm gemacht hätten, könne
er nicht eingehen. »Es ist in keiner Weise unseren Beziehungen
dienlich, dass Ihr Glaube in Japan gepredigt und verbreitet werde,
und wenn Eure Hoheit wünschen, Freundschaft mit den Herrschaften
Japans und mir zu erhalten, so bitte ich, meinen Wünschen nach-
zukommen und nichts zu thun, was mir missfällt.« Diese energische
Sprache lässt aufs deutlichste erkennen, dass Iyeyasu bereits damals
fest entschlossen war, der Ausbreitung des Christenthums energisch
entgegenzutreten. Nur einmal finden wir ihn diesem gegenüber, seinen
[615]3. Der Aussenhandel Japans bis 1854.
früheren Aeusserungen entsprechend, freundlich gesinnt, wie sich aus
dem Folgenden ergibt.
Im Jahre 1608 — so berichten uns die »Memorials of the Empire
of Japan« nach Th. Rundall, — scheiterte das Schiff, mit welchem der
Generalgouverneur der Philippinen Rodrigo de Vivero y Velasco
von Manila über Acapulco nach Spanien zurückkehren wollte, an der
Ostküste von Hondo unter 35½° N. Die Mannschaft rettete gleich
Don Rodrigo nur das Leben, wurde aber von den Japanern auf’s
freundlichste aufgenommen und mit allem Nothwendigen versorgt.
Insbesondere hatte sich der Generalgouverneur allenthalben einer
grossen, seinem Rang entsprechenden Zuvorkommenheit zu erfreuen,
namentlich am Hofe zu Yedo, sowie zu Shidzuoka in Suruga, wohin
sich Iyeyasu seit 1805 zurückgezogen hatte, obwohl er noch die Ober-
leitung der Landesangelegenheiten in den Händen behielt.
Man liess den Spaniern Alles zustellen, was von ihrem Wrack
gerettet werden konnte, obwohl nach Gesetz und Brauch die japanische
Regierung volles Strandrecht besass. In Shidzuoka unterbreitete Don
Rodrigo dem Ex-Shôgun drei Bitten, nämlich:
- 1) Iyeyasu möge den fremden Priestern und ihrer Missionsthätig-
keit seinen Schutz gewähren, - 2) Fortdauernd freundliche Beziehungen mit dem König von
Spanien unterhalten, - 3) den Holländern, die Rebellen und Piraten seien, den Aufent-
halt in seinem Lande verbieten.
Iyeyasu liess Don Rodrigo seine Befriedigung darüber ausdrücken,
dass derselbe, obgleich aller Habe entblösst, nichts für sich, sondern alles
für seinen König und seine Religion erbeten habe. Er sei bereit, die
zwei ersten Bitten zu gewähren, nicht die dritte, weil er den Holländern
sein Wort verpfändet und ihnen den Verkehr in seinem Lande unter
gleichen Bedingungen, wie den übrigen Fremden gestattet habe.
Iyeyasu erbat sich durch Don Rodrigo vom König von Spanien
50 in der Silbergewinnung Neuspaniens erfahrene Bergleute, da die
seinigen nicht die Hälfte des in den Minen vorhandenen Edelmetalls
zu gewinnen vermöchten, und entliess ihn auf’s freundlichste. Das
nächste Reiseziel war »Meako« (Kiôto), wo der Gouverneur ihn im
Auftrage seines Gebieters mit allen Sehenswürdigkeiten bekannt machte.
So sah Don Rodrigo unter Anderm auch den Daibutsu, von dem er
bemerkt, dass derselbe werth sei, unter die Weltwunder gerechnet zu
werden. Von Kiôto begab er sich über Fushimi nach Ôzaka, dann in
einem Boot nach Nagasaki. Da aber das Schiff, welches ihn nach
Manila zurückbringen sollte, noch nicht fertig war, so kehrte er wieder
[616]IV. Handel und Verkehr.
nach Suruga zurück und verliess, reichlich beschenkt, Japan erst im
August 1610, demnach mit voller Kenntniss von der Landung der
Holländer auf Hirado*) und ihrem Eintritt in die Concurrenz, die für
Portugiesen und Spanier, sowie für die katholischen Japaner bald so
verhängnissvoll wurde.
Ueber 50 Jahre hindurch (von 1580 an) dauerte der Verkehr
zwischen Japan und den Philippinen. Während dieser Zeit entwickelte
sich der japanische Unternehmungsgeist auch nach andern Richtungen.
Japanische Seeleute nahmen nicht blos auf fremden Schiffen Dienste
und machten mit denselben weite Reisen, sondern sie rüsteten im
Verein mit Kaufleuten auch selbst Dschunken aus, um bald in fried-
lichem Verkehr an den chinesischen und hinterindischen Küsten
anzulaufen, bald als kühne Corsaren den Handel daselbst zu beein-
trächtigen.
Aus der erwähnten Schrift von Dr. E. Satow über den Verkehr
zwischen Japan und Siam sehen wir, wie lebhaft derselbe während
der ersten drei Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts war. In Ayuthia,
der damaligen Hauptstadt Siams, sowie in Patani dem bedeutendsten
Handelsplatze am siamesischen Golfe, gab es eine japanische Colonie,
die zeitweise auch eine politische Rolle spielte. Die drei ersten Shô-
gune unterhielten mit dem König von Siam 24 Jahre hindurch direkten
freundlichen Verkehr, indem beide Höfe wiederholt Briefe und Geschenke
austauschten, die in mehreren Fällen durch siamesische Gesandt-
schaften vermittelt wurden. Iyeyasu leitete diese direkten Beziehungen
im Jahre 1606 dadurch ein, dass er dem König von Siam einen Brief
nebst mehreren Schwertern und Rüstungen übersandte und denselben
um einige Flinten und etwas wohlriechendes Adlerholz (Santalinum
album L.) bat. Wir entnehmen der Correspondenz, welche sich an-
schloss, dass der König von Siam und sein erster Minister wiederholt
solches weisse Sandelholz, sodann Borneokampfer, Elefantenzähne und
kostbare Seidenstoffe als Geschenke für den Shôgun und seine ersten
Würdenträger übermitteln liessen, ausserdem aber verschiedene euro-
päische Fabrikate, wie Sarsenet, Calico, Gaze und andere Gewebe,
ferner Flinten und Pulver. Als japanische Gegengaben erhielten sie
besonders Pferde mit kostbaren Sätteln, Waffen und Rüstungen, so-
dann prächtige spanische Wände, wattierte seidene Festgewänder,
gebleichte Baumwollstoffe und Silber.
[617]3. Der Aussenhandel Japans bis 1854.
Mit dem Jahre 1630 hörte dieser officielle Verkehr plötzlich auf.
In Ayuthia hatte sich Phra-chao Phrasa thong des Thrones bemächtigt,
und als er darauf, dem Beispiel seines Vorgängers folgend, eine Gesandt-
schaft mit Briefen und Geschenken nach Japan absandte, wurden diese
zurückgewiesen. Nicht besser erging es mehreren andern siamesischen
Gesandtschaften, welche folgten. Aber selbst nachdem im Jahre 1636
den Japanern durch Gesetz das Verlassen des Landes und der Verkehr
mit Fremden auf’s Strengste untersagt war, hörten die Handels-
beziehungen mit Siam nicht ganz auf. Chinesen, welchen neben den
Holländern der Verkehr mit Nagasaki eingeräumt blieb, übernahmen die
Vermittlung. Siamesische Dschunken kamen, wie Satow nach japani-
schen Quellen anführt, in sechs verschiedenen Fällen, nämlich in den
Jahren 1680, 1687, 1693, 1716 1718 und 1745 an; doch wird nicht
bemerkt, mit welchem Erfolg. Vor der Absperrung Japans unter dem
dritten Shôgun (Iyemitsu) holten siamesische Schiffe Gold und Silber,
sowie Kupfer in kleinen Barren, ferner Goldschmiedearbeit, Schirme,
Lackwaaren, Porzellan und Thee.
Die verschiedenen Ereignisse, welche zur Absperrung Japans und
zur Ausrottung des Christenthums führten, wurden im I. Bande dieses
Werkes ausführlich dargelegt. Auch aus der hier gegebenen kurzen
Darstellung der Beziehungen des Shôgunats zu den Spaniern in Manila
und zu den Siamesen geht hervor, dass jene Schritte nicht als unmittel-
bare Folge der Schlacht von Sekigahara im Jahre 1600 n. Chr.
anzusehen sind, sondern dass die politischen und religiösen Motive,
aus denen sie hervorgingen, sich erst allmählich herausbildeten. Von
grossem Einfluss auf diesen Umschlag der Ansichten und Gefühle war
offenbar die Anknüpfung der Handelsbeziehungen mit Holländern und
Engländern, welche am Anfang des 17. Jahrhunderts die heimatlichen
Kämpfe gegen das katholische Spanien und das damit vereinte Por-
tugal auch auf den fernen Stationen des Weltmarktes mit Erfolg fort-
setzten.
Die Kämpfe der protestantischen Niederländer um ihre bürgerliche
und religiöse Freiheit hatten in ihnen eine unversöhnliche Feindschaft
gegen die Spanier und den römischen Katholicismus grossgezogen,
ihren Muth und Unternehmungsgeist gestählt und sie zu weiteren
Thaten vorbereitet. Kaum war das spanische Joch abgeschüttelt, so
durchkreuzten holländische Schiffe, von Handelsinteressen getrieben,
alle Meere. In Amsterdam gab die nautische Schule des Peter Plan-
cius dem angehenden Seefahrer eine bessere Ausbildung und der mit
Segelanweisungen versehene Atlas von L. J. Waghenaer zu Leiden
zuverlässigere Karten in die Hand. Auf diese Weise wurde der all-
[618]IV. Handel und Verkehr.
gemeine Drang, von dem durch Portugal und seine Colonien erweiterten
Spanien auch im Handel vollständig unabhängig zu werden, wirksam
unterstützt. Engherzige Verordnungen Philipps II von Spanien, welche
den Holländern Lissabon, den damaligen Weltmarkt, verschlossen,
thaten das übrige. Die Unternehmungen der Holländer führten zu
wichtigen geographischen Entdeckungen — ich erinnere nur an die-
jenigen von Barents und Tasman, — sowie zum Uebergang der
meisten Besitzungen der Portugiesen und ihres asiatischen Handels in
holländische Hände.
Auf die erste holländische Weltumsegelung (in den Jahren 1598—
1601) unter Oliver van Noort, welcher die Route des Magalhães
einschlug und den Spaniern in einem Seegefechte vor Manila herbe
Verluste beibrachte, folgte im Jahre 1602 die Gründung der Nieder-
ländisch Ostindischen Handelsgesellschaft. Batavia wurde Haupt-
stützpunkt derselben und des durch sie geleiteten holländischen Handels
in Südostasien, während Goa, Malakka und Macao ihre commerzielle
Bedeutung verloren. Im April des Jahres 1600 erschien die holländische
Flagge zum ersten Mal an der japanischen Küste und zwar zu Funai
in Bungo. Das Schiff, welches sie führte, hatte mit vier andern eine
kleine Handelsflotille des holländischen Hauses van der Veek gebildet
und im Juni 1598 den Hafen Texel verlassen, um an der pacifischen
Küste Südamerikas Handel zu treiben. Die Expedition wurde in zu
später Jahreszeit ausgesandt, und erlitt in Folge schlechter Führung,
heftiger Stürme und feindlicher Ueberfälle bei mehreren Landungs-
versuchen grosse Verluste, so dass schliesslich nur ein Schiff, der
Erasmus, mit geringer Besatzung übrig blieb, welches von der peru-
anischen Küste aus seinen Cours nach Japan richtete, in der Hoffnung,
dort einen Markt für seine Ladung Tücher zu finden. Bei der Landung
in Funai waren nur noch fünf Mann dienstfähig, darunter der englische
Obersteuermann William Adams. Sie wurden gleich den Kranken
von der einheimischen Bevölkerung freundlich aufgenommen, von den
Portugiesen aber als Piraten hingestellt. Diese bewirkten, dass W.
Adams als Gefangener vor Iyeyasu geführt wurde, der sich damals in
Ôzaka befand. Iyeyasu nahm ihn freundlich auf, forschte ihn aus
und sandte ihn dann nach Yedo, wo er befreit wurde und bis zu
seinem Tode im Jahre 1620 vorwiegend lebte. William Adams gewann
eine geachtete Stellung unter den Japanern, diente erst den holländi-
schen, später auch den englischen Interessen und hat wahrscheinlich
mitgewirkt, den Argwohn gegen die katholischen Spanier und Portu-
giesen zu nähren und der bekannten Krisis entgegen zu führen. (Siehe
auch Band I pg. 381 ff.)
[619]3. Der Aussenhandel Japans bis 1854.
Im Juni 1609 erschien das holländische Schiff Roode Loeuw
(Rother Löwe) im Hafen von Hirado und fand Seitens des Daimiô
der Insel freundliche Aufnahme. Im folgenden Jahre begaben sich
Jacques Spexx (Jacob Spex), der kaufmännische Vertreter der Nieder-
ländisch Ostindischen Handelsgesellschaft, und M. Sandvoort nach
Suruga, um mit Iyeyasu, darauf nach Yedo, um mit dessen Sohn,
dem Shôgun, wegen eines Handelsvertrags zu verhandeln. Als Dol-
metscher diente William Adams. Den Holländern wurde gestattet, in
Hirado eine Factorei zu errichten und mit Japan unter gleichen Be-
dingungen Handel zu treiben, wie Portugiesen und Spanier im nahen
Nagasaki. Letztere hatten Alles aufgeboten, sich die angekommenen
Ketzer fern zu halten. Dieselben wurden Iyeyasu als Seeräuber und
Rebellen gegen ihren Herrn, den König von Spanien, geschildert,
denen er unmöglich Gehör schenken könne. Der kluge und mächtige
Fürst war jedoch nicht geneigt, sich die Gelegenheit, dem bisherigen
fremden Einfluss eine Concurrenz an die Seite zu stellen, entgehen
zu lassen. Seine Antwort lautete dahin, dass europäische Angelegen-
heiten ihn nichts angingen und er nur für die Ruhe und Wohlfahrt seines
eigenen Landes und Volkes zu sorgen habe. Jeder Fremde, der sich
den Gesetzen unterwerfen und zum Besten seiner Unterthanen ehr-
baren Handel treiben wolle, sei ihm willkommen, »ja wenn Teufel
aus der Hölle kämen, sollten sie wie Engel vom Himmel behandelt
werden«, so lange sie sich willig den Regeln unterwürfen, die er auf-
gestellt habe.
Auf briefliche Anregung durch William Adams hin entschloss
sich bald darauf auch die englisch-ostindische Handelsgesellschaft mit
Japan in Verkehr zu treten. Zu dem Zweck sandte sie drei Schiffe
unter dem Oberbefehl von Kapitän John Saris ab, welche am 11. Juni
1613 vor Hirado Anker warfen. Der alte Daimiô wusste die Handels-
vorteile, welche die Fremden seiner kleinen Insel brachten, zu wür-
digen und nahm auch die Engländer freundlich auf. Nachdem
W. Adams sich bei diesen eingefunden und Capitain Saris ein Haus
gemiethet hatte, welches als Factorei dienen sollte, begab sich derselbe
mit Adams als Dolmetscher und den nöthigen Vollmachten und Ge-
schenken Seitens König Jacobs I in einem Boot, welches der Daimiô
zu ihrer Verfügung stellte, nach dem Hofe. Die Gesandtschaft wurde so-
wohl von Iyeyasu in Sumpu (Shidzuoka), als auch von seinem Sohne
Hidetada, dem regierenden Shôgun in Yedo, freundlich aufgenommen
und erlangte nach kurzer Verhandlung, welche der am Hofe wohl-
gelittene Adams vermittelte, ein allgemeines Handelsprivileg, das aber
durch einen Nachtrag vom Jahre 1616 gleich dem der Holländer auf
[620]IV. Handel und Verkehr.
Hirado beschränkt wurde. Als Direktor der Factorei fungierte Richard
Cocks, von ihrer Gründung bis zur Auflösung, welche die Com-
pagnie im Jahre 1623 verfügte. Die zehnjährige Concurrenz mit den
Holländern hatte ihr einen Gesammtverlust von über ₤ 40000 bereitet.
Aber wenn auch das Handelsunternehmen der Engländer in Japan
erfolglos geblieben war, so verliessen sie doch das vielumworbene Gebiet
mit allen Ehren. Sie hatten den Versuch in einer sehr ungünstigen
Zeit und an einem ungeeigneten Orte gemacht, auf einer wenig produ-
cierenden kleinen Insel in unmittelbarer Concurrenz mit Holländern,
sowie der ebenfalls noch einflussreichen portugiesischen und spanischen
im benachbarten Nagasaki. Ihre Hoffnung, dass sich ihnen der chi-
nesische Markt öffnen würde, erfüllte sich nicht und auf dem japani-
schen besassen die Holländer mehr Erfahrung und Geriebenheit.
Dieselben scheuten kein Mittel, um die Engländer zurückzudrängen,
und verkauften zu dem Zweck viele ihrer Waaren, wie z. B. in Eng-
land fabricierte Tücher, unter dem Einkaufspreise. Ihr Benehmen war,
wie Cocks an manchen Stellen seines Tagebuchs hervorhebt, oft un-
erträglich, selbst dann, wenn die Engländer auf höheren Befehl mit
ihnen gegen Spanier und Portugiesen gemeinsame Sache machten.
Solchen aussergewöhnlichen Schwierigkeiten waren Intelligenz und
Thatkraft des Direktors Richard Cocks nicht gewachsen. Aus seinem
langweiligen Tagebuch erkennt man leicht den zwar gutmüthigen und
ehrlichen, aber wenig gebildeten, schwachen und schwerfälligen Mann,
dessen Unordnung in der Geschäftsführung gross gewesen sein muss,
wie aus dem herben Tadel, mit dem ihn seine »loving friends« und
Vorgesetzten zu Batavia im Mai 1623 abriefen, genugsam hervorgeht.
In späterer Zeit wussten die Holländer alle Versuche der Engländer,
mit Japan von neuem Handelsbeziehungen anzuknüpfen, eben so erfolg-
reich zu vereiteln, wie diejenigen anderer Nationen. Die Berichte
über Ueberfüllung des Marktes mit eingeführten Produkten und den
Niedergang der Preise erinnern an manche Erscheinungen des japani-
schen Handels in neuerer Zeit, nur dass damals das Institut der
Waarenverschleuderung durch öffentliche Auctionen noch nicht ein-
geführt war. Weisse Rohseide aus China und Siam, welche früher
in Nagasaki und Hirado zu 500, 400 und 300 Ts. (Taels, à 6 Mk.) ver-
kauft wurde, bot man im Jahre 1620 zu 130 Ts. an. Mit siamesischem
Sammet und gemusterten Seidenstoffen, rothem und weissem Sandelholz,
Rehfellen und Elfenbein, war der Markt von Patani aus eben so über
Bedarf versehen, wie mit spanischen Tuchen, die über Neuspanien
(Mexico) eingeführt wurden, und englischen, welche Holländer und
Engländer brachten. Baumwollstoffe wurden wenig verlangt, ebenso
[621]3. Der Aussenhandel Japans bis 1854.
Gewürze. Auch in diesen Artikeln überbot die Zufuhr bei weitem die
Nachfrage, desgleichen in Stahl, Zinn und Blei, Spiegeln, Danziger
Flaschengläsern, Bernstein, Linnengebild und einfacher holländischer
Leinwand. Von der gewinnreichen Metall- (Gold-, Silber- und Kupfer-)
Ausfuhr Japans scheint nur ein sehr bescheidener Teil durch englische
Hände gegangen zu sein.
Aus dem Tagebuch Cocks’ kann man leicht erkennen, wie Hand
in Hand mit der zunehmenden Abneigung und Feindschaft gegen das
Christenthum unter der Regierung des Shôgun Hidetada auch die
Erschwerung und Beschränkung des Handelsverkehrs mit den Japanern
wuchs. Kaum hatte der energischere Enkel des Iyeyasu, der Shôgun
Iyemitsu, im Jahre 1623 die Zügel der Regierung ergriffen, als der
letzte grosse Ansturm gegen die Fremden sich vorbereitete. Spanier
und Portugiesen wurden des Landes verwiesen, die Christen verfolgt,
gemartert und getödtet, den japanischen Unterthanen bei Todesstrafe
untersagt, das Land zu verlassen, und der Verkehr auf Holländer und
Chinesen beschränkt. Damit beginnt denn eine neue Periode im
Handel mit Japan, nämlich
b) die Zeit des Handels der Holländer und Chinesen in Nagasaki von 1641—1854.
Nachdem sich die Engländer von dem japanischen Markt zurück-
gezogen hatten und mit jenen letzten vernichtenden Schlägen gegen
das Christenthum, die Band I pg. 353—357 näher geschildert wurden,
auch dem Handel der iberischen Katholiken der Garaus gemacht
worden war, befanden sich die Holländer allein, zwar als Sieger, aber
in einer keineswegs beneidenswerthen Lage unter den Japanern. Ge-
horsam dem Befehl des Shôgun vom 11. Mai 1641, ihre Faktorei auf
Hirado sofort aufzugeben und das früher für die Portugiesen bestimmte,
künstlich geschaffene Vorinselchen (De-shima) dicht zur Seite von
Nagasaki zu beziehen, bewirkten sie schon 10 Tage später die Ueber-
siedelung.
Mit unreinen Händen zogen die Holländer ein. Wenn man auch
alle Urteile über ihr Auftreten, einschliesslich derjenigen aus dem
eigenen Lager, abwägt, und nicht geneigt ist, den einseitigen Auf-
fassungen der Jesuiten zu folgen, wenn man viele ihrer Handlungen
im Lichte des damaligen Zeitgeistes und auf Grund der gegenseitigen
Feindschaft und Verleumdung zwischen ihnen und den iberischen
Katholiken beurteilen muss, so kann man sie doch nicht von dem
schwersten Vorwurf freisprechen, von der Mitwirkung bei jenen schreck-
lichen Blutbädern, durch welche das Christenthum in Japan ausgerottet
wurde, sowie von dem nicht minder grossen, dass sie in Nagasaki ihre
[622]IV. Handel und Verkehr.
eigene Religion verleugneten und ihre Würde opferten, um sich den
gewinnreichen Handel zu erhalten. Sie bekundeten ihre Unterwürfigkeit
unter den Willen und die demüthigendsten Zumuthungen der Japaner
bei so vielen Anlässen, dass diese — gewohnt den eigenen Handels-
stand mehr als nothwendiges Uebel zu betrachten und wie die alten
Römer dem Bauer und Handwerker nachzustellen, — von ihrem Cha-
rakter und Ehrgefühl sich unmöglich eine bessere Meinung bilden
konnten.
Auf De-shima lebten, Gefangenen gleich in ihren Bewegungen
beschränkt und bewacht, 16—20 Holländer im Dienste der ostindischen
Handelscompagnie. Ueber ihre Stellung bemerkt Kämpfer Folgendes:
»In dieser Dienstbarkeit haben wir uns viele beschimpfende Einschrän-
kungen von diesen stolzen Heiden müssen gefallen lassen. Wir dürfen
keine Sonn- und Festtage feiern, keine geistliche Gesänge und Gebete
hören lassen, niemals den Namen Christi nennen, kein Bild des
Kreuzes oder irgend ein äusseres Zeichen des Christenthums bei uns
führen. Dabei müssen wir noch immer viele andere beschimpfende
Zumuthungen ausstehen, die einem edelmüthigen Herzen allemal sehr
empfindlich sind. Die einzige Ursache, welche die Holländer bewegt,
alle diese Leiden so geduldig zu ertragen, ist blos die Liebe des Ge-
winnes und des kostbaren Marks der japanischen Gebirge.« *)
Kämpfer gibt uns ferner von S. 97 des hier citierten Werkes an
auch eine ausführliche Beschreibung der Art, wie dieser Handels-
verkehr in Nagasaki bis ins Einzelne geregelt war und von einer
Menge Beamten controliert wurde. Direkte Abgaben ruhten nicht
darauf, aber die Geschenke an jene Beamte, sowie an den Hof, welche
der Opperhoofd oder Leiter der Faktorei jedes Frühjahr bei seiner
Vorstellung am Hofe zu Yedo diesem überbringen musste, verschlangen
einen bedeutenden Teil des ansehnlichen Gewinnes.
»Sobald unsere Schiffe den Hafen erreichten, wurden sie von den
Japanern in Besitz genommen, mit Wachtschiffen umgeben; Pulver,
Blei, Degen und alle Schiffsrüstungen wurden an Land gebracht und
bis zur Abfahrt in Verwahrung behalten. Sogar die schwersten Kanonen
und selbst das Ruder mussten ausgehoben und an Land gebracht werden,
welches man aber doch nachher wegen gar zu grosser und ganz un-
nöthiger Mühe unterlassen hat. Zu gleicher Zeit wurde allemal bei
der Ankunft das sämmtliche Schiffsvolk nach der übergebenen Liste
auf das genaueste gemustert, und eines jeden Name, Alter und Be-
dienung aufgezeichnet. Diejenigen, welche um Dienste zu thun auf
[623]3. Der Aussenhandel Japans bis 1854.
die Insel gingen, wurden aufs genaueste am Körper visitiert, ihre Degen
und alle verkaufbaren Sachen vom Ottona*) in Verwahrung genommen,
und ohne der Japaner Erlaubniss und Post durfte schlechterdings
Niemand von den Schiffen ab- oder zufahren, die etwa 300 Schritt
vor der Insel vor Anker zu liegen pflegen. Unsre mitgebrachte La-
dungen wurden von ihren Leuten in unsre Speicher gebracht, und mit
ihren Siegeln verwahrt.« Dennoch spricht Kämpfer an einer andern
Stelle von einem »bisher ganz freien Handel«, der erst im Jahre 1672
»ungemein eingeschränkt wurde«. Die neuen Schranken bestanden
darin, dass von jeder Sorte der eingeführten Waaren dem Statthalter
ein Stück zur Probe in’s Haus gebracht werden musste, um es von
Meistern und Kunstverständigen genau besehen und taxieren zu lassen.
Dann kamen die Kaufleute und wählten aus, was sie brauchten.
Waren die Holländer mit dem vom Statthalter bestimmten Preise nicht
zufrieden, so konnten sie die Waare behalten.
Die Chinesen erfreuten sich viel grösserer Freiheiten. Sie durften
in Nagasaki wohnen, waren weniger in ihren Bewegungen bewacht
und beschränkt, bedurften keines Handelsdirektors und hatten keine
Gesandtschaften und Geschenke an den Hof zu senden. Sie zahlten
ebenfalls keine Taxen, waren aber im übrigen gleich den Holländern
gezwungen, ihre Waaren zu einem bestimmten Preise »der Handels-
kammer des Shôgun« zu überlassen. Sie brachten den Japanern viel
mehr Waaren, als die Holländer; doch liegen bezüglich des Gesammt-
werthes derselben nur Schätzungen vor. Bis zum Jahre 1684 kamen
nach Thunberg’s Angaben jährlich 200 chinesische Dschunken, jede
mit 50 Mann Bedienung in Nagasaki an. Von da ab verringerte sich
die Zahl auf 70 und die Besatzungsmannschaft auf je 30. Nach
derselben Quelle hatte ihre Einfuhr einen Gesammtwerth von nur
600000 Taels (= 3600000 Mk.) im Jahre. Dieselbe bestand vor-
nehmlich in Rohseide und seidenen Tüchern, ferner in Zucker, Terpen-
tin, Myrrhe, Aloeholz, **) Baros-Kampfer, Ginseng und andern Medi-
camenten, sowie medicinischen Büchern. Hierzu kamen verschiedene
sonstige Produkte ihrer Industrie, wie Porzellan, Speckstein, Ziegen-
felle und andere Gegenstände, welche sie zum Teil an die Holländer
verkauften. Man sieht aus der gegebenen Liste, dass die eingeführten
Droguen zum Teil aus dem tropischen Asien stammten.
[624]IV. Handel und Verkehr.
In der ersten Periode des holländischen Handelsverkehrs mit
Japan (1611—1641), d. h. so lange derselbe von der Faktorei in Hirado
aus stattfand, war derselbe weder bezüglich der Zahl der ankommenden
Schiffe, noch sonst wesentlich beschränkt. Es war die Blüthe- und
gewinnreichste Zeit desselben, ungeachtet der gedrückten Preise, welche
die Concurrenz für manche Importartikel brachte. Man berechnet den
Gesammtwerth der Ausfuhr an Edelmetallen, Kupfer und Kampfer,
den wichtigsten und gewinnreichsten Artikeln, innerhalb jener
30 Jahre auf ₤ 15000000 oder 306 Millionen Mark. Hiermit stimmt
die Angabe Thunberg’s, wonach die jährliche Ausfuhr der Holländer
auf 6 Millionen Gulden (10,2 Mill. Mk.) geschätzt wurde. Davon
kamen auf Silber allein 4 Mill. fl. (7,8 Mill. Mk.) Das Uebergangs-
jahr 1641 war dem holländischen Handel noch besonders günstig. Man
setzte Waaren im Werthe von 80 Tonnen Gold ab und führte noch
1400 Kisten Silber aus, deren jede 1 Pikul = 60 kg hielt.
Als zweite Periode ihres Handels mit Japan bezeichnen die
Holländer, sowie Kämpfer und Andere mit ihnen, die Zeit ihres Mono-
pols in Nagasaki von 1641—1859. In der ersten Zeit derselben
konnten die Holländer noch die Preise bestimmen und machten grossen
Gewinn. Das hörte aber von 1672 an auf, wie bereits erwähnt wurde.
Darum sagt Kämpfer mit Bezug hierauf und auf die nun folgenden
mageren Jahre in höchst bezeichnender Weise: »Unser güldenes Flies,
das wir jährlich aus diesem Colchis abholten, verwandelte sich in ein
gemeines Fell.« Dennoch war der Gewinn an den eingeführten Waaren
nach Abzug aller Unkosten noch 40—45 % und eben so gross an dem
in Austausch genommenen Kupfer. Früher betrug dieser 90—95 %.
Die jährliche Ausfuhr an diesem Metall, welche vorübergehend (von
1637—1646) verboten war, belief sich auf 20000—25000 Pikul
(24—30000 Ctnr.)
Vom Jahre 1640 an durfte auch wieder gemünztes Gold ausgeführt
werden. Im Laufe von zwei Jahren brachte man dann 100000 Stück
Kobang ausser Land und erzielte daran einen Gewinn von 1000000 fl.
Im Jahre 1671 wurde die Silberausfuhr verboten, worüber die Hol-
länder nicht besorgt waren, da dieselbe sehr wenig Gewinn brachte
und dafür die Ausfuhr an Kupfer um so beträchtlicher zu werden
schien. In der That stieg sie auf 30000 Pikul, eine Höhe, die seit-
dem nicht wieder erreicht worden ist. Im Jahre 1696 beschränkte
man sie auf 25000 Pikul; doch wusste man, wie Meijlan hervorhebt,
daneben noch 6—7000 Pikul durch Bestechung zu erhalten. Dieses
Kupfer ging immer noch, wie zur Zeit der Portugiesen, grösstenteils
nach Indien.
[625]3. Der Aussenhandel Japans bis 1854.
Grosse weitere Beschränkungen erlitt der Handel vom Jahre 1700
an, in welchem eine Verordnung bestimmte, dass nur noch 4—5
holländische Schiffe jährlich in Nagasaki erscheinen sollten. Im Jahre
1714 wurde der Export an Kupfer auf 1500 Pikul und 1717 der ganze
holländische Verkehr auf 2 Schiffe beschränkt. Im Jahre 1721 setzten
die Japaner die Ausfuhr an Kupfer auf 10000 Pikul fest, reducierten
sie aber 1743 wieder auf 5—6000 Pikul. In diesem Jahre wurde auch
bestimmt, dass von nun an jährlich nur ein Schiff nach Nagasaki
kommen solle; doch änderte man 1759 die Verordnung dahin ab, dass
jährlich 3 Schiffe zugelassen wurden.
Nach einer Eingabe des Opperhoofd vom Jahre 1760 sollte der
Gesammtertrag des Landes an Kupfer sich auf 36—40000 Pikul (44000
bis 48000 Ctnr.) belaufen und hiervon die Niederländer 11000 Pikul
ausführen, 900 Pikul die jap. Gouverneure und Beamten in Nagasaki
erhalten, 15000 Pikul die Chinesen und 10000—13000 Pikul den
Landesbedarf decken. Jene Erhöhung der Ausfuhr auf 11000 Pikul
fand jedoch erst 1820 statt, nachdem vom Jahre 1810 ab ein Export von
8000 Pikul eingeräumt worden war. Es würde zu weit führen, hier
alle sonstigen Veränderungen und Beschränkungen zu erwähnen, welche
der holländische Handel im Laufe jener langen Periode in Japan erlitt,
noch die Rechnungen zu erörtern, welche den Gesammtwerth desselben
betreffen. Von grösserem Interesse dürfte zum Schluss noch ein kurzer
Ueberblick über die verschiedenen Waaren sein, mit denen sich derselbe
beschäftigte.
Die bemerkenswerthesten Ein- und Ausfuhrartikel Japans während
der grossen Handelsbewegung in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahr-
hunderts wurden früher angeführt. Auf eine viel spätere Periode des
holländischen Handelsprivilegs mit Japan, nämlich auf die letzten
Jahrzehnte des 18. Jahrhunderts beziehen sich die Waarenlisten, welche
Thunberg*) bietet. Die Einfuhr der Holländer nach Nagasaki um-
fasste hiernach: Rohseide, seidene und halbseidene Gewebe, Kat-
tune und Wollstoffe, Corduan, Rohzucker und Gewürze, wie Ingwer,
Pfeffer, Saffran, Gewürznelken, Muskatnüsse, Droguen, insbesondere
Terpentin, Baroskampfer, Moschus, Benzoë, Storax, Myrrhe, Ca-
techu, Chinawurzel, **) Costus arabicus, ***) Lakritz, Amber, Calum-
Rein, Japan. II. 40
[626]IV. Handel und Verkehr.
bak,*) Lignum colubrinum, **) ferner Gummilack, Sappanholz, Sal-
peter, Borax, Alaun, Elfenbein, Einhörner (Stosszähne des Narwal,
Monodon monoceros L.), Büffelhörner, Rochenhaut, Korallen, Schild-
patt, Glas, Glasaugen, Feile, Nägel, Stabeisen, Blei, Zinn, Queck-
silber.
Die Seide kam aus China, Tongking, Siam, Bengalen und Persien;
Sappanholz, Büffelhörner und Rochenhäute (Haihäute), Hirsch- und
Büffelfelle brachte man aus Siam und Cambodscha, Pfeffer und Zucker
aus Indien, Corduan aus Indien und Persien, die meisten Gewürze
von Indien und den Molukken, den Baroskampfer von Sumatra.
Neben dem Handel der Compagnie war dem Kapitän und der Schiffs-
mannschaft ein kleiner Privathandel mit Saffran, Lakritzenwurzeln,
Rottang, Glasaugen, Spiegeln, Uhren, Einhorn und einigen andern
Artikeln gestattet; auch kamen durch die Schiffsmannschaft verschie-
dene Raritäten in’s Land, wie lebende Papageien, abgerichtete
Affen, Muscheln u. dergl.
Als vornehmste Ausfuhrartikel bezeichnet Thunberg Kupfer und
Kampfer, sodann in untergeordnetem Maasse Lackwaaren, Porzellan,
seidene Tücher, Reis, Sake und Soya. Letztere wurde höher geschätzt,
als die chinesische. Man brachte sie nach Batavia, Ostindien und
Europa. Dagegen stand Porzellan (es sind hier vornehmlich die Tsubo,
oder Deckelvasen gemeint) dem chinesischen nach Thunbergs Urteil
an Schönheit weit nach, war dickwandig, plump und wenig schön
bemalt. Die glänzenden fingerdicken Kupferstäbe wurden in Kisten
von je einem Pikul oder 60 kg verpackt. Jedes Schiff führte 6—
7000 solcher Kisten aus.
4. Japan im Weltverkehr.
Das Handelsmonopol der Holländer hatte seinen ehemaligen hohen
Werth für die Beteiligten allmählich zum grössten Teile eingebüsst
und sich ebenso überlebt, wie das auf Furcht gegründete Regierungs-
system der Shôgune des Hauses Tokugawa. Es bedurfte nur eines
[627]4. Japan im Weltverkehr.
kräftigen Anstosses von aussen, um beide zu beseitigen und andere
Zustände herbeizuführen. Diesen Anstoss brachte die nordamerikani-
sche Expedition unter Commodore Perry im Jahre 1854. Es war der
Sauerteig, welcher die gebildete Klasse des japanischen Volkes von
einem Ende der langgestreckten Inselreihe bis zum andern in Gährung
versetzte, eine Gährung, die endlich mit der Beseitigung des Shôgu-
nats und der Wiederaufrichtung der Mikadoherrschaft im Jahre 1868
ihren Höhepunkt erreichte. Wie diese Restauration zu Stande kam
und welche Kämpfe und Läuterungsprozesse sie noch zu bestehen
hatte, bevor sie als feste Grundlage einer neuen Zeit für Handel und
Wandel, wie für die ganze weitere Culturentwickelung des japanischen
Landes und Volkes gelten konnte, wurde im ersten Bande dieses Wer-
kes pg. 393—443 ausführlich erörtert. Es erübrigt nur noch die Ent-
wickelung des Aussenhandels kurz darzulegen, welche auf dieser neuen
Grundlage stattgefunden hat.
Nach dem »Vertrage von Kanagawa«, welchen Commodore
Perry am 31. März 1854 im Namen der nordamerikanischen Union
mit der Regierung des Shôgun abgeschlossen hatte und der im darauf
folgenden Frühjahr in Kraft trat, sollten vorerst die beiden Häfen
Shimoda in Idzu und Hakodate auf Yezo dem Verkehr der nord-
amerikanischen Schiffe geöffnet werden. Bald erwies sich jedoch
Shimoda als ungeeignet und Hakodate vom Centrum des nationalen
Lebens zu entfernt, um dem Hauptzweck des Vertrags dienen zu kön-
nen, so dass Generalconsul Harris auf Revision des Vertrages drang,
die er auch endlich durchsetzte.
Den amerikanischen Pionieren folgten bald die Russen, Fran-
zosen und Engländer, dann 1860 Preussen, Holländer und andere
Nationen und erlangten gleich Rechte. Die Verträge, welche mit
der Regierung des Shôgun in Yedo abgeschlossen wurden zur Zeit,
als man von deren Verhältniss zum Mikado noch keine genügende
Kenntniss hatte, wurden 1865 von letzterem bestätigt. Die wichtigsten
Bestimmungen derselben sind folgende:
1) Diplomatische Agenten der betreffenden Regierungen erhalten
das Recht, in Yedo zu wohnen, stehen unter dem Schutz des Shôgun
und dürfen im Lande ungehindert reisen.
Ebenso dürfen die Vertragsmächte in allen, dem Verkehr geöffne-
ten Hafenstädten Consulate errichten.
3) Kanagawa (Yokohama), Nagasaki und Hakodate werden am
1. Juli 1859 dem fremden Verkehr geöffnet, Niigata 1860, Hiogo (Kobe)
und Ôzaka 1863.
4) An jedem dieser Orte wird den Fremden ein bestimmtes Ter-
40*
[628]IV. Handel und Verkehr.
rain eingeräumt, das sie nach Zahlung einer festgesetzten Taxe be-
bauen können.
5) Dieselben bleiben unter der Jurisdiction ihrer eigenen Consu-
latsbehörden.
6) Sie geniessen Religions- und Handelsfreiheit, letztere jedoch
nur bei Zahlung der festgesetzten Zollabgabe von 5 % des Werthes
der aus- und eingeführten Güter.
7) Bis zur Entfernung von 10 Ri im Umkreise der Niederlassung
können sich die Fremden frei bewegen; dagegen bedürfen sie der spe-
ciellen Erlaubniss, die übrigens zu wissenschaftlichen und Gesund-
heits-Zwecken immer bereitwilligst erteilt wurde, wenn sie die Vertrags-
grenze überschreiten wollen.
Kanagawa, nach welchem die Verträge benannt wurden, und
dessen Name noch immer in den englischen Consulatsberichten er-
scheint, wurde bald mit dem benachbarten Yokohama vertauscht.
Hier bot die leicht zugängige, geräumige und tiefe Bucht mit ihrem
guten Ankergrunde ungleich günstigere Bedingungen für den Schiffs-
verkehr, während die Nähe der Hauptstadt Tôkio und der wichtigsten
Seiden- und Theedistrikte für den Handel Vorteile hat, wie sie keiner
der übrigen Häfen besitzt. Unter diesen Umständen entwickelte sich
das Fischerdorf Yokohama rasch zu einer grossen Stadt, die jetzt gegen
80000 Einw. zählt. Die fremde Colonie zur Seite, eine Stadt für sich,
mit Gaseinrichtung und allem möglichen europäischen Comfort, um-
fasste 1883 gegen 4000 Seelen, darunter 2681 Chinesen mit 180 Fir-
men, 595 Engländer mit 55 Firmen, 253 Nordamerikaner mit 27 Fir-
men, 160 Deutsche mit 22 und 109 Franzosen mit 15 Firmen. In
jenem Jahre kamen 313 fremde Fahrzeuge mit 556024 Tonnen Gehalt
an und gingen 319 Schiffe mit 560756 Tonnen. Zu den englischen,
französischen und nordamerikanischen Postdampfern, welche von South-
ampton, Marseille und San Francisco seit lange in regelmässigem
Verkehr mit Yokohama stehen und zur Förderung des Handels ihrer
Länder wesentlich beigetragen haben, gesellen sich seit diesem Sommer
die deutschen Postdampfer des Bremer Lloyd. Hoffentlich bewährt
sich auch bei ihnen der Ausspruch des bekannten Engländers Forster:
»Der Handel folgt stets der Flagge«.
Der Verkehr Yokohama’s ist stets, wenn auch nicht stetig, ge-
stiegen. Er umfasste im Eingang:
[629]4. Japan im Weltverkehr.
- Ausfuhr: *) Einfuhr:
- 1865 168 Fahrz. von 74088 Tonnen mit 17467728 Yen u. 5443594 Yen.
- 1875 330 » » 435613 » » 12466730 » » 21953909 »
- 1885 364 » » 495772 » » 23850398 » » 18630379 »
Aus Tabelle I. ergibt sich, dass während der letzten 5 Jahre
(1881—1885) der auswärtige Handel in den vier Vertragshäfen, welche
dabei in Betracht kommen, nach Procenten sich folgendermaassen ver-
theilte:
- Yokohama Kobe-Ôzaka Nagasaki Hakodate
- Ausfuhr: 69 % 20 % 9,3 % 1,7 %
- Einfuhr: 67,5 % 28,8 % 3,4 % 0,3 %
Yokohama führt fast sämmtliche Seide aus, den grössten Theil
des Thees, nächst Kobe das meiste Kupfer, einen ansehnlichen Theil
der Producte des Fischfangs und das meiste der kunstgewerblichen
Erzeugnisse.
Kobe-Ôzaka. Kiôto war über 1050 Jahre das Herz Japans, von
dem die Pulsschläge des nationalen Lebens ausgingen. Ôzaka bildete
aber die grosse Vorkammer, wenigstens für die materielle Seite des-
selben. An diesem Verhältniss änderte auch die Gründung eines zweiten
Verkehrscentrums in Yedo durch die Tokugawa wenig. Durch seine cen-
trale Lage, durch die Nähe von Kiôto und durch seine leichte Zugängig-
keit zu Land und Wasser war Ôzaka zum Emporium des japanischen
Binnenhandels besonders geeignet, ja es spielt diese Rolle zum Teil
noch, zumal im Reishandel, obgleich es seit der Eröffnung des Landes,
der Beseitigung des Feudalsystems und Verlegung der kaiserlichen
Residenz nach Tôkio (Yedo) viel eingebüsst hat. In Ôzaka befanden
sich die meisten Toiya’s oder Grosshändler mit zum Theil sehr aus-
gedehnten Geschäfts- und Lagerräumen. Hier hatte jeder Daimiô sein
Kura-yashiki oder officielles Handelshaus, das ihn vertrat und seine
Geschäfte besorgte. Dasselbe galt von den Industriellen in Kiôto.
Daraus entwickelte sich neben dem Waarenverkehr auch ein lebhaftes
Geldgeschäft. Ôzaka besass nicht blos die grössten und reichsten
Reis-, Thee- und Seidenhändler, sondern auch die meisten Bankge-
schäfte. Zum direkten Aussenhandel eignet es sich wegen der Seich-
tigkeit seines Hafens fast eben so wenig wie Tôkio. Wie für dieses
das mit einer Stunde Eisenbahnfahrt zu erreichende Yokohama mit
seinem vortrefflichen Hafen eintritt, so hat für Kiôto und Ôzaka das
[630]IV. Handel und Verkehr.
in gleicher Weise zu Wasser und mittelst Eisenbahn auch zu Lande
zu erreichende Kobe (Hiogo) dessen Geschäfte im Welthandel gröss-
tentheils übernommen.
Der Umsatz von Ôzaka im direkten Verkehr mit dem Auslande
beträgt etwa den siebenten Teil desjenigen von Kobe und findet meist
in einheimischen und chinesischen Dschunken statt. Kobe ist die
fremde Niederlassung, eine neue Stadt neben Hiogo in prächtiger
Lage am Binnenmeer. Sein Hafen ist gleich dem von Yokohama ge-
räumig und allen Schiffen zugängig. In den Consulatsberichten wird
statt seiner immer noch das ältere, anliegende Hiogo genannt, nicht so
in den Jahresberichten des japanischen Zollamts.
Der Handel von Kobe steht zwar an Bedeutung dem von Yoko-
hama weit nach, übertrifft aber den von Nagasaki um mehr als das
Dreifache und wird voraussichtlich durch die neuen Eisenbahnverbin-
dungen über Kiôto mit dem Innern sich noch ansehnlich heben. Kobe
besorgt den grössten Teil der Ausfuhr an Kupfer, Sumachtalg und
Kampher, sowie von Reis; in der Verschiffung des Thees steht es
Yokohama nach. Zu seinen hervorragenden Einfuhren gehören Gold-
und Silberbarren für die Münze in Ôzaka, ausserdem aber Baumwoll-
und Wollwaaren, Zucker und Petroleum. Die Zollausweise über den
Handelsverkehr von Kobe-Ôzaka ergeben für jedes der letzten neun
Jahre eine ansehnliche Unterbilanz der Ausfuhr gegenüber der Ein-
fuhr, indem diese dem Werthe nach jene stets weit übertraf. Diesem
Verhältniss entsprechend, fielen während der letzten fünf Jahre von
dem gesammten auswärtigen Verkehr Japans auf die Einfuhr nach
Kobe-Ôzaka 28,8 %, auf die Ausfuhr dagegen nur 20 %.
Die fremde Bevölkerung von Kobe setzte sich im Jahre 1883 aus
610 Chinesen, 232 britischen Unterthanen, 48 Deutschen, 33 Nord-
amerikanern, 17 Portugiesen, 14 Franzosen, 12 Holländern, 6 Skandi-
naviern, 5 Dänen und je einem Schweizer und Oesterreicher zusam-
men. Handelsfirmen gab es 84, nämlich 33 chinesische, 30 britische,
14 deutsche, 9 amerikanische und 1 portugiesische.
Nagasaki. Hinsichtlich der Ein- und Ausfuhr dieses Hafens
zeigt sich ein umgekehrtes Verhältniss, wie bei Kobe, indem ihm
volkreiche Städte im Hintergrunde als Abnehmer fehlen, während die
Ausfuhr sich durch verschiedene günstige Umstände beträchtlich ge-
hoben hat. Günstig wirkte in dieser Beziehung die grössere Nähe des
asiatischen Festlandes und der regelmässige Dampfschiffverkehr mit
Shanghai, Fusan und Wönsan (Gensan) in Korea und Wladi-
wostok, ferner die zunehmenden Förderungen der benachbarten
Steinkohlengruben, insbesondere derjenigen von Takasaki. Stein-
[631]4. Japan im Weltverkehr.
kohlen, getrocknete Seethiere, Reis, Kampher, Thee, Sumachtalg
bilden die wichtigsten Ausfuhrartikel, während Tabak jetzt in viel be-
trächtlicheren Mengen über Yokohama und Kobe verschifft wird.
Wie in den andern Vertragshäfen zieht sich auch in Nagasaki
das saubere und geräumige europäische Viertel am Hafen hin, wäh-
rend die Chinesen im Hintergrunde wohnen. Dasselbe umfasste 1863
im Ganzen 892 Ausländer, und zwar 642 Chinesen, 95 britische Unter-
thanen, 42 Nordamerikaner, 34 Franzosen, 19 Oesterreicher, 17 Deutsche,
und 41 Personen anderer Nationalitäten. Ferner gab es daselbst
19 chinesische, 7 britische, 4 deutsche, 3 amerikanische, 2 französi-
sche Handelsfirmen und 1 österreichische, aber keine holländische.
Hakodate. Der auswärtige Handel dieses bekannten Hafens der
Insel Yezo hat keine bedeutenden Dimensionen angenommen. Ins-
besondere ist die direkte Einfuhr fremder Waaren gering, wie aus
Tabelle I hervorgeht. Die daselbst dem Werthe nach angegebene Aus-
fuhr umfasst vornehmlich Algen und verschiedene Seethiere, sodann
Holz, Schwefel, Hirschfelle und -geweihe. Hiervon gehen die Meeres-
produkte grösstenteils nach China, ebenso das Holz, die andern nach
Nordamerika und England. Zur Vermittelung dieses Aussenhandels
hatte Hakodate im Jahre 1883 zwei englische Firmen und eine dänische.
Unter seinen 73 Ausländern befanden sich 39 Chinesen, 15 Engländer,
je 8 Nordamerikaner und Franzosen, 2 Dänen und 1 Deutscher.
Von viel grösserer Bedeutung erscheint der Verkehr von Hakodate
und mehreren kleineren Hafenorten der Insel Yezo mit Hondo und an-
dern japanischen Inseln. Nach dem englischen Consulatsbericht vom
Jahre 1883 führten die beiden Regierungsbezirke Hakodate und
Sapporo (von Nemure, dem dritten, fehlten die Angaben) im Jahre
1882 Produkte im Werthe von 5072635 Yen aus, und andere im Werthe
von 7918936 Yen ein. Unter der Ausfuhr finden wir neben Algen
und niedrigen Seethieren, für 1735853 Yen Fische, insbesondere Lachse
und Häringe, sowie für 2588483 Yen Fischguano, d. h. mehr als die
Hälfte der gesammten Ausfuhr von Yezo. Die hervorragendsten Ein-
fuhrartikel sind Reis, Sake und Baumwollstoffe.
Niigata, die Hauptstadt der Provinz Echigo am linken Ufer des
Shinano-gawa kurz vor dessen Mündung in’s Japanische Meer, wurde
bereits pg. 581 im ersten Bande dieses Werkes als ein Vertragshafen
geschildert, der die Erwartungen der Fremden in keiner Weise erfüllt
hat. Die Barre vor der Flussmündung hat zur Ebbezeit nur 2 Meter
Wasser über sich; überdies bildet die Küste eine offene Reede ohne
Schutz gegen die heftigen nördlichen Winde zur Zeit des langen Win-
ters, in welcher desshalb die Schifffahrt grösstenteils ruht. Die Haupt-
[632]IV. Handel und Verkehr.
ausfuhrartikel sind Reis und Thee, die direkte Einfuhr ist kaum
nennenswerth, da die wenigen fremden Kaufleute gleich den einhei-
mischen ihren Bedarf durch Geschäftsfreunde in Yokohama decken.
Aus diesen Gründen wird der Hafen Niigata in neuerer Zeit in Han-
delsberichten aus Japan nicht mehr erwähnt. So fehlt er denn auch
der Handelsstatistik, welche als Anhang zu diesem Kapitel beige-
geben ist.
Zahlen beweisen. Ich entnahm sie teils den Veröffentlichungen
der japanischen Zollbehörde, teils den englischen Consulatsberichten
und stellte sie so in den verschiedenen Tabellen zusammen, dass da-
durch ein übersichtliches Bild über den gesammten Aussenhandel
Japans gewonnen werden kann. Diese Statistik, deren Werthangaben
in der üblichen Landesmünze Yen gemacht wurden, enthält:
- I. Werth der Aus- und Einfuhr Japans von 1868—1885 nach den
einzelnen Vertragshäfen. - II. Den auswärtigen Handel Japans während der letzten fünf
Jahre, geordnet nach Ländern. - III. Uebersicht der wichtigsten Ausfuhrartikel seit 1868 nach Grup-
pen und Werth. - IV. Hauptausfuhrartikel mit ihren Werthen während der Jahre 1881
bis 1885. - V. Uebersicht der Ausfuhr im Jahre 1885 nach Artikeln, Ländern
und Werth. - VI. Vergleichstabelle der Ein- und Ausfuhr von Gold und Silber
in Münzen und Barren. - VII. Uebersicht der hervorragendsten Einfuhrartikel seit 1868 und
ihres Werthes. - VIII. Einfuhr hervorragender Artikel im Jahre 1885 nach Ländern
und Werth.
Die Handelsausweise während der Uebergangszeit vom Abschluss
der ersten Verträge bis zum Jahre 1868 sind lückenhaft und hier weg-
gelassen; auch gelten diejenigen der fünf ersten Jahre Meiji (1868 bis
1872) für ungenau, womit freilich nicht gesagt sein soll, dass die spä-
teren Zollregister überall stimmen. Im allgemeinen zeigt sich eine
bedeutende Zunahme der Aus- und Einfuhr, doch ohne Stetigkeit, die
auch nicht zu erwarten war, indem hier dieselben allgemeinen Ur-
sachen grosse Schwankungen des Verkehrs bewirkten, wie anderwärts.
Grosse Einkäufe, auf welchen Anlass sie immerhin zurückzuführen
sein mögen, rufen stets ein unnatürliches Anschwellen der Einfuhr-
ziffern hervor, welchem meist bald ein Rückschlag folgt, ebenso wie
aussergewöhnliche Preissteigerungen einer Waare in der Regel rasch
[633]4. Japan im Weltverkehr.
vorübergehende Erscheinungen sind. Krieg und Vorbereitungen darauf
erhöhen die Preise des Kriegsmaterials und der Lebensmittel; reiche
Ernten, welche die Ausfuhr beträchtlich vermehren, erhöhen die Ein-
gangsziffern für Kleidungsstoffe, sowie andere Bedürfnisse und Be-
quemlichkeiten des Lebens. Alle diese Erscheinungen weist auch die
Handelsstatistik Japans auf. Da indess die Consulatsberichte dieselben
genügend erörtern, ziehe ich vor, verschiedene andere Punkte etwas
mehr hervorzuheben.
Unter den Ausfuhrartikeln stand Rohseide nebst ihren
Nebenprodukten von der Eröffnung des Landes an allen andern
an Werth weit voran und wird diese hervorragende Stellung aller
Voraussetzung nach auch in Zukunft behalten. Als ihre Ausfuhr im
Jahre 1859 anfing und während der 10 Jahre, welche folgten, hatte
die Seidenraupenkrankheit in Europa ihre grössten Verheerungen auf-
zuweisen, sodass damit die Nachfrage nach ostasiatischer Seide und
deren Preise enorm stiegen. Eine weitere Preissteigerung bewirkte
die grosse Vertheuerung der Baumwolle während des nordamerikani-
schen Bürgerkriegs, sodass infolge beider Ursachen Rohseide im Jahre
1865 mehr als das Doppelte ihres Preises vom Jahre 1863 erreichte
und die Seidenausfuhr aus Yokohama trotz einer kleinen Vermin-
derung der Menge sich auf 17467728 Yen belief, während sie 1863
nur den Werth von 8997484 Yen erreichte. Ansehnliche, vorüber-
gehende Steigerungen der Seidenpreise sind seitdem noch mehrmals
vorgekommen, so im Frühjahr 1876 und ebenso 1879, wiewohl keine
der früheren gleichkam. Die Rohseide wird in Ballen zu 80 Catties
oder 4/5 Pikul oder etwa 100 engl. Pfund versandt. Die grösste Menge,
nämlich 56432 Pikul, wurde 1883 ausgeführt, wobei allerdings die Ab-
fälle mitgerechnet sind. Im Jahre 1882 erreichte die Ausfuhr sämmtlicher
Produkte der Seidenzucht die grösste Höhe mit 19146223 Yen. Der
höchste Preis für die beste Mayebashi-Seide wurde 1868/69 bezahlt,
wo das Pikul auf 900—1070 Yen stieg. Seitdem sind die Preise sehr
gesunken; dennoch hat die steigende Produktion es ermöglicht, nicht
blos diesen Preisrückgang, sondern auch den Wegfall der Einnahmen
für Seidenraupeneier zu decken. Mit 45,71 % der Gesammtausfuhr
erscheinen in den letzten fünf Jahren die Produkte der Seidenzucht
gegenüber 46,46 % in der Zeit von 1871—1875, obwohl damals auf
Seidenraupeneier 9,03 % fielen. Diese Ausfuhr, welche im Jahre 1868.
eine Höhe von 3,7 Mill. Yen erreichte, ist jetzt dem Erlöschen nahe.
Ueber Thee, den zweiten Exportartikel, der seinen höchsten Be-
trag im Jahre 1874 erreichte, folgen noch einige Betrachtungen am
Schluss. Die auf Tabelle III A gegebene Ausfuhr der Steinkohle
[634]IV. Handel und Verkehr.
umfasst auch die Verproviantierung fremder Schiffe. Die Reisaus-
fuhr ist naturgemäss grossen Schwankungen unterworfen. Eine an-
sehnliche Zunahme weist der Export kunstgewerblicher Erzeug-
nisse auf. Unter diese Rubrik wurden nicht alle, sondern nur Lack-
waaren, Thonwaaren, Wandschirme, Fächer, Bambusrohrwaaren,
Bronze und Email zusammengefasst.
Von besonderem Interesse ist die Ausfuhr der Pilze und Meeres-
produkte, 7,82 % des Gesammtexportes von Gegenständen, die fast
insgesammt nach China gehen und nirgends sonst einen so ansehn-
lichen Factor im Gesammthandel bilden. Ueberdies nimmt dieser
Export fortwährend grössere Dimensionen an. Zur Ergänzung des
pg. 91—96 und pg. 128 und 631 Erwähnten diene hier noch Folgendes.
Unter Kai-san-rui, d. h. Meeresprodukten, fasst das japanische
Zollregister Algen und Seethiere zusammen. Die Ausfuhr von Kántén
— nach Tabelle IV durchschnittlich gegen 300000 Yen im Jahre —
findet vornehmlich von Kobe und Ôzaka aus statt, diejenige getrock-
neter Algen grösstenteils von Hakodate. Die kalten Gewässer der
Küste von Yezo sind die Wohnstätten der von den Chinesen so viel
begehrten Tange, unter denen Konbu (sprich Kombu), der Zucker-
Blatttang (Laminaria saccharina) obenan steht. In zwei Formen, als
Ha-kombu in ganzen Blättern und als Kisami-kombu oder ge-
schnittener Kombu, wird er verschifft. Die durchschnittliche Ausfuhr
von Hakodate nach China während der letzten fünf Jahre betrug
375401 Yen Ha-kombu und 26195 Yen Kisami-kombu, zusammen
401596 Yen. Ausserdem gelangten ansehnliche Mengen dieses Artikels
mittelbar von Yezo über Yokohama, Kobe und Ôzaka zu den Chinesen.
Die Durchschnittsausfuhr Japans an Algen (Kántén nicht mitgerechnet)
hatte in neuerer Zeit den Werth von 546396 Yen erreicht.
Eine besondere Beachtung verdienen namentlich die verschiedenen
Seethiere, welche werthvolle Ausfuhrartikel nach China bilden. Die eng-
lischen Consulatsberichte fassen dieselben häufig unter dem Titel »Dried
fish« zusammen. Folgen wir ihrer Zusammenstellung im japanischen
Zollregister, wo sie meist mit dem Vorsatz Hoshi, »getrocknete«, be-
zeichnet werden, so kommt zunächst:
a) Iriko, Trepang, *) Seegurke, Bêche de Mer (Holothuria edulis).
[635]4. Japan im Weltverkehr.
Englische Consulatsberichte führen diesen Artikel entweder unter sei-
nem japanischen oder französischen Namen auf. Iriko kommt an allen
japanischen Küsten vor. Der Werth der Jahresausfuhr während der
letzten fünf Jahre betrug durchschnittlich 216973 Yen.
b) Surume (Onychoteuthis Banksii). Unter dem Namen Tinten-
fische, jap. Ika, und Cuttlefish, jap. Tako (Octopus), werden in
den Handelsregistern alle Cephalopoden zusammengefasst, welche in
Japan und China zur Nahrung dienen. Obenan steht in Japan Su-
rume; auch Ika-surume (Ommastrephes), Tako, Shi-dako (Ele-
done) und Tachi-ika (Loligo und Loligopsis) werden viel benutzt. Die
meisten dieser Thiere ziehen in Schaaren einher, kommen und gehen
oft in pfeilschnellen Bewegungen und treten an einzelnen Küsten in
manchen Jahren häufig, in anderen nur in geringen Mengen auf, ähn-
lich wie andere wandernde Seethiere ihre Züge ändern. Der Durch-
schnittswerth des Exportes an solchen Kopffüsslern von allen japanischen
Häfen während 1881—1885 war 705110 Yen. Ausserdem wird eine
Menge im Lande selbst verzehrt.
c) Hoshi-Awabi, getrocknete Seeohren (Haliotis gigantea und H.
japonica). Der jährliche Ausfuhrwerth dieser wichtigsten von allen
japanischen Muschelthieren beläuft sich auf 378000 Yen. Hierzu kom-
men noch die Perlmutter liefernden Schalen im Werthe von 18—20000
Yen. Weitaus der grösste Teil von Hoshi-Awabi wird von Yokohama
aus verschifft. Alle übrigen Muschelthiere, welche zur Ausfuhr kom-
men, werden wohl als Hoshi-gai-rui, getrocknete Muscheln, zu-
sammengefasst. Hierher gehören Hamaguri (Cytherea meretrix Lin.,
C. lusoria Chann.), Kaibashi-rei (Arca-Arten?), Aka-gai (Scaph-
arca inflata Reeve), Asari (Tapes Philippinarum Adams et Reeve)
und viele andere.
d) Hoshi-ebi, getrocknete Krebse. Die englischen Consulats-
berichte führen diesen Artikel unter dem Namen Shrimps (jap. Shiba-
ebi, Garnelen) an; doch gehören vielerlei Arten hierher. Die jähr-
liche Ausfuhrmenge (siehe Tabelle IV) ist ansehnlich.
e) Fukano-hire, Haifischflossen (Sharks’ fins), eine bekannte
Delicatesse der Chinesen. Der Mittelwerth der Jahresausfuhr von
1881—1885 betrug 57107 Yen.
f) Shiwo-shake, gesalzener Lachs, vornehmlich von Yezo, wo
der Shake (Oncorhynchus Haberi Hlgd.) und der Masu (O. Perryi
Brevoort) namentlich im unteren Ishikari in Menge vorkommen.
g) Shiwo-tara, gesalzener Schellfisch (Gadus Brandtii Hilgdf.)
von Yezo.
Die massenhaft vorkommenden Arten der Häringsfamilie liefern
[636]IV. Handel und Verkehr.
das Fischöl, Giôto oder Uwo-no-abura, von welchem jährlich für
etwa 146000 Yen in’s Ausland gehen, und den hochgeschätzten Fisch-
guano, jap. Kowashi. —
Der Aussenhandel Japans ist grösstenteils in fremden Händen.
Von dem Gesammtumsatz desselben im Betrage von rund 64½ Mill. Yen
kamen im Jahre 1885 auf japanische Häuser nur 5,74 Mill. Yen, also
etwa 1/11, und dieser geringe Bruchteil bezieht sich fast ausschliesslich
auf den Verkehr mit China und Korea.
Im Dampfschiffverkehr mit Japan, wie im Schiffsverkehr über-
haupt, steht England allen anderen Ländern weit voran. Es folgen
Frankreich, Deutschland, die Vereinigten Staaten.
Wie aus Tabelle II ersichtlich, gehen bezüglich der Ausfuhr die
Vereinigten Staaten, Frankreich und China als Abnehmer der Hauptar-
tikel dem britischen Reich voran. Deutschland kommt erst in sechster
Reihe, hat aber bezüglich der Einfuhr Frankreich neuerdings über-
flügelt und die fünfte Stelle erreicht. Tabelle V bietet einen Ueber-
blick über die Verteilung der wichtigsten Ausfuhrartikel nach Ländern.
Der Werth des vornehmsten Abnehmers eines jeden Artikels ist cursiv
gedruckt worden. Gleiches geschah mit der Einfuhr, welche Ta-
belle VIII darstellt. Der Löwenanteil fällt hier auf England. Ver-
eint mit Indien (Bombay) liefert es vor allen Dingen die grosse Menge
baumwollener Garne, welche in Japan verwoben werden, so wie für
sich die baumwollenen Gewebe. Ebenso steht es in der Menge wol-
lener Tücher und Decken, sowie in Bezug auf das halbwollene Ita-
lienische Tuch allen anderen Ländern weit voran. Sein Concurrent
in Wollstoffen, Deutschland, liefert am meisten Flanell und halbseidene
Stoffe. Einer der beliebtesten Wollartikel, für Frauen-Unterröcke, ist
cochenillerother Musselin. Frankreich liefert von Rouen aus die Haupt-
masse; ihm folgt als beachtenswerther Concurrent Deutschland. Die
Metalleinfuhr geht grösstenteils von England aus; den Zucker liefert
China von Kanton, Swatau, Amoy und von Formosa, das Petroleum
kommt von Nordamerika. Nach ungenügenden Ernten liefern Indien
mit Siam den grössten Teil des Bedarfs an Reis; ebenso findet von
ihnen, zumal von Singapore aus, die Haupteinfuhr von Schildpatt statt.
Dass Nordamerika am meisten Leder, Frankreich den meisten Wein,
Belgien den Hauptbedarf an Glas und Glaswaaren, die Schweiz den
grössten Teil der Taschenuhren, Italien die Korallen liefert, ist auf
Tabelle VIII ebenfalls zu ersehen. In Droguen und Farbstoffen liefert
England mehr als China und Deutschland, trotzdem letzteres für
93000 Yen Anilinfarben nach Japan absetzt. Spanien ist erster Lie-
ferant von Quecksilber und Safran, Australien sendet die Wolle, welche
[637]4. Japan im Weltverkehr.
in der ersten Tuchfabrik Japans seit Oktober 1879 verarbeitet wird.
Dieselbe befindet sich zu Senji in der Nähe von Tôkio. Sie wurde
von der Hartmann’schen Maschinenfabrik in Chemnitz im Auftrage der
Regierung eingerichtet und steht unter deutscher Leitung.
Als Japan dem fremden Verkehr eröffnet wurde, versprach man
sich in den christlichen Industrie- und Handelsstaaten von diesem
neuen Absatzgebiete vielfach goldene Berge. Man hoffte, das Be-
streben der Japaner, sich abendländische Bildungs-, Verkehrs- und
Schutzmittel anzueignen, werde sich auch bald auf ihre Lebensweise,
Hauseinrichtung und Kleidung erstrecken, und unternahm darauf hin
die gewagtesten Speculationen, ohne zu berücksichtigen, dass die
grosse Menge weder Neigung noch Mittel besass, ihre alten Gewohn-
heiten zu verlassen. Neben hochachtbaren Häusern etablierten sich
in den Vertragshäfen auch manche Leute ohne Mittel und Erfahrung,
oder mit einem weiten Gewissen. Als Agenten nahmen, erhielten und
lagerten sie die verschiedensten europäischen und nordamerikanischen
Fabrikate in Consignation, bei sehr geringer Aussicht auf baldigen Ver-
kauf. Hierdurch wuchsen die Lagerspesen enorm, der Fabrikant drang
auf Verkauf und so wurden die Waaren in häufigen öffentlichen Auc-
tionen zu Preisen losgeschlagen, die oft kaum die Kosten deckten.
Infolge dieser ungesunden Verhältnisse konnte man manche Gegen-
stände, wie Regenschirme, Hüte, Flanelle, beim japanischen Krämer
billiger kaufen, als im Produktionslande. Dazu kam, dass vielfach
auch die schlechtesten Waaren auf diesem Wege ins Land kamen,
wie z. B. erbärmliches Schuhwerk, das nach mehrmaligem Tragen
schon auseinander ging. Diese und verschiedene andere Erscheinungen
standen einer gesunden Entwickelung des Einfuhrhandels lange im
Wege. Für den Export gab es wieder mancherlei andere Störungen.
In seinem Aussenhandel erscheint Japan wie eine junge Colonie
in raschem Wechsel ihrer wirtschaftlichen Zustände. Es hat in den
drei Jahrzehnten seiner freieren Entwickelung manche aussergewöhn-
lichen Schwierigkeiten in überraschender Weise überwunden und eine
Lebensfähigkeit entwickelt, die in Erstaunen setzt. Verschiedene Er-
scheinungen liessen mehrmals den politischen und wirtschaftlichen
Bankerott befürchten. Statt seiner sind mehr und mehr Gesundung
und Kräftigung des Staatskörpers eingetreten und die Aussichten auf
eine gedeihliche Fortentwickelung des intellectuellen und materiellen
Lebens sind grösser, denn je zuvor. Die finanziellen Schwierigkeiten
häuften sich zur Zeit des Aufstandes von Satsuma (1877), als die
Staatskassen leer waren und die vieljährigen negativen Handelsab-
schlüsse den Abfluss des früher vorhandenen Baargeldes bis zur Neige
[638]IV. Handel und Verkehr.
herbeigeführt hatten. Damals musste die Regierung sich mit der Aus-
gabe von grossen Mengen Papiergeld oder Kinsatsu helfen, das in
der Folge mit seinen unberechenbaren Cursschwankungen zur allge-
meinen Handelsplage wurde. Baargeld war so selten geworden, dass
z. B. der englische Consul Enslie zu Niigata in seinem Berichte vom
Oktober 1878 die Meinung aussprach, es seien in dem grossen Niigata-
ken mit einer Bevölkerung von 1½ Millionen keine 25 Gold- und
Silber-Yen in Umlauf.*)
Früher stand Kinsatsu pari, ja wurde im Binnenverkehr dem Baar-
geld sogar vorgezogen; jetzt sank sein Werth so, dass man es mit dem
steten Wechsel eines ansehnlichen Agios zu thun hatte, welches zeit-
weise 180 % betrug. Erst in den letzten Jahren ist es der Regierung
gelungen, ihren Credit wieder zu heben und dieser grossen Belästigung
des Verkehrs ein Ende zu machen. Das erfolgreichste der angewandten
Mittel lag nahe und bestand in der Beseitigung der negativen Han-
delsbilanzen. Die Regierung hatte dies so weit in der Hand, als sie
ihre Bedürfnisse beschränkte und damit ein ansehnlicher Teil der Ein-
fuhr zur Deckung derselben in Wegfall kam.
Es zeigte ein Verkennen der Verhältnisse, wenn man in Berichten
aus Japan das Bestreben der Regierung, die Unterbilanzen der Aus-
fuhr gegenüber der Einfuhr zu meiden, verurteilte und dabei auf Eng-
land und andere europäische Länder hinwies. Freilich sind in Eng-
land Unterbilanzen die Regel, ohne Störungen und Beunruhigungen
hervorzurufen. Hier liegen aber zur Deckung derselben grossartige
Kapitalanlagen im Auslande mit ihren Erträgen vor, die sich der Han-
delsstatistik entziehen. Bei einem Lande wie Japan dagegen, wo dies
nicht der Fall ist, giebt das Werthverhältniss der Einfuhr zur Ausfuhr
den besten Maassstab für das volkswirthschaftliche Gedeihen ab. Nega-
tive Bilanzen müssen hier durch die Ausfuhr des vorhandenen Baar-
geldes oder durch Anleihen gedeckt werden und, wenn sie fortdauern,
als Zeichen der Verarmung und abnehmenden Kauffähigkeit betrachtet
werden.
Auf Tafel I D sind die Unterbilanzen mit —, die positiven Jahres-
abschlüsse mit + angegeben. Es geht aus dieser Zusammenstellung
hervor, dass in den 18 Jahren Meiji (Friede) — so heisst die in so vieler
Beziehung ausgezeichnete Regierungszeit des Tennô Mutsu Hito —
die Summe der negativen Bilanzen 87719877 Yen betrug, die der
[639]4. Japan im Weltverkehr.
positiven dagegen nur 36370757 Yen. Von letzterer kommen 27763507
Yen auf die vier letzten Jahre. Mit diesen günstigen Handelsab-
schlüssen seit 1882 correspondiert die Bilanz zwischen Ein- und Aus-
fuhr der Edelmetalle, wie sie auf Tafel VI gegeben ist, indem sich
hier zeigt, dass in derselben Zeit von 1882—1885 eine Mehreinfuhr
im Werthe von 7822545 Yen der Ausfuhr gegenüber stand. Sie be-
stand vorwiegend in der Einfuhr von Silber-Dollars und diente zum
teilweisen Begleich des Mehrbetrags der Waarenausfuhr gegenüber
der Einfuhr.
Der Aussenhandel Japans war unter dem Shôgunat der Tokugawa
mehr und mehr erschwert und beschränkt worden, sodass die Hülfs-
quellen des Landes zu keiner allseitigen und kräftigen Entwickelung
gelangen konnten. Seit der Restauration der Mikadoherrschaft ist das
Land in überraschender Weise produktions- und somit auch consum-
fähiger geworden, obwohl der Bergbau auf Gold und Silber — ehe-
mals die hervorragendste Quelle für den Ausfuhrhandel — nur noch
geringe Erträge liefert. In der fünfjährigen Periode von 1871—1875
(siehe Tabelle III B) betrug der durchschnittliche Werth der Jahresaus-
fuhr 18577056 Yen; zehn Jahre später, in der gleichen Intervalle von
1881—1885 war derselbe auf 34454812 Yen im Mittel gestiegen, hatte
sich also nahezu verdoppelt.
Länder, deren Ausfuhr vornehmlich auf ein Erzeugniss gegründet
ist, kommen in eine üble Lage, wenn dieses versagt oder im Werthe
sinkt, wie in neuerer Zeit Nevada mit seinem Bergbau, die Cana-
rischen Inseln mit ihrer Cochenillezucht und viele tropische Colonieen
mit ihrem Hauptprodukt, dem Rohzucker, genugsam beweisen. In
Japan lieferten die Erzeugnisse der Seidenzucht und des Theebaues
in der Periode 1871—1875 dem Werthe nach nicht weniger als 77,90 %,
also über drei Viertel der gesammten Ausfuhr, in der Periode 1881
bis 1885 aber trotz absoluter Zunahme nur 64,66 %. Diese Abnahme
des Anteils an der fast doppelt so grossen Gesammtausfuhr fällt auf
den Thee. Der japanische Thee hat aber nur ein Absatzgebiet, so-
dass er bei einer Aenderung des nordamerikanischen Geschmacks ganz
in Wegfall käme. Es ist daher die Abnahme des auf ihn fallenden
Anteils an von 31,44 % auf 18,95 % der Gesammtausfuhr und die ent-
sprechende Zunahme der Ausfuhr anderer Artikel ebenfalls als gün-
stiges Zeichen der ferneren Ausfuhrfähigkeit aufzufassen.
Eine weitere Vermehrung und Stärkung derselben darf von der
besseren Verwerthung des Oedlandes und der Wälder durch geeignete
Bewirthschaftung und die Erleichterung des Binnenverkehrs, sowie von
der Fortentwickelung des Kunstgewerbes und anderer Industriezweige
[640]IV. Handel und Verkehr. 4. Japan im Weltverkehr.
durch sorgsame Pflege erwartet werden. Manche Hindernisse sind da
noch zu beseitigen; aber eine Regierung, welche mit dem Volke ziel-
bewusst zusammen arbeitet und viel grössere Schwierigkeiten mit Ge-
schick zu überwinden wusste, wird auch hierin ihr Ziel erreichen.
Die Hoffnung auf einen weiteren Umschwung des japanischen
Aussenhandels durch Eröffnung neuer Häfen und Beseitigung der noch
bestehenden Verkehrsschranken, wie sie oft aus kaufmännischen Krei-
sen während der letzten Jahrzehnte geäussert wurde, teile ich da-
gegen in keiner Weise. Das Land besitzt keinen unbekannten Hinter-
grund mit verborgenen Schätzen, zu deren Hebung nur der Zutritt des
fremden Kaufmanns nöthig wäre, keine Bevölkerung, die nur wegen
der Entfernung von den Vertragshäfen die fremden Einfuhrartikel nicht
kauft; denn diese gelangen durch Vermittelung japanischer Dampf-
schiffe und Kaufleute leicht und billig nach allen Hafenorten und von
hier auch in das Innere, soweit man nach ihnen verlangt.
Wie schon im ersten Bande dieses Werkes angedeutet wurde, ist
die Frage der völligen Eröffnung Japans zwischen den Vertretern der
fremden Mächte und der Regierung des Mikado schon oft erwogen
worden. Politische und materielle Bedenken triftiger Art, welche sich
an die Consulargerichtsbarkeit knüpfen, standen bisher im Wege. Die
japanische Regierung fordert in erster Linie Beseitigung dieses Zu-
standes und Unterwerfung der Fremden unter die Landesgesetze. So-
wohl die Klugheit, als auch die Würde und Selbstachtung nöthigen
sie zum Beharren auf diesem Standpunkte, und es ist kaum zu be-
zweifeln, dass derselbe bei der bevorstehenden Revision der Verträge
allseitige Billigung und Anerkennung finden wird.
[[641]]
Statistische Tabellen.
Rein, Japan II. 41
[642]Statistische Tabellen.
I. Werth der Aus- und Einfuhr Japans von
II. Der auswärtige Handel Japans
1868—1885 nach den einzelnen Vertragshäfen.
während der letzten fünf Jahre.
[644]Statistische Tabellen.
III A. Uebersicht der wichtigsten Ausfuhr-
III B. a. Summen, b. Durchschnittswerthe und c. Procentanteile
Perioden 1871—75 und 1881—85,
artikel seit 1868 nach Gruppen und Werth.
der Ausfuhr obiger Artikel am Gesammtexport der fünfjährigen
berechnet aus obigen Angaben.
IV. Hauptausfuhrartikel und ihre Werthe während der Jahre 1881—85.
V. Uebersicht der Ausfuhr im Jahre 1885 nach Gegenständen, Ländern und Werth in Yen.
VI. Vergleichstabelle der Ein- und Ausfuhr von Gold und Silber
in Münzen und Barren.
VII. Uebersicht der hervorragendsten Einfuhrartikel seit 1868 und
ihres Werthes in Yen.
VIII. Einfuhr hervorragender Artikel nach Ländern und Yen während des Jahres 1885.
Appendix A Deutsches und lateinisches Register.
- Abdreharbeit 511.
- Abendessen 54.
- Abfallpapier 469. 473.
- Abies Alcockiana 280.
- — bicolor 280.
- — firma 255. 279.
- — Jesoënsis 280.
- — Menziesii 280.
- — polita 280.
- — Tsuga 255. 281.
- — Veitchii 280.
- Abietineen 279—284.
- Abschleifmittel 590.
- Abtritt 31.
- Acanthopanax ricinifolia
295. - Acclimatisation 327.
- Acer crataegifolium 341.
- — japonicum 300.
- — palmatum 299.
- — polymorphum 52. 325.
- Acerineen 299.
- Achat 372. 506. 508.
- Ackerland 231.
- Aconitum Fischeri 160.
- Actinidia 306.
- — arguta 108. 307.
- — polygama 108. 307.
397. - — volubilis 259. 307.
- Actinodaphne lancifolia
292. - Adlerfarn 80. 90.
- Adlerholz 616.
- Aerugo nobilis 527.
- Aesculus turbinata 211.
260. 300. 341. - Aetzkalk 35.
- Affe 218.
- Agalmatolith 508.
- Agalochum 623.
- Agar-Agar 96. 128.
- Agaricus 91. 92.
- Ahorn 299.
- Ailanthus glandulifera 303.
- — glandulosa 188.
- Akebia lobata 107.
- — quinata 107.
- Alaria esculenta 95.
- Alaun 370.
- Albizzia Julibrissin 298.
- Aleurites cordata 183.
290. - Algen 91. 93—96.
- Algengallerte 96. 128.
- Algenkleister 96.
- Algenleim 216.
- Alimenta composita 111.
- Alleebäume 326.
- Allium ascalonicum 90.
- — porrum 90.
- — sativum 86. 90.
- Almandin 507.
- Alnus firma 201. 397.
- — incana 201. 397.
- — japonica 285.
- — maritima 201. 285.
- Alocasia macrorrhiza 79.
- Aloeholz 623.
- Aloëxylon Agalochum 623.
- Amaksa-Stein 370. 564.
565. 578. - Amboss 510.
- Amethyst 507.
- Amygdalus persica 101.
316. - Anacardiaceen 299.
- Analysen von: Ame 123.
Bronze 537. 538. Hül-
senfrüchten 73. Lack 411.
Mirin 120. Miso 125.
Oelsamen 185. 191. Roh-
materialien der Porzel-
lan-Industrie 578—581.
Sake 120. Shôchû 120.
Shôyu 123. Steinkohlen
366. 367. Thee 153. - Angelica anomala 159.
- — refracta 159.
- Anis 85.
- Annuali 227.
- Antherea Yama-maï 243.
244. 248. - Anthistiria arguens 324.
- Antimon 594.
- Antimonit 362.
- Apfel, Apfelbaum 99.
- Apfelsine 105.
- Aphananthe aspera 289.
473. - Aphis chinensis 213.
- Apios Fortunei 75.
- Apium graveolens 85.
- Arabesken 378. 439.
- Araceen 78.
- Arachis hypogaea 65. 180.
- Aralia cordata 85.
- — japonica 325. 339.
340.
- — japonica 325. 339.
- Araliaceen 295.
- Arbeiter 603.
- Arca 635.
- Architectur 374. 375.
- Arita-Porzellan 559—564.
- Arsenal 606.
- Artemisia vulgaris 160.
- Arum esculentum 78.
- Arundinaria japonica 271.
- Arundo Bambos 270.
- Asbolan 361. 593.
- Astlack 407.
- Astragalus lotoides 49.
- Atlas 455.
- Aucuba japonica 337—339.
- Auripigment 419.
- — -Lack 418.
- Aussenhandel 608—649.
- Avena sativa 58.
- Aventurinlack 437.
- Ayuthia 616.
- Azalea indica 314. 321.
- Backstein 541.
- Bambusa agrestis 270.
- — arundinacea 270.
- — aurea 345.
- — Fortuneï 345.
- — Kumasasa 345.
- — nigra 345.
- — puberula 271.
- — pygmaea 345.
- — quadrangularis 271.
- — spinosa 270.
- — viridis 345.
- Bambusaceen 270.
- Bambusgras 259.
- Bambushain 257.
- Bambusrohr 90. 203. 271
—274. 422. - Bambusrohrarbeiten 274.
- Bambusrohrmatten 201—
202. - Bananen 198.
- Bär 218.
- Barbaren-Hirse 59.
- Baros-Kampfer 171.
- Bastpapier 419. 422.
- Batate 75.
- Batavia 618.
- Bauer 6. 32.
- Baumriesen 268.
- — -schule 256.
- — -stoffe 450.
- — -wolle 195.
- — -wollsamenöl 179.
- Bêche de Mer 634.
- Becken 558.
- Beerenobst 103.
- Benni-seed 181.
- Benzoin sericeum 292.
- — Thunbergii 292.
- Bergbau 346.
- —, Erträgnisse des —
353—355.
- —, Erträgnisse des —
- Bergkrystall 372. 506.
- — -Schleiferei 508.
- Bergreis 43. 54.
- Bergwald 251—253.
- Bergwiese 19.
- Beta vulgaris 88.
- Betula alba 285.
- — ulmifolia 285.
- Betulaceen 285.
- Bewässerung der Reisfel-
der 550. - Bignonia tomentosa 292.
- — catalpa 293.
- Bild-Krepp 457.
- Biota orientalis 276.
- Birken 285.
- Birnen 98. 99.
- Birnengrund 417. 437.
- Biscuit 543.
- Bivoltini 227.
- Blattgold 419.
- Blattsilber 419.
- Blatttang 634.
- Blaze 240.
- Blei 359.
- Bleiweiss 419. 594.
- Bletia hyacinthina 588.
- Blumenmärkte 318.
- Blumentopf 558.
- Blumenvase 530. 558.
- Boden - Analysen 26—28.
- Boehmeria nivea 197. 449
—470.- — tenacissima 197.
- Bohne, ägyptische 324.
- —, gemeine 71.
- Bohnenkäse 126.
- Bohnensauce 123.
- Bombyx mori 220. 225.
- Bonbonniêre 558.
- Bonin-Inseln 15.
- Borax 589. 594.
- Borneo-Kampfer 171.
- Boule-Arbeit 504.
- Bourre 234.
- Brasenia peltata 82.
- Brassica chinensis 82. 178.
- — oleracea 82.
- — rapa 82.
- Braunstein 593.
- Breite, eines Gewebes
457. - Brennen 519. 556.
- Brennmaterial 255.
- Brocat 450. 453. 459—
461. - Brocatbanner 459.
- Bronze 525.
- Brot 41.
- Broussonetia papyrifera
195. 468. 478.- — -Papiere 478. 480—481.
- Brustpanzer 517.
- Buch (Papiermaass) 478.
- Buche 201—202. 288.
- Buchelnöl 185.
- Buchweizen 43. 64.
- Buddhas 530.
- Buschbohne, strahlfrüch-
tige 70. - Bütte 117.
- Büttenpapier 465.
- Buxaceen 290.
- Buxus japonica 267. 290.
399.- — sempervirens 290.
- Byzantiner Email 584.
- Caesalpinia Sappan 209.
- Calabasse oder Flaschen-
kürbis 84. - Caladium 79.
- Calamagrostis Hakonensis
211. 522. 528. - Caligula japonica 249.
- Calopanax ricinifolia 295.
360. - Calumbak 623.
- Camellia japonica 178. 268.
305. 326. 330. 331—333.
399.- — Sasanqua 179. 306.
- — theïfera 131. 306.
- Camellie in Europa 332—
333. - Camellienholzkohle 419.
- Camellienöl 178.
- Canavalia incurva D. C.
71.- — lineata D. C. 71.
- Cannabis sativa 88. 194.
195. - Cantharellus cibarius 92.
- Capea elongata 95.
- — flabelliformis 95.
- Caprifoliaceen 295.
- Capsicum annuum 87.
- Carpinus japonica 285.
- Carthamin 208. 215. 419.
- Carthamus tinctorius 208.
- Castanea vulgaris 109. 211.
250. 255. 287. 556. - Catalpa Kaempferi 293.
- Cathay 610.
- Catty 601. 602.
- Cedrela chinensis 302.
- Celastrineen 301.
- Celastrus articulata 301.
- — orixa 303.
- Celtis sinensis 289.
- Cephalotaxus drupeacea
184. 275. - Cera japonica 185.
- Cercidiphyllum japonicum
309. 341. 422. - Cerealien 42.
- Cervus Sika 218.
- Chamaecyparis obtusa 255.
257. 276. 421.- — pisifera 257. 276. 421.
- Chamaerops excelsa 200.
275. 345. - Chilies 87.
- Chinagras 197.
- Chinesisches Papier 467.
- Chrysanthemum indicum
324. 325. 330. 441.- — sinense 324.
- Cichorium endivia L. 86.
- Cinnamomum Camphora
168—176. 268. 330.- — pedunculatum 291.
- — zeylanicum 88.
- Ciselieren 512.
- Citrone 106.
- Citrullus edulis 84.
- Citrus aurantium 105.
- — decumana 105.
- — japonica 105. 106.
- — medica 106.
- — nobilis 105.
- — sinensis 105.
- — trifoliata 303. 312.
- Citta cantans 320.
- Clavaria Botrytis 92.
- — flava 92.
- Cleyera japonica 257. 305.
- Clupea harengus 33.
- Coccus Pelah 193.
- Cocon 228.
- Cocons percés 241.
- Coix Lacryma Jobi 60.
- Colcothar 360.
- Colle du Japon 128.
- Colocasia antiquorum 78.
- Colonialamt 20.
- Compost 33.
- Condimente 89.
- Coniferen 262—264. 275—
284. 340. - Conophallus konjak 79.
- Convallaria japonica 341.
- Convolvulus Batatas 76.
- Corchorus capsularis 199.
- Coriandrum sativum 85.
- Corneen 295.
- Cornus brachypoda 295.
- — officinalis 103. 295.
- Corylaceen 285.
- Corylus heterophylla 110.
285. - Craquelé 566.
- Crataegus glabra 343.
- Croton siraki 291.
- Cryptomeria japonica 255.
269. 278. - Cucumis conomon 84.
- — flexuosus 84.
- — melo 84.
- — sativus 84.
- Cucurbita pepo 83.
- Culturwald 251—253.
- Cupressineen 276.
- Cupuliferen 286.
- Curcuma longa 89. 211.
- Cuttlefish 635.
- Cycas revoluta 275. 397.
- Cynosurus coracanus L.
59. - Cypressen 257. 263. 276.
- Cytherea lusoria 635.
- — meretrix 635.
- Damascener Klingen 514.
- Damascieren 512. 513.
- Daphnidium lancifolium
292. - Darstellung des Bastpa-
piers 475. - Dattelfeige 103. 211.
- Datteln, chinesische, 102.
- Daucus carota 85.
- Deckelvase 558.
- Decorationsmotive 380.
381. - Decorationsweise 378.
- Desmodium 324.
- Dianthus japonicus 330.
- Dioscorea japonica 79.
- — quinqueloba 79.
- — sativa 79.
- Diospyros ebenum 294.
- — Kaki 211. 294. 316.
331. 397. 419. 421.
- — Kaki 211. 294. 316.
- Distylium racemosum 267.
296. 399. 556. - Dolichos cultratus 72.
- — ensiformis 72.
- — incurvus 71.
- — lineatus 71.
- — soja 5. 65.
- — umbellatus 72.
- Doppelcocons 233. 241.
- Doubliermaschinen 455.
- Douppions 233.
- Drache 380.
- Drehbank 398.
- Drehscheibe 544. 554.
- Drehwind 13.
- Dreigabel 471.
- Dreschflegel 37.
- Dried fish 634.
- Droguen 158.
- Dryandra cordata 183. 290.
498. - Dukatengold 599.
- Dünger 29.
- Durrah 59.
- Ebenaceen 294.
- Edelrost 527. 528.
- Edgeworthia chrysantha
479.- — -Papier 479. 481.
- — papyrifera 470—472.
- Egge 37.
- Eibenartige Nadelhölzer
275. - Eichen 267. 286. 287. 422.
- Eichenholz-Asche 556.
- Eichenspinner 243. 244.
- Eier des Seidenspinners
228. - Eierpflanze 81. 86.
- Eierschalen-Porzellan 561.
- Eierschwamm 92.
- Einhorn 380.
- Einlegearbeit bei Lack-
waaren 433. - Einschlag 455.
- Eisen 359. 514.
- Eisenbahnen 607—608.
- Eisenocker 419.
- Eisenroth 360. 417. 419.
563. 593. - Eisensand 514.
- Eisenvitriol 522.
- Elaeagnus latifolia 330.
- — radicans 344.
- — reflexa 344.
- — umbellata 103. 344.
- Elaeococca cordata Bl.
183. 290. 498. - Electrum 584.
- Eledone 635.
- Eleusine coracana 59.
- Elfenbein 502.
- Elfenbeinschnitzerei 502.
- Email 513. 582.
- — champlevé 584.
- — cloisonné 583.
- — de peintre 584.
- —, durchsichtiges 584.
- —, erhabenes 584.
- —, freies 584.
- —, gebundenes 583.
- —, glattes 583.
- —, hoch — 584.
- —, Maler — 584.
- Emailfarben 593—595.
- Emailindustrie 582—595.
- Enamel, imbedded 583.
- —, incrusted 583.
- Engel 533.
- Engraulis japonicus 33.
- Enkianthus japonicus 320.
325. - Entwickelung der Seiden-
raupe 231. - Epidendrum tuberosum
588. - Epigaea asiatica 109.
- Epilobium angustifolium
259. - Erbse 72.
- Erdbeere 109.
- Erde 370.
- Erdkobalt 361.
- Erdnuss 65.
- Erdnussöl 180.
- Erianthus japonicus 203.
- Ericaceen 294.
- Eriobotrya japonica 97.
98. 100. 331. - Erlen 285. 397.
- Essbare Früchte 96—111.
- Essig 128.
- Eulalia japonica 203. 324.
- Eupatorium chinense 324.
- — japonicum 324.
- Euphorbia Lathrys 184.
- Eurya japonica 305.
- — var. sulfurea 343.
- Eutrema Wasabi 82.
- Evodia glauca 210. 304.
- — rutaecarpa 159. 210.
- Evonymus japonicus 316.
342.- — Sieboldianus 301.
- Excoccaria japonica 291.
- Fabae aegyptiacae 323.
- Fabelthiere 380.
- Fäcalstoffe als Dünger 30
—31. 32. - Faeces 32.
- Fächer 495.
- — Ausfuhr 496.
- Färbedistel 208.
- Färberknöterig 52.
- Fagaria piperita 303.
- Fagopyrum esculentum 64.
- Fagus Sieboldi 185. 288. 422.
- Faience 541.
- — von Ôta 573.
- Farbegeben 523.
- Farbpflanzen 204.
- Faselbohne 72.
- Fatsia japonica 339.
- Faulenlassen 554.
- Fausthandschuh 406.
- Feigenbaum 106.
- Feile 510.
- Feldmaass 601.
- Feldspath 547.
- Fenchel 85.
- Feuerbaum 257.
- Feuerbohne 71.
- Ficus carica 106.
- Filanda 233. 243.
- Fil de Florence 232.
- Filigran-Email 583.
- Filterpressen 554.
- Finger-Hirse 49. 59.
- Firmiana platanifolia 304.
- Fischguano 33. 194. 636.
- Fischöl 33. 194. 636.
- Flagge, japanische 606.
- Flasche 558.
- Flaschenkürbis 84.
- Flockseide 233. 240.
- Floretseide 234. 455.
- Florideen 95.
- Floss-silk 233.
- Flussmittel 547.
- Flussschifffahrt 604.
- Foeniculum vulgare 85. 159.
- Formen 443. 576.
- Forstwirthschaft 250.
- Forsythia suspensa 320.
- Fossiles Holz 310.
- Fragaria vesca 109.
- Fraxinus longicuspis 293.
- Frisons 241.
- Fritten-Porzellan 543.
- Früh-Reis 54.
- Frühstück 54.
- Funkia ovata 314.
- Fusan 630.
- Fuss 600.
- Gabelhacke 36.
- Gadus Brandtii 635.
- Gammadion 379.
- Gampipapier 479. 481. 485.
- Ganzstoff 465. 477.
- Gardenia florida 209. 330.
417. - Garnelen 635.
- Gartenbau 310.
- Gartenkunst 314.
- Gebirgswald 260. 261.
- Gelbe Rübe 85.
- Gelbspinner 227.
- Gemüse 81.
- Gemusterter Krepp 458.
- Gensan 630.
- Gerbstoffe 212.
- Gerste 5. 4258.
- —, nackte 42.
- Gerstenmalz 122.
- Geschichte der jap. Lack-
industrie 443. - Getreide 42.
- Gewichte 601—602.
- Gewürze 81.
- Giessen 511.
- Gingeli 181.
- Ginkgo biloba 111. 269.
275. - Ginseng 160—168.
- Glasur 540. 556.
- Gleditschia japonica 298.
- Gleopeltis cotiformis 216.
- Glocken 521. 532.
- Glücksthiere 380.
- Glycine chinensis 334.
- — hispida 65.
- Gold 355. 435. 506.
- Goldgrund 438. 441.
- Goldkiefer 284.
- Goldlackarbeiten 434 —
448. - Goldlackgegenstände 445.
- Goldminen 355.
- Goldpapier 460.
- Goldstaub 419. 435. 436.
- Goré 610.
- Gossypium herbaceum 179.
195. - Grabstichel 510.
- Graines 241.
- Gramineen 270.
- Granatapfel 106.
- Granatsand 372. 507.
- Grasflächen 252.
- Grasleinen 198.
- Gras-Oedland 11.
- Grauspiessglanzerz 362.
- Gravieren 512.
- Grège 240. 241. 455.
- Grosshändler 629.
- Grubenschmelz 583. 585.
- Grundierung der Lack-
waaren 423. - Gründünger 49.
- Grüner Lack 418.
- Grünspan 593.
- Grünspinner 227.
- Gummigutt 417. 419.
- Gurke 84.
- Gurkenartige Gewächse
81. - Gürtel 454.
- Guss 511.
- Hacke 36.
- Hackfrüchte 74.
- Häringsarten 33. 194.
- Härten des Stahls 515.
- Hafer 58.
- Hahn 218.
- Hahnenfusshirse 43. 59.
- Haifischflossen 635.
- Haihaut 431. 588.
- Haihautlack 431.
- Hakone-Arbeit 397.
- Halbporzellan 541.
- Halmfrüchte 42.
- Haliotis 29. 505.
- — gigantea 635.
- — japonica 635.
- Hälleflinta 547.
- Halm- und Hülsenfrüchte
5. 42. - Hals 515.
- Hamamelideen 296.
- Hammer 510.
- — -Augen 511.
- Handel und Verkehr 596.
- Handelsgewächse 129.
- Handwebstuhl 455.
- Handwerker 6.
- Hanf 88. 184. 194.
- — -Bast 419.
- — -Leinwand 419. 449.
- — -Oel 184.
- Hartbronze 526.
- Haschisch 194.
- Hase 218.
- Haspelanstalt 243.
- — -Seide 240. 455.
- Hecken 311.
- Hedysarum esculentum 75.
- Helme 517.
- Henkelkreuz 379.
- Henne 218.
- Herbstpflanzen, die sieben
324. - Heu 216.
- Hibiscus Manihot 330. 474.
- — mutabilis 324.
- — syriacus 312.
- Hiobsthränen 43. 60.
- Hirsch 218.
- — Horn 419.
- Hirse 59.
- —, italienische 121.
- Hölzer 266—310.
- Hohlmaass 8. 601.
- — Meissel 420.
- Holcus Sorghum 59.
- Holothuria edulis 634.
- Holzasche 556.
- Holzgötzen 501.
- — -industrie 395.
- — -kohle 255. 419.
- — -kübel 114.
- — -mosaik 396.
- — -öl 184.
- — -schnitzerei 501.
- — -schuhe 490.
- Homoioceltis aspera 289.
473. - Honigbiene 218.
- Hordeum 5. 58.
- Horn 422. 504.
- Hortensia opuloides 336.
- Hovenia dulcis 102. 300.
- Hülsenfrüchte 64.
- Huhn 218.
- Hund 218.
- Hundstage 417.
- Hydrangea hortensis 331.
336.- — paniculata 337. 474.
- Ibota-Wachs 193.
- Ichigo 108.
- Ilex crenata 301.
- — integra 301.
- — latifolia 301.
- Ilicineen 301.
- Illicium religiosum S. \& Z.
160. 307. - Imperata arundinacea 203.
- Incrustierung 513.
- Indigo 204. 419.
- Ingwer 88.
- Inuus speciosus 218.
- Irdenwaare 541. 551.
- Iris laevigata 322.
- — setosa 322.
- — sibirica 322.
- Isinglass 128
- Japan im Weltverkehr 626
—649. - Japanisches Lackierver-
fahren 423. - Japanische Zier- und Nutz-
pflanzen in Europa 327. - Jaspiswaare 542.
- Juglandaceen 285.
- Juglans mandschurica 285.
- — regia 110. 285.
- Juncus effusus 201.
- Juniperus chinensis 276.
- Kagaporzellan 574—576.
- Kalamback 623.
- Kalk als Dünger 34. 49.
- Kalkstein 371.
- Kammschneiderei 399.
- Kampfer 168—176. 419.
- — -Baum 268.
- — -Gewinnungsweise
173. - — -Lorbeer 268.
- Kaninchen 218.
- Kaolin 370. 371. 543. 544.
547. 580. - Kaoling 547.
- Kartoffeln 74, gewöhnliche
K. 77, süsse K. 75. - Kastanie 109. 287.
- Kastanienbrauner Lack
418. - Kastanienspinner 249. 250.
- Kastengebläse 351. 511.
- Katsura japonica 309. 475.
- Katze 218.
- Kaufmann 6.
- Kaya-Oel 184.
- Keramik 539—581.
- Kernobst 98.
- Kessel 517—518.
- Kette 455.
- Kettenpanzer 517.
- Kiefern 257. 262. 279. 326.
- — -holzkohle 419.
- Kienruss 419. 498.
- Kieselporcellane 548.
- King-te-tschin 547. 549.
- Kitt 423.
- Klebreis 54. 58. 127.
- Kleid 459. 483.
- Kleister 81. 420.
- Knieholz 262. 264.
- Kobalt 361.
- — -glasur 361.
- — -oxyd 593.
- Kochtopf 519.
- Koelreuteria paniculata
300. - Kohlenbecken 530.
- Kolbenhirse 43. 59.
- Kopf 515.
- Koralle 506.
- Koreanerdorf 567.
- Krack-Steingut 567.
- Krebse 635.
- Kreidepulver 482.
- Kreisel 400.
- Krepp oder Kreppseide
454. 456. 457.- — -papier 486—490.
- Kuchen 42.
- Kübel 408.
- Kunstgewerbe 373—595.
- Kunstindustrie 373—595.
- Kupfer 357. 521.
- — -erze 357.
- — -minen 357. 358.
- — -vitriol 522.
- Kürbis 83.
- Lablab cultratus D. C. 72.
- Lachs 635.
- Lack 402.
- — -baum 186. 404.
- — -distrikte 409.
- — -farben 419.
- — -filter 482.
- — -gewinnung 405—409.
- Lackhändler 416.
- Lackieren der Thonwaaren
426. - Lackierer 402.
- Lackindustrie 400—448.
- — -krankheit 414.
- — -maler 402. Arbeiten
des — 434. - — -preisliste 416.
- — -säure 4. 13.
- — -vergiftung 414.
- — -waaren, bunte, 428.
- — Vorzüge der — 401.
- Lackzapfer 406.
- Lactuca sativa 86.
- Längenmaass 600.
- Lärchen 263. 279. 283.
- Lagenaria vulgaris 84.
- Lagerstroemia indica 296.
419. - Laminaria saccharina 95.
634. - Lampenruss 498.
- Landwirthschaftl. Schule
zu Sapporo 20. - Lappa major 85.
- Larix leptolepis 255. 283.
- Lasurstein 506.
- Latrinendünger 30—33.
- Lattich 86.
- Laubwald 258. 263.
- Laucharten 89.
- Lauraceen 291—292.
- Laurineen 291.
- Laurus Camphora 168—
176. 263. 291.- — indica 291.
- — umbellata 292.
- Leder 212.
- — -papier 183. 490—492.
- Leguminosen 64. 297.
- Lehre oder Schablone
511. - Leim 419. 498.
- Lenz 320.
- Lespedeza 217. 324.
- Leucocasia gigantea 79.
- Li 600.
- Liebesapfel 86.
- Ligustrum Ibota 193. 293.
- — japonicum 293. 342.
- Lilium auratum 80.
- — cordifolium 80.
- — Thunbergianum 80.
- Limoges 584.
- Lindera sericea 292.
- Linie 600.
- Listaea glauca 193.
- — Thunbergii 193. 291.
- Lithospermum erythrorhi-
zon 209. - Löffel 421.
- Loligo 635.
- Loliopsis 635.
- Loquat 100.
- Loth 588. 589.
- Lotusblume 74. 111. 322.
- — -pflanze 74. 111. 322.
- Luffa petala 84.
- Lycoperdon Tuber 92.
- Lycopersicum esculentum
86. - Lythrarieen 296.
- Mäander 379—380.
- Macaroni 127.
- Mace 601.
- Machilus Thunbergii 291.
- Macleya cordata 337.
- Magische Spiegel 533—
534. - Magneteisen 359. 514.
- Magnolia hypoleuca 259.
260. 307—309. 341. 421.- — Kobus 309. 320.
- — Yulan 320. 323.
- Magnoliaceen 307.
- Magnolienholzkohle 419.
- Mahlzeit 54.
- Mais 43. 60.
- Majolica 541. 576.
- Mandarinorangen 97.
- Manganoxyd 361. 593.
- Manila 612.
- — -hanf 198.
- Marlea platanifolia 295.
- Marmor 371.
- Maschentauschierung 513.
- Maschinenpapier 473.
- Masertextur 438.
- Masse 600—601.
- Materialien für die Lack-
industrie 419. - Matrizen 216.
- Matten 202.
- Maulbeerbaum 222. 225.
288. - Maulbeere 106.
- Maus 218.
- Mayebashi-Hanks 242.
- — -Grappes 242.
- Medicinbüchse 535.
- Meeresprodukte 634.
- Meerlattich 95.
- Meile 600.
- Meissel 510.
- Melia Azedarach 193. 302.
- — japonica 302.
- — Tô-sendan 302.
- Meliaceen 302.
- Melone 84.
- Mesogloia decipiens 95.
- Messer 420. 511.
- Messing 524.
- Metall 509.
- — -industrie 509—538.
- — -spiegel 533.
- Mikroklin 544.
- Mimosa arborea 298.
- Mittagessen 54.
- Mittel-Reis 54.
- Mohrenhirse 43. 59.
- Montanindustrie 346.
- Morus alba 106. 220. 225.
288. 472.- — multicaulis 226.
- — papyrifera 468.
- Mosaikwerk 506.
- Moulinage 455.
- Münze in Ôzaka 597.
- Münzen 596—600.
- Muffel 589.
- Musa basjoo 198.
- — paradisiaca 198.
- — textilis 198.
- Muscardine 236.
- Myrica rubra 209. 212.
- Nachtigall 320.
- Nadelhölzer 262—264. 275
—284. 340. 421.- — -wald 258.
- Nandina domestica 311.
- Napf 558. 563.
- Naturalismus 378. 382. 383.
- Naturwald 253. 258. 260.
- Nautilus 505.
- Nelumbium speciosum 74.
331. - Nelumbo nucifera 74. 111.
322. 331. - Nemalion vermiculare 95.
- Nesselhanf 449.
- — -tuch 197. 449.
- Netz 230.
- Nickel 361.
- Nicotiana Tabacum 154.
- Nikkô-Arbeit 398.
- Nippsachen 535. 558.
- Nirwana 323.
- Nispero de Japon 100.
- Nuphar japonicum 82.
- Nutzhölzer 266—310.
- Oberbergamt 352.
- Obertasse 558.
- Obstbau 96.
- Ochsen 217.
- Oedland 252. 253.
- Oelkuchen 33. 34.
- — -papier 183. 493—494.
- — -pflanzen und Fette
176—194. - — -weide 103. 344.
- Olea aquifolium 293. 325.
- — fragrans 293. 343.
- Oleaceen 293.
- Ommastrephes 635.
- Oncorhynchus Haberi 635.
- Onychoteuthis Banksii 635.
- Ophiopogon japonicus 341.
- — Jaburan 341.
- Orange 105.
- Organsin 455.
- Orixa japonica 303.
- Oryza glutinosa 54.
- — montana 43. 54.
- Oryza sativa 5. 43.
- Oshiu-Seide 241.
- Ôzaka 55. 629.
- Pachyrhiza a ngulatus 72.
- Paeonia albiflora 159. 336.
- — Moutan 159. 321. 331.
336.
- — Moutan 159. 321. 331.
- Palette 421.
- Palmblattarbeiten 201.
- Palmen 275.
- Panachierung 317.
- Panax Ginseng 160.
- Panicum Crus-galli 59.
- — corvi 59.
- — italicum 59.
- — miliaceum 59.
- — verticillatum 59.
- Papaver somniferum 82.
- Papier 464—496.
- — -bereitung 475.
- — -geld 597. 638.
- — -gewebe 492.
- — -industrie 463—500.
- — -laterne 494.
- — -leder 422. 490—492.
- — -maché 422. 485.
- — -masse 464.
- — -maulbeere 468—470.
- — -sorten 480—481.
- — -tapeten 486.
- Pappdeckel 485—486.
- Passerina Gampi 472.
- Pastinaca sativa L. 85.
- Patani 616. 620.
- Patina 85. 527.
- Patinierung 513.
- Patlitdschan 86.
- Patrina scabiosaefolia 324.
441. - Paulownia imperialis 267.
292. 321. 335. 336.
421.- — tomentosa 335. 336.
- Pebrine 236.
- Pegmatit 547. 578.
- Pekinglack 441.
- Pelah-Wachs 193.
- Perilla arguta 88. 209.
- Perilla ocymoides L. 182.
417. 494. - Perle 506.
- Perlmutter 419. 433.
- — -arbeiten 433. 504.
- — -lack 432.
- Perry 605. 608.
- — Expedition 627.
- Persicaria 206.
- Petasites japonicus 85.
- Petroleum 367.
- Petroselinum sativum 85.
- Pfeffer, spanischer, 87.
- Pfeffermünze 159.
- Pfeilkraut 75.
- Pferd 216. 217.
- Pferde-Bohne 72.
- Pferdelast 603.
- Pfirsich 101. 211. 320.
- Pflanzentalg 176. 185.
- Pflug 36.
- Pfund 601. 602.
- Phaseolus multiflorus 71.
- — Mungo 71.
- — radiatus L. 5. 70.
- — vulgaris 71.
- Phellodendron amurense
303. - Photinia serrulata 343.
- Phragmites communis
203.- — Roxburgii 203.
- Phoenix 380.
- Phyllit 547.
- Phyllitis debilis 95.
- Phyllostachys bambusoi-
des 259.- — nigra 271.
- Physalis Alkekengi 86.
- Picrasma ailanthoides 303.
- Pikul 601.
- Pilze 6. 81. 634.
- Pimpinella anisum 85.
- Pincette 510.
- Pinsel 420. 497.
- Pinto, Mendez 608.
- Pinus densiflora 281—283.
316. 326.- — Koraiensis 110. 283.
- Pinus Massoniana 281—
283. 316. 326.- — parviflora 262. 282.
- Pisang 198.
- — -Gewebe 449.
- Pisum sativum 72.
- Pittosporum Tobira 343.
- — sinense 343.
- — undulatum 343.
- Planera acuminata 288. 289.
- Plattieren 513.
- Platycaria strobilacea 285.
- Platycodon grandiflorum
324. - Pochvorrichtung 553.
- Podocarpus macrophylla
257. 276.- — Nageia 216. 257. 276.
- Poliermittel 590.
- Politur 428.
- Polygonum Fagopyrum 64.
- — orientale 88.
- — tinctorium 52. 204.
419.
- Pongee-Seide 244.
- Populus tremula 284.
- Porzellan 542. 543. 547.
549. 551. 559. - Porzellanfarben der Chi-
nesen 550. - Porzellanmassen 580.
- — -öfen 556. 547.
- — -stein 370. 547. 567.
578.
- Portulacca oleracea 83.
- Prunus armeniaca 101.
- — insititia 101.
- — japonica 101.
- — mume 102. 211. 294.
319. - — pseudo-cerasus 297.
490. - — subhirtella 320.
- — tomentosa 102.
- Pteris aquilina 80. 90.
- Pterocarpus indicus 298.
- — marsupium 298.
- — santalinus 298.
- Pterocarya rhoifolia 285.
- Pueraria Thunbergiana 75.
199. 217. - Punica granatum 106.
- Puppen 558.
- Pyrethrum indicum 324.
- Pythagorasbohnen 323.
- Pyrus aucuparia 297.
- — Cydonia 99.
- — japonica 331. 334.
- — malus 99.
- — sambucifolia 297.
- — sinensis 99.
- Quarz 547. 571.
- Quercus acuta 92. 287.
- — crispula 286.
- — cuspidata 92. 110. 269.
287. - — dentata 211. 212. 255.
287. - — glandulifera 287. 556.
- — glauca 287.
- — serrata 211. 246. 255.
287.
- Quitte 99.
- Quittenstrauch, japani-
scher, 334. - Raised Lacquer 445.
- Ramie 197.
- Raphanus sativus 82.
- Raphis flabelliformis 311.
- Rapsöl 178.
- Ratte 218.
- Räuchergefäss 530. 558.
- Rauchtopas 507.
- Rechen 36.
- Reff 37.
- Regeln für’s Lackieren 422.
- — für die Goldlackar-
beiten 435.
- — für die Goldlackar-
- Regenmäntel 493. 494.
- Regenschirm 494.
- Reis 5. 42. 43. 54.
- — -Analysen 56. 57.
- — -ausfuhr 634.
- — -bier 112.
- — -distrikte 55.
- — -ernte 52—54.
- Reisferment 113.
- — -kleister 216.
- — -körner 54.
- — -land 11. 43.
- — -pflanze 5. 42. 43.
- — -stroh 34. 201. 202.
- Reiterstatue von Kato
Kiyomasa 565. - Retinispora 255. 276—278.
421. - Rettig 81.
- Rhabarber 88. 159.
- Rheea-Faser 197.
- Rheum 88. 159.
- Rhododendron Metterni-
chii 294. 298. - Rhus Osbeckii 212.
- — semialata 211. 212. 331.
- — succedanea 189. 299.
- — vernicifera 186. 299.
- Ricinus communis 159. 184.
- — -öl 184.
- — -spinner 244.
- Ries 478.
- Rindenschäler 406.
- — -seide 241.
- Rindvieh 217.
- Rispenhirse 37. 42. 59.
- Ritzmesscr 406.
- Roggen 58.
- Rohlack 407. 410.
- —, Bestandtheile des —
410. 411.
- —, Bestandtheile des —
- Rohmaterialien für Papier
468—478. - Rohseide 455.
- Rosa Banksia 344.
- — rugosa 109.
- Rosaceen 297.
- Rose, japanische 332.
- Röstofen 351.
- Rotanggeflecht 204.
- Rothe Rübe 88.
- Rubia cordifolia 209.
- — chinensis 209.
- Rücken eines Schwertes
515. - Rüstung 517.
- Rutaceen 303.
- Saflor 208. 214. 215.
- Sagittaria sagittaefolia L.
75. - Sakebereitung 113.
- Salepschleim 588.
- Salicineen 284.
- Salisburia adianthifolia 52.
111. 269. 275. 331. - Salix Babylonica 284.
- — japonica 284.
- Salz 368. 369.
- — -küste 11.
- Samen 228.
- Sammet 450. 462.
- Sandelholz 298.
- — -lack 430.
- Santalinum album 616.
- Sapindaceen 300.
- Sapindus chinensis 300.
- — Mukuroshi 300.
- Sapium sebiferum 291.
- Sardine 194.
- Satin 454.
- Satsuma-Faience 565—568.
- — -Steingut 565—568.
- Saturnia Arindia 244.
- — Cynthia 244.
- — Mylitta 244.
- Saxifraga cortusaefolia
314. - Scapharca inflata 635.
- Schablone 443.
- Schälen des Reis 53.
- Schafe 217.
- Schale 558.
- Schalenfrüchte 109.
- Schappe 455.
- Scheere 420.
- Schellfisch 635.
- Scherben 540.
- Schiebefenster 395.
- Schiefer 372. 499.
- Schildkröte 380.
- Schildpatt 422. 503.
- — -arbeiten 503.
- Schirmtanne 255. 257.
- Schlaffsucht 236.
- Schlagen 511.
- Schlämmen 554.
- Schmelz 582.
- Schmelzherd 351.
- Schmetterling 234.
- Schmucksachen, metallene
535. - Schneeschutz 256.
- Schöpfnetz 477.
- Schornstein 350.
- Schreibzeug 496. 521.
- Schubkarren 37.
- Schüssel 558. 563.
- Schwarzer Lack 417. 418.
- Schwefel 367. 522.
- Schwein 218.
- Schwert 514—516.
- — -bohne 71.
- — -griff 515.
- — -scheide 432. 444.
515. 516.
- Sciadopitys verticillata
257. 269. 283—284. 316. - Scirpus maritimus 202.
- Scrophularineen 292.
- Sculptur 512.
- Scutellaria macrantha 159.
- Secale cereale 58.
- Sedum Sieboldi 324.
- Seegurke 634.
- Seeohr 29. 505. 635.
- Seesalzgewinnung 368.
369. - Seger-Porzellan 544.
- Seide 227. 240. 633.
- Seidenabfälle 455.
- — -distrikte 241.
- — -Eier 241.
- — -färberei 215.
- — -flor 455.
- — -gewebe 452. 458.
- — -industrie 450—463.
- — -Krankheit 236.
- — -raupe 218. 220. 228.
- — -spinnerei 455.
- — -watte 241.
- — -weber - Genossen-
schaften 454. - — -zucht 219.
- Sellerie 85.
- Senf 82. 178.
- Senföl 178.
- Sesamöl 181.
- Sesamum indicum 181.
- — orientale 181.
- Setzling 256.
- Shanghai 630.
- Sharks’ fins 635.
- Shizophragma hydrange-
oides 344. - Shrimps 635.
- Sichel 37.
- Sieben Herbstpflanzen 324.
- Sieben Kostbarkeiten 506.
- Silber 256. 506.
- — -erze 256.
- — -folie 460.
- — -grund 438. 441.
- — -staub 419. 435. 436.
- Silicat-Porzellane 548.
- Silkworm-gut 232. 250.
- Simarubeen 303.
- Sinapis 82.
- Smalte 593.
- Smaltum 582.
- Smaragd 506.
- Soja hispida Mich. 65. 123.
- Sojabohne, blaugrüne 68.
- — -braune 68.
- — -schwarze 68.
- — -weisse 67.
- Solanum melongena 86.
- — tuberosum 77.
- Solfatare 370.
- Sonnengöttin 5.
- Sonnenschirm 494.
- Sophora japonica 297. 331.
- Sorghum vulgare Pers. 43.
59. - Spätreis 54.
- Spatel 406. 420.
- Spaten 36.
- Speckstein 508.
- Spiegel 530. 533.
- Spielwaaren 400.
- Spiessglanz 362.
- Spinacea inermis Moench
88. - Spiraea Thunbergi 312.
- Square Bamboo 271.
- Stachyurus praecox 306.
- Stärkekleister 216.
- Stärkeliefernde Knollen 74.
- Stampftrog 38.
- Stanniol 460.
- Statistik über geistige Ge-
tränke 120. - Statuenporzellan 543.
- Staubsiebe 421.
- Stechmeissel 406.
- Stein 370.
- Steingut 541. 547. 559. 568.
- Steinkohle 362—367.
- Steinobst 101.
- Steinzeug 542. 559. 577.
- Sterculia platanifolia 304.
- Sterculiaceen 304.
- Stichblatt 515. 516.
- Stichel 510.
- Stickerei 462.
- Stillingia sebifera 291.
- Stollen 350.
- Streichkamm 37.
- Strich 600.
- Strohmosaik 399.
- Stuartia monadelpha 259.
306. - Stück 600.
- Stück, ein -Gewebe 456.
457. - Styraceen 293.
- Styrax crataegoides 294.
- — japonicum 294.
- — lancifolia 294.
- — Obassia 294.
- Sumach 186.
- — -gallen 212.
- — -lack 405.
- — -talg 189.
- Sus leucomystax 218.
- Symplocos lancifolia 294.
- Tabak 154.
- Tael 601.
- Taffet 457.
- Tag- und Nachtgleiche 471.
- Talgbaum 189.
- Tannen 263. 279—281.
- Tapa 465. 468.
- Tapes Philippinarum 635.
- Tauschierarbeit, erhabene
und flache 512.- — auf Eisen 518.
- Tauschieren 512.
- Taxaceae 275.
- Taxus cuspidata 255. 275.
- Teller 558.
- Tempelglocken 521.
- Ternstroemia japonica 305.
399. - Ternstroemiaceen 304.
- Terracotten 541.
- Tetranthera japonica 292.
- Textilindustrie 449—463.
- — -pflanzen 194.
- Thao 549.
- Thea assamica 131.
- — Bohea 131.
- — viridis 131.
- Thee 130. 546. 639. Fär-
ben und Parfümieren 145.
Gewinnungsweise 138.
Sorten 141—144. - Theedose 558.
- — -farbe 211.
- — -gesellschaften 141.
545. 546. 572. - — -samenöl 178.
- — -schale 558.
- — -topf 558.
- — -urnen 558. 563. 572.
- Thierkreis 380.
- Thon 540.
- Thon-Porzellane 548.
- — -waaren 540.
- — -waarenindustrie 539
—581. zu Kiôto 568, in
Owari 569.
- Thran 194.
- Thuja orientalis 276.
- Thujopsis dolabrata 257.
276. 421.- — laetevirens 278.
- Til 181.
- Tilia cordata 200. 304.
- — mandschurica 304.
- Tiliaceen 304.
- Timaja 541.
- Tintenfische 635.
- Tischlerei 395—398.
- Töpferthon 370.
- Tomate 86.
- Tomex japonica 292.
- Torreya nucifera 111. 184.
275. - Trame 455.
- Transparentlack 417.
- Trapa bispinosa Roxb. 111.
- Trauerweide 284.
- Treiben 511.
- Trepang 634.
- Trichosanthes 85.
- Triticum 5. 58.
- Triton subcristatus 314.
- Trocknes Land 11. 43.
- Tsien 601.
- Tsugaru-Lack 428. 429.
- Turbo cornutus 505.
- Tusch 497.
- Tuschreibschalen 392. 499.
- Tussah-Seide 244.
- Typha japonica 202.
- Udschifliege 235.
- Udschimya sericaria 235.
- Ulmaceen 288.
- Ulmus campestris 290.
- — montana 199.
- — parvifolia 290.
- Umwandlung der Felder
in Reisland 51. - Untertasse 558.
- Urin 32.
- Urne 558.
- Ursus japonicus 218.
- Urtica nivea 197.
- — Thunbergiana 197.
- Uvaria japonica 309.
- Vaccinium 109.
- Vegetationszonen 262—
264. - Verkehr 596. 649.
- Verkehrsmittel 596—608.
- Verkitten 423.
- Vernis du Japon 188. 303.
- Vertrag von Kanagawa 627.
- Vertragshäfen 627—632.
- Verzwergung 315.
- Viburnum opulus 295.
- Vicia faba 72.
- Viehzucht 216.
- Vigna Catjang 72.
- Vitis vinifera 107.
- Vogel 218.
- Volk 6.
- Wachholder 262. 276.
- Wachs 175.
- — -baum 189.
- Waffenschmiede 514.
- Wagen 37. 217. 603.
- Wakasa-Lack 429. 430.
- Wald auf Yezo 259. Ein-
fluss auf das Klima 264. - Waldvertheilung 251.
- Walfischöl 193.
- Wallnüsse 110. 285.
- Wappenthier 380.
- Wasserbecken 558.
- — -kastanie 110.
- — -melone 84.
- Wedgewood 542.
- Wegmaass 601.
- Weiden 284.
- — -geflecht 204.
- — -röschen 259.
- Weintrauben 107.
- Weiss-Metall-Arbeit 535.
- Weissspinner 227.
- Weizen 5. 42. 58.
- Weizen - Stärke - Kleister
485. - Werkzeuge der Lackin-
dustrie 420. 421. - Wetterführung 350.
- Wetzsteine 419.
- Wickstroemia canescens
472. - Wiederherstellung der Mi-
kadoherrschaft 627. - Wildschwein 218.
- Wistaria chinensis 199. 269.
313. 319. 321. 334. 335. - Wohnung eines Adeligen
11. - Wolken 439.
- Wönsan 630.
- Yama-maï-Seide 249.
- Yamswurzel 79.
- Yao 549.
- Yoshino-Papier 422.
- Zahnbürste 421.
- Zange 510.
- Zanthoxylon piperitum
83. 303. 397. - Zea Mais 60. Cultur-
geschichte desselben 60
—64. - Zelkowa Keaki 255. 268.
288. 289. 341. 397. 422. - Zellenschmelz 583. 584.
- Zeugmaass 600.
- Ziegel 541.
- Ziegel- oder Backstein-
thee 147. - Ziegen 217.
- Ziergärten 310. 313.
- Zierpflanzen, jap. in Eu-
ropa 327. - Zingiber officinale 89.
- — Mioga 89.
- Zink 361.
- Zinn 359.
- Zinnober 419.
- — -lack 417. 441.
- Zinnstaub 419.
- Zipangu 610.
- Zizyphus vulgaris 102. 300.
- Zodiacus 380.
- Zoll 600.
- Zoysia pungens 202.
- Zucker 128.
- — -dose 558.
- Zwiebel 90.
- — -gewächse 81. 89.
- Zwirnmaschinen 455.
[[663]]
Appendix B Japanisches Register.
Erläuterungen.
Bei der Schreibweise japanischer Namen bin ich im Allgemeinen der vorherrschen-
den, phonetischen, wie sie das Hepburn’sche Wörterbuch gibt, gefolgt. Hiernach
sind die Vokale rein, wie im Deutschen auszusprechen, ebenso ai. Man spreche
ferner ei fast wie e, ch wie tsch, j wie dsch, s scharf, sh wie sch, ts wie z, z wie
s, y wie j aus. Die aus einer Contraction hervorgegangenen ai, ei und ô sind
lang. Der Betonung wegen wurden viele zusammengesetzte Wörter durch Binde-
striche getrennt, welche oft ohne solche geschrieben werden. Der Accent ruht in
der Regel auf der ersten Silbe, sowohl des Vor- als auch des Nachworts, mit
etwas stärkerer Betonung der ersten volltonigen Silbe. Der oft sie verbindende
Partikel »no« ist halbtonig. Abweichungen in der Betonung sind durch den acutus
bezeichnet. Man lese also Ho-no-ki wie Hónokí, Tsubáki-no-abura wie Tsubáki-
noábura, Hasu-no-hana wie Hásunohánna, Níkkei wie Níkké, Mei-butsu wie Mébútsu.
- Abu 420.
- Abura 176—194.
- — -giri 183. 290.
- — -kami 183. 493.
- — -kasu 33. 34.
- — -na 178.
- — -no-ki 183. 290.
- Áburáto 364.
- Adzuki 70. 127.
- Ai 204.
- — -dzame 432.
- Aidzu 405.
- — -rô 188.
- — -rô-soku 188.
- — -táira 55. 202. 573.
- Ai-táma 206.
- Ajisai 336.
- Aka, roth 215. 295.
- Ákádami 365.
- Aka-fun 436.
- — -gane 357. 422. 596.
- Aka-gashi 287.
- — -mame 68.
- — -matsu (86) 257. 281.
- — -megáshi 343.
- — -momo 109.
- Akana 209.
- Aka-nasu 86.
- Akásaka 372.
- Aka-shisó 209.
- — -tamo 290.
- Akébi 107.
- Akíndo 6.
- Aki-nire 290.
- — -no-gi 474.
- — -no-nana-kusa 324.
- Akita 55.
- Aku 206. 569.
- Akune 369.
- Amábata-ishi 372. 499.
507. - Amái, Süsses 121.
- Amákusa (spr. Amáksa)
370. 564.- — -ishi 370. 564—565.
572. 578.
- — -ishi 370. 564—565.
- Amaterásu 5.
- Ame 121.
- — -no-mochi 127.
- Amérika bôfu 85.
- Ami 230.
- Amida 532.
- Andzu 101.
- Ani 356.
- Aó-gai 405. 419. 433.
- — -gai-Magai 505.
- — gai-nuri 432.
- — gai-shi 402. 405.
- — gai-togidáshi 432.
- — -gai-záiku 433. 504.
506. - — -giri 304.
- — -gosu 593.
- Aó-ki 337—339.
- — -kuba 337.
- — -mame 65.
- Arakáwa 358.
- Arame 95.
- Ararági 275.
- Aríta 559—564. 580.
- Aríta-ishi 370. 560.
- Asa 88. 194—195.
- Asa-gozen 54.
- — -ki 258.
- Asákusa-nori 96.
- Asa-no-abura 184.
- — -no-mi 88.
- Asari 6.
- Ashio 358.
- At 199.
- Asu-gami 481. 484.
- Awa 43. 59. 121.
- Awabi 505. 635.
- Awáji 542.
- — yaki 566. 568.
- Awata-shippô 590.
- — -yaki 542. 551. 566.
568. 591.
- — -yaki 542. 551. 566.
- Awo, hellblau, auch grün
595.- — -uri 84.
- — -urúshi 418.
- Ayame 322.
- Aya-níshiki 460.
- Azatsuki 90.
- Azi-máme 72.
- Bai 102. 297.
- Bakufu (spr.: Bákfu) 604.
605. - Banko Kichibei 577.
- — -yaki 541. 543. 551.
565. 576.
- — -yaki 541. 543. 551.
- Ban-seki 370.
- — -shi 483.
- Bashô 198.
- — -fu 198. 449.
- Békkô 422. 503.
- — -zaiku 503.
- Beni 208. 419.
- — -biyákushiu 276.
- Beni-gara 360. 417. 419.
563. 593.- — -kadzura 209.
- — -no-hana 208.
- Beshi 358.
- Binán-katsura 309. 475.
- Bíngo-omóte 201.
- Birôdo 462.
- — -sha 454.
- Biwa 97. 100.
- Biyáku-gu 588.
- Biyákushi 159.
- Bobura 83.
- Bodáijiu 300. 304.
- Boke 334.
- Botánkiô 101.
- Botán-na 82.
- Bu 598.
- Budo 107.
- — -nedzumi 211.
- Bukku-yusu 305.
- Buna 288. 422.
- — -no-abura 176. 185.
- Bun-kiju-sen 598.
- Bun-kiyóku 352.
- Bushin-kan 106.
- Buta 218.
- Butan 159. 321. 336.
- Cha (tscha), 130. 306. 546.
- — -bin 558.
- — -dashi 558.
- — -ire 558.
- — -iro, braun 211. 595.
- — -no-abura 178.
- — -no-ki 306.
- — -no-yu 141. 545. 546.
572.
- Champágiku 337.
- Cha-suishô 507.
- — tsubo 558.
- — -wan 558.
- Chián-chim 302.
- Chide 297.
- Chijími 449.
- Chi-kaya 203.
- Chimpi 88.
- Chiri-gami 469. 481.
- Chirímén 456. 458.
- Chirimén-gami 486.
- — -sha 454.
- Chisa 86.
- Chishá-no-ki 294.
- Chiú, zwischen 418.
- — -hana 418.
- Chô 600.
- Chôchin 494.
- Chôchô 234.
- Chôdzu-ba 31.
- Chô-gin 598.
- Choku 558.
- Chôsen-matsu 283.
- Dáibén 32.
- Dai-Butsu 530—532.
- Dáidái 105.
- Daidzu 5. 65.
- Daikon 81. 82.
- Daiô 88. 159.
- Daki 116.
- Daimiô-jisô 314.
- Damo 290.
- Date-ishi 372.
- Degara 241.
- Dô 357. 521. 602.
- Do-bín 558.
- Dobín-shi 306.
- Dôdan 320. 325.
- Dokúye 183. 290.
- — -no-abura 183. 498.
- Domburi 558. 563.
- Donsu-obi 459.
- Dorófu 284.
- Dô-san 358.
- — -sei 593.
- Doyô 417.
- Dzudzu-dama 43. 60.
- Dzumi 211.
- Echigo 55. 59. 431.
- — Jôfu 449.
- — Jôfu Chijimi 449.
- Echizen 405.
- Endo-mame 72.
- E-no-abura 411.
- Fu 127. 492. 495.
- Fude 420. 497.
- Fude-tate 421.
- Fuki-doko 351.
- Fuji 199. 26319. 321.
334.- — -bakama 324.
- — -mame 72.
- — -no-yama 17.
- — -nuno 199.
- — -san 17.
- Fukáno-hire 635.
- Fukásawa 367.
- Fuki 85.
- Fuku-sa 461. 463. 493.
- Fukusa-ji 493.
- Fun 601.
- Funái 370. 618. 621.
- Fune 476.
- Fu-nori 96. 216. 400. 458.
- Fuiri-mame 68.
- Fushi 211. 212.
- — -kaiko 236.
- — -no-ki 186. 212. 213.
- Fuyô 324.
- Gama 202.
- — -mushiro 202.
- Gami 464.
- Gampi 472. 476. 479. 481.
485.- — -shi 481. 485.
- Gan-seki 478.
- Geta 292.
- Genziki-mushi 249.
- Gibóshi 314.
- Gin 356. 506. 596.
- — -baku 419.
- — -gami 460.
- — -iro 418.
- — -ji 438. 441.
- — -kise 513.
- Ginkiyo 111. 269. 275.
- Ginko 52.
- Gin-kô-satsu 596.
- Ginnan 111.
- Gin-paku 460.
- — -pun 419. 431. 435.
- — -san-machi 357.
- — -shi 361.
- — -su 597.
- Giôgi-yaki 545.
- Gioko-seki-rui 371.
- Giôto 194. 636.
- Giyáman-ishi 571.
- Giyô-bu-Nashi-ji 441. 446.
- Giyókurô 141.
- Go 601.
- Gobáishi 212.
- Gobô 85.
- Gofun 482.
- Go-ju Sen 596.
- — -koku 5.
- Goma 88.
- — -dake 271.
- — -no-abura 176. 181.
- Go Rin, -Sen, -Yen 596.
- Gorodáyu 562.
- Go-sekku 324.
- — -shin 89.
- Goshin-yu 159.
- Gosu 361. 593.
- Goyô-no-matsu 110. 283.
- Goza 202.
- — -gusa 201. 202.
- Gozen 54.
- Gumi 103. 344.
- Gusóku 517.
- Guwai-sha (spr.: Kaisha)
606. - Guwan-jitsu (spr. Gán-
shitzu) 319. - Guwa-sho-sei 361.
- Hábaki 515.
- Haba-nori 95.
- Habutái-sha 454.
- Habútaye (spr. Habutái)
456. - Hachi 558.
- Ha-chiku 270.
- Háchimán 358.
- Hadáka-mugi 42. 58.
- Hadánkió 101.
- Hagi 217. 299. 324.
- Haguro 213. 418.
- Hakáta 454. 459. 609.
- — -obi 459.
- Haka-shitá 418.
- Háké 420.
- Hák΄ ká 159.
- Hakodáte 627. 634.
- Ha-kombu 634.
- Hakóne 397.
- — -zaiku 397.
- Haku-daidzu 67.
- Hakumai 54.
- Hakuren 320. 323.
- Hama-biwa 292.
- Hamáguri 635.
- Hama-nashi 109.
- — -nata-mame 71.
- Hamda 356.
- Hana-ichi 318.
- — -ike 530. 558.
- — -konjiyô 593.
- — -no-ki 341.
- — -shôbu 322.
- Han-chiku 271.
- — -kire 480. 481. 483.
- — -kiri 116.
- — -no-ki 211. 285.
- — -seki 370.
- — -shi 480. 481. 483.
- Hara 11. 19. 85. 252.
- Háratóku 291.
- Hari-giri 295.
- — -no-ki 211. 285. 397.
- — -nuki 485.
- Haru 320.
- — -ko 227.
- — -nire 290.
- Hasami 420.
- Háshibámi 110. 285.
- Hasu 74. 111. 322.
- — -imo 79.
- — -no-hana 322.
- — -no-ike 322.
- — -no-mi 111. 322.
- Hata 11. 43. 252. 397.
455. - Hatsu-take 93.
- Hayá-gawa 355.
- Hayáshi 250.
- Haze 299.
- — -no-ki 189. 299.
- Heinin 6.
- Hera 420.
- Hiba 211. 257. 276. 277.
421. - Hibáchi 530.
- Hibi-de 566.
- — -yaki 566.
- Hichima 84.
- Hidesáto 533.
- Hidetáda 619.
- Higan 471.
- — -sakura 320.
- Higasa 494.
- Higáshidôri 563.
- Higáshi Hon-gwan-ji 502.
- Higo 55.
- Hiki 600.
- — -cha 141.
- Hi-komi 424.
- Hikui-kabu 226.
- Himáshi 159. 184.
- — -no-abura 184.
- Hime-bishi 111.
- Hi-no-ki 5. 255. 257. 259.
276—278. 326. 421.- — -no-maru 606.
- Hino-oka 594.
- Hiógo 630.
- Hirado 616. 619.
- Hirági 293. 325.
- Hira-makiye 436. 445.
- — -mame 72.
- Hirame-fude 421.
- Hira-take 93.
- Hiráta-yuri 80.
- Hiráto Hikóshiro 586.
- Hira-Zogan 513.
- Hírosáki 428.
- Hiru-gozen 54.
- Hishi 111.
- Hitomáro 501.
- Hitsúji 217.
- Hitsuji-gusa 82.
- Hiúga 55.
- Hiyáku-me 601.
- Hiyákushô 6. 32.
- Hiya-meshi 54.
- Hiye 43. 59.
- Hiyótan 84.
- Hizen 559. 563. 580.
- Hô 380.
- Ho-chiku 271.
- Hôchô 406. 420.
- Hodo 75.
- — -imo 75.
- Hôdzuki 86.
- Hôgu 473.
- — -gami 473.
- Home-nori 96.
- Hondawára 94.
- Hondo 17. 55.
- Hongo 559. 573.
- — -yaki 573.
- Hon-kin-gami 460.
- Hô-no-ishi 419.
- Ho-no-ki 216. 307. 308.
341. 421.- — -no-ki-sumi 419.
- Hôno-sumi 419.
- Honshiki 364.
- Honshiu 17. 55.
- Horai-yuri 80.
- Hôrensô 88.
- Hori-age 512.
- — -kiri 322.
- Horimono 512.
- Horimono-shi 512.
- — zaiku 512.
- Hórutóso 184.
- Horu 512.
- Horúmui 364.
- Hôsha 589. 594.
- Hoshi-Awabi 645.
- — -ebi 635.
- — -gai-rui 635.
- Hoshii 236.
- Hôshô 481. 484.
- Hosokawa 485.
- Hôwô 380. 381.
- I201.
- Ibota 293.
- — -rô 193.
- Ibuki 276.
- Ibusúki 567.
- Ichibi 199.
- Ichi-bu 598.
- Ichigo 108.
- Ichii 255.
- Ichinókura 572.
- Ichinowatári 359.
- Ichió 111. 269.
- Ichijiku 106.
- Ichi Rin 596.
- Ichirín-sha 37.
- Ichi Sen 596.
- — Yen 596.
- Icho 52.
- Idzumi-yama 563.
- Igáno-mura 569.
- Iguchi-yama 564.
- I-gusa 201.
- Ika 635.
- — -surume 635.
- Ikkámbari 422.
- Ikono-shiba 294.
- Ikuno 356.
- Ikunóbei 608.
- Imári 559.
- Imbei-yaki 543. 577.
- Imo 74. 78.
- Imori 314.
- In 508.
- Ine 42. 43.
- — -kogi 37.
- — -(Inû-)kusu 291. 292.
- Ingen-mame 71.
- Ingiô 508.
- Innái 357.
- In-ro 535.
- — -seki 508.
- Inu, Hund 218.
- — -gaya 275.
- — -gaya-no-abura 184.
- — -kaya 184.
- — -maki 276.
- — -tsuge 301.
- Inuyama-yaki 571.
- Ira-momi 280.
- Iriko 634.
- — -tsuke 513. 523.
- Iru 511.
- Isaza 33.
- Ise 55.
- — -na 82.
- Ishi, Stein 370.
- — -bai 35. 371.
- — -dzumi 362.
- Ishikári 364.
- Ishi-yaki 540. 551.
- Ishiyama 371.
- I΄-shû 598.
- Isora-mume 102.
- Isu 296. 399.
- — -bai 267. 296. 556.
- — -no-ki 296.
- Ítadóri 337.
- Ítadzúri 259. 275.
- Ita-gin 598.
- Itame-gami 485.
- I΄tán 456.
- Itáya 300.
- Ito, Faden 240.
- Iwa-haze 109.
- Iwáki-taira 55.
- Iwa-momo 109.
- Iwanái 368. 371.
- Iwa-nashi 109.
- Iwáshi 33. 194.
- Iwá-shiba 202.
- Iwáshiro 241.
- Iwá-yanagi 312.
- Iwô 367. 522.
- Iyémitsu 621.
- Iyéyasu 613—615.
- Iyo 362.
- — -masa 481. 484.
- — -shiróme-ko 362.
- Jagátara-imo 77. 78.
- Jidzuki 481. 484. 491.
- Ji-gátame 425.
- Jigóku 370.
- Jín-dái-bóku 310.
- — -dái-súgi 279.
- Ji-nén-han 370.
- Jinén-jo 79.
- Ji-no-ko-ishi 419.
- Jin-ríki-sha (spr. Tsin-
ríkscha) 603. - Jô 478. 600.
- — -ban 420.
- — -chiú-hana 418.
- Jôfu 195.
- Jô-hana 418.
- — -tame 417.
- Ju 596.
- — -me 601.
- Jû-mon-ji 484. 491.
- Junsai 82.
- Juráku-yaki 546.
- Ka 33.
- Kaba 285.
- Kabe-habutai 456.
- Kabócha 83.
- Kabu 82.
- Kabura 82.
- Kabuto 517.
- Kachi-ki 212.
- Kaga 59. 574.
- — mi 530. 533.
- — -yaki 575.
- Kago 468.
- Kagóshima 15. 559. 565.
- Kai 355.
- Kaibashi-rei 635.
- Kaide 355.
- Kaiko 228.
- Kai-san-rui 634.
- — -sô 95.
- Kaitakushi 20. 21.
- Kaji 468.
- — -no-ki 468.
- Kaki 97. 103. 104. 299.
311. 316. 397.- — -no-shibu 213.
- — -gama 406.
- Kaku-dake 271.
- Kakuso 419.
- Kama 37. 519.
- Kamaishi 359.
- Kamba 285.
- Kame 380.
- Kami, Papier 419. 464.
- — -is-soku 478.
- — -kawa 183. 422. 490.
- — -kise 424.
- — -no-ki 474.
- Kamioka 356.
- Kamoashi 59.
- Kamo-gata 577.
- — -mata-kibi 43. 59.
- Kamuri 444.
- Kanabi-kiyo 199.
- Kana-darai 521.
- — -dzuchi 510.
- Kánágawa 627—628.
- Kana-hibashi 510.
- — -mono 509.
- — -shiki 510.
- — -toko 510.
- Kánazáwa 16. 369. 559.
- Kan-chiku 270.
- Kane 213. 509. 532. 596.
- — -dzaiku 509.
- — -matsu 284.
- — -shaku 600.
- Kanoko 458.
- — -sha 454.
- — -sha-chirimen 458.
- — -shibori 458.
- Kanten 96. 128. 634.
- Kanzashi 503.
- Kappa-na 82.
- Kara, China
- — -kami 486.
- — -kane 525. 597. 598.
- — -kasa 494.
- — -kaya 324.
- — -kusa 378. 439.
- — -matsu 255. 283.
- — -mushi 197. 449.
- — -sao 37.
- Karáshi-no-abura 176.
- Karásuki 36.
- Karásu-mugi 58.
- — -uri 85.
- Karatâchi 303. 312.
- Karátzu 366.
- Káriyásu 211. 522. 523.
528. 535. - Kasa 204.
- Kaséda 567. 578.
- — -ishi 567.
- Kashi 92. 286.
- Kashira 515.
- Kashiwa 92. 211. 255. 286.
- Kasutéra 41. 42.
- Kata 215. 443. 486. 576.
- Katá-ji 424.
- Katana 515.
- — -kaji 514.
- Kato-Shirosáyemon 572.
- Katsu -daidzu 68.
- Katsumi 95.
- Katsura 309. 341.
- Katzuki 365.
- Kawa 211. 212.
- Kawabáta 397.
- Kawahára-ya 577.
- Kawa-hóne 82.
- — -múki 406.
- Kawára 541.
- Kawaráke 541.
- Kawa-yuri 80.
- Kaya 111. 184—186. 203.
275. - Kayama 572. 573.
- Kaya-no-abura 176. 184.
- Kayanóma 364.
- Káyedé 300.
- Ké-bo 421.
- Kek΄kai 96.
- Kempo-nashi 102. 300.
- Kemuri-dashi 350.
- Ken 514. 600.
- Kenzan-yaki 568.
- Kesa-bako 444.
- Keshi 82. 88.
- — -ko 435.
- Keyaki (Keaki) 255. 268.
288. 341. 397. 421. - Ki, Baum, Holz, Wald,
meist als Affix. - Ki, Schildkröte 380. 381.
- Kibi 42. 43. 59.
- Kibísho 558.
- Ki-gami 475. 478. 480.
- — -gata 490.
- — -gatame 424.
- — -iro, gelb 210. 595.
- — -ito 455.
- — -karásu-uri 85.
- Kikiyô 324.
- Kiku 325.
- Kikubába-dokoro 79.
- Kiku-jisa 86.
- Kiku-no-hana 324. 325.
441. 556.- — -no-hanamon 325.
- — -no-sekku 324.
- Kikuráge 93.
- Ki-lin 381.
- Kimpu-zan 372. 507.
- Kin 355. 506. 596. 601.
- Kin-baku 419.
- — -gami 460.
- Kingiré 459.
- Kin-iro 418.
- — -ji 438. 441.
- — -ka 597.
- Kínkán 105.
- Kin-kise 513.
- Kinko 227.
- Ki-no-horimono 501.
- Kinóko 91.
- Kin-pun 435.
- — -ran-sha 454.
- — -satsu 596. 597. 638.
- — -shi 461.
- Kinsu 596.
- Kinu 227. 240. 452.
- — -chijimi 457.
- Kiôto 559. 568. 615. 629.
- Kiri 261. 267. 292. 321.
335. 400. 421.- — -kane 436.
- — -ko 425.
- Ki-rín 380. 381.
- Kiri-no-ki 292.
- Kisami-kombu 634.
- Kiséru 154.
- — -gai 157.
- Kisó-gawa 55.
- Ki-shô-mi 410. 412. 415.
- Kimóno 459. 483.
- Kiuri 84.
- Ki-urúshi 407. 408. 410.
523. - Kiúshiu 55.
- Kiwáda 210. 304.
- Ki-wáta 195.
- Kiwó 419.
- — -urúshi 418.
- Kiyára 623.
- Kiyódô - unyu - guwái - sha
(spr.Kijódoúnju Káischa)
606. - Kiyo-midzu 569. 580.
- Kizo 565.
- ko, klein, 58.
- Koban 419. 535. 536. 599.
- — -shi 480.
- Kôbe 630.
- Kobi-cha 211.
- Kobu-nire 290.
- Kobushi 309. 320.
- Kobushô 352.
- Kôchi 55.
- — -ken 409.
- Kô-dô 525.
- Kôdzu(o) 195. 468. 473. 478.
- Kodzuka 516.
- Kô-gai 516.
- Ko-gane 355.
- Kogá-no-ki 292.
- — -gashi 292.
- Kogáshi 29.
- — -tsuchi 33.
- Kogátana 420. 511.
- Kô-hone 82.
- Kôji 113.
- Koke-momo 109.
- Koku 8. 55.
- Kokúbu 157.
- Koku daidzu 68.
- Koku-motsu 42.
- Ko-kuri 256.
- Kokurui 5.
- Kokusa 59.
- Kokusá-gi 303.
- Kokuso-o-kau 423.
- Koku-tan 294.
- Ko-kuwa 307.
- Koma 400. 556.
- Komádzu 202.
- Komágatake 17.
- Kombu 95. 634.
- Kome 5. 42. 43. 54.
- — -no-ko 312.
- Komo 202.
- Ko-mugi 5. 42. 58.
- — — -no-ko 59.
- Kónán-chiku 271.
- Ko-nara 286.
- Konbu 624.
- Kongô-san 372. 507.
- — -sha 372. 508.
- Kon-jô 593. 595.
- Kónniyáku 79.
- Konóte 276.
- Kori 204.
- Kôri-tôfu 126.
- Ko-rô 530. 558.
- Kosaka 356.
- Kô-sakura 321.
- Koshari 236.
- Kôshiu-no-budo 107.
- Kôshô 88.
- Ko-sugi 481. 484.
- Kotoi 217.
- Ko-ushi 217.
- Kowashi 636.
- Kôya-maki 255. 257. 269.
283. 284. 316. - Kóyanági-obi 459.
- Kôya-san 257.
- Koye 29.
- Kô-yen 310.
- Koyéndóro 85.
- Koye-tori 32.
- — -tsuchi 33.
- Ko-yôji 292.
- Ko-zan-kitóku 352.
- Kôzo 468.
- — -no-ki 468.
- Kuchi-nashi 209. 417.
- Kudzu 75. 199. 217.
- — -ito-tsumugi 455. 458.
- Kugi-nuki 510.
- Kujíra-abura 193.
- — -shaku 600.
- Kumá 218.
- Kumáde 36.
- Kúmamóto 55.
- Kumo 439.
- Kunémbo 105.
- Kunúgi 211. 246. 255. 287.
- — -nara 246. 287.
- Kurátoko 357.
- Kura-yashiki 639.
- Kúrenómo 85.
- Kuri 109. 211. 250. 255. 287.
- Kuriiro-urúshi 418.
- Kuri-no-hai 556.
- Kuro, schwarz, 595.
- Kuróbe-sugi 279.
- Kuro-dake 271. 345.
- — -fun 436.
- — -gaki 294.
- Kúrogáne 359. 514.
- — -modoshi 309.
- Kurógoma 181.
- Kuro-gosu 593.
- Kuróíro 211.
- Kuro-ki 258. 261. 294.
- — -kibi 602.
- Kurómái 54.
- Kurómame 68.
- Kuròmatsu 257. 281.
- Kuróme-úrushí 415.
- Kuro-moji 292.
- Kuro-urúshi 417.
- Kuruma 37. 217. 603.
- Kurúmi 110. 285.
- Kururi 37.
- Kusá (spr. ksa), Kraut,
Gras, 507. - Kusábíra 91.
- Kusá-íri-súishô 507.
- Kusákura 358.
- Kusá-maki 276.
- — -mao 197.
- Kusári-kátabíra 517. 519.
- Kusáwara 324.
- Kushi 37.
- Kusôdzu 367.
- Kusôdzu-no-ábura 367.
- Kusu 291.
- — -no-ki 168—176. 268.
291.
- — -no-ki 168—176. 268.
- Kusúri 556.
- Kutáni-ishi 370. 575. 578.
579.- — -yaki 551. 575.
- Kuwa 36. 106. 225. 288.
472. - Kuwái 75.
- Kuwa-kami 481.
- Kuwána 576. 580.
- Kuwan-me (spr. Kwamme)
601. - Kuwa-no-kawa 472.
- Kuwántô 55.
- Kuwárin 99.
- Kuwáshi 472.
- Kuwáshiíre 558.
- Kuzúmi Mórikáge 574.
- Magai Aógai 433.
- Magowa 37.
- Magusa 216.
- Majumi 301.
- Maki 276. 284.
- Mákiyéshi 402. 434.
- Makkô 307.
- Mákudzuyáki 572.
- Makura-uri 84.
- Mame 64.
- — -gaki 294.
- Manji 379.
- Manshiu-imo 79.
- Man-tse 379.
- — -zaku 102.
- Mao 197.
- Marúmeró 99.
- Masaki 316. 342.
- Masu 635.
- Matáke 270.
- Matátabi 108. 307.
- Matsu 255. 279. 316. 326.
- Matsubágaki 36.
- Matsu-dake 92.
- Matsumoto-Gumi 246.
- Matsu-no-sumínoko 419.
436. - Ma-wata 233. 241.
- Mayu 228.
- Medétai 93.
- Mégané-sasági 72.
- Méibutsu 507. 563.
- Me-matsu 281.
- Men-dori 218.
- Menô 506. 508.
- — -seki 372. 508.
- Menuki 515. 535.
- Menyô 217.
- Meshi 54.
- Me-take 271.
- — -ushi 217.
- Midzu-ame 121.
- — -bachi 558.
- Midzuhikí 478.
- Midzuki 295.
- Midzúme 285.
- — -na 82.
- — -nara 287.
- — -nuki 358.
- Mikáge-ishi 371.
- Mikan 105.
- Miki 112.
- Mimpéi-yaki 569.
- Minébarí 285.
- Mino 55. 202. 203. 494.
- Minógamí 424. 480. 482.
- — -yaki 572.
- Miôban (Miyôban) 370.
- Miôga 89.
- Mirin 119.
- Miru 95.
- Mi-sasági 305.
- Miso 125.
- Mito 372.
- Mitsuba-akébi 107.
- Mitsubishí-guwáisha 606.
- Mitsu-mata 471. 479. 481.
484. - Mitsu-rô 185.
- Mitzú-bachí 218.
- Miyánoshíta 397.
- Míyasáki 15.
- Mo 601.
- Mochi-gome 54. 58. 127.
- — -no-ki 301.
- Modzúku 95.
- Mogami-gami 480. 482.
- Mokkoku 399.
- Mókoko 344.
- Moku-butsu 501.
- — -kenjiu 300.
- Mokume 438.
- Mókuséi 293. 343.
- Moménmono 450.
- Momi 54. 255. 279.
- Momiji 52. 299. 325.
- Momi-kome 577.
- Móminái 54.
- Momo 211. 316. 320.
- Momó-iró 215.
- Momo-no-kawa 211.
- Mon, gemustert 597.
- — -chirimen 457.
- Mongami 55.
- Mon-ginu 455.
- Monme (spr. Momme) 601.
- Mono, die Arbeit 402.
- Mónsha-núri 439.
- Mon-shi 477. 480. 483.
- Mon-Tengu-jô 480. 482.
- Morókoshí 43. 59.
- Môsô 271.
- — -chiku 271.
- Moto 113. 115.
- Moyashi 122.
- Moyó-sha 454.
- Mugi 58.
- — -kogi 37.
- Muke 365.
- Mukôjima 321.
- Muku 289. 473.
- Mukubi 473.
- Mukúge 312.
- Mukuróshi 300.
- Muku-no-ki 289. 473.
- Mume 102. 297. 316. 319.
320.- — -fuji 306.
- Mune 515.
- Murasáki 209. 593.
- — -kusa 209.
- — -suíshô 507.
- Mushiro 202.
- Mutsu 405.
- Na 178.
- Nabéshima 562.
- Nabétané-íshi 370.
- Naga-dokoro 79.
- Nagá-imo 79.
- Nagásakí 15. 630.
- Nagi 276. 316.
- Naí-kokú-tsuún-guwaísha
606. - Naka, zwischen 418.
- Nakade 54.
- Nakakósaka 360.
- Naka-nuri 425.
- — -togi 425. 435.
- Naka-sén-dô 602. 603.
- Nakasô 358.
- Naka-urushi 418.
- Namari 359.
- Namatsu-no-takara 506.
- Nambu 405.
- Namisen 598.
- Nan 291.
- Nana-kamédo 297.
- Nanako 455.
- Nanbán kibi 59. 60. 63.
- Naniwa 609.
- Nánkíng-haze 291.
- Nara 255. 286. 287. 449.
- Nara Jôfu 449.
- — -no-hai 556.
- Narude 212.
- Narumi-shibori 450.
- Nashi 98.
- Nashiji 417. 437. 441.
- Nashíji-tsutsu 421.
- Nasu 81. 86.
- Násubí 86.
- Nátamáme 71.
- Natane 178.
- Natsu-bera 406.
- — -gi-sha 454.
- — -go 227. 235.
- Natsúme 102. 300.
- Natsu-sukushi-yuri 80.
- Naye (spr. naë) 54. 256.
- Nayéshirógawa 565. 567.
- Nebari 474.
- Nedjuko 278.
- Nedzúmi, Ratte, grau,
218. 595. - Nedzúmiiro-fun 436.
- Nedzúmi-mochi 293. 342.
- — -take 92.
- Negi 90.
- — -rui 81. 89.
- Neko, Katze, 218.
- Nemu 298.
- — -no-ki 298.
- Nemúri-no-Neko 502.
- Nemuro 631.
- Nengô 598.
- Neri 474.
- Netzuke 155. 500.
- Ni 596.
- Nibeshi 200.
- Ni-bu 598.
- Niga-uri 84.
- Niigáta 631.
- Ni-ju 596.
- Nikawa 419. 498.
- Níkkéi 88.
- Nikkô 398.
- — -zaiku 398.
- Níngiô 558.
- Nínjín 85. 160—168.
- Nínníku 89.
- Nínseí 568.
- Nínseíyaki 568.
- Nín-sóku 603.
- Ni-ó 501.
- Níppón - Yûsen - guwáisha
606. - Nira 90.
- Nire 290.
- Nishijin 453.
- Nishiki 459.
- Nishin 33. 194.
- Nishi-no-uchi 481. 483.
- Ní-shû 598.
- Niwa 310.
- — -sakura 101. 321.
- Nobiru 15.
- No-gurumi 285.
- Nojiro-Shúnkéi 427.
- Nomi 510.
- Nora-hiye 59.
- — -mame 72.
- Nori 95. 216. 420. 474.
475.- — -gami 475. 478. 480.
- Nóriíre 481.
- Nori-kusa 474.
- — -no-kí 337. 474.
- Noshi 233.
- — -ito 241.
- Nubeshi 474.
- Nui-haku 462.
- — -mono 462.
- Nuka 216.
- Nuki-ito 455.
- Nuno 195. 419.
- — -kise 424.
- — -me-Zogan 513.
- Nuri-mono 402.
- — -mono-shi 402. 426.
- — -shippô 591.
- — -tate 418. 427.
- Nurude 186.
- Nushi-ya 402. 423.
- O, gross, 58.
- Ôarata 367.
- Obaku 210. 304.
- Obama 429.
- Ô-ban 599—600.
- Oba-no-chisa 294.
- Obi 454. 459.
- Obotshi 302.
- O-cha-dzuke 563.
- Ô-doko 351.
- — -fuigo 351.
- — -garashi 82. 178.
- Ogásawárashima 15.
- Ôgi 75. 495.
- Ogiri 350.
- Ogo 96.
- Ôgon 159. 355.
- Ô-guruma 457.
- — -haba 457.
- Ohagúro 211. 213.
- Ô-haku 466.
- Oháshi 359.
- Ohio-no-ki 199. 290.
- Ôhira-tétsu-sán 359.
- Ôji 321.
- Ôjôin-mura 362.
- Okabo 43. 54.
- Ôkasáki-tsuchi 519.
- Oke 117.
- — -gawa 517. 519.
- Oki-mono 535. 558.
- Ô-kinuta-sô 209.
- Oku 54.
- Ô-mame 65.
- O-mamma 54.
- — -matsu 281.
- O Miki 112.
- Omina-meshi 324. 441.
- Omocha 400.
- Omodani 357.
- Ômori 400.
- Omote 465. 478.
- Ô-mugi 5. 42. 58.
- Ô-nara 287.
- On-dori 218.
- Oniki 366.
- Oranda-jisa 86.
- Osárusáwa 358.
- Oshiu-kai-dô 603.
- Ôta 542. 559.
- Ô-tade 88.
- Ôtaka-gami 481. 484. 491.
- Ôta-yaki 567. 572.
- O-ushi 217.
- Owari 55.
- Oya-kata 490.
- Oyáku-yen 158.
- Ôzaka 55. 609. 629.
- Pan 41.
- Porónaí 364.
- Ra-den 506.
- Raiden-giri 293.
- Rakkáshô-no-abúra 180.
- Rakkuwáshô 65.
- Raku 546.
- Rákuyáki 545. 546. 567.
- Rashamén 217.
- Rei-ki 380.
- Réishi 93.
- Réngaséki 541.
- Renge 74. 322.
- Rengijo 320.
- Rénkón 74. 322.
- Rin 380. 596. 601.
- Ringo 99.
- Riú-kiu 76.
- Riúkiu-imo 76.
- Ri-sampeí 563.
- Riyô 380. 381.
- Rô 176—194. 455. 588. 589.
- Rôha 522.
- Rôíro 428.
- — -tsumi 419.
- — -urúshi 418. 592.
- Rokuro 544. 554.
- — -saíku 511.
- Rókushíyô 593.
- Rô-no-ki 189. 299.
- Rôséki 371. 508.
- Ruri 506.
- — -kon 206.
- Sabi 425. 432.
- Sado 355. 356.
- Sagara 367.
- Sagi-ito 240.
- Sáidzuchi 510.
- Sáikachi 298.
- Saiku 402.
- Sáinái 359.
- Saí-yen 310.
- Saji 421.
- Sakai 609.
- Sakáki 257. 305.
- Sakáki-no-hashi 305.
- Sake 56. 112.
- — -dzuki 558.
- Saki-kake 490.
- — -kawa 490.
- Sakura 216. 297. 316. 320
—321. 422. - Same-dzaya 431.
- Sámegáwa-nuri 431.
- Same-no-kawa 432. 588.
- Sanébutó - natsúme 102.
300. - San-dai-ka 55.
- Sánékátsura 309. 475.
- Sangoju 506.
- Sánkáku-hiye 59.
- Sano Nobúteri 592.
- Sanshiô-nayu 103.
- Sanshiu 295.
- — -yu 295.
- Sanshô 83. 88. 303. 397.
- Sanúki 55.
- San-yô-dô 603.
- Sáppóro 15. 20. 631.
- Sara 558. 563.
- Sarai 36.
- Sarasa-ishi 371.
- Saru 218.
- — -name 306.
- — -nashi 108.
- — -no-kóshikáke 93.
- Sárusúberi 259. 267. 306.
- Sasa 271.
- Saságe 72.
- Sasagi 72.
- Sasánkuwá 306. 326.
- Sasánk΄wá-no-abura 178.
- Satô 128.
- Sato-imo 78.
- Satô-kibi 128.
- Satsu 596.
- Sátsúma 542. 565. 567.
- Sátsúma-ímo 75.
- — -yaki 565. 567.
- Sawa-gurumi 285.
- — -mura 399.
- Sawara 257. 276. 277. 421.
- Saya 432. 444. 515. 516.
- — -hana 418.
- Sayá-shi 402.
- Sazaye 505.
- Se 601.
- Séi-shitsu 419. 428.
- Seishu 112.
- Seki 569.
- Seki-ban 372.
- Sékigahára 617.
- Séki-gúsa 202.
- Sékitán 362.
- Seki-yéi 506.
- Sémbéi 127.
- Sen 596.
- Sencha 141.
- Séndái 55.
- Sendai-no-umuregi - záiku
310. - Sendan 302.
- Sengoku-mame 72.
- Senka 481. 484.
- Senkiyu 159.
- Sennári-hôdzúki 86.
- Se-no-ki 295.
- Sen-sei 490.
- Seshime 407. 415. 523.
- Sérigáno 355.
- Seto 361. 551. 559. 569—
571. 580.- — -konjô 361.
- Seto-mono 551. 570.
- Setzu 31.
- Sha 455. 458.
- Shake 635.
- Shaku 359. 600.
- — -dô 525. 535.
- Shákunáge 293.
- Shakunági 398.
- Shákuyáku 159. 336.
- Shaori-sha 454.
- Shari 60.
- — -kaganai 419.
- Shari-Nashíji 419. 433.
- Shi, Papier 464.
- Shiba 202.
- — -ebi 635.
- — -take 92.
- Shibóri 458.
- Shibu 81. 104. 118. 211.
213. 214. 419. 426. 477.- — -gaki 213. 294.
- — -ichi 525. 535.
- Shibuki 209.
- Shi-dako 635.
- Shidáre-yanagi 284.
- Shifu 492.
- — -gami 481. 483. 492.
- Shigáraki 568. 580.
- — -tsuchi 569.
- Shii 110.
- — -noki 92.
- — -no-mi 110.
- — -take 91.
- Shika 218.
- Shiké-ito 241.
- Shikimi 307.
- — -no-kawa 307.
- Shikóku 55.
- Shikon 209.
- Shikótan 271. 296.
- Shi-kusa 197.
- Shima-chirimen 458.
- Shiméshi 93.
- Shime-urushi 407.
- Shimóda 627.
- Shin 89.
- Shináno 58.
- — -gaki 104. 214. 294.
- Shinánogáwa 55.
- Shíná-no-ki 200. 304.
- Shin-ju 506.
- Shí-no-ki 255. 257. 269.
287. - Shin-ro 558.
- Shío, Salz, 368. 417. 419.
- Shío-gama 369.
- Shio-hama 11. 368.
- Shióji 295. 296.
- Shippô 506. 513. 582.
- Shippô-urúshi 587. 591.
- — -yaki 582. 587. 590.
- Shira, weiss
- Shirabe 280.
- Shirá-cha 211.
- Shirága-mushi 249.
- — -nori 96.
- Shirágiri 293.
- Shira-kaba 285.
- — -kamba 285.
- — -kashi 287.
- Shiráki 291. 305.
- Shira-kuchi 307.
- — — -katsura 108.
307.
- — — -katsura 108.
- Shirámo 96.
- Shirá-shibóri 178.
- — -shime 178.
- Shi-réi 380.
- Shiríbeshí 364.
- Shiró, weiss, 200. 275. 345.
594. - Shiró-gane 356.
- Shiro-goma 181.
- Shiro-hana-azimame 72.
- Shiró-káne-dzaiku 535.
- Shiró-ko 227.
- — -mame 67.
- Shirome-ko 362.
- Shiro-móji 292.
- Shiró-no-ki 200.
- — -saiku 201.
- Shiró-sake 119.
- Shiró-tzudzu 291.
- — -tsutá-no-ki 344.
- — -úri 84.
- — -utsugi 337. 474.
- Shishi-biye 59.
- Shiso 88.
- Shisui 568.
- — -Kenzan 568.
- Shitáji 425.
- Shita-mákiye 435.
- Shitán 298.
- — -nuri 430.
- Shitátsuki 558.
- Shiu, Zinnober, 419.
- — -chiu 524.
- Shiû-mukígara 436.
- Shiúsu 558.
- Shiú-urúshi 417.
- Shiwó 368.
- Shiwó-shake 635.
- — -tara 635.
- Shiyún-kei 417. 427.
- Shô 601.
- Shôben 32.
- Shôchû 119.
- Shôfu-nori 485.
- Shôga 88.
- Shôji 278. 395.
- — -gami 481. 484.
- Shókunín 6.
- Shônô 168—176. 419.
- Shô-ro 92.
- Shôyû 123.
- Shû 598.
- Shunkei 417. 427.
- — -yaki 572.
- Shuran 588.
- Shurku 160.
- Shuró 200.
- Shuró-gi 275.
- Shuró-no-ki 275.
- Shusu 454. 455.
- Sikímmi 160.
- Sinshiu 589.
- Soba 43. 64.
- Soku 478.
- Sômen 127.
- Somé-tsuke 551. 570.
- Sone 310.
- Soráchi 364.
- Sorá-máme 72.
- Sotétsu 275. 397.
- Soye 117.
- Su 128.
- Subéri-hiyu 83.
- Sudzu 359.
- Súdzuháku 460.
- Sudzuri 499.
- Suge 202.
- Sugegawa 367.
- Sugi 255. 269. 278.
- Suí-kuwá 84.
- Suíshô 372. 506. 507.
- — -rin 506.
- Suishô-tama 506.
- Sukári 249.
- Suki 36.
- Sukí-gaéshi 473. 481.
- — -urúshi 417.
- Sumi 419. 497.
- — -bike 425.
- — -ire 496.
- Sumómo 101.
- Sumpu 619.
- Sun 600.
- Sunóko 477.
- Surí-hegáshi-nuri 431.
- — -urúshi 428.
- Súruga - banshi 471. 481.
484. - Surume 635.
- Susu 498.
- Súsúki 203. 324.
- Suwô 209. 275.
- Suzu 521.
- Ta 11. 43. 252.
- Tabáko 154.
- Tabu 291.
- — -no-ki 291.
- Tachi-ika 635.
- Tade 88.
- Tadzu 474.
- Ta-funo 291.
- Tagane 510.
- Tai 421.
- Taifûn 13.
- Taí-héishi 478.
- Tai-ki 421.
- Tajima 400.
- Tajimi 572.
- Takagi 227.
- Tákaháma 362. 564.
- Taka-kabu 226.
- — -kibi 59.
- — -makiye 436. 440.
445. - — -na 82. 178.
- Tákenága-gami 481.
- Tákasáki 607.
- Takáshíma 363. 365.
- Tákatómari 365.
- Tákayáma 572.
- Táka zógan 512.
- Take 81. 90. 91. 203. 270.
422. - Tákebéra 420.
- Take-mono 274.
- Takeni-gusa 337.
- Take-no-ki 272.
- — -no-ko 90.
- — -yabu 257.
- Tákidáni 358.
- Tako 635.
- Tama-gusu 291.
- — -ito 233.
- — -mayu 241.
- — -moku 289.
- — -no-keáki 289.
- Tamano-o 324.
- Tamo-Ôsho-gi 474.
- Tampan 522.
- Tamura Gonzáyemón
574. - Tan 456. 457. 600. 601.
- Tane 228. 241.
- — -abúra 178. 420.
- — -gami 228.
- — -kôji 113. 114.
- — -tsubo 558.
- Tanichi-tamo 290.
- Tani-yama 359.
- Tankiri-mame 72.
- Tano-ura 567.
- Taru 408.
- Tatàku 511.
- Tatámi 201. 601.
- Tate 455.
- Tátesáto 358.
- Tatsuno 567.
- Tatsuta-gawa 325.
- — -momiji 325.
- Te-bukuro 406.
- Tebúshiukan 106.
- Temmoki 558.
- Tempô 598.
- Tengu-jô 480. 482.
- Tengusu 232. 250.
- Ténnín 533.
- Tensei 88.
- Teshíma-íshi 371.
- Tenshô Daijin 5.
- Tetsu, Eisen, 286—287.
359. 422. 514. - Tétsubín 517.
- Tetsudô 607—608.
- Tô 101.
- Tobira 343.
- Tochi 211. 300. 341.
- — -no-ki 300.
- Tôfu 126.
- Tôfutsu 368.
- Tôgán 84.
- Tôgarashi 87.
- Tô-goma 184.
- — -gosu 593.
- — -gurumi 285.
- — -guwa 84.
- — -haze 291.
- Tôhi 280.
- To-ishi 419.
- Toiya 629.
- Tôjin-mame 65. 180.
- Tô-kaí-dô 602. 603.
- — -kaki 106.
- Toki 587.
- Tôki-gáisha 567.
- Tô-kibi 60. 63.
- Tô-kínkan 106.
- Tôki-shippô 587. 590.
- Tókkúri 558.
- Toko 201.
- Tókonáme-yáki 571.
- Tokónoma 93.
- Tokoro 418.
- Tokórotén 128.
- — -gusa 96.
- Tô-kuwa 226.
- Tokugáwa Shôgun 56.
- Tómióka 243.
- Tô-morokóshi 43. 60. 63.
- Tomúshiro 204.
- Tô-na 178.
- — -nasu 83.
- Tonébetsu 368.
- Toné-gawa 55.
- Tonériko 293.
- Tónokúchi 574.
- — ishi 574. 578.
- To-no-ko 419.
- Tô-no-tsuchi 419. 594.
- Tora-momi 280.
- Torayô 301.
- Tori 218.
- Tori-kabuto 160.
- Tóri-móchi 301.
- Toróro 474. 482.
- Tô-Rô-seki 508.
- Tosáka-nori 96.
- Tó-sei 343.
- — -sendan 302.
- — -shiro 311. 418. 572.
- Toshíro-yaki 572.
- Toso 119. 202.
- Toso-shu 119.
- Totan 361. 589.
- Tôyu 493.
- Toyósuke (spr. Toyóske)-
yaki 541. 571. - Tsien 601.
- Tsuba 515. 516. 535.
- Tsubáki 179. 268. 305.
326. 331—333. 399.- — -no-abura 178.
- — -no-sumi 419.
- Tsúbó 541. 558. 563. 572.
601. - Tsuchi, Erde, 370. 540.
- — -me 511.
- — -yaki 540. 551.
- Tsudzúre-no-nishiki 461.
- Tsuga 255. 261. 281.
- Tsugáru-nuri 428.
- Tsuga-take 93.
- Tsuge 267. 290. 399.
- Tsui-shiu 441. 442.
- Tsuká 515.
- — -gashira 515.
- Tsuké-mono 81.
- Tsukígome 54.
- Tsumági 455.
- Tsunagi 474.
- Tsunáso 199.
- Tsuno 422. 504.
- — -ban 421.
- — -ko 419.
- Tsúno-máta 96.
- Tsuri-gane 521. 532.
- Tsuru, schlingen.
- Tsurugi 514.
- Tsuru-masaki 344.
- Tsuru-mume-modoki 301.
- Tsuru-réishi 84.
- Tsutá, eine Schlingpflanze
397.- — -no-ki 259. 307. 367.
- Tsútsu-furúi 421.
- Tsútsúji 314. 321.
- Tsusure-sha 454.
- Tsuya-keshi 428.
- Tsúbetági 294.
- Uba-yuri 80.
- Ube 365.
- Uchi-age 511.
- — -dashi 511.
- Uchiwa 495.
- Udo 85.
- Udshi 235.
- Udzu 160.
- Udzura-mame 68.
- Ugo 405.
- Uguisu 320.
- Uíkiyó 159.
- Uji 133. 136. 137. 138.
149. - Ukon 89. 211. 215. 399.
- Uma (M΄ma) 216.
- Umédzu 128. 215.
- Umé-kawa 211.
- Umí-kusá 96.
- Umurégi 310.
- Undon 127.
- Úgnísu (spr. Únguísu) 319.
- Unoke-hake 420.
- Ura 465. 478.
- Uri-no-ki 295.
- — -rui 81.
- Urúshi 402.
- — -kaburé 414.
- — -koshi 482.
- Urúshine 43. 54. 113. 121.
299. - Urúshi-no-ki 186. 299. 404.
- — -saíku 402.
- — -shókunín 406.
- Urúshiya 416.
- Usági, Kaninchen, Hase.
- Usu 38.
- Usude-Torinoko-gami.
- — -yaki 561.
- Usego 481. 485.
- Ushi 217.
- Uwo-no-ábura 636.
- Uye-gomi 310.
- Uyé-ki-bachi 558.
- Uyéno 321.
- Wage-gomi 310.
- Wakame 95.
- Wakása-nuri 429.
- Wákayáma 15.
- Wakegi 90.
- Wákizáshi 515.
- Wan 422. 558.
- Wara 34. 201.
- Warabi 80. 90.
- — -no-ko 80.
- Wára-kíse-záiku 399.
- Wasabi 82.
- Wase 54.
- Wata 195.
- — -no-ábura 179.
- — -no-ki 195.
- Yabu 257. 291.
- Yábuhára 399.
- Yábu-kusu 291.
- — -ran 341.
- Ya-gire 290.
- Yakeru 519.
- Yaki, das Gebrannte, 515.
582.- — -ba 515.
- — -gama 351.
- — -gane 419. 435. 436.
- — -kin 435. 599.
- Yakumi 81.
- Yaku-shi 532.
- — -sugi 279.
- Yama, Berg, 245.
- — -boke 334.
- — -budô 107.
- — -búki 321.
- Yamagano 356.
- Yámahárí-no-ki 285.
- Yáma-ímo 79.
- Yámagáta 405.
- Yamá-giri 183. 290.
- — -gurumi 285.
- Yáma-ko 245.
- Yámamái - món - chírimén
458. - Yámamayu 243. 244. 248.
- Yáma-mómo 209.
- — -narashi 284.
- Yama-nashi 297. 320.
- — -rák ΄kiyó 90.
- — -sakúra 297.
- — -shiba 300.
- Yámashíro-mura 574. 575.
- Yamato 16.
- Yama-tsubáki 331—333.
- — -urúshi 186.
- Yanági 284.
- — -gôri 204.
- — -yôji 421.
- Yano-hiye 341.
- Yasái 81.
- — -móno 81. 310.
- Yashiki 11. 20.
- Yasúri 510.
- Yatáte 496. 521.
- Yatsude 325. 339—340.
- Yátsushíro 565.
- Yattoko 510.
- Yedo 56. 615. 629.
- Yego 294.
- Yegóma - no - abúra 182.
494. - Yeguri 406. 420.
- Yégusúri 361.
- Yehíme ken 409.
- Yen 11. 359. 596.
- Yenbuju 212.
- Yendo 72.
- Yenju 297.
- Ye-no-abúra 182. 417.
- — -no-ki 289.
- Yezo 19.
- Yézo-mátsu 280.
- Yôba 31.
- Yodó-gawa 51.
- Yôgan-gami 491.
- Yo-ji 284.
- Yokka-íchi 576.
- Yokoháma 628.
- Yoko-ito 455.
- Yokósuka 606.
- Yokui-nin 60.
- Yomógi 160.
- Yonézáwa 405.
- Yorói-shi 517.
- Yoshi 203.
- — -dzu 203.
- Yoshini 295.
- Yoshino 405. 406.
- — -gami 422. 480.
- Yu 290.
- Yû-gozen 54.
- Yuki-ôi 256.
- Yúnonái 371.
- Yusu 267. 296. 304. 399.
- Yu-wakáshi 521.
- Yuwô 367.
- Yuyén 498.
- Yûzen-some 461.
- Zabón 105.
- Zai-buri 297.
- Zakuro 106.
- Zeni 597.
- Zôgan 512. 518.
- Zôge 502.
- — -no-hórimóno 502.
- Zokudzui 184.
- Zokudzu-shi 184.
- Zoméki 358.
- Zôzo-ji 532.
[[677]]
Appendix C Verzeichniss der Illustrationen.
Appendix C.1 a. Tafeln.
- zu Seite
- I. Theestrauch, Camellia theifera 131
- II. Seidenspinnerraupen auf Quercus serrata 246
- III. und IV. Werkzeuge zur Lackindustrie 420
- V. Lackmuster. a. Tsugaru-Lack. b. Wakasa-Lack 428
- VI. Lackmuster. a. Kin-ji. b. Nashi-ji. c. Mokume 437
- VII. Lackmuster. Herbstlandschaft bei Mondschein 441
- VIII. Brocatmuster aus Kiôto 458
- IX. Stickereimuster 462
- X. Broussonetia papyrifera. Nach einem japanischen Holzschnitt 470
- XI. Broussonetia papyrifera. Japanischer Holzschnitt auf Bastpapier
derselben 471 - XII. Edgeworthia papyrifera. Japanischer Holzschnitt auf Bastpapier
derselben 471 - XIII. Wickstroemia canescens. Japanischer Holzschnitt auf Bastpapier
derselben 472 - XIV. Japanisches Lederpapier 490
- XV. Vorrichtungen zum Metallguss 511
- XVI. Adler aus Schmiedeeisen von Miyôchin Muneharu 517
- XVII. Tauschierte Vase aus Gusseisen 520
- XVIII. Bronzevase aus Kiôto 530
- XIX. Alte Vase aus Arita-Porzellan 560
- XX. Dose aus altem Arita-Porzellan. Napf aus altem Satsuma-Steingut 563
- XXI. Urne aus Satsuma-Steingut 566
- XXII. Sake-Flasche aus Kaga-Porzellan 576
- XXIII. Banko-yaki von Yokkaichi 576
- XXIV. Kupferner Becher mit Email cloisonné und Malerei 591
Appendix C.2 b. Holzschnitte im Text.
- Fig.
- 1. Japanische Tabakspfeife aus Keaki-Holz 156
- 2—6. Ginseng-Pflanze (Panax Ginseng) in verschiedenen Entwickelungsstadien
162—165 - 7. Wurzel der Ginseng-Pflanze 166
- 8. Apparat zur Kampfergewinnung in Tosa 173
- 9. Oelpresse 177
- Fig. Seite
- 10. und 11. Weibchen und Männchen des Seidenspinners (Antherea Yama-Maï
Guér.-Ménev.) 248 - 12. Wiederholung von Fig. 1396
- 13. Deckel einer mit Tsui-shiu verzierten Dose 442
- 14. Vorrichtung zur Darstellung von Krepp-Papier 487
- 15. Gusseiserner Kessel mit Tauschierarbeit 518
- 16. Kupferne Dose mit Tauschierarbeit 524
- 17. Deckel zur vorigen Dose mit Tauschierung und Ciselierung 524
- 18. Medaillon aus Shiro-kane 535
- 19. Theekanne, graubraunes Steinzeug von Kuwana in Ise 555
- 20. Muffel zum Einbrennen von Schmelzfarben 589
Appendix C.3 c. Kärtchen am Schlusse.
- 1) Verbreitung der Seiden- und Thee-Cultur (zu S. 240 und 153).
- 2) Verbreitung des Talg- und Lackbaumes (zu S. 189 und 186).
- 3) Uebersicht der Montanindustrie (zu S. 353).
Appendix D Berichtigungen.
- S. 91 Z. 13 v. u. lies Matsu-take st. Abatsu-take.
- » 96 » 7 v. u. lies e st. d.
- » 121 » 5 v. u. lies Mochi-gome st. Machi-gome.
- » 153 in der Tabelle lies Tamba für Tanba und Iyo für Igo.
- » 197 Z. 20 v. o. lies Shi-kusa st. Schi-kusa.
- » 257 » 13 v. o. lies Iyeyasu st. Jyeyasu.
- » 321 » 3 v. u. lies Tsutsuji st. Tutsuji.
- » 332 » 1 v. o. lies Lagerström st. Lagertröm.
- » 371 » 1 v. o. lies Pumpelly st. Pumpelli.
- » 403 » 7 v. o. lies Kunst des st. Kunstades.
Appendix E
Druck von Breitkopf \& Härtel in Leipzig.
[]
Appendix F
Appendix G
Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig.
Japan
nach Reisen und Studien im Auftrage der
Königlich Preussischen Regierung dargestellt
von
J. J. Rein,
Professor der Geographie in Marburg.
Erster Band:Natur und Volk des Mikadoreiches.
Mit 5 Lichtdruckbildern, 12 Holzschnitten, 3 lithographischen Tafeln und 2 Karten.
gr. 8. 1881. geh. M 20. —; geb. M 23. —.
Die Amerikanische Nordpol-Expedition
von
Emil Bessels.
Mit zahlreichen Illustrationen in Holzschnitt, Diagrammen und einer Karte in
Farbendruck. gr. 8. 1879. geh. 16 M. geb. 18 M.
Technologische Studien im sächsischen Erzgebirge
von
Hugo Fischer,
Assistent u. Privatdocent f. mechan. Technologie am k. sächs. Polytechnicum u. Sekretär der techn.
Deputation des k. sächs. Ministerium d. Innern.
Mit einem Vorwort
von
Dr. E. Hartig,
Regierungsrath u. Professor am königl. Polytechnicum.
Mit 17 Tafeln in Lichtdruck. 8. 1878. M 6.—.
Die Vegetation der Erde
nach ihrer klimatischen Anordnung.
Ein Abriss der vergleichenden Geographie der Pflanzen
von
A. Grisebach.
Zweite, vermehrte und berichtigte Auflage.
Mit einer Übersichtskarte der Vegetationsgebiete. 2 Bände. Mit Register.
gr. 8. 1884. geh. M 20.—. geb. (Halbfranz.) M 25.—.
Indien
in seiner weltgeschichtlichen Bedeutung.
Vorlesungen gehalten an der Universität Cambridge
von
F. Max Müller.
Vom Verfasser autorisierte Übersetzung
von
C. Cappeller
Professor an der Universität Jena.
8. 1884. geh. M 7. —, geb. M 9. —.
Appendix G.1
Druk von Breitkopf \& Härtel in Leipzig.
[][][]
mann. 1881.
works« und Williams: »The Middle Kingdom« I. 78.
nämlich die Gesammteinnahmen Japans im Ordinarium 73943258 yen. Davon
lieferte die Grundsteuer 43029745 yen und die Steuer auf Sake und verwandte
Genussmittel 16768135 yen (1 yen = 4,3 Mark).
I pag. 12.
zwischen 2½ und 5 Dollars.
lungen der Kaiserl. Japanischen Gesandtschaft in Berlin, sowie des Herrn Re-
gierungsrath Rudolph.
E. Knipping in Tôkio, benutzt.
Inseln. Berlin 1885.
theilung der Kaiserl. Japan. geol. Landesaufnahme. Yokohama 1884.
6000 □ri Weide, 5000 □ri Wald, 9000 □ri Gebirge. Der calturfähige Boden beträgt
hiernach nahezu 25 % des Gesammtareals.
derungen irgendwo begegnet zu sein.
herbage of grass-land. Journ. Roy. Agric. Soc. Vol. XXIV part. I.
cultur. Bonn 1880.
Oec. Univ. Regni Jap.
Culturpflanzen und Hausthiere.
zur Aussaat.
trögen (lusong) ihren Namen.
Reis essen. Williams: The Middle Kingdom I. 772.
in Japan 3—4½ Dollar (12—18 Mk.)
1670, heisst es Seite 457: »Erstlich hat man den Reis, als auch den Türki-
schen Weitzen, den die Indier Mays nennen, und die Portugallier am aller-
ersten aus Westindien, da er überflüssig wächset, auf der Insel des heiligen
Thomas, und von da auf den Goldstrand gebracht, und den Schwartzen mit-
geteilet. Dan vor der Portugallier Zeit war ihnen dieses Gewächse unbekant:
aber itzund wächset es bey ihnen überall in grosser menge. Auch backen sie
Broht darvon, darunter sie zuweilen Hürse, zuweilen keine menge«.
»Synopsis Plantarum Oeconomicarum Universi Regni Japanici« in: Verhandlingen
van het Batavisch Genootschap XII. Bat. 1830.
b) Géogr. bot. raisonnée pag. 942. c) L’origine des plantes cultivées pag. 311—319.
grinantium, in omnibus tabernis venales extant. Thunb., flora japonica pag. 169.
nach England angegeben.
Kaempfer in Amoen. exotic. pag. 838, sowie namentlich eine in der Revue Horti-
cole 1880. pag. 154 et 185.
in verschiedenen Schriften über die Flora des Landes angegeben wird.
in Wien.
lich rund und von der Grösse eines Apfels. Ist diese Angabe richtig, so ergibt
sich, dass die Pflanze eine andere Nymphaeacee sein musste, sicher nicht die hier
in Rede stehende Lotosblume der Monsunländer.
Ito Keiske in Tôkio.
Candolle: Archives des Sciences phys. et nat. Troisiême Période Vol. VII, No. 6
1882 —
1880—84. pag. 223.
besser gedeihe (siehe Rein, Japan I. pag. 93).
Euphrat. Peterm. Mitth. 1865. pg. 53.« heisst es z. B.: »Wir kauften noch einige
Wassermelonen und Patlitdschan (Solanum melongena L.), denn hier waren
ganze Felder damit bebaut.«
der Goshin, welche ich meinem gelehrten Freunde, dem Priester Nanjio Bunyiu,
verdanke, nur theilweise in Einklang zu bringen. Sie folgt hier mit ihren sinico-
japanischen und jap. Namen, letztere in Klammern: Dai-san (Chobiru), Shio-san
(Ninniku), Kôkyo (Aratsuki), Ji-sô (Hitomoji od. Negi), Kaku-sô (Nobiru), Letz-
tere ist All. nipponicum F. \& Sav., eine Art, die übrigens meines Wissens gar
nicht cultiviert wird.
exhibits etc. by K. Nagai and J. Murai.
jap. Arten:
- 1) Kützing in seinem bekannten Werke Species Algarum 1849, gesammelt von
Tilesius, vornehmlich in Nagasaki. - 2) Harvey: Characters of New Algae, chiefly of Japan, collected by Ch. Wright.
Proc. Am. Ac. of Arts \& Sc. Boston 1857. Vol. IV. pg. 327. — 54 Arten.
- 3) G. von Martens: Die Preuss. Exped. nach Ost-Asien. Botan. Theil. Die Tange,
1866. 111 Arten, gesammelt von E. v. Martens. - 4) Suringar: Algae Japonicae Musei Botanici Lugduno-Batavi. Harlem 1874. 34 Sp.
hauptsächlich von Siebold in Nagasaki gesammelt.
gute Abbildung derselben; eine gleich gute lieferte vor wenigen Jahren die Revue
Horticole.
oder nicht vielmehr von China aus sehr frühzeitig hierher verpflanzt wurde und
dann stellenweise verwilderte, obgleich die Verfasser jap. Floren von Kaempfer
und Thunberg an sie als endemisch anführen. Ich selbst habe sie nie anders,
denn angebaut gefunden.
Accl. sér. 2. I. pg. 196 (1864).
tung im Journ. Roy. Geogr. Soc. 1870 »Persimon trees abound«.
haft durch Orangenbäume bei Cordoba erinnert, welche in Folge eines ungewöhn-
lichen Frostes zu Anfang des vorausgegangenen Winters ihre Blätter verloren
hatten, aber noch mit den erfrorenen Früchten beladen waren.
der älteste Name für Sake.
Ostasiens. 6. Heft 1874.
Science department Tôkio. Daigaku 1881.
man die Weizenkörner nur grob zu schroten und die Bohnen nicht zu zerstossen,
sodass eine Diastasbildung eintritt, ähnlich wie bei der Malzbereitung.
Julien, Industries de l’Empire Chinois. Paris 1869.
E. Kaempfer: Amoen. exot. pag. 612.
im Jahre 1780 wurde es zu ₤ 3 verkauft.
Nov. 17. 1877. Rein: Zur Geschichte der Verbreitung des Tabaks und Mais in
Ostasien. Peterm. Mitth. 1878.
wie Opium- oder Hanfrauchen und Betelkauen unbekannt sind.
derselben mit Bemerkungen versehen.
der d. chem. Gesellschaft. 17. Jahrg. pag. 825—833.
wegen berühmt war. Im Jahr 1826 fand ihn v. Siebold noch gesund und reich
belaubt. Der hohle Stamm hatte 16,884 m Umfang.
makognosie des Pflanzenreichs II. Aufl. pag. 148) auch noch des Blumea-Campfers,
der aber für Japan nicht in Betracht kommt.
de Vriese 1856 unter dem Titel: »Mémoire sur le Camphrier de Sumatra et de
Bornéo«.
Wien. Akad. Bd. 80 pag. 197—216.
wiesen, während Näheres über C. theïfera (Thea chinensis Sims.) unter 3a. Thee
zu finden ist.
folgt bei den entsprechenden Abschnitten.
Abrasin (Ricinus arboreus, fol. Alceae) und von Thunberg in Flor. jap. als Dryan-
dra cordata, beschriebene Baum ist unzweifelhaft derselbe. Beide Autoren er-
wähnen auch des Brennöls aus den Samen.
in China die Termiten mit diesem Oel vertreibt und der französische Consul in
Canton es seiner Regierung als Mittel gegen die Reblaus empfahl.
XII. Bd. 2. Heft 1879 unter dem Titel »Ueber den Japantalg« von A. Meyer eine
vortreffliche Abhandlung aus dem pharmaceutischen Institut der Universität Strass-
burg veröffentlicht, zu der ich verschiedene Beiträge liefern konnte, so auch die
Zeichnung der Presse, wie es der Verfasser gewissenhaft erwähnt. Aus derselben
Anstalt erschien dann unter weiterer Anregung des verdienstvollen Leiters Prof.
Flückiger und demselben Titel im 5. Heft des XII. Bandes genannter Zeitschrift,
gewissermaassen als Ergänzung zu jener Abhandlung, eine kleinere Arbeit von
Dr. Buri.
folgt beim Artikel über die Lackindustrie.
Japon« Ailanthus glandulosa Desf.
sind von verschiedener Grösse (8—16 cm Durchmesser, 3—6 cm Dicke) und ¼ bis
1 kg Gewicht.
0,75 kg aus Aidzu, welches in Brunnenwasser von 15° C. sofort untersinkt.
träglich folgende, durch seinen jap. Assistenten gesammelte Notizen über diesen
Gegenstand:
»Ibota-Wachs wird hauptsächlich in den Provinzen Chikuzen, Chikugo und
Buzen der Insel Kiushiu gewonnen und über Ôzaka in den Handel gebracht.
Man schätzt die Gesammtmenge aus jenen drei Provinzen auf nur 2000 kin
(1202 kg.) im Jahr. Der Preis von 100 kin bewegt sich zwischen 50 und 70 yen.
Die Japaner verwenden dieses Fett als Firniss (?) für ihre Möbel.« Eine kleine
Probe des Rohmaterials, welche mir Prof. Fesca sandte, stellt leichte, lockere
Klümpchen von grauweisser Farbe dar, die sich wie Mehl anfühlen.
pan. Vol. II, pg. 129.
1,31 m, während diejenigen von B. utilis Bl. dicht daneben in gleicher Zeit 1,90 m
hoch und entsprechend dicker geworden waren. Erstere wurde unter dem Namen
Chinese oder Whiteleaved nettle schon 1739 in England eingeführt.
»Chaque année on peut faire trois récoltes«, beruht auf Irrthum.
3. Bd. pg. 141.
Betracht, die noch einer genaueren Untersuchung bedürfen.
Memoirs of the Lit. \& Phil. Soc. Manchester Vol. VI (3. Series). pp. 218—234.
Siehe auch Flückiger’s Referat im Botanischen Jahresbericht von Just
VII. 2. pg. 343. 1879.
bleue dans les feuilles du Polygonum tinctorium etc. Comptes Rendus VII pg. 806
—824 (1838).
Mino und zwar am Wege, der von Gifu über Hino (2 ri) und Kuchinashi nach
Atami führt, auf Hügeln, wo man das wildwachsende Vorkommen nicht be-
zweifeln kann.
kognosie des Pflanzenreichs. 2. Aufl. Eine gute Abbildung der Pflanze mit einer
Galle gibt das 2. Heft des achtbändigen japan. Werkes, Ko yeki koku san ko
(Gedanken über die Verbreitung nützlicher Erzeugnisse des Landes) von Ôkura
(Nagatsune) Ôzaka 1844.
Samurai Namen oder Wappen auf dem Rücken und den Aermeln seines Ge-
wandes.
im I. Bande dieses Werkes pg. 199—240.
asien, denn sie lieferte ja den Stoff zu den von griechischen Schriftstellern so viel
gerühmten persischen und medischen Gewändern. Jedoch waren römische Kauf-
leute die ersten Europäer, welche zur Kaiserzeit bis nach Centralasien auf den
sogenannten Seidenstrassen vordrangen, um dem geschätzten Artikel bessere Wege
zu bahnen.
China I. 443 u. Yule: Cathay 159.
Culturpflanzen zuweilen in Zweifel, ob sie nicht eine ursprüngliche Fundstätte
und reine Naturform der Pflanze vor sich haben; wie viel mehr wird sich der
Laie irren. Wenn daher Oppert in seinem Buch über Korea sowohl den Maul-
beerbaum als auch den Theestrauch in diesem Lande wildwachsen lässt, so be-
darf dies noch sehr der Bestätigung von sachkundiger Seite.
pg. 75. 1884.
rence, kennt man im Handel starke Seidenfäden vom Aussehen der Violinsaiten.
Sie werden in China direkt aus den Spinndrüsen ausgewachsener Seidenraupen
dargestellt und seit einiger Zeit bei uns zu chirurgischen Nähten, sonst aber viel
zu Angelschnüren verwendet. (Siehe auch Caligula japonica Butl.)
tini bisher viel gezogen.
Sept. 4. 1884.
pg. 22—24.
Stuttgart 1872.
(Sieben-Inseln) unter 33° 8' N. und 139° 50' O. Auf Karten findet sich oft noch
die alte verkehrte Schreibweise Fatsicio und Fatsi-syo.
Butl. aus Japan, die ich für blosse Spielarten unserer vorliegenden Species halte.
glauca zuweilen verwandt werden.
wie im nächsten Kapitel, namentlich bei Paulownia und Zelkowa zu sehen ist.
feren; Untersuchungen aus dem forstbotanischen Institut zu München. III. 1883.
Akademiker Maximowicz im Jahre 1863 einmal bei Nagasáki in einem so dicht
verwachsenen Hochwalde, dass er ihn für einen Urwald hielt, bis er in der Ter-
rassierung des Bodens erkannte, wie er sich auf einem ehemaligen Felde befand.
Hutungen oder Entziehung der Streudecke kommt nach dem, was früher über
Viehzucht und Dünger gesagt wurde, nicht vor.
1883. pg. 17—45.
Reservoir für das Wasser«, sagt Göppert.
sicht nach dem täuschenden Augenschein annimmt, sondern rufen sie durch Ab-
kühlung der durch und über sie hinwegziehenden Luft hervor.
zeichniss japanischer Nutzhölzer. Seiner Anordnung folgte v. Siebold in der schon
oft citierten Arbeit Synopsis Plantarum Oeconomicarum Universi Regni Japonici.
Batavia 1830, worin er als Ligna maxime quaesita 39 Species anführt. Viel werth-
voller sind folgende Arbeiten über den Gegenstand:
1) Preliminary Catalogue of the Japanese Kinds of Woods, by Dr. Geerts.
Transactions As. Soc. of Japan. Vol. IV, pg. 1—26. — 134 Arten.
2) Experiments upon the Strength of Japanese Woods, by R. H. Smith.
ibid. pg. 27—28.
3) Les Essences forestières du Japon par Dupont. Paris 1879.
4) Nippon Juboku-shi. Abhandlungen von 100 japan. Holzgewächsen mit
Längs- und Querschnitten. Herausgegeben vom geogr. Dept.
für Paulownia 0,329 und für Kashi (Quercus dentata Thunb.) 1,017. Hier liegen
ohne Zweifel Irrthümer vor, denn das Buxbaumholz des südlichen Japan fällt
ebenso durch seine Schwere vor allen andern Hölzern auf, wie Kiri durch seine
Leichtigkeit.
äusserten Wunsche aufs bereitwilligste nach und unterwarf auch mehrere andere,
ihm bezeichnete Bäume im Jahre 1884 einer sorgfältigen Messung.
Bericht über die forstliche Ausstellung in Edinburg im Jahre 1884, dass es nach
japanischen Mittheilungen in der Provinz Kiushiu (wo?) Cryptomerien-Bestände
gebe, von denen einzelne Bäume 27 Fuss Durchmesser hätten. Ich würde hier
sofort eine Verwechselung von Durchmesser mit Umfang annehmen, wenn nicht die
weitere Notiz folgte, dass sie (Morimasa Takei und seine Gefährten) einmal zu 12
in einem hohlen Stamme übernachtet hätten.
und Identificierung mit bekannten indischen Arten schwer. Daher haben die Au-
toren von Werken über die japanische Flora sie entweder ganz übergangen, wie
Franchet und Savatier, oder sich mit der Anführung ihrer japanischen Namen be-
gnügt. Ich habe an der Hand der bekannten Abhandlung von Col. Munro: »A
Monograph of the Bambusaceae« in Transact. Linn. Soc. Vol. XXVI, pg. 1—159
eine Bestimmung versucht und übergebe hier mit aller Reserve das Resultat, in-
dem ich es einem Nachfolger überlassen muss, die schwierige Aufgabe besser zu
lösen und über diese interessante Frage mehr Licht zu verbreiten. —
weiteste Verbreitung gefunden. Erstere wurde 1730 in die Gewächshäuser Eng-
lands eingeführt und war bis zum Jahre 1813 die einzige in denselben vorkom-
mende Art. In Westindien, auf den Mascarenen und anderwärts hat sich die Cul-
tur beider sehr verbreitet.
tiges Bambusrohr), Ciko-chiku und Ho-chiku. (Siehe Th. Dyer: The Square
Bamboo. Nature Vol. 32, pg. 391.)
von wenigen Metern Höhe, hat sich in manchen unserer Bücher wiederholt und
erhalten, obgleich schon längst durch Veitch die Entwickelung zum stattlichen
Baum nachgewiesen worden ist.
pg. 250—251.
rubro plerumque vernice obductos.« Flor. jap. pg. 77.
vortrefflich und bildet einen schönen Baum von fast tropischem Aussehen. F.
Schmidt fand noch schöne hochstämmige Bäume im südlichen Sachalin.
1878 auf der Pariser Ausstellung hatte, befindet sich eine Tafel von Satsuporo
zeichnete, aus der Provinz Musashi. In der grauweissen Farbe stimmen sie über-
ein, doch nicht im Gewicht, indem das Shi-oji schwerer ist, noch in der Struc-
tur. Das von Sapporo stammende Stück ist feinporiger und zeigt bei jedem Jahres-
ring nur eine Reihe deutlicher Frühjahrsporen, während das andere einen ganzen
Gürtel unregelmässig geordneter Poren aufweist.
Tages auf dem Wege von Kamaichi nach Morioka bei dem Orte Yokomachi gegen
100 Bäume.
von ihm sagt: »On le trouve toujours associé au châtaignier (Kuri)«. Ich fand den
Ho im Gegentheil nur selten in Gesellschaft der Kastanie, welche viel bescheidenere
Ansprüche an den Boden, aber höhere an Licht und Wärme macht, sonnige Berg-
abhänge liebt und nicht so hoch emporsteigt, als die Magnolie.
Europa einzuführen, misslangen. Die Samen aller Magnoliaceen keimen auf ihrem
Wege durch die Tropen und kommen dann mit eingetrockneten Keimfäden bei
uns an. Von schlecht verpackten und darum halb verdorrten Bäumchen, die ich
vor 5 Jahren erhielt, konnte im botanischen Garten zu Marburg ein halbes Dutzend
noch gerettet werden. Hiervon ging später ein Exemplar in die Hände des Garten-
inspectors Lauche, ein zweites in diejenigen des Fürsten Troubetzkoi zu Intra und
ein weiteres an den botanischen Garten in Frankfurt über.
spielsweise die zu Uyeno und zu Shiba in Tôkio.
ramu.“ Altjapanische Frühlingslieder übersetzt und erläutert von Dr. R. Lange.
Berlin, Weidmann’sche Buchhandlung 1884.
tigen alten Baumgruppen und geschmackvoll angelegten Fels- und Wasserpartien,
Wegen und Stegen, mit ihren mancherlei fremdartigen Erscheinungen der phantasie-
reichen Beschneidung, Zwerg- und Krüppelbildungen, Steinlaternen und Götzen etc.
sind nach der Restauration vernichtet worden. Am schönsten entwickelt findet man
den japanischen Styl der Landschaftsgärtnerei noch zu Fuki-age, dem kaiserlichen
Garten zu Tôkio.
gezogen, doch nicht um Schatten zu liefern, sondern damit man die hängenden
Blüthentrauben besser beschauen und bewundern könne. (Siehe Tafel S. 486, Bd. I.)
des plantes panachées de blanc et de jaune. C’est la gelée, qui, n’étant pas assez
forte pour détrouire toute végétation des plantes sus-tropicales, change le coloris
de leur feuillage et même de leurs tiges; c’est donc la gelée, qui couvre les
feuilles de flocons d’une neige perpétuelle — qui produit des plantes panachées.«
Sur l’état de l’horticulture au Japon. pg. 2. Leide 1863.
miruamu. R. Lange: Altjapanische Frühlingslieder. Berlin, Weidmann 1884.
die rauhere Zeit des 1. Januar hat dasselbe einen grossen Theil seines früheren
poetischen Reizes verloren.
shiru bekari keru.« Lange: Altjapanische Frühlingslieder pg. 30.
tari keru«. Lange: Altjapanische Frühlingslieder. Berlin 1884.
das Blatt Hasu-no-ha, der Sumpf oder Teich, worin sie wächst, Hasu-no-
ike.
auch die Blüthe der Magnolia Yulan Desf. genannt, und in der That ist die Aehn-
lichkeit gross.
Näheres über dieses Vorkommen zu erfahren. Es ist auf dem Wege von Gatsuke
am jap. Meer nach dem 2 ri 25 chô landeinwärts gelegenen Naka-mura, dessen Um-
gebung sich durch viele Lackbaumpflanzungen auszeichnet. Die zahlreichen Camel-
lienbüsche, von denen viele Anfang November schön gebildete Blüthenknospen
trugen, stachen durch ihre dunkelgrüne Belaubung scharf ab gegen die entblätterten
höheren Sträucher und Bäume, welche sich zwischen ihnen erhoben.
Society XXII. pg. 342 ff.
Frühjahr seinen Besuchern bietet, sucht man in Japan vergeblich.
Farbe der Aeste. Die Benennung Aucuba dürfte als Corruption von Ao-kuba
d. h. »grünes Blatt« abzuleiten sein, ist aber in Japan nicht gebräuchlich. Die
Pflanze bleibt auch in ihrer Heimat stets strauchförmig, so dass die Bezeichnung
Thunbergs als »arbor magna« entschieden falsch ist.
Sr. Excellenz dem Herrn Minister für Land- und Forstwirthschaft abzustatten hatte,
äusserte ich mich in ähnlichem Sinne.
dieser Kwei-hwa der Chinesen zum Parfümieren des Thees Gesagte.
lungen der Ingenieure Bansa, Reh und Vogel wurden namentlich folgende Arbeiten
über den Gegenstand benutzt:
• 1) Brassert: »Das japanische Berggesetz von 1873«. Zeitschrift für Bergrecht.
Bd. XXV (1884) pg. 1 ff. , • 2) Hagmaier: »Reise nach Kosaka und Aufenthalt daselbst«. Mittheil. d. deutsch.
Ges. Ostasiens. Bd. II. pg. 64 ff. , • 3) Netto: »Ueber japanisches Berg- und Hüttenwesen«. Mitth. der deutsch. Ges.
Ostasiens. Bd. II. pg. 367—405. , • 4) Rösing; »Das Silberbergwerk Innai in Japan«. Zeitschr. für Berg-, Hütten-
und Salinenwesen. Bd. XXXII (1884) pg. 126 ff. , • 5) Zappe: »Der Bergbau Japans und seine Haupterzeugnisse«. Zeitschr. für Berg-,
Hütten- und Salinenwesen. Bd. XXVII (1879) pg. 204—220. , • 6) Geological Survey of Hokkaido. Reports by Lyman and by Munroe. , and • 7) Lyman: Geological Surveys of Japan. Reports.
fernt vom Festlande; und zwar ist es eine sehr grosse Insel.
— — — — — — — — — — — — — — — — — — — —
Ich will Euch eine wundervolle Sache vom Palaste des Herrn dieser Insel er-
zählen. Derselbe hat nämlich einen grossen Palast, welcher ganz mit feinem Golde
überdacht ist, wie unsere Kirchen mit Blei, so sehr, dass es kaum möglich ist, seinen
Werth anzugeben. Ueberdies ist das ganze Pflaster des Schlosses und sind alle Fuss-
böden seiner Zimmer ganz aus Gold, in Platten so dick wie Steinplatten, gut zwei
Finger dick, und die Fenster sind auch von Gold, so dass alles in allem der Reich-
thum dieses Palastes alle Grenzen und Vorstellungen übersteigt«. Yule: Marco
Polo Vol. II pg. 235. Es ist bekannt, dass Columbus hoffte, auf seiner ewig denk-
würdigen westlichen Fahrt zu diesen von seinem Landsmann so gepriesenen Schätzen
Chipangu’s zu gelangen.
meisten Erzgruben von den Steinkohlenbergwerken erschwert und vertheuert die
Verhüttung ihrer Producte mehr und mehr; denn da dieselbe aus erwähnten Grün-
den in der Nähe erfolgen muss, als Reductionsmittel aber die Holzkohle dient, so
ist bei der fehlenden Pflege der Hochwald allmählich im weiten Umkreise um die
Grubenfelder verschwunden und man genöthigt, diese Holzkohle aus immer weite-
rem Kreise auf Lastthieren herbeizuschaffen, wie dies bereits Hagmaier in dem
oben citierten Reisebericht hervorhebt.
mit folgenden scharfen, aber wie man mir sagte, ziemlich zutreffenden Worten
Ausdruck: »Der Japaner ist eitel, in hohem Grade der Schmeichelei zugängig,
unstet, neuerungssüchtig. Im Bergbau werden die unglücklichsten Versuche ge-
macht. Mancher fremde Berather gab Unsinn an aus Unverstand; mancher andere
schmeichelte der kindischen Eitelkeit, um seine Taschen zu füllen, und fand bereite
Helfershelfer, denn auch darin hat der feinere Gauner Spürsinn und Blick, welche
dem ehrlichen Manne fehlen«.
Bergingenieur Kurimoto im Oberbergamte, der einen Theil seiner Ausbildung auf der
Bergakademie zu Freiberg erhielt.
den billigen Preis von 75000 yen an einen Privatmann in Tôkio verkauft, ebenso
das grosse Kupferwerk Ani für den doppelten Betrag.
von Eisen und Kohle, als Reductionsmitteln, statt. Siehe Pumpelly: Across Ame-
rica and Asia pg. 147.
auch auf die Production und Rentabilität japanischer Kupferminen nicht ohne
Einfluss geblieben.
Ganju-san vielen mit solchem Kupfer beladenen Pferden und Ochsen und hörte
dann am folgenden Tage, dass abermals 39 Pferdelasten davon zur Verschiffung
angekommen seien.
»Kieselgeröll von Go« (der Provinz Kiangsu, worin Nanking gelegen) bedeutet. Wir
sind wohl berechtigt, daraus den Schluss zu ziehen, dass auch in China Erdkobalt in
eine Mächtigkeit von 16—20 cm.
der Keramik lieferte. Diese so beliebte Farbe ist aber jedenfalls eine der älte-
sten, welche zur Verzierung des Porzellans in beiden Ländern verwendet wurde.
pg. 106 und 107.
verbreitet sind, ist die Armut an Soolquellen besonders auffallend. Die einzige
bemerkenswerthe Ausnahme scheint Ôshio in Aidzu (Iwashiro) zu sein. Der Ort,
den ich am 4. October 1874 auf dem Wege von Wakamatsu nach Yonezawa be-
rührte, liegt 6 ri von ersterem in einer altvulkanischen Gebirgsmulde, deren vor-
herrschendes Gestein grauer Andesit zu sein scheint. Beim Durchschreiten der-
selben gelangt man zu einem kleinen Bach, auf dessen rechtem Ufer, rechts von
der Strasse, zwei warme Quellen nahe bei einander sich befinden. Ich bestimmte
ihre Temperaturen zu 39° C. und 38° C. und fand, dass jede in 4—5 Secunden 1 Shô
(etwa 1,8 Liter) Wasser lieferte. Das Wasser ist eine eisenreiche schwache Sole,
aus der grosse Mengen Kohlensäure entweichen und viel Eisenoxydhydrat nieder-
fällt. Viele Jahrhunderte lang soll es zur Kochsalzgewinnung gedient haben. Seit
etwa 20 Jahren fliesst es aber unbenutzt in den Bach. Weiter ansteigend mit dem
Wege befindet sich eine dritte schwächere Salzquelle mit 20° Wärme, deren Ver-
änderung von hinzufliessendem kaltem Wasser herrührt.
Dieses Buch enthält viele werthvolle Angaben, welche leider durch die Kritik-
losigkeit, mit der andere damit vermischt sind, nur mit Vorsicht gebraucht wer-
den können.
Schlange, Pferd, Ziege, Affe, Hahn, Hund, Wildschwein, entsprechend Widder,
Stier, Zwillinge, Krebs etc.
Werke der Chinesen, heissen sie kurz und in anderer Ordnung: Rin, Hô, Ki, Riyô.
Sie sind die Könige der Thiere und stehen nach alter chinesischer Naturanschauung
Klassen mit je einem Oberhaupte:
- 1) Der Mensch steht an der Spitze der nackten Thiere.
- 2) Der Ki-lin (jap. Ki-rin) oder das Einhorn führt und beschützt die be-
haarten Thiere. - 3) Der Hôwô (Fung-hwang) oder Phönix repräsentiert die befiederten Thiere.
- 4) Der Riyô (Lung, jap. Tatsu) oder Drache steht an der Spitze der be-
schuppten Thiere. - 5) Die Ki (Kwei, jap. Kame) oder Schildkröte führt und beschützt alle
mit einer Schale versehenen Thiere.
arts« in »Sur l’état de l’horticulture au Japon. Leide 1863.«
innern und die anerkannte Leichtigkeit, mit der sie fremde Sprachen erlernen.
Die Schwierigkeiten der Muttersprache üben bei ihnen Ohr und Zunge und be-
fähigen sie zur leichten Auffassung und Wiedergabe des fremden Idioms.
dere Erzeugnisse des japanischen Gewerbfleisses aus damaliger Zeit in den Samm-
lungen Lissabons, Madrids und Roms oder portugiesischer Klöster zu finden sein
und so einen festen Anhalt zur Beurteilung der Leistungen Japans im 16. Jahr-
hundert bieten, hat sich zu meinem Bedauern nicht erfüllt. Die Nachforschungen,
welche ich durch einen sachverständigen Freund im vorigen Jahre in Rom anstellen
liess, blieben eben so resultatlos, wie meine eigenen in Madrid, Lissabon und
Nachbarschaft. Der kunstsinnige König Don Fernando, ein vortrefflicher Beur-
teiler kunstgewerblicher Erzeugnisse, der die Gewogenheit hatte, mich in seiner
herrlichen Sammlung in Lissabon selbst umher zu führen, war der Meinung, dass
Portugal nichts mehr aus jener Zeit besitzt. Dasselbe gilt in noch höherem Grade
von Spanien, dessen Hauptstadt es noch nicht zu einer kunstgewerblichen oder
ethnographischen Sammlung gebracht hat.
der sie hervorging, gab schon Pater d’Incarville vor 125 Jahren wiederholt Aus-
druck. Die englische Bezeichnung »to japan«, lackieren, ist ebenfalls in diesem
Sinne zu deuten.
misch von Harzen, fetten Oelen und Terpentinöl, sondern im Wesentlichen ein
bereits fertiges Naturproduct.« Wagener.
brachte ich in Tôkio und vornehmlich mit Lackstudien zu. nachdem ich mir in
der deutschen Legation ein kleines chemisches Laboratorium eingerichtet hatte,
engagierte ich mir zwei ältere, sehr tüchtige Lackarbeiter, von denen der eine,
Namens Kisaburo, ein wahrer Künstler war, und richtete ihnen nach ihrer Angabe
eine Werkstatt ein. Das Lackierverfahren und alle dabei in Anwendung kom-
menden Werkzeuge und Stoffe kennen zu lernen, war Hauptzweck. Um ihn zu
erreichen und gleichzeitig für das Königl. Kunstgewerbemuseum in Berlin eine
instructive Mustersammlung zu gewinnen, liess ich mir vom Schreiner 100 Tafeln
aus dem Holze des Hi-no-ki (Retinispora obtusa) anfertigen, jede 20 cm lang
und 13 cm breit. Alle in Anwendung kommenden Materialien wurden untersucht
und über sämmtliche Arbeiten, die ich theilweise mitmachte, ein Journal geführt.
Als die Sammlung fertig war, sandte ich sie in Begleitung eines Berichtes an
Se. Excellenz den Königl. Preussischen Minister für Handel und Gewerbe nach
of preparing the varnish, and the mode of applying it, is and is likely to remain
a secret«. Sir Joseph Hooker in Kew in seinem Report für 1882 citiert dies und
behauptet, dass Quin, Consul in Hakodate, das Geheimniss gelöst habe. Von den
oben angeführten Arbeiten des Pater d’Incarville und Dr. Wagener scheinen also
beide ebensowenig Kenntniss gehabt zu haben, als von meinen Lackstudien in
Japan. Aber Sir Harry Parkes, der frühere englische Gesandte, kannte die letz-
teren genau und war im Frühjahr 1874 unter den geladenen Gästen in der
deutschen Legation zu Tôkio, als ich die Resultate jener Studien vorführte, ja
er übertrug später die dabei erhaltene Anregung auf seinen Untergebenen, den
Consul Quin.
ergänzen, die Cultur und Verwerthung des Lackbaums im Innern des Landes und
die übrigen Industriezweige näher kennen zu lernen, begab ich mich dann auf
Reisen. Ein Bericht über die Cultur des Lackbaums, die Gewinnung des Roh-
lacks und des Pflanzentalges folgte, nachdem ich alle grösseren Centren jener
Cultur, sowie fast alle Orte mit bedeutenderer Lackindustrie besucht und das Wis-
senswertheste darüber kennen gelernt hatte. Die nachfolgenden Spalten bringen
es in thunlichster Kürze und nehmen dabei auch vielfach Bezug auf jene Muster-
sammlung im Königlichen Kunstgewerbemuseum, die durch die Art ihrer Ent-
stehung und ihren instructiven Werth wohl einzig dastehen dürfte.
im botanischen Garten in Frankfurt a/M. das grösste am Ende seiner letzten Vege-
tationsperiode 6½ m Höhe und 48 cm Stammumfang, aber noch keine Blüthen
entwickelt hatte. Dagegen blühten im Juni vorigen Jahres 19 kleinere Exemplare,
unter welchen sich nur ein weibliches befand. Bei der Ungunst der Witterung
während des Herbstes kamen die zahlreichen Früchte desselben nicht zur vollen
Reife, erreichten aber die normale Grösse und hatten im Mesocarp auch schon
Fett abgelagert.
Herr Professor Wallach war so freundlich, durch seinen Schüler W. Sundheim
im chemischen Universitätslaboratorium zu Bonn die Extraction und Gewichts-
bestimmung desselben vornehmen zu lassen. Es ergab sich, dass von 100 luft-
trocknen Früchten im Gewicht von 6,151 Gramm, das extrahierte Fett 0,60625 gr,
die Schalen (Epidermis und Mesocarp) 2,36 gr, die Kerne (Putamen und Embryo)
4,15 gr wogen, das Fett also 29,37 % vom Gewicht der Schalen und 10,23 % von
dem der ganzen Früchte betrug, wobei die mit extrahierte Farbsubstanz nicht in
Anschlag gebracht wird.
1000 Bäume im Durchschnitt sogar nur 20 Pfund Lack. Dies sind (1 Pfund Adp =
453,6 gr) im ganzen 9072 gr oder nur 9 Gramm auf den Baum.
umfassen, betrug die Rohlackproduction Japans in den Jahren 1876, 77 und 78
60656 kin, 99267 kin und 66639 kin beziehungsweise, im Werthe von 37742 yen,
49800 yen und 49179 yen. Für das Jahr 1878 wird der Ertrag nach Fu und Ken,
wie folgt, geschätzt:
- Kiôto-fu 756 kin
- Aichi-ken 2210 »
- Miye-ken 53 »
- Yamanashi-ken 429 »
- Kanagawa-ken 1309 »
- Gifu-ken 5014 »
- Nagano-ken 8656 »
- Gumba-ken 458 »
- Tochigi-ken 3014 »
- Fukushima-ken 3614 »
- Miyagi-ken 562 »
- Iwate-ken 8801 »
- Yamagata-ken 4624 kin
- Akita-ken 2771 »
- Fukui-ken 2697 »
- Ishikawa-ken 7785 »
- Niigata-ken 3887 »
- Shimane-ken 205 »
- Okayama-ken 225 »
- Hiroshima-ken 1516 »
- Wakayama-ken 1295 »
- Kôchi-ken 3504 »
- Yehime-ken 1750 »
- Fukuoka-ken 600 »
zusammen 65735 kin. Abgesehen davon, dass diese Summe nicht ganz mit der
oben angegebenen Totalmenge übereinstimmt, tragen viele der einzelnen Posten
so sehr den Stempel der Willkür, dass mit diesen Angaben nichts anzufangen ist.
Sie machen z. B. Kôchi- und Yehime-ken, d. h. die Insel Shikoku zu hervorragen-
den Lacklieferanten, obwohl die Cultur des Lackbaumes sich fast nur auf den öst-
lichsten Theil, die Provinz Awa und das angrenzende Sanuki beschränkt. Ich habe
in Tosa und Iyo nirgends Lackbäume gesehen, noch Angaben über deren Cultur in
den von mir nicht berührten Distrikten irgendwo machen hören. So erscheinen auch
die mir ebenfalls bekannten Provinzen Owari, Mino und Shinano (Aichi-, Gifu- und
Nagato-ken) als hervorragende Lackproducenten, während ich mich in allen dreien
vergeblich nach Lackbäumen umsah und bei jeder Erkundigung, ähnlich wie in
Tôkio, auf den Norden, insbesondere nach Aidzu verwiesen wurde, das seines
Wachses wegen alten Ruf hat, als Lacklieferant aber weit hinter die Nachbarpro-
vinzen Echigo und Uzen zurücktritt.
Nach dem Berichte von Quin soll die Menge des jährlich in Japan gewonnenen
Rohlacks 30000—35000 Kübel betragen. Nimmt man nach ihm den Kübel zu
4 Gallons an oder dem Gewichte nach zu 18 kg, so berechnet sich daraus die
ungeheure Menge von 540000—630000 kg, d. h. mehr als das 5—6 fache der hohen
Production von 1877. Es unterliegt gar keinem Zweifel, dass diese Angabe durch-
aus irrig ist. Dies geht unter Anderm auch daraus hervor, dass nach Quin’s
eigenen Worten Echizen jährlich etwa 1500 Lackzapfer in die verschiedenen Di-
zusammenbringen kann. Gesetzt nun, das Maximum der Productionsfähigkeit jener
1500 Personen würde erreicht, so wären dies immer nur 1500 × 4½ = 6750 Kübel,
und jeden der letzteren zu 18 kg in Rechnung gesetzt, würden als Gesammtpro-
duction sich immerhin nur 121500 Kilogramm ergeben.
des Staffiermalers, Vergolders und Lackierers: »Diese Anmerkung scheint wider
alle Erfahrung zu sein.«
sont des clous du vernis, quand les bourses enflent, ce qui ne manque jamais.« —
»On n’en mort jamais. Pour appaiser le grand feu de ces sortes de clous, avant
qu’ils soient aboutis, on les lave avec de l’eau fraîche; mais quand ils sont percés,
on les frotte avec le jaune qui se trouve dans le corps des crables.« — Dieses
Mittel empfahlen mir auch meine Lackarbeiter, doch war es der frühen Jahreszeit
wegen nicht zu beschaffen.
zu nehmen, sondern von seshimeru, etwas fest und dauerhaft machen, abzu-
leiten und auf die Verwendung bei der Grundierung zu beziehen. Nur ein geringer
Theil dieses Seshime-urushi ist ursprünglich Astlack.
Aufenthaltes in Japan von anderer Seite keine weitere Aufklärung erhalten konnte,
als dass es »a kind of green colour« sei, wie Hepburn in seinem Dictionary be-
merkt, fand ich zu meiner Ueberraschung, dass es ein Gemisch von japanischem
Indigo mit Auripigment ist. Als ich später im British Museum die wiederholt
citierte Arbeit von Pater d’Incarville in die Hände bekam, überraschte mich pg. 137
die Bemerkung: »Pour le vert, ils se servent d’orpiment qu’ils mêlent avec de
l’indigo.«
lernt, welche an Schönheit den Originalen nicht gleich kommen. Von letzteren
hat das Königliche Kunstgewerbemuseum zu Berlin einige sehr schöne Muster.
Ob ihre Darstellung genau so erfolgt, wie die ihrer oben geschilderten Nachbil-
dungen, scheint zweifelhaft; denn es wird von Allen, welche des Nojiro-Shun-kei
erwähnen, zugleich hervorgehoben, dass seine Anfertigung Geschäftsgeheimniss
sei und selbst die einzelnen Fabrikanten nicht nach gleicher Methode arbeiten.
Siehe u. A. K. Hagmeier in Mittheil. der deutschen Gesellsch. Ostasiens 12. Heft
pag. 65.)
ter, die so weit gingen, sich nicht blos der Kleider zu entschlagen und nackt
einher zu gehen, sondern auch den wilden Thieren gleich in Bambusrohrdickichten
ihren Aufenthaltsort zu wählen.
der Haie und des Hypolophus Sephen Müll. \& Henle zu verstehen, sondern die
mit knöchernen Tuberkeln bedeckte Rückenhaut verschiedener Arten Rhinobatus
oder Hairochen der Küsten Vorder- und Hinterindiens, sowie Südchinas, so von
Rhinobatus armatus Gray und Rh. granulatus Cuv., wie es scheint (siehe Mül-
ler \& Henle: Systematische Beschreibung der Plagiostomen, Berlin 1841 pg. 117).
eines Patents auf die Verwendung derselben Art Haihaut, welche Chinesen und
Japaner bisher in ihrer Lackierkunst benutzten. Mit einer prächtigen Sammlung
»articles de luxe en Requin de Chine« erschien er auf der Weltausstellung zu Ant-
werpen und verkaufte dieselben, wie Cabinete, Handschuhkästchen, Dosen, welche
mit abgeschliffener Haihaut überzogen waren, zu enorm hohen Preisen.
»Pegu de Requin« eine Haut von Rhinobatus, welche ganz der in Japan ange-
wandten entsprach.
führung dieser Flächenverzierung aus China hin, wo sie in viel grösserem Umfang
angewandt wird, namentlich zur Verzierung von Bronzevasen, als in Japan.
im 10. Heft d. deutschen Gesellschaft Ostasiens. Yokohama 1876.
schen Lacksachen, dass es hier dieselben Abstufungen gibt, wie zwischen einem
Bilderbogen für Kinder und einem von Meisterhand ausgeführten Miniaturgemälde,
und je öfter der Kenner ein wirklich schönes Stück japanischer Lackarbeit be-
trachtet, desto mehr Freude werde er daran haben.
die Lackierkunst: »Jene asiatischen Völker (Chinesen und Japaner) arbeiten ihre
Sachen nicht einmal so fleissig und schön mehr, seitdem sie, voll Erstaunen über
unsere thörichte Liebhaberei, den Vorrat kaum liefern können, den unsere
unersättlichen Wünsche verlangen. Sie vernachlässigen die Arbeit, um eine desto
grössere Menge zu verfertigen. Die Liebhaber machen daher auch einen grossen
Unterschied zwischen dem alten und neuen Lack«.
the close of the sixteenth century by A. de Morga. London, Hakluyt Soc. 1868.
pg. 337 ff.
English translation of 1598 by A. Burnell. London, Hakluyt Society 1875.
pg. 147 ff.
»Resa uti Europa, Africa, Asia«. IV. pg. 105. Upsala 1793.
namentlich auch der Seidenweberei einen Stoss versetzt, von dem sich das Land
nie wieder vollständig erholt hat. Die Ausfuhr seidener Gewebe hat seit 1854 in
keinem Jahre die frühere Höhe erreicht.
gebunden, geknöpft, sha, Seidenflorgewebe oder Gaze mit einfacher Kette, Chi-
rimen, Krepp.
Königliche Kunstgewerbemuseum in Berlin nicht blos Proben verschiedener Bro-
cate, sondern auch die hier erwähnten Papiermetallfäden aufweist. Die Samm-
lung enthält: Hon-kin-gami, echtes Goldpapier, und Usu-kin-gami, dünnes
Goldpapier, Shari-gin-gami, Zinn-Silberpapier, Shari-kin-gami, Zinn-
Goldpapier, sowie dasselbe mit grünlichem Schein, ferner Hon-kin-shi, wirk-
lichen Goldpapierfaden über Seide, Iro-hon-kin-shi, Gold-Silberfaden auf Seide,
Iro-kin-shi, Stanniolgold auf Baumwolle, Kiri-kin-shi, geschnittene Zinn-
Goldpapierstreifen, und andere Proben.
richt an das Königl. Preuss. Handelsministerium vom 25. Jan. 1875 gedient,
welcher sich ausschliesslich auf eigene Studien und Beobachtungen stützte.
namen gami, wofür auch oft das chinesische Wort shi gebraucht wird.
gekörnt, so auch das prächtige Büttenpapier von J. W. Zanders in Bergisch-Glad-
bach. Das engl. Zeichenpapier ist wie unser Schreibpapier auf beiden Seiten ge-
glättet, dagegen auffallend stark und beiderseits gekörnt das französische Torchon.
in water, has never been known in, or introduced into, any of the Indian Islands.«
Crawford: »Descriptive Dictionary of the Indian Islands. London 1856.« pg. 327.
kam, liess Kublai Khan in Peking schon Papiergeld verfertigen.
stoffe erst in den letzten 15 Jahren mehr und mehr eingebürgert und diejenige
des thierischen Leims zurückgedrängt. In Ostasien und Indien ist sie so alt, wie
die Industrie selbst.
Japans schon durch Kaempfer und Thunberg ausführlich betont wurde, finden
wir noch in dem sonst sehr lesenswerthen officiellen Bericht der Wiener Welt-
ausstellung (Gruppe XI) vom Ingenieur und Papierfabrikanten E. Twerdy die
Ansicht ausgesprochen, dass das japanische Bastpapier wahrscheinlich vorzugs-
weise aus der Faser des Chinagrases (Urtica nivea) bereitet werde.
liefert noch immer den Bewohnern der Viti-Inseln, auf Samoa, Tonga, Tahiti,
Hawai etc. den Bekleidungsstoff, die Tapa, welche man freilich nur bei trocke-
nem Wetter tragen kann. »Der taktmässige Lärm der Tapaklöppel ist für ein
Vitidorf ebenso charakteristisch und stimmungsvoll, wie bei uns auf den Dörfern
im Herbst das Dreschen.« M. Buchner, Reise durch den Stillen Ocean. 1878.
man im nämlichen Sommer 30 Guwanme oder 111,93 kg (eine gewöhnliche Pferde-
last) derselben für 7,5 yen oder 30 Mk., so dass ihr Preis zu dem der Papier-
maulbeerrinde sich wie 1:4 verhielt.
den Bewohnern ebenfalls Bastpapier. Die Kunst solches daraus zu bereiten soll
von Lhassa aus, wohin Chinesen das Verfahren brachten, sich verbreitet haben.
Aus dem Baste der »Sitabharua« (Daphne canabina Wall.) bereitet u. A. Nepal
ein auch in Hindostan sehr bekanntes Papier, das »Nipalese«. Auch Daphne
oleoides Wall. und D. papyracea Wall. dienen dem Zweck.
zucht leicht und sehr billig zu beschaffende Rinde der weissen Maulbeerpflanze
Podgora bei Görz auf der Wiener Ausstellung 1873.
verbreitete, gab es ebenfalls keine Stampfwerke, welche erst später aus Italien
eingeführt wurden. Wie in Japan kochte, schlug und stampfte man das Roh-
material (die Lumpen) bis es sich in den breiigen Ganzstoff für die Bütte ver-
wandelt hatte.
schreibt kami ichi mai, ni mai etc., d. h. Papier einmal, zweimal etc.
Midzu-hiki in Japan allgemein bekannt sind und zum Umbinden von Geschen-
Tafeln mit einem Bogen Gampi bedeckt, dem alle Vorteile des Seidenpapiers zu-
kommen, das sich aber durch seine grosse Festigkeit vor diesem besonders aus-
zeichnet.
Drehen roth gefärbt.
von mir aus einer grösseren Bogenzahl der betreffenden Papiersorte bestimmt. Sie
beziehen sich auf die beste Qualität, wenn keine nähere Angabe folgt. Nur bei
Mon-Tengu-jô oder gemustertem Tengu-jô musste die Gewichtsangabe wegbleiben,
weil hier das Gewicht nach der Art des Bedruckens mit gelöschtem Kalk zu sehr
variiert. Die Preise sind solche, wie ich sie bei den Papiermachern in Niu, Maki-
dani-mura, Ino, Ichikawa, Umadzu und Kurasawa, oder bei den Händlern in
Tôkio zahlte.
-ku, ausziehen.
gewebe, Kudzu-fu, Gewebe aus Pueraria Thunbergiana.
ersetzt wird.
Kurzwaaren.
the anatomy of which is perfect. They are the best examples of sculpture in
wood to be seen in Japan.« — Siehe Satow \& Hawes: »A Handbook for travel-
lers in Japan. 2. Edition. London 1884, pg. 389.
ist aber »ultramarinblau« und weist damit entschieden auf den amorphen lapis
lazuli hin.
Lage des Kongô-san westlich des Yoshino-gawa an.
Mittheilungen der deutschen Gesellschaft Ostasiens 8. Heft. Yokohama 1875.
1879. pg. 35 und pg. 58.
bunten Speckstein ist offenbar die Ursache gewesen, dass die Japaner mit dem
Namen Rô-seki auch Serpentin und bunten Marmor bezeichnen (pg. 371).
arbeit.
vorwiegend auf die Kelten zurückgeführt. Ich teile diese Ansicht nicht, bin
überhaupt der Meinung, dass Kunstsinn und Kunstfertigkeit dieses Volkes wenig
entwickelt waren und ihm Funde und Leistungen zugeschrieben werden, die nicht
von ihm, sondern von den Römern ausgingen. Sicher verstanden und übten
diese das Tauschieren eiserner Waffen und Rüstungen schon, als sie mit den Kel-
ten in Berührung kamen. Belege hierfür finden sich in verschiedenen Sammlungen
römischer Alterthümer. Ich erinnere nur an ein mit Silbereinlage verziertes
römisches Schwert im Museum zu Mainz, das im Rhein gefunden wurde.
lich von Nirmal gewann man das Magneteisen, von dem der indische Stahl
stammte, welcher die berühmten indischen und persischen Hieb- und Stichwaffen,
sowie die Damascener-Klingen lieferte.
will, den verweise ich auf folgende Abhandlungen:
- 1) The Sword of Japan, by Thos. Mc Clatchie, in Transactions of the As.
Soc. of Japan. Vol. 2. 1874. pg. 63 ff. - 2) Die Japanischen Schwerter, von G. Müller-Beeck, Zeitschrift für Ethno-
logie. 14. Bd. 1882. pg. 30 ff. - 3) Das Japanische Schwert, von G. Hütterott. Mittheil. der deutsch. Gesell-
schaft Ostasiens. 33. Heft 1885.
dan.« 2. ed. London 1884. pg. [103].
Museum zu London und nahm mit Erlaubniss des Direktors unter Anderm auch
eine Prüfung der japanischen Metallsachen auf Ursprung und Alter vor. Wir lies-
sen uns den Glaskasten öffnen, der dieses Meisterstück, den Adler, bedeckt,
nahmen den Vogel vom Felsen aus starkem Eisenblech herunter, hoben die Flügel
ab und untersuchten alle Theile, fanden jedoch keinerlei Inschrift, Namen oder
Zeichen, die einen sicheren Anhalt gegeben hätten; noch konnten wir sonst etwas
über die Geschichte des Kunstwerks, das Mitford, der ehemalige englische Lega-
tionssekretär in Japan mitgebracht hatte, erfahren. Hierauf wandten wir uns zu
den Bronzen. Kaum der dritte Theil derselben trug Namen und Datum. Es stellte
sich dabei heraus, dass fast alle die Vasen und sonstigen Gegenstände, welche
als »Old Japanese Bronze« bezeichnet waren, aus diesem Jahrhundert stammen.
mann und Dr. Wagener, beide jetzt in Tôkio) die hier gegebenen Notizen.
Japan Vol. IV. pg. 29—33.
1882. pg. 258.
der veränderten Härte an eine andere molekulare Anordnung denken muss. Ob
aber eine solche durch blosses Hämmern bewirkt werden kann, ist mir nicht
bekannt.
»L’Art Japonais«, Revue des Deux Mondes 1877. Tome XXI, pg. 323 folgender-
maassen aus: »On ne saurait s’imaginer daus quelles misérables échoppes et par
quels moyens primitifs ils obtiennent ces resultats.«
Rendus T. 78. 1874. pg. 811.
leurs ȧ la surface des bronzes. Compt. Rend. T. 78. 1874. pg. 1019.
1882. pg. 86.
men mit den chinesischen aus dem Mittelalter überein. Ich besitze eine solche
aus dem 15. Jahrhundert. Sie ist nur 18,5 cm hoch, hat im allgemeinen eine vier-
seitig prismatische Gestalt mit einem Rechteck als Querschnitt, erweitert sich von
der Mitte aus nach oben, mehr noch nach unten, ist hier mit abgerundeten Kanten
versehen und endet in einen schmalen Fuss. Elefantenrüssel als Henkel um-
spannen ⅔ der Schmalseiten von oben nach unten. Die Decoration besteht aus
zweierlei Mäanderfiguren, die durch ein glattes Band an der schmalsten Stelle
geschieden sind. Die Inschrift auf derselben lautet im Sinico-Japanischen: »Dai-
Min-Sen-Tok-Nen-Sei«, d. h. Verfertigt in der Sen-tok-Periode (1426—1435 n. Chr.)
der grossen Ming-Dynastie.
handlung, Berlin, Dessauerstrasse 2) aus seinem reichen und ausgewählten Lager
in zuvorkommendster Weise für die Abbildung zur Verfügung gestellt.
liefert, solches auch bei andern Bronzen nicht anwendet, so muss die Verwendung
desselben in diesem Falle doppelt auffallen.
welche Kaiser Yungloh im Jahre 1406 giessen liess. Dieselbe soll 60 Tonnen
wiegen, 4,27 m Höhe und am Rande 10,36 m Umfang haben. Die Oberfläche ist
mit chinesischen Zeichen bedeckt.
seiner Herstellung. Mittheil. der deutsch. Gesellsch. Ostasiens Heft 31. 1884.
T. XX. 1880. pg. 99—110.
T. XXII. 1881. pg. 472—513.
diesem bezeichnen aber die Japaner Nippsachen aller Art, wie kleine geschnitzte
Figuren, grösser als Netsuke’s und nicht durchbohrt, ferner das lackierte In-ro
oder die Medicinbüchse und viele andere.
Gefäss und den Thon, aus welchem es bereitet wurde.
auffallende Begriffsverwechslung zwischen Faience, Steingut und Steinzeug
hin, welche die hervorragendsten Steingutfabrikanten in Deutschland, wie Boch in
Metlach, Guillaume in Bonn und Wessel in Poppelsdorf längst beseitigt haben.
Sie nennen ihre Waare Steingut und wissen, dass zwischen ihm und feiner Faience
kein Unterschied besteht, während der Name Steinzeug auf die Erzeugnisse des
Kannenbäckerlandes und ähnliche hartgebrannte Geschirre, die am Stahle Feuer
geben, zu beschränken ist. Steingut wird in Japan und in Europa nicht länger
verfertigt als Porzellan; der Ursprung des Steinzeugs aber ist fast so alt, wie
derjenige der Keramik überhaupt.
die Mischung z. B. der Bestandteile des Glases zum Vorschmelzen. Frittenfarben,
Frittenporzellan.
die Mischung z. B. der Bestandteile des Glases zum Vorschmelzen. Frittenfarben,
Frittenporzellan.
Mikroklin von Ytterby und fetter Braunkohlenthon benutzt.
Kôgô im Jahre 202 n. Ch. (siehe Band I, pg. 248).
dorf, welches aus Awa stammen soll. Es ist ein Cylinder mit an drei Stellen
fensterartig durchbrochener Wandung auf breitem Fusse.
English translation of 1598 by A. Burnell. London, Hakluyt Soc. 1875.
the close of the sixteenth century by A. de Morga. London, Hakluyt Soc. 1868.
ein Hügelzug im Osten der chinesischen Porzellanstadt King-te-tschin, der
indess nicht das Zersetzungsprodukt liefert, welches wir in Europa Kaolin nennen,
sondern einen Phyllit, dessen chem. Zusammensetzung an Hälleflinta erinnert
und derjenigen des japanischen Porzellansteines und des Pegmatits nahe kommt,
wie eine Zusammenstellung von Analysen am Schlusse dies zeigen wird.
Thonwaarenindustrie fehlen, in China und Japan dabei eine grosse Rolle spielen.
Dr. G. Wagener in Tôkio. Dingl. Pol. Journal. Bd. 246 (1882) pg. 33 ff.
M. Salvétat. Paris 1856.
grössere Mengen des chinesischen Produkts nach Europa brachten. Derselbe be-
zieht sich auf die äussere Aehnlichkeit desselben mit der Kalkmasse, aus welcher
die Cypraea oder Porzellanschnecke (port. Porcellana) ihre Schale bildet.
Orientalisch-Keramischen Ausstellung zu Wien. 1884.
Kunstgewerbe auf sehr niedriger Stufe steht, lieferte früher mancherlei Artikel
von hohem künstlerischen Werthe, namentlich in Porzellan und Bronze.
von Wagner \& Co. zu Berlin Dessauer Strasse 2 und gehört nach seiner cylin-
drischen Form und eigenartigen Verzierungsweise (durch erhaben gearbeitete
bunte Schmetterlinge auf weissem Grunde) jedenfalls zu den Seltenheiten unter
Arita-yaki.
ein kieselsäurereiches, dem Rhyolithtuff ähnliches Gebilde sei (Zeitschrift der
deutschen Geol. Gesellschaft 32. Bd. S. 255). äussert sich F. von Richthofen in
seinem neuesten Werke (Führer für Forschungsreisende 1886 pg. 590), welches mir
eben beim Druck in die Hände kommt, darüber wie folgt: »Die grosse Lager-
stätte von Imari in Japan beruht auf der Einwirkung von Solfatarenthätigkeit
auf mürbe, thonige Sandsteine.« — Letztere kommen allerdings in unmittelbarer
Nähe des Porzellansteins mit demselben Thonerde- und wenig geringerem Kiesel-
säuregehalte vor, zeigen aber keine Spur von einem Uebergang in den Porzellan-
stein oder sonstigen genetischen Zusammenhang mit diesem. Die Einwirkung der
Solfataren nehme ich dagegen auch an. (Siehe pg. 370.)
stein in seinem grossen Atlas von Japan; doch genügen auch die Karten im
I. Bande dieses Werkes.
Kunstgewerbe-Museum zu Kensington.
Kagoshima zeigt den Charakter der Decoration des Satsuma-yaki an einer der
originellsten Formen, welche Japan China entlehnt hat und häufig auf Räucher-
becken anwendet, in solchem Fall aber in Metall ausführt. Besonders auffällig
sind die beiden Flügelhenkel mit ihrer Schnirkelverzierung. Das Gefäss ruht auf
drei Füssen und endet oben in eine Botanblüthe (Paeonia Moutan) als Deckel-
knopf. Es wurde mit Gold und Muffelfarben bemalt. Die hervorragendsten
Motive des Ornaments: Blätter und Blüthen von Chrysanthemum und Patrinia
(Kiku-no-hana und Omina-meshi pg. 324), treten uns auf dem Bilde deutlich entgegen.
gestellt, nämlich aus 10 Theilen Neba, 3 Thl. Bara und 5 Thl. Matsuyakubo.
Nara-bai, die Eichenholzasche der Glasur, setzt sich nach Atkinson zusammen aus:
3,33 % Wasser, 8,405 % Kieselsäure, 4,785 % Thonerde, 3,300 % Eisenoxyd,
42,765 % Magnesia, 2,415 %, Potasche 0,74 %, Soda 0,215 %, Kohlensäure 34,145 %.
Der hohe Kohlensäure- und Kalkgehalt beweisen übrigens, dass A. keine reine
Holzasche vor sich haben konnte, sondern eine mit kohlensaurem Kalk vermischte.
(Eigebranntes) genannt.
Arita-Porzellansteine selbst, sondern für Massen aus denselben.
(Shippô, siehe pg. 506), weil durch diesen Zellenschmelz Gold, Silber, Lasurstein.
Koralle, Achat, Bergkrystall und Perlen gewissermassen nachgebildet und ver-
einigt werden können.
gibt in seinen hinterlassenen Manuscripten »Diversarum artium schedula« die erste
Beschreibung von der Herstellung des Email cloisonné.
ich im südlichen Japan einmal in grosser Menge auf einer unbebauten Hügelseite.
Sie kam schon 1802 nach England und scheint mit Epidendrum tuberosum Lour.
(Lour. flora cochinchinensis pg. 639) identisch zu sein, von welcher der Verfasser
angibt, dass sie in Gärten von China und Cochinchina cultiviert werde.
deten, sondern die Schmelzfarben eintrügen, sobald die Cloisons mit Biyaku-gu
befestigt seien.
gewendet werden, ist folgende: 1) Ara-to, ein grobkörniger grauer Sandstein
aus Shinano, 2) Iyo-to, ein Sandstein aus Iyo, 3) Omura-do, ein feinkörniger
weisser Sandstein von Omura in Hizen, 4) Joken-ji, ein gelblicher Thonsand-
stein, 5) Tsu-shima-ishi, ein Wetzsteinschiefer von der Insel Tsu, 6) Ho-no-
ki-sumi, Magnolienholzkohle.
Metallen und Legierungen in Nürnberg im Jahre 1885.« Zeitschrift des Kunst-
gewerbevereins zu München. 1885. pg. 91.
welcher diese grosse und schwere Münze geprägt wurde.
nungen (siehe Apothekergewicht). 1 Riô (Riyô) ist ein Gewicht von 4 Momme oder
13026084 Gramm.
genannt. 10 Mace = 1 Tael, 10 Tael = 1 Catty, 10 Catties = 1 Pikul. Das chi-
nesische Kin oder Pfund ging unverändert zu den Japanern über; doch haben
dieselben noch ein anderes Pfund zu 180 Momme daneben.
citierte Abhandlung von G. Wagener in den Mitth. d. deutschen Gesellschaft Ost-
asiens verwiesen.
150,26 kg, auf schlechten Gebirgspfaden aber nur 18 Kam-me = 67,62 kg. Als
Traglast für einen Mann gilt ein Gewicht von 7 Kam-me = 25,3 kg.
beliebtes Vehikel, das erst vor etwa 20 Jahren in Japan aufkam und jetzt all-
gemein die Droschken unserer Städte vertritt. Die Jin-riki-sha oder der Kuruma
(Wagen) ist ein zweiräderiger, leichter Karren mit Lehnsitz über der Achse und
einer Schere, in welche der Ninsoku oder Arbeiter tritt, deren zwei Flügel er
mit beiden Händen erfasst und dann meist in raschem Tempo mit seiner Fracht
von 1—2 Personen davoneilt.
Mittheilungen.
lichen Redensart geworden: »Kinô-no-fuchi kiô-no-se, Gestern eine tiefe Stelle
im Flusse, heute eine seichte.«
Gestalt der Wassernuss (Trapa bicornis, Hishi oder Bishi), die in Tosa sehr häufig
sein soll, nachahmen. Guwai-sha = Kuwai-sha sprich Kaischa, ist die Genossenschaft.
many times fallen upon their coasts and put all to fire and sword.« The Voyage
of John Huyghen van Linschoten to the East Indies. pg. 155. Hakluyt Soc.
London 1875.
gerechnet.
gewöhnlichen Wege über Acapulco auf seinem Posten angekommen war.
sama in diesem Schreiben hervorgehoben, dass die Bürgerkriege in Japan beendigt
und dem Lande durch ihn der innere Frieden beschert sei. Nun wolle er China
mit Krieg überziehen und verlange dabei des Gouverneurs Wohlverhalten und als
Zeichen Unterwerfung und Tribut. Dies liesse schliessen, dass das Actenstück
aus dem Jahre 1591 stammen müsste, da 1592 die Expedition nach Korea zu
obigem Zweck stattfand.
scheint Ishida Mitsunari, einer der späteren 5 Gouverneure gewesen zu sein. (Siehe
Bd. I pg. 339.)
Buches von A. de Morga pg. 143 genannt wird. Man vergleiche Bd. I pg. 12,
324, 359 dieses Werkes.
und Firando genannt, liegt auf der Westseite von Kiushiu und zählt zur Provinz
Hizen. (Siehe I. Band pg. 605.)
Polizeicommissar.
Indien und Siam, hiess bei Holländern und Portugiesen Calumbak, auch Ka-
lamback. Es ist das wohlriechende Holz von Aloëxylon Agalochum Lour.
wurzel, das Rhizom einer Stechwinde, die auch in Japan wild wächst, wurde aus
Indien gebracht.
Colombo. Man gab ihn den Wurzelknollen des Cocculus palmatus, einer Pflanze
der Ostküste Afrikas, weil man irrthümlich die Nachbarschaft von Colombo auf
Ceylon für ihre Heimat hielt.
Schiffsverkehrs erklärt sich durch die damals enorm gestiegenen Preise der Seide.
rien werden bekanntlich auch an den Gestaden des Malayischen Archipels, sowie
vieler Südseeinseln gesammelt, wo sie scheinbar regungslos auf sandigem Boden
liegen. Ausser Wasser sterben sie sofort und zerfliessen zu einer schleimigen
Masse. Sie müssen desshalb alsbald aufgeschnitten, vom Verdauungscanal be-
freit, in kochendes Wasser getaucht und dann an der Luft getrocknet werden.
met with now a-days, and I think I may safely say that there are not twenty-
five gold and silver yen in circulation throughout the whole ken.
- Rechtsinhaber*in
- Kolimo+
- Zitationsvorschlag für dieses Objekt
- TextGrid Repository (2025). Collection 2. Japan nach Reisen und Studien. Japan nach Reisen und Studien. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bmzm.0