[]
Andaͤchtige
Betrachtungen
aus dem Buche der
Natur und Schrift
Zum Preiſe
des herrlichen Schoͤpfers
Beſtehend
in erbaulichen Gedichten.

Vierter und lezter Theil.

Nebſt beigefuͤgten Hauptregiſter uͤber alle vier Theile.
[figure]


Hildesheim: , gedrukt und verlegt durch C. J. H. Harz, 1747.
[][]

Dem
Hochehrwuͤrdigen und Hochgelahrten Herrn
HERRN
M. Johann Carl
Koken

wollverdienten Paſtor bei der Kirche
St. Martin, Rathspredigern und des Hil-
desheimiſchen Stadt Conſiſtorii
Aſſeſſor.
Seinem vieliaͤhrigen Schulfreunde
und
jezo geliebten Collegen und Beichtvater
widmet
dieſe Poeſien
aus freundſchaftlicher Liebe
[] mit dem herzlichen Wunſche
daß ihm der Erzhirte zu dem Amte des Geiſtes
ferner Gnade und Seegen verleihe

und
zum Dienſte ſeiner Kirche mit neuen Seelen
und Leibeskraͤfften begnadige
nebſt allen
wahren Wollergehen
ein
aufrichtiger Freund und College


Johann Juſt Ebeling.


[]
Freund!

denn ſo nenn ich dich; weil in der
Jugend-Zeit,

Die Liebe uns verknuͤpft, die jezt den Bund
verneut,

Da uns die Vorſehung, ſo wunderbahr re-
gieret,

Jn eine Stadt vereint, ſo nah zuſammen
fuͤhret.

Freund! denk mit mir zuruͤk, wer haͤtte
das gedacht,

Als in uns Luſt und Fleiß, die Triebe ange-
facht,

Das Ziel, was wir erlangt, mit Muͤhe zu
erringen,

)( 3Daß
[]
Daß uns der Himmel wuͤrd noch ſo zuſam-
men bringen?

Wir hoften damahls nicht, dies kuͤnfftige
Geſchik,

Es war was uns ergoͤzt, noch ein verborg-
nes Gluͤk;

Die Fruͤchte des Bemuͤhn, die nunmehr
ausgeſproſſen,

Die waren zu der Zeit, in Knospen noch ge-
ſchloſſen.

Der Vorſicht Auge wacht, regieret wun-
derbahr,

Das macht dein Beiſpiel hell, und mein
Exempel wahr:

Und unſer Lebenslauf zeigt, daß ſein Auge
offen,

Mit Gnadenblikken ſieht auf die, ſo auf
ihm hoffen.

Wir ſehen beiderſeits, was ihre Guͤte kan,

Was ihre Treue thut, in uns, als Spiegeln,
an;

Wer iſts der Dir und mir die Luſt zum Wiſ-
ſenſchaften,

Die Triebe eingepraͤgt, die noch feſt in uns
hafften?

Hat uns die Muttermilch dieſelbigen ver-
liehn,

Die Triebe angeflammt zum feurigen Be-
muͤhn?

Mit
[]
Mit ſolcher Koſt ernaͤhrt, woraus ein Blut
entſprungen,

Das uns durch ſeine Kraft geruͤhrt, bewegt,
gedrungen,

Mit Eiffer nachzugehn der tief verdekten
Bahn,

Wo ein nie muͤder Fleis, die Perlen finden
kan,

Die Weisheits Schaͤzze ſind? O! Nein,
der Vorſicht Walten,

Hat ſie uns eingedruͤkt, und bis daher er-
halten.

Wir wuͤnſchten beiderſeits, auf Zions heilgen
Hoͤhn,

Als GOtt gewidmete, im heilgen Ammt zu
ſtehn.

Der Wunſch iſt uns gewaͤhrt; wir haben
es erfahren,

Wie GOttes Vorſicht fuͤhrt, in unſern
Fruͤhlings-Jahren.

Das was ich damahls ſchon, verwundrungs-
voll bemerkt,

Was ich von Dir gedacht, und was die Zeit
beſtaͤrkt,

Was deine Vaterſtadt durch ein erwuͤnſch-
tes Hoffen

Von Dir vorher geſehn, iſt richtig eingetrof-
fen.

)( 4Der
[]
Der Tempel, da du biſt den Chriſten beige-
zaͤhlt,

Durchs Waſſerbad im Wort, hat dich auch
auserwaͤhlt;

Der Schautiſch, da du dich dem Heiland
theur verpfaͤndet,

Jſt Dir ſelbſt anvertraut, wo deine Hand
ausſpendet,

Die Mittel dadurch der, der unſre Seele
liebt,

Sich Seelen ganz und gar zu eigen uͤber-
giebt;

Die Glieder der Gemein, worin du biſt ge-
bohren,

Die haben dich mit Luſt, zum Hirten auser-
kohren.

Du weideſt ſie getreu; es ſchallt dein ſuͤſſer
Mund,

Und deine Waͤchterſtimm macht ihnen deut-
lich kund,

Wie man ſich huͤten ſol vor derer Feinde
Strikken,

Die ſchleichend ſich bemuͤhn, die Seelen zu be-
ruͤkken.

Dein Herz iſt Tag und Nacht, mit Sorgfalt
drauf bedacht,

Wie GOttes Licht und Necht werd allen
klar gemacht.

Der Himmel ſtaͤrke dich von ſeinen heilgen
Hoͤhen,

So
[]
So wird die Nachwelt noch aus deinen
Schriften ſehen,

Daß nicht ein blinder Trieb, die Liebe ange-
flammt,

Die mein Herz zu Dir traͤgt; die einzig nur
herſtammt,

Aus einer reinen Quel; aus denen Eigen-
ſchaften,

Die in dem edlen Geiſt, in deiner Seele
haften.

Nimm dieſes kleine Buch davon zum Denk-
mahl an,

Bis meine Freundſchaft dir, ein beſſres
ſtiften kan:

Und ob es gleich nicht groß, in andre Augen
ſtrahlet,

So denk, daß auch daran kein Firnis ſey ge-
mahlet.

Jch liebe Redligkeit, und redlich wuͤnſch ich
Dir,

Vergnuͤgen, Wollergehn, und was du
wuͤnſcheſt mir;

Der GOtt der uns verknuͤpft, wird nach
vollbrachten Ringen,

Uns dreinſt auch in die Stadt, die droben
glaͤnzet, bringen;

So lange wir hie walln, bleib ich dein Ebe-
ling,

)( 5Die
[]
Die Redlichkeit beſtaͤrkts mit ihren Siegel-
ring;

Wirſt du, ich zweifle nicht, auch mir ge-
getreu verbleiben,

Kanſt du dich Jonathan, und ich mich Da-
vid ſchreiben.

[]

Vorrede.


Geneigter Leſer!

Hier ſieheſt du die Erfuͤl-
lung meines Verſpre-
chens bei der Einlieferung
des lezten Theils der poetiſchen Betrach-
tungen, und ich wolte wuͤnſchen, daß du
mit
[]Vorrede.
mit zufriedenen Gemuͤthe dieſelbigen anſehen
koͤnteſt. Allein ich zweifle an deiner Zufrie-
denheit, weil ich mit meinen eignen Gebur-
then, und ihrer Geſtalt gar nicht zu frieden
bin, welche man nach Art der Menſchen
doch gar leicht vor gut haͤlt; weil ſie von
uns herſtammen. Jch wil dir ein aufrich-
tiges Urtheil zum voraus davon faͤllen: Da-
mit du, dir, die Muͤhe nicht nehmen darfſt,
dieſelbigen nach ihren Werthe zu richten.
Es ſind unreiffe Fruͤchte, und denen Gewaͤch-
ſen zu vergleichen, welche in denen Treib-
haͤuſern, durch Gewalt der Hizze heraus ge-
trieben werden, ehe ſie durch die Natur zei-
tig gemacht. Dieſe Gewaͤchſe haben nie die
Geſtalt und den Geſchmak, als welche die
freiwillige Natur, zu einer, ihr gelegnen Zeit
liefert. Und ſo iſt er auch mit den Fruͤchten
unſers Geiſtes beſchaffen, und vornemlich
mit denen, die in gebundner Schreibart ſol-
len
[]Vorrede.
len geliefert werden. Es wil uns nicht al-
lemahl der Wiz zu Dienſte ſeyn, wenn wir
ihn verlangen. Das Feuer welches die
Dichter begeiſtern muß, iſt ofte ganz erſtor-
ben, und wird in ſolchen Stunden, ein
Gedichte verfertiget: ſo muͤſſen es kriechende
und elende Reime werden. Gedichte, wel-
che dem Geſchmak, keinen Ekelerweken ſollen,
muͤſſen, wie die Alten geſaget, ſo gepuzzet
werden, wie der Baͤre ſeine Jungen zu lek-
ken pfleget. Geſchiehet das nicht, ſo werden
es ungeſtalte und elende Misgebuhrten.
Dieſes alles habe ich wol bedacht: aber die
knarrenden Preſſen des Herrn Verlegers, ha-
ben meiner dichtenden Andacht kaum Friede ge-
laſſen, daß ſie ihre geſchwinden Betrach-
tungen fluͤchtig niederſchreiben koͤnnen. Man
hat binnen wenig Wochen, die beſtimmten
Bogen, anfuͤllen muͤſſen: und daher iſt es
kommen, daß ich wieder meinen Willen ge-
dichtet,
[]Vorrede.
dichtet, mit Unmuth die Feder ergriffen,
und mit Verdruß niedergeleget. Es iſt mir
daher leider ſo, wie denen alten Meiſter-
ſaͤngern gegangen, deren Tagewerk in Reimen
beſtanden. Dieſe Eilfertigkeit hat auch ver-
urſachet, daß ich die Bogen nicht recht nach-
ſehen koͤnnen, welche zur Verbeſſerung einge-
lieffert. Daher ſind ſo viele Drukfehler uͤbrig
blieben, davon ich kein Regiſter machen
kan. Jch ſchreibe dieſes darum ſo offen-
herzig: damit du mir nicht ſo ſehr zur
Laſt legen moͤchteſt, daß ich ſolche dem
Druk uͤbergeben, und dadurch die Anzahl der
Gedichte vermehret, welche ihren beſten Plaz
in den Winkeln haben, wo die verworffnen
Papiere ihre Verweſung unter den Zaͤhnen
der nagenden Thiere finden. Jch bin voͤl-
lig zufrieden, wenn du ſo billig biſt, und
dieſer Urſachen wegen, die ich angefuͤhret,
mich von dem Laſter der Schreibſucht frei
macheſt
[]Vorrede.
macheſt, welches eine Krankheit dererjenigen
iſt, die mit Gewalt einen bekandten Nah-
men haben wollen. Jch danke GOtt, daß
er mich ſo weit den Verſtand aufgeklaͤret,
daß ich meine Faͤhigkeit kenne, und mit Ne-
hemias nur ſeufze: Gedenke meiner mein
GOtt im Beſten. Doch, wie ſich bis-
weilen eine Perle unter dem Auskericht fin-
det; ſo wirſt du auch, wo ich nicht irre,
noch hie und da, einige nicht ungereimte Ge-
danken antreffen, die zur Erbauung dienen.
Mein Vorſaz war, dir, guͤldne Aepfel in ſil-
bernen Schalen, ich meine heilſame und ſchoͤ-
ne Lehren in reinen Gedichten vorzulegen. Da
ich dieſesmahl dazu die Zeit nicht haben koͤn-
nen; ſo kommt vielleicht, ſo der HErr wil, und
ich lebe, eine Zeit da ich meinen Vorſaz beſſer
ins Werk richte, als ich diesmahl thun koͤnnen.
Jndeſſen wiederhole ich meinen Wunſch, daß
wenn du dieſe eilfertige Gedichte, eines Anblik
wuͤr-
[]Vorrede.
wuͤrdigeſt, du dich dadurch nur ermun-
tern laſſeſt, die Pflichten auszuuͤben, die
GOtt von einen Menſchen, und vielmehr
von ſolchen, die eine geoffenbahrte Religion
haben, erfordert; ſo iſt meine Bemuͤhung
nicht umſonſt geweſen, und das Leſen dieſer
Poeſien doch nicht ohne Nuzen. Der wun-
derbahre GOtt, hat nach ſeiner verborg-
nen Weisheit, auf die ungekuͤnſtelten und
ſchlechten Vorſtellungen, die redlich gemei-
net, offt einen groſſen Seegen geleget. Jch
werde mich freuen, wenn er mich, als ſei-
nen geringſten Diener, ein Werkzeug wer-
den laͤſſet, dadurch ſein Nahme verherrliget
und ſeine Ehre befoͤrdert werde, die die
Himmel erzaͤhlen, und die Veſte bis an der
Welt Ende verkuͤndigen. Lebe wohl!


Geſchrieben Hildesheim,
am Bartholomeus
Tage. 1747.


[[1]]

Der Winter.


Der Sonnen welzend Wunderfeur, das
durch den Thierkreis ſiedend rennt,

Entfernet ſich dem Erdenball, wenn es
den Scorpion anbrennt,

Des Steinboks Hoͤrner glaͤnzend macht;
wenn es mit ausgeſpritzten Strahlen,

Jn ſeinem Kreislauf ferner muß, den naſſen Waſ-
ſerman bemahlen:

Da breitet ſich die Dunkelheit, am hellen Firma-
mente aus,

Der Wolken naſſer Schlauch zerbirſt, der Win-
de ungeheurer Braus

Erkaͤltet die beſchwaͤrzte Luft, und nach dem ſtuͤr-
meriſchen Wehen,

Laͤſt ſich im Reiche der Natur, der kalte Winter
endlich ſehen.

Vierter Theil. ADer
[2]Der Winter.
Der Zeiten Lichtsmonarch welzt ſich nach Suͤden im-
mer weiter fort,

Verſtekket ſeinen heiſſen Glanz, und laͤſſet den ge-
hauchten Nord,

Mit ſeinem Nebel gleichen Dunſt, mit ſeinem aus-
geſpannten Raſen,

Den kalten Froſt ganz ungeſtoͤhrt, in alle Erden
Laͤnder blaſen.

Jhr Voͤlker merket nun: es kommt, die truͤbe Zeit
des Winters an,

Es ſchwebet ſchon der Schaum der Luft, der Schnee
auf ſeiner dikken Bahn;

Es welzet ſich ſein flokkigt Heer, und webet gleich-
ſam warme Dekken,

Die in dem Herbſt gekeimmte Saat, in weiſſen
Kleidern zu verſtekken:

Drum eilet nach den Huͤtten zu, erwaͤrmet euch
an eurem Heerd,

Und bratet, kochet, eßt und trinkt, was euch der
reiche Herbſt beſcheert.

Seht durch der Fenſter klares Glas, wenn euch
ein waͤrmend Feur erquikket,

Was die geſchwaͤrtzte Spher der Luft, aus ihren
weiten Kreiſen ſchikket.

Die mit dem Schnee bedekte Welt, iſt bei dem Froſt
nicht minder ſchoͤn,

Jn ihrer weiſſen Silber-Tracht, als in der gruͤnen
anzuſehn;

Auch da ſie in der Kaͤlt erſtarrt, giebt euch ſo manch
erbliktes Wunder,

Jn der erſtorbenen Natur, ein Feur zum regen
Andachts-Zunder.

Bewundert erſt des Schoͤpfers Guͤt, die aus den
duͤrren Holze ſprießt,

Und
[3]Der Winter.
Und durch die angeflammte Glut, die wunderbare
Waͤrm ausgießt,

Den Froſt aus euren Zimmern jagt, das, wenn
ihr es zum Brand anfachet,

Auch bei der kalten Winterszeit, in Haͤuſern fro-
hen Sommer machet.

Bedenkt die Weisheit welche ſich in Schimmer
reichen Schnee abdruͤkt,

Darin ein merkend Auge gleich der ewgen Vor-
ſicht Strahl erblikt:

Die Felder ſind damit verdekt, als wenn die Saa-
ten unter Betten,

Bei des erſtarrten Winters Froſt ſich gleichſam
ſelbſt verſtekket haͤtten:

Das kalte Bette waͤrmet ſie; da liegen ſie in Si-
cherheit,

Und ſind vor dem erbooßten Zug der grauſen Win-
de uͤberſchneit.

O! ewig weiſer GOtt du giebſt im Schnee die
Warheit klar zu leſen:

Du ſeiſt zu ieder Jahres-Zeit, ein weiſes und all-
maͤchtig Weſen.

Du ordneſt bei der Wechſelung der Zeiten, alles
herrlich an,

Wie jeder auch der ſehen wil, im Winter deutlich
ſehen kan.

Du oͤfneſt den gefuͤllten Vorn, es iſt mit Regen,
Schnee und Schloſſen,

Das durch die Sonn gedorrte Land, mit neuen
Nahrungs-Saft befloſſen.

O! Menſch du albernes Geſchoͤpf, das Aberwiz
und Unbedacht,

Oft bei dem weiſen Regiment des Schoͤpfers doch
zum Tadler macht,

A 2Du
[4]Der Winter.
Du klagſt des Winters Wittrung an, und graͤ-
meſt dich bei truͤben Tagen,

Als wolte dich der HErr der Welt, nach der ge-
noßnen Luſt auch plagen;

Verbanne die Truͤbſinnigkeit, und denke bei ver-
klaͤrten Blik,

Auf das, was du genoſſen haſt in vorgen Som-
mer nur zuruͤk:

So wirſt du alſobald erſehn, daß dieſe truͤben Win-
ters-Zeiten,

Dir eine neue Fruͤhlings-Luſt in aufgekeimmten
Flor bereiten.

Die Luſt die wird zur Laſt, wenn nicht in einer un-
vollkomnen Welt,

Sich nach dem hellen Sonnenſchein, ein ſchwarzer
Wolken Dunſt einſtellt;

Es kan des Zukkers Suͤßigkeit, uns nie ſo ſuͤß
und lieblich ſchmekken,

Als wenn ein herb und bittres Saur uns wird den
Unterſcheid entdekken.

Es thut der Kaͤlte Ungemach dem Koͤrper zwar em-
pfindlich weh,

Allein es wird dadurch doch rein, die mit den Dunſt
gefuͤllte Hoͤh.

Es laͤſt dir die beſchneite Welt zwar kein erquiklich
Gruͤn erblikken,

Jedoch es kan ein weiſſes Kleid auch wol den Er-
den Schoos ausſchmuͤkken.

Du klageſt albern Menſch, es ſei in rauh und truͤ-
ber Winters Zeit,

Den Augen keine gruͤne Luſt auf Feld und Anger
ausgeſtreut;

Es ſei im Reiche der Natur, Wald, Baͤume, Laub
und Kraut erſtorben,

Der
[5]Der Winter.
Der Gaͤrten ſchoͤnes Paradieß ſei durch den Schnee
verhuͤllt, verdorben.

Jch ſage es ſei Einbildung, der Baͤume kahl ent-
laubter Kranz,

Vergnuͤgt nicht minder unſer Aug, durch ſeinem
Schimmerreichen Glanz:

Und der mit Schnee beflokte Buſch kann durch ein
blendendes Vergnuͤgen,

Wenn man darauf die Blikke wirft, des ſchwarzen
Kummers Noth beſiegen.

Wie lieblich ſtrahlt es ins Geſicht, wenn ein hell-
glaͤnzendes Gewand,

Von den gefrornen Reif und Schnee die breiten
Felder uͤberſpannt;

Wenn ſich in einer hellen Fern auf denen hocherhab-
nen Huͤgeln,

Durch einen ſtarken Gegenſchein ſo mannigfaltge
Formen ſpiegeln.

Da duͤnket dem entzuͤkten Aug, es ſaͤhe auf der
glatten Spur,

Ein glaͤnzendes verneutes Reich der ſich verwandel-
ten Natur,

Der Gaͤrten gruͤnes Luſtgefild zeigt ſich zu unſrer
Augenweide,

Anſtat der vorgen bunten Pracht, in einem hellen
Silber Kleide.

Die Andacht wird dadurch erwekt und ſtimmet dem
ein Loblied an,

Der auf ſo mannigfaltge Art der Menſchen Herz
vergnuͤgen kan;

Sie preißt den groſſen HErrn der Welt, der wenn
der gruͤne Schmuk verflogen,

Feld, Waͤlder, Baͤume, Buſch und Strauch mit
weiſſen Kleidern angezogen.

A 3Sie
[6]Der Winter.
Sie floͤßet uns bei dieſem Blik die nuͤzlichen Ge-
danken ein:

So wird dereinſten wenn du todt, dein Schlafge-
wand gefaͤrbet ſeyn,

Wenn deine ſchnelle Lebenszeit, wie Sommer, Lenz,
und Herbſt verſchwunden:

So wirſt du in ein weiſſes Tuch, wie die erſtorb-
ne Welt gewunden.

Jhr Menſchen die ihr annoch lebt im Fruͤhling eu-
rer Lebens Zeit,

Dies lehrt der Erden Angeſicht, das in dem Win-
ter uͤberſchneit:

So koͤnnet ihr ein Sinnbild ſehn, das euch den
Todt vor Augen mahlet,

Wenn drin der weiſſe Silberglanz von den beſchnei-
ten Flaͤchen ſtrahlet;

So dient der Luͤfte Schaum uns auch beim kalt
und ſchaudrigten Gefuͤhl,

Zu unſres Herzens regen Luſt, wenn man das re-
ge Flokkenſpiel,

Zur Winters Zeit beſchaut, da wir, von Sorgen
los am Fenſter ſtehen,

Und aus der dik und duͤſtren Luft, daſſelbe ſchwe-
bend fallen ſehen.

Der dikken Flokken ſanfter Fall, macht unſer frei-
es Herz vergnuͤgt,

Wenn ſich der weiſſe Schimmer drengt, und ſpie-
lend durch einander fliegt,

Da ſehen wir mit regen Blik, wie GOttes Guͤt
an uns gedenket,

Und eine ſuͤſſe Luſt der Welt, wenn ſie erſtarrt, im
Winter ſchenket.

Ein neuer Vorwurf ruͤhrt den Geiſt, ſo bald das
Aug die Zapfen ſieht,

Die
[7]Der Winter.
Die ſich an denen Daͤchern drehn; Das Eis das
wie ein Silber gluͤht,

Wenn drauf ein matt gebrochner Strahl der weit
entfernten Sonne glaͤnzet,

Scheint eine Silberblum zu ſeyn, womit der Daͤ-
cher Rand umkraͤnzet.

Der Geiſt denkt dabei freudig nach: Mein GOtt!
wie fluͤßig, klar und rein,

Jſt dieſes angefrorne Naß, mit ſeinen blauen Sil-
berſchein;

Wie wunderbahr, wie ſchoͤn, muß nicht zum hol-
den Vorwurf unſrer Sinnen,

Durch Trieb der bildenden Natur ein troͤpfelnd
Naß zuſammen rinnen?

Dies wird das gierge Auge auch, am Fenſtern die
gefrorn, gewahr,

Da ſieht man mit vergnuͤgter Luſt, des Morgens
wie recht wunderbar,

Die ſtarren Scheiben ausgeziert, mit Bildern gleich-
ſam ausgeſchmuͤkket,

Worin ſo mancherlei Figur ohn einen Finger einge-
druͤkket.

Dies kuͤnſtlich Schattenwerk zerflieſt, das wie ein
Dunſt ins Glas gepraͤgt,

Wenn des erhizten Ofens Glut, die Kaͤlte aus den
Zimmer jaͤgt,

Und wenn der Sonnenblik drauf faͤlt, da wir an
ihren Schmelzen ſehen,

Wie bald das Blendwerk eitler Luſt, koͤnn, wenn
es uns vergnuͤgt, vergehen.

Der funkelnde Kriſtal das Eis der eine rege Flut
bebruͤkt,

Schenkt uns auch eine Winterluſt, weil drob
das Auge wird entzuͤkt,

A 4Wie
[8]Der Winter.
Wie angenehm ſcheint es uns nicht, wenn auf den
Fluͤſſen die gefroren,

Wird eine glatte Spiegel-Flaͤch, aus dikken Waſ-
ſer Schaum gebohren?

Und faͤllt ein heller Strahl des Lichts, in dieſe brei-
ten Spiegel ein,

Mein GOtt! wie wunderbahr iſt denn der Son-
nen heller Gegenſchein,

Da ſiehet ein erſtauntes Aug aus den gefrornen
Flus Kriſtallen

Der Sonnen maieſtaͤtiſch Bild in herrlichſten Ge-
ſtalten prallen;

Da deucht uns das des Geiſtes Aug ein kleines
Schatten Bild anſeh,

Von dem der aller Sonnen Sonn, der in der tief
verborgnen Hoͤh,

Jn unſichtbarer Majeſtaͤt als Koͤnig aller Welt re-
gieret,

Und der durch ſeine Allmachts-Hand die dichten
Fluthen auspoliret.

Die muntre Jugend deren Feur die ſtrengſte Kaͤlte
nicht erſtikt,

Die ſucht ein ſchauderndes Geſpiel, ſo bald das Eis
den Flus bebruͤkt,

Sie kommt und will zum Zeitvertreieb, mit einem
luſtig hellen Hauffen

Auf einer glatten Rennebahn mit ſchnellen Schritt-
Schuh Wette lauffen.

Sie ſtellen ſich in einer Reih, ſie glitſchen von be-
ſtimmten Ort,

Gleich einem ſchnellen Pfeil vorbei, und rennen un-
geſaͤumet fort;

Sie ſchweben mit beaͤngſter Luſt, bis ſie durch uͤber-
muͤthig Gleiten,

Jn-
[9]Der Winter.
Sich und den andern ebenfals den Sturtz zum jaͤhen
Fall bereiten.

Das glitſchend ſchwaͤrmende Gedraͤng der Laͤuffer
rennt auf tieffen Meer

Darin des Abgrunds Kluft verſtekt, mit frohen
Jauchzen hin und her,

Wo ſie ein ſchneller Stoß bedreut, da ſie mit ſtol-
pernden Bewegen,

Aus ihrem Gleichgewicht geruͤkt, auf einmahl ſich
zu Boden legen.

Der andre glitſchet hinten aus, daß ihm des Kop-
fes Wirbel kracht,

Und wird von einem Schadenfroh mit falſchen Mie-
nen noch belacht;

Doch eh derſelbe ſichs verſieht; ſo iſt er mit den
ſchnellen Schritten,

Auf dieſer ſchluͤpfrig glatten Bahn, da er meint,
feſt zu ſtehn, geglitten.

Dies iſt ein Beiſpiel das uns lehrt, wie leicht die
fluͤchtge Jugend faͤllt,

Auf einer ſchluͤpfrig glatten Bahn in der verfuͤriſch
falſchen Welt,

Und wie nichts deſto weniger das eitle Herz ein Luſt-
ſpiel ſuchet,

Das man am Ausgang erſt erkennt, und als ein
Trauerſpiel verfluchet.

Begluͤkt iſt der der glatten Bahn, bei fluͤchtiger Ge-
fahr entgeht,

Und ſeinen feſten Stand behaͤlt, wenn er ſich ſchwe-
bend darauf dreht,

Doch iſt vielmehr begluͤkt der Menſch, der ſich
darin mit Luſt beſpiegelt,

Das auch ſo ſchnell der Lebenslauf, als deſſen Lauf
der wie befluͤgelt,

A 5Auf
[10]Der Winter.
Auf dem beeißten Fluß fort rennt. Die Winter-
luſt iſt Lobenswerth,

Wenn man das helle Eis beſchaut, darin des Schoͤp-
fers Spur verehrt,

Die aufgethuͤrmmten Wellen ſieht, die in der auf-
gefrornen Menge,

Dem grauen Marmor aͤhnlich ſeyn; gleich einem
ſchimmernden Gepraͤnge,

Das zu des Schoͤpfers Preis ſich zeigt, und in des
Winters kalten Pracht,

Zu einer GOttheit ewgen Ruhm, ſo manche Eh-
renſaͤule macht,

Als ſchroffe Schollen ſich erhoͤhn. Wer dieſe ſtar-
ren Waſſer Huͤgel,

Mit Andacht zur Betrachtung waͤhlt, der ſieht der
Gottheit Wunderſpiegel.

O! Menſch ſieh dieſes Schauſpiel an, und denke
wie des Schoͤpfers Macht,

Aus troͤpfelnden Gedraͤng des Meers, das harte Eis
herfuͤrgebracht,

Beſieh darin die ſtrenge Macht, wenn die gezakten
rauhen Schollen,

Mit einer ſtuͤrmeriſchen Wuth in aufgethauten
Fluͤſſen rollen.

Erkenne wenn der Sonnenbrand, das was ſich
als ein Silber welzt,

Zuletzt wie einen duͤnnen Schaum, durch ſeiner
Strahlen Kraft zerſchmelzt,

Wie auch ein ſcheinend Nichts der Welt, gleich ei-
nem Eisklump aus den Sinnen

Muß wenn die Lebens Sonne kommt, mit ſeiner
eitlen Pracht zerrinnen.

Vergnuͤge dich in warmer Ruh, an ſeiner weiſen
Guͤtigkeit,

Wenn
[11]Der Winter.
Wenn dieſe Erd in Froſt erſtarrt, mit weiſſen Duͤn-
ſten uͤberſchneit:

Die Kaͤlte iſt es die uns ia, ſo wie die Waͤrme
herrlich nuͤzzet,

Und vor dem ungeheuren Schwarm des Ungezief-
fers ſehr beſchuͤzzet;

Der Froſt zerſtreut ihr freſſend Heer, befreit uns
von der bangen Noth,

Womit uns ihr geſchaͤrfter Zahn, bei der vermehr-
ten Anzahl droht.

Der kalte Nord zerſteubt den Schmuz von den ver-
wirrten Spinneweben,

Die um der Baͤume Zweig und Aſt, zu ihres
Wachsthums Schaden kleben.

Sie ſchlieſt uns zwar in Haͤuſer ein; ſie macht uns
aber auch dabei,

Von den erhitzten Sonnenbrand, und einer lauen
Unluſt frei;

Sie ſchenket in der ſtillen Raſt den Menſchen man-
cherlei Vergnuͤgen,

Womit die Buͤrger in der Stadt, der Landman
den Verdrus beſiegen,

Den eine dunkle Zeit erwekt. Auf laſt uns durch
die Thore gehn,

Womit die Staͤdte ſind verſperrt, und ihre Win-
terluſt beſehn!

Der Froſt hemmt das Gewerbe nicht, ein jeder kan
in ſeiner Huͤtten,

Wenn die erhitzten Ofen gluͤhn, ſich in bequemer
Waͤrme bruͤten,

Es pfeift und heult der rauhe Nord, der Himmel
zeiget rauhe Blikke,

Und haͤlt dadurch den Buͤrger oft in ſeiner Werkſtat
ſtill zuruͤkke.

Der
[12]Der Winter.
Der wenn die Sonne feurig brennt, mit traͤger
Hand zur Arbeit greift,

Und von des Sommers Luſt gereitzt, zu einem Sauf-
gelage laͤuft,

Und dadurch den Beruf verſaͤumt, der ihm zu ſei-
nem Buͤrgerleben,

Muß Nahrung, Speiſe, Trank und Kleid und
was er ſonſt gebrauchet, geben.

Der rauhe Winter haͤlt ihm ab, und macht daß er
zu Hauſe bleibt,

Und was ſein Ruf ihm anbefiehlt, in ſeinem Win-
kel emſig treibt,

Er ſitzet in der lauen Luſt, da er ſein Tagewerk
erfuͤllet,

Wenn durch der Haͤnde regen Trieb, das Blut be-
wegt, in Adern quillet.

Des truͤben Winters Dunkelheit vertreibet bald
den kurzen Tag,

Und eine ſtille Abendruh, die lindert oft die ſaure
Plag

Jn welcher er mit Sorgen ſchwitzt. Er ſucht ein
kuͤrtzendes Vergnuͤgen,

Vor eine lange Abendzeit, und geht wie ſich es
pflegt zu fuͤgen,

Zu einem Freund, zum Nachbahr hin; wo nicht
ſo koͤmmt der zu ihm her,

Erzaͤhlen ſich zum Zeitvertreib, was ſie gehoͤrt von
neuer Maͤhr,

Und was der Zeitungsſchreiber denkt, der aller
Fuͤrſten Herz ergruͤndet,

Und was in Cabineten ſtekt, in ſeinem ofnen Blat
verbindet.

Dadurch verſtreicht die ſchnelle Zeit, die ſpaͤte Nacht
die bricht herein,

Der
[13]Der Winter.
Der Froſt nimmt endlich uͤberhand, des Ofens
ausgeglimter Schein,

Treibt jeden zu den Federn hin, wo ſie ſich zu der
Ruhe ſtrekken,

Und durch ein warmes Bettgewand die Glieder vor
dem Froſt verdekken:

Ein jeder ſchlaͤft in warmer Ruh, bis ihm die fruͤ-
he Morgens-Zeit

Zuerſt an GOtt gedenken heiſt, und denn an ſei-
ne Tags-Arbeit;

Der Lampen Schein ſchenkt ihm das Licht, bis daß
die Sonn die lang verkrochen,

Mit ihrem guͤldnen Tages-Licht, durch duͤſtren Ne-
bel ausgebrochen.

So folgt ein Tag, den andern nach, und Woch
und Monath gehen hin,

Bis ſich die Sonne hoͤher welzt, an der gewoͤlbten
Himmels Zinn,

Des Winters Unluſt geht vorbei, und kaum hat
man ſie recht empfunden,

Jſt ſchon der Fruͤhling wieder da, der Kaͤlte rauher
Grim verſchwunden.

Das Landvolk kreucht gleichfals zur Ruh, geneußt
bei dem ergrimmten Froſt,

Bei einer ſuͤß und warmen Luſt die eingeſcheurte
Winterkoſt,

Es ſiehet wie das Feld beſchneit, drum leget es die
Hakken nieder,

Und ſtrekket nach der ſauren Laſt, nun deſto laͤnger
ſeine Glieder.

Es ſcheinet ihm die rauhe Luft, wodurch der wil-
de Nordwind ſtreift,

Der Wollenreich beflokte Schnee, der ſich vor ſei-
ner Thuͤr aufhaͤuft,

Der
[14]Der Winter.
Der hart gefrorne Duft, gleichſam den vortheil-
haften Rath zu geben,

Es ſolle nach der ſauren Laſt in ſeiner Huͤtten ſtille
leben.

Der Landman folgt dem guten Rath, und ſchlieſt
das Vieh in Staͤlle ein,

Und ſchlachtet was gemaͤſtet ab, er raͤuchert Gaͤnſe,
haͤngt das Schwein,

Das ihm den Kohl befetten ſol, an die dazu be-
ſtimmten Rinken,

Bewahrt durch einem warmen Dampf mit Sorg-
falt den geſalznen Schinken,

Der ihn im Sommer naͤhren muß. Er oͤfnet das
gefuͤllte Fach,

Worin ſein fetter Reichthum liegt; Er driſcht ſein
Korn ſich allgemach,

Mit ſeinem Hausgeſinde aus, und ſucht bei freudi-
gen Genieſſen,

Des Akkerbaues ſaure Muͤh ſich in dem Winter zu
verſuͤſſen.

Er findet die vergnuͤgte Luſt, wenn des beeißten
Nordwinds Hauch,

Bei einer ganz verdikten Luft ausbreitet einen Ne-
belrauch,

Jn ſeiner Huͤtte die erwaͤrmt; und wenn der Him-
mel ſich verklaͤret,

So ſucht er ſeinen braunen Kohl, den noch kein
ſtrenger Froſt vrrſehret.

Er findt denſelben ganz bereift, und von dem Schnee
gleichſam erfriſcht,

Und merkt wie ihn der Reif verſuͤßt, wenn er ge-
kocht, wird aufgetiſcht.

Und iſt er drob erfreut im GOtt; ſo ſchmekt er
auch in dieſen Gaben,

Wie
[15]Der Winter.
Wie guͤtig unſer Schoͤpfer ſey, der uns auch kan
im Winter laben,

Mit einem gruͤnen Gartenkraut. Sieht er daß nun
der Weg erſtarrt,

Und daß der Schnee noch nicht zerſchmelzt, der Pfuͤ-
zen Eis noch feſt und hart:

So ſpannt er ſeine Pferde an, und ſchleppt auf de-
nen weiten Schlitten,

Das Holtz noch ferner hurtig zu, in die vom Froſt
umringten Huͤtten.

Die Kaͤlte macht die Finger ſteif, wenn er es aus
dem Schnee gewuͤhlt,

Doch wenn er in der ſtarren Hand ein ſehr empfind-
lich Krimmeln fuͤhlt:

So ſtrekt er ſeine Arme aus, womit er ſeine Schul-
tern ſchlaͤget,

Wie einer der ſich buͤſſend peitſcht, bis er ſich wie-
der warm beweget.

Er zieht nach ſeiner Wohnung zu, da er das Holz
mit Fleis zerſchlaͤgt,

Und als der hoͤchſten Macht Geſchenk zu dem noch
warmen Heerdte traͤgt.

Er hat ſein Tagewerk vollbracht, und leget ſeine
Axe nieder,

Und ſtrekket, wenn er hat geſpeiſt, die etwas ſchon
erwaͤrmten Glieder,

Bei einem heiſſen Ofen aus; Er ſiehet in der ſchwuͤ-
len Ruh,

Wie ſein Geſinde dreht und ſpinnt, mit innigen
Ergoͤtzen zu;

Er ſucht durch munteres Geſchwaͤz den langen A-
bend zu verkuͤrzen,

Und weiß auf unterſchiedne Art der ſauren Arbeit
Laſt zu wuͤrzen.

So
[16]Der Winter.
So gehet unvermerkt die Zeit des Winters, auf dem
Lande hin,

Und GOtt ſchenkt bei dem rauhen Froſt auch da
zu dem vergnuͤgten Sinn,

Brodt, Trank und zu der Waͤrme Holz; ach!
moͤchte jeder nur erkennen,

Daß unſers Vaters Vorſehung, zu aller Zeit ſei gut
zu nennen!

Ach! moͤchte alle Welt geſtehn, daß der, der Froſt
und Hizze macht,

Der Zeiten Ordnung woll beſtimmt, dem Menſchen
nuͤzlich ausgedacht:

So wuͤrde man zu jeder Zeit, des ewgen Schoͤp-
fers Guͤte preiſen,

Und auch fuͤr dem geſchenkten Froſt, ein dankbares
Gemuͤt beweiſen.

O! HErr der du in der Natur, der Zeiten
Aendrung weißlich lenkſt,

Und auch zur rauhen Winterszeit uns Holz
zum Feur, zur Waͤrme ſchenkſt;

Der du mit Schnee das Feld bedekſt, und
durch dein wunderbares Walten,

Kanſt in der Erde ſtarren Schoos der Saa-
ten friſchen Keim erhalten!

Wir preiſen deine Guͤtigkeit, die uns mit
Pelz und Federn dekt,

Wenn ſich der Kaͤlte ſtrenger Grim durch
Luft und Erd und Waſſer ſtrekt:

Wir ehren deine Majeſtaͤt auf deren Wink
die Winde raſen,

Und von dem kalten Norderpol, den dick ge-
frornen Dunſt wegblaſen.

Ach! laß uns zu der Winters Zeit, auch un-
ſrer Jahre Bildnis ſehn,

Beden-
[17]Der Winter.
Bedenken wie es, wenn wir alt, auch wird
mit denen Menſchen gehn.

Es ſcheint im Reiche der Natur im Win-
ter alles wie erſtorben:

So geht es denen Menſchen auch, die ein
beſchneites Haupt erworben;

Die rege Lebenskraft verſchwind, das Feuer
geht im Koͤrper aus,

Alsdenn eilt man zur ſtillen Ruh, in ein von
Brettern feſtes Haus.

O! woll dem der mit Zuverſicht darinnen
ſich getroſt verſtekker,

Daß ihm wenn Welt und Zeit vergeht, die
Sonn des Lebens wieder wekket.


Vierter Theil.
[18]
Das durch dem kalten Winter
erwekte Andachtsfeur.

Des Jahres Nacht, die Winters Zeit,

Die Erd und Waſſer uͤberſtreut,

Mit den gefrornen Reif und Duͤf-
ten

Aus den verdikten ſchwarzen Luͤf-
ten,

Schlieſt mich bei einem warmen Schein

Des Ofens, in mein Zimmer ein,

Wo ich kein Toben kalter Winde,

Kein froſtig Ungemach empfinde.

Jch ſehe durch der Fenſter Glas,

Die Sonne ſcheinet truͤb und blas,

Jch hoͤre ein recht pfeiffend Brauſen,

Durch die beflokten Luͤfte ſauſen;

Die ſchwangern Wolken brechen los,

Das Naß das durch die Luft abfloß,

Wird in dem Troͤpfeln dicht gefroren;

Es wird draus Schnee und Eis gebohren.

Jch denk in warmer Ruhe nach,

Wie ſchaudrigt ſey das Ungemach,
Das
[19]erwekte Audachtsfeur.

Das da die Flokken ſcherzend ſpielen,

Die ſtarren Glieder drauſſen fuͤhlen;

Die Kaͤlte und das zakkigt Eis,

Macht mich in reger Andacht heiß,

Da ich Gottlob von Fern nur ſehe

Des kalten Winters froſtig Wehe.

Jch fuͤhle in der muntren Bruſt,

Zum Dichten eine rege Luſt,

Ein ſanftes Wohl durchkreucht die Glieder:

Drum ſez ich mich beim Ofen nieder,

Worin die Flamme lodernd ſchlaͤgt:

Mein Herz wird durch das Feur bewegt

Und durch des Holzes reges Brennen,

Dran GOttes Guͤte zu erkennen.

Mein GOtt! bei der erſtarrten Welt,

Da mit den ſchroffen Eis das Feld

Als wie mit Schollen uͤberbruͤkket,

Werd ich durch warme Luſt erquikket.

Jch preiſe deine Guͤtigkeit,

Jn ruhiger Zufriedenheit,

Mir deucht daß alle dieſe Flammen

Des Feurs, aus deiner Liebe ſtammen.

Ja! Ja, dies heiſſe Element,

Das waͤrmet, leuchtet, ſtrahlt und brennt,

Fuͤhrt uns HErr! deine Wunder-Guͤte,

Zur Winterszeit recht ins Gemuͤte.

Wir muͤſten in dem Froſt vergehn,

Und koͤnten nicht darin beſtehn;
B 2Wenn
[20]Das durch den kalten Winter

Wenn nicht das Feur uns koͤnte waͤrmen,

Bei der verdikten Luͤfte Schwaͤrmen.

Noch mehr erkenn ich deine Macht,

Die Holz zum Feur hervor gebracht,

Das was verbrennlichs an ſich heget,

Weil etwas ſchweflichts drin geleget.

Das ruͤhrt ja alles HErr! von dir,

Dies ſtelt uns deine Weisheit fuͤr,

Wenn ich auf deiner Huld Geſchenke,

Zur Winterszeit die Augen lenke.

Jch bin erquikt, weil ſanfte thut,

Wenn man die ſuͤſſe Kraft der Glut

Jn einem warmen Zimmer ſpuͤret,

Daraus ſich aller Froſt verliehret.

Jch hoͤr der ſchnellen Lohe Schal

Den in dem Holz verſchraͤnkten Knal

Der Luft, es bringet mir Vergnuͤgen,

Wenn die geſprengten Funken fliegen.

Mein GOtt! ach! fuͤhre meinen Sinn

Dadurch zu der Betrachtung hin,

Daß du uns zum vergnuͤgten Leben,

Jm Winter Feur und Holz gegeben.

Und daß du wenn die kalte Noth,

Der ſtarren Welt mit Kummer droht,

Uns nicht mit Untergang beſtraffeſt,

Vielmehr uns reiche Nahrung ſchaffeſt.

Es geht die Sommerszeit voran,

Der Herbſt, worin man ſammlen kan,
Da
[21]erwekte Andachtsfeur.

Da ſchenkſt du uns im Ueberfluſſe,

So manche Gaben zum Genuſſe.

Was in dem Sommer, Herbſt geſparrt,

Wird auf die Winterszeit verwahrt,

Und vor des Hungers heiſſen Jammer,

Fuͤllſt du uns manche Vorraths-Kammer.

Die Scheuren ſind von Fruͤchten voll,

Womit ein Haus ſich naͤhren ſol;

Die Kuͤch und Keller ſind gefuͤllet,

Mit Faͤſſern draus dein Seegen quillet:

Die reichen uns bei rauhen Froſt,

So manche warme Winterkoſt,

Wer kan dies alles uͤberdenken,

Ohn, Dir dafuͤr den Dank zu ſchenken?

Du giebeſt auch dem Viehe ſatt,

Das Heu und Stroh zum Futter hat,

Wenn ſie auf denen gruͤnen Auen,

Stat Gras, das ſchroffe Eis anſchauen.

Du naͤhrſt die Thiere in dem Wald,

Bei ihrem kalten Aufenthalt,

Und weißt ſie in die haarnen Dekken,

Durch deine Vorſicht zu verſtekken.

Es iſt durch deine Guͤt das Wild,

Jn warmes Pelzwerk eingehuͤllt,

Daß ſie in ſanfter Waͤrme brennen,

Wenn ſie in Schnee und Eiſe rennen.

Du ſchaffeſt ihnen Futter an,

Wenn man auch gleich nicht finden kan,
B 3Wie
[[22]]Das durch den kalten Winter

Wie ſich ſo viele wilde Heeren,

Die in den Waͤldern wohnen, naͤhren.

Der Hirſch der nach den Quellen laͤuft,

Da alle Brunnen zugehaͤuft

Von harten Eis kan Waſſer finden,

Und bricht durch die verſteinten Rinden:

Du ſorgeſt, daß auf denen Hoͤhn,

Noch hie und da ſich Fluͤſſe drehn,

Die auch bei kalten Winter rollen,

Und einen friſchen Labtrunk zollen.

Dein Othem macht, daß in dem Meer

Ein ruderndes und ſchuppigt Heer

Von Fiſchen, unterm Eiſe lebet,

Das ſich nach friſcher Luft beſtrebet.

Ein Thauwind kommt auf dein Geheis,

Zerſehmelzt das ſtarr und ſchroffe Eis,

Und macht daß die gefrornen Schollen,

Bald wieder von einander rollen.

Es bricht die ſtarre Bruͤk entzwei,

Die naſſe Wohnung wird denn frei,

Die wie ein Kerker zugeſchloſſen,

Und wie mit Spiegeln uͤbergoſſen.

Da haben ſie in freier Flut,

Auch wieder einen freien Muth,

Da ſie durch friſcher Luͤfte Weben,

Beſchaͤumt im Waſſerreiche leben.

Jch ſeh durchs Fenſter wie vergnuͤgt,

Der Sperling und die Meiſe fliegt,
Da
[23]erwekte Andachtsfeur.

Da ſie das warme Neſt verlohren,

Das in der Kaͤlte zugefroren;

Und dennoch ſchwizzern ſie mit Luſt,

Und drehen aus der warmen Bruſt,

Ein holdes Loblied den zu Ehren,

Der ſie auch wil im Winter naͤhren.

Sie kriechen in der Scheuren Fach,

Sie finden Schutz auch unterm Dach

Sie ſuchen Koͤrner zu der Speiſe,

Und finden ſie auf manche Weiſe;

Sie tragen ihre Nahrung fort,

An den verſtekten Wohnungs Ort

Und trozen allen kalten Schloſſen,

Weil ſie in Federn eingeſchloſſen.

Ein ſolches kleines Voͤgelein,

Kan mir ein groſſer Zeuge ſeyn,

O GOtt! von deiner Vorſicht Walten;

Denn daß ſie nicht im Froſt erkalten

Haſt du ſie weislich uͤberdekt,

Jn warme Federn eingeſtekt;

Daß ſie in weichen Bette liegen,

Wenn ſie ſchon aus den Neſtern fliegen.

Und dieſe weiſe Vorſehung,

Erwekt in mir Bewunderung;

Es fliegen dieſe Kreaturen,

Getroſt auf den beeißten Spuren;

Es ſchadt der Nordwind ihnen nicht,

Der wie ein Schwerd die Haut zerſticht,
B 4Weil
[24]Das durch den kalten Winter

Weil du o GOtt! wenn er gleich ſchneidet,

Sie warm mit Federn uͤberkleidet.

Dies was ich bei der Kaͤlte ſeh,

Das zieht mein Herz zu deiner Hoͤh,

O! Vater wo dein Auge wachet,

Es wird dadurch auch angefachet,

Der Trieb, dich Schoͤpfer zu verehrn,

Der du uns kanſt im Winter naͤhrn;

Es kan ein ſchaudrigtes Empfinden

Jn mir die Andachtsglut entzuͤnden.

Du HErr biſt gros zu aller Zeit,

Dir ſei mein Herze eingeweiht

Zu einem ewgen Brandaltare;

Jch ſpuͤr in jedem Theil der Jahre

Daß du ein weiſer Vater biſt,

Der ſein Geſchoͤpfe nicht vergißt:

Drum laß mich auch zu allen Zeiten,

Ein Opfer, dir, zum Ruhm bereiten.

Laß mich im Reiche der Natur,

Auch in dem Winter deine Spur,

Jn Schnee und Eis gedruͤkt bemerken;

Dadurch die Zuverſicht beſtaͤrken:

Daß deine weiſe Vater Hand,

Die alles Allmachtsvoll umſpannt,

Mich werde in den Armen halten,

Wenn meine Glieder dreinſt erkalten.

Gefaͤllt es deinem weiſen Rath,

Der alles ſchon beſtimmet hat,
Daß
[25]erwekte Andachtsfeur.

Daß ich die Jahre ſol erreichen,

Die einem kalten Winter gleichen:

So mindre auch des Alters Weh,

Und laß der Haare weiſſen Schnee

Der reinlich glaͤnzt, ſich auch vermaͤhlen,

Mit einem reinen Schmuk der Seelen.

Du giebeſt mir da es ſehr kalt,

Jn meinem ſtillen Aufenthalt,

Das Feuer das den Froſt verdringet,

Der Kaͤlte ſtrenge Macht bezwinget.

Ach! ſchenke mir dein Gnadenlicht,

Wenn meines Leibesbau zerbricht,

Ein Feur im Glauben anzuzuͤnden,

Den kalten Tod zu uͤberwinden.

Kommt der Natur ein Schandern an,

Wenn ich dreinſt muß die dunkle Bahn,

Zur langen Ewigkeit betreten;

So wirſt du mich auch HErr! erretten.

Dem Winter folgt der Fruͤhling nach,

Auf finſtre Nacht kommt heller Tag;

So laß mich auch am Ende glaͤuben,

Daß ich nicht werd im Grabe bleiben.

Jm Winter ſcheinet die Natur

Zwar todt: allein ſie ſchlaͤffet nur;

Sie wird im Fruͤhling durch der Sonnen

Erwaͤrmend Licht und Lebens Bronnen

Von neuen wieder auferwekt,

Wenn Schnee und Eis iſt weggelekt:
B 5Laß
[26]Das durch den kalten Winter erwekte Andachtsf.

Laß mir dies auch zum Sinnbild dienen,

Daß ich auch werde wieder gruͤnen.

Das helle Wort der Warheit Schein,

Floͤſt mir den feſten Glauben ein:

Es kommt mein Heiland dreinſten wieder,

Belebet die verfaulten Glieder.

O! Sonne der Gerechtigkeit,

Du koͤmmſt, da werd ich auch verneut,

Da werd ich wie im Fruͤhling leben,

Und GOttes Rahm und Ruhm erheben.


Das
[27]

Die weiſe und wunderbahre Guͤ-
te GOttes in Bekehrung der
Menſchen.


Des Hoͤchſten Gnadenreich zeigt uns
wie die Natur,

Von ſeiner Herrlichkeit auch man-
che helle Spur,

Worin wir klaͤrlich ſehn, worin wir deutlich ſpuͤren,

Des Allerweiſeſten recht guͤtiges Regieren.

Wir ſehen zum Beweis vor diesmahl hiebei an,

Was ſeine weiſe Hand am Herz der Suͤnder kan,

Wie wunderbahr er oft, aus Guͤt und Treu bewogen,

Den Menſchen von der Bahn der Laſter abgezogen.

Wie mannigfaltig ſind, die Wege die er nimmt?

Die ſeine Weisheit waͤhlt, mit Vorbedacht be-
ſtimmt?

Da weis er, wenn ſie nicht einmahl daran gedenken,

Sie durch ſein Liebes Seil von boͤſen abzulenken.

Sein Auge ſieht vorher, wie alles kommen muß,

Und darnach richtet ſich der Weisheit Rath und
Schlus,

Ort, Zeit, Gelegenheit, Gluͤk, Ungluͤk, hartes
Leiden,

Sind Mittel die er braucht, die ſich in Laſtern wei-
den,

Zur Tugendbahn zu ziehn. Sein Auge ſiehet an,

Wie er des Suͤnders Herz am beſten ziehen kan,

Den
[28]Die weiſe und wunderbahre Guͤte GOttes
Den Weg erwaͤhlt die Guͤt. Der Krankheit ban-
ges Quaͤlen,

Wird oft zur Artzenei an den verdorbnen Seelen.

Wie viele hat die Noth zu Chriſto hergebracht,

Die er durch dieſem Zug hernach geſund gemacht,

Am Leib und an der Seel. Wie viele ſind bekeh-
ret,

Wenn ſie mit einer Laſt des Kummers ſind beſchwe-
ret?

Wie iſt dies alles nur von Ohngefehr geſchehn?

Nein! die Allwiſſenheit hat dies vorher geſehn,

Die alles weislich lenkt, und die Begebenheiten,

Zu einer Urſach macht, daraus das herzuleiten,

Was nachdem draus entſteht. Exempel zeigen klar,

Daß dieſes oft geſchehn. Jſt es nicht wunderbahr,

Daß jener Koͤniſche (*) zu unſern Heiland eilet,

Als er deſſelben Sohn von Fieber hat geheilet.

Der Heiland zog umher und in der Juden Land,

Ward er als ein Prophet, und als ein Arzt bekandt,

Der Wunder Curen that, dies hatt er laͤngſt ge-
hoͤret,

Allein er blieb dennoch in Blindheit unbekehret.

So bald ſein Sohn erkrankt, und man durch das
Geruͤcht,

Von JEſu Wundermacht und ſeiner Ankunft
ſpricht,

Ging er zu JEſu hin, darnach er ſonſt nicht fragte,

Bis ihm des Fiebers Wuth woran ſein Kind lag,
plagte.

Des Sohnes Elend war hier die Gelegenheit,

Die GOttes Guͤte braucht; da war die beſte Zeit

Wie ſeine Weisheit ſah, ihn aus den finſtren Ket-
ten,

Drin er gefeſſelt lag, auf einmahl zu erretten.

Er
[29]in Bekehrung der Menſchen.
Er kam, des Heilands Wort macht gleich das Kind
geſund,

Kaum wird ihm dieſe That, das groſſe Wunder
kund;

So glaubt er und ſein Haus; ſein Kind ſieht er
geneſen,

Die Krankheit ſeines Sohns iſt ihm ein Trieb ge-
weſen,

Daß er zu JEſu kommt, dabei er Huͤlfe findt,

Der Glaube wird dadurch in ſeiner Seel entzuͤndt:

Und die Gelegenheit, die wunderlich entſtanden,

Befreiet ſeine Seel aus des Verderbens Banden.

O! Menſchen denkt hiebei, wie treu der Schoͤp-
fer iſt,

Der wenn wir ihm entfliehn, uns dennoch nicht
vergißt.

Es muß ſich oftermahls ſo wunderbarlich ſchikken

Daß er den Suͤnder kan, in ſeinem Nez beſtrikken.

Wenn man es gar nicht denkt, ſo hat ſie ſeine Hand,

Auf ihrer wilden Bahn ins Liebes-Seil geſpannt.

Wie mancher Suͤnder iſt, der ſeinen GOtt ver-
fluchet,

Wie ein verlohrnes Schaaf ſo guͤtig aufgeſuchet.

Wenn ein Oneſimus (*) Philemons Haus be-
ſtiehlt,

Jſt er gleich einem Wild, wornach die Gnade zielt,

Er flieht gleich einem Reh von banger Angſt ge-
ſcheuchet,

Er eilet fort nach Rom, da er dem HErrn ent-
weichet;

Er laͤuft und geht dahin, wo Paulus eben lehrt,

Von welchen er zuvor als Sclave viel gehoͤrt,

Die Neubegier treibt ihn, dem Lehrer auch zu ken-
nen,

Und
[30]Die weiſe und wunderbahre Guͤte GOttes
Und dadurch muß er GOtt in ſeine Arme rennen.

Er wird geruͤhrt, bekehrt, und auf der Jrrebahn,

Eilt ihm die Gnade nach, die ihn verbeſſern kan.

Er flieht dem HErrn hinweg, und findet nach Er-
barmen

Bei GOttes weiſer Guͤt, in ſeinen Vater Armen.

So wunderbar iſt GOtt, wenn er die Suͤnder
ruͤhrt,

Und weislich aus dem Schlam, aus dem Verder-
ben fuͤhrt.

Sein Wort das wie ein Schwerd durch Mark und
Beine dringet,

Gebrauchet er auch oft, ſo daß es ihm gelinget:

So bald der Suͤnder es in ſeinem Nachdruk hoͤrt,

Verwundet es das Herz, er wird dadurch bekehrt;

Ob er es gleich nicht denkt. Wie viele ſind gewon-
nen,

Durch dieſes Wortes Feur, dadurch der Stolz zer-
ronnen,

Die Schlakken weggeſchmelzt, die in der Blindheit
Nacht,

Das Herze ganz verſtokt, verſteint und hart ge-
macht?

Wie viele ſind geruͤhrt, und durch die Kraft be-
wogen,

Und aus der Spoͤtter Zunft die GOtt verlacht, ge-
zogen?

Der Vater Auguſtin, das Ruͤſtzeug alter Zeit,

Das GOtt hernach gebraucht, in manchen Glau-
bensſtreit,

Da falſche Kezzerei der Warheit Licht verdunkelt,

Dient hier zum Beiſpiel uns; weil er vor andern
funkelt

Am Kirchen Firmament. Es zog Ambroſius

Jhn
[31]in Bekehrung der Menſchen.
Jhn in das Gotteshaus, durch ſeiner Rede Flus:

Und dieſes Muſterbild von den beredten Zungen,

Hat durch der Gruͤnde Macht, ſein hartes Herz
bezwungen.

Er wuͤnſchte nur die Kunſt des Redners anzuhoͤrn,

Die Weisheit lenkte dies ſein Herze zu bekehrn.

Er hoͤrte und ſein Ohr empfand ein ſuͤß Vergnuͤ-
gen,

Der Warheit heilge Kraft, die muſte ihn beſiegen.

Er ging geruͤhrt hinaus, Verwirrung, Schaam
und Reu,

Die nageten ſein Herz; zulezt brach es entzwei,

Als des Apoſtels Wort ihm von dem Laſterleben,

Ein recht abſcheuslich Bild das ihm recht glich, ge-
geben.

Ein Spruch (*) zerſtach ſein Herz, macht ſein Ge-
wiſſen wund,

Des Glaubens lindernd Oel das machte es geſund;

Des Jrthums Nebel ſchwand, der ihn vorher um-
huͤllet,

Er ward mit ſtarken Trieb zur Tugend angefuͤllet.

Die Warheit ward ſein Licht, die Tugend ſeine
Bahn,

Ein Mannichaͤer ward nunmehr ein frommer Mann;

So eifrig er vorher der Wolluſt nachgetrachtet,

So eifrig hat er ſie hernachmahls auch verachtet:

So eifrig er vorher im Suͤndendienſt gefroͤhnt,

So eifrig war er auch, da er der Luſt entwoͤhnt,

Jm wahren Gottesdienſt: Er ward des Geiſtes
Tempel

Und der verkehrten Welt ein merkliches Exempel,

Wie GOttes Augenmerk des Suͤnders Wege
kennt,

Die
[32]Die weiſe und wunderbahre Guͤte GOttes
Die er im blinden Wahn verkehrter Neigung rennt;

Wie ſeine weiſe Guͤt durch lokkendes Bemuͤhen,

Jhn mit dem Nez umſpannt, dem Elend zu ent-
ziehen.

Denkt nicht, daß Auguſtin nur ſo herum gefuͤhrt,

Wie viele Suͤnder ſind durch GOttes Wort ge-
ruͤhrt,

Die nur aus Neubegier ſind in die Kirchen kom-
men,

Die ein beklomnes Herz nach Haus zuruͤk genom-
men?

Wie viele finden ſich, die unſre heilge Schrift,

Der Warheit Buch beflekt mit ihrem Spoͤttergift,

Die es zum Zeitvertreib mit falſchen Zwek geleſen,

Und doch dadurch erwekt, von ihren Wahn gene-
ſen?

Wer kennt den Junius, der die Religion,

Mit blinder Raſerei verlacht mit Spott und Hohn:

Johannis Majeſtaͤt ſtuͤrzt ihn von ſeinen Hoͤhen,

Jm Anfang war das Wort, muß ihm zu Her-
zen gehen.

Bewundernd lieſet er den Ausdruk voller Pracht,

So iſt der Anfang auch zur Aenderung gemacht;

Das Wort drang ihm ins Herz, er ward dadurch
bewogen,

Und aus der Finſternis zum Warheits Licht gezo-
gen.

Kein Bliz und Wetterſtrahl, und kein zweiſchnei-
dig Schwerd,

Der ſchnell durch Koͤrper bricht, das durch die
Glieder faͤhrt,

Zerſpaltet ſo geſchwind, zerſchneidet ſo im Fluge,

Und durch den ſtarken Arm recht nachgedruͤkten Zu-
ge:

Als
[33]in Bekehrung der Menſchen.
Als GOttes heilges Wort, ein Spruch aus dieſer
Schrift,

Das harte Suͤnder Herz mit ſeinem Blizze trifft.

Und in die Seele dringt, durch ein empfundnes
Schrekken

Aus ſeinem Suͤndenſchlaf den Menſchen auf zuwek-
ken.

Wol dem, der gerne folgt, wenn ihm die Gnade
zieht,

Und wenn die Stunde ſchlaͤgt den Kerker gleich ent-
flieht?

O! welch ein Abgrund iſt von gnaͤdigen Erbarmen,

Jn GOttes Gnaden Schoos, in ſeinen Liebes Ar-
men.

Ach! nehme iederman die Gnadenzeit in acht,

So wuͤrde keine Scel ums ewge Heil gebracht!

Wer weiſe iſt der merkt des Schoͤpfers weiſe Guͤte,

Und zeigt aus Dankbarkeit ein williges Gemuͤte.

Der Schoͤpfer ſuchet ſtets der Kreaturen Gluͤck,

Er zeucht die Menſchen ſtets vom Abgrund Thal
zuruͤck,

Die Weisheit rufft uns zu: Jhr Kinder meine
Lehren,

Die machen euch begluͤkt ach! moͤchter ihr
ſie hoͤren!


Vierter Theil.
[34]
Das
Lehrreiche Winter Gruͤn.

Die Welt iſt weiß zur Winterszeit,

Und in dies bleiche Todtenkleid,

Jſt alles gleichſam eingehuͤllet;

Die Luft iſt ſchwaͤrzlich angefuͤllet

Mit Duͤnſten, und ihr hell Revier,

Kommt uns, als wie ein Zimmer fuͤr,

Darin die Waͤnde und die Bogen,

Mit ſchwarzen Trauer-Flor bezogen.

Erbaͤrmlich Bild! der Erden Reich,

Jſt einem Sterbaewoͤlbe gleich,

Worin der kalte Todt regieret,

Das was im Sommer ſchoͤn gezieret,

Da unſre Erd ein Freudenthal,

Jſt nun im Winter blaß und kahl;

Der Baͤume Schirm, der ſie umlaubet,

Jſt durch den Froſt hinweggeraubet.

Der gruͤnen Gipfel ſchoͤner Kranz,

Und der ſmaragdnen Blaͤtter Glanz

Jſt hin: die Aeſte die wir ſchauen,

Erwekken uns ein banges Grauen:
Der
[35]Das Lehrreiche Wintergruͤn.

Der Buͤſche Kronen gleiche Pracht,

Wird wie ein wilder Strauch geacht,

Da ſich die Spizzen an den Hekken,

Wie ſtarr und kahle Klauen ſtrekken.

Der Erden zugefrorner Schoos,

Zeigt nichts als ein verfaultes Moos,

Daran des Todes Farbe lehret,

Daß es ſchon zur Verweſung kehret.

So iſt im Reiche der Natur,

Jn Gaͤrten, Wieſen, Wald und Flur,

Jn Schnee und Eis erſtarrt, erfroren,

Was in den Fruͤhling wird gebohren.

Jedoch ſo todt die blaſſe Welt,

Die durch den kalten Nord verſtellt;

So war dennoch bei vielen Leichen,

Noch hie und da ein Freudenzeichen.

Man fand noch manches Wintergruͤn,

Das aus den weiſſen Schnee her ſchien,

Der Hofnung Bild, lies ſich noch ſehen,

Jn tieffen Thaͤlern, auf den Hoͤhen.

Es ſchien durch ein verſteinert Eis,

Zu unſers Schoͤpfers Ruhm und Preis,

Das gruͤne Keimgen auf den Feldern;

Die fette Fichte in den Waͤldern,

Der Taxus, hielten bei den Druk,

Der kalten Luſt doch ihren Schmuk;

Am Meeres Ufern, an den Fluͤſſen,

Sah man ein gruͤnes Graß auch ſprieſſen.

C 2Der
[36]Das Lehrreiche Wintergruͤn.
Der Felder Gruͤn gab dieſe Lehr:
Jch keime zu des Schoͤpfers Ehr,

Der vor des Froſtes kalten Stuͤrmen,

Die Saat weis weislich zu beſchirmen.

Ein weiſſer Pelz von Froſt gewebt,

Der flokkigt iſt, und um uns klebt,

Muß unſre Lebensglut erhalten:

O Menſchen ſeht der Vorſicht walten.

Ein Bild von Menſchen deren Gluͤck,

Bei hart und wiedrigen Geſchick,

Nicht welket, und erblaßt verdirbet,

Vielmehr noch neuen Wuchs erwirbet.

Die Hofnung wird im Kreutz geſtaͤrkt,

O! wol dem, der das glaͤubig merkt,

Der wird bei des Verhaͤngnis Plagen,

Nicht uͤber ſein Verderben klagen.

Ein Fichtenwald, ein Lorbeer Hain,

Laͤſt ſeiner gruͤnen Blaͤtter Schein,

Sich nicht bei Schnee und kalten Reiffen,

Als einen welken Schmuk abſtreiffen.

Sie bluͤhen auch im Winter ſchoͤn,

Und laſſen uns ein Denkbild ſehn

Von Menſchen die die Aendrung haſſen,

Und ſich durch nichts verwandeln laſſen.

So lang die Gluͤkkes Sonne lacht,

Und ihrer Strahlen heitre Pracht,

Mit Luſt und Anmut uns erquikket;

So bluͤhen wir: wenn Noth uns druͤkket,
So
[37]Das Lehrreiche Wintergruͤn.

So faͤlt die Hofnung gleich dahin:

Allein wer auch den frohen Sinn

Den Muth bewahrt vor bangen Schmertze,

Zur Zeit der Noth, der hat ein Herze.

Der Taxus gruͤnet auch im Schnee,

Und prangt in majeſtaͤtſcher Hoͤh

Gleich aufgeſtellten Ehrenſaͤulen;

Die Wolken drohen ihn mit Keilen,

Ein Schnee Geſtoͤber ſtuͤrtzt herab,

Allein er bluͤht in ſeinem Grab,

Jhn ziert den Froſt, wenn Schnee und Reiffen,

Jhn wie mit Silber uͤberhaͤuffen.

Das Herz wird durch das Aug erwekt,

Wenn es des Taxus Gruͤn entdekt;

Mir deucht es wol uns ſolches weiſen,

Wie man auch muß im Leiden preiſen,

Den GOtt, der alles weislich fuͤgt;

Wer unter harten Druk vergnuͤgt,

Gleicht einem Taxus der beſchneiet,

Und wie mit Zukker uͤberſtreuet.

Wie lieblich ſcheint es wenn das Gras,

Durch ein gefrornes Spiegel Glas,

Durch Eis davon ein Flus bebruͤkket,

Mit ſeinen gruͤnen Spizzen blikket.

Es iſt, als wenn hier Schilderei,

Mit dem Kriſtall bedekket ſey,

Jn Spiegelrahmen eingefuͤget,

Wohinter ſie verwahret lieget.

C 3O!
[38]Das Lehrreiche Wintergruͤn.
O! ſchoͤnes Bild! das uns abmahlt,

Die Tugend die viel heller ſtrahlt,

Wenn ſie mit Leiden iſt gezieret,

Und unterm Kreutze recht probiret.

Das Gras das in dem Fluſſe ſchwimmt,

Jſt gleich dem, der zur Saat beſtimmt

Die zwar in Thraͤnen ausgeſaͤet,

Doch Freudenreich wird abgemaͤhet.

Des Winters Gruͤn auf Erd und Meer,

Giebt uns zuletzt noch dieſe Lehr:

Die Noth wird immer noch vermindert,

Wenn man nur Hofnung hat, die lindert.

Dies lehret uns es kommt die Zeit,

Da alles bluͤht in Heerlichkeit:

Die Hofnung zeiget uns imgleichen,

Die Luſt, wenn truͤbe Stunden weichen.


Der
[39]

Der Schnee.


(Hiob c. XXXVIII. 22.)

Biſt du geweſen, da der Schnee her-
koͤmmt?


Die Wunder der verſchloßnen Luft,

Sind theils bekandt, theils noch ver-
krochen,

Wir ſehen wenn die duͤſtre Kluft,

Der Wolken duͤnn Geweb zerbrochen;

So wird die Welt zur Winterszeit,

Mit Schnee, als Wolle uͤberſtreut

Aus deſſen haarigt duͤnnen Spizzen,

Die Schimmerreichen Strahlen blizzen.

Wie wird der Schnee alda formirt,

Jn GOttes Werkſtat? ſagts ihr Weiſen,

So wollen wir, wie ſichs gebuͤhrt,

Das Kenntnis eures Witzes preiſen.

Jhr ſcharffen Forſcher der Natur,

Durchdringt der Luͤffte dunkle Spur,

Sagt an, wie wird der Dunſt gebohren,

Der durch die Kaͤlte iſt gefroren.

Der Schnee koͤmt aus dem Wolkenſchlauch,

Dies koͤnnen wir als wahr begreiffen,
C 4Jhr
[40]Der Schnet.

Jhr lehrt daß durch der Winde Hauch,

Die Duͤnſte ſich zuſammen haͤuffen.

Die Luft die ihren Auffenthalt,

Jn ienen Kreiſen hat, iſt kalt,

Und kan, wie leichtlich auszufinden,

Die Teilchens an einander binden.

Allein erklaͤrt uns wie der Schnee,

Der aus dem Lufftkreis abwerts flieget,

Sich in der kalten Himmels Hoͤh,

So wunderbar zuſammen fuͤget.

Woher entſtehet die Geſtalt

Jn ienem duͤſtern Auffenthalt;

Wer macht die Flokken in der Ferne

So ekkigt, wie formirte Sterne?

Die Weiſen die den Stagirit,

Zu ihren blinden Fuͤhrer waͤhlen,

Die ſehen, was kein Menſche ſieht,

Wenn ſie uns ihren Wahn erzaͤhlen.

Sie meinen, die verborgne Krafft,

Das Unding welches alles ſchafft,

Das wir nicht klar begreiffen koͤnnen,

Sei hier die Urſach auch zu nennen.

Ein andrer prahlt mit der Jdee,

Die durch ihr wunderbar Formiren,

Der Luͤffte Schaum, den kalten Schnee,

Mit ſolcher Bildung koͤnne zieren.

Fragt nicht aus Witz und Neubegier:

Was ſtellt ſich dieſer Weiſe fuͤr
An
[41]Der Schnee.

An den Jdeen? bei dem Erklaͤren,

Wird er euch neue Raͤthfel lehren.

Die, welche unſers Schoͤpfers Siz,

Den ausgeſpannten Raum ergruͤndet;

Und deren wollgeſchaͤrfter Witz

Jn dunklen Tieffen Klarheit findet,

Erwaͤhlen eine andre Art,

Wie ſich des Schnees Dunſt verpaart:

Sie meinen, daß der Duͤnſte Schwingen,

Die ſteif, ſich an einander hingen.

Wenn ſich der Luͤffte Kreis bewegt,

Der voll von kleinen Theilen ſchwimmet,

Ein Dunſt ſich zu dem andern ſchlaͤgt,

Darin noch etwas Waͤrme glimmet:

So wird wenn eins zum andern fliegt,

Ein ieder Dunſt gekruͤmmt, gebiegt,

Da ſie ſich drauf geſchwind vereinen,

Als runde Waſſertropfen ſcheinen.

Hingegen wenn die Lufft erfrorn,

So haͤtten auch die Waſſer Duͤnſte,

Bewegung und die Waͤrm verlohrn,

Und ſo entſtuͤnde ein Geſpinſte,

Das ſtarr ſich an einander hengt,

Wie Flokken drauf zuſammen drengt;

Und durch den Trieb von regen Winden,

Entſtuͤnde nachmahls ihr Verbinden.

C 5Nach-
[42]Der Schnee.
Nachdem der Druk den Schnee regiert,

Wenn Duͤnſte an einander ſtehen,

Wuͤrd nachmahls die Geſtalt formirt,

Die wir bei ſeinem Fallen ſehen.

So kuͤnſtlich dieſes ausgedacht,

Wie in der Lufft der Schnee gemacht:

So muͤſſen ſie doch eingeſtehen,

Daß es kein Auge klar geſehen.

Die Zeugung bleibet unbekandt,

Die Werkſtat bleibet uns verſchloſſen;

Wo in der Luͤffte weiten Land,

Dies weiſſe Dunſtgewaͤchs entſproſſen.

Der GOtt der der Natur gebeut,

Den Erdenball mit Schnee beſtreut,

Kan ihn in denen Lufftgefilden,

Ganz anders, als wir denken, bilden.

Wir ehren ſeine Majeſtaͤt,

An ſeinen wunderbahren Werken;

Des Schoͤpfers Groͤſſe wird erhoͤht,

Wenn wir daran gebuͤkt bemerken,

Daß das auch unerforſchlich bleibt,

Wie er den Schnee zuſammen treibt:

Die Weisheit kann das anders lenken,

Als wir es in der Einfalt denken.

Die Macht die uͤberſchwenglich gros

Weit uͤber die Gedanken ſteiget,

Eroͤffnet nur der Luͤffte Schoos

So wird der Schnee herab gebeuget.
Der
[43]Der Schnee.

Der rege Kreis der immer quillt,

Wird mit den Flokken angefuͤllt,

Die auf der Erden ſchwarzen Ballen,

Wie weiſſe Federn abwerts fallen.

Es ſchwaͤrmt der Schnee in oͤder Lufft,

So bald ſind die ſonſt heitren Bogen,

Als eine ſchwarze Todtengrufft,

Mit truͤber Finſterniß bezogen;

Es wikkelt ſich der Sonnenſchein,

Gleichſam in falben Schleier ein,

Die Strahlen ſcheinen eingehuͤllet,

Die Lufft mit Flokken angefuͤllet.

Sie drengen los: O welch ein Spiel,

Uns duͤnkt es kaͤm aus jener Ferne,

Jndem der Schnee herunter fiel,

Ein Heer der abgebildten Sterne.

Man ſieht ſechs Ekken klar daran,

Die keiner ſchoͤner bilden kan;

Man ſieht die ſchimmernd weiſſen Spizzen,

Jn Regel rechter Ordnung ſizzen.

O! welche zierliche Figur,

Sieht dort das Aug herunter ſchieſſen;

Hier hat die ſpielende Natur,

Ein Bild von Kronen abgeriſſen;

Da deucht uns nach dem Augenſchein,

Als wenn gar weiſſe Roſen ſchnein:

Dort ſieht man andre Bilder fliegen,

Die kuͤnſtlich ſich zuſammen fuͤgen.

O!
[44]Der Schnee.
O! Schoͤpfer dieſes Flokken Heer,

Das mein geruͤhrtes Aug erblikket,

Jſt mir ein Spiegel deiner Ehr,

Darin ſich deine Macht abdruͤkket.

Es denk ein roher Atheiſt,

Nur immerhin, wenn er dies lieſt,

Das dies von Ohngefehr geſchehen,

Woran ich deine Macht geſehen.

Der Spoͤtter ſagt: da ich im Schnee,

So viele Bilder und Figuren,

Die kuͤnſtlich ſind gedruͤkt, erſeh:

Jch ſehe keine Gottheit Spuren;

Es zeiget mir dies Spiel vielmehr,

Daß auch vom blinden Ohngeſehr,

Figuren leicht entſtehen koͤnnen’,

Die wir der Weisheit Kunſtſtuͤk nennen.

Wie thoͤrigt iſt der Unbedacht,

Der alſo ſchließt; wenn GOttes Weſen,

Das er aus blinden Wahn verlacht,

Den Schnee ſo kuͤnſtlich auserleſen;

So muͤſte er, wie wir doch ſehn,

So leicht nicht wiederum vergehn;

So muͤſten die geformmten Spizzen

Die Zierligkeiten wozu nuͤzzen.

Allein wie falſch iſt dieſer Schlus,

Daß man an einem ſchoͤnen Werke,

Das bald vergehn, zerflieſſen muß,

Des Hoͤchſten Finger nicht bemerke.
Wie
[45]Der Schnee.

Wie zeugt nicht auch der Unterſcheid

Der Daur von der Volkommenheit,

Von einem allerhoͤchſten Weſen,

Das dieſen Unterſcheid erleſen?

Es lehrt der Schnee daß einerlei

Dem Schoͤpfer, ob er Wunderdinge,

Und ob er eine fluͤchtge Spreu

Die ungeziert, zu Stande bringe.

Sein Wort ſpricht, und es muß geſchehn,

Er will und ſo muß gleich entſtehn,

Das was ſein weiſes Aug erzielet,

Und lieblich uns ins Auge ſpielet.

Es nuͤzt des Schnees Zierligkeit,

Wenn wir ſie nur mit Luſt betrachten.

O! lernet, wenn es Bilder ſchneit,

Wie GOttes Weisheit hoch zu achten,

Die unſer Herz dadurch erquikt,

So bald das Auge ſie erblikt;

Der Schoͤpfer ziert die ſtarren Flokken,

Warum? wir ſpielen gern mit Tokken.

Er iſt ein Vater der uns liebt,

Er weiß was angenehm den Sinnen

Sein Zwek iſt, wenn er uns das giebt,

Daß wir ihn darum lieb gewinnen.

Ein Vater ſchenket ſeinem Kind,

Woran es ein Vergnuͤgen find;
GOtt will durch ſolche Wunderſachen,

Den truͤben Winter luſtig machen.

Drum
[46]Der Schnee.
Drum Thoren flieht den tollen Wahn,

Daß daß unnuͤz was wir nicht kennen,

Was uns nicht recht vergnuͤgen kan,

Das muß man einem andern goͤnnen.

Es iſt ſehr viel in dieſer Welt,

Das dieſem nicht, dem woll gefaͤllt:

Des Schoͤpfers Zweck zielt, wie er allen,

Dem hie, dem dadurch koͤnn gefallen.

Jhr Menſchen ſeht ein Lehrbild an,

Jhr koͤnnet eur natuͤrlich Weſen,

Am Schnee wenn er noch auf der Bahn,

Der duͤnnen Luͤffte ſchwimmet, leſen.

Der Schnee ſcheint nach dem Augenſchein,

Wenn er gezeugt wird, ſchwarz zu ſeyn,

Da doch ſo bald er auf der Erden,

Nichts weiſſers kan gefunden werden.

Die Weiſſe kommt vom Himmelslicht,

Der Sonnenglanz durchſtrahlt die Spizzen,

Und wenn der Strahl den Dunſt durchbricht,

Sieht man den Schnee ganz ſchimmernd blizzen.

Der Suͤnden Ruß, der Laſter Schwaͤrz,

Klebt von Natur an jedem Herz,

Die Gnadenſonn muß es erhellen,

Um rein und heilig darzuſtellen.

Des Schnees rege Fluͤchtigkeit,

Kan uns von unſern ganzen Leben,

Und von dem Glanz der eitlen Zeit,

Auch manche ſchoͤne Lehren geben.
Die
[47]Der Schnee.

Die Bilder die wir daran ſehn,

Die koͤnnen nicht gar lang beſtehn:

Und was ſo kuͤnſtlich iſt geſponnen,

Jſt oft im Augenblik zerronnen.

Das iſt ein Bild wie Stern und Gluͤk,

Jn dieſer Welt entſteht, verſchwindet;

Wie man in einem Augenblik,

Die Herrligkeit zerſchmolzen findet.

Der Schnee der in geformter Zier,

Uns kommt wie Kron und Sternen fuͤr,

Jſt nur ein Dunſt der glaͤnzend ſcheinet,

Ein Nichts das herrlich, weil mans meinet.

Was iſt die Herrligkeit der Welt,

Der blanke Koth, der Kranz der Ehren,

Die Wolluſt, und was ſonſt gefaͤlt?

Der Schnee kan uns das klaͤrlich lehren:

Es iſt ein eingebildtes Nichts,

Ein ſuͤſſer Vorwurf des Geſichts,

Ein Dunſt vor die betaͤubten Sinnen,

Vergnuͤgen die wie Schnee zerrinnen.

Du ſiehſt o! Menſch zur Winterszeit,

Den Schnee mit Luſt recht zierlich prangen,

Es thauet auf, die Nettigkeit,

Jſt fluͤchtig wiederum vergangen.

Die Schoͤnheit iſt in Koth verkehrt,

Dies iſt ein Bild das dir dies lehrt:
O! Menſch du kanſt dein fluͤchtig Weſen,

An dem zerfloßnen Schneeball leſen.



[48]
Die Seele.
Jch merke dich o! rege Seele,

Geiſt der von GOttes Allmacht ſtammt,

Du biſt das Licht der Leibes Hoͤle,

Das ſelbſt der Schoͤpfer angeflammt:

Was waͤr ich ohne dich zu nennen?

Ein Klump der ſich nicht ſelbſt erkennen,

Ein Koͤrper der nichts fuͤhlen kan.

Durch dich verſpuͤr ich, was ſich findet,

Was GOtt in dieſer Welt verbindet,

Durch dich ſchau ich mich ſelber an.

Dich hat das Weſen aller Weſen,

Der Dinge Quell, der hoͤchſte Geiſt,

Zu ſeinem Meiſterſtuͤk erleſen,

Wie deine Herrligkeit uns weißt:

Du biſt ein unerforſchlich Wunder,

Du bildeſt dich in mir iezunder,

Und druͤkkeſt dich dir ſelbſten ein,

Du wirkſt in mir iezt dieſe Fragen,

Du muſt mir ſelbſt die Antwort ſagen,

Was mag woll eine Seele ſeyn?

Du laͤſſeſt dir dein Weſen merken,

Und deine rege Geiſtigkeit;
Du
[49]Die Seele.

Du kanſt den Saz als wahr beſtaͤrken:

Es ſey ein groſſer Unterſcheid,

Der Geiſt und Koͤrper wuͤrklich trenne,

Die Seele die Regentin nenne,

Die in des Leibes Huͤtte thront;

Der Geiſt iſt ein beſondres Weſen,

Das fuͤr den Leib nur auserleſen;

Weil er darin regiert und wohnt.

Der Menſch iſt ſich bewuſt, er denket,

Die Wuͤrkung ſtammt vom Koͤrper nicht,

Die Theile, woraus der verſchraͤnket,

Die haben kein Verſtandes Licht;

Die weſentlichen Eigenſchafften,

Die an dem koͤrperlichen hafften,

Und in der Ausdehnung beſtehn,

Die koͤnnen ſich zertheilen laſſen,

Und allerhand Figuren faſſen,

Die koͤnnen wir nur leidend ſehn.

Man mag in Millionen Jahren,

Die koͤrperlichen Theile drehn,

Man wird doch nimmermehr erfahren,

Daß draus Gedanken dreinſt entſtehn.

Man mag ſie welzen, regen, rollen,

Es wird daraus kein regend Wollen

Jn Ewigkeit zu ſpuͤren ſeyn:

Das Weſen das in Menſchen denket,

Den Willen hie und darauf lenket,

Das ſchlieſt nichts koͤrperliches ein.

Vierter Theil. DJhr
[50]Die Seele.
Jhr Weiſen, was wolt ihr euch quaͤlen,

Das wahre Weſen einzuſehn:

Jhr fragt umſonſt was unſre Seelen

Worin ſie eigentlich beſtehn:

Jhr wolt mit der Gedanken Schwingen,

Jns dunkle Reich der Geiſter dringen;

Der Seelen Fluͤgel ſind zu matt,

Was wollet ihr euch denn erheben,

Nach deutlichen Begriff zu ſtreben,

Den man von keinem Geiſte hat.

Genug fuͤr uns, wenn wir nur wiſſen,

Was ſich nicht an der Seele ſind,

Jhr Weſen voͤllig aufzuſchlieſſen,

Jſt der Verſtand hier viel zu blind.

So lang die Seel und Leib verbunden,

Wird von uns nimmermehr erfunden,

Worin ſie eigentlich beſteh;

Es wird das Licht das helle funkelt,

Von koͤrperlichen Dunſt verdunkelt,

Und der umnebelt deſſen Hoͤh.

Genug wenn wir allhie erkennen,

Jm Lande truͤber Eitelkeit,

Daß unſre Seel ein Geiſt zu nennen,

Von herrlicher Vollkommenheit;

Ein Geiſt der ſich durch die Gedanken,

Erhebet aus des Koͤrpers Schranken,

Der in ſich ſelbſt und auswerts ſieht,

Der durch der Sinnen aͤuſre Roͤhren

Kann fuͤhlen, riechen, ſchmekken, hoͤren,

Aus allen ſein Vergnuͤgen zieht.

Wie
[51]Die Seele.
Wie ſchnell entſteht das rege Denken,

Das aus den innren Trieb entſpringt,

Wie wunderbar pflegt ſich zu lenken,

Der Koͤrper den ſein Wollen zwingt;

Kaum hat der Koͤrper was geſpuͤret,

So wird der Geiſt dadurch geruͤhret;

Es wird durch das geheime Band

Das Seel und Leib zuſammen ſtrikket,

Der Koͤrper von dem Geiſt gezuͤkket

Dabei das wie? bleibt unbekandt.

Kein Tropfe treibet ſo den andern,

Jn einer ungedaͤmmten Flut,

Die bei dem immer regen Wandern,

Niemahls in ihren Wirbeln ruht,

Als ein Gedanke der entſtehet,

Auf einen andern folgt und gehet,

Und wiederum den dritten bringt:

Kaum iſt derſelbige entſtanden,

So iſt ein anderer vorhanden

Woraus ein neuer ſchon entſpringt.

Wer kan den regen Trieb bemerken,

Der in der Seele ſich dewegt,

Ohn dieſe Warheit zu beſtaͤrken,

Daß GOttes Bild darin gepraͤgt.

Bedenken wir, wie die Jdeen,

Aus der Empfindung gleich entſtehen:

So ſtuzt der ganz verſchlungne Sinn,

Es oͤffnen ſich der Lippen Schranken,

Man hoͤrt den Ausſpruch der Gedanken:

Jch ſpuͤr daß ich ein Wunder bin.

D 2Be-
[52]Die Seele.
Betrachtet man noch mehr die Kraͤfte,

Die unſrer Seelen eigen ſind,

Was man vor wunderbar Geſchaͤffte

Beim Wirken des Verſtandes find;

Und wie das Auge unſrer Seelen,

Erkennt, und darnach pflegt zu waͤhlen;

So ſiehet man die Wunderkrafft

Des Lichts, das GOtt in uns entzuͤndet,

Wodurch man alles das erfindet,

Was Leib und Seele Nuzzen ſchafft.

Damit kan man das hoͤchſte Weſen,

Die Urquell aller Dinge ſehn,

Wenn wir in Weltbuch fleißig leſen;

Dadurch kan man das auch verſtehn,

Was GOttes Maͤnner aufgeſchrieben,

Die durch den ewgen Geiſt getrieben.

Dies himmliſch Licht, Vernunfft, Verſtand,

Entdekket uns der Gottheit Hoͤhen,

Die nie ein ſterblich Aug geſehen

Und macht den Schoͤpfer uns bekandt.

Was machts daß wir die Kreaturen

Als Spiegel ſeiner Herrligkeit,

Daß wir ſo wunderbare Spuren

Der ewigen Vollkommenheit

Am Himmel, auf der Erd erblikken,

Die uns in ſuͤßſter Luſt entzuͤkken?

Nur der Verſtand wirkt es allein,

Der macht daß durch die aͤußren Sinnen,

Die Erde und die Himmels-Zinnen

Der Menſchen Luſtgefilde ſeyn.

Dies
[53]Die Seele.
Dies Kleinod giebet uns den Adel,

Der uns vor andern Thieren ſchmuͤkt,

Und iſt es gleich nicht ohne Tadel,

Weil draus ſo mancher Mangel blikt;

So bleibt doch der geprießne Schimmer,

Der daraus ſtrahlt in uns noch immer,

Bei alles Jrrthums Dunkelheit;

So iſt es uns annoch ein Siegel,

Daß wir ein unvollkomner Spiegel

Von GOttes lichten Herrligkeit.

Die Thiere die auch Othem hauchen,

Und ſinnlich von Natur beſeelt,

Die koͤnnen dieſe Welt nicht brauchen,

Weil die Vernunfft denſelben fehlt.

Sie ſehen ohne Ueberlegen,

Jhr Athmen iſt ein bloſſes Regen,

Sie wiſſen nicht was herrlich, ſchoͤn,

Es wird von ihnen zwar verſpuͤret,

Was ihre Sinnligkeit beruͤhret:

Allein ſie koͤnnens nicht verſtehn.

Sie ſehen, wie in dunklen Traͤumen

Das Strahlenreiche Firmament;

Sie ſchmekken die gebluͤhten Keimen,

Darnach der Sinnen Sehnſucht rennt;

Die Luſt iſt nur ein wildes Scherzen,

Und die Empfindung von dem Schmerzen,

Praͤgt ſich der Einbildung nur ein,

Die Werke die ſie kuͤnſtlich weben,

Dadurch ſie ihren Wiz erheben,

Die koͤnnen einerlei nur ſeyn.

D 3Wie
[54]Die Seele.
Wie herrlich iſt der Geiſt hingegen,

Den GOtt den Menſchen hat geſchenkt,

Wie edel? er kan das erwegen,

Was ſich in aͤuſre Sinnen ſenkt.

Der ſchoͤne Bau gewoͤlbter Luͤffte,

Und deſſen tief verborgne Kluͤffte,

Wird von ihm achtſam angeblikt:

Hie aͤuſert ſich der Seelen Staͤrke,

Sie ſieht die hohen Wunderwerke,

Und auch daß ſie recht ſchoͤn geſchmuͤkt.

Bewundrung wuͤrket das Vergnuͤgen,

Wenn der Verſtand geruͤhret ſpricht,

Er ſaͤhe aus der Sonnen fliegen,

Den Schimmer von der Gottheit Licht.

Ein Menſch kann, wenn er will aus Sternen,

Des Schoͤpfers Herrligkeit erlernen;

Das Himmels breites Luſtrevier,

Das ſtellet ihm in guͤldnen Zeilen,

Die laͤnger als viel tauſend Meilen.

Die Maieſtaͤt der Gottheit fuͤr.

Er kan auf dieſen Erdball ſchauen,

Den Schauplaz voller Herrligkeit,

Wo Wald und Feld, wo Thaͤler, Auen,

Ein iedes ihm Vergnuͤgen beut;

Die Wolluſtſtroͤme die durch Sinnen,

Als unſers Geiſtes Roͤhren rinnen,

Sind ihm gedoppelt, vierfach ſchoͤn,

Warum? es kan ihr reizzend Schmekken,

Den Geiſt dadurch mit Luſt erwekken,

Jn allen ſeinen GOtt zu ſehn.

Wie
[55]Die Seele.
Wie edel ſind der Seelen-Kraͤffte,

Wie koſtbar ein geſchaͤrffter Wiz,

Der zu ſo mancherlei Geſchaͤffte,

Bei dem vergnuͤgten Leben nuͤz;

Das was durch Menſchen Kunſt vorhanden,

Jſt durch des Geiſtes Kraft entſtanden,

Die ſich auf ſo viel Ding erſtrekt;

Wie viele Kuͤnſte ſind verſchwunden,

Wie viele wiederum erfunden,

Die Wiz und Fleis vereint, entdekt?

Der Wiz durchdringt mit ſcharffen Denken,

Der Luͤffte duͤnngewebte Bahn,

Erforſcht wie ſich die Kreiſe ſchwenken,

Die Wirbel drehn am Stern Altan;

Er zaͤhlt das Heer der lichten Sterne,

Er mißt den Raum der blauen Ferne,

Der zwiſchen beiden Polen ſchwebt,

Wenn er ſich nach den weiten Graͤnzen,

Wo ſo viel tauſend Sonnen glaͤnzen,

Jn aufgeſchwungner Kraft erhebt.

Der Geiſt erhebet ſein Gefieder,

Und dekt des Himmels Ordnung auf,

Senkt ſich von dieſer Hoͤhe wieder,

Bemerkt der Zeiten Wechſel Lauf,

Durchdringt den tieffen Schoos der Erden,

Wo Stein und Gold gebohren werden,

Und ſiehet auf der dunklen Spur;

Wie ſich der Berge dikke Saͤffte,

Verwandeln durch der Sonnenkraͤffte,

Zu guͤldnen Schaͤzzen der Natur.

D 4O!
[56]Die Seele.
O! Geiſt du himmliſches Geſchenke,

Du Sonne in der kleinen Welt!

Wenn ich die Eigenſchafft bedenke,

Die aus der Wuͤrkung klar erhellt;

So finde ich auch das Vermoͤgen,

Das alles reiflich zu erwegen,

Was richtig und was falſch zu ſehn:

Die Urtheilskrafft, und durch Verbinden,

Der Saͤze Warheit zu ergruͤnden,

Kan deine Schoͤnheit noch erhoͤhn.

Du denkſt, beſchlieſt, verwirfſt und waͤhleſt,

Daß iſt auch deine Wunderkrafft,

Schlieſt Schlus aus Schlus da du nach zaͤhleſt,

Der Dinge wahre Eigenſchafft.

Dein Kenntnis wird dadurch erweitert,

Und durch den Fleis ſtets mehr gelaͤutert,

Der Warheit edler Schaz entdekt:

Und durch dein unermuͤdet Ringen,

Kanſt du den falſchen Wahn bezwingen,

Der ſich in dunkle Nebel ſtekt.

Es iſt in dir ein reger Wille,

Der ſich nach ewgen Ziele lenkt;

Die Triebe ſtehen nimmer ſtille,

Bei dem, was uns die Zeit geſchenkt.

Man ſpuͤrt bei deinem Unterfangen,

Ein unaufhoͤrliches Verlangen,

Und die Begier iſt nimmer ſat;

Sie wuͤnſchet immerfort aufs neue,

Wenn ſie auch eine lange Reihe,

Von Guͤtern ſchon erlanget hat.

Dies
[57]Die Seele.
Dies zeiget uns ſchon im Gefuͤhle,

Daß du die weite Ewigkeit

Geſezt zu deiner Sehnſucht Ziele,

Daß keine Schranken dieſer Zeit

Vermoͤgend ſind dein Wolln und Wiſſen

Jn ihren engen Kreis zu ſchlieſſen;

Draus ſcheint, daß dir die andre Welt,

Mit ihrer unbeſchriebnen Fuͤlle,

Nach der zerrißnen Leibes Huͤlle,

Zum Schauplaz werde vorgeſtelt.

O! Geiſt dein Koͤrper muß zerſtaͤuben,

Sein grober Zeug kan nicht beſtehn,

Du aber wirſt auf ewig bleiben,

Und nicht mit ſolchen untergehn.

Die Zeit zermalmt, zerreibt, zerſtuͤkket,

Was theilbahr wird zulezt zerdruͤkket,

Dein Weſen bleibet unverſehrt;

Was einfach, keine Theile kennet,

Was nicht vermiſcht, wird nicht getrennet,

Des Geiſtes Seyn bleibt unzerſtoͤhrt.

Das glaube ich, weil mein Empfinden,

Ein innrer Zug mich uͤberzeugt,

Und kan ichs zwar nicht ganz ergruͤnden,

So iſt die Sehnſucht doch geneigt.

Die Seele wuͤnſchet kein Zerſtoͤren,

Sie wuͤnſcht ein immer daurend Waͤhren,

Der Trieb dazu komt, HErr! von dir,

Drum wirſt du nach den kurzen Zeiten,

Sie in die Ewigkeit begleiten,

Dies koͤmmt auch uns ganz glaublich fuͤr.

D 5Ja!
[58]Die Seele.
Ja! ja! du zeigſt uns dieſe Warheit,

Die die Vernunfft ganz glaublich macht,

Jn deinem Wort, in heller Klarheit:

Du lehrſt daß keine Todes Nacht,

Der Seelen Licht verdunklen koͤnne,

Jhr geiſtiſch Weſen nicht zertrenne;

Du lehrſt daß eine Ewigkeit,

Wo ſie geloͤßt von ihren Bande,

Jn einem neu verklaͤrten Stande

Sich an der Gottheit Schein erfreut.

O! wie wird dort der Geiſt geſtillet,

Wenn ihn die Ewigkeit umgiebt,

Der Sehnſucht Trieb wird da erfuͤllet;

Jm hoͤchſten Gut, das er hie liebt;

Wird er die ſuͤßſte Ruhe haben,

Und der Genus geſchenkter Gaben,

Der ſchmekket ihm auf ewig Wohl.

O! woll dem der auf Erden lernet,

Wie man ſich von der Welt entfernet,

Wie man zum Himmel wandeln ſol.

Auf Seele! ſpanne deine Kraͤffte,

Jn dieſem Land der Pruͤffung an,

Ermuntre dich zu dem Geſchaͤffte,

Das dich zum Himmel bringen kan;

Die Ewigkeit ſteht dir zum Ziele,

Verlaß das irdiſche Gewuͤhle,

Das dich auf dieſer Welt beſchwert!

Auf ſchwinge deiner Sehnſucht Fluͤgel,

Nach dem beſtirnten Salems Huͤgel

Wo man ſtets GOtt in Schauen ehrt.

O!
[59]Die Seele.
O! Geiſt! der du den Geiſt gegeben,

Der noch in leimern Huͤtten wohnt,

Gib mir die Krafft dahin zu ſtreben,

Wo Herrligkeit und Ruhe thront.

Erhebe mich zu dieſer Wuͤrde,

Da meines Leibes ſchwere Buͤrde

Mir viele Feſſeln angelegt;

Zerbrich der Luͤſte feſte Ketten,

Du kanſt mich nur allein erretten,

Wenn mich dein Gnadentrieb bewegt.

Du biſt ein Weſen voller Liebe,

Das allen Suͤndenwuſt zerſtreut,

Jch merke deine regen Triebe,

Du haſt in mir dein Bild verneut;

Dein Zug zieht die verdorbnen Sinnen

Jn jenen reinen Himmels-Zinnen,

Entferne dich o! Eitelkeit,

Mein Heiland hat mich nun entbunden,

Drum eilt ihr Fluͤgelſchnellen Stunden,

Mein Geiſt beſiegt die Welt und Zeit.


Die
[60]

Die
Geburt des Menſchen ein Wun-
der der Gottheit.


(Hiob c. X. 8. 9.)

Deine Haͤnde haben mich gearbeitet, und
gemacht, alles was ich um und um
bin: Gedenke doch, daß du mich aus
Leimen gemacht haſt: Du haſt mir
Haut und Fleiſch angezogen, mit A-
dern haſt du mich zuſammen gefuͤ-
get.


Als GOtt die groſſe Welt in ihren
Stand gebracht,

Hat er die kleine Welt, den Menſchen
auch gemacht,

Sein kraͤfftig Allmachts-Wort, ſein unumſchraͤnk-
tes Werde,

Zog ſeinen Leib hervor aus einem Klumpen Er-
de.

Der Leib der Seelen-Haus, der Glieder ihr Ge-
ſchik,

Jſt ſeiner weiſen Macht vollkomnes Meiſterſtuͤk;

Es iſt ein Wunderwerk daran recht zuerkennen,

Wie GOtt ein weiſer HErr von groſſer Macht zu-
nennen.

Des
[61]ein Wunder der Gottheit.
Des erſten Menſchen Leib, der wie ein Thon ge-
dreht,

War ein recht ſichtbar Bild von ſeiner Majeſtaͤt,

Es war der Stamm geſezt zum menſchlichen Ge-
ſchlechte,

Der durch die Wunderkrafft nun ferner Fruͤchte
braͤchte.

Der Weisheit Rathſchlus war, es ſolt des Man-
nes Leib,

Die Rippe ſelbſten leihn, zu einem erſten Weib,

Und nachmahls ſolte denn aus keuſchen Liebes-
flammen,

Das Wachsthum des Geſchlechts von Mann und
Weib herſtammen.

Wie wunderbar iſt es daß durch die Liebesglut,

Die Welt bevoͤlkert wird, daß von dem Fleiſch und
Blut,

Der erſten Menſchen ſind drauf nach und nach ent-
ſtanden,

Die vor dem ſind geweſt, und noch iezund vorhan-
den.

Wer dieſes nur bedenkt, dem faͤlt gleich dabei ein,

Es muß ein ewger GOtt der Dinge Schoͤpfer
ſeyn,

Es kan ja nimmermehr, von ohngefehr geſchehen,

Daß Menſchen wiederum von Menſchen ſo ent-
ſtehen,

Als die Erfahrung lehrt; Es bringt die Fortpflan-
zung

Des menſchlichen Geſchlechts uns zur Verwunde-
rung:

Und waͤr kein ewger GOtt, bemerkt ihr blinden Toh-
ren,

Wie waͤret ihr denn wol, ſo wunderbar gebohren?

Jhr
[62]Die Geburt des Menſchen
Jhr Gottsverlaͤugner ihr, die ihr ſo ſpoͤttiſch lacht,

Wenn man euch lehren wil, daß euch ein GOtt
gemacht?

Wie iſt nicht die Geburt ein Wunderwerk zu nen-
nen,

Woran der Gottheit Groͤs recht herrlich zu erken-
nen?

O! Menſchen geht zuruͤk; und denkt den Urſprung
nach,

Was war eur erſter Stoff woraus ſich allgemach

Des Koͤrpers netter Bau geſtrekt, geformt, gefuͤ-
get,

Denkt wie entſteht der Menſch, der in der Mutter
lieget?

Wenn das, was die Natur als ein Geheimnis
dekt,

Geſchicht, ſo wird dadurch das Sammen-Korn
verſtekt,

Das nachmahls fruchtbar wird; wer aber kan ver-
ſtehen,

Wie dieſe Urbildung ſey eigentlich geſchehen?

Wer klaͤrt das voͤllig auf wie ſolches wird ent-
flammt,

Woraus hernach die Frucht ſo wunderbar her-
ſtammt?

Jhr Weiſen der Natur vermoͤgt ihrs zu ergruͤn-
den,

Jhr ſchweigt erſtaunend ſtill, ihr koͤnnt es nicht er-
finden,

Jhr zeigt durch euren Wiz bei der Erklaͤrung an,

Das es noch kein Verſtand recht klar begreiffen
kan,

Jhr forſcht in der Natur, ihr ſeht verborgne Gaͤn-
ge,

Die
[63]ein Wunder der Gottheit.
Die Werkſtat die ihr ſchaut ſtellt euch in groſſer
Menge

Der Weisheit Zeugen auf; es ſtuzzet der Ver-
ſtand,

Wenn er den Raum erwegt, worin die Frucht ge-
ſpannt,

Die GOttes Hand formirt; die wie ein Klump ge-
ronnen,

Woraus ſich mit der Zeit des Leibes-Bau entſpon-
nen.

Wie wunderbar iſt es wenn auf der Macht Ge-
heis,

Die alles wirken kan, ſich in dem engen Kreis

Ein huͤpfend Puͤnctgen regt, das Herz des Lebens-
Quelle,

Da ſich drauf ſtets vermehrt in ihrer engen Celle,

Die drauf belebte Frucht die ſich durch Roͤhren
naͤhrt,

Ob ſie gleich mit den Mund bisher noch nichts ver-
zehrt,

Bis daß die Zeit vorbei, da ſie ſich wil erretten,

Aus ihrer Dunkelheit, aus ihres Kerkers Ketten.

O Menſchen denkt dies doch mit ſtiller Ehrfurcht
nach,

Hier koͤnnet ihr noch ſehn, was GOtt im Anfang
ſprach:

Als durch ein maͤchtiges und alles wirkend Werde,

Aus einem Nichts herflog der Himmel und die Er-
de;

So gros das Wunder war, da er es dargeſtellt,

So gros iſt auch die That, wenn er die kleine
Welt,

Den Menſchen annoch laͤſt im Mutterleib entſte-
hen,

Daran
[64]Die Geburt des Menſchen
Daran der Gottheit Macht und Weisheit zu erſe-
hen.

Seht euch nur ſelbſten an, was wart ihr vor ein
Bild,

Da euch die Dunkelheit im Mutterleib verhuͤllt,

Da ihr noch wie ein Kneul, wie zartes Garn ge-
wunden,

Daraus des Hoͤchſten Hand den Koͤrper ſo verbun-
den,

Wie ihr euch jezo ſeht? Wie ſind wir nicht ge-
webt,

Als wie ein zartes Garn, das an einander klebt?

Es muſt auf GOttes Wink des Leibes Stuͤk, die
Sehnen,

Die Knochen, Knorpeln, Haut ſich immer weiter
dehnen.

Es ward das Eingeweid durch ſeine Wunder-
hand,

Gedaͤrme, Adern, Bauch als wie ein Nez ge-
ſpannt,

So kuͤnſtlich durchgewirkt, und ſo genau verſtrik-
ket,

Daß nichts aus ſeinem Siz und Lage weggeruͤk-
ket.

Anbetenswuͤrdigs All! hier ſieht man deine Macht,

Hier merket man dein Aug das uͤber uns gewacht,

So lang wir in dem Schoos der Mutter einge-
ſchloſſen,

Und in der finſtern Klufft das Blut zum Trank
genoſſen.

Verkehrter Atheiſt, du Ungeheur der Welt,

Was ſchließt dein eitler Wahn, wenn du dir vor-
geſtellt,

Wie
[65]ein Wunder der Gottheit.
Wie wunderbahr der Menſch, der wie in Milch ge-
floſſen,

Wie wunderbahr du ſelbſt, aus Fleiſch und Blut
entſproſſen?

Wie, glaubeſt du dennoch, daß dich ein ohnge-
fehr,

Ein Zufall der von Macht, von Wiz und Weis-
heit leer,

Aus einem blinden Nichts alſo hervorgezo-
gen,

Daß deines Leibesbau wie Stoff verwirt geflo-
gen,

Und ſich alſo vereint, daß Kopf, daß Aug und
Hand,

Daß Glied an Glied geſezt, und Theil an Theil ge-
ſpannt?

Es muß dein eignes Herz ein weiſeſtes Regie-
ren,

Wenn du das nur bedenkſt, ein hoͤchſtes Weſen
ſpuͤren.

Des Schoͤpfers ewge Macht und Weisheit iſt al-
lein,

Der einzig wahre Grund von unſerm erſten Seyn;

Die unumſchraͤnkte Kraft hat uns blos durch ihr
Weben,

Den wolgebauten Leib, den Othem drin gege-
ben,

Die hat uns auch bewahrt vor der Gefaͤhrligkeit,

Die uns neun Monath lang in unſerm Kerker
dreut.

Die hat uns drauf begluͤkt, durch Lieb und Treu
bewogen,

Aus unſrer Dunkelheit ans Tages Licht gezo-
gen.

Vierter Theil. EDie
[66]Die Geburt des Menſchen ein Wunder der Gottheit.
Die hat den Ausgang uns aus einer finſtren
Nacht,

Zu dieſer lichten Welt recht wunderbahr gemacht.

Ein ieder denke nach wie GOtt den Weg berei-
tet,

Wie er durch dieſen Paß uns ſicher durchgelei-
tet;

So wird das Herz geſtehn, wenn es erſtaunt ge-
ruͤhrt:

Es hat mich die Geburt der Menſchen uͤber-
fuͤhrt,

Sie ſey ein Wunderwerk daß keiner recht wird faſ-
ſen,

Wir muͤſſen blos allein es beim Bewundern laſ-
ſen.


Preis
[67]
Preis GOttes wegen der Wun-
derbahren Hervorbringung und
Einrichtung der Menſchen.

HErr, des Lebens, Quell der Dinge,

Deinen Ruhm recht zu erhoͤhn,

Bin ich viel, viel zu geringe,

Jch muß ſelbſt mein Nichts geſtehn:

Du haſt mich mit deinen Haͤnden,

Aus den tief verdekten Waͤnden

Wunderbar aus Licht gefuͤhrt,

Dadurch iſt mein Herz geruͤhrt.

Es erkennet mein Gemuͤte;

Du HErr! du biſt es allein,

Und die groſſe Wunderguͤte

Jſt die Quell von meinen Seyn;

Jch waͤr in dem Nichts geblieben,

Wenn dein uͤberſchwenglich Lieben,

Mich nicht aus der finſtren Nacht,

An des Tages Licht gebracht.

Du haſt mich wie Milch geronnen,

Weiſer Meiſter der Natur,

Wie ein zartes Garn geſponnen,

Auf der unſichtbahren Spur,
E 2Du
[68]Preis GOttes wegen der

Du haſt meinen Leib formiret,

Deſſen Wunderbau vollfuͤhret,

Glied an Glied, durch deine Hand,

Wie ein Uhrwerk aufgeſpannt.

O! was bin ich vor ein Wunder,

Seh ich mich nur ſelbſten an;

Denk ich was ich bin jetzunder,

Und was du an mir gethan,

Da du meinen Leib gewebet,

Wo ein Theil am andern klebet;

So macht Herze, Zung und Mund,

Deine Wundergroͤſſe kund.

Jn dem kuͤnſtlichſten Verbinden,

Da ein Glied am andern haͤngt,

Kan ich lauter Wunder finden

Dadurch wird mein Sinn gelenkt,

Weiſer Schoͤpfer dich zu loben,

Da du mir ſo viele Proben

Deiner Allmacht kund gethan,

Als ich Glieder zaͤhlen kan.

Werffe ich der Andacht Blikke,

Bei des Koͤrpers ſchoͤnſter Zier,

Auf den erſten Stoff zuruͤkke,

So kommt mir ein Puͤnctgen fuͤr,

Das ſich an zu regen faͤnget,

Weiter auseinander drenget,

Und entwikkelt wie ein Draht,

Den man aufgewunden hat.

Da
[69]wunderbahren Hervorbringung der Menſchen.
Da ſeh ich mich in Gedanken,

Wie ein kleines Wunderkorn,

Daß in ſeinen engen Schranken

Theile hat die ganz verworn

Durcheinander ſind gefalten,

Die ein Allmachtvolles Walten,

Durch die unſichtbahre Krafft,

Unvermerket groͤſſer ſchafft.

Weiter ſeh ich mich im Kleinen,

Und die erſte Grundbildung,

Woran Kopf, Arm, Schenkel ſcheinen,

Bringt mich zur Bewunderung.

Jch war in den engen Kreiſen,

Noch ſo klein wie die Ameiſen

Als ich in dem Auffenthalt,

Schon bei nah zwei Monath alt.

Deine Vorſicht half mich weiter,

Durch des Wachsthums Treibe-Krafft,

Jch ward laͤnger, ich ward breiter,

Durch dem der da alles ſchafft.

Augen, Finger die entſproſſen,

Waren weiter ausgeſchoſſen;

Jch empfing im finſtren Schlauch,

Bald darauf den Lebens Hauch.

Meine Bildung ward vollendet,

Groſſer GOtt! durch deine Macht,

Als die Zeit hernach geendet,

Haſt du mich ans Licht gebracht.
E 3Wie
[70]Preis GOttes wegen der

Wie dies alles ſey geſchehen,

Kan mein Wiz noch nicht verſtehen;

Aber dies verſteh ich klar,

Es ſey alles wunderbahr.

Deine Hand hat mich formiret,

Und dein goͤttlicher Verſtand,

Hat mich weislich ausgezieret,

Das iſt mir genug bekandt.

Nehm ich mich zum Augenmerke,

Seh ich ſo viel Wunderwerke,

So viel Stuͤk und Glieder man,

An dem Koͤrper zaͤhlen kan.

Unſers Koͤrpers Kunſtgebaͤude,

Jſt der Seelen ihr Pallaſt,

Drin das ſchlanke Eingeweide

Wunderbahrlich eingefaßt.

Und das aͤuſerlich Gehaͤuſe

Der Maſchine, iſt ſehr weiſe

Durch der Sehnen ſtarkes Band,

Wie ein Uhrwerk aufgeſpannt.

Dieſes ſchoͤne Meiſterſtuͤkke

Zeiget ſeinen Meiſter an,

Fuͤhrt uns gleich auf dem zuruͤkke,

Der ſolch Kunſtwerk bilden kan:

Und daß biſt du ewger Schoͤpfer

Der du uns, als wie ein Toͤpfer

Unſer leimern Haus formirt

Und ſo weislich ausgeziert.

O!
[71]wunderbahren Hervorbringung der Menſchen.
O! wie herrlich, o! wie weiſe,

Jſt das Auſſenwerk polirt,

An des Koͤrpers Kunſtgehaͤuſe,

Jſt es nicht ſo aufgefuͤhrt,

Jn einander ſo geſezzet,

Daß uns alles dran ergoͤzzet?

Jeder Theil iſt ſo gefuͤgt,

Daß das Ganze uns vergnuͤgt.

Es iſt nicht dabei vergeſſen,

Des Verhaͤltnis Richtigkeit

Als wenn alles ausgemeſſen;

Jedes Gliedes Zierligkeit,

Giebet uns ein weiſes Weſen,

Das es ſo formirt, zu leſen,

Und des ganzen Koͤrpers Bau,

Legt uns Ordnung, Pracht zum Schau.

Wie die Zweige mit den Stammen;

So haͤngt auch das Haupt und Glied

Wolgefuͤget feſt zuſammen

Da ein Glied das andre zieht

Wie die Saͤffte zirkuliren,

Sich durch alle Theile fuͤhren

Jn dem Baum; ſo geht das Blut

Durch den Leib das nimmer ruht.

Dieſes ſchoͤne Kunſtgebaͤude,

Das aus manchen Theil beſteht,

Hat Kopf, Leib, und Fuͤſſe, Haͤnde,

Daran ſich ein jedes dreht,
E 4Es
[72]Preis GOttes wegen der

Es kan ſich von ſelbſten lenken,

Wie und wo es will hinſchwenken,

Zeigt uns das nicht klaͤrlich an,

Was des Hoͤchſten Allmacht kan?

Wer kan alle Wunder zaͤhlen,

Die am Haupte ſind vereint

Da am Hirn dem Siz der Seelen

Schon ſo manches uns erſcheint.

Sehn wir wie von allen Seiten

Sich die zarten Faͤſern leiten:

So bemerkt man hier den Siz,

Von der Menſchen zarten Wiz.

O! wie viele Wunderroͤhren,

Sehen wir nach weiſen Rath,

Aus des Hirnes Hoͤlen kehren,

Die ſich wie ein zarter Draht,

Durcheinander kuͤnſtlich winden,

Und wie ein Geſpinſt verbinden,

Die ſich immer weiter drehn,

Und zum aͤuſren Sinnen gehn.

Dieſe alle ſind zuſammen

Werkzeuge der Sinnligkeit,

Die aus dem Gehirne ſtammen,

Und im Kopf herum zerſtreut:

Das was auſſen wird verſpuͤret,

Wenn die Nerven ſind geruͤhret,

Zu der Seele wird geſchikt,

Und verborgen eingedruͤkt.

Unbe-
[73]wunderbahren Hervorbringung der Menſchen.
Unbeſchreiblich iſt geſchmuͤkket,

Unſrer Augen Wunderglas,

Dadurch unſer Geiſt erblikket,

Was in dem Criſtallnen Naß

Sich mit ſeinem Bilde mahlet,

Da denn in die Roͤhren ſtrahlet,

Was vom Koͤrper ſichtbahr ſpringt

Das dadurch zur Seele dringt.

Herrlich iſt der Gang der Ohren,

Von dem Schoͤpfer aufgebaut,

Wenn man durch die offnen Tohren,

Krumgewundne Schnekken ſchaut:

Da muß ſich durch Jrregaͤngen,

Der getriebne Schall fortdraͤngen

Der drauf an die Trommel ſchlaͤgt,

Und geſpannte Nerven regt.

Kunſtreich iſt der aͤuſre Huͤgel,

Von der Weisheit angelegt,

Der der Augen runde Spiegel,

Gleichſam als ein Pfeiler traͤgt.

Es dringt durch die offnen Hoͤlen,

Durch ein Sieb zum Siz der Seelen,

Der ambrirter Blumen Rauch,

Und der dufftgen Koͤrper Hauch.

Es ſind dieſe Naſen Loͤcher,

Durch die Fluͤgelwand getheilt,

Und gleichſam zwiefache Faͤcher,

Dadurch das herunter eilt,
E 5Was
[74]Preis GOttes wegen der

Was von zaͤhen Feuchtigkeiten,

Vom Gehirne abzuleiten:

Es muß auch durch dieſe Roͤhrn;

Othem hin und wieder kehrn.

Oefnen wir der Lippen Schloͤſſer,

Und das Elfenbeinern Thor;

So kommt uns wie im Gewaͤſſer

Unſre feuchte Zunge vor;

Die aus einem ſchwammicht Weſen

Von dem Schoͤpfer auserleſen,

Und von allen Knochen frei,

Damit ſie beweglich ſey.

Weiſer Schoͤpfer mit Ergoͤzen,

Macht uns unſre Zung und Mund,

Die die Speicheldruͤſen nezen,

Deiner Allmacht Groͤſſe kund!

Der gewoͤlbte Bau der Lippen,

Und der Zaͤhne harte Klippen,

Die verriegeln wunderbahr

Unſre Zunge vor Gefahr.

Dieſes Glied das ſich leicht reget,

Wie ein Schwerd iſt zugeſpizt,

Wird wenn man es recht erweget,

Sonderlich zur Sprach genuͤzt,

Und durch ein empfindend Schmekken,

Muß es uns dazu entdekken,

Was vor ſuͤſſe Liebligkeit,

Sey in Speiß und Trank geſtreut.

Darum
[75]wunderbahren Hervorbringung der Menſchen.
Darum ſind drauf ausgeſaͤet,

Warzen die ſehr ſpiz und klein,

Dadurch der Geſchmak entſtehet,

Weil es lauter Nerven ſeyn:

Daß wenn Speis und Trank ſie ruͤhret,

Wird ſo gleich von uns verſpuͤret:

Ob dieſelben uns bequem,

Ob ſie herbe, angenehm.

Wenn die Muskeln ſich bewegen

An der Zung, ſo merket man,

Wie durch ihr geſchwindes Regen,

Stimm und Wort entſtehen kan;

Da was unſer Geiſt gedenket,

Wenn die Zung den Gaum gelenket,

Unſer Mund ſo gleich erklaͤrt,

Welches man in Worten hoͤrt.

Schauen wir die Leibes Hoͤle,

Die am Hals iſt angefuͤgt,

So entdekken wir Canaͤle

Deren Nuzze uns vergnuͤgt.

Eine von des Halſes Roͤhren,

Laͤßt uns das Gethoͤne hoͤren:

Wird die Lufftroͤhr ſonſt genannt,

Wie iedweden iſt bekannt.

Dieſe ſteiget zu der Lunge,

Jene geht zum Magen hin,

Und nimmt von der regen Zunge,

Speis und Trank als den Gewin
Den
[76]Preis Gottes wegen der

Den der Magen zubereitet,

Und durch das Gedaͤrme leitet,

Dadurch denn der beſte Safft,

Allen Gliedern Kraͤffte ſchafft.

Was in den Gedaͤrmen haͤnget,

Das ſich kriechend fort bewegt,

Wird denn immer fortgedraͤnget,

Jn die Milchgefaͤß gelegt,

Welche dieſe Nahrung ſeigen,

Wie uns die Zergliedrer zeigen,

Bis der Safft denn fortgedruͤkt,

Jn die Adern wird geſchikt.

Spuͤrt hiebei nicht das Gemuͤte,

Eine groſſe Wundermacht,

Eine ewig weiſe Guͤte,

Wenn man dieſes uͤberdacht,

Wie der Koͤrper ſo formiret,

Daß ſich Sinn und Geiſt verlieret,

Wenn man achtſam uͤberſchaut,

Wie der Leib iſt auferbaut?

Doch laſt uns zu GOttes Preiſe

Ferner noch die Bruſt beſehn,

Welche der alleine Weiſe

Wie ein jeder muß geſtehn,

Als die Feſtung vor das Leben,

Wie mit einem Wall umgeben;

Mit des Bruſtbeins ſtarken Schild,

Gegen die Gefahr verhuͤllt.

Die-
[77]wunderbahren Hervorbringung der Menſchen.
Dieſer dekt die Lebens-Quelle,

Woraus Freud und Leid herſtammt,

Worin Has und Zorn ſehr ſchnelle,

Wie ein wuͤtend Feur entflammt:

Dieſer Siz von Luſt und Schmerze,

Aller Leidenſchafft, das Herze,

Jſt von GOttes Allmachts Hand,

Wie ein Uhrwerk aufgeſpannt.

Dieſes Triebrad das ſich reget

Machet daß der Lebensſafft,

Das Gebluͤt das es beweget,

Durch den Leib wird fortgeſchafft;

Durch ſein ſpruͤzzendes Gedraͤnge,

Fuͤllet es der Adern Menge,

Da denn weil es immer treibt,

Keine Faſer ſafftlos bleibt.

Nehmen wir zum Augenmerke,

Ferner die Beſchaffenheit,

Von dem groſſen Wunderwerke,

Von dem Herz das oben breit,

Unten aber zugeſpizzet,

Wie es im Gewoͤlbe ſizzet

Der von GOtt gebauten Bruſt:

So verſpuͤrt man Wunderluſt.

Es haͤngt an den Adern, Roͤhren,

Die mit Blut ſind angefuͤllt,

Wo beim Hin- und Wiederkehren,

Dieſer rothe Safft fortquillt;
Dieſe
[78]Preis GOttes wegen der

Dieſe gehn zu beiden Seiten,

Durch die Puls das Blut zu leiten,

Jn des Koͤrpers Aederlein,

Die wie kleine Aeſte ſeyn.

Daraus wird es fortgeſchikket,

Wie der rege Kreislauf geht,

Jn das Herz zuruͤk gedruͤkket,

Wenn die Fall-Thuͤr offen ſteht,

Die in denen Herzens-Kammern,

Welche wie mit feſten Klammern

An der ſtarken Scheidewand,

Wundernswuͤrdig angeſpannt.

So geht aus der einen Celle

Die des Herzens Vorſal heiſt,

Dieſe rothe Lebens-Quelle

Fort bis ſie durchs Herze fleuſt,

Das mit einem ſcharffen Druͤkken

Es muß wiederum fortſchikken;

Und ſo flieſt das ab und zu,

Und das Herz hat nimmer Ruh.

Denkt man zu des Schoͤpfers Preiſe

Nach, des Herzens Einrichtung,

So bringt der alleine Weiſe

Uns zu der Bewunderung:

Wie er ein ſo zart Geſpinſte,

Macht zum Wunder aller Kuͤnſte,

Das ſich wie ein Drukwerk treibt,

Und ſo lang im Stande bleibt.

Um
[79]wunderbahren Hervorbringung der Menſchen.
Um das Herz iſt wie ein Kuͤſſen,

Ferner auch die Lung gelegt,

Die wir faſt vergleichen muͤſſen,

Einem Blasbalg der ſich regt,

Da die Lufft durch Roͤhren gehet,

Pauſtend in die Blaͤsgens wehet,

Die hernach das Blut verduͤnnt,

Welches in den Adern rinnt.

Dadurch ſchoͤpfet wer da lebet,

Jmmer einen friſchen Hauch,

Wenn ſich auf und nieder hebet

Dieſer ſchwammigt Lungen Schlauch,

Der ſo kuͤnſtlich iſt formiret,

Und mit Blaͤsgens ausgezieret,

Daß man gnugſam dran erkennt,

Wer ſein Meiſter wird genennt.

O! wie viele kleine Roͤhren

Die mit Blut ſind angefuͤllt,

Sieht man hie und dahin kehren,

Gleich als wenn ein Springborn quillt,

Da ſich faſt zu allen Seiten,

Wie im Haus die Roͤhren leiten,

Worin nachmahls Waſſer ſpringt,

Das in alle Zimmer dringt.

Wird ein Meiſter hochgeruͤhmet

Und mit Lob und Ehrenpreiß,

Wegen ſeiner Kunſt bebluͤhmet,

Der da anzugeben weiß,
Wie
[80]Preis GOttes wegen der

Wie Fontainen anzulegen,

Wie ein Orgelwerk zu regen:

So verdient um ſo vielmehr,

Unſer Schoͤpfer Ruhm und Ehr.

Dieſer hat dergleichen Werke,

Jn die hohle Bruſt gelegt,

Wo ich eine Roͤhr bemerke,

Drin die Lufft den Thon erregt,

Die gleich Orgel-Pfeiffen ſchallet,

Dran der Lungen Blasbalg wallet,

Der die Lufft die dadurch geht,

Zum verſchiednen Thone dreht.

Und das Herz noch zu erwaͤhnen

So legt deſſen Wunderbau

Uns recht kuͤnſtliche Fontainen,

Die mit Blut gefuͤllt zum Schau.

Und die Adern die dran ſizzen,

Siehet man beſtaͤndig ſprizzen

Durch ein Triebwerk das ſtets geht,

Bis zum Todt nicht ſtille ſteht.

Doch wir wollen weiter gehen,

Und was hintern Vorhang ſtekt,

Den man Zwergfell nennt, beſehen,

Das noch viele Wunder dekt.

Dieſes Fell wird gleich der Lungen,

Jmmer auf und ab gedrungen,

Dient dem Herzen ſelbſt zum Schuz,

Ohne ſeinen andern Nuz.

Denn
[81]wunderbahren Hervorbringung der Menſchen.
Denn ſieht man die Leber hangen,

Die den bittren Gallenſafft,

Aus dem Blute muß auffangen,

Und in ihre Blaſe ſchafft:

Da die bittre Quelle flieſſet,

Sich in das Gedaͤrm ergieſſet,

Und die ſcharffe Feuchtigkeit,

Reinigt, die der Magen ſtreut.

O! wie vieles waͤr zu ſagen

Von der Kuͤche, die uns naͤhrt,

Von dem dikken Schlauch, dem Magen,

Der dem Leibe Krafft beſchert.

Weislich iſt er zugerichtet,

Wie uns jederman berichtet,

Der die Abſicht nachgedacht,

Warum dieſer Sak gemacht.

Er beſteht aus dreien Haͤuten,

Und hat unterm Mittelfell,

Gegen unſrer linken Seiten,

Seine angewieſne Stell.

Es pflegt ſich in ſeinen Falten

Salzzig ſaures auf zuhalten

Das den Appetit erwekt,

Und die Koſt verdaut, zerlekt.

Oben aus des Halſes Schlunde

Gehet durch die Speiſe Roͤhr,

Koſt und Trank zum Magen-Munde,

Und der wird denn wieder leer,
Vierter Theil. FWenn
[82]Preis Gottes wegen der

Wenn das was genug bereitet,

Gleich der Pfoͤrtner weiter leitet,

Der was woll verdaut, zerkeut,

Unten ins Gedaͤrme ſtreut.

Da wird das denn abgeſeiget,

Was als unſer Nahrungsſafft,

Jn die Milchgefaͤſſe ſteiget,

Und uns Kraft zum Leben ſchafft;

Was hernach wie Kley zu achten,

Und als Unrath zu betrachten,

Findet eine andre Spur,

Als ein Auswurff der Natur.

Zu des Koͤrpers Eingeweide

Wird die Milz annoch gezaͤhlt,

Die mit einem bangen Leide

Viele recht entſezlich quaͤlt;

Doch wir koͤnnen ſicher ſchlieſſen,

Daß ſie auch wird dienen muͤſſen;

Ob gleich von der Nuzbarkeit,

Die ſie ſchafft ein groſſer Streit.

Alles was das hoͤchſte Weſen,

Zu dem Menſchen auserſehn,

Und zum Koͤrper auserleſen,

Jſt ob wir es nicht verſtehn:

Dennoch nuͤzlich zu benennen;

Wenn wir gleich nicht ſagen koͤnnen,

Was die Weisheit hat gedacht,

Da ſie unſre Milz gemacht.

Jn
[83]wunderbahren Hervorbringung der Menſchen.
Jn den kuͤnſtlichen Maſchienen,

Jſt kein Haͤkgen, Rad, ſo klein,

Es muß zu dem Ganzen dienen,

Zur Bewegung nuͤzlich ſeyn:

Solte ſich in uns was finden,

Deſſen Nuz nicht zu ergruͤnden:

So muß man doch eingeſtehn,
GOtt hat es uns nuͤz geſehn.

Vielleicht ſind das ihre Pflichten,

Was die Forſcher der Natur,

Von der Milzen uns berichten,

Daß ſie auf der Wallungsſpur

Vom Gebluͤt das Dikke leite,

Und daraus den Safft bereite,

Der bis zu der Leber ſpruͤzt,

Und zur Gallen Scheidung nuͤzt.

Doch wir wollen uns nun wenden,

Zu der beiden Nieren Paar,

Welche ſich auf denen Lenden

Stellen als zwo Bohnen dar.

Wenn wir ſie genau beſehen,

Sind es Druͤſen dadurch gehen,

Wie uns weißt der Augenſchein,

Viele kleine Aederlein.

Man ſieht das die Nieren dekken

Eine Hoͤle darin fließt,

Als in ein geſtelltes Bekken,

Was ſich von dem Blut ergießt,
F 2Als
[84]Preis GOttes wegen der

Als geſalzne Feuchtigkeiten,

Die ſich von hier weiter leiten,

Als durch einen Waſſer Fall,

Zum gedoppelten Canal.

Dieſe ziehn das Salzgewaͤſſer,

Bis es in die Blaſe laͤufft,

Welche weil ſie weit und groͤſſer,

Dehnend dieſen Vorrath haͤufft.

Bis das es zur Roͤhre ſchieſſet,

Da es aus den Koͤrper flieſſet,

Wenn es durch den ſcharffen Drang,

Sich eroͤfnet ſeinen Gang.

Da wir nun zu Ende eilen,

Sagen wir nichts mit Bedacht

Von den wunderbahren Theilen,

Die die keuſche Zucht bewacht:

Es ſind dieſe groſſen Wunder,

Leider ſchnoͤder Geilheit Zunder:

Wodurch doch, wers recht bedenkt,

Wird zu GOtt hinauf gelenkt.

O! mein GOtt! wer kann erzaͤhlen,

Wie du allhie angelegt,

Eine Werkſtat in den Hoͤlen,

Da der Menſche wird gepraͤgt.

Dieſe Wohnung die wir haben,

So lang wir noch ſind vergraben.

Jn der Mutter dunklen Schoos,

Jſt zwar klein und dennoch gros.

Groſſe
[85]wunderbahren Hervorbringung der Menſchen.
Groſſe Wunder ſind im Kleinen,

Von der Weisheit ausgedacht,

Und da, wo wirs nimmer meinen,

Von des Schoͤpfers Hand gemacht:

Denn der Raum den wir bewohnen,

Gleichet kaum der Groͤß der Bohnen,

Jſt das nicht ein weiſer Rath,

Der dies ſo geordnet hat?

Dennoch ſind ſo viele Dinge,

Jn dem engen Plaz gelegt,

Welche ich zwar nicht beſinge,

Aber wenn man ſie erwegt:

So muß man geruͤhrt bemerken,

Daß es von den Wunderwerken

Warlich eins der groͤſten heißt,

Das uns hie der Schoͤpfer weißt.

Ewge Vorſicht! die Anſtalten,

Die du hier haſt eingericht,

Zeugen von dem weiſen Walten,

Das durch Almacht wuͤrkend ſpricht.

Da wir noch daſelbſt verſchloſſen,

Haben wir da ſchon genoſſen,

Deine Guͤt, die in der Welt

Uns noch dieſen Tag erhaͤlt.

Wie gar leicht waͤr unſre Bluͤte

Jn dem erſten Keim verheert,

Wenn nicht deine Wunderguͤte,

Uns bewachet und ernaͤhrt.
F 3Dei-
[86]Preis GOttes wegen der

Deine Huld hat uns umwunden,

Bis auf die Entbindungsſtunden,

Auf der finſtren Bahn regiert,

Gluͤklich in die Welt gefuͤhrt.

So hat GOtt das Haus formiret

Und die Werkſtat angelegt,

Worin er den Menſch gebiehret,

Der ſo viele Wunder hegt.

Moͤchten wir doch das erkennen,

Da wir GOtt den Schoͤpfer nennen!

O! ſo machte unſer Mund,

Mehr des Schoͤpfers Groͤſſe kund.

Wenn wir zu den Untertheilen,

Worauf unſer Leib beſteht,

Zu den Bein und Fuͤſſen eilen,

Worauf unſer Koͤrper geht:

Die des Leibes Kunſtmaſchienen,

Stat der ſtarken Pfeiler dienen:

So ſieht man hie abermahl,

Eine groſſe Wunder Zahl.

Alle ſchweren Koͤrperslaſten,

Muͤſſen auf der Fuͤſſe Grund,

Als auf ſtarken Saͤulen raſten.

Daher wird die Weisheit kund,

Welche Beine auserwaͤhlet,

Starke Knochen unterpfaͤlet,

Worauf alle Schwere liegt,

Die die Pfeiler nicht einbiegt.

Wenn
[87]wunderbahren Hervorbringung der Menſchen.
Wenn wir ferner noch bedenken,

Wie ſich jede Saͤule regt.

Und mit Sehnen und Gelenken,

Nach dem Gleichgewicht bewegt;

Wie die Fuͤſſe plat zum Gehen,

Wie ſich dran die Zaͤhen drehen:

So beweißt auch dieſes klar,

Bein und Fuß ſey wunderbahr.

Ruͤhmt ihr euch ihr klugen Geiſter,

Die ihr ein Bild machen koͤnnt,

Das beweglich. GOtt wird Meiſter,

Ueber alle doch genennt.

Kont Albertus (*) Kunſtwerk rennen,

Das ein Thomas kann zertrennen;

So iſt es wie jezt bekandt,

Nur ein Bild das aufgeſpannt.

Koͤnnen andre Bilder ſchnizzen,

Die da reden, aufrecht ſtehn,

Wie ſich in verborgnen Rizzen,

Die geſpannten Raͤder drehn:
F 4So
[88]Preis GOttes wegen der

So iſt keine Kunſt zu finden,

Die die Theile ſo verbinden;

Die aus Muskeln, Fleiſch und Haut,

Jemahls Koͤrper aufgebaut.

Wuͤrde nichts an allen fehlen,

So iſt doch der Wiz, die Kunſt,

Die kein Uhrwerk kann beſeelen,

Nur ein aufgeblaßner Dunſt:

Merket dies ihr Atheiſten,

Jhr pflegt euch umſonſt zu bruͤſten,

Gegen GOttes Wundermacht

Mit dem, was der Menſch erdacht.

GOttes Macht iſt nichts zu gleichen,

Davon ſind auch Arm und Hand,

Unleugbare Wunderzeichen,

Die er an dem Leib geſpannt.

Arme ſind gelenkte Stangen,

Und die Haͤnde gleichſam Zangen,

Die, wenn man es recht bedenkt,

Wunderbarlich ſind verſchraͤnkt.

Durch die eingefuͤgten Sehnen,

Drehen ſie ſich hin und her,

Man kan ſie auch lang ausdehnen,

Und dies alles ohn Beſchwer.

Wie der Muskeln Drat gezogen,

Sind ſie flach, bald eingebogen;

Weil das alles ſich ſo druͤkt,

Wie es ſich recht weislich ſchikt.

Jede
[89]wunderbahren Hervorbringung der Menſchen.
Jede Hand hat ſeine Theile,

Die mehr in, als auswerts gehn,

Und ſich in geſchwinder Eile,

Nach dem Wink der Augen drehn.

Wenn man auf die Finger ſiehet,

Wie der Glieder Band ſie ziehet:

Merkt man mit Bewunderung

Daran GOttes Vorſehung.

Wie unzaͤhlbar die Geſchaͤffte

Weis ein jeder Menſche wohl,

Dazu man der Arme Kraͤfte,

Und die Haͤnde nuͤzzen ſol.

Bei ſo vielen tauſend Dingen,

Muß es unſern Wiz gelingen,

Wenn man Arm und Hand dran legt,

Und die ſchlanken Finger regt.

Dieſes ganze Kunſtgehaͤuſe,

Jſt bewundernswerth und ſchoͤn,

Wie man zu des Schoͤpfers Preiſe

Muß mit Herz und Mund geſtehn.

Schon aus dem was wir beruͤhret,

Wird des Hoͤchſten Macht verſpuͤret;

Aus dem was hier abgedruͤkt,

Wird die Weisheit klar erblikt.

Und wie vieles iſt verſchwiegen,

Am Haupt, Leibe, Fuß und Hand,

Daran ſich die noch vergnuͤgen,

Den des Koͤrpers Bau bekannt?
F 5Wie
[90]Preis GOttes wegen der

Wie viel tauſend Kleinigkeiten

Sind, die die zur Andacht leiten,

Die mit Meſſern ſcharf geſpizt,

Alle Theile aufgerizt.

Wie viel unzaͤhlbahre Hoͤlen

Stekken in dem Schedel nicht,

Jm Gehirn dem Siz der Seelen,

Die ein bloſſes Augenlicht

Nicht entdekt: doch aber merket,

Wenn den Strahl ein Glas verſtaͤrket;

Wie viel kleine Aederlein

Werden noch verborgen ſeyn?

Wie viel noch verborgne Dinge,

Welche unſichtbahre Glut,

Theilgen die doch nicht geringe,

Schwimmen in dem fetten Blut?

Welch geheimer Lebens-Zunder,

Welche unſichtbahre Wunder,

Sind in rothen Safft verſtekt,

Die kein Aug annoch entdekt?

O! wie viele feſte Rippen,

Sind ums Eingeweid gepaßt,

Worin als in ſteinern Klippen,

Ein recht ſtaͤrkend Mark gefaßt;

Dadurch unſer theures Leben,

Als mit Panzern iſt umgeben.

Was wird nicht vor manche Haut,

Jn und um uns angeſchaut?

Wie
[91]wunderbahren Hervorbringung der Menſchen.
Wie viel zart geſtrikte Nezze,

Sind um das Gedaͤrm gewebt,

Und wie viele Wunderſchaͤzze

Sind, die noch der Bauch vergraͤbt?

Wie viel Nerven ſind geſponnen,

Die an unſern Lebensbronnen,

Gleichſam ſilbern Strikke ſind,

Die ein ſcharffer Forſcher find.

Wie viel Druͤſen, weiche Schwaͤmme,

Die theils groß, und theils ſehr klein,

Sind, die gleichſam ſtat der Daͤmme,

Zu der Waſſer Scheidung ſeyn,

Die ſich in ſo vielen Gaͤngen,

Durch den ganzen Koͤrper drengen?

Denke Menſch wie vielerlei,

An dir zu bewundern ſey!

Kan dir dies nicht gnug beſtaͤrken,

Daß dein Leib, die kleine Welt,

Von des Schoͤpfers Wunderwerken,

Einen Auszug vorgeſtellt?

Zieh einmahl des Geiſtes Blikke,

Auf den Anfang jezt zuruͤkke;

Haſt du nunmehr nach gedacht?

Sage wer hat dich gemacht.

O! ein allmachts-volles Weſen,

Ein allwiſſend weiſer Geiſt,

Hat dies alles auserleſen,

Was der Menſch ſich ſelber weiſt.
Ein
[92]Preis GOttes wegen der

Ein Verſtand der frei von Schranken

Eingeſchloſſener Gedanken,

Hat den Abris ausgedacht,

Und den Bau zu Stand gebracht.

Denke welche Millionen

Menſchen, ſind nicht auf der Welt:

Alle die auf Erden wohnen,

Die ſein Odem hier erhaͤlt;

Die geweſen, jezt vorhanden,

Sind durch ſeinem Wink entſtanden;

Dieſe hat ſchon ſein Verſtand,

Als er Adam ſchuff, erkannt.

Wie kanſt du des Schoͤpfers Groͤſſen,

Die unendlich herrlich ſind,

Bei dem allen doch vergeſſen?

So biſt du ganz dumm und blind.

Sagt ihr dennoch o! ihr Thoren,

Daß ihr ohngefehr gebohren:

Nun, ſo muͤſt ihr eingeſtehn,

Daß ihr euch nie angeſehn.

Euer ungluͤkſeelig Kluͤgeln,

Wuͤrde bald zum Ende gehn,

Wenn ihr nur in Augen-Spiegeln,

Wolt des Schoͤpfers Bildnis ſehn.

Wuͤrdet ihr den Mund nur fragen,

Der kann euch ganz richtig ſagen:

Daß ein Weſen, deſſen Macht,

Was da iſt, hervorgebracht.

[93]wunderbahren Hervorbringung der Menſchen.
Eure Zunge wirds euch lehren,

Wenn ihr ihre Kunſt erwegt,

Daß der ſey als GOtt zu ehren

Der ſie in den Mund gelegt;

Eure eigne Haͤnde weiſen,

Daß ein Schoͤpfer ſey zu preiſen

Der nach einen weiſen Rath,

Sie gelenkt gebildet hat.

Fragt das Herz: Ob ein Geſpiele,

Und ein blindes Ohngefehr,

Daß ohn Geiſt und ohn Gefuͤhle,

Seiner Brunnen Quelle waͤr;

Fraget eure eigne Ohren,

Ob ſie ſo von ſelbſt gebohren:

Jedes ſagt: O Nein! o Nein!

Es muß GOtt, ein Schoͤpfer ſeyn.

Frage bei dem Zweiffeln, Wanken,

Was du vor ein Wunder biſt,

Dich nur ſelbſt in den Gedanken,

Was dein Auge an dir lieſt:

So wirſt du an allen Werken

Eine weiſe Gottheit merken;

Die Empfindung wird dich lehrn,

Daß ein GOtt, der zuverehrn.

Dich empfind ich, groſſer Schoͤpfer,

Dich erkenn ich an mir klar;

Jch bin Thon, du biſt der Toͤpfer,

Welcher mich recht wunderbahr,
Durch
[94]Preis GOttes wegen der

Durch die Allmachts-Hand geleitet,

Jn dem Mutterleib bereitet;

Es erkennt mein reger Sinn:

Durch dich bin ich, was ich bin.

Waͤren alle Glieder Zungen,

Alsdenn wuͤrde doch von mir,

HErr! dein Ruhm nicht gnug beſungen.

O! ſo wuͤrde deine Zier,

Deine Weisheit, die dich ſchmuͤkket,

Die du an mir abgedruͤkket;

Deine Macht, doch nicht erklaͤrt,

Die mein Herz empfindend ehrt.

Es erkennet meine Seele

Daß ich wunderbahr gemacht,

Und aus einer dunklen Hoͤle

An des Tages Licht gebracht.

Solt ich dir dafuͤr nicht danken,

Daß du mich aus engen Schranken

Drin ich lag, ganz unverlezt,

Jn die groſſe Welt geſezt?

Schauplaz groſſer Meiſterſtuͤkke,

Erden-Ball, gewoͤlbtes Blau!

Da ich dich nunmehr erblikke

Leget ſich mir auch zum Schau,

Jn der Kreaturen Menge,

Und den ſchimmernden Gepraͤnge,
GOttes Weisheit, die was ſtrahlt,

Mit den Almachts-Finger mahlt.

Du
[95]wunderbahren Hervorbringung der Menſchen.
Du o! reiche Wunderbuͤhne,

Die ein breiter Vorhang dekt,

Der durch holdes Blau und Gruͤne

Jn uns rege Luſt erwekt!

Buͤhne von geflammten Bogen,

Die du biſt ganz uͤberzogen,

Mit der Farben Wunder-Schein,

Du ſolt hier mein Eden ſeyn!

Jn der Erden Luſtrevieren,

Will ich allenthalben ſehn,

Und das wird mir auch gebuͤhren,

Da ich kan die Augen drehn

Hoch zu dem beſtirrnten Himmel,

Niedrig zu dem Kraut Gewimmel;

Dieſes giebt mir Unterricht,

Wie ich nuͤzze das Geſicht.

Du haſt mich o! GOtt gebauet,

Daß ich aufrecht ſtehen kan,

Wo mein Auge nur hinſchauet,

Sieht es deine Wunder an;

Blik ich in die heitre Ferne,

Sehe ich das Heer der Sterne

Und der Himmel koͤmmet mir,

Wie beſchriebne Taffeln fuͤr.

Dieſe guͤldnen Lettern, Zeilen,

Strahlen mir gleich ins Geſicht,

Scheinen auf viel tauſend Meilen.

Wenn man es in Wort ausſpricht,
Was
[96]Preis GOttes wegen der

Was ich kan darinnen leſen,

So heiſt es: Das Hoͤchſte Weſen

Und der groſſe Jehovah

Scheint zwar fern, und iſt doch nah.

Blik ich vor mir in der Naͤhe,

Und beſchau der Erden Rund,

So macht mich wo ich hinſehe,

Jede Kreatur dies kund:
GOtt iſt guͤtig, maͤchtig, weiſe,

Und zu ſeiner Gottheit Preiſe,

Sind wir, alle Ding der Welt,

Als Herolden aufgeſtelt.

So wil ich ſtets buchſtabiren,

Deine Wunder zu verehrn,

Die durchs Aug die Seele ruͤhren,

Die wir durch die Ohren hoͤrn,

Die wir in der Lufft, in Winden,

Riechen, ſchmekken und empfinden;

Weil dies nach der Menſchen Pflicht,

Als ein Gottesdienſt geſchicht.

Weil im A. B. C. der Sternen,

Jn der Kreaturen Schrifft,

Nicht der Weg iſt zu erlernen,

Wie man deine Gnad antrifft,

Die wir durch die Suͤnd verſcherzet,

Wie uns in der Seele ſchmerzet:

So ſol deines Wortes Schein,

Auch mein Licht und Leitſtern ſeyn.

Laß
[97]wunderbahren Hervorbringung der Menſchen.
Laß mich dadurch recht erkennen,

Daß ich ſey mit Schuld gebohrn,

Auch ein Suͤnder ſey zu nennen,

Der da von Natur verlohrn.

Der allhie im Kreis der Erden,

Muß ein neuer Menſche werden,

Durch des Worts und Geiſtes Krafft,

Welche uns verneuet ſchafft.

Wunderbahr iſt deine Gnade

Jn Natur- und Gnadenreich,

Du haſt mich im Waſſerbade,

Jn Geheimnis vollen Teich,

Wiederum ganz neu gebohren,

Und zum Himmelreich erkohren:

Hoͤr dafuͤr auch meinen Dank,

Jezt bei dieſem Lobgeſang.

Endlich ſteht des Geiſtes Huͤlle,

Unſer Leib, die Wunder-Uhr,

Wenn ſie abgelauffen ſtille,

Nach dem Lauffe der Natur;

Es verdampft das Lebens-Oele,

Jn des Herzens offner Hoͤle,

Und ſtoͤßt aus des Leibes Haus

Endlich Geiſt und Athem aus.

Die entſpannten Muskeln ſchwinden,

Nehmen immer taͤglich ab,

Endlich ſtarret das Empfinden,

Und da faͤlt der Leib ins Grab;
Vierter Theil. GDa
[98]Preis GOttes wegen der

Da ſinkt Haupt und Hand und Glieder,

Wie die Balken, Pfeiler nieder;

Fallen in den Schut und Graus,

Wie ein abgewohntes Haus.

Doch der Leib des Geiſtes Tempel

Bleibt in ſeinem Moder nicht,

JEſus zeiget im Exempel,

Was der Glaube uns verſpricht.

Er iſt wieder auferſtanden,

Und des Todes kalte Banden,

Muͤſſen dreinſt von hinnen fliehn,

Wenn wir andre Haut anziehn.

Alsdenn werden unſre Augen,

Die ein andrer Stand verklaͤrt,

Den im Glanz zu ſehen taugen,

Welchen man in Dunkeln ehrt;

Alsdenn werd ich dich im Lichte,

Jener Welt, von Angeſichte!

Hoͤchſtes Weſen, naͤher ſehn,

Als wir hie im Fleiſch verſtehn.

Laß mich aber unterdeſſen,

Da ich bin im Kreis der Zeit,

Ehrfurchtsvoll an mir ermeſſen,

Deine groſſe Herrlichkeit;

Laß mich HErr! zu deinem Ruhme

Jn der Welt, im Heiligthume,

Jm Geſchoͤpf und Bibel ſehn,

Wie ich ſol dein Lob erhoͤhn.

Jch
[99]wunderbahren Hervorbringung der Menſchen.
Jch bin HErr durch dich ein Wunder,

Jedes Glied zeigt mir es klar:

O! entflam der Andacht Zunder,

Auf des Herzens Brand-Altar:

Damit ich, das was ich habe,

HErr! als dein Geſchenk und Gabe

Dir zum Opfer moͤge weihn;

So kan ich recht dankbahr ſeyn.



[100]

Moraliſche Betrachtung uͤber
den Schnee.


[figure]
Da ich im lichten Glanz aus der beflok-
ten Hoͤh,

Vom Himmels-Strahl befaͤrbt
den Schnee-Dunſt fallen ſe[h],

Der als ein ſchwarzer Koth, wie
weiſſe Wolle blizzet,

Wird durch dem Wunderblik ein Andachtsfeur er-
hizzet.

Jch fuͤhle einen Trieb da ich vom Suͤnden roth,

Beflekt an Seel und Leib, vom ſchwarzen Laſter-
Koth,

So weiß als Schnee zu ſeyn. Wie werd ich das
erlangen,

Daß ich mit reinem Herz in Unſchuld koͤnne pran-
gen?

Wie waſch ich mich gleich jezt mit Schnee Gewaͤſ-
ſer rein,

So werd ich doch vor GOtt wie Koth beſudelt
ſeyn. (*)

Der Suͤnden Ausſaz bleibt. Jedoch wenn ich be-
denke,

Daß ſchimmerreicher Schnee ein himmliſches Ge-
ſchenke;

So
[101]Moraliſche Betrachtung uͤber den Schnee.
So lehrt mich dieſes auch, daß ich nur werde
rein,

Von dem Gewiſſens Schmuz durch GOttes Gna-
denſchein.

Jch wende mich zu dir, HErr Himmels und der Er-
den!

Durch dich kan jeder Menſch der Blutroth Schneeweiß
werden, (*)

Jch traue deinem Wort, ich kom in Buß zu dir,

Jch nehme Chriſti Blut, das reinigt fuͤr und fuͤr.

Wollan ich bin nun rein, in der Erloͤßten Or-
den,

Durch deiner Gnaden Licht ſo weis als Schnee ge-
worden:

Und leb ich ferner from, da die Gerechtigkeit

Des Heilands, mich geſchmuͤkt mit ſeinem Unſchulds-
Kleid;

So iſt mein ganzes Thun, als unbeflekt zu ſe-
hen,

So wird mein Tugendſchein mich vor der Welt er
hoͤhen.

Allein bewahre mich vor aller Prahlerei,

Floͤß mir ſtets in den Sinn daß ich ein Menſche
ſey,

Ein ſchwarzer Erdenklos, ein Schneeklump der nicht
ſtrahlet,

Wenn ihn des Himmels Licht mit ſeinen Schein nicht
mahlet.

Jhr Heuchler die ihr euch bei euren Glanz nicht
kennt,

Und von gemahlten Licht zwar ſcheinet, doch nicht
brennt,

G 3Jhr
[102]Moraliſche Betrachtung uͤber den Schnee.
Jhr prahlet nur umſonſt mit euren Glanz und Ga-
ben,

Bedenkt woher wir das, was gut empfangen ha-
ben,

Jſt es nicht von dem HErrn dem Vater alles Lichts?

Ohn deſſen Gnaden-Schein, ſind wir ein Dunſt,
ein Nichts:

Seht euer Ebenbild, das iſt im Schnee gedruͤkket,

Den wir ſo gleiſſend ſchoͤn vor kurzer Zeit erblikket,

Wie ſieht er nunmehr aus, er iſt beſchmuzt, be-
flekt,

Sein reiner Schweffel Stoff mit ſchwarzen Koth
verdekt:

Jhr ſchienet auch ſo ſchoͤn, der Glanz der iſt ver-
dorben,

Eur glaͤnzend Unſchulds-Kleid hat Flekken gnug er-
worben.

Der Schnee zerſchmelzzet leicht, und ſeine weiſſe
Zier,

Kommt uns denn wie ein Koth und ſchaͤumend Un-
flat fuͤr:

So geht es Heuchlern auch ſo bald am Licht der
Sonnen,

Der angeſchminkte Kalk der Froͤmmigkeit zerron-
nen.


Ein
[103]

Ein aufgewelzter Schneeball.


[figure]
Man ſiehet, wenn zur Winters-Zeit,

Der Erdenball mit Schnee beſtreut,

Wie ſich die Jugend dran vergnuͤget,

Und auf den Gaſſen haͤufig lieget.

Sie ſcheuen Froſt und Kaͤlte nicht,

Wenn ihnen gleich das Sonnenlicht

Nicht ſcheint; ihr innres Feur vergehet,

Vornemlich wenn der Nord recht wehet:

Und dennoch ſpielen ſie im Schnee,

Bis endlich ein recht krimmelnd Weh,

Durch ihre kalte Finger ſchleichet,

Und das noch feurge Herz erweichet.

Vornemlich iſt es luſtig ſchoͤn,

An einem Berge anzuſehn,

All wo der Schnee wenn er nicht ſchmelzet,

Jm Rollen leicht wird aufgewelzet.

Da rollen ſie von einem Ort,

Den kleinen Klump ſtets weiter fort,

Und in dem fortgewelzten Wallen,

Vergroͤſſert ſich des Schnees Ballen;

Jch ſahe einſtens dies Gewuͤhl,

Mit Luſt an, als ein Kinderſpiel:

Und dachte: was kan nicht entſtehen,

Wenn Dinge immer weiter gehen.

Dies Kinderſpiel, das ſtellte mir,

Manch Lehrbild im Gedanken fuͤr:

G 3Jch
[104]Ein aufgewelzter Schneeball.
Jch konnte an dem klebricht Weſen

Des Schnees, dieſe Warheit leſen:

Ein Ding von einer gleichen Art,

Wird mit dem andern leicht verpaart;

Es wachſen leicht die loſen Hauffen,

Die eh mans meint, zuſammen lauffen.

Ein Menſch der zieht den andern an,

Auf einer ſchluͤpfeig glatten Bahn:

Und kaum wird einer da erblikker,

So wird er auch ſo gleich beſtrikker.

Die Kinder rollten in dem Lauf,

Den Schneeball immer groͤſſer auf;

Jch dachte: Seht ein Bild der Luͤgen,

Die immer neuen Zuwachs kriegen,

Je weiter man durch das Geruͤcht,

Von einer falſchen Sache ſpricht;

Je mehr wird ſie mit Schein verbeſſert,

Und faſt von Mund zu Mund vergroͤſſert.

Der Klumpe ward zulezt ſehr groß,

Und ein recht ungeheurer Klos,

Er wolte endlich nicht mehr wandern:

Drum rief ein Knabe zu dem andern,

Komm hilf mir daß er komm zum Lauf,

So thuͤrmt ſich ein Gebuͤrge auf.

Er kam, ſie ſtieſſen alle Beide,

Jedoch es ward die eitle Freude,

Durch einem Zufal drauf geſtoͤhrt.

Die Luſt in Weinen bald verkehrt.

Jndem ſie ſolchen ſtaͤrker rollten,

Jhn mit Gewalt fortwelzen wollten:

So wurde einer uͤbermant,

Er fiel, verrenkte ſeine Hand,

Er ſchrie mit jammervollen Thraͤnen,

Bei dem mit Schmerz verruͤkten Sehnen:

O!
[105]Ein aufgewelzter Schneeball.
O! weh, o! weh, daß GOtt erbarm,

Mein Arm, mein Arm, mein Arm, mein Arm.

So gehts, dacht ich in meiner Seelen,

Den Laͤſtrern auch, bei dem Erzaͤhlen

Der Luͤgen, da des Naͤchſten Fall,

Sie bringt in Angſt, in Noth und
Qual.

Sie wollen andre gerne faͤllen,

Sind eins mit ihren Rottgeſellen.

Sie ſagen was der andre ſagt,

Doch wenn ſie es zuviel gewagt:

So kommt die Straffe hergelauffen,

Und ſchmeiſt die Luͤgner uͤbern Hauffen.

Jhr Kinder traut den Schneeball nicht,

Jhr Alten laſt kein falſch Geruͤcht,

Durch eure Zunge weiter gehen,

Es kan daraus eur Schad entſtehen.

Der Schneeklump ward nicht mehr gewelzt,

Er wurde durch die Sonn zerſchmelzt:

Und ſo gehts auch: Ein falſch Geruͤchte,

Beſteht nicht bei der Warheit Lichte.



[106]

Das glaͤnzende Eis.


[figure]
Bei einem Waſſerfall, allwo der Strom
ſich ſenkt,

Mit ſprudelnden Geraͤuſch in hohle
Tieffen draͤngt,

Fand ich zur Winterszeit, als alles uͤberfroren,

Ein aufgethuͤrmtes Eis, vom kalten Froſt geboh-
ren.

Es hatte da der Schlund mit Eis ſchon uͤber-
bruͤkt,

Der Flus ein troͤpfelnd Naß noch immer nachge-
ſchikt,

Das in dem Fall erſtarrt, ſo wunderbahr gefal-
len,

Als lege da ein Klump von ſchroffen Berg Criſtal-
len,

Die ſchon geſchlieffen warn. Es reizte mich der
Schein

Der Sonne der drauf fiel. Jch wuͤnſchte nah zu
ſeyn,

Dies Wunderſpiel mit Luſt genauer zuerwegen,

Und ſtieg vom Uffer ab. O! welch ein ſchimmernd
Regen

Ergoͤzte mein Geſicht, der Sonnen heller Brand,

Verwandelte das Eis in lauter Diamant;

Man ſah Verwundrungsvoll der Sonnen funkelnd
Blizzen,

Den
[107]Das glaͤnzende Eis.
Den gelblich rothen Glanz aus allen Ekken ſpriz-
zen.

Mir deucht als wenn der Klump von dieſen ſchroffen
Eis,

Vom heitren Strahl beruͤhrt, auch wuͤrklich brennend
heis;

Jch grieff aus Neubegier und innrer Luſt bewo-
gen,

Den hellen Koͤrper an: allein ich war betrogen,

Es war ein ſchimmernd Eis; es war der Strahlen
Schein,

Von lichten Glanze da, doch wie es muſte ſeyn,

So kalt als wie ein Eis. Als es die Hand em-
pfunden,

Dacht ich in meinen Sinn, hie wird der Schein
gefunden,

Ein wuͤrklich Seyn das fehlt. Hie ſtrahlt des Feu-
ers Licht,

Doch brennt es in der That bei der Entzuͤndung
nicht.

Ein angenomner Schein ohn ein recht wahres We-
ſen

Gab mir zur Lehre dies am glaͤnzend Eis zu le-
ſen:

Glaͤnzend Eis ſcheint wie ein Spie-
gel,

Der da brennt und flammend macht,

Aber wenn man dieſen Huͤgel

Naͤher ſiehet mit Bedacht,

Jſt es nur ein ſtrahlend Bild,

Das mit Kaͤlte angefuͤllt.

Al-
[108]Das glaͤnzende Eis.
Alſo ſind auch viele Seelen,

Die des Himmels Gnadenlicht,

Sich zum Gegenſtand erwaͤhlen,

Wie ihr Mund bezeugend ſpricht,

Die von Andacht feurig heiß:

Und ſind doch ſo kalt als Eis.

Dran ſind Heuchler leicht zu mer-
ken,

Welche mit den Schein vergnuͤgt,

Heiß in Worten, kalt im Werken;

Jhr gemahlter Strahl betriegt:

Andacht iſt kein aͤuſres Spiel,

Sie zeigt ſich auch im Gefuͤhl.


Die
[109]

Die
Weisheit und Guͤte GOttes
an den fuͤnff Sinnen.


[figure]
Das allerhoͤchſte Gut laͤſt auf uns durch
die Sinnen,

Den Ausflus ſeiner Guͤt mit ſtarken
Stroͤhmen rinnen.

Die Weisheit hat allein auf unſer
Wohl gedacht,

Da ſie uns ſinnlich hat mit groſſer Kunſt gemacht.

Was Himmel, Erd und Meer in weiten Raum ver-
ſchraͤnket,

Wird dadurch wunderbahr zu unſrer Luſt gelen-
ket.

Das was der Himmel hegt, das breite Firma-
ment,

Woran das Wunderlicht, der Sonnen-Koͤrper
brennt,

Woran im dikken Dunſt die ausgeſprizten Strah-
len,

Durch den gebrochnen Schein viel tauſend Farben
mahlen,

Gieſt er in unſer Aug als eine Roͤhre ein.

Was auf den Erdenball beſtrahlt von Glanz und
Schein,

Mit
[110]Die Weisheit und Guͤte GOttes
Mit Schoͤnheits Farben prangt, das wird von
uns genoſſen,

Wenn es durch dem Criſtal zum Seelen Siz ge-
floſſen.

Was in der Lufft ſich regt, der Voͤgel Zauber-
Klang,

Und der ermunternde und freudige Geſang,

Den dieſes leichte Heer in duͤnnen Luͤfften kraͤu-
ſelt;

Das lispelnde Geziſch das Wind und Aehre ſaͤu-
ſelt;

Das liebliche Gethoͤn das Zung und Saite
bringt,

Das durch das hohle Erz, Trompet und Pfeiffen
dringt;

Das aus dem Orgelwerk, von Trommelfell er-
ſchallet;

Der wollgeſtimmte Laut der aus den Glokken hal-
let:

Dies alles ſpuͤren wir mit ſeinem ſuͤſſen Klang,

Durchs Schnekkenfoͤrmge Ohr, durch ſeinen Wun-
dergang.

Die holde Suͤßigkeit, die in den Fruͤchten
ſtekket,

Jn Speiß und Tranke liegt, wird durch die
Zung geſchmekket.

Was das Geſchoͤpfe hegt, das zum Genuß be-
ſtimmt,

Was in dem Obſte ſtekkt, und in den Trauben
ſchwimmt;

Was in dem Brod gelegt, in Fleiſch, und Milch
vergraben,

Daß kan uns durch die Zung ſo Geiſt, als Koͤrper
laben.

Der
[111]an den fuͤnff Sinnen.
Der Duͤnſte Liebligkeit, die aus den Kraͤutern
raucht,

Der angenehme Dufft der von den Blumen
haucht,

Vergnuͤget den Geruch, wenn in das Sieb der
Naſen,

Die Luͤffte dieſen Dunſt gleichſam unſichtbar
blaſen.

GOtt hat des Menſchen Leib, ſo wunderbahr ge-
baut,

Daß man an jeden Glied durchflochtne Nerven
ſchaut,

Die machen das Gefuͤhl, dadurch wird das ver-
ſpuͤret,

Was unſern Koͤrper nur auf einge Art beruͤh-
ret.

O! welche manche Luſt wird in den Geiſt er-
regt,

Wenn ſich auf ſanffte Art der Nerven Draht be-
wegt;

Wie koͤnnen wir dadurch die Kuͤhlung von dem
Winden,

Bei einer ſchwuͤlen Hiz erfriſcht, erquikt emp-
finden?

Wie angenehm iſt es, wenns frieret, ſchneiet,
reift,

Und die entflammte Waͤrm die kalte Haut an-
greift;

Wie ſanffte thut es nicht, wenn uns die Kaͤlte
plaget,

Wenn uns ein warmer Pfuͤl, ein weiches Bett be-
haget.

Wie viele Luſt entſteht in uns durch das Ge-
fuͤhl,

Und
[112]Die Weisheit und Guͤte GOttes
Und ihrer Kizzelung aus manchen Scherz und
Spiel?

Wer dieſes nur bedenkt, der muß gleich einge-
ſtehen,

Das GOttes ewge Guͤt ſehr weislich auser-
ſehen,

Daß er den Menſchen hat, die Sinnligkeit ge-
ſchenkt,

Dadurch er uns vergnuͤgt, mit ſuͤſſer Wolluſt
traͤnkt.

Wie elend iſt der Menſch der einen Sinn verloh-
ren?

Er ſcheint zum Ungluͤk nur auf dieſe Welt ge-
bohren.

Wer in dem Finſtern tappt, das Licht nicht ſehen
kan,

Der heiſt mit allen Recht, ein Blind und armer
Mann,

Dem iſt die ſchoͤne Welt, der Schauplaz voll
Vergnuͤgen,

Ein Kerker voller Angſt darinnen er muß lie-
gen.

Und haͤtte GOttes Guͤt uns dieſen Sinn ver-
ſagt,

So waͤren wir allhie recht elend und geplagt:

So wuͤrde alles das, wenn wir im Finſtern ſiz-
zen,

Was Schoͤnheits Wunder zeigt fuͤr keinen Men-
ſchen nuͤzzen.

Bemerkt die Weisheit hier die alles wohl er-
dacht,

Die das Geſicht geſchenkt, die Welt ſo ſchoͤn ge-
macht

Mit
[113]an den fuͤnff Sinnen.
Mit Augen uns begabt, das Wohnhaus ausge-
ſchmuͤkket,

Mit Sonn und Licht erhellt; weils unſer Aug er-
blikket.

Wie, waͤren wir ganz blind; und ohn Genus des
Lichts:

So huͤlff uns alles das, was herrlich auch gar
nichts.

Das Auge bringet uns in dieſem Weltgebaͤu-
de,

Durch dem Gebrauch des Lichts, Vergnuͤgen, Luſt,
und Freude.

Das macht, daß auch die Welt mit ihrer groſſen
Pracht,

Uns zur Ergoͤzligkeit, zu unſerm Nuz gemacht.

Das gilt von andern auch, die wir noch Sinne
nennen,

Wir wuͤrden ohne ſie die Welt nicht brauchen koͤn-
nen.

Was huͤlffe Thon und Klang, und Schall und
Melodie,

Was nuͤzte die durch Kunſt erfundne Harmonie,

Bei dem Geſang und Spiel, wenn wir nicht auch
mit Ohren,

Dadurch dieſelbe dringt, waͤrn auf die Welt geboh-
ren?

Des Schoͤpfers weiſe Macht hat dieſe ganze
Welt,

Jn dem Zuſammenhang ganz ordentlich geſtelt;

Durchs Band der Sinnligkeit iſt Leib und Seel
verbunden,

Sein goͤttlicher Verſtand hat vor uns gut gefun-
den,

Vierter Theil. HDie
[114]Die Weisheit und Guͤte GOttes
Die Einrichtung der Welt: Daß die uns nuͤzlich
ſey;

So legt er Aug und Ohr das Sehn und Hoͤren
bei.

Wenn wir dies aufmerkſam, wie ſichs gebuͤhrt, er-
wegen:

So ſehn wir was uns ſey an jedem Sinn gelegen.

Die Weisheit hat vorher das alles uͤberſehn,

Woraus das Wunderhaus die Erde ſolt beſtehn;

Sie ſchuff ſo vielerlei, dieweil wir ſchmekken koͤn-
nen.

Um uns durch dieſem Sinn Erquikkung auch zu goͤn-
nen:

So ſtimmet Zung und Frucht darinnen uͤberein:

GOtt muß ein weiſer GOtt, der weislich ordnet
ſeyn.

Wo er die Weisheit zeigt, da ſtrahlt auch ins Ge-
muͤte,

Zugleich die Lieb und Treu, und ſeine Wunderguͤte.

Die Mannigfaltigkeit die zu der Schoͤnheit hoͤrt,

Wie uns die Denkungskraft des Geiſtes deutlich
lehrt,

Die iſt in der Natur, ſo weit wir ſie ergruͤnden,

Bei einer ieden Art der Kreatur zu finden.

Das Thier und Pflanzenreich iſt vom Geſchoͤpfen
voll,

Die nach der Weisheit Zwek der Menſch genieſſen
ſol,

Wir koͤnnten alle woll von Brod und Waſſer le-
ben:

Allein der Schoͤpfer hat uns vielerlei gegeben:

Und doch ein jegliches, das ſonſt von gleicher Art

Mit einer andern Krafft und Eigenſchafft verpaart

Darum
[115]an den fuͤnff Sinnen.
Und unſre Zung und Gaum ſo wunderbahr for-
miret,

Daß man durch dem Geſchmak die Aenderung ver-
ſpuͤret,

Die in Geſchoͤpfen ſtekt: Und beides iſt geſchehn,

Daß wir des Hoͤchſten Guͤt daran im Geiſte ſehn.

Er hat uns den Geruch zu dem vergnuͤgten Le-
ben,

Als eine andre Art der Sinnligkeit gegeben:

Damit wir uns nach dem was lieblich iſt bemuͤhn,

Und was uns ſchaͤdlich iſt, behutſam gleich ent-
fliehn.

Das lehrt uns ſeine Guͤt und ſeine Weisheit ken-
nen,

Der Naſen Sieb dient uns was Boͤß und Gut zu
trennen.

Es ſcheidet Waizen, Spreu; was wol, was uͤ-
bel riecht,

Wenn nur die Ausduͤnſtung durch deſſen Loͤcher
kriecht.

Wir koͤnnen dadurch noch der Guͤte Zeugnis haͤuf-
fen,

Und GOttes weiſe Macht darinnen fuͤhlen, greif-
fen,

Daß er Kopf, Hals und Leib, Arm, Bein und
Fuß und Hand,

Mit Sehnen durchgewirkt, mit Nerven uͤberſpannt,

Die recht empfindlich ſeyn. Was unſern Leib be-
ruͤhret,

Es ſey Wohl oder Weh wird dadurch gleich ver-
ſpuͤret;

Jndem der ganze Leib mit Nerven uͤberſtreut:

So merket man ſo gleich, was nuzt, was Scha-
den dreut:

H 2Die
[116]Die Weisheit und Guͤte GOttes
Die weiſe Vorſehung hat jedem Glied gezeiget,

Wie ſehr uns ſeine Huld zu unſern Wohl genei-
get:

Es kan ein jeder Sinn uns uͤberzeugend lehrn:

Wie wir auch ſchuldig ſeyn, den Schoͤpfer zu verehrn.

Dafuͤr, daß er uns hat zu dem vergnuͤgten Leben,

Geſicht, Gehoͤr, Geſchmak, Geruch, Gefuͤhl ge-
geben.

O! klaͤglicher Beweis der Unempfindlichkeit,

Daß wir ſo undankbahr, indem uns GOtt er-
freut

Mit ſeiner Wunderguͤt; mit ſeinen groſſen Gaben,

Daß wir dennoch dabei ein Fuͤhllos Herze haben.

Wer denket wohl daran, daß es ſey unſre Pflicht

Mit dankbahren Gemuͤt, fuͤr Ohren und Geſicht,

Fuͤr dem Geruch, Geſchmak, dem Guͤtigen, All-
weiſen,

Und auch fuͤr das Gefuͤhl zu loben und zu preiſen?

Der Menſch erkennet nicht das Gute was er ſpuͤrt,

Er denkt niemahls daran, bis daß er es verliehrt.

Wenn ſich das Augenlicht mit ſchwarzer Haut ver-
huͤllet,

Ein eiternd faules Naß aus deſſen Hoͤlen quillet;

Und wenn der Jahre Laſt der Nerven Krafft ent-
ſpannt,

Und er nicht hoͤren kan; ſo wird es erſt erkannt,

Wie gluͤklich er geweſt, befreit von allen Plagen,

An Sinnen unverlezt, in den geſunden Tagen.

Erkenne doch o Menſch! ſo lange dir nichts fehlt,

Wie Leib und Seele ſey durchs Sinnenband ver-
maͤhlt,

Und wie du ſchuldig ſeiſt, zu deines Schoͤpfers Ehren

Zu ſchmekken, riechen, ſehn, zu fuͤhlen und zu hoͤ-
ren.

Und
[117]an den fuͤnff Sinnen.
Und dieſes wird geſchehn, wenn du dich ſtets be-
muͤhſt

Jn allen was du fuͤhlſt, hoͤrſt, riecheſt, ſchmekkeſt
ſiehſt,

Des Schoͤpfers Guͤtigkeit, die ſich an allen Wer-
ken,

Ganz deutlich offenbahrt, mit Andacht zu bemer-
ken.

Wenn du die Sinnligkeit durch dem Verſtand re-
gierſt,

Durchs Auge nicht das Herz zur boͤſen Luſt ver-
fuͤhrſt,

Das was erlaubt geneuſt, und das verbotne flie-
heſt,

Mit wollgewaͤhlten Schlus davon das Herz abzie-
heſt.

Alsdenn wird es geſchehn, wenn man dadurch er-
kennt,

An Erde, Laub und Kraut, an Lufft und Firma-
ment,

Daß GOtt ein HErr der Welt, ein majeſtaͤtiſch
Weſen;

Wenn man mit Augen wird an allen Dingen le-
ſen,

Die man in Tief und Hoͤh, nah oder fern er-
blikt,

Es ſey die ewge Macht darinnen abgedruͤkt.

Alsdenn wird es geſchehn, wenn man was lieblichs
hoͤret,

Daß man dadurch erwekt, das Herz zum Schoͤpfer
kehret,

Und ſeine Guͤte ruͤhmt, die durch die rege
Fluth,

H 3Der
[118]Die Weisheit und Guͤte GOttes.
Der fortgetriebnen Lufft, ſo groſſe Wunder thut.

Alsdenn wird es geſchehn, wenn unſre Zunge
ſchmekket

Das Suͤſſe der Natur und unſer Herz erwek-
ket,

Die Quelle zu beſehn, woher das alles fleuſt,

Was Leib und Seele labt, wenn es der Mund ge-
neuſt.

O! Menſche brauche ſo das Werkzeug deiner
Sinnen:

So wird dadurch der Geiſt mit Ueberzeugung in-
nen,

Daß GOtt das hoͤchſte Gut, der uns recht reizend
liebt,

Weil er durch jeden Sinn es zu erkennen giebt.


Ein
[119]

Ein guter Rath fuͤr Hochmuͤti-
ge und unerſaͤtliche Menſchen, wel-
chen die Welt zu enge.


[figure]
Menſchen die ihr dieſe Erde al-
lein zu beſizzen denkt,

Eure Macht ſtets weiter breitet,
duͤnket zu ſehr eingeſchraͤnkt;

Die ihr gleich Alexander euch gar wollet unter-
winden,

Wenn es moͤglich hinterm Pol, neue Welten zu
erfinden,

Die eur Muth erobern koͤnnte; Wie iſt euch die
Welt zu klein,

Koͤnnt ihr da ihr Menſchen heiſſet, wol allgegen-
waͤrtig ſeyn?

Helden die ihr nimmer ſatt, bei der groſſen Habſucht
brennet,

Und bald hie, bald dorten hin, mit geſpornten
Schritten rennet,

Stehet ſtille und bedenket, wie der Raum beſchaf-
fen war,

Denn ihr damahls eingenommen, ehe die Mutter
euch gebahr,

H 4Wie
[120]Ein guter Rath fuͤr Hochmuͤtige.
Wie klein war der Wohnplaz nicht, da ihr als ge-
ringe Wuͤrmer,

Zwiſchen Koth und Harn verſtekt. O! ihr groſſen
Erdenſtuͤrmer,

Wie gar bald ward die Begierde auch nach der Ge-
buhrt geſtillt,

Da ward ihr mit wenig Tropffen von den weiſſen
Safft gefuͤllt.

Denket nach wie gros der Raum, denn ihr nach
dem Tode brauchet,

Wenn die Nerven ſind entſpannt und die Seele aus-
gehauchet.

Alsdenn ſind gar wenig Spannen, wenn das Le-
bens Oel verglimmt,

Wo der Koͤrper kann verfaulen, nur zu euren Raum
beſtimmt.

Werdet ihr dies mit Vernunfft, als Vernuͤnfftige
bedenken;

So koͤnnt ihr dadurch den Trieb eurer Habſucht
bald einſchraͤnken.


Das
[121]
Das Herz.
[figure]
Springbrun wo das Leben quillet,

Triebwerk das ſich immer regt,

Quelle die viel Roͤhren fuͤllet,

Wunder-Uhr die oͤffters ſchlaͤgt,

Herze! GOttes Meiſterſtuͤkke,

Auf dich zieh ich meine Blikke;

Weil dich die alweiſe Hand,

Almachtsvol hat aufgeſpannt.

Jeder Plusſchlag heiſt mich merken,

Auf dich Quell der rothen Flut!

Wunder von den Wunderwerken,

Das ſich immer regt, nie ruht,

Wer dich nur wird recht erwegen,

Der verſpuͤrt bei deinen Schlaͤgen

Daß ein unumſchraͤnkter Geiſt,

Aller Dinge Urſprung heiſt.

Groſſes All, du Geiſt der Geiſter,

Ewge Urquell alles Seyn!

Daß du ſeiſt ein weiſer Meiſter,

Lehrt mich ſchon das Herz allein,

Wenn ich achtſam uͤberdenke,

Dieſes Kunſtwerks ſein Gelenke.

Seine Raͤder, ſeine Roͤhrn;

Treiben mich dich zu verehrn.

H 5Sei-
[122]Das Herz.
Du haſt dieſes Kunſtgeraͤder,

Jn der Bruſt Gewoͤlb gehaͤngt,

Wo es ſich an dem Geaͤder

Jmmer auf und nieder ſchwenkt.

Dieſer Siz iſt wol erſehen:

Denn ſo kann es leicht geſchehen,

Weil es in der Mitte iſt,

Daß das Blut im Kreislauf flieſt.

Da iſt auch die rechte Stelle

Mitten in der hohlen Bruſt,

Wo die rothe Lebens Quelle

Der Bezirk von Schmerz und Luſt,

Durch ihr Nahrungsreiches Sprizzen,

Kan den ganzen Koͤrper nuͤzzen;

Wo es in die Hoͤh ſich draͤngt,

Und auch in die Tieffe ſprengt.

Wenn wir was das Herz ſey fragen,

So wird uns ein jeder Blik,

Wenn wirs ſehn die Antwort ſagen,

Daß es ſei ein fleiſchicht Stuͤk;

Oder wie wir ſonſten leſen,

Ein ſtark musculoͤſes Weſen,

Welches oben breit ausſieht,

Unten ſich geſpizt zuzieht.

Es haͤngt an den beiden Seiten

An ſehr vielen kleinen Roͤhrn

Welche ſich daraus herleiten,

Welche dahin ruͤkwerts kehrn;
Es
[123]Das Herz.

Es iſt herrlich anzuſehen;

Wie ſich die Gefaͤſſe drehen,

Die ſo wunderbahr verſtrikt,

Daß doch keins das andre druͤkt.

Weil das Hertz die Quell vom Leben,

Und ein Uhrwerk das ſehr zart,

Jſt es von der Lung umgeben,

Und mit Kuͤſſen wol verwahrt,

Jn ein weiches Fell geſchloſſen,

Woran auswerts Fett entſproſſen,

Darauf es gar ſanft gepaßt,

Und in Beutel eingefaßt.

Es beſteht aus zweien Hoͤhlen,

Die man ſeine Kammern nennt,

Welche nach dem weiſen Waͤhlen,

Durch die Scheide wird getrennt.

Jede Kammer hat Gefaͤße,

Dadurch ſich die Purpur Naͤſſe,

Theils von Herzen abwerts draͤngt,

Theils zum Herzen wieder ſprengt.

Jede Kammer hat zwo Loͤcher

Welche von den Adern vol,

Eines ſchlieſt in ſeine Faͤcher

Solche dadurch flieſſen ſol

Das Gebluͤt das ruͤkwerts dringet,

Das ſich zu dem Herzen zwinget: (*)
Und
[124]Das Herz.

Und das andre ſchlieſſet ein,

Solche die Puls-Adern ſeyn. (*)

Durch das ſprizzende Gedraͤnge,

Wird ſo oft das Herze ſchlaͤgt,

Jn der Adern hohle Gaͤnge,

Das Gebluͤte fort bewegt,

Wundernswuͤrdig fortgeſchikket,

Durch den ganzen Leib gedruͤkket,

Da es nimmer ſtille ſteht:

Stets in ſeinem Kreislauf geht.

Wenn wir uns das Herz vorſtellen,

Duͤnkt es uns faſt gleich zu ſeyn,

Einer Kunſt, wo Waſſer ſchwellen

Jn die hohlen Roͤhren ein:

Woraus ſie denn wieder dringen

Durch den Druk bald aufwerts ſpringen;

Wo ein anderer Canal,

Da es wieder komt zum Fall.

Wenn man ſo das Herz erblikket,

Wie darin die Adern gehn;

Wie ſichs dehnt, zuſammen druͤkket;

So muß jeder eingeſtehn:

Daß dies fleiſchichte Gewebe,
GOttes weiſe Macht erhebe,

Die es alſo angelegt,

Daß es immer ſich bewegt.

Wenn
[125]Das Herz.
Wenn man ferner hin bedenket,

Wie in uns die rothe See,

Durch die Roͤhren wird gelenket,

Und ſich ſprizzet in die Hoͤh;

Wie das Blut zum Herzen drenget

Von der Hoͤh, ſich nicht vermenget,

Mit dem das da aufwerts ſteigt

Sondern weislich ſolchen weicht.

Wenn der Flus wuͤrd aufgehalten;

Wenn der Kreislauf wuͤrd geſtoͤhrt,

Muͤſte gleich der Menſch erkalten,

Der durchs Blut ſein Leben naͤhrt.

Dieſes koͤnte leicht geſchehen,

Wenn nicht GOttes Aug erſehen

Die Gefahr, mit weiſer Macht,

Daſelbſt Huͤgel angebracht.

O! wie kuͤnſtlich, o wie weiſe

Wird des Blutes Lauf regiert,

Daß es nicht auf ſeiner Reiſe

Von der rechten Bahn verirrt.

Da, die hohlen Adern gehen,

Sieht man kleine Huͤgel ſtehen,

Wo die Flut die abwerts ſteigt

Sich ſeitwerts in etwas beugt. (*)

Dadurch
[126]Das Herz.
Dadurch wird auch gleich gehoben,

Zweier Adern Gegenlauff,

Dekt uns das nicht klare Proben,

Einer ewgen Weisheit auf,

Die weit uͤber unſer Denken,

Alles weislich weiß zu lenken:

Und ſo alles kuͤnſtlich dreht,

Daß daraus ihr Zwek entſteht?

Wer kan alle Wunder zaͤhlen,

Welche blos das Herz bedekt,

Welche in den kleinen Hoͤhlen

Den verborgnen Trieb erwekt?

Nur noch eines zu gedenken:

So laſt uns das Auge lenken,

Auf das, was alsdenn geſchieht,

Wenns ſich dehnt, zuſammen zieht.

Jndem es das Blut fortſchikket,

Das in denen Kammern fließt

Und ſich feſt zuſammen druͤkket,

Bleibt das was ſich ruͤkwerts gießt,

So lang in den zweien Ohren, (*)

Die zur Herberg auserkohren
Bis
(*)
[127]Das Herz.

Bis der Kammern offnen Gang,

Es nimmt wieder im Empfang.

So geht immer im Bewegen,

Ohne Aendrung, ohne Ruh,

Das Herz in geſchwinden Schlaͤgen,

Wundernswuͤrdig auf und zu;

Da denn dieſe rothe Wellen

Durch die Blutgefaͤſſe ſchwellen,

Und das Herze hie empfaͤngt,

Was es da hat fortgedraͤngt.

Sage Menſch kan das nicht lehren,

Daß die weiſe Majeſtaͤt,

Von uns allen ſey zu ehren,

Deren Wink dies alles dreht.

Muſt du nicht geruͤhrt bekennen,

Daß der gros ſey zu benennen,

Der dies Kunſtwerk ſo beſtimmt

Draus der Safft zum Leben ſchwimmt.

Oefnet eurer Lippen Schranken,

Ueber dieſes Wunder auf,

Und erklaͤret die Gedanken,

Laͤſt euch nicht der ſchnelle Lauff

Des Gebluͤts, recht deutlich merken,

Daß ihr muͤſſet all beſtaͤrken,
GOtt der ſey ein GOtt voll Macht

Der das Herz herfuͤr gebracht?

Jch
[128]Das Herz.
Jch erkenne, ich verſpuͤre,

Groſſer Schoͤpfer! ewger Geiſt!

Daß dir Lob von mir gebuͤhre,

So lang noch mein Blut umfleuſt;

So lang als du wirſt das Leben,

Jm bewegten Blute geben.

So lang ruͤhmt dich Herz und Mund

Und macht deine Wunder kund.



[129]

Moraliſche Betrachtung des
Herzens.


[figure]
Das Herz iſt oben breit, und unten zu-
geſpizt,

Wie es im Leibe haͤngt, in ſeiner La-
ge ſizt;

Die Lufftroͤhr iſt damit aufs feſteſte vereinet,

Die man zur Rede braucht: Und dieſes alles ſchei-
net,

Ein Lehrbild uns zu ſeyn, wodurch der Schoͤpfer
ſpricht:

Menſch lerne an dem Herz, was hie ſey
deine Pflicht:

Du muſt dein Herz vielmehr nach dem was
himmliſch lenken,
Und nur das kleinſte Theil davon der Erde
ſchenken.

Was deine Zunge ſpricht, das muß von Herzen
ſeyn;

Und ſtimmet Herz und Mund im Reden uͤberein:

So richteſt du dich recht nach deines Schoͤpfers
Willen:

Was von der Zunge flieſt, ſol aus dem Herzen
quillen.


Vierter Theil.
[130]

Gedanken uͤber die Thraͤnen
JEſu, welche er bei dem Anblik der
Stadt Jeruſalem ver-
goſſen.


[figure]
Die Liebe thraͤnt in dir, o! Heiland da du
weinſt,

Jn deiner Moͤrderſtadt, als wie ein Lamm
erſcheinſt,

Das in der Unſchuld wallt, und fuͤr die Suͤnder buͤſ-
ſet,

Zu deren Reinigung dein heilig Blut zerflieſſet.

Du ſiehſt von ferne ſchon der Juden ſteinern Herz,

Die Bosheit die dich wuͤrgt, dich quaͤlt mit heiſſen
Schmerz,

Du ſiehſt im Geiſt vorher, wie das Gericht zertruͤm-
mert,

Jm Rachfeur alles ſchmelzt, was noch im Glanze
ſchimmert;

Das Ungluͤk ruͤhrt dein Herz, es weint, durch die-
ſe Zeichen,

Der Juden ſteinern Herz noch endlich zu erwei-
chen.

Jhr Suͤnder! ſehet hier ein Bild der Gnade an,

Die wenn ſie euch nicht mehr das Herze ruͤhren
kan,

Euch ſolche Zeichen giebt, daran ihr koͤnnt erkennen,

Es
[131]uͤber die Thraͤnen JEſu.
Es ſey GOtt der gerecht, doch guͤtig zu benennen.

Der Augen Zaͤhrenſalz, das von den Wangen
rollt,

Des Mundes klagend Wort: Jhr habet nicht
gewollt,

Bezeugen JEſus Treu, daß er das Volk geſuchet,

Das aus gerechten Zorn des Hoͤchſten Macht ver-
fluchet.

Jhr Menſchen ſehet doch, wie woll es JEſus meint,

Er ſieht eur Ungluͤk an, daran ihr Schuld, und
weint:

Jndem ihr ihn verwerfft, beweißt er Sanfftmuths-
Triebe,

Und das beweiſet euch, daß JEſus ſey die Lie-
be.


J 2Das
[132]
Das
Menſchliche Auge als ein Wun-
derſpiegel der Gottheit.

[figure]
So wie GOtt, des Lichtes Bronnen,

Als hat das Auge dieſer Welt,

Jn dem feurgen Rund der Son-
nen,

An das Firmament geſtellt:

So hat er auch an den Hoͤhen,

Einer kleinen Welt erſehen;

An dem menſchlichen Geſicht,

Ein recht herrlich Sonnenlicht.

Dieſes ſind die zwo Kriſtallen,

Die in unſern Haupte ſtehn,

Dadurch rege Strahlen prallen,

Die bis ins Gehirne gehn:

Dadurch wird der Leib erhellet,

Und der Seelen dargeſtellet,

Was der Erd und Himmelsbau,

Uns vor Schoͤnheit legt zum Schau.

Sieht man in den weiten Grenzen,

Unſers Schoͤpfers Herrligkeit,

Aus der Sonnen Spiegel glaͤnzen,

Deren Anblik uns erfreut;
So
[133]Das menſchliche Auge.

So ſtrahlt auch aus dem Geſichte

Aus dem hellen Augenlichte

Unſers groſſen Schoͤpfers Zier,

Deſſen weiſe Macht herfuͤr.

Dieſes klaͤrlich zu beweiſen

So bedenket und erwegt,

Was in zwey ſo kleinen Kreiſen,
GOttes Wunderhand gelegt;

Was in aller Welt zu finden,

Muß ſich hier gleichſam verbinden;

Dadurch blikt die Seele an,

Alles was man finden kan.

Was ſehr gros, ſich weit ausbreitet,

Selbſt das breite Firmament,

Wird ins Auge eingeleitet;

Und die Sonne die dran brennt,

Die ein Koͤrper deſſen Strahlen,

Ungeheure Zirkel mahlen;

Nichts kann ſo vergroͤſſert ſeyn,

Unſer Auge ſchließt es ein.

Dieſes Fernglas unſrer Seele,

Unſrer Augen doppelt Rund,

Lieget in zwiefacher Hoͤle,

Stekt in einem tieffen Grund,

Lenkt ſich zu der Nerven Quelle

Zum Gehirn, alwo die Stelle

Da es ſeinen Urſprung nimt,

Weil es fuͤr dem Geiſt beſtimmt.

J 3Man
[134]Das Menſchliche Auge.
Man kann an dem innren Weſen,

An der aͤuſren Einrichtung,
GOttes weiſe Almacht leſen;

Weil wir mit Bewunderung

Ein recht kuͤnſtliches Verbinden,

Vieler kleinen Theile finden,

Woraus ſichtbarlich erhellt,

Wer dies Kunſtwerk ſo geſtellt.

Jedes Aug in ſeinem Fache,

Jſt mit Knochen woll verſezt,

Liegt als unter einem Dache,

Daß es bleibe unverlezt;

Es liegt unter einem Bogen,

Der mit Haaren uͤberzogen,

Daran noch ein Vorhang haͤngt,

Der ſich auf und abwerts lenkt.

Wie gar leicht verderben Glieder,

Die ſo kuͤnſtlich, klein und zart;

Darum ſind ſie hin und wieder,

Oben, unten woll verwahrt.

Dieſe Fenſter haben Laden,

Daß kein Zufal koͤnne ſchaden;

Dieſe ziehn in einem Nu,

Sich wies Noth iſt, auf und zu.

Dieſe zarten Augenlieder,

Die ſtat der Gardienen ſeyn,

Fallen wie ein Vorhang nieder,

Wenn des Lichtes heller Schein,
Gar
[135]Das Menſchliche Auge.

Gar zu ſtark ins Auge blendet;

Dadurch wird auch abgewendet,

Mancher Zufal der entſteht,

Und ſich nach dem Augen dreht.

Sie ſind gleichſam in der Mitten,

Von einander abgetheilt,

Und ein Vorhang der zerſchnitten,

Abwerts und auch aufwerts eilt;

Oben, unten angeſchloſſen:

Wenn ſie beide losgeſchoſſen:

So iſt jedes Aug verdekt,

Und ins Futteral verſtekt.

Daß ſie nicht verſchrumpfet liegen,

Und ſich nicht zu langſam drehn,

Wenn ſie auf und abwerts fliegen;

So hat GOtt ſehr weis erſehn,

Daß ſie an den runden Bogen,

Der ſehr knoͤrplich, aufgezogen,

Und durch zarter Muskeln Band,

An dem Rande ausgeſpannt.

Sie beſtehn aus fleiſchern Haͤuten,

Die von auſſen etwas hart;

Doch ſehr ſanffte ſich ausſpreiten,

Weil ſie innerlich ſehr zart;

Und das Auge gar nicht druͤkken,

Wenn ſie ſich daruͤber ruͤkken;

Sie ſind wenn man ſie erwegt,

Wie mit Sammt ſanfft ausgelegt.

J 4Dieſe
[136]Das Menſchliche Auge.
Dieſe Haͤutgen die verſpuͤren,

Leicht wenn was in Augen ſtekt,

Wenn ſie nur etwas beruͤhren,

Daß als unrein ſie beflekt:

Und das kan uns dazu nuͤzzen,

Daß wir es nicht laſſen ſizzen:

Sondern uns ſo gleich bemuͤhn,

Weg zu wiſchen, weg zu ziehn.

An der Lieder aͤuſren Spizzen

Allwo ſie zuſammen gehn,

Find man ſteiffe Haare ſizzen,

Die ſich oben aufwerts drehn:

Aber an dem Untern beugen,

Niederwerts ſich kuͤnſtlich neigen:

Daß ſie nicht durch das Beruͤhrn,

Sich verwikkeln und verliehrn.

Dieſe Haare die ſteif hangen,

Sind in vielen Faͤllen nuz;

Daß ſie gleich den Staub auffangen;

Dienen unſern Aug zum Schuz,

Wider die Unreinigkeiten,

Die ſie gleich voruͤber leiten:

Damit ſie deſſelben Schein,

Nicht, wie ſonſten ſchaͤdlich ſeyn.

Ebenfals muß man geſtehen,

Daß es weislich eingericht,

Daß die Haare, als wir ſehen,

Wie es an dem Haupt geſchicht,
Nicht
[137]Das Menſchliche Auge.

Nicht ſich in die Laͤnge treiben.

Sondern ohne Wachsthum bleiben,

Wenn ſie ihre Laͤng erreicht,

Wie uns die Erfahrung zeigt.

Dieſes ſcheinen Kleinigkeiten,

Und ſind dennoch wunderbahr,

Weil GOtt bei dem Zubereiten,

Schon geſehn auf die Gefahr,

Die da koͤnnte die Kriſtallen

Unſrer Augen leicht befallen:

Dafuͤr ſind ſie nun beſchuͤzt,

Weil davor die Schutzwehr ſizt.

Wenn wir ihren Bau betrachten,

Sehen alle Theile an,

Die bewundernd hoch zu achten

Und kein Kuͤnſtler kuͤnſteln kan:

So muß jederman erkennen,

Daß das Aug ein Werk zu nennen,

Das die Weisheit ausgedacht,

Wunderbahr zu Stand gebracht.

Weislich iſt ſchon an den Augen

Die rundlaͤnglichte Figur,

Weil die flachen nicht recht taugen

Alle Bilder der Natur,

Die den Mittelpunet beſtrahlen,

Deutlich in ſich abzumahlen,

Als das, was rund ausgehoͤhlt,

Wie die Sehekunſt erzaͤhlt.

J 5Da
[138]Das Menſchliche Auge.
Da die Augen rund gebildet,

Wird darin der Gegenſtand,

Ohn Verwirrung abgeſchildet,

Und viel leichter, wie bekandt,

Koͤnnen ſie ſich nunmehr wenden,

Als wenn an den aͤuſren Enden,

Ekken waͤren, die im Drehn,

Nicht ſo leicht beweglich gehn.

Jedes Aug beſteht aus Haͤuten, (*)

Die dreifach ſind an der Zahl,

Und aus ſo viel Feuchtigkeiten (**)

Darin ſich des Lichtes Strahl,

Als
[139]Das menſchliche Auge.
Als in einem Spiegel druͤkket,

Und zum Mittelpuncte ſchikket,

Dran man eine ſchwarze Wand,

Findet gleichſam ausgeſpannt.

Wenn durch waͤſſrichte Kriſtallen

Die das aͤuſre Licht beruͤhrt,

Mancherlei Geſtalten fallen;

Werden ſie dahin gefuͤhrt,

Wo ſie dieſe Wand beſtrahlen,

Und ſich gleichſam dran abmahlen,

Da hernach der Geiſt erblikt,

Was daran iſt abgedruͤkt.

Was noch ſonſten iſt zufinden,

Von den Nerven, Muskeln, Haut,

Woraus in den hohlen Gruͤnden,

Jſt das runde Aug erbaut,

Wollen wir nicht weiter zeigen,

Sondern diesmahl nur verſchweigen,

Weil wir ſchon genug geſehn,

Unſern Schoͤpfer zu erhoͤhn.

Kein
(**)
[140]Das Menſchliche Auge.
Kein Theil iſt daran ſo kleine,

Es hat ſeinen groſſen Nuz,

Und kein Haͤutgen iſt ſo feine,

Es dient dem Kriſtall zum Schuz;

Oder muß auf andre Weiſe,

Dieſes Wundervoll Gehaͤuſe,

Zu dem Zwek, zu ſeinem Schein,

Vortheilhafft und nuͤzlich ſeyn.

Wer die Augen braucht zum Sehen,

Und aufmerkſam nur erwegt,

Wie das pfleget zu geſchehen,

Daß der Lichtſtrahl darin ſchlaͤgt;

Wie das was die Haͤutgen ruͤhret,

Wird zu dem Gehirn gefuͤhret:

Der erkennt, nur GOtt allein,

Muß derſelben Meiſter ſeyn.

Himmel, Erde, Thal und Huͤgel,

Sonne, Sterne, Baum und Kraut;

Alles ſehn wir durch die Spiegel,

Was der Schoͤpfer hat gebaut.

Jſt er darum nicht zu preiſen,

Das er in ſo engen Kreiſen

Alles das zuſammen zieht,

Was nur ſchoͤnes ſchimmert, bluͤht?

Was die Naͤhe und die Ferne

Jn ſich hegt, wird uns bekandt,

Durch dis Paar der lichten Sterne,

Die des Hoͤchſten Wunderhand
Uns
[141]Das Menſchliche Auge.

Uns in unſer Haupt geſenket,

Und ſo weislich hat gelenket,

Ja! es wird dadurch die Welt,

Uns recht deutlich vorgeſtellt.

Unſre Augen bleiben ſizzen,

Jn dem angewieſnen Ort,

Aber ihre ſtrengen Blizzen,

Rennen allenthalben fort:

Wenn ſie wieder ruͤkwerts fliegen,

Bringen ſie dem Geiſt vergnuͤgen,

Floͤſſen ihm durch ihrem Schein,

Was ſich ſchoͤnes findet, ein.

Menſch! erkenne dieſe Gaben,

Die wir von der Guͤtigkeit,

Eines weiſen Schoͤpfers haben,

Der die Welt mit Glanz beſtreut:

Brauche deine hellen Augen,

Luſt und Freude einzuſaugen,

Aus dem Dingen dieſer Welt,

Die dir dadurch vorgeſtellt.

Aber moͤchteſt du auch lernen,

Jn den Tieffen, in den Hoͤhn,

Jn der Naͤhe, in den Fernen

Allenthalben GOtt zu ſehn:

O! ſo wuͤrde durch das Wunder

Deiner Augen, auch der Zunder

Reger Andacht angebrandt;
GOtt aus allen dir bekandt.

Wer
[142]Das Menſchliche Auge.
Wer die Welt nur blos anſiehet,

Wie ein unvernuͤnfftig Thier,

Und ſich nicht im Geiſt bemuͤhet,

Jhre Schoͤnheit, Pracht und Zier,

Aufmerkſam zu uͤberdenken,

Und das Herz darauf zu lenken,

Seinen Schoͤpfer nicht ſo ehrt,

Jſt der Augen nimmer wehrt.

Wiſche den Gewohnheits Schlummer,

Menſch! aus deinem Angeſicht,

Und vertreib den finſtern Kummer,

Da du kanſt das Freuden-Licht

Das das Herz ergoͤzt, erblikken;

Sprich im freudigen Entzuͤkken:
Schoͤpfer! deiner Gnade Schein,

Sol mein ſteter Vorwurf ſeyn.

Wirſt du ſo des Schoͤpfers Weſen,

Jn dem Buche der Natur,

Durch der Augen Spiegel leſen,

An der ſchoͤnen Kreatur:

So wirſt du in allen Werken,

Seine weiſe Almacht merken;

So bringt dir ein jeder Blik,

Jmmer ſuͤſſe Luſt zuruͤk.

Brauche ferner dein Geſichte,

Und lies fleißig in der Schrifft,

Was dein Auge in dem Lichte

Jn des Geiſtes Wort antrifft:
Da
[143]Das Menſchliche Auge.

Da wirſt du geruͤhrt erkennen,

Daß GOtt ſey ein GOtt zu nennen,

Der durch ſeine Guͤtigkeit,

Auch des Geiſtes Aug erfreut.

Lies wie er ſich da beſchrieben,

Als ein hoͤchſt volkomner Geiſt,

Was er denen die ihn lieben,

Jn der kuͤnfftgen Welt verheiſt:

Folge denen heilgen Lehren,

Jhn im Geiſte zu verehren:

So wird dreinſt dir mehr gewaͤhrt,

Wenn dein Auge iſt verklaͤrt.

Deucht dir ſchon das ein Geluͤkke

Wie es auch warhafftig iſt,

Daß dein Auge durch die Blikke,

Allenthalben Wunder lieſt:

Was vor groſſe Seeligkeiten,

Wird dort GOtt uns zubereiten,

Da der Vater alles Lichts,

Jſt der Vorwurf des Geſichts.

Wir ſehn hier durch einen Spiegel,

Noch in einem dunklen Wort:

Aber dort auf Salems Huͤgel,

Jſt der vollenkommne Ort,

Wo wir in des Himmels Lichte,

Unſern GOtt von Angeſichte;

Was wir hie noch nicht verſtehn,

Jn volkomner Klarheit ſehn.

Koͤn-
[144]Das Menſchliche Auge.
Koͤnnen wir auf denen Auen

Der beſtrahlten Eitelkeit;

So viel ſchoͤne Wunder ſchauen,

Da noch viele Dunkelheit;

Da noch viele finſtre Schatten,

Sich mit Licht und Klarheit gatten,

Was wird denn zu hoffen ſeyn,

Beim verklaͤrten Augenſchein?

Doch mein Geiſt der faßt das nimmer,

Und das Auge ſieht es nicht,

Was vor ein geſtrahlter Schimmer

Aus dem Licht der Gottheit bricht.

Jch bin noch im finſtren Lande,

Da ich vom verklaͤrten Stande

Noch nicht alles kan verſtehn,

Was des Glaubens Aug geſehn.

Dieſes weis ich, und den Glauben,

Sol mir weder Hoͤll, noch Welt,

Und kein teufliſch Spoͤtter rauben:

Dort in dem beſtirnten Zelt,

Werd ich JEſum dreinſt erblikken,

Da wird ſich mein Aug erquikken,

An den Wundern mancher Art,

Die der Himmel offenbahrt.


Ein
[145]

Ein
im Winter immer gruͤnender
Lorbeerbaum.
Eine Vorſtellung eines grosmuͤthigen
Herzens.


[figure]
Ein gruͤner Lorbeerbaum iſt auch im
Winter ſchoͤn,

Gedoppelt lieblicher im Schnee-Puz
anzuſehn:

Der Himmel tobe gleich im Sturm
und truͤben Wetter,

Er prangt in ſeinem Schmuk, bewahret ſeine Blaͤt-
ter.

Wenn andre Baͤume kahl, und ihres Schmuks
beraubt,

Wenn ſie der kalte Nord durch ſeinem Braus ent-
laubt:

So ſezt er ſich den Sturm und ſchuͤtternden Be-
wegen,

Zum Troz der rauhen Luft, mit aller Macht entgegen.

Die Grosmuth ſieht darin ein ſchoͤnes Bildnis an,

Das ihren ſtarken Geiſt im Gleichnis ſchildern
kan:

So wie ein Lorbeerbaum, wenn es gleich friert und
ſchneiet,

Vierter Theil. KVon
[146]Ein im Winter gruͤnender Lorbeerbaum.
Von gruͤnen Laub bekraͤnzt, den rauhen Froſt nicht
ſcheuet;

So ſcheut die Grosmuth nicht, wenn gleich ein truͤ-
ber Tag,

Den Leib mit Wehen plagt, den Geiſt mit Unge-
mach:

Sie haͤlt das gruͤne Blat, der Hofnung Sinnbild
feſte,

Und denkt nach rauhen Nord, kommt wol des Gluͤk-
kes Weſte,

Da alle Noth zerſchmelzt, die unſer Herze quaͤlt,

Der Himmel denkt und weiß, was ihren Kindern
fehlt.

Es kan der Lorbeerbaum, ſo lang er gruͤnt beſtehen,

Doch falln die Blaͤtter hin; ſo iſts mit ihm geſche-
hen.

Die Grosmuth bleibet auch, ſo lang noch Hofnung
da,

Doch wenn die Hofnung fehlt; ſo iſt ihr Ende nah:

Wer ſtandhafft bleiben wil, der muß durch weiſe
Lehren,

Die Hofnung immerfort in ſeiner Seele naͤh-
ren.


Der
[147]

Der Glaube.


[figure]
Der Augen helles Glas iſt finſter ohne
Licht;

So ſiehet der Verſtand ohn das Erkennt-
nis nicht,

Das uns theils die Vernunfft, theils
Offenbahrung lehret,

Wenn man die Warheit ſucht, und ihre Gruͤnde
hoͤret.

Wer einem Zeugnis traut, dem keine Warheit
fehlt,

Dadurch den Zweiffel hebt, der uns mit Unruh
quaͤlt;

Wer GOttes Wort annimmt, und ſeinen Schoͤ-
pfer trauet,

Der hat den Glauben feſt auf einem Fels gebauet,

Der unerſchuͤttert bleibt, wenn gleich ein Sturm
ſich regt,

Der die geſchaͤumte Flut daran mit Toben ſchlaͤgt;

Die aber alſobald muß wieder ruͤkwerts ſpringen,

Wenn ſie mit Sprudeln wil den ſteilen Fels ver-
ſchlingen.

So unverlezzet bleibt ein Menſch der GOtt ver-
traut,

Er hat ſein ſichres Wohl auf einem Fels gebaut.

Der Glaube nur allein kan unſern GOtt gefal-
len,

K 2So
[148]Der Glaube.
So lange wir allhie als Erden Pilgrim wallen.

Daraus erhellet ſchon daß der gluͤkſelig ſey,

Wer ſich ins Herze druͤkt, daß unſer GOtt ge-
treu,

Und daß ſein Wort gewis; und wer ſich wird be-
quemen,

Was er uns hat geſagt, als Warheit anzuneh-
men.

Wie gluͤklich war der Menſch in ſeinem Para-
dies,

So lang er das annahm, was ihn ſein GOtt ver-
hies:

So bald der Glaube war aus ſeiner Seel verlohren;

So bald war Unruh, Schmerz in ſeinem Geiſt
gebohren.

Er ward ein Ungluͤkskind, er rieß das Band ent-
zwei,

Das ihn mit GOtt verknuͤpft, und ward dem un-
getreu,

Der ihn das Gluͤklichſeyn ſo feſt ins Herz gepraͤget,

Die Mittel zu dem Woll, ſo deutlich vorgeleget.

Jhr die ihr dies erkennt, das Hoͤchſte Gut verehrt,

Jhr ſprecht von Glauben oft, da euch ein Wahn
bethoͤrt;

Es iſt ein Unterſcheid den Allerhoͤchſten kennen,

Und ihn mit Zuverſicht auch ſeinen Vater nennen.

Der eine ſaget oft: Jch glaube daß ein GOtt,

Er lacht die Thoren aus, die ſich mit Schimpf und
Spott,

Mit blinder Unvernunfft an ihren Schoͤpfer wagen,

Und ihr Gewiſſen nur mit falſchen Luͤgen plagen.

Der andre bruͤſtet ſich mit ſeiner Wiſſenſchafft

Und meint das Wiſſen ſey, das im Gedaͤchtnis hafft,

Ein ſichrer Grund vor ihm, daß er dem Glauben habe

Der
[149]Der Glaube.
Der doch des Geiſtes Gut, des Himmels Gnaden-
Gabe.

Das iſt noch lange nicht, was man den Glauben
nennt,

Der als ein ſtarkes Feur in denen Herzen brennt,

Der glaͤubt wer im Gemuͤt der Warheit Lehren he-
get,

Die Gruͤnde deutlich ſieht, wodurch das Herz be-
weget,

Dem Beifal nicht verſagt, dem was er in der
Schrifft,

Als eine Warheit lieſt; und was er drin antrifft

Mit Zuverſicht annimmt; ob wir es gleich nicht ſe-
hen,

Noch mit den Sinnen ſpuͤrn, wie alles koͤnn ge-
ſchehen.

Der Glaube gruͤndet ſich auf die Warhafftigkeit,

Auf GOttes ewge Macht, wenn gleich ein Wie-
derſtreit,

Sich in dem Fleiſche regt. Was ſeine Treu ge-
ſprochen,

Was er verheiſſen hat, hat er noch nie gebro-
chen.

Sein ſtarker Allmachts-Arm kan alles, was er wil,

Bei dieſer Zuverſicht, bleibt der in Hofnung ſtil,

Der ſeiner Allmacht traut, er nimmt zum Augen-
merke,

Des Allerhoͤchſten Kraft und deſſen Wunderwer-
ke.

Die uͤberzeugen ihm, daß keine Schwierigkeit

Sie ſey auch noch ſo gros, die nicht ſein Wink zer-
ſtreut;

Was GOtt verheiſſen hat, das muß erfuͤllet wer-
den,

K 3Zer-
[150]Der Glaube.
Zerbraͤche gleich dadurch der ganze Bau der Er-
den,

Und fiele dadurch hin das ganze Firmament,

Und Sonne, Mond, Geſtirn das dran im Lauffe
brennt.

Der Weisheit Ausſpruch bleibt, er muß gewis ge-
ſchehen,

Und ſolte gleich die Welt dadurch zu Grunde ge-
hen.

Der Anker ſtuͤzt den Muth, daß er nicht ſinkt, noch
faͤlt,

Der in den Fels gelegt, der alles feſte haͤlt,

Was ſich nur darauf ſteift. Wer das im Herzen
glaͤubet

Was die Vernunfft erkennt, die Offenbahrung
ſchreibet,

Und ſich darauf verlaͤſt bei aller Kuͤmmernis,

Von ſolchen heiſſet es: Er glaͤubet ganz gewis,

Was die Vernunfft und Schrifft uns giebt von
GOttes Weſen

Und Vollenkommenheit zu unſerm Troſt zu le-
ſen.

Der glaͤubt zur Seligkeit, wer GOttes Gnade
kennt,

Die das Verlohrne ſucht, und JEſum Heiland
nennt,

Der unſre Suͤndenſchuld als Buͤrge hat bezah-
let,

Der Suͤnden Handſchrifft hat mit ſeinem Blut be-
mahlet:

Der dies Verdienſt ergreifft, und der Gerechtig-
keit,

Die ihm als Suͤnder droht, das Loͤſegeld an-
beut,

Das
[151]Der Glaube.
Das JEſus dargebracht. Wer dies Vertrauen he-
get,

Bei der Gewiſſens Angſt an Chriſti Kreuz ſich leget,

Und den entflammten Zorn, wenn GOttes Don-
ner bruͤllt,

Mit Chriſti Blute daͤmpft, das aus der Seite
quillt:

Dies Gnadenmittel braucht, die Reinigung von
Suͤnden,

Allein in Chriſti Todt, in deſſen Blut zu finden:

Der nimmt die Warheit an, und die Religion

Und hofft mit Zuverſicht, des Glaubens kuͤnfftgen
Lohn;

Der glaͤubet als ein Chriſt, und jaͤgt die bangen
Zweiffel,

Die das Gewiſſen macht, als unſer Plage-Teufel

Durch Zuverſicht hinweg. Wie wol iſt der dar-
an,

Der ſich auf dieſe Art des Glaubens ruͤhmen
kan,

Der kan die Kuͤmmernis der Seelen bald vertrei-
ben,

Jn Zeit und Ewigkeit bei guten Muthe bleiben.

O! HErr der du das Herz, und deſſen Ohnmacht
kennſt,

Und durch dein Gnaden-Licht die Demmerung zer-
trennſt,

Die unſern Geiſt umhuͤllt, ſchenk uns ein glaͤubig
Herze,

Und zuͤnde in uns an des Glaubens lichte Kerze;

Gib daß wir unſre Pflicht erkennen, dich zu ehrn,

So werden wir dein Wort das nimmer trieget,
hoͤrn;

Es ſieht dein Auge ja mit gnaͤdigen Gefallen,

K 4Blos
[152]Der Glaube.
Blos auf den Glauben nur, ſo lange wir hie wal-
len.

Drum treibe von uns weg des Zweiffels Kuͤmmer-
nis,

Und mache unſer Herz durch deinem Geiſt gewis:

So wird des Glaubens Krafft ſich in der Liebe wei-
ſen;

So koͤnnen wir dich recht, wie dir gefaͤllet, prei-
ſen.


Der
[153]

Der Unglaube.


[figure]
Der Unglaub iſt die Quell woraus die
Unruh flieſt,

Woraus das bittre Weh, das uns
hier quaͤlt, ſich gieſt,

Woraus das Ungluͤk kommt, und
alles Elend ſtammet,

Was uns hie in der Zeit, dort
ewiglich verdammet.

Der Menſch, der arme Menſch iſt leider von Na-
tur,

Die ungluͤkſelige verdorbne Kreatur,

Die am Verſtande blind, am Willen ganz verkeh-
ret,

Die ſehend doch nicht ſieht, und hoͤrend doch nicht
hoͤret.

Er liebt die Finſternis mehr als das klare Licht,

Und daher kommt es auch daß er des Glaubens
Pflicht

Die er ausuͤben muß, nicht alſo wil erkennen;

Weil der Verſtand verderbt; ſo kan er nicht recht
trennen,

Was falſch von dem was wahr; des Willens Lei-
denſchafft,

Bemeiſtert ſich bei ihm der regen Urtheils Krafft;

Sie regt der Zweiffel Heer, die irrenden Gedan-
ken,

K 5Die
[154]Der Unglaube.
Die um der Warheit Licht, als wie die Wespen
wanken;

Sie ſchwaͤrmen hin und her auf ihrer Jrrebahn,

Sie ſuchen nicht die Ruh, wo man ſie finden
kan;

Weil ſie der Unverſtand durch blinden Trieb regie-
ret,

Und der verkehrte Sinn, das Blendlicht ſtets ver-
fuͤhret.

Wie elend iſt ein Menſch der ſich ums Ziel be-
muͤht,

Und durch ein blendend Glas das ihn betrieget
ſieht;

Dem duͤnket daß er koͤnn, den rechten Zwek errei-
chen,

Er folget dem Betrug und muß vom Weg abwei-
chen:

So gehts denſelben auch der ſich ein Gut vor-
legt,

Das er erhalten wil, doch aber nicht erwegt,

Was ihm recht vortheilhafft; drum muß er ſich ver-
wirren,

Und von der rechten Bahn der klaren Warheit ir-
ren.

Der Unglaub meint zu ſehn, und ſiehet warlich
nicht,

Es iſt der Seelen Aug nur ein verblendend Licht,

Und der Verſtand bei ihm vom Duͤnkel eingenom-
men,

Drum kan er auch nie recht zum Licht der Warheit
kommen.

Wie elend iſt ein Menſch in ſolcher Finſternis,

Er hofft offt ohne Grund, und bleibet ungewis;

Er
[155]Der Unglaube.
Er wuͤnſchet, und die Furcht der Henker banger
Seelen,

Sagt immer ſtets voraus, er muͤß ſein Ziel verfeh-
len.

Wer ſeinen GOtt nicht kennt, und deſſen Herrlig-
keit,

Die uns in Leiden Troſt, in Ungluͤk Huͤlf an-
beut,

Der iſt den Schiffern gleich, die auf den wilden
Wellen,

Bei tobenden Orcan, bald auf, bald nieder ſchwel-
len,

Nicht wiſſen wo ſie ſeyn. Bald wirfft der Sturm
der See,

Der lauter Wirbel regt, ihr Schiflein in die
Hoͤh,

Bald ſtoͤßt des Waſſers Fall ſie nieder, da ſie ſin-
ken,

Bis daß ſie endlich drauf den bittren Todt eintrin-
ken,

Weil Maſt und Anker fehlt. Ein Menſch der kei-
nen GOtt,

Der weiſe, maͤchtig kennt, der hat bei banger
Noth,

Auch keine Zuverſicht, und was muß denn entſte-
hen?

Er muß in Zweiffelung zulezt noch untergehen.

Der Unglaub iſt daher die Mutter aller Wehn,

Und wer denſelben hegt, der kan kein Mittel ſehn,

Dadurch man Ruh erlangt: Denn worauf er ver-
trauet,

Das iſt ein leichter Sand. Wer auf den Sand
gebauet,

Der
[156]Der Unglaube.
Der ſieht, wenn Wind und Sturm mit ſeiner Macht
ſich regt,

Wie bald ſich Haus und Grund zum ſchnellen Fall
bewegt.

So wanket, ſtuͤrzt, und faͤllt die Wolfahrt derer
Seelen

Die ſich ſtat unſern GOtt, ganz andre Goͤzzen
waͤhlen.

Jhr Tohren, die ihr euch durch Einbildung be-
triegt,

Und in der Finſternis bei ſuͤſſen Traͤumen liegt;

Jhr meint, begluͤkt zu ſeyn, wenn ihr dem Wort
nicht glaͤubet,

Daß ob ihrs gleich verlacht, doch immer Warheit
bleibet;

Kommt, ſagt iſt es nicht wahr, was wir von euch
geſagt,

Daß ihr euch Lebenslang mit ſteter Unruh plagt;

Jhr habet keinen Grund, worauf ihr euch verlaſ-
ſet,

Weil ihr aus blinden Wahn, das Licht der War-
heit haſſet.

Was iſt die Einbildung, die euch anjezt vergnuͤgt?

Ein fluͤchtig ſuͤſſer Traum der mit dem Schlaf ver-
fliegt:

Das Schikſal dieſer Welt, das faͤngt kaum an zu
ſtuͤrmen,

So habt ihr keinen Port euch darin zu beſchir-
men.

Das Herze ſaget euch, durch den Gewiſſens Biß:

Wer ſich von GOtt getrennt, gehoͤrt zur Finſter-
nis:

Jhr glaͤubet das zwar nicht, als eine Warheits Leh-
re,

Je-
[157]Der Unglaube.
Jedoch die innre Frucht, die ſagt euch, wenns ſo
waͤre,

Wie uns die Bibel ſagt; ſo muͤſten wir ver-
gehn,

Und koͤnten vor dem Licht der Gottheit nicht be-
ſtehn.

Die Furcht die peinigt euch ſchon hie auf dieſer Er-
den,

Was duͤnket euch wie groß der Seelen Schmerzen
werden,

Wenn ihr verewigt ſeid? Wer einen GOtt zwar
glaͤubt,

Doch nicht die Warheit kennt, die uns die Schrifft
beſchreibt,

Von einem einzgen Heil, worin wir vor den Suͤn-
den,

Wenn mans in Glauben faßt, ein ſichres Mittel
finden,

Der lieget ebenfals in truͤber Finſternis,

Baut ſeiner Seelen Wohl auf ſeichtes Ungewis.

Es lehrt uns die Vernunfft GOtt ſey ein heilig
Weſen,

Die Warheit koͤnnen wir auch in der Bibel le-
ſen.

Ein Blik in unſer Herz, auf unſer eitles Thun,

Lehrt daß die Suͤnden ſtets vor unſrer Thuͤre ruhn.

Dies Uebel trennet uns von ſeiner ewgen Guͤte,

Und druͤkket uns dabei ſehr deutlich ins Gemuͤte,

Daß die Gerechtigkeit, die alles boͤſe flieht,

Das Boͤſe an uns haßt, und auch zur Straffe
zieht.

Wie elend iſt ein Menſch der ſtets von dem Gewiſ-
ſen,

Das
[158]Der Unglaube.
Das als ein Wurm ihn nagt, wird innerlich ge-
biſſen,

Und der kein Mittel hat, das ihm davon befreit,

Wenn ihm das Herze ſelbſt die ewge Straffe dreut?

Wie elend iſt es nicht, ſich auf ſich ſelbſt verlaſ-
ſen,

Und in der Zweiffelung das Gnaden-Mittel haſ-
ſen,

Das GOtt uns vorgelegt? Der Unglaub kennet
nicht,

Das guͤltige Verdienſt davon die Bibel ſpricht,

Verachtet alle Huld, die JEſus uns erworben,

Da er vom Fluch gedruͤkt an unſrer ſtat geſtorben.

Wie wenn ein Kranker nicht die Heilungs Mittel
waͤhlt,

Wenn eine bange Noth ihn preſſet, foltert, quaͤlt;

So wird der Krankheit Macht der Glieder Bau
verderben,

Und er muß vor der Zeit an ſeinem Uebel ſterben:

So gehts den Menſchen auch der krank am Geiſte
iſt,

Und ſeine Krankheit fuͤhlt; jedoch den Arzt vergißt,

Er ſtirbt, ein ewger Todt wird in den Finſterniſ-
ſen,

Nach der verſchwundnen Zeit der Gnade, folgen muͤſ-
ſen.

O! welch ein Ungeluͤk! das die Gerechtigkeit

Dem der nicht glaͤuben wil, in jenen Kerker draͤut.

Jhr Sichren wachet auf! ihr eilt zu euren Ende,

Drum ſchlinget Glaubensvol noch die gefaltnen
Haͤnde

Um des Erloͤſers Kreuz. Seht euren Mittler an,

Der einzig nur allein eur Schuldbuch tilgen kan,

Jezt
[159]Der Unglaube.
Jezt ſtehet euch annoch die Thuͤr der Gnaden of-
fen,

Dort habt ihr, wenns zu ſpaͤt, kein Mittel mehr
zu hoffen.

Der Glaube kommt zum Licht, der Unglaub kommt
gewis

Jns ewge Marterreich der truͤben Finſternis;

Wer dies nicht glauben wil, der wirds erfahren muͤſ-
ſen,

Wenn ſich, wer weis wie bald, des Leibes Augen
ſchlieſſen.


Die
[160]

Die
Vorſorge GOttes fuͤr die Thie-
re, an den zur Winterszeit im Waͤl-
dern gruͤnenden Stauden be-
merket.


[figure]
Nichts geſchicht von Ohngefehr, alles hat
das hoͤchſte Weſen,

Auf der Welt zu ſeinem Zwek weis-
lich vorher auserleſen:

Dieſe Warheit fiel mir ein, als ich
in dem dichten Wald,

Wo der wilden Thiere Bahn, und ihr ſtiller Auffent-
halt,

Einſt zur Winters Zeit anſah, daß viel Stauden
gruͤn geblieben,

Da in Garten durch den Schnee aller gruͤner
Schmuk vertrieben.

Jch ſah hier Wacholdern bluͤhn, Maͤusdorn, Stech-
palm waren gruͤn,

Deren Laub im Schnee ganz friſch, wie im war-
men Fruͤhling ſchien;

Weil ihr Safft ein klebricht Oel, der der Kaͤlte wi-
derſtehet,

Und
[161]Die Vorſorge GOttes fuͤr die Thiere.
Und das Laub ganz friſch erhaͤlt, das ſonſt duͤrre
welkt, verwehet.

Mein GOtt! dachte hier mein Herz, warum wer-
den doch verlezt,

Baͤume die uns deine Guͤt, in die Gaͤrten hat geſezt?

Warum ſind die Stauden frei, die in denen Waͤl-
dern ſtehen,

Deren Schmuk verborgen bleibt und die wenigſten
anſehen?

Jndem ich dies uͤberdacht, lief ein Rehbok gleich daher,

Fras das Laub der Stauden ab; und der Haaſen
furchtſam Heer,

Nahm es auch zur Nahrung weg: da ſah ich, wozu
es nuͤzte,

Und warum die Vorſehung dieſes gruͤne Laub be-
ſchuͤzte.

Wuͤrde nicht ohn dieſes Laub, das im Wald ver-
ſtekte Wild;

Loͤwe, Tieger, Baͤr und Schwein, alles das nach
Speiſe bruͤllt,

Jn dem Winter untergehn; zwiſchen Schnee und
Eis verſchmachten,

Wenn nicht GOtt dafuͤr geſorgt? wenn wir dieſes
nur betrachten;

So lehrt uns der Waͤlder Gruͤn, und der Stau-
den friſche Zier,

Jn der kalten Winters Zeit: GOtt verſorgt auch je-
des Thier,

Er verſchafft dem wilden Vieh, auf ſo wunderbah-
re Weiſe,

Da er es im Pelz verhuͤllt, durch das Laub auch ſei-
ne Speiſe.


Vierter Theil.
[162]
Ueberſezzung des ſechſten
Pſalms.

v. 1.
[figure]
HErr! der du ein GOtt der Goͤtter,

Straf mich nicht in deinen Zorn,

Sondern ſey doch mein Erretter,

Und laß deiner Guͤte Born,

Auf mich armen Suͤnder flieſſen;

Laß mich deiner Huld genieſſen,

Laß mich ſtat des Donners Grimm,

Hoͤren deine Gnaden Stimm.

2.
Jch bin ſchwach von vielen Suͤnden,

Meine Seele iſt ſehr matt,

Bei dir muß ich Huͤlfe finden,

Darum fleh ich deine Gnad.

Mein Gebeine iſt erſchrokken:

Und von innren Weh ganz trokken:

Darum HErr! komm ich zu dir,

Heil mich, weil ich Noth verſpuͤr.

3.
[163]Ueberſezzung des ſechſten Pſalms.
Meine Seele iſt verzaget,

Weil mich des Gewiſſens Bis,

Tag und Nacht ganz troſtlos naget,

Deine Huͤlf iſt mir gewis:

Aber HErr! mir iſt ſehr bange,

Denn es waͤhrt die Zeit ſehr lange,

Da ich bei dem innren Weh,

Um dein Gnaden Antliz fleh.

4.
Wende dich, ſprich meiner Seelen,

Ein vergnuͤgend Troſtwort zu,

Damit ich nach langen Quaͤlen,

Endlich finde Huͤlf und Ruh.

Hilf mir um der Guͤte Willen,

Denn du kanſt den Kummer ſtillen

Der mich bisher Tag und Nacht,

Viele truͤbe Stunden macht.

6.
Wenn mich wird das Grab verſchraͤnken,

Und der Todt mich weggeraft,

Kan ich nicht an dich gedenken;

Wenn mir meine Lebenskrafft

Jſt, durch lange Angſt genommen,

Und ich zu dem Grabe kommen;

So verſtummt mein blaſſer Mund,

Und macht deine Guͤt nicht kund.

L 2Jch
[164]Ueberſezzung des ſechſten Pſalms.
7.
Jch bin ſchon von Seufzen muͤde,

Weil mein Auge immer thraͤnt,

Und mein Herze nur nach Friede,

Mit gebrochnen Seufzern ſehnt:

Mein Blut ſchwimmt im Thraͤnen-Fluͤſſen,

Die aus meinen Augen ſchieſſen,

Und die naſſe Wehmuth zeigt,

Was vor Angſt das Herz verſchweigt.

8.
Die Geſtalt iſt ganz verfallen,

Und ich bin vor Trauren alt,

Weil ich muß ſo lange wallen,

Eh ich ſehe die Geſtalt

Die mich wiederum erquikket;

Meine Seele wird gedruͤkket:

Allenthalben kommen mir,

Nichts als Angſt Gebuͤrge fuͤr.

9.
Weichet von mir Uebelthaͤter,

Denn der HErre iſt mein Schild,

Er iſt meine Burg, mein Retter,

Meine Angſt iſt ſchon geſtillt;

Er erhoͤrt mein klaͤglich Weinen,

Laͤſt mir Gnadenſtrahlen ſcheinen,

Deren Blik mich freudig macht,

Jn der duͤſtren Kummer Nacht.

10.
[165]Ueberſezzung des ſechſten Pſalms.
10.
Er erhoͤrt mein ſehnlich Flehen,

Mein Gebet das nimmt er an,

Nun werd ich auch balde ſehen,

Wie mein GOtt mich helffen kan.

Schwindet nun ihr Klageſtunden,

Jch hab nunmehr Huͤlfe funden,

Jn der Kummervollen Noth,

Bei dem HErren Zebaoth.

11.
Meine Feinde die vorhanden,

Werden ploͤzlich nun erſchrekt;

Da mich GOtt aus meinen Banden,

Huͤlfreich wiederum erwekt:

Nun muͤſt ihr zuruͤkke kehren,

Spoͤtter! und mit Schrekken hoͤren,

Daß mich GOttes Guͤtigkeit,

Von der Herzens Angſt befreit.



[166]
Das
Ohr als ein kuͤnſtliches Mei-
ſterſtuͤkke des allmaͤchtigen und
weiſen Schoͤpfers.

GOtt man wird an denen Sinnen,

Ueberzeugend ſichtbar innen,

Daß du ſeiſt ein HErr von Macht,

Der die wunderbahren Roͤhren,

Dadurch wir die Stimmen hoͤren,

Kuͤnſtlich hat herfuͤrgebracht;

Es ſtellt uns auch unſer Ohr

Deine weiſe Allmacht vor.

Auch durch dieſe Wunder-Hoͤle,

Spuͤret die verborgne Seele,

Manche innerliche Luſt;

Auch dadurch kan ſie empfinden,

Was ohnmoͤglich zu ergruͤnden

Was ſie ſonſten nicht gewuſt;

Was in Lufft und Schall verſtekt,

Das ſie durchs Gehoͤr entdekt.

GOtt
[167]Das Ohr als ein kuͤnſtliches Meiſterſtuͤkke.
GOtt der Geiſt heiſt aller Geiſter,

Und der Kuͤnſtler Obermeiſter,

Hat das Haupt, der Sinnen Haus,

Auch mit dem Gehoͤr verſehen,

Welches darum iſt geſchehen,

Weil aus derer Luͤffte Braus

Der erregte Thon entſteht,

Der ſtets in die Hoͤhe geht.

Daß er alſo unſern Ohren,

Einen hohen Siz erkohren,

Jſt ſehr weislich ausgedacht.

Dieſes werden wir auch finden,

An dem kuͤnſtlichen Verbinden

Jeder Theile, draus die Macht,

Dieſe Werkſtat auferbaut,

Wo man ſpuͤrt den Thon und Laut.

Doch wer darf ſich blindlings wagen,

Vom Gehoͤre viel zu ſagen,

Deſſen Theile tief verſtekt;

Keiner kan die Lage ſehen,

Und daher auch nicht verſtehen

Wie eins ſich ans andre ſtrekt;

Weil uns noch kein Kupferblat,

Unſer Ohr gezeiget hat. (*)

L 4Eine
[168]Das Ohr als ein kuͤnſtliches Meiſterſtuͤkke.
Eine bloͤde Einfalt meinet,

Durch das was ins Auge ſcheinet,

Was man durch das ofne Thor,

Jn der krauſen Hoͤl erblikket,

Werde uns ſchon abgedruͤkket

Ein volkomnes ganzes Ohr:

Da doch unſrer Augen Blik,

Nur anſieht das aͤuſre Stuͤk.

Es faͤllt in der Augen Spiegel,

Eine Muſchel darin Huͤgel,

Gruben, kleine Hoͤlen ſind;

Dieſe krumgewundne Gaͤnge,

Sind recht Schnekkenfoͤrmig enge,

Die man in der Muſchel find;

Und erſtrekken ſich ſehr lang,

Bis zum innren Ohren Gang:

Laͤplein die von auſſen hangen,

Dienen auch um aufzufangen,

Den durch Lufft erregten Schall:

Und das knoͤrpelichte Weſen,

Jſt zum Ohrgang auserleſen,

Weil daſſelbe uͤberal

Zu der Spannung iſt geſchikt,

Die man an dem Ohr erblikt.

Weil die Lufft ſich ſtets beweget,

Und ihr Kreis ſich zitternd reget,

Wenn ein Druk darin entſteht;

So laͤſt ſich daraus erkennen,
Daß
[169]Das Ohr als ein kuͤnſtliches Meiſterſtuͤkke.

Daß GOtt weiſe ſey zu nennen,

Der den Ohrgang bald erhoͤht,

Und aus guten Vorbedacht,

Bald auch wieder tief gemacht.

Es mag ſo der Luͤffte Schallen,

Von jedweder Seite fallen

Es beruͤhret doch die Hoͤhn;

Es muß das geruͤhrte Klingen,

Gleich in eine Tieffe dringen,

Und ſtets immer weiter gehn,

Bis es an die Nerve ruͤhrt,

Da die Seel den Thon verſpuͤrt.

Von den aͤuſren Ohrgehaͤuſe

Geht zu dem verborgnen Kreiſe
Ein Gang(*) welcher anfangs weit,

Aber wenn er weiter gehet,

Sich ſehr eng zuſammen drehet;

Davor iſt ein Fell geſpreit,

Welches wie uns ſchon bekandt,

Wird das (**) Trommelfell genannt.

Dar-
L 5
[170]Das Ohr als ein kuͤnſtliches Meiſterſtuͤkke.
Darauf iſt in einem Knochen,

Eine Hoͤl gleichſam gebrochen,

Als wenn in dem Fels und Stein,

Wie man findet, hohle Loͤcher,

Oder ausgegrabne Faͤcher,

Durch die Kunſt gebildet ſeyn.

Jn der Hoͤle ſiehet man,

Viele Wunder Dinge an.

Da in dieſer kleinen Kammer,

Haͤngt ein Ambos und ein Hammer,

Und ein Knoche welcher bald,

Wenn man ihn nach andren Zeichen

Und nach Bildern wil vergleichen,

Wie ein Stegreif an Geſtalt,

Daran liegt ein rundes Bein,

Welches aber zart und klein.

Hierauf ſind noch viele Wege,

Gaͤnge, Labyrinthe, Stege,

Die ſo kuͤnſtlich ſind gebaut,

Daß wir, wenn wir ſie aufſchlieſſen,

Ueber das erſtaunen muͤſſen,

Was das Auge drin beſchaut;

Sonderlich wenn man bedenkt,

Wie das alles iſt verſchraͤnkt.

Bei den vielen Wunderwerken

Des Gehoͤrs, iſt zu bemerken,
Ein
[171]Das Ohr als ein kuͤnſtliches Meiſterſtuͤkke.

Ein Gang (*) der aus Knochen geht,

Einen Nerven in ſich ſchlieſſet,

Der in viele Zweige ſprieſſet,

Und ein andrer (**) den der Mund,

Weil er dahin geht, macht kund.

Es erſtaunet unſre Seele,

Ob der Wundervollen Hoͤle

Die der Jrre-Garten (***) heiſt;

Darin ſind verſchiedne Roͤhren

Die ſich halbrund drehn und kehren,

Die manch zartes Band einſchleuſt:

Und ein Gang der krum und kraus,

Sich dreht wie ein Schnekken-Haus.

Nach-
[172]Das Ohr als ein kuͤnſtliches Meiſterſtuͤkke.
Nachdem iſt noch zu betrachten,

Als ein Wunder hochzuachten

Eine Nerve die ſehr fein,

Und aus welcher kleine Sehnen

Sich hernachmahls weiter dehnen,

Und wie kleine Faden ſeyn,

Die noch mehr faſt ſind verduͤnnt,

Als die eine Spinne ſpinnt.

Alle dieſe Kleinigkeiten,

Hat beim erſten Zubereiten,

Unſer Schoͤpfer ausgedacht.

Scheinen ſie uns gleich geringe

So ſind es doch Wunderdinge,

Einer groſſen Schoͤpfungs-Macht.

Es iſt nichts im Ohr ſo klein,

Es muß wozu nuͤzze ſeyn.

Dieſes koͤnnen wir beweiſen,

Wenn wir ſehn, wie aus den Kreiſen

Der bewegten Lufft der Schall

Jn Gehoͤre wird erreget,

Wie er an die Trommel ſchlaͤget,

Wie dadurch der Wunderhall,

Der da immer weiter dringt,

Bis zum Siz der Seelen klingt.

Saget doch, ihr blinden Thoren,

Sind etwa die beiden Ohren,

Die ſo kuͤnſtlich eingericht,

Von ſich ſelbſten ſo entſtanden,
Oder
[173]Das Ohr als ein kuͤnſtliches Meiſterſtuͤkke.

Oder iſt ein GOtt vorhanden?

Merket was das Herze ſpricht,

Welches euren Wahn betaͤubt,

Und ein hoͤchſtes Weſen glaͤubt.

Nimmermehr kan das Geſchikke,

Und ein Ohngefehr, ein Gluͤkke,

Oder Unding, das euch blendt,

Meiſter ſeyn vom Ohr-Gehaͤuſe:

Es iſt der alleine Weiſe,

Wie er ſich mit Rechte nennt,

Der durch ſeine ewge Macht,

Es auch hat herfuͤrgebracht.

Dies beſtaͤrkt der Luͤffte Regen,

Und das zitternde Bewegen,

Woraus aller Schall entſteht:

Waͤr der Lufftkreis nicht formiret,

Der bewegt, den Thon gebiehret;

Wenn er ins Gehoͤre geht;

So wuͤrd unſer Ohr allein,

Zum Gehoͤr nicht nuͤzlich ſeyn.

Dies o! Menſche kan dich lehren,

Daß darin ein GOtt wir ehren;

Der dies weislich uͤberdacht;

Der der Luͤffte kraͤuſelnd Wallen,

Zu dem Laute, zu dem Schallen,

Wunderbahr geſchikt gemacht:

Und das Ohr ſo ausgeziert,

Daß es dieſen Klang verſpuͤrt.

Denke
[174]Das Ohr als ein kuͤnſtliches Meiſterſtuͤkke.
Denke nach, wie es zu gehet,

Daß der Klang und Schall entſtehet;

Wie die innre Einrichtung

Dieſer beiden Wunderhoͤhlen;

So entſteht in deiner Seelen

Andacht und Bewunderung;

Denn kein Menſch der ſieht das ein,

Drum muß es ein Wunder ſeyn.

So viel koͤnnen wir erkennen,

Wenn die Luͤffte ſich zertrennen,

Dringen ſie ins offne Thor,

Da ſie ſich den weiter fuͤhren

Und das Trommelfell beruͤhren

Da gehn ſie zum innren Ohr,

Bis die Nerve wird erregt,

Die den Klang zur Seele traͤgt.

Dies geſchicht in ſolcher Eile,

Viel geſchwinder als wenn Pfeile

Von dem Bogen abgeſchikt,

Schnell zu ihren Ziele prallen:

Kaum entſteht der Luͤffte Schallen

Das zum Ohrgang fortgedruͤkt:

So verſpuͤrt die Seele ſchon,

Den dadurch erregten Thon.

Sage Menſch! faßt du die Weiſe

Dieſer ſo geſchwinden Reiſe

Da der Schall das Ohr durch faͤhrt?

Du wirſt dieſes nimmer faſſen,
Du
[175]Das Ohr als ein kuͤnſtliches Meiſterſtuͤkke.

Du muſts beim Bewundern laſſen:

Da dich dieſes deutlich lehrt,

Daß wir noch nicht recht verſtehn,

Wie wir Menſchen hoͤren, ſehn.

Doch dies ſiehet das Gemuͤte,

Daß des Hoͤchſtens weiſe Guͤte,

Sich uns durchs Gehoͤr bezeugt;

Dieſe Schnekkenfoͤrmge Roͤhren,

Laſſen uns in allen hoͤren,

Daß uns unſer GOtt geneigt,

Da er uns den Sinn geſchenkt,

Der ſo wunderbahr verſchraͤnkt.

Es zeigt ſeiner Vorſicht Walten,

Der uns das Gehoͤr erhalten,

Und ſo weislich hat verdekt,

Durch ſein Allmachtsvolles Sorgen,

Da wir noch ganz tief verborgen,

Jn der Feuchtigkeit verſtekt,

Da doch ſchon die Trommelwand

Jm Gehoͤrgang ausgeſpannt.

Welch ein Wunder! da die Ohren,

Gleich den immer offnen Thoren,

Nie geſperrt; daß doch nicht leicht,

Sich dahin ein Thierlein waget,

Und das Trommelfell durchnaget;

Dies geſchicht nicht, weil es feucht,

Weil die bittre Fettigkeit,

Jn den hohlen Gang geſtreut.

Die-
[176]Das Ohr als ein kuͤnſtliches Meiſterſtuͤkke.
Dieſes bittre fette Weſen,

Hat die Vorſicht auserleſen,

Als ein Schmalz ins Ohr gelegt;

Damit keine kleine Muͤkken

Tief in unſer Ohr einruͤkken;

Wenn dies unſer Herz erwegt:

Spuͤrt es mit Bewunderung,

Hierin GOttes Vorſehung.

Es gereichet GOtt zum Preiſe,

Der da guͤtig, und allweiſe,

Daß ſein goͤttlicher Verſtand,

An dem Haupte unſre Ohren

An jedweder Seit erkohren,

An dem rechten Ort geſpannt;

Da was vorn und hinten ſchallt,

Uns gleich in den Hoͤrgang prallt.

Wenn ein Ohr etwan verlezzet;

So wird der Verluſt erſezzet,

Wenn das andre brauchbar bleibt;

Wenn der Fluͤſſe ſtarkes Brauſen,

Durch ein ungeſtuͤmes Sauſen

Uns von einer Seit betaͤubt,

Wie gar oft geſchehen kan:

Trifft man doch noch eines an.

Sind dies nicht recht klare Spuren,

Daß GOtt an den Kreaturen,

Seine Weisheit abgedruͤkt?

Wer an unſers Schoͤpfers Werken,
Wird
[177]Das Ohr als ein kuͤnſtliches Meiſterſtuͤkke.

Wird derſelben Zwek bemerken;

Der hat auch zugleich erblikt,

An derſelben Einrichtung,

Seine weiſe Vorſehung.

Und wie ſichtbahr wird die Guͤte,

Dem bewundernden Gemuͤthe

Das der Ohren Nuz erwegt.

Wuͤrd uns das Gehoͤre fehlen,

So blieb vieles unſrer Seelen,

Unbemerkt, was in ſich hegt

Das Naturreich; viele Luſt,

Blieb uns ewig unbewuſt.

Alsdenn blieben die Gedanken

Unſers Geiſtes in den Schranken,

Darin ſie verſtekket ſeyn;

Und wir muͤſten das Begehren

Unſers Herzens, nur erklaͤren,

Durch der Augen Strahl und Schein:

Und ſo bliebe dem Verſtand,

Dennoch vieles unbekannt.

Welch Vergnuͤgen, welch Ergoͤzzen,

Das nie hoch genug zu ſchaͤzzen,

Wird verſpuͤret durch das Ohr?

Welche Luſt kan uns das Singen,

Der beliebten Voͤgel bringen,

Wenn ihr muntres Saͤnger Chor,

Durch den angenehmen Schall,

Fuͤllt die Lufft und Berg und Thal.

Vierter Theil. MWel-
[178]Das Ohr als ein kuͤnſtliches Meiſterſtuͤkke.
Welche Luſt! wenn von der Sehne,

Ein ermunterndes Gethoͤne,

Durch die Kunſt geruͤhret ſpringt;

Wenn der Klang vom Saitenſpiele,

Bis ins innerſte Gefuͤhle,

Bis zum Siz der Seelen dringt;

Wenn die zarte Leidenſchafft,

Spuͤrt der Zauberthoͤne Krafft!

Welche Luſt! wenn Cymbeln klingen,

Geiſt und Blut in Wallung bringen,

Wenn der Dunſt der Traurigkeit,

Der das bange Herz umhuͤllet,

Wird da unſer Ohr gefuͤllet,

Wie ein Nebelrauch zerſtreut;

Wenn durch liebliches Gethoͤn,

Zorn und Raſerei vergehn!

So wird als aus einer Roͤhre,

Unſerm Geiſt, durch das Gehoͤre,

Manche Freud und Luſt geſchenkt.

Dieſes giebt uns zu erkennen,

Daß der Schoͤpfer gut zu nennen,

Der an unſer Wohl ſtets denkt,

Und durch aͤuſre Sinnligkeit,

Den verſtrikten Geiſt erfreut.

Welch ein Vortheil! da wir hoͤren,

Werden ſo viel ſuͤſſe Lehren,

Unſrer Seele eingepraͤgt.

Alſo dienen uns die Sinnen,
Die
[179]Das Ohr als ein kuͤnſtliches Meiſterſtuͤkke.

Die ſonſt boͤſe Zauberinnen

Auch, wenn man den Nuz erwegt,

Uns zum Mittel dadurch man,

Geiſtes Nahrung ſchoͤpfen kan.

GOttes Stimme kan man hoͤren

Wenn in denen heilgen Choͤren,

Uns der Weg zur Himmelsbahn,

Zu des ewgen Lebens Pforte,

Wird durch wahre Geiſtes Worte

Hell und deutlich kund gethan.

Denke Menſch! wie mancherlei

Durch das Ohr zu ſchoͤpfen ſey.

Sprich: ſind es nicht groſſe Gaben,

Die wir von dem Schoͤpfer haben?

Was iſt dabei deine Pflicht:

Du muſt zu des Hoͤchſten Ehren,

Seine Wunder hier anhoͤren,

Und wenn das von dir geſchicht;

So druͤkt jeder Thon dir ein:

GOtt muß maͤchtig, weiſe ſeyn.


M 2Das
[180]

Das lehrende Gleichnis des Er-
loͤſers von den beiden Betern
im Tempel.


Es gingen zwey zu beten hin,

Doch mit ganz unterſchiednen Sinn:

Ein Menſch von denen, die da meinen,

Sie waͤren heilig, weil ſie ſcheinen.

Ein andrer der ein Suͤnder war,

Und es bekandte offenbar,

Der kam vor ſeine groſſen Suͤnden,

Bei GOtt im Tempel Gnad zu finden.

Seht erſt den ſtolzen Heuchler an,

O! was vor ein gerechter Mann;

Er ſtehet in dem Heiligthume,

Poſaunet da von ſeinen Ruhme.

Er hat ein ſolches Angeſicht,

Woraus der Andacht Flamme bricht,

Da er von guten Werken prahlet,

Die nur ein bloſſer Schein gemahlet.

Hoͤrt wie er betet, murmelnd ſagt,

Was ſeinen eitlen Stolz behagt:

Jch danke dir O! GOtt und lobe,

Dich vor die groſſe Gnaden Probe

Daß ich nicht bin, wie andre ſind,

Ein ſolch verfluchtes Hoͤllen Kind;

Daß ich nicht bin wie ſolche Leute,

Die ſich mit raͤuberiſcher Beute,

Die gierge Diebesfauſt gefuͤllt,

Und keiner der da heimlich ſtielt.

Jch
[181]von den beiden Betern im Tempel.
Jch habe keinen je betrogen,

Durch Wucher andre ausgeſogen.

Die Geilheit hat mich nicht beflekt,

Mich nicht in andrer Bett verſtekt.

Jch bin kein Zoͤllner der nichts tauget,

Und ſo, gleich wie ein Jgel ſauget,

Das er aufſchwillt von andrer Blut,

Auch an ſich ſaugt der Fremden Gut.

Dies alles hab ich nicht verbrochen:

Jch faſte zwier in der Wochen:

Und durch die ſtrenge Lebens Art,

Wird mein Fleiſch vor der Luſt verwahrt

Der Zehnte iſt die Andachtsgabe,

Die reich ich dar von allem Haabe.

Das war ſein murmelndes Gebet,

Dadurch er ſich, nicht GOtt erhoͤht:

Er wil bei dieſem heilgen Gleiſſen,

Ein Frommer und Gerechter heiſſen.

Es ſoll ſein aͤuſrer Tugendſchein,

Die Larve ſeines Hochmuths ſeyn:

Und GOtt ſoll ihn mit Ehrenkronen,

Vor ſeine Froͤmmigkeit belohnen.

Der andre der ein Zoͤlner war,

Der dachte, daß vor GOtt, es klar,

Was er als Bosheit ausgeuͤbet,

Da er ſo GOtt als Menſch betruͤbet.

Er ſah, daß er ein Boͤſewicht,

Drum wolte er auch ſein Geſicht,

Aus inrer Schaam nicht aufwerts drehen,

Noch nah zum Allerheilgen gehen.

Er ſtand von fern, ſchlug an die Bruſt,

Worin die Quelle boͤſer Luſt,

Das ganz verdorbne Herze ſtekket,

Wodurch ſein ganzes Thun beflekket.

M 3Die
[182]Das lehrende Gleichnis des Erloͤſers
Die Suͤnde peinigte ſein Herz,

Er kam dadurch zur Reu und Schmerz,

Es ſtunden GOttes Strafgerichte,

Vor dem erſchroknen Angeſichte.

Sein Herze weinte voller Reu,

Der Mund geſtand GOtt, daß er ſey,

Ein ungerechter boͤſer Suͤnder,

Ein Abſchaum aller Teufelskinder.

Er flehte GOttes Gnade an,

Die einzig nur vergeben kan.

Er ſtieg aus ſeinem Laſterpfule,

Er ſah in dem Genadenſtuhle.

Das Vorbild des Erloͤſers ein,

Daß GOtt ihm werde gnaͤdig ſeyn:

Er bat im Glauben um Erbarmen,

Er ſprach: Sey gnaͤdig doch mir Armen,

Der ich vor dir ein Suͤnder bin,

Jch eil zu deiner Gnade hin.

Du wirſt mich nicht zum ewgen Flam-
men,

Da du barmherzig biſt verdammen.

Was duͤnkt euch, welcher dieſer zwei,

Vor GOtt der angenehmſte ſey.

Der Heilge der ſein Frommſeyn ruͤhmet,

Und ſich mit Tugend Schmuk bebluͤmet?

O! Nein, vor GOttes Angeſicht,

Beſteht das Heuchelweſen nicht.

Es kan in Phariſaͤer Kleide,

Jn einer rein und weiſſen Seide,

Bei einem aͤuſſerlichen Schein,

Ein ſchalkhaft Herz verborgen ſeyn.

Wer nur von ſeiner Tugend prahlet,

Der iſt mit leeren Schein bemahlet;

Er ging auch wiederum hinaus,

Als
[183]von den beiden Betern im Tempel.
Als ungerecht zu ſeinem Haus.

Er konnte bei dem Heuchelweſen,

Von ſeiner Krankheit nicht geneſen.

Der Zoͤllner der im Demut kam,

Voll heilger Reue, Buß und Schaam,

Erkandte was er hat verbrochen,

Bat Gnade, und ward frei geſprochen.

Lehre.


Jhr Menſchen kommt und fraget euch

Wem ſeid ihr von dem beiden gleich:

Lernt daß vor GOtt kein Prahlen nuͤzze

Noch ein Gebet von vielen Wizze.

Das Opfer das der Glaube bringt,

Ein Seufzen da das Herze ringt,

Jſt beſſer, als mit Heuchelweſen

Ein langes Lobgebet herleſen.



[184]

Gedanken
bei der Vorſtellung eines Egyptiſchen
Tempels.


Es iſt aus der Geſchicht von langer Zeit
bekandt,

Daß in Egypten ſey der Goͤzzen Vater-
land;

Und daß dies weiſe Volck, davon wir ſo viel le-
ſen,

Jn der Religion ganz raſend toll geweſen.

Des Aberglaubens Schuz, der Prieſter groſſes
Heer,

Das machte immerfort der Goͤtter Anzahl mehr;

Ein freßig Crocodill, ein Ochs mit bunten Flek-
ken,

Ward als ein GOtt verehrt mit einem heilgen
Bloͤkken.

Was in den Gaͤrten wuchs, ein ſtinkend Knobe-
lauch,

Ein thraͤnend Zwiebelein, und andre Kraͤuter
auch

Die muſten Goͤtter ſeyn; Und vor der Goͤzzen
Menge,

Ward faſt das ganze Land, ob es gleich groß, zu
enge.

Des
[185]eines Egyptiſchen Tempels.
Des Aberglaubens Pracht ward auch daſelbſt zu
ſehn,

An Tempeln, welche ſehr der Goͤzzen Werth erhoͤhn.

Man baute Haͤuſer auf, worin die Goͤtter wohnen

Aus praͤchtgen Marmorſtein, die gleich den Koͤnigs
thronen.

Ein Schimmerreiches Gold verdekte Maur und Wand,

Das innre Heiligthum ward koͤſtlich uͤberſpannt

Mit Dekken die geſtikt mit Perlen, Edelſteinen

Wer ſolche Tempel ſah, der muſte Wunder meinen.

Was vor ein groſſer GOtt im Heiligſten verdekt,

Und in der Dunkelheit die Ehrfurcht bringt, verſtekt:

Allein wer ſich nur wagt, ins Heiligſte zu gehen

Der wird nur Corcodil und Affen drinnen ſehen;

Die in der Sacriſtei in finſtren Loch verwahrt.

Es fiel mir dabei ein: So iſt der Heuchler Art,

Jhr Auſſenwerk iſt ſchoͤn, und ihr ſcheinheiligs We-
ſen,

Giebt uns was ſonderbahr und herrliches zu leſen:

Man meinet, daß ſie recht des Geiſtes Tempel ſeyn:

Und in der That iſt es ein uͤberguͤldter Schein.

Wenn man genau erforſcht des Herzens wahre Triebe,

So iſt ihr Goͤz ein Aff; ich mein die Eigenliebe.


M 5Un-
[186]

Unverhoft kommt oft.


Es iſt der Ausſpruch wahr, daß unverhoft
erſcheint,

Das was man nicht gehoft, und was
man nicht gemeint:

So woll in gluͤklichen, als auch in Un-
gluͤksfaͤllen,

Kommt oft dasjenige, was wir uns nicht vorſtellen.

Die Urſach davon iſt, weil wir nicht allzeit ſehn,

Die Folgen ſolcher Ding die in der Welt entſtehn.

Des Geiſtes Bloͤdigkeit, das irdiſche Getuͤmmel,

Und auch bisweilen ſelbſt der Rathſchlus den im Him-
mel

Die ewge Vorſicht macht, behindert uns daran,

Das man nicht jederzeit zum voraus ſehen kan,

Was uns begegnen wird. Es iſt uns ſtets verbor-
borgen,

Was uns begegnen kan, auch an den nechſten Mor-
gen.

Das Schikſahl daß der Menſch zulezt zu hoffen hat,

Das iſt der Tod der kommt bald fruͤh, bald aber
ſpat.

Das Sterben iſt gewis nach jenem alten Bunde,

Doch es bleibt ungewis die allerlezte Stunde,

Da unſre Lebens Uhr, die ſich beſtaͤndig dreht,

Bei dem erſtarrten Blut im Pulsſchlag ſtille ſteht:

Sie
[187]Unverhoft kommt oft.
Sie kommt oft unverhoft. Es ſind viel tauſend Ar-
ten

Da wir des Lebens End, das ploͤzlich, nicht erwar-
ten.

Exempel ſind genug in alt und neuer Zeit,

Die ſezzen dieſes feſt, ohn allen Wiederſtreit.

Als der Held Bibulus ſich im Triumph ergoͤzte,

So fiel ein Stein vom Dach der ihm gleich tod ver-
lezte

Ein Valla trinket Meth; ſetzt kaum den Becher an;

So trinkt er ſeinen Tod; und der gerechte Mann

Der groſſe Baldus ſtarb durch einem Bis vom Hun-
de

Dem er in Schoos genaͤhrt zu einer ſolchen Stunde,

Da er es nie gedacht. Und jener Appius,

Der ißt ein weiches Ey, dran er erſtikken muß.

Wie viele hat ein Schlag im Augenblik geruͤhret

Und ſchnelle aus der Zeit zur Ewigkeit gefuͤhret?

Wie viele hat ein Bliz durch ſeinen Dunſt erſtikt?

Wie viele ſind durchs Schwerd ganz unverhoft zer-
ſtuͤkt;

Wie viele ſind im Fall, im Todesſchlaf verſunken,

Wie viele unverhoft in Waſſers Noth vertrunken:

Wie viele ſind im Feur, in Dampf und Glut ver-
ſehrt,

Wie viele durch den Zahn der wilden Thier verzehrt,

Die ſolches nie gedacht? Es kann gar leicht geſche-
hen,

Das wir den Tod ſehr ſchnell in ſeinen Rachen ge-
hen.

Wer klug iſt denkt daran, und machet ſich bereit,

Auf eine kuͤnftige gewiſſe Ewigkeit;

Wer in Bereitſchaft lebt, der kan nichts mehr ver-
langen,

Als
[188]Unverhoft kommt oft.
Als daß er ploͤzlich werd in Todes Garn gefangen.

So iſt ein ſchneller Tod, ein unverhoft Geſchik,

Uns kein betruͤbter Fall, vielmehr ein groſſes Gluͤk.

Die Vorſicht hat darum das Ende uns verborgen,

Daß wir zu jederzeit vor deſſen Ankunft ſorgen.

Die Weisheit zeiget uns auch darin ihren Rath,

Daß ſie uns nicht vorher die Zeit beſtimmet hat,

Noch auch die Todes Art; damit wir ohne Zagen,

Und einer innren Angſt nicht vorher druͤber klagen.

Man meinet zwar es ſei viel beſſer, wenn mans weis;

Allein was unbekandt das machet uns nicht heiß.

Ein unverhoftes Gluͤk erwekt viel groͤßre Freude,

Was unerwartet koͤmmt iſt auch gut bei dem Leide,

Das Unverhoft kommt oft, und bringet uns viel
Guts,

Es dient zur Linderung, es macht uns gutes Muths:

Ein weiſer braucht den Troſt der in dem Worte
ſtekket,

Und wird dadurch allzeit zur guten That erwekket.


Ein
[189]

Ein Buch mit welken Blumen
Blaͤttern.


Antophilus war ſtets gewohnt, der Blu-
men Schoͤnheit zu betrachten;

Und ſie als Kinder der Natur, als
GOttes Werke hoch zu achten.

Er ſahe aber auch dabei, daß dieſes bunt gemahlte
Heer,

Ein Sinnbild der Vergaͤnglichkeit, von einer kur-
zen Dauer waͤr.

Er wuͤnſchte dieſe Sinnenluſt, ſich an den wohl ge-
wachsnen Gaben,

Auch gerne zu der Winterszeit bey einem ſtrengen
Froſt zu laben.

Die Regeln der Natur ſind feſt, die Zeit bleibt vol-
ler Aenderung,

Und nach der Jahres Zeitenlauf, erfolgt auch die
Verwandelung,

An Blumen die in Gaͤrten bluͤhn. Der Herbſtwind
der von Norden hauchet,

Verdorrt der Blumen Herrlichkeit, die vor den
Winter noch verrauchet;

Der Schnee verdekt der Blumen Gold, begraͤbt
der Farben bunten Schein,

Und huͤllt die Kinder der Natur in lauter Todten
Schleier ein,

An-
[190]Ein Buch mit welken Blumen Blaͤttern.
Anthophilus der dies erfahrn, wie bald die Blumen
uns verfliegen,

Der ſamlete ſich in ein Buch, dennoch ein welkendes
Vergnuͤgen.

Er laß die ſchoͤnen Sorten aus, von Tulpen und
von andrer Art,

Da er von jedem ſich ein Blat, das welk und duͤr-
re aufbewahrt.

Ein Firnis, damit ſie beſchmiert, der hatte dieſen
Blaͤttern Leben,

Und eingermaſſen auch dabei, den ſonſt gehabten
Glanz gegeben.

Das Buch war ihm zur Winterszeit gleich einem
todten Schattenriß,

Der ihm der Blumen Herrlichkeit und mannigfalt-
ge Schoͤnheit wies.

Es ſahe Gotthold einſt das Buch und wuͤnſchte von
des Hoͤchſten Gaben,

Die er uns ſonſten noch geſchenkt, ein gleiches Denk-
buch auch zu haben:

Wie manche Wollthat ſchenkt er uns, die man aus
Unbedacht vergißt,

Wenn ſie nicht mehr nach dem Genus, bei uns noch
gegenwaͤrtig iſt.

Wie viele Proben haͤtten wir von unſers Schoͤpfers
weiſer Guͤte

Womit er uns hat Lebenslang, als wie mit einer ſchoͤ-
nen Bluͤte

Vergnuͤgt gemacht das Herz erquikt; allein wo iſt
die Dankbarkeit,

Vor ſo viel Zeichen ſeiner Guͤt, damit er unſer Herz
erfreut?

Es
[191]Ein Buch mit welken Blumen Blaͤttern.
Es wird die rege Herzens Pflicht darum nicht immer
ausgeuͤbet,

Weil das Gedaͤchtnis unſrer Luſt, gleich wie ein
Blumen Blat verſtiebet.

Wie gut waͤr hier ein Denkbuch nicht, darinnen
ſtets nachher zu ſehn,

Was GOttes Guͤt an uns gethan was in dem Lebens-
lauf geſchehn?


Das
[192]

Das
Vergeltungs Recht GOttes
in dem Leiden JEſu.


Das Allerhoͤchſte Gut iſt heilig
und gerecht,

Wer ſein Geſez verlezt, der iſt
ein Suͤndenknecht:

Und wer in Suͤnden lebt vor
ſeinen Angeſichte,

Der faͤlt dadurch in Straf vor
ſeinem Zorn-Gerichte.

Als heilig duldet er das Suͤn-
den Uebel nicht,

Er iſt ein Richter auch der ſolches Urtheil ſpricht,

Wie jeder hat verdient. So wie die Suͤnd be-
ſchaffen,

So ſind die Folgen auch, und die gerechten Straf-
fen:

Daß GOtt ein Richter ſey, der nach Verdienſt
bezahlt;

Wird uns recht ſichtbarlich in Chriſto abgemahlt;

Jn deſſen Leiden iſt, als wie im Bild zu ſehen,

Wie
[193]in dem Leiden JEſu.
Wie es nach GOttes Recht den Suͤndern werd
ergehen.

Was Adam hat gethan, und ſein Geſchlecht ver-
uͤbt;

Wie er die Heiligkeit des Schoͤpfers hat betruͤbt:

So iſt im Gegentheil der Buͤrge auch betruͤbet,

Der ſich fuͤr uns geſtellt. So wie wir ausge-
uͤbet,

Das Boͤſe das uns druͤkt; So hat auch das Ge-
richt,

Das nach dem Regelmaas der Heiligkeit ſtets
ſpricht:

Die Straffe zu erkannt dem, der ſein Blut und
Leben,

Zum Opfer fuͤr die Welt, und ihre Schuld gege-
ben.

Die erſte Miſſethat iſt nach der heilgen Schrift,

Daß ſich der erſte Menſch, durch falſches Schlan-
gen Gift,

Zur Aufgeblaſſenheit und Stolz bewegen laſſen,

Dem Hoͤchſten gleich zu ſeyn, und das Geſez zu
haſſen.

Die heilge Majeſtaͤt die ward dadurch verlezt,

Das menſchliche Geſchlecht in tieffe Noth ge-
ſezt:

Der Buͤrge der fuͤr uns die Schuld auf ſich ge-
nommen,

Und der GOtt ſelbſten war, der muſt auf Erden
kommen;

Und ſich erniedrigen, an aller Suͤnder ſtatt,

Die jene alte Schlang zum Stolz verfuͤhret hat.

Der Hochmuth war die Suͤnd, ein Trieb GOtt
gleich zu werden,

Vierter Theil. NDer
[194]Das Vergeltungs Recht GOttes
Der brachte GOttes Sohn vom Himmel auf die
Erden.

Seht das Vergeltungs-Recht: was die Gerechtig-
keit,

Den Schaͤndern des Befehls, den ſie gegeben dreut;

Die Todesſtraffe wird an JEſu auch verrichtet,

Da ihm ein ewger Rath zum Buͤrgen-Amt ver-
pflichtet.

Der erſte Menſche fiel im Paradies von GOtt,

Er aß vom Baum die Frucht, die ihm ſein HErr
verbot;

Als JEſus fuͤr die Suͤnd bezahlt, die wir began-
gen,

Da muſte er zuerſt im Garten auch anfangen,

Das Leiden fuͤr die Schuld. Die Eva fahe
kaum,

Durch Satans Trieb die Frucht auf dem verbot-
nen Baum;

So war die Luſt erwekt; ſie wuͤnſchte ihren Wil-
len,

Der durch die Luſt gereizt, mit dieſer Frucht zu
ſtillen.

Sie ſehnte ſich, ſie griff, ſie nahm darauf, ſie
aß,

Dabei ſie unbeſorgt, den ſchweren Fluch ver-
gaß,

Den GOtt vorher gedroht. Um dieſe Luſt zu
buͤſſen,

Hat der Verſoͤhner auch Angſt, Schmerz empfin-
den muͤſſen.

Er lag im tieffen Thal vom ſchweren Fluch ge-
druͤkt,

Als wie ein armer Wurm gekruͤmmet und gebuͤkt;

Der
[195]in dem Leiden JEſu.
Der Angſtſchweis brach ihm aus, indem er lag
darnieder,

Es trieb das Herz beklemmt das Blut durch alle
Glieder,

Zum Zeichen daß der Zorn des Zebaoths ent-
flammt,

Der aus der Suͤnden Luſt der boͤſen Menſchen
ſtammt.

Der Heiland rang allhie, mit innren Kampf und
Beten,

Der Schlangen giftgen Kopf, als Sieger zu zer-
treten;

Weil ſich der Menſch verfuͤhrt, durch ſeine Liſt und
Macht,

Jn eine Sclaverei, der Hoͤllen ſelbſt gebracht.

Dieweil der erſte Menſch der Herrſchaft Recht ver-
lezzet,

Der Frechheit wilden Trieb, wie Freiheit hoch ge-
ſchaͤzzet;

So forderte das Recht das alles Boͤſe ſchilt,

Und die veruͤbte That nach dem Verdienſt ver-
gilt,

Von unſern Buͤrgen auch: daß er ſich lieſſe bin-
den

Als ein hoͤchſtfreier HErr, fuͤr dieſe Freiheits-Suͤn-
den.

Und dieſes iſt geſchehn. Die Unſchuld ward ge-
ſchnuͤrt,

Und vor die Schuld verſtrikt zum Richter hinge-
fuͤhrt.

Der Menſch, das Suͤndenkind verlezt des Hoͤchſten
Liebe,

Die das Geſez befiehlt, mit Werken, Wort und
Triebe,

N 2Die
[196]Das Vergeltungs Recht GOttes
Die erſte Taffel wird durch Bosheit gnug ver-
lezt,

Und die befohlne Pflicht nicht wichtig gnug ge-
ſchaͤzt.

Das goͤttliche Gericht lies drum den Heiland ge-
hen,

Vors geiſtliche Gericht; da muſt die Unſchuld ſte-
hen,

Als wenn ſie GOtt veracht, durch Laͤſterung be-
truͤbt,

Zur Tilgung aller Schand die wir hie ausgeuͤbt.

Die andre Taffel iſt, da Treu und Lieb erkalten,

Von der verdorbnen Welt, von keinem Menſch
gehalten;

Herz, Zunge, Mund und Hand verlezzen die Ge-
bot,

Die fuͤr den Naͤchſten ſind. Und der erzuͤrnte
GOtt,

Der muſte dieſes auch, als ein Gerechter raͤ-
chen,

Daruͤber nach Verdienſt ein Todes Urtheil ſpre-
chen.

Der Buͤrge fuͤr die Welt, der buͤßte dieſe
Schuld,

Vorm weltlichen Gericht, und litte mit Ge-
dult;

Man grif die Unſchuld an, mit Laͤſtern und mit
Schmaͤhen,

Man ſchlug aus Bosheit ihn und er lies es geſche-
hen;

Man ſtellte gegen ihn viel falſche Zeugen auf

Es ſchrie alles Volk, der groſſe Moͤrder-Hauf

Er waͤr ein Satans Kind. Er wurde auch verhoͤh-
net,

Da
[197]in dem Leiden JEſu.
Da er als Koͤnig ward im Dornen-Kranz ge-
kroͤnet.

Dies Leiden zeiget uns in einem Spiegel an,

Die Suͤnden die die Welt auch andern angethan,

Wie wir die Unſchuld oft mit Zungen Gift be-
flekket:

Ein ungerecht Gericht an andern vollenſtrekket.

Der Heiland ward verdammt, da wir den Todt
verdient,

Er hat uns an dem Holz durch Leiden ausgeſuͤhnt,

Die erſte Suͤnde ward, an einem Baum began-
gen,

Der Buͤrge muſte drum auch an dem Holze han-
gen.

Er litt mit Seel und Leib, da er am Holze hing,

Und unſre Suͤnden Straf, an unſer Stat em-
empfing.

Er ward mit Hand und Fuß, als wie ein Fluch
gebunden,

Und dadurch haben wir die Freiheit wieder funden.

Jhr Suͤnder ſehet an, was JEſus vor ein
Bild,

Wie ſein geheiligt Blut, aus vielen Wunden
quillt;

O! welch ein Jammer Bild, wie iſt er zugerichtet,

Da er als Buͤrge ſich fuͤr unſre Schuld verpflich-
tet.

Der Sohn des Hoͤchſten haͤngt an dem verfluchten
Kreuz,

Und dadurch buͤſſet er auch unſrer Luͤſte Reiz;

Der Sohn des Hoͤchſten ſtirbt, damit die armen
Suͤnder

Durch ihn von Schuld befreit, auch wuͤrden Gna-
den Kinder:

N 3Er
[198]Das Vergeltungs Recht GOttes
Er ruft vor ſeinem End, bei der empfundnen
Noth

Mit klagenden Geſchrei betruͤbt: Mein GOtt, mein
GOtt,

Warum haſt du mich jezt, ſo ganz und gar ver-
laſſen:

Und in der Qual und Pein, muſt er am Kreuz er-
blaſſen.

Das iſt darum geſchehn, weil wir von GOtt ge-
trennt,

Weil jedes Suͤnden Kind wie ein Verirrter rennt;

So war die Straffe gleich den menſchlichen Ver-
brechen;

Kein andres Urtheil konnt hier das Gerichte ſpre-
chen,

Darm die Majeſtaͤt des Allerhoͤchſten thront;

Der jedem nach Verdienſt und ſeinen Thaten lohnt;

Jhr Menſchen! ſehet hier was GOttes Recht er-
fodert,

Wenn ſein gerechter Grim und heiligs Zornfeur lo-
dert;

Es wird an JEſu euch ganz ſichtbahr vorgemahlt,

Wie er die Suͤnde haßt, und gleiche Straffen
zahlt:

Nehmt dieſen Heiland an, der fuͤr euch iſt geſtor-
ben,

Und durch ſein Leiden euch des Hoͤchſten Huld er-
worben;

Lernt was ihr auszuſtehn, wenn ihr den Heiland
ſchmaͤht,

Da in der Ewigkeit es euch alſo ergeht;

Wie ihr verdienet habt: da wird ſein Grim euch
ſchelten,

Und jedem ſeine That auf ſeinem Kopf vergelten.

Wenn
[199]in dem Leiden JEſu.
Wenn ihr an JEſum glaͤubt; ſo habt ihr kein Ge-
richt,

Das euch verdammen kan: denn euer Richter
ſpricht:

Wer glaͤubt der ſtirbet nicht. Durch des Erloͤſers
Sterben,

Kan man im Himmelreich das ewge Leben erben.

O! wol dem, der dies hoͤrt, wenn ihm die Suͤnd
anklagt,

Jm Glauben ganz getroſt und zuverſichtlich ſagt:

Der Richter aller Welt wird mich nicht ewig quaͤ-
len,

Jch nehme JEſum an zum Buͤrgen meiner Seelen.



[200]
Die
Herrlichkeit GOttes

die an den
Bergwerken hervorleuchtet
Mein Geiſt! entweich einmahl den
Schranken

Der durch das Licht beſtrahlten
Welt,

Verſenke nun auch die Gedanken,

Sieh, was die Tieffe dir vorſtellt.

Auch in der Erden dunklen Schachten,

Sind groſſe Wunder zu betrachten;

Jſt GOttes Herrlichkeit zu ſehn.

Da wirſt du in der Berge Gruͤnden,

Auch eingedruͤkte Spuren finden,

Die ſeine weiſe Macht erhoͤhn.

Es ſey gewagt. Laß dich nicht ſcheuchen,

Vom Schatten einer ſchwarzen Nacht,
Es
[201]die an den Bergwerken hervorleuchtet.

Es wird kein Kobold (*) dich beſchleichen,

Den man zum Erzte Huͤter macht.

Es ſol kein Poltergeiſt dich ſtoͤhren,

Noch mit gedruͤkter Furcht beſchweren:

Gebrauch nur des Verſtandes Licht:

So fliehen fort die Berg Geſpenſter;

So ſiehſt du durch der Augen Fenſter,

Die GOttheit ſelbſt in jedem Schicht.

O! GOtt! der du dem Bau der Luͤfte

Wie ein Gewoͤlbe eingefaßt,

Und auch die ungeheuren Kluͤfte

Der Berge, feſt gegruͤndet haſt.

O! HErr auf deiner Macht alleine,

Beſtehn Luft, Erde, Fels und Steine;

Du biſt es, der dies Ganze traͤgt;

Du biſt es der dies aufgethuͤrmet,

Du biſts der jeden Theil beſchirmet,

Und groſſe Schaͤzze drin gelegt.

Jhr Berge ſeid wie hohe Thuͤrme

Wie ſtarke Mauren auzuſehn,
Wor-
N 5
[202]Die Herrlichkeit GOttes

Woran ſo viele harte Stuͤrme,

Vergeblich durch die Fluth geſchehn.

Jhr haltet auf die regen Wellen

Die ſchaͤumend aus der Tieffe ſchwellen.

Jhr ſeid auch Bruͤſte der Natur,

Wovon im feucht und fetten Thaue

Die Nahrung flieſt in Thal und Aue,

Auf manche ſchwangre Segens-Flur.

Jhr ſtrekket eure ſchroffen Spizzen,

Bis in der Wolken Dunſt hinein,

Eur altes Haupt empfaͤngt die Blizzen

Der Sonnen, ihrer Strahlen Schein;

Jhr gebet uns auf euren Hoͤhen,

Die Wunder der Natur zu ſehen.

Der Tannen aufgeſchlungne Pracht;

Ein jedes Graͤslein das ihr naͤhret,

Dient uns zum Zeugen der uns lehret:

Es habe GOtt euch auch gemacht.

Doch an den Dekken eurer Rinden,

Jſt unſers Schoͤpfers Herrlichkeit,

Nicht blos allein: auch in den Gruͤnden,

Sind ſeine Gaben ausgeſtreut.

Jn der Gebuͤrge dikken Baͤuchen,

Sind ſo viel merkenswuͤrdge Zeichen,

Woran des Geiſtes Aug erblikt,

Daß uns ein Almachts-volles Weſen

Laß in der dunklen Tieffe leſen,

Was uns zu ſeiner Hoͤh entzuͤkt.

Jhr
[203]die an den Bergwerken hervorleuchtet.
Jhr ſeid des Hoͤchſten Vorrathskammern,

Jhr Berge, wo der Reichthum ſtekt,

Worin in feſt vermaurten Klammern

Die Schaͤzze ſind verwahrt, verdekt.

O! was vor wunderſame Gaͤnge!

Mein Geiſt erſtaunt ob dieſer Menge,

Von theuren Schaͤzzen die darin;

O! wie viel tauſend, tauſend Schraͤnke,

Sind angefuͤllt mit dem Geſchenke,

Die dieſer Zeitlichkeit Gewin.

Mein Geiſt ſieht hier in tieffen Dunkeln,

Mit Erzt gefuͤllte Adern an,

Des Reichthums Gold und Silber funkeln,

Und merkt was unſer Schoͤpfer kann.

Die Felſen die gleich harten Knochen,

Durch Kunſt zertheilt, mit Muͤh zerbrochen,

Sind mit dem blanken Mark gefuͤllt.

O! welche theure Seltenheiten,

O! welche lichte Herrlichkeiten,

Sind hier in Schutt und Kies verhuͤllt.

Es oͤfnen ſich der Berge Rippen,

Der lichten Steine theure Pracht,

Wird aus den durch geſprengten Klippen,

Und ihrer Kluft herfuͤrgebracht;

Es werden ſolche Wundergaben,

Aus dieſen tieffen Schoos gegraben,

Es kommt daher der Demantſtein,

Und Jaspis, Hiacinth, Opalen
Der
[204]Die Herrlichkeit GOttes

Der Tuͤrkis, Saphir, die da ſtrahlen

Jn anerſchafnen Wunderſchein.

Es iſt in denen hohlen Gruͤnden

Das blinzende Metal verlegt;

Das Gold der theure Staub zu finden,

Worin der Sonnen Bild gepraͤgt.

Es laͤuft da durch die Adern-Gaͤnge,

Des hellen Silbers blanke Menge,

Mit Kupfer Zinn und Blei vermengt;

Da ſind die Stahl- und Eiſen-Schollen,

Die Silbertheilgen die ſtets rollen,

Der fluͤchtige Merkur verſchraͤnkt.

Da ſind noch andre Wundergaben,

Als Schweffel Vitriol, Allaun,

Woraus wir groſſen Nuzzen haben,

Jn dieſen Gruͤften zu beſchaun:

O! Schoͤpfer welche Meiſterſtuͤkke,

Bewundern unſre regen Blikke,

An dem was Berg und Fels erhaͤlt,

Man ſieht im Glanze der Metallen,

Du ſeiſt o! Schoͤpfer gros in allen,

Auch in dem Reich der Unterwelt.

Jhr Thoren! die ihr an den Schaͤzzen,

Der Berge euch zu ſehr vergaft;

Das Gold und Silber macht zu Goͤzzen,

Denkt wer der ſey der dieſes ſchaft:

Der HErr iſt GOtt, auf deſſen Winken,

Die Steine von dem Golde blinken
Aus
[205]die an den Bergwerken hervorleuchtet.

Aus deſſen Macht das Erzt herſtammt;

Der hat in unterirdſchen Gruͤften,

Jn denen tief verborgnen Kluͤften,

Auch die Natur dazu beſaamt.

Durch ihn muß das Metal entſtehen,

Das er in dem Verborgnen macht,

Und daran iſt ſchon zu erſehen,

Der ewgen Gottheit Glanz und Pracht;

Sein Wort, das Allmachts-volle Werde,

Das ſchmuͤkt den innren Schoos der Erde,

Mit ſolchen Wunderdingen an;

Wie reich iſt GOtt von Macht und Guͤte,
(Erwege dies o! mein Gemuͤthe,)

Der Staub in Gold verwandeln kan.

Auf ſeinen Wink entſtunden Huͤgel

Die mit den Erzten angefuͤllt,

Woraus der Stof zu Geld und Spiegel

Zu Schwerdt und zu Gefaͤſſen quillt.

O! welche Weisheit iſt verborgen,

O! welch ein wunderbahres Sorgen

Des Schoͤpfers iſt darin zu ſehn:

Man kan daß auch an dieſen Werken,

Zu ſeiner Gottheit Preis bemerken,

Die alles weislich laͤſt entſtehn.

Es werden ſeiner Guͤte Gaben,

Die in der Berge Schoos gelegt,

Mit vieler Arbeit ausgegraben,

Und was der Schutt denn in ſich hegt;
Das
[206]Die Herrlichkeit GOttes

Das muß des Feuers Kraft zertrennen,

Und reinigen durch flammend Brennen:

Die Kunſt die macht die Erzte rein:

Wenn ſie vorher gelaͤutert waͤren,

So wuͤrden ſie nicht zum Ernaͤhren,

Wie jezt bequeme Mittel ſeyn.

Wie wunderbahr ſind die Anſtalten

Des weiſen Vaters der Natur:

Er weiß ein Land oft zu erhalten,

Ohn eine Segensreiche Flur.

Wo keine Aekker fruchtbahr werden,

Da waͤchſt das Geld in tieffer Erden;

Und wer auf den Gebuͤrgen lebt,

Dem muͤſſen die beſtiegnen Stollen,

Die Nahrung aus den Erzgang zollen,

Den ein beherzter Fleis durchgraͤbt.

So wird ein Bergwerk zu Canaͤlen,

Wodurch der Segens Strom hindringt,

Wodurch die Dinge die nur fehlen

Die ewge Vaterguͤte bringt.

Wo Gold und Silber ausgeſaͤet,

Da iſt, wenn gleich kein Korn gemaͤhet;

Ein Ueberflus von Speiß und Trank;

Es laͤſſet ſich das Korn mit Hauffen,

Und andrer Nahrung reichlich kauffen,

Wenn nur die Gruben ſind im Gang.

Die Weisheit hat drum auserkohren

Dies Berg-Gewaͤchs, den blanken Koth;
Wo
[207]die an den Bergwerken hervorleuchtet.

Wo dieſer iſt hat ſich verlohren

Des Mangels Kummervolle Noth.

Es kommt aus nuͤzlichen Metallen,

Auf Welt und Stadt und Land und allen,

Ein Vortheil der recht herrlich heiſt:

Denn Gold und Silber dient im Lande,

Zum Gluͤklichſeyn vor jedem Stande,

Wie die Erfahrung ſichtbahr weißt.

Mit Gold und Silber iſt zu handeln,

Was ſonſten koſtbahr wird genennt,

Man kan damit die Welt durchwandeln,

Weil man dies allenthalben kennt;

Was die Natur als ſchoͤn gebiehret,

Und was durch Kunſt und Fleis herruͤhret,

Was man gebraucht; womit man prangt:

Dies alles wird ohn all Beſchwerde

Durch Stuͤkke von der gelben Erde,

Und durch den blanken Koth erlangt.

Auch hierin iſt ganz klar zu ſpuͤren,

Des Hoͤchſten weiſe Einrichtung,

Der einen Staub ſo weiß zu zieren,

Daß Menſchen mit Verwunderung

Den Preis auf dieſe Dinge legen,

Wodurch ſo vieler Laͤnder Segen,

Durch Kauf und Handel wird vereint.

So kan der Vorſicht weiſes Walten

Der Staaten Flor; die Welt erhalten,

Durch Staub der ſchoͤn ins Auge ſcheint.

Jhr
[208]Die Herrlichkeit GOttes.
Jhr Menſchen denkt, daß GOtt euch liebet,

Der durch der Berge Schweffel-Kraft

Euch ſolche Wunderſchaͤzze giebet,

Und Gold und Silber reichlich ſchaft;

Denkt aber auch daß ſolche Thoren,

Die das Metal zum Gott erkohren,

Worin der Schoͤpfer nur zu ehrn;

Es ſind nur Schaͤzze vor die Sinnen

Die dreinſt zerſchmelzen und zerrinnen,

Und mit der eitlen Zeit aufhoͤrn.

Lernt ihren rechten Werth erkennen,

Bedenkt daß dies ein Gut der Welt,

Daß aber GOtt ein Gut zu nennen,

Das man in Ewigkeit behaͤlt.

Die Schaͤzze die gar leicht verfliegen,

Die koͤnnen nicht den Geiſt vergnuͤgen;

Es bringt der Guͤter eitler Schein,

Kein wahr und dauerhaftes Gluͤkke;

Er ſchwindet oft im Augenblikke:
Das hoͤchſte Gut bleibt nur allein.


Berg-
[209]

Bergwerke ein ſchoͤnes Blat des
Buches der Natur.


Das Reich allwo das Gold entſteht, wo
Silber und Metal entſpringt,

Wo uns die Tieffe Edelſtein, und andre
Wunderſchaͤzze bringt,

Jſt in dem Buche der Natur, ein Blat das ſchoͤn
und herrlich ſtrahlet,

Und das mit guͤldnen Lettern iſt, mit ſilbern Zuͤgen
uͤbermahlet;

Mit ſchoͤnen Farben ausgeziert, mit Edelſteinen aus-
geſchmuͤkt.

Wenn man mit Andacht darauf ſieht, und es nur
aufmerkſam anblikt;

So deucht mir daß ein jeder wird, aus allen Zeilen
dieſes leſen:

Es iſt lein GOtt der alles ſchaft, ein wei-
ſes und allmaͤchtig Weſen.


Vierter Theil.
[210]

Das Quekſilber.


Ein glaͤnzend Silberflus, der fluͤchtig ſich
zertrennt,

Den man erhaſchen wil, doch Augen-
bliks fortrennt;

Und der Quekſilber heiſt, giebt uns in ſeinen We-
ſen,

Was Reichthum, Geld und Gut, aufs deutlichſte zu
leſen.

Es ſcheint ins Auge ſchoͤn, weil es wie Silber
blizt,

Und wird zu vielerlei gebrauchet und genuͤzt;

Wenn mans nicht wohl verwahrt; ſo fliegt es ſchnell
von hinnen

Es kan dem Waſſer gleich, im Troͤpfeln auch zerrin-
nen.

Wenn mans nicht recht gebraucht; ſo ſchadet es
vielmehr,

Nach ſeiner Eigenſchaft iſt es in Klumpen ſchwer:

Die Guͤter dieſer Welt ſind ſcheinbar und vergnuͤ-
gen,

Doch koͤnnen ſie auch leicht wie der Mercur verflie-
gen,

Wenn man mit Klugheit nicht dieſelbigen verwahrt,

Und
[211]Das Quekſilber.
Und ſie mit Sorgfalt nicht, zum kuͤnftgen Nuzzen
ſpart.

Man braucht dieſelbigen zu vielen in der Zeit,

Sie ſind das Element das in der Eitelkeit,

Das Leben unterhaͤlt. Der Misbrauch wirkt Be-
ſchwerden;

Es kan das ſchnoͤde Geld ein Gift der Seelen wer-
den,

Und eine ſchwere Laſt die unſer Herze druͤkt,

Wenn man daſſelbe haͤuft, und es dadurch zerſtuͤkt.

O! wol dem der da lernt beizeiten zu erkennen,

Daß aller Reichthum ſey Quekſilber zu benennen.

Wie bald zerſchmelzen ſie in des Verſchwenders Haͤn-
den,

Die ſie bald hie bald da ich weis nicht wie anwenden.


O 2Das
[212]

Das Geld ein allgemeiner Ab-
gott der Welt.


Die Voͤlker die der Wahn beruͤkt, des
Jrthums Nebelrauch verhuͤllt,

Und die der arge Seelenfeind, mit Aber-
glauben ganz erfuͤllt,

Verlieſſen ihren wahren GOtt, der
uͤber alles iſt zu ſchaͤzzen,

Und waͤhlten ſich an deſſen Stat, aus Wahnwiz
ſelbſt geſchnizte Goͤzzen.

Zuerſt iſt woll des Himmels Licht, das groſſe Au-
ge dieſer Welt,

Die Sonne die ſo herrlich ſtrahlt, die durch die
Waͤrme das erhaͤlt,

Was in Naturreich waͤchſt und bluͤht, von denen un-
erfahrnen Alten

Vor einen GOtt der ganzen Welt, wie die Ge-
ſchichte lehrt, gehalten.

Allein nachdem hat jedes Land ſich einen Abgott aus-
erkohrn,

Der als ein tapfrer Held dem Volk etwan zu Vor-
theil ward gebohrn.

Sieht man in jene truͤbe Zeit, da Finſternis die Erd
bedekket,

Der Aberglaube groͤſtentheils ſich uͤber alle Welt er-
ſtrekket;

Da
[213]ein allgemeiner Abgott der Welt.
Da hatt ein jeder ſeinen GOtt, der in dem Lande
ward verehrt;

Wenn man in andre Grenzen kam, da ward ein
andrer Nahm gehoͤrt,

Der dieſes Landes Goͤzze war. Und ſo fand man
an allen Enden,

Stets andre Goͤtter, welchen man pflegt ſuͤſſen Wei-
rauch zu verſchwenden.

Allein jezt da der Goͤzzendienſt, in vielen Laͤndern
eingeſtellt,

Bleibt noch ein boͤſer Abgott da, den ehret noch die
ganze Welt;

Die Chriſten die im klaren Licht der Offenbahrung
deutlich ſehen,

Es ſey ein einzig wahrer GOtt, der uͤber alles zu
erhoͤhen,

Die lieben dieſen oͤfters mehr, als den, der alles hat
gemacht,

Und Himmel, Erde, Luft und Meer aus einem Nichts
herfuͤr gebracht:

Ein jeder wird begierig ſeyn den Abgott aller Welt
zu kennen,

Jedoch er iſt genug bekandt, man pfleget ihn das
Geld zu nennen.


O 3Ue-
[214]

Ueberſchrift an die Vorraths-
kammer und den Geldkaſten ei-
nes Geizigen.


Dies iſt die Sacriſtei, wo man den
Mammon ehrt,

Der Dienſt beſteht darin, daß man
ihn nicht verzehrt;

Der Kaſten der bedekt den Goͤzzen ſo verhohlen;

Weil er von Dieben wird, ſonſt leicht hinweg ge-
ſtohlen.

Der Prieſter der ihn dient iſt bange Tag und Nacht,

Vor ſeines Goͤzzen Wohl; er iſt darauf bedacht,

Wie er ſtets ſeiner Groͤs und Herrlichkeit vermehre:

Darin beſtehet nur die Furcht, der Dienſt, die Ehre,

Die er den Mammon giebt; er ehret ihn allein,

Und laͤſſet niemand ſonſt in ſeinen Tempel ein;

Er ſagt zu jederman: Wer meinen Goͤzzen liebet,

Der iſt mein groͤßter Feind, der mich ſtets quaͤlt, be-
truͤbet.


Die
[215]
Die Betrachtung der Groͤſſe
GOttes und unſre Nichtigkeit.

Wenn ich Schoͤpfer deine Groͤße

Nur in dem Gedanken meſſe;

So erblindet der Verſtand;

Jch kan keinen Maasſtab finden,

Deine Tieffen zu ergruͤnden,

Doch dadurch wird mir bekandt;

Daß du biſt ein ſolcher Geiſt,

Der da unermeßlich heiſt.

Wenn ich deine Macht erwege

Und mir vor die Augen lege

Was durch deinen Wink entſteht,

Wie ſich dieſe Welt-Maſchine

Und die weite Sternen Buͤhne,

Blos durch deinen Willen dreht;

So faͤllt mir dadurch gleich ein:
GOtt der muß almaͤchtig ſeyn.

Denk ich nach wie das entſtanden,

Was im Weltraum iſt vorhanden;
O 4So
[216]Die Betrachtung der Groͤſſe GOttes.

So begreif ich dieſes nicht,

Dabei kan ich wieder merken,

Daß mir dieſes koͤnn beſtaͤrken,

Wie der Seelen ſchwaches Licht,

Der Verſtand nicht ſehen kan,

Was der Schoͤpfer hat gethan.

Jch verſpuͤre in Gedanken,

Wie gar eng geſezt die Schranken

Die ich uͤberſteigen kan;

So viel kan ich nur erkennen:

Du biſt gros, ich nichts zu nennen,

Gib nur, daß ich denke dran,

Daß du biſt ein ſolcher Geiſt,

Der uns unermeslich heiſt.

Gib daß ich mich ſtets beſtrebe,

Wenn ich mich zu dir erhebe,

Nur auf mich herab zu ſehn;

So werd ich gar bald ermeſſen,

Das kein Menſch des Schoͤpfers Groͤſſen,

Die unendlich, koͤnn verſtehn.

So erkenn ich: GOtt allein,

Jſt nur gros; wir alle klein.


Die
[217]

Die Nachtzeit als eine Woll-
that GOttes.


Mein Geiſt der war vom Denken muͤde,
und auch die Kraft der Sinn[en] mat,

Als ſich das helle Licht der Sonnen,
und dieſes feurge Wunderrad,

Den Abendgrenzen naͤher zog. Die A-
bend-Demmrung kam geflogen,

Und ehe man es ſich verſah, war alles
ſchwaͤrzlich uͤberzogen.

Die Augen konnten nicht mehr ſehen. Jch ſprach:
Gottlob, die Tag-Arbet,

Jſt nun auch abermahl vollendet: Nun iſt die ſuͤſſe
Ruhezeit.

Jch legte Buch und Feder hin, und bei der Raſt
erſchoͤpfter Gliede,

Erholte ſich der matte Geiſt, in einer ſtillen Ruhe
wieder:

Jch wurde recht in GOtt vergnuͤget. Die Nacht
kam endlich ganz heran,

Und breitete die ſchwarzen Schatten; es wurden an
der Himmelsbahr,

Die Nachtlaternen, die Geſtirn uns ſichtbahr in den
truͤben Dunkeln;

Jch ſah ſie an dem Firmament, in einer ſtillen Klar-
heit funkeln.

O 5Der
[218]Die Nachtzeit
Der Schlaf durchkroch zulezt die Glieder; die Stil-
le wiegte mich gleich ein,

Es ſtoͤhrte mich nicht in der Ruhe, der hellen Sonne
Strahl und Schein;

Es war der Schatten ſchwarzer Nacht, an dem be-
ſtrahlten Himmelsbogen,

Als wie ein Vorhang ausgeſpannt, und um mein
Bette hergezogen.

Jch leg in denen weichen Federn, und ſchlief bei die-
ſer Finſternis,

Bis deß die Morgenroͤth erwachte, die mich erwek-
te, ſanft und ſuͤß.

Mein Geiſt war munter und der Leib verſpuͤrte zu
dem Tags-Geſchaͤfte,

Da ſich die Nerven aufgeſpannt, auch wieder die
verneuten Kraͤfte.

Es fiel mr zu des Schoͤpfers Preiſe, des Morgens
ein, daß GOtt die Nacht,

Sehr weislich zu des Menſchen Leben und zu der
Ruh bequem gemacht;

Dieweil der Schlaf uns nuͤzlich iſt, des Leibes Kraͤfte
zu erhalten,

Sonſt wuͤrde unſers Leibes Bau gar bald ermatten
und erkalten;

Sonſt koͤnnten unſre aͤuſre Sinnen, auch nicht ſo
lang als jezt beſtehn:

Es muͤſten aller Nerven Kraͤfte, wenn ſie ſtets auf-
geſpannt, vergehn.

Die Nacht iſt gut auch vor dem Geiſt; der wird
darinnen, wie man merket,

Auf eine wunderbahre Art beim ſtillen Schlummer
recht geſtaͤrket.

Die
[219]als eine Wolithat GOttes.
Die Sinnen unſrer Seelen Waͤchter, die geben.
alsden nicht Bericht

Weil alles in der Stille lieget, was auſer uns vor-
geht, geſchicht;

Der Augen Vorhang ſchlieſt ſich zu: Wir koͤnnen
nichts im Dunkeln ſehen:

Sonſt wuͤrde bei der ſtillen Ruh, verwirrte Unruh
gnug entſtehen.

Die Nacht und deren ihr Geſelle, der Schlaf bringt
uns auch vielen Nuz,

Und dienet, wie wir ſchon gehoͤret, auch der Geſund-
heit ſelbſt zum Schuz.

Der Schlaf iſt zu dem Wachsthum gut der Jugend;
und er dient die Alten,

Bei ihrer guten Leibeskraft, noch laͤnger daurhaft
zu erhalten.

Der Schlaf iſt bei geſunden Tagen ein Mittel da-
durch wir zum Schweis,

Jn einem warmen Bette kommen; da wir wenn un-
ſre Glieder heiß,

Die ſanfte Ausduͤnſtung verſpuͤrn, dadurch der Un-
rath von uns flieget,

Der unſern Koͤrper traͤge macht, wenn er in Haut
und Fleiſche lieget.

Der Schlaf iſt gut auch fuͤr die Kranken, und dienet
ſtat der Arzenei,

Wenn ſie nur erſt zum Schlummer kommen; ſo merkt
man daß es beſſer ſey.

Die Nacht floͤßt manches Labſal ein, den Armen
die in Ruhe liegen,

Und ſich nach einer ſauren Laſt des Tages, wiederum
vergnuͤgen.

Je
[220]Die Nachtzeit
Je groͤſſer unſre Laſt geweſen, je ſuͤſſer iſt hernach
die Ruh:

Wenn uns die Nacht zu Bette winket, und druͤkket
unſre Augen zu;

Die Nacht vertreibet auch das Heer der uͤberhaͤuften
Nahrungsſorgen,

Und macht uns von demſelben frei, bis wieder auf
den andern Morgen,

Da dieſes Heer des freßgen Kummers, von neuen
wieder auferwacht,

Und uns bei vielen eitlen Grillen, die Laſt des Tages
ſaurer macht.

Wer dieſes achtſam uͤberdenkt, der ſpuͤret ſeines Schoͤp-
fers Guͤte,

Die er uns durch den Schlaf mittheilt, mit recht er-
freulichen Gemuͤthe;

Der HErr der ordnet alle Zeiten, er foͤrdert ihre
Aenderung,

Wie weislich iſt nun nicht geordnet, die Wunder-
ſchoͤne Einrichtung,

Da er die Nacht ſtets nach dem Tag, laͤßt unverruͤk-
ket ſo entſtehen?

Wenn man davon den Zwek erwegt; ſo kan man
ſeine Guͤte ſehen.

Der Vortheil den die Nacht uns giebet, die Ruhe
die der Schlaf uns ſchenkt;

Sind ſuͤſſe Gaben unſers Schoͤpfers, wenn man es
nur recht uͤberdenkt:

Die Wollthat die dadurch der Leib, und auch die
Seele ſelbſt genießet,

Kommt aus der einzgen Quelle her, woraus das
Gute auf uns flieſſet.

Ach!
[221]als eine Wollthat GOttes.
Ach! GOtt wie viele ſind zu finden, die das, nach
einer ſtillen Nacht,

Wenn ſie gar ſanft und ſuͤß geſchlaffen, zu deinem
Preis wol uͤberdacht?

Der Schlummer der Gewohnheit iſts der unſer Herz
ſo ſehr betaͤubet

Daß es bei dem genoßnen Gut, doch immer uner-
kenntlich bleibet.

Drum ſage mir du blinder Menſche! der du den ſuͤſ-
ſen Schlaf geſchmekt,

Und durch des Schoͤpfers holde Guͤte, ſo ofte munter
biſt erwekt:

Wie ofte haſt du ihm gedankt, daß er die Nachtzeit
zu dem Schlafen,

Auf jedem Tag daran man wirkt, nach weiſer
Ordnung hat geſchaffen?

Du haſt darauf dich nie beſonnen; das lehrt die Un-
empfindlichkeit

Die dich bishero eingewieget. Drum wache auf, es
iſt nun Zeit,

Und preiſe GOttes ewge Guͤt, die Tag und Nacht
ſtets auf uns quillet,

Und Herze, Zunge, Mund und Hand mit ihren
ſuͤſſen Gaben fuͤllet.

Gedenke kuͤnftig alle Morgen, wenn Nacht und
Demmerung verfliegt,

Und deine Munterkeit der Sinnen, den ſuͤſſen Schlum-
mer hat beſiegt,

Wie guͤtig unſer Schoͤpfer ſey; und wie er nach den
ſauren Tage,

Zur Nachtzeit wieder lindern kann, die Kummer-vol-
le Laſt und Plage.

Ver-
[222]Die Nachtzeit als eine Wollthat GOttes.
Verſpuͤrſt du neue Lebens Kraͤfte; ſo brauche ſie auf
ſein Geheis,

Zu dein und deines Naͤchſten Nuzzen; und zu des
Schoͤpfers Ruhm und Preis:

Bis daß dich dreinſt die lange Nacht, nach dieſen
Kummervollen Zeiten,

Wird in dem Schoos der Ewigkeit, die allerſuͤßte
Ruh bereiten.


Der
[223]

Der groͤſſeſte Held.


Die groſſen Fuͤrſten miteinander,

Pompejus, Caͤſar, Alexander,

Die faſt die halbe Welt bekriegt,

Und Land und Voͤlker gnug be-
ſiegt,

Die nennt man wunderbahre Helden,

Wie uns der Zeit Geſchichte melden.

Allein ſieht man die Thaten an,

So haben ſie ſonſt nichts gethan,

Als durch die Kriegriſchen Soldaten,

Verwuͤſtet die gebauten Staaten.

Die Ehre war ihr groͤßtes Gut,

Jhr Lorbeer waͤchſet nur im Blut;

Sie ſind durch Rauben, Pluͤndern, Mor-
den,

Durch Grauſamkeit zu Helden worden.

Sie ſcheinen gros, und ſind doch klein,

Weil ſie offt arme Sclaven ſeyn,

Die, wenn ſie ſich mit Ruhm bekroͤnen,

Den ſtaͤrkſten Leidenſchaften froͤhnen.

Was iſt es, wenn des Philipps Sohn,

Auf Menſchen Knochen baut den Thron,

Und da er faſt die Welt beſieget,

Als Knecht in Wolluſt-Ketten lieget?

Der
[224]Der groͤſſeſte Held.
Der groͤßte Held heiſt billig der,

Durch deſſen Muͤh das ſtarke Heer

Der Leidenſchafften wird bezwungen,

Die in uns ſelbſt ſind eingedrungen.

Wer ſich als einen Feind bekaͤmpft,

Und ſeine boͤſe Jchheit daͤmpft;

Wer der Begierden Joch entronnen:

Der hat in Warheit mehr gewonnen,

Als ſolcher der da Land und Stadt,

Durch tapfer Fauſt bezwungen hat.

Es iſt alſo ein wahrer Chriſte,

Der groͤßſte Held der ſeine Luͤſte,

Jn Krafft des Glaubens unterdruͤkt,

Und ſeine Leidenſchafft beſtrikt.

Die Feinde die uns immer quaͤlen,

Das ſind die Feinde unſrer Seelen;

Der Teuffel, und die boͤſe Welt,

Und das was Fleiſch und Blut gefaͤllt.

Wer durch den Glauben die bezwinget,

Und nach der Himmels Krone ringet,

Der uͤbertrifft die groͤſte Macht.

Wird der vor einen Held geacht,

Der gluͤklich andre uͤberwindet;

So iſt die Warheit feſt gegruͤndet:

Daß der der groͤſte Sieger heiſt,

Der ſich der Sclaverei entreiſt.

Je groͤßrer Feind, je groͤßrer Sieger.

Drum iſt ein Chriſt der ſtaͤrkſte Krieger,

Der ſelbſt den Fuͤrſten aller Welt,

Den Satanas zu Boden faͤllt.

Viel leichter iſt die Welt bekriegen,

Als ſolche Reizung zu beſiegen,

Die unſern Fleiſch und Blut gefaͤllt;

Die uns mit Macht und Liſt beſchnellt.

Viel-
[225]Der groͤſſeſte Held.
Viel leichter iſt den Feind zu druͤkken,

Als ſeinen Freund ins Nez zu ſtrikken.

Der Zorn erregt die Tapferkeit;

Allein bei eines Chriſten Streit,

Da plaget ſich das bange Herze,

Er wird erweicht in eignen Schmerze.

Der Held der wird vor gros geacht,

Der eine groſſe Beute macht;

Je mehr er Laͤnder hat bezwungen,

Je ſtaͤrker hat er auch gerungen.

Ein Chriſt erringt das Himmelreich,

Ein Land dem keine Erde gleich:

Das Erbtheil das er dort erlanget,

Die Krone damit er dort pranget,

Die uͤbertreffen alle Welt;

Drum heiſt er auch der groͤſte Held.


Vierter Theil. PDer
[226]

Der
Seidenwuͤrmer kuͤnſtliche Be-
ſchaffenheit und Arbeit.


Unter denen Wunderdſachen, die uns das
Naturreich lehrt,

Wil ich nunmehr noch beſingen, weil
es auch hieher gehoͤrt,

Was man an dem Seidenwurm und an
ſeinen Kunſtgeweben,

Als bemerkenswuͤrdig ſieht, unſern Schoͤpfer zu er-
heben.

Gebet mir ihr holden Triebe! Luſt und Krafft zum
Dichten ein,

Denn der Vorwurf den ich waͤhle, uͤberzeugt uns
ungemein,

Von des Schoͤpfers Herrligkeit, der ein Wuͤrmgen
kan beleben,

Worin ſolche Kunſt geſenkt. Laſſet uns zuerſt an-
heben,

Von dem Urſprung wie die Wuͤrmer, daran wir viel
kuͤnſtlichs ſehn,

Aus
[227]Beſchaffenheit und Arbeit.
Aus der Raupen kleinen Eyern, durch die Vorſehung
enſtehn.

Dieſe Thiere legen ſie auf die breiten Maulbeerbaͤu-
me,

Und bekleiſtern jedes Ey auf die Blaͤtter feſt mit Lei-
me.

Alsdenn liegen ſie im Winter, ohne Schaden bei
dem Braus

Derer ſtuͤrmeriſchen Winde; und die Jungen krie-
chen aus,

Wenn der Maulbeerbaum ausſchlaͤgt; da zerbrechen
ſie die Banden

Wenn das aufgegruͤnte Laub, ihre Nahrung iſt vor-
handen.

Taͤglich werden ſie vergroͤſſert durch den eingeſognen
Safft,

Durch der Luͤffte reine Zuͤge, und durch die verborgne
Krafft,

Die in die Natur gelegt. Wer kan hie nicht ſchon
verſpuͤren,

Wie ſich auf die Wuͤrmer auch das verborgene
Regieren

Einer weiſen Macht erſtrekket. Wenn der Wurm
das Ey zerbricht,

Glaͤnzet er gleichſam von Schwaͤrze, bei dem hel-
len Sonnenlicht:

Doch nach einer kurzen Zeit, iſt er gleichſam abge-
bleichet,

Seine Farbe ſcheint uns ſo, daß ſie weiſſer Aſche
gleichet.

Nachdem wird ſein Kleid ganz garſtig, wikkelt ſich
in Falten ein,

Bald iſt er ganz neu gekleidet und iſt nach dem Au-
genſchein,

P 2Groß
[228]Der Seidenwuͤrmer kuͤnſtliche
Groß und weiſſer anzuſehn, und mit gruͤn ganz aus-
gefuͤllet,

Welche Farbe durch das Weiß in recht ſanffter
Miſchung quillet.

Nach der Zeit von wenig Tagen laͤſſet er von Freſ-
ſen ab

Und liegt wie im tieffen Schlaffe, als in einem Tod-
ten-Grab;

Drauf erwacht er, faͤnget an ſich zu kruͤmmen und
zu winden,

Da wir wiederum an ihm eine Haut voll Runzeln
finden.

Er ſtreifft ſich zum zweiten mahle ab, die ganz
verſchrumpfte Haut,

Wirfft ſie mit den Fuß zur Seite, und wird gleich-
ſam neu geſchaut;

Als waͤr es ein andres Thier. Es faͤngt wieder an
zu zehren,

Und ſich durch das Maulbeerlaub wiederum recht zu
ernaͤhren:

Aber ehe man es meinet, iſt es wiederum vor-
bei,

Jhn befaͤllt der vorge Schlummer, und die Schlaf-
ſucht kommt aufs neu,

Und wenn die zum Ende geht, wird er wiederum
verwandelt,

Jndem er die Haut abſtreifft und zum dritten mahl
ſo handelt,

Wie vorhero iſt geſchehen. Er frißt wieder gierig
fort,

Bis er endlich alles muͤde und ſich einen ſtillen
Ort

Wie Einſiedler auferbaut, und ſich einen Faden we-
bet,

Worin
[229]Beſchaffenheit und Arbeit.
Worin er ſich wunderbahr als Lebendig doch ver-
graͤbet.

Wer die Wandelung bedenket, die an dieſem Wurm
geſchieht,

Und mit Achtſamkeit erforſchet, wie er ſeine Faden
zieht;

Der erſtaunt ob aller Kunſt, die darinnen zu be-
merken,

Und erkennt des Schoͤpfers Groͤß auch an dieſen
Wunderwerken.

Doch eh wir dies recht betrachten, wie die Faden
draus entſtehn,

Laßt uns erſt den Bau der Glieder an dem Seiden-
wurm beſehn!

Er beſteht nach Raupen Art, aus beweglichen Ge-
lenken,

Die ſich wie die Ringelein ineinander kuͤnſtlich
ſchraͤnken;

Seine Fuͤſſe ſind mit Klauen allenthalben woll ver-
ſehn,

Die er kan ganz ſchnell bewegen, daß ſie gleich zu-
ſammen gehn,

Wenn er ſich wo halten wil. Er hat eine Hirnen-
Schale,

Die ſein feucht Gehirn bedekt, welche einem Spruͤz
Canale

Gleich, und mit den Ruͤkgelenken feſt vereint den
Leib durchdringt,

Und die zaͤhen Feuchtigkeiten durch den ganzen Koͤr-
per bringt:

Jn dem Munde ſind zwei Reihn von den Zaͤhnen die
ſo ſtehen,

Daß ſie, wenn er ſie bewegt, zu der linken Seite ge-
hen.

P 3Dieſe
[230]Der Seidenwuͤrmer kuͤnſtliche
Dieſe dienen ihm die Blaͤtter zu zerſchneiden die ſehr
weich,

Die ſie an der Seit anfaſſen, und faſt einer Sche-
ren gleich

Von einander drauf zertheiln. Wenn wir ferner
ihn erwegen

Und durch ein Vergroͤſſrungs Glas vor die giergen
Augen legen;

So kan man recht deutlich ſehen, wie in ihm das
Herze ſchlaͤgt,

Und wie ſich auch das Gebluͤte und der Safft bei ihm
bewegt,

Der nach ſeinem Kreislauf geht. Von dem Kopf,
wie ſchon erwehnet,

Bis zum Schwanz iſt eine Sehn oder Saite aus-
gedehnet,

Die mit einem Mark gefuͤllet; das faſt wie Gehirn
ausſieht,

Dieſe die ſich durch den Koͤrper nach der Laͤnge ganz
durch zieht,

Schlieſt an ſich die Lung, das Herz. Dieſes Herz
gleicht einer Roͤhren,

Die ſo lang iſt als der Wurm, wie uns alle Forſcher
lehren,

Die daſſelbe unterſuchet. Es ſind viele Kaͤmmer-
lein

Jn dem Herz die breit und enge, nachdem ſie geſtel-
let ſeyn.

Sehen wir die Lunge an; ſo gleicht ſie faſt einer
Kette,

Die gedoppelt und ausſieht, als wenn ſie viel Knoͤpfe
haͤtte,

Die vor denen Loͤchern liegen, dadurch ſich die Lufft
eindringt,

Die
[231]Beſchaffenheit und Arbeit.
Die die Lunge pauſtend machet und den Saft zum
Kreislauf bringt.

Zwiſchen dieſer Lung und Herz ſind die zarten Darm-
Gefaͤſſe,

Die mit einem Darm umſtrikt, worin eine zaͤhe
Naͤſſe

Die dem fluͤßgen Harze gleichet, daraus wird das
Garn geſtrikt,

Das man als ein Kunſtgewebe um den Seidenwurm
erblikt.

Doch eh wir ihn Weben ſehn, muͤſſen wir annoch
erwegen,

Was die weiſe Vorſehung ihn noch wollen mehr
beilegen:

Er traͤgt unter ſeinem Maule ein noch wunderbahres
Glied,

Darin man zwo Loͤcher findet, dadurch er die Fa-
den zieht;

Es gleicht einem Jnſtrument, das man kan bei de-
nen ſehen,

Die den zarten Silberdraht in durchbohrten Bleche
drehen.

Durch die Loͤcher wird geſpruͤzzet von der zaͤhen
Feuchtigkeit,

Daraus er die Faden ſpinnet, und ſich macht ſein
Garn bereit,

Darin er ſich wikkeln wil. Faͤnget er nun an zu
weben,

So pflegt er die Troͤpfelein an dem Orte feſt zu kle-
ben,

Welchen er dazu erſehen. Kaum ſind dieſe Faden
feſt

Welch er durch die Loͤcher ziehet, und wie Harz
aus ſich gepreßt;

P 4So
[232]Der Seidenwuͤrmer kuͤnſtliche
So laͤſt er ſich dran herab, da ſie ſich denn zart ver-
duͤnnen,

Und wie ein gewirkter Draht durch die zaͤhe Loͤcher
ſpinnen.

Jn demſelben Augenblikke wird die Feuchtigkeit er-
ſtarrt,

Und des Harzes fluͤßig Weſen wie ein Faden dicht
und hart,

So daß er ſich ohn Gefahr kan an ſelben ſicher haͤn-
gen,

Ohne daß er reiſſen wird. Dieſe Faden zu vermen-
gen,

Und in einem zu verbinden, druͤkt er mit den Foͤrdern-
Fuß,

Sie gleich beide in einander, woraus einer kommen
muß.

Kommt die Zeu denn nun herdei, da er ſich wil
ganz einſpinnen,

So giebt er uns manche Luſt und Vergnuͤgen vor
die Sinnen,

Wenn man ſieht wie er die Klauen kuͤnſtlich braucht,
die Faden nimmt,

Und ſie aneinander pichet, die zu ſeinem Zelt be-
ſtimmt.

Jſt die Anſtalt nun gemacht; ſo verknuͤpft er in dem
Spinnen

Solche Faden die aus ihm wie ein duͤnnes Harz fort-
rinnen;

Und er webt ſich ein Gezelte, das wie grobes Zeug
geſtrikt,

Wie ein wollichtes Gewebe, das er um ſich her ge-
ruͤkt.

Dieſes Nez dient ihm zum Schuz wieder freie Luft
und Regen,

Weil
[233]Beſchaffenheit und Arbeit.
Weil ſie auch gemeiniglich auf dem Baum zu woh-
nen pflegen.

Jſt die aͤuſre Dekke fertig; ſpannet er ſich enger
ein,

Faͤhret in die Hoͤh, zur Seite, Kreuzweis mit den
Faͤdelein,

Ziehet ſich ſtets in die eng, und beſpannet ſich mit
Seide,

Da iſt er in kurzer Zeit, ganz verhuͤllt in ſeinem
Kleide.

Alsdenn kann man nicht mehr ſehen, was er thut,
wenn er verhuͤllt,

Jedoch ſteht es zu errahten, daß er aus dem Harz
der quillt,

Sich noch eine Dekke macht; weil wir ſie ganz deut-
lich finden,

Wenn wir den gewebten Kneul achtſam aus einan-
der winden.

Dieſe dreifach zarte Dekken dienen ihm zum Aufent-
halt,

Als die erſte vor dem Regen, und die feine wenn es
kalt,

Und die Luft recht froſtig zieht: und die dritte von
den Dekken,

Die mit Harz beſtrichen iſt, kann ihm vor dem Froſt
verſtekken.

Darin liegt er als in Schalen, bis er zu dem Puͤp-
gen wird,

Und die vierte Haut ableget, womit er vorher ge-
ziert.

Dieſes Puͤpgen wandelt ſich, wird wie die Erfah-
rung lehret,

Da es Hoͤrner, Fluͤgel, Fuͤß dehnet in ein Thier ver-
kehret,

P 5Das
[234]Der Seidenwuͤrmer kuͤnſtliche
Welches man Zweifalter nennt; und wenn es im
Sommer fliegt,

Uns durch ſeine bunten Fluͤgel, bei dem Sonnenſchein
vergnuͤgt.

Dieſes Thierchen ſuchet nun aus dem Nezze auszu-
dringen,

Und durch Leitung der Natur, muß ihm auch der
Zwek gelingen.

Es ſtekt in der feſten Duͤtte, in dem dichten Aufent-
halt,

Die gleich denen Tauben Eyern iſt geformet und ge-
ſtalt

An dem einen End geſpizt, an dem andern rund ge-
bogen;

An dem Ende das geſpizt, ſind die Faden nicht gezo-
gen,

Daß ſie Kreuzweis uͤbergingen, noch mit Harze
uͤberſchmiert,

Wie das andre End dagegen wol verwahrt und feſt
geſchnuͤrt.

Merkt die Vorſicht der Natur; oder vielmehr GOtt
zum Preiſe

An dem kleinen Seidenwurm, dieſe wunderbahre
Weiſe

Da es ſcheint als wenn er wuͤſte, als er ſich be-
ſpannt geſehn,

Was nachhero aus ihm wuͤrde, vor ein ander Thier
entſtehn.

Jn der Duͤtte liegt er ſo, daß der Kopf ſtets dahin
gehet,

Wo das ungeleimte End, ſich in eine Spizze dre-
het.

Und er ſorgt auch daß die Spizze nicht an andre
Koͤrper koͤmmt,

Da-
[235]Beſchaffenheit und Arbeit.
Dadurch wuͤrde ihm gar leichte ſein Auskriechen auch
gehemmt;

Jſt nun alles ſo gemacht, hat er dreifach ſich um-
ſponnen;

Jſt durch ſeine ſaure Muͤh Kraft und Saft aus ihm
zerronnen.

So verliehret ſich almaͤhlig ſeine wurmichte Ge-
ſtalt,

Es entſteht aus ſeinem Weſen, in dem engen Aufent-
halt,

Wenn der Balg iſt abgeſtreift ein ſolch Thier und
in drei Wochen,

Kommt es an das Licht der Welt nun almaͤhlig her-
gekrochen.

Dieſes flattert auf der Erden; und vermehrt ſich fer-
ner auch

Unterdeſſen iſt von Wurme nichts mehr uͤbrig als
der Schlauch

Der wie ein verſchrumpftes Fell in der Duͤtte wird
gefunden,

Wenn die Seide zum Gebrauch wird hernachmahls
abgewunden.

Welche Wandlung muß entſtehen in dem Reiche der
Natur?

Zeigt uns dies nicht von dem Schoͤpfer eine wunder-
bahre Spur?

Sehn wir aber nunmehr auch auf das wunderbahr
Geſpinſte,

Was der Wurm um ſich gewebt; ſo bewundern
wir die Kuͤnſte

Die den Wuͤrmgen eingepraͤget. Welche Weisheit,
Guͤt und Macht

Muß deſſelben Schoͤpfer haben, der ihn ſo hervor-
gebracht.

Men-
[236]Der Seidenwuͤrmer kuͤnſtliche
Menſchen! ſeht die Faden an, die aus einem Wurm
gefloſſen,

Und aus einem zaͤhen Harz, in deſſelben Bauch ent-
ſproſſen;

Muͤſſet ihr nicht eingeſtehen, daß ſie kuͤnlich, herrlich
ſchoͤn,

Welcher Kuͤnſtler wird es wagen ſolchen Wuͤrmern
gleich zu drehn?

Das? was die Natur gemacht, iſt viel zaͤrterlicher ge-
ſponnen,

Als was Menſchen Hand gedreht, und ihr eigner
Wiz erſonnen;

Lernet daran dies erkennen: GOtt iſt auch im Klei-
nen gros,

Der ein Wuͤrmchen ſo gebildet, daß es wie ein Er-
denklos,

Doch ſo kuͤnſtlich wirken kan; daß es alle Kunſt be-
ſchaͤmet,

Wenn es nur der Menſchen Hand, ferner zum Ge-
brauch bequemet.

Merket daran GOttes Guͤte; daß auch kein Ge-
ſchoͤpf ſo klein,

Welches nicht zu unſern Leben, uns kan nuͤz und
dienlich ſeyn.

Dieſes feineſte Geſpinſt, und die Flokken von der
Seide,

Geben uns den ſchoͤnen Stof, zu ſo manchen praͤcht-
gen Kleide,

Womit ſich die Erden-Goͤtter, Hoch und Niedrige be-
ziern;

Muß uns wenn wir dies betrachten nicht des Her-
zens Jnnres ruͤhrn?

Groſſer Schoͤpfer der Natur! du laͤſt uns dein herr-
lich Weſen,

Auch
[237]Beſchaffenheit und Arbeit.
Auch im kleineſten Gewuͤrm, als in einem Spiegel
leſen,

Deine Weisheit, Macht und Guͤte blikt am Sei-
denwurm hervor,

Merk dies blinder Atheiſte; biſt du nicht ein albern
Thor,

Daß du keinen GOtt erkennſt, da die kleinen Kre-
aturen,

Als dergleichen Wuͤrmer ſind, ſeine wunderbahre
Spuren,

Dir ſo klar vor Augen legen. Sieh den Seiden-
wurm nur an,

Und ſein glaͤnzendes Geſpinſte, daß dich uͤberzeugen
kan,

Von dem Daſeyn eines Alls, wovon alle Ding ent-
ſtehen,

Die wir mit Bewunderung im Naturreich klaͤrlich
ſehen.

Merket dieß auch blinde Menſchen, die ihr nur ver-
aͤchtlich ſchaut,

Auf ein Wuͤrmgen das der Schoͤpfer doch ſo herrlich
hat erbaut.

Euer Stolz der achtet nicht, was nicht groß ins
Auge ſtrahlet;

Seht ihr Kuͤnſtler, die ihr nur ſtets von euren Wer-
ken prahlet,

Auf der Wuͤrme Kunſtgewirke, das ihr nicht nachah-
men koͤnnt,

Ob ihr gleich bei eurem Wizze, euch die groͤßten Mei-
ſter nennt;

GOtt iſt alles, wir ſind nichts, was wir in und
an uns haben,

Sind nur blos von ſeiner Guͤt mitgetheilte Gnaden-
gaben.

Wenn
[238]Der Seidenwuͤrmer kuͤnſtliche Beſchaffenheit.
Wenn ihr dieſes recht erkennet, daß euch GOtt da-
mit begabt,

Wenn ihr als beruͤhmte Meiſter mehrern Wiz als
andre habt;

So werd ihr vor das Geſchenk ihm als dem alleine
Weiſen,

Mit den Herzen, mit dem Mund und auch mit dem
Werken preiſen.


Anre-
[239]

Anrede an diejenigen die mit
Seidenen Kleidern prangen, und ſich
dadurch einen Vorzug anmaßen
wollen.


Jhr die ihr eurer Schoͤnheit Glanz von
Schimmerreichen Kleidern borgt,

Und mehr fuͤr euren Leibes Schmuk; als
fuͤr dem Schmuk der Seelen ſorgt,

Jhr prangt bei euren eitlen Wahn ach! leider nur
mit ſolchen Dingen,

Die Dekken eurer Schande ſind, und euch gar kei-
nen Vorzug bringen.

Die Kleider ſind zum Zeichen uns, daß wir entbloͤß-
te Suͤnder nur,

Und daß die Suͤnde uns geſchwaͤcht, bei der verdor-
benen Natur.

Wie thoͤricht iſt es, wenn ein Dieb mit ſeidnen Strik-
ken wolte prangen,

Wenn es vor ihm ein Zeichen waͤr, er ſolte an den-
ſelben hangen.

Jhr prangt mit einem ſeidnen Tuch, das mannig-
faltig iſt gefaͤrbt,

Allein denkt nur von wem ihr habt dazu den erſten
Stoff geerbt.

Ein
[240]Anrede.
Ein Wurm hat ihn vor ſich gemacht, um ſich in
dieſe ſanften Dekken,

Als in ſein eigenes Geſpinſt, vor Luft und Wetter zu
verſtekken.

Gebrauchet immer dies Geweb, der Schoͤpfer goͤn-
net uns den Schein,

Und huͤllet euch in ein Gewand das euren Stand ge-
maͤß iſt, ein:

Stolziret nicht mit ſeidner Tracht; ſonſt werden wir
euch dieſes ſagen:

Ein Thore prangt mit einem Kleid, das laͤngſt
vorher ein Wurm getragen.


Die
[241]

Die
Bundeslade
und
Dagon.


Das Sinnbild von des Hoͤchſten Gna-
de,

Der Gottheit Thron, die Bun-
deslade,

Wodurch ganz Jſrael beſchuͤzt,

Weil Zebaoth davon geblizt,

Ward einſten als das Volk geſchlagen,

Zur Straff von Feinden weggetragen.

Man haͤtte ſie mit Vorbedacht,

Zu Dagons Tempel hingebracht;

Zu ihres Abgotts heilgen Hoͤhen,

Da ſolte ſie verwahret ſtehen.

Allein o! Wunder welch ein Spiel!

Das Bild des eitlen Dagons fiel,

Es ſtuͤrzte; Dagon muſte liegen,

Bei der Philiſter ihren Siegen.

So geht es denen die mit Hohn,

Verſpotten die Religion,

Vierter Theil. QEs
[242]Die Bundeslade und Dagon.
Es kan den Spoͤttern wol gelingen,

Daß ſie ein Jſrael bezwingen:

Allein das wird doch nie geſchehn,

Daß ſie den Glauben fallen ſehn.

Es ſteht des Heilands Lehrgebaͤude,

Auch feſt bei aller Teuffel Neide.

Wer Chriſtum und den Belial,

Vereint, der kommt zulezt zum Fall.


Ge-
[243]

Gedult das beſte Mittel
bei
ſelbſt verurſachten Leiden.


Die Menſchen klagen oft bei ihrem Leid
und Schmerzen,

Und murren uͤber GOtt; ſie neh-
men nicht zu Herzen,

Woher ihr Leiden ruͤhrt. Der Hoͤch-
ſte ſol allein,

Von der empfundnen Noth, die Quell und Urſach
ſeyn.

Juͤngſt hoͤrt ich einen ſchrein: Er haͤtt es an den
Zaͤhnen,

Dies leidend Ungemach erwekt ihm Klag und Thraͤ-
nen.

Jch ſprach woher kommt es; Freund! gib die Ur-
ſach an,

Er ſprach: Es quaͤlet mich ein faul und hohler
Zahn,

Jch habe es verſaͤumt, daß ich mit Tobaks Aſchen,

Nicht fleißig meinen Zahn gerieben und gewaſchen.

Nun war die Antwort drauf: Du biſt es ſelbſten
Schuld.

Q 2Was
[244]Gedult das beſte Mittel bei ſelbſt verurſ. Leiden.
Was iſt die Arzenei? Das Kraͤutlein, die Ge-
dult,

Es kommt das Uebel her von der entſtandnen Faͤu-
le,

Die von der Faulheit kommt; die ſelbſt geſchlagne
Baͤule,

Ertraͤgt man mit Gedult, bis daß ſie iſt curirt:

Drum uͤbe ſolche aus, bis ſich der Schmerz ver-
liert.


Ge-
[245]

Gedanken
bei
der zur Winterszeit angeſtellten
Schlittenfahrt.


Jch ſah ein Masken-Volk in kalten Win-
ter brennen,

Und bei der Schlittenfahrt durch Stadt
und Gaſſen rennen,

Es glimmte wie ein Feur, die aufgeglom-
ne Luſt,

Jn der, durch Schnee und Eis und Froſt erſtarrten
Bruſt.

Sie froren wie man ſah. Die luſtigen Anſtal-
ten,

Die ſtaͤrkten ihren Muth die Kaͤlte auszuhal-
ten.

Es ſtarrten Hand und Fuß, bei ihrem eitlen
Spiel,

Was wirkte ihre Luſt? ein ſchmerzliches Ge-
fuͤhl.

Es fiel mir dabei ein: Nun werden ſie noch in-
nen,

Q 3Wie
[246]Gedanken uͤber die Schlittenfahrt.
Wie eitel ihre Fahrt, wie thoͤrigt ihr Begin-
nen:

So albern iſt der Menſch, und ſein verdorbnes
Herz

Sucht in der Unluſt Luſt, und Freude in dem
Schmerz!


Der
[247]
Der
Menſchliche Koͤrper

eine
aus vielen Kunſtſtuͤkken zuſammen ge-
ſetzte Maſchine.

Wenn ich des Leibes Bau anſeh,

Woraus er iſt vereint, verbunden:

So deucht mir das des Schoͤpfers Hoͤh,

An jedem Stuͤkke wird gefunden;

Der Koͤrper, drin die Seele thront,

Und wie in einem Hauſe wohnt;

Jſt wenn ich ihn nur recht anblikke,

Ein durch ſo manche Kunſt, vereintes Meiſter-
ſtuͤkke.

Das Haupt der Sinnen Werkſtatt, iſt

Ein Wunderwerk von allen Kuͤnſten,

Was in der runden Hoͤhle fließt,

Gleicht denen feineſten Geſpinſten:

Das feucht und ſafftige Gehirn,

Jſt wie ein aufgewundner Zwirn,

Ein fluͤßiges Geweb zu nennen,

An deſſen Feinigkeit wir GOttes Allmacht
kennen.

Q 4Der
[248]Der Menſchliche Koͤrper.
Der Augen helles Wunderglas,

Jſt wie ein Seh-Rohr das vergroͤſſert,

Ein Spiegel und criſtallnes Naß,

Das theils verhaͤrtet, theils durchwaͤſſert;

Die Haut die drunter iſt geſpannt,

Die gleichet einer dunklen Wand,

Die in der Kunſtmaſchin (*) zu ſehen,

Woran im Schatten-Schein gedrukte Bilder
ſtehen.

Die Ohren ſehen faſt ſo aus,

Als wie ein Trichter wird formiret;

Wie ein gewundnes Schnekken Haus,

Das Wundernswuͤrdig ausgezieret;

Sie gleichen einem Labyrinth,

Worin viel Jrregaͤnge ſind,

Man findet in derſelben Kammer,

Viel wunderbahr Geraͤth, als Trommeln,
Stegreif, Hammer.

Und wenn wir unſer Augenmerk

Aufs ofne Thor des Mundes drehen;

So kan man drin ein Raͤderwerk

Und kleine Muͤhlenſteine ſehen,

Und andre Kunſtgeraͤthe mehr.

Die Zunge ſtrekket ſich daher,

Als wie ein Schwerd das ausgezogen,

Als wie ein ſpizzer Pfeil auf den geſpannten
Bogen.

Der
[249]Der Menſchliche Koͤrper.
Der Vorderzaͤhne dichte Reihn,

Die ſich der Zung entgegen ſtellen,

Die koͤnnen Palliſaden ſeyn,

Geſezt auf denen hohen Waͤllen.

Sie ſind wie Stacheln ſpiz gewezt,

Wer ſich dran wagt, der wird verlezt;

Die Lippen koͤnnen uns abſpiegeln,

Ein ausgebreitet Thor mit zwei geſchloßnen
Fluͤgeln.

Sehn wir des Leibes Bauwerk an,

O! wie viel ſchoͤne Kunſtmaſchinen!

Sind hier vereint, und jede kan,

Uns ſicher zum Beweisthum dienen:

Daß eines weiſen Meiſters Macht,

Dieſelben all herfuͤrgebracht;

Und unter ſich alſo verbunden,

Wie er es zu dem Zwek bequem hat ausge-
funden.

Die Bruſt laͤſt ein Gewoͤlbe ſehn,

Worin der Lungen Blasbalg lieget,

Und durch der Luͤffte pauſtend Wehn,

Sich immer auf und niederbieget.

Die Lufftroͤhr dehnt und zieht ſich ein,

Kan eine Orgel-Pfeiffe ſeyn,

Woraus wenn ſie ſich dehnt, ein lauter Schall
entſpringet,

Und ein verſchiedner Thon, wie ſie ſich ziehet,
klinget.

Q 5Der
[250]Der Menſchliche Koͤrper.
Der Magen gleichet einem Schlauch,

Der aus recht dikken Fell bereitet;

Er iſt ein Topf, die Kuͤche auch,

Weil keines mit einander ſtreitet.

Der giebt den Gliedern alle Krafft,

Weil er den guten Nahrungsſafft,

Den er gekocht und durch filtriret

Auf wunderbahre Art in alle Theile fuͤh-
ret.

Das Herz des Lebens Wunderborn,

Die Quelle aller Leidenſchafften,

Wo Freud und Luſt und Furcht und Zorn,

Mit den verborgnen Trieben hafften,

Zeigt uns mit ſeinem Zubehoͤr

Die Waſſerkunſt wohin und her

Ein rother Strom ſich ſprizzend gieſſet,

Wenn die Ventil aufgeht, durch viele Roͤh-
ren flieſſet.

Die Adern ſind die hohlen Roͤhrn,

An dieſer kuͤnſtlichen Fontaine;

Die hin und wieder gehn und kehrn,

Das Herz, davon ich dies erwaͤhne;

Jſt ſolch ein Kunſtwerk das ſtets ſchlaͤgt,

Und ſich durch innren Druk bewegt;

Ein Werk das wunderbahr verbunden
Und
[251]Der Menſchliche Koͤrper.

Und noch kein Kuͤnſtler hat (*) ob mans gleich
meint, erfunden.

Jch ſchweige was ſich noch mehr find

Von ſolchen wunderbahren Kuͤnſten

Dergleichen in dem Bauche ſind;

Nur ſag ich noch: daß den Geſpinſten,

Die durcheinander ſind geruͤkt,

Gewebt, geflochten und geſtrikt;

Die Daͤrme gleich, die wie Canaͤle,

Gar weislich ſind gelegt in unſers Koͤrpers
Hoͤhle.

Die Muskeln, Sehnen, Knochen,
Haut,

Sind ebenfals werth zu betrachten,

Und wenn man ſie nur recht beſchaut,

An der Maſchine hochzuachten.

Sie ſind wie Seile anzuſehn,

Die dieſes Kunſtgebaͤude drehn;

Sie ſind wie Riemen und wie Baͤnder,

Die Knochen aber ſind wie uͤberkleibte Staͤn-
der.

Die
[252]Der Menſchliche Koͤrper.
Die Arme die daran geſpannt,

Sind faſt wie eingebogne Stangen,

Und gleichen mit jedweder Hand

Und Fingern den gelenkten Zangen.

Wie wunderbahr, wenn mans bedenkt,

Sind nicht die Finger auch gelenkt?

Die ſich, nachdem wir uns bemuͤhen,

Bald von einander drehn, und bald zuſam-
men ziehen.

Die Beine an des Koͤrpers Bau,

An unſers Leibes Kunſtgehaͤuſe,

Die legen uns auch klar zum Schau,

Daß ihr Werkmeiſter ſey allweiſe.

Sie ſind von Knochen voller Mark,

Als Saͤulen dikke, feſt und ſtark,

Sind Stuͤzzen drauf der Koͤrper ſtehet,

Worauf er ſich erhaͤlt, wodurch er weiter ge-
het.

O! Menſch was iſt dein Koͤrper nun?

Ein Jnbegriff von Wunderwerken,

Ein Raͤderwerk, da wir im Ruhn,

Doch ſtetige Bewegung merken.

Ein Kunſtgehaͤuſe das ſich lenkt,

So wie nur ſein Beſizzer denkt;

Ein Bau daran kein Theil zu finden,

Das aller Menſchen Wiz vermoͤgend zu er-
ergruͤnden.

Du
[253]Der Menſchliche Koͤrper.
Du biſt mit Recht die kleine Welt,

Darin daſſelbige verbunden,

Was in der groſſen vorgeſtellt;

Jn Hoͤh und Tieffe wird gefunden;

Der Augen hell und klarer Schein,

Kan deines Leibes Sonne ſeyn;

Dein Lebens Dampf, der aus dir hauchet,

Zeigt uns das in dir Lufft, und Feur und Hi-
ze rauchet.

Das Blut das in den Adern flieſt,

Die Stroͤmme die im Koͤrper gehen,

Was aus des Herzens Quelle fließt,

Die gleichen Brunnen, Fluͤſſen, Seen.

Der rothe Strom der immer quillt,

Und jedes Glied mit Safft erfuͤllt,

Hegt in ſich feurge Lebens-Geiſter,

O! was iſt unſer GOtt, doch vor ein groſ-
ſer Meiſter.

Du biſt, da alle Welt ihn ehrt,

Auch ſchuldig ihm als Menſch zu dienen,

Der Himmel, was dazu gehoͤrt,

Die Sonn und lichten Sternenbuͤhnen,

Die preiſen eine Majeſtaͤt

Wodurch ihr Glanz und Lauf beſteht;

Es ruͤhmt ihn was auf Erden wimmelt,

Und es erhebt den HErrn, was in dem Waſ-
ſer krimmelt.

Du
[254]Der Menſchliche Koͤrper.
Du aller Kuͤnſte Meiſterſtuͤk,

Du Hauptgeſchoͤpf im Erdenkreiſe,

Wirff deines Geiſtes regen Blik,

O! Menſch! auf deiner Seel Gehaͤuſe;

So wird dein Geiſt und Leib entflammt,

Weil beides von dem Schoͤpfer ſtammt;

O! ruͤhme deinen GOtt vor allen,

So wirſt du als ein Menſch, dem Schoͤpfer
wohlgefallen.


Ge-
[255]

Gedanken
uͤber die
aufrecht geſtellte Figur der
Menſchen.


Die Thiere welche blos der Erden an-
gehoͤrn,

Und ohne die Vernunfft, nur ſinn-
lich ſind geſchaffen,

Die koͤnnen ihr Geſicht auch nie
recht aufwerts kehrn,

Sie muͤſſen blos allein gebuͤkt die
Erd angaffen.

Der Menſch das Hauptgeſchoͤpf, der Fuͤrſte dieſer
Welt,

Der theils vom Himmel ſtammt, theils aus dem
Schoß der Erden,

Jſt von dem weiſen GOtt ſo aufgericht geſtellt,

Daß ſein Geſichte kan zur Hoͤh gelenket werden;

Und auch zur Erde hin. Wer nun ein Menſch wil
ſeyn,

Der beſſer als ein Thier, und eine Seele heget,

Der lenket ſein Geſicht nicht nur zur Erd allein,

Zu dem was irdiſch iſt, und was der Erdball traͤ-
get:

Er ſieht vornemlich hin, woher ſein Geiſt ent-
flammt,

Und
[256]Ged. uͤber dieaufrecht geſtellte Figur der Menſchen.
Und an dem Himmliſchen find er nur ſein Ergoͤz-
zen:

Er denkt die Kreatur, die theils vom Himmel ſtammt,

Die findet ihre Ruh nicht bei dem Erden-Schaͤz-
zen.

Ein Menſch, der wie ein Wurm im Koth der Erde
wuͤhlt,

Und mit gebuͤkten Haupt ſtets nach dem Staube
blikket;

Und keinen andern Trieb, als nur zu Dingen fuͤhlt,

Die auf der Erde ſind, und ſich damit verſtrikket,

Der iſt ein menſchlich Thier. Wie viele ſind nun
nicht,

Die ihr erhabnes Haupt, blos nach dem Kothe len-
ken,

Sie ſind aufrecht gemacht mit ihren Angeſicht:

Und wollen als ein Thier ſich doch zur Erde ſen-
ken.

Jhr Menſchen! denkt daran, ſo offt ihr euch an-
ſeht;

Eur Adel zeigt ſich auch in dem erhabnen Haupte,

Der Kopf iſt aufgericht, zum Himmliſchen erhoͤht,

Dies ſieht ein jeder an: O! woll dem der auch
glaubte:

Es ſey nun ſeine Pflicht, die Eitelkeit zu fliehn,

So ferne ſie das Herz vom rechten Ziel verruͤk-
ket;

Ein Menſch der muͤſſe ſich nach ſolchem Gut be-
muͤhn,

Wodurch die Seele wird, nicht blos der Leib be-
gluͤkket.

O! woll dem deſſen Aug ſtets nach den Ziele
ſchaut,

Und
[257]Gedanken uͤber die Figur der Menſchen.
Und nach dem Himmel ſieht: Wer darnach iſt be-
fliſſen,

Der wuͤnſcht nach jener Welt, die vor dem Geiſt er-
baut;

Der ſieht die Erd zwar an, und trit ſie nur mit Fuͤſ-
ſen.


Vierter Theil.
[258]
Moraliſch
beantwortete Fragen.

I.Frage.
Warum hat GOtt dir Menſch! zwo Au-
gen und zwo Ohren,

Und dabei vor dem Mund nur eine
Zung erkohren?

Antwort.
Der Schoͤpfer lehrt dadurch daß es ſey deine
Pflicht,

Weil deine Zung offt mehr, als wie es billig
ſpricht,

Du ſolt mehr hoͤrn und ſehn, als deine Zunge ruͤh-
ren,

Wenn du dich, wie ein Menſch wilſt weis und klug
auffuͤhren.

II.Frage.
Warum hat GOtt dem Menſch, nur einen Mund
geſchenkt,

Hingegen Hand und Fuß, die an dem Leib ver-
ſchraͤnkt,
Ge-
[259]Moraliſch beantwortete Fragen.

Gedoppelt mitgetheilt? Antw. Er will uns dadurch
lehren,

Daß er durch Hand und Fuß, uns wolle Brodt
beſcheren,

Ein Menſch ſoll fleißig ſeyn, um ſich recht zu ernaͤhrn,

Doch ſoll er ſo viel nicht, als er gewinnt, ver-
zehrn.

III.Frage.
Warum fehln unſerm Leib, die Hoͤrner und die
Klauen,

Das ſtarke Schuzgewehr, das wir an Thieren
ſchauen?

Antwort.
Weil unſer Schoͤpfer uns nicht auf die Welt
geſezt,

Daß unſer Naͤchſter wuͤrd durch unſern Grimm ver-
lezt:

Die Liebe ſol allein in unſern Staat regieren,

Die wilde Grauſamkeit, bei denen wilden Thieren.

IV.Frage.
Warum iſt Haß und Neid, die Rachbegier, der
Zorn,

Wobei das Blut aufſchaͤummt in unſrer Adern
Born

So ſchaͤdlich der Natur? Warum ſind wir ge-
ſchaffen,

Daß die Affecten uns an Leib und Leben ſtraffen?

R 2Ant-
[260]Moraliſch beantwortete Fragen.
Antwort.
Darum daß du vielmehr dieſelben meiden ſolſt,

Weil du, wenn du das Blut, ſchnell durch die A-
dern rollſt,

Gleich einer ofnen See, die Koth und Unflat ſchaͤu-
met,

Wenn ſich im ſtarken Sturm das Heer der Wellen
baͤumet.

Der Schoͤpfer will: der Menſch ſol ſanfft und ſtille
ſeyn,

So ſpiegelt ſich in ihm des Himmels Gnaden-
ſchein.


Phy-
[261]

Phyſicaliſche und Moraliſche
Betrachtung der Zunge.


(Spruͤchw. Sal. XV. 4.)
Eine heilſame Zunge, iſt ein Baum des
Lebens.

Das ſchlanke Wunderglied in dem ge-
hoͤhlten Mund,

Die Zunge macht uns auch des
Schoͤpfers Weisheit kund,

Wer ſolte wenn man es, nicht wuͤſte,
woll gedenken,

Daß ſich ein Stuͤcklein Fleiſch koͤnn ſo geſchwinde
lenken,

Und auf ſo manche Art in ſchneller Wendung drehn,

Bald auf bald niederwerts, und bald zur Seite
gehn,

Wie doch dies Glied beweißt, daß ſich ſchnell dehnt
und kruͤmmet,

Bald ſpizzig macht, bald leckt, da es in Speichel
ſchwimmet.

Die Zunge die beſteht, aus lauter Faͤſerlein,

Die durch der Muskeln Band gleichſam geflochten
ſeyn,

R 3Und
[262]Phyſicaliſche und Moraliſche Betrachtung.
Und die Bewegung kommt von denen vielen Maͤuſen,

Die Paar bey Paar verknuͤpft, die ſie in ihren
Gleiſen,

So wunderbahrlich ziehn. Dadurch wird ſie ge-
lenkt,

Und als ein platter Schwamm, bald hie, bald da
geſchwenkt;

Wie die Erfahrung lehrt. Die Zung iſt auch be-
ſaͤet,

Mit Warzen welche ſpiz, und Nerven, draus entſte-
het

So gleich denn der Geſchmak; die Seele fuͤhlt ge-
ſchwind,

Ob Speiſen die zerkaͤut, ſuͤß oder ſauer ſind.

Wie wunderbahr iſt es, daß unſre Zunge ſpuͤret,

So bald die durch den Zahn zermalmte Speiß ſie
ruͤhret,

Was ſuͤß und ſauer iſt, was bitter, uͤbel ſchmekt;

Wird dadurch uns nicht klar des Schoͤpfers Kunſt
entdekt?

Die Almacht, Weisheit, Guͤt, die ein ſo ſchwam-
micht Weſen,

Zu mannigfaltgen Nuz, ſo herrlich hat erleſen?

Die Zunge iſt ein Glied, das auch zur Sprache
nuͤzt,

Und in dem hohlen Mund am rechten Orte ſizt;

Wenn aus den innren Gaum die Lufft zum Thone
dringet,

Und aus der Kehlen Roͤhr, ein heller Klang entſprin-
get;

So macht dies rege Glied, das ſich beweglich
dreht,

Nebſt Lippen, Gaum und Zahn, daß man den Laut
verſteht;

Die
[263]Phyſicaliſche und Moraliſche Betrachtung.
Die Zunge aͤndert ſo, das unbeſtimmte Lallen,

Daß Sylben, Woͤrter, draus, die uns verſtaͤndlich
ſchallen.

Der Mund eroͤfnet ſich, O! Wunder der Na-
tur!

Die Zunge zeiget ſich in mancherlei Figur,

Sie ſchlaͤngelt ſich daraus, wird denn die Sprach
formiret,

Die uns des andern Sinn gleich zu Gemuͤthe fuͤh-
ret.

Wer dieſes uͤberlegt, der ſiehet klaͤrlich ein,

Es muͤß das kleine Glied, die Zung ein Wunder
ſeyn;

Ein goͤttliches Geſchenk dadurch wir viele Ga-
ben,

Zugleich von GOttes Hand auch mit empfangen
haben.

Geſezt, es fehlte uns die Zung ſo waͤren wir,

So ſtumm als wie ein Fiſch, ſo elend als ein Thier.

Was waͤre unſer Lalln? ein unvernehmlich Klin-
gen,

Was waͤr der Kehlen Thon? ein unverſtaͤndlich
Singen.

Welch eine Gabe iſts, wenn man verſtaͤndlich
ſpricht?

Denn dadurch aͤuſert ſich das innre Seelen Licht,

O! unentbehrlich Glied! du muſt uns auf der Er-
den,

Nach unſers Schoͤpfers Rath ein heilſam Mittel
werden,

Daraus in dieſer Welt, ſo mancher Vortheil
fließt,

Den im Geſelſchafftsband ein jeder Menſch ge-
genießt.

R 4Die
[264]Phyſicaliſche und Moraliſche Betrachtung.
Die Thiere haben zwar mit uns die andren Sin-
nen

Gemein, ſie hoͤren, ſehn; ſie werden gleichfals in-
nen,

Sie riechen, ſchmekken, fuͤhln, was in Geſchoͤpfen
ſtekt:

Allein der Vorzug wird dadurch ſo gleich entdekt,

Daß wir vernuͤnfftig ſeyn; und daß wir auch ver-
moͤgen,

Zu denken und das Wolln durch Woͤrter vorzule-
gen.

Wir leben auf der Welt in dem Geſellſchaffts-
band,

Der eine brauchet dies, der das, wie gnug be-
kandt,

Wir wuͤrden dieſer Huͤlf von andern ſehr entbeh-
ren,

Wenn wir nicht durch die Zung vermoͤchten zu er-
klaͤren,

Was unſre Noth erheiſcht. Wie elend iſt dar-
an,

Ein Kind das, was es wil, nicht deutlich lallen
kan:

So elend waͤren wir: und daraus iſt zu ſehen,

Wie noͤthig Zung und Sprach zu unſern Wolerge-
hen.

Die Sprach iſt in der Welt, zu vielen andern
nuͤz,

Durch Wort und Unterricht wird unſers Geiſtes
Wiz

Geſchaͤrfft, und durch die Zung wird uns das auch
gelehret,

Was unſerm Geiſt und Leib, vergnuͤgte Luſt gewaͤh-
ret.

O!
[265]Phyſicaliſche und Moraliſche Betrachtung.
O! Menſche! denk dem nach; was dir daraus ent-
ſpringt,

Daß GOtt die Zung gemacht, und das dein Mund
erklingt,

Jn Wort und Thoͤnen ſagt, bei offner Lippen
Schranken,

Den innren Seelen Trieb, die Regung der Ge-
danken.

Welch eine Wollthat iſts, daß du die Zunge haſt?

Dadurch erleichterſt du des Herzens ſchwere Laſt,

Wenn dein Mund einen Freund das bange Elend
klaget,

Das dich in dieſer Welt, auf manche Weiſe pla-
get.

So wie durch Thraͤnen wird der Schmerz heraus
gepreßt,

Wenn das umwoͤlkte Herz die Wehmuth flieſſen
laͤſt:

So wird durch Zung und Mund in Worten aus-
geſchuͤttet,

Was in dem Herzen liegt, und in dem Jnnren wuͤ-
tet.

Die Sprache wuͤrzet ſtets den Umgang den man
pflegt,

Durch Unterredung wird uns manches vorgelegt,

Was unſern Geiſt vergnuͤgt. Was muͤſten wir ent-
behren,

Wenn wir in dieſer Welt zuſammen Sprachlos waͤ-
ren?

Geſellſchafft, alles das, was man Vergnuͤgen heiſt,

Was als ein Honigſeim von holden Zungen fleuſt,

Das waͤr ein ſolches Gut, das wir entbehren muͤ-
ſten,

R 5Wenn
[266]Phyſicaliſche und Moraliſche Betrachtung.
Wenn wir, der Seelen Trieb nicht zu erklaͤren wuͤ-
ſten.

Es waͤre dieſe Welt nicht anders anzuſehn,

Als eine Wuͤſtenei, wo ſtumme Menſchen gehn.

Wie gluͤklich ſind wir jezt, da wir durch Zung und
Kehlen,

Einander was uns plagt, was uns erfreut, erzaͤh-
len?

Der Zungen reger Schwamm dient uns zur Spra-
che auch,

Wie gluͤklich ſind wir nicht durch dieſes Glieds Ge-
brauch:

Allein wer denkt daran, daß wir des Hoͤchſten Ga-
ben,

Die Zung zu ſeinen Ruhm auch mit empfangen ha-
ben,

Wer macht mit fluͤßger Zung, durch ſeine Sprach
und Mund

Der Gottheit Lob und Preis, wie ſichs gebuͤh-
ret kund?

Wer denket wol daran, daß uns dies Glied ge-
geben,

Damit wir in der Welt des Hoͤchſten Ruhm er-
heben.

Die Zunge iſt ein Glied, das zu des Naͤchſten
Nuz,

Zu eignen Wolfahrt iſt, zu unſrer Luſt, zum
Schuz

Nach einem weiſen Rath aus lauter Guͤt geſchen-
ket,

Wie? wird ſie jederzeit zu dieſen Zwek gelenket?

Die Zung iſt leider auch, mit Suͤnden-Gifft be-
ſpruͤzt,

Das Boͤſe das im Blut, im Herzen heimlich ſizt,

Wird
[267]Phyſicaliſche und Moraliſche Betrachtung.
Wird durch der Zungen Dienſt zum Mund heraus-
geſchaͤumet.

Ein Spoͤtter deſſen Wiz von Wahn bethoͤret traͤu-
met,

Greifft mit derſelben auch den heilgen Schoͤpfer
an,

Und tadelt ungeſcheut, was er nicht faſſen kan.

Der arme Erdenwurm, der alles wil ergruͤnden,

Der kan in GOttes Tieff offt nicht den Grund
ausfinden;

Sein arges Herze denkt, daß das was ihm nicht
klar,

Sey auch, ob mans gleich meint, nicht glaublich,
richtig, wahr;

Die Zunge wird entflammt vom Schweffelfeur der
Hoͤllen,

Der Mund eroͤfnet ſich den Hoͤchſten anzubellen;

Und ſpruͤzt den boͤſen Gifft auf die Religion,

Sie greift die Warheit an, mit Schimpf, mit Spot
und Hohn:

So wird die Zung ein Dolch, ihr uͤbereiltes Spre-
chen,

Macht ſie den Schlangen gleich, die gifftig ſind und
ſtechen.

Was vor ein Uebel wird, wenn falſcher Zungen-
Gifft,

Auch auf den Naͤchſten fließt, der Unſchuld Herze
trifft,

Nicht oͤffters angericht? Wie? iſt nicht leider wor-
den,

Dies herrlich Wunderglied ein Schwerd dadurch
wir morden?

Die Tadelſucht gebraucht die Zunge wie ein
Schwerd,

Damit
[268]Phyſicaliſche und Moraeiſche Betrachtung.
Damit ſie Redligkeit und Unſchuld ſtark verſehrt.

Der Neid macht ſie zum Pfeil, die Tugend zu ver-
lezzen,

Die Prahlſucht brauchet ſie ſich ſelber hoch zuſchaͤz-
zen,

Und der Verlaͤumder meint, die Zung ſey ihm ver-
liehn,

Damit, was ehrlich heiſt, nur hoͤniſch durchzuziehn.

Die Bosheit, Grim und Zorn die Jaͤſcht und Geif-
fer ſpruͤzzen,

Die brauchen auch die Zung, damit ſie wittern, bliz-
zen.

Die Zunge wird auch offt, dem der zu dreiſte ſpricht,

Ein Dolch damit er ſich ſelbſt in das Herze ſticht;

Wer ſie nicht recht verwahrt, nicht kluͤglich ſucht zu
lenken,

Der kan ſich dadurch ſelbſt in groſſes Ungluͤk ſen-
ken.

Dies lehrt dir deine Pflicht O Menſche! denk dar-
an,

Was dieſes ſchluͤpfrich Glied vor Uebel bringen kan,

Wenn es nicht wird bewahrt. Drum brauche Schlos
und Riegel

Nach jenes Weiſen Rath; Halt deine Zung im Zuͤgel,

Die wie ein kollernd Pferd, wenn ſie nicht wird re-
giert,

Dich ehe du es meinſt, in dein Verderben fuͤhrt.

Bedenke ihren Zwek, warum ſie dir gegeben;

Wer ſeinen Mund bewahrt, bewahret auch ſein Le-
ben.

Selbſt die Natur giebt dir ein Denkbild an die
Hand,

Du merkſt wie deine Zung am Gaum feſt ange-
ſpannt,

Wie
[269]Phyſicaliſche und Moraliſche Betrachtung.
Wie ſie mit Zaͤhnen iſt, mit Leffzen, gleich den
Waͤllen

Jm Munde feſt verwahrt; wil ſie dich uͤberſchnellen,

So zieh die Thore zu: und wenn die ſind geſperrt,

So denke erſtlich nach, eh dir ein Wort entfaͤhrt:

Regier ſie durch Vernunfft, und haſt du die Ge-
danken

Vorhero wohl gepruͤfft; ſo oͤfne ihre Schranken;

Sprich, was zu GOttes Ehr und ſeinen Ruhm ge-
reicht,

Was von dem innren Trieb zum Wohl des Naͤch-
ſten, zeugt;

Was wahren Nuzen bringt, was lieblich iſt zu hoͤ-
ren:

So braucheſt du die Zung zu deines Schoͤpfers
Ehren.


Die
[270]
Die
Falſchheit der Welt.

Daß in denen ſuͤſſen Kuͤſſen,

Heimlich Gifft und Galle flieſſen;

Jſt die Mode boͤſer Welt.

Man ſucht nur durch freundlich ſtel-
len,

Andre faͤlſchlich zu beſchnellen;

Und wenn man ſie hat gefaͤllt;

Durch ein ſolch verfuͤriſch Gleiſſen,

Muß die That noch Klugheit heiſſen.

O! verdammte Brut der Hoͤllen,

Kunſt ſich liſtig zu verſtellen!

Nach dem du erfunden biſt,

Jſt die echte Treu verlohren,

Und das Ungluͤkskind gebohren,

Der Betrug, die Argeliſt;

Nunmehr heiſt den Naͤchſten lieben,

Leider! nur ihn zu betruͤben.

Men-
[271]Die Falſchheit der Welt.
Menſchen! wollen Schaffe heiſſen,

Und als Woͤlffe doch zerreiſſen,

Den der ſich zu ſehr vertraut;

O! betruͤgriſch falſche Wolle

Der Verdammten Heuchler-Rolle,

Da man ſolche Klauen ſchaut,

Die ſich in dem Pelz verhuͤllen,

Damit ſie den Rachen fuͤllen.

Die wie Crocodille weinen,

Und wie die Sirenen ſcheinen,

Sind faſt keine Menſchen mehr;

Denn die ſuͤſſen Augenblikke,

Die voll innrer Wuth und Tuͤkke,

Stammen von dem Teufel her;

Man giebt ihnen ihren Nahmen,

Wenn ſie heiſſen Schlangen-Saamen.

Falſche Welt! du Zauberinne,

Sieh einmahl nach jener Zinne,

Wo die Redligkeit noch thront;

Wende dein verſtellt Geſichte

Einmahl nach den Sternen Lichte

Und bedenke wer da wohnt:

Da herſcht GOtt vor deſſen Augen,

Deine Thaten gar nichts taugen.

Dieſer Herſcher ſieht die Tuͤkke,

Dieſes Koͤnigs helle Blikke,
Sehen
[272]Die Falſchheit der Welt.

Sehen deinen Heuchelſchein,

Falſche Welt! wie wird dirs gehen,

Wie wirſt du vor dem beſtehen

Wenn er wird dein Richter ſeyn;

Wenn er wird dein falſches Gleiſſen,

Wie ein Spinngeweb zerreiſſen?


Der
[273]

Der
ſtolze Haman.


Der Hochmuth kommt zum Fall, der an-
dre ſucht zu faͤllen:

So gings den Haman dort; ſo geht
es den Geſellen

Die ihm ſind gleich geſinnt. Das himmliſche Ge-
ſchik,

Beſtraffet allemahl, wenn man ſich auf das Gluͤk,

Das ſich leicht dreht, verlaͤßt. Ein wunderbahres
Fuͤgen,

Lenkts daß die Unſchuld muß dennoch am Ende ſie-
gen.

Der ſtolze Haman kan in ſeinem Beiſpiel lehrn,

Wie wunderlich es ſich kan in der Welt verkehrn,

Er baut den Galgen auf, die Unſchuld dran zu ſchur-
zen,

Die Unſchuld wird erhoͤht, er muß ins Ungluͤk ſtuͤr-
zen;

Der Mardochai ward recht wunderbahr begluͤkt,

Und er wird an dem Baum, den er geſezt, geſtrikt;

Jhr Stolzen ſpiegelt euch; es kann euch auch ſo ge-
hen,

Jhr meinet jezo zwar ganz feſt und hoch zu ſtehen;

Das Gluͤksrad drehet ſich, wie ihr an Haman ſeht;

Vierter Theil. SSagt
[274]Der ſtolze Haman.
Sagt nicht, da er gehenkt, ſey er dennoch erhoͤht;

Das iſt ein falſcher Wiz, das Strik iſt ſchon zer-
riſſen,

Und ſein verfaultes Aas zum Abgrund hingeſchmiſ-
ſen.

Auch dies Erhoͤhen zeigt; daß Hochmuth komm zum
Fall,

Wo hohe Berge ſind, iſt nah ein tieffes Thal.


Ge-
[275]

Gedanken bei einer aufſteigen-
den und in der Lufft zerplazten
Rakete.


Jch ſah im Feuerwerk ein ſchoͤnes Luſt-
ſpiel an;

Es ſtieg in ſchnellen Flug, auf
duͤnner Luͤffte Bahn,

Die feurige Raket; ſie plazte in der Ferne,

Und ſpruͤzte noch hervor ein ſchimmernd Heer der
Sterne,

Damit war alles aus; Es flatterte der Schein

Jn der erhabnen Lufft zwar praͤchtig, ungemein,

Jedoch der Untergang war auch damit verbunden,

So bald ſie war zerplazt, war gleich ihr Blik ver-
ſchwunden.

So geht es in der Welt den eitlen Menſchen auch,

Die hoch erhaben ſind; die Ehr iſt wie ein
Rauch,

Der ploͤzlich wird verweht. Man ſolte Wunder
meinen,

Was ſolche Menſchen ſind, die in der Hoͤhe ſcheinen:

Allein ſo bald der Todt des Leibes Bau zerſtuͤkt,

Wird bei dem Grabe noch der lezte Glanz erblikt,

Kaum iſt der Reſt verſenkt zum duͤſtren Grabes Bo-
gen,

S 2So
[276]Luft zerplazten Rakete.
So iſt ihr Glanz und Schein gar bald auch mit
verflogen,

Wenn die Raket zerplazt; giebt ſie noch einen Klang,

Der Schein verdampfet gleich; ſo riecht man den
Geſtank

Des Pulvers noch zulezt, wenn durch der Luͤffte
Blaſen,

Der uͤberbliebne Dunſt durchkreucht das Sieb der
Naſen.

Die Hohen dieſer Welt die herrlich untergehn,

Die laſſen oͤffters auch, wenn wir ſie nicht mehr
ſehn

Ein ſtinkendes Geruͤcht auf dieſer Welt zuruͤkke:

Das iſt der Ueberreſt von ihrem ſtolzen Gluͤkke.


Die
[277]

Die Zeit.


Die Zeit iſt wie ein Flus, der unverruͤkt
fortfließt,

Bis ſie ſich in das Meer der Ewig-
keit ergießt;

Die Schiffer ſind wir ſelbſt; die mit den Flus fort
wandeln,

Die Hofnung iſt der Kahn; worauf was wir er-
handeln,

Mit uns wird fort gebracht. So wie offt Nord
und Weſt,

Wenn man auf Fluͤſſen ſchifft, ins Seegel ſtuͤrmmt
und blaͤſt:

Das Schiff an Klippen ſchmeiſt; das die Gefahr
vorhanden,

Man werde auf der Fluth mit ſeinen Waaren ſtran-
den;

So gehts den Menſchen auch. Es ſind im Flus der
Zeit,

Viel Klippen aufgeſtellt, woran die Feſtigkeit

Des Muthes oͤffters bricht; wenn Ungluͤkswinde
wehen,

So muß man in der Zeit offt viele Noth ausſte-
hen.

S 3Allein
[278]Die Zeit.
Allein ſo lange noch der Hofnungs-Kahn ſich haͤlt,

Der Anker nicht zerbricht, und in dem Sturm zer-
ſchellt,

Gedenkt man immer noch zum Haffen zu gelan-
gen,

Man rudert wieder fort; ein muͤhſam Unterfangen

Wird offt mit Gluͤk bekroͤnt. Wer auf dem Fluſ-
ſe ſchifft,

Und nicht den rechten Weg zum Meeres Eingang
trifft,

Der ſtuͤrzet in den Schlund, und da iſt kein er-
retten,

Da helffen Anker nicht, noch Seegel, Maſt und
Ketten.

Die groͤſſeſte Gefahr iſt auf dem Flus der
Zeit,

Wo ſich derſelbe gieſt ins Meer der Ewig-
keit.

Da iſt ein Scheideweg; wer da nicht kluͤglich
faͤhret,

Der ſtuͤrzet in den Schlund, draus keiner wieder-
kehret:

Wer aber recht erlernt; ſo lang er auf dem
Flus,

Wie er zum rechten Weg ohnfehlbar kommen
muß,

Stets auf den Compas ſieht, der ihm die Straſ-
ſe zeiget,

Und darnach ſeinen Kahn mit kluger Vorſicht
beuget,

Der ſchiffet gluͤklich ein, und nach getroffner
Bahn,

Kommt er zu ſeiner Ruh in ſichren Haffen an.

Ein
[279]Die Zeit.
Ein jeder wird verſtehn, was dieſes Lehrbild-
heiſt,

Wer mit der ſchnellen Zeit zur Ewigkeit fort-
reiſt,

Jm Todt nicht gluͤklich faͤhrt, der ſinkt zum Schlund
der Hoͤllen,

Wo ihn die Angſt und Noth, wie Wirbel uͤber-
ſchwellen.

Wer auf der rechten Bahn, die GOttes Wort
uns lehrt,

Die uns der Heiland zeigt und auch geoͤffnet,
faͤhrt,

Der kommt begluͤkt hindurch, wird in den Haffen
wohnen,

Jn jener Seeligkeit; wo guͤldne Ehrenkro-
nen,

Und andre Schaͤze ſind. Mein GOtt! der Flus
der Zeit,

Fuͤhrt mich ſtets weiter fort, zum Meer der Ewig-
keit;

Jch weis nicht wenn ich werd, zu dieſer Scheidung
kommen,

Da mein entbundner Geiſt wird endlich aufgenom-
men

Jn jene Ewigkeit. Mach mich in dieſer Zeit,

Durch deinen Gnadengeiſt, zu dieſer Fahrt bereit.

Jch finde hie und da verfuͤriſche Sirenen,

Jn Uffern dieſer Zeit, die mit den Zauberthoͤnen,

Mich auf den Abweg ziehn. Vornemlich find ich
Zwei,

Die ſtolze Sicherheit, die eitle Heucheley,

Die viele leider ſchon, die vor mir hingezogen,

Mit ihren falſchen Klang, verfuͤhret und betrogen.

S 4Und
[280]Die Zeit.
Und ſchlaͤffern viele noch mit falſcher Hoffnung
ein,

Von denen die mit mir im Lauff begriffen ſeyn.

Bewahr mein Glaubens Schiff, Mein Heiland,
mein Regierer!

Zieh mich, dir immer nach. Du biſt der beſte
Fuͤhrer,

Erhalt mich durch dein Licht, auf einer ebnen
Bahn,

So komme ich durch dich im Lebens Haffen an;

Betrifft mich wo ein Sturm im Flus der ſchnellen
Zeiten,

So trau ich deinem Schuz, du wirſt mich ſicher
leiten.


Das
[281]

Das
wundernswuͤrdige Verhaͤltnis
der Theile des menſchlichen Koͤrpers,
welches ſie gegen einander
haben.


Daß unſer Koͤrper ſey des Schoͤpfers
Meiſterſtuͤk

Draus ſeine Weisheit ſtrahlt, lehrt
uns auch das Geſchik

Die Ordnung, Lage, Groͤß von
Gliedern und Gelenken,

Die an dem Leibe iſt. Wenn wir
nur uͤberdenken,

Wie herrlich im Geſicht, die Theile ſind gefaßt,

Nach der Proportion ſo weislich abgepaßt;

Wie ſich der Kopf und Leib nach Laͤng und Breit
verhalten;

So merkt man ſichtbarlich des Schoͤpfers weiſes
Walten,

Das bei der Bildung wacht; Sieht man wie wir
formirt,

Und wie des Leibes Bau ſo richtig aufgefuͤhrt,

Wie Regelmaͤßig ſich ein Glied zum andern ſchik-
ket; (*)

S 5So
[282]Das wundernswuͤrdige Verhaͤltnis
So iſt des Meiſters Bild auch darin abgedruͤk-
ket.

Es ſcheint als wenn der Menſch, wenn man ihm
recht betracht,

Nach einen Zirkelſchlag und Masſtab ſey gemacht;

Dies lehrt uns daß ein GOtt der Meiſter ſey zu
nennen:

Man ſeh den Leib nur an; aus allen kan man ken-
nen,

Daß uns ein weiſer HErr zum Schoͤnheits Bild
erſehn;

Jhr Zweifler! die ihr dies nicht wollet eingeſtehn;

Sagt: Ob ein Ohngefehr ſo Kunſtreich uns gefuͤ-
get,

Das Haupt und Leib und Fuß nach dem Verhaͤlt-
nis lieget?

Wenn ihr euch dieſes kuͤhn zu ſagen noch getraut;

So glaubet ihr auch leicht, ein Haus das ſchoͤn ge-
baut,

Sey

[283]der Theile des menſchlichen Koͤrpers.
Sey von ſich ſelbſt gemacht. Habt ihr das je geſe-
hen?

Kan aus der Unordnung von ſelbſt die Ordnung ge-
hen?

Jhr Thoren ſchaͤmet euch, ihr wollet weiſe ſeyn,

Wie reimt ſich dieſer Schlus mit euch? ſehr unge-
mein,

Jhr meint ein weiſer muß was ſonderbahr erfinden;

Drum wollet ihr ein Nichts, und Etwas auch ver-
binden.


Die
[284]
Die Religion.
Sie ſiegt dennoch bei allen Bellen,

Sie lacht bei allen Spott und Hohn,

Sie iſt verſchanzt in feſten Waͤllen,

Und wer denn? die Religion.

Es wird zwar dieſer Turteltauben,

Vom Bosheit und vom Aberglauben,

Mit Liſt und Macht ſehr nachgeſezt;

Allein ſie bleibt bei allen Stuͤrmen,

Weil ſie der Himmel kan beſchirmen,

Jn ihrer Veſtung unverlezt.

Die Geiſter der verdamten Hoͤllen,

Die ewge Finſternis verhuͤllt,

Die Spoͤtter ihre Rottgeſellen,

Die Menſchen die durch Frechheit wild,

Die durch den albern Wiz geblendet,

Und Miſſethat von Warheit wendet,

Die haben ſich zugleich verſchworn;

Durch Luͤgen, Laͤſtern, Schmaͤhlern, Spot-
ten,

Die Froͤmmigkeit ganz auszurotten,

Und jeder rufft: ſie iſt verlohrn.

Der
[285]Die Religion.
Der Eindruk von dem hoͤchſten Weſen,

Der in des Menſchen Herzen ſtekt;

Und was wir offenbahret leſen,

Was das Gewiſſen in uns wekt,

Jſt gar zu tief in uns gedruͤkket,

Und wird nicht leicht hinweggeruͤkket;

Dies ſieht die Hoͤllen Rotte ein

Drum ſtreiten ſie mit ſolchen Waffen,

Das Licht, die Warheit abzuſchaffen;

Die nur des Teuffels Werkzeug ſeyn.

Sie ſchreien all mit hellen Hauffen,

Die Staatsregenten haben nur,

Damit die Voͤlker nicht entlauffen,

Es eingedruͤkt in die Natur;

Als wenn ein goͤttlich Weſen waͤre;

Es iſt die GOtt erzeigte Ehre,

Ein Kapzaum vor die [b]linde Welt,

Womit der Fuͤrſte ſeine Staaten,

Der Feldherr kriegriſche Soldaten,

Von Furcht geplagt, in Ordnung haͤlt.

So ſchrein die Spoͤtter alter Zeiten,

Und jezt in unſern Tagen noch;

Es ſey vor denen niedren Leuten,

Es nur ein aufgebuͤrdet Joch;

Daß ſie die GOttheit dienen muͤſten,

Und ſich enthalten von den Luͤſten,

Die ihr verdorbnes Blut entflammt;

Es ſey die Drohung von der Hoͤlle,

Nur eine fuͤrchterliche Welle,

Die von dem Wind des Staats herſtammt.

Sie
[286]Die Religion.
Sie ruffen auch die Zeitgeſchichte,

Zu ihrer Huͤlff und Rettung an,

Weil die, daß ihr Wort kein Gedichte,

Mit klaren Beiſpiel zeigen kann.

Da ſol der weiſe Solon zeigen,

Wie er des Poͤbels Hals zu beugen,

GOtt und Religion erdacht;

Lycurgus, Numa, jene Helden

Und andre, wie die Buͤcher melden,

Die haͤtten es alſo gemacht.

O! ſtumpfer Pfeil von ſchwachen Bogen,

Der nicht der Warheit Herze trifft!

O! welch ein Schlus; der die betrogen,

Die die Vernunfft und heilge Schrifft,

Durch ein erzwungnes hoͤniſch Lachen,

Zu einem falſchen Jrrlicht machen.

Es iſt geſchehn, wir leugnens nicht,

Daß jene, was getraͤumt, erdichtet,

Zum Nuz des Staates eingerichtet

Dies lehret uns der Zeit Geſchicht.

Allein ſind darum alle Lehren,

Worauf der Gottesdienſt beſteht,

Die Pflichten die dazu gehoͤren,

Wodurch der Schoͤpfer wird erhoͤht,

Von dieſen Maͤnnern auch erſonnen?

Was habet ihr damit gewonnen,

Jhr Spoͤtter! daß ihr die beruͤhrt,

Die durch des Aberglaubens Saͤzze,

Die klugerdachten Staatsgeſezze

Nach ihres Volkes Wahn ge[z]iert?

Die
[287]Die Religion.
Die Warheit wird nicht aufgehoben,

Und was die ſchlaue Liſt erdacht,

Jſt wie ein blauer Dunſt zerſtoben,

Nachdem die Aberglaubens Nacht

Mit ihren Jrrgeſtirn vergangen.

Des Glaubens helle Sonnen prangen.

Hebt alles falſche immer auf:

Nur laßt die Warheit immer gelten,

Es hemmet euer ſpoͤttiſch Schelten,

Doch nimmer ihren richtgen Lauff.

Es iſt ein GOtt, den muß man ehren,

Drauf bauet die Religion,

Und alle die ihr angehoͤren,

Den unzerſtoͤrlich feſten Thron.

Es iſt ein Weſen davon ſtammet,

Was an dem Firmamente flammet,

Was in den breiten Lufftkreis fliegt;

Was ſich in Erden Angeln drehet,

Was in der Hoͤh und Tief entſtehet;

Der Saz bleibt ewig unbeſiegt.

Die Himmels-Koͤrper, Kreaturen,

Die voller Licht und Klarheit ſind,

Beweiſen uns der Gottheit Spuren,

Die man drin abgedruͤkket find.

So viele Schimmerreiche Sterne,

Jn jener blaugewoͤlbten Ferne,

Sich in beſtimmten Kreiſen drehn;

So viele Zeugen ſind zu finden,

Jn jenen weiten Himmelsgruͤnden,

Die uns des Schoͤpfers Preis erhoͤhn;

So
[288]Die Religion.
So viele aufgegruͤnte Baͤume,

Auf hohen Bergen lieblich bluͤhn;

So viele Graſes Spizzen, Keime,

Aus einem ſafftgen Erdreich ziehn;

So viele Thier in Feldern leben,

So viele in den Luͤfften ſchweben,

So viele das Gewaͤſſer hegt:

So viele werden aufgeſtellet,

Woraus die Warheit gnug erhellet,

Die jedem Menſch ins Herz gepraͤgt.

Wie! wollet ihr noch blindlings wagen,

Die Warheits-Veſte zu zerſtoͤhrn;

Und alle Welt als dumm anklagen,

Daß ſie mit uns ein Weſen ehrn,

Das Erd und Himmel ausgeſchmuͤkket,

Und das uns ſelbſt dadurch begluͤkket,

Das wir auch Erden Buͤrger ſeyn,

Die durch Vernunfft und durch die Sinnen,

Des Schoͤpfers weiſeſtes Beginnen

Erkennen? Sagt ja oder Nein?

Jhr ſtuzt vor dieſe feſten Schranken,

Die die Religion beſchirmt,

Es faͤngt eur Muth ſchon an zuwanken,

Der Tollkuͤhn ſie vorher beſtuͤrmmt;

Jhr weicht zuruͤk; ihr ſeid geſchlagen

Denn hier iſt GOttes Heer und Wagen;

Der die Religion beſchuͤzt.

Die Donner die im Luͤfften rollen,

Und eure Wuth zerſchmettern ſollen

Die ſchrekken euch, wenns kracht und blizt.

Jhr
[289]Die Religion.
Jhr wollet euch nunmehr bequemen,

Die Gottheit und Religion,

Mit Herz und Munde anzunehmen;

Jhr buͤkket euch vor ihren Thron.

Jhr wollet die Geſez und Lehren,

Jn ſo fern als warhafftig ehren,

Als ſie euch die Natur anweißt;

Jhr wegert euch ſie ſo zu lieben,

Wie uns die Bibel vorgeſchrieben,

Die uns des Heilands Lehr anpreißt.

Da fangt ihr wieder an zu kriegen,

Jhr ſprecht der Offenbahrung Hohn;

Und meint, es ſolte ganz erliegen,

Die chriſtliche Religion:

Allein die iſt auch feſt verſchanzet,

Mit ſolchem Schuzgewehr umpflanzet,

Die keiner uͤberſteigen kan;

Die Warheit giebt auch hier noch Staͤrke,

Die Mauren ſind die Wunderwerke,

Kommt, greifft einmahl dieſelben an.

Jhr wagts. Was brauchet ihr vor Waffen,

Was ruffet ihr vor Huͤlffe her;

Des Heilands Lehre abzuſchaffen?

Ein gifftger Pfeil, ein Mordgewehr.

Das iſt das Ruͤſtzeug, wenn ihr kaͤmpfet,

Allein es iſt noch nicht gedaͤmpfet

Die Warheit; weil ſie feſte ſteht;

Das Wort das GOttes Geiſt gelehret,

Das bleibt, wenn alles wird zerſtoͤhret,

Die Welt im Truͤmmer untergeht.

Vierter Theil. TEs
[290]Die Religion.
Es werden ſelbſt die aͤrgſten Feinde,

Der Unglaub und der Aberglaub,

Vereinte Bundsgenoſſen, Freunde;

Sie gehen beide auf den Raub.

Sie gehen bald mit Liſt und Morden,

Wie Tartern in ergrimmten Horden;

Auf die bedrengte Kirche loß,

Worin auf einem Kreuz geſtuͤzzet

Sich die Religion beſchuͤzzet,

Vor ihrer Feinde Schwerd, Geſchoß.

Es ziehen der Bekenner Heere,

Zu euch heraus; Sie ſtehen da,

Jhr Schild iſt eine reine Lehre,

Die Ueberſchrifft heiſt Jehovah.

Sie ſind mit Kleidern angezogen,

Die weis und roth; ihr Pfeil und Bogen,

Und Schwerd, ſind GOttes Schrifft und
Wort.

Der Fuͤrſt der ſich fuͤr uns verbuͤrget,

Der Herzog der da iſt erwuͤrget,

Der Heiland, JEſus iſt ihr Hort.

Es ſtehen noch an eurer Seiten,

Der Hoͤllen Fuͤrſte Belial,

Es helffen euch bei eurem Streiten,

Die boͤſen Geiſter uͤberal;

Jhr fanget an die zu erwuͤrgen,

Die Leib und Leben gern verbuͤrgen,

Vor Warheit und Religion;

Jhr Loſungs-Wort daß hoͤrt ihr Schallen,

Es klinget gleich; es heiſt bei allen:

Hie Schwerd des HErrn und Gideon.

O!
[291]Die Religion.
O! welch ein Streit! die Warheits-Lehren,

Das Chriſtus lebt; und GOttes Sohn,

Ein Heiland ſey der zu verehren,

Die ſuchet man mit Spot und Hohn,

Mit Saͤgen, Kreuzen, Spieß und Degen,

Mit Mordgewehr zu wiederlegen.

Die Foltern ſollen Gruͤnde ſeyn.

Stimmt dieſes wol mit dem Geſezzen,

Die die Natur pflegt hochzuſchaͤzzen,

Auch im geringſten uͤberein?

Der Himmel laͤſſet es geſchehen,

Nach einem weiſen Rath und Schlus;

Daß die Gewalt vor Recht ergehen,

Die Bosheit grimmig wuͤrgen muß;

Die Chriſten fallen hin mit Hauffen,

Man ſiehet ganze Stroͤme lauffen,

Von der erſchlagnen Chriſten Blut;

Die Feinde nehmen zwar das Leben,

Wenn ſie ein blutig Schauſpiel geben,

Doch nicht den wahren Helden-Muth.

O! wie viel tauſend Glaubens-Helden,

Sind Opfer der Religion,

Wie uns der Zeit Geſchichte melden,

Sie traͤgt dennoch den Sieg davon.

Die Feinde werden endlich muͤde,

Sie machen endlich wieder Friede,

Jhr Schwerd das wuͤrget und wird ſtumpf,

Sie merken daß ihr wuͤtend Raſen,

Umſonſt das Schnauben ihrer Naſen

Der Glaube bleibt: und ſingt: Triumph.

T 2So
[292]Die Religion.
So gehts: Was hilfft euch nun ihr Raſen!

Jhr Ungeheuer der Natur!

Jhr wolt des Glaubens Licht ausblaſen,

Eur Stuͤrmen macht es heller nur;

Was hilfft euch euer blinder Eiffer,

Was nuͤzzet Spoͤtter euer Geiffer,

Den ihr auf Chriſti Lehr ausſpruͤzt;

Bis hieher iſt ſie unbezwungen,

Bis hieher, iſts euch nicht gelungen,

Bis hieher iſt ſie noch beſchuͤzt.

Es ſtehet noch die Burg der Warheit,

Die Chriſten ſind drin unverzagt,

Des Geiſtes Wort flammt noch in Klarheit,

Daran ihr euch ſo offt gewagt.

Man dienet in den heilgen Choͤren;

Die Tempel koͤnnt ihr nicht zerſtoͤhren,

Die auf dem ſichren Fels gebaut,

Jhr muͤſt nunmehr im Finſtern ſchleichen,

Und der Religion ihr Zeichen,

Das Kreuz, wird offenbahr geſchaut.

Die Stadt des Hoͤchſten bluͤht in Seegen,

Man lieſet noch an ihrer Zinn:
Hier muß ſich Liſt und Bosheit legen,

Denn Zebaoth iſt mirten drin.

Gebrauchet eure Teuffelskuͤnſte,

Erreget lauter blaue Duͤnſte,

Das Blendwerk das dem Wahn gefaͤllt.

Das Warheits-Licht das annoch funkelt,

Wird nicht durch Finſternis verdunkelt,

Es wird vielmehr dadurch erhellt.

Ver-
[293]Die Religion.
Verthaͤdiger der Warheits-Lehre,

Jhr Diener der Religion!

Wagts nur getroſt! zu GOttes Ehre,

Und rettet ihren Schimpf und Hohn.

Es muß bei dem geſtellten Schlingen,

Dem Glauben ferner noch gelingen,

Was iſts, worauf ſich jezt verlaͤſt,

Der Unglaub der in Finſtern ſchleichet,

Und vor dem Licht und Rechte weichet?

Ein Spinngeweb, ein Wespen-Neſt.

Die Spoͤtter wollen euch beruͤkken,

Wenn ihr Wiz eitle Grillen faͤngt,

Und in den ausgeſpannten Strikken,

Nach Spinnen Art ein Fangnez haͤngt:

Allein gebraucht nur eure Augen,

Vernunfft und Schrifft die werden taugen,

Die Schlinge leichtlich einzuſehn.

Loͤßt ſolche auf; ſo iſts geſchehen

So muß das Hirn-Geſpinſt verwehen,

Das ſolche gifftge Spoͤtter drehn.

Jhr Chriſten zeigt im heilgen Leben,

Daß euch der Warheit Licht und Recht,

Den Grund zur Froͤmmigkeit gegeben

Geſtaͤrkt, da euch das Fleiſch geſchwaͤcht.

Dient euren GOtt von ganzer Seelen,

Nicht blos mit Mund und Zung und Kehlen;

Wie nur der albern Heuchler Art,

Ein Gottesdienſt kan nicht gefallen,

Wenn bei der heilgen Zungen Lallen,

Nicht auch ein feurig Herz verpaart.

T 3Allſe-
[294]Die Religion.
Allſehend Auge das ſtets offen,

Anbetenswuͤrdge Vorſehung!

Wir koͤnnen deinen Beiſtand hoffen,

Zur ſicheren Befeſtigung

Des Glaubens, der auf Zions Huͤgel,

Mit deiner ewgen Warheits Siegel

Beſtaͤtiget, und feſt gemacht.

Laß dein Licht in den fernen Graͤnzen,

Wo es aufgeht, ſtets weiter glaͤnzen

Nach der verſchwundnen Jrthums Nacht.


Ein
[295]
Ein im Winter bereiffter
Baum.

Der Winter mit Schneeweiſſen Haa-
ren,

Kam eh mans dachte angefah-
ren,

Da wurden, Berge, Feld und Thal,

Die Baͤume, Stauden, Buͤſche kahl;

Es hingen ihre Zweige nieder,

Als waͤren ſie erſtarrte Glieder.

Der Thau, den warme Lufft ſonſt ſprenget,

Jm Sommer an den Blaͤttern haͤnget,

Die Tropfen die beim Sonnenſchein,

Wie kleine Sonnenſpiegel ſeyn,

Der haͤngte an den ſtarren Kraͤnzen,

Der Baͤume, die von Reiffen glaͤnzen.

Der Reif der an den Zweigen frieret,

Den Baum verwundernswuͤrdig zieret,

Jſt unten breit und oben ſpiz

Und wenn darauf des Lichtes Bliz
T 4Mit
[296]Ein im Winter bereiffter Baum.

Mit ſeinen reichen Schimmer ſtrahlet,

So iſt der ganze Baum bemahlet.

O! welch ein Heer von Demantſteinen,

Sieht man alsdenn an Baͤumen ſcheinen,

Wenn ſie in weiſſen Schmuk bereifft;

Nicht anders als wenn drauf gehaͤufft,

Der Reichthum der in allen Gruͤnden,

Der unterirdſchen Welt zu finden.

Allmaͤchtger Schoͤpfer! welch Ergoͤzzen,

Flieſt nicht aus eingebildten Schaͤzzen,

Bei einer ſuͤſſen Augenluſt,

Zugleich in die begierge Bruſt;

Jch ſah gereifte Diamanten,

Die von den Licht der Sonnen brandten.

Jch lief darnach die regen Wunder

Ganz nah zu ſehn; der Andachts-Zunder,

Ward durch des Reiffes Bliz entflammt;

Jch dachte davon dieſes ſtammt,

Der kan auch ſeine Herrlichkeiten,

Jm Winter uns zur Luſt ausbreiten.

Ein Tropfe wird durch ihn gebildet,

Durch ſeinen Wink gleichſam verguͤldet,

Verwandelt durch der Sonnen Schein

Jn Perlen und in Edelſtein.
GOtt pfleget um uns zu erfreuen,

Sie auf den Baͤumen auszuſtreuen.

Wir
[297]Ein im Winter bereiffter Baum.
Wir meinen in den Wintertagen,

Waͤr, wie wir Sprichwortsweiſe ſagen,

Jm Garten keine Luſt zu gehn,

Nichts angenehmes zu beſehn:

Wir irren; nichts kan ſchoͤner glaͤnzen,

Als Reiffen, die den Baum bekraͤnzen.

Wenn wir die Sinnen nur recht nuͤzzen,

So ſehn wir allenthalben blizzen,

Den Glanz wodurch die Majeſtaͤt,

Des Allerhoͤchſten wird erhoͤht;

Auch in des Winters truͤben Dunkeln,

Sieht man ſie in dem Reiffen funkeln.



[298]

Eine
gefrorne Fenſterſcheibe.


Die ſpielende Natur zeigt auch zur
Winterszeit,

Vornemlich Morgens fruͤh, was
ſie vor Zierlichkeit,

Vor Formen und Figur, die Augen zu ergoͤzzen,

Kan ſelbſten im Gemach, kan in die Fenſter ſezzen.

Sie mahlt bei dunkler Nacht, die Fenſterſcheiben
an,

Darin die Einbildung faſt alles finden kan,

Was man nur ſehen will. Man ſindet daran Waͤl-
der

Oft ein verwirrt Gebuͤſch, oft reich beſaamte Fel-
der,

Oft Staͤdte, Schloͤſſer, Stern, und oft ein Blu-
men Beet,

Das an dem Scheiben-Glas durch kalten Froſt er-
hoͤht;

Als wenn es durch die Kunſt mit vielen Fleis formi-
ret,

Und von geſchikter Hand ſehr weislich figuri-
ret.

Allein
[299]Eine gefrorne Fenſterſcheibe.
Allein es iſt doch nichts, als ein gefrorner Dufft

Die Schloͤſſer die dran ſtehn, ſind eine naſſe Lufft,

So bald die Sonn aufgeht, daran die Strahlen
ſchieſſet,

So ſieh man, wie der Wald, wie Feld und Stadt
zerflieſſet.

Des Feuers rege Krafft vernichtiget es gleich,

Die Waͤrme ſchmelzt den Froſt, die Bilder werden
weich,

Da rinnen ſie hinweg, und in gar wenig Stunden,

Jſt alle Herrligkeit, als wie ein Traum verſchwun-
den.

Das was uns die Natur im Umkreis dieſer Welt,

An Himmel, auf der Erd, als Schoͤnheit vorgeſtelt,

Vergehet endlich auch. So wie aus unſern Sin-
nen

Die Berge, Thaͤler, Wald im Augenblik zerrin-
nen:

So wird die ganze Welt, die jezt ſo herrlich blizt,

Wenn ſie das Feur zulezt in reger Glut erhizt,

Auch ploͤzlich ſich verkehrn, der Himmel wird ver-
alten;

Zerflieſſen wie im Glaß der Fenſter, die Geſtalten.


Das
[300]

Das Treib-Eis.


Wenn ein von dichten Eis bebruͤkt und auf-
gethuͤrmter Waſſerflus,

Von warmen Weſtenwind behaucht,
die ſtarren Rinden theilen muß:

Und Schollen wie zerſtuͤkte Spiegel, in Wirbel-
reichen Gaͤngen drehen:

So kan man nicht ohn innres Grauen die ſchroffen
Klumpen rollen ſehen.

Es ſcheinet offt als wenn ein Berg ſich in der regen
Fluth fortwelzt,

Jm Rollen immer kleiner wird, und eh mans meinet
gar zerſchmelz:

Man ſiehet offt noch eine Laͤnge, wo dieſe Bruͤkke
feſte ſcheinet,

Allein wer ſich darauf verlaͤſt und feſt zuſtehen gleich-
fals meinet,

Der glitſchet mit zum Abgrund fort; weil ihn die
ſchluͤpfrig glatte Bahn,

Die wenn ſie berſtet auch zerfließt, nicht laͤnger mehr
erhalten kan:

Das
[301]Das Treib-Eis.
Das Treib-Eis zeiget uns im Bilde. Wes geht
beim ſchluͤpfrig glatten Gluͤkke,

Wer ſich darauf getroſt verlaͤſſet, der ſpuͤrt am erſten
ſeine Tuͤkke.


Der
[302]

Der Zweiffeler.


Ein Zweifler iſt ein Menſch, der in der
Wirbel Schluͤnden,

Die ſich ſtets kraͤuſelnd drehn, wil
ſchoͤne Perlen finden;

Er zweiffelt immerfort an dem was offen-
bahr,

Was ſolche Gruͤnde zeigt, die ſicher und ganz
klar:

Hingegen glaubet er, wenn er doch ſichtbahr feh-
let,

Er habe nach Vernunfft das Beſte auserwaͤh-
let.

Mir deucht ein Zweiffler nimmt was wahr, darum
nicht an,

Weil er es nicht allein, als Warheit glauben
kan,

Sein angebohrner Stolz wil was vor andern
glauben,

Drum ſezt er, wie man ſagt, die Warheit ſtets auf
Schrauben.

Wo
[303]Der Zweiffeler.
Wo dunkle Loͤcher ſind entſteht ein Wirbel
Wind,

Mir deucht ein dunkel Hirn macht daß viel Zweif-
ler ſind.


GOtt
[304]

GOtt iſt die Liebe.


Wenn ich den groſſen GOtt, mir in Ge-
danken bilde,

Die Eigenſchaften ſeh, die unbegreif-
lich ſind;

So wird mein Geiſt vertieft, und
mein Verſtand ganz blind,

Jch finde nichts an ihm als eine lautre Milde;

Kaum wird die Denkungs-Kraft der Seele wieder
wach:

Und hebt ſich zu dem Licht der Gottheit allgemach.

So oͤfnet ſich der Mund durch die erregten Triebe,

Und ſpricht: Jch ſpuͤre klar, daß GOtt ein Geiſt
voll Liebe.



[305]

Gedanken uͤber die Eintheilung
der Zeit in Wochen.


Man findet uͤberhaupt daß in der
ganzen Welt,

Daß alle Voͤlker ſtets die Rech-
nung ſo geſtellt,

Daß ſie der Zeiten Lauf nach
Wochen abgezaͤhlet,

Und alle ſieben Tag zu ſolchen
auserwaͤhlet.

Es ſcheint, daß GOtt dies ſelbſt dem erſten Menſch
gelehrt,

Und durch die Fortpflanzung die Nachwelt es ge-
hoͤrt,

Wie er in einer Zeit von ſolchen Wochen-Tagen,

Die Dinge die da ſind aus Nichts hervorgetragen,

Am ſiebten Tag geruht. Die Weisheit hat da-
her,

Die Rechnung ſo gemacht, und nicht ein Ohnge-
fehr,

Fraͤgt man warum es GOtt, zu rechnen ſo gefal-
len,

So wird die Antwort drauf nicht ganz unrichtig
ſchallen,

Wenn man drauf ſagt: GOtt wil wir ſollen alle-
mahl

Vierter Theil. UAm
[306]Gedanken uͤber die Eintheilung der Zeit in Wochen.
Am ſiebten Tage ruhn. Das iſt die heilge Zahl

Er hat auf dieſen Tag fuͤr uns beſondren Segen

Gelegt, und will daß wir denſelbigen erwegen,

Erlangen was uns gut. Jhr Menſchen denkt dem
nach,

Und feirt in ſtiller Ruh doch dieſen Segens-Tag;

Dient euren GOtt daran; ſo werdet ihr auch ſe-
hen,

Wie euch durch Woch und Jahr erfreut eur Woll-
ergehen.


Die
[307]

Die
Suͤnde und der Todt.


Ein Uebel folgt alzeit dem andern auf dem
Fuß;

Weil eins natuͤrlich ſtets, aus andern
kommen muß:

Das groͤßte Uebel iſt, ohn Zweiffel ja
die Suͤnde,

Man ſiehet dieſes klar an ihren boͤſen Kin-
de,

Was ſie gebohren hat; Und dieſes heiſt der Todt,

Ein Wort das in ſich faſt die allergroͤſte Noth.

Die Suͤnde und der Todt ſind allemahl Geſel-
len:

O moͤchte doch der Menſch ſich dieſes ſtets vorſtel-
len:

Wir fliehen all den Todt; und wer ihn wil ent-
fliehn

Der muß ſich durch die Krafft des Geiſtes auch be-
muͤhn,

U 2Der
[308]Die Suͤnde und der Todt.
Der Suͤnde zu entgehn. Wer will die Folgen haſ-
ſen,

Der muß die Urſach auch daraus ſie kommen, laſ-
ſen.


Die
[309]

Die
Zunge eines Verlaͤumders.


Die Zung der ſcharffe Dolch der in die
Seele ſticht,

Wenn Wuth und Raſerei des Mun-
des Siegel bricht,

Jſt einem Schwerdte gleich das dreifach ſchneidend
heiſſet,

Und toͤdlich offte ſticht. Dem wer ſich nur befleiſſet

Dem Naͤchſten bei der Welt zu ſchmaͤhlen, um zu-
ſehn,

Daß es denſelbigen moͤg elend, uͤbel gehn.

Wer ſeinen Neben-Menſch, den er in Haß anfein-
det

Und mit vergiffter Zung beſpruͤzzet und verlaͤum-
det

Der machet ſeine Zung zum dreifach ſchneidend
Schwerdt;

Es wird dadurch zuerſt der Menſche ſelbſt verſehrt,

Der der Verlaͤumder heiſt. Es wird auch der ver-
lezzet,

An welchen, dieſe Zung die von der Hoͤll gewez-
zet,

Sich kuͤhn und grimmig wagt. Die Zunge ſticht
auch GOtt

Weil ein Verlaͤumder dreiſt verlezzet ſein Verbot.

U 3So
[310]Die Zunge eines Verlaͤumders.
So wird in einem mahl, wenn der verlaͤumdt, ge-
ſprochen,

Mit dieſem Zungen-Schwerdt dreifach gleichſam ge-
ſtochen.

O! welch ein Moͤrder iſt nun ein Verlaͤumder nicht,

Der GOtt, den Naͤchſten, ſich mit boͤſer Zunge
ſticht:

Und dennoch ſiehet man, wie Menſchen ſich befleiſ-
ſen,

Des Laſters; ob ſie gleich deswegen Moͤrder heiſ-
ſen.


Die
[311]

Die
Ewigkeit.


Was iſt die Ewigkeit? Ein unergruͤnd-
lich Meer,

Ein ausgeſpannter Raum, von al-
len Schranken leer,

Und wer ſich unterſteht denſelben
auszumeſſen,

Der hat aus Unbedacht, ſich ſelbſt
dabei vergeſſen.

Ein Menſch der dieſe Tief, den dunklen Raum er-
blikt,

Kehrt gleich die Augen ab; ſein banges Herz er-
ſchrikt;

Es ſchwindelt ſein Geſicht, vor dieſen grauſen Hoͤ-
hen,

Und dennoch muß er dreinſt wie alle, dahin gehen.

Des Lebens Fortgang iſt im Lauf der ſchnellen
Zeit,

Ein Schritt auf einer Bahn zur langen Ewigkeit.

Wer klug iſt wird ſich ſtets in dieſer Welt bemuͤ-
hen,

Auf einem rechten Weg zur Ewigkeit zu ziehen.

Weil durch des Todes Thal, nach GOttes wei-
ſen Schluß,

Ein jeder der da lebt, zum Ewgen wandern muß;

So muͤſſen wir uns auch in dieſer Zeit beſtreben,

U 4Zu
[312]Die Ewigkeit.
Zu ſterben, weil wir noch auf dieſer Erde leben.

So wie das Leben iſt; ſo iſt das Sterben auch,

Die ſuͤſſe Raͤucherkerz verliſchet und ihr Rauch

Jſt ſuͤß und angenehm; wer wol gelebt mag ſter-
ben,

Und was er hie geſaͤt, das wird er dorten erben.

Des Menſchen Zuſtand iſt in jener Ewigkeit,

Nachdem er hie gelebt, in dieſer Lebenszeit.

So wie die Stimme iſt; und wie die Woͤrter ſchal-
len,

So muß das Echo auch dieſelben wiederhallen.

Und wie man hier gelebt; ſo iſt auch dort der Lohn,

Der folgt ſo richtig nach, wie auf der Stimme
Thon

Der Nachklang kommen muß. Wer dort will
Wohl genieſſen,

Der wird ſich hier auch ſtets in Guten uͤben muͤſ-
ſen.


Das
[313]

Das juͤngſte Gericht.


Der Hoͤchſte iſt gerecht, er muß den Men-
ſchen geben,

Was ſie allhie verdient. Wie viele
Suͤnder leben

Und bleiben ungeſtraft in dieſer eitlen
Welt?

Draus folgt es werde dort ein Tag noch ange-
ſtellt,

Da die Gerechtigkeit, nach Thaten und Verbre-
chen,

Wird ein unwandelbahr und richtig Urtheil ſpre-
chen.

Jhr Boͤſen! Die ihr hie, ſo frei und ſicher geht,

Und wie ein Lorbeerbaum in ſchoͤnſten Flore ſteht,

Gedenkt an dieſen Tag; da kommt was hie geſpon-
nen,

Jn Dunkelheit verdekt, ans helle Licht der Son-
nen,

Jhr meint es wuͤrden euch die Laſter frei ausgehn,

Allein ihr irret ſehr. Jhr muͤſſet dreinſten ſtehn,

Vor einem Richterſtuhl, da alles wird entdek-
ket,

Was in der Welt geſchehn, und heimlich hie ver-
ſtekket.

Mein GOtt! ich ſtelle mir anjezt vor dein Gericht,

Jch bitte dich vorher: verdamm mich Suͤnder nicht.

U 5Hier
[314]Das juͤngſte Gericht.
Hier iſt mein Advocat, mein JEſus der erwuͤrget,

Der hat ſein Leben auch fuͤr meine Seel verbuͤr-
get.

Die Suͤnde klagt mich an, und die Gerechtigkeit,

Die allen Schuldenern ein ſchwer Gerichte dreut

Erſchrekt mich; weil ihr Bliz aus hellen Augen
ſtrahlet,

Jedoch mein JEſus ſpricht: Jch hab die Schuld
bezahlet,

O! Heiland! dein Verdienſt, das nehm ich glaͤu-
big an,

Jch weiß, daß ich damit vor GOtt beſtehen
kan.


Der
[315]
Der Himmel.
O! welch ein Land iſt in dem Kreiſe,

Der ungemeſſnen Ewigkeit!

Wohin die Frommen nach der Reiſe,

Der abgelauffnen Lebens Zeit,

Durchs finſtre Todes Thal gelangen;

Wie? darf mein Geiſt ſich unter-
fangen,

Wie Moſes einſt von Nebo Hoͤhn,

Entzuͤkt in dieſe ſelge Grenzen,

Allwo ein immer gruͤner Lenzen,

Mit einen Glaubens-Blik zu ſehn?

Ja! Ja! erhebe dein Gefieder,

Zu dieſem Siz der Goͤttligkeit,

Mein Geiſt! und faſſe das in Lieder,

Was dort der Selgen Chor erfreut.

Was vor ein Blik! der Sonnen Sonne,

Und ihre Schimmer reiche Wonne,

Glaͤnzt da in voller Maͤjeſtaͤt.

Die Gottheit laͤſt ſich in den Auen,
Jn
[316]Der Himmel.

Jn mehr als guͤldner Klarheit ſchauen,

Die Sonne, die nie untergeht.

Jch ſehe viele Millionen

Gekroͤnter Buͤrger welche da,

Jn den beſtrahlten Lande wohnen,

Wo ſelbſt der groſſe Jehovah

Jn naher Herrligkeit regieret,

Und alles durch den Abglanz zieret.

Begluͤktes Land, wo keine Nacht,

Den Schauplaz aller Seligkeiten,

Die ich ohnmoͤglich kan ausdeuten,

Durch truͤbe Wolken finſter macht.

Mir deucht es ſcheint dem Paradeiſe,

Der Seligen verklaͤrtes Reich,

Jn ſeinen weit umgraͤnzten Kreiſe

Jn etwas, nicht in allen gleich.

Der Gottheit ausgeblizte Strahlen,

Die alles was hier iſt, bemahlen,

Die machen alles Wunderſchoͤn;

Die Haͤuſer die wie Tempel ſcheinen,

Die ſchimmern gleich den Edelſteinen,

Davor die Perlen-Thore ſtehn.

Mir deucht in himmliſchen Revieren,

Sind Berge ganz von Diamant,

Von funkelnden Rubin, Saphiren

Die die umſchraͤnkte Allmachts Hand,

Zur Luſt der Selgen aufgefuͤhret;

Mir deucht die Fluͤſſe ſind gezieret,
Mit
[317]Der Himmel.

Mit Uffern von dem feinſten Gold,

Dadurch der ſchlaͤngelnden Criſtallen

Bewegte Fluth, in ſanfften Wallen,

Sich wie ein heller Spiegel rollt.

Der Baͤume unverwelkte Blaͤtter,

Die mit den Himmels Thau beſtreut,

Die keine Lufft, kein Sturm und Wetter,

Mit Regen und mit Hagel dreut,

Umgeben lauter Lebensfruͤchte,

Die lieblich ſind dem Angeſichte,

Und ohne Schaden im Genus;

Da iſt der Wohnplaz ſelger Stille,

Wo bei der unerſchoͤpften Fuͤlle,

Verbannt Gram, Ekel, Ueberdruß.

Hier ſind der Engel reine Schaaren,

Die Geiſter die kein Fehl beflekt,

Die GOtt verehrn, und die bewahren,

Die auf der Welt in Noth bedekt.

Die Thronen, und die Cherubinen,

Die Strahlenreiche Seraphinen,

Die wie die rege Lufft, der Wind,

Des Hoͤchſten Koͤnigs weiſen Willen,

Jm Augenblikke zu erfuͤllen,

Mit Willigkeit befluͤgelt ſind.

Die Geiſter werden ſich vermaͤhlen,

Durch Umgang der da immer waͤhrt,

Mit denen auserwaͤhlten Seelen,

Die durch des Himmels Glanz verklaͤrt;
Was
[318]Der Himmel.

Was werden ſie vor tieffe Lehren,

Von dieſen heilgen Dienern hoͤren,

Die lang die Gottheit angeſehn?

Was werden ſie vor Herrligkeiten,

Aus der Geheimniß Tieffen leiten,

Dadurch den Schoͤpfer zu erhoͤhn?

Wie werden ſie die dunklen Kluͤffte,

Die hier in der Natur erblikt,

Den Wunderbau der obern Luͤffte,

Die ein geheimes Band verſtrikt,

Den Lehrbegierigen erhellen,

Und nach ein ander das vorſtellen,

Was jene Tieffe uns verdekt;

Wie werden ſie das da erklaͤren,

Was hinter den verborgnen Spheren,

Vor Wunder der Natur verſtekt?

Dort werden in der Geiſter Choͤren,

Von GOttes weiſer Vorſehung

Die Seligen noch vieles hoͤren;

Was wir hie mit Verwunderung,

Und offt nicht ohn Verwirrung ſehen,

Als dunkle Raͤthſel nicht verſtehen.

Da wird der Vorhang weggeruͤkt,

Und was im goͤttlichen Regieren,

Als Dunkel noch nicht auszuſpuͤren,

Jm Allerheiligſten erblikt.

Der weiſen Vorſicht guͤtigs Fuͤgen,

Die uns auf dieſer Unterwelt,
Als
[319]Der Himmel.

Als eine Quel von Misvergnuͤgen,

Die voller Wirbel vorgeſtellt,

Wird da die Dekke weggezogen

Und in der ſtillen Luſt erwogen;

Da ſieht die auserwaͤhlte Schaar,

Wie ſich der Vorſicht Uhr gedrehet,

Und alles was dadurch entſtehet,

Zum Zwek gelenket wunderbahr.

Dies werden ſie da uͤberlegen

Und mit vergnuͤgter Luſt anſehn,

Wie dies und jenes ihrentwegen,

Zu aller Menſchen Heil geſchehn.

Das Wachsthum und der Fall der Laͤnder,

Die wunderlich verknuͤpften Baͤnder,

Der Reiche in der Unterwelt,

Die uns viel Zweiffels-Knoten winden,

Die werden ſie ganz leicht ergruͤnden,

Weil alles Dunkle wird erhellt.

Das iſt die ſuͤſſe Seelen Speiſe,

Womit ſich jene Selgen naͤhrn,

Die zu des Schoͤpfers Ruhm und Preiſe,

Von allen die Erklaͤrung hoͤrn,

Warum der Herſcher dieſer Erden,

Bald die, bald jene Angſtbeſchwerden,

Auf ihre Schultern auferlegt;

Da werden ſie erſtaunend merken,

Wie alles, wie in Raͤderwerken

Zu dem beſtimmten Zwek bewegt.

O!
[320]Der Himmel.
O! welch ein Gluͤk vor ſelge Seelen,

Stammt aus dem reinen Kenntnis nicht?

Was macht das engliſche Erzaͤhlen,

Vor ein vergnuͤgend Freudenlicht?

Der Glaubens Lehre Dunkelheiten,

Die kein Geiſt hier kan klar ausdeuten,

Durchdringet ihre Faͤhigkeit;

Jhr Wiſſen wird dadurch erweitert,

Vermehrt und ferner ausgeheitert,

Was hier ein Stuͤkwerk in der Zeit.

Daraus entſpringt die ſelge Stille,

Jn jener frohen Geiſter Welt,

Wo aus der nie erſchoͤpften Fuͤlle,

Wird ſtets was neues vorgeſtellt;

Und dieſe neuentdekten Wunder,

Sind Funken dadurch ſich der Zunder,

Der Trieb zu GOttes Ruhm entflammt;

Weil ſtets das Herz in Freude ſchwimmet,

So wird dadurch auch angeglimmet,

Das Feur woraus die Sehnſucht ſtammt.

Da hoͤr ich von den Selgen Choͤren,

Ein bruͤnſtig Lob, in jenem Land

Dem groſſen All, zu ſeinem Ehren,

Das Vater, Sohn und Geiſt genannt.

Es ſpuͤrt mein Geiſt durch tieffes Denken,

Noch vieles, das ſich nicht laͤſt ſchraͤnken,

Jn Woͤrter dieſer Unterwelt.

Genug, das was ich ſchon erblikket,
Hat
[321]Der Himmel.

Hat meinen Geiſt alſo entzuͤkket

Das ihm nichts irdiſch mehr gefaͤllt.

Beſchleunigt euch, ihr ſchnellen Stunden,

Und bringt mich an das End der Zeit,

Da ſich mein Geiſt der Laſt entbunden,

Aufſchwingt zu jener Ewigkeit;

Jedoch ſo lang ich noch im Glauben,

Sol mir der Safft von Eskols Trauben,

Ein Labſal in der Wuͤſte ſeyn;

Jch wil oft auf den Nebo gehen,

Um ins verheißne Land zu ſehen;

Bis mich mein JEſus fuͤhrt hinein.


Vierter Theil.
[322]
Die Hoͤlle.
Jch wage mich auch an die Schwellen,

Des finſtern Marterreichs der Hoͤllen,

Und werde einen Pful gewahr

Worin gleichſam ein Schweffel ſtin-
ket,

O! weh dem, der dahin verſinket

Zur ungluͤklich verdammten Schaar.

Mein Geiſt erſchrikt ſchon an der Pforte,

Vor dieſem tief verdekten Orte,

Wo weder Licht noch Sonne ſcheint,

Ein grauſer Nebel ſchwarzer Schatten,

Wobei ſich Furcht und Elend gatten,

Jſt hier mit Finſterniß vereint.

Ein Abgrund wo die Bosheit zittert,

Und die Verzweiflung raſt und wittert,

Jn fuͤrchterlicher Dunkelheit,

Laͤſt mir zuerſt die Teufel ſehen,

Die hier empfinden alle Wehen,

Der Grenzenloſen Ewigkeit.

Was
[323]Die Hoͤlle.
Was vor ein Dampf und geiſtiſch Bla-
ſen?

Entſteht aus greulich bangen Raſen

Der Geiſter, die von GOtt getrennt,

O! weh! was vor ein knirſchend Zagen,

Mir deucht, das ſind die Hoͤllen Plagen,

Worinn das Heer der Teufel brennt.

Was ſchwaͤrmet dort in truͤben Win-
kel?

Betriegt mich nicht ein falſcher Duͤnkel;

So iſt es der verdammten Zahl,

Die nach der Art der finſtren Eulen,

Erbaͤrmlich winſeln, klagen, heulen,

Ob der empfundnen Seelen Qual.

Hie iſt ein wuͤtend grauſer Lermen,

Und wer erregt dies bange Schwermen?

Mir deucht, ich hoͤr es aus den Thon,

Es ſind die Spoͤtter, die da ſchmaͤhlen,

Und ſich, wie ſie verlacht, erzaͤhlen
GOtt, Chriſtum und Religion.

Was kommt dort vor ein wilder Haufen,

Verwirrt und winſelnd hergelauffen?

Der gleich den wilden Thieren ſchaͤumt?

Jch ſeh, es ſind die falſchen Chriſten,

Die bei der Herrſchaft eitler Luͤſten,

Stets voller Hofnung nur getraͤumt.

X 2Da
[324]Die Hoͤlle.
Da iſt die Rotte die verdammet,

Weil ſie in wilden Feur geflammet,

Die Kreuzzigung der Luſt gehaßt;

Die Geilheit die vor Wildheit lodert,

Hat die die naſſe Tropfen fordert,

Die Trunkenheit noch angefaßt.

Sie fluchen den genoßnen Freuden,

Und wuͤnſchen ſich dennoch zu weiden,

Jn dem verdammten Suͤndenwuſt;

Ein ſonſt vergnuͤgtes Angedenken,

Muß ſie mit bittren Nachſchmak kraͤnken.

Wie gallicht ſchmekt nun ihre Luſt?

Hie kommt der Stolz vom Schmerz ge-
buͤkket,

Die Hochmut, die die Erd begluͤkket,

Und ſchreien Zeter, Ach und Weh

Verzweifflung, Drohen, Poltern, Klagen,

Ein innrer Harm zeugt von den Plagen,

Der Schweffelvollen Marter-See.

Wer ſind die, welche dorten brum-
men,

Als wenn hie die Goldkaͤfer ſummen;

Es ſind die Geizzigen der Welt,

Die GOtt das hoͤchſte Gut verachtet,

Nach guͤldnen Goͤzzen nur getrachtet,

Sie ſchreien ſtets: Verfluchtes Geld.

Was
[[325]]Die Hoͤlle.
Was vor ein Hauffe der dort girret,

Und ſich in Unruh ganz verwirret,

Jn Feuer liegt und nicht zerſchmelzt?

Es ſind die, welche auf der Erden,

Noth, Elend, Kummer und Beſchwerden,

Nicht von dem Naͤchſten abgewelzt.

Die Unbarmherzigkeit und Rache,

Haͤlt gleichſam um dieſelben Wache;

Das ſtraffende Vergeltungs-Recht,

Das zuͤkt das Schwerd und laͤſt das Fle-
hen

Der Armen uͤber ſie ergehen,

Die ſie gedruͤkt, noch mehr geſchwaͤcht.

Hilf Himmel! welche Schrekkensſtim-
men,

Von Zungen, die wie Feuer glimmen,

Erſchallen noch in dieſer Kluft.

Mir deucht das hier der Meineid fluchet,

Der noch vergeblich Ausflucht ſuchet,

Jn dieſer Martervollen Gruft.

Sie hat bei ſich die mit der Zungen,

Als wie mit einem Schwerd gerungen,

Verlaͤumder, Laͤſtrer und das Heer

Der Neider, Luͤgner die mit Schlangen,

Als wilde Furien behangen:

Die alle ſind im Schweffel-Meer.

X 3Sie
[326]Die Hoͤlle.
Sie ſchreien ſchroͤklich allzuſammen,

Wir leiden Pein in dieſen Flammen,

Die GOttes Grim entzuͤndet hat.

O! laßt euch doch von euren Suͤnden

Noch in der Gnadenzeit entbinden,

Denn dorten iſt es viel zu ſpat.


Re-[[327]]

Appendix A Regiſter
der im vierten Theile befindlichen
Poeſien.


  • Der Winter pag. 1
  • Das durch den kalten Winter erwekte Andachts-
    feuer  18
  • Die weiſe und wunderbare Guͤte GOttes in
    Bekehrung der Menſchen  27
  • Das Lehrreiche Wintergruͤn  34
  • Der Schnee  39
  • Die Seele  48
  • Die Geburt des Menſchen ein Wunder der
    Gottheit  60
  • Preis GOttes wegen der wunderbahren Hervor-
    bringung und Einrichtung der Menſchen  67
  • Moraliſche Betrachtung uͤber den Schnee  100

X 4Ein
[[328]]Regiſter.
  • Ein aufgewelzter Schneeball  103
  • Das glaͤnzende Eis  106
  • Die Weisheit und Guͤte GOttes an den fuͤnf
    Sinnen  109
  • Ein guter Rath fuͤr diejenigen, welchen die
    Welt zu enge  119
  • Das Herz  121
  • Moraliſche Betrachtung des Herzens  129
  • Gedanken uͤber die Thraͤnen JEſu, welche er
    bei dem Anblik der Stadt Jeruſalem vergoſſen  130
  • Das menſchliche Auge ein Wunderſpiegel der
    Gottheit  132
  • Ein im Winter gruͤnender Lorbeerbaum  141
  • Der Glaube  147
  • Der Unglaube  153
  • Die Vorſorge GOttes vor die Thiere  160
  • Ueberſezzung des ſechſten Pſalms  162
  • Das Ohr als ein kuͤnſtliches Meiſterſtuͤkke des
    almaͤchtigen und weiſen Schoͤpfers  166
  • Das lehrende Gleichnis des Erloͤſers von dem
    beiden Betern im Tempel  180
  • Gedanken bei der Vorſtellung eines Egyptiſchen
    Tempels  184
  • Unverhofft kommt offt  186
  • Ein Buch mit welken Blumen Blaͤttern  189
  • Das Vergeltungsrecht GOttes in dem Leiden
    JEſu  192
  • Die Herrligkeit GOttes, die aus den Bergwer-
    ken hervorleuchtet  200
  • Bergwerke ein ſchoͤnes Blatt des Buches der
    Natur  209
  • Das Quekſilber  210
  • Das Geld ein allgemeiner Abgott der Welt  212

Ueber-
[[329]]Regiſter.
  • Ueberſchrifft an die Vorrathskammer und den
    Geldkaſten eines Geizigen  214
  • Die Betrachtung der Groͤſſe GOttes und unſrer
    Nichtigkeit.  215
  • Die Nachtzeit als eine Wolthat GOttes  217
  • Der groͤſſeſte Held  223
  • Der Seidenwuͤrmer kuͤnſtliche Beſchaffenheit
    und Arbeit  226
  • Anrede an diejenigen die mit ſeidenen Kleidern
    prangen, und ſich dadurch einen Vorzug
    erwerben wollen  239
  • Die Bundeslade und Dagon  241
  • Gedult das beſte Mittel bei ſelbſt verurſachten
    Leiden  243
  • Gedanken bei der zur Winterszeit angeſtellten
    Schlittenfahrt  245
  • Der menſchliche Koͤrper eine aus vielen Kunſt-
    ſtuͤkken zuſammen geſezte Kunſtmaſchine  247
  • Gedanken uͤber die aufrecht geſtellte Figur der
    Menſchen.  255
  • Unterſchiedene moraliſch beantwortete Fragen.  258
  • Phyſicaliſche und moraliſche Betrachtung der
    Zungen.  261
  • Die Falſchheit der Welt  270
  • Der ſtolze Haman  273
  • Gedanken bei einer aufſteigenden und in der Lufft
    zerplazten Rakete  275
  • Die Zeit  277
  • Das wundernswuͤrdige Verhaͤltnis der Theile
    des menſchlichen Koͤrpers, welches ſie gegen-
    einander haben  281
  • Die Religion  284
  • Ein in Winter bereiffter Baum  295

X 5Eine
[[330]]Regiſter.
  • Eine gefrorne Fenſterſcheibe  298
  • Das Treib-Eis  300
  • Der Zweiffeler  302
  • GOtt iſt die Liebe  304
  • Gedanken uͤber die Eintheilung der Zeit in
    Wochen  305
  • Die Suͤnde und der Todt  307
  • Die Zunge eines Verlaͤumders  309
  • Die Ewigkeit  311
  • Das juͤngſte Gericht  313
  • Der Himmel  315
  • Die Hoͤlle  322


Haupt-[[331]]

Appendix B Haupt-Regiſter
uͤber alle vier Theile,


Appendix B.1 A.


  • Abendgedanken.I. 136
  • Abgott der Welt iſt das Geld. IV. 212
  • Abwechſelung der Zeit. I. 17
  • Aderlaſſen, Gedanken uͤber das Blut bei demſel-
    ben. I. 52
  • Affe GOttes iſt der Teufel. III. 32
  • Aehre, die betrachtenswuͤrdige Kornaͤhre ein Zeuge
    goͤttlicher Weisheit. II. 131
  • Akker ein Bild des menſchlichen Herzens. II.
    101
    ein mit Bohnen beſaamter betrachtet II. 251
  • Almacht GOttes, I. 274 leuchtet aus der Ein-
    richtung der 4. Jahrszeiten hervor. I. 59
  • Aloͤe, die ſeltenbluͤhende. II. 277
  • Alter, Frage an die unterſchiedenen, nebſt der Ant-
    wort der natuͤrlichen Neigung. I. 107

Al-
[[332]]Hauptregiſter
  • Alwiſſenheit GOttes I. 257 in Abſicht auf dem
    Menſchen. I. 151
  • Ameiſen, die klugen. I. 285
  • Arbeit der Seidenwuͤrmer iſt kuͤnſtlich. IV. 226
  • ArgliſtigkeitIII. 94
  • Arzt der Seele und des Leibes iſt JEſus I. 143.
  • AtheiſtI. 1
  • Auferſtehung JEſu der Grund der Glaͤubigen zu
    ihrer ſeligen Auferſtehung II. 153. Deren ſinn-
    liches Lehrbild iſt der Fruͤhling I. 10
  • Aufſehen GOttes uͤber die Kirche. II. 190
  • Auge der Menſchen ein Wunderſpiegel der Gottheit
    IV. 132
  • Augenluſt, die gottgefaͤllige. II 245

Appendix B.2 B.


  • Bach ein flieſſender. I. 102
  • Baͤume im Winter bereiffet. IV. 295
  • Baͤume die betrachtungswuͤrdigen III. 21. Die
    angenehmen und lehrreichen Herbſtverwandlun-
    gen an denſelben. III. 16
  • Baumfruͤchte an denſelben iſt die weiſe Guͤte
    GOttes zu ſehen und zu ſchmekken. III. 37
  • Baummoos, der merkwuͤrdige. III. 163
  • Beitrag, Gedanken uͤber J. C. H. zum irdiſchen
    irdiſchen Vergnuͤgen. II. 225
  • Bergwerke ſind Zeugen der Herrlichkeit GOttes.
    IV. 200. ſind ein ſchoͤnes Blat des Buches der
    Natur. IV. 209
  • Beſchaffenheit der Seidenwuͤrmer kuͤnſtlich IV.
    226
  • Beter, welche ſuͤndigen. III. 158. Gleichnis des Er-
    loͤſers von den beiden im Tempel. IV. 180

Be-
[[333]]uͤber alle vier Theile.
  • Betrieger, der groͤſſeſte. II. 290
  • Bibel, aus deren mannigfaltigen Ueberſezzung leuch-
    tet die Weisheit GOttes herfuͤr. I. 55.
  • Bienen, die lehrenden. I. 238. derm wunder-
    bahrer Staat. III. 196. deren Streit mit den
    Weſpen. III. 183.
  • Blaͤtter, die verwelkten und abgefallenen betrach-
    tet. III. 45
  • Blumen, Abſicht GOttes, warum er dieſelben
    erſchaffen. I. 126. Gedanken uͤber deren Liebha-
    ber. I. 67. heilige Gartenſchule derſelben II. 51.
    deren Herlichkeit und Vergaͤnglichkeit. I. 23.
    Misbrauch der Guͤte GOttes, der von einigen
    Blumen-Liebhabern begangen wird. II. 293.
    Anrede an die Herbſtblumen. III. 100. die blauen
    Kornblumen. II. 114. die Maienblumen. I. 161.
    die lehrenden Sonnenblumen. I. 130. die Spiegel-
    blume. I. 34.
  • Blumenblaͤtter, ein mit welken angefuͤlltes Buch.
    IV. 179.
  • Blut, Gedanken uͤber daſſelbe bei dem Aderlaſſen.
    I. 52.
  • Bohnen,II. 251.
  • Boͤſe, aus deſſen Zulaſſung blikket die weiſe Guͤte
    GOttes hervor II. 85. Streitigkeiten uͤber deſſen
    Urſprung erwogen III. 253.
  • Brodt, in demſelben iſt die Guͤte GOttes zu ſchmek-
    ken. I. 230
  • Buch, ein mit welken Blumenblaͤttern angefuͤlltes
    betrachtet IV. 189. der Natur. I 37. der Of-
    fenbarung iſt die heilige Schrift. I. 40
  • Bundeslade und Dagon. IV. 241
  • Buſſe ſoll man nicht ſparen. I. 157
  • Buſch, der rothe Johannisbeernbuſch. I 164.

C.
[[334]]Hauptregiſter

Appendix B.3 C.


  • Creaturen, die Groͤſſe GOttes aus denſelben er-
    wieſen III. 51
  • Chriſten, der erſtern Schikſal I. 150
  • Chriſtus, alles in allen, der Kern und Stern der
    heiligen Schrift I. 327

Appendix B.4 D.


  • Dagon und die Bundeslade IV. 241
  • Dankgebet am neuen Jahre. I. 321
  • Dankſagung fuͤr die goͤttlichen Wolthaten III. 127
  • Demut, Gebet um dieſelbe I. 152. gegen GOtt
    und den Menſchen betrachtet III. 109. derſelben
    Sinnbild iſt die Viole I. 19
  • Donner Ernſt und Guͤte GOttes in demſelben I.
    28
    . GOttes Stimme in demſelben II. 264

Appendix B.5 E.


  • Ey, ein bebruͤtetes betrachtet III. 186
  • Eigenſchaften GOttes, an den Werken ſeiner
    Haͤnde. I. 5. Gebet daß er dieſelben auf dem Fel-
    dern wolle ſehen laſſen. II. 226
  • Eis, das glaͤnzende IV. 106
  • Eitelkeiten, deren Land iſt die Welt. II. 282
  • Engelszungen ohne engliſchen Sinn I. 98
  • Ephemeris, ein fliegendes Wuͤrmchen betrach-
    tet I. 197
  • Erloͤſer, aus deſſen Erfindung und Offenbahrung
    leuchtet die mannigfaltige Weisheit GOttes her-
    vor I. 356II. 24

Er-
[[335]]uͤber alle vier Theile.
  • Erloͤſung, aus derſelben leuchtet die Gerechtigkeit
    und Guͤte GOttes hervor III. 71
  • Ermunterung des Gemuͤths bei neblichten und
    truͤben Wetter III. 157
  • Erndte, die durch dieſelbe erwieſene Wolthat wird
    von vielen nicht erkant II. 258. das dankbare
    Herz bei der zur Erndte Zeit empfundenen Guͤte
    GOttes II. 351
  • Ernſt GOttes im Donner I. 28
  • Eulchen, ein um ein Licht flatterndes betrachtet
    II. 125
  • Ewigkeit, betrachtet IV. 311

Appendix B.6 F.


  • Falſchheit der Welt. IV. 270
  • Feld, Gedanken bei dem Anblik eines leeren II. 298
    Gebet daß GOtt auf demſelben ſeine Eigenſchaf-
    ten wolle ſehen laſſen II. 226. deſſen Thautropfen
    ſind ein Spiegel der GOttheit. II. 106
  • Fenſterſcheiben, die gefroren IV. 298
  • Feſtigkeit des goͤttlichen Worts bei dem Untergang
    der Welt I. 141
  • Feuersbrunſt, Seufzer nachdem dieſelbe geloͤſchet
    II. 229
  • Figur aufrecht geſtellte der Menſchen betrachtet IV.
    255
  • Fliegen, die kuͤnſtlichen III. 149
  • Flucht, unterſchiedener Voͤgel iſt wunderbar III.
    169
  • Frage, die beantwortete: Wer biſt du? I. 97.
    Die beantwortete wo gut zu wohnen ſei I. 198
    an die unterſchiedenen Alter mit der Antwort der
    natuͤrlichen Neigungen I. 107. unterſchiedene mo-
    raliſch beantwortete IV. 258

Froͤm-
[[336]]

Appendix B.7 Hauptregiſter


  • Froͤmmigkeit, die wahre II. 292
  • Freude der Glaͤubigen bei der Ankunft JEſu. I.
    139
  • Fruͤchte, Ueberſchrift an die mit denſelben ange-
    fuͤllte Scheuren II. 300
  • Fruͤhling, die in demſelben wieder aufgelebte Welt
    I. 13.
  • Furcht.II. 99

Appendix B.8 G.


  • Gartenſchule, der lehrenden Blumen II. 51
  • Geburt der Menſchen iſt ein Wunder der Gott-
    heit IV. 60
  • Gedult,II. 322. das beſte Mittel bei ſelbſt verur-
    ſachten Leiden. IV. 243
  • Geheimniſſe der Natur. III. 83
  • Geilheit,III. 232
  • Geiſt, eines zufriedenen Gluͤkſeligkeit I. 49
  • Geizige, deren Bild ein Maulwurf I. 135. Ue-
    berſchrift an deren Vorrathskammern und Geld-
    kaſten IV. 214
  • Geld, iſt ein allgemeiner Abgott der Welt. IV.
    212
  • Geldkaſten der Geizigen, Ueberſchrift an dieſelben.
    IV. 212
  • Gelegenheit,II. 289
  • Gemuͤth Ermunterung deſſelben, bei neblichten und
    truͤben Wetter. III. 167
  • Gerechtigkeit GOttes, deren Spiegel iſt das Ge-
    waͤſſer der Suͤndfluth. I. 236. an dem Werke der
    Erloͤſung betrachtet. III. 71
  • Gericht, daſſelbe koͤmt nach dem Tode I. 160
  • Gericht, das juͤngſte IV. 313

Ge-
[[337]]uͤber alle vier Theile.
  • Geſchiklichkeiten der menſchlichen Gemuͤther be-
    weiſen die Weisheit GOttes III. 134
  • Geſchoͤpfe GOttes, woher es komme, daß ſo
    wenige dieſelben betrachten und dadurch geruͤhret
    werden. I. 254
  • Geſez iſt ein Spiegel des Selbſterkentniſſes III. 146
  • Geſichtsbildungen der Menſchen, beweiſen GOt-
    tes Weisheit III. 102
  • Geſundheit iſt eine unerkante Wolthat GOttes.
    III. 160
  • Getraide, deſſen wunderbahre Vermehrung II.
    255
  • Gewiſſen, das gute. II. 99
  • Glaube.IV. 147
  • Glaͤubige, deren Freude bei der Ankunſt JEſu I.
    139
    . deren Sieg uͤber die Welt und ſich ſelbſt. I.
    313
  • Gleichnis des Erloͤſers von den beiden Betern im
    Tempel IV. 180
  • Gluͤkſeligkeit eines zufriedenen Geiſtes. I. 49
  • Gnade, Seufzer der Suͤnder um dieſelbe. I. 153
  • Goldkaͤfer, iſt ein Bild niedertraͤchtiger Schoͤn-
    heit. I. 147
  • GOtt iſt die Liebe. IV. 304. deſſen Affe der Teu-
    fel. III. 32. deſſen Abſicht warum er die Blumen
    erſchaffen. I. 126. deſſen AllmachtI. 274. bei
    der Einrichtung der vier Jahrszeiten. I. 59. An-
    rede an denſelben, uns ſeine Eigenſchaften auf den
    Feldern ſehen zu laſſen. II. 226. deſſen Alwiſ-
    ſenheit.
    I. 257. in Abſicht auf dem Menſchen
    I. 151. deſſen Eigenſchaften an den Werken ſei-
    ner Haͤnde. I. 5. deſſen Ernſt im Donner. I. 28.
    Gebet an denſelben um deſſen Gnadenfuͤhrung.
    I. 158. um Abwendung des Ungewitters. II. 49.
    Vierter Theil. Ydeſ-
    [[338]]Hauptregiſter
    deſſen Gerechtigkeit in dem Werke der Erloͤſung
    III. 71. deſſen Groͤſſe in Anſehen unſrer Nichtig-
    keit. IV. 215. bei dem Heer ſeiner Creaturen be-
    trachtet. III. 51. deſſen Groͤſſe im Kleinen. I. 29.
    in Steinen gebildet. III. 326. in dem Licht der
    goͤttlichen Offenbahrung erblikket. III. 56 deſſen Guͤte,
    iſt an den mannigfaltigen Baumfruͤchten zu ſehen
    und zu ſchmekken. III. 37. iſt im Brodt zu ſchmek-
    ken. I. 230. in der Bekehrung der Menſchen. IV.
    27
    . im Donner. I. 28. bei der Einrichtung der 4.
    Jahrszeiten. I. 59. wird von denen Liebhabern
    der Blumen gemisbrauchet. II. 293. wird von den
    Sinnen empfunden. I. 304. an den 5. Sinnen be-
    trachtet. IV. 109. in dem Werke der Erloͤſung.
    III. 71. bei der Zulaſſung des Boͤſen. II. 85. deſſen
    Heiligkeit in Abſicht auf den Menſchen. I. 151.
    deſſen Herrlichkeit leuchtet aus den Bergwerken
    hervor. IV. 200. deſſen Lob aus dem Buche der
    Natur. II. 236. wie ſich die meiſten Menſchen den-
    ſelben vorſtellen. I. 86. warum ſo viele Men-
    ſchen deſſen Geſchoͤpfe nicht betrachten und dadurch
    geruͤhret werden. I. 254. deſſen Preis wegen der
    wunderbahren Hervorbringung und Einrichtung
    der Menſchen. IV. 67. derſelbe iſt ein allwiſſender
    Richter. I. 150. deſſen Stimme im Donner. II.
    264
    . im Hagel. II. 203. deſſen Vergeltungsrecht
    im Strafen I. 279. deſſen Vorſehung uͤber das
    Leben der Menſchen. I. 115. deſſen Vorſorge fuͤr
    die Thiere, an den zur Winterszeit in denen
    Waͤldern gruͤnenden Stauden bemerket. IV. 160.
    deſſen Weisheit bei denen mannigfaltigen Ar-
    ten der Geſchoͤpfe. I. 226. an denen mannigfalti-
    gen Geſchoͤpfen im Reiche der Natur. I. 338. er-
    wieſen aus den mannigfaltigen Geſichtsbildungen
    und
    [[339]]uͤber alle vier Theile.
    und Sprachen der Menſchen. III. 102. an den un-
    terſchiedenen Neigungen und Geſchiklichkeiten der
    menſchlichen Gemuͤther. III. 134. aus der Erfin-
    dung und Offenbahrung des Erloͤſers. I. 356. bei
    der Einrichtung der 4. Jahrszeiten. I. 59. im Rei-
    che der Gnaden bei der Offenbahrung des Erloͤ-
    ſers und ſeiner Lehre. II. 24. leuchtet aus den Korn-
    aͤhren hervor. II. 131. an dem Kornhalm. II. 118.
    leuchtet aus der heiligen Schrift hervor. III. 345.
    an den 5. Sinnen erwieſen. IV. 109. deſſen
    Wolthaten, die er uns durch die Erndte erzei-
    get, werden von den wenigſten erkant. II. 258.
    die der Menſch in ſeinem Leben genieſſet, betrachtet.
    III. 294. Dankſagung fuͤr die Wolthaten, die er
    uns in der Erndte erzeiget. III. 127. deſſen Wun-
    der, die aus dem Laufe des Lebens hervor leuch-
    ten, erwogen. I. 114. Urſache warum derſelbe uns
    das Zukuͤnftige verborgen. I. 144
  • Gottesdienſt, der eitle. III. 142
  • Gottheit, derſelben Lob. I. 203. deren Spiegel
    ſind die Thautropfen des Feldes. II. 106. deren
    Tieffen erwogen. II. 333. deren Wunderſpiegel iſt
    das menſchliche Auge. IV. 132
  • Groͤſſe GOttes im Kleinen. I. 29. bei dem Heer
    ſeiner Creaturen. III. 51. in dem Licht der Offen-
    bahrung erblikket III. 56. in Steinen gebildet. III.
    326
    . in Anſehen unſrer Nichtigkeit IV. 215
  • Grabſchrift auf eine verſtorbene fromme Jungfer
    II. 235. einer Frauen, die in Kindesnoͤthen geſtor-
    ben. II. 234. eines ehrlichen und rechtliebenden
    Mannes. II. 232. eine Mutter, die an dem Be-
    graͤbnistage ihres einzigen Sohnes geſtorben. II.
    233
  • Guͤte GOttes iſt an den vielfaͤltigen Baumfruͤchten
    Y 2zu
    [[340]]Hauptregiſter
    zu ſehen und zu ſchmekken. III. 37. iſt im Brodt
    zu ſchmekken. I. 230. in der Bekehrung des Men-
    ſchen IV. 27. im Donner I. 28. bei der Einrich-
    tung der 4. Jahrzeiten. I. 59. wird von einigen
    Liebhabern der Blumen gemisbraucht. II. 293.
    wird von den Sinnen empfunden. I. 304. an den
    5. Sinnen betrachtet. IV. 109. in dem Werke der
    Erloͤſung. III. 71. bei Zulaſſung des Boͤſen. II.
    85
    .

Appendix B.9 H.


  • Haman, der ſtolze IV. 273
  • Hagel, GOttes Stimme in demſelben. II. 203
  • Heiligkeit GOttes in Abſicht auf den Menſchen.
    I. 151
  • Held, der groͤſſeſte. IV. 223
  • Herbſt.III. 1
  • Herbſtblumen, Anrede an dieſelben. III. 100
  • Herbſtverwandlungen, die angenehmen und
    lehrreichen, an den Baͤumen. III. 16
  • HErr kennet die Seinen. I. 113
  • Hertligkeit und Vergaͤnglichkeit der Blumen. I.
    23
    . der Liljen II. 146. GOttes, die aus den Berg-
    werken hervor leuchtet. IV. 200
  • Herz, deſſen Bild iſt der Akker. II. 101. das dank-
    bahre Herz, bei der Empfindung der Guͤte GOttes,
    nach vollbrachter Erndte. II. 351. moraliſch be-
    trachtet. IV. 129
  • Himmel, das entzuͤkkende Vergnuͤgen aus der An-
    ſchauung deſſelben bei der Nacht. I. 350. wie ſich
    die meiſten denſelben vorſtellen. I. 329. der Stern-
    himmel zur Verherrligung des Schoͤpfers betrach-
    tet. 322

Him-
[[341]]uͤber alle vier Theile.
  • Himmel der Seeligen IV. 315
  • Hochmuth, der thoͤrichte. III. 118
  • Hoͤlle.IV. 322
  • Holz, ein faules und bei der Nachtzeit ſcheinendes
    II. 125. ein Bild der Heuchler

Appendix B.10 J.


  • Jahr, Dankgebet bei dem Eintrit deſſelben I. 321
  • Jahrszeiten, ſind ein ſinliches Lehrbild des Lebens,
    Todes und der Auferſtehung. I. 10
  • Jeruſalem, Thraͤnen JEſu uͤber daſſelbe, betrach-
    tet. IV. 130
  • JEſus, iſt ein Arzt des Leibes und der Seele. I.
    143
    . deſſen Auferſtehung iſt der Grund der Glaͤu-
    bigen zu ihrer Auferſtehung. I. 153. die Freude der
    Glaͤubigen bei deſſen Ankunft. I. 139. deſſen Thraͤ-
    nen uͤber die Stadt Jeruſalem erwogen. IV. 150.
    Schikſal, der Kirche deſſelben I. 150
  • Johannisbeerenbuſch, der rothe I. 164
  • Jrrlicht.III. 154
  • Jſraeliten, deren Lobgeſang. III. 287
  • Jungfer, Grabſchrift einer verſtorbenen. II. 235

Appendix B.11 K.


  • Kaͤfer, der Goldkaͤfer iſt ein Bild niedertraͤchtiger
    Schoͤnheit. I. 147
  • Kaiſerkrone.II. 229
  • Kern und Stern der heiligen Schrift iſt JEſus. I.
    327
  • Keuſchheit,III. 244
  • Kindesnoͤthen, Grabſchrift einer in denſelben ge-
    ſtorbenen Perſon. II. 234

Y 3Kir-
[[342]]Hauptregiſter
  • Kirche, das goͤttliche Aufſehen uͤber dieſelbe. II. 190.
    Schikſal der Kirche JEſu. I. 150
  • Kirchhof, der Lehrreiche III. 309. Ueberſchrift an
    demſelben. III. 324
  • Kirſchbaum, deſſen wunderbahre Verwandelung
    I. 245
  • Kleider, Anrede an die, welche mit ſeidenen pran-
    gen, und ſich dadurch einen Vorzug erwerben
    wollen. IV. 239
  • Kluge, derer eingebildeten thoͤrigte Religion. III.
    351
  • Klugheit.III. 86
  • Kornaͤhre, iſt ein Zeuge goͤttlicher Weisheit. II.
    131
  • Kornblume, die blaue II. 114
  • Kornhalm, an demſelben iſt die Weisheit GOt-
    tes zu ſehen. II. 118
  • Koͤrper, des Menſchen wunderbahre und weiſe Ein-
    richtung wird von vielen Menſchen nicht erkant.
    III. 81. iſt eine aus vielen Kunſtſtuͤkken zuſammen-
    geſetzte Kunſtmaſchine. IV. 247
  • Krieg.III. 215
  • Kunſtmaſchine, eine aus vielen zuſammen ge-
    ſetzte iſt der menſchliche Koͤrper. IV. 247
  • Kupferblatt, darauf der Abgott Moloch abge-
    bildet, betrachtet. III. 189

Appendix B.12 L.


  • Laubblaͤtter, die kuͤnſtlichen I. 70
  • Leben, was es heiſſe. II. 287. aus deſſen Lauf leuch-
    ten die Wunder GOttes hervor. I. 114. die wun-
    derbahre Vorſehung GOttes uͤber daſſelbe I. 115
  • Lebenszeit, die kurze III. 181

Leib,
[[343]]uͤber alle vier Theile.
  • Leib, deſſen Arzt iſt JEſus. I. 143
  • Leiden, Gedult iſt das beſte Mittel bei ſelbſt ver-
    urſachten. IV. 243. Mittel die Leiden dieſer Zeit
    zu beſiegen. III. 191
  • LiebeII. 192
  • Lilje, deren Herrlichkeit. II. 146. die beflekte iſt ein
    Bild der beneideten Tugend. I. 53
  • Lob der Gottheit. I. 203. GOttes, aus dem Bu-
    che der Natur. II. 236
  • Lobgeſang, Moſis und der Kinder Jſrael. III.
    287
  • Lorbeerbaum, ein im Winter gruͤnender iſt eine
    Vorſtellung eines grosmuͤthigen Herzens. IV.
    145

Appendix B.13 M.


  • Maienblumen.I. 161
  • Mann, Gedanken uͤber einen vom Wagen gefal-
    lenen alten, II. 231. Grabſchrifft eines ehrlichen
    II. 232
  • MuͤßigkeitIII. 257
  • Maulwurf ein Bild eines Geizigen. I. 135
  • Menſchen, aus deren Bekehrung blikket die weiſe
    und wunderbahre Guͤte GOttes hervor. IV. 27.
    deren Geburt iſt ein Wunder der Gottheit. IV.
    60
    . deren Gleichheit I. 158. deren koſtbahrſtes
    Kleinod iſt die Seele. II. 215. derer Nachlaͤßig-
    keit die wunderbahre und weiſe Einrichtung ihres
    Koͤrpers zu erkennen. III. 81. Preis GOttes,
    wegen der wunderbahren Hervorbringung uud Ein-
    richtung der Menſchen. IV. 67. dieſelben gleichen
    dem Staub und Schatten. II. 151. deren Thor-
    Y 4heit,
    [[344]]Hauptregiſter
    heit, in dem ſie ſich uͤber die Witterung beſchwe-
    ren. III. 64. deren gewoͤhnliche Vorſtellung von
    GOtt I. 86. derer meiſten Vorſtellung von dem
    Himmel. I. 329. Vorſehung GOttes uͤber deren
    Leben I. 115. dieſelben wuͤnſchen oft was ſie nicht
    wollen. I. 252. die mannigfaltigen Wolthaten
    GOttes, die dieſelben in ihrem Leben genieſſen
    III. 294. deren Koͤrper iſt eine aus vielen zuſam-
    mengeſezte Kunſtmaſchine. IV. 247. aus deren
    mannigfaltigen Geſichtsbildungen und Sprachen
    iſt die Weisheit GOttes zu erſehen. III. 102
  • Mittel, die Leiden dieſer Zeit zu beſiegen. III. 191.
    das beſte bei ſelbſt verurſachten Leiden iſt die Ge-
    dult; IV. 243
  • Misbrauch der Guͤte GOttes, der von einigen
    Liebhabern der Blumen begangen wird. II. 293.
  • Moloch Gedanken uͤber deſſen Kupferblatt. III. 89.
  • Moos der merkwuͤrdige Baummoos. III. 163.
  • Morgengedanken.I. 154
  • Morgenroͤthe, die angenehme. II. 41
  • Moſis Lobgeſang. III. 287
  • Mutter, Grabſchrift derſelben, da ſie an den Be-
    graͤbnistage ihres einzigen Sohnes geſtorben. II.
    233
    .

Appendix B.14 N.


  • Nachlaͤßigkeit der Menſchen die wunderbahre und
    weiſe Einrichtung ihres Koͤrpers zu erkennen. III.
    81
  • Nachteulchen, ein um ein Licht flatterndes. III.
    125
  • Nacht violen, die wolrichenden. I. 90.

Nacht-
[[345]]uͤber alle vier Theile.
  • Nachtzeit iſt eine Wolthat GOttes. IV. 217
  • Natur und Schrift, I. 49. deren Geheimniſſe.
    III. 83.
  • NaturbuchI. 37. Lob GOttes aus demſelben.
    II. 236.
  • Neid.II. 197.
  • Neigungen der Menſchlichen Gemuͤther bezeugen
    die Weisheit GOttes III. 134.
  • Nelkenflor die ſchoͤne. I. 93
  • Nichtigkeit der Menſchen in Anſehen der Groͤſ-
    ſe GOttes. IV. 215.

Appendix B.15 O.


  • Obſt, betrachtung uͤber eine mit gelben und ſafti-
    gen angefuͤlte Schuͤſſel. III. 67.
  • Obſtfruͤchte, Gedanken bei ſolchen, die zwar un-
    anſehnlich, aber doch gut ſchmekken. III. 156
  • Offenbahrung, deren Buch die heilige Schrift
    I. 40. in deren Licht wird die Groͤſſe GOttes er-
    blikket. III. 56. des Erloͤſers, beweiſet die man-
    nigfaltige Weisheit GOttes. I. 356. II. 24
  • Ohr, iſt ein kuͤnſtliches Meiſterſtuͤkke des allmaͤch-
    tigen und weiſen Schoͤpfers. IV. 166

Appendix B.16 P.


  • Paradies.I. 186
  • Pfau, der ſtolze. II. 319
  • Preis GOttes wegen der wunderbahren Hervor-
    bringung und Einrichtung der Menſchen. IV. 67
  • Pſalm, der ſechſte, uͤberſezzet. IV. 162. der ein
    und neunzigſte uͤberſezzet. III. 305

Appendix B.17 Q.


  • QuekſilberIV. 210.

Y 5R.
[[346]]Hauptregiſter

Appendix B.18 R.


  • Rabe ein redender. III. 76
  • Rakete betrachtet. IV. 275
  • Rath fuͤr die, welchen die Welt zu enge. IV. 119
  • RegenII. 177
  • Regenbogen der buntgefaͤrbte II. 185
  • Regierung der Welt die zwar wunderbahr, doch
    weiſe. I. 262
  • Religion.IV. 284
  • Religion, der eingebildeten Klugen iſt thoͤrigt. III.
    351
  • Richter ein allwiſſender, iſt GOtt. I. 150
  • Roſen die rothen I. 83. die praͤchtigen Stokroſen.
    I. 111

Appendix B.19 S.


  • Saaten die gruͤnen. II. 111
  • SalzIII. 277
  • SchattenIII. 49. denſelben gleicht der Menſch. II. 151
  • Schaubuͤhne der Welt. II. 74
  • Scheuren Ueberſchrifft an die mit Fruͤchten ange-
    fuͤllten. II. 300
  • Schikſal der Kirche JEſu und der erſten Chriſten.
    I. 150.
  • Schlittenfahrt die zur Winterszeit angeſtelte. IV.
    245
  • Schnee moraliſch betrachtet. IV. 100
  • Schneeball ein aufgewelzter. IV. 103
  • SchnekkenhausIII. 275
  • Schoͤnheit der niedertraͤchtigen deren Bild der
    Goldkaͤfer. I. 147.

Schoͤp-
[[347]]uͤber alle vier Theile.
  • Schoͤpfer deſſen kuͤnſtliche Meiſterſtuͤk iſt das Ohr.
    IV. 166
  • Schoͤpfung iſt ein Spiegel der goͤttlichen Herr-
    lichkeit. I. 167
  • Schrift die heilge. I. 40. nebſt den Buche der Na-
    tur betrachtet. I. 49. deren Kern und Stern iſt
    Chriſtus. I. 327. aus derſelben leuchtet die man-
    nigfaltige Weisheit Gottes herfuͤr III. 345
  • Scheffel ein mit gelben und ſaftigen Obſt ange-
    fuͤllte betrachtet. III. 67
  • SeeleIV. 48. deren Arzt iſt JEſus I. 143. iſt das
    koſtbahrſte Kleinod der Menſchen. II. 215. Traͤu-
    me derer die da meinen, daß dieſelbe nach dem
    Tode ſchlafe. II. 72
  • Seufzer des Suͤnders um Gnade. I. 153. nach ei-
    ner geloͤſchten Feuersbrunſt. II. 229
  • Sieg der Glaͤubigen uͤber die Welt und ſich ſelbſt.
    I. 313
  • Sinnen bezeugen die Weisheit und Guͤte GOttes.
    IV. 109. von denſelben wird die Guͤte GOttes
    empfunden. I. 304
  • Sohn der einzige Grabſchrift einer Mutter die an
    deſſen Begraͤbnistage geſtorben. II. 233
  • SommerII. 1
  • Sonnenblume die lehrende. I. 130
  • Sorgen Anrede an die, welche ſich mit bangen
    Nahrungsſorgen quaͤlen. II. 222
  • Spiegelblume.I. 34
  • Spinne die kuͤnſtliche mit ihrem Gewebe. II. 136
  • Sprache der Menſchen, aus derſelben leuchtet die
    Weisheit GOttes hervor. III. 102
  • Staat derer Bienen iſt wunderbahr. III. 196
  • Staub, demſelben gleicht der Menſch. II. 151

Stau-
[[348]]Hauptregiſter
  • Stauden die im Winter gruͤnenden beweiſen die
    Vorſorge GOttes fuͤr die Thiere. IV. 160
  • Steine in denenſelben iſt die groͤſſe GOttes gebildet.
    III. 326
  • Stern der heiligen Schrift iſt JEſus. I. 327
  • Sternhimmel zur Verherrlichung des Schoͤpfers
    erwogen. I. 322
  • Stimme GOttes im Donner. II. 264. im Ha-
    gel. II. 203
  • Stokroſen die praͤchtigen. I. 111
  • Streit der Bienen und Weſpen. III. 183. uͤber den
    Urſprung des Boͤſen erwogen. III. 253
  • Suͤnde und Todt. IV. 307
  • Suͤnder deren Seufzer um Gnade. I. 153
  • Suͤndfluth deren Gewaͤſſer ein Spiegel goͤttlicher
    Gerechtigkeit. I. 236.

Appendix B.20 T.


  • TadelſuchtIII. 79
  • Tempel ein Egyptiſcher betrachtet. IV. 184
  • Teufel iſt GOttes Affe. III. 32
  • Thautropfen des Feldes als ein Spiegel der Got-
    heit. II. 106
  • Thiere deren wundernswuͤrdige Vorſorge vor die
    Jungen. I. 269. Die Vorſorge GOttes fuͤr die-
    ſelben an denen im Winter in den Waͤldern gruͤ-
    nende Stauden bemerket. IV. 160
  • Thorheit der Menſchen die ſich uͤber die Witterung
    beſchweren. III. 64
  • Thraͤnen JEſu uͤber die Stadt Jeruſalem betrach-
    ter. IV. 130
  • Tod nach demſelben komt das Gericht. I. 160. deſ-
    ſen natuͤrliche und geiſtliche Betrachtung. I. 32.
    Traͤu-
    [[349]]uͤber alle vier Theile.
    Traͤume derer, die dafuͤr halten, daß die Seele
    nach demſelben ſchlafe. II. 72
  • Todtenkopf ein Uhr in demſelben. I. 298
  • Trauben ein mit gereiften angefuͤlter Weinſtok be-
    trachtet. III. 175
  • Traͤume derer die da glauben, daß die Seele nach
    dem Tode ſchlafe. II. 72
  • Treib-Eis betrachtet. IV. 300
  • Tugend die beneidete deren Bild iſt eine Lilje. I.
    53
  • TulpenI. 20. nochmahlige Betrachtung derſelben
    zum Ruhm des Schoͤpfers. I. 78

Appendix B.21 U.


  • Uberſchrift, an die Vorrathskammeren und Geld-
    kaſten den Geizigen. IV. 214. an einen Kirchhof.
    III. 324
  • Uberſezzung des 6. Pſalms. IV. 162. des 91.
    Pſalms. III. 305
  • Uhr im Todtenkopfe betrachtet. I. 298.
  • Ungewitter, Anrede an GOtt um Abwendung
    deſſelben. II. 49
  • Unglaube.IV. 153
  • Unverhoft kamt oft. IV. 186
  • Urſprung des Boͤſen, Streitigkeiten uͤber denſel-
    ben betrachtet III. 253.

Appendix B.22 V.


  • Vergaͤnglichkeit der Blumen. I. 23
  • Vergeltungsrecht GOttes im Strafen. I. 279.
    im Leiden JEſu. IV. 192.
  • Vergnuͤgen aus dem Anſchauen des Himmels
    zur
    [[350]]Hauptregiſter
    zur Nachtzeit. I. 300. Gedanken uͤber J. C. H.
    Beitrag zum irdiſchen. II. 225
  • Vermehrung des Getreides iſt wunderbahr. II.
    255
    .
  • Verwandelung eines Kirſchbaums iſt bewunders-
    wuͤrdig. I. 245
  • Viole, ein Sinnbild der Demut. I. 18. wolrie-
    chende Nachtviolen. I. 90
  • Voͤgel, deren Flucht iſt wunderbahr. III. 169
  • VoͤllereiIII. 263
  • Vorrathskammern die Geizigen, Uberſchrift an
    dieſelben. IV. 212
  • Vorſehung GOttes uͤber das Leben der Menſchen
    iſt wunderſam. I. 115
  • Vorſorge GOttes vor die Thiere an den zur Win-
    terszeit in den Waͤldern gruͤnenden Stauden be-
    merket. IV. 160. der Thiere vor die Jungen iſt
    bewundernswuͤrdig. I. 269.

Appendix B.23 W.


  • Wagen, Gedanken uͤber einen von demſelben ge-
    fallnen alten Mann. II. 231
  • Waſſerblaſen, die ſchnell entſtandenen und ſchnell
    vergangenen. II. 254
  • Weinſtok ein zur Herbſtzeit mit reifen Trauben
    angefuͤlter. III. 175
  • Weisheit GOttes, bei den mannigfaltigen Ar-
    ten der Geſchoͤpfe I. 226. an den mannigfaltigen
    Geſchoͤpfen im Reiche der Natur. I. 338. in der
    Erfindung und Offenbahrung des Erloͤſers. I.
    356
    . II. 24. aus den mannigfaltigen Geſichts-
    bildungen und Sprachen der Menſchen. III. 102
    bei den unterſchiedenen Neigungen und Geſchik-
    lichkei-
    [[351]]uͤber alle vier Theile.
    lichkeiten der menſchlichen Gemuͤthern. III. 134.
    leuchtet aus der Kornaͤhre hervor. II. 131. an
    den Kornhalmen II. 118 leuchtet aus der heili-
    gen Schrift hervor, III. 345. an den 5. Sin-
    nen. IV. 109. bei der Einrichtung der 4. Jahrs-
    zeiten. I. 59. aus der mannigfaltigen Uberſezzung
    der Bibel. I. 55
  • Welt, die im Fruͤhlinge aufgelebte I. 13. deren
    allgemeiner Abgott iſt das Geld. IV. 212. deren
    Falſchheit. IV. 270. iſt ein Land der Eitelkeit.
    II. 282. ein guter Rath fuͤr die, welche dieſelbe
    zu enge. IV. 119. deren Regierung iſt zwar
    wunderbahr doch aber weiſe. I. 262. deren
    Schaubuͤhne. II. 74
  • Weltſchule, die lehrreiche. II. 209
  • Wenige ſind auserwehlet. I. 151
  • Weſpen, deren Streit mit den Bienen III. 183.
  • Wetter, Ermuntrung des Gemuͤths bei neblich-
    ten und truͤben. III. 167
  • Wetterglas betrachtet. III. 273
  • Wetterhahn betrachtet. III. 255
  • Wieſen, die bei angenehmen Sonnenſchein be-
    bluͤmeten. I. 99
  • Wind,II. 302
  • WinterIV. 1. das durch demſelben erwekte An-
    dachtsfeuer. IV. 18
  • Wintergruͤn, das lehrreiche. IV. 34
  • Witterung, die Torheit der Menſchen, die ſich
    uͤber dieſelbe beſchweren. III. 64
  • Wochen Eintheilung IV. 305
  • Wolthaten GOttes, die er uns durch die Ernd-
    te erwieſen werden von vielen nicht erkant II.
    258
    . Dankſagung fuͤr dieſelben. III. 127. ſind
    mannigfaltig, die der Menſch in ſeinen Leben ge-
    nieſſet, ſind mannigfaltig. III. 294

Wort
[[352]]Hauptregiſter uͤber alle vier Theile.
  • Wort GOttes, die Feſtigkeit deſſelben bei den
    Untergange der Welt I. 141
  • Worte der am Kreuz iſt meine Liebe betrachtet. II.
    128
  • Wunder GOttes, die aus dem Lauf des Lebens
    hervor leuchten. I. 114
  • Wunderbahr nur ſeliglich I. 159
  • Wuͤnſchen, das vergebliche III. 284

Appendix B.24 Z.


  • Zeit derſelben Abwechſelung. I. 17. die abwech-
    ſelnde iſt eine weiſe Einrichtung GOttes fuͤr die
    Menſchen. I. 132. Mittel, deren Leiden zu be-
    ſiegen. III. 191. Betrachtung derſelben. IV. 277
  • ZornII. 345
  • Zukuͤnftige, warum uns GOtt daſſelbe verbor-
    gen. I. 144
  • Zunge, deren Phyſicaliſche und moraliſche Be-
    trachtung. IV. 161. des Verlaͤumders IV. 309
  • ZweifflerIV. 302.

[[353]]
Notes
(*)
Joh. 4. 47-54.
(*)
Brief an den Philemon v. 15.
(*)
Roͤm. XIII. 11.
(*)
Es wird von Albertus Magnus erzaͤhlet, daß er
eine Statuͤe in Menſchen Geſtalt verfertiget habe,
die ſich bewegen und reden koͤnnen, daran er dreißig
Jahr gearbeitet: welche aber Thomas Aquinas zer-
ſchlagen, der ſie vor ein Geſpenſt angeſehen. Siehe
Joͤchers gelehrtes Lexicon unter den Nahmen Alber-
tus Magnus.
(*)
Hiob c. IX. 30. 31.
(*)
Eſ c. I. 18.
(*)
Man nennet dieſelben Blutadern oder Venæ.
(*)
Pulsadern heiſſen diejenigen, dadurch das Blut von dem
Herzen durch die Theile des Leibes gedruͤkket wird. Man
nennt ſie arteriæ.
(*)
Das iſt oben am Herzen, wo das Blut in die Hohl-
ader oder vena cava herabfaͤlt, und da das Blut aus
der andern hinaufſteigt und gegen die andre anlaͤufft.
Damit dadurch nicht der Lauf gehemmet werde; ſo
hat die ewige Weisheit eine Hoͤhe zwiſchen dieſen bei-
den
(*)
Man nennt dieſe auch Ohrlaͤpplein.
(*)
den Hohladern gemacht, wogegen das Blut, das von
oben herab kommt, anſtoͤſſet, und dadurch ihm der
Weg nach dem rechten Herzlaͤpplein gezeiget wird; da
indeſſen das Blut welches aufſteiget, von Gegenlauf
befreiet iſt.
(*)
Unter dieſen dreien Haͤuten iſt die aͤuſerſte ſehr hart,
vorne aber in einen ziemlichen Umſange durchſichtig,
und wird daher tunica cornea oder die durchſichti-
ge Horn-Haut
genennet. Sie umgiebet das ganze
Auge, und machet rund herum das Weiſſe in denſel-
ben. Unter dieſer lieget die andre, die man tunica
uvea
oder die Traubenfoͤrmige nennet. Dieſe iſt
hinterwerts im Auge ganz ſchwarz, kleidet die inwen-
dige Hoͤhle aus, und hindert ſonderlich daß das Licht
von den Seiten des Auges nicht zuruͤk nach den Bo-
den prallen und die [Abbildung] der Strahlen an dem-
ſelben hindern koͤnne. Die dritte Haut bedekket den
Boden des Auges, wie ein ſeiner weiſſer Flor und
wird daher die Nezfoͤrmige Haut oder Tunica re-
tina
genennet. Daran geſchehen alle Abbildungen im
Auge, und werden alle Bilder dem Sehnerven, der
dichte hinter ihr lieget, zugefuͤhret.
(**)
Die Feuchtigkeiten des Auges ſind auch dreifach.
Die erſte iſt einem klaren Waſſer gleich, und recht duͤn-
ne und fluͤßig, daher wird ſie auch die waͤſſerichte
Feuchtigkeit
oder humor aqueus genennet. Sie die-
net
(**)
net die Hornhaut anzufeuchten, daß dieſelbe hell und
durchſichtig bleibet. Die andre iſt mehr ein dichtes
als fluͤßiges Weſen, doch hell und durchſichtig, wird
daher die Kriſtallene Feuchtigkeit, oder humor
cryſtallinus
genennet. Sie faſſet die Lichtſtrahlen auf,
und laͤſt ſie weiter ins Auge hinein. Die dritte iſt
weder ſo fluͤßig als die waͤsrichte, noch ſo dichte als
die Kriſtallene, und iſt einem geſchmolzen Glaſe gleich,
heiſſet daher die glaͤſerne Feuchtigkeit oder humor vi-
treus.
Dieſe dienet dem Auge ſeine runde Geſtalt zu
geben, und die Nezfoͤrmige Haut ausgeſpannet zu er-
halten.
(*)
Herr Schelhammer hat zwar in ſeinem vortrefli-
chen Buche de auditu, die Schnekke des Ohrs in Ku-
pfer kuͤnſtlich vorgeſtellet. Man wird ſich aber auch
dadurch keinen rechten Begrif machen koͤnnen, wie ſie
von der Natur gebildet.
(*)
Dieſer wird von denen Zergliederern des menſchli-
chen Koͤrpers der Gehoͤrgang genennet, und iſt bei
den Menſchen ganz beinern, da er bei denen meiſten
Thieren hingegen knoͤrplich iſt.
(**)
Dieſes iſt eine duͤnne durchfichtige und trokne
Haut, die vor den Gehoͤrgang, wie ein Fell uͤber die
Trommel geſpannet wird, daher es auch den Nah-
men bekommen.
(*)
Dieſer Gang, wird der Waſſergang, und von ſei-
nen Erfinder aquæductus Fallopii genennet. Er hat
den Nahmen Waſſergang bekommen, weil er denen
verdekten Waſſerleitungen der alten Roͤmer gleichet.
(**)
Dieſer Gang gehet aus der Trommelhoͤhle in den
Mund und wird wegen desjenigen, der ihn zu erſt ent-
dekket von den Zergliederern des Ohrs, ductus Eu-
ſtachii
genennet. Der bringet beim Athemholen Luft
in die ſogenandte Trommelhoͤhle, welche zur Beſoͤr-
derung des Schalls dienet, und zur Erhaltung des
zarten Trommelfells nuͤzzet, daß von auſſen durch die
Lufft gedruͤkt wird. Es dienet auch denen, die Scha-
den am Gehoͤr haben, daß ſie einigermaſſen eine
ſchwache Empfindung des Schalles durch den Mund
bekommen. Daher es auch kommt daß taube Perſoh-
nen, wenn ſie den Mund offen haben ein wenig hoͤren.
(***)
Man nennet die leztere Hoͤhle des Ohrs Laby-
rinth
oder Jrrgarten, weil ſich dieſelbe ſo wunder-
bahr durch einander windet, daß man daſelbſt keinen
Ausgang finden kan.
(*)
Kobold iſt ein griechiſches Wort und heiſt eigentlich
ſo viel als ein Betruͤger und Schmeichler. Man
verſteht dadurch gewiſſe Geiſter, welche ſich in den
Bergwerken unter der Erde ſpuͤren lieſſen, und zum
Schein allerhand Berg-Arbeit vornehmen, und de-
nen die ſie zum Zorn reizten, uͤbel begegneten.
Schott hat davon in Phyſica curioſa und Posner
in diſſert. de virunculis metallicis
gehandelt. Das
Reich der Geiſter iſt uns ſo bekandt nicht, daß wir
uns von dem Daſeyn ſolcher Berg-Geiſter uͤber-
zeugen koͤnnten.
(*)
Camera obſcura.
(*)
Es wird hier auf das Perpetuum mobile ge-
zielet, welches die Weiſen zuerfinden gemeinet;
ſich auch ſchon offte geruͤhmet, daß ſie es erfun-
den haben. Es iſt aber noch nirgends anzutreffen.
Wer ein rechtes perpetuum mobile mit Haͤn-
den greiffen wil, der greiffe nur an ſeine linke Sei-
te, und bewundere daran, die Allweisheit des groͤſ-
ſeſten Meiſters.
(*)
Diejenigen welche die Proportion des Menſchlichen
Koͤrpers
(*)
Koͤrpers ausgemeſſen, bemerken, daß einjeder ſechs-
mahl laͤnger ſey, als er breit iſt, zehnmahl ſo lang
als er auf ſeiner Bruſt dik iſt, viermahl ſo lang, als
ſeine Hand bis an den Ellenbogen reichet. Eben ſo
lang, als er mit ſeinem beiden Armen abſpannen kan.
Ein jeder Menſch iſt ſechsmahl ſo lang als ſein Fuß
iſt, vier und zwanzigmahl ſo lang, als ſeine ausge-
ſtrekte platte Hand, zwei und ſiebenzigmahl ſo lang,
als ſein Daumen breit iſt, ſechs und neunzigmahl ſo lang
als ſein Finger breit iſt u. ſ. w. Es kommen alſo mehr
als hundert tauſend Verhaͤltniſſe des einen Gliedes
an den Koͤrper gegen das andre heraus, wenn man
ſie alle ausrechnen wolte. Und dieſe ſind bey allen ge-
ſund gebohrnen Menſchen richtig, und treffen durch-
gehends ſehr genaue ein.

Dieses Werk ist gemeinfrei.


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Kolimo+

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TextGrid Repository (2025). Collection 1. Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Andächtige Betrachtungen aus dem Buche der Natur und Schrift. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bjqx.0