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[figure]
[[I]]
Praktiſche Anweiſung
zur Konſtrukzion
der
Faſchinenwerke
und
den dazu gehoͤrigen Anlagen
an
Fluͤſſen und Stroͤmen
nebſt
einer Anleitung zur Veranſchlagung dieſer Baue
.


Mit 8 Kupfern.

Berlin,:
in Kommiſſion bei Friedrich Maurer
1800.

[[II]][[III]]

Vorrede.


Dieſe Abhandlung, von welcher ſchon die erſten Kapitel zum Theil in
der Sammlung nuͤtzlicher Aufſaͤtze und Nachrichten, die Baukunſt betref-
fend, Jahrgang 1798 abgedruckt ſind, erſcheint hier im Zuſammenhange.
Sie ſoll nur eine Anweiſung enthalten, wie bei dem Baue der verſchiede-
nen Faſchinenwerke zu verfahren iſt, weil die bereits bekannten Anleitun-
gen zu dieſer Bauart, theils nicht vollſtaͤndig genug, theils auch ſo be-
ſchaffen ſind, daß ſich davon ſelten ein tuͤchtiger Bau, der den Wellen
und dem Eiſe trotzen koͤnnte, erwarten laͤßt.


Die ganze Anweiſung gruͤndet ſich auf meine vielfaͤltige eigene Er-
fahrungen und auf die Beobachtung der Bauarten verſchiedener Stroͤme,
insbeſondere aber iſt die Bauart an der Oder und Warthe als Grund-
lage angenommen, weil dieſer, ſelbſt an andern Stroͤmen der Vor-
zug eingeraͤumt worden, auch eine vieljaͤhrige Erfahrung den ſicherſten
Beweis fuͤr ihre Tuͤchtigkeit ablegt. In Abſicht der Coupirungen muß ich
bemerken, daß mir der Hr. Kriegsrath Senf zu Cuͤſtrin, welcher die
groͤßten und meiſten Coupirungen in unſerer Gegend ausgefuͤhrt hat, einige
ſeiner ſehr wichtigen Erfahrungen mittheilte, wofuͤr ich hierdurch oͤffentlich
Dank abſtatte.


Es darf wohl kaum erwaͤhnt werden, daß dieſe Bauart in einem
andern Klima oder unter ſehr verſchiedenen Umſtaͤnden, als die hier vor-
[IV]Vorrede.
ausgeſetzteu ſind, einiger Modifikazionen bedarf; allein bei welcher architek-
toniſchen Anweiſung iſt dies nicht der Fall?


Es waͤre ſehr leicht geweſen, dieſe Anweiſung zum Faſchinenbaue,
durch eine Menge von Beiſpielen zu begruͤnden; hierdurch waͤren aber
keine andere als die gegebenen Regeln entſtanden, und weil dieſe Beiſpiele
wenn ſie von Nutzen ſeyn ſollen, nicht nur das Ganze ſehr weitlaͤuftig
machen, auch die Kupferabdruͤcke dadurch noch anſehnlich vermehrt wer-
den, ſo habe ich mich zur Erſparung der Koſten, nur auf den Bau ſelbſt
eingeſchraͤnkt.


Wenn uͤbrigens in dieſer Schrift außer dem Baue der Werke, noch
einige Bemerkungen uͤber die Wahl der Bauſtellen, die Wirkungen und
Folgen der Anlagen beigebracht ſind, ſo gehoͤren ſolche eigentlich nicht in
den Plan derſelben, nach welchem nur die Abſicht iſt, die Konſtrukzion der
Faſchinenwerke zu beſchreiben, weil die weitere Ausfuͤhrung uͤber die Art
wie Stroͤme nach Grundſaͤtzen zu reguliren ſind, eine beſondere Abhandlung
erfordert, worin der Bau der Packwerke als bekannt voraus geſetzt wird.
Auch giebt es ſchon ſo mancherlei Anweiſungen, Stroͤme zu verbeſſern, ohne
daß man aus denſelben lernt, wie eigentlich der Bau gefuͤhrt werden muß —
daher dieſe zufaͤlligen Bemerkungen, nur in ſo fern beigefuͤgt ſind, als ſie mit
zur beſſern Beurtheilung bei der Fuͤhrung des Baues dienen koͤnnen.


Alle vorkommende Abmeſſungen beziehen ſich auf rheinlaͤndiſches Maaß,
welches mit dem bei uns eingefuͤhrten brandenburgiſchen zwoͤlftheiligen Maaße
uͤberein koͤmmt. Berlin im Januar 1799.


E.



[]

Anweiſung
zum
Faſchinenbaue.


[][V]

Inhalt.


  • Einleitung.
  • Seite. §.
  • Vortheile bei dem Faſchinenbaue. Schwierigkeiten ſolchen zu beſchreiben 1 — —
  • Beſchwerden bei Ausfuͤhrung der Baue. Ermunterung die dem Waſſerbaumeiſter
    gebuͤhrt 2 — —
  • Erſtes Kapitel.
    Von der Eintheilung der Faſchinenwerke
    .
  • Erklaͤrung der Packwerke, als: Deckwerke, Buhnen, Fangbuhnen, Ueberfaͤlle, Buhnenkoͤpfe 3 — 1
  • Erklaͤrung der Vernaͤtherungen, als: Spreutlagen, Rauchwehren, Uferbekleidungen 5 — 2
  • Zweites Kapitel.
    Von den Materialien und Werkzeugen welche zum Faſchinenbau erfordert werden.
  • Seite. §.
  • Faſchinen; ihre Verfertigung 6 — 3
  • Bindweiden, Baͤnder, Schleife, Schloß 7 — 4
  • Wuͤrſte und ihre Verfertigung 8 — 5
  • Pfaͤle 9 — 6
  • Erde 10 — 7
  • Werkzeuge, Geraͤthſchaften oder Utenſilien 10 — 8
  • Drittes Kapitel.
    Von den Packwerken uͤberhaupt, beſonders in Abſicht ihrer Dimenſionen.
  • Seite. §.
  • Naͤhere Erklaͤrung eines Packwerks 12 — 9
  • Krone oder Oberbreite, Unterbreite, Doſſirung oder Boͤſchung . 12 — 10
  • Hoͤhe 13 — 11
  • Ob die Spitzen der Faſchinen gegen das Waſſer zu legen ſind . 15 — 12
  • Jahrszeit fuͤr den Bau 16 — 13
  • Viertes Kapitel.
    Von dem Baue der Buhnen
    .
  • Seite. §.
  • Zwecke bei dem Buhnenbaue 17 — 14
  • Wurzel, Kopf, Streichlinie — — —
  • Defenſiv- und Offenſivbuhnen — — —
  • Normalbreite des Stroms — — —
  • Wirkung der Buhnen auf das gegenuͤberliegende Ufer . 18 — 15
  • Lage gegen den Stromſtrich. Schiefliegende und ſenkrechte Buhnen 19 — 15
  • Wirkung der Buhnen auf den Abbruch des diſſeitigen Ufers . — — —
  • Verlandung welche Buhnen bewirken 19 — 16
  • Laͤnge der Buhnen. 21 — 16
  • Ausmittelung der Urſachen des Abbruchs 22 — 17
  • Nicht immer ſind Buhnen zweckmaͤßige Mittel — — —
  • Unterſuchung des Grundbettes 22 — 18
  • Materialienvorrath 23 — 19
  • Warum Buhnen zuweilen vom Strom weggeriſſen werden . — — —
  • Abſtecken der Buhne 24 — 20
  • Einſchnitt in das Ufer 25 — 20
  • Anfang des Baues 25 — 21
  • Faſchinenkopf 26 — 21
  • Wie weit man die erſte Faſchinenlage in den Strom baut . — — —
  • Vorlage, Ruͤcklage 27 — 21
  • Bewuͤrſtung 27 — 22
  • Benagelung 28 — 22
  • Erdbeſchwerung 28 — 23
  • Ende der erſten Lage 29 — 23
  • Anfang der zweiten Lage 30 — 24
  • Vorſprung jeder Lage uͤber die untere gegen den Strom hin — — —
  • Beſtimmung der Ausladung und Einziehung 31 — 24
  • Bau der dritten und vierten Lage 32 — 25
  • Loshauen der Wuͤrſte — — —
  • Kurze Lagen — — —
  • Ob ſich das Werk auf den Grund geſetzt hat — — —
  • Rammen 33 — 25
  • Seite. §.
  • Schwierigkeiten beim Zeichnen der Packwerke 34 — 26
  • Zuruͤckziehung der Lagen 34 — 27
  • Was hier bei der Erdbeſchwerung zu beobachten iſt 35 — 27
  • Ausgleichung der Krone 35 — 28
  • Bauart in verſchiedenen Tiefen 35 — 29
  • Bauart der Schoͤpfbuhnen 36 — 30
  • Sind keine Waſſermagnete. Ihr Nutzen — — —
  • Bau der Rauſchbuhnen 36 — 31
  • Fuͤnftes Kapitel.
    Vom Baue der Spreutlagen auf den Buhnen
    .
  • Seite. §.
  • Zeit in der man baut 37 — 32
  • Spreutlagenpfaͤle — — —
  • Bauart — — —
  • Bewuͤrſtung, Benagelung, Erdbeſchwerung 38 — 32
  • Sicherung der Rauchwehre 38 — 33
  • Sechstes Kapitel.
    Von dem Baue der Coupirungen
    .
  • Seite. §.
  • Faͤlle in welchen man Coupirungen anlegt 39 — 34
  • Stromcoupirungen — — —
  • Durchbruchs oder Deichcoupirungen 40 — 34
  • Abmeſſungen der Stromcoupirungen, Doſſirung, Kronenbreite, Hoͤhe . 40 — 35
  • Wahl des Ort, wenn ein Deich geſchuͤttet werden ſoll 41 — 36
  • Wenn ein Stromarm abgeſchnitten werden ſoll 42 — 36
  • Ob man einen Stromarm ober- oder unterhalb coupiren ſoll . — — —
  • Wenn mehrere Coupirungen laͤngs eines Stroms ausgefuͤhrt werden ſollen 43 — 37
  • Zeit in der Stromcoupirungen ausgefuͤhrt werden 43 — 38
  • Bauart uͤberhaupt 44 — 39
  • Erddamm vor der [Coupirung] — — —
  • Materialien 45 — 40
  • Abſtecken. Einſchnitt in das Ufer. Fuͤhrung des Baues . 46 — 41
  • Schluß 48 — 42
  • Arbeit nach dem Schluß 50 — 43
  • Seite. §.
  • Große Pfaͤhle taugen nichts bei Coupirungen 51 — 44
  • Mittel wenn ſich die Oefnung nicht ſtopfen will — — —
  • Durchbruchscoupirungen. Zeit in der ſie auszufuͤhren ſind. Wahl des Orts 52 — 45
  • Abmeſſungen 53 — 46
  • Arbeit 54 — 46
  • Faſchinenuͤberfaͤlle, Schlickpackwerke 54 — 47
  • Siebentes Kapitel.
    Von dem Baue der Rauchwehren
    .
  • Seite. §.
  • Packwerksrauchwehren. Bauzeit. Materialien 55 — 48
  • Bauart 55 — 49
  • Uferrauchwehren oder Uferbekleidungen — — —
  • Bauzeit. Materialien. Bauart. 56 — 50
  • Von den Vorſchlaͤgen 57 — 51
  • Achtes Kapitel.
    Von dem Baue der Deckwerke
    .
  • Seite. §.
  • Faͤlle in welchen Deckwerke angelegt werden. 58 — 52
  • Wo ſie entbehrt werden koͤnnen — — —
  • Naͤhere Beſtimmung ihrer Figur 59 — 53
  • Einſchnitt, Abſtecken, Anfang des Baues 59 — 54
  • Fortſetzung deſſelben 61 — 55
  • Ende des Baues 62 — 58
  • Spreutlage 63 — 59
  • Neuntes Kapitel.
    Von den Pflanzungen
    .
  • Seite. §.
  • Nutzen und Unentbehrlichkeit der Weiden und Pappelpflanzungen . 63 — 60
  • Strauch- und Baumpflanzungen 64 — 60
  • Pflanzzeit, Winterpflanzung, Sommerpflanzung 65 — 61
  • Faͤlle in welchen Pappeln oder Weiden zum Pflanzen gewaͤhlt werden . 65 — 62
  • Von den Strauch-Gruben oder Neſterpflanzungen 66 — 63
  • Abſtecken und Fuͤhrung der Arbeit 67 — 64
  • Seite. §.
  • Baumpflanzungen, beſte Pflanzzeit 68 — 65
  • Anlegung derſelben 69 — 65
  • Fuͤhrung des Haues und Hauzeit 70 — 66
  • Von den Weiden und Pappellarten zu Strompflanzungen . 71 — 67
  • A. I. Weiße Weide, Salix alba71 — —
  • II. Knackweide, S. fragilis72 — —
  • III. Mandelweide, S. amgydalina72 — —
  • IV. Gelbe Bandweide, S. vitellina72 — —
  • V. Lorbeerweide, S. pentandra73 — —
  • VI. Saalweide, S. caprea73 — —
  • VII. Rothe Bandweide, S. purpurea74 — —
  • VIII. Korbweide, S. viminalis74 — —
  • IX. Bachweide, Roſenweide, S. Helix75 — —
  • X. Werftweide, S. acuminata76 — —
  • B. I. Silberpappel, Populus alba76 — —
  • II. Schwarzpappel, P. nigra76 — —
  • III. Zitterpappel, Espe, P. tremula77 — —
  • Zehntes Kapitel.
    Von Verfertigung der Zaͤune
    .
  • Seite. §.
  • Von den Befriedigungen 78 — 68
  • Verfertigung der Flechtzaͤune 79 — 69
  • — — der Wurſtzaͤune 80 — 70
  • — — der Stangenzaͤune 80 — 71
  • — — lebendigen Hecken 81 — 72
  • Sicherung einzelner Kopfweiden 81 — 73
  • Schlickzaͤune 82 — 74
  • Eilftes Kapitel.
    Von den Anſchlaͤgen
    .
  • Seite. §.
  • Schwierigkeiten ſolche anzufertigen 83 — 75
  • Ob Baue durch Entreprenneur oder auf Rechnung auszufuͤhren ſind . 83 — 76
  • Ausmittelung der Faſchinen und Erde zu einer Kubikruthe Packwerk . 84 — 77
  • Der Wuͤrſte 85 — 78
  • Seite. §.
  • Der Faſchinenpfaͤhle 86 — 79
  • Saͤmmtlicher Materialien zu einem Deckwerke, einer Buhne oder Coupirung 86 — 80
  • Zur Spreutlage und Rauchwehre 87 — 81
  • Bei Neſterpflanzungen und Flechtzaͤunen 87 — 82
  • Arbeieslohn fuͤr Faſchinen, Wuͤrſte, Bindweiden, Pfaͤhle; Spreutlagen, Rauchwehren
    und Pflanzungen 88 — 83
  • Erdanfuhre und Eichung der Kaͤhne 89 — 84
  • Tagelohn 90 — 85
  • Koſten fuͤr Faſchinenlegen 91 — 86
  • Fuhrlohn 91 — 87
  • Koſten fuͤr Geraͤthſchaften 92 — 88
  • Anſchlag von einer Buhne 92 — 89
  • — — — Coupirung 94 — —
  • Zwoͤlftes Kapitel.
    Bruchſtuͤcke von Verordnungen in Abſicht des Faſchinenbaues, der damit beſchaͤftigten Offi-
    zianten und der Strompolizei.
  • Seite. §.
  • Aus der Deich- und Uferordnung in der Lebuſiſchen Niederung an der Oder 97 — —
  • Erneuerte und verbeſſerte Dammordnung zu Unterhaltung der Weichſeldaͤmme in der
    Marienwerderſchen Niederung 100 — —
  • Ufer- Ward- und Hegungsordnung fuͤr Schleſien 101 — —
  • Deich- und Ufer- auch Graben- und Wegeordnung, in dem, auf beiden Seiten der
    Oder, zwiſchen Zellin und Oderberg belegenen Niederbruch . 109 — —
  • Waſſer- und Uferordnung fuͤr den Rheinſtrom 117 — —
  • Damm- und Uferordnung fuͤr Oſtpreußen und Litthauen 122 — —
  • Reglement fuͤr die ſo den Bromberger Kanal befahren 125 — —
  • Unterricht wie die Weidenpflanzungen anzulegen. 126 — —

Einlei-[[1]]

Einleitung.


Es darf nur kurz erwaͤhnt werden, daß es von dem groͤßten Vortheile iſt, wenn man ſich
bei dem Baue an Stroͤmen, ſtatt der ſonſt gewoͤhnlichen koſtbaren Pfal- und Steinwerke,
der Faſchinenbaue bedient, welche nicht nur bei dem Stoße des Waſſers und Eiſes weniger
Beſchaͤdigung [ausgeſetzt] ſind, ſondern auch außer der anſehnlichen Koſtenerſparung bei ihrem
Aufbaue, noch den Vortheil mit ſich fuͤhren, daß ſie laͤnger dauern und uͤberdem eine Be-
nutzung des Weidenſtrauchs gewaͤhren.


Dieſe Vortheile werden beſonders einleuchtend, wenn man erwaͤgt, daß zu dem Ma-
teriale bei dem Baue ſelbſt, nichts als Strauch, Erde und kleine Pfaͤle, und zu den Ge-
raͤthſchaften, nur Karren, Bretter, Handrammen, Schippen, Schlaͤgel, Beile u. d. gl. noͤ-
thig ſind. Hierdurch wird man nicht allein in den Stand geſetzt, dem reißendſten Strome
Trotz zu bieten, ſondern auch denſelben nach Gefallen ſo zu benutzen, wie es bei jeden
Umſtaͤnden erfordert wird. Wenn indeſſen bei dem Faſchinenbau nur leichte Mittel an-
gewendet werden, ſo erfordert dennoch der Bau ſelbſt viele Aufmerkſamkeit und eigene Kunſt-
griffe. Wer die Beſchaffenheit dieſer Baue aus Erfahrung kennt, wird geſtehen, daß die
innere Konſtrukzion derſelben und die Fertigkeit und einzelnen Handgriffe, welche der Buh-
nen- Kribb- oder Dammeiſter ſelbſt anwendet, ſo einfach ſie auch ſcheinen wenn man ſie
anſieht, dennoch ſchwer zu beſchreiben ſind, und ſich ſelbſt durch Zeichnungen nicht hinlaͤng-
lich verſinnlichen laſſen; ein Modell davon, wuͤrde aber noch unſchicklicher ausfallen, weil
ſich im Kleinen, ſtatt der Faſchinen, nicht leicht etwas anders anwenden laͤßt, und denn
doch der Hauptumſtand, die Arbeit ſelbſt und das ſtroͤmende Waſſer fehlet.


Es kann durch die muͤhſamſte Technologie ſelten ein Handwerker gebildet werden,
und es iſt daher hier auch nicht die Abſicht, einen zulaͤnglichen Unterricht fuͤr den Buhnen-
A
[2]Einleitung.
meiſter zu liefern, ſondern nur einen hierin noch nicht erfahrnen Baumeiſter oder Aufſeher
in den Stand zu ſetzen, eine dergleichen Arbeit richtig zu beurtheilen und den Buhnenmeiſter
bei ſeinen Verrichtungen, in ſolcher Aufſicht zu halten und ſo zu leiten, damit er nicht wie
es zuweilen geſchiehet, planlos handelt, und doch noch in dem Wahne ſteht, daß er dem
Aufſeher unentbehrlich iſt, und von der Sache mehr, als er verſtehe. Dies iſt leider bei Man-
chen der Fall, welche die Aufſicht uͤber dergleichen Baue erhalten, weil es ihnen an Gelegenheit
fehlte, dergleichen Baue, an ſolchen Orten wo ſie tuͤchtig ausgefuͤhrt werden, mit anzuſehen.
Indeſſen iſt doch die Bauſtelle der vorzuͤglichſte Ort, um ſich in dieſer noch nicht hinlaͤnglich
bekannten Bauart *) praktiſch zu bilden; da aber theils die Koſten, theils auch ſelbſt die
Gelegenheiten fehlen, weil ſelten wichtige Coupirungen und große Anlagen der Art im Zu-
ſammenhang ausgefuͤhrt werden, ſo muß allerdings eine Beſchreibung die Stelle des Lokal-
unterrichts erſetzen, wenn ſie auch in manchen Stuͤcken nicht ganz vollſtaͤndig und ſo deut-
lich ſeyn kann, als die eigene Anſicht der Geſchaͤfte eines geſchickten Buhnenmeiſters ſolche
darſtellet. Man wird dabei ſuchen, durch Zeichnungen, ſo weit es angeht, dieſe Arbeit auf-
zuklaͤren, und ſo durch Beſchreibung und Zeichnung zuſammengenommen, einen angehenden
Baukuͤnſtler und Aufſeher von dem Weſentlichen der Arbeiten, von ihrem Zuſammenhange
und den Folgen zu unterrichten, und ihn zugleich mit den [Kunſtausdruͤcken] der Buhnenmei-
ſter ſo bekannt zu machen, daß er wenigſtens ihre Kunſt- und Handwerksſprache mit ihnen
reden, ſich dadurch bald ihr Zutrauen erwerben und ohne ſich geradezu als Lehrling bloß zu
ſtellen, deſto geſchwinder und zuverlaͤßiger von ihren wichtigſten Geſchaͤften die vorzuͤglich-
ſten Kenntniſſe erlanget.


Wenn hierdurch eine Vertraulichkeit mit dieſer Bauart und ihren Beſchwerden ent-
ſtehet, ſo wird es einleuchten, daß dieſelbe, ſollte ſie auch urſpruͤnglich von den Bibern **)
[3]Einleitung.
entlehnt ſeyn, doch in ihrer Erfindung ſo ſinnreich, und eben wegen des einfachen Anſehens
in der Ausfuͤhrung, mit mehreren Schwierigkeiten und ſelbſt oͤfters mit großen Unfaͤllen und
Gefahren verknuͤpft iſt, als die Ausfuͤhrung irgend eines Landbaues, bei welchem immer ein
feſter Grund vorausgeſetzt wird oder leicht verſchaft werden kann, und wo mit keinem ſolchen
Elemente, als hier mit dem Waſſer, gekaͤmpft werden darf.


Wenn alſo der Baumeiſter, welcher Pallaͤſte und Prachtgebaͤude aufgefuͤhrt hat, mit
Recht geruͤhmt wird, ſo verdient gewiß ein Mann, welcher ſolche Waſſerbaue ausfuͤhrt, in
der That noch mehr Ermunterung und Unterſtuͤtzung; denn jene Werke fallen in die Augen
und die Nationalachtung fehlt denn ſelten; allein ein Waſſerbaumeiſter iſt in der Ruͤckſicht
einem wolthaͤtigen [Menſchenfreunde] gleich, der nur im Stillen Gutes ausuͤbt, weil ſeine
Werke ſogar nicht durch aͤußeres Anſehen in die Augen fallen koͤnnen, ſondern im Waſſer
verborgen bleiben, und man nur ſelten, ans dem vorhergehenden oͤfters unbekannten Zuſtand,
von ihren nuͤtzlichen Wirkungen und Folgen, von der Muͤhe und beſchwerlichen Arbeit ihres
Urhebers, von ſeinen Sorgen und Lebensgefahren, beim Eisgange, anwachſenden Waſſer,
Sturm und Unwetter urtheilen, noch ihm ſolche als Verdienſt anrechnen kann. Es iſt da-
her wohl zu wuͤnſchen, daß dergleichen Maͤnner auch an mehreren Belohnungen und Vorzuͤ-
gen Antheil erhielten, und zur Mittheilung ihrer muͤhſamen erworbenen Erfahrungen ermun-
tert wuͤrden, wodurch in einem Lande, deſſen inneres Verkehr, deſſen Handel, Kultur und
Wohlſtand von ſo vielen wichtigen ſchiffbaren Stroͤmen und Kanaͤlen abhaͤngig iſt, ein we-
ſentlicher Nutzen geſtiftet, und zugleich eine gewiſſe, bis jetzt noch ſehr vermißte Ueberein-
ſtimmung in der Bauart, erhalten werden koͤnnte.



[[4]]

Erſtes Kapitel.
Von der Eintheilung der Faſchinenwerke.


§. 1.


Nach den verſchiedenen Zwecken, welche man durch einen Strombau erreichen will, iſt
auch die Eintheilung der [Faſchinenwerke] verſchieden, ob gleich die Fuͤhrung des Baues in
vielen Faͤllen uͤbereinſtimmend iſt.


Die an Fluͤſſen und Stroͤmen vorkommenden Faſchinenbaue werden eingetheilt, in:
Packwerke, (Kribbwerke, Buſchſtaken,) worunter man alle diejenigen Strombaue ver-
ſteht, bei deren Auffuͤhrung Faſchinen oder Reisbuͤndel uͤber einander gepackt werden.


Unter den Packwerken ſind begriffen:


a.Deckwerke, (Bleßwerke, Uferdeckungen, Ufereinfaſſungen, Landfeſten, Grund-
betten, Grubenwerke, Flußbetten,) welches ſolche [Faſchinenwerke] ſind, die
durchgaͤngig an das Stromufer anſchließen und zur Beſchuͤtzung eines abbruͤchi-
gen oder Schartufers, laͤngſt demſelben in den Strom erbauet werden.


b.Buhnen, (Fluͤgel, Kribben, Abweiſer, Schlechten, Schlachten, Schlengen, *)
Hacken, Weichen, Sporn, Zungen,) unterſcheiden ſich von den Deckwerken da-
durch, daß ſie von dem Ufer ab in den Strom hinein erbauet ſind, und eigent-
[5]Eintheilung der Faſchinenwerke.
lich einen Faſchinendamm bilden, der nur an einem Ende mit dem Lande zu-
ſammen haͤngt.


Die Buhnen ſelbſt werden noch eingetheilt, in:


α. Schutzbuhnen, (Abweiſebuhnen,) wenn ſie nur beſtimmt ſind, ein Ufer
gegen fernern Abbruch zu ſchuͤtzen, den Strom aus unregelmaͤßigen und nach-
theiligen Buchten oder Kruͤmmungen abzuweiſen, *) um an den abbruͤchigen
Ufern Verlandung zu bewirken.


β. Treibbuhnen, (Prellbuhnen,) wenn es vorzuͤglich darauf ankommt, gegen-
uͤber liegende Ufer, Inſeln oder Sandfelder wegzutreiben.


γ. Schoͤpfbuhnen, welche beſtimmt ſind, den Strom aufzufangen, um ihn
in einen Stromarm oder Kanal zu leiten, und


δ. Rauſchbuhnen, oder eigentlich Kribben, wovon immer zwei zugleich einan-
der gegenuͤber liegend an beiden Stromufern angelegt werden, um bei einem
ſeichten Fahrwaſſer, die Breite deſſelben zu vermindern und die Tiefe in der
Mitte zu vermehren.


Dieſe vier Arten von Buhnen unterſcheiden ſich in Abſicht der Bauart gar
nicht von einander, und die Unterſcheidung der Schutz- und Treibbuhnen wird
um ſo mißlicher, da man oͤfters mehrere Zwecke mit eben derſelben Buhne zu
erreichen ſucht.


c.Fangbuhnen, (Coupirungen, Zukribbungen, Enclavirungskribben, Kluftdaͤm-
me, Verſchlaͤge,) ſind Faſchinendaͤmme, die von einem Stromufer bis zum ge-
genuͤberliegenden reichen; ſie ſind dazu beſtimmt, einen Stromarm oder Durch-
bruch abzufangen oder abzuſchneiden.


d.Ueberfaͤlle und Schlickpackwerke, welche mit den Coupirungen ganz uͤber-
einkommen, ausgenommen, daß ſie wegen des uͤberſtuͤrzenden Waſſers gewoͤhn-
lich niedriger als die Coupirungen erbauet werden. Sie vertreten die Stelle
der Wehre.


e.Buhnenkoͤpfe, (Triangelkoͤpfe,) ſind angefangene Buhnen, die mit ihrer
laͤngſten Seite an das Ufer ſchließen und, von oben angeſehen, ein Dreieck bil-
den. Sie gehoͤren eigentlich unter die Deckwerke.


[6]Erſtes Kapitel.

§. 2.


Außer den Packwerken kommen noch bei dem Faſchinenbaue vor:
Vernaͤtherungen, dieſe werden eingetheilt in:


a.Spreutlagen, (Spreulagen,) welche als Decken auf den Packwerken ange-
bracht werden, um die Begruͤnung des Werks zu befoͤrdern, und ſolches ſo
lange, bis das Weidenreis ausgewachſen iſt, gegen Beſchaͤdigung von oben zu
ſichern.


b.Rauchwehren, die ſowohl zur Deckung leicht abbruͤchiger Ufer, als auch bei
ſolchen Buhnen, beſonders bei Fangbuhnen und Ueberfaͤllen, wo ein ſtarker An-
fall des Stroms und Eiſes zu befuͤrchten iſt, als Decken angebracht werden.
Im erſten Falle heißen ſie auch Uferbekleidungen.


Ferner wird zum Faſchinenbau die Anlegung der Pflanzungen, die Kultur
der Weiden
und Pappeln, die Verfertigung der Schlickzaͤune[und] die Umzaͤunung
der Packwerke und Pflanzungen gerechnet.


Der Bau mit Sinkſtuͤcken gehoͤrt zwar zum Faſchinenbaue, weil ſolche aber mehr
beim See- wie bei dem Flußbaue vorkommen, ſo ſind ſie hier nicht mit aufgefuͤhrt worden.


Zweites Kapitel.
Von den Materialien und Werkzeugen, welche zum Faſchinenbau erfordert werden.


§. 3.


Das erſte nothwendige Materiale zum Bau der Packwerke ſind Faſchinen oder Reisbuͤn-
del, (Wellen, Braaken,) welche aus ziemlich geraden Baumzweigen, die am Stamm nicht
viel uͤber einen Zoll ſtark, und ſo lang wie die Faſchine ſelbſt ſind, verfertiget werden.
Das beſte Strauchholz ſind Weiden und Pappeln; nicht ſo gut Nadelhoͤlzer, Ellern und Bir-
ken: wenn aber Mangel hieran iſt, ſo werden auch Faſchinen von anderm Laubholz, aus
Buͤchen, Eichen, ja ſelbſt von Dornenſtrauch gemacht. Friſch gehauenes Reis hat Vorzuͤge
vor aͤlterem, welches ſchon ausgetrocknet iſt.


Die Verfertigung der Faſchinen geſchiehet folgendergeſtalt: Wenn das Reis
[7]Von den Materialien und Werkzeugen.
gehauen iſt, ſo werden die Stammenden deſſelben zuſammengenommen, ſo daß der zuſam-
mengepreßte Reisbuͤndel an den Stammenden eine Dicke von einem Fuß erhaͤlt. Hierauf
wird einen Fuß von dieſem Ende der erſte Band umgelegt, und darauf 3 bis 4 Fuß davon
der zweite, ſo daß die fertige Faſchine etwa 9 bis 10 Fuß lang, am Stammende einen
Fuß und in der Mitte etwa 8 Zoll dick iſt. Laͤngere Faſchinen koͤnnen zwar nichts ſchaden:
ſind ſie aber zu lang, ſo laſſen ſie ſich nicht leicht von einem Menſchen regieren. Kurze
[Faſchinen] geben hingegen einen ſchlechten Verband, und muͤſſen daher nur in der Mitte des
Packwerks verarbeitet werden. Zum Verarbeiten ſind die friſchbelaubten Faſchinen die be-
ſten, weil ſie ſich im Waſſer leichter ſenken, und daher nicht ſo viel Erde zur Beſchwe-
rung beduͤrfen.


Die erſte Figur zeigt die Abbildung einer fertigen Faſchine.Taf. I.


Beim Binden der Faſchinen iſt es nicht noͤthig, daß man ſich dazu beſonders ver-
fertigter Wuͤrgen mit Ketten bedient, weil ein fertiger Arbeiter auch ohne dieſe die Fa-
ſchinen feſt binden kann, und das Wuͤrgen nur die Arbeit noch mehr vertheuern wuͤrde.
Eben ſo ſind zum Hauen des Faſchinenreiſes [nur] Beile noͤthig; der Faſchinenmeſſer be-
dient man ſich nur alsdenn, wenn in einer jungen Weiden- oder Pappelpflanzung Holz ge-
hauen werden ſoll, und man beſorgt iſt, daß mit dem Beile die noch ſtehen bleibende
Stammenden beſchaͤdiget werden und nicht wieder auswachſen moͤchten.


§. 4.


Bindweiden, (Wehden, Wieten,) werden zum Binden der Faſchinen und Wuͤrſte
gebraucht. Man bedient ſich dazu gute Reiſer von Weiden und Pappeln, die nicht bruͤchig
ſind und ſich leicht drehen laſſen. Auch kann man dazu Birken- oder andere Reiſer ge-
brauchen.


Die Bindweiden werden bundweiſe geliefert; jedes Bund enthaͤlt ein auch zwei
Schock Reiſer, wovon aber oͤfters nur zwei Drittheil zu gebrauchen ſind.


Das Verfertigen der Baͤnder aus den Bindweiden geſchieht folgendergeſtalt: Wenn
das Reis noch zu viel Saft hat, ſo wird ſolches am Feuer geroͤſtet und hierauf an der
Sonne ausgebreitet; iſt das Reis aber ſchon welk, ſo iſt dieſe Vorſicht nicht noͤthig.
Der Arbeiter nimmt nun eine Bindweide, tritt mit dem linken Fuß auf das Stammende
derſelben, oder klemmt ſolche irgendwo ein. Die Ruthe wird alsdenn von unten nach oben
immer nach einerlei Seite mit der rechten Hand umgedrehet, und mit der linken Hand nach-
gefahren; wenn dieſes bis zur Spitze geſchehen iſt, ſo wird die Schleife gemacht, indem
[8]Zweites Kapitel.
Taf. I.dieſe Spitze durch die Oeffnung der umgebogenen Nuthe geſteckt wird. Die zweite Figur
ſtellt eine ſolche Schleife dar. Hierbei iſt aber vorausgeſetzt, daß ſich die Bindweide wenig-
ſtens in einige Zweige ſpaltet, damit die Spitze mehrmal dazwiſchen geſteckt werden kann.
Bei dem Binden der Faſchinen muͤſſen die Baͤnder ſchon vorraͤthig ſeyn, und es koͤmmt vor-
zuͤglich darauf an, daß mittelſt dieſer Baͤnder die Faſchinen recht feſt gebunden werden. Die
Art, wie man die Baͤnder um die Faſchinen legt, iſt folgende: Wenn der Band unter
dem Reisbuͤndel an ſeiner Stelle liegt, ſo wird das Stammende durch die Schleife des Ban-
des geſteckt, und indem der Arbeiter das linke Knie gegen die Faſchine fetzt, zieht er den
Band ſcharf an, dreht hierauf einen Knoten wie beim Binden der Garben, und ſteckt das
Ende unter dem Bande durch in die Faſchine.


Wenn die Faſchine nicht auseinander gehen ſoll, ſo muß der Knoten, oder wie es
genannt wird, das Schloß tuͤchtig gemacht werden. Es kommt dabei vorzuͤglich darauf
an, daß das Ende des Bandes, wenn es tuͤchtig angezogen iſt, gut umgedreht und alsdann
ein wenig nachgelaſſen und umgeſchlagen wird; ſo erhaͤlt das Schloß die in der dritten Fi-
gur abgebildete Form.


Ob eine Faſchine gut [gebunden] iſt, kann man dadurch pruͤfen, wenn man ſolche
bei dem Bande anfaßt, von der Erde aufhebt und hin und her ſchwingt.


Bei angekauften Faſchinen findet zuweilen der Betrug ſtatt, daß zuſammengeraftes
Reis, welches nicht die Laͤnge der Faſchine hat, mit [eingebunden] iſt. Dieſes aber laͤßt ſich
leicht aus der Beſichtigung des Stammendes beurtheilen.


§. 5.


Wuͤrſte (Waaſchen, Waaſen, Wippen, Wiepen, Bandfaſchinen, Ankerfaſchinen,)
ſind lange duͤnne Faſchinen, welche aus ſchlankem Reiſe, gewoͤhnlich von Weiden oder Pap-
peln, und wenn dieſe nicht zu haben ſind, von Birken oder Ellern, fuͤnf Ruthen lang, 4
bis 5 Zoll dick gebunden werden, und auf jede 8 Zoll einen Band erhalten. Da man ſich
der Wuͤrſte zur Verbindung und Zuſammenhaltung der Faſchinen bedient, ſo duͤrfen ſie nicht
zu dick ſeyn, weil ſie quer uͤber die Faſchinen kommen und zu große Zwiſchenraͤume geben
wuͤrden; ſind ſie aber zu duͤnne, ſo koͤnnten ſie leicht durch die eingeſchlagenen Pfaͤle zer-
ſprengt werden.


Die Wuͤrſte laſſen ſich wegen ihrer Laͤnge nicht ſo, wie die vorhin beſchriebenen Fa-
ſchinen, an der Erde binden, ſondern es muß dazu eine beſondere Wurſtbank von 4 Fuß
langen Pfaͤlen verfertiget werden.


Die
[9]Eintheilung der Faſchinenwerke.

Die Verfertigung der Wurſtbank geſchiehet, indem auf eine Laͤnge von 5, oder wenn
die Wuͤrſte laͤnger werden ſollen, von mehrern Ruthen auf einem moͤglichſt ebenen Boden,
alle zwei Fuß, vier Fuß lange Pfaͤhle, lothrecht, beinahe einen Fuß tief in die Erde einge-
ſchlagen werden. Wenn dieſe Pfaͤhle gerade ſtehen und alle einerlei Hoͤhe haben, ſo werden
von jedem Pfahl a b (Fig. 4.) 1½ Fuß von a bis c abgeſetzt und die Stelle bei c bemerkt.Taf. I.
Hierauf wird eine zweite Reihe Pfaͤhle d e ſchraͤg eingeſchlagen, ſo, daß ſolche neben den
Merkmalen bei c zu ſtehen kommen, und wenn ſie nach der Linie gerichtet ſind, ſo wird je-
des Kreuz bei c, mit Bindweiden zuſammengebunden und die Wurſtbank iſt fertig.


Wenn nun zuvor dasjenige Reis ausgewaͤhlt worden, welches ſich am beſten zu den
Wuͤrſten ſchickt, oder beſonders lange Faſchinen mit ſchlankem Reiſe dazu geliefert ſind, ſo
wird ſolches auf der Wurſtbank vertheilt und dafuͤr geſorgt, daß nicht zu viel Stammenden
nebeneinander kommen; auch muͤſſen alle Stammenden des Reiſes, in die Mitte der Wurſt
verſteckt werden, damit ſolche auſſerhalb nicht zu ſehen ſind. Hierauf tritt der Arbeiter vor
die Wurſtbank, bindet mit Bandweiden zwiſchen jedem Pfahlkreuz die Wurſt dreimal, ſo daß
ſaͤmmtliche Baͤnder in Entfernungen von 8 Zoll von einander ſtehen, die Wurſt ſelbſt aber
4 bis 5 Zoll dick wird, nachdem das Reis gut oder ſchlecht iſt. Beim Anziehen des Ban-
des ſetzt der Arbeiter das linke Knie gegen die Wurſt, um ſolche deſto feſter zuſammenziehen
zu koͤnnen. Die Schloͤſſer werden hier an den Baͤndern eben ſo, wie bei den Faſchinen,
verfertiget; nur muß dahin geſehen werden, daß ſaͤmmtliche Schloͤſſer auf einer Seite liegen,
damit die fertige Wurſt [bei] dem Gebrauch ſo aufgenagelt werden kann, daß die Schloͤſſer
unten kommen und alſo am wenigſten beſchaͤdiget werden.


Die Wuͤrſte wuͤrden ihren ganzen Zweck verfehlen, wenn ſie nicht hinlaͤnglich Fe-
ſtigkeit haͤtten; weshalb ſolche dadurch gepruͤft werden koͤnnen, daß man ſie nach der Laͤnge
auseinander zu ziehen ſtrebt, oder ſie in der Mitte anfaßt und ſehr ſchnell nach oben zieht.
Gehen ſie hierdurch nicht auseinander, ſo ſind ſie gut.


§. 6.


Die Pfaͤhle, (Spickpfaͤhle) zur Befeſtigung der [Faſchinen] und Wuͤrſte, ſind 4
Fuß lang und 1½ bis 2 Zoll ſtark, weil ſtaͤrkere Pfaͤhle die Wurſt zerſprengen wuͤrden. Sie
koͤnnen aus ſolchem Holze, welches fuͤr die Faſchinen zu ſtark ſeyn wuͤrde, beſonders aber
aus rindſchaͤligem kiehnenem Holze, verfertigt werden. Auch iſt jedes andere Holz, welches
ſich ſpalten laͤßt, hierzu brauchbar.


Zu den Spreutlagen und Rauchwehren bedient man ſich kuͤrzerer Pfaͤhle von 2 bis
B
[10]Zweites Kapitel.
3 Fuß Laͤnge. Man nimmt dieſelben gern von 1½ Zoll ſtarken weidenen Zweigen, im Fruͤh-
jahr oder Herbſte, damit ſolche auf dem Werke ausſchlagen und einwurzeln. Auch pflegt
man ſich, wenn die Spreutlage oder Rauchwehre ſehr dem Eisgange ausgeſetzt iſt, der An-
ker- oder Hakenpfaͤhle
zu bedienen. Dieſe koͤnnen nur aus Aeſten gehauen werden, indem
man den oberſten Zweig bei dem Abhauen etwa 3 bis 4 Zoll lang ſtehen laͤßt. Die fuͤnfte
Taf. I.Figur zeigt einen ſolchen Ankerpfahl.


§. 7.


Die Erde, welche zum Bau der Packwerke erfordert wird, muß, wenn eine Wahl
ſtatt findet, nach den Umſtaͤnden gewaͤhlt werden; im Nothfall kann man ſich aber einer je-
den Erdart bedienen.


Wenn die Faſchinen gruͤn und ſtark belaubt ſind, ſo iſt grober Sand das beſte
Materiale zur Beſchwerung der Faſchinenlagen. Hingegen, wenn die Faſchinen trocken ſind,
ſo iſt fette Kleyerde und Raſen am dienlichſten; waͤre aber nichts als Sand vorhanden, ſo
muß man wenigſtens die erſte Faſchinenlage mit fettem oder lehmigtem Boden zu belaſten
ſuchen, damit der uͤbrige Sand nicht ſo leicht durchfaͤllt und den Boden erhoͤhet.


Die letzte Erdſchicht eines jeden Packwerks muß aus fettem Boden beſtehen, damit
die Weidenreiſer gut auswachſen.


Torf oder Moorerde, welche nicht ſchwerer als Waſſer iſt, taugt zur Beſchwerung
der Packwerke gar nichts.


Wie viel Materialien und unter welchen Bedingungen ſolche zu einem jeden Bau
erfordert werden, wird in der Folge [auseinandergeſetzt]. Auffallend wird es aber immer blei-
ben, daß zu den kuͤhnſten Waſſerbauen an Fluͤſſen und Stroͤmen, nur Faſchinen, Wuͤrſte,
Erde und kleine Pfaͤhle erfordert werden.


§. 8.


Werkzeuge, Geraͤthſchaften oder Utenſilien, welche der Faſchinenbau erfordert,
ſind folgende:


Aexte, um das große Holz zu den Pfaͤhlen zu bearbeiten.


Beile, zum Faſchinenhauen, Pfaͤhle anzuſpitzen und zum Abhauen der Wuͤrſte.


Faſchinenmeſſer, zu dem §. 3. angefuͤhrten Gebrauche. Dieſe Meſſer muͤſſen aber
keine nach vorne gebogene Spitze haben, ſondern wie Figur 6. geformt ſeyn.


Spaden mit einem eiſernen Schuh, zum Graben und verbreiten der Erde.


Schlaͤgel zum Einſchlagen der Faſchinenpfaͤhle; der Kopf wird aus hartem, aͤſtigem,
[11]Eintheilung der Faſchinenwerke.
ruͤſternem Holze, 6 bis 8 Zoll dick und 12 bis 15 Zoll lang, der Stiel aber 2 Fuß
lang gemacht. Figur 7.Taf. I.


Schub- oder Kummkarren mit umbeſchlagenen Raͤdern, zum Transport der Erde,
von etwa 2 Kubikfuß Inhalt.


Lauf- oder Karndielen, um das Karren zu erleichtern und die Beſchaͤdigung der
Wuͤrſte auf den Packwerke[n] zu verhuͤten, von 5/4 bis 1½ Zoll Staͤrke.


Ruͤſtboͤcke, um Karndielen daruͤber zu legen, wenn uͤber einen breiten Graben oder von
einem hohen Ufer herunter gekarret werden ſoll.


Handrammen, die [Faſchinenlagen], wenn ſolche mit Erde bekarret ſind, herunter zu
rammen; ſie werden von Ruͤſtern- oder Eichenholz, 3 Fuß lang, viereckigt, oben 8
bis 10 Zoll und unten 12 bis 14 Zoll ſtark gemacht und mit Handgriffen verſe-
hen. Figur 8.


Pflanzleinen, von 5, 10 bis 20 Ruthen lang, zur Abſtechung der Pflanzlinien.


Faſchinenleeren oder eiſerne Ringe von einem Fuß im Lichten weit, mit einem Ge-
winde, um darnach die Staͤrke der Faſchinen am Stammende zu unterſuchen. Es
wuͤrde aber zu beſchwerlich ſein, dieſes Inſtrument bei jeder Faſchine zu gebrau-
chen; es dient daher nur, wenn Faſchinen zu ſchwach ſcheinen, um darnach zu ent-
ſcheiden, ob ſie von hinlaͤnglicher Staͤrke oder bandmaͤßig angefertiget ſind. Fig. 9.


Maßſtaͤbe und lange Stangen, auch ein Senkblei zum Ausmeſſen und Auspeilen.


Bootshaken, um weggeſchwommene Sachen zuruͤckzuziehen; auch wenn etwas ver-
ſenkt iſt oder auf dem [Grunde] liegt, ſolches herauszuziehen.


Wagen und Kaͤhne zum Transport der Materialien. Auſſer dieſen aber noch auf je-
der Bauſtelle einen kleinen Kahn, damit wenn etwas wegſchwimmt oder ein Arbei-
ter ins Waſſer faͤllt, ſogleich ein Fahrzeug vorhanden iſt.



[12]

Drittes Kapitel.
Von den Packwerken uͤberhaupt, beſonders in Abſicht ihrer Dimenſionen.


§. 9.


Wenn hier von Packwerken die Rede iſt, ſo werden darunter nach dem Vorhergehenden
die Deckwerke, Buhnen und Coupirungen verſtanden. Um die Eigenheiten dieſer nur in ih-
ren Zwecken verſchiedenen Anlagen zu uͤberſehen und in Bezug auf ihre Bauart zu beſtim-
men, wuͤrde man ſich unter einem Packwerke einen Koͤrper vorſtellen koͤnnen, welcher auf
die Art entſteht, indem vom Ufer ab auf der Oberflaͤche des Waſſers, dergeſtalt Faſchinen
durch Wuͤrſte und Pfaͤhle zuſammen in verſchiedenen Schichten oder Lagen verbunden und
mit Erde beſchwert werden, damit durch dieſen Verband dem Waſſer ſchon waͤhrend des
Baues Widerſtand geleiſtet, und durch die eigene Schwere dieſer Schichten, das Senken der-
geſtalt befoͤrdert werde, daß ſie ſich nach und nach auf den Grund ſetzen, um bei der Voll-
endung, wenn die erſten Schichten den Grund erreicht haben, und die oberſte in hinlaͤng-
licher Hoͤhe uͤber dem Waſſer feſt ruhet, ein zuſammenhaͤngendes Werk gebildet wird, welches
dem Strome eine andere Richtung giebt, oder das Ufer allein gegen Beſchaͤdigung ſichert.


Aus dieſer Ueberſicht werden ſich die Erforderniſſe eines Packwerks ableiten laſſen,
deren Dimenſionen hier naͤher unterſucht werden ſollen.


§. 10.


Die obere Breite oder Krone, (Kappe, Kamm,) einer Buhne richtet ſich nach der
Staͤrcke, mit welcher der Strom anfaͤllt, beſonders aber darnach, in wie fern ein Strom
heftige Eisgaͤnge hat, und das Werk mehr oder weniger in den Strom hineingebauet iſt.
Bei Fluͤſſen, die keine zu große Geſchwindigkeit haben, giebt man den Buhnen 9 bis 12
Fuß Kronenbreite, in groͤßern und ſchnellern aber 18 Fuß, nachdem mehr oder weni-
ger Gefahr fuͤr das Werk wegen ſeiner Laͤnge zu befuͤrchten iſt. Eben ſo verhaͤlt es ſich mit
den Deckwerken, nur daß dieſelben nicht immer eine gleiche Breite erhalten koͤnnen, weil die
Lage der Ufer an manchen Stellen eine groͤßere oder geringere Breite noͤthig macht. Cou-
pirungen und Ueberfaͤlle, vorzuͤglich wenn ſie dem Anfall des Stroms und Eiſes ſehr ausge-
ſetzt ſind, erhalten bis zu 5 Ruthen Breite.


[13]Von den Dimenſionen der Packwerke.

Die untere Breite eines Packwerks haͤngt von der Kronenbreite und Doſſi-
rung
, Abdachung oder Boͤſchung ab. Bekanntlich widerſtehet ein jeder Bau dem Umſtuͤrzen
bei uͤbrigens gleichen Umſtaͤnden deſto mehr, je groͤßer ſeine Doſſirung oder Anlage iſt; man
muͤßte alſo den Packwerken an gefaͤhrlichen Stellen mehr Doſſirung, als an minder gefaͤhr-
lichen, geben. Dieſe Regel laͤßt ſich aber ſchwer in Ausuͤbung bringen, weil die groͤßte Doſ-
ſirung, welche man einem Packwerk ohne Nachtheil ſeiner uͤbrigen Feſtigkeit geben kann, ein-
fuͤßig
iſt, das heißt, wo auf jeden Fuß Hoͤhe, ein Fuß Anlage kommt. Bezeichnet die
zehnte Figur den vertikalen Querſchnitt einer Buhne, ſo iſt A B die Krone, C D die Un-Taf. I.
terbreite, A D oder B C die Doſſirung oder Boͤſchung, A E die Hoͤhe und D E die
Anlage der Doſſirung A D. Wenn nun die Hoͤhe A E mit der Anlage E D gleich groß
iſt, ſo ſagt man, daß A D eine einfuͤßige Doſſirung ſey; iſt D E doppelt ſo groß wie A E,
ſo iſt die Doſſirung zweifuͤßig u. ſ. [w.]


Daß es nicht rathſam iſt, eine groͤßere als einfuͤßige Doſſirung einem Packwerke zu
geben, laͤßt ſich leicht daraus beurtheilen, weil man mit Faſchinen bauet, welche im Durch-
ſchnitt einen Fuß dick ſind, weshalb ſolche bei einer anderthalbfuͤßigen Doſſirung ſchon 1½
Fuß weit, frei ohne Beſchwerung liegen wuͤrden, wodurch leicht der uͤble Erfolg beim Sen-
ken der Lagen des Werks entſtehen koͤnnte, daß der mittlere Koͤrper des Packwerks unter der
Krone ſich auf den Grund ſenkt, die beiden untern Enden an der Doſſirung (bei D und C
Figur 10.) aber aus Mangel der Beſchwerung ſchwimmen und nach oben zu ſtehen wuͤrden.
Auch laͤßt ſich einſehen, daß der Eisgang leichter eine 1½ bis 2 Fuß frei liegende Faſchine
beſchaͤdiget, als wenn ſie nur einen Fuß frei liegt. Es wird daher auch bei der folgenden
Anweiſung zum Bau der Packwerke immer vorausgeſetzt werden, daß unter allen Umſtaͤnden
die Doſſirung einfuͤßig ſey.


Die Beſtimmung der Unterbreite einer jeden Buhne oder Coupirung macht nunmehr
keine Schwierigkeiten, ſobald nur die Kronenbreite und Hoͤhe derſelben bekannt iſt, weil man
nur zur Kronenbreite die doppelte Tiefe addiren darf, um die Unterbreite zu finden. Es ſey
z. B. die Breite der Krone 12 Fuß, die Hoͤhe des Werks 27 Fuß, ſo iſt die Unterbreite
= 12 + 2.27 = 66 Fuß.


§. 11.


Die Hoͤhe, welche den Packwerken aller Art zu geben iſt, kann in keinem Falle
gleichguͤltig ſeyn. Bevor ſich aber hieruͤber etwas beſtimmen laͤßt, iſt es noͤthig anzufuͤhren,
daß man ſich nur alsdenn von einem Packwerk Dauer zu verſprechen hat, wenn ſeine
[14]Drittes Kapitel.
Krone ausgewachſen iſt. Denn nicht nur die duͤnnen Ruthen des Strauchs, ſondern auch
die Wurzeln deſſelben, welche ſich in dem Packwerke verflechten, geben ihm eine ſolche Fe-
ſtigkeit, daß es dem ſtaͤrkſten Stromanfall und dem Eisgange Widerſtand leiſten kann.
Wird nemlich, wie es die folgende Anweiſung fordert, der Strauch auf den Werken alle
drei bis vier Jahre zur gehoͤrigen Zeit abgehauen, ſo koͤnnen nie ſtarke Staͤmme auf dem
Werke entſtehen, und der ſchlimmſte Eisgang kann zwar uͤber das Werk weggehen, die Ru-
then umbiegen, auch allenfalls die aͤußerſten Reiſer abſcheelen, aber wenn kein ſtarkes Holz
auf dem Werke vorhanden iſt, ſo laͤßt ſich nicht abſehen, wie ein dergleichen Werk zerſtoͤrt
werden ſollte, vorausgeſetzt, daß es aus Mangel an Doſſirung nicht umgewaͤlzt oder wegen
zu ſteiler Lage in den Strom, denſelben nicht genug abweiſt und dadurch vom Lande abge-
loͤſt wird. Wenn hingegen die Krone nicht beſtraucht iſt, ſo wird durch die Sonnenhitze das
Faſchinenreis ſo muͤrbe, und die Baͤnder der Faſchinen und Wuͤrſte ſpringen ſo leicht auf,
daß nicht nur ſchon von dem darauf folgenden großen Waſſer, ein anſehnlicher Theil der
Krone einen Werks weggefuͤhrt wird, ſondern, wenn der Eingang noch dazu kommt, ſo iſt
nichts wahrſcheinlicher, als die Zerſtoͤrung der oberſten Faſchinenlage, da denn der Ruin
der uͤbrigen leicht nachfolgt.


Wenn alſo das Auswachſen der Krone vorzuͤglich die Aufmerkſamkeit des Waſſerbau-
meiſters verdient, ſo entſtehet die Frage: wie die Hoͤhe eines Werks einzurichten ſey, um ſich
des Fortkommens der Weidenreiſer zu verſichern? Es iſt offenbar, wenn das Werk zu hoch
uͤber [den] Waſſerſpiegel liegt, daß nicht nur die bald trocknen bald naſſen Faſchinen verweſen,
ſondern daß auch auf der Krone, wenn wirklich fette Erde darauf gebracht iſt, die daſelbſt
zum Auswachſen beſtimmten Weidenreiſer aus Mangel an Feuchtigkeit vertrocknen muͤſſen.
Umgekehrt wuͤrde ebenfalls Nachtheil daraus entſtehen, wenn die Krone ſo tief ins Waſſer
gelegt wird, daß ſie nie zu Tage kaͤme, weil alsdenn die Weidenreiſer eben ſo wenig aus-
wachſen. Es iſt daher am ſicherſten, den durch viele Erfahrungen erprobten Satz anzuneh-
men: die Krone eines Packwerks, vorausgeſetzt, daß der Waſſerſtand im Sommer nicht zu
ſehr veraͤnderlich iſt, einen Fuß hoch uͤber das kleine Sommerwaſſer, welches im Durch-
ſchnitt bei einem Strom jaͤhrlich einzutreten pflegt, anzulegen. Hierdurch wird man geſichert,
daß der Weidenſtrauch unter allen Umſtaͤnden Nahrung hat und nicht leicht vertrocknet.
Auch kann ſelbſt ein großes Sommerwaſſer, welches gewoͤhnlich nicht ſehr lange anhaͤlt, ei-
ner ſolchen Pflanzung nicht leicht ſchaden, denn entweder reichen die Reiſer mit ihren Spi-
[15]Von den Dimenſionen der Packwerke.
tzen uͤber daſſelbe, ſo iſt es ohne Nachtheil; gehen aber wirklich einige kurze Reiſer aus, ſo
ſproſſen aus den Wurzeln wieder neue hervor.


Waͤre hingegen der Fall, daß der Sommerwaſſerſtand eines Stroms großen Ab-
wechſelungen unterworfen iſt, ſo muͤßte man ſtatt eines Fußes, eine verhaͤltnißmaͤßige groͤ-
ßere Hoͤhe uͤber das kleine Waſſer annehmen. In zweifelhaften Faͤllen wird man aber
immer weniger Nachtheil zu befuͤrchten haben, wenn man lieber dieſe Hoͤhe zu klein als
zu groß annimmt.


In der hier folgenden Anweiſung wird vorausgeſetzt werden, daß die Hoͤhe des
Sommerwaſſers keinen zu großen Abwechſelungen unterworfen iſt.


Eine auffallende Erfahrung, die ich bei mehrern zu hoch angelegten Werken ange-
ſtellt habe, beſtand darin, daß auf denſelben, aller angewandten Sorgfalt ungeachtet, kein
Weidenreis auf der Krone zum Auswachſen zu bringen war; dahingegen fand ich, wo die
Faſchinen mit dem mittlern Waſſerſpiegel im Sommer, gleich hoch lagen, daß daſelbſt gruͤne
Weidenreiſer ſtanden. Es ſcheint alſo die Natur ſelbſt die Fingerzeige zu geben, kein Werk
zu hoch anzulegen, wenn es auf das Auswachſen deſſelben ankoͤmmt.


Sobald alſo an einem Fluß im Durchſchnitt die Hoͤhe des kleinen Sommerwaſſers
beſtimmt iſt, welche ſich aus den Waſſerſtandstabellen erſehen laͤßt, die an den Stroͤmen,
wo eine gute Waſſerpolizei ſtatt findet, gefuͤhrt werden, ſo kann man leicht an einer jeden
Stelle deſſelben die erforderliche Hoͤhe eines anzulegenden Packwerks beſtimmen, wenn zu die-
ſer Hoͤhe ein Fuß hinzugeſetzt wird.


Bei Buhnen hat dieſe Hoͤhe noch den Vortheil, daß, weil ſich der Eisgang gewoͤhn-
lich beim Mittelwaſſerſtande einfindet, die Buhnen nicht ſo viel vom Triebeiſe leiden, indem
die ſchlanken elaſtiſchen Ruthen der Krone, dem Eiſe keinen merklichen Widerſtand entgegen-
ſetzen, und gewoͤhnlich veranlaſſen, daß ſolches laͤngſt der Streichlinie ruhig fortſchiebt, ohne
das Werk zu beſchaͤdigen.


Die hier beſtimmte Hoͤhe der Packwerke ſetzt voraus, daß ſich ſolche nicht mehr zu-
ſammendruͤcken; weil aber jedes Packwerk ſich nach einiger Zeit auf jede 12 Fuß Hoͤhe noch
ungefaͤhr um einen Fuß zuſammenpreßt, ſo wird erfordert, daß bei dem Baue anfaͤnglich
verhaͤltnißmaͤßig eine groͤßere Hoͤhe angenommen wird.


§. 12.


Im Betreff aller Arten von Packwerken iſt noch auseinander zu ſetzen, welches beſ-
ſer ſey: die Faſchinen mit den Spitzen oder mit den Stammenden nach außen zu kehren.
[16]Drittes Kapitel. Von den Dimenſionen der Packwerke.
Bringt man die Spitzen innerhalb, ſo ſieht man leicht ein, daß es wenig Schwierigkeiten
haben wird, eine Faſchine bei dem Stammende aus dem Packwerk zu ziehen, weil ſie nach
innen immer duͤnner wird. Wenn alſo Eisſchollen an einem ſolchen Packwerke angefroren
ſind und bei dem Wachſen des Stroms abgehen, ſo koͤnnen leicht Faſchinen ausgezogen wer-
den, wodurch das Werk aufgelockert wird und ſich ſeiner Zerſtoͤrung nahet. Auch iſt es be-
kannt, daß je groͤßer der Widerſtand iſt, welchen ein Koͤrper dem anſtoßenden Eiſe entgegen-
ſetzt, deſto heftiger wirkt daſſelbe auf ihn, und deſto groͤßer iſt die Erſchuͤtterung. Da nun
dieſe Nachtheile bei weitem nicht ſo ſehr ſtatt finden, wenn man bei einem Bau die Spitzen
der Faſchinen nach außen kehrt, auch uͤberhaupt nach innen zu, eine beſſere Befeſtigung der
Faſchinen in dieſem Falle erhalten wird, ſo bleibt es am gerathenſten bei allen Packwerks-
bauen, die Spitzen der Faſchinen nach außen und die Stammenden nach dem Innern des
Werks zu kehren.


§. 13.


Die Jahrszeit, in welcher es am ſchicklichſten, Packwerke anzulegen, iſt der Som-
mer, ſobald das große Fruͤhjahrwaſſer abgegangen iſt. Denn man erhaͤlt alsdann noch ſo
viel Zeit, daß ſich das Werk ſetzen kann, um es im Herbſte auszugleichen und mit einer
Spreutlage oder Rauchwehre zu verſehen, damit ſeine Krone vor dem Anfall des Eiſes ge-
ſchuͤtzt wird. Auch laſſen ſich Spreutlagen nicht wohl im Sommer anlegen, weil alsdann
zu befuͤrchten ſtehet, daß die Weiden nicht auswachſen.


Nach dieſen vorlaͤufigen Bemerkungen, iſt nun aus dem feſtgeſetzen allgemeinen Be-
griffe von den Packwerken und deren verſchiedenen allgemeinen Erforderniſſen, ihre Bauart
zu entwickeln. Da aber letztere nach den Zwecken bei Buhnen, Coupirungen und Deckwer-
ken einigermaßen von einander verſchieden iſt, ſo wird es beſſer ſeyn, ſolche einzeln zu be-
ſchreiben, und mit den Buhnen, als den vollſtaͤndigſten Werken, aus welchen ſich die Aus-
nahmen bei den uͤbrigen leicht erklaͤren laſſen, den Anfang zu machen.



[17]

Viertes Kapitel.
Von dem Baue der Buhnen.


§. 14.


Die mancherlei Zwecke, welche man durch den Bau einer Buhne zu erreichen ſucht, koͤnnen
darin beſtehen: einen Strom abzuweiſen, zu vertiefen, einzuſchraͤnken; Sandfelder, Inſeln
oder gegenuͤber liegende Ufer weg zu treiben; dem Strome eine andere Richtung zu geben,
das Ufer gegen ferneren Abbruch zu ſchuͤtzen oder vor einem abbruͤchigen Ufer Verlandung zu
bewirken. Nachdem die vorkommenden Umſtaͤnde verſchieden ſind, darnach ſucht man auch
dieſen oder jenen Zweck oder mehrere zuſammengenommen zu erreichen, und hieraus entſteht
auch die §. 1. angefuͤhrte Eintheilung, in Abweiſe- Treib- Schoͤpf- oder Rauſchbuhnen.


Wenn A B in der eilften Figur eine fertige Buhne iſt, ſo gelten in Abſicht ihrerTaf. I.
Abmeſſungen die §. 10. angefuͤhrten Benennungen. Denjenigen Theil A, welcher an das Ufer
ſtoͤßt, nennt man die Wurzel, und den vordern Theil B, welcher am weiteſten in den
Strom tritt, den Kopf der Buhne. Diejenige lange Seite der Buhne, welche laͤngs der
Krone den Stoß des Waſſers auffaͤngt, heißt die Streichlinie.


Man verſteht auch unter einer Defenſivbuhne, wenn ſie nur zum Schutz desje-
nigen Ufers dient, woran ſie angelegt iſt, ohne auf das gegenuͤberliegende Ufer zu wirken; und
unter einer Offenſivbuhne, wenn ſie vorzuͤglich beſtimmt iſt, das gegenuͤberliegende Ufer
anzugreifen. Es vereinigen ſich aber groͤßtentheils bei Erbauung einer Buhne ſo viel Zwecke,
daß man ſelten von einer beſondern Benennung Gebrauch machen kann.


Die Anlegung einer Buhne erfordert ſehr viele Aufmerkſamkeit und die genaueſte
Kenntniß eines Stroms mit allen ſeinen Eigenheiten beim kleinen, mittel und großen Waſſer
und beſonders bei dem Eisgange. Noch mehr Vorſicht und [Aufmerkſamkeit] iſt noͤthig, wenn
ganze Stromgegenden regulirt werden ſollen, weil man alsdann mit den Geſetzen bekannt
ſeyn muß, nach welchen der Strom ſeine Laufbahn bildet, und die er befolgt, wenn er ohne
Einwirkung der Kunſt, in ſeinem natuͤrlichen Zuſtande gelaſſen wird. Weil uͤberdem Buh-
nen Werke ſind, welche in den Strom hinein gebauet werden und die Strombahn verengen,
ſo muß fuͤr dieſe Stromgegend die Normalbreite, das iſt diejenige Breite genau ausge-
C
[18]Viertes Kapitel.
mittelt und aus Erfahrung feſt geſetzt werden, mit welcher der Strom bei einer mittleren
Waſſerhoͤhe, hinlaͤnglich ohne uͤber die Ufer zu treten abfließen kann, gehoͤrige Tiefe zur [Schif-
fahrt]
hat, das Bett nicht auswuͤhlt, die Ufer nicht leicht abbruͤchig macht und die Strom-
bahn rein erhaͤlt.


Als eine Grundregel bei Buhnenanlagen laͤßt ſich annehmen: daß ſo bald eine Buhne
die Normalbreite eines Stroms uͤberſchreitet, ſie auf Vertiefung des Grundbettes oder auf
den Abbruch des gegenuͤberliegenden Ufers, nachdem das Grundbett oder Ufer aus einem
feſteren Material beſtehet, oder wenn die Feſtigkeit beider gleich iſt, auch beide Wirkungen in
dem Grade mehr hervorbringt, nach dem die Normalbreite mehr uͤberſchritten wird. Bei
breiten Stroͤmen entſtehen indeſſen nur ſelten Wirkungen auf [das] gegenuͤberli[e]gende Ufer,
und die Einbaue wirken groͤßtentheils auf Vertiefung und auch wohl dem Zweck entgegen,
auf den Abbruch des diſſeitigen Ufers.


§. 15


Gewoͤhnlich macht man ſich von der Wirkung einer Buhne auf das gegenuͤberlie-
gende Ufer unrichtige Vorſtellungen. Man glaubt, daß wenn die Verlaͤngerung der Buhne
Taf. I.A B (Figur 11) das gegenuͤberliegende Ufer in C trift, alsdenn auch der Abbruch bei C er-
folgen muͤſſe. Dieſes gruͤndet ſich auf die falſche Vorſtellung, daß das in der Richtung A B
abfließende Waſſer fortfahre, ſich in dieſer Richtung zu bewegen und endlich bei C wirke,
wo es Widerſtand finde. Dieſes koͤnnte der Fall ſeyn, wenn das ſo abfließende Waſſer,
keine Hinderniſſe bei der Fortſetzung ſeiner Bewegung nach A B faͤnde; aber vorzuͤglich das
von oberhalb fortwaͤhrend durch D B zufließende Waſſer, lenkt den Strahl von ſeiner Bahn
ab, und macht ihn in Bezug auf den Punkt C unwirkſam. Wenn daher eine Buhne am
gegenuͤberliegenden Ufer Abbruch verurſacht, ſo iſt der Grund in einer ganz andern Urſache
zu ſuchen. Gewoͤhnlich findet man in der Strombahn da Abbruch, wo ſich der Strom
ſchneller bewegt, und es laͤßt ſich die Vertiefung des Grundbettes oder der Abbruch der Ufer
alsdenn nur durch die vermehrte Geſchwindigkeit des Waſſers erklaͤren; den von Eisgaͤngen
und von Windſchlag verurſachten Abbruch ausgenommen. Nun aber entſtehet durch einen
jeden Einbau eine Verengung des Profils und daher eine groͤßere Geſchwindigkeit des Waſ-
ſers, und gewoͤhnlich iſt dieſe Geſchwindigkeit in dem Profil, welches durch den Kopf des
Einbaues geht, hier in B D am groͤßten. Dieſe vergroͤßerte Geſchwindigkeit des Waſſers
verurſacht in dem Maaße einen groͤßern Abbruch des Ufers gleich unterhalb D, nachdem der
[19]Vom Baue der Buhnen.
Buhnenkopf B weiter in den Strom tritt, und das gegenuͤberliegende Ufer weniger FeſtigkeitTaf. I.
als das Grundbette beſitzt.


Wie weit eigentlich eine Buhne in den Strom gehen muͤſſe, um am gegenuͤberliegen-
den Ufer Abbruch zu verurſachen, iſt ſchwer zu beſtimmen; denn ſehr oft uͤberſchreiten die
Einbaue die Normalbreite des Stroms und bewirken nur Vertiefung des Grundbettes, wel-
ches beſonders bei breiten Stroͤmen der Fall iſt; dahingegen bei ſchmalen Stroͤmen, wenn
der Einbau einen ſtarken Stromſtrich auffaͤngt, auch zuweilen der Fall eintritt, daß die
Normalbreite nur wenig uͤberſchritten iſt, und dennoch Abbruch entſtehet.


Wenn gleich in Abſicht der Wirkung einer Buhne auf das gegenuͤberliegende Ufer
ihre Lage gegen den Stromſtrich nur wenig in Betrachtung kommt, und das meiſte
davon abhaͤngt, wie weit ſie den Strom verengt und dadurch die Geſchwindigkeit vermehrt,
ſo iſt es doch in vielen Faͤllen, in Abſicht des disſeitigen Ufers nicht gleichguͤltig, welche
Lage eine Buhne gegen den Stromſtrich hat.


Eine Buhne kann unter verſchiedenen Winkeln vom Ufer gegen die Richtung des
Stromſtrichs abgehen. Man nennt ſie eine ſchiefliegende, geneigte oder deklinante
Buhne
, wenn der Winkel welchen ſie mit der Richtung des Stromſtrichs bildet ein ſpitzer
iſt, und man ſagt die Buhne liegt noch ſchiefer, wenn dieſer Winkel kleiner wird. Iſt die-
ſer Winkel ein rechter, ſo heißt die Buhne eine rechtwinklichte oder ſenkrechte. Eine
Buhne liegt um ſo ſteiler gegen den Stromſtrich, je mehr ſie ſich dem rechten Win-
kel naͤhert.


Wenn man mehrere Buhnen an verſchiedenen Fluͤſſen und Stroͤmen unterſucht, ſo
bietet ſich leicht die Erfahrung dar: daß wenn ein betraͤchtlich ſchneller Stromſtrich aufge-
fangen wird und die Buhne gegen denſelben eine zu ſteile Lage hat, auch uͤberdem wenn das
gegenſeite Ufer hoch iſt, alsdenn oͤfter, beſonders bei Stroͤmen von geringer Breite, oberhalb
bei der Wurzel der Buhne am Ufer, ein Abbruch bemerkt wird. Am haͤufigſten wird er
aber gefunden, wenn es der Buhne auf derjenigen Seite, welche gegen den Strom gekehrt
iſt, oder auf der Streichſeite, und dem Ufer ſelbſt an Doſſirung fehlt. Es iſt daher bei Ein-
bauen, unter den angefuͤhrten Umſtaͤnden anzurathen, denſelben keine zu ſteile Lage gegen
den Stromſtrich zu geben.


§. 16.


Auſſer den Wirkungen oberhalb einer Buhne, entſtehen aus ihrer Lage gegen den
Stromſtrich, und in Bezug auf die durch den Einbau geſchehene Verengung des Bettes,
C 2
[20]Viertes Kapitel.
unterhalb Wirkungen, welche von vieler Bedeutung ſind. Denn in ſo fern eine Buhne groͤß-
tentheils beſtimmt iſt, das Ufer vor fernerm Abbruch zu ſichern oder den Strom einzuſchraͤn-
ken, ſo iſt es doch offenbar ſehr weſentlich, wenn ſo weit die Buhne in den Strom reicht,
hinter derſelben ſtatt der vormaligen Waſſertiefe, Verlandung entſtehet, und alsdenn die
neuen Ufer das bewirken, was vorher durch kuͤnſtliche Faſchinenbaue erreicht werden mußte.
Hierdurch faͤllt die Unterhaltung der Buhnen weg, das uͤberſtuͤrzende Waſſer und der Eis-
gang koͤnnen die Buhne nicht mehr ſo beſchaͤdigen, als wenn ſich unterhalb derſelben noch
eine Waſſertiefe befindet, und durch Bepflanzung der Verlandung von der Buhne ab, laͤßt
ſich jedem nachtheiligen Einriß in der Buhne oder dem Ufer vorbeugen.


Wen[n] alſo Verlandung unterhalb einer Buhne aus mehrern Urſachen in ſo fern mit
beendzweckt werden muß, als der Strom ſolches wegen ſeines Schlicks und Sandes verſtat-
tet, ſo kommt es vorzuͤglich darauf an, aus Erfahrungen die Umſtaͤnde anzugeben, unter
welchen Buhnen Verlandung bewirkt haben oder dieſen Zweck verfehlten. Meine vielfaͤltigen
Beobachtungen uͤber die Wirkung ſo vieler Buhnen in verſchiedenen Fluͤſſen und Stroͤmen,
unter ſo mancherlei Lagen, Strombreiten, Ufern und Geſchwindigkeiten, laſſen ſich wenigſtens
im Allgemeinen ſo weit es hier her gehoͤrt, in Folgendem zuſammen ziehen.


Wenn eine Buhne nicht ſehr weit in den Strom eingreift oder wenn der Strom
ſehr breit, und das gegenuͤberliegende Ufer uͤberdem niedrig iſt, ſo iſt ihre Lage gegen den
Stromſtrich ziemlich gleichguͤltig, und man kann ſelbſt bei rechtwinklichten Buhnen in der
Regel Verlandung unterhalb derſelben erwarten, wenn nur die Buhne nicht zu hoch, das
heißt nicht viel uͤber das kleine Waſſer angelegt iſt, und an ihrem Kopfe eine einfuͤßige Doſſi-
rung hat. Hinter ſehr hoch erbauten Buhnen findet man ſelten Verlandung und eben ſo
wenig, wenn der Kopf nicht gehoͤrige Doſſirung hat, welches bei ſehr vielen Buhnen verſe-
hen wird und daher die groͤßte Aufmerkſamkeit des Waſſerbaumeiſters erfordert. [Gewoͤhn-
lich]
findet man hinter einem ſteil ohne Doſſirung erbauten Kopf, eine betraͤchtliche Waſſer-
tiefe, wodurch hinter der Buhne nicht nur ein ſtarkes Wirbeln des Waſſers oder ein Wider-
ſtrom entſtehet, ſondern noch uͤberdem das Ufer gleich unterhalb der Buhne, ſtatt gedeckt zu
werden, abbruͤchig wird. Wenn es nun eine bekannte Erfahrung iſt, daß ſich der Sand
und Schlick eines Stroms nur an denjenigen Stellen niederlegt, wo ſich ſtillſtehendes
Waſſer befindet, ſo laͤßt ſich einſehen, wie wenig unter dieſen Umſtaͤnden Verlandung zu
erwarten iſt.


[21]Vom Baue der Buhnen.

Iſt ferner ein Strom wenig breit und ſchnell fließend, und tritt der Einbau weit in
denſelben, ſo daß von dem Einbaue ſchon ein betraͤchtlicher Theil des ſaͤmmtlichen Stromwaſſers
aufgefangen wird, ſo wird man bei einer ſteilen Lage der [Buhne] und hohen gegenuͤberliegen-
den Ufern, ſelten Verlandung hinter derſelben antreffen, und nur wenn die Buhne eine ge-
wiſſe Neigung gegen den Stromſtrich hat, findet man unterhalb ein Sandfeld angelegt. Da-
gegen wenn die Buhne einen noch merklich kleinern Winkel mit [dem] Stromſtrich bildet, oder
noch viel ſchiefer gegen denſelben angelegt iſt, ſo findet ſich auch ſelten Verlandung. Es
ſcheint alſo, als wenn es fuͤr verſchiedene Stroͤme, bei einer gewiſſen Laͤnge des Einbaues,
Strombreite und mittleren Geſchwindigkeit, nur eine beſtimmte Neigung giebt, unter welcher
Buhnen angelegt werden muͤſſen, und von der man ſich nicht zu ſehr entfernen darf,
wenn man nicht den Endzweck der Verlandung verfehlen will. Wenn nun hier nicht der
Ort iſt, dieſen Gegenſtand noch weiter zu verfolgen und naͤher auseinander zu ſetzen, und
ſich um ſo weniger beſtimmte Regeln angeben laſſen, nach welchen man mit mathematiſcher
Gewißheit ſo fort, wenn nur die Abmeſſungen des Stroms, ſeine Geſchwindigkeiten und die
Laͤnge des Einbaues gegeben ſind, daraus ſogleich den Neigungswinkel der Buhne angeben
kann, da es zu einleuchtend iſt, welche mannichfaltigen Urſachen auf die Wirkung einer
Buhne Einfluß haben, ſo geht wenigſtens ſo viel daraus hervor, wie genau man einen
Strom kennen muß, wenn man an demſelben Werke anlegen will, die ein vorgeſetztes Ziel
erreichen ſollen. Auch beziehen ſich die hier gegebenen Regeln lediglich auf Erfahrungen in
Bezug auf die Natur derjenigen Fluͤſſe und Stroͤme, bei welchen ich ſelbſt Beobachtungen an-
zuſtellen Gelegenheit hatte, und es kann ſehr leicht ſeyn, daß andere Stroͤme zu noch viel-
faͤltigeren Wahrnehmungen Gelegenheit geben.


In Abſicht der Zeit, welche dazu gehoͤrt, hinter einer richtig angelegten Buhne Ver-
landung zu erhalten, haͤngt es ſehr davon ab, wie viel Schlick oder Sand ein Strom mit
ſich fuͤhrt, und es iſt leicht einzuſehen, daß es ſehr ungewiß iſt, hieruͤber etwas zu beſtimmen.


Noch ergiebt ſich aus dem Vorhergehenden, daß es nicht gleichguͤltig iſt, wie weit
eine Buhne in einem Jahre in einen Strom gelegt wird, weil, wenn ſie mit einem male zu
weit vom Ufer abgeht, alsdenn zu befuͤrchten ſtehet, daß die Verlandung das Ufer hinter
der Buhne nicht erreichen werde, und zwiſchen der Verlandung und dem Ufer, noch eine
Waſſertiefe verbleiben kann. Es werden daher die Buhnen im erſten Jahre nicht zu weit in
den Strom hineingelegt, und wenn ſie anfangen Verlandung zu bewirken und nicht andere
[22]Viertes Kapitel.
Urſachen eine fruͤhere Verlaͤngerung erfordern, ſo wird nur denn die Buhne, auf eine ver-
haͤltnißmaͤßig groͤßere Weite verlaͤngert.


§. 17.


Will man mittelſt der Buhnen nicht allein diejenige Stelle eines abbruͤchigen Ufers
decken, wo ſich der Schaden befindet, und wo allenfalls Deckwerke hinreichen wuͤrden, ſon-
dern ſolche Vorkehrungen treffen, daß die Urſache des Uebels gehoben wird, ſo kann der
Bau an der ſchadhaften Stelle nur wenig helfen; zur gruͤndlichen Abwendung des Nachtheils
wird erfordert, daß man oberhalb in der Strombahn die Urſachen aufſucht, und wenn ſie
gefunden ſind, die bekannten Eigenheiten des Stroms bei denjenigen Vorkehrungen anwen-
det, durch welche man einen vorgeſetzten Endzweck zu erreichen, und die Richtung des
Stroms, ehe er noch den Ufern ſchaden kann, ſo zu leiten ſucht, daß ſie nicht zum Nach-
theile der Ufer gereichen kann.


Sehr oft wuͤrde man durch [Bepflanzung] der Sandfelder oder durch Schlickzaͤune
eben den Endzweck erreichen, welchen man durch koſtbare Buhnenbaue zu erlangen ſucht,
und ſehr oft kommt es nur darauf an, eine oberhalb gelegene Sandbank zu verlaͤngern, um
die Schartufer vor fernerm Abbruch zu ſichern. Es liegt außer dem Plan dieſer Schrift, die
Gruͤnde noch weiter auseinander zu ſetzen, welche den Baumeiſter zur Wahl dieſer oder jener
Bauart beſtimmen, noch die Art und Weiſe anzugeben, wie nach hydrauliſchen Grundſaͤtzen
und Erfahrungen ihre Wirkungen im Zuſammenhang beurtheilt werden koͤnnen. Dieſe naͤ-
here Auseinanderſetzung wuͤrde zu weit von dem vorgeſetzten Ziele, dem Baue ſelbſt abfuͤh-
ren. Gegenwaͤrtig wird die Lage der Buhne und die Bauſtelle als zweckmaͤßig ausgemittelt
vorausgeſetzt, und nur die Ausfuͤhrung eines ſolchen Baues beſchrieben.


§. 18.


Iſt alſo die Bauſtelle wo eine Buhne angelegt werden ſoll feſtgeſetzt, ſo muß vor
allen Dingen das Grundbett genau unterſucht werden, ob nicht etwa Holz, Steine oder an-
dere feſte Koͤrper und Unebenheiten vorhanden ſind, die kein gleichfoͤrmiges Senken des
Werks verſtatten oder deſſen Verbindung mit dem Grunde verhindern, in welchem Falle und
wenn der beabſichtete Zweck doch bei einer geringen Veraͤnderung erreicht werden kann,
eine andere Stelle fuͤr die Anlage der Buhne ausgewaͤhlt oder das Hinderniß hinwegge-
raͤumt werden muß.


Man koͤnnte zwar dergleichen Hinderniſſe fuͤr unerheblich halten, ihnen durch einen
kuͤnſtlichen Bau begegnen und ſie in das Werk mit einſchließen; allein da dieſes immer ein
[23]Von dem Baue der Buhnen.
mißliches Unternehmen bleibt, und ein ſolches Hinderniß oͤfters mit geringen Koſten hinweg-
geraͤumt werden kann, ſo iſt das letztere weit ſicherer, als daß man ſich der Gefahr ausſetzt,
das Werk unnuͤtzer Weiſe zu verbreiten, um dieſen Koͤrper einzuſchließen, wobei man doch
in die Verlegenheit kommen kann, einen ſchlechten Verband zu erhalten.


§. 19.


Ferner iſt dafuͤr zu ſorgen, daß vor dem Anfange des Baues alle veranſchlagte
Materialien und noch einige zur Reſerve theils auf der Bauſtelle ſelbſt, theils in nicht zu
entfernten Depots vorraͤthig ſind; denn ſo wenig es rathſam iſt, bei einem großen Baue
ſogleich alle Materialien [anzufahren], indem die letzten ſo weit von der Bauſtelle entfernt
ſeyn wuͤrden, daß ſie eines neuen Transport beduͤrften, eben ſo wenig darf es daran fehlen,
da es fuͤr den Baumeiſter unumſtoͤßliche Regel ſeyn muß, nicht eher mit einem dergleichen
Bau anzufangen, noch ihn weiter zu fuͤhren, als wenn er ſo viele Materialien hat, daß er
ſein Werk auf den Grund bringen kann; denn laͤßt er es einige Zeit, beſonders bei wachſen-
dem Waſſer, ſchwebend liegen, ſo laͤuft er Gefahr, daß der Strom unter dem Werke Ver-
tiefungen verurſacht, das ganze Werk umſchlaͤgt oder vom Ufer weggenommen wird. Da-
durch waͤre das angefangene Werk eine voͤllig vergebliche Arbeit und die Koſten waͤren weg-
geworfen, weshalb dieſe Verfahrungsart um ſo tadelnswuͤrdiger iſt, da ſie nur deshalb ge-
ſchiehet, um an einem ſolchen Orte doch etwas zu bauen, ſtatt daß es in aller Ruͤckſicht
weit beſſer ſeyn wuͤrde, die Arbeit, Muͤhe und Koſten ſo lange zu ſparen, bis man etwas
gehoͤrig vollenden kann. Dieſes unzweckmaͤßige Verfahren laͤßt ſich am ſchicklichſten mit ei-
nem Fachwerksgebaͤude vergleichen, welches man Jahre lang ohne Bedachung der Wit-
terung preis giebt.


Unfehlbar liegt darin der Grund, daß von mancher Buhne angegeben wird, der
Strom habe ſie weggenommen, ganz oder groͤßtentheils zerſtoͤrt, da doch, wenn ſolche or-
dentlich auf den Grund gebracht wird, ſie nie von unten her zerſtoͤrt, ſondern nur an der
oberſten Lage beſchaͤdigt werden kann.


Wenn gleich hier verlangt wird, daß ein großer Theil der Materialien immer vor-
raͤthig ſeyn ſoll, ſo muͤſſen doch nicht zu viel Wuͤrſte vorraͤthig gebunden werden, weil von
alten Wuͤrſten die Baͤnder leicht ſproͤde ſind, und die Wurſt nicht mehr die erforderliche Fe-
ſtigkeit zur Befeſtigung der Faſchinen hat.


Die Faſchinen und Pfaͤhle muͤſſen ſo nahe wie moͤglich bei der Bauſtelle angefahren
werden; auch ſetzt man die Faſchinen ſo auf, damit die Stammenden auf die Erde kommen,
[24]Viertes Kapitel.
weil auf dieſe Art der Arbeiter am leichteſten die Faſchinen wegholen kann. Es muß aber
bei dem Aufſtellen der Faſchinen darauf geſehen werden, daß der Haufen ſo geſetzt wird,
damit man gegen die Waſſerſeite hin, die Faſchinen wegnehmen kann, weil alsdann der Ar-
beiter wenn er Faſchinen holen will, nicht erſt um den Haufen herum gehen darf.


§. 20.


Um die Anweiſung, wie bei dem Baue der Buhnen verfahren wird, an einem ganz
beſtimmten Beiſpiele zu zeigen, ſo wird angenommen, daß an einem hohen etwas ſteilen Ufer
Taf. II.die Richtung der Buhne durch die beiden Pfaͤhle A B Fig. 10. gegeben ſey. Es wird fer-
ner vorausgeſetzt, daß die Waſſertiefe, in welcher die Buhne erbauet werden ſoll, 36 Fuß,
die Kronenb[r]eite 12 Fuß, und die Laͤnge der ganzen Buhne, auf der Krone gemeſſen, 8 Ru-
then oder 96 Fuß betrage. Die Laͤnge iſt zur Erſparung der Zeichnungen, nicht groͤßer an-
genommen worden; es hat aber auf die Fuͤhrung des Baues keinen Einfluß, wenn ſolche
zehnmal und noch groͤßer waͤre, weil alsdenn eben ſo fortgefahren wird, wie die folgende
Anweiſung lehret. Auch iſt es in den meiſten Faͤllen nicht einmal rathſam, beſonders wenn
man ſchon die Normalbreite des Stroms uͤberſchreitet, die Buhne gleich anfaͤnglich ſehr
lang zu machen, weil nicht nur, [außer] der mehrern Gefahr fuͤr die Buhne, auch der Nach-
theil entſtehet, daß man hinter derſelben keine hinlaͤngliche Verlandung bewirkt, wovon meh-
rere Buhnen Beiſpiele ſind.


So viel Gruͤnde aber auch vorhanden ſeyn koͤnnen, eine Buhne nicht zu lang in ei-
nem Jahre anzulegen, eben ſo erheblich iſt es auch, bei einer angefangenen Buhne mit
dem Baue nicht eher abzubrechen, als bis die erſten Lagen wirklich den Grund erreicht ha-
ben; oder, man kann und muß annehmen, daß die Laͤnge der Krone, wenigſtens der Tiefe
gleich, alſo im gegenwaͤrtigen Falle 36 Fuß iſt, ehe man das Werk eine Zeit lang, liegen
laſſen kann.


Sobald die Richtung der Buhne, oder vielmehr ihre Streichlinie gegen den
Strom durch die beiden Pfaͤhle A B Fig. 10. gegeben iſt, ſo wird auf A B ſenkrecht, aus A
und B die Breite der Krone abgeſetzt und durch zwei Pfaͤhle D und C bemerkt. In alle
vier Punkte A, B, C, D kommen bei dem Baue lange Stangen, damit ſich der Buhnen-
meiſter waͤhrend dem Baue darnach richten kann.


Iſt nun, wie hier vorausgeſetzt wird, das Ufer hoͤher, als der Waſſerſpiegel, und
die groͤßte Tiefe von dem Spiegel des niedrigen Sommerwaſſers an bis auf das Grundbett
des Stroms gemeſſen, wenn dazu noch ein Fuß gerechnet wird, in der Gegend, wo die
Buhne
[25]Von dem Baue der Buhnen.
Buhne angefangen werden ſoll, 36 Fuß, ſo werden auf A B ſenkrecht von E bis F derge-Taf. II.
ſtalt 36 Fuß abgeſetzt, daß der Punkt F an das Ufer trifft. Auf die Richtung der beiden
andern Stangen C D wird ebenfalls dieſe Weite ſenkrecht aus C nach G abgemeſſen, und in
G auf C G eine ſenkrechte Linie G H erreichet, ſo findet man dadurch am Ufer einen zweiten
Punkt H dergeſtalt, daß F den Anfang und H das Ende der erſten Faſchinenlage bemerkt.


Haͤtte man am Ufer eine andere Tiefe, ſo wuͤrde ſich dieſe Verfahrungsart, um
die Punkte F und H zu finden, nur dadurch abaͤndern, daß E F und C G groͤßer oder
kleiner werden.


Wenn die Punkte F und H beſtimmt ſind, ſo wird zwiſchen denſelben ein Ein-
ſchnitt
F H K in das Ufer bis zur Tiefe des Waſſerſpiegels gemacht, welcher oberhalb bei
F, wo der Strom herkoͤmmt, etwa 1½ bis 2 Ruthen breit in das Ufer hineingehet, unter-
halb bei H aber ſchmaͤler zulaͤuft. Bei einem niedrigen Ufer darf man nur die Erde ſchreg
abſtechen, ſo daß man etwa einen Fuß unter den Waſſerſpiegel kommt, auch iſt es nicht noͤ-
thig, daß die Sohle des Einſchnitts horizontal iſt, ſondern man laͤßt ſie gewoͤhnlich mit einer
vierfuͤßigen Doſſirung nach dem Strom zu, abflaͤchen.


§. 21.


Wenn dieſer Einſchnitt fertig iſt, ſo wird mit dem Faſchinenwerfen der Anfang
gemacht. Zuerſt tritt der Buhnenmeiſter an den Anfang des Werks bei F, neben ihn einige
Arbeiter in einer Linie bis zur Niederlage der Faſchinen, ſo daß ſie ſich mit den Haͤnden ab-
langen koͤnnen, und ſo reichen ſie dem Buhnenmeiſter fortwaͤhrend Faſchinen zu. Dieſer
nimmt die Faſchine am Stammende mit der einen und in der Mitte mit der andern Hand,
und wirft die erſte Faſchine dicht am Ufer gegen den Strom, ſo daß ſie uͤber die Haͤlfte mit
ihrem Stammende auf dem Einſchnitt und mit der Spitze auf dem Waſſer liegt. Neben
dieſe Faſchine werden hurtig nach H zu (Fig. 11.) mehrere geworfen, und ſobald der Strom
anfaͤngt, die letzte etwas zu drehen, ſo wird gleich eine zweite Reihe Faſchinen in einer et-
was ſchiefen Richtung [auf] die untere geworfen, wie ſolches die eilfte Figur anweiſet. Bei
dieſem Werfen muß der Buhnenmeiſter ſchon auf das Ende der erſten Faſchinen treten, da-
mit ſolche von dem Strome nicht umgedrehet werden, und ſo wie die letzte Faſchine in der
zweiten Reihe liegt, wird ſogleich ein Stuͤck Wurſt von etwa 12 Fuß lang, quer uͤber die
Faſchinen, etwa zwei Fuß von den Spitzen ab geworfen, und mit einigen Faſchinenpfaͤhlen
ſowohl auf dem Einſchnitte bei F, als auf den Faſchinen ſelbſt befeſtiget. (Fig. 12.) Zwi-
ſchen die auf den [Faſchinen] hervorragenden Pfaͤhle werden wieder Faſchinen gelegt, aber ſo,
D
[26]Viertes Kapitel.
daß ſie etwas mehr in den Strom eingreifen, und ſogleich werden andere auf dieſe nach
Taf. II.dem Lande zu geworfen, um durch deren Belaſtung das Drehen der aͤußerſten Faſchinen
durch den Strom zu verhindern. Auch werden beinahe ſo weit, als das Stuͤck Wurſt reicht,
Faſchinen in das ſtille Waſſer gelegt. Von jetzt an duͤrfen keine Faſchinen mehr mit dem
Stammende auf das Ufer geworfen werden, weil dadurch das Senken der Faſchinenlagen er-
ſchwert wird. Sollte man aber finden, daß ſich das Ufer mit der Faſchinenlage hinunter
zieht, ſo kann man bei den folgenden Lagen, die Faſchinen mehr nach dem Einſchnitt in das
Ufer ziehen. Auch muͤſſen von nun an und waͤhrend dem ganzen Baue, keine Faſchinen ſich
kreuzen, oder quer uͤbereinander liegen, weil hierdurch Hoͤhlungen entſtehen.


Ueber dieſe Faſchinen koͤmmt wieder ein Stuͤck Wurſt von 18 bis 24 Fuß lang,
aber mehr nach dem Strom zu, als das vorige, und ſowohl auf dem Einſchnitte, als auch
auf den Faſchinen ſelbſt wird ſolches mit einigen Pfaͤhlen befeſtiget. (Fig. 13.) Durch das
Ende der Wurſt, welches im Waſſer ſchwimmt, kann man, wenn der Strom ſehr ſchnell iſt,
und man das Wegſchwimmen einiger Faſchinen beſorgen ſollte, zwei Pfaͤhle uͤbers Kreutz ein-
ſtecken, welches man einen Bock nennt, der aber groͤßtentheils entbehrlich iſt.


Mit dem Faſchinenwerfen wird auf dieſe Art fortgefahren, ſo daß, wenn der zuletzt
geworfene Bock beinahe erreicht iſt, ein laͤngeres Stuͤck Wurſt wieder uͤber die liegenden Fa-
ſchinen auf die vorige Art befeſtiget wird. Der ſo befeſtigte Anfang der Faſchinenlage heißt
zuweilen ein Faſchinenkopf oder Ausſchuß, und wenn fuͤr deſſen Sicherheit durch das
Ueberlegen der Wuͤrſte hinlaͤnglich geſorgt iſt, ſo entſteht hinter demſelben ſtillſtehendes Waſ-
ſer, auf welchem die [Arbeit] ohne Hinderniß fortgeſetzt werden kann.


Sobald der Faſchinenkopf gehoͤrig befeſtiget iſt, ſo iſt es nicht mehr noͤthig, die
Wuͤrſte auf das Ufer zu befeſtigen, ſondern man kann ſolche auf die bereits feſtliegende Fa-
ſchinen annageln. (Fig. 14.)


Wie weit man mit dieſer Faſchinenlage in der Mitte vom Ufer abgehen kann, haͤngt
theils von der Tiefe, theils von der Geſchwindigkeit ab, mit welcher der Strom an das Ufer
faͤllt. Gewoͤhnlich geht man mit der erſten Lage in dem vorliegenden Falle nicht uͤber 12
bis 18 Fuß vom Ufer in den Strom, und es iſt bei dem ganzen Ablegen bis an das Ende
der erſten Lage bei H, nichts mehr zu bemerken, als daß ſaͤmmtliche Faſchinen mit ihren
Stammenden nach der Mitte zu gerichtet werden, und die ganze Lage etwa einen ſolchen Bo-
gen formirt, wie die 15te Figur zeigt. Die Spitzen der Faſchinen bilden alsdenn die aͤußerſte
Bogenlinie, und es iſt zu vermeiden, daß keine Faſchinen quer uͤber die andere zu lie-
[27]Von dem Baue der Buhnen.
gen koͤmmt, ſo wie auch nicht mehrere Stammenden der Faſchinen in einer Linie neben ein-
ander liegen duͤrfen, vielmehr muͤſſen ſolche ſich abwechſelnd, bald mehr nach hinten, bald
mehr nach vorne, neben einander befinden, damit keine Hoͤhlungen in den Faſchinenlagen
entſtehen. Das Queruͤberlegen der Faſchinen wuͤrde noch den Nachtheil mit ſich fuͤhren, daßTaf. II.
dieſelben von den uͤbergelegten Wuͤrſten nicht gehalten werden koͤnnen, und ſich nach
der Bewuͤrſtung und Benagelung ausziehen laſſen.


Wenn der Buhnenmeiſter mit dem Ablegen der Faſchinen bis an das Ende H ge-
kommen, ſo iſt hierdurch das Vorlegen der erſten Lage oder die Vorlage beendet, und es
wird mit der Ruͤcklage der Anfang gemacht.


Es werden nemlich am Anfange bei F uͤber die bereits liegenden Faſchinen andere
dergeſtalt am Rande herumgeworfen, daß ſie etwas in den Strom uͤber ſtehen. Auf dieſe
Faſchinen werden nach dem Lande zu immer wieder mehrere gelegt, ſo daß ſich der Buhnen-
meiſter auf dieſen nach dem Lande zuruͤckzieht, woher auch dieſes Ablegen die Ruͤcklage ge-
nennt wird. Hierdurch erhaͤlt die Faſchinenlage die in der 15ten Figur abgebildete Geſtalt.
Bei dieſem Zuruͤcklegen iſt darauf zu ſehen, daß durch die aufgelegten Faſchinen, die ganze Lage
eine Dicke von nicht mehr als etwa drei Fuß erhaͤlt, und die Oberflaͤche derſelben ſo eben
als moͤglich wird, ſo daß ſolche, wenn mit gruͤnen Faſchinen gebauet wird, einer geſchornen
Hecke, und bei trocknen einem Beſen aͤhnlich ſiehet, indem der kunſtmaͤßige Handgriff eines
Buhnenmeiſters eben darin beſtehet, daß er die Faſchinen ſo geſchickt wirft, daß ſie in einer-
lei Richtung neben einander zu liegen kommen, die entſtehenden Luͤcken gehoͤrig ausgefuͤllt
und bei der Ruͤcklage alle Stammenden ſo bedeckt werden, daß nur diejenigen, welche an
das Ufer ſtoßen, ſichtbar bleiben. Auch zeigt es ſchon einen wenig geuͤbten Buhnenmeiſter
an, wenn er die Faſchine nicht gleich auf ihre rechte Stelle wirft, ſondern ſie wieder auf-
nehmen und anders legen muß.


Weil von den Faſchinen, welche an das Land ſtoßen, die Baͤnder zum Vorſchein
kommen, ſo muͤſſen, wenn dieſerhalb die Lage nicht recht eben wird, die Baͤnder aufgehauen
und die letzten Faſchinen am Stammende ausgebreitet werden, damit alles eben wird und
die ganze Lage mit dem Lande zuſammen zu haͤngen ſcheint.


§. 22.


Nunmehr werden ſo ſchnell wie moͤglich uͤber dieſe ganze Lage Wuͤrſte aufgenagelt,
weil beſonders, wenn die Faſchinen aus einer ſchweren Holzart verfertiget ſind, ein Senken
derſelben entſtehet, wodurch, wenn ſie nicht zuſammengenagelt ſind, Nachtheil fuͤr die Lage
D 2
[28]Viertes Kapitel.
zu beſorgen iſt. Es folgt daraus die Regel fuͤr einen Aufſeher von ſelbſt, daß, wenn die
Faſchinen in der beſchriebenen Art ausgelegt ſind, unter keinerlei Vorwand auch nicht des
Taf. II.Mittagsbrodes oder der Feierſtunden wegen, abgebrochen werden darf, ſondern erſt bewuͤrſtet
werden muß, bevor man von der Arbeit gehen kann.


Dieſe Regel gilt allgemein ſo wohl bei den Buhnen wie bei den Coupirungen, und
es muͤſſen daher auch vor Eintritt des Feierabends, ehe man das Werk die Nacht uͤber verlaͤßt,
die Faſchinenlagen mit Wuͤrſten und Pfaͤhlen tuͤchtig an das Ufer befeſtiget, aber ja nicht
mit Erde beſchwert werden.


Bei dem Bewuͤrſten wird folgendergeſtalt verfahren: Zuerſt wird aus der Mitte
ein Stuͤck Wurſt a b (Figur 16.) dem Strome entgegen, und ein anderes c d Strom ab-
waͤrts geſtreckt, auch zur beſſern Verbindung noch ein Stuͤck e f am Obertheil der Lage frei
aufgelegt. Dieſe heißen Kreutzwuͤrſte. Hiernaͤchſt werden zwei Reihen Wuͤrſte am aͤußer-
ſten Rande der Lage, gegen das Waſſer zu, dicht neben einander ſo geſtreckt, daß die Fa-
ſchinenſpitzen etwa zwei Fuß vorſtehen. (Fig. 16.) g, h, i. Sie werden Randwuͤrſte ge-
nennt, und gleich mit vier Fuß langen Faſchinenpfaͤhlen zwiſchen jedem dritten Bande der
Wuͤrſte, oder zwei Fuß auseinander beſteckt. Weil die aͤußern Faſchinen ziemlich frei und
locker liegen, ſo koͤnnen dieſe Pfaͤhle in die Randwuͤrſte ohne Schlegel mit der Hand einge-
druͤckt werden, und muͤſſen, damit ſie ſich nicht durchdruͤcken, einen Fuß oben uͤberſtehen, da
ſie denn bei den folgenden Lagen, wenn ſie nicht außerdem eingedruͤckt ſind, noch nachge-
ſchlagen werden. Parallel mit den Randwuͤrſten werden im Bogen herum einfache Wuͤrſte
gelegt, bis die letzte in der Mitte nur einige Fuß vom Ufer abſtehet. Dieſe Wuͤrſte werden
auf gleiche Art, wie die Randwuͤrſte, in Entfernungen von zwei Fuß mit Pfaͤhlen beſteckt,
welches auch allemal da geſchehen muß, wo ſich zwei Wuͤrſte durchkreuzen. Die Pfaͤhle wer-
den hierauf mit dem §. 9. beſchriebenen Schlegel ſo weit eingeſchlagen, daß ſie nur noch 3
bis 4 Zoll uͤber die Wuͤrſte vorſtehen. Dieſes Einſchlagen der Pfaͤhle heißt die Benage-
lung
, wobei man vorzuͤglich, wenn die Wuͤrſte und Faſchinen trocken ſind, dahin zu ſehen
hat, daß kein Pfahl ſich durchziehet.


§. 23.


Nach dem Benageln und Bewuͤrſten wird die Faſchinenlage mit Erde bekarrt, wozu
man beſonders, wenn die Faſchinen [trocken] ſind, wenigſtens bei der erſten Lage, gern fette
Kley- oder Lehmerde nimmt, zu den uͤbrigen aber, vorzuͤglich bei friſch belaubten Faſchinen,
groben Kieß (gravier) waͤhlt, und ſich nur in allen Faͤllen fuͤr zu feinem Schwemmſande oder
[29]Von dem Baue der Buhnen.
Torf huͤten muß, weil erſterer durch die [Faſchinen] laͤuft, letzterer aber ſelbſt ſchwimmt undTaf. II.
leichter als das Waſſer iſt. Die Erde wird entweder zu Waſſer mit Kaͤhnen angefahren, und
ſodann auf die Faſchinenlage verbreitet, oder wenn die Erde in der Naͤhe vorhanden iſt, ſo
bedient man ſich allein der Schubkarren, jedoch muß vorher eine Ruͤſtung von Karndielen ge-
legt und niemals ohne dieſelbe auf dem We[r]ke gekarrt werden, weil dadurch die Wuͤrſte und
deren Baͤnder zu ſehr leiden.


Das Aufkarren der Erde geſchiehet vom Lande nach dem Strome zu, indem man
von dem Ende, wo der Strom herkommt, anfaͤngt, und ſo mit der Beſchwerung nach unten
bei H und nach vorne zu weiter geht. Wie hoch dieſe Erdſchicht aufgebracht werden muß,
haͤngt von mehrern Umſtaͤnden ab. In der Regel wird ſolche einen Fuß hoch angenommen
und bis zur Randwurſt ausgebreitet, es verſteht ſich aber von ſelbſt, daß auf die vor den
Randwuͤrſten hervortretenden Faſchinenſpitzen nicht nur gar keine Erde gebracht wird, ſon-
dern ſelbige auch zwiſchen den Randwuͤrſten und der zunaͤchſt gelegenen einfachen Wurſt ſo
duͤnne verzogen werden muß, daß ſie die Wurſt nur eben bedeckt, da es nicht rathſam iſt,
das Senken des vordern Endes zu ſehr zu befoͤrdern, weil ſolches doch durch die folgenden
Lagen hinuntergedruͤckt wird, auch die vordere Erde von dem Strom leicht weggeſchwemmt
werden koͤnnte, folglich unnuͤtz verloren ginge. Ueberhaupt iſt aus gleichen Gruͤnden vorzuͤg-
lich darauf zu ſehen, daß die Erdlage uͤber dem Waſſer bleibt und nur die Faſchinenlage
groͤßtentheils eingetaucht wird. Iſt daher das ſpecifiſche Gewicht der Erde betraͤchtlich, und
das der Faſchinen ebenfalls, ſo muß die Erdlage weit duͤnner ſeyn, als wenn leichte Erde
auf leichte Faſchinen gebracht wird. In Abſicht der erſten Faſchinenſchicht iſt aber noch be-
ſonders zu bemerken, daß ſolche weit weniger als die uͤbrigen beſchwert wird.


Dieſe erſte fertige Lage bildet nunmehr nach der etwas vergroͤßerten Durchſchnitts-
darſtellung der 17ten Figur eine aus Faſchinen, Wuͤrſten, Pfaͤhlen und Erde beſtehenden Koͤr-
per, der bald nach der Arbeit hoͤchſtens 4 Fuß Dicke hat. Wenn er aber durch den Druck
der folgenden Lagen zuſammengepreßt und gerammt iſt, ſo laͤßt ſich derſelbe nur drei Fuß
dick annehmen.


Wenn waͤhrend dem Bekarren die Randwuͤrſte anfangen in das Waſſer zu kommen,
ſo ſteckt ſich der Buhnenmeiſter zwiſchen F und b (Figur 16.) mehrere Faſchinenpfaͤhle etwa
einen Fuß tief in die Randwuͤrſte, theils um Faſchinen zwiſchen dieſe Pfaͤhle zu legen, theils
auch, um bei dem Sinken der erſten Lage den Rand derſelben noch vor ſich zu haben.


[30]Viertes Kapitel.

Iſt das Bekarren fertig, ſo werden die Ruͤſtbretter wieder zuruͤckgenommen und die
Erde gehoͤrig planirt, ſo daß die Oberflaͤche ganz eben wird.


§. 24.


Faͤngt die erſte Lage an ſich ſtark zu ſenken, ſo muß deſto geſchwinder mit der zweiten
Taf. II.Lage der Anfang gemacht werden. Es werden zuerſt von g an (Figur 18.) zwiſchen die
auf der Randwurſt eingeſteckten Pfaͤhle Faſchinen geworfen, ſo daß ſie auf der erſten Lage
nach dem Waſſer zu uͤberliegen, gegen das Stammende aber durch andre Faſchinen in eben
der Richtung beſchwert werden; hiermit wird ſo lange von g ab fortgefahren, bis der Strom
anfaͤngt, auf die frei liegenden Faſchinen zu wirken und ſolche weg zu drehen ſtrebt. Alsdann
wird uͤber dieſe ein Stuͤck Wurſt gelegt, wovon das eine Ende nach dem Lande zu auf den
Faſchinen befeſtiget wird, das andere aber im Waſſer ſchwimmt, und wenn man ſchon ge-
gen das Vorderende der Lage gekommen iſt, ſo wird ſolches noͤthigenfalls mit einem Bock
verſehen. Auf dieſer Wurſt wird das Ablegen ſtromwaͤrts fortgeſetzt, bis ſich der Strom
wieder der uͤberſtehenden Faſchinen bemaͤchtiget, wo denn wieder ein neues Stuͤck Wurſt auf-
gelegt wird. (Figur 18.) Auf dieſe Art verfaͤhrt man weiter, und ſucht immer durch meh-
reres Ueberlegen der Faſchinen den Strom zu gewinnen, wobei alles darauf ankoͤmmt, daß
an dem Ende der Lage, wo der Strom herkommt, die Faſchinen tuͤchtig befeſtiget werden.


Wie viel man mit jeder neuen Lage uͤber die unterliegende ſtromwaͤrts vorſpringt,
haͤngt von der Tiefe und von der Geſchwindigkeit des Stroms ab, weil eine groͤßere Tiefe
und Geſchwindigkeit ein behutſameres Vorruͤcken erfordert. Denn wollte man bei einem ſeich-
ten Bette mit jeder folgenden Lage nur wenig uͤber die vorhergehende bauen, ſo wuͤrde da-
durch das Senken ſehr ungleichfoͤrmig werden, weshalb man bei einer geringen Tiefe, die
Lagen nicht nur weit uͤber bauet, ſondern auch beſonders den erſten keine zu große Dicke ge-
ben darf. Bei einem tiefen Bette muß aber deshalb nicht zu weit uͤber gebauet werden,
weil es ſonſt nicht moͤglich iſt, die zu weit in den ſchnellen Strom tretende Faſchinenlagen
feſt zu halten, bevor ſie nicht den Grund erreicht haben. Im gegenwaͤrtigen Falle, wo eine
Tiefe von 36 Fuß und eine Geſchwindigkeit des Stroms von 3 bis 4 Fuß vorausgeſetzt wird,
kann man annehmen, daß jede neue Lage uͤber die unmittelbar darunter liegende etwa 6 Fuß
vorſpringt. Dieſes gilt aber nur an demjenigen Rande der Lage, welcher beinahe mit dem
Ufer parallel laͤuft; denn auf beiden Seiten gegen das Ufer zu, muͤſſen andere Geſetze befolgt
und die Lagen von beiden Seiten eingezogen werden.


[31]Von dem Baue der Buhnen.

Um die Vorſchrift, wie weit jede Lage ſtromwaͤrts uͤbertreten und dagegen auf bei-
den Seiten eingezogen werden muß, deutlicher zu geben, ſo ſey Figur 19. eine bereits mehrTaf. III.
in den Strom getretene Lage, wo olbnp die ſo eben gelegte Ruͤcklage und qrst die un-
mittelbar darunter befindliche mit Erde beſchwerte Lage bezeichnet. Damit nun der Buhnen-
meiſter wiſſen kann, wie weit er auf der Seite bei l, wo die Faſchinen zum Theil auf dem
Waſſer liegen, uͤberwerfen muß, ſo wird die Verlaͤngerung der beiden Pfaͤhle B A genommen,
und auf B H ſenkrecht die Linie k l ſo lang gemacht, daß ſolche der groͤßten Stromtiefe
unter der Faſchinenlage gleich iſt. Eben ſo lang wird die Linie m n genommen, welche auf
D K ſenkrecht ſtehet. Dieſe Weite k l, m n heißt die Ausladung.


Die Beſtimmung der Punkte l und n ſetzt voraus, daß mittelſt einer Viſirſtange
oder eines Senkbleies, vor Anfertigung der neuen Lage, die Stromtiefe gemeſſen werde, und
ſo oft ſich dieſe Tiefe aͤndert, ſo muß auch darnach die Ausladung veraͤndert werden.


Durch die beiden Entfernungen k l und m n iſt nun die Ausladung des Werks auf
beiden Seiten beſtimmt; wie weit aber jedesmal ſtromwaͤrts ausgelegt werden muß, haͤngt
von den vorhin angegebenen Beſtimmungen ab. Iſt dieſe Weite, wie hier, auf 6 Fuß feſt-
geſetzt, ſo wird darunter verſtanden, daß a b, 6 Fuß betrage.


Wenn nun vom Anfange bei l am Rande herum bis gegen das Ende bei n auf die
erforderliche Weite ſo ausgelegt iſt, daß immer die oberſten Faſchinen etwas mehr uͤber die
untere nach dem Waſſer zu uͤberſtehen, ſo iſt die Vorlage fertig und es wird mit der Ruͤck-
lage der Anfang gemacht, wobei wieder dahin zu ſehen iſt, daß die ganze Faſchinenlage
durchgaͤngig eine Dicke von hoͤchſtens 3 Fuß erhalte, und daß keine Faſchine hinter den Punk-
ten l und n nach dem Lande zu, uͤber die Faſchinen der erſten Lage greife, damit die Sei-
tendoſſirung nicht verloren geht.


Iſt daher qlrsnt die unmittelbar darunter befindliche mit Sand bekarrte Faſchi-
nenlage, ſo muß die Ruͤcklage nicht in der Breite k l zuruͤcktreten, ſondern es wird erfordert,
daß an den Seiten bei q l und t n allmaͤhlig nach oben zu die Faſchinen immer etwas zu-
ruͤckgezogen werden, ſo daß die ganze Einziehung der Lage uͤber die untere etwa 3 bis 4 Fuß
betraͤgt und die ganze Faſchinenſchicht auf beiden Seiten eine einfuͤßige Doſſirung erhaͤlt.
Mit der Ruͤcklage zieht man ſich uͤber die erſte Lage nach dem Einſchnitt ſo weit zuruͤck, als
es das Senken der erſten Faſchinenlage erlaubt, dergeſtalt daß die zweite Lage, ſowohl nach
vorne zu, als auch gegen den Einſchnitt hin, uͤber die erſte Lage erweitert iſt.


[32]Viertes Kapitel.

Wenn auf der zweiten Lage die Ruͤcklage fertig iſt, ſo wird ſolche, wie vorher §. 22.,
bewuͤrſtet und mit Erde bekarret.


§. 25.


Auf gleiche Art verfaͤhrt man bei der dritten und vierten Lage, ſo daß man
allemal mit dem Legen der Faſchinen zur Vorlage da anfaͤngt, wo das Werk noch etwas
uͤber dem Waſſer hervor ragt, mit der Ruͤcklage aber bis an das Ufer zuruͤckgehet.
Waͤhrend dieſer Arbeit geben entweder die Wuͤrſte der unterſten an dem Ufer angenagelten
Lagen nach, und ziehen durch das Senken und den Druck der oberſten Lagen das Ufer und
die Wuͤrſte mit hinunter, wodurch das Ufer eine flaͤchere Doſſirung erhaͤlt, in welchem Falle
die Faſchinen und Wuͤrſte der oberſten Lage mehr landwaͤrts gezogen werden muͤſſen. Wenn
aber die oberſten Lagen wegen den auf dem Ufer befeſtigten Wuͤrſten nicht ſinken koͤnnen,
wovon man durch das Berſten der Erde des Einſchnitts uͤberzeugt wird, ſo muͤſſen
die Bindweiden der am Ufer auf dem Einſchnitt angenagelten Wuͤrſten vorſichtig aufgehauen
werden, wobei aber zu bemerken iſt, daß die jedesmalige oberſte Lage, durch ihre auf dem
Ufer befindliche Wuͤrſte, tuͤchtig befeſtigt bleiben muß.


Sind gleich die Wuͤrſte der untern Lagen losgehauen, ſo darf man das Wegſchwim-
men derſelben nicht befuͤrchten, weil die in jeder Faſchinenſchicht durchgehenden Faſchinen-
pfaͤhle, einen Zuſammenhang der Lagen unter einander und mit dem Grunde hervorbringen.


Wenn vier bis ſechs Lagen alle von gleicher Dicke gemacht ſind, wie die drei und
Taf. IV.zwanzigſte Figur nach einem etwas kleinern Maaßſtabe im Durchſchnitt zeigt, ſo iſt es vor-
theilhaft, um zu verhindern, daß die Lagen, wenn ſie auf den Grund kommen, nicht zu
ſteil liegen, daß man nicht mehr mit allen Lagen in gleicher Dicke bis an das Ufer zuruͤck-
geht, ſondern nach Verhaͤltniß der Tiefe dergeſtalt mit den Lagen abwechſelt, daß ſich die
eine in einer Laͤnge von etwa zwei bis drei Ruthen verlaͤuft, welches man eine kurze Lage
nennt, die andre aber in gleicher Dicke ſo lange gegen das Ufer hingefuͤhrt wird, bis man
ſich uͤberzeugt hat, daß das Werk auf dem Grunde liegt; da denn, ſo weit man dieſes ver-
ſpuͤrt, keine Lage mehr daruͤber gebracht wird.


Um zu dieſer Ueberzeugung zu gelangen, darf man nur bemerken, ob ſich die erſten
Lagen mit dem Ufer und von demſelben regelmaͤßig abgezogen haben, ſo iſt es wohl wahr-
ſcheinlich, daß ſie eben ſo gleichfoͤrmig auf den Grund gegangen ſind, wenn das Werk nem-
lich waͤhrend dem Sinken immer eine horizontale Lage behalten hat, und nun keine weitere
Spuren vom Sinken mehr bemerkt werden. Iſt ferner, wie es erfordert wird, die Tiefe
vorher
[33]Von dem Baue der Buhnen.
vorher gemeſſen worden, und hat man keine Gruͤnde zu vermuthen, daß ſich das Grundbett
noch waͤhrend der Arbeit vertieft hat, ſo darf man nur die Tiefe mit der Anzahl der Faſchi-
nenlagen vergleichen. Es muß daher ein Aufſeher darauf halten, daß der Buhnenmeiſter in
ſeinem Journale genau bemerke, wie viel Lagen er gemacht habe. Sollten ſich aber, unge-
achtet nach einer ſolchen Beſtimmung das Werk im Grunde ſeyn muͤßte, doch noch immer in
der oberſten Erdſchicht und am Ufer Riſſe zeigen, ſo wuͤrde das freilich ein Beweis ſeyn, ent-
weder daß die Lagen nicht gleich ſtark genommen worden, oder daß der Strom ſich waͤhrend
der Arbeit [noch] vertiefte, oder daß das Werk ſich in dem untern weichen Grunde eingedruͤckt
habe. In dieſem Falle muß nothwendig das Werk durch Handrammen ſo lange zum wei-
tern Sinken gebracht und noch mehrere Lagen uͤbergelegt werden, bis ſich keine Riſſe mehr
zeigen, wobei man ſich dann nur huͤten muß, dieſe Lagen nicht weiter mehr mit dem
Ufer zu verbinden, weil man dadurch den Riſſen zwar vorbeugen, ſie im Grunde aber
nicht heben wuͤrde.


Die zwanzigſte Fignr zeigt die fuͤnfte Lage (welches eine kurze iſt) nach der Be-Taf. III.
wuͤrſtung von oben anzuſehen. Sie iſt nur etwa bis auf die Haͤlfte der darunter befindli-
chen vierten Lage gegen das Ufer zu zuruͤckgezogen. In der vier und zwanzigſten Figur ſiehtTaf. IV.
man dieſe Lage im Durchſchnitt.


In Abſicht des Rammens iſt zu bemerken, daß wenn ſich beim Sinken der Lagen
Unebenheiten zeigen, hierbei die Handramme zu Huͤlfe genommen werden muß, um ein gleich-
foͤrmiges Sinken zu bewirken; auch muß insbeſondere da, wo man glaubt daß das Werk
ſchon auf dem Grunde liegt, noch tuͤchtig gerammt werden, damit in keinem Falle Hoh-
lungen entſtehen.


Schon §. 22. iſt erinnert worden, daß wenn man bei dem Baue einer Buhne we-
gen Eintritt des Feierabends oder der Nacht, mit der Arbeit aufhoͤren muß, daß ſolches nur
alsdann geſchehen darf, wenn die zu letzt verfertigte Faſchinenlage tuͤchtig bewuͤrſtet und be-
nagelt iſt. Waͤhrend der Nacht pflegt ſich aber das Werk gewoͤhnlich etwas zu ſenken und
die oberſte Lage zum Theil unter den Waſſerſpiegel zu kommen. Damit nun der Buhnen-
meiſter ſogleich wiſſen kann, wie weit er am andern Tage, die folgenden Faſchinen-Schichten
auslegen muß, ſo hat ſich derſelbe den Abend vorher zu bemerken, wie weit der Rand der
letzten Lage von dem Ufer, oder von irgend einem feſten Punkte abſtehet, weil es nicht ſo
ſicher iſt, dieſe Entfernung durch eine Viſitirſtange auf zu ſuchen, auch die in die Randwurſt
E
[34]Viertes Kapitel.
eingeſtekten Pfaͤhle, zu tief unter dem Waſſerſpiegel ſeyn koͤnnen, als daß ſolche bemerkt
werden koͤnnten.


§. 26.


Es iſt zwar nicht leicht jedesmal genau anzugeben, wie die Lagen nach und nach
ſinken, weil dieſes vom Gewicht der aufgebrachten Erde, vom Gewicht der Faſchinen, vom
Grundbette und von unendlich vielen Urſachen beim Baue ſelbſt abhaͤngt. Ueberdem verbin-
det ſich auch jede oberſte Lage mittelſt ihrer durchgehenden Pfaͤhle und mit Huͤlfe der Ramme
und der beſtaͤndigen Bewegung auf dem Werke ſo ſehr mit der darunter befindlichen, daß
ſaͤmmtliche Schichten als ein zuſammenhaͤngendes Ganze angeſehen werden koͤnnen, von wel-
chem es ſchwer iſt, die Lage der einzelnen Theile anzugeben. Damit ſolches aber einigerma-
Taf. IV.ßen uͤberſehen werden kann, ſo ſind in den Figuren 23. bis 30. mehrere Durchſchnitte ge-
zeichnet, um daraus ungefaͤhr abzuſehen, wie die Lagen nach und nach auf den Grund
gehen. Es iſt hierbei nicht moͤglich geweſen, das Abbrechen des Ufers waͤhrend
dem Baue bei dem Sinken der Lagen genau anzugeben, weil dieſes von der verſchiede-
nen Feſtigkeit der Ufer abhaͤngt; ob gleich hierdurch das Sinken der Lagen und die Geſtalt
des ganzen Werkes nach dem Laͤngendurchſchnitt, noch mancherlei Abwechſelungen unterwor-
ſen iſt. Eben ſo laͤßt ſich auch nicht genau beſtimmen, wie die einzelnen Lagen waͤhrend dem
Baue liegen, weil bei friſchbelaubten Faſchinen, die Lagen eher auf den Grunde kommen als
bei ſehr trockenen.


§. 27.


Wenn man mit dem Auslegen ſo weit gekommen iſt, daß das aͤußerſte Ende der
Lage nicht nur die angenommene Laͤnge der Buhne hat, ſondern auch, um die Waſſertiefe
an der Spitze etwa anderthalb mal genommen noch laͤnger iſt, alſo in dem hier angenomme-
nen Beiſpiele, wenn A C Figur 21. und 27. nicht nur 96 Fuß, ſondern noch 36 und 18
Fuß, olſo uͤberhaupt 150 lang iſt, ſo wird nicht weiter vorgearbeitet. Es koͤmmt alsdenn
darauf an, dem Werke an der Spitze die erforderliche Doſſirung zu geben, weil gerade hier
der ſtaͤrkſte Anfall des Stroms und Eiſes Statt findet, und die Hoͤhlung C D E Figur 27.
leicht Veranlaſſung zu Vertiefungen und zur Zerſtoͤrung des Werks geben wuͤrde. Statt alſo,
wie vorher geſchehen iſt, mit jeder folgenden Lage vorwaͤrts weiter in den Strom zu gehen,
ſo werden jetzt alle Lagen verhaͤltnißmaͤßig nach der Tiefe und der erforderlichen Doſſirung
zuruͤckgelegt oder eingezogen, und die Lage ſelbſt muß ſich ſo weit nach dem Ufer zu er-
ſtrecken, bis man auf den Theil der Buhne kommt, welcher ſchon auf dem Grunde feſt liegt
Faͤhrt man auf dieſe Art fort, wie es die Figuren 28. und 29. nachweiſen, ſo entſtehet end-
[35]Vom Baue der Buhnen.
lich die bis auf die Ausgleichung und Spreutlage fertige Buhne, deren etwanigen Durch-
ſchnitt Figur 30. vorſtellt. Denkt man ſich das Waſſer hinweg, ſo wuͤrde ſolche, von obenTaf. IV.
anzuſehen, etwa die Geſtalt, wie Figur 31., haben, wobei zu bemerken iſt, daß die einzelnen
Lagen, um ſie deſto mehr bemerklich zu machen, etwas ſtark ausgedeutet ſind, obgleich bei
einem fertigen Werke die ganze Flaͤche der Doſſirung glatt und ohne Abſatz ſeyn muß.


Noch iſt hier anzufuͤhren noͤthig, daß in Abſicht der Erdbeſchwerug bei denjeni-
gen Lagen, welche nicht mehr weit von der Spitze der Buhne ab liegen, anders, als §. 23.
angefuͤhrt worden, verfahren wird. Statt nemlich die Erde nach den Randwuͤrſten hin ver-
laufen zu laſſen, ſo iſt es vielmehr erforderlich, daß bei allen Lagen, welche gegen die Spitze
oder den Kopf der Buhne kommen, vorzuͤglich auf eine tuͤchtige Erdbeſchwerung ihres Vor-
derendes gehalten wird, weil dadurch um ſo mehr an der Buhnenſpitze, eine tuͤchtige Verbin-
dung der obern Lage mit der untern nnd dem Grunde entſtehet.


§. 28.


Die ſo weit fertige Buhne wird auf ihrer Krone uͤberall ausgeglichen, auf die ge-
woͤhnliche Art bis in das Ufer hinein, ſo weit ſolches der Einſchnitt erlaubt, bewuͤrſtet, und
demnaͤchſt mit einer Lage guter Erde bedeckt, ſo daß ſie einige Fuß uͤber das kleine Waſſer
hervorragt. Iſt nun der Bau im Anfange des Sommers unternommen worden, ſo laͤßt man
die Buhne auf dieſe Art bis gegen den Herbſt liegen, damit ſich dieſelbe noch ſetzen kann,
welches denn auch gewoͤhnlich in dieſer Zeit geſchiehet und einige Unebenheiten auf ihrer Ober-
flaͤche veranlaßt. Wenn die erforderliche Zeit zum Setzen des ganzen Werks verfloſſen, ſo wer-
den im Fruͤhjahre oder Herbſte alle Unebenheiten mit Faſchinen ausgeglichen und die Spreut-
lage darauf gelegt, wie ſolches in der Folge auseinander geſetzt wird.


§. 29.


Die hier gegebene Beſchreibung von dem Baue einer Buhne iſt zwar nur auf den be-
ſondern Fall eingeſchraͤnkt, daß ihre Laͤnge, auf der Krone gemeſſen, nur 8 Ruthen be-
trage, das Ufer ziemlich ſteil ſey, und die uͤbrige Waſſertiefe nicht uͤber 36 Fuß groß werde.
Aus der Art, wie die Arbeit ausgefuͤhrt wird, laͤßt ſich aber leicht einſehen, daß es nicht die
mindeſte Schwierigkeiten hat, die Buhne ſo weit zu verlaͤngern, als es die Umſtaͤnde erfor-
dern, und daß, wenn man durch die Anſpannung des Stroms einen ſtaͤrkern Anfall deſſel-
ben zu befuͤrchten hat, alsdenn nur die groͤßte Vorſicht beim Verarbeiten und insbeſondere
bei der Befeſtigung der Faſchinen durch Wuͤrſte erfordert wird; ſo wie auch, vorzuͤglich nach
dem Lande zu, tuͤchtig gerammt werden muß. Waͤre das Ufer noch ſteiler und beinahe
E 2
[36]Viertes Kapitel.
Taf. IV.ſenkrecht, ſo macht dieſes keinen Unterſchied in der Arbeit, wovon man ſich durch das Zeich-
nen der einzelnen Lagen uͤberzeugen kann; ſollte aber das Ufer ſehr flach ſein, ſo entſtehet
daraus weiter nichts, als daß man mit der erſten Lage den Grund fruͤher erreicht, und auf
dieſelbe nicht ſo viele neue Lagen, wie in dem vorhergehenden Beiſpiele, packen kann. Die
Figur 32. zeigt den Durchſchnitt einer ſolchen Buhne.


Eben ſo macht es gar keine Schwierigkeiten, wenn die Waſſertiefe ſehr abwech-
ſelnd
iſt, weil es alsdann lediglich darauf ankommt, uͤber einer groͤßern Tiefe die Lage
verhaͤltnißmaͤßig breiter, und bei einer geringern, ſchmaͤler zu machen. Waͤre in einem beſon-
der Falle die Tiefe unter der Lage, wo gearbeitet wird, 14 Fuß, ſo muͤßte man die [Ausla-
Taf. III.dung]
Figur 19. k l, m n nur 14 Fuß groß annehmen; waͤre aber die Tiefe 48 Fuß, ſo
Taf. IV.ſo muͤßte ſo wohl k l als m n, 48 Fuß lang werden. Die Figur 33. zeigt den Durchſchnitt
einer ſolchen Buhne, die in abwechſelnden Tiefen erbauet iſt.


§. 30.


Die Schoͤpfbuhnen, welche beſtimmt ſind, den Strom aufzufangen, um ihn in
einen Kanal oder Stromarm zu leiten, muͤſſen ihrer Natur nach, der Richtung des Stroms
entgegen gebauet werden, Statt daß die gewoͤhnlichen Buhnen quer in denſelben hineingehen.
Bei ihrem Baue wird nach denſelben Grundſaͤtzen verfahren, wie vorhin bei den Buhnen ge-
zeigt wurde, indem man von dem Ufer ab in den Strom hinein arbeitet, ſo daß ihre Kon-
ſtrukzion ganz dieſelbe iſt, wie bei den uͤbrigen Buhnen. Wenn es hierher gehoͤrte, ſo wuͤrde
ſich leicht aus vielen Erfahrungen darthun laſſen, daß die Erwartung, welche man von den
Schoͤpfbuhnen hegt, viel zu groß iſt, und daß ſie keinesweges ſolche Waſſermagnete ſind,
wie man ſich vorſtellt, vielmehr iſt in den meiſten Faͤllen ihre Wirkung nur ſehr unſicher,
und man kann ſie auch groͤßtentheils durch andere Anlagen entbehrlich machen.


Von ſo geringem Nutzen ſich auch die Schoͤpfbuhnen durch die Erfahrung bewieſen
haben, wenn es darauf ankommt, einem Durchſtiche oder Stromarme Waſſer zuzufuͤhren, ſo
unentbehrlich ſind ſie dennoch da, wo ein Strom ſich in mehrere Theile theilet, um die vor-
ſpringende Landſpitze oder den Theilungspunkt zu befeſtigen und ihn gegen das anſtroͤmende
Waſſer und gegen den Eisgang zu ſichern.


§. 31.


Noch koͤmmt eine Art Buhnen vor, welche Rauſchbuhnen, Rauſchfluͤgel oder
Kribben genannt werden. Sie ſollen bei kleinen Fluͤſſen dazu dienen, wenn ſolche ſich ſehr
verbreitet haben und fuͤr die Schiffahrt zu ſeicht geworden ſind, dem Fahrwaſſer mehr Tiefe
[37]Von dem Baue der Buhnen.
durch die Zuſammenpreſſung des Fluſſes zu verſchaffen. Man legt ſie an den ſeichteſten
Stellen einander gegenuͤber an, und ſie werden gewoͤhnlich nur ſehr leicht von Faſchinen,
auch ſelbſt von Brettern und Pfaͤhlen erbauet, in ſo fern ſie nur als Palliatif dienen, indem
eine ordentliche Stromregulirung zweckmaͤßigere Vorkehrungen erfordert.


Fuͤnftes Kapitel.
Vom Baue der Spreutlagen auf den Buhnen.


§. 23.


Wenn ſich die Buhne hinlaͤnglich geſetzt hat, ſo wird ſolche dergeſtalt mit Faſchinen ausge-
glichen, daß die Oberflaͤche derſelben, oder die Krone, einen geringen Abhang vom Lande ab
gegen den Strom zu, oder von der Wurzel gegen den Kopf erhaͤlt. Die Krone ſelbſt wird
dann einen halben Fuß hoch mit fetter Erde bekarret, und darauf eine Decke von Weiden-
reiſer oder eine Spreutlage gelegt. Da dieſe Weidenreiſer vorzuͤglich zum Auswachſen be-
ſtimmt ſind, ſo legt man die Spreutlagen nicht gern im Sommer, weil alsdann zu befuͤrch-
ten ſtehet, daß ſolche vertrocknen. Die beſte Zeit dazu iſt im Fruͤhjahre, wenn die Weiden
noch nicht belaubt ſind, oder im Herbſte, wenn das Laub ſchon welk iſt. Von dieſem
Strauche, wozu man den beſten ausſucht, der nicht uͤber ¾ Zoll ſtark ſeyn muß, werden Fa-
ſchinen und Wuͤrſte gebunden; auch iſt es gut, daß man ſich, Statt der gewoͤhniglichen Pfaͤhle
von kiehnenem Holze, Pfaͤhle aus weidenen Knuͤppeln, die mit einem Haken (Figur 5.) ver-Taf. I.
ſehen ſind, verfertigen laͤßt, weil dieſe alsdenn, wenn ſie friſch gehauen ſind, in dem Werke
ſelbſt auswachſen und durch ihren Haken die Wuͤrſte feſthalten. Die Laͤnge dieſer Pfaͤhle zur
Spreutlage kann geringer als die Laͤnge der gewoͤhnlichen Faſchinenpfaͤhle ſeyn; zwei bis drei
Fuß ſind hinreichend. Wenn ſolchergeſtalt alles vorbereitet iſt, ſo werden die Faſchinen ein-
zeln quer auf das Werk gelegt und die Baͤnder aufgehauen; das Reis wird ſo ausgebreitet,
daß eine jede Weidenruthe dicht neben die andere kommt, und alle unter ſich parallel oder
auf der Richtung der Buhne ſenkrecht ſind. Die Stammenden der Reiſer werden in die auf-
gekarrte Erde verſteckt.


Auf dieſes ausgebreitete Reis wird am Rande der Krone herum eine doppelte Rand-
[38]Fuͤnftes Kapitel.
wurſt gelegt, auch werden parallel mit den Seiten der Buhne vom Kopf ab nach dem Lande
zu, in Entfernung von 1½ bis 2 Fuß, Wuͤrſte quer uͤber die Weidenreiſer geſtreckt, und alle
2 Fuß ein Spreutlagenpfahl eingeſchlagen.


Hierbei iſt darauf zu ſehen, daß die Wuͤrſte, ſo weit es angehet, auf den Einſchnitt
des Ufers zuruͤckgelegt werden, ſo wie auch die einzelnen Wuͤrſte mit ihren Enden unter der
Randwurſt durchgeſteckt, und allemal, wo ſich Wuͤrſte kreutzen, ein Hackenpfahk eingeſchla-
gen werden muß. Sollten nicht Hackenpfaͤhle genug vorhanden ſeyn, um alle Wuͤrſte der
Spreutlage anzunageln, ſo muß wenigſtens dafuͤr geſorgt werden, daß derjenige Theil der
Randwurſt, welcher dem Anfall des Stroms am meiſten [ausgeſetzt] iſt, dergleichen erhaͤlt;
Taf. IV.waͤre aber auch dieſes nicht moͤglich, ſo muͤſſen zuweilen zwei Pfaͤhle uͤbers Kreuz (Figur 34.)
durch die aͤußerſte Randwurſt geſchlagen werden. Beim Strecken der Wuͤrſte iſt zu vermei-
den, daß das Zuſammenſtoßen derſelben nicht in einerlei Gegend, bei mehrern zugleich ge-
ſchiehet, welches dadurch verhindert werden kann, daß man ſich Wuͤrſte von verſchiedener
Laͤnge bedient. Auch iſt es gut, der Krone außer einem geringen Abhange vom Ufer nach
dem Waſſer zu, auf beiden Seiten eine geringe Abdachung zu geben, weil alsdenn die
Wuͤrſte und das Ufer vom uͤberſtuͤrzenden Waſſer und Eiſe nicht ſo leicht beſchaͤdiget werden.


Wenn die Benagelung geendet iſt, ſo wird fruchtbare Erde ausgeſucht und dergeſtalt
auf die Spreutlage gekarrt, daß der Raum zwiſchen den Wuͤrſten nur ausgefuͤllt wird, der
Obertheil der Wuͤrſte aber frei und ſichtbar bleibe.


§. 33.


Auf dieſe Weiſe iſt die Spreutlage und der ganze vorgeſetzte Bau der Buhne geen-
det, und es iſt leicht einzuſehen, daß, wenn nach einigen Jahren eine Verlaͤngerung der
Buhne noͤthig ſeyn ſollte, dieſe ohne Hinderniſſe bewerkſtelliget werden kann. Noch pflegt
man an einem ſehr abbruͤchigen Ufer, laͤngs demſelben ober- und unterhalb der Buhne, um
das Ausſpuͤlen der Erde durch den geſpannten Strom zu verhindern, eine tuͤchtige Rauch-
wehre auzulegen, deren Anfertigung in der Folge bei Gelegenheit der Coupirungen gezeigt
werden ſoll. Auch pflegt man zuweilen, wenn die Buhne weit in den Strom hinein erbauet
iſt, und ein ſtarker Anfall von dem Eiſe und uͤberſtuͤrzenden Waſſer befuͤrchtet wird, Statt
der Spreutlage, eine Rauchwehre auf die Buhne zu legen.


Damit man ſich aber des Auswachſens der Spreutlage verſichert, ſo iſt es noͤthig,
daß alles Vieh, welches beſonders dem jungen Weidenreiſe ſehr gefaͤhrlich iſt, mittelſt eines
tuͤchtigen Zauns abgehalten werde; von einer andern Seite iſt durch die Schiffer, welche auf
[39]Vom Baue der Spreutlagen auf den Buhnen.
dergleichen Werke gern Anker werfen, Nachtheil zu befuͤrchten, welches nur durch eine gute
Polizei verhindert werden kann. Oefters ereignet es ſich auch, daß von dem Strome bei
großem Waſſer, eine Menge Sand auf die Spreutlagen geworfen wird; dieſer muß ſogleich
nach dem Ablauf des Waſſers herunter geſchippt werden, weil ſonſt die unter dem Sande
liegenden Weidenreiſer nicht auswachſen. Das Herunterſchippen des Sandes muß aber nicht
mit eiſernen Spaden, ſondern mit hoͤlzernen Schaufeln geſchehen, damit die Rinde der Rei-
ſer nicht beſchaͤdiget wird.


Sechstes Kapitel.
Von dem Baue der Coupirungen.


§. 34.


Wenn die Buhnen nur zum Theil iu einen Strom hinein gebauet werden, um ihn ir-
gendwo abzuweiſen oder ihm eine andere Richtung zu geben, ſo unterſcheiden ſich die Coupi-
rungen dadurch von den Buhnen, daß ſie von einem Ufer bis zum andern anſchließen, um
einen Strom oder Stromarm abzuſchneiden. Sie finden hauptſaͤchlich in folgenden Faͤllen ſtatt:


1) Wenn ein Strom durch Zertheilung in mehrere Aerme unregelmaͤßig iſt, wenn es dieſen
Aermen bei kleinem Waſſer, an der zur Schiffarth erforderlichen Tiefe fehlt, oder wenn
ihm durch Kanaͤle eine andere Richtung gegeben werden ſoll, damit er nun in einem
Bette unzertheilt fließe.


2) Wenn auf einem Stromufer Deiche angelegt werden ſollen, deren Anlage durch die Aus-
fluͤſſe des Stroms nach dem einzudeichenden Lande verhindert werden.


3) Wenn bei großem Waſſer ein Deich, durch die Gewalt des Stroms durchbrochen iſt,
und das einſtuͤrzende Waſſer abgeſchnitten werden ſoll.


Die beiden erſten Arten der Coupirungen heißen Stromcoupirungen, welche alle-
mal nach einer graden Richtung von einem Stromufer nach dem andern erbauet werden,
weil ſich nicht leicht ein Grund angeben laͤßt, weshalb man mit Verſchwendung der Materia-
lien eine andere Richtung nehmen ſollte. Es ſcheint zwar als wenn die Feſtigkeit einer Cou-
pirung dadurch vermehrt wird, wenn man ſolche Figur 35. nicht wie a b ſondern Bogen-Taf. V.
[40]Sechstes Kapitel.
Taf. V.foͤrmig wie c d anlegte. Bedenkt man aber, daß [Faſchinen] keine Gewoͤlbſteine ſind und daß
wenn die grade Coupirung nicht im Stande iſt der Gewalt des Waſſers zu widerſtehen, die-
ſes bei unveraͤnderter Breite des Werks, eben ſo wenig bei der bogenfoͤrmigen der Fall
ſeyn wird; die bogenfoͤrmige Coupirung aber noch uͤberdem den Nachtheil verurſacht, daß bei
großem uͤberſtuͤrzenden Waſſer, daſſelbe eine Richtung auf die Ufer bei c und d erhaͤlt, ſo
wird man nicht leicht fuͤr Stromcoupirungen eine andere als gerade Richtung waͤhlen.


Sollen hingegen Coupirungen dazu dienen, die bei dem Bruche eines Deichs ent-
ſtandene Oefnung zu verſchließen, um die einbrechende Fluth zu hemmen und die uͤberſchwemm-
ten Binenlaͤnder von dem reißenden Strom und der Verſandung zu befreien, ſo heißen ſolche
Druchbruchs- oder Deichcoupirungen. Sie werden gewoͤhnlich bogenfoͤrmig ange-
legt, wovon die Gruͤnde in der Folge entwickelt werden ſollen.


§. 35.


Weil die Fuͤhrung des Baues und die Regeln, welche bei den Durchbruchscoupirun-
gen beobachtet werden muͤſſen, in manchen Stuͤcken von den Stromcoupirungen abweichen,
ſo wird hier der Anfang mit den Stromcoupirungen gemacht werden.


Die Abmeſſungen der Stromcoupirungen kommen in Abſicht der Doſſirung mit
den der Buhnen uͤberein, weil es nicht anzurathen iſt, eine groͤßere als einfuͤßige Doſſirung zu
geben. Die obere oder Kronenbreite muß nach den Umſtaͤnden feſt geſetzt und vorzuͤglich
darauf Ruͤckſicht genommen werden, daß das Werk nicht nur waͤhrend der Arbeit, dem mit
Heftigkeit wirkenden zuſammengepreßten Strome widerſtehe, ſondern auch nach der Arbeit im
Stande iſt, dem Drucke des aufgeſtauten Waſſers und dem uͤberſtuͤrzenden Strome und Eiſe
Widerſtand zu leiſten. Iſt ein Strom reißend, tief, oder ſtehet eine große Vertiefung zu be-
fuͤrchten *) und iſt uͤberdem die Coupirung bei großem Waſſer, dem Ueberſtuͤrzen des Stroms
und Eiſes ausgeſetzt, ſo erhaͤlt ſolche bis 5 Ruthen Kronenbreite. Gewoͤhnlich nimmt man an,
daß die Krone einer Stromcoupirung durchgaͤngig ſo breit genommen werde, als die groͤßte
Tiefe des Stroms betraͤgt, zuweilen nimmt man aber zu mehrerer Sicherheit, die groͤßte
Tiefe anderthalb bis zweimal, zur Kronenbreite.


Die
[41]Vom Baue der Coupirungen.

Die Hoͤhe richtet ſich zwar im allgemeinen nach den §. 12. angegebenen Regeln,
es koͤnnen aber dennoch Faͤlle vorkommen die eine Ausnahme fordern, und man hat in Ab-
ſicht derſelben beſonders darauf zu rechnen, daß waͤhrend der Arbeit eine Aufſtauung des Waſſers
entſtehet, weil durch das Werk in dem coupirten Arm, der Durchfluß des Waſſers verhin-
dert wird, und ſolches nunmehr in einem andern Bette, welches zu deſſen Aufnahme noch
nicht geſchickt iſt, ſich fortbewegen muß. Hieraus folgt zwar, daß ſich die Hoͤhe des Werks
eigentlich erſt gegen das Ende der Arbeit beſtimmen laͤßt, ſo bald ſich aber der Stau
verloren und das Faſchinenwerk hinlaͤnglich geſetzt hat, ſo laͤßt man die Krone gewoͤhnlich
2 bis 3 Fuß uͤber das kleine Waſſer hervor ragen, damit das Waſſer nicht ſo leicht uͤber-
ſtuͤrzt. Um die Angriffe von dem uͤberſtuͤrzenden Waſſer gegen die Ufer zu vermindern, wird
die Coupirung in der Mitte niedriger angelegt als auf beiden Seiten gegen die Ufer. Das
Werk ſelbſt darf aber in keinem Falle hoͤher als die Ufer ſeyn, es ſey denn, daß man die
Ufer mittelſt einer tuͤchtigen Verlegung erhoͤhe.


§. 36.


Die Wahl des Orts wo eine Stromcoupirung angelegt werden ſoll, iſt zwar wenn
Stromausfluͤſſe abgeſchnitten werden ſollen, um einen Deich zu ſchuͤtten, in ſehr engen
Grenzen eingeſchloſſen, weil man am vortheilhafteſten die Coupirung gleich unterhalb des zu
ſchuͤttenden Deichs anlegt, Figur 36. a b; damit der Erddamm, welcher vor das Werk ge-Taf. V.
ſchuͤttet werden muß, zugleich fuͤr den Deich genutzt werden kann. So weit aber irgend noch
eine Wahl Statt findet, hat man nach vorheriger Viſitirung des Grundbettes nur da die
Coupirung anzulegen, wo ſich der beſte Grund befindet, welcher die wenigſte Vertiefung er-
warten laͤßt. Vorzuͤglich muß man aber dieſe Gegend ſorgfaͤltig unterſucht haben, ob ſich
im Grunde nicht Holz oder andere Hinderniſſe befinden, die das gleichfoͤrmige Senken der
Faſchinenlagen verhindern; auch iſt es nicht genug daß man auf der Oberflaͤche des Grund-
bettes kein Hinderniß findet, denn zuweilen befinden ſich in einer groͤßeren Tiefe verſandete
Baͤume, die wenn ſich das Grundbett bei dem Baue vertieft, zum groͤßten Nachtheil frei
werden, weshalb man darnach trachten muß, das Grundbett bis zur moͤglichſten Tiefe mit
einem Viſitireiſen zu erforſchen.


Die Ufer, an welche ſich die Coupirung anſchließt, muͤſſen ſo viel wie moͤglich aus
einer feſten Erdlage beſtehen *) und nicht zu niedrig ſeyn. Eben ſo muß auch keine Strom-
F
[42]Sechstes Kapitel.
coupirung zu nahe an dem Hauptſtrome angelegt werden, weil derſelbe die Ecken des Ufers
wo ſie anſchließt, ſehr leicht durchbricht, wegſpuͤlt und die Coupirung ihren Zweck verfehlen
wuͤrde, wovon Beiſpiele vorhanden ſind. Eine Entfernung von 15 bis 20 Ruthen vom
Hauptſtrome, nach Verhaͤltniß der Feſtigkeit des Ufers, iſt wenigſtens anzurathen.


Wenn gleich in den erwaͤhnten Faͤllen die Wahl der Bauſtelle ſehr beſchraͤnkt iſt, ſo
findet doch wenn es lediglich darauf ankommt einen Stromarm abzuſchneiden, meh-
rere Freiheit Statt, und es entſtehet die Frage, ob es rathſam ſey, einen Stromarm oberhalb
bei dem Einfluß oder unterhalb bei dem Ausfluß zu coupiren?


Wenn ein Stromarm von dem Hauptſtrom abgeſchnitten wird, ſo kann nicht leicht
der Zweck ſeyn, dieſen Arm in ſeiner urſpruͤnglichen Tiefe beizubehalten, es iſt vielmehr zur
Sicherung der Coupirung vortheilhaft, wenn derſelbe ſich bald verlandet und in nutzbares
Land verwandelt wird. Es iſt alſo hier wie bei den Buhnen der Zweck, Verlandung zu be-
wirken. Liegt nun die Coupirung oberhalb des Stromarms, ſo wird, weil der Strom ſei-
nen Sand und Schlick meiſtentheils da abſetzt, wo das Waſſer keiner heftigen Bewegung
ausgeſetzt iſt, ſich nur auf eine geringe Weite im Stromarm, ſo weit nemlich die Coupirung
vom Hauptfluß abliegt, der Sand und Schlick vor der Coupirung niederlegen, und nur der
geringe Theil des Schlicks, welcher noch durch das uͤberſtuͤrzende Waſſer auf die uͤbrige ganze
Laͤnge des Arms mitgefuͤhrt wird, kann hinter der Coupirung zur Verlandung des Arms beitra-
gen. Waͤre hingegen die Coupirung unterhalb bei dem Ausfluß, ſo kann der Strom ſeinen
Sand bis vor die Coupirung, das heißt in den ganzen Stromarm fuͤhren und vertheilen, und
man iſt der gaͤnzlichen Verlandung weit gewiſſer, als wenn die Coupirung am Einfluß liegt.
Auch ſind die hinter der Coupirung durch das uͤberſtuͤrzende Waſſer entſtehende Austiefungen
nicht ſo gefaͤhrlich, weil der vor der Coupirung angelegte Schlick und Sand bald beflanzt
werden kann, wodurch die Gewalt des Stroms ſehr gebrochen wird.


Es laͤßt ſich daher in der Regel annehmen, daß Stromaͤrme unterhalb und nicht
oberhalb coupirt werden muͤſſen.


Ausnahmen hiervon ſind, wenn wegen einer neuen Deichſchuͤttung, Nebenfluͤſſe des
Hauptſtroms abgeſchnitten werden ſollen, ob es gleich beſſer waͤre, daß eine geraume Zeit
vorher unterhalb coupirt wuͤrde, damit der Nebenfluß Zeit behaͤlt ſich zu verlanden, welches
*)
[43]Vom Baue der Coupirungen.
fuͤr die eingedeichte Niederung alsdann von vielem Vortheile iſt. Oder wenn ein Stromarm
ein ſo ſtarkes Gefaͤlle hat und zwiſchen ſo niedrigen Ufern liegt, daß die unterhalb angelegte
Coupirung das Oberwaſſer ſo hoch aufſtauen wuͤrde, daß ſolches uͤber die Ufer des Arms
tritt und neue Einriſſe verurſacht. In dieſem Falle begnuͤgt man ſich die Coupirung mehr
nach der Mitte des Arms, auch noch weiter oberhalb anzulegen.


§. 37.


Soll ein ganzer Strom regulirt werden, der eine ſo große Menge Seitenaͤrme ent-
haͤlt, daß wegen der vielen Zertheilung des zur Schiffarth noͤthigen Waſſers, das Abſchnei-
den dieſer Stromaͤrme zum Beſten der Schiffarth noͤthig iſt, damit nur ein ungetheilter
Hauptlauf verbleibt, ſo iſt es vortheilhaft, zuerſt die oberſten Stromaͤrme abzuſchneiden und
das Waſſer von oben nach unten in einer geſchloſſenen Bahn fort zu fuͤhren, indem ſich als-
denn der Strom nicht ſo leicht in einen Seitenarm wirft, auch die Coupirungsarbeit ſelbſt,
weniger ſchwierig iſt. Selbſt in dem Falle wenn die Coupirungen der Stromaͤrme, we-
gen einer vorzunehmenden Deichſchuͤttung gemacht werden, gilt eben dieſe Regel, weil die
Eindeichung von oben herunter geſchiehet. Sollen aber Durchſtiche angefertiget werden, ſo
muͤſſen ſolche vor Anlegung der Coupirungen ſchon beendet ſeyn, nur daß bei den Durch-
ſtichen die Arbeit umgekehrt, von unten nach oben ausgefuͤhret wird.


§. 38.


Nach der Auswahl des Orts iſt die Zeit in welcher eine Stromcoupirung angefangen
wird, ebenfalls nicht gleichguͤltig. Die erſte und vorzuͤglichſte Regel iſt, daß man eine Pe-
riode waͤhle in welcher der Strohm niedriges Waſſer hat, und wo man kein Anſchwellen des
Stroms befuͤrchten darf. Vieler Regen iſt ebenfalls bei dieſer Arbeit nachtheilig und da es
ferner bei dem Coupirungsbaue auf ſchnelle Beendigung der Arbeit und mit darauf ankommt,
daß das Faſchinenwerk ſo viel wie moͤglich dicht wird, ſo ſind bei demſelben vorzuͤglich gut
belaubte Faſchinen noͤthig, daher kann hierbei von den uͤbrigen Packwerken darin eine Aus-
nahme gemacht werden, daß die Arbeit, wenn zu keiner andern Zeit friſch belaubte Faſchinen
zu haben ſind, gegen den Herbſt gefuͤhrt wird, wo das Holz noch Laub hat. Ferner erfor-
dert die Coupirungsarbeit, daß gegen das Ende, wenn man bald zum Schluß kommt, Tag
und Nacht gearbeitet werde, weshalb man den Anfang der Arbeit ſo waͤhlen muß, daß die
Beendigung zur Zeit des Vollmondes einfaͤllt, weil man alsdenn bei Ungluͤcksfaͤllen die in
der Nacht vorfallen koͤnnten, alles beſſer uͤberſehen kann.


Eben ſo ſorgfaͤltig hat man es zu vermeiden, daß die Arbeit nicht waͤhrend der
F 2
[44]Sechstes Kapitel.
Aerndte vorgenommen werde, weil alsdenn die Arbeiter rar und theuer ſind, und man wohl
in die Verlegenheit kommen koͤnnte, daß die Leute am Ende der Arbeit fehlen, welches nahe
bei dem Schluß der Coupirung die uͤbelſten Folgen verurſachen wuͤrde. Es iſt daher auch
rathſam, wenn ſich an einem Strome mehrere Bauſtellen befinden, daß die Coupirung vor
Beendigung dieſer Arbeiten gemacht wird, damit wenn Leute abgehen oder krank werden,
man den Abgang von den andern Bauſtellen erſetzen kann, weil es fuͤr den Bau und den
Baumeiſter nachtheilig und zu gefaͤhrlich iſt, Mangel an Arbeitern zu haben.


§. 39.


Eine Coupirung mag nun grade oder bogenfoͤrmig angelegt werden, ſo iſt in allen
Faͤllen die Bauart derjenigen gleich, welche bereits bei den Buhnen angegeben iſt, und ſie
wird nur dadurch verſchieden, daß eine Buhne nur von einem Ufer des Stroms ab, ange-
legt wird, dagegen eine Coupirung die ganze Breite des Stroms einnimmt und an beide
Ufer anſchließen muß. Es iſt einleuchtend, daß wenn man bei dem Coupirungsbau nur mit
einer Buhne von dem Ufer abgehen wollte, um mit derſelben an dem anderen anzuſchließen,
dadurch das gegenuͤberliegende Ufer weggetrieben wird, und es folgt von ſelbſt, daß der Cou-
pirungsbau, die Anlegung zweier einander gegenuͤberliegenden Buhnen oder Fluͤgel erfor-
dert, welche alsdenn ſo weit verlaͤngert werden, bis ſie mit ihren Vorderenden an einander
ſtoßen und dergeſtalt verbunden werden koͤnnen, daß ſie zuſammenhaͤngend quer durch das
Strombett gehen, und kein Waſſer nach dem abgeſchnittenen Grundbette durch laſſen. Durch
das Abſchneiden des Waſſers entſtehet alsdenn noch ein beſonderer Umſtand, der bei den Buh-
nen nicht Statt findet; dieſe haben nemlich ober- und unterhalb einen beinahe gleich hohen
Waſſerſtand, bei Coupirungen aber wird durch den Aufſtau das Oberwaſſer immer merklich
hoͤher als das Unterwaſſer. Dieſer hoͤhere Stand des Oberwaſſers iſt beſonders beim Zu-
ſammenſtoßen beider Fluͤgel und gleich nach dem Schluß der Coupirung merklich, weil das
abgeſchnittene Waſſer nunmehr von dem Hauptſtrom aufgenommen werden muß, wodurch
deſſen Hoͤhe ſo lange vermehrt wird, bis ſich das [Grundbett] des Hauptſtroms vertieft oder
erweitert hat. Um nun das Durchdringen des Waſſers durch das Faſchinenwerk moͤglichſt
zu verhindern, ſo wird vor der Coupirung, auf die Seite wo der Strom herkommt, ein in
der Krone 6 Fuß breiter Erddamm mit einer anderthalbfuͤßigen Doſſirung geſchuͤttet, wel-
cher durch das Oberwaſſer ſo ſehr gegen das Faſchinenwerk angepreßt wird, daß nach deſſen
Vollendung nicht leicht ein Durchdringen des Waſſers zu befuͤrchten iſt.


[45]Vom Baue der Coupirungen.

§. 40.


Damit aber die Arbeit bei einer Stromcoupirung in eben dem Maaße wie die Buh-
nen nach einem beſtimmten Beiſpiele erlaͤutert wird, und um noch mehr auf die Abweichun-
gen aufmerkſam zu machen, welche zwiſchen dieſem Baue und dem einer Buhne vorkommen, ſo
wird angenommen, daß von einem Strome ein Seitenarm abgeſchnitten werden ſoll. Die
ganze Breite dieſes Seitenarms an demjenigen Orte wo coupirt werden ſoll, betrage 20 Ru-
then oder 240 Fuß, die Tiefe nahe am rechten Ufer bei A 14 Fuß und nahe am linken Ufer
bei B 28 Fuß, und das ganze Profil habe ungefaͤhr eine ſolche Geſtalt wie Figur 37.Tfa. V.


Iſt nun in Abſicht der Wahl des Orts und der Zeit ſo viel wie moͤglich auf die §.
36. und 37. gegebenen Erinnerungen Ruͤckſicht genommen und vor allen Dingen dafuͤr ge-
ſorgt, daß ſich kein Holz im Grunde befinde, ſo machen die Materialien einen Hauptge-
genſtand der Sorgfalt des Waſſerbaumeiſters aus. Es darf ſchlechterdings eher keine Fa-
ſchine in den Strom geworfen werden, bis man nicht uͤberzeugt iſt, daß alle benoͤthigten
Materialien, nicht nur die veranſchlagten, ſondern auch bei einem durch Zufall eintretenden
Ungluͤcksfalle, noch ein anſehnlicher Vorrath zu erhalten iſt. Denn es laͤßt ſich bei dem Coupi-
rungsbaue kein ſchlimmerer Umſtand denken, als daß nahe bei dem Schluß der Arbeit,
wo der gluͤckliche Erfolg vorzuͤglich vom ſchnellen Betrieb abhaͤngt, die Materialien aufgehen
und keine weiter zu erlangen ſind. In ſolchem Falle wuͤrde eine fuͤrchterliche Vertiefung,
den Einſturz der beiden Fluͤgel nach ſich ziehen, und es waͤre unmoͤglich, den Strom an dieſer
Stelle zu coupiren, weshalb eine neue Coupirung an einem andern Orte erbauet werden muͤßte.


Es iſt zwar eben ſo wenig als bei Buhnen noͤthig, daß ſaͤmmtliche Faſchinen und
Pfaͤhle vorraͤthig auf der Bauſtelle liegen, weil hieraus die §. 19. angefuͤhrten Unbequemlich-
keiten entſtehen, es muͤſſen aber die noch fehlenden Faſchinen und Pfaͤhle nicht zu weit
entfernt und zu jeder Zeit zu erhalten ſeyn. Kann man friſchbelaubte Faſchinen erhalten,
welches der Fall iſt, wenn es nicht darauf ankommt ob der behauene Stamm wieder aus-
ſchlaͤgt, ſo ſind dieſe allen uͤbrigen vorzuziehen, oder man kann zur Schonung der Staͤmme
im fruͤhen Herbſte bauen, wo noch nicht alles Laub von den Zweigen abgefallen iſt.


Die vorraͤthigen Faſchinen und Pfaͤhle werden ſo nahe wie moͤglich bei den Bauſtel-
len angefahren, und die Faſchinen wie bei dem Buhnenbau aufgeſtellt.


Erde wird bei Coupirungen verhaͤltnißmaͤßig weit mehr als bei Buhnen erfordert,
und es iſt nicht genug, daß ſolche mit Schubkarren angefahren wird, ſondern es werden
auch zu ihrer Herbeiſchaffung Kaͤhne erfordert. Zu dieſem Ende muß nicht nur auf beiden
[46]Sechstes Kapitel.
Ufern ausgemittelt werden, woher die Schubkarrer die noͤthige Erde nehmen, ſondern man
muß auch oberhalb der Coupirung eine Stelle auszumitteln ſuchen, wo die Kaͤhne die
Erde erhalten, damit der beladene Kohn zur Coupirung, Strom ab, der unbeladene aber
Strom an ſchifft.


§. 41.


So bald der Ort feſtgeſetzt iſt wo die Coupirung angelegt werden ſoll, und in Ab-
ſicht der Materialien und Arbeiter kein Mangel zu befuͤrchten iſt, ſo wird auf beiden Ufern
Taf. V.die Kronenbreite der Coupirung, welche hier 36 Fuß groß angenommen wird, durch die
Pfaͤhle A B und C D Figur 38. bemerkt, in deren Verlaͤngerung man auf beiden Seiten
noch Stangen ſetzt, damit ſich der Buhnenmeiſter bei dem Baue der Fluͤgel an jedem Ufer,
eben ſo nach dieſen Stangen richten kann, wie bei dem Baue der Buhnen angefuͤhrt iſt.


Wenn die Kronenbreite A C und B D Figur 38. an beiden Ufern abgeſteckt iſt, ſo
wird der Einſchnitt gemacht. Geht das Bette wie hier bei A Figur 37. mit einer gerin-
gen Abdachung vom Ufer ab, ſo daß ſich annehmen laͤßt, die erſte Faſchinenlage werde bei
ihrem Anfange an dem Ufer liegen bleiben, ſo erhaͤlt der Einſchnitt keine groͤßere Laͤnge als
die Breite der Krone. Wenn ſich aber an dem Ufer eine betraͤchtliche Tiefe befindet, ſo ver-
laͤngert man den Einſchnitt auf jeder Seite um ſo viel als dieſe Tiefe betraͤgt, wie ſolches
auf eine aͤhnliche Art bei den Buhnen gelehrt worden, weil die Laͤnge des Einſchnitts, die
Breite der erſten Faſchinenlage beſtimmt. Iſt die Laͤnge des Einſchnitts abgemeſſen, wozu hier
das linke Ufer bei A Figur 37. gewaͤhlt iſt, ſo wird zwiſchen beiden Pfaͤhlen A, C Fig. 39.
das Ufer auf eine Ruthe breit ſchraͤg abgeſtochen, auf der Seite aber wo der Strom her-
kommt bei A, geht man einige Ruthen weiter in das Ufer, um daſelbſt die Kreutzwuͤrſte mehr
in das Land hinein zu ziehen. Die Breite des Einſchnitts richtet ſich eigentlich nach der Hoͤhe
der Ufer, und die Sohle deſſelben wird mit einer vierfuͤßigen Doſſirung gegen das Waſſer zu
ſo abgeflaͤcht, daß ſie ſich unter dem Waſſerſpiegel verlaͤuft. Die ausgegrabene Erde, kann
man demnaͤchſt zur Beſchwerung der Faſchinenlagen benutzen.


Soll die Arbeit regelmaͤßig gefuͤhrt werden, ſo erfordert ein ſolcher Bau wenn er ei-
nigermaßen von Bedeutung iſt, zwei Buhnenmeiſter, wovon der eine bei dem Fluͤgel am rech-
ten Ufer, der andere aber am linken arbeitet.


Auf beiden Seiten wird alsdenn die Arbeit zugleich angefangen und die erſte Faſchi-
nenlage gelegt, wobei in Abſicht der Ausladung eben das beobachtet werden muß, was
ſchon bei dem Buhnenbau erinnert worden, nur daß hier immer die Ausladung, wegen der
[47]Vom Baue der Coupirungen.
Vertiefung, gern zu groß angenommen wird, weshalb auch, wenn die Fluͤgel anfangen den
Strom zuſammen zu preſſen und eine merkliche Vertiefung erfolgt, allemal darauf Ruͤckſicht
genommen werden muß. Beſonders iſt dahin zu ſehen, daß die Ausladung auf derjenigen
Seite wo der Strom herkommt, immer groͤßer angenommen wird als es die Tiefe erfordert,
weil der Strom das Werk doch ſo zuſammen preßt, daß demungeachtet die Coupirung ge-
rade wird. Bei dem Faſchinenwerfen, iſt weiter nichts zu beobachten, als daß man,
um die Buhnenmeiſter nicht ſo ſehr zu ermuͤden, dafuͤr ſorgt daß ſie noch durch einen Buh-
nenknecht oder einen andern geſchickten Arbeiter unterſtuͤrzt werden. Der Buhnemneiſter wirft
alsdenn auch nur die Faſchinen zu den Vorlagen und macht nur den Anfang der Ruͤcklagen,
der Buhnenknecht aber vollendet die Ruͤcklagen. In Abſicht der Bewuͤrſtung iſt es rath-
ſam, bei einem etwas ſchnellen Strome, die Wuͤrſte nicht 2, ſondern nur 1½ Fuß von ein-
ander zu legen, auch uͤberhaupt in Abſicht der Wuͤrſte nicht zu ſparſam zu ſeyn, weil ſolche
ſehr viel zum Zuſammenhalten der Faſchinenlagen waͤhrend der Arbeit beitragen. Wenn der
Fluͤgel ſchon in den Strom eingreift, ſo iſt es nicht genug einige Kreutzwuͤrſte, wie §. 22.
zu ſtreken, man laͤßt alsdenn vielmehr, da wo der Strom herkommt, vom Einſchnitt ab,
mehrere ſolcher Wuͤrſte gegen den Rand der Lage legen, wie ſolches in der Figur 40 bemerktTaf. V.
iſt. Faſchinenpfaͤhle werden wie bei dem Buhnenbau laͤngs den Wuͤrſten in Entfernun-
gen von zwei Fuß eingeſchlagen, weil aber hier die Wuͤrſte naͤher liegen, ſo werden auch
verhaͤltnißmaͤßig mehr Pfaͤhle erfordert.


Das Bekarren der Lagen mit Erde bleibt wie bei den Buhnen, wenn aber ein Fluͤ-
gel ſo weit vorgebauet iſt, daß die erſte Lage den Grund erreicht hat, ſo machen die Kaͤhne
ebenfalls den Anfang mit Erdefahren, ohne daß die Schubkarren deshalb außer Thaͤtigkeit
geſetzt werden. Man kann alsdann die zur Beſchwerung des Werks beſtimmte Erde, wenn
ſolche nicht gleich gebraucht wird, durch die Kaͤhne auf demjenigen Theile des Werks abla-
den laſſen, welcher ſchon auf dem Grunde feſt liegt.


Es iſt aber leicht einzuſehen, daß durch die Senkung des Werks der Strom merk-
lich verengt wird, und daher zeigen ſich alsdenn in den Ecken bei E wo derſelbe herkommt
Wirbel, welche das Ufer daſelbſt aushoͤlen. Dem Abbruch des Ufers kommt man zwar da-
durch zuvor, daß man Faſchinen dagegen nagelt, weil aber durch die Preſſung des Ober-
waſſers gegen das Faſchinenwerk, ein Auflockern deſſelben oder das Durchdringen des Waſ-
ſers zu befuͤrchten iſt, ſo muͤſſen ſogleich die Kaͤhne, welche Erde fahren, ſolche ſo weit daſ-
ſelbe im Grunde feſt liegt, vor dem Werke ins Oberwaſſer ſchuͤtten, damit ſchon waͤhrend
[48]Sechstes Kapitel.
der Arbeit der §. 39. erwaͤhnte Erddamm entſtehet. Dieſes Vorſchuͤtten der Erde hat noch
den Vortheil, daß ſich dadurch die zwiſchen den Faſchinenlagen noch befindlichen kleine Oef-
nungen, leichter verſtopfen und dem Werke die erforderliche Dichtigkeit geben. So bald die
Kaͤhne zum Erde fahren angeſtellt werden koͤnnen, ſo muß immer, wenn ein Kahn abgeladen
hat, ſchon wieder ein anderer vorhanden ſeyn, der ihm folgt; auch wenn der Fluͤgel noch
weiter vorruͤckt, noͤthigen Falls zwei Kaͤhne zugleich bei jedem Fluͤgel abladen. Hierbei muß
man ſich aber huͤten, daß die Erde nicht zu nahe nach dem Kopf des Werks oder da abge-
worfen wird, wo die Faſchinenlagen noch nicht das Grundbett erreicht haben, und ob es
gleich nicht zu leugnen iſt, daß dennoch manche Schachtruthe Erde von dem Strom wegge-
fuͤhrt wird, ſo muß man doch jede ſchaͤdliche Sparſamkeit in Abſicht der Erde vermeiden,
damit von der Tuͤchtigkeit des Baues nichts aufgeopfert werde. Vorzuͤglich hat man darauf
Taf. V.zu halten, daß bei dem Anfang oder der Wurzel des Fluͤgels, in dem Winkel bei E, Figur
40. ein tuͤchtigar Erdhaufen liegt, weil derſelbe viel zur dichten Verbindung des Werks mit
dem Ufer beitraͤgt.


Unter allen Packwerken erfordern die Coupirungen in Abſicht ihrer Dichtigkeit die meiſte
Sorgfalt, es muͤſſen daher auch die Handrammen in vorzuͤglicher Thaͤtigkeit erhalten wer-
den, indem hierbei nie zuviel geſchehen kann.


§. 42.


Wenn beide Buhnenmeiſter bei ihren Fluͤgeln in gleicher Zeit mit der Arbeit ange-
fangen und gleichfoͤrmig fort gearbeitet haben, ſo entſtehet hieraus die natuͤrliche Folge, daß
derjenige Fluͤgel, welcher weniger Tiefe hat, ſich auch mehr der Mitte des Stroms, als der
andere naͤhern wird. Hieran iſt aber im Anfange nichts gelegen, denn es kommt darauf
an, daß man das Vorruͤcken der Fluͤgel ſo zu lenken ſucht, damit der Schluß der Coupi-
rung oder die Zuſammentreffung beider Fluͤgel dahin komme, wo man die groͤßte Wahr-
ſcheinlichkeit hat, daß der Grund am feſteſten iſt, oder wo ſich die groͤßte Tiefe befindet.
Waͤre die groͤßte Tiefe an einem Ufer befindlich, ſo muß dennoch der Schluß in einiger Ent-
fernung davon geſchehen, weil ſonſt waͤhrend der Arbeit dieſes Ufer zu ſehr leiden wuͤrde.
Wenn indeſſen waͤhrend dem Bau ſich der Strom vorzuͤglich auf einen Fluͤgel wirft, ſo wird
bei dieſem aus allen Kraͤften, mit Ruͤckſicht auf die waͤhrend der Arbeit entſtehende groͤßere
Tiefe vorgearbeitet, am gegenuͤberliegenden Fluͤgel aber, die Arbeit etwas langſamer gefuͤhrt.
In jedem Fall muß die ganze Arbeit ſo ſehr wie moͤglich beſchleuniget werden, ohne daß
jedoch gepfuſcht wird, indem jeder unnuͤtze Verzug, nachtheilige Vertiefungen zur Folge hat.
Nur
[49]Vom Baue der Coupirungen.
Nur hat man ſich zu huͤten, daß im Anfang nicht zu raſch vorgebauet wird, damit der Bau
immer ſicher auf dem Grunde liege.


Iſt endlich die Arbeit an beiden Fluͤgeln ſo weit gekommen, daß ſich die Faſchinen-
lagen von beiden Seiten beinahe erreichen, Figur 41. und 42. oder in dem Strom eine großeTaf. V.
Preſſung gegen beide Fluͤgel entſtehet, ſo iſt nunmehr an der ſchnellen Beendigung der Arbeit
alles gelegen, um dem Strome nicht viel Zeit zum Vertiefen des Grundes zu laſſen, weshalb nun
Tag und Nacht ununterbrochen gearbeitet werden muß; zu dem Ende kommt es ſehr zu Stat-
ten, wenn dieſe Periode gerade zur Zeit des Vollmondes eintritt, damit deſſen Erleuchtung
des Nachts, den an beiden Seiten der Fluͤgel angebrachten Feuern zu Huͤlfe kommt. Dieſe
Feuer ſowohl als der Gebrauch der Fackeln ſind aber fuͤr die Arbeit und Arbeitsleute oft
ſehr gefaͤhrlich, weshalb es beſſer iſt, wenn ſie entbehrt werden koͤnnen. Alle Arbeiter muͤſſen
alsdenn Tag und Nacht in Bewegung ſeyn, und man ſorgt nur dafuͤr, daß eine gehoͤrige
Vertheilung in Abſicht der noͤthigen Ruhe unter ihnen beobachtet werde, weil durch Ueber-
muͤdung derſelben, ebenfalls nachtheilige Folgen entſtehen koͤnnen. Aber nicht nur waͤhrend
des Schluſſes ſondern gleich vom Anfang der Arbeit an, iſt es nothwendig daß die Buhnen-
meiſter ſo wohl als die Arbeiter, des Nachts nahe bei dem Werke ihr Lager haben, damit
wenn die des Nachts ausgeſtellten Wachen irgend etwas Bedenkliches wahrnehmen, ſie ſogleich
einen Buhnenmeiſter wecken und herbei rufen koͤnnen, welcher wenn ſich irgend eine Gefahr
zeigen ſollte, ſogleich ſaͤmmtliche Arbeiter zu Huͤlfe nehmen kann.


Wenn alſo beide Lagen an ihren Spitzen unterhalb bei F Figur 42 nahe zuſammen
kommen, ſo werden die folgenden Lagen oberhalb bei G immer etwas mehr uͤber gelegt, ſo
daß ſie zuletzt die Geſtalt wie Fignr 43 erhalten, wobei man in allen Faͤllen ſich nur dafuͤr
huͤten muß, daß die gegenſeitigen Lagen nicht uͤbereinander greifen, oder die Wuͤrfte von ei-
nem Fluͤgel nach dem andern uͤber gelegt werden, weil hierdurch das Senken der Fluͤgel ver-
hindert wird. Um dieſe Zeit iſt es vorzuͤglich noͤthig, daß vom Lande ab bei H und I tuͤch-
tig gerammt wird, damit die unterſten Lagen in die Tiefe getrieben werden, und der weite-
ren Aushoͤhlung des Grundes zuvor kommen, weshalb ebenfalls um dieſe Zeit, das Ausla-
den der Erde vor den Fluͤgeln ununterbrochen geſchehen muß. Iſt uͤbrigens regelmaͤßig ge-
arbeitet und hat ſich kein Ungluͤcksfall durch Zerſtoͤrung eines Theils der Fluͤgel, oder da-
durch ereignet, daß ſich große Holzſtaͤmme im Grunde finden, ſo werden immer noch mehrere
Lagen von unveraͤnderter Laͤnge auf beiden Seiten abgelegt; das Werk kommt nach und nach
zum Schluß, und man kann zuletzt von einem Fluͤgel zu dem andern gehen. Hat ſich als-
G
[50]Sechstes Kapitel.
dann im Unterwaſſer der daſelbſt geweſene Strudel oder Waſſerwirbel immer mehr vermin-
dert und von der Coupirung weiter abgezogen, und bemerkt man endlich gar keine Spuren
des hervor ſprudelnden Waſſers, ſo kann man ſich uͤberzeugt halten, daß das Werk auf dem
Grunde liegt; iſt dieſes aber nicht der Fall, ſo werden da wo die Fluͤgel zuſammen ſtoßen,
noch mehrere Faſchinen aufgebracht, ohne daß ſolche auf beiden Fluͤgeln gemeinſchaftlich lie-
gen, und es muß unaufhoͤrlich vom Ufer ab nach dem Schluß zu, aus allen Kraͤften ge-
rammt werden. Hierdurch verzieht ſich endlich der Wirbel im Unterwaſſer und wenn denn
das Werk auf den Grund gebracht iſt, und man keine Kennzeichen von durchſtroͤmendem
Waſſer ſiehet, ſo iſt doch noch ein anſehnliches Senken und Zuſammenpreſſen des Werks in
derjenigen Gegend zu erwarten, wo der Schluß geſchehen iſt. Es werden daher die Faſchinen
nunmehr dergeſtalt auf beiden zuſammengetretenen Fluͤgel gelegt, damit ſie ſenkrecht auf der
Richtung des Werks, mit ihren Spitzen aber gegen die Doſſirung und mit den Stammenden
nach der Mitte zu liegen. Die Wuͤrſte werden quer uͤber die Faſchinen mit den beiden Kan-
ten der Krone parallel gelegt und aufgenagelt, auch jede von dieſen in der Mitte 3 Fuß ho-
hen Lagen welche ſich auf beiden Seiten des Schluſſes verlaufen, tuͤchtig mit Erde beſchwert
und mit der Handramme herunter getrieben. Mit dieſer Arbeit wird ſo lange fortgefahren
und noͤthigen Falls wenn das Werk noch ſinken ſollte, ſolche uͤber das ganze Werk fortge-
ſetzt, bis man findet daß ſich die Coupirung nicht weiter zuſammenpreßt. Waͤhrend dieſer
Arbeit muͤſſen die Kaͤhne noch immer Erde fahren und vor dem Schluß der Coupirung aus-
laden, wozu man gern Raſen nimmt, welcher ſchon vorher in Bereitſchaft gehalten wird.


Hat ſich alsdenn das ganze Werk geſetzt, ſo wird der Erddamm oberhalb der Cou-
pirung in Ordnung gebracht und wenn es ſeyn kann, ſeine oberſte Lage mit ſehr grobem
Kieß beſchuͤttet, worunter kleine Kieſel, bis zur Groͤße eines Huͤnereies ſeyn koͤnnen. Die
Taf. V.Krone der Coupirung wird hierauf ausgeglichen und mit Wuͤrſten uͤberlegt (Figur 44) welche
aber noch eine anſehnliche Strecke auf beiden Seiten in das Ufer verlaͤngert und mit Pfaͤh-
len tuͤchtig angenagelt werden. Die Krone erhaͤlt im Querſchnitt eine etwas bogenfoͤrmige
Geſtalt, wie das Profil Figur 45 ungefaͤhr anzeigt.


§. 43.


Auf die vorhin beſchriebene Art bleibt die Coupirung bis zum ſpaͤten Herbſte liegen,
da man denn vor Eintritt des großen Waſſers, die Krone mit einer Rauchwehre verſehen
muß, ſo wie man auch die beiden Ufer unterhalb der Coupirung bei A und B Figur 44 ge-
gen das uͤberſtuͤrzende Waſſer, mit einer Rauchwehre beſchuͤtzt. Waͤre hingegen die Coupi-
[51]Vom Baue der Coupirungen.
rung angelegt, um nicht nur einen Stromarm abzuſchneiden, ſondern auch vor dieſelbe einen
Deich zu ſchuͤtten, damit eine ganze Gegend eingedeicht werden kann, ſo bedarf es auf der
Coupirung weiter keiner Rauchwehre, weil ſie nicht zum Ueberſtuͤrzen des Waſſers beſtimmt
iſt; dagegen wird nach beendigtem Schluß, ſo gleich mit der Aufkarrung des Deichs der An-
fang gemacht, wobei die Coupirung als innere Bank (Banquette) dienen kann, aber durch-
aus nicht dazu dienen muß, um den Deich darauf zu ſchuͤtten.


§. 44.


Aus der vorhergehenden Beſchreibung wird man ſich von dem beſchwerlichen und ge-
faͤhrlichen Baue einer Coupirung uͤberzeugt haben, und wenn man glauben ſollte, daß ſich
dieſe Arbeit mittelſt langer Pfaͤhle leichter bewerkſtelligen laͤßt, ſo iſt zu erwaͤgen, ob wohl
bei einer Vertiefung bis zu 40 und 50 Fuß unter ſolchen Umſtaͤnden noch Pfaͤhle eingerammt
werden koͤnnen; weshalb der weit ſichere Faſchinenbau immer vorzuziehen ſeyn wird. Es iſt
zwar nicht zu laͤugnen, daß hierbei die Ungluͤcksfaͤlle ſehr mannichfaltig ſeyn koͤnnen, und
daß Fehler die waͤhrend der Arbeit begangen werden, leicht den Untergang des ganzen Werks
nach ſich ziehen, weshalb in ſolchen Faͤllen ein jeder oͤrtliche Vortheil zu Huͤlfe genommen
werden muß. Auch wird hier, ſo wie es ſchon bei den Buhnen geſchehen iſt, bemerkt, daß
die Zeichnungen welche von dem Durchſchnitte einer Coupirung gegeben ſind, immer nur ein
ſehr unvollſtaͤndiges Bild darſtellen, weil bei dem Sinken der Faſchinenlagen das fruͤhere
Nachſchießen der Erde des Einſchnitts, und andere Umſtaͤnde, die Abbildung noch ſehr mo-
difiziren koͤnnen.


Ein beſonders ſchlimmer Fall beim Coupiren iſt der, wenn beide Fluͤgel an der Krone
ſchon zuſammen geſchloſſen ſind und ſich dennoch der Wirbel im Unterwaſſer nicht verlieren
will, welches zuweilen davon herruͤhrt, daß ſich bei dem Schluß, im Grunde ein angeſchwomme-
ner Baum mit großen Aeſten und Wurzeln befindet, wodurch es unmoͤglich wird, daß die
Faſchinenlagen das Grundbett uͤberall erreichen koͤnnen. Es muͤſſen alsdenn die Wuͤrſte,
welche das Senken des Werks verhindern, losgehauen und durch unaufhoͤrliches Rammen
und Erdefahren alles angewandt werden, damit keine Oefnung im Werke bleibt. Sollte ſich
aber aller Arbeit ungeachtet, dennoch der Wirbel vergroͤßern, Statt kleiner zu werden, und
wenn alle Muͤhe und Arbeit nicht helfen will, ſo laͤßt ſich zuweilen noch fol-
gendes Mittel mit Vortheil anwenden. Man laͤßt quer vor der Coupirung in der Gegend
wo man vermuthet daß ſich die Oefnung in der Tiefe befindet, auf dem Oberwaſſer eine
Faſchinenlage K Figur 46 anlegen, welche ſich an die Coupirung ſelbſt anſchließt; dieſe LageTaf. V.
G 2
[52]Sechstes Kapitel.
ſucht man durch Beſchwerung mit mehrerern Lagen, die noch weiter in den Strom eingrei-
fen, endlich dergeſtalt in die Tiefe zu druͤcken, daß ſie ſich an die Coupirung vor die Oef-
nung legt, und dadurch das weitere Durchfließen des Waſſers verhindert. Es iſt indeſſen
dieſes Mittel nur im aͤußerſten Nothfall zu gebrauchen, weil dadurch die Coupirung eine un-
ordentliche Geſtalt erhaͤlt.


§. 45.


In dem Vorhergehenden iſt lediglich vom Coupiren der Stromaͤrme, oder von grad-
linichen Coupirungen die Rede geweſen. Es iſt aber ſchon §. 34. angefuͤhrt worden, daß
diejenigen Coupirungen, welche zur Abſchneidung des Waſſers bei einem durchgebrochenen
Deiche beſtimmt ſind, gewoͤhnlich bogenfoͤrmig angefertiget werden, weshalb hier im Zuſam-
menhange noch das Weſentliche von den Durchbruchscoupirungen auseinander geſetzt
werden ſoll, wobei alles dasjenige uͤbergangen wird, was bereits von den Stromcoupirungen
geſagt worden und hier ebenfalls ſeine Anwendung findet.


Wenn ein Deich vom großen Waſſer durchbrochen iſt, ſo entſtehet groͤßtentheils in
der Gegend wo der Strom eingebrochen iſt, eine anſehnliche Vertiefung oder ein Kolk,
(Brake) und man ſucht zur Erſparung der Materialien und Baukoſten den kuͤrzeſten Weg
auf den ſeichteſten Stellen, um die Coupirung von einem Ende des Deichs nach dem andern
anzulege, damit man ſo bald wie moͤglich zum Schluß kommt und die noͤthigen Anſtalten
zur Wiederherſtellung des Deichs machen kann, welcher alsdann die ganze Coupirung unnoͤ-
thig macht. Hierbei laͤßt ſich keine Zeit beſtimmen in der es am vortheilhafteſten iſt, die
Arbeit bei der Coupirung zu fuͤhren, und man muß den Nachtheil erwaͤgen, welchen das große
Waſſer durch die Ueberſchwemmung und Verſandung den eingedeichten Laͤndereien verurſacht,
da denn gewoͤhnlich nichts uͤbrig bleibt, als ſo ſchnell wie moͤglich Hand ans Werk zu legen.


Wenn ein Deich durchgebrochen iſt, vor welchem ſich noch Vorland befindet, ſo muß
vorher beſtimmt werden, ob es vortheilhaft iſt, zur Schließung des durchgebrochenen Deich-
bandes, den neuen Deich auf der alten Stelle wieder anzulegen oder mit demſelben zuruͤck
zu gehen, weil nach dieſer Beſtimmung ſich erſt uͤber die Anlegung der Coupirung urtheilen
laͤßt. Hierbei iſt zu merken, daß man ſo viel wie moͤglich vermeiden muß, den neuen Deich
durch den beim Durchbruch entſtandenen Kolk, beſonders wenn er von betraͤchtlicher Tiefe iſt, wie-
der aufzufuͤhren, oder auch nur zu nahe hinter demſelben herum zu gehen, weil ſonſt der Deich
ſelten die noͤthige Feſtigkeit erhaͤlt, und im erſten Falle durch das vor und hinter ihm ſtehende
Waſſer, leicht erweicht und aus einander gedruͤckt wird, oder im letzten Falle, der neue Deich
[53]Vom Baue der Coupirungen.
das ſteile Ufer herunter druͤckt und dieſes ſammt dem Deich, in den Kolk ſtuͤrzen kann.
Es iſt jedesmal noͤthig, daß die Koſten berechnet werden, welche die kuͤrzere Schuͤttung des
Deichs durch den tiefen Kolk oder der groͤßere Umfang, hinter dem Deich herum verurſacht,
und die mehrere Sicherheit hinter dem Kolk in Bezug auf die geringern Koſten, muͤſſen den
Ausſchlag in Abſicht der Wahl geben. Aeußerſt ſelten iſt es anzurathen, bei Wiederherſtel-
lung des Deichs, außerhalb des Kolks im Vorlande herum zu gehen, und den Kolk hinter
den Deich ins Binnenland zu bringen, weil hierdurch bei jedem großen Waſſer immer Gefahr
fuͤr dieſe Deichſtelle zu befuͤrchten iſt, indem ſich dieſelbe gegen kein feſtes Land anſchließt und
groͤßtentheils mit dem Wachſen des Stromwaſſers, auch das Waſſer im Kolke waͤchſt.


Befindet ſich der Deichdurchbruch dicht am Ufer eines Stroms und iſt kein Weg
vorhanden, den neu zu ſchuͤttenden Deich zuruͤck zu legen, ſo iſt es wegen der großen Strom-
tiefe vor dem Deiche vortheilhaft, die Coupirung nicht vor, ſondern hinter dem Durchbruch
oder binnenwaͤrts anzulegen, weil man daſelbſt gewoͤhnlich weniger Tiefe hat, und die Erde
welche vor die Coupirung gebracht werden muß, wieder bei dem neuen Deich genutz werden
kann. Es kommt bei Beſtimmung dieſer Anlagen aber ſehr auf die Ortsumſtaͤnde und die
genaue Vergleichung aller Vortheile an, um zu beſtimmen ob man die Coupirung vor oder
hinter dem Kolk anlegen ſoll, daher man auf der einen Stelle ſehr vortheilhaft die eine An-
lage waͤhlt, wenn es [unter] andern Umſtaͤnden hoͤchſt unrecht waͤre, den Durchbruch auf eben
die Art zu coupiren.


§. 46.


Bei den Durchbruchscoupirungen, da ſie nicht dem uͤberſtuͤrzenden Waſſer widerſte-
hen ſollen, ſondern nur dem Druck des Waſſers ſo lange ausgeſetzt ſind, bis der Deich wie-
der hergeſtellt iſt, hat man nicht noͤthig eine durchaus gleichgroße Kronenbreite anzunehmen,
ſondern man richtet ſich nur nach der Waſſertiefe wo gebauet wird, ſo daß man daſelbſt die
Krone etwa doppelt ſo breit macht als die Tiefe. Es iſt hierbei ohne alle nachtheilige Fol-
gen, wenn die Krone an einer Stelle breit und an der andern ſchmal iſt; nur muß man bei
dem Schluß der Coupirung, welcher in der groͤßten Tiefe und wenn es angeht, bei einer
Coupirung die im Vorlande gemacht wird, etwa zwei drittel von oben, Figur 47 bei d, oderTaf. V.
wenn im Binenlande coupirt wird, etwa ein drittel von oben kommt, die Kronenbreite fuͤr
beide Fluͤgel hinlaͤnglich breit annehmen, weil ſonſt bei entſtehender groͤßerer Vertiefung, das
Werk umſtuͤrzen koͤnnte.


Die Hoͤhe der Durchbruchscoupirung richtet ſich nach dem Waſſerſtande zu der Zeit
[54]Sechstes Kapitel. Vom Baue der Coupirungen.
wenn gearbeitet wird, und man darf die Krone nicht hoͤher als einen Fuß uͤber den Waſſer-
ſpiegel anlegen, weil doch ſoglelch nach Vollendung der Coupirung, an der Schuͤttung des
neuen Deichs gearbeitet wird. Sollte das Waſſer waͤhrend dieſer Zeit wachſen, ſo darf
man die Krone nur noch etwas erhoͤhen, welches aber nicht in der ganzen Breite der
Kron noͤthig iſt.


Was die uͤbrige Arbeit bei Durchbruchscoupirungen betrift, ſo iſt ſolche uͤbrigens
ganz uͤbereinſtimmend mit den beſchriebenen Arbeiten bei Stromcoupirungen, außer daß wenn
der neue Deich geſchuͤttet und das Waſſer wieder gefallen iſt, die ganze Durchbruchscoupi-
rung eingeriſſen und die Materialien anderwaͤrts benutzt werden koͤnnen. Auch be-
darf eine dergleichen Coupirung keiner Rauchwehre, weil eine gewoͤhnliche Befeſtigung der
oberſten Faſchinen mit Wuͤrſten und Pfaͤhlen in Geſtalt einer Spreutlage hinreichend iſt.


§. 47.


Die Erbauung der Faſchinenuͤberfaͤlle kommt ganz mit der Konſtrukzion der
Stromcoupirungen uͤberein, außer daß die Arbeit bei weitem nicht ſo beſchwerlich iſt, und in
Abſicht der Hoͤhe des Werks, alles davon abhaͤngt, bei welchem Waſſerſtande der Strom
uͤberſtuͤrzen ſoll.


Eben ſo leicht iſt es, wenn ein langer Stromarm nicht unterhalb, ſo[n]dern in der
Mitte oder oberhalb coupirt iſt, eine Faſchinenverlegung unterhalb bei dem Ausfluß des
Stromarms anzulegen, und dadurch den Sand und Schlick welcher bei großem Waſſer uͤber
die oberhalb gelegene Coupirung ſtuͤrzt, auf zu fangen, damit ſich der Arm deſto eher ver-
lande und der Sand beflanzt werden kann. Eine dergleichen Verlegung, Schlickpackwerk,
wird 12 bis 18 Fuß in der Krone breit und ſo niedrig wie moͤglich erbauet.


Siebentes Kapitel.
Vom Baue der Rauchwehren.


§. 48.


Rauchwehren ſind Decken von Faſchinen, Wuͤrſten und Pfaͤhlen, mit welchen ſo wohl Buh-
nen und Coupirungen, als auch abbruͤchige Ufer uͤberzogen werden.


[55]Siebentes Kapitel. Von dem Baue der Rauchwehren.

Es giebt daher zweierlei Rauchwehren:
a. Packwerksrauchwehren und
b. Uferrauchwehren,
von welchen die vorhergehenden zuerſt beſchrieben werden ſollen.


Die Packwerksrauchwehren ſollen die Buhnen, Coupirungen und Ueberfaͤlle ge-
gen die Beſchaͤdigungen, welche das Werk vom Strome und Eiſe zu befuͤrchten hat in denje-
nigen Faͤllen ſchuͤtzen, wo eine Spreutlage, deren Wuͤrſte ſaͤmmtlich dem Eisſtoße ausgeſetzt
ſind, nicht hinlaͤngliche Feſtigkeit gewaͤhrt.


Weil die Rauchwehren wenn ſie dauerhaft ſeyn ſollen, eben ſo wie die Spreutlagen
auswachſen muͤſſen, ſo iſt die beſte Zeit zu dieſer Arbeit der Herbſt, wenn man das Weiden-
holz ohne Nachtheil hauen kann und von dem Ausſchlagen der Reiſer verſichert iſt. Zu den
Wuͤrſten und Faſchinen wird das beſte und laͤngſte Reis ausgewaͤhlt, welches nicht ſtaͤr-
ker als ¾ Zoll dick und wenigſtens 10 Fuß lang ſeyn muß. Die Pfaͤhle muͤſſen wenn es
moͤglich iſt, mit Hacken verſehen ſeyn und werden 4 Fuß lang und 1½ Zoll dick genommen.


§. 49.


Die Arbeit ſelbſt wird folgendergeſtalt gefuͤhrt, und zu deren Erlaͤuterung eine Rauch-
wehre auf einer Stromcoupirung als Beiſpiel angenommen. Wenn ſich das Werk hinlaͤng-
lich geſetzt hat, ſo wird die Krone gehoͤrig mit Faſchinen, welche durch Wuͤrſte wie gewoͤhn-
lich befeſtiget werden (Figur 44) ausgeglichen, ſo daß der Querſchnitt ungefaͤhr die FormTaf. V.
wie Figur 45 hat. Hierauf wird das ganze Werk etwa einen Fuß hoch mit guter Erde be-
karret, und bei 10 Fuß langen Faſchinen, 8 Fuß von der hinterſten oder Unterkante der
Krone ab, ein 1 Fuß tiefer Einſchnitt in die aufgekarrte und geebnete Erde gegraben, wel-
cher ſich gegen M hin verlaͤuft Fig. 48. Dieſer Einſchnitt muß nicht nur laͤngs der ganzenTaf. VI.
Coupirung gehen, ſondern ſich auch noch auf einen anſehnlichen Theil in beide Ufer verlau-
fen, beſonders wenn ſolche niedrig und locker ſind.


In den Einſchnitt werden die 10 Fuß lange Faſchinen mit ihrem Stammende ge-
legt, ſo daß die Faſchinenſpitzen noch 2 Fuß uͤber die Coupirung hervor ragen. Auf die lau-
fende Ruthe kommen 6 bis 8 Stuͤck Faſchinen, deren Baͤnder alsdenn aufgehauen, die Rei-
ſer verbreitet und die ganze Lage geebnet wird. Auf dieſe Reiſer werden drei Reihen Wuͤrſte
geſtreckt, ſo daß die erſte Reihe einen Fuß vom Stammende ab, die zweite drei und die
dritte fuͤnf Fuß davon abkoͤmmt, worauf dieſe Wuͤrſte in Entfernungen von 1½ Fuß mit
Pfaͤhlen feſt genagelt werden, deren Koͤpfe etwa 3 bis 4 Zoll uͤber die Wuͤrſte hervorſtehen.
[56]Siebentes Kapitel.
Taf. VI.Wenn die erſte Reiſerſchicht liegt, ſo wird in einer Entfernung von 2½ Fuß nach N zu, ein
zweiter 1 Fuß tiefer Einſchnitt gemacht und die ausgegrabene Erde, zwiſchen die Wuͤrſte der
erſten Reiſerſchicht ſo verbreitet, daß der zweite Einſchnitt ſich gegen die vorliegenden Reiſer
verlaͤuft. In dieſen Einſchnitt legt man wieder eine Reihe Faſchinen, eben ſo wie die vori-
gen, und befeſtigt ſie auf gleiche Art durch drei Reihen Wuͤrſte. Jeder folgende Einſchnitt
kommt wieder in eine Entfernung von 2½ Fuß von dem vorhergehenden, und auf dieſe Weiſe
wird die Arbeit ſo lange fortgeſetzt, bis man zum letzten Einſchnitt an den Erddamm bei N
Figur 48 kommt. In dieſen Erddamm wird dicht an dem Faſchinenwerke der letzte Graben
zwei bis drei Fuß tief gemacht, und wenn derſelbe mit Faſchinenreiſern gehoͤrig ausgeſetzt iſt,
ſo werden ſolche mit doppelten, alſo mit ſechs Reihen Wuͤrſte feſt genagelt, weil dieſe letzte
Schicht am meiſten der Beſchaͤdigung ausgeſetzt iſt. Die Benagelung dieſer Wuͤrſte ſollte
nothwendig mit Hackenpfaͤhle geſchehen, wenn dieſe aber nicht zu haben ſind, ſo muͤſſen ge-
Taf. IV.woͤhnliche Pfaͤhle uͤbers Kreuz Figur 34 eingeſchlagen werden.


Taf. VI.Wenn alles beendet iſt, ſo erhaͤlt die Packwerksrauchwehre im Querſchnitt, die Figur
48. abgebildete Geſtalt, und es iſt zu merken, daß von der fertigen Rauchwehre, außer den
ſechs letzten Wuͤrſten, durchans keine Wurſt oder Erde ſichtbar ſeyn darf, und nur die Fa-
ſchinenſpitzen vorſtehen muͤſſen.


§. 50.


Uferrauchwehren oder Uferbekleidungen, welche zur Befeſtigung abbruͤchiger
uͤber dem Waſſer hervorragender Ufer dienen, werden gewoͤhnlich angelegt wenn ein Deck-
werk oder eine Buhne an einem hohen Ufer erbauet, oder wenn an einem Ufer ſich keine
Tiefe befindet, aber durch das Anſpuͤlen der Wellen bei ſtarkem Winde, oberhalb dem Waſſer-
ſpiegel, ein Abbruch entſtanden iſt.


Dieſer Bau laͤßt ſich nur im Fruͤhjahre oder Herbſte vornehmen, damit die um dieſe
Zeit gehauenen Faſchinen auswachſen; man bedarf dazu keiner vierfuͤßigen, ſondern nur zwei
bis drei Fuß langer Spreutlagenpfaͤhle, welche mit einem Hacken verſehen ſeyn muͤſſen.


Wenn zuvor das ſteile abbruͤchige Ufer nach einer graden Boͤſchung abgeſtochen iſt,
ſo wird bei kleinem Waſſerſtande am Fuß derſelben ein 1 Fuß tiefer Graben gemacht, wel-
cher wenigſtens uͤber einen halben Fuß unter dem Waſſerſpiegel liegen muß. In dieſen
Graben werden Faſchinen, welche wo moͤglich die Laͤnge der Boͤſchung haben, mit den Stamm-
enden eingeſetzt, ſo daß ſie mit den Spitzen nach oben ſtehen und auf der Boͤſchung liegen.
Die laufende Ruthe erfordert 6 Stuͤck Faſchinen, deren Baͤnder aufgehauen und die Reiſer
ausge-
[57]Vom Baue der Rauchwehren.
breitet und geebnet werden. Auf dieſe Reiſer wird einen Fuß vom Stammende eine Reihe
Wuͤrſte, und hierauf in jeder Entfernung von 2 Fuß wieder eine Reihe Wuͤrſte tuͤchtig ange-
nagelt, und wenn ſaͤmmtliche Reiſer befeſtiget ſind, ſo werden die Spitzen derſelben, wenn
ſie uͤber das Ufer hervor ragen, mit dem Ufer gleich hoch abgehauen; iſt das Ufer hoͤher, ſo
koͤnnen die Spitzen ihre Laͤnge behalten, wenn aber die Rauchwehre nach einigen Jahren gut
ausgewachſen iſt, alsdenn werden im Fruͤhjahre oder Herbſt die oberſten Zweige zuruͤck gebo-
gen und mit Wuͤrſten an die Boͤſchung des Ufers befeſtiget.


Durch die neun und vierzigſte Figur iſt eine Uferrauchwehre im Durchſchnitt abge-Taf. VI.
bildet, bei welcher vorausgeſetzt iſt, daß die Wuͤrſte ohne Hackenpfaͤhle befeſtiget ſind.


§. 51.


Es giebt noch eine Art von Rauchwehren, die nicht zum Auswachſen beſtimmt ſind,
welche man Vorſchlaͤge nennt und die in dem Falle angebracht werden, wenn bei großem
Waſſer vor den Deichen oder hohen Ufern, welche nicht durch Weidenſtrauch beſchuͤtzt ſind,
der Wind das Waſſer gegen die Doſſirung der Deiche plaͤtſchert und die Erde derſelben ab-
ſpuͤlt. Dieſem Wellenſchlag wird dadurch begegnet, daß man Faſchinen mit ihren Stamm-
enden nach oben, etwas ſchreg nach der Richtung des Stroms, dicht neben einander auf die
Doſſirung legt und eine jede Faſchine mit einem Buhnenpfahl, welcher beinahe einen Fuß
hervor ragt annagelt. Eine dergleichen interimiſtiſche Rauchwehre, wird nach Abgang des
großen Waſſers wieder abgenommen, die Faſchinen und Pfaͤhle bei andern Bauen verwandt
und durch zweckmaͤßige Anpflanzungen fuͤr die Beſchuͤtzung der Deiche oder Ufer geſorgt.


Achtes Kapitel.
Von dem Baue der Deckwerke.


§. 52.


Wenn gleich die Deckwerke in vieler Ruͤckſicht den Buhnen und noch mehr dem Pflanzungen
und Schlickzaͤunen nachſtehen, da ſie keine Verlandung bewirken, zur Veraͤnderung der
Strombahn nichts beitragen, und am wenigſten dann gebraucht werden koͤnnen, wenn ſich
der Urſprung des Abbruchs oberhalb in dem Strome befindet, und man daſelbſt der Erzeu-
H
[58]Achtes Kapitel.
gung deſſelben entgegen arbeiten muß; ſo koͤnnen ſie doch nicht ganz bei dem Waſſerbaue ent-
behrt werden. Sie vertreten die Stelle eines kuͤnſtlichen Ufers und decken daſſelbe auch nur
ſo weit, als ſie angelegt ſind.


Die vorzuͤglichſten Faͤlle in welchen man Deckwerke erbauet, ſind nachſtehende:


a. Wenn ein Fluß ein Ufer dergeſtalt ſchart oder abbruͤchig gemacht hat, daß man
den weiteren Abbruch deſſelben verhuͤten will; beſonders wenn nahe an dem Ufer
gelegenen Deiche, ebenfalls in Gefahr kommen von dem Strome abgebrochen zu
werden. Iſt es in dieſem Falle nicht moͤglich ſo viele Koſten zu verwenden, wie
die Anlage mehrerer Buhnen zur Regulirung der Stromgegend erfordert, um die
Urſache des Abbruches aufzuheben, und man hat nicht die Abſicht, durch die
Anlegung eines Packwerks Verlandung zu bewirken, ſo entſchließt man ſich zur
Anlegung eines Deckwerks.


b. Wenn eine Buhne ſo angelegt iſt, daß der Strom ober- oder unterhalb derſel-
ben, Abbruch am Ufer verurſacht, [und] man einſtweilen bis die Buhne Verlan-
dung bewirkt hat, dieſes Ufer decken muß.


c. Wenn es aus Gruͤnden nicht erlaubt iſt, die Strombahn durch eine Buhne ein-
zuſchraͤnken und dennoch das abbruͤchige Ufer geſichert werden ſoll.


Dieſer Fall ereignet ſich oͤfters bei Kanaͤlen oder Durchſtichen, wo ſich der
Strom uͤber die feſtgeſetzte Breite durch Abbruch erweitert und wo an dem gegen-
uͤberliegenden Ufer ſich Gebaͤude befinden, die erhalten werden muͤſſen.


d. Auch ſind die Ufer ſowohl ober- als unterhalb der Bruͤcken, Schleuſen und Ue-
berfaͤllen, oͤfters den Abbruch ausgeſetzt, in welchen Faͤllen die Ufer mit Deck-
werken eingefaßt werden.


Wenn man Deckwerke an Schartufern anlegen will, ſo hat man wohl zu unterſu-
chen ob der Abbruch des Ufers von der Vertiefung und Unterwuͤhlung des Stroms entſtehet,
und denn muͤſſen wenn keine leichtere Mittel vorhanden ſind, oder wenn es nicht angeht
ſolche Vorkehrungen zu treffen, wodurch die Urſache des Abbruchs gehoben wird, Deckwerke
angelegt werden; ſehr oft koͤnnte man aber bei Schartufern die Deckwerke ganz entbehren
und durch wohlfeilere Mittel den Endzweck erreichen, wenn nemlich der Abbruch nicht durch
die Vertiefung und Annaͤherung des Stroms, ſondern durch Windſchlag, das heißt durch
die vom Winde und Sturme bewegte Oberflaͤche des Waſſers entſtanden iſt, welches beſon-
ders an denjenigen Ufern ſich haͤufig ereignet, die den aus einerlei Gegend wehenden
[59]Von dem Baue der Deckwerke.
ſtarken Fruͤhjahrs- und Herbſtwinden ausgeſetzt ſind. Iſt ein Ufer allein vom Windſchlag
ſchart geworden, ſo findet man vor demſelben keine große Tiefe, ſondern das Ufer doſſirt ſich
ganz flach, da es denn nicht noͤthig iſt, Deckwerke anzulegen, weil das Ufer nur oberhalb
und nicht im Grunde ſchart iſt, vielmehr werden in dieſem Falle die Ufer mit einer Rauch-
wehre eingefaßt und der ganze Endzweck iſt erreicht, wenn die Rauchwehre zum Auswach-
ſen gebracht wird.


In vielen Faͤllen kann man aber auch die Anlegung der Deckwerke dadurch entbehr-
lich machen, wenn man durch Anpflanzungen und Schlickzaͤune, die oberhalb gelegenen Sand-
felder welche ſehr oft vorhanden ſind, bis zu den Schartuſern zu verlaͤngern ſucht, und nur
denn ſind ſie unentbehrlich, wenn bedeutende, ploͤtzliche Gefahren fuͤr die Ufer zu beſorgen ſind.


§. 53.


Weil die Deckwerke durchgaͤngig von dem Stromufer nicht abgehen, ſo kann man
ſie als eine Buhne anſehen, welche ſich auf der einen langen Seite dicht an das Ufer
ſchließt. Groͤßtentheils haben die Ufer von oben angeſehen eine concave oder hohle Form,
und wenn der Strom eben dieſelbe Kruͤmmung behalten ſoll, ſo erhaͤlt das Deckwerk durch-
gaͤngig eine gleich große Oberbreite, ausgenommen daß es am Anfang ſpitz auslaͤuft. Figur
50. Wenn aber in dem Ufer kleine Buchten oder Hoͤhlungen ſind, ſo wird die aͤußere oderTaf. VI.
Streichlinie des Deckwerks, dennoch in moͤglichſt grader Richtung gefuͤhrt. Figur 51. Ge-
woͤhnlich erhaͤlt ein Deckwerk 12, 15 bis 18 Fuß Kronenbreite.


Sonſt pflegte man Statt der hier beſchriebenen Deckwerke eine Reihe Triangel-
koͤpfe
hintereinander anzulegen und glaubte dadurch den Strom beſſer abzuweiſen. Figur 52.
Die Erfahrung hat aber gelehrt, daß dieſe Triangelkoͤpfe oder Saͤgewerke an demjenigen
Ufer welches ſie ſchuͤtzen ſollen, Vertiefungen veranlaſſen, welches man ſich auch leicht aus
den Wirbeln erklaͤren kann, die hinter jedem Kopf entſtehen.


§. 54.


Bevor man zum Bau ſchreitet, wird bei ſteilen Ufern an derjenigen Stelle, wo man
den Anfang mit der Arbeit macht, ein kleiner Einſchnitt in das Ufer gegraben, welcher bis
auf die Oberflaͤche des Waſſers geht, um hierauf die erſten Wuͤrſte feſt zu nageln.


Geſetzt man will ein Deckwerk auf 10 Ruthen Laͤnge und 12 Fuß Oberbreite, bei
einer Tiefe von 18 Fuß erbauen, und es ſey der Anfang in A Figur 53 mit einem Pfahl
bemerkt, ſo nehme man die doppelte Kronenbreite und dazu die Hoͤhe des Werks, alſo 2. 12
+ 18 = 42 Fuß und meſſe ſolche von A nach B ab, woſelbſt man einen Pfahl einſteckt;
H 2
[60]Achtes Kapitel.
desgleichen wird die ganze Laͤnge nebſt der Tiefe, alſo 10 + 1½ = 11½ Ruthen, von A aus,
Taf. VI.Strom abwaͤrts abgemeſſen, und durch einen Pfal das Ende des Werks, auf der Krone ge-
meſſen, bezeichnet.


Damit man bei dem Baue wiſſen kann, in welcher ſchregen Richtung die erſte Fa-
ſchinen Lage mit ihrer Streichlinie vom Ufer ab gehet, nimmt man die Verlaͤngerung der
belden Pfaͤhle B, A bis D ſo daß A D = A B wird; auf A D ſetzt man in D eine ſenk-
rechte Linie D E, ſo daß D E der Tiefe und Kronenbreite, alſo 18 + 12 oder 30 Fuß gleich
iſt, ſo geben die beiden Punkte A und E die Richtung der erſten Lage an. Gewoͤhnlich ver-
laͤßt ſich der Buhnenmeiſter auf ſein Augenmaaß, und denn unterbleibt das Abſtecken
der Linie A E.


Vorausgeſetzt daß Faſchinen, Wuͤrſte und Pfaͤhle in hinlaͤnglicher Menge vorhanden,
und die etwa im Grunde befindlichen Hinderniſſe weggeſchaft ſind, ſo wird nunmehr mit dem
Baue ſelbſt dadurch der Anfang gemacht, daß zuerſt auf den Einſchnitt bei A einige Faſchinen
laͤngs dem Ufer dergeſtalt geworfen werden, daß ſie mit ihren Stammenden zum Theil auf
dem Lande feſt, mit dem uͤbrigen Theil aber im Waſſer liegen. Auf dieſe Faſchinen werden
andere geworfen, ſo daß ſie weiter in das Waſſer uͤber treten, und wenn der Strom
anfaͤngt die Faſchinen zu drehen, ſo wird uͤber dieſelben vom Lande ab, eine 12 bis 18 Fuß
lange Wurſt gelegt, welche mit einigen Pfaͤhlen ſo wohl auf dem Einſchitte als auch auf den
Faſchinen befeſtiget wird. Auch dieſe Wurſt, ſo weit ſolche auf dem Waſſer ſchwimmt, wer-
den ſo lange wieder andere Faſchinen geworfen, bis der Strom anfaͤngt die aͤußerſte Faſchine
zu drehen, da denn eine andere Wurſt, welche am Ende mit einem Bock verſehen ſeyn kann,
wieder uͤber den bereits liegende Faſchinen und an dem Lande mit Pfaͤhlen befeſtiget wird.
Auf dieſe Art wird weiter auf eine aͤhnliche Weiſe wie bei den Buhnen verfahren, nur daß
hier die aͤußerſten Spitzen der Faſchinen in die Verlaͤngerung E A zu liegen kommen, ſo wie
auch dahin zu ſehen iſt, daß nun ſaͤmmtliche Faſchinen nach einerlei Richtung liegen, welche
beinahe ſenkrecht auf dem Ufer ſtehet. Auch muͤſſen nur die zuerſt geworfenen Faſchinen auf
dem Einſchnitte liegen, die uͤbrigen aber mit ihrem Stammende nur an das Ufer ſtoßen, ohne
auf demſelben feſt zu liegen, weil es ſonſt ſchwer halten wuͤrde, die erſte Faſchinenlage auf
den Grund zu ſenken.


Mit dem Ablegen wird auf die beſchriebene Art fortgefahren, auch allemal hinter die
aͤußerſten Faſchinen andere ſo lange geworfen, bis man mit den Stammenden das Ufer er-
reicht. Iſt die Lage ſo weit vorgeruͤckt, daß ſolche beinahe den Pfahl B erreicht hat, ſo wer-
[61]Von dem Baue der Deckwerke.
den die letzten Faſchinen etwas ſchreg gegen die uͤbrigen geworfen und man zieht ſich ebenTaf. VI.
falls in einer etwas ſchregen Richtung nach dem Ufer hin. Figur 54. Hierdurch iſt die
Auslegung oder Vorlage, der erſten Lage beendet, da als denn B C = D C ſeyn muß.


Nunmehr wird die Ruͤcklage angefertiget, indem vom Rande ab, in gleicher Rich-
tung mit den unterſten Faſchinen, eine neue Lage auf die Vorlage nach dem Ufer zu, gelegt
wird, ſo daß nunmehr die ganze Dicke beider Faſchinenſchichten drei Fuß betraͤgt. Bei die-
ſem Zuruͤcklegen iſt beſonders dahin zu ſehen, daß die Lage von A bis C Figur 55 eine ein-
fuͤßige Doſſirung erhaͤlt, welches dadurch geſchiehet, daß die Faſchinen in dieſem Verhaͤltniß
allmaͤhlig nach dem Lande zuruͤck gezogen werden. Von C bis D muͤſſen aber die Faſchinen
nicht zuruͤck gezogen, ſondern allmaͤhlig immer weiter in das Waſſer uͤbertreten.


§. 55.


Wenn die ganze Lage geebnet und die gegen das Ufer ſtoßenden Faſchinen aufge-
hauen ſind, ſo wird zum Bewuͤrſten geſchritten. Zuerſt werden in einer Richtung von etwa
45 Grad gegen das Ufer, Wuͤrſte in 2 Fuß Entfernung von einander bis an die Streichli-
nie geſtreckt, und nachher einen Fuß von den oberſten Faſchinenſpitzen eine doppelte Rand-
wurſt gelegt. Fig. 56. Die Benagelung und Erdbeſchwerung geſchieht wie bei den Buh-
nen, außer daß man hier bei einem ſteilen abbruͤchigen Ufer, daſſelbe doſſirend abflaͤchen und
die erhaltene Erde ebenfalls zur Beſchwerung der Faſchinenſchichten anwenden kann. Hat
man durch die Beſchwerung mit Erde, welche im Durchſchnitt einen Fuß hoch aufgebracht
wird, ein gleichfoͤrmiges Senken der erſten Lage erlangt, ſo daß beinahe nur noch die Erde
uͤber dem Waſſer bleibt, ſo wird mit dem Ablegen zur zweiten Lage der Anfang gemacht.


§. 56.


In die Randwurſt bei C muͤſſen vorher einige Faſchinenpfaͤhle geſteckt worden ſeyn,
theils um zwiſchen denſelben eine ſichere Lage fuͤr die erſten Faſchinen zu erhalten, oder wenn
die erſte Lage ſtark ſinken ſollte, daß man die ungefaͤhre Gegend hat, wo ſich der Rand der-
ſelben befindet. So weit die erſte Lage noch uͤber dem Waſſer befindlich iſt, werden am aͤu-
ßerſten unteren Ende der Lage bei C Figur 57 in unveraͤnderter Richtung Faſchinen zur
zweiten Lage ſo geworfen, daß ſie ſich von C nach A zu, allmaͤhlich zuruͤck ziehen, um die
einfuͤßige Doſſirung zu erhalten. Strom ab, von C nach G, oder von H nach I greift jede
neue Lage uͤber die unterliegende etwa 6 bis 8 Fuß vor; dahingegen muß bei jedem Vorle-
gen, die groͤßte Breite F G, der Kronenbeite und Tiefe zuſammengenommen gleich ſeyn,
[62]Achtes Kapitel.
Taf. VI.oder wenn, wie hier vorausgeſetzt iſt, die Tiefe durchgaͤngig gleich bleibt, ſo muß auch alle
mal F G = B C ſeyn.


Laͤngs der Linie C G muͤſſen die Faſchinen ebenfalls ſo eingezogen werden, damit die
einfuͤßige Doſſirung heraus kommt.


Die zweite und jede folgende Lage wird auf gleiche Art bewuͤrſtet und mit Erde be-
karret und eben ſo wird mit der dritten und vierten Lage verfahren, ſo daß man ſich
immer nach A zu, zuruͤck zieht.


§. 57.


Die folgenden Lagen koͤnnen, damit das Werk Stromabwaͤrts keine zu ſteile Lage
erhaͤlt, wie bei den Buhnen, abwechſelnd einmal kurz, einige Ruthen lang und denn wieder
bis gegen A hin, zuruͤck gelegt werden. So iſt Figur 58 die fuͤnfte Lage mit ihrer Be-
wuͤrſtung abgebildet.


Wenn ſich die erſten und folgenden Lagen merklich ſenken, ſo muß dahin geſehen
werden, daß ſie vom Lande ab keine Hinderniſſe finden in die Tiefe zu gehen. Gewoͤhnlich
bricht alsdenn das ſteile Ufer worauf die Wuͤrſte feſtgenagelt ſind, und geht mit in den
Taf. VI.Grund; ſollte dieſes aber nicht geſchehen, und man einen merklichen Widerſtand vom Ufer
ab ſpuͤren, ſo muͤſſen die Baͤnder an den Wuͤrſten der untern Lagen, ſo weit ſolche auf dem
Lande liegen losgehauen werden.


Setzt ſich das Werk ungleichfoͤrmig, ſo wird jedesmal wenn die Erde aufgebracht
und vertheilt iſt, die Handramme angewandt, welche auch zugleich außer der Erdbeſchwe-
rung dazu dient, die Lagen noch mehr zuſammen zu preſſen.


Bei den abwechſelnden kurzen und langen Lagen, werden die letztern ſo oft nach A
zu, zuruͤck gezogen, bis man daſelbſt kein Sinken mehr verſpuͤrt; alsdenn wird bei jeder lan-
gen Lage nur bis dahin zuruͤck gegangen, wo das Werk ſchon Grund gefaßt hat. Hierbei iſt
nur immer zu beobachten, daß die Vorderbreite M N Figur 59 der daſelbſt befindlichen Tiefe
und Kronenbreite gleich iſt.


§. 58.


Wenn die Arbeit ſo weit vorgeruͤckt iſt, daß die letzte Lage außer der erforderlichen
Taf. VI.Laͤnge des Werks (auf der Krone gemeſſen) noch um die Tiefe des Waſſers laͤnger iſt, ſo
wird nicht weiter ausgelegt. Mit der folgenden Lage zieht man ſich alsdenn auf allen Sei-
ten wo das Waſſer anſpuͤlt ſo weit zuruͤck, damit eine einfuͤßige Doſſirung erhalten wird.
Figur 60. Eben dieſes geſchiehet mit den uͤbrigen Lagen, ſo daß endlich das ganze Deckwerk,
[63]Von dem Baue der Deckwerke.
wenn man es ohne Waſſer betrachten koͤnnte, und wenn ſich die verſchiedenen Lagen noch be-Taf. VI.
merken ließen, die Figur 61 abgebildete Geſtalt erhaͤlt, wobei die Lagen von oben anzuſe-
hen, etwas ſtark ausgedruͤckt ſind.


Ein Laͤngendurchſchnitt, nach der Linie V W Figur 61 wuͤrde ungefaͤhr eine Anſicht
wie Figur 62 geben.


§. 59.


Bei der Spreutlage iſt eben das zu beobachten was §. 32. von den Buhnen geſagt
worden; von oben anzuſehen erhaͤlt ſolche das Anſehen der Figur 63. nur daß man noch an
das abgeſtochenen Ufer eine Rauchwehre nach Figur 49 legt.


Neuntes Kapitel.
Vonden Pflanzungen.


§. 60.


Die Pflanzungen in ſo fern ſie hierher gehoͤren, beziehen ſich nur auf die Kultur der Wei-
den und Pappeln, und alles was in dieſer Ruͤckſicht hier davon geſagt wird, nur auf un-
ſere Gegenden.


Aus dem Vorhergehenden iſt es einleuchtend, daß ohne die noͤthigen Faſchinen,
Wuͤrſte und Pfaͤhle kein Bau gefuͤhrt werden kann, und wenn die Herbeiſchaffung dieſer
Materialien nicht nur ſehr oft mit vielen Koſten verbunden iſt, auch die Erhaltung tuͤchtiger
Materialien zuweilen unmoͤglich wird, ſo erfordert deshalb die Kultur der Pflanzungen die
groͤßte Aufmerkſamkeit des Strombaumeiſters, weil er nur hoffen kann, mit tuͤchtigen Huͤlfs-
mitteln, zweckmaͤßige und dauerhafte Baue auszufuͤhren. Schon in dieſer Ruͤckſicht erhalten
die Pflanzungen eine bedeutende Stelle in der Strombaukunſt; hierzu kommt aber noch, daß
man oft durch die zweckmaͤßige Bepflanzung der Sandfelder in den Stroͤmen, weit mehr
ausrichtet und weit ſicherer einen vorgeſetzten Entzweck erreicht, als durch die koſtbarſten Pack-
werke, und daß wenn ſelbſt angelegte Buhnen und Coupirungen, nicht durch Bepflanzung
der dahinter angelegten Sandfelder unterſtuͤtzt werden, ſehr ſelten der vorgeſetzte Endzweck
erreicht wird. Auch erhaͤlt man beſonders bei denjenigen Sandfeldern, welche laͤngs den
[64]Neuntes Kapitel.
Deichen im Strome mit Weidenſtrauch beflanzt werden, noch den Vortheil, daß ſie ſich nach
und nach, durch den darin liegenbleibenden Sand und Schlick erhoͤhen, und die dahinter lie-
genden Deiche gegen die Angriffe gefaͤhrlicher Eisgaͤnge ſichern. Hieraus ſieht man auch,
wie durch die Pflanzungen laͤngs einem Deiche, die koſtbarern Grundbaue von Faſchinen er-
ſpart und vermindert werden koͤnnen, weil wenn einmal eine Pflanzung auf einem niedrigen
Sandfelde, vor denſelben angelegt iſt, dieſes ſich nicht nur erhoͤhet, ſondern auch Gelegenheit
giebt, daß ſich Stromabwaͤrts noch mehr Sand zu neuen Pflanzungen anlegt, durch deſſen
ferneren Bepflanzung die uͤbrigen Deiche und abbruͤchigen Ufer gedeckt werden. Eben ſo wich-
tig ſind die Pflanzungen, wenn es auf die Verlandung coupirter Stomaͤrme ankommt, weil
dieſe vorzuͤglich dazu beitragen, daß ſich immer mehr Schlick anlegt und aus dem unnutzba-
ren Waſſerlauf, braubares Land entſtehet. In Abſicht der Materialien zu den in der Naͤhe
gelegenen Faſchinenbauen, entſtehet eine anſehnliche Erſparung in den Transportkoſten, daher
es fuͤr die Strombaukaſſe hoͤchſt wichtig iſt, daß die ſonſt oͤde liegenden Sandfelder am
Strome zweckmaͤßig bepflanzt und in Haue eingetheilt werden, denn ſelbſt wenn nicht aller
Strauch zu den Waſſerbauen noͤthig iſt, ſo kann der Ueberfluß davon, zum Nutzen der Kaſſe,
an Korbmacher, Fiſcher, Boͤttcher, Siebmacher, zu Flechtzaͤunen etc. verkauft werden.


In ſehr vielen Faͤllen koͤnnte man auch bei Stromregulirungen, ſich Statt der koſt-
baren Buhnenwerke, zur Deckung abbruͤchiger Ufer, der Pflanzungen mit einem noch zweck-
maͤßigeren Erfolge bedienen. Denn groͤßtentheils wenn in einer Stromkruͤmmung das Ufer
abbruͤchig wird, ſo befindet ſich am Anfang oder oberhalb derſelben an eben dem Ufer Ver-
landung. Wird nun durch angemeſſene Beflanzung und allenfalls mit Huͤlfe der Schlick-
zaͤune, eine Verlaͤngerung dieſer Verlandung oder Sandbank bewirkt, ſo kann dadurch das
Schartufer gedeckt werden. Ueberhaupt ſollte man ſich bei Strombauen nie eines andern
Mittels als der Bepflanzungen bedienen, wenn nicht vorher uͤberzeugend dargethan iſt, daß
deren Anwendung nicht Statt finden kann.


Man unterſcheidet bei dem Faſchinenbaue
I. die Strauch- und
II. die Baumpflanzungen.


Erſterer bedient man ſich vorzuͤglich als Mittel zur Regulirung der Stroͤme, und ſie
ſie geben zugleich die reichhaltigſten Faſchinenlieferungen, letztere kommen meiſtentheils laͤngs
den Deichen, oder ſchon in etwas hohen Gegenden wo die Strauchweiden nicht ſo gut fort-
kommen,
[65]Von den Pflanzungen.
kommen, vor, oder es werden auch deshalb dergleichen Plantagen angelegt, um Pfaͤhle zu
den Spreutlagen und Rauchwehren daraus zu erziehen.


Vor den Deichen ſollte man billig keine Baͤume, ſondern nur Strauchpflanzungen an-
legen, weil die Baͤume bei dem Eisgange Veranlaſſung zur Auswuͤhlung der Ufer geben, und
dennoch die Deiche nicht hinlaͤnglich ſchuͤtzen.


§. 61.


In Abſicht aller Weiden und Pappelpflanzungen gilt die allgemeine Regel, daß ſolche
im Herbſte nicht eher vorgenommen werden ſollen bis das Laub welk iſt, oder bis ſich die
Rinde von den zarten Zweigen nicht mehr leicht abloͤſen laͤßt; und daß im Fruͤhjahre, wenn
das Laub ſchon ſtark ausbricht, keine Pflanzung mehr angelegt werden muß. Im Durch-
ſchnitt faͤllt bei uns die Pflanzzeit zwiſchen die Mitte des Octobers bis zur
Mitte des Aprils, obgleich fruͤhe oder ſpaͤte Sommer und Winter hiervon eine Ausnahme
machen. Außer dieſer Zeit iſt es weder ratchſam Pflanzungen anlegen zu laſſen, noch Strauch
aus ſolchen Plantagen zu hauen, an deren Fortdauer etwas gelegen iſt.


Wenn nun ſehr viel darauf ankommt, daß Pflanzungen zur gehoͤrigen Zeit angelegt
werden, ſo iſt die angefuͤhrte Periode im Fruͤhjahre und Herbſte doch alsdenn fuͤr die Be-
pflanzung niedriger Sandfelder welche der Ueberſchwemmung ausgeſetzt ſind, ſehr unguͤnſtig,
weil um dieſe Zeit groͤßtentheils unſere Stroͤme angeſchwellt ſind und die Sandfelder unter dem
Waſſer liegen. Dahingegen kommen gewoͤhnlich im Auguſt die niedrigſten Sandfelder zum
Vorſchein, an deren Bepflanzung und Erhaltung oͤfters ſehr viel gelegen iſt, und gluͤcklicher
Weiſe haben viele Verſuche bewieſen, daß man bei der gehoͤrigen Vorſicht dergleichen
Strauchpflanzungen, wenn dazu Weiden genommen werden, bei uns zwiſchen der Mitte des
Juli und Auguſts vornehmen kann, und mir ſind nur wenig ſehr im Großen ausgefuͤhrte
Pflanzungen verungluͤckt. Es laſſen ſich nun die zuerſt erwaͤhnten Pflanzungen unter der Be-
nennung Winterpflanzung, letztere aber durch den Namen Sommerpflanzung be-
zeichnen. Ob uͤbrigens die Urſache, daß abgehauene Weidenreiſer zur Zeit der Sommerpflan-
zung, ebenfalls Wurzeln in die die Erde ſchlagen, darin zu ſuchen iſt, daß mehrere Weiden-
arten im September zum zweitenmale bluͤhen und daher einen neuen Trieb zum Wachſen er-
halten, bleibt dahin geſtellt.


§. 62.


Ob man ſich zu den Strauch- und Baumanpflanzungen der Weiden oder Pappeln
bedient, iſt nicht willkuͤhrlich. Kommt es lediglich darauf an, recht viel Faſchinenholz zu er-
J
[66]Neuntes Kapitel.
halten, ſo ſcheinen die Pappeln den Vorzug vor den Weiden zu verdienen, es iſt aber bei
deren Anpflanzung dahin zu ſehen, daß keine Wieſen, Gaͤrten oder Aecker in der Naͤhe ſind,
weil ſonſt der abfliegende Saamen ſolche verderben wuͤrde. Man koͤnnte zwar dieſem Nach-
theile dadurch begegnen, daß nur Pappeln von einerlei Geſchlecht, entweder lauter maͤnnliche
oder lauter weibliche angepflanzt wuͤrden, ſelten wird dieſes aber ganz genau beobachtet wer-
den, weshalb man ſich zur Schonung der nahegelegenen Grundſtuͤcke, nicht dazu entſchließen
ſollte. Pappelbaͤume muͤſſen aber nicht dicht an den Fuß der Deiche geſeſetzt werden,
weil ihre ſich ſehr ausbreitende Wurzel durch die Deiche gehen und wenn ſie verfaulen, nach-
theilige Loͤcher geben. Eben ſo iſt bei Anlegung einer Pflanzung zu bemerken, ob ſolche fort-
waͤhrend als Pflanzung beibehalten werden ſoll, oder ob man durch die Befeſtigung des San-
des und durch die unter dem Laube beguͤnſtigte Begruͤnung und Aufſchlickung, nutzbaren Wie-
ſenboden erhalten will. Im erſten Falle ſteht dieſerwegen der Pappelpflanzung nichts im
Wege, iſt aber die Abſicht, auf dem hinlaͤnglich erhoͤheten Boden, einmal wieder die Pflan-
zung auszuroden, ſo duͤrfen keine Pappeln genommen werden, denn nicht nur daß ſolche im
Durchſchnitt eine weit tiefere und laͤngere Wurzel als die Weiden ſchlagen, ſondern ſie ſind
auch wo ſie einmal Wurzel gefaßt haben, ſchwer zu vertreiben.


Nach dieſen Umſtaͤnden muß es daher beſtimmt werden, ob man ſich der Pappeln
oder Weiden zur Pflanzung bedienen will, das Pflanzungs-Geſchaͤfte bleibt uͤbrigens daſſelbe,
weshalb hier nur von Weiden gehandelt werden ſoll.


§. 63.


Zu den Strauchpflanzungen bedient man ſich drei bis vierjaͤhriger Pflanzſtoͤcke
welche etwa zwei Fuß in und einen Fuß uͤber die Erde kommen. In ſehr trockenem Sande
koͤnnen ſie noch tiefer in die Erde geſetzt werden, in feuchtem Boden iſt aber ſchon eine Tiefe
von 1½ Fuß hinreichend. Das Holz zu den Pflanzſtoͤcken oder Setzlingen wird von
Strauchholz und nicht von Kopfweiden gehauen, in Faſchinen gebunden und ſo auf die Bau-
ſtelle gefahren. Bei der Winterpflanzung iſt es nicht noͤthig daß die Pflanzfaſchinen ins Waſ-
ſer gelegt werden, wohl aber bei der Sommerpflanzung, welche wo moͤglich bei feuchter
Witterung vorgenommen werden muß, und wo man in einem Tage nicht mehr Reis hauen
darf, als verpflanzt wird. Dieſe Reiſer werden auf einem Block mit einem ſehr ſcharfen
Handbeil ſo verkuͤrzt, daß die Pflanzſtoͤcke die erforderliche Laͤnge erhalten, welche wenn ſie
zwei Fuß tief in die Erde kommen ſollen, drei Fuß betraͤgt, und wobei gewoͤhnlich jede Ru-
the drei Pflanzſtoͤcke giebt.


[67]Von den Pflanzungen.

Werden dieſe Stoͤcke zu dicht neben einander gepflanzt, ſo iſt es natuͤrlich daß ſie
einander die Nahrung entziehen und die ganze Pflanzung ausgehen kann; eben ſo wenig iſt
es gut ſolche zu weitlaͤuftig zu ſetzen. Auch gibt es verſchiedene Arten wie eine dergleichen
Pflanzung angelegt werden kann. Das Pflanzen der Setzlinge in Rinnen iſt zwar unter an-
dern Umſtaͤnden ſehr im Gebrauch, bei Strompflanzungen wuͤrde aber der Boden dadurch
im Zuſammenhange zu ſehr aufgelockert und daher vom großen Waſſer weggeſpuͤlt werden,
weshalb man die Gruben- oder Neſterpflanzung vorzieht. In einem gewoͤhnlichen
Sandfelde werden die Gruben oben 1½, unten einen Fuß weit und 1½ bis 2 Fuß tief aus-
gegraben, ſo daß ihre Mitten 4 Fuß von einander entfernt ſind; es betraͤgt daher der un-
ausgegrabene Raum zwiſchen zwei Gruben etwa 2½ Fuß.


§. 64.


Die Aniegung einer Strauchpflanzung erfordert, daß zuvor die Linie abgeſteckt wird,
nach welcher ein Sandfeld beflanzt werden ſoll. Die Beſtimmung dieſer Linie haͤngt von der
Richtung ab welche man einem Strom geben will, und man hat ſich nur dafuͤr in Acht zu
nehmen, daß die Normalbreite des Stroms nicht uͤberſchritten wird, weil ſonſt wenn der
Strauch groß und tuͤchtig eingewurzelt iſt, leicht am gegenuͤberliegenden Ufer Abbruch entſte-
hen kann. Auch pflegt man gern zur aͤußerſten Linie der Pflanzung welche an den Strom
faͤllt, eine gerade Linie zu waͤhlen, und es wuͤrde unſchicklich ſeyn, wenn man ein Sandfeld
nach derſelben Figur wie es uͤber der Oberflaͤche des Waſſers liegt, bepflanzen wollte. Auch
darf es kaum erwaͤhnt werden, daß ein ſolches Sandfeld an das Ufer ſchließen muß, weil
man ſonſt durch die Bepflanzung deſſelben ſich eine Inſel ſchaffen wuͤrde, zwiſchen welche
ſich der Strom legen und das Ufer abbrechen koͤnnte. Eine nicht gleichguͤltige Vorſicht iſt
eben daher bei den Beflanzungen der Sandfelder zu empfehlen, daß man allemal vom Ufer
ab nach dem Strom zu, und nicht umgekehrt pflanzt; denn es kann leicht durch ſchnell ein-
tretendes großes Waſſer, die Pflanzarbeit unterbrochen werden, wodurch wenn zwiſchen der
Pflanzung und dem Ufer noch eine Sandſtrecke unbepflanzt geblieben, leicht eine Inſel ent-
ſtehen kann.


Auch muͤſſen die Sandfelder welche bepflanzt werden ſollen, nicht zu hoch uͤber dem
Waſſerſpiegel liegen, weil ſonſt die friſch geſetzten Weiden leicht im Sommer vertrocknen,
weshalb man ſo bald ſich ein vortheilhaftes Sandfeld zeigt, zur Bepflanzung ſchreiten muß,
ohne abzuwarten bis ſich daſſelbe zu ſehr erhoͤhet. Ueberhaupt pflegt man bei hoch liegenden
Sandfeldern die Winterpflanzung, und bei ſehr niedrigen die Sommerpflanzung anzuwenden.


J 2
[68]Neuntes Kapitel.

Taf. VII.Iſt die aͤußere Linie der Pflanzung durch die beiden Pfaͤhle A B Figur 64. gegeben,
ſo wird daran eine Pflanzleine angeſpannt, jedoch nicht weiter als man in einem Tag zu
arbeiten denkt. Laͤngs dieſer Linie werden alle 4 Fuß Merkmale in den Sand gemacht um
daneben die Loͤcher zu den Neſtern zu graben, die vorher mit der Spade in den Sand durch
Kreiſe, die etwa 1½ Fuß im Durchmeſſer haben angezeigt werden. Das Graben der Loͤcher
und Einlegen der Setzlinge geſchieht zugleich; es wird dabei auf einen jeden Graͤber ein
Knabe zum ſtecken der Pflanzſtoͤcke gerechnet und die Arbeit wird folgender geſtalt gefuͤhrt.
Wenn der Arbeiter die Grube a gegraben hat, deren Tiefe er leicht nach einem Zeichen an
ſeiner Spade beſtimmt, ſo belegt der Knabe ſchnell die Grube mit Setzlingen, welche etwa
4 Zoll von einander abſtehen, der Arbeiter geht alsdenn an die folgende Grube b und wirft
die Erde aus b in die Grube a welche der Knabe feſt tritt, jedoch ohne die Rinde der Setz-
linge zu beſchaͤdigen, weil beſonders die Weiden dergleichen Verletzungen nicht vertragen
Auf gleiche Art kommt die Erde aus der Grube c in b; aus d in c u. ſ. w. auf welche
Weiſe die Arbeit ununterbrochen fort gefuͤhrt wird.


Neben dieſe Reihe von Neſtern A B, kommt die folgende Reihe C D parallel mit
der erſtern, zu welchem Ende die Pflanzleine an die beiden Pfaͤhle C D angelegt wird, wobei
C D 3½ Fuß von A B entfernt ſeyn muß. Dies gilt von jeder folgenden Reihe, ſo daß
wieder E F von C D 3½ Fuß abſtehet. In der zweiten Reihe neben der Linie C D kommen die
Loͤcher wieder 4 Fuß aus einander, aber ſo daß jedes Loch e der zweiten Reihe, zwiſchen
die beiden zunaͤchſt liegenden a, b faͤllt, oder daß jede drei zu naͤchſt gelegenen Loͤcher bei-
nahe ein gleichſeitiges Dreieck bilden.


In der Figur 65 ſind zwei Gruben im Durchſchnitt abgebildet, wovon die erſte bei
A mit Setzlingen belegt, die zweite bei B aber mit Erde ausgefuͤllt iſt und ein fertiges Neſt
darſtellt. Beim Einlegen der Setzlinge iſt es ziemlich gleichguͤltig, ob die Weiden grade oder
verkehrt eingeſteckt werden, weil daraus keinen Unterſchied in Abſicht des Auswach-
ſens entſtehet.


Sollte eine Strauchpflanzung auf einem ſehr guten Boden angelegt werden, ſo koͤn-
nen die Neſter naͤher aneinander liegen, dagegen fordert ein magerer Boden, eine ſparſa-
mere Bepflanzung.


§. 65.


Bei den Baumpflanzungen findet nicht leicht die Sommerpflanzung Anwendung,
weshalb ſolche auf die Zeit eingeſchraͤnkt bleibt, welche fuͤr die Winterpflanzung beſtimmt
[69]Von den Pflanzungen.
worden. Wenn es gleich ziemlich gleichguͤltig ſcheint, ob man im Herbſte oder Fruͤhjahre die
Anpflanzung vornimmt, ſo gerathen doch meiſtentheils die Herbſtpflanzen beſſer als die im
Fruͤhjahre. Ein etwas feuchter ſandiger Boden iſt fuͤr die Weiden und Pappeln der beſte,
ob ſie gleich auch auf jedem maͤßig feuchten Mittelboden fort kommen; nur der feſte thonige
Grund und ſauer mineraliſches Waſſer iſt ihnen nachtheilig, und ſie gehen darin gewoͤhnlich
aus. Man hat zwar gegen die nachtheilige Einwirkung des letztern vorgeſchlagen, daß man
unten in das Herz der Setzweide einen trockenen eichenen Nagel einſchlagen ſoll. Mir hat es
aber nicht immer gelingen wollen, hierdurch den Wachsthum der Weiden zu erlangen.


Die Setzſtangen koͤnnen etwa zwei bis drei Zoll dick ſeyn; ſie werden von ſolchen
Weiden- oder Pappelbaͤumen gehauen, auf welchen man die Zweige etwa 5 Jahre ungekroͤpft
oder ungekappt hat ſtehen laſſen. Kommen die Setzſtangen wie gewoͤhnlich 2½ Fuß tief in
die Erde, ſo muͤſſen ſie 9 Fuß lang, ſonſt aber in Verhaͤltniß der mehrern Tiefe laͤnger ge-
hauen werden. Das Hauen der Setzſtangen muß mit einem ſehr ſcharfen Beile nach einer
ſchregen Richtung geſchehen, wobei ſo wie bei dem ganzen Pflanzungsgeſchaͤfte, die Rinde
vor jeder Verletzung geſichert werden muß.


In einem etwas feuchten Mittelboden, werden die Gruben zu den Setzſtangen in
Entfernungen von 12 Fuß, 2½ Fuß weit und 3 Fuß tief ausgegraben; hierauf wird die
Setzſtange in die Mitte hinein gehalten und von allen Seiten mit der ausgegrabenen Erde
ſo weit ausgefuͤllt, daß um den Stamm herum noch eine kleine Vertiefung bleibt. Iſt der
Boden hingegen trocken, ſo muß die Grube verhaͤltnißmaͤßig drei bis 4 Fuß tief gemacht
werden, und wenn man durchaus in einem kalten, feſten, thonigen Boden Baͤume fortbringen
will, ſo wird erfordert daß die Grube noch einige Fuß weiter und tiefer gemacht werde, daß
ſolche einen Winter hindurch offen geſtanden hat, und daß man ſie nicht mit der ausgewor-
fenen Erde, ſondern mit ſandigem Mittelboden ausfuͤllt.


So bald die Grube beinahe mit lockerer Erde angefuͤllt iſt, ſo wird in die gebliebene
Vertiefung Flußwaſſer gegoſſen, weshalb man den Stamm etwas hin und her biegen kann,
damit das Waſſer eine Vertiefung daſelbſt findet; hierauf wird die Erde behutſam feſtgetre-
ten und noch etwas darauf geworfen, doch ſo daß noch eine kleine Vertiefung zur Samm-
lung des Regenwaſſers bleibt. Wenn die Setzweiden in feuchtes Erdreich kommen, auch zu
einer Zeit gehauen werden, wo durchaus keine Blaͤtter mehr daran ſind, ſo kann man ſolche
ſogleich nach dem Hauen ohne weitere Vorbereitung verpflanzen. Kommen ſie aber in einen
[70]Neuntes Kapitel.
trockenen Boden, ſo iſt es rathſam ſolche ſo weit ſie in die Erde kommen, vorher 8 bis 14
Tage in Flußwaſſer einzuweichen.


Im folgenden Sommer treiben alsdenn wenn der Baum nicht ausgegangen iſt, von
oben bis unten auf allen Seiten junge Zweige aus. Damit nun ein ſolcher Stamm eine
gute Krone erhaͤlt oder damit eine Kopfweide entſtehe, ſo muͤſſen alle Zweige bis etwa 6 bis
8 Zoll unter dem Gipfel des Baums, mit einem ſcharfen Meſſer, ohne Verletzung der Rinde
dicht an derſelben abgeſchnitten werden. Dieſe Zweige heißen Raͤuber und das Abſchnei-
den raͤubern.


§. 66.


Naͤchſt dem Pflanzungsgeſchaͤfte gehoͤrt noch die Erinnerung hierher, daß wenn
Strauch- und Baumpflanzungen den groͤßten Vortheil fuͤr den Faſchinenbau gewaͤhren ſollen,
ſie alle 3 Jahre gehauen werden muͤſſen, es ſey denn daß der Boden aͤußerſt mager iſt, da
man denn noch ein Jahr zu giebt. Will man von Kopfweiden Setzſtangen haben, ſo muͤſſen
ſolche einige Jahre laͤnger unbehauen ſtehen bleiben, ſo wie auch diejenigen Strauchpflanzun-
gen, welche erſt angelegt ſind, das erſtemal nicht im dritten, ſondern im vierten oder fuͤnf-
ten Jahre nach ihrer Anlegung gehauen werden, damit die Pflanzſtoͤcke hinlaͤngliche und
beſſere Wurzeln erhalten.


Das Strauchholz auf den Packwerken wird ebenfalls alle drei Jahre gehauen, denn
laͤßt man ſowohl dieſes als auch die Straͤucher in den Pflanzungen laͤnger ſtehen und dicker
werden, ſo verlieren die Ruthen ihre Biegſamkeit, und beim Eisgang werden ſie umgebrochen.
Den Kopfweiden iſt es ebenfalls ſchaͤdlich wenn ihre Zweige zu ſtark werden, weil nach dem
Hauen gewoͤhnlich dergleichen Weiden ſtammfaul werden. Das Kappen der Weiden- und
Pappelbaͤume ſo wohl als das Aushauen der Pflanzungen, erfordert wenn das ſtehenblei-
bende Holz nicht beſchaͤdigt werden ſoll, ſehr ſcharfe Werkzeuge, mit welchen der Hieb von
unten nach oben und ja nicht umgekehrt gefuͤhrt werden muß. Bei den gekappten Baͤumen.
und bei den Strauchpflanzungen, werden die Zweige ſo weit abgehauen, daß die ſtehenblei-
benden Enden noch zwei bis drei Zoll lang ſind. Von den Baͤumen muͤſſen alle Zweige ab-
gehauen werden und nicht wie es zuweilen geſchiehet, einzelne Zweige ſtehen bleiben, indem ſie
gar zu leicht in der Saftzeit vom Winde zum Nachtheil des Stammes abgebrochen werden.


Um Pflanzungen regelmaͤßig benutzen zu koͤnnen, pflegt man ſie in drei bis vier
Schlaͤgen einzutheilen, von welchen jedes Jahr einer ausgehauen wird.


Noch iſt in Abſicht der Hauzeit zu bemerken, daß Strauchpflanzungen mit gleichem
[71]Von den Pflanzungen.
Vortheile im Herbſte oder Fruͤhjahre gehauen werden koͤnnen, nur die Kopfweiden leiden zu-
weilen vom Froſte, wenn ſie im Herbſt gekappt werden.


§. 67.


Es iſt nicht gleichguͤltig welcher Sorten von Weiden und Pappeln man ſich zum
Pflanzen bedient, und es iſt gut wenn ſich ein Strombaumeiſter die Kenntniß der vorzuͤglich-
ſten Arten derſelben verſchaft; zu dieſem Endzweck ſollen einige Weiden- und Pappelarten noch
ihren aͤußern Kennzeichen hier beſchrieben und was etwa noch anzumerken noͤthig iſt, dabei
erinnert werden. Wenn aber bei den uͤbrigen Pflanzen vorzuͤglich die Befruchtungswerkzeuge
dazu dienen, ihre vorzuͤgliche Kennzeichen anzugeben, ſo iſt dieſes bei den vielen Weidenarten
dennoch manchen Schwierigkeiten unterworfen, weshalb hier die vorzuͤglichſten Unterſcheidungs-
zeichen der Weidenarten, beſonders von dem Blatt hergenommen werden ſollen, wobei ich bei
der Beſchreibung außer meinen Erfahrungen, vorzuͤglich Gleditſch, Suckow und v. Burgs-
dorf gefolgt bin.


I.Weiße Weide(Salix alba L.)


Die Blaͤtter welche abwechſelnd ſtehen ſind laͤnglich, auf beiden Enden zugeſpitzt,
etwa 3 Zoll lang, ¾ Zoll breit, gezaͤhnt, auf beiden Seiten, doch unten weit ſtaͤrker mit kur-
zen weißen Haaren uͤberzogen, weshalb die Blaͤtter ins ſilberfarbene ſpielen. Die feinen
Zaͤhne ſind mit kleinen roͤthlichen Druͤſen beſetzt, die mitten am Blatt beſonders merklich ſind.
Der Blattſtiel iſt etwa ¼ Zoll lang. Zuweilen iſt das Blatt mit vier ſchwarzen, rauhen
Punkten verſehen.


Die Rinde der jungen Zweige iſt glatt und gelbbraun, an aͤltern dunkler und an
alten Schaͤften reißt ſie ſtark auf.


Das Holz der jungen Zweige iſt nur wenig biegſam, von aͤltern ſproͤde.


Sie iſt vorzuͤglich wegen ihres ſchnellen Wachsthums und weil ſie im ſchaͤrfſten
Froſte unter allen Weiden die dauerhafteſte iſt, zu Kopfweiden geſchickt und wird eine der
groͤßten und ſtaͤrkſten Weiden.


Die Zweige werden zu Faſchinen, Wuͤrſte und Pfaͤhle genutzt; wegen ihren unregel-
maͤßigen Aeſten nimmt man dieſe Art nicht gern zu Strauchpflanzungen, weil ſolche alsdenn
nicht ſo dicht wie von andern Weidenarten werden; auch iſt es zu vermeiden, ſolche zu
Spreutlagen oder Rauchwehren zu nehmen, weil die Krone des Packwerks alsdenn nicht nur
weniger dicht auswaͤchſt, ſondern auch die Reiſer wegen ihrer Sproͤdigkeit, zu leicht geknickt
werden.


[72]Neuntes Kapitel.

II.Knackweide, Bruchweide, (Salia fragilis L.)


Die Blaͤtter ſind laͤnglich zugeſpitzt, etwa 3½ Zoll lang, ¾ Zoll breit; glatt und
zahnfoͤrmig ſtumpf gezackt. Die ausgekerbten und gefranzten Blaͤtterſtiele, ſind mit druͤſenar-
tigen Knoͤpfchen verſehen und ¼ Zoll lang. Der ganze Blaͤtterbau iſt dick und feſt. Wo die
Blattſtiele der aͤußerſten Blaͤtter gegen die Spitze der Zweige aus denſelben hervor kommen,
finden ſich gemeiniglich zwei laͤnglich viereckige fein gezaͤhnte Nebenblaͤttchen. Die obere Flaͤche
der Blaͤtter iſt ſchoͤn dunkelgruͤn, glaͤnzend; die untere heller. Der Blattſtiel gelblich und kurz.


Die Knospen ſind dreiblaͤttrich.


Die Rinde der jungen Zweige iſt weißlich gruͤn; der aͤltern braunroth.


Das Holz der Zweige iſt bruͤchig, beſonders in den Gelenken, wo es bei der ge-
ringſten Gewalt leicht abſpringt. Das Holz uͤberhaupt iſt dem Verſtocken ſehr unterworfen.


In Abſicht der Benutzung gilt ebendaſſelbe, was bei der weißen Weide geſagt wor-
den iſt, außer daß ſich die Zweige noch eher zum Einflechten in Zaͤune brauchen laſſen.


III.Mandelweide. (Salix amygdalina L.)


Die Blaͤtter ſind groß, beſonders breit und glatt, den Mandelblaͤttern aͤhnlich;
oval zugeſpitzt, auf der obern Flaͤche glatt dunkelgruͤn, unten weißlich, am Rande ſehr fein
und ſpitz gezackt, mit ſtarken Adern durchzogen. An den obern Enden der Zweige ſitzen zu-
weilen zwei ſehr kleine, laͤngliche, zweizackigt gezahnte mit kleinen Druͤſen beſetzte Neben-
blaͤtterchen
, welche an den untern aͤltern Zweigblaͤttern allezeit fehlen. Die Blaͤtter-
ſtiele ſind kurz.


Die Knospe iſt einblaͤttrich, braunglaͤnzend und auf ihrer Spitze mit kurzen feinen
Haaren uͤberzogen.


Die Rinde der jungen Zweige iſt glatt, dunkel oder ſchwarzroth, zuweilen blaſ-
ſer und hellgruͤn.


Das Holz der jungen ſehr langen feinen Ruthen iſt wenig zaͤhe.


Sie wird vorzuͤglich als Kopfweide benutzt, kommt aber auch als Buſchweide vor.
Zu Faſchinen und Pfaͤhlen iſt ihr Holz ſehr nutzbar, auch wohl zu Zaͤunen, wenn man aber
beſſere und biegſamere Weidenarten hat, ſo nimmt man ſie nicht gern zu Rauchwehren und
Spreutlagen.


IV.Gelbe Bandweide(Salix vitellina L.)


Die Blaͤtter ſind lang und eirund zugeſpitzt, im Anfang weich und haarig, bei
mehrern
[73]Von den Pflanzungen.
mehrerm Wachsthum aber mehr ſteif, glatt, gruͤn, glaͤnzend, unterwaͤrts weißgrau und haa-
rig, auch wohl mit einem weißen Beſchlag gleichſam uͤberzogen. Gegen die Spitze hin, ſind
ſie beſonders fein und ſcharf gezackt, ſonſt aber ſtumpf gezahnt, auch mit ſchwarzen Punkten
gezeichnet, beſonders aber am Rande mit feinen Haaren beſetzt.


Die Rinde der Zweigen iſt dottergelb, gegen den Winter orangefarben und braͤunlich.


Die Zweige ſind fein, lang, zaͤhe und beſonders biegſam. Die ſchlanken Ruthen
haͤngen zuweilen ſehr tief herunter, wie bei der Haͤngebirke oder balyloniſchen Weide.


Sie giebt einen ſchoͤnen Baum, welcher ſelbſt in trocknem Sandboden gut fort
kommt. Mit gleichem Nutzen dient ſie aber auch als Strauch- oder Buſchweide zu Strom-
pflanzungen, beſonders aber zu Rauchwehren und Spreutlagen. Die Ruthen ſind vorzuͤglich
wegen ihrer Zaͤhigkeit zum Binden der Faſchinen, Wuͤrſte und allerhand Flechtwerk geſchickt,
daher ihre Kultur nicht vernachlaͤßigt werden darf.


V.Lorbeerweide. (Salix pentandra L.)


Die Blaͤtter ſind 3 bis 4 Zoll lang und 1½ Zoll breit, oval zugeſpitzt und am
Rande mit ſtumpfen Zaͤhnen und druͤſenartigen Koͤpfen verſehen. Sie vergleichen ſich dem
großen ausgewachſenen ſuͤßen Kirſchlaub, außer daß ſie ein ſchoͤnes Gruͤn, einen ſtaͤrkern
Glanz und angenehmen Geruch haben. Die Blaͤtter der jungen Zweige ſind die groͤßten,
laͤngſten und wohlriechendſten; dabei weich, glaͤnzend und ganz gruͤn, mit zwei am kurzen
Blattſtiele befeſtigten großen Nebenblaͤtter verſehen, die ſich nach und nach verliehren. Die
Blaͤtter der Krone haben etwas breite mit Druͤſen beſetzte Stiele und wenn ſie ausgewachſen
ſind, werden ſie hart, ſteif, dunkelgruͤn, faſt wie Lorbeerblaͤtter.


Die Rinde der Zweige iſt unterwaͤrts graͤulich, ſonſt braunroth glaͤnzend. An aͤl-
tern Staͤmmen heller, grau und aufgeriſſen wie an den Eichen.


Das Holz der jungen Zweige iſt etwas biegſam, am Rande ſehr fein und ſcharf
gezackt mit harten Zaͤhnchen. Die Ruthen ſchlank und grade.


Sie giebt einen ſchoͤnen anſehnlichen Baum, mit einem recht graden und dicken
Stamm, und wird vorzuͤglich als Kopfweide genutzt, da ſie vor andern den Vorzug hat, daß
ſich ihr Holz recht gut und geſund erhaͤlt und gar nicht oder ſehr ſpaͤt ſtammfaul wird. Zu
Faſchinenpfaͤhlen und Zaͤunen, wird ſie mit beſonderm Nutzen angewandt.


VI.Saalweide. (Salix caprea. L.)


Die Blaͤtter ſind eifoͤrmig oben zugeſpitzt 2½ bis 3 Zoll lang, einen Zoll breit und
K
[74]Neuntes Kapitel.
ſtehen auf ¼ Zoll langen Stielen. Ihre obere Flaͤche iſt glatt, dunkelgruͤn und hin und wie-
der auf den Adern, mit kurzen einzelnen Haaren beſetzt; die untere erſcheint mit feiner weißer
Wolle uͤberzogen. Der Rand der Blaͤtter iſt hin und wieder unregelmaͤßig gefranzt und ge-
bogen. Bei dem Ausbruch des Laubes ſind gemeiniglich unter jedem Blatt zwei halbrunde,
gezahnte, den Stiel umfaſſende Nebenblaͤtter vorhanden, welche aber leicht abfallen.


Die Rinde der jungen Zweige iſt grau und wollich, der aͤltern glatt.


Die Zweige ſind ſchlank und biegſam, ihr Holz aber aͤußerſt ſpaltig, dabei den-
noch ſehr zaͤhe.


Mit gleichem Nutzen dient dieſe Weide zu Baͤumen, Strauchpflanzungen, Rauchweh-
ren oder Spreutlagen, da ſie beſonders als Strauch eine anſehnliche Hoͤhe erhaͤlt. Sie wird
zu Faſchinen und Pfaͤhlen, beſonders aber zu Wuͤrſten und Flechtzaͤunen gebraucht.


VII.Rothe Bandweide. (Salix purpurea. L.)


Die Blaͤtter ſind lang und ſchmal, lang zugeſpitzt, mit einem fein gezaͤhnten
Rande, welcher allezeit mit Druͤſen beſetzt iſt; die obere Flaͤche ſchoͤn gruͤn und ganz glatt,
die untere weißlich. An den kurzen Stielen der obern Blaͤttern, ſtehen unten zwei zugeſpitzte,
zackige Nebenblaͤtter, welche den Stiel mit umfaſſen und nach der Spitze zu immer groͤßer
ſind, aber an den untern Blaͤttern nicht mehr gefunden werden.


Die Rinde der Ruthen iſt roth, wenn das Laub abgeworfen iſt noch dunkler
purpurfarben.


Die Zweige ſind ſchlank, duͤnne, aͤußerſt biegſam und zaͤhe.


Hiervon giebt es eine breitblaͤttrige Abart, deren junger Trieb faſt gar nicht roth iſt.


Sie wird mit vielem Nutzen zu Kopf- und Strauchweiden angewandt, die Staͤmme
fallen aber nicht ſo groß aus, wie bei No. IV. Zu Rauchwehren und Spreutlagen iſt dieſe
Weide beſonders zu empfehlen, da ihre Zweige zum Binden der Wuͤrſte und Faſchinen zu ge-
brauchen ſind, auch ſehr ſchoͤne Ruthen zu Flechtzaͤunen geben.


VIII.Korbweide. (Salix viminalis. L.)


Die Blaͤtter welche dicht und abwechſelnd zuſammen ſtehen ſind unter den Weiden-
blaͤttern die laͤngſten. Sie ſind ſchmal, auf beiden Enden zugeſpitzt, fein gezaͤhnt, auch ver-
lohren gekerbt und am Rande wellenfoͤrmig ausgebogen. Die obere Flaͤche iſt hellgruͤn und
glatt, mit vertieften Adern gezeichnet, die untere hat erhabene Adern und eine erhabene nach
[75]Von den Pflanzungen.
der Laͤnge laufende Hauptrippe. Dieſe ganze Seite iſt mit einer feinen weißen, ſilberglaͤnzen-
den Wolle uͤberzogen.


Die Rinde der jungen Triebe iſt grau, haarig; bei aͤltern aſchgrau, gruͤngelb-
lich und glatt.


Das Holz iſt zaͤhe und weich.


Selten wird dieſe Weide als Baum, aber mit deſto groͤßerem Nutzen als Strauch in
den Pflanzungen und auf den Packwerken gebraucht, wo ſie im Eiſe und Waſſer ſehr dauer-
haft und bei allen Arten von Strauchpflanzungen zu empfehlen iſt, da ihre Triebe ſehr dicht
neben einander, in lauter langen und einfachen Ruthen hervor wachſen, auch einen ſchnelle-
ren und hoͤheren Trieb zeigen als andere bekannte Strauchweiden, indem ihre Ruthen oͤfters
in 2 bis 3 Jahren uͤber 12 Fuß hoch werden, weshalb ſie nicht genug bei Spreutlagen und
Ueberfaͤllen empfohlen werden kann. Zu Faſchinen und Wuͤrſten giebt ſie das meiſte und
beſte Holz, welches auch zu Zaͤunen und vielen Flechtarbeiten mit Nutzen angewandt wird.


IX.Bachweide, Roſenweide. (Salix Helix. L.)


Die Blaͤtter ſind im Bau zart, laͤnglich, oben in eine gerundte Spitze auslaufend
und daſelbſt am breiteſten, ſo wie ſie am kurzen Stiele, am ſchmaͤlſten ſind. Bei einigen iſt
der Rand bis auf die Haͤlfte fein gezaͤhnt, bei andern gar nicht. Die obere Flaͤche hellgruͤn,
glaͤnzend, mit der untern gleichfoͤrmig mit erhabenen Adern gezeichnet. Die untere Flaͤche iſt
blaͤulichgruͤn und matter; ſie giebt dem Laube ein blaͤuliches Anſehen. Oben an den Zweigen
ſtehen die Blaͤtter nahe an einander und deswegen oft paarweiſe gegenuͤber. Sie hat keine
Nebenblaͤtter.


Die Rinde der jungen Zweigen iſt gelb und gruͤnroͤthlich, bei aͤltern rauch
und dunkler.


Die Zweige ſind duͤnn und ſehr biegſam, oft mit einem Roſen aͤhnlichen Aus-
wuchſe verſehen, welcher durch ein Inſekt verurſacht wird.


Sie kommt nur als Strauch vor, und es iſt zu bedauern, daß ſie nicht zu einer
ſolchen Hoͤhe wie die uͤbrigen Weiden waͤchſt, weil ſie den Vorzug beſitzt, daß das Vieh ſie
weniger als alle uͤbrigen Weiden abfrißt, auch in Abſicht des Bodens, ſelbſt auf den Flug-
ſand fort kommt. Der vorzuͤglichſte Nutzen dieſer Weide iſt, daß ſie zu allen Arten von
Flechtwerk gebraucht wird. Sie erreicht gewoͤhnlich eine Hoͤhe von 4 bis 5 Fuß.


K 2
[76]Neuntes Kapitel.

X.Werftweide. (Salix acuminata. L.)


Die Blaͤtter wie bei der Saalweide, nur mehr laͤnglich oval zugeſpitzt und am
obern Ende breiter als nach dem Stiele zu; in ihrem Baue nicht ſo dick und ſchwach gefranzt.


Die Rinde der jungen Zweige iſt roͤthlich, der aͤltern grau.


Die Zweige ſind nicht ſo grade wie bei der Saalweide, ſondern mehr unregelmaͤ-
ßig, mit mehrern Ausſchuͤſſen und weniger zaͤhe.


Dieſe Weide ſcheint mit No. VI. von einerlei Art zu ſeyn nnd erhaͤlt wahrſcheinlich
durch Kultur dieſelben Eigenſchaften. Sie kommt nur als wildwachſender Strauch beſonders
in Rohrbruͤchern vor, giebt, wenn der Strauch die erforderliche Laͤnge hat, gute Faſchinen
und Wuͤrſte; auch laſſen ſich die ausgeſuchten Ruthen zu Flechtzaͤunen gebrauchen, welche je-
doch ſelten glatt und dicht werden.


I.Silberpappel. (Populus alba. L.)


Die Blaͤtter ſtehen auf zwei Zoll langen mit weißer zarter Wolle bedeckten Stielen
und ſind bald in 5, bald in 3 ungleiche Einſchitte getheilt, die an ihrem Rande gezaͤhnt er-
ſcheinen. Die groͤßten Blaͤtter an 1¼ Zoll langen Stielen, ſind 6 Zoll lang und 5 Zoll breit,
gewoͤhnlich aber 3½ Zoll lang und 2¾ Zoll breit. Die obere Flaͤche iſt dunkelgruͤn und glaͤn-
zend, die untere hingegen mit einer ſchoͤnen ſilberfarbenen, feſtſitzenden, dichten, kurzen
Baumwolle bekleidet.


Die Rinde der jungen Zweige iſt gruͤnlich und ebenfalls mit weißer Wolle uͤberzo-
gen, der aͤltern aſchgrau und glatt. An alten Staͤmmen reißt ſie auf.


Das Holz der Zweige iſt biegſam, des Stammes weich und ſchwer zu ſpalten.


Ihre Wurzel geht uͤber 3 Fuß tief und bis 28 Zoll weit.


Sie wird ein ſchoͤner Baum, welcher gekroͤpft werden kann und ſehr vieles Reis
zu Faſchinen und Wuͤrſten giebt, auch kommt ſie als Strauch vor, der ſchlanke und hohe
Ruthen treibt, die ebenfalls beim Faſchinenbau und zu Zaͤunen genutzt werden koͤnnen.


Dieſe Pappel leidet niemals vom Froſte und außerdem daß ſie in einem milden Bo-
den gut fort koͤmmt, vertraͤgt ſie auch ſandigen und naſſen Boden, wo ſie ſehr ſchnell waͤchſt.


II.Gemeine Pappel, Schwarzpappel. (Populus nigra. L.)


Die Blaͤtter welche an 1½ Zoll langen Stielen ſitzen, bilden beinahe ein Dreieck,
das unten gerundet und oben mit einer langen Spitze verſehen iſt; ſie haben bei friſchem
[77]Von den Pflanzungen.
Wuchſe 5 Zoll Laͤnge und eben ſo viel Breite, ſonſt aber gewoͤhnlich ſind ſie 2½ Zoll lang,
3 Zoll breit. Ihr Bau iſt dick und ſtark, ihre Farbe grasgruͤn, beide Flaͤchen ſind glatt, die
obere beſonders glaͤnzend, die untere mit einer erhabenen und mehrern Seitenadern gezeichnet,
zwiſchen denen ſich ein feineres, die ganze Flaͤche bedeckendes Adergewebe befindet. Vor dem
Ausbrechen ſind ſie in dicke zugeſpitzte, klebrigte Knospen gewickelt.


Die Rinde der Zweige faͤllt ins Gelbliche, des Stammes ins Aſchgraue.


Das Holz iſt zaͤhe.


Die Vermehrung dieſer Baͤume geſchiehet durch Setzſtangen, ſicherer durch Wurzel-
brut. Eben ſo werden die Strauchpflanzungen von dieſer Pappel, aus eingelegten Ruthen
im Herbſte beſſer von Statten gehen, als durch Setzlinge.


Man erhaͤlt viele und gute Faſchinen von den gekroͤpften Baͤumen, nur verliehren ſie
nach den Kroͤpfen gern den Kern, da hingegen die Strauchpflanzungen beim regelmaͤßigen
Hauen gut fort kommen.


III.Zitterpappel, Espe. (Populus tremula. L.)


Die Blaͤtter werden in einem fruchtbaren Boden faſt ſo groß wie die der Silber-
pappel; ſonſt kleiner. Sie haben eine runde Form mit einer Spitze verſehen; ſind dick und
ſteif, am Rande ſtark und rundlich ausgezackt und auf beiden Seiten glatt. Die Farbe der
obern Flaͤche iſt hellgruͤn, der untern faͤllt ins Weißliche. Die erſten hervorkommenden Blaͤt-
ter, ſind oben haarig, unten wollig.


Die Blaͤtterſtiele ſind duͤnn und lang, weshalb ſich die Blaͤtter beim geringſten
Luͤftchen bewegen.


Die Rinde der jungen Triebe iſt rauch, des Stammes glatt, gruͤnlich-grau, ber-
ſtet aber nach vollendetem Wachsthum.


Dieſe Pappel vertraͤgt das Kroͤpfen nicht, daher iſt bei den Baͤumen welche man er-
halten will, auf keine Faſchinen zu rechnen. Als Strauch aber kann ſie deſto beſſer zu Fa-
ſchinen, Wuͤrſte und Flechtzaͤunen genutzt werden, da ſie nach dem Hauen nur noch dichter
waͤchſt. Sie laͤßt ſich aber nicht ſicher durch Setzlinge fortpflanzen, die haͤufige Wurzelbrut
hingegen ſchlaͤgt ſehr leicht beim Verpflanzen im Fruͤhjahre in allerlei Boden an, ſelbſt im
ſchlechten Sande.


Die Kultur dieſer Pappel iſt nicht ſehr anzurathen, da ſie leicht vergeht und haͤufig
von dem Wilde beſchaͤdiget wird.


[78]

Zehntes Kapitel.
Von Verfertigung der Zaͤune.


§. 68.


Die Zaͤune, in ſo fern ſie hierher gehoͤren, koͤnnen aus einem doppelten Geſichtspunkte de-
trachtet werden, erſtlich als Schlickzaͤune um Anhaͤgerung oder Verlandung zu bewirken
und zweitens als Befriedigungen, um die ausgewachſenen Kronen der Packwerke oder
die Pflanzungen, gegen Beſchaͤdigungen von Vieh und Menſchen zu ſichern.


In Abſicht der Befriedigungen unterſcheidet man vorzuͤglich:
a. Flechtzaͤune
b. Wurſtzaͤune.
c. Stangen- oder Ruͤckzaͤune und
d. Lebendige Hecken
welche in ſolchen Gegenden, wo ſich eine gemeinſchaftliche Viehweide befindet um, ſo noth-
wendiger ſind, weil bei der gewoͤhnlichen Nachlaͤßigkeit der Hirten, das Vieh ungehindert in
die Pflanzungen gehet. Alle angewandte Muͤhe zur Regulirung eines Stroms durch Pack-
werke und Pflanzung, oder zur Sicherung der Deiche iſt vergebens, wenn der junge Aufſchlag
im Fruͤhjahre, wo die Grashuͤtung dem Vieh noch nicht hinlaͤngliche Nahrung giebt, abge-
freſſen und zertreten wird; die ausgewachſenen Kronen der Packwerke verwelken und ziehen
den Ruin der Werke nach ſich, die Pflanzungen gehen aus und der Sand wird vom Strome
weggeſpuͤlt, und man wird ohne Sicherung vor dem Vieh, allen Fleiß bei den Anlagen ver-
gebens angewandt haben. Es iſt daher erheblich daß ſo bald eine Pflanzung, Spreutlage
oder Rauchwehre angelegt iſt, auch ſogleich wenn Nachtheil von dem Vieh zu befuͤrchten iſt,
ein tuͤchtiger Zaun angefertiget werde, denn ob gleich anſehnliche Strafen darauf ſtehen, wenn
Vieh in den Pflanzungen gefunden wird *) ſo ſind doch Hirten und Eigenthuͤmer, oͤfters faul
und boshaft genug, dergleichen Anlagen beſchaͤdigen zu laſſen.


[79]Von Verfertigung der Zaͤune.

§. 69.


Die Flechtzaͤune ſind unter allen die dauerhafteſten, ſo bald ſie nicht bei großem
Waſſer dem Eisgange ausgeſetzt ſind. Sollte dieſes letztere der Fall ſeyn, ſo muͤſſen Wurſt-
oder Stangenzaͤune, welche man gegen den Winter abnehmen kann angefertiget werden, ob
ſich gleich dadurch die Zaͤunungskoſten anſehnlich vermehren. Noch haben die Flechtzaͤune
den Vortheil, daß außer dem großen Vieh, auch das kleine und beſonders die Schweine,
welche ſich leicht unter andern Zaͤunen durchwuͤhlen, abgehalten, auch leicht und mit wenig
Koſten reparirt werden koͤnnen, da das Material zum Flechten, die Pflanzungen ſelbſt liefern.


Die Verfertigung eines Flechtzauns geſchiehet, indem man nach der Linie, welche
die Richtung des Zauns angiebt, kiehnene 4 bis 4½ Fuß lange, 1½ Zoll ſtarke Pfaͤhle 6 Zoll
auseinander, einen Fuß tief einſchlaͤgt. Ferner werden lange weidene am Stammende etwa
einen drittel bis einen halben Zoll ſtarke Zaunruthen erfordert und in gehoͤriger Menge her-
bei geſchaft, je laͤnger dieſe Ruthen ſeyn koͤnnen, deſto beſſer iſt es, daher ſich vorzuͤglich die
§. 67. No. VIII. beſchriebene Weidenart hierzu paßt. Dieſe Ruthen werden zwiſchen den ein-
geſchlagenen Pfaͤhlen wie bei der gewoͤhnlichen Korbmacherarbeit eingeflochten. Das Flechten
muß aber nicht ſo geſchehen, daß man erſt eine Ruthe verarbeitet Figur 66 A, denn dieTaf. VII.
zweite u. ſ. w. ſondern man muß allemal mit zwei Ruthen zugleich arbeiten, wovon jede
wechſelsweiſe einmal oben und einmal unten kommt. Figur 66. B, C. Wenn der Zaun ſo
weit herauf gearbeitet iſt, daß nur noch ein halber Fuß am Flechtwerk fehlt, ſo werden nach
Verhaͤltniß der Feſtigkeit des Bodens, etwa in Entfernungen von 4 Fuß, Streben eingeſchla-
gen, welche dicht auf dem Flechtwerk, etwa einen halben Fuß nach der aͤußern Seite des
Zauns uͤber ſtehen. Figur 67. A. Dieſe Streben ſollen dem Zaune mehr Feſtigkeit geben,
damit das Vieh welches gegen denſelben druͤckt oder ſich daran reibt, ihn nicht umwerfen
kann. Sind dieſe Pfaͤhle eingebracht, ſo werden ſie ſorgfaͤltig mit eingeflochten und die Ar-
beit ſo weit fortgeſetzt, als es die Hoͤhe des Zauns erfordert. Statt der beiden oberſten Rei-
hen einfacher Ruthen, nimmt man die beſten ausgeſuchten doppelt, welche bei dem Flechten
immer zwei und zwei zuſammen gedrehet werden. Figur 67. B, C.


Bei dem Flechten iſt noch in Acht zu nehmen, daß wenn eine Ruthe verarbeitet iſt,
das Stammende der folgenden nicht grade auf gelegt wird, ſondern in die kleine Oefnung
welche ſich zwiſchen den Pfaͤhlen und der Ruthen, der Tiefe nach bildet, eingeſteckt werden
muß, damit am Flechtwerk keine Stammenden der Ruthen ſichtbar werden.


[80]Zehntes Kapitel.

§. 70.


So vortheilhaft auch die Flechtzaͤune in vieler Hinſicht ſind, ſo kann man ſie doch
nicht da gebrauchen, wo die Zaͤune waͤhrend dem Winter abgenommen werden. In dieſem
Falle kommt es darauf an, ob dergleichen Zaͤune nur wenig Widerſtand leiſten ſollen, und
ob man fuͤr die Pflanzung nichts von Gaͤnſen und Schweinen zu befuͤrchten hat, da denn
gewoͤhnlich wegen der geringeren Koſten, ein Wurſtzaun gewaͤhlt wird, deſſen Pfaͤhle und
Wuͤrſte im Herbſt noch bei den Packwerken genutzt werden koͤnnen.


Zur Verfertigung des Wurſtzauns werden Pfaͤhle wie bei dem Flechtzaun, gewoͤn-
liche Wuͤrſte und Bindweiden erfordert. Laͤngs der Linie nach welcher der Zaun angelegt
werden ſoll, ſtreckt man eine Reihe Wuͤrſte, neben welche in Entfernungen von 3 bis 4 Fuß
auf beiden Seiten zwei Pfaͤhle einander gegenuͤber, einen Fuß tief, eingeſchlagen werden.
Taf. VII.Figur 68. A. Nun kann man, nachdem der Zaun feſter werden ſoll, entweder zwei oder
drei Reihen Wuͤrſte ſo zwiſchen dieſen Pfaͤhlen befeſtigen, damit ſolche in gleicher Entfernung
von einander und von der Erde abſtehen. Zuerſt wird die zwiſchen den Pfaͤhlen lie-
gende Wurſt aufgehoben und in der unterſten Reihe nur hie und da mit Bindweiden ange-
bunden, hierauf wird zwiſchen den Pfaͤhlen die zweite Reihe Wuͤrſte geſtreckt und in der ge-
hoͤrigen Entfernung von der erſten Reihe angebracht. Soll noch eine dritte Reihe dazu
kommen, ſo geſchiehet ſolches auf gleiche Weiſe, wo man nur dahin ſehen muß, daß nicht
alle Wuͤrſte in einerlei Gegend zuſammen ſtoßen. Sind die Wuͤrſte vorlaͤufig befeſtiget, ſo
werden zwiſchen den oberſten Reihen Strebepfaͤhle, ſo viel die Feſtigkeit erfordert, eingeſchla-
gen und nachher an allen Pfaͤhlen die Wuͤrſte tuͤchtig mit Bindweiden angebunden, wobei
die Strebepfaͤhle zugleich einen Band erhalten. Figur 68. B. Ein ſolcher fertiger Zaun laͤßt
ſich leicht im Herbſte wieder abnehmen, und wenn er nur nicht den Fehler haͤtte, daß ihm
zuweilen die noͤthigen Feſtigkeit fehlte, ſo wuͤrde er unter den angefuͤhrten Umſtaͤnden am we-
nigſten koſtbar ſeyn.


§. 71.


Die Stangenzaͤune werden da angebracht, wo Wurſtzaͤune keinen hinlaͤnglichen
Widerſtand leiſten, und wo es dennoch erfordert wird, daß ſolche den Winter uͤber wieder
weggenommen werden ſollen. Die Pfaͤhle haut man aus Rindſchaͤligem Holze, die Stangen
werden aus Latt- oder Bohlſtaͤmmen geſpalten; ihre Konſtrukzion iſt bekannt genug. Sie
duͤrfen aber nur in den aͤußerſten Faͤllen angewandt werden, weil es offenbar eine Holzver-
ſchwendung
[81]Von Verfertigung der Zaͤune.
ſchwendung waͤre, da dergleichen Zaͤune zu machen, wo man ſich noch mit den Zaͤunen,
welche nur Strauch und duͤnne Pfaͤhle erfordern, behelfen kann.


§. 72.


Es iſt ſehr vortheilhaft, wenn es die uͤbrigen Umſtaͤnde geſtatten, eine dem Vieh un-
durchdringliche lebendige Hecke anzulegen, nur wollen ſie da nicht gut fortkommen, wo
ſie zu ſehr der Ueberſchwemmung ausgeſetzt ſind; es iſt daher auch nicht rathſam dergleichen
Hecken auf niedrigen Sandfeldern zur Befriedigung der Pflanzungen anzulegen, dahingegen
werden oͤfters dergleichen Pflanzungen von hohen Ufern eingeſchloſſen, welche die Anlage eines
lebendigen Zauns geſtatten, und denn iſt es allemal rathſam, hinter dem todten Zaune einen
lebendigen anzulegen, damit wenn dieſer ausgewachſen iſt, die Koſten fuͤr die Einzaͤunung er-
ſpart werden koͤnnen. Nur paſſen ſich keine Weiden hierzu, weil ſolche am erſten vom Vieh
beſchaͤdiget und abgefreſſen werden und demſelben bald den Durchgang in die Pflanzung ver-
ſtatten. Die ſchicklichſten Holzarten ſind: gemeiner Kreutzdorn, (Rhamnus catharticus L.)
Schleedorn oder Schwarzdorn, (Prunus ſpinoſa L.) Weißdorn, (Crataegus Oxyacantha L.)
Berberitzen, (Berberis vulgaris L.) Hagebutten, (Roſa canina L.) und Stachelbeeren, (Ri-
bes groſſularia L.
) von welchen aber nur die Stachelbeeren die Anlegung der Hecke durch
Setzlinge geſtatten, bei den uͤbrigen Arten muß ſolche durch den Saamen, die Wurzelbrut
oder mittelſt junger gut bewurzelter Pflanzen geſchehen.


Bei Anlegung einer Hecke, welches gewoͤhnlich im Fruͤhjahre vor dem Ausbruch des
Laubes geſchiehet, verfaͤhrt man folgendergeſtalt: zuerſt wird hinter den todten Zaun nach der
Pflanzung zu, ein zwei Fuß breiter und drei Fuß tiefer Graben verfertiget, welcher ſchon im
Herbſte ausgegraben werden kann. Im Fruͤhjahre wird derſelbe einen Fuß hoch mit lockerer
guter Erde ausgefuͤllt und hierauf auf beiden Seiten deſſelben, alſo beinahe zwei Fuß aus-
einander, die jungen Pflanzen in maͤßiger Entfernung auseinander geſetzt, und wenn ſolche in
zwei graden Reihen ſtehen, zwiſchen beiden eine 4 Zoll tiefe Rinne gelaſſen. In dieſe Rinne
ſtreut man den im vorigen Herbſte geſammelten Saamen von derſelben Art, woraus die
Pflanzen beſtehen, und bedeckt ſolchen mit Erde 3 Zoll hoch. Die jungen Pflanzen ſchnei-
det man einen Fuß hoch uͤber der Erde ab, und im Herbſt und Sommer muß das Beſchnei-
den der Hecke auf beiden Seiten immer fortgeſetzt werden, bis ſie die noͤthige Hoͤhe hat,
da denn auch der Obertheil beſchnitten wird.


§. 73.


Weil die Rinde der jungen Setzweiden haͤufig vom Vieh benagt werden, und dieſes
L
[82]Zehntes Kapitel. Von Verfertigung der Zaͤune.
die Vertrocknung des Baums zur Folge hat, ſo pflegt man auch um junge Kopfweiden-Plan-
tagen, Zaͤune zu machen; wo aber junge Setzweiden einzeln ſtehen, da wuͤrden Zaͤune zu
koſtbar ſeyn, weshalb man ſie alsdenn mit Dornenſtrauch, beſonders von Hagebutten, um-
windet und ſolchen mit Bandweiden befeſtiget. Man muß ſich aber hierbei in Acht nehmen,
daß die Rinde der Weiden nicht beſchaͤdiget wird.


§. 74.


Die Schlickzaͤune welche zur Befoͤrderung der Anhaͤgerung im Waſſer, da angelegt
werden, wo man vor einem Ufer Verlandung zu bewirken wuͤnſcht, und wo die Tiefe des
Waſſers noch keine Bepflanzung geſtattet, gewaͤhren bei dem Waſſerbaue betraͤchtliche Vor-
theile, in ſo fern der Strom nur irgend zum Anlanden geneigt iſt. Sie verdienen daher
auch alle Aufmerkſamkeit, ob gleich die ſchoͤnen Erwartungen zuweilen dadurch getaͤuſcht wer-
den, daß man im Fruͤhjahre Statt der Verlandung, weder Schlickzaun noch Sand findet,
weil das Eis beide weggefuͤhrt hat. Oefters und ſelbſt wenn es darauf ankoͤmmt eine Ver-
aͤnderung in der Strombahn hervor zu bringen, kann man ſich ihrer dennoch mit vielem
Vortheile Statt der Buhnen bedienen, um ein Sandfeld zu vergroͤßern und Verlandung
zu befoͤrdern.


Dieſe Zaͤune werden nach Art der Flechtzaͤune, welche §. 69. beſchrieben ſind, auf
eine aͤhnliche Art verfertiget, nur daß man nach Verhaͤltniß der Tiefe des Waſſers, welche
nicht zu groß ſeyn muß, die Laͤnge und Staͤrke der Pfaͤhle einrichtet, den Strauch nur loſe
auf einander treibt und die Pfaͤhle etwa zwei Fuß auseinander einſchlaͤgt. Die Pfaͤhle wer-
den in Reihen nach verſchiedenen zum Theil vom Ufer, Strom abwaͤrts gehenden gebroche-
nen hie und da auslaufenden Richtungen eingeſchlagen, uͤber der Oberflaͤche des Waſſers ge-
flochten und das Flechtwerk auf den Grund getrieben. Am leichteſten kann man dieſen
Strauch, welcher aus Zweigen von Tannen oder Fichten genommen werden und belaubt ſeyn
kann, mit Stangen hinunterſtoßen, welche an ihrem Ende zwei kurze auseinanderſtehende ga-
belfoͤrmige Eiſen haben, um damit den Strauch beſſer zu halten. Auch iſt es noͤthig daß
zur beſſern Befeſtigung oben auf den Schlickzaͤunen eine Stange befeſtiget werde, mit welcher
Strebepfaͤhle ſtromabwaͤrts verbunden werden, damit die Zaͤune hierdurch einen ſicherern
Stand erhalten.


[83]

Eilftes Kapitel.
Von den Anſchlaͤgen.


§. 75.


Wenn ſchon die Verfertigung eines genauen Anſchlags bei Landbauen vielen Schwierigkei-
ten unterworfen iſt, ſo treten bei Waſſerbauen noch weit mehr Umſtaͤnde ein, die eine ge-
naue Beſtimmung der Materialienmenge und der Koſten hoͤchſt unſicher machen. Bald ver-
tieft ſich waͤhrend dem Baue der Grund weit mehr als man berechtiget war vorauszuſetzen,
bald preſſen ſich die Faſchinen mehr als gewoͤhnlich zuſammen, bald kann wegen widriger
Winde die Erde nicht in gehoͤriger Menge angefahren werden, weshalb man zu Landfuhren
ſeine Zuflucht nehmen muß, und ſo koͤnnen mannichfaltige Veranlaſſungen eine Abweichung
von dem urſpruͤnglichen Anſchlage veranlaſſen. So unmoͤglich es aber auch iſt, auf derglei-
chen Umſtaͤnde Ruͤckſicht zu nehmen, ſo wird dennoch erfordert, daß vor der Ausfuͤhrung
eines jeden Baues, ein ſo viel wie moͤglich genauer Anſchlag von den Materialien und Ko-
ſten, vorher verfertiget werde.


§. 76.


Vor der naͤhern Unterſuchung des Materialienbedarfs und des Arbeitslohns, wird es
noͤthig ſeyn, einige Bemerkungen daruͤber anzuſtellen, in wie fern Faſchinenbaue durch Entre-
penneurs oder auf Rechnung am vortheilhafteſten auszufuͤhren ſind.


Aus dem Vorhergehenden wird hinlaͤnglich erhellen, daß nur derjenige einen Faſchi-
nenbau zweckmaͤßig ausfuͤhren kann, welcher genaue Kenntniß des Strombaues beſitzet, die
man bei einem Entreprenneur der nicht zugleich Baumeiſter iſt, nicht wohl vorausſetzen darf.
Wenn es ſich aber ſehr wohl ereignen kann, daß ein Waſſerbau beinahe noch einmal ſo viel
auszufuͤhren koſtet, als veranſchlagt worden, ſo wird nicht leicht ein Entreprenneur einen ſolchen
Bau uͤbernehmen, wenn er nicht durch die bewilligten Koſten, auch fuͤr die moͤglich nachthei-
ligen Umſtaͤnde geſichert iſt. So oft nun dieſe Umſtaͤnde nicht eintreten, ſo iſt der Staat um
die mehrern Koſten gebracht, die beſſer angewandt werden koͤnnten. Selbſt wenn man dem
Enterprenneur in beſondern Faͤllen, etwa bei großer Vertiefung waͤhrend dem Baue, Nach-
ſchuß bewilligen wollte, ſo iſt die Mehrausgabe ſchwer zu beſtimmen, weil Werke unter dem
L 2
[84]Eilftes Kapitel.
Waſſer ſich nicht ſo genau unterſuchen laſſen, wie auf dem Lande. Aus dieſem Grunde iſt
auch die Reviſion und Abnahme eines ſolchen Baues ſchwierig und es iſt daher immer anzu-
rathen, ein jedes Faſchinenwerk auf Rechnung ausfuͤhren zu laſſen. Es hat zwar ſeinen
Nutzen wenn man Faſchinen, Wuͤrſte und Pfaͤhle in Verding hauen und binden laͤßt; das
Faſchinenlegen muß aber im Tagelohn geſchehen.


§. 77.


Gewoͤhnlich werden die Packwerke nach Kubikruthen, von 1728 rheinlaͤndiſchen Ku-
bikfuß berechnet und hiernach auch der Arbeitslohn beſtimmt. Letzterer iſt aber in manchen
Provinzen ſehr verſchieden, daher hier nur die am meiſten in der Mark uͤblichen Preiſe, ange-
fuͤhrt werden ſollen.


Zuerſt wird es noͤthig ſeyn, den koͤrperlichen Inhalt einer gewoͤhnlichen Faſchine
auszumitteln. Wenn nun ihre ganze Laͤnge 9 Fuß, die Dicke am Stammende 1 Fuß und
in der Mitte 8 Zoll angenommen wird, ſo kann man ſich vorſtellen daß ſolche aus zwei
Koͤrpern beſtet, wovon der unterſte ein 4½ Fuß hoher abgekuͤrzter Kegel iſt, deſſen unterſte
Grundflaͤche einen, die oberſte aber ⅔ Fuß im Durchmeſſer hat. Das uͤbrige Stuͤck laͤßt ſich,
beſonders bei trocknen Faſchinen, im Durchſchnitt nur als ein Kegel von 4½ Fuß Hoͤhe anſe-
hen, deſſen Grundfluͤſſe ⅔ Fuß Durchmeſſer hat. Den Inhalt des abgekuͤrzten Kegels findet
man nach der gewoͤhnlichen Berechnung =

Der Inhalt des Kegels iſt =

Beide Koͤrper zuſammen geben
2,48 × 0,52 = 3 Kubikfuß fuͤr den Inhalt einer bandmaͤßigen Faſchine von 9 Fuß
lang und am Stammende 1 Fuß dick.


Wenn nun die Kubikruthe Packwerk bei 12 Fuß Laͤnge und Breite, 12 Fuß Hoͤhe
giebt, und aus dem Baue der Packwerke hervor geht, daß auf jede 2 Fuß dicke Faſchinen-
ſchicht, eine Erdſchicht kommt, ſo muͤſſen auf jede Kubikruthe Packwerk vier Erdſchichten, jede
einen Fuß hoch, alſo vier Schachtruthen von 144 Kubikfuß, gerechnet werden. Von dieſen
4 Schachtruthen Erde laͤßt ſich annehmen, daß ſich die Haͤlfte in die vielen Zwiſchenraͤume
der Faſchinen verzieht. Es koͤnnen daher von dem Inhalte einer Kubikruthe Packwerk zu
1728 Kubikfuß, nur 2 Schachtruthen Erde oder 288 Kubikfuß abgezogen werden, und man
[85]Von den Anſchlaͤgen.
findet 1728 — 288 = 1440 Kubikfuß fuͤr den Raum, welchen die Faſchinen in einer Ku-
bikruthe Packwerk einnehmen. Dieſen durch 3, als den Inhalt einer Faſchine dividirt, giebt
= 480 Stuͤck Faſchinen auf eine Kubikruthe.


Gewoͤhnlich werden die Faſchinen nach Schocken von 60 Stuͤck * gerechnet, es wer-
den daher auf die Kubikruthe Packwerk 8 Schock bandmaͤßige Faſchinen und
4 Schachtruthen Erde erfordert
.


Unter den angefuͤhrten 8 Schock Faſchinen, iſt das Reis zu den Wuͤrſten mit begrif-
fen und dieſe Ausmittelung gilt ohne Unterſchied von allen Packwerken. Wenn hingegen die
Faſchinen ſehr vertrocknet ſind, oder nicht vollkommen die vorſchriftsmaͤßige Groͤße haben, ſo
werden auch wohl 9 bis 10 Schock auf die Kubikruthe gerechnet. Auch iſt es gebraͤuchlich
bei Coupirungen 9 Schock bandmaͤßige Faſchinen zu rechnen, weil dabei die Faſchinenſchich-
ten weit ſtaͤrker als bei den uͤbrigen Packwerken zuſammen gepreßt werden.


Jedes Schock Faſchinen hat zwar nur zwei Schock Baͤnder, weil aber die hierzu ge-
braͤuchlichen Weiden leicht zerreißen, ſo rechnet man auf das Schock Faſchinen, 3 Schock
Bindweiden
.


In Abſicht der Erde giebt es auch eine Ausnahme von der vorſtehenden Regel,
wenn man genoͤthigt iſt, ſehr trockene Faſchinen durch Triebſand zu beſchweren, da man als-
dann immer 5 Schachtruthen Erde, Statt 4 in den Anſchlag ſetzen kann.


§. 78.


Die zu einer Kubikruthe Packwerk erforderliche Menge von Wuͤrſten iſt bei Coupi-
rungen groͤßer als bei Buhnen und Deckwerken, weil ſie bei erſtern nur 1½ Fuß, bei letztern
aber 2 Fuß weit auseinander gelegt werden.


Rechnet man auf die Kubikruthe Packwerk 4 Schichten Faſchinen, und auf jede
Schicht bei einer Entfernung von zwei Fuß, 6 Reihen Wuͤrſte, wegen der doppelten Rand-
wurſt aber 7 Reihen von 12 Fuß Laͤnge, ſo werden zu einer Schicht 12 × 7 = 84, alſo zu
4 Schichten 336 Fuß Wuͤrſte erfordert, wobei diejenigen noch nicht mit gerechnet ſind, die
bei dem Anfang einer jeden neuen Lage uͤber geworfen werden. Jede Wurſt iſt 5 Ruthen
oder 60 Fuß lang, alſo ſind Stuͤck erforderlich; wegen dem Ueberwerfen rechnet
man aber noch ⅖ Stuͤck hinzu, ſo daß auf die Kubikruthe Deckwerk oder Buhne, 6
Stuͤck, 60 Fuß lange Wuͤrſte
kommen.


[86]Cilftes Kapitel.

Bei Coupirungen wo die Wuͤrſte nur 1½ Fuß auseinander liegen, kommen auf jede
der 4 Schichten, 9 Stuͤck 12 Fuß lange Wuͤrſte, alſo uͤberhaupt 108 × 4 = 432 Fuß,
welches Stuͤck ſind. Wegen der mehrern Kreuzwuͤrſte und der ſtaͤrkern Befeſtigung
der Faſchinen durch Ueberwerfen der Wuͤrſte, kann man noch ⅘ Stuͤck dazu nehmen, wes-
halb die Kubikruthe Coupirung 8 Stuͤck 60 Fuß lange Wuͤrſte erfordert.


Bei dieſen Beſtimmungen ſind die zur Spreutlage oder Rauchwehre erforderlichen
Wuͤrſte, nicht mit gerechnet.


Zu einer jeden Wurſt werden 5 bis 6 Stuͤck Faſchinen, und weil die Bind-
weiden leicht zerreißen, 2 Schock Bindweiden erfordert.


§. 79.


Um die noͤthigen Faſchinenpfaͤhle fuͤr eine Kubikruthe Packwerk zu beſtimmen,
darf man nur auf jede zwei Fuß der Wuͤrſte, einen Pfahl rechnen. Bei Deckwerken und
Buhnen ſind 6 × 60 = 360 Fuß Wuͤrſte, alſo wuͤrden hiernach 180 Stuͤck Pfaͤhle erfordert.
Dieſes ſind zwar nur 3 Schock, man rechnet aber wegen dem mehrern Abgange bei den Pfaͤh-
len, auf die Kubikruthe Deckwerk oder Buhnen, 4 Schock Pfaͤhle.


Bei Coupirungen ſind 8 × 60 = 480 Fuß Wuͤrſte, und daher hierzu 240 Stuͤck
oder 4 Schock Pfaͤhle erforderlich, wofuͤr man wegen des Abganges 4½ bis 5 Schock rech-
nen kann. Wenn die Pfaͤhle aus kiehnenem Schwamm- oder rindſchlaͤgigem Holze gehauen
werden, welches etwa 36 bis 40 Fuß lang und am Zopf 8 bis 9 Zoll ſtark iſt, ſo kann
man aus dem Stamm 4 bis 6 Schock 4 Fuß lange und 1½ bis 2 Zoll ſtarke Faſchinen-
pfaͤhle erhalten.


§. 80.


Es werden demnach zu jeder Kubikruthe Packwerk, wenn die Spreutlage oder Rauch-
wehre nicht mit gerechnet wird, erfordert:


Bei Buhnen und Deckwerken


  • 8 Schock Faſchinen, jede 9 Fuß lang und am Stammende 1 Fuß ſtark. (Hier-
    bei iſt das Reis zu den Wuͤrſten mit gerechnet.)
  • 6 Stuͤck Wuͤrſte; jede 5 Ruthen lang, 4 bis 5 Zoll dick.
  • 12 Schock Bindweiden zu den Wuͤrſten.
  • 4 Schock Faſchinenpfaͤhle; jeder 4 Fuß lang, 1½ Zoll ſtark.
  • 4 Schachtruthen Erde.

Bei Coupirungen:


[87]Von den Anſchlaͤgen.
  • 9 Schock bandmaͤßige Faſchinen.
  • 8 Stuͤck Wuͤrſte; deren Reis unter den Faſchinen mit gerechnet iſt.
  • 16 Schock Bindweiden, zu den Wuͤrſten.
  • 4½ Schock Faſchinenpfaͤhle.
  • 4 Schachtruthen Erde.

Zu den Faͤſchinen ſind hier deshalb keine Bindweiden gerechnet worden, weil, wenn
ſie aus eigenen Pflanzungen gehauen werden, die Faſchinenhauer ſich gewoͤhnlich ſelbſt die
Bindweiden verſchaffen, wenn aber die Faſchinen von einem Lieferanten angekauft werden, ſo
ſind die Bindweiden ſchon mit inbegriffen.


§. 81.


Die Quadratruthe Spreutlage erfordert, wenn die Wuͤrſte 2 Fuß auseinander ge-
legt werden


  • 4 Stuͤck Faſchinen.
  • 1½ Stuͤck Wuͤrſte (dazu 9 Stuͤck Faſchinen.)
  • 3 Schock Bindweiden.
  • 50 Stuͤck Spreutlagenpfaͤhle, jeden 2 bis 3 Fuß lang.
  • 1⅓ Schachtruthen Erde, wovon eine unten und ⅓ Schachtruthen zur Bedeckung der
    Spreutlage gerechnet iſt.

Auf die Quadratruthe Rauchwehre bei einer Buhne oder Coupirung rechnet man:


  • 40 Stuͤck Faſchinen.
  • 3 Stuͤck Wuͤrſte (dazu 18 Stuͤck Faſchinen.)
  • 6 Schock Bindweiden zu den Wuͤrſten.
  • 2 Schock Pfaͤhle jeden 4 Fuß lang.
  • 1½ Schachtruthe Erde.

Zu einer laufenden Ruthe Rauchwehre bei einer Uferdeckung werden erfordert:


  • 7 Stuͤck Faſchinen.
  • 1 Wurſt von 60 Fuß Laͤnge.
  • 2 Schock Bindweiden.
  • ¾ Schock Spreutlagenpfaͤhle, jeden 2 bis 3 Fuß lang.
  • ⅓ Schachtruthen Erde.

§. 82.


Bei den Neſterpflanzungen kann man auf die Quadratruthe etwa 10 Neſter
[88]Eilftes Kapitel.
rechnen; nun giebt jede Faſchine drei Laͤngen zu den 3 Fuß langen Setzlingen, es kommen
daher auf die Quadratruthe drei Stuͤck, oder auf den Morgen von 180 Quadratruthen, 9
Schock Faſchinen.


Die laufende Ruthe Flechtzaun erfordert 8 bis 9 Stuͤck Pfaͤhle, und wenn der
Zaun drei Fuß hoch geflochten werden ſoll, 5 Stuͤck Faſchinen.


§. 83.


In Abſicht des Arbeitlohns wird das Schock Faſchinen, wenn es aus Strauch-
pflanzungen oder von Kopfweiden gehauen und jede Faſchine zweimal gebunden wird incl.
Bindweiden ſchneiden, mit 4 Ggr. bezahlt; wenn aber der Strauch von ſehr hohen Baͤumen
gehauen werden muß, mit 5 Ggr.


Wenn zugleich das Reis bezahlt wird, ſo iſt der Preis ſehr unbeſtimmt und das
Schock koſtet alsdenn auf der Stelle zuweilen 12 Gar. bis 2 Rthlr.


Man rechnet daß ſich auf den Morgen einer drei bis vierjaͤhrigen Weidenſtrauch-
pflanzung etwa 10 bis 20 Schock Faſchinen hauen laſſen.


Eine fuͤnf [Ruthen] lange Wurſt in Entfernungen von 8 Zoll zu binden und die
Bindweiden in der Naͤhe zu ſchneiden, koſtet 9 pf. bis 1½ Ggr., alſo das Schock 2 bis 3 Rthlr.


Wenn die Bindweiden angekauft werden, ſo koſtet ein Bund worin ſich 2 Schock
oder 120 Stuͤck befinden 9 pf. bis 1½ Ggr. Werden ſie nur geſchnitten, ſo wird die Arbeit
fuͤr das Bund mit 3 bis 6 pf. bezahlt.


Ein Schock Faſchinenpfaͤhle aus kiehnenem Holze zu ſaͤgen, zu ſpalten und Spi-
tzen an die Pfaͤhle zu hauen, koſtet 1 bis 2 gr. Eben das wird bezahlt wenn die Pfaͤhle
aus weidenen oder elſenen Knuͤppeln gehauen werden. Wird zugleich das Holz mit bezahlt,
ſo koſtet das Schock etwa 8 Ggr.


Eine Quadratruthe Spreutlage anzufertigen, wenn alles uͤbrige dazu geliefert wird,
koſtet 2 Ggr., wobei das Aufbringen der Erde nicht mit gerechnet iſt.


Eine [Quadratruthe]Packwerksrauchwehre wenn alles uͤbrige dazu geliefert
wird, 8 Ggr.


Die laufende Ruthe Uferrauchwehre incl. Abſtechen der Ufer 1 bis 2 Ggr.


Die Quadratruthe Neſterpflanzung, als: Kuͤrzen der Faſchinen zu Setzlingen,
Ausgrabung der Loͤcher, Einſetzen der Pflanzſtoͤcke und Ausfuͤllung der Loͤcher mit Erde, ko-
ſtet ohne das Pflanzreis etwa 1 bis 1½ Ggr und der Magdeburgiſche Morgen etwa 7 bis
10 Rthlr.


Ein
[89]Von den Anſchlaͤgen.

Ein Schock Setzſtangen 9 Fuß lang von Kopfweiden zu hauen, koſtet 4 bis 6 Ggr.


Solche in 3 Fuß weite und 2½ Fuß tiefe Gruben zu ſetzen incl. Erdarbeit, das
Schock 1½ bis 2 Rthlr.


Wenn man die Setzſtangen kaufen muß, ſo wird das Schock auf der Stelle mit 3
bis 4 Rthlr. bezahlt.


Die laufende Ruthe Flechtzaun, drei Fuß hoch anzufertigen, wenn Reiſer und
Pfaͤhle dazu frei geliefert werden, koſtet an Arbeitslohn 4 Ggr.


Eine laufende Ruthe Stangen- oder Ruͤckzaͤune zu verfertigen 1 Ggr.


Eine laufende Ruthe lebendigen Zaun anzulegen, wenn das Pflanzreis und der
Saame frei geliefert wird, koſtet 3 Ggr.


§. 84.


Die Erde wird bei kleinen Arbeiten, wenn ſolche durch Menſchen mittelſt Schub-
karren herbei gefahren werden kann, im Tagelohne bezahlt. Sonſt aber wird ſolche nach
Schachtruthen verdungen.


Eine Schachtruthe Erde mit Schubkarren auf horizontalem Boden 50 bis 80 Schritt
weit anzufahren, nachdem die Erde leicht oder ſchwer iſt, koſtet 6 bis 8 Ggr.


Wenn ſolche auf Geruͤſten bis 12 Fuß hoch gekarrt wird, 8 bis 10 Ggr.


Sehr ſelten und nur im hoͤchſten Nothfalle bedient man ſich der Wagen zum Erde-
fahren bei Packwerken, ob es gleich bei Anfertigung der Deiche vortheilhaft iſt. Man bezahlt
alsdenn fuͤr die Schachtruthe auf 500 Schritt auf und ab zu laden und anzufahren 1 Rthlr.


Um zu wiſſen wie viel Erde auf Karren oder mit Wagen angefahren iſt, ſo wird
vorher an dem Orte wo die Erde ausgegraben werden ſoll, ein Stuͤck Land von beſtimmter
Groͤße mit Pfaͤhlen abgeſteckt, und wenn daſſelbe durchgaͤngig etwa einen oder zwei Fuß
tief ausgeſtochen iſt, wird der ausgegrabene Inhalt nach Schachtruthen berechnet und
nach dem Verdingspreiſe bezahlt.


Wenn die Erde mit Kaͤhnen herbei gefahren wird, um ſolche auf, oder noͤthigen
Falls vor dem Packwerke abzuladen, ſo wird Strom ab auf 500 Schritt Weite, die Schacht-
ruthe mit 12 bis 16 Ggr. incl. Kahnmiethe bezahlt. Die Menge der angefahrnen Erde kann
wie vorhin beſtimmt werden, wenn aber die Gegend wo die Erde ſich befindet uneben iſt und
keine ſichere Berechnung zulaſſen ſollte, auch ſelbſt mehrerer Bequemlichkeit wegen, pflegt
man die Kaͤhne zu eichen. Dieſe Eichung geſchiehet, indem man den Kahn ſeine volle La-
dung Erde, welche auf ebenem Boden, genau einen Fuß tief ausgeſtochen iſt, einnehmen laͤßt.
M
[90]Eilftes Kapitel.
Der Inhalt der ausgeſtochenen Erde wird genau berechnet und in der Mitte an beiden aͤußern
Seiten des Kahns, wenn die Fuhrleute ſich darinn befinden, ein helles Brettchen grade uͤber
dem Waſſerſpiegel angenagelt. So oft nun der Kahn die berechnete Menge Erde von derſel-
ben Art enthaͤlt, ſo muß das Brettchen genau uͤber den Waſſerſpiegel ſtehen. Ein ſo geeich-
ter Kahn erhaͤlt eine beſtimmte Nummer, und der Aufſeher merkt ſich in ſeinem Journal wie
viel Kubikfuß Erde derſelbe enthaͤlt. So oft nun dieſer Kahn bei dem Packwerke mit einer
Ladung Erde ankoͤmmt, darf eher nicht ausgeladen werden, bis der Aufſeher ſich uͤberzeugt
hat, ob der Kahn gehoͤrig belaſtet iſt. Ein jeder Kahn erhaͤlt vorher ein Kerbholz mit ſeiner
Nummer, und der Aufſeher haͤlt ſich ein gleiches, damit ſo oft eine Ladung kommt, durch
den Aufſeher ein Kerb in beide zugleich geſchnitten werden kann, da denn am Ende der
Woche, ſich leicht nachzaͤhlen laͤßt, wie viel Ladungen jeder Kahn gebracht hat, welche ſich
nach Kubikfuß und hierauf nach Schachtrnthen beſtimmen laſſen, wornach alsdann die Aus-
zahlung geſchiehet.


§. 85.


Die Arbeit bei den Packwerken ſelbſt geſchiehet durch einen Buhnenmeiſter mit
Huͤlfe von Tageloͤhnern, uͤber welche bei großen Bauen zuweilen noch beſondere Aufſeher ge-
ſetzt werden, unter der Leitung eines Conducteurs oder Deichinſpektors und unter
Direktion eines Deichhauptmanns oder Waſſerbau-Direktors.


Im Sommer halben Jahre bekommt der Tageloͤhner 5 bis 7 Ggr.; im Winter halben
Jahre 4 bis 5 Ggr. und wenn des Nachts gearbeitet wird, noch beſonders 4 Ggr.


Der Aufſeher taͤglich 7 bis 8 Ggr.


Ein Buhnenmeiſters wenn er Gehalt hat, bekommt taͤglich 8 Ggr., wenn er aber au-
ßer ſeinem angewieſenen Diſtrikte arbeitet, wenn er kein Gehalt hat, oder bei Coupirungen, er-
haͤlt er taͤglich 12 Ggr. und noch eben ſo viel beſonders, wenn des Nachts gearbeitet wird.
Man wuͤrde aber ſehr unrichtig urtheilen, wenn man glauben ſollte, daß hierdurch, die ge-
wiß nicht geringe Verdienſte eines ſolchen Mannes nach dem Schluß einer ſchwierigen Cou-
pirung belohnt waͤren, weshalb ihm auch beim gluͤcklichen Schluß der Coupirung noch ein
beſonderes Geſchenk gebuͤhrt.


Die Deichinſpektoren und Deichhauptleute haben gewoͤhnlich fixirtes Gehalt und er-
halten noch beſondere Diaͤten; bei Durchbruͤchen, welche oͤfters nur mit Lebensgefahr coupirt
werden koͤnnen, verdienen ſie aber ganz beſonderer Aufmunterung und Belohnung, weil als-
[91]Von den Anſchlaͤgen.
denn von ihrem Muth, ihrer Entſchloſſenheit und richtigen Beurtheilung, das Gluͤck ſo vie-
ler Familien abhaͤngt.


§. 86.


Weil in den Anſchlaͤgen nicht die Anzahl der Arbeiter aufgefuͤhrt werden, welche die
Verfertigung eines Packwerks erfordert, ſo hat man durch mehrere Erfahrungen gefunden,
daß ein Schock Faſchinen beim Baue zu verlegen, die dazu erforderlichen Wuͤrſte zu binden,
die Bindweiden zu ſchneiden, die Wuͤrſte zu ſtrecken, die Benagelung mit Pfaͤhlen und das
Rammen der Erde, bei Buhnen 8 bis 10 Ggr., bei Coupirungen aber 12 Ggr. koſtet.


Man rechnet daß ein Buhnenmeiſter, wenn es nicht an den erforderlichen Arbeitern
und Materialien fehlt, taͤglich 50 Schock Faſchinen legen und befeſtigen kann.


§. 87.


Der Fuhrlohn der Materialien iſt wegen ſeiner Veraͤnderlichkeit noch weit ſchwie-
riger zu beſtimmen, weshalb die hier folgende Mittelpreiſe auch noch ungewiſſer ſind als die
vorhergehenden.


Wenn die Faſchinen mit Wagen angefahren werden, ſo bezahlt man fuͤr das
Schock incl. Auf- und Abladen auf eine halbe Meile 10 bis 16 Ggr., auf eine Meile 16 gr.
auch 1 Rthlr.


Ein gewoͤhnlicher 2 ſpaͤnniger Wagen ladet etwa ½ bis ⅓ Schock; ein 4ſpaͤnniger 1
bis 1½ Schock. Sind die Faſchinen ganz friſch und ſehr ſchwer, oder beſonders ſtark ausge-
trocknet, ſo ladet der Wagen verhaͤltnißmaͤßig weniger oder mehr, und der Fuhrlohn fuͤr
das Schock iſt alsdenn auch geringer oder groͤßer.


Sollen Faſchinen auf dem Waſſer, Strom ab gefahren werden, ſo wird fuͤr das
Schock incl. Ein- und Ausladen in großen Fahrzeugen, auf 1 bis 3 Meilen 3 bis 5 Ggr., auf
4 bis 6 Meilen 6 bis 8 gr. bezahlt. Werden die Faſchinen Strom auf gefahren, ſo wird
auf das Schock 2 bis 3 Ggr. an Fuhrlohn zugelegt, auch vermehrt ſich dieſes wenn die Fa-
ſchinen weit bis zum Waſſer getragen werden muͤſſen, oder wenn man keine große Fahrzeuge
haben kann.


Ein großer Stromkahn, der etwa 40 Winſpel Roggen traͤgt, kann bei hinlaͤnglicher
Waſſertiefe bis zu 30 Schock Faſchinen laden.


Das Schock Faſchinenpfaͤhle auf eine halbe Meile zu Lande anzufahren, koſtet
1 bis 2 gr., auf eine Meile 3 bis 4 Ggr.


Ein 2ſpaͤnniger Wagen ladet 8 bis 10 Schock Faſchinenpfaͤhle.


M 2
[92]Eilftes Kapitel.

§. 88.


Auſſer den vorhin angefuͤhrten ungefaͤhren Preiſen, ſind noch die von einigen Ge-
raͤthſchaften
zu bemerken:


  • 1 Axt mit Helm - - - - 1 Rthlr. 12 gr.
  • 1 Beil mit Helm - - - - — - 20 -
  • 1 Faſchinenmeſſer - - - - 1 - 6 -
  • 1 Spade mit Knebel und Beſchlag - - - — - 20 -
  • 1 Schippe ohne Beſchlag - - - — - 4 -
  • 1 Schlaͤgel - - - - — - 3 -
  • 1 Karre mit Beſchlag und Holz - - - 1 - 12 -
  • 1 Schock Ruͤſt- oder Karrdielen, 5/4 bis 1½ Zoll ſtark - 40 - — -
  • 1 Handramme - - - - — - 16 -

§. 89.


Zum Beſchluß werden noch einige Anſchlaͤge beigefuͤgt, weil ſich am beſten dadurch
abſehen laͤßt, wie ſolche eingerichtet werden muͤſſen. Man hat denſelben die Preiſe nicht bei-
gefuͤgt, indem ſie zu ſehr von den Umſtaͤnden abhaͤngen, und die vorangefuͤhrten nur als ſehr
locale Mittelpreiſe angeſehen werden koͤnnen.


Anſchlag.


Von Erbauung einer Buhne, am rechten Ufer des .... Fluſſes, an der ....
Wieſe, nach beiliegender Zeichnung.


[93]Von den Anſchlaͤgen.

Ferner:


[94]Eilftes Kapitel.

Ferner.


Wenn von mehrern Buhnen oder Deckwerken in einerlei Gegend Anſchlaͤge gemacht
werden, bei welchen die Arbeit, die Materialienpreiſe und das Fuhrlohn unveraͤndert blei-
ben, ſo iſt es nur noͤthig, daß von einer Kubikruthe Packwerk und einer Quadratruthe
Spreutlage ein ſpecieller Anſchlag verfertiget werde; ſind alsdenn die Abmeſſungen eines
jeden einzelnen Werks und deſſen Inhalt beſtimmt, ſo laſſen ſich leicht die Koſten deſſelben
ausmitteln.


Anſchlag.


Von Erbauung einer Coupirung in dem Stromarm bei ..... nach beiliegender
Zeichnung.


[95]Von den Anſchlaͤgen.

Ferner:


[96]Eilftes Kapitel. Von den Anſchlaͤgen.

Ferner:


[97]

Zwoͤlftes Kapitel.
Bruchſtuͤcke von Verordnungen in Abſicht des Faſchinenbaues, der damit beſchaͤf-
tigten Offizianten und der Strompolizei.


§. 90.


Wenn gleich nunmehr alles dasjenige was den [Faſchinenbau] angehet, nach dem vor-
geſetzten Umfange als beendet angeſehen werden kann, ſo wird es dennoch nicht undienlich
ſeyn, wenn einige der erheblichſten Geſetze, welche in den verſchiedenen Provinzen des Preußi-
ſchen Staats, vorzuͤglich in Abſicht des Faſchinenbaues, der damit beſchaͤftigten Offizianten
und der Strompolizei gegeben ſind, hier angefuͤhrt werden. Aus dieſen Reglements und
Verordnungen, iſt alles dasjenige hinweg gelaſſen, was nicht unmittelbar dem vorgeſetzten
Endzwecke entſpricht.


Die verſchiedenen Geſetze, ſind nach den Jahrzahlen geordnet:


Sr. Koͤnigl. Majeſtaͤt von Preußen etc. Teich- und Ufer-Ordnung.
In der Lebuſiſchen Niederung an der Oder
. De Dato 23. Juni
1717. Berlin. (186. S. 4.)


Cap. V. Von Befeſtigung der Ufer, ſo bisher von dem Oder-Strom weggefreſſen worden.


Da auch die Rapiditaͤt des Oderſtroms von Jahr zu Jahr die Ufer weg frißt und
folglich alle Deiche und Daͤmme, falls dagegen nicht Vorkehrungen geſchehen ſollte, von kei-
nem Beſtande ſeyn wuͤrden, ſo verordnen Wir allergnaͤdigſt, daß wenn bei den Deichſchauen
befunden wuͤrde, daß der Strom ſich den Deichen nahet und das Vorland weggefreſſen, auch
zu befuͤrchten daß die Deiche ſelbſt weggeriſſen und abgeſpuͤlt werden duͤrften, ſodann auf Er-
kenntniß derjenigen, ſo zur Deichſchau beſtellt ſind, ſolche Ufer mit Packwerken, Fluͤgeln
und andern dem Strome reſiſtirenden Mitteln verſehen, damit dem fernern ſchaͤdlichen Weg-
reißen des Ufers nicht allein vorgebauet, ſondern der Strom auch abgewieſen werden, und
die Deiche wieder Vorland und genugſame Sicherheit vor die androhende Gefahr bekommen
moͤgen, wie denn zu deſto beſſerer Conſervation der Packwerke und Ufer, nicht allein dieſel-
N
[98]Zwoͤlftes Kapitel.
ben, ſondern auch wenn der Strom den Sand dahinter wirft, ſolches mit weidenen Loden
bepflanzet werden ſollen, und damit ſolche Bepflanzung nicht durch das Vieh gleich wieder
abgehuͤtet und verdorben werden moͤge, ſo ſollen ſolche bepflanzte Sandbaͤnke und Packwerke
in drei Jahren nicht mit Vieh betrieben oder behuͤtet werden.


Cap. VI. Von den Deichbedienten und deren Funktion.


Damit nun ſolches nuͤtzliche Werk zum vollkommenen Stande gebracht, kuͤnftig unter-
halten, und von Zeit zu Zeit verbeſſert werden moͤge, ſo finden wir noͤthig, dazu erſtlich
einen Deichhauptmann zu beſtellen, welcher nicht allein vollkommene Wiſſenſchaft von
Beſchaffenheit des Oder-Stroms, ſondern auch von Deich- Kripp- und Packweſen habe;
deſſen Verrichtung darin beſtehen ſoll, daß er auf die Deiche gut Achtung habe, wo denſel-
ben zu helfen und dem andringenden und das Ufer wegreißenden Strome zu begegnen uͤber-
lege, und bei den Deichſchauen anzeige, wie ihnen am beſten und mit moͤglichſter Menage
der Koſten zu helfen, wovon er allezeit die Ueberſchlaͤge zu verfertigen und zu produciren,
wenn nun darauf der Nothdurft nach ein Kripp-Packwerk, oder anderes Eingebaͤude anzu-
fertigen reſolvirt worden, hat er den Bau anzuordnen, denſelben fleißig zu beſuchen und das
alles wohl und mit Beſtande gemacht werde, zu beſorgen, ſo dann die Wochenzettel zu atte-
ſtiren und dahin zu ſehen, daß die Arbeitsleute richtig bezahlt werden. ......... Bei
Fruͤhjahrszeiten und wenn zu vermuthen, daß das Waſſer anwachſen wird, hat er fleißig
oberhalb nach Breslau und Kroſſen zu correſpondiren und von Zeit zu Zeit Nachricht einzu-
ziehen, wie ſich daſelbſt der Anwachs des Waſſers vermehre oder vermindere, damit man ſich
darnach richten und noͤthige Anſtalt dagegen machen koͤnne.


Zum andern zwei Deichgrefen. .... Bei der Arbeit hat er die Leute anzuweiſen,
daß alles tuͤchtig und mit Beſtand verfertiget werde, diejenigen aber, ſo auf geſchehenes An-
both nicht das ihrige verrichten, und welche in die Strafe der Deichſchau verfallen, ſoll er
auf die dictirte Strafe durch die Dammmeiſter exequiren und dieſelbe dem Deichrentmeiſter
zur Berechnung und Dispoſition der Deichſchau einliefern laſſen.


Drittens, einen Buhnen- oder Kripp-Grefen ſo die noͤthigen Eingebaͤude wider
den ſich anlegenden und die Ufer wegfreſſenden Strom anfertige, welcher fleißig die Ufer zu
viſitiren, und wo den Strom zu begegnen, dem Deichhauptmann anzuzeigen hat. .... Bei
der Arbeit muß er gebuͤhrenden Fleiß anwenden, und nicht allein dahin ſehen, daß die Ma-
terialien und Zubehoͤr angeſchaffet, an bequemen Plaͤtzen verwahret, und alles wohl beobach-
[99]Verordnungen.
tet werde, was zum Krippwerk und Eingebaͤude noͤthig iſt; ſondern auch von den Arbeitern
richtige Specificationes und Tagezettel halten, und ſolche dem Deichhauptmann, daß er de-
ren Richtigkeit examinire und atteſtire, uͤbergeben, welche dann den Arbritern aus der dazu
verordneten Caſſe bezahlt werden ſollen; die Packwerke und Eingebaͤude, wie auch, wenn ſich
hinter denſelben Sandbaͤnke ſetzen, hat er mit ſelbſt wachſenden Lodenholz bepflanzen zu laſ-
ſen, damit ſelbiges anwachſe und das Voland befeſtigen moͤge, auch ſowohl ſelbſt, als durch
den Krippen-Knecht dahin zu ſehen, daß die bepflanzten Sandbaͤnke, Krippen und Vor-
land nicht durch das Vieh wieder abgehuͤtet werden.


Viertens, einen Krippen-Knecht, welcher das Krippenwerk verſtehet und beſtaͤn-
dig auch bei Hauung und Anſchaffung des Faſchinenholzes bei der Arbeit iſt, und auf die
Materialien acht hat, daß davon nichts entwandt, auch ſelbige auf bequemen Plaͤtzen ver-
wahrt werden.


Fuͤnftens drei Dammmeiſter, welche bei den Arbeitsleuten ſo wohl auf den Dei-
chen als beim Krippwerke acht haben, die Arbeit mit angreifen, und die Leute, wie ſolche zu
machen unterweiſen, auch bei den Straffaͤlligen und Halsſtarrigen die Execution verrich-
ten ſollen.


Cap. XVI. Von den Strafen.


10.) Wenn ſich die Hirten oder ſonſt jemand unterſtehen ſollte, die neu angefertig-
ten Krippen-Fluͤgel, Eingebaͤude, oder mit jungen Werften und Weiden bepflanzte Sand-
baͤnke und ſich vorſetzendes Vorland mit Vieh zu betreiben und ſelbiges abzuhuͤten, ſoll der-
ſelbe fuͤr jedes Haupt, ſo ihm abgepfaͤndt wird, zwoͤlf Groſchen Strafe und dem Dammmei-
ſter oder wer ihn dabei triſt und pfaͤndet, einen Ggr Pfandgeld erlegen.


20.) Wer bei Pfaͤndung und Execution ſich den Dammmeiſtern widerſetzt, ſoll in
fuͤnf Rthlr. und Befinden der Umſtaͤnde nach, auch haͤrter und am Leibe beſtraft werden.


21.) Wer von dem Bund- oder Faſchinenholze auch andern Materialien, ſo zu dem
Krippwerk angeſchaft iſt oder wird, etwas entwendet, und zu ſeinem Particular-Nutzen ver-
braucht, ſoll ſolches zehnfach erſtatten, auch den Umſtaͤnden nach uͤberdem beſtraft werden.


Obige Strafen ſollen wenn die Verbrecher ſich nicht damit einſtellen, von den Deich-
und Dammeiſtern oder da dieſelben ſolches nicht mit genugſamen Nachdruck bewerkſtelligen
koͤnnten, durch die Miliz exequiret, und dem Deichrentmeiſter zur Berechnung eingeliefert wer-
den. Ob Wir nun wohl ſolche Strafe gleich anderen unſerm Fisco zueignen, und uns be-
rechnen laſſen koͤnnten, ſo wollen wir doch aus landesvaͤterlicher Huld, und damit dieſes an-
N 2
[100]Zwoͤlftes Kapitel.
gefangene Werk deſto beſſer erhalten werden moͤge, ſolche Strafen zur Vermehrung der Ufer-
auch den Kripp- und Eingebaͤuden bis zu unſerer fernern Dispoſition und Anordnung anwen-
den laſſen, und allergnaͤdigſt gewidmet haben.


Wie wir nun das Vertrauen haben, daß alle unſere in der Niederung belegene Un-
terthanen, ſo wohl von der Ritterſchaft als Einwohner in den Staͤdten und Doͤrfern ſich
dieſer zu ihrem eigenen Intereſſe abzielenden und in der Billigkeit und Aequitaͤt beruhenden
Deichordnung gemaͤß verhalten und ſich dazu willig erzeigen werden, ſo befehlen wir ſolches
[allergnaͤdigſt] zugleich alles Ernſtes, und wollen diejenigen ſo ſich ſolchen heilſamen Werke
widerſetzen, mit namhafter Beſtrafung nicht allein anſehen, ſondern auch mit militairiſcher
Execution dazu anhalten laſſen. Wie wir denn unſere an der Oder und da herum ſtehenden
Regimentern und commandirenden Officiren hiermit Befehl ertheilen, auf Erfordern derjeni-
gen ſo die Deichſchau dirigiren, ihnen ſo viel Mannſchaft zur Execution zu geben, als dieſel-
ben verlangen, und die Moroſen zu ihrer Schuldigkeit und unſerer allergnaͤdigſten Willensmei-
nung mit Nachdruck anzuhalten fuͤr noͤthig finden werden.


Uhrkundlich etc. Berlin 25. Juni 1717.


Friedrich Wilhelm.


Erneuerte und verbeſſerte Damm-Ordnung, zu Unterhaltung der
Weichſel-Daͤmme in der Marienwerderſchen Niederung in Preuſ-
ſen
. De Dato Berlin 30. Markii 1755. Koͤnigsberg. (28. S. Fol.)


Cap. V. Von Pflanzung der Weiden.


§. 6. Es iſt ſchon Anno 1713 verordnet, daß ein jeder der heurathet, in den Auſ-
ſendeichen Weiden zum Behuf des Dammes ſetzen ſoll; Wir wiederholen ſolches und ſetzen
feſt, ein Nachbar oder Huben-Wirth, ſetzt ohne einige Ausnahme, er mag von fremden Or-
ten herziehen oder nicht, 30 Stuͤck; ein gleiches muß derjenige thun der ſchon geheurathet iſt,
und einen Hof kaufet oder aus der Erbſchaft jure ſucoeſſionis uͤberkommt. Ein Eigenkaͤth-
ner ſetzt auch ohne einzige Ausflucht 12. Ein Inſtmann 6. Die Niederdoͤrfer ſo nur halb
ſo viel ſchaarwerken, pflanzen jedesmal auch nur die Haͤlfte, weil ſie ſchwach und abgelegen.


Wird aus einem Hof eine Tochter oder Sohn ins benachbarte an einen ſolchen Ort,
ſo dieſer Dammordnung nicht unterworfen, und alſo von ſolcher Anpflanzung befreit iſt,
[101]Verordnungen.
verheurathet, und ſetzt ſich auch dort an, muͤſſen doch nach dieſem Satze die Weiden allhier,
von woſelbſt die heurathende Perſon wegziehet, zur Haͤlfte gepflanzt werden.


§. 8. Wenn einer zum zweiten mal geheurathet, muß er nach den Zeitumſtaͤnden die
Haͤlfte wie oben ſetzen. Nimmt ein Eigenkaͤthner oder Inſtmann einen Hof an, muß er die
volle Zahl wie ein anderer Hubenwirth anpflanzen.


§. 9. Damit die Weiden nicht mit den Wurzeln tief herein gehen, und hierdurch,
wie auch von den Maͤuſen, welche Wurzeln ſuchen, nicht Quell-Loͤcher entſtehen, muß keine
Weide naͤher als eine Ruthe vom Fuß des Dammes zu ſtehen kommen.


Ufer- Ward- und Hegungs-Ordnung fuͤr unſer Souveraines Her-
zogthum Schleſien und die Souveraine Grafſchaft Glatz.
d. d.
Potsdam d. 12. Septbr. 1763. Breßlau. (12. S. Fol.)


..... Wir befehlen demnach und wollen


I. Daß alle abbrechende Ufer, ſo viel zu Regulirung des Stroms noͤthig iſt, durch
Anpflanzung des jungen Weidichts, oder wenn dieſes nicht hinlaͤnglich ſeyn will, durch an-
dere Mittel vor fernern Abbruch gedeckt werden, um dadurch den daraus entſtehenden ſchaͤd-
lichen Kruͤmmen, und den Verſandungen des Stromes bei Zeiten vorzubeugen. Damit aber
auch hierinnen kein Irrthum vorgehen moͤge, und durch einen unnoͤthigen Aufwand, oder
durch unrechte Anlage der Pflanzung und des Uferbaues, der Ordnung des Stromes, und
dem Intereſſe des Nachbaren zuwider gehandelt werde, ſo wollen Wir, daß in dergleichen
Faͤllen, wenn zumalen ein Uferbau von Wichtigkeit vorgenommen werden ſoll, ſolches vorher
Unſerer Krieges- und Domainenkammer des Departements angezeiget werde, welche ſodann
den vorzunehmenden Bau, durch einen Unſerer Waſſerbau-Bedienten unterſuchen und unent-
geldlich dazu die noͤthige Anweiſung geben laſſen, auch im Fall derjenige, welcher einen ſol-
chen Bau fuͤhren ſoll, keinen geſchickten Meiſter hat, welcher die Arbeit gruͤndlich zu machen
verſtehet, demſelben einen Buhnenmeiſter oder Wardaufſeher aus Unſern Aemtern oder irgend
einer Kaͤmmerei zugeben wird. Diejenigen, welche hierinne, aumſelig ſind, und die Befeſti-
gung ihrer abbrechenden Ufer unterlaſſen, haben ganz ohnfehlbar zu gewaͤrtigen, daß Wir ſie
auf das ernſtlichſte dem Befinden nach beſtrafen, und mit Ernſt und Nachdruck zu dieſer noͤ-
thigen Sache anhalten werden.


II. Wenn bei Unterſuchung eines ſolchen abbrechenden Ufers Unſere Waſſerbau-Be-
[102]Zwoͤlftes Kapitel.
dienten finden ſollten daß ſolches ohne Schaden der Ordnung im Strome annoch ungedeckt
bleiben kann, und der Eigenthuͤmer wollte den Verluſt ſeines Grund und Bodens an einem
ſolchen Ufer, ſo weder zum Ruin des Stromes noch zum Nachtheil der Schiffahrt etwas
beitragen kann, nicht achten; ſo wollen Wir zwar geſchehen laſſen, daß ein dergleichen Bau
unterbleiben mag. Wenn aber ein ſolcher Abbruch ſich an einem Walde, oder an einer Huͤ-
tung ereignet, auf welcher noch ſtarke Baͤume, oder von dem vor Zeiten daſelbſt geweſenen
Walde große Stoͤcke in der Erde befindlich ſind, ſo ſoll der Eigenthuͤmer des Ufers jederzeit
auf 16 ſchleſiſche Ellen weit alle große Baͤume von dem Ufer mit den Stoͤcken ausrohden
laſſen, wie denn auch alle in der gedachten Breite am Ufer befindliche alte Stoͤcke ſo wie
die Baͤume, auf anderthalb Ellen tief aus dem Grunde herausgerodet und bei Seite gebracht
werden muͤſſen. Es muß aber der Platz an einem ſolchen abbrechenden Ufer deshalb ſtets in
der gedachten Breite von 16 Ellen, von allen Baͤumen und Stoͤcken frey ſeyn, weil durch
ein unvermuthetes großes Waſſer, und beſonders bei dem Eisgange, der Abbruch an einem
ſolchen Ufer ſich auf einmal und in ſehr kurzer Zeit ſo ſtark ereignen kann, daß niemand im
Stande iſt, das nahe ſtehende Holz und Stoͤcke wegzuſchaffen, ſondern ſolche mit dem Ufer
in das Waſſer fallen laſſen muß. Wenn alſo jemand die allhier vorgeſchriebene Breite nicht
ſtets von ſtehenden Baͤumen und Stoͤcken frei machet, und daher es ſich ereignet, daß ſolche
in das Waſſer fallen, ſo ſoll der Eigenthuͤmer von den auf dem Ufer zu nahe befundenen
Baͤumen das Holz verlieren, und vor den Stock nachdem er auf ſeine Koſten ausgerohdet iſt,
einen Ducaten Strafe erlegen. Waͤre aber der Baum oder der Stock ſchon wirklich ins Waſ-
ſer gefallen, ſo ſollen beide auf ſeine Koſten herausgebracht, das Holz confiſciret, und er
noch uͤberdem gehalten ſeyn, vor Einen Baum 1 Ducaten und vor Einen Stock 2 Ducaten
Strafe zu bezahlen. Derjenige aber welcher ſich unterſtehen ſollte, muthwilliger Weiſe einen
Baum ins Waſſer zu hauen oder fallen zu laſſen, wie ſolches obengedachtermaßen wohl von
vielen aus der irrigen Meinung ſonſt geſchehen, als ob ein ſolcher im Waſſer liegender Baum
den Abbruch von dem Ufer ablehnete, ſoll dafuͤr 10 Ducaten Strafe bezahlen, und uͤber die-
ſes alle Unkoſten tragen, welche die promte Herausbringung des Baumes aus dem Waſſer
erfordern wird.


VII. Da auch den abbruͤchigen Ufern, und nochmehr denenjenigen, welche durch
einen Uferbau gedecket, und mit friſchen Weidicht zum Auswachſen beleget ſind, ein großer
Schaden dadurch zugefuͤget wird, wenn die Schiffer und Matatſchenſchwemmer mit allerhand
Balken, Tafeln, Brettern, Stab- und Brennholz an dieſelben anlegen, und mit Auswerfung
[103]Verordnungen.
ihrer Hacken und Ruder, Einſchlagung der Pfaͤhle, und ſelbſt durch das Ausſteigen und
Feuermachen an ſolchen Orten das abbruͤchige Ufer noch mehr zerruͤtten, und den Abbruch
dadurch befoͤrdern, den Uferbau aber zerreißen, und den Aufſchlag des jungen Weidichts ver-
derben, ſo ſoll hinfuͤhro kein Schiffer oder Holzſchwemmer mehr an einem abbruͤchigen Ufer
oder noch weniger an einem ſolchen durch einem Uferban und jungen Weidicht-Ausſchlag vor
dem Abbruch gedeckt worden, und eben ſo wenig an einem Ufer wo ein Damm an demſelben
immediate aufgeſchuͤttet iſt, anlegen, daſelbſt Ruhe halten, oder gar uͤbernachten, ſondern
es ſollen die Schiffer und Holzſchwemmer ſolche Stellen des Ufers ausſuchen, wo weder ein
Abbruch, noch ein Uferbau, oder Damm iſt, und wird dieſes ihnen um deſto leichter ſeyn,
als dergleichen unſchaͤdliche Ufer ohnedem mehrere vorhanden ſind, als ſolche, die durch einen
Uferbau gedecket, oder noch dem Abbruch unterworfen. Derjenige Schiffer oder Holzſchwem-
mer, ſo hiewieder handelt, ſoll dem Befinden nach, mit einer willkuͤhrlichen Geldſtrafe, oder
mit Arreſt beleget, und wenn der verurſachte Schaden zu taxiren iſt, denſelben dreifach zu
erſetzen angehalten werden. Und da


VIII. Ueberhaupt die Uferbaue, Deckwerke, Enclavirungen, und wie dergleichen Bau
ſonſt Namen haben moͤgen, welche von Faſchinen angeleget werden dergeſtalt auszubauen ſind,
daß ſie uͤber und uͤber mit gruͤnen Weidichts bewachſen, und auf dieſe Art ſich ſelbſt unter-
halten, daß keine, oder doch ſehr wenige Reparaturkoſten darauf verwendet werden duͤrfen,
ſo iſt es ohnumgaͤnglich noͤthig; daß auf einen dergleichen Uferbau, Deckwerk und Enclavi-
rung weder Pferde noch Rindvieh, Schaafe und Schweine gelaſſen werden, als welche das
junge Weidicht abfreſſen und umwuͤhlen, wodurch es hernach verdorret, und der Bau, wenn
er auf dieſer Art von ſeiner Decke entbloͤßet iſt, in kurzer Zeit verloren gehet, und von neuen
mit großen Koſten wiederum gebauet werden muß.


Da nun dieſe ſo ſehr noͤthige Hegung der Uferbaue bis daher zum groͤßten Schaden
Unſerer Aemter und ſtaͤdtiſchen Caͤmmereien, wie auch verſchiedene Vaſallenguͤter, ſehr ver-
nachlaͤßiget, vielmehr ſo wenig geachtet worden, daß man auch die Hirten nicht einmal an-
gehalten, ſolche mit dem Vieh zu ſchonen, ſo wird hierdurch aufs ernſtlichſte verordnet, daß
gar kein Vieh, es habe Namen wie es wolle, auf ſolchen Uferbau gelaſſen werden ſoll, es
mag auch die Jahreszeit fallen wie ſie will, und das Weidicht groß oder klein ſeyn, weshalb
Unſere Generalpaͤchter, wie auch Schulzen und Gerichten in Unſern Aemtern, die Magiſtraͤte
in den Staͤdten, und auf dem Lande eine jede Grundherrſchaft, nebſt ihren Wirthſchaftsbe-
dienten, dafuͤr Sorge tragen ſollen, daß die Hirten alle Arten von Vieh von den Uferbauen
[104]Zwoͤlftes Kapitel.
abhalten, und wenn es deshalb nicht moͤglich ſeyn wollte, weil der Bau an einer oͤffentlichen
Landſtraße, oder an einem Viehtriebe belegen iſt, ſo ſoll ſo viel Unſere Aemter und die ſtaͤd-
tiſche Caͤmmereien betrift, bei Anlegung eines ſolchen neuen Waſſerbaues, auf Unſere oder
der Kaͤmmereikoſten der erſte Zaun, ſo wie die Umſtaͤnde denſelben erfordern, zwar angeleget
werden, die Unterhaltung des Zauns aber ſoll von demjenigen Generalpaͤchter, Grundherr-
ſchaft, oder Gemeinde beſtritten werden, welche ihr Vieh bei dieſem Bau vorbei zu treiben
haben, worauf um deſto ſchaͤrfer zu halten, als Wir hierdurch denjenigen Generalpaͤchter,
oder diejenige Grundherrſchaft und Gemeinde, durch deren Vieh der Waſſerbau beſchaͤdiget
und verderbet wird, dahin condemniren, daß ſie auf ihre eigene Koſten den ganzen Waſſer-
bau wiederum herſtellen ſollen, wozu auch nicht einmal das freie Holz aus Unſern oder den
ſtaͤdtiſchen Forſten und Warden verabfolget, ſondern alles von dem Beſchaͤdiger ex propriis
dazu herbei geſchaffet, der Hirte aber nach Befinden ſeiner Fahrlaͤſſigkeit oder Bosheit auf
einige Zeit zur Zuchthaus, oder Veſtungsarbeit gebracht werden ſoll.


Eine gleiche Bewandniß hat es mit den Waſſerbauen Unſerer Vaſallen, als welche
ſo wenig von ihren Nachbaren, als von ihren eigenen Gemeinden, durch das Vieh beſchaͤdi-
get, ſondern alles dabei auf eben den Fuß, wie bei Unſern Aemtern und Kaͤmmereien geſcho-
net, und derjenige, deſſen Vieh darauf Schaden thut, zu Erſetzung und beſtaͤndiger Unter-
haltung des Baues angehalten werden foll, und haben diejenige Vaſallen, welchen dergleichen
Schaden von ihren Nachbaren oder eigenen Gemeinden zugefuͤget wird, ſich bei Unſern Krie-
ges- und Domainenkammern zu melden, und alle Aſſiiſtence zu gewaͤrtigen.


X. Da Wir aber nichts vortheilhafter vor die Schiffahrt und Erſparung der Uferbaue, zu
Verhuͤtung der Verſandung des Stromes, der Eisſtopfungen, und der ſchaͤdlichen Inondationen,
auch zu Anbauung nuͤtzlicher Wieſen Gruͤnde finden, als daß die großen Kruͤmmen der Fluͤſſe
und deſonders der Oder in gerade Kanaͤle verwandelt, und die alte daher entſtehende alvei
derelicti
zu nutzbaren Lande gewonnen werden, und Wir dieſes ſchon an vielen Stellen Un-
ſerer Aemter zu großem Vortheil des Publici und der Schiffahrt, auch zum Nutzen Unſerr
Domainen haben bewerkſtelligen laſſen, als ſoll einem jeden Unſerer Vaſallen und Staͤnde
die noͤthige Anweiſung gegeben werden, wie er dergleichen neue Leitung des Stromes auf die
beſte und wohlfeilſte Art ausfuͤhren koͤnne. Es muß ſich ein jedes Dominium und Gemeinde,
uͤber deren Grund und Boden ſolcher gerader Kanal gehen muß, ſolches nicht allein gefallen
laſſen und das Land dazu willig hergeben, ſondern auch nach geſchehener Unterſuchung und
erfolgten
[105]Verordnungen.
erfolgten Deciſion dasjenige, was einen jeden zugetheilet wird an Koſten dazu, als zu einer
zu ſeinem eigenen und des ganzen Publici Beſten gereichende Sache erlegen.


XI. Da auch die Anbauung des Strauchweidichts an der Oder und an allen an-
dern Fluͤſſen von ſehr großen Nutzen iſt, indem der Vortheil davon nicht allein zum Ge-
brauch bei allerhand Waſſerbauen, Zaͤunen und dergleichen in der Wirthſchaft klar am Tage
lieget, ſondern auch an die Korb und Flechtmacher, desgleichen an die Boͤttcher zu Reifſtaͤben
vieles gegen gute Bezahlung verkauft, und wenn es ſonſt nirgends anzubringen waͤre, als
gutes Brennholz eingeſchlagen werden kann, ſo ordnen und befehlen Wir hierdurch aufs
nachdruͤcklichſte, daß hinfuͤhro an den Fluͤſſen und Stroͤmen von dieſem nutzbaren Holze, ſo-
wohl auf unſern Aemtern und ſtaͤdtiſchen Kaͤmmereiguͤtern, als auch auf und an allen Stroͤ-
men, welche in Unſern ſouverainen Herzogthum Schleſien befindlich ſind, und Unſern Vaſal-
len geiſtlichen und weltlichen Standes gehoͤren, ſo viel als nur immer moͤglich, angebauet
werden ſoll, um den vorgedachten Nutzen ſich zu erwerben, und dem mehr und mehr einrei-
ßenden Holzmangel auch dadurch einigermaßen abzuhelfen. Jedoch ergiebet ſich aus dem,
was §. 2. verordnet worden, die Nothwendigkeit, daß das an den Ufern und auf den Waſ-
ſerbauen gezogene Weidicht niemals zu hochſtaͤmmigen Baͤumen, oder auch nur zu der Groͤße
gewoͤhnlicher Kopfweiden aufgezogen werde, ſondern es muß ſolches alle 4 hoͤchſtens 6 Jahre
bis an den Erdboden abgehauen, und dadurch zu Wege gebracht werden, daß kein anderes
als biegſames Strauchholz an den Ufern wachſe und aufkomme. Beſonders aber ſollen


XII. An der Oder und allen großen Fluͤſſen in allen Gegenden, wo der Strom eine
uͤberfluͤſſige Breite hat ſaͤmtliche zum Ufer bleibende Sandbaͤnke mit jungen Weidicht bepflanzet
werden. Es kann und ſoll aber dieſe Bepflanzung außer der §. 1. erwehnten Deckung der
Ufer und der §. 10. abgeziehlten Vermehrung des Holzanwachſes, auch folgende Abſichten be-
foͤrdern: 1) daß dadurch der Strom regulairer und von einer gewiſſen proportionirten Breite
gemacht. 2) Der Sand im Strome befeſtiget werde, damit er nicht zum Schaden der
Schiffahrt bald da, bald dorthin getrieben werden kann. 3) Iſt kein beſſer Mittel vorhan-
den, die Stroͤme zu vertiefen, und dadurch auch bei kleinen Waſſer zur Schiffahrt bequem
zu machen, als wenn durch die Anpflanzung des jungen Weidichts dem Strome die uͤber-
fluͤſſige Breite benommen wird. 4) Aber dienet dieſe Bepflanzung der Sandbaͤnke auch dazu,
daß daraus ein guter fruchtbarer Wieſengrund entſtehet, von welchem, wenn er hoch genug
aufgelandet iſt, das Weidicht weggethan, und das beſte Heu darauf gewonnen werden kann.


Wir haben verſchiedentlich auf Unſern Domainenaͤmtern, wie auch bereits auf eini-
O
[106]Zwoͤlftes Kapitel.
gen Kaͤmmereiguͤtern dergleichen Pflanzungen mit hinlaͤnglichen Effect anlegen laſſen, und ob
Wir gleich nicht zweifeln, daß dieſes Unſere Vaſallen aufmuntern wird, an den ihnen gehoͤ-
ren Revieren der Stroͤme und Fluͤſſe ein gleiches zu bewerkſtelligen, ſo haben Wir doch hie-
durch Unſere ernſtliche Willensmeinung denſelben nochmals bekannt machen, und zugleich an-
befehlen wollen, beſonders an der Oder alle dazu ſchickliche Sandbaͤnke mit jungen Weidicht
bepflauzen, und darauf Werder anbauen zu laſſen. Es iſt aber nicht eine jede Sandbank
ohne Unterſchied zu Erreichung dieſes Endzwecks geſchickt, ſondern es wuͤrde aus einer un-
rechten Wahl vielmehr an vielen Orten eine groͤßere Unordnung des Stromes, eine Ver-
ſchlimmerung der Schiffahrt, und Ruinirung vieler nutzbaren Gruͤnde durch Vermehrung des
Abbruchs an den Ufern entſtehen, wenn dergleichen Pflanzungen unbedachtſamer weiſe an dem
unrechten Orte des Stromes angeleget wuͤrden. Wenn demnach


XIII. Jemand Unſerer Staͤnde und Vaſallen an der Oder nnd andern großen Fluͤſ-
ſen conſiderable Sandbaͤnke hat, welche er zum beſten des Publici und der Schiffahrt, auch
zu ſeinem eigenen Nutzen durch die Bepflanzung mit jungen Weidicht in Werder verwandeln
will, ſo ſoll derſelbe, ehe er dazu ſchreitet, Unſerer Krieges- und Domainenkammer des De-
partements ſein Vorhaben anzeigen, welche ihm ſodann durch einen Waſſerbaubedienten un-
entgeldliche Anweiſung geben laſſen wird, in wieweit die Sandbaͤnke auf ſeinen Grund und
Boden bepflanzet werden koͤnnen, und wie die Bepflanzung eigentlich geſchehen muͤſſe, und
da bey Bepflanzung der Sandbaͤnke eine beſondere Methode in Unſern Aemtern beobachtet
wird, welche ſehr wohl anſchlaͤget, und den geſuchten Entzweck gleich im erſten Jahre ver-
ſchaffet, ſo ſind die Waſſerbaubedienten von Unſern Krieges- und Domainenkammern ange-
wieſen, ſolche allenthalben einzufuͤhren, und auf Verlangen einem jeden Privato, einen oder
mehrere von der Art der Bepflanzung unterrichtete Leute zu geben, welche ihren eigenen Leu-
ten auch darinnen Anweiſung geben ſollen. Wuͤrde aber jemand dergleichen Bepflanzung ei-
genmaͤchtig vornehmen, und es wuͤrde befunden, daß ſolche der Regulirung des Fluſſes zu-
widerliefe, oder aber dem Eigenthuͤmer oder den Nachbaren zum Schaden gereichte, ſo ſoll
derſelbe angehalten werden, auf eigene Koſten, das eingeſetzte Weidicht wiederum ausziehen,
und alles in den vorigen Stand ſetzen zu laſſen.


XIV. Wir haben mit beſondern Wohlgefallen vernommen, daß bereits vor Publici-
rung dieſer Unſerer Ufer- Ward- und Hegungsordnung verſchiedene Unſerer Staͤnde und Va-
ſallen dergleichen Bepflanzung der Sandbaͤnke angeleget, und dadurch viele nutzbare Werder
erlanget haben. Wie Wir nun nicht zweifeln, daß dieſe in einer ſo nuͤtzlichen Arbeit ferner
[107]Verordnungen.
fortfahren werden, alſo hoffen Wir auch, daß andere Unſerer Vaſallen und Staͤnde, durch
dieſes gute Exempel aufgemuntert, ſich bemuͤhen werden, in Befolgung dieſer Unſerer aller-
gnaͤdigſten Willensmeinung ihren eigenen Nutzen zu befoͤrdern. Da nun nach den bei Uns
eingelaufenen Berichten der Waſſerbaucommiſſion, beſonders bei Bereiſung der Oder im Jahr
1751 den ſaͤmtlichen an der Oder wohnenden und adcitirten Dominiis und denen ſiſtirten
Wirthſchaftern, Schulzen und Gemeineu in Loco angewieſen worden, was vor Sandbaͤnke,
und in wie weit dieſelben zu bepflanzen und davon Werder anzubauen; So befehlen Wir
hierdurch ſo gnaͤdig als ernſtlich, daß nunmehro alle dieſe Pflanzungen nach Vorſchrift der
Waſſerbaucommiſſion vorgenommen und zu Stande gebracht werden ſollen. Im Fall aber
unterdeſſen ſich der Lauf des Stroms und die Lage der Sandbaͤnke dergeſtalt veraͤndert haͤtte,
daß die Bepflanzung nach der damals angewieſenen Art nicht mehr moͤglich, oder es waͤre
bei einigen in Vergeſſenheit gerathen, wie der Anbau der Werder anzulegen; So haben ſich
ſelbige bei Unſer Kammer des Departements zu melden, welche ihnen die Anweiſung durch
einen der Waſſerbaubedienten nochmals ertheilen laſſen wird. Sollten aber, aller dieſer von
Uns gethanen Erinnerungen ohngeachtet einige Vaſallen und Unterthanen dieſe ſo nutzbare
Bepflanzungen der Sandbaͤnke dennoch unterlaſſen, und dadurch ſowohl die Befoͤrderung ih-
res eigenen Nutzens, als auch die Verbeſſerung der Schiffahrt Unſern Landesgeſetzen entge-
gen aus den Augen ſetzen; So werden Wir die Verfuͤgung machen, daß die deſiderirte Pflan-
zungen durch die Waſſerbaucommiſſion auf ihre Koſten zu Stande gebracht werden ſoll.


XV. Damit aber die auf ſolche Art angebauete Warden, deſto ſicherer fortkommen
moͤgen, ſo wird in Anſehung derſelben hiermit eben dasjenige feſtgeſetzet und alles Ernſtes
verordnet, was ratione der Uferbaue §. 8. befohlen worden, daß nemlich in die mit Weidicht
bepflanzte Sandbaͤnke und die daraus entſtehende Warden durchaus kein Vieh gelaſſen, ſon-
dern ſolche ſorgfaͤltig geſchonet werden muͤſſen. Es iſt daher alles in vorgedachten §. 8. vor-
geſchriebene auch in Abſicht der Warden auf genaueſte zu beobachten. Sollten aber dennoch,
wie bisher zu Unſerm beſondern Mißfallen vielfaͤltig geſchehen, die Paͤchter und Gemeinden
ſtraͤflich fortfahren, die Warden durch ihr Vieh behuͤten und verderben zu laſſen, ſo ſoll der
Schade ſogleich taxiret, mit barem Gelde Unſerer Wardcaſſe verguͤtet, und der Beamte noch
dazu in eine nahmhafte Geldſtrafe condemniret, von der Gemeinde aber, nachdem vorher der
verurſachte Schaden bezahlet worden, der Schulze und ein Gerichtsmann nebſt dem Hirten
auf eine Zeitlang zum Arbeitshaus oder Veſtungsbau gebracht werden. Eine gleiche Bewand-
niß hat es mit den Daͤmmen, als wovon gleichfalls alles Vieh, und beſonders die Schweine,
O 2
[108]Zwoͤlftes Kapitel.
ſorgfaͤltig abgehalten werden muͤſſen. Zu beſſerer Beobachtung und Hegung aller Warden-
pflanzungen, Uferbaue und Daͤmmen haben Wir in unſern Aemtern und Staͤdten beſondere
Wardaufſeher beſtellet, und ſelbige gehoͤrig mit Inſtruktion verſehen. Wir befehlen demnach
allen Unſern Vaſallen, Beamten, Magiſtraͤten in den Staͤdten, Schulzen und Gerichten auf
den Doͤrfern, dieſen von Uns angeſetzten Wardaufſehern, wenn ſie jemand bei Beſchaͤdigung
unſerer Warden, oder einiges Vieh darinnen betreffen, und ſich bei ihnen melden, alle Aſſt-
ſtence zu leiſten, die Verbrecher zur gebuͤhrenden Strafe zu ziehen, und ſie zu Erlegung des
in der Inſtruktion ausgeſetzten Pfandgeldes anzuhalten. Uebrigens verſtehet es ſich von ſelbſt,
daß die Warden und Pflanzungen, ſo Unſern Vaſallen geiſtlichen und weltlichen Standes ge-
hoͤren, eben ſo ſorgfaͤltig als auf Unſern Aemtern und ſtaͤdtiſche Revenuͤen gehuͤtet und ge-
huͤtet und geſchonet werden muͤſſen, weil an Regulirung der Fluͤſſe und deren Schiffbarma-
chung dem Publico und Commercio allzuviel gelegen. Und da ein jeder Eigenthuͤmer durch
die Acquiſition ſothane Warden und Wieſengruͤnde ſelbſt gewinnet, ſo haben Wir zu jedem
Dominio das Vertrauen, es werde ſich die gute Hegung der Warden und Pflanzungen, ſo-
wol in Anſehung ſeiner, als der Gemeinde beſtens angelegen ſeyn laſſen, wie Wir denn ei-
nem jeden die Aſſiſtence unſerer Krieges- und Domainenkammern hiermit verſprechen, falls
deſſelben Nachbaren, oder einige Unterthanen hierunter Schaden zufuͤgen ſollten.


XVI. Wir ordnen und ſetzen dahero auch ferner hierdurch ein vor allemal feſt, daß
wenn ein oder anderes Dominium auf ſeine Koſten dergleichen Warden, und die mit der
Zeit daraus entſtehende Wieſengruͤnde zu ſtande gebracht hat, ſelbigem alles Holz, Gras und
was ſonſt darauf waͤchſet, lediglich und allein verbleiben, und weder deſſen Unterthanen,
noch ſelbſt jemand anders ihm darinnen im geringſten beeintraͤchtigen ſoll, wenn auch gleich
ſonſt deſſen Unterthanen, oder irgend ein anderer die Gerechtigkeit haͤtte auf den uͤbrigen Ge-
genden der herrſchaftlichen Feldmark zu huͤten, zu graſen und zu holzen.


VXII. Eben ſo ernſtlich wollen Wir daruͤber gehalten haben, daß ſowohl von den
Warden in Unſern Aemtern, als auch von denjenigen, welche den Kaͤmmereien und Unſern
Vaſallen, Staͤnden und andern Privatis gehoͤren keine Korb- Kober- und Flechtmacher-Ru-
then, Reiffenſtaͤbe, oder anderes dergleichen Holz entwendet werde. Und da nach der bishe-
rigen uͤbeln Gewohnheit, beſonders die Fiſcher, Schiffer, Matatſchen oder Holzſchwemmer
bald an dieſen, bald an jenem Werder anlegen, von ſelbigen große Quantitaͤten dergleichen
Holzſorten, ja ſelbſt zum Waſſerbau angefertigte Faſchinen und Buͤhnenpfaͤhle entwenden, und
ſolche demnaͤchſt bei der erſten Gelegenheit in den Staͤdten, oder ſonſt an die Handwerksleute
[109]Verordnungen.
verkaufen, ſo ſollen alle Acciſe- und Zollbedienten, wie auch alle Inſpektores der Packhoͤfe,
Schiffsabladungen und Niederlagen, nebſt deren Unterbedienten hiemit ernſtlich befehliget ſeyn,
auf diejenigen Fiſcher, Schiffer oder Holzfloͤſſer wohl Achtung zu geben, welche von den
vorhin gedachten Holzſorten bei ſich fuͤhren, und Falls ſie ſich nicht durch ein guͤltiges Atteſt
legitimiren koͤnnen, daß ſie dergleichen Ruthen, Reiffenſtaͤbe, und anderes Faſchinen- oder
Buͤhnenpfaͤhleholz von jemanden rechtmaͤßigerweiſe erkaufet haben, ſo ſoll ihnen das Holz
nicht allein weggenommen und confiſciret, ſondern ſie auch nach befundenen Umſtaͤnden mit
dem Zuchthauſe, oder Veſtungsbau beſtraft werden, welche Ahndung auch diejenige Fiſcher,
Schiffer und Holzfloͤſſer, welche auf den Warden und an den Ufern die Waſſerbaufaſchinen,
Buͤhnenpfaͤhle, Hegezaͤune etc. darniederreißen, oder verbrennen, außer dem dreifachen Erſatz
des verurſachten Schadens, ohnausbleiblich zu gewaͤrtigen haben.


Koͤnigl. Preußiſche Teich- und Ufer- auch Graben- und Wege-Ord-
nung, in dem, auf beiden Seiten der Oder, zwiſchen Zellin und
Oderberg belegenen neu bewallten und urbar gemachten Nie-
der-Bruch
. De dato Berlin den 23. Januari 1769. (211. S. Fol.)


Cap. 3 .. Die Intereſſenten ſollen an jeder Seite am Fuß der Daͤmme eine Reihe
Weiden, und 12 Fuß davon noch eine Reihe dergleichen, folglich auf beiden Seiten vier Rei-
hen gehoͤrig zu ſetzen und beſtaͤndig im Wachsthum zu erhalten haben, um dadurch das zu
Anlegung der noͤthigen Packwerke erforderliche Strauch zu zuziehen und zu erhalten.


Cap. 4. Von Vefeſtigung der Ufer und Daͤmme, ſo vom Oder-Strome angegriffen werden.


Da durch den Anfall und die Rapiditaet des Stromes an ſolchen Stellen wo der-
ſelbe gegen die daran belegenen Ufer und Daͤmme arbeitet, ſelbige ſehr mitgenommen und ab-
geſpuͤlet werden, folglich von keinem Beſtande ſeyn koͤnnen, wann nicht dagegen in Zeiten
gehoͤrige Vorkehrung geſchiehet, ſo verordnen Wir, daß wenn bei dem Teich-Schauen befun-
den wird, daß der Strom ſich den Teichen nahet, und bereits das Vorland weggefreſſen,
auch zu befuͤrchten, die Teiche ſelbſt moͤgten weggeriſſen, oder unterminiret werden, ſodann
auf Ermeſſen und Gutfinden dererjenigen, ſo zur Teich-Schau beſtellet ſind, dergleichen Ufer
mit Packwerken, Fluͤgeln und andern dem Strome widerſtehenden Werken verſehen werden
ſollen, damit den ſchaͤdlichen Abbruͤchen des Ufers, nicht allein vorgebauet, ſondern der
Strom auch abgewieſen werde, und die Teiche wiederum Vorland und genugſamen Schutz
[110]Zwoͤlftes Kapitel.
vor der androhenden Gefahr bekommen moͤgen. Zu dergleichen Pack- und Buhnen-Werken
ſollen die Intereſſenten die Materialien-Fuhren, nach der von dem Teich-Haupt-
mann zu machenden und auszuſchreibenden Repartition, wobei derſelbe die moͤglichſt genaue
Billigkeit und Gleichheit zu beobachten hat, ſolche auch, wo nicht periculum in mora vor-
handen, und die Anlegung eines ſolchen Werks, bei der Teichſchau beſchloſſen wird, alsdenn
mit zu reguliren iſt, ohnentgeldlich verrichten und alſo nur das Arbeitslohn und an-
dern mit baarem Gelde zu beſtreitenden Ausgaben aus der zu errichtenden Teich-Caſſe ge-
nommen werden, das dazu erforderliche Baum- Pfahl- und Faſchinenholz, wollen Wir, bis
hinlaͤnglich Weidenholz und Strauch im Bruch angepflanzt, und angewachſen ſeyn wird, fer-
nerhin allergnaͤdigſt, aus Unſern Freienwald- und Neuenhagen- Lietzegoͤrick- und Stolpiſchen
Forſten, nach Gelegenheit- wie eine oder die andere ſolcher Forſten, der Bauſtelle am naͤch-
ſten iſt frei vom allen Holz, und Stammgelde allergnaͤdigſt hergeben, und anweiſen laſſen.
Damit indeſſen das Bruch ſelbſt kuͤnftig, wo nicht ganz und gar, doch zum groͤßten Theil,
ſich mit dem, zu dem Pack- und Buhnenwerken noͤthigen Holz helfen koͤnne, und den Inte-
reſſenten die entlegenen Materialien-Fuhren dereinſt erleichtert werden, ſollen nicht allein die
Pack- und Buhnenwerke ſondern auch, wenn der Strom den Sand dahinter wirft, ſolche,
imgleichen die Daͤmme, nach der gegebenen Vorſchrift, mit Satzweiden, mit jungen Werder-
weiden bepflanzet werden, und damit dieſe Bepflanzungen, durch das Vieh nicht wieder ab-
gehuͤtet, und verderbet werden moͤgen, ſo ſollen ſolche bepflanzte Sandbaͤnke und Packwerke,
durch lebendige Zaͤune oder Ruͤckwerke gehoͤrig abgeheget ſeyn, und vor aller Viehtrift und
Behuͤtung beſtaͤndig geſchonet bleiben.


Weil auch zu Anlegung der Packwerke vieles Reisholz erfordert wird, ſo hat beſon-
ders die Teichſchau dafuͤr zu ſorgen, und ſich aͤußerſt angelegen ſeyn zu laſſen, daß ſobald
in dem Oderſtrom oder dem großen Kanal ſich Sandfelder anſetzen, ſolche, wenn ſie derge-
ſtalt ſituiret ſind, daß dem gegenuͤber liegenden Ufer dadurch nichts nachtheiliges zuſtoßen
kann, mit Werderweiden bepflanzet, und wo es thunlich faͤllt, am feſten Ufer enclaviret, und
beſtaͤndig zum Buſchwachs vom Vieh geſchonet werden.


Was aber ſowohl die Buſchweiden, als die, neben den Daͤmmen in verſchobenen
Quadraten gepflanzten und noch fernerhin zu pflanzende Weiden auf der Intereſſenten Grund-
ſtuͤcke betrift, ſo verbleibt ihnen zwar das Eigenthum und die Nutzung ſolcher Weiden,
jedoch ſollen ſie ſelbige nicht nur beſtaͤndig zu unterhalten, mithin ſtatt der ausgegangenen
oder fehlenden, andere anzupflanzen ſchuldig ſeyn, ſo[n]dern auch in Anſehung der Kappung,
[111]Verordnungen.
ſelche in Vier Schlaͤge eintheilen, mithin jaͤhrlich nur ein Viertheil davon kappen, nicht
minder ſollen die Teichbedienten befugt ſeyn, bei großem Waſſer, in Nothfaͤllen ſolche Wei-
den zu Faſchinen und Pfaͤhlen, ohne daß der Eigenthuͤmer zufoͤrderſt daruͤber beſprochen wer-
den darf zu kappen, es muͤſſen aber dieſelben, nachdem ſolches geſchehen, dem Eigenthuͤmer
davon Nachricht geben, welcher denn, da jeder Intereſſent bei ſeiner Dammcavel die noͤthi-
gen Pfaͤhle und Faſchinen bei hohem Waſſer, und beſorglicher Gefahr mitbringen und in Be-
reitſchaft halten muß, von denjenigen, welche es hieran ermangeln laſſen, und daher die
Kappung fremder Weiden verurſachet haben, dem Eigenthuͤmer die Verguͤtigung davor, nach-
dem bei der naͤchſten Teichſchau zu ermeſſenden Werthe zu gewaͤrtigen hat.


Cap. 5. Von den Deichbedienten und deren Funktion.


1. Ein Deichhauptmann
welcher nicht allein im Oderbruche angeſeſſen und vollkommene Kenntniß von Beſchaffenheit
des Oderſtromes und beiderſeitigen Oderbruͤchern, zwiſchen Zellin und Oderberg, ſondern auch
vom Teich- und Buhnenbau, und was ſolchem anhaͤngig, imgleichen, wie ſaͤmmtliche Haupt-
und Abzugsgraben jederzeit rein und in gutem Stande zu erhalten, gehoͤrige Wiſſenſchaft ha-
ben, und deſſen Verrichtungen in folgenden beſtehen ſoll.


1) Er hat die Oberaufſicht und Direktion uͤber alle uͤbrige Teichbediente; daher er


2) dahin, daß ein jeder derſelben, nach der ihm obliegenden Funktion in allem, ſeine
Schuldigkeit thun, mit Fleiß ſehen, diejenigen, welche ſich unrecht nehmen
zurecht weijen, die Nachlaͤßigen aber zu Beobachtung ihrer Pflicht ernſtlich an-
halten, und wann ſie ſich nicht beſſern, zur weitern Remedur an die Kurmaͤrk-
ſche Krieges- und Domainenkammer berichten muß.


3) Gebuͤhret ihm, in den angeordneten Jahreszeiten, die Teich- und Grabenſchau
auszuſchreiben, zu dirigiren, und dabei ſowohl ſelbſt vorſchriftsmaͤßig zu verfah-
ren, als auch darauf zu halten, daß es von den uͤbrigen, welche ſolchem Ge-
ſchaͤften beiwohnen, geſchehe.


4) Hat derſelbe auf die Teichkaſſe, deren Ordnung nnd Richtigkeit, und daß damit
keine Unterſchleife und Verſuren begangen werden koͤnnen, genaue Obacht zu
nehmen, auch des Endes ſolche von Zeit zu Zeit zu viſitiren und den Beſtand
nachzuſehen, und ſoll er es gegen die Intereſſen zu verantworten haben, wenn
dieſelben hierbei durch von ihm unterlaſſene Vigilance gefaͤhrdet werden.


[112]Zwoͤlftes Kapitel.

5) Soll er ſich nicht bloß damit begnuͤgen, daß die Teichinſpektores die Maͤngel
an Teichen, Buhnen, Graben und Wegen, was denenſelben abzuhelfen erfor-
derlich, und was hierauf geſchehen, ihm anzeigen, ſondern er muß, wenn es
Hauptgebrechen ſind, ſolche ſelbſt zu examiniren, und die dawider zunehmende
Maaßregeln und Mittel wohl erwegen, und [darauf] ſeine eigene beſondere Auf-
merkſamkeit wenden, daß ſelbige ſo wie es ſich gehoͤret, tuͤchtig und zuverlaͤßig
ausgefuͤhret werden, weshalb er denn dahin ſehen muß, daß die Teiche, Gra-
ben, Schleuſen, Bruͤcken und Wege in gutem Stande und reine gehalten wer-
den, wie denen Daͤmmen, wo es noͤthig zu helfen, inſonderheit dem eindringen-
den und das Ufer angreifenden Strom, mit zuverlaͤßigem Effekt und moͤglichſter
Menage zu begegnen, anzugeben, die hierzu von den Teichinſpektoren anzuferti-
genden Anſchlaͤge genau zu revidiren, bei der naͤchſten Teichſchau, in ſo fern
die Arbeit ſo lange Anſtand haben kann, vorzulegen, wenn der Nothdurft
nach, ein Pack- oder Buhnenwerk anzulegen beſchloſſen wird, mit Zuziehung
des Teichinſpektoris, ſelbiges iu loco abzuſtechen, den Bau, wie ſolcher zu fuͤh-
ren anzuordnen, auch ſelbigen von Zeit zu Zeit zu beſuchen; ferner die von dem
Teichinſpektore von Hauung und Anfuͤhrung der Materialien; imgleichen von
Arbeitslohn anzufertigenden Wochenzettel und Arbeitsliſten zu revidiren; dem-
naͤchſt die hierauf zu beſchehende Zahlung an den Teichrentmeiſter zu aſſigniren,
und daß auf ſeine Aſſignationen die Fuhr- und Arbeitsleute promt und richtig
bezahlet werden, zu ſorgen hat.


6) Lieget ihm ob, da zu Fruͤhjahrzeiten und bei Eisgaͤngen vorzuͤgliche Aufmerkſam-
keit und Geſchwindigkeit noͤthig iſt, ſobald großes Waſſer zu vermuthen iſt, von
Breslau, Croſſen und Landsberg an der Warthe, uͤber den dortigen Anwachs
oder Fall des Waſſers, damit hiernach im Bruch die erforderlichen Anſtalten
zeitig vorgekehret werden koͤnnen, fleißig und dem Erfordern nach poſttaͤgliche
Nachricht einzuziehen, und den Teichinſpektoren zu communiciren, bei entſtehen-
den Eisgaͤngen den Strom fleißig zu viſitiren, wo ſich der Anſchein zu nach-
theiligen Eisſtopfungen zeigt, die Heranſchaſſung der noͤthigen Bretter, Pfaͤhle,
des Miſts, Strohes etc. durch die Intereſſenten, damit oberhalb der Eisſtopfung
den Ueberlauf des Waſſers vorgekehret werde, zu beſorgen; vornemlich auch,
ſobald das Waſſer ſo hoch angewachſen, daß die Daͤmme nur noch 1½ bis 2
Fuß
[113]Verordnungen.
Fuß Bord haben, die Teich-Wachen auszuſchreiben, und durch die Teich-In-
ſpectores auf die Daͤmme anſtellen zu laſſen, nicht weniger die Intereſſenten zu
Heranbringung einiger Fuder Miſt und der noͤthigen Bretter und Pfaͤhle auf
die ihnen zugetheilten Daͤmme anzuhalten, und die Daͤmme, nebſt den darauf
angeſtellten Wachten zu Tage und Nacht oͤfters ſelbſt zu viſitiren und viſitiren
zu laſſen, damit uͤberall, wo die Noth vorhanden, die promteſte Anordnung und
Huͤlfe geſchehen koͤnne.


7) Hat derſelbe auch beſonders der Zuziehung des Weidenbuſches und der Schonung
deſſelben; desgleichen


8) Daß den Anbothen der jedesmahligen Deich- und Grabenſchau promtes und voͤl-
liges Genuͤge geſchehe und mit den Zoͤgernden oder Widerſpenſtigen, ohne Anſe-
hen der Perſon, vorſchriftsmaͤßig verfahren werde, fleißig wahrzunehmen; Wie
er denn endlich


9) [Ueberhaupt], ſowohl dieſer Deichordnung uͤberall nachzuleben, als darauf, daß
ſolches von den Intereſſenten und uͤbrigen Deichbedienten geſchehe, zu halten
ſchuldig iſt.


2. Zwei Deichinſpektoren,
welche eben ſowohl, wie der Deichhauptmann gute Kenntniß von Waſſerbau, dem Oderbruch
und deſſen angelegten Werken, dabei aber auch inſonderheit die Land-Meßkunſt und das Ni-
velliren, theoretiſch und praktiſch wohl verſtehen muͤſſen, und beſtehet ihre Funktion darin:


1) Sollen ſie, auf die ihnen ſubordinirte Damm- Buhnen- und Grabenmeiſter,
daß dieſelben in allem ihre Pflicht thun, genaue Acht haben, ſie bei Damm-
und Grabenarbeiten, damit ſolche nicht untuͤchtig gerathen, oder verdorben wer-
den, an- und zurecht weiſen, und diejenigen, die ihrer Schuldigkeit entgegen
handeln, dem Deichhauptmann zur weitern Verfuͤgung anzeigen.


2) Muͤſſen ſie, ein jeder in ſeinen Diſtrikt, die Daͤmme und Graben fleißig bereiſen,
den Mißbraͤuchen und Contraventionen wider die Deichordnung, welche ſie be-
merken, ſofort ſteuren, auch, in ſo ferne deshalb Strafen und weitere Verfuͤ-
gung erforderlich, ſolche den Deichhauptmann anzeigen, alle Maͤngel und Ge-
brechen an Daͤmmen, Ufern und Graben bemerken, davon dem Deichhaupt-
mann Bericht erſtatten, wenn ſie zu Abwendung eines beſorglichen groͤßeren
Schadens die Anlegung oder Verſtaͤrkung eines Werks noͤthig finden, was, und
P
[114]Zwoͤlſtes Kapitel.
wie es anzurichten in einer gruͤndlichen demonſtrativiſchen Ausfuͤhrung, nebſt ei-
nem genauen Anſchlage der Koſten, dem Deichhauptmann vor der naͤchſten
Deichſchau vorlegen, damit, wenn es bis dahin Anſtand nehmen kann, der zu
unternehmende Bau und deſſen Nothwendigkeit alsdann, den Intereſſenten be-
kannt gemacht und beſchloſſen werden koͤnne.


3) Muͤſſen ſie den Deichſchauen beiwohnen, und dasjenige, was kurz vorhero er-
wehnet gehoͤrig obſerviren.


4) Nach den Deichſchauen nicht nur dahin ſehen, daß dem geſchehenen Angebothen
zu gehoͤriger Zeit genuͤget werde, ſondern auch auf die Arbeit bei neu anzule-
genden Werken, eine dergeſtaltige Aufſicht haben, daß nichts uͤberhin gemacht,
und verpfuſchet werde, daß unter andern die Faſchinen zu den Packwer-
ken 6 bis 8 Fuß lang, einen guten Fuß im Durchmeſſer dick, mit
Zwei Weiden gebunden, die Pfaͤhle 4 bis 5 Fuß lang
von gehoͤriger
Staͤrke genommen, die Packwerke tuͤchtig verbunden, mit zureichender Erde be-
ſchweret, zuletzt mit gruͤnen Spretlagen von Weidenbuſch, zum Auswachſen
bedeckt, mit lebendigen Zaͤunen oder Ruͤckwerken fuͤr das Vieh verwahret wer-
den, und was uͤberhaupt bei Waſſerwerken nach den Regeln der Kunſt und be-
waͤhrten Erfahrung zur Tuͤchtigkeit und Beſtaͤndigkeit dienlich, nicht unterlaſſen
werde, allermaßen alles daran gelegen, daß bei ſolchen Werken, wo die Grund-
fehler bei der Fortſetzung des Baues nicht weiter geſehen worden, und ſich
nun erſt durch einen ſehr ſchaͤdlichen Effect zeigen, ſowohl in der Anlage, als
in der Ausfuͤhrung nichts verſehen werde; daher denn auch die Deichinſpekto-
res, ein jeder in ſeinem Diſtrikt fuͤr ſolche unter ihrer Aufſicht gemachten Ar-
beiten, denen Intereſſenten zu repondiren haben.


5) Sollen ſie darauf ſehen, daß bei dergleichen Arbeiten keine Unterſchleife geſche-
hen, und von Hauung und Anfuͤhrung der Materialien, imgleichen vom Ar-
beitslohn, die Wochenzettel und Arbeitsliſten, welche ihre eigene Wiſſen-
ſenſchaft, und nicht bloß Angabe der Dammeiſter oder Arbeits-
leute,
zur Verhuͤtung des Betruges erfodern, genau anfertigen, und dem
Deichhauptmann zur Reviſion und Aſſignation der Zahlung zuſtellen.


6) Haben dieſelden uͤber die Geraͤthſchaften, ſo ihnen aus dem Materialienmagazin,
von dem Materialienmeiſter, zu der Arbeit in ihrem Diſtrikten abgefolget wer-
[115]Verordnungen.
den, richtige Annotationes zu halten, und bei deren Zuruͤcklieferung mit dem
Materialienmeiſter ſich daruͤber zu berechnen, auch darauf zu ſehen, und durch
die ihnen untergeordneten Bedienten ſehen zu laſſen, daß ſolche wirthſchaftlich
gebraucht, und nicht muthwillig verderbet, die Ausbeſſerungen daran, zu rech-
ter Zeit, tuͤchtig, und mit moͤglichſter Sparſamkeit beſorget, ſelbige auch nach
vollendetem Gebrauch richtig wieder abgeliefert, die durch natuͤrliche Abnutzung
entſtandene Abgaͤnge aber bemerkt, und dem Materialienmeiſter zur anderweiti-
gen Anſchlagsmaͤßigen Anſchaffung angezeiget werden.


7) Liegt ihnen ob, auf die [Vermehrung] und Unterhaltung der Weiden zu halten,
mithin bei den Bereiſungen ihrer Diſtrikte beſondere Aufmerkſamkeit darauf zu
richten; nicht minder, wenn ſie Unordnungen und Unrichtigkeiten bei der Deich-
kaſſe bemerken, ſolches ſofort dem Deichhauptmann anzuzeigen.


8) Bei großem Waſſer, zu Fruͤhjahrszeiten und bei Eisgaͤngen ſind ſie nicht nur
ſchuldig, alles, was dem Deichhauptmann vorgeſchrieben iſt, zu beobachten,
ſondern ſie muͤſſen auch viel oͤfters, als derſelbe, und wo es die Noth-
wendigkeit, abſonderlich an gefaͤhrlich ſcheinenden Orten, beſtaͤndig bei der Hand
ſeyn, um die noͤthigen Gegenanſtalten anzuordnen, die promteſte Ausfuͤhrung
derſelben, und alles deſſen, was der Deichhauptmann verfuͤget, bewuͤrken, die
von ihnen auszuſtellende Deichwachten zu Tage und zu Nacht fleißig viſtitiren,
und uͤberhaupt keine Vorkehrungen unterlaſſen, welche die Beſchaffenheit der
Umſtaͤnde in ſolchen, dem Bruche gefaͤhrlichen Zeiten, von einem rechtſchaffe-
nen Deichbedienten, auf deſſen Einſicht, Vigilanz und Betriebſamkeit, alsdenn
das Wohl und Wehe ſo vieler Intereſſenten ankommet, erfordert.


9) Haben ſie endlich die Verfuͤgung des Ihnen vorgeſetzten Deichhauptmanns, uͤber-
all genaue Folge zu leiſten, und uͤberhaupt ſowohl ſelbſt dieſer Deichordnung
genau nachzukommen, als auch dahin, daß es die Intereſſenten und die ihnen
untergeordnete Deichbedienten thun, zu ſehen.


3. Ein Deichrentmeiſter
welcher zugleich das Amt eines Deichſekretarii und Materialienmeiſters mit verſiehet ....


4. Sechs Dammeiſter,
.... deren Verrichtungen hauptſaͤchtlich darin beſtehen, daß ſie nicht allein bei denen vor-
kommenden Reparaturen der Daͤmme, dem Intereſſenten und deren Arbeitern die gehoͤrige
P 2
[116]Zwoͤlftes Kapitel.
Anweiſung geben, und dahin unablaͤſſig zu ſehen, das ſolche tuͤchtig, und in beſtimmter Zeit
bewerkſtelligt werden, oder falls ſich dieſelben dabei ſaͤumig bezeigen, davon ſofort dem Deich-
hauptmann und Deichinſpektor benachrichtigen, ſondern auch bei denen anzurichtenden Pack-
und Buhnenwerken in ſo fern es nur immer ihr uͤbriger Dienſt zulaͤßt, beſtaͤndig gegenwaͤr-
tig ſeyn, und ſich hauptſaͤchlich dahin beſtreben, daß dazu tuͤchtige Materialien in vorgeſchrie-
bener Staͤrke gehoͤrig angerichtet, ſolche bei deren Anfertigung richtig aufgezaͤhlet, auch der-
geſtalt dem Deichinſpektor angegeben, desgleichen gehoͤrig angefahren, an der Bauſtelle wie-
der accurat abgezehlet, darnechſt bei den Pack- und Buhnenwerken ordentlich verleget, mit
Bandwiepen und Pfaͤhlen tuͤchtig befeſtiget, mit zureichender Erde beſchweret, und auf ſolche
Art damit ſo lange, bis ſie ihre vollkommene Hoͤhe erreichet, fortgefahren werde.


Ferner hat ein jeder von ſeinem Revier, dem Deichinſpektor alle Sonn-
tage Nachricht zu geben, was die darin vorſeyende Arbeit fuͤr Fortgang hat, oder zu
deren beſſern Betreibung weiter zu verfuͤgen, erfodere wuͤrde: Wie ſie denn auch die Tage-
loͤhner bei der Arbeit zum gehoͤrigen Fleiß anzuhalten, ſolche Tag vor Tag genau zu noti-
ren, gleich Anfangs der Arbeit, die Arbeiter namentlich zu benennen, und wenn waͤhrend
derſelben, welche ab- und andere zukommen ſollten, ſolche allemal mit aufzufuͤhren, und da-
von des Sonnabends die Wochenliſte dem Deichinſpektor einzureichen haben.


Nicht weniger iſt ihre Pflicht, daß ſie bei anwachſendem Waſſer und ſich ereignen-
den Eisgaͤngen, ſobald als Gefahr zu beſorgen, die Oderdaͤmme, ſo wohl Tages als
Nachts fleißig viſitiren und deren Beſchaffenheit ihren Deichinſpektor taͤglich benach-
richtigen, wann Eisſtopfungen oder ſonſt vom großen Waſſer bei dem Damm Gefahr zu
beſorgen, und zu deſſen Vorkehrung allerhand Materialien, an Brettern, Miſt, Pfaͤhlen, Fa-
ſchinen und dergleichen, durch die Intereſſenten auf die Daͤmme zu bringen, auch die Deich-
wachen zu beſtellen ſeyn, ſich die Heranbringung beſagter Materialien dergeſtalt angelegen
ſeyn zu laſſen, und dabei die Wachen nach Anordnung des Deichhauptmanns oder Deichin-
ſpektoris dergeſtalt anzuſtellen, daß aller Gefahr vorgebeuget, und der Effekt der gemachten
Gegenanſtalten erreichet werde, zu welchem Ende ſie, in ſolchen gefaͤhrlichen Zeiten beſtaͤndig
auf den Daͤmmen bei der Hand ſeyn, auf alles Acht haben, die Anordnungen ſofort aus-
richten, die Arbeiter, wie ſie ſich zunehmen anweiſen, und ihre Poſten, ſo viel nur im-
mer moͤglich iſt, gar nicht verlaſſen muͤſſen, als worauf die Deichinſpektores
alsdenn beſonders mit Acht zu geben, und diejenigen, welche es hierunter er-
mangeln laſſen, zu ihrer verdienten Beſtrafung anzuzeigen, verbunden ſind; desgleichen ſind
[117]Verordnungen.
ſie ſchuldig, vor die Zuziehung des Weidenbuſches, ſo wohl in Anſehung der, laͤngſt den
Daͤmmen gepflanzten Weiden, als derer, ſo auf den Vorlanden ausſchlagen, zu ſorgen, und
fleißig Acht zu haben, daß davon durch Niemanden etwas entwendet, und dergleichen be-
wachſene Flecken mit Vieh nicht betrieben werden, ſobald ſie auch darwider einige Contra-
venienten antreffen, muͤſſen ſie dieſelben ſofort pfaͤnden, und dem Deichhauptmann zur Beſtra-
fung nahmhaft machen; nicht minder haben ſie davor zu ſorgen, daß die im Strom, ohn-
weit dem Ufer ſich anſetzende Sandbaͤnke und Felder, nach Anordnung des Deichinſpektoris
mit gruͤnen Werderweidenbuſch bepflanzet, und vom Vieh geſchonet werden; wenn auch der
Deichhauptmann noͤthig erachtet, einige ſich etwa findende Moroſe-Intereſſenten und andere
ſtraffaͤllige, zu Befolgung ihrer Schuldigkeiten mit Excekution und zwar durch ſie zu belegen,
ſolche auf ſeinen Befehl jedesmal unweigerlich und promt bewerkſtelligen, wie ſie denn end-
lich uͤberhaupt ihren Vorgeſetzten, Achtung und Gehorſam ſchuldig ſind, und ſowohl ſelbſt
ſich genau nach der Deichordnung richten, als auch auf die Contravention Acht haben, und
ſolche den Deichinſpektoren anzeigen muͤſſen.


5. Zwei Grabenmeiſter ....


Koͤnigl. Preußiſche Waſſer- und Uferordnung fuͤr den Rheinſtrom,
in dem Herzogthume Cleve und dem Fuͤrſtenthume Meurſ.
De
Dato
Berlin den 2ten December 1774. (40. S. 1. Kupf. Fol.)


§. 1. Die Veraͤnderungen an den Ufern der Stroͤme durch Abbruch und Anwachs,
entſtehen dadurch: daß ſie einen ſchlangenfoͤrmigen Lauf, und die groͤßeſte Tiefe ihres Fluß-
bettes nicht in der Mitte haben, ſondern dieſe allezeit, und mit ſelbiger die Gewalt des Waſ-
ſers, bei dem einen Ufer naͤher, und von dem andern gegenuͤberliegenden Ufer mehr entfernt
iſt, maßen, wenn die Stroͤme in gerader Linie floͤſſen, und die groͤßeſte Tiefe in der Mitte
haͤtten, weder Abbruch noch Anwachs entſtehen wuͤrde.


§. 2. Nun aber entſtehet im erſten Falle, wo nemlich die mehreſte Tiefe, der Anfall und
Druck des Waſſers dem einen Ufer naͤher iſt, ein abbrechendes Ufer, auf welches der Strom
anfaͤllt, deſſen Erdreich abreißet, und ſothanes Ufer nach dem Strome ausgebogen machet.
In dem andern Falle aber, wo der Strom und deſſen Tiefe, mithin die Gewalt des Waſſers,
von dem Ufer abweichet, wie bei dem, dem abbrechenden gegenuͤberliegenden eintrift, ein an-
wachſendes, nach dem Strome ſich einbiegendes Ufer.


[118]Zwoͤlſtes Kapitel.

§. 4. Es entſtehet alſo aus dem Abbruch eines Ufers oberhalb, der Anwachs von dem
nemlichen Ufer unterhalb, und zwar je ſtaͤrker der Abbruch oberhalb iſt, deſto ſtaͤrker wird
der darauf folgende Anwachs unterhalb.


§. 5. Hieraus folget, daß je groͤßer der Anwachs eines Ufers an der einen Seite iſt,
deſto groͤßer wird der Abbruch des entgegen liegenden Ufers, auf der andern Seite.


§. 6. Es folget alſo ferner hieraus, daß ein jedes anwachſendes Ufer ein abbrechen-
des Ufer gegen ſich uͤber liegen hat, et vice verſa.


§. 7. Dieſe Veraͤnderungen der Ufer dirigiren den Strom, und verurſachen, daß deſſen
Lauf, je laͤnger, je kruͤmmer wird, folglich je laͤnger, je mehr Abbruͤche und Anwaͤchſe for-
miret; denn, es iſt aus dem vorigen §. 5. evident: daß, ſo ſehr wie der Anwachs zunimmt,
ſo ſehr wird der Strom nach der andern Seite, in das abbrechende Ufer uͤbergedrungen, und
ſein Lauf mehr gekruͤmmet.


§. 8. Weil die Abbruͤche und Anwaͤchſe, eines und deſſelben Ufers, von oben, mit dem
Lauf des Stromes nach unten zu, ihre Seriem fortſetzen: ſo folget hieraus, daß der Unter-
theil des Abbruchs, nach und nach den darauf folgenden hervorragenden Obertheil des An-
wachſes angreifet, und die Materie, ſo er da abbricht, im Fall das darauf folgende einwaͤrts
ſich zuruͤck ziehet, oder, im Abbruche begriffen iſt, an dem Untertheile deſſelben laͤngſt der
hervorſtehenden Linie, in dem darauf folgenden Abbruche niedergeleget; mithin dienet der Un-
tertheil eines jeden anwachſenden Ufers allemal zu Deckung des Obertheiles des darauf fol-
genden abbrechenden oder ſich zuruͤckziehenden Ufers, woferne nicht eine Inſel oder gegenuͤber
angelegte Kribbe, oder eine Hervorragung des gegenuͤberliegenden Ufers, ſolches verhindert.


§. 9. Es ſind alſo die Anwaͤchſe an ihrem Obertheile ſchaͤdlich, weil ſie den Strom in das
gegenuͤberliegende abbrechende Ufer uͤberdringen; (§. 5.) an ihrem Untertheile hergegen ſind
ſie nuͤtzlich, weil ſie das darauf folgende abbrechende Ufer an ſeinem Obertheile decken, und
den Strom aus demſelben ablenken.


Cap. I.Von dem Anwachſe ....


§. 17. Desgleichen ſoll auch kein Aufſchlag von Weiden oder anderm Holze, der auf
ſolchen ſchaͤdlichen Anwaͤchſen von ſelbſt entſtehen moͤgte, geduldet, ſondern ſofort von den
Eignern ausgeriſſen werden; worauf Unſere Strombefahrungs-Commiſſion, und der Waſſer-
baumeiſter genau Achtung geben, und die Wardaufſeher inſtruiren muͤſſen, daß ſie an Unſern
[119]Verordnungen.
Domainen-Anwaͤchſen dergleichen ſchaͤdlichen Aufſchlag nicht aufkommen laſſen, auch da, wo
Particuliers denſelben nicht wegſchaffen, ſolcher auf ihre Koſten ausgeriſſen werde.


§. 18. Damit nun durch Vermehrung und Bepflanzung der ſchaͤdlichen Anwaͤchſe,
dem entgegenliegenden Ufer kein mehrerer Abbruch zugefuͤget werden moͤge: ſo verbieten Wir
hiermit bei Zwanzig Rthlr. Strafe alle eigenmaͤchtige Pflanz- und Kribbarbeit auf
allen Anwaͤchſen, mit Aufhebung der, in dieſem Stuͤcke bisher vorgewandten, ſchaͤdlichen
Gewohnheiten, und verordnen, daß die Eigner derer Stuͤcke, welche an einem Anwachſe an-
ſchieſſen, den ſie zu bepflanzen Willens ſind, ſich zuvoͤrderſt von Unſerer Strom-Befahrungs-
Commiſſion und dem Waſſerbaumeiſter, bei welchen ſie ſich bei den gewoͤhnlichen Strombe-
fahrungen, welche 8 Tage vorher, in jeder am Rhein liegenden Schau bekannt gemacht
werden ſollen, addreſſiren, und von ihnen die noͤthige Anweiſung geben laſſen koͤnnen, wie
weit derſelbe dem entgegen liegenden Ufer unſchaͤdlich iſt, mithin bepflanzet, oder auf eine
andere Art vermehret werden kann. Wobei die Strom-Befahrungs-Commiſſion und der
Waſſerbaumeiſter dahin zu ſehen haben, daß kein hervorſpringendes Ufer mit Weiden und
Strauchwerk bepflanzet werde; hingegen bei zuruͤckſpringenden Ufern haben ſie die Bepflan-
zung anzubefehlen, und der Intereſſent kann dieſelbe nach und nach ſo weit in den Strom
hinein pouſſiren, bis ſein Ufer aufhoͤret, ein einwaͤrts gebogenes zu ſeyn, und die gerade
Uferlinie erreichet.


§. 19. Die Bepflanzung der Anwaͤchſe, wenn ſolche [zugelaſſen] werden, ſoll nicht
gerade durch, und in rechter Linie, (auf die Richtung des Stroms) ſondern mit einem Ab-
falle von einem Fuß auf jeder Ruthe Strom herab geſchehen.


§. 20. Damit nun hierunter kein Mißbrauch vorgehen, und ſchaͤdliche Anwaͤchſe be-
pflanzet werden, oder auch nuͤtzliche Anwaͤchſe unbepflanzet liegen bleiben moͤgen: ſo verord-
nen Wir hiermit, daß Unſere Strom-Befahrungs-Commiſſion, und der Waſſerbaumeiſter
alle Jahre bei Bereiſung des Stroms, den, auf die anwachſende Ufer anſchieſſenden, Eig-
nern unentgeldlich anweiſen ſollen, welche Anwaͤchſe ſie befoͤrdern duͤrfen oder nicht, und was
fuͤr Werke ſie dazu anzulegen haben; wovon eine ſchriftliche Anweiſung mitzutheilen, und
von jedem Eigner zur Regiſtrirung bei dem Protokolle der Schau zu praͤſentiren iſt.


§. 21. Dagegen, wenn jemand ohne Anweiſung einen ſchaͤdlichen Anwachs durch
Kribben oder Pflanzungen vermehren wuͤrde: ſo ſoll der Waſſerbaumeiſter ſolche ſogleich auf
Koſten des Eigners ausreiſſen laſſen, und das Faktum Unſerer Krieges und Domaͤnen-Cam-
[120]Zwoͤlftes Kapitel.
mer anzeigen, welche daſſelbe unterſuchen, und ſodann nach der Vorſchrift des 18. §. be-
ſtrafen ſoll.


Cap. II. Von Abwendung des Abbruchs.


§. 30. Denn da die Richtung eines jeden Stroms das beſte Mittel iſt, wodurch
die Abbruͤche der Ufer, und alle entſtehende Unordnungen verhindert, und abgewendet werden
koͤnnen: ſo ſollen auch vorzuͤglich ſolche Werke angelegt werden, welche die Richtung des
Stroms befoͤrdern.


§. 32. Alle abbrechende Ufer follen entweder durch Kribben, die den Anfall des
Stroms ablenken, oder durch andere Werke, nach Moͤglichkeit von dem Abbruche be-
freiet werden.


§. 34. Da es bei Deckung der abbrechenden Ufer, und Ablenkung des Stroms
aus denſelben, hauptſaͤchlich auf eine gute Diſpoſition der noͤthigen Kribben und Waſſerwerke
ankommt, dagegen aber genugſam bekannt iſt, daß durch uͤble Anlage derſelben großer
Schade entſtanden iſt: ſo verordnen Wir hiermit: daß niemand, er ſey wer er wolle, weder
an ſeinen eigenen, noch an andern Gruͤnden, Waſſerwerke oder Kribben anzulegen berechtigt
ſeyn ſoll; es ſey dann, daß Unſere Strom-Befahrungs-Commiſſion, und der Waſſerbaumei-
ſter ſolche anzulegen gut gefunden, und deren Richtung gegen den Strom angewieſen haͤtten.
Derjenige, ſo hiergegen handelt, ſoll Einhundert Rthlr. Strafe zu Unſerer Waſſerbaukaſſe
erlegen; auch werden alle Waſſer-Bau- und Deichbediente hiermit angewieſen, die Contra-
venienten, der hierzu beſonders angeordneten, aus einem Membro der Cleviſchen Regierung,
einem Membro des Waſſerbaudepartements bei der dortigen Krieges- und Domainen-Cam-
mer, und einem perpetuirlichen Deputirten der ſaͤmtlichen Staͤnde beſtehenden Commiſſion,
welcher der jedesmalige Cammerpraͤſident hiermit als Chef vorgeſetzet wird, ſo fort anzuzei-
gen, als welche in allen Faͤllen, wo das Intereſſe des Stroms mit konkurriret, uͤber das
meum et tuum zu judiciren baben, und von deren Erkenntniſſe die Provokationes und
Appellationes, an die, zu deren Entſcheidung allhier niedergeſetzte Commiſſion gehen ſollen.
Wenn aber Faͤlle vorkommen, die gar keine Beziehung auf die Einrichtung des Stroms haͤt-
ten, und mit demſelben in keiner Verbindung ſtuͤnden, alsdenn ſoll die Cognition in derglei-
chen bloßen Privatſachen den Juſtizkollegiis uͤberlaſſen werden.


§. 35. Wenn demnach ein abbrechendes Ufer mit Kribben belegt, oder mit andern
Waſſerwerken gedecket werden ſoll: ſo ſoll Unſere Strom-Befahrungs-Commiſſion und der
Waſ-
[121]Verordnungen.
Waſſerbaumeiſter, alle auf ſolches Ufer anſchieſſende Eigner, oder Beerbte, ſo dabei intereſ-
ſirt ſind, zur Stelle berufen, und mit ihnen uͤberlegen, wie, und mit was fuͤr Art Waſſer-
werken, ſolches am zutraͤglichſten geſchehen kann.


Der Waſſerbaumeiſter ſoll davon die Koſtenanſchlaͤge anfertigen, und Unſerer Krie-
ges- und Domainen-Cammer einreichen, welche ſodann wegen Aufbringung der Koſten eine
billig maͤßige Repartition unter den Intereſſenten anfertigen, auch den Theil, den Wir we-
gen Unſerer Domainen beizutragen haben, ſowohl als dasjenige, was das gemeine Land zu
Huͤlfe geben ſoll, beſtimmen muß.


Cap. III. Von den Inſeln und Mittelgruͤnden.


§. 45. Ob Wir nun gleich die Beſitznehmung der Inſeln fuͤr Uns verordnet haben,
und wollen, daß damit jederzeit nach der Vorſchrift verfahren, auch darauf von den Waſ-
ſerbau und andern Bedienten genau gehalten, mithin darunter nichts verabſaͤumet werden
ſoll: ſo verbiethen Wir doch hiermit ausdruͤcklich deren Bepflanzung, ehe ſolche nicht, durch
Enclavirungskribben, an das feſte Land verbunden ſind: weil die Erfahrung gar zu ſehr zei-
get, wie viel unerſetzlicher Schade Uns, und Unſern getreuen Unterthanen durch die unzeitige
Gewinnung und Bepflanzung der Inſeln zugefuͤget iſt; denn da die Inſeln Anwaͤchſe ſind,
deren Ufer rund um flach, und untief ſind, die untiefen Ufer aber den Strom uͤberdringen,
ſo verurſachen dieſelben auch, rund um ſich, allen entgegen liegenden Ufern Abbruͤche, und
ſind hoͤchſt ſchaͤdlich; zumalen auch durch die Vertheilung des Stroms, demſelben die zur
Schiffahrt noͤthige Tiefe genommen wird.


Alle Inſeln, oder Sandbaͤnke, die vor einem vorſpringenden Ufer, oder in der Mitte
des Stroms liegen, ſollen ebenfalls nicht in Beſitz genommen, oder bepflanzet, ſondern viel-
mehr durch Kribben und Waſſerwerke, von den entgegen liegenden Ufern her, nach Moͤg-
lichkeit vertrieben, mithin keine andere Inſeln, als die vor einem zuruͤcktretenden Ufer (wie
doch gemeiniglich zu geſchehen pfleget) ſich anlegen, enclaviret werden.


§. 47. Da auch die Canaͤle (Stromaͤrme) faſt durchgehends tiefer werden, und ſehr
ſelten ein Canal von ſelbſten auflaͤndet: ſo befehlen Wir hiermit allen Unſern Waſſerbaube-
dienten, mit allem Ernſt und Eifer dahin ſich zu beſtreben, und ſo lange unaufhoͤrlich zu
arbeiten, bis alle Inſeln enclaviret, und alle Nebenkanaͤle gekribbet, und zugepflanzet ſind,
dahingegen auf den andern Ufern der Inſel, gegen den Hauptſtrom, alle vorhandene Pflan-
zungen, und was zu Befeſtigung dieſes Ufers dienen kann, wegzureiſſen ſind, damit der
Strom auf dieſer Seite ſein Bette auf Koſten der Inſel erweitere, und vertiefe; jedoch ver-
Q
[122]Zwoͤlftes Kapitel.
ſtehet es ſich von ſelbſt, daß ſolches nur in ſo weit geſchehen duͤrfe, als es die Richtung des
Stroms erfordert, um denſelben aus dem vielfachen unordentlichen Laufe, in einen einfachen
ordentlichen Lauf, und auf ſeine gehoͤrige Breite zu bringen.


Cap. IV. Von dem Anwachſe in den Canaͤlen (Stromaͤrmen).


§. 50. Weil Wir die Zubribbung aller Caͤnaͤle unumgaͤnglich noͤthig finden, und
ſolche ausdruͤcklich verordnet haben: ſo wollen Wir, daß diejenige, welche die Koſten der
Zukribbung verwendet, und dadurch die in dem Canale anſchieſſende Stuͤcke von dem Ab-
bruche befreiet haben, auch den ganzen Anwachs in den Canaͤlen oder deren Auflaͤndung ge-
nießen follen.


Damm- und Uferordnung fuͤr Oſtpreußen und Litthauen. Berlin
lin, den 12. April 1787.
Koͤnigsberg (24. S. Fol.)


§. 1. In Anſehung der Stroͤme und ſchiffbaren Gewaͤſſer werden hiermit alle ei-
genmaͤchtige Einſchraͤnkungen,
Einbaue, Verſtellungen des Stroms mit Netze und
Fiſchergeraͤthe, ſo irgend den Lauf des Stroms alteriren, und zum Einreiſſen der Ufer An-
laß geben, oder die Fahrt hindern koͤnnen, auf das ſchaͤrfſte und bei Strafe von 50 Rthlr.
oder im Fall ſolche aus Unvermoͤgen des Contravenienten nicht erfolgen koͤnnte, je nachdem
die Umſtaͤnde ſind, bei richterlich feſtzuſetzender harter Leibes- Zuchthaus- und Feſtungs-
ſtrafe verboten.


§. 31. Zum Schutz der Daͤmme und Regulirung des Stromes gereichet vor-
zuͤglich, wann hinreichendes mit Strauch bewachſenes Vorland vorhanden, und die Ufer der
Stroͤme fuͤr Abbruch geſchuͤtzet werden.


Bis jetzt iſt darauf gar nicht geſehen, vielmehr ſind die Ufer der Stroͤme muthwillig
ruiniret und die beſte Decke, das ſich ſelbſt angepflanzte Weidenſtrauch, iſt abgehuͤtet, auch
wohl gar bis an das Ufer ausgerohdet worden, wodurch dem Strom die Gelegenheit gege-
ben worden, das Ufer bis an den Fuß der Daͤmme fortzureißen. Dieſem Mißbrauch und
Uebel zu ſteuren, wird hierdurch alles Ernſtes befohlen, daß alle abbruͤchige Ufer, ſo viel zur
Regulirung des Stromes noͤthig iſt, durch Anpflanzung des Weidenſtrauches, oder wann die-
ſes nicht hinreichend, durch andere Mittel fuͤr fernern Abbruͤchen gedeckt werden, und dadurch
denen entſtehenden ſchaͤdlichen Kruͤmmen und Verſaͤndungen der Stroͤme bei Zeiten vorzubeugen.


Es ſoll demnach der Fuß des Dammes fuͤr die Scheelungen, und das abbrechende
Ufer, wenn ſolches nicht durch den Stromſirich verurſachet wird, durch die Dammintereſſen-
ten von einem jeden an, und gegen ſeinem Looſe, und wo keine Daͤmme vorhanden, von
[123]Verordnungen.
den Eigenthuͤmern, deren Grundſtuͤcke ſo an dem Strom belegen, mit gruͤnem Weidenſtrauch
bepflanzet und bedecket werden, doch muͤſſen die an den Ufern gepflanzte Weiden niemalen
zn hochſtaͤmmigen Baͤumen und Kropfweiden aufgezogen, ſondern dergleichen Baͤume bis an
den Boden abgehauen werden, damit nur biegſames Strauch an den Ufern erhalten werde.
Schaarufer, die den Stromſtrich verurſachen, ſollen durch die Waſſerbaubediente aus Ihro
Koͤnigl. Majeſtaͤt Caſſen, die Sandheger aber, wo ſelbige nicht den Strom und Schiffahrt
hinderlich, aus denen bei der Dammkaſſe einkommenden Strafgeldern bepflanzet werden.


§. 32. Desgleichen ſind zum beſſern Anwachs des bei den Waſſerbauten ſo benoͤ-
thigten Weidenſtrauches, alle Auſſendeiche oder ſogenannte Vorlaͤnder und Inſuln, welche
außer denjenigen wenigen Auſſendeichen, die von je her zu dem bis an die Ufer des Stroms
gehenden Lande ex Privilegio gewiſſen Eigenthuͤmern zuſtaͤndig und zinsbar ſind, lediglich
Seiner Koͤnigl. Majeſtaͤt reſerviret bleiben, wenn ſolches dem Strom nicht hinderlich, mit
jungen Weidenſtrauch zu pflanzen, und muß darauf geſehen werden, daß in der Folge alle
zu den Waſſerbauten erforderliche Faſchinen davon genommen werden koͤnnen.


§. 33. Damit dieſe ſo noͤthige Hegung auf alle Weiſe befoͤrdert werde, ſo wird
hiedurch auf das ernſtlichſte verordnet, daß ſowohl alle Uferbauten, Packwerke, Vorlaͤnder
und Inſuln, die mit Strauch bepflanzet, geſchonet und gar kein Vieh, es habe Namen wie
es wolle, darauf gelaſſen werden ſoll, es mag auch die Jahreszeit fallen wie ſie will, und
das Weidenſtrauch groß oder klein ſeyn, weshalb der Beamte, die Amtsſchulzen, ein jeder
Eigenthuͤmer, Paͤchter [und] Einſaaße darauf zu ſehen hat, daß die Hirten alle Arten Vieh
von den Uferbauten und Vorlaͤndern abhalten, wozu denn noch ein beſonderer Damm- und
Buſchwaͤchter angenommen, und aus der Dammkaſſe ſalariret wird. Sollten aber dennoch,
wie es bishero geſchehen, die Beamten und Gemeinden, oder ſonſten jemand die Uferbauten
und Vorlaͤnder mit dem Vieh behuͤten, und dadurch verderben laſſen, ſo ſoll der Schade ſo-
gleich taxiret, mit baarem Gelde zur Dammkaſſe bezahlet, und der Contravenient uͤberdem,
nach Befinden der Umſtaͤnde, in eine Geld oder ſonſtige Strafe condemniret, der Schulz,
Dorfsaͤlteſte und Hirte aber, welche die Contravention haͤtten vermeiden koͤnnen, noch beſon-
ders, entweder an Gelde oder durch Gefaͤngniß- und Dammarbeit beſtraft werden.


§. 35. Da ferner den abbruͤchigen Ufern ſo nach und nach mehr durch einen Ufer-
bau gedecket und mit friſchen Weidenſtrauch beleget ſind, ein groͤßerer Schaden zugefuͤget
wird, wenn die Schiffer und Holzfloͤſſer, mit Auswerfung ihrer Hacken, Einſchlagung der
Pfaͤhle und ſelbſt durch das Ausſteigen am Lande, einladen und Feuer anmachen, das ab-
Q 2
[124]Zwoͤlftes Kapitel.
bruͤchige noch mehr zerruͤtten, den Uferbau aber zerreiſſen, und den [Aufſchlag] des jungen
Weidenſtrauchs verderben, ſo ſoll hinfuͤhro kein Schiffer oder Holzfloͤſſer mehr an einem ab-
bruͤchigen Ufer oder noch weniger an einem Ufer, wo ein Damm an demſelben immediate
aufgeſchuͤttet iſt, oder eine Futterung und Buhnenwerk vorhanden, und welche daher mit
Warnungstafeln in deutſcher, litthauiſcher und pohlniſcher Sprache [marquiret] werden ſollen,
damit ſich jeder fuͤr Schaden huͤten koͤnne, anlegen, daſelbſt Ruhe halten, oder gar uͤber-
nachten nnd Feuer machen, ſondern es ſollen die Schiffer und Holzfloͤſſer ſolche Stellen des
Ufers ausſuchen, wo weder ein Abbruch noch Uferbau oder Damm iſt, und wird ihnen die-
ſes deſto leichter ſeyn, da dergleichen unſchaͤdliche Ufer mehrere vorhanden ſind, als ſolche,
die durch einen Uferbau gedecket, oder noch dem Abbruch unterworfen ſind. Derjenige fremde
Schiffer und Holzfloͤſſer, ſo darwider handelt, ſoll dem Befinden nach ſogleich gepfaͤndet und
mit einer Geldſtrafe nach vorher gegangenen Erkenntniß des naͤchſten Juſtizamtes beleget,
und wann der verurſachte Schaden von ſolchem unterſuchet und taxiret worden, denſelben
dreifach zu erſetzen angehalten werden, dahingegen diejenigen ſo die vorgeſchriebene Geldſtrafe
mit ihrer Conſervation nicht bezahlen koͤnnen, nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde am Leibe
beſtrafet, oder wenn es Koͤnigliche Unterthanen ſind, mit Dammarbeit auf gewiſſe Tage bele-
get werden ſollen. Jedoch muͤſſen die Pohlniſche Steuerleute und Naviganten bei der haͤrte-
ſten Strafe keinesweges zur Ungebuͤhr in ihrer Fahrt aufgehalten, noch von ſelbigen etwas
an Geld oder Gaben erpreſſet und ſolches zu Particulairnutzen verwandt, ſondern die Geld-
ſtrafen nach Erkenntniß des Juſtiz- oder in [Abweſenheit] deſſelben des naͤchſten Deconomiebe-
amten, welcher uͤber die Contravention ein ordentliches Protocoll aufnehmen muß, die Strafe
beſtimmet, beigetrieben, und ſogleich zur Dammkaſſe abgeliefert werden.


§. 38. Den herunter und heraufgehenden Schiffern nnd Wittinnenfahrern muß vor-
laͤngſt dem Ufer ein Treidelweg 15 Fuß breit geſtattet werden, und ſind die hohen Weiden
zu dem Ende abzukoͤpfen, auch ſtets in ſolcher Hoͤhe zu halten, daß an den Daͤmmen die
Treidelleine nirgends anhange und dem Fortgange der Gefaͤße hindern, wofuͤr aber nicht das
geringſte von denen Beſitzern der Grundſtuͤcke praͤtendiret werden darf.


§. 39. .... Wittinnen auch Kahnſchiffer und Holzfloͤſſer ſind ebenfalls von den
Buͤhnen und abbruͤchigen Ufern zu weiſen, beſonders aber iſt darauf zu ſehen, daß weder
die Buͤhnen durch die Hacken oder Ternpfaͤhle aufgeriſſen noch weniger Feuer darauf gemacht
werden, die Leute muͤſſen nicht allein von den Orten weggewieſen, ſondern wenn einem der
Orte ein Schaden zugefuͤgt worden, ſolches dem Dammmeiſter angezeigt, um allenfalls die
[125]Verordnungen.
Leute zu pfaͤnden, und die Schadenerſtattung nach vorheriger Feſtſetzung des naͤchſten Amts
beizutreiben.


Von den Pflichten der Buſchwaͤchter. ......


1) Die zu beiden Seiten zunaͤchſt am Fuß der Daͤmme gepflanzte Weiden ohne vor-
hergegangene Anweiſung des Dammmeiſters von [Niemanden] gekoͤpfet, oder
gar ausgehauen werden: Sollte jemand daruͤber betreten werden, ſo iſt ſelbi-
ger zu pfaͤnden, und das Pfand nebſt Anzeigung des Namens dem Amte ein-
zureichen und dem Dammmeiſter zur Urgirung der Beſtrafung davon Anzeige
zu thun. Diejenigen Weiden aber, ſo ein und mehrere Ruthen vom Damm
Landwaͤrts gepflanzet ſind, bleiben denen Beſitzern zu ihrer Diſpoſition zu Beſ-
ſerung der Wege zu gebrauchen.


2) Die mit Strauch bewachſene Vorlaͤnder, Werder und Inſeln muͤſſen geſchonet,
auch weder Strauch daraus gehauen, noch Klubben geſchnitten werden, es
waͤre dann, daß großes Strauch vorhanden, welches auf Aſſignation des
Dammmeiſters vom Buſchwaͤchtern anzuweiſen und abzufolgen iſt. Alle die ſo
ſich beim Strauch hauen oder Klubben ſchneiden, ohne Anweiſung des Buſch-
waͤchters betreten laſſen, ſind zu pfaͤnden, wenn gleich dieſelben eine Aſſignation
vom Dammeiſter in die Haͤnde haͤtten, damit ſich aber nicht zur Anweiſung
gemeldet, oder die Anweiſung nicht abgewartet haͤtten, das Pfand iſt dem
Dammmeiſter einzuliefern, auch der Name und der Wohnort des Cotravenien-
ten anzuzeigen.


3) Muͤſſen ſowohl die bereits mit Strauch bewachſene, als auch die noch nicht
bepflanzte Vorlaͤnder, Werder und Inſeln gaͤnzlich von der Huͤtung befreiet
bleiben, damit nicht etwa der junge Aufſchlag abgefreſſen oder ausgetreten werde.


Das darinnen befundene Vieh, hat der Buſchwaͤchter zu pfaͤnden, den Eigenthuͤmer
[auszumitteln] und deſſen Namen und Wohnort dem Amte ſowohl als dem Dammmeiſter an-
zuzeigen, das Pfand aber iſt dem naͤchſten Amte einzuliefern.


Strafe derer ſo wider dieſe Dammordnung handeln.


14) Fuͤr einen Bundkluben oder Bindweden, 1 Fuß ſtark gebunden, ſo ohne An-
weiſung des Dammeiſters gehauen wird, werden 30 Gr. bezahlet. Wird nach
aller Warnung das Vieh von einer ganzen Dorfſchaft von den Vorlaͤndern
und Daͤmmen nicht zuruͤck gehalten, ſo iſt nach §. 33. der Dammordnung zu
verfahren.


[126]Zwoͤlftes Kapitel.

15) Wer einen Weidenbaum zu beiden Seiten des Dammes ohne erhaltene An-
weiſung abſtaͤmmt, zahlet fuͤr eine vollſtaͤndige Weide 45 Gr. Strafe per Stuͤck,
wer aber einen ganzen großen Weidenbaum abhauet, 2 Rthlr. weil ſolche den
wuͤrklichen Werth und Nutzung eines ſolchen großen Weidenbaumes ausmachet,
und muß einen andern in die Stelle ſetzen.


16) Wer von denen zu denen Daͤmmen angeſchaften Materialien, als Faſchinen,
Pfaͤhle etc. etc. etwas entwendet und zu ſeinem Privatnutzen verbraucht, ſoll ſol-
ches erſetzen, und uͤberdem noch als ein Dieb beſtrafet, und wenn er den Dieb-
ſtahl mit Gelde zu erſetzen nicht im Stande iſt, zur ohnentgeldlichen Dammar-
beit bei denen Buhnenwerken nach Verhaͤltniß des entwandten Stuͤcks angehal-
ten werden.


Reglement fuͤr die Schiffer, Floͤßer und andere, ſo den Brom-
bergſchen Canal befahren.
Bromberg 14. Juni 1793. (8. S. Fol.)


§. 9. Wer die am Canal gepflanzten Weiden oder den Aufſchlag von Strauch auf
und neben den Ufern vorſaͤtzlich beſchaͤdiget, worauf zu ſehen, Waͤchter angeſtellt werden,
muß nicht allein den auszumittelnden Werth und Pflanzkoſten der beſchaͤdigten Baͤume, ſon-
dern auch uͤberdem noch drei Thaler an Strafe erlegen, und dem Waͤchter, der ihn betrift
und anzeigt, fuͤr ſeine Vigilance einen Thaler bezahlen.


Unterricht wie die Weiden-Pflanzungen an Stroͤmen zur Befeſti-
gung der Ufer angelegt werden muͤſſen.
D. D. Poſen den 28. Febr.
1795. (12. S. 1. Kupf. Fol.)


(Dieſer Unterricht iſt deutſch und polniſch neben einander gedruckt, und enthaͤlt zu-
erſt eine Beſchreibung der Korb-Bach und Rosmarienweide. Denn folgt auf 3 gebrochenen
Seiten eine Beſchreibung wie Strauch- oder Neſterpflanzungen angelegt werden muͤſſen, und
zuletzt wird denjenigen, welche eine 4jaͤhrige Pflanzung von Korbweiden nachweiſen, fuͤr je-
den Magdeburgiſchen Morgen 5 Rthlr., und wenn andere ordinaire Strauchweiden zur
Pflanzung genommen ſind, 3 Rthlr. als Praͤmie ausgeſetzt.)


[]

Appendix A

Regiſter.


Abſtecken der Buhnen.Seite 24
Coupirungen. . . 46
Deckwerke. . . . 59
Pflanzungen. . . 67
Abweiſer. . . . 4
Abweiſebuhnen. . . . 5
Aexte. . . . 10
Ankerfaſchinen. . . 8
Ankerpfaͤhle. . . . 10
Anlage der Doſſirung. . . 13
Ausladung. . . . 31
Baͤnder. . . . 7
Bandfaſchinen. . . . 8
Baumpflanzung. . . . 68
Befriedigungen. . . . 78
Beile. . . . 10. 92
Benagelung. . . . 28
Bewuͤrſtung. . . . 28
Bindweiden. . . . 7
Bleßwerke. . . . 4
Boͤſchung der Packwerke. . . 13
Botshaken. . . . 11
Braaken. . . . 6
Breite der Packwerke. . . 13
Buhnen. . . . 4
deren Bau. . . . 24
Anſchlag. . . . 92.
Buhnenkoͤpfe. . . . 5
Buſchſtaken. . . . 4
Coupirungen. . . . 5
deren Bau. . . . 39
Anſchlag. . . . 94
Deichcoupirungen. . . 40
Deichgrefe. . . . 98
Deichhauptmann. . . 90. 98. 111
Deichinſpektor. . . . 90. 113
Deckwerke. . . . 4
deren Bau. . . . 60
Defenſivbuͤhne. . . . 17
Deklinante Buhne . . 19
Doſſirung der Packwerke. . . 13
Durchbruchsconpirung. . . 24
Eichen der Kaͤhne. . . 89
Einſchnitt bei Buhnen . . 25
Coupirungen. . . 46
Deckwerken. . . 59
Einziehung der Faſchinenlagen. . 34
Enclavirungskribben. . . 5
Erddamm vor Coupirungen. . 44
Erde. . . . 6
Espe. . . . 77
Fangbuhnen. . . . 5
Faſchine. . . . Seite 6
deren Inhalt. . . 63
Faſchinenbaue. . . . 4
Faſchinenkopf. . . . 26
Faſchinenleeren. . . . 11
Faſchinenmeſſer. . . . 7. 10
Faſchinenverfertigung. . . 7
Faſchinenverlegung. . . 54
Faſchinenwerfen bei Buhnen. . 25
Coupirungen. . . 47
Deckwerken. . . 60
Flechtzaͤune. . . . 78
Fluͤgel. . . . 4
Flußbetten. . . . 4
Geneigte Buhnen. . . 19
Grubenpflanzung. . . 67
Grubenwerke. . . . 4
Grundbetten. . . . 4
Haken. . . . 4
Hakenpfaͤhle. . . . 10
Handrammen. . . . 11
Hauzeit der Pflanzungen. . . 70
Hecken. . . . 78
anzulegen. . . . 81
Hoͤfter. . . . 4
Hoͤhe der Packwerke. . . 13
Coupirungen . . 41. 53
Kaͤhne. . . . 11
Kappe. . . . 12
Kamm. . . . 12
Karndielen. . . . 11
Kluftdaͤmme. . . . 5
Kopf einer Buhne. . . 15
Kreuzwurſt. . . . 28
Kribben. . . . 4
Krippgreſe. . . . 98
Krone. . . . 12
Kumpkarre. . . . 11
Laͤnge der Buhnen. . . 20
Landfeſten. . . . 4
Laufdielen. . . . 11
Neſterpflanzung. . . . 67
Normalbreite- . . . 17
Offenſivbuhne. . . . 17
Packwerke. . . . 4. 12
Packwerksrauchwehren . . 55
Pappel, Silber- . . 76
Schwarzpappel. . . 76
Zitterpappel. . . 77
Raͤubern. . . . 70
Randwurſt. . . . 28
Rammen der Faſchinenlagen. . 33
[]Regiſter.
Rauchwehren. . . . Seite 6
Bau derſelben. . . 54
Rauſchbuhnen. . . . 5
deren Bau. . . . 36
Rechtwinklichte Buhnen. . . 19
Ruͤcklage. . . . 27
Ruͤckzaͤune. . . . 78
Ruͤſtboͤcke. . . . 11
Sackbuhnen. . . . 5
Saͤgewerk. . . . 59
Schiefliegende Buhne. . . 19
Schlachten. . . . 4
Schlaͤgel. . . . 10
Schlechten. . . . 4
Schleife. . . . 7
Schlengen. . . . 4
Schlickpackwerke. . . 5
deren Bau. . . . 54
Schlickzaͤune. . . . 6
deren Anlage. . . 82
Schloß. . . . 8
Schluß bei Coupirungen. . . 49
Schoͤpfbuhnen. . . . 5
deren Bau. . . . 36
Schubkarren. . . . 10
Schutzbuhnen . . . 5
Senkrechte Buhnen. . . 19
Setzlinge. . . . 66
Sinkſtuͤcke. . . . 6
Sommerpflanzung. . . 65
Spaden. . . . 10
Spickpfaͤhle. . . . 9
Sporn. . . . 4
Spreutlagen. . . . 6
deren Bau. . . . 37
Stangenzaͤune. . . . 78
Steinwerke. . . . 1
Strauchpflanzung. . . 66
Streichlinie. . . . Seite 17
Stromcoupirungen. . . 39
Treibbuhnen. . . . 5
Triangelkoͤpfe. . . . 5. 59
Uberfaͤlle. . . . 5
Bau derſelben. . . 54
Uferbekleidungen. . . 6
Bau derſelben . . 56
Uferdeckungen. . . . 4
Ufereinfaſſungen. . . 4
Uferrauchwehren. . . 55
Verlandung bei Buhnen. . . 20
Vernaͤtherungen. . . 6
Verſchlaͤge. . . . 5
Vorlage. . . . 27
Vorſchlaͤge. . . . 57
Waaſchen. . . . 8
Waaſen. . . . 8
Wehden. . . . 7
Weichen. . . . 4
Weiden. . . . 71
Wellen. . . . 6
Wiepen. . . . 8
Wieten. . . . 7
Windſchlag . . . 58
Winterpflanzung. . . 65
Wippen. . . . 8
Wirkung der Buhnen. . . 18
Wuͤrgen. . . . 7
Wuͤrſte. . . . 8
Binden berſelben. . . 9
Wurſtbank. . . . 8
Wurſtzaun. . . . 78
Wurzel einer Buhne. . . 17
Zungen. . . . 5
Zeit zum Packwerksbau. . . 16
zum Coupirungsbau. . . 43, 52


[]

Appendix B

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Notes
*)
Hr. Prof. [Buͤſch] ſagt in ſeiner im Jahre 1796 herausgegebenen Ueberſicht des geſammten Waſſer-
baues 1. Bd., S. 294. „Es giebt auch in unſern Gegenden nur wenig Leute, die ſich auf den Bau
derſelben (der Pakwerke) verſtehen. — Der ſeelige Beckmann geſtand mir, daß er in ſeiner vieljaͤhri-
gen Praxis nicht ſo weit gekommen waͤre, daß er ein ſolches Werk ſelbſt ausfuͤhren koͤnne, und nur
Einen Landmann im Herzogthum Bremen kenne, mit deſſen Beiſtand er ein ſolches Packwerk gut aus-
zufuͤhren ſich getraue.“
**)
Die kuͤnſtliche Waſſerbaue der Bieber ſind bekannt, und man kann daruͤber Buͤffon allgemeine Hiſtorie
der Natur, III. Bd., 2r Th., S. 37 u. f. nachleſen.
*)
Unter Schlengen verſteht man auch Pfalhaͤupter, welches ſolche Strombaue ſind, die aus gro-
ßen eingerammten Pfaͤlen mit dazwiſchen gepackten Faſchinen beſtehen. Hoͤfter werden aus einge-
rammten Pfaͤlen und ſtarken Bohlen erbauet.
*)
Im letzten Falle werden ſie auch Sackbuhnen genannt.
*)
Mir iſt ſelbſt der Umſtand begegnet, daß bei einer Stromcoupirung an der Oder wo ich den Bau
fuͤhrte, das Grundbett ſich bis 45 Fuß bei dem Schluß vertiefte, da ſolches am Anfang der Arbeit
bei dieſer Stelle nur 12 bis 13 Fuß Tiefe hatte.
*)
Es ſind Faͤlle vorgekommen, daß nach beendigter Coupirung durch den Druck des davorſtehenden Waſ-
*)
ſers, die lockern Ufer auf beiden Seiten aufgeſchwemmt worden ſind, und der Strom neben der Cou-
pirung einen Einriß verurſacht hat.
*)
Die Ober-Oderbruchs-Deich- und Uferordnung ſetzt fuͤr jedes Stuͤck Vieh 13 Ggr. Strafe feſt; im
Nieder-Oderbruch iſt 14 taͤgige Gefaͤngnißſtrafe bei Waſſer und Brod verordnet. In Oſtpreußen und
Litthauen ſind 15 gr. Strafe fuͤr jedes Stuͤck Vieh ausgeſetzt, und im wiederholten Fall, Verdoppelung.
*
Am Niederrhein rechnet man die Faſchinen noch Fimmen zu 150 Stuͤck.

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CC-BY-4.0
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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2025). Eytelwein, Johann Albert. Praktische Anweisung zur Konstrukzion der Faschinenwerke und den dazu gehörigen Anlagen an Flüssen und Strömen. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). https://hdl.handle.net/21.11113/4bj84.0