natuͤrlichen Verſchiedenheiten
im
Menſchengeſchlechte.
Verfaſſers uͤberſetzt, und mit einigen Zuſaͤtzen und
erlaͤuternden Anmerkungen herausgegeben
bey Breitkopf und Haͤrtel
1798.
[[II]][[III]]
Seiner
Hochwuͤrdigen Magnifizenz
dem Herrn
Vize-Praͤſidenten Herder
in Weimar
aus
innigſter Verehrung
gewidmet.
Gewiß iſt es, wenn auch nicht eben fuͤr
den Naturforſcher von Profeſſion, welcher
ein ſo trefliches Original wohl mit keiner
Uiberſetzung vertauſchen moͤchte, ſo doch fuͤr
den Naturliebhaber, ein weder unangeneh-
mes noch ungewuͤnſchtes Geſchenk, was ich
ihm hier uͤbergebe. Uiberhaupt hoffe ich
auf keinen Fall wegen Uibertragung dieſes
Werks getadelt zu werden, es muͤßte denn
die Ausfuͤhrung deſſelben Tadel verdienen.
Denn abgerechnet das Intereſſe, welches
die behandelte Materie, fuͤr den philoſophi-
ſchen Geſchichtsforſcher der Menſchheit, ja
gewiſſermaßen ſelbſt fuͤr den bloßen Univer-
ſalhiſtoriker hat, wuͤßte ich auch uͤberhaupt
keine, welche fuͤr den Menſchen als ſolchen
wichtiger ſeyn koͤnnte. Ich getraue mich zu
behaupten, und was ſich von ſelbſt verſteht,
mit Beweiſen zu belegen, daß in Europa
allgemeine Duldung, aͤchte Humanitaͤt, nie
ſo
[VI] ſo verbreitet geweſen ſind, als ſeit die Be-
handlung dieſer Materie von einigen Schrift-
ſtellern, welche Einfluß auf das Publikum
hatten, auf die Bahn gebracht worden iſt.
Und, wie natuͤrlich, unvermerkt erweiterten
ſich die vorher engen Begriffe uͤber Charakter
und Werth der Menſchheit. Indem man erſt
die verſchiedenen Veraͤnderungen durchgieng,
welche der phyſiſche Menſch erfahren konnte,
gewoͤhnte man ſich ſchon, ihn nicht ſo einſei-
tig mehr zu nehmen, als leider es vorher
geſchehen war. Und als man dann den
Urſachen nachſpuͤrte, welche dieſe Veraͤn-
derungen hervorgebracht hatten, und ſie in
Klima, Nahrungsmitteln und andern aͤhn-
lichen Dingen fand, — dabey aber, durch
eine natuͤrliche Verbindung der Ideen, auch
immer mehr einſehen lernte, welchen maͤch-
tigen Einfluß dieſes hinwiederum auf den
Geiſt, deſſen mehrere oder geringere Aus-
bildung, und dann ſelbſt mittelbar auf
Moralitaͤt und Religion habe, fieng man
nach gerade an, zu fuͤhlen, daß man ſich
ſelbſt
[VII] ſelbſt veraͤchtlich, und wenigſtens einer
Gedankenloſigkeit verdaͤchtig mache, wenn
man fortfuͤhre, Menſchen etwas zuzurech-
nen, was wir bey einer nur etwas anders
modifizirten Lebensweiſe, und unter einem
andern Himmelsſtriche ebenfalls thun wuͤr-
den — oder in ihrer aͤußern Bildung von
uns abweichende Bruͤder als Laſtthiere zu
betrachten, da es wiederum nur auf einige
zufaͤllige Umſtaͤnde ankommt, um vielleicht
unſere Urenkel ſchon mit derſelben Bildung
zu ſehen. Genug die Eroͤrterung dieſer
Frage war ein aͤußerſt ſchoͤner Kommen-
tar uͤber den Text: „alle Menſchen ſind
Bruͤder!“ welcher jeden an die vergeßnen
Worte aus dem Katechiſmus: „du ſollſt
deinen Bruder lieben wie dich ſelbſt“ neuer-
dings heilſam erinnerte.
Allein es gab da Leute, und unter die-
ſen iſt auch der Toleranzprediger Voltaire,
welchen das Anſehen des Katechiſmus ein
großer Dorn in den Augen war. Das haͤtte
er nun immerhin ſeyn moͤgen, nur haͤtten ſie
nicht
[VIII] nicht deshalb alle Reſultate einer vernuͤnfti-
gen Geſchichtsforſchung, und nebenbey auch
der Phyſiologie, Phyſik, Chemie u. f. um-
ſtoßen ſollen, wie dies z. B. Voltaire —
freylich mit aus dem Grunde, weil er nicht
ſonderlich darin bewandert war — that.
Nichts aber wird ſo abgeſchmacktes oder al-
bernes behauptet, das, wenn es ein großer,
oder vielleicht auch nur namhafter Gelehrter
(oft wohl wider eigne Uiberzeugung) geſagt
hat, nicht wenigſtens ein Dutzend Juͤnger
aus leidigem Drange — doch auch etwas
zu ſagen, und etwas recht Genie verrathen-
des zu ſagen — nachbeten ſollten.
So gieng es auch hier. Indeß iſt nichts
ſo ſchlimm, das nicht auch ſeine guten Folgen
haͤtte, und es gab noch immer Mittel, die
Sklavenhaͤndler — geprieſen ſey der britti-
ſche Aedelſinn und die brittiſche Regierung,
welche ſie dulden! — aus ihrem Schlum-
mer zu erwecken. Genug es beſtaͤtigte ſich
auch hier, daß man eine Wahrheit nur be-
zweifeln oder ablaͤugnen duͤrfte, wenn ſie
uͤber
[IX] uͤber kurz oder lang ſich in einem neuen
Glanze, und von einer vorher vielleicht uͤber-
ſehenen Seite zeigen ſoll.
Unter den mancherley Gelehrten von
verſchiedenen Nationen, welche die Einheit
des Menſchengeſchlechts zu vertheidigen ſuch-
ten, meiſt Maͤnnern von nicht geringer Be-
deutung, trat unter uns auch Herr Hofrath
Blumenbach auf. Im Jahr 1776 erſchien
ſein erſter Verſuch uͤber dieſe Materie, wel-
cher ſchon nicht mehr als Verſuch im Jahr
1781 neubearbeitet ins Publikum kam. Man
kann ſchon daraus beurtheilen, wie viel die
zweyte Auflage vor der erſten voraus haben
muß, wenn ich ſage, daß in dieſer der Herr
Verfaſſer von der damals ſo beliebten Ein-
ſchachtelungshypotheſe anhebt, in jener aber
ſchon vorlaͤufig von dem Bildungstriebe, —
zu deſſen Hauptvertheidiger ihn vorerſt der
unerwartete Erfolg eines Verſuchs (mit ei-
nem gruͤnen Armpolypen) machte, den er
recht in der Abſicht angeſtellt hatte, um die
Richtigkeit jener Evolutionstheorie zu erwei-
ſen
[X] ſen — ausgeht. Uibrigens noch ſehr erwei-
tert, bleibt aber dennoch dieſe zweyte Ausga-
be in Plan und Darſtellung der erſten aͤhnlich.
Nach vierzehn Jahren aber, 1795, er-
ſchien die dritte Ausgabe von dieſem Werk.
Man weiß, daß der Herr Verfaſſer keiner
von jenen iſt, die um eine einmal geſagte
Meinung zu behaupten, lieber aller Wahr-
heit Hohn ſprechen; man weiß, daß ſein
philoſophiſcher Forſchungsgeiſt nicht ge-
wohnt iſt, die Sachen von der Oberflaͤche zu
greifen, ſondern immer ins Innere derſelben
dringt; man weiß, daß ſein Fleiß keine
Muͤhe, wie groß ſie ſey, ſcheut, wenn es
gilt eine neue Wahrheit zu entdecken, oder
eine verkannte in ihr wahres Licht zu ſetzen,
— und jedermann endlich kennt ſeine ſtreng
logiſche Darſtellungsweiſe. Uiberdieß mit
einer Menge der ausgeſuchteſten Huͤlfsmit-
tel, ſeinem und des Goͤttinger Muſeums
anthropologiſchem Vorrathe, haͤufiger Av-
topſie, u. a. ausgeruͤſtet, wie konnte dieſe
Ausgabe da anders werden, als:
„innu-
[XI]‘„innumeris modis aucta, emendata et ad
ipſam naturam perfecta“’ ()
wie ſie der Herr Verfaſſer ſelbſt nennt, und
welche Worte um ſo mehr Gewicht erhal-
ten, je beſcheidner dieſer Gelehrte ſich ſtets
gezeigt hat.
Von dem darauf verwandten Fleiße
des Verfaſſers kann folgendes, was er in
ſeinen Beytraͤgen zur Naturgeſchichte
S. 71. dem Herrn Hofrath Meiners auf ge-
wiſſe Einwendungen entgegnet, als eine klei-
ne Probe dienen:
„Ich habe zu dieſem Zweck“ (den Ge-
brauch der Reiſebeſchreiber, und anderer
faͤhigen und glaubwuͤrdigen Zeugen bey
dieſer Unterſuchung zu benutzen) „etwas
„gethan, was vielleicht nicht viele thun, daß
„ich, nachdem ich ihrer ſchon eine Menge
„geleſen hatte, vor ohngefaͤhr zehn Jah-
„ren anfieng, die ganze ſehr betraͤchtliche
„Sammlung von Reiſebeſchreibungen
„auf der hieſigen Univerſitaͤtsbibliothek
„von vorne bis zu Ende durchzugehen,
ſo
[XII]„ſo daß ich mehrere Jahre hindurch im-
„mer ein halbes Dutzend nach dem andern,
„ſo wie ſie der Ordnung nach im Fache
„folgten, zu Hauſe hatte, und die, ſo ich
„nicht vorher ſchon benutzt hatte, zu mei-
„nem Gebrauch excerpirte, ſo daß ich nun
„ſeitdem blos die immer neu hinzukom-
„menden gelegentlich nachzuholen ſuche.“
Die unerwartete Guͤtigkeit des Herrn
Hofrath Blumenbachs ſelbſt, womit die-
ſer wuͤrdige Gelehrte — was in Iſrael ſel-
ten funden wird — mir nicht allein die Er-
laubniß dies Werk zu uͤbertragen, ſondern
auch ſo manche zu benutzende Bemerkung
mitgetheilt hat, muß ich hier zugleich mit
ruͤhmen. Habe ich vorher ihn bloß verehrt;
ſo hat er mich jetzt auch gezwungen ihn zu
lieben, und ich wuͤnſche nichts ſo ſehr, als
Gelegenheit, ihm dies irgend thaͤtig zu be-
weiſen. Dem Herrn D. Ludwig ſtatte ich
ebenfalls meinen Dank fuͤr die guͤtige Unter-
ſtuͤtzung mit Huͤlfsmitteln, deren ich bey die-
ſer Arbeit bedurfte, hier oͤffentlich ab, eine
Un-
[XIII] Unterſtuͤtzung, die man in Leipzig um ſo
mehr zu ſchaͤtzen hat, je ſtiefmuͤtterlicher dieſe
alma mater die oͤffentlichen Bibliotheken
verabſaͤumt, und — wer ſollte es glauben!
— an ein Naturalienkabinet gar nicht ge-
dacht hat.
Und ſo haͤtte ich jetzt nun nichts mehr zu
ſagen, als die Angabe einiger Gruͤnde, wel-
che mich einige kleine Nebenſachen — wenn
es anders welche ſind — beyzufuͤgen, be-
wogen haben.
Aus der erſten und zweyten Ausgabe
manche wichtige Stelle noch auszuheben, ha-
be ich um ſo nothwendiger erachtet, je ſelt-
ner beyde geworden, und im Buchhandel
gar nicht mehr zu finden ſind. So habe ich
auch daraus z. B. das os intermaxillare
nachſtechen laſſen, denn außerdem, daß es
fuͤr meine Leſer ſehr erlaͤuternd ſeyn wird,
werde ich auch denen keinen unangenehmen
Dienſt dadurch erwieſen haben, welche we-
gen demſelben bey Herder, Feder, Meiners,
Ludwig und andern, auf Blumenbachs
Schrift
[XIV] Schrift hingewieſen, es in der dritten Aus-
gabe nicht gefunden haben wuͤrden, und doch
die aͤlteren nicht bekommen koͤnnten. Dieſes
aber glaubte ich um ſo mehr, da es mir ehe-
mals ſelbſt ſo ergangen iſt. Warum ich das
menſchliche Skelett habe beyfuͤgen laſſen,
daruͤber brauche ich aber, nach meiner obi-
gen Erklaͤrung, wohl weiter nichts zu ſagen.
So ſehr uͤbrigens dieſe Arbeit ſelbſt mich
ſchon dadurch reichlich belohnt hat, daß ich
durch ſie ſo gluͤcklich war, einem unſerer ge-
ſchaͤtzteſten Gelehrten bekannt zu werden; ſo
ſehr ſoll es mich doch noch freuen, wenn ich
hoͤren ſollte, daß ſie ſeinen Beyfall nicht
gaͤnzlich verfehlt. Leipzig zur Oſtermeſſe
1798.
Gruber.
An
[XV]
An
Herrn
Baronet Joſeph Banks,
Praͤſidenten der koͤnigl. Soc. zu London.
Mehr als Ein Grund bewegt mich, Ihnen
dieſe Schrift zu widmen.
Denn, abgerechnet das Vergnuͤgen, wel-
ches ich darin finde, Ihnen das Gefuͤhl meiner
Dankbarkeit fuͤr jene, ſeit ich Ihnen genauer
bekannt wurde, ſo vielen mir aufgelegten Ver-
bindlichkeiten, einmal oͤffentlich erkennen geben
zu koͤnnen; ſo verdankt auch gerade die gegen-
waͤrtige Ausgabe dieſes neubearbeiteten Werks,
die vortreflichſten Zuſaͤtze, und merkwuͤrdigſten
Verzierungen, wodurch ſie die vorhergehenden
uͤbertrift, groͤßtentheils Ihrer Guͤte.
Denn außerdem, daß Sie ſeit mehrern
Jahren her weder Muͤhe noch Koſten geſpart
haben,
[XVI] haben, meine Sammlung der Hirnſchaͤdel ver-
ſchiedener Voͤlker mit ſolchen Stuͤcken zu berei-
chern, nach welchen mich gerade am allerſehn-
lichſten verlangte, mit Hirnſchaͤdeln naͤmlich
von Amerikanern und Inſulanern des Suͤd-
meers, erlaubten Sie mir, als ich vor drey
Jahren in London war, noch beſonders mit der-
ſelben edelmuͤthigen Uneigennuͤtzigkeit, mit wel-
cher Sie unſerm Gaͤrtner einſt Ihre Baum-
ſchule, andern andere Reichthuͤmer Ihres Mu-
ſeums zu benutzen verſtatteten, von allen fuͤr
das Studium der Anthropologie geſammelten
Schaͤtzen, womit Ihre Bibliothek prangt, als
der Gemaͤhlde, der von den beſten Kuͤnſtlern nach
der Natur ſelbſt gezeichneten Abbildungen auch
einen ſo gaͤnzlich uneingeſchraͤnkten Gebrauch,
daß ich mir Kopien davon machen, von allem
nach Belieben Abſchrift nehmen, und alſo mit
ſo vielen und ſo wichtigen Huͤlfmitteln verſehen,
zu einer neuen Auflage meines Werkes ſchreiten
konnte, ſo daß ich es nun ohne Verdacht von
Pralerey unendlich vermehrt, verbeſſert und
nach der Natur ſelbſt vollendet zu nennen wage.
Nehmen Sie alſo dieſe kleine Schrift, wo-
von ein großer Theil Ihr Eigenthum iſt, und
welches Ihnen auch deshalb nicht unange-
nehm ſeyn wird, weil es einen, zwar an Wich-
tigkeit keinem andern nachſtehenden, doch aber
zum
[XVII] zum verwundern, unter allen am laͤngſten ver-
nachlaͤßigt und unbearbeitet gelegenen Theil
der Naturgeſchichte in Ordnung bringt, ge-
faͤllig an.
Dem unſterblichen Linnée bleibt auch dies
Verdienſt, daß er, ſo viel ich weiß, unter den
Schriftſtellern uͤber die Naturgeſchichte, der
erſte geweſen, welcher ſchon vor ſechzig Jahren
in der Hauptausgabe ſeines Syſtems der Na-
tur, die Menſchengattung nach den aͤußern
Kennzeichen unter gewiſſe Varietaͤten zu brin-
gen ſich bemuͤht hat; und dies zwar nach der
Kenntniß der damals nur bekannten vier Theile
unſers Erdwaſſerballs und deren Bewohner,
ziemlich adaͤquat.
Nachdem aber ſeit der von Ihnen
unternommenen dreyjaͤhrigen Erdumſeglung
die Liebhaber der Naturgeſchichte und An-
thropologie eine genauere Kenntniß von denen
auf den Inſeln des Suͤdmeers weit und breit
verſtreuten Voͤlkerſchaften bekamen, ſah man
leicht ein, daß jene linnéeſche Eintheilung des
menſchlichen Geſchlechts nun nicht laͤnger an-
wendbar ſeyn koͤnne; weshalb ich denn auch
kein Bedenken getragen habe, in dieſem Werk-
chen, nach anderer Beyſpiel von dem großen
Manne darinn abzugehen, und die Varietaͤten
der Menſchen der Natur und Wahrheit, welche
**haupt-
[XVIII] hauptſaͤchlich durch Ihre Sorgfalt und aͤußerſt
genaue Beobachtung uns bekannt gemacht wor-
den iſt, gemaͤßer zu ordnen.
Ja ſogar im Allgemeinen achtete ich es fuͤr
Forſcher der Zoologie nuͤtzlich und vortheilhaft,
Linnées Methode, die Saͤugthiere nach dem
Verhaͤltniß der Zaͤhne zu ordnen, welche eben-
falls zu der Zeit, wo er ſie aufſtellte, tauglich
genug war, aber jetzt, nachdem ſo viele und ſo
wichtige neue Gattungen dieſer Ordnung ent-
deckt worden ſind, ſehr mangelhaft iſt, und
ungeheuer viel Ausnahmen erfordern wuͤrde, zu
verlaſſen, und ſtatt jenes kuͤnſtlichen Syſtems,
ein natuͤrlicheres von dem ganzen Habitus der
Saͤugthiere hergenommenes, aufzuſtellen.
Denn wiewohl ich ganz nicht der Meinung
jener bin, welche ſich, beſonders in neuerern
Zeiten, in ihrem Gedankenſpiele von, ich weiß
nicht welcher Stetigkeit oder Stufenfolge der
Natur, wie ſie es nannten, ſo wohl gefielen,
daß ſie des Schoͤpfers Weisheit und der Schoͤ-
pfung Vollkommenheit darinn ſuchten, daß die
Natur, wie ſie ſagen, keinen Sprung mache,
ſondern die Naturdinge aus allen drey Reichen
in Anſehung ihrer aͤußern Bildung gegenſeitig
wie die Stufen an einer Leiter, oder die Glie-
der und Ringe an einer Kette auf einander fol-
gen: da doch denen, welche vorurtheilsfrey
und
[XIX] und ernſtlich zu Werke gehen, leicht einleuchtet,
daß es ſogar einerſeits im Thierreiche ganze
Ordnungen, als der Voͤgel, oder Gattungen,
z. B. der Blakfiſche (Dintenfiſche, ſepiae)
gebe, welche ſehr uͤbel, und nur durch gewiſſe
Affektation in einem ſolchen Schema der Stu-
fenfolge in den Naturdingen mit andern benach-
barten verbunden werden; anderer Seits aber
ſich Thierarten finden, z. B. die Schildlaͤuſe
(cocci), wo zwiſchen der Beſchaffenheit beyder
Geſchlechter ein ſo großer Unterſchied eintritt,
daß man, um ſie in eine ſolche Leiter zu paſſen,
die Maͤnnchen von ihren Weibchen ſehr weit
entfernen, und die verſchiedene Geſchlechter von
einerley Art an ganz verſchiedenen Orten an-
bringen muͤſte; daß es aber im Gegentheile in
dieſen Schematen unlaͤugbar ſehr große Luͤcken
gebe, wodurch die Naturreiche ſich am offen-
barſten von einander unterſcheiden; und ande-
res der Art mehr; wiewohl, ſage ich, alles
recht erwogen, ich jene gewoͤhnliche von den
Phyſikotheologen insgemein ausgeſchmuͤckte und
geprieſene Wichtigkeit und Wuͤrde in der Lehre von
der Stufenfolge der Natur, auf keinen Fall an-
erkennen kann, ſo gebe ich doch ſehr gern das zu,
daß dieſe metaphoriſchen und allegoriſchen Spie-
le einen unlaͤugbaren Nutzen fuͤr die Erleichte-
rung der [Methode] in der Naturgeſchichte haben.
**2Denn
[XX]
Denn ſie legen gleichſam den Grund fuͤr
jedes natuͤrliche Syſtem, worin die Dinge nach
ihrem Totalhabitu und den aͤußern Eigenſchaf-
ten, in denen ſie gegenſeitig am allermeiſten
mit einander uͤbereinkommen, geordnet werden,
da die kuͤnſtlichen hingegen nur ein einzelnes
Merkzeichen zum Grunde ihrer Eintheilung an-
nehmen.
Da es aber keinem Zweifel unterworfen iſt,
daß ſolch ein natuͤrliches Syſtem vorzuͤglicher
ſey, als ein kuͤnſtliches, weil es die Urtheils-
kraft ſchaͤrft, und dem Gedaͤchtniß ſeine Be-
ſchaͤftigung ungemein erleichtert; ſo habe ich
mir um ſo mehr Muͤhe gegeben, die Klaſſe der
Saͤugthiere auf eine ſolche Ordnung eines na-
tuͤrlichen Syſtems zuruͤckzufuͤhren, da Linné es
kuͤnſtliches, von dem Verhaͤltniß der Zaͤhne
hergenommenes, durch die Hinzukunft ſo vieler
neuerdings entdeckten Gattungen, taͤglich laͤſti-
gere Anomalien und Ausnahmen bekaͤme.
Denn ſo, um dies wenigſtens nur zu be-
ruͤhren, kennen wir jetzt zwey Gattungen vom
Rhinozeros, welche nach ihrem Habitus ſich
voͤllig aͤhnlich, den Zaͤhnen nach aber ſo ver-
ſchieden ſind, daß man, um Linné es Syſteme
noch zu folgen, die eine Gattung eben ſo gut
zu den großen Saͤuge- (belluae), als den
Nagethieren (glires) und die andere zu den
Saͤuge-
[XXI] Saͤugethieren ohne Schneidezaͤhne (bruta) rech-
nen muͤßte! *)
So muͤßte man denn auch das aͤthiopiſche
Schwein ohne Schneidezaͤhne von den uͤbrigen
großen Saͤugethieren wegbringen, und es zu
Linné es Saͤugethieren ohne Schneidezaͤhne
rechnen.
Von dem gezaͤhnten afrikaniſchen Ameiſen-
freſſer, welcher nun von jener, Linné es Mei-
nung nach, zahnloſen Art; oder von einigen
Faulthieren (lemures), (dem Lori und wollig-
ten indrum et lanigerum), welche aus Erman-
gelung der Zaͤhne, von Linné es Faulthierarten
weggerechnet werden muͤßten, u. ſ. w. ſage ich
gar nichts.
Dieſer Verwirrung, welche fuͤr das Stu-
dium der Zoologie unlaͤugbar ſehr beſchwerlich
wird, habe ich durch folgende feſtgeſetzte zehn
natuͤr-
[XII] natuͤrliche Ordnungen der Saͤugethiere abzuhel-
[...]n mich bemuͤht, von welchen mir, weil ihrer
[...]n gegenwaͤrtigen Werke hin und wieder ge-
[...]cht iſt, hier eine Uiberſicht zu geben erlaubt
[...]yn wird.
- I.Zweyhaͤndige.
- 1. Der Menſch.
- II.Vierhaͤndige.
- 2. Der Affe.
- 3. Der Pavian.
- 4. Die Meerkatze.
- 5. Der Maki. (Lemur).
- III.Traͤgfuͤßige, (Bradypoda),
- 6. Das Faulthier.
- 7. Der Ameiſenbaͤr.
- 8. Das Schuppenthier, (formoſa-
niſches Teufelchen, Manis). - 9. Armadill, (Panzerthier) *).
IV.Hand-
[XXIII]
- IV.Handgefluͤgelte, (Chiroptera).
- 10. Fledermaus.
- V.Nagethiere, (Glires).
- 11. Eichhoͤrnchen.
- 12. Ratze, Billich.
- 13. Maus.
- 14. Murmelthier.
- 15. Halbkaninchen.
- 16. Haaſe.
- 17. Erdhaaſe, (jaculus).
- 18. Biber.
- 19. Stachelſchwein.
VI.Reiſ-
[XXIV]
- VI.Reiſſende, oder ſonſt fleiſchfreſ-
ſende Thiere, (Ferae).- 20. Ygel.
- 21. Spitzmaus, (Sorex).
- 22. Maulwurf.
- 23. Beutelratte.
- 24. Stinkthier, (Viverra).
- 25. Wieſel.
- 26. Fiſchotter.
- 27. Robbe.
- 28. Dachs.
- 29. Baͤr.
- 30. Hund.
- 31. Katze.
- VII.Thiere mit Hufen, (Solidungula).
- 32. Pferd.
VIII.Wie-
[XXV]
- VIII.Wiederkaͤuende Thiere mit ge-
ſpaltenen Klauen, (Pecora).- 33. Kameel.
- 34. Ziege.
- 35. Antilope.
- 36. Ochſe.
- 37. Giraffe.
- 38. Hirſch.
- 39. [Bisamthier].
- IX.Große, aber unfoͤrmliche, bor-
ſtige oder duͤnnbehaarte Saͤuge-
thiere, (Belluae).- 40. Schwein.
- 41. Tapir.
- 42. Elephant.
- 43. Nashorn.
- 44. Nilpferd.
- 45. Wallroß, (Trichechus).
- X.Fiſchartige Saͤugethiere, (Ce-
tacea).- 46. Seeeinhorn, (Monodon).
- 47. Wallfiſch.
- 48. Potfiſch, (Phyſeter).
- 49. Delphin.
Dies
[XXVI]
Dies und vieles andere, worin ich in dem
Werke, dem ich dies vorſetzen zu muͤſſen glaub-
te, hin und wieder von Anderer Meinung ab-
gewichen bin, unterwerfe ich nun mit eben ſo
viel Ehrfurcht als Achtung Ihrem Urtheil, dem
Urtheil des Mannes, an welchem die koͤnigliche
Geſellſchaft der Wiſſenſchaften, welche ſeit ih-
rer erſten Entſtehung den goldnen Wahlſpruch
fuͤhrte: „Schwoͤre auf keines Menſchen Wort!“
einen ſo wuͤrdigen und verdienten Praͤſidenten
zu haben ſich erfreut.
Leben Sie denn wohl, und ſchenken auch
ferner Ihre Gewogenheit
Georg-Auguſts-Univerſitaͤt
am 11. April 1795.
Ihrem
ganz ergebenen Diener.
Inhalts-
[XXVII]
Inhaltsverzeichniß.
- Verzeichniß von dem anthropologiſchen Vorra-
the des Verfaſſers. Seite 1 - 1. Schaͤdel verſchiedener Voͤlker. 2
- 2. Ungemein charakteriſtiſche Foͤtus von dem
Mittelſchlage und der beyden Extreme. 10 - 3. Haare von verſchiednen Voͤlkern. 11
- 4. Anatomiſche Praͤparate —
- 6. Sammlung von Abbildungen von verſchie-
denen Voͤlkern, von geſchickten Kuͤnſtlern
nach der Natur gezeichnet. — - Erſter Abſchnitt. Von dem Unterſchied des
Menſchen von den uͤbrigen Thieren. 17 - I. Eigenheiten des menſchlichen Koͤrpers in
Anſehung der aͤußern Bildung. 19 - A) Aufrechte Stellung. —
- B) Das menſchliche Becken breit und flach. 24
- Rundliche Hinterbacken. 25
- Richtung der weiblichen Scheide. 26
- Das Hymen. 28
- Etwas von den Nymphen und der Klitoris. 29
- C) Der Menſch ein zweyhaͤndiges Thier. 30
- Die Affen und verwandten Thiere hingegen
ſind vierhaͤndig. — - D) Eigenheiten der menſchlichen Zaͤhne 32
- Was noch ſonſt dem aͤußern Menſchen eigen
ſcheint, als ein unbehaarter Koͤrper u. ſ. w. 33 - II. Merkwuͤrdige Eigenheiten des menſchlichen
Koͤrpers in Anſehung der innern Einrich-
tung. Seite 35 - A) Innere Theile, welche dem Menſchen
fehlen. — - Fleiſchfell. 36
- Wundernetz. —
- Aufhaͤngemuſkel des Auges. 37
- Hornhaut. —
- Aſelliſche Gekroͤſedruͤſe. —
- Leberblaſengaͤnge —
- Koͤrper des Highmore. —
- Nickhaut. —
- Aufhaͤngeband des Halſes. —
- Zwiſchenkinnladenknochen. 38
- B) Die Unterſchiede einiger innern Theile
des Menſchen von denen anderer Saͤuge-
thiere. 42 - Verhaͤltniß des Gehirns zu den Nerven. 43
- Steinchen der Zirbeldruͤſe. —
- Lage des Herzens. 44
- Beſonderheiten der menſchl Speiſeroͤhre. —
- und der weiblichen Sexualtheile. 45
- Nabelblaͤschen des Embrio. —
- III. Eigenheiten des Menſchen in Anſehung der
Berrichtungen der thieriſchen Oekonomie. — - Zartheit des Schleimnetzes. 46
- Durch dieſes fuͤgt ſich der Menſch jedem Klima. 47
- Langſames Wachsthum des Menſchen. —
- Spaͤtes Ende des menſchlichen Lebens. —
- Der Menſch iſt am Morgen groͤßer als am
Abend. — - Der Menſch iſt zur Befriedigung des Liebes-
triebes auf keine beſtimmte Zeit im Jahre
eingeſchraͤnkt. 48 - Vorzug der naͤchtlichen Saamenergießungen. —
- Monatsfluß. —
- IV. Eigenheiten des Menſchen in Anſehung der
geiſtigen Vermoͤgen. Seite 49 - Gebrauch der Vernunft. 51
- Erfindungsgeiſt. —
- Der Menſch ein Geſchoͤpf, das ſeine Werk-
zeuge ſelbſt verfertigt. — - Erfindung der Sprache. —
- Etwas uͤber Lachen und Weinen. 52
- V. Merkwuͤrdigſte, dem Menſchen eigene Krank-
heiten. 53 - VI. Kurze Uiberſicht von allen dem, wodurch
man, aber faͤlſchlich, den Menſchen von den
Thieren unterſcheiden zu koͤnnen geglaubt
hat. 56 - Daß die Augen nahe bey einander ſtehen. —
- Wimpern auf jedem Augenliede. —
- Prominirende Naſe. 57
- Unbewegliches aͤußeres Ohr. —
- Taſtungsorgan. —
- Zaͤpfchen. —
- Ruͤlpſen. —
- Und daß der Menſch nicht gemaͤſtet werden
kann. — - Zweyter Abſchnitt. Von den Urſachen und
Arten der Degeneration der Thiergattungen
im Allgemeinen. 58 - Vorausgeſchickte Unterſuchung der Frage: was
heißt Spezies in der Zoologie. 59 - A) Haupterſcheinungen von Degeneration der
Thiere. 64 - Farbe. —
- Textur der Haare. 65
- Statur. 66
- Figur und Proportion der Theile. —
- Beſonders der Formen der Schaͤdel. 67
- B) Urſachen der Degeneration. Seite 68
- Macht des Bildungstriebes. 69
- Klima. 73
- Nahrungsmittel. 77
- Lebensart. 79
- Baſtardzeugung. 80
- Eigenheiten, die von krankhafter Schwaͤche
angeerbt ſind. 83 - Problematiſche Frage: ob auch wohl Ver-
ſtuͤmmelungen und andere Kuͤnſteleyen zu
natuͤrlichen Verſchiedenheiten unter den
Thieren Veranlaſſung geben koͤnnen? 85 - Vorſichtigkeitsregeln, welche bey Unterſu-
chung von den Urſachen der Degeneration
zu beobachten ſind. 87 - Dritter Abſchnitt. Von den Urſachen und
Arten der Degeneration des Menſchengeſchlechts
insbeſondere. 91 - Hautfarbe. 92
- Sitz derſelben. 93
- Verſchiedenheit der Nationalfarbe. 94
- Urſachen derſelben. 96
- Beſonders der Neger Schwaͤrze. —
- Von den Kreclen. 105
- Von den Mulatten. 106
- Schwarze Haut mit weißen Flecken. 112
- Aehnliche beſondere Veraͤnderungen der Haut-
farbe. 115 - Einige andere Nationaleigenheiten der Haut. 119
- Uebereinſtimmung des Haupthaars mit der
Haut. 121 - Nationale Hauptverſchiedenheiten des Haars. 122
- Die Sehen ſtimmen mit der Farbe des Kopf-
haars zuſammen. 125 - Hauptfarben der Augen. 127
- Nationalgeſicht. 128
- Verſchiedenheiten deſſelben. 129
- Urſachen deſſelben. Seite 133
- Nationalform der Schaͤdel. 143
- Bemerkungen uͤber Campers Geſichtslinie. 145
- Scheitelnorm, als Maas, die Nationalcha-
raktere der Schaͤdel zu beſtimmen. 147 - Nationalverſchiedenheiten der Schaͤdel. 149
- Urſachen derſelben. 152
- Einige Nationalverſchiedenheiten der Zaͤhne. 161
- Urſachen derſelben. 164
- Aeußeres Ohr. 167
- Bruͤſte. 169
- Geſchlechtstheile. 172
- Schenkel. 175
- Haͤnde und Fuͤße. 178
- Nationalverſchiedenheiten in Anſehung der
Statur. 179 - Patagonen. 182
- Quimos. 186
- Von den Urſachen der Nationalſtatur. 188
- Fabelhafte Verſchiedenheiten des Menſchen-
geſchlechts. 190 - Sage von geſchwaͤnzten Voͤlkern. 192
- Nationalverſchiedenheit durch krankhafte Be-
ſchaffenheit bewirkt. 195 - Menſchliche Leukaͤthiopie. 196
- Vierter Abſchnitt. Das Menſchengeſchlecht
hat fuͤnf Hauptvarietaͤten, aber nur Eine Gat-
tung. 203 - Unzaͤhlige Verſchiedenheiten des Menſchenge-
ſchlechts fließen durch unmerkliche Gradation
mit einander zuſammen. — - Doch unterſcheidet man fuͤnf Hauptvarietaͤten der-
ſelben, als: 204 - A) die Kaukaſiſche.
- B) ‒ Mongoliſche.
- C) ‒ Aethiopiſche.
- D) ‒ Amerikaniſche und
- E) ‒ Malayiſche.
- Charaktere und Grenzen dieſer Varietaͤten. 205
- Eintheilungen anderer Schriftſteller von den Va-
rietaten des Menſchengeſchlechts. 208 - Einige Anmerkungen uͤber die fuͤnf hier feſtgeſetz-
ten Varietaͤten. 212 - Uiber die Kaukaſiſche 213
- — — Mongoliſche 214
- — — Aethiopiſche 215
- — — Amerikaniſche 217
- — — Malayiſche 223
- Schluß 224
- Anmerkungen und Zuſatze aus den beyden fruͤhern
Ausgaben dieſes Werks. 225 - Erlaͤuterung der Kupfertafeln. 289
Ver
[[1]]
Verzeichniß
von dem anthropologiſchen Vorrathe des Verfaſ-
ſers, deſſen er ſich bey Vervollkommnerung dieſer
neuen Ausgabe hauptſaͤchlich bedient hat.
Aus drey Gruͤnden hielt ich es der Muͤhe werth,
dieſes Verzeichniß hier einzuſchalten.
Einmal, damit der gelehrte und billige Leſer
ſaͤhe, mit welchen, und mit wie wichtigen, aus der
Natur ſelbſt hergenommenen, Huͤlfsmitteln verſehen,
ich zu einer neuen Ausgabe dieſes Buchs geſchrit-
ten bin.
Dann aber auch, um ein Zeugniß meiner Dank-
barkeit aufzuſtellen, fuͤr die beſondere Milde, mit
welcher meine Goͤnner und Freunde dieſen Vorrath
zum Gedeihen des anthropologiſchen Studiums bis-
her zu bereichern ſo guͤtig geweſen ſind.
Und endlich, um zu zeigen, welche mir noch
mangeln, und mit welchen ſie, wenn ſie ferner
Gelegenheit und Guͤtigkeit haben, denſelben noch
vermehren koͤnnten.
Verſch. d. M. AI.
[2]
I.
Hirnſchaͤdel von verſchiedenen Voͤlkern.
Eine Auswahl dieſer, in Anſehung ihrer Groͤße
und Verſchiedenheit, meines Wiſſens einzigen Samm-
lung, (denn weder Kampers noch Joh. Hunters aͤhn-
liche koͤnnen in dieſem Betreff ihr gleich geſtellt wer-
den,) habe ich in drey Dekaden ausfuͤhrlicher beſchrie-
ben, und mit den genaueſten Abbildungen verſehen,
wo ich auch von der Gelegenheit und dem Wege,
worauf ich jeden Schaͤdel erhalten, Rechenſchaft
abgelegt habe. Um den aͤchten Urſprung eines je-
den zu beweiſen, bewahre ich einen, mit dieſem
Schatze verbundenen, Apparat eigenhaͤndiger Briefe
auf, welcher ſtatt Dokumente dient. Die einiger-
maßen zweifelhaft oder zweydeutig ſcheinen koͤnnten,
ſtelle ich beſonders. Zu gegenwaͤrtiger Unterſuchung
gehoͤren:
- A) Fuͤnf ausgeſuchteſte Muſterſchaͤdel der Haupt-
varietaͤten des menſchlichen Geſchlechts.- a) von dem Mittelſchlage, naͤmlich der kaukaſi-
ſchen Varietaͤt.- 1) Den Schaͤdel einer Georgerin. Taf. 1.
Fig. 2. Taf. 2. Fig. 3.- (Dritt. Zehnd erlaͤut. Hirnſchaͤdel. Taf. 21.)
- Ein Geſchenk des Freyherrn von Aſch.
- Dann zweyer Extreme, naͤmlich:
- 1) Den Schaͤdel einer Georgerin. Taf. 1.
- b) Von der mongoliſchen Varietaͤt.
- 2) Eines Rehnthier-Tunguſen. (Tunguſa
rangifer.) Taf. 1. Fig. 1. Taf. 2. Fig. 2.- (Zweytes Zehnd, Taf. 16.)
- Ein Geſchenk des Herrn von Aſch.
- 2) Eines Rehnthier-Tunguſen. (Tunguſa
Und
[3]- Und c) der aͤthiopiſchen Varietaͤt.
- 3) Einer guineiſchen Negerin. Tafel 1.
Fig. 3. Taf. 2. Fig. 5.- (Zweytes Zehnd. Taf. 19.)
- Ein Geſchenk des beruͤhmten Steph. Joh.
van Geuns, Prof. zu Utrecht. - Endlich zweyer Uebergaͤnge (Varietas in-
termedia) naͤmlich:
- 3) Einer guineiſchen Negerin. Tafel 1.
- d) Der amerikaniſchen Mittelraſſe.
- 4) Eines karaibiſchen Fuͤrſten von der Inſel
St. Vinzenz. Taf. 2. Fig. 2.- (Erſtes Zehnd. Taf. 10.)
- Geſchenk des Herrn Baronet Banks. Und
- 4) Eines karaibiſchen Fuͤrſten von der Inſel
- e) der malayiſchen Varietaͤt.
- 5) Eines Otaheiten. Taf. 2. Fig. 4.
- (Drittes Zehnd. Taf. 26.)
- Geſchenk von eben demſelben.
- 5) Eines Otaheiten. Taf. 2. Fig. 4.
- a) von dem Mittelſchlage, naͤmlich der kaukaſi-
- B) Fuͤnf andere Proben auf eben die Weiſe ge-
ſammelt; als:- a) Von der kaukaſiſchen Varietaͤt.
- 6) Den Schaͤdel eines Natoliers aus Tokat.
- Ein Geſchenk des Herrn von Aſch.
- 6) Den Schaͤdel eines Natoliers aus Tokat.
- b) Von der mongoliſchen Varietaͤt.
- 7) Eines ſiniſchen Tunguſen oder Dauriers.
- (Drittes Zehnd. Taf. 23.)
- Ein Geſchenk von demſelben.
- 7) Eines ſiniſchen Tunguſen oder Dauriers.
A 2c) Von
[4]- c) Von der aͤthiopiſchen Varietaͤt.
- 8) Eines Mohren.
- (Erſtes Zehnd. Taf. 8.)
- Ein Geſchenk von Herrn Michaelis, Heſ-
ſenkaſſeliſchem Hofrath und Profeſſor
zu Marburg.
- 8) Eines Mohren.
- d) Von der amerikaniſchen Varietaͤt.
- 9) Eines nordamerikaniſchen Indianers.
- (Erſtes Zehnd. Taf. 9.)
- Ein Geſchenk von demſelben.
- 9) Eines nordamerikaniſchen Indianers.
- e) Von der malayiſchen Varietaͤt.
- 10) Eines Neuhollaͤnders.
- (Drittes Zehnd. Taf. 27.)
- Ein Geſchenk des Baronet Banks.
- 10) Eines Neuhollaͤnders.
- a) Von der kaukaſiſchen Varietaͤt.
- C) Zum Erweis fuͤr die Scheitelnorm (ſ. §. 61.)
- a) Von der kaukaſiſchen Varietaͤt.
- 11) Den Schaͤdel eines kaſaniſchen Tatarn.
- (Zweytes Zehnd. Taf. 12.)
- Ein Geſchenk von Herrn von Aſch.
- 11) Den Schaͤdel eines kaſaniſchen Tatarn.
- b) Von der mongoliſchen Varietaͤt.
- 12) Eines Jakuten.
- (Zweytes Zehnd. Taf. 15.)
- Ein Geſchenk von eben demſelben.
- 12) Eines Jakuten.
- c) Von der aͤthiopiſchen Varietaͤt.
- 13) Eines Mohren.
- Ein Geſchenk von dem beruͤhmten Soͤm-
mering, Hofrath und Prof. zu Mainz.
- Ein Geſchenk von dem beruͤhmten Soͤm-
- 13) Eines Mohren.
- a) Von der kaukaſiſchen Varietaͤt.
D) Drey
[5]
- D) Drey andere Proben, woran ſich, trotz der, theils
durch den Gebrauch beym Studiren, theils durch
Einwirkung einer Krankheit, damit vorgegan-
genen Umformung, doch der Karakter und Ha-
bitus der Scheitelnorm deutlich zeigt.- a) Von der kaukaſiſchen Varietaͤt.
- 14) Den Schaͤdel eines Tuͤrken.
- Ein Geſchenk von dem Herrn von Aſch.
- 14) Den Schaͤdel eines Tuͤrken.
- b) Von der mongoliſchen Varietaͤt.
- 15) Eines Kalmucken.
- (Zweytes Zehnd. Taf. 14.)
- Eben ſo wie der folgende Schaͤdel, ein
Geſchenk des Herrn von Aſch.
- 15) Eines Kalmucken.
- c) Von der aͤthiopiſchen Varietaͤt.
- 16) Eines Mohren.
- (Zweytes Zehnd. Taf. 17.)
- 16) Eines Mohren.
- a) Von der kaukaſiſchen Varietaͤt.
- E) Dreyerley Schaͤdel, welche zwar von Kindern,
doch die Scheitelnorm aufs klarſte darthun.- a) Von der kaukaſiſchen Varietaͤt,
- 17) Der Schaͤdel eines Judenmaͤdchen.
- (Drittes Zehnd. Taf. 28.)
- 17) Der Schaͤdel eines Judenmaͤdchen.
- b) Von der mongoliſchen Varietaͤt.
- 18) Eines buraͤtiſchen Kindes.
- (Drittes Zehnd. Taf. 29.)
- Geſchenk von Herrn von Aſch.
- 18) Eines buraͤtiſchen Kindes.
- c) Von der aͤthiopiſchen Varietaͤt.
- 19) Eines eben gebornen Mohrs.
- (Drittes Zehnd. Taf. 30.)
- Ein Geſchenk von dem beruͤhmten kaſſel-
ſchen Wundarzt Herrn Billmann.
- 19) Eines eben gebornen Mohrs.
- a) Von der kaukaſiſchen Varietaͤt,
F) Pro-
[6]
- F) Proben, welche wegen des ausgezeichneten
Ueberganges, wodurch ſie verſchiedene Varietaͤ-
ten des Menſchengeſchlechts gleichſam mit einan-
der verbinden, merkwuͤrdig ſind: So ſtehen z. B.- α) zwiſchen der kaukaſiſchen und mongoliſchen
Varietaͤt mitten inne- 20) der Hirnſchaͤdel eines doniſchen Koſaken.
- (Erſtes Zehnd. Taf. 4.)
- Dieſer und die naͤchſtfolgenden ſind Ge-
ſchenke von Herrn von Aſch.
- 21) Eines Kirgis-Kaiſaken.
- (Zweytes Zehnd. Taf. 13.)
- 22) Ein anderer deſſelben Stammes, dem vo-
rigen ſehr aͤhnlich.
- 20) der Hirnſchaͤdel eines doniſchen Koſaken.
- β) Zwiſchen der kaukaſiſchen und aͤthiopiſchen
Varietaͤt.- 23) Einer aͤgyptiſchen Mumie.
- (Zweytes Zehnd. Taf. 1.)
- 24) Eines aͤchten Zigeuners.
- (Zweytes Zehnd. Taf. 11.)
- Ein Geſchenk von dem beruͤhmten Patoki,
Arzt zu Clauſemburg.
- 23) Einer aͤgyptiſchen Mumie.
- γ) Zwiſchen der mongoliſchen und amerikani-
ſchen Varietaͤt.- 25) Eines Eskimo.
- (Drittes Zehnd. Taf. 24.)
- Nebſt dem folgenden Geſchenk von dem be-
ruͤhmten Joh. Lorenz.
- 26) Ein anderer von einem Eskimo.
- (Drittes Zehnd. Taf. 25.)
- 25) Eines Eskimo.
- α) zwiſchen der kaukaſiſchen und mongoliſchen
G) Schaͤ-
NB. Dieſer Bogen wird zerſchnitten,
[7]
- G) Schaͤdel, die einſt im Kindesalter, durch be-
ſondere Kuͤnſteleyen, vergeſtaltet worden.- 27) Eines, wahrſcheinlich tatariſchen Lang-
kopfs, (Macrocephali.)- (Erſtes Zehnd. Taf. 3.)
- Geſchenk vom Herrn von Aſch.
- 28) Einer Karaibin.
- (Zweytes Zehnd. Taf. 20.)
- Geſchenk vom Herrn von Banks.
- 27) Eines, wahrſcheinlich tatariſchen Lang-
- H) Der uͤbrige Vorrath dieſer Art.
- 29) Der Schaͤdel eines Teutſchen.
- 30) Einer teutſchen Frau.
- 31) Eines juͤdiſchen Juͤnglings.
- 32) Eines juͤdiſchen Greiſes.
- 33) Eines Hellaͤnders.
- Ein Geſchenk von dem beruͤhmten Utrech-
ter Arzte Herrn Wolff.
- Ein Geſchenk von dem beruͤhmten Utrech-
- 34) Eines Franzoſen.
- Ein Geſchenk von Herrn Soͤmmering.
- 35) Eines Italieners.
- 36) Ein anderer, von einem Italiener, und
zwar von einem Venediger.- Nebſt dem folgenden ein Geſchenk von
dem beruͤhmten Herrn D. Michaelis,
hannoͤveriſchem Feldarzt.
- Nebſt dem folgenden ein Geſchenk von
- 37) Eines Lombarden.
- 38) Eines alten roͤmiſchen Soldaten von
der Leibwache.- Ein Geſchenk Sr. Eminenz, des Herrn
Kardinal Steph. Borgia.
- Ein Geſchenk Sr. Eminenz, des Herrn
39) Ei-
[8]- 39) Eines ſarmatiſchen Litthauers.
- (Drittes Zehnd. Taf. 22.)
- Ein Geſchenk vom Herrn von Aſch.
- 40) Die Hirnſchale eines alten Cimbriers.
- Ein Geſchenk von Sr. Hochwohlgeboren,
dem kaiſerlichen Hauptkonſul bey den
Daͤnen, Herrn Bozenhord.
- Ein Geſchenk von Sr. Hochwohlgeboren,
- 41) Der Schaͤdel eines Finnen.
- Geſchenk, nebſt allen folgenden, bis
No. 80. von Herrn von Aſch.
- Geſchenk, nebſt allen folgenden, bis
- 42) Ein anderer eines Finnen.
- 43) Einer finniſchen Frau.
- 44) Eines eingariſchen Ruſſen.
- 45) Eines ruſſiſchen Juͤnglings.*)
- 46) Eines ruſſiſchen Greiſes.
- 47) Eines Ruſſen aus Moskau.
- 48) Eines andern.
- 49) Eines dritten.
- 50) Eines vierten.
- 51) Eines fuͤnften.
- 52) Einer Frau aus Moskau.
- 53) Eines Ruſſen aus Sweingorod.
- 54) Eines jungen Uruſſers.
- 55) Eines Ruſſen aus Wenewks.
56) Ei-
[9]- 56) Eines Ruſſen aus Romanoſ.
- 57) Eines andern aus Ribnock.
- 58) Eines andern aus Ribniſk.
- 59) Eines Koſtromers.
- 60) Einer Krasnoi Cholmerin.
- 61) Eines Niſchnei Nowgoroders.
- 62) Eines Kurskers.
- 63) Eines Orlowers.
- 64) Eines Tataren aus Orenburg.
- 65) Eines Tataren, (wahrſcheinlich aus
Kaſan.) - 66) Eines dritten Tataren.
- 67) Eines vierten.
- 68) Eines fuͤnften.
- 69) Eines Tſchuwaſchiers.
- 70) Eines Lesghiers.
- 71) Eines Georgiers.
- 72) Eines Tuͤrken.
- 73) Eines andern.
- 74) Eines dritten.
- 75) Eines Kalmucken aus Orenburg.
- 76) Eines andern Kalmucken.
- (Erſtes Zehnd. Taf. 5.)
- 77) Eines dritten.
- 78) Eines vierten.
- 79) Eines fuͤnften.
- 80) Eines ſechſten.
81) Ei-
[10]- 81) Eines Neger-Kreolen aus Neu-York.
- (Erſtes Zehnd. Taf. 7.)
- Ein Geſchenk von Herrn Michaelis aus
Marburg.
- 82) Eines Negers von Kongo.
- (Zweytes Zehnd. Taf. 18.)
- Geſchenk von Herrn von Aſch.
II.
Ungemein charakteriſtiſche Foetus des Mittelſchlags, und
der beyden aͤußerſten Varietaͤten.
- a) Von der kaukaſiſchen Varietaͤt.
- 1) Teutſche Zwillinge verſchiedenen Ge-
ſchlechts, durch außerordentliche Schoͤnheit
ſich auszeichnend. Vier Monathe alt.
- 1) Teutſche Zwillinge verſchiedenen Ge-
- b) Von der mongoliſchen Varietaͤt.
- 2) Den Foͤtus eines Kalmucken aus Oren-
burg, weiblichen Geſchlechts, drey Mo-
nate alt.- Ein Geſchenk von Herrn D. Koſegarten.
- 2) Den Foͤtus eines Kalmucken aus Oren-
- c) Von der aͤthiopiſchen Varietaͤt.
- 3) Eines maͤnnlichen Negers von fuͤnf Mo-
naten.- Ein Geſchenk von dem beruͤhmten Herrn
Meyer, hannoͤveriſchem Archiater.
- Ein Geſchenk von dem beruͤhmten Herrn
- 3) Eines maͤnnlichen Negers von fuͤnf Mo-
III.
[11]
III.
Bloße Haare und Haupthaare verſchiedener Voͤlker.
Wiewohl dieſes beym erſten Anblick kaum hieher
gezogen werden zu koͤnnen ſcheint, ſo iſt doch un-
leugbar, daß auch eine ſolche Sammlung, wenn ſie
durch Mannichfaltigkeit ſich auszeichnet, auf jeden
Fall fuͤr ein [ſorgfaͤltigeres] Studium der Anthropolo-
gie ihren Nutzen hat. Dieſe enthaͤlt Proben von al-
len fuͤnf Hauptvarietaͤten des Menſchengeſchlechts:
und unter dieſen ziemlich merkwuͤrdige, von denen
hinten an ſeinem Orte hin und wieder iſt geredet wor-
den, als von dem zweyfarbigen Haupthaar eines
mit weißen Flecken untermiſchten Nigritiers, wel-
chen ich zu London ſah u. a. m.
IV.
Anatomiſche Praͤparate.
Der groͤßte Theil hiervon geht auf die Naturge-
ſchichte des Mohren. In dem Buche ſelbſt habe ich
hin und wieder umſtaͤndlichere Nachricht davon ertheilt.
V.
Eine Sammlung von Abbildungen verſchiedener Voͤlker,
nach der Natur ſelbſt, von geſchickten Kuͤnſtlern, aufs
ſorgfaͤltigſte gezeichnet.
Es erhellt an ſich *) ſchon, daß ein ſolcher Ap-
parat, beſonders, wenn man ihn immer mit der ge-
nann-
[12] nannten Hirnſchaͤdel-Sammlung zuſammen haͤlt, zu
den erſten vorzuͤglichen und untruͤgbaren Quellen des
Studiums der Anthropologie gehoͤre; und deshalb ha-
be ich ſeit zwanzig Jahren mir alle Muͤhe gegeben,
ſolcher nach der Natur ſelbſt, und was ein Haupt-
umſtand iſt, von geſchickten Kuͤnſtlern verfertigten
Abbildungen viele mir zu verſchaffen. Zwar findet man
in Reiſebeſchreibungen eine Menge aͤhnlicher Abbil-
dungen; allein ſobald man ſie unter das Meſſer der
Kritik bringt, ſo findet man in der That ſehr wenige,
denen man trauen koͤnnte. Denn rechnet man eini-
ge, z. B. die aus Korn. de Bruͤn perſiſcher und indi-
ſcher Reiſe, und aus der Erdumſegelung des unſterb-
lichen Kook von ihm ſelbſt beſchrieben, und mit den
ſchoͤnen, von dem beruͤhmten Hodges gezeichneten
Kupfern verſehen, hinweg; ſo wird man leicht fin-
den, daß die uͤbrigen, nur nicht alle, bisweilen
zwar wohl mit ſehr glaͤnzenden Kupfertafeln prangen,
welche bey genauerer Beſichtigung aber, und einer
Vergleichung mit richtigen Abbildungen, oder der
Natur ſelbſt, kaum irgend einen Nutzen fuͤr die Na-
turgeſchichte des Menſchengeſchlechts haben. Man
muß alſo zu dieſem Behuf vielmehr andere hie und
da befindliche Abbildungen fremder Voͤlker verglei-
chen, welche man theils in Kupfer geſtochen einzeln
herausgegeben, oder zerſtreut in Buͤchern eingeſchal-
tet, theils als eigne Handzeichnungen von der ge-
ſchickten Hand eines Kuͤnſtlers antrift. Von jenen
habe ich mir eine nicht gemeine Menge angeſchaft,
worunter ſich hauptſaͤchlich des in dieſer Art großen
Kuͤnſtlers Wem. Hollar geaͤtzte Figuren, und die
nicht gemeinen Blaͤtter der neueren engliſchen Ku-
pfer-
[13] pferſtecher auszeichnen, welche jedoch einzeln aufzu-
zeichnen, der Raum dieſer Anzeige nicht geſtattet.
Indeß duͤrfte ich doch wenigſtens eine Ueberſicht von
den merkwuͤrdigſten Handzeichnungen beyfuͤgen:
- a) Von der kaukaſiſchen Varietaͤt.
- 1) Ein Tuͤrke. Mit Roͤthelſtift zu Berlin
nach dem Leben gezeichnet, von dem unge-
meinen Kuͤnſtler: Dan. Chodowieki, wel-
cher mir mit dieſer Handzeichnung ein Ge-
ſchenk gemacht hat. - 2) Eine Frau aus Indoſtan, von einem in-
dianiſchen Mahler mit bewundernswuͤrdiger
Genauigkeit und Feinheit gezeichnet.- Ich erhielt es zu London von dem gelehrten
Herrn Sam. Lyſons.
- Ich erhielt es zu London von dem gelehrten
- 1) Ein Tuͤrke. Mit Roͤthelſtift zu Berlin
- b) Von der mongoliſchen Varietaͤt.
- 3) Coſſim Ali Chan, einſt Praͤſident (Na-
bob) von Bengalen, der nachher zu Delhi
ein Prieſter Muhameds (Faquir) wurde.
Mit lebendigen Farben von einem muha-
medaniſchen (mauriſchen) Mahler gemahlt.- Nebſt dem folgenden ein Geſchenk des nun
der Erde entnommenen Baron Braun,
engliſchen Reſidenten zu Bern, ehema-
ligen engliſchen Obriſten in Indien.
- Nebſt dem folgenden ein Geſchenk des nun
- 4) Die Gattin des letzten mongoliſchen
Kaiſers, Scha Allun, welcher im Jahr
1790 ſtarb. Mit aͤhnlicher kuͤnſtlicher Hand
gemahlt. *)
5) Das
[14]- 5) Das Bildniß eines Kalmucken, Feodor
Iwanowitſch, zu Rom, wo er mit dem
gluͤcklichſten Erfolge ſich auf die Mahlerey
legt, von ihm ſelbſt, mit eigner Hand,
ganz unvergleichbaren Kunſt und Geſchmack
und einer Aehnlichkeit zum Sprechen, mit
ſchwarzer Kreide gezeichnet.- Dies beſondere Geſchenk erhielt ich von
Rom, von dem beruͤhmten koͤniglichen
großbrittanniſchen Geſandtſchaftsſekre-
taͤr, Tatter. *)
- Dies beſondere Geſchenk erhielt ich von
- 6) Zwey ſineſiſche Schiffer. Zu Wien ge-
mahlt.- Ein Geſchenk von Sr. Hochwohlgeboren,
des Herrn Nik. Joſ. von Jacquin, kai-
ſerlichem Finanzrath.
- Ein Geſchenk von Sr. Hochwohlgeboren,
- 7) Ettuiak, ein eskimoſcher Zauberer, wel-
cher im Jahr 1773 von der Kuͤſte Labrador
nach London gebracht wurde.
Dies
*)
[15]- Dies und das folgende Gemaͤhlde iſt nach
der Handzeichnung des Nathan Donce
im Muſeum des Herrn von Banks von
dem treflichen Londonſchen Mahler G.
Hunnemann abgemahlt.
- Dies und das folgende Gemaͤhlde iſt nach
- 8) Ein eskimoſches Weib, Namens Laubwik
(welcher Name in der Mutterſprache jener
Barbaren einen einaͤugigen Baͤr bedeutet)
welche mit eben genannten vorigen von dem
beruͤhmten Cartwright zugleich nach London
gebracht wurde.
- 3) Coſſim Ali Chan, einſt Praͤſident (Na-
- c) Von der aͤthiopiſchen Varietaͤt.
- 9) Eine Hottentottin aus Amak.
- Nebſt der folgenden ebenfalls aus der
Bibliothek des Herrn von Bauks.
- Nebſt der folgenden ebenfalls aus der
- 10) Ein waldbewohnender Hottentotte (holl.
Boſchmann) mit Weib und Kind. - 11) Eine Hottentottin.
- Dieſes und die vier folgenden Gemaͤhlde
wurden auf dem Vorgebirge der guten
Hoffnung nach dem Leben gezeichnet,
und an Kayſer Joſeph nach Wien ge-
ſchickt. Die ſehr ſorgfaͤltigen Kopien
davon habe ich von Herrn von Jacquin
zum Geſchenk erhalten.
- Dieſes und die vier folgenden Gemaͤhlde
- 12) Karmup, ein Hottentotte aus Amak.
- 13) Kosjo, ein Hottentotte aus Chonoga,
an der Grenze des Kaffernlandes. - 14) Koba, ein Fuͤrſt der Kaffern.
- 15) Puſeka, die Tochter deſſelben.
- 9) Eine Hottentottin aus Amak.
d) Von
[16]
- d) Von der amerikaniſchen Varietaͤt.
- 16) Ein Einwohner der Magellansſtraße,
aus dem Feuerlande. - 17) Ein Weib von demſelben Volke.
- 16) Ein Einwohner der Magellansſtraße,
- e) Von der malayiſchen Varietaͤt.
- 18) Zwey neuſeelaͤndiſche Maͤnner.
- 19) Ein neuſeelaͤndiſcher Fuͤrſt.
- 20) Zwey Juͤnglinge von demſelben Volke.
- Alle, ſo wie die Abbildungen der Anwoh-
ner der Magellansſtraße, ſind aus der
Sammlung der Schaͤtze, welche der
Herr Baronet von Banks von ſeiner
Erdumſegelung mitgebracht hat.
- Alle, ſo wie die Abbildungen der Anwoh-
Erſter
[17]
Erſter Abſchnitt.
Von dem Unterſchied zwiſchen dem Menſchen
und den uͤbrigen Thieren.
§. 1.
Schwierigkeit der Unterſuchung.
Wer von der Verſchiedenartigkeit des Menſchenge-
ſchlechts ſchreiben, und die Unterſchiede aufzaͤhlen
will, welche in Hinſicht auf ihren Koͤrperbau zwi-
ſchen den verſchiedenen Menſchenſtaͤmmen ſtatt finden,
muß vor allen Dingen eine Unterſuchung anſtellen
uͤber jene Unterſcheidungen, welche den Menſchen
und die uͤbrigen Thiere von einander ſondern. Da
trift es denn aber auch hier, was bey dem Studium
der Naturgeſchichte, und zwar inſonderheit der Zoo-
logie oͤfters der Fall iſt, daß man bisweilen eine
Gattung von ihren Nebengeſchlechtern weit leichter
auf die erſte Anſicht, und zwar zu Folge eines ge-
wiſſen ſinnlichen Eindrucks, unterſcheiden, als dieſe
unterſcheidenden Merkmale ſelbſt aufzaͤhlen, und mit
Worten ausdruͤcken kann. So iſt es ziemlich leicht
die Ratte von der Maus, das Kaninchen von dem
Haaſen zu unterſcheiden, ſchwer hingegen die charak-
teriſtiſchen Zeichen, auf denen dieſe allgemein be-
merkte Verſchiedenheit beruht, heraus zu ſuchen.
Daß aber die Materie, welche wir jetzt bearbeiten,
dieſelbe Schwierigkeit habe, haben in dieſem Fache
Verſch. des M. Bgroße
[18] große Maͤnner frey und offenherzig geſtanden, ja
ſelbſt Linné, dieſer unſterbliche Mann, der in der
That dazu geboren war, die unterſcheidenden Merk-
male an den Gegenſtaͤnden der Natur zu erforſchen,
und um dieſe ſyſtematiſch zu ordnen, nennt es in
der Vorrede zu ſeiner ſchwediſchen Fauna, eine der
ſchwierigſten Unterſuchungen, den eigentlichen
ſpeziſiſchen Unterſchied des Menſchen anzugeben;
ja bekennt, daß er kein Merkmal habe ausfindig
machen koͤnnen, wodurch man den Menſchen von
dem Affen unterſcheiden koͤnne; und hat es in dem
Syſtem der Natur fuͤr wunderbar gehalten, daß
der duͤmmſte Affe von dem kluͤgſten Menſchen ſo
wenig abweiche, daß der Marſchbeſtimmer der
Natur noch zu ſuchen ſey, welcher dieſe Grenz-
ſcheidungen feſtſetze; und endlich hat er wirklich
dem Menſchen weder ein generiſches noch ſpezifiſches
Merkmal beygelegt, ſondern ihn im Gegentheil mit
dem langhaͤndigen Affen (Linnés Homo Lar, Gib-
bon) zu einer Gattung gerechnet.
§. 2.
Die gehoͤrige Behandlungsart dieſer Materie.
So will ich denn einſtweilen das aufzaͤhlen, wo-
durch ſich der Menſch, wenn ich irgends richtig be-
obachtet habe, von den uͤbrigen Thieren zu unter-
ſcheiden ſcheint, wobey ich folgendermaßen verfahren
will, daß ich
- 1) das aufzaͤhle, was zur aͤußern Bildung
des menſchlichen Koͤrpers; - 2) zur innern Einrichtung,
- 3) zu den Geſchaͤften ſeiner animaliſchen
Oekonomie, gehoͤrt;
4) was
[19]
- 4) was Bezug hat auf die Geiſtesfaͤhigkei-
ten; welchen ich - 5) weniges uͤber die dem Menſchen eigenthuͤm-
lichen Krankheiten beyfuͤgen werde. Und - 6) werde ich endlich jene Merkzeichen durch-
gehen, durch welche man insgemein, aber faͤlſchlich,
den Menſchen von den Thieren unterſcheiden zu koͤn-
nen geglaubt hat.
§. 3.
Aeußere Bildung.
Hierher ziehe ich auch einige Merkzeichen, welche
zwar zunaͤchſt in eine Zuſammenſtellung des Skelets
gehoͤren, allein ſich doch in der aͤußeren, von jener ab-
haͤngenden, Beſchaffenheit des Koͤrpers zeigen, wo
denn folgende, zumal wenn man ſie zuſammenge-
ſtellt betrachtet, eine vollſtaͤndige Erklaͤrung von der
menſchlichen Gattung zu enthalten ſcheinen:
- A) Aufrechte Stellung.
- B) Breites, flaches Becken.
- C) Zwo Haͤnde.
- D) Zaͤhne in gleicher Ordnung an einander ge-
reiht und aufrechtſtehende Unterſcheidezaͤhne.
Hierauf wird man, als auf ſeine Hauptſtuͤcke,
alles uͤbrige, was die Beſchaffenheit des menſchlichen
Koͤrpers beſonderes hat, fuͤglich beziehen koͤnnen;
und wir wollen daher von jedem einzelnen beſonders
handeln.
§. 4.
A) Aufrechte Stellung.
Hier liegt uns der Beweis von zwey Punkten
ob: daß naͤmlich
B 21) die
[20]
- 1) die aufrechte Stellung zur Natur des Men-
ſchen paſſe; und - 2) daß ſie dem Menſchen eigenthuͤmlich ſey.
Dieſes wird unten erhellen (ſ. §. 10.). Jenes
beſtaͤtigt a priori der Bau des menſchlichen Koͤrpers
ſelbſt, und a poſteriori die einmuͤthige Uibereinſtim-
mung aller uns bekannten Voͤlker jedes Zeitalters.
Um bey der Sache nicht lange zu verweilen, bedarf
man keines weiteren Beweiſes als deſſen, welchen
man fuͤr das Gegentheil anzufuͤhren, und von den
Beyſpielen vierfuͤßiger, unter Thieren aufgewachſe-
ner Kinder, herzunehmen pflegt. Denn wer die-
ſer Sache ernſtlicher nachdenkt, ſieht leicht, daß
man ſich keinen andern Zuſtand des Menſchen den-
ken koͤnne, worin er weiter von dem ihm von der
Natur beſtimmten abwiche, als eben dieſen, worin
wir die ungluͤcklichen Kinder geſehen haben; denn mit
ebendemſelben Rechte koͤnnte man jede Mißgeburt
fuͤr die ideale Norm der menſchlichen Bildung halten,
als man das Beyſpiel ſolcher wilden Kinder miß-
braucht, um die dem Menſchen natuͤrliche Art zu
gehen und zu leben, daraus zu beweiſen. Und den-
noch darf man nur dieſe Nachrichten von den wilden
Kindern etwas genauer beſeitigen, ſo erhellt aus den
aͤchteſten, der Ungewißheit und dem Zweifel wirklich
nicht ausgeſetzten Beyſpielen darunter, als unſers
beruͤhmten Peters von Hameln 1)(Peter the wild
boy, Juvenis Hannoveranus, Linn.); des Maͤdchens
aus
[21] aus Champagne 2); des pyrenaͤiſchen Mannes 3)
und anderer, klar, daß dieſe Ungluͤcklichen aufrecht
gegangen ſind; in der Geſchichte der uͤbrigen aber,
welche man gemeiniglich fuͤr vierfuͤßige gehalten hat,
als des irrlaͤndiſchen Juͤnglings unter den Schaafen
Linn. ſtoͤßt man auf verſchiedenes, was ſie ſehr
zweifelhaft macht 4); ja jener wilde Menſch des
Linné (Homo ſapiens ferus, S. N. Ausg. 12. 1ſter
Th. S. 28.) ſcheint in der That mit nicht groͤßerem
Rechte
1)
[22] Rechte vierfuͤßig als behaart benennt werden zu
koͤnnen.
§. 5.
Daß die Natur den Menſchen aufrecht gebildet habe, wird
aus ſeiner Einrichtung dargethan.
Zwar iſt es ein verdruͤßliches Geſchaͤft, eine an
ſich klare und einleuchtende Sache mit langen Bewei-
ſen zu unterſtuͤtzen; allein ſie gaͤnzlich unberuͤhrt zu
laſſen, verbieten ein paar beruͤhmte Maͤnner, der
Italiener P. Maſcati naͤmlich, und der Hollaͤnder
A. Schrage 5), die paradoxen Beguͤnſtiger der ent-
gegengeſetzten Meinung. Indeſſen wird es hinrei-
chen, nur weniges aus dem ſehr vielen herauszuheben.
Daß alſo der Menſch von Natur zum aufrechten
Gange beſtimmt ſey, bezeugt gleich auf dem erſten
Anblick die Laͤnge der Schenkel im Verhaͤltniß des
Rumpfes und der Aerme. Denn kann ich ſchon dem
Daubenton nicht beyſtimmen, wenn er meint, daß
kein Thier, außer dem Menſchen, ſo große Hinter-
fuͤße habe 6), deren Laͤnge gleich waͤre der Laͤnge des
Kopfes und Rumpfes; welches die Beyſpiele ver-
ſchiedener Saͤugthiere, als des Gibbon Simia lar
und des kapſchen Springers (Jerboa Capenſis) wi-
derlegen; ſo iſt doch jedem klar, daß der alſo ge-
baute Menſch auf keine Weiſe wie die vierfuͤßigen
Thiere gehen koͤnne; da ſelbſt die Kinder nicht anders,
als
[23] als mit den Knien aufgeſtemmt, kriechen koͤnnen, ob-
ſchon ihre Schenkel in dieſem zarten Alter in dem ſchon
benannten Maaße kuͤrzer ſind, als bey Erwachſenen.
Allein nicht bloß die Groͤße, ſondern auch die
beſondere Staͤrke der Schenkel, mit den ſchwaͤcheren
Aernen verglichen, zeigen deutlich, daß dieſe einzig
von der Natur zur Stuͤtze des Koͤrpers bereitet ſind;
was hauptſaͤchlich durch einen aus der Oſteogonie
entlehnten Beweiß dargethan wird, wo man naͤmlich
weiß, daß bey einem juͤngſtgebornen Kinde die Kno-
chen des Vorderfußes und zwar hauptſaͤchlich die
Ferſe weit geſchwinder hart werden und zur Voll-
kommenheit gedeihen, als die Knochen in der Hand,
und das, wie es die Natur der Sache mit ſich bringt,
da die zarten Haͤndchen in den erſten Lebensjahren
kaum einige Kraftaͤußerung noͤthig haben, die Fuͤße
aber ſchon beym Verlauf des erſten Jahres zur Stuͤtze
des Koͤrpers und zum aufrechten Gange geſchickt ſeyn
muͤſſen. Von den ſtarken Muskeln der Wade, haupt-
ſaͤchlich des Schienbeinmuskels mit ſeinen beyden,
durch Sehnen verwachſenen Muskeln (ſolei muſc.
c. gemello ſuo), c) welche zur Aufrechthaltung des
Menſchen ſo ſtark und auszeichnend von der Natur
bereitet ſind, daß die alten Anthropologen deshalb
mit Ariſtoteles meinten, man koͤnne dem Menſchen
allein wahre Waden zuſchreiben, will ich nicht ein-
mal etwas ſagen.
Ferner lehrt die ganze Zuſammenfuͤgung der
Bruſt, daß der Menſch auf keinen Fall wie die
Thiere gehen koͤnne. Denn wenn dieſe langfuͤßig
ſind, iſt ihre Bruſt an den Seiten gleichſam zuſam-
mmengedruͤckt, vorwaͤrts aber gebogen, und die
Schluͤſ-
[24] Schluͤſſelbeine mangeln ihnen, damit die Fuͤße von
beyden Seiten einander beſſer ausweichen, und mit-
hin die Laſt des Koͤrpers leichter und feſter tragen
koͤnnen. Uiberdieß haben die vierfuͤßigen Thiere ent-
weder ein laͤngeres Bruſtbein, oder mehrere Rippen,
welche weiter an den Rand des Huͤftbeines (Criſta
ilei) herabgehen, um die Eingeweide des Unterlei-
bes in der Lage des horizontalen Rumpfes zu halten.
Dies alles aber verhaͤlt ſich anders bey dem zweyfuͤ-
ßigen Menſchen. Seine Bruſt iſt flacher, die Schul-
tern durch die Schluͤſſelbeine weit von einander abge-
ſondert, der Bruſtknochen kurz, der Unterleib mehr
als bey den genannten Thieren der beinernen Stuͤtzen
entbloͤßt, und anderes der Art mehr, was keinem,
der auch nur wenige Skelette vier- beſonders lang-
fuͤßiger Thiere, etwas aufmerkſam mit dem menſch-
lichen vergleicht, wird entgehen koͤnnen, was denn
alles zeigt, wie unpaſſend der Bau des Menſchen
zum Gange auf Vieren ſey, daß er nicht anders als
unſicher, ſchwankend, aͤußerſt beſchwerlich und er-
muͤdend fuͤr ihn ſeyn koͤnnte *).
§. 6.
B) Das menſchliche Becken breit und flach.
Dem bisher geſagten giebt die Betrachtung des
menſchlichen Beckens die groͤßte Bekraͤftigung, deſſen
ganz beſondere Bildung ebenfalls ein unterſcheidendes
Kennzeichen iſt, wodurch ſich der Menſch wunderbar
weit von den Menſchenaͤhnlichen Affen, und im
Allge-
[25] Allgemeinen von allen und jeden uͤbrigen Saͤugthie-
ren am weiteſten und offenbarſten entfernt.
Die Behauptung, daß nur dem menſchlichen
Skelette ein wahres Becken beyzumeſſen ſey, koͤnnte,
ſo paradox und affektirt ſie auch ſcheinen duͤrfte, doch
zu vertheidigen ſeyn. Wenn man naͤmlich unter
Becken verſteht, eine ſolche Zuſammenfuͤgung der
Huͤft- mit dem heiligen und Kukuksbeine (os coc-
cygis), welche der Geſtalt eines Beckens nahe kommt;
ſo weichen die laͤnglichten Huͤftbeine der uͤbrigen
Saͤugthiere von dieſer Beckenbildung außerordentlich
weit ab. Denn ob ſchon des Orangutang (ſimiae
ſatyri) und des Elephanten Huͤftblaͤtter, etwas
mehr Aehnlichkeit mit der Geſtalt des menſchlichen
Beckens zu haben ſcheinen, als die der andern Saͤug-
thiere, deren Skelette ich unterſucht habe: ſo ſind ſie
doch nichts deſtoweniger bey dem erſtern laͤnger als
breiter, bey dem letztern aber ragt eine ſehr verlaͤn-
gerte Verknorpelung des Schaambeines hervor, und
ſo faͤllt bey beyden offenbar die Aehnlichkeit des Bek-
kens, von welcher wir reden, hinweg, welche ſich
alſo bloß bey dem Menſchen, durch die Ebnung der
Huͤftknochen uͤber dem Schloßbeine, ihrer zarten
Verknorpelung, der Kruͤmmung des heiligen Beines
von der Erhebung an und der vorwaͤrts gerichteten
Schwanzbeinwirbel (os coccygis) aͤußert.
§. 7.
Verhaͤltniß der benachbarten weichen Theile zur Geſtalt
des menſchlichen Beckens.
Die hintere Seite des Beckens dient den Steiß-
muskeln zum Fundament, deren aͤußerſten oder großen
kein
[26] kein anderer Muskel des Koͤrpers an Dicke gleich iſt,
und welche mit einer ſehr ſtarken Lage Fett bedeckt
die Hinterbacken bilden, deren fleiſchigte, gefuͤgige,
und gerundete Fuͤlle, welche den After verbirgt, nicht
minder klaſſiſche Schriftſteller der Naturgeſchichte,
wie Ariſtoteles 7) und Buͤffon 8) als die groͤßten
Phyſiologen, ein Galenus 9) und Haller 10) fuͤr das
Hauptkennzeichen halten, durch welches der Menſch
ſich von den Affen, welche ganz ohne Geſaͤß ſind, am
meiſten unterſcheide.
Ferner haͤngt von der benannten Kruͤmmung des
Heiligen- und des Schaambeines eine merkwuͤrdige
Richtung der innern weiblichen Geburtsglieder, und
beſonders der Mutterſcheide ab, deren Achſe ſich
weit mehr als bey den uͤbrigen weiblichen Saͤugthie-
ren von der ſogenannten Achſe des Beckens vorwaͤrts
neigt, was zwar die Geburt etwas zu erſchweren
pflegt, hingegen andern Unbequemlichkeiten, welchen
die aufrechtgehende Frau, beſonders bey dauernder
Schwangerſchaft, unterworfen ſeyn koͤnnte, unge-
mein vorbeugt.
Der-
[27]
Derſelben Richtung der Mutterſcheide iſt es bey-
zumeſſen, daß das andere Geſchlecht in der menſchli-
chen Gattung, nicht wie die Thierweibchen den
Urin hintenaus laͤßt; und das um ſo weniger,
da bey dieſem (ſo viel bis jetzt bekannt iſt) die Oeff-
nung der Harnroͤhre nicht wie bey dem menſchlichen
Weibe zwiſchen den Schaamlefzen ausgeht, ſondern
ruͤckwaͤrts in die Mutterſcheide ſelbſt tritt, welche
Erfahrung ich ſogar bey Menſchenaͤhnlichen Thieren,
als dem Teufel oder Maimon und dem Makako,
(papio maimon, Sim. cynomolgno) die ich dem
anatomiſchen Meſſer unterworfen, gemacht habe d).
Und nach eben dieſer Richtung der Mutterſcheide,
wird man den ſeit Lukrezens Zeiten oͤfters erregten
Streit uͤber die Frage, welche Stellung dem Men-
ſchen beym Beyſchlafe am angemeſſenſten ſey,
„Und auf welcherley Art man behandle die ſuͤße-
ſte Wolluſt?“
beylegen koͤnnen; denn wiewohl der Menſch auf meh-
rerley Art dieſe Feyer begehen kann, und dieſe ver-
ſchiedene Art, ſie zu begehen, von Menſchen aus
den moͤnchiſchen Zeiten 11) zu jenen Stuͤcken gezogen
worden, wodurch er ſich von den Thieren unterſchei-
de, ja unterweilen wohl phyſiſche Urſachen eintreten
koͤnnen, welche ihn
„nach Art und Sitte der Thiere“
zum Beyſchlaf reizen koͤnnen 12), ſo ſcheint doch im
Allge-
[28] Allgemeinen der wechſelſeitige Bezug der Mutter-
ſcheide auf die maͤnnliche Ruthe der obwaltenden
Liebe am gemaͤßeſten 13).
§. 8.
Kurze Nachricht von dem Hymen, den Nymphen und
der Clytoris.
Um die dem weiblichen Geſchlechte der menſchli-
chen Gattung eigenthuͤmlichen Schaamtheile, mit
einemmale abzufertigen, muͤſſen wir des Hymens
noch erwaͤhnen, welches Haͤutchen, ſo viel ich weiß,
bisher bey keinem andern Thiere iſt gefunden worden.
Weder bey den Weibchen der gemeinen Affen, noch
der Paviane ſind mir, ſo oft ich ſie unterſuchte, ir-
gend eine Spur davon, oder in Warzen verwandelte
Ueberreſte vorgekommen; eben ſo wenig als in dem
weiblichen Elephanten, dem man vor mehreren Jah-
ren durch Teutſchland fuͤhrte, und deſſen Geburts-
theile
[29] theile ich deshalb ſorgfaͤltiger unterſuchte, weil mir
war berichtet worden, daß der ſelige Trendelenburg,
ein damals ſehr beruͤhmter Arzt zu Luͤbeck, in dieſem
Thiere eine Art von Hymen bemerkt habe. Mir iſt
dieſer Theil im weiblichen Koͤrper uͤbrigens merkwuͤr-
dig, da ich ſchlechterdings durch keine Muthmaßung
irgend einem phyſiſchen Nutzen deſſelben auf die Spur
kommen kann. Was die Phyſiologen uͤber den Zweck
des Hymen vorgebracht haben, iſt kaum annehmbar;
unter allen aber am wenigſten die von Hallern hier-
uͤber geaͤußerte, nicht ſehr ſcharfſinnige Meinung:
„da man es bloß bey dem Menſchen finde, ſo ſey
es ihm auch zu moraliſchem Zwecke verliehen, als
Zeichen der Keuſchheit.“
In Anſehung der Nymphen und Clytoris ſcheint
Linné ungewiß zu ſeyn, ob ſie außer dem weiblichen
Geſchlechte der menſchlichen Gattung auch andere
Weibchen haben? Ich aber habe ſelbſt erfahren, daß
keiner von dieſen Theilen dem Menſchen eigenthuͤm-
lich ſey, denn die Clytoris habe ich nach ſo viel an-
dern nicht verwerflichen Zeugen, in mancherley Saͤug-
thieren verſchiedener Ordnungen haͤufig beobachtet
und zum Theil ſehr groß gefunden, wie in dem Teu-
fel oder Maimon und dem Faulthieraffen, am unge-
heuerſten aber, in der Groͤße einer Fauſt, in einem
52 Fuß langen Wallfiſch, welchen ich, als er vor
Kurzem im Monat December 1791 bey Sandfort in
Holland ans Ufer geworfen worden, ſorgfaͤltig be-
trachtet habe.
Die Nymphen aber habe ich an einem Mongus,
den ich ſelbſt einige Jahre lebendig aufgezogen habe,
den menſchlichen ſehr aͤhnlich gefunden.
§. 9.
[30]
§. 9.
C) Der Menſch, ein zweyhaͤndiges Thier.
Aus dem, was uͤber des Menſchen Stellung
bisher geſagt worden iſt, ergiebt ſich der groͤßte Vor-
zug ſeiner aͤußern Bildung, naͤmlich: der freyſte
Gebrauch zweyer ſehr vollkommener Haͤnde; durch
deren Bildung er ſo weit uͤber den uͤbrigen Thieren
ſteht, daß dadurch des Anaxagoras abgedroſchenes,
von Helvetius in unſern Zeiten wieder aufgewaͤrmtes
Sophiſma entſtanden iſt: „Der Menſch ſcheine des-
halb am weiſeſten zu ſeyn, weil er mit Haͤnden aus-
geſtattet iſt.“ Dies iſt wirklich zu paradox; weni-
ger ſcheint ſich im Gegentheile die Behauptung des
Ariſtoteles von der Wahrheit der Natur zu entfernen,
„daß bloß der Menſch wirklich Haͤnde habe, welche
wirkliche Haͤnde ſeyen;“ da ſelbſt bey den Menſchen-
aͤhnlichen Affen ein Haupttheil der Haͤnde, ich meine
der Daumen, nach Verhaͤltniß kurz, faſt abgekippt,
und, um mich eines Ausdrucks des großen Enſtachins
zu bedienen, ſehr laͤcherlich iſt; daß mithin wirklich
keine Hand, außer die menſchliche, die Benennung
eines Organs der Organe verdient, womit derſelbe
Stagirite ſie beehrt hat.
§. 10.
Die Affen und verwandten Thiere hingegen ſind vier-
haͤndig.
Die Affen und andere Thiere, welche man ins-
gemein Menſchenaͤhnliche nennt, von der Gattung
der Paviane, Meerkatzen und Faulthieraffen (Le-
mur) ſind in der That weder zwey noch vierfuͤßig,
ſondern vierhaͤndig zu nennen. Denn ihre Hinter-
fuͤße
[31] fuͤße haben ebenfalls einen aͤchten Daumen und keine
Zehen, welche der zweyfuͤßige Menſch allein erhalten
hat 14), daß ſie demnach mit groͤßerem Rechte als
ihre Vorderfuͤße den Namen der Haͤnde verdienen,
da ſie bekanntlich geſchickter zum Greifen eingerichtet
ſind, als jene, auch giebt es eine Art von Meerkaz-
zen, (den Coaita, Paniscus, Waldtenfel), welche
an den Vorderhaͤnden keinen Daumen hat, da man
hingegen nirgends ein vierhaͤndiges Thier dieſer Gat-
tung geſehen, welches an der Hinterhand deſſelben
ermangelt haͤtte.
Daraus kann man leicht den Streit ſchlichten,
der daruͤber gefuͤhrt worden iſt, ob naͤmlich die Wald-
menſchen (ſim. ſatyrus) und andere Menſchenaͤhn-
liche Thiere ihrer Natur nach in den Waͤldern auf
Zweyen oder Vieren gehen. In der That keins von
beyden. Denn da die Haͤnde nicht zum Gehen, ſon-
dern zum Greifen eingerichtet ſind, ſo iſt an ſich klar,
daß die Natur dieſe Thiere beſtimmt habe, ihr Leben
meiſt auf den Baͤumen hinzubringen. Auf dieſe klet-
tern ſie, und ſuchen ihren Unterhalt darauf, wo ih-
nen dann das eine Paar Haͤnde zum Anhalten, das
andere zum Abreiſſen der Fruͤchte und andern Ver-
richtungen dient; und zu dieſem Behufe hat die Na-
tur die mit unvollkommenen Haͤnden verſehenen Meer-
katzen mit einem Wickelſchwanze verſorgt, mit wel-
chem ſie auf den Baͤumen ſich ſicherer halten koͤnnten.
Und
[32]
Und nun iſt es kaum einer Erinnerung beduͤrftig,
daß es das Werk erlernter Kunſt ſey, wenn man
unterweilen aufrechtgehende Affen entdeckt hat, da
ſchon aus genauen, nach dem Leben gezeichneten
Abbildungen des Waldmenſchen 15) klar zu ſehen iſt,
wie unbequem und widernatuͤrlich erzwungen eine
ſolche Stellung ſey, wo man ſich mit den Vorder-
haͤnden auf einen Stock ſtuͤtzt, indeſſen die hintern
auf eine nicht paßliche Weiſe zu einer Fauſt verſchlun-
gen ſind 16),*). Und noch iſt mir nirgends ein Bey-
ſpiel von einem Affen, oder einem andern Saͤugthie-
re außer dem Menſchen bekannt geworden, welches
wie dieſer, auf beyden Fuͤßen aufrecht ſtehend, das
Gleichgewicht halten konnte.
Hieraus erhellet, daß die aufrechte Stellung
nicht minder zur Natur des Menſchen paſſe, wie wir
geſehen haben, als ſie ihm eigenthuͤmlich iſt. (§. 4.)
Demnach „hebt allein das Menſchengeſchlecht das
Haupt in die Hoͤhe und ſtehet leicht auf geradem
Koͤrper.“
§. 11.
D) Eigenthuͤmlichkeiten der menſchlichen Zaͤhne.
Die Zaͤhne ſind bey dem Menſchen mehr, als
bey den uͤbrigen Saͤugthieren in gleicher Ordnung
aneinander gereiht.
Die
[33]
Die untern Schneidezaͤhne gehen mehr auf-
waͤrts, was ich unter die Hauptunterſcheidungsmerk-
male des menſchlichen Koͤrpers rechne.
Die Hundszaͤhne ſtehen weder heraus, noch
weit ab, ſondern ſind in gleicher Ordnung mit den
benachbarten verbunden.
Die Backenzaͤhne haben beſondere krumme
ſtumpfe Spitzchen, wodurch ſie ſich von den Backen-
zaͤhnen des Waldmenſchen, des Gibbon, und aller
Thierarten dieſer Gattung, von deren Schaͤdeln ich viele
unterſucht habe, am augenſcheinlichſten unterſcheiden.
Endlich zeichnet ſich der menſchliche Kinnbacken
durch drey Merkmale aus; naͤmlich durch die unge-
meine Kuͤrze, durch das etwas hervorragende zu den
aufrechten Schneidezaͤhnen paſſende Kinn, am mei-
ſten aber durch die beſondere Form der Knorren an
dem Hinterkopfe (Condyli) und ihre Richtung und
Verbindung mit den Knochen der Schlaͤfe e), wodurch
er ſich von den Kinnbacken, wenigſtens aller mir
bekannten Saͤugthiere, unterſcheidet, und welches
alles deutlich zeigt, das der Menſch von der Natur
beſtimmt ſey, alle Arten Nahrung zu verzehren,
oder zu einem Allverzehrer.
§. 12.
Das uͤbrige, was dem aͤußern Menſchen eigenthuͤmlich
ſcheint, als ein glatter Koͤrper u. a. m.
Ich uͤbergehe einiges minder Wichtige, was man
ebenfalls zu dem auszeichnend Charakteriſtiſchen des
Menſchen zu rechnen pflegt, als das Ohrlaͤppchen,
ſchwellende Lippen, beſonders die Unterlippe, und
anderes der Art mehr.
Verſch. des M. CVon
[34]
Von der kahlen Glaͤtte des menſchlichen Koͤrpers
muß wenigſtens etwas geſagt, und unterſucht werden,
in wie fern ſie zu den unterſcheidenden Zeichen, durch
welche der Menſch von den uͤbrigen, ihm einigerma-
ßen aͤhnlichen Saͤugthieren, ſich trennt, koͤnnen ge-
rechnet werden. Nach Linnés Behauptung „giebt es
zwar irgendwo Affen, welche unbehaarter ſind, als
der Menſch“; aufrichtig aber geſtehe ich, daß ich bis-
her nach dieſem Irgendwo vergebens geforſcht habe.
Hingegen weiß man aus der einmuͤthigen Ueberein-
ſtimmung glaubwuͤrdiger Reiſebeſchreiber, daß jene
Menſchenaͤhnlichen, auf Angola und der Inſel Bor-
neo einheimiſchen, Affen, welche man gewoͤhnlich
unter dem gemeinſamen malagiſchen Namen Oran-
utan begreift, nicht minder als der Langarm ihrer
Natur nach, weit behaarter ſind als der Menſch,
und die Beyſpiele jener hin und wieder in Europa
geſehenen Thiere beſtaͤtigen es, welche, wiewohl
noch nicht voͤllig ausgewachſen, und von ſchwaͤchli-
cher Geſundheit, doch nichts deſto weniger mehr
Haare hatten, als der Menſch.
Das aber iſt außer Zweifel geſetzt, daß man hin
und wieder, und zwar hauptſaͤchlich auf einigen In-
ſeln des ſtillen Meeres, Einwohner bemerkt hat, wel-
che durch behaartere Koͤrper ſich ausgezeichnet haben:
von denen jedoch bis jetzt noch eine Beſchreibung
mangelt.
Zuerſt hat ihrer der durch ſeine Seefahrten be-
ruͤhmte Spangberg 17) Meldung gethan, der von
den Japaniſchen Kuͤſten nach Kamtſchatka zuruͤckkeh-
rend
[35] rend auf der ſuͤdlichern von den kuriliſchen Inſeln
(im 43° 50′ der Breite) ein ſolches Volk gefunden
zu haben erzaͤhlt 18).
Der beruͤhmte J. R. Forſter 19) hat unter den
Einwohnern der Inſeln Tanna, Mallicolle und Neu-
kaledonien nur zuweilen ſolche abweichende Indivi-
duen wahrgenommen.
Man erzaͤhlt noch von einer aͤhnlichen Race auf
Sumatra, welche im Innern der Inſel wohnen ſoll,
und Oranggugu genennet wird 20).
Wiewohl nun aber im Allgemeinen die Haut des
Menſchen durch Glaͤtte und Haarloſigkeit ſich aus-
zeichnet, ſo ſcheinen doch im Gegentheile einige be-
ſondere Theile des menſchlichen Koͤrpers haarigter
als bey den Thieren, z. B. die Schaam und die
Hoͤhlung unter dem Arm, welche die Alten deshalb
ebenfalls zu den dem Menſchen eigenthuͤmlichen
Merkmalen gerechnet haben.
§. 13.
11) Merkwuͤrdige Eigenheiten des menſchlichen Koͤrpers,
in Anſehung der innern Einrichtung.
Da wir, was von den Eigenheiten des aͤußern
menſchlichen Koͤrpers zu erinnern war, abgemacht
haben, kommen wir nun auf den zweyten Punkt der
Abhandlung (§. 2.) naͤmlich ſeine innere Einrich-
C 2tung;
[36]tung; wobey uns jedoch die engen Grenzen dieſes
Orts auferlegen, dem Neoptolemus zu folgen, und
unſer Philoſophiren nicht weitlaͤuftig auszudehnen.
Man wird dieſe ganze Unterſuchung wieder auf zwey
Hauptſtuͤcke zuruͤckfuͤhren koͤnnen, indem wir
- A) das ausforſchen, weſſen entweder der Menſch
allein, oder naͤchſt ihm nur einige wenige
Thiere, ermangeln; und - B) das, was im Gegentheile ihm eigenthuͤm-
lich iſt.
§. 14.
Die inneren, dem Menſchen fehlenden, Theile.
Dieſe Theile, welche man in den Saͤugthieren,
hauptſaͤchlich den zahmen findet, wurden ſonſt, da
die Gelegenheit menſchliche Kadaver zu zerlegen ſelt-
ner war, oder aus Liebe zur Zootomie vernachlaͤßigt
wurde, ſonſt durchgaͤngig alle auch dem Menſchen
zugeſchrieben.
Hierher gehoͤrt z. B. das Fleiſchfell, oder der
Hautmuskel, welcher von Galenus und deſſen An-
haͤngern, ja ſogar von dem Reformator der menſch-
lichen Zergliederungskunſt, der ſie von den galeni-
ſchen Irrthuͤmern ſo ſtreng reinigte, ich meine von
Veſalius, dem Menſchen faͤlſchlich beygelegt, von
Nikolaus Steno aber abgeſprochen, und einzig den
unvernuͤnftigen Thieren zugeſchrieben wurde f).
Das wunderbare Netz (aus Blutadern beſte-
hend hinter dem kleinen Gehirne) zaͤhlte Galenus
unter die Theile des menſchlichen Koͤrpers, Veſalius
aber zeigte nach Berengarius, einem Anhaͤnger des
Carpus, daß es der Menſch nicht habe g).
Daß
[37]
Daß der Menſch keimen Aufhaͤngemuskel des
Auges oder Augapfel, oder ſiebenten Muskel habe,
womit die vierfuͤßigen Saͤugthiere verſehen ſind, hat
nach der natuͤrlichen Wahrheit zuerſt Fallopius
gelehrt h).
Daß die menſchliche Frucht in keine Harnhaut
(allantois) eingewickelt ſey, was bey den uͤbrigen,
nur nicht allen, Saͤugthieren der Fall iſt, hat man
nur neuerlich erſt dargethan i).
Ich uͤbergehe andere Theile, welche, wiewohl
ſie nur in wenigern Thiergattungen angetroffen, doch
um nichts minder eine Zeitlang auch dem Menſchen
faͤlſchlich beygelegt worden ſind, als die ſogenannte
Aſelliſche Gekroͤſedruͤſe, die eigenen Kanaͤle aus
der Leber in die Gallenblaſe, den Koͤrper des High-
morus (Hodenkamm) u. ſ. w.
Oder die Theile, welche auch nur einigen Ord-
nungen der Saͤugthiere zukommen, und dem Men-
ſchen ſo offenbar verweigert ſind, daß ſie ihm nicht
leicht jemand wird zuſchreiben koͤnnen, wohin ich z.
B. die innere Augendecke rechne (welche ich der
Ordnung der Darſtellung gemaͤßer hier nennen zu
muͤſſen glaubte, obſchon ſie mehr zu den aͤußern Thei-
len gehoͤrt) und das Spannaderband des Halſes
(ligamentum ſuſpenſorium colli) und noch mehre-
res von dieſer Art k).
Das Zungenloch an den obern Vorderzaͤhnen
(foramen inciſiuum) hat der Menſch zwar mit den
vierfuͤßigen Thieren gemein, doch iſt es nach Ver-
haͤltniß kleiner bey ihm, und einfach, da es bey den
meiſten uͤbrigen Saͤugthieren doppelt, und bey vielen
ungeheuer groß iſt.
§. 15.
[38]
§. 15.
Das Zwiſchenkinnladenbein.
Dieſes merkwuͤrdige Bein muß aus mehr als ei-
ner Urſache einzeln abgehandelt werden. Denn die
Knochen, welche in der obern Kinnlade bey dem
Menſchen zuſammenſtoßen, und alle und jede Ober-
zaͤhne feſt in ſich halten, ſind bey den Thieren durch
einen gewiſſen dritten vorwaͤrtsgehenden Knochen,
der wie ein Pfahl zwiſchen ihnen ſteht, von einander
getrennt worden, welchen Haller deshalb, weil die
obern Schneidezaͤhne (wenn welche vorhanden ſind)
in ihm ſtehen, den Namen Schneideknochen gege-
ben hat. Allein da man ihn auch in jenen Saͤug-
thieren findet, welche dieſe Oberzaͤhne nicht haben,
wie die wiederkaͤuenden Thiere und der Elephant, und
das afrikaniſche zweygehoͤrnte Rhinozeros ſind, oder
in ganz zahnloſen, als dem Ameiſenbaͤr und Wall-
fiſch; ſo glaubte ich ihn eher den Zwiſchenkinnladen-
knochen nennen zu muͤſſen 21). Bey einigen iſt es
ein einziger ungetheilter Knochen, bey vielen hinge-
gen iſt er in zwey Stuͤcken getheilt, bey andern aber
durch eigne Naͤthe von den benachbarten Knochen
des Hinterhauptes geſondert, deren eine bey ſehr
vielen im Geſicht auf beyden Seiten nach der Naſe,
zu den aͤußerſten Hoͤhlen der Schneidezaͤhne, die an-
dere im Gaumen von dieſer Hoͤhle gegen das vordere
gewoͤlbte Gaumenloch hinlaͤuft. Da nun Kamper
den Mangel dieſes Knochens zu den Hauptmerkma-
len gerechnet hat, wodurch der Menſch von andern
Saͤug-
[39] Saͤugthieren ſich unterſcheide, ſo entſteht freylich die
doppelte Frage:
- 1) ob er dem Menſchen wirklich mangele, und
- 2) ob er in allen uͤbrigen Saͤugthieren ſich findet?
Das erſte hat vor drittehalb Jahrhunderten den
Anatomikern der damaligen Zeit Stoff zu einem ſehr
heftigen Streite gegeben. Denn da Galenus die
ebenbenannte Nath des Zwiſchenkinnladenbeins zu
den uͤbrigen des Hirnſchaͤdels rechnet, ſo bediente
ſich Veſalius nach ſo viel andern Zeugniſſen auch die-
ſes, zu beweiſen, daß er ſein, ſo lange fuͤr ein Ka-
non gehaltenes oſteologiſches Handbuch nicht nach
dem menſchlichen, ſondern nach dem Skelett des
Affen verfertigt habe. Nach den vergeblichen Ver-
ſuchen des Jak. Sylvius aber, durch elende Vorwaͤn-
de ſeinen Galen zu retten 22), hielt man dieſe ganze
Unterſuchung fuͤr ſo vollkommen beendigt, daß der
neuerliche Verſuch des beruͤhmten Vicq d’Azyr, die
Analogie zwiſchen der Einrichtung des Menſchen und
der Thiere, in Anſehung des Zwiſchenkinnladenbeins,
zu beweiſen, in der That wider alles Vermuthen und
alle Erwartung war 23). Denn die einzige Spur
einer Aehnlichkeit, worauf dieſe Analogie ſich gruͤn-
det,
[40] det, iſt eine Luͤcke im halben Bogen, welche man an
den Kinnbackenbeinen der menſchlichen Fruͤchte und
Kinder ſchraͤg uͤber bey den Hoͤhlen der Schneidezaͤhne
erblickt, und welche, wie allgemein bekannt, auch
jezuweilen bey Erwachſenen noch uͤbrig iſt 24). Daß
aber dieſe Luͤcke unrichtig durch die Benennung
Nath bezeichnet werde, hat ſchon vor zweyhundert
Jahren und druͤber weislich und nach der wahren
Natur der ſcharfſinnige Fallopius angemerkt 25).
Daß ſich aber auf der Geſichtsoberflaͤche der Kinnla-
denknochen im menſchlichen Schaͤdel nicht einmal
durch eine ſolche Spalte, geſchweige eine Nath be-
merkbar mache, welche bey dem Affen ſo ſichtbar
iſt 26), verdient kaum eine Erinnerung.
Was aber die andere Frage betrift, ob dem
Menſchen allein unter den Saͤugthieren der Zwiſchen-
kinnladenknochen mangle, da muß ich freylich beken-
nen, daß ich ihn in mehrerern Hirnſchaͤdeln vierhaͤn-
diger Thiere vergebens geſucht habe.
Die Naͤthe, welche dieſen Knochen umſchraͤn-
ken, fehlen in dem Skelett der unzeitigen Meerkatze,
welches in dem akademiſchen Muſeum aufbewahret
wird, an deren Hirnſchaͤdel ſonſt die uͤbrigen Naͤthe
ziemlich deutlich zu ſehen ſind.
Eben
[41]
Eben ſo wenig habe ich ſie in einem andern Ske-
lett von derſelben Spezies gefunden, welches der
beruͤhmte Bellmann, dieſer geſchickte kaſſelſche Wund-
arzt, aufbewahrt. Es iſt von einer ſehr alten Meer-
katze, worin mehrere Naͤthe vertilgt ſind, daß man
alſo aus dieſem einzigen Belege nichts ſchließen kann.
Allein ein drittes Beyſpiel einer ſolchen Meer-
katze iſt mir durch den Herrn Prof. Schacht zu Her-
ford, meinen ſehr lieben Freund, bekannt gewor-
den, an welcher jener Knochen ebenfalls mangelte.
Von einem vierten Beyſpiele einer ſolchen Meerkatze,
woran die Spur eines Zwiſchenkinnladenbeins gaͤnz-
lich mangelt, hat mir der ſehr beruͤhmte Arzt zu
Mancheſter, Herr Holme, in einem Briefe Nach-
richt gegeben. Es duͤrfte wohl der Muͤhe werth ſeyn,
wo dies Thier ſonſt angetroffen wird, zu unterſu-
chen, ob der Zwiſchenkinnladenknochen an ihm zu
finden ſey oder nicht.
In dem entſetzlichen Skelett eines wirklich unge-
heuer großen Menſchenaͤhnlichen Affen von der Inſel
Borneo, welches ich in dem Naturalienkabinet des
Fuͤrſten von Oranien zu Haag ſorgfaͤltig und zu wie-
derholtenmalen unterſucht habe, habe ich auch nicht
die geringſte Spur von jenen Naͤthen entdeckt; daß
aber dieſer Affe alt geweſen, zeigt ſowohl die ganze
Beſchaffenheit des Skeletts, als beſonders das Ver-
wachſen der meiſten Hirnſchaͤdelnaͤthe 27).
Mit
[42]
Mit dem Hirnſchaͤdel eines juͤngern Menſchen-
aͤhnlichen Thieres, deſſen Skeletts Ueberreſte ich zu
London im britanniſchen Muſeum entdeckte, verhaͤlt
es ſich aber anders. Dem alten noch daran han-
genden Zettel zu folge, war es ein Orang-Utang,
welchen der Schifskapitain Aprix von der Inſel Su-
matra mitgebracht hatte. In dieſem Hirnſchaͤdel
war auch nicht ein Schatten von den Naͤthen des
Zwiſchenkinnladenbeines, ob ſchon die uͤbrigen ins-
geſamt vorhanden waren.
Aber auch weder Ed. Tyſon hat ſie in ſeinem
Troglodyten von Angola gefunden, noch ſind ſie
ſichtbar in Daubentons Abbildung eines aͤhnlichen
Hirnſchaͤdels von einem ebendaſelbſt erzeugten Thiere.
Dem ſey indeſſen, wie ihm wolle, ſo iſt doch
dieſes ausgemacht, was man ebenfalls zu den Merk-
zeichen des Menſchen rechnen kann, daß die Kinn-
backen in den Hirnſchaͤdeln der genannten Affen und
uͤbrigen Saͤugthiere bey weitem mehr vorwaͤrts ragen.
§. 16.
B) Die Unterſchiebe des Menſchen von den andern Säug-
thieren in Anſehung einiger innern Theile.
Man ſieht leicht ein, daß hier nur von wenigen
und zwar den beſonderſten Unterſchieden der Art die
Rede ſeyn koͤnne.
Um alſo von dem Kopfe anzufangen, ſo hat
der Menſch einiges minder Wichtige, z. B. die Kry-
ſtall- oder Augenlinſe, welche (das Wallfiſchgeſchlecht
etwa ungerechnet) bey ihm nach Verhaͤltniß ſehr
klein ſcheint, und bey dem Erwachſenen nicht ſo
erhaben, als bey andern Thieren, iſt das große
Hin-
[43] Hinterhauptsloch (foramen occipitale), welches wei-
ter vorwaͤrts liegt, als bey den vierfuͤßigen Thie-
ren 28) und anderes der Art mehr, ausgenommen;
hat der Menſch, ſage ich, die groͤßte Gehirnmaſſe,
und nicht (welche Meinung ſeit Ariſtoteles Zeiten ſich
behauptet hatte) nach dem Verhaͤltniß des ganzen
Koͤrpers, ſondern nach des beruͤhmten Soͤmmering
ſchoͤner Beobachtung in Ruͤckſicht der zarten Ner-
ven, welche hier ihren Urſprung haben 29). Wird
nun alſo das geſamte Nervenſyſtem in phyſiologiſcher
Hinſicht in zwey Theile getheilt, in den ſogenannten
Nerventheil, als welcher die Nerven ſelbſt, und die
Maſſe beyder Gehirne, und des ihrem Urſprunge am
naͤchſten liegenden Ruͤckenmarks enthaͤlt, und in den
Empfindungstheil, welcher naͤheren Bezug hat auf
das Band, durch welches die Verrichtungen der Ner-
ven mit den Seelenvermoͤgen verknuͤpft ſind; ſo hat
der Menſch die groͤßte Maſſe jener edleren Empfin-
dungstheils erhalten.
Gleich merkwuͤrdig iſt eine andere Entdeckung,
ebenfalls des ſcharfſinnigen Forſchers Soͤmmering,
daß die, von andern zwar oͤfters bemerkten Stein-
chen der Zirbeldruͤſe, von dem vierzehnten Jahre
an, ſo durchgaͤngig in den menſchlichen Hirnſchaͤdeln
gefunden werden, daß ſie gleichfalls zu den Eigen-
thuͤmlichkeiten des Menſchen gezaͤhlt zu werden ver-
dienen,
[44] dienen 30). Nur einmal hat er aͤhnliche Steinchen
in der Zirbeldruͤſe des Dammhirſches gefunden. Und
haben ſie ja einmal in dem Gehirne eines erwachſenen
Menſchen gefehlt, ſo gehoͤrt dies in der That zu den
ſeltenſten Anomalien, und das Beyſpiel einer ſolchen
Ermangelung verdanke ich dem nicht gemeinen Phy-
ſiologen C. M. A. Caldani zu Padua, welcher in
einem Briefe mir berichtete, daß unter vier menſch-
lichen Gehirnen, welche er im Jahre 1786 insgeſamt
zu dieſem Behuf unterſucht habe, eins geweſen ſey,
und zwar von einem dem Greiſesalter nahen Maune,
worin ſich keine Spur derſelben gefunden habe.
In der Bruſt muͤſſen wir die Lage des Herzens
dem Menſchen eigenthuͤmlich nennen, denn dieſes
Eingeweide liegt nicht wie bey vierfuͤßigen Thieren,
auf dem Bruſtknochen auf, ſondern wie es die auf-
rechte Geſtalt mit ſich bringt, auf dem Zwergfelle.
Auch iſt die Grundflaͤche deſſelben nicht wie bey jenen,
dem Kopfe, ſondern den Bruſtwirbeln entgegen, ſo
wie die Spitze der linken Bruſt, weshalb bey jenen
rechtes und linkes Herz, was bey dieſem im Gegen-
theile vorderes und hinteres iſt. Auch ſtoͤßt bey ſehr
wenigen andern Saͤugthieren, außer dem Menſchen,
der Herzbeutel mit dem Zwergſelle zuſammen.
Die Speiſeroͤhre iſt vollkommen ſo, wie ſie ein
alles freſſendes Thier haben mußte.
Man duͤrfte naͤmlich ſagen, daß ſie gewiſſerma-
ßen aͤhnlich ſey der der fleiſchfreſſenden Thiere, in
Anſe-
[45] Anſehung des Baues des Magens, und der Kuͤrze
des Blinddarms:
Der der Kraͤuterfreſſenden hingegen in der Laͤnge
der duͤnnen Daͤrme, und dem auszeichnenden Unter-
ſchiede von den dicken; in dem faltigen Grimmdarm;
dem Mangel der ſcharfen Druͤſen, welche bey dem
After den Reinigungsſaft (Smegma) abſondern;
u. ſ. w.
Endlich findet man bey den Geburtsgliedern
des Menſchenweibes außer den obenbenannten Stuͤk-
ken noch ein beſonderes Mittelgefaͤß, die Gebaͤrmut-
ter; (Uterus) und die Leibesfrucht zeichnet ſich durch
das Gewebe des Mutterkuchens, (Nachgeburt) die
Laͤnge der Nabelſchnur, und eine einzige Nabelblut-
ader, aus.
Dem noch ſehr zarten menſchlichen Embrio aber,
iſt, ſo viel ich weiß, das bisher raͤthſelhafte Nabel-
blaͤschen eigen, von dem ich ſchon an einem andern
Orte angemerkt habe, daß es allen menſchlichen
Fruͤchten bis ohngefaͤhr zum vierten Monat nach der
Empfaͤngniß gemein ſey, und ihrer Natur gemaͤß
zukomme 30 b), wo ich auch von einiger Analogie
deſſelben mit der Dotterhaut des gebruͤteten Kuͤchel-
chens gehandelt habe.
§. 17.
III. Eigenheiten des Menſchen in Anſehung der Verrich-
tungen der animaliſchen Oekonomie.
Vorzuͤglich muß hier die ganz beſondere Zartheit
und nachgiebige Weichheit des ſchleimichten Ge-
webes
[46]webes (des insgemein ſogenannten Zellgewebes)
unter der menſchlichen Haut erwaͤhnt werden. Denn
es iſt die bekannteſte Sache, daß in Hinſicht auf
die Dichtigkeit dieſes netzfoͤrmigen Schleimes unter
den verſchiedenen Thiergattungen und ihren Arten,
ein auszeichnender Unterſchied ſtatt findet; bey der
Schlange z. B. iſt ſie zaͤhe, bey der Forelle weicher:
und ſchon vorlaͤngſt bemerkte auch unſer Zinn, dieſer
ſo genaue Anatom, daß der Menſch vor den uͤbrigen
Saͤug- und andern Thieren, das feinſte und zarteſte
Schleimnetz habe.
Wo mich nun nicht alles truͤgt, ſo glaube ich
die Weichheit dieſes Mittelgefaͤßes (parenchyma)
zu den Hauptvorzuͤgen des Menſchen rechnen zu
muͤſſen, durch welche er vor den uͤbrigen Saͤugthie-
ren ſich auszeichnet. Denn da dieſes Netz einerſeits
von der Haut an uͤber den ganzen Koͤrper bis zu deſ-
ſen Innerſtem ſich verbreitet, und gleichſam als ge-
meinſames Band, zwiſchen alle und jede Theile der
ganzen Maſchine, eingewebt iſt; von der andern
aber den Sitz der allgemeinſten unter allen Lebens-
kraͤften, der Elaſticitaͤt (contractilitas) naͤmlich,
beſtimmt, wovon Stahls Tonus ſcheint entſtanden
zu ſeyn l); ſo iſt es mir ausgemacht, daß der
Menſch eben dieſer nachgiebigen Weichheit des netz-
foͤrmigen Schleimes es verdanke, daß er leichter,
als irgend ein anderes Saͤugthier an jedes Klima ſich
gewoͤhnen, und unter jedem Himmelsſtriche leben
kann.
Wie alſo die Natur — was wir vorhin geſehen
haben — den Menſchen in Anſehung der Nahrung
zu einem Allverzehrer gemacht hat; ſo hat ſie auch
gewollt,
[47] gewollt, daß er in Anſehung des Aufenthaltes jedem
Boden und Klima angehoͤre (ταντοδαπον) ſey; und
deshalb hat ſie ſeinen Koͤrper aus dem nachgiebigſten
Schleimnetze bereitet, damit er deſto leichter nach
den mannichfaltigen Einwirkungen der verſchiedenen
Klimate ſich fuͤgen und einrichten koͤnne.
Dieſer Gefuͤgigkeit ſich zu gewoͤhnen, kommt
eine andere phyſiologiſche Eigenheit des Menſchen
ungemein zu ſtatten, naͤmlich langſames Wachs-
thum, lange Kindheit, ſpaͤte Mannbarkeit. Bey
keinem andern Saͤugthiere waͤchſt die Hirnſchale ſo
ſpaͤt zuſammen, brechen ſo ſpaͤt die Zaͤhne hervor,
keins, außer dem Menſchen, lernt ſo ſpaͤt erſt auf
den Fuͤßen ſtehen, waͤchſt ſo ſpaͤt voͤllig aus, oder
reift ſo ſpaͤt zur Ausuͤbung der Geſchlechtsverrich-
tungen.
Hingegen giebt es von der andern Seite auch
kein Saͤugthier, dem in Betracht der maͤßigen Koͤr-
permaſſe die Natur ein ſo ſpaͤtes Lebensende geſetzt
haͤtte 31).
Die Koͤrpergroͤße, deren ich erwaͤhnte, erinnert
mich an eine ſonderbare Eigenheit, welche man, ſo
viel
[48] viel ich weiß, außer an dem Menſchen ebenfalls an
keinem andern Thiere beobachtet hat, und welche
von ſeiner aufrechten Stellung abhaͤngt, daß naͤm-
lich das Maas ſeines Koͤrpers am Morgen um einen
Zoll breit und druͤber laͤnger iſt, als am Abend 32).
Die Geſchlechtsverrichtungen, deren ich gedachte,
erinnern mich an einiges hierher gehoͤrige, welches
ich nach der Reihe anfuͤhren will.
Es iſt dem Menſchen keine beſondere Jahreszeit
zu dem Verlangen nach Beyſchlaf beſtimmt, wie
den Thieren 33).
Den Maͤnnern iſt der Vorzug naͤchtlicher Saa-
menergießungen zu Theil geworden, welche ich in
ſofern zu den natuͤrlichen Abſonderungen eines geſun-
den Menſchen rechne, als er durch ſie, wenn es
ihm nach Verhaͤltniß des Temperaments und der
Koͤrperbeſchaffenheit zutraͤglich iſt, von einem be-
ſchwerlichen und ſonſt reizenden und uͤberfluͤßigen
Saamen befreit wird *).
Dagegen haben die Weiber nicht minder eigen-
thuͤmlich, aber allgemeiner und alle insgeſamt den
monatlichen Blutfluß, ſo daß ich glaube, Plinius
habe das Weib mit Recht das einzige monatliche
Thier
[49] Thier genannt. Ich weiß zwar wohl, daß hin und
wieder Schriftſteller einen ſolchen Fluß auch weibli-
chen Thieren, und hauptſaͤchlich aus der Klaſſe der
vierhaͤndigen zugeeignet und geſagt haben, daß z. B.
die Dianen (ſimia Diana) durch die Schwanzſpitze
die monatliche Reinigung halten, u. dgl. m. So
oft ich aber ſeit zwanzig Jahren in Menagerien oder
bey Herumfuͤhrern Affenweibchen, Paviane u. a.
zu ſehen bekommen, und dieſen Umſtand unterſucht
habe, habe ich zwar unterweilen eines oder das an-
dere geſehen, welches einen Mutterblutfluß hatte,
allein keins, wo er, nach der Ausſage aufrichtiger
Waͤrter, periodiſch geweſen waͤre, dieſe hingegen
hielten ihn fuͤr die Wirkung einer Krankheit und wi-
dernatuͤrlich, ja mehrere bekannten offenherzig, daß
man ihnen gemeiniglich fuͤr einen monatlichen Fluß
ausgaͤbe, um die Bewunderung des Poͤbels dadurch
deſto mehr zu erregen.
Die fabelhaften Erzaͤhlungen des leichtglaͤubigen
Alterthums von ganzen Voͤlkerſchaften, deren Wei-
ber keinen monatlichen Fluß gehabt haͤtten, wollen
wir an einem andern Orte mit wenigem beruͤhren.
§. 18.
IV. Die Eigenthuͤmlichkeiten des Menſchen, in Anſehung
der Seelenvermoͤgen.
Hierher zaͤhlen alle mit einem Munde als den
hoͤchſten und groͤßten Vorzug des Menſchen, den
Gebrauch der Vernunft. Wenn man nun aber
uͤber die Bedeutung dieſes Worts genau nachforſcht;
ſo muß man in der That uͤber die himmelweit ver-
Verſch. des M. Dſchie-
[50] ſchiedenen Erklaͤrungen erſtaunen, welche die ver-
nuͤnftigſten Philoſophen von dem Begriffe der Ver-
nunft geben. Nach einigen iſt ſie ein ganz beſonde-
res, dem Menſchen allein eigenes Seelenvermoͤgen,
nach andern wenigſtens ein ungemeiner und vorzuͤg-
licher Grad deſſelben, von dem man in der thieriſchen
Seele nur ſchwache Spuren vorfinde. Nach dieſen
iſt ſie der Einigungspunkt aller hoͤheren Vermoͤgen
des menſchlichen Geiſtes, nach jenen eine beſondere
Richtung der geiſtigen Vermoͤgen des Menſchen,
u. ſ. f.
Unſer iſt’s nicht unter dieſen ſo wichtige Streite
zu ſchlichten.
Kuͤrzer aber und ſicherer, glaube ich, kann man dieſe
Unterſuchung abthun, wenn man a poſteriori, wie
es heißt, dieſen Vorzug des Menſchen darein ſetzt,
daß er ihn zum Herrſcher und Herrn der uͤbrigen
Thiere macht 34). Daß er dieſe Herrſchaft habe,
liegt am Tage. Eben ſo offenbar aber iſt es, daß
die Urſache dieſer Herrſchaft nicht in der koͤrperlichen
Kraft des Menſchen liege. Sie muß alſo einzig auf
die Geiſtesgaben und deren Vorzuͤge bezogen werden.
Und dieſe Gaben, durch welche nun der Menſch vor
allen uͤbrigen Thieren den Vorrang hat, moͤgen ſie
uͤbrigens von welcherley Art und Natur ſeyn, wol-
len wir Vernunft nennen.
Die
[51]
Die Natur hat den Menſchen, wie wir geſehen
haben, ſo eingerichtet, daß er alles eſſen und den
ganzen Erdkreis bewohnen kann. Dieſe unbegrenzte
Freyheit aber im Genuß der Nahrung, und in der
Wohnung, bringt nach den unendlich verſchiedenen
Klimaten, Boden und andern Umſtaͤnden eben ſo
mannichfaltige Beduͤrfniſſe in dem Menſchen hervor,
denen er auf einerley Art nicht abhelfen kann. Der
Schoͤpfer ſteuerte ihn alſo mit Vernunft und Erfin-
dungsgeiſt aus, durch welche er dieſen Bedingungen
gemaͤß ſich einrichten kann.
Deshalb haben auch ſchon im hoͤchſten Alterthu-
me die weiſeſten Voͤlker, dieſem groͤßten Herrſchafts-
geber des Menſchen, dem Erfindungsgeiſte naͤmlich,
goͤttlichen Dienſt erwieſen. Thoth hies er bey den
Aegyptern, Hermes bey den Griechen.
Denn ſo, um vieles in wenigem zu faſſen, ver-
fertigt ſich der Menſch Werkzeuge, weshalb ihn
Franklin ſcharfſinnig als ein Inſtrumentmachendes
Thier beſchreibt (a tool-making animal); ſo hat er
Ruͤſtung und Pfeile ſich ſelbſt verfertiget, ſo hat er die
Arten Feuer hervorzulocken ſich ausgedacht, und ſo
hat er, damit einer ſich des Beyſtandes und der
Huͤlfe des andern bedienen koͤnne, ſich die Sprache
erfunden, welche ebenfalls unter die Eigenthuͤmlich-
keiten des Menſchen zu rechnen iſt 35), da ſie nicht
D 2wie
[52] wie die Stimme der Thiere ihm angeboren, ſondern,
was ſchon die willkuͤhrliche Verſchiedenheit derſelben
zeigt, von ihm zum Gebrauche erdacht worden iſt 36).
§. 19.
Einige fluͤchtige Bemerkungen uͤber Lachen und Weinen.
Außer der abgehandelten Geiſtesaͤußerung, der
Sprache naͤmlich, muͤſſen wir nun noch zwoer ande-
rer erwaͤhnen, von welchen es weniger außer Zweifel
geſetzt iſt, ob ſie, wie die Sprache, dem Menſchen
einzig zukommen, indem ſie nicht von ihm erfunden,
ſondern ihm gleichſam angeboren ſind, und nicht ſo-
wohl zum Vernunftgebrauch, als zu den Leidenſchaf-
ten des Gemuͤths gehoͤren; Lachen naͤmlich, der Be-
gleiter der Froͤhlichkeit, und Weinen, dieſer beſte
Theil unſerer Empfindung.
Daß
[53]
Daß außer dem Menſchen noch viele Thiere
Thraͤnen vergießen, iſt etwas allbekanntes. Allein
es fragt ſich, ob ſie auch aus Kummer weinen. Von
einigen behaupten es zwar giltige Zeugen, als Stel-
ler 38) von der Baͤrenrobbe (phoca urſina), und
der beruͤhmte Pallas 39) von den Kameelen. Ob
aber die Thiere durch Lachen ihre Heiterkeit offenba-
ren, ſcheint zweifelhafter, wiewohl Schriftſteller
hin und wieder Beyſpiele davon aufgezeichnet haben.
Le Cat z. B. behauptet, den Troglodyten von An-
gola lachen und weinen geſehen zu haben 40).
§. 20.
V. Die merkwuͤrdigſten dem Menſchen eigenthuͤmlichſten
Krankheiten.
Obſchon dieſe pathologiſchen Bemerkungen beym
erſten Anblicke nicht mit zur Naturgeſchichte des Men-
ſchen zu gehoͤren ſcheinen, ſo duͤrfte ich deshalb doch
die ihm eigenen Hauptkrankheiten mit einigen Worten
durchgehen, da auch dieſe widernatuͤrlichen, bey ihm
allerdings ausſchließlich ſich ereignenden Erſcheinun-
gen in der natuͤrlichen Beſchaffenheit, Haltung und
animaliſchen Oekonomie ſeines Koͤrpers ihren Grund
haben: und alſo auch hier mit demſelben Rechte be-
merkt zu werden verdienen, als man auch die ge-
wiſſen Thieren eigenen Krankheiten in ihrer Naturge-
ſchichte
[54] ſchichte aufzuzaͤhlen pflegt, wie die Rindviehſeuche,
den Rotz der Pferde, oder die Hundswuth.
Indeſſen verſteht ſich von ſelbſt, daß hier bloß
von den merkwuͤrdigſten Krankheiten die Rede ſeyn
kann, und daß auch dies wenige, aus mehrern aus-
gehobene noch nicht außer allen Zweifel geſetzt iſt,
da die Krankheitslehre der Thiere, wenige von un-
ſern Hausthieren ausgenommen, wegen der vielen
und zum Theil unuͤberwindlichen Schwierigkeiten,
noch faſt gaͤnzlich unausgearbeitet iſt.
Doch kann man mit vieler Wahrſcheinlichkeit
unter die der Menſchengattung allein eigenen Krank-
heiten folgende rechnen:
- Ausſchlagsfieber, (Febres exanthematicae) nur
nicht alle, oder von dieſen vorzuͤglich:- die Pocken41), (Variolae).
- Maſern, (Morbilli).
- Scharlachfieber, (Scarlatina).
- Frieſel, (Miliares).
- Fleckfieber, (Petechiae).
- Peſt.
- Von den Blutſtuͤrzen.
- Naſenbluten, (?) (Epiſtaxis).
- Haͤmorrhoiden, (goldne Ader).
- Blutgang, (Menorrhagia).
Von
[55]
- Von den Nervenbeſchwerniſſen.
- Den Hypochonder.
- Mutterbeſchwerung, (Hyſteria).
- Eigentlich ſogenannte Gemuͤthskrankheiten, als:
- Melancholie, Heimweh, (Noſtalgia) u. ſ. w.
vielleicht auch Satyriaſis und Nymphomanie. - Kretinenkrankheit (Cretinismus) n).
- Melancholie, Heimweh, (Noſtalgia) u. ſ. w.
- Von der Cachexie. (Geſchwulſt durch uͤble Mi-
ſchung der Saͤfte).- Zweywuchs, (?) (Rachitis).
- Kroͤpfe, (?) (Scrofula).
- Luſtſeuche.
- Podagra.
- Ausſatz nebſt der Elephantiaſis.
- Von lokalen Krankheiten.
- Amenorrhoͤe, (Ausbleiben des Blutfluſſes).
- Krebs (?).
- Leichdorn, (Huͤhneraugen), (Clavus).
- Angeborner Bruch, (?) (Hernia congenita).
- Vorfaͤlle verſchiedener Art, als jener der ein-
waͤrtsgehenden Urinblaſe, deſſen genauere
Kenntniß wir dem Scharfſinne des vortreflichen
Bonn verdanken 42). - Schuppiger Ausſchlag, (?) (Herpes).
- Boͤſer Grind.
Ich
[56]
Ich bin ſehr zweifelhaft, ob ich die Eingewei-
dewuͤrmer des Menſchen, und zweyerley außer
ihm, ſo viel ich weiß, an keinem andern Saͤug-
thiere wahrgenommene Arten Laͤuſe auch hieher rech-
nen ſoll.
Von jenen Krankheiten, welchen der Menſch,
obſchon ſie ihm nicht allein eigen ſind, doch weit oͤf-
ter unterworfen iſt, als andere Thiere, als ſchweres
Zahnen, Geburt von Mondkaͤlbern, unzeitige,
ſchwere Geburt, u. a. m. ſage ich gar nichts.
§. 21.
VI. Kurze Ueberſicht der Merkmale, welche gemeiniglich,
aber faͤlſchlich, fuͤr den Menſchen vom Thiere unterſchei-
dend ſind gehalten worden.
Mehreres hieher gehoͤrige iſt ſchon oben gelegen-
heitlich angemerkt worden. Das uͤbrige, was man
von der Art noch angefuͤhrt hat, ſoll hier beyſammen
aufgezaͤhlt werden:
So gehoͤrt z. B. hieher das Naheaneinander-
ſeyn der Augen, denn dieſe ſtehen bey den Affen
weit naͤher aneinander, als bey dem Menſchen.
Die Wimpern an beyden Augenliedern, wel-
che außer dem Menſchen noch viele andere, beſonders
vierhaͤndige Thiere, ja ſelbſt der Elephant haben.
An
[57]
An hervorragender Naſe uͤbertrift den Men-
ſchen der Ruͤſſelaffe 43), (sim. roſtrata) *).
Das aͤußere Ohr iſt nicht bey allen Menſchen
unbeweglich, und nicht bey allen uͤbrigen Saͤug-
thieren beweglich. Der Ameiſenbaͤr z. B. macht
eine Ausnahme.
Das Taſtungsorgan haben ſehr viele vierhaͤn-
dige Thiere mir dem Menſchen gemein.
So auch das Zaͤpfchen.
Faſt aber ſchaͤme ich mich folgende allzuunſchick-
liche Meinung aufzufuͤhren, wo man das Ruͤlpſen
unter die Vorzuͤge des Menſchen gezaͤhlt hat 44).
Und daß der Menſch nicht wie die Thiere koͤnne
gemaͤſtet werden 45) und anderes von dieſer Sorte
mehr.
Zwey-
[58]
Zweyter Abſchnitt.
Von den Urſachen, wodurch, und der Weiſe, wie
die Thierſpezies im Allgemeinen verarten.
§. 22.
Behandlungsweiſe.
Bisher forſchten wir nach dem Unterſchiede des
Menſchen von den uͤbrigen Thieren. Jetzt ſind wir
dem eigentlichen Zwecke der ganzen Abhandlung naͤher
gekommen, denn wir werden unterſuchen, welche und
welch eine große natuͤrliche Verſchiedenheit unter den
Voͤlkern und mancherley Nationen der Menſchen ſelbſt
ſtatt finde, und erwaͤgen, ob dieſe Verſchiedenheit
durch Verartung habe entſtehen koͤnnen, oder ob ſie
ſo groß ſey, daß man eher mehrere urſpruͤngliche
Spezies des Menſchengeſchlechts annehmen muͤſſe.
Allein bevor dies geſchieht, muͤſſen noch zwo Fragen
eroͤrtert werden.
- I. Was man in der Zoologie unter Spezies
verſtehe? - II. Wie die Urſpezies im Allgemeinen in Va-
rietaͤten ausarten?
Wir handeln jede beſonders ab.
§. 23.
[59]
§. 23.
I.Was heißt eine Spezies.
Thiere werden zu einer und derſelben Spezies
(Gattung) gehoͤrig genannt, in wiefern ſie an Ge-
ſtalt und Verhaltungsweiſe ſo zuſammenpaſſen, daß
ihre Verſchiedenheit von einander bloß durch Abar-
tung hat entſtehen koͤnnen.
Diejenigen Gattungen hingegen nennen wir ver-
ſchieden, deren Unterſcheidendes ſo weſentlich iſt,
daß ſie aus den bekannten Quellen der Abartung ſich
nicht erlaͤutern laͤßt.
Als abgezogener Begriff waͤre dies gut.
Nun aber die Kennzeichen darzuſtellen, wodurch
wir in der Natur ſelbſt die bloßen Verſchiedenheiten
und aͤchten Spezies von einander unterſcheiden koͤn-
nen — das iſt eben das Schwierige.
Ray, der unſterbliche Mann, hat ſchon im vo-
rigen Jahrhunderte, alſo lange vor Buͤffon, dieje-
nigen Thiere zu einer Gattung zaͤhlen zu muͤſſen ge-
glaubt, welche ſich mit einander vermiſchen, und
fruchtbare Junge erzeugen.
Da aber dieſes Merkzeichen bey den, von dem
Menſchen unterjochten Hausthieren, der gezwunge-
nen Lebensweiſe halber, zweydeutig und unſicher
ſcheint, ſo hat es der ſcharfſinnige Friſch ſchon zu
Anfang des gegenwaͤrtigen Jahrhunderts blos auf
die wilden Thiere eingeſchraͤnkt, und diejenigen zu
einer Gattung gehoͤrig erklaͤrt, welche von Natur
ſich mit einander paaren 1).
Allein
[60]
Allein ich muß geſtehen, daß wir auch mit dieſer
Einſchraͤnkung wenig gewonnen haben.
Denn fuͤrs erſte, wie faſt ganz nichtig iſt die
Hoffnung, ſo viel wilde Thiere, beſonders ſich ſelbſt
uͤberlaſſene, (bey denen uns am meiſten daran liegt
zu wiſſen, ob man ſie fuͤr bloße Verſchiedenheiten,
oder zu verſchiedenen Gattungen gehoͤrig zu halten
habe) jemals zu dieſer Vereinigung zu bringen?
Hauptſaͤchlich wenn ihr Vaterland weit von einander
entfernt liegt: Z. B. den Troglodyten von Angola,
(Schim panſé) mit dem Waldmenſchen von der In-
ſel Borneo, (Orang-Utang).
Dann aber iſt die Unſicherheit und Dunkelheit
in benannter Hinſicht bey wilden Thieren lange nicht
ſo groß und wichtig, als gerade bey denen, welche
man in dieſer Liſte nicht mit aufzaͤhlt, naͤmlich bey
den zahmen; denn hier ſtokt es am meiſten.
Da giebt es denn unter den Schriftſtellern außer-
ordentliche Uneinigkeiten, z. B. uͤber den Hund,
von deren Racen einige mehrere Urgattungen auffuͤh-
ren; andere ſie fuͤr bloße Verſchiedenheiten halten,
abgeartet von jenem Stamme, welchen man Haus-
hund, (Schaͤferhund, Chien de berger) nennt;
noch
1)
[61] noch andere dieſe Verſchiedenheiten alle von dem
Goldhunde (Schakal) ableiten; und wieder andere
endlich behaupten, daß auch dieſer nebſt allen Ver-
ſchiedenheiten des Haushundes von dem Wolfe ent-
ſproſſen ſey, u. ſ. f.
So unzulaͤnglich als dieſer von der Begattung
hergeleitete Grund iſt, den Begriff der Spezies und
ſeinen Unterſchied von der Abart feſtzuſetzen, ſind
jedoch andere nicht, welche man zu dieſem Behufe
hervorgebracht hat, z. B. das Bleibende eines ge-
wiſſen Kenuzeichens; denn die weiße Farbe, und
rothen Augenſterne in der weißen Abart der Kanin-
chen, ſind ſo durchaus bleibend, als jemals ein ſpe-
zifiſches Kennzeichen ſeyn kann:
So, daß ich faſt alle Hoffnung aufgebe, in
dem Studium der Zoologie den Begriff der Spezies
aus etwas anderm, als der Analogie und Wahr-
ſcheinlichkeit herauszubringen.
Ich ſehe z. B. daß die Backenzaͤhne des afrika-
niſchen Elephanten in ihrer Bildung von denen des
aſiatiſchen wunderbar weit abweichen. Zwar weiß
ich nicht, ob die Elephanten dieſer ſo von einander
abgelegenen Theile der Erde je ſich vermiſchen wer-
den; und eben ſo wenig weiß ich, wie bleibend dieſe
Bildung der Zaͤhne bey beyden ſey; da ich aber bey
allen bis jetzt mir bekanntgewordenen dieſe Verſchie-
denheit beobachtet habe, und mir noch kein Beyſpiel
vorgekommen iſt, daß blos durch Verartung die
Backenzaͤhne ſo waͤren veraͤndert worden, ſo muth-
maaße ich nach der Analogie, daß dieſe Elephanten
nicht bloß fuͤr Spielarten, ſondern fuͤr wirklich ver-
ſchiedene Gattungen zu halten ſind.
Hin-
[62]
Hingegen ſcheint mir das Frettchen, nicht fuͤr
eine beſondere Gattung, ſondern fuͤr eine bloße Abart
des Iltis gehalten werden zu muͤſſen, nicht ſowohl
weil ich weiß, daß beyde ſich mit einander gatten,
ſondern weil jenes rothe Augenſterne hat, und mei-
nes Dafuͤrhaltens alle jene Saͤugthiere, deren inne-
res Auge des dunkeln Pigments ermangelt, nach der
Analogie fuͤr bloße Abarten von ihrer Urſpezies zu
halten ſind.
§. 24.
Anwendung des Geſagten auf die Unterſuchung, wie man
in dem Menſchengeſchlecht entweder Abarten oder Gattun-
gen zu ſetzen habe?
Man ſieht leichtlich ein, wohin das bisher Ge-
ſagte ziele. Es giebt ihm zufolge außer der Analo-
gie keinen andern Weg, auf welchem man das oben
angefuͤhrte Promblem zu loͤſen im Stande waͤre
(§. 22.)
Wer aber dieſen Weg einſchlaͤgt, muß immer
die zwo goldnen Regeln des großen Newton im Phi-
loſophiren vor Augen haben.
- Die erſte heißt: „Fuͤr natuͤrliche Wirkungen
von einerley Gattung muß man auch einer-
ley Urſachen auszeichnen.“
Wir muͤſſen alſo fuͤr die koͤrperliche Verſchieden-
heit der Voͤlker des Menſchengeſchlechts dieſelben Ur-
ſachen anzeichnen, welche wir bey aͤhnlicher koͤrper-
licher Verſchiedenheit anderer zahmen, weit auf der
Erde verbreiteter Thiere, anzeichnen.
Die
[63]
- Die andere Regel iſt: „daß man bey Ereigniſ-
ſen der Natur nicht mehrere Urſachen anfuͤh-
ren muͤſſe, als zur Erklaͤrung ihrer Er-
ſcheinungen hinlaͤnglich ſind.“
Wenn ſich denn nun ergeben wird, daß die Ur-
ſachen der Verartung zureichen, die Erſcheinungen
der koͤrperlichen Verſchiedenheit im Menſchengeſchlecht
zu entwickeln, ſo muß man keine andere, von meh-
rern Menſchengattungen hergeleitete, annehmen.
§. 25.
II. Wie arten die Urſpezies in Verſchiedenheiten aus?
Jetzt, da wir von der Art und Weiſe der Ab-
artung handeln wollen, werden wir hoffentlich fuͤr
die Deutlichkeit der Darſtellung am beſten ſorgen,
wenn wir ſie wieder auf zwey Hauptabſchnitte zu-
ruͤckbringen; in deren erſterem
- A) bloß die vornehmſten Erſcheinungen der Ab-
artungen der Saͤugthiere, (brutorum ani-
malium) erzaͤhlt, und
im zweyten dann
- B) die Urſachen dieſer Verartung der Thiere
unterſucht werden ſollen;
denn wenn dies deutlich gemacht iſt, ſo wird es leich-
ter ſeyn, im folgenden Abſchnitte die Erſcheinungen
von Verſchiedenheiten im Menſchengeſchlecht mit
jenen von Verartung der Thiere, und zugleich die
Urſachen davon mit einander zu vergleichen.
§. 26.
[64]
§. 26.
A) Die Haupterſcheinungen von Verartung der Saͤug-
thiere.
Wenige Beyſpiele werden hinreichen zu beweiſen,
daß es in der Menſchengattung gar keine natuͤrlichen
Abaͤnderungen gebe, welche man nicht ebenfalls an
andern zahmen Thieren, und als eine bloße, durch
Verartung entſtandene Verſchiedenheit bemerken
koͤnne. Dieſe Beyſpiele wollen wir von warmbluͤti-
gen Thieren hernehmen, und zwar, ſo viel als
moͤglich, bloß von Saͤugthieren, indem dieſe in An-
ſehung der koͤrperlichen Beſchaffenheit dem Menſchen
unter allen am aͤhnlichſten ſind.
Es wird aber gut ſeyn, auch dies in einzelne
Hauptſtuͤcke zu vertheilen.
§. 27.
1) Die Farbe.
So ſind z. B. in Anſehung der Farbe die Schwei-
ne in der Normandie insgeſamt weiß, in Savoyen
ſchwarz, in Bayern rothbraun 2) u. ſ. w.
Das Rindvieh in Ungarn iſt mehrentheils grau-
weißlich, in Frankreich roth u. ſ. w.
Auf der Inſel Korſika ſind die Hunde und Pfer-
de auszeichnend gefleckt.
In der Normandie ſind die Puter ſchwarz, die
unſrigen hingegen meiſtentheils weiß.
Auf der Kuͤſte von Guinea ſind die Voͤgel und
beſonders aus der Ordnung der Huͤnerart 3) und
die
[65] die Hunde ſchwarz, wie die eingebornen Menſchen;
und vorzuͤglich merkwuͤrdig iſt an dem guineiſchen
Hunde (welchen Linnée, ich weiß nicht mit welchem
Rechte, den Aegyptiſchen nennt) die an ihm ſo gut
als an den Menſchen jenes Himmelsſtrichs befindli-
che ſeidne Weichheit der glatten Haut, und die groͤ-
ßere, faſt ſpezifiſche, Ausduͤnſtung derſelben 4).
§. 28.
2) Gewebe der Haare.
Welch eine maͤchtige Verſchiedenheit finden wir
bey Betrachtung des Gewebes der Haare nicht bloß
an der Wolle der Schaafe in verſchiedenen Klimaten,
von der ſo zarten tibetiſchen an, bis zur faſt ſtarren
und groben aͤthiopiſchen.
Oder in den Schweineborſten, welche z. B. in
der Normandie ſo weich ſind, daß ſie auch zu Kehr-
buͤrſten nicht einmal taugen.
Und welcher Unterſchied in dieſer Hinſicht zwi-
ſchen den zahmen Schweinen und dem Eber, beſon-
ders im Betreff der kurzen zwiſchen den Borſten be-
findlichen Wolle!
Und wie wunderbar hingegen iſt die beſondere
Wirkung eines gewiſſen Erdſtrichs auf die Haare,
nicht Einer Gattung zahmer Saͤugthiere, als des
galaziſchen Klimas auf die Ziegen von Anzyra, die
Kaninchen und Katzen, bey welchen ſie durch eine
Sammetweiche, und ungewoͤhnliche Laͤnge ſich nicht
minder
Verſch. des M. E
[66] minder als durch einen faſt ſchneeweißen Glanz aus-
zeichnen.
§. 29.
3) Groͤße.
In Ruͤckſicht auf die Groͤße iſt der Unterſchied
zwiſchen den Lappen und Patagonen weit geringer,
als der, welchen man hin und wieder an andern zah-
men Thieren verſchiedener Erdſtriche beobachtet. So
ſind z. B. die aus Europa auf die Inſel Kuba gebrach-
ten Schweine um das zweyfache groͤßer geworden 5).
Eben ſo verhaͤlt es ſich mit denen, nach Para-
guay gebrachten Ochſen, u. ſ. f. 6).
§. 30.
4) Geſtalt und Verhaͤltniß der Theile.
Wie auszeichnend iſt in Anſehung des Verhaͤlt-
niſſes der Theile die Verſchiedenheit zwiſchen den
arabiſchen, oder den ſyriſchen und noͤrdlich deutſchen
Pferden; und zwiſchen den langfuͤßigen Ochſen auf
dem Vorgebirge der guten Hoffnung, und den kurz-
fuͤßigen Englands.
Bey den Schweinen in der Normandie ſind die
hintern Pfoten weit laͤnger als die vordern.
In einigen Provinzen von England, Island,
u. ſ. f. haben die Ochſen gar keine Hoͤrner 7), in
Sizilien hergegen ungemein große; um der ungeheu-
ren Hoͤrner abyſſiniſcher Ochſen, wovon der Herr
Baro-
[67] Baronet Banks mir eins gezeigt hat, nicht einmal
zu gedenken, weil dieſe, wenn Bruce recht hat, mehr
die Wirkung einer Krankheit zu ſeyn ſcheinen.
Allein das vielgehoͤrnte Schaaf muß hier mit
Recht genannt werden.
Und im Betreff der Varietaͤt der Hufe, ganze
Staͤmme Schweine, (ſtirpes) ſowohl mit Hufen
als geſpaltenen Klauen 8).
In Anſehung anderer Theile die breitgeſchwaͤnz-
ten Schaafe, Kanarienvoͤgel mit Hauben, (die
Kapvoͤgel, fringillae canariae criſtatae) und ande-
res der Art mehr.
§. 31.
3) Beſonders die Form der Hirnſchaͤdel.
Man hat beobachtet, daß die Formen der Hirn-
ſchaͤdel bey den Verartungen des Menſchengeſchlechts
hin und wieder von einander abweichen; Allein dies
Abweichen iſt um nichts groͤßer, ja kaum einmal ſo
groß, als jenes, welches man an verſchiedenen Ge-
ſchlechtern anderer zahmen Thiere beobachten kann.
Der Schaͤdel des Aethiopiers z. B. weicht von dem
des Europaͤers nicht mehr ab, als der Kopf des
Schweines von dem des Ebers, oder der Kopf eines
neapolitaniſchen Pferdes, welchen man der Aehnlich-
keit halber Widderkopf nennt, von dem des ungari-
ſchen, von welchem die Kenner wiſſen, daß er durch
beſondere Kuͤrze und Weite der Kinnlade ſich aus-
zeichnet.
E 2An
[68]
An dem Aurochſen, dem Stamme des Zweiges
der zahmen Ochſen, ſieht man, nach Campers Be-
obachtung, die Thraͤnengruben ſehr deutlich; welche
hingegen an unſern Ochſen durch Verartung gaͤnzlich
vergangen ſind.
Die ganz wunderbare Verartung des Schaͤdels
an jener Varietaͤt von Huͤnern, welche [man] batavi-
ſche nennt, uͤbergehe ich ganz 9).
§. 32.
B) Urſachen der Verartung.
Das thieriſche Leben ſetzt zwey von den Lebens-
kraͤften abhaͤngige Vermoͤgen, gleichſam als erſte
und Hauptbedingungen aller und jeder Verrichtun-
gen deſſelben voraus.
Erſtens naͤmlich das Vermoͤgen einer ſolchen Em-
pfaͤnglichkeit der auf den Koͤrper wirkenden reizenden
Eindruͤcke, (ſtimuli) daß die Theile dadurch ange-
regt werden;
und zweytens, daß dieſe nach dieſer Anregung
ſo zuruͤckwirken, daß dadurch die Bewegungen des
lebenden Koͤrpers rege gemacht, und wirklich verrich-
tet werden q).
Es giebt alſo in der thieriſchen Maſchine keine
Bewegung ohne einen vorhergegangenen Reiz, und
eine nach dieſem zuruͤckwirkende Thaͤtigkeit.
Dies ſind die Angeln, in welchen die ganze
Phyſiologie der thieriſchen Einrichtung ſich bewegt.
Und
[69]
Und dies ſind auch die Quellen, woraus eben
ſo das Geſchaͤft Arten hervorzubringen ſelbſt, als
die Urſachen der Verartung, herfließen; und um
dies auch denen deutlich zu machen, welche nur we-
nige Kenntniſſe in der Phyſiologie haben, muß et-
was aus dieſer Lehre vorausgeſchickt werden.
§. 33.
Bildungstrieb.
Ich habe ſchon anderswo in einer beſondern
Schrift uͤber dieſe Materie *) mich bemuͤht zu zeigen,
daß jenes gemeine, ſogenannte Entwickelungsſyſtem
(S. evolutionis) (welchem zu folge keine Pflanze und
kein Thier erzeugt wird, ſondern alle Individuen
organiſcher Koͤrper gleich in der erſten Schoͤpfung als
Keime eingeſchloſſen liegen, und nun nur allmaͤhlich
ſich entwickeln), daß dieſes weder den Erſcheinun-
gen der Natur ſelbſt, noch einer uneingenommenen
Philoſophie entſpreche: ſondern im Gegentheile eine
ſchickliche Verbindung zweyer Hauptſaͤtze zur Erklaͤ-
rung des Weſens organiſcher Koͤrper, der phyſiſch
mechaniſche naͤmlich, und teleologiſche, nebſt den
Erſcheinungen der Erzeugung, und einem geſunden
Vernunftſchluſſe uns vielmehr noͤthigen zu beſtimmen:
Der Zeugungsſaft ſey nichts als der ungeform-
te Stoff zu organiſchen Koͤrpern, unterſchieden von
dem Stoffe zu Koͤrpern aus dem unorganiſirten Na-
tur-
[70] turreiche, durch eine angeborne, durch die Er-
ſcheinungen ſich offenbarende Kraft, vermoͤge wel-
cher er unter den erforderlichen Umſtaͤnden der
Reife, der Vermiſchung, des Orts ſeiner Beſtim-
mung u. ſ. w. erſt die ihnen feſtgeſetzte und be-
ſtimmte Form der Zeugung annimmt, dann durch
das Geſchaͤft der Ernaͤhrung beſtaͤndig erhaͤlt, und
falls ſie etwa verſtuͤmmelt worden, ſoviel moͤglich
durch das Reproduktionsvermoͤgen wieder herſtellt.
Damit man dieſe Kraft nicht mit andern Arten
der Lebenskraft, oder andern ſchwankenden, und
unbeſtimmten Ausdruͤcken der Alten, als der plaſti-
ſchen Kraft und andern mehr vermenge, ſo wollen
wir ſie durch die Benennung des Bildungstriebes
unterſcheiden *): wodurch ich jedoch nicht ſowohl
eine Urſache, als eine gewiſſe, immer dauernde, ſich
ſtets gleiche, a poſteriori von der Beſtandheit und
Allgemeinheit abgezogene Wirkung bezeichnen will:
faſt auf dieſelbe Weiſe, als man ſich der Ausdruͤcke
Schwere oder Anziehung bedient, gewiſſe Kraͤfte
da-
[71] dadurch anzudeuten, deren Urſachen doch auch in
eimmeriſcher Finſterniß begraben liegen r).
Wie alſo andere Lebenskraͤfte, wenn ſie durch
ihre ihnen zukommenden Reize aufgeregt worden,
wirkſam und zum Gegenwirken geſchickt werden; ſo
wird auch der Bildungstrieb durch ihm entſprechende
Reize, z. B. durch das Eindringen der Waͤrme in
das bebruͤtete Ey, aufgeregt.
Da aber andere Lebenskraͤfte, als Elaſticitaͤt,
Reizbarkeit u. ſ. f. bloß durch Bewegung ſich aͤußern,
aͤußert ſich dieſe hingegen, von welcher wir jetzt ſpre-
chen, durch Wachsthum, und daß ſie der Materie
eine ihr beſtimmte Form ertheilt; wodurch denn jede
Pflanze, jedes Thier (geſchehe dies nun unmittel-
bar oder ſtufenweiſe durch allmaͤhliges Hinzukom-
men oder Wechſeln anderer Reize, durch Meta-
morphoſe) ſeine Gattung auf ſeine Jungen fort-
pflanzen kann.
Auf dreyfache Art aber kann der Bildungstrieb
von der ihm beſtimmten Richtung und Norm abwei-
chen. Einmal durch die Hervorbringung von Miß-
geburten; (monſtroſa fabrica) dann durch Erzeu-
gung von Baſtarden (hybrida generatio), aus ei-
ner Miſchung des Zeugungsſtoffes verſchiedener Gat-
tungen; und endlich durch Ausartung in eigentlich
ſogenannte Verſchiedenheiten.
Die Mißgeburten, wo die organiſchen Koͤrper,
ſey es nun durch Stoͤrung und gleichſam Verirrung
des Bildungstriebes, oder auch durch ungefaͤhren
Zufal, als Preſſung von außen, u. a. eine ganz
fehler-
[72] fehlerhafte und ungeſtaltete widernatuͤrliche Bildung
erhalten, gehen uns gegenwaͤrtig nichts an.
Eben ſo wenig gehoͤren die aus einer Zeugungs-
vermiſchung verſchiedener Gattungen entſtandene
Baſtarde hieher, da nach einem ſehr weiſen Geſetze
der Natur (wodurch einer grenzenloſen Verwirrung
der ſpezifiſchen Formen vorgebeugt wird) ſolche Ba-
ſtarde, beſonders im Thierreiche, kaum jemals ohne
Zwang des Menſchen entſtehen; und dann, nur
nicht immer, unfruchtbar ſind; daß ſie alſo eine
neue, aus ihrer anomalen Liebe entſtandene, von
der Aeltern ihrer abweichende, Form weiter fortzu-
pflanzen unvermoͤgend ſind. Indeſſen kann doch
die Geſchichte der von verſchiedenen Gattungen er-
zengten Baſtarde uns Erlaͤuterung in der gegenwaͤr-
tigen Unterſuchung geben; theils wegen der Analo-
gie mit jenen aus verſchiedenen Spielarten (variera-
tibus) entſproſſenen Baſtarden, von welchen unten
wird geredet werden; theils weil ſie ſtatt aller die-
nen jene Theorie von der Auswickelung der praͤfor-
mirten Keime zu widerlegen, und die Kraft und
Wirkſamkeit des Bildungstriebes offenbar darzuthun,
welche jeder wird kennen lernen, der jene ſo bekann-
ten und ſehr merkwuͤrdigen Verſuche gehoͤrig beſeitigt
hat, nach welchen, den ſeltnern Beyſpielen zeugen-
der Baſtarde zu Folge, deren Befruchtung mehrere
Zeugungen hindurch vermittelſt des maͤnnlichen Saa-
mens derſelben Spezies oͤfters wiederholt wurde, die
neue Bildung der Urenkelbaſtarde von der urſpruͤng-
lichen Form der Mutter ſo ſehr abgewichen, daß ſie
gegentheils mehr und mehr in die Form des Vaters
einer andern Spezies uͤbergegangen, und ſo end-
lich
[73] lich jene in dieſe (— gleichſam durch willkuͤhrliche
Metamorphoſe —) gaͤnzlich verwandelt erſchienen
iſt 10).
Wie aber die Vermiſchung ſpezifiſch verſchiedener
Geſchoͤpfe, obſchon ſie nicht jede Regung des Bil-
dungstriebs untergraͤbt, und gleichſam erſtickt, ihm
doch eine beſondere und unregelmaͤßige Richtung giebt,
ſo traͤgt auch ein fortdauernder, langwieriger, durch
lange Reihen von Zeugungen hindurch fortgeſetzter
Einfluß gewiſſer beſonderer reizender Eindruͤcke auf
organiſche Koͤrper, ebenfalls viel dazu bey, den
Bildungstrieb nach und nach von dem gewoͤhnlichen
Wege abzulenken; welche Abweichung nun der haͤu-
figſte Urſprung der Ausartung und der eigentlich
ſogenannten Spielarten Mutter iſt.
So wollen wir denn nun die hauptſaͤchlichſten
dieſer reizenden Eindruͤcke durchgehen.
§. 34.
Das Klima.
Daß die Macht des Klima, wie auf alle orga-
niſche Koͤrper, ſo beſonders auf die Thiere mit war-
men Blute ohne Grenzen ſey, wird ein jeder leicht
einſehen, wenn er erſtens erwaͤgt, durch welch ein
inniges und unaufloͤsliches Band dieſe Thiere, ſo
lange ſie leben, mit der Einwirkung der atmoſphaͤ-
riſchen
[74] riſchen Luft zuſammenhaͤngen; dann aus wie man-
chen Elementartheilchen, theils gasfoͤrmigen Grund-
ſtoffen, theils hinzugekommenen des Lichts, der
Waͤrme, der elektriſchen Materie, u. a. dieſe (ſonſt
ſelbſt fuͤr ein einfaches Element gehaltene) Luſt wun-
derbar zuſammengeſetzt iſt; endlich aber, wie viel-
fach ſie nach dem Verhaͤltniß dieſer Elemente modi-
ficirt iſt, und wie verſchieden dieſer Veraͤnderung zu
Folge die Einwirkung der Atmoſphaͤre auf die eben-
benannten Thiere ſeyn muß: hauptſaͤchlich, wenn
man noch ſo viel anderes mit in Rechnung bringt,
durch deſſen Hinzukommen das Klima ſo ſehr veraͤn-
dert wird, als die Lage der Gegenden in Anſehung
der Erdguͤrtel, der Sonnenhoͤhe, Gebirge, Nachbar-
ſchaft des Meeres, oder Seen und Fluͤſſe, endemi-
ſcher Winde, und unzaͤhliges der Art mehr.
Die von benannten Thieren nun von jung auf
eingeſogene, nach Veraͤnderung des Klima ſo ſehr
modifizirte Luft, wird in ihren Lungen gleichſam als
in einem lebendigen Laboratorium zerſetzt; ein Theil
davon wird mit dem Blute in den Schlagadern durch
den ganzen Koͤrper vertheilt, nach Verhaͤltniß dieſes
Theils aber werden hingegen andere Elemente von
hier weggeſchaft, und legen theils an die peripheri-
ſchen Bedeckungen des Koͤrpers an, theils werden
ſie durch den Strom der Blutadern zu den athmen-
den Eingeweiden zuruͤckgefuͤhrt.
Daher denn die mancherley Modifikationen des
Blutes ſelbſt, und deren merkwuͤrdiger Einfluß auf
die Abſonderung der Fluͤſſigkeiten, beſonders der
oͤlichten, als des Fettes, der Galle, u. a.
Daher
[75]
Daher endlich die Einwirkung von dem allen,
gleichſam als von eben ſo viel reizenden Eindruͤcken
auf das dichte ſolidum-vivum*), und die davon
abhaͤngige Ruͤckwirkung dieſes wirkſamen ſolidi, und
was unſere Unterſuchung zunaͤchſt betrift — die Rich-
tung und Beſtimmung des Bildungstriebes.
Obſchon dieſe große und ununterbrochene Macht
des Klima auf die thieriſche Oekonomie, Haltung
und Bildung des Koͤrpers von aufmerkſamen Be-
obachtern zu allen Zeiten iſt anerkannt worden, hat
man ſie doch hauptſaͤchlich zu unſern Zeiten, theils
durch die großen Fortſchritte, welche man in der Che-
mie gemacht hat, theils durch ein genaueres Stu-
dium der Phyſiologie, erſt in ihr Licht geſetzt und
gewuͤrdigt.
Nichts deſto weniger iſt es doch bey Unterſuchung
der Varietaͤten oft nur zu ſchwierig genau zu beſtim-
men, wie viel davon bloß dem Klima, oder viel-
mehr andern Urſachen der Ausartung, und wie viel
endlich dem Zuſammentreffen dieſer beyden zuzuſchrei-
ben ſey.
Judeß duͤrfte ich doch ein oder anderes Beyſpiel
von Ausartung anfuͤhren, welches offenbarer von
dem
[76] dem Einfluſſe des Klima ſcheint muͤſſen hergeleitet zu
werden.
Die weiße Farbe z. B. vieler Thiere unter dem
Nordpole, welche in gemaͤßigten Zonen eine andere
haben. Beyſpiele liefern der Fuchs, die Haaſen,
das Zugvieh, die Falken, die Raben, die Kraͤhen,
die Amſeln, die Buchfinken, u. a. m.
Daß die Weiße von der Kaͤlte herkomme, lehrt
die Analogie ſolcher Thiere, welche unter demſelben
Himmelsſtriche im Winter die Sommerfarbe in eine
weißliche oder graͤuliche verwandeln; wie das Her-
melin, und gemeine Wieſel, die Haaſen, Eichhoͤrn-
chen, Rennthiere, das Schneehuhn, die Schnee-
ammer, u. a. 11).
So ſchreibe ich auch das durch ſeine Sammet-
weiche und Schneeweiße ſich auszeichnende Fell der
genannten Thiere auf Anzyra (§. 28.) mehr dem
Klima als dem Futter zu, weil auch die von der ver-
ſchiedenſten Nahrung lebenden Thiere, die Fleiſch-
freſſenden, wie die Katze, eben ſo gut, als die
Kraͤuterfreſſenden, wiederkaͤuenden, z. B. die Ziege,
es mit einander gemein haben.
Einen aͤhnlichen Grund ſcheint die Kohlenſchwaͤr-
ze zu haben, welche unter gewiſſen Thieren der hei-
ßen Erdzone, als auf den Kuͤſten von Guinea, die
Thiere verſchiedener Klaſſen, ſowohl Saͤugthiere als
Voͤgel, bekommen haben. (§. 27.)
Und am merkwuͤrdigſten iſt, daß dieſe Mohren-
ſchwaͤrze eben ſowohl, als jene Weiße der ſyriſchen
Thiere,
[77] Thiere, auch wenn ſie in entfernte Gegenden von
weit verſchiedenem Klima-verſetzt worden, doch be-
ſtaͤndig lange Reihen von Zeugungen hindurch ſich
erhalten.
Nicht geringer iſt die Kraft und Macht des Kli-
ma auf die Groͤße (ſtatura) organiſcher Koͤrper;
da die Kaͤlte ihr Wachsthum hindert, die Waͤrme
hingegen es offenbar vermehrt und befoͤrdert. So
z. B. die ſchottiſchen Pferde, oder die Fuͤllen in dem
kalten Nordwales; auf Schonen ſind die Pferde und
das Rindvieh, wie die eingebornen Menſchen, groß
und ſtark von Statur, in Seeland werden ſie all-
maͤhlig kleiner, und im noͤrdlichen Oſtgothland end-
lich ſind ſie nach Verhaͤltniß am kleinſten.
§. 35.
Nahrungsmittel.
Zwar iſt des beruͤhmten G. Fordyce ſcharfſinnige
Meinung ſehr wahrſcheinlich, daß die erſten Urbe-
ſtandtheile aller Arten von Nahrung, gleichviel ob
aus dem Thier- oder Pflanzenreiche genommen, die-
ſelben ſeyen; und daß deshalb von den vielerley
Fleiſch- und Kraͤuterfreſſenden Thieren mit warmen
Blute, von den verſchiedenſten Nahrungsmitteln,
ein aͤhnlicher Chylus, und im allgemeinen aͤhnliches
Blut zubereitet werde, ſobald ſie nur von den Ver-
dauungswerkzeugen gehoͤrig verarbeitet worden. Al-
lein, ſo wahrſcheinlich als dieſe Sache auch immer
ſeyn moͤge, ſo iſt doch keinesweges zu laͤugnen, daß
die unzaͤhligen, der verſchiedenen Nahrung zukom-
menden Eigenſchaften, bey der Veraͤnderung des
We-
[78] Weſens, und der Eigenthuͤmlichkeiten der Thiere
von großem Gewichte ſind.
Wenige Beyſpiele werden zureichen, dies zu
beweiſen.
Daß z. B. die Macht gewiſſer beſonderer Nah-
rung auf die Farbe der Thiere ſpezifiſch ſey, lehren
die Singevoͤgel, beſonders von den Geſchlechtern der
Lerchen und Finken, von welchen man weiß, daß
ſie nach und nach ſchwarz werden, wenn ſie bloß
Hanfſaamen freſſen.
Daß ſich das Gewebe der Haare bey veraͤnder-
ten Nahrungsmitteln außerordentlich veraͤndere, ſieht
man an dem Beyſpiele des afrikaniſchen, nach Eng-
land uͤbergefuͤhrten Schaafes, deſſen von Natur
ſchlechte und wie Kameelhaare ſtehende Wolle, nach
einer jaͤhrigen Weidung auf engliſcher Trift, die
feinſte Weichheit erhielt 12).
Wie maͤchtig aber die Nahrung auf Veraͤnde-
rung der Statur und Verhaͤltniß der Groͤße (pro-
portio) wirke, erhellet deutlich aus einer Verglei-
chung der Hausthiere. Die Pferde z. B. welche in
den Marſchlaͤndern (terris uliginoſis) eine fette Wei-
de haben, als die frieſiſchen, u. a. m. werden ſehr
groß, da ſie hingegen in felſigten und ſteinigten
Laͤndern, wie in Oeland, oder auf trockenen Hei-
den niedrig bleiben. So werden die Ochſen, auf
fettem Boden auch ungewoͤhnlich fett und bauchigt,
aber mit verhaͤltnißmaͤßig kuͤrzern Schenkeln; die auf
trockener Trift geweideten aber, wie auf dem Kap
z. B.
[79] z. B. ſondern weniger Fett ab, zeichnen ſich aber
durch ſtaͤrkere und fleiſchigte Schenkel aus; um vie-
lerley ebenfalls von veraͤnderter Nahrung abhaͤngige
Verſchiedenheiten des Fleiſchgeſchmacks, oder Ge-
wichts, u. ſ. w. ganz zu uͤbergehen.
§. 36.
Lebensart.
Wenn ich von der Lebensart als einer Urſache
des Ausartens rede, ſo ziehe ich hier alle jene Stuͤcke
her, welche außer dem Klima und der Nahrung in
einem ſolchen Verhaͤltniſſe mit der natuͤrlichen Oeko-
nomie der Thiere ſtehen, daß ſie nach einem langen
und unausgeſetzten Wirken auf dieſelbe, den Habi-
tus des Koͤrpers endlich auf einige Art umzuaͤndern
im Stande ſind; wozu denn verfeinernde Ausbil-
dung (cultura) und Macht der Gewohnheit am
meiſten beytragen, deren kraͤftige Wirkſamkeit am
allerſichtbarſten an unſern Hausthieren wird.
Bedenken wir z. B. den gewaltigen Unterſchied
zwiſchen der Bildung und Proportion eines aͤdeln
ſchulgelernten, und eines wild im Walde herum-
ſchweifenden Pferdes. Wenn dieſes mit andern
ſtreitet, beißt es mehr, als daß es ausſchlaͤgt; jenes
hingegen, [auf]gezaͤumt und mit eiſernen Hufen be-
wafnet, fordert den Feind mehr mit dieſen heraus,
und hat das Beiſſen faſt verlernt. Mehrere von den
Menſchen unterjochte Saͤugthierarten mit haͤngendem
Schwanze und ſchlappen Ohren, zeigen ein ſanftes,
und durch Sklaverey verdorbenes Gemuͤth. Bey
vielen aͤndern ſich die eigenſten koͤrperlichen Verrich-
tungen,
[80] tungen, der Abſonderung, Zeugung, u. a. m. auf
die außerordentlichſte Weiſe. So waͤchſt z. B. bey
dem Schweine eine ſehr große Fetthaut, welche der
Eber nicht hat, deſſen weichere gleichſam wolligte,
mit Borſten untermengte Haare im Gegentheil ſich
bey der Varietaͤt der Hausſchweine nach und nach
verlieren. Bey dieſen Hausthieren findet man weit
mehr mißgeſtaltete Geburten, als bey ihrem wilden
Originalſtamme; eine Menge neuer Krankheiten, ja
ſogar ganz neue Arten von Wuͤrmern, von denen
man an ihrer wilden und originalen Art nicht einmal
eine Spur antrift: welche, wiewohl paradoxe, doch
gewiß unlaͤugbare Behauptung zu bewaͤhren, man
bloß das Beyſpiel der Finnen (hydalides intereutes,
ital. Lazaroli) zum Beweis anfuͤhren kann 13).
Hieher rechne ich auch die durch einen fruͤhzeitigen
und uͤbermaͤßigen Genuß der Liebe unvollkommen ge-
bliebene Statur, u. a. der Art mehr.
§. 37.
Baſtard-Erzeugung.
Die bisher aufgezaͤhlten dreyfachen Quellen der
Verartung koͤnnen bloß durch ein ſehr langwieriges
und ſehr viele Reihen von Zeugungen hindurch fort-
geſetztes Einwirken, den Charakter, und die Beſchaf-
fenheit der Originalthiere nach und nach umaͤndern,
und Spielarten hervorbringen.
Ganz
[81]
Ganz anders verhaͤlt ſich dies, und ſchon die
naͤchſte Zeugung bekommt einen neuen Charakter,
wenn verſchiedene ſolche, aus jenen Urſachen endlich
entſtandene, Varietaͤten mit einander gepaart werden,
woraus denn Baſtarde entſtehen, welche keinem von
den Aeltern ganz aͤhnlich ſind, ſondern von beyder
Form etwas haben, und gleichſam ein Mittelding
zwiſchen beyden ausmachen.
Gemeiniglich nennt man zwar diejenigen Ba-
ſtarde, welche von Aeltern ganz verſchiedener Gat-
tung entſtehen, wie die vom Pferd und Eſel erzeug-
ten Mauleſel, oder die durch eine Begattung des
Kanarienvogels mit dem Haͤnfling entſtandenen Voͤ-
gel. Allein von ſolchen iſt hier nicht die Rede, in-
dem ſie unter den Verartungen des Menſchenge-
ſchlechts nicht vorkommen. Zwar fehlt es nicht an
ſcheußlichen Erzaͤhlungen von Begattung des Men-
ſchen mit Thieren, wo entweder Maͤnner mit Thier-
weibchen ſich eingelaſſen (ſey es aus ungebaͤndigter
Geilheit 14), oder aus einer wahnwitzigen Meinung
von Enthaltſamkeit geſchehen 15), oder weil ſie
etwa
Berſch des M. F
[82] etwa einen mediziniſchen Nutzen von einer ſolchen
Handlung hofften 16),) oder wo Weiber Thiermaͤn-
nern untergelegen haben (entweder genothzuͤchtigt 17),
oder von raſend geilen Weibern dazu gereizt 18),
oder weil dieſe aus religioͤſem Aberglauben ſich der
Schande Preiß gaben 19).) Allein es iſt uns doch
kein
15)
[83] kein von einem glaubwuͤrdigen Zeugen erzaͤhltes Bey-
ſpiel vorgekommen, wo eine ſolche Verbindung frucht-
bar geweſen, und aus der abſcheulichen Begattung
des Menſchen mit dem Thiere ein Baſtard erzeugt
worden waͤre.
Sondern wir handeln blos von jenen Baſtarden,
welche aus einer Verbindung verſchiedener Ausar-
tungen einer und derſelben Thierſpezies entſprießen,
wie z. B. die aus der Verbindung des gruͤnen Ka-
narienvogels mit der weißen Varietaͤt entſtandenen,
ſind; welche Vermiſchung zur Umaͤnderung der Far-
be, und Bildung der neuen daraus entſtehenden Nach-
kommenſchaft ſo auffallend wirkt, daß man ſich ih-
rer auch zur Verbeſſerung und Veraͤdlung der Zucht
der Hausthiere, beſonders der Pferde und Schaafe,
mit ſehr großem Nutzen bedient.
§. 38.
Thieren durch Kraͤnklichkeit angeerbte Eigenſchaften.
Die durch Kraͤnklichkeit angeerbte Verfaſſung
ſcheint zwar beym erſten Anblick mehr zur Patholo-
gie, als zur Naturgeſchichte zu gehoͤren. Erwaͤgt
man aber die Sache ſorgfaͤltiger, ſo wird man leicht
einſehen, daß ſie aus mehr als einem Grunde auch
zu dieſen jetzt abgehandelten Urſachen der Verar-
tung koͤnne gerechnet werden.
Denn erſtens ſcheinen gewiſſe aͤußere Beſchaffen-
heiten der Thiere, wiewohl man ſie nach den gemei-
nen Begriffen gar einem wirklich kranken Zuſtande
nicht zuzuſchreiben pflegt, doch zunaͤchſt von ihm
herzukommen, indem ſie mehrentheils widernatuͤrlich
F 2mit
[84] mit einer geſunden Wirkſamkeit verknuͤpft ſind. Hie-
her ziehe ich z. B. eine beſondere Weiße gewiſſer Thie-
re, welche ſchon der weiſe Verulam die Krankheits-
farbe genennt hat 20). Wenigſtens lernt man an
dem ungariſchen Ochſen, deſſen Fell bloß durch die
Verſchneidung ſo weiß wird, daß man nicht ſelten
eine fehlerhafte Konſtitution, und Mangel in der
Oekonomie des Koͤrpers als Urſache davon anzuſehen
habe; andererſeits aber erhellt aus den Beyſpielen
der Angoriſchen Katzen und Hunde, welche nach ei-
ner ſehr gemeinen Bemerkung faſt alle ſehr ſchwer
hoͤren, daß auf ein ſolches beſonderes Weiß auch
Symptome von Krankheiten folgen.
Dann aber ſcheinen auch einige wirkliche Krank-
heiten, wenn die Natur der Thiere lange Reihen
von Zeugungen hindurch ſich gleichſam an ſie ge-
woͤhnt hat, nach und nach gelinder und ihnen
ſelbſt minder beſchwerlich zu werden, ſo daß man
ſie endlich kaum mehr fuͤr Krankheit zu halten
pflegt. Ein Beyſpiel davon liefert jene Art von
fehlerhaftem Weiß, welches in Verbindung mit dem
Mangel des, das innere Auge der Thiere mit war-
men Blute uͤberziehenden ſchwarzen, Pigments, unter
der Benennung der Levkaͤthiopie (weiße Negerart)
bekannt iſt. Wenn ein oder anderer Foͤtus damit
behaftet iſt, (denn dieſe Beſchaffenheit iſt immer
angeboren) zeigt ſie ſich offenbar als eine Art Ca-
chexie, welche faſt an Ausſatz grenzt; Bey andern
hingegen, wo ſie gleichſam durch Erbſchaft von vielen
Zeugungen her angeſtammt, iſt ſie zur andern Na-
tur
[85] tur geworden, wie z. B. in der weißen Varietaͤt der
Kaninchen auch nicht die Spur von einer vormaligen
krankhaften Beſchaffenheit zuruͤckgeblieben iſt (welche
doch die Analogie mit andern anomaliſch weißen
Thieren mit rothen Augenſternen offenbar beweißt):
ſo, daß Zoologen das Frettchen auch fuͤr eine beſon-
dere Gattung des Wieſelgeſchlechts gehalten haben,
von welchem ich jedoch ſchon oben erinnert habe
(§. 23.) daß man es, wo mich nicht alles truͤgt, fuͤr
eine bloße Abartung von dem Iltis, und zwar lev-
kaͤthiopiſch kranken Urſprungs zu halten habe.
§. 39.
Problematiſche Frage: ob auch Verſtuͤmmelungen, oder
andere Kuͤnſteleien, zu angebornen Verſchiedenheiten un-
ter den Thieren Gelegenheit geben koͤnnen?
Man hat ſich geſtritten, ob auch Verunſtaltun-
gen oder Verſtuͤmmelungen, welche Zufall oder Ab-
ſicht an den Thieren hervorgebracht, hauptſaͤchlich
wenn ſie durch lange Reihen von Zeugungen wieder-
holt werden, mit der Zeit gleichſam zur andern Na-
tur werden koͤnnten, ſo daß nun, was vorher Wir-
kung der Kunſt geweſen, zu einer an den Geburten
ſich fortpflanzenden Bildung anarte. Von einigen
iſt es behauptet 21), von andern gegentheils ver-
worfen worden 22).
Die
[86]
Die welche es behaupten, fuͤhren die Beyſpiele
junger Thiere verſchiedenen Geſchlechts an, von
Hunden, z. B. Katzen, u. a. welche, indem ſie
mit verſtuͤmmeltem Schwanz oder Ohren geboren
wurden, wenn dieſe Theile ihren Aeltern vorher ver-
ſtuͤmmelt worden, keine unguͤltigen Zeugen ſind:
ferner, daß bey Voͤlkern, welche ihre Knaͤbchen be-
ſchneiden, unterweilen einige mit kurzer Vorhaut
gleichſam beſchnitten (apellae) geboren werden 23),
oder daß Kindern Zeichen von Narben, welche bey
den Aeltern aus einer Wunde entſtanden waren,
nachher angeboren worden. Ja Buͤffon leitete ſogar
aus einer aͤhnlichen Quelle gewiſſe beſondere Merk-
zeichen einiger Thiere her, als die Schwielen auf
Bruſt und Schenkeln der Kameele, oder die kahle
ſchieferfarbige Stirn der Saatkraͤhe (Corvus fru-
gilegus).
Die dies nicht annehmen wollen, werden dieſe
Meinung Buͤffons aus dem Grunde, weil er den zu
erweiſenden Satz ſchon als Beweißgrund annimmt
(petitio principii), nicht ganz mit Unrecht verwer-
fen, die uͤbrigen genannten Beyſpiele aber vielmehr
einem ungefaͤhren Zufall beymeſſen zu muͤſſen glauben.
Bis jetzo nun trete ich zwar weder durch Beja-
hen noch Verneinen einer von dieſen beyden Meinun-
gen bey, ich werde aber willig den Kalkul der Ver-
neinenden unterzeichnen, wenn ſie zuvor Rechen-
ſchaft abgelegt haben, warum ſolche Beſonderheiten
der Bildung, ſie moͤgen nun urſpruͤnglich durch
Kunſt
[87] Kunſt oder Zufall entſtanden ſeyn, auf keinen Fall
auf die Nachkoͤmmlinge fortgepflanzt werden koͤnnen,
da doch andere Geſchlechtszeichen, welche aus an-
dern, bis jetzt noch unbekannten Urſachen, haupt-
ſaͤchlich in der Phyſiognomie entſtehen, als Naſen,
oder Lippen, oder Augenbraunen, u. a. m. in Fa-
milien unterweilen mehrere oder wenigere Zeugungen
hindurch, mit mehr oder weniger anhaltender Aehn-
lichkeit, ſich eben ſo gut fortpflanzen, als Fehler
an den Sinnorganen24), z. B. Fehler in der
Rede und Ausſprache, und anderes der Art mehr;
falls ſie nicht etwa Luſt haben, auch dieſes alles ei-
nem beſonderen Zufalle zuzuſchreiben *).
§. 40.
Einige Verwahrungsregeln der Vorſichtigkeit bey Eroͤrte-
rung der Urſachen der Verartung.
Viele von den bisher aufgefuͤhrten Urſachen der
Verartung ſpringen ſo klar in die Augen und ſind ſo
außer allen Zweifel geſetzt, daß man die meiſten oben
aufgezaͤhlten Erſcheinungen der Verartung mit leich-
ter Muͤhe, und unbezweifelt auf ſie, wie die Wir-
kungen auf ihre Urſachen beziehen kann.
Von
[88]
Von der andern Seite aber ſtoͤßt man auch hin-
wiederum auf einen Punkt, wo man ſieht, daß
mehrere dieſer Urſachen zwar zuſammenwirken, aber
ſich gegenſeitig aufheben; man ſieht ſo verſchiedent-
lich und vielfach, theils eine Geneigtheit, theils ein
Widerſtreben der organiſchen Koͤrper zur Verartung;
dann wieder eine verſchiedne Wirkung jener Urſachen
auf dieſe Koͤrper, in wiefern ſie mittelbarer oder un-
mittelbarer auf ſie wirken; und endlich die Verſchie-
denheit dieſer Wirkungen, wodurch ſie einmal gleich-
ſam in einer beharrlichen Beſtandheit lange Reihen
von Zeugungen hindurch ſich unverſehrt erhalten,
und dann weit veraͤnderlicher in einem kurzen Zeit-
raum ſich wieder verwiſchen; daß man dieſer vielar-
tigen und mannichfaltigen Beziehung halber bey Er-
oͤrterung der Varietaͤten auch wieder die groͤßte Vor-
ſichtigkeit noͤthig hat. Deshalb moͤchte ich wohl der
Ungeuͤbteren halber beym Schluſſe dieſer Abhandlung,
bevor wir zu den Menſchenvarietaͤten ſelbſt uͤberge-
hen, wenigſtens einige Hauptvorſichtigkeitsregeln,
die bey gegenwaͤrtiger Unterſuchung ſehr in Erwaͤ-
gung gezogen werden muͤſſen, als Corollarien bey-
fuͤgen.
1) Je mehrere Urſachen der Verartung ver-
eint zuſammen kommen, und je laͤnger ſie auf
eine und dieſelbe Thiergattung wirken, um deſto
offenbarer wird dieſe von ihrer Originalbildung
abweichen koͤnnen.
In dieſer Hinſicht kann man alſo kein Thier mit
dem Menſchen vergleichen, dem Allverzehrer, der
unter jedem Himmelsſtriche lebt, und vor allen an-
dern
[89] dern den Namen eines Hausthiers verdient, was
er ſeit dem erſten Beginne ſeines Geſchlechtes war;
auf welchen alſo des Klima, der Nahrung und Le-
bensart, vereinte Kraft am laͤngſten wirken mußte.
2) Im Gegentheile aber kann auch eine ſonſt
hinlaͤnglich wirkſame Urſache der Verartung ver-
aͤndert, ja geſchwaͤcht werden, durch Hinzukunft
anderer Bedingungen, beſonders wenn ſie jener,
als entgegnende zuwiderwirken.
Hier bemerkt man z. B. in verſchiedenen Stri-
chen unſers Erdwaſſerballs, auch wenn ſie unter
demſelben Grade geographiſcher Breite liegen, doch
unterweilen die verſchiedenſte Temperatur der Luft,
und eine eben ſo verſchiedene und mithin faſt entge-
gengeſetzte Wirkung derſelben auf die Beſchaffenheit
der Thiere, denn dieſe ſind nach der hoͤhern oder
niedrigern Lage, der Nachbarſchaft von Meer, Fluͤſ-
ſen, Bergen oder Waͤldern, dem Unterſchied des
neblichten oder reinen Himmels, oder der beſondern
Beſchaffenheit des Bodens, und andern Umſtaͤnden
der Art mehr, verſchieden.
3) Und ſo muß denn eine beſondere Erſchei-
nung von Verartung nicht ſowohl auf einen un-
mittelbaren, als einen mittelbaren, entfernteren,
auf den erſten Anblick verborgenen Einfluß einer
gewiſſen Urſache bezogen werden.
Hier muß man z. B. die dunklere Farbe von
Voͤlkern nicht bloß von der geraden Wirkung der
Sonne auf die Haut, ſondern auch von einer ent-
fern-
[90] fernteren, als ihrer beſondern Macht auf das Ge-
ſchaͤft der Leber herleiten.
4) Veraͤnderungen, welche aus einem mit-
telbaren Einfluß ſolcher Urſachen entſtanden ſind,
ſcheinen hernach deſto tiefer Wurzel zu faſſen,
und auch deſto beſtaͤndiger auf die folgenden Ge-
nerationen fortgepflanzt zu werden.
Hier z. B. muß man, wo ich nicht irre, den
Grund aufſuchen, warum die unter der heißen Zone
roͤthlich gewordene Hautfarbe (§. 35.) auch unter
anderm Himmelsſtriche fortdauernder iſt, als die
weiße Farbe der Nordlaͤnder, wenn ſie gegen Suͤ-
den kommen.
5) Und endlich koͤnnen die mittelbaren Ein-
wirkungen ſolcher Urſachen ſo verſteckt und ver-
borgen liegen, daß auch die Muthmaßung, ſie
noch nicht heraus zu bringen, und man die bisher
raͤthſelhaften Erſcheinungen von Verartung, auf
ſie als auf ihre Quellen zuruͤckzufuͤhren, nicht im
Stande geweſen iſt.
So z. B. muß man zweifelsohne ſolchen mittel-
baren, und großentheils uns unbekannten Urſachen
die bleibenden und Nationalformen der Hirnſchaͤdel,
die Nationalfarben der Augen, u. a. m. zuſchreiben.
Drit-
[91]
Dritter Abſchnitt.
Von den Urſachen und Arten, wodurch und wie
die Gattung des Menſchengeſchlechts
degenerirte.
§. 41.
Verhandlungsweiſe.
So wollen wir denn nun, was bisher von den
Arten und Urſachen der Verartung der Thiere im
Allgemeinen erklaͤrt worden, auf die durch Geburt
fortpflanzenden Varietaͤten des Menſchengeſchlechts
anwenden, wo wir die Arten der Verartung einzeln
aufzaͤhlen, und was bey jeder von den Urſachen,
welchen ſie zugeſchrieben werden koͤnnen, bekannt iſt,
beyfuͤgen wollen. Den Anfang wollen wir mit der
Hautfarbe machen, denn wenn gleich kein ganz irr-
thumsfreyes, iſt ſie doch vor allen uͤbrigen ein ſehr
beſtaͤndiges und forterbendes Merkzeichen 1), wel-
ches auch bey Baſtarderzeugungen entſtanden, aus
einer Verbindung von Varietaͤten verſchiedener Far-
be (§. 37.) am offenbarſten in ſeiner Vermiſchung
von der Tinktur beyder Aeltern ſich zeigt; und hat
dann
[92] dann auch viel Zuſammentreffendes mit der Farbe
der Haare und des Augenſternes, und Bezug auf
das Temperament der Menſchen; und ſpringt dem-
nach im Allgemeinen auch allen Ungelehrten am mei-
ſten in die Augen.
§. 42.
Sitz der Hauptfarbe.
Das Schleimnetz, insgemein Zellgewebe ge-
nannt, von deſſen ſehr hohen Wichtigkeit in der Oe-
konomie des menſchlichen Koͤrpers wir oben (§. 17.)
geredet haben, dient nicht bloß der ganzen Maſchine
gleichſam zum Fundament, in wiefern es den uͤbri-
gen, nur nicht allen, aͤhnlichen Theilen bis zum
Mark der Knochen eingewebt iſt, ſondern iſt auch
auf der aͤußern Oberflaͤche des Koͤrpers in Verbin-
dung gebracht mit der weißen und zaͤhen allgemeinen
Bedeckung, der eigentlichen Haut naͤmlich, welche
den uͤbrigen Koͤrper umfaßt und einſchließt, und
welche außer andern, beſonders von einem großen
Apparate von Hautnerven und lymphatiſchen Venen,
endlich aber auch von ſehr engverbundenen und feinen
Netzen blutfuͤhrender Gefaͤße angeſchwellt iſt.
Jene, die Nerven naͤmlich, ertheilen der Haut
Empfindung, damit ſie das Gefuͤhlsorgan, und
gleichſam Waͤchter des ganzen Koͤrpers ſey.
Die andern, die lymphatiſchen Venen naͤmlich,
machen wiederum die Haut zum Werkzeug des Aus-
duͤnſtens und Einſaugens.
Dieſe aber, ich meine die blutfuͤhrenden Ge-
faͤße, gehoͤren zunaͤchſt zu gegenwaͤrtiger Streitfrage,
indem
[93] indem die allgemeinen Bedeckungen des Koͤrpers,
nebſt der Lunge und dem Darmkanale einen großen
Reinigungs- und chemiſchen Verarbeitungsplatz fuͤr
die menſchliche Maſchine durch ſie errichten, welcher,
wie ſich bald ergeben wird, bey Feſtſetzung der
Hautfarbe ſehr großen Antheil hat.
Das Fell iſt mit einem ſehr zarten Schleime
uͤberzogen, welchen man nach der irrigen Beſchrei-
bung des Erfinders das Malpighiſche Netz nennt.
Es macht dieſes gleichſam ein leimigtes Band aus,
wodurch die aͤußerſte Lage der Bedeckungen, das die
Oberflaͤche des Koͤrpers uͤberziehende und zu oberſt
bedeckende, halb durchſichtige, und bey dem gebor-
nen Menſchen zunaͤchſt der atmoſphaͤriſchen Luft
ausgeſetzte Fellhaͤutchen naͤmlich, endlich mit der
Haut zuſammenhaͤngt.
Netz und Fellhaut ſind durch ihren ganz einfa-
chen von Nerven und Gefaͤßen voͤllig entbloͤßten
Bau, von der Natur des Felles ſehr weit unter-
ſchieden, kommen aber in mehr als einem Stuͤcke
mit einander uͤberein, ſo daß eine Verwandſchaft
dieſer gleichartigen Theile, ja gewiſſermaaßen das
Entſpringen der aͤußerſten Haut aus dieſem unterge-
legten Netze, ſehr wahrſcheinlich ſcheint.
Dieſe beyden verwandten Unterlagen beſtimmen
inſofern den Sitz der Farbe der Bedeckungen, daß
ſie bey den weißen Menſchen, wo ſie kein Pigment
haben, die natuͤrliche roͤthliche Weiße des Fells durch-
ſchimmern laſſen; da bey den Oliven- oder anders-
farbigen hingegen das Hauptpigment der Haut auf
dem malpighiſchen Netze haftet, und das, obſchon
blaͤſſere Fellhaͤutchen offenbar an dem Farbenanſtrich
deſſel-
[94] deſſelben Theil nimmt; und daß, je ſchwaͤrzer das
Netz, es auch um deſto dicker und der Gattung Mem-
brau, davon es eine Art iſt, aͤhnlicher, je durchſichtiger
hingegen es iſt, um deſto zarter wird, und nur die
Beſchaffenheit eines fluͤßigen Schleimes bekoͤmmt.
§. 43.
Die Nationalverſchiedenheiten der Farbe.
Wiewohl zwiſchen dem reinen Weiß der Euro-
ropaͤerin, und dem hoͤchſten Schwarz der ſenegambi-
ſchen Negerin die Hautfarbe der Menſchen in zah-
lenloſe Nuͤancen 2) zu ſpielen ſcheint: und keine von
dieſen weder allen Menſchen eines und deſſelben Vol-
kes gemein, noch irgend einem Volke ſo eigen iſt,
daß man ſie nicht auch bisweilen bey andern, uͤbri-
gens von dieſen ſehr verſchiedenen, antreffen ſollte;
ſo ſcheinen doch im Allgemeinen alle Nationalver-
ſchiedenheiten der Farbe ſehr bequem auf folgende
fuͤnf Hauptklaſſen zuruͤckgefuͤhrt werden zu koͤnnen.
1) Die
[95]
1) Die weiße Farbe, wie bey den meiſten euro-
paͤiſchen Voͤlkern. Dieſe Varietaͤt hat die Roͤthe
der Wangen faſt eigenthuͤmlich, welche man an den
uͤbrigen wenigſtens ſeltner bemerkt.
2) Die Gelbe (engliſch yellow, olive tinge)
welche gleichſam das Mittel haͤlt zwiſchen der Farbe
vom Waizen und gekochten Quitten, oder getrockne-
ten Citronenſchaalen; bey den mongoliſchen Voͤlkern
gewoͤhnlich.
3) Kupferartige (engl. copper-colour, franz.
bronzé) oder dunkel Goldgelbe, und faſt roſtfarbige,
dem Zimmet oder Lohfarbe nicht unaͤhnlich; den
Amerikanern faſt eigenthuͤmlich.
4) Die Braune (badius, engl. tawny, franz.
baſané) oder Mittelfarbe zwiſchen neuem Mahago-
nyholze: und den Gewuͤrznaͤgelein oder Kaſtanien;
der malayiſchen Raſſe, und den Suͤdſeeinſulanern
gemein.
5) Endlich die ſchwarze (engl. tawny-black)
welche bey gewiſſen aͤthiopiſchen Voͤlkerſchaften pech-
ſchwarz (engl. iet-black) iſt: doch iſt dieſe Ruß-
ſchwaͤrze keinesweges den Aethiopiern eigenthuͤmlich,
ſondern man trift ſie auch an andern ſehr verſchiede-
nen, und von einander weitentfernten Varietaͤten
des menſchlichen Geſchlechts, in Miſchung mit der
Hauptfarbe der Haut an, wie bey den Braſiliern,
Californiern 3), Indiern und Suͤdſeeinſulanern, wo
die Neukaledonier z. B. einen in dieſer Hinſicht un-
merkli-
[96] merklichen Uibergang von der hellbraunen Farbe der
Otaheiter durch die kaſtanienbraune der Bewohner
der Inſel Tongatabu zu der ſchwarzen der Neuhol-
laͤnder machen.
§. 44.
Urſachen dieſer [Verſchiedenheit].
Der Sitz der Hautfarbe iſt zu unſern Zeiten au-
ßer allen Zweifel geſetzt. Die Eintheilung und Ver-
theilung in Klaſſen, obſchon ſie willkuͤhrlich iſt, ſcheint
doch ziemlich plan und deutlich. Allein nun die Ur-
ſachen dieſer Verſchiedenheit aufzuſuchen — dies iſt
das Schwierige bey der Sache. Und zwar beſonders
haben die Schriftſteller mit der Erklaͤrung der Neger-
farbe ſich gemartert, welche vor allen uͤbrigen Na-
tionalfarben ſchon in den aͤlteſten Zeiten den Euro-
paͤern auffallen, und die Koͤpfe zu Unterſuchungen
reizen mußte. Kein Wunder denn, daß zu dieſem
Behuf mancherley Hypotheſen erdacht wurden, wel-
che ich aber als hinlaͤnglich bekannt 4) und ſchon von
andern
[97] andern zuſammen aufgeſtellt 5), unberuͤhrt laſſe.
Ich werde bloß jene Meinung aufſtellen, welche,
wenn ich nicht irre, der Natur und Wahrheit am
naͤchſten zu kommen ſcheint.
Ich glaube dann, daß man die naͤchſte Urſache
der verbrannten oder ſchwarzen aͤußeren Hautbedek-
kungen, in einem Uibermaaße von Kohlenſtoff (car-
bonaceum elementum) im menſchlichen Koͤrper ſu-
chen muͤſſe, welcher mit dem Hydrogen durch das
Fell ausgeſondert, durch den Zutritt eines atmoſphaͤ-
riſchen Oxygens aber praͤcipitirt, und an dem mal-
pighiſchen Schleime angeſetzt wird x).
Es iſt allgemein bekannt, daß ſelbſt den Negern
ihre Nationalfarbe nicht angeboren wird, ſondern
daß
4)
Berſch. des M. G
[98] daß ſie dieſelbe nach der Geburt, wenn das Band,
welches die Frucht mit der Mutter zuſammengehal-
ten hatte, getrennt iſt, durch Hinzukunft der aͤu-
ßern Luft erhalten.
Ferner ſcheint zum Abſondern und Anſetzen des
Kohlenſtoffes die Wirkung der blutfuͤhrenden
Gefaͤße des Fells (§. 42.) erforderlich.
Denn wird dieſe geſtoͤrt, oder hoͤrt ſie gar auf,
ſo bekommen auch die Schwarzen und Neger zuweilen
eine widernatuͤrliche fehlerhafte Weiße der Haut.
Dagegen hat man die Erfahrung gemacht, daß
auf der weißen Haut, wenn jene Wirkung der Fell-
gefaͤße hervorgebracht worden, Sommerſproſſen und
Flecken von ſchwarzer Farbe entſtanden ſind, ja daß
ſie faſt eine Negerſchwaͤrze angenommen hat.
Jener Kohlenſtoff ſcheint nun im Allgemeinen
bey Schwarzgalligten am haͤufigſten zu ſeyn; denn
zwiſchen der Verrichtung der Galle und der allge-
meinen Bedeckungen (wozu auch die Haare gehoͤ-
ren) iſt eine offenbare Uibereinſtimmung; indem
beyde Organe, Leber naͤmlich und Haut, zu den
hauptſaͤchlichſten und wechſelſeitig zuſammenſtimmen-
den Reinigungsoͤrtern der Blutmaſſe gehoͤren.
Dann aber iſt die Einwirkung der Klimate
auf das Geſchaͤft der Leber uͤberaus ſtark, welches
durch die heftigere Sonnenhitze zwiſchen den Wende-
zirkeln außerordentlich aufgeregt und verſtaͤrkt wird.
Deshalb giebt es zwiſchen den Wendekreiſen mannich-
faltige und endemiſche Gallenkrankheiten. Deshalb
ferner iſt das Temperament der meiſten zwiſchen den
Wendekreiſen eingebornen Voͤlker choleriſch und zum
Zorn geneigt. Deshalb iſt auch, wie die Aerzte
vor-
[99] vorlaͤngſt beobachtet haben 6), die Beſchaffenheit und
der Habitus derer in Indien lebenden Europaͤer, und
hauptſaͤchlich ihrer daſelbſt gebornen Kinder gallicht.
Kein ander Klima kann in Heftigkeit und An-
halten der Hitze, und den ganz beſondern hievon ab-
haͤngigen chemiſchen Eigenſchaften der Atmoſphaͤre,
z. B. ſpezifiſchen Winden, Regen u. a. m. mit jenem
heißen und brennenden Himmel verglichen werden,
welcher uͤber den naſſen und ſumpfigten Gegenden
des oͤſtlichen und weſtlichen Afrika unter der heißen
Zone haͤngt.
Die eingebornen Aethiopier ſind am laͤngſten,
und ſchon durch eine lange Reihe von Generatio-
nen hindurch, der Wirkung jenes Klima’s ausgeſetzt
geweſen, indem ſie zweifelsohne unter die aͤlteſten
Voͤlker der Erde zu zaͤhlen ſind 7). Deshalb iſt es
denn auch kein Wunder, wenn ſie dieſelbe Beſchaf-
fenheit, welche ſeit ihrem entfernten Urſprunge in
ihren Voraͤltern ſo tiefe und feſte Wurzeln geſchlagen,
auch unter fremden Himmelsſtrichen auf die naͤchſten
Zeugungen unveraͤndert fortpflanzen. Andererſeits
aber ſcheint auch aus eben dieſer bleibenden Anhaͤng-
lichkeit des aͤthiopiſchen Habitus um ſo deutlicher zu
G 2erhel-
[100] erhellen, daß er nur in langen Reihen von Zeugun-
gen habe anarten koͤnnen, und daß es alſo zu den
widernatuͤrlichen Wundern gehoͤren wuͤrde, wenn die
Erzaͤhlung, welche wir hin und wieder leſen, wahr
waͤre, daß die heutigen Enkel im 15ten Jahrhundert
nach Guinea gezogner, portugiſiſcher Koloniſten in ei-
nem ſo kurzen Zwiſchenraume von wenigen Jahrhun-
derten bloß durch die Macht des Klima 8) jenen
aͤthiopiſchen Habitus ſchon angenommen haͤtten.
§. 45.
Fernere Erlaͤuterung der Urſachen von der Hautfarbe.
Was wir eben von den Urſachen der Hautfarbe
als Reſultat und in einzelnen Saͤtzen aufgeſtellt ha-
ben, wird bey einem genaueren Forſchen durch viel-
fache aber richtig mit einander uͤbereinkommende und
aus Beobachtungen uͤber die Natur des Menſchen
ſelbſt hergenommene Beweiſe, ungemein beſtaͤtigt.
Daß der Kohlenſtoff zu den Grundſtoffen (radi-
calia elementa) des thieriſchen Koͤrpers gehoͤre, und
auch der Grund einer dunklern Farbe, gleich viel ob
einer
[101] einer gelben, braunen oder ſchwarzen ſey, hat die
antiphlogiſtiſche Chemie der Franzoſen gelehrt 9).
Der Beſchwerlichkeit und Gefahr aber, welche
ein Zuruͤcktreten dieſer Materie der thieriſchen Oeko-
nomie bringen koͤnnte, iſt durch mancherley Ausſau-
gungswerkzeuge vorgebeugt, worunter Leber und
Haut nicht die unterſte Stelle behaupten.
Das Zuſammenſtimmen der Werkſtaͤtte der Galle
mit den gemeinſchaftlichen Bedeckungen, erlaͤutert,
außer den ſchon erwaͤhnten Erſcheinungen, auch die
Pathologie, welche, wie oft ſo auch hier, die Phyſiolo-
gie belehrt. Denn wiewohl ich die Analogie zwiſchen
der Gelbſucht und der Nationaltinktur der Farbe nicht
zu weit treiben moͤchte, ſo ſtoͤßt man doch auf man-
cherley beſondere, Aufmerkſamkeit verdienende Er-
ſcheinungen, welche die Gelbſuͤchtigen und die gefaͤrb-
ten Voͤlker gemeinſchaftlich haben, wohin ich z. B. die
in den Augen gelbgetuͤnchte weißliche Haut (albugi-
neam) rechne, welche die ſchwarzen Voͤlker und na-
mentlich die Indier 10), Amerikaner 11) und Aethio-
pier 12) gewoͤhnlich haben.
Und
[102]
Und auch daß die Gelbſuͤchtigen ihre nach der
Verſchiedenheit der Krankheit ſelbſt mehr oder minder
gefaͤrbte, der farbigen Voͤlker ihrer ſehr aͤhnliche
Haut, nach gehobener Krankheit nicht ſelten be-
halten 13).
Aber auch davon hat man Beyſpiele, daß bey
ſchwarzgallichten Krankheiten ſich unterweilen gleich-
ſam durch eine kritiſche Verwandlung eine wahre
Rußſchwaͤrze in der Haut feſtgeſetzt habe 14).
Aus der Verwandſchaft der Galle mit dem
Fette 15) ergiebt ſich ferner ganz deutlich die an den
ſchwarzen Voͤlkern beobachtete 16) Wachstinktur deſ-
ſelben.
Wenn ich nicht irre, muß bievon der Grund her-
geleitet werden, warum die Voͤlker, welche haͤufig
das Fette von Thieren eſſen, nicht nur nach dieſem
Fette riechen, ſondern auch eine ſchwarze Hautfarbe
anneh-
[103] annehmen 17); da hingegen die reinlicheren Ota-
heiter, die gern eine blaſſe Hautfarbe haben wol-
len, alljaͤhrlich einige Monate hindurch bloß von
der Frucht des Brodbaums leben, welchem Nah-
rungsmittel ſie eine große Wirkung auf das Bleichen
der Haut zuſchreiben 18); obſchon ein Theil dieſer
Wirkung daraus herzuleiten iſt, daß ſie zugleich
dieſe Zeit uͤber zu Hauſe bleiben, und mit einer Men-
ge Kleider angethan, ſich nicht oͤffentlich ſehen laſſen.
Wieviel ein ſolches Enthalten von freyer Luft
und offnem Himmel dazu beytraͤgt, die Haut weiß
zu erhalten, lehrt auch bey unſern Landsleuten die
jaͤhrliche Erfahrung; im Fruͤhling haben die den
Winter hindurch eingezogner lebenden Frauenzimmer
eine glaͤnzendweiße Haut, welche aber bey denen,
die fuͤr die Erhaltung dieſer Schoͤnheit weniger be-
ſorgt ſind und ſich nachher der Sommerluft und Son-
ne ausſetzen, vor Anfang des naͤchſten Herbſtes, jenen
Fruͤhlingsreiz verliert, und allmaͤhlich braͤunt 19).
Wenn
[104]
Wenn nun ſchon verſchiedene Jahreszeiten unter
einem und demſelben Himmelsſtriche die Farbe der
Haut aͤndern, was Wunder, wenn Klimate, von ſo
weſentlicher Verſchiedenheit als oben (§. 34.) ange-
fuͤhrt worden iſt, eine ſehr große und dauernde Macht
auf die Nationalfarbe haben; welche zuweilen ſchon
innerhalb weniger Grade geographiſcher Breite 20),
ja ſogar, bey dem Zuſammenfluſſe der oben genann-
ten
19)
[105] ten Urſachen 21), auch unter einerley Breite22) ſich
an den Einwohnern offenbar verſchieden zeigt.
§. 46.
Die Kreolen.
Eine vortrefliche Erlaͤuterung uͤber die Macht
des Klima auf die Bereitung der Farbe geben die
(ſelbſt von klaſſiſchen Schriftſtellern 23) hin und
wieder faͤlſchlich mit den Mulatten verwechſelten)
Kreolen24), oder diejenigen Menſchen, welche in
Oſt-
[106] Oſt- und Weſtindien 25), welche von europaͤiſchen
Aeltern geboren worden ſind). Dieſe haben eine
ſo unverkennbare, gleichſam Suͤden athmende Ge-
ſichtsbildung (vultus) und Farbe, auch beſonders
der Haare und der brennenden Augen, daß man die
weißeſten und ſchoͤnſten Weiber durch dieſe Eigenheit
leicht von andern, und ſelbſt von ihren in Europa
gebornen Blutsverwandten unterſcheiden kann 26).
Ja dies gilt nicht bloß von den Europaͤern, ſondern
auch von Aſiaten, welche in Oſtindien von dahin
gezognen perſiſchen oder mongoliſchen Aeltern gezeugt
werden 27).
§. 47.
Mulatten u. a.
Merkwuͤrdig iſt ferner die bleibende Mittelſchat-
tirung der Hautfarbe, welche die Nachkommen von
Aeltern verſchiedener Farbe, gleichſam als Miſchung
von dieſen beyden an ſich haben. Denn wiewohl
uns
24)
[107] uns hin und wieder ſonderbare Beyſpiele von derglei-
chen Baſtardkindern berichtet worden ſind, welche
aus einer ſolchen Verbindung verſchiedener Raęen
entſproſſen waren und (§. 37.) bloß die Farbe des
Einen von den Aeltern hatten 28); ſo iſt jene ge-
miſchte Schattirung im Allgemeinen doch ſo feſt und
erblich, daß Jac. Bruce’s Erzaͤhlung von den Ne-
gern in gewiſſen Gegenden des Koͤnigreichs Tigre,
welche die ſchwarze Farbe unverſehrt erhielten, auch
wenn einer von ihren Aeltern eine andere gehabt
haͤtte; und von den Arabern, welche mit Negerin-
nen weiße, bloß dem Vater aͤhnliche Kinder zeug-
ten 29), verdaͤchtig ſcheint.
Da man aber ſolche Baſtardgeburten von Ael-
tern verſchiedner Farbe, mit beſondern Namen be-
geichnet, ſo duͤrfte es der Muͤhe werth ſeyn, dieſe
hier in gedraͤngter Kuͤrze aufzuſtellen.
A) Aus der erſten Zeugung.
Von Europaͤern mit Negern werden Mulat-
ten30) geboren.
Die Kinder von Europaͤern mit Indianern heiſ-
ſen Meſtizen31).
Eben
[108]
Eben ſo 32) nennt man die von Europaͤern mit
Amerikanern Erzeugten, auch Weſtindier33), Me-
tifen34) und Mamelucken35).
Kinder von Negern mit Amerikanern heißen
Zamben36), welche einige aber ebenfalls Mulat-
ten nennen 37), andere Loben38) und noch andere
Kuriboken und Kabuglen39).
Dieſe alle haben eine durch die Miſchung von
beyden Aeltern entſtandene Mittelfarbe und Geſichts-
bildung, und zwar mehr oder weniger ſchwaͤrzlich
oder gelblich, ohne kaum einiges auf den Wangen
ſichtbares Roth; die Haare der Mulatten ſind meh-
rentheils kraus, bey den uͤbrigen ſchwach, und bey
allen, faſt durchgaͤngig, ſchwarz; die Augentrau-
benhaut aber ganz ſchwarz.
B) Aus der zwoten Zeugung.
Mulatten, welche ſich mit einander vermiſchen,
zeugen Kasquen40).
Die
[109]
Die Europaͤer mit den Mulatten Terceronen41)
welche einige aber Quarteronen42), andere Mo-
riſcen43), ja ſelbſt Meſtizen nennen 44). In
Geſichtsbildung und Haaren gleichen ſie den Euro-
paͤern, die Haut hat einen ganz leichten ſchwaͤrzli-
chen Teint, die Wangen aber eine ſchwache Roͤthe.
Die Lippen und Schaamlefzen der Weiber ſind dun-
kelroth, der Hodenſack der Maͤnner ſchwaͤrzlich.
Die Neger mit den Mulatten zeugen Griffen45)
ſonſt auch mulattiſche Zamben46) und Cabern
genannt 47).
Die Europaͤer mit indianiſchen Meſtizen, Ka-
ſtizen48).
Die Kinder von Europaͤern und indianiſchen
Meſtizen aber nennt man Quarteronen49), oder
Quatralven50). Die Spanier nennen ſie auch
Kaſtizen51).
Die
[110]
Die Amerikaner bringen mit eben dieſen Meſti-
zen die ſogenannten Tresalven52) hervor.
Die Kinder von Amerikanern und Mulatten
werden auch zuweilen Meſtizen genannt 53).
So werden auch die Kinder erſter Zeugung von
Europaͤern und Zamben oder Loben zuweilen wie-
derum Mulatten genannt 54).
Die von den Amerikanern und eben dieſen Zam-
ben oder Loben heißen Zambaigen55).
Die Nachkommenſchaft dieſer Zamben oder Lo-
ben ſelbſt aber nannten die Spanier Verachtungs-
weiſe Choles56).
C) Aus der dritten Zeugung.
Die von Europaͤern und Terceronen Erzeugten
nennen einige Quarteronen57), andere Ochavo-
nen58) oder Oktavonen, die Spanier auch Alvi-
nos59). Sehr ſcharfſichtige Beobachter behaupten,
daß man bey dieſen ſchon keine Spur ihres aͤthiopi-
ſchen Urſprungs mehr vorfinde 60).
Die
[111]
Die Kinder von Mulatten und Terceronen nen-
nen ſie Saltatros61).
Von Europaͤern und indianiſchen Kaſtizen Po-
ſtizen62).
Von Europaͤern und amerikaniſchen Quartero-
nen zweyter Zeugung, Oktavonen63).
Von Quarteronen und amerikaniſchen Meſtizen
erſterer Zeugung Coyoten64).
Von den Griffen oder mulattiſchen Zamben mit
Zamben erſterer Zeugung Giffern65).
Von den Zambaigen und Mulatten Cam-
bujen66).
Einige dehnen nun die Genealogie der Baſtarde
bis zur vierten Zeugung aus, und ſagen, daß man
die Kinder von Europaͤern und Quarteronen dritter
Zeugung Quinteronen67), ſpaniſch Puchuelen 68),
nenne, welche Benennung aber ebenfalls den Kin-
dern von Europaͤern und amerikaniſchen Oktavonen
beygelegt wird 69); daß aber an dieſen Geburten
ſelbſt die kleinſte Spur des gemiſchten Urſprungs
noch fortdaure 70), ſcheint nach den Berichten der
glaub-
[112] glaubwuͤrdigſten Augenzeugen von den Menſchen
dritter Zeugung, daß ſie naͤmlich im Betreff der
Farbe und ihres Habitus den europaͤiſchen Urgroßaͤl-
tern vollkommen aͤhnlich ſeyen, nicht einmal kaum
glaublich.
§. 48.
Schwarze Haut weiß gefleckt.
Dem was wir eben (§. 44.) uͤber die Wirkung
der blutfuͤhrenden Gefaͤße des Fells zur Ausſonde-
rung des Kohlenſtoffs, welcher nachher durch Zu-
treten des Oxigens praͤcipitirt werden muß, geſagt
haben, dem geben die Beyſpiele ſchwarzfarbiger
Menſchen noch ein beſonderes Gewicht, beſonders
derjenigen Negern, bey welchen ſich die Haut und
zwar faſt immer, von der erſten zarteſten Kindheit
an 71), durch weiße Flecke auszeichnet. (franz. Ne-
gres-pies, engl. piebald-Negroes.).
Ich habe einen ſolchen Neger, Namens Joh.
Richardſon, zu London geſehen, welcher bey T.
Clarke diente, welcher (in Exeter-change-houſe)
lebendige auslaͤndiſche Thiere ſehen laͤßt, und ver-
kauft. Der junge Menſch war vollkommen ſchwarz
bis an den Unterleib um die Oberbauch- und Nabel-
gegend, und in der Mitte beyder Fuͤße, welche die
Kniee mit den Gegenden des Oberſchenkels und der
Tibia einnimmt, waren doch, wiewohl ſie durch
eine
[113] eine glaͤnzende, ich moͤchte ſagen, Schneeweiße ſichaus-
zeichneten, wiederum mit einzelnen ſchwarzen Flecken,
gleichſam pantherartig geſprenkelt. Sein Haar war
ebenfalls zweyfarbig. Der mittlere Theil des Hin-
terhaupts naͤmlich, welcher von dem Scheitel nach
der Stirne in einen ſpitzigen Winkel zulaͤuft, war
weiß, doch nicht ſo, wie die eben genannten Haut-
ſtellen ſchneeweiß, ſondern fiel ein wenig mehr ins
Gelblichte. Sonſt war er wie die uͤbrigen Haare,
wie es bey den Negern gewoͤhnlich iſt, kraus: und
die Probe der Haare, die ich von beyderley Farbe von
ihm abkaufte, behaͤlt noch heute nach zwey Jahren
unverſehrt ihre Krausheit. Ich habe eine Abbildung
von dieſem Menſchen mitgebracht, und beſitze außer-
dem noch drey andere von aͤhnlichen Negern, von
einem Knaben und zwey Maͤdchen. Wenn ich dieſe
vier mit einander vergleiche, da ſcheint mir dieß
merkwuͤrdig, daß bey allen die Gegenden des Unter-
leibes und der Unterſchenkel bey einigen groͤßere, bey
andern kleinere weiße Flecken haben, Fuͤße und Haͤn-
de aber, gerade die Theile, welche bey neugebornen
Negern wirklich zu allererſt ſchwarz werden, voll-
kommen ſchwarz ſind, die Vertheilung der weißen
Gegenden aber im Allgemeinen ziemlich ſymmetriſch
iſt. Das Zahnfleiſch, um auch dies nicht zu vergeſſen,
war bey dem, welchen ich ſah, eben ſo wie die Zunge
und der ganze Schlund, von einerley ſchoͤnem Roth.
Beyde Aeltern, ſowohl deſſen, den ich ſah, als
auch der uͤbrigen gefleckten Neger 72), ſo viel ich
deren
Berſch. des M. H
[114] deren von andern beſchrieben finde, ſind vollkommen
ſchwarz geweſen, daß alſo Buͤffons Muthmaßung,
der dieſe Geburten einer Verbindung der Neger mit
weißen Negerinnen von krankhafter Beſchaffenheit der
Haut und Augen, wovon hinten ausdruͤcklich wird ge-
handelt werden, zuſchreibt, auf ſchlechtem Grunde ruht.
Auch muß man ſich im Allgemeinen ſehr vorſe-
hen, um dieſe Flecke, von welchen hier geredet
wird, nicht mit einander zu verwechſeln. Bey die-
ſen bleibt das Fellhaͤutchen, und ſie unterſcheiden ſich
von der uͤbrigen Haut bloß durch ein glaͤnzendes Weiß,
dahingegen jene andern, womit die Bedeckungen zu-
weilen behaftet ſind, nicht bloß an der verſchiednen
Farbe, ſondern auch an einer verdorbnen, rauhen,
gleichſam ſchuppichten Textur des Felles ſelbſt er-
kannt werden. Dieſe Hautkrankheit haben die Schrift-
ſteller, beſonders bey den Malabaren 73) und tſchu-
lymiſchen Tatarn 74) beobachtet.
Allein
[115]
Allein jene weißen und weichen Flecke, welche
nur bey einer veraͤnderten Wirkung der kleinſten Fell-
gefaͤßchen erfolgen, kommen nicht bloß bey den Ne-
gern, ſondern auch zuweilen in unſern Gegenden
vor; und ich ſelbſt habe Gelegenheit gehabt, zwey
ſolche Beyſpiele an Teutſchen, an einem jungen
und einem ſechzigjaͤhrigen Manne zu beobachten.
Bey beyden war die ſchwaͤrzliche Haut hin und wie-
der mit den weißeſten Flecken von verſchiedener
Groͤße untermiſcht: keinem von beyden aber waren
ſie angeboren, ſondern bey dieſem in der Kindheit,
bey jenem hingegen im Mannesalter nach und nach
und von freyen Stuͤcken entſtanden.
§. 49.
Aehnliche beſondere Veraͤnderungen der Hautfarbe.
Dieſe eben angefuͤhrten Beyſpiele ſcheinen die
Wirkung der kleinſten Fellgefaͤße auf die Bereitung
der Hautfarbe zu beweiſen; es kommen aber hin und
wieder auch andere hieher gehoͤrige Erſcheinungen
vor, welche meine oben angefuͤhrte Vermuthung
(§. 44. 45.) beſtaͤtigen, daß jene Farbe den naͤchſten
Grund in einem auf dem malpighiſchen Schleime an-
geſetztem Uiberfluſſe von Kohlenſtoff habe.
H 2Hier-
[116]
Hierher rechne ich vor allen eine beſondere,
an Europaͤerinnen nicht ſeltene Veraͤnderung der
Haut 75). Bey Frauenzimmern, welche ſonſt ſehr
weiß waren, faͤrbten ſich waͤhrend der Schwanger-
ſchaft mehrere oder wenigere Theile des Koͤrpers mit
einer Kohlenſchwaͤrze: dieſe aber ſchwand allmaͤhlig
nach der Entbindung, und die vorige friſche Farbe
des Koͤrpers kam wieder. Eine Anwendung der
neuern Chemie auf die Phyſiologie der Schwanger-
ſchaft wird dieſes raͤthſelhafte Problem uns aufloͤſen.
Bey der nicht ſchwangern Mutter naͤmlich ſondert
ſich die uͤberfluͤßige Kohlenſtoffmaſſe des eignen Koͤr-
pers durch eine maͤßige Ausduͤnſtung der Haut, be-
quem aus, bey der ſchwangern hingegen kommt zu
jener eignen Maſſe noch eine andere von dem Foͤtus
hinzu, welche in dem Schafwaſſer (liquor amnii)
enthalten iſt und noch nicht ausduͤnſtet. Das Blut
der
[117] der Mutter hat alſo jetzt einen zu großen Uiberfluß
von Kohlenſtoff; denn dieſer iſt aus zwey Koͤrpern
gleichſam in einen einzigen zuſammengefuͤhrt worden.
Natuͤrlich kann ſich alſo die ganze Maſſe deſſelben
nicht wie gewoͤhnlich durch Ausduͤnſtung abſondern,
ſondern bleibt zum Theil praͤcipitirt auf dem mal-
pighiſchen Schleime haͤngen, und faͤrbt die Haut,
bis nach der Entbindung das ehemalige Gleichgewicht
zwiſchen dem Kohlenſtoff des eignen Koͤrpers, und
den Ausduͤnſtungsgefaͤßen der Haut wieder hergeſtellt
iſt, und das Oberhaͤutchen, welches ſich mit ſeiner
beſtaͤndigen Schleimunterlage nach und nach abnutzt,
und wieder neu herſtellt, ſeine natuͤrliche Weiße
wieder erlangt hat.
Dieſelbe Bewanduis ſcheint es auch, nach den
noͤthigen Veraͤnderungen, mit ſo viel andern Bey-
ſpielen von Europaͤern zu haben, an welchen einige
Koͤpertheile widernatuͤrlich mit einer Rußſchwaͤrze
gefaͤrbt waren. Es mag ebenfalls ein Zuſammen-
fluß von Kohlenſtoff ſtatt gefunden haben. So hat
man eine aͤhnliche Schwaͤrze an Weibern bemerkt,
die niemals einen Monatsfluß gehabt hatten76).
Auch
75)
[118] Auch an andern Menſchen77), beſonders aus der
niedrigſten Volksklaſſe, an Schwarzgallichten, und
Cachektiſchen, Entkraͤfteten und Schmutzigen, zu-
weilen auch an Skorbutiſchen78) und andern.
Dagegen hat die Erfahrung gelehrt, daß ſelbſt
die Schwaͤrze der Neger zuweilen lichter, oder gar
in die weiße Farbe verwandelt werden koͤnne. Denn
man hat allerdings Nachrichten, daß Neger, wenn
ſie in zarter Kindheit aus ihrem Vaterlande in ge-
maͤßig-
[119] maͤßigtere Zonen verſetzt wurden, nach und nach
gelblichter geworden ſind79). Daſſelbe pflegt, und
zwar weit ſchneller, bey den Negern ſich zu ereignen,
welche ſchwere Krankheiten uͤberſtehen80).
Aber auch davon hat man ſehr bekannte Bey-
ſpiele81), daß ſich ohne eine bedeutende Krankheit
die angeborne Schwaͤrze der Negerhaut von freyen
Stuͤcken allmaͤhlig in Weiß, wie das der Europaͤer
iſt, verwandelt hat.
§. 50.
Einige andere Nationaleigenheiten der Haut.
Außer der Farbe legt man der Haut einiger
Voͤlker zuweilen auch noch andre Beſchaffenheiten
bey,
78)
[120] bey, welche wir wenigſtens mit einigen Worten be-
ruͤhren wollen. Ich rechne hieher die ſammtne Glaͤtte
und Weichheit der Haut, welche von Schriftſtellern
hin und wieder an verſchiednen Voͤlkern, z. B. den
Karaiben82), Negern83), Otaheiten84); ſelbſt
an den Tuͤrken85) bemerkt worden iſt. Es liegt am
Tage, daß ſie bey allen entweder von einem zartern
Fellhaͤutchen, oder einer dickern Unterlage von mal-
pighiſchem Schleim herruͤhre.
Einen andern und mehr auf die chemiſche Ver-
wandſchaft des Koͤrpers und der Elemente der At-
moſphaͤre zu beziehenden Grund ſcheint gegentheils
die an manchen afrikaniſchen86) und oſtindiſchen87)
Voͤlkern merkwuͤrdige kaͤltlich anzufuͤhlende Haut zu
haben.
Endlich gehoͤrt auch hieher die von Sanctorius
zuerſt mit Genauigkeit beobachtete Ausduͤnſtungsma-
terie,
[121] terie Mm), welche ebenfalls bey gewiſſen Nationen,
z. B. den Karaiben88), Negern89) und andern90)
einen beſondern Geruch hat. Man bemerkt etwas
aͤhnliches an gewiſſen Raßen von Hausthieren, wo
unter den Hunden, z. B. der aͤgyptiſche, unter den
Pferden die Rothſchimmel bekanntlich auch eine
ſpezifiſche und ganz beſondere Ausduͤnſtung haben.
§. 51.
Uibereinſtimmung des Haupthaars mit der Haut.
Da die Haare, und zwar hauptſaͤchlich die
Haupthaare von den allgemeinen Integumenten er-
zeugt und genaͤhrt werden, treffen ſie auch im All-
gemei-
87)
[122] gemeinen mit dieſen ſehr und vielfach uͤberein. So
haben aus dieſem Grunde die gefleckten Neger, von
welchen wir geredet haben, auch Haare von unglei-
cher Farbe, und die Menſchen, deren weiße Haut
Sommerſproſſen hat, rothes Haupthaar91) u. f.
Ja die Haupthaare ſtehen ſogar im Verhaͤltniß mit
der ganzen Conſtitution und Miſchung des Koͤrpers.
Dies lehren ſelbſt pathologiſche Erſcheinungen; denn
bey den Blonden brechen wegen des nachgiebigern
Zell gewebes die Blattern und aͤhnliche Hautausſchlaͤ-
ge leichter aus; die ſchwarzhaarigten hingegen haben
beynahe alle einen feſtern Habitus und ſchwarzgal-
lichte Saͤftemiſchung, weshalb man auch in Toll-
und Zuchthaͤuſern bey weitem die meiſten Menſchen
von ſehr ſchwarzem Haare findet.
§. 52.
Die hauptſaͤchlichſten Nationalverſchiedenheiten der
Haupthaare.
Der Nationalunterſchied der Haupthaare ſcheint
im Allgemeinen auf vier Hauptverſchiedenheiten zu-
ruͤckgebracht werden zu koͤnnen.
1) Schwaͤrz-
[123]
1) Schwaͤrzliches oder nußbraunes (franz. cen-
dré) einer Seits ins Gelbe und anderer Seits ins
Schwarze ſpielendes Haar. Weich, lang und wel-
lenfoͤrmig flieſſend. Man trift es haͤufig an den
Nationen des gemaͤßigten Europa: ſonſt wurde es
beſonders an den alten Germaniern geruͤhmt92).
2) Schwarz, ſtarrer, gerade und duͤnn, wie
es gewoͤhnlich an den mongoliſchen Voͤlkerſchaften
und den Amerikanern iſt.
3) Schwarz, weicher, gelockt, dicht und reich-
lich: wie es die meiſten Bewohner auf den Inſeln
des ſtillen Meeres haben.
4) Schwarz und krauß, welches man insgemein
mit der Schaafwolle vergleicht, haben es die Reger.
Eine ſolche Eintheilung wird im Allgemeinen
ſtatt finden und von Nutzen ſeyn koͤnnen. Indeß
bedarf es jetzt keiner Erinnerung mehr, daß ſie von
der Natur ſelbſt nicht mehr als die andern Einthei-
lungen der Nationalverſchiedenheiten im Menſchen-
geſchlecht beſchraͤnkt worden iſt. Um jedoch dies,
wiewohl es nicht eben nothwendig iſt, durch ein oder
das andere Beyſpiel zu beweiſen, ſo iſt weder das
Krauſe an den Negerhaaren, noch die Schwaͤrze an
den drey letztgenannten Verſchiedenheiten allen gemein
und
91)
[124] und eigenthuͤmlich. Es giebt naͤmlich Staͤmme von
Negern, welche langes Haar93) und gegentheils
kupferfarbige Voͤlker, welche krauſes Kopfhaar, wie
die Neger, haben94). Es giebt andere, z. B.
die Neuhollaͤnder, deren blondes Haar, wie ich aus
den Proben ſehe, die ich zur Hand habe, zwiſchen
dem krauſen Haar der Neger und dem lockigten der
Bewohner der Inſeln im ſtillen Meere, ſo vollkom-
men das Mittel halten, daß die Reiſebeſchreibungen
von dem erſten der Hollaͤnder aus dem vorigen Jahr-
hunderte bis zu dem neueſten der Englaͤnder; aͤußerſt
uneinig daruͤber ſind, ob man es eher zu der einen
oder richtiger zu der andern Verſchiedenheit der Haa-
re rechnen ſolle.
Im Betreff der verſchiedenen Farbe der Koͤrper-
haare aber, welche auch bey denen Voͤlkern vor-
koͤmmt, deren Haupthaar mehrentheils ſchwarz iſt,
darf ich bloß giltige Zeugen anfuͤhren, welche be-
richten, daß man in allen drey Varietaͤten, außer der
zuerſt aufgefuͤhrten, ſehr viel rothe gefunden habe95).
§. 53.
[125]
§. 53.
Die Regenbogenhaut der Augen (Irides oculorum) kommt
mit der Farbe der Haupthaare uͤberein.
Daß die Haupthaare mit den gemeinſamen Be-
deckungen des Koͤrpers uͤbereinkommen, haben wir
geſehen. Daß aber die Farbe der Augen ſich nach
der Hautfarbe richte, daß die Weißfarbigen blauaͤu-
gig, die Schwarzen ſchwarzaͤugig ſeyen, ſah vor-
laͤngſt Ariſtoteles96). So z. B. haben die neuge-
bornen Kinder bey uns meiſt blaue Augen und blei-
ches Haar, welches ſich bey denen, die nachher bruͤ-
nett werden, gleichſam in gleichem Schritte allmaͤhlig
braͤunt. So verliert gegentheils im Greiſesalter,
wenn die Haare grau werden, auch das Pigment des
innern Auges viel von der ſonſtigen dunkelbraunen
Farbe. Die weißen Neger endlich, von welchen hin-
ten
95)
[126] ten ausdruͤcklich wird geredet werden, deren Haupt-
haar von einer beſonderen weißgelblichen Farbe iſt,
haben gar kein Pigment des Auges, und aus dieſem
Grunde iſt die Iris blaßroth.
Auch iſt im Allgemeinen merkwuͤrdig, daß nur
bey denen Thieren eine Verſchiedenheit der Augen
ſich findet, bey welchen auch die Farbe der Haut
und Haare variirt, welches bekanntlich nicht nur bey
den Menſchen und Pferden, wie die Alten meinten,
ſondern auch bey andern, hauptſaͤchlich aus der Ord-
nung der Hausthiere, ſich ereignet.
Ja man ſieht ſogar bey denen, deren Fell ge-
fleckt iſt, daß auch die Regenbogenhaut ſehr oft in
mehr als eine Farbe ſpielt. An den verſchiedenfar-
bigen Hunden z. B. hat man dieſe Bemerkung ſchon
laͤngſt gemacht97). Daß man an den Schaafen
und Pferden etwas aͤhnliches bemerke, an keinem
andern Thiere aber ſo offenbar, als an den Kanin-
chen, iſt allgemein bekannt.
Ich habe bey den weißlichen, (die naͤmlich die
angeborne Farbe ihres wilden Zuſtandes behalten
haben), die Iris durchaus braun, bey den gefleckten
aber, deren Fell aus ſchwarz und weiß beſtand, auch
die Iris auf dieſe Art gefleckt gefunden. Bey den
ganz weißen aber, welche Aehnlichkeit mit den wei-
ßen Negern haben, iſt ſie von bleicher Roſenfarbe.
§. 54.
[127]
§. 54.
Hauptfarben der Augen.
Schon der oben angefuͤhrte Ariſtoteles hatte,
und zwar ſehr gut, drey Originalfarben der Iris
im menſchlichen Auge feſtgeſetzt, und zwar:
- 1) die blaue,
- 2) die dunkelgoldgelbe, oder ſogenannte ziegen-
farbige (franz. yeux de chévres)98) und - 3) endlich die ſchwarzbraune.
Alle drey kommen zwar unterweilen an Perſonen
von einem und demſelben Volke vor, allein man
beobachtet ſie auch an verſchiedenen Staͤmmen eines
Landes innerhalb dem Bezirk weniger Grade geogra-
phiſcher Breite in groͤßerer Beſtandheit und gleichſam
als national. So z. B. legte Linné99) unter den
ſchwediſchen Voͤlkern den Gothen weißes Haupthaar,
aber graͤulichblaue Sehen; den Finnen mit blondem
Haupthaar, braune; den Lappen endlich mit ſchwar-
zem Haar, ſchwaͤrzliche bey.
Blaue Augen und blondes Haar rechnete man
ſonſt zu den angebornen Kennzeichen der alten Ger-
manen.
[128] manem. Allein zuweilen trift man ſie auch unter
den entfernteſten Nationen100).
Bey den Negern ſind die Regenbogenhaͤute am
ſchwaͤrzeſten, ſo daß man ſie, beſonders in lebhaf-
ten Augen, nur nach naͤherer Unterſuchung von dem
Sehpunkt ſelbſt unterſcheiden kann101).
§. 55.
Nationale Geſichtsbildung.
Von den Augen gehen wir nun ſehr fuͤglich zu
der uͤbrigen Geſichtsbildung fort, welche im Allge-
meinen bey den einzelnen Menſchen ſo ſehr und ſo
merkwuͤrdig verſchieden iſt, daß es nah an Wunder
grenzen duͤrfte, wenn man auch nur zwey mit nicht
unterſchiedenem, und, wie man gemeiniglich ſagt, in
eine Form gegoßnem Munde faͤnde. Ja es iſt nur
mehr als zu gewiß, daß man dieſe Geſichtsunter-
ſchiede nicht bloß an Europaͤern, ſondern auch an
unkultivirten Voͤlkern beobachten kann102). Ob
ſchon
[129] ſchon aber dieſe Wahrheit voͤllig ausgemacht iſt, ſo
iſt doch nicht minder keinem Zweifel unterworfen,
daß verſchiedene Varietaͤten des Menſchengeſchlechts
(ja zuweilen ſogar Bewohner einzelner Provin-
zen)103) im Allgemeinen eine nationale, jeder der-
ſelben eigenthuͤmliche und gemeinſame Geſichtsbil-
dung haben, wodurch man ſie von den uͤbrigen Va-
rietaͤten leicht unterſcheiden kann.
§. 56.
Nationale Geſichtsverſchiedenheiten.
Ich habe deshalb, nachdem ich mir eine ziemli-
che Anzahl von geſchickten Kuͤnſtlern nach dem Leben
gemachte Abbildungen auslaͤndiſcher Menſchen mit
Verſch. des M. Igroßer
102)
[130] großer Muͤhe angeſchaft, und dam eine große An-
zahl derſelben auf Meſſen, welche vorzuͤglich von
fremden Voͤlkern bezogen werden, beſonders zu Lon-
don und Amſterdam, ſelbſt geſehen hatte, einen
Verſuch gemacht, dieſe Verſchiedenheiten der Natio-
nalgeſichter in ſichere Klaſſen zu bringen, und da
ergeben ſich, wo mich nicht alles truͤgt, fuͤnf, wel-
che Muſter und Hauptformen der uͤbrigen Verſchie-
denheiten von minderer Erheblichkeit ſind. Es koͤn-
nen wohl beſondere Ausnahmen dabey ſtatt finden,
allein ſie ſind doch wirklich der Natur gemaͤß.
1) Ein ovales, ziemlich gerades Geſicht mit
nicht zu ſtark hervorſpringenden einzelnen Theilen.
Flaͤchere Stirn.
Schmaͤlere, leichtgebogene Naſe, oder mit nur
etwas erhoͤhtem Ruͤcken.
Die Backenbeine nicht ſehr hervorſtehend, der
Mund klein, mit nur ſanft geſchwellten Lippen,
(welches beſonders von der Unterlippe gilt).
Volles gerundetes Kinn.
Dies iſt im Allgemeinen, nach unſerm Urtheile
von Symmetrie, die ſchoͤnſte und wohlgebildeteſte
Geſichtsform.
Sie iſt gleichſam die Mittelform, welche nach
beyden Seiten hin durch Verartung in die entgegen-
geſetzteſten Extreme uͤbergegangen iſt, wovon das
eine ein in die Breite gezogenes, das andere ein
nach unten verlaͤngertes Geſicht darſtellt.
Beyde
[131]
Beyde aber enthalten wiederum zwey ver-
ſchiedene Unterarten, welche ſich hauptſaͤchlich im
Profil von einander unterſcheiden. Bey der einen
dieſer Unterarten ſind naͤmlich die Naſe und uͤbrigen
Theile nicht ſo regelmaͤßig, und fließen gleichſam in
einander. Bey der andern aber ſind ſie, um mich
ſo auszudruͤcken, gleichſam von einander abgeſchnit-
ten und winklicht hervorſpringend.
Demnach muͤſſen, außer jener erſten Mit-
telform des Geſichts, die folgenden vier Varietaͤten
feſtgeſetzt werden. Als
A) Zwey, mit in die Breite gezogenen Geſichten:
2) naͤmlich, ein breites und zugleich plattes
Geſicht, alſo mit minder von einander geſonderten,
ſondern gleichſam in einander fließenden Theilen.
Die Glabelle (der unbehaarte Zwiſchenraum
zwiſchen den Augenbraunen) iſt ſehr breit.
Stumpfe Naſe.
Faſt runde, ſeitwaͤrts erhobene Backen.
Enggeſchlitzte linienfoͤrmige Augenlieder (franz,
yeux bridés).
Hervorſtehendes Kinn.
Dieſe Geſichtshildung haben die mongoliſchen
Voͤlkerſchaften (und deshalb heißt ſie nach dem ge-
woͤhnlichen Sprachgebrauch, der die Tatarn mit den
Mongolen vermengt, wovon wir hinten ſprechen
werden, bey den Englaͤndern the Tartar face).
I 23) Ein
[132]
3) Ein zwar breites Geſicht mit ſehr vollen
Backen, aber nicht flach und platt, ſondern en pro-
fil beſehen von ausgearbeitetern, gleichſam tiefer
ausgegrabenen Theilen.
Kurze Stirn.
Tiefer liegende Augen.
Zwar etwas ſtumpfe, aber doch hervortreten-
de Naſe.
Dies iſt das Geſicht der meiſten Amerikaner.
B) Zwey nach unten verlaͤngerte Geſichtsvarie-
taͤten.
1) Ein ſchmaͤleres, unterwaͤrts hervorſtehendes
Geſicht.
Kleine hoͤckerichte Stirn.
Hervorragendere Augen (à fleur-de-tête).
Dicke und mit den vorſtehenden Backen gleich-
ſam zuſammengefloßne Naſe (le nez épaté).
Wulſtige Lippen (beſonders Unterlippe).
Hervorragende Kiefern.
Zuruͤckgezogeneres Kinn.
So iſt die Geſichtsbildung der Negern (engl.
(the Guinea face).
Ein etwas breiteres Geſicht, doch unterwaͤrts
ein wenig herausſtehend, im Profil beſehen aber mit
hervorſpringendern und von einander abgeſonderten
Theilen.
Volle-
[133]
Vollere, ziemlich breite, gleichſam ausgedehnte
Naſe, mit dickerer Spitze (engl. bottled).
Großer Mund
iſt das Geſicht des malayiſchen Stammes, beſon-
ders der Suͤdſeeinſulaner.
§. 57.
Urſache der Nationalgeſichter.
Vor allen Dingen muß ich erinnern, daß hier
nicht von der Geſichtsbildung im phyſiognomiſchen
Sinne (Blick, Ausdruck) dem Zeiger der Ge-
muͤthsbeſchaffenheit, die Rede ſey, welche indeß
doch auch bisweilen national, gewiſſen Voͤlkerſchaf-
ten eigenthuͤmlich ſeyn, und ebenfalls aus jenen Ur-
ſachen hergeleitet werden kann.
Als Urſache dieſer phyſiognomiſchen Geſichtsbil-
dung koͤnnte man z. B. nicht ohne Grund die Nah-
rungsmittel mit in Anſchlag bringen, denn es iſt
nicht unwahrſcheinlich, daß die ſanften Mienen der
enthaltſamen Braminen und Banianen in Indien,
und gegentheils die wilde der menſchenfreſſeriſchen
Boticuden in Braſilien104) von ihnen herruͤhrt.
Eben ſo auch die Religion, welche Madonnen-
geſichter hervorgebracht hat, wodurch ſich beſonders
das andere Geſchlecht in einigen Laͤndern des ſuͤdli-
chern Europa auszeichnet:
Oder
[134]
Oder auch Verfeinerung und Luxus, worin z.
B. die weichen und weibiſchen Otaheiten ſo weit uͤber
den maͤnnlichen und feſten Neu-Seelaͤndern ſtehen.
Nicht von dieſer phyſiognomiſchen Geſichtsform
alſo, ſondern von den Urſachen der Nationalgeſich-
ter, der eigenſten Figur, Verhaͤltniß und Richtung
ihrer Theile handeln wir, in welchen Stuͤcken allen
die verſchiedenen Racen des Menſchengeſchlechts al-
lerdings, wie wir geſehen haben, etwas Eigenthuͤm-
liches und Charakteriſtiſches haben.
Allein die Unterſuchung dieſer Urſachen hat ſo
große Schwierigkeiten, daß man wohl bloße Wahr-
ſcheinlichkeit durch Muthmaßung herausbringen
duͤrfte.
Mich uͤberzeugen beſonders drey Gruͤnde, daß
in der That das Klima eine Haupturſache des Na-
tionalgeſichts ſey.
1) Sehen wir, daß das Nationalgeſicht bey
gewiſſen Voͤlkern eines gewiſſen beſtimmten Him-
melsſtriches ſo gemeinſam, und bey den Menſchen
verſchiedner Staͤnde und Lebensarten immer eins und
daſſelbe ſey, daß man es kaum einer andern Urſache
zuſchreiben kann. Zum Beyſpiel dienen die Sineſer,
welche alle ihr gleichſam flaches Geſicht eben ſo gut
charakteriſirt, als bey uns Europaͤern die Englaͤn-
der und Majorkauer105) ihre ſymmetriſche und unge-
meine Schoͤnheit.
2) Auch
[135]
2) Auch findet man Beyſpiele von Voͤlkern,
welche, nachdem ſie ihre Wohnſitze veraͤndert haben,
und anderwaͤrts hingewandert ſind, im Verlauf der
Zeit auch die vorige Geſichtsbildung in eine neue,
dem neuen Klima eigenthuͤmliche, veraͤndert haben.
Die Jakuten z. B. werden von den meiſten Geſchicht-
ſchreibern der aͤltern nordiſchen Geſchichte als ein
Zweig von den Tatarn aufgefuͤhrt. Genaue Augen-
zeugen aber verſichern, daß ſie jetzt mongoliſche Ge-
ſichtsbildung haben, und ich ſehe es ſelbſt an dem
Schaͤdel eines Jakuten, welcher durch die Freigebig-
keit des Freyherrn v. Aſch in meinem anthropologiſchen
Vorrath gekommen iſt106). Etwas aͤhnliches wird
unten von den Amerikanern beyder kalten Zonen be-
merkt werden (§. 88.).
Daß gleicherweiſe die von engliſchen Aeltern und
Voraͤltern auf den Antillen entſproſſenen Kreolen
endlich die natuͤrliche Phyſiognomie der Englaͤnder
mit der charakteriſtiſchen der amerikaniſchen Einge-
bornen einigermaßen vermiſcht, und die tiefern Au-
gen und hervortretendern Backen der letzteren ange-
nommen haben, hat man ſchon vorlaͤngſt beobach-
tet107).
Allein die augenſcheinlichſten Beyſpiele liefern
Aegypten und die Halbinſel jenſeits des Ganges.
Die erſten Einwohner, waren in einem ſo ent-
nervenden Klima weichlich geworden, und wurden
im-
[136] immer von andern tapferern nordiſchen Voͤlker[ſchaf-]
ten beſiegt. Es wurde alſo dieſe Halbinſel von den
verſchiedenſten Voͤlkern nach und nach unterjocht,
allein jedesmal ſcheint ſich die Geſichtsbildung dieſer
neuen Ankoͤmmlinge nach dem neuen Himmel gleich-
ſam umgewandelt zu haben, daß man z. B. die na-
tionale und voͤllig charakteriſtiſche Phyſiognomie der
aͤlteſten Beſitzer Indiens jetzt bloß aus den aͤlteſten
Kunſtwerken Indiens, den ungeheuern mit ungemeiner
Kunſt in den unterirdiſchen Tempeln der Juſeln Sal-
ſette und Elephanta ausgegrabenen Statuͤen kennt,
von welchen ich zu London im britanniſchen Muſeum
und unter den antiquariſchen Schaͤtzen des ſo huma-
neu Herrn Karl Towuley108) bewundernswerthe
Proben geſehen habe. Daß aber auch die neuern
Eroberer Indiens, die Mongolen naͤmlich, ſeit Ti-
murs Zeiten viel von ihrer angebornen Geſichtsbil-
dung unter dem neuen Himmel verloren, und der
indiſchen ſich genaͤhert haben, hat mir ebendaſelbſt
ein großer Kenner Indiens, Herr Jo. Walſh, mit
Belegen von Portraits augenſcheinlich dargethan.
Im Betreff der Nationalgeſichtsbildung der Ae-
gypter, ſo kann ich mich nicht genug wundern, wie
die beruͤhmteſten Archaͤologen, die groͤßten Unterſu-
cher alter aͤgyptiſcher Kunſt, allen und jeden eine
und dieſelbe Phyſiognomie haben beylegen koͤn-
nen109); da eine genauere Betrachtung und Verglei-
chung
[137] chung dieſer Denkmale mich voͤllig deutlich gelehrt hat,
man habe drey Geſichtsgattungen bey ihnen zu unter-
ſcheiden; eine den Negern; die andere den Indianern
ziemlich aͤhnliche; die dritte aber, in welche im Ver-
lauf der Zeit, und durch Einfluß des ſpezifiſchen,
Aegypten eigenthuͤmlichen, Klimas, beyde uͤberge-
gangen ſind, iſt an dem ſchwammigen und ſchlap-
pen Habitus, kurzem Kinn, und hervortretenden
Augen kennbar 110).
3) Sehen wir, daß Voͤlker, welche bloß fuͤr
Zweige eines und deſſelben Stammes gehalten werden,
unter verſchiedenem Himmelsſtriche auch eine ver-
ſchiedene Nationalgeſichtsbildung bekommen haben.
Die Ungarn z. B. werden mit den Lappen zu derſel-
ben Urrace gerechnet 111). Dieſe aber haben im
aͤußerſten Norden eine den noͤrdlichen Voͤlkern haupt-
ſaͤchlich eigene Geſichtsbildung angenommen, da je-
ne gegentheils in der gemaͤßigten Zone in der Nach-
barſchaft Griechenlandes und der Tuͤrkey eine ſchoͤ-
nere Geſichtsform bekamen.
Allbe-
[138]
Allbekannt iſt uͤbrigens hierbey, daß auch den
ehelichen Verbindungen zwiſchen verſchiednen Voͤlkern
vieles beyzumeſſen ſey, und ich ſelbſt werde bald ei-
niges von der Macht derſelben auf die Umaͤnderung
des Nationalgeſichts vortragen. Ja es wird ſogar
ſehr wahrſcheinlich, daß das Klima ſchon an und
fuͤr ſich eine große Gewalt auf ſie habe, hauptſaͤch-
lich wenn man ſie mit dem zuſammenſtellt, was wir
oben von den Urſachen und Arten der Degeneration
der Thiere erinnert haben.
Schwieriger iſt es indeß, den Grund anzugeben,
warum ein Klima dieſes und ein anderes jenes Na-
tionalgeſicht bilde; und doch haben die ſcharfſinnig-
ſten Maͤnner den Verſuch gemacht, die Verſchieden-
heit der Nationalgeſichter zu erklaͤren; wie Kant des
mongoliſchen 112); Volney des aͤthiopiſchen 113).
Daß
[139]
Daß zuweilen endemiſche, einem beſondern Kli-
ma eigene, Urſachen, z. B. beſtaͤndige Wolken von
Schnacken, etwas zur Bereitung einer eigenthuͤmli-
chen Geſichtsbildung der Einwohner beytragen koͤn-
nen, ſcheint Dampiers Beobachtung uͤber die Be-
wohner des weſtlichen Neu-Holland, zu lehren 114).
Ob die Muthmaßung unſers Leibnitz von der
Aehnlichkeit der Nationen mit denen in ihrem Lande
eingebornen Thieren, daß naͤmlich die Lapplaͤnder
in ihrer Phyſiognomie dem Baͤre aͤhnelten, die
Neger den Affen, von welchen aber auch die aͤußer-
ſten Morgenlaͤnder etwas haͤtten 115) u. ſ. w. ob die-
ſe
[140] ſe auch von dem Einfluſſe des Klimas auf die Bil-
dung der Menſchen und großen Landthiere erklaͤrt
werden muͤſſe, daruͤber iſt meine Meinung noch
ſchwankend.
Daß aber außer dem Klima auch die Lebensart
etwas zur Nationalgeſichtsform beytragen koͤnne,
wird aus dem Beyſpiel der Neger behauptet, de-
ren dicke Naſe und ſchwellende Lippen hin und wie-
der der Art und Weiſe zugeſchrieben werden, auf
welche ſie in ihrer zarteſten Jugend von den ſaͤugen-
den Muͤttern, waͤhrend dieſe Reis ausdreſchen oder
andre harte und ſchwere Arbeiten verrichten, ge-
woͤhnlich auf dem Ruͤcken getragen werden 116).
Ja durch ſehr haͤufige Beyſpiele der glaubwuͤr-
digſten Augenzeugen iſt es außer Zweifel geſetzt, daß
bey
[141] bey verſchiedenen rohen Voͤlkern, Negern 117), Bra-
ſiliern 118), Karaiben 119), Sumatranern 120), den
Bewohnern der Geſellſchaftsinſeln im Suͤdmeere 121)
u. a. die Naſe der neugebornen Kinder mit Gewalt
eingedruͤckt wird; obſchon die Erzaͤhlungen von ſol-
chen verquetſchten oder aus den Fugen getriebenen
Naſenknochen zuweilen uͤbertrieben ſeyn moͤgen 122).
Allein kaum bedarf es einer Erinnerung, daß
durch einen ſolchen gewaltſamen und lange wieder-
holten Druck der Naſe ihre natuͤrliche Bildung bloß
verſtaͤrckt und nur ſo erhalten, keineswegs aber erſt
geformt werde, da es allgemein bekannt iſt, daß
man ſchon in abortirten Fruͤchten das Nationalge-
ſicht erkennen koͤnne.
Endlich aber wird dieſe Nationalgeſichtsbildung
bey der Nachkommenſchaft aus Verbindung ver-
ſchiedener Varietaͤten des Menſchengeſchlechts eben
ſo wie ihre Hautfarbe gemiſcht, und fließt gleichſam
zuſammen, ſo daß ſie dann ein Mittelgeſicht zwi-
ſchen
[142] ſchen dem beyder Aeltern ausmacht. Daher ſchreibt
ſich die gemiſchte Geſichtsbildung der Mulatten, da-
her die durch Vermiſchung mit den Kalmucken all-
maͤhlig verunſtaltete Nachkommenſchaft der Koſacken
und Kirgiſen 123) und gegentheils die verſchoͤnerte
der nogayiſchen Tatarn durch Miſchung mit Geor-
giern 124).
Beyſpiele von Veraͤnderlichkeit der Geſichtszuͤge
bey Voͤlkern, welche ſich nicht durch Heyrathen mit
andern Nationen vermiſcht haben, gaben ſonſt die
alten Germanen 125), jetzt aber die aͤchten Cingaren,
eingeborne Siebenbuͤrgen 126) und vor allen die juͤ-
diſche Nation, die unter jedem Himmelsſtriche ihre
urſpruͤngliche Geſichtsbildung 127) beybehaͤlt und ſich
durch den, dieſem Volk faſt durchgaͤngig eigenen Na-
tionalcharakter auszeichnet, ein Charakter, der auch
ohne Kenntniß der Phyſiognomik beym erſten Anblick
unter-
[143] unterſchieden, obwohl ſchwer durch Worte bezeichnet
und ausgedruͤckt werden kann 128).
§. 58.
Nationalform der Schaͤdel.
Daß zwiſchen der aͤußern Oberflaͤche des Ge-
ſichts und dem ihr untergelegten Knochenbau ein we-
ſentliches Verhaͤltniß ſey, erhellt an ſich 129), ſo
daß ein Blinder ſogar, wenn er nur einige Kennt-
niß von dem großen Unterſchiede haͤtte, wodurch die
mongoliſche von der Negergeſichtsbildung abweicht,
durch das bloße Gefuͤhl ſogleich den Hirnſchaͤdel eines
Kalmucken von dem eines Negers ſicher unterſchei-
den koͤnnte, und daß man auch den Unkundigſten
nicht wuͤrde uͤberreden koͤnnen, daß einer von beyden
ein Geſicht von jener Bildung an ſich getragen habe,
nach
[144] nach welcher die goͤttlichen Werke altgriechiſcher Kunſt
gebildet worden ſind. Und eben dies gilt im Allge-
meinen von jedem Nationalhabitus.
Eine genauere anatomiſche Unterſuchung aͤchter
Schaͤdel 130) von verſchiedenen Voͤlkerſchaften wuͤrde
auch deshalb auf das Studium der Verſchiedenheit
des Menſchengeſchlechts vieles Licht verbreiten, weil
die von den weichen und veraͤnderlichern Theilen des
Geſichts, entbloͤßten Schaͤdel, das feſte und blei-
bende Fundament des Kopfes aufſtellen, und beque-
mer bey der Unterſuchung gebraucht und in verſchie-
denen Anſichten betrachtet und mit einander vergli-
chen werden koͤnnen.
Zwar zeigen ſich bey einer ſolchen Vergleichung,
der Schaͤdelformen eben ſolche ſtufenweiſe Abweichun-
gen, wie bey der Hautfarbe oder andern ſolchen Ei-
genheiten, doch ſo, daß verwandte Schaͤdel ſich nur
durch unmerkliche Uibergaͤnge einander naͤhern. Im
allgemeinen behaupten ſie jedoch eine ſo unleugbare,
ja auszeichnende Beſtaͤndigkeit der Charaktere, wel-
che zum Nationalhabitus ſehr viel beytragen und mit
der, den Nationen eigenthuͤmlichen Geſichtsbildung
im Ganzen uͤbereinſtimmen. Dieſe Beſtaͤndigkeit
der Form hat einige vortrefliche Anatomen ſeit Adr.
Spiegel 131) darauf gefuͤhrt, ein allgemeines Maas
und
[145] und Verhaͤltniß feſtzuſetzen, durch welches man die
Schaͤdelverſchiedenheiten gleichſam nach Graden be-
rechnen, und in Claſſen abtheilen koͤnnte; worun-
ter denn vor allen uͤbrigen des ſcharfſinnigen Cam-
pers 132) Geſichtslinie einer beſondern Erwaͤhnung
verdient.
§. 59.
Campers Geſichtslinie.
Er ſtellt ſich naͤmlich im Profil des Hirnſchaͤdels
zwey gerade, ſich durchſchneidende, Linien vor. Die
erſte iſt horizontal durch den aͤußern Gehoͤrgang und
den Naſengrund gezogen. Die andere aber faͤllt
von dem hervorragenden Theile des Stirnknochens
herab bis zum aͤußerſten Zahnhoͤlenſaum der
obern Kinnlade. Nach dem Winkel, in welchem
ſich dieſe beyde Linien durchſchneiden, glaubte dieſer
ſcharfſinnige Forſcher den Unterſchied der Schaͤdel
ſowohl bey den Thieren als bey den verſchiedenen Na-
tionen des Menſchengeſchlechts berechnen zu muͤſſen.
§. 60.
Bemerkungen uͤber dieſe Geſichtslinie.
Dieſes Verfahren zu Ausmeſſung der Schaͤdel
iſt jedoch, nach meiner Einſicht, auf mehr als eine
Weiſe unrichtig. Denn 1) iſt, wie aus dem oben
uͤber
Verſch, des M. K
[146] uͤber die Varietaͤten der Nationalgeſichtsbildung ge-
ſagten (§. 56.) von ſelbſt erhellt, dieſe ganze Ge-
ſichtslinie hoͤchſtens nur auf diejenigen Varietaͤten
des Menſchengeſchlechts anwendbar, welche in der
Richtung der Kinnladen von einander abweichen,
keineswegs aber auf jene, welche auf ganz entge-
gengeſetzte Weiſe ſich vielmehr durch ein in die Breite
gezogenes Geſicht auszeichnen.
2) Trift es ſehr oft, daß an Hirnſchaͤdeln ſehr
verſchiedner Voͤlker, welche, man moͤchte ſagen, wie
Tag und Nacht, von einander unterſchieden ſind,
doch die Richtung der Geſichtslinie die naͤmliche;
und umgekehrt, an mehrern Schaͤdeln eines und
deſſelben Volks, welche im Ganzen mit einander
uͤbereinſtimmen, einerley Habitus haben, die Ge-
ſichtslinie ſehr verſchieden iſt. Denn aus dem bloßen
Umriſſe des Geſichts im Profil kann man wenig
ſchließen, wenn man nicht zugleich auf ſeine Breite
Ruͤckſicht nimmt. So habe ich z. B. indem ich
dieſes ſchreibe, zwey Schaͤdel vor mir, den eines
Negers aus Congo 133) und eines Litthauers 134);
an beyden iſt die Geſichtslinie faſt eine und die-
ſelbe; und der Habitus doch aͤußerſt verſchieden,
wenn man den engen und faſt ſchifffoͤrmigen Kopf
des Negers mit dem viereckigtern des Litthauers
vergleicht. Dagegen aber habe ich zwey andere
Schaͤdel von Negern bey der Hand, die im Profil
erſtaun-
[147] erſtaunlich weit von einander abweichen 135) und bey-
de bezeugen, wenn man ſie von vorne betrachtet,
durch die enge faſt zuſammengedruͤckte Hirnſchale,
hoͤckerichte Stirne u. a. m. offenbar ihren Neger-
urſprung.
3) Bedient ſich Camper ſelbſt, in den ſeinem
Werke beygefuͤgten Abbildungen, ſeiner beyden Nor-
mallinien ſo willkuͤrlich und unbeſtaͤndig, variirt ſo
oft mit den fixirten Punkten, nach welchen er jene
Linien richtet, und von welchen alle ihre Wirkung
und Richtigkeit abhaͤngt, daß er hierdurch ſelbſt ſtill-
ſchweigend eingeſteht, er ſey uͤber ihren Gebrauch
ungewiß und zweifelhaft.
§. 61.
Uiber die ſenkrechte Linie, als Maas, um die National-
verſchiedenheiten der Scheitel zu beſtimmen.
Je groͤßer und genauer taͤglich meine Bekannt-
ſchaft mit meiner Sammlung von Schaͤdeln verſchie-
dener Nationen wird, deſto unmoͤglicher kommt es
mir vor, dieſe Nationalabweichungen, bey der ſo
großen Verſchiedenheit in der Proportion und Bil-
dung der mannichfaltigen einzelnen Theile der Schaͤ-
del, welche mehr oder minder zum Nationalcharakter
beytraͤgt, auf die Grade und Winkel einer gewiſſen
Hauptlinie zuruͤckzufuͤhren.
K 2Inzwi-
[148]
Inzwiſchen hat dieſe Methode zu Beſtimmung
der Schaͤdelverſchiedenheiten den Vorzug, daß ſie
die meiſten und die vornehmſten Theile des Kopfes,
nach welchen ſich die Nationaleigenthuͤmlichkeiten
am leichteſten vergleichen laſſen, mit einem Blick
uͤberſehen laͤßt; und ich bin durch Erfahrung
uͤberzeugt worden, daß ſie dieſem Zwecke vor al-
len ungemein entſpreche, wenn man die Schaͤdel
ohne die untern Kinnladen mit ihren Jochbeinen alle
auf Einer horizontalen Linie richtet, und in Einer
Reihe auf den Tiſch ſtellt, ſodann aber ſie von hin-
ten betrachtet. Denn auf dieſe Art faͤllt alles, was
hauptſaͤchlich den Nationalcharakter der Hirnſchaͤdel
ausmacht, ſey es nun die Richtung der Kinnladen
oder der Jochbeine, die Breite oder Enge der Hirn-
ſchaale, die Flachheit oder Erhabenheit der Stirn
u. ſ. w. auf einen Blick ſo deutlich ins Auge, daß
man dieſe Anſicht nicht unſchicklich die Scheitelnorm
nennen duͤrfte, deren Grund und Anwendung die
erſte Tafel leicht darthun wird, wo z. B. drey auf
dieſe Weiſe geſtellte Schaͤdel abgebildet ſind. Der mitt-
lere (Fig. 2.) der die meiſte Symmetrie und Schoͤn-
heit hat, iſt von einer Georgierin; von dieſem weichen
die zu beyden Seiten geſtellten Schaͤdel auf ganz
entgegengeſetzte Art ab. Der eine (Fig. 3.) welcher
von vorne verlaͤngert iſt und gleichſam ſchnabelartig
zulaͤuft, iſt von einer Negerin aus Guinea; der an-
dere aber (Fig. 1.), welcher nach den Seiten hin
ausgetrieben und gleichſam platt gedruͤckt iſt, iſt
von einem Rennthiertunguſen.
In
[149]
In dem erſten verbergen ſich der Augenhoͤlen-
rand, die ſchoͤnverengten Jochbeine und ſelbſt die
Kinnbacken unter der Peripherie des ſanftgeebneten
Stiruknochens.
In dem zweyten hingegen ragen die auf beyden
Seiten eingedruͤckten Kinnladenknochen hervor;
Und in dem dritten endlich ſtehen die Jochbeine,
welche mit den Naſenknochen und der uͤber ihnen be-
findlichen Vertiefung faſt in einer und derſelben ho-
rizontalen Flaͤche ſtehen, auf beyden Seiten unfoͤrm-
lich heraus.
§. 62.
Nationalverſchiedenheiten der Hirnſchaͤdel.
Die ganze Verſchiedenheit des knoͤchernen Ko-
pfes der verſchiedenen Nationen ſcheint ſich eben ſo
gut, als die oben abgehandelte der Nationalgeſichts-
bildung (§. 56.) auf fuͤnf Hauptabaͤnderungen zu-
ruͤckbringen zu laſſen, und die zweyte Tafel enthaͤlt
Beyſpiele davon, welche aus vielen herausgeſucht
worden ſind.
1) Das Mittel von allen haͤlt der Kopf, an
welchem man das meiſte Ebenmaas, eine ſanft ge-
rundete Form, eine maͤßig geebnete Stirn und enge-
re Jochbeine findet, welche nirgends hervorſpringen
und von dem Jochfortſatze des Stirnknochens her-
ablaufen.
Der
[150]
Der Zahnhoͤlenrand iſt ziemlich rund, die Vor-
derzaͤhne in beyden Kiefern ſtehen ſenkrecht.
Zum Muſter dient die dritte Figur auf der zwey-
ten Tafel, ein ſehr ſchoͤner Schaͤdel von einer Geor-
gierin. (— Vergl. §. 56. No. 1. —)
Dieſe ſchoͤne Schaͤdelform iſt das Mittel zwiſchen
zwey Extremen und an deren einem iſt
2) der Kopf gleichſam viereckigt; die Joch-
beine ſtehen heraus; die Naſenvertiefung und der
Knochen der ſtumpfen Naſe ſtehen mit den Jochbei-
nen faſt horizontal; die Augenbraunenbogen ſind
kaum merklich; die Naſenloͤcher ſind enge; die
Wangengrube nur leicht gehoͤlt; der Zahnhoͤlenrand
macht vorwaͤrts einen flachen Bogen; das Kinn ragt
hervor.
Dieſe Schaͤdelform iſt den mongoliſchen Voͤlker-
ſchaften eigen.
Man findet eine aͤhnliche von einem Rennthier-
tunguſen auf der zweyten Tafel, Fig. 1. (— ſ. §.
56. N. 2. —)
An dem andern Extreme hingegen
3) iſt der Kopf ſchmal und an den Seiten ein-
gedruͤckt; die Stirn ſehr uneben und hoͤckericht; die
Jochbeine hervorſtehend; die Naſenloͤcher weit; die
Wangengrube neben den Furchen am untern Rande
der Augenhoͤlen ſind tiefer gehoͤlt; die Kinnbacken
ſtehen hervor; der Zahnhoͤlenrand iſt ſchmaͤler, laͤn-
ger und ovaler; die obern Vorderzaͤhne ſtehen ſchraͤg
hervor; die untere Kinnlade iſt groß und ſtark;
der obere Hirnſchaͤdel dick und ſchwer.
Sol-
[151]
Solche Schaͤdel haben die Neger, wie der von
einer Negerin aus Guinea Taf. 2. Fig. 5. zeigt
(— ſ. §. 56. N. 4. —)
Endlich folgen zwey Varietaͤten, welche zwi-
ſchen jener erſten, und den beyden Extremen das
Mittel halten, naͤmlich:
4) diejenigen, welche zwar breitere aber doch
gebognere und gerundetere Wangen hat, als die
mongoliſche Varietaͤt (— N. 2.) und wo ſie nicht
wie bey dieſer auswaͤrts ragen, und winklicht ſind.
Sie hat gemeiniglich tiefe Augenhoͤlen; die Form
der Stirn und des Scheitels iſt bey den meiſten durch
Kunſt bewirkt; die Hirnſchaͤdel ſind leichter.
Dies iſt die amerikaniſche Varietaͤt. S. Taf.
2. Fig. 2. Den Kopf eines karaibiſchen Fuͤrſten
von der Inſel St. Vinzent (— ſ. §. 56. N. 3. —)
5) Eine maͤßig verengte Hirnſchaale; eine et-
was aufgeſchwollne Stirn; keine nicht hervorragen-
de Backenknochen; der Oberkiefer etwas hervorſte-
hend; die Scheitelbeine nach den Seiten ausgebogen.
So iſt der malayiſche Stamm in der Suͤdſee.
Eine Probe davon liefert der Hirnſchaͤdel eines
Otaheiten. Taf. 2. Fig. 4. (— ſ. §. 56. N. 5. —)
Und zwar bleibt ſich dieſe nationale Schaͤdelform
immer ſo gleich, daß ſie auch in den Koͤpfen ſehr
zarter Kinder ſchon bemerkbar iſt. Denn ſo beſitze
ich z. B. den Schaͤdel eines buraͤtiſchen Kindes 136),
wel-
[152] welcher offenbar den mongoliſchen Charakter an ſich
traͤgt; und ein anderer von einem neugebornen Ne-
ger 137) verraͤth den Negerhabitus.
§. 63.
Urſachen der Nationalverſchiedenheit der Schaͤdel.
Zwar ſind die Knochen unter allen gleichartigen
Theilen des menſchlichen Koͤrpers die feſteſten und
beſtaͤndigſten, und dienen in der Verbindung mit
den uͤbrigen feſten Theilen gleichſam als Grundlage
und Stuͤtzen.
Nichts deſtoweniger aber ſind ſie immerwaͤhren-
den Veeaͤnderungen weit mehr als die weichen Theile
des Koͤrpers ausgeſetzt, wie dies phyſiologiſche Ver-
ſuche und pathologiſche Erſcheinungen augenſchein-
lich lehren.
Die Beſtandtheile der Knochen werden unmerklich
aufgeloͤſt, und wieder eingeſogen; dagegen ſondern
ſich aus dem Blute neue ab, ſetzen ſich ſtatt jener
an, werden feſt, und erſetzen den Verluſt.
Was alſo ſchon ſeit der erſten Bildung der Kno-
chen geſchah, wird durch dieſe ununterbrochne Um-
wandlung der Knochenmaterie fortgeſetzt und vollen-
det; ſie fuͤgen ſich naͤmlich nach der Form der be-
nachbarten Theile, und werden durch ihre Einwir-
kung gleichſam geformt und ausgebildet.
Am
[153]
Am augenſcheinlichſten erhellt dies beſonders an
den Formen des knoͤchernen Kopfes eines bejahrteren
Menſchen. Denn bey dieſem giebt die innere Ober-
flaͤche des Schaͤdels gleichſam einen Abdruck der Lap-
pen und Windungen des Gehirns ab, welchem ſie
angepaßt war, von außen hingegen zeigt das Ge-
ſicht des Schaͤdels unlaͤugbare Spuren, ſowohl von
der Einwirkung der Muſkeln, als auch der ganzen
Geſichtsbildung, deren allgemeinen Habitus und
Verhaͤltnis man ziemlich leicht aus dem fleiſchloſen
Schaͤdel beſtimmen koͤnnte.
Wenn nun das Klima (wie es denn hoͤchſt wahr-
ſcheinlich iſt), zu der Nationalgeſichtsbildung ſehr
maͤchtig mitwirkt (§. 57.); ſo folgt von ſelbſt, daß
dieſelbe Urſache auch an der Bereitung der nationa-
len Schaͤdelform, beſonders bey den Geſichtskno-
chen, großen, wiewohl mittelbareren, Antheil habe.
Doch iſt zu glauben, daß außer dieſer Haupt-
urſache auch andere Nebenurſachen, als ein gewalt-
ſamerer, lang anhaltender Druck u. dergl. auf die
Geſichtsknochen wirken koͤnnen.
Meine Sammlung verdankt der Freygebigkeit
des Herrn Baronet Banks den ſehr ſeltenen Schaͤdel
eines Neuhollaͤnders 138) aus der Nachbarſchaft der
Botany-Bay, der ſich unter andern durch eine
beſondre Flachheit des Oberkiefers, da wo die vor-
dern und Eckzaͤhne ſtehen, auszeichnet. Nun iſt
bekannt, daß jene rohen Voͤlker die ſonderbare Sitte
haben,
[154] haben, ſich mit einem Querholze die Scheidewand
der Naſe zu durchbohren, und die Naſenloͤcher
gleichſam mit einem Riegel ſo zu verſtopfen, daß ſie
bloß mit offnem Munde Athem holen koͤnnen. Es
iſt alſo glaublich, daß jene Flachheit durch den be-
ſtaͤndigen Druck dieſes Querriegels nach und nach
entſtehe.
Weit haͤufiger aber erleiden die flachen Knochen
der Hirnſchaale durch einen langen Druck eine be-
ſondere und zuweilen auch wohl nationale Umwand-
lung der Bildung, die ſich entweder von der, ge-
wiſſen Nationen eignen, Sitte, die Kinder in
Wiegen zu legen, oder von einem gewaltſamen,
taͤglich abſichtlich wiederhohlten Druck der Hand
herſchreibt.
Daher zeichneten ſich zu den Zeiten des Veſalius,
nach deſſen Ausſage die Teutſchen mehrentheils durch
ein eingedruͤcktes Hinterhaupt und einen breiten
Kopf aus, weil die Knaben in der Wiege immer
auf dem Ruͤcken laͤgen.
Den Hollaͤndern aber ſchrieb er laͤnglichere
Koͤpfe als den uͤbrigen zu, weil die Muͤtter ihre in
Windeln gewickelten Kinder gewoͤhnlich auf der Seite
und auf den Schlaͤfen ſchlafen ließen.
Daher zeichnen ſich die rohen amerikaniſchen
Voͤlkerſchaften um Nord-Karolina bis nach Neu-
Mexico hin, durch eine eingedruͤckte Hirnſchaale aus,
welche ſie den Kindern durch eine abſchuͤſſige Lage
in der Wiege zuziehen, in welcher ſie mit dem Schei-
tel
[155] tel und mit dem ganzen Koͤrpergewicht unbeweglich
auf einem mit Sand gefuͤlltem Sacke liegen 139).
Mehrere dergleichen Gebraͤuche, die Koͤpfe neu-
geborner Kinder durch Druͤcken der Haͤnde, durch
Binden und andre Mittel in eine gewiſſe nationale
Form zu bringen, ſind bey den aͤlteſten, wie bey
den neuern Voͤlkern, und unter uns ſowohl, als
unter den entfernteſten Nationen herrſchend gewe-
ſen 140).
Wir wiſſen aus mehreren Zeugniſſen, daß ſolche
Gebraͤuche entweder ſonſt uͤblich geweſen, und es
zum Theil in manchen teutſchen Provinzen 141) noch
ſind;
[156] ſind; bey den Hollaͤndern 142), Franzoſen 143),
Italienern 144), den griechiſchen Inſulanern des Ar-
chipelagus 145), den Tuͤrken 146), den alten Sigy-
niern 147) und den Langkoͤpfen an dem Pontus Eu-
xinus 148), den jetzigen Sumatranern 149), den
Nikobaren 150), beſonders aber bey mehreren ame-
rikaniſchen Voͤlkern, z. B. den Anwohnern des
Nootka-Sundes 151), den Schakten, einer georgi-
ſchen
141)
[157] ſchen Nation 152), den Waxſawen in Karolina 153),
den Karaiben 154), Peruanern 155), ja auch bey
den freyen Negern auf den antilliſchen Inſeln 156).
Es iſt in der That zu verwundern, daß neuer-
lich Schriftſteller aufgeſtanden ſind, welche dieſe
ganze Kuͤnſteley mit der Kinderkopfsbildung in Zwei-
fel ziehen wollten 157); eine Sache, die, meines
Erachtens, durch einmuͤthige Uibereinſtimmung von
Augenzeugen außer Zweifel geſetzt iſt; von welcher
mehrere Nationen, ſowohl des ſuͤdlichen 158), als
des
[158] des noͤrdlichen Amerika 159), ihren Namen haben;
welche bekanntlich ſchon vor zweyhundert Jahren
auf den Concilien des ſpaniſchen Klerus den Wilden
in der neuen Welt unterſagt wurde 160); von deren
Ausuͤbung, und den dazu gebrauchten Huͤlfsmitteln,
Binden u. ſ. w. 161), mit welchen ſie durch Jahre
lang fortgeſetzten beſtaͤndigen und einfoͤrmigen Druck
der nachgiebigen Kindeshirnſchaale die ihnen ange-
nehme Form verſchaffen, wir die genaueſten Be-
ſchrei-
158)
[159] ſchreibungen haben; und welchen allen endlich die
Schaͤdel von jenen rohen Voͤlkern ſelbſt, die nach
Europa gebracht, und hin und wieder ſchon fruͤher
abgebildet worden ſind 162), aufs genaueſte und voͤl-
lig entſprechen.
So ſehr indeß die Sache ſelbſt außer allen Zwei-
fel geſetzt iſt, ſo laͤßt ſich doch jene ſeit Hippokrates
oͤfter wiederhohlte geleſene Behauptung nicht ſo leicht
annehmen, daß ſolche beſondre Schaͤdelformen, die
anfangs mit Fleiß und durch Kuͤnſteleyen gebildet
und durch viele Generationen hindurch durch gleichen
Gebrauch beybehalten worden, dann durch die Laͤnge
der Zeit gleichſam erblich und zur andern Natur
geworden waͤren.
Es findet ſich naͤmlich in der vortreflichen Schrift
des Hippokrates von der Luft, den Waſſerarten und
den Gegenden, eine beruͤhmte Stelle von den Lang-
koͤpfen, einem Volke aus der Naͤhe des Pontus
Euxinus, von welchem er zuerſt und hauptſaͤchlich
handelt, weil uͤberall kein andres Volk ſich finde,
das aͤhnliche Koͤpfe habe. Anfaͤnglich, ſagt er,
habe die bey ihnen uͤbliche Gewohnheit dieſe langen
Koͤpfe hervorgebracht; ſpaͤterhin aber habe die Na-
tur mit der Gewohnheit geſtimmt. Es werde aber
bey dieſem Volke fuͤr vornehm gehalten, einen ſehr
langen Kopf zu haben. Und zwar ſey der Anfang
folgender Gewohnheit geweſen: Sie druͤckten den
Kindern
[160] Kindern gleich nach der Geburt, den noch ganz
wachsweichen und gleichſam einem feuchten und wei-
chen Leimen aͤhnlichen Kopf zwiſchen den Haͤnden
zuſammen und trieben ihn dadurch ins laͤngliche; ſie
zwaͤngten ihn ſogar durch Binden und andre Huͤlfs-
mittel zuſammen, um die runde Form deſſelben in
eine laͤnglichte umzugeſtalten. Dieſe Gewohnheit ſey
Anfangs die Urſache ſolcher langen Koͤpfe geweſen.
In der Folge aber habe die Natur dieſe Form frey-
willig hervorgebracht, ſo, daß man ſie durch die
vorige Gewohnheit nicht mehr zu erzwingen brauchte.
Hippokrates ſucht den Grund dieſes ſonderbaren
Phaͤnomens aus ſeiner beruͤhmten Zeugungshypotheſe
zu erklaͤren, welche von der buͤffoniſchen nicht gar
viel abweicht. Dieſer zufolge glaubte er, daß der
Zeugungsſaft aus allen Gliedern des Koͤrpers hervor-
komme und gleichſam aus ihnen ausfließe, wodurch
die Formen der Theile des zu bildenden Foͤtus gleich-
ſam nach einer Urform gemodelt wuͤrden. Und dies
ſey denn der Grund, warum von Kahlkoͤpfen wieder
Kahlkoͤpfe, von Blonden Blonde und von Langkoͤ-
pfen Langkoͤpfe erzeugt wuͤrden.
Etwas aͤhnliches hat man in neuerer Zeit auch
von andern Voͤlkern, z. B. den Peruanern 163) und
den Genueſern 164) erzaͤhlt.
Ohne
[161]
Ohne uͤberhaupt uͤber dieſe Sache noch zu ent-
ſcheiden, verweiſe ich blos [auf] das, was ich oben
(§. 39.) uͤber andere aͤhnliche Erſcheinungen geſagt
habe.
§. 64.
Einige Nationalverſchiedenheiten der Zaͤhne, nebſt ihren
Urſachen.
In der Ordnung folgen nun zunaͤchſt auf die
Formen der Schaͤdel einige an gewiſſen Voͤlkern be-
merkte Verſchiedenheiten der Zaͤhne.
So habe ich z. B. ſchon im Jahr 1779. ſowohl
in einem Stuͤcke von einem einbalſamirten aͤgyptiſchen
Leichnam, als in dem ganzen Hirnſchaͤdel einer Mu-
mie 165) eine beſondere Anomalie in den Vorderzaͤh-
nen bemerkt, deren Kronen nicht in die Breite gezo-
gen und mit einem duͤnnen Rande verſehen, ſondern
dick und abgeſtumpften Kegeln aͤhnlich waren. Die
Hundszaͤhne aber konnte man in Anſehung der Kro-
ne blos durch ihren Stand von den benachbarten
zweyſpitzigen unterſcheiden. Und dieſelbe ganz be-
ſondere Bildung hat man auch an andern Mumien
bemerkt; wie an der zu Cambridge 166) und zu Kaſ-
ſel
[162] ſel 167); auch etwas aͤhnliches an der zu Stutt-
gard 168); ich ſelbſt fand, als ich vor zwey Jahren
zu London war, in einer jugendlichen Mumie, wel-
che mir ihr Beſitzer, Herr Jo. Symmons, zu zer-
legen erlaubte, ſehr aͤhnliche Schneidezaͤhne 169).
Es bedarf aber freylich kaum einer Erinnerung, daß
bey einer ſo großen Reihe von Jahrhunderten, ſeit
das Einbalſamiren der Leichname in Aegypten Sitte
war, und bey dem Wechſel ſo verſchiedner Herren
und Bewohner dieſes Landes, auch eine große Ver-
ſchiedenheit unter den Mumien und deren Schaͤdeln
herrſchen muͤſſe, und daß man daher ſehr Unrecht
haben wuͤrde, die erwaͤhnte beſondre Form der
Zaͤhne an allen Mumien zu erwarten. Doch ſcheint
es immer eine merkwuͤrdige Varietaͤt, die viel-
leicht noch einſt als unterſcheidendes Merkmal an-
gewandt werden koͤnnte, um die Mumien eines
Zeitalters und Volks von den uͤbrigen zu unterſchei-
den. Die Urſachen dieſer beſondern Bildung auszu-
mitteln, moͤchte freylich ſchwer ſeyn, doch iſt es
nicht unwahrſcheinlich, daß ſie wenigſtens großen-
theils
166)
[163] theils in den Nahrungsmitteln zu ſuchen ſeyen, von
welchen Diodorus Siculus ausdruͤcklich anfuͤhrt, daß
ſie bey den alten Aegyptiern aus Standen und Wur-
zeln beſtanden haben. Dadurch wurden die Zaͤhne
mehr abgerieben; daß aber Zaͤhne, welche ſtaͤrker
abgerieben, oder mit Fleiß abgeſtumpft werden, in
die Dicke wachſen, iſt eine Bemerkung, die man an
Menſchen 170) und Thieren 171) gemacht hat.
Dieſe Muthmaßung bekoͤmmt noch mehr Gewicht
durch Winslovs 172) Beobachtung, welcher in dem
Hirnſchaͤdel eines Groͤnlaͤnders von der Hundsin-
ſel 173) eine ſolche ungewoͤhnliche Dicke der Schnei-
L 2dezaͤhne
[164] dezaͤhne und Aehnlichkeit mit den Backenzaͤhnen be-
merkt hat, und ſie der Art und Weiſe zuſchreibt,
wie jene Wilden das rohe Fleiſch eſſen 174).
Wirklich entſprechen dieſer Beobachtung die dik-
ken und wunderbar abgeriebenen Zaͤhne in zwey Hirn-
ſchaͤdeln von Eskimos, welche ich aus der Kolonie
Nain von der Kuͤſte Labrador neulich erhalten ha-
be 175). Denn daß die Eskimos mit den Groͤnlaͤn-
dern zu einem und demſelben Stamme gehoͤren, und
daß ſelbſt der Name dieſes Volks insgemein von dem
Eſſen rohen Fleiſches abgeleitet wird, iſt laͤngſt
bekannt.
Mehrere Schriftſteller 176) haben angemerkt,
daß die Kalmucken laͤngere und weiter auseinander-
ſtehende
[165] ſtehende Zaͤhne haͤtten; dieſe Nachricht haben ſie
jedoch, wie ich itzt finde, und zwar nicht mit gehoͤ-
riger Genauigkeit aus dem im Jahr 1243 gelieferten
Berichte Yvo’s, eines Geiſtlichen zu Narbonne ge-
ſchoͤpft, von welchem unten mehreres angefuͤhrt
werden ſoll; ſie ſtimmt auch keineswegs mit den
Schaͤdeln jetziger Mongolen, welche ich in meiner
Sammlung aufbewahre, uͤberein.
Andre Nationaleigenheiten der Zaͤhne endlich
ruͤhren blos von Kuͤnſteleien her; wie bey einigen
Negerſtaͤmmen, welche ſich die Zaͤhne durch Fei-
len 177) wie Pfriemen ſpitzen 178); oder wie bey ei-
nigen malayiſchen Voͤlkern, welche den glasartigen
Ueberzug der Zaͤhne großentheils vertilgen 179),
oder
[166] oder ihnen auch uͤberdies Furchen eingraben 180)
u. ſ. w.
Etwas aͤhnliches habe ich ſelbſt an einigen Sine-
ſen von Japan beobachtet, welche ſich die glasartige
Rinde von dem aͤußerſten Rande der Vorderzaͤhne
ſehr ſorgfaͤltig weggerieben hatten.
§. 65.
Einige andere Nationalverſchiedenheiten in Anſehung ein-
zelner Theile des Koͤrpers.
Bisher haben wir die Hauptvarietaͤten verſchie-
deuer Voͤlker, welche in Anſehung der Farbe (ihrer
Haut, Haare und Augen) der Geſichtsbildung und
Schaͤdelform zu bemerken waren, eroͤrtert.
Es finden indeß noch einige ſolche Abweichungen
an den andern Theilen des Koͤrpers ſtatt, welche
zwar minder erheblich ſind, doch keineswegs uͤber-
gangen werden koͤnnen. Ich will ſie kuͤrzlich nach
einander anfuͤhren.
Koͤnnen auch gleich nicht von allen die Urſachen
und Gruͤnde mit voller Gewißheit angegeben werden,
ſo wird doch keine ſo unerklaͤrbar und gaͤnzlich raͤth-
ſelhaft ſeyn, daß man ſie nicht durch Vergleichung
mit analogen Erſcheinungen, dergleichen von Saͤu-
gethieren hergenommene Analogien wir im vorigen
Ab-
[167] Abſchnitte zuſammengeſtellt haben, begreiflicher ſoll-
te machen koͤnnen.
§. 66.
Aeußeres Ohr.
Den Alterthumsforſchern iſt bekannt, daß viele
Goͤtterbilder des alten Aegyptens, ſie moͤgen nun
aus Erz und Thon oder aus verſchiedenen Steinar-
ten bereitet, oder aus aͤgyptiſchem Feigenholz ge-
ſchnitzt, oder endlich auf Sarkophagen gemahlt ſeyn,
ſich durch ziemlich hohe Ohren auszeichnen. Einem
neueren Schriftſteller hat es beliebt, dies kurz weg
den Kuͤnſtlern als einen Fehler der Zeichnung anzu-
rechnen 181). Dies aber kann ich um ſo weniger zu-
geben, da ich an manchen ſolchen Werken eine nicht
gemeine Kunſt und einen richtigen Geſchmack gefun-
den habe; dann aber auch, weil ich es hauptſaͤchlich
an ſolchen Bildern beobachtet habe, welche indiani-
ſche Geſichtsbildung hatten 182), und eine aͤhnliche
aͤußerſt genau gezeichnete Stellung auch an aͤcht in-
dianiſchen Portraits angetroffen wird. Im Allge-
meinen aber iſt dieſe Verſchiedenheit nicht groͤßer,
als jene, welche wir auch an Varietaͤten der Haus-
thiere, beſonders der Pferde und der Schweine be-
merken, bey welchen die Stellung und Lage der
Ohren ſich verſchieden zeigt. Ja wenn wir an die-
ſen
[168] ſen aͤgyptiſchen und indianiſchen Figuren zugleich auf
die Richtung der Augenwinkel von der Naſenwurzel
nach den Ohren zu, Ruͤckſicht nehmen, ſo ſcheint
dieſe Hoͤhe der Ohren großentheils blos von der Art
und Weiſe, wie ſie den Kopf tragen, naͤmlich mit
erhobenerem Hinterhaupte und geſenkterem Kinne
herzukommen.
Daß auch die alten Bataver eine ganz beſondere
Form und Lage der Ohren gehabt haben, bezeugen
ſowohl Stellen alter Schriftſteller, als auch Bild-
niſſe 183).
So ſollen ſich auch die Ohren der Bewohner
Biscajas durch Groͤße auszeichnen 184).
Daß bey den Wilden die Ohren mehr von dem
Kopfe abſtehen und beweglich ſind, iſt eine ſehr be-
kannte Sache, ſo auch, daß viele Voͤlkerſtaͤmme,
beſonders aus Oſtindien und dem ſtillen Meer ſie
durch mancherley Kuͤnſteleien ſehr groß und unnatuͤr-
lich lang machen; welche ſeltſame Sitte zu den
maͤhrchenhaften Erzaͤhlungen einiger alten Schrift-
ſteller von den ungeheur großen Ohren gewiſſer Voͤl-
ker Veranlaſſung gegeben hat.
§. 67.
[169]
§. 67.
Bruͤſte.
Daß bey manchen rohen Voͤlkern, beſonders in
Afrika 185) und auf einigen Inſeln des ſtillen Mee-
res 186), die Weiber lange und ſchlaff herunterhaͤn-
gende Bruͤſte haben, iſt durch eine Menge Zeugen
außer Zweifel geſetzt. Doch ſind dieſe Erzaͤhlungen
zum Theil uͤbertrieben 187), auch findet ſich dieſe
Eigenheit nicht an allen Weibern eines und deſſelben
Volks; denn es giebt ſehr viele Suͤdſeeinſulanerin-
nen 188) und nicht weniger Negerinnen, die man
taͤglich in europaͤiſchen Handelsplaͤtzen ſehen kann,
welche
[170] welche durch ſchoͤn geformte Buſen ſich auszeichnen;
endlich aber iſt auch dieſe Verlaͤngerung keineswegs
blos den wilden Voͤlkerſchaften eigen, ſondern man
hat ſie hier und da auch bey europaͤiſchen Weibern,
z. B. ſonſt an den irrlaͤndiſchen 189) und noch in
neuern Zeiten bey den morlachiſchen 190), gefunden.
Die Urſache davon ſcheint hauptſaͤchlich in der
Gewohnheit, die Kinder, auf dem Ruͤcken der Mut-
ter hangend, zu ſaͤngen, zum Theil auch in einem
langen, mehrjaͤhrigen Saͤugen der Kinder zu liegen.
Hin und wieder wird uns ſogar berichtet, daß bey
Voͤlkern, welche dieſe Verlaͤngerung fuͤr ſchoͤn hiel-
ten, die Bruͤſte durch Kunſt verlaͤngert worden
ſind 191).
An-
[171]
Andere Nationen zeichnen ſich durch weite und
dicke Bruͤſte aus, wie die Aegyptier, und ſchon
Juvenal ſpricht
„Von Warzen auf Meroens Bruſt
Die groͤßer, als ein dickes Kind geweſen“
als von einer bekannten und nicht ungewoͤhnlichen
Sache. Ja nicht die Weiber allein, ſondern auch
die Maͤnner in Aegypten ſollen ungewoͤhnlich ſtarke
Bruͤſte haben 192).
Unter den europaͤiſchen Nationen haben die Por-
tugieſinnen die vollſten Bruͤſte 193), da ſie hingegen
bey den Spanierinnen ſchwach und klein ſind, denn
ſie ſuchten, wenigſtens im vorigen Jahrhundert,
das Wachsthum derſelben durch Einpreſſen zu ver-
hindern 194).
Daß dagegen durch andere Mittel die Dicke der
Bruͤſte noch vergroͤßert werden koͤnne, iſt außer
Zweifel; wieviel uͤbrigens eine zu fruͤh ausgeuͤbte
Befriedigung des Geſchlechtstriebes dazu beytragen
koͤnne, davon geben die noch nicht ganz erwachſenen
und unmannbaren feilen Weibsperſonen ein auffal-
lendes
191)
[172] lendes Beyſpiel, welche nach London aus den naͤch-
ſten Vorſtaͤdten zuſammenſtroͤmen, um ihren Koͤrper
fuͤr Geld Preis zu geben, und die Straßen des Abends
in unglaublicher Menge durchſteifen.
§. 68.
Geſchlechtstheile.
Linné verwirft zwar in ſeinen Prolegomenen zu
dem Syſtem der Natur eine ausfuͤhrlichere Unterſu-
chung der Geſchlechtstheile und verabſcheuet ſie; al-
lein in der Folge ſeiner Unterſuchungen hat er anders
davon gedacht, wie dies augenſcheinlich ſeine Ter-
minologie der Conchylien, und vor allen die aͤchte
Venusmuſchel (Venus Dione) beweißt, welche er
in einer in der That ſehr ſchluͤpfrigen metaphoriſchen
Sprache beſchrieben hat. Die Manen des großen
Mannes moͤgen mir es daher verzeihen, wenn auch
ich hier einige nicht unmerkwuͤrdige Nationalverſchie-
denheiten der Geburtstheile, einzeln aufzaͤhle.
Von den Negern ſagt man insgemein, daß ihr
Geburtsglied ziemlich lang ſey. Wirklich entſpricht
dieſer Behauptung ein ausgezeichnetes Praͤparat von
den Geburtsgliedern eines Negers, welches ich in
meiner anatomiſchen Sammlung aufbewahre. Ob
aber dieſe Eigenſchaft allgemein und der ganzen Na-
tion eigen ſey, weiß ich nicht 195). Sehr wolluͤſti-
ge
[173] ge Frauenzimmer ſollen den Beyſchlaf mit den Ne-
gern andern vorziehen 196).
Umgekehrt verſichert man auch, daß die Euro-
paͤer die beſte Befriedigung bey den Negerinnen 197)
und Mulattinnen 198) finden. Die Urſache dieſes
Vorzugs, deren es verſchiedene geben kann, iſt mir
unbekannt.
Ob ſie etwa darin den mongoliſchen 199) und
amerikaniſchen 200) Weibern gewiſſer Voͤlkerſchaften
aͤhnlich ſind, von welchen man ſagt, daß ſie auch
nach der Verheyrathung und ſelbſt nachdem ſie ſchon
Kinder geboren haben, enge Geburtstheile behalten?
Eine ganz entgegenſetzte Beſchaffenheit der
Schamtheile, ſchreibt Steller den Kamtſchadalin-
nen zu 201).
Er
[174]
Er behauptet, daß ſich viele unter ihnen durch
lange und vorhaͤngende Nymphen auszeichnen, die,
wie von mehreren Schriftſtellern verſichert wird 202),
bey den Hottentottinnen zu fingerfoͤrmigen Laͤppchen
werden ſollen. Doch ſcheint dieſer Schaambuſen
(Sinus pudoris) wie Linné ihn nannte, mehr in
einer Verlaͤngerung der Lefzen ſelbſt zu beſtehen 203),
welche nicht natuͤrlich, ſondern erkuͤnſtelt ſeyn ſoll 204);
und ſie hat eigentlich zu dem fabelhaften haͤutigen
Bauchſchurz Veranlaſſung gegeben, von welchem
leichtglaͤubige Schriftſteller glaubten, daß er von dem
Unterleibe herabhaͤnge 205) und die Schaamtheile
dieſer Weiber bedecke 206).
§. 69.
[175]
§. 69.
Schenkel.
Ferner wiſſen wir, daß gewiſſe Voͤlker in der
Bildung und Proportion der Schenkel von einander
abweichen. So zeichnen ſich z. B. die Indianer durch
die Laͤnge ihrer Schenkel 207), die Mongolen dage-
gen durch die Kuͤrze derſelben aus 208). Die Irr-
laͤnderinnen ſollen ſehr ſtarke Lenden haben 209).
Den Neu-Seelaͤndern legt man ſo dicke Schen-
kel bey, daß ſie die Speckgeſchwulſt F f f) zu haben
ſcheinen 210)
Andere ſagen, daß dieſe Antipoden von uns;
krumme und ungeſtaltete Schenkel haben, und dieſe
Misgeſtalt durch die Lage des Koͤrpers bekommen,
in welcher ſie zu ſitzen pflegen 211).
Die ſehr krummen Schenkel der Kalmucken leitet
man theils von der Beſchaffenheit ihrer Wiegen,
theils
[176] theils von dem Reiten her, wozu ſie ſich ſchon in der
zarteſten Jugend gewoͤhnen 212).
Aeußerſt unfoͤrmlich werden die Fuͤße der Feuer-
laͤnder beſchrieben 213), welche Bougainville Peſche-
rais benamt hat 214).
Daß aber eine Mißgeſtalt der Schenkel und
Fuͤße, beſonders bey einigen afrikaniſchen Voͤlker-
ſchaften, national ſey, haben ſchon die Alten, haupt-
ſaͤchlich von den Aegyptern 215), Aethiopiern 216)
und Negerſklaven 217) angemerkt. An den Schen-
keln der ſchwarzen Sklaven muß man dreyerley
Fehler unterſcheiden, welche auch von verſchiednen
Urſachen herruͤhren: erſtlich krumme Beine 218)
(jam-
[177] (jambes cambrées) dann eine verunſtaltende Dik-
ke 219) und endlich Striemen und Riſſe, welche haͤu-
fig daran aufſpringen ſollen 220).
Jene Kruͤmmung ſcheint hauptſaͤchlich von der
Stellung herzuruͤhren, in welcher die Kinder auf
dem Ruͤcken der Muͤtter haͤngen und ſich mit ihren
Knieen feſthalten 221). Manche ſolche Unfoͤrmlich-
keiten ſind auch Folgen von Krankheiten 222).
Die Dicke der Fuͤße (wo ſie nicht ebenfalls aus
der Pathologie zu erklaͤren iſt) kann auch wohl von
ſtarker und anhaltender Arbeit herkommen.
Daß
Verſch. des M. M
[178]
Daß aber die an der ſtarken Haut, vorzuͤglich
auf der Fußſohle, der Neger aufſpringenden Spal-
ten von dem brennenden ſandigen Boden herruͤhren
kann, iſt nicht zu bezweifeln 223).
§. 70.
Fuͤße und Haͤnde.
Endlich haben aufmerkſame Beobachter ange-
merkt, daß bey gewiſſen Nationen Haͤnde und Fuͤße
verhaͤltnißmaͤßig ſehr klein ſind.
Dies wird z. B. von den Indianern 224), Si-
neſern 225), Kamtſchadalen 226), Eskimos 227),
Peruanern 228), Neuhollaͤndern 229) und Hotten-
totten 230) geſagt.
Daß
[179]
Daß hiezu oft Verkuͤnſtelung mitwirken koͤnne,
lehren die ſtraußfuͤßigen Sineſerinnen. Sehr wahr-
ſcheinlich moͤgen aber auch die harte Lebensart 231)
und die Nahrungsmittel 232) Schuld daran haben.
§. 71.
Nationalverſchiedenheiten in Anſehung der Statur.
Nachdem wir nun die merkwuͤrdigſten Verſchie-
denheiten in Bildung einzelner Theile und ihrer Pro-
portion unter einander beruͤhrt haben, muͤſſen wir
auch die Verſchiedenheiten der ganzen Leibesſtatur
kuͤrzlich abhandeln; und zwar iſt dieſer Theil der
Geſchichte des Menſchen bisher am meiſten durch
fabelhafte und uͤbertriebene Erzaͤhlungen verfaͤlſcht
und entſtellt worden, welche jedoch itzt großentheils
ſchon ſo weit widerlegt oder berichtigt und auf den
wahren Grund zuruͤckgefuͤhrt worden ſind, daß ſie
M 2kaum
[180] kaum einer weitern Erwaͤhnung, geſchweige einer
wiederholten genauen Unterſuchung, beduͤrfen.
So hat man z. B. bewieſen, daß in den aͤthio-
piſchen Pygmaͤen der Alten nichts als eine ſymboli-
ſche Bedeutung der Grade auf dem Nilmeſſer zu
ſuchen ſey.
So hat man ferner nach einem ſorgfaͤltigern
Studium der Knochenlehre gefunden, daß die ſehr
großen hin und wieder in unſern Erdgegenden aus-
gegrabenen Knochen, welche das Vorurtheil ſonſt
Giganten beygemeſſen hatte, von großen Land-
und Seethieren (belluae) herruͤhren 233) u. ſ. w.
Viel-
[181]
Vielmehr beweiſen einſtimmig alle auf uns ge-
kommene Ueberreſte und Alterthuͤmer, wonach wir
die Statur der alten Voͤlker ſchaͤtzen koͤnnen, als
Mumien, Knochen, beſonders Menſchenzaͤhne, wel-
che in den aͤlteſten Grabmaͤhlern und Urnen gefun-
den worden ſind 234), Waffen u. a. m. daß jene
Voͤlker wenig oder gar nicht groͤßer geweſen ſeyen,
als die jetzigen.
Zwar findet man auch unter den neuern Voͤlkern
allerdings Nationalverſchiedenheiten hierin. So ſind
z. B. unter den europaͤiſchen Nationen die Schonen,
oder die Schweizer gewiſſer Kantons, z. B. die
Schwytzer, langer, die Lapplaͤnder aber kleinerer
Statur; in der neuen Welt ſind die Abiponer von
groͤßerem, die Eskimos von kleinerem Koͤrperbau;
doch ſo, daß keins zu ſehr von der Mittelgroͤße ab-
weicht; und im Allgemeinen iſt unter den Nationen
der jetzigen Welt keine Verſchiedenheit im Betreff
der Koͤrpergroͤße ſo abweichend von der Regel, daß
ſie nicht nach der gewoͤhnlichen Degenerationsweiſe
und analogen Erſcheinungen an andern Saͤugthieren
leicht erklaͤrt werden koͤnnte.
Ich muß jedoch zwey ſolche Verſchiedenheiten
beſonders beruͤhren, wovon ſelbſt nach neuern Nach-
richten,
[182] richten, die eine weit uͤber die gewoͤhnliche Men-
ſchenſtatur hinausgehen, die andere aber weit unter
ihr bleiben ſoll. Ich meine die gigantiſchen Pata-
gonen im ſuͤdlichſten Amerika, und die zwerg haften
Quimos, die angeblichen Bergbewohner der Inſel
Madagaſkar.
§. 72.
Patagonen.
In dem ſuͤdoͤſtlichen Theile des feſten Landes
von Suͤd-Amerika iſt eine Nation, die ſeit Magal-
haens Weltumſeglung den Europaͤern bekannt wor-
den, welche ihnen den zuſammengeſetzten Namen
der Pata-gonen gaben, weil ſie ſie naͤmlich fuͤr ver-
wandt mit den benachbarten Chonen hielten, ihre
in Guanakofelle eingewickelten Fuͤße aber den behaar-
ten Thierpfoten, welche die Spanier Patas nennen,
aͤhnlich waren. Nach der eigenthuͤmlichen und Lan-
desbenennung aber heißen ſie Tehuelheten.
Von dieſen ſogenanten Patagonen nun fabelte
zuerſt Anton Pigafetta, Magalhaens Reiſegefaͤhrte,
in ſeiner Erzaͤhlung, ſie ſeyen Giganten, am Koͤr-
perbau doppelt groͤßer als die Europaͤer 235). Von
jener Zeit an bis nach drittehalb Jahrhunderten be-
ſtreiten und widerſprechen ſich gegenſeitig die Berichte
in denen von den Europaͤern nach dieſer Gegend der
neuen Welt angeſtellten Reiſen in Betreff der Pata-
gonen
[183] gonen ſo ſehr, und ſind ſich ſo aͤußerſt ungleich, daß
ſie ein merkwuͤrdiges Warnungsbeyſpiel zur Behut-
ſamkeit und zum Mißtrauen beym Gebrauch der Rei-
ſebeſchreibungen abgeben koͤnnen.
Wem daran liegt, dieſe verſchiedenen Berichte
und die Meinungen der Anthropologen daruͤber zu
durchſuchen und zu vergleichen, der leſe die unten
angefuͤhrten zehn Schriftſteller 236). Zu unſerm
Zwecke iſt blos noͤthig jene Folgerungen darzulegen,
welche nach reiferer Pruͤfung die wahrſcheinlich-
ſten ſind.
Es iſt alſo ein Menſchenſtamm, der ſich keines-
wegs durch gigantiſche Groͤße, ob wohl durch einen
langen Koͤrper und noch mehr durch robuſten Habi-
tus
[184] tus auszeichnet 237). Das Maas der Laͤnge kann
man zwar bey dem ſo ſehr veraͤnderlichen und ſchwan-
kenden Berichten keineswegs mit Sicherheit beſtim-
men; jedoch betraͤgt es nach der Autoritaͤt ſehr glaub-
wuͤrdiger Zeugen kaum uͤber ſechs und einen halben
engliſchen Fuß.
Dieſe Laͤnge aber iſt ſo außerordentlich nicht, da
man vorlaͤngſt weiß, daß auch andere eingeborne
Staͤmme von Amerika (beſonders dem ſuͤdlichern)
von ſehr langer Statur ſind, welches beſonders von
denen Voͤlkern gilt, welche ſich, ſo wie es Tacitus
von den alten Germanen meldet, nicht mit andern
Voͤlkerſchaften durch Heyrathen verbunden, ſondern
ſich als einen eignen unvermiſchten, und daher kei-
nem andern Volke aͤhnlichen Stamm erhalten haben.
Sie ſind Nomaden, wie die Bewohner des Feuer-
landes und andre herumziehende Voͤlkerſchaften in
Suͤd-Amerika; weshalb es kein Wunder iſt, wenn
die Europaͤer, welche zwar an einer und derſelben
Kuͤſte dieſes Landes, aber zu verſchiedenen Zeiten,
landeten, nicht immer Menſchen von demſelben lan-
gen Stamme ſahen.
Von
[185]
Von der andern Seite aber iſt es auch nicht
ſchwer zu errathen, wie die Fabel von den giganti-
ſchen Patagonen habe entſtehen koͤnnen.
Denn erſtlich waren uns aus der aͤltern Fabel-
geſchichte ſchon Giganten aus der alten Welt bekannt;
ſollten alſo wohl abentheuerſuͤchtige Reiſebeſchreiber
in der neuen Welt nicht an ſie gedacht haben, da
ſie in der That lange und ſtarke Menſchen, auch
außerordentlich große Begraͤbniſſe 238) und bey dieſen
oͤfters Knochen von ungemeiner Groͤße fanden 239)?
Bey
[186]
Bey den Spaniern konnte noch die Abſicht da-
zukommen, durch ſolche Nachrichten andere europaͤi-
ſche Nationen von der Schiffahrt nach der Magel-
lansſtraße abzuſchrecken 240); bey dieſen aber kam
leichtglaͤubige Furcht und der Hang zum Wunderba-
ren und zur Prahlerey dazu, wie denn noch in die-
ſem Jahrhundert der Verfaſſer der hollaͤndiſchen Be-
ſchreibung von Roggeweins Erdumſeglung ſich ver-
leiten lies, die Bewohner der Oſterinſel im ſtillen
Meere fuͤr Giganten von zwoͤlf Fuß Laͤnge auszu-
geben 241).
§. 73.
Quimos.
Nach einer alten Sage, welche jedoch ſchon im
vorigen Jahrhundert von Steph. Flacourt, einem
ſehr
239)
[187] ſehr glaubwuͤrdigen Schriftſteller, fuͤr eine fabelhafte
Erdichtung erklaͤrt wurde, ſoll es in der innern Ge-
birggegend der Inſel Madagaskar ein zwar von Sta-
tur pygmaͤenmaͤßiges, allein von kriegeriſchem Geiſte
beſeeltes Volk geben, welches die uͤbrigen Einwoh-
ner oft durch ploͤtzliche Ueberfaͤlle beunruhigte ꝛc.
Dieſem Voͤlkchen hatte man den Namen Quimos,
oder Kimos beygelegt.
Dieſes Geruͤcht hat neuerdings wieder Verthei-
diger an Moldave und dem beruͤhmten Botaniker
Commerſon gefunden. Nimmt man aber von die-
ſen Erzaͤhlungen das hinweg, was beyde nur vom
Hoͤrenſagen haben, und viele Dinge, in welchen
ſie ſich einander ſelbſt widerſprechen, ſo laͤuft das
uͤbrige da hinaus, daß Moldave irgend eine Zwerg-
art von Sklavin, welche man ihm fuͤr eine Quimo-
tin verkauft, erhalten hatte, die ſich durch blaßgelbe
Farbe, herabhaͤngende Bruͤſte, und lange, faſt bis
auf die Kniee gehende, Arme auszeichnete. Allein
der beruͤhmte Freyherr v. Clugny, welcher mit eben
dieſer Pygmaͤin einen ganzen Monath lang auf ei-
nem Schiffe war, hat deutlich gezeigt, daß ſie blos
durch fehlerhaften Wuchs und krankhafte Beſchaffen-
heit eine Zwergin geworden ſey; ſie habe einen dik-
ken Kopf und einen ſehr bloͤden Verſtand gehabt,
und habe nur in einzeln abgeriſſenen Toͤnen geſpro-
chen u. ſ. w.; lauter Umſtaͤnde, nach welchen ihre
Krankheit hoͤchſt wahrſcheinlich fuͤr eine Art Kreti-
niſm zu halten war, da ſich bey den Kretinen gleiche
Symptomen zeigen; denn auch die langen Arme
ſind an vielen derſelben, und namentlich den ſalzbur-
giſchen,
[188] giſchen, von Beobachtern ausdruͤcklich angemerkt
worden.
Sonnerat hat dieſe ganze Tradition ſcharffinnig
ſo erklaͤrt, daß man ſie von der Zephe — Racqui-
muſſen (Zafferaminen) oder den ſechs Oberhaͤuptern
des Stammes zu verſtehen habe, welcher die Pro-
vinz Manatan auf dieſer Inſel bewohnt. Dieſe
Oberhaͤupter ſollen noch von dem aͤlteſten Stamm-
vater dieſes Stammes abſtammen, welcher ein Zwerg
geweſen ſeyn ſoll, worauf auch obiger Name in ih-
rer Sprache hindeutet 242).
§. 74.
Von den Urſachen der Nationalſtatut.
Es giebt alſo weder ganze Voͤlker von Giganten
noch Pygmaͤen. Die Nationalverſchiedenheit der
Statur aber, welche wir oben (§. 71.) beylaͤufig
erwaͤhnt haben, ſcheint verhaͤltnismaͤſig in engere
Grenzen beſchraͤnkt zu ſeyn, als jene, welche wir
an Hausthieren hin und wieder finden (§. 29.).
Auch wird, nach dem, was uͤber die Urſachen der
Verartung angefuͤhrt worden iſt, ihre Erklaͤrung
nicht mehr ſchwierig ſeyn.
Wie
[189]
Wie viel das Klima hierbey mitwirke (§. 34.),
zeigt außer ſo vielen andern Beweiſen, die Verglei-
chung der Lappen mit den Ungarn, welche beyde
Voͤlker von gemeinſchaftlichem Urſprunge abſtam-
men, jedoch unter verſchiedenen Himmelsſtrichen
auch eine verſchiedne Statur angenommen haben.
Daß auch die Nahrungsmittel (§. 35.) viel da-
zu beytragen, die Statur entweder zu vergroͤßern,
oder zu verkleinern, lehrt die Phyſiologie ſehr deutlich.
So wird z. B. der ſchlanke Koͤrper der vorneh-
mern Otaheiter den feineren Nahrungsmitteln zuge-
ſchrieben, welche ſie genießen 243), und gegentheils
wird uns berichtet, daß die Statur gewiſſer wilder
Voͤlker durch mehrere Generationen hindurch allmaͤh-
lig abgenommen habe, weil ſie ſich an den unmaͤßi-
gern Genuß des Brantweins gewoͤhnt hatten 244).
Ferner muß hier auch die bey verſchiednen Voͤl-
kern fruͤhere oder ſpaͤtere Mannbarkeit angefuͤhrt
werden, welche gewiß in ſo fern auf die National-
ſtatur wirkt, daß bey Voͤlkern, welche ſpaͤter reifen,
der Wuchs durch dieſe laͤngere Enthaltſamkeit aller-
dings befoͤrdert werde, (wie Caͤſar von den alten
Germanem angemerkt hat); wogegen nach den
Beobachtungen glaubwuͤrdiger Schriftſteller uͤber die
ver-
[190] verſchiedenſten und entlegenſten Himmelsſtriche, eine
zu fruͤhe Ausuͤbung des Geſchlechtstriebes den Koͤrper
hindert, zur vollen Laͤnge auszuwachſen 245).
Auch erhalten ſich Nationen eine eigenthuͤmliche
Statur, ſo lang ſie ſich von der Vermiſchung mit
Fremden enthalten: dahingegen die Nationalſtatur
ſchon in einigen Generationen veraͤndert wird, wenn
ſie ſich mit fremden Nationen von anderer Statur
durch Heyrathen vermiſcht haben 246).
Daß eine gewiſſe Statur ſich auf die Nachkom-
menſchaft forterbe, iſt hierbey allerdings auch in
Betracht zu ziehen, und wird durch unlaͤugbare Bey-
ſpiele von Familien beſtaͤtigt, die ſich durch lange
oder kleine Statur auszeichnen.
§. 75.
Fabelhafte Verſchiedenheiten des Menſchengeſchlechts.
Faſt unzaͤhlich ſind die Nachrichten, welche ſeit
Herodot aus verſchiedenen Quellen, hauptſaͤchlich
aus dem Ariſteus, Ktheſias und Megaſthenes durch
die Erdbeſchreiber von der monſtroͤſen Bildung man-
cher Nationen auf uns gekommen ſind. Als z. B.
von
[191] von einaͤugigen Arimaſpen; von Cinamolgen mit
Hundskoͤpfen; von einfuͤßigen Monoſkelen; von
Waldmenſchen auf dem Imaus, mit hinterwaͤrts ge-
kehrten Fuͤßen u. dgl. m. 247).
Hier iſt nun freylich der Ort nicht dazu, bey
dieſem Dingen laͤnger zu verweilen; wiewohl eine
Unterſuchung der Umſtaͤnde, welche zu jenen Erdich-
tungen Veranlaſſung gegeben haben moͤgen, gewiß
nuͤtzlich und unterhaltend ſeyn wuͤrde, denn es iſt
bey der Geſchichte des Menſchen eben ſo gewiß, als
bey den uͤbrigen Theilen der Naturgeſchichte, daß
nicht leicht in ſie eine ſo ungereimte und widerſinnige
Fabel hineingebracht worden ſey, bey welcher nicht
etwas Wahres zum Grunde laͤge, welches blos durch
hyperboliſche Uibertreibung oder Misverſtand ent-
ſtellt worden iſt 248).
Aus jenem Schwall von Abentheuerlichkeiten
will ich nur ein einziges Beyſpiel anfuͤhren. Das ſo
oft wiederholte Geruͤcht von geſchwaͤnzten Voͤlkern,
deren Exiſtenz von mehreren Schriftſtellern in ver-
ſchiedenen Zeitaltern wiederholt behauptet wor-
den iſt 249).
§. 76.
[192]
§. 76.
Die Fabel von geſchwaͤnzten Voͤlkern.
Zu allererſt haben Plinius und nach ihm Ptolo-
maͤus und Pauſanias geſchwaͤnzter Voͤlker in Indien
erwaͤhnt; dann hat ſie im ſogenannten Mittelalter
der Geograph Nubiens, der Venezianer Marko Polo
und andere neuerdings behauptet: und in den
neuern Zeiten endlich haben mehrere Reiſebeſchreiber
aͤhnliche Dinge von verſchiedenen geſchwaͤnzten In-
ſulanern des indiſchen Archipelagus 250): andere
von ſolchen Einwohnern einer gewiſſen ruſſiſchen
Provinz 251): und noch andere Schriftſteller von
andern Laͤndern 252) angefuͤhrt.
Wenn man nun dieſe Behauptungen naͤher be-
leuchtet, ſo findet man leicht, wie wenig darauf zu
achten ſey. Die meiſten Schriftſteller hatten dieſe
Nachrichten blos von Hoͤrenſagen; uͤberdies iſt die
Glaubwuͤrdigkeit mancher vorgeblichen Augenzeugen
davon ſchon an ſich ſehr verdaͤchtig 253).
Fer-
[193]
Ferner aber werden ihre Berichte uͤber dieſen
Umſtand ſchon durch ihre widerſprechende Verſchie-
denheit verdaͤchtig 254).
Die aufrichtigſten und genaueſten Unterſucher
jener Gegenden aber, ſchweigen entweder ganz von
dieſen abentheuerlichen Mißgeſtalten, oder erklaͤren
ſie nach dem Zeugniß der Einwohner geradezu fuͤr
fabelhafte Erdichtungen 255).
Andere endlich merken ausdruͤcklich an, was zu
dem falſchen Geruͤcht Veranlaſſung gegeben haben
koͤn-
253)
Verſch. des M. N
[194] koͤnne: z. B. ein von dem Ruͤcken herabhaͤngender
Zipfel der Kleidung 256), oder Menſchenaͤhnliche
geſchwaͤnzte Affen 257).
So daß auch nicht ein einziges aͤchtes, von
mehreren glaubwuͤrdigen Augenzeugen beſtaͤtigtes
Beyſpiel von einem geſchwaͤnzten Volke uͤbrig bleibt;
ja nicht einmal von einer Familie, welche durch
dieſe widernatuͤrliche Bildung ſich ausgezeichnet haͤt-
te, da doch ſonſt Beyſpiele von Familien, in wel-
chen manche Misgeſtalten, z. B. die Uiberzahl des
ſechſten Fingers, in mehreren Generationen erblich
bleibt, allgemein bekannt ſind.
Daß
[195]
Daß aber von einzelnen Menſchen, welche
auch unter den Europaͤern hin und wieder durch ei-
nen monſtroͤſen Auswuchs am Schwanzbeine ſich
ausgezeichnet haben, hier eben ſo wenig, als von
den andern Misgeburten die Rede ſeyn koͤnne, be-
darf keiner Erinnerung.
§. 77.
Nationalverſchiedenheit als Folge von Krankheit.
Es iſt ſchon (§. 38.) oben angemerkt worden,
daß auch kraͤnkliche Schwaͤche die aͤußere Geſtalt der
Thiere und ſonderlich ihre Farbe ſo veraͤndert, daß
ſie endlich, wenn ſie ſich durch mehrere Generatio-
nen hindurch fortgeerbt hat, gleichſam zur andern
Natur wird und in manchen Thiergattungen ſonder-
bare und bleibende Varietaͤten hervorbringt. Wir
haben die bekanntſten Beyſpiele von der weißen Haus-
maus und den Kaninchen angefuͤhrt, deren weißes
Fell und rothe Augenſterne ohne allen Zweifel von
einer krankhaften Schwaͤche, der Leukaͤthiopie, her-
ruͤhren.
Eben dergleichen angeerbte Krankheiten findet
man auch hin und wieder bey Menſchen. Doch zeig-
ten ſie ſich bey ihnen nie ſo allgemein und bleibend,
als unter den eben benannten Thieren, in ſo fern ſie
naͤmlich zu einer beſondern und zahlreichen Varietaͤt
ausgeartet iſt.
Dem ungeachtet muͤſſen wir hier jene menſchli-
che Leukaͤthiopie noch beruͤhren und zwar nur beylaͤu-
fig, weil ſie bey den Menſchen eigentlich nicht als
N 2eine
[196] eine beſondere Varietaͤt angeſehen werden kann, und
weil ich nicht gern wiederholen moͤchte, was ich
ſchon anderswo uͤber dieſe merkwuͤrdige Krankheit
geſagt habe 258).
§. 78.
Menſchliche Leukaͤthiopie.
Dieſer krankhafte Zuſtand ſcheint unter die Ka-
chexien zu gehoͤren: man erkennt ihn, und zwar
immer, an zwey Syptomen.
Das eine iſt eine ungewoͤhnlich fehlerhafte
Weiße der Haut, zu welcher oft eine unnatuͤrliche
Roͤthe hinzukommt, die einem leichten Ausſchlage
gleicht 259), dann aber in einem anomalen Weiße
der Haare und der Schaam, nicht jener Schnee-
weiße, wie bey Greiſen, nach dem ſchoͤnen blaſſen
etwas ins Grau ſpielendem Gelb, wie bey Perſonen,
welche ſehr blond ſind, ſondern einem Weiß, wel-
ches vielmehr mit dem gelblichen Weiß des Milch-
rahms (cream colour) der Englaͤnder verglichen
werden kann.
Das zweyte Symptom zeigt ſich in den Geſichts-
organen, welches der dunkeln Farbe beraubt iſt,
das einige innere Haͤute des geſunden Auges uͤber-
zieht, zum Einſaugen des allzuvielen Lichtes be-
ſtimmt,
[197] ſtimmt, und fuͤr ein richtiges und gutes Sehen von
hoͤchſter Wichtigkeit iſt. Deshalb iſt die Regenbo-
genhaut des Auges der Leukaͤthiopier blaß roſenfarb
und halb durchſichtig, die von einem dunklerem Roth
ſchimmernde Pupille aber gleicht an Farbe einem
bleichen Karneol.
Dieſe Symptome findet man ſtets beyſammen,
ſo daß man, meines Wiſſens, dieſe ſonderbare Roͤ-
the der Augen nie allein und ohne jenes fehlerhafte
Weiß der Haupt- und uͤbrigen Haare geſehen hat.
Daß aber jene Roͤthe der Pupillen von den Beobach-
tern oͤfters nicht bemerkt worden, iſt kein Wunder,
da die uͤbrigen genannten Symptome ihnen mehr in
die Augen fielen, die Leukaͤthiopier aber, welche das
Licht nicht gut vertragen koͤnnen, die Augenlieder
mehrentheils geſchloſſen halten.
Stets iſt dieſe Krankheit angeboren, niemals,
meines Wiſſens, nach der Geburt entſtanden. Sie
iſt ſtets unheilbar; denn es findet ſich kein einziges
Beyſpiel, daß ſich jemals nach der Geburt eine
dunklere Farbe noch angeſetzt habe.
Nicht ſelten iſt ſie erblich, denn faͤlſchlich ſind
die Leukaͤthiopier von einigen fuͤr unfruchtbar und
entweder zum Zeugen oder zum Empfangen fuͤr un-
tuͤchtig ausgegeben werden.
Im Allgemeinen aber iſt die Kenntnis von dieſer
merkwuͤrdigen Krankheit durch vielerley irrige Mei-
nungen verfaͤlſcht worden. So z. B. ſind einige
ungewiß geweſen, ob ſie die Leukaͤthiopie fuͤr
einen wirklich krankhaften Zuſtand halten ſollten;
ande-
[198] andere haben ſie unrichtig mit dem Kretiniſm, an-
dere mit der Geſchichte des Orang-Utang verwech-
ſelt; und noch andere haben ohne Grund behauptet,
man finde ſie blos innerhalb der Wendekreiſe u. ſ. w.
Freylich hat man ſie zuerſt unter den Aethio-
piern beobachtet, denn das Weiß auf der Haut und
den Haaren einer ſchwarzen Nation mußte beſonders
in die Augen fallen, und deshalb erhielten die mit
dieſem Zuſtand Behafteten dem Namen weiße Neger
(franz. Negres blancs, die Hollaͤnder in Oſtindien
nennen ſie verachtungsweiſe mit den Namen eines
lichtſcheuen Inſekts Kackerlacken, die Spanier Al-
binos, die Franzoſen Blafards u. ſ. w.). Allein
man findet ſie doch nicht blos unter Negern, oder
wohl gar blos in der heißen Zone, ſondern es iſt
vielmehr nur zu gewiß, daß es keine Gegend der
Erde giebt, wo ſich dieſe Krankheit nicht erzeugen
koͤnne.
Denn mir ſelbſt ſind ſchon ſechszehn Beyſpiele
von Leukaͤthiopiern bekannt, die in verſchiednen Pro-
vinzen von Teutſchland geboren worden ſind 260),
und noch mehrere von andern europaͤiſchen Laͤndern,
von Daͤnnemark 261), England 262), Irrland 263),
Frank-
[199] Frankreich 264), der Schweiz 265), Italien 266),
den Inſeln des Archipelagus 267) und Ungarn 268).
Ferner außerhalb Europa, unter den Arabern 269),
Malabaren 270), Madagaſſen 271), Kaffern 272),
und Negern, ſowohl unter den in Afrika ſelbſt gebor-
nen, als unter den Negerkreolen der neuen Welt 273).
Dann
[200] Dann auch unter den Amerikanern auf der Landenge
von Darien 274) und in Braſilien 275). Endlich
unter den wilden Inſulanern des indiſchen und ſtillen
Meeres; z. B. auf Sumatra 276), Bali 277),
Amboina 278), Manila 279), Neu-Guinea 280),
den Freundſchafts- 281) und Societaͤtsinſeln 282).
Dieſen krankhaften Zuſtand findet man jedoch
nicht blos an Menſchen, ſondern auch an vielen
andern warmbluͤtigen Thieren; die bekannteſten Bey-
ſpiele geben die Kaninchen, Maͤuſe, Marder und
Pferde (bey welchen vier Thiergattungen jene kraͤnk-
liche Beſchaffenheit durch Laͤnge der Zeit gleichſam
zur
273)
[201] zur andern Natur geworden iſt (§. 38.)), doch
findet man dies auch an Affen 283), Eichhoͤrn-
chen 284), Ratten 285), Hamſtern 286), Halbka-
ninchen 287), Maulwuͤrfen 288), Beutelratten 289),
Mardern 290), Wieſeln 291) und Rehen 292).
Unter den Voͤgeln findet man dies an Raben 293),
Amſeln 294), Kanarienvoͤgeln, Rebhuͤhnern 295),
Huͤhnern und Pfauen.
An kaltbluͤtigen Thieren aber hat man, ſo viel
ich weis, auch nicht ein einziges merkwuͤrdiges Bey-
ſpiel von dieſem krankhaften Zuſtande beobachtet.
§. 79.
[202]
§. 79.
Schluß dieſes Abſchnitts.
So viel uͤber die mannichfaltigen Abartungen
des Menſchengeſchlechts in Farbe, Bau, und Pro-
portion und Statur des Koͤrpers, und uͤber die Ur-
ſachen derſelben. Meines Wiſſens habe ich dabey
keinen Umſtand unberuͤhrt gelaſſen, welcher auf ei-
nige Weiſe dazu beytragen kann, den bekannten
Streit: ob es nur Eine oder mehrere Hauptgattun-
gen des Menſchen in dieſem Geſchlechte gebe, bey-
zulegen. Wie nun dieſe Frage obigen Eroͤrterungen
und der Natur und Wahrheit gemaͤs entſchieden wer-
den muͤſſe, wollen wir im folgenden Abſchnitt ſehen.
Vier-
[203]
Vierter Abſchnitt.
Es giebt fuͤnf Hauptvarietaͤten des Menſchenge-
ſchlechts, jedoch nur Eine Gattung
deſſelben.
§. 80.
Die unzaͤhligen Varletaͤten im Menſchengeſchlecht fließen
durch unmerkliche Abſtufungen in einander uͤber.
Wir haben in der ganzen eben beendigten Uiberſicht
der wirklichen Varietaͤten im Menſchengeſchlechte,
auch nicht Eine gefunden, welche nicht (wie im
vorletzten Abſchnitte gezeigt worden iſt) auch bey
andern warmbluͤtigen Thieren, beſonders den Haus-
thieren, und zwar bey dieſen meiſt noch weit deutli-
cher gleichſam vor unſern Augen aus den bekannten
Urſachen der Verartung entſtaͤnde; und eben ſo fin-
det man hingegen, (wie in dem letzten Abſchnitte
dargethan worden iſt) keine Varietaͤt in Farbe, Ge-
ſichtsbildung, oder Geſtalt, ſo auffallend ſie auch
ſey, die nicht mit andern Varietaͤten ihrer Art durch
einen unmerklichen Uibergang ſo zuſammenfloͤſſe,
daß darans deutlich erhellt, ſie ſeyen alle blos rela-
tiv, und nur in Graden von einander unterſchieden.
Eben
[204]
Eben daher iſt es auch nicht zu verwundern,
wenn eine blos willkuͤhrliche Eintheilung dieſer Va-
rietaͤten Statt finden kann.
§. 81.
Die fuͤnf feſtgeſetzten Hauptvarietaͤten im Menſchen-
geſchlecht.
Da jedoch auch bey ſolchen willkuͤhrlichen Ein-
theilungen immer eine ſchicklicher und beſſer als die
andere iſt, ſo ſcheint mir, nach langer und genauer
Erwaͤgung, das ganze bis jetzt bekannte Menſchen-
geſchlecht am fuͤglichſten, und zwar der Natur ge-
maͤs, in folgende fuͤnf Hauptvarietaͤten eingetheilt
werden zu koͤnnen; welche ſich mit den Namen:
- A) der kaukaſiſchen,
- B) der mongoliſchen,
- C) der aͤthiopiſchen,
- D) der amerikaniſchen und
- E) der malayiſchen
bezeichnen und von einander unterſcheiden laſſen.
Der kaukaſiſchen habe ich den erſten Platz gege-
ben, weil man ſie, aus ſpaͤter aufzufuͤhrenden
Gruͤnden, fuͤr die urſpruͤngliche Race halten muß.
Von beyden Seiten ging dieſe in die zwey ent-
fernteſten und verſchiedenſten Extreme uͤber, von der
einen Seite naͤmlich in die mongoliſche, von der
andern in die aͤthiopiſche Varietaͤt.
Die
[205]
Die uͤbrigen zwey aber halten zwiſchen jener
Urvarietaͤt und dieſen Extremen das Mittel.
Die amerikaniſche naͤmlich zwiſchen der kauka-
ſiſchen und mongoliſchen.
Die malayiſche wieder zwiſchen der kaukaſiſchen
und aͤthiopiſchen.
§. 82.
Kennzeichen und Graͤnzen dieſer Varietaͤten.
Uiberhaupt laſſen ſich dieſe fuͤnf Varietaͤten
durch nachfolgende Merkmale und Beſchreibungen
unterſcheiden und beſtimmen. Ehe ich dieſe Merk-
male auffuͤhre, muß ich jedoch im voraus erinnern,
daß man erſtlich, wegen ihrer mannichfaltigen Ver-
ſchiedenheit dem Grade nach, nicht blos eines oder das
andere derſelben, ſondern mehrere in Verbindung
mit einander betrachten muͤſſe; dann aber, daß
auch ſelbſt dieſe zuſammengenommenen Kennzeichen
nicht ſo bleibend ſeyen, daß ſie nicht in jeder Varie-
taͤt unendlichen Ausnahmen unterworfen ſeyn ſollten.
Indes iſt doch dieſe Uiberſicht ſo abgefaßt, daß ſie
im Allgemeinen hinlaͤnglich deutliche und klare Be-
griffe giebt.
A) Kaukaſiſche Varietaͤt.
Von weißer Farbe, mit rothen Wangen (§. 43.)
ſchwaͤrzlichem oder nußbraunem Haar (§. 52.), ge-
rundetem Kopf (§. 62.).
Mit
[206]
Mit ovalem regelmaͤßigerem Geſicht, in wel-
chem die einzelnen Theile nicht zu ſtark ausgezeich-
net ſind, flacherer Stirn, engerer, leicht gebogner
Naſe, kleinem Munde (§. 56.).
Mit ſenkrecht unter einanderſtehenden Vorder-
zaͤhnen des obern und untern Kiefers (§. 62.).
Mit ſanft hervorſtehenden Lippen (vorzuͤglich
der Unterlippe), vollem runden Kinn (§. 56.)
Uiberhaupt von jener, nach unſern Begriffen
von Ebenmaas, reizenden und ſchoͤnen Geſichtsform.
Zu dieſer erſten Varietaͤt gehoͤren die Europaͤer
(mit Ausnahme der Lappen und uͤbrigen Finnen)
die weſtlichern Aſiaten bis zum Fluß Obi, dem ka-
ſpiſchen Meere und Ganges. Endlich die Einwoh-
ner des noͤrdlichen Afrika.
B) Mongoliſche Varietaͤt.
Von gelbbrauner Farbe (§. 43.).
Von ſchwarzem, haͤrtern, weder krauſem noch
dichtem Haar (§. 52.).
Mit gleichſam viereckigtem Kopfe (§. 62.), brei-
tem und plattem Geſicht; und deshalb mit minder
abgeſonderten, ſondern gleichſam in einander flie-
ßenden Zuͤgen, eine flache ſehr breite Glabelle, eine
kleine eingedruͤckte Naſe, runde herausſtehende Baus-
backen, die Oefnung der Augenlieder enger gerad-
linichter, das Kinn hervorragend (§. 56.).
Zu dieſer Varietaͤt gehoͤren die uͤbrigen Bewoh-
ner Aſiens (mit Ausnahme der Malayen auf der
letzten
[207] letzten Halbinſel des Ganges) die finniſchen Voͤlker
in dem kalten Theile von Europa, Lappen und an-
dere, und aus dem noͤrdlichſten Amerika die von
der Beringsſtraße bis zum aͤußerſten bewohnten
Groͤnland verbreiteten Eskimos.
C) Die aͤthiopiſche Varietaͤt.
Von ſchwarzer Farbe (§. 43.), ſchwarzem und
krauſem Haar (§. 52.), ſchmalem an den Seiten
eingedruͤcktem Kopfe (§. 62.), mit unebener, hoͤk-
kerichter Stirne, herausſtehenden Jochbeinen, mit
mehr hervorliegenden Augen, mit einer dicken und
mit den herausſtehenden Oberkiefern gleichſam zu-
ſammenfließenden Naſe (§. 56.), mit engerer
vorwaͤrts verlaͤngerter Kinnladenwoͤlbung, ſchraͤg
hervorragende Oberſchneidezaͤhne (§. 62.), wulſtige
Lippen (beſonders die Oberlippe) und ein zuruͤckge-
bogneres Kinn (§. 56.).
An vielen krumme Beine (§. 69.).
Zu dieſer Varietaͤt gehoͤren alle Afrikaner, bis
auf die noͤrdlichen.
D) Amerikaniſche Varietaͤt.
Von Kupferfarbe (§. 43.), ſchwarzem, har-
tem und ſchwachen Haar (§. 52.), die Stirn nie-
drig, die Augen tiefliegend, eine ſtumpfe, jedoch
herausſtehende Naſe.
Das Geſicht iſt zwar insgemein breit und dick-
wangig, jedoch nicht flach und platt, ſondern die
Theile
[208] Theile druͤcken ſich en profil deutlich aus und ſon-
dern ſich von einander ab (§. 56.).
Die Form von Stirn und Scheitel iſt bey den
meiſten erkuͤnſtelt (§. 62.).
Hiezu gehoͤren alle Bew[o]hner Amerikas bis auf
die Eskimos.
E) Malayiſche Varietaͤt.
Ihre Farbe iſt ſchwarzbraun (§. 43.), das
Haar ſchwarz, weich und kraus, dabey dicht und
voll (§. 52.), die Stirn ſchmaͤler (§. 62.), die
Naſe fleiſchiger, breiter und kolbig; der Mund groß
(§. 56.), der Oberkiefer etwas hervorragend (§. 62.),
die Geſichtszuͤge, en profil beſehen, ziemlich her-
vorſpringend und von einander abgeſondert (§. 56.).
Dieſe letzte Varietaͤt enthaͤlt die Suͤdſeeinſulaner
nebſt den Bewohnern der marianiſchen, philippini-
ſchen, molukkiſchen, ſundiſchen Inſeln und der
Halbinſel Malakka.
§. 83.
Die Eintheilung des Menſchengeſchlechts in Racen, nach
andern Schriftſtellern.
Wir muͤſſen jedoch auch die Meinungen anderer
Schriftſteller, welche das Menſchengeſchlecht nach
Racen abgetheilt haben, hier neben einander auf-
ſtellen, um den Leſer in den Stand zu ſetzen, ſie
mit einander zu vergleichen, zu wuͤrdigen, um dar-
aus die annehmlichſten waͤhlen zu koͤnnen.
Mei-
[209]
Meines Wiſſens hat zu allererſt ein gewiſſer
Ungenannter am Ende des vorigen Jahrhunderts
einen ſolchen Verſuch gemacht; er vertheilt das
Menſchengeſchlecht in vier Staͤmme, wo denn unter
den Erſten ganz Europa bis auf das einzige Lapp-
land, dann Suͤdaſien, Nordafrika und ganz Ame-
rika, unter den zweyten das uͤbrige Afrika, unter
den dritten das uͤbrige Aſien, nebſt denen gegen den
Vulturnus gelegenen Inſeln, und unter den vierten
Lappland gehoͤrt 1).
Leibnitz brachte die Menſchen in vier Ordnun-
gen. Zwey naͤmlich waren die Extreme: 1) Lapp-
laͤnder und 2) Aethiopier; die andern beyden ſtun-
den zwiſchen ihnen inne; 3) der Orientaliſche naͤm-
lich (Mongoliſche) und 4) Occidentaliſche den Eu-
ropaͤern aͤhnliche 2).
Linné folgte der gemeinen Erdbeſchreibung, und
theilte die Menſchen ein 1) in den rothen Amerikaner,
2) den weißen Europaͤer, 3) den gelben Aſiaten
und 4) den ſchwarzen Afrikaner 3).
Buͤffon unterſchied ſechs Menſchenracen, 1) die
Lapplaͤndiſche, oder Polarrace, 2) die Tatariſche
(ſo nannte er naͤmlich nach der gemeinen Sprache
die
Verſch. des M. O
[210] die Mongoliſche), 3) die Suͤdaſiatiſche, 4) die
Europaͤiſche, 5) die Aethiopiſche und 6) die Ameri-
kaniſche 4).
Unter denen, welche drey Urvoͤlker des menſch-
lichen Geſchlechts nach der Anzahl von Noahs Soͤh-
nen annehmen, zeichnet ſich der beruͤhmte Gouver-
neur Pownall aus, welcher, meines Wiſſens, bey
dieſer Unterſuchung zu allererſt ſeine Aufmerkſamkeit
auf die Nationalform der Schaͤdel gerichtet hat. Er
theilt jene Staͤmme nach den Hauptfarben, 1) in
den weißen, 2) rothen und 3) ſchwarzen. In ei-
nem mittlern faßt er die Mongolen und Amerikaner
zuſammen, weil ſie außer andern Kennzeichen noch
in der Geſtalt der Hirnſchaͤdel und der Beſchaffenheit
der Haare mit einander uͤbereintraͤfen 5).
Der Abt de la Croix theilt die Menſchen in
weiße und ſchwarze. Jene aber 1) in eigentlich ſo-
genannte weiße und 2) braune (bruns), 3) gelbe
(jaunâtres) und 4) olivenfarbige ein 6).
Der beruͤhmte Kant leitet aus einer urſpruͤngli-
chen Menſchenrace, einer weißen von bruͤnetter
Farbe, vier Abarten ab: 1) die weiße des noͤrdli-
chen Europa, 2) die kupferfarbige amerikaniſche,
3) die
[211] 3) die ſchwarze ſenegambiſche und 4) die olivenfar-
bige indianiſche 7).
Doct. John Hunter zaͤhlt ſieben Varietaͤten auf:
1) ſchwarze Menſchen, als Aethiopier, Papus
u. a. 2) die ſchwaͤrzlichen Bewohner von Maurita-
nien und dem Vorgebirge der guten Hofnung, 3)
die kupferfarbigen in Oſtindien, 4) die rothen Ame-
rikaner, 5) die braunen, als Tataren, Araber,
Perſer, Sineſer u. a. 6) die braͤunlichen, als die
mittaͤgigen Europaͤer, z. B. Spanier u. a. die Tuͤrken,
Abeſſinier, Samojeden und Lappen, 7) die wei-
ßen, als die uͤbrigen Europaͤer, Georgier, Min-
grelier und Kabardiner 8).
Herr Zimmermann tritt denen bey, welche
den Urſtamm des menſchlichen Geſchlechtes auf die
aſiatiſche Gebirgsebene zwiſchen den Quellen des
Indus, Ganges und Obi ſetzen, und leitet davon
folgende Varietaͤten ab: 1) die europaͤiſche, 2) die
nordaſiatiſche und noͤrdlichſte amerikaniſche, 3) die
arabiſche, indiſche und des indiſchen Archipelagus,
4) die ſuͤdoͤſtliche aſiatiſche, ſineſiſche, corea’ſche
u. a. Er findet es wahrſcheinlich, daß die Aethio-
pier entweder aus der erſten oder dritten dieſer Va-
rietaͤten ſtammen 9).
O 2Herr
[212]
Herr Meiners fuͤhrt alle Voͤlker auf zwey Staͤm-
me zuruͤck: 1) von ſchoͤnen und 2) von haͤßlichen
Voͤlkern; zu jenen rechnet er die weißen, zu dieſen
die dunkelfarbigen. Zu dem ſchoͤnen Stamme gehoͤren
nach ihm die Celten, Sarmaten und morgenlaͤndiſche
Voͤlker. Zu dem haͤßlichen hingegen das uͤbrige
menſchliche Geſchlecht, ſo weit es verbreitet iſt 10).
Herr Kluͤgel unterſcheidet vier Staͤmme, 1) den
Urſtamm der erſten Menſchen auf der eben genann-
ten aſiatiſchen Gebirgsebene, von welchen er die
Bewohner des ganzen uͤbrigen Aſiens, des ganzen
Europa, des noͤrdlichſten Amerika und noͤrdlichen
Afrika herleitet. 2) Die Negern, 3) die Amerika-
ner, (jene noͤrdlichſten ausgenommen) und 4) die
Suͤdſeeinſulaner 11).
Herr Metzger ſetzt nur zwey Hauptvarietaͤten
als Extreme: 1) den weißen Menſchen in Europa,
und den noͤrdlichen Gegenden von Aſia, Afrika und
Amerika, 2) den ſchwarzen, oder Mohren im uͤbri-
gen Afrika. Den Uibergang zwiſchen beyden mach-
ten die uͤbrigen Aſiaten, die ſuͤdlichen Amerikaner
und Suͤdſeeinſulaner 12).
§. 84.
Anmerkungen uͤber die fuͤnf Varietaͤten des Menſchen-
geſchlechts.
Wir kehren nun zu unſern oben beſchriebenen
fuͤnf Abarten des Menſchengeſchlechts zuruͤck. Die
Kenn-
[213] Kennzeichen, welche wir jeder beygelegt, haben wir
in dem vorigen Abſchnitte alle einzeln unterſucht.
Jetzt wollen wir zum Beſchluß des Werks, der Voll-
ſtaͤndigkeit halber, uͤber jede dieſer Abarten noch ei-
nige allgemeine Anmerkungen beyfuͤgen.
§. 85.
A) Kaukaſiſche Varietaͤt.
Dieſe Race erhielt ihren Namen von dem Berge
Kaukaſus, weil die ihm benachbarten Laͤnder, und
zwar vorzuͤglich der Strich nach Suͤden, von dem
ſchoͤnſten Menſchenſtamme, dem georgiſchen bewohnt
ſind 13); und weil alle phyſiologiſchen Gruͤnde dar-
in zuſammenkommen, daß man das Vaterland der
erſten Menſchen, nirgends anderswo ſuchen koͤnne,
als hier. Denn erſtlich hat dieſer Stamm, wie
wir geſehen haben (§. 62.) die ſchoͤnſte Schaͤdelform,
aus welcher, gleichſam als aus ihrer urſpruͤnglichen
Mittelform, die uͤbrigen, bis zu den zwey aͤußerſten
Extremen hin (der mongoliſchen auf einer Seite und
der
[214] der aͤthiopifchen auf der andern) durch ganz einfache
ſtufenweiſe Abweichungen entſprungen ſind.
Dann iſt dieſer Stamm von weißer Farbe, wel-
che wir ebenfalls fuͤr die urſpruͤngliche, aͤchte Farbe
des Menſchengeſchlechts halten koͤnnen, da aus ihr,
wie wir oben dargethan haben (§. 45.) eine Verar-
tung in Schwarz leicht iſt, weit ſchwerer hingegen
aus Schwarz in Weiß (wenn naͤmlich die Sekretion
und Praͤcipitation dieſes Kohlenpigments (§. 44.)
durch Laͤnge der Zeit Wurzel gefaßt hat).
§. 86.
B) Die mongoliſche Race.
Sie iſt ebendieſelbe, welche man ſonſt ziemlich
unbeſtimmt die tatariſche nannte 14), eine Benen-
nung, welche bey der Unterſuchung der Racen des
Menſchengeſchlechts, zu wunderbaren Irrthuͤmern
Veranlaſſung gegeben hat, ſo daß z. B. Buͤffon und
deſſen Anhaͤnger, von dieſem Ausdrucke verfuͤhrt,
die von alten Schriftſtellern entlehnten Nationalcha-
raktere der Mongolen 15), welche ſie unter dem Na-
men
[215] men Tatarn beſchrieben hatten, auf die wahren Ta-
tarn ſelbſt, (welche zweifelsohne zu der genannten
erſten Race gehoͤren) faͤlſchlich uͤbertrugen.
Uibrigens fließen freylich die Tatarn durch die
Kirgiſen und angrenzenden Voͤlker eben ſo mit den
Mongolen zuſammen, wie dieſe durch die Tibeta-
ner 16) zu den Indianern, und durch die Eskimos
zu den Amerikanern, ja ſelbſt gewiſſermaßen durch
die Bewohner der Philippinen 17) zur malayiſchen
Race uͤbergehen ſollen.
§. 87.
C) Aethiopiſche Race.
Dieſe Race hat, beſonders wegen ihrer von der
unſrigen ſo weit abweichenden Farbe, ſehr viele be-
wogen, ſie mit dem witzigem Gelehrten, aber
ſchlechtem Phyſiologen, Voltaire, fuͤr eine beſon-
dere
15)
[216] dere Gattung des Menſchengeſchlechts zu halten.
Doch iſt es nicht noͤthig, ſich mit ihrer Widerlegung
hier lange aufzuhalten, da ſchon aus dem vorigen
Abſchnitte erhellet, daß die Aethiopier keine ſo blei-
bende und charakteriſtiſche Eigenheit haben, die man
nicht hie und da auch unter andern Menſchenracen
faͤnde 18) und welche nicht auch ſelbſt manchen Ne-
gern mangelte, und keine endlich, welche nicht
auch bey dieſer Menſchenrace durch unmerkliche Gra-
dation mit den benachbarten in einander floͤſſe, wie
jeder finden wird, der die Verſchiedenheit nur eini-
ger Staͤmme dieſer Race, z. B. der Fuhls, Wu-
lufs und Mandingonen, und wie ſie ſich durch die
Gradationen dieſer Verſchiedenheit immer mehr den
Mauren und Arabern naͤhern, genauer erwogen hat.
Was man aber von den Aethiopiern behauptet
hat, daß ſie ſich den Affen mehr naͤhern, als die
andern Menſchen, das gebe ich in dem Sinne ſehr
gern zu, als man z. B. ſagen kann, daß ſich jene
Race
17)
[217] Race von Hausſchweinen mit Hufen (§. 30.) dem
Pferde mehr naͤhere, als die uͤbrigen Schweine;
indeß erhellt ſchon daraus, daß eine ſolche relative
Vergleichung im Allgemeinen doch ohne Gewicht ſey,
weil es auch unter den uͤbrigen Hauptvarietaͤten des
Menſchengeſchlechts keine einzige giebt, aus der
nicht ebenfalls ein oder das andere Volk, und zwar
von genauen Beobachtern, in Anſehung der Geſichts-
bildung mit den Affen verglichen worden waͤre; wie
uns z. B. von den Lapplaͤndern 19), Eskimos 20),
den Caaiguern in Suͤdamerika 21) und den Bewoh-
nern der Inſel Mallikollo 22) ausdruͤcklich erzaͤhlt wird.
§. 88.
D) Amerikaniſche Race.
Es iſt in der That wunderbar, wie viele und
ſeltſame Erdichtungen man von charakteriſtiſchen Ei-
genheiten dieſer Race verbreitet hat.
Einige
[218]
Einige ſprachen den Maͤnnern den Bart ab 23),
andere den Weibern die monatliche Reinigung 24).
Einige gaben allen Amerikanern nur einerley Far-
be 25), andere eine vollkommen gleiche Geſichtsbil-
dung 26).
Daß die Amerikaner nicht von Natur unbaͤrtig
ſind, iſt jetzt durch das einmuͤthige Zeugniß genauer
und wahrer Beobachter ſo uͤberzeugend dargethan,
daß mich die uͤberfluͤßige Muͤhe gereut, mit welcher
ich ehemals eine Menge von Zeugen zuſammenge-
bracht habe 27), durch deren Ausſage beſtaͤtigt wird,
daß es durch ganz Amerika von den Eskimos bis zu
den Feuerlaͤndern ganze Staͤmme von Einwohnern
gebe, welche Baͤrte tragen; und daß es ſich auch
von den uͤbrigen Bartloſen beweiſen laͤßt, daß ſie mit
Fleiß die Wurzel des Barthaars ausreißen, wie dies
auch viele, beſonders mongoliſche 28) und malayi-
ſche 29) Voͤlker thun.
Daß
[219]
Daß das Barthaar bey den Amerikanern wie
bey vielen mongoliſchen Nationen allerdings duͤnn
und ſchwach ſey, iſt bekannt; doch kann man ſie
deshalb eben ſo wenig mit Recht bartlos nennen,
als man etwa Menſchen mit wenig Haaren kahl
nennen koͤnnte.
Die alſo die Amerikaner von Natur fuͤr bartlos
hielten, fielen in denſelben Fehler, welcher die Alten
verleitete, ſich und andere zu bereden, der Para-
diesvogel, dem man die Fuͤße abzuſchneiden pflegt,
habe von Natur keine Fuͤße.
Die andere fabelhafte Sage, daß naͤmlich die
Amerikanerinnen keinen monatlichen Veraͤnderungen
unterworfen waͤren, ſcheint dadurch entſtanden zu
ſeyn, daß die Europaͤer, welche in die neue Welt
kamen, an den unzaͤhligen, faſt ganz nackten Ein-
wohnern vom andern Geſchlechte, welche ſie ſa-
hen, niemals Spuren dieſer Reinigung ſahen 30).
Davon giebt es aber wahrſcheinlich einen doppelten
Grund; theils werden bey jenen amerikaniſchen
Voͤlkern die Weiber, waͤhrend ihrer Reinigungszeit,
durch ein heilſames Vorurtheil gleichſam fuͤr giftig
gehalten, und von allem geſellſchaftlichen Umgange
ausgeſchloſſen; und ſie genießen indeß in abgelege-
neren Huͤtten und von dem Anblick der andern ent-
fernt,
29)
[220] fernt, eine fuͤr ſie wohlthaͤtige Ruhe 31); theils
aber hat man auch bemerkt 32), daß ihre geprieſene
koͤrperliche Reinlichkeit und beſcheidene Umwicklung
der Schenkel dazu beytragen, daß keine Spur des
Blutabgangs ſichtbar wird.
Ueber die Hautfarbe dieſer Race iſt ſchon oben
angemerkt worden, daß ſie keineswegs ſich immer
ſo gleich bleibe, daß ſie nicht hin und wieder ins
Schwarze ſpielen ſollte (§. 43.); und anderer
Seits ergeben ſich aus der Beſchaffenheit des ameri-
kaniſchen Klimas 33) und aus den Geſetzen der Ver-
artung, welche man auf den ſehr wahrſcheinlichen
Urſprung der Amerikaner aus dem noͤrdlichen Aſien
anwenden muß 34), die Gruͤnde ſehr deutlich und
leicht, weshalb ſie nicht ſo auffallenden Farbenver-
ſchiedenheiten unterworfen ſeyn koͤnnen, als die
uͤbrigen Nachkommen der urſpruͤnglichen Bewohner
Aſiens, welche ſich uͤber die alte Welt verbreitet
haben.
Faſt daſſelbe gilt von der Geſichtsbildung der
Amerikaner. Schon haben ſehr ſorgfaͤltige Augen-
zeugen die Ungereimtheit der faſt laͤcherlichen Be-
hauptung gezeigt, daß die ſaͤmtlichen Bewohner der
neuen Welt in ihren Geſichtszuͤgen ſich durchaus ſo
gleich waͤren, daß wer einen geſehen haͤtte, ſagen
koͤnne,
[221] koͤnne, er habe ſie alle geſehen u. ſ. w. 35). Viel-
mehr beweiſen es viele von den groͤßten Kuͤnſtlern
verfertigte Abbildungen von Amerikanern, und die
Zeugniſſe der glaubwuͤrdigſten Augenzeugen, daß
unter dieſer Race des Menſchengeſchlechts allerdings
eben ſo gut als unter den uͤbrigen, Verſchiedenheit
der Geſichtszuͤge Statt finde 36); ob ſchon im All-
gemeinen jene Nationalbildung, welche wir ihnen
oben (§. 56.) beygelegt haben, fuͤr ihre fundamen-
tale zu halten iſt. Daß ſie zunaͤchſt an die mongo-
liſche grenze, haben ſchon die erſten Europaͤer, welche
auf das feſte Land der neuen Welt kamen, richtig ange-
merkt 37), und dies beſtaͤtigt aufs neue die ſehr wahr-
ſchein-
[222] ſcheinliche Meinung, daß die Amerikaner aus dem noͤrd-
lichen Aſien heruͤbergekommen, und von einer mongo-
liſchen Voͤlkerſchaft entſprungen ſind; daß aber mehre-
re ſolcher Auswanderungen in langen Zwiſchenraͤumen
erfolgt ſind, wozu ſowohl phyſiſche und geogeniſche als
politiſche Kataſtrophen Veranlaſſung geben konnten,
iſt wahrſcheinlich; und hieraus iſt, wenn eine Ver-
muthung bey ſolchen Eroͤrterungen ſtatt finden kann,
muthmaßlich der Grund abzuleiten, warum die Es-
kimos noch weit mehr als die uͤbrigen Amerikaner
dieſe Geſichtsbildung an ſich haben 38)? theils naͤm-
lich, weil ſie weit ſpaͤter, durch eine neuere Kata-
ſtrophe vertrieben, aus dem noͤrdlichen Aſien ange-
kommen ſind 39); theils weil das Klima der neuen
Erde, die ſie jetzt bewohnen, dem Klima des vori-
gen Vaterlandes aͤhnlicher iſt. Ja man muß ſogar,
wenn ich nicht irre, derſelben Macht des Klima auf
Erhaltung oder Wiederherſtellung der Nationalge-
ſichtsbildung, wovon wir oben (§. 57.) geſprochen
haben, es zuſchreiben, daß die aͤußerſten kalten Be-
wohner des andern Amerika, wie die wilden Be-
wohner der Magellansſtraße, wieder der vorigen
mongoliſchen Geſichtsbildung ſich naͤhern, und gleich-
ſam wieder darein zuruͤckfallen 40).
§. 89.
[223]
§. 89.
E) Malayiſche Race.
Wie die Amerikaner in Anſehung der National-
bildung zwiſchen dem Mittelſchlage im Menſchenge-
ſchlechte, welchen wir die kaukaſiſche Race nannten,
und einem der beyden Extreme, dem mongoliſchen
naͤmlich, gleichſam das Mittel halten, ſo macht die
malayiſche einen aͤhnlichen Uibergang von dieſer Mit-
telrace zur andern aͤußerßen, der aͤthiopiſchen.
Die malayiſche kann man ſie nennen, weil bey
weitem die meiſten Menſchen aus dieſer Race, be-
ſonders der an Malakka liegenden indianiſchen In-
ſeln, der Sandwichs-, Societaͤts- und Freund-
ſchaftsinſeln, ja ſelbſt die Madagaſſen, bis zu den
Bewohnern der Oſterinſeln hinauf, die malayiſche
Sprache reden 41).
Indeß ſind auch dieſe durch mannichfache
Grade der Schoͤnheit und des uͤbrigen koͤrperlichen
Habitus ſo ſehr von einander unterſchieden, daß es
nicht an Leuten gemangelt hat, welche z. B. ſelbſt
die Otaheiter in zwey von einander verſchiedne Racen
theilten 42), die eine naͤmlich von blaͤſſerer Farbe,
ſchlanker Statur und einer von der europaͤiſchen we-
nig oder gar nicht verſchiedenen Geſichtsbildung; die
an-
40)
[224] andere hingegen von mittlerer Statur, an Farbe
und Geſichtsbildung wenig von den Mulatten ver-
ſchieden, mit krauſem Haar u. ſ. w. 43). Dieſe
letztere alſo iſt den Bewohnern der weſtlichern Inſeln
im Suͤdmeer am aͤhnlichſten, unter welchem beſon-
ders die Bewohner der neuen Hebriden ſich allmaͤhlig
den Papus und Neuhollaͤndern naͤhern, welche
ſelbſt endlich durch einen ſo unmerklichen Uibergang
mit der aͤthiopiſchen Race zuſammenfließen, daß
man ſie ſogar, wenn man wollte, nicht unſchicklich
zu der Race, welche wir gegenwaͤrtig vor uns ha-
ben, zaͤhlen koͤnnte.
§. 90.
Schluß.
Und eben dieſer unmerkliche Uibergang, durch
welchen auch andere Racen, wie wir geſehen haben,
in einander fließen, fuͤhrt uns endlich nach einer
Vergleichung mit dem, was in den vorigen Abſchnit-
ten dieſes Werks, von den Urſachen und Arten der
Degenerationen und den analogen Erſcheinungen
von Verartung an andern Hausthieren, geſagt wor-
den iſt, zu dem Schluſſe, welcher aus den Princi-
pien der Phyſiologie, wenn ſie mit Huͤlfe der zoolo-
giſchen Kritik auf die Naturgeſchichte des Menſchen-
geſchlechts angewendet wird, ſich von ſelbſt zu erge-
ben ſcheint: „daß naͤmlich unſtreitig alle bisher
bekanntgewordene Abarten des Menſchen nur zu
Einer und derſelben Gattung gehoͤren.
[[226]]
Erlaͤuternde
Anmerkungen
zu
vorſtehendem Werke
nebſt
Zuſaͤtzen
aus den fruͤhern Ausgaben deſſelben.
Verſch. des M. P
[[227]][227]
Vorerinnerung.
Der beſte Erklaͤrer, der in einem Werke vor-
kommenden Saͤtze, iſt zweifelsohne der Verfaſ-
ſer ſelbſt. Deshalb habe ich vorzuͤglich bey der
Erlaͤuterung dieſes Werks an Herrn Hofrath
Blumenbach mich gehalten. Und an wen koͤnnte
man ſich in dieſer Unterſuchung ſicherer wenden,
als an ihn? Die in dem Werke vorkommenden
anatomiſchen Stellen trug ich um ſo weniger Be-
denken hier genauer auseinander zu ſetzen, da
der Herr Verfaſſer ſelbſt ſeine in der zweyten
Ausgabe geaͤußerte Meinung, daß es laͤſtig ſeyn
duͤrfte, hierin ſo weit zu gehen, dadurch, daß
P 2er
[228] er in dieſer dritten wirklich weiter gegangen iſt,
ſtillſchweigend widerlegt hat. Den eigentlichen
Zweck meiner Anmerkungen darf man uͤbrigens
nicht aus den Augen ſetzen, wenn man mich nicht
unbillig beurtheilen will. Alle mit Bl. bezeich-
nete ſind von dem vortreflichen Verfaſſer vorſte-
hender Abhandlung ſelbſt.
Erſter
[229]
Erſter Abſchnitt.
§. 5. S. 24.
Des ſolei mit ſeinem gemello. Die eigentliche
Wade beſteht aus folgenden Muſkeln: den gaſtro-
cnemiis großen Wadenmuſkeln, dem ſoleo unteren
Wadenmuſkel, plantari Fußſohlenmuſkel, und
poplitaeo Kniekehlenmuſkel. Die gaſtrocnemii
beſtehen aus zwey, oder wenn man lieber will, drey
Muſkeln, und werden in den externus und inter-
nus eingetheilt. Der aͤußere beſteht aus zwey ſehr
ſtarken und großen Muſkelkoͤrpern, welche unten in
eine gemeinſchaftliche Sehne uͤbergehn, und deshalb
von Albin die Zwillingsmuſkeln der Wade ge-
nannt wurden, gemellus. — Der innere, wel-
cher den groͤßten Theil der Wade bilden hilft, eine
beynahe eyfoͤrmige Figur hat, und von den Zwil-
lingsmuſkeln bedeckt wird, heißt dann der ſoleus.
— Dieſe Muſkeln werden gleich nach ihrem Ur-
ſprung fleiſchig, nehmen an Dicke und Breite zu,
und bilden unten, wo ſie in eine ſehr dicke und brei-
te Sehne uͤbergehen, die ſogenannte Achillesſehne
(tendo Achillis). Man wird ſich nun die Mei-
nung des Herrn Verfaſſers leichtlich erklaͤren koͤnnen.
Laͤn-
[230]
Laͤngeres Bruſtbein. Das Bruſtbein (ſter-
num os xiphoides) ſchließt gleichſam den Thorax
nach vorn von der Halsgrube bis zur Herzgrube; —
liegt zwar eigentlich nur zwiſchen den fuͤnf obern
Rippenpaaren, doch reichen auch die knorplichen
Anhaͤnge des ſechſten und ſiebenden Paares hinauf.
Der Menſch ſcheint unter allen warmbluͤtigen Thie-
ren das allerkuͤrzeſte erhalten zu haben; hoͤchſtens
kommt ihm etwa der aͤchte Orang-Utang darin
bey *). Bey den Menſchen iſt es ein laͤnglichter
ſchmaler Knochen, nach vorn etwas convex, nach
hinten etwas concav: — Bey den mehreſten uͤbri-
gen vierfuͤßigen Saͤugethieren aber iſt es cylindriſch
und gegliedert, ſelbſt bey den meiſten Affenarten,
und bey dem Baͤren, deſſen Gerippe ſonſt (Kopf
und Becken ausgenommen) viel Analogie mit menſch-
lichen hat.
Mehrere Rippen. Gewoͤhnlich hat ihrer der
Menſch 12 Paare, doch hat man hinwieder einzelne
Variationen aufgefunden. — Die Saͤugthiere ha-
ben mehrere. Viele Affen 14 Paare, — ſo auch
der Marder u. a. — Der Iltis, Igel u. a. 15
Paare. — Der kleine braſiliſche Ameiſenbaͤr 16
Paare, — ſo auch das Frettchen. — Das Pferd
18. — Der Elephant 19 Paare. Bl.
Alles was noch uͤber den aufrechten Gang geſagt
werden kann, iſt aus den fruͤhern Ausgaben concen-
trirt, folgendes:
„Der
[231]
„Der Kopf des Menſchen ruht und bewegt ſich
„am bequemſten bey der aufrechten Stellung des
„Leibes. Man ſtelle den Menſchen auf vier Fuͤße:
„dann haͤngt augenſcheinlich der Kopf, ſeiner Schwe-
„re uͤberlaſſen, gegen die Erde, da er hingegen jetzt,
„wenigſtens dem groͤßten Theil nach, unterſtuͤtzt iſt.
„Da aber das kleine Gehirn und uͤberhaupt die groͤß-
„te Maſſe des Gehirns in dem Hinterkopfe liegt,
„und die vordern Theile des Kopfes, als die Naſe
„und das Innere des Mundes zum Theil hohl ſind,
„ſo uͤberwiegt der Hinterkopf augenſcheinlich den
„vordern, und es iſt unlaͤugbar, daß durch die jez-
„zige Stellung des großen Lochs (foramen magnum
„occipitale) die Unterſtuͤtzung des Kopf ſo vortreflich
„eingerichtet iſt, als es nur ſeyn koͤnnte. Ferner
„gebe man auf die Einrichtung der Halswirbel acht;
„ſind dieſe nicht flach, ohne in einandergreifende
„Fortſaͤtze, wie bey den Thieren, ſelbſt bey den
„meiſten Affen 1)? Gerade ſo waren ſie auch nur
„noͤthig, wenn der Kopf ſenkrecht auf ihnen ruhen,
„und dabey frey alle noͤthige Bewegung vornehmen
„ſollte. Mit Recht bewundert Euſtach, der ſcharf-
„ſinnigſte Anatom ſeiner Zeit, dieſen herrlichen Bau,
„wo die Natur, wie er ſagt, die ſtaͤrkſten Knochen
„durch ſehr ſchwache ſo vortreflich zu ſtuͤtzen gewußt
„hat, daß ſie dem Kopfe hinreichende Sicherheit
„verſchaften, ohne ihm irgend eine noͤthige Bewe-
„gung fehlen zu laſſen 2). Und wie konnte es dem
„Moskati einfallen, dieſe Lage des Kopfs fuͤr unſi-
„cher, oder nicht gehoͤrig unterſtuͤtzt zu halten 3)?
„Hat doch der Menſch nicht einmal das ſogenannte
„Haarwachs, ein weiſſes, ſtarkes, tendinoͤſes Li-
„gament
[232] „gament, wodurch der Kopf der Thiere gehalten
„und aufwaͤrts gezogen wird. Linné merkt aus-
„druͤcklich an, daß dieſes Ligament, welches er Pax-
„wax nennt, ſich weder bey den Affen noch bey dem
„Menſchen finde 4). Gaͤbe man nun auch dem
„Moskati zu, daß, im Fall der Menſch vierfuͤßig
„waͤre, ſich dieſe Haut nach und nach ſelbſt erzeuge:
„ſo iſt es doch bey denen ſich ſelbſt uͤberlaſſenen Af-
„fen, welche gleichfalls oftmals aufrecht gehen, nicht
„da, wo aber die Struktur der in einander greifen-
„den Halswirbelbeine dieſen Mangel erſetzt, welches
„bey den Menſchen nicht iſt. Uiberdem iſt die Lage
„der Augen und Ohren gar nicht fuͤr ein vierfuͤßiges
„Thier eingerichtet. Die Augenaxe ſteht bey dem
„Menſchen beynahe ſenkrecht auf dem vertikalen
„Durchſchnitte des Kopfs, da ſie hingegen bey den
„Thieren, die großen Affen ausgenommen, einen
„ſpitzigen Winkel macht; das heißt, das Auge des
„Menſchen waͤre, wenn er auf vier Fuͤßen ſtuͤnde,
„mehr der Erde zugekehrt als bey den Thieren.
„Auch hat die Natur den Thieren, bis auf den
„Urang, einen eigenen Muſkel (ſuſpenſorius ocu-
„li), den Augapfel in die Hoͤhe zu ziehen, gegeben,
„welcher dem Menſchen fehlt. Wird Moskati die-
„ſen auch nach und nach wachſen laſſen? Gingen
„wir alſo auf Haͤnden und Fuͤßen; ſo waͤre nicht
„nur das Geſicht des Menſchen mehr als bey einem
„andern Thiere eingeſchraͤnkt, ſondern dieſes waͤre
„auch ebenfalls der Fall mit dem Gehoͤr; denn die
„Ohren ſtuͤnden gleichfalls der Erde zu. Wiederum
„iſt der Ruͤckgrad zu dem zweybeinigten Gange beſſer,
„als irgend bey einem andern Thiere eingerichtet.
„Neh-
[233] „Nehmen nicht die Wirbelbeine an Staͤrke zu, wo
„ſie mehr zu tragen haben? Daher ſind die Lenden-
„wirbel viel ſtaͤrker als alle die uͤbrigen; ſie tragen
„den ganzen Stamm des Koͤrpers. Dies war bey
„einer Horizontallaͤnge nicht noͤthig, und eben daher
„findet ſich dieſes Verhaͤltniß nicht bey den Thieren.
„Dann vergleiche man die breiten Huͤftbeine des
„Menſchen (ilia), welche ſich in die verengten Sitz-
„beine (iſchia) endigen, ferner unſer kurzes Becken,
„das oben weit iſt, und nach unten zuſammenlaͤuft,
„wodurch es gerade ſo geraͤumig wird, daß es der
„Frucht hinreichenden Platz laͤßt, aber dabey den
„Vorfall der Mutter hindert, mit den ovalen cylin-
„derfoͤrmigen Becken der Thiere, nebſt ihren breiten
„Sitzbeinen, und auseinanderſtehenden Huͤftbeinen;
„dabey gebe man zugleich auf den Bau der Geſaͤß-
„muſkeln und Waden in beyden acht, und urtheile
„dann, zu was fuͤr eine Art von Gange der Menſch
„und das Thier eingerichtet ſind. Auch gehoͤrt noch
„hierher der laͤngere und nur allmaͤhlich ſchieflaufen-
„de Hals des Schenkelbeins (cervix oſſis femoris)
„bey dem Menſchen, welcher ſelbſt bey den Affen
„nur kurz iſt, und in die Quere (oder beynahe hori-
„zontal) in die große Pfanne (acetatabulum oſſis
„iſchii) eintritt. Endlich ſind die Waden, die ſehr
„ſtarken Schenkelbeine, die ganze Zuſammenfuͤgung
„des menſchlichen Fußes, die ſtarke Ferſe, lauter
„Zeugniſſe fuͤr den aufrechten Gang.
- S. 1ſte Ausg. S. 22. 33. fgg. und 2te Ausg. S. 26. fgg.
vgl. mit E. A. W. Zimmermann geographiſche
Geſchichte des Menſchen u. ſ. w. Th. 1. Seite
124. fgg.
1) Vergl.
[234]
§. 6. S. 24. fg.
Was man unter der Benennung Becken eigent-
lich zu verſtehen habe, iſt in dieſem §. mit voͤlliger
Beſtimmtheit angegeben: allein nichts deſtoweniger
duͤrften einige Worte uͤber die einzelnen Knochen,
durch deren Zuſammenfuͤgung das Becken gebildet
wird, hier nicht am unrechten Orte ſtehen. Es
faͤngt beym Vorgebirge an, und enthaͤlt das Kreuz-
bein, Kuckuksbein und die ungenannten Knochen.
Das Vorgebirge entſteht durch eine auszeichnende
Eigenſchaft des unterſten Lendenwirbels. Sein Koͤr-
per naͤmlich iſt vorn auffallend hoͤher als hinten, und
dadurch entſteht durch ſeine Verbindung mit den
Kreuzbeinen, in der Fuge zwiſchen beyden, dieſe
mit einem eigenen Namen benannte Erhoͤhung, wel-
che man ſonſt auch den Winkel des Kreuzbeins
nennt (angulus oſſis ſacri). Zu beyden Seiten lau-
fen die groͤßten von allen flachen Knochen des gan-
zen Gerippes, welche man die ungenannten nennt.
Dieſe werden, da ſie bey der Leibesfrucht und dem
neugebornen Kinde aus drey abgeſonderten, in der
Huͤftpfanne zuſammenſtoßenden Knochenkernen beſte-
hen, welche ohngefaͤhr im ſiebenten Lebensjahr zu-
ſammen verwachſen; jedoch ſo, daß die Spuren die-
ſer Verwachſung ſelbſt bis gegen die Mannbarkeit
merk-
[235] merklich bleiben, in drey beſondere Einſchnitte ab-
getheilt, als:
- 1) Die beyden obern großen ausgebreiteten Theile,
die Huͤftknochen (oſſa ilium). - 2) Die mittlern vordern an einanderſtoßenden,
die Schaam- oder Schooßbeine (oſſa pubis ſ.
pectinis). - 3) Die nach unten herabſteigenden, die Sitz-
beine (oſſa iſchii ſ. coxendicis). Dieſe ungenannten
Knochen ſind vorn durch ein Knorpelband mit einan-
der verbunden. Hinten faſſen ſie das heilige oder
Kreuzbein, den bey weitem allergroͤßten Knochen
am Ruͤckgrad, auf welchem dieſes, und mit ihm
auch Bruſt, Kopf und Arme, wie auf ihrer Baſis,
ruhen. Es iſt nach vorn ausgeſchweift und ziemlich
glatt, und hat ohngefaͤhr die Geſtalt einer gekruͤmm-
ten, am Ende ſtumpf zugeſpitzten, keilfoͤrmigen
Schaufel. Unterhalb dieſen iſt das Kuckuks- oder
Steisbein, auch Schwanzbein genannt (os cau-
dae), weil die Wirbel deſſelben bey den Thieren ſich
hintenaus in den Schwanz verlaͤngern, welches aus
vier Stuͤcken beſteht, die gleichſam einen Anhang
des Kreuzbeins ausmachen, mit deſſen unterem Ende
in gleicher Richtung fortlaufen, von hinten in die
untere Oeffnung des Beckens hineinragen, und be-
ſonders dem Maſtdarm zur Stuͤtze dienen. — In
den Huͤftpfannen des Beckens ſind die Schenkelkno-
chen gerade an der Stelle, wo im unreifen Alter die
drey Stuͤcke des ungenannten Beins zuſammenſtoßen,
eingelenkt.
Der
[236]
Der in dieſem §. vorkommende ſtumpfe Rand
(linea innominata), geht vom Vorgebirge des
Kreuzbeins, abwaͤrts, unten am Huͤftbeine vorbey,
und verlaͤuft ſich nach dem obern und innern Rande
der Schaambeine. Es wird leicht ſeyn, ſich dieſes
alles mit Zuziehung von Fig. 1. Taf. 3. zu erlaͤutern
und die Meinung des Herrn Verfaſſers einzuſehen.
Ich fuͤge nur noch ſeine Aeußerung, daß dem Men-
ſchen das Becken eigenthuͤmlich zukomme, welche er mit
Belegen aus der verglichnen Anatomie bewaͤhrt, bey.
Dieſer Bau des Beckens — ſagt er — iſt aus-
ſchluͤßlich dem Menſchengeſchlechte eigen, und ent-
ſpricht der Beſtimmung deſſelben, zum aufrechten
Gange, auf das vollkommenſte, da der breite Rand
des großen Beckens die benachbarten Gedaͤrme unter-
ſtuͤtzt, und ihren ſonſtigen Druck auf die im kleinen Bek-
ken enthaltenen Eingeweide abhaͤlt oder doch mindert.
Ein Blick in die Oſteologia comparata zeigt
dies aufs unverkennbarſte. Bey allen vierfuͤßigen
Saͤugethieren iſt das Becken im Verhaͤltniß laͤnglich-
ter, ſchmaler, koniſcher, mit den Huͤften nicht ſo
weit divergirend als bey dem Menſchen. Man ſehe
z. B. die Abbildungen der Becken an den verſchiede-
nen Arten von Orangutangs bey Tyſon a. a. O.
Fig. 5. und in Prof. Campers natuurkundige Verhan-
delingen, Taf. 3. Fig. 7.
Am koyteriſchen Affengerippe (bey ſeiner Ana-
logia oſſium humanorum ſimiae et verae et caudatae,
atque vulpis) taugt hingegen das Becken gerade
nichts, da die ungenannten Beine durch ein ſeltſa-
mes
[237] mes Verſehen bey der Zuſammenſetzung voͤllig ver-
kehrt geſtellt worden, mit den Huͤftbeinen nach un-
ten, mit den Sitzbeinen nach oben u. ſ. w.
Uiber die mannichfaltigen beſondern Verſchie-
denheiten im Baue des Beckens bey den Saͤugthieren
und bey den Voͤgeln vergleiche man die zahlreichen
und uͤberaus genauen Abbildungen bey Koyter an
ſeiner Ausgabe von Fallopii lectionibus de partibus
ſimilaribus und in Johann Daniel Meyer Vorſtel-
lung allerhand Thiere nebſt ihren Skeletten.
§. 7. S. 26.
Ferner haͤngt von der benannten u. ſ. w.
Wenn wir die Lage der innerlichen Geburtstheile im
Becken im ungeſchwaͤngerten Zuſtande betrachten, ſo
finden wir, daß ſich die Lage deſſelben nach der
Achſe des Beckens richtet. Folglich werden ſie in
dem beſchwaͤngerten Zuſtande nach dieſer in die Hoͤhe
ſteigen und die aͤußerlichen Bedeckungen des Unter-
leibes vorwaͤrts draͤngen muͤſſen. S. mit mehrerem
hieruͤber Sommer uͤber die Axe des weiblichen
Beckens, Weiſſenfels 1797.
Was uͤbrigens die Eigenthuͤmlichkeit der Weiber
menſchlicher Gattung, daß ſie den Urin nicht wie die
uͤbrigen Thierweibchen hinten auslaſſen, betrift, ſo
darf man nur, um ſich uͤber dieſe Einrichtung voͤllig
ſicher zu ſetzen, die hierher gehoͤrigen Abſchnitte aus
den Anfangsgruͤnden der Phyſiologie des Herrn
Verfaſſers nachleſen.
§. 9.
[238]
§. 9. S. 30.
Der Menſch ein zweyhaͤndiges Thier. Ich
kann nicht umhin, die ganze Stelle auf welche ſich
der Herr Verfaſſer in dieſem §. bezieht, hier noch
mitzutheilen. „Der Menſch iſt das weiſeſte unter
„allen Thieren, aber ſeine Haͤnde ſind auch Werk-
„zeuge, wie ſie einem weiſen Geſchoͤpf zukommen.
„Zwar iſt er nicht, wie Anaxagoras meint, das
„weiſeſte Thier, weil er Haͤnde hat, ſondern er
„hat, wie Ariſtoteles richtig urtheilt, Haͤude, weil
„er das weiſeſte Thier ſeyn ſollte. Denn nicht die
„Haͤnde, ſondern die Vernunft haben den Menſchen
„die Kuͤnſte gelehrt; jene ſind aber die beſten Werk-
„zeuge, womit man ſie uͤben kann.“ Galenus de
uſu partium B. 1. Cap. 3. Sonderbar ſtimmt mit
dieſer vernuͤnftigen Meinung eine andere von Mos-
kati. Dieſer Paradoxen Freund glaubt, daß die
Menſchen, wenn ſie auch auf Vieren gingen, alles
dies verrichten wuͤrden, weil es wohl eher Men-
ſchen gegeben, die, bey verſtuͤmmelten Haͤnden,
oder in Ermangelung der Aerme, mit den Fuͤßen
geſchrieben, genaͤhet und andere kuͤnſtliche Sachen
verrichtet haben. Dieſe Meinung ſcheint mir gerade
ſo viel werth als jene, wo man, trotz den uͤberzeu-
genden Gruͤnden des Herrn Hofrath Blumenbachs,
und gegen den Augenſchein, nicht annehmen wollte,
daß die Affen vierhaͤndige Thiere ſeyen, weil —
Herr Hofrath Blumenbach darinnen ſich ſelbſt wi-
derſpraͤche, indem er bey dem Lemur tardigradus
von Hinterfuͤßen deſſelben redet.
§. 11.
[239]
§. 11. S. 32. fgg.
Es duͤrfte vielleicht nicht unnoͤthig ſeyn, uͤber
die Zaͤhne etwas beſonders anzumerken, zumal da
Linné und viele andere, von ihnen den Grund zur
Klaſſifikation der Thiere nahmen.
„Die Schneidezaͤhne haben bey den Menſchen
meiſelartige Kronen und duͤnne einfache Wurzeln.
Dies iſt um ſo nothwendiger hier anzufuͤhren, weil
ſich in der Anzahl, Bildung und Richtung dieſer
Klaſſe von Zaͤhnen bey den verſchiedenen Geſchlech-
tern der Saͤugethiere, nach der Erforderniß ihrer
Lebensart und Lebensmittel, mannichfaltige Ver-
ſchiedenheit zeigt. Bey den Raubthieren z. E. ſind
ihrer gewoͤhnlich ſechs in jedem Kiefer mit ausgezack-
ten Kronen, die wie Zangen feſt auf einander grei-
fen. Die Eichhoͤrnchen, Hamſter, Ratten, Maͤuſe
und aͤhnliche Thiere; aber auch die Stachelſchweine,
der Biber und andere mehr, haben nur ein Paar
Schneidezaͤhne in einem jeden Kiefer mit uͤberaus
ſcharfen meiſelartigen Schneiden; das untere Paar
hat faſt eine pfriemenfoͤrmige Geſtalt, und zu der
großen Kraft, die es beym Nagen an den Waͤnden
anwenden muß, ganz außerordentlich lange Wur-
zeln, die z. B. bey der gemeinen Hausmaus die
ganze Laͤnge des Unterkiefers haben.
Die Eckzaͤhne haben koniſche, ſtumpf zugeſpitz-
te, uͤberaus robuſte Kronen, einfache, ſtarke, ſeit-
waͤrts zuſammengedruͤckte Wurzeln. Auch die Eck-
zaͤhne fehlen manchen Saͤugethieren gaͤnzlich, wie
den Maͤuſen und andern nagenden Thieren; oder ſie
ſind
[240] ſind doch ſehr klein, wie beym Pferd. Von anſehn-
licher Groͤße und ausnehmender Staͤrke ſind ſie bey
den reiſſenden Thieren; aber auch bey den mehreſten
Affen. Der Baͤr und Dachs haben hinter den gro-
ßen Eckzaͤhnen in beyden Kiefern noch einige ganz
kleine von ſonderbarer Bildung. Der Backenzaͤhne
ſind fuͤnf hintereinander, wovon die beyden vordern
kleinere Kronen mit einer meiſt halbmondfoͤrmigen
Grube haben, da die drey hintern hingegen breite,
mehrentheils auf der Oberflaͤche mit einer Kreuzfurche
durchſchnittene Kronen mit ſtumpfen Ecken haben.
Die Backenzaͤhne der Saͤugthiere zeigen, zumal in
Bildung ihrer Kronen, uͤberaus viel merkwuͤrdige Ver-
ſchiedenheiten, die den Nahrungsmitteln, zu denen
ſie beſtimmt ſind, aufs genaueſte angemeſſen ſind.
Bey den reiſſenden Thieren, zumal aus dem Hund-
und Katzengeſchlecht, ſind ſie ſcharf zugeſpitzt, ſchnei-
dend ausgezackt, und die untern gleiten im Kauen
dicht hinter den obern vorbey, faſt wie die beyden
Blaͤtter einer Scheere, wodurch das rohe Fleiſch,
zaͤhe Sehnen u. ſ. w. gleichſam zerſchnitten werden.
— Der Baͤr, der ſich aus beyden Reichen naͤhrt,
hat ſchon breitere Kronen, deren Zacken mehr gerade
auf einander ſchließen.
Auch die Menſchenaͤhnlichſten Affen haben doch
weit ſcharfzackigtere Zaͤhne als der Menſch. Bl.
Kuͤrze des Unterkiefers. Nur der Elephant
macht unter allen Thieren eine Ausnahme, denn
deſſen Unterkiefer iſt wenigſtens eben ſo kurz als der
menſchliche. Ausnehmend groß iſt er hingegen ſchon
bey
[241] bey den Affen; ſelbſt bey einigen der Menſchenaͤhn-
lichſten. Bl.
Die beyden Gelenkknoͤpfe (condyli) ſind ein
Paar rundliche aber flachgedruckte Koͤpfe, die auf
einem engern Halſe aufſtehen, und in die Breite
von auſſen nach innen und zugleich in etwas nach
hinten gerichtet ſind, ſo daß ſie nicht in gleicher Li-
nie neben einander, ſondern von vorn nach hinten
ſtumpf convergirend laufen. Mittelſt des proceſſus
condyloideus iſt der ganze Unterkiefer mit dem
Schaͤdel eingelenkt. Von der verſchiedenen Bildung
der condylorum bey den Thieren haͤngt die eben ſo
verſchiedene Beweglichkeit ihrer Kinnladen ab. Bey
rundlichen Knoͤpfen bewegt er ſich wie in einer Nuß
(arthrodia) und folglich iſt ihm eine vielſeitige Be-
wegung geſtattet. Sehr breit in die Quere laufende
hingegen bilden gleichſam ein Gewinde(charniere,
ginglymus), und haben mithin eine weit einge-
ſchraͤnktere, beſtimmtere, einſeitigere Einlenkung.
Jenes iſt der Fall bey vielen Gras freſſenden Thie-
ren, beſonders beym Elephanten u. a. dieſes hin-
gegen bey den Raubthieren; auch bey dem Marder,
Iltis u. ſ. w. Bl.
Dies waͤre die aͤußere Beſchaffenheit des Men-
ſchen, wonach der Menſch Erectus bimanus; men-
to prominulo; dentibus aequaliter approximatis;
inciſoribus inferioribus erectis iſt. Man wird
leicht finden, daß der Herr Verfaſſer in dieſem letz-
ten Zuſatze einen Charakter der Humanitaͤt angegeben
hat, wodurch ſich der Menſch von den noch ſo men-
Verſch. des M. Qſchen-
[242] ſchenaͤhnlichen Affen, und uͤberhaupt von allen
Saͤugethieren, auszeichnet. Dagegen hat er einen
andern, welcher noch in der vierten Ausgabe ſeines
Handbuchs der Naturgeſchichte ſteht, weggelaſſen.
Dort beſchreibt er naͤmlich den Menſchen alſo: homo
Animal erectum, bimanum, inerme, rationale,
loquens.
Dentes primores inciſores ſupra et infra quatuor.
Laniarii longitudine reliquis aequales approximati.
Man ſieht leicht, daß es das inerme iſt, was
ich meine, und ich trage deshalb um ſo weniger Be-
denken, die ſonſt hieruͤber geaͤußerte Meinung des
Herrn Verfaſſers beyzufuͤgen.
„Außer der aufrechten Stellung aber und den
„beyden Haͤnden, — ſagt er, — haben wir auch
„noch einiges andere zu betrachten, welches dem
„Menſchengeſchlechte ebenfalls eigenthuͤmlich zuzu-
„gehoͤren ſcheint. Unter allen Thieren iſt allein der
„Menſch waffenlos und nackt auf die Welt geſetzt
„worden. Ihm iſt weder Zahn noch Horn, weder
„Klaue noch Bedeckung, oder rauches Fell, gege-
„ben. Der Einwurf, den man vielleicht dagegen
„machen koͤnnte, daß es auch Thiere gebe, denen
„alles dieſes mangelt, iſt nicht giltig; denn immer
„trift man doch etwas an ihnen, was zu ihrer Ret-
„tung dient 1). Der Menſch aber hat entweder
„dieſes alles gar oder groͤßtentheils nicht. Er iſt
„faſt unbehaart, da hingegen die Quadrupeden,
„welche ihre Ruͤcken dem freyen Himmel und der
„Witterung entgegen tragen, mit rauchem Felle
„oder
[243] „oder dickerer Haut, Schildern, Schuppen oder
„Stacheln bewaffnet ſind. Nur an wenig Gegen-
„den des Leibes hat der Menſch Haare, der Ruͤcken
„aber iſt ganz kahl, was in der That einen neuen
„Beweis fuͤr den aufrechten Gang des Menſchen
„abgiebt. Seine Zaͤhne ſtehen einander gleicher,
„ſind runder, ebener, und mit einem Worte ſo ge-
„baut, daß man auf den erſten Hinblick einſehen
„muß, ſie ſeyen dem Menſchen zum Kauen, und
„gewiſſermaßen zur Rede, keinesweges aber als
„Waffen gegeben 2). Selbſt die Zaͤhne der Affen
„weichen von den menſchlichen ſehr ab; ihre Hunds-
„zaͤhne ſind laͤnger, ſpitziger, und von den benach-
„barten mehr entfernt; die Backenzaͤhne aber tief
„eingeſchnitten und aͤußerſt ſcharfzackigt. Aber
„außer den Zaͤhnen zeigt auch der enge, mit Lippen
„verzierte Mund, wodurch er ſich ebenfalls von den
„Affen und andern aͤhnlichen Thieren unterſcheidet,
„der Menſch ſey ein friedliches, waffenloſes Ge-
„ſchoͤpf 3).“
Ich wundere mich um ſo mehr, daß der Herr
Verfaſſer den Grund, warum er dieſen Charakter
weglaͤßt, nicht angefuͤhrt hat, da er mir doch immer
wegen ſeiner Konſequenz, die in Euſtachs Worten
Q 2kuͤrz-
[244] kuͤrzlich aber vollſtaͤndig angegeben iſt, wichtig zu
ſeyn ſcheint. Man kann mit mehrerem hieruͤber
nachſehen:
- Herders Ideen zur Philoſophie der Geſchich-
te der Menſchheit. 1. Bd. S. 218.
§. 14. S. 36.
Das Fleiſchfell oder der Hautmuſkel (panni-
culus carnoſus ſeu muſculus ſubcutaneus) wurde
ſonſt von vielen als die vierte gemeinſame Bedeckung
des Koͤrpers beſchrieben. Er beſteht aus einer muſku-
loͤſen Haut zwiſchen dem Felle und Fette, allein er iſt
nur bey den Thieren, nicht bey den Menſchen anzu-
treffen. Vermittelſt ſelner erſchuͤttern ſie das Fell,
und verſcheuchen ſo die Inſekten.
Das Wundernetz: ein netzfoͤrmiges Geflecht
von Gefaͤßen, liegt neben der Schleimdruͤſe der Naſe
unter der dura mater, und Ruyſch, welcher es erſt
beſchrieben und abgebildet hatte, zaͤhlte es nachher
unter die Fabeln. S. Adverſar. anatom. II. S. 45.
Nach Willich dient es ſolchen Thieren, deren Kopf
niederwaͤrts haͤngt, den zu heftigen und ſchnellen
Lauf des Gebluͤtes in das Gehirn aufzuhalten.
Was der Aufhaͤngemuſkel des Auges ſey, zeigt
ſchon ſein Name, ſo wie die Ermangelung deſſelben,
daß der Menſch wohl ſchwerlich zum Gange auf Vieren
beſtimmt ſey, denn er dient den Quadrupeden das
Auge zu erheben, wenn ſie uͤber ſich blicken wollen.
Die innere Augendecke (membrana nictitans,
Nickhaut) iſt eine dreyſeitige Haut, die ſich uͤber
den
[245] den Augenſtern zieht. Die eine Seite derſelben iſt
in dem innern Augenwinkel deſſelben, an die harte
Haut des Augapfels befeſtiget; der gegenuͤberſtehen-
de Zipfel haͤngt mit einem langen duͤnnen Muſkel zu-
ſammen, der an dem Augapfel hinterwaͤrts um den
Sehnerven in einen Winkel herumlaͤuft, und mit
dem breitern Ende ſich in die harte Haut neben dem
innern Augenwinkel einfuͤgt. Dieſer Muſkel geht
durch ein Loch in dem Ende eines kuͤrzern Muſkels,
der von dem andern Augenwinkel, von der Hinter-
ſeite des Augenballes, bis nahe an den Sehnerven
ſich hin erſtreckt, gleichſam als uͤber eine Rolle.
Wenn nun beyde Muſkeln ſich verkuͤrzen, ſo wird
die Nickhaut uͤber den Augenſtern, nach dem aͤußern
Augenwinkel, hingezogen; laſſen ſie nach, ſo zieht
ſich die Nickhaut, durch die Schnellkraft ihrer eige-
nen Fibern, wieder zuruͤck. Jene Verbindung
zweyer Muſkeln war noͤthig, weil ein Muſkel ſich
nur nach Verhaͤltniß ſeiner Laͤnge verkuͤrzen kann,
ein gerade ausgeſpannter einzelner Muſkel hier aber
nicht lang genug geweſen waͤre. Die Nickhaut dient
die Augen der Voͤgel fuͤr Staub zu bewahren, und
gegen das blendende Sonnenlicht zu ſchuͤtzen, ohne
ihm alles Licht zu nehmen, da ſie doch duͤnn genug
iſt, daß die Voͤgel dadurch etwas unterſcheiden koͤn-
nen. Zugleich dient ſie die vordere durchſichtige
Haut im Auge feucht und geſchmeidig zu erhalten,
da aus der Thraͤnendruͤſe ein Ausfuͤhrungsgang bis
in die Mitte der Nickhaut geht, ſo daß ſie bey der
Bewegung derſelben das Auge reinigt und erfriſcht.
Die meiſten vierfuͤßigen Thiere haben auch eine Nick-
haut. Das menſchliche Auge wuͤrde durch eine ſolche
Decke
[246] Decke alle Kraft des Ausdrucks verlohren haben;
auch kann der Menſch ſeinen Augen mit den Haͤnden
und mit Waſſer zu Huͤlfe kommen. Kluͤgel Ency-
clopaͤdie Th. 1. S. 290. fgg. An einigen habe ich
nur ſchwache Spuren davon vorgefunden, wie an
dem Mongus. An den gemeinen Affen iſt ſie ſehr
klein. Erſte Ausgabe S. 34. N. a).
„Der Aufhaͤngemuſkel des Auges iſt faſt allen
„Quadrupeden 1) eigenthuͤmlich, ſo wie das Spann-
„aderband des Halſes, welches bloß dem Men-
„ſchen und Affen fehlt. Dieſer weiſſe und ſehnigte
„Theil, welcher bey den unſrigen unter dem Namen
„Haarwachs bekannt iſt, und welchen die Englaͤn-
„der Paxwax, Taxwax, Fixfax, und Whitelea-
„ther nennen, dient den Quadrupeden darzu, daß
„ſie Kopf und Hals aufrecht halten. Wiewohl es
„nun dem Menſchen und Affen zugleich mangelt, ſo
„folgt doch keineswegs daraus, daß dieſe letztern
„auch aufrecht gehen muͤſſen, da bey dieſen eine ſehr
„artige Struktur der Halswirbel, bey dem Men-
„ſchen aber blos der zweyfuͤßige Gang den Mangel
„dieſes Bandes erſetzt. Alles beruht auf dieſen
„Halswirbeln, und aus der Vergleichung dieſer
„Knochen in dem Gerippe des Menſchen und Affen
„ſieht man ſehr wohl, warum ich die ganze Zuſam-
„menfuͤgung der Halswirbel dieſes Pavians (man-
„dril, maimon) habe abzeichnen laſſen (Taf. 3.
„Fig. 3.) weil ſein Beyſpiel die Sache am klarſten
„macht, da er niemals auf zwey Fuͤßen geht. Von
„den Menſchen iſt der fuͤnfte und ſechſte Halswirbel
„beygefuͤgt (Fig. 4.). Dieſe ſind parallel, flach
„und
[247] „und diskusfoͤrmig, da ſie hingegen bey den Affen
„wie ſchuppigte Fortſaͤtze abſchuͤſſig auf die erſtern
„herunter gehen, und Dachkegelfoͤrmig uͤbereinan-
„der liegen.
Das Schneidezahnloch (foramen inciſivum)
iſt in dem vordern Theile des Zahnhoͤhlenrandes und
in dem Theile des Randes, welcher den Schneide-
zaͤhnen gegenuͤber ſteht, befindlich. Bey Erwach-
ſenen fehlt es oͤfters, allein bey jungen Leuten befin-
den ſie ſich faſt beſtaͤndig. Sie ſind ſehr klein.
Bertin. Traité d’ oſteologie. Vol. II. S. 231.
Halleri icon. anat. Faſc. II. S. 12. not. y.
§. 15. S. 38.
Zu dieſem § habe ich bloß die Bemerkung beyzu-
fuͤgen, daß das os intermaxillare ſehr viel zur Ver-
laͤngerung der hervorſtehenden Schnauze beytraͤgt,
die das thieriſche Profil ſo ſehr von dem menſchlichen
auszeichnet. — Eine Abbildung dieſes Knochens
in dem Schaͤdel eines Mandril ſiehe Taf. 3. Fig. 2.
Man kann uͤbrigens mit dem, was der Herr Verfaſ-
ſer hier uͤber dieſes merkwuͤrdige Bein ſagt, Herrn
Hofrath Loders Bericht vergleichen. S. deſſen ana-
tomiſches Handbuch Bd. 1. S. 85. fgg.
§. 16. S. 43. fgg.
Der Menſch hat die groͤßte Gehirnmaſſe.
Die vergleichende Anatomie liefert uns hieruͤber ſehr
ſchoͤne
[248] ſchoͤne Beyſpiele. In einem Menſchen von hundert
Pfund Gewicht haͤlt das Gehirn vier Pfunde; hin-
gegen in einem Ochſen von acht bis neunhundert
Pfund, haͤlt das Gehirn nur ein Pfund. Das Ge-
hirn iſt daher beym Menſchen der fuͤnfundzwanzigſte
Theil ſeiner Maſſe; beym Ochſen iſt es nur der acht
oder neunhundertſte Theil. Ein Hund von dreyzehen
Pfund Schwere hat nur etwas uͤber zwey Unzen Ge-
hirn. Im Haaſen iſt das Gehirn nicht einmal der
zweyhundertſte Theil vom Gewicht ſeiner ganzen
Maſſe. Juzwiſchen giebt es hierbey einige merk-
wuͤrdige Ausnahmen. Denn der Delphin ſcheint
verhaͤltnißmaͤßig eben ſo viel Gehirn, als der Menſch
zu haben, und bey den Seekaͤlbern iſt daſſelbe, in
Proportion ihrer ganzen Maſſe, noch groͤßer als im
Menſchen gefunden worden. S. Bonnet in ſeinen
Betrachtungen uͤber die Natur. Th. 1.
Waͤre es nun der Fall, wie man hieraus fol-
gerte, daß der Menſch das kluͤgſte Geſchoͤpf waͤre,
weil er die groͤßte Gehirnmaſſe habe, ſo folgte hier-
aus offenbar, daß der Delphin, wo nicht kluͤger,
doch eben ſo klug ſeyn muͤßte, als der Menſch. Und
der Schwierigkeiten dieſer Art fanden ſich mehrere.
Wie nun ſie heben? Wir wollen hieruͤber Herrn Hof-
rath Soͤmmering, welcher durch ſeinen Scharfſinn
ſie zuerſt bey Seite ſchafte, ſelbſt hoͤren. „Man
„vermuthete ſonſt, — ſagt er, — oder nahm
„auch wohl geradezu an, der Menſch habe das
„groͤßte Gehirn. Wie bewies man aber dieſes?
„Man wog das Gehirn und den Koͤrper der Men-
„ſchen, und eben ſo der gemeinſten Hausthiere: ſo
„weit
[249] „weit hielt nun dieſer Satz noch ziemlich die Probe.
„Allein Phyſiologen, die weiter gingen, und dieſen
„Satz durch mehrere Thiergeſchlechter genauer be-
„ſtimmen wollten, kamen in nicht geringe Verle-
„genheit, wenn ſie fanden, daß z. B. die Voͤgel
„in der Proportion des Gewichts ihres Gehirns,
„verglichen mit dem Gewicht ihrer Koͤrper, gar
„weit den Menſchen uͤbertrafen. Auch die Delphine,
„Seehunde, und noch mehr die kleinen Saͤugethiere
„als Maͤuſe, Eichhoͤrnchen u. ſ. w. ſchienen fuͤr ih-
„ren kleinen Koͤrper ein ungeheuer groß Gehirn zu
„beſitzen. Dieſe Schwierigkeit machte, daß auch
„Herder drey tuͤchtige Urſachen hinſtellt, weshalb
„dies Waͤgen keine reinen Reſultate geben kann,
„welche bey ihm nachzuſehen ſind. S. Ideen zur
Ph. der G. d. M. S. 191. Th. 1.
„Mit Genauigkeit, Sorgfalt und Nutzungen
„gluͤcklicher Gelegenheiten, angeſtellte Vergleichung
„der Gehirne aus verſchiedenen Thierklaſſen, fuͤhr-
„ten mich aber am Ende auf den ſehr wichtigen, von
„mir zuerſt entdeckten, Hauptſatz: daß der Menſch
„beym groͤßten Gehirn die kleinſten Nerven habe;
„oder daß man nur in Ruͤckſicht der Vergleichung
„des Gehirns mit ſeinen Nerven ſagen koͤnne,
„der Menſch habe das groͤßte Gehirn.“
- S. Soͤmmering uͤber die koͤrperliche Verſchie-
denheit des Negers vom Europaͤer. Der-
ſelbe uͤber Hirn- und Ruͤckenmark, Maynz
1788. Deſſelben Nervenlehre, Frft. a. M. 1791.
Aus dieſer ſchoͤnen Bemerkung entſpringt die
Eintheilung des Herrn Hofrath Blumenbachs von
den
[250] den thieriſchen Verrichtungen des menſchlichen Koͤr-
pers. Die Werkzeuge derſelben, als: das große
und kleine Gehirn, das daran haͤngende Ruͤckenmark,
und die aus dieſer dreyfachen Quelle entſpringenden
Nerven, theilt er in zwey Hauptklaſſen ein, in das
Senſorium, und die Nerven. Das Senſorium
begreift alles dasjenige, was außer den Nerven und
ihren erſten Anfaͤngen zum Nervenſyſtem gehoͤrt und
wodurch die Verrichtungen der Nerven mit unſerm
Seelenvermoͤgen verknuͤpft zu ſeyn ſcheinen. S.
Blumenbachs Phyſiologie, 15. Abſchn.
Alſo nicht blos in der Groͤße der Gehirnmaſſe
beſteht der Vorzug des Menſchen vor dem Thiere,
ſondern hauptſaͤchlich darin, daß er in Vergleichung
mit der Hirnmaſſe ſehr duͤnne Nerven hat. Je ſtaͤr-
kere Nerven zur Empfindbarkeit aus dem Hirnmarke
auslaufen, deſto ſtumpfer finden wir die Vorſtel-
lungskraft der Thiere.
Hoͤchſt wahrſcheinlich duͤrfte es aber auch man-
chem nicht unangenehm ſeyn, hier noch den Unter-
ſchied zwiſchen der Bildung der inneren Theile von
dem Gehirn eines Menſchen und Menſchenaͤhnlichen
Affen zu finden, und dieſes wird am fuͤglichſten mit
den eigenen Worten des Herrn Verf. ſelbſt geſchehen.
„Da — ſagt er — das Gehirn als das aͤdelſte
„Eingeweide des thieriſchen Koͤrpers, unzaͤhlicher
„leicht begreiflicher Urſachen halber, vor allen uͤbri-
„gen Theilen die groͤßte Aufmerkſamkeit verdient; ſo
„haben ſich die groͤßten Maͤnner 1) mit der verglei-
„chenden Anatomie derſelben aͤmſig beſchaͤftigt, und
„alle
[251] „alle, welche zu aͤhnlicher Arbeit Gelegenheit haben
„moͤchten, ebenfalls dazu ermuntert 2). Dieſer
„Erinnerung eingedenk, habe ich auch, als ich im
„vorigen Winter (1775) Gelegenheit hatte, Affen
„von mehrern Geſchlechtern zu ſeciren, vor allem
„meine Aufmerkſamkeit auf die Gehirne derſelben
„gerichtet. Ich will hier die Beſchreibung von dem
„Gehirne eines Pavians, des Mandril, beyfuͤgen.
„Bey dem großen Hinterhauptsloche abgeſchnitten,
„und aus dem Schaͤdel herausgenommen, wog es
„drey Unzen und eine Drachme; das ganze uͤbrige
„Cadaver des Affen aber acht und ein halbes Pfund.
„Die Hauptſtuͤcke, in denen die Baſis deſſelben von
„der Struktur des menſchlichen abweicht, ſind fol-
„gende: die vordern Gehirnlappen ſind faſt ganz
„verwachſen. Das Hirnlein iſt im Verhaͤltniß des
„Gehirns ziemlich groß, und groͤßer als in der
„Pygmie. Die Varolſche Bruͤcke iſt durch gar
„keine Spalte von dem verlaͤngerten Ruͤckenmarke
„abgeſondert, ſondern laͤuft immer ununterbrochen
„mit demſelben hinab. Von den Pyramidalkoͤrpern
„und den ovalen Erhabenheiten iſt, wie bey der
„Pygmie, auch nicht eine Spur vorhanden. Das
„Ruͤckenmark ſelbſt iſt weit dicker als in dem Men-
„ſchen oder der Pygmie. Das zweyte Nervenpaar,
„das in eine große Maſſe zuſammen verwachſen iſt,
„theilt ſich wieder bey dem Eintritte in die Augen-
„hoͤhlen. Das Wundernetz iſt nicht vorhanden.“
Stein-
[252]
Steinchen der Zirbeldruͤſe. Entweder auf,
oder ſelbſt in den markichten Leiſtgen, alſo vor dem
Zirbelkoͤrper, oder auch in der Subſtanz dieſes Zir-
belkoͤrpers ſelbſt, habe ich nun der Reihe nach in
achtundſiebenzig Koͤrpern allemal ohnausbleiblich, ſo
wie auch andere Zergliederer fuͤr gewoͤhnlich eigen be-
ſchaffne Steinchen gefunden; ſie liegen mehrentheils
vor dem Zirbelkoͤrper in einem Haͤufchen beyſammen,
ſind Citronengelb und halb durchſichtig, werden aber
durchs trocknen weißlicher und undurchſichtiger, und
ich trage kein Bedenken, ſie wegen ihres beſtaͤndigen
Daſeyns und immer gleichen Anſehens als zum na-
tuͤrlichen Bau des Gehirns gehoͤrig anzuſehen. S.
Soͤmmering uͤber Hirn und Ruͤckenmark S. 94.
95. und das Kupfer in Noͤthigs Diſſertation de de-
cuſſatione nervorum.
Was die Gebaͤrmutter und die Nachgeburt
betrift, ſo ſiehe hieruͤber Blumenbachs Phyſiolo-
gie Abſch. 41. von den weiblichen Geſchlechtsver-
richtungen.
In eben dem Werke ſiehe uͤber das Nabelblaͤs-
chen den 47ſten Abſch. Von dem Unterſchiede des
neugebornen und ungebornen Kindes, und das
Kupfer in Blumenbachs ſpecimen phyſiologiae com-
puratae inter animantia calidi ſanguinis vivipara
et ovipara, wo der Herr Verf. S. 12. ſagt: „Es
ſey wahrſcheinlich, daß dieſes Blaͤschen ebenfalls
wie die Dotterhaut zur erſten Nahrung des gallertar-
tigen Embrio beytrage, bevor er ſo groß geworden,
daß ſchon das Blut der Mutter zu ſeiner Nahrung
dienen koͤnne.“
§. 17.
[253]
§. 17. S. 45.
In dieſem § ſpricht der Herr Verfaſſer von den
Kraͤften in der animaliſchen Oekonomie, deren er an
einem andern Orte fuͤnf aufzaͤhlt, als 1) Contrak-
tilitaͤt, 2) Hallers Reizbarkeit, oder Muſkelkraft,
3) Empfindbarkeit, welche drey er unter der Be-
nennung der gemeinſchaftlichen Lebenskraͤfte begreift.
Hierauf folgt 4) das beſondere Leben, worunter er
diejenigen Kraͤfte verſteht, welche man an einzelnen,
zu einzelnen Berrichtungen beſtimmten Organen,
wahrnimmt. Und endlich 5) den Bildungstrieb.
Hier haben wir es beſonders mit der Contraktilitaͤt
oder Zuſammenziehbarkeit zu thun. Sie zeigt ſich
an dem ganzen Koͤrper, ſo weit er aus Zellgewebe
beſteht. Wenn wir nun auch nicht mit Platnern
annehmen, daß alle feſten Theile gaͤnzlich aus ihm
beſtehen, wiewohl ſeine Meinung die hoͤchſte Wahr-
ſcheinlichkeit fuͤr ſich hat, ſo haͤngen doch alle Theile
des Koͤrpers, mittelſt deſſelben zuſammen und es iſt
aufs innigſte zwiſchen dieſelben verwebt, macht alſo
gleichſam die Grundlage des thieriſchen Koͤrpers aus,
und ſo beſteht durch daſſelbe zwiſchen allen, auch
den verſchiedenſten und von einander entfernteſten,
Theilen des Koͤrpers ein gemeinſchaftlicher Zuſam-
menhang. Hieraus folgt denn, wie weit dieſe Kraft
in dem Koͤrper ſich aͤußern koͤnne. Auf ihr, ſagt
der Herr [Verfaſſer] in ſeiner Phyſiologie, beruht
hauptſaͤchlich die Staͤrke und Geſundheit des menſch-
lichen Koͤrpers, denn um nur ein Beyſpiel anzufuͤh-
ren, ſo ſaugt das Zellgewebe in dem geſunden Koͤrper
die ausgedunſteten Feuchtigkeiten wie ein Schwamm
ein, und treibt ſie, eben vermoͤge der Contraktilitaͤt,
in
[254] in die lymphatiſchen Gefaͤße fort; da es hingegen im
kranken erſchlaften Zuſtande mit ſtockender Feuchtig-
keit angefuͤllt, die Veranlaſſung zu Waſſergeſchwuͤl-
ſten und anderem der Art mehr giebt. Da nun dieſe
Contraktilitaͤt des Zellgewebes uͤber den ganzen Koͤr-
per geht, ſo ſieht man ihren Einfluß auf die uͤbrigen
Lebenskraͤfte gar bald ein.
Dieſes bisher geſagte macht mir es unnoͤthig,
weiter etwas beyzufuͤgen, denn man ſieht deutlich
daraus ein, wie es moͤglich ſey, daß der Menſch,
eben vermoͤge dieſer Kraft des Zellgewebes, leichter
als jedes andere Saͤugethier, bey denen allen es bey
weitem nicht ſo nachgiebig iſt, unter jedem Him-
melsſtriche leben koͤnne.
Was Stahl ſich eigentlich unter ſeinem Tonus
(Spannung) dachte, ſ. Stahl de motu tonico vitali,
Halle 1702. 4.
§. 18. S. 49 bis 52.
Zu der in dieſem § abgehandelten Materie ge-
hoͤrt noch, daß der Menſch außer dem Begattungs-
triebe wenig Spuren von Inſtinkt, von Kunſttrieben
aber ganz und gar keine zeigt. Die Stelle, wo
dieſes in den fruͤhern Ausgaben dieſes Werks abge-
handelt wird, iſt zu ſchoͤn, um ſie hier nicht ganz
beyzufuͤgen.
„Demnach (heißt es) waͤre das Menſchenge-
„ſchlecht elend daran, wenn nicht der Gebrauch der
„Vernunft es fuͤr Schaden ſicherte, welche den
„uͤbrigen Thieren gaͤnzlich fehlt. Der Inſtinkt bleibt
„ſich immer gleich, wird durch Kultur nicht beſſer,
„und
[255] „und iſt bey dem Thiere in zarteſter Jugend nicht
„geringer oder ſchwaͤcher, als wenn es erwachſen
„iſt. Die Vernunft hingegen gleicht einem Keime,
„der nur in dem Verfolg der Zeit, durch Hinzukunft
„des geſellſchaftlichen Lebens und anderer aͤußeren
„Umſtaͤnde, gleichſam entwickelt, ausgebildet, und
„zur Vollkommenheit gebracht wird. Der junge
„Stier ſpuͤrt ſeine Kraft ſchon ſo ſehr, daß er mit
„den noch nicht vorhandenen Waffen auf dich losgeht.
Losgeht der junge Stier, wenn du ihn erzuͤrnſt oder
reizeſt,
Auf dich, ehe noch ihm auf der Stirn die Hoͤrner
gekeimt ſind
„ſagt Lukrez. Woher kommt das, wenn er nicht
„ſeinen Fuͤhrer in ſich hat? Bey dem Menſchen
„zeigt ſich ſo etwas nicht. Nakt und waffenlos
„wird er geboren, [und] mit keinem Inſtinkte bewaf-
„net, haͤngt er ganz vom geſellſchaftlichen Leben,
„von der Erziehung, ab. Dieſer regt das Flaͤmm-
„chen der Vernunft allmaͤhlig an, welches am Ende
„allein den Maugel alles deſſen, wodurch das Thier
„beſſer daran zu ſeyn ſchien, als der Menſch, gluͤck-
„lich verguͤtet. Der Menſch unter Thieren erzogen,
„des menſchlichen Umgangs beraubt, wird wild:
„nie aber ereignet ſich das Gegentheil bey Thieren,
„wenn ſie unter Menſchen leben. Weder Biber
„noch Seehunde, die in Geſellſchaft leben, noch
„die Hausthiere, welche immer um uns ſind, wer-
„den je Vernunft erlangen. *)“
„Hier-
[256]
„Hieraus erhellt auch der Unterſchied zwiſchen
„Stimme (vox) und Sprache (loquela). Blos
„dem Menſchen koͤnnen wir Sprache, oder die
„Stimme der Vernunft, den Thieren nichts als die
„Stimme der Affekten zuſchreiben. Der Geiſt des
„Menſchen, wenn er im Verlauf der Zeit ſeine Ver-
„nunft entwickelt, ſtrebt mit den Ideen Toͤne zu
„verbinden. Kinder belegen im zarteſten Alter Per-
„ſonen, die ihnen lieb ſind, mit Namen, aber nie
„noch hat dieſes ein Thier gethan, obſchon es ſeinen
„Herrn, und andere die zum Hauſe gehoͤren, ſehr
„gut kennt. Alles was alte Reiſebeſchreiber von
„von den Sprachen gewiſſer entfernter Voͤlker, wel-
„che blos unartikulirte Toͤne hervorbringen ſollen,
„geſagt haben, verdient keine Aufmerkſamkeit. Es
„iſt nur zu gewiß, daß die wildeſten Voͤlker, die
„Kalifornier, die Anwohner des Kap und andere,
„eine beſondere Mundart und eine Menge von Woͤr-
„tern haben, dahingegen die Thiere, ſie moͤgen nun
„dem Menſchen im Koͤrperbau aͤhneln, wie der
„Orangutang, oder, um mit Plinius von dem Ele-
„phanten zu ſprechen, ihm in Anſehung der Sinne
„nahe kommen, keine Sprache haben, und nur
„wenige ſehr gleichlautende Toͤne ausſtoßen. Daß
„die Sprache blos ein Werk der Vernunft ſey, er-
„hellt ſchon daraus, weil die uͤbrigen Thiere, wenn
„ſie auch dieſelben Stimmorgane haben wie der
„Menſch, doch gaͤnzlich derſelben ermangeln.“
S. 1. Ausg. S. 20. bis 22. 2. Ausg. S. 25. fgg.
Hierauf fuͤgt der Herr Verfaſſer in einer Note
noch die Bemerkung bey, daß er an den Affen das
Zaͤpfgen
[257] Zaͤpfgen und die uͤbrigen Stuͤcke dem menſchlichen
Kehldeckel ſehr aͤhnlich gefunden habe. Hierbey will
ich nur folgende Anmerkung mit Soͤmmerings Wor-
ten anfuͤgen. „Selbſt die ſich den Menſchen am
meiſten naͤhernden Affen — ſagt er — beſitzen noch
einen ſehr geraͤumigen haͤutigen Sack an ihren Stimm-
werkzeugen 1), der gleichſam den ſich formirenden
Laut verſchluckt, und ſie daher zu ſtummen Thieren
macht. Bey andern Affenarten iſt dieſer Sack ſogar
knoͤchern. So beſitze ich durch die Guͤte des Herrn
Doktor Ehrmanns zu Frankfurt das merkwuͤrdige
Zungenbein des Bruͤllaffen, das eine große Kno-
chenhoͤhle bildet. Es waͤre wohl zu verſuchen, ob
etwa durch vorſetzliche kuͤnſtliche Zerſtoͤhrung des
Sacks die Affen faͤhiger gemacht wuͤrden, auch
menſchliche Toͤne nachzuahmen.“
§. 19. S. 52.
Daß die Thiere weinen koͤnnen, iſt gewiß, da
ſie Organe dazu haben 1), die den menſchlichen zum
Theil ſehr aͤhnlich ſind. Es iſt aber die Frage, ob
ſie dies aus Betruͤbniß thun, wie einige Schriftſtel-
ler vorgeben. Von dem Lachen als einer Wirkung
der Freude iſt es noch zweifelhafter. Zwar haben
einige Thiere eine beſondere Art ihre Freude zu aͤu-
ßern, der Hund zieht zum Beyſpiel den Schwanz
ein, die Katzen ſchnurren, allein noch iſt mir keine
Beobachtung bekannt, daß ſie dabey die Geſichts-
muſkeln veraͤnderten, oder ein Gelaͤchter ausſtießen.
Ausg. 1. S. 28. 29.
Verſch. des M. R1) Ber-
[258]
§. 20. S. 54. 55.
Maſern, Paulets Erzaͤhlung, daß ein Affe die
Maſern ſoll bekommen haben, iſt zuverlaͤßig eine
Fabel. S. Berliner Sammlung. Bd. 5. S. 174.
Cretiniſmus, von dieſer Krankheit der Creti-
nen, kleiner Bloͤdſinniger mit dicken Koͤpfen und lan-
gen Armen, dergleichen ſich im Salzburgiſchen, im
Walliſer Lande, vorzuͤglich aber im Piemonteſiſchen
in Menge finden, und deren Krankheit großentheils
in einem Weichwerden der Knochen beſteht, ſ. J. F.
Ackermann uͤber die Cretinen oder Toͤlpel in den
Alpen, Gotha 1790.
Pelagra, ſ. Cerris Brief an J. P. Frank uͤber
das Pelagra, in Weigels und Kuͤhns italieniſcher
mediziniſcher Bibliothek. Bd. 2. St. 1. S. 226.
Zwey-
[259]
Zweyter Abſchnitt.
§. 23.
Es iſt eine allgemeine Klage unter den Naturge-
ſchichtſchreibern des Menſchen, daß die Begriffe von
Gattung, Art, Abart, Spielart u. ſ. w. ſo außer-
ordentlich variiren. Wie der Herr Verf. die Woͤrter
Species und genus gebraucht, wird man leicht aus
dem Contexte ſehen, und die Gruͤnde dazu kann man
in der Vorrede von der neueſten Ausgabe ſeines
Handbuchs der Naturgeſchichte nachſchlagen, wo
man ſie von Seite 7 bis 11 befriedigend finden wird.
Uebrigens weiß ich nicht, warum ſich die neuern
Naturgeſchichtſchreiber des Menſchen nicht der von
unſerm großen Kant geſetzten Beſtimmungen bedie-
nen. Ich zweifle, ob man eine beſtimmtere finden
wuͤrde. Sie iſt im kurzen folgende:
Natureintheilung in Gattungen und Arten —
ſagt er — gruͤndet ſich auf das gemeinſchaftliche
Geſetz der Fortpflanzung. Schuleintheilung geht
auf Klaſſen, welche nach Aehnlichkeiten; die Na-
tureintheilung aber auf Staͤmme, welche die Thie-
re nach Verwandſchaften in Anſehung der Erzeu-
gung eintheilt.
R 2Hier-
[260]
Hierauf theilt er nun folgende Natureinthei-
lung mit:
- Stamm
enthaͤlt unter ſich nicht Arten, denn dieſe bedeuten
Verſchiedenheit in der Abſtammung, ſondern - Abartungen
d. h. erbliche Abweichung vom Stamme. Hierauf
folgen - Nachartungen
mit erblichen Merkmalen der Abſtammung. Und
endlich - Ausartungen
ohne Merkmal der urſpruͤnglichen Stammbildung.
Den Abartungen ſubordinirt er:
- 1) Racen
d. h. diejenigen Abartungen, welche ſich ſowohl bey
allen Verpflanzungen in langen Zeugungen unter
ſich beſtaͤndig erhalten, als auch in der Vermiſchung
mit andern Abartungen deſſelbigen Stammes jeder-
zeit halbſchlaͤchtige Junge zeugen.- Anmerk. Der Ausdruck halbſchlaͤchtige Kinder
iſt bey ihm ſynonym mit Blendlinge.
- Anmerk. Der Ausdruck halbſchlaͤchtige Kinder
- 2) Spielarten
d. h. die bey allen Verpflanzungen das Unterſchei-
dende ihrer Abartung zwar beſtaͤndig erhalten, und
alſo nacharten, aber in der Vermiſchung mit andern
nicht nothwendig halbſchlaͤchtig erzeugen,
3) Beſon-
[261]
- 3) Beſondrer Schlag
d. h. welcher mit andern zwar halbſchlaͤchtig erzeugt,
aber durch die Verpflanzung nach und nach erliſcht.
Unter die Nachartungen ſubſumirt er:
- Varietaͤten
die zwar oft, aber nicht beſtaͤndig nacharten.
Endlich hat Kant auch einen
- Familienſchlag
wo ſich etwas Charakteriſtiſches endlich ſo tief in die
Zeugungskraft einwurzelt, daß es einer Spielart
nahe kommt, und ſich wie dieſe perpetuirt.
S. Kant uͤber die Menſchenracen. Was er
daruͤber im teutſchen Merkur 1788. Bd. 1. S.
48. ſagt, konnte ich nicht zu ſehen bekommen, und
eben ſo wenig habe ich noch nachleſen koͤnnen, was
Herr Girtanner hieruͤber ſagt in ſeinem Werke uͤber
das Kantiſche Prinzip fuͤr die Naturge-
ſchichte. Goͤttingen 1796.
Mit dem, was Kant hier geſagt hat, vergleiche
man G. Forſter uͤber die Menſchenracen.
Deutſcher Merkur, Bd. 2. S. 57 und 150.
Blumenbach uͤber Menſchenracen u. Schwei-
neracen. S. Lichtenbergs Magazin VI. 1. 1.
§. 32. S. 68.
Es daͤucht mich ſehr nothwendig dieſen §, der
wegen der Folgerungen, die daraus gezogen werden,
ſo wichtig iſt, hier genauer aus einander zu ſetzen.
In jedem belebten Koͤrper haben wir beſonders
auf drey Stuͤcke Ruͤckſicht zu nehmen: 1) auf ſeine
feſten, 2) ſeine fluͤſſigen Theile, und ohne welches
keine
[262] keine Einwirkung dieſer Theile ſtatt finden koͤnnte,
ſich wohl uͤberhaupt organiſirte ſelbſt wirkende Weſen
nicht wohl denken lieſſen, 3) die Lebenskraͤfte, jene
qualitates occultae, die wir blos aus ihren Wirkun-
gen kennen, ohne irgend im Stande zu ſeyn, zu
beſtimmen, was ſie eigentlich ſind, wie ſie entſtehen
oder wirken. Es giebt deren fuͤnferley Arten, die
ich jetzo nicht einzeln aufzuzaͤhlen brauche, weil ich
die Leſer auf die Anmerkung zu §. 17., wo ſie ein-
zeln aufgefuͤhrt ſind, zuruͤckweiſen kann.
Dieſe drey Stuͤcke ſind in dem ſolido vivo in
einer fortdauernden wechſelſeitigen Wirkung und Ge-
genwirkung. Die fluͤſſigen Theile wirken als eben
ſo viel Reize auf die feſten, und dieſe wirken hinwie-
derum auf die fluͤſſigen Theile, wozu der Koͤrper
durch die ihm beywohnenden Lebenskraͤfte geſchickt
gemacht wird. Vergleiche Blnmenbachs Phyſiolo-
gie Abſch. 4. 5. Deſſelben Beytraͤge zur Natur-
geſchichte Abſch. 8. Ausartung des vollkommen-
ſten aller Hausthiere, — des Menſchen. 9. Eine
hierher gehoͤrige phyſiologiſche Eigenheit des
menſchlichen Koͤrpers.
Da alſo, wie hieraus erhellt, kein lebender
Koͤrper ſelbſtthaͤtig wirken kann, außer in wiefern er
durch aͤußern Reiz dazu angeregt wird, ſo muß man
die Wichtigkeit der daraus gezogenen Folgerungen,
leicht begreifen. Verſchiedene aͤußere Reize werden
naͤmlich auch verſchieden auf den Koͤrper wirken, und
nach Modifikation derſelben wird ſich dann, was
ſich hier ſo zeigte, anderswo anders zeigen. Die
verſchie-
[263] verſchiedenen Reize, welche dazu beytragen, den
Koͤrper zu veraͤndern, ſind in den naͤchſtfolgenden
§ §. angegeben.
§. 33. S. 73.
„Selbſt die Erſcheinungen bey Zeugung der Ba-
„ſtarde widerſprechen allen Begriffen von Praͤexiſtenz
„eines praͤformirten Keims ſo ſchlechterdings, daß
„man kaum abſieht, wie bey einer reifen Erwaͤgung
„der erſtern, die letztern noch ernſtliche Vertheidiger
„haben finden koͤnnen. Mich duͤnkt, eine einzige Er-
„fahrung wie die, da Herr Koͤlreuter durch wieder-
„holte Erzeugung fruchtbarer Baſtardpflanzen, end-
„lich die eine Gattung von Tabak (Nicotiana ruſti-
„ca) ſo vollkommen in eine andere (Nicotiana pani-
„culata)verwandelt und umgeſchaffen, daß ſie nicht
„eine Spur von ihrer angeſtammten muͤtterlichen
„Bildung uͤbrig behalten hat, muͤßte doch die einge-
„nommenſten Verfechter der Evolutionstheorie von
„ihrem Vorurtheil zuruͤckbringen. Dieſer vortrefliche
„Beobachter hatte naͤmlich durch die kuͤnſtliche Be-
„fruchtung der erſten Gattung von Taback mit dem
„Blumenſtaube von der letztern, fruchtbaren Ba-
„ſtardſaamen erhalten, und hatte dann die daraus
„gezognen Pflanzen, (die in ihrer Bildung ſchon
„das Mittel zwiſchen ihren beyden Stammaͤltern
„hielten), vom neuen und mit gleichem Erfolg mit
„Blumenſtaube von der paniculata befruchtet. Da
„dies wiederum fruchtbaren Saamen, und dieſer
„wiederum Pflanzen gab, die von der muͤtterlichen
„Geſtaltung noch mehr abwichen, ſo hat er mit
„dieſen letztern den naͤmlichen Verſuch noch einmal
„wieder-
[264] „wiederholt, und ſo endlich ſechs Pflanzen erhalten,
„die ſaͤmmtlich, ihrer ganzen Bildung nach, mit
„der natuͤrlichen paniculata vollkommen uͤberein-
„ſtimmten, ohne ſich im mindeſten weiter von der-
„ſelben zu unterſcheiden, ſo daß er ſeinem klaſſiſchen
„Werke, der Nachricht von dieſen beruͤhmten Ver-
„ſuchen, mit ganzem Rechte die Aufſchrift giebt:
„Gaͤnzlich vollbrachte Verwandlung einer natuͤr-
„lichen Pflanzengattung in die andere.“ Siehe
Blumenbach uͤber den Bildungstrieb. 1791. S. 74. fgg.
Dieſes iſt das beruͤhmte Beyſpiel, deſſen der Herr
Verfaſſer in dem Text erwaͤhnt, und welchem die
Evolutioniſten nichts weiter als Ausfluͤchte entgegen-
ſetzen koͤnnen, welches aber den Niſus formatious
aufs auffallendſte beſtaͤtigt. In Anſehung der Wirk-
ſamkeit deſſelben zur Hervorbringung des Embrio im
thieriſchen Koͤrper, welche S. 69. 70. blos im allge-
meinen angegeben iſt, druͤckt ſich der Herr Verf. in
ſeiner Phyſiologie Abſch. 45. §. 592. Ausg. 1. folgen-
dermaßen aus: „Die verſchiedenen in den Koͤrpern
„jedes Sexus befindlichen Fluͤſſigkeiten, die ſich bey
„einem fruchtbaren Beyſchlafe zugleich in die Hoͤhle
„der Baͤrmutter ergießen, erfordern vor allem andern
„eine beſtimmte Zeit, um ſich deſto inniger mit ein-
„ander zu vermiſchen, und die gehoͤrige Reife zu er-
„langen. Erſt wenn dieſe Vorbereitung voruͤber,
„dieſe Fluͤſſigkeiten verarbeitet ſind, und ihre gehoͤ-
„rige Reife erlangt haben, aͤußert ſich der Bildungs-
„trieb in ihnen, und dadurch wird der noch unge-
„formte Zeugungsſtoff, entweder in die Huͤllen des
„Eyes, oder in die Geſtalt des darin befindlichen
„Foetus
[265] „Foetus ausgebildet und belebt. Dies iſt auch der
„Grund, warum wir unſerer, gegenwaͤrtig ſo ſehr
„vervollkommnerten, dioptriſchen Huͤlfsmittel unge-
„achtet, in den erſten Wochen nach der Conception
„nur eine ungeformte fluͤſſige Maſſe in der Hoͤhle der
„Gebaͤrmutter, aber keine ausgebildete Spur eines
„Foetus entdecken koͤnnen. Erſt in der dritten Wo-
„che ohngefaͤhr erſcheint er, faſt ploͤtzlich, und als
„ein nicht unbetraͤchtlicher Koͤrper.“
Durch die in jeder Organiſation eigen beſtimmte
Wirkſamkeit des Bildungstriebes werden die Gattun-
gen in der organiſirten Schoͤpfung erhalten, und da
es fuͤr die ganze gegenwaͤrtige Unterſuchung ſo wich-
tig iſt, ihn gehoͤrig zu kennen, ſo will ich die bis
jetzt bekannten Geſetze, denen er zu folgen pflegt,
noch beyfuͤgen.
- 1) Die Staͤrke des Bildungs-
triebes ſteht mit dem zunehmenden Alter der or-
ganiſirten Koͤrper im umgekehrten Verhaͤltniß. - 2) Doch iſt dieſer fruͤhe Bildungstrieb bey
den neu empfangenen Saͤugethieren noch ungleich
ſtaͤrker, als bey den bebruͤteten Kuͤchelgen im Eye. - 3) Bey der Formation der einzelnen Theile
des organiſirten Koͤrpers iſt der Bildungstrieb
bey manchem derſelben von einer feſtern, beſtimm-
tern Wirkſamkeit als bey andern. - 4) Unter die mancherley Abweichungen des
Bildungstriebes von ſeiner beſtimmten Richtung
gehoͤrt vorzuͤglich diejenige, wenn er bey Bil-
dung der einen Art organiſcher Koͤrper, die fuͤr
eine andere Art derſelben beſtimmte Richtung
annimmt.
5) Eine
[266]
- 5) Eine andere eben ſo merkwuͤrdige Ab-
weichung des Bildungtriebes iſt, wenn bey Aus-
bildung der Sexualorgane, die beym einen Ge-
ſchlecht mehr oder weniger von der Geſtalt des
andern annehmen. - 6) Wenn aber endlich der Bildungstrieb
nicht blos wie in den vorigen Faͤllen eine fremd-
artige, ſondern eine voͤllig widernatuͤrliche Rich-
tung befolgt, ſo entſtehen eigentlich ſogenannte
Mißgeburten. S. mit mehrerem hieruͤber uͤber den
Bildungstrieb, S. 101. bis 115.
Natuͤrlich muß es bey dem Bildungstriebe ein
ganz eignes Phaͤnomen geben, wenn Geſchoͤpfe von
zweyerley Spezies einander befruchten, woraus die
Baſtarde entſtehen.
Allein nicht blos bey der uranfaͤnglichen Forma-
tion zeigt er ſich wirkſam, ſondern er wirkt lebens-
wierig fort, indem er ſie durch das Nutritionsge-
ſchaͤft erhaͤlt, und falls ſie etwa verſtuͤmmelt wor-
den, durch das Reproduktionsvermoͤgen ſo viel moͤg-
lich wieder herſtellt. Hierbey iſt er aber, wie alle
Lebenskraͤfte der beſondern Wirkung aͤußerer Reize
unterworfen, denen gemaͤß er ſich fuͤgen muß. Er
artet allmaͤhlig aus und bringt Racen und Spiel-
arten hervor. Die vorzuͤglichen aͤußern dieſes be-
wirkenden Reize ſ. im Texte.
§. 34. S. 73.
Es bedarf wohl kaum einer Erinnerung, daß
hier immer nur auf das phyſikaliſche, keineswegs
aber
[267] aber auf das geographiſche Klima geſehen werden
muͤſſe, eine Bemerkung, die ich gar nicht mitgetheilt
haben wuͤrde, wenn ich nicht gefunden haͤtte, daß
die Verwechslung derſelben, ſelbſt bey beruͤhmten
Naturforſchern, zu mancherley Irrungen Anlaß
gegeben hat.
§. 36. S. 79.
Hierher muͤſſen zweifelsohne bey den Menſchen
noch gerechnet werden: Sitten, — Gewohnhei-
ten, — Gebraͤuche, — Wohnungen, — Klei-
dung, — Erziehung, — Regierungsform.
Uibrigens vergl. Voigts Magazin a. a. O.
§. 37. S. 80.
Baſtarde. In den fruͤhern Ausgaben dieſes
Werks hat der Herr Verfaſſer dieſe Materie auf drey
Fragen zuruͤckgebracht; 1) ob Thiere von verſchie-
dener Species ſich mit einander begattet haben,
2) ob dadurch Junge entſtanden ſind, und endlich
3) ob dieſe Jungen auch fruchtbar und zeugungs-
faͤhig geweſen? Was die erſte Frage anbetrift, ſo
meint er, koͤnne der Fall zwar wohl eintreten, daß
geile Thiermaͤnnchen in Ermangelung von Weibchen
ihrer Gattung bisweilen ſo auf andere brennen, daß
ſie verſuchen, ſich mit ihnen zu begatten, jedoch
geſtattet er einen wirklichen Erfolg davon nur
dann, wenn die Gattungen ſehr nahe mit einander
verwandt waren. Die Gruͤnde, welche er fuͤr die
Unmoͤglichkeit einer darauf folgenden Empfaͤngniß
und Geburt anfuͤhrt, ſind folgende: 1) die unglei-
chen
[268] chen Verhaͤltniſſe der Geburtstheile, welche fuͤr die
Sexus von einer und derſelben Species genau abge-
meſſen ſind, nicht ſo aber fuͤr entferntere; 2) wider-
ſtreiten dieſer Meinung die beſondern Geſetze, nach
welchen ſich die Bildung der Jungen und die be-
ſtimmte Zeit von Schwangerſchaft bey jeder Thier-
gattung richten. Die zweyte Frage verneint er uͤbri-
gens nicht, indem es hinlaͤnglich bekannt iſt, daß
ſehr nahe verwandte Thiergattungen, wie z. B.
Mauleſel und Stute wirklich Junge erzeugen, und
giebt auch nur die dritte unter dieſer Bedingung zu.
Daß aber Baſtarde von Begattung der Thiere ganz
verſchiedner Ordnungen entſtanden ſeyn ſollen, laͤug-
net er gaͤnzlich, wobey er unter andern aufuͤhrt,
daß z. B. an eine Baſtarderzeugung aus Begattung
von Affen und Menſchen nicht zu denken ſey, weil
ja ſelbſt die Reiſebeſchreiber, welche von derſelben
erzaͤhlen, ſagen, daß die Weiber unter den viehiſchen
Umfaſſungen dieſer Liebhaber elendiglich umgekom-
men ſeyen. S. Text S. 82. Not. 17. Man vergl.
hiermit Zimmermann geographiſche Geſchichte des
Menſchen Bd. 1. S. 130. fgg.
S. 142. ſagt Herr Hofrath Zimmermann in der
angefuͤhrten Stelle: „Wenn ich drey Arten wilder
„Thiere finde, welche, dem Aeußern nach, dem
„Hunde ſehr gleich kommen, ferner einen gleichen
„Grad der Zaͤhmung anzunehmen faͤhig ſind, endlich
„ſich ſogar mit ihnen fortpflanzen und fruchtbare
„Junge zeugen: was haͤlt mich denn ab, den Hund
„von dieſen entſprungen zu glauben?“
Dieſe Stelle hat mich auf den Gedanken ge-
bracht, daß man vielleicht dieſe ganze Streitfrage
durch
[269] durch nur eine etwas naͤhere Beſtimmung des Be-
grifs Baſtard beendigen duͤrfte. Baſtard naͤmlich
iſt ein Geſchoͤpf, das der Vermiſchung von Indi-
viduen zweyerley Gattung, aber einerley Ge-
ſchlechts, ſeinen Urſprung dankt. Irre ich nicht
gaͤnzlich, ſo hatte der Herr Verfaſſer dieſelbe Mei-
nung, als er die Worte non niſi valde affinibus nieder-
ſchrieb.
Mir ſcheint die Erklaͤrung dieſes Begrifs um ſo
annehmbarer, da ſie mit den richtigen Datis hier-
uͤber vollkommen uͤbereinſtimmt, alles hingegen, was
dazu dienen koͤnnte, die Streitfrage zu verdrehen,
ſogleich ausſchließt.
Sollte uͤbrigens der Mangel an Zeugungsfaͤhig-
keit bey Baſtarden nicht in ihren eigen organiſirten
Geſchlechtsgliedern liegen, welchen kein anderes in
der Natur entſpricht?
Sollte nicht vielleicht genaue Vergleichung der
Geſchlechtstheile des Baſtards mit denen der Aeltern
deſſelben, uns hieruͤber einen naͤhern Aufſchluß ver-
ſchaffen koͤnnen?
Man vergeſſe nur nicht, daß dieſes nichts weiter
als beſcheidne Anfragen ſeyn ſollen. Uibrigens glau-
be ich nun nicht noͤthig zu haben, nur noch etwas
uͤber jene ſcheuslichen Erzaͤhlungen von Vermiſchung
der Menſchen mit Thieren beyzufuͤgen. Man vergl.
noch hieruͤber Zimmermann a. a. O. Bd. 1. S. 117.
Not. h und was er zu dieſer Stelle in der Vorrede
zum dritten Theile dieſes Werks ſagt.
Drit-
[270]
Dritter Abſchnitt.
§. 42. S. 92.
Man wird uͤber dieſen § und auch einige folgende
mit vielen Nutzen nachleſen: Experiments on the
Inſenſible Perſpiration of the human Body, ſhewing
its affinity to Reſpiration. Publiſhed originally in
1779. and now republiſhed with Additions and
Corrections. By William Cruikſhank; und in
Blumenbachs Phyſiologie, Abſchn. 14.
§. 45. S. 101.
Die in den Augen gelbgetuͤnchte Haut. Der
vielleicht etwas groͤßere Augapfel — ſagt Hr. Soͤm-
mering — iſt bis zu einer halben Linie rings um die
durchſichtige Hornhaut ſchwaͤrzlich, und das uͤbrige
nicht glaͤnzend weiß, ſondern gelblich braun, faſt
wie bey einigen Affen, tingirt.
Verwandſchaft der Galle mit dem Fette. Die
Galle ein oͤligter ſeifenartiger Saft, aus einem faſt
an den Zuſtand des Wallraths grenzenden Oele und
aus Soda zuſammengeſetzt, mit einer dem Eyweiß-
ſtoff aͤhnlichen Fluͤſſigkeit vermiſcht, wird in der Le-
ber, einem Eingeweide, das ſelbſt eine große Menge
Oel
[281] Oel enthaͤlt, gebildet. In dem ganzen Syſtem die-
ſer Druͤſe von ſo großem Umfange, zeigt alles von
einer Anlage und Organiſation, welche beſtimmt iſt,
aus dem Blute die große Menge Fett abzuſondern,
die darin durch den gehemmten Umlauf dieſes Flui-
dums in den Blutgefaͤßen des Unterleibes erzeugt
wird. Dieſe Bemerkung, welche noch einſt eine
von den Hauptſtuͤtzen der kuͤnftigen auf Chemie ge-
gruͤndeten Phyſiologie ausmachen wird, erklaͤrt den
Umfang der Leber im Foetus, der noch nicht geath-
met hat, ſo wie in den Thieren, deren Reſpira-
tionswerkzeuge denen des Menſchen, der Saͤugethiere
und der Voͤgel unaͤhnlich ſind; ſie erklaͤrt auch den
Urſprung der Krankheiten der Leber, und beſonders
der Conkretionen in der Gallenblaſe oder Gallenſteine.
Das Fett iſt eine Art von oͤligter Materie, wel-
che an den aͤußerſten Enden der Pulsader, ſo weit
als moͤglich von dem Mittelpunkte der Bewegung
und der thieriſchen Waͤrme entfernt, gebildet wird,
und eine Art von Behaͤltniß abgiebt, worin ſich die
große Menge Waſſerſtoff, welche durch die Lungen
nicht ausgefuͤhrt werden konnte, feſtſetzen kann;
dieſes Oel iſt in ſehr betraͤchtlichem Verhaͤltniſſe mit
Sauerſtoff vermiſcht, und enthaͤlt noch außerdem die
Fettſaͤure. Dieſe Art, das Fett zu betrachten,
macht ebenfals einen der merkwuͤrdigſten Punkte in
der neuern Phyſik des thieriſchen Koͤrpers aus. S.
Fourcroy philoſophie [chimique] a. a. O.
§. 50. S. 120.
Sanctorius Ausduͤnſtungsmaterie. Nach der
Meinung dieſes Gelehrten nahm ein Menſch binnen
vier-
[272] vierundzwanzig Stunden acht Pfund feſter und fluͤſ-
ſiger Subſtanzen, wovon drey Pfund durch Stuhl
und Urin weggingen, die uͤbrigen fuͤnf aber unmerk-
lichen Ausduͤnſtungen uͤberlaſſen blieben, wobey er
die Ausduͤnſtungen aus den Lungen auf ein Sechs-
theil des ganzen ſetzte. Es iſt — ſagt Cruikſhank
— mehr als wahrſcheinlich, daß wenn Sanctorius
das Gewicht des Koͤrpers betraͤchtlicher fand, als er
erwartete, ein gewiſſer Umſtand, welchen er den
gehemmten Ausduͤnſtungen zuſchrieb, dieſe Schwere
vermehren mußte, die vermehrten unmerklichen Aus-
duͤnſtungen der Atmoſphaͤre naͤmlich. Vergl. hiermit
Blumenbachs Phyſiologie a. a. O. §. 186. fgg.
§. 58. S. 143.
Da man hauptſaͤchlich mit dem Herrn Verfaſſer
uͤber die Meinung, daß man bey Klaſſificirung der
Varietaͤten des Menſchengeſchlechts, ſehr fuͤglich
auf die Formen der Schaͤdel Ruͤckſicht nehmen koͤnne,
uneinig iſt, ſo wuͤrde ich mich bemuͤht haben, dieſe
Meinung naͤher ins Licht zu ſetzen, wenn mich nicht
der Herr Verfaſſer der Muͤhe voͤllig uͤberhoben haͤtte.
So darf ich meine Leſer blos bitten, in deſſelben
Beytraͤgen zur Naturgeſchichte Abſch. 11. S. 62.
bis 78. nachzuleſen. Dafuͤr will ich aber, weil ſich
der Herr Verfaſſer ſelbſt darauf beruft, aus ſeiner
collectio craniorum diverſarum gentium, Goͤttingen
1790. die Kriterien beyfuͤgen, deren er ſich bey Be-
urtheilung der Schaͤdel in dieſer Hinſicht bedient,
denn — ſo ſind ſeine eigen Worte — omnis vis et
uſus ejusmodi rerum in ſtudio anthropologico ex eo
pendet, ut genuinae ſint. Was das erſte dieſer
Kri-
[273] Kriterien betrift, ſo iſt dieſes bereits vorn bey dem
Verzeichniß vom anthropologiſchen Vorrathe des
Herrn Verfaſſers, und zwar S. 6. angefuͤhrt wor-
den, alſo
2) Ich bewahre alle die acceſſoriſchen Theile
auf, welche etwa einem oder dem andern Schaͤdel
anhangen, wenn ſie naͤmlich von ſolcher Beſchaffen-
heit ſind, daß ſie ſchon an ſich die Aechtheit deſſelben
beweiſen; z. B. bey Mumienſchaͤdeln Uiberreſte
von Erdharz oder Byſſus. So ſind an dem Karai-
benſchaͤdel, welchen ich der Guͤte des Herrn Baronet
Banks verdanke, mit gutem Vorbedacht die hin und
wieder anhangenden, ziemlich geraden, ſtarren
Haare aufbewahrt worden, wodurch ſogleich auf
den erſten Anblick im noͤthigen Fall der Zweifel geho-
ben werden kann, daß er nicht etwa von einem uͤber-
gelaufenen Aethiopier ſey 1), welche ſeit der Mitte
des vorigen Jahrhunderts bekanntlich die karaibi-
ſchen Inſeln, und hauptſaͤchlich die Inſel St. Vin-
cent in großer Anzahl bewohnen, und unterweilen
die beſondere Form des Kopfes der eingebornen In-
dier, die ſie durch Kunſt bewirken, an ſich haben 2).
3) Nun muß aber der Schaͤdel ſelbſt unterſucht
und eroͤrtert werden, ob er auch wirklich charakteri-
ſtiſch ſey, und zu dem antropologiſchen Zwecke die-
nen koͤnne. Denn es kann ſich treffen, daß auch
ein wirklich aͤchter Schaͤdel dieſem Zwecke ſchlecht
entſpricht, wenn er etwa an kranker Beſchaffenheit
leidet, oder durch ein zufaͤlliges individuelles Mis-
verhaͤltniß der Theile verunſtaltet worden iſt. So
finden wir unterweilen unter unſern Landsleuten
Verſch. des M. SMen
[274] Menſchen von einer ſo beſondern Form des Kopfes,
daß wir, wenn dieſe einem ganzen Volke gemein
waͤre, daſſelbe mit allem Fug und Rechte unter die
Verſchiedenheiten des Menſchengeſchlechts ſetzen wuͤr-
den. Man hat ſich alſo ſehr in Acht zu nehmen,
daß man eine aͤhnliche zufaͤllige Verunſtaltung an ei-
nem auslaͤndiſchen Schaͤdel nicht fuͤr national haͤlt;
ein Irrthum, welchen man am beſten dadurch ver-
meidet, wenn man mehrere Schaͤdel von einer und
derſelben Nation mit einander vergleicht.
4) Wo dies nicht ſtatt findet, muß man we-
nigſtens Portraits vergleichen, denen entweder die
gelehrte Hand des Kuͤnſtlers, oder das Zeugniß ei-
nes erfahrnen Richters, der Avtopſie fuͤr ſich hat,
Glauben verſchaft.
5) Hierher rechne ich auch, oder ziehe wohl
gar noch vor, die Abbildungen, welche, obwohl ſie
keine Perſon darſtellen, doch fuͤr den Charakter eines
Volks ungemein viel beweiſen, z. B. alte Siegel
und aͤgyptiſche Goͤtzenbilder, oder Mignaturen von
jetzigen Sineſen, Kalmucken, nordamerikaniſchen
Indianern u. ſ. w.
6) Und endlich wende ich mich an die Schrift-
ſteller, hauptſaͤchlich Reiſebeſchreiber, und mittle
aus, in wie weit ihre Berichte mit der Natur ſelbſt
uͤbereinſtimmen.
Uibrigens wird es wohl am beſten ſeyn, wenn
ich nun jeden auf jene Schaͤdelſammlung ſelbſt hin-
weiſe, die in der That hieruͤber aͤußerſt belehrend iſt.
§. 59. S. 145.
Campers Geſichtslinie. „Der Grund, worauf
„ſich der Unterſchied der Nationen gruͤndet, beſtehet
„in einer graden durch die Hoͤhlen des Ohrs (Ge-
„hoͤrgang) bis auf den Boden der Naſe gezogenen
„Linie, und in einer andern geraden Linie, welche
„die Hervorragung des Stirnbeins oberhalb der
„Naſe beruͤhrt, und bis auf den am meiſten hervor-
„ragenden Theil des Knochens der Kinnbacken gezo-
„gen wird, wohl verſtanden, wenn man die Koͤpfe
„im Profil betrachtet. In dem Winkel nun, den
„dieſe beyden Linien beſchreiben, beſtehet nicht allein
„der Unterſchied der Thiere, ſondern auch der unter-
„ſchiedenen Nationen; und man wuͤrde ſagen koͤn-
„nen, die Natur habe ſich gleichſam dieſer Winkel
„bedienet, alle Verſchiedenheiten der Thiere zu be-
S 2„ſtim-
[276] „ſtimmen, und ſie gleichſam ſtufenweiſe bis zum
„Schoͤnen der ſchoͤnſten Menſchen hinaufſteigen zu
„laſſen. Alſo beſchreiben die Voͤgel die kleinſten
„Winkel, und dieſe Winkel werden groͤßer, je nach-
„dem das Thier ſich mehr der menſchlichen Geſtalt
„naͤhert, welches aus den Affenkoͤpfen erhellet, von
„denen einer den Winkel von 42 Grad, der andere
„(den man gemeiniglich den Todtenkopf nennt, und
„der am meiſten einem Menſchen aͤhnlich ſieht) ei-
„nen von 50 Graden beſchreibt; naͤchſt dem der
„Kopf eines afrikaniſchen Mohren, der, ſo wie der
„Kalmucke einen Winkel von 70 bildet, der Euro-
„paͤer aber macht einen Winkel von 80 Graden.“ —
— — — — Siehe Camper kleinere Schriften
Bd. 1. S. 15. und vergl. hiermit Herder am ſchon
oft angefuͤhrten Orte S. 212.
Außer dieſer Geſichtslinie Campers fuͤhrt der
Herr Verfaſſer in ſeiner Schaͤdelſammlung die Hin-
terhauptslinie Daubentons und Albrecht Duͤrers
Schema an. Daubenton denkt ſich zwey gerade
Linien. Die erſte laͤuft von dem hintern Rande des
großen Hinterhauptslochs durch den untern Rand der
Augenhoͤhle herab: die andere aber iſt durch die Ho-
rizontalflaͤche dieſes Lochs, in der Mitte zwiſchen
beyden Gelenkhuͤgeln gezogen: und den Winkel,
worin dieſe beyden Linien mit einander zuſammenlau-
fen, haͤlt er gleichſam fuͤr den normalen Charakter
des Schaͤdels. Allein die Richtung der Flaͤche des
großen Lochs iſt oft an den Koͤpfen eines und deſ-
ſelben Volks, z. B. an zwey Tuͤrkenſchaͤdeln, wel-
che ich, indem ich dieſes ſchreibe, vor mir habe,
oder in drey Negerſchaͤdeln, hoͤchſt verſchieden.
Fuͤgli-
[277]
Fuͤglicher wird, in Anſehung der menſchlichen
Geſichter im Profil, zum antropologiſchen Zwecke das
Schema von dem unſterblichen Duͤrer dienen, welches
er in ſeinem treflichen Werke von der Proportion der
Theile an der rechten Form der menſchlichen Koͤr-
per, in dem Abſchnitte, wo er von der Zuſammen-
ſetzung des menſchlichen Kopfes handelt, gleich oben
angeſtellt hat, und welches drey Grenzlinien des
Geſichts darſtellt; an Stirn, Naſe und Kiefer.
Herr Hofrath Blumenbach ſelbſt nimmt beſon-
ders auf zwey Knochen Ruͤckſicht, auf den Stirnkno-
chen naͤmlich und die Kinnbacken. Denn — faͤhrt
er fort — nach der Form des Stirnknochens richtet
ſich der Habitus beynahe der ganzen Hirnſchaale, da
die Richtung des plani circularis von dem an den
Seiten verengerten oder erweiterten Kopfe beweiſt;
der oberſte Rand des Knochens aber, wo er mit der
Pfeilnath zuſammenlaͤuft, von dem ſpitzigen oder
flachen Scheitel. Von den Verſchiedenheiten an den
Augenbraunenbogen und der Vertiefung zwiſchen den-
ſelben (glabella), welche einzig auf dieſem Knochen
beruhen, will ich gar nichts ſagen.
Von dem Kinnbackenknochen aber haͤngt erſtlich
die Weite der Naſen, und dann die Richtung der
Naſenbeine, und nach der jedesmaligen Bildung
der Kinnbackenfortſaͤtze die groͤßere oder kleinere Pro-
tuberanz der an ihm anliegenden Jochbeine, (und
worauf bey dieſer Unterſuchung ſehr viel ankommt)
das Verhaͤltniß der Oberkiefergrube, wovon das
Jochbein nach dem Vordertheil des Oberkiefers fort-
geht,
[278] geht, und endlich die Enge oder Weite des Zahnzel-
lenrandes, ab. Ja man kann ſogar die Form und
den Habitus des Unterkiefers, da ſeine Zellen und
Zaͤhne denen im Oberkiefer entſprechen, nach deſſen
Einrichtung wuͤrdern.
Von beyden Knochen aber, dem Kinnbacken-
und Stirnknochen naͤmlich zuſammen genommen,
haͤngt auch die Richtung, Weite und Tiefe der Au-
genhoͤhlen ab.
Nimmt man nun alſo dieſe Normalknochen zum
Fundament an, ſo wird man leicht feſte und beſtaͤn-
dige Charaktere des Totalhabitus, auch in wie fern
ſie in den benachbarten Knochen liegen, weiter dar-
aus herleiten koͤnnen. Feſte und beſtaͤndige, ſage
ich, denn was ſich von dieſen Knochen weiter ent-
fernt, z. B. das Hinterhaupt, ſcheint mehr von ei-
ner beytretenden Verſchiedenheit der Weite und Figur
herzuruͤhren, Dinge, welche oft an Schaͤdeln eines
und deſſelben, ſich uͤbrigens ſehr aͤhnlichen Volks,
ſehr vielfach nuanciren. S. Decas prima S. 7.
bis 10. vergl. hiermit Ch. [...] Ludwig Grundriß der
Naturgeſchichte der Menſchenſpecies, Lpz. 1796.
S. 101. §. 28. fgg. S. 129. §. 167. fgg.
§. 61. S. 148.
In dieſem §. wird man, gegen das Original
gehalten, einige Aenderung finden. Die Worte:
junctim cum maxillis ſuis inferioribus naͤmlich ſind
weggelaſſen, ſtatt deren aber (Zeile 7. S. 204. des
Originals) eingeſchaltet worden remotis maxillis infe-
riori-
[279]rioribus. Ich verdanke dieſe Aenderung der Guͤte
des Herrn Hofrath Blumenbachs.
§. 74. 75. S. 190.
Ich weiß zuverlaͤßig, daß es ſehr vielen ange-
nehm ſeyn wird, hier auch noch etwas von den er-
kuͤnſtelten Varietaͤten des Menſchengeſchlechts zu le-
ſen, und deshalb ſchalte ich hier aus der zweyten
Ausgabe dieſes Werks folgende Stelle von Seite
99 bis 105 ein.
§. 68. Ausgabe 2.
Beſchneidung.
Ich gehe nun zu denjenigen Theilen fort, wel-
che verſchiedne Nationen mit Huͤlfe der Kunſt zu ver-
aͤndern pflegen; und da will ich zuerſt von den Ver-
ſtuͤmmelten ſprechen, wo Glieder und Theile des
Koͤrpers abgeſchnitten oder abgeriſſen werden. Die
aͤlteſte von dieſen Verſtuͤmmelungen iſt die Beſchnei-
dung, wie die Bibel, Herodots Berichte von Kol-
chiern, Egyptern und Aethiopiern 1), und die weite
Verbreitung dieſes Ritus bezeugen. Und zwar iſt
er nicht nur bey dem maͤnnlichen, ſondern unter
mehreren morgenlaͤndiſchen Voͤlkern auch beym ſchoͤ-
nen Geſchlechte im Gebrauche, welchem jener Theil
der Schaam, der dem Vorhaͤutchen des maͤnnlichen
Gliedes entſpricht, abgeſchnitten wird; von welcher
Ceremonie Martin Schurig 2) und Theodor Tron-
chin 4) eine Menge Zeugniſſe und Geſchichten aus
alten und neuen Schriftſtellern geſammlet haben.
1) S.
[280]
§. 69.
Monorchiden.
Die Evnuchen gehoͤren nicht ſowohl zur gegen-
waͤrtigen Materie, als die Monorchiden, denen in
der Kindheit der eine Hode ausgeſchnitten wird. Die-
ſe Sitte iſt beſonders bey den Hottentotten im Ge-
brauche geweſen, welche mehrentheils im achten,
ja wenn man Kolben 1) trauen darf, bisweilen erſt
im achtzehenden Jahre, zu Monorchiden gemacht
worden. Sie glauben dadurch ſchneller im Laufen zu
werden, allein die Reiſebeſchreiber erinnern zugleich,
daß es der Fruchtbarkeit ſchade 2). Einen aͤhnlichen
Verluſt des Hoden erleiden nicht ſelten die Bauern
in der Schweiz, denn die Quackſalber pflegen durch
denſelben nach alter Sitte die Bruͤche zu heilen 3).
§. 70.
Die unbaͤrtigen Amerikaner.
Zu den Verſtuͤmmelungen rechne ich auch, daß
einige Voͤlker an verſchiedenen Theilen des Koͤrpers
das Haar auszuraufen pflegen. So erhalten die
Buratten blos den Bart unter dem Kinne, den
uͤbri-
[281] uͤbrigen reiſſen ſie aus 1); alle Tuͤrken vertilgen au-
ßer dem Haupthaare und Barte die uͤbrigen Haare
an dem Koͤrper durch verſchiedene Salben 2); die
Otaheiten reiſſen die Haare unter den Achſeln aus 3);
und die mehreſten amerikaniſchen Voͤlkerſchaften rot-
ten den Bart aus, welcher Umſtand zu jener alten
Meinung Anlaß gegeben hat 4), daß die Amerikaner
von Natur bartlos ſeyen. Ich habe aber ſchon an-
derwaͤrts beynahe aus allen Zonen von Amerika
Beyſpiele von wirklich baͤrtigen Voͤlkern angefuͤhrt 5),
und umſtaͤndlich auseinander geſetzt, daß, wenn
bey einigen von Natur kein Bart kommt, dies nach
den Erſcheinungen der Erzeugung, und den Geſetzen
des Bildungstriebes geſchehe 6).
§. 71.
Andere Verſtuͤmmelungen.
Das bey den Bewohnern einiger Inſeln des
ſtillen Meeres gebraͤuchliche Abſchneiden des kleinen
Fingers 1), das kuͤnſtliche Schaͤrfen der Zaͤhne bey
andern 2) und andere Verſtuͤmmelungen von eben ſo
wenig Belange, uͤbergehe ich.
1) Friend-
[282]
§. 72.
Ungeheure Ohrlaͤppchen.
Zu den Verunſtaltungen der Theile rechne ich
vorzuͤglich die ungeheuren und haͤngenden Ohrlaͤpp-
chen, in welche ſich ſo viele Voͤlker ſeit langer Zeit
verliebt hatten, daß ſie zu der alten Fabel von den
ſcythiſchen Voͤlkern im Pontus Veranlaſſung gegeben
haben, welche ſo große Ohrlaͤppchen gehabt haben
ſollen, daß ſie den ganzen Koͤrper mit denſelben be-
decken koͤnnten 1). Von den Malabaren 2), Bey-
naren, den Einwohnern der Molucken 3) und Mal-
likolo 4) wiſſen wir es mit Gewißheit, daß ſie dieſel-
ben durch verſchiedne Kuͤnſte uͤberaus groß und wirk-
lich monſtrds machen. An dem Gemaͤhlde eines
Suͤdlaͤnders bey Cornelius le Brun ſehen wir es auf
eine wunderbare Weiſe zerfleiſcht 5).
§. 73.
Andere Verunſtaltungen.
Die Berichte von Reiſebeſchreibern belehren uns,
daß einige Voͤlker die Vorhaut des maͤnnlichen Glieds
mit Fleiß verlaͤngern, wie die Anwohner der Magel-
lans-
[283] lansſtraße 1), Neuſeelaͤnder 2) und andere. Die gro-
ßen Naͤgel der Chineſen 3), die durchbohrten Wangen
und Lippen ſo vieler anderer Voͤlker, oder die durch-
bohrten Scheidewaͤnde der Naſe und Ohrlaͤppchen,
um Ringe hineinzuhaͤngen, und anderes mehr, liefern
eben ſo viele Beweiſe der bewundrungswuͤrdigen Sucht
die natuͤrliche Schoͤnheit des Koͤrpers durch Kunſt zu
erhoͤhen, und vonder vielartigen, ſo ſehr verſchied-
nen Meinung uͤber das Ideal des Schoͤnen.
§. 74.
Gemahlte Koͤrper.
Der Gebrauch der Mahlereien und der verſchie-
denen Arten von Schminke veraͤndert zwar die Form
der Glieder nicht, iſt aber doch bey gewiſſen Voͤlkern
ſo konſtant, daß es unrecht waͤre, ihn gar nicht zu
beruͤhren. Einige uͤberſtreichen blos die Haut mit
verſchiedenen Farben, aber andere durchſtechen ſie
erſt mit einer Nadel, und reiben hernach die Farben
ein, wo ſie dann beſtaͤndig haften. Beyderley Ri-
tus iſt bey den entfernteſten und verſchiedenſten Na-
tionen im Gebrauche geweſen. Die Kanagyſten z. B.
Kalifornier, Tuͤrken, die Bewohner der Inſel Santa
Cruz, Mallikolo, Neuholland, des gruͤnen Vorge-
birgs u. a. mahlen ſich. Die Tunguſen aber, Tſchuk-
tſchen, Araber, Eskimos, Neuſeelaͤnder, Otaheiten
und viele Voͤlkerſchaften aus ganz Amerika tatowiren
ſich (acu in ipſa cute lineas ducunt).
§. 78.
[284]
§. 78. S. 196. bis 201.
Leukaͤthiopie. In gedraͤngter Kuͤrze iſt alles,
was uͤber dieſe beſondere Krankheit zu ſagen iſt, von
welcher irre gefuͤhrt der große Linné ſeinen homo
nocturnus als eine beſondre Varietaͤt des Menſchen-
geſchlechts aufſtellte, geſagt worden. Man kann
uͤbrigens damit vergleichen Beytraͤge zur Naturge-
ſchichte Abſch. 14. S. 119. bis 126. und zu noch ge-
nauerer Nachricht hieruͤber Blumenbach de oculis
Leucaethiopum et iridis motu. Goettingae 1786.
Statt aller weitern Bemerkungen hieruͤber will
ich lieber folgende Bemerkung aus der zweyten Aus-
gabe dieſes Werks noch beyfuͤgen, ſ. daſelbſt
§. 88. S. 122.
Andere Krankheiten gehoͤren weit weniger hierher.
Es wuͤrde ein ungeheueres, gar nicht hierher gehoͤ-
riges Unternehmen ſeyn, wenn ich von allen bey Ver-
faſſern mediciniſcher Beobachtungen widernatuͤrlich
vorkommenden Fehlern unſers Koͤrpers, eine Uiberſicht
geben wollte. Es wuͤrde von dieſen leicht ein Uiber-
gang zu den Mißgeburten und der ganzen Noſologie
gemacht werden koͤnnen, und das goͤttliche Studium
der Naturgeſchichte wuͤrde zu einer verworrnen un-
foͤrmlichen Maſſe auswachſen. Ich uͤberlaſſe alſo
das ſchwarze und hornartige Fellhaͤutchen des italie-
niſchen Knaben 1), oder des engliſchen Mannes 2)
und anderer, und aͤhnliche beſondre Verirrung von
dem natuͤrlichen Zuſtande, den Phyſiologen und Pa-
thologen. Auch gehoͤrt die harte Krankheit der
Cretinen nicht hierher, welche nicht den Bewohnern
des Walliſer Landes allein eigenthuͤmlich, ſondern
auch
[285] auch anderwaͤrts beobachtet 3), aber durch ſonder-
bare Fabeln hier und da verunſtaltet worden iſt 4).
§. 89.
Die Centauren, Sirenen, Cynocephalen, Sa-
tyren, Pygmaͤen 1), Giganten, Hermaphroditen
und andere erdichtete Species von dieſem Schrot
und Korne, brauchen hier kaum in Erwaͤhnung ge-
zogen zu werden. Wer an ſolchen ungeheuren Maͤhr-
chen Verguuͤgen findet, mag ſich an die leichglaͤubi-
gen Zuſammenſchreiber derſelben Tevet, Maillet,
Robinet wenden; Wer aber wuͤnſcht, ſie ihrer lee-
ren Schminke entledigt zu ſehen, der wende ſich an
den gelehrten Joh. Alb. Fabricius2).
Vier-
[286]
Vierter Abſchnitt.
§. 82. S. 205. fgg.
Wir ſind jetzt durch die Bemuͤhungen des Herrn
Verfaſſers in den Stand geſetzt die Avtopſie hieruͤber
einigermaßen zu erſetzen. Man ſehe deſſen Natur-
hiſtoriſche Abbildung Heft 1. Taf. 1 bis 5.
§. 83. S. 208 bis 212.
Erxleben zaͤhlt ſechs Varietaͤten auf: 1) den
Lappen, 2) den Tatar, 3) den Aſiaten, 4) den
Europaͤer, 5) den Afrikaner, 6) den Amerikaner.
S. Ausg. 2. S. 50. Erxlebens Mammalia B. 1.
Von der erſten Eintheilung des Menſchenge-
ſchlechts in vier Racen, welche der Herr Verf. in
der erſten Ausgabe dieſes Werks mitgetheilt hat (S.
41.) mill ich hier weiter nichts erwaͤhnen, da er ſie
ſelbſt in allen ſeinen neuern Werken verworfen hat.
§. 87. S. 216.
Der Neger ſteht dem Affen naͤher als der
Menſch. Vergl. hiermit Soͤmmering uͤber die koͤr-
perliche Verſchiedenheit des Negers vom Euro-
paͤer. Vorrede S. 19. 20. und Text §. 72.
Dies duͤrfte wohl das nothwendigſte geweſen ſeyn,
was zum leichtern Verſtaͤndniß dieſes vorſtehenden
Werks
[287] Werks zu ſagen waͤre. Ich kann aber wohl meine
Bemerkungen nicht beſſer ſchließen, als mit jener
Stelle in der zweyten Ausgabe, welche von der Ent-
ſtehung der Streitfrage: ob es nur Eine oder mehre-
re Gattungen im Menſchengeſchlecht gebe, handelt.
„Bosheit, Mangel an Aufmerkſamkeit und
„Neuerungsſucht beguͤnſtigten die letzte Meinung.
„Denn ſeit den Zeiten des Kaiſers Julians 1) fanden
„alle, deren Intereſſe es war die Glaubwuͤrdigkeit
„der Bibel herabzuſetzen, ungemeines Behagen 2)
„an der Meinung von mehreren Gattungen im Men-
„ſchengeſchlechte. Ferner war es leichter die Neger
„oder bartloſen Amerikaner gleich beym erſten An-
„blick fuͤr verſchiedne Gattungen zu halten 3), als
„Unterſuchungen uͤber die Struktur des menſchlichen
„Koͤrpers anzuſtellen, die Anatomen und ſo zahlrei-
„chen Reiſebeſchreiber nachzuſchlagen, und deren
„Glaubwuͤrdigkeit und Leichtglaͤubigkeit mit Fleiß zu
„unterſuchen, aus dem ganzen Umfang der Natur-
„geſchichte parallele Beyſpiele zuſammen zu tragen,
„und nur dann erſt zu urtheilen und die Urſachen der
„Verſchiedenheit zu eroͤrtern. So hat z. B. der be-
„ruͤchtigte Theophraſtus Paracelſus, der liebe
„Mann! wenn ich nicht irre zuerſt nicht begreifen
„koͤnnen, wie die Amerikaner eben ſo gut als die
„uͤbrigen Menſchen von Adam abſtammen koͤnnten;
„und um ſich kurz aus der Sache zu ziehen, nahm
„er an, daß Gott zwey Adams erſchaffen habe,
„einen in Aſien und einen in Amerika 4). Und end-
„lich kommt noch hier hinzu die Neuigkeitsliebe des
„menſchlichen Geiſtes, welche ſo groß iſt, daß viele
„lieber eine neue Meinung annehmen, geſetzt ſie
„waͤre
[288] „waͤre auch bey weitem nicht hinlaͤnglich uͤberdacht,
„als ſich zu den alten Jahrtauſende hindurch an-
„genommenen Wahrheiten neuerdings bekennen
„wollen.“
Ich fuͤr meinen Theil habe nach der bloßen Be-
trachtung der unverhuͤllten Natur keinen Anſtand ge-
nommen, die entgegengeſetzte d. h. die alte 5) Mei-
nung von nur Einer Gattung im Menſchengeſchlechte
anzunehmen, und ich habe das Vertrauen, daß ein-
ſichtige, Wahrheit liebende, und von den eben ge-
nannten Schwaͤchen freye Leſer, eben dieſe Wahrheit
willig unterſchreiben werden.
Erlaͤu-
[289]
Erlaͤuterung der Kupfertafeln.
Tafel 1.
Liefert ein Schema zur Uiberſicht der Erlaͤute-
rung der Scheitelnorm, von deren Nutzen und Be-
ſchaffenheit im anthropologiſchen Studium S. 148.
geſprochen worden iſt.
- Figur 1. entſpricht der erſten Figur auf Tafel 2.
- Figur 2. der 3ten Fig. jener nachfolgenden Tafel.
- Figur 3. der 5ten Figur derſelben Tafel.
Tafel 2.
Stellt fuͤnf Schaͤdel aus meiner Sammlung dar,
wodurch die fuͤnf Hauptverſchiedenheiten des Men-
ſchengeſchlechts dargethan werden, wovon mit meh-
rerem S. 149.
- Figur 1. Stellt einen ſogenannten Rennthiertun-
guſen dar. Er hieß Tſchewin Amureew aus den
gilgekirskiſchen Stamme, und lebte 350 Werſte
von der Stadt Barguſin, ſchnitt ſich aber im Jahr
1791 ſelbſt die Gurgel ab, weshalb der beruͤhmte
Schilling, Oberchirurgus der Armee dorthin geſchickt
wurde, die Laͤſion und die Urſache des Todes geſetz-
Verſch. des M. Tmaͤßig
[290] maͤßig zu unterſuchen. Dieſer nahm den Kopf des
Selbſtmoͤrders mit, und uͤberſandte ihn dem Herrn
Baron v. Aſch. - Figur 2. Iſt der Kopf eines karaibiſchen Fuͤrſten
von der Inſel St. Vinzent, der vor acht Jahren
dort verſtarb, und deſſen Knochen Herr Anderſon,
Aufſeher des koͤniglichen Gartens auf jener Inſel auf
Verlangen des Hrn. Baronet Banks ausgraben ließ. - Figur 3. Der Kopf einer jungen Georgierin,
welche im neulichen Tuͤrkenkriege von den Ruſſen ge-
fangen genommen, und nach Moſkau gebracht wur-
de, wo der dortige wuͤrdige Profeſſor der Anatomie,
Herr Hiltebrandt, da ſie ſehr ploͤtzlich ſtarb, die Ur-
ſache ihres Todes in einer geſetzmaͤßigen Sektion ex
officio unterſuchte. Er bewahrte den knoͤchernen
Kopf wegen ſeiner ungemein eleganten Form ſorgfaͤl-
tig auf, und ſchickte ihn Herrn Baron Aſch nach
Petersburg. - Figur 4. Der Schaͤdel eines Otaheiten, welchen
der tapfere und muthige Schiffskapitain William
Bligh, auf Bitten des Herrn Baronet Banks, bey
der Ruͤckkunft von ſeiner merkwuͤrdigen Reiſe, auf
welcher er Staͤmme von dem Brodtfruchtbaum von
den Societaͤtsinſeln im Suͤdmeer mit dem gluͤcklich-
ſten Erfolge nach Weſtindien uͤberbrachte, mitge-
bracht hat. - Figur 5. Einer Negerin von Guinea, der Bey-
ſchlaͤferin eines gewiſſen Hollaͤnders, welche in ihrem
28ſten
[291] 28ſten Jahre zu Amſterdam geſtorben iſt, wo ſie der
verdiente Utrechter Profeſſor Jo. von Geuns unter
das anatomiſche Meſſer gebracht hat.
Tafel 3.
- Figur 1. Bedarf im Ganzen keiner Erinnerung,
denn es dient zu einer leichtern Uiberſicht bey den
oſteologiſchen Bemerkungen in dieſem Werke. Es
haͤtte aber wohl leicht beſſer gerathen koͤnnen. - Figur 2. Iſt der Hirnſchaͤdel des Mandrill, in
welchem der Zwiſchenkinnladenknochen aufs deutlich-
ſte bemerkt iſt. - Figur 3. Sind die Halswirbel deſſelben Pa-
vians, wovon ſchon in den Anmerkungen geſprochen
worden iſt, ſo wie von - Figur 4. welche den fuͤnften und ſechſten Hals-
wirbel von einem erwachſenen Manne darſtellt.
Einige[[292]]
Appendix A
Appendix A.1 Einige Aenderungen im Texte.
- S. 55. ſtatt Kroͤpfe l. Druͤſenkrankheit.
- ‒ 71. Z. 9. ſt. Elaſtic. l. Zuſammenziehungskraft.
- ‒ 84. Z. 11. nur nicht immer l. faſt alle.
- ‒ 147. l. die Uiberſchrift zu §. 61. alſo: Uiber die Schel-
telnorm, als Maaß, um die Verſchiedenheiten der
Schaͤdel zu beſtimmen. - ‒ 161. §. 64. Z. 10. l. nicht meiſelartig.
- ‒ 175. Z. 9. l. Waſſergeſchwulſt.
- ‒ 205. §. 82. Z. 7. l. mannichf. gradweiſen Verſchiedenheit
Appendix A.2 Verbeſſerungen.
- S. 6. Z. 19. lies ſtatt Cingaren Zigeuner.
- ‒ 18. Z. 14. l. Marchbeſtimmer.
- ‒ 31. Z. 1. in der Note l. Paradoxenfreund.
- ‒ 47. Z. 2. ſtreiche ſey weg.
- ‒ 54. Z. 14. ſtatt nur l. wo.
- ‒ 54. Z. 15. ſt. oder l. doch.
- ‒ 55. ſt. Podagra l. Palagra.
- ‒ 59. Z. 9. ſt. ſie l. es.
- ‒ 60. Z. 20. ſt. deren l. deſſen.
- ‒ 64. Z. 1. ſt. der l. von.
- ‒ 72. Z. 4. l. entſtandenen.
- ‒ 72. Z. 9. ſt. nur l. wo.
- ‒ 83. Z. 11. ſtreiche denn aus.
- ‒ 114. Z. 9. ſtatt mit einander l. mit andern.
- ‒ 114. Z. 20. nach Fellhaͤutchen ſetze unverſehrt hinzu.
- ‒ 142. Z. 11. l. Zigeuner (Cingari).
- ‒ 159. Z. 10. l. und viele Gen. hindurch im gleichen ꝛc.
- ‒ 172. Z. 4. l. durchſtreifen.
- ‒ 196. §. 28. Z. 10. ſt. nach. l. noch.
- ‒ 220. Z. 3. ſt. Umwicklung l. Zuſammenlegung.
[]
menbachs naturhiſtoriſchen Abbildungen 1. Heft
7. Tafel. Das Afrikaniſche Rhinozeros hat nur
vorn am Gaumen ein ganz kleines und blindes
os intermaxillare. Beym aſiatiſchen hingegen
iſt dieſer beruͤhmte Knochen groͤßer, und faßt zwey
kurze ſtumpfe Vorderzaͤhne, der Unterkiefer zwey
von faſt pfriemenartiger Geſtalt. Auch reichen
bey dieſem die Backenzaͤhne nicht ſo weit vor als
bey jenem, ſondern ſind durch einen anſehnlichen
leeren Zwiſchenraum von den Schneidezaͤhnen ge-
trennt. G.
wuth einiger Neueren, welche ſich darin, daß ſie
ſolchen Naturdingen, die jedermann unter ihren
Namen kennt, neue beylegen, außerordentlich
gefallen; denn dies Spiel der Namenmacher iſt
dem Studium der Naturgeſchichte ungemein nach-
theilig geweſen; und deshalb bin ich von dem
Syſtemsnamen der Saͤugthiere nur ſehr ungern,
und ſehr ſelten von Linnées Terminologie abge-
gan-
ßen Manne gebrauchte Name einen ganz irrigen
und falſchen Begriff enthielt. So habe ich z. B.
dem Armadill den angebornen Geſchlechtsnamen
Tatu wieder beygelegt, da der von Linnée Daſy-
pus ſich auf keine Weiſe vertheidigen laͤßt. Be-
kanntlich ſtammt dieſer Name aus dem Griechi-
ſchen her, und bezeichnet ein rauchfuͤßiges Thier,
weshalb er von den Alten dem Haaſen und Ka-
ninchen beygelegt worden iſt, weil bey dieſen ſelbſt
die Tatzen und Fußſohlen haaricht ſind, da es
hingegen kaum einer Erinnerung bedarf, daß dies
auf die von der Beſchaffenheit der Kaninchen wun-
derbar weit abweichenden Panzerthiere der neuen
Welt nicht paſſe.
So glaube ich auch, muͤſſe man bey dem Fle-
dermausgeſchlechte, jener Gattung, welche Lin-
nee das Geſpenſt (ſpectrum) genannt hat, den
Na-
die Benennung Vampyr jener in Oſtindien und
auf den Inſeln des Suͤdmeers befindlichen Fleder-
maus, welche man insgemein den fliegenden
Hund nennt, gegeben hat, denn es iſt bekannt,
daß das Wort Vampyr gleichbedeutend iſt mit
dem „blutſaugendes Thier;“ und da paßt es
denn wohl auf jene amerikaniſche, eben deshalb
andern Thieren, und ſelbſt Menſchen, feindſelige
Fledermaus; aber keinesweges auf die benannte
hundiſche, welche blos von Vegetabilien lebt, und
meines Wiſſens nie das Blut anderer Thiere
ſaugt.
iſt wegen der wunderbaren Zweifels ohne von ehelicher
Vermiſchung herſtammenden Verſchiedenheit, vermoͤ-
ge welcher viele derſelben ſich mehr oder weniger dem
mongoliſchen Habitu naͤhern, hauptſaͤchlich merk-
wuͤrdig.
ney in ſeinen Ruines, ou meditation ſur les Revo-
lutions des empires. S. 349.
dungen von den Fuͤrſten des neueren Indiens zu
mongo-
Abbildungen. Erſtes Heft, erſte Kupfertafel. Goͤt-
tingen 1796. Mit Begierde muß man die Fort-
ſetzung dieſer Abbildungen erwarten, denn durch ſie
duͤrfte Herders Wunſch erfuͤllt werden: „Daß Je-
mand, der es kann, die hie und da zer-
ſtreuten treuen Gemaͤlde der Verſchie-
denheit unſers Geſchlechts ſammelte und
damit den Grund zu einer ſprechen-
den Naturlehre und Phyſiognomik der
Menſchheit legte.“ S. Ideen z. Ph. d. G. d.
M. Th. 2. S. 82. G. A.
Geſichtsbildung ſich wenigſtens von den Hindus ent-
fernen, wovon man die Gruͤnde unten ſehen kann.
Naturgeſchichte 4ter Theil, 3ter Abſchn. S. 91. Und
(Monboddos) ancient metaphyſics, 3ter Theil, Lond.
1784. 4. S. 57. und 367.
Wie
vage. Paris 1761. 12.
les Pyrenées. Lond. 1776. 4. S. 8.
Tulpius von dieſem irrlaͤndiſchen Juͤnglinge erzaͤhlt
im 9ten Kap. des 4ten Buchs ſeiner Obſervat. medi-
car. „Ein Juͤngling von 16 Jahren, der in Irrland
unter den wilden Schaafen von Kindheit an
auferzogen war, hatte gleichſam die Natur der
Schaafe angenommen — hatte wilden Blick — war
roh, kuͤhn, unerſchrocken. — Er hatte auf rauhen
Gebirgen, in wilden Gegenden gelebt, ſelbſt ſo wild
als ungebaͤndigt“ u. ſ. w. — Wie moͤgen denn wohl
die wilden Schaafe in Irrland beſchaffen ſeyn? Wel-
ches mag ihre Natur ſeyn? Wild und ungebaͤndigt?
Gewiß jeder, der dieſes Geſchichtchen mit dem Meſſer
der Kritik zerlegt, wird auf die Vermuthung kom-
men, daß dieſer dumme Klotz, der des Schauſpiels
halber als ein Wunderwerk durch Holland gefuͤhrt
wurle, leicht eben ſo wenig zu den unter Thieren
erzogenen Menſchen gehoͤrt habe, als einſt eben da-
ſelbſt ein aͤhnliches von einem liſtigen Betruͤger fuͤr
einer Eskimo ausgegebenes Wunderwerk (man ſehe
hierueber Recherches philoſoph ſur les Améric. Th. 1. S.
258.) zu den wahren Eingebornen der Kuͤſte La-
bradir.
len andern Peter von Hameln iſt, bekennt er in fol-
genden Worten: „Dieſe Erſcheinung daͤucht mich iſt
außerordentlicher, denn der neue Planet, oder eine
Entdeckung von noch 30,000 Fixſternen, außer denen
kuͤrzlich entdeckten.“ b)
Handbuche, welches den Titel hat: Genees-Natuur-
en Huishoud-kundige Jaarboeken, 3ter Theil, [1ſter]
Abſchnitt S. 32.
S. 569.
Juſt. Brugmanns Praͤſ. vertheidigter Diſſert. de ho-
mine ad ſtatum greſſumque erectum per corporis fabri-
cam diſpoſito. Leiden 1795. 8.
bloß der menſchlichen Geſtalt eigen.“
Den phyſikotheologiſchen Zweck dieſes Vorzuges hat
Spigel ſehr ſcharfſinnig ausgedacht in ſeinem Werke
de humani corporis fabrica, S. 9.
„Einzig der Menſch kann unter allen Thieren be-
quem ſitzen, denn er erhielt fleiſchigte und große Hin-
terbacken, welche ihm ſtatt Unterlage, Kiſſen und ge-
polſterten Sopha dienen, damit er durch das Sitzen
keine Beſchwerlichkeit empfindend, den Geiſt beſſer be-
ſchaͤftigen koͤnne, mit Nachdenken uͤber goͤttliche Dinge.“
„Auch werden die Affen durch ein anderes Zeichen
nicht leicht von den Menſchen unterſchieden.“
taria ſuper anatomia Mundini S. 13. „Unter den
uͤbrigen Thieren haͤlt der Menſch in verſchiedenen La-
gen Beyſchlaf, giebt Umarmungen und Kuͤſſe, worin
er verdammlich iſt, weil das laſterhafter, wolluͤſtiger
und teuflicher iſt, als vernuͤnftig.“
ungeheuren Schatz von Zeichnungen durchgieng, wel-
che in der Bibliothek des Koͤnigs von Großbritannien
aufbewahrt wird, bewunderte ich von allen, und be-
trachtete ich ſorgfaͤltiger einen beruͤhmten Band Ge-
maͤhlde, welche fuͤr die menſchliche und verglichene
Zergliederung ſehr nuͤtzlich ſind, und von dem großen
Mahler Leonardo de Vinci mit der Feder gemacht
waren, unter welchen hauptſaͤchlich eine ganz beſondere,
und in ihrer Art einzige Zeichnung, von einem Manne,
der mit einem Weibe im Beyſchlaf begriffen iſt, ſich
auszeichnete. Beyder Rumpf aber war ſo durchſchnit-
ten, daß man das ſchicklichſte Berhaͤltniß der ausge-
dehnten maͤnnlichen Ruthe auf die Richtung der Mut-
terſcheide, worauf ich hingewinkt habe, deutlich ſehen
konnte. — Der Freundſchaft des Herrn Jo. Cham-
bertaine, des Aufſehers dieſer koͤniglichen Sammlung,
dieſes menſchenfreundlichen Mannes und ungemeinen
Kuͤnſtlers verdanke ich eine ſehr genaue Copie dieſes
ſ[ch]arfſinnigen Blattes.
fuͤnften Theile ſeines Werks de la nature auf der
neunten Tafel die Abbildung eines Embrio geliefert,
den er fuͤr einen Waldmenſchen ausgiebt, da doch aus
den bloßen Fuͤßen, welche mit einem Finger, nicht
mit einer Zehe, verſehen ſind, auf den erſten Anblick
erhellt, daß es eine menſchliche Frucht ſey.
„daß es Affen gebe, welche eben ſo gut als der Menſch
mit aufrechtem Koͤrper, auf zwey Fuͤßen gehen, und
daß ſie wegen des Gebrauchs, den ſie von Haͤnden und
Fuͤßen machen, zu der Menſchengattung gehoͤren.“
bildungen. Zweyt. Heft, Taf. 12. Goͤtting. 1797. a).
3ter Theil, S. 174.
Einwohnern dieſes, aber nur durch Sage der Gefaͤhr-
ten des großen Cook, Jac. King, gehoͤrt hatte, in
voyage to the northern hemisphere, 3ter Th. S. 377.
um die Welt. S. 218.
den erzaͤhlt es nach Hoͤrenſagen Hiſtory of sumatra.
S. 35. Not. *)
Vicq d’Azvr heißt es das Unterkinnbackenbein,
und bey Blair in der Oſteographie des Elephanten,
das Gaumenbein.
goͤttlichen Galenus, daß er endlich auch zu der Ent-
ſchuldigung ſich herablaͤßt, daß die Menſchen, wiewohl
ſie jetzo keine Zwiſchenkinnladenbeine mehr haͤtten,
doch zu Galens Zeiten allerdings dieſelben gehabt
haben, und daß man deshalb den Fuͤrſten der Anato-
miker nicht anzuklagen habe, — „ſondern einige
Verhinderungen der Natur, welche in un-
ſern Zeiten die Folgen der Leckerey und
einer unzeitigen und uͤber maͤßigen Liebe
geweſen waͤren.“
1780.
bezeugen, daß man unter dem Gaumen eine Nath
finde, die ſchraͤg uͤber zu den beyden Hundszaͤhnen
gehoͤre, welche bey Kindern erkennbar ſey, bey Er-
wachſenen aber ſo vertilgt werde, daß keine Spur
davon uͤbrig bleibe. Denn ich finde, daß dies mehr
eine Theilung oder Luͤcke iſt, als eine Nath, da ſie
Knochen nicht von Knochen trennt, noch
aͤußerlich ſichtbar wird.
Meinung hat in Schutz nehmen koͤnnen. Er behauptet
naͤmlich, daß dieſes das Skelett eines noch nicht alten
Menſchenaͤhnlichen Affen geweſen ſey. S. deſſen Na-
turgeſchichte des Orang-Utang. S. 146.
Paris 1764.
ting. 1778. S. 17.
Derſelbe uͤber die koͤrperliche Verſchie-
denheit des Negers vom Europaͤer. S. 59.
Auch J. Gottfr. Ebel obſerv. nevrol. ex anatome
comparata. Frankf. an der Oder 1788.
lam pinealem ſitis. Mainz 1785.
Eine Abbildung hat er geliefert in der Diſſert. de
decuſſatione nervorum opticorum, daſ. 1786.
Regiae ſcient. Goettingenſis. S. 116.
ches man naͤmlich fuͤr das gewoͤhnlichere und gleichſam
feſtbeſtimmte Ziel des Greiſesalters halten koͤnnte)
kann man kaum beſtimmen. Doch iſt es merkwuͤrdig,
was ich durch genaue Vergleichung mehrerer Morta-
litaͤtsliſten gelehrt worden bin, daß, nach Verhaͤltniß,
ziemlich viel europaͤiſche Greiſe das 84 Jahr erreichen,
wenige aber es uͤberleben. Nun erhellt bey einer Be-
rechnung des menſchlichen Lebensalters, durch
eine Vergleichung deſſelben mit dem Lebensende an-
derer Saͤugthiere, leicht, welch ein großer Vorzug
auch in dieſem Betracht, oder wenigſtens, welche Ver-
guͤtung mit Wucher fuͤr die lange Kindheit dem Men-
ſchen iſt zugeſtanden worden.
Waſſe, im Jahr 1724. S. Philoſophical Transactions,
Theil 33.
trauen will, der in einem beſondern Werke uͤber die
Liebe (das er Johannen von Arragonien, ſo beruͤhmt
durch ihre außerordentliche Schoͤnheit zugeeignet hat)
die Urſachen zergliedert, woher es komme, daß die
Maͤdchen im Sommer wolluͤſtiger und verliebter, die
Maͤnner es hingegen im Winter ſind.
niſch Diſſert, de pollatione nocturna. Goͤtt. 1775. 4.
ſeiner Wuͤrde ſchaͤtzt, der bedenke, welche wichtige
Vorzuͤge unſer Vater uns verlieben hat, wie wir weit
ſtaͤrkere Thiere unterjochen, weit ſchnellere verfolgen,
wie alles, was irrdiſch iſt, unſern Streichen unter-
liegt. Seneca.
ſtiker uͤber die Sprachen der Thiere ſind zahllos. Es
wird genug ſeyn, wenn ich zur Probe Alberten, mit
dem Zunamen der Große, anfuͤhre, der außer dem
Menſchen, auch einem menſchenaͤhnlichen Affen, dem
kleinen Gibbon naͤmlich, Sprache zuſchreibt, jedoch
nicht
(woran noch in unſern Zeiten der ſonſt ſo ſehr verdiente
Suͤßmilch zweifelt), hat ſchon Hobbes eingeſehen:
„Die edelſte und vortheilhafteſte Crfin-
dung unter allen andern, war die Spra-
che, wodurch die Menſchen einander ihre
Gedanken zum wechſelſeitigen Nutzen,
und zur Unterhaltung erofnen, ohne wel-
che unter den Menſchen weder allgemei-
nes Wohl noch Geſellſchaft haͤrte beſte-
hen koͤnnen, ſo wenig, als unter Loͤwen,
Baͤren und Woͤlfen.“ S. deſſen Leviathan S.
12. Ausg. von 1651. M.
kleine Gibbon — ſagt er — ſpricht, ob er
gleich ein vernunftloſes Thier iſt, allein
er diſputirt nicht (hat nicht zweyerley Mei-
nung uͤber ein Ding?) ſpricht auch nicht von
den Dingen im Allgemeinen, ſondern
ſeine Toͤne ſind vielmehr auf das Einzel-
ne der Dinge gerichtet, von denen er
ſpricht.“
S. 353.
Voͤlkerſchaften. Theil 1. S. 177.
S. 35.
daß vor einigen Jahren bey einem Affen zu Amſter-
dam durch eine Blatteranſteckung ſich zwar ein oͤrtli-
ches Geſchwuͤr, aber keine mit Fieber vergeſellſchaftete
Blattern zuſammengezogen haben.
der Bildung ſo oft an menſchlichen Geburten, und
meines Wiſſens noch niemals an den Jungen anderer
Saͤugthiere iſt bemerkt worden, glaube ich in der nach
Ver-
der Schaam, in einer beſondern, (ebenfalls von dem
beruͤhmten Bonn ſehr genau unterſuchten) gleichſam
zweygeſpaltenen Ritze ſuchen zu muͤſſen. Vergl. Rooſe
Diſſ. de nativo veſicae urinariae inuerſae prolapſu.
Goͤttingen 1793. 4. mit K.
7. Taf. 11. 12.
Heft. Taf. 13. wo der Ruͤſſelaffe aus dieſem Supple-
mentbande des buͤffoniſchen Werks genommen iſt. G.
der Menſch allein aufrecht geht, ſo ruͤlpſt
er auch unter ſo viel Thieren allein; denn
da die Winde leichter ſind, erfordern ſie
eine hoͤhere Region, und werden durch
einen gewiſſen natuͤrlichen Trieb in die
Hoͤhe gehoben.“
ten, ſo iſt ſolches ein unfehlbares Kennzeichen, daß
ſie von einerley Spezie ſind.“ —
Daſ-
lich Berthout von Berchem der Sohn angenommen:
„Wenn die Thiere im natuͤrlichen Zuſtan-
de ſich begatten u. ſ. w.“ Er erwaͤhnt aber we-
der Friſchens, noch ſelbſt Ray’s, ja behauptet ſogar:
„Herr von Buͤffon, welcher zuerſt von den
wenig ſichern Kennzeichen der Nomen-
klatoren abgewichen ſey, ſey auch der Er-
ſte, welcher bemerkbar gemacht habe, daß
die Vermiſchung am beſten hinleite zur
Erkennung der Arteno). S. Mem. de la se-
ciété des ſciences phyſiques de Lauſanne. T. II. S. 49.
Lond. 1718.
1677. S. 56.
T. IV. p. 142.
Obſ. 44.
Sandiforts Muſeum anat. acad. Lugd. Batav. Th. 1.
Seite 306.
Herr Verfaſſer ſelbſt in ſeinem Handbuch der Natur-
geſchichte mit einer andern unter aͤhnlichen Titel von
1781. nicht zu verwechſeln bittet. S. 17.
hiſtoriker, den Niſus formativus und die vis plaſtica
fuͤr faſt ſynonim hielten; ſo erlaube man mir hier
anzumerken, daß man unter der letztern nichts anders
zu verſtehen habe, als: eine bildende oder vielmehr
zuſammenordnende Kraft nach den bloß mechani-
ſchen Regeln und Geſetzen der Natur, z. B. der che-
miſchen Affinitaͤt und daß ſich Trieb von Kraft
beſonders dadurch unterſcheide, daß jener ſchon eine
gewiſſe Lebenskraft vorausſetzt, welche nach ihren
eigenen Geſetzen wirkt, und den Begriff von Zweck-
maͤßigkeit involvirt. Demnach duͤrſte vis plaſtica auf
das Mineralreich eingeſchraͤnkt werden muͤſſen, und
niſus formativus hauptſaͤchlich auf organiſirbare We-
ſen, Vegetabilien und Locomoventia gehen. G.
von einigen das Geſchlecht der Pflanzen
betreffenden Verſuchen u. ſ. w. Seite 51
und 24. nebſt der Nachricht: Gaͤnzlich vollbrach-
te Verwandlung einer Pflanzengattung
in die anderes).
ſo mag der Herr Verfaſſer mich ſelbſt vertreten, wel-
cher in ſeinen Beytraͤgen zur Naturgeſchichte S. 49.
ſagt: „ich bediene mich dieſer beyden (ſtimuli) in
der Phyſiologie der organiſirten Koͤrper
ſo allgemein angenommener und allgemein verſtaͤndli-
cher Kunſtwoͤrter ohne ſie zu verteutſchen, da ſie, ſo
wie das Wort organiſirte Koͤrper ſelbſt u. a.
m. gewiß durch die Verteutſchung an Deutlichkeit ver-
lieren wuͤrden t).“
S. 55, 352, nach Smidt’s Ausgabe.
nal Sin. London, 1766. 8. S. 224.
Ausg. 1697. Fol. — U. J. A. E. Goeze Entdek-
kung; daß die Finnen im Schweineflei-
ſche keine Druͤſenkrankheit, ſondern wah-
re Blaſenwuͤrmer ſind. Halle 1784. 8.
S. 19. „Von einem gewiſſen gelehrten
Freunde, welcher auf einer Reiſe durch
Sizilien die alten Denkmaͤler und die
Volksſitten daſelbſt genauer unterſucht
hatte, hoͤrte ich, daß bey den einſam auf
den Bergen lebenden ſiziliſchen Ziegen-
hirten, unterden Bekenntnißpunkten von
eigenen Prieſtern auch gewoͤhnlich nach
dem geforſcht werde, ob ſie nichts mit ih-
ren Ziegen zu thun gehabt.“
Aegyptum, Arabiam etc. S. 73. „Beym Ausgang
aus Alchanic in Aegypten kamen wir an
ein
ſchen Beytraͤgen Th. 2. S. 38. daß die Perſer,
welche am Huͤftweh leiden, in dieſer Hinſicht mit den
wilden Eſeln ſich einlaſſen.
nach Guinea in Churchill’s collection of voyages Th.
6. S. 101. „Es giebt hier eine ungeheure
Menge ſehr großer ſtarker Paviane, eini-
ge ſo groß wie ein großer Bullenbeißer,
welche Truppenweiſe zu 50 und 100 mit
einander gehen. Es iſt ſehr gefaͤhrlich
ihnen zu begegnen, beſonders fuͤr das
Frauenzimmer; denn glaubwuͤrdige Leu-
te haben mir verſichert, daß ſie dieſen
oft nachgeſetzt ſind, ſie ergriffen, und ſo
eins nach dem andern gemißbraucht und
ſo getoͤdtet haben“ v).
Kamtſchatka S. 289. daß ſonſt die Frauenzimmer
in Kamtſchatka mit den Hunden ſich gepaart haben.
Bocke: von welchem Ritus man d’ Hancarville nach-
leſen kann, welcher in ſeinen Recherches ſur l’ origine
des arts de la Grèce Th. 1. S. 320. ſehr weitlaͤuftig
davon handelt.
ner nach Damaſkus gehenden Karawane
ſtießen. Daſelbſt ſahen wir einen ſaraze-
niſchen Heiligen, ſo wie er aus Mutter-
leibe gekommen war, nackt zwiſchen Sand-
haufen ſitzen. — Wir hoͤrten, daß dieſer
hier ſitzende Heilige von Staatswegen
ſehr empfohlen wurde: er ſey ein heili-
ger, goͤttlicher Mann, von vorzuͤglicher
Unbeſcholtenheit, denn er habe nie mit
Maͤdchen oder Knaben, ſondern bloß mit
Eſelinnen und Maulthieren zu thun ge-
habt.“
neuerdings von Herrn Kluͤgel. S. Th. 1. der Ency-
klop. S. 541. der 2ten Ausgabe.
ſchrift 1785. Th. 4. S. 400.
fg. u. Abſch. 4. S. 40. fg.
Hacquet in Voigts eten angefuͤhrtem Magazine, Th.
6. St. 4. S. 34. fg.
den, daß die Pferde in England, ſeit das Stutzen
der Schwaͤnze Mode geworden, oͤfters mit weniger
Schwanzwirbelbeinen geboren wuͤrden. — Wenn ſich
dieſe und aͤhnliche Erfahrungen beſtaͤtigen; ſo wuͤßte
ich in der That nicht, was auch mehr gegen die
Evolutionshypotheſe und fuͤr den Bil-
dungstrieb ſprechen koͤnnte. G.
St. 6. S. 391. und im teutſchen Merkur 1788.
St. 1. S. 48.
all ungeheure Schwierigkeiten erzeugt, der unbeſtimm-
te und willkuͤhrliche Sinn naͤmlich, in welchem die
mehreſten Schriftſteller die Namen der Farben brau-
chen; das iſt gewiß bey gegenwaͤrtiger anthropologi-
ſcher Unterſuchung beſonders beſchwerlich. Damit man
mich nun nicht deſſelben Fehlers beſchuldige, muß ich
anmerken, daß ich zwar alle die Benennungen, wel-
che ich jeder von den fuͤnf unterſchiedenen Hauptfar-
ben gab, keineswegs fuͤr reine Synonimen halte,
als die engliſchen Ausdruͤcke yellow und Olive tinge,
u. a. m. ſondern daß ich bloß habe andeuten wollen,
daß dieſe Ausdruͤcke von verſchiedenen, und zwar
klaſſiſchen Schriftſtellern gebraucht worden, die Na-
tionalfarbe eines und deſſelben Volkes zu bezeichnen.
kungen zu Wilſons Nachrichten von den Pelew-
Inſeln S. 36. Von den Kaliforniern Begert,
Nachrichten von Kalifornien S. 89.
hiſtoir. natur. Th. 3. S. 526. Zimmermann geogr.
Geſchichte des Menſchen u. ſ. w. Th. 1. S. 77.
Der Abt Nauton im Journal de Phyſique Th. 18.
1781.
Der Galle Peter Barrere in einer Diſſ. sur la
cauſe phyſique de la couleur des negres. 1741. 12.
Dem Blute außer ſo viel andern beſonders Th.
Towns in den philoſophical Transactions Th. 10. S.
398. welcher im Gegentheile an der Wirkſamkeit der
Sonne bey dem Faͤrben der Haut der Neger zweifelte.
Den Kuͤgelchen im Blute, welche an der Haut
anſchießen, der Verf. der mehr als einmal z. B.
von des Moles im Jahr 1742. von Mounier 1775. ver-
theidigten Pariſer mediziniſchen Unterſuchung.
ſammelt B. S. Albin de ſede et cauſa coloris aethio-
pum u. ſ. w. Leiden 1737. 4.
Unter den Neuern ſ. Haller elementa phyſiolog. Th. 5.
S. 20. Eine Menge Schriftſteller citirt Krunitz im
Hamburgiſchen Magazin, Th. 19. S. 379.
die Tranſpiration der Phosphorſaͤure auf dem Schleim-
netze praͤcipitirt werde, Kant in Engels Philoſo-
phen fuͤr die Welt, Th. 2. S. 151.
Jene, ich weiß nicht welche Miſchung des Nerven-
ſafts und eines gewiſſen in den Spitzen der Bedek-
kungsnerven und Arterien verborgenen Liquidums,
die ſich zur Erklaͤrung der Negerſchwaͤrze der in Traͤu-
men große Phyſiolog le Cat in Traité de la couleur de
la peau humaine, Amſterdam 1765. 8. erfand, uͤber-
gebe ich.
Oder der Eingebornen von Nubien verlaͤngerte Fi-
bern, ihr rothes aufgeloͤßtes Blut, ausduͤnſtendes
Fließwaſſer, die feſten in der Haut zuruͤckbleibenden
Salz-, Oel- und Fetttheilchen des Bluts, durch welche
Liſte Artumonelli die Negerſchwaͤrze zu erklaͤren ſich
bemuͤht in elementi di fiſiologia medica, Neapel 1787.
Th. 1. S. 140.
logicas. Th. 2. S 155.
die Werte dreyer großer Gelehrten: Jac. Bryant neur
syſtem of ancient mytholog. Th. 1.
Jac. Bruce Reiſen zur Entdeckung der
Quellen des Nils. Th. 1.
Und Wilh. Jones Diſſert. in den Aſiatic Reſear-
ches. Th. 2. und 3.
ren Voraͤltern Portugieſen waren, iſt allgemein be-
kannt. Daß aber der Grund ihrer Schwaͤrze in einer
Verbindung der Vaͤter mit eingebornen Negerinnen
zu ſuchen ſey, wird auch dadurch ſehr wahrſcheinlich,
weil bekanntlich Europaͤerinnen, welche unmit-
telbar aus ihrem Vaterland nach Guinea gebracht
worden, nur ſehr ſelten dort dauern konnten, indem
die Macht des Klima ſie zu ſtarken monatlichen Rei-
nigungen ausſetzte, welche, wiewohl nicht immer, in
kurzer Zeit in toͤdliche Mutterblutfluͤſſe auszuarten
pflegen.
tiphlogiſtiſchen Chemie. S. 202. A a)
obachtet. Von denen diſſeits des Ganges merkt es an:
Laubere in Déſcription du Royaume de siam. Theil
1. Seite 81. Theil 3. Seite 151. Von den Nicoba-
ren Nic. Fontana in Aſiatik Reſearches. Theil 3.
S. 151. Von den Maynas, den Einwohnern vom
ſuͤdlichen Amerika am obern Maragnon ſ. Xav. Veigl
in v. Muers Journal zur Kunſtgeſchichte. Th.
16. S. 115. „In ihren Augen iſt das, was
bey uns weiß iſt, ein wenig gelb gefaͤrbt.“
des Antilles. S. 383.
Negers vom Europaͤer. S. 11.
mittentibus Buch 3. Kap. 2. de ictero ex febre inter-
mittente.
„Ich habe geſehen, ſagt er S. 194. daß die
von einer Gelbſucht entſtandene Oliven-
farbe, wie ſie die Aſiaten haben, in der
Folge geblieben iſt.
„Einer wurde durch ein Fieber faſt ſo
ſchwarz als ein Indianer.
„Ein anderer behielt eine ſchwarze Haut
am ganzen Koͤrper, als wenn er von einem
Indianer mit einer Europaͤerin erzeugt
worden waͤre: und auf aͤhnliche Weiſe wa-
ren die flache Hand und die Fußſohlen
weiß.“
ſtoire de l’Académie des ſciences de Berlin, Jahr 1753.
S. 92. Und Soͤmmering a. a. O. S. 43.
Cranz in ſeiner Hiſtorie von Groͤnland Th. 1.
S. 178. hauptſaͤchlich ihrer thranichten Speiſe zu.
Sloane berichtet, daß die Haut der Europaͤer in
Weſtindien von dem haͤufigen Genuß der gruͤnen
Schildkroͤten (teſtudo mydas) gelblich werde. S.
deſſen voyage to Jamaica, Th. 1. Einl. S. 18. und
Th. 2. S. 331.
voyage to the northern hemiſphere Th. 2. S. 147.
kannte Wirkung der Lebensart auch unter andern Erd-
guͤrteln beobachtet haben, will ich nur einen anfuͤhren.
Poi-
einige auszuheben: Es iſt bekannt, daß die Biskaye-
rinnen glaͤnzend weiß, die Granaderinnen hingegen
ſchwaͤrzlich ſind, daß ſogar Ol. Toree Reiſe nach
Surate u. ſ. w. S. 9. beobachtet hat, daß man in
dieſer ſuͤdlichern Provinz ſelbſt die Bilder der Maria
von eben dieſer Nationalfarbe mahlt.
Von den Malabaren wird ausdruͤcklich geſagt, daß
ihre ſchwarze Farbe ſich immer mehr der braunen und
gelben naͤhere, je weiter ſie nach Mitternacht wohnen;
In den tranquebariſchen Miſſionsberich-
ten 22ſte Fortſ. S. 896.
Die Negern am noͤrdlichen Ufer des Senegal ſind
braun, die am ſuͤdlichen ſchwarz. S. außer andern
Barbot in Churchill’s Collection of voyages Th. 5.
Seite 34.
von den Mohren ſpricht. „Die Mohren ſind
nicht von Natur ſchwarz, wie das Sprich-
wort ſagt, und wie mehrere Schriftſteller
glauben; ſondern ſie kommen weiß zur
Welt, und bleiben Lebenslang weiß, wenn
ihre Arbeiten ſie nicht der Sonnenhitze
ausſetzen. In den Staͤdten ſind die Wei-
ber ſo glaͤnzend weiß, daß ſie die meiſten
unſerer Europaͤerinnen verdunkeln wuͤr-
den; aber die mohriſchen Bergbewohner,
welche unaufhoͤrlich von der Sonne gebra-
ten werden und faſt immer halb nackt ge-
hen muͤſſen, werden von Kindheit an ſo
braun, daß ſie beynahe rußig ausſehen.“
luft auf die Hautfarbe in hiſtory of Sumatra S. 43.
und Wallis in Hawkesworths Collection of voyages.
Th. 1. S. 260.
Der Waldluft, Hartſink Beſchryving van Guia-
na. Th. 1. S. 9.
Der Bergluft, Bouguer figure de la terre. Einl.
Seite 101.
Der Erdhoͤhenluft, de Pinto in Robertſons
hiſtory of America.
legenheit des Problems, warum nicht auch auf dem
unter dem Aequator gelegenen Striche von Amerika
Mohren erzeugt werden, angeſtellte muͤhſame und
gelehrte Unterſuchung, in der geographiſchen
Geſchichte des Menſchen. Th. 1. S. 86.
ſtol itineribus mundi, in Ugolinis theſauro antiqui-
tatum ſacrarum. Th. 7. S. 141.
dem im 16ten Jahrhunderte nach Amerika gefuͤhrten
Negerſklaven her, welche zu allererſt die von ihrer
Nation daſelbſt gebornen Kinder Criollos und Criollas
nannten; welchen Namen die Spanier nachher von
ihnen entlehnten, und ihrer eigenen in der neuen
Welt gebornen Nachkommenſchaft beylegten. S. Gar-
cilaſſo del origen de los Incas. S. 255. Jetzo wird
dieſes Wort in Weſtindien auch ſogar auf die Haus-
thiere ausgedehnt, welche in Amerika nicht eingebo-
ren,
man die trefliche Abhandlung von Herrn Hofrath Gir-
tanner uͤber die franzoͤſiſche Revolution.
Th. 1. S. 60-72. der 2ten Ausgabe.
S. 374. „Wenn zwey geborne Englaͤnder
in ihrem Vaterlande heyrathen, und dann
in Weſtindien ſich niederlaſſen, ſo wer-
den die vorher erzeugten Kinder jenen
Habitus und jene Geſichtsbildung bekom-
men, welche die Kreolen auszeichnen;
kehren ſie aber zuruͤck, ſo werden die nach-
her gebornen Kinder ſo etwas Charakte-
riſtiſches nicht an ſich haben“ u. ſ. w.
S. Oldendorps Geſchichte der Miſſion auf
den caraib. Inſeln. Th. 1. S. 232.
Transactions. Th. 55. S. 47.
3. S. 106. und Th. 4. S. 470. Vergl. zu dieſer
Stelle Herrn Tychſens Anmerkungen, Th. 4. S. 357.
chen der Mulatten ſ. in Kleins Annalen der Ge-
ſetzgebung in den preuſſiſchen Staaten.
Th. 7. S. 116.
Bruin Reinen ever Moſcovis u. ſ. w. S. 358.
Miſchlinge zweyer Nationen ſind.“ B b)
332. nach Blaͤttern von Malaga, die er geſehen.
Seite 132.
J. 1724. S. 18.
in Valentyns oud en nieuw Ooſt-Indien, Th. 1. Ab-
ſchnitt 2. S. 18.
te 260.
Anh. S. 122.
India-Islands, S. 123.
Th. 9. Art. Neger.
ſetz. 33. S. 919.
ſie vierten Theils von den Indianern,
und drittens von Spaniern ſind.“ C c)
ter Seits von Indianern und einer von
Spaniern ſind.“ D d)
menſchaft von einem ſolchen Quarteronen und Terce-
ronen zwoter Zeugung Tente-enel-apre.
die Kinder von Coyoten dritter Zeugung und Ameri-
kanern Harnizen; von Cambujen und Mulatten,
Albaraſſados; und endlich von dieſen und Mu-
latten erzeugte Barzinos nenne.
die Flecke erſt im vierten Jahre zum Vorſchein ge-
kommen waren, und mit Verlauf der Zeit an Um-
fang zugenommen hatten, erzaͤhlt W. Byrd, in Phi-
loſophical Transactions, Th. 19. S. 781.
Buͤffon, Nachtraͤge, Th. 4. Taf. 2. S. 565. Es iſt,
wo
ſetzung 21. S. 741. heißt es: „es ſey ein mit dem
Ausſatz verwandtes Uibel.“
und Aſien, S. 166 es habe ſonſt eine einzige tata-
riſche Horde der Art gegeben, welche Piegaja oder Pe-
[...]raja Orda geheißen.
J. G.
Orinoco illuſtrado, Th. 1. S. 109.
Andere Beyſpiele von ſolchen Negern liefern z. B.
La Mothe in der Bibliotheque impartiale, Monath
April. 1752.
D. Morgan in den Transactions of the philoſophical
society at Philadelphia, Th. 2. S. 392.
ſe durch Sibirien, Vorr. Th. 2.
Und zwar einem ſcorbutiſchen Uibel. J. Bell Tra-
vels from st. Petersburg to diverſe parts of Aſia.
Th. 1. S. 218.
leib und die Ringe um die Bruͤſte, ſo oft
ſie ſchwanger ſind ganz ſchwarz.“ Cam-
per kleinere Schriften Theil 1. Abſchnitt 1.
Seite 471.
„Neuerdings hat ſich eine gleiche Me-
„tamorphoſe in der Perſon einer Dame
„von Stande, von ſchoͤnem Teint und
„ſehr weißer Haut jaͤhrlich von neuem ge-
„zeigt. Von der Empfaͤngniß an begann
„ſie braun zu werden und gegen das En-
„de ihrer Schwangerſchaft wurde ſie eine
„wahre Negerin. Nach der Niederkunft
„ſchwand die ſchwarze Farbe allmaͤhlig,
„ihre erſte Weiße kam wieder, und ihre
„Frucht hatte keine ſchwarze Hautfarbe.“
S. Bomare a. a. O. Art. Neger. E e)
Mehreres vergleiche hiemit aus Le Cat a. a. O.
z. B. S. 141. „Eine Baͤuerin aus der Ge-
gend
Bd. 26. S. 425.
„hat in der Regel bey jeder Schwanger-
„ſchaft einen ganz ſchwarzen Leib, und
„dieſe Farbe verliert ſich im Kindbett.“
„Bey einer andern iſt in dieſen Umſtaͤn-
„den die rechte Huͤfte ſchwarz“ u. ſ. w. F f)
Auch Lorr, de melancholia, Th. 1. S. 298. u. ſ. w.
the ein Stuͤck von den Unterleibsbedeckungen eines
vor einigen Jahren hier verſtorbenen Bettlers, wel-
ches in Anſehung ſeiner Schwaͤrze der Negerhaut nicht
nachſteht.
Eine Menge ſolcher an Europaͤern beobachteter Bey-
ſpiele ſtellen andere auf, ſ. z. B. Haller elementor.
phyſiologiae, Th. 5. S. 18.
Ludwig in epiſtolis ad Hallerum ſcriptis, Theil 1.
Seite 393.
V. Riet de organo tactus, S. 13.
Albin de ſede et cauſa coloris aethiopum. S. 9.
Klinkoſch de cuticula, S. 46.
Soͤmmering uͤber die koͤrperliche Verſchie-
denheit des Negers vom Europaͤer. S. 48.
Loſchge im Naturforſcher, St. 23. S. 214.
Eine Beſchreibung von dunkelbraunen Flecken ver-
ſchiedener Große, und bis zu zwey Zoll im Durch-
ſchnitt, welche man an einem ſechszigjaͤhrigen Manne
beobachtet hat, bey welchem ſie in ſeinem Juͤnglings-
alter durch ein viertaͤgiges Fieber entſtanden waren,
ſ. ebend. St. 16. S. 170.
the ſtreights of Magellan, S. 64. „Ihre Schen-
kel und Beine wurden ſo ſchwarz, wie ein
ſchwarzer Hut.“ u. ſ. w. G g)
Und
noch zu Venedig, deſſen Schwaͤrze, durch
den langen Zwiſchenraum von Jahren,
(denn er kam als Knabe von dieſer Kuͤſte)
ſich allmaͤhlich ſo vermindert hat, daß
er bloß eine gelinde Gelbſucht zu haben
ſcheint.“
Caldani inſtitutiones phyſiologicae, Seite 157. Aus-
gabe 1786.
Vergl. auch Pechlin de habitu et colore Aethiopum,
Seite 128.
Und Oldendorp, Th. 1. S. 406.
daß man ſie kaum von einem ſchwaͤchlichen
Weißen unterſcheiden konnte.“ Labat Re-
zation d’ Afrique occidentale. Th. 2. S. 260. Hh).
Auch Klinkoſch a. a. O. S. 48.
actions, Band 51. St. 1. S. 175.
weich, und ihre Haut, wenn man ſie an-
fuͤhlt, ſcheint von Atlaß zu ſeyn“ Birt,
voyage de la France équinoxiale. S. 352. Ii).
Soͤmmering a. a. O. S. 45.
ſanft.“ Hawkesworth collection Th. 2. S. 187. Kk).
eines Tageloͤhners oder Bauers, deren
Haut nicht ſo glatt waͤre, daß ſie ſich nicht
wie feiner Sammet anfuͤhle.“ Belon Ob-
ſervations, S. 198. Ll).
Nils. Th. 2. S. 552. Th. 4. S. 471 u. 489.
ſoph fuͤr die Welt. Th. 2. S. 154.
Von
angenehmen Geruch. Ich finde nichts
aͤhnliches ihm zu vergleichen. Wenn man
anderwaͤrts einen aͤhnlichen Geruch fin-
det, ſo nennt man ihn auf den Inſeln
(den Antillen) Karaibengeruch: welches
die Schwierigkeit beweißt, worin man iſt,
ihn zu bezeichnen.“ Thibault von Chanvalon
voyage à la Martinique. S. 44. Nn).
bilioſa. S. 104.
Hiſtory of Jamaica. Th. 2. S. 352. 425.
caͤern die Ozolen, eingeborne Voͤlker von Lokris, wegen
der Eigenheit der Luft durchaus uͤbel riechen.
Vergl. auch Lavater phoſiognomiſche Frag-
mente. Th. 4. S. 268.
Auch Jak. Friedr. Ackermann de diſcrimine ſexuum
praeter [...]nitalia. S. 10.
klaſſiſchen Werks.
Allein es iſt auch bey den entfernteſten Voͤlkern be-
obachtet worden; z. B. auf der Inſel Otaheiti im
ſtillen Meer. S. I. R. Forſter Bemerkungen
auf ſeiner Reiſe um die Welt. S. 205.
An vielen kupferfarbigen und rothhaarigen Timo-
tern ſ. Van Hagendorp Verhandelingen van het Bata-
viaaſch Genootſchap, Th. 1. S. 319.
Marc-
ac novi cauſis. S. 85.
Haaren Tractatus Brafiliae. S. 12.
nach den Quellen des Nils. Th. 2. S. 214.
Von den Einwohnern des Koͤnigreichs Boruͤn pro-
seedings of the African Aſſociation. S. 201.
York (the Duke of Yorks Island) unfern Neu-Irr-
land im Sue;dmeer. S. I. Hunters Hiſtorical Jour-
nal of the Transactions at Port Jackſon u. ſ. w. S.
233. — „Sie haben eine lichte Kupfer-
farbe — ihr Haar iſt wollig“ Oo).
ſchen Merkur 1788. Th. 2. S. 341.
J. G.
geſehen, welche roth geweſen. Reiſe durch Si-
birien. Th. 1. S. 89.
Von blondhaarigen Eskimos erzaͤhlt Charlevoix in
Hiſtoire de la nouvelle France. Th. 3. S. 179.
Von rothen Negern ſ. Lopez, Retazione del Reame
di Congo. S. 6.
Einen Mulatten mit rothem Haupthaar habe ich
ſelbſt geſehen, und habe eine Probe von den Haaren.
Daſſelbe bemerkt von den Mulatten, die er an
Sierra Liona ſah, van der Groͤben, guineiſche
Reiſebeſchreibung. S. 29.
Von den Papus bey Neu-Guinea, Sonnerat,
Voyage à la nouvelle Guinée. S. 153.
Von den Neu-Seelaͤndern, Marion und Ducles-
meur, Nouveau voyage à la mer du Sud. S. 138.
Von Otaheiten, Wallis in Hawkesworth’s Colle-
ction. Th. 1. S. 260.
nienſis, Th. 3. S. 281.
beſonderes lauchenfarbiges Gruͤn, welches man oͤfters
an Menſchen mit faſt feuerrothem Haar und einer
Haut voll Sommerſproſſen beobachten kann.
Vergl. ein beſonderes Werk: De coloribus oculo-
rum vom Sim. Portius. Florenz, 1550. 4.
merkungen zu Jak. Bruce Reiſe zu den Quel-
len des Nils. Th. 5. S. 239.
de venis oculi S. 23. „Die Neger haben kei-
nen Augenſtern“ u. ſ. w. erklaͤren.
obachter Willh. Anderſon an den Eingebornen der
Freundſchaftsinſeln im ſuͤdlichen Ocean (the Friendly
Islands): „Ihre Geſichtszuͤge ſind ſehr
verſchieden; daß es kaum moͤglich iſt au-
ßer ihren ſehr dicken Naſenſpitzen, welche
ſie mit einander gemein haben, eine allge-
meine ſie charakteriſirende Gleichheit
feſt-
ren, Libavcus, ein nicht zu verachte der Schriftſteller:
„Eine andere Geſichtsbildung haben die
Thuͤringer, eine andere die Sachſen, eine
andere die Sueven, und jeder Gau hat faſt
ſeine eigene, daß man, wenn maneiniger-
maßen Muͤhe darauf verwenden wollte,
jedem beynahe ſein Vaterland wuͤrde an-
ſehen koͤnnen.“ In ſeinem Werke: De Ae-
thiopibus Virgilianis, Singularium, Th. 1. S. 659.
wir zu hunderten von wirklich europaͤi-
ſchem Geſicht, und einige unter ihnen
hatten aͤchte roͤmiſche Naſen.“ Siehe Cooks
letzte Reiſe, Th. 1. S. 380. Pp).
Andere Beyſpiele der Art, welche unter aͤthiopi-
ſchen und amerikaniſchen Voͤlkern beobachtet worden
ſind, ſollen unten angegeben werden.
Gegenſeitig trift man bey einzelnen Europaͤern in
Hinſicht auf Geſichtsbildung ſehr haͤufig Aehnlichkeit
mit Negern oder Mongolen, und ſie iſt ſogar zum
Sprichwort geworden.
ſchen Nation verdanke ich den portugieſiſchen Duumvirn
zu Braſilien, von Camara und von Andrada.
vées de stoſch. S. 10. und noch an andern Orten.
d’Han-
rakter der Denkmaͤler alter aͤgyptiſcher Kunſt gehan-
delt in den philoſophical Transactions, Jahr 1794.
St. 2. S. 191.
Finnonicae cum Ungarica am Ende des ſpecim. uſus
linguae Gothicae. Upſal 1717. 4. hauptſaͤchlich S. 77.
Und noch andere Neueren J. Hager Neue Be-
weiſe der Verwandſchaft der Hungarn
mit den Lapplaͤudern. Wien 1794. 8.
la Gréce. Th. 1. S. 300.
2. S. 146.
„Wirklich beobachte ich, daß die Zuͤge der
Neger genau jenen Zuſtand von Verzie-
hung des Geſichts dar ſtellen, welche es au-
nimmt, wenn es vom Lichte und den ſtar-
ken Strahlen einer Flamme geblendet
wird: Die Stirn runzelt ſich dann, die
Wange zieht ſich in die Hoͤhe, das Augen-
lied ſchließt ſich, der Mund wird aufge-
worfen. Dieſe Verziehung des Geſichts,
welche in den nackten und heißen Laͤndern
der Neger unaufhoͤrlich vorkommt, muß-
te endlich ihrer Phyſiognomie eigen-
thuͤmlich und charakteriſtiſch an ihr wer-
den?“ Q q)
ſchloſſen, um zu verhindern, daß die
Muͤcken nicht in die Augen kommen. —
Daher kommt es, daß ſie, weil ſie von
Kindheit an von dieſen Inſekten beunru-
higt werden, die Augen niemals oͤfnen
wie andere Voͤlker.“ Th. 2. S. 169. Rr)
Aehnlichkeit des Inhalts halber moͤchte ich dieſer noch
einey Stelle aus Marsden Hiſtory of sumatra S. 173.
beyfuͤgen. „Einige Schriftſteller haben be-
merkt, daß gewoͤhnlich zwiſchen der Be-
ſchaffenheit und den Eigenſchaften der
einem Lande eigenen Thiere und der ein-
gebornen Bewohner, wo eine Vermi-
ſchung mit Fremden ihren aͤchten Charak-
ter nicht vertilgt hat, eine Aehnlichkeit
ſtatt finde. Die Malayen koͤnnen mit
dem Buͤffel und dem Tieger verglichen
werden. In ſeinem haͤuslichen Zuſtand
iſt er fuͤhllos, traͤg und wolluͤſtig, wie
der erſte, und auf ſeinen Abentheuern
hinterliſtig, blutduͤrſtig und raͤuberiſch
wie der letztere. So ſoll der Araber ſei-
nem Kamele, und der ſanfte Gentoo ſei-
nem Schaafe gleichen.“ S s)
Churchills Collection of voyages, Theil 5. Seite 36.
„Man hat beobachtet, daß die Weiber
von der beſſern Klaſſe, die nicht ſo harte
Arbeiten verrichten, Kinder haben, de-
ren Naſen nicht allgemein ſo platt ſind,
als bey den andern; weshalb man muth-
maßen kann, daß die Naſen dieſer armen
Kinder dadurch geplaͤtſcht werden, daß
ſie, ſo lange ſie von ihren Muͤttern auf
dem Ruͤcken getragen werden, immer
von dieſen beſtaͤndig muͤſſen geſtoßen wer-
den, wenn die Bewegung ihrer Aerme
oder Koͤrper einigermaßen heftig iſt; be-
ſonders wenn ſie alle Morgen ihren Hir-
ſen ſtoßen oder ſchlagen, welches der be-
ſtaͤndige Gebrauch der Weiber aus dem
niedern Range iſt.“ T t)
Lords of the Committee of Council for the conſide-
ration of Slave - Trade, 1789. Fol. Erſte Abtheilung.
C. 1. 6.
Thevenots kleinerer Samml. Paris 1674. 4. S. 29.
Reiſe um die Welt, S. 482. 516.
birges der guten Hofnung, S. 567.
ſchaͤdeln, S. 18.
Von den Kirgiſen zweytes Zehnd, S. 8.
1. S. 177.
Kunſt des hollaͤndiſchen Kupferſtechers Bern. Picart,
daß er in dem ſehr bekannten Werke: Ceremonies et
coutumes religieuſes faſt unzaͤhlbare Juden dargeſtellt
hat, welche, bey aller Verſchiedenheit unter ſich, doch
alle jenen Nationalcharakter an ſich tragen, durch
welchen ſie ſich von den Nationen unterſcheiden, deren
Abbildungen mit den ihrigen vermiſcht ſind.
der koͤnigl. Akademie der Kuͤnſte, mit dem ich mich
uͤber die Nationalgeſichtsbildung der Juden unter-
hielt, ſchien es, daß ſie außer andern hauptſaͤchlich
etwas beſonders und charakteriſtiſches ziegenartiges
haͤtten, welches nicht ſowohl in dem Bug der Naſe,
als in dem Uibergang und der Verbindung der Na-
ſenſcheide mit der Oberlippe laͤge.
Deshalb ſcheint Camper die Meinung des ſchaͤtz-
baren Kuͤnſtlers nicht ganz genau geſaßt zu ha-
ben, da er, zu meiner Verwunderung, in ſeiner
Schrift: uͤber den natuͤrlichen Unterſchied
der Geſichtszuͤge, S. 7. behauptet, die Naſe
der Juden ſey der mongoliſchen aͤhnlich.
Urns found in Norfolk, S. 13. Derfelde ſchar[f]ſichti-
ge Mann hat meines Wiſſens zuerſt auf die Natio-
nalform der Negerſchaͤdel gemerkt: „es iſt ſchwer
ſich im Unterſcheiden der Negerſchaͤdel
zu betruͤgen.“ V v)
Beurtheilung der Schaͤdel in jener Hinſicht bediene,
habe ich in dem erſten Zebud der Schaͤdel-
ſammlung S. 5. aufgezaͤhlt.
ſchnitt 1. S. 15. Deſſen Naturgeſchichte des
Orang-Utang, S. 181. 212. Und ein beſondres
Werk uͤber den natuͤrlichen Unterſchied des
Geſichtszuͤge u. ſ. w.
Taf. 18.
dians, S. 9. „Sie legen ihre zarten Kin-
der in eine Art von Wiege, wo ihre Fuͤße
eingewickelt ſind, etwa einen Fuß hoͤher
als in horizontaler Lage; — ihre Koͤpfe
haͤngen hinterwaͤrts in ein Loch, welches
zu dieſem Behufe gemacht iſt, wo der
groͤßte Theil ihrer Schwere auf dem
Scheitel liegt, und da liegen ſie auf ei-
nem Saͤckchen mit Sand, ohne ſich im ge-
ringſten bewegen zu koͤnnen; durch dieſe
Preſſung und Zuſammendruͤckung ihrer
Scheitel, werden natuͤrlich ihre Koͤpfe
dick, und ihre Geſichter breit.“ X x)
den unſere Koͤpfe uͤbel geſtaltet ſeyn: da
muͤſſen von außen die Kinderweiber und
innen die Philoſophen ſie erſt formen. —
Die Karaiben ſind zur Haͤlfte gluͤcklicher
als wir.“ J. J. Rouſſeau Emil, Theil 1. Seite
19. Y y)
Ackermann in Baldingers neuen Magazin fuͤr
die Aerzte. Th. 2. S. 506.
Von
2. S. 3.
hamani fabrica, S. 23. Spiegel a. a. O.
genzeuge erzaͤhlt, mein ehemaliger Zuhoͤrer, Herr
Philites, Arzt zu Epirus.
20ſten Jul. 1788, daß zu Konſtantinopel die Hebam-
men nach der Geburt gewoͤhnlich die Mutter fragen,
welche Form ſie fuͤr den Kopf ihres eben gebornen
Kindes wuͤnſche, und daß denn die Aſiaten diejenige
vorzoͤgen, welche durch eine, Stirn und Hinterhaupt
feſt umſchließende Binde entſteht, weil ſie glauben,
daß die rothen Turbane, welche ſie gewoͤhnlich tra-
gen, dann beſſer ſitzen.
Vergleich die zweyte Tafel des erſten Zehnds von
Hirnſchaͤdeln.
Ausg. Th. 6. S. 206.
3. S. 151.
Paſicompſe, S. 63.
Vergl. Taf. 9. des erſten Zehnds von Hirnſchaͤdeln.
la 1535. Fol. S. 256.
Rapmond Breton, Dictionnaire Caraibe-Francois.
Auxerre 1665. 8. S. 58. 92. 145. 289.
Vergl. Taf. 10. des erſten Zehnds von Hirn-
ſchaͤdeln, und die zweyte Figur der dieſem Werke
beygefuͤgten zweyten Tafel.
Auch Taf. 20. des zweyten Zehnds.
Fol. Th. 3. S. 623.
De Ulloa Relacion del viage para medir algunos
Grados de Meridiano. Madrit 1748. Fol. Theil 2.
S. 533.
Seite 39.
Sprache der Peruaner und der Name
Campevas, welche ihnen die Portugie-
ſen in der braſiliſchen Sprache geben,
Flachkopf: wirklich haben dieſe Voͤlker
die
Charleroix Hiſtoire de la nouvelle France, Th. 3. S.
187. 223. A a a)
rum omnium Hiſpaniae et novi orbis, zweyte Ausg.
Rom 1755. Fol. Th. 6. S. 204. wo in der Geſchichte
der dritten Synode limaiſcher Dioͤces vom Jahre
1585. d. 17. Jul. ein Beſchluß ſteht, daß die India-
ner die Koͤpfe ihrer Kinder nicht durch Formen bilden
ſollen. — „Da wir den aberglaͤubiſchen
Misbrauch der Indianer, die Koͤpfe ihrer
Kinder in Formen zu preſſen, welche ſie
Caito, Omma, Ogalla nennen, gaͤnzlich
auszurotten wuͤnſchen, ſo haben wir be-
ſchloſſen und gebieten u. ſ. w.“ naͤmlich ver-
ſchiedene Strafen auf den Uibertretungsfall, daß z.
B. ein Weib, welches dieſes thue, „fuͤr das er-
ſtemal ganzer zehn Tage lang fruͤh und
Abends dem Unterrichte beywohne; fuͤr
das zweyte Mal aber zwanzig“ u. ſ. w.
den, deren die Karaiben ſich bedienen, in dem Jour-
nal de Phyſique, Monat Aug. 1791. S. 132.
eben gebornen Kinder zwiſchen zwey Bret-
ter zu druͤcken, und ihnen die fremde Ge-
ſtalt zu verſchaffen, welche ſie, wie ſie ſa-
gen, dem Vollmond aͤhnlicher machen
ſoll.“ De la Condamine in den Mémoires de l’A-
cad. des ſc. de Paris 1745. S. 427. Z z)
1740. Taf 16. Fig. 1.
Cardamus de rerum varietate, Theil 3. Seite 162.
Spons Ausg.
cauſis plantarum. S. 287.
ſeiner Werke Seite 170. „Alle Zaͤhne in dem
Oberkiefer findet man noch feſt ſtehend;
was aber ſonderbar und bey nahe fuͤr ein
Wunder zu halten iſt, iſt, daß die vor-
dern oder Schneidezaͤhne nicht ſcharf und
zum ſchneiden eingerichtet, ſondern eben
Berſch. des, M. Lſo
manns Bericht von dieſer Mumie. Braunſchweig
1782. 4.
1778. 4. S. 24.
S. 184.
S. auch Obſervations on ſome Egyptian Mummies
opened in London by J. F. Blumenbach. From the
Philoſophical Transactions. 4.Gr.
ſind.“
ten, ſ. tranquebariſche Miſſionsberichte,
106te Fortſ.
1722. S. 323.
kannte Inſel bey der Meerenge Diſko an der weſtli-
chen Kuͤſte von Groͤnland, die auf allen genauen Land-
charten ſeit Zorgdragers Zeiten vorkommt, daß ich
Campern nicht begreifen kann, wenn er Winsloven
der Unwiſſenheit beſchuldigt, und ihn aus Huͤbners
Geographie eines beſſern zu belehren ſucht, in welcher
naͤmlich die Hundsinſel richtiger in das ſtille Meer
und unter den ſuͤdlichen Wendekreis u. ſ. w. geſetzt
werde. Wußte er denn nicht, daß dieſe ſuͤdliche Inſel
von Schouten, der ſie im J. 1616 entdeckte, in ſeiner
bekannten Reiſebeſchreibung als vollig unbewohnt be-
ſchrieben wurde, ja ſogar ſeit jener Zeit, meines
Wiſſens, von keinem Europaͤet wieder beſucht worden
iſt! Da jenes noͤrdliche Land hingegen, aus welchem
Winslov ſeinen Schaͤdel erhalten hatte, von unzaͤhli-
gen Europaͤern des Wallfiſchfanges halber beſucht
wird.
ſind Winslovs Worte, — „ſie ſind von vorn
nach hinten breit und flach, ſtatt daß ſie
ſcharf ſeyn ſollten, und den Backenzaͤhnen
aͤhnlicher als den Schneidezaͤhnen.“
„Herr Riecke — der dieſen Schaͤdel gefunden
hatte, — ſagte mir, daß die Bewohner die-
ſer Inſel ganz rohes Fleiſch eſſen. — Sie
machen verſchiedene außerordentliche Be-
wegungen mit dem Kinnbacken, und ver-
zerren das Geſicht beym Kauen und Ver-
ſchlucken. Dieſer Anblick beſonders war
es, welcher Herrn Riecken veranlaßte,
einige Leichname dieſer Inſulaner aufzu-
ſuchen, um zu ſehen, ob ihre Kiefer und
Zaͤhne eine beſondre Bildung haͤtten“
u. ſ. w. B b b)
Taf. 24. 25.
S. 60.
von der Groͤben guineiſche Reiſebeſchrei-
bung, S. 51. 94.
Barbot in Churchill’s collection of voyages, Theil
5. S. 139. 143. 385.
Schotte in Philoſophical Transactions, Theil 73.
Abſchn. 1. S. 92.
Report of the Lords of the Committee of Council for
the conſideration of slave Trade, Fol. L. und M.
Schriftſteller, wie Roͤmer und der beruͤhmte Niebubr,
dieſe kuͤnſtliche Verunſtaltung der Zaͤhne fuͤr ihre na-
tuͤrliche Bildung angeſeben haben. S. des Erſteren
Efterredning om Kyſten Guinea, S. 21. und dieſes Ab-
handlung im deutſchen Muſeum 1787. St. 1.
Seite 425.
voyage to New-Guinea, s. 237.
of voyages, Th. 3. S. 349.
1. S. 212.
S. 191. Taf. 16. Fig. 2.
Neomagenſes, S. 70. und Cannegieter de Britten-
burgo, matribus Brittis u. ſ. w. S. 144.
d’Aunoy, Th. 1. S. 23.
Auch beſtaͤtigt dies mein Freund Dieze in den
Anmerkungen zu Puente’s Reiſe durch Spanien.
Th. 2. S. 271.
animale, Th. 1. S. 117.
Von den Hottentottem, Kolbe S. 474.
in Dalrymple collection, Th. 2. S. 58.
collection, Th. 2. S. 26. von den Negern am St.
Vinzenzfluſſe. „Verſchiedne Weiber haben
ſo außerordentlich lange Bruͤſte, daß
manche von ihnen ſie auf die Erde legen,
und auf denſelben liegen.“ C c c)
Bruce ſagt von den Bruͤſten der Schangallas, daß
ſie bey einigen faſt bis auf die Kniee herabhingen.
Reiſen nach den Quellen des Nils, Th. 2.
S. 546.
Eben ſo wenig Glauben verdienen Mentzels Erzaͤh-
lungen von den Tabacksbeuteln, welche aus den Bruͤ-
ſten von Hottentottinnen gemacht, und auf dem Vor-
gebirge der guten Hoffnung in Menge feil geboten
wuͤrden. Beſchreibung des Vorgebirgs der
guten Hoffnung, Th. 2. S. 564.
grinations, S. 433. — „In den noͤrdlichen
Theilen von Irrland ſah ich Weiber, wel-
che auf der Straße arbeiteten, oder heim-
waͤrts gingen, und ihre Kinder auf den
Nacken trugen, und ihre Bruͤſte uͤber die
Schultern gelegt, die Saͤuglinge hinter
ihren Ruͤcken ſaugen ließen, ohne ſie in
ihre Arme zu nehmen. Solche Art von
Bruͤſten deucht mich, waͤren ſehr paſſend,
Geldbeutel fuͤr oſt- oder weſtindiſche Kauf-
loute daraus zu machen; denn ſie ſind
laͤnger als eine halbe Elle und ſo zuge-
richtet, als nur immer ein Lohgerber
ſolches Leder zurichten koͤnnte.“ D d d)
zwiſchen dem weißen Vorgebirge und dem Fluß Se-
nega. Cadamoſto in Ramuſius Sammlung, Theil 1.
S. 100.
Vergl. L’amiral l’Afrique et le peuple Africain.
Paris 1789. 8. S. 43.
„In
lich von einer Reiſe durch Portugall zuruͤckgekom-
men iſt.
zimmer alles an, ihren Buſen ſchlapp zu
machen, damit man ſie fuͤr Weiber halte,
und ihnen mehr Achtung bezeige.“ E e e)
welche niemals in Beinkleidern gehen.
Wie der Geſchlechtstrieb der Menſchen
in Ordnung zu bringen ꝛc. S. 52.
Daß
Seite 45.
Svarrmann Reiſe nach dem Vorgebirge der guten
Hoffnung, S. 72.
S. 421.
des ruſſiſchen Reichs, Abſchn. 2. S. 220.
110. Bandinis Ausg.
Riolani des Sohns anthropographia, S. 306.
ganz richtig ſey, habe ich durch ſehr guͤltige Zeugniſſe
bewieſen in der mediciniſchen Bibliothek,
Th. 3. S. 413.
Schafh. 1686. 8. S. 33.
Verſchiedene auf dem Vorgebirge der guten Hoff-
nung nach der Natur ſelbſt gemachte Abbildungen
dieſes Schaambuſens verdanke ich dem Wohlwol-
len des Herrn Baronet v. Banks. Bey einer darun-
ter halten die ſo verlaͤngerten Lefzen ſechs und einen
halben Zoll thein. Maaß.
S. 371.
tures, Th. 2. Taf. 13.
chem Gewichte dieſen fabelhaften Schurz an, um zu
beweiſen, die Hottentotten konnten nicht mit den
Europaͤern zu derſelben Menſchengattung gerechnet
werden. Lettres d’Amabed, Th. 45. ſeiner Werke
S. 224.
S. 153.
Kant in Engels Philoſoph fuͤr die Welt. Theil 2.
Seite 155.
majore, nach Wats Ausgabe S. 530.
sud, Th. 2. S. 97.
S. 480.
ſchaften, Th. 1. S. 98.
Fuͤße haben kein Verhaͤltnis zu dem Ober-
leibe; die Schenkel ſind duͤnn und hager;
die Beine gekruͤmmt, die Knie ausge-
dehnt, die Zehen einwaͤrts gekehrt.“
haben ſie Peſcherais benamt, weil dies
der erſte Laut war, den ſie von ſich gaben,
als wir landeten, und welchen ſie uns
unaufhoͤrlich wiederholten.“ G g g)
ſaubons Ausgabe.
Vergl. Heynens Anmerkungen zu dieſer Stelle im
vierten Theil von Virgils Werken, S. 215. fg.
ſchiedenheit des Negers u. ſ. w. S. 40.
Chan-
tion, Fol. Theil 3. Ausgabe vom Jahr 1528. —
„Der Morn ire ſchinbeyn mit dem knie
unn fuͤß ſind zu knorret nit ſo gut zu ſe-
hen alß der [weyßen].“
Ramſay on the treatment and converſion of African
slaves, S. 217.
uͤbrigens ganz geſunde rechte Bein eines eben zu Kaſ-
ſel verſtorbenen Mohren, wovon ich einen Theil noch
unter meinem anatomiſchen Votrath aufbewahre,
woran die Oberhaut der Fußſohle außerordentlich
dick, ritzig und in vielgeſpaltue Stuͤckchen aufgeſprun-
gen war,
turae curioſorum, Th. 4. S. 89.
„Dieſe Form der krummen Beine iſt auch
unter den Amerikanern ſehr gemein, al-
lein ſie iſt zuweilen nicht ſo merklich als
unter den Negern.“ H h h)
ten Waffen der Hindus hat man beobach-
tet, daß die Saͤbelgefaͤße fuͤr die meiſten
europaͤtſchen Haͤnde zu enge ſind.“ Hod-
ge’s Travels in India, S. 3. I i i)
de la Barbinais voyage autour du monde, Theil 2.
Seite 62.
Osbeck’s Oſtindiſk Reſa, S. 171.
Der vortrefliche Aſtronom Wales in den Philoſo-
phical Transactions, Th. 40. S. 109. und Curtis
daſelbſt, Th. 64. S. 383.
Port Jackſon, S. 179.
Haͤnde und Handgelenke aus ebendemſel-
ben Grunde, aus welchem der Ruderer
ſtark an Arm und breitſchulterig iſt, oder
ein Laſttraͤger ſtarke Schenkel und Beine
hat.“ Jefferſon in Morſe’s American univerſat
Geography, Th. 1. S. 87. K k k)
Gouverneurs vom Cap: — „Der Obriſt Gor-
don erzaͤhlte mir, daß dies von Armuth
und elender Lebensart zeige. Er fuͤhrte
mir die Hottentotten und Kaffern zum
Beyſpiel an: die erſtern leben kuͤmmer-
lich und haben kleine Haͤnde und Fuͤße;
an den Kaffern, ihren Nachbarn, dage-
gen, welche im Ueberfluſſe leben, findet
man ſie ſehr groß.“ L l l)
lich Buͤffon in dem funſten Supplementbande ſeines
klaſſiſchen Werks, mehrere ſolcher zu verſchiedenen
Zeiten und Orten ausgegrabener foſſiler Thierknochen
wiederum Giganten habe beylegen koͤnnen, z. B. die-
jenigen, welche im Jahr 1577. bey Luzern ausgegra-
ben worden ſind, und noch jetzt auf dem Rathhauſe
dieſer Stadt aufbewahrt werden, wo ich ſie ſelbſt
unterſucht, und beym erſten Anblick fuͤr Elephanten-
knochen erkannt habe. Der verdiente Arzt und vor-
krefliche Anatom. Felix Plater hingegen, hat dieſe
geognoſtiſchen Denkmaͤler damals, als ſie ausgegra-
ben wurden, ſehr ſorgfaͤltig ausgemeſſen und unter-
ſucht und ganz zuverſichtlich erklaͤrt, ſie haben einem
menſchlichen Giganten von 17 Fuß Laͤnge zugehoͤrt.
Er hat auch ein ſeltſames koloſſaliſches Gemaͤhlde ei-
nes menſchlichen Skeletts von dieſer Groͤße mit vieler
Sorgfalt verfertigen laſſen, welches noch in dem Je-
ſuitercollegium zu Luzern zu ſehen iſt: zum merkwuͤr-
digen Beweiſe, wie maͤchtig die Herrſchaft des Vor-
urtheils auch in einem ſo großen Manne ſey, wenn
es einmal ſo tief eingewurzelt, daß es ſelbſt gegen
den Augenſchein noch ſtreitet.
hard, kaiſerl. Oberkonſuls in Copenhagen, die Hirn-
ſchaale und andere Knochen eines erwachſenen Men-
ſchen, welche unlaͤngſt in einem ſehr alten cimbriſchen
Grabmahle gefunden wurden, und die weder in Ver-
haͤltniß noch der Groͤße von unſrer heutigen Statur
abweichen.
Th. 1. (4te Ausg.) S. 35. 36.
mente, Theil 5.
de Broſſes hiſtoire des navigations aux terres au-
ſtrales, Th. 1.
de Pauw Recherches ſur les Americains, Th. 1.
Ortega in Viage del comand. Byronal rededor
del mundo, traduc. del Ingles.
Robertſons hiſtory of America, Th. 1. In Schil-
lers Ueberſetzung S. 348-350. und S. 540. fgg. wo
man noch mehrere Citate hieruͤber findet. G.
Zimmermann geographiſche Geſchichte des
Menſchen, Th. 1. S. 60-63.
J. R. Forſter Bemerkungen.
Com. Carli-Ruhbi Lettere Americane, Th. 1.
Pennant of the Patagonians.
Relacion del ultimo viage al Eſtrecho de Magallanes
en 1785 y 86.
zeugen mit einem Munde beſchrieben. So waren
auch die, welche gegen das Ende des 16ten Jahrhun-
derts nach Spanien gebracht wurden, die allereinzi-
gen Patagonen, welche, wenigſtens meines Wiſſens,
Europa jemals geſehen hat.
Dieſe ſah zu Sevilla der große und wirklich klaſſiſche
Reiſebeſchreiber von Linſchoten, und ſagt von ihnen:
— „waren wol geſtatueert ende grof van
leden“ u. ſ. w. (wohlgeſtaltet und ſtark von Glie-
dern).
Wood, der ſehr genaue Karten von der
Magellansſtraße gemacht hat … erzaͤhl-
te mir, daß er in den ſuͤdlichen Theilen
von Amerika verſchiedne faſt zwoͤlf Fuß
lange Graͤber geſehen, welches ihn um ſo
mehr gewundert habe, weil er nie einen
ſechs Fuß hohen Amerikaner geſehen haͤt-
te; er oͤfnete deshalb eins dieſer langen
Begraͤbniſſe von einem Ende zum an-
dern, und fand darin einen Mann und
ein Weib ſo gelegt, daß der Kopf des Wei-
bes zu des Mannes Fuͤßen lag, wozu denn
freylich ein Grab von jener Laͤnge erfor-
dert wurde.“ M m m)
bey den Graͤbern der Verwandten aufſtellen. S. Falk-
ner Beſchreibung von Patagonien, S. 149.
Im Allgemeinen konnte jene ſehr alte, und bey ſehr
vielen Voͤlkern uͤbliche Sitte, die Pferde tapferer
Krieger zugleich mit den Leichnamen dieſer zu begra-
ben, ſpaͤterhin den Irrthum veranlaſſen, dieſe Pfer-
deknochen fuͤr Rieſenknochen zu halten.
So werden z. B. in den aͤlteſten ſibiriſchen Begraͤb-
niſſen Pferdeknochen gefunden: ſiehe J. G. Gmelin
Reiſen, Th. 3. S. 313.
Auch
S. 751.
Auch Sir John Narborough’s Voyage to the Streights
of Magellan, S. 90.
de wereld, Dordrecht 1728, 4.
Weit wahrhafter und genauer ſpricht hiervon Beh-
rens (ein Lebkuͤchlergeſelle), der dieſe Reiſe mitge-
macht hat, in der Reiſe durch die Suͤdlaͤnder
und um die Welt, Frankfurt 1737. 8. wo er S.
87. die Bewohner der damals erſt entdeckten Oſter-
Inſel blos „wohlgeſtalt, ſtark von Glie-
dern“ nennt.
in dem ſogenannten Mittelalter in die Kirchen begra-
ben wurden, hat man außer ihren Gerippen und Ruͤ-
ſtungen zuweilen auch Pferdeknochen gefunden. S.
Dorville Sicula, S. 148.
Baſtardgeſchlecht. S. deſſen Obſervations ſur la for-
mation des montagnes, Seite 14. wo er von dem Ur-
ſprung der Neger ſpricht: — „Es iſt nicht noth-
wendig, hier eine ſolche unedle Vermi-
ſchung (Mesalliance) des Menſchengeſchlechts
anzunehmen, wie dieſe Statt gefunden
haben muß, um die langhaͤndigen Bergbe-
wohner, oder Quimos auf Madagaſkar
hervorgebracht zu haben.“ N n n)
H. Ellis Reiſe nach Hudſons Meerbuſen,
S. 201. Umfreville uͤber den gegenwaͤrtigen
Zuſtand der Hudſonsbay, S. 21.
tſchadalen: Behm in Cook’s Voyage to the northern
hemisphere, Th. 3.
Von den Otaheitern Cook in Hawkesworth’s Col-
lection, Th. 2. S. 187
Von den Sumatranern, Marsden, S. 41.
bis noſtri incolis etc. Hamburg 1721. 4.
Berihte von den Hermaphroditen auf Florida auf
ihre chten Quellen zuruͤckgebracht in den Commenta-
tion. ſoc. reg. ſcient. Gottingenſ. Th. 1. S. 39.
ter Nenſchen war Monboddo in den beyden Werken
naͤmlch: of the origin and progreſs of language, Th.
1. S. 234. und ancient Metaphyſics, Th. 3. S. 250.
ſtellern Harvey de generatione animalium, S. 10.
von den Borneern.
Th. 2. S. 34.
Falk Beytraͤge zur Kenntniß des ruſſi-
ſchen Reichs, Th. 3. S. 525.
Alonzo d’ Ovaglie relatione del Regno di Cile. Rom
1646. Fol.
chen angefuͤllte Beſhrifning om en Reſa genom Aſia,
Africa
vorgebliche Augenzeugen, Jo. Strauß, Jo. Otto
Helbig und El. Heſſe.
Der erſte, Reiſen, S. 32. „Ein Formoſa-
ner von der Suͤdſeite mit einem Schwanz,
einen guten Fuß lang, und rauch mit
Haaren bewachſen.“
Der zweyte in Ephem. Naturae curioſor. erſtes
Jahrzehnd J. 9. Seite 456. — „Die nackten
Schwaͤnze glichen denen der Schweine.“
Der letzte, oſtindiſche Reiſebeſchreibung, S. 216.
— „Unter andern unſern Sclaven bey
dem Bergwerk hatten wir auch eine Scla-
vin, welche gleich einer ſchaͤndlichen Be-
ſtien mit einem kurzen Stiel oder Zie-
genſchwanz uͤber dem Hintern ausgeſchaͤn-
det war.“
les mers de l’ Inde, Th. 2. S. 52.
nant) S. 131. welche doch Linne eine aͤußerſt glaub-
wuͤrdige Erzaͤhlung nennt, in dem Briefe an Mon-
boddo of the origin of language a. a. O.
Dav. Tappe funfzehnjaͤhrige oſtindiſche
Reiſebeſchreibung, Seite 49. von den Suma-
tranern.
ſearches, Th. 3. S. 151.
gewoͤhnlich fuͤr einen geſchwaͤnzten Menſchen ausgege-
bene Abbildung urſprunglich blos die Darſtellung ei-
nes aͤchten geſchwaͤnzten Affen; welche aber ſpaͤterhin
ein Schriftſteller von dem andern entlehnte, wobey
ſie beynahe jeder zugleich etwas menſchlicher machte.
Martini naͤmlich hat dieſe Abbildung in ſeiner Ueber-
ſetzung des buͤffoniſchen Werks aus Linnés amo nita-
tibus genommen, dieſer aus Aldrovandi, dieſer aus
Geßnern, welcher ſelbſt geſteht, die ſeinige aus einer
gewiſſen deutſchen Beſchreibung des gelobten Landes
genommen zu haben, deren Verfaſſer er zwar ver-
ſchweigt, welchen ich doch in Beknard v. Breydenbach
leicht erkannte; dieſer liefert in der Hauptausgabe
ſeines 1486. zu Mainz gedruckten Werkes: (Reyſs
in das gelobte Land) die Figuren gewiſſer auslaͤndi-
ſcher Thiere, die er in dem heiligen Lande geſehen
hat, und unter dieſen auch gerade die ziemlich genaue
Abbildung, von welcher hier die Rede iſt, und welche
einen wirklichen vierhaͤndigen Affen darſtellt,
bey welchem die Daumen naͤmlich von den uͤbrigen
Fußzehen abſtehen u. ſ. w. welche aber ſpaͤterhin durch
Sorgloſigkeit der Zeichner, beym Kopiren derſelben,
endlich in die menſchliche zweyhaͤndige Figur um-
gewandelt worden iſt.
Th. 7. S. 29. und mediziniſche Bibliothek, Theil 2.
S. 537.
S. 188.
mediziniſchen Bibliothek, Th. 3. S. 161. fg.
the Diſeaſes of the Horny-coat. London 1736. 8.
Seite 19.
Auch Jo. Hunter on certain parts of the animal
oeconomy, S. 206.
demy, Th. 4. S. 97.
Beſchreibungen geliefert habe, ſ. Sauſſure voyages
dans les Alpes, Th. 4. S. 303.
Von den Venezianern erzaͤhlt es Bourguet in den
Lettres philoſophiques ſur la formation des ſels,
Seite 163.
Einen mailaͤndiſchen hat Buzzi ſeclrt, ſ. deſſen
Diſſertazione ſopra una varietà particolare d’Uomi-
ni bianchi Eliofobi, Mailand 1784. 4.
Jo. Hawkins erzaͤhlte mir, daß er ein aͤhnliches
Maͤdchen zu Rom geſehen habe.
ſeiner erſtern Reiſe nach den Archipelagus bey ſeinem
Aufenthalte auf der Inſel Cyprus zwey zu Larnika
geborne leukaͤthiopiſche Bruͤder von ungefaͤhr zwoͤlf
Jahren ſah.
Ungarn, Presburg 1778. 8. S. 15.
tion, S. 45.
1239. und an noch andern Stellen.
J. 1744. S. 13.
1760. S. 17.
ſtens drey der Neuern aufuͤhren.
Oliv.
2. Ausg. S. 107.
2. S. 405.
aaſch Genootſchap, Th. 1. S. 314.
bildung.
Seite 146.
25. S. 2268.
1. S. 381.
Seite 240.
Buffon supplement à l’ hiſtoire naturelle, Vol. 4.
S. 559. nebſt Abbildung.
Und Arthaud in Journal de Phyſique, 8. 1789.
Mancheſter, Th. 3. S. 270.
Gunner an Lem de Lapponibus Finmarchiae, S. 207.
Monographie von dieſem Thierchen, hat mir eines
von dieſer Art zum Geſchenk gemacht.
Th. 1. S. 210.
1748. 8. St. 1. S. 47.
nomy, S. 204.
S. 416.
Vergl. Rob. de Vaugondy des Sohns Nouvel At-
las portatif. Paris 1778. 4. 4tes Blatt.
ſterblichen Werks. Der neuerlichen Ausgabe hat der
beruͤhmte Gmelin, der Herausgeber derſelben, mei-
ne Eintheilung beygefuͤgt. Th. 1. S. 23.
ſchrieben und mit lebendigen Farben geſchildert in
Herders klaſſiſchem Werke: „Ideen zur Philo-
ſophie der Geſchichte der Menſchheit. Th.
2. S. 273.
1767. 8. Th. 2. S. 273.
Ausgabe und Vaugondy a. a. O. 3tes Blatt.
und in der Berliner Monatsſchrift, 1785.
Theil 6.
Seite 9.
ſche Geſchichte des Menſchen u. ſ. w. Th. 1.
der Menſchheit, 2te Ausg. Lemgo 1793. 8.
2te Ausg.
zeugen einen einzigen, aber klaſſiſchen, anzufuͤhren,
Jo. Chardin Th. 1. S. 171. — „Der Stamm
der Georgier iſt der ſchoͤnſte des Orients,
und ich kann wohl ſagen der Welt. Ich
habe in dieſem Lande kein haͤßliches Ge-
ſicht unter keinem der beyden Geſchlech-
ter bemerkt; aber ich habe Engelsgeſich-
ter geſehen. Die Natur hat hier die mei-
ſten Weiber mit Reizen geſchmuͤckt, wel-
che man ſonſt nirgendsſieht. Mir ſcheint
es unmoͤglich ſie zu ſehen, und ſie nicht zu
lieben. Reizendere Geſichter, ſchoͤnern
Wuchs als der Georgirinnen, kann man
nicht mahlen, u. ſ. w.“ O o o).
cher man den Namen der Tatarn auf die mongoliſchen
Voͤlkerſchaften uͤbertrug, ſehe man Jo. Eberh. Fiſcher
Conjecturae de gente et nomine Tatarorum, unter deſſen
quaeſtionibus Petropolit. S. 46. auch deſſen ſiberiſche
Geſchichte, Th. 1.
holte Beſchreibung der Mongolen, unter dem Namen
der Tatarn in die neuen Naturhiſtoriker gekommen
iſt, fand ich in einem Briefe Yvo’s, eines Geiſtli-
chen von Narbonne, v. J. 1243. aus Wien an den
Erzbiſchof Girald zu Bourdeaux, welchen ein gleich-
zeitiger Moͤnch, Matth. Paris, ſeiner ſogenannten
groͤßern Geſchichte, S. 530. Londn. Ausg. 1686. Fol.
einge
von Tibetanern ſchließen, welche der große Kuͤnſtler
Kettle nach der Natur gemahlt und Hr. Warr. Ha-
ſtings mir gezeigt hat.
hatte
horribili vaſtatione inhumanae gentis, quam Tarta-
ros vocant, und dieſe (Tatarn) beſchreibt er in fol-
genden Worten: „Ihre Bruſt iſt hart und
feſt, ihre Geſichter hager und blaß; ſie
haben hohe Schultern, verquetſchte und
kurze Naſen, ein hervorragendes und
ſpitzes Kinn; der obere Kiefer iſt klein
und tief, die Zaͤhne lang und weit von
einander abſtehend, die Augenbraunen
gehen von den Haaren bis zur Naſe, die
Augen ſind ſchwarz, ſie ſchielen haͤßlich,
ihre Glieder ſind knochicht und nervig,
auch die Schenkel ſind dick, die Roͤhren
aber kuͤrzer; doch ſind ſie uns an Statur
gleich, denn was ihnen an den Roͤhren ab-
geht, das erſetzt der obere Koͤrper.“
hieruͤber aus einander geſetzt worden iſt, will ich nur
noch hinzuſetzen, daß der rußaͤhnliche Stanb, welchen
man in der Haut der Schwarzen unterſcheiden kann,
keineswegs blos dem malpighiſchen Schleime der
Aethiopier eigen ſey, wie gewiſſe Schriftſteller ge-
glaubt haben, da ich eben dieſelbe Schwaͤrze an viel
indianiſchen Schiffern, welche man Laſcaren nennt,
wiewohl ungleicher und nur ſtellenweiſe gefunden ha-
be; bey einer Indianerin aus Bombay aber, welche
bey mir dient, ſehe ich denſelben Ruß mit der Zeit
im Geſicht und auf den Armen allmaͤhlig ſchwinden,
da uͤbrigens der unter dem Fellhaͤutchen verbreitete
praͤcipitirte Kohlenſtoff der braunen Farbe unverſehrt
bleibt.
Alex. Dalrymple zu London ſah.
von den Lapplaͤndern mit dieſen Worten: „Hier iſt
die Beſchreibung dieſes kleinen Thiers,
welches man Lapplaͤnder nennt, von dem
man ſagen kann, daß nach den Affen nichts
ſo ſehr dem Menſchen ſich naͤhere, als er.“
Oeuvres, Th. 1. S. 71. P p p).
Leben ich dem Hrn. v. Banks danke, fragte, als er
zum erſten Male zu London einen Affen ſah, voll Er-
ſtaunen ſeinen Begleiter Cartwright: „Iſt das ein
Eskimo?“ und dieſer fuͤgt ſeiner Erzaͤhlung bey:
„Ich muß geſtehen, daß beydes, Farbe und Geſichts-
bildung eine betraͤchtliche Aehnlichkeit mit dieſer Na-
tion hat.“ Q q q).
Caaiguarum gente, S. 34. „Den Affen ſo aͤhn-
lich als den Menſchen.“
merkungen S. 217. ſagt: „Die Bewohner
der
les Americaius, Th. 1. S. 37.
1. S. 13.
Jahren angefuͤhrt im goͤttingiſchen Magazin
2ter Jahrg. St. 6. S. 419.
birien, Th. 2. S. 125.
„Man findet nicht leicht bey einem Tun-
guſen ſo wie bey allen dieſen Voͤlkern,
einen Bart. Denn ſobald ſich derſelbe
einfindet, ſo raufen ſie die Haare aus,
und
den Magindanern, Forreſt; von den Pelewinſulanern
Wilſon; von den Papus, Carteret; von den Admirali-
taͤtsinſeln, Bougainville u. a. m.
Menſchen, welche ich je geſehn, die meh-
reſte Verwandſchaft mit den Affen zu ha-
ben.“
mehr wachſen.“
S. 78.
rinam, S. 46.
Menſchen, Th. 1. S. 87.
St. 1. S. 119.
„Rido fra me ſteſſo, quando leggo in certi ſcrittori
moderni riputati diligenti obſervatori, che tutti gli
Americani hanno un medeſimo aſpetto, e che quando
ſe ne abbia veduto uno, ſi poſſa dire di aver gli vedutti
tutti. Codeſte autori ſi laſciarano troppo ſedurre da
certe vaghe apparenze di ſomiglianza procedenti per
lo piu del colorito, le quali ſuaniſcono toſto che ſi
confrontano gl’ individui di una nazione con quelli
dell’ altra. Un Chileſe non ſi differenzia meno nell’
aſpetto da un Peruviano, che un’ Italiano da un
Tedeſco. Io ho veduto pur dei Paraguaj, de’ Acja-
ni, e dei Magellanici, i quali tutti hanno dei linea-
menti peculiari, che li diſtinguono notabilmente gli
uni dagli altri.“ R r r)
ſuͤdlichen Amerika einige Beyſpiele anzufuͤhren, die
Caaiguen mit Stumpfnaſen; von den benachbarten
Abiponern hingegen ſagt Martiui Dobrizhofer, daß
ſie nicht ſelten durch Adlernaſen ſich auszeichnen; Pe-
ruanern ſchreibt Ulloa eine enge und gebogne Naſe
zu; Molina den Chiliern eine etwas breite; G. For-
ſter den Inſulanern des Feuerlands eine ſehr platte.
nis Ausgabe. — „Non ſono di volto molto belli,
perche tengono il viſo largo, che voglion parere al
Tartaro.“ s s s)
mos von der Kolonie Nain auf Labrador, welche meine
Sammlung ziereu, und in denen von ſehr guten Kuͤnſt-
lern nach dem Leben gemahlten Portraits dieſer Wil-
den, welche ich der Guͤte des Hrn. Banks verdanke.
Hiſtory of America, Th. 2. S. 40. die Esquimos von
den Normannen herleitete, bedarf jetzo kaum einer
ernſthaften Widerlegung.
beobachtende Augenzeuge Linſchoten die Anwohner der
Maga-
worth’s Collection, Th. 3. S. 373.
Nach ihm Bryant in Cooks Voyage to the Northern
hemisphere, Th. 3. Anh. No. 2. zu S. 528.
Und Marsden in Archaeologia, Th. 6. S. 154.
ſiognomie, Geſichtsbildung, Farbe, Haare und Bart
mit den Samojeden, welche ihm von ſeiner beruͤhmten
Reiſe an die naſſauiſche Straße ſehr bekannt waren.
In den Anmerkungen zu Acoſtas, S. 46. b)
cher die Societaͤtsinſeln zuerſt entdeckte, dieſe Varietaͤt der
Inſulaner des ſtillen Meeres genau unterſchieden, da er
einige fuͤr weißlich ausgiebt, andere aber den Mulatten,
und noch andere den Aethioptern vergleicht. S. Dalrymple
collect. of voyages to the South-pacific Ocean. Th. 1. S. 164.
Venet. 1563. S. 238.
de zwiſchen der Struktur des Menſchen
und der Thiere. S. 20. in der Note.
wenn er etwa verwundet wird, ſo entſtehen daraus
neue Thiere ſeiner Gattung.
ſchaft lebendes (civile) Geſchoͤpf, deſſen
Staͤrke und Kraft mehr in Weisheit, als
koͤrperlicher Uibermacht beſteht.“ Euſtach.
de dentibus. S. 85.
S. de gen. hum. nat. var. Ausg. 1. S. 34. fgg.
Hallers Phyſiol. Th. 4. opp. minor. Th. 3.
S. de gen. hum. nat. var. Ausg. 1. S. 32. 33.
ſeine Verhandeling over den Orangutang, durch vor-
trefliche Zeichnungen erlaͤutert.
Eſpeces d’ animoux. mém. de Par. 1766. p. 281. ſqq.
Ausg. 2. Th. 2. S. 243. fg. „Die gleichfoͤrmige
„Kleidung iſt kein Hinderniß, daß man nicht ſogleich
„die Karaiben von den Negern unterſcheiden ſollte,
„denn dieſe letzten haben krauſes und feines Haar
„wie
[275] „wie Wolle, bey den erſten hingegen iſt es ſchwarz,
„lang, gerade und ſehr ſtark.
à la Martinique, S. 39. fg. „Die zu den Karai-
„ben gekommenen Neger nehmen die Sitten und Ge-
„wohnheiten derſelben an. Sie platten, wie dieſe,
„den Kopf ihrer Kinder nach hinten ab, indem ſie
„ihnen nach der Geburt denſelben zwiſchen zwey
„Seiten druͤcken, wodurch ſie unfoͤrmlich und mon-
„ſtroͤs werden.“
Die Otaheiten. N. Forſter obſervations. S. 269.
des etc. p. 39. ſq.
438. ſq.
cains, T. I. p. 37. Queſt. ſur l’ Encycl. T. VII. p. 98.
te des Menſchen S. 70. fg.
gungsgeſchaͤfte. S. 66. fgg. Ausg. 1781.
p. 222.
Hiſp. et septentr. inſulis.
zu Ende des syntagm. diſſertationum Thomae Hyde,
Vol. II. p. 512.
Tab. 12. Fig. 1. 2. 3.
natural hiſtory. T. I. t. 212.
Merkw. des Siementhals, Bourrit Mont-
Blanc p. 80. Haller de vento Rubenſi Nov. Comm.
Goett. T. I. p. 43.
hum. à P. 1771. 8 in Encycl. de Par. etc. emendat.
in Fed. Cl. de ylice T. XII. 312.
aber hat uns Herr Hofrath Heine ein Muſter von ei-
ner ſolchen mit hoͤchſtem Scharfſinn entwickelten und
erlaͤuterten Fabel geliefert, wodurch alle Verſuche ſei-
ner Vorgaͤnger uͤbertroffen worden ſind, in ſeiner
Abhandlung de maribus inter Scythas morbo effemi-
natis et de Hermaphroditis Floridae. Comm. Soc.
Goett. a. 1778. p. 28. ſqq.
Vgl. uͤbrigens hiermit Ludwig a. a. O. S. 148-160.
de Iac. Maſſé. T. I. p. 36. ſqq. Bazin (Voltaire)
philoſophie de l’hiſtoire p. 45. Derſelbe in Queſt. ſur
l’Eneyclop. T. IV. p. 112. T. VII. p. 98. 179. etc.
widerlegt von Haller in den Briefenuber eini-
ge Einwuͤrfe noch lebender Freygeiſter wi-
der die Offenbarung, 1. Th. S. 102. 184. 196.
badoes p. 14. (Henr. Home) sketches of the Hiſtory
of Man, Vol. 1. p. 12. ſq.
colis ſpecie et ortu avito inter ſe non differentibus.
Hamb. 1721. 4.
- Rechtsinhaber*in
- Kolimo+
- Zitationsvorschlag für dieses Objekt
- TextGrid Repository (2025). Collection 1. Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bj07.0