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Wunderhorn

Alte deutſche Lieder


III.

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Heidelberg: bey Mohr und Zimmer1808.

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Des Knaben
Wunderhorn
.

Alte deutſche Lieder



Dritter Band.


Heidelberg,:
bey Mohr und Zimmer.
1808.
[][[1]]

Des Knaben
Wunderhorn
.


3. Band. 1.
[[2]][[3]]

Liebesklagen des Maͤdchens.


1.
Nach meiner Lieb viel hundert Knaben trachten,

Allein der, den ich lieb, will mein nicht achten,

Ach weh mir armen Maid, vor Leid muß ich verſchmachten.

Jeder begehrt zu mir ſich zu verpflichten,

Allein der, den ich lieb, thut mich vernichten,

Ach weh mir armen Maid, was ſoll ich dann anrichten.

All andre thun mir Gutes viel verjehen,

Allein der, den ich lieb, mag mich nicht ſehen,

Ach weh mir armen Maid, wie muß mir dann geſchehen.

Von allen keiner mag mir widerſtreben,

„Allein der, den ich lieb, will ſich nicht geben,

Ach weh mir armen Maid, was ſoll mir dann das Leben.

2.
Ich wollt, daß der verhindert mich

An meinem Gluͤck, ſollt halten ſich

Ein Jahr nach meinem Willen,

Ich wollt ihm gar in kurzer Zeit, all ſeinen Hochmuth
ſtillen.

[4]
Ich wollt, daß der mein jezund ſpott,

Ein Jahr ſollt halten mein Gebot,

Er wuͤrd dermaſſen buͤſſen,

Daß ihm gewiß in Tagen kurz, ſeins Lebens ſollt ver-
drieſſen.

3.
Ich bin gen Baden zogen,

Zu loͤſchen meine Brunſt,

So find ich mich betrogen,

Denn es iſt gar umſunſt,

Wer kann das Feuer kennen,

Das mir mein Herz thut brennen!

Ich thu mich vielmals waͤſchen

Mit Waſſer kalt und heiß,

Und kann doch nicht erloͤſchen,

Ja mein kein Rath mehr weiß,

Kann nicht das Feuer kennen,

Das mir im Herz thut brennen.

4.
Wenn ich den ganzen Tag

Gefuͤhrt hab meine Klag,

So giebts mir noch zu ſchaffen

Bey Nacht, wann ich ſoll ſchlafen.

Ein Traum mit großem Schrecken

Thut mich gar oft aufwecken.

Im Schlaf ſeh ich den Schein

Des Allerliebſten mein,

[5]
Mit einem ſtarken Bogen,

Darauf viel Pfeil gezogen,

Damit will er mich heben

Aus dieſem ſchweren Leben.

Zu ſolchem Schreckgeſicht

Kann ich ſtillſchweigen nicht,

Ich ſchrei mit lauter Stimmen:

„O Knabe laß dein Grimmen,

„Nicht wollſt, weil ich thu ſchlafen,

„Jezt brauchen deine Waffen.“

5.
Ach hartes Herz, laß dich doch eins erweichen,

Laß mich zu deiner Huld doch noch gereichen;

Wen ſollt doch nicht erbarmen,

Daß ich muß als erarmen.

Ach ſtarker Fels, laß dich doch eins bewegen,

Thu dein gewohnte Haͤrt eins von dir legen;

Wen ſollt doch nicht erbarmen,

Daß ich muß als erarmen.

Ach veſte Burg, laß dich doch eins gewinnen,

Ach reicher Brunn, laß mich nicht gar verbrinnen;

Wen ſollt doch nicht erbarmen,

Daß ich muß als erarmen.

6.
Wer ſehen will zween lebendige Brunnen,

Der ſoll mein zwey betruͤbte Augen ſehen,

Die mir vor Weinen ſchier ſind ausgerunnen.

[6]
Wer ſehen will viel groß und tiefe Wunde,

Der ſoll mein ſehr verwundtes Herz beſehen,

So hat mich Lieb verwundt im tiefſten Grunde.

7.
Mit Weinen thu ich meine Zeit vertreiben,

Kein Menſch auf Erd den Jammer kann beſchreiben,

Den ich erduld bey Nacht und auch bey Tage,

Und red ich nicht, ſo toͤdtet mich die Plage.

Die Augen mein, vertrocknet tiefe Brunnen,

Durch Weinen ſind ſo gaͤnzlich ausgerunnen,

Daß ich deswegen muß gar bald verſchmachten

Beym vollen Brunnen, wo ich naͤchtlich wachte.

8.
Der ſuͤſſe Schlaf, der ſonſt ſtillt alles wohl,

Kann ſtillen nicht mein Herz mit Trauren voll,

Das ſchafft allein, der mich erfreuen ſoll.

Kein Speis, kein Trank mir Luſt noch Nahrung
giebt,

Kein Kurzweil mehr mein traurig Herze liebt,

Das ſchafft allein, der ſo mein Herz betruͤbt.

Geſellſchaft ich nicht mehr beſuchen mag,

Ganz einig ſitz in Unmuth Nacht und Tag,

Das ſchafft allein, den ich im Herzen trag.

9.
Recht wie ein Leichnam wandle ich umher

Zu ſeiner Thuͤre Nachts und ſeufze ſchwer,

Aus meiner Bruſt an Troſt und Wohlſeyn leer.

[7]
Mein Athem ſtoͤhnet wie ein Fichtenwald,

Ein Ungluͤckszeichen mein Geſang erſchallt,

Daß alle Nachbarn ſich ergrimmen bald.

Sie laͤrmen, nicht zu hoͤren all mein Weh,

Sie nehmen Umweg, daß mich keiner ſeh,

Jezt fuͤrcht ich nichts, war ſcheu ſonſt wie ein Reh.

Wie von dem Aſt im Traum ein Vogel faͤllt,

So flattre ich des Nachts, ſo ungeſellt;

Ein Ungluͤcksvogel nimmermehr gefaͤllt!

Was ſoll draus werden? fraget alle Welt.

Was iſt die Welt? Wer ſchuf ſie unbeſtellt?

Die ſchuf allein, die mich ſo ſehr entſtellt.

Ich freu mich, wie mein Fleiſch ſo ſchwinden thut,

Mein feſtes Land zerreißt der Strom vom Blut,

Der aus dem Herzen kommt und niemals ruht.

O meine Thraͤnen, keiner ſchaͤtzet euch,

Ihr ſeyd den Himmelsgaben darin gleich;

An allem bin ich arm, in euch ſo reich.

Abendſtern.


(Muͤndlich.)


Schlaf nur ein geliebtes Leben,

Schlaf, ich will ja gern zufrieden ſeyn,

Deine lieben Augen geben

Dennoch deinem Diener hellen Schein.

[8]
Haſt du dich verſchloſſen,

Will ich unverdroſſen

Liebend doch vor deiner Thuͤre ſtehn;

Daß ſie Liebe quaͤle,

Jauchzet meine Seele,

Darf ich liebend doch an deiner Thuͤre ſtehn.

Schlaf nur ein, dein Sternenſchimmer

Laͤßt mich nie zu meinem Bette gehn,

Meine muͤden Augen ſehn dich immer,

Bis ſie vor den deinen untergehn,

Wie die Blaͤtter fallen,

Alſo werd ich fallen,

Unter deinem Fuße rauſchen hin,

Mild biſt du den Armen,

Trage mir Erbarmen,

Unter deinem Fuße rauſch ich hin.

Schlaf nur ein, und heiß mich wachend gehen,

Herz und Seele bleibet doch bei dir,

Will mir mit dem Tag die Sonne untergehen,

Iſt ein Liebeshimmel doch in mir,

Denn da ſeh ich immer

Deiner Sterne Schimmer,

Wie ſie fluͤchtig auf mein Herze gehn,

Saͤh ich dich doch morgen,

Ließ ich alle Sorgen

Alſo fluͤchtig durch mein Herze gehn.

[9]

Der Fuͤrſtentochter Tod.


(Procopii Aestivale p. 246.)


Es fuhr gen Acker ein grober Baur,

Arbeitet wacker im Schweis ſo ſau'r,

Im Fruͤhling, Maͤrzen, May, April,

Im Feld ſtanden der Bluͤmlein viel,

Die ihn anlachten in der Still.

Er ließ ſich ſolches bewegen nicht,

Mit ſeinem Pflug er ſich druͤber richt,

Er ſchnitt darein der wilde Mann,

Und grif an ihren Wurzeln an

Die ſchoͤnen Blumen lobesan.

Die Bluͤmlein neigten die Koͤpfe zart,

Sanken darnieder zu Boden hart,

Ich ſie anſchaute ſinniglich,

Von Herzen ſie erbarmten mich,

Haͤtt ſie wohl gern errettet ich.

Auf unſres Fuͤrſten ſein Wieſen gruͤn

Da that ein holdſelig Bluͤmlein bluͤhn,

Das war ſein liebſtes Toͤchterlein,

Zwoͤlfjaͤhrig, edel, huͤbſch und fein,

Ein Herzentroſt den Aeltern ſein.

Da kam der grimmige Tod daher,

Trabanten, Garden, nichts achtet er,

Frey trat er in die Burg hinein,

Schlug grauſam ins Frauenzimmer drein,

Und traf das Fuͤrſtliche Fraͤulein allein.

[10]
Nun kommt zum Saale ihr Chriſtenleut,

Nun gehet ins Feld mit bitterem Leid,

Zwey Blumen ſtehn auf einem Feld,

Die eine friſch, die andre welk,

Rath, welche laͤnger ſich erhaͤlt.

Da kommt gegangen ein Wandersmann,

Der traͤgt Verlangen zu greifen an,

Der Blumen eine mit Gewalt,

Die Hand darnach er ausſtreckt bald,

Nimmt die am beſten ihm gefallt.

Die halbverwelkte will er nicht,

Die friſche ihm in die Augen ſticht,

Er laͤßt die alt und nimmt die neu,

Thut dran gar recht bey meiner Treu,

Ich machets auch ſo ohne Scheu.

Ach was hilft ein Bluͤmelein.


(Muͤndlich.)


Sterben iſt eine harte Buß,

Weiß wohl daß ich ſterben muß,

Und ein Roͤslein roſenroth

Pflanzt mein Schatz nach meinem Tod.

Wenn ich mal geſtorben bin,

Wo begrabt man mich denn hin?

Schau nur in den Kirchhof nein,

Da wird noch Plaͤzlein ſeyn!

[11]
Wachſen ſchoͤne Bluͤmlein drauf,

Geben dir ein ſchoͤnen Straus.

Ach was hilft ein Roͤslein roth,

Wenn es bluͤht nach Liebes Tod!

Dort hinein, und nicht hinaus,

Traͤgt man mich ins Grabeshaus,

Habs geſehen in der Nacht,

Hats ein Traum mir kund gemacht.

Auf den Kirchhof wollt ich gehn,

Thaͤt das Grab ſchon offen ſtehn,

Ach das Grab war ſchon gebaut,

Hab es traurig angeſchaut.

War wohl ſieben Klafter tief,

Drinnen lag ich ſchon und ſchlief,

Als die Glock hat ausgebraußt,

Gingen unſre Freund nach Haus.

Sterben iſt ein harte Pein,

Wenns zwey Herzallerliebſte ſeyn,

Die des Todes Sichel ſcheidt,

Ach das iſt das groͤßte Leid.

Denn was hilft ein Bluͤmelein,

Wenn es heißt ins Grab hinein;

Ach was hilft ein Roͤslein roth,

Wenn es bluͤht nach Liebes Tod.

[12]

Nachtlieder an die Braut.


(Muͤndlich.)


I.
Ach Schatz willſt du ſchlafen gehn,

Schlafe wohl, ſchlafe wohl,

Schlafe wohl in guter Ruh,

Und thu deine ſchwarzbraune Aeuglein zu,

Und ruh, und ruh, und ruh in ſanfter Ruh.

Ach Schatz, wenn ich nur bey dir waͤr,

Allein, allein, allein,

Allein im Federbett,

Wir beyde wollten vergnuͤget ſeyn,

Und wollten gern allein beynander ſeyn,

Ach wenn ich dich doch allein in meinen Armen haͤtt.

Die Geig, die fuͤhrt einen ſanften Ton,

Zeiget an, Zeiget an,

Zeiget an du edle Kron,

Sie zeiget an du edle Kron,

Wie vielmal ich geklopfet ſchon,

Ich muß, ich muß, ich muß vergeblich ſtohn.

Ach Schatz nimm dieſes Liedlein an,

Es iſt, es iſt, es iſt,

Es iſt auf dich gericht,

Nimm nur dies ſchlechte Liedlein an,

Wie vielmal ich geklopfet an,

Gute Nacht, gute Nacht, gute Nacht mein Schatz.

[13]
2.
Ach edler Schatz verzeih es mir,

Daß ich ſo ſpaͤt bin kommen,

Die groſſe Lieb aus Herzens Begier

Hat mich dazu gezwungen.

Jezt liegt mein Schatz, mein edler Schatz

Gar ſanft in ſeinem Bettchen,

Ey moͤcht ich ihn ganz inniglich

Mit meiner Muſik wecken.

Erweck ich ſie, erſchreck ich ſie,

Es muͤß mich herzlich reuen,

Ach koͤnnte ich doch bey ihr ſeyn,

Und ruhn in ihren Armen.

Sie hat zwey Criſtalliniſch Stein,

Auf Elfenbein auch Purpur,

Solt ihr geſchehn daran ein Leid,

So ſpraͤng mein Herz in Stuͤcken.

Viſion.


(Muͤndlich.)


Ueber den Kirchhof gieng ich allein

Zu meines Liebchens Kaͤmmerlein,

Und als ich wollt von dannen gehn,

Da hielt es mich, ich mußt da ſtehn.

Ein Seel ſtand traurig an eim Grab,

Und ſchrie mit heller Stimm hinab,

[14]
„Steh auf mein Leib, verantwort dich,

„Dann ich bin hier, beſchuldge dich.

Da hebet ſich des Grabes Stein,

Und geht hervor ein weis Gebein,

Der Leib ſteht auf gar bald und ſchnell,

Und geht dahin, ſpricht zu der Seel:

„Wer iſt daraus, der mein begehrt,

„Der mich da rufet aus der Erd,

„Biſt du es Seele, die vor Jahren

„Aus meinem Leibe iſt gefahren?

Die Seele ſprach: „Hab ich beten woͤllen,

„Da pflegteſt du dich krank zu ſtellen,

„Wenn ich anfieng das Abendgebet,

„Da haſt du dich gleich ſchlafen gelegt.

Der Leib ſprach: „Ach ich ſchien nur faul,

„Und gaͤhnte, macht ein ſchiefes Maul,

„Und war zum niederknien verdroſſen,

„Denn ich hatt einen Bettgenoſſen.

„Ach weh! Ach weh, antwort die Seel,

„Daß ich geweſen dein Geſell,

„Wovon die Urſach du allein

„Darum leid ich die Hoͤllenpein.

„Im Thal Joſaphat am Juͤngſten Tag,

„Da will ich fuͤhren groſſe Klag,

„Alsdann wird angehn auch dein Leid,

„Du wirſt brennen in Ewigkeit.

[15]
Da ſprach der Leib: „Du ſeyſt verklagt,

„Du warſt die Frau, und ich die Magd,

„Du traͤgſt mit mir die Suͤndenlaſt,

„Weil du mich boͤs gefuͤhret haſt.

Die Seel wollt da noch wiederſprechen,

Da thaͤt der Morgenſtern anbrechen,

Sankt Petrus Vogel thaͤt auch kraͤhen,

Da waren beid nicht mehr zu ſehn.

Ich aber ſchrieb dies Liedelein,

Und ſteckts an Liebchens Fenſterlein,

„Ich war mit Leib und Seel zu Gaſt,

„S iſt mir leid, wenn du auf mich gewartet haſt.

Nicht Wiederſehn.


Nun ade mein allerherzliebſter Schaz,

Jezt muß ich wohl ſcheiden von dir,

Bis auf den andern Sommer,

Dann komm ich wieder zu dir.

Und als der junge Knab heimkam,

Von ſeiner Liebſten fing er an,

Wo iſt meine Herzallerliebſte,

Die ich verlaſſen hab?

Auf dem Kirchhof liegt ſie begraben,

Heut iſts der dritte Tag,

Das Trauren und das Weinen

Hat ſie zum Tod gebracht.

[16]
Jetzt will ich auf den Kirchhof gehen,

Will ſuchen meiner Liebſten Grab,

Will ihr alleweil rufen,

Bis daß ſie mir Antwort giebt.

Ey du mein allerherzliebſter Schaz,

Mach auf dein tiefes Grab,

Du hoͤrſt kein Gloͤcklein laͤuten,

Du hoͤrſt kein Voͤglein pfeifen,

Du ſiehſt weder Sonn noch Mond!

Heſſiſch.


Als ich kam zur Stube rein,

Da iſt gut wohnen!

Ich hab ſo lang draußen geſtanden,

Daß Gott erbarm!

Ich ſeh dies an deinem Hut,

Wie dein Hut troͤpflen thut,

Von Regen iſt er naß,

Von wegen meinem Schatz.

Ich gieng wohl uͤber Berg und Thal,

Waͤr mir kein Weg zu ſchmal,

Zu meinem Schaͤtzchen wollt ich gehn,

Alle Wochen ſiebenmal.

Dort ſteht ein ſchoͤner Lorbeerbaum,

Der ſteht ſchoͤn da,

Und ein ſchoͤner Reutersbub,

Der ſteht mir an.

[17]
Herz mich ein wenig, kuͤß mich ein wenig,

Hab mich ein wenig lieb,

Wenns auch regnet oder ſchneit,

Wenns unſer Herz nur erfreut.

Heimlicher Liebe Pein.


Mein Schatz der iſt auf die Wanderſchaft hin,

Ich weiß aber nicht, was ich ſo traurig bin,

Vielleicht iſt er todt, und liegt in guter Ruh,

Drum bring ich meine Zeit ſo traurig zu.

Als ich mit meim Schatz in die Kirch wollte gehn,

Viel falſche falſche Zungen unter der Thuͤre ſtehn,

Die eine redt dies, die andre redt das,

Das macht mir gar oft die Auͤgelein naß.

Die Diſtel und die Dornen, die ſtechen alſo ſehr,

Die falſchen falſchen Zungen aber noch viel mehr,

Kein Feuer auf Erden auch brennet alſo heiß,

Als heimliche Liebe, die Niemand nicht weiß.

Ach herzlieber Schatz, ich bitte dich noch eins,

Du wolleſt auch bei meiner Begraͤbniß, ſeyn,

Bei meiner Begraͤbniß, bis ins kuͤhle Grab,

Dieweil ich dich ſo treulich geliebet hab.

Ach Gott! was hat mein Vater und Mutter gethan,

Sie haben mich gezwungen zu einem ehrlichen Mann,

Zu einem ehrlichen Mann, den ich nicht geliebt,

Das macht mir ja mein Herz ſo betruͤbt.

3. Band. 2.
[18]

Salomo ſprich Recht.


Es waren einmal zwei Geſpielen,

Sie giengen ins Feld ſpazieren.

Die eine die war ſo munter und wohl auf,

Die andre trauret ſehre, ja ſehre.

Wir beide haben einen Knaben ſo lieb,

Den koͤnnen wir nicht theilen, ja theilen.

Ach Geſpielin liebe meine,

Laß mir den Knaben alleine.

Ich will dir meinen Bruder geben,

Meines Vaters Gut zum Theile, ja Theile.

Ei deinen Bruder mag ich nicht,

Deines Vaters Gut veracht ich nicht.

Ich wollt nicht nehmen Silber und Gold,

Daß ich den Knaben laſſen ſollt, ja laſſen ſollt.

Liebesaugen.


Sobald du hebſt die klaren Aeugelein,

Freut ſich Geſtirn und auch der Sonnenſchein,

Alſo gar ſehr, du Liebeszier,

Sind ſie geneiget dir.

Sobald du auch die Erde blickeſt an,

Iſt ſie erhizt, ſchickt Bluͤmelein heran,

Wie ſollt dann ich nicht herziglich,

Jungfrau auch lieben dich.

Und ſchließeſt du, o Herz, die Auͤgelein,

[19]
Da giebt der Stern der Venus großen Schein

Wie ihrem Kind, wenn ſie offen ſind,

Die Fackel heftig brinnt,

Und huͤllſt du ein die hellen Auͤgelein,

Der Himmel traurig zieht die Sterne ein,

Die Erd iſt kalt, Frau Venus alt,

Ohn Feuer Amor bald.

Ade zur guten Nacht.


(Fliegendes Blat aus 1500.)


Der Mond, der ſteht am hoͤchſten,

Die Sonn will untergehn,

Mein Feinslieb liegt in Noͤthen,

Ach Gott, wie ſolls ihr gehn,

In Regen und in Wind,

Wo ſoll ich mich hinkehren,

Da ich mein Feinslieb find!

Mein Feinslieb wollt mich lehren,

Wie ich ihr dienen ſoll,

In Zuͤchten und in Ehren,

Das weiß ich ſelbſt gar wohl,

Und kann auch noch viel mehr,

Wer ſich ſeins Buhlen ruͤhmet,

Dem bringt es wenig Ehr.

Mancher geht zu ſeinem Buhlen

Bei lichtem Mondenſchein,

Was giebt ſie ihm zum Lohne?

Ein Roſenkraͤnzelein,

[20]
Iſt gruͤner als der Klee,

Ich muß mich von dir ſcheiden,

Thut meinem Herzen weh.

Ach Scheiden uͤber Scheiden,

Wer hat dich doch erdacht,

Haſt mir mein junges Herze

Aus Freud in Trauren bracht,

Dazu in Ungemach.

Dir iſts ſchoͤns Lieb geſungen,

Ade zu guter Nacht.

Liebes- Noten.


Wahres Lieben, ſuͤßes Leben,

Wo zwei Herzen eins nur ſind,

Wie zwei Turteltaͤublein ſchweben,

Die ein treues Band verbind,

Wo die Lieb den Chor anſtimmet,

Und die Treue giebt den Takt,

In dem Blut die Freude ſchwimmet,

Und der Puls auf Lauten ſchlagt.

Wo die Sproͤde muß pauſiren,

Wenn die Luſt ein Solo ſingt,

Wenn die Aeuglein pizikiren,

Bis der Lieb ein Saite ſpringt,

Wenn die Herzen konkordiren,

Und ſchoͤn ſingen in dem Ton,

Wird der Mund auch ſekundiren,

Und ein Kuß giebt ihm den Lohn.

[21]
Will ein Ton ins Kreuzlein ſteigen,

Will ein B wie Weh erſchalln,

Mag aufs Herz der Finger zeigen,

Und Muſik ganz leiſe halln,

Weil die Noten in zwei Herzen

Einfach ſtehen in der Terz,

Laß uns ganz piano ſcherzen,

Und allegro leiden Schmerz.

Schlummer unter Dornroſen.


Ich legte mich nieder ins gruͤne Gras,

Und lauert auf meinen Herzliebſten Schatz,

Ich lauert ſo lange bis mich es verdroß,

Da fielen zwei Roͤſelein mir in den Schoos.

Die Roͤſelein, die waren wie Blut ſo roth,

Jezt ſchlaͤft ja mein Schatz oder er iſt todt,

Er ſchlaͤft ja nicht, er ſchlummert ja nur,

Es blinken ſeine Aeuglein, es laͤchelt ſein Mund,

Da ließ ich meine Augen herummer gehn,

Da ſah ich mein Schaͤtzlein bei einem andern ſtehn,

Bei einem andern ſtehn,

Das hab ich geſehn.

Dem Tode zum Trutz.


(Muͤndlich.)


Komm zu mir in Garten,

Komm zu mir ins Gras,

Sprich aus deinen Jammer,

Es bringt mir nicht Schmerz.

[22]
Geh hol mir den Mantel,

Geh hol mir den Stock,

Jezt muß ich von dannen,

Muß nehmen B'huͤt Gott!

Und wenn ſchon bisweilen

Die Falſchheit ſchlaͤgt ein,

So muß ich halt denken

Es muß alſo ſeyn.

Und wenn ſchon bisweilen

Der Tod auch regiert —

Ach er hat mein Lieb mir

Von dannen gefuͤhrt!

Mein allerfeinſt Liebchen

War die ſchoͤnſt in der Sonn,

Verblendet die Sonne,

Verdunkelt den Mond.

Mein allerfeinſt Liebchen,

Nimm mich in deinen Schooß,

Jezt will ich dich erſt lieben,

Den Leuten zum Trotz.

Den Leuten zum Poſſen,

Dem Tode zum Truz,

Will ich mein Schaz lieben,

Wenns mich gleich nichts nuzt.

[23]

Bivouack.


Habt ihr die Huſaren geſehn,

Auf dem gruͤnen Wieschen,

Hinterm gelben Veilchenſtock,

Bei der Jungfer Lieschen.

Jungfer Lieschen, was iſt das?

Auf der Wieſe waͤchſt das Gras,

Auf dem Acker waͤchſt der Klee,

Maͤdchen trau kein'm Buben meh.

Hab einmal dem Buben getraut,

Hat mich ſieben Jahr gereut,

Sieben Jahr iſt noch nichr lang,

Reut mich wohl mein Lebenlang.

Ey! Ey!


Ey Ey, wie ſcheint der Mond ſo hell,

Wie ſcheint er in der Nacht.

Hab ich am fruͤhen Morgen

Mein Schatz ein Lied gemacht.

Ey Ey, wie ſcheint der Mond ſo hell,

Ey Ey, wo ſcheint er hin.

Mein Schatz hat alle Morgen

Ein andern Schatz im Sinn.

Ey Ey, wie ſcheint der Mond ſo hell,

Ey Ey, wie ſcheint er hier.

Er ſcheint ja alle Morgen

Der Liebſten vor die Thuͤr.

[24]
Ey Ey, wie ſcheint der Mond ſo hell,

Ey Jungfer, wann iſts Tag?

Es geht ihr alle Morgen

Ein andrer Freier nach.

Einſiedler.


Dort droben auf dem Huͤgel,

Wo die Nachtigall ſingt,

Da tanzt der Einſiedel,

Daß die Kutt in die Hoͤh ſpringt.

Ey laßt ihn nur tanzen,

Ey laßt ihn nur ſeyn,

Zu Nacht muß er beten

Und ſchlafen allein.

Dort druͤben auf dem Huͤgel

Wos Fuͤchsle rum lauft,

Da ſizt der Einſiedel,

Hat die Kutte verkauft.

Dort drunten im Thale

Geht er ins Wirthshaus,

Geh leih ihm dein Dirnel,

Daͤs mein hat ein Rauſch.

Ich geh nit aufs Bergle,

Ich geh nit ins Thal,

Ich leih ihm nits Dirnel,

Der Weg iſt zu ſchmal.

[25]

Der Berggeſell.


(1500–50)


Waͤr ich ein wilder Falke.

So wollt ich mich ſchwingen auf,

Ich wollt mich nieder laſſen,

Fuͤr eins Reichen Buͤrgers Haus.

Darinn iſt ein Maͤgdelein,

Madlena iſt ſie genannt,

So hab ich alle meine Tag

Kein ſchoͤners brauns Maͤgdlein erkannt.

An einem Montag es geſchah,

An einem Montag fruͤh,

Da ſah man die ſchoͤne Madlena,

Zu dem Obern Thor ausgehn.

Da fragten ſie die Zarten:

Madlena, wo willt dn hin?

In meines Vaters Garten,

Da ich naͤchten geweſen bin.

Und da ſie in den Garten kam,

Wohl in den Garten einlief,

Da lag ein ſchoͤner junger G'ſell,

Unter einer Linden und ſchlief.

Steh auf junger Geſelle,

Steh auf, denn es iſt Zeit,

Ich hoͤr die Schluͤſſel klingen,

Mein Muͤtterlein iſt nicht weit.

[26]
Hoͤrſt du die Schluͤſſel klingen,

Und iſt dein Muͤtterlein nicht weit,

So zeuch mit mir von hinnen,

Wohl uͤber die breite Heid.

Und da ſie uͤber die Heide kamen,

Wohl unter ein Linde was breit,

Da ward denſelben zweien,

Von Seiden ein Bett bereit.

Sie lagen beieinander,

Bis auf drithalbe Stund,

Kehr dich brauns Maͤgdlein herum,

Beut mir dein'n roten Mund.

Du ſagſt mir viel von kehren,

Sagſt mir von keiner Eh,

Ich fuͤrcht ich hab verſchlafen,

Mein Treu und auch mein Ehr.

Fuͤrchſt du, du habſt verſchlafen

Dein Treu und auch dein Ehr.

Laß dichs Feinslieb nicht kuͤmmern,

Ich nehm dich zu der Eh.

Wer iſt der uns dies Liedlein ſang,

Von neuen geſungen hat,

Das hat gethan ein Berggeſell,

Auf Sanct Annenberg in der Stadt.

Er hats gar frei geſungen,

Bei Meth, bei kuͤhlem Wein,

Darbei da ſeyn geſeſſen,

Drei zarte Jungfraͤulein.

[27]

Hat geſagtbleibts nicht dabei.


(Muͤndlich.)


Mein Vater hat geſagt,

Ich ſoll das Kindlein wiegen,

Er will mir auf den Abend

Drey Gaggeleyer ſieden;

Siedt er mir drei,

Ißt er mir zwei,

Und ich mag nicht wiegen,

Um ein einziges Ey.

Mein Mutter hat geſagt,

Ich ſoll die Maͤgdlein verrathen,

Sie wollt mir auf den Abend

Drei Voͤgelein braten;

Braͤt ſie mir drei,

Ißt ſie mir zwei,

Um ein einziges Voͤglein

Treib ich kein Verraͤtherei.

Mein Schaͤtzlein hat geſagt,

Ich ſoll ſein gedenken,

Er woͤllt mir auf den Abend

Drei Kuͤßlein auch ſchenken;

Schenkt er mir drei,

Bleibts nicht dabei,

Was kuͤmmert michs Voͤglein,

Was ſchiert mich das Ey.

[28]

Dae ſchwere Koͤrblein.


(Muſikaliſch Roſengaͤrtlein.)


Sag mir o Maͤgdelein, was traͤgſt im Koͤrbelein

So ſchwer und dich bemuͤheſt?

Es iſt ein Knaͤbelein, der hat das Herze mein

So oftmals ſehr betruͤbet,

Drum muß er jezt thun henken,

Im Korbe und ſich kraͤnken,

Bis daß er faͤllt hindurch.

Ich ſprach o Maͤgdelein, thu doch genaͤdig ſeyn,

Und nicht ſo grauſam tobe,

Laß heraus das Knaͤbelein, und rett das Leben ſein,

Es bringt dir ſonſt kein Lobe,

Wenn du ihn laͤßt verderben,

Und gar in Unmuth ſterben,

Folg mir, ich rath es dir.

Billig waͤr es daß du, anzieheſt ſeine Schuh,

Und treteſt an ſeine ſtatt,

So wollt ich tragen dich, im Korbe ſaͤuberlich,

Daß dir widerfuͤhr kein Schad!

Hiemit nahm ich das Koͤrbelein,

Und rettete das Knaͤbelein,

Sezt drein die Jungfrau fein.

Laß mir doch jezt der Weil, und mit mir nicht ſo eil,

Sprach ſie mit Ungemache,

Nein nein, ſprach ich zu ihr, ich will nicht folgen dir,

Weil gut iſt jezt die Sache,

[29]
Und mußt alſo thun henken,

Im Korbe und dich kraͤnken,

Bis du erloͤſet wirſt.

Ueberſichtigkeit.


(1560-1600.)


Schoͤn waͤr ich gern, das bin ich nicht,

Fromm bin ich wohl, das hilft mir nicht;

Geld hilft mir wohl, das hab ich nicht,

Darum bin ich kein Buhler nicht.

Schoͤnheit hilft mir wohl zur Buhlerey,

Schoͤne Geſtalt macht ſtolz darbey;

Dich nicht verlaß auf ſchoͤne Geſtalt,

Daß du nicht in Verfall koͤmmſt bald.

Wenn ich ſchoͤn waͤr, und haͤtt viel Geld,

Waͤr ich der beſte in der Welt;

Dieweil ich aber ſolches nicht haben kann,

So muß ich im Elende bleiben ſtahn.

Froͤmmigkeit hat einen ſchlechten Platz,

Geld iſt doch der Welt beſter Schatz,

Froͤmmigkeit hilft nichts zur Bulerei,

Darum mir daſſelbig verboten ſey.

Haͤtte ich ſolches alles drei,

So waͤr mir geholfen frey;

Geldswerth hilft noch wohl,

Liebe ein jeder, was er lieben ſoll.

[30]
Froͤmmigkeit hat einen rechten Schein,

Geldswerth iſt auch wohl fein,

Schoͤn Geſtalt halt dich nur werth,

Dieweil du lebeſt auf dieſer Erd.

Kennſt die bewegliche Drei du noch nicht
und der Viere Gebilde
,
Wahrlich, ſo wollt es der Gott, findeſt du
nimmer die Eins
.


(Zur Beruhigung einer gewiſſen Kritik, die immer wiſſen muß, ob etwas
wirklich alt ſey, um zu fuͤhlen, daß es ſchoͤn ſey, wird hier bemerkt,
daß dieſes Lied unveraͤndert abgedruckt.)


Die 4 heilige 3 Koͤnig mit ihrem Steara,

Der Caſper, der Melchar, der Baltes, der Beara,

Sie ſeaga de' nagelnuia Steara,

Potz Blitz! s' wird g'wiß was Nuis draus weara.

Sie ſtiefla, ſie waidle, ſie fuͤlla de Bauch,

Und ſpringa, wie d' Schelma, zum Staͤdtle hinaus.

Und do ſie ſain kuma fuͤrs Herodes ſei Thuͤr,

Herodes der Koͤnig trat ſelbſta herfuͤr.

Ey, wo koͤmmt ihr her in ſo ſchneller Uyl?

Sizt any aufs Baͤnkli, und g'ruhet a Wuyl.

Mie koͤnna nit gruahga, mie han nit de Wuyl.

Mie muͤaſſe huͤnt noch fuͤnfhalba Muͤyl.

Ey woruma koͤnnt' ir nit g'ruahga, es thut jo nit

Nauth,

I will uͤch vor gea a Kaͤß und a Brout.

Mer moͤaga kui Kaͤſ, mer moͤaga kui Brout,

Mer muͤſſa gau gea, s' thut werli gau Nauth.

[31]
Ey moͤagat er kui Kaͤs, ſo fraͤſſet e Dreck,

Un ſchaͤrt i ins Teufels paar Daza a weg.

Und do mer ſin koͤmme uͤbers Staͤdle hinaus,

Denka mer, blos es der Herodes da Hobel fein aus.

Und do mer ſin komma ge Betlahai,

So ſind a mirs Kindli aͤ Mueters allai.

Und do mer im han brunge Butter, Nuß, und a

Milach,

Hats Kindli klo bizli druf aini gſchilacht.

Sankt Joſeph nahm waioli die Wiege-Schnuar,

Und macht go dem Kindli a Gugel fuar.

Do ſtundes en Engeln hinter der Thuͤr,

Und both es a Muͤmfeli Brout herfuͤr. —

Jez ſin mer halt geſtorben, und leabe nimmai,

Und liega zua Koͤlla am Bodaſai.

Lebewohl.


(Muͤndlich)


Morgen muß ich weg von hier,

Und muß Abſchied nehmen

O du allerhoͤchſte Zier,

Scheiden das bringt Graͤmen.

Da ich dich ſo treu geliebt,

Ueber alle Maaßen,

Soll ich dich verlaſſen.

Wenn zwei gute Freunde ſind,

Die einander kennen,

[32]
Sonn und Mond bewegen ſich,

Ehe ſie ſich trennen.

Noch viel groͤßer iſt der Schmerz,

Wenn ein treu verliebtes Herz

In die Fremde ziehet.

Dort auf jener gruͤnen Au

Steht mein jung friſch Leben,

Soll ich dann mein Lebelang

In der Fremde ſchweben?

Hab ich dir was Leids gethan,

Bitt dich, wolls vergeſſen,

Denn es geht zu Ende.

Kuͤſſet dir ein Luͤftelein

Wangen oder Haͤnde,

Denke daß es Seufzer ſeyn,

Die ich zu dir ſende,

Tauſend ſchick ich taͤglich aus,

Die da wehen um dein Haus,

Weil ich dein gedenke.

Das wunderthaͤtige Mannsbild.


(*** Galliarden von Noſt. 2 Th. 1593.)


Die Tochter bat die Mutter ſchoͤn,

Sie moͤchte in die Kirche gehn,

Die Bilder anzubeten,

Denn ſie jezt große Heiligkeit

Inbruͤnſtig haͤtt betreten.

[33]
O Tochter das war gar verrucht,

Die Schrift ein ſolches Thun verflucht,

Gottes Wort allein ſollſt hoͤren;

Das kann dir geben Troſt und Freud,

Die Bilder thun bethoͤren.

Das Bild o liebſte Mutter mein,

Das mich zieht in die Kirch hinein,

Iſt nicht von Holz formieret;

Es iſt ein ſchoͤner ſtolzer Knab,

Sein Leib gar wohl gezieret.

Solch lebend Bild die Kraft jezt han,

Ziehn in die Kirch manch Frau und Mann,

Wenn ſich die Augen drehen,

Das man alſo verſtehen kann,

Manch Wunder iſt geſchehen.

O Himmel, was hab ich gethan.


Das Kloſterleben iſt eine harte Pein,

Weil ich ohn mein Liebchen muß ſeyn;

Ich habe mich drein ergeben zur Zeit,

Den Orden ertrag ich mit Schmerz und mit Leid.

O Himmel, was hab ich gethan?

Die Liebe war ſchuldig daran.

Und komm ich am Morgen zur Kirche hinein,

So ſing ich die Metten allein;

Und wenn ich das Gloria patri da ſing,

So liegt mir mein Herzallerliebſter im Sinn.

3. Band. 3.
[34]
Ach Himmel, was hab ich gethan?

Die Liebe iſt ſchuldig daran.

Des Mittags wenn ich zum Eſſen hin geh,

So find ich mein Tiſchlein allein;

Da eß ich mein Brod und trinke mein Wein,

Ach koͤnnt ich bei meinem lieb Schaͤtzelein ſeyn.

O Himmel, was hab ich gethan?

Die Liebe iſt ſchuldig daran.

Des Abends, wenn ich nun ſchlafen da geh,

So find ich mein Bettlein ja leer;

Da greif ich bald hin, da greif ich bald her,

Ach wenn ich bei meinem Herzliebſten doch waͤr!

Ach Himmel, was hab ich gethan?

Die Liebe iſt ſchuldig daran.

Da koͤmmt ja mein Vater und Mutter auch her,

Sie beten wohl fuͤr ſich allein;

Sie haben bundfaͤrbige Roͤcklein auch an,

Und ich, ich muß in dem Kuttenrock ſtahn.

Ach Himmel, was hab ich gethan?

Die Liebe iſt ſchuldig daran.

Die gute Sieben.


(Muͤndlich.)


Es war einmal ein junger Knab,

Der liebt ſein Schaͤtzlein ſieben Jahr,

Wohl ſieben Jahr und noch vielmehr,

Die Lieb, die nahm kein Ende mehr.

[35]
Er liebte des Bauers Toͤchterlein,

Auf Erden konnte nichts Schoͤnres ſeyn;

Die Knaben gingen ihm um ſein Haus:

„Ach Bauer geb uns dein Tochter heraus.“

„Ich geb die Tochter nicht heraus,

„Ich geb ihr kein Geld, ich geb ihr kein Haus;

„Ich kaufe ihr ein ſchwarzes Kleid,

„Das ſoll ſie tragen zur Kirch und zum Leid,“

Da reiſt der Knabe ins Niederland,

Da ward ihm ſein Herzallerliebſte krank;

Die Botſchaft ihm kam krank auf den Tod,

Drey Tag und drey Nacht redt ſie kein Wort.

Und als der Knab die Botſchaft hoͤrt,

Daß ſein Herzliebſte ſo krank da waͤr;

Da ließ er gleich ſein Hab und Gut,

Und ſchaut, was ſein Herzallerliebſte thut.

Und als er in die Stub hinein kam,

Sein Herzallerliebſte auf den Tod war krank:

„Seyſt du mir willkommen getreuer Schatz,

„Der Tod will jezt wohnen an deinem Platz.“

„Gruͤß Gott, gruͤß Gott liebs Schaͤtzelein,

„Was machſt du hier im Bettelein?

„Dank Gott, dank Gott, mein lieber Knab,

„Mit mir wirds heiſſen fort ins Grab.

„Nicht ſo, nicht ſo mein Schaͤtzelein,

„Die Lieb und Treu muß laͤnger ſeyn;

„Geht gſchwind, geht gſchwind und holt ein Licht,

„Mein Schatz der ſtirbt, daß niemand ſieht.“

[36]
Was zog er aus ſeiner Taſche mit Fleiß,

Ein Aepfelein das war roth und weiß,

Er legts auf ihren weis rothen Mund,

Schoͤn Schaͤtzl, biſt krank, werd wieder geſund.

Er wollt ſie legen in ſeinen Arm,

Sie war nicht kalt, ſie war nicht warm;

Sie thut ihm in ſeinen Arm verſcheiden,

Sie thut eine reine Jungfrau bleiben.

Was zog er aus der Taſche ſein,

Von Seide war es ein Tuͤchlein fein;

Er trocknet damit ſein Auge und Haͤnd,

Ach Gott wann nimmt mein Trauren ein End.

Er ließ ſich machen ein ſchwarzes Kleid,

Er trugs wegen ſeiner Traurigkeit,

Wohl ſieben Jahr und noch viel mehr,

Sein Trauren das nahm kein Ende mehr.

Spinnerlied.


(Muͤndlich.)


Spinn, Maͤgdlein, ſpinn!

So wachſen dir die Sinn,

Wachſen dir gelbe Haar,

Kommen dir die kluge Jahr!

Ehr, Maͤgdlein, ehr

Die alte Spinnkunſt ſehr;

Adam hackt und Eva ſpann,

Zeigen uns die Tugend-Bahn.

[37]
Lieb, Maͤgdlein, lieb

Der Hanna ihren Trieb;

Wie ſie mit der Spindel kann

Naͤhren ihren blinden Mann.

Preiß, Maͤgdlein, preiß

Der Mutter Gottes Fleiß;

Dieſe heilge Himmelskron

Spann ein Roͤcklein ihrem Sohn.

Sing, Maͤgdlein, ſing,

Und ſey fein guter Ding;

Fang dein Spinnen luſtig an,

Mach ein frommes End daran.

Lern, Maͤgdlein, lern,

So haſt du Gluͤck und Stern;

Lerne bei dem Spinnen fort

Gottes Furcht und Gotteswort.

Glaub, Maͤgdlein, glaub,

Dein Leben ſey nur Staub;

Daß du koͤmmſt ſo ſchnell ins Grab,

Als dir bricht der Faden ab.

Lob, Maͤgdlein, lob,

Dem Schoͤpfer halte Prob;

Daß dir Glaub und Hoffnung wachs,

Wie dein Garn und wie dein Flachs.

Dank, Maͤgdlein, dank

Dem Herrn, daß du nicht krank,

[38]
Daß du kannſt fein oft und viel

Treiben dieſes Rockenſpiel.

Dank, Maͤgdlein, dank.

Lied des Verfolgten im Thurm.


(Nach Schweizerliedern.)


Der Gefangne.
Die Gedanken ſind frey,

Wer kann ſie errathen;

Sie rauſchen vorbei

Wie naͤchtliche Schatten.

Kein Menſch kann ſie wiſſen,

Kein Jaͤger ſie ſchieſſen;

Es bleibet dabey,

Die Gedanken ſind frey.

Das Maͤdchen.
Im Sommer iſt gut luſtig ſeyn,

Auf hohen wilden Heiden,

Dort findet man gruͤn Plaͤtzelein,

Mein Herzverliebtes Schaͤtzelein,

Von dir mag ich nicht ſcheiden.

Der Gefangne.
Und ſperrt man mich ein

Im finſtern Kerker,

Dies alles ſind nur

Vergebliche Werke;

[39]
Denn meine Gedanken

Zerreiſſen die Schranken,

Und Mauern inzwey,

Die Gedanken ſind frey.

Das Maͤdchen.
Im Sommer iſt gut luſtig ſeyn,

Auf hohen wilden Bergen;

Man iſt da ewig ganz allein,

Man hoͤrt da gar kein Kindergeſchrey,

Die Luft mag einem da werden.

Der Gefangne.
So ſey es wie es will,

Und wenn es ſich ſchicket,

Nur alles in der Still;

Und was mich erquicket,

Mein Wunſch und Begehren

Niemaud kanns mir wehren;

Es bleibet dabei,

Die Gedanken ſind frey.

Das Maͤdchen.
Mein Schatz du ſingſt ſo froͤhlich hier,

Wies Voͤgelein in dem Graſe;

Ich ſteh ſo traurig bey Kerkerthuͤr,

Waͤr ich doch todt, waͤr ich bey dir,

Ach muß ich denn immer klagen.

Der Gefangne.
Und weil du ſo klagſt,

Der Lieb ich entſage,

[40]
Und iſt es gewagt,

So kann mich nicht plagen,

So kann ich im Herzen

Stets lachen, bald ſcherzen;

Es bleibet dabey,

Die Gedanken ſind frey.

Spinnerlied.


(Muͤndlich.)


Spinn, ſpinn meine liebe Tochter,

Ich kauf dir ein paar Schuh.

Ja, ja meine liebe Mutter,

Auch Schnallen dazu;

Kann warlich nicht ſpinnen,

Von wegen meinem Finger,

Meine Finger thun weh.

Spinn, ſpinn, meine liebe Tochter,

Ich kauf dir ein paar Struͤmpf.

Ja, ja meine liebe Mutter,

Schoͤn Zwicklen darin;

Kann wahrlich nicht ſpinnen,

Von wegen meinem Finger,

Mein Finger thut weh.

Spinn, ſpinn, meine liebe Tochter,

Ich kauf dir einen Mann.

Ja, ja meine liebe Mutter,

Der ſteht mir wohl an;

[41]
Kann wahrlich gut ſpinnen,

Von all meinen Fingern,

Thut keiner mir weh.

Spruch vom Gluͤck.


(Docens Miscellanen I. S. 282.)


Ich ſag, wems Gluͤck wohl pfeifet,

Der mag wohl luſtig tanzen,

Wems Gluͤck zum Wuͤrfel greifet,

Gewinnt oft manche Schanzen,

Mit Freuden mag rumſchwanzen.

Wems Gluͤck das Hoͤrnel blaͤßt,

Der faͤngt, wenn andre jagen,

Gluͤck, wem das Feld du ſaͤeſt,

Der mag Getreid heim tragen,

Und niemand darf drum fragen.

Wems Gluͤck, iſt Keller, Koch,

Der trinkt, wenn ihn thut duͤrſten,

Ißt, wenn ihn hungert noch,

Nach Gluͤck oft gleich thut buͤrſten,

Dem Bettler, wie den Fuͤrſten.

Wenns Gluͤck das Faͤhnlein ſchwingt,

Da giebts gut Beut und Kriegen,

Wenns Gluͤck dem Buhler ſingt,

Da iſt gut Kinder wiegen,

Galaniſieren und Lieben.

[42]
Doch jeder iſt der Schmidt

Des eignen Gluͤcks allzeiten,

Wer wohl gebettet ſich,

Der lieget auch in Freuden,

Ob man ihn gleich thut neiden.

Dein Gluͤck ſtieht nicht vor dir,

Was dir auf Erd beſchaffen,

Schau nur, wenns vor der Thuͤr,

Daß dus nicht thuſt verſchlafen,

Brauch Mittel, Zeit und Waffen.

Gimpelgluͤck.


(Poſtiglionder Lieb. XXIII.)


Ich that einmal ſpazieren gehn,

Da hoͤrt ich alſo ſingen ſchoͤn

Der Voͤglein viel und mancherlei,

Ganz lieblich war ihr Melodei;

Da kam ich auch zu einem Neſt,

Das war geziert aufs allerbeſt,

Konnt mich aber nicht richten drein,

Was doch dies fuͤr ein Neſt moͤcht ſeyn.

Nahm mir drum alſo wohl der Weil,

Ei da ſah ich im Neſt ein Cuk,

Dieſelb erzeigt ſich ſchoͤn geziert,

Groß und klein Voͤgelein ſie vexirt,

Des muß ich mirs lachen in Still,

Dieweil deren warn vorhanden viel,

[43]
Und jeder wolt der Naͤchſte ſeyn,

Und durft doch keiner ins Neſt hinein.

Endlich gar bald ich einen erſah,

Der zu dem Neſt gieng dreiſt und nah,

Und dieſer flog geſchwind hinein,

Ich dacht bei mir: Wer mag dies ſeyn?

Daß es ohn Scheu der andern alle,

Der Eulen alſo wohl that gefallen,

An Federn ich ihn gleich erkannt,

Daß er der Gimpel ward genannt.

Wie ihr nun weiter hoͤren werdt,

Vom Gimpel, der iſt lobenswerth,

Drum will ich jezt verhalten nicht

Sein Lob in dieſem kleinen Gedicht:

Der Gimpel iſt ein Vogel ſchon,

Der naͤchſte bei den Eulen dran;

Kein andrer darf ſich nahen frey,

Hin zu dem Neſt, wer es auch ſey.

Du Gimpel aber magſt nach Luſt

Bei der Eule ſeyn ganz wohl bewußt;

Drum ich forthin werd haben keine Ruh,

Bis daß ich ein Gimpel werd wie du;

Kein ſchoͤnern Gimpel ſah ich nie,

Denn dich jezt gegenwaͤrtig hie,

Von Art biſt du ganz wohl geziert,

Gleichwie eim Gimpel ſich gebuͤhrt.

Magſt darum wohl ein Gimpel bleiben,

Denn dich wohl keiner wird vertreiben,

Deſſen darfſt dich doch fuͤrchten nicht,

[44]
Denn dies wohl nimmermehr geſchicht,

Ihr rechter Gimpl du biſt allein,

Den ſie vor andern liebt gemein,

Auch wegen deines ſuͤßen Geſangs,

Bleibſt du ein Gimpel dein lebenlang.

Drum billig biſt du lobenswerth,

Du bleibſt ein Gimpel wohl heur als ſehr,

Wie gern wolt ich ein Gimpel ſeyn,

Damit ich duͤrft ins Neſt hinein,

Ob dich ſchon vexirt jedermann,

So laß nur Red vor Ohren gehn,

Gedenk in deinem Sinn allzeit,

Wer dir nichts geit laß dich ung'heit. (ungeſchoren.)

So bleibſt du recht ein Gimpel allein,

Und fleugſt mit ihr wohl aus und ein,

Bei deiner liebſten Eulen zart,

Ein rechter Gimpel biſt von Art;

Wuͤnſch dir hiermit viel guter Nacht,

Zu Ehre ſey dir dies Lied gemacht;

Drum lieber Gimpel ſey nur verliebt,

Ich bin nicht boͤs und nicht betruͤbt.

Ich ſtand an einem Morgen.


(Hundert und funfzehn neue Lieder. Nuͤrnberg 1544. Johann Ott Buch-
drucker Seite 73.)


Ich ſtand an einem Morgen

Heimlich an einem Ort,

[45]
Da haͤtt ich mich verborgen,

Ich hoͤrt klaͤgliche Wort,

Von einem Fraͤulein huͤbſch und fein,

Sie ſprach zu ihrem Buhler,

Es muß geſchieden ſeyn.

Herzlieb, ich hab vernommen,

Du wilt von hinnen ſchier,

Wann wilt du wieder kommen,

Das ſollſt du ſagen mir,

Merk mein Feinslieb, was ich dir ſag,

Mein Zukunft thuſt du fragen,

Ich weiß weder Stund noch Tag.

Das Fraͤulein weinet ſehre,

Ihr Herz war Trauren voll:

„So gieb mir weis und Lehre

„Wie ich mich halten ſoll,

„Fuͤr dich ſez ich mein Hab und Gut,

„Und willſt du hier nun bleiben,

„Ich verehr dich in Jahr und Tag.

Der Knab der ſprach aus Muthe,

Dein Willen ich wohl ſpuͤr,

Verzehr ich dir dein Gute,

Ein Jahr iſt bald dahin,

Ich will dich zaͤrtlich bitten,

Setz du dein Willen drein.

Das Fraͤulein das ſchreit Morde!

Mord uͤber alles Leid:

„Mich kraͤnken deine Worte,

„Herzlieb nicht von mir ſcheid;

[46]
„Fuͤr dich ſetz ich mein Gut in Ehr,

„Und ſollt ich mit dir ziehen,

„Kein Weg iſt mir zu fern.“

Ich ſtand an einem Morgen.


(Gaſſenhauer geiſtlich, von Knaus. S. 28.)


2.
Ich ſtand an einem Morgen

Heimlich an einem Ort,

Da hielt ich mich verborgen,

Ich hoͤrt klaͤgliche Wort,

Von einem frommen Chriſten fein,

Er ſprach zu Gott ſeinem Herrn:

Muß denn geliten ſeyn?

Herr Gott ich hab vernommen,

Du willt mich laſſen ſchier,

In viel Anfechtung kommen,

Thut nicht gefallen mir.

Merk maͤnnlich auf, was ich dir ſag,

Thu dich nicht hart beklagen,

Ein Chriſt muß haben Plag.

Der fromm Chriſt weinet ſehre,

Sein Herz war unmuthsvoll,

So gieb mir Weis und Lehre,

Wie ich mich halten ſoll,

Der Glaub iſt ſchwach und kalt in mir,

Mein Fleiſch will mich verfuͤhren,

Daß ich ſoll weichen von dir.

[47]
Gott ſprach, lachend zu muthe,

Dein Willen ich wohl ſpuͤr,

Du wollſt wohl han das gute,

Wenns dir nicht wuͤrde ſaur,

Wer aber will mit mir han Theil,

Muß alles fahren laſſen,

Viel Gluͤck iſt ihm nicht feil.

Der fromme Chriſt ſchrie morde,

Mord uͤber alles Leid,

Mich ſchrecken deine Worte,

Herr Gott mach mich bereit,

Ich wollt doch alles tragen gern,

Die Weltluſt gerne haſſen,

Sie laſſen von mir fern.

Gott ſprach: ich thu dich zuͤchten,

Hab nur ein guten Muth,

Und thu mich allzeit fuͤrchten,

Erkauft biſt mit mein'm Blut;

Daran gedenk mit ganzem Fleiß,

All die ich faſt thu lieben,

Straf ich, das iſt mein Weis.

Da kehrt Gott ihm den Ruͤcken,

Er redt zu ihm nicht mehr,

Der arm Chriſt thaͤt ſich ſchmuͤcken

In einem Winkel leer;

Er weint aus der maſſen viel:

„Dem Herrn im Creutz aushalten,

„Das iſt kein Kinderſpiel.“

[48]
3.
Ich ſtand an einem Morgen: mein wo?

Hat dich niemand geſehen? Warum?

Vor wem? von wem? wer war ſie dann?

Iſts vielleicht die breite Gretha geweſen?

Was hat ſie dann geſagt? Gluͤck zu,

Gluͤck zu, Gluͤck zu wohl auf die Reiß.

Gluͤck der Schlemmer.


(Blum und Ausbund allerhand auserleſene zuͤchtiger Lieder. Deventer 1602.
12. Der Sammler iſt Paul von der Aelſt. Mitgetheilt von H. H.
Eſchenburg.)


Es ſteht ein Baum in Oeſterreich,

Der traͤgt Muskaten Blumen;

Die erſte Blume, die er trug,

Die brach ein's Koͤnigs Tochter.

Darzu ſo kam ein Reuter gegangen,

Der freit des Koͤnigs Tochter;

Er freit ſie laͤnger denn ſieben Jahr,

Er konnt ſie nicht erfreien.

Laß ab, laß ab du junger Knab,

Du kannſt mich nicht erfreien;

Ich bin viel beſſer geborn denn du,

Von Vater und auch von Mutter.

Biſt du viel beſſer geborn, denn ich,

Von Vater und auch von Mutter,

[49]
So bin deines Vaters gedingter Knecht,

Und ſchwing dem Roͤßlein ſein Futter.

Biſt du mein's Vaters gedingter Knecht,

Und ſchwingſt dem Roͤßlein ſein Futter;

So giebt dir mein Vater auch großen Lohn,

Damit laß dir genuͤgen.

Den großen Lohn, den er mir giebt,

Der wird mir viel zu ſauer;

Wenn andre zum Schlafkaͤmmerlein gehn,

So muß ich zu der Scheuer.

Des Nachts wohl um die halbe Nacht,

Das Maͤgdlein begunnt zu trauren;

Sie nahm ihre Kleider untern Arm,

Und gieng wohl zu der Scheuer.

Des Morgens da der Tag anbrach,

Die Mutter begunnt zu rufen;

Steh auf, ſteh auf, du gedingter Knecht,

Und gieb dem Roß das Futter.

Das Futter, das ich ihm geben will,

Das liegt in meinen Armen,

Nechten Abends war ich euer gedingter Knecht,

Euer Eidam bin ich worden.

Daß du mein Eidam worden biſt,

Deß muß ſich Gott erbarmen!

Ich hab' ſie Rittern nnd Grafen verſagt,

Dem Schlemmer iſt ſie worden!

3. Band. 4.
[50]
Dem Schlemmer, dem ſie worden iſt,

Der kann ſie wohl ernaͤhren;

Er trinkt viel lieber den kuͤhlen Wein

Denn Waſſer aus dem Brunnen,

Der uns dies neue Liedlein ſang,

Er hat's gar wohl geſungen;

Er iſt dreimal in Paris geweſen,

Und immer wieder kommen.

Laͤndlich, ſittlich.


(Abele kuͤnſtliche Unordnung, IV. S. 412. Alte Buchhaͤndleranzeige von
einem Claſſiker? ‒)


Ein ſchoͤnes Jungfraͤulein, die von geſchickten Sitten

Wird in die Stadt gefuͤhrt, zu Markt auf einem Schlitten,

Der lieblich glaͤnzt und prahlt mit Blumen, Laub und

Kraut,

Der ſchoͤnſte Rosmarin beſchmuͤckt die junge Braut;

Die Pferde ſind gepuzt, und freudig ausgezieret

Mit Roſen uͤberall, und der die Jungfrau fuͤhret,

Kommt gruͤn bekroͤnt daher, er treibet nach Gebuͤhr

Die ſtolzen Hengſte fort, ſie tanzen fuͤr und fuͤr.

Beim Schlitten gehn zu Fuß drei und noch vier Jung-

frauen,

Die nimmer ihren Leib den groben Gaͤſten trauen;

Die ſtreuen Palmen aus, und ſonſten ander Kraut,

Zur Ehr und ſuͤſſen Luſt der wunder ſchoͤnen Braut.

So faͤhrt der Schlitten her, auf Palmen und Zeitloſen,

[51]
Und kehrt ſich niemals um, als auf geſtreuten Roſen,

So ſizt die junge Braut mit Blumen wohl beſtreut,

Dies iſt die hoͤchſte Ehr in ihrer jungen Zeit.

Fuͤnf Meiſter, wohl geuͤbt, die Stimmen einzuzwingen,

In Floͤten, Lautenklang, wenn ſie aufs beſte klingen,

Die ſpielen auf der Laut, und ſonſt ein Iuſtrument,

Auf welchen ſuͤſſen Thon ein jeder kommt gerennt,

Ja alles Volk kommt friſch her zu den Schlitten ſpringen,

Sie ſchoͤpfen Freud und Luſt aus allen ſchoͤnen Dingen.

Doch was dem lieben Volk am treflichſten behagt,

Das iſt das ſchoͤne Bild, das iſt die junge Magd.

Wann dieſer Zierrath nun iſt auf den Markt gekommen,

Und eine Menge Volks, den Schauplatz eingenommen,

So trit der Ruffer auf hart bei der jungen Braut,

Und faͤllt die Jungfrau an, und ruft ſo uͤberlaut:

Kommt her ihr jungen Leut, ihr friſche junge Knaben,

Wer eine Labung ſucht, das Bild das kann ihn laben.

Wer Schoͤnheit ſucht, der komm, und biethe Geld dafuͤr,

Dies iſt ein ſchoͤnes Bild, von recht erwuͤnſchter Zier,

Kommt hie und kauft das Bild, kommt, kommt ihr jun-

gen Leute,

Hie iſt ein Lilienherz, wohl! dem es wird zur Beute,

Hie iſt ein Roͤſelein, von keinem nicht gepfluͤckt,

Von niemand angeruͤhrt, von keinem unterdruͤckt,

Hie iſt ein rother Mund, hie iſt ein ehrbar Weſen,

Hie iſt ein ſchoͤner Schatz, von tauſend auserleſen,

Hie iſt ein treues Herz, hie iſt ein junger Leib,

Hie iſt fuͤr euer Lieb ein ehrlich Zeitvertreib,

Hie iſt ein wackres Aug, und Roſen gleiche Wangen,

Hie iſt das ſchoͤnſte Haar, der Menſchen Herz zu fangen,

[52]
Hie iſt ein edel Pfand, das einem friſchen Mann

Die ganze Lebenszeit, zur Freude dienen kann.

Was iſt ein ſchoͤnes Weib, mit lieblichen Geberden?

Es iſt ein Paradies, ein Himmel auf der Erden,

Es iſt ein Augentroſt, und eine ſtete Freud,

Es iſt ein ſanfter Ort, und Port fuͤr junge Leut,

Was iſt ein haͤßlich Weib? Ein Ungeheur im Hauſe,

Meduſen Schlangenhaupt, das immer lebt im Sauſe,

Wer ſolcher einmal ſich hat ehelich verpflicht,

Wie klar die Sonn auch ſcheint, doch iſt er ohne Licht.

So ruft der Ruffer aus, die Jugend tritt entgegen,

Biet Geld, Geld uͤber Geld, weil ihr daran gelegen,

Und wenn man dann zulezt nicht hoͤhern Vortheil ſpuͤrt,

Wird dem, ders Meiſte bieth, die Jungfrau zugefuͤhrt.

Und dann ruft alles Volk, ein gluͤcklich langes Leben,

Muß Gott der neuen Braut, und ihrem Liebſten geben,

Und ſolches ſiebenmahl, ja endlich ſetzt ſich auch

Der Kaͤufer bei ihr auf, nach ihres Lands Gebrauch,

Dann fahren ſie zur Kirch, und fangen an zu beten,

Wann dieſes dann geſchehn, ſo kommt er her getreten,

Umarmet ſie, und wenn er ſie nach Haus gebracht,

Genießt er drauf mit Luſt, wornach er hat getracht.

Schlittenfahrt.


(Eingeſandt.)


Daß uns der Winter nicht ſteht will ſeyn,

Des trauren die Maͤdlein gar ſehre;

Weil uns der Schnee nit bleiben will,

[53]
Und ander gut Geſellen mehre.

Heut iſt trocken, morgen iſt naß,

Da hat uns der Teufel den Winter herbracht;

Der Winter thut ſich biegen,

Die Lerchen thun ſich ſchmiegen,

Die Schlitten thun ſie uͤben.

Ach feins mein Lieb, ſo ſey mir hold,

Um Eins will ich dich bitten,

Kauf du mir ein geſpiegeltes Roß,

Dazu ein gemahlten Schlitten.

So fahren wir mit Schallen,

So fahren wir mit Schallen,

So fahren wir mit Schallen,

Die Gaͤßlein allenthalben,

Feinslieb, laß dirs gefallen.

Ach feins mein Lieb, ſo ſpar mich nit,

Ich bin darzu gewachſen.

Nimm nur dein Muͤfflein in die Hand,

Ich ſchau dir uͤber die Achſel,

Weiß zugeſchneites Oſterlamm,

Mein Roͤßlein raſſelt mit dem Kamm,

So fahren wir mit Schallen,

Die Gaͤßlein allenthalben,

Feins Lied laß dirs gefallen.

Ach feins mein Lieb, nun ſpitz die Fuͤß,

Wohl auf mit mir zum Tanze,

Zieh mir die Raͤdlein um und um,

Mit deinem Schleppenſchwanze;

[54]
Und ſchwenkſt du mirs nit in die Sporn,

Setz ich ein Kranz dir auf die Ohr'n,

So fahren wir mit Schallen

Die Gaͤßlein allenthalben,

Feins Lieb laß dirs gefallen.

Ob einer kaͤm, der murren wollt,

Wir wollen nichts drum geben,

Es muß vorbei geſtochen ſeyn,

Und koſt es Leib und Leben,

So fahren wir uͤber die Heide,

So fahren wir uͤber die Heide,

So fahren wir uͤber die Heide,

Wohl manchem Mann zu Leide,

Feins Lieb, ich muß mich ſcheiden.

Schoͤn Daͤnnerl.


(Fliegendes Blat.)


Bin ich das ſchoͤn Daͤnnerl im Thal,

Schleuß Federn;

Da kommen die Jaͤgerburſch all

Wollens lernen.

Geht nur all ihr Geſellen,

Ihr koͤnnt euch nicht anſtellen:

Ich bin das ſchoͤn Daͤnnerl im Thal,

Und bleib das ſchoͤn Daͤnnerl allemal.

Bin ich das ſchoͤn Daͤnnerl im Thal,

Strick Baͤndlein;

[55]
Da kommen die Schreibersbuben,

All wollen taͤndeln.

Ich laß euch nicht taͤndeln,

Mit meinem Vortuchbaͤndlein: Ich bin etc.

Bin ich das ſchoͤn Daͤnnerl im Thal,

Eß Zucker;

Da kommen die Schubladenbuben all,

Wollen kucken:

Geht, laßts euch vergehen,

Ich laß euch nichts ſehen. Ich bin etc.

Bin ich das ſchoͤn Daͤnnerl im Thal,

Strick Socken;

Da kommen die Gaſſenbuben all,

Wollen locken.

Geht, reiſt, ich mag nicht ſpielen,

Ihr ſeyd mir zu viele: Ich bin etc.

Bin ich das ſchoͤn Daͤnnerl im Thal,

Thu gieſſen;

Da kommen die Schuͤtzenburſch all,

Wollen ſchieſſen.

Geht, laſſet das nur bleiben,

Mein Blumen ſind kein Scheiben: Ich bin etc.

Bin ich das ſchoͤn Daͤnnerl im Thal,

Thu lieben;

Da komnten Studentenburſch all

Mit den Hiebern.

[56]
Ja ja ihr meine Herren,

Ich will euch nicht ausſperren:

Ich bin das ſchoͤn Daͤnnerl im Thal,

Und bleib das ſchoͤn Daͤnnerl allemal.

Bei Nacht ſind alle Kuͤhe ſchwarz.


Bei der Nacht iſt ſo finſter im Weg,

Man ſieht weder Bruͤcke noch Steg,

Weder Stock noch Stein,

Man ſtoͤßt ſich ans Bein,

Drum geh ich nicht gern allein.

Bei der Nacht iſt meine Frau auch ſo ſchoͤn,

Bei Nacht mag ich nicht mit ihr gehn.

Bei der Nacht ſo ſchoͤn!

Kanns gar nicht verſtehn,

Mag halters nicht mit ihr gegehn.

Und wann ich wieder heurathen thu,

So nehm ichs Laternel dazu;

Da ſieht man beim Licht,

Doch was einer kriegt,

Eine Wuͤſte, die mag ich mehr nicht.

Und wenn ich ein Kindelein krieg,

So muß es ſo ſchoͤn ſeyn als ich,

Sonſt g'hoͤrt es nicht mein,

Ich gehs halt nicht ein,

Es muß wie ich ſo ſchoͤn ſeyn.

[57]
Bei der Nacht hat mich oft was gefreut,

Ich denk halt, 's giebt noch mehr ſo Leut,

Da ſchlaͤft man in Ruh,

Und deckt ſich brav zu,

Es geht, ich weiß ſelber nicht wuh!

Den dritten thu ich nicht nennen.


(Muͤndlich.)


Mein Buͤbli iſch e Stricker,

Er ſtrickt e manche Nacht,

Er ſtrickt an einer Haube,

Haube, Haube,

Siſch noch nit ausgemacht.

Von Seiden iſch die Haube,

Von Sammet iſch die Schnur,

Biſch du ein wackres Maͤdle,

Maͤdle, Maͤdle,

Bind du dein Haͤrle zu.

Ach nein, will ſie nit binden,

Wills noch mehr fliegen lahn,

Bis ander Jahr im Sommer,

Sommer, Sommer,

Will zu dem Tanze gahn.

Mit Freuden zu dem Tanze,

Mit Trauren wieder heim,

So geht es jedem Maͤdle,

[58]
Maͤdle, Maͤdle,

Und nit nur mir allein.

Dort droben auf jenem Berge,

Da ſteht ein ſchoͤnes Haus,

Da ſchauen alle Morgen,

Morgen, Morgen,

Drey ſchoͤne Herren raus.

Der Erſt der iſt mein Bruder,

Der Zweite geht mich an,

Den Dritten thu ich nicht nennen,

Nennen, nennen,

Der iſt euch wohl bekannt.

Und unten an dem Berge,

Da geht ein rothe Kuh.

Wenn ſie die Magd thut melken,

Melken, melken,

Schaun ihr die Herren zu.

Sie thaͤt die Milch verſchuͤtten,

Mit Waſſer fuͤllt ſie zu:

Ach Mutter, liebe Mutter,

Mutter, Mutter,

Die Milch giebt unſer Kuh.

Wir wollen die Kuh verkaufen,

So kommt der Gſtank vom Haus;

So koͤnnen huͤbſch die Herren,

Herren, Herren

Spazieren um unſer Haus.

[59]
Und druͤben an dem Berge,

Da ſtehn zwey Baͤumelein,

Das eine traͤgt Muskate,

Muskate, Muskate,

Das zweyt braun Naͤgelein.

Muskatennuß ſind ſuͤße,

Braun Naͤglein die ſind raͤß (ſcharf),

Die geb ich meinem Liebchen,

Liebchen, Liebchen,

Daß es mich nicht vergeß.

Hab deiner nie vergeſſen,

Hab alle Zeit an dich gedenkt;

Du liegſt mir ſtets am Herzen,

Herzen, Herzen,

Wie d'Roſ' am Stiele haͤngt.

Dort unten auf der Wieſe,

Da geht ein Muͤhlen Rad,

Das mahlet nichts als Liebe,

Liebe, Liebe,

Vom Abend bis zum Tag.

Das Muͤhlenrad iſch brochen,

Die Lieb hat noch kein End;

Und wann zwey Liebchen ſcheiden,

Scheiden, ſcheiden,

So geben ſie ſich die Haͤnd.

Ach Scheiden uͤber Scheiden,

Iſch gar ein bittres Kraut;

[60]
Wann ich wuͤßte, wo es wuͤchſe,

Wuͤchſe, wuͤchſe,

Wollt graben Wurzel raus.

Grab raus, grab raus mit Freuden,

Und nimm ſie mit dir heim;

Leg ſie in dein Schlafkaͤmmerlein,

Schlafkaͤmmerlein,

So haſt du Wuͤrzelein.

Bienenlied.


(Fliegendes Blat.)


Ein Liedlein will ich ſingen,

Vom Honigvoͤgelein,

Die hin und her ſich ſchwingen,

Wie bunte Blumen ſeyn.

Das Voͤlklein in dem Gruͤnen,

Es ſchmauſet auf der Weid,

Ich ſinge von den Bienen,

Auf dieſer freien Haid.

Der Winter haͤlt gefangen

Das zarte Jungfernvolk,

Bis daß der Schnee vergangen,

Froſt, Schauer, Nebelwolk.

Und wann die Weſte ſtimmen,

Nach linder Lenzen Art,

So machen ſich die Immen

Auf ihre Blumenfarth.

[61]
Sie ziehen mit der Trummel,

Der Stachel weiſt das Schwerdt;

Ihr Brummel und Gehummel

Hat niemand noch gefaͤhrdt.

Sie nehmen ſonder Morden

Den zarten Blumenraub,

Und ihre Beut iſt worden

Der Baum und Bluͤthen Laub.

Wie ſie die Wachsburg bauen,

Aus guͤldnem Pergament,

Kann niemand nicht beſchauen,

Ja keines Kuͤnſtlers Haͤnd

Hat man ſo ſehr bewundert,

Die Zimmerchen ſo gleich,

Sechseckigt iſt geſondert

Das Honigkoͤnigreich.

Man ſieht ſie friedlich leben

Ohn Eigennutz und Streit,

In ſteter Muͤhe weben,

Zu Lenz und Winterszeit;

Sie pflegen [einzutragen]

Der Blumen Saft und Thau,

Und fuͤhren mit Behagen

Geſammt den Zuckerbau.

Die Schwalben.


Es fliegen zwei Schwalben ins Nachbar ſein Haus,

Sie fliegen bald hoch und bald nieder;

[62]
Aufs Jahr, da kommen ſie wieder,

Und ſuchen ihr voriges Haus.

Sie gehen jezt fort ins neue Land,

Und ziehen jezt eilig hinuͤber;

Doch kommen ſie wieder heruͤber,

Das iſt einem jeden bekannt.

Und kommen ſie wieder zu uns zuruͤck,

Der Baur geht ihnen entgegen;

Sie bringen ihm viel mahl den Segen,

Sie bringen ihm Wohlſtand und Gluͤck.

Ein Heller und ein Pfenning
Das iſt ein kleiner Werth
.


(Vier Baurenmaͤdchen ſammelten ſonſt mit dieſem Liede von Haus zu
Haus einiges Geld, um das Muttergottesbild, welches ſie bei Pro-
ceſſionen trugen, vorher auszuſchmuͤcken, in den rheiniſchen Doͤrfern
Sponheim, Spabruͤck oder Geillesheim.)


Gott gruͤß euch all ihr Herren,

Und die darinnen ſind;

Gott troͤſt' die betruͤbten Seelen,

Die in dem Fegfeuer ſind.

Wir ſind daher gegangen,

Wir ſind daher geſandt;

Wir bettlen fuͤr die Krone,

Die noch ſteht in Himmelshand.

[63]
Fuͤr einen Schleier heiſchen wir,

Und eine ſchoͤne Kron;

Zu Sponheim in der Kirche

Die Maria ſoll ſie han.

Maria Koͤniginn,

Sie iſt eine reine Magd;

Sie kann gar treulich bitten,

Fuͤr unſre Miſſethat.

Ein Heller und ein Pfenning,

Das iſt ein kleiner Werth;

Maria Koͤniginne,

Iſt aller Ehren werth'

Wir danken fuͤr die Gaben,

Die ihr uns habt gethan;

Gott wirds an euren Seelen

Euch zum Guten laſſen ſtahn.

Von alten Liebesliedern.


(Venusbluͤmlein von Ambroſius Metzger. Nuͤrnberg 1612.)


Spazieren wollt ich reiten,

Der Liebſten vor die Thuͤr,

Sie blickt nach mir von weitem,

Und ſprach mit großen Freuden:

„Seht dort meines Herzens Zier,

„Wie trabt er her zu mir.

[64]
„Trab Roͤßlein trab,

„Trab fuͤr und fuͤr.“

Den Zaum, den ließ ich ſchieſſen,

Und ſprengte hin zu ihr,

Ich thaͤt ſie freundlich gruͤſſen,

Und ſprach mit Worten ſuͤß:

„Mein Schatz, mein hoͤchſte Zier,

„Was macht ihr vor der Thuͤr?

„Trab Roͤßlein trab

„Trab her zu ihr.

Vom Roͤßlein mein ich ſprange,

Und band es an die Thuͤr,

Thaͤt freundlich ſie umfangen,

Die Zeit ward uns nicht lange,

In Garten giengen wir

Mit liebender Begier;

Trab Roͤßlein trab,

Trab leis herfuͤr.

Wir ſezten uns da nieder

Wohl in das gruͤne Gras,

Und ſangen hin und wieder

Die alten Liebeslieder,

Bis uns die Aeuglein naß,

Wegen der Klaͤffer Haß.

Trab Roͤßlein trab,

Trab, trab fuͤrbas.

[65]

Don Juan.


(Vergl. Buͤſchings [und] von Hagens Sammlung.)


Ich hatt nun mei Trutſchel

Ins Herz nei geſchloſſe,

Sie hat mir geſchworen,

Sie woͤll mich net loſſe,

Da reit mir der Teufel

Den Schulzen ſei Hans,

Der fuͤhrt ſie zum Tanz.

So gehts wenn die Maͤdcher

Zum Tanzboden gehn,

Da muß man bald immer

In Sorgen bey ſtehn,

Daß ſie ſich verliebe

In andere Knecht,

So Maͤdcher ſind ſchlecht.

Es ſchmeckt mir kein Eſſen,

Es ſchmeckt mir kein Trinke,

Und wenn ich ſoll arbeit,

So moͤcht ich verſinke;

Kurz wenn ich mei Trutſchel

Net bald wieder ſeh,

So muß ich vergeh.

Und wenn ich geſtorbe,

Ich lat mich begrabe,

Und lat mer vom Schriner

3. Band. 5.
[66]
Zwey Bretcher abſchabe,

Und lat mer zwey firige Herzer druf mahle.

Ich kann ſie bezahle.

Und lat mer anſtimme

Die Sterbegeſaͤnge:

„Da leit nu der Eſel

„Die quer und die laͤnge,

„Der allzeit geſteckt hat in Liebesaffaͤre,

„Zu Erde muß wern.

Hoͤlzerne Noth.


S haͤtt ſich mol ener zu mer welle kuͤpple,

Haͤts Laͤdel n'in welle kruͤpple,

Un als er maint er ſtoht,

Heb ich de Haͤnd bluͤmbe loth,

Dazu uf et Miſt,

Duͤ Hoͤnd der de biſt,

Jetz weſta was Goſategeh iſt.

Er haͤtt mi au mol zum Tanz welle fuͤhre,

Haͤtt welle mit mer agire,

Er tanzt wie e Baͤr ſo toll,

Mer maͤnt er haͤtt ſich g'ſoffe voll,

Der wuͤſt Sapperlot,

Er tanzt wie er goht,

'S is glatt e hoͤlzerne Noth.

[67]
Was waͤre min Kamerade ſahe

Wenn i ſo e Stumpe nehm?

Gieng i mit am uͤber d'Gaß,

D' Lit haͤtte de groͤßte Geſpaß,

Mit er ſolche Crot,

'S waͤr e Schand un e Geſpott.

Des Centauren Tanzlied.


(Chriſtoph Demantius Taͤnze. Nuͤrnberg. 1601.


Schau gut Geſell, was fuͤhr ich allhier,

Schau, was fuͤhre ich allhier,

Ein fein braun Maͤgdlein,

Guter Ding nach meinem Begier,

Wir wollen fein miteinander ſeyn.

Drum ſing mir bald ein kleines Taͤnzlein,

Ja ein kleines Taͤnzlein,

Ich will dirs lohnen,

Und dir bringen das Jungfraͤulein,

Du mußt ihr aber wohl verſchonen.

Gleich wie ein hurtig Roͤſſelein trabt,

Ja ein Roͤſſelein trabt,

Leis unbeſchlagen,

Alſo dies Maͤgdlein zu Tanz gaht,

Und ſpringet, huͤpfet ohn Verzagen.

[68]
Nachtanz.
Schau wie er trabt, der wackre Gaul,

Auf ſcharfe Sporn thut er nit harren;

Stroh, Heu, dient gar nit fuͤr ſein Maul,

Bei ihm kann man das alles ſparen.

Ein reichen Herrn muß es traun han,

Der es allzeit ſo wohl mag warten,

Der dies Roͤßlein fein zaͤumen kann,

Zu reiten es in ſeim Luſtgarten.

Gemachte Blumen.


(Muͤndlich.)


Es wollt ein Maͤgdlein Waſſer holen,

Bei einem kuͤhlen Brunnen;

Ein ſchneeweiß Hemdlein hat ſie an,

Dadurch ſcheint ihr die Sonne.

Sie ſah ſich um, ſie ſah ſich her,

Sie meint, ſie waͤr alleine;

Da kam ein Reuter daher geritten,

Er gruͤßt die Jungfrau reine.

Gott gruͤß euch zartes Jungfraͤulein,

Wie ſtehet ihr hier allein;

Wollt ihr dies Jahr mein Schlafbuhl ſeyn?

So ziehet mit mir heime.

[69]
Und euer Schlafbuhl bin ich nicht,

Ihr bringt mir dann drei Roſen,

Die in der Zeit gewachſen ſeyn,

Wohl zwiſchen Weihnacht und Oſtern.

Er reit uͤber Berg und tiefe Thal,

Er konnt ihrer keine finden;

Er reit wohl vor der Mahlerin Thuͤr:

Frau Mahlerin ſeyd ihr darinnen?

Seyd ihr darin, ſo kommt herfuͤr,

Und mahlet mir drei Roſen,

Die dieſes Jahr gewachſen ſeyn,

Wohl zwiſchen Weihnachten und Oſtern.

Und da die Roſen gemahlet waren,

Da hub er an zu ſingen:

„Erfreu dich Maͤgdlein, wo du biſt,

„Drei Roſen thu ich dir bringen.

Das Maͤgdlein an dem Laden ſtund,

Gar bitterlich thaͤt ſie weinen;

Sie ſprach: Ich habs im Scherz gered't,

Ich meint ihr findet keine!

Haſt du es nur im Scherz geredt,

Gar ſcherzlich woll'n wirs wagen;

Bin ich dein Scherz, biſt du mein Scherz,

So ſcherzen wir beid zuſammen.

[70]

Der Brunnen.


(Mitgetheilt von Frau von Patberg.)


Hab ein Bruͤnnlein mal geſehen,

Draus thaͤt flieſſen lauter Gold,

Thaͤten dort drei Jungfern ſtehen,

Gar ſo ſchoͤn und gar ſo hold.

Thaͤten all ſo zu mir ſprechen:

Trinkſt du aus dem Bruͤnnelein,

Kriegt dich einer bei dem Kragen,

Wirft dich in den Brunnen n'ein.

Ihr ſchoͤn Jungfern kuͤhnlich glaubet,

Will den Durſt nicht loͤſchen hier,

Wenn die ſchoͤnſte mir erlaubet

Einen zwoten Kuß allhier.

Dieſe mit den ſchwarzen Augen

Kuͤß ich gern, trau aber nicht;

Sie kann nur zum Zancken taugen,

Aber zu der Liebe nicht.

Dieſe mit den grauen Augen,

Dieſe falſche mag ich nicht;

Kann allein zum Roppen taugen,

Krazt den Buhlen ins Geſicht.

Dieſe mit den blauen Augen,

Dieſe kuͤß ich gar zu gern;

Dieſe kann zur Liebe taugen,

Dieſe gleicht dem Morgenſtern.

[71]

Ein warmes Stuͤblein.


(Altes Muſikbuch.)


Wann ich des Morgens fruͤh aufſtehe,

So iſt mein Stuͤblein geheitzet,

So kommt mein Lieb, und beut mir einen guten

Morgen.

Ein guter Morgen iſt bald dahin,

Gott geb meiner Lieb ein ſteten Sinn,

Dazu ein froͤhlich Gemuͤthe.

Verlobung.


(Greflingers Roſen und Doͤrner, Huͤlſen und Koͤrner. Hamburg 1655.)


Haben die Goͤtter es alſo verſehen,

Liebet euch lieblich, ich willige zu,

Wollet euch ehrlich und ehlich begehen,

Mehren und ehren in lieblicher Ruh.

Wiederhall.


(Muſikaliſcher Zeitvertreiber. Nuͤrnberg 1609. XLII.)


In dieſem gruͤnen Wald,

Wir wollen froͤhlich ſingen,

Hoͤrt wie es wiederhallt,

Und froͤhlich thut erklingen.

[72]
Ach wie ein Lieblichkeit

Und holdſeliges Leben

Die ſchoͤne Sommerzeit

Und helle Sonn thut geben.

Dieweil die Voͤgel all

In Luft und Freuden ſchweben;

Voraus die Nachtigall

Ihr Stimmlein thut erheben.

Warum ſoll uns denn nicht,

Der Sang aus uns erfreuen;

Hoͤrt Echo widerſpricht,

Und will uns uͤberſchreien.

Der Herr vom Himmelsthron

Woll ſeine Gnade geben,

Daß wir den Sommer ſchon

Oefter mit Freud erleben.

Der wohlgezogene Knecht.


Es gieng ein wohlgezogner Knecht

Wohl uͤber die breite Aue,

Da ſah er einen ſchoͤnen Tanz

Von adlichen Jungfrauen;

Den Tanz, den wollt er ſchauen.

Da ſprach der wohlerzogne Knecht:

„Gott gruͤß euch Jungfraun alle!“

[73]
Da ſprach das Fraͤulein Roſenthal:

„Daß dir ein Ohr abfalle,

„Eh ich dir wohlgefalle.“

Da ſprach der wohlerzogne Knecht:

„Ihr ſeyd ein grobe Maide.

Da ſprach das Fraͤulein Roſenthal:

„Du biſt hier auf der Weide

„In deinem groben Kleide.“

Da ſprach der wohlerzogne Knecht:

„Die Roſen immer ſtechen!“

Da ſprach das Fraͤulein Roſenthal:

„Laß die zum Kranz mir ſtehen,

„Dir Neſſeln wohl anſtehen.“

Da ſangen die Jungfraͤulein all:

Ja Neſſeln mußt du ſchneiden,

Die Roſen in dem Roſenthal,

Die thuſt du nur abweiden,

Wir tanzen drin mit Freuden.

Auch ein Schickſal.


(Muͤndlich.)


Ich habe mein Feinsliebchen

So lange nicht geſehn,

Ich ſah ſie geſtern Abend,

Wohl vor der Thuͤre ſtehn.

[74]
Sie ſagt, ich ſollt ſie kuͤſſen,

Als ich vorbey wollt gehn;

Die Mutter ſollts nicht wiſſen,

Die Mutter hats geſehn.

Ach Tochter, du willſt freyen,

Wie wird es dir ergehn;

Es wird dich bald gereuen,

Wenn du wirſt andre ſehn.

Wenn alle junge Maͤdchen

Wohlauf zum Tanzboden gehn,

Mit ihren gruͤnen Kraͤnzerchen

Im Reihentanze ſtehn.

Dann mußt du junges Weibchen

Wohl bey der Wiege ſtehn,

Mit deinem ſchneeweiſſen Leibchen,

Der Kopf thut dir ſo weh.

„Das Feuer kann man loͤſchen,

„Des Feuer brennt ſo ſehr;

„Die Liebe nicht vergeſſen,

„Je nun und nimmermehr.“

Abſchiedsklage.


(Bragur I. 170.)


Ach in Trauern muß ich leben,

Ach! wie hab ichs denn verſchuldt?

Weil mirs hat mein Schatz aufgeben,

Muß ichs leiden mit Gedult.

[75]
Vater und Mutter, die wollens nicht leiden,

Gelt mein Schatz, das weißt du wohl?

Du haſt recht in allen Sachen,

Kannſt dein Gluͤck noch beſſer machen,

Weil ich dich nicht kriegen ſoll.

Rosmarin und Lorbeerblaͤtter

Verehr ich dir zu guter lezt,

Das ſoll ſeyn das lezt Gedenken,

Weil du mich nochmals ergoͤtzt.

Es ſind zwey Stern an dem Himmel,

Leuchten wie das klare Gold,

Der eine leucht zu meim Schaͤtzchen,

Der andre durch das finſtre Holz.

Sind wir oft beiſammen geſeſſen,

Manche ſchoͤne halbe Nacht.

Haben wir oft den Schlaf vergeſſen,

Und mit Lieben zugebracht.

Morgens wenn ich fruͤh aufſtehe,

Iſt mein Schatz ſchon aufgeputzt;

Schon mit Stiefeln, ſchon mit Sporen,

Giebt er mir den Abſchiedskuß!

Warnung.


(Muͤndlich.)


Die Trutſchel und die Frau Nachtigall,

Die ſaßen auf einer Linden;

[76]
„Ach du mein Herzallerliebſter Schatz,

„Wo werd ich dich Abends finden?“

Wo du mich Abends finden wirſt,

Des Morgens wirds dich reuen;

„Ach du mein Herzallerliebſter Schatz,

„Was brichſt du mir die Treue.

Und all dein Treu die mag ich nicht,

Will doch viel lieber ſterben;

Was ſoll ich dann mein jung friſch Blut

An einem Knaben verderben.

Ach Maͤdchen behalt deine Ehre feſt,

Und laß dich nicht betriegen;

Denn Geld und Gut iſt bald verzehrt,

Deine Ehr iſt nimmer zu kriegen.

Ach Maͤdchen behalt deine Ehre feſt,

Als wie der Baum ſein Aeſte;

Und wenn das Laub herunter faͤllt,

So trauren alle Aeſtger.

Wenn einer dich betrogen hat,

So zieh er aus dem Lande,

Er ſteckt die Feder auf ſein Hut,

Laͤßts Maͤdchen brav in Schande.

[77]

Schoͤn bin ich nicht.


(Schoͤne Lieder Henrici Finkeis. 1536.)


Schoͤn bin ich nicht, mein hoͤchſter Hort,

Laß mich das nicht entgelten,

Lieb gilt fuͤr ſchoͤn an manchem Ort,

Lieb ſoll vor aller Schoͤnheit gelten.

Schoͤn bin ich nicht, acht das gar klein,

Lieb thut all Ding bezwingen,

Lieb zwingt die Schoͤnheit ganz allein,

Kann ſie allein beſingen:

„Ihr findet in Geſchichten

„Vom Fiſch Delphin genannt,

„Kein Netz haͤlt ihn mit nichten,

„Und zieht ihn an das Land,

„Allein durch lieblich Singen

„Thut man ihn alſo zwingen,

„Daß er kommt ſelbſt ans Land.

„Zum wunderbaren Zeichen

„Auch die Waldvoͤgelein,

„Ihr Herzelein erweichen

„Einander insgemein,

„Mit lieblichem Geſange,

„Das waͤhret alſolange,

„Bis ſie vereinigt ſeyn.“

[78]

Himmelsboten zu Liebchens Himmelbett.


Der Mondſchein, der iſt ſchon verblichen,

Die finſtre Nacht iſt hingeſchlichen;

Steh auf du edle Morgenroͤth',

Zu dir all mein Vertrauen ſteht.

Phoͤbus ihr Vorbott wohlgeziert,

Hat ſchon den Wagen angeſchirrt;

Die Sonnenroß ſind vorgeſpannt,

Zuͤgel ruht in ſeiner Hand.

Ihr Vorbott der Don Lucifer,

Schwebt allbereits am Himmel her,

Er hat die Wolken aufgeſchloſſen,

Die Erd mit ſeinem Thau begoſſen.

O fahrt vor ihr Schlafkaͤmmerlein,

Weckt leis die ſuͤße Liebſte mein;

Verkuͤndet ihr, was ich euch ſag,

Mein Dienſt, mein Gruß, ein guten Tag.

Doch muͤßt ihr ſie fein zuͤchtig wecken,

Dabei mein heimliche Lieb entdecken;

Sollt ſagen, wie ihr Diener wacht,

So kummervoll die ganze Nacht.

Schaut an fuͤr mich die gelbe Haar,

Ihr Haͤlslein blank, ihr Aeuglein klar;

Kuͤßt ihr fuͤr mich den rothen Mund,

Und wenn ſie's leid't die Bruͤſtlein rund.

[79]

Armer Kinder Bettlerlied.


(Fliegendes Blatt.)


Es ſungen drei Engel einen ſuͤßen Geſang,

Mit Freuden es im Himmel klang;

Sie jauchzten froͤhlich auch dabei,

Daß Petrus ſey von Suͤnden frey,

Von Suͤnden frey.

Denn als der Herr Jeſus zu Tiſche ſaß,

Mit ſeinen zwoͤlf Juͤngern das Abendmahl aß,

So ſprach der Herr Jeſus: Was ſteheſt du hier,

Wenn ich dich anſehe, ſo weineſt du mir,

So weineſt du mir.

Ach! ſollt ich nicht weinen du guͤtiger Gott!

Ich hab uͤbertreten die zehen Gebot;

Ich gehe und weine ja bitterlich,

Ach komm, erbarme dich uͤber mich,

Ach uͤber mich!

Haſt du dann uͤbertreten die zehen Gebot,

So fall auf die Knie und bete zu Gott,

Und bete zu Gott nur allezeit,

So wirſt du erlangen die himmliſche Freud,

Die himmliſche Freud.

Die himmliſche Freud iſt eine ſelige Stadt,

Die himmliſche Freud die kein End mehr hat;

Die himmliſche Freude war Petro bereit,

Durch Jeſum und allen zur Seeligkeit,

Zur Seeligkeit.

[80]

Abendſegen.


(Muͤndlich.)


Der Tag hat ſeinen Schmuck auf heute weggethan,

Es ziehet uun die Nacht die braunen Kleider an;

Und deckt die Welt in angenehmer Ruh

Mit ihren Schatten zu.

Wohlan ich ſuche nun auch meine Lagerſtadt,

Worauf der muͤde Leib ſich zu erquicken hat;

Und wo der Geiſt geruhig und vergnuͤgt

In ſuͤßer Stille liegt.

Ein gut Gewiſſen wird mein Abendſegen ſeyn,

Die Unſchuld machet mich von aller Falſchheit rein,

Mein Herz iſt treu, wer anders von mir ſpricht,

Der kennet mich noch nicht.

So kleide dich nun aus, mein ungebundner Sinn,

Durch dich leg ich vergnuͤgt die Sorgenkleider hin;

Die Bruſt iſt frey, die Kummer und Verdruß

Bei andern quaͤlen muß.

Ein froh Gemuͤthe ſoll mein ſaubres Nachtzeug ſeyn,

In ſolchen ſchlaf ich ſanft und ohne Schwermuth ein;

Und machte mir auch was Melancholey,

So ſchwebt ſie doch vorbey.

Der Himmel wacht bei mir, ſein Auge das mich

kennt,

Muß mir die Lampe ſeyn, die mir zum Troſte brennt;

Und weil das Oel der Gnade nie gebricht,

Ach ſo verloͤſcht ſie nicht.

[81]
Die ſuͤßre Hoffnung iſt auf meinen Dienſt bereit,

Die lauter Roſen mir zum Ruhebette ſtreut;

Und die Geduld deckt mich mit Myrthen zu,

So ſchoͤn iſt meine Ruh.

Zum Schlafgeſellen nehm ich die Vergnuͤgung an,

Die druͤck ich an mein Herz, ſo feſt ich immer kann,

Man ſchlaͤft, wenn ſo ein Schaz in Armen liegt,

Unmoͤglich mißvergnuͤgt.

Und treibt ihr Traͤume ja ein Sinnenſpiel mit mir,

So ſtellt in ſuͤßer Ruh mir meine Freundinn fuͤr;

Vielleicht wird das, was jetzt ein Schatten iſt,

Noch in der That gekuͤßt.

Nun dir befehl ich mich, du angenehme Nacht,

Und wenn das Morgengold am fruͤhen Himmel lacht,

So werde doch dem Herzen das geſchenkt,

Worauf es ſchlafend denkt.

Bildchen.


Auf dieſer Welt hab ich keine Freud,

Ich hab einen Schatz und der iſt weit,

Er iſt ſo weit, er iſt nicht hier,

Ach wenn ich bei mein Schaͤtzgen waͤr!

Ich kann nicht ſitzen und kann nicht ſtehn,

Ich muß zu meinem Schaͤtzgen gehn;

Zu meinem Schatz, da muß ich gehn,

Und ſollt ich vor dem Fenſter ſtehn.

3. Band. 6.
[82]
Wer iſt denn drauſſen, wer klopfet an?

Der mich ſo leis aufwecken kann;

Es iſt der Herzallerliebſter dein,

Steh auf, ſteh auf und laß mich rein!

Ich ſteh nicht auf, laß dich nicht rein,

Bis meine Eltern zu Bette ſeyn;

Wenn meine Eltern zu Bette ſeyn,

So ſteh ich auf und laß dich rein.

Was ſoll ich hier nun laͤnger ſtehn,

Ich ſeh die Morgenroͤth aufgehn;

Die Morgenroͤth, zwey helle Stern,

Bey meinem Schatz, da waͤr ich gern.

Da ſtand ſie auf und ließ ihn ein,

Sie heißt ihn auch willkommen ſeyn;

Sie reicht ihm die ſchneeweiße Hand,

Da faͤngt ſie auch zu weinen an.

Wein nicht, wein nicht mein Engelein!

Aufs Jahr ſollſt du mein eigen ſeyn;

Mein eigen ſollſt du werden gewiß,

Sonſt keine es auf Erden iſt.

Ich zieh in Krieg auf gruͤne Haid,

Gruͤne Haid die liegt von hier ſo weit,

Allwo die ſchoͤnen Trompeten blaſen;

Da iſt mein Haus von gruͤnem Raſen.

Ein Bildchen laß ich mahlen mir,

Auf meinem Herzen trag ichs hier;

[83]
Darauf ſollſt du gemahlet ſeyn,

Daß ich niemal vergeſſe dein.

Waldvoͤgelein.


(Muͤndlich.)


Ich ging mit Luſt durch einen gruͤnen Wald,

Ich hoͤrt die Voͤglein ſingen,

Sie ſangen ſo jung, ſie ſangen ſo alt,

Die kleinen Waldvoͤglein in dem Wald,

Wie gern hoͤrt ich ſie ſingen.

Nun ſing, nun ſing Frau Nachtigall,

Sing du's bei meinem Feinsliebchen:

„Komm ſchier, komm ſchier wenns finſter iſt,

„Wenn niemand auf der Gaſſen iſt,

„Herein will ich dich laſſen.“

Der Tag vergieng, die Nacht brach an,

Er kam zu Feinslieb gegangen;

Er klopft ſo leiſ' wohl an den Ring,

Ei ſchlaͤfſt du, oder wachſt du Kind,

Ich hab ſo lang geſtanden.

Daß du ſo lang geſtanden haſt,

Ich hab noch nicht geſchlafen;

Ich dacht als frey in meinem Sinn,

Wo iſt mein Herzallerliebſter hin,

Wo mag er ſo lang bleiben?

[84]
Wo ich ſo lang geblieben bin,

Das darf ich dir wohl ſagen;

Beim Bier und auch beim rothen Wein,

Bei einem ſchwarzbraunen Maͤdelein,

Haͤtt deiner bald vergeſſen.

Liebeswuͤnſche.


Auf der Welt hab ich kein Freud,

Ich hab ein Schatz und der iſt weit;

Wenn ich nur mit ihm reden koͤnnt,

So waͤr mein ganzes Herz geſund.

Frau Nachtigall, Frau Nachtigall!

Gruͤß meinen Schatz viel tauſendmal;

Gruͤß ihn ſo huͤbſch, gruͤß ihn ſo fein,

Sag ihm er ſoll mein eigen ſeyn.

Und komm ich vor ein Goldſchmidtshaus,

Der Goldſchmidt ſchaut zum Fenſter raus;

Ach Goldſchmidt, liebſter Goldſchmidt mein!

Schmied mir ein feines Ringelein.

Schmied's nicht zu groß, ſchmied's nicht zu klein,

Schmied's fuͤr ein ſchoͤnes Fingerlein;

Auch ſchmied mir meinen Namen dran,

Es ſolls mein Herzallerliebſter han.

Haͤtt ich ein Schluͤſſel von rothem Gold,

Mein Herz ich dir aufſchlieſſen wollt,

[85]
Ein ſchoͤnes Bild das iſt darein,

Mein Schatz es muß dein eignes ſeyn.

Wenn ich nur ein klein Waldvoͤglein waͤr,

So ſaͤß ich auf dem gruͤnen Zweig;

Und wenn ich genug gepfiffen haͤtt,

Floͤg ich zu dir, mein Schatz ins Reich.

Wenn ich zwey Taubenfluͤgel haͤtt,

Wollt fliegen uͤber die ganze Welt;

Ich wollt fliegen uͤber Berg und Thal,

Hin wo mein Herzallerliebſter waͤr.

Und wann ich endlich bey dir waͤr,

Und du redſt dann kein Wort mit mir;

Muͤßt ich in Trauren wieder fort,

Adje mein Schatz, adje von dir.

Sommerlied.


Geh aus, mein Herz, und ſuche Freud

In dieſer lieben Sommerzeit,

An deines Gottes Gaben;

Schau an der ſchoͤnen Gaͤrten Zier,

Und ſiehe, wie ſie mir und dir

Sich ausgeſchmuͤcket haben.

Die Baͤume ſtehen voller Laub,

Das Erdreich decket ſeinen Staub

Mit einem gruͤnen Kleide.

[86]
Narciſſen und die Tulipan,

Die ziehen ſich viel ſchoͤner an,

Als Salamonis Seide.

Die Lerche ſchwingt ſich in die Luft,

Das Taͤubchen fleucht aus ſeiner Kluft,

Und macht ſich in die Waͤlder.

Die hochgelobte Nachtigall

Ergoͤtzt und fuͤllt mit ihrem Schall

Berg, Huͤgel, Thal und Felder.

Die Glucke fuͤhrt ihr Kuͤchlein aus,

Der Storch baut und bewohnt ſein Haus,

Das Schwaͤlblein ſpeißt die Jungen;

Der ſchnelle Hirſch, das leichte Reh

Iſt froh, und kommt aus ſeiner Hoͤh,

Ins tiefe Gras geſprungen.

Die Baͤchlein rauſchen in dem Sand,

Und mahlen ſich in ihrem Rand

Mit ſchattenreichen Myrthen;

Die Wieſen liegen hart dabei,

Und klingen ganz von Luſtgeſchrey

Der Schaaf und ihrer Hirten.

Die unverdroßne Bienenſchaar

Fleucht hin und her, ſucht hier und dar

Ihr edle Honigſpeiſe;

Des ſuͤßen Weinſtocks ſtarker Saft

Bringt taͤglich neue Staͤrk und Kraft

In ſeinem ſchwachen Reiſe.

[87]
Ich ſelber kann und mag nicht ruhn,

Des groſſen Gottes groſſes Thun

Erweckt mir alle Sinnen;

Ich ſinge mit, wenn alles ſingt,

Und laſſe, was dem Hoͤchſten klingt,

Aus meinem Herzen rinnen.

Ach, denk ich, biſt du hier ſo ſchoͤn,

Und laͤſſeſt uns ſo lieblich gehn,

Auf dieſer armen Erden;

Was will doch wohl nach dieſer Welt

Dort in dem feſten Himmelszelt

Und guͤldnem Schloſſe werden.

O waͤr ich da! o ſtuͤnd ich ſchon,

Ach ſuͤßer Gott vor deinem Thron,

Und truͤge mein Palmen;

So wollt ich nach der Engel Weis

Erhoͤhen deines Namens Preis

Mit tauſend ſchoͤnen Pſalmen.

Unſeliger Kreislauf.


Wohl taͤglich will erſcheinen

Die ſchoͤne Morgenroͤth,

Den Thau muß nieder weinen,

Die weis bekleidet geht,

Luna iſt ſie genannt;

Schneeweis thut ſie uns leuchten,

Macht uns den Tag bekannt.

[88]
Und uͤber ihr in Wonne

Phoͤbus mit Gold bekleidt,

Das iſt die Liebesſonne,

Die alle Welt erfreut;

Jedoch ihr klarer Schein

Soll mich nicht gar abwenden,

Wohl von dem Trauren mein.

Hoͤrt auf ihr Sturmwind alle,

Die wehn vom Himmeisſchild,

Mir iſt in Sinn gefallen

Ein adeliches Bild;

Hoͤflich und tugendreich,

Selbſt Abſalon muß weichen,

An Schoͤnheit ihm nichts gleich.

Orpheus, der konnte zwingen

die wilde Thier im Wald,

Sein Harfen und ſein Singen

Lockt ſie zuſammen bald;

Das Wild in Fels und Stein

Hoͤrt wohl das tiefe Klagen

Und große Trauren mein.

Suͤß Orpheus Saiten hallen,

Und bitter meine Stimm

In armer Lieb muß ſchallen;

O Venus, laß den Grimm,

Durch Lieb des Buhlen dein,

Send meinem kranken Herzen

Doch bald der Huͤlfe Schein.

[89]
In mir hoͤrt man ſtets ſchlagen

Ein unruhige Uhr,

Und jeder Schlag will klagen

Um ſproͤde Schoͤnheit nuͤr;

Hoffnung die Uhr zieht auf,

So geht ſie ewig, ewig

Den ſchmerzlich bittern Lauf.

Es rennen alle Bronnen

Zuſammen in das Meer,

Und ſind ſie hingeronnen,

So kehren ſie daher;

So auch die Seufzer mein

Ziehn aus betruͤbtem Herzen,

Und kehren wieder drein.

Und ſterbend ſchon in Leiden,

Bitt ich dich auch allein,

Du wollſt mein Herz ausſchneiden,

Und legen in einen Stein;

Damit anzeig ich blos,

Daß dich ein Stein gebohren,

Und nicht des Weibes Schoos.

Fuͤr's andre laſſe bauen

Ein Gitter ob dem Stein,

Daß jeder koͤnne ſchauen

Das elend Herze mein;

Dem Amor vor der Zeit

Durch Lieb und heimlich Leiden

Genommen all ſein Freud.

[90]
Zum dritten ich begehre

Begleite mich ins Grab,

Ein Kraͤnzlein mir verehre,

Von bitterm Kraut Schabab;

Leb wohl dies Kraut bedeut,

Drum wird es auch wohl billig

An meinen Leib geſtreut.

Zulezt ich noch begehre,

Daß du mir trauren ſollt,

In Veilbraun mir zur Ehre,

Der Farbe war ich hold;

Trug ſie im Leben mein,

Veilbraun will nichts bedeuten,

Als Lieb und heimlich Pein.

In der wuͤſten Heide.


Allhier in dieſer wuͤſten Haid

Wohnt keine Seele weit und breit,

Die wilden Thier allein,

Die ſeh ich ſelbſt Mitleiden tragen,

Die Voͤgel traurig ſeyn,

Und mich mit ſchwacher Stimm beklagen;

Die kalten Brunnen ſtaͤrker fließen,

Viel Thraͤnen gleichfalls zu vergießen.

Nein, Waͤlder, Wieſen, Feld und Thal,

Hoͤr ich beklagen meinen Fall,

[91]
Sie fuͤhlen meine Pein;

Die Schafe wollen nicht mehr weiden,

Du Delia allein,

Wirſt nicht bewegt durch meine Leiden,

Du Wonn und Zier der Schaͤferinnen,

Du ſtrenge Fuͤrſtin meiner Sinnen.

Und laß ich dieſe gruͤne Welt,

Iſt meine Treu doch feſt geſtellt,

Die Liebe mein zu dir,

Hab ich an manchen Baum geſchnitten,

Da lieſt man fuͤr und fuͤr,

Was ich fuͤr Angſt und Pein erlitten;

So lang Arkadia wird ſtehen,

Soll auch mein Name nicht vergehen.

Es tritt Diana ſelber hin,

Mein Grab zu machen in dem Gruͤn,

Die Goͤttin Flora geht,

Sich nach Violen umzuſchauen,

Mein Leichſtein iſt erhoͤht,

Darein die Nimphen werden hauen:

„Hier hat den Geiſt dahin gegeben,

„Den ſeine Liebſte bracht ums Leben.“

Des guten Kerls Freierey.


Einſtens, da ich Luſt bekam,

Mir zu freien eine Dam,

[92]
Und ſie freundlich fragte,

Ob ich ihr auch wohl gefiel;

Wahrlich nicht beſonder viel!

Sie gar ſpoͤttiſch ſagte.

Ich ſprach wieder, bin ich nicht

Ein gut Kerle, gebt Bericht.

Drauf fragt ſie mich wieder:

Was dann ein gut Kerle waͤr?

Ich ſprach: Sezt euch unbeſchwert

Etwas zu mir nieder.

Fuͤr das Erſt ſo bin ich recht,

Und von ehrlichem Geſchlecht,

Hab auch aller Orten

Mich geuͤbt von Jugend auf,

Nach der Welt Gebrauch und Lauf,

Daß ich groß bin worden.

Habe auch nicht viel ſtudiert,

Bin nicht ſchoͤn von Leib geziert,

Auch nicht reich von Gelde;

Dennoch bin ich auch nicht dumm,

Blind, lahm, ſprachlos oder krumm,

Sondern friſch zu Felde.

Zu der Kaufmannſchaft und auch

Zu dem Handwerk ich nicht taug,

Sondern mich ernaͤhre

Mit dem Degen und Piſtol,

Und von meinen Feinden hol

Ich, was ich begehre.

[93]
Ich hoͤr gern der Armen Bitt,

Hab ich was, ſo theil ich mit;

Ich ſpendir die Heller

Auf ein gut Pferd und Gewehr,

Schenkt mir Gott noch Etwas mehr,

Schick ichs nach dem Keller.

Auch lieb ich der Muſickklang,

Stimm gern ein in den Geſang

Wackerer Geſellen;

Ich verderb kein gut Gelag,

Bei der Burſt mich luſtig mach,

Pfleg mich friſch zu ſtellen.

Eſſe gern was Gutes auch,

Immer hab ich den Gebrauch,

Ein gut Kleid zu tragen.

Ich bin fromm, ſo lang ich kann,

Wo nicht, pfleg ich mich alsdann

Friſch herum zu ſchlagen.

Jedem laß ich ſeine Ehr,

Liebe junge Maͤdchen ſehr,

Thu mich auch befleißen,

Weil ich nicht bin ſchoͤn und fein,

Daß ich doch moͤcht freundlich ſeyn,

Dienſte zu erweiſen.

Werbe auch um ihre Gunſt,

Seh ich, daß es iſt umſonſt,

Ich darum nicht zuͤrne;

[94]
Iſt die Jungfer ſtolz von Sinn,

Laß ich ſie, und mach mich hin,

Zu der Baurendirne.

Weil ich, wie dafuͤr ich halt,

Nicht zu jung bin, noch zu alt,

Will ich mich umſchauen,

Daß ich nicht allein mehr ſchlaf,

Sondern mir zum Weib verſchaff

Eine ſchoͤn Jungfraue.

So ein gut Kerl bin ich nun,

Bitt, wollt mir zu wiſſen thun,

Wie ich euch gefalle;

Sonſt ſollt ihr verſichert ſeyn,

Ich will lieben euch allein

Fuͤr das andre alle.

Wollt ihr nun, ſo iſt es klar,

Und wir werden bald ein Paar,

Drauf ſpricht ſie gar ſachte:

Ihr moͤgt mir nach allem Schein

Gar ein guter Kerle ſeyn;

Schmunzelt drauf und lachte.

Als die Antwort ich bekam,

Ich ſie in die Arme nahm,

Kuͤßt ſie eins und fragte:

Was der Abſchied endlich waͤr.

Komme morgen wieder her,

Sie gar freundlich ſagte.

[95]
Ich ſchwoͤr ſo wahr, als ich bin,

Ein gut Kerl und geb euch hin

Meine beiden Haͤnde;

Daß wie ein gut Kerle ich

Euch will ganz beſtaͤndiglich

Lieben bis ans Ende.

Wir verſtehen ſie nicht.


Ein Schneider haͤtt ein boͤſes Weib,

Vorwitzig, ſtolz, doch fein von Leib,

Sehr eigenwillig, frech und ſteil,

Trug ihre Ehr auch ziemlich feil,

Stets ihrem Mann zuwieder lebte,

In allem Guten wiederſtrebte;

Kein Ding er ihr befehlen kunnt,

Allzeit ſie das unrecht verſtund.

Sie ſollt ihm einſtens bringen Wachs,

Da kam ſie heim und brachte Flachs;

Noch einmal ſchickt er ſie nach Zwirn,

Da brachte ſie ſtatt deſſen Birn.

Sie ſollte weiſſe Seide holen,

Sie brachte Saiten unbefohlen;

Sie ſollt ihm holen eine Scheer,

Sie bracht daher viel Schweineſchmeer.

Er ſprach einmal zu ihr mit Fleiß,

Mach eilends mir ein Eiſen heiß;

[96]
Sie ließ ein Eiſen machen bald,

Der Schmied brachts hin, da war es kalt.

Er ſprach: Ich hab zuvor genug Eiſen,

Ich hab kein neues machen heißen;

Mein Weib mich nimmer recht verſteht,

Mit allem ſie den Krebsgang geht.

Einſt ſprach er: Gieb mir her die Ell.

Da bracht ſie ihm Liſſaboniſch Oehl;

Mehr ſagt er: Dieſes Kleid zertrenn,

Und ſie verſtand, das Kleid verbrenn.

Alsbald warf ſie daſſelb ins Feuer,

Das kam den Schneider gar ſehr theuer;

Er hieß ſie bringen ander Tuch

Zum Kleid, ſie aber bracht ein Buch.

Er hieß ſie fruͤher aufzuſtehn,

Zur Predigt in die Kirch zu gehn;

Die Kinder uͤberbringen hin,

Zur Schule was zu lernen drinn.

Die Kinder in die Kirch ſie fuͤhrte,

Sie aber in der Schul ſtudierte;

Einſt folgt er ihr nach auf dem Fuß,

Und ſah was, das ihm bracht Verdruß.

Als ſie zu Hauſe wieder kam,

Geſchwind er die Flachshechel nahm;

Schlug ihr damit den Kopf und Leib,

O weh! was thuſt du, ſprach das Weib.

Er ſprach: Ich muß mich nur bemuͤhen,

Den Flachs fein durch die Hechel ziehen:

[97]
Sie rief o weh, weh meine Stirn!

Er ſprach: ich ſpeiſe dich mit Birn.

Sie rief o weh, mein Ruͤck und Seit,

Er ſprach: wie klingt die Zitterſait,

Sie ſchrie: ſchlag mich doch nicht ſo ſehr;

Er ſprach: das Leder darf viel Schmeer.

Sie bat: er ſollt ihr Gnad erweiſen,

Er ſprach: ich ſchmied ein neues Eiſen;

Sie ſchrie: o daß es Gott erbarm!

Er ſprach: es iſt noch nicht recht warm.

Sie rief, ich geb auf meine Seel,

Er ſprach: ich heil dich mit dem Oehl;

Sie bat: vergieb mirs nur diesmal,

Er ſagte: mir dies Kleid bezahl.

Sie ſprach: die Schuld will ich bekennen,

Er ſprach: das heißt mirs Kleid verbrennen;

Sie ſprach: hoͤrt auf, ich ſchaff euch Tuch,

Er ſprach: ich leſ' in deinem Buch.

Sie ſprach: erwuͤrge mich nicht gar,

Er ſprach: o nimm die Kirch fuͤrwahr;

Und lerne da nicht in der Schul,

Sie ſprach: ich hab da keinen Stuhl.

Er ſprach: du ſollſt die Predigt hoͤren,

So laͤßt du dich Studenten lehren;

Sie ſprach: es ſoll nicht mehr geſchehn,

Er ſprach: ich kann dich nicht verſtehn.

Alſo ein boͤſes Weib wohl kann

Boͤs machen einen frommen Mann;

3.Band. 7.
[98]
Hat dieſe Frau durch Schlaͤge ſich

Bekehrt, das ſoll faſt wundern mich.

Denn man ſchlaͤgt wohl raus einen Teufel,

Sechs aber drein ohn allen Zweifel;

Doch die dem Mann nicht folget bald,

Die ſoll er ſchlagen warm und kalt.

Maushund.


(Muſikaliſcher Zeitvertreiber. Nuͤrnberg bei Kanfmann 1609.)


Ein Maußhund kam gegangen,

Von einem hohen Dach;

Der Kuͤrſchner wollt ihn fangen,

Zog ihn bald hinten nach.

That ihn beim Schwanz ergreifen,

Die Katz fing an zu pfeifen,

Pfuch, pfuch, pfuch, miau, mau mau.

Da ſagt er zu der Katzen: Miau,

Mach kein Geſchreien,

Magſt mich erfreuen;

Allein dein Balg

Mir wohl gefallt,

Den wird es dich jetzt koſten,

Denn er iſt ziemlich alt.

In ihren großen Noͤthen

Sprach die Katz: Mau,

Der Kirſchner will mich toͤdten,

[99]
Mau mau, er nahm mir einmal ein Kind,

Darzu ein langes Meſſer, damit er ſchindt;

Und wenn der Kirſchner will tanzen,

So nimmt er die Katz beim Schwanze.

Ein huͤbſch Lied, genannt der Striegel, gar
luſtig zu ſingen und zu leſen in des Lin-
denſchmids Ton
.


(Fliegendes Blat, gedruckt zu Zuͤrich, bei Auguſtin Fries.)


Zu Conſtanz ſaß ein Kaufmann reich,

Der hat ein Fraͤulein war wonnigleich,

Denn ſie war huͤbſch und kluge,

Sie hatt' ein Doktor gar zu lieb,

Groß Lieb ſie zammen trugen.

Die Liebe, die war offenbar,

Und waͤhrt gar noch wohl ſieben Jahr,

Der Kaufmann ward ihr innen;

Erfahr ich dann die rechte Maͤhr,

Du magſt mir nit entrinnen.

O Fraͤulein, mir iſt Botſchaft kommen,

Ich darf mich auch nit laͤnger ſaͤumen,

Muß reiten in fremde Lande;

Nun halt dich wohl, und halt dich recht,

Daß wir nicht kommen zu Schande.

Nun halt dich wohl und halt dich recht,

Gedenk an unſer beider Geſchlecht,

[100]
Wir haben fromm Vater und Mutter,

Dazu ein kleines Schweſterlein,

Halt mirs in guter Hute.

Er reit zum obern Thor hinaus,

Zum untern reit er wieder hinein zu Haus,

Des Abends alſo ſpate;

Er reit vor ſeiner Freunde Haus:

Gebt mir ein guten Rathe.

Ein guten Rath, den geben wir,

Bleib hier, bis an den Morgen fruͤh,

Du haſt ein eigen Hauße;

Drinn haſt du ein Badſtuͤblein warm,

Da lebt der Doktor im Schmauſe.

Der Kaufmann tratt fuͤrs Schloſſers Haus,

Und biſt du drinn, ſo tritt heraus,

Ein Striegel gut ich moͤchte;

Er bracht daher wohl zehen Paar,

Es war ihm keiner rechte.

Mach mir ein Striegel in einer Stund,

Ich geb dir drum ein baares Pfund,

Mach mir ihn ſcharf und haͤrte;

Mach Zaͤhn dran eines Fingers lang,

Ich hab zwei freche Pferde.

Der Schloſſer dacht in ſeinem Muth,

Was meint er mit dem Striegel gut,

Er hub ihn an zu machen;

[101]
Manch Buͤrger vor ſein Laden tratt,

Und thaͤt des Striegels lachen.

Der Kaufmann war ein weiſer Mann,

Sein Sachen griff er weislich an,

Ging ins Badſtuͤblein warme,

Sein ehlich Fraͤulein fand er da,

Dem Doktor in ſeim Arme.

Da er ſchritt in das Badſtuͤblein,

War da bereit gut Brod und Wein,

Mit andern guten Dingen;

Die zwei, die ſaſſen im Waſſerbad,

Das Fraͤulein thaͤt entrinnen.

Er ſtrigelt den Doktor alſo hart,

Von unten an bis auf den Bart,

Das Blut thaͤt ihm abfließen;

Hoͤr auf mein lieber Kaufmann gut,

Laß mich mein Suͤnd hie buͤßen.

Es waͤhrt wohl auf ein halben Tag,

Man legt den Doktor in das Grab,

Das Rauchfaß thaͤt man ihm bieten;

Ein Fraͤulein zu dem andern ſprach,

Vor dem Striegel wolln wir uns huͤten.

Dieß Lied iſt gemacht mit hohem Fleiß,

Vorm Striegel huͤt dich, biſt du weiß!

Daß dir nicht miſſelinge;

Es ſangs ein freier Schreiber gut,

Vor Freud thaͤt er aufſpringen.

[102]
Ein Striegel fuͤr den Kritikus,

Der dieſem Buch giebt falſchen Kuß,

Der liegt bei meinem Zimmer;

Er iſt gemacht mit hohem Fleiß,

Vorm Striegel huͤt dich, biſt du weiſ.

Reit du und der Teufel.


(Eingeſandt.)


Der Schiffmann faͤhrt zum Lande,

Wem laͤutet man ſo ſehr?

Wem ſingt man alſo ſanfte,

Zu ſeiner letzten Ehr?

Die Jungfern ſieht er heben

Wohl einen ſchoͤnen Kranz,

Zum Sterben oder Leben,

Es war ein ſchwerer Gang.

Der Gang der war ſo ſchwere,

Zu ſeiner Liebſten Haus;

Ob ſie geſtorben waͤre,

Oder eins andern Braut.

Er fand ſie auf dem Kaͤmmerlein,

Da ſie die Haar aufbund;

Gott gruͤß dich, o mein Engelein,

Daß ich dich ſeh geſund.

[103]
Ich hab mir laſſen ſagen,

Du naͤhmſt den Baͤndersknab;

So gieb du mir die Treuheit,

Die ich dir geben hab.

Ich weiß von keiner Treuheit,

Ich weiß von keinem Geld;

Der Reiter ſoll mich holen,

Wenn ich von Treuheit weiß.

Da ſtehts an bis den dritten Tag,

Als da die Hochzeit war,

Da kam ein ſtolzer Reiter,

Der ſetzt ſich oben an.

„Nun eßt und trinkt ihr Jungfern,

„Ich kann nicht froͤhlich ſeyn.“

Trompeten und Schalmeyen

Die gehen insgemein.

Das erſte, das er thaͤte,

Den Tanz wohl mit der Braut;

Er ſchwenkt ſie dreimal r'umme,

Damit zur Thuͤr' hinaus.

Sie kamen uͤber ein' Haide,

Ein Land, es war wohl breit.

Der Hals war ihr zerbrochen,

Die Seel war eigen ſein.

[104]

Ob ſie von ſondervon ſonder-
lichem Brod eſſe?


(Chriſtoph Demantius Taͤnze. Nuͤrnberg 1601.)


Nun freue dich mein Herzelein, der Sommer,

Der Sommer, der bricht an,

Weiche alle Traurigkeit,

Und kehrt wieder Froͤhlichkeit,

Mir und dir ohn Unterlahn.

Die Heide gruͤnt und traͤgt nun, ſo ſchoͤne

So ſchoͤne Bluͤmelein,

Und von dieſen Bluͤmlein allen,

Thuſt du mir gar wohl gefallen,

Ach zart liebes Jungfraͤulein!

Schau ich dich an, du daͤuchſt mir viel ſchoͤner

Viel ſchoͤner noch jetzund,

Als zuvor, wo koͤmmt dies her?

Sag mirs, das iſt mein Begehr,

Lieblein zart zu jeder Stund.

Ißt du etwa mein Liebchen von ſonder

Von ſonderlichem Brod?

Oder macht es dein Gebet?

Daß dir alles wohl anſteht,

Auch biſt ſo weiß und roth.

[105]

Schleſiſches Gebirgshirtenlied.


(Hagen und Buͤſchings Volkslieder, hat Aehulichkeit mit Wohl Heute noch
und Morgen. II. B.)


Ich ging ins Vaͤters Gaͤrtela,

Ich laͤht mich nider, aͤ ſchlief;

Da traͤumte mir aͤ Traͤumila,

As ſchneit es uͤber mich.

Un do ich nu erwachte,

Do waͤr es aber nich,

So waͤrens rutha Ruſelaͤ,

Die bluͤhta uͤber mich.

Ich braͤhch mir anes aͤbe,

Zu anen Ehrenkranz;

Ich naͤhms der Liebſta mitte,

Zu anen Ehrentanz.

An do der Tanz im Beſta war,

Do war daͤs Giga aus,

Do ſoll ich m'r nu mein Schatz heimfuͤhre,

An haͤhs kein ehga Haus.

A Haͤusla will ich mir baua,

Von Ruhs an Rosmarin;

An will mirs wohl beſtecka,

Mit ruthan Ruislanſchien.

Un wenn ich's nu war fert'g han,

Beſchar mir Gott was 'nein,

Das ich zu jauhr kaͤnn ſpreche:

Das Haͤusla das iſt mein!

[106]

Die hohe Unterhaͤndlerin.


(Buͤſchings und van der Hagens Volkslieder. S. 89.)


Schwing' dich auf, Frau Nachtigall, geſchwinde,

Vor meines Liebſten Fenſterlein dich finde;

Sing' ihm das Lied, welches, ohn Beſchweren,

Mir erdacht, mein'm Schatz zu Ruhm und Ehren.“

„Ich komm' her von eurer Schoͤnen, Zarten,

Welche mich aus ihrem Roſengarten,

Sendet zu euch ſammt einem Kranz geringe,

Den ich euch von ihrentwegen bringe.“

„Gluͤck und Heil ſie wuͤnſcht von Herzensgrunde

Ihrem Schatz zu jeder Zeit und Stunde,

Ihr zartes Herze iſt gar ſehr beſeſſen

Sie kann ihres Liebſten nicht vergeſſen.“

„Je laͤnger, je lieber heißt ein Bluͤmelein,

Daraus hat ſie gemacht das Ehrenkraͤnzelein,

Augentroſt iſt darunter gemenget,

Vergiß mein nicht mit eingeſprenget.“

„Auch iſt ſo viel Ehrenpreiß darinnen,

So werdet ihr des Wohlgemuthes innen;

Der Kranzbuͤgel iſt mit Ehren gewunden,

Ein treues Herzelein hat ihn gebunden.“

„Merkt noch mehr, was ſie mir hat befohlen,

Das ſag' ich euch ganz frey und unverholen:

Ohn' Antwort ſoll ich nicht wieder kommen,

Darum merkt wohl, was ihr von mir vernommen.“

[107]
„Fleißig hab' ich dein' Botſchaft verſtanden,

Antwort ſoll auch ſeyn bei mir vorhanden;

Schwing' dich auf mit deinem zarten Gefieder

Und gruͤße mir mein tauſend Herzelein wieder.“ —

„Nichts liebers haͤtte ſie mir koͤnnen ſchicken,

Dadurch ſie thaͤt mein junges Herz erquicken;

Als das Kraͤnzelein mit den ſchoͤnen Blumen,

Die man ſonſten ſelten thut bekommen.“

„Ein Demant, ein Stein gar hart und theuer,

Welchen doch verzehren kann das Feuer;

Iſt kaum meinem Herzen zu vergleichen,

Drum thaͤt es das Kraͤnzelein erweichen.“

„Von mir ſag dem allerſchoͤnſten Herzen,

Eitel Freud' und Wonn' ohn' alle Schmerzen;

Thu ihr fuͤr das Geſchenk großen Dank ſagen:

Froͤhlich bin ich, weil ſie mir iſt gewogen.?“

„Sprich, ich will ihr'r wieder nicht vergeſſen,

Ob ich mich gleich nicht kann hoch ermeſſen!

Schwing dich auf, ſag' ihrem rothen Mund:

Gute Nacht, Gluͤck, Heil zu aller Stund.“

Der Abſchied im Korbe.


(Muͤndlich.)


Er. Wo gehſt du hin du Stolze,

Was hab ich dir gethan;

[108]
Daß du vorbei thuſt gehen,

Und ſchauſt mich gar nicht an.

Du ſchlaͤgſt die Aeuglein nieder,

Und ſchauſt nicht zu mir her;

Wie wenn ich deines Gleichen

Niemals geweſen waͤr.

Sie. Der Abſchied iſt geſchrieben,

Das Koͤrblein iſt gemacht;

Waͤrſt du bei mir geblieben,

Haͤtt ich dich nicht veracht.

Er. Nimm du das Koͤrblein mit nach Haus,

Und leg den Abſchied nein;

Hinfuͤhro aber laſſe brav

Das falſche Lieben ſeyn.

Steile Liebe.


Siſt mir auch kein Nacht ſo finſter,

S'iſt mir auch kein Weg ſo weit;

Wenn ich zu mein Schaͤzlein gehe,

Sehen mich die boͤſen Leut.

Regnets, ſchneits, und geht der Wind,

Wenn mein Schatz nur vors Fenſter kaͤm;

Steh nur auf, mach auf fein bald,

Bei der Nacht iſts draus gar kalt.

Wenn die Sonn ſo ſchoͤn ans Gebirg aneglanzt,

Und das Gemſel auf der Hoͤh umme tanzt;

[109]
O du ſchoͤne Morgenroͤth!

Wenn ich dich allzeit bei mir haͤtt!

Schatz, du biſt mein und ich bin dein,

Wir ſind ja zwey Verliebterlein;

Von dir kann ich nit mehr laſſen,

Ach bis ich komme ins kuͤhle Grab!

Das Dinterle faͤngt zu weinen an,

Ach Buberle, was haben wir gethan?

Wir wollen wieder gehn nacher Haus,

Wollen gern ſtehen alles aus.

Druck und Gegendruck.


(Muſikaliſches Roſengaͤrtlein. Nuͤrnberg 1612.)


Schoͤn klar einſtmal die Sonne

Leuchtet mit ihrem Schein,

Als ich nach Herzens Wonne

Spazieren gieng allein,

In gruͤnen Wald am Morgen,

Darin fand ich verborgen

Ein ſchoͤns Jungfraͤulein voll Sorgen;

Drum fragt ich es bald in Geheim,

Auf wen ſie wartet hier allein.

Sie ſprach: ich liebt im Herzen

Ein Juͤngling tugendvoll;

Er aber thaͤt nur ſcherzen,

Und lohnte mir nit wohl,

[110]
Drum will ich hier verderben.

Ich ſprach: Ihr ſollt nit ſterben,

Laßt mich euer Gunſt erwerben,

Und druͤckt mich an ihr Herz hinan,

Daß mir vor Lieb das mein zerſprang.

Peterſilie.


Was hab ich meinem Schaͤtzlein zu Leide gethan?

Es geht wohl bey mir her, und ſieht mich nicht an;

Es ſchlaͤgt ſeine Augen wohl unter ſich,

Und ſieht einen andern Schatz wohl lieber als mich.

Peterſilie, das edle gruͤne Kraut!

Was hab ich meinem Schaͤtzelein ſo vieles vertraut;

Vieles Vertrauen thut ſelten gut,

So wuͤnſch ich meinem Schaͤtzelein alles Guts.

Alles Guts und noch vielmehr,

Ach wenn ich nur ein Stuͤndelein bei [meinem] Schaͤtz-

gen waͤr;

Ein Viertelſtuͤaͤdchen zwey und drey,

Damit ich mit meinem Schatz zufrieden ſey.

Das St.Hubertuslied.


Im gruͤnen Wald bin ich geweſen,

Sah ich es ein Hirſchelein ſtehn;

Das Hirſchlein, das wollt ich erſchieſſen,

O Wunder, was hab ich geſehn.

[111]
Es thut mir die Flinte verſagen,

Ein Kreutz thut das Hirſchelein tragen;

Stolzierend auf ſeinem Gewicht,

Die Gnade zum Suͤnder wohl ſpricht.

Da thaͤt ich zur Erden hinſinken,

Wohl auf meine bogene Knie;

Thaͤt mir es entgegen blinken,

Ein ſilbernes Kreuzlein ſchneeweiß.

Jezt thu ich kein Hirſchlein mehr ſchieſſen,

Will lieber in's Kloſter mich ſchließen;

Dem gruͤnen Wald ſag ich gut Nacht,

Die Gnade hat alles gemacht!

Abloͤſung.


(Muſikbuch.)


Kukuk hat ſich zu todt gefallen

An einer holen Weiden,

Wer ſoll uns dieſen Sommer lang

Die Zeit und Weil vertreiben.

Ey das ſoll thun Frau Nachtigall,

Die ſitzt auf gruͤnem Zweige;

Sie ſingt und ſpringt, iſt allzeit froh,

Wenn andre Voͤgel ſchweigen.

[112]

Unbeſchreibliche Freude.


(Muͤndlich.)


Wer iſt denn drauſſen und klopfet an?

Der mich ſo leiſe wecken kann?

Das iſt der Herzallerlieble dein,

Steh auf und laß mich zu dir ein.

Das Maͤdchen ſtand auf, und ließ ihn ein,

Mit ſeinem ſchneeweiſſen Hemdelein;

Mit ſeinen ſchneeweiſſen Beinen,

Das Maͤdchen fing an zu weinen.

Ach weine nicht, du Liebſte mein,

Aufs Jahr ſollt du mein eigen ſeyn;

Mein eigen ſollt du werden,

O Liebe auf gruͤner Erden.

Ich wollt daß alle Felder waͤren Papier,

Und alle Studenten ſchrieben hier;

Sie ſchrieben ja hier die liebe lange Nacht,

Sie ſchrieben uns beiden die Liebe doch nicht ab.

Schweitzerlied.


(Lauberl Diminutiv von Laubi, Stier, Gitzeli Geißlein.)


Mis Buͤbli is wohl aͤnetem Rhin,

I wollt' aͤ klini Wile bi ihm ſi;

Lauberl, lauberl, liri lauberl,

Lauberl, lauberl, litum da.

[113]
Mi's Buͤbli kauf mir aͤ Buchſigs Loͤffeli,

Giri, Giri, Gitzeli,

Lauberl, lauberl, liri lauberl,

Lauberl, lauberl, litum da.

Buchſigs Loͤffeli ohne Stiel:

Der ſchmutzigen Sennen giebt es viel;

Lauberl, lauberl, liri lauberl,

Lauberl, lauberl, litum da.

Mi Mueter iſt a Schwitzeri,

Giri, giri Gitzeli;

Lauberl, lauberl, liri lauberl,

Lauberl, lauberl, litum da.

Mi Vater iſt a Appenzeller,

Hat weder Win noch Moſt im Keller;

Lauberl, lauberl, liri lauberl,

Laubelr, lauberl, litum da.

Mi Vater hat a rothen Stier,

Iſt mir lieber weder dieſe all vier;

Lauberl, lauberl, liri lauberl,

Lauberl, lauberl, litum da.

Wollte Gott.


(Ein Bremberger. Gedruckt zu Zuͤrich aus 1500.)


Meiner Frauen rother Mund,

Der brennt recht ſcharlachfarb;

3. Band. 8.
[114]
Er brennt recht wie ein rothe Roſ',

In ihrer erſten Bluͤth.

Er brennt recht wie der roth Rubin,

In Goldes Farb;

Er brennt recht, wie ein heiße Kohl,

Liegt in des Feuers Glut.

Ihr Haͤlslein weiß, ihr ſchwarze Auͤglein klar,

Darzu traͤgt ſie ein goldfarb krauſes Haar;

Ihr werther Leib iſt weißer als kein Hermelein,

Kein Meiſter lebt auf dieſer Erd,

Der mirs mahlen koͤnnt ſo fein.

Wollt Gott, waͤr ich ein lauter Spiegelglas!

Daß ſich die allerſchoͤnſte Frau

All Morgen vor mir pflanzieret;

Wollt Gott, waͤr ich ein ſeiden Hemdlein weiß,

Daß ſich die allerſchoͤnſte Frau

An ihrem Leibe truͤge.

Wollt Gott, waͤr ich ein roth Goldringelein!

Daß mich die allerſchoͤnſte Frau

An ihre Haͤndlein zwinge;

Wollt Gott, waͤr ich ein Eichhorn traun,

Und ſpraͤng auf ihren Schooß,

Von rechter Liebe ſie mich in ihr Aermlein ſchloß.

Sie kuͤßt mich an mein roſenfarbes Muͤndlein,

Das nehm ich fuͤr des Kaiſers Gut,

Sollt ich drum deſto aͤrmer ſeyn.

[115]

Die Welt geht im Springen.


(Albert's Arien 1638. I. S. 16.)


Die Sonne rennt mit Prangen

Durch ihre Fruͤhlingsbahn;

Und lacht mit ihren Wangen

Den runden Weltkreiß an.

Der Himmel koͤmmt zur Erden,

Erwaͤrmt und macht ſie naß;

Drum muß ſie ſchwanger werden,

Gebieret Laub und Gras.

Der Weſtwind laͤßt ſich hoͤren,

Die Flora ſeine Braut,

Aus Liebe zu verehren,

Mit Blumen, Gras und Kraut.

Die Voͤgel kommen niſten,

Aus fremden Laͤndern her;

Und haͤngen nach den Luͤften,

Die Schiffe gehn ins Meer.

Der Schaͤfer hebt zu ſingen

Von ſeiner Phillis an;

Die Welt geht wie im Springen,

Es freut ſich, was nur kann.

[116]

Leztes Toilettengeſchenk.


Zart Auͤglein zu winken,

Die Maͤgdlein jetzund han;

Ihr Angeſicht zu ſchminken,

Groß Fleiß ſie legen an.

Ihr Haupt thun ſie beladen,

Mit Gold und Perlen ſchon;

Und ſollten ſie's bezahlen,

Sie braͤchten nichts davon.

Sie muͤſſen ſeyn geſchmuͤcket,

Daß es nur hab groß Schein;

Ob ſie ſchon Armuth druͤcket,

Geborget muß es ſeyn.

Daß man ſie doch lieb habe,

(Wenn ja ſolchs huͤlfe nicht,)

So gebens ſelbſt aus Gaben,

Wie man erfaͤhrt und ſicht.

Wenn ſie den Knaben haben,

Und jeder bezahlt will ſeyn;

Muß viel zum Juden traben,

Was vor gab großen Schein.

Aus dem Odenwald.


Es ſteht ein Baum im Odenwald,

Der hat viel gruͤne Aeſt;

[117]
Da bin ich ſchon viel tauſendmal

Bey meinem Schatz geweſt.

Da ſitzt ein ſchoͤner Vogel drauf,

Der pfeift gar wunderſchoͤn;

Ich und mein Schaͤtzlein lauern auf,

Wenn wir mitnander gehn.

Der Vogel ſitzt in ſeiner Ruh,

Wohl auf dem hoͤchſten Zweig;

Und ſchauen wir dem Vogel zu,

So pfeift er allſogleich.

Der Vogel ſitzt in ſeinem Neſt,

Wohl auf dem gruͤnen Baum;

Ach Schaͤtzel bin ich bey dir g'weſt,

Oder iſt es nur ein Traum.

Und als ich wiedrum kam zu dir,

Gehauen war der Baum;

Ein andrer Liebſter ſteht bei ihr,

O du verfluchter Traum.

Der Baum, der ſteht im Odenwald,

Und ich bin in der Schweiz;

Da liegt der Schnee, und iſt ſo kalt,

Mein Herz es mir zerreißt.

[118]

Erinnerung beym Wein.


Es dunkelt auf jenem Berge,

Nach Hauſe wollen wir gehen;

Den Wein, den wollen wir trinken,

Den wir gewohnet ſeyn.

Ich hoͤr ein Hirſchlein rauſchen,

Wohl rauſchen durch den Wald;

Ich hoͤr ein feines Lieb klagen,

Klagen, es haͤtt' die Ehr verloren.

Haſt du deine Ehr verloren,

Hab ich die meine noch;

So gehen wir miteinander,

Und tragen die Kraͤnzelein.

Ein Kraͤnzelein von Roſen,

Ein Kraͤnzelein von Klee;

Zu Straßburg auf der Brucke,

Da liegt ein tiefer Schnee.

Wenn der Schnee thut ſchmelzen,

So lauft das Waſſer in See;

Darauf bin ich geſeſſen,

Und gefahren bis hieher.

Und dieß und das und das iſt mein.


Heute wollen wir Haber maͤhn,

Morgen wollen wir binden:

[119]
Wo iſt denn die Liebſte mein?

Wo ſoll ich ſie finden?

Geſtern Abend ſah ich ſie

Unter einer Linden;

Ich gedacht in meinem Sinn,

Ich will ſie ſchon finden.

Was fuͤhr ich dann an meiner Hand,

Das ganze Hausgeſinde —

Und dieß und das, und das iſt mein,

Das ſoll meine Liebſte ſeyn.

Tanzreime.


Aufe iſt nit abe, 's iſt aber we'ger wahr,

Wann ich meinen Schatz am Tag nit ſeh,

Und in der Nacht nit bei ihm ſteh,

Meyn ich, es ſey ein Jahr.

Zu dir bin ich gangen,

Durch Regen und Wind;

Zu dir geh ich nit mehr,

Du gehſt mit nem Kind.

Geh mir nit uͤber mein Aeckerle,

Geh mir nit uͤber mein' Wieſ';

Oder ich pruͤgel dich wegerle (wahrlich),

Oder ich pruͤgel dich g'wiß.

Und die Blaͤtter ſind gruͤn,

Und die Roſen ſind roth;

[120]
Und die lutherſchen Buben

Sind gut in der Noth.

Und wenn der Mond hell ſcheint,

Und 's platzregnet thut,

Und die Fremden nit kommen,

Sind die Heimiſchen gut.

Mein Daumen, mein Finger,

Mein Ellebogo;

Mein Sinn und Gedanke

Sind zu Sigmaringo.

Heruͤber, hinuͤber,

Ich hoff mir ein Gluͤck;

Hab kuͤrzlich ein Boten

Bei Sickingen geſchickt.

Der Bote iſt kommen,

Was hat er gebracht?

Ein Ringle am Finger,

Ein Schnupftuch im Sack.

(Aſt's Zeitſchrift fuͤr Wiſſenſchaft und Kunſt. 1. S.93.)


Die Kirſchen ſind zeitig,

Die Weichſeln ſind braun;

Hat jede einen Buben,

Muß auch um einen ſcha [...]n,

[121]
Du ſchoͤner Kuckuk,

Wo ſingeſt denn du;

Du ſingeſt im Walde,

Verfuͤhreſt mich balde.

Bin ich oft mit meinem Schaͤtzchen

In den Wald hineingegangen;

Und die Voͤglein haben geſungen

Nach meinem Verlangen.

Wann ich jezt oft allein

In den Wald hinaus geh,

So thuts mir im Herzen

Tief drinnen ſo weh.

Dort laß ich mein Kuͤhlein

Am liebſten freſſen;

Wo ich oft bin des Abends

Bei meinem Buͤbchen geſeſſen.

Ein ſchoͤns, ein ſchoͤn Haͤuschen,

Ein ſchoͤn, ein ſchoͤn Bett,

Ein ſchoͤns, ein ſchoͤns Buͤbchen,

Sonſt heirath ich nicht.

Klein bin ich, klein bleib ich,

Drum werd ich veracht;

Jezt will ich ſtudieren,

Will werden ein Pfaff.

[122]
Was willſt du ſtudieren,

Und willſt ein Pfaff ſeyn;

Man giebt dir ins Kloſter

Kein Weibchen hinein.

Silberner Degen,

Ein goldener Knopf;

Die Maͤdle ſind traurig,

Franzoſen ſind fort!

Ueber dem Wald, uͤber dem Wald,

Hats nen ſchoͤnen Reifen;

Dem Maͤdle ſind die Ohren kalt,

Die Buben wollens greifen.

S mein ſeyn und 's dein ſeyn,

Und's zu dir liego,

Das bringt mich ſechs Jahr lang

Ins Soldatelebo.

Sechs Jahr und drei Monat,

Dann iſt mein Zeit aus;

Nach koͤmmt es mein Schaͤtzle,

Und fuͤhrt mich nach Haus.

[123]
Ich weis nicht wo's Voͤglein iſt,

Ich weiß nicht wo's pfeift;

Hinterm kleinen Laͤdelein,

Schaͤtzlein wo leiſt?

Es ſitzt ja das Voͤglein

Nicht alleweil im Neſt;

Schwingt ſeine Fluͤgelein,

Huͤpft auf die Aeſt.

Wo ich gelegen bin,

Darf ich wohl ſagen;

Hinterm gruͤn Naͤgeleinſtock

Zwiſchen zwei Knaben.

Er. Du Dienerl, du nett's,

Du liegſt mir im Herz;

Du koͤmmſt mir' nicht raus,

Bis die Liebe iſt aus.

Sie. Aus iſt ſie mit dir,

Im ganzen Revier;

Wenn die Donau eintrocknet,

Dann heurathen wir.

Er. Sie trocknet nit ein,

Bleibt alleweil naß;

Jezt muß ich halt ſchauen,

Um ein anderen Schatz.

[124]
Wann mein Schatz Hochzeit macht,

Hab ich einen traurigen Tag:

Geh ich in mein Kaͤmmerlein,

Wein um meinen Schatz.

Bluͤmlein blau, verdorre nicht,

Du ſtehſt auf gruͤner Heide;

Des Abends, wenn ich ſchlafen geh,

So denk ich an das Lieben.

O du mein liebes Hergottle,

Was han i der denn thaun;

Daß du mir an mein lebelang,

Net willſt heurathen laun.

Jezt will i nimmer betta,

Will net in Kirche gaun;

Geb acht, i kann de noͤtha,

Du wirſt me heura laun.

Adam und Eva, habens Lieben erdacht,

Ich und mein Schaͤtzle habens auch ſo gemacht.

Mein Gott und mein Herr,

Wie faͤllt mirs ſo ſchwer;

Kein Vater, kein Mutter nit mehr,

Kein lieb Schaͤtzele mehr!

Wegen eim Schaͤtzele trauern,

Das waͤr mir ein Schand;

Kehr mich nur herummer,

Geb der andern die Hand.

[125]
Jin der Kirch, da iſt ein Tritt,

Wo man zwei Lieben zuſammen giebt.

Hab ein Ringlein am Finger,

Dadurch ſeh ich nur;

Da ſeh ich [mein] Schaͤtzle

Seine falſche Natur.

Aus iſt es mir dir,

Mein Haus hat kein Thuͤr;

Mein Thuͤr hat kein Schloß,

Von dir bin ich los.

Dort druͤben am Rhein,

Da liegen drei Stein;

Dort fuͤhrt mir ein Andrer

Mein Schaͤtzele heim!

Fuͤhrt er mir ſie heim,

So iſt mir es recht;

So iſt er der Meiſter,

Und ich bin der Knecht.

Mein Schaͤtzle iſt Nunn,

Mach mich nit lachun;

Die Lieb iſt brochun,

Kanns nimmer machun.

Schatzlein freu dich, juchze,

Das Abſcheiden thut weh;

Die Liebe thut wanken,

Wie ein Schiff auf der See.

[126]
Daß im Wald finſter iſt,

Das machen die Birken;

Daß mich mein Schatz nicht mag,

Das kann ich merken.

Daß im Wald finſter iſt,

Das machen die Aeſt;

Daß mich mein Schatz nit mag,

Das glaub ich feſt.

Ich hab geheurat, ich hab gehaußt,

Hab einen Mann wie eine Fauſt;

Hab ein Herz wie eine Nuß,

Iſt keine Freud und keine Luſt.

Hab Holzaͤpfel gehaspelt,

Kein Zaunſtecken, kein Spitz;

Bin oft zu meim Schatz gangen,

Hats kein Menſch gewuͤßt.

Klein bin ich, das weiß ich,

Groß mag ich nit wern;

Ein Schaͤtzel muß ich haben,

Wie ein Haßelnußkern.

Ich hab ein ſchoͤns Schaͤtzlein,

Wenns nur auch ſo bleibt;

Stells naus in Krautgarten,

Daß es die Voͤgel vertreibt!

[127]
Mein Schaͤtzle iſt huͤbſch,

Aber reich iſt es nit;

Was nuͤtzt mir der Reichthum,

Das Geld kuͤß ich nit.

Schoͤn bin ich nit, reich bin ich wohl,

Geld Hab ich auch a ganz Beuterl voll;

Gehn mer noch drey Batze ab,

Daß ich grad zwoͤlf Kreutzer hab.

's Kranzerle weg,

Und 's Haͤuberle her;

Jungfrau geweſt,

Und nimmermehr.

(Aus der Polizey Fama.)


Aufs Gaͤſſel bin ich gangen,

Aufs Gaͤſſel geh ich noch;

Der Scherg will mich fangen,

Ey haͤtt er mich doch.

Wie ſoll er mich denn fangen,

Bey Tag geh ich nit;

Bey der Nacht is ſtockfinſter,

Da ſieht er mich nit.

So und ſo ſo geht der Wind,

So und ſo pfeift er;

Und wenn ich mein Schaͤtzle ſaͤh,

Waͤr mirs gleich viel leichter.

[128]
So lieb als mir mein Leben iſt,

So lieb iſt mir mein Schatz;

Und wenn er auch geſtorben iſt,

So lieb ich noch den Platz.

Das Liederl iſt geſungen,

Der Kreutzer iſt gewunnen;

Und wer mir ihn nit geit,

Dem ſinge ich auf Beut.

Es iſt ein Maͤdel hier,

Es hat ein Gulden vier;

Hat ein ſpitzigs Maͤule,

Ein Naͤsle als wie ein Saͤule;

Zwey Augen als wie ein Stier,

Trotz allen Maͤdchen hier.

Jetzt iſt mein Liedel aus,

Es beißt mich noch eine Laus;

Ich bin ſo keck und nehm ſie,

Und nehm ein Meſſer und ſchind ſie;

Und ſtech ihr beide Augen aus,

Jetzt haſts meine liebe Laus.

Schwimmen zwei Fiſchle im Waſſer herum,

Strecken die Schwaͤnzerl in die Hoͤh;

Liegt es mein Schatzerl im Federbett,

Thut ihm ſein Koͤpfle ſo weh.

[129]
Komm ich bei Mitternacht,

Wird mir gleich aufgemacht;

Habem ſein Koͤpfle vollgeſchwaͤtzt,

Hab' ihms voll gelacht!

In dem ſchaͤtzbaren Tyroler Sammler Insbruck 1807. II. B. finden ſich
von S. 57 – 96 allerley Tyroler Tanzreime abgedruckt mit Erlaͤute-
rungen, die Sprache liegt der unſern ſehr fern, und bedarf daher
dieſer Erlaͤuterungen ſehr; und doch liegt der groͤßte Reitz gerade in
dieſer Sprache. Dies waͤre zu weitlaͤuftig geworden fuͤr den Umfang
unſres Buchs; Freunde dieſer Liedergattung verweiſen wir daher auf
jenes Buch ſelbſt.


Bei der Schuſterrechnung zu ſingen.


Sechsmal hab ich ſie angetroffen,

Siebenmal bin ich fehl geloffen,

Auf der Haide hin und her!

„Nein mein Bue, es geſchieht nicht mehr.“

Sechs paar Schuh und ſieben paar Sohlen

Hab' ich von wegen meiner Sennerin verloffen,

Auf der Haide hin und her!

„Nein mein Bue, es geſchieht nicht mehr!“

Der Gruß.


Mir iſt ein roth Gold Ringelein

Auf meinen Fuß gefallen;

So darf ichs doch nicht heben auf,

Die Leut, die ſehens alle.

3 Band. 9.
[130]
Mit Luſt tret ich an dieſen Tanz,

Ich hoff, mir wird ein ſchoͤner Kranz

Von einem ſchoͤn Jungfraͤulein,

Darum will ich ihr eigen ſeyu;

So tret ich hin auf einen Stein,

Gott gruͤß dich zart Jungfraͤuelein;

Und gruͤß euch Gott allſammt gleich,

Sie ſeyn arm oder reich.

Gott gruͤß euch alle als gemein,

Dazu auch die klein,

So ich gruͤß die ein, die andre nicht,

So waͤr ich kein Rechter, die andre ſpricht.

Lied des abgeſetzten Sultan Selim im alten
Serail, nachdem er ſich der Kunſt
gewidmet
.


Der Guguck iſt ein braver Mann,

Der ſieben Weiber brauchen kann;

Di eerſte kehrt die Stube aus,

Die zweite wirft den Unflath n'aus;

Die dritte nimmt den Flederwiſch,

Und kehrt des Guckuck ſeinen Tiſch;

Die vierte bringt ihm Brod und Wein,

[131]
Die fuͤnfte ſchenkt ihm fleißig ein;

Die ſechſte macht ſein Bettlein warm,

Die ſiebente ſchlaͤft in ſeinem Arm.

Weihnachtlied.


(Muͤndlich.)


O du mein Mopper, wo willt du hinaus,

Ich kann dir nicht erzaͤhlen

Meine guͤldene Klaus:

Laß klinken, laß klanken,

Laß all herunter ſchwanken;

Ich weiß nicht, ſoll ich huͤten

Ochs oder Schaf,

Oder ſoll ich eſſen

Einen Kaͤs und ein Brod.

Bei Ochſen und bei Schafen

Kann man nicht ſchlafen,

Da thut es ſich eroͤffnen

Das himmliſche Thor,

Da kugeln die Engel

Ganz haufenweis hervor.

[132]

Gute Lehre.


Grad Herz brich nicht,

Lieb mich und ſags nicht,

Liebſt du mich,

Wie ich dich,

Bleibt die Lieb beſtaͤndiglich.

Schoͤnſte Roſe fall nicht ab,

Bis ich komm und brech dich ab;

Wenn mich ſchon die Dornen ſtechen,

Will ich doch die Roſ' abbrechen.

Wer die Roſen will abbrechen,

Muß nicht achten der Dornen Stechen;

Roſendornen ſtechen ſehr,

Falſche Liebe noch viel mehr!

Mailied.


Im Maien im Maien iſts lieblich und ſchoͤn,

Da finden ſich viel Kurzweil und Wonn';

Frau Nachtigall ſinget,

Die Lerche ſich ſchwinget

Ueber Berg und uͤber Thal.

Die Pforten der Erde, die ſchließen ſich auf,

Und laſſen ſo manches Bluͤmlein herauf,

Als Lilien und Roſen,

[133]
Violen, Zeitloſen,

Cypreſſen und auch Naͤgelein.

In ſolchen wohlriechenden Bluͤmlein zart,

Spazieret eine Jungfrau von edeler Art;

Sie windet und bindet,

Gar zierlich und fein,

Ihrem Herzallerliebſten ein Kraͤnzelein.

Da herzt man, da ſcherzt man, da freuet man ſich,

Da ſingt man, da ſpringt man, da iſt man froͤhlich;

Da klaget ein Liebchen

Dem andern ſein' Noth,

Da kuͤßt man ſo manches Muͤndlein roth.

Ach Scheiden, ach Scheiden, du ſchneidendes

Schwerdt,

Du haſt mir mein junges friſch Herzlein verkehrt.

Wiederkommen macht,

Daß man Scheiden nicht acht't;

Ade, zu tauſend guter Nacht.

Im Maien, im Maien, da freuet man ſich,

Da ſingt man, da ſpringt man, da iſt man froͤhlich,

Da kommet ſo manches

Liebchen zuſammen;

Ade, in tauſend Gottes Namen.

[134]

Schweizeriſch Kriegsgebet.


Laßt uͤs abermal betta

Fuͤr uͤſra Stadt und Flecka,

Fuͤr uͤſre Kuͤh und Geiſſa,

Fuͤr uͤſre Wittwa und Weißa,

Fuͤr uͤſre Roß und Rinder,

Fuͤr uͤſre Weib und Kinder,

Fuͤr uͤſre Henna und Hahna,

Fuͤr uͤſre Keſſel und Pfanna,

Fuͤr uͤſre Gaͤns nnd Endta,

Fuͤr uͤſre Oberſt und Regenta,

An inſonderheit fuͤr uͤſre liebi Schwitz,

Wenn der blutig Krieg wett ko,

Wett alls naͤ, ſo wetten wir uͤs treuli wehra,

Und ihn niena dura loh,

Au den Find gar ztod ſchloh,

Und dann ſinga;

„Eia Viktoria! der Find iſcht ko, hett alles gno,

„Hett Fenſter i gſchlaga, hets Blie drus graba,

„Hett Kugla drus goßa, und dBaura erſchoſſa;

„Eia Viktoria! nu iſchts us, geht wiedri na Hus.“

Des Hirten Einſamkeit.


(Alpenlied.


Iſch aͤbi aͤ Menſch uf Erde, Simeliberg,

Un Fraͤneli ab de Kuggisberg

Un Sibethals Jaͤggeli aͤnne de Berg,

[135]
Iſch aͤbi aͤ Menſch uf Erde,

Daß y mag by em ſy.

An mag der my nit werde, Simeliberg

Un Franeli u. ſ. w.

Un Sibethals u. ſ. w.

Us Kummer ſterben y.

In mines Buhiis Garte, Simeliberg u. ſ. w.

Da ſtan zwei Baͤumeli.

Das eine treit Muskate, Simeliberg u. ſ. w.

Das andre Naͤgeli.

Muskate, die ſind ſuͤßi, Simeliberg u. ſ. w.

Die Naͤgeli ſchmecke raͤß.

Dort aͤne in der Tiefi, Simeliberg u. ſ. w.

Da ſtand aͤ Muͤhlirad.

Das Muͤhlirad iſch broche, Simeliberg u. ſ. w.

Die Liebi hat aͤn End.

Emmenthaler Kuͤhreihen.


Knabe.
Mys Lieb' iſch gar wyt inne,

Dort inne uf der ſteinige Fluh;

Wenn i ſcho zun ihm wetti,

O ſo reute mi di Schuh!

[136]
Meitſcheni.
La du di dSchuh nit reuen,

Leg du dine Bantoͤffeli a;

We du ſi de heſt broche,

So chaſt ja de angeri ha.

Knabe.
J ma nit i der Wuche

Uf d Fluh zu mynem Schaͤtzeli ga,

Es gitt ja ſo ne Fyrtig,

Wo ni zum Schaͤtzeli cha!

Meitſcheni.
My Schatz cha gar gut hornen,

Er cha di Meyhli alli gar wohl;

Er hornt mer alli Morgen,

O wenn i ga melche ſoll.

Knabe.
Mys Lieb' trybt uͤber d' Gaſſe,

Gar s'tuſigs ſchoͤnes Truͤppeli Veh!

O i ha gar laͤngi Zyti,

Wenn is de ſo nimme eha g'fah!

Meitſcheni.
Wenn i de ſoll ga maͤlche,

So ſteyt mer de mys Kuͤhli nit recht;

Da ſtellen i d's Kuͤhle naͤbe mi,

Und gaugle mit dem Knecht.

[137]
Knabe.
O d's Kuͤhli wey mer verkaufe,

U d's Kalbeli wey mer de no b'ha;

Wenn fruͤh de d'Meitſcheni maͤlche,

O han i de no zu der gah.

Schweizeriſch.


Siſch no nit lang daß gregnet haͤtt,

Die Laͤubli troͤpfle no,

I hab e mohl e Schazli ghaͤtt,

I wott, i haͤtt es no.

Jez iſch er gange go wandere,

I wuͤnſch em Loͤcher in d'Schuh,

Jez hab i wieder en andere,

Gott gaͤb mer Gluͤck dazu.

S'iſch no nit lang, daß er g'heirat haͤtt,

S'iſch gar e kurzi Zyt;

Si Roͤckli iſt em loderich,

Si Struͤmpfli ſin em z'wyt.

Jahreszeiten.


Schwarzbraun iſt meine dunkle Farbe,

Darin will ich mich kleiden;

Den beſten Schatz und den ich hab,

Der will jezt von mir ſcheiden.

[138]
Ei ſcheidet ſich dann der Winter von mir,

So kommt ein friſcher Sommer;

Hat er dann Luſt und Liebe zu mir,

So wird er wiederum kommen.

Dort droben vor meines Vaters Haus,

Da ſteht eine gruͤne Linde;

Darauf ſaß die Frau Nachtigall

Und ſang von heller Stimme.

Ei ſitzeſt du da Frau Nachtigall,

Und ſingeſt von heller Stimme;

Ei zwinget dich dann der edle Schnee,

Das gruͤne Laub vor der Linde.

Und wann die Linde das Laub verliehrt,

So trauren alle Aeſte;

Daran gedenkt ihr Maͤdechen jung,

Und ſetzt eure Kraͤnzlein feſte.

Setzt ihr ſie feſt und nicht zu feſt,

Setzt ihr ſie nach euren Maaſen;

Und wenn es einmal zum Scheiden kommt,

Daß ihr ſie koͤnnt ablaſſen.

Schreibſtunde.


(Drey weltliche neue Lieder i. J. 1642.)


Es bat ein Bauer ein Toͤchterlein,

Daß es doch thaͤte den Willen ſein;

[139]
Er bot ihr Silber und rothes Gold,

Daß ſie ihn lieb haͤtt und heirathen ſollt,

Gar oͤffentlich.

Als ein Studente das hat erhoͤrt,

Er ſeinem Haus den Ruͤcken kehrt;

Kam vor der Jungfrauen ihre Thuͤr,

Und klopft mit ſeinem Finger dafuͤr,

Gar heimlich.

Die Jungfrau im Arm auf dem Bette lag,

Und zum Studenten ganz leiſe ſprach:

Iſt jemand drauſſen, begehret mein,

Der zieh das Schnuͤrlein und komm herein

Gar heimlich.

Als das der Bauer doch hat gehoͤrt,

Dem Hauſe ſein er den Ruͤcken kehrt;

Und kam vor der Jungfrauen Thuͤr,

Er klopft mit ſeinem Stiefel dafuͤr

Gar oͤffentlich.

Die Jungfrau war in Freuden wach,

Und zu dem Bauern da lachend ſprach:

Iſt jemand da, der begehrt hinein,

Der ſuch ſich ein ander Jungfraͤulein

Garheimlich.

Wer iſts, der heut uns dies Liedlein ſang?

Ein freyer Studente iſt er genannt;

Er lehrt der Jungfrau Leſen und Schreiben,

Braucht dazu weder Feder noch Kreiden,

Gar heimlich.

[140]
Und wenn das Maͤdchen erſt ſchreiben kann,

Dann reiſt er wieder, wird Doktor dann;

Und ſitzt bei Buͤchern und bei dem Wein,

Ihr Brieflein troͤſtet ihn doch allein,

Gar heimlich.

Erdtoffeln mit Rippenſtuͤckchen.


Einsmals ein Maͤgdlein friſch und jung,

Gieng aufrecht wie ein Hirſch im Sprung;

Und von einem Juͤngling, den ſie kannt,

Ihre Aeuglein klar durchaus nicht wandt.

Der Juͤngling ſchalt und ſprach zu ihr,

Wie ihr mit nichten dies gebuͤhr,

Sondern ſie ſollt ganz zuͤchtiglich

Die Aeuglein ſchlagen unter ſich.

Sie ſprach gar bald: Mit nichten das,

Dies Anſchaun ich nit unterlaß;

Zur Erd zu ſchauen dir gebuͤhrt,

Weil aus der Erd dein Urſprung ruͤhrt.

Des Mannes Ripp mein Urſprung iſt,

Die ſuch ich auch ohn Falſch und Liſt;

Und daß ſolch Ripp in Zucht und Ehr

Mit mir vereint werd ich begehr.

[141]

Der verwandelte Einſiedler.


(Muͤndlich.)


Da droben aufm Huͤgel,

Wo die Nachtigall ſingt,

Da tanzt der Einſiedel,

Daß die Kutt in die Hoͤb ſpringt.

Der Knabe.
Ey laßt ihn nur tanzen,

Ey laß ihn nur ſeyn;

Zu Nacht muß er beten,

Und ſchlafen allein.

Da droben aufm Huͤgel,

Wo's Fuͤchslein drauf lauft;

Da ſitzt der Einſiedel,

Hat d' Kutte verkauft.

Der Knabe.
Da droben aufm Huͤgel,

Wo die Nachtigall ſingt,

Da iſt es mein Schaͤtzel,

Mein allerliebſt Kind.

Das Maͤdchen.
Der Einſiedel auf dem Zitterbaum,

Der ſchaute wo der Tag her kam.

Der Knabe.
Der Tag, der kommt vom Morgenſtern,

Bei meinem Liebchen bin ich gern.

[142]

Espenzweigelein.


(Forſters friſche Liedlein.)


Haͤtt mir ein Eſpenzweigelein

Gebogen zu der Erden;

Den liebſten Bulen, den ich hab,

Der iſt mir leider allzuferne.

Er iſt mir doch zu ferne nicht,

Bei ihm hab ich geſchlafen;

Von rothem Gold ein Fingerlein

Hab ich in ſeinem Bett gelaſſen.

Und da ichs da gelaſſen hab,

Will ichs auch wieder bekommen;

Und thun, als ob ichs bei mir haͤtt,

Und waͤr mir keinmal genommen.

Ja zwiſchen Berg und tiefe Thal

Da geht ein enge Straße:

Wer ſeinen Buhl nicht haben will,

Der ſoll ihn allzeit fahren laſſen.

Scheid dich nit Herzensdoͤckelein,

Von dir will ich nit weichen;

Hab Andre lieber nit als mich,

Im Reich findt man nit dein's Gleichen.

[143]

Kurzweil.


(Muͤndlich.)


Ich weiß nicht, was ich meinem Schaͤtzchen

verhieß,

Das ſie den Riegel wohl hinter ſich ſtieß;

Wohl hinter ſich in die Ecke,

Dann ſchlich ich zu ihr ins Bettchen.

Die zwei, die liegen die halbe Nacht,

Bis daß das Gloͤcklein zwoͤlfe ſchlagt:

Steh auf Braunes Maͤdchen zum Laden,

Schau ob es noch nicht will tagen.

Sie gab dem Laden einen Stoß,

Da ſcheint ihr der helle Mond in den Schoos:

Bleibt liegen gut Ritterlein ſtille,

Es taget nach unſerm Willen.

Die zwei, die liegen die ganze Nacht,

Bis das das Gloͤcklein Sechſe ſchlagt;

Steh auf braunes Maͤdchen zum Laden,

Schau ob es noch nicht will tagen?

Sie gab dem Laden einen Stoß,

Da ſcheint ihr die helle Sonn in den Schoos;

Steh auf gut Ritterlein balde,

Die Sonn ſteht uͤberm Walde.

Ei ſcheint die Sonn, und ich bin noch hier,

O Gott! wie wirds ergehen mir;

[144]
Ich hab mich geſtern Abend vermeſſen,

Bin's leztemal bei dir geweſen.

Das Maͤdchen war ſo hurtig und eil,

Ließ den Knaben herunter am Seil,

Sie meint, er waͤre ſchon drunnen,

Da lag er im kuͤhlen Brunnen.

Es ſtand wohl an drei viertel Jahr,

Da Braußinde ein Kind gebahr;

Wir wollen tauffen Haͤnschen den Jungen,

Sein Vater ertrunken im Brunnen.

Schnelle Entwickelung.


(Nach dem Jenaer Codex.)


Ein junger Mann nahm ſich ein Weib,

Holdſelig und gar fein von Leib.

Dem Weib er uͤberſah gar viel,

Schwieg ihr in allen Dingen ſtill.

Alſo gewinnt das Weib den Mann,

Daß er nicht mehr zu Wein gehn kann.

Muß der Geſellen auch ablaſſen,

Darf nur mit ihr allein noch ſpaſſen,

Doch einsmal ſeht, da gieng er aus,

Kam ohngefaͤhr vors Schenkwirthshaus.

[145]
Geſellen ſein darinnen ſaſſen,

Recht froͤhlich tranken, ſangen, aſſen.

Sie thaͤten ihm gar balde winken,

Der ein ſtand auf, bot ihm zu trinken.

Er ſchuͤttelte den Kopf und lachte,

Die Leute groſſe Augen machten.

Der ein fuͤhrt ihn hinein geſchwind,

Er ſizt bei ihnen wie ein Kind.

Es war ſein Herz ihm noch ſo ſchwer,

Hub an zu ſeufzen gar zu ſehr.

Wie er ans Heimweh nur gedacht,

Der Frau Geſundheit ward gebracht.

Er tranks hinein, er trank es aus,

Und dachte gar nicht mehr nach Haus

Sein Glas, das ruͤckt er immer vor,

Und war der lauteſte im Chor.

Doch die Geſellen giengen eben,

Zwei mußten ihn nach Hauſe heben.

Recht mit Gewalt ſie mußten ſchleppen,

Er ſtuͤrzt hinauf die ſchmalen Treppen.

Das Weib mit Angſt kam angegangen,

Ein Ungluͤck meint ſie, waͤr ergangen.

Sie hat die ganze Nacht gewacht,

Und im Gebet an ihn gedacht.

3. Band. 10.
[146]
Da iſt er hart ſie angegangen,

Mit Schlaͤgen hat er ſie empfangen.

Was iſt fuͤr Lehr daraus gefloſſen,

Nicht jede Eh iſt im Himmel geſchoſſen.

Kurzweil.


(Aus H. v. Stromers Familienbuche v. J. 1581.)


Ich hab mir ein Maidlein auserwaͤhlt,

Daſſelbig mir im Herzen wohlgefaͤllt;

Von Ehren iſt ſie hoch zu loben,

Mein junges Herz

In Schimpf und Scherz

Muß gar bei ihr vertoben.

Daſſelbig Maidlein, das iſt mein,

Soll mir alſo geſinnet ſeyn;

Mein Herz iſt traurig volle

Wieder hinum,

Das Maidlein frum,

Mich herzlich troͤſten ſolle.

Am Abend, wenn ich ſoll ſchlafen gehn,

Nachdem ſo wird ſie's wohl verſtehn,

Nehm ich ſie freundlich an meinen Arm,

An meinen Leib

Sie als mein Weib,

Ich als ihr lieber Mann.

[147]
Und wenn denn ſolches als geſchicht,

So zweifelt mir mit nichten nicht,

Gott wird ſein Segen dazu geben;

Drauf daß uns komm

Ein Kindlein fromm,

In ſolchem ehlichen Leben.

Wird ſolches Kind ein Maidelein,

So ſoll Elß ſein Nahme ſeyn;

Gleich wie man mein liebes Weib thut nennen,

Daß durch die Tauf

Sein Suͤnd erſauf,

Drauf daß es Gott erkenne.

Beſchehrt mir Gott ein werthen Sohn,

Bin ich mehr erfreuet von;

Alſo in ſolcher Geſtalte,

Sein Nahm chriſtlich,

Heiſſen wie ich,

Mit Nahmen Jorg Gruͤnenwalde.

Sonnenblicke.


(Muͤndlich.)


Der Sommer und der Sonnenſchein,

Ganz lieblich mir das Herze mein

Erquicken und erfreuen;

Daß ich mit Luſt im gruͤnen Gras

Mag ſpringen an dem Reihen.

[148]
Des lacht die Allerliebſte mein,

Wollt Gott, ich ſollt heut bei ihr ſeyn,

In Zuͤchten und in Ehren;

Das waͤr meins Herzens groͤßte Freud,

Darauf darf ich wohl ſchwoͤren.

Demſelben wackren Maͤgdelein,

Schickt neulich ich ein Kraͤnzelein,

Mit rothem Gold umwunden;

Dabei ſie mein gedenken ſollt,

Zu hunderttauſend Stunden.

Ich ritt durch einen gruͤnen Wald,

Da ſangen die Voͤglein wohlgeſtalt,

Frau Nachtigall mit ihnen;

Nun ſingt ihr klein Waldvoͤgelein,

Um meines Buhlen willen.

Eheſtand.


(Procopü decalogate conjugale II. T. p. 469.)


Ich gieng ſpazieren in ein Feld

Ohne Suͤnde;

Mich umzuſehen in der Welt,

Wie es ſtuͤnde.

Es war an einem Sonntag gut,

Nach dem Eſſen;

Mein Leid, das mich ſo quaͤlen thut,

Zu vergeſſen.

[149]
Mit Gedanken thaͤt ich zanken,

Thaͤt ich zanken.

Sehr tief gedacht ich hin und her,

Wo ich auswollt;

Mir ſelbſt wußt nicht zu rathen mehr,

Was ich thun ſollt.

Allein zu bleiben mich verdroß,

Mit der Weile;

Zum Heurathen die Luſt war groß,

In der Eile.

Wollt ſchier wagen, ja zu ſagen,

Ja zu ſagen.

Und ſieh, ein Juͤngling trat herfuͤr,

Wohlbekleidet;

Er gruͤßt mich freundlich in Gebuͤhr,

Mich begleitet.

An Haͤnden trug er guͤldne Ring,

Die ihn zierten;

Auch noch mehr andre koͤſtlich Ding

Ihn beruͤhrten.

An dem allen haͤtt Gefallen,

Haͤtt Gefallen.

Bei neben ward ich auch gewahr,

Daß der Juͤngling

Ein ſchweres Joch trug immerdar,

Das ihm anhing.

An Fuͤſſen haͤtt er Ketten ſtark,

Stahl und Eiſen;

[150]
Das ſchmerzt ihn bis auf Bein und Mark,

Konnt aufreiſſen.

Ottern, Schlangen auch dran hangen,

Auch dran hangen.

Da ich nun ward mit ihm bekannt,

Ich ihn fragte:

Juͤngling wer biſt? Wie wirſt genannt?

Er mir ſagte:

Ich bin der Ehſtand dieſer Welt,

Alſo heiß ich;

So mancher, tapfre kuͤhne Held

Um mich reißt ſich.

Zum Heurathen thu ich laden,

Thu ich laden.

Dann ich ihn erſt recht ſchaute an,

Mit Verwundern;

Gedacht: Sollt denn ich freyer Mann

Gleich jezunder

Beladen mich mit ſolchem Joch,

Und verbinden?

Ich wills wohl laſſen bleiben noch,

Kanns nicht finden;

Will mich drinnen das beſinnen,

Bas beſinnen.

[151]

Todesahndung einer Woͤchnerin.


Mein Auge wankt,

Am Mond erkrankt,

Er moͤchte mir beyſpringen,

Mir drohn des Todes Klingen.

Muß Sichelſchein

Den Zirkel rund

Zur Todesfackel fuͤllen,

Ich bild mirs ein,

Ich ſterb zur Stund;

Helft weinen ihr Geſpielen!

Vergoͤnnt es mir,

Das Gruͤn hinfuͤr

Allhier noch anzuſchauen,

Auf Bergen, Thal und Auen;

Was Laub und Bluͤth

Ins Auge traͤgt,

An Buchen, Eichen, Tannen,

Und was nur hie

Der Fruͤhling pflegt,

Fuͤr Teppich aufzuſpannen.

Die Waſſerfluͤß

Bezeugen dieß,

Die rauſchend weiter fließen,

Die Buͤſche gruͤn begieſſen;

Nie ſtehn ſie ſtill,

Sind ohne Ruh,

Die Reiſ' mir anzudeuten;

[152]
Wenn ich erfuͤllt

Mein Werk dazu,

Nach den erkannten Zeiten.

Ein Monat Licht,

Von hinnen fluͤcht;

Das Trauern in dem Hirne

Treibts Uhrwerk der Geſtirne.

Wohlan ſo lauf

O Thraͤn den Weg,

Zur Wanderſchaft mußt flieſſen;

Verlobt zum Kauf

Dich niederleg,

Den juͤngſten Tag zu gruͤſſen.

Wenn ich ſchon klag,

So viel ich mag,

Mein ſchwache Stimm zu heben,

Weil ich moͤcht laͤnger leben;

Mein Herz vernimmt

In gleichem Schall,

Umſonſt iſt mein Bewerben.

Es bringt die Stimm

Im Wiederhall,

Ich muͤſſe leider ſterben!

Die Klinge zuͤck,

Ich nicht verruͤck

Die perlenweiſſe Kehle,

Gott gnadet meiner Seele!

In weiß und roth

[153]
Geziert will ſeyn,

In hocherwuͤnſchten Farben;

Denn Jeſu Tod

Bricht Roͤſelein,

Die nie bisher verdarben.

Der verſchwundene Stern.


(Von M. Claudius.)


Es ſtand ein Sternlein am Himmel,

Ein Sternlein guter Art;

Das thaͤt ſo lieblich ſcheinen,

So lieblich und ſo zart.

Ich wußte ſeine Stelle

Am Himmel, wo es ſtand;

Trat Abends vor die Schwelle

Und ſuchte bis ichs fand.

Und blieb dann lange ſtehen,

Hat groſſe Freud in mir;

Das Sternlein anzuſehen,

Und dankte Gott dafuͤr.

Das Sternlein iſt verſchwunden,

Ich ſuche hin und her;

Wo ich es ſonſt gefunden,

Und find es nun nicht mehr.

[154]

Ein hohes Lied.


(In des Schillers Ton. 1450-1500.)


Mein Herz das ſchwebt in Freudenſpur,

Gedenk ich, wie die Kreatur

In Zweiheit iſt gebildet;

Des ſey gelobt der Schoͤpfer weiſ',

Der uns erſchuf im Paradeis,

Erſchuf jungfraͤulichs Bilde,

Die er da einem Juͤngling gab,

Den er gemacht aus Erden;

Darum dien jezt ich junger Knab

Wohl einer Jungfrau werthe.

Ihr hohes Lob, das will ich ihr verkuͤnden,

Ob ich es moͤgt durchgruͤnden,

Nach meines Herzens Gier,

Ob ich gefiel auch ihr.

Gott gruͤß die ſchoͤnſte Jungfrau fein,

Die gaͤnzlich hat das Herze mein,

Mit ihrer Lieb beſeſſen;

Darum hab ich ſie auserwaͤhlt,

Ein Jungfrau, die mir wohl gefaͤllt,

Ich kann ihr nicht vergeſſen.

Wohl Tag und Nacht, wohl fruͤh und ſpaͤt

Liegt ſie mir in dem Sinne;

All meine Hoffnung auf ihr ſteht,

Moͤcht ihre Huld gewinnen.

Mir liebt ihr Zucht, ihr jungfraͤuliche Guͤte,

Sie fuͤhrt ein frei Gemuͤthe;

[155]
Sie lebt mit Ehren ganz,

Mit Recht traͤgt ſie den Kranz.

Das Kraͤnzlein, das ſie tragen ſoll

In Wort und Sitte traͤgt ſie's wohl

So ganz ohn allen Wandel;

Hutſam behaͤlt ſie ihr Geſicht,

Kein Aergerniß giebt's keinem nicht,

In Ihrem Gang und Wandel.

Sie geht ſo ſchnelle auf der Straß,

Wer ſie darauf thaͤt gruͤßen,

Schließts Muͤndlein auf in ſanfter Maas,

Und dankt mit Worten ſuͤße.

Ihre Wort ſind wahr und nicht erlogen,

Sie hat mich nie betrogen;

Mich nie gefuͤhrt am Seil,

Sie biet ſich ſelbſt nicht feil.

Drum hab ich ſie auserkorn,

Sie iſt von gutem Stamm geborn,

Zu Ehren ſchoͤn erzogen;

Darum will ich ihr Diener ſeyn,

Sie hat erleucht das Herze mein,

Iſt wahr und nicht erlogen.

Sie traͤgt ein ehrentlich Gewand,

Gar adelich geſticket,

Mit ihr zarten Kunſtes Hand,

Und wer ſie anerblicket,

Dem moͤcht ſein Herz in lauter Freude lachen;

Auf Reinheit thut ſie wachen,

[156]
Darum bin ich ihr hold

Vor Silber und vor Gold.

Gott gruͤß die Jungfrau wohl gethan,

Gar ſchwer ich gnugſam loben kann,

Wohl ihren werthen Leibe;

Ihr Haar iſt lang, goldfarb und gelb,

Ihr Oehrlein ſind gar fein gewoͤlbt,

Kein Spott ich damit treibe.

Sie hat zwei huͤbſche Auͤglein klar,

Lieblich als ein Demante;

Darin das Weiſſe iſt nicht geſpart,

Ihr Braͤulein ſtehn ohn Schande.

Ihr Naͤßlein ſcharf, wie ſchwer kann ich ſie loben,

Ihr Kinn iſt ſanft erhoben,

Ihr Mund geſchwungen fein,

Brennt recht als ein Rubein.

Die Zaͤhnlein ſind ihr ganz und weiß,

Die Waͤnglein roth nach allem Fleiß,

Darin zwei Gruͤblein kleine;

Ihr Angeſicht, das ſcheint ſogar

Gleich als der recht Kriſtall ſo klar,

Polieret alſo reine.

Ihr Kehle, die iſt grad und ſchoͤn,

Ihr Haͤlslein Lilienweiſſe;

Auf ihrem Haupt ein Kron ſollt ſtehn,

Gezieret recht mit Fleiße.

Ihr Haͤnd ſind lind, gleich wie ein Hermeleine,

Und weis wie Helfenbeine,

[157]
Darin die Adern blau,

Gott gruͤß dich o Jungfrau.

All Ebenmaaß in ihrer Bruſt,

Ihr Herz geziert in aller Luſt,

Daran zwei Bruͤſtlein kleine,

Sind nicht zu klein, und nicht zu groß,

In Zuͤchten traͤgt ſie auch nicht blos,

Sie hat zwei grade Beine.

Ihr zarter Leib iſt wohl geſtalt,

Nach aller Freud und Ziere.

Ihr Schoͤnheit hab ich nun gemahlt,

Jungfrau erhoͤr mich ſchiere,

Und ſprecht zu mir ein liebreich freundlich Worte,

Und wo ich das erhoͤrte,

Mein Weh waͤr gar vorbei,

Alſo erquickt ein Leu.

Erquickt mit ſeiner Stimm die Woͤlf (Jungen)

Alſo mir ihre Tugend helf,

Mit einem lieben Gruͤßen;

Dann thaͤt ſie mir groß Freundſchaft kund,

Aus ihrem roſenfarben Mund,

Sogar ohn alles Verdrießen.

Dein Angeſicht mich ſo erquickt,

Gleich als der Strauß ſein Junge;

Du biſt mein Freud, mein Troſt, mein Gluͤck,

Mich lockt dein ſuͤße Zunge.

Wie auch der Jungfrau klares Singen,

Das Einhorn koͤmmt mit Springen;

[158]
Legt ihr das Haupt in Schoos,

Und ſchlaͤft ganz kummerlos.

Alſo bezwingt mich deine Stimm,

Und wo ich dich Herzlieb vernimm,

Beſaͤnftet ſich mein Grimme;

Du macheſt mich ſo tugendſam,

Demuͤthiglich gleich einem Lamm,

Das macht dein milde Stimme.

Daß mich hat deine Lieb und Guͤt

So kraͤftiglich bezwungen;

Daran gedenk du treu Gemuͤth,

Acht nicht der falſchen Zungen.

Und wolle meinen Worten treulich glauben,

Ich will dich nie berauben;

Dein Ehr iſt allen kund,

Ich fuͤhr ſie nie im Mund.

Dies glaube meiner Staͤtigkeit,

Es waͤr mir fuͤr dich ſelber leid,

Mislaͤng dir deine Ehre;

Deß laſſe mich genießen ſchier,

Nach Gott iſt niemand lieber mir,

Dein Dienſt ich ſtets begehre.

Wenn ich dir wohlgefaͤllig waͤr,

Und waͤre nicht dein Spotte;

Vergangen waͤr mir all Beſchwer,

Darum fleh ich zu Gotte.

Wie große große Lieb ich zu dir trage,

Getrau ich nicht zu ſagen;

[159]
Ach ſieh mein Herze an!

Gott gruͤß dich wohlgethan!

O Jungfrau, adeliches Blut,

Womit der Pelikanus gut

Die Jungen mag ernaͤhren,

Das nimmt er aus dem Herzen ſein,

Und koͤmmt darum in ſchwere Pein,

Er thut ſein Blut verzehren.

Alſo verzehr ich Leib und Blut,

Nach dir Sinn, Lieb und Witze;

Du biſt mir uͤber Phoͤnix gut,

Der in der Glut thut ſitzen.

Darin verjuͤngt er ſich mit Feuers Brennen,

Wo ich dich, Lieb, hoͤr nennen;

Da thut mein Herz ein Sprung,

Und wird vor Freuden jung.

Von dir mein Herz empfaͤnget Kraft,

Recht nach des Panthers Eigenſchaft,

Wenns gehet in den Mayen;

Dann ſteigt er auf ein Berg hinan,

Viel andre Thiere folgen dann,

Stehn um ihn an den Reihen.

Jungfrau, koͤnnt ich dich loben bas,

Das thaͤt ich allzeit gerne;

Du gehſt mir uͤber Laub und Gras,

Wie der Mond uͤber die Sterne.

Ach feins mein Lieb, laß mich der Treu genießen,

Thu mir dein Herz erſchließen,

[160]
Vernimm den Willen mein,

Zart edles Jungfraͤulein.

Jungfrau vernimmſt du den Geſang,

Und hab ich dir gedienet lang,

Das magſt du wohl vergelten;

Ich diene allezeit dir gern,

Du biſt mein lichter Morgenſtern,

Doch ſeh ich dich ſo ſelten.

Das ſchafft, o Lieb, der Schwaͤtzer Mund,

Mit ihrem falſchen Sagen;

Glaub ihnen nicht zu aller Stund,

Vernimm meins Herzens Klagen.

In rechter Treu ſollſt du nicht von mir wenken,

Dies Lied thu ich dir ſchenken;

Aus rechtem Sinn erdacht,

Gott gebe dir viel guter Nacht!

Ein neu Klaglied eines alten deut-
ſchen Kriegsknechts wider die greu-
liche und unerhoͤrte Kleidung der
Pluderhoſen in des Penzenauers
Ton
. 1555.


Was ſoll ich aber ſingen,

Ein wunderbar Geſchicht;

Das Herz moͤcht dem zerſpringen,

Ders nur einmal anſicht.

[162[161]]
Was man doch hat erfunden

Alldort in jenem Land,

Sieht man zu allen Stunden

Ein großes Uebel und Schand.

Es hat die Welt geſtanden,

Mehr als fuͤnftauſend Jahr,

Iſt ſolche große Schande

Aufkommen nie fuͤrwahr;

Daß man die Gottesgaben

Alſo mißbrauchen ſoll,

Das wird kein Menſch nicht loben,

Und ihnen ſprechen wohl.

Und wer denn nun will wiſſen,

Was doch erfunden ſey,

Die Kriegsleut ſind befliſſen

Auf ſolche Buberey;

Sie laſſen Hoſen machen,

In einem Ueberzug,

Der haͤngt bis auf die Knochen,

Iſt doch noch nicht genug.

Ein Latz muß ſeyn darneben,

Wohl eines Kalbskopfs groß;

Karteken drunter ſchweben,

Seiden ohn alle Maaß.

Kein Geld wird da geſparet,

Und ſollt man betteln gehn;

Damit wird offenbaret

Wer ihnen giebt den Lohn.

Da gehen ſie einher waten,

Gleich als der Teufel recht;

3. Band. 11.
[162]
Und ſchoͤren ſie ſich ein Platten,

Sie waͤren ſeine Knecht.

Auch hangen dran die Zotten

Einer halben Elle lang.

Thut man dann ihrer ſpotten,

So hebens an ein Zank,

Und wollen da verfechten

Die ungeheuer Geſtalt,

Als haͤtten ſies zu rechten,

Und ſtuͤnd in ihrer Gewalt.

Nach Gott thun ſie nicht fragen,

Wies ihm gefallen werd;

Was er dazu wird ſagen,

Iſt ihnen ohn alles Gefaͤrd.

Und waͤr es ihnen befohlen,

Sie thaͤtens nimmermehr!

Sollt man den Teufel mahlen,

Mit ſeinem ganzen Heer,

Aerger koͤnnt mans nicht machen,

Als mit ein ſolch Geſtalt;

Doch ſind ſie freye Hachen,

Wer wills ihnen wehren bald.

Sie meinen, wenn ſie tragen

Ein ſolch Geſperr am Bein;

So darf ſie niemand ſchlagen,

Kriegsleut ſind ſie allein.

Da doch wird oft gefunden

Ein ſolch verzagtes Herz,

So man ihn wollt verwunden,

Er gaͤb die Flucht ohn Scherz.

[163]
Nun wollt ich doch gern ſehen,

Wie ers wollt greifen an;

Wenn ſollt ein Sturm geſchehen,

Als ich geſehen han.

Zu laufen noch zu ſteigen,

Kann man ihn brauchen nicht;

Vom Waten will ich ſchweigen,

Wie denn da oft geſchicht.

Da ſteht er wie ein Luͤllen,

In ſein zerhackten Kleid;

Wie will er doch erfuͤllen

Seinen geſchwornen Eyd?

Er kann ſich ſelbſt nicht ſchuͤtzen,

Wenn Laufen noͤthig waͤr;

Bleibts Herz in Hoſen ſitzen,

Sein Herz muß halten her.

Kein Tuͤrk, kein Heid, kein Tartar

Solch Unflat je erfind.

Davon ſonſt ein Hausvater

Gekleidet Weib und Kind,

Das muß jezt einer haben

Zu einem paar Hoſen gar;

Doch ſind ſie freye Knaben,

Truz wers ihnen wehren darf.

Sechs Ellen luͤndiſch Gewande

Wird einem begnuͤgen kaum;

Iſt das nicht große Schande,

Darunter hat ſie Raum.

Wohl neun und neunzig Ellen

Karteken muß er han;

[164]
Dann ſind ſie freye Geſellen,

Und ſtehen fuͤr einen Mann.

Es tragens auch Studenten,

Von den man lernen ſoll;

Sie ſollten ſeyn Regenten,

Exempel geben wohl.

Ihre chriſtlichen Lehren

Findens nicht in der Schrift;

Sie ſolltens andern wehren,

So ſind ſie ſelbſt vergift.

Schickt man ſie auf die Schulen

Mit groß Unkoſten frey;

Sie lernen ſaufen und buhlen,

Das muß auch ſeyn dabey.

Ein ſolch paar Pluderhoſen,

Dann ſind ſie Doktor ſchon;

Weils tragen die Franzoſen,

Drum laſſens nicht davon.

Dazu die Handwerksgeſellen,

Die kaum das Badgeld hand;

Doch Hoſen tragen woͤllen,

Und koſtet es ein Land.

Was ſie durchs Jahr erkratzen,

Das tragen ſie daran;

Dann ſind ſie freye Fratzen,

Wann ſie ſolch Hoſen han.

Wann ſie dann unſer Herrgott

Angreift mit Krankheit ſchwer,

So haben ſie kein Vorrath,

Spital muß halten her,

[165]
Die großen Pluderhoſen,

Haben das Geld verzehrt;

In leeren Beutel blaſen,

Wird manchen dann gelehrt.

Ein Beyſpiel thun ſie geben,

Mit ihren Hoſen recht;

Das ihnen gleich woll leben

Schinder und Henkersknecht.

Die tragen auch ſolch Hoſen,

Wann ſie jagen die Hund;

Und fluchen wie Franzoſen,

So ſind ſie gleich im Bund.

Noch eins das iſt geſchehen,

Das ich euch melden muß;

Ich hab es ſelbſt geſehen,

Hoſen bis uͤbern Fuß.

Die Seiden, die muß lappen,

Wohl hinten nach ers ſchleppt;

Dazu ein kurze Kappen,

Die ihm den Latz nicht deckt.

Vor Zeiten macht man Roͤcke,

Daß man den Latz bedeckt;

Jetzund ſo muß er blecken,

Auch ſind daran geſteckt:

Viel Farben mancherleyen,

Die ſind daran geſtickt;

Man moͤchte ſie anſpeien,

Wenn man ſie nur erblickt.

Es haben unſre Alten

Die Kleider drum gemacht,

[166]
Daß ſie ſich vor dem Kalten

Beſchirmten Tag und Nacht,

So geben dieſe Kleider

Doch weder kalt noch warm,

Groß Straf die fuͤrcht ich leider

Fuͤr uns, daß Gott erbarm!

Wie kann Gott Gluͤck doch geben,

Dem deutſchen Kriegesheer;

Da ſie ſo ſchaͤndlich ſtreben

Wider ſein Lob und Ehr.

Niemand ſoll Wunder nehmen,

Daß der Tuͤrk nimmt uͤberhand;

Wir ſollten uns doch ſchaͤmen

Vor jedem andern Land.

Der Teufel mag wohl lachen

Zu ſolchem Affenſpiel;

Ihm gefallen wohl die Sachen.

Fleißig ers foͤrdern will,

Seinem Rath folgen ſie nach;

Bis er bezahlt ihr Thaten,

Reu iſt zu ſpaͤt hernach.

Dies Laſter thut verklagen

Ein alter Landsknecht gut;

Der hat all ſeine Tage

Gehabt ein Loͤwenmuth.

Sein Leib thaͤt er nicht ſparen,

In deutſch und welſchem Land;

Doch hat er nie erfahren

Von Deutſchen groͤßre Schand.

Drum er dies Liedlein ſange,

[167]
Und wundert ſich ſo ſehr;

Ihm ward darob auch bange,

Wo doch herkommen waͤr

Ein ſolch greuliche Trachte

Wider alle Billigkeit;

Wer ſie doch wohl erdachte,

Iſt Gott im Himmel leid.

Ihr Fuͤrſten und ihr Herrn

Laßt's euch zu Herzen gehn;

Thut dieſem Laſter wehren,

Heißt ſie davon abſtehn.

Denn Gott wills an euch raͤchen,

Er gab euch die Gewalt;

Thut ihren Willen brechen,

Denn Gottes Straf kommt bald.

O Gott thu du drein ſehen,

Verzeih uns unſre Suͤnd;

Und laß uns nicht geſchehen,

Den Suͤndern trag Erbarmen

Ueber ihre Hoſen weit,

Und hilf zuletzt uns Armen

In die ewige Seligkeit,

Amen.

Aufklaͤrung.


(Fliegendes Blatt in Preuſſen.)


Was ſoll ich thun, was ſoll ich glauben?

Und was iſt meine Zuverſicht?

[168]
Will man mir meine Zuflucht rauben,

Die mir des Hoͤchſten Wort verſpricht?

So iſt mein Leben, Gram und Leid,

In dieſer aufgeklaͤrten Zeit.

Ein jeder ſchnitzt ſich nach Belieben

Jezt ſelber die Religion;

Der Teufel, heißt es, iſt vertrieben,

Und Chriſtus iſt nicht Gottesſohn;

Und nichts gilt mehr Dreyeinigkeit,

In dieſer aufgeklaͤrten Zeit.

Die Taufe, das Kommunicieren,

Iſt fuͤr die aufgeklaͤrte Welt

Nur Thorheit wie das Kopulieren,

Und bringet nur den Prieſtern Geld;

Der Kluge nimmt ein Weib und freyt

Nach Art der aufgeklaͤrten Zeit.

Der Ehebruch iſt keine Suͤnde,

Noch weniger die Hurerey;

Und obs gleich in der Bibel ſtuͤnde,[]

Steht doch der Galgen nicht dabey.

Drum iſts gelante Sittlichkeit

In dieſer aufgeklaͤrten Zeit.

Der Aufgeklaͤrte folgt den Trieben,

Und dieſe ſind ihm Glaubenslehr;

Was Gottes Wort ihm vorgeſchrieben,

Das deucht ihm fabelhaft und ſchwer.

Dem Poͤbel iſt es nur geweiht

Und nicht der aufgeklaͤrten Zeit.

[169]
Die Tugend ſucht man zwar zu preiſen,

Als die alleine ſelig macht;

Doch nur den Glauben zu verweiſen,

Weil der uns unſre Laſter ſagt.

Und Laſter ſuchet man nicht weit

In dieſer aufgeklaͤrten Zeit.

So liegt nun in dem Suͤndenſchlafe

Das ganze aufgeklaͤrte Land;

Weil auch die ewge Hoͤllenſtrafe

Iſt gluͤcklich aus der Welt verbannt.

Denn jeder hofft Barmherzigkeit

In dieſer und in jener Zeit.

So ſchreiben alle Antichriſten,

Weil es dem Leichtſinn wohlgefaͤllt;

Denn dieſe ſind als Kanzeliſten

Vom Satan ſelber angeſtellt:

Durch ſie gewinnt der Teufel mehr,

Als wenn er ſelbſt zugegen waͤr.

O laßt' mich doch bei meiner Bibel,

Laßt mich in meiner Dunkelheit:

Denn ohne Hoffnung wird mir uͤbel,

Bei dieſer aufgeklaͤrten Zeit;

Und ohne Hoffnung bin ich hier

Ein elend aufgeklaͤrtes Thier.

Drum Thoren ſprecht, ich mag nichts hoͤren,

Verſchonet mich mit eurem Gift;

Geſetzt, wenn es auch Fabeln waͤren,

Das, was ich leſe in der Schrift;

[170]
So macht mich doch dies Fabelbuch

Zum Leben und zum Sterben klug.

Es ſpricht: Erwach vom Suͤndenſchlafe,

Du thoͤrigt aufgeklaͤrtes Land;

Es naht die ſchwere Hoͤllenſtrafe,

Der boͤſe Feind iſt nicht verbannt;

Ich will euch leſen aus dem Buch

Im Ungluͤck giebts mir Ruh genug.

St. Meinrad.


Graf Berthold von Sulchen, der fromme Mann,

Er fuͤhrt ſein Soͤhnlein an der Hand;

Meinrad, mein Soͤhnlein von fuͤnf Jahren,

Du mußt mit mir gen Reichenau fahren.

Hatto, Hatto, nimm hin das Kind,

Alle liebe Engelein mit ihm ſind;

Die geiſtlich Zucht mag er wohl lernen,

Und mag ein Spiegel der Muͤnche werden.

Er ging zur Schul barfuß ohne Schuh;

Und legt die geiſtlich Kunſt ſich zu;

Die Weisheit kam ihm vor der Zeit,

Da ward er zu einem Prieſter geweiht.

Da ſchickt ihn Hatto auf den Zuͤrcher See,

Daß er ins Kloͤſterlein bei Jona geh;

Bei Jona zu Oberzollingen,

Da lehrt er die Muͤnch beten und ſingen.

[171]
Da er lange ihr Schulmeiſter war,

Und ihn die Bruͤder ehrten gar;

Thaͤt er oft an dem Ufer ſtehen,

Und nach dem wilden Gebirg hinſehen.

Sein Gewiſſen zog ihn zur Wuͤſte hin,

Zur Einſamkeit ſtand all ſein Sinn;

Er ſprach zu einem Muͤnch: Mein Bruder,

Ruͤſt uns ein Schifflein und zwey Ruder.

Ueber See zur Wildniß zur Wuͤſteney,

Hab ich gehoͤrt gut fiſchen ſey;

Da gehn die Fiſchlein in den einſamen Baͤchen! —

Ja Herr, mein Meiſter, der Muͤnch thaͤt ſprechen.

Sie fuͤhren gen Rapperswyl uͤber See,

Zu einer frommen Wittib ſie da gehn;

Bewahr uns die Gewand, ſie zu ihr ſprechen,

Daß ſie uns nicht in der Wildniß zerbrechen.

Sankt Meinrad und der Bruder gut,

Sie folgten wohl der Baͤchlein Fluth:

Sie fiſchten hinan in dem Fluͤßlein Sille,

Bis in die Alp gar wild und ſtille.

O Herr und Meiſter, lieber Sankt Meinrad,

Wir haben Fiſchlein ſchon mehr als ſatt;

Noch nit genug Meinrad da ſaget,

Steigt wo der Finſterwald herraget.

Und da ſie gegangen den dritten Tag

Im finſtern Wald eine Matte lag;

[172]
Ein Born da unter Steinen quillet,

Da hat Sankt Meinrad den Durſt geſtillet.

Nun lieber Bruder, nun iſts genug,

Gen Rapperswyl die Fiſch er trug;

Die fromm Wittib ſtand vor der Pforten,

Und gruͤßt die Muͤnch mit frohen Worten.

Willkomm, willkomm ihr bleibt ſchier lang,

Die reißende Thier, die machten mich bang;

Die Fiſch, die thaͤt ſie braten und ſieden,

Die aſſen ſie in Gottes Frieden.

Frau hoͤrt mich an durch Gott den Herrn! —

Die Wittib ſprach: Das thu ich gern!

Ein armer Prieſter hat das Begehren,

Sein Leben im Finſterwald zu verzehren.

Nun ſprecht ob hier ein Frommer leb,

Der ihm ein klein Almoſen geb;

Sie ſprach: Ich bin allein allhiere,

Ich werd ihm ein Almoſeniere.

Da thaͤt Sankt Meinrad ihr vertrauen,

Daß er ſich wollt ein Zelle bauen;

Und kehrt nach Oberpollingen,

Thaͤt noch ein Jahr da beten und ſingen.

Aber die Einſamkeit draͤngt ihn ſehr,

Er hat kein ruhig Stund da mehr;

Und eilt nach Rapperswyl zu der Frauen,

Die ließ ihm da ſeine Zelle bauen.

[173]
Am Aepfel wohnt er ſieben Jahr,

Viel fromme Leut die kamen dar;

Seine Heiligkeit macht groß Geſchrey,

Ung zog da gar viel Volks herbei.

Solch weltlich Ehr bracht ihm viel Schmerz,

Sein Huͤttlein ruͤckt er waldeinwaͤrts;

Zum finſtern Wald, wo das Bruͤnnlein quillet,

Das ihm einſt ſeinen Durſt geſtillet.

Und wenn er ſich das Holz abhaut,

Daraus er ſeine Zelle baut;

Findt er ein Neſt mit jungen Raben,

Die thaͤt er da mit Brod erlaben.

Die fromm Frau auch von Rapperswyl

Schickt ihm Almoſen ein gut Theil;

So lebt er waͤhrend funfzehn Jahren,

Sein Freund die beiden Raben waren.

Von Wollrau war ein Zimmermann,

Der kam da zu dem Wald heran;

Und bat auch den St. Meinrad eben,

Sein Kindlein aus der Tauf zu heben.

Da gieng St. Meinrad hinab ins Land,

Dem Zimmermann zur Taufe ſtand;

Und kam da wieder zu vielen Ehren,

Das thaͤten zwei boͤſe Moͤrder hoͤren.

Peter und Reinhard dachten wohl,

St. Meinrads Opferſtock waͤr voll;

[174]
Und wie ſie zum Finſterwald eintreten,

Die Raben ſchreien in großen Noͤthen.

St. Meinrad laſ' die Meß zur Stund,

Der Herr thaͤt ihm ſein Stuͤndlein kund;

Da betet er aus ganzer Seele,

Daß ihn der Himmel auserwaͤhle.

Die Moͤrder ſchlagen an die Thuͤr:

Du boͤſer Muͤnich tret herfuͤr;

Thu auf, gieb uns dein Geld zuſammen,

Sonſt ſtecken wir dein Haus in Flammen.

Im Finſter Wald ſchallts ganz verworrn,

Die Raben mehren ihren Zorn;

Um ihre Haͤupter ſie wuͤthend kreiſen,

Nach ihren Augen hakken und beißen.

St. Meinrad ſanft zu ihnen tritt,

Bringt ihnen Brod und Waſſer mit;

Eßt, trinkt, ihr Gaͤſte, ſeyd willkommen,

Dann thut, warum ihr hergekommen.

Der Reinhard ſprach: Warum komm ich?

St. Meinrad ſprach: Zu toͤdten mich;

Da ſchrien ſie beide: Kannſt du es wiſſen?

So werden wirs vollbringen muͤſſen.

Nun gieb dein Silber und all dein Gut! —

Da ſchlugen ſie ihn wohl aufs Blut;

Und da ſie ſeine Armuth ſahen,

Thaͤten ſie ihn zu Boden ſchlagen.

[175]
Da ſprach der liebe Gottesmann:

Ihr lieben Freund nun hoͤrt mich an;

Zuͤndt mir ein Licht zu meiner Leiche,

Dann eilt, daß euch kein Feind erreiche.

Der Peter gieng da zur Kapell,

Zu zuͤnden an die Kerze hell;

Die thaͤt durch Gott von ſelbſt erbrennen,

Die Moͤrder da ihr Schuld erkennen.

Die Kerze brennt an ſeiner Seit,

Ein Wohlgeruch ſich auch verbreit;

Sein Seel thaͤt zu dem Himmel ziehen,

Die Moͤrder da erſchrocken fliehen.

Aber die frommen Raben beid,

Die gaben ihnen boͤs Geleit;

Um ihre Haͤupter ſie zornig kreiſen,

Und ihnen Haar und Stirn zerreiſſen.

Durch Wolrau kamen ſie gerannt,

Der Zimmermann die Raben kannt;

Da thaͤt er ſeinen Bruder bitten,

Zu folgen ihren wilden Schritten.

Indeß lief er in den Finſterwald,

Sucht ſeinen lieben Gevatter bald;

Der lag erſchlagen auf gruͤner Heide,

Die Kerze brannt an ſeiner Seite.

Er kuͤßt ihn auf den blutgen Mund,

Huͤllt in den Mantel ihn zur Stund;

[176]
Legt weinend ihn in die Kapelle,

An ſeines heilgen Altars Schwelle.

Und eilt herunter in das Land,

Sein Jammer allen macht bekannt;

Und ſchickt hinauf ſein Kind und Frauen,

Nach ihrem heilgen Freund zu ſchauen.

Die Moͤrder fand er im Wirthshaus,

An der Schifflande zu Zuͤrich draus;

Die Raben ſtießen die Fenſter ein,

Und warfen um das Bier und Wein.

Die Moͤrder man ergriff und band,

Ihr Schuld, die haben ſie bekannt;

Und bis hin auf den Scheiterhaufen,

Die Raben ſie wohl hakken und raufen.

Der Abt zu Reichenau da hoͤrt,

Der fromm St. Meinrad ſey ermoͤrdt;

Schickt auch mit Licht und Fahn viel Bruͤder,

Zu holen des St. Meinrads Glieder.

Und da der Leib zum Etzell kam,

Wo er gewohnt ber heilge Mann;

Da war der Sarg nicht zu bewegen,

Sie mußten ihn da niederlegen.

Sein heilig Herz und Ingeweid

Sie da begruben zu der Zeit;

Den Leib ſie dann mit Beten und Singen

Nach Reichenau zur Kirche bringen.

[177]
Wo er geſtorben und gelebt,

Das Kloſter Einſiedeln ſich erhebt;

Fuͤr fromme Pilger ein Wunderquelle,

Quillt dort in St. Meinrads Kapelle.

Goldarbeiten auf dem Liebesbande.


(Chriſtian Fende Anleitung fuͤr eine gottſuchende Seele. Graͤtz 1732. S. 175.)


Ich wollt um meines Herren Haupt,

Das ganz von Dornen war umſchraubt,

Ein Kronenband von Golde binden;

Das ſollte meine Liebe ſeyn,

Da braucht ich nun ein Schmelzwerk drein,

Das wußt ich nirgends aufzufinden;

Doch traf mein Geiſt auf guter Bahn

Noch endlich einen Goldſchmied an.

Der legte mir zu dieſer Zier

Der Muſter eine Menge fuͤr;

Ich waͤhlt und weiß es noch zu nennen,

Ein Haupt, darauf man Balſam goß,

Der auch davon herunter floß,

Doch, daß der Leib nicht wohl zu kennen;

Dabei war dies die Nebenſchrift:

Wohl dem, den dieſer Balſam trift.

Zur andern ward mir vorgelegt

Ein Oehlbaum, den man abgeſaͤgt,

Und friſch mit Reiſern uͤberſetzet;

3. Band. 12.
[178]
Dabei ein alter Gaͤrtner ſtund,

Von dem der ungehackte Grund

Mit Waſſer ward umher benetzet;

Und ſchiens, als ſagte dieſer Greis:

Wohl dem, der hier ſteht, wie ein Reis.

Drauf legt er einen Weinſtock dar,

Der voller gruͤner Reben war,

Die theils mit Trauben angefuͤllet,

Theils aber ſtunden nur zum Schein,

Und ſchnitt der Gaͤrtner friſch darein,

Wo ſolches Laub den Stock verhuͤllet;

Sein Wort ſchien dies zu jeder Friſt:

Weg, was kein fruchtbar Reben iſt.

Das vierte war ein weiſſes Kleid,

Ein Sinnbild der Gerechtigkeit,

Mit Chriſti Werken ausgeſticket;

Das gab ein Vater anzuziehn,

Der Sohn warf ſeinen Kittel hin,

Der ganz mit Flicken zugeſtuͤcket;

Und wie es ſchien, fing dieſer an:

Wohl, wenn ich mich ſo kleiden kann.

Drauf kam mir vor ein Waizenfeld,

Das große Bild der Chriſtenwelt,

Mit Unkraut hin und her beſprenget;

Da ſtand ein hurtger Ackermann,

Und ſchlug mit ſeiner Sichel an,

Wiewohl der Acker ſo gemenget;

Doch ſchiens, als ſpraͤch er dies darein:

Wohl dem, der hier kann Waizen ſaͤ'n.

[179]
Und was zum ſechſten vor uns kam,

Das war ein edler Braͤutigam,

Mit Hochzeitkleidern ausgeſchmuͤcket;

Der bot der Braut die Liebeshand,

Die war in reiner Lieb entbrannt,

Und ſchaut auf ihn, wie halb entzuͤcket;

Vom Himmel gab es dieſen Laut:

Wie ſelig iſt des Hoͤchſten Braut.

Darauf kam mir ein Schaͤfer fuͤr,

Zwar ſchlecht von Kleid und ſonder Zier,

Doch lag ein Schaf auf ſeinem Ruͤcken;

Das ſchien, als haͤtt ers aus der Nacht

Und aus der Irr auch heimgebracht,

Und wollt es bei der Heerd erquicken;

Dabei dies Wort geleſen ward:

Wohl, wenn man hat des Schaͤfleins Art.

Zum achten zog in einem Kahn

Ein Schiffer ſeinen Zug heran,

Als wollt er nun das Netz ausleeren;

Da ſah man Fiſch und Koth und Stein

In einem Garn ergriffen ſeyn,

Das fing er gleich an umzukehren;

Und miſchte dieſen Spruch darein:

Wohl dem, der wie ein Fiſch kann ſeyn.

Drauf ſah ich, wie Metall da floß,

Das einer in die Forme goß,

Ein Crucifix darauf zu gieſſen,

Das im Metall darneben ſtund;

[180]
Wie da der Herr fuͤr unſern Bund

Sein Blut ließ, wie die Stroͤme flieſſen;

Daruͤber ſtand dies Wort erhoͤht:

Wohl, wer in dieſer Forme ſteht.

Zum zehnten war da ein Spital,

Und Kranken drinnen ohne Zahl,

Und wollt ein Arzt zu ihnen treten,

Den lieſſen viel von ferne ſtehn,

Zu einem ſchien er hinzugehn,

Der ihn zuvor mit Ernſt gebeten;

Dabei ward dies mit angefuͤhrt:

Wohl dem, den dieſer Arzt kurirt.

Daraus mach ich mein Liebesband,

Und bring es als mein Seelenpfand,

Und ehre dich mit dieſem Namen:

Herr, deſſen Schrift dies ſelbſt erdacht,

Sey dies fuͤr mich, was ich dir bracht,

Und ſprich zu allem ſelbſt das Amen;

So werd ich ſonder Bild und Schein

In dir wahrhaftig ſelig ſeyn.

Vorbereitung.


(S. 63.)


Ewiger Bildner der loͤblichen Dinge,

Der du mich Armen ſo ferne erdacht;

Ruͤhr mir die Zunge, damit ich dir ſinge,

[181]
Und eins beginne nach aͤußerſter Macht;

Dich zu erheben,

Und dir zu leben,

Weil du mich mit ſo viel Gnaden bewacht.

Danket ihr Augen dem ewigen Lichte,

Daß ihr ſo ſehend und offen daſteht;

Danket ihm fuͤr das erlangte Geſichte,

Das auch noch dauret und noch nicht vergeht.

Schauet mit Wonne

Auf ihn die Sonne,

Bis er euch uͤber die Sterne erhoͤht.

Danket ihr Ohren dem Worte des Lebens,

Daß ihr vernehmen koͤnnt, was es euch heißt;

Oeffnet euch, daß es nicht rufe vergebens,

Laßt euch regieren den ewigen Geiſt;

Bis ihr koͤnnt hoͤren,

Wie man mit Choͤren

Dorten ihn ewig erhebet und preißt.

Danket Gedanken, Verſtand und du Wille,

Danke Gedaͤchtniß und Urtheil dazu;

Schwinget die Fluͤgel zur ewigen Fuͤlle,

Laßt euch nicht halten das zeitliche Nu.

Lob und Gefieder

Sincke nicht nieder,

Bis ihr gelanget zur himmliſchen Ruh.

[182]

Auguſtinus und der Engel.


(Muͤndlich.)


Mit der Muſchel ſchoͤpft das Buͤblein,

Aus dem Meer in ein Sandgruͤblein;

Auguſtinus ſtille ſtand,

Und das Kind zu ihm begann.

Engel.
Auguſtinus, Licht des Glaubens,

Fromm und rein gleich wie die Tauben;

Sag mir an, wo gehſt du hin?

Du haſt Neues wohl im Sinn.

Thuſt vielleicht was Neu's ſtudieren,

Oder gehſt du nur ſpazieren;

Auguſtinus ſag es gleich,

Sonſt ich nicht von dir abweich.

Auguſtinus.
Liebes Kind, ich thu betrachten,

Ach und kann doch nimmer faſſen,

Die allerheiligſte Dreifaltigkeit

Als eine wahre Einigkeit.

Engel.
Eh will ich das groß Weltwaſſer

In dies klein Sandgruͤblein faſſen;

Eh du dir wirſt bilden ein,

Wie die Sach kann moͤglich ſein.

[183]
Auguſtinus.
O wie hoch bin ich geflogen,

Wie hat mich das Gemuͤth betrogen;

Als ich nach dem Kindlein ſah,

War es fort, war nicht mehr da.

Nimmer werd ich ſo hoch fliegen,

Nimmer michs Gemuͤth betruͤgen;

Bis zergehen wird die Erd,

Und ich nicht mehr denken werd.

Dies iſt das ander Land.


(Manuſcript. 1477.)


Es iſt nit allewege Feſtabend,

Der Tod koͤmmt und bringet den Abend;

Und bindt uns mit einem feſten Band,

Daß er uns bringe in das ander Land.

Auch ſo iſt allezeit nit Maye,

Wir muͤſſen tanzen an dem Reihe;

Daß uns der May wird entwandt,

Dann ſingen wir fort in das ander Land.

Alleweg moͤgen wir nit hie bleiben,

Der Tod will uns von hinnen treiben;

Noch morgen oder alle zur Hand,

Gott weiß, wir muͤſſen in das ander Land.

[184]
Wie ſchoͤn wir uns zieren und waſchen,

Wir ſind doch erſt kommen von Aſchen;

Das erſt Volk, das man fand,

Das iſt auch fort in das ander Land.

Ach was iſt ſuͤßer, als das Leben,

Wir muͤſſen doch ſterbend uns deß begeben;

Der Tod koͤmmt ſonder Wiederſtand,

Und ſchleift uns in das ander Land.

Ich wach, ich ſorg, ich bebe, ich kreide,

Um Gut, das iſt doch andrer Leute;

Es war auch hie, als ich es fand,

Hier laß ich es, und fahr in das ander Land.

Ich gehe ſcharren und ſchuͤrchen,

Um Gut, als wollt ich mich erwuͤrgen;

Gott hat mich nit darum hergeſandt,

Muß nacket und bloß in das ander Land.

Ich ſollte Gott hie zu allen Zeiten

Loben, danken und benedeien;

Das waͤr mein Schutz und mein Gewand

Vor Satanas in dein andern Land.

Herr Geyer, Herr Geyer, was ihr hie moͤgt

erkriegen,

Es muß doch alles hie bleiben liegen;

Mit uns muͤßt ihr unter den Sand,

Fahren hin in das ander Land.

[185]
Keines Menſchen Gut oder Ehr ſollſt du ihm

nehmen,

Freund! deß ſollſt du dich ſchaͤmen;

Die das thaten, die wurden geſchand't,

Hie und auch im andern Land.

Kein Schande oder Schaden ſollſt du klaffen,

Auf Moͤnche, Nonnen oder Pfaffen;

Sie ſind Gottes Schatz und edel Perſant,

Sie geben Rede in dem andern Land.

Wo iſt Karle, Hektor und Alexander!

Julius, Artus und mancher ander?

Ritter, Knecht und mancher Wigand,

Wo anders denn im andern Land.

Waͤr irgend ein Kaiſer von Rome,

Der edel waͤr oder ſo ſchone;

Als ein Karfunkel oder Diamant,

Er muß nacket in das ander Land.

Wir gehen, als die vor uns waren,

Starke, weiſe, ſchoͤn von Jahren;

Wie man ſie nennt, oder waren genannt,

Sie ſind all vor uns in das ander Land.

Der Tag mag zu Abend kommen,

Es ſey zu Schaden oder zu Frommen;

Nach dem Leben kommt der Tod gerannt,

Und treibt uns in das ander Land.

[186]
Als wir ſind tod, wir moͤgen kriegen,

Ein alt Leylach, darin wir liegen;

Oder ein neue Kiſte bekannt,

Alſo fahren wir in das ander Land.

Wir werden alle nackend geboren,

Kein eigen Gut haben wir zware;

Denn unſre Seele iſt ein Unterpfand,

Ihr Werk findet ſie in dem andern Land.

O Seele, o Seele, geiſtliche Kreature,

Gott ſchuf dich ſelber nach ſeiner Figure;

Was du haſt geſaͤet oder gepflanzt,

Das ſollſt du erndten in dem andern Land.

Das Beſte, des ich mich kann entſinnen,

Das iſt Gott fuͤrchten und allzeit minnen;

Das ſoll ſeyn unſrer Seele Gewand,

So fahren wir ſicher in das ander Land.

Wenn wir werden alt, krank und krumm,

So waͤr es Zeit, daß wir uns ſaͤhen um;

Und wenn uns entfaͤllt der Leckerzahn,

So wollen wir bald in das ander Land.

Ach Gott, wer ſoll unſer Geleitsmann ſeyn?

Wir wiſſen ja nichts von unſrer Pein;

Der Weg iſt fern und unbekannt,

Den wir hinfahren in das ander Land.

Nachdem als man beſchrieben findt,

So iſt unſer Leben als der Wind;

[187]
Der da flieget uͤber den Sand,

So ſchnell fahren wir in das ander Land.

Ach daß ich je ward geboren!

Daß ich meine Zeit alſo hab verloren;

Ach Herre, ich ſetze meine Seel in deine Hand,

Wenn ich hinfahre in das ander Land.

Wir wollen immer das beſte hoffen,

Die Gottesgnade ſteht uns allzeit offen;

Wiewohl uns Gott hat hergeſandt,

Doch muͤſſen wir in das ander Land.

Bitten wir Maria die Jungfrau rein,

Daß ſie unſre Troͤſterin wolle ſeyn;

Und bleiben doch immer unſer Vorſtand,

Wenn wir fahren dahin in das ander Land.

Unſer Herr Jeſus hat uns gegeben

Im Himmelreich fein ewiges Leben;

Er behuͤte uns vor dem boͤſen Volant,

Daß wir nit kommen in das hoͤlliſche Land.

Das iſt aus: Ich kann nit mehr beſchreiben,

Gott! der weiſe uns in ſein ewig Leben;

Daß wir da werden moͤgen bekannt

Mit allen Heiligen in dem himmliſchen Land.

Amen.

[188]

Siegslied.


(Marcarium epithalanium. S. 148.)


Fangt an zu ſingen,

Die Trommel ruͤhren,

Zertrennt iſt Pharaos groß Heer;

Laßt Saiten klingen,

Und jubiliren,

Verſchont hat uns das rothe Meer.

Hat nachgelaſſen

So ſtark zu flieſſen,

Geſtanden wie die Mauren feſt;

Durch gute Straßen,

Mit trocknen Fuͤſſen

Gehn wir hindurch, wir ſind getroͤſt.

Will Moſes fuͤhren

Das Heer der Maͤnner,

Kommt ihr zu mir ihr Jungfraͤulein;

Mein Heer zu zieren,

Trotz euch Bekenner,

Bin Aron ich die Schweſter dein.

Weil wir entronnen

Den Waſſerwellen,

Sollt ihr der hoͤchſten Majeſtaͤt

So viel vergoͤnnen,

Ein Feſt anſtellen,

Und ſingen, daß der Oſten weht.

Der Thau wird fallen,

Und euch begieſſen,

[189]
Herab vom hohen Himmelsblau;

Ihr ſollt vor allen

Das Herz erſchlieſſen,

Dem Honig ſuͤſſen Himmelthau.

Dann wird benetzet,

Was vor geblieben,

Und ohne dies wohl Frucht gebracht;

Zugleich ergoͤtzet,

Mehr angetrieben,

Was ausgedorret und verſchmacht.

Eine heilige Familie.


(Marcarium epithalanium. Von Joh. Kuen. Muͤnchen 1659.)


Der Tag war ſchoͤn, ins Gruͤne gehn,

Trieb an das luſt'ge Wetter;

Das Feld geziert, vom Wind beruͤhrt,

Roth wie die Roſenblaͤtter.

Maria rein, haͤtt Sorg allein,

Ihr Kindlein umzutragen;

Moͤcht ja von Haus, aus wohl hinaus,

Soll doch die Mutter fragen:

Ob ſie dies duͤrfe wagen?

„Ey warum nit? Ich komm auch mit!“

Die Mutter Anna ſprache;

„Dem Kind, auch dir, ingleichen mir

„Ein Freud im Feld ich mache.

[190]
„Die Luft man ſpuͤrt, gelind regiert,

„Laß uns der Zeit genießen;

„Und allerlei Tapezerey

„Geſprengter Bluͤmlein gruͤſſen,

„Die reichlich vorher ſprieſſen.“

Die Nachtigall, mit edlem Schall,

Ein Muſik anzurichten,

Schwingt ſich gar frey, zunaͤchſt hiebey,

Faͤngt lieblich an zu dichten.

Das ſchoͤn Revier, gab gut Quartier,

Ein gruͤnes Dach zu eigen;

Der Feigenbaum, enthaͤlt ſich kaum,

Kann ſich genug nicht neigen,

Auch dienſtbarlich erzeigen.

Maria wollt, wie ſie auch ſollt,

Mit ihrer Mutter theilen:

„Nimm Anfran, nimm! „O ſuͤße Stimm!

„Will dein Verlangen heilen.“

Gab ihren Sohn, der Freude Lohn,

Der Mutter auf die Schoßen;

Inzwiſchen ſie, ſucht Roſenbluͤt,

Mit Blaͤttern, klein und groſſen,

Gleich wies hervor geſproſſen.

Zur ſelben Friſt, auch Joſeph iſt,

Hienach mit Freuden kommen;

Hat Speis und Fruͤcht, im Korb gericht,

Aus Vorſorg mitgenommen.

Damit das Kind und Hausgeſind

[191]
Im Fall es wuͤrd begehret;

Wo nicht nach Guſt, jedoch zur Luſt,

Was haͤtt davon verzehret,

Dem Kind hat ers verehret.

„O ſchoͤn Geſchenk! die Anfrau denks,

„Ein Apfel reich dem Kinde;

„Sieh ob ein Freud, koͤnnt ſeyn der Zeit,

„Die meine uͤberwinde?

„Hab in dem Schooß, den Herren groß,

„Der Himmel wird erfuͤllen;

„Die Weisheit hoch, in Kindheit noch,

„Seh ich nach meinem Willen,

„Wie doch die Kinder ſpielen!

Der Engel Kreis, ſtand rings ſo leis,

Und war doch ganz zugegen;

Der ungeſpart, in Gegenwart

Sein Schuld auch wollt ablegen.

Das Kind ſich wendt, ſtreckt ſeine Haͤnd,

Als waͤr ihm Leid geſchehen;

Wendt hin und her, und in die Fern,

Und dann auch in die Naͤhen,

Bis es die Recht erſehen.

Der Lilienſtamm, ſchier wieder kam,

Maria brachte Blumen;

Hat Mayengab gebrochen ab,

Als reines Weiß zu ruhmen.

Bald Anna bund ein Kraͤnzlein rund.

So war das Kind ergoͤtzet;

[192]
Der Jungfrau Sohn, nahm an die Kron,

Hats der aufs Haupt geſetzet,

Die wuͤrdig wird geſchaͤtzet.

„Herbei Johann, biſt gut Geſpann,

„Komm her zu lieben Kindchen;

„Mit uns verbleib, da Kurzweil treib,

„Wie bald entweicht ein Stuͤndchen.

„Dein Laͤmmlein laß im gruͤnen Gras,

„Nur neben uns, da weiden;

„Bringſt auch mit dir ein Mayenzier,

„Und biſt noch ſo beſcheiden?

„Bringſt Roſen von der Haiden.“

Die Roſen dein, hoch Leibfarb ſeyn,

Bedeuten ſchmerzlich Leben;

Was machſt damit, was bringt ſie mit,

Will zwar nicht widerſtreben.

O Roſenroth! O Pein! O Noth,

Johannes mein verſchone;

Mach mir nicht neu, die Prophezey,

Vermeldt von Simeone,

Bis ich des Leids gewohne.

„Ey ja ſo ſeys, ſo roth und weiß,

„Iſt des Geliebten Zeichen;

„Hab Luſt hiezu, mein Jeſus fruh,

„Thu ſelber danach reichen;

„Theil auch mit mir, ich bitt dafuͤr,

„Ich nehm von dir mit Freuden

„Die Roſen roth, ja gar den Tod,

[193]
„Und alles, was zu leiden,

„Wenns je nicht iſt, zu meiden.“

Der Lilien weiß, ein ganz Geſtraͤuß,

War fuͤr den Joſeph eben;

Und Anna warb um Goldlackfarb,

Johannes hats ihr geben;

Das uͤbrig ward geworfen dar

Ins Feld fuͤr einen Samen;

Daraus zerſtreut, zu ſeiner Zeit,

Gepflanzt in Jeſus Namen,

Viel tauſend Bluͤmlein kamen.

Erloͤſung.


(Koͤnigshoven Straßburger Chronik. S. 526.)


Maria.
Mein Kind ſieh an die Bruͤſte mein,

Kein Suͤnder laß verloren ſeyn.

Chriſtus.
Mutter, ſieh an die Wunden,

Die ich fuͤr dein Suͤnd trag alle Stunden.

Vater, laß dir die Wunden mein,

Ein Opfer fuͤr die Suͤnde ſeyn.

Vater.
Sohn, lieber Sohn mein,

Alles was du begehrſt, das ſoll ſeyn.

3. Band. 13
[194]

Liebſcherz mit dem neugebornen
Kinde Maria
.


(Procopii Mariale festivale. p. 228.)


Wann wuͤnſchen waͤr koͤnnen, Maria rein,

So moͤcht ich jezt wohl ein Baumeiſter ſeyn;

Ich wuͤnſchte mir Salomons Schaͤtze,

Dukaten und Thaler viel Metzen,

Blos deinen Geburtsort zu ehren,

Mein Andacht und Troſt zu vermehren.

Ich wollte dir bauen ein Kirchelein,

Das ſollte mit Golde gepflaſtert ſeyn;

Von Edelſtein alle Gewoͤlbe,

Der Altar, das waͤre ich ſelber;

Mein Herze, das muͤſſe der Altardom ſeyn,

Drauf muͤſſeſt du wohnen mein Kindelein.

Mein Seel ſollt ein guͤldenes Rauchfaß ſeyn,

Mit dem ich dir taͤglich wollt opfern ſein,

Gewuͤrzwerk, ſo viel dir behaget,

So viel ganz Arabia traget;

Die Menſchen, die haͤtt ich an einer Kett,

Und jeder ein engliſche Stimmlein haͤtt.

Maria, du jezt ein Kindlein biſt,

Das ſauget der heiligen Mutter Bruͤſt;

Die Kinder gern alles verſchenken,

Drum wolleſt auch meiner gedenken;

Mein Grobheit, die wolleſt verzeihen,

Viel Gnade dafuͤr mir verleihen.

[195]
Wenn ſchlafeſt, ſo will ich aufwecken dich,

Thuſt weinen, ſo will ich erfreuen mich;

Die Engel, die werden dich ſtillen,

Gott ſelber wird thun deinen Willen;

Ihm opfre ein kleines Paar Zaͤhrlein,

Es wird ihm viel lieber als Perlen ſeyn.

Vorbote des juͤngſten Gerichts.


(Nach Procop.)


Pater Friedrich Procop, Kapuziner der Oeſterreichiſchen Provinz, zu
Templin, in der Mark Brandenburg, gegen das Ende des ſechzehn-
ten Jahrhunderts geboren; zn ſeiner Zeit ein beruͤhmter Redner und
Dichter, (ſeine weitlaͤuftigen Schriften erhielten mehr von Auflagen)
durch den Religionsſtreit in der Geſchichte der Dichtkunſt, wie ſo
manche andere vergeſſen, in dem erſten und zweyten Bande des Wun-
derhorns durch Proben einniger ſeiner zierlichſten Lieder wieder be-
kannt gemacht; ſchließt ſeine Abſchiedsrede mit folgenden Verſen.


Nun lob mein Seel den Herren gut,

Deß Weisheit ſo regieren thut;

Daß alles in der ganzen Welt,

So ſuͤß und lieblich iſt beſtellt.

Ganz gnaͤdiglich mich Wuͤrmlein arm

Beruft er aus des Luthers Schwarm;

Fuͤrwahr durch wunderliche Weg,

Als ich oft nachzudenken pfleg.

Er mich verſorgt zu ſeinem Ruhm,

Im Ordensſtand und Prieſterthum;

Begabt mich mit ſo viel Verſtand,

Daß ich das Weiß von Schwarz erkannt.

Die Biebel und die heilge Schrift,

So viel dos Predigtamt betrifft,

Wolt er, daß ich begreifen muſt,

Verlieh dazu mir Lieb und Luſt.

[196]
Ich predigt vier und zwanzig Jahr,

Bis ich an Kraͤften abnahm gar;

Die Kanzel ich dann fahren ließ,

Mein Obrigkeit mir ſelbſt es hieß.

Und wagte mich an dieſes Werk,

Dazu mir Gott gab Gnad und Staͤrk;

Viel mehr als ich gehoffet haͤtt,

Maria Huͤlf mich troͤſten thaͤt.

Was ich gelehrt mit Zung und Mund,

Auch ſelbſt geglaubt von Herzensgrund;

Das bracht ich fleißig zu Papier,

Der Leſer kann es finden hier.

Vermein es manchem dieuen ſoll,

Der ſich des mag gebrauchen wohl;

Der Predigten iſt groß die Zahl,

Daraus man hat die freye Wahl.

Gar vielmals hat man wenig Zeit,

Leidt auch nicht die Gelegenheit,

Daß man erſt lang ſtudieren thu,

Geſchaͤfte laſſen es nicht zu.

Nehm er nur meine Buͤcher her,

So hat er ſchon gnug gut Lehr;

Zu Dank ſag er nach meinem Tod,

Nun mein Procop, nun gnad dir Gott.

Geſaͤnge macht ich allerley,

Verſah ſie mit der Melodey;

Damit theil ich die Predigt ab,

Niemand dran Mißgefallen hab,

Sing oder brauch ein Inſtrument,

Doch mittlerweil zu Gott dich wend;

Dies war allein mein Zweck und Ziel,

So haſt ein nuͤtzlich Muſickſpiel.

[197]
Einſtmals war ich ein Wandersmann,

Reiſend durch fremde Land,

In eine Stadt ich kaͤme an,

Wo ich nicht war bekannt;

Ich war ſo muͤd und ja ſo matt,

Daß ich kaum eſſen mocht,

Mich duͤnkt, ich war vorhin ſchon ſatt,

Eh noch was ward gekocht.

Ich ließ das juͤngſt Gerichte,

Und legt mich auf das Stoh,

Wohl mit dem Angeſichte,

Wie ich denn pflegte ſo.

Ich lag gar ſanft geſchlummert ein,

Und gleich im beſten Schlaf,

Erquickte fein die Glieder mein,

Als wie ein muͤdes Schaf;

Da hebt ſich an ein groſſer Lerm,

Es ward ein Feuersbrunſt:

Es brennt, es brennt, daß Gott erbarm,

Schrie man und nicht umſunſt.

Bringt Waſſer, Leiter, Hacken,

Ihr Nachbarn eilt herzu;

Sturm ſchlug man an den Glocken,

Das machte groß Unruh.

Bald ich erhub auch meinen Kopf,

Wuſt nicht, ob traͤumte mir,

Ich mußte auf, ich armer Tropf,

Da half mir nichts dafuͤr;

[198]
Ich lief zum Fenſter, ſchaut hinaus,

Nahm ein den Augenſchein;

Ich ſah das groſſe Elend draus,

Es mocht nicht aͤrger ſeyn.

Was ſollt ich weiter machen,

In der betruͤbten Nacht;

Mir wohl verging das Lachen,

Ein jeder es eracht.

Es war ein Zeit gekommen ſchon,

Das Waſſer war zu theuer,

Und wo ich ſchau und wo ich wohn,

Das vielgefraͤßge Feuer;

Gar alle Gaſſen lief es auf,

Die Funken flogen ſehr;

Von Platz zu Platz, von Haus zu Haus,

Um ſich griffs immer mehr.

Gluͤckſelig ſich der ſchaͤtzte,

Ders Leben bracht davon;

Auf Glut und Aſche ſetzte

Sich hoch des Feuers Thron.

Propheten, Patriarchen Choͤr,

Und die Apoſtel auch,

Evangeliſten, ander mehr,

Nach ihrem alten Brauch;

Sie ſchreien rings und machen Lerm

Aufmuntern Boͤs und Fromm;

Es brenn, es brenn, daß Gott erbarm,

Wer loͤſchen mag, der komm.

[199]
Die Haͤuſer man verlaſſet,

Und eilet auf die Berg;

Mich da der Anblick faſſet,

Daß ich mich bald verberg.

Da ſchrie und rief die tiefe Stimm,

Wohl bei dem Feuer-Thron mit Grimm:

Der juͤngſte Tag wird ſich bald finden,

Solches verkuͤndge den Menſchenkindern;

Mann und Weib, dem thu ichs klagen,

Was ich in meinem Herzen thu tragen;

Ich eß oder trink, ich ſchlaf oder wach,

Oder was ich auf Erden mach,

So kommet mir nimmer aus meinem Ohrn,

Das greulich und grimmige Horn,

Das da thoͤnet ohne maſſen Grimm,

Und ſchreit mit erſchrecklicher Stimm:

Steht auf ihr todten Leut,

Zu dem Gericht Gottes muͤßt ihr heut;

Die Poſaune die Todten auferweckt,

Und auch die ganze Welt erſchreckt.

Nun hoͤret zu, was ich euch ſag,

Es kommen vorher funfzehn Tag,

An dem erſten Tag, da fang ich an:

Die Waſſer laſſen ihr laufen ſtahn,

Sie rinnen nicht mehr uͤber Land,

Sie lehnen auf wie eine Wand,

Sie thun gar graͤulich ſauſen,

Daß mans in der ganzen Welt hoͤrt brauſen.

Darnach wohl an dem andern Tag

[200]
Nach der lieben heiligen Sag,

So kommen die Waſſer wieder hernieder,

Daß man ſie kaum ſiehet wieder,

Ja daß man ſie kaum geſehen mag.

O weh, wie jaͤmmerlicher Tag.

Der dritte Tag iſt ſo grimm,

Die Fiſch im Meer ſchreien mit lauter Stimm,

Und gar jaͤmmerlich ſchreien alle Meerwunder,

Doch ein jeder in ſeiner Art beſunder;

Alſo hart klagen ſie ihre Noth,

Daß ſie muͤſſen leiden den Tod.

Der vierte und jaͤmmerliche Tag,

Und hoͤret zu, was ich euch ſag,

So muß die Welt groß Leid gewinnen,

Wenn ſie thut ſehen das Waſſer brinnen,

Und das ganze Erdreich zumal,

Da iſt groſſer Jammer uͤberall.

Der fuͤnfte Tag gar greulichen thut,

Alles Laub und Gras, das ſchwitzet Blut,

Das Laub wohl an den Aeſten rinnt,

Wer das anſieht groß Leid gewinnt,

Das Erdreich wird von Blut ſo roth,

Das mag wohl ſeyn ein groſſe Noth.

Darnach kommt der ſechſte Tag,

Und bringet mit ſich ein greulich Klag,

Haus und Hof niederfaͤllt,

Wie feſt es auf Erden war geſtellt;

Doch faͤllt alles nieder zu der Erd,

Silber und Gold wird ſeyn gar unwerth.

Der ſiebente Tag gar greulich iſt,

Ein grauſam Geſchrey hoͤrt man zur Friſt,

[201]
Ein Stein thut ſich am andern ſchlagen,

Daß die Leut ſchier moͤgten verzagen;

Wer dann lebt, der muß alten,

Wenn er ſieht die Stein verſpalten.

Der achte Tag, vernehmt mich wohl,

Gar greulich Wunder bringen ſoll,

Der groſſen Erdbeben kommen ſo faſt,

Daß weder Menſchen noch Vieh hat Raſt.

Es faͤllt alles nieder zu der Stund,

Und ſpricht: O weh, der Tod kummt!

Der neunte Tag laͤßt nichtes ſtahn,

Alle Berg und Huͤgel muͤſſen ſich niederlahn,

Die grauſamen, hohen Berge uͤberall,

Die fallen hernieder in das Thal,

Und wird das Erdreich ganz eben,

O wie bitter wird ſeyn das Leben.

Der zehnte Tag kommt bitterlich,

Die Leut ſchreien gar jaͤmmerlich,

Die ſich in Kluͤften haben verborgen,

Die kommen hervor mit groſſen Sorgen;

Ihr keiner ſchier mehr reden mag,

Alſo ſehr fuͤrchten ſie den juͤngſten Tag.

Der eilfte Tag kommt gar klaͤrlich,

Die Todtenbein erzeigen ſich,

Vor dem Grab ſieht man ſie liegen,

Das ſoll euch nicht ſeyn verſchwiegen;

Wann die lebendigen Leut das ſehen,

Vor groſſer Angſt ſie dann vergehen.

Der zwoͤlfte Tag thut ſo grauſam wallen,

Dann ſieht man die Stern vom Himmel fallen;

Und fliehen durch die ganze Welt zumal,

[202]
Da iſt groß Jammer uͤberall.

An dem dreyzehnten und ſchrecklichen Tag,

Nun hoͤret zu, was ich euch ſag,

Daran muͤſſen alle Menſchen ſterben,

Die kommen ſind aus dieſer Erden,

Daß ſie von dem Tod auferſtehen,

Und ſaͤmmtlich vor den Richter gehen.

Der vierzehnte Tag gar greulich iſt,

Davon verbrennt die Welt in kurzer Friſt,

Luft, Waſſer und Erdreich, alles da brinnt,

Und uͤberaus groß Leid gewinnt;

Denn alles, was gemacht iſt aus der Erden,

Muß wieder zu Staub und Aſchen werden.

Am funfzehnten Tag, das iſt wahr,

Da wird eine neue Welt gar ſchoͤn und klar,

Alsdann muͤſſen alle Menſchen auferſtehen aus dem

Grab,

Wovon uns die heilige Schrift klar Zeugniß gab;

Der Engel mit dem groſſen Zorn,

Ruft allen Menſchen durch das Horn!

[203]

Anmuthiger Blumenkranz aus dem Gar-
ten der Gemeinde Gottes,
ans Licht gegeben im Jahre 1712.


Es moͤgten ſich nit wenige verwundern, daß man
bei der Menge alter und neuer Geſangbuͤcher doch wieder
ein neues Liederbuch vor den Tag bringt, dazu zu einer
Zeit, da man in der ganzen Welt nichts als Klag, Angſt
und Gefahr vorſiehet, und da die rechtſchaffenen Saͤnger
ſo rar, und die Harmonie unter denen, ſo den Namen
der Freunde Gottes tragen, ſo gar ſchlecht und gering
iſt, daß Zion mehr Urſach findet, uͤber ſich und ihre Kin-
der zu weinen, als ſie Luſt gewinnen ſollte, die Harfe
vor dem Herrn zu ruͤhren. Der Anlaß dieſer neuen Samm-
lung war das Verlangen vieler Freunde, die unter den
vielen Drangſalen den Muth nicht ſinken laſſen, vielmehr
die innern Seelenkraͤfte durch vielerlei Anfechtungen an
dem Kreutze Jeſu ausſpannen, und alſo vom Geiſte der
Weisheit in lebendiger Wahrheit geſtimmet werden. Dieſe
allein werden wohl die allerangenehmſten Saͤnger und
Muſikanten Gottes ſeyn; beſonders da alle die aͤuſſeren
Gerichte und die inneren Anfechtungen nichts anders als
[204] unfehlbare Verboten ſind, daß ſich unſere Erloͤſung nahe.
Wer wollte es einem treuen Kinde Gottes verdenken, wenn
es mitten unter den Drangſalen ſein Herz dem freudenreichen
Geiſte der Gnaden, als ein Werkzeug des Lobes Gottes
darbietet, und den Herrn in ſeinem Herzen ſpiegeln laͤßt,
ſo daß auch der Leib und die aͤuſſeren Organe zu einem an-
daͤchtigen Geſang getrieben werden. Der Geiſt Gottes wech-
ſelt Seufzen und Gebet mit einem ſtaͤrkenden Geſange.


Man hat alſo allen Fleiß angewendet, den Kern der
Beſten zu finden, ob man es allen recht gemacht habe,
daran zweifelt man, worauf man daher auch nicht hat ſehen
koͤnnen. Ja man kann nicht in Abrede ſeyn, daß hier eine
mehrere Freyheit gebraucht worden, als man bishero bei
dergleichen Geſangbuͤchern moͤgte gewohnt ſeyn, und daß
man der Regel nicht genau nachgekommen ſey, die gern
haben will, daß man alles beim Alten laſſe. Man hat kein
Bedenken getragen; hie und da in den Geſaͤngen zu aͤndern,
je nachdem es ſich der eignen Seele durch die geheime Wir-
kung der Gnade Gottes naͤher anfuͤgte oder ſonſt dem Vor-
bild des heilſamen Wortes gemaͤſſer wurde, nicht aus Ver-
achtung der Singer, darum man auch nicht hoffet, daß
irgend ein noch lebender Verfaſſer eines hierin befindlichen
Liedes dieſes uͤbel nehmen werde, da man doch keines kei-
nem zuſchreibt, ſondern der allgemeinen Erbauung, die der
Hauptgrund aller wahren Freiheit ſeyn ſoll. So ſind dann
auch einige Lieder wieder in ihre erſte Geſtalt hergeſtellt wor-
den, da ſolche von andern durch Zuſaͤtze und Veraͤnderung
eben nicht allezeit verbeſſert worden. Gleichwie man nun
gedachter maſſen Freyheit genommen, zu thun, was mau
gethan, ſo laͤſſet man auch Freiheit, daruͤber mit Beſchei-
[205] denheit zu urtheilen. Sollte aber jemand die verſchiedenen
Ausdruͤcke und ungewohnten Redensarten dieſer Lieder nach
den Lehrſaͤtzen irgend einer Religion pruͤfen, und die uner-
forſchlichen Wege Gottes mit dem kanoniſirten Maaßſtabe
der ſogenannten Orthodoxie abcirkeln wollen, der wird dieſe
Ehle an beiden Enden zu kurz finden. Viele werden auch
die hierinn befindlichen Lieder nicht verſtehen, viele koͤnnen
ihnen nicht anſtehen. Der in der Welt nur Vergnuͤgen
oder nur Melancholie, oder die Zeit zu vertreiben ſuchet,
und darum dieſe Liedlein herlallen wollte, der wird Zeug-
niß darin finden, die ſeine eitle Ertheiligung beſtrafen. So
hat man auch nicht die Meinung, daß man durch Ausge-
bung ſo vieler Lieder die Weiſe einiger Werkheiligen billigen
wolle, die entweder fuͤr ſich allein, oder in Geſellſchaft mit
andern, ſo viele Lieder nach einander daher ſingen, und
meinen Gott damit einen Dienſt zu thun, da doch die aͤuſ-
ſere Stimme [nur] ein Ausdruck der inneren Begierde und
Andacht, und dienet mehr zum Dienſte deſſen, der ſelbſt
anbetet, als eigentlich zum Dienſte Gottes. Manche Seele
ſitzet oft von auſſen unter den Saͤngern, da ſie der Geiſt
von innen ins Klagehaus fuͤhret, aͤuſſere menſchliche Satzun-
gen gehen oft ganz gegen die inneren Wirkungen des Geiſtes;
dagegen geſchieht gar oft, daß die allergeheimſten Freunde
Gottes inwendig von dem Geiſte ſo getrieben werden, daß
ihre Aeuſſerung ein Geſang. Das goͤttliche Weſen iſt kein
toͤnend Erz, noch eine klingende Schelle, aber ein ſolches
Singen iſt kraͤftig, nicht nur ſich ſelbſt in heiliger Andacht
zu erhalten, ſondern auch andere, die es hoͤren, zur wah-
ren Andacht zu erwecken. Ja pruͤfet es und erfahret es,
und der Geiſt wird zeugen, daß Geiſt Wahrheit ſey!


[206]

1. Kampf des erwaͤhlten Volkes.


Auf, auf, auf ihr Helden, waget Gut und

Blut,

Wuͤrget mit vereinten Kraͤften Babels Brut!

Eure Feldpoſaunen,

Trommeln und Kartaunen,

Laſſet toͤnen und erwecken Loͤwenmuth.

Wann die Blutfahn flieget, ſo ſeyd unverzagt,

Joſua hat vor euch ſchon den Feind verjagt!

Unſer Loͤwe bruͤllet,

Und mit Schrecken fuͤllet

Das Heer der Aſſyrer, ſo ſich an uns wagt.

Auf, auf, zuckt die Schwerdter, ſchlaget muthig

drein,

Stuͤrmt die Thuͤrme Babels, reißt die Mauern ein.

Auf, ſie ſollen fallen,

Wenn Poſaunen ſchallen,

Denn die Stunde, ſie zu richten, bricht herein.

Du o Jeſu fuͤhre ſelbſten deinen Krieg,

In uns, durch uns, mit uns, daß der Feind erlieg.

In der Kraft erſcheinen

Wir nun als die deinen,

Koͤnnen triumphiren nach erlangtem Sieg.

Preis, Kraft, Macht und Staͤrke ſey dir ſtarker

Hort,

Von uns zubereitet immer fort und fort.

[207]
Jo, Jo, Jo, durch Sterben

Wollen wir erwerben

Deine Siegeskrone bei dem Friedensport.

Dann wird erſt ertoͤnen der Trompeten Hall,

Wenn wir werden jauchzen uͤber Babels Fall.

Da wir koͤnnen ſpringen,

Neue Lieder ſingen;

Mit erhabnen Stimmen bei dem Jubelſchall.

2. Erziehung durch Geſchichte.


Loͤwen laßt euch wieder finden,

Wie im erſten Chriſtenthum;

Die nichts konnte uͤberwinden,

Seht nur an ihr Marterthum.

Wie in Lieb ſie gluͤhen,

Wie ſie Feuer ſpieen;

Da ſich vor der Sterbensluſt

Selbſt der Satan fuͤrchten muſt.

In Gefahren unerſchrocken,

Und von Luͤſten unberuͤhrt;

Die aufs Eitle konnten locken,

Alles ſie zum Himmel fuͤhrt.

Keine Furcht in ihnen,

Auf die Kampfſchaubuͤhnen

Sprangen ſie mit Freudigkeit,

Hielten mit den Thieren Streit.

Ey wohlan, nur fein ſtandhaftig,

O ihr Bruͤder tapfer drauf;

[208]
Laſſet uns doch recht herzhaftig

Folgen jener Zeugen Hauf!

Nur den Leib beruͤhrets,

Was ihm ſo gebuͤhret;

Er hats Leiden wohl verdient,

Und die Seel darunter gruͤnt.

Fort weg mit dem Sinn der Griechen,

Denen Kreutz ein Thorheit iſt;

O laßt uns zuruͤck nicht kriechen,

Wenn ans Kreutz ſoll Jeſu Chriſt!

Reiht euch dicht zuſammen,

Wenn der Schlange Samen

Sich dem Glauben widerſetzt,

Und das Schlachtſchwerdt auf uns wetzt.

Schwaͤngre vor, o goldner Regen,

Uns dein duͤrres Erb und Erd;

Daß wir dir getreu ſeyn moͤgen,

Und nicht achten Feuer, Schwerdt.

Als in Liebe trunken,

Und in dir verſunken;

Mach die Kirch an Liebe reich,

Daß das End dem Anfang gleich.

3. Triumph des erwaͤhlten Volkes.


Auf Triumph, es kommt die Stunde,

Da ſich Zion, die Geliebte, die Betruͤbte hoch erfreut,

Babel aber geht zu Grunde,

Daß ſie klaͤglich uͤber Jammer, uͤber Angſt und Kum-

mer ſchreit.

[209]
Dieſe Dirne hat beflecket

Ihr geſchenktes, ſchoͤn geſchmuͤcktes jungfraͤuliches Eh-

renkleid;

Und mit Schmach und Hohn bedecket,

Die dem Lamme auf die Hochzeit iſt zum Weibe zu-

bereit.

Stolze Dirne nicht verweile,

Die da auf den vielen, vielen, vielen groſſen Waſſern

ſitzt;

Und mit Angeln und am Seile

Ganze Voͤlker zu ſich ziehet, und in ſchnoͤder Brunſt

erhitzt.

Zion ſiehet auf den Straßen

Die entbloͤßten und geſchminkten ſtolzen Toͤchter Ba-

bels an;

Wie ſie ſich beſchauen laſſen,

Koͤnig, Prieſter, hoch und niedrig haben ihre Luſt

daran.

Auf dem Lande, in den Staͤdten

Hat die Dirne mit dem Becher, alle Heyden toll ge-

macht;

Sie ſtolzieren in den Ketten,

Haben ſie als Schickſalsgoͤttin, ſich als Goͤtzen hoch

geacht.

Zions Schoͤpfer ſchaut vom Himmel

Auf die vollen, tollen Heyden und ſein heilig Herz

entbrennt;

3. Band. 14.
[210]
Daß das wuͤſte Weltgetuͤmmel

Sich ſein trautes Zion nennet, welches ihn doch nicht

erkennt.

Zion netzet ihre Wangen

Mit ſo vielen heiſſen Thraͤnen uͤber den Verwuͤſtungs-

graͤuel;

Und erwartet mit Verlangen

In den Banden der Chaldaͤer ihres Gottes Sieg und

Heil.

Amen, Zion iſt erhoͤret,

Unſre Thraͤnen ſind wie Waſſer gegen Mittag aufge-

zehret;

Seht, Chaldaͤa iſt zerſtoͤret,

Unſer Weinen iſt in Jauchzen, unſre Laſt in Luſt ver-

kehrt.

Freue dich mit Herz und Munde,

Du erkauftes, auserwaͤhltes und erloͤſtes Iſrael;

Siehe Babels eigne Hunde,

Die die Frommen jagen mußten, freſſen dieſe Jeſabel.

Da wir noch an Babels Weiden

Unſre Harfen haͤngen muͤſten, war ein Tag wie tauſend

Jahr;

Aber nun in Zions Freuden

Wird fuͤr einen Tag gerechnet, was ſonſt tauſend

Jahre war.

O wie groß iſt deine Wonne,

Schoͤnſtes Zion, es iſt kommen, dein erwuͤnſchtes Hoch-

zeitsfeſt;

[211]
Da ſich Jeſus, deine Sonne

Der dich kroͤnet, deinen Braͤutigam, deinen Koͤnig

nennen laͤßt.

Nach der Hochzeit wird die Nymphe

Aus dem Hauſe ihrer Mutter in des Vaters Haus

gefuͤhrt;

Die mit ewigem Triumphe

In der Krone ihrer Hochzeit, ewig, ewig, triumphirt.

Auf ihr Cimbeln, auf ihr Saiten,

Pſalter, Pauken und Trompeten, lobt des Herren

Heiligkeit;

Laßt uns ihm ein Lob bereiten,

Er iſt Koͤnig, er iſt Koͤnig in der Zeit und Ewigkeit.

4.Erziehung der erwaͤhlten Seele
im erwaͤhlten Volke
.


Fahre fort mit Liebesſchlaͤgen,

Suͤßer Jeſu, liebſter Hort;

Laß ſich Truͤbſalsſtuͤrme regen,

Denn ſie treiben mich zum Port.

Da mein Herr, hier iſt mein Ruͤcken,

Schlag nur zu, ich habs verſchuldt;

An das Kreutz mit Liebesſtricken

Zieht mich deine groſſe Huld.

Ich bin lang von dir gewichen,

Lang war mir das Eitle lieb;

Doch biſt du mir nachgeſchlichen,

[212]
Weil dich deine Liebe trieb.

Liebe, die dir Haͤnd und Fuͤſſe

An das Kreutzesholz geſpießt;

Liebe, die ſo honigſuͤße

Auf die armen Suͤnder fließt.

Ach ſo denke nicht, wie lange

Ich dich Braͤutigam nicht erkannt;

Wie ich mich zur alten Schlange

Oft mit Herz und Sinn gewandt.

Sondern denk an deine Wunden,

Die dein heilig Fleiſch durchritzt;

Denk an deine Trauerſtunden,

Da du Blut fuͤr mich geſchwitzt.

5. Erziehung durch Natur.


Ach hoͤr das ſuͤſſe Lallen,

Den allerſchoͤnſten Ton

Der kleinen Nachtigallen,

Auf ihrem niedern Thron.

Hoͤr, was ſie dir da ſinget,

In ihrer gruͤnen Claus;

Ihr ſchlechtes Weſen bringet

Viel weiſe Lehr heraus.

Sie ſpricht: ihr Menſchen ſehet,

Mein Nothdurft iſt ſehr klein;

Mein Wunſch nicht weiter gehet,

Aus Nachtigall zu ſeyn.

[213]
Ich laß die hohen Neſter,

Und liebe Niedrigkeit;

Das meine iſt weit feſter,

Und ruhig allezeit.

Ich hab, was Adler haben,

Sie aber nicht, was ich;

Der Luft und Erde Gaben,

Sind eben wohl fuͤr mich.

Die großen Schwan und Storchen,

Die reiſen her und hin;

Sie ſind voll Muͤh fuͤr morgen,

Und dies iſt ihr Gewinn.

6. Erziehung durch Gluͤck.


Ach Gott, du biſt, wie mans begehrt,

Du biſt uns, was wir wollen;

Du biſt ganz gut und ganz verkehrt,

Lieb kommt aus dir gequollen

Und Heil fuͤr den, der dies verlangt,

Wer aber Zorn will, Zorn empfangt;

O wunderbares Weſen.

Mach mich mein Schoͤpfer nur ganz ſtumm,

Und in die Still mich bringe;

Mein Will iſt doch verkehrt und dumm,

Und will leicht ſolche Dinge,

Die ſelbſt mich ſtrafen wie ein Kind,

Ja mach mich taub und dazu blind,

Zu allem, was nicht ewig.

[214]

7. Erziehung durch Leidenſchaft.


O Zorn, du Abgrund des Verderbens,

Du unbarmherziger Tyrann;

Du friſſeſt, toͤdteſt ſonder Sterben,

Und brenneſt ſtets von neuem an;

Wer da geraͤth in deine Haft

Bekommt der Hoͤlle Eigenſchaft.

Ach waͤren wir verwahret blieben,

Vor deiner ſtrengen Widrigkeit;

Wie ſelig waͤren wir im Lieben,

Und wuͤßten nicht, was Ungleichheit

Im Guten und im Boͤſen ſey,

So waͤren wir des Zornes frey.

O daß wir doch wohl moͤgten faſſen,

Woher der Grimm entſprungen ſey;

Und ſtuͤnden in der Lieb gelaſſen,

Und hielten uns des Zornes frey;

Der Hochmuth und die Eigenheit

Erregen Zorn und Grimmigkeit.

Laß mich aus Eigenheit ausgehen,

Und aller Selbheit ſterben ab;

Die Lieb heiß in mir auferſtehen,

Und allen Zorn ſchick in das Grab;

Daß keine Noth mir mehr ſetz zu,

Kein Widerwille brech die Ruh.

Die Liebe, die nicht iſt ihr eigen,

Die ſich in allem macht gemein;

[215]
In mir ſich laß in Demuth zeigen,

Laß mich ein Kind der Liebe ſeyn;

Der alten Schlange Kopf zerbrich

In mir und dann erkenne dich.

Wo iſt o Liebe deine Tiefe,

Der Urgrund deiner Wunderkraft;

Seel, komm ein einzig Troͤpflein pruͤfe

Von dieſer Wirkungseigenſchaft.

O wer in dieſem tiefen Meer

Gleich einem Troͤpflein ſich verloͤr!

8. Erziehung durch Erkenntniß.


O finſtre Nacht, wann wirſt du doch vergehen,

Wann bricht mein Lebenslicht herfuͤr;

Wann werd ich doch von Suͤnden auferſtehen,

Und leben nur allein in dir.

Wann werd ich in Gerechtigkeit

Dein Antlitz ſehen allezeit?

Wann werd ich ſatt und froh mit Lachen,

O Herr nach deinem Bild erwachen.

Darum mein Geiſt ſey wacker, wach und ſtreite,

Fahr immer in der Heilgung fort;

Vergiß, was ruͤckwaͤrts iſt, die groſſe Beute

Steht noch an ihrem Orte dort.

Streck dich darnach, eil nach ihr zu,

Du findeſt ſonſten doch nicht Ruh;

Bis du haſt dieſe Kron erſtritten,

Und mit dem Herrn den Tod erlitten.

[216]
O goldnes Meer, durchbrich doch deine Daͤmme,

Komm wie die aufgehaltne Fluth;

Und alles Fleiſch, was lebet, uͤberſchwemme,

Das vor dir immer Boͤſes thut.

O Gottes Lamm! dein Blut allein

Macht uns von allen Suͤnden rein;

Das Kleid, das drinn gewaſchen worden,

Das traͤgt allein dein Prieſterorden.

9. Erziehung durch Langeweile.


Wo flieh ich hin? wo ſoll ich bleiben?

Wo wird die ſuͤße Stille ſeyn?

Da ich mich koͤnnte ſchlieſſen ein,

Und mich nicht laſſen mehr umtreiben

In Unruh dieſer aͤuſſern Dinge.

Iſt keine Einſamkeit bereit,

Darin ich Gott ein Loblied ſinge,

Der von Zerſtreuung mich befreit?

Mein Geiſt will in die Wuͤſte ziehen,

Und wuͤnſcht ſich Taubenfluͤgel an;

Weil er vor Angſt nicht bleiben kann,

Da wo die Menſchen ſich bemuͤhen,

Von Gott noch weiter wegzugehen

Und niemals bei ſich ſelbſt zu ſeyn;

Ich kann den Jammer nicht mehr ſehen,

Und bleibe ſelbſt dabei nicht rein.

Drum fort o Seel! entzeuch geſchwinde

Dich der Geſellſchaft dieſer Welt!

[217]
Zerreiß, was dich gefangen haͤlt,

Damit dein Fuß die Ruhe finde,

Wo kein Geraͤuſche dich verſtoͤret;

Kein Zuſpruch, Sorgen und Verdruß

Den Umgang dir mit Gott verwehret,

Der hier oft unterbleiben muß.

Ich freu mich ſchon auf eine Kammer,

Die mich in ſich verſchlieſſen wird;

Und durch den engen Raum abfuͤhrt,

Von aller Unruh, Streit und Jammer,

Den große Staͤdt und Schloͤſſer haben;

Hier ſoll nur meine Ruhſtaͤdt ſeyn,

Da Sicherheit und Fried mich laben,

Und kein Unfriede bricht herein.

Nun will ich erſt recht ſingen, beten,

Und in der Andacht kommen weit;

Weil ich nicht durch ſo viel zerſtreut,

Vor Gott mit ſtillem Geiſt darf treten.

Da ſoll kein Feind mich hindern koͤnnen,

Ich geh in Canaan ſchon ein,

Mein Paradies ſoll man es nennen,

Hier will ich auch begraben ſeyn.

Gegenſatz.


Ach triumphir nicht vor dem Siege,

O Seel wo willt du fliehen hin;

Da dein verblendter Eigenſinn

[218]
Vor Feinden frey und ſicher liege.

Suchſt du noch Ruh in aͤuſſern Dingen,

Ach glaube mir, du findſt ſie nicht;

Wirſt du nicht nach dem Innern ringen,

So iſts mit dem nicht ausgericht.

Drum bleib nun im Gehorſam ſtehen,

Kein Kriegsmann weicht von ſeinem Poſt;

Wenns auch ſchon Blut und Leben koſt,

Wenn ihn ſein Herr dahin heißt gehen.

Der Glaub weiß nichts von eignem Willen,

Er ſieht ſich ſelbſt den Weg nicht aus,

Dadurch er Gottes Will erfuͤllen,

Und aus dem Streit will kommen raus.

Du biſt dir ſelbſt die groͤßte Plage,

Du traͤgſt noch Babel ſtets in dir;

Willt du noch Ruh genießen hier,

So laß dir keine ſuͤße Tage

Durch ſuͤße Traͤume hier verlegen,

Du machſt dich nur mehr misvergnuͤgt;

Der liebe Jeſu wird dich hegen,

Der alles Wiſſen uͤberwiegt.

Du kannſt auch mitten im Getuͤmmel

Der Welt, den Vater beten an;

Der dich ja bald erloͤſen kann,

Wenn dir erſt nuͤtze jener Himmel

Und dich Egypten nicht ſollt uͤben,

Daß deiner Treiber ſchweres Joch

[219]
Dich lehrte recht den Himmel lieben,

Und dein Verlangen ſtillte noch.

Hier iſt kein Canaan zu hoffen,

Kein Paradies iſt mehr allhier;

Es hat noch niemand der mit dir

Entfliehen will, den Zweck getroffen.

Die Hoffnung naͤhrt ſich mit den Dingen,

Die ſuͤß und doch unſichtbar ſind;

Es muß uns doch zulezt gelingen,

Bleib nur in Einfalt Gottes Kind.

Nur freue dich auf jene Kammer

Des Friedens, da du wohnen wirſt,

Wenn dich nicht mehr nach Ruhe duͤrſt,

Und biſt befreyt von allem Jammer,

Den hier noch Staͤdt und Wuͤſten haben,

Und wo du nur willt fliehen hin;

Die Einſamkeit kann dich nicht laben,

Wenn mit dir zieht dein Eigenſinn.

10. Erziehung durch Vergoͤttligung.


Verborgenheit!

Wie iſt dein Meer ſo breit

Und wundertief, ich kann es nicht ergruͤnden,

Man weiß kein Maaß, noch Ziel, noch End zu finden,

So lang man iſt in der Vergaͤnglichkeit,

Verborgenheit.

Die Herrlichkeit,

Die du haſt allbereit,

[220]
Den Kindern deiner Lieb hier beygeleget,

Iſt ſonderlich. Wer dies Geheimniß heget,

Der traͤgt in ſich auch zur elendſten Zeit

Die Herrlichkeit.

Du ſelber biſt

Der Brunn, der ihnen iſt

In ihrem Geiſt zum ſteten Heil entſprungen,

Durch dich iſt ihnen manches Werk gelungen;

Doch leidets nicht ſo mancher falſche Chriſt,

Daß ſelbſt du's biſt.

Der Liebe Band

Iſt vielen unbekannt;

Wie ſegnet ſich der Geitzige im Herzen,

Wenn er mit Geld die Chriſten ſiehet ſcherzen;

Das macht, er kennt nicht Gottes Wunderhand

In dieſem Band.

Darum verſteckt

Der Herr, was er erweckt,

Die Kinder gehn nur immer im Verborgen,

Die doch noch kein Gericht beſorgen;

Bis endlich Gott die Herrlichkeit entdeckt,

Die war verſteckt.

So wandelt er

Im Heiligthum umher,

Mit leiſem Schritt, der kann ihn nicht vernehmen,

Wer ſich zur Einfalt nicht will ganz bequemen,

Wie er ſonſt nichts zu thun pflegt ohngefaͤhr,

So wandelt er.

[221]

11.Erziehung durch Ahndung.


Denkſt du nicht, Maria, mehr an die ausge-

ſtandnen Schmerzen,

Als das kleine Jeſulein in dir ein Geſtalt gewann?

O wie ſollt ich ihn nicht drum tauſendmal im Glauben

herzen,

Da er nun zuſehens waͤchſt, mir zum Braͤutgam und

zum Mann.

Hat Johannes nicht vor Freud, ſchon im Mutter-

leib geſprungen,

Spielt er nicht zum voraus ſchon, eh er noch kam an

das Licht;

Haben wir nicht ſeine Freund oft ſein Hochzeitslied ge-

ſungen,

Hat man mir mit Fingern da dieſes Kind gezeiget nicht.

Nun liegt mir dies Kind im Schooß! Nun hab

ich das Lamm vor Augen,

Schaue, wie es mir zur Luſt treibt ſo manches ſuͤße

Spiel;

Iſt dies nicht mein Freund, der pflegt meiner Mutter

Bruſt zu ſaugen,

Iſt er nicht mein Salomon, den ich niemals kuͤß zu

viel.

Ja er iſts, und was ich will, kann ich in dem

Kindlein finden,

Kind und Braͤutigam zugleich heißt und iſt er in der

That;

[222]
Denn die zarte Liebe kann auch wohl Kinder ehlich

binden,

Daß in Unſchuld als ſich ſelbſt, eins das andre lie-

ber hat.

12.Erziehung durch Ueberzeugung.


Wohl dem, welcher unverwirret

Von der irdiſchen Unruh

Wie ein einſam Taͤublein girret,

Und fleugt holen Felſen zu,

Deſſen Herz auf Gott gericht,

Horchet, was er zu ihm ſpricht.

Wohl dem, welcher nimmt die Haue,

Grabet, hackt mit Luſt und Schmerz,

Auf daß er den Acker baue

Und noch mehr ſein duͤrres Herz,

Der die Welt mit ihrer Pracht

Ehr, Gemaͤchlichkeit verlacht.

Wohl dem, welcher dann alleine

Sitzt bei einem klaren Bach,

Lebet nur, auf daß er weine,

Uebe an ſich ſelber Rach;

Daß der keuſchen Engel Hauf

Faſſet ſeine Thraͤnen auf.

Wohl dem, deſſen Aug und Wangen

Wie ein uͤberſtroͤmend Fluth

Seinen Weg, den er gegangen,

[223]
Netzet mit dem Herzensblut

Wohl der Erde, Holz und Au,

Dieſes iſt ihr Himmelsthau.

13. Erziehung durch Genuß.


Steh auf Nordwind,

Und komm Suͤdwind!

Weh mit deiner heilgen Luft

Durch den Garten,

Ich will warten

Dein in meines Herzens Gruft;

Laß dein Sauſen

Auf mich brauſen,

Meine Seele nach dir ruft.

Steh auf Nordwind,

Und komm Suͤdwind!

Jag die ſchwarzen Wolken hin'

Mach das Dunkle,

Daß es funkle,

Alle Finſterniß zerrinn!

Finſtre Suͤnden

Laß verſchwinden,

Und mach helle Herz und Sinn.

Steh auf Nordwind,

Und komm Suͤdwind!

Mach mein kaltes Herze heiß;

Dich zu lieben,

[224]
Das zu uͤben,

Was gereicht zu deinem Preis.

Sey mir guͤnſtig,

Mach mich bruͤnſtig,

In mein Herz die Liebe geuß.

14. Pruͤfung in heiliger Flamme.


Brennt immerhin

Ihr angezuͤndte Flammen!

Bewahrt die Kraft beiſammen,

Und hebt den ſchweren Sinn

Mit euren Liebesfluͤgeln

Nach jenen Weihrauchhuͤgeln,

Da mein verliebter Sinn

Brennt immerhin.

Ich weiß es ſchon,

Wo ich den Schoͤnſten funden,

Der meinem Geiſt verbunden!

Er iſt der Liebe Lohn,

Der ſich mir ſelbſt muß geben,

Soll anders ich noch leben.

Wo ſeine Schoͤnheit wohn,

Daß weiß ich ſchon.

Ich hab ihn nun,

Und ſuch ihn doch noch immer

In meines Herzens Zimmer,

Wo er ſo gern will ruhn;

[225]
Das ſehnliche Verlangen

Der Lieb' hat mich gefangen,

Mir ſtaͤtig wohl zu thun.

Ich hab ihn nun.

Kein Auge ſieht,

Kein Herz hat uͤberkommen,

Kein Ohr hat je vernommen,

Wenn unſer Bette bluͤht;

Was Gott hat dem bereitet,

Der ſich von ihm nicht ſcheidet,

Und Liebe in ſich zieht,

Die man nicht ſieht.

Man kann auch nicht

Von dem Geheimniß ſchreiben;

Es muß verſchwiegen bleiben,

Was Lieb' in uns verricht.

Es iſt recht groß zu nennen,

Wenn Jeſus will erkennen

Die Braut in ſeinem Licht,

Man kennt es nicht.

15. Bekenntniß.


Unſchaͤtzbares Einfaltweſen!

Perle, die ich mir erleſen;

Vielheit in mir ganz vernicht,

Und mein Aug auf dich nur richt.

Mach mich los vom Doppeltſehen!

Laß auf eins den Sinn nur gehen;

3. Band. 15.
[226]
In recht unverruͤckter Treu,

Und von allen Tuͤcken frey.

Ey ſo mach mich dann aufrichtig,

Einen Leib, der ganz durchſichtig;

Licht ſey, ſchaff und ruf in mir

Aus der Finſterniß herfuͤr.

Mache neu die alte Erde,

Daß ſie kriſtalliniſch werde;

Und das Meer laß ſeyn nicht mehr,

Auſſer nur dein glaͤſern Meer.

Dieſes laß mit Feuerguͤſſen

Aus dir in mich uͤberfließen:

Komm o ſtark erhabne Fluth,

Reiß mich hin ins hoͤchſte Gut.

16. Hochzeitmorgen.


Weil ich nun ſeh die goldnen Wangen

Der Himmelsmorgenroͤthe prangen,

So will auch ich dem Himmel zu,

Ich will der Leibsruh Abſchied geben,

Und mich zu meinem Gott erheben,

Zu Gott, der meiner Seele Ruh.

Ich will durch alle Wolken dringen,

Und meinem ſuͤßen Jeſu ſingen,

Daß er mich hat ans Licht gebracht;

[227]
Ich will ihn preiſen, will ihm danken,

Daß er mich in des Leibes Schranken

Durch ſeinen Engel hat bewacht.

17. Hochzeitmittag.


Wenn die Seele ſich befindet

In des Braͤutgams Keller ſtehn,

Wird ſie als vom Wein entzuͤndet,

Jauchzet voll einherzugehn,

Daß ihr Leib und ganzer Geiſt

Trunken und entzuͤcket heißt.

Alsdann wird ſie aufgezogen,

Und in ſtille Luft gefuͤhrt,

Aus den wilden Meereswogen,

Aus den Dingen, die ſie ſpuͤrt.

Unertraͤglich leer zu ſeyn,

Wenn die Sinnen dringen ein.

Alles liegt zu ihren Fuͤſſen,

Was zu dieſer Welt gehoͤrt,

Ja ſie kann auch leichtlich miſſen,

Was durch guten Schein bethoͤrt;

Denn ſie hat den klugen Geiſt,

Der ihr beſſre Guͤter weiſt.

Wie ein Trunkner liegt ſie ſtille,

Der wie unempfindlich ſcheint,

Daß der ſonſt zertheilte Wille

[228]
Aufgeopfert nicht mehr meint,

Als nur Gott und ſeine Kraft,

Die den Sohn der Liebe ſchafft.

18. Hochzeitabend.


Nun muß ich ihn lieben, nun muß ich allein,

Des goͤttlichen Braͤutgams Verlobete ſeyn!

Ihn lieben iſt Freude und ſelig genug,

Drum folg ich mit Luſt dem heiligen Zug.

Was bringet die irdiſche Liebe als Tod?

Was wirken die fleiſchlichen Luͤſte als Noth?

Wie bald iſt ein Blick der Freude vorbei?

Da ſieht man wie kurz die Eitelkeit ſey.

Der goͤttliche Funken kann nimmermehr ruhn,

Als wenn er zum Urſprung ſich wieder kann thun;

Da findet er Luſt, da giebt er ſich ein,

Da waͤchſet ſein Licht vom lieblichſten Schein.

Und wenn er nun waͤchſet, ſo mehrt ſich die Kraft,

Die Gottes liebreitzendes Kuͤſſen verſchafft,

Da ſtirbet das Fleiſch, da lebet der Geiſt,

Der Chriſti Verlobte nun ewiglich heißt.

Und iſt dem Verliebten nur Reinheit bewußt,

So oͤffnet ſich rein paradieſiſche Luſt;

Da kaͤmpfet und ſiegt vereinigte Staͤrk,

Wird taͤglich erfriſcht zum goͤttlichen Werk.

[229]
Bewegſt du o Jeſu den innerſten Grund,

So oͤffnet des Glaubens erweiterter Mund,

Erfuͤlle das Herz mit Liebe zu dir,

Und bleibe im Schmerz und Freude bei mir.

Genug haſt du Liebe, o Liebe fuͤr mich,

Drum ſuch ich ſie bei dir mein anderes Ich,

Nun ſink ich in deine Vollkommenheit ein,

Ich kann nicht ohn dich, mein Leben, mehr ſeyn.

19. Hochzeitnacht.


Ermuntert euch ihr Frommen,

Zeigt eurer Lampen Schein;

Der Abend iſt gekommen,

Die finſtre Nacht bricht ein.

Es hat ſich aufgemachet

Der Braͤutigam mit Pracht;

Auf! betet, kaͤmpft und wachet,

Bald iſt es Mitternacht.

Macht eure Lampen fertig,

Und fuͤllet ſie mit Oehl;

Seyd nun des Heils gewaͤrtig,

Bereitet Leib und Seel!

Die Waͤchter Zions ſchreien,

Der Braͤutigam iſt nah,

Begegnet ihm im Reihen,

Und ſingt Halleluja.

[230]
Ihr klugen Jungfraun alle

Hebt nun das Haupt empor,

Mit Jauchzen und mit Schalle

Zum frohen Engelchor.

Die Thuͤr iſt aufgeſchloſſen,

Die Hochzeit iſt bereit,

Auf! auf ihr Reichsgenoſſen,

Der Braͤutgam iſt nicht weit.

Er wird nicht lang verziehen,

Drum ſchlaft nicht wieder ein;

Man ſieht die Baͤume bluͤhen

Der ſchoͤne Fruͤhlingsſchein.

Verheißt Erquikungszeiten,

Die Morgenroͤthe zeigt

Den ſchoͤnen Tag von weiten

Vor dem das Dunkle weicht.

Wer wollte denn nun ſchlafen?

Wer klug iſt, der iſt wach;

Gott kommt, die Welt zu ſtrafen,

Zu uͤben Grimm und Rach

An allen, die nicht wachen,

Und die des Thieres Bild

Anbeten, ſammt dem Drachen:

Drum auf, der Loͤwe bruͤllt.

Begegnet ihm auf Erden,

Ihr, die ihr Zion liebt,

Mit freudigen Geberden,

Und ſeyd nicht mehr betruͤbt!

[231]
Es ſind die Freudenſtunden

Gekommen und der Braut

Wird, weil ſie uͤberwunden,

Die Krone nun vertraut.

Hier ſind die Siegespalmen,

Hier iſt das weiße Kleid;

Hier ſtehn die Waitzenhalmen,

Im Frieden nach dem Streit,

Und nach den Wintertagen,

Hier gruͤnen die Gebein,

Die dort der Tod erſchlagen,

Hier ſchenkt man Freudenwein.

Hier iſt die Stadt der Freuden,

Jeruſalem der Ort,

Wo die Erloͤſten weiden,

Hier iſt die ſichre Pfort.

Hier ſind die goldnen Gaſſen,

Hier iſt das Hochzeitmahl;

Hier ſoll ſich niederlaſſen,

Die Braut im Roſenthal.

20. Triumph der erwaͤhlten Seele.


Triumph, Triumph! Es kommt mit Pracht

Der Siegesfuͤrſt heut aus der Schlacht;

Wer ſeines Reiches Unterthan,

Schau heute ſein Triumphfeſt an!

Triumph! Triumph! Victoria!

Und ewiges Hallelujah.

[232]
Vor Freuden Thal, Berg, Wald erklingt,

Die Erde ſchoͤnes Blumwerk bringt,

Der Zierath, die Tapezerey

Zeigt daß ihr Schoͤpfer Sieger ſey.

Triumph u. ſ. w.

Die Sonne ſich aufs Schoͤnſte ſchmuͤckt,

Und wieder durch das Blaue blickt;

Die vor pechſchwarz im Trauerkleid

Beſchaut den blutgen Todesſtreit,

Triumph u. ſ. w.

Das ſtille Lamm jezt nicht mehr ſchweigt,

Sich muthig als ein Loͤw erzeigt;

Kein harter Fels ihn haͤlt und zwingt,

Grab, Siegel, Riegel vor ihm ſpringt.

Triumph u. ſ. w.

Der andre Adam heut erwacht,

Nach ſeiner harten Todesnacht;

Aus ſeiner Seite er erbaut,

Uns ſeine theur erloͤſte Braut.

Triumph u. ſ. w.

Wie Aarons Ruthe ſchoͤn ausſchlug,

Am Morgen bluͤht und Mandeln trug;

So traͤget Frucht der Seligkeit

Des hohen Prieſters Leichnam heut.

Triumph u. ſ. w.

Nun iſt die Herrlichkeit erkaͤmpft,

Der Suͤnden Peſt und Gift gedaͤmpft;

[233]
Der ſchweren Handſchrift Fluch und Bann

Vertrit hier mein Erloͤſersmann.

Triumph u. ſ. w.

Du theure Seel biſt ausgebuͤrgt,

Der hoͤlliſche Tyrann erwuͤrgt,

Sein Raubſchloß und geſchworne Rott

Iſt ganz zerſtoͤrt, der Tod ein Spott.

Triumph u. ſ. w.

Herr Jeſu, wahrer Siegesfuͤrſt,

Wir glauben, daß du ſchenken wirſt

Uns deinen Frieden, den du bracht

Mit aus dem Grab und aus der Schlacht.

Triumph! Triumph! Victoria!

Und ewiges Hallelujah.

Hans Sachſens Tod.


(Eine Traumweiſe nach Adam Puſchmann, in Hans Sachſens Lebens-
beſchreibung von Raniſch. S. 326.)


Als man ſchrieb um Weihnachten

Gleich Sechs und Siebenzig,

Mich da aufwachen machten

Die Nachtraben froſtig,

Daß ich nicht mehr konnt ſchlafen,

Mich trafen

Gedanken allzuviel.

Da kam mir vor mein Wandern,

[234]
Und was ich trieb darin,

Mir fiel ein unter andern,

Wie viel Hans Sachs vorhin

Macht Lieder, geiſtlich Geſchichte,

Gedichte,

Fabeln, Geſpraͤch und Spiel,

Und wie es fromm',

Und Nutz draus komm',

Wohl jedem, der ſich des annomm'.

Indem entſchlief ich wiederum,

Und Morgens drauf mir in den Sinn

Ein froͤhlich Traum da fiel.

Mich daͤucht, ich reiſt' aus ruͤſtig,

Und kam zur Mayenzeit,

In eine Stadt groß, luſtig,

Von Haͤuſern ſchoͤn bereit,

Die Wohnung der geduͤrſten (kuͤhnen)

Reichsfuͤrſten

War mitten in der Stadt.

Und auch ein Berg hoch, gruͤne,

Darauf ein ſchoͤner Gart,

In Freuden war ich kuͤhne,

Weil drin gepflanzet ward

Wohl mancher Baum voll Fruͤchte,

Gezuͤchte,

Pomranzen und Muskat,

Mehr fand ich drein

Roſinlein fein,

Mandlen, Feigen, allerlei rein

[235]
Wohlſchmeckend Fruͤchte, groß und klein,

Genoß viel Volk da insgemein,

Das drin ſpatzieret hat.

Mitten im Garten ſtande

Ein ſchoͤnes Luſthaͤußlein,

Darin ein Saal ſich fande,

Mit Marmor pflaſtert fein,

Mit ſchoͤn lieblichen Schilden

Und Bilden,

Figuren frech und kuͤhn.

Ringsum der Saal auch hatte

Fenſter geſchnitzet aus,

Durch die man all' Frucht thate

Im Garten ſehen draus.

Im Saal ſtand auch ohnecket

Bedecket

Ein Tiſch mit Seiden gruͤn

An ſelbem ſaß

Ein Altmann blaß,

In einem großen Buch er las,

Haͤtt einen langen Bart fuͤrbas

Grauweis, wie eine Taub er ſaß

Auf einem Blatte gruͤn.

Das Buch lag auf dem Pulte

Auf ſeinem Tiſch allein,

Und auf den Baͤnken, gulden,

Mehr andre Buͤcher fein,

Die alle wohl beſchlagen

Da lagen,

[236]
Der alt Herr nit anſah.

Wer zu dem alten Herren

Kam in den ſchoͤnen Saal,

Und gruͤſſet ihn von ferren,

Den ſah er an diesmal,

Sagt nichts und thaͤte neigen,

Mit Schweigen

Gen ihn ſein alt Haupt ſchwach.

Dann Rede und

Gehoͤr begunnt,

Ihm abzugehn aus Altersgrund.

Als ich nun da im Saale ſtund,

Und ſein alt lieblich Antlitz rund

Beſchaute, dacht ich nach.

Die große Stadt und Garten

Ein finſtre Wolk bezug,

Daraus blitzt in mein Warten

Ein Feuerſtrahl und ſchlug

Ein Donnerſtrahl erbittert

Es zittert

Alles an dieſer Staͤtt.

Ob dieſem harten Knallen

Erſchrack der alte Herr,

That in ein Ohnmacht fallen,

Bald ein Platzregen ſchwer

Ein Waſſerfluth thaͤt geben,

Die eben

Sehr großen Schaden thaͤt

Zween Tag hernach

[237]
Der alt Mann ſchwach

Starb, ihm gab ichs Grabgleit hernach,

Mein Herz mit Weinen laut durchbrach,

Drob mich mein Weib aufweckt ich ſah

Daß ich getraͤumet haͤtt.

Weihnachten, ach Weihnachten,

Du warſt der Kinder Troſt,

Die noch im Schlafe lachten,

Du Schlaf mir bald entflohſt,

Die Stunden hell mir ſchlagen.

Wem ſagen

Sie an den Tag ſo ſchnell,

Mein Waͤchter iſt da druͤben,

Er ſagt mir an den Tag,

In Schmerzen vorzuuͤben,

Was hohe Luſt vermag.

Zur Kirch bin ich gegangen,

Vergangen

War mir Verzweiflung ſchnell,

Es bleibt zuruͤck

Ein ſaͤumend Gluͤck,

Und in den Traum ein tiefer Blick,

Wie in der Kinder Aug entzuͤckt,

Wie ich ſie halb noch ſchlafend druͤck,

Suͤß ſpringt der Augen Quell.

Des Traumes deutend Summen

Ich nun ermeſſen kann:

[238]
Soll alle Luſt verſtummen,

Erſtirbt ein hoher Mann?

Die Thraͤnenfluthen brauſen

Mit Grauſen,

Der Menſchen Haus verſinkt!

Der Alte ſteigt als Taube

Verjuͤnget aus der Fluth,

Mit einem gruͤnen Laube

Im Schnaͤblein ſorgſam gut,

Auf einem Buch ſie ſitzet,

Das blitzet,

Und ſchwimmt und nicht ertrinkt,

Mit Perlen iſt

Beſchlagen, wißt,

Das wars, was da der Alte lieſt,

Als er die arme Neugier gruͤßt;

Dies Buch ſuch auf du frommer Chriſt,

Das dir den Frieden bringt.

Die Schmerzensfluthen weichen,

Der Berg bleibt unverletzt,

Die neuen Menſchen gleichen

Den Staͤmmen, die verſetzt,

Es treibt ſie edler Leben,

Sie geben

Nun edle Fruͤchte nur.

Es wird aus Erdenſchluͤnden

Das Buch der Vorzeit mein,

Und ihre ſchweren Suͤnden

Sind abgewaſchen rein,

[239]
O wollt das Trauren ſtillen,

Will fuͤllen

Moſaiſch jede Spur,

Am Boden hell

Der Himmelsquell

Iſt eingelegt, ſo Well auf Well,

Die Taube bleibet mein Geſell

Und trinkt des Buches ewgen Quell,

Gottes Wort in der Natur.

[[240]][[241]]

Schluß.


3. Band. 16.
[[242]][[243]]

Sr. Excellenz
dem

Herrn Geheimerath von Goͤthe,
und
allen Foͤrderern dieſer Sammlung
unſer Dank zum Schluß,
L. Achim v. Arnim. Clemens Brentano.


[[244]][243[245]]

Lieder-Anfaͤnge
des
Zweyten Bandes
.


  • Ach Gott mich thut verlangen 111
  • Ach Gott was wollen wir aber heben an 436
  • Ach Jungfrau klug von Sinnen 442
  • Ach koͤnnt ich meine Stimm, dem Donner gleich etc. 96
  • Ach! wie ſanft ruh ich hie 48
  • Ach wie ſo ſchoͤn, wie huͤbſch und fein 167
  • Allbert, Graf von Nuͤrnberg ſpricht 232
  • Als Barnim de faſt luͤtke Mann 124
  • Als Conradin zu Jahren kam 145
  • Als Gott die Welt erſchaffen 399
  • Als ich bei dunkler Nacht 378
  • Als ich einmal ſpazieren gieng 127
  • Als ich verwichen lag in ſanfter Ruh 375
  • Als Jupiter gedacht 358
  • Als ſich der Hahn thaͤt kraͤhen 207
  • An allem Ort und Ende 13
  • An einem Montag es geſchah 175
  • An welcher Zelle knien nun 335
  • Amor erheb dich edler Held 344
  • Auf einem ſchoͤnen gruͤnen Raſen 20
  • Bald gras ich am Neckar 15
  • Bons dies, Bock! 347
  • Bruder Liederlich 386
  • Seite
  • Da drunten auf der Wieſen 222
  • Da er nun Abſchied hat genommen 316
  • Das Schneiderlein ſah am Wege ſtehn 372
  • Das geit hir gegen den Sommer, gegen de leve etc. 249
  • Der edel Herzog Heinrich zu Pferd 260
  • Der edel Thedel Unverfehrt 309
  • Der edle Wein 418
  • Des Junker Thedels fromme Eltern 304
  • Der Muͤller auf ſein Roͤßlein ſaß 393
  • Der Schneider Franz der reiſen ſoll 381
  • Der Vater vom Himmelreich ſpricht 4
  • Der Winter wollte lang bei uns ſeyn 137
  • Die liebſte Buhle die ich han 423
  • Du kannſt mir glauben liebes Herz 52
  • Die loͤbliche Geſellſchaft zwiſchen Rhein 189
  • Die Koͤnigin blickt zum Laden aus 237
  • Die Sonn mit klarem Scheine 336
  • Dort unten an dem Rheine 427
  • Drum ihr Geſellen halt euch gut 390
  • Einen freundlichen Gruß 54
  • Ein Graf von frommen edlen Muth 319
  • Ein guten Rath will ich euch geben 107
  • Einmal lag ich 223
  • Ein Maͤgdlein jung gefaͤllt mir wohl 443
  • Ein Muſikant wollt froͤhlich ſeyn 412
  • Eins Bauren Sohn haͤtt ſich vermeſſen 435
  • Einsmals in einem tiefen Thal 33
  • Einsmals zu Frankfurt an dem Main 341
  • Es flohen drei Sterne wohl uͤber den Rhein 210
  • Es gieng ein Knab ſpazieren 191
  • Es gieng ein Hirt gar fruͤh austreiben 202
  • Es hat ein Koͤnig ein Toͤchterlein 274
  • Es hat gewohnt ein Edelmann 302
  • Es hat ſich ein Maͤdchen in'n Faͤhndrich verliebt 29
  • Es hatt' ein Herr ein Toͤchterlein 250
  • Es hatten ſich ſiebenzig Schneider verſchworen 374
  • Es iſt auf Erden kein ſchwerers Leiden 395
  • Es kamen drei Diebe aus Morgenland 200
  • Es reitet die Graͤfin weit uͤber das Feld 262
  • Es ritt ein Herr und auch ſein Knecht 271
  • Es ſterben zwei Bruͤder in einem Tag 219
  • Es ſterben zwei Schweſtern an einem Tag 218
  • Seite
  • Es ſtehn die Stern am Himmel 19
  • Es ſprach eine Mutter zu ihrem Sohn 208
  • Es traͤgt ein Jaͤger ein gruͤnen Huth 154
  • Es war einmal ein Zimmergeſell 235
  • Es waren zwei Edelkoͤnigs Kinder 252
  • Es war ein wacker Maͤdlein wohl gethan 212
  • Es waren einmal die Schneider 376
  • Es waren drei Soldaten Soͤhne 196
  • Es war Herr Burkhard Muͤnch bekannt 140
  • Es wird am Sankt Matheustag 65
  • Es wohnet Lieb bei Liebe 243
  • Es wollt eine Frau zu Weine gahn 420
  • Es wollt ein Fuhrmann uͤber Land fahren 194
  • Es wollt ein Maͤdchen fruͤh aufſtehn 206
  • Es wollt ein Schneider wandern 366
  • Ey Jungfer ich will ihr 407
  • Ey du mein liebe Threſel 158
  • Frankfurt, die hochgelobte Stadt 339
  • Freut euch ihr lieben Knaben 430
  • Friſch auf ins weite Feld 24
  • Friſch auf ihr lieben Geſellen, ein neue Zeitung gut 440
  • Fruͤh morgens wenn der Tag bricht an 398
  • Georg von Freundsberg, von großer Staͤrk 343
  • Gleich wie die lieb Waldvoͤgelein 174
  • Gleich wie des Noah Taͤubelein 162
  • Gleich wie ein fruchtbarer Regen 325
  • Graf Friedrich thaͤt ausreiten 289
  • Graf Friederich woͤtti wibe 294
  • Gruͤß dich Gott mein Schmidt 70
  • Guk Baſtel, was ich funden han 447
  • Hab ich denn ſchon rothe Haar, rothe Haar 396
  • Hannes, der Herzog zu Sagan 261
  • Haſt du nicht gefiſchet 209
  • Henneke Knecht, was willſt du thun 150
  • Heute marſchieren wir 31
  • Herr Doktor ich will fragen 438
  • Herr Hinrich und ſine Broͤder alle dree voll grone 248
  • Herr Konrad war ein muͤder Mann 277
  • Hie auf dieſer Liebesmatt 363
  • Hoͤr Bauer, was ich ſage 25
  • Hoͤr mich du armer Pilgerim 172
  • Hoͤrt zu, ein neuer Pantalon iſt auf dem Markt etc. 82
  • Seite
  • Jakele guck zum Fenſter 'naus 22
  • Ich bin der Gott Bachus genannt 40
  • Ich bin durch Frauen Willen 282
  • Ich hab den Schweden mit Augen geſehn 93
  • Ich habe einen Schatz und den muß ich meiden 201
  • Ich habe mein Herz in deines hinein geſchloſſen 52
  • Ich gieng einmal nach Graßdorf nein 417
  • Ich gieng wohl bei der Nacht 204
  • Ich hoͤrt ein Sichlein rauſchen 50
  • Ich weis nicht wie mirs iſt 61
  • Ich weis mir ein Lieblein huͤbſch und fein 37
  • Ich will einmal ſpazieren gehn 369
  • Jetzt bin ich wiederum recht vergnuͤgt 444
  • Igels Art iſt manchem bekannt 448
  • Im Land zu Frankereiche 269
  • In den Garten wollen wir gehen 21
  • In den finſtern Waͤldern 196
  • Joſeph, lieber Joſeph, was haſt du gedacht 204
  • Jungfrau merk auf meinen Schall 203
  • Komm heraus, komm heraus du ſchoͤne ſchoͤne Braut 12
  • Konrad der Degenfelder hat 263
  • Kuchlebu, Schifflebu fahren wohl uͤber den Rhein 272
  • Kummet her! kummet her ihr junge Leut 298
  • Laſſet uns Mayen und Kraͤnze bereiten 3
  • Liebſter Schatz wohl immerdar 410
  • Liegſt du ſchon in ſanfter Ruh 216
  • Lill du allerſchoͤnſte Stadt 100
  • Man ſagt wohl in dem Maien 428
  • Maria fuͤhrt einen Reihen Kindlein klein 215
  • Mein Freund ein guter Freund 58
  • Mein Fleiß und Muͤh ich nie geſpart 344
  • Mir traͤumt, ich floͤg gar bange 161
  • Mit Urlaub Frau, um euren werthen Dienſtmann 229
  • Mitten im Garten iſt 11
  • Muͤller, warum thuſt erbleichen 353
  • Mutter, ach Mutter! es hungert mich 10
  • Nach dieſem Zug des Thedels Weib 317
  • Nach Reitersbrauch ich reite 27
  • Neun Schwaben giengen uͤber Land 445
  • Nicht aber lang zu dieſer Zeit 313
  • Nichts kann auf Erden 47
  • Nichts ſchoͤneres kann mich erfreun 17
  • Seite
  • Nun wollt ihr hoͤren neue Maͤhr 34
  • O allerſchoͤnſtes Jeſulein 187
  • O du verdammtes Adelleben 46
  • O Luft, du edles Element 50
  • O Magdeburg halt dich feſte 103
  • O ſuͤße Hand Gottes! 8
  • O Roͤschen roth 11
  • O wie gehts im Himmel zu 403
  • Papiers Natur iſt Rauſchen 7
  • Schoͤns Salsburger Maͤdl 373
  • Schlagt ihr muntern Nachtigallen 69
  • Schlimm Leut ſind Studenten, man ſagts uͤberall 441
  • Schwarzbrauns Babeli 56
  • Schwer, langweilig iſt mir mein Zeit 112
  • Schwer, langweilig iſt mir mein Zeit 115
  • Schwer, langweilig iſt mir mein Zeit 115
  • Seyd luſtig und froͤhlich 383
  • So geht es in Schnuͤtzelputz Haͤuſel 406
  • So viel Stern am Himmel ſtehen 199
  • Soll ich denn ſterben 215
  • Sollt ich ein Feldherr ſeyn und Kriegesheere fuͤhren 32
  • Stoͤrtebecher und Goͤdte Michael 167
  • Stuͤrmt, reißt, raſt ihr Ungluͤckswinde 14
  • Und wollt ihr hoͤren ſingen 392
  • Vier Jungfraͤulein von hohem Stamm 5
  • Voͤgel thut euch nicht verweilen 229
  • Von einem Koͤnig Lobeſan 119
  • Wann alle Waͤſſerlein flieſſen 193
  • Wann der heilge Sankt Martin 434
  • Was haben die Urner und Zuger gethan 142
  • Was wollen wir ſingen und heben an 173
  • Was wollen wir aber ſingen 180
  • Was wollt ihr aber hoͤren 258
  • Weiß mir e Herr, haͤtt ſiebe Suͤh 285
  • Wenn jetzt die Schmieder zuſammen geloffen 74
  • Wer das Elend bauen woͤll 327
  • Wer fragt da nach 421
  • Wer hat Luſt mit mir zu ziehen 405
  • Wer noch in Freiheit leben will 371
  • Wie bin ich krank 214
  • Wie die goldnen Bienlein ſchweben 60
  • Wie war ich doch ſo wonnereich 191
  • Seite
  • Wie ſteht ihr allhie und wartet mein 4
  • Wilhelm bin ich der Telle 129
  • Willkomm mein lieber Eremit 350
  • Will ii hoͤren en mie Gedicht 163
  • Winter iſt hin, der Pillgrim zieht ins Feld 332
  • Wo find ich deines Vaters Haus 413
  • Wo ſoll ich mich hinkehren 425
  • Wohl auf ihr Landsknecht alle 149
  • Wohl heute noch und morgen 221
  • Wnnderſchoͤn Praͤchtige 179
  • Zieh Schimmel zieh 90
  • Zeuch Fahler zeuch 95
  • Zu Backnang wohnt ein Schneiderlein 370
  • Zu Felsberg bat mich Kledte 254
  • Zu Guͤnzburg in der werthen Stadt 360
  • Zu Klingenberg am Maine 414
  • Zu ſingen will ich fangen an 116

[249[251]]

Lieder-Anfaͤnge
des
Dritten Bandes
.


  • Seite
  • Ach in Trauren muß ich leben 74
  • Ach Schatz willſt du ſchlafen gehn 12
  • Allhier in dieſer wuͤſten Haid 90
  • Als ich kam zur Stube rein 16
  • Auf! auf! auf ihr Helden, waget Gut und Blut 206
  • Aufe iſt nit abe, 's iſt aber wegar wahr 119
  • Auf Triumph! es kommt die Stunde 208
  • Auf dieſer Welt hab ich keine Freud 81
  • Auf der Welt hab ich kein Freud 84
  • Bei der Nacht iſt ſo finſter im Weg 56
  • Bin ich das ſchoͤn Danerl im Thal 54
  • Da droben aufm Huͤgel 141
  • Das Kloſterleben iſt eine harte Pein 33
  • Daß uns der Winter nicht ſteht will ſeyn 52
  • Der Guguck iſt ein braver Mann 130
  • Der Mond, der ſteht am hoͤchſten 19
  • Der Mondſchein, der iſt ſchon verblichen 78
  • Der Schiffmann faͤhrt zum Lande 102
  • Der Sommer und der Sonnenſchein 147
  • Der Tag hat ſeinen Schmuck auf heute weggethan 80
  • Der Tag war ſchoͤn, ins Gruͤne gehn 189
  • Die Gedanken ſind frei 38
  • Die Kirſchen ſind zeitig 120
  • Seite
  • Die Sonne rennt mit Prangen 115
  • Die Tochter bat die Mutter ſchoͤn 32
  • Die Trutſchel und die Frau Nachtigall 75
  • Die vier heilige drei Koͤnig mit ihrem Stern 30
  • Dort droben auf dem Huͤgel 24
  • Du Dienerl du nett's 123
  • Ein junger Mann nahm ſich ein Weib 144
  • Ein Liedlein will ich ſingen 60
  • Ein Maushund kam gegangen 98
  • Ein Schneider haͤtt ein boͤſes Weib 95
  • Ein ſchoͤnes Jungfraͤulein, die von geſchickten Sitten 50
  • Einsmals ein Maͤgdlein friſch und jung 140
  • Einſtens da ich Luft bekam 91
  • Einſtmals war ich ein Wandersmann 197
  • Es bat ein Bauer ein Toͤchterlein 138
  • Es dunkelt auf jenem Berge 118
  • Es fliegen zwei Schwalben ins Nachbar ſein Haus 61
  • Es fuhr gen Acker ein grober Bauer 8
  • Es gieng ein wohlgezogner Knecht 72
  • Es iſt ein Maͤdel hier 128
  • Es iſt nit allewege Feſtabend 183
  • Es ſtand ein Sternlein am Himmel 153
  • Es ſteht ein Baum im Odenwald 116
  • Es ſteht ein Baum in Oeſterreich 48
  • Es ſungen drei Engel einen ſuͤßen Geſang 79
  • Es waren einmal zwei Geſpielen 18
  • Es war einmal ein junger Knab 34
  • Es wollt ein Maͤgdlein Waſſer holen 68
  • Ewiger Bildner der loͤblichen Dinge 180
  • Ey ey wie ſcheint der Mond ſo hell 23
  • Fangt an zu ſingen 188
  • Geh aus mein Herz und ſuche Freud 85
  • Gott gruͤß euch all ihr Herrn 62
  • Grad Herz brich nicht 132
  • Graf Berthold von Sulchen der fromme Mann 170
  • Hab ein Bruͤnnlein mal geſehen 70
  • Hab Holzaͤpfel gehaſpelt 126
  • Haben die Goͤtter es alſo verſehen 71
  • Habt ihr die Huſaren geſehn 23
  • Haͤtt mir ein Eſpenzweigelein 142
  • Heute wollen wir Haber maͤhn 118
  • Ich habe mein Feinsliebchen 73
  • Seite
  • Ich hab mir ein Maidlein auserwaͤhlt 146
  • Ich hatt nun mei Trutſchel 65
  • Ich gieng ins Vaͤters Gaͤrtela 105
  • Ich gieng mit Luſt durch einen gruͤnen Wald 83
  • Ich gieng ſpazieren in ein Feld 148
  • Ich legte mich nieder ins gruͤne Gras 21
  • Ich ſag, wems Gluͤck wohl pfeifet 41
  • Ich ſtand an einem Morgen 44
  • Ich ſtand an einem Morgen 46
  • Ich ſtand an einem Morgen, mein wo? 48
  • Ich that einmal ſpazieren gehn 42
  • Ich weis nicht, was ich meinem Schaͤtzchen verhieß 143
  • Ich weis nicht wo's Voͤglein iſt 123
  • Ich wollt um meines Herren Haupt 177
  • Im gruͤnen Wald bin ich geweſen 110
  • Im Maien, im Maien iſts lieblich und ſchoͤn 132
  • In dieſem gruͤnen Wald 71
  • Iſch aͤbi aͤ Menſch uf Erde, Simeliberg 134
  • Klein bin ich, klein bleib ich 121
  • Komm zu mir in Garten 21
  • Kukuk hat ſich zu todt gefallen 111
  • Laßt uͤs aber mal betta 134
  • Loͤwen laßt euch wieder finden 207
  • Mein Auge wankt 151
  • Mein Buͤbli iſch e Stricker 57
  • Meiner Frauen rother Mund 113
  • Mein Herz das ſchwebt in Freudenſpur 154
  • Mein Kind ſieh an die Bruͤſte mein 193
  • Mein Schatz der iſt auf die Wanderſchaft hin 17
  • Mein [Schaͤtzle] iſt huͤbſch 117
  • Mein Schaͤtzle iſt Nunn 125
  • Mein Vater hat geſagt 27
  • Mi's Buͤbli is wohl aͤnetem Rhein 112
  • M'ys Lieb iſch gar wit inne 135
  • Mir iſt ein roth Gold Ringelein 129
  • Mit der Muſchel ſchoͤpft das Buͤblein 182
  • Morgen muß ich weg von hier 31
  • Nach meiner Lieb viel hundert Knaben trachten 3
  • Nun ade mein allerliebſter Schatz 15
  • Nun freue dich mein Herzelein, der Sommer 104
  • Nun lieb mein Seel den Herren gut 195
  • O du mein Mopper, wo willt du hinaus 131
  • Seite
  • Sag mir o Maͤgdelein, was traͤgſt im Koͤrbelein 28
  • Schau gut Geſell, was fuͤhr ich allhier 67
  • Schoͤn bin ich nicht mein hoͤchſter Hort 77
  • Schoͤn klar einſtmal die Sonne 109
  • Schoͤn waͤr ich gern, das bin ich nicht 29
  • Schlaf nur ein geliebtes Leben 7
  • Schwarzbraun iſt meine dunkle Farbe 137
  • Schwing dich auf, Frau Nachtigall geſchwinde 106
  • Schwimmen zwei Fiſchle im Waſſer herum 128
  • 'S haͤtt ſich wol einer zu mer welle kuͤpple 66
  • 'S iſt mir auch kein Nacht ſo finſter 108
  • 'S mein ſein und 's dein ſein 122
  • Sechsmal hab ich ſie angetroffen 129
  • Sobald du hebſt die klaren Aeugelein 18
  • So und ſo geht der Wind 127
  • Silberner Degen 122
  • Siſch no nit lang daß gregnet haͤtt 137
  • Sterben iſt eine harte Buß 10
  • Spazieren wollt ich reiten 63
  • Spinn Maͤgdlein ſpinn 36
  • Spinn, ſpinn meine liebe Tochter 40
  • Ueber dem Wald, uͤber dem Wald 122
  • Ueber den Kirchhof gieng ich allein 13
  • Wahres Lieben ſuͤßes Leben 20
  • Wann mein Schatz Hochzeit macht 124
  • Wann wuͤnſchen wir koͤnnen, Maria rein 194
  • Waͤr ich ein wilder Falke 25
  • Was hab ich meinem Schaͤtzlein zu Leide gethan 110
  • Was ſoll ich thun, was ſoll ich glauben 167
  • Was ſoll ich aber ſingen 160
  • Wenn ich des Morgens fruͤh aufſtehe 71
  • Wer iſt denn drauſſen und klopfet an 112
  • Wo gehſt du hin du Stolze 107
  • Wohl taͤglich will erſcheinen 87
  • Zart Aeugelein zu winken 116
  • Zu Conſtanz ſaß ein Kaufmann reich 99

[253[255]]

Ueberſicht des Inhalts einiger Lieder.


  • I.Geiſtliche Lieder. II, S. 4. 11. 13. 162. 167.
    172. 174. 179. 187. 215. 218. 332. III, 79. 80.
    177. 189. 193. 195. 206. u. f.
  • II.Handwerkslieder. II, S. 70. 74. 347. 353.
    360. 366. 370. 372. 374. 376. 381. 383. 390. 392.
    393. 395. 398.
  • III.Hiſtoriſche Romanzen. II, Guſtav Adolph
    96. Magdeburg 107. Landgraf 116. Ladislaus 119.
    Kremmerdamm 124. Tell 129. Orban 137. Burk-
    hart Muͤnch 140. Conradin 145. Wiben Peter 163.
    Seeraͤuber 167. Reutlinger 173. Rezſtett 175. Schil-
    tenſamen 180. Bremberger 229. Orlamuͤnde 232.
    Albertus 237. Beſſa 254. Tartarfuͤrſtin 258. Treb-
    niz 260. Herzog von Sagan 261. Pfalzgraf 262.
    Nachtwandler 263. Koͤnig von Mayland 285.
    Graf Friedrich 289. Thedel von Walmoden 302.
    III. Meinrad 170.
  • IV.Liebeslieder. II, 11. 14. 46. 50. 52. 56. 58.
    60. 193. 196. 199. 201. 207. 209. 214. 216. 221.
    344. III, 3. 7. 10. 12. 15. 17. 18. 20. 23. 31.
    63. 65. 73. 74. 78. 104. 106. 109. 112. 146.
  • V.Trinklieder. II, 3. 90. 412. 414. 417. 418.
    420. 421. 423. 425. 427. 428. 430. 434. III, 118.
  • VI.Kriegslieder. II, 17. 19. 20. 21. 22. 24. 25.
    27. 28. 29. 31. 32. 65. 93. 95. 100. 103. 127.
    142. 149. 336. 339. 343. III, 134.

[[256]][[257]][[258]]
[figure]
[[1]]

Kinderlieder.


[[2]][[3]]

Das Federſpiel,
A. B. C. mit Fluͤgeln.


Wohl auf ihr klein Waldvoͤgelein, die ihr in Luͤf-

ten ſchwebt,

Stimmt an, lobt Gott den Herren mein, ſingt all, die

Stimm erhebt;

Denn Gott hat euch erſchaffen, ſich ſelbſt zu Lob und Ehr,

Sang, Feder, Schnabel, Waffen, kommt alles von ihm her.

A aAdler.
Der aller Voͤgel Koͤnig iſt, macht billig den Anfang,

Komm Adler! komm hervor, wo biſt? ſtimm an den Vo-

gelſang,

Der Vorzug dir gebuͤhret, kein Vogel iſt dir gleich,

Drum dich im Wappen fuͤhret, der Kaiſer und das Reich.

B bBachſtelz.
Die Bachſtelz thut oft ſchnappen, und faͤngt der

Muͤcken viel,

Es hoͤrt nicht auf zu knappen ihr langer Pfannenſtiel,

[4]
Den Schweif thut ſie ſtets zwingen, ſie laͤßt ihm niemals

Ruh,

Wenn andre Voͤgel ſingen, ſchlaͤgt ſie den Tackt dazu.

C cCanarivogel.
Das lieb Canarivoͤgelein koͤmmt her aus fremdem Land,

Es ſingt gar ſchoͤn, zart, hell und rein, wie allen iſt

bekannt,

Den Zucker frißt es gerne, doch nimmt es auch vorlieb,

Wenn man ihm Hanfſaamkerne, und Ruͤbeſaamen giebt.

D dDiſtelfink.
Merk auf wie lockt ſo lieblich mir, der ſchoͤne Diſtelfink,

Beißt Diſtel auf und ſticht ſich nit, ſein Witz iſt nit

gering,

Gar wohl iſt er gezieret, ſchoͤn gelb und roth bekleidt,

Sein Stimm er nie verlieret, ſingt froͤhlich alle Zeit.

E eEmmeriz.
Der Emmeriz bis zum Abend ſpat, ſingt uͤbel, uͤbel hin,

Er ſagt, wenns Feld nur Aehren hat, ich auch ein Schnit-

ter bin,

Im Feld thut er ſich naͤhren, bleibt Tag und Nacht

darauf,

Was Gott ihm thut beſchehren, das klaubt er fleißig auf.

F fFink.
Des Morgens fruͤh, des Abends ſpat, der Fink hat

keine Ruh,

Die Muſen er ins Gruͤne lad't mit ſeinem Reit her zu,

[5]
Fruͤh iſt gar gut ſtudieren, wenns kuͤhl, ſtill, ruhig iſt,

Steh auf und thu's probieren, du fauler
  • Prinzipiſt,
  • Grammatiſt,
  • Syntaxiſt,
  • Humaniſt,

Froͤhlich der Fink im Fruͤhling ſingt, ſa ſa, ſa ſa

hui Dieb,

Im ganzen Wald ſein Stimm erklingt, wenns Wetter

nicht zu truͤb,

Die Dieb will er verjagen, die rund heraus er ſchilt,

Dem Sperling thut er ſagen, daß er viel Waizen ſtiehlt.

G gGimpel.
Ein rother, dir gar wohl bekannt, iſt ſchoͤn, doch

ſingt nicht viel,

Er koͤmmt aus deinem Vaterland, heißt Gimpel in der

Still,

All thun ſich ſeiner ſchaͤmen, weil er ein Gimpel iſt,

Thu du ihn zu dir nehmen, weil du ſein Landsmann biſt.

H hHenne und Hahn.
Die Henne froͤhlich gaggagagt, und macht ein groß

Geſchrei,

Die Baͤurin weiß wohl, was ſie ſagt, und geht und holt

das Ey,

Der Hahn thut fruͤh aufwecken den Knecht und faule

Magd,

Sie thun ſich erſt recht ſtrecken, und ſchlafen bis es tagt.

[6]
I iImme (Biene.)
Das Honigſuͤße Immelein ſich ſpaͤt und fruͤh bemuͤht,

Es ſizt auf allen Bluͤmelein, verſuchet alle Bluͤth,

Sehr emſig fliegts herummer, traͤgt ein mit großem Fleiß,

Und ſucht den ganzen Sommer, auch fuͤr den Winter

Speiß.

K kKoͤniglein. (Zaunkoͤnig)
Das winzigkleine Koͤniglein, wie macht es ſich ſo

groß,

Wie zwitzerts mit ſeim Stimmelein, und iſt ſo ſchlau und

loſ',

Wie lieblich thut es ſingen nach Wunſch und nach Begehr,

Wie luſtig thut es ſpringen, wie huͤpft es hin und her.

L lLerche.
Das Lerchlein in den Luͤften ſchwebt, und ſingt den

Himmel an,

Vom gruͤnen Feld es ſich erhebt, und troͤſt den Acker-

mann,

Gar hoch thut es ſich ſchwingen, daß mans kaum ſehen

mag,

Im Kreis herum thuts ſingen, lobt Gott den ganzen Tag.

M mMeiſe.
Die Meiſe haͤngt am Tannenaſt, als ob ſie ſich ver-

berg,

Singt allezeit, was giebſt, was haſt, ſingt ewig Zizer-

berg,

[7]
Man thut ihr freundlich locken, bis ſie zum Kloben

ſpringt,

Da huͤpft ſie unerſchrocken, bis man ſie gar umbringt.

N nNachtigall.
O Nachtigall dein edler Schall, bringt uns ſehr große

Freud,

Dein Stimm durchſtreift all Berg und Thal, zur ſchoͤnen

Sommerzeit,

Wenn du faͤngſt an zu zuͤcken, die Voͤglein ſchweigen ſtill,

Es laͤßt ſich keiner blicken, keiner mehr ſingen will.

O oOmeis. (Ameiſe)
Du fauler Tropf, der muͤßig iſt, die Ameis ſchau

wohl an,

Dein Meiſterin ſie worden iſt, die dich viel lehren kann,

Schau wie ſie iſt ergeben der Arbeit Tag und Nacht,

Schaͤm dich, der du dein Leben mit Faulheit zugebracht.

P pPapagai.
Du Vogel auserleſen, der Federn haſt du viel,

Wo biſt ſo lang geweſen, warum ſchweigſt du ſo ſtill?

Papagai Zuckerfreſſer, ruft dir der Schulknab zu,

Geh in die Schul und lern beſſer, giebſt ihm zur Ant-

wort du.

Q qQu Qu
Qu qu der Kukuk immer ſchreit, das iſt an ihm das Beſt,

Sonſt legt er andern allezeit ſein Eier in ihr Neſt,

[8]
Sein Ruf bringt allen Bangen, drum will kein Voͤgelein

Mit einem Q anfangen den edlen Nahmen ſein.

R rRabe.
Der Rab thut taͤglich ſingen, ſein groben rauhen

Baß.

Heut will ihm nichts gelingen, drum ſingt er cras, cras,

cras,*)

Wer alles ſchiebt auf morgen, und nichts gerichtet heut,

Der muß ſtets ſeyn in Sorgen, daß es ihm fehle weit.

Rothkehlchen.
Das Rothkehlchen gar fruͤh aufſteht, und wenn ich

dann erwach,

Gruͤßt es die liebe Morgenroͤth, hoch oben auf dem Dach,

Wie lieblich iſt ſein Zuͤkken, wie roͤthlich ſeine Kehl,

Mein Herz thut es erquicken, ermuntern meine Seel.

S ſSchwalbe.
Schwaͤzzerlein wie ſchwaͤtzſt ſo toll, und plauderſt hin

und her,

Fruͤh haſt du Kiſten und Kaſten voll, Abends iſt alles

le le leer,

Zu morgen eh die Sonn aufſteht, erzaͤhlſt du deinen

Traum,

Und Abends wenn ſie niedergeht, haſt du geendet kaum.

[9]
St ſtStaar.
Der Staar ſchwaͤzt, pfeift und ſinget, er iſts, der

alles kann,

In Kopf er alles bringet, nimmt, was er hoͤret, an,

Er iſt gar ſchlau und loſe, und merket auf mit Fleiß,

Waͤſcht oft ſein ſchwarze Hoſe, und bringt ſie nimmer

weiß.

T tTurteltaube.
Die Turteltaub ohn allen Troſt, will nicht mehr

froͤhlich ſeyn,

Wenn ihren Geſell der Habich ſtoßt, traurt ſie und bleibt

allein,

Wenn dir das Liebſte, was du haſt, der Tod nimmt mit

Gewalt,

So traure, ſey kein frecher Gaſt, vergiß es nicht ſo bald.

U uUhu.
Der Uhu ſieht gar ernſthaft aus, als haͤtt er hoch

ſtudiert,

Geht nicht aus ſeiner Hoͤl heraus, bis Nacht und finſter

wird,

All Dunkelheit iſt ihm ganz hell, doch ſieht er nichts bei

Tag,

Drum iſt er auch ein ſolch Geſell, den nie kein Vogel mag.

V vVogel Straus.
Der Vogel Straus hat große Bein, doch klein iſt

ſein Verſtand,

Es bruͤtet ihm der Sonnenſchein die Eier aus im Sand.

[10]
Oft Stein und Eiſen er verſchluckt, ſein Magen der iſt

gut,

Sein Federn ſind der Weiber Schmuck, ſie ſteckens auf

den Hut.

W wWiedhopf.
Der Wiedhopf iſt ſehr wohlgeziert, doch hat er keine

Stimm,

Sein Kroͤnlein er ſtets mit ſich fuͤhrt, ſteckt doch nichts

hinter ihm,

Wie mancher hat viel Kleider, als waͤre er ein Graf,

Sein Vater iſt ein Schneider, ſein Bruder huͤt die Schaaf.

Z zZeiſig.
Komm her du ſchoͤnes Zeißelein, komm fliege her be-

hend,

Sing, ſpring auf gruͤnem Reiſelein, und mach dem Lied

ein End,

Lob Gott den Herren mein und dein, thu froͤhlich ſingen

ihm,

Ihn preiſen alle Voͤgelein mit ihrer ſuͤßen Stimm.

Wohin geht all dies Dichten, du edles Federſpiel,

Als daß wir alles richten zu gutem End und Ziel,

Daß wir im Herzen ſorgen fuͤr einen guten Klang,

Wer weis ob heut, ob morgen uns ruͤhrt der lezt Geſang.

O ſagt ihr lieben Voͤgelein, wer iſts der euch erhaͤlt,

Wo fliegt ihr hin, wo kehrt ihr ein, wenn Schnee im

Winter faͤllt,

[11]
Wo nehmt ihr eure Nahrung, ſo viel als ihr begehrt?

Es zeigt ja die Erfahrung, daß Gott euch all ernaͤhrt.

Ihr habt kein Feld, kein Heller Geld, nichts das

die Taſche fuͤllt,

Der Tannebaum iſt euer Zelt, troz dem, der euch was

ſtiehlt,

Euer Pflug iſt luſtig ſingen, ſtets lobt ihr Gott den

Herrn,

Die Toͤne thut ihr ſchwingen bis zu dem Abendſtern.

Ihr habt nicht Koch, nicht Keller, und ſeyd ſo wohl-

gemuth,

Ihr trinkt nicht Muskateller, und habt ſo freudig Blut,

Nichts haben, nichts begehren, iſt euer Liverei,

Ihr habt ein guten Herren, er haͤlt euch alle frei.

Gott ſey mein Herz auch heimgeſtellt, was er thut

iſt gethan,

Wenn Sonn und Mond vom Himmel faͤllt, er iſts, der

helfen kann,

Was lebt auf Erd, in Luͤften ſchwebt, was ſich im Waſ-

ſer ruͤhrt,

Gott all mit einem Finger hebt, ohn alle Muͤh regiert.

Kein Sperling von dem Dache faͤllt, von meinem

Haupt kein Haar,

Es ſey dann, daß ihms wohlgefaͤllt, der ewig iſt und war,

Er ruft dem Storch zu ſeiner Zeit, der Lerch, der Nachtigall,

Er fuͤhr uns all zur Seeligkeit, bewahr uns vor dem Fall.

[12]
Dort ſingt die rechte Nachtigall den rechten Vogel-

ſang,

Den ganzen weiten Himmelsſaal durchſtreicht ihr Freuden-

klang,

Mit Freud dort ewig ſingen die Englein auf neun Choͤr,

Vor Freud thut ewig ſpringen das ganze Himmelsheer.

Muſik dort ewig waͤhret, zu lang doch keinem waͤhrt,

Je mehr ſie wird gehoͤret, je mehr ſie wird begehrt,

Wer Gott hier thut verehren, ihm dient mit Sang und

Klang,

Der wird dort ewig hoͤren himmliſchen Vogelſang.

Die A B C-Schuͤtzen.


Rathe, was ich habe vernommen,

Es ſind achtzehn fremde Geſellen ins Land gekommen,

Zu mahlen ſchoͤn und ſaͤuberlich,

Doch keiner einem andern glich,

All ohne Fehler und Gebrechen,

Nur konnte keiner ein Wort ſprechen,

Und damit man ſie ſollte verſtehn,

Hatten ſie fuͤnf Dolmetſcher mit ſich gehn,

Das waren hochgelehrte Leut,

Der erſt erſtaunt, reißts Maul auf weit,

Der zweite wie ein Kindlein ſchreit,

Der dritte wie ein Maͤuſelein pfiff,

Der vierte wie ein Fuhrmann rief,

[13]
Der Fuͤnft gar wie ein Uhu thut,

Das waren ihre Kuͤnſte gut,

Damit erhoben ſie ein Geſchrei,

Fuͤllt noch die Welt, iſt nicht vorbei.

Die zwei Hirten in der Chriſtnacht.


Als das Chriſtkindlein geboren war, ſaßen die zwei Hirten, Damon
und Halton Nachts bei ihrer Heerde, und erzaͤhlten ſich einander,
was ſie dem Chriſtkindlein fuͤr Geſchenke machen wollten, es war bei
einem Bache, unter einem Palmbaum, ihre Schaafe lagen um ſie her,
und ſchliefen, es war auf einer weiten, weiten Wieſe, oben auf einem
Berge, der Mond war ganz groß, und rechts waren am Himmel
eine Menge kleine Wolken, wie Schaͤfchen ſo weiß, und der Mond
war wie der Schaͤfer dazu; auf der linken Seite aber ſtand am Him-
mel der Morgenſtern, ganz hell wie ein Kriſtall, der ſtand uͤber dem
Stall, worin das Jeſuskindlein lag, die Hirten aber ſaßen unter dem
Palmbaum am Bach, der rauſchte ganz leis, da haben ſie ſo ge-
ſungen:


Halton. Ich will dem Kindlein ſchenken

Ein ſilberweiſes Lamm,

So viel ich mich bedenke,

Kein ſchoͤners ich bekam;

Es hat zur linken Seite

Wie Blut ſo roth ein Fleck,

Weis nicht, was der bedeutet,

Und was dahinter ſteckt.

Damon. Und ich ſchenk dieſem Kinde

Ein Kaͤlbchen zart und klein,

Mit rothen Baͤndern binde

Ich ihm die Fuͤßlein ſein;

[14]
Und ſo will ich es tragen

Gar ſchoͤn auf meinem Hals,

Das Kindlein wird da ſagen:

Ach Mutter, mir gefallts.

Halton. Und ich will ihm noch ſchenken

Ein junges Boͤcklein ſchoͤn,

Es treibt wohl tauſend Schwaͤnke,

Und bleibt nicht lange ſtehn;

Es klettert, ſtutzt und ſpringet,

Und bleibt an keiner Stell,

An ſeinem Halſe klinget

Ein goldnes Gloͤcklein hell.

Damon. Und ich will ihm noch ſchenken

Ein rothes Hirſchkaͤlblein,

Sein Fuͤßlein und Gelenke

Sind gar ſo zart und fein;

Da mirs auf gruͤner Straßen

Im Wald entgegen kam,

Ließ ſichs ganz gerne faſſen,

Gieng mit und wurde zahm.

Halton. Und ich will ihm noch ſchenken

Ein ſchoͤnes Eichhoͤrnlein,

Kann ſchnell herum ſich ſchwenken,

Ein hurtig Meiſterlein;

Das Chriſtkindlein wird lachen,

Wenn es die Nuͤßlein packt,

Und ſchnell ſie thut aufkrachen,

Trick track wohl nach dem Takt.

[15]
Damon. Und ich will ihm noch ſchenken

Ein weiſes Haͤſelein,

Es iſt voll tauſend Raͤnken,

Will ſtets bei Menſchen ſeyn;

Es wird beim Kripplein ſpielen,

Und trommeln eigentlich,

Die Schlaͤge nieder zielen

Mit Fuͤßen meiſterlich.

Halton. Und ich will ihm noch ſchenken

Ein wachſam Huͤndelein,

So klug, man ſolls kaum denken,

Es tanzet ganz allein;

Es kann auch apportiren,

Und ſtehen auf der Wacht,

Sucht, was man thut verlieren,

Was gilts, das Kindlein lacht.

Damon. Und ich will ihm noch ſchenken

Ein mauſig Kaͤtzelein,

Ihm darf kein Haͤrlein kraͤnken

Halton, dein Huͤndelein.

Es laͤßt ſich auch nicht beiſſen,

Gar ſchnell ſich widerſetzt,

Thut bruͤſten ſich und ſpreiſſen,

Bleibt immer unverlezt.

Halton. Und ich will ihm noch ſchenken

Ein Stuͤckchen Einerlei,

Mein, jetzo wirſt du denken,

Was dieſes doch wohl ſey?

[16]
Zu deinem Kaͤtzlein eben

Will ich ihm noch dabei

Ein pelzern Mausfall geben,

So hats der Kaͤtzlein zwei.

Damon. Und ich will ihm noch ſchenken

Ein muntres Taͤubelein,

Das lauft auf Tiſch und Baͤnken

Mit ſeinem Schweſterlein;

Ein Ringlein ihnen beiden

Bezirkelt Hals und Bruſt,

Aus Pflaum und Feder-Seiden,

Recht farbig nach der Luſt.

Halton. Und ich will ihm noch ſchenken

Zwo Turteltauben keuſch,

Die ſpreiten, heben, ſenken

Die Fluͤgel ohn Geraͤuſch;

Ihr Stimmlein, wie man ſpuͤret,

Sind lauter Seufzerlein,

Gott weiß, welch Leid ſie ruͤhret,

In ihrem Herzelein.

Damon. Und ich will ihm noch ſchenken

Ein großen bunten Hahn,

Der Haupt und Hals thut ſchwenken,

Gleich einem edlen Schwan;

Mit Sporn und Buſch er gehet,

Stolz als ein Rittersmann,

Und Morgens fleißig kraͤhet

Der bunte Wettermann.

[17]
Halton. Und ich will ihm noch ſchenken

Ein Fink und Nachtigall,

Die Kopf und Ohren lenken,

Nach meiner Floͤte Schall;

Spiel ich die Schaͤferlieder,

So kommen ſie herbei,

Und pfeifen ſie mir wieder

In ihrer Melodei.

Damon. Und ich will ihm noch ſchenken

Ein weißes Koͤrbelein,

An Balken ſoll mans henken,

Voll kleiner Voͤgelein;

Ich ſelber habs geſchnitzet

In ſiebenthalben Tag,

Iſt neu und unbeſchmitzet,

Nicht gnug man's loben mag.

Halton. Und ich will ihm noch ſchenken

Ein ſchoͤnen Hirtenſtab,

Mit Farben ihn beſprengen,

Wie es noch keinen gab;

Die Kunſt hab ich gelernet,

Wie man es machen ſoll,

Daß ganz er wird geſternet,

Und bunter Flecken voll.

Damon. Und ich will ihm noch ſchenken

Viel ſchoͤne Sachen mehr,

Ja ſchenken und noch ſchenken

Je mehr und je noch mehr;

2
[18]
Auch Aepfel, Birn und Nuͤſſe,

Milch, Honig, Butter, Kaͤß,

Ach wenn ich doch koͤnnt wiſſen,

Was es recht gerne aͤß.

Halton. Wohl dann, ſo laßt uns reiſen

Zum ſchoͤnen Kindelein,

Und unſre Gaben preiſen,

Dem kleinen Schaͤferlein;

Ihm alles auf ſoll heben

Die Mutter mit Beſcheid,

Daß es ihm wird gegeben

Hernach zu ſeiner Zeit.

Ein Wahrheitslied.


Als Gott der Herr geboren war,

Da war es kalt,

Was ſieht Maria am Wege ſtehn?

Ein Feigenbaum,

Maria laß du die Feigen noch ſtehn,

Wir haben noch dreißig Meilen zu gehn,

Es wird uns ſpaͤt.

Und als Maria ins Staͤdtlein kam,

Vor eine Thuͤr,

Da ſprach ſie zu dem Baͤuerlein,

Behalt uns hier,

Wohl um das kleine Kindelein,

[19]
Es moͤcht dich warlich ſonſt gereun,

Die Nacht iſt kalt.

Der Bauer ſprach von Herzen ja,

Geht in den Stall!

Als nun die halbe Mitternacht kam,

Stand auf der Mann;

Wo ſeyd ihr dann, ihr armen Leut?

Daß ihr noch nicht erfroren ſeyd,

Das wundert mich.

Der Bauer gieng da wieder ins Haus,

Wohl aus der Scheuer,

Steh auf mein Weib, mein liebes Weib,

Und mach ein Feuer,

Und mach ein gutes Feuerlein,

Daß dieſe armen Leutelein

Erwaͤrmen ſich.

Und als Maria ins Haus hin kam,

Da war ſie froh,

Joſeph, der war ein frommer Mann,

Sein Saͤcklein holt;

Er nimmt heraus ein Keſſelein,

Das Kind thaͤt ein bischen Schnee hinein,

Und das ſey Mehl.

Es that ein wenig Eis hinein,

Und das ſey Zucker,

Es that ein wenig Waſſer drein,

Und das ſey Milch;

[20]
Sie hiengen den Keſſel uͤbern Heerd,

An einen Hacken, ohn Beſchwerd

Das Muͤßlein kocht.

Ein Loͤffel ſchnitzt der fromme Mann

Von einem Span,

Der ward von lauter Helfenbein

Und Diamant;

Maria gab dem Kind den Brei,

Da ſah man, daß es Jeſus ſey,

Unter ſeinen Augen.

Sommerverkuͤndigung.


(In einigen Gegenden von Hollſtein ziehen die Kinder, um den Som-
mer anzukuͤndigen, von Haus zu Haus; eines traͤgt in einem Korb
einen todten Fuchs voraus, ſie ſingen dazu:)


Hanns Voß heißt er,

Schelmſtuͤck weis er,

Die er nicht weis, die will er lehren,

Haus und Hof will er verzehren;

Brod auf die Trage,

Speck auf den Wagen,

Eier ins Neſt,

Wer mir was giebt, der iſt der Beſt!

Als ich hier vor dieſem war,

War hier nichts als Laub und Gras,

[21]
Da war auch hier kein reicher Mann,

Der uns den Beutel fuͤllen kann,

Mit einem Schilling drei, vier oder mehr

Wenns auch ein halber Thaler waͤr.

Droben in der Hausfirſt

Haͤngen die langen Mettwuͤrſt,

Gebt uns von den langen,

Laßt die kurzen hangen,

Sind ſie etwas kleine,

Gebt uns zwei fuͤr eine;

Sind ſie ein wenig zerbrochen,

So ſind ſie leichter kochen,

Sind ſie etwas fett,

Je beſſer es uns ſchmeckt.

Havele Hahne.


(Zur Faſtnacht gehn die Kinder am Rhein mit einem Korb, in dem ein
gebundener Hahn liegt, ſie ſchauckeln mit ihm und ſingen:)


Havele havele Hahne,

Faſtennacht geht ane,

Droben in dem Hinkelhaus,

Haͤngt ein Korb mit Eier raus;

Droben in der Firſte,

Haͤngen die Bratwuͤrſte,

Gebt uns die langen,

Laßt die kurzen hangen,

[22]
Ri ra rum,

Der Winter muß herum;

Was wollt ihr uns denn geben,

Ein gluͤckſeligs Leben,

Gluͤck ſchlag ins Haus,

Komm nimmermehr heraus.

Kinderpredigt.


Ein Huhn und ein Hahn,

Die Predigt geht an,

Ein Kuh und ein Kalb,

Die Predigt iſt halb,

Ein Katz und ein Maus,

Die Predigt iſt aus,

Geht alle nach Haus,

Und haltet ein Schmaus.

Habt ihr was, ſo eßt es,

Habt ihr nichts, vergeßt es,

Habt ihr ein Stuͤckchen Brod,

So theilt es mit der Noth,

Und habt ihr noch ein Broſaͤmlein,

So ſtreuet es den Voͤgelein.

[23]

Das Wappen von Amſterdam.


Ich gieng einmal nach Amſterdam,

Auf der Faullenzer Straße,

Man fragt mich, ob ich faullenzen kann,

Ich ſagte nein, und meint doch ja,

Ich ſezt mich nieder und faullenzt da,

Es war wohl tauſend Gulden werth,

Dafuͤr kauft ich ein ſchoͤnes Pferd,

Wars kein junges, wars ein alts,

Ohne Kopf und ohne Hals,

Ohne Schenkel, ohne Bein,

Auf dem Pferd ritt ich allein,

Auf dem Pferd ritt ich ſo lang,

Bis ihm gar der Bauch zerſprang.

Flog heraus ein Goͤckerlein,

Kraͤhte grob und kraͤhte fein,

Hatt auf ſeinem Kopf ein Kamm,

Drauf ſtand das Wappen von Amſterdam.

Erſchreckliche Geſchichte vom Huͤnchen und
vom Haͤnchen
.


Ein Huͤnchen und ein Haͤnchen ſind miteinander in
die Nußhecken gegangen, um Nuͤſſe zu eſſen, und jedes
Nuͤßchen, welches das Haͤnchen fand, hat es mit dem
Huͤnchen getheilt, endlich hat das Huͤnchen auch eine Nuß
gefunden, und das Haͤnchen hat ſie ihm aufgepickt, aber
[24] das Huͤnchen war neidiſch, und hat nicht theilen wollen,
und hat aus Neid den Nußkern ganz verſchluckt, der iſt
ihm aber im Halſe ſtecken geblieben, und wollte nicht
hinter ſich, und nicht vor ſich, da hat es geſchrien: lauf
zum Born und hol mir Waſſer.


Haͤnchen iſt zum Born gelaufen,

Born du ſollſt mir Waſſer geben,

Huͤnchen liegt an jenem Berg,

Und ſchluckt an einem Nußkern;

Und da hat der Born geſprochen:

Erſt ſollſt du zur Braut hinſpringen,

Und mir klare Seide bringen,

Haͤnchen iſt zur Braut geſprungen,

Braut du ſollſt mir Seide geben,

Seide ſoll ich Brunnen bringen,

Brunnen ſoll mir Waſſer geben,

Waſſer ſoll ich Huͤnchen bringen,

Huͤnchen liegt an jenem Berg,

Und ſchluckt an einem Nußkern.

Und da hat die Braut geſprochen:

Sollſt mir erſt mein Kraͤnzlein langen,

Blieb mir in den Weiden hangen;

Haͤnchen iſt zur Weide flogen,

Hat das Kraͤnzlein runter zogen,

Braut ich thu dirs Kraͤnzlein bringen,

Sollſt mir klare Seiden geben,

Seide ſoll ich Brunnen bringen,

Brunnen ſoll mir Waſſer geben,

Waſſer ſoll ich Huͤnchen bringen,

[25]
Huͤnchen liegt an jenem Berg,

Und ſchluckt an einem Nußkern.

Braut gab fuͤr das Kraͤnzlein Seide,

Born gab fuͤr die Seide Waſſer,

Waſſer bringt er zu dem Huͤnchen,

Aber Huͤnchen war erſtickt,

Hat den Nußkern nicht verſchlickt.

Da war das Haͤnchen ſehr traurig, und hat ein Waͤgelchen
von Weiden geflochten, hat ſechs Voͤgelchen davor geſpannt,
und das Huͤnchen darauf gelegt, um es zu Grabe zu fah-
ren, und wie es ſo fort fuhr, kam ein Fuchs.


Wohin Haͤnchen?

Mein Huͤnchen begraben.

Darf ich aufſitzen?

Sitz hinten auf den Wagen,

Forne koͤnnens meine Pferdchen nicht vertragen.

Da hat ſich der Fuchs aufgeſetzt, kam ein Wolf.

Wohin Haͤnchen? u. ſ. w.

kam ein Loͤwe, kam ein Baͤr, u. ſ. w., alle hinten drauf,

endlich kam noch ein Floh,

Wohin Haͤnchen? u. ſ. w.

aber der war zu ſchwer, der hat grade noch gefehlt, das
ganze Waͤgelchen mit aller Bagage, mit Mann und Maus
iſt im Sumpfe verſunken, da braucht er auch kein Grab,
das Haͤnchen iſt allein davon gekommen, iſt auf den Kirch-
thurm geflogen, da ſteht es noch, und dreht ſich uͤberall
herum, und paßt auf ſchoͤn Wetter, daß der Sumpf aus-
trocknet, da will es wieder hin, und will ſehen, wie er ſei-
[26] nen Leichenzug weiter bringt, wird aber wohl zu ſpaͤt kom-
men, denn es iſt allerlei Kraut und Gras druͤber gewachſen,
Huͤnerdarm und Hahnenfuß, und Loͤwenzahn und Fuchſia,
und lauter ſolche Geſchichten, wer ſie nicht weis, der muß
ſie erdichten.


Auf dem Grabſtein eines Kindes in einem
Kirchhof im Odenwald
.


Liebe Eltern gute Nacht!

Ich ſoll wieder von euch ſcheiden,

Kaum war ich zur Welt gebracht,

Hab genoſſen keine Freuden,

Ich das kleinſte eurer Glieder,

Geh ſchon fort, doch nicht allein,

Eltern, Schweſtern, und die Bruͤder,

Werden auch bald bei mir ſeyn,

Weil ſie wuͤnſchen, bitten, weinen,

Daß ihr Tag mag bald erſcheinen.

Kindergebet.


Lieber Gott und Engelein,

Laßt mich fromm und gut ſeyn,

Laßt mir doch auch mein Hemdlein

Recht bald werden viel zu klein.

[27]

Wie oft Gott zu danken ſey?


Wie viel Sand in dem Meer,

Wie viel Sterne oben her,

Wie viel Thiere in der Welt,

Wie viel Heller unterm Geld,

In den Adern wie viel Blut,

In dem Feuer wie viel Glut,

Wie viel Blaͤtter in den Waͤldern,

Wie viel Graͤßlein in den Feldern,

In den Hecken wie viel Doͤrner,

Auf dem Acker wie viel Koͤrner,

Auf den Wieſen wie viel Klee,

Wie viel Staͤublein in der Hoͤh,

In den Fluͤſſen wie viel Fiſchlein,

In dem Meere wie viel Muͤſchlein,

Wie viel Tropfen in der See,

Wie viel Flocken in dem Schnee,

So viel Lebendig weit und breit,

So oft und viel ſey Gott Dank in Ewigkeit.

Amen

Abendgebet.


Abends wenn ich ſchlafen geh,

Vierzehn Engel bei mir ſtehn,

Zwey zu meiner Rechten,

Zwey zu meiner Linken,

[28]
Zwey zu meinen Haͤupten,

Zwey zu meinen Fuͤſſen,

Zwey die mich decken,

Zwey die mich wecken,

Zwey die mich weiſen

In das himmliſche Paradeischen.

St. Niklas.


Vater.
Es wird aus den Zeitungen vernommen,

Daß der heilige Sankt Niklaus werde kommen,

Aus Moskau, wo er gehalten werth,

Und als ein Heilger wird geehrt;

Er iſt bereits ſchon auf der Fahrt,

Zu beſuchen die Schuljugend zart,

Zu ſehn, was die kleinen Maͤgdlein und Knaben

In dieſem Jahre gelernet haben,

In Beten, Schreiben, Singen und Leſen,

Auch ob ſie ſind huͤbſch fromm geweſen.

Er hat auch in ſeinem Sack verſchloſſen,

Schoͤne Puppen aus Zucker gegoſſen,

Den Kindern, welche huͤbſch fromm waͤren,

Will er ſolche ſchoͤne Sachen verehren.

Kind.
Ich bitte dich Sankt Niklaus ſehr,

In meinem Hauſe auch einkehr,

[29]
Bring Buͤcher, Kleider und auch Schuh,

Und noch viel ſchoͤne gute Sachen dazu,

So will ich lernen wohl,

Und fromm ſeyn, wie ich ſoll.

Amen.

Sankt Niklas.
Gott gruͤß euch lieben Kinderlein,

Ihr ſollt Vater und Mutter gehorſam ſeyn,

So ſoll euch was Schoͤnes beſchehret ſeyn;

Wenn ihr aber daſſelbige nicht thut,

So bringe ich euch den Stecken und die Ruth.

Amen.

Kinderlied zu Weihnachten.


Gott's Wunder, lieber Bu,

Geh, horch ein wenig zu,

Was ich dir will erzaͤhlen,

Was geſchah in aller Fruh.

Da geh ich uͤber ein Heid,

Wo man die Schaͤflein weidt,

Da kam ein kleiner Bu gerennt,

Ich hab ihn all mein Tag nicht kennt.

Gott's Wunder, lieber Bu,

Geh, horch ein wenig zu!

[30]
Den alten Zimmermann,

Den ſchaun wir alle an,

Der hat dem kleinen Kindelein

Viel Gutes angethan.

Er hat es ſo erkußt,

Es war ein wahre Luſt,

Er ſchafft das Brod, ißt ſelber nicht,

Iſt auch ſein rechter Vater nicht.

Gott's Wunder, lieber Bu,

Geh, lauſch ein wenig zu.

Haͤtt' ich nur dran gedenkt,

Dem Kind haͤtt ich was g'ſchenkt;

Zwei Aepfel hab ich bei mir g'habt,

Es hat mich freundlich angelacht.

Gott's Wunder, lieber Bu,

Geh, horch ein wenig zu.

Sterndreherlied.


Wir reiſen auf das Feld in eine Sonne,

Des freuet ſich die engliſche Schaar,

Wir wuͤnſchen euch allen ein gluͤckſeelig Neujahr.

Wir wuͤnſchen dem Herrn einen goldnen Hut,

Er trinkt keinen Wein, denn er ſey gut,

Des freuet ſich etc.

[31]
Wir wuͤnſchen dem Herrn einen tiefen Bronnen,

So iſt ihm niemals ſein Gluͤck zerronnen,

Des freuet ſich etc.

Wir wuͤnſchen dem Herrn einen goldnen Mutzen,

Er laͤßt ſich auch von keinem trutzen,

Des freuet ſich etc.

Wir wuͤnſchen dem Herrn einen goldnen Tiſch,

Auf jeder Eck einen gebacknen Fiſch,

Des freuet ſich etc.

Wir wuͤnſchen der Frau einen goldenen Rock,

Sie geht daher als wie eine Dock,

Des freuet ſich etc.

Wir wuͤnſchen dem Sohn eine Feder in die Hand,

Damit ſoll er ſchreiben durchs ganze Land,

Des freuet ſich etc.

Wir wuͤnſchen der Tochter ein Raͤdelein,

Damit ſoll ſie ſpinnen ein Faͤdelein,

Des freuet ſich etc.

Wir wuͤnſchen der Magd einen Beſen in die Hand,

Damit ſoll ſie kehren die Spinnen von der Wand,

Des freuet ſich etc.

Wir wuͤnſchen dem Knecht eine Peitſch in die Hand,

Damit ſoll er fahren durchs ganze Land,

Des freuet ſich etc.

[32]

Dreikoͤnigslied.


Gott ſo wollen wir loben und ehrn,

Die heiligen drei Koͤnig mit ihrem Stern,

Sie reiten daher in aller Eil

In dreiſig Tagen vierhundert Meil,

Sie kamen in Herodis Haus,

Herodes ſahe zum Fenſter raus:

Ihr meine liebe Herrn, wo wollt ihr hin?

Nach Bethlehem ſteht unſer Sinn.

Da iſt geboren ohn' alles Leid

Ein Kindlein von einer reinen Maid.

Herodes ſprach aus großem Trotz:

Ey warum iſt der hinder ſo ſchwarz?

O lieber Herr, er iſt uns wohl bekannt,

Er iſt ein Koͤnig im Mohrenland,

Und woͤllend ihr uns recht erkennen,

Wir doͤrffend uns gar wohl nennen.

Wir ſeynd die Koͤnig vom finſtern Stern,

Und braͤchten dem Kindlein ein Opfer gern,

Myrrhen, Weihrauch und rothes Gold,

Wir ſeynd dem Kindlein ins Herz nein hold.

Herodes ſprach aus Uebermuth,

Bleibend bei mir, und nehmt fuͤr gut,

Ich will euch geben Heu und Streu,

Ich will euch halten Zehrung frey.

Die heiligen drei Koͤnig thaͤten ſich beſinnen,

Fuͤrwahr, wir wollen jezt von hinnen.

Herodes ſprach aus trutzigem Sinn,

Wollt ihr nicht bleiben, ſo fahret hin.

[33]
Sie zogen uͤber den Berg hinaus,

Sie funden den Stern ob dem Haus,

Sie traten in das Haus hinein,

Sie funden Jeſum in dem Krippelein.

Sie gaben ihm ein reichen Sold,

Myrrhen, Weyhrauch und rothes Gold.

Joſeph bei dem Kripplein ſaß,

Bis daß er ſchier erfroren was.

Joſeph nahm ein Pfaͤnnelein,

Und macht dem Kind ein Muͤßelein.

Joſeph, der zog ſeine Hoͤſelein aus,

Und macht dem Kindlein zwey Windelein d'raus.

Joſeph, lieber Joſeph mein,

Hilf mir wiegen mein Kindelein.

Es waren da zwey unvernuͤnftige Thier,

Sie fielen nieder auf ihre Knie.

Das Oechſelein und das Eſelein,

Die kannten Gott den Herren rein.

Amen.

Chriſtkindleins Wiegenlied.


O Jeſulein zart,

O Jeſulein zart,

Das Kripplein iſt hart,

Wie liegſt du ſo hart,

Ach ſchlaf, ach thu die Auͤgelein zu,

Schlaf, und gieb uns die ewige Ruh.

3
[34]
Schlaf Jeſulein wohl,

Nichts hindern ſoll

Ochs Eſel und Schaf,

Sind alle im Schlaf.

Schlaf Kind ſchlaf, thue dein Auͤglein zu,

Schlaf und gieb uns die ewige Ruh.

Die Seraphim ſingt,

Und Cherubim klingt,

Viel Engel im Stall,

Die wiegen dich all.

Schlaf Kind ſchlaf, thu dein Auͤglein zu,

Schlaf und gieb uns die ewige Ruh.

Sieh Jeſulein ſieh,

Sankt Joſeph iſt hie,

Ich bleib auch hiebei,

Schlaf ſicher und frei.

Schlaf Kind ſchlaf, thu dein Auͤglein zu,

Schlaf, und gieb uns die ewige Ruh.

Schweig Eſelein ſtill,

Das Kind ſchlafen will,

Ey Ochsle nicht bruͤll,

Das Kind das ſchlafen will.

Schlaf Kind ſchlaf, thu dein Auͤgelein zu,

Schlaf, und gieb uns die ewige Ruh.

[35]

Wiegenlied.


O Jeſu liebes Herrlein mein,

Hilf mir wiegen mein Kindelein,

Im Himmelreich, und in der lieben Chriſtenheit,

Eya! Eya! Schlaf du liebes Kindelein,

Der heilig Chriſt will bei dir ſeyn,

Mit ſeinen lieben Engelein, in Ewigkeit.

O du liebes Jeſulein,

Du Troͤſter mein, erfreu dich fein,

Und mach uns arme Wuͤrmelein

Zu Dienern dein!

O Jeſu, Gottes Soͤhnelein,

Und Marien Kindelein,

Laß dir mein Kind befohlen ſeyn,

Im Himmelreich, und in ſeim kleinen Wiegelein,

Eya! Eya! Schlaf mein liebes Kindelein,

Dein Chriſt bringt dir gut Aepfelein,

Baut dir ein ſchoͤnes Haͤuſelein im Himmelreich.

Du trautes Jeſulein,

Gottes Laͤmmelein, erbarm dich mein,

Und faß mich auf dein Ruͤckelein

Und trag mich fein.

O Jeſu, liebes Bruͤderlein,

Du wollſt Emanuelchen ſeyn,

Und unſer ewigs Prieſterlein,

Im Himmelreich, und in der lieben Chriſtenheit.

Eya! Eya! ſchweig du trautes Kindelein,

Es beißt dich ſonſt ein Eſelein,

[36]
Und ſtoͤßt dich Joſephs Oechſelein, zu Bethlehem:

O du ſuͤßes Jeſulein,

Erhalt uns rein, im Glauben dein,

Bitt fuͤr uns arme Suͤnderlein,

Den Vater dein.

Jeſus das zarte Kindelein,

Lag in ein'm harten Krippelein,

Gewindelt in ein Tuͤchelein,

Zu Bethlehem, im finſtern Stall, beim Oechſelein.

Eya! Eya! Joſeph kocht ein Muͤſelein,

Maria ſtreichts ihrm Soͤhnlein ein,

Das Kuͤßlein waͤrmt ein Engelein;

Nun ſinget fein, o du liebes Jeſulein,

Die Unſchuld dein, laß unſer ſeyn,

Und mach uns arme Leute fein

Heilig und rein.

Fruͤhlingsumgang.


Heut iſt mitten in der Faſten,

Da leeren die Bauren die Kaſten.

Die Kaſten ſind alle ſo leer,

Beſcheer uns Gott ein andres Jahr!

Die Fruͤchte im Felde, ſie kleiden ſo wohl,

Sie kleiden dem Baͤuerlein die Scheuerlein voll.

Wo ſind unſere hieſigen Knaben,

Die uns den Sommerkranz helfen rumme tragen.

[37]
Sie liegen wohl hinter dem Wingertsberg,

Und ſchaffen ihre Haͤndelein rauh.

Jetzt gehn wir vor des Wirten Haus,

Da ſchaut der Herr zum Fenſter raus.

Er ſchaut wohl raus und wieder n'ein,

Er ſchenkt uns was ins Beutelein n'ein.

Wir ſchreibens wohl auf ein Lilienblatt,

Wir wuͤnſchen dem Herrn einen guten Tag.

Wir wuͤnſchen dem Herrn einen goldenen Tiſch,

Auf jeden Spitzen gebackene Fiſch.

Mitten darinnen eine Kante voll Wein,

Damit ſoll er brav luſtig ſeyn.

Wir wuͤnſchen der Frau eine goldene Wiege,

Damit ſoll ſie ihr Kindelein wiegen.

Wir wuͤnſchen der Frau eine goldene Schnur,

Damit bindt ſie ihr Kindelein zu.

Wir wuͤnſchen dem Herrn einen ſilbernen Wagen,

Damit ſoll er ins Himmelreich fahren!

Wenn die Kinder ihre heiße Suppe ruͤhren.


Lirum larum Loͤffelſtiel,

Alte Weiber eſſen viel,

[38]
Junge muͤſſen faſten,

Brod liegt im Kaſten,

Meſſer liegt daneben,

Ey was ein luſtig Leben!

Das Sommertagslied.


In der Pfalz und umliegenden Gegenden gehen am
Sonntag Laͤtari, welchen man den Sommertag nennt,
die Kinder auf den Gaſſen herum mit hoͤlzernen Staͤben,
an welchen eine mit Baͤndern geſchmuͤckte Bretzel haͤngt,
und ſingen den Sommer an, woruͤber ſich jedermann
freut. Auch gehen oft zwei erwachſene junge Burſche ver-
kleidet herum, won welchen einer den Sommer, der an-
dere den Winter vorſtellt, dieſe kaͤmpfen miteinander, und
der Winter verliert. Im Kraichgau tragen die Maͤgd-
lein bei dieſem Feſt einen mit Immergruͤn umwundenen
Reif auf einem Stecken, an dem Reife haͤngen kleine
Spiegel, Goldflitter und Bretzeln. Die Knaben aber tra-
gen viele ſolche kleinere Kraͤnze an ihren Stecken, und
geben immer einen als Gegengabe in jedem Hauße ab,
wo ſie fuͤr ihren Geſang Geld, Eier, Schmalz oder Mehl
erhalten. Dieſer Kranz wird in der Mittenſtube uͤber
dem Tiſch an einem Faden aufgehaͤngt, und bleibt bis
zum naͤchſten Jahre haͤngen. Durch die Ofenwaͤrme, die
in die Hoͤhe zieht, bewegt ſich der Kranz zuweilen, dann
ſagen die Kinder: das bedeute was Gutes, wenn aber eine
Hexe in die Stube koͤmmt, ſagen die alten Weiber, ſtehe
der Kranz ſtill. Das Sommerlied aber heißt ſo:


[39]
Tra, ri, ro,

Der Sommer der iſt do!

Wir wollen naus in Garten,

Und wollen des Sommers warten,

Jo, jo, jo,

Der Sommer, der iſt do.

Tra, ri, ro,

Der Sommer, der iſt do!

Wir wollen hinter die Hecken,

Und wollen den Sommer wecken,

Jo, jo, jo,

Der Sommer, der iſt do!

Tra, ri, ro,

Der Sommer, der iſt do!

Der Sommer, der Sommer!

Der Winter hats verloren,

Jo, jo, jo,

Der Sommer, der iſt do.

Tra ri etc.

Zum Biere, zum Biere,

Der Winter liegt gefangen,

Den ſchlagen wir mit Stangen,

Jo etc.

Tra, ri etc.

Zum Weine, zum Weine,

In meiner Mutter Keller,

Liegt guter Muskateller,

Jo, etc.

[40]
Tra, ri, etc.

Wir wuͤnſchen dem Herrn

Ein goldnen Tiſch,

Auf jeder Eck ein gebacknen Fiſch,

Und mitten hinein

Drei Kannen voll Wein,

Daß er dabei kann froͤhlich ſeyn.

Jo, jo, jo,

Der Sommer, der iſt do.

Brunneneyer-Liedlein.


In Kreuznach und andern Staͤdten am Rhein wer-
den um Johannistag die Brunnen gereinigt, und neue
Brunnenmeiſter erwaͤhlt, wobei ſich die Nachbarn verſam-
meln, und nachdem ſie manche nachbarliche Angelegenheit
beſprochen, ein kleines Feſt geben. An dem Tage dieſes
Feſtes ziehen die Kinder in der Nachbarſchaft Eyer ſamm-
len herum, die ſie in einen mit Feldblumen geſchmuͤckten
Korb auf Blaͤtter legen, und ſich Abends zu einem eignen
Feſte backen laſſen, bei ihrem Eyerſammlen ſingen ſie fol-
gendes Lied. Dieſe Gelage waren bereits im funfzehnten
Jahrhundert.


Gaͤrtlein, Gaͤrtlein, Brunneneyer,

Heut han wir Johannistag,

Gruͤn ſind die Lilien,

Rufen wir Frau Wirthin an,

[41]
Draus auf den Leyen, (Leye, Schiefer)

Steht ein Korb voll Eier,

Sind ſie zerbrochen,

Gebt mir eure Tochter,

Sind ſie zu klein,

Gebt mir zwey fuͤr ein,

Strih, ſtrah, ſtroh,

Heut uͤbers Jahr ſind wir all miteinander wieder do!

Knecht, Magd, Ochs, Eſel, und alles, was mein iſt.


Als ich ein armes Weib war,

Zog ich uͤber den Rhein,

Beſcheert mir Gott ein Huͤhnelein,

War ich ein reiches Weib,

Gieng ich uͤber die Wieſe,

Fragten alle Leut,

Wie mein Huͤhnlein hieſe,

Bibberlein heißt mein armes Huͤhnelein.

Als ich ein armes Weib war,

Zog ich uͤber den Rhein,

Beſcheert mir Gott ein Entelein,

War ich ein reiches Weib,

Gieng ich uͤber die Wieſe,

Fragten alle Leut,

Wie mein Entlein hieſe,

[42]
Entequentlein heißt mein Entlein,

Bibberlein heißt mein armes Huͤnelein.

Als ich ein armes Weib war,

Zog ich uͤber den Rhein,

Beſcheert mir Gott ein Gaͤnſelein,

War ich ein reiches Weib,

Gieng ich uͤber die Wieſe,

Fragten alle Leut,

Wie mein Gaͤnſelein hieſe,

Wackelſchwaͤnzlein heißt mein Gaͤnslein, etc.

Als ich u.ſ.w.

Beſcheert mir Gott ein Zickelein,

u. ſ. w.

Klipperbein heißt mein armes Zickelein,

Wackelſchwaͤnzlein u. ſ. w.

Als ich u. ſ. w.

Beſcheert mir Gott ein Schweinelein,

u. ſ. w.

Schmortoͤpflein heißt mein armes Schweinelein,

Klipperbein u. ſ. w.

Als ich u. ſ. w.

Beſcheert mir Gott ein Kuh,

Gute Muh heißt mein Kuh,

Schmortoͤpflein heißt mein Schwein,

u. ſ. w.

Als ich u. ſ. w.

Beſcheert mir Gott ein Haus,

[43]
Guckeraus heißt mein Haus,

Gute Muh u. ſ. w.

Als ich u. ſ. w.

Beſcheert mir Gott ein Mann,

Kegelbahn heißt mein Mann,

u. ſ. w.

Beſcheert mir Gott ein Kind,

Goldenring heißt mein Kind.

Beſcheert mir Gott ein Magd,

Hat er geſagt heißt meine Magd.

Beſcheert mir Gott ein Pferd,

Ehrenwerth heißt mein Pferd.

Beſcheert mir Gott ein Knecht,

Haberecht heißt mein Knecht.

Beſcheert mir Gott ein Hahn,

Wettermann heißt mein Hahn.

Beſcheert mir Gott ein Floh,

Huͤpf ins Stroh heißt mein Floh.

Nun kennt ihr mich mit Mann und Kind,

Und all meinem Hausgeſind.

[44]

Fuͤr die Juͤngelcher von unſern Leut.


Ein Zicklein, ein Zicklein,

Das hat gekauft das Vaͤterlein

Um zwey Schilling Pfennig,

Ein Zicklein!

Da kam das Kaͤtzlein,

Und aß das Zicklein,

Das hat gekauft mein Vaͤterlein,

Um zwey Schilling Pfennig,

Ein Zicklein! Ein Zicklein!

Da kam das Huͤndelein,

Und biß das Kaͤtzelein,

Das da hat gegeſſen das Zicklein,

Das da hat gekauft mein Vaͤterlein,

Um zwey Schilling Pfennig,

Ein Zicklein!

Da kam das Stoͤckelein,

Und ſchlug das Huͤndlein,

Das da hat gebiſſen das Kaͤtzlein,

Das da hat gegeſſen das Zicklein,

Das da hat gekauft mein Vaͤterlein,

Um zwey Schilling Pfennig,

Ein Zicklein!

Da kam das Feuerlein,

Und verbrennt das Stoͤckelein,

Das da hat geſchlagen das Huͤndelein,

[47[45]]
Das da hat gebiſſen das Kaͤtzlein,

Das da hat gegeſſen das Zicklein,

Das da hat gekauft mein Vaͤterlein,

Um zwey Schilling Pfennig,

Ein Zicklein!

Da kam das Waſſerlein,

Und verloͤſcht das Feuerlein,

Das da hat verbrennt das Stoͤcklein,

Das da hat geſchlagen das Huͤndlein,

Das da hat gebiſſen das Kaͤtzlein,

Das da hat gegeſſen das Zicklein,

Das da hat gekauft mein Vaͤterlein,

Um zwey Schilling Pfennig,

Ein Zicklein!

Da kam der Ochſe

Und trank das Waſſerlein,

Das da hat verloͤſcht das Feuerlein,

Das da hat verbrennt das Stoͤckelein,

Das da hat geſchlagen das Huͤndelein,

Das da hat gebiſſen das Kaͤtzelein,

Das da hat gegeſſen das Zicklein,

Das da hat gekauft mein Vaͤterlein,

Um zwey Schilling Pfennig,

Ein Zicklein! Ein Zicklein!

Da kam der Schòchet, (Metzger)

Und ſchlecht den Ochſen,

Der da hat getrunken das Waſſerlein,

Das da hat verloͤſcht das Feuerlein,

[44[46]]
Das da hat verbrennt das Stoͤckelein,

Das da hat geſchlagen das Huͤndelein,

Das da hat gebiſſen das Kaͤtzlein,

Das da hat gegeſſen das Zicklein,

Das da hat gekauft das Vaͤterlein,

Um zwey Schilling Pfennig,

Ein Zicklein! ein Zicklein!

Da kam der Màlach hammòves, (Engel des Todes)

Und ſchlecht den Schòchet,

Daß er hat geſchlecht den Ochſen,

Daß er hat getrunken das Waſſerlein,

Das da hat verloͤſcht das Feuerlein,

Das da hat verbrennt das Stoͤckelein,

Das da hat geſchlagen das Huͤndelein,

Das da hat gebiſſen das Kaͤtzlein,

Das da hat gegeſſen das Zicklein,

Das da hat gekauft das Vaͤterlein,

Um zwey Schilling Pfennig,

Ein Zicklein! Ein Zicklein!

Da kam unſer lieber Herr Gott,

Und ſchlecht den Màlach Hammòves,

Der da hat geſchlecht den Schòchet,

Der da hat geſchlecht den Ochſen,

Daß er hat getrunken das Waſſerlein,

Das da hat verloͤſcht das Feuerlein,

Das da hat verbrennt das Stoͤckelein,

Das da hat geſchlagen das Huͤndelein,

Das da hat gebiſſen das Kaͤtzlein,

[47]
Das da hat gegeſſen das Zicklein,

Das da hat gekauft das Vaͤterlein,

Um zwey Schilling Pfennig,

Ein Zicklein! Ein Zicklein.

Kinder-Konzert, prima vista.


Kleins Maͤnnele, kleins Maͤnnele, was kannſt du

machen?

Ich kann wohl ſpielen auf meiner Trumm,

Rum bum, bidi bum, ſo macht meine Trumm.

Rum bum, bidi bum.

Kleins Maͤnnele, etc. was kannſt du machen etc.

Ich kann wohl ſpielen auf meiner Floͤt,

Dill dill dill, ſo macht meine Floͤt,

Rum bum, bidi bum, ſo macht meine Trumm.

Rum bum, bidi bum, dill dill dill.

Kleins Maͤnnele, etc. was kannſt du machen, etc.

Ich kann wohl ſpielen auf meiner Geig,

Ging ging ging, ſo macht meine Geig,

Dill dill dill, ſo macht meine Floͤt,

Rum bum, bidi bum, ſo macht meine Trumm.

Rum bum, bidi bum, dill dill dill, ging ging ging,

Kleins Maͤnnele, etc. was kannſt du machen etc.

Ich kann wohl ſpielen auf meiner Zitter,

Brin bring bring, ſo macht meine Zitter,

[48]
Ging ging ging, ſo macht meine Geig,

Dill dill dill, ſo macht meine Floͤt,

Rum bum, bidi bum, ſo macht meine Trumm.

Rum bum, bidi bum, dill dill dill, ging ging ging, bring

bring, bring.

Kleins Maͤnnele, etc. was kannſt du machen etc.

Ich kann wohl ſpielen auf meiner Laute,

Blum blum blum, ſo macht meine Laute,

Bring bring bring, ſo macht meine Zitter,

Ging ging ging, ſo macht meine Geig,

Dill dill dill, ſo macht meine Floͤt,

Rum bum, bidi bum, ſo macht meine Trumm.

Rum bum, bidi bum, dill dill dill, ging ging ging, bring

bring bring, blum blum blum.

Kleins Maͤnnele, etc. was kannſt du machen etc.

Ich kann wohl ſpielen auf meinem Fagot,

Du du du, ſo macht mein Fagot,

Blum blum blum, ſo macht meine Laute,

Bring bring bring, ſo macht meine Zitter,

Ging ging ging, ſo macht meine Geige,

Dill dill dill, ſo macht meine Floͤt,

Rum bum, bidi bum, ſo macht meine Trumm.

Rum bum, bidi bum, dill dill dill, ging ging ging, bring

bring bring, blum blum blum, du du du.

Kleins Maͤnnele, etc. was kannſt du machen etc.

Ich kann wohl ſpielen auf meiner Leier,

Eng eng eng, ſo macht meine Leier,

Du du du, ſo macht mein Fagot,

[49]
Blum blum blum, ſo macht meine Laut,

Bring bring bring, ſo macht meine Zitter,

Ging ging ging, ſo macht meine Geig,

Dill dill dill, ſo macht meine Floͤt,

Bum bum bum, ſo macht meine Trumm.

Rum bum, bidi bum, dill dill dill, ging ging ging, bring

bring bring, blum blum blum, du du du, eng,

eng eng.

Kleins Maͤnnele: etc. was kannſt du machen etc.

Ich kann wohl ſpielen auf meiner Baßgeig,

Gu gu gu, ſo macht meine Baßgeig,

Eng eng eng, ſo macht meine Leyer;

Du du du, ſo macht mein Fagot,

Blum blum blum, ſo macht meine Laut,

Bring bring bring, ſo macht meine Zitter,

Ging ging ging, ſo macht meine Geig,

Dill dill dill, ſo macht meine Floͤt,

Rum bum, bidi bum, ſo macht meine Trumm.

Rum bum, bidi bum, dill dill dill, ging ging ging, bring

bring bring, blum blum blum, du du du, eng

eng eng, Gu gu gu,

in Ewigkeit amen.

Der wunderliche Kittel.


Ich weiß mir einen Kittel,

Geht vornen nicht zuſammen,

Bin ich zu einer Nonn gegangen.

4
[50]
„Ach liebe Nonn gieb auch dazu,

„Daß der Kittel fertig wird!

Sprach die Nonn: Das ſoll geſchehn,

„Will dir meine Kutte geben. —

Ey ſo haben wir eine Kutt'!

Hinten Zipf,

Freu' dich Maͤdel der Kittel wird huͤbſch.

Ich weiß mir einen Kittel,

Geht vornen nicht zuſammen,

Bin ich zu einem Hahn gegangen.

„Ach lieber Hahn, gieb anch dazu!

Sprach der Hahn: Das ſoll geſchehn,

„Will dir meinen Kamm geben,

„Ey ſo haben wir einen Kamm!

Hahnenkamm,

Nonnenkutt,

Hintenzipf,

Freu dich Maͤdel, der Kittel wird huͤbſch!

Ich weiß mir einen Kittel,

Geht vornen nicht zuſammen,

Bin ich zu einer Gans gegangen.

„Ach liebe Gans gieb auch dazu!

„Daß der Kittel fertig wird.

Sprach die Gans: Das ſoll geſchehn,

„Will dir meinen Kragen geben,

„Ey ſo haben wir einen Kragen!

Ganskragen,

Hahnenkamm,

[51]
Nonnenkutt,

Hintenzipf,

Freu dich Maͤdel, [dein] Kittel wird huͤbſch!

Ich weiß mir einen Kittel,

Geht vornen nicht zuſammen,

Bin ich zu einer Ent' gegangen.

„Ach liebe Ent' gieb auch dazu!

„Daß der Kittel fertig wird.

Sprach die Ent' Das ſoll geſchehn,

„Will dir meinen Schnabel geben.

„Ey ſo haben wir einen Schnabel!

Entenſchnabel,

Ganskragen,

Hahnenkamm,

Nonnenkutt,

Hintenzipf,

Freu dich Maͤdel, dein Kittel wird huͤbſch!

Ich weiß mir einen Kittel,

Geht vornen nicht zuſammen,

Bin ich zu einem Haas gegangen.

„Ach lieber Haas, gieb auch dazu!

„Daß der Kittel fertig wird.

Sprach der Haas: Das ſoll geſchehn,

„Will dir meinen Lauf geben.

„Ey ſo haben wir einen Lauf!

Haaſenlauf,

Entenſchnabel,

Ganskragen,

[52]
Hahnenkamm,

Nonnenkutt,

Hintenzipf,

Freu dich Maͤdel, dein Kittel wird huͤbſch.

Was der Gans alles aufgepackt worden iſt.


Was traͤgt die Gans auf ihrem Schnabel?

Federgans?

Einen Ritter, mit ſammt dem Sabel,

Traͤgt die Gans auf ihrem Schnabel.

Federgans.

Was traͤgt die Gans auf ihrem Kopf?

Federgans?

Einen dicken Koch mit ſammt dem Topf,

Traͤgt die Gans auf ihrem Kopf.

Federgans.

Was traͤgt die Gans auf ihrem Kragen?

Federgans?

Einen Fuhrmann, mit Roß und Wagen,

Traͤgt die Gans auf ihrem Kragen.

Federgans.

Was traͤgt die Gans auf ihren Fluͤgeln?

Federgans?

Einen ſtattlichen Ritter, mit ſammt den Buͤgeln,

Traͤgt die Gans auf ihren Fluͤgeln.

Federgans.

[53]
Was traͤgt die Gans auf ihrem Ruͤcken?

Federgans?

Ein altes Weib, mit ſammt den Kruͤcken,

Traͤgt die Gans auf ihrem Ruͤcken.

Federgans.

Was traͤgt die Gans auf ihren Zehen?

Federgans?

Ein Jungfer, die thut Hemdlein naͤhen;

Traͤgt die Gans auf ihren Zehen?

Federgans.

Was traͤgt die Gans auf ihrem Schwanzerl?

Federgans?

Ein Jungfrau in dem Hochzeitskranzerl,

Traͤgt die Gans auf ihrem Schwanzerl,

Federgans.

Kinder-Predigt.


Quibus, quabus,

Die Enten gehn barfuß,

Die Gaͤns haben gar keine Schuh,

Was ſagen dann die lieben Huͤner dazu?

Und als ich nun kam an das kanaljeiſche Meer,

Da fand ich drey Maͤnner, und noch viel mehr,

Der eine hatte niemals was,

Der andre nicht das,

Und der dritte gar nichts,

[54]
Die kauften ſich eine Semmel,

Und einen Zentner hollaͤndiſchen Kaͤſe,

Und fuhren damit an das kanaljeiſche Meer.

Und als ſie kamen an das kanaljeiſche Meer,

Da kamen ſie in ein Land, und das war leer,

Und ſie kamen an eine Kirche von Papier,

Darin war eine Kanzel von Korduan,

Und ein Pfaffe von Rothſtein,

Der ſchrie: Heute haben wir Suͤnde gethan,

Verleiht uns Gott das Leben, ſo wollen wir morgen

wieder dran!

Und [...] drey Schweſtern Lazari,

[...]harina, Sibilla, Schweigſtilla,

Weinten bitterlich,

Und der Hahn kraͤhete Buttermilch!

Das buckliche Maͤnnlein.


Will ich in mein Gaͤrtlein gehn,

Will mein Zwiebeln gieſſen,

Steht ein bucklicht Maͤnnlein da,

Faͤngt als an zu nießen.

Will ich in mein Kuͤchel gehn,

Will mein Suͤpplein kochen,

Steht ein bucklicht Maͤnnlein da,

Hat mein Toͤpflein brochen.

Will ich in mein Stuͤblein gehn,

Will mein Muͤßlein eſſen;

[55]
Steht ein bucklicht Maͤnnlein da,

Hats ſchon halber geſſen.

Will ich auf mein Boden gehn,

Will mein Hoͤlzlein holen;

Steht ein bucklicht Maͤnnlein da,

Hat mirs halber g'ſtohlen.

Will ich in mein Keller gehn,

Will mein Weinlein zapfen;

Steht ein bucklicht Maͤnnlein da,

Thut mir'n Krug wegſchnappen.

Setz ich mich ans Raͤdlein hin,

Will mein Faͤdlein drehen;

Steht ein bucklicht Maͤnnlein da,

Laͤßt mirs Rad nicht gehen.

Geh ich in mein Kaͤmmerlein,

Will mein Bettlein machen;

Steht ein bucklicht Maͤnnlein da,

Faͤngt als an zu lachen.

Wenn ich an mein Baͤnklein knie,

Will ein bislein beten;

Steht ein bucklicht Maͤnnlein da,

Faͤng als an zu reden.

Liebes Kindlein, ach ich bitt,

Bet' fuͤr's bucklicht Maͤnnlein mit!

[56]

Einquartierung.


Die Enten ſprechen: Soldaten kommen! Solda-

ten kommen!

Der Enterich ſpricht: Sackerlot, ſackerlot!

Der Haushund ſpricht: Wo? wo? wo? wo?

Die Katze ſpricht: Von Bernau, von Bernau!

Der Hahn auf der Muuer: Sie ſind ſchon da.

Kriegsgebet.


Bet' Kinder bet',

Morge kommt der Schwed,

Morge kommt der Oreſtern,

Der wird die Kinder bete lern.

Trompeterſtuͤckchen.


Heiderlau!

Stirbt meine Frau,

Reiſ' ich in die Wetterau,

Hol mir eine andre,

Die ſoll ſeyn,

Huͤbſch und fein,

Schoͤner als die andre.

[57]
dito
A Herr verſcho o o ne mich,

Jeſus Maria a a,

Iſt dann kein Kavallerie mehr da,

Jeſus Marie,

Wo bleibt dann die Infanterie,

Haͤtten wir dies,

Haͤtten wir das,

Haͤtten wir Heu,

Haͤtten wir Gras,

So haben wir aber nichts als dieſe

Alte, alte, alte Schindmaͤhrerere.

Kriegslied.


Huſaren kommen reiten,

Den Saͤbel an der Seiten!

Hau dem Schelm ein Ohr ab,

Hau's ihm nicht zu dicht ab,

Laß ihm noch ein Stuͤcklein dran,

Daß man den Schelm erkennen kenn.

Vor der rechten Schmiede.


Beſchlag, beſchlag's Roͤßle,

Zu Ulm ſteht ein Schloͤßle,

[58]
Steht ein Schmiedle nah dabei,

Schmiedle adſchlag mirs Roͤßle gleich,

Hab ich Naͤgele zu tief rein g'ſchlage,

Muß ichs wieder rauſſer grabe.

Werda.


Drey Gaͤns im Haberſtroh

Saßen da und waren froh,

Dann kam ein Bauer gegangen,

Mit einer langen Stangen,

Nuft: Wer do! Werdo!

Drei Gaͤns im Haberſtroh

Saßen da und waren froh!

Proklamation.


Aennele wehr, Aennele wehr,

Buben ſind im Garten,

Steck den hintern Riegel fuͤr,

Und laß die Narren warten.

Engelsgeſang.


O du mein Gott, o du mein Gott,

Singen Engellein ſo fein,

Singen aufe, ſingen abe,

Schlagen Trillerlein drein!

[59]

Morgenlied von den Schaͤfchen.


Schlaf, Kindlein, ſchlaf,

Der Vater huͤt die Schaaf,

Die Mutter ſchuͤttelts Baͤumelein,

Da faͤllt herab ein Traͤumelein,

Schlaf, Kindlein, ſchlaf.

Schlaf, Kindlein, ſchlaf,

Am Himmel ziehn die Schaaf,

Die Sternlein ſind die Laͤmmerlein,

Der Mond der iſt das Schaͤferlein,

Schlaf, Kindlein, ſchlaf.

Schlaf, Kindlein, ſchlaf,

Chriſtkindlein hat ein Schaaf,

Iſt ſelbſt das liebe Gotteslamm,

Das um uns all zu Tode kam,

Schlaf, Kindlein, ſchlaf!

Schlaf, Kindlein, ſchlaf,

So ſchenk ich dir ein Schaaf,

Mit einer goldnen Schelle fein,

Das ſoll dein Spielgeſelle ſeyn,

Schlaf, Kindlein, ſchlaf!

Schlaf, Kindlein, ſchlaf,

Und bloͤck nicht wie [ein] Schaaf,

Sonſt koͤmmt des Schaͤfers Huͤndelein,

Und beißt mein boͤſes Kindelein,

Schlaf, Kindlein, ſchlaf.

[60]
Schlaf, [Kindlein], ſchlaf,

Geh fort und huͤt die Schaaf,

Geh fort du ſchwarzes Huͤndelein,

Und weck mir nicht mein Kindelein,

Schlaf, Kindlein, ſchlaf.

Wiegenlied im Freien.


Da oben auf dem Berge,

Da rauſcht der Wind,

Da ſitzet Maria,

Und wieget ihr Kind,

Sie wiegt es mit ihrer ſchneeweiſen Hand,

Dazu braucht ſie kein Wiegenband.

Reiterlied auf des Vaters Knie.


Troß troß trill,

Der Bauer hat ein Fuͤll,

Das Fuͤllen will nicht laufen,

Der Bauer wills verkaufen,

Verkaufen wills der Bauer,

Das Leben wird ihm ſauer,

Sauer wird ihm das Leben,

Der Weinſtock, der traͤgt Reben,

Reben traͤgt der Weinſtock,

[61]
Hoͤrner hat der Ziegenbock,

Der Ziegenbock hat Hoͤrner,

Im Wald, da wachſen Doͤrner,

Doͤrner wachſen im Wald,

Der Winter, der iſt kalt,

Kalt iſt der Winter,

Vor der Stadt wohnt der Schinder,

Wenn der Schinder geſſen hat,

So iſt er ſatt.

Die arme Bettelfrau ſingt das kranke
Kind in Schlaf
.


Eya popeya popole,

Unſer Herrgottche wird dich bald hole,

Koͤmmt er mit dem gulderne Laͤdche,

Legt dich hinunter ins Graͤbche:

Ueber mich,

Ueber dich,

Kummer mitnander ins Himmelrich!

Wiegenlied einer alten frommen Magd.


Ich wollte mich zur lieben Maria vermiethen,

Ich ſollte ihr Kindlein helfen wiegen;

Sie fuͤhrt mich in ihr Kaͤmmerlein,

[62]
Da waren die lieben Engelein,

Die ſangen alle Gloria!

Gelobet ſey Maria!

Ammen-Uhr.


Der Mond, der ſcheint,

Das Kindlein weint,

Die Glock ſchlaͤgt zwoͤlf,

Daß Gott doch allen Kranken helf!

Gott alles weiß,

Das Maͤuslein beißt,

Die Glock ſchlaͤgt Ein,

Der Traum ſpielt auf dein Kuͤſſen dein.

Das Noͤnnchen laut

Zur Mettenzeit,

Die Glock ſchlaͤgt zwei!

Sie gehn ins Chor in einer Reih.

Der Wind, der weht,

Der Hahn, der kraͤht,

Die Glock ſchlaͤgt drei,

Der Fuhrmann hebt ſich von der Streu.

Der Gaul, der ſcharrt,

Die Stallthuͤr knarrt,

Die Glock ſchlaͤgt vier,

Der Kutſcher ſiebt_den Haber ſchier.

[63]
Die Schwalbe lacht,

Die Sonn erwacht,

Die Glock ſchlaͤgt fuͤnf,

Der Wandrer macht ſich auf die Struͤmpf.

Das Hun gagackt,

Die Ente quackt,

Die Glock ſchlaͤgt ſechs,

Steh auf, ſteh auf du faule Hex.

Zum Becker lauf,

Ein Wecklein kauf,

Die Glock ſchlaͤgt ſieben,

Die Milch thu an das Feuer ſchieben.

Thut Butter nein,

Und Zucker fein,

Die Glock ſchlaͤgt acht,

Geſchwind dem Kind die Supp gebracht.

Meelaͤmmchen.


Mee Laͤmmchen, mee!

Das Laͤmmchen lauft in Wald,

Da ſtieß ſichs an ein Steinchen,

That ihm weh ſein Beinchen,

Da ſchrie das Laͤmmchen mee!

Mee Laͤmmchen, mee!

Das Laͤmmchen lauft in Wald,

[64]
Da ſtieß ſichs an ein Stoͤchelchen,

That ihm weh ſein Koͤppelchen,

Da ſchrie das Laͤmmchen mee!

Da ſtieß ſichs an ein Straͤuchelchen,

That ihm weh ſein Baͤuchelchen.

Da ſtieß ſichs an ein Hoͤlzchen,

That ihm weh ſein Haͤlschen.

Da ſchrie das Laͤmmchen mee.

Die Magd an der Wiege.


Hab ich mirs nicht laͤngſt gedacht,

Sitz ich an der Wiegen,

Hab den Wedel in der Hand,

Wehr dem Kind die Fliegen.

Wenn die Leut ſpazieren gehn,

Muß ich an der Wiege ſtehn,

Muß da machen knick und knack,

Schlaf du kleiner Haberſack.

Ein Popeia etzetera.


Eia im Sauße,

Zwei Wiegen in einem Hauße,

[65]
Soll der Vater nicht werden bang,

Um zwei Wiegen in einem Gang,

Eia im Sauſe.

Eia wiwi!

Wer ſchlaͤft heut Nacht bei mir,

Solls mein liebes Haͤnschen ſeyn,

Wird es auch huͤbſch freundlich ſeyn,

Eia wiwi.

Eia pum pum,

Unſer kleiner Jung,

Will noch nicht alleine ſchlafen,

Will ſich noch rumpumpeln laſſen,

Eia pum pum.

Eia polei,

Kocht dem Schelm ein Brei,

Thut brav Zucker und Butter hinein,

So kriegt der Schelm ein geſchmeidigen Sinn,

Eia polei.

Eia ſchlaf ſuͤße,

Ich wieg dich mit den Fuͤßen,

Ich wieg dich mit dem ſchwarzen Schuh,

Schlaf mein Kind ſchlaf immer zu.

Eia ſchlaf ſuͤße.

Eia popei,

Willſt du immer ſchreien,

Flenn Els auf der Geigen,

Kannſt du nit geſchweigen,

Eia popeien.

5
[66]
Eia popille,

Schweigſt du mir nicht ſtille,

Geb ich dir du Suͤnderlein,

Die Ruthe vor dein Hinterlein,

Eia popille!

Wiegenlied.


Eio popeio was raſſelt im Stroh,

Die Gaͤnslein gehn barfus,

Und haben keine Schuh,

Der Schuſter hats Leder,

Kein Leiſten dazu,

Kann er den Gaͤnslein

Auch machen kein Schuh.

Eio popeio, ſchlags Kikelchen todt,

Legt mir keine Eier,

Und frißt mir mein Brod,

Rupfen wir ihm dann

Die Federchen aus,

Machen dem Kindlein

Ein Bettlein daraus.

Eio popeio, das iſt eine Noth,

Wer ſchenkt mir ein Heller?

Zu Zucker und Brod,

Verkauf ich mein Bettlein,

[67]
Und leg mich aufs Stroh,

Sticht mich keine Feder,

Und beißt mich kein Floh.

Eio popeio.

Walte Gott Vater!


Eya popeya!

Schlief lieber wie du,

Willſt mirs nicht glauben,

So ſteh mir nur zu.

Sieh mir nur zu,

Wie ſchlaͤfrig ich bin,

Schlafen, zum ſchlafen,

Da ſteht mir mein Sinn.

Ey eya popeya.

Hab ich mein Kindele

Schlafen niedergelegt,

Hab ichs mit Walte

Gott Vater! zugedeckt.

Das Walte Gott Vater,

Sohn, heiliger Geiſt,

Der mir mein Kindele

Traͤnket und ſpeißt.

Ey eya popeya.

[68]

Zu Bett.


Zu Bett, zu Bett,

Die ein Kindle haͤtt,

Die keines haͤtt;

Muß auch zu Bett.

Der Vogelfaͤnger.


Hab ein Voͤgele gefangen,

Im Federbett,

Habs in Arm 'nein g'nommen,

Habs lieb gehaͤt!

Gute Nacht, mein Kind!


Guten Abend, gute Nacht,

Mit Roſen bedacht,

Mit Naͤglein beſteckt,

Schlupf unter die Deck,

Morgen fruͤh, wenns Gott will,

Wirſt du wieder geweckt.

[69]

Morgenlied.


Steht auf ihr lieben Kinderlein,

Der Morgenſtern mit hellem Schein,

Laͤßt ſich ſehn frei gleich wie ein Held,

Und leuchtet in die ganze Welt.

Sey willkommen, du lieber Tag,

Vor dir die Nacht nicht bleiben mag,

Leucht uns in unſre Herzen fein,

Mit deinem himmeliſchen Schein.

Saͤmanu.


Hutſch he! hutſch he!

Der Ackermann ſaͤet,

Die Voͤgelein ſingen,

Die Kernlein zerſpringen,

Hutſch he! hutſch he!

Mondliedchen.


Wie der Mond ſo ſchoͤn ſcheint,

Und die Nachtigall ſingt,

Wie luſtig mags im Himmel ſeyn,

Beim kleinen Jeſuskind.

[70]

Tanzliedchen im Gruͤnen.


Heidelbeeren, Heidelbeeren

Stehn in unſerm Garten,

Mutter gieb mir auch ein Paar,

Kann nicht laͤnger warten.

Tannebaum.


O Tannebaum, o Tannebaum!

Du biſt ein edles Reis!

Du gruͤneſt in dem Winter,

Als wie zur Sommerszeit!

Warum ſollt ich nit gruͤnen,

Da ich noch gruͤnen kann?

Ich hab kein Vater, kein Mutter,

Der mich verſorgen kann.

Sonnenlied.


Sonne, Sonne ſcheine,

Fahr uͤber Rheine,

Fahr uͤbers Glockenhaus,

Gucken drey ſchoͤne Puppen raus,

Eine die ſpinnt Seiden,

Die andre wickelt Weiden,

[71]
Die andre geht ans Bruͤnnchen,

Findt ein goldig Kindchen;

Wer ſolls heben?

Die Toͤchter aus dem Loͤwen.

Wer ſoll die Windeln waͤſchen?

Die alte Schneppertaͤſchen.

Wo biſt du dann geſeſſen?


Auf'm Bergle bin ich geſeſſen,

Hab dem Voͤgele zug'ſchaut,

Iſt ein Federle abe geflogen,

Hab'n Haͤusle draus baut.

Im Fruͤhling, wenn die Maigloͤckchen
laͤuten
.


Kling, kling Gloͤckchen,

Im Haus ſteht ein Doͤckchen,

Im Garten ſteht ein Huͤnerneſt,

Stehn drei ſeidne Doͤckchen drin,

Eins ſpinnt Seiden,

Eins flicht Weiden,

Eins ſchließt den Himmel auf,

Laͤßt ein bischen Sonn heraus,

Laͤßt ein bischen drinn,

Daraus die Liebfrau Maria ſpinn,

Ein Roͤcklein fuͤr ihr Kindelein.

[72]

Beim Spaziergang.


Steig auf das Bergle,

Fall aber nit herab,

O herzig liebs Schaͤtzle,

Brichs Fuͤßle nit ab!

Guten Apetit.


Es regnet, Gott ſegnet,

Die Sonne ſcheint,

Der Mond greint,

Der Pfaff ſitzt aufm Laden,

Frißt all die Paliſaden!

Die Nonne geht ins Wirthshaus,

Und trinkt die Glaͤſer all, all aus.

Anſchauungs - A B C.


A, b, ab,

Thu die Kapp ab.

A b c

Die Katz, die laͤuft in Schnee,

Der Vater hinter her,

Mit einem großen Stuͤcke Schmeer.

[73]

Wenn der Schelm die erſten Hoſen anzieht.


Zimmermaͤntle, Zimmermaͤntle,

Leih mir deine Hoſen. —

Nein, nein, leih dir ſie nit,

Sie hangen hinterm Ofen!

Wenn man die kleinen Jungen mit ihren
Schlappertuͤchlein am Hals zu Tiſche ſetzt
.


Hau dich nit, ſtich dich nit, brenn dich nit,

Suppen iſt heiß,

Schneider, wenn du reiten willt,

Setz dich auf die Geis.

Wenn das Kind etwas nicht gern ißt.


Bum bam beier,

Die Katz mag keine Eier,

Was mag ſie dann?

Speck aus der Pfann!

Ey wie lecker iſt unſre Madam!

Wenn das Kind allzu wißbegierig iſt.


Warum?

Darum.

[74]
Warum denn darum?

Um die Krumm.

Warum denn um die Krumm?

Weils nicht grad iſt!

Wenn die Huͤhner im Garten ſind.


Mein Hinkelchen, mein Hinkelchen,

Was machſt in unſerm Garten,

Pfluͤkſt uns all die Bluͤmchen ab,

Machſt es gar zu arg,

Mutter wird dich jagen,

Vater wird dich ſchlagen,

Mein Hinkelchen, mein Hinkelchen,

Was machſt in unſerm Garten.

Wenn die Kinder gehen lernen.


Trommel auf dem Bauch, haſt ein ſchweren

Ranzen,

Kannſt du erſt auf Stelzen gehn, ſo kannſt du auch

bald tanzen.

Wenn die Kinder auf der Erde herum
rutſchen
.


Guck hinuͤber, fuff heruͤber,

Wohl uͤber die Straß hinum,

Kann Deutſchland nicht finden,

Rutſch alleweil drauf rum.

[75]

Wenn man die Kinder im Schlitten faͤhrt.


Schaͤfele hat ein Kuͤttele an,

Haͤnget voller Roͤllen,

Wann es uͤber d' Gaſſen geht,

Fangen die Hnnd an bellen.

Schaͤfele komm,

Schlag mir die Tromm,

Fuͤhr mir mein Fritzle

Im Schlittle herum.

Weinſuͤppchen.


Anne Margrittchen!

Was willſt du, mein Liebchen?

Ich trinke ſo gerne

Gezuͤckerten Wein.

Zwey Pfund Zuckerchen,

Ein Pfund Butterchen,

Zwey Maaße Wein,

So muß es gut ſeyn.

Schuͤtt' es in ein Keſſelchen,

Ruͤhr es mit dem Loͤffelchen,

Anne Margritchen,

Welch Suͤpplein iſt das?

Eine Weinſupp! eine Weinſupp!

[76]

Wetterprophet.


Drei Wolken am Himmel,

Was ſoll dies bedeuten?

Der Mesmer ſoll heimgeh,

Soll Wetter laͤuten!

Wenn die Kinder uͤble Laune haben.


Zuͤrnt und brummt der kleine Zwerg,

Nimm er alles uͤberzwerg,

Ein Backofen fuͤr ein Bierglaß,

Den Mehlſack fuͤr ein Weinfaß,

Den Kirſchbaum fuͤr ein Beſenſtiel,

Den Flederwiſch fuͤr ein Windmuͤhl,

Die Katz fuͤr eine Wachtel,

Den Sieb fuͤr eine Schachtel,

Das Hackbrett fuͤr ein Loͤffel,

Den Hanſel fuͤr den Stoͤffel.

Wiegenlied.


Hoͤre mein Kindchen, was will ich dir ſingen,

Aepfel und Birnen ſoll Vater mitbringen,

Pflaumen, Roſinen und Feigen,

Mein Kindchen ſoll ſchlafen und ſchweigen.

[77]

Schulkrankheit.


Biſt ſo krank als wie ein Huhn,

Magſt gern eſſen und nichts thun.

Den kleinen Kindern in die Hand gepatſcht.


Patſche, patſche Kuͤchelchen,

Mir und dir ein Kruͤgelchen,

Mir und dir ein Tellerchen,

Mir und dir ein Hellerchen,

Sind wir zwey Geſellerchen.

Butzemann.


Es tanzt ein Butzemann

In unſerm Haus herum di dum,

Er ruͤttelt ſich, er ſchuͤttelt ſich,

Er wirft ſein Saͤckchen hinter ſich,

Es tanzt ein Butzemann

In unſerm Haus herum.

Zu Gaſte gebeten.


Geh mit mir in die Heidelbeeren,

Heidelbeeren ſind noch nit blo, (blau)

[78]
Geh mit mir ins Haberſtoh,

Haberſtoh iſt noch nit zeitig,

Geh mit mir ins Beſenreiſig,

Beſenreiſig iſt noch nit auf,

Geh mit mir die Trepp hinauf,

Trepplein iſt verbrochen,

Sind wir nauf gekrochen,

Sind wir in dem Kaͤmmerlein,

Schenk ein Schoͤpplein Wein ein.

Bicht weit her.


Ein Himmel ohne Sonn,

Ein Garten ohne Bronn,

Ein Baum ohne Frucht,

Ein Maͤgdlein ohne Zucht,

Ein Suͤpplein ohne Brocken,

Ein Thurm ohne Glocken,

Ein Soldat ohne Gewehr,

Sind alle nicht weit her.

Ich ſchenk dir was.


Was iſt denn das?

Ein ſilbernes Wart ein Weilchen,

Und ein goldnes Nixchen,

In einem Niemahlenen Buͤchschen.

[79]

Haſt du auch was gelernt?


Wacker Maͤgdlein bin ich ja,

Rothe Struͤmpflein hab ich an,

Kann ſtricken, kann nehen,

Kann Haſpel gut drehen,

Kann noch wohl was mehr!

Was moͤchteſt du nicht.


Ich moͤcht vor tauſend Thaler nicht,

Daß mir der Kopf ab waͤr,

Da ſpraͤng ich mit dem Rumpf herum,

Und wuͤßt nicht, wo ich waͤr,

Die Leut ſchrien all und blieben ſtehn:

Ey guck einmal den! Ey guck einmal den!

Als Hans vom Markt heimgieng, und ſeinem Schatz
ein neu Spinnrad mitgebracht, und ſich eine neue Peit-
ſche gekauft hatte, ſang er luſtig:


Buchsbaumes Raͤdle,

Ein' flaͤchſene Schwing,

Mein Schatz heißt Antonele,

Wie freut mich das Ding.

[80]

Ach und weh, kein Schmalzele meh!


Ich hab' emahl ein Bettelmaͤdele kuͤßt,

'S Schmalz iſt ihm aus dem Haͤfele 'raus g'ſpritzt.

Bettelmaͤdele ſchreit Ach und Weh,

Hab ja kein Schmalzele meh!

Wenn ers nur nicht krumm nimmt!


Um um um mein Krummer,

Krummer du biſt mein,

Ei du krummer Dingerler,

Wie magſt ſo luſtig ſeyn?

Was haſt du dann zu dem Schuſtersbuben
geſagt
?


Schuſterbue!

Flick mir die Schuh,

Gieb mirs Leder auch dazu,

Es iſt kein Gerber in der Stadt,

Der ein ſolches Leder hat.

Ein luſtiger Bu

Braucht oft ein Paar Schuh,

Ein trauriger Narr,

Hat lang an eim Paar.

[81]

Kommt Huͤner bibi.


Der Reiter zu Pferd,

Die Koͤchin am Heerd,

Die Nonne im Kloſter,

Der Fiſcher im Waſſer,

Die Mutter backt Kuchen,

Sie laͤßt mich nicht gucken,

Sie giebt mir ein Brocken,

Soll Huͤner mit locken,

Koͤmmt Huͤner bibi,

Die Knochen ißt ſie.

Lied, mit welchem die Kinder die Schnecken
locken
.


Kloſterfrau im Schneckenhaͤußle,

Sie meint, ſie ſey verborgen?

Kommt der Pater Guardian,

Wuͤnſcht ihr guten Morgen!

An den Storchſchnabel.


Storch, Storch, Steiner!

Mit den langen Beiner,

Flieg mir in das Beckerhaus,

Hol mir ein warmen Weck heraus!

6
[82]
Iſt der Storch nit ein ſchoͤnes Thier,

Hat einen langen Schnabel und ſaͤuft kein Bier.

Klapperſtorch.


Storch, Storch, Langbein,

Wann fliegſt du ins Land herein,

Bringſt dem Kind ein Bruͤderlein.

Wenn der Roggen reifet,

Wenn der Froſch pfeifet,

Wenn die goldnen Ringen

In der Kiſte klingen,

Wenn die rothen Appeln,

In der Kiſte rappeln.

Der Goldvogel.


Goldvogel, flieg aus,

Flieg auf die Stangen,

Kaͤſebrode langen;

Mir eins, dir eins,

Alle gute G'ſellen eins.

[83]

Maikaͤferlied.


Maikaͤfercher, Maikaͤferchen, fliege weg!

Dein Haͤusgen brennt,

Dein Muͤtterchen flennt,

Dein Vater ſitzt auf der Schwelle,

Flieg in Himmel aus der Hoͤlle.

Petrus und Pilatus auf der Reiſe.


Bei dieſem Liede reichen ſich zwei Kinder die Haͤnde
kreutzweiß, und gehen ſingend auf und ab, und bei:
ſprach Pilatus, drehen ſie ſich, durch einen Zug der Haͤnde
ſchnell herum, und wandern wieder zuruͤck.


Pilatus wollte wandern,

Sprach Petrus.

Von einer Stadt zur andern,

Juchheiſaſa andern.

Sagt Pilatus.

Jetzt kommen wir vor ein Wirthshaus,

Sprach Petrus.

Frau Wirthin ſchenkt uns Wein heraus,

Juchheiſaſa etc.

Sagt Pilatus.

Womit willſt du ihn bezahlen?

Sprach Petrus.

Ich hab noch einen Thaler,

Juchh. etc.

Sagt Pilatus,

[84]
Wo haſt du dann den Thaler bekommen?

Sprach Petrus.

Ich hab ihn den Bauern genommen,

Juchh. etc.

Sprach Pilatus.

Jetzt haſt du keinen Seegen.

Sprach Petrus.

Daran iſt nichts gelegen,

Juchh. etc.

Sprach Pilatus,

Jetzt kommſt du nicht in Himmel ein.

Sprach Petrus,

So reit ich auf einem Schimmel hinein.

Juchh. etc.

Sprach Pilatus,

So faͤllſt du herunter und brichſt das Bein,

Sprach Petrus.

So rutſch ich auf dem Hintern hinein,

Juchh. etc.

Sprach Pilatus.

Abzaͤhlen bei dem Spiel.


Eins, zwei, drei,

In der Dechanei,

Steht ein Teller auf dem Tiſch,

Koͤmmt die Katz und holt die Fiſch,

Koͤmmt der Jaͤger mit der Gabel,

[85]
Sticht die Katze in den Nabel,

Schreit die Katz: Miaun miaun,

Wills gewiß nicht wieder taun.

Eins, zwei, drei,

Hicke, hacke, Heu,

Hicke, hacke Haberſtroh,

Vater iſt ein Schnitzler worden,

Schnitzelt mir ein Bolz,

Zieh ich mit ins Holz,

Zieh ich mit ins gruͤne Gras,

Altvater, was iſt das?

Kind, es iſt ein weißer Haas!

Puh, den ſchieß ich auf die Nas.

Jaͤger bind dein Huͤndlein an,

Daß es mich nicht beiſſen kann,

Beißt es mich,

Straf ich dich,

Um ſechshundert dreiſſig.

Aus einem Kindermaͤhrchen.


Koͤnigstochter juͤngſte,

Mach mir auf,

[86]
Weißt du nicht, was geſtern

Du zu mir geſagt,

Bei dem kuͤhlen Brunnenwaſſer?

Koͤnigstochter juͤngſte

Mach mir auf.

Linſenlied.


Die Linſe,

Wo ſin ſe?

Im Tippe,

Se hippe.

Deck ſe zu,

So han ſe Ruh.

Ringelreihe-Lied.


Die Kinder tanzen im Kreiß, und ſetzen ſich ploͤtzlich
zur Erde nieder.


Ringel, Ringel, Reihe!

Sind der Kinder dreie,

Sitzen auf dem Holderbuſch,

Schreien alle muſch, muſch, muſch,

Sitzt nieder.

Sitzt ne Frau im Ringelein,

Mit ſieben kleine Kinderlein,

[87]
Was eſſen's gern?

Fiſchlein.

Was trinken's gern?

Rothen Wein.

Sitzt nieder.

Spiellied des Koͤnigs Toͤchterlein.


Ein Maͤgdlein ſetzt ſich in die Mitte, ihren Rock zieht
ſie uͤber den Kopf in die Hoͤh, die Kinder ſtehn um ſie,
und halten den Rock, einer geht herum und fragt:


Ringel, Ringel, Thale, ringen,

Wer ſitzt in dieſem Thurm drinnen?

Das Maͤgdlein antwortet:

Koͤnigs, Koͤnigs-Toͤchterlein.

Der Herumgeſandte:

Darf man ſie auch anſchauen?

Maͤgdlein.

Nein, der Thurm iſt gar zu hoch,

Du mußt ein Stein abhauen.

Nun ſchlaͤgt er auf eine der Haͤnde, und dieſe laͤßt
den Rock fallen, nun fragt er von neuem: ſind alle Steine
herunter, ſo lauft das Koͤnigs-Toͤchterlein nach, und wer
erhaſcht wird, muß nun in den Thurm.


Erbſenliedchen.


Gieb mir eine Erbſe.

„Ich habe keine, “

[88]
Geh zum Muͤller, und hol dir eine.

„Er giebt mir keine.“

So ſuch dir eine.

„Ich finde keine.“

So blas ich dich.

„So wehr ich mich.

Nun blaſen ſich die Kinder ins Geſicht, wer es am
laͤngſten, ohne zu lachen, aushaͤlt, bekoͤmmt von dem
andern eine Erbſe.


Abzaͤhlen.


Eins, zwey, drey,

Bicke, borne hey,

Bicke borne Pfefferkoren,

Der Muͤller hat ſeine Frau verloren,

Haͤnschen hat ſie g'funden.

D' Katzen ſchlagen d' Tromme,

D' Maus kehren d' Stuben aus,

D' Ratten tragen den Dreck hinaus:

'S ſitzt ein Maͤnnel unter dem Dach,

Hat ſich bald zu krank gelacht.

Dergleichen.


Gickes gackes Eyermuß,

Gaͤnſe laufen barfuß,

[89]
Hinterm Ofen ſteht ſie,

Vor dem Ofen geht ſie,

Hat ſie Schuh,

Sie legt ſie an.

Hat ſie keine,

So kauft ſie ein Paar.

Wenn die Kinder Steine ins Waſſer
werfen
.


Iſt ein Mann in Brunnen gefallen,

Haben ihn hoͤren plumpen,

Waͤr der Narr nit nein gefallen,

Waͤr er nit ertrunken.

Voͤglein auf der Wiege.


Voͤglein auf der Wiege.

Singſt ſo klare Zuͤge,

Alſo klar,

Sieben Jahr,

Sieben Jahr herum.

[90]

Maikaͤferlied.


(am Ueberrhein.)


Tuͤrkenmaͤnnchen, flieg hinweg,

Die Weiber mit den Stangen,

Wollen dich empfangen.

Tuͤrkenweibchen flieg hinweg,

Die Maͤnner mit den Spieſſen,

Wollen dich erſchießen.

Flieg in den Himmel,

Bring mirn Sack voll Kuͤmmel,

Tunk ich meinen Weck hinein,

Bei dem rothen kuͤhlen Wein.

Abzaͤhlen, den die letzte Silbe trift, der
muß nachlaufen
.


Ahne, Krahne, wickele, wahne,

Wollen wir nit nach England fahren,

England iſt verſchloſſen,

Schloͤſſer ſind verroſtet,

Schluͤſſel iſt verloren,

Muͤſſen wir ein Loch nein bohren,

Sind wir nein gekrochen,

Haben die Toͤpf verbrochen,

Wenn der Keſſel tief iſt,

Wenn die Milch ſuͤß iſt,

Wenn die Puppen tanzen,

Wollen wir Lanzen pflanzen.

[91]

Abzaͤhlen.


Eins, zwey, drey, vier, fuͤnf, ſehs, ſieben,

acht, neun,

Geh ich in das Gaͤſſel h'nein,

Schlag dem Bauer die Fenſter ein,

Kommt der Buͤttel, ſetzt mich ein,

Setzt mich in das Narrenhaus,

Geb' ich drey, vier Batzen aus,

Ri ra Ofenloch,

Haͤtt' ich mein' drey Batzen noch!

Wirſt du mir keine ſchoͤne Singerin.


Hinter der Donaubruͤck

Steht ein ſchoͤn Haͤusle,

Sitzt ein ſchoͤu Maͤdle drin,

Singt als wie ein Zeisle.

Geh, du ſchwarze Amſel.


Wann ich ſchon ſchwarz bin,

Schuld iſt nicht mein allein,

Schuld hat mein Mutter gehabt,

Weil ſie mich nicht gewaſchen hat,

Da ich noch klein,

Da ich wunderwinzig bin geſein.

[92]

Vorbereitung zur Tanzſtunde.


Maͤdele bind den Geisbock an,

Gieb ihm brav Heu,

Gieb ihm nur, was er mag,

Daß er brav tanzen kann,

Wie ein Lakei.

Heubuͤndele.


Maͤdle, was haſt du,

Was traͤgſt in deinem Buͤndele?

Mehl und Schmalz und ein Salz,

Fuͤr mein klein Kindle?

Etikette auf des Bettelmanus Hochzeit.


Widele wedele,

Hinterm Staͤdele

Hat der Bettelmann Hochzeit,

Pfeift ihm Laͤusle,

Tanzt ein Maͤusle,

'S Igele ſchlaͤgt die Trommel,

Alle die Thier, die Wedele haben,

Sollen zur Hochzeit kommen.

[93]

Was haben wir dann zu eſſen?


Guten Abend Aennele,

Zu eſſen haͤben wir wenele,

Zu trinken haͤben wir unſern Bach,

Haͤben wir nit die beſte Sach.

Wer biſt du, armer Mann?


Der Himmel iſt mein Hut,

Die Erde iſt mein Schuh,

Das heil'ge Kreuz iſt mein Schwerd,

Wer mich ſieht, hat mich lieb und werth.

Was ißt du gern, was ſiehſt du gern?


Geſchnittne Nudele eß ich gern,

Aber nur die feine,

Schoͤne Maͤdele ſeh ich gern,

Aber nur die kleine.

Ach wenn ich doch ein Taͤublein waͤr.


Dort oben auf dem Berge,

Da ſteht ein hohes Haus,

Da fliehen alle Morgen,

Zwey Turteltaͤublein raus.

[94]
Ach wenn ich nur ein Taͤublein waͤr!

Wollt fliegen aus und ein,

Wollt fliegen alle Morgen!

Zu meinem Bruͤderlein.

Ein Haus wollt ich mir bauen,

Ein Stock von gruͤnem Klee,

Mit Buchsbaum wollt ichs decke,

Und rothen Naͤgelein.

Und wenn das Haus gebauet waͤr,

Beſcheert mir Gott was n'ein,

Ein kleines, kleines Kindelein,

Das ſoll mein Taͤublein ſeyn.

Rothe Auͤglein.


Koͤnnſt du meine Aeuglein ſehen,

Wie ſie ſind vom Weinen roth,

Ich ſoll in das Kloſter gehen,

Und allein ſeyn bis in Tod.

Es ſitzen auch zwey Turteltaͤublein

Druͤben auf dem gruͤnen Aſt,

Wenn die von einander ſcheiden,

So vergehen Laub und Gras.

[95]

Korbflechterlied.


Ich will ein Koͤrblein flechten,

Ein Koͤrblein huͤbſch und fein,

Nimm du dein falches Herze,

Und legs mit groͤßtem Schmerze

In dieſes Koͤrblein fein.

Tanzliedchen.


Bin ich nit ein Buͤrſchlein

In der Welt?

Spring ja wie ein Hirſchlein,

In dem Feld?

In dem Feld, im gruͤnen Holz,

Begegnet mir ein Jungfrau ſtolz.

Guten Morgen, Jungfrau!

Mach geſchwind,

Du ſollſt mit mir tanzen,

Munter Kind!

Bischen auf und abgeſchwenkt,

Und ein Glaͤschen eingeſchenkt.

Schoͤne Muſikanten

Spielet auf!

Spielet mir ein Taͤnzlein

Oben drauf;

[96]
Aufgepuzt, eingeſchnuͤrt,

Luſtig dann zum Tanz gefuͤhrt.

Heiſaſa.

Wenns Kind verdrieslich iſt.


Der Muͤller thut mahlen,

Das Raͤdle geht 'rum,

Mein Schatz iſt verzuͤrnet,

Weiß ſelbſt nit warum.

Liebesliedchen.


Mein Schaͤtzle iſt fein,

'S koͤnnt feiner nit ſeyn,

Es hat mirs verſprochen,

Sein Herzle gehoͤr' mein.

Vom Voͤglein.


Gruͤß dich Gott mein lieb Regerl!

Ich komm aus dem Wa [...]

Hab gefangen ein ſchoͤns Voͤgerl,

Entwiſcht waͤr mirs bald.

[97]
Ich thaͤt dirs gern ſchenken,

Nimms an, ſey ſo gut,

Es wird dich nicht kraͤnken,

Weils ſchoͤn ſingen thut.

Ey du mein liebs Regerl,

Ich bitt dich um ein Gnad,

Verſchaff doch dem Voͤgerl

Ein Haͤusle von Drath,

Thu auch nicht vergeſſen,

Ein Troͤgerl zum Trank,

Ein Troͤgerl zum Freſſen,

Daß 's dir nit wird krank.

Der geſcheide Hanſel.


Hanſel am Bach,

Hat lauter gut Sach,

Hats Haͤuſel verbrennt,

Hat Lumpen drum gehenkt.

Hanſel am Bach,

Hat lauter gut Sach,

Hat Fiſchlein gefangen,

Hat die Schuppen heimbracht.

Hanſel und Gretel,

Zwei luſtige Leut,

Der Hanſel iſt naͤrriſch,

Die Gretel nit geſcheidt.

7
[98]

Liebeslieder.


Herzigs Kindlein, Zuckermuͤndlein,

Ich hab ein Wecklein, in meinem Saͤcklein,

Ich will dirs bringen,

Bis nach Bingen,

Zerrißne Hemder,

Die Schuh voll Baͤnder,

Papierne Abſaͤtz,

Hoͤlzerne Sohlen;

Knaͤblein willſt du mich,

So thu mich holen.

Mein Schaͤtzlein, mein Kaͤtzlein,

O warte nur ein Jahr,

Und wann die Weiden Kirſchen tragen,

So nehm ich dich fuͤrwahr.

Die Weiden tragen keine Kirſchen,

Die Koͤnigskerze iſt kein Licht,

Alſo kannſt du gedenken,

Daß ich dich nehme nicht.

Und wenn ich dich ſchon nehme,

So haben wir kein Haus,

Da ſetzen wir uns in die Kieze,

Und ſchauen oben raus.

[99]

Vergiß mein nicht.


Iſt es nicht eine harte Pein;

Wenn Liebende nicht beyſammen ſeyn,

Druͤck mich feſt in dein Herz hinein,

Wachſen heraus Vergiß nicht mein.

Trotzliedchen.


Mein Schaͤtzle iſt klein,

Es bildt ſich viel ein,

Jetzt mag es mich nimmer,

'S muß aber nit ſeyn.

Scherzlied.


'S Band aufe, 's Band abe,

Mein Schaͤtzle iſt mir lieb,

Dort in dem braunen Kittele,

Schoͤn Straͤusle auf dem Hut.

Ey der tauſend.


Ich ſaß auf einem Birnenbaum,

Wollt gelbe Ruͤben graben,

[100]
Da kam derſelbe Bauersmann,

Dem dieſe Zwiebeln waren!

Ach, ach du Schelm, ach, ach du Dieb!

Was machſt du in den Nuͤſſen,

So hatt' ich all mein Lebetag

Kein beßre Pflaumen geſſen.

Der Eſel hat Pantoffeln an,

Kam uͤbers Dach geflogen,

Ach, ach, ich armes Maͤdelein,

Wie bin ich doch betrogen.

Scherz- und Liebes-Liedchen.


Was hilft mir ein rother Apfel,

Wenn er innen faul iſt;

Was hilft mich ein ſchoͤns Kindlein,

Wenn ſein Herzlein falſch iſt.

Wenn ich ein ſchoͤn Maͤgdlein ſeh,

Mein ich, es ſey mein,

Wenn ich mirs dann holen will,

Laͤßt michs nicht hinein.

Und wenn mein Kindchen auf dem Tannen-

baum waͤr,

Ich wolls hinauf klettern, wenns' noch ſo hoch waͤr.

[101]

Ziehs nauß.


Margritchen, Margritchen,

Dein Hemdchen guckt fuͤr,

Ziehs nauß, ziehs nauß,

So tanz ich mit dir.

Tanzliedchen.


Tanz Kindlein tanz,

Deine Schuͤhlein ſind noch ganz,

Laß dir ſie nit gereue,

Der Schuſter macht dir neue.

Konterfait und Ausſteuer.


Mein Schatz iſt kreideweiß,

Hat krumme Glieder,

Geht ſchief zum Thor hinaus,

Koͤmmt bucklicht wieder.

Ein ungleich Paar Ochſen,

Eine bucklichte Kuh,

Die giebt mir meine Mutter,

Wenn ich heurathen thu.

[102]

Von Adel und Tadel.


Ein ſilberne Scheide,

Ein goldene Kling,

Mein Schatz iſt von Adel,

Wie freut mich das Ding.

Kreideweiße Haare,

Schwarz gewichſte Schuh,

Ein Degen an der Seite,

Ein Goldſtuͤck dazu.

Mein Schatz iſt von Adel,

Von Adel iſt er,

Was hat er fuͤr einen Tadel?

Kein Waden hat er.

Gelegenheitsverſe.


Wenn ein Schiff vom Stapel laͤuft, ſo ſingen in
Luͤbeck die Kinder, die zu ihrem Vergnuͤgen ſich darauf
befinden:


Laß ihm, laß ihm ſeinen Willen,

Er hat den Kopf voll Grillen.

Wenn die Knaben beim Spiel das lezte, was ſie
haben, einſetzen, ſingen ſie:


Die lezte Hand klopft an die Wand,

Die wird mich nicht verlaſſen.

[103]

Schluß.


Dormi Jesu, mater ridet,

Quae tam dulcem somnum videt,

Dormi Jesu blandule.

Si non dormis, mater plorat,

Inter fila cantans orat;

Blande veni somnule.
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Notes
*)
cras iſt lateiniſch, und heißt morgen.

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CC-BY-4.0
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2025). Arnim, Achim von. Des Knaben Wunderhorn. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). https://hdl.handle.net/21.11113/4bhqz.0